Manuela Sachse Negative Kommunikationseffekte von Sponsoring und Ambush-Marketing bei Sportgroßveranstaltungen
GABLER...
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Manuela Sachse Negative Kommunikationseffekte von Sponsoring und Ambush-Marketing bei Sportgroßveranstaltungen
GABLER RESEARCH Markenkommunikation und Beziehungsmarketing Herausgegeben von Prof. Dr. Cornelia Zanger
In den letzten Jahren sind am Lehrstuhl für Marketing und Handelsbetriebslehre an der TU Chemnitz über 20 Dissertationen zu verschiedenen Forschungsgebieten im Marketing entstanden, die bis auf wenige Ausnahmen im Gabler Verlag veröffentlicht werden konnten. Einen Schwerpunkt stellten Studien zu innovativen Fragen der Markenkommunikation wie Eventmarketing, Sponsoring oder Erlebnisstrategien dar. Ein weiteres zentrales Thema waren Arbeiten zum Beziehungsmarketing, die sich beispielsweise mit jungen Zielgruppen, der Entstehung von Vertrauen und mit der Markenbeziehung beschäftigten. Mit dieser Reihe sollen die Forschungsarbeiten unter einem thematischen Dach zusammengeführt werden, um den Dialog mit Wissenschaft und Praxis auszubauen. Neben Dissertationen, Habilitationen und Konferenzbänden, die am Lehrstuhl der Herausgeberin entstehen, steht die Reihe auch externen Nachwuchswissenschaftlern und etablierten Wissenschaftlern offen, die empirische Arbeiten zu den Themenbereichen Markenkommunikation und Beziehungsmarketing veröffentlichen möchten.
Manuela Sachse
Negative Kommunikationseffekte von Sponsoring und Ambush-Marketing bei Sportgroßveranstaltungen Mit einem Geleitwort von Univ.-Prof. Dr. Cornelia Zanger
RESEARCH
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Dissertation Technische Universität Chemnitz, 2009
1. Auflage 2010 Alle Rechte vorbehalten © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010 Lektorat: Ute Wrasmann | Viktoria Steiner Gabler Verlag ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-2239-7
I
Meinen Eltern
VII
Geleitwort Die große mediale Aufmerksamkeit, die sportliche Großereignisse wie Olympische Spiele, die Formel 1 oder eben eine Fußball-Weltmeisterschaft erfahren, hat dazu geführt, dass Unternehmen diese Veranstaltungen in zunehmendem Maße als Plattform ihrer Marketingkommunikation nutzen. Als Kommunikationsinstrument hat sich das Sportsponsoring etabliert, da es zu einer Win-Win-Situation für Sponsor und Gesponsorten führt. Die Vorbereitung und Durchführung sportlicher Großereignisse verursacht einen zunehmenden finanziellen Aufwand, Sponsoren sind vor diesem Hintergrund sowohl den Organisatoren als auch den Sportlern äußerst willkommen. Unternehmen als Sponsoren hoffen auf eine erhöhte Aufmerksamkeit im Umfeld der Sportveranstaltung und einen positiven Imagetransfer für ihre Marke, was sich letztlich im Kaufverhalten der Konsumenten wirtschaftlich positiv für den Sponsor auswirkt. In den letzten Jahren sind neben die vertraglich an den Veranstalter sportlicher Großereignisse gebundenen Sponsoren so genannte Ambusher getreten, die als „Trittbrettfahrer“ die mediale Aufmerksamkeit für eigene Marketingkommunikation ausnutzen, ohne sich finanziell für die Großveranstaltung selbst zu engagieren. In der Folge führt dies zu einer Vervielfachung von Kommunikationsaktivitäten, die versuchen, eine Beziehung zwischen dem sportlichen Großereignis und einzelnen Marken herzustellen. Die Autorin stellt mit ihrer Dissertation nun die wissenschaftlich interessante Frage nach den Konsequenzen für den Konsumenten, der mit einer wachsenden Flut von zudem oft ähnlichen Stimuli konfrontiert wird. Aus verhaltenswissenschaftlicher Perspektive kommt sie zu dem Schluss, dass aufgrund der beschränkten Fähigkeit des Konsumenten zur Informationsverarbeitung mit negativen Kommunikationseffekten zu rechnen ist, die zur Verwirrtheit des Konsumenten bezüglich der korrekten Wahrnehmung von Kommunikationsaktivitäten der Unternehmen und letztlich zur situativen Reaktanz des Konsumenten führen. Die Autorin eröffnet mit ihrer Arbeit eine wissenschaftlich neuartige Perspektive im Feld der Sportmarketing- und insbesondere der Sponsoringforschung, die angesichts des wirtschaftlichen Potentials von sportlichen Großereignissen für Unternehmen, die sich als Sponsoren engagieren ebenso wie für Ambushing betreibende Unternehmen von hohem praktischen Interesse und großer Aktualität ist. Wissenschaftstheoretisch dem Anspruch des Kritischen Rationalismus folgend, entwickelt die Autorin einen originären Modellansatz zur Erklärung der Wirkung von Sponsoring- und Ambush-Maßnahmen auf den Konsumenten. Die entstandene Monografie ist aus mehreren Gründen bemerkenswert: Einerseits kann die Autorin das Defizit an Forschungsarbeiten zur Wirkung von Ambush-Marketing reduzieren. Zum anderen werden negative Effekte anhand von Verhaltenskonstrukten operational gemacht. Die Konstrukte Konsumentenverwirrtheit und situative Reaktanz werden erstmals im Kontext des Sponsoring und Ambush-Marketing
VIII
Geleitwort
untersucht. Und nicht zuletzt ist es die eigene sportpraktische Erfahrung der Autorin, die der Arbeit große Anschaulichkeit und praktische Nähe verleihen. Mit dem nun vorliegendem Buch gelingt ein innovativer Beitrag zur Konsumentenverhaltensforschung im Bereich des Sportmarketing. Die Autorin kann nachweisen, dass eine Intensivierung der Kommunikationsaktivitäten von Sponsoren und Ambushern im Umfeld sportlicher Großveranstaltungen zu negativen Kommunikationseffekten führt. Daraus leitet sie empirisch fundierte, unmittelbar umsetzbare praktische Empfehlungen für die Kommunikationspolitik von Unternehmen im Sportmarketing ab. Die entstandene Monographie ist deshalb nicht nur wissenschaftlich interessierten Lesern aus den Bereichen Marketing, insbesondere Sportmarketing und Kommunikation, zu empfehlen, sondern sie ist auch eine Fundgrube für Anregungen und praktische Ideen für Marketing- und Sponsoring-Verantwortliche in Unternehmen, Vereinen und Sportorganisationen. Vor diesem Hintergrund wünsche ich dem Buch sowohl von Seiten der Wissenschaft als auch aus der Praxis große Resonanz und viele interessierte Leser.
Univ.-Prof. Dr. Cornelia Zanger
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommer 2009 von der Fakultät Wirtschaftswissenschaften der Technischen Universität Chemnitz als Dissertation angenommen. Die Bewältigung dieses lehrreichen und kraftaufwendigen Schrittes wäre allein, ohne wissenschaftliche und emotionale Unterstützung unmöglich gewesen. Deshalb möchte ich an dieser Stelle den wichtigsten Personen, die mir während der gesamten Zeit hilfreich zur Seite standen, von ganzem Herzen danken. Ein großer Dank gebührt zunächst meiner Doktormutter Frau Prof. Dr. Cornelia Zanger, die mich mit fachlichem und menschlichem Engagement unterstützte, damit meine fachliche und persönliche Entwicklung als Mitarbeiterin an der Professur für Marketing und Handelsbetriebslehre förderte und mir durch konstruktiv-kritische Diskussionsrunden half, diese Arbeit zu einem erfolgreichen Abschluss zu führen. Herrn Prof. Dr. Arnold Hermanns und Herrn Prof. Dr. Oliver Roll danke ich für die schnellen und konstruktiven Gutachten meiner Arbeit. Ein herzlicher Dank gilt zudem Herrn Prof. Dr. Uwe Götze, Herrn Prof. Joachim Käschel und Herrn Prof. Dr. Ludwig Gramlich für ihre kurzfristige Bereitschaft zur Durchführung des Prüfungsverfahrens. Einen besonderen Dank möchte ich meinem langjährigen Kollegen und Freund Dr. Jan Drengner aussprechen. Bereits seit meinem Studium konnte ich durch sein fundiertes fachliches Wissen und seine strukturierte Arbeitsweise viel von ihm lernen. Zahlreiche, z.T. fachlich und emotional schwierige, aber stets konstruktive Diskussionsrunden mit ihm halfen mir, den Anspruch an solides wissenschaftliches Arbeiten kontinuierlich zu erhöhen sowie bezüglich dieser Arbeit den Blick für die wesentliche wissenschaftliche Zielstellung nicht zu verlieren. Ebenso danke ich meinen Kollegen Dr. Hansjörg Gaus und Dipl.-Kfm. Steffen Jahn für die fachliche Unterstützung, besonders beim Kampf mit der Statistik, und für ihre Aufmunterung in emotional schwierigen Phasen. Weiterhin bedanke ich mich bei den ehemals wissenschaftlichen Hilfskräften der Professur Marketing und Handelsbetriebslehre, insb. Pia Furchheim, Susan Endler, Markus Lohse und Matthias Burghardt, die mir stets mit großem Engagement weit über ihre „normale Verpflichtung“ hinaus eine schnelle und kompetente Stütze für administrative Aufgaben waren, keine Überstunde scheuten und immer ein motivierendes Wort fanden. Herzlicher Dank gilt zudem meinen Freunden Jana Thiele und Daniel Fiß, die als Korrekturleser den Fehlerteufel bekämpften. Nicht zuletzt danke ich meinen liebsten Freunden, allen voran Katrin Kirchhübel, für ihr Verständnis und ihren Zuspruch in Phasen emotionaler Selbstzweifel und Unsicherheiten und für ihr Verständnis, dass sie während der Dissertationszeit häufig zurückstehen mussten. Im Besonderen danke ich meinem Lebenspartner Jan Büttner, dessen emotionaler Rückhalt und stetiger Ansporn mir besonders in der letzten Phase die Stärke gab, mein Vorhaben erfolgreich zu beenden.
X
Vorwort
Mein ganz besonderer und herzlicher Dank gilt meinen Eltern Brigitte und Christof. Unsere einzigartige Beziehung war die unverzichtbare emotionale Basis für den langen Weg der Promotion. Ihr seid mir stets ein Vorbild, Eure liebevolle Erziehung, die stetige Unterstützung und Euer seelischer Rückhalt sowie Eure Geduld in allen Phasen meines Lebens gepaart mit dem Glauben an meine Fähigkeiten haben die vorliegende Arbeit erst ermöglicht. Euch widme ich diese Arbeit in tiefster Verbundenheit und Dankbarkeit. Manuela Sachse
Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit
XI
Inhaltsübersicht Geleitwort............................................................................................................................ VII Vorwort .................................................................................................................................IX Inhaltsübersicht....................................................................................................................XI Inhaltsverzeichnis............................................................................................................. XIII Abbildungsverzeichnis .................................................................................................... XVII Tabellenverzeichnis...........................................................................................................XIX Abkürzungsverzeichnis.....................................................................................................XXI Symbolverzeichnis..........................................................................................................XXIII A
Einleitung......................................................................................................................... 1
1
Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit .................................................................... 1
2
Gang der Untersuchung .................................................................................................... 6
B
Sportsponsoring und Ambush-Marketing als Bestandteile des Kommunikations-Mix .................................................................................................. 11
1
Sportsponsoring als Kommunikationsinstrument........................................................... 11
2
Ambush-Marketing als Kommunikationsinstrument ..................................................... 27
3
Konsequenzen der sportbezogenen Werbeaktivitäten für den Konsumenten ................ 39
C
Wirkungskontrolle des Sportsponsorings und des Ambush-Marketings................ 45
1
Wissenschaftliche Grundlagen der Wirkungskontrolle des Sportsponsorings und des Ambush-Marketings................................................................................................. 45
2
State-of-the-Art ergebnisorientierter Wirkungskontrollen des Sportsponsorings und des Ambush-Marketings.......................................................................................... 50
3
Schlussfolgerungen für das zu entwickelnde Wirkungsmodell...................................... 60
D
Entwicklung eines Modells zur Erklärung negativer Wirkungen ........................... 65
1
Konsumentenverwirrtheit als negativer Kommunikationseffekt.................................... 65
2
Reaktanz als negativer Kommunikationseffekt ............................................................ 104
3
Negative Einstellung gegenüber Sponsoring als negativer Kommunikationseffekt .... 113
4
Mangelnde Kaufbereitschaft als negativer Kommunikationseffekt ............................. 118
5
Fehlerhafte Wahrnehmung als negativer Kommunikationseffekt................................ 121
6
Involvement als beeinflussende Variable ..................................................................... 126
7
Zusammenfassung der bisherigen Erkenntnisse und Formulierung des Modells ........ 133
E
Empirische Überprüfung des Modells ...................................................................... 137
XII
Inhaltsübersicht
1
Das Untersuchungsobjekt ............................................................................................. 137
2
Die Operationalisierung der zu messenden Konstrukte................................................ 147
3
Das Erhebungsdesign.................................................................................................... 178
4
Deskriptive Auswertung der Untersuchung.................................................................. 180
5
Überprüfung der Wirkungszusammenhänge mittels Strukturgleichungsmodellierung ................................................................................................................. 189
F
Kritische Würdigung und Implikationen................................................................. 213
1
Ergebnisse und Schlussfolgerungen zur theoretischen Zielstellung............................. 213
2
Ergebnisse und Schlussfolgerungen zur methodischen Zielstellung............................ 215
3
Ergebnisse und Schlussfolgerungen zur praktischen Zielstellung................................ 218
4
Abschließende Kritik und zukünftiger Forschungsbedarf............................................ 227
Literaturverzeichnis........................................................................................................... 233 Anhang ................................................................................................................................ 271
Inhaltsverzeichnis
XIII
Inhaltsverzeichnis Geleitwort............................................................................................................................ VII Vorwort .................................................................................................................................IX Inhaltsübersicht....................................................................................................................XI Inhaltsverzeichnis............................................................................................................. XIII Abbildungsverzeichnis .................................................................................................... XVII Tabellenverzeichnis...........................................................................................................XIX Abkürzungsverzeichnis.....................................................................................................XXI Symbolverzeichnis..........................................................................................................XXIII A
Einleitung......................................................................................................................... 1
1
Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit .................................................................... 1
2
Gang der Untersuchung .................................................................................................... 6
B
Sportsponsoring und Ambush-Marketing als Bestandteile des Kommunikations-Mix .................................................................................................. 11
1
Sportsponsoring als Kommunikationsinstrument........................................................... 11 1.1 Entwicklung und Definition des Sponsorings.......................................................... 11 1.2 Bedeutung und Ziele des Sportsponsorings ............................................................. 13 1.3 Möglichkeiten des Sportsponsorings ....................................................................... 15 1.4 Exkurs: Paßfähigkeit als theoretisches Konzept zur Auswahl der Sponsoringmöglichkeiten......................................................................................... 21 1.5 Sponsoring von Sportveranstaltungen als Schwerpunkt der Arbeit......................... 22
2
Ambush-Marketing als Kommunikationsinstrument ..................................................... 27 2.1 Definition und Ziele des Ambush-Marketings......................................................... 27 2.2 Gründe für die Entstehung von Ambush-Marketing................................................ 30 2.3 Möglichkeiten des Ambush-Marketings .................................................................. 31 2.4 Konsequenzen des Ambush-Marketings für den Sportmarkt .................................. 37
3
Konsequenzen der sportbezogenen Werbeaktivitäten für den Konsumenten ................ 39
C
Wirkungskontrolle des Sportsponsorings und des Ambush-Marketings................ 45
1
Wissenschaftliche Grundlagen der Wirkungskontrolle des Sportsponsorings und des Ambush-Marketing ........................................................................................... 45 1.1 Systematisierung der Wirkungskontrolle................................................................. 46 1.2 Methoden der Wirkungskontrolle ............................................................................ 47 1.3 Probleme der Wirkungskontrolle ............................................................................. 48
XIV 2
Inhaltsverzeichnis
State-of-the-Art ergebnisorientierter Wirkungskontrollen des Sportsponsorings und des Ambush-Marketings.......................................................................................... 50 2.1 Bisherige empirische Wirkungsanalysen des Sponsorings von Sportveranstaltungen ........................................................................................................ 50 2.2 Bisherige Wirkungsanalysen im Ambush- Marketing............................................. 55
3
Schlussfolgerungen für das zu entwickelnde Wirkungsmodell...................................... 60
D
Entwicklung eines Modells zur Erklärung negativer Wirkungen ........................... 65
1
Konsumentenverwirrtheit als negativer Kommunikationseffekt.................................... 65 1.1 State of the Art der Konzeptualisierungen ............................................................... 65 1.1.1 Bedeutung der Konsumentenverwirrtheit für das Sponsoring und Ambush-Marketing im Rahmen von Sportveranstaltungen ........................... 65 1.1.2 Bisherige Bedeutung der Konsumentenverwirrtheit im Marketing ............... 66 1.1.3 Entwicklung der Konzeptualisierungen der KVW ......................................... 67 1.1.4 Konzeptualisierung nach Walsh ..................................................................... 73 1.1.4.1 Wahrgenommene Stimulusähnlichkeit............................................. 73 1.1.4.2 Wahrgenommene Stimulusüberlastung............................................ 74 1.1.4.3 Wahrgenommene Stimulusunklarheit .............................................. 75 1.1.4.4 Zusammenfassende Erkenntnisse..................................................... 75 1.1.5 Konzeptualisierung nach Schweizer............................................................... 77 1.1.5.1 Theoretische Basis des KVW-Wirkungsgefüges ............................. 77 1.1.5.2 Konzeptualisierung der Informationsrate ......................................... 79 1.1.5.3 Zusammenfassende Erkenntnisse..................................................... 82 1.1.6 Kritische Zusammenfassung bisheriger Konzeptualisierungen als Grundlage eines weiterführenden Ansatzes ................................................... 83 1.2 Neukonzeptualisierung der Konsumentenverwirrtheit und seiner Antezedenten.... 86 1.2.1 Neukonzeptualisierung der Konsumentenverwirrtheit ................................... 86 1.2.2 Neukonzeptualisierung der Informationsrate als Antezedenten der KVW .... 88 1.2.2.1 Definition der Informationsrate und Identifikation ihrer konstituierenden Variablen............................................................... 88 1.2.2.2 Wahrgenommene Stimulivielzahl .................................................... 91 1.2.2.3 Wahrgenommene Stimuliähnlichkeit ............................................... 92 1.2.2.4 Wahrgenommene Stimuliunklarheit................................................. 93 1.2.2.5 Wahrgenommene Stimulineuartigkeit.............................................. 96 1.2.2.6 Zusammenfassende Erkenntnisse..................................................... 98 1.3 Ableitung eines spezifischen Wirkungsmodells im Rahmen des Sponsorings und Ambush-Marketings von Sportveranstaltungen................................................ 99
Inhaltsverzeichnis
2
XV
Reaktanz als negativer Kommunikationseffekt ............................................................ 104 2.1 State of the Art der Konzeptualisierung der psychologischen Reaktanz ............... 104 2.2 Bedeutung der Reaktanz für das Marketing........................................................... 108 2.3 Implikationen für das Sponsoring und Ambush-Marketing................................... 109 2.4 Zusammenfassende Erkenntnisse........................................................................... 111
3
Negative Einstellung gegenüber Sponsoring als negativer Kommunikationseffekt .... 113 3.1 Die Einstellung als marketingrelevantes Konstrukt............................................... 113 3.2 Implikationen für das Sponsoring und Ambush-Marketing................................... 114 3.3 Zusammenfassende Erkenntnisse........................................................................... 116
4
Mangelnde Kaufbereitschaft als negativer Kommunikationseffekt ............................. 118
5
Fehlerhafte Wahrnehmung als negativer Kommunikationseffekt................................ 121 5.1 Das Konstrukt der Wahrnehmung.......................................................................... 121 5.2 Implikationen für das Sponsoring und das Ambush-Marketing ............................ 123 5.3 Zusammenfassende Erkenntnisse........................................................................... 125
6
Involvement als beeinflussende Variable ..................................................................... 126 6.1 Begrifflichkeit und Involvementarten .................................................................... 126 6.2 Implikationen für das Sponsoring und Ambush-Marketing................................... 130 6.3 Zusammenfassende Erkenntnisse........................................................................... 132
7
Zusammenfassung der bisherigen Erkenntnisse und Formulierung des Modells ........ 133
E
Empirische Überprüfung des Modells ...................................................................... 137
1
Das Untersuchungsobjekt ............................................................................................. 137 1.1 Die FIFA Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Zahlen ........................................... 137 1.2 Die FIFA Fußball-Weltmeisterschaft 2006 aus Marketingsicht ............................ 139
2
Die Operationalisierung der zu messenden Konstrukte................................................ 147 2.1 Methodische Grundlagen der Operationalisierung ................................................ 147 2.2 Konsumentenverwirrtheit und Informationsraten .................................................. 150 2.2.1 Vorgehensweise zur Operationalisierung der KVW und der Informationsraten.......................................................................................... 150 2.2.2 Bisherige Messansätze der KVW ................................................................. 152 2.2.3 Entwicklung eines Messmodells für die KVW und die Informationsrate.... 158 2.3 Situative Reaktanz.................................................................................................. 162 2.4 Mangelnde Kaufbereitschaft .................................................................................. 166 2.5 Einstellung gegenüber Sponsoring......................................................................... 168 2.6 Wahrnehmung der Sponsoren und Ambusher ....................................................... 169 2.7 Ereignis-Involvement............................................................................................. 172
XVI 3
Inhaltsverzeichnis
Das Erhebungsdesign.................................................................................................... 178 3.1 Beschreibung des Erhebungsdesigns ..................................................................... 178 3.2 Beschreibung der Stichprobe ................................................................................. 178
4
Deskriptive Auswertung der Untersuchung.................................................................. 180 4.1 Deskriptive Analyse der Erinnerung an Sponsoren und Ambusher....................... 180 4.1.1 Beschreibung der Erinnerungswerte der Sponsoren und Ambusher ............ 180 4.1.2 Ergebnisse der Identifikationsraten .............................................................. 185 4.2 Weitere deskriptive Ergebnisse.............................................................................. 188
5
Überprüfung der Wirkungszusammenhänge mittels Strukturgleichungsmodellierung ................................................................................................................. 189 5.1 Grundlagen der Kausalanalyse .............................................................................. 189 5.2 Vorgehensweise und Kriterien bei der Modellbeurteilung mit PLS...................... 193 5.2.1 Kriterien der Beurteilung der Güte reflektiver Messmodelle mittels PLS ... 193 5.2.2 Kriterien zur Beurteilung von Strukturmodellen.......................................... 195 5.3 Ergebnisse der Modellbeurteilung ......................................................................... 197 5.3.1 Beurteilung der Messmodelle....................................................................... 197 5.3.2 Beurteilung des Strukturmodells .................................................................. 202 5.4 Zusammenfassung der kausalanalytischen Betrachtung........................................ 207
F
Kritische Würdigung und Implikationen................................................................. 213
1
Ergebnisse und Schlussfolgerungen zur theoretischen Zielstellung............................. 213
2
Ergebnisse und Schlussfolgerungen zur methodischen Zielstellung............................ 215
3
Ergebnisse und Schlussfolgerungen zur praktischen Zielstellung................................ 218
4
Abschließende Kritik und zukünftiger Forschungsbedarf............................................ 227
Literaturverzeichnis........................................................................................................... 233 Anhang ................................................................................................................................ 271
Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Darstellung des Untersuchungskontextes.................................................................. 4 Abb. 2: Aufbau der Arbeit...................................................................................................... 9 Abb. 3: Mögliche Sponsoringobjekte................................................................................... 16 Abb. 4: Möglichkeiten der Gegenleistung der Gesponserten .............................................. 20 Abb. 5: Sponsoring sportlicher Großereignisse mit medialer Bedeutung als Schwerpunkt der Untersuchung .............................................................................. 24 Abb. 6: Verflechtung der Eventparteien eines Sportereignisses .......................................... 26 Abb. 7: Bild-Auszug aus der Media Markt-Printkampagne "EMpfehlung des Jahres" während der Fußball-EM 2008 ............................................................................... 32 Abb. 8: Bild-Auszug aus der Printkampagne von Vitamalz im Vorfeld der Olympischen Spiele 2008 ....................................................................................... 32 Abb. 9: Printanzeige von ING-DiBa anlässlich der Olympischen Spiele 2008................... 33 Abb. 10: Prominente Platzierung des Puma-Logos auf den Trikots der italienischen Nationalmannschaft während der Fußball-EM 2008 .............................................. 33 Abb. 11: Beworbenes Produktdesign in einer Print-Kampagne von Heinz-Ketchup anlässlich der Fußball-EM 2008 ............................................................................. 35 Abb. 12: juristische Einteilung des Ambush-Marketings ...................................................... 36 Abb. 13: Beziehungsgeflecht der Konsequenzen für den Sportmarkt aufgrund von Ambush-Marketing ................................................................................................. 38 Abb. 14: Beispiele für intrainstrumentelle Entscheidungsdimensionen der Unternehmen am Beispiel des Veranstaltungssponsorings ........................................................... 40 Abb. 15: Beispiele für interinstrumentelle Integration des Veranstaltungssponsorings ........ 41 Abb. 16: Komplexität der auf die Konsumenten einfließenden Informationen durch Sport-Sponsoring eines Unternehmens ................................................................... 42 Abb. 17: Darstellung möglicher negativer Wirkungen der aktuellen Entwicklungen des Sponsorings im Rahmen von Sportveranstaltungen ............................................... 64 Abb. 18: Angenommene Struktur der Konsumentenverwirrtheit nach Walsh ...................... 76 Abb. 19: KVW-Modell als Wirkungsgefüge zwischen Informationsrate, emotionalen Vorgängen und Reduktionsstrategien nach Schweizer ........................................... 78 Abb. 20: Beziehung zwischen dem Konstrukt der KVW und seinen Antezedenten ............. 99 Abb. 21: Kausalzusammenhänge zwischen den Informationsraten und der KVW als negative Konsequenz ............................................................................................ 103 Abb. 22: Verhaltenstendenzen bei Bedrohung der Freiheit ................................................. 106 Abb. 23: Konzeptualisierung der Reaktanz und ihrer Wirkungen ....................................... 107 Abb. 24: Kausalzusammenhänge zwischen den Informationsraten, der KVW und der Reaktanz................................................................................................................ 112 Abb. 25: Kausalzusammenhänge zwischen den Informationsraten, der KVW, der Reaktanz und der Einstellung gegenüber Sponsoring..................................... 117
XVIII
Abbildungsverzeichnis
Abb. 26: Kausalzusammenhänge zwischen den Informationsraten, der KVW, der Reaktanz, der Einstellung gegenüber Sponsoring und der Kaufbereitschaft.. 120 Abb. 27: Drei-Speicher-Modell............................................................................................ 121 Abb. 28: Kausalzusammenhänge zwischen den Informationsraten, der KVW, der Reaktanz, der Einstellung gegenüber Sponsoring, der Kaufbereitschaft und der Identifikationsraten .................................................................................. 125 Abb. 29: Modell negativer Auswirkungen von Sponsoring- und Ambush-MarketingMaßnahmen........................................................................................................... 134 Abb. 30: Nutzung des gleichen Testimonials (Michael Ballack) in Print-Anzeigen unterschiedlicher Unternehmen während der Fußball-WM 2006......................... 144 Abb. 31: bisherige Untersuchungsverfahren zur Messung von KVW................................. 154 Abb. 32: Soziodemographische Zusammensetzung der Stichprobe .................................... 179 Abb. 33: Ergebnisse der Top 10-Marken des gestützten und ungestützten RecallTests im Vergleich ................................................................................................ 180 Abb. 34: Ergebnisse der Top 11-20-Marken des gestützten und ungestützten RecallTests im Vergleich ................................................................................................ 181 Abb. 35: Ergebnisse der Top 14-Marken des ungestützten Recall-Tests ............................ 182 Abb. 36: gestützter Recall - Vergleich der Konkurrenten.................................................... 184 Abb. 37: ungestützter Recall - Vergleich der Konkurrenten................................................ 184 Abb. 38: ungestützter Recall - Zusammensetzung der Nennungen ..................................... 185 Abb. 39: Antwortverhalten bezüglich der korrekten Identifikation der Sponsoren, Ambusher und Dummies....................................................................................... 187 Abb. 40: Bestandteile eines Strukturgleichungsmodells...................................................... 190 Abb. 41: Strukturmodell der negativen Auswirkungen durch Sportsponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen.......................................................................... 191 Abb. 42: Pfaddiagramm des Modells der negativen Auswirkungen durch Sportsponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen mit Schätzwerten .................. 205
Tabellenverzeichnis Tab. 1: Zusammenfassung bisheriger empirischer Studien zum Ambush-Marketing ........... 56 Tab. 2: Definitionen und Beschreibungen der Konsumentenverwirrtheit in chronologischer Entwicklung .................................................................................... 71 Tab. 3: Übersicht KVW-auslösender Faktoren in bisherigen Studien ................................... 91 Tab. 4: Beispiele von Sponsoren verschiedener Sport-Großveranstaltungen ........................ 95 Tab. 5: Zusammenfassung der zu untersuchenden Hypothesen .......................................... 136 Tab. 6: Sponsoren der Fußball-WM 2006 in Deutschland................................................... 140 Tab. 7: Beispiele von Logos, um Marketing-Events während der Fußball-WM 2006 anzukündigen ........................................................................................................... 145 Tab. 8: Beispiele von Sponsoren verschiedener Fußball-Großveranstaltungen .................. 146 Tab. 9: Unterschiede zwischen reflektiven und formativen Messmodellen ........................ 150 Tab. 10: Vorgehen zur Operationalisierung der KVW und der Informationsraten ............. 151 Tab. 11: Überblick bisheriger Messansätze von KVW in zeitlicher Reihenfolge ............... 152 Tab. 12: Indikatoren der KVW ............................................................................................ 161 Tab. 13: Indikatoren der Informationsraten ......................................................................... 162 Tab. 14: Indikatoren der situativen Reaktanz....................................................................... 166 Tab. 15: Indikatoren der mangelnden Kaufbereitschaft....................................................... 167 Tab. 16: Indikatoren der Einstellung gegenüber Sponsoring............................................... 169 Tab. 17: Liste der abgefragten Marken im gestützten Recall anlässlich der Fußball-WM 2006.................................................................................................. 172 Tab. 18: Indikatoren des Ereignis-Involvements ................................................................. 174 Tab. 19: Soziodemographika................................................................................................ 174 Tab. 20: Zusammenfassung der Operationalisierung der untersuchten Konstrukte ............ 175 Tab. 21: Gütekriterien zur Beurteilung reflektiver Messmodelle ........................................ 195 Tab. 22: Gütekriterien zur Beurteilung eines Strukturmodells ............................................ 197 Tab. 23: Eliminierte Indikatoren .......................................................................................... 198 Tab. 24: Ergebnisse der Analyse der Indikatorreliabilität der Messmodelle ....................... 199 Tab. 25: Ergebnisse der Analyse der Konvergenzvalidität der Messmodelle...................... 200 Tab. 26: Ergebnisse der Analyse der Diskriminanzvalidität der Messmodelle ................... 201 Tab. 27: Güte des Strukturmodells: Bestimmtheitsmaß....................................................... 203 Tab. 28: Ergebnisse der Pfadanalyse des Strukturmodells .................................................. 204 Tab. 29: Effektgrößen latenter Variablen............................................................................. 206 Tab. 30: Prognosevalidität des Strukturmodells .................................................................. 207 Tab. 31: Ergebnisse der Hypothesenprüfung ....................................................................... 211
XX
Tabellenverzeichnis
Tab. 32: Möglichkeiten interinstrumenteller Integration des Sportsponsorings bzw. Ambush-Marketings............................................................................................... 221 Tab. 33: Mit Konsumentenverwirrtheit assoziierte verhaltensrelevante Konsequenzen ..... 229
Abkürzungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis A
Affekt
Abb.
Abbildung
AVE
Average Variance Extracted (durchschnittlich erfasste Varianz)
bzw.
beziehungsweise
CHF
Schweizer Franken
CR
conditioned reaction (konditionierte Reaktion)
CS
conditioned stimuli (konditionierter Stimulus)
DEG
Düsseldorfer Eislaufgemeinschaft
DEV
durchschnittlich erfasste Varianz
DFB
Deutscher Fußball-Bund
DFL
Deutsche Fußball-Liga
d.h.
das heißt
DOSB
Deutscher Olympischer Sportbund
DSF
Deutsches Sportfernsehen
DUV
Deutscher Universitäts-Verlag
ed.
Editor (Herausgeber)/Edition (Auflage)
eds.
Editoren
et al.
et alteri (und andere)
etc.
et cetera
f.
folgende
ff.
fortfolgende
FIFA
Fédération Internationale de Football Association (Weltfußballverband)
ggü.
gegenüber
H
Hypothese
HPRS
Hong Psychological Reactance Scale
Hrsg.
Herausgeber
i.d.R.
in der Regel
XXI
XXII
Abkürzungsverzeichnis
IR
Informationsrate(n)
i.S.v.
im Sinne von
i.w.S.
im weiteren Sinne
IOC
International Olympic Commitee (Internationales Olympisches Komitee)
KMO
Kaiser-Meyer-Olkin-Kriterium
KVW
Konsumentenverwirrtheit
LISREL
Linear Structural Relationships
LVPLS
Latent Variable Partial Least Squares
MANOVA
Multivariate Analysis of Variance
Mio.
Millionen
MPR
(Fragebogen zur) Messung der psychologischen Reaktanz
Mrd.
Milliarden
MW
Mittelwert
n
Stichprobenumfang bzw. Anzahl der Fälle
ns
nicht signifikant
n.v.
nicht verfügbar
O
Organismus
OK
Organisationskomitee
OSL
Optimal-Stimulus-Level
PII
Personal Involvement Inventory
PLS
Partial Least Squares
POS
Point of Sale
SAS PROC CALIS
Statistical Analysis System Procedure: Covariance Analysis of Linear Structural Equations
SÄ
Stimuliähnlichkeit
SEM
Structural Equation Model(ing)
SN
Stimulineuartigkeit
sog.
so genannte(r)
Abkürzungsverzeichnis
XXIII
SPAD PLS
Special Programs and Analysis Division: Partial Least Squares
SPSS
Statistical Package for the Social Science
Std.-Abw.
Standardabweichung
SU
Stimuliunklarheit
SV
Stimulivielzahl
TOP
The Olympic Partner (früher The Olympic Program)
TRS
Therapeutic Reactance Scale
UCR
unconditioned reaction (unkonditionierte Reaktion)
UCS
unconditioned stimulus (unkonditionierter Stimulus)
UEFA
Union des Associations Européennes de Football (Union of European Football Associations)
Vpn
Versuchsperson(en)
u.a.
unter anderen/anderem
u.U.
unter Umständen
vgl.
vergleiche
z.B.
zum Beispiel
z.T.
zum Teil
Symbolverzeichnis €
Euro
$
Dollar
™
Trademark (eingetragene Marke)
2
f
Effektgröße
p
Signifikanzniveau, Irrtumswahrscheinlichkeit 2
Q
2
R
Bestimmtheitsmaß
2
R
Stone-Geisser-Kriterium
korr
korrigiertes Bestimmtheitsmaß
1
Einleitung
A Einleitung 1 Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit Sportliche Großereignisse, wie Welt- und Europameisterschaften, Olympische Spiele oder die Formel 1, bieten Unternehmen aufgrund des hohen Zuschauerinteresses (sowohl medial als auch vor Ort) und der dadurch stattfindenden medialen Übertragung der Eventinhalte einzigartige Möglichkeiten, diese Veranstaltungen für ihre Marketing-Kommunikation zu nutzen. Zahlreiche Unternehmen setzen dafür als zentrales Kommunikationstool das Sportsponsoring ein, da sich dadurch vor allem nicht-ökonomische Ziele erreichen lassen. Neben der Aufmerksamkeitssteigerung streben die Unternehmen insbesondere eine eindeutige Assoziation ihrer selbst mit dem Event seitens der Konsumenten an, um dadurch ihre Bekanntheit zu steigern, die Einstellung der Konsumenten gegenüber dem Sponsor und folglich das Sponsorenimage als Ziel des Sponsorings zu verbessern, um letztlich ökonomische Zielgrößen anzustreben (vgl. z.B. Cornwell et al. 2006). Darüber hinaus engagieren sich aufgrund der den Sponsoren meist zugesicherten Branchenexklusivität oder mangelnder finanzieller Ressourcen im Werbeumfeld der jeweiligen Veranstaltungen weitere Unternehmen, um von den Kommunikationseffekten des Ereignisses zu profitieren, ohne ein rechtliches, offizielles Sponsoringengagement mit dem Veranstalter einzugehen und die dafür geforderte Sponsoringgebühr zu erbringen (vgl. Bruhn/Ahlers 2003; Lyberger/McCarthy 2001; McDaniel/Kinney 1996; McKelvey 1994; Meenaghan 1994, 1998; Payne 1998; Sandler/Shani 1989, 1993; Shani/Sandler 1998; Townley/Harrington/Couchman 1998). Diese sog. Ambusher fungieren folglich nicht als offizielle Sponsoren der Sportveranstaltung. Vielmehr nehmen sie z.B. Gelegenheiten anderer Sponsoringbeziehungen in Anspruch, die durch die Eventveranstalter, die Medienanstalten und die Lizenznehmer ermöglicht werden, um bei den Konsumenten eine Assoziation mit dem Event aufzubauen. Die Varianten sind vielfältig, da durch die steigende Kommerzialisierung der Sportveranstaltungen, insbesondere jener mit medialer Bedeutung, alle Beteiligten eines solchen Sportereignisses an einer Vermarktung interessiert sind und für sich Sponsoringmöglichkeiten anbieten: Sportverbände, Sportligen, verschiedene Länder und ihre Teams, individuelle Athleten, Medien und Lizenznehmer mit der Autorität, Merchandising-Artikel zu produzieren und/oder zu verkaufen. Darüber hinaus nutzen Ambusher das Sportgroßereignis in ihrer Kommunikation, z.B. in der Werbung, durch direkte oder indirekte Verweise zum Event, ohne eine Art von Sponsoringbeziehung zu einem Event-Beteiligten einzugehen. Die Ziele dieser Ambush-Marketing-Maßnahmen gleichen im Wesentlichen denen des Sponsorings von Sportereignissen, d.h. Erhöhung des Bekanntheitsgrades des Unternehmens durch hohe Aufmerksamkeit der Zielgruppen gegenüber dem Event, Imagetransfer zwischen Sportevent und Unternehmen (Ambusher), Aufwertung des eigenen Markenwertes durch die wahrgenommene Assoziation mit dem Event seitens der Konsumenten, Aufbau von Goodwill für das Unternehmen oder letztlich die Erreichung ökonomischer Größen (vgl. Bruhn/Ahlers M. Sachse, Negative Kommunikationseffekte von Sponsoring und Ambush-Marketing bei Sportgroßveranstaltungen, DOI 10.1007/978-3-8349-8698-6_1, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010
2
Einleitung
2003; McDaniel/Kinney 1998; Meenaghan 1998; Sandler/Shani 1989, 1993; Shani/Sandler 1998). Darüber hinaus streben einige prominente Konkurrenten der Sponsoren mittels Ambush-Marketing an, die Aufmerksamkeit weg vom eigentlichen Sponsor auf sich selbst zu lenken und die Konsumenten Glauben zu machen, der Ambusher sei selbst Sponsor der Veranstaltung. Sie verfolgen damit das Ziel, den größeren Nutzen gegenüber dem Sponsor aus der Event-Kommunikation zu ziehen, z.B. durch Imagetransfer vom Sportevent auf den fälschlicherweise als Sponsor wahrgenommenen Ambusher (vgl. Bruhn/Ahlers 2003; Crompton 2004; Dalakas/Madrigal/Burton 2004; McDaniel/Kinney 1998; Meenaghan 1998; Payne 1998; Sandler/Shani 1989, 1993; Shani/Sandler 1998). Diese Rahmenbedingungen sportlicher Großereignisse führen als negative Konsequenz dazu, dass Konsumenten in der Zeit vor, während und nach diesen Großveranstaltungen mit einer Vielzahl von Kommunikationsmaßnahmen durch Sponsoren und Ambusher konfrontiert werden. Aus Sicht der Sponsoren und Ambusher werfen die dargestellten Entwicklungen die Frage nach den verhaltenswissenschaftlichen Konsequenzen und folglich dem Erfolg dieser Maßnahmen auf. Aus verhaltenswissenschaftlicher Perspektive ist davon auszugehen, dass aufgrund einer beschränkten Informationsverarbeitungskapazität des Konsumenten (vgl. Atkinson/Shiffrin 1968; Cacioppo/Petty/Morris 1983; Craik/Lockhart 1972; Jacoby/Speller/Kohn 1974; Malhotra 1984; Malhotra/Jain/Lagakos 1982; Petty/Cacioppo 1983) dieser die sich aus der Summe der Maßnahmen des Einsatzes beider Kommunikationsinstrumente im Rahmen von Sportgroßveranstaltungen ergebende Vielzahl der Stimuli nicht mehr entsprechend verarbeiten kann. Folglich ist zu vermuten, dass sich aus dieser Summe der Kommunikationsmaßnahmen des Sportsponsorings und des Ambush-Marketings negative Wirkungen beim Konsumenten ergeben können, die die Kommunikationsziele der Unternehmen gefährden können, aber bislang für einen mäßigen oder gar Miss-Erfolg noch nicht in Betracht gezogen wurden. Das Ansteigen an Kommunikationsmöglichkeiten im Rahmen des Sponsoringumfeldes gilt als eine der größten Herausforderungen, mit denen das Sponsoring sportlicher Großereignisse als Kommunikationsmedium konfrontiert ist – es wird jedoch bisher nur in wenigen Studien diskutiert (vgl. Carrillat/Lafferty/Harris 2005; Cornwell/Relyea/Irwin/Maignan 2000; Meenaghan 1996; Ruth/Simonin 2003; Séguin/O’Reilly 2008). Zudem finden sich nur vereinzelte empirische Untersuchungen im Sportsponsoring, die explizit die negativen Effekte dieser Entwicklungen auf die Sponsoring-Ziele, wie z.B. auf die Bekanntheit der Sponsoren (vgl. Cornwell/Relyea/Irwin/Maignan 2000) oder auf die Einstellung gegenüber dem Sportevent (vgl. Carrillat/Lafferty/Harris 2005; Ruth/Simonin 2003), aufzeigen. Andere Studien fokussieren sich allein auf die Wirkungen der Ambush-Marketing-Maßnahmen und deren Einfluss auf die Ziele der Sponsoren (vgl. Lyberger/McCarthy 2001; McDaniel/Kinney 1996; Sandler/Shani 1989, 1993; Séguin/ Lyberger/O’Reilly/McCarthy 2005). Diese Studien zeigen jedoch eher ambivalente Ergebnisse.
Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit
3
Die aus der Gesamtheit der Werbemaßnahmen der Sponsoren und Ambusher resultierenden negativen Wirkungen beim Konsumenten, einschließlich ihrer empirischen Überprüfung, war bislang nicht Gegenstand der Forschungsbemühungen im Sport-Marketing bzw. der Konsumentenverhaltensforschung. Da Erkenntnisse anderer Kommunikationsbereiche zum Phänomen negativer Effekte jedoch zeigen (vgl. z.B. Ha 1996; Ha/McCann 2008; Mandese 1992; Mord/Gilson 1985; Pieters/Bijmolt 1997; Pillai 1990; Ray/Webb 1986; Riebes/Dawes 2006; Rodgers/ Thorson 2000; Webb/Ray 1979), dass ein wahrgenommenes „Wirrwarr“ an Werbeinformationen die Fähigkeit der Konsumenten zur Informationsverarbeitung und somit die Ziele der Kommunikationsmaßnahmen, wie z.B. Markenbekanntheit oder Imagetransfer, beeinträchtigen, erscheinen theoretische und empirische Untersuchungen negativer Effekte für die Erfolgskontrolle der Sponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen sinnvoll. Die vorliegende Arbeit soll dazu beitragen, das vorhandene Defizit der Sponsoring-Forschung zu beheben und einen Beitrag zu negativen Kommunikationseffekten von Sponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen beim Konsumenten im Rahmen von Sportgroßereignissen mit medialer Bedeutung, die die Wirkung dieser Kommunikationsmaßnahmen einschränken, zu leisten1. Mit dem weltweit bedeutenden sportlichen Großereignis der FIFA Fußball-WM 2006 in Deutschland bot sich die Gelegenheit, die neuartige Fragestellung negativer Wirkungen resultierend aus dem Ansteigen der Werbeinformationen durch Sponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen beim Konsumenten im Rahmen von Sportgroßereignissen zu erforschen. Die folgende Abb. 1 stellt die Einordnung der theoretischen und empirischen Untersuchung in den Kontext des Sponsorings nochmals grafisch dar. Folglich steht das Sponsoring sportlicher Großereignisse mit medialer Bedeutung im Mittelpunkt der Arbeit.
1
Im Weiteren wird vereinfacht von bedeutenden sportlichen Großereignissen bzw. von bedeutenden Sportveranstaltungen gesprochen.
4
Einleitung
Abb. 1: Darstellung des Untersuchungskontextes Sponsoring Mediensponsoring Bildungssponsoring Kultursponsoring Umweltsponsoring Sportsponsoring Erwerb von Namensrechten an Stadien und Sportstätten
Sponsoring spezieller Veranstaltungen nationale Veranstaltungen
ohne mediale Bedeutung Sponsoring von Teams/ Einzelsportlern
mit medialer Bedeutung
Erwerb von Übertragungsrechten einer Veranstaltung oder Programmsponsoring
internationale Veranstaltungen ohne mediale mit medialer Bedeutung Bedeutung
Sponsoring von Verbänden und Organisationen
Sponsoring von Vereinen und Abteilungen
Insgesamt ergeben sich für die vorliegende Arbeit die folgenden drei Zielstellungen: Das theoretische Ziel besteht darin, ein Modell negativer Wirkungen beim Konsumenten durch Sport-Sponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen zu entwickeln. Entsprechend ist es ein erster grundlegender theoretischer Anspruch dieser Arbeit, die existierende theoretische und empirische Forschung zum Ambush-Marketing systematisch auszuwerten und zu diskutieren, um einen Beitrag bezüglich dieser Forschungslücke zu leisten und Erkenntnisse für die Modellgestaltung zu gewinnen. Im Weiteren ist es aufgrund mangelnder wissenschaftlicher Betrachtungen negativer Effekte in der Sponsoring-Forschung das Ziel, kontextrelevante Verhaltenskonstrukte zu identifizieren und deren Wechselwirkungen zu berücksichtigen. Die Auswahl der Konstrukte stellt insbesondere auf die Berücksichtigung der Zielgrößen der Sponsoren und Ambusher ab. Dabei steht die Betrachtung der Wirkungsergebnisse im Fokus der Arbeit. Aufbauend auf den Ergebnissen bisheriger Forschungen anderer Marketingbereiche und deren Adaption auf den Sportsponsoringkontext wird gezeigt, welchen Einfluss die wahrgenommene Informationskomplexität auf x
die Konsumentenverwirrtheit (KVW) bezüglich der Sponsoren und Ambusher,
x
die Verwechslungsrate zwischen Sponsoren und Ambushern,
x
die Reaktanz gegenüber den Werbemaßnahmen,
x
die Einstellung gegenüber Sponsoring und
x
die Kaufbereitschaft gegenüber den beworbenen Produkten und Dienstleistungen ausübt.
Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit
5
Um diese Kausalbeziehungen aufzeigen zu können, werden die bislang im Kontext der Sportsponsoring- und Ambush-Marketing-Forschung nicht untersuchten Konstrukte der Konsumentenverwirrtheit und der situativen Reaktanz anhand bestehender Studien umfassend theoretisch aufgearbeitet und entsprechend des Untersuchungsrahmens neu konzeptualisiert. Insbesondere die Konsumentenverwirrtheit ist ein relativ neues Konstrukt in der Konsumentenforschung und nimmt als negatives Phänomen in der marketingwissenschaftlichen Diskussion bislang einen nur vergleichsweise geringen Stellenwert ein (vgl. Walsh 2002a, S. 6; Walsh/Hennig-Thurau/Mitchell 2007, S. 697). Aufgrund zunehmender, ähnlicher Werbeinformationen im Rahmen des Sportsponsorings bzw. Ambush-Marketings durch eine steigende Anzahl komplexer, ähnlicher Produkte und Dienstleistungen (vgl. Mitchell/Walsh/Yamin 2005; Mitchell/Bates 1998; Walsh/Mitchell/Hennig-Thurau 2001) sowie der mit der KVW assoziierten negativen Verhaltenspotentiale seitens der Konsumenten (vgl. z.B. Drummond 2004; Mitchell/Papavassiliou 1999; Walsh 2002a, S. 142; Walsh/Hennig-Thurau/Mitchell 2007; Walsh/Wiedmann/Hennig-Thurau 2004, S. 89), wie z.B. aufgeschobene oder abgebrochene Kaufentscheidungen (vgl. Mitchell/Papavassiliou 1999; Walsh/Hennig-Thurau/ Mitchell 2007) oder Unzufriedenheit (vgl. Foxman/Muehling/Berger 1990; Mitchell/Papavassiliou 1999), eignet sich das Konstrukt der Konsumentenverwirrtheit für den vorliegenden Untersuchungsrahmen als bedeutende Erklärungsvariable. Aus theoretischer Sicht mangelt es der KVW-Forschung insgesamt bislang an theoretischer Fundierung und Beiträgen, die aufzeigen, dass es ein verhaltenswissenschaftlich relevantes und eigenständiges Konstrukt ist. Diese Arbeit leistet folglich einen Beitrag zur theoretischen und empirischen Diskussion der Konsumentenverwirrtheit. Bezüglich der Reaktanz lässt sich belegen, dass sie als bedeutendes psychologisches Konstrukt vor allem im Bereich der Sozialpsychologie (für einen Überblick vgl. z.B. GrabitzGniech/Grabitz 1973 und zur Erklärung des Konsumentenverhaltens vgl. z.B. Clee/Wicklund 1980) eine lange Forschungshistorie aufweist. Trotz ihrer Bedeutung als möglicher negativer Effekt von Marketingkommunikation wird sie bisher sowohl bezüglich der theoretischen Aufarbeitung als auch der empirischen Prüfung im Marketing weitgehend vernachlässigt. Im Rahmen der Sportsponsoringforschung fand die Reaktanz bislang keine Beachtung. Insofern ist es ein weiteres theoretisches Ziel dieser Arbeit, einen theoretischen und empirischen Forschungsbeitrag in Bezug auf die situative Reaktanz zu liefern. Das methodische Ziel der vorliegenden Arbeit besteht darin, ein Instrument zur Messung einzelner Wirkungen und deren Zusammenhänge vorzulegen. Da nicht bei allen Konstrukten auf bewährte Messkonzepte zurückgegriffen werden kann, sollen dafür neue untersuchungsspezifische Messinstrumente entwickelt werden. Das Vorgehen fokussiert sich vor allem auf die Konstrukte der Konsumentenverwirrtheit, seiner Antezedenten und der situativ ausgelösten Reaktanz. Da sich bislang keine Forschungsarbeiten zur KVW und situativen Reaktanz aufgrund von Sponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen finden, ist die Entwicklung eines neuen Messinstrumentes gerechtfertigt (vgl. Churchill 1979, S.
6
Einleitung
67). Es wird beabsichtigt, mit der Neuentwicklung der Skalen eine Grundlage für anschließende Forschungsvorhaben im Bereich des Sportsponsorings und des AmbushMarketings zu generieren. Darauf aufbauend sollen die Wirkungszusammenhänge empirisch geprüft werden. Es wird auf die Methodik der Kausalanalyse mittels SmartPLS 2.0 zurückgegriffen. Dabei müssen die Messkonzepte der Konstrukte den methodischen Anforderungen an Objektivität, Reliabilität, Validität, Generalität und Praktikabilität entsprechen (vgl. Woll 1997, S. 172). Letztlich ergibt sich aus den theoretischen und empirischen Erkenntnissen der Arbeit das praxisorientierte Ziel, den Unternehmen, die Sport(groß)veranstaltungen als Kommunikationsplattform nutzen, mögliche negative Effekte ihres Engagements als Sponsor oder Ambusher aufzuzeigen und konkrete Handlungsempfehlungen für Sponsoren, Veranstalter und Ambusher abzuleiten. Ein weiteres praktisches Ziel ist mit dem methodischen Ziel eng verknüpft. Es besteht darin, mit der Entwicklung eines entsprechenden Messinstrumentes negativer Wirkungen den Unternehmen eine Möglichkeit zur Kontrolle ihrer Kommunikationsmaßnahmen an die Hand zu geben.
2 Gang der Untersuchung Wie bereits erwähnt, zielt die vorliegende Untersuchung auf einen Erkenntnisfortschritt hinsichtlich negativer Kommunikationseffekte von Sponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen beim Konsumenten im Rahmen von Sportgroßereignissen mit medialer Bedeutung ab. Dabei folgt diese Arbeit dem Wissenschaftsverständnis des Kritischen Rationalismus (vgl. Popper 2005, S. 14ff.). Der Aufbau der Dissertation erstreckt sich über sechs Kapitel, die alphabetisch gekennzeichnet sind. Kapitel A stellt die Problemstellung, die daraus resultierenden theoretischen, methodischen und praktischen Ziele sowie einen Überblick zur Vorgehensweise des Forschungsvorhabens dar. In Kapitel B folgen zunächst eine ausführliche Darstellung und Diskussion der Kommunikationsinstrumente Sportsponsoring (B1) und Ambush-Marketing (B2), um darauf aufbauend die daraus resultierenden Konsequenzen für die Konsumenten aufzuzeigen (B3). Nach einer kurzen Darstellung der Entwicklung des Sportsponsorings werden die Bedeutung, die Ziele und die Möglichkeiten der Ausgestaltung dieses Kommunikationsinstrumentes erläutert. Da das Sponsoring von Sportereignissen mit medialer Bedeutung seitens der Unternehmen einen besonderen Stellenwert in der Unternehmenskommunikation einnimmt, fokussieren die weiteren Ausführungen diese Art des Sponsoringengagements. Um nähere Aussagen zum Forschungsproblem treffen zu können, ist es bedeutend, die Verflechtungen der sportereignisspezifischen, komplexen Beziehungen aller direkten und indirekten Eventparteien darzulegen und Interessenkonflikte zwischen den Wettbewerbern zu verdeutlichen. Daran schließt sich eine ausführliche Darstellung des Ambush-Marketings an (Kapitel B2). Nachdem ein grundlegendes Begriffsverständnis vorgestellt sowie die Ziele und Möglichkeiten des Kommunikationsinstrumentes erläutert wurden, werden die Konsequenzen der
Gang der Untersuchung
7
Entwicklung dieser Form des Sportengagements für den Sportmarkt dargelegt. Basierend auf den Erkenntnissen der Ausführungen zum Sportsponsoring und zum Ambush-Marketing werden in Kapitel B3 die Konsequenzen der zunehmender Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher auf den Konsumenten geschlussfolgert. Das Anliegen dieses Kapitels liegt darin, die Relevanz des Forschungsvorhabens aufzuzeigen. Da das Ziel der vorliegenden Arbeit im Aufbau und in der späteren empirischen Prüfung eines Modells der negativen Wirkungen der Sponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen besteht, widmet sich der erste Teil des Kapitels C den wissenschaftlichen Grundlagen der Wirkungskontrolle des Sportsponsorings und des Ambush-Marketings. Im Teil C2 werden die Ergebnisse bisheriger empirischer, ergebnisorientierter Wirkungsanalysen im Sportsponsoring- und Ambush-Marketing aufgezeigt, da der wissenschaftliche Erkenntnisfortschritt stets auf bereits vorhandenen Erkenntnissen aufbaut. In C3 werden mögliche negative Auswirkungen der Werbeaktivitäten im Rahmen sportlicher Veranstaltungen geschlussfolgert. Die Erkenntnisse des Kapitels C3 bilden die Grundlage für die Entwicklung eines Wirkungsmodells in Kapitel D. Zunächst steht die Konsumentenverwirrtheit im Mittelpunkt. Für das Konstrukt und seine Antezedenten werden im ersten Teil des Kapitels (D1) aufbauend auf Erkenntnissen bisheriger Konzeptualisierungen theoriegeleitete Neukonzeptualisierungen für den vorliegenden Untersuchungskontext erarbeitet. Im Verlauf des Kapitels (D2 bis D5) werden weitere Konstrukte als negative Auswirkungen der erhöhten Informationskomplexität durch Sponsoren und Ambusher diskutiert (situative Reaktanz, negative Einstellung gegenüber Sponsoring, mangelhafte Kaufbereitschaft gegenüber Produkten/Dienstleistungen der Sponsoren und Ambusher, fehlerhafte Wahrnehmung der Sponsoren und Ambusher). Indem diese Variablen in ein Modell eingehen, soll ein möglicher (Teil)Wirkungsprozess der Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher betrachtet werden. Aufgrund bestehender theoretischer Erkenntnisse werden zwischen den diskutierten Konstrukten Zusammenhänge hergestellt. Daran anschließend wird das Involvement als beeinflussende Variable diskutiert (D6). Das Ergebnis dieses Kapitels ist ein Modell negativer Wirkungen von Sponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen einschließlich abgeleiteter Hypothesen (D7). Um dieses theoretisch entwickelte Erklärungsmodell im Sinne des kritischen Rationalismus mit der Realität zu konfrontieren und damit dessen Tauglichkeit zu testen, erfolgt in Kapitel E die empirische Prüfung. Zunächst wird mit der Fußball-WM 2006 der Untersuchungsgegenstand vorgestellt (E1). Daran anschließend erfolgen die Operationalisierung der Konstrukte (E2), die Vorstellung des Erhebungsdesigns (E3) und die deskriptive Darstellung der Ergebnisse (E4). Im Fokus dieses Kapitels (E5) steht die mehrstufige kausalanalytische Überprüfung der in Kapitel D hergeleiteten Hypothesen. Das zu überprüfende Strukturgleichungsmodell beinhaltet sowohl Struktur- als auch Messmodelle, die einer Prüfung unterzogen werden. Die mit SmartPLS 2.0 geschätzten Parameter werden diskutiert und interpretiert. Anschließend erfolgt die Gütebeurteilung des Modells.
8
Einleitung
Das finale Kapitel F greift die theoretischen, methodischen und praktischen Ziele der vorliegenden Arbeit wieder auf und prüft, inwieweit diese erfüllt werden konnten. Abschließend erfolgen eine kritische Betrachtung und die Ableitung zukünftigen Forschungsbedarfs. Die folgende Abb. 2 verdeutlicht den Aufbau der Arbeit nochmals grafisch.
Gang der Untersuchung
Abb. 2: Aufbau der Arbeit A Einleitung 1
Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit
2
Gang der Untersuchung
B
Sportsponsoring und Ambush-Marketing als Bestandteile des Kommunikations-Mix
1
Sportsponsoring als Kommunikationsinstrument
2
Ambush-Marketing als Kommunikationsinstrument
3
Konsequenzen der Werbeaktivitäten im Rahmen des Sponsorings von Sportveranstaltungen und des Ambush-Marketings
C
Wirkungskontrolle des Sportsponsorings und des Ambush-Marketings
1
Wissenschaftliche Grundlagen der Wirkungskontrolle des Sportsponsorings und des AmbushMarketings
2
State-of-the-Art ergebnisorientierter Wirkungskontrollen des Sportsponsorings und des AmbushMarketings
3
Schlussfolgerungen für das zu entwickelnde Modell
D
Entwicklung eines Modells zur Erklärung negativer Wirkungen des Sponsorings von Sportveranstaltungen und des Ambush-Marketings
1
Die Konsumentenverwirrtheit als negativer Kommunikationseffekt
2
Die Reaktanz als negativer Kommunikationseffekt
3
Die negative Einstellung gegenüber Sponsoring als negativer Kommunikationseffekt
4
Die mangelnde Kaufbereitschaft als negativer Kommunikationseffekt
5
Die fehlerhafte Wahrnehmung als negativer Kommunikationseffekt
6
Das Involvement als beeinflussende Variable
7
Zusammenfassung der bisherigen Erkenntnisse und Formulierung des Modells
E
Empirische Überprüfung des Modells
1
Das Untersuchungsobjekt
2
Die Operationalisierung der zu messenden Konstrukte
3
Das Erhebungsdesign
4
Deskriptive Auswertung der Untersuchung
5
Überprüfung der Wirkungszusammenhänge
F
Kritische Würdigung und Implikationen
1
Ergebnisse und Schlussfolgerungen zur theoretischen Zielstellung
2
Ergebnisse und Schlussfolgerungen zur methodischen Zielstellung
3
Ergebnisse und Schlussfolgerungen zur praktischen Zielstellung
4
Abschließende Kritik und zukünftiger Forschungsbedarf
9
Sportsponsoring als Kommunikationsinstrument
11
B Sportsponsoring und Ambush-Marketing als Bestandteile des Kommunikations-Mix 1
Sportsponsoring als Kommunikationsinstrument
1.1 Entwicklung und Definition des Sponsorings Die Förderung von Kultur, Sport und Sozialwesen hat eine lange Tradition (vgl. Bruhn 2003, S. 3; 2008, S. 20). Die ursprünglichen Wurzeln werden dem Römer Gaius Cilnius Maecenas (ca. 70 bis 8 v. Chr.), Freund und Berater von Kaiser August, zugeschrieben, der bedeutende Dichter seiner Zeit unterstützte. Auch wenn dieser nicht vollständig eigennützig handelte und die Arbeiten vor allem zu seinen und zu Gunsten des augustinischen Regiments beeinflusste (vgl. Dudzik 2006, S. 6; Rothe 2001, S. 212ff.), geht auf ihn der Begriff des Mäzenatentums zurück (vgl. z.B. Becker 1994). Dies beschreibt die Förderung von Kultur und Gemeinwesen aus überwiegend altruistischen Motiven (vgl. Bruhn 2003, S. 3f.; Hermanns/Marwitz 2008, S. 45). Aus heutiger Sicht nehmen Stiftungen zunehmend die Rolle des klassischen Mäzens ein, wobei das Stiftungsvermögen meist sozialen Aufgaben zu Gute kommt (vgl. Dudzik 2006, S. 6). Als eine Weiterentwicklung dieser Förderformen wird das Spendenwesen gesehen (vgl. Bruhn 2008, S. 22; Drees 1992, S. 8). Unternehmen spenden Geld- oder Sachwerte für Zwecke (z.B. an Parteien, soziale und konfessionelle Einrichtungen), die sie entsprechend ihrer gesellschaftspolitischen Verantwortung auswählen. Diese Ausgaben haben aus Unternehmenssicht vornehmlich steuerliche Vorteile, weshalb hierbei nicht zwangsläufig eine Gegenleistung vom Geförderten erwartet wird (vgl. Bruhn 2003, S. 4). Da auch die Unterstützung von Stiftungen unter speziellen Umständen als Spende geltend gemacht werden kann, ist die Abgrenzung zwischen Stiftungen und Spendenwesen vor allem aus steuerrechtlicher Sicht interessant. Aus Marketingperspektive ist sie an dieser Stelle nicht weiter relevant. Gemein bleibt beiden Formen der Unterstützung, dass Personen bzw. Unternehmen im Sinne gesellschaftlicher Fördermotive und nicht aufgrund kommerzieller Ziele handeln, ohne eine Gegenleistung vertraglich zu fixieren. Beim Sponsoring hingegen verfolgt das Unternehmen mit seinem finanziellen Engagement hauptsächlich eigene kommerzielle Interessen (z.B. Kommunikationsziele), weshalb an die Stelle einer einseitigen Förderung ein gegenseitiges Vertragsverhältnis zwischen Unternehmen und Gefördertem tritt (vgl. Hermanns/Marwitz 2008, S. 43). Mit dem Gesponserten werden bestimmte Gegenleistungen vereinbart. Das Fördermotiv ist dabei für einige Autoren noch immer ein konstitutives Element des Sponsorings (vgl. Bassenge 2000, S. 59ff.), während andere dies lediglich als „positiven Nebeneffekt“, vor allem im Spitzensport, sehen (vgl. Hermanns/Marwitz 2008, S. 43). Das Sponsoring hat sich mittlerweile als eigenständiges Kommunikationsinstrument im Rahmen der Kommunikationspolitik von Unternehmen etabliert, mit dem durch die interinstrumentelle Integration (Verknüpfung mit anderen Kommunikationsinstrumenten) vor M. Sachse, Negative Kommunikationseffekte von Sponsoring und Ambush-Marketing bei Sportgroßveranstaltungen, DOI 10.1007/978-3-8349-8698-6_2, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010
12
Sportsponsoring und Ambush-Marketing als Bestandteile des Kommunikations-Mix
allem Ziele der Marketingkommunikation erreicht werden sollen (vgl. Bruhn 2007, S. 411ff.)2. Aus praktischer Sicht zeichnet sich in den Unternehmen in den letzten Jahren dabei jedoch ein eher diffuses Bild eines Begriffsverständnisses von Sponsoring ab, unter welches jegliche Arten der Unterstützung von Unternehmen subsumiert werden (vgl. Bruhn 2003, S. 5). Aus wissenschaftlicher Perspektive zeigt sich eine umfassende Diskussion und damit eine vielschichtige und umfangreiche Betrachtungsweise, die unterschieden wird in phasen- und ereignisorientierte, enumerativ-explikative und eher vertragsorientierte Definitionen (vgl. zusammenfassend Bruhn 2003, S. 5; Hermanns 2008a, S. 275; Hermanns/Marwitz 2008, S. 43; Walliser 1995, S. 8). Die Auffassungen über den Begriffsinhalt divergieren jedoch und spiegeln jeweils den aktuellen Entwicklungsstand des Instrumentes wider (vgl. Marwitz 2006, S. 27). Es findet sich damit keine allgemein akzeptierte Definition.3 Im deutschsprachigen Raum werden im Wesentlichen die Ansätze von Hermanns (2008a) und Bruhn (2003) diskutiert. Diese ergänzen sich und liefern somit ein grundlegendes Verständnis für das Kommunikationsinstrument, welches als Basis der vorliegenden Arbeit dienen soll: Hermanns (2008a, S. 275) fokussiert in einem enumerativ-explikativen Ansatz die vertragliche Komponente und kennzeichnet entsprechend des Anspruches an eine gesellschaftlich aktuelle und allgemeingültige Definition unter Einbezug aller möglichen zukünftigen, innovativen Entwicklungsformen Sponsoring als x
„… die Zuwendung von Finanz-, Sach- und/oder Dienstleistungen von einem Unternehmen, dem Sponsor,
x
an eine Einzelperson, eine Gruppe von Personen oder eine Organisation bzw. Institution aus dem gesellschaftlichen Umfeld des Unternehmens, dem Gesponserten,
x
gegen die Gewährung von Rechten zur kommunikativen Nutzung von Personen bzw. Organisationen und/oder Aktivitäten des Gesponserten
x
auf der Basis einer vertraglichen Vereinbarung4“.
Bruhn (2003, S. 5) stellt in seiner Definition den Fördergedanken deutlicher in den Vordergrund und benennt mögliche Nutzungsbereiche des Sponsorings. Er definiert Sponsoring aus Managementperspektive als
2
3
4
Diese interinstrumentelle Integration wird von vielen Autoren betont, wobei das Sponsoring damit dem Vorwurf unterliegt, kein eigenständiges Kommunikationsinstrument zu sein, da die Ziele nicht erreicht werden können ohne sich anderer Instrumente zu bedienen (vgl. Ausführungen bei Dudzik 2006, S. 21f.). Andere Autoren plädieren deshalb dafür, es als übergreifendes Sub-Instrument der Kommunikationspolitik zu sehen (vgl. Bassenge 2000, S. 63f.). Dieser Ansicht soll hier hingegen nicht gefolgt werden. An dieser Stelle soll jedoch auf eine tiefergehende Diskussion der Definitionen verzichtet werden. Umfassende Begriffsdiskussionen finden sich u.a. bei Drees (1992), Erdtmann (1989), Meenaghan (1983) und Walliser (1995). Die konkrete vertragliche Vereinbarung wird als Sponsorship bezeichnet (vgl. Hermanns 1997, S. 37).
Sportsponsoring als Kommunikationsinstrument
13
x
„… die Planung, Organisation, Durchführung und Kontrolle sämtlicher Aktivitäten,
x
die mit der Bereitstellung von Geld, Sachmitteln, Dienstleistungen oder Know-how durch Unternehmen und Institutionen
x
zur Förderung von Personen und/oder Organisationen in den Bereichen Sport, Kultur, Soziales, Umwelt und/oder Medien verbunden sind,
x
um damit gleichzeitig Ziele der Unternehmenskommunikation zu erreichen“.
Wie aus der Definition von Bruhn (2003) ersichtlich, existieren verschiedene Arten von Sponsoring. Eine Trennung findet sich vor allem hinsichtlich der Kategorien Sport-, Kultur-, Sozial-, Umwelt-, Wissenschafts- oder Bildungs- und Mediensponsoring (vgl. Bagusat/ Marwitz/Vogl 2008; Bruhn 2003; Glogger 1999, S. 33ff.), wobei sich die vorliegende Arbeit im Weiteren nur dem Thema des Sportsponsorings widmet5. 1.2 Bedeutung und Ziele des Sportsponsorings In den letzten Jahrzehnten entwickelte sich das Sportsponsoring zu einem bedeutenden Instrument der Unternehmenskommunikation (vgl. Bruhn 2003, S. 12; Hermanns 2008a). Weltweit stieg das Sponsoringvolumen von 30,5 Billionen US$ im Jahre 2005 auf 37,9 Billionen US$ im Jahre 2007, während für 2008 43,5 Billionen US$ erwartet werden (AMA 2008). Auch in Deutschland nimmt das Sportsponsoring einen bedeutenden Stellenwert ein. Entsprechend der Studie „Sponsoring Trends 2008“ des Institutes für Marketing der Universität der Bundeswehr München (vgl. Hermanns 2008b) setzen ca. 74,7% der befragten deutschen Unternehmen Sponsoring in ihrem Kommunikationsmix ein. Der Anteil ihrer Aufwendungen für Sponsoring am gesamten Kommunikationsbudget ist mit 16,6% deutlich gestiegen. 36,3% der Befragten äußern, das Sponsoringbudget habe seit 2006 im Vergleich zu den Ausgaben für andere Kommunikationsinstrumente zugenommen. 82,8% der Unternehmen nutzen Sportsponsoring mit einem Anteil von 44,2% des gesamten Sponsoringvolumens6, wobei der Fußball mit 77,9% vor dem Handball mit 43,3% und Reiten mit 36,3% dominiert. Gründe für diese hohe Bedeutung des Sportsponsorings sind in dem hohen Interesse seitens der Konsumenten an aktivem Sport, der Sportrezeption vor Ort oder medialer Sportberichterstattung7 und dem hohen kommunikativen Potential des Sports zu sehen (vgl. Hermanns 2008a, S. 280). Aus Sicht des Marketings, und damit aus der Sicht der Sponsoren, lassen sich als bedeutendste Ziele des Sponsorings entsprechend dem idealtypischen Modell der Werbewirkung streu5 6 7
Ist im Folgenden die Rede von Sponsoring oder Sponsorships, beziehen sich alle Ausführungen auf den Bereich des Sports. 21,1% entfallen auf Kunst- und Kultursponsoring, gefolgt von Soziosponsoring (15,7%) und Bildungssponsoring (12,3%), der Rest verteilt sich auf Medien- (3,5%) und Ökosponsoring (2,6%). In Deutschland sind ca. 27 Mio. Menschen in Sportvereinen organisiert (vgl. DOSB 2007), die Anzahl der Mitglieder in Fitnessstudios stieg seit 2005 von 4,1 Mio. Bundesbürgern auf 5,3 Mio. in 2007. Die FußballWM 2006 verzeichnete z.B. ca. 25 Milliarden TV-Zuschauer (vgl. FIFA 2009b).
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Sportsponsoring und Ambush-Marketing als Bestandteile des Kommunikations-Mix
technische, psychologische8 und ökonomische Ziele des Sponsorings identifizieren, die aufeinander aufbauen (vgl. Schwaiger 1997, S. 24) und sich im Wesentlichen als derivate Ziele entsprechend eines hierarchisch aufgebauten Zielsystems aus den Unternehmens-, Marketing- und Kommunikationszielen ableiten (vgl. Marwitz 2006, S. 49). Unternehmen verfolgen dabei meist die simultane Erreichung der Ziele (vgl. Apostolopoulou/ Papadimitriou 2004, S. 183). Streutechnische Werbeziele sind Kontaktmaße mit Bezug zur Zielgruppe, z.B. die (mediale) Kontaktreichweite (Zahl der erreichbaren Personen) und die Kontakthäufigkeit der Zielgruppe mit den Sponsoringmaßnahmen (Exposition), und stellen die Grundvoraussetzung für das Erreichen kommunikativer Zielsetzungen dar. Ökonomische Ziele beinhalten langfristige monetäre oder wirtschaftliche Zielgrößen der Kaufhandlung des Konsumenten, wie z.B. Gewinne, Umsatzsteigerungen oder Marktanteilsveränderungen. Sie sind jedoch nur über vorgelagerte psychologische Größen realisierbar, die beim Sponsoring die höchste Bedeutung haben. Darunter zählen die Aufmerksamkeit gegenüber der Sponsorbeteiligung und der Marke, die Stabilisierung oder Erhöhung der Marken- oder Unternehmensbekanntheit bei den Konsumenten, die Verbesserung der Einstellung der Konsumenten gegenüber dem Sponsor und seinen Produkten sowie der Aufbau, die Stabilisierung oder Verbesserung des Marken- oder Unternehmensimages durch einen Imagetransfer vom Sponsorobjekt (Event) auf den Sponsor (die Marke, das Unternehmen) (vgl. stellvertretend Alexandris/Douka/Bakaloumi/Tsasousi 2008; Alexandris/Tsasousi/James 2007; Barros/ Barros/Santos/Chadwick 2007; Becker-Olsen 2003; Christensen 2006; Close et al. 2006; Cornwell/Maignan/Irwin 1997; Cornwell/Relyea/Irwin/Maignan 2000; Cunningham/ Taylor 1995; d’Astous/Bitz 1995; Davies/Veloutsou/Costa 2006; Drees 1992, S. 115; Easton/Mackie 1998; Fullerton 2007, S. 69; Glogger 1999; Grohs/Wagner/Vsetecka 2004; Gwinner 1997; Gwinner 2006; Gwinner/Eaton 1997; Johar/Pham/Wakefield 2006; Kerstetter/Gitelson 1995; Kinney/McDaniel 2004, S. 212; Lardinoit/Derbaix 2001; Lee/Sandler/Shani 1997; Meenaghan 1998, S. 307; Otker/Hayes 1987; Pham/Johar 2001; Quester 1997a; Quester/Thompson 2001; Rajaretnam 1994; Sandler/Shani 1993; Shilbury/Quick/Westerbeek 2003, S. 227; Sneath/Finney/Close 2005; Speed/Thompson 2000; Stipp/Schiavone 1996; Stotlar 1993; Tripodi 2001). Hierbei ist auch die Einstellung gegenüber dem Sponsoring als Kommunikationsinstrument (vgl. Dees/Bennett/Tsuji 2007; Kinney/McDaniel 2004; Lee/Sandler/Shani 1997; Stipp/Schiavone 1996) hervorzuheben, da sie ein bedeutender Mediator zur Einstellung gegenüber der Marke sein kann (vgl. Lutz 1985; Lutz/MacKenzie/Belch 1983). Darüber hinaus kann durch die Kommunikation, dass die Veranstaltung erst durch das Engagement des Sponsors möglich ist und das Sponsoring glaubwürdig, aufrichtig und aus Philanthropie9 motiviert ist, eine positive Einstellung des Konsumenten gegenüber dem Sponsor angestrebt werden (vgl. d’Astous/Bitz 1995; Speed/Thompson 2000). Eng verbunden mit dem Imagegewinn soll oftmals ein Goodwill (als grundsätzliches Wohlwollen dem Unternehmen
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Diese Kategorie wird in vielen Abhandlungen synonym auch als außerökonomische Zielgröße betitelt. Einen internationalen Vergleich philanthropischer Ziele bietet Bennett (1998).
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gegenüber) bei den Konsumenten erreicht werden (vgl. Chadwick 2002), welcher beim Sozialsponsoring tendenziell höher ausfällt als beim Sportsponsoring (vgl. Meenaghan/Shipley 1999, S. 340) und besonders bei lokalen und regionalen Veranstaltungen angestrebt wird (vgl. Kuzma/Shanklin/McCally 1993). Sponsorenimage und Einstellung wiederum beeinflussen weitere Sponsoringziele, wie z.B. die Kaufverhaltensabsicht, eine positive Mundpropaganda oder die Loyalität dem Unternehmen/der Marke und seinen Produkten gegenüber (vgl. Fullerton 2007, S. 69; Meenaghan 1998, S. 307). Weiterhin können Kundenzufriedenheit, Kundenbindung und Neukundengewinnung im Fokus des Engagements stehen. Dabei sollte vor allem über die Kontaktpflege mit der Kernzielgruppe (z.B. mittels Hospitality-Maßnahmen) und den Entscheidungsträgern die Beziehungsqualität positiv beeinflusst werden (vgl. Bennett 2003; Chadwick 2002; Farrelly/Quester 2003). Dies unterstützt die Imageprofilierung, welche über ein Vertrauensverhältnis durch persönliche Kontaktpflege besser möglich ist (vgl. Bassenge 2000, S. 85). Sponsoring kann somit sowohl eine Grundlage für Business-to-Customer- als auch dynamische Business-to-BusinessBeziehungen bilden. Auch ist es als strategisches Tool für Co-Branding-Partnerschaften nutzbar (vgl. Cliffe/Motion 2005), unter der Prämisse, dass sich die Marke des Sponsors und die des Sponsorobjektes über die Zeit erfolgreich und synergetisch positiv beeinflussen können (vgl. Stipp/Schiavone 1996). Weiterhin kann das Sponsoringengagement der Mitarbeitermotivation dienen, die sich auf Kundenorientierung und Serviceverhalten positiv auswirken kann (vgl. Apostolopoulou/Papadimitriou 2004; Bruhn 2003, S. 66). Darüber hinaus kann das Sponsoring im Rahmen des Corporate Citizenship eingesetzt werden, um den Fördergedanken zu kommunizieren (vgl. Hermanns 2005). Letztlich werden dadurch wiederum Imageziele verfolgt. Doch auch aus Sicht der Gesponserten hat der hohe Stellenwert des Sportsponsorings einen positiven Effekt, da eigene Ressourcen zur Aufrechterhaltung des Sportbetriebes eher knapp bemessen sind. Das bedeutendste Ziel des Sponsorings aus Sicht des/der Gesponserten ist somit die Nutzung einer Finanzierungsquelle unter Bereitstellung eigener Kommunikationsleistungen für den Sponsor, um Ressourcen-Engpässe zu überwinden oder sportliche Leistungen besser verfolgen zu können (vgl. Hermanns 2008a, S. 281). 1.3 Möglichkeiten des Sportsponsorings Die Bandbreite möglicher Engagements seitens der Unternehmen ist vielfältig. Zunächst ist zwischen einzelnen Sportarten und einem jeweiligen Leistungsniveau zu unterscheiden (vgl. Bruhn 2003, S. 22; Drees 1992, S. 126f., Drees/Trautwein 2008, S. 99ff.; Hermanns 2008a, S. 277). Die Sportarten differieren neben ihren individuellen technischen Abläufen aus Marketingsicht vor allem bezüglich ihres Images10 innerhalb der Bevölkerungsschichten und sollten demgemäß entsprechend der Zielgruppe der Sponsoren ausgewählt werden. Die 10
siehe dazu Drees (1992, S. 131ff.), zum Erlebnis- und Eventpotential einzelner Sportarten vgl. auch Zanger (2005); Zanger/Schweizer (2004)
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Grobauswahl der Sportarten sollte dem Affinitätskonzept folgen, d.h. der subjektiven Beurteilung der Beziehung zwischen einer Marke und dem Imageobjekt, z.B. der Sportart Handball, durch den Konsumenten (vgl. Baumgarth 2000, S. 48; Glogger 1999; vgl. ausführlich den Exkurs im Abschnitt B1.4, S. 21f.). Dabei sollte die Sportart entweder in Verbindung zum Produkt oder zur Leistung des Sponsors stehen (Produkt- oder Leistungsaffinität), die gleiche Zielgruppe wie die des Sponsors abdecken (Zielgruppenaffinität) oder sich im Image mit dem Image des Unternehmens oder der Marke gleichen (Imageaffinität) (vgl. Drengner/Gaus/Zanger 2004). Zudem ist zu beachten, inwieweit Sponsoring sowohl bei den Sportlern als auch bei den Anhängern der Sportart akzeptiert wird (vgl. Dudzik 2006, S. 13), um eine negative Imagewirkung auf die Marke durch eine negative Einstellung gegenüber Sponsoring zu vermeiden. Bezüglich des zu sponsernden Leistungsniveaus kann zwischen dem Hochleistungssport (Spitzensport), dem ambitionierten Leistungssport (mit Wettkampfteilnahme) und dem Freizeit- und Breitensport (aus Gesundheitsgründen und zum mentalen/physischen Ausgleich) unterschieden werden. Diese Bereiche lassen sich jeweils wieder zwischen Nachwuchs-, Erwachsenen- und Seniorenbereich differenzieren. Zudem besteht die Möglichkeit eines Engagements im Behindertensport, jeweils wieder unterschieden in die unterschiedlichen Leistungs- und Altersbereiche. Jegliche Kombination dieser Alternativen stellt andere Imageattribute (regionale Verbundenheit, soziale Kompetenz, gesellschaftspolitische Verantwortung) in den Fokus. Eine weitere Entscheidungskomponente des Sponsorings ist die Auswahl der sog. organisatorischen Einheit, d.h. dem Sponsoringobjekt (vgl. u.a. Bruhn 2003, S. 20ff., S. 41f.; Drees 1992, S. 136f.; Dudzik 2006, S. 13, Fullerton 2007; Shank 2005, S. 351ff.), welches wiederum dem Affinitätskonzept (vgl. z.B. Baumgarth 2000) folgen sollte (vgl. Abschnitt B1.4, S. 21f.). Sponsoringobjekte, die sich den Sponsoren als Alternativen eines Engagements anbieten, sind in der folgenden Darstellung visualisiert (vgl. Abb. 3). Abb. 3: Mögliche Sponsoringobjekte
Objekte des Sportsponsorings Erwerb von Namensrechten an Stadien und Sportstätten
Sponsoring spezieller Veranstaltungen
Erwerb von Übertragungsrechten einer Veranstaltung oder Programmsponsoring
internationale nationale Veranstaltungen Veranstaltungen ohne mediale mit medialer ohne mediale mit medialer Bedeutung Bedeutung Bedeutung Bedeutung
Sponsoring von Teams/ Einzelsportlern
Sponsoring von Verbänden und Organisationen
Sponsoring von Vereinen und Abteilungen
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a. Sponsoring nationaler und internationaler (sportartübergreifender) Spitzenverbände und (sportartübergreifender) Organisatoren von Veranstaltungen (z.B. UEFA11, FIFA12, IOC13, DOSB14) Diese Sponsorships sind sehr kapitalintensiv, erzielen aber eine große Reichweite und sind unabhängig von der Leistungsschwankung einzelner Sportler. Großer Vorteil ist, dass sie einhergehen mit der möglichen Nutzung der durch die Organisatoren ausgetragenen nationalen und internationalen Großveranstaltungen (z.B. IOC: Olympische Spiele). Beispiel: Die Sponsoren der FIFA, die sog. FIFA Partner (adidas, Emirates, sony, CocaCola, Hyundai-Kia, Visa), besitzen Rechte im Zusammenhang mit allen FIFA-Aktivitäten, d.h. Wettbewerben (darunter fallen neben den zahlreichen Herren-Fußballmeisterschaften, wie z.B. Herren-Weltmeisterschaften (WM), WM U23, WM U18, Copa América, Afrikanischer Nationencup etc., auch die Turniere im Frauenfußball, im Beach-Soccer und im Futsal15, Sonderveranstaltungen und Entwicklungsprogramme (z.B. Goal)16. Darüber hinaus stehen den FIFA-Partnern die exklusiven weltweiten Vermarktungsrechte zu. b. Sponsoring von Vereinen und/oder deren Abteilungen und/oder Ligen Diese Form ermöglicht neben internationalen auch regionale und nationale Ziele zu erreichen, abhängig von der Spielklasse. Zudem könnte der Ligaverband bei solidarischer Verteilung der Sponsorenerträge einen Ausgleich zwischen finanzstarken und -schwachen Vereinen schaffen. Beispiel: Die Premier League in England wird von der Barclays Bank gesponsert (Barclays Premier League). In Deutschland ist die Handball-Bundesliga eine strategische Partnerschaft mit Toyota eingegangen (Toyota HBL). Vereinssponsoring findet bspw. durch die Bayer AG statt, die 27 Werksvereine fördert. c. Sponsoring von einzelnen Teams oder Einzelsportlern Hierbei werden neben den sportartspezifischen auch individuelle Imageattribute des Teams oder des Einzelsportlers genutzt. Das Sponsoring ist hier jedoch an Risiken wie Misserfolg, Doping oder Skandale geknüpft.
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UEFA (Union des Associations Européennes de Football) FIFA (Fédération Internationale de Football Association) IOC (International Olympic Commitee) DOSB (Deutscher Olympischer Sportbund) Futsal ist die offizielle Form des Fußballs in der Halle nach den Statuten der FIFA. Es wird generell mit 5 Spielern auf Handballtore mit einem sprungreduzierten Ball gespielt. Verbreitet ist Futsal vor allem in Südamerika, Südeuropa und Osteuropa. In den deutschsprachigen Ländern ist es hingegen weitgehend unbekannt. Seit April 2006 findet jedoch auch in Deutschland der DFB-Futsal-Cup statt, wofür sich die Verbandsmeister qualifizieren, die nach Ligamodi ermittelt werden. Das Goal-Programm wurde im Jahr 1999 von der FIFA mit dem Ziel der weltweiten Förderung des Fußballs, seiner Grundsätze sowie seiner sozialen, erzieherischen und kulturellen Werte, der Angleichung des Standards und der Infrastruktur des Fußballs unter den Ländern und des Aufbaus einer modernen, transparenten und funktionalen Fußballverwaltung sowie der technischen und administrativen Weiterentwicklung der FIFA-Mitglieder ins Leben gerufen. Es umfasst zurzeit 337 Projekte für 192 Verbände.
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Beispiel: Der Deutsche Skispringer Martin Schmitt wird bspw. in der Saison 2009/10 seit 11 Jahren von Milka gesponsert. Das Düsseldorfer Eishockeyteam (Deutsche Eishockey Liga) wird in der Saison 2009/10 z.B. von der Metro Group gesponsert und nennt sich DEG17 Metro Stars. Die Frankfurter Basketball-Bundesliga-Mannschaft trägt in der Saison 2009/10 ebenfalls den Namen ihres Sponsors: Deutsche Bank Skyliners. d. Erwerb von Namensrechten an Stadien und Sportstätten Diese Form des Sponsorings nimmt bislang vor allem in den USA eine bedeutende Rolle ein, ist aber auch hierzulande auf dem Vormarsch. In einigen Fällen ist die Imageprofilierung durch einzelne Sportarten möglich, meist geht es um die Verbreitung des Markennamens über die Multifunktionsarenen. Beispiel: Die angesprochene Imageprofilierung durch Sportarten gelingt z.B. bei der Allianz Arena München mit der Verbindung zum Fußball bzw. dem Gerry-Weber-Stadion in Halle/Westfalen mit der Verbindung zum Tennis. Die Verbreitung des Markennamens steht z.B. bei den Multifunktionsarenen Espritarena Düsseldorf, Dortmunder Signal Iduna Park, der SAP Arena Mannheim oder der O2-World in Berlin im Vordergrund. e. Erwerb von Übertragungsrechten einer Veranstaltung oder Programmsponsoring Einzelne Unternehmen können die Übertragungsrechte der Veranstaltung als LiveÜbertragung oder als Zweitverwertung erkaufen und nutzen das Ereignis diesbezüglich in ihrer Kommunikation. Zudem besteht die Möglichkeit, die Übertragung der Veranstaltung zu sponsern. Dabei tritt das Unternehmen als „Presenter“ der Übertragung auf, z.B. indem vor der Ausstrahlung der Sponsor als Unterstützer genannt wird (z.B. „Die folgende Sendung wird Ihnen präsentiert von Unternehmen X.“). Beispiel: Bitburger präsentierte während der Fußball-WM 2006 die Live-Übertragungen der Spiele. Krombacher präsentiert die Sendung DSF Doppelpass und die ARD Sportschau. Hasseröder ist Programmsponsor der Sendung „Sport im Osten“ im mdr. f. Sponsoring spezieller Veranstaltungen Dies beinhaltet das Sponsoring spezifischer Veranstaltungen und nicht das des Veranstalters (siehe a.). Die Unterstützung bleibt oft auf das Einzelereignis beschränkt, wobei die Wahl zwischen offiziellen (z.B. nationale und internationale Wettkämpfe) und inoffiziellen (z.B. Schauwettkämpfe, Privatveranstaltungen) Veranstaltungen zu treffen ist. Die offiziellen Veranstaltungen lassen sich in nationale und internationale Ereignisse gliedern. Die Attraktivität der offiziellen Veranstaltungen liegt dabei in der jeweils mehr oder weniger hohen medialen Bedeutung und der damit verbundenen Erreichung hoher regionaler oder internationaler Reichweiten der Zuschauer. Sponsoren können darüber
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DEG: Düsseldorfer Eislaufgemeinschaft
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hinaus auch eigene Veranstaltungen zu kommunikativen Zwecken organisieren, z.B. eigene Sportwettbewerbe oder Forschungsprojekte. Beispiel: Jack Wolfskin ist Haupt- und Namenssponsor der Internationalen Vierschanzentournee. Das Segelrennen Volvo-Ocean Race war bis 1998 ohne den Namenssponsor das „Whitebread Round the World Race“. Der Berlin-Marathon wird von der Handelskette real,- gesponsert. Die Unternehmen Budweiser, Castrol, Continental, McDonald’s, MTN, Satyam sind „nur“ Hauptsponsoren der Fußball-WM 2010 in Südafrika.18 Im Rahmen jedes dieser einzelnen Engagements muss wiederum die Art der Sponsorenleistung (Geld-, Sach-, Dienstleistungen) und der Umfang der Sponsorleistung ausgewählt werden. Wie die oben genannten Beispiele zeigen, ist grundsätzlich bei jedem Sponsorobjekt, vor allem aber beim Veranstaltungssponsoring zwischen verschiedenen Kategorien zu entscheiden, wobei die Benennung der einzelnen Kategorien wiederum organisations- oder veranstaltungsspezifisch ist. Beim Exklusiv- oder auch Fullsponsoring stellt der Sponsor allein die benötigten Sponsorenleistungen zur Verfügung und erhält dafür die alleinigen kommunikativen Verwertungsrechte des Sponsoringobjektes. Diese Möglichkeit bietet den Sponsoren aufgrund fehlender weiterer Sponsoren die beste Voraussetzung für einen Imagetransfer. Werden die Sponsorengelder durch verschiedene Unternehmen gezahlt, verteilt sich dieser auf ein oder mehrere Hauptsponsoren (z.B. Offizielle Sponsoren19), die somit meist Teil eines Sponsorenpools (siehe FIFA-Partner) sind, und sog. Co-Sponsoren (auch als sog. Nationale Förderer/Nationale Partner20).21 Hauptsponsoren haben häufig mehr Vermarktungsrechte als die Co-Sponsoren, die meist keine exklusiven Rechte in Bezug auf bestimmte Mittel der Kommunikation erhalten und damit oft auf die Maßnahmen klassischer Kommunikation im Rahmen der Sportveranstaltung selbst (z.B. Anzeigen im Programmheft, Informationsstand) beschränkt sind (vgl. Drees/Trautwein 2008, S. 108f.). Beispiel: So haben die Sponsoren der Fußball-WM weltweite Exklusivrechte innerhalb der jeweiligen Produktkategorie, ausgewählte Marketingrechte, das Recht auf Verwendung der Marke in Zusammenhang mit der Veranstaltung und das Recht auf sekundäre Medienpräsenz. Demgegenüber haben die Nationalen Förderer der Fußball-WM (lokale Unternehmen) „nur“ das Recht, innerhalb des Gastgeberlandes mit der Fußball-WM zu werben. Zu diesen Rechten gehören u.a. das Exklusivrecht innerhalb der jeweiligen Pro-
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Dabei beschränken sich die Rechte auf den Zusammenhang mit der Veranstaltung Fußball-WM 2010. Im Gegensatz dazu haben die FIFA-Partner die Rechte im Zusammenhang mit allen FIFA-Aktivitäten (siehe Anstrich a. in diesem Abschnitt) (vgl. http://de.fifa.com/worldcup/organisation/marketing/index.html). Im Rahmen des Hauptsponsorings kann das Unternehmen weiterhin beim Veranstaltungs-, aber auch z.B. beim Team- oder Vereinssponsoring zwischen diversen anderen Formen wählen: Namenssponsor, Titelsponsor, Ausrüster etc. Nationaler Förderer: z.B. Fußball-WM; Nationaler Partner: z.B. Leichtathletik-WM Im Weiteren finden sich noch weitere Kategorien, wie z.B. „offizieller Ausrüster“, „offizieller Unterstützer“, „offizieller Zeitnehmer“, „offizieller Nahrungsmittellieferant“.
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duktkategorie, das Recht auf Verwendung der Marke in Zusammenhang mit der Veranstaltung, lokale Marketingprogramme sowie Medienpräsenz auf nationaler Ebene22. Insgesamt ist festzuhalten, dass den Unternehmen im Rahmen ihrer Sponsoringüberlegungen zahlreiche (Kombinations-)Möglichkeiten bleiben. Im Sinne eines optimalen instrumentespezifischen Zielerreichungsgrades ist es hingegen wichtig, dass alle einzelnen Sponsoringengagements im Rahmen der intrainstrumentellen Integration abgestimmt werden. Die vertragliche Gegenleistung der Gesponserten ist von der Art des Sponsorings und den spezifischen Bedingungen der Sportart abhängig. Hierbei kommt der bereits angesprochenen interinstrumentellen Integration eine besondere Bedeutung zu (z.B. in Zusammenhang mit Mediawerbung, Verkaufsförderung oder Event-Marketing). Die in der folgenden Abb. 4 dargestellten Möglichkeiten bieten sich u.a. an (vgl. Drees/Trautwein 2008, S. 103f.): Abb. 4: Möglichkeiten der Gegenleistung der Gesponserten Gegenleistung der Gesponserten Benennung des SponsoringObjektes nach dem Sponsor Präsenz im Vorfeld und Umfeld der Veranstaltung
Einsatz der Einzelsportler oder Teams als Testimonials in Werbeauftritten Nutzung von Prädikaten
Markierung von Ausrüstungsgegenständen
Ausrichtung eigener sportiver Veranstaltungen
a. Benennung des Sponsoring-Objektes nach dem Sponsor (Titel- und Namenssponsoring bei Vereins-, Mannschafts- und Teamsponsoring, bei Sportgroßveranstaltungen, Sportstätten, Sportligen; vgl. Beispiele zum Sponsoring diverser organisatorischer Einheiten zu Beginn dieses Kapitels) b. Einsatz der Einzelsportler oder Teams als Testimonials in Werbeauftritten (vor allem im interinstrumentellen Bereich, wie z.B. Mediawerbung, Verkaufsförderung) c. Markierung von Ausrüstungsgegenständen (z.B. Kennzeichnung der Bekleidung, der Sportgeräte und -anlagen, der Transportmittel) d. Markierung von Drucksachen des Gesponserten (z.B. Autogrammkarten, Geschäftsdrucksachen) e. Präsenz im Vorfeld und Umfeld der Veranstaltung (z.B. Ankündigungswerbung, Bandenwerbung, Werbung auf den Spielflächen oder Organisationsmitteln, wie Spielerbank, Startnummern, Start- und Zielbänder, Videotafeln, Wischer etc., Brand Stores im
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vgl. http://de.fifa.com/worldcup/organisation/marketing/index.html
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Stadion; Erbringung von Serviceleistungen oder Kommunikationskonzepten, wie z.B. Halbzeitaktionen, Werbedurchsagen, Client-Entertainment) f. Nutzung von Prädikaten (verbale Titel und Embleme, z.B. „Offizieller Ausrüster von…“; „Partner von…“) g. Ausrichtung eigener sportiver Veranstaltungen (eigeninitiierte Events als Maßnahmen des Event-Marketings). Zusammenfassend zeigt sich, dass es bei der Wahl des Engagements zahlreiche Möglichkeiten gibt, die Sponsoringbeziehung - sowohl seitens des Sponsors, als auch seitens des Gesponserten - entsprechend den Unternehmenszielen auszugestalten. Um die angestrebten Sponsoringwirkungen zu erreichen, ist das theoretische Konzept der Paßfähigkeit von besonderer Bedeutung, weshalb es als Exkurs im nächsten Abschnitt kurz vorgestellt wird. 1.4
Exkurs: Paßfähigkeit als theoretisches Konzept zur Auswahl der Sponsoringmöglichkeiten Sowohl bei der Auswahl der Sportart als auch bei der Auswahl des Sponsoringobjektes kommt dem Affinitäts- bzw. Paßfähigkeitskonzept (vgl. Baumgarth 2000, S. 48; Cornwell/ Weeks/Roy 2005; Glogger 1999) eine besondere Bedeutung zu. Die Paßfähigkeit wird als subjektive Beurteilung der Stärke der Beziehung zwischen zwei Objekten (z.B. Sportevent und Sponsor) definiert (vgl. Baumgarth 2000, S. 38) und ist eines der meist genutzten theoretischen Erklärungsansätze der Sponsoringwirkung (vgl. Cornwell/Weeks/Roy 2005; Cornwell/Pruitt/van Ness 2001; Gwinner 1997; Gwinner/Eaton 1999; Johar/Pham 1999; Speed/Thompson 2000). Sie beeinflusst vor allem unmittelbar die Einstellung zum Sponsor und zum Sponsoringobjekt (vgl. z.B. Becker-Olsen/Simmons 2002), den Imagetransfer zwischen beiden (vgl. z.B. Gwinner/Eaton 1999) bzw. die Erinnerung an die Sponsoren (vgl. z.B. Cornwell et al. 2003). Aufbauend auf Annahmen der Gedächtnispsychologie ist davon auszugehen, dass Konsumenten ihr Wissen in semantischen Netzwerken speichern (vgl. Clifford 1992, S. 398ff.; Haberlandt 1997, S. 134ff.). Dieses besteht aus Knoten, die allgemeine Gegebenheiten (z.B. Personen, Eigenschaften der Marke oder des Sportevents) darstellen, und Kanten, den gedanklichen Verbindungen (Assoziationen) zwischen den Knoten (vgl. Schermer 2002, S. 149ff.; Tergan 1986, S. 36). Als Sonderform der semantischen Netzwerke gilt das Schema (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 232ff.). Das ist das verfestigte Wissen des Konsumenten hinsichtlich eines zu beurteilenden Objektes. So wird z.B. das Wissen über eine Marke in einem Markenschema gespeichert. Schemata steuern die Wahrnehmung und das Lernen. Laut Schema-Kongruenz-Theorie werden besonders jene Informationen gut verarbeitet, die zu bereits vorhandenen Schemata passen (vgl. Burmann/Nitschke 2005; Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 340ff.; Nitschke 2006, S. 177). Das Ausmaß der Kongruenz wird von der Paßfähigkeit zweier Schemata bestimmt. Als paßfähig werden zwei Objekte beurteilt, wenn die jeweiligen, bereits vorhandenen semantischen Netzwerke oder Schemata der zu vergleichenden Objekte abgeglichen werden und Verknüp-
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fungen entweder direkt zwischen den Objekten oder indirekt über einen oder mehrere Knoten bestehen (vgl. Bower/Hildgard 1983, S. 242ff.). Eine wahrgenommene Kongruenz zwischen dem Image zweier Objekte als Bewertung des Objekt-Marken-Fits ist somit z.B. die Voraussetzung für einen angestrebten Imagetransfer (vgl. ausführlich Nitschke 2006, S. 29f.). Der Grad des wahrgenommenen Fits, die Wahrscheinlichkeit des Imagetransfers und die Erinnerungswerte an den Sponsor korrelieren dabei positiv (vgl. Cornwell/Humphreys/ Maguire/Weeks/Tellegen 2006; Gwinner/Eaton 1999, S. 47ff.; Roy/Cornwell 2003, S. 377ff.; Speed/Thompson 2000, S. 226ff.). Zur Erreichung der Sponsoringziele ist somit die Paßfähigkeit zwischen dem Unternehmen und des Sponsoringobjektes eine der bedeutendsten Aspekte und sollte folglich bei der Auswahl des Sponsoringobjektes gegenüber anderen Kriterien, ein entscheidender Faktor sein. So kann z.B. ein Imagetransfer zwischen einer Marke und einem beliebten Sportereignis als Ziel des Sportsponsorings nur stattfinden, wenn die Attribute der Marke denen der Sportveranstaltung angelehnt sind (vgl. Glogger 1999; Gwinner 2006). Nachdem in den letzten Abschnitten die verschiedenen Möglichkeiten des Sportsponsorings und eine wesentliche Grundlage für die Auswahl des Sponsoringobjektes, das theoretische Konzept der Paßfähigkeit, dargelegt wurden, fokussieren die weiteren Ausführungen dieser Arbeit das Sponsoring und weitere Kommunikationsformen im Rahmen sportlicher Veranstaltungen. Wie nachfolgend gezeigt wird, nimmt das Sponsoring mit direktem oder indirektem Bezug zum sportlichen Großevent aufgrund der medialen Bedeutung des Sports im Allgemeinen und sportlicher Großereignisse im Speziellen, wie z.B. Olympische Spiele oder FußballWM, einen besonderen Stellenwert im Kommunikations-Mix von Unternehmen ein. Folglich sind die Konsumenten ihrerseits in besonderem Maße mit diesen Werbeaktivitäten konfrontiert, wie im Folgenden dargelegt wird. 1.5 Sponsoring von Sportveranstaltungen als Schwerpunkt der Arbeit Das Sponsoring von Sportereignissen mit medialer Bedeutung nimmt seitens der Unternehmen aufgrund des hohen Interesses der Bevölkerung an Sport allgemein und an der Sportrezeption vor Ort oder medialer Sportberichterstattung einen besonderen Stellenwert ein. Der Sport etablierte sich in den vergangenen Jahren zu einem der wichtigsten massenmedialen Kommunikationsereignisse weltweit (vgl. Burk/Schauerte 2007). Im Jahr 2004 wurden z.B. im deutschen Fernsehen ca. 37 Stunden Sport täglich geboten23, wovon dem Fußball die größte Bedeutung zukam (vgl. Zubayr 2007, S. 57f.). Auch international erreicht der Fußball in den Sportteilen der Tagespresse den höchsten Wert bzw. bei Sportsendungen die höchsten Einschaltquoten (vgl. Burk/Schauerte 2007, S. 71). Der Markt medialer Sportkommunikation differenzierte sich in den letzten Jahren exponentiell aus (vgl. Burk/Schauerte 2007, S. 69). Einerseits stiegen damit die Kosten der Organisation und Durchführung von Sportveranstaltungen (vgl. Bruhn 2003, S. 49), andererseits
Sportsponsoring als Kommunikationsinstrument
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wächst die Nachfrage der Unternehmen nach einem Auftritt in einem sportlichen Umfeld. Viele Unternehmen nutzen dafür das Sponsoring von Sportveranstaltungen als Kommunikationsinstrument. Durch die Verknüpfung der Markenbotschaft mit einem beliebten Sportereignis soll über einen Imagetransfer (vgl. Glogger 1999; Gwinner 2006) die Akzeptanz und Aufnahmebereitschaft der Werbebotschaft gesteigert werden (vgl. Harvey 2001, S. 59ff.; Madrigal/Bee/LaBarge 2006, S. 188). Cornwell/Maignan (1998, S. 11) definieren das Sponsoring von (Sport)-Veranstaltungen als „[…] an exchange between sponsors and an event, whereby the latter receives a fee and the former obtains rights to associate with the event and to advertise these associations“. Dieser Definition wird in dieser Arbeit gefolgt. Besondere Anziehungskraft gegenüber dem Publikum und folglich bei den Sponsoren haben länderübergreifend vor allem sog. Mega-Sportevents (vgl. Einteilung dazu Jago/Shaw 1998), wie z.B. Olympische Spiele, Fußball-WM und Fußball-Europameisterschaften (EM), durch ihre globale Ausstrahlung und der künstlich erzeugten Knappheit eines nur alle vier Jahre stattfindenden Turniers (vgl. Burk/Schauerte 2007, S. 78; Hermanns/Riedmüller 2008, S. 55). Das Interesse der Bevölkerung steigt zudem, wenn das Sportereignis im eigenen Land stattfindet, wie die Fußball-WM 2006 in Deutschland zeigte. Mehr als 61 Millionen deutsche Zuschauer verfolgten mindestens ein Spiel des Turniers live im Fernsehen. Damit war das Interesse an dieser Fußball-WM wesentlich höher als in den Jahren 1998 und 2002 (vgl. Geese/Zeugenhardt/Heinz 2006, S. 454). Diese speziellen Veranstaltungen nutzen vor allem jene Unternehmen als Kommunikationsplattform im Rahmen eines globalen Sponsorships, die ihren Markenwert erhöhen wollen (vgl. Madrigal/Bee/LaBarge 2006) oder Assoziation mit dem Image dieser Veranstaltung erreichen wollen (z.B. Séguin/O’Reilly 2008). Das Sponsoring derartiger sportlicher Großereignisse24 mit medialer Bedeutung soll im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen (vgl. Abb. 5).
23 24
Dies entspricht ca. 12% des Gesamtprogramms. Berücksichtigt wurden die Sender ARD, ZDF, sieben dritte Programme, Eurosport und DSF (vgl. Zubayr 2007, S. 57). Die Begriffe sportliches Großereignis, Sportveranstaltung und Sportevent werden im Folgenden - wie umgangssprachlich üblich - äquivalent gebraucht, auch wenn es aus marketingwissenschaftlicher Sichtweise eine definitorische Unterscheidung zwischen Veranstaltung (aus Sicht des Werbetreibenden fremdinszeniert) und Marketing-Event (aus Sicht des Werbetreibenden eigeninszeniert) gibt. Der Begriff des Sportevents wird jedoch in der Sportpraxis als englische Kurzform für Sportveranstaltung genutzt und nicht im Sinne eines Marketing-Events verstanden.
24
Sportsponsoring und Ambush-Marketing als Bestandteile des Kommunikations-Mix
Abb. 5: Sponsoring sportlicher Großereignisse mit medialer Bedeutung als Schwerpunkt der Untersuchung
Sportsponsoring Erwerb von Namensrechten an Stadien und Sportstätten
Sponsoring spezieller Veranstaltungen nationale Veranstaltungen
ohne mediale Bedeutung Sponsoring von Teams/ Einzelsportlern
mit medialer Bedeutung
Erwerb von Übertragungsrechten einer Veranstaltung oder Programmsponsoring
internationale Veranstaltungen ohne mediale mit medialer Bedeutung Bedeutung
Sponsoring von Verbänden und Organisationen
Sponsoring von Vereinen und Abteilungen
Im Folgenden wird das Sponsoring von sportlichen Ereignissen mit medialer Bedeutung äquivalent als Veranstaltungssponsoring bezeichnet, da dies die Nutzung fremdinszenierter Events durch Unternehmen als Kommunikationsmittel im Rahmen der Kommunikationspolitik beschreibt (zur Systematisierung vgl. Drengner 2008, S. 3125). Jedoch liegt das Interesse an diesen Veranstaltungen nicht allein bei den Sponsoren, um das Interesse der Bevölkerung an medialer Sportkommunikation für eigene Werbeinteressen zu nutzen. Zur Befriedigung der Nachfrage der Konsumenten benötigen im Umkehrschluss wiederum die Eventorganisatoren derartiger Megaevents (z.B. IOC, FIFA) regelmäßig eine Vielzahl von Sponsoren, um die Veranstaltung erst zu ermöglichen. Aufgrund der hohen Nachfrage wird seitens der Eventveranstalter jedoch zunehmend eine Profitmaximierung angestrebt. So zahlten die insgesamt 15 Offiziellen Sponsoren der Fußball-WM der Herren 2006 in Deutschland jeweils etwa 40 Mio. Euro für die weltweiten Werberechte an den Veranstalter der Fußball-WM, die FIFA. Die 6 Nationalen Förderer mussten je 13 Mio. Euro für nationale Werberechte innerhalb Deutschlands ausgeben. Für die weltweiten Fernsehrechte nahm die FIFA 1,66 Mrd. CHF ein. Der Gesamtertrag der FIFA aus der Fußball-WM 2006 belief sich letztlich auf 2,86 Mrd. CHF (vgl. FIFA 2007b). Der Gesamtaufwand betrug dagegen 881 Mio. CHF26.
25
26
Bei Drengner (2008, S. 31) finden sich nähere Erläuterungen zur Abgrenzung zwischen Veranstaltungssponsoring und Event-Marketing, die hier nicht Gegenstand der Diskussion sein soll. Ein Großteil entfällt auf die Preisgelder inklusive Vorbereitungszuschuss für die Teams (332 Mio. CHF). Das deutsche Organisationskomitee wurde von der FIFA mit 250 Mio. CHF unterstützt. Entschädigungen für Teams und Teilnehmer (z.B. Reise- und Hotelkosten) betrugen 104 Mio. CHF. Der Schutz und die Vermarktung von Rechten kosteten 35 Mio. CHF. Die Ausgaben für Computerlösungen umfassten 46 Mio. CHF. Weitere Ausgaben betrafen Versicherungen, Schiedsrichter, den Internetauftritt fifaworldcup.com und fanbezogene Projekte.
Sportsponsoring als Kommunikationsinstrument
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Ein gesponsertes Großereignis erfüllt somit eine besondere Funktion als Marketing-Kommunikationsinstrument. Es zieht gleichzeitig vor Ort a) die aktiven Zuschauer27 an, bietet b) den Unternehmen damit den „Zugang“ zu diesen (potentiellen) Konsumenten und trägt somit c) mitursächlich die Sponsoringbotschaft zu den Zuschauern im Sinne der Imagewerte, die wiederum beim Event selbst liegen (vgl. Meenaghan 1998; Séguin/ O’Reilly 2008). Darüber hinaus werden Großevents durch diverse Medien übertragen, so dass sie wiederum zur Kommunikation der Sponsoringbotschaft(en) an die passiven Zuschauer beitragen. Die folgende Abb. 6 veranschaulicht die sportereignisspezifischen, komplexen Beziehungen aller direkten und indirekten Eventparteien, d.h. zwischen den Organisatoren des Sportereignisses (Ausrichter, z.B. FIFA), den Teilnehmern, den Sponsoren der Veranstaltung (z.B. Offizielle Sponsoren) sowie den Eventteilnehmern (z.B. Team- oder Einzelsponsoren), dem aktiven und passiven Publikum (Zuschauer vor Ort bzw. mediale Zuschauer), den Medien und den Nicht-Event-Sponsoren (z.B. Programmsponsoren der Medien). Insgesamt wird deutlich, dass das Sport-Ereignis für die Sponsoren der Veranstaltung (Event-Sponsoren) durch die Inszenierung selbst und durch die mediale Übertragung der Eventinhalte eine Kommunikationsplattform bietet. Sie streben neben der Aufmerksamkeit eine eindeutige Assoziation mit dem Event seitens der Konsumenten an, da sich nur durch diese wahrgenommene Verknüpfung zwischen Sportveranstaltung und Unternehmen die Einstellung der Konsumenten gegenüber dem Sponsor und damit das Sponsorenimage als Ziele des Sponsorings (vgl. z.B. Gwinner 2003) beeinflussen lassen. Wie die Abb. 6 verdeutlicht, sehen sich die Sponsoren der Veranstaltung jedoch einer Vielgestaltigkeit weiterer Sponsoringbeziehungen anderer Unternehmen (z.B. Nicht-EventSponsoren, Team-Sponsor, Einzel-Sponsor) gegenüber, die ihre Kommunikationsziele gefährden könnten. Diese umfasst eine Mannigfaltigkeit an gewerblichen Schutzrechten, die durch die Eventveranstalter, die Medienanstalten und die Lizenznehmer vertrieben werden. Aufgrund der Kommerzialisierung der Sportveranstaltungen ist ein stetiges Wachstum multipler Einheiten zu verzeichnen, die in die Eventorganisation und damit in deren Vermarktung aufgrund eigener Interessen involviert sind: Sportverbände, Sportligen, verschiedene Länder und ihre Teams, individuelle Athleten, die Medien und Lizenznehmer mit der Autorität, Bücher, Videos, Spielzeug etc. zu produzieren und/oder zu verkaufen.
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Als aktive Zuschauer werden die Personen, die die Veranstaltung vor Ort besuchen, beschrieben, während passive Zuschauer das Ereignis medial verfolgen (vgl. Beyer 2006; Kiendl 2007, S. 124).
26
Sportsponsoring und Ambush-Marketing als Bestandteile des Kommunikations-Mix
Abb. 6: Verflechtung der Eventparteien eines Sportereignisses Wahrnehmung des Sponsors/ Assoziation der Marke mit dem Event Werbebotschaft Werbebotschaft
Event-Sponsoren
Assoziation
Gebühren für Werberechte Werberechte
Übertragung des Eventgeschehens / Werbung
aktive und passive Zuschauer
Medien
Aufmerksamkeit/ Faszination
Gebühren für Übertragungsrechte Ge Übertragungsrechte bü hr en fü rW erb ere ch t Werbebotschaft e
SponsorBeiträge
Event Ausrichter (IOC, FIFA etc.)
Sport-Event „Start-Geld“
Eventteilnehmer
Eventteilnahme Werberechte
SponsorBeiträge
Nicht-Event-Sponsoren
Aufmerksamkeit/ Faszination
Team Sponsor Einzel Sponsor
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Balasubramanian/Singh/Singaram (2003, S. 202) und O’Sullivan/ Murphy (1998, S. 354)28
Alle diese Einheiten bieten für sich Sponsoringmöglichkeiten an. Einzelne Teams oder auch einzelne Sportler haben die Möglichkeit, Sponsorenrechte an Sponsoren zu vermarkten, die andere sind als die der Sponsoren eines offiziellen Veranstalters. Übertragungsrechte der Fernsehanstalten werden von diesen z.B. selbst vermarktet. Darüber hinaus nutzen zahlreiche Unternehmen die Assoziation zum Event in anderen Werbeaktivitäten, ohne eine Sponsoringbeziehung einzugehen. Somit ergeben sich fast unausweichliche Interessenkonflikte zwischen diesen Wettbewerbern und denen, die jeweils legitim für individuelle Veranstaltungsrechte bezahlen (vgl. u.a. Crompton 2004, S. 2; Meenaghan 1996, S. 106; 1998, S. 309). Die Entwicklung von Alternativen zum Sponsoring von Veranstaltungen, das sog. AmbushMarketing, wird im folgenden Abschnitt näher dargestellt.
28
Entsprechend der Pfeilrichtung sind die Leistungen der jeweiligen Partner dargestellt.
Ambush-Marketing als Kommunikationsinstrument
2 2.1
27
Ambush-Marketing als Kommunikationsinstrument Definition und Ziele des Ambush-Marketings
Mittlerweile etablierte sich im Rahmen des Veranstaltungssponsorings eine weitere, wenn auch kontrovers diskutierte29 Marketing-Alternative zu offiziellen Sponsorships, das sog. Ambush-Marketing30 (vgl. Bruhn/Ahlers 2003; Lyberger/McCarthy 2001; McDaniel/Kinney 1996; Meenaghan 1994, 1998; Payne 1998; Sandler/Shani 1989, 1993; Shani/Sandler 1998; Townley/Harrington/Couchman 1998). Ambush-Marketing erzielt seit mittlerweile fast 20 Jahren31 die größte Bedeutung im Rahmen sportlicher Großereignisse (vgl. z.B. Hoek/Gendall 2002, S. 384). Es ist jedoch ein Phänomen, das grundsätzlich auch bei anderen Veranstaltungen außerhalb des Sportbereiches auftreten kann. Es finden sich in der Literatur unterschiedliche Begriffserläuterungen (vgl. z.B. Lyberger/McCarthy 2001; McKelvey 1994; Meenaghan 1996, 1998; Sandler/Shani 1989) dieser Marketing-Strategie. Die etymologische Bedeutung des Wortes „to ambush“ (= [aus dem Hinterhalt] überfallen) zeigt jedoch bereits die grundsätzlich negative Belegung des Begriffes (vgl. z.B. Bruhn/Ahlers 2003, S. 273). In der populärwissenschaftlichen Literatur wird das Ambush-Marketing mit “Trittbrettfahren”, “Parasitärem Marketing” oder “Schmarotzer-Marketing” umschrieben (vgl. Stumpf 2006). In der wissenschaftlichen Marketing-Literatur wird es u.a. definiert als x
“[…] a company‘s intentional effort to weaken- or- ambush its competitor‘s official sponsorship by engaging in promotions or advertising that trade off the event or property‘s goodwill and reputation, and that seek to confuse the buying public as to which company really holds official sponsorships rights” (McKelvey 1994, S. 20),
x
“[...] a planned effort to gain at least some of the recognition and benefits that are associated with being an official sponsor“ (Sandler/Shani 1989, S. 11), als
x
“[…] a practice whereby a competitor of an official sponsor deflects attention to themselves and away from the sponsor upon public attention surrounding the event” (Meenaghan 1998, S. 30932) oder allgemeiner als
x
“[…] the set of activities that companies use to create the impression of an association with a given event or sport property” (Kent/Campbell 2007, S. 118).
29
Die Kontroversen beziehen sich vornehmlich auf juristische (vgl. z.B. Berberich 2006; Bhattacharjee/Rao 2006; Engel 2004; Jaeschke 2007; Netzle 1996) und ethische Aspekte (vgl. z.B. Doust 1997; Meenaghan 1996, S. 109ff.; O’Sullivan/Murphy 1998; Payne 1998). Speziell die ethischen Diskussionen zeigen sich darin, dass einerseits „inspired marketers, who have successfully avoided paying the demand“ honoriert werden, andererseits Ambusher als „parasites“ (vgl. O’Sullivan/Murphy 1998, S. 353) oder „poachers“ (Wilderer) (vgl. Meenaghan 1996, S. 111) bezeichnet werden. Bereits seit 1988 wird die Zunahme von Aktivitäten mit Bezug zum Event, ohne Sponsor zu sein, konstatiert (vgl. Shani/Sandler 1998). Bayless prägte bereits 1988 als einer der Ersten den Begriff des Ambush-Marketings. siehe ähnlich auch Meenaghan (1994, S. 79; 1996, S. 103)
30 31 32
28
Sportsponsoring und Ambush-Marketing als Bestandteile des Kommunikations-Mix
Nufer (2005, S. 211) liefert eine der wenigen deutschen Arbeitsdefinitionen und sieht Ambush-Marketing als „eine Vorgehensweise von Unternehmen, die keine legalisierten oder lediglich unterprivilegierte Vermarktungsrechte an einer gesponserten Veranstaltung besitzen, aber trotzdem dem direkten und indirekten Publikum durch ihre Kommunikationsmaßnahmen eine autorisierte Verbindung zu diesem Event signalisieren“. Wie vor allem die Definitionen von McKelvey (1994) und Meenaghan (1994, 1996, 1998) zeigen, wurden bislang mehrheitlich vor allem konkurrierende Unternehmen eines offiziellen Sponsors einer Veranstaltung, die dieses Event für ihre Kommunikation nutzten, als Ambusher bezeichnet. In einer der ersten Definitionen vernachlässigen Sandler/Shani (1989) jedoch (bewusst oder unbewusst) diese Einschränkung in ihrer Definition. Dieser ursprünglichen Sicht soll in dieser Arbeit gefolgt werden. Auch bei internationalen Veranstaltungen finden sich zunehmend, nicht zuletzt aufgrund der Attraktivität der Events für die Konsumenten und den im folgenden Abschnitt dargestellten Gründen zur Entwicklung des AmbushMarketings, Unternehmen, die in ihrer Unternehmenskommunikation die Assoziation zum Event nutzen, ohne unmittelbarer Konkurrent eines Sponsors zu sein. Diese Unternehmen können, müssen aber nicht aus der gleichen Branche wie die Sponsoren des Events sein. Folglich beschränkt sich Ambush-Marketing als Kommunikationsinstrument nicht nur auf die Konkurrenten der offiziellen Sponsoren. Eine Ausweitung der engeren Beschreibung von Ambush-Marketing scheint aus erster Perspektive wissenschaftlich interessant, da es die Qualität der Definition erhöht. Bevor jedoch voreilige Schlussfolgerungen gezogen werden, ist die Betrachtung der rechtlichen Aspekte in bisherigen Definitionen nötig. Ambush-Marketing wird in den verschiedenen Definitionen anhand rechtlicher Gesichtspunkte von weiteren Werbemaßnahmen abgegrenzt. So wird es bspw. als „unerlaubtes Trittbrettfahren“ (Bortoluzzi Dubach/Frey 2007, S. 63) oder „unauthorized association“ (Townley/Harrington/Couchman 1998, S. 333) beschrieben. Doch auch diese pauschale rechtliche Einschränkung greift zu kurz. Angesichts der Vielfalt der zum Ambush-Marketing zählenden Techniken ist eine einheitliche rechtliche Beurteilung der Werbemaßnahmen der Nichtsponsoren mit mehr oder weniger ausgeprägtem sprachlichem und/oder inhaltlichem Bezug zu einem (Sport)Großereignis unmöglich. Vielmehr ist jede einzelne Maßnahme auf ihre rechtliche Zulässigkeit zu untersuchen (vgl. z.B. Jaeschke 2007; Melwitz 2008)33, 34.
33
34
Jaeschke (2007, S. 411f.) kategorisiert „legitime und legale“ Werbeformen als „subtiles“ AmbushMarketing, während er unter „klassischem“ Ambush-Marketing all jene Formen subsumiert, die Markenoder Urheberrechte verletzen. Unter spezifischen Umständen (vgl. Melwitz 2008; Pechtl 2007) könnte Ambush-Marketing als „gezielte Behinderung“ von Sponsoren und Lizenznehmern bzw. Veranstaltern im Sinne des § 4 Nr. 10 UWG gewertet werden. Im Weiteren könnten Einzelmaßnahmen am Maßstab des § 14 MarkenG (Verwendung von Zeichen, die denen des Veranstalters des Großereignisses identisch oder ähnlich sind) und nach §§ 4, 5 UWG (erfasst sind u.a. Tatbestände, deren Verletzung ein betroffener Wettbewerber geltend machen kann, wie Verunglimpfung, Rufausbeutung, Nachahmung, Behinderung sowie Irreführung) untersucht werden.
Ambush-Marketing als Kommunikationsinstrument
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Somit kann an dieser Stelle zusammenfassend konstatiert werden, dass in der wissenschaftlichen Literatur noch keine Einigung bezüglich der wesentlichen Abgrenzungspunkte des Ambush-Marketings zu anderen Kommunikationsmaßnahmen herrscht und somit keine Definition und damit einhergehend keine eindeutige Zuordnung einiger Ambush-MarketingMaßnahmen (vgl. folgender Abschnitt B2.3) erfolgte. Bevor in dieser Arbeit jedoch eine allgemeingültige Arbeitsdefinition abgeleitet wird, sind die eigentlichen Ziele des AmbushMarketings zu betrachten. Die Ziele des Ambush-Marketings gleichen grundsätzlich denen des Sponsorings (vgl. Abschnitt 1.2), jedoch sollen diese mit einem wesentlich geringeren finanziellen (z.B. durch Umgehung der Sponsoringgebühren) und personellen Aufwand erreicht werden (vgl. Bruhn/ Ahlers 2003, S. 279f.; Meenaghan 1996; 1998, S. 305ff.; Tripodi/Sutherland 2000). Der Ambusher versucht sich mit dem Event zu assoziieren, um z.B. Aufmerksamkeit, eine Erhöhung des Bekanntheitsgrades, Imagetransfer, eine Aufwertung des eigenen Markenwertes, Aufbau von Goodwill für das Unternehmen oder ökonomische Ziele zu erreichen, ohne ein rechtliches, offizielles Sponsoringengagement mit dem Veranstalter einzugehen. Diese Unternehmen streben an, die Bekanntheit des Events, die damit verbundene Kommunikationswirkung und speziell dessen Image für die eigene Markenkommunikation zu nutzen. Im ursprünglichen Sinne wurden Kommunikationsmaßnahmen der Konkurrenten offizieller Sponsoren als Ambush-Marketing bezeichnet, die das Ziel verfolgten, die Öffentlichkeit in ihrer Wahrnehmung zu täuschen, welches der werbenden Unternehmen tatsächlich offizieller Sponsor des Events ist. Sie beabsichtigten eine bewusste Konfusion der Zuschauer bzgl. der Verbindung von Sponsoringobjekt (Event) und Sponsor bzw. Ambusher (vgl. Bruhn/Ahlers 2003, S. 273; Crompton 2004; Dalakas/Madrigal/Burton 2004; McDaniel/Kinney 1998; Meenaghan 1998, S. 306ff.; Payne 1998; Sandler/Shani 1989, 1993; Shani/Sandler 1998, S. 368). Mittlerweile ist jedoch anzuzweifeln, ob diese Verwirrtheit bewusst von allen Unternehmen, die mit einem Event assoziiert werden wollen, vorsätzlich angestrebt wird. Es ist nicht im Sinne der Konkurrenten der Sponsoren, „komplette“ Verwirrung zu erzeugen, da sie selbst mit dem Sportereignis assoziiert werden wollen. Vielmehr soll der Eindruck entstehen, die Ambusher seien Sponsoren der Veranstaltung, wobei das offizielle Sponsorship somit an kommunikativer Wirkung verliert (vgl. Meenaghan 1994, S. 79; 1996, S. 106). Es wird somit eine bewusste „Fehl“-Assoziation der Konsumenten angestrebt. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass nur die Konkurrenten der „finanzstarken“ Sponsoren daran interessiert sind, fälschlicherweise als vermeintliche Sponsoren identifiziert zu werden - die zahlreichen kleinen und mittelständischen Unternehmen wollen meist „nur“ vom positiven Image und der Bekanntheit des Events profitieren, ohne selbst als Sponsor assoziiert zu werden. Allerdings streben die „Nichtkonkurrenten“ der Sponsoren - gleich den Konkurrenten der Sponsoren -
Weitere juristische Ausführungen sollen indes nicht Gegenstand der Arbeit sein, siehe dafür ausführlich z.B. Melwitz (2008).
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Sportsponsoring und Ambush-Marketing als Bestandteile des Kommunikations-Mix
die Aufmerksamkeit der Konsumenten an und eine Ablenkung weg von den offiziellen Sponsoren. Die Definition von Ambush-Marketing als Form der Nutzung des Events ohne offizieller Sponsor zu sein auf die Konkurrenten der Sponsoren zu beschränken, greift – wie z.B. auch die rechtlichen Ausführungen zur Prüfung jedes Einzelfalls zeigen – somit zu kurz. Insofern soll dieser Arbeit folgende Arbeitsdefinition zugrunde gelegt werden, die weder eine rechtliche Einschränkung noch eine Einengung bezogen auf direkte Wettbewerber der Sponsoren umfasst: Ambush-Marketing ist das planmäßige Bestreben eines Unternehmens, welches nicht Sponsor der (Sport)Veranstaltung ist, durch eigene, eventbezogene Kommunikationsmaßnahmen die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich selbst zu lenken und damit von der Kommunikationsleistung des Events (z.B. Bekanntheit, Image) zu profitieren. 2.2 Gründe für die Entstehung von Ambush-Marketing Die in den letzten Jahren steigende Kommerzialisierung der Events (speziell bei Großveranstaltungen) einhergehend mit zunehmender Profitorientierung der Veranstalter sind Gründe für das Entstehen dieser Marketing-Strategie (vgl. Bruhn/Ahlers 2003, S. 277f.). Die Veranstalter vernachlässigen die negativen Auswirkungen auf die Qualität des Sponsoringumfeldes, um Quantität der Sponsoringvolumina in den Fokus zu stellen (vgl. Hoek/Gendall 2002, S. 383; Shani/Sandler 1998, S. 372). Im Zuge dieser Entwicklung kommt es insgesamt zu einer Zunahme der Anzahl von Sponsoringinvestitionen und steigenden Investitionsvolumina in einzelne Sponsorships und den Erwerb der Übertragungsrechte. Im Weiteren folgt eine zunehmende Ausdifferenzierung der Sponsoringkategorien mit gleichzeitiger Limitierung der Sponsorenanzahl in bestimmten Kategorien und vertraglicher Festlegung von Branchenexklusivität im Sponsorenpool. Dies minimiert die Sponsorenanzahl jedoch nicht zwangsläufig, wie das folgende Beispiel zeigt: Beispiel: Die Anzahl der Sponsoren bei den Olympischen Sommerspielen steigerte sich zunächst von 46 im Jahr 1960 in Rom auf 628 Sponsoren im Jahr 1976 in Montreal. Die Olympischen Spiele galten als „open marketplace“ und jeder, der Interesse zeigte, konnte Sponsor werden. Im Jahr 1984 in Los Angeles wurden zum ersten Mal die Sponsorenkategorien official sponsor (offizieller Sponsor), supplier (Unterstützer) und licensees (Lizenznehmer) eingeführt, und in jeder dieser Kategorien nochmals Subkategorien mit einer limitierten Anzahl an Sponsoren und Zusage von Produktexklusivität kreiert. Dies führte erstmals zu Kommunikationsmaßnahmen seitens einiger Konkurrenten der Sponsoren, die sich ohne Sponsoringgebühren mit dem Event assoziieren wollten35. Zwar wurde durch 35
Kodak nutzte z.B. 1984 während der Olympischen Sommerspiele in Los Angeles erstmals Ambush-Maßnahmen gegen den Sponsor Fujifilm, indem es die Medienübertragung und den „official film“ des amerikanischen Leichtathletikteams sponserte.
Ambush-Marketing als Kommunikationsinstrument
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das IOC im Jahr 1985 The Olympic Program (TOP, jetzt The Olympic Partners) eingeführt, welches die Anzahl der Hauptsponsoren mit weltweiten Vermarktungsrechten der Olympischen Spiele (Olympic Games Worldwide Partners) auf 12 Unternehmen reduzierte. In weiteren Subkategorien (Olympic Games Partners, Olympic Games Sponsors, Olympics Games Exclusive Suppliers, Olympic Games Suppliers) kommen jedoch erneut weitere Sponsoren hinzu, so dass z.B. im Jahr 2008 insgesamt 63 Sponsoren das sportliche Großevent unterstützten. Darüber hinaus steigen die Kosten der einzelnen Sponsoren durch ihnen vertraglich zugesicherte Branchenexklusivität, die die Attraktivität des Sponsorships zunächst erhöht. Dieses Alleinstellungsmerkmal lässt die Kosten des Engagements steigen, um die sinkende Zahl der Unternehmen in den Kategorien zugunsten der Exklusivität zu kompensieren und die erkaufte hohe Zuschauerreichweite widerzuspiegeln. Die Branchenexklusivität dient einerseits dem Schutz der Rechte der Sponsoren. Andererseits nimmt es den Konkurrenten die Möglichkeit, mit der Zielgruppe über uneingeschränkte Kommunikationsmaßnahmen mit Bezug zum Event zu interagieren. Somit ist der Großteil der Unternehmen vom Sponsoring ausgeschlossen, da er entweder die Gebühren nicht bezahlen kann (oder will) oder ein Konkurrent die Sponsoringrechte bereits erwarb (vgl. Hoek 2006, S. 208). Dies provoziert Ambush-Überlegungen. Nicht zuletzt ermöglichen eine mangelnde Aufklärung der Zuschauer bzgl. der Rechte und Pflichten der Sponsoren und – wie empirische Studien zeigen – die ambivalente Einstellung der Konsumenten gegenüber Ambush-Aktivitäten Maßnahmen des Ambush-Marketings (vgl. z.B. Lyberger/McCarthy 2001; Séguin/Lyberger/O’Reilly/McCarthy 2005). Der Mangel an Informationen, die den Konsumenten vom Veranstalter zur Verfügung gestellt werden und die Überkommerzialisierung der Events, um noch mehr Gewinn zu erzielen, führen zu einer „environment of consumer confusion“ bezüglich des Sponsorings, was wiederum zum Ambush-Marketing beiträgt. Resultat dieser Entwicklung ist „… a very confused customer who is unable to distinguish between companies and their level of association with the event” (Shani/Sandler 1998, S. 368). 2.3 Möglichkeiten des Ambush-Marketings Um die angestrebten Ziele zu erreichen, verfügen Ambusher durch den strategischen Einsatz verschiedener Kommunikationsmaßnahmen über zahlreiche Alternativen vor, während und nach dem Event (vgl. Bruhn/Ahlers 2003; Ettore 1993; McDaniel/Kinney 1998; McKelvey 2006; Meenaghan 1994, 1996, 1998; Sandler/Shani 1989; Tripodi/Sutherland 2000), die denen des Sponsorings zum Teil ähneln: a. Der Ambusher tritt als Presenter im Rahmen des Programmsponsorings einzelner Medienübertragungen auf und/oder sponsert bestimmte Elemente der Medienübertragung während des Events, indem er z.B. Werbezeiten im sportaffinen Umfeld nutzt. Damit kann er in der Regel ein noch größeres Publikum als beim Event selbst erreichen.
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Sportsponsoring und Ambush-Marketing als Bestandteile des Kommunikations-Mix
Beispiel: Dass Bitburger, die als langjähriger Partner des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) während der Fußball-WM 2006 die Live-Übertragungen der Spiele von ARD und ZDF präsentierte - und das, obwohl Anheuser Busch Budweiser offizieller Sponsor der Fußball-WM war - kann auch als Ambush-Marketing eingeordnet werden36. b. Das Ambush-Marketing betreibende Unternehmen startet mit dem Ereignis zeitlich parallel gelagerte Marketing-Kampagnen mit Bezug zum Event selbst. Dabei bietet sich z.B. die Möglichkeit von Promotionkampagnen am Veranstaltungsort oder die Gestaltung von Media- und Außenwerbung im räumlichen Umfeld der Veranstaltung. Eine weitere Maßnahme ist die Mediawerbung (z.B. TV-Spots) mit Assoziationen zum Event, z.B. durch den Einsatz von Testimonials, die am Event beteiligt sind (z.B. beteiligte Sportler) oder durch die Nutzung mit dem Event assoziierter Symbole (z.B. Fußball). Beispiel: Der Media Markt präsentierte während der Fußball-EM 2008 die Kampagne "EMpfehlung des Jahres" mit Olli Dittrich als Italiener Toni. Abb. 7: Bild-Auszug aus der Media Markt-Printkampagne "EMpfehlung des Jahres" während der FußballEM 2008
Bei den Olympischen Sommerspielen 2008 in Peking nutzte Nike als Nicht-Sponsor die Verkaufsflächen der Einkaufscenter in Peking zu Werbezwecken. Vitamalz nutzte die Olympischen Spiele ebenfalls zur Aufmerksamkeit (vgl. Abb. 8).
Abb. 8: Bild-Auszug aus der Printkampagne von Vitamalz im Vorfeld der Olympischen Spiele 2008
Quelle: www.horizont.net (2008)
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Bitburger konnte nach Rechtsstreitigkeiten mit dem Offiziellen Sponsor Anheuser Busch Bud während der Fußball-WM 2006 auch in den Stadien Bier ausschenken und werben. Sie sparten sich jedoch die Gebühren für ein offizielles Sponsorship und profitierten vom Rechtsstreit. Zudem sind sie Partner des DFB-Teams. Im weiteren Sinne kann das Vorgehen somit als eine Ambush-Strategie gewertet werden.
Ambush-Marketing als Kommunikationsinstrument
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ING-DiBa schaltete in Deutschland Anzeigen mit Dirk Nowitzki und zeigte den NBASuperstar mit der deutschen Flagge in Anspielung auf dessen Fahnenträgerposition bei der Eröffnung der Olympischen Spiele 2008. Die Anzeige wurde verboten. Abb. 9: Printanzeige von ING-DiBa anlässlich der Olympischen Spiele 2008
Quelle: www.horizont.net (2008)
c. Das werbende Unternehmen, das nicht zu den offiziellen Sponsoren der Veranstaltung zählt, sponsert sog. „Subkategorien“ des Events. Es fungiert z.B. als Ausrüster einzelner Teams oder Einzelsportler oder unterstützt finanziell nur bestimmte Teilbereiche des Events (z.B. die Distribution der Eintrittskarten). Beispiel: Der Sportartikelhersteller Puma, als Konkurrent zum offiziellen Sponsor der Fußball-EM 2008, adidas, unterstützte während des Turniers die Nationalmannschaften aus Italien, Tschechien, Österreich, Polen und der Schweiz als Ausrüster. Das Logo war prominent auf den Trikots der Spieler platziert, so dass es bei Fernsehübertragungen unübersehbar war. Abb. 10: Prominente Platzierung des Puma-Logos auf den Trikots der italienischen Nationalmannschaft während der Fußball-EM 2008
Quelle: www.Puma.de
An dieser Stelle wird deutlich, wie schwierig es ist, Ambush-Marketing eindeutig zu definieren. Es ist nicht im Sinne der „official supplier“ eines Events, dass Athleten oder Teams von Konkurrenten ausgestattet werden. Aus ihrer Sicht führt dies besonders zu Konfusion bei den Konsumenten. Nichtsdestotrotz kann diese Form des Sponsorings nicht als illegal angesehen werden, zumal sie meist die Zeit des Events überdauert. Da die Eventsponsoren nicht alle Möglichkeiten der Marketingkommunikation kaufen (können),
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Sportsponsoring und Ambush-Marketing als Bestandteile des Kommunikations-Mix
gibt es keine Möglichkeit vollkommener Kontrolle über alle Verträge und damit Werbemöglichkeiten. Letztlich stellt sich die Frage, wessen Rechte beim Event geschützt werden sollten: die der einzelnen Athleten oder die der Sportverbände und Eventorganisatoren (vgl. Crow/Hoek 2003, S. 6). Dies bleibt jedoch eine ausschließlich rechtliche oder ethische Diskussion. d. Der Ambusher platziert eigene Werbemittel so, dass die kommunikativen Maßnahmen von Sponsoren (z.B. Markenzeichen „offizieller Sponsor“) verdeckt, blockiert oder gar nicht genutzt werden. Beispiel: Der ehemalige chinesische Turner Li Ning entzündete das Olympische Feuer zur Eröffnung der Olympischen Spiele 2008 in Peking nach einem „schwebenden“ Fackellauf am oberen Ende der Stadionrunde in Turnschuhen seines eigenen Unternehmens Li-Ning Company Ltd.. Hunderte Millionen Zuschauer verfolgten dies am Fernseher, die Marke war in aller Munde. Am nächsten Tag stieg der Li-Ning-Aktienkurs. Offizieller Schuh- und Bekleidungssponsor dieser Olympischen Spiele 2008 und Exklusiv-Partner des IOC war jedoch adidas. Bei den Olympischen Spielen 1992 in Barcelona verdeckten die von Nike gesponserten Spieler Charles Barkley und Michael Jordan zur Medaillenverleihung die Logos des offiziellen Sponsors des amerikanischen Basketballteams, Reebok, auf den Trainingsanzügen mit einer US-Flagge. In Sydney 2000 deckte der von adidas gesponserte australische Schwimmstar Ian Thorpe bei der Siegerehrung mit einem Handtuch das Logo des offiziellen Ausstatters des australischen Teams, Nike, ab. e. Entwicklung weiterer kreativer Möglichkeiten In der Praxis finden sich unzählige weitere kreative Ansätze, die dem Sponsoring angelehnt sind, z.B. in Form von Werbeanzeigen, in denen man speziellen Sportlern oder Teams besonderes Glück wünscht oder ihnen zum Erfolg gratuliert, die Vergabe lizenzierter Souvenirs oder Tickets, die Kopie eines Werbeauftritts eines Mitbewerbers, Programmhefte und Spielpläne als kostenlose Zeitschriftenbeilagen etc. Beispiel: Während der Olympischen Spiele 1996 in Atlanta erschien der 100-MeterSprinter Linford Christie zu einem Interview mit Kontaktlinsen, die das Puma-Logo zeigten. Merlene Ottey sprintete im 200 Meter Finale mit Ohrringen von Puma, wobei offizieller Sponsor aus der Sportartikelbranche Reebok war. Heinz Ketchup zielte mit seinen Produktverpackungen eindeutig auf die Fußball-EM 2008 in der Schweiz ab.
Ambush-Marketing als Kommunikationsinstrument
35
Abb. 11: Beworbenes Produktdesign in einer Printkampagne von Heinz-Ketchup anlässlich der Fußball-EM 2008
Quelle: Auszug aus Werbeprospekt von Zeitungsbeilagen während der Fußball-EM 2008
Auch die mediale Übermittlung des Ereignisses, z.B. mittels Public Viewing37, kann als Dienstleistung angeboten werden. Hiermit will der Anbieter vor allem vom Image und der Bekanntheit des Events profitieren (z.B. „sportliche“ Lokalität etc.) und aufgrund steigender Gästeanzahl höhere Umsätze generieren. Viele dieser Möglichkeiten des Ambush-Marketings erwachsen aus den bereits angesprochenen Konflikten (vgl. Abschnitt B2.1, S. 28f.) zwischen den Eventorganisatoren, den Medienanstalten und den Lizenznehmern (vgl. Meenaghan 1996, S. 106), wobei einige der bislang in der Literatur als Ambush-Marketing-Maßnahmen zugeordneten Methoden im eigentlichen Sinne als legitime Sponsoringmöglichkeiten eingestuft werden können, wie z.B. das Sponsoring von Teams und Sportlern (vgl. Meenaghan 1998). Zu Ambush-MarketingMaßnahmen werden sie erst aus Sicht der offiziellen Eventsponsoren und -organisatoren. Wie bereits im vorherigen Abschnitt beschrieben, zeigt sich erneut durch diese Aufzählung möglicher Maßnahmen und deren Zuordnung je nach Standpunkt des Betrachters, dass Ambush-Marketing nicht ausschließlich mit juristischen Maßstäben als unauthorisierte Maßnahme zu definieren ist. Vielmehr wird anhand diverser möglicher Strategien erneut deutlich, dass Ambush-Marketing beides, sowohl „legale“ als auch juristisch anfechtbare Maßnahmen umfassen kann. In der juristischen Literatur werden deshalb auch beide Möglichkeiten betrachtet. Die einzelnen Ambush-Aktionen werden nach ihrem „juristischen“ Charakterzug kategorisiert, d.h. in „direktes“ und „indirektes“ (subtiles) Ambush-Marketing unterschieden (vgl. Heermann 2006, S. 359; Jaeschke 2007, S. 412 ff.; Pechtl 2007, S. 3ff.; Wittneben/ Soldner 2006, S. 1175). Die folgende Abb. 12 zeigt diese Einteilung.
37
Unter Public Viewing wird die Liveübertragung von Sportveranstaltungen (oder anderen Großereignissen) auf Großbildwänden an öffentlichen Standorten (z.B. Stadtplätzen, Straßenzügen, Einkaufszentren oder Gaststätten) zum Zwecke des gemeinschaftlichen Mitverfolgens des Großereignisses verstanden. Insbesondere seit der Fußball-WM 2006 hat sich das Public Viewing im deutschen Sprachgebrauch besonders etabliert.
36
Sportsponsoring und Ambush-Marketing als Bestandteile des Kommunikations-Mix
Abb. 12: juristische Einteilung des Ambush-Marketings
Ambush-Marketing
Direktes Ambush-Marketing • Verwendung von veranstaltungsbezogenen Kennzeichen • Nichtautorisierte Verwendung von Bild- / Filmmaterial bezogen auf das Sportevent • Vortäuschen von Sponsorenschaft • Angriffe wegen der Sponsorenschaft
Indirektes Ambush-Marketing
Ambush-Marketing by Intrusion
Ambush-Marketing by Association
• Durchführung eigener Werbung und Präsentation eigener Markensymbole im geographischen Umfeld des Sportevents
• Sportevent als Leitidee für die eigene Kommunikationsstrategie
• Erbringung publikumswirksamer Dienstleistungen im Umfeld des Sportevents
• Einsatz von Teilnehmern als Testimonial in der eigenen Werbung • …
• …
Quelle: Darstellung in Anlehnung an Pechtl (2007, S. 3ff.)
Unter direktem Ambush-Marketing werden alle Maßnahmen nicht autorisierter Unternehmen bezeichnet, die zur Verletzung der Marken- und/oder Urheberrechte der Sponsoren führen und gegen die sich der Rechteinhaber rechtlich wehren kann, z.B. Nicht-Beachtung der Wort-Bild-Marken, Verwendung von veranstaltungsbezogenen Kennzeichen auf den eigenen Produkten (vgl. Heermann 2006, S. 359f.; Jaeschke 2007, S. 412). Beim indirekten Ambush-Marketing werden nicht zwangsläufig die Marken- und/oder Urheberrechte der Sponsoren verletzt. Als Kommunikationsziel steht vielmehr die Aufmerksamkeit der Konsumenten gegenüber der Veranstaltung als die Wahrnehmung des Unternehmens an sich bzw. als Sponsor dieser Veranstaltung im Vordergrund. Eine weitere Differenzierung des indirekten Ambush-Marketings erfolgt in „Ambush-Marketing by Intrusion“ und „Ambush-Marketing by Association“. Darunter lassen sich alle aufgezeigten möglichen Ambush-Strategien subsumieren, die die Rechte der Sponsoren nicht verletzen. Eine trennscharfe Einordnung ist aus Marketing-Sicht allerdings nicht möglich. In der juristischen Literatur umfasst „Ambush-Marketing by Intrusion“ vor allem einmalige, überraschende Maßnahmen, die die „gute Gelegenheit“ einer sportlichen Großveranstaltung nutzen, während unter „Ambush-Marketing by Association“ länger angelegte Strategien und werbliche Auftritte, die das Sportereignis mehr oder weniger direkt zum Thema haben, verstanden werden (vgl. Jaeschke 2007, S. 412; Pechtl 2007, S. 3ff.). Da die meisten aufgezeigten Strategien sowohl langfristige als auch kurzfristige Werbemaßnahmen umfassen, fällt eine trennscharfe Zuordnung schwer und nur die Unterteilung in direktes vs. indirektes AmbushMarketing bietet aus Marketingsicht einen Mehrwert. Insgesamt wird aber deutlich, dass die vorgeschlagene Definition von Ambush-Marketing durchaus allgemeingültigen Charakter aufweist und keinerlei juristische Aspekte aufgreift
Ambush-Marketing als Kommunikationsinstrument
37
bzw. auch damit nicht ausgrenzt. Es zeigt sich jedoch an den dargelegten Ambush-MarketingStrategien, dass die Grenze der Definition zwischen Sportsponsoring- und AmbushMarketing-Maßnahmen abhängig vom Betrachtungspunkt verschwommen ist und sich die Maßnahmen damit aus praktischer Sicht rechtlich nur bedingt in den Sponsorenpaketen absichern lassen. Seitens der Eventorganisatoren und deren rechtlicher Beistände gibt es bereits vielfältige Diskussionen, wie derartige Ambush-Marketing-Maßnahmen unterbunden oder zumindest in ihrer Effektivität abgeschwächt werden können (vgl. Hartland/Skinner 2005; Townley/Harrington/Couchman 1998), um die Veranstaltungen für Sponsoren weiterhin attraktiv zu gestalten. Die aufgezeigten Beispiele von Programm- oder Teamsponsoring sind aber über rechtliche Bestimmungen in Sponsorenvereinbarungen kaum auszuschließen38. 39 2.4 Konsequenzen des Ambush-Marketings für den Sportmarkt Es zeigt sich, dass das Ambush-Marketing Ausdruck verschärfter Wettbewerbsbedingungen ist (vgl. B2.1, S. 27ff.). Aus der Vielzahl an möglichen parallelen und ähnlichen Aktivitäten zwischen Sponsoren und Ambushern ergeben sich beim Veranstaltungssponsoring zahlreiche Konsequenzen für alle Beteiligten der Veranstaltung, d.h. einerseits für die Konsumenten, andererseits für die offiziellen Sponsoren, für die Ambusher, für die Veranstalter der SportEvents, für die Medien sowie für den Sportmarkt selbst. Bevor die Konsequenzen für die Konsumenten im folgenden Abschnitt (B3, S. 39ff.) ausführlich betrachtet werden, soll die Auswirkung des Ambush-Marketings auf den Sportmarkt kurz erläutert werden. Die folgende Abb. 13 stellt diese Zusammenhänge grafisch dar. Zunächst lässt die Vielzahl der möglichen Ambush-Marketing-Strategien für die offiziellen Sponsoren einer Veranstaltung einen negativen Einfluss auf die Wirkung ihrer Kommunikationsmaßnahmen vermuten, da es der Zielgruppe erschwert wird, zwischen Sponsoren und Ambushern zu differenzieren. Allerdings gibt es hierzu nur wenig empirische Untersuchungen, die außerdem noch widersprüchliche Erkenntnisse liefern (vgl. Drengner/Sachse 2005, S. 73ff. und Ausführungen im folgenden Abschnitt C2.2). Aus Sicht des Ambushers ist eine erfolgreiche Verwirrung der Konsumenten bezüglich der Assoziation der eigentlichen Sponsoren mit dem Ereignis und die damit einhergehende Schwächung der kommunikativen Wirkung der offiziellen Sponsorships und dessen Werteverlust (vgl. Meenaghan 1996, S. 103; Townley/Harrington/Couchmann 1998, S. 334) zunächst eine positive Konsequenz.
38 39
Dies bekräftigt erneut die Argumentation, dass Ambush-Marketing-Maßnahmen nicht per se eine Verletzung des Markenrechtes hervorrufen. An dieser Stelle sei erneut darauf hingewiesen, dass einige Maßnahmen durchaus auf die Vermarktungsrechte (Urheber- oder Markenrechte) der Veranstalter abzielen. Da z.B. im Sinne des Markenrechtes einige Veranstaltungen als Eventmarke geschützt wurden (z.B. „WM 2006“ durch die FIFA), war es anderen als den Unternehmen mit erkauften Sponsoringpaketen nicht gestattet, diese Wort- oder Bildmarken in ihrer Kommunikation zu nutzen.
38
Sportsponsoring und Ambush-Marketing als Bestandteile des Kommunikations-Mix
Abb. 13: Beziehungsgeflecht der Konsequenzen für den Sportmarkt aufgrund von Ambush-Marketing Reduzierung der externen Einnahmequellen
Veranstalter
Rückzug aus Sponsoringaktivitäten
Schwächung der Sponsoringwirkung
Sponsor
Unsicherheiten der Event-Ausrichtung
Medien
Unsicherheiten im Programmangebot
Sponsoring/ Sportmarkt Gefährdung der Ausrichtung bedeutender Events
Quelle: Bruhn/Ahlers (2003, S. 282)
Können die Konsumenten allerdings aufgrund der Vielzahl der veranstaltungsbezogenen Kommunikationsmaßnahmen durch Sponsoren und Ambusher grundsätzlich nicht mehr zuordnen, wer mit dem Event überhaupt assoziiert ist, findet als negative Auswirkung für beide Parteien u.U. der von beiden Seiten angestrebte Imagetransfer in den Köpfen der Konsumenten nicht oder nur unzureichend statt. Beide, Sponsoren und Ambusher, würden somit ihre Ziele mit ihrem Engagement nicht erreichen oder diesen sogar (unbewusst) zuwider handeln. Somit wäre von einem sog. Überschattungseffekt (vgl. Drengner 2008, S. 26; Glogger 1999, S. 154; Till 1998, S. 402) aufgrund eines störenden Kommunikationsreizes auszugehen. Demzufolge bedroht Ambush-Marketing die Integrität der Veranstalter und kann die zukünftige Stellung der Veranstaltung untergraben, insofern den Sponsoren die eindeutige assoziative Wirkung zum Event nicht garantiert werden kann und die Sponsorships somit an Wert verlieren. Unternehmen könnten sich zurückziehen oder einen geringeren Sponsorenbeitrag fordern, welches wiederum zu Lasten der Eventfinanzierung ginge (vgl. Bruhn/Ahlers 2003, S. 281; Meenaghan 1994, S. 79; 1996, S. 103; Payne 1998, S. 327; Preuss/Gemeinder/Séguin 2008; S. 244; Séguin/O’Reilly 2008; Townley/Harrington/Couchmann 1998, S. 334). Eine Finanzierungsunsicherheit einzelner Sportevents beeinflusst wiederum die Ausrichtung des Events (international vs. national) und folglich die finanzielle Situation der Medienanstalten, die die Übertragung international bedeutender Sportereignisse als Differenzierungsmerkmal gegenüber der Medienkonkurrenz nutzen. Mit den Übertragungen realisieren sie durch den Verkauf der Werbeblöcke in deren Umfeld bei hohen Einschaltquoten hohe Werbeeinnahmen, was bei einer „nur“ noch nationalen Ausrichtung des Events schwerer möglich ist (vgl. Bruhn/Ahlers 2003, S. 281).
Konsequenzen der sportbezogenen Werbeaktivitäten für den Konsumenten
39
Letztlich kann zusammenfassend festgehalten werden, dass der gesamte Sportmarkt beeinflusst würde, wenn dem Event die Finanzierungsbasis entzogen wird und Großereignisse, die fast ausschließlich von Sponsorengeldern abhängig sind, gefährdet werden. Darüber hinaus können durch Ambush-Marketing für den Gesponserten sowohl finanzielle Verluste (z.B. durch entgangene Sponsoringeinnahmen) als auch immaterielle Schäden (z.B. Imageeinbuße durch unerwünschte Assoziationen zwischen Gesponsertem und vermeintlichem Sponsor) entstehen.
3
Konsequenzen der sportbezogenen Werbeaktivitäten für den Konsumenten
Wie die bisherigen Ausführungen zeigen, nutzen sowohl Sponsoren (vgl. B1.3, S. 15ff.) als auch Ambusher (vgl. B2.3, S. 31ff.) verschiedene Werbemaßnahmen im Rahmen von sportlichen Großveranstaltungen. Aus Sicht der werbenden Unternehmen stellt sich damit die Frage, welche Konsequenzen diese „Werbeflut“ bei den Konsumenten auslöst und ob in Anbetracht dieser Vielfalt an Alternativen die Ziele des Event-Sponsorings und des AmbushMarketings erreicht werden können. Als Konsequenz für den Konsumenten bleibt zunächst pauschal festzuhalten, dass dieser in diversen Rollen (z.B. als Zuschauer einer Veranstaltung vor Ort, medialer Zuschauer, aktiver Eventteilnehmer, einkaufender Konsument) in der Zeit vor, während und nach bestimmten Großveranstaltungen mit einer großen Summe an Werbeaktivitäten pro Sponsor, wiederum multipliziert mit der Vielzahl der Sponsoren und der Ambusher pro Event und der Anzahl der Events im Jahr, konfrontiert wird. Diese Menge an Werbeinformationen soll im Folgenden nochmals verdeutlicht werden. Zunächst resultiert die Vielzahl an Maßnahmen aus der Tatsache, dass beim (Sport-) Sponsoring im Allgemeinen, d.h. auch beim Veranstaltungssponsoring, hinsichtlich der Wirksamkeit der Gesamtkommunikation der bereits angesprochenen inter- und intrainstrumentellen Integration der Maßnahmen zur Nutzung von Synergiepotentialen eine besondere Bedeutung zukommt (vgl. Abschnitt 1.3). Konsumenten werden durch die Möglichkeiten der intrainstrumentellen Entscheidungsdimensionen der Unternehmen, d.h. der instrumenteinternen Abstimmung des Sponsorings (Auswahl der organisatorischen Einheit, der Sportart und des Leistungsniveaus und dabei der Art und des Umfangs der Leistung) mit einer möglichen Vielzahl von Sportsponsoring-Engagements konfrontiert. Die folgende Abb. 14 stellt am Beispiel mögliche Alternativen eines Sportengagements anhand der Entscheidungsdimensionen der Unternehmen grafisch dar. Beispielhaft für das Veranstaltungssponsoring zeigt dabei der mittige, dunkelgraue Würfel, dass ein Unternehmen zwei Fußball-Veranstaltungen auf mittelklassiger Ebene fördert (z.B. All-Stars-Event). Die Konsumenten sind mit allen Werbeaktivitäten im Rahmen dieser Engagements konfrontiert.
40
Sportsponsoring und Ambush-Marketing als Bestandteile des Kommunikations-Mix
Abb. 14: Beispiele für intrainstrumentelle Entscheidungsdimensionen der Unternehmen am Beispiel des Veranstaltungssponsorings40
V sp eran on st so alt rin u n g gs-
Leistungsniveau
Spitzensport
Anzahl der Engagements
Leistungssport
Breitensport 1 Handball
Fußball…
XX
2
X
Sportarten
Quelle: eigene Darstellung
Aus Sicht des Unternehmens sollte entsprechend des Konzeptes der Wirkung integrierter Kommunikation jede einzelne dieser Sponsoringmaßnahmen wiederum über interinstrumentelle Verknüpfung kommuniziert werden. Das Ziel besteht darin, die Aktivitäten des Veranstaltungssponsorings, in die Gesamtkommunikation durch andere Instrumente (z.B. Mediawerbung, Verkaufsförderung, Eventmarketing, Direktmarketing, persönliche Kommunikation, Multimediakommunikation, Messen und Ausstellungen, Public Relations) inhaltlich, formal, zeitlich, intern und extern zu integrieren (vgl. Bruhn 2003, S. 105ff; Esch 1998). Abb. 15 stellt auszugsweise Beispiele einer derartigen interinstrumentellen Integration zwischen Veranstaltungssponsoring und dessen Vernetzung mit Mediawerbung und Verkaufsförderung dar. Die „Zielscheiben“ verdeutlichen die Werbeaktivitäten, die durch die Nutzung jedes Kommunikationsmittels auf den Konsumenten treffen. Die linke „Zielscheibe“ zeigt die Summe der durch den Konsumenten wahrgenommenen Werbemaßnahmen durch interinstrumentelle Kommunikation des jeweiligen Sportsponsorships, z.B. des Sponsorings eines Sportereignisses.
40
Zur Versinnbildlichung der Grafik: Das Auswahlmuster ließe sich wiederum auf weitere (Sport-) Sponsoringengagements anderer Bereiche übertragen. Am Beispiel des Teamsponsorings könnte der dunkelgraue Würfel zwei Engagements bei mittelklassigen Fußball-Teams (z.B. Regionalliga) beschreiben. Die Konsumenten sind folglich mit allen Werbeaktivitäten im Rahmen dieser Engagements konfrontiert.
Konsequenzen der sportbezogenen Werbeaktivitäten für den Konsumenten
41
Abb. 15: Beispiele für interinstrumentelle Integration des Veranstaltungssponsorings Beispiele für interinstrumentelle Kommunikation des Sponsorships
Summe der durch den Konsumenten wahrgenommenen Werbemaßnahmen der interinstrumentellen Integration eines Sponsorships
Mediawerbung, z.B. • Hinweis auf das Sponsorship in klassischer Anzeigen-, Fernseh- und Rundfunkwerbung, auf Plakaten etc. • Mannschaften und Einzelsportler als Produktpräsenter • Bandenwerbung im Stadion
Verkaufsförderung, z.B. • gezielte Promotionkampagnen, z.B. mit Bezug zum gesponserten Event (Fußball-WM) • brand stores • Handelsmarketingaktivitäten, z.B. POSWerbung, Gewinnspiele, give aways
Weitere Maßnahmen interinstrumenteller Integration • • • •
… … … …
Quelle: eigene Darstellung, Inhalt in Anlehnung an Bruhn (2003, S. 105ff.) und Fullerton (2007, S. 108ff.)
Die linke Zielscheibe in Abb. 15 verdeutlicht, dass sich die Menge der Werbeinformationen für den Konsumenten durch interinstrumentelle Integration eines Engagements eines Unternehmens im Rahmen des Veranstaltungssponsorings merklich erhöhen kann. Diese Menge vervielfacht sich für den Konsumenten weiter durch die Summe der wahrgenommenen Werbemaßnahmen aller weiteren Sportsponsoring-Engagements eines Sponsors (z.B. neben dem Veranstaltungssponsoring Teamsponsoring, Einzelsponsoring). Zudem multipliziert sich diese Informationsmenge um die Anzahl der jeweiligen Sponsoren pro organisatorische Einheit, die wiederum entsprechende interinstrumentelle Kommunikationsmaßnahmen nutzen. Speziell zu den Werbeinformationen im Rahmen des Veranstaltungssponsorings addieren sich die zahlreichen Werbeaktivitäten der Ambusher. Zusammenfassend ist der Konsument einer großen Menge an Werbeinformationen bezüglich unterschiedlichster SportsponsoringEngagements ausgesetzt. Darüber hinaus werden die Veranstaltungssponsoring- oder auch Ambush-Marketing-Engagements durch die interinstrumentelle Integration über inhaltlich oder formal ähnliche Werbemaßnahmen kommuniziert, was die Komplexität der zu verarbeitenden Informationsmenge aufgrund von Informationsähnlichkeit zusätzlich erhöht. Zusammenfassend sieht sich der Konsument allein durch die Marketing-Kommunikation basierend auf Sportsponsoring einer erheblichen Stimulimenge, einer „wahren Flut“ an ähnli-
42
Sportsponsoring und Ambush-Marketing als Bestandteile des Kommunikations-Mix
chen Werbeinformationen gegenüber41. Die folgende Abb. 16 veranschaulicht diese Komplexität möglicher „sportlicher“ Werbeinformationen gegenüber dem Konsumenten. Abb. 16: Komplexität der auf die Konsumenten einfließenden Informationen durch Sport-Sponsoring eines Unternehmens SponsoringEngagement
intrainstrumentelle Entscheidungsdimension
interinstrumentelle Vernetzung
Wahrnehmungsfilter
Leistungsniveau
Te Sp am on so ri ng
Spitzensport
Anzahl der Engagements
Leistungssport Breitensport
1 Handball
Fußball
XX
X
2
Sportarten
?
o Sp
g
V sp era on ns so tal rin tu g ngs -
Leistungsniveau
in or ns po rts
Spitzensport
Anzahl der Engagements
Leistungssport Breitensport
1 Handball
Fußball
XX
2
X
Sportarten
S sp por on tle so rri ng
Leistungsniveau
Konsument
Spitzensport
Anzahl der Engagements
Leistungssport Breitensport
1 Handball
Fußball
XX
2
X
Sportarten
Quelle: eigene Darstellung
Dabei stellt diese nur die Vielzahl der Informationen anhand von 3 möglichen Sportsponsoring-Engagements dar. Mittels der aufgezeigten Differenzierung jeder einzelnen Möglichkeit vervielfachen sich die wahrgenommene Informationsmenge und -ähnlichkeit.42 Die Pfeile verdeutlichen die Komplexität der durch den Konsumenten wahrgenommenen Werbeaktivitäten sportbezogener Kommunikation. Da sich die vorliegende Arbeit auf die Analyse des Veranstaltungssponsorings und des Ambush-Marketings sportlicher Großereignisse fokussiert, soll im Folgenden die Wirkung diesbezüglicher Werbeaktivitäten betrachtet werden. Aus Unternehmenssicht zeigt sich aus den bisherigen Ausführungen, dass allein die durch das Sponsoring sportlicher Veranstaltung und das Ambush-Marketing entstehende Vielzahl an durch den Konsumenten wahrgenomme41
42
Die Werbemenge der Unternehmen ist noch größer durch die Engagements in anderen SponsoringBereichen (z.B. Bildungssponsoring), deren integrierter Kommunikationsmaßnahmen und anderer Werbeaktivitäten. Es soll jedoch in der Arbeit vor allem aufgezeigt werden, wie schwer es allein im Bereich der Kommunikation im Rahmen sportlicher Großereignisse als Sponsor oder Ambusher ist, eine gezielte Werbewirkung zu erreichen. Eine weitere Vervielfachung der Informationsmenge entsteht, wenn die einzelnen Unternehmen (jeweils als Sponsoren oder Ambusher) noch weitere Sponsoringarten, wie z.B. Kultur- oder Bildungssponsoring, nutzen, die ebenfalls in inter- und intrainstrumentelle Dimensionen gegliedert werden können.
Konsequenzen der sportbezogenen Werbeaktivitäten für den Konsumenten
43
nen Werbeinformationen eine gezielte Wirkung im Sinne unternehmerischer Zielstellungen erschwert. Vielmehr ist plausibel zu schlussfolgern, dass die Vielzahl der auf den Konsumenten treffenden Kommunikationsmaßnahmen im Rahmen dieser Engagements nicht nur die angestrebten Kommunikationsziele behindert, sondern diesen Zielen aufgrund möglicher negativer Auswirkungen beim Konsumenten sogar zuwider läuft. Folglich ist damit zu rechnen, dass negative Effekte dieser Werbeaktivitäten entstehen könnten. Äquivalente Überlegungen werden im Rahmen der Sponsoringforschung bereits diskutiert. Insbesondere wird das Ansteigen an Möglichkeiten im Rahmen des Sponsoringumfeldes von Sportgroßveranstaltungen als eine der größten Herausforderungen, mit denen das Veranstaltungssponsoring als Kommunikationsmedium konfrontiert ist (vgl. Carrillat/Lafferty/ Harris 2005; Meenaghan 1996, 1998; Tripodi/Sutherland 2000), gesehen. Die Gefahr abnehmender Sponsoringwirkung resultiert vor allem daraus, dass die negative Konsequenz der beschriebenen Entwicklungen im Sponsoring von Sportveranstaltungen und AmbushMarketing ein von den Konsumenten wahrgenommenes Durcheinander („clutter“) der Werbelandschaft ist, das die Effektivität der Maßnahmen einschränken kann (vgl. Cornwell/Relyea/Irwin/Maignan 2000; Séguin/O’Reilly 2008, S. 68). Das Phänomen der „clutter“ wird als „degree of similarity and proximity of advertisement” (vgl. Ha 1996, S. 232) bzw. als „the problem of simply too many advertisements in the viewing environment“ (vgl. Engel/Blackwell/Miniard 1990, S. 207) bislang vor allem im Werbekontext diskutiert (vgl. z.B. Ha 1996; Ha/McCann 2008; Mandese 1992; Mord/Gilson 1985; Pieters/Bijmolt 1997; Pillai 1990; Ray/Webb 1986; Riebes/Dawes 2006; Rodgers/ Thorson 2000; Webb/Ray 1979). Übertragen auf die vorliegenden Ausführungen und somit auf den Kontext des Veranstaltungssponsorings und des Ambush-Marketings besitzt es als „negativer“ Effekt zunehmender Werbeaktivitäten hohe Relevanz (vgl. Cornwell/Relyea/ Irwin/Maignan 2000; Séguin/O’Reilly 2008). Das durch die Quantität und einer Vielzahl an Eigenschaften von Stimuli im Rahmen des Veranstaltungssponsorings bzw. AmbushMarketings entstandene „Wirrwarr“ kann die Fähigkeit der Konsumenten zur Informationsverarbeitung und somit die Ziele der Kommunikationsmaßnahmen mit Bezug zum Sportereignis, wie z.B. Aufmerksamkeit oder Imagetransfer, beeinträchtigen. Konsumenten sind aus Sicht der Werbewirkungsforschung damit aufgrund dieser „cluttered environment“ (vgl. z.B. Cornwell/Relyea/Irwin/Maignan 2000; Ha 1996; Ha/McCann 2008; Rodgers/Thorson 2000; Séguin/O’Reilly 2008) nicht mehr in der Lage, die Werbebotschaften äquivalent zu verarbeiten. Aus verhaltenswissenschaftlicher Sicht erklärt sich das dadurch, dass die Individuen nur eine limitierte Kapazität haben, um Informationen aufzunehmen und zu verarbeiten (vgl. Atkinson/Shiffrin 1968; Cacioppo/Petty/Morris 1983; Collins/Loftus 1975; Craik/Lockhart 1972; Jacoby/Speller/Kohn 1974; Malhotra 1984; Malhotra/Jain/Lagakos 1982; Petty/ Cacioppo 1983, 1979). Folglich lässt sich für das Sponsoring und Ambush-Marketing im Rahmen von Sportereignissen argumentieren, dass der Konsument durch seine beschränkte
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Sportsponsoring und Ambush-Marketing als Bestandteile des Kommunikations-Mix
Informationsverarbeitungskapazität die vielen und ähnlichen Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher im Rahmen von Sportveranstaltungen nicht mehr entsprechend verarbeiten kann. Da sich das Interesse der Zuschauer zudem primär auf die Geschehnisse des Sportereignisses selbst konzentriert, ist grundsätzlich von einem geringen SponsoringInvolvement der Zuschauer auszugehen (vgl. z.B. Dalakas/Madrigal/Burton 2004; Shani/ Sandler 1998), weshalb von den meisten Konsumenten keine bewusste Verarbeitung der Sponsor- bzw. Ambusher-Reize angestrebt wird. Im optimalen Fall erreichen die Unternehmen durch langfristige, konsequente Maßnahmen integrierter Kommunikation trotzdem ihre Werbeziele. In finaler Konsequenz könnten jedoch sowohl Sponsoren als auch Ambusher die Ziele ihres Engagements verfehlen. Diese Überlegungen werfen folglich die Frage nach den verhaltenswissenschaftlichen Konsequenzen und der Wirkung der vorgestellten Maßnahmen auf, da diese die Zielerreichung der Sponsoren und Ambusher beeinträchtigen können. Mit einem Blick in die Literatur zur wissenschaftlichen Wirkungsforschung des Sponsorings von Sportveranstaltungen und des Ambush-Marketings soll analysiert werden, welche Zielgrößen bereits empirisch untersucht wurden und ob bereits Erkenntnisse zur beschriebenen Problematik möglicher negativer Konsequenzen durch Sportsponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen vorliegen. Im folgenden Kapitel C steht der aktuelle Forschungsstand des Sportsponsorings und des Ambush-Marketings im Mittelpunkt der Betrachtungen, bevor darauf aufbauend (vgl. Kapitel D) ein Modell negativer Wirkungen aus Sponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen im Rahmen von Sportveranstaltungen entwickelt wird. Da die Thematik der Wirkungsforschung als bedeutende Informationsgrundlage für die Verbesserung zukünftiger Sponsoring- oder Ambush-Marketing-Maßnahmen nicht nur aus wissenschaftlicher, sondern auch aus praxisorientierter Sicht für Unternehmen Relevanz besitzt43 (vgl. Marwitz 2008; Walliser 1995), werden zuerst allgemeine methodische Grundlagen bezüglich der Wirkungsforschung des Sportsponsorings und des Ambush-Marketings dargestellt, bevor wesentliche Inhalte der empirischen, ergebnisorientierten Studien zusammengefasst werden.
43
Da es sich sowohl beim Veranstaltungssponsoring als auch beim Ambush-Marketing um eine wirtschaftliche Tätigkeit der Unternehmen nach dem ökonomischen Prinzip handelt, ist aus Unternehmenssicht neben planvollem Handeln grundsätzlich eine konsequente Kontrolle der Maßnahmen notwendig (vgl. Marwitz 2008, S. 62).
Wissenschaftliche Grundlagen der Wirkungskontrolle des Sportsponsorings und des Ambush-Marketing
45
C Wirkungskontrolle des Sportsponsorings und des AmbushMarketings 1
Wissenschaftliche Grundlagen der Wirkungskontrolle des Sportsponsorings und des Ambush-Marketing
Ganz allgemein kann unter Wirkung jede auf Kausalität beruhende Reaktion auf Handlungen verstanden werden. Dementsprechend wird bei der Wirkungsforschung bezüglich kommunikationspolitischer Maßnahmen die Wirkung des Einsatzes von Kommunikationsinstrumenten, z.B. Veranstaltungssponsoring und Ambush-Marketing, bei den Konsumenten analysiert (vgl. Marwitz 2006, S. 34). Einleitend ist zu konstatieren, dass sich trotz der Bedeutung des Sportsponsorings und des Ambush-Marketings in der Unternehmenskommunikation (vgl. B1.2, S. 13f.; B2.1, S. 27ff.) sowohl die Kontrolle des Sponsoring-Engagements in der Unternehmenspraxis (vgl. Hermanns 2008b) als auch die diesbezügliche Wirkungsforschung44 aus wissenschaftlicher Perspektive noch in einem frühen Stadium der Entwicklung befindet (vgl. Cornwell/Maignan 1998; Walliser 2003). Seit Beginn der 1980er bis Mitte der 1990er Jahre zeigt sich zwar eine wachsende wissenschaftliche Publikationsrate zur Wirkungsweise des Sportsponsorings, diese stagniert jedoch seitdem auf mittlerem Niveau (vgl. als grafischer Überblick Woisetschläger 2006, S. 34).45,46 Nur wenige marketingwissenschaftliche Studien finden sich in Bezug auf das relativ „junge“ Instrument des Ambush-Marketings (vgl. z.B. Drengner/ Sachse 2005; Lyberger/McCarthy 2001; McDaniel/Kinney 1996; Sandler/Shani 1989, 1993; Séguin/Lyberger/O’Reilly/McCarthy 2005) (vgl. Abschnitt C2.2, S. 55ff.) 47. Bevor der aktuelle Forschungsstand empirischer, ergebnisorientierter Wirkungsanalysen des Sportsponsorings und des Ambush-Marketings im Rahmen sportlicher Ereignisse aufgezeigt
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Cornwell/Maignan (1998) unterteilen die Sponsoringforschung in 5 Schwerpunkte: Eigenschaften des Sponsorings, Managementaspekte, Strategischer Einsatz, Rechtliche und Ethische Betrachtungen des Sponsorings und Messung der Sponsoring-Effekte. Da sich die vorliegende Arbeit auf die Messung der Sponsoring-Effekte bezieht, werden alle anderen Bereiche nicht näher diskutiert. Einen komprimierten und all umfassenden Überblick über den Stand der weltweiten Sportsponsoring-Forschung der letzten Jahre geben Cornwell/Maignan (1998) und Walliser (2003). Cornwell/Maignan (1998) eruieren 80 bis zum Jahr 1996 veröffentlichte Studien aus den bedeutendsten, „peer reviewed” MarketingZeitschriften: Current Issues and Research in Advertising, Journal of the Academy of Marketing Science, Journal of Advertising, Journal of Advertising Research, Journal of Consumer Research, Journal of Marketing, Journal of Marketing Research, Journal of Public Policy and Marketing. Walliser (2003) komplettiert seinen Überblick mit 66 weiteren europäischen und 87 weltweit veröffentlichten Studien bis zum Jahre 2001. Er bezieht in seine Metaanalyse auch Publikationen aus folgenden europäischen Marketing-Zeitschriften ein: European Journal of Marketing, Psychology & Marketing, Recherche et Applications en Marketing, Revue Française du Marketing, Marketing ZfP. Insgesamt ist das Sportsponsoring eines der wenigen Forschungsfelder des Marketings, welchem in Europa mehr wissenschaftliche Aufmerksamkeit zuteil wird als im angloamerikanischen Bereich (vgl. Walliser 2003, S. 6). Weitere Untersuchungen beziehen sich auf taktische Maßnahmen seitens der Sponsoren gegenüber Ambushern (vgl. z.B. Farrelly/Quester/Greyser 2005), auf ethische Diskussionen (vgl. z.B. Doust 1997; O’Sullivan/Murphy 1998, Payne 1998) oder auf die Rechtmäßigkeit von Ambush-Marketing (vgl. z.B. Townley/Harrington/ Couchman 1998; Uphoff/Massey/Brown 2006).
M. Sachse, Negative Kommunikationseffekte von Sponsoring und Ambush-Marketing bei Sportgroßveranstaltungen, DOI 10.1007/978-3-8349-8698-6_3, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010
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Wirkungskontrolle des Sportsponsorings und des Ambush-Marketings
wird (vgl. C2, S. 50ff.), werden allgemeine theoretische und methodische Grundlagen zur Wirkungskontrolle dargelegt. Zuerst wird die Systematisierung möglicher Ansätze vorgestellt. Danach werden Möglichkeiten der Messung und Probleme, die bei der Messung der Kommunikationsziele und der Ergebnisauswertung Beachtung finden sollten, kurz beschrieben. 1.1 Systematisierung der Wirkungskontrolle Als Ansatzpunkte zur Erfolgskontrolle der Sponsoring- (und damit der Ambush-MarketingMaßnahmen) lassen sich grundsätzlich sog. Prozess- und Ergebniskontrollen unterscheiden (vgl. Bruhn 2003, S. 120ff.; Marwitz 2006, S. 73ff.; Walliser 2003, S. 12). Dabei fällt auf, dass in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung ein Ungleichgewicht zugunsten der ergebnisorientierten Kontrollansätze besteht und sich nur wenige Ausführungen zur prozessorientierten Sponsoringkontrolle finden, auch wenn die Bedeutung dieser häufig herausgestellt wird (vgl. Marwitz 2006, S. 72). Die Prozesskontrollen dienen vor allem dazu, die Planung, Konzeptionierung und Durchführung der Sportsponsoringmaßnahmen aus organisatorischer Sicht (z.B. mittels Checklisten, Netzplantechniken, EDV-gestützter Terminüberwachung) zu überwachen (vgl. Hermanns 1997, S. 186; Marwitz 2006, S. 75ff.; Marwitz 2008, S. 72). Es steht vor allem die Kontrolle der notwendigen Aktivitäten zur Vorbereitung der Sponsoringmaßnahmen, die Einhaltung von Zeitplänen, die präzise Ausführung der Tätigkeiten in der Vorbereitungs- und Durchführungsphase sowie die Prüfung der genutzten Verfahren und Methoden im Fokus (vgl. Bruhn 2005, S. 881; Marwitz 2006, S. 82). Die Prozesskontrollen werden von einigen Autoren mit dem Sponsoring-Audit gleichgesetzt (vgl. Grohs von Reichenbach 1999; Hermanns 1997; Marwitz 2006, S. 76).48 Insgesamt wird bezüglich dieser Prozesskontrollen aus wissenschaftlicher Sicht konstatiert, dass trotz ihrer unbestrittenen Bedeutung Bedarf nach wissenschaftlicher Aufarbeitung ihrer theoretischen Fundierung, methodischen und instrumentellen Ausgestaltung und Durchführung besteht (vgl. Marwitz 2008, S. 75, 84f.). Der Großteil der Arbeiten fokussiert sich auf die ergebnisorientierte Sponsoringkontrolle, die eine konkrete Sponsoringmaßnahme auf ihren Zielerreichungsgrad im Sinne eines SollIst-Vergleiches untersucht (vgl. Marwitz 2006, S. 64). Da dies das Vorliegen von konkreten Sollergebnissen voraussetzt, wird bei Mangel dieser Vorgaben auch von einer Ergebnisanalyse gesprochen (vgl. Köhler 2001, S. 422). Generell bilden bei der ergebnisorientierten Analyse die ökonomischen und außerökonomischen Ziele des Sportsponsorings bzw. Ambush-Marketings (vgl. Abschnitte B1.2; S. 13ff. und B2.1, S. 27ff.) den Ausgangspunkt für die Wirkungskontrolle.49
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Andere Autoren, z.B. Marwitz (2006), schließen sich der Grobstruktur nicht an und untergliedern die prozessorientierten Ansätze nochmals in „audit-basiert“ und „sonstige Ansätze“. Marwitz (2006) untergliedert die Ansätze der ergebnisorientierten Sponsoringkontrolle weiter nach Ansätzen mit allgemeinen Aussagen und konkreten Ansätzen der Kontrolle, wobei er letztgenannte in Ansätze zur Kontrolle einer Zielgröße und Kontrolle mehrerer Zielgrößen differenziert.
Wissenschaftliche Grundlagen der Wirkungskontrolle des Sportsponsorings und des Ambush-Marketing
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Für die Durchführung von Wirkungskontrollen des Sportsponsorings und des AmbushMarketings steht grundsätzlich das gesamte Instrumentarium der empirischen Werbewirkungsforschung zur Verfügung (vgl. Hermanns 1997a, S. 176; Marwitz 2008, S. 73), wobei die wesentlichen Methoden der Wirkungskontrolle der Mediawerbung adaptiert wurden (vgl. Meenaghan 2006, S. 254). 1.2
Methoden der Wirkungskontrolle
Ausgehend vom zeitlichen Ablauf können die Kontrollmessungen nach Pretest- (ex ante) und Posttest- (ex post) Kontrollen unterschieden werden (vgl. Esch 2008; Hermanns/Marwitz 2008, S. 236ff.). Pretest-Kontrollen dienen dem Aufdecken diagnostischer und prognostischer Wirkungen zur Optimierung der Wahrnehmung der zielgruppengerechten Sponsoring-Botschaft vor dem Einsatz im Markt und damit zur Verbesserung der Sponsoringplanung (vgl. Hermanns/Marwitz 2008, S. 236ff.). Ex post-Kontrollen stellen den klassischen Vergleich von Soll-Ist-Größen dar und können zeitpunkt- oder zeitraumbezogen sein. Während erstere die Zielgrößen nach dem Einsatz der Sponsoring-Maßnahmen am Markt (z.B. unmittelbar nach dem Sport-Event) messen, ermöglichen Tracking-Studien als methodische Längsschnittstudien eine kontinuierliche Betrachtung in Befragungswellen (vgl. Esch 2008, S. 1171; Hermanns/Marwitz 2008, S. 238f.). Bezüglich der Forschungsmethode kann zwischen qualitativen und quantitativen (und kombinierten) Ansätzen unterschieden werden (vgl. Hair/Bush/Ortinau 2006, S. 171ff.). Qualitative Forschung dient vor allem zur Unterstützung der Theorieentwicklung oder Vorbereitung von sich anschließenden quantitativen Untersuchungen (vgl. Hair/Bush/Ortinau 2006, S. 173ff.; Malhotra 2007, S. 79f., 140ff.). Im Rahmen des Sponsorings können mittels mündlicher Befragung oder Tiefeninterviews in Fokusgruppen z.B. psychologische Wirkungen von Sponsoringmaßnahmen beim Konsumenten (vgl. Marlovits 2002), Abgrenzungsmerkmale zu anderen Kommunikationsformen (vgl. Meenaghan 2001b) oder Attribute zu diversen Sponsoringformen (vgl. Meenaghan/Shipley 1999) ermittelt werden. Insgesamt spielt diese Form der Wirkungsanalyse im Gegensatz zur dominierenden quantitativen Forschung jedoch sowohl beim Sportsponsoring als auch beim Ambush-Marketing eine untergeordnete Rolle. Bei letztgenanntem Forschungsansatz stehen die wesentlichen ökonomischen und außerökonomischen Ziele (vgl. Abschnitt B1.2) des Sponsorings als Ausgangspunkt der Erfolgskontrollen im Mittelpunkt der Betrachtung (vgl. Cornwell/Maignan 1998; Walliser 2003), weshalb er sich insbesondere für ergebnisorientierte Wirkungskontrollen eignet. Anhand der Methode der Datenerhebung wird zwischen Experimenten und Feldbefragungen unterschieden, um außerökonomische Wirkungen zu erforschen (vgl. Homburg/Krohmer 2003)50. Pham (1991) sieht eine experimentelle Versuchsanordnung als einzige Möglich-
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Als weitere Datenerhebungsmethoden finden sich die Beobachtung, Panel und Tests (vgl. Homburg/Krohmer 2003). Diese werden jedoch aufgrund ihrer methodischen Eigenschaften nicht üblicherweise zur
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Wirkungskontrolle des Sportsponsorings und des Ambush-Marketings
keit, den Einfluss des Sponsorings auf bestimmte Zielgrößen zu identifizieren, da externe Variablen (z. B. der Einsatz anderer Kommunikationsmaßnahmen) in Experimenten gezielter zu kontrollieren wären. Tatsächlich ermöglicht es die experimentelle Versuchsanordnung, verschiedene Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge unter Konstanthaltung weiterer möglicher Ursachen zu untersuchen (vgl. Berekoven/Eckert/Ellenrieder 2006, S. 151f.). Allerdings besitzt auch diese Methode zur Aufdeckung bestimmter Kausalzusammenhänge ihre Grenzen, da nicht alle Störgrößen kontrollierbar sind und damit die Aussagekraft der gewonnenen Erkenntnisse sinken kann. Zudem eignet sie sich wenig für den praxisnahen Einsatz (vgl. Berekoven/Eckert/Ellenrieder 2006, S. 154). Dies ist letztlich der Grund, weshalb zur Erfassung der wesentlichen Zielgrößen des Sponsorings (z.B. Bekanntheit, Einstellung und Image) großteils die Befragung51 genutzt wird (vgl. Cornwell/Maignan 1998; Walliser 2003, S. 13ff.). Sie ist vor allem gegenüber einer experimentellen Versuchsanordnung aus praxisorientierter Sicht einfacher anwendbar und flexibler im zeitlichen und räumlichen Einsatz. Es können große Fallzahlen erreicht werden und sie ist kostengünstiger (vgl. Homburg/Krohmer 2003). Unabhängig von der Auswahl des „richtigen“ Erhebungsinstrumentes, sieht sich die Wirkungsforschung beim Veranstaltungssponsoring weiteren inhaltlichen und methodischen Problemen gegenüber (vgl. Bruhn 2003, S. 136), die der folgende Abschnitt darlegt. 1.3 Probleme der Wirkungskontrolle Unbestritten ist, dass die Erfolgskontrolle im Sportsponsoring, und somit auch bei AmbushMarketing-Maßnahmen, schwierig ist. Allgemeine Kritiken an der Werbeerfolgskontrolle (vgl. Drees 1992, S. 203ff.; Drengner 2008, S. 80; Schwaiger 1997, S. 16f.) erscheinen auch bei diesen beiden Kommunikationsinstrumenten zutreffend (vgl. Dudzik 2006, S. 24). So lassen sich bspw. bei gleichzeitigem Einsatz verschiedener Marketing-Maßnahmen die Effekte nicht eindeutig zuordnen, da Wirkungsinterdependenzen sowohl zwischen den einzelnen Sponsoringmaßnahmen als auch zwischen dem Sponsoring und anderen Kommunikationsinstrumenten auftreten. Diese wechselseitigen Abhängigkeiten entstehen aufgrund der notwendigen interinstrumentellen Integration, die das Sponsoring im Rahmen seiner Kommunikation benötigt. Die Darstellung der Komplexität der auf den Konsumenten eintreffenden Werbeinformationen durch interinstrumentelle Vernetzung in Abb. 16 (S. 42) verdeutlicht diese Problematik. So kann z.B. bei gleichzeitigem Einsatz verschiedener Werbeträger (z.B. Bandenwerbung im Rahmen des Veranstaltungssponsorings vs. Trikotwerbung im Rahmen von Teamsponsoring) ein Überlagerungseffekt stattfinden (vgl. Deimel 1992, S. 172f.). Darüber hinaus wird die Wirkung der Werbeaktivitäten im Umfeld sportlicher Großereignisse erschwert, da seitens der Konsumenten hauptsächlich dem Ereignis und dessen Teilnehmern
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zeitpunktbezogenen Messung außerökonomischer Ziele genutzt. Für weitere Ausführungen vgl. Berekoven/Eckert/Ellenrieder (2006); Homburg/Krohmer (2003). Die Befragung kann mündlich, schriftlich, telefonisch oder online erfolgen. Zu Vor- und Nachteilen der Befragungsmethoden und weiteren Ausführungen zu Methoden der Datenerhebung vgl. Berekoven/Eckert/ Ellenrieder (2006); Homburg/Krohmer (2003).
Wissenschaftliche Grundlagen der Wirkungskontrolle des Sportsponsorings und des Ambush-Marketing
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(z.B. den Sportlern) die Aufmerksamkeit gilt und nicht dem Auftritt der Sponsoren bzw. Ambusher. Veranstaltungssponsoring wird eine lediglich „sekundäre Aufmerksamkeitswirkung“ bescheinigt. Zudem ist bei dieser Art des Sponsorings eine nur begrenzte Werbeaussage möglich, da sich die Sponsorkommunikation beim Event selbst oft nur auf das Markenzeichen bezieht. Die Ambusher sind aufgrund rechtlicher Restriktionen (vgl. Abschnitt B2.3, S. 31ff.) in der Kommunikation mit direktem Ereignis-Bezug noch stärker eingeschränkt. Im Weiteren entstehen durch die einzelnen Maßnahmen sachliche und zeitliche Ausstrahlungseffekte, in dem sich über den geplanten Zielbereich hinaus positive oder negative Wirkungen auf andere Zielgrößen entfalten (spill-over), die Werbewirkung verzögert eintritt (time lag), das aktuelle Absatzniveau die Absatzchancen beeinflusst (Carry-over-Effekt) oder der Absatzzuwachs weder unmittelbar mit der Werbereaktion einsetzt, noch sofort nach Ende der Sponsoring-Maßnahmen abklingt (Decay-Effekt) (vgl. u.a. Hermanns/Marwitz 2008, S. 149ff.; Schwaiger 1997, S. 16f.; Quester/Farrelly 1998). Darüber hinaus kommt externen Störgrößen (nicht kontrollierbaren Variablen) eine hohe Bedeutung zu, da sich die Wirkung der Sponsoring- bzw. Ambush-Marketing-Maßnahmen häufig über einen längeren Zeitraum entwickelt (vgl. Deimel 1992, S. 172). Zweifelsohne lassen sich diese Probleme der Wirkungsinterdependenzen und Ausstrahlungseffekte nicht ignorieren, letztlich können sie aber nicht der Grund für den in der deutschen Unternehmenspraxis noch immer hohen Anteil der Sponsoren sein, die überhaupt keine Kontrolle ihres Sponsoring-Engagements betreiben52. Erfolgt eine Kontrolle des Sponsoringerfolgs, dann in den meisten Fällen mittels Medienauswertungen53, kaum über empirische Untersuchungen (vgl. Hermanns 2008b). Doch auch internationale wissenschaftliche Studien belegen die „Zurückhaltung“ entsprechender Sponsoring-Evaluationen (vgl. Cornwell/ Maignan 1998; Pope 1998; Walliser 2003) und bemängeln, dass sich Sponsoren paradoxerweise zufrieden zeigen, ohne dass sie aufgrund mangelnder Erfolgskontrolle wissen, welches ihre Resultate tatsächlich sind (vgl. Thjømøe/Olsen/Bronn 2002, S. 10). Neben diesen anwendungsorientierten, theoretisch-methodischen Grundlagen bieten aus Unternehmensperspektive empirische Analysen Anhaltspunkte zur Messung des Erfolges. Das folgende Kapitel stellt den State-of-the-Art bisheriger empirischer Wirkungskontrollen im Sportsponsoring und Ambush-Marketing dar. Für die vorliegende Arbeit soll daraus aus wissenschaftlicher Perspektive vor allem eine Erkenntnis für die in Kapitel B3 entwickelten Überlegungen negativer Konsequenzen durch die zunehmende Informationskomplexität durch Sponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen im Rahmen sportlicher Veranstaltungen gewonnen werden. Zuerst werden die Ergebnisse der Analyse der Studien zum Sponsoring von Sportveranstaltungen zusammengefasst. Anschließend erfolgt die Darstellung der Ergebnisse der Untersuchung der Studien zum Ambush-Marketing. 52
In einer Studie von Hermanns (2008b) waren dies 21,4 Prozent der befragten Unternehmen.
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Wirkungskontrolle des Sportsponsorings und des Ambush-Marketings
State-of-the-Art ergebnisorientierter Wirkungskontrollen des Sportsponsorings und des Ambush-Marketings
2.1
Bisherige empirische Wirkungsanalysen des Sponsorings von Sportveranstaltungen Wie überblicksartige Artikel zur Sportsponsoringforschung zeigen (vgl. z.B. Cornwell/Maignan 1998; Walliser 2003) 54, beziehen sich die wissenschaftlichen Studien zur Messung von Effekten des Sportsponsorings vor allem auf das Veranstaltungssponsoring und insbesondere auf die Entwicklung und Anwendung von Methoden zur Kontrolle und Überprüfung von Wirkungszusammenhängen zwischen den Zielkonstrukten (vgl. Cornwell/Maignan 1998, S. 14; Walliser 2003). Aus methodischer Sicht betrachtet, werden überwiegend quantitative ergebnisorientierte Ex-Post-Kontrollen mittels Befragung oder Experiment durchgeführt55. Die größte Bedeutung in der ergebnisorientierten Wirkungsforschung in Studien zum Sponsoring von Sportveranstaltungen (vgl. zum Überblick die Tabellen in Cornwell/Maignan 1998; Walliser 2003)56 erzielt die Analyse außerökonomischer, psychologischer Ziele im Gegensatz zur Beurteilung vorgelagerter streutechnischer57 und nachgelagerter ökonomischer Zielgrößen, da diese die wesentlichen Zielgrößen des Sponsorings darstellen (vgl. Abschnitt B1.2), kurzfristig erfassbar sind und die Interdependenzwirkung bei den erst langfristig eintretenden ökonomischen Zielen noch stärker wiegt. Der größte Teil der Forschungsarbeiten (fast 40%) konzentriert sich auf die Bekanntheit (awareness) bzw. Wahrnehmung (perception) der Sponsoren (vgl. z.B. Barros/Barros/Santos/Chadwick 2007; Cornwell/ Maignan/Irwin 1997; Cornwell/Relyea/Irwin/Maignan 2000; Grohs/Wagner/Vsetecka 2004; Johar/Pham/Wakefield 2006; Kerstetter/Gitelson 1995; Lardinoit/ Derbaix 2001; Pham/Johar 2001; Quester 1997a; Quester/Thompson 2001; Rajaretnam 1994; Sandler/Shani 1992; Stotlar 1993) und des Sponsorships (vgl. z.B. Grimes/Meenaghan 1998; Pope 1998b; Pope/Voges 1997; Quester 1997b).
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58,9 Prozent gaben in der Studie von Hermanns (2008b) an, Medienauswertungen zu nutzen. Nur 26,0 Prozent nutzen empirische Untersuchungen. Da in der vorliegenden Arbeit die Erfolgsmessung im Fokus steht, sollen alle anderen von Cornwell/ Maignan (1998) betrachteten Studien zu anderen Schwerpunkten der Sportsponsoringforschung (vgl. z.B. Eigenschaften des Sponsorings, Managementaspekte, Strategischer Einsatz, rechtliche und ethische Betrachtungen des Sponsorings) nicht in die Vorstellung einbezogen werden. Es finden sich wenige qualitative Studien, die Fokusgruppen oder Tiefeninterviews nutzen (vgl. z.B. Marlovits 2002; Meenaghan/Shipley 1999; Meenaghan 2001). Diese werden hier jedoch nicht näher beschrieben, da sie dem Ansatz der vorliegenden Arbeit nicht dienlich sind. Ähnliche Ergebnisse findet Dudzik (2006), der explizit einen Überblick über ausgewählte Forschungsergebnisse zur Erinnerungs- und zur Einstellungswirkung im Sponsorship darstellt. Der Autor bezieht 28 Studien zur Erinnerungsmessung und 21 Studien zur Einstellungsmessung der Jahre 1985 bis 2005 in seine Auswertung ein. Er bleibt dem Leser hingegen die Antwort schuldig, anhand welchen Maßstabes er diese Studien auswählte. Streutechnische Erfolgsgrößen, wie die Kontakthäufigkeit und –reichweite, werden z.B. über die Indikatoren Besucherzahlen, Einschaltquoten, Printmedienreichweiten oder In-Screen-Zeit erfasst. Von einigen Forschern (vgl. Meenaghan 2006, S. 254) wird kritisiert, dass allein diese Medienexposition keine wirkliche Effektivitätsmessung darstellt, sondern der Sponsoringerfolg damit lediglich als „media buy“ gesehen werden müsste.
State-of-the-Art ergebnisorientierter Wirkungskontrollen des Sportsponsorings und des Ambush-Marketings 51
Die Ergebnisse zeitbezogener Erinnerungseffekte zeigen einheitlich, dass jeder Sponsor zunächst ein „basic recall level“ aufweist, welches kurz vor und während eines Events ansteigt und nach wenigen Wochen auf das Ausgangsniveau zurückfällt. Dies wird beeinflusst von der Dauer und dem Ausmaß der Gesamtheit der Kommunikationsmaßnahmen des Sponsors (vgl. Cornwell/Maignan/Irwin 1997; Quester 1997b; Walliser 2003). Insgesamt zeigen sich jedoch divergierende Erinnerungseffekte, die in persönlichen und situativen Faktoren der Rezipienten (z.B. Alter, Geschlecht, Veranstaltungsinvolvement und Interesse) (vgl. Walliser 1997, 2003) gesehen werden, aber auch in der Sportart (vgl. Nicholls/Roslow/Dublish 1999), in der Länge und dem Inhalt der Botschaftsgestaltung (vgl. Quester/Farrelly 1998), in der Dauer der Exposition des Sponsors, in der vorherigen Markenawareness des Konsumenten (vgl. Walliser 2003) und im Einfluss der wahrgenommenen Markenprominenz (vgl. u.a. Johar/Pham 1999; Pham/Johar 2001). Es konnte belegt werden, dass die als stärker wahrgenommenen Marken gegenüber den als marktschwächer wahrgenommenen Marken stets einen größeren Nutzen aus dem Engagement im Umfeld eines sportlichen Großereignisses ziehen (vgl. z.B. Pham/Johar 2001). Prominentere Unternehmen werden besser erinnert und damit eher als vermeintlicher Sponsor eines Events wahrgenommen, auch ohne mit dem Event verbunden zu sein (vgl. Johar/Pham 1999; McDaniel/ Kinney 1996, 1998; Pham/Johar 2001). Die Abhängigkeit der Ergebnisse von der wahrgenommenen Markenstärke wird als Prominence Bias (Markenprominenz) (vgl. Johar/Pham 1999) bezeichnet. Dies beschreibt die Heuristik der Zuordnung eines Unternehmens zu einem Sponsorobjekt aufgrund von wahrgenommener Markenprominenz, denen sich Konsumenten vor allem in einem aufgrund zahlreicher Werbemaßnahmen für sie unübersichtlichen Werbeumfeld bedienen, das ihnen erschwert, die Sponsor-Event-Beziehung zu erlernen und somit den Sponsornamen direkt aus dem Gedächtnis zu erinnern. „During identification, the prominence of the brand is used as a confirmation cue that either validates or conflicts with people's vague recollections” (Pham/Johar 2001, S. 123). Diese Erkenntnis ist insofern bedeutend, da darüber hinaus einzelne Studien belegen (vgl. Carrillat/Lafferty/Harris 2005; Cornwell/Relyea/Irwin/Maignan 2000), dass die zunehmende Anzahl der Sponsoren sportlicher Großveranstaltungen mit einhergehender Ausdifferenzierung der Sponsoringkategorien und die vielfältigen Sponsoringengagements der Unternehmen (durch inter- und intrainstrumentelle Integration, vgl. ausführlich Abschnitt B3) ebenfalls die Erinnerungsleistung beeinflussen. Es ist anzunehmen, dass sich dieser Effekt durch zunehmende Aktivitäten der Ambusher im Rahmen von sportlichen Großveranstaltungen (vgl. Abschnitt B2) verstärkt. Insgesamt lässt sich aus beiden Ergebnissen für die Überlegungen der vorliegenden Arbeit schlussfolgern, dass neben einem prominenten Sponsor insbesondere ein marktführender Ambusher im Vergleich zu einem als marktschwächer wahrgenommenen Sponsor gute Chancen auf eine bessere Erinnerungsleistung im Umfeld einer Sportgroßveranstaltung mit
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Wirkungskontrolle des Sportsponsorings und des Ambush-Marketings
hoher Informationskomplexität hat, wie auch andere Studien zeigen (vgl. McDaniel/Kinney 1996, 1998). Weitere Betrachtungen der empirischen Studien zur Wirkung des Sportsponsorings zeigen, dass zwar in geringerem Maße, aber mit noch bedeutendem Anteil die Einstellung gegenüber dem Sponsor (vgl. z.B. Alexandris/Douka/Bakaloumi/Tsasousi 2008; Barros/Barros/Santos/Chadwick 2007; Becker-Olsen 2003; Christensen 2006; Close et al. 2006; Davies/Veloutsou/Costa 2006; Lee/Sandler/Shani 1997; Quester/Thompson 2001; Sneath/Finney/Close 2005; Speed/Thompson 2000) sowie das Image des Sponsors (vgl. z.B. Alexandris/Tsasousi/James 2007; d’Astous/Bitz 1995; Grohs/Wagner/Vsetecka 2004; Gwinner 1997; Gwinner/Eaton 1999; Otker/Hayes 1987; Pope/Voges 1999; Rajaretnam 1994; Stipp/Schiavone 1996) gemessen werden. Die Ergebnisse zur Imagewirkung58 belegen weitestgehend, dass Sponsoringmaßnahmen zur Modifikation einzelner Imagewirkungen führen können, wobei jede Sponsoringart ihre eigenen Imagewerte aufweist (vgl. Meenaghan/ Shipley 1999). Zudem zeigt sich, dass Imageeffekte nur temporär auftreten und abhängig von der interinstrumentellen Integration der Kommunikationsmaßnahmen sind (vgl. Stipp/Schiavone 1996). In weiteren Studien wird deutlich, dass der Imagetransfer u.a. von der wahrgenommenen Paßfähigkeit zwischen Sponsor und Veranstaltung abhängt, vom Involvement gegenüber Sponsoring und von der Sichtbarkeit des Markenauftritts während der Veranstaltung (vgl. Walliser 2003, S. 15). Im Vergleich zu den psychographischen Zielgrößen erheben weitaus weniger Studien kaufrelevante Zielgrößen. Dies lässt sich vor allem damit erklären, dass die Interdependenzwirkung zu anderen Konstrukten sehr stark ausgeprägt ist. Diesbezüglich wird die Kaufintention am häufigsten untersucht (vgl. z.B. Barone/Miyazaki/Taylor 2000; Bennett 1999; Close/Finney/Lacey/Sneath 2006; Daneshvary/Schwer 2000; Dees/Bennett/Villegas 2008; Gwinner/ Swanson 2003; Harvey 2001; Madrigal 2001; McDaniel/Heald 2000; Pitts/Slattery 2004; Pope/Voges 2000). In einigen Studien zeigte sich, dass vor allem eine positive Einstellung zum Sponsorship, die Häufigkeit des Veranstaltungsbesuches sowie eine hohe Identifikation mit einer Mannschaft zu höherer Kaufbereitschaft der Sponsoren-Produkte führen (vgl. Daneshvary/Schwer 2000; Fisher/Wakefield 1998; Kwon/Armstrong 2002; Madrigal 2000; Wann/Branscombe 1993). Bennett (1999) warnt allerdings davor, die Ergebnisse der Befragung zu Kaufintentionen bezüglich der Produkte von Sponsoren einer Veranstaltung aufgrund eines möglichen „false consensus effect“ (vgl. Ross/Greene/House 1977) überzubewerten. Dieser besagt, dass zufriedene Besucher einer Veranstaltung fälschlicherweise glauben, dass andere Zuschauer ähnliche positive Bewertungen der Veranstaltung und folglich der Sponsoren
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Einige Autoren verweisen auf die Gefahr der Verzerrung der Ergebnisse der Einstellungs- und Imageanalysen durch den Einfluss situativer (z.B. Ablenkung) und persönlicher Faktoren (z.B. Involvement; kognitive Fähigkeiten) sowie durch das Untersuchungsdesign selbst, da langfristige Einstellungs- und Imageeffekte in kurzfristigen, zeitpunktbezogenen Studien nur ungenau messbar sind (vgl. Dudzik 2006, S. 70).
State-of-the-Art ergebnisorientierter Wirkungskontrollen des Sportsponsorings und des Ambush-Marketings 53
vornehmen und deshalb im Sinne eines „Gruppeneffektes“ eher angeben, die Produkte des Sponsors einer Veranstaltung oder eines Teams kaufen zu wollen, dessen Anhänger sie sind. Andere Zielgrößen des Sponsorings, z.B. Kundenzufriedenheit (vgl. z.B. Gwinner/Swanson 2003; Moore et al. 1999) und -loyalität sowie Mitarbeitermotivation werden in empirischen Studien bislang weitestgehend vernachlässigt. Diese sind jedoch nicht primäre Ziele des Sponsorings, da sie durch Sponsoringaktivitäten nur schwer direkt beeinflussbar sind. Die o.g. komplexen Konstrukte lassen sich im Gegensatz zu anderen psychologischen Größen, z.B. Bekanntheit, nicht vordergründig über Sponsoringmaßnahmen aufbauen. Zudem werden sie ähnlich dem tatsächlichen Kaufverhalten von zahlreichen anderen Variablen beeinflusst (z.B. Produkterfahrung bzw. auch Unternehmenskultur, Anreizsysteme der Mitarbeitermotivation). Insofern ist es aus Forschungsperspektive unter Beachtung nicht messbarer Interdependenzeffekte folgerichtig, zuerst die direkt anzustrebenden Ziele (z.B. Image des Unternehmens) zu untersuchen. Zusammenfassend lässt sich nach dieser überblicksartigen Darstellung konstatieren, dass die wesentlichen psychographischen Ziele des Sponsorings von Sportereignissen (vgl. B1.2) auch im Mittelpunkt der wissenschaftlichen Untersuchungen stehen. Die Ergebnisse bezüglich der untersuchten Effekte differieren jedoch. Grundsätzlich kann dies begründet werden mit dem bislang fehlenden einheitlichen theoretischen Bezugsrahmen zur Wirkung des Sportsponsorings59 einschließlich möglicher Moderatoren und Mediatoren und den methodischen Schwächen der Untersuchungen (z.B. zu geringe Stichprobengrößen, fehlende Kontrolle von Störvariablen) (vgl. Cornwell/Maignan 1998, S. 14). Kritisch ist festzustellen (vgl. z.B. auch Cunningham/Taylor 1995; Cornwell/Relyea/ Irwin/Maignan 2000; Kinney/McDaniel 2004; Ruth/Simonin 2003; Walliser 2003), dass es bisher an Untersuchungen zu Bedingungen der Sponsoringwirkung, z.B. für einen erfolgreichen Imagetransfer, zur Einstellung des Publikums gegenüber Event-Sponsorships und zu Synergieeffekten, z.B. unter Einbeziehung des Mediaverhaltens, mangelt. Darüber 59
Es gibt bereits Versuche, Modelle und Erkenntnisse der Werbewirkungsforschung (vgl. z.B. Kroeber-Riel 1990; Schwaiger 1997; Steffenhagen 2000) auf das Sponsoring zu übertragen (vgl. z.B. Deimel 1992; Drees 1989; Drengner 2008; Erdtmann 1989; Hermanns/Glogger/Wißmeier 1994; Nufer 2002; Walliser 1995; Witt 2000). Eine ausführlichere Darstellung findet sich bei Marwitz (2006, S. 37). Jedoch sieht sich die Wirkungsforschung im Sponsoring dem Vorwurf ausgesetzt, dass es – anders als bei der Werbewirkung – den bisherigen Untersuchungen an einem instrumentespezifischen, einheitlichen theoretischen Bezugsrahmen zu den Wirkungsweisen des Sponsorings mangelt, auf welchen sich die Forscher bei der Erfolgskontrolle stützen könnten (vgl. Cornwell/Maignan 1998, S. 14; Cornwell/Relyea/Irwin/Maignan 2000; Speed/Thompson 2000). Die meisten Autoren bauen ihre Studien zwar auf die Annahme eines SponsoringWirkungsprozesses auf, legen die ihrer Forschung zugrunde liegenden Bezugsrahmen aber nicht offen und untersuchen von dieser Betrachtung losgelöst oft nur einzelne Zielgrößen bzw. die sie beeinflussenden individuellen und umweltbezogenen Faktoren (vgl. Cornwell/Weeks/Roy 2005; Marwitz 2006, S. 91ff.). Aufbauend auf dieser Forschungskritik entwickeln Cornwell/Weeks/Roy (2005) zwar keinen einheitlichen theoretischen Bezugsrahmen, sie fassen jedoch den aktuellen Stand der verhaltensorientierten SponsoringWirkungsforschung in einer Art Erklärungsmodell zusammen. Das Modell stellt keinen Wirkprozess bei Konsumenten nach dem klassischen S-O-R-Paradigma dar. Vielmehr zeigt es zusammenfassend die wesentlichen Inhalte bisheriger Untersuchungen. Folglich besteht hierzu noch Forschungsbedarf.
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Wirkungskontrolle des Sportsponsorings und des Ambush-Marketings
hinaus finden Unterschiede in der Verarbeitung der Sponsorenbotschaft bislang nur unzureichend Beachtung (vgl. Cornwell/Weeks/Roy 2005). Zwar wird das Involvement in zahlreichen Studien als verarbeitungsbeeinflussendes Konstrukt ebenso wie z.B. Vertrautheit und Nutzungsverhalten einbezogen, die moderierenden Effekte werden aber oft nur getrennt voneinander untersucht (vgl. Woisetschläger 2006, S. 53). Im Einklang mit Cornwell/Maignan (1998) ist anzumerken, dass die Wirkung neuerer Entwicklungen der Proliferation der Sponsorships und der Sponsoren (sog. multiple sponsorships) und dem damit möglicherweise einhergehenden negativen Effekt wahrgenommenen Durcheinanders der Werbeinformationen („clutter“) beim Konsumenten, wie er in Kapitel B3 herausgearbeitet wurde, bislang kaum Beachtung findet. Nur vereinzelte Studien untersuchen die Konsequenzen der durch erhöhte Informationskomplexität entstehenden unübersichtlichen Werbelandschaft auf Sponsoringwirkungen. Erste Ergebnisse zeigen, dass sich diese Entwicklung negativ auf die Erinnerung, die Einstellung zum Event und zum Sponsor und den Imagetransfer auswirkt und letztlich die Sponsorenziele gefährden könnte (vgl. Carrillat/Lafferty/Harris 2005; Cornwell/Relyea/Irwin/Maignan 2000; Ruth/Simonin 2003). Es ist somit weiterer Forschungsbedarf bezüglich der Auswirkungen erhöhter Informationskomplexität durch zunehmende Werbeaktivitäten im Umfeld von Sportveranstaltungen geboten. Als Fazit der Untersuchung ergebnisorientierter Wirkungsstudien des Sportsponsorings ist festzuhalten, dass sich bislang kaum Untersuchungen hinsichtlich negativer Effekte durch aktuelle Entwicklungen des Veranstaltungssponsorings, wie sie in Kapitel B dargestellt wurden, finden. Für die Überlegungen der vorliegenden Arbeit bieten die Studien aber dennoch Ansatzpunkte. So wurden in der Analyse der empirischen Studien u.a. Bekanntheit und Einstellung als wesentliche Zielkonstrukte des Sponsorings identifiziert. Folglich lässt sich anhand von Plausibilitätsüberlegungen argumentieren, dass diese Konstrukte in negativer Ausprägung (z.B. negative Einstellung gegenüber Sponsoring, mangelnde Bekanntheit als Sponsor) als negative Auswirkungen der Informationskomplexität der Werbeaktivitäten im Rahmen des Veranstaltungssponsorings auf den Konsumenten den Zielen des Engagements entgegen wirken könnten. Folglich werden sie für folgende Überlegungen in dieser Arbeit genutzt. Um weitere Erkenntnisse der empirischen Wirkungsforschung in die Überlegungen zu möglichen verhaltenswissenschaftlichen Konsequenzen der Zunahme an Informationskomplexität im Rahmen des Sponsorings von Sportveranstaltungen einbeziehen zu können, soll im Folgenden die Wirkungsforschung zum Ambush-Marketing näher betrachtet werden. Dies ist insofern bedeutend, da nicht zuletzt aufgrund des Anstiegs von Ambush-Marketing-Maßnahmen im zeitlichen und räumlichen Umfeld der Sportereignisse die Informationsflut auf den Konsumenten zunimmt (vgl. Ausführungen in Abschnitt B2, S. 27ff.).
State-of-the-Art ergebnisorientierter Wirkungskontrollen des Sportsponsorings und des Ambush-Marketings 55
2.2 Bisherige Wirkungsanalysen im Ambush- Marketing Bereits einleitend ist im Einklang mit entsprechender Kritik einiger Autoren (vgl. Hoek/Gendall 2002; Sandler/Shani 1989) anzumerken, dass es insgesamt an wissenschaftlichen Publikationen zum Ambush-Marketing mangelt. Die wenigen Studien fokussieren sich bislang im Wesentlichen auf drei Bereiche: erstens auf die Beschreibung und den Prozess der Strategie und die Untersuchung der „first level effects on consumers“ (vgl. Lyberger/McCarthy 2001; McDaniel/Kinney 1996; Sandler/Shani 1989), zweitens auf die Ethik (vgl. z.B. Doust 1997; O’Sullivan/Murphy 1998; Payne 1998) und drittens auf die Rechtmäßigkeit der Maßnahmen60 (vgl. Townley/Harrington/Couchman 1998). Bei der Betrachtung der im Mittelpunkt stehenden empirischen Studien zur Wirkungsweise des Ambush-Marketings fällt besonders auf, dass im Gegensatz zum Sponsoring nur wenige und z.T. lediglich „bruchstückenhafte“ Untersuchungen existieren. Im Ganzen konnten lediglich 8 wissenschaftliche, sporteventbezogene empirische Studien identifiziert werden, die sich hauptsächlich auf die Olympischen Spiele als Untersuchungsobjekt konzentrieren. Zudem mangelt es bisher im deutschsprachigen Raum an adäquaten Untersuchungen. Die Ergebnisse der empirischen Analysen sind in Tab. 1 (Seiten 56ff.) zusammenfassend dargestellt61. In diesen Studien wird deutlich, dass sich die ergebnisorientierten Forschungsarbeiten ähnlich denen des Sportsponsorings auf die Analyse außerökonomischer, psychologischer Größen als Ziele des Ambush-Marketings (vgl. B2.1, S. 27ff.) stützen. Es wurden vor allem die Bekanntheit bzw. die Wahrnehmung der Ambusher (meist im Vergleich zu Sponsoren) (vgl. Drengner/Sachse 2005; Lyberger/McCarthy 2001; Sandler/Shani 1989, 1993; Séguin/ Lyberger/O’Reilly/McCarthy 2005), die Einstellung zum Ambusher (vgl. Sandler/Shani 1993), die Einstellung zum Ambush-Marketing (vgl. Drengner/Sachse 2005; Lyberger/ McCarthy 2001; Séguin/Lyberger/ O’Reilly/McCarthy 2005) und zum Sponsoring (vgl. Drengner/Sachse 2005), das Wissen über die Rechte der offiziellen Sponsoren (vgl. Drengner/Sachse 2005; Lyberger/McCarthy 2001) und das Involvement bzw. Interesse gegenüber dem Ereignis (vgl. Drengner/Sachse 2005; Lyberger/ McCarthy 2001; Sandler/ Shani 1989, 1993; Séguin/Lyberger/O’Reilly/McCarthy 2005) oder einzelner Produktkategorien gemessen. In einigen Studien wurde darüber hinaus die Kaufintention (vgl. McDaniel/ Kinney 1996; Sandler/Shani 1993; Séguin/Lyberger/O’Reilly/McCarthy 2005) erhoben.
60 61
Dies ist weniger Bestandteil der marketingwissenschaftlichen als der juristischen Literatur. Juristische Diskussionen finden sich u.a. bei Heermann (2006), Jaeschke (2007) und Pechtl (2007). Hierbei sind jene Studien berücksichtigt, die die Wirkung auf die Konsumenten quantitativ untersuchten. Managementorientierte Studien aus Sicht der Sponsoren, z.B. über mögliche taktische Maßnahmen seitens der Sponsoren gegenüber Ambushern (vgl. z.B. Farrelly/Quester/Greyser 2005) oder Ausführungen über Ethik (vgl. z.B. Doust 1997; O’Sullivan/Murphy 1998; Payne 1998) und Rechtmäßigkeit von Ambushing (vgl. z.B. Townley/Harrington/Couchman 1998) werden nicht näher betrachtet.
56
Wirkungskontrolle des Sportsponsorings und des Ambush-Marketings
Tab. 1: Zusammenfassung bisheriger empirischer Studien zum Ambush-Marketing Autor(en)
Untersuchungsrahmen (Stichprobe)
Sandler/Shani (1989)
Olympische Winterspiele 1988 (n=210)
Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse x insgesamt bessere Wahrnehmung der Sponsoren gegenüber Ambushern (abhängig von der Produktkategorie) x insgesamt bessere Wahrnehmung der Dummies gegenüber Ambushern (abhängig von der Produktkategorie) x positive Korrelation zwischen Wahrnehmung der offiziellen Sponsoren und Häufigkeit des Verfolgens der Berichterstattungen über die Veranstaltung
Sandler/Shani (1993)
Olympische Sommerspiele 1992 (n=400)
x insgesamt bessere Wahrnehmung fast aller Sponsoren gegenüber Ambushern (abhängig von der Produktkategorie) x insgesamt bessere Wahrnehmung der Ambusher gegenüber Dummies x positivere Einstellung gegenüber Sponsoring als gegenüber Ambush-Marketing x Sponsorship ohne Einfluss auf Kaufabsichten
McDaniel/Kinney (1996, 1998)
Olympische Winterspiele 1994 (n=215, Solomon fourgroup design)
x insgesamt bessere Wahrnehmung der Sponsoren gegenüber Ambushern (abhängig von der Produktkategorie), keine Geschlechter-Unterschiede x bessere Wahrnehmung der Sponsoren über alle Produktkategorien im Posttest im Vergleich zum Pretest x Einstellung bzgl. Marken und Kaufintention sind unabhängig davon, ob es sich um einen Sponsor oder Ambusher handelt
Shani/Sandler (1998)
Olympische Sommerspiele 1996 (n=1500)
x Wissen über die Einsatzrechte des Olympischen Logos, aber nicht über Werberechte in TV-Übertragungen x mangelndes Wissen bzgl. der Kategorieneinteilung der Sponsoren x indifferente Einstellung zu Sponsoring vs. AmbushMarketing x kein Zusammenhang zwischen Involvement/Sehverhalten und Wissen über Rechte der Sponsoren/Ambusher x kein Zusammenhang zwischen Involvement und Einstellung zum Ambush-Marketing
State-of-the-Art ergebnisorientierter Wirkungskontrollen des Sportsponsorings und des Ambush-Marketings 57 Fortsetzung Tab. 1: Zusammenfassung bisheriger empirischer Studien zum Ambush-Marketing Autor(en)
Untersuchungsrahmen (Stichprobe)
Lyberger/ McCarthy (2001)
NFL Super Bowl 1998 (n=486)
Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse x Wissen über die Einsatzrechte des Super Bowl Logos, aber nicht über Werberechte in TV-Übertragungen x schlechtere Wahrnehmung der Sponsoren x geringes Wissen über Grad/Art der Sponsorunterstützung x kein Zusammenhang zwischen Wissen über Grad/Art des Sponsorings und Involvement/Interesse gegenüber der Veranstaltung x indifferente Einstellung zu Sponsoring vs. AmbushMarketing
Drengner/Sachse (2005)
Fußball-EM 2004 (n=364)
x insgesamt bessere Wahrnehmung der Sponsoren gegenüber Ambushern, Geschlechter-Unterschiede x insgesamt bessere Wahrnehmung der Ambusher gegenüber Dummies x Wissen über Sponsoring auf mittlerem Niveau: kein Zusammenhang zwischen Wissen und Fähigkeit, Sponsoren und Ambusher richtig zu erkennen. x Bildung von 4 Verwirrclustern über recall-Werte: keine „sehr stark“ verwirrten Konsumenten, hauptsächlich verwirrt x geringere Verwirrung bei hohem Involvement/Wissen/ Häufigkeit des Verfolgens x ambivalente Einstellung zum Sponsoring/AmbushMarketing: kein Zusammenhang mit der Fähigkeit, Sponsoren und Ambusher richtig zu erkennen
Séguin/Lyberger/ O’Reilly/McCarth y (2005)
Olympische Sommerspiele 2000 (n=2602)
x Schwierigkeiten bei der Unterscheidung zwischen Sponsoren und Ambushern x insgesamt höheres Interesse an Olympischen Spielen als an anderen Sportevents x insgesamt keine höhere Kaufabsicht bei Sponsoren oder Ambushern x negative Einstellung ggü. Ambush-Marketing
Zanger/Drengner/ Sachse (2005)
Olympische Sommerspiele 2004 (n=141)
x insgesamt bessere Wahrnehmung der Sponsoren gegenüber Ambushern, Geschlechter-Unterschiede x insgesamt bessere Wahrnehmung der Ambusher gegenüber Dummies x Bildung von 4 Verwirrclustern über Recall-Werte: keine „wenig“ verwirrten Konsumenten, hauptsächlich verwirrt und stark verwirrt x geringere Verwirrung bei hohem Involvement/Wissen/ Häufigkeit des Verfolgens x ambivalente Einstellung zum Sponsoring/AmbushMarketing: kein Zusammenhang mit der Fähigkeit, Sponsoren und Ambusher richtig zu erkennen
Quelle: eigene Erstellung
58
Wirkungskontrolle des Sportsponsorings und des Ambush-Marketings
Ähnlich den Ergebnissen der Sponsoring-Forschung zeigt sich, dass die Ergebnisse der Untersuchungen divergieren, was auf einen fehlenden einheitlichen theoretischen Bezugsrahmen und darauf aufbauend auf unterschiedliche Messmethoden zurückzuführen ist. Betrachtet man die Ergebnisse der Erinnerung, werden die offiziellen Sponsoren gegenüber den Ambushern weitestgehend bevorzugt wahrgenommen (vgl. Drengner/Sachse 2005; Sandler/Shani 1993, 1989; McDaniel/Kinney 1998; Zanger/Drengner/Sachse 2005). Diese Aussage lässt sich aber nicht für alle Teilergebnisse pauschalisieren. McDaniel/Kinney (1996) zeigten bspw., dass sich die Erinnerung an offizielle Sponsoren nicht in allen von ihnen untersuchten Produktkategorien signifikant von den Ergebnissen des Ambushers unterschied. Andere Studien (vgl. McDaniel/Kinney 1998; Sandler/Shani 1989, 1993) belegen eine „Verwirrung“ unter den Zuschauern bzgl. der eindeutigen Identifikation eines Unternehmens als Sponsor oder Ambusher in bestimmten Produktbereichen. Damit bestätigen sich die bisherigen Plausibilitätsüberlegungen in dieser Arbeit (vgl. z.B. Kapitel B3), dass insbesondere die steigende Anzahl an Unternehmen, die Ambush-Marketing-Maßnahmen ergreifen, zu einem verwirrten Konsumenten führen kann, der nicht mehr in der Lage ist, zwischen den Unternehmen und deren Verbindung zum Event zu unterscheiden (vgl. Graham 1997). Folglich lässt sich argumentieren, dass mit einsetzender Verwirrtheit der Konsumenten sowohl die Sponsoren als auch die Ambusher ihre angestrebten Kommunikationsziele, z.B. Imagetransfer, verfehlen könnten. Das mangelnde Wissen der Konsumenten über vorhandene Sponsoringkategorien und ihre Unterschiede zum Ambush-Marketing könnte diesen negativen Effekt noch verstärken (vgl. Lyberger/McCarthy 2001). Als weitere Zielgröße des Sportsponsorings und des Ambush-Marketings wurde die Einstellung gegenüber Ambush- und Sponsorenmaßnahmen untersucht. Auch hierbei divergieren die Ergebnisse. Es ist zu vermuten, dass aufgrund mangelnden Wissens der Konsumenten über Ambush-Marketing und seine Folgen, einige Ergebnisse indifferent gegenüber dem Ambush-Marketing ausfielen (vgl. Lyberger/McCarthy 2001; Shani/Sandler 1998). Andere Untersuchungen belegen eine positivere Einstellung gegenüber Sponsoring (vgl. Sandler/Shani 1993; Séguin/Lyberger/O’Reilly/McCarthy 2005). Letztlich sollen die Ergebnisse zur Kaufintention dargelegt werden. Diese sind weitestgehend einheitlich und zeigen, dass die Kaufintention unabhängig davon ist, ob es sich bei den Werbetreibenden um Ambusher oder Sponsoren handelt. Die Werbeaktivitäten lösen keine höhere Kaufabsicht bei den Konsumenten aus (vgl. McDaniel/Kinney 1996; Sandler/Shani 1993; Séguin/Lyberger/O’Reilly/McCarthy 2005). Fasst man die empirischen Studien zur Wirkung des Ambush-Marketings zusammen, zeigt sich, dass die wissenschaftliche Forschung zum Ambush-Marketing erst „in den Kinderschuhen“ steckt und noch einigen Forschungsbedarf bietet. Ob z.B. die Ambush-MarketingMaßnahmen die Effektivität der Sponsorenmaßnahmen tatsächlich einschränken (vgl.
State-of-the-Art ergebnisorientierter Wirkungskontrollen des Sportsponsorings und des Ambush-Marketings 59
Meenaghan 1998, S. 306), kann aus den nur wenigen empirischen Untersuchungen, die zudem widersprüchliche Ergebnisse aufweisen, noch nicht abschließend geklärt werden. Es besteht weiterer Forschungsbedarf bezüglich der Wirkung der Ambush-Marketing-Aktivitäten auf die Zielgrößen der Ambusher, aber auch auf die der Sponsoren. Es mangelt bislang an eindeutigen Ergebnissen bezüglich der Wahrnehmung der Ambusher bzw. der Wahrnehmung der Sponsoren durch die Existenz von Ambushern (vgl. auch Cunningham/Taylor 1995; McDaniel/Kinney 1998; Meenaghan 1998, 1994). Zudem herrscht z.B. ein Forschungsdefizit, welchen Einfluss die Einstellung gegenüber Ambush-Marketing, z.B. auf die Kaufbereitschaft (vgl. entsprechend andere Studien Alexandris/Tsaousi/James 2007; Fishbein/Ajzen 1975; Spears/Singh 2004) ausübt. Insgesamt lassen sich hier zahlreiche Zielgrößen aufführen, die im Gegensatz zur Sponsoringforschung noch nicht Gegenstand wissenschaftlicher Betrachtungen waren. Dies bestätigt insgesamt das noch vorhandene Forschungsdefizit. Im Besonderen soll an dieser Stelle herausgestellt werden, dass die aktuellen Entwicklungen der Werbeaktivitäten im Rahmen sportlicher Großereignisse, wie sie in Kapitel B herausgearbeitet wurden, Gegenstand weiterer Forschungen zum Ambush-Marketing sein sollten. Da die Werbemaßnahmen der Sponsoren und Ambusher im Rahmen von Sportveranstaltungen stets zusammen auf den Konsumenten wirken, ist folglich darauf zu achten, dass die Interdependenzwirkungen der Aktivitäten der Sponsoren und Ambusher Beachtung finden. Es ist zu überprüfen, ob die Summe an Werbeinformationen durch Ambusher und Sponsoren negative Auswirkungen auf die Ziele der Unternehmen hat. Erste Ansatzpunkte bieten Messungen zur Wahrnehmung der Ambusher, die versuchen, die „Verwirrtheit“ der Konsumenten bezüglich der Unterscheidung zwischen Sponsor und Ambusher als negativen Effekt zu analysieren (vgl. z.B. Drengner/Sachse 2005; Sandler/Shani 1993, 1989; McDaniel/Kinney 1998; Zanger/ Drengner/Sachse 2005). Es zeigt sich in diesen Untersuchungen allerdings methodischer Forschungsbedarf. Die „Verwirrtheit“ wird bislang in den Studien zum Ambush-Marketing über Recall- und Recognition-Tests gemessen, welche im eigentlichen Sinne die (mangelnde) Erinnerung an die Sponsoren bzw. Ambusher erfragen. Die Ergebnisse werden als „Verwirrtheit“ interpretiert. Dies ist zwar nahe liegend, jedoch wäre es methodisch korrekter, von Verwechslung62 zu sprechen, da das Konstrukt der Konsumentenverwirrtheit (vgl. Walsh 2002a) selbst nicht gemessen wurde.
62
In den englischsprachigen Veröffentlichungen zeigt sich hier ein semantisches „Übersetzungsproblem“ der „confusion“. Die Messung über Recall- oder Recognition-Tests erlaubt aber die Kritik, dass das Konstrukt der Konsumentenverwirrtheit nicht gemessen wurde.
60
3
Wirkungskontrolle des Sportsponsorings und des Ambush-Marketings
Schlussfolgerungen für das zu entwickelnde Wirkungsmodell
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass sich die Forschung zur Wirkung der Sportsponsoring- als auch der Ambush-Marketing-Maßnahmen noch in einem frühen Stadium der Entwicklung befindet. Im Fokus der Analysen stehen die Messung der wesentlichen psychographischen Zielgrößen des Sponsorings von Sportveranstaltungen und des Ambush-Marketings, die Wahrnehmung bzw. die Bekanntheit, die Einstellung und das Image. Forschungsbedarf besteht an Untersuchungen zu Ursachen und Bedingungen der Sponsoring- bzw. Ambush-Marketing-Wirkung (vgl. Cornwell/Relyea/Irwin/Maignan 2000; Cornwell/Weeks/Roy 2005; Cunningham/Taylor 1995; Kinney/McDaniel 2004; Ruth/ Simonin 2003; Walliser 2003). Es verwundert somit nicht, dass auch die Wirkung jüngster Entwicklungen im Rahmen von sportlichen Großereignissen, d.h. die Zunahme und Ausdifferenzierung der Sportsponsorships und Sponsoren sowie die daraus resultierende Zunahme an Ambush-Marketing-Aktivitäten (vgl. Abschnitte B1.5, B2 und B3) bislang weitestgehend vernachlässigt wird. Nur vereinzelte Studien untersuchen die mit multiplen Sponsorships einhergehenden Auswirkungen und zeigen vor allem negative Effekte auf. Sie bestätigen ein wahrgenommenes Durcheinander der Werbeinformationen beim Konsumenten („Clutter“) (vgl. Cornwell/Relyea/Irwin/Maignan 2000; Séguin/O’Reilly 2008), welches sich negativ auf die Ziele der Sponsoren, z.B. die Bekanntheit der Sponsoren (vgl. Barros/Barros/Santos/ Chadwick 2007; Cornwell/Relyea/Irwin/Maignan 2000) oder die Einstellung gegenüber dem Event und dem Sponsor (vgl. Carrillat/Lafferty/Harris 2005; Ruth/Simonin 2003) auswirkt. Andere Studienergebnisse zeigen in ähnlicher Form, dass das Wohlwollen seitens der Konsumenten einem Sponsor gegenüber u.a. vom Grad der Ausprägung sponsoringbegleitender Maßnahmen abhängt und ein „Zuviel“ dieser Informationen z.B. mit negativer Einstellung gegenüber dem Sponsor „bestraft“ wird (vgl. Meenaghan/Shipley 1999). Ergebnisse der Studien zum Ambush-Marketing deuten ebenfalls auf negative Effekte durch eine Zunahme an Werbeinformationen im Umfeld von Sportveranstaltungen hin: So fällt z.B. die Erinnerungsleistung bei Ereignissen mit der Beteiligung mehrerer werbender Unternehmen (Sponsoren und Ambusher) für die meisten Unternehmen eher gering aus (vgl. Johar/ Pham/Wakefield 2006; McDaniel/Kinney 1996; Meenaghan 1996; Sandler/Shani 1989). Die meisten Studien belegen eine „Verwirrtheit“ der Konsumenten bezüglich der eindeutigen Zuordnung der Unternehmen zum Ereignis als Sponsor oder Ambusher, was wiederum den von beiden Seiten angestrebten Imagetransfer gefährdet. Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die Ergebnisse der bisherigen Sportsponsoring- und Ambush-Marketing-Forschung die Plausibilitätsüberlegungen bezüglich negativer Konsequenzen durch zunehmende Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher im Rahmen sportlicher Großereignisse (vgl. Kapitel B3) stützen. Besonders aufgrund vorliegender Studien zur Entwicklung der „clutter“ und hinsichtlich der Wirkungen des AmbushMarketings ist anzunehmen, dass eine zunehmende Informationskomplexität im Umfeld
Schlussfolgerungen für das zu entwickelnde Wirkungsmodell
61
sportlicher Großereignisse die Gefahr negativer Auswirkungen auf den Konsumenten und folglich auf die Zielerreichung der Unternehmen in sich birgt. Die Forschungsfrage lautet somit: Welche negativen Effekte können bei den Konsumenten durch multiple Sponsorships und Ambush-Marketing im Rahmen von sportlichen Großveranstaltungen entstehen und inwieweit schränken sie die Wirkung der Kommunikationsmaßnahmen ein? Da die Analyse der Studien zur Wirkung des Sponsorings von Sportveranstaltungen und des Ambush-Marketings zeigte, dass bislang nur vereinzelte Versuche unternommen wurden, negative Auswirkungen dieser Maßnahmen empirisch zu prüfen, sollen zur Beantwortung der o.g. Fragestellung zusätzlich Erkenntnisse der Werbewirkungsforschung bezüglich negativer Effekte genutzt werden. Die Analyse negativer Auswirkungen der Werbeinformationen auf die Ziele der Werbetreibenden hat eine lange Forschungstradition (vgl. stellvertretend Elliot/Speck 1998; Ha 1996; Ha/McCann 2008; Keller 1987; Mandese 1992; Mord/Gilson 1985; Pieters/Bijmolt 1997; Pillai 1990; Ray/Webb 1986; Riebes/Dawes 2006; Rodgers/Thorson 2000; Rosengren/Dahlen 2006; Webb/Ray 1979). Folglich sollen wesentliche Erkenntnisse auf die Fragestellung im Sponsoringkontext übertragen werden. So belegen z.B. Studien der Werbewirkungsforschung ähnliche negative Effekte wie Untersuchungen zum Ambush-Marketing. Sie zeigen, dass die durch wahrgenommene Informationskomplexität (z.B. aufgrund einer Vielzahl ähnlicher Werbebotschaften, ähnlicher Produktgestaltungen) entstandenen „cluttered marketplaces” (zerstreute Werbelandschaften) (vgl. Elliot/ Speck 1998; Keller 1987; Webb/Ray 1979) Verwirrtheit bei den Konsumenten bezüglich der Werbenden und ihrer Botschaften auslösen können (vgl. stellvertretend Brengman/Geuens/de Pelsmacker 2001; Mitchell/Papavassiliou 1999; Mitchell/Walsh/Yamin 2005; Schweizer/ Kotouc/Wagner 2006). Konsumenten konnten z.B. aufgrund ähnlicher Produkt- und Werbegestaltung nicht zwischen Hersteller- und Handelsmarken unterscheiden (vgl. Brengman/ Geuens/dePelsmacker 2001; Mitchell/Papavassiliou 1999; Mitchell/Walsh/Yamin 2005). Diese Erkenntnis ließe sich auf die Verwirrtheit der Konsumenten bezüglich der Unterscheidung zwischen Sponsor und Ambusher übertragen. Im Unterschied zu den Untersuchungen zum Ambush-Marketing (vgl. Kritik in Abschnitt C2.2, S. 55ff.) nutzen die o.g. Studien zur Messung negativer Effekte aber die Konsumentenverwirrtheit als eigenständiges Konstrukt und interpretieren nicht ausschließlich die Ergebnisse der Erinnerungsmessungen als „Verwirrtheit“. Übertragen auf den vorliegenden Kontext ist aus verhaltenswissenschaftlicher Perspektive anzunehmen, dass durch die Vielzahl an Werbeinformationen durch Veranstaltungssponsoring und Ambush-Marketing in negativer Konsequenz ebenfalls Konsumentenverwirrtheit auftreten kann. Eine steigende Informationskomplexität und eine beschränkte Verarbeitungskapazität der Konsumenten (vgl. Atkinson/Shiffrin 1968; Cacioppo/Petty/Morris 1983; Collins/ Loftus 1975; Craik/Lockhart 1972; Jacoby/Speller/Kohn 1974; Malhotra 1984; Malhotra/
62
Wirkungskontrolle des Sportsponsorings und des Ambush-Marketings
Jain/Lagakos 1982; Petty/Cacioppo 1983, 1979) erschweren ihnen die eindeutige Zuordnung des Verhältnisses des Unternehmens (Sponsor oder Ambusher) zur Sportveranstaltung. Da Sponsoren und Ambusher jedoch beide eine eindeutige Zuordnung zum Großereignis anstreben, um von der Aufmerksamkeit und dem Image der Sportveranstaltung zu profitieren, ist die Verwirrtheit aus beider Sicht ein zu vermeidendes Phänomen und folglich ein negativer Effekt der in Kapitel B dargelegten Entwicklungen. Nach einigen Untersuchungen des Konstruktes in anderen Bereichen des Marketings soll es in dieser Arbeit auf den Bereich des Sportsponsorings bzw. des Ambush-Marketings übertragen werden. Im Weiteren untersucht die Werbewirkungsforschung negative Auswirkungen der Beeinflussungsversuche der Konsumenten durch Werbemaßnahmen (z.B. persönlicher Verkauf, Online-Werbung, Kundenbindungsprogramme oder unaufgeforderte Empfehlungen). Die Ergebnisse zeigen, dass derartige Werbeaktivitäten oppositionelles Verhalten i.S.v. psychologischer Reaktanz verursachen kann (vgl. Brehm 1966; Edwards/Li/Lee 2002; Fitzsimons/ Lehmann 2004; Ha/McCann 2008; Kivetz 2005; Wendlandt/Schrader 2007; Wicklund/ Slattum/Solomon 1970). Es wird konstatiert, dass Konsumenten die Kommunikationsmaßnahmen als sozialen Beeinflussungsversuch und Einschränkung der persönlichen Freiheit empfinden. Beispielsweise kann die autonome Einstellungsbildung gegenüber Marken bzw. Produkten von den Konsumenten als eine durch Kommunikationsmaßnahmen bedrohte Freiheit gewertet werden. In Folge entwickeln sie eine Motivation zur Wiederherstellung dieser Freiheit, d.h. Reaktanz (vgl. Brehm 1966, 1972, 1989; Brehm/Brehm 1981). Wie die Ergebnisse vorhandener Studien belegen (vgl. Brehm 1966; Brehm/Brehm 1981; Clee/ Wicklund 1980; Dillard/Shen 2005; Kivetz 2005; Wicklund 1974), kann jegliche Form persuasiver, werblicher Kommunikation als Eingriff in die persönliche Freiheit des Individuums gesehen werden und psychologische Reaktanz hervorrufen. Daraus lässt sich wiederum schließen, dass auch die im Rahmen eines sportlichen Großereignisses vorhandene Informationskomplexität durch Sponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen von den Konsumenten als sozialer Beeinflussungsversuch (z.B. der Einstellung gegenüber einer Marke, der Kaufabsicht, den Konsumausgaben) und als Eingriff in die persönliche Freiheit interpretiert werden könnte. Damit könnten die Sponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen einen weiteren negativen Effekt, den der psychologischen Reaktanz, provozieren. Die Sponsoring- und Ambush-Marketing-Forschung greift dieses Konstrukt bislang nicht auf. In der vorliegenden Arbeit soll die psychologische Reaktanz demzufolge erstmals als negative Auswirkung der steigenden Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher auf die Sponsoringforschung adaptiert werden. Darüber hinaus lassen weitere Betrachtungen der Untersuchungen der Werbewirkungsforschung zur Reaktanz erkennen, dass die sich der Reaktanz anschließenden mentalen und Verhaltenseffekte zur Wiederherstellung der Freiheit meist negativ sind (vgl. ZemackRugar/Fitzsimons 2005) und sich z.B. in Einstellungs- und Attraktivitätsänderungen zugunsten der bedrohten Freiheit oder einem Widerstand gegen die Bedrohung (vgl. Dickenberger/
Schlussfolgerungen für das zu entwickelnde Wirkungsmodell
63
Gniech/Grabitz 2002; Wendlandt/Hansen 2005; Wendlandt/Schrader 2007) äußern. Übertragen auf den zu untersuchenden Kontext - unter Annahme des Entstehens psychologischer Reaktanz durch Sponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen - lässt sich argumentieren, dass der Konsument im Rahmen einer Reduktionsstrategie der Reaktanz ebenfalls derartige mentale oder Verhaltenseffekte zeigt. So könnte er eine negative Einstellung (als mentalen Effekt) gegenüber der als freiheitseinschränkend empfundenen Quelle, z.B. Sponsoring, oder eine mangelnde Kaufbereitschaft gegenüber den Produkten/Dienstleistungen der Werbenden (als Verhaltenswiderstand gegen die Bedrohung) entwickeln. Da diese Konstrukte gleichzeitig wesentliche Zielgrößen des Sponsorings von Sportveranstaltungen und des AmbushMarketings sind und in negativer Ausprägung die Zielerreichung gefährden, sollen auch diese in die vorliegende Untersuchung einbezogen werden. Zusammenfassend zeigt sich sowohl aus den Erkenntnissen der Sponsoring- und AmbushMarketing-Forschung als auch der Werbewirkungsforschung, dass die Zunahme der Informationskomplexität durch steigende Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher im Rahmen von sportlichen Großveranstaltungen durchaus negative Auswirkungen auf die Ziele der Unternehmen haben kann. Um die Forschungslücken bezüglich dieser negativen Effekte durch Sportsponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen zu schließen und einen Beitrag zur Erfolgsfaktorenforschung zu leisten, sollen mögliche negative verhaltenswissenschaftliche Konsequenzen als Pendant zu angestrebten Kommunikationszielen (wie z.B. Wahrnehmung als Sponsor als Grundlage für den Imagetransfer, Einstellung, Kaufintention der beworbenen Produkte/Dienstleistungen) im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen. Die Auswahl möglicher negativer Auswirkungen auf den Erfolg des Sportsponsorings und des Ambush-Marketings beruht auf den Ergebnissen der Sponsoring-, Ambush-Marketing- und Werbewirkungsforschung. Folglich ist es denkbar, dass die zunehmende Komplexität an Stimuli im Rahmen des Sponsorings bzw. des Ambush-Marketings bei Sportveranstaltungen folgende negative Auswirkungen haben kann: Konsumentenverwirrtheit bezüglich der Sponsoren und Ambusher des Sportereignisses, mangelnde Erinnerungsleistung der Sponsoren und Ambusher, psychologische Reaktanz der Konsumenten gegenüber den Adressaten der Werbeinformationen, negative Einstellung gegenüber Sponsoring und mangelnde Kaufbereitschaft gegenüber den beworbenen Produkten/Dienstleistungen. Dementsprechend werden die Ziele der Kommunikationsmaßnahmen mit Bezug zum Sportereignis möglicherweise beeinträchtigt. Die folgende Abb. 17 stellt die möglichen negativen Wirkungen der aktuellen Entwicklungen des Sponsorings im Rahmen von Sportveranstaltungen nochmals grafisch dar. Die Wirkbeziehungen dieser einzelnen Konstrukte werden im folgenden Kapitel D ausführlich hergeleitet, um letztlich ein Wirkungsmodell zu entwickeln. Dazu ist es notwendig, die einzelnen Konstrukte theoretisch aufzuarbeiten und entsprechende Wirkungsbeziehungen als Hypothesen zu formulieren. Diese werden im sich anschließenden Kapitel E einer empirischen Überprüfung unterzogen.
64
Wirkungskontrolle des Sportsponsorings und des Ambush-Marketings
Abb. 17: Darstellung möglicher negativer Wirkungen der aktuellen Entwicklungen des Sponsorings im Rahmen von Sportveranstaltungen
Summe an Werbeaktivitäten im Rahmen von Sportveranstaltungen
Werbeaktivitäten im Rahmen des Sponsorings von Sportveranstaltungen (Informationsflut durch multiple Sponsorships und dessen inter- und intrainstrumentelle Integration)
Ambush-MarketingMaßnahmen (Wettbewerberaktivitäten)
mögliche negative Auswirkungen beim Konsumenten Konsumentenverwirrtheit mangelnde Erinnerung
Reaktanz
negative Einstellung gegenüber Sponsoring mangelnde Kaufbereitschaft
Quelle: eigene Darstellung
Konsumentenverwirrtheit als negativer Kommunikationseffekt
65
D Entwicklung eines Modells zur Erklärung negativer Wirkungen 1 1.1
Konsumentenverwirrtheit als negativer Kommunikationseffekt State of the Art der Konzeptualisierungen
1.1.1
Bedeutung der Konsumentenverwirrtheit für das Sponsoring und AmbushMarketing im Rahmen von Sportveranstaltungen Wie die bisherigen Ausführungen zum Sponsoring von Sportveranstaltungen und AmbushMarketing zeigen (vgl. Abschnitte B1.2, S. 13ff. und B2.1, S. 27ff.), ist es ein wesentliches Ziel der Sponsoren und Ambusher, auf unterschiedliche Weise die Bekanntheit des Sportereignisses, die damit verbundene Kommunikationswirkung und speziell dessen Image für die eigene Markenkommunikation zu nutzen. Sowohl Sponsoren als auch Ambusher sind für einen erfolgreichen Imagetransfer daran interessiert, eine eindeutige Assoziation in den Köpfen der Konsumenten zwischen dem Unternehmen und dem Sportereignis herzustellen. Lediglich die Wahl der Mittel, offizielles Sponsorship der Veranstaltung vs. Kommunikation mit Bezug zum Event ohne rechtliches Verhältnis zum Veranstalter, unterscheidet sich. Folglich nutzen beide, sowohl die Sponsoren als auch die Ambusher, zahlreiche Werbeaktivitäten, um eine Verbindung zum Sportereignis zu kommunizieren. Dadurch entsteht eine hohe Menge und Ähnlichkeit an Werbeinformationen mit Bezug zur Sportveranstaltung (vgl. dazu Abschnitt B3, S. 39ff.) und folglich die Gefahr, dass die Konsumenten diese Menge aufgrund beschränkter Informationsverarbeitungskapazität (vgl. Jacoby/Speller/Kohn 1974; Malhotra 1984; Malhotra/Jain/Lagakos 1982) nicht verarbeiten können. In Folge könnten die Konsumenten dahingehend verwirrt sein, wer eigentlicher Sponsor der Veranstaltung ist und wer nicht. Dies würde insbesondere den angestrebten Imagetransfer seitens der Sponsoren gefährden. Gelingt den Ambushern eine bessere Assoziation zum Sportereignis, profitierten sie gegenüber dem Sponsor mehr von der Aufmerksamkeit der Konsumenten gegenüber der Sportveranstaltung. Zeigt der Konsument jedoch eine generelle Verwirrtheit bezüglich der Verbindungen der werbenden Unternehmen zum Sportereignis, könnten gleichfalls die Ziele der Ambusher bedroht sein. Die Konsumentenverwirrtheit (KVW) hat damit möglicherweise einen bedeutenden (negativen) Einfluss auf die Zielerreichung sowohl der Sponsoren als auch der Ambusher. Wie bereits in Kapitel C2.2 (S. 55ff.) diskutiert, wurde diese Verwirrtheit bereits in zahlreichen Studien zum Ambush-Marketing konstatiert. Gemessen wurde jedoch die Erinnerung an den Sponsor/Ambusher über Recall- und Recognition-Tests. Das Ergebnis der „Verwechslung“ wurde als Verwirrtheit interpretiert. Mit einem Blick in die Marketingliteratur ist jedoch festzustellen, dass das „eigenständige“ Konstrukt der Konsumentenverwirrtheit bereits in
M. Sachse, Negative Kommunikationseffekte von Sponsoring und Ambush-Marketing bei Sportgroßveranstaltungen, DOI 10.1007/978-3-8349-8698-6_4, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010
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Entwicklung eines Modells zur Erklärung negativer Wirkungen
anderen Bereichen des Marketings Anwendung fand63. Folglich ist im Rahmen der Sponsoringforschung zu prüfen, inwieweit das Konstrukt auf den Kontext übertragbar ist, um eine Forschungslücke zu schließen. Um die Eignung des Konstruktes für den vorliegenden Untersuchungsrahmen des Sponsorings von Sportveranstaltungen und des Ambush-Marketings herauszuarbeiten, ist im Folgenden ein Überblick über die bisherige Forschung zur Konsumentenverwirrtheit im Marketing notwendig (Abschnitte D1.1.2 und D1.1). 1.1.2 Bisherige Bedeutung der Konsumentenverwirrtheit im Marketing Das Phänomen der Konsumentenverwirrtheit64 („consumer confusion“) ist ein relativ neues Konstrukt in der Konsumentenverhaltensforschung und nimmt bislang als negative Auswirkung von Marketingaktivitäten in der marketingwissenschaftlichen Diskussion einen nur vergleichsweise geringen Stellenwert ein (vgl. Walsh 2002a, S. 6; Walsh/Hennig-Thurau/ Mitchell 2007, S. 697). Erst in den letzten Jahren wurde es als Marketingproblem erkannt und näher in zahlreichen Märkten untersucht. Besonders im deutschsprachigen Raum wurde das Konstrukt lange vernachlässigt (vgl. Wiedmann/Walsh/Klee 2001, S. 83). Erst Walsh (2002a) und Schweizer (2005) widmeten sich einer umfassenden theoretischen Aufarbeitung. Mittlerweile liegen einige Studien zur Erfassung der Konsumentenverwirrtheit in verschiedensten Branchen vor. So wurden z.B. der Uhrenmarkt (vgl. Mitchell/Papavassiliou 1997), der Computermarkt (vgl. Cahill 1995; Leek/Kun 2006), das Recycling (vgl. Kulik 1993), Online-Hotelbuchungen (vgl. Matzler/Waiguny 2005), der Telekommunikationsmarkt (vgl. Leek/Chansawatkit 2006; Turnbull/Leek/Ying 2000), der Weinmarkt (vgl. Drummond/Rule 2005), Umweltzeichen (vgl. Jackson/Snowdon 1999; Langer/Eisend/Kuß 2008), der Bildungssektor (vgl. Drummond 2004) sowie unterschiedliche Produktkategorien des täglichen Bedarfs (vgl. Foxman/Muehling/Berger 1990; Friedman 1966; Loken/Ross/Hinkle 1986; Schweizer 2005; Walsh 2002a) näher betrachtet. In den o.g. Studien wurde die zunehmende Bedeutung der KVW für das Marketing deutlich, besonders seitdem die Konsumenten mit einer steigenden Anzahl komplexer, ähnlicher Produkte, Dienstleistungen und Werbeinformationen konfrontiert werden (vgl. Mitchell/Walsh/Yamin 2005; Mitchell/Bates 1998; Walsh/Mitchell/Hennig-Thurau 2001). Ein Beispiel dafür stellt die steigende Informationskomplexität im Rahmen von bedeutenden Sportereignissen dar. So wurde herausgearbeitet, dass die KVW „the effect of important messages“ (Mitchell/Papavassiliou 1999, S. 325) und somit insgesamt die Werbeeffektivität (vgl. Aaker/Bruzzone 1985) schwächt. In der Konsequenz werden mit der KVW eine Reihe 63
Eine ausführliche Abgrenzung zu anderen Konstrukten, wie z.B. Unsicherheit, wahrgenommenes Kaufrisiko, Irreführung, kognitive Dissonanz findet sich bei Walsh (2002, S. 48ff.). Foxman/Berger/Cote (1992, S. 128) verdeutlichen tabellarisch die Unterschiede zu miscomprehension, uncertainty, infringement, deception.
Konsumentenverwirrtheit als negativer Kommunikationseffekt
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negativer Verhaltenspotentiale seitens der Konsumenten assoziiert (vgl. z.B. Drummond 2004; Mitchell/Papavassiliou 1999; Walsh 2002a, S. 142; Walsh/Hennig-Thurau/Mitchell 2007; Walsh/Wiedmann/Hennig-Thurau 2004, S. 89), wie z.B. habitualisierte Kaufentscheidungen (vgl. Liebmann/Gruber 2007) bzw. Wahl der durch Schlüsselinformationen dominierenden Alternative (z.B. Markenname, Verpackung) (vgl. Liebmann/Gruber 2007), Stress, Kundenfrustration, Unsicherheit und Unzufriedenheit der Konsumenten (vgl. Foxman/Muehling/Berger 1990; Mitchell/Papavassiliou 1999), abnehmende Markenloyalität (vgl. Foxman/Muehling/Berger 1990; Mitchell/Papavassiliou 1999; Walsh/Hennig-Thurau/ Mitchell 2007) oder negative Mundpropaganda bezüglich der Marken (vgl. Mitchell/Papavassiliou 1999; Turnbull/Leek/Ying 2000). Trotz fortschreitender Forschungsbemühungen besteht in der Marketing-Literatur jedoch aus theoretischer Sicht noch immer kein Konsens bezüglich eines inhaltlich eindeutigen und allgemein gültigen Begriffsverständnisses der Konsumentenverwirrtheit und demzufolge einer einheitlichen Operationalisierung (vgl. Foxman/Berger/ Cote 1992; Mitchell/ Papavassiliou 1999; Walsh 2002a; Walsh/Wiedmann/Hennig-Thurau 2004; Wiedmann/Walsh/Klee 2001), weshalb zahlreiche Autoren diesbezüglich einen unbefriedigenden Forschungsstand anmerken (vgl. Mitchell/Kearney 2002; Mitchell/Walsh/Yamin 2005; Schweizer/Kotouc/Wagner 2006; Turnbull/Leek/Ying 2000; Walsh 2002a; Walsh/Hennig-Thurau/Mitchell 2007; Walsh/Wiedmann/Hennig-Thurau 2004; Wiedmann/Walsh/Klee 2001). Im Folgenden soll zunächst ein kurzer Überblick über die Entwicklung der Definitionen und wesentlichen Konzeptualisierungen der KVW in bisherigen Studien gegeben werden, der die konzeptuellen Defizite verdeutlicht. Ohne eine gleichartige Replikation der Arbeiten von Walsh (2002a) und Schweizer (2005) in vollem theoretischen Umfang abzugeben, werden daran anschließend die weiterführenden Ansätze dieser Autoren dargelegt und diskutiert. Darauf aufbauend wird eine neue Konzeptualisierung des Konstruktes der KVW entwickelt, welche auch im Rahmen der Analyse negativer Effekte durch Kommunikationsmaßnahmen (insb. Sponsoring und Ambush-Marketing) Anwendung finden kann. 1.1.3 Entwicklung der Konzeptualisierungen der KVW Wie der Überblick unterschiedlicher Definitionen bzw. konzeptueller Beschreibungen in zeitlicher Reihenfolge (vgl. Tab. 2, S. 71ff.) zeigt, ist die wissenschaftliche Literatur zur KVW bislang durch konzeptionelle Heterogenität gekennzeichnet (vgl. Wiedmann/Walsh/Klee 2001, S. 94). Dabei bezieht sich diese Erkenntnis vor allem auf zwei Problembereiche, die letztlich ineinander greifen: das inhaltliche Grundverständnis von KVW bezüglich ihrer Ursachen und der inhaltliche Bezug der Formulierung der Definitionen oder Beschreibungen.
64
Im Folgenden sollen äquivalent die im deutschen Sprachraum genutzten Synonyme Konfusion, Verwirrtheit und Durcheinander genutzt werden.
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Entwicklung eines Modells zur Erklärung negativer Wirkungen
Inhaltliches Grundverständnis von KVW Betrachtet man die Studien zur KVW nach dem inhaltlichen Grundverständnis ihrer Ursachen, ist festzustellen, dass diese im Wesentlichen zwei verschiedenen konzeptuellen Ansätzen der KVW folgen (vgl. Mitchell/Papavassiliou 1997, S. 4; Walsh 2002a, S. 25), die teilweise wiederum den zweiten Problembereich (unterschiedliche Beschreibung oder Definition des Konstruktes) beeinflussen. Ein Großteil der Forschungsarbeiten fokussiert im engeren Sinne auf das Phänomen verzerrter Wahrnehmung (Verwechslung) von Produkten bzw. Marken im Rahmen von Imitationsstrategien („brand confusion“) (vgl. u.a. Balabanis/Craven 1997; Brengman/Geuens/dePelsmacker 2001; Diamond 1981; Foxman/Muehling/Berger 1990; Friedman 1966; Kapferer 1995a, 1995b; Liefeld 2000; Loken/Ross/Hinkle 1986; Miaoulis/D’Amato 1978; Poiesz/Verhallen 1989; Rafiq/Collins 1996). Hierbei werden vor allem die wahrgenommene physische Produktähnlichkeit und die Ähnlichkeit von Informationen (Stimulusähnlichkeit) als Ursache der KVW determiniert. In einem zweiten Ansatz resultiert KVW aus einem Überangebot an Produkten und Informationen sowie der Schwierigkeit der Konsumenten, zwischen der Vielzahl an Informationen (z.B. verschiedene Marken, Geschäfte) zu unterscheiden. Hier wird die Informationsüberlastung aufgrund zu vieler Stimuli (Stimulusüberlastung) als Ursache der Verwirrtheit bestimmt (vgl. z.B. Sproles/Kendall 1986; Turnbull/Leek/Ying 2000). Abhängig von diesem inhaltlichen Grundverständnis der Autoren bezüglich der Ursachen der KVW, finden sich unterschiedliche Definitionen oder Beschreibungen des Konstruktes. Es fällt jedoch auf, dass sich die Definitionen auch innerhalb der jeweiligen Ansätze unterscheiden, was wiederum Teil des zweiten Problembereiches ist. Formulierung der Definitionen Neben der Betrachtung des Verständnisses von KVW als Resultat von Stimulusähnlichkeit oder Stimulusüberlastung zeigt sich die konzeptuelle Heterogenität vor allem in der uneinheitlichen Formulierung der Konstruktbeschreibungen, die sich in Teilen wiederum auf den ersten Problembereich zurückführen lässt65. Bei der näheren Betrachtung der Definitionen in Tab. 2 (S. 71) fällt zusammenfassend Folgendes auf: 1. Einige Autoren definieren den Begriff der KVW nicht explizit im Rahmen ihrer Untersuchungen, sondern umschreiben lediglich das Phänomen (vgl. z.B. Foxman/ Muehling/Berger 1990; Loken/Ross/Hinkle 1986).
65
Einige Autoren sprechen davon, Verwirrtheit zu untersuchen, erläutern ihre unterstellte Bedeutung des Konstruktes aber nicht (vgl. z.B. Rafiq/Collins 1996). Hierfür scheint die alltagssprachliche Bedeutung des Begriffes „confusion“ im angloamerikanischen Sprachgebrauch mitverantwortlich. Diese könnte auch dazu geführt haben, dass es bislang nur wenig als eigenständiger wissenschaftlicher Ansatz bzw. als „tool for definition of related terms“ (Mitchell/Papavassiliou 1997, S. 4) gesehen wird. Gerade im Sponsoring wird oft davon gesprochen, dass Konsumenten „confused“ sind, wenn sie z.B. nicht zwischen Sponsor und Ambusher unterscheiden können. Wie aber bereits kritisiert (vgl. Abschnitt C2.2), nutzen diese Studien zur Messung nicht das Konstrukt der KVW selbst, sondern diese Aussagen werden anhand der Erinnerungswerte der Konsumenten getroffen.
Konsumentenverwirrtheit als negativer Kommunikationseffekt
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2. Andere Begriffsbestimmungen müssen als tautologisch kritisiert werden (vgl. Diamonds 1981; Kohli/Thakor 1997). 3. Wiederum andere Begriffsbestimmungen setzen die KVW mit anderen Konstrukten, z.B. Einstellung, gleich (vgl. Mitchell/Kearney 2002). 4. Weitere Begriffsbestimmungen können im engeren Sinne nicht als eigenständige Konstruktdefinition gewertet werden, da sie a) Gründe für das Entstehen von KVW (vgl. z.B. Diamond 1981; Loken/Ross/Hinkle 1986; Miaoulis/D’Amato 1978; Sproles/ Kendall 1986) enthalten und/oder b) die Auswirkung(en) von KVW (vgl. z.B. Foxman/Berger/ Cote 1992; Sproles/Kendall 1986) beschreiben. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die KVW-Forschung bislang in weiten Teilen behavioristisch orientiert war, der Analyse der psychischen Vorgänge beim Konsumenten folglich keine Bedeutung zukam (vgl. z.B. Diamond 1981; Foxman/Muehling/Berger 1990; Liefeld 2000; Loken/Ross/ Hinkle 1986). Erst nachdem einige Forscher in jüngster Zeit eine umfassendere, neobehavioristische Sichtweise auf das Konstrukt annehmen, kann von einer Entwicklung eines ähnlichen Konstruktverständnisses gesprochen werden. Sproles/Kendall (1986) waren die ersten, die in ihren Ausführungen durch die Annahme von Informationsüberlastung des Konsumenten kognitionspsychologische Überlegungen einbeziehen. Im Weiteren stellen Poiesz/Verhallen (1989) den Bezug der KVW zum Verarbeitungsprozess beim Konsumenten her. Sie beschreiben KVW als Phänomen, welches auf „individuellem Level“ stattfindet (vgl. Poiesz/ Verhallen 1989, S. 232). Daran anschließend definieren Foxman/Berger/Cote (1992, S. 125) KVW als „one or more errors in inferential processing that lead a consumer to unknowingly from inaccurate beliefs”. Auch wenn diese Definition dem Ursache-Wirkungs-Prinzip folgt, beschreibt sie KVW als psychischen Vorgang. Viele Autoren schlossen sich dieser Begriffsbestimmung an (vgl. z.B. Balabanis/Craven 1997; Chryssochoidis 2000). In der weiteren Entwicklung diskutieren einige Autoren eine eher holistische Betrachtung der KVW und definieren sie als „Zustandsvariable“ (vgl. Mitchell/Papavassiliou 1999; Walsh 2002a; Mitchell/Walsh/Yamin 2005; Schweizer 2005). Demnach sei KVW „… more than a subconscious mistake, it is a state of mind which affects information processing and decision” (Mitchell/Papavassiliou 1999, S. 327). Turnbull/Leek/Ying (2000, S. 145) schließen sich dieser Argumentation an und definieren KVW als „… a consumer failure to develop a correct interpretation of various facets of a product/service during the information processing procedure“. Beide Definitionen fokussieren sich somit auf die Störung des Informationsverarbeitungsprozesses des Konsumenten. Im Folgenden erarbeitet Walsh (2002a), aufbauend auf den neobehavioristischen Ansätzen (vgl. Mitchell/Papavassiliou 1999, Turnbull/Leek/Ying 2000), als erster Autor eine ganzheitliche Konzeptualisierung der KVW. Er entwickelt nach kritischer Auseinandersetzung mit den Kernmerkmalen vorheriger Beschreibungen eine neue Definition mit dem Ziel einer all-
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Entwicklung eines Modells zur Erklärung negativer Wirkungen
gemein gültigen Begriffsbestimmung (vgl. Tab. 2). Im Einklang mit vorherigen Forschungsarbeiten wird KVW im zentralen Ansatz als eine „Störung der Informationsverarbeitung des Konsumenten“ gesehen.66 In jüngster Zeit unternimmt Schweizer (2005) einen weiteren Versuch, das Konstrukt ganzheitlich theoretisch zu erfassen. Im Wesentlichen deckt sich seine Begriffsbestimmung mit dem Ansatz Walshs (2002a). Es wird postuliert, dass KVW durch „das (temporäre) Überschreiten der individuellen Kapazitätsgrenze zur Aufnahme und Verarbeitung von Umweltstimuli“ erzeugt wird (vgl. Schweizer 2005, S. 29). Der Autor nutzt diese Aussage jedoch nicht als Definition des Konstruktes. Vielmehr nimmt er an, dass emotionale Vorgänge den Zustand der KVW begleiten. Dementsprechend beschreibt Schweizer (2005) KVW als „emotional geladenen, dysfunktionalen Gemütszustand“ (vgl. Schweizer 2005, S. 29; Schweizer/Kotouc/Wagner 2006, S. 185). Die KVW ist für ihn dabei aber eher ein Wirkungsgefüge, bestehend aus Einflussfaktoren, Emotionen und Reduktionsstrategien, als ein einzelnes Konstrukt (vgl. Schweizer 2005). Zusammenfassend zeigen die konzeptuellen Entwicklungen der KVW im Rahmen des Marketings, dass in den jüngsten Studien mittlerweile ein weitgehend einheitliches Grundverständnis des Konstruktes herrscht, auch wenn die weiterführenden Konzeptualisierungen wiederum divergieren (vgl. z.B. Wirkungsgefüge vs. Zustandvariable). KVW wird dabei als Störung des Informationsverarbeitungsprozesses des Konsumenten aufgrund von Informationsüberlastung verstanden. Den ersten entscheidenden Beitrag hinsichtlich einer holistischen, neobehavioristischen Betrachtungsweise der KVW unternahmen Mitchell/Papavassiliou (1997, 1999). Darauf aufbauend stehen sich im deutschsprachigen Raum aktuell die beiden Ansätze von Walsh (2002a) und Schweizer (2005) gegenüber. Ihre Definitionen sind per se allgemeingültig und somit auf verschiedene Untersuchungsgegenstände und auf beliebige Situationen, in der KVW auftreten kann (z.B. im Rahmen der Kommunikationspolitik), übertragbar. Darüber hinaus sind beide Autoren die ersten, die sich mit einer ganzheitlichen – wenn auch unterschiedlichen - Konzeptualisierung der KVW befassen und diese im Rahmen eines Wirkungsmodells empirisch überprüfen. Da beide Autoren bislang die umfangreichsten Forschungsbemühungen hinsichtlich einer einheitlichen Konzeptualisierung der KVW aufweisen, sollen im Folgenden beide Ansätze näher dargestellt werden, um daraus Erkenntnisse für eine Adaption des Konstruktes auf den vorliegenden Untersuchungskontext des Sponsorings und Ambush-Marketings im Rahmen von Sportveranstaltungen zu entwickeln.
66
Siehe in einer späteren, darauf aufbauenden Veröffentlichung auch Mitchell/Walsh/Yamin (2005, S. 143).
71
Konsumentenverwirrtheit als negativer Kommunikationseffekt Tab. 2: Definitionen und Beschreibungen der Konsumentenverwirrtheit in chronologischer Entwicklung Autor(en)
Definition der KVW
Beschreibung/ Verständnis von KVW
Miaoulis/D’Amato (1978, S. 49)
„... confusion is in effect stimulus generalization.“
Ursache der KVW ähnliche Stimuli
Diamond (1981, S. 52)
„Brand similarity confusion occurs ähnliche when an imitator […] so resembles the Stimuli mark in appearance, sound, or meaning that a prospective purchaser is likely to be confused or misled.“
Sproles/Kendall (1986, S. 274)
„ [consumers] perceive many brands and stores from which to choose and have difficulty making choices. Furthermore, they experience information overload.“
zu viele Stimuli
Loken/Ross/Hinkle (1986, S. 196)
„ […], physical similarities between products may result in the misattribution of source of origin or identity by the consumer.“
ähnliche Stimuli
Poiesz/Verhallen (1989, S. 232)
„Brand confusion is a phenomenon that occurs at the individual level, and may be viewed as being predominantly non-conscious in nature.“
Foxman/Muehling/Berger (1990, S. 171, 172)
Foxman/Berger/Cote (1992, S. 125)
„Brand confusion takes place if a commercial communication regarding a particular brand X is viewed by a recipient as a communication about a different brand Y.“ wie Loken et al. und „ […] consumers who are misled clearly are confused“.
„Consumer brand confusion consists of one or more errors in inferential processing that lead a consumer to unknowingly form inaccurate beliefs about the attributes or performance of a less-known brand based on a more familiar brand’s attributes or performance.“
ähnliche Stimuli
ähnliche Stimuli
Kapferer (1995a, S. 101)
„Confusion arises from incorrect attribution of distinctive marketings“.
ähnliche Stimuli
Kohli/Thakor (1997, S. 213)
„ [confusion is], when respondents may pick confusingly similar names, instead the target names“.
ähnliche Stimuli
„Lookalikes similarities in packaging and labelling may result in consumers assuming (inferring) that these products are the same or have similar attributes or performance to the original ones.”
ähnliche Stimuli
Balabanis/Craven (1997, S. 300)
wie Foxman et al. (1992)
Huffman/Kahn (1998, S. 492) Mitchell/Papavassiliou (1999, S. 327)
„The huge number of potential options zu viele may be confusing.“ Stimuli „Confusion is more than a subconscious mistakes, it is a state of mind which affects information processing and decision making.“
ähnliche Stimuli
72
Entwicklung eines Modells zur Erklärung negativer Wirkungen
Fortsetzung Tab. 2: Definitionen und Beschreibungen der Konsumentenverwirrtheit in chronologischer Entwicklung Autor(en)
Definition der KVW
Beschreibung/ Verständnis von KVW
Turnbull/Leek/Ying (2000, S. 145)
„Consumer confusion is defined as consumer failure to develop a correct interpretation of various facets of a product/service, during the information processing procedure.“
Mitchell/Kearney (2002, S. 357)
„Consumer confusion is an attitude…“
Walsh (2002a, S. 46)
„Die Konsumentenverwirrtheit ist eine durch externe Stimuli ausgelöste bewusste und unbewusste Störung der Informationsverarbeitung von Konsumenten temporärer Natur, die in ihrer Intensität durch Moderator- und Mediatorvariablen determiniert wird und die zu suboptimalen Kaufentscheidungen führen kann.“
Mitchell/Walsh/Yamin (2005, S.143)
Unterteilung in 3 Arten von KVW: „Overload confusion [is defined as] a lack of understanding caused by consumer being confronted with an overly information rich environment that cannot be processed in the time available to fully understand, and be confident in, the purchase environment.“
Ursache der KVW zu viele Stimuli
„Wahrgenommene zu viele Stimulusähnlichkeit, -überlastung und - Stimuli unklarheit stellen die drei wichtigsten ähnliche Ausprägungen von KVW dar.“ Stimuli unklare Stimuli
zu viele Stimuli ähnliche Stimuli unklare Stimuli
„Brand similarity confusion [is defined as] a lack of understanding and potential alteration of a consumer’s choice or an incorrect brand evaluation caused by the perceived physical similarity of products or services.“
auch ähnlich Walsh/HennigThurau/Mitchell (2007, S. 704ff.)
„Ambiguity confusion [is defined as] a lack of understanding during which consumers are forced to re-evaluate and revise current beliefs or assumptions about products or the purchasing environment.“ Unterteilung in 3 Arten von KVW: „Overload confusion proneness [is defined as] consumers’ difficulty when confronted with more product information and alternatives than they can process in order to get to know, to compare and to comprehend alternatives.“ „Similarity confusion proneness [is defined as] consumers’ propensity to think that different products in a product category are visually and functionally similar.“ „Ambiguity confusion proneness [is defined as] consumers’ tolerance for processing unclear, misleading, or ambiguous products, product related information or advertisements.“
zu viele Stimuli ähnliche Stimuli unklare Stimuli
73
Konsumentenverwirrtheit als negativer Kommunikationseffekt Fortsetzung Tab. 2: Definitionen und Beschreibungen der Konsumentenverwirrtheit in chronologischer Entwicklung Autor(en)
Definition der KVW
Beschreibung/ Verständnis von KVW
Schweizer (2005, S. 29, 94)
„KVW ist ein emotional geladener, dysfunktionaler Gemütszustand, der es dem Konsumenten erschwert, effizient und effektiv Stimuli zu selektieren und zu interpretieren.“
„Als Consumer Confusion wird das gesamte Wirkungsgefüge, welches Abhängigkeiten zwischen Informationsrate, den emotionalen Vorgängen und den Reduktionsstrategien beschreibt, verstanden.“
Ursache der KVW vielfältige Stimuli neuartige Stimuli komplexe Stimuli konfliktäre Stimuli irritierende Stimuli
auch: Schweizer/Kotouc/Wa gner (2006, S. 185)
„Consumer confusion is an emotional state that makes it difficult for consumers to select and interpret stimuli.“
vielfältige Stimuli neuartige Stimuli komplexe Stimuli konfliktäre Stimuli
Quelle: Zusammenfassung und eigene Ergänzung in Anlehnung an Mitchell/Walsh/Yamin (2005, S. 145) und Walsh (2002a, S. 27f.)
1.1.4 Konzeptualisierung nach Walsh Walsh (2002a) determiniert Konsumentenverwirrtheit als „...bewusste und unbewusste Störung der Informationsverarbeitung von Konsumenten temporärer Natur...“, ausgelöst durch interindividuell unterschiedlich wahrgenommene Eigenschaften externer Stimuli (z.B. Produkte, Werbebotschaften, Produktinformationen oder Informationen der interpersonalen Kommunikation) (vgl. Walsh 2002a, S. 46f., 108f.). Anders als bisherige Begriffsbestimmungen konstatiert Walsh (2002a) im Rahmen seiner Untersuchung im Handelsumfeld drei Arten von KVW67, wahrgenommene Stimulusähnlichkeit, wahrgenommene Stimulusüberlastung und wahrgenommene Stimulusunklarheit. Diese werden als Dimensionen der KVW konzeptualisiert, da sie nach Auffassung des Autors nicht zeitlich verzögert zum Zustand der Verwirrtheit auftreten und folglich nicht konzeptionell vom Konstrukt der KVW getrennt werden können (vgl. Walsh 2002a, S. 69). Im Folgenden werden diese drei Dimensionen kurz beschrieben, um Erkenntnisse für den dieser Arbeit zugrundeliegenden Kontext der Kommunikationsforschung zu erlangen. 1.1.4.1 Wahrgenommene Stimulusähnlichkeit Unter Stimulusähnlichkeit subsumiert Walsh (2002a) die fehlerhafte Wahrnehmung sich ähnelnder visueller und auditiver Reize (z.B. Produktähnlichkeiten und Ähnlichkeiten von
74
Entwicklung eines Modells zur Erklärung negativer Wirkungen
Werbebotschaften), die zu fälschlicher Interpretation der Stimuli68 bzw. zur Verwechslung führen kann. Für eine missverständliche Wahrnehmung ist es dabei nicht bedeutend, ob die Reize wirklich identisch sind, sondern vielmehr, ob sie als ähnlich wahrgenommen werden (vgl. Walsh/Wiedmann/Hennig-Thurau 2004, S. 94; Wiedmann/Walsh/Klee 2001, S. 87) 69. Der Autor postuliert einen positiven, nicht linearen Zusammenhang zwischen dem Grad der Stimulusähnlichkeit und dem Grad der KVW (vgl. Walsh 2002a, S. 83). Diese Annahme stützt sich auf die Argumentation, dass es für den Konsumenten mit zunehmender Ähnlichkeit aufgrund fehlender Unterscheidungsmerkmale schwieriger wird, einzelne Stimuli (z.B. Marken) zu unterscheiden (vgl. z.B. Sommer 1998, S. 24). Dies trifft vor allem auf grundlegende Eigenschaften ähnlicher Markenauftritte (z.B. Logo, Schriftart, Verpackungsgestaltung) zu (vgl. Walsh 2002a, S. 83). Diese sind im Rahmen des Sponsorings und des Ambush-Marketings von Sportveranstaltungen ebenso zu vermuten, da sich zahlreiche Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher im Umfeld des Ereignisses entweder inhaltlich (Bezug zum Sportereignis) oder formal (z.B. Logo der Sportveranstaltung) ähneln, um einen Bezug zum Sportereignis herzustellen. 1.1.4.2 Wahrgenommene Stimulusüberlastung Als weitere Dimension der KVW wird von Walsh (2002a) die wahrgenommene Stimulusüberlastung der Konsumenten definiert. Stimulusüberlastung tritt auf, wenn die Konsumenten die auf sie eintreffende Stimulimenge (z.B. Produkt- und Werbeinformationen, Überangebot an Produkten) als zu umfangreich empfinden (vgl. Walsh 2002a, S. 45). Walsh (2002a) geht hierbei ebenfalls von einem positiven, nicht linearen Zusammenhang zwischen dem Grad der Stimulusüberlastung und dem Grad der KVW (vgl. Walsh 2002a) aus. Dies wird anhand der Ergebnisse der Forschung zur Informationsüberlastung argumentiert (vgl. z.B. Jacoby/Speller/Berning 1974; Jacoby/Speller/Kohn 1974; Malhotra/ Jain/Lagakos 1982). Demnach können zu viele Stimuli (z.B. Produkte und Informationen) die Aufnahme- und Verarbeitungskapazität des Konsumenten überschreiten und gemäß Walsh (2002a, S. 88) als Konsequenz eines Fehlers im Informationsverarbeitungsprozess zu KVW führen. Auch hierbei ist es nicht bedeutsam, ob der Konsument tatsächlich mit zu vielen Reizen konfrontiert ist, sondern ob er das Gefühl hat, mit zu vielen oder zu vielen neuen Stimuli konfrontiert zu werden. Für den hier vorliegenden Untersuchungskontext kann daraus 67 68
69
Es wird jedoch explizit angemerkt, dass sich weitere Dimensionen „aus sachlogischen Gründen“ (Walsh 2002a, S. 46) nicht ausschließen lassen. Als fälschliche Annahmen beschreibt Walsh (2002a, S. 75) folgende Möglichkeiten: a) eine me-too-Marke sei das Original, b) bei dem Produkt handle es sich um eine Zweitmarke oder c) beide Alternativen seien von identischer Qualität und/oder vom selben Hersteller. Diese Argumentation setzt auf den Erkenntnissen des Prinzips der Stimulusgeneralisierung (vgl. KroeberRiel/Weinberg 2003, S. 330ff.) auf, wonach ähnliche Stimuli eine assoziative Vergleichbarkeit (z.B. Produktähnlichkeit mit einer gelernten Marke) mit einem in der Vergangenheit gelernten Stimulus hervorrufen können.
Konsumentenverwirrtheit als negativer Kommunikationseffekt
75
geschlussfolgert werden, dass auch die Vielzahl an Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher im Rahmen bedeutender Sportveranstaltungen zu Stimulusüberlastung und damit zu KVW führen könnte. 1.1.4.3 Wahrgenommene Stimulusunklarheit Während die meisten vorherigen Ansätze zur KVW bereits Stimulusähnlichkeit und/oder Stimulusüberlastung als Ursachen berücksichtigen (vgl. Tab. 2 im vorherigen Kapitel D1.1.3, S. 71ff.), erweitert Walsh (2002a, S. 97ff.) die Konzeptualisierung der KVW um eine dritte Dimension, der wahrgenommenen Stimulusunklarheit. Indem er im Wesentlichen auf die Erkenntnisse von Cox (1967, S. 67ff.) zur „cognitive unclarity“ und Mitchell/Papavassiliou (1997, 1999) aufbaut, subsumiert Walsh (2002a, S. 45, S. 100) unter Stimulusunklarheit unpräzise, mehrdeutige, widersprüchliche und schwer verständliche (komplexe) Stimuli (z.B. mehrdeutige und widersprüchliche Informationen, komplexe Produkte). Stimuli werden als komplex betrachtet, wenn sie eine Vielzahl von Teilelementen und -aspekten umfassen und daraufhin schwer verständlich (z.B. Botschaften) oder schwer zu benutzen (z.B. Produkte) sind (vgl. Walsh 2002a, S. 99f. in Anlehnung an Engel/Blackwell/Miniard 1995, S. 882 bzw. Sheth/Mittal/Newman 1999). Führt Stimulusunklarheit durch widersprüchliche, uneindeutige Informationen dazu, dass der Konsument bestimmte Eigenschaften des Produktes bzw. der Informationen nicht mehr beurteilen oder nutzen kann, ist dies ein Zeichen für KVW (vgl. Walsh/Wiedmann/Hennig-Thurau 2004, S. 98). Walsh (2002a) nimmt folglich einen positiven, nicht linearen Zusammenhang zwischen dem Grad der Stimulusunklarheit und dem Grad der KVW an. Der Autor illustriert diese Argumentation an Beispielen unklarer Informationen durch vergleichende Werbung, uneinheitliche Verwendung von Begriffen und Qualitätssiegeln sowie die Unklarheit der Konsumenten über den eigentlichen Sponsor einer Sportveranstaltung durch Ambush-Marketing (vgl. Walsh 2002a, S. 101ff.). Es scheint insofern plausibel zu argumentieren, dass die Konsumenten einige Werbeinformationen der Sponsoren oder Ambusher mit dem Bezug zum Sportereignis als uneindeutig oder widersprüchlich empfinden, z.B. wenn die Sponsoren des gleichen Ereignisses über die Zeit ständig wechseln, die Vielzahl der Sponsorenkategorien der Sportereignisse differiert und somit eine Zuordnung der Sponsoren und Ambusher erschwert wird oder bei der Vielzahl an Sportereignissen die werbenden Unternehmen stets andere sind. 1.1.4.4 Zusammenfassende Erkenntnisse Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Walsh (2002a, S. 208) die Konsumentenverwirrtheit als mehrfaktorielles, multidimensionales Konstrukt konzeptualisiert (vgl. Abb. 18). Die inhaltliche Ausrichtung der drei Dimensionen wurde aus der bestehenden Literatur zur KVW abgeleitet und im Rahmen der Untersuchung auf den Kontext der KVW im Handelsumfeld übertragen.
76
Entwicklung eines Modells zur Erklärung negativer Wirkungen
Abb. 18: Angenommene Struktur des Konstruktes Konsumentenverwirrtheit nach Walsh KVW
wahrgenommene Stimulusähnlichkeit
Produktähnlichkeit
Ähnlichkeit von Botschaften
wahrgenommene Stimulusüberlastung
(Produkt-) Überangebot
Zuviel an Informationen
wahrgenommene Stimulusunklarheit
mehrdeutige/ widersprüchl. Informationen
komplexe Produkte
Quelle: Walsh (2002a, S. 208)
Wie die Abb. 18 zeigt, konzeptualisiert Walsh (2002a) die wahrgenommene Stimulusähnlichkeit (SÄ), die wahrgenommene Stimulusüberlastung (SÜ) und die wahrgenommene Stimulusunklarheit (SU) nicht als Antezedenten der KVW, sondern als Dimensionen des Konstruktes. Diese Art der multidimensionalen Konstrukt-Konzeptualisierung beruht dabei vorwiegend auf der Annahme, dass kein Kausalzusammenhang zwischen den postulierten Dimensionen und der KVW besteht, da dieser eine Zeitdifferenz impliziert. Vielmehr unterstellt Walsh (2002a, S. 107f.), dass sich der Grad der KVW gleichzeitig mit der Zu- und Abnahme einer der drei Dimensionen ändert. Somit könne z.B. nicht zwischen dem Grad der wahrgenommenen SÄ und dem Grad der KVW unterschieden werden. Zudem geht er von wechselseitigen Abhängigkeiten, d.h. Korrelation zwischen den Variablen, aus. Der Autor argumentiert, dass die großen Mengen an Stimuli, die auf die Konsumenten einwirken, zeitgleich als ähnlich und schwer verständlich wahrgenommen werden können. Letztlich ist an dieser Argumentation jedoch kritisch anzumerken, dass dieses Vorgehen – ähnlich bisheriger Konzeptualisierungen – die Antezedenten (z.B. wahrgenommene Stimuliähnlichkeit) nicht vom Resultat, d.h. der Konsumentenverwirrtheit, trennt – auch wenn Walsh (2002a) argumentiert, dass es keine Zeitdifferenz zwischen Ursache und Wirkung gibt. Für den vorliegenden Untersuchungskontext bleibt zusammenfassend festzuhalten, dass nach ersten Erkenntnissen alle drei Dimensionen für die Problemstellung negativer Konsequenzen aus steigender Werbeaktivität im Rahmen sportlicher Großereignisse nützlich scheinen. Plausibilitätsüberlegungen lassen die Annahme zu, dass Konsumenten durch die Vielzahl an ähnlichen und widersprüchlichen und mehrdeutigen Informationen durch Sponsoren und Ambusher im Rahmen bedeutender Sportveranstaltungen Stimulusähnlichkeit, -überlastung
Konsumentenverwirrtheit als negativer Kommunikationseffekt
77
und/oder -unklarheit wahrnehmen könnten. Im Gegensatz zur Denkweise Walshs (2002a) folgen diese Überlegungen aber eher der Annahme, dass die Menge und die Eigenschaften der Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher der Sportveranstaltung, d.h. die wahrgenommene Stimulusüberlastung, die wahrgenommene Stimulusähnlichkeit und die wahrgenommene Stimulusunklarheit Ursachen einer zeitlich verzögerten Konsequenz, der Konsumentenverwirrtheit, darstellen. Folglich müssten die KVW und ihre Antezedenten voneinander getrennt betrachtet werden. Um diese Fragestellung letztlich beantworten zu können, soll zunächst die auf Walsh (2002a) aufbauende Konzeptualisierung der Konsumentenverwirrtheit von Schweizer (2005) betrachtet werden, die weitere Erkenntnisse für die Übertragung der KVW auf den Untersuchungskontext negativer Auswirkungen steigender Informationskomplexität durch die Werbeaktivitäten des Sponsorings von Sportveranstaltungen und des Ambush-Marketing bietet. 1.1.5
Konzeptualisierung nach Schweizer
1.1.5.1 Theoretische Basis des KVW-Wirkungsgefüges Wie bereits in Abschnitt D1.1.3 (S. 67f.) dargelegt, ähnelt das grundsätzliche Begriffsverständnis der KVW dem von Walsh (2002a). Auch Schweizer (2005, S. 29) geht davon aus, dass Konsumentenverwirrtheit „durch das (temporäre) Überschreiten der individuellen Kapazitätsgrenze zur Aufnahme und Verarbeitung von Umweltstimuli“ erzeugt wird. Gleichfalls betrachtet der Autor die KVW im Einzelhandelskontext, erweitert jedoch die Perspektive möglicher Einflussfaktoren der KVW auf die gesamte, durch den Konsumenten wahrgenommene Ladenumwelt. Hinsichtlich der Konzeptualisierung des Konstruktes beschreitet Schweizer (2005) neue Wege. Er betrachtet die KVW nicht wie bisher in der Literatur als ein- oder mehrdimensionales Konstrukt, sondern definiert KVW als „… das gesamte Wirkungsgefüge, welches Abhängigkeiten zwischen Informationsrate (Umweltvariablen), den emotionalen Vorgängen und den Reduktionsstrategien beschreibt“ (Schweizer 2005, S. 94) (vgl. Abb. 19). Zu dieser Erkenntnis gelangt der Autor durch die Synthese des emotionalen (vgl. z.B. Baker/Levy/Grewal 1992; Donovan/Rossiter 1982; Donovan/Rossiter/Marcoolyn/Nesdale 1994; Foxall/Greenley 1999, 2000; Mehrabian/ Russell 1974; Sherman/Mathur/Belk Smith 1997; Tai/Fung 1997; Van Kenhove/Desrumaux 1997; Yoo/Park/MacInnis 1998) und kognitiven (vgl. z.B. Bost 1987; Esch/Billen 1995; Gröppel 1991; Grossbart/Rammohan 1981; Sommer/Aitkins 1982; Titus/Everett 1996) Ansatzes der Umweltpsychologie70 und der
70
Die Ansätze der Umweltpsychologie fokussieren im Kern die Wechselwirkung zwischen Menschen und ihrer physischen Umwelt (vgl. Ittelson/Proshansky/Rivlin/Winkel 1977, S. 17; Veitch/Arkkelin 1995, S. 4). Die Umwelt wird dabei nicht in ökologischem Sinne, sondern als alltägliche Lebensumwelt im Generellen und in der Untersuchung Schweizers (2005, S. 51) als einzelhandelsspezifische Ladenumwelt im Spezifischen definiert.
78
Entwicklung eines Modells zur Erklärung negativer Wirkungen
Adaption des Optimal-Stimulus-Level-Ansatzes71 (vgl. Schweizer 2005, S. 84). Abb. 19: KVW-Modell als Wirkungsgefüge zwischen Informationsrate, emotionalen Vorgängen und Reduktionsstrategien nach Schweizer
Habitueller Einkauf
Stimulivielfalt
Stimulineuartigkeit
Stimulikomplexität
Selektive Wahrnehmung
Emotionen
Stimulikonflikt
Kaufabbruch
Entscheidungsdelegation
Stimuliirritation
Informationsrate (Umweltvariablen)
Informationssuche
Emotionale Reaktionen
Reduktionsstrategien
Quelle: Darstellung in Anlehnung an Schweizer (2005, S. 94)
Ausgangspunkt der Überlegungen stellt zunächst der emotionale Ansatz der Umweltpsychologie dar, insbesondere das Umwelt-Verhaltensmodell von Mehrabian/Russell (1974, S. 8), dessen Grundstruktur dem abgeleiteten Wirkungsgefüge der KVW entspricht (vgl. Abb. 19). Aus diesem Ansatz leitet der Autor vor allem die emotionale Reaktion auf spezifische Stimuli her. Diese Stimuli bestimmt Schweizer (2005) ebenfalls weitestgehend aus den Erkenntnissen der emotionalen Umweltpsychologie. Er identifiziert insgesamt fünf konstituierende Umweltvariablen (Stimulivielfalt, Stimulikomplexität, Stimulikonflikt, Stimulineuartigkeit und Stimuliirritation), die in Summe die wahrgenommene Reizintensität der Umwelt bestimmen und beim Konsumenten KVW verursachen können. Um diesen Effekt zu erklären, zieht der Autor Erkenntnisse der kognitiven Umweltpsychologie72 im Rahmen der Einzelhandelsforschung und den Ansatz des Optimal-Stimulus-Levels (OSL-Ansatz) (vgl. z.B. Berlyne 1960; Eysenck 1973; Howard/Sheth 1969) hinzu. Die Reaktion der Konsumenten auf die summierten Effekte der Umweltvariablen folgt nach dem OSL-Ansatz der Logik einer invertierten U-Kurve (vgl. Raju 1981, S. 230). Mit steigendem Informationsangebot nimmt ab einem bestimmten Level (Optimal Stimulus Level) die Fähigkeit des Konsu-
71
72
Der Ansatz vertritt die These, dass der Konsument stets auf der Suche nach einem optimalen, interindividuell verschiedenen Stimulationsniveau ist und einem Ungleichgewicht ein zielgerichtetes Verhalten zur Wiedererlangung des individuellen Optimums folgt (vgl. Berlyne 1960; Eysenck 1973; Howard/Sheth 1969). Die kognitive Umweltpsychologie beruht im Wesentlichen auf der Feststellung, dass Individuen die Fähigkeit besitzen, räumliche Informationen strukturiert als „cognitive maps“ (Gedächtnisstrukturen) abzuspeichern (vgl. Gröppel-Klein/Germelmann 2002, S. 513). Diese Strukturen beeinflussen folglich die Aufnahme, Verarbeitung und Speicherung neuer Informationen aus der Umwelt (vgl. Esch/Billen 1995, S. 321).
Konsumentenverwirrtheit als negativer Kommunikationseffekt
79
menten ab, die Informationen zu verarbeiten. Folglich entsteht KVW dann, wenn ein optimales Stimulationsniveau aufgrund einer reizstarken Umwelt überschritten wird und die Summe der wahrgenommenen Reize die individuelle Kapazitätsgrenze zur Verarbeitung von Informationen überschreitet. In Synthese mit den Erkenntnissen der umweltpsychologischen Ansätze schlussfolgert Schweizer (2005) weiterhin, dass aus einem überschrittenen optimalen Stimulationsniveau negative Emotionen des Konsumenten gegenüber der Umwelt resultieren. Dieser „emotional geladene, dysfunktionale Gemütszustand“ wird nach Schweizer (2005) als KVW beschrieben. Entsprechend des emotionalen umweltpsychologischen Ansatzes resultiert diese negative Gefühlslage wiederum in einem ablehnenden Verhalten, um die kognitive Belastung zu mindern und wieder ein optimales Stimulationsniveau zu erreichen (vgl. Mehrabian/Russell 1974). Dieses Verhalten wurde in Form zahlreicher Reduktionsstrategien (z.B. selektive Wahrnehmung, Kaufabbruch, Informationssuche) in das KVW-Wirkungsgefüge einbezogen (vgl. Abb. 19, S. 78) (vgl. ausführlich dazu Schweizer 2005, S. 110ff.). Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Schweizer (2005) die KVW als Ergebnis eines Prozesses des Zusammenwirkens von erhöhter Informationsmenge und daraus folgender negativer emotionaler Gefühlslage, der der Konsument über zahlreiche Reduktionsstrategien entgegenwirkt, sieht. Diesen Prozess stellt er als Wirkungsgefüge dar, in dem der Zustand der KVW selbst nicht ersichtlich ist. Konsumentenverwirrtheit wird damit nicht als eigenständiges Konstrukt definiert. Kritisch ist folglich anzumerken, dass die Darstellung des Wirkungsprozesses für die Entwicklung einer klaren inhaltlichen Konzeptualisierung der KVW als „eigenständiges“ Konstrukt eher rückschrittlich ist. Trotzdem enthält diese Art der Konzeptualisierung Anknüpfungspunkte für den Kontext der vorliegenden Arbeit. Das gesamte Konzept des Wirkungsgefüges der KVW eignet sich weniger für die Adaption auf die zu untersuchende Fragestellung dieser Arbeit, da die KVW nicht als eigenständiges Konstrukt konzeptualisiert wurde. Jedoch bietet die Konzeptualisierung der Umweltvariablen als Auslöser von KVW einen Ansatzpunkt für weitere theoretische Überlegungen im Rahmen dieser Arbeit, da davon auszugehen ist, dass die Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher im Rahmen der Sportveranstaltungen gleichfalls als Auslöser von KVW fungieren könnten. Aus diesem Grunde soll im Folgenden die Konzeptualisierung der Informationsraten im KVW-Wirkungsgefüge von Schweizer (2005) näher betrachtet werden. 1.1.5.2 Konzeptualisierung der Informationsrate Im Gegensatz zum umweltpsychologischen Ansatz, der die Informationsrate als „Menge an Informationen, die in einer Zeiteinheit in der Umwelt enthalten sind oder wahrgenommen werden“ (vgl. Mehrabian 1978, S. 16) auf einem eher allgemeinen, quantitativen Level betrachtet, nimmt Schweizer (2005, S. 96ff.) auf den Arbeiten der Umweltpsychologie und KVW-Forschung aufbauend eine detaillierte Klassifikation der Stimuli anhand abstrakter Reizeigenschaften vor. Letztlich identifiziert er fünf konstituierende Variablen der Informationsrate: Stimulivielfalt, Stimulineuartigkeit, Stimulikomplexität, Stimulikonflikt und
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Entwicklung eines Modells zur Erklärung negativer Wirkungen
Stimuliirritation, die als summativer Effekt die wahrgenommene Reizintensität der Umwelt beeinflussen (vgl. Schweizer 2005, S. 103). Unter Stimulivielfalt subsumiert der Autor sowohl die Stimuliüberlastung als auch die Stimuliähnlichkeit. Entgegen vorheriger Konzeptualisierungen (vgl. z.B. Mitchell/ Papavassiliou 1999; Walsh 2002a) fasst Schweizer (2005) beide Stimulieigenschaften unter dem Begriff der Vielfalt zusammen, da ein kausaler Zusammenhang unterstellt wird. Bijmolt/Wedel/Pieters/ DeSarbo (1998, S. 253) argumentieren, dass verschiedenartige Angebote ab einer bestimmten Zahl vom Konsumenten auch als ähnlich wahrgenommen werden können. Folglich entschließt sich Schweizer (2005), die beiden Variablen nicht voneinander zu trennen. Die Stimulivielfalt umfasst die Vielzahl und Ähnlichkeit von Produkt- und Werbeinformationen, die auf den Konsumenten einwirken. Wie bereits bei den Ausführungen zu Walshs (2002a) Konzeptualisierung wahrgenommener Stimulusähnlichkeit (vgl. Kapitel D1.1.4.1) und wahrgenommener Stimulusüberlastung (vgl. D1.1.4.2) verdeutlicht, zeigt sich auch im Rahmen des Sponsorings und des Ambush-Marketings von Sportveranstaltungen eine Vielzahl von inhaltlich (Bezug zum Sportereignis) oder formal (z.B. Logo der Sportveranstaltung) ähnlichen Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher, da sie für einen erfolgreichen Imagetransfer einen eindeutigen Bezug zum Sportereignis herstellen müssen. Die Stimulikomplexität zielt auf die Qualität der Informationen ab und umschreibt eine „diffuse, unklare subjektive Wahrnehmung“ (Schweizer 2005, S. 102). Eine genauere inhaltliche Beschreibung dieser Ausprägung legt Schweizer (2005) jedoch nicht vor. Da der Autor diese Kategorie von den Konzeptualisierungen anderer Autoren (z.B. Mitchell/Papavassiliou 1999; Walsh 2002a) ableitet (vgl. Schweizer 2005, S. 99), ist zu vermuten, dass sich die Begriffsbestimmung an der von Mitchell/Papavassiliou (1999) anlehnt, derer sich auch Walsh (2002a) in seiner Dimension „Stimulusunklarheit“ bediente. Dabei wird von „mehrdeutigen, irreführenden, konfligierenden oder inadäquaten Informationen“ gesprochen (vgl. Mitchell/Papavassiliou 1999, S. 320). Schweizer (2005) formuliert jedoch als Stimulikonflikt eine weitere Umweltvariable, so dass anzunehmen ist, dass er unter Stimulikomplexität vor allem mehrdeutige, irreführende oder inadäquate Informationen subsumiert. Die Betrachtung der Operationalisierung der Variablen unterstützt diese Vermutung73. Als Schlussfolgerung ist diese Determinante am ehesten der von Walsh (2002a) identifizierten KVW-Dimension „Stimulusunklarheit“ (vgl. Abschnitt D1.1.4.3) gleichzusetzen. Folglich bedeutet dies für den vorliegenden Untersuchungskontext, dass es denkbar ist, dass die Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher im Rahmen sportlicher Großereignisse von den Konsumenten als uneindeutig oder irreführend wahrgenommen werden könnten.
Konsumentenverwirrtheit als negativer Kommunikationseffekt
81
Mehrdeutige Informationen beziehen sich im Sponsoringkontext z.B. auf die Anzahl und die Differenzierung der Sponsorenkategorien (eines Events), die häufig von den Konsumenten nicht voneinander unterschieden werden können. Meist ist aus der Bezeichnung der „Unterkategorien“ nicht erkenntlich, ob die Unternehmen noch einen Bezug zum Event haben oder nicht, z.B. als „Offizieller Getränkelieferant des olympischen Teams“. Den Konsumenten wird somit eine Einordnung der Unternehmen als Sponsoren oder Ambusher erschwert. Kann der Konsument keine wirkliche Verbindung des Unternehmens zum Sport erkennen, wirkt sich dies negative auf den seitens der Unternehmen angestrebten Imagetransfer aus. Als dritte Umweltvariable determiniert Schweizer (2005) den Stimulikonflikt. Dieser umfasst die subjektiv wahrgenommene Stärkegleichheit zweier Stimuli, die eine erhöhte Reaktionszeit des Konsumenten nach sich zieht (vgl. Schweizer 2005, S. 103). Da der Autor keine weitere Erklärung liefert, soll ein Beispiel aus der Operationalisierung die inhaltliche Bedeutung veranschaulichen: mangelnde Vertrauenswürdigkeit, verführende Verpackung und Preisaktionen sowie versteckte Preiserhöhungen werden als konfliktäre Reize angesehen (vgl. Schweizer 2005, S. 141). Übertragen auf den vorliegenden Untersuchungskontext könnte die wahrgenommene Stärkegleichheit zwischen Sponsor und Ambusher ein Beispiel bilden. Dies trifft jedoch tendenziell entweder nur auf zwei gleichwertig prominente Unternehmen zu oder diese wahrgenommene Stärkegleichheit wird durch andere Stimulieigenschaften, z.B. wahrgenommene Stimuliähnlichkeit, verursacht. Da diese Variable zudem nur ein mangelndes Abgrenzungsvermögen zur Stimulikomplexität von Werbeaktivitäten aufweist, scheint sie auf den ersten Blick nicht geeignet, eine besondere Eigenschaft der Stimuli der Sponsoren oder Ambusher zu erklären. Unter Stimulineuartigkeit fasst Schweizer (2005) wahrgenommene Reize zusammen, die dem Konsumenten noch nicht bekannt sind und bei ihm deshalb noch keine kognitiven Schemata entstehen konnten. Die neuartigen Stimuli gelten als reizstark, da sie als ungewohnt oder unerwartet wahrgenommen werden (vgl. Schweizer 2005, S. 101). Erst nach einiger Zeit verlieren diese Stimuli aufgrund von Lernprozessen ihren Neuigkeitswert (vgl. Stern/Ray/ Davis 1980, S. 56). Diese Stimulieigenschaft lässt sich auch auf die Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher im Rahmen von Sportveranstaltungen adaptieren. Versucht z.B. ein Ambusher durch Werbeaktivitäten mit Assoziation zum Sportereignis Aufmerksamkeit zu erreichen, ohne dass er je zuvor eine Werbemaßnahme mit sportlichem Bezug einsetzte, kann – vorausgesetzt der Ambusher fällt überhaupt auf – dieser Werbereiz als neuartig wahrgenommen werden. Gleiches gilt, insofern dem Konsumenten unbekannte Marken mit dem Sportereignis
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So wurden z.B. diffuse Konsumenteninformationen, zu kleine Schriften, fehlende Übersichtlichkeit, unklare Preis-Leistungs-Hierarchie oder eine komplexe Kundenkarte als „komplexe“ Stimuli (vgl. Schweizer 2005, S. 141) operationalisiert.
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werben. Dabei könnte sowohl die Bekanntheit der Marke selbst als auch deren Sportengagement als neuartig gelten. Im Weiteren wurde zu den von Schweizer (2005) theoretisch erarbeiteten o.g. vier Variablen quasi induktiv im Rahmen einer qualitativen Analyse als fünfte Umweltvariable die Stimuliirritation identifiziert. Sie umfasst vor allem Konsumentenärgernisse (z.B. unangenehme Ladenatmosphäre, Warteschlangen, Personalmangel), die den Informationsprozess beeinträchtigen und zu Unmut als negative Emotion führen können (vgl. Schweizer 2005, S. 170). Auch für die Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher ist zu vermuten, dass diese als Folge wahrgenommener Stimulusüberlastung Konsumentenärgernisse verursachen können. Diese stellen jedoch als andere Konstrukte (z.B. negative Emotionen) eher eine Folge anderer Stimulieigenschaften dar. Die Stimuliirritation eignet sich damit als KVW-verursachende Determinante auf der Ebene der Stimulieigenschaften für folgende Betrachtungen weniger. 1.1.5.3 Zusammenfassende Erkenntnisse Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Schweizers (2005) grundsätzliches Konstruktverständnis von KVW vorherigen Anätzen ähnelt, indem er KVW als negative Folge „...des Überschreitens der individuellen Kapazitätsgrenze zur Aufnahme und Verarbeitung von Umweltstimuli“ (Schweizer 2005, S. 29) beschreibt. Der zentrale Unterschied der Konzeptualisierung Schweizers (2005) gegenüber vorhergehenden Ansätzen liegt in der Erweiterung der kognitiven Perspektive auf die KVW um die emotionale Komponente. Folglich wird KVW als „emotional geladener, dysfunktionaler Gemütszustand“ (vgl. Schweizer 2005, S. 29) determiniert. Insgesamt ist am Vorgehen Schweizers (2005) positiv anzumerken, dass er in seine ganzheitliche Konzeptualisierung der KVW zusätzlich KVW-beeinflussende Stimuli einbezieht. Im Gegensatz zu Walshs (2002a) Konzeptualisierung trennt der Ansatz zwischen Reiz und Reaktion, d.h. zwischen KVW-auslösender Informationsrate und KVW, was positiv zu bewerten ist. Im Umkehrschluss zeigt sich jedoch, dass der Autor aufbauend auf Erkenntnissen der Umweltpsychologie das Konstrukt der KVW in seinem Wirkungsgefüge nicht als eigenständige Variable, sondern als negative emotionale Reaktion auf Verarbeitungsprobleme der zunehmenden Informationsrate konzeptualisiert. Die mangelhafte, konzeptuelle Trennung zwischen den Konstrukten der KVW und Emotionen ist kritisch zu sehen, zumal in der empirischen Analyse lediglich die Determinanten der Informationsrate und Emotionen gemessen wurden, jedoch keine „Verwirrtheit“. Es soll an dieser Stelle nicht bestritten werden, dass diese negativen Emotionen nach dem umweltpsychologischen Modell von Mehrabian/Russell (1974) durchaus Begleiterscheinungen auftretender KVW sein können. Aus methodischer Sicht muss jedoch dafür plädiert werden, KVW als „eigenständiges“ Konstrukt zu konzeptualisieren, um es von anderen Konstrukten (z.B. Emotionen) abzugrenzen und eine spätere Messung über „Hilfswerkzeuge“ zu vermeiden.
Konsumentenverwirrtheit als negativer Kommunikationseffekt
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Für den vorliegenden Untersuchungskontext bleibt zusammenfassend zu konstatieren, dass zwar nicht die Konzeptualisierung des Konstruktes der KVW, aber die Konzeptualisierung der Informationsrate als Auslöser von KVW den Grundüberlegungen dieser Arbeit entspricht und folglich einen Ansatzpunkt für weitere Denkannahmen bezüglich negativer Konsequenzen steigender Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher bietet. Die bisherigen Annahmen dieser Arbeit gehen aufgrund der aktuellen Entwicklungen im Umfeld des Sponsorings bedeutender Sportveranstaltungen (vgl. insbesondere Kapitel B2 und B3) davon aus, dass die Menge und Eigenschaften der Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher der Sportveranstaltung Ursachen zeitlich verzögerter, negativer Konsequenzen, z.B. Konsumentenverwirrtheit, sind. Es eignen sich jedoch nach der ersten Analyse nicht alle fünf Determinanten zur Erklärung der Werbeaktivitäten im Rahmen sportlicher Großereignisse als Auslöser negativer Konsequenzen. Ähnlich den Überlegungen zu den Dimensionen in Walshs (2002a) Konzeptualisierung (vgl. Abschnitt D1.1.4.4) erscheint es plausibel, dass Konsumenten die Werbeaktivitäten als vielzahlig, ähnlich, widersprüchlich und/oder mehrdeutig wahrnehmen. Darüber hinaus könnten die Konsumenten die Stimuli als neuartig bewerten. Zusammen entspricht dies den Umweltvariablen Stimulivielfalt, Stimulikomplexität und Stimulineuartigkeit. Die von Schweizer (2005) identifizierten Variablen der Informationsrate Stimulikonflikt und Stimuliirritation scheinen für die Beschreibung der Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher als KVW-auslösende Stimuli nach dieser ersten Analyse nicht geeignet. Eine weitere Diskussion zur Übertragung der Stimulieigenschaften auf den vorliegenden Untersuchungskontext folgt in den weiteren Abschnitten. Zunächst soll jedoch eine kurze Zusammenfassung der wesentlichen Erkenntnisse aus der Analyse bisheriger Konzeptualisierungen erfolgen, um in komprimierter Form herauszuarbeiten, inwieweit das Konzept der KVW für den vorliegenden Untersuchungskontext geeignet ist. 1.1.6
Kritische Zusammenfassung bisheriger Konzeptualisierungen als Grundlage eines weiterführenden Ansatzes Das Grundanliegen der Ausführungen in diesem Kapitel war es, anhand der Untersuchung bisheriger Konzeptualisierungen der Konsumentenverwirrtheit in der Marketingliteratur zu prüfen, inwiefern sich bestehende Ansätze eignen, das Konstrukt auf den Kontext des Sponsorings, insbesondere als negative Auswirkung zunehmender Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher bei Sportveranstaltungen, zu übertragen. Bisherige Plausibilitätsüberlegungen aus den dargestellten Entwicklungen des Sponsoringumfeldes sportlicher Großereignisse (vgl. Kapitel B) lassen vermuten, dass die wahrgenommenen Eigenschaften der Werbeaktivitäten Konsumentenverwirrtheit als negative Konsequenz verursachen können. Nach der Analyse bisheriger Konzeptualisierungen der KVW kann diese Vermutung theoretisch gestützt werden. Das Konzept der KVW scheint folglich geeignet, eine mögliche negative Konsequenz aus der beschriebenen Entwicklung im Sponsoringumfeld von Sportveranstaltungen zu erklären.
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Entwicklung eines Modells zur Erklärung negativer Wirkungen
An den Kritikpunkten bisheriger Ansätze zeigte sich jedoch, dass sich keine der bisherigen Konzeptualisierungen eignet, sie ohne weitere Anpassungen auf den Untersuchungsrahmen des Sponsorings und des Ambush-Marketings im Rahmen von Sportveranstaltungen zu übertragen. Eine neue Konzeptualisierung scheint gerechtfertigt, insbesondere, da eine Anwendung des Konstruktes der KVW auf den Sponsoringkontext bislang nicht erfolgte. Die Zusammenfassung der bisherigen Konzeptualisierungen der KVW zeigt, dass das Konstrukt der KVW in der marketingwissenschaftlichen Literatur bislang als negative Auswirkung von Marketingaktivitäten einen nur vergleichsweise geringen Stellenwert einnimmt. Aus diesem Grund wurden bislang verschiedene Erklärungskonzepte zur KVW vorgelegt und diskutiert; es mangelt aber noch immer an einer inhaltlich eindeutigen und allgemein gültigen Konzeptualisierung. Walsh (2002a) und Schweizer (2005) sind bisher die einzigen Autoren, die das Konstrukt ganzheitlich theoretisch aufarbeiten. Wie die Ausführungen in den jeweiligen Kapiteln (vgl. Abschnitte D1.1.4und D1.1.5) belegen, bieten für die vorliegende Untersuchung vor allem ihre beiden Ansätze Erkenntnisse für eine Adaption des Konstruktes auf den vorliegenden Untersuchungskontext. Gemein ist beiden Ansätzen, dass sie KVW als eine Folgeerscheinung der Überschreitung der individuellen Informationsverarbeitungskapazität des Konsumenten und somit als Fehler im Informationsverarbeitungsprozess beschreiben. Dieser Ansicht soll in der vorliegenden Arbeit gefolgt werden. Es ist zu vermuten, dass die Vielzahl und die Eigenschaften der Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher im Rahmen von Sportveranstaltungen aufgrund beschränkter Informationsverarbeitungskapazität der Konsumenten zu einem Fehler im Informationsverarbeitungsprozess führen können. Die weitere Konzeptualisierung der beiden Ansätze Walshs (2002a) und Schweizers (2005) unterscheiden sich jedoch. Walsh (2002a) entwickelt in seiner Konzeptualisierung ein klares Begriffsverständnis der KVW als „...eine durch externe Stimuli ausgelöste bewusste und unbewusste Störung der Informationsverarbeitung von Konsumenten temporärer Natur...“, die positiv hinsichtlich einer eindeutigen Begriffsdefinition des Konstruktes zu werten ist. Im Folgeprozess definiert der Autor die KVW jedoch als mehrfaktorielles, dreidimensionales Konstrukt. Walsh (2002a) unterstellt, dass zwischen den postulierten Dimensionen und der KVW keine zeitliche Verzögerung besteht. Der Autor nimmt folglich an, dass sich der Grad der KVW gleichzeitig mit der Zu- und Abnahme einer der drei Dimensionen ändert. Würde ein kausaler Zusammenhang unterstellt, dann würde die Veränderung einer unabhängigen Variablen der KVW (z.B. wahrgenommene Stimulusunklarheit) zeitlich vorangehen und die KVW beeinflussen. Walsh (2002a) geht jedoch nicht von einem solchen Kausalzusammenhang aus. Es ist folglich kritisch anzumerken, dass er nicht zwischen KVW-auslösenden Stimuli (wahrgenommene Stimulusähnlichkeit, wahrgenommene Stimulusüberlastung, wahrgenommene Stimulusunklarheit) und darauf folgender Reaktion (KVW) trennt.
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Schweizer (2005, S. 29) nimmt ebenfalls an, dass Konsumentenverwirrtheit „durch das (temporäre) Überschreiten der individuellen Kapazitätsgrenze zur Aufnahme und Verarbeitung von Umweltstimuli“ verursacht wird. Er nutzt diese Beschreibung jedoch nicht als eigentliche Definition des Konstruktes. Vielmehr konzeptualisiert er die KVW als negative emotionale Reaktion auf Verarbeitungsprobleme der zunehmenden Informationsrate und damit als Konsequenz eines Wirkungsgefüges. Folglich ist die mangelhafte, konzeptuelle Trennung zwischen den Konstrukten der KVW und der Emotion kritisch zu bewerten. Daraus wird geschlussfolgert, dass sich diese Beschreibung der KVW nicht als Grundverständnis des Konstruktes für den vorliegenden Untersuchungskontext eignet. Positiv ist an der Konzeptualisierung Schweizers (2005) herauszustellen, dass der Autor eindeutig zwischen Reiz und Reaktion, d.h. zwischen KVW-auslösender Informationsrate und KVW selbst unterscheidet. Die detaillierte Klassifikation KVW-auslösender Stimuli als konstituierende Variablen der Informationsrate anhand abstrakter Reizeigenschaften bringt auch für den vorliegenden Untersuchungsrahmen negativer Auswirkungen der Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher im Rahmen von Sportveranstaltungen einen Erkenntnisfortschritt. Zusammenfassend zeigt sich, dass zur Adaption der KVW auf den vorliegenden Untersuchungskontext eine Neukonzeptualisierung des Konstruktes notwendig ist. In Folge soll eine Synthese der wesentlichen Erkenntnisse der Forschungsarbeiten von Walsh (2002a) und Schweizer (2005) genutzt werden. Die Kerndefinition Walshs (2002a) und somit das grundsätzliche Verständnis dieses Konstruktes (wie es auch Schweizer 2005 nutzt) scheint für weitere Überlegungen eines „eigenständigen“ Konstruktes der KVW dienlich. Dem Ansatz einer mehrdimensionalen Konzeptualisierung wird allerdings nicht weiter gefolgt. Entsprechend des empfohlenen Vorgehens zur Konzeptualisierung von Konstrukten nach Edwards/Bagozzi (2000), ist besonders darauf zu achten, dass Ursache und Wirkungen als „distinct entities“ eindeutig voneinander getrennt werden. Da es vorstellbar ist, dass das Phänomen der KVW eine negative Folge verschiedener wahrgenommener Merkmale der jeweiligen Stimuli ist, ist folglich zwischen dem Konstrukt der KVW und seinen Antezedenten zu unterscheiden. Bei der Konstruktdefinition wird dem o.g. Grundverständnis der KVW als Fehler im Informationsverarbeitungsprozess des Konsumenten gefolgt. Entgegen der Auffassung Schweizers (2005) wird die KVW jedoch nicht allein als zwangsläufig emotionaler Zustand verstanden. Es soll nicht ausgeschlossen werden, dass KVW auch an emotionale Reaktionen gekoppelt sein kann. Es handelt sich aber um zwei distinkte Konstrukte (KVW und Emotionen)74. Zur Bestimmung der Antezedenten, d.h. der KVW-auslösenden Stimulieigenschaften, eignen sich wiederum beide Ansätze, von Walsh (2002a) und von Schweizer (2005). Sowohl die von Walsh (2002a) postulierten Dimensionen der KVW als auch die von Schweizer (2005) erarbeiteten konstituierenden Variablen der
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Im Weiteren wäre zu prüfen, ob die Konsumentenverwirrtheit stets von Emotionen begleitet ist und von welcher Ausprägung diese sind. Letztlich wird damit die Abhängigkeit zwischen zwei eigenen Konstrukten geprüft, was nicht Gegenstand der vorliegenden Arbeit sein soll.
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Entwicklung eines Modells zur Erklärung negativer Wirkungen
Informationsrate als Auslöser der KVW sollen einen Ansatz zur Identifikation möglicher KVW-auslösender Eigenschaften der Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher liefern. Insgesamt kann konstatiert werden, dass eine Anpassung der bisherigen Konzeptualisierungen auf den Untersuchungsrahmen des Sponsorings und des Ambush-Marketings im Rahmen von Sportveranstaltungen notwendig ist. Aus den wesentlichen Ansatzpunkten bisheriger Forschungen soll im Folgenden eine neue Konzeptualisierung erfolgen. 1.2 Neukonzeptualisierung der Konsumentenverwirrtheit und seiner Antezedenten Wie in den Ausführungen im vorherigen Abschnitt bereits kurz beschrieben, soll in der folgenden Neukonzeptualisierung der Konsumentenverwirrtheit entsprechend des in der Literatur empfohlenen Vorgehens (vgl. Edwards/Bagozzi 2000) das Konstrukt der KVW von seinen Antezedenten getrennt und die entsprechende Konzeptualisierung auf den vorliegenden Untersuchungsrahmen übertragen werden. Im nächsten Abschnitt wird zunächst die KVW definiert, bevor in D1.2.2 die Bestimmung der Antezedenten der KVW erfolgt. 1.2.1 Neukonzeptualisierung der Konsumentenverwirrtheit Konsumenten besitzen nach dem „Information Overload Paradigma“ nur eine limitierte Kapazität, Informationen aufzunehmen und zu verarbeiten. Ein Überschreiten dieser Kapazität führt zu wahrgenommener Informationsüberlastung (vgl. Jacoby/Speller/Berning 1974; Jacoby/Speller/Kohn 1974; Malhotra/Jain/Lagakos 1982; Eppler/Mengis 2004), die einen Fehler im Verarbeitungsprozess bewirkt (vgl. Cacioppo/Petty/Morris 1983). Sind Konsumenten aufgrund ihrer beschränkten Informationsverarbeitungskapazität nicht mehr in der Lage, die Informationen entsprechend zu verarbeiten (Zustand der Stimuliüberlastung), tendieren sie nach der Stimulus-Load-Theorie dazu, Reize aus der Umwelt zu ignorieren bzw. zu selektieren (vgl. Veitch/Arkkelin 1995, S. 20f.). Cacioppo/Petty/Morris (1983, S. 25) merken an, dass Konsumenten weder die Ressourcen haben „to think exhaustively about every persuasive appeal to which they are exposed” noch „the luxury (or apparently the inclination) of being able to ignore them all”. Ein fehlerhafter Informationsverarbeitungsprozesses als Folge der Informationsüberlastung verursacht wiederum sog. „dysfunktionale Konsequenzen“ (Malhotra 1984b, S. 10). Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass mit zunehmender Informationsmenge sowohl die Entscheidungsdichte (vgl. Malhotra 1984b, S. 10) als auch die Entscheidungsqualität (vgl. u.a. Jacoby/Speller/Kohn 1974) sinkt. Mögliche negative „dysfunktionale Konsequenzen“ sind z.B. Stress, Frustration, Angst oder Konsumentenverwirrtheit75 (vgl. Eppler/Mengis 2004, S. 326; Malhotra/Jain/Lagakos 1982, S. 27; Malhotra 1984, S. 10; Schweizer 2005, S. 87).
75
Als weitere Konsequenzen werden „panic“, „perplexity“ und „withdrawal“ genannt (vgl. Malhotra 1984, S. 10).
Konsumentenverwirrtheit als negativer Kommunikationseffekt
87
Für die vorliegende Arbeit kann somit konstatiert werden, dass die KVW eine mögliche negative Konsequenz eines fehlerhaften Informationsverarbeitungsprozesses aufgrund von Stimuliüberlastung darstellt, die durch bestimmte Stimulieigenschaften (z.B. zu viele, ähnliche, neuartige Stimuli) ausgelöst wird. Dementsprechend kann dieser Arbeit folgende allgemeingültige Definition von KVW zugrunde gelegt werden, die eine Betrachtung des Phänomens auch im Rahmen der Kommunikationsforschung erlaubt. KVW wird definiert als die durch eine Summe von individuell wahrgenommenen, externen Stimulieigenschaften ausgelöste, bewusste oder unbewusste Störung der Informationsverarbeitung von Konsumenten temporärer Natur, die es dem Konsumenten erschwert, die auslösenden Stimuli zu selektieren und zu interpretieren. Betrachtet man nunmehr die bisherigen Überlegungen dieser Arbeit bezüglich aktueller Entwicklungen zunehmender Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher im Umfeld bedeutender Sportereignisse (vgl. B3, S. 39), ist nach dem Information Overload Paradigma (vgl. Jacoby/Speller/Berning 1974; Jacoby/Speller/Kohn 1974; Malhotra/Jain/Lagakos 1982; Eppler/Mengis 2004) davon auszugehen, dass Konsumenten ab einer bestimmten Menge an Werbeinformationen diese nicht mehr äquivalent verarbeiten können und als negative Konsequenz Konsumentenverwirrtheit auftreten könnte. Die Individuen sind dann nicht mehr in der Lage, diese vielfältigen Stimuli der Sponsoren und Ambusher mit Bezug zum Sportereignis zu selektieren bzw. zu interpretieren. Die allgemeingültige Begriffsbestimmung von KVW lässt sich damit für den vorliegenden Untersuchungskontext im Rahmen des Sponsorings von Sportveranstaltungen und des Ambush-Marketings spezifizieren. Danach wird KVW definiert als… … die durch eine Summe von individuell wahrgenommenen Eigenschaften von Sponsoringund Ambush-Marketing-Maßnahmen ausgelöste bewusste und unbewusste Störung der Informationsverarbeitung von Konsumenten temporärer Natur, die es dem Konsumenten erschwert, die Sponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen im Umfeld von Sportveranstaltungen zu selektieren und zu interpretieren. Basierend auf dieser Definition äußert sich KVW als Folge der zahlreichen Sponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen im Umfeld bedeutender Sportveranstaltungen vor allem darin, dass der Konsument die Beziehung des Unternehmens (bzw. der Marke) zum Sportereignis als Sponsor oder Ambusher nicht eindeutig identifizieren kann. Folglich ist insbesondere das Ziel eines erfolgreichen Imagetransfers zwischen Sportereignis und Unternehmen sowohl seitens der Sponsoren als auch seitens der Ambusher gefährdet. Kann der Konsument beispielsweise keine eindeutige Assoziation zwischen Unternehmen und Sportereignis erkennen, ist zu vermuten, dass er in diesem Falle (unbewusst) auf Entscheidungsheuristiken, wie z.B. Markenprominenz (vgl. Pham/Johar 2001) und dadurch gelernte Marken-Event-Assoziationen (z.B. McDonald’s, Coca-Cola als Eventsponsoren) zurückgreift (vgl. Ausführungen in Abschnitt C2.1, S. 50f.). Dies könnte einerseits prominente Ambusher
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Entwicklung eines Modells zur Erklärung negativer Wirkungen
gegenüber weniger bekannten Sponsoren bevorteilen. Andererseits streben auch Sponsoren der Sportveranstaltung eine eindeutige Assoziation zum Sportereignis an, die durch fehlerhafte Interpretation der Ambusher als „vermeintliche“ Sponsoren gefährdet sein könnte. Konsumentenverwirrtheit stellt daher als „Störung der Informationsverarbeitung“ eine negative Auswirkung für beide Event-Parteien dar. Ursächlich für die fehlerhafte Informationsverarbeitung der Konsumenten und folglich für die KVW ist, wie bereits mehrfach dargelegt, die steigende Informationskomplexität durch zunehmende Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher im Rahmen bedeutender Sportveranstaltungen. Die zunehmenden Werbemaßnahmen resultieren u.a. daraus, dass insbesondere Sportveranstaltungen mit medialer Bedeutung aufgrund ihres Interesses bei der Bevölkerung eine Erfolg versprechende Kommunikationsplattform bieten. Die Forschungsergebnisse zur Informationsüberlastung belegen, dass nicht allein die Menge, sondern vor allem spezifische Stimulieigenschaften (vgl. Sparrow 1998), wie z.B. "the level of uncertainty” und “the level of ambiguity, novelty, complexity“ (Schneider 1987, S. 45) Informationsüberlastung und als Folge KVW auslösen können (vgl. Malhotra 1984, S. 10; Schweizer 2005, S. 87). Ähnliche Ergebnisse zeigen - wie in den Abschnitten D1.1.4 und D1.1.5 dargelegt - bisherige Ansätze der KVW-Forschung, insbesondere die Konzeptualisierungen von Walsh (2002a) und Schweizer (2005). Damit ist es für den vorliegenden Untersuchungskontext bedeutend, die wesentlichen Eigenschaften der Stimuli der Sponsoren und Ambusher zu identifizieren, die zu KVW führen können. Dafür werden im Folgenden insbesondere die Erkenntnisse von Walsh (2002a) und Schweizer (2005) genutzt. 1.2.2 1.2.2.1
Neukonzeptualisierung der Informationsrate als Antezedenten der KVW
Definition der Informationsrate und Identifikation ihrer konstituierenden Variablen Wie bereits mehrfach in den bisherigen Ausführungen dieser Arbeit dargelegt, resultiert ein Fehler in der Informationsverarbeitung letztlich aus der Wahrnehmung bestimmter Eigenschaften der Marketing-Stimuli. Ähnlich vorheriger Konzeptualisierungen (vgl. Schweizer 2005) soll in Anlehnung an Mehrabian (1978, S. 16) und Steenkamp/Baumgartner/Van der Wulp (1996) die Summe an wahrgenommenen Eigenschaften der Marketing-Stimuli, die zu KVW führen kann, als Informationsrate bezeichnet werden. Diese stellt im ursprünglichen Sinne die „Menge von Informationen dar, die in einer Zeiteinheit in der Umwelt enthalten ist oder wahrgenommen wird“ (Mehrabian 1978, S. 16). Je mehr Informationen in einer Umgebung vorhanden sind oder wahrgenommen werden, desto höher ist die Informationsrate (vgl. Mehrabian 1978, S. 16). Da grundsätzlich alle aktivierenden Reize zur Erhöhung der Informationsrate führen (vgl. Schweizer 2005, S. 86), ist zwischen dem tatsächlich vorhandenen (objektiven) Reizvolumen und dem wahrgenommenen, interindividuell verschiedenen subjektiven Reizvolumen zu unterscheiden (vgl. Gröppel 1991, S. 126; Huffman/Kahn 1998, S.
Konsumentenverwirrtheit als negativer Kommunikationseffekt
89
493). Besonders das subjektive Reizvolumen ist ein Auslöser für einen fehlerhaften Informationsverarbeitungsprozess und in Konsequenz für KVW. Erkenntnisse der Forschung zur Informationsüberlastung (vgl. Malhotra 1984, S. 10; Sparrow 1998), zur Werbewirkung (vgl. Ha 1996; Ha/McCann 2008)76 und zur KVW (vgl. Matzler/Waiguny 2005; Mitchell/Papavassiliou 1999; Schweizer 2005; Turnbell/Leek/Ying 2000; Walsh 2002a) belegen, dass jedoch sowohl quantitative als auch qualitative Stimulieigenschaften Fehler im Informationsverarbeitungsprozess und damit KVW verursachen. Folglich wird in dieser Arbeit das Verständnis der Informationsrate gegenüber der klassischen Definition (vgl. Mehrabian 1978, S. 16) erweitert. Die Informationsrate wird im vorliegenden Untersuchungsrahmen als die Summe an wahrgenommenen qualitativen und quantitativen Eigenschaften der Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher im Rahmen von Sportveranstaltungen bezeichnet. Zur Identifikation der wesentlichen Stimulieigenschaften können die in der Literatur bereits herausgearbeiteten KVW-Auslöser genutzt werden. Im Besonderen bieten die Konzeptualisierungen der KVW von Walsh (2002a) (vgl. Abschnitt D1.1.4) und Schweizer (2005) (vgl. Abschnitt D1.1.5.2) eine essentielle Grundlage, da sie bereits die vorherige Forschung einbeziehen. Wie bereits ausführlich dargelegt, stellt Walsh (2002a) drei wesentliche Einflussgrößen der KVW heraus: die wahrgenommene Stimulusähnlichkeit, die wahrgenommene Stimulusüberlastung und die wahrgenommene Stimulusunklarheit. Schweizer (2005) konzeptualisiert fünf konstituierende Variablen der Informationsrate: Stimulivielfalt, Stimulineuartigkeit, Stimulikomplexität, Stimulikonflikt und Stimuliirritation. Da diese Erkenntnisse im handelsspezifischen Kontext entstanden, wurden für die vorliegende Arbeit zunächst alle wesentlichen Determinanten dahingehend geprüft, ob sie im Rahmen der Kommunikationspolitik, speziell aus Sichtweise des Sponsorings und des Ambush-Marketings im Umfeld bedeutender Sportveranstaltungen, als mögliche KVW-Auslöser plausibel erscheinen. Die von Schweizer (2005) identifizierten Variablen Stimulikonflikt und Stimuliirritation wurden deshalb für die Beschreibung der Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher als KVW-auslösende Stimuli verworfen. Sie zielen im Wesentlichen auf einzelhandelsspezifische Problematiken ab (vgl. Schweizer 2005 und die Ausführungen in Abschnitt D1.1.5.2). Nachdem eine erste Beurteilung der Nutzbarkeit der Stimulieigenschaften für den vorliegenden Untersuchungskontext bereits in den Ausführungen zu den jeweiligen Konzeptualisierungen (vgl. Abschnitte D1.1.4 und D1.1.5.2) erfolgte und sich in den kommenden Abschnitten eine ausführliche Begründung der Auswahl für jede Variable anschließt, zeigt die folgende Tab. 3 zunächst einen Überblick der aus der Literatur identifizierten KVWauslösenden Stimulieigenschaften..
76
Ha (1996) konstatiert z.B., dass ein „Wirrwarr“ in der Werbelandschaft durch „degree of similarity and proximity of advertisements” entsteht.
90
Entwicklung eines Modells zur Erklärung negativer Wirkungen
Am Ende der Tabelle sind jene Stimulieigenschaften herausgearbeitet, die aus theoretischer Perspektive auf den Untersuchungskontext, d.h. die Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher im Rahmen bedeutender Sportveranstaltungen, übertragbar sind. Aufbauend auf den Erkenntnissen der bisherigen KVW-Forschung wurden die wahrgenommene Stimulivielzahl77, die wahrgenommene Stimuliähnlichkeit, die wahrgenommene Stimuliunklarheit und die wahrgenommene Stimulineuartigkeit als Dimensionen der Informationsrate78 identifiziert.
77
78
Schweizer (2005) fasst die Eigenschaften zu vieler und ähnlicher Stimuli zu einer Variablen, der Stimulivielfalt, zusammen, da er von einem kausalen Zusammenhang zwischen den beiden Variablen ausgeht. In der vorliegenden Arbeit werden Stimuliähnlichkeit und Stimulivielzahl jedoch getrennt voneinander betrachtet, auch wenn ein kausaler Zusammenhang möglich sein kann. In bisherigen Arbeiten finden sich unterschiedliche Bezeichnungen bezüglich des Numerus der Stimulieigenschaften. Während Walsh (2002a) von Stimulusdimensionen (Singular) spricht, greift Schweizer (2005) auf den Plural zurück und bezeichnet die KVW-Auslöser z.B. als Stimulivielfalt. Der Sicht des Plurals wird hier gefolgt, da sich die Eigenschaftsbeurteilung (z.B. Stimuliähnlichkeit) durch die Wahrnehmung mehrerer Stimuli ergibt.
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Konsumentenverwirrtheit als negativer Kommunikationseffekt Tab. 3: Übersicht KVW-auslösender Faktoren in bisherigen Studien Autor(en)
Ursachen bzw. auslösende Faktoren von KVW
Miaoulis/D’Amato (1978)
ähnliche Stimuli
Diamond (1981)
ähnliche Stimuli
Sproles/Kendall (1986)
zu viele Stimuli
Loken/Ross/Hinkle (1986)
ähnliche Stimuli
Foxman/Muehling/Berger (1992)
ähnliche Stimuli
Foxman/Berger/Cote (1992)
ähnliche Stimuli
Kapferer (1995a, 1995b)
ähnliche Stimuli
Rafiq/Collins (1996)
ähnliche Stimuli
Kohli/Thakor (1997)
ähnliche Stimuli
Balabanis/Craven (1997)
ähnliche Stimuli
Huffman/Kahn (1998) Mitchell/Papavassiliou (1999)
zu viele Stimuli ähnliche Stimuli
zu viele Stimuli
Chryssochoidis (2000)
unklare Stimuli
Turnbull/Leek/Ying (2000)
zu viele Stimuli
Brengman/Geuens/dePelsmacker 2001
ähnliche Stimuli
Walsh (2002a), auch Mitchell/Walsh/Yamin (2005) und Walsh/HennigThurau/Mitchell (2007)
ähnliche Stimuli
Schweizer (2005), auch Schweizer/Kotouc/Wagner (2006)
mehrdeutige, irreführende oder inadäquate Informationen
zu viele Stimuli
vielfältige Stimuli
unklare Stimuli
komplexe Stimuli
neuartige Stimuli, konfliktäre Stimuli, irritierende Stimuli
Stimuliähnlichkeit
Stimulivielzahl
Stimuliunklarheit
Stimulineuartigkeit Quelle: eigene Darstellung und Ergänzung in Anlehnung an Schweizer (2005) und Schweizer/Kotouc/Wagner (2006, S. 186)
1.2.2.2 Wahrgenommene Stimulivielzahl Aufbauend auf bisherigen Forschungsergebnissen wird davon ausgegangen, dass durch die Menge an Stimuli die Verarbeitungskapazität des Konsumenten überschritten werden kann und als Folge die Stimuliüberlastung (vgl. z.B. Eppler/Mengis 2004; Jacoby/Speller/Berning 1974; Jacoby/Speller/Kohn 1974; Malhotra/Jain/ Lagakos 1982) in negativer Konsequenz zu KVW (vgl. Huffman/Kahn 1998; Mitchell/Walsh/Yamin 2005; Schweizer 2005; Sproles/ Kendall 1986; Turnbull/Leek/Ying 2000; Walsh 2002a) führen kann. Sowohl die Menge an
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Entwicklung eines Modells zur Erklärung negativer Wirkungen
Werbeaktivitäten als auch die damit verbundene Fülle an Informationen (z.B. Produktnamen, Imagebotschaften) erschwert es dem Konsumenten, die unterschiedlichen Reize (z.B. Marken) eindeutig zu identifizieren. Somit kann die wahrgenommene Stimulivielzahl79 als KVW-Auslöser konstituiert werden. Im vorliegenden Untersuchungskontext der Sponsoring-Kommunikation wird die wahrgenommene Stimulivielzahl determiniert durch die wahrgenommene Summe an veranstaltungsbezogenen Produkt- und Werbeinformationen, kommuniziert über verschiedene Maßnahmen interinstrumenteller Integration (z.B. TV-Werbung, Verpackungsgestaltung). Hierbei ist das subjektiv wahrgenommene gegenüber dem objektiv vorhandenen Reizvolumen maßgeblich (vgl. Huffman/Kahn 1998, S. 493). Bezugnehmend auf vorherige Ausführungen (vgl. Kapitel B3, S. 39f.) sehen sich die Konsumenten im zeitlichen und räumlichen Umfeld bedeutender Sportveranstaltungen durch die interinstrumentelle Integration der Werbeaktivitäten eines Unternehmens als Sponsor einer Sportveranstaltung (z.B. der Fußball-WM) mit einer hohen Stimulimenge konfrontiert. Diese vervielfacht sich noch z.B. durch die Anzahl der Werbeaktivitäten anderer Sponsoren der Veranstaltung. Additiv streben weitere zahlreiche Ambusher eine Assoziation mit dem Event an und nutzen die Möglichkeiten von Kommunikationsmaßnahmen im Umfeld dieser Veranstaltungen. Beispiel: Bei den Olympischen Sommerspielen 2008 in Peking warben insgesamt 63 Sponsoren für das sportliche Großevent, bei der Fußball-EM 2008 in Österreich/Schweiz nutzten 17 Sponsoren das Turnier zu Kommunikationszwecken. Darüber hinaus fanden sich zahlreiche Ambusher. 1.2.2.3 Wahrgenommene Stimuliähnlichkeit Bezüglich der Stimuliähnlichkeit wurden in den bisherigen Studien abhängig vom Untersuchungsgegenstand meist physische Produktähnlichkeiten (zweier Marken) untersucht, die zu einer verfälschten Wahrnehmung beim Konsumenten führen können (vgl. Foxman/Berger/ Cote 1992; Kapferer 1995a, 1995b; Kohli/Thakor 1997; Loken/Ross/Hinkle 1986; Walsh/Henning-Thurau 2002). Darüber hinaus wurden auch Ähnlichkeiten von Werbebotschaften als KVW-Auslöser identifiziert (vgl. Poiesz/Verhallen 1989; Walsh 2002a, S. 72). Poiesz/-
79
Semantisch wird dabei bewusst von Stimulivielzahl und nicht analog (wie z.B. bei Walsh 2002a) von Stimuliüberlastung gesprochen. Dies liegt darin begründet, dass die vorliegende Konzeptualisierung die KVWAuslöser vom Konstrukt selbst trennt. KVW wird definiert als ein mögliches Ergebnis einer Störung im Informationsverarbeitungsprozess aufgrund von Stimuliüberlastung, welche wiederum durch die Variablen der Informationsrate (einzeln oder in deren Summe) ausgelöst wird. Stimuliüberlastung beschreibt den Zustand, in welchem die zu verarbeitende Informationsmenge größer ist als die individuelle Verarbeitungskapazität des Individuums (vgl. Eppler/Mengis 2004, S. 326). Folglich kann dieser Zustand durch die Summe verschiedenartiger Eigenschaften (d.h. zu vieler, ähnlicher, unklarer und neuartiger Reize) externer Stimuli eintreten. Damit können alle Variablen der Informationsrate einzeln oder in Summe zu Stimuliüberlastung und somit zu einem fehlerhaften Verarbeitungsprozess und in Folge zu KVW führen.
Konsumentenverwirrtheit als negativer Kommunikationseffekt
93
Verhallen (1989) konnten z.B. zeigen, dass ähnliche Werbeanzeigen einem dazugehörigen Produkt nicht immer richtig zugeordnet werden konnten. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass sich im Rahmen der hier untersuchten Sponsoring- und Ambush-Marketing-Kommunikation die Komplexität der Werbeinformationen für den Konsumenten durch sich inhaltlich oder formal ähnelnde visuelle und auditive Stimuli der Sponsoren und Ambusher erhöht. Aufgrund fehlender Unterscheidungsmerkmale der Werbeaktivitäten könnte als Folge eines fehlerhaften Informationsverarbeitungsprozesses KVW eintreten. Folglich wird die wahrgenommene Stimuliähnlichkeit als weiterer KVW-Auslöser bestimmt. Für eine missverständliche Wahrnehmung ist wiederum nicht die tatsächliche Ähnlichkeit der Stimuli, sondern vielmehr die wahrgenommene Ähnlichkeit bedeutend (vgl. Walsh/Wiedmann/Hennig-Thurau 2004, S. 94). Die inhaltliche Ähnlichkeit ergibt sich beim Veranstaltungssponsoring meist zwangsweise, da sich die Kommunikation auf das gleiche (Groß)Ereignis bezieht, z.B. die Olympischen Spiele oder die Fußball-WM. In den einzelnen Werbemaßnahmen steht somit die direkte Assoziation mit dem Event, z.B. durch Teilnehmer als Testimonials oder durch direkte Nennung der Veranstaltung oder die Verbindung zur Sportart im Vordergrund. Die Ähnlichkeit der Werbeaktivitäten erhöht sich, wenn verschiedene Unternehmen z.B. das gleiche Testimonial nutzen (wie z.B. sony, adidas, McDonald’s, Deutsche Bahn und Coca-Cola Michael Ballack anlässlich der Fußball-WM 2006). Im Weiteren finden sich im Rahmen der Sponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen von Veranstaltungen formal ähnliche Gestaltungsmittel, wie z.B. Slogans, Bilder, Logos. 1.2.2.4 Wahrgenommene Stimuliunklarheit Darüber hinaus zeigen bisherige Ansätze der KVW-Forschung (vgl. Mitchell/Papavassiliou 1999; Schweizer 2005; Walsh 2002a) und der Forschung zur Informationsüberlastung (vgl. Schneider 1987; Sparrow 1999), dass auch mehrdeutige, komplexe Informationen die Informationsverarbeitung und damit das Entstehen von KVW beeinflussen. Dies wird gestützt durch Erkenntnisse der Umweltpsychologie (vgl. z.B. Donovan/Rossiter 1982, S. 40; Mehrabian 1978, S. 16f.). Diese definieren die Informationsrate vor allem über die Komplexität und Neuartigkeit der Umwelt. Die Informationsrate ist umso höher, je abwechslungsreicher und neuartiger sie erlebt wird (vgl. Klaus 2006, S. 62). Ähnliches konstatiert Wohlwill (1966, S. 32), wonach die Verarbeitungskapazität neben der Intensität und Variation der Reize auch von deren Komplexität, Neuartigkeit und Inkongruenz abhängt. Darauf aufbauend werden zwei weitere Variablen der Informationsrate in die Konzeptualisierung einbezogen, die wahrgenommene Stimuliunklarheit und die wahrgenommene Stimulineuartigkeit (vgl. folgender Abschnitt D1.2.2.5). In Anlehnung an Walsh (2002a, S. 101) werden als qualitativer Aspekt der Informationsrate unpräzise, uneinheitliche, mehrdeutige, widersprüchliche und schwer verständliche Informationen im Rahmen von Sportveranstaltungen als wahrgenommene Stimuliunklarheit
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Entwicklung eines Modells zur Erklärung negativer Wirkungen
determiniert. Folgende Informationen könnten im Kontext des Sponsorings und des AmbushMarketings von Sportveranstaltungen seitens der Konsumenten als komplex und uneindeutig wahrgenommen werden: a. Zunächst resultiert die wahrgenommene Komplexität an Informationen aus der Vielzahl und der Differenzierung der Sponsorenkategorien (eines Events), die häufig von den Konsumenten nicht voneinander unterschieden werden können (vgl. Shani/Sandler 1998; Wakefield/Becker-Olsen/Cornwell 2007). Beispiel: So wurde bei der Fußball-EM 2008 in Österreich/Schweiz unterschieden in „EUROTOP-Partner“ (6 Unternehmen), „Event-Sponsoren“ (4 Unternehmen), „Nationale Förderer“ (7 Unternehmen, je drei aus beiden Gastgeberländern sowie 1 „offizieller Zeitmesser“). Die Sponsoren des IOC, die die XXIX. Olympischen Sommerspiele 2008 in Peking unterstützten, kategorisierten sich in 5 Kategorien: „Olympic Games Worldwide Partner“ (12 Unternehmen), Olympic Games Partners (11 Unternehmen), Olympic Games Sponsors (10 Unternehmen), Olympics Games Exclusive Suppliers (15 Unternehmen), Olympic Games Suppliers (15 Unternehmen). b. Darüber hinaus setzt sich der Pool von Sponsoren von sportlichen Großereignissen häufig aus den gleichen Branchen zusammen (z.B. Automobil, Elektronik, Finanzdienstleistung), jedoch differieren bei unterschiedlichen Ereignissen häufig die werbenden Unternehmen der jeweiligen Branche. Dies ist insbesondere bei zeitlich nahen und gleich bedeutenden Großereignissen (z.B. Olympische Sommerspiele und Fußball-EM, die stets alle 4 Jahre im gleichen Sommer stattfinden) problematisch. Hier besteht die Gefahr, dass der Konsument Schwierigkeiten hat, dem jeweiligen Ereignis den jeweils richtigen Sponsor bzw. Ambusher zuzuordnen. Beispiel: Wie in Tab. 4 ersichtlich, zeigen nur wenige Unternehmen ein kontinuierliches Engagement bei Großereignissen (adidas, Coca-Cola, McDonald’s). Dagegen wechseln die Sponsoren innerhalb anderer Branchen (z.B. MasterCard vs. VISA; Carlsberg vs. Budweiser) und innerhalb eines relativ kurzen Zeitraumes bezüglich des Ereignisses (Fußball-EM (EURO 2008): Juni 2008 vs. XXIX. Olympische Sommerspiele: August 2008). Zudem wechseln damit auch die Ambusher. c. Weiterhin wechseln über die Zeit die Sponsoren des gleichen Ereignisses und damit auch häufig die entsprechenden Ambusher (vgl. Tab. 4). Beispiel: MasterCard wurde als langjähriger Sponsor der FIFA in der Produktkategorie „Finanzdienstleistung“ im Jahre 2007 durch VISA ersetzt.
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Konsumentenverwirrtheit als negativer Kommunikationseffekt Tab. 4: Beispiele von Sponsoren verschiedener Sport-Großveranstaltungen Branche
Fußball-WM 2006 (Juni – Juli 2006)
UEFA Champions League (Juli 2007 – Mai 2008)
UEFA EURO2008 (Juni 2008)
Beijing 2008 Olympic Games
Fußball-WM 2010 (Juni – Juli 2010)
(August 2008)
Automobil
Hyundai
Ford
Hyundai/Kia
VW
Hyundai/Kia
Bier
Anheuser Busch
Heineken
Carlsberg
Budweiser
Budweiser
Elektronik
Philips
SONY
JVC
Samsung, Panasonic
SONY,
Fast Food
McDonald’s
Satyam
-
McDonald’s
McDonald’s
McDonald’s
Finanzdienstleistung MasterCard
MasterCard
MasterCard
VISA
VISA
ImagingTechnologien
-
Canon
Kodak
-
Fujifilm
Sportartikelhersteller adidas
-
adidas
adidas
adidas
Alkoholfreie Getränke
-
Coca-Cola
Coca-Cola
Coca-Cola
Coca-Cola
d. Wie Tab. 4 zudem zeigt, erhöht sich die Komplexität der Informationen für den Konsumenten aufgrund der Anzahl der Unternehmen, die neben den Großsportevents auch oder eben nur andere Events oder Turniere mit dem gleichen Bezug (z.B. Sportart Fußball: Biermarken) unterstützen oder sich in der Sportart oder im Sport allgemein engagieren. Beispiel: So sponsert MasterCard die UEFA Champions League, während VISA Sponsor der FIFA und folglich der Fußball-WM ist. Bitburger präsentierte als Programmsponsor z.B. die Live-Übertragungen der ARD und ZDF zur Fußball-WM 2006. Krombacher hingegen präsentiert die ARD Sportschau und die DSF-Fußball-Sendung Doppelpass. Die Champions League wird von Heineken gesponsert. e. Im Weiteren kann Stimuliunklarheit aus der Unfähigkeit der Konsumenten resultieren, eine Zuordnung der Unternehmen zu einzelnen Branchen und damit zu Sponsorenkategorien vorzunehmen. Dies erschwert wiederum das Erlernen der Marken und folglich den angestrebten Imagetransfer. Die Einordnung selbst ist weniger bedeutend. Dem Konsumenten ist aber meist bewusst, dass nur ein Unternehmen eine Branche vertritt. Wenn die Zuordnung somit für den Konsumenten nicht überschneidungsfrei ist, kann er sich in Folge auch die Unternehmen schlechter merken, was wiederum den seitens der Unternehmen angestrebten Imagetransfer beeinträchtigt. Beispiel: So waren bei der Fußball-WM 2002 in Südkorea Fujifilm, FujiXerox, JVC, Philips und Toshiba offizielle Sponsoren. Vier Jahre zuvor wurde in Frankreich das Ereignis durch Canon, Fujifilm, JVC und Philips unterstützt. Insgesamt setzt sich die wahrgenommene Informationskomplexität durch verschiedene Kombinationen der dargestellten Möglichkeiten zusammen.
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Entwicklung eines Modells zur Erklärung negativer Wirkungen
1.2.2.5 Wahrgenommene Stimulineuartigkeit Wie die Ausführungen der wahrgenommenen Stimuliunklarheit bereits verdeutlichen, verweisen die Betrachtungen der Umweltpsychologie (vgl. Mehrabian/Russel 1974) und die Forschung zur Informationsüberlastung (vgl. Schneider 1987) darauf hin, dass auch neuartige Stimuli die Reizintensität der Umwelt erhöhen können. Damit stellt die wahrgenommene Stimulineuartigkeit eine weitere Determinante der Informationsrate dar. Im Rahmen der Forschungen zur Konzeptualisierung der KVW wurde sie bislang nur von Schweizer (2005) als Variable der Informationsrate betrachtet80. Auch im Rahmen des Sponsorings bzw. Ambush-Marketings ist es denkbar, dass der Konsument mit für ihn neuartigen Stimuli konfrontiert wird. Als neuartig gelten Reize, die dem Konsumenten noch nicht bekannt sind und deshalb bei ihm keine kognitiven Schemata aufweisen (vgl. Schweizer 2005; Wiedmann/Walsh/Klee 2001). Im Rahmen des Sponsorings bzw. des Ambush-Marketings umfasst dies u.a. wahrgenommene neuartige Sponsoren bzw. Ambusher einer Sportveranstaltung bzw. deren Werbeaktivitäten. a. So nutzen bspw. den Konsumenten unbekannte Unternehmen als Sponsoren oder Ambusher Sportveranstaltungen als Kommunikationsplattform. Diese Marken müssen von den Konsumenten erst noch gelernt werden, weshalb die Information als neuartig gewertet wird. Beispiel: Relativ unbekannt scheint dem Endverbraucher im europäischen Markt z.B. der neue Sponsor der Fußball-WM 2010 Satyam, ein indisches Software- und Beratungsunternehmen. b. Darüber hinaus könnten Unternehmen mit gewisser Markenbekanntheit beim Konsumenten als „neuer“ Sponsor im Rahmen der Kommunikation mit Sport auftreten, ohne dass dieses Unternehmen vorher im Umfeld der Sportkommunikation, aber bspw. im Rahmen von Kultursponsoring tätig war. Die Konsumenten wären in diesem Falle auf diese Art des Engagements des Unternehmens, i.S.v. Sportsponsoring, noch nicht konditioniert und würden diese Information auch als neuartig werten (versus hohe Konditionierung bei bekannten Marken wie adidas, Coca-Cola, McDonald’s). Beispiel: So stieg Hyundai im Jahre 2004 verstärkt in den Markt der Sportengagements ein. Der koreanische Hersteller trat 2004 erstmals als Sponsor des Deutschen Hockeybundes und als Sponsor der Fußball-EM 2004 in Erscheinung. Während des damaligen Fußball-Turniers wurde er zu dieser Zeit jedoch von den Konsumenten nur gering erinnert, was auf die damals für Konsumenten noch „ungelernte“ Assoziation zwischen dem Unternehmen und einem Sportereignis zurückzuführen ist (vgl. Drengner/Sachse 2005, S. 79f.). 80
Walsh (2002) subsumiert die Darbietung zu vieler neuer Stimuli gemeinsam mit zu vielen Stimuli unter der Dimension Stimulusüberlastung.
Konsumentenverwirrtheit als negativer Kommunikationseffekt
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c. Eine dritte (theoretische) Möglichkeit besteht darin, dass den Konsumenten bekannte Unternehmen als Sponsoren oder Ambusher im Rahmen von (sportlichen) Großveranstaltungen werben, diese Unternehmen bislang jedoch noch nie in irgendeiner Form als Werbetreibende aufgetreten sind oder als solche von den Konsumenten bislang nicht wahrgenommen wurden. Beispiel: Im Rahmen der Handball-WM 2007 in Deutschland war einer der Hauptsponsoren der arabische Fernsehsender Al Jazeera. Es ist anzunehmen, dass der Name des Fernsehsenders einem Großteil der Bevölkerung aus den täglichen Nachrichten bekannt ist. Als Werbetreibender war er jedoch bis zu diesem Zeitpunkt in Deutschland nicht aufgetreten. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass auf den Erkenntnissen bisheriger Konzeptualisierungen der KVW aufbauend, für den vorliegenden Untersuchungskontext vier konstituierende Stimulieigenschaften als Variablen der wahrgenommenen Reizintensität der Umwelt, d.h. der Informationsrate, herausgearbeitet wurden. Diese Variablen der Informationsrate wurden als mögliche Auslöser für KVW identifiziert. Entsprechend der für diese Arbeit abgeleiteten Definition der Informationsrate als die Summe an wahrgenommenen qualitativen und quantitativen Eigenschaften der Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher im Rahmen von Sportveranstaltungen wurden sowohl qualitative als auch quantitative Stimulieigenschaften bestimmt. Daraus ergibt sich die Neukonzeptualisierung eines Wirkungsgefüges, welches die eigenständige Konzeptualisierung der Konsumentenverwirrtheit sowie der sie verursachenden qualitativen und quantitativen Determinanten (wahrgenommene Stimulivielzahl, wahrgenommene Stimuliähnlichkeit, wahrgenommene Stimuliunklarheit und wahrgenommene Stimulineuartigkeit) enthält. Einzelne Ergebnisse verschiedener Forschungsarbeiten belegen (vgl. stellvertretend Ha 1996; Ha/McCann 2008; Mitchell/ Papavassiliou 1999; Schweizer 2005; Turnbell/Leek/Ying 2000; Walsh 2002a), dass sowohl quantitative als auch qualitative Stimulieigenschaften Fehler im Informationsverarbeitungsprozess und folglich KVW verursachen können. Um mögliche, unterschiedliche Konsequenzen der quantitativen und qualitativen Eigenschaften der Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher auf ihre verhaltenswissenschaftlichen Konsequenzen, wie z.B. KVW, aufzuzeigen, soll in der weiteren Untersuchung eine eindeutige Trennung zwischen den quantitativen und qualitativen Eigenschaften der Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher vorgenommen werden. Folglich wird die wahrgenommene Stimulivielzahl als quantitative Informationsrate bestimmt. Die wahrgenommene Stimuliähnlichkeit, die wahrgenommene Stimuliunklarheit und die wahrgenommene Stimulineuartigkeit werden als Dimensionen der qualitativen Informationsrate konzeptualisiert.
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Entwicklung eines Modells zur Erklärung negativer Wirkungen
1.2.2.6 Zusammenfassende Erkenntnisse Die Ausführungen dieses Kapitels D1.2 dienten dazu, aufbauend auf den Erkenntnissen vorheriger Studien eine Neukonzeptualisierung der Konsumentenverwirrtheit und seiner Antezedenten zu entwickeln. Dazu wurde zunächst in Abschnitt D1.2.1 (S. 86ff.) eine neue Konstruktdefinition erarbeitet. Die KVW wird als eine mögliche negative Konsequenz eines fehlerhaften Informationsverarbeitungsprozesses aufgrund von Stimuliüberlastung beschrieben, die durch bestimmte Eigenschaften der Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher im Rahmen sportlicher Großereignisse ausgelöst wird. Als Antezedenten der KVW wurden entsprechend einer Neudefinition der Informationsrate (vgl. Abschnitt D1.2.2.1, S. 88f.) sowohl qualitative als auch quantitative Eigenschaften der Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher identifiziert. Aufbauend auf den Erkenntnissen der bisherigen KVW-Forschung wurden die wahrgenommene Stimulivielzahl, die wahrgenommene Stimuliähnlichkeit, die wahrgenommene Stimuliunklarheit und die wahrgenommene Stimulineuartigkeit als Dimensionen der durch Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher entstehenden Informationsrate herausgearbeitet. Insgesamt kann somit konstatiert werden, dass die Neukonzeptualisierung des Wirkungsgefüges zwischen KVW und ihren Antezedenten eine Grundlage bietet, einige mögliche negative Auswirkungen der zunehmenden Informationskomplexität durch Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher im Rahmen bedeutender Sportereignisse verhaltenswissenschaftlich zu erklären. Durch die Identifikation wesentlicher Eigenschaften der Werbeaktivitäten können neben der KVW weitere negative Konsequenzen untersucht werden. Um eine mögliche Unterscheidung der Auswirkungen der quantitativen und qualitativen Eigenschaften der Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher zu verdeutlichen, wurde in quantitative und qualitative Informationsrate unterschieden. Für den vorliegenden spezifischen Untersuchungsrahmen und damit bezugnehmend auf die Ausführungen in den Kapiteln B1 (Sponsoring) und B2 (Ambush-Marketing) ergibt sich das in der folgenden Abb. 20 dargestellte Wirkungsgefüge zwischen quantitativer und qualitativer Informationsrate durch Sponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen im Rahmen von Sportveranstaltungen und Konsumentenverwirrtheit.
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Konsumentenverwirrtheit als negativer Kommunikationseffekt Abb. 20: Beziehung zwischen dem Konstrukt der KVW und seinen Antezedenten
quantitative Informationsrate wahrgenommene Stimulivielzahl Sponsoring-Maßnahmen qualitative Informationsrate
Ambush-Maßnahmen
wahrgenommene Stimuliähnlichkeit
Konsumentenverwirrtheit
wahrgenommene Stimuliunklarheit wahrgenommene Stimulineuartigkeit
Quelle: eigene Darstellung
Wie diese Abbildung verdeutlicht, lassen sich aufgrund der Identifikation möglicher Eigenschaften der Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher als Antezedenten weitere mögliche negative Konsequenzen überprüfen. Da jedoch bislang nur allgemein anhand von Plausibilitätsüberlegungen vermutet wurde, dass bestimmte Stimulieigenschaften zu KVW führen können, sollen im Folgenden untersuchungsspezifische Wirkungszusammenhänge hergeleitet werden. 1.3
Ableitung eines spezifischen Wirkungsmodells im Rahmen des Sponsorings und Ambush-Marketings von Sportveranstaltungen Wie in dieser Arbeit bereits mehrfach verdeutlicht, ist der Konsument im zeitlichen und geographischen Umfeld bedeutender Sportereignisse aufgrund der aktuellen Entwicklungen zunehmender Werbeaktivitäten durch Sponsoren und Ambusher einer hohen Informationsrate ausgesetzt, die zu Konsumentenverwirrtheit führen kann. Wie die Konzeptualisierung der Informationsrate zeigt, besteht die Reizintensität der Umwelt aus quantitativen und qualitativen Eigenschaften der Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher. Folglich stellt sich aus verhaltenswissenschaftlicher Sichtweise die Frage, welche Wirkungsbeziehungen zwischen der quantitativen und qualitativen Informationsrate und der Konsumentenverwirrtheit auftreten können. Zunächst kann aufbauend auf den Erkenntnissen bisheriger Forschungen grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass die wahrgenommene Stimulivielzahl die Wahrnehmung der qualitativen Eigenschaften der Werbeaktivitäten beeinflusst. Wie zahlreiche Studien belegen (vgl. Dalakas/Madrigal/Burton 2004; Shani/Sandler 1998), fällt das Involvement der Konsumen-
100
Entwicklung eines Modells zur Erklärung negativer Wirkungen
ten gegenüber den Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher eher gering aus, weshalb die Konsumenten in der Regel nur minimalen kognitiven Aufwand zur Enkodierung von Werbeinformationen einsetzen (vgl. Carrillat/Lafferty/Harris 2005; Duhachek 2005; Jacoby/Speller/Kohn 1974; Malhotra/Jain/Lagakos 1982; Mitchell/Papavassiliou 1997, 1999; Wakefield/Becker-Olsen/Cornwell 2007) oder diese gänzlich ignorieren (vgl. Malhotra 1984). Dies kann bereits die Ursache sein, dass die Konsumenten die Werbeaktivitäten als ähnlich, uneindeutig oder neuartig empfinden. Mit steigender Vielzahl der Werbeaktivitäten wird dieser Effekt wahrscheinlicher, da die Summe der zu verarbeitenden Informationen größer ist. Die Vielzahl an Informationen lässt es nicht zu, dass die Konsumenten „… think extensively about all to which they are exposed“ (Cacioppo/Petty/Morris 1983, S. 816). Folglich ist zu vermuten, dass die Stimulivielzahl die Wahrnehmung der qualitativen Eigenschaften (Stimuliunklarheit, Stimuliähnlichkeit, Stimulineuartigkeit) beeinflusst. Es ist anzunehmen, dass die steigende Anzahl an Stimuli den Konsumenten die Differenzierung der Stimuli erschwert und somit die wahrgenommene Stimuliähnlichkeit und die wahrgenommene Stimuliunklarheit erhöht. Zudem kann die hohe Exposition der Stimuli die wahrgenommene Familarität steigern, welches die spätere Diskriminierung der Stimuli beeinflusst (vgl. Bijmolt/Wedel/Pieters/DeSarbo 1998; Law 2002; Schweizer 2005). Darüber hinaus kann die große Stimulimenge die wahrgenommene Stimulineuartigkeit beeinflussen. Es ist wahrscheinlich, dass die Konsumenten aufgrund geringen Involvements und beschränkter Informationsverarbeitungskapazität in der Vergangenheit nicht alle Stimuli wahrgenommen, verarbeitet und in Folge kognitive Schemata gebildet haben. Eine große Menge an Werbeaktivitäten erhöht folglich die wahrgenommene Neuartigkeit einiger Engagements der Sponsoren und Ambusher. Insgesamt lässt sich aus diesen Überlegungen schließen, dass sich die Stimulivielzahl auf die Wahrnehmung der qualitativen Eigenschaften der Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher (Stimuliunklarheit, Stimuliähnlichkeit und Stimulineuartigkeit) auswirkt. Daraus ergibt sich die folgende Hypothese (H1): H1: Je höher die wahrgenommene quantitative Informationsrate (Stimulivielzahl) ist, desto höher ist die wahrgenommene qualitative Informationsrate (Stimuliunklarheit, Stimuliähnlichkeit, Stimulineuartigkeit). Die grundsätzliche Annahme der vorliegenden Arbeit, dass die steigenden Werbeaktivitäten zu negativen Konsequenzen, wie z.B. KVW, führen können, beschreibt bereits den kausalen Zusammenhang zwischen Informationsrate und Konsumentenverwirrtheit. Ergebnisse bisheriger Forschungsarbeiten zur Informationsüberlastung, zur Werbewirkungs- (vgl. stellvertretend Aaker/Bruzzone 1985; Elliot/Speck 1998; Ha/McCann 2008; Keller 1987; Mitra/ Raymond/Hopkins 2008; Webb/Ray 1979), Sponsoring- (vgl. Cornwell/Relyea/Irwin/Maignan, 2000; Séguin/O’Reilly 2008) und KVW-Forschung (vgl. stellvertretend Mitchell/Papavassiliou 1999; Mitchell/Walsh/Yamin 2005; Schweizer 2005; Schweizer/Kotouc/
Konsumentenverwirrtheit als negativer Kommunikationseffekt
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Wagner 2006; Walsh 2002a) - die bereits ausführlich dargestellt wurden - zeigen, dass sowohl die Menge als auch die qualitativen Eigenschaften der Werbeaktivitäten zu einem wahrgenommenen „Durcheinander“ (z.B. Cornwell/Relyea/Irwin/Maignan, 2000; Séguin/ O’Reilly 2008) und folglich zu Konfusion der Zielgruppe führen können. Demzufolge lässt sich ableiten, dass sowohl die quantitativen als auch die qualitativen Eigenschaften der Werbeaktivitäten der Sponsoren und der Ambusher in KVW resultieren können. Die Ergebnisse der Forschung zur Informationsüberlastung belegen, dass eine zunehmende Menge an Werbemaßnahmen der Sponsoren und Ambusher es dem Konsumenten aufgrund beschränkter Informationsverarbeitungskapazitäten erschwert, die unterschiedlichen Reize (z.B. Marken) eindeutig zu identifizieren (vgl. z.B. Jacoby/Speller/Kohn 1974; Malhotra/Jain/Lagakos 1982) und folglich das Verhältnis eines Unternehmens zum Sportevent zu interpretieren. Darüber hinaus konnten Carlson/George (2004) feststellen, dass die wahrgenommene Stimulivielzahl (i.S.v. „media richness“) als wahrgenommene „Irreführung“ die individuelle Interpretation der Kommunikation beeinflusst und zu höherer „Fehlwahrnehmung“ führt. Diese Erkenntnisse führen zu der folgenden Hypothese (H2a): H2a: Je höher die wahrgenommene quantitative Informationsrate (Stimulivielzahl) ist, desto höher ist die Konsumentenverwirrtheit. Wie bereits in diesem Abschnitt dargelegt, zeigen Forschungsergebnisse zur Informationsverarbeitung des Konsumenten, dass dieser bei einem geringen Involvement gegenüber einem Meinungsobjekt nur minimalen kognitiven Aufwand einsetzt, diesbezügliche Informationen zu verarbeiten (vgl. Carrillat/Lafferty/Harris 2005; Duhachek 2005; Jacoby/Speller/Kohn 1974; Malhotra/Jain/Lagakos 1982; Mitchell/Papavassiliou 1997, 1999; Wakefield/BeckerOlsen/Cornwell 2007). Erschweren fehlende Differenzierungsmerkmale eine Unterscheidung der Stimuli (vgl. z.B. Bijmolt/Wedel/Pieters/DeSarbo 1998; Brengman/Geuens/dePelsmacker 2001; Loken/Ross/Hinkle 1986; Sommer 1998; Walsh 2002a; Walsh 2002b), werden diese deshalb als ähnlich oder uneindeutig wahrgenommen. Nach dem verhaltenstheoretischen Konzept der Stimulusgeneralisierung81 rufen ähnliche Stimuli ähnliche Reaktionen hervor. Bei ähnlichen Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher könnte dies zu fälschlicher Interpretation der Beziehung zwischen Unternehmen (Sponsor oder Ambusher) und Sportereignis, d.h. KVW, führen (vgl. Foxman/Berger/Cote 1992; Walsh 2002a). Sind z.B. bestimmte Werbeaktivitäten einiger Sponsoren bereits bekannt und der Auftritt eines Ambushers ähnelt diesen, könnte daraus eine Fehlinterpretation der Konsumenten bezüglich der Assoziation des Ambushers zum Sportereignis resultieren, was die Werbewirkung des Sponsors beschränkt. Folglich kann ein positiver Zusammenhang zwischen der wahrgenommenen Stimuliähnlichkeit und der daraus resultierenden KVW ange-
81
Der Ansatz der Stimulusgeneralisierung sagt aus, dass Individuen lernen, auf Stimuli konsistent zu reagieren (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg 2003).
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Entwicklung eines Modells zur Erklärung negativer Wirkungen
nommen werden (vgl. Balabanis/Craven 1997; Foxman/Berger/Cote 1992; Walsh 2002a, S. 83). Zudem belegen Studienergebnisse, dass als mehrdeutig oder widersprüchlich oder irreführend wahrgenommene Informationen (z.B. durch Ausdifferenzierung der Sponsorenkategorien) (vgl. z.B. Ducoffe 1995) in „confused miscomprehension“ (Jacoby/Hoyer 1989, S. 436; Jacoby/Hoyer 1982, 1990; Jacoby/Nelson/Hoyer 1982) bzw. Irritation (vgl. Ducoffe 1995) resultieren, die KVW verursachen können. Wiederum besteht die Gefahr der Fehlinterpretation der Beziehung des Unternehmens zum Sportevent seitens des Konsumenten (vgl. Farrelly/Quester/Greyser 2005, S. 341), was die Ziele der Sponsoren und Ambusher gefährden kann. Es wird damit ein positiver Zusammenhang zwischen der wahrgenommenen Stimuliunklarheit und der daraus resultierenden KVW vermutet. Im Weiteren werden Stimuli als neuartig wahrgenommen, wenn noch keine Konditionierung beim Konsumenten (vgl. z.B. Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 332f.) und somit mangelnde Familiarität (vgl. Ducoffe 1996, S. 25) bezüglich der Verbindung zwischen Unternehmen und Event besteht (vgl. Schweizer 2005). Nach Alba/Hutchinson/Lynch (1991, S. 15) reduziert Vertraulichkeit mit dem Reiz die Zuschreibung der Attribute auf andere Stimuli. Dies lässt im Umkehrschluss die Argumentation zu, dass Neuartigkeit zu steigender Verwirrtheit führt (vgl. Brengman/Geuens/dePelsmacker 2001, S. 234; Law 2002, S. 367). Bereits bestehende Erfahrungen mit einem Stimulus wurden als bedeutender Einflussfaktor auf eine geringere Konfusionsneigung festgestellt (vgl. Foxman/Muehling/Berger 1990). Die Konsumenten sind zudem vor allem bei Kommunikation im Rahmen des Sponsoring geneigt, nur Informationen bezüglich vertrauter Marken zu verarbeiten, da der Informationsverarbeitungsprozess wesentlich weniger aufwendig ist als bei unbekannten (neuartigen) Stimuli (vgl. z.B. Brengman/ Geuens/dePelsmacker 2001, S. 234; Carrillat/Lafferty/Harris 2005, S. 53). Somit legen diese Ergebnisse die Vermutung nahe, dass ein positiver Zusammenhang zwischen der wahrgenommenen Stimulineuartigkeit und der daraus resultierenden KVW besteht. Da die qualitativen Stimulieigenschaften als Dimensionen der qualitativen Informationsrate konzeptualisiert wurden, lässt sich daraus die folgende Hypothese ableiten: H2b: Je höher die wahrgenommene qualitative Informationsrate (Stimuliunklarheit, -ähnlichkeit, -neuartigkeit) ist, desto höher ist die Konsumentenverwirrtheit. Die Erkenntnisse zusammenfassend, ergibt sich für den vorliegenden Untersuchungsrahmen der in der folgenden Abb. 21 dargestellte kausale Zusammenhang zwischen der quantitativen und qualitativen Informationsrate und der KVW. Es wurde theoretisch hergeleitet, dass die durch zunehmende Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher im Rahmen bedeutender Sportveranstaltungen steigende Informationskomplexität als negative Konsequenz Konsumentenverwirrtheit verursachen kann. Darüber hinaus konnte theoretisch erarbeitet werden,
103
Konsumentenverwirrtheit als negativer Kommunikationseffekt
dass sowohl die quantitativen als auch die qualitativen Eigenschaften der Werbeaktivitäten zu KVW führen können. Abb. 21: Kausalzusammenhänge zwischen den Informationsraten und der KVW als negative Konsequenz
quantitative Informationsrate wahrgenommene Stimulivielzahl Sponsoring-Maßnahmen H1 +
H2a +
Konsumentenverwirrtheit
qualitative Informationsrate Ambush-Maßnahmen wahrgenommene Stimuliähnlichkeit
H2b+
wahrgenommene Stimuliunklarheit wahrgenommene Stimulineuartigkeit
Quelle: eigene Darstellung
Mit der Konsumentenverwirrtheit wurde jedoch nur eine mögliche negative Konsequenz der steigenden Informationskomplexität durch Maßnahmen der Sponsoren und Ambusher dargelegt. Es lässt sich vermuten, dass – wie bereits in Kapitel C3 (S. 60ff.) ausführlich aufgezeigt – weitere negative Konsequenzen mit den aktuellen Entwicklungen des Sponsorings im Umfeld bedeutender Sportveranstaltungen verbunden sind. Diese resultieren einerseits aus den wahrgenommenen Eigenschaften der Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher. Andererseits ist es wahrscheinlich, dass die KVW selbst weitere negative Effekte erzeugt. Aus den Erkenntnissen der Literatur (vor allem den ergebnisorientierten Wirkungsanalysen des Sponsorings von Sportveranstaltungen und des Ambush-Marketings sowie der Werbewirkungsforschung) wurden bereits die psychologische Reaktanz, die negative Einstellung gegenüber Sponsoring, mangelnde Kaufbereitschaft gegenüber den Produkten/ Dienstleistungen der Sponsoren und Ambusher sowie eine geschwächte Erinnerungsleistung an die Sponsoren als mögliche negative Auswirkungen zunehmender Informationskomplexität durch Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher im Rahmen bedeutender Sportveranstaltungen identifiziert (vgl. Kapitel C3 und zusammenfassend Abb. 17, S. 64). Diese weiteren negativen Effekte werden in den folgenden Kapiteln ausführlich beschrieben.
104
2
Entwicklung eines Modells zur Erklärung negativer Wirkungen
Reaktanz als negativer Kommunikationseffekt
2.1 State of the Art der Konzeptualisierung der psychologischen Reaktanz Die Theorie der psychologischen Reaktanz stammt ursprünglich von Brehm (1966, 1972) und postuliert, dass Personen auf eine empfundene Bedrohung oder Einschränkung der persönlichen Freiheit des Individuums, d.h. gegen die Versuche, ihr Verhalten zu kontrollieren, negativ reagieren und eine Motivation zur Wiederherstellung dieser Freiheit entwickeln (vgl. Brehm 1966, 1972, 1989; Brehm/Brehm 1981). Als Konsequenz einer wahrgenommenen Freiheitsbeschränkung82 reagieren die Konsumenten mit psychologischer Reaktanz (vgl. Brehm 1966; Dickenberger/Gniech/Grabitz 2002). Diese wird definiert als “the motivational state that is hypothesized to occur when a freedom is eliminated or threatened with elimination” (Brehm/Brehm 1981, S. 37). Im Speziellen wird dabei nicht die abstrakte allgemeine Freiheit per se, sondern jenes spezifische Verhalten, welches eingeschränkt werden soll, betrachtet (vgl. Brehm 1989; Brehm/Brehm 1981; Clee/Wicklund 1980). Denkt eine Person z.B., sie könne verschiedene Alternativen X, Y, Z wählen und ihre Freiheit gegen Wahlmöglichkeit X ist eingeschränkt, dann kann psychologische Reaktanz folgen, insofern die einschränkende Quelle gegen Alternative X nicht besondere Attraktivität für den Konsumenten aufweist (vgl. Kivetz 2005). Freiheit wird somit als das Vorhandensein relevanter, potentiell realisierbarer Entscheidungsalternativen (z.B. Einstellungen gegenüber einem Meinungsobjekt) beschrieben (vgl. Grabitz-Gniech/Grabitz 1973, S. 19). Bei genauer Betrachtung der Konzeptualisierungen im Laufe der Zeit wurde der Zustand der psychologischen Reaktanz implizit und explizit in verschiedenen Formen definiert. Da z.B. von „motivational state“ (z.B. Brehm 1966, S. 9), „negative emotional state“ (Eagly/Chaiken 1993, S. 571) oder „hostility“ (Berkowitz 1973, S. 311) gesprochen wird, besteht die Kritik an konzeptuellen Lücken bezüglich der Präzision des Konstruktes (vgl. Rains/Mitchell Turner 2007; Wendlandt/Schrader 2007). Als Folge wurden in zahlreichen Studien nicht das Konstrukt der Reaktanz selbst, sondern seine Antezedenten und Ergebnisse konzeptualisiert (vgl. Dillard/Shen 2005, S. 146). Diese Problematik greifen Dillard/Shen (2005) und Rains/Mitchell Turner (2007) auf, um die Grundstruktur des Konstruktes zu ergründen. Nach dem Vergleich verschiedener Konzeptualisierungsansätze belegen ihre empirischen Ergebnisse, dass entgegen früheren Überlegungen das Konstrukt weder als nur kognitiv noch als nur emotional konzeptualisiert werden sollte. Auch der Ansatz, die Reaktanz als mehrdimensionales Konstrukt mit (negativen) affektiven und kognitiven Komponenten, die jeweils beide unabhängig auf mögliche Effekte (z.B. Einstellung, Verhalten) wirken, zu konzeptualisieren, wird abgelehnt (vgl. Dillard/Shen 82
Reaktanz tritt zudem nur auf, wenn das Individuum eine Erwartung freier Auswahl gegebener Alternativen hat, diese Freiheit als wichtig und bedroht sieht, die Freiheitseinengung als illegitim empfindet und sich dieser ausgeliefert fühlt (vgl. Brehm 1972; Clee/Wicklund 1980, S. 393; Dickenberger/Gniech/Grabitz 2002; Grabitz-Gniech/Grabitz 1973, S. 19).
Reaktanz als negativer Kommunikationseffekt
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2005). Vielmehr zeigen die Autoren (vgl. Dillard/Shen 2005, S. 147; Rains/Mitchell Turner 2007), dass Reaktanz als „intermingling of negative cognition and anger“ (Dillard/Shen 2005, S. 160), als „intertwined“ (miteinander verflochten) und somit als die Summe von distinkten negativen kognitiven und affektiven Elementen gesehen werden sollte (Dillard/Shen 2005, S. 147). Das heißt, die Reaktanz besteht sowohl aus negativen kognitiven als auch negativen affektiven Komponenten, die nicht voneinander unabhängig und orthogonal dimensioniert, sondern beide Facetten eines Konstruktes sind. Nur bei gemeinsamem Auftreten ergeben sie den Zustand psychologischer Reaktanz. „Affect and cognition are so closely interwoven that they are better thought of as indicators of an underlying concept than as distinct phenomena” (Dillard/Shen 2005, S. 149). Das Ausmaß der Reaktanz hängt von drei Bedingungen ab (vgl. Brehm 1966, 1989; Dickenberger/Gniech/Grabitz 2002, S. 244ff.; Miron/Brehm 2006; Wendlandt/Schrader 2007): a. der Ausprägung der Einflussnahme (wahrgenommene Stärke der Freiheitseinengung), b. der Bedeutung des beeinflussten Verhaltens für das Individuum (z.B. Wichtigkeit des betroffenen Lebensbereiches), c. der Anzahl der bedrohten oder eliminierten Freiheit(en) und ihr Verhältnis zueinander. So zeigt sich z.B., dass mit steigender Anzahl an Produktalternativen die Reaktanz umso größer ist, desto mehr Beeinflussungsversuche auf eine Auswahl ausgeübt werden (vgl. Dickenberger/Gniech/Grabitz 2002). Im Weiteren führt die Generalisierung von Situationen und Erlebnissen analog den Ergebnissen der Stimulusgeneralisierung aus der Lernforschung dazu, dass auch andere, nicht betroffene Freiheiten (Bedrohung weiterer Alternativen, entsprechender Alternativen anderer Spielräume oder gleicher Alternativen in zukünftigen Situationen) als bedroht empfunden werden (vgl. Grabitz-Gniech/Grabitz 1973; Sensenig/ Brehm 1968). So kann z.B. die Eliminierung eines Produktes aus dem Warensortiment durch den Konsumenten als Verlust möglicher ähnlicher Produkte übertragen werden, ohne dass es dafür Anzeichen gäbe. Sich wiederholende Beeinflussungsversuche (z.B. durch Werbemaßnahmen) bei jedem Einkauf können ebenso Reaktanz erzeugen, da die Situation auf Folgeeinkäufe attribuiert wird (vgl. Dickenberger/Gniech/Grabitz 2002, S. 246ff.). Für den Untersuchungskontext des Sponsorings lässt sich daraus schlussfolgern, dass die bisherige Informationskomplexität anderer Sportgroßereignisse auf die Werbeaktivitäten neuer Sportveranstaltungen übertragen wird. Im Gegensatz dazu ist die Reaktanz umso geringer, desto höher der zu erwartende Nutzen der Konsumenten von der eingeschränkten Freiheit bzw. der einschränkenden Quelle ist (vgl. Gniech/Dickenberger 1992; Wiswede 1979; Wendlandt/ Schrader 2007). Insbesondere das Gefühl starker Beeinflussung der Freiheit (Stärke der Freiheitseinengung) verstärkt die Reaktanz (vgl. Abb. 22). Dabei kann die Aktionsfreiheit des Menschen durch
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Entwicklung eines Modells zur Erklärung negativer Wirkungen
zahlreiche Möglichkeiten eingeschränkt werden83 (vgl. Brehm 1976; Clee/Wicklund 1980; Dickenberger/Gniech/Grabitz 2002, S. 244f.; Wicklund 1974), wie z.B. durch interpersonellen Einfluss, physische Barrieren (z.B. Produktengpässe, Diskontinuitäten, Warteschlangen, physische Distanzen) oder Werbedruck. Reaktanz tritt jedoch nicht in unmittelbarer Folge jeder wahrgenommenen Freiheitseinschränkung auf. Abhängig von der Stärke des Einflussversuches stellt sich zunächst Anpassung (zunehmende Konformitätstendenz) ein, daran anschließend latente (abnehmende Konformitätstendenz) und später manifeste Reaktanz (aktive Opposition) im Sinne aktiven Widerstandes gegen die Beeinflussungsversuche (vgl. Dickenberger/Gniech/Grabitz 2002, S. 250). Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass zunächst eine Tendenz der Person vorhanden ist, den Beeinflussungsversuchen in einem bestimmten Maß solange nachzugeben, bis der Einfluss freiheitseinschränkende Qualität annimmt. An diesem interindividuell verschiedenen Punkt tritt die Motivation der Wiederherstellung der Freiheit zu Tage und manifestiert sich als Widerstand gegen die Freiheitseinengung. Demzufolge ist die Verhaltenstendenz der Nettoeffekt aus Konformität und Reaktanz (vgl. Dickenberger/Gniech/ Grabitz 2002, S. 251; Gniech/Dickenberger 1992). Die folgende Abb. 22 spiegelt dies grafisch wider. Abb. 22: Verhaltenstendenzen bei Bedrohung der Freiheit Anpassung
latente Reaktanz
tatsächliches Verhalten
P1
P2
P3
Stärke des sozialen Einflußversuches
manifestierte Reaktanz Widerstand
Quelle: Dickenberger/Gniech/Grabitz (2002, S. 251)
83
Wicklund (1974) differenziert die Arten der Freiheitseinengung nach sozialem Einfluss (Die Person soll dazu gebracht werden, etwas zu tun.), Barrieren (Die Person wird darin gehindert, etwas zu tun.) und selbstverhängter Einengung. Brehm (1976) unterscheidet in persönliche (von der Willkür einer Person/Institution bestimmt), unpersönliche (unbeabsichtigt und zufällig) und selbstauferlegte (Bekennen zu bestimmter Position oder verschiedener Alternativen einer Wahl) Freiheitseinengung (vgl. Dickenberger/Gniech/Grabitz 2002, S. 244f.).
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Reaktanz als negativer Kommunikationseffekt
Als Folgen der Reaktanz werden in der Literatur verschiedene Strategien84 zur Wiederherstellung der Freiheit durch den Konsumenten diskutiert. Brehm (1972) unterscheidet vor allem zwischen mentalen Effekten und Verhaltenseffekten. Mentale Effekte subsumieren z.B. Einstellungs- und Attraktivitätsänderungen zugunsten der bedrohten Freiheit oder gegen die freiheitseinschränkende Quelle. Die Verhaltenseffekte umfassen u.a. eine offene Bekundung der Missstimmung, Aggression oder Widerstand gegen die Bedrohung (vgl. Dickenberger/ Gniech/Grabitz 2002; Wendlandt/Hansen 2005; Wendlandt/Schrader 2007). Die ReaktanzTheorie spricht grundsätzlich von oppositionellem Verhalten als Reaktion auf die Reaktanz, wobei die Reaktanz selbst als „abweisende Erregung“ und die folgende Trotzreaktion als „Bumerang-Effekt“ gesehen wird (vgl. Clee/Wicklund 1980, S. 390; Wendlandt/Hansen 2005, S. 294; Wendlandt/Schrader 2007, S. 140). Die Reaktion ist meistens negativ und die beeinflusste Person wird zur Wiederherstellung ihrer Freiheit genau das Gegenteil des angestrebten Zieles der Beeinflussung tun (vgl. Clee/Wicklund 1980, S. 389)85. Dabei sind meist die zur Wiederherstellung der Freiheit gezeigten Verhalten oder Einstellungen stärker ausgeprägt als die ursprünglichen Zustände in der Pre-Reaktanz-Situation (vgl. Clee/Wicklund 1980). Insgesamt sind die Effekte der Reaktanz meist negativ, sie weisen stark impulsive Elemente auf und resultieren in irrationalen und nicht-optimalen Entscheidungen (vgl. Zemack-Rugar/Fitzsimons 2005). Für die vorliegende Arbeit ergibt sich damit die in Abb. 23 dargestellte Konzeptualisierung der Reaktanz und ihrer Wirkungen. Abb. 23: Konzeptualisierung der Reaktanz und ihrer Wirkungen
mentale Effekte z.B. Einstellungsänderung, kognitive Umbewertung
Reaktanz Verhaltenseffekte z.B. Widerstand, Opposition, Aggression
negative affektive Facette
negative kognitive Facette
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Dillard/Shen (2005, S. 158) und Wendlandt/Schrader (2007, S.294)
84
85
In der Literatur (vgl. z.B. Dickenberger/Gniech/Grabitz 2002) wird zwischen direkter Wiederherstellung der Freiheit, indirekter Wiederherstellung der Freiheit und Attraktivitätsveränderungen der verloren gegangenen Wahlalternative unterschieden. Diese Annahme unterliegt der Bedingung, die Wahlfreiheit ist dem Konsumenten wichtig.
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Entwicklung eines Modells zur Erklärung negativer Wirkungen
2.2 Bedeutung der Reaktanz für das Marketing Die psychologische Reaktanz im Sinne „psychologischen Blindwiderstandes“ (Dickenberger/ Gniech/Grabitz 2002) wird zur Erklärung verschiedener Verhalten genutzt. Mittlerweile finden sich in der Literatur zwei Forschungsrichtungen (vgl. Buboltz/Thomas/Donnell 2002; Dillard/Shen 2005; Donnell/Thomas/Buboltz 2001; Herzberg 2002; Silvia 2006; Shen/Dillard 2005; Thomas/Donnell/Buboltz 2001; Wendlandt/Schrader 2007). Die ursprünglich von Brehm (1966) definierte sog. state reactance beschreibt die situativ ausgelöste Reaktanz, während sich der Ansatz der trait reactance auf die generalisierte Reaktanzbereitschaft als persönlichen Charakterzug fokussiert. Vor allem die klinische und die Persönlichkeitspsychologie sowie die Kommunikationsforschung betrachten die individuelle Neigung zu Reaktanz (trait) (vgl. Donnell/Thomas/ Buboltz 2001; Dowd/Milne/Wise 1991; Herzberg 2002; Hong/Faedda 1996; Hong/Page 1989; Johnson/Buboltz 2000; Merz 1983; Miller/ Burgoon/Grandpre/Alvaro 2006; Miller/ Lane/Deatrick/Young/Potts 2007)86. In der Sozialpsychologie87 und der Marketingforschung wird bislang vor allem aufgrund der Bedeutung der eingesetzten Marketingstimuli die situativ ausgelöste Reaktanz untersucht (vgl. Algesheimer/Dholakia/Herrmann 2005; Clee/Wicklund 1980; Edwards/Li/Lee 2002; Kivetz 2005; Mazis/Settle/Leslie 1973; Rummel/ Howard/Swinton/Seymour 2000) und soll ebenfalls in der vorliegenden Arbeit im Mittelpunkt der Betrachtung stehen. Auch wenn es an empirischen Studien mangelt (vgl. Kivetz 2005, S. 726), wurde insgesamt eine Vielzahl von Phänomenen im Marketing mit der psychologischen Reaktanz erklärt, so z.B. Gruppenkonformität (vgl. Venkatesan 1966), Einstellungsänderungen (vgl. Pallack/Heller 1971), das Konsumentenverhalten durch Beeinflussung bei persönlichem Verkauf (vgl. Brehm 1966; Wicklund/Slattum/Solomon 1970), Vermeidungsverhalten gegenüber Online-Werbung (pop-up-Werbung) (vgl. Edwards/Li/Lee 2002), Präferenzbildung gegenüber Produkten bei Kindern (vgl. Rummel/Howard/Swinton/Seymour 2000), Konsumentenverhalten bei Nichterhältlichkeit von Produkten (vgl. Fitzsimons 2000; Mazis/Settle/Leslie 1973) und abweisendes Verhalten der Konsumenten gegenüber Kunden-
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Für einen Überblick siehe Burgoon/Alvaro/Grandpre/Voloudakis (2002) und Shoham/Trost/Rohrbaugh (2004). Zahlreiche Studien untersuchen psychologische und demographische Korrelationen des Konstruktes (vgl. Buboltz/Woller/Pepper 1999; Buboltz et al. 2003; Dowd/Wallbrown 1993; Dowd/Wallbrown/Sanders/ Yesenosky 1994; Johnson/Buboltz 2000). Die Ergebnisse zeigen, dass die Personen sich charakterlich hinsichtlich ihrer Reaktanzbereitschaft unterscheiden und z.B. mit steigendem Alter die Reaktanzschwelle sinkt. Zudem sind reaktante Personen weniger tolerant, dominanter und selbstbewusster im Auftreten (vgl. Wendlandt/Schrader 2007). Eine Vielzahl von Effekten wird mit dieser Theorie erklärt, wie bspw. uneffektive Beeinflussungsversuche, psychologische Reaktionen auf physische Barrieren, der Wunsch nach Unerreichbarem, negative Einstellungsänderung entgegen einer vorgegebenen Zensur, negativistisches Verhalten bei psychologischen Experimenten, Territorialverhalten zur Sicherung des persönlichen Lebensraumes (Wiederherstellung räumlicher Privatsphäre, z.B. bei überfüllten Räumen), Partnerschaft, Resistenz gegen gesundheitspsychologische Maßnahmen (z.B. Alkoholiker- oder Raucherverhalten), Widerstand bei Kindererziehung, Bewährungsrückfälle in der Kriminologie (vgl. Clee/Wicklund 1980).
Reaktanz als negativer Kommunikationseffekt
109
bindungsprogrammen (vgl. Kivetz 2005; Wendlandt/Schrader 2007) bzw. unaufgeforderten Empfehlungen (vgl. Fitzsimons/Lehmann 2004). Dabei zeigte sich z.B. ... a. Reaktanz gegen Kundenbindungsmaßnahmen (vgl. Wendlandt/Hansen 2005; Wendlandt/Schrader 2007); gegenüber Werbung, Online-Werbung und persönlichem Verkauf (vgl. Clee/Wicklund 1980; Edwards/Li/Lee 2002; Niemeyer 1994) und gegenüber gesundheitlichen Aufklärungskampagnen (vgl. Ringold 2002; Wright/Palmer 1996), b. dass Werbedruck (vgl. Kivetz 2005) und normativer Gruppendruck (vgl. Algesheimer/ Dholakia/Herrmann 2005) zu Reaktanz führen, c. dass sich die Produktattraktivität bei Nichtverfügbarkeit von Produkten erhöht (vgl. Brehm 1966; Mazis/Settle/Leslie 1973), d. dass die Reaktanz negative Mund-zu-Mund-Kommunikation auslöst und einen negativen Einfluss auf Wiederkaufbereitschaft und auf die Teilnahmewilligkeit an Kundenbindungsprogrammen hat (vgl. Wendlandt/Schrader 2007). Einer Anwendung im Rahmen des Sportmarketings fehlt es bislang. Im Folgenden soll gezeigt werden, dass sich die Reaktanz auch zur Erklärung negativer Effekte durch zunehmende Sponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen eignet. 2.3 Implikationen für das Sponsoring und Ambush-Marketing Grundsätzlich wird in der Literatur davon ausgegangen (vgl. Brehm 1966; Brehm/Brehm 1981; Clee/Wicklund 1980; Dillard/Shen 2005; Wicklund 1974), dass jegliche persuasive, werbliche Kommunikation und „high pressure communicators“ (Dillard/Shen 2005, S. 145) als Freiheitseinschränkung des Individuums gesehen werden können und somit psychologische Reaktanz hervorrufen können, „which directly causes the failure of the persuasive message” (Shen/Dillard 2005, S. 74). Daraus lässt sich schließen, dass auch die im Zeitverlauf bis zum sportlichen Großereignis zunehmende Informationsrate durch Sponsoringund Ambush-Marketing-Maßnahmen im Umfeld bedeutender Sportveranstaltungen von den Konsumenten als steigender sozialer Beeinflussungsversuch und somit als Eingriff in die persönliche Freiheit des Konsumenten wahrgenommen werden könnte. Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher sollen die Konsumenten veranlassen, sportive Imageattribute gegenüber der Marke aufzubauen, die Einstellung gegenüber der Marke zu ändern und die Produkte zu kaufen. Zielt die Intention der Sponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen auf die Kaufabsicht, dann sollen letztlich die Konsumausgaben beeinflusst werden. Wie der Verlauf gegenläufiger Verhaltensmuster bei zunehmender sozialer Beeinflussung zeigt (vgl. Abb. 22, S. 106), erhöht sich mit steigendem Beeinflussungsversuch ab einem bestimmten Zeitpunkt der Widerstand der Konsumenten gegen die freiheitseinengende Quelle, d.h. entweder gegen die Werbemaßnahmen oder die Werbetreibenden (Sponsoren/Ambusher) selbst. Dabei besagt der sog. „sleeping effect“, dass nicht das Nichtgefallen der bedrohenden Quelle, sondern die Bedrohung der Freiheit (z.B. die beeinflusste freie Wahl des Produktes
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Entwicklung eines Modells zur Erklärung negativer Wirkungen
bzw. die freie Einstellungsbildung gegenüber dem beworbenen Produkt) Reaktanz auslöst (vgl. Silvia 2006b, S. 684). Da die Bedrohung mit der Menge der Werbemaßnahmen der Sponsoren und Ambusher steigt, kann eine hohe Informationsrate im Umfeld der Sportgroßveranstaltungen somit einen motivationalen Zustand zur Wiederherstellung der Freiheit, d.h. Reaktanz, verursachen. Wie bereits dargestellt, besteht die Reaktanz sowohl aus affektiven als auch kognitiven Facetten (vgl. Dillard/Shen 2005) (vgl. Abb. 23, S. 107). Die Werbeforschung zeigt, dass sich Konsumenten nach dem Konzept der „intrusiveness“88 (vgl. z.B. Ha 1996) von der Art der Werbegestaltung (qualitative Informationsrate) und der Intensität der Werbung (zu viel Werbung in kurzer Zeit oder eine Werbung zu häufig) (quantitative Informationsrate) „überstimuliert“ fühlen (vgl. Aaker/Bruzzone 1985; Bauer/Greyser 1968; Ha/McCann 2008) bzw. durch diese Verärgerung und Vermeidung ausgelöst werden kann (vgl. Dalakas/Madrigal/Burton 2004; Edwards/Li/Lee 2002; Kennedy 1971; Krugman 1983; Park/McClung 1986; Pasadeos 1990; Soldow/Principe 1981). Verärgerung ist damit eine mögliche affektive Facette der Reaktanz und der bewusste Vorsatz, die Freiheit wieder herzustellen (z.B. durch Boykott der Werbeinformationen oder des Kaufs der Produkte) und ist als potentieller Verhaltenseffekt eine mögliche kognitive Komponente der Reaktanz. Analog dieser Studienergebnisse kann somit geschlussfolgert werden, dass auch eine hohe Informationsrate durch Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher zu derart negativen Reaktionen führt. Der Konsument kann die Vielzahl an ähnlichen, unklaren und neuartigen Werbemaßnahmen als ungewollten und irritierenden Einfluss auf seine persönliche Freiheit empfinden (vgl. Ducoffe 1996), insbesondere wenn er per se schon Skepsis gegenüber der Werbung zeigt und dazu neigt, den Informationen der Werbung nicht zu glauben (vgl. Obermiller/Spangenberg 1998; Obermiller/Spangenberg/MacLachlan 2005). Folglich wird der Konsument versuchen, seine eingeschränkte persönliche Freiheit wieder herzustellen (vgl. Ducoffe 1995). Entsprechend der Theorie psychologischer Reaktanz können dementsprechend die folgenden Hypothesen (H3a und H3b) abgeleitet werden: H3a: Je höher die wahrgenommene quantitative Informationsrate ist, desto höher ist die situative Reaktanz des Konsumenten. H3b: Je höher die wahrgenommene qualitative Informationsrate ist, desto höher ist die situative Reaktanz des Konsumenten. Im Weiteren wird in Kapitel D1.3 (S. 99ff.) postuliert, dass sich mit zunehmender Informationsrate die Konsumentenverwirrtheit erhöht. Realisiert der Konsument bewusst eine steigende KVW als Störung der Informationsverarbeitung kann dies u.U. dazu führen, dass er
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„Intrusiveness“ entspricht dem Konzept der Aufdringlichkeit als „interruption of editorial content“ (vgl. Edwards/Li/Lee 2002), d.h. dem Grad, zu dem die Präsentation der Informationen einer Werbung als konträr zu den eigenen Zielen empfunden wird.
Reaktanz als negativer Kommunikationseffekt
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die KVW als Einschränkung der individuellen Freiheit empfindet und bewusst Strategien zur Reduktion der Verwirrtheit einsetzt (vgl. z.B. Drummond 2004; Mitchell/Papavassiliou 1997, 1999; Schweizer 2005, S. 110ff.; Turnbell/Leek/Ying 2000; Wahlers/Etzel 1990, S. 415; Wiedmann/Walsh/Klee 2001). Reduktionsstrategien werden definiert als „the set of cognitive and behavioral processes initiated by consumers in response to emotionally arousing, stress inducing interactions with the environment aimed at bringing forth more desirable emotional states and reduced levels of stress“ (Duhachek 2005, S. 41). Daraus kann geschlussfolgert werden, dass KVW einen bewussten Zustand der Motivation zur Wiederherstellung der Freiheit auslöst. Daraus lässt sich die folgende Hypothese (H4) herleiten: H4: Je höher die Konsumentenverwirrtheit ist, desto höher ist die situative Reaktanz des Konsumenten. 2.4 Zusammenfassende Erkenntnisse Zusammenfassend ist festzuhalten, dass in diesem Abschnitt aufgezeigt werden konnte, dass sich das Konstrukt psychologischer Reaktanz eignet, um eine weitere negative Auswirkung der zunehmenden Informationskomplexität durch Werbeaktivitäten der Ambusher und Sponsoren aufzuzeigen. Die Sponsoring- und Ambush-Marketing-Forschung greift dieses Konstrukt bislang nicht auf, weshalb ein diesbezüglicher Forschungsbeitrag geleistet werden sollte. Es konnte theoretisch begründet werden, dass die hohen Informationsraten der Werbeaktivitäten als freiheitsbeschränkend wahrgenommen und damit als Eingriff in die persönliche Freiheit interpretiert werden könnten und folglich Reaktanz verursachen können. Darüber hinaus wurde theoretisch hergeleitet, dass eine wahrgenommene KVW ebenfalls Reaktanz verursachen könnte. Folglich lässt sich das Modell negativer Wirkungen durch Sponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen um ein weiteres Konstrukt erweitern (vgl. Abb. 24).
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Entwicklung eines Modells zur Erklärung negativer Wirkungen
Abb. 24: Kausalzusammenhänge zwischen den Informationsraten, der KVW und der Reaktanz
quantitative Informationsrate wahrgenommene Stimulivielzahl Sponsoring-Maßnahmen
H1 +
H2ab+
qualitative Informationsrate
Konsumentenverwirrtheit H4 +
Ambush-Maßnahmen wahrgenommene Stimuliähnlichkeit
H3ab+
Reaktanz
wahrgenommene Stimuliunklarheit wahrgenommene Stimulineuartigkeit
Quelle: eigene Darstellung
Wie die bisherigen Ausführungen verdeutlichen, besteht die Grundannahme der Theorie psychologischer Reaktanz darin, dass der Konsument als Folge einer wahrgenommenen Freiheitsbeschränkung eine Motivation entwickelt, seine Freiheit wieder herzustellen. Möglichkeiten der Reaktionen auf die situativ wahrgenommene Reaktanz wurden bereits theoretisch (vgl. Abschnitt D2.1) als auch am Beispiel der Werbeaktivitäten (vgl. Abschnitt D2.3) diskutiert. Entsprechend Brehm (1972) kann die Reaktanz zwei mögliche Effekte auslösen: den mentalen Effekt, z.B. Einstellungsänderung gegenüber der freiheitseinschränkenden Quelle, und Verhaltenseffekte, z.B. Widerstand oder Protest gegen die freiheitsbeschränkende Quelle (siehe auch Dillard/Shen 2005; Rains/Mitchell Turner 2007). Im Falle steigender Informationskomplexität der Sponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen und daraus resultierender Reaktanz können die Möglichkeiten der Reduktionsstrategien vielfältig sein. Es lässt sich jedoch anhand der vorgestellten Konzeptualisierung vermuten, dass der Konsument als Folge der Reaktanz entweder eine negative Einstellung gegenüber der freiheitseinschränkenden Quelle (d.h. gegenüber dem Sponsor oder Ambusher oder gegenüber ihren Maßnahmen oder gegenüber dem Kommunikationsinstrument selbst) entwickelt oder als „offenen“ Widerstand mangelnde Kaufbereitschaft gegenüber den Produkten/Dienstleistungen der Sponsoren und Ambusher zeigt (vgl. Abb. 23, S. 107). In diesem Falle haben nicht nur die Reaktanz selbst, sondern auch ihre unmittelbaren Effekte negative Auswirkungen auf die Ziele der Sponsoren und Ambusher, z.B. die Einstellung gegenüber den Sponsoren und Ambushern oder die Kaufbereitschaft. Da sowohl die Einstellung als auch die Kaufbereitschaft in der Analyse der Studien zu ergebnisorientierten
Negative Einstellung gegenüber Sponsoring als negativer Kommunikationseffekt
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Wirkungskontrollen (vgl. Abschnitt C3, S. 60) als bedeutende Ziele der Sponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen im Rahmen sportlicher Großereignisse identifiziert wurden, ist folglich zu analysieren, inwieweit diese Zielgrößen der Unternehmen aufgrund der aktuellen Entwicklungen gefährdet sind. Dies soll im Folgenden diskutiert werden.
3
Negative Einstellung gegenüber Sponsoring als negativer Kommunikationseffekt
3.1 Die Einstellung als marketingrelevantes Konstrukt Die Einstellung ist als bedeutender Prädiktor für das Konsumentenverhalten (vgl. Ajzen/ Fishbein 1977; Bagozzi/Warshaw 1992; Bagozzi/Yi 1989; Mitchell/Olson 1981; Spears/Singh 2004) ein wesentliches Ziel der Marketingkommunikation der Unternehmen. Im Sponsoring bzw. Ambush-Marketing bedeutender Sportveranstaltungen sehen z.B. viele Unternehmen eine Möglichkeit, durch eine Assoziation des Unternehmens mit den Imageattributen der Sportveranstaltung eine positive Einstellung der Konsumenten gegenüber dem Unternehmen zu erzeugen (vgl. stellvertretend Bruhn/Ahlers 2003; Carrillat/Lafferty/Harris 2005; Cornwell/Maignan/Irwin 1997; Cornwell/Relyea/Irwin/Maignan 2000; Easton/Mackie 1998; Fullerton 2007; Gwinner/Eaton 1999; Meenaghan 1996; Ruth/Simonin 2003). Die Einstellung lässt sich allgemein definieren als „… Zustand einer gelernten und relativ dauerhaften inneren Bereitschaft eines Individuums, auf bestimmte Umweltstimuli konsistent mehr oder weniger stark positiv oder negativ zu reagieren“ (vgl. Trommsdorff 2008, S. 37; S. 159) bzw. als psychologische Tendenz, einen bestimmten Gegenstand positiv oder negativ wertend einzuschätzen (vgl. Bohner 2003, S. 267; Eagly/Chaiken 1993, S. 1). Einstellungen beziehen sich stets auf einen Meinungsgegenstand, wobei sich die Marketingwissenschaft häufig auf Unternehmen oder Produkte als Untersuchungsobjekte konzentriert, und stellen das Ergebnis eines Lernprozesses dar (vgl. Fishbein 1963; Mayer/Illmann 2000, S. 131; Trommsdorff 2008, S. 159). Da die Einstellung durch Erfahrungen mit diesem jeweiligen Objekt aufgrund von Sozialisierungsprozessen entsteht, kann sie als erlernte Prädisposition gesehen werden (vgl. Fishbein/Ajzen 1975). Entsprechend der sog. Drei-Komponenten-Theorie (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 170) kann das Konstrukt durch drei sich gegenseitig beeinflussende Dimensionen beschrieben werden: x
Die affektive Komponente umfasst die das Einstellungsobjekt gefühlsmäßig bewertende Dimension.
x
Die kognitive Komponente charakterisiert das subjektive Wissen einer Person über das Einstellungsobjekt.
x
Die konative Komponente umfasst die Verhaltensdisposition des Individuums gegenüber dem Einstellungsobjekt.
114
Entwicklung eines Modells zur Erklärung negativer Wirkungen
Die jüngste Forschung (u.a. die Forschung zur Event-Kommunikation) widerspricht jedoch diesem klassischen Drei-Komponenten-Ansatz (vgl. Drengner 2008, S. 86; Dudzik 2006, S. 69; Glogger 1999, S. 50; Grohs/Wagner/Vsetecka 2004; Hammann/Erichson 2000, S. 334f.; Lasslop 2003; Nitschke 2006; S. 106; Roy/Cornwell 2003; Trommsdorff 2008, S. 164f.). Mittlerweile wird die grundsätzliche Verhaltensbereitschaft dem Meinungsgegenstand gegenüber (konative Komponente) als eigenständiges Konstrukt betrachtet und selbst durch die nunmehr „Zwei-Komponenten“-Einstellung (affektive und kognitive Komponente) beeinflusst (vgl. z.B. Trommsdorff 2008, S. 164f.). 3.2 Implikationen für das Sponsoring und Ambush-Marketing Wie bereits mehrfach verdeutlicht (vgl. Abschnitte B1.2, S. 13ff. und B2.1, S. 27ff.), liegt neben anderen ein bedeutendes Ziel des Sponsorings und des Ambush-Marketings in der Beeinflussung des Images des Sponsors/Ambushers bzw. der Einstellung zum Sponsor bzw. zum Ambusher. Die im Rahmen der Sportveranstaltung werbenden Unternehmen nutzen den Prozess des Imagetransfers, um eine kognitive „Verlinkung“ des beworbenen Imageobjektes mit den positiven (sportlichen) Attributen der Sportveranstaltung bei der Zielgruppe zu erreichen (vgl. Gwinner 1997; Gwinner/Eaton 1999). Bei diesen Transferprozessen spielt die Einstellung zum Instrument des Sponsorings (attitude toward sponsoring) eine gewichtige Rolle (vgl. Dees/Bennett/Tsuji 2007; Kinney/ McDaniel 2004; Lee/Sandler/Shani 1997; Stipp/Schiavone 1996), da sie ein bedeutender Mediator zur Einstellung gegenüber der Marke sein kann (vgl. Lutz 1985; Lutz/ MacKenzie/ Belch 1983). Die Einstellung gegenüber Sponsoring soll im vorliegenden Kontext untersucht werden, da sie als Kommunikationsziel insbesondere für die zu untersuchende Fragestellung allgemeiner, negativer Auswirkungen der hohen Informationsrate durch Sponsoren und Ambusher im Umfeld von Sportveranstaltungen bedeutsam ist. In Anlehnung an Lutz (1985, S. 53) wird sie definiert als „… a learned predisposition to respond in a consistently favorable or unfavorable manner to sponsoring in general”. Wie in Abschnitt D2.3 (S. 109ff.) theoretisch hergeleitet, können sich die Konsumenten durch die Vielfalt an Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher ab einem bestimmten Punkt „genervt“ und folglich in ihrer persönlichen Freiheit eingeschränkt fühlen. Es ist anzunehmen, dass sie das komplexe Zusammenspiel aller Sponsoren- und Ambush-Marketing-Maßnahmen für ihren Zustand verantwortlich zeichnen, und die Ursachen nicht einem einzigen Unternehmen „anlasten“. Ein möglicher negativer Effekt, z.B. eine Einstellungsänderung, bezieht sich folglich nicht auf einen Sponsor allein, sondern auf die Vielzahl der Kommunikationsmaßnahmen, d.h. auf das Sponsoring als Kommunikationsinstrument89. 89
Im gleichen Maße könnte man argumentieren, dass sich eine negative Einstellung auch gegenüber dem Kommunikationsinstrument des Ambush-Marketings entwickeln könnte. Aufgrund des noch mangelnden Wissens der Bevölkerung über das noch junge Kommunikationstool (vgl. Drengner/Sachse 2005; Lyberger/McCarthy 2001) ist jedoch davon auszugehen, dass alle Werbemaßnahmen unter dem „Dach“ des
Negative Einstellung gegenüber Sponsoring als negativer Kommunikationseffekt
115
Darüber hinaus zeigt die Werbeforschung, dass nicht die Werbemaßnahmen selbst und im Einzelnen, sondern vielmehr die Summe der eingesetzten Werbeaktivitäten kritisiert wird (vgl. Bauer/Greyser 1968; Ducoffe 1996; Sandage/Leckenby 1980). Daraus lässt sich schließen, dass die Vielzahl und die Art der Werbemaßnahmen der Sponsoren und Ambusher eher die Einstellung zum Sponsoring als zu einem einzelnen Sponsor beeinflusst. Dabei ist nicht auszuschließen, dass sich eine Einstellungsänderung gegenüber einzelnen Marken (Sponsor/Ambusher) ergeben kann, insbesondere durch bei dem Konsumenten bereits bekannten oder besonders aufmerksamkeitsstarken Werbemaßnahmen, die sich dadurch aus der Masse abheben (vgl. z.B. Lutz 1985). Dies kann jedoch von Marke zu Marke differieren und ist wiederum von anderen Einflussgrößen, z.B. der persönlichen Erfahrung mit der Marke und deren Produkten (vgl. Lutz 1985) sowie von der Einstellung gegenüber dem Kommunikationsinstrument (vgl. z.B. Spears/Singh 2004) abhängig. Die Einstellung gegenüber dem Sponsor ist nur auf individueller Markenebene bestimmbar und soll folglich nicht Gegenstand der Betrachtungen der vorliegenden Untersuchung sein. Wie bereits theoretisch hergeleitet, kann eine erhöhte Informationskomplexität der Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher im Rahmen bedeutender Sportveranstaltungen als Einschränkung der persönlichen Freiheit empfunden werden und in Folge situative Reaktanz verursachen (vgl. Ausführungen in Abschnitt D2.3, S. 109ff.). Die Theorie der psychologischen Reaktanz geht davon aus, dass dieser Zustand zu mentalen Effekten zur Wiederherstellung der als eingeschränkt wahrgenommenen Freiheit führen kann (vgl. Brehm 1972; Dillard/Shen 2005; Silvia 2006b; vgl. Abb. 23, S. 107). Eine „Strategie“ zur Wiederherstellung der Freiheit äußert sich als „perceptual and judgmental changes toward the threat“ (vgl. Wendlandt/Schrader 2005, S. 34) in einer negativen Einstellungsänderung gegenüber der wahrgenommenen Quelle der Freiheitsbeschränkung (vgl. z.B. Goldberg/Niedermeier/ Bechtel/Gorn 2006; O‘Donohoe 1995; Phillips/Noble 2007; Rains/Mitchell Turner 2007). Da zu vermuten ist, dass der Konsument die Vielzahl der Werbeaktivitäten im Umfeld der speziellen Sportveranstaltung, folglich das Sponsoring als Kommunikationsinstrument als freiheitsbeschränkende Quelle ansieht, kann geschlussfolgert werden, dass sich aufgrund der wahrgenommenen situativen Reaktanz die Einstellung gegenüber dem Sponsoring negativ ändert (vgl. Séguin/O’Reilly 2008). Dies führt zu der folgenden Hypothese (H5): H5: Je höher die situative Reaktanz des Konsumenten ist, desto negativer ist seine Einstellung gegenüber Sponsoring. Im Weiteren kann in ähnlicher Weise argumentiert werden, dass auch die durch die hohe Informationsrate entstehende Konsumentenverwirrtheit Ursache für eine Einstellungsänderung sein kann. Bemerkt der Konsument, dass es ihm aufgrund der Vielfalt an Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher schwer fällt, einzelne Stimuli zu interpretieren und zu selektieren, wird er die Maßnahmen des Sponsorings als Ursache seiner Probleme identifizieSponsorings von Sportveranstaltungen gesehen werden.
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Entwicklung eines Modells zur Erklärung negativer Wirkungen
ren. Grundsätzlich ist der Konsument geneigt, mögliche kognitive oder emotionale Belastungen über sog. Reduktionsstrategien abzubauen (vgl. Kapitel D2.3; Duhachek 2005), wobei in der Literatur dazu bislang 85 Möglichkeiten identifiziert wurden (siehe Überblick Skinner/Edge/ Altman/Sherwood 2003). Die Einstellungsänderung gegenüber der die Belastung auslösenden Quelle kann eine dieser problem- oder emotionsbezogenen Strategien sein (vgl. Duhachek 2005, S. 42). Darüber hinaus kann eine negative Einstellungsänderung aufgrund von KVW auch aus bisherigen Erkenntnissen zur KVW-Forschung geschlussfolgert werden. Diese zeigen z.B., dass KVW eine negative Einstellung gegenüber Shopping und Konsumerismus als Auslöser der KVW verursacht (vgl. Mitchell/Papavassiliou 1999). Damit lässt sich die folgende Hypothese (H6) ableiten: H6: Je höher die KVW ist, desto negativer ist die Einstellung des Konsumenten gegenüber Sponsoring. 3.3 Zusammenfassende Erkenntnisse Die Erkenntnisse dieses Kapitels zusammengefasst, konnte gezeigt werden, dass die zunehmenden Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher im Rahmen bedeutender Sportveranstaltungen eine negative Einstellung gegenüber Sponsoring als weiteren negativen Effekt verursachen können. Eine negative Einstellung der Konsumenten gegenüber Sponsoring ist sowohl für die Sponsoren als auch für die Ambusher problematisch, da dies aus beider Sicht letztlich die Einstellung zum Sponsor/Ambusher und damit einen gewünschten Imagetransfer des Events auf die Sponsoren/Ambusher und deren Produkte behindern kann. Es wurde die Annahme getroffen, dass sich die Stimulieigenschaften nicht direkt, sondern über die bereits identifizierten negativen Effekte der Informationsraten, d.h. über KVW oder die situative Reaktanz, auf die Einstellung auswirken. Es wird davon ausgegangen, dass der Konsument aufgrund seiner Informationsverarbeitungskapazität nicht in der Lage ist, die hohe Informationsrate zu verarbeiten, und folglich KVW eintreten kann. Ist sich der Konsument bewusst, dass er die Stimuli nicht richtig interpretieren und selektieren kann, kann er in Folge seine Einstellung gegenüber der vermeintlichen Ursache ändern. Bemerkt der Konsument seine Fehlinterpretationen nicht, sondern ist als emotionale Facette der Reaktanz „nur“ genervt von den zahlreichen Stimuli, besteht in der Einstellungsänderung gegenüber der freiheitsbeschränkenden Ursache (Sponsoring) eine mögliche Reduktionsstrategie. Folglich ist zu argumentieren, dass nicht die zahlreichen Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher selbst eine Einstellungsänderung auslösen, sondern dass es als Ursache einer Einstellungsänderung ein vorgelagertes negatives „Erlebnis“ mit den Stimulieigenschaften geben muss, z.B. eine negative Auswirkung der Informationsrate als Reaktanz oder KVW. Die Tatsache, dass die Stimuli „einfach nur“ vorhanden sind, löst keine Einstellungsänderung aus.
Negative Einstellung gegenüber Sponsoring als negativer Kommunikationseffekt
117
Das Modell negativer Wirkungen durch Sponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen lässt sich damit um ein weiteres Konstrukt erweitern (vgl. Abb. 25). Abb. 25: Kausalzusammenhänge zwischen den Informationsraten, der KVW, der Reaktanz und der Einstellung gegenüber Sponsoring
quantitative Informationsrate wahrgenommene Stimulivielzahl
H2ab+
Sponsoring-Maßnahmen
H1 +
H6 – Einstellung ggü. Sponsoring
qualitative Informationsrate Ambush-Maßnahmen wahrgenommene Stimuliähnlichkeit
Konsumentenverwirrtheit
H4 + H5 –
wahrgenommene Stimuliunklarheit
H3ab+
Reaktanz
wahrgenommene Stimulineuartigkeit
Quelle: eigene Darstellung
In Anlehnung an die bisherigen Plausibilitätsüberlegungen zu möglichen negativen Auswirkungen der steigenden Informationskomplexität durch Sponsoren und Ambusher in Abschnitt C3 (S. 60ff.) auf die Kommunikationsziele wurde bereits die mangelnde Kaufbereitschaft als weiterer negativer Effekt herausgearbeitet. Darüber hinaus zeigte die Konzeptualisierung zur psychologischen Reaktanz, dass der Konsument als Folge der Reaktanz als „offenen“ Widerstand mangelnde Kaufbereitschaft gegenüber den Produkten/Dienstleistungen der Sponsoren und Ambusher entwickeln könnte (vgl. Abb. 23, S. 107). Da die Kaufbereitschaft aus der Analyse der Studien zu ergebnisorientierten Wirkungskontrollen (vgl. Abschnitt C3, S. 60) als ein wesentliches Ziel von Sponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen im Rahmen sportlicher Großereignisse herausgearbeitet wurde, soll im Folgenden analysiert werden, inwieweit diese Zielgröße durch die steigende Informationskomplexität im zeitlichen und geographischen Umfeld von Sportveranstaltungen gefährdet ist.
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Mangelnde Kaufbereitschaft als negativer Kommunikationseffekt
Wie bei allen Maßnahmen des Marketings, ist das letztliche, wenn auch nicht alleiniges Ziel der Sponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen, die Beeinflussung der Kaufbereitschaft der Konsumenten bzgl. der Produkte und Dienstleistungen der werbenden Unternehmen (vgl. Fullerton 2007, S. 69; Meenaghan 1998, S. 307). Die Bereitschaft repräsentiert „the person’s motivation in the sense of his or her conscious plan to exert effort to carry out a behavior” (Eagly/Chaiken 1993, S. 168). Somit beschreibt die Kaufbereitschaft die Motivation einer Person, ein Produkt zu kaufen. Zahlreiche Marketingstudien belegen, dass die Kaufbereitschaft von verschiedenen Variablen beeinflusst wird, wie z.B. durch die Einstellung gegenüber dem Sponsor oder gegenüber dem Kommunikationsinstrument (vgl. z.B. Alexandris/Tsaousi/James 2007; Dees/Bennett/ Tsuji 2007; Fishbein/Ajzen 1975; James/Kover 1992; Lutz 1985; Lutz/MacKenzie/Belch 1983; Madrigal 2001; Petrovici/Marinov 2007; Spears/Singh 2004) und durch das Involvement (vgl. Solomon 2007, S. 128; Zaichkowsky 1986, S. 6). Darüber hinaus zeigt sich in der Literatur, dass auch negative Marketingeffekte, wie z.B. die Konsumentenverwirrtheit, einen Einfluss auf die Kaufintention, insbesondere im Sinne aufgeschobener oder abgebrochener Kaufentscheidungen (vgl. Jacoby/Morrin 1998; Huffman/Kahn 1998; Mitchell/Papavassiliou 1999; Walsh/Hennig-Thurau/Mitchell 2007) haben. Wie bereits mehrfach verdeutlicht, kann die Art der hohen Informationsraten im Sinne von Stimulivielzahl, -ähnlichkeit, -unklarheit und -neuartigkeit dazu führen, dass die Konsumenten nicht mehr in der Lage sind, die Stimuli, d.h. die Marken, voneinander zu differenzieren. Dadurch, dass davon ausgegangen werden kann, dass die Konsumenten ein geringes Involvement gegenüber den Werbemaßnahmen der Sponsoren/Ambusher zeigen (vgl. Dalakas/ Madrigal/Burton 2004; Shani/Sandler 1998) und sich dadurch nicht bewusst mit den Unterschieden zwischen Sponsoren und Ambushern auseinander setzen – werden sie bezüglich dieser Produkte auch tendenziell keine bewusste Kaufintention entwickeln. Vielmehr konnte belegt werden, dass sich die Konsumenten in der Kaufentscheidungsphase aufgrund der wahrgenommenen Konfusion einem höheren Risiko ausgesetzt fühlen (vgl. Turnbell/Leek/Yung 2000) und bezüglich der Produkte der Sponsoren und Ambusher mangelnde Kaufbereitschaft zeigen (vgl. Séguin/Lyberger/O’Reilly/McCarthy 2005; Séguin/O’Reilly 2008). Dies führt zu folgender Hypothese (H7): H7: Je höher die KVW ist, desto geringer ist die Kaufbereitschaft des Konsumenten gegenüber den Produkten/Dienstleistungen der werbenden Unternehmen. Weiterhin wurde bereits theoretisch argumentiert (vgl. Abschnitt D2.3, S. 109ff.), dass die hohe Informationsrate durch Sponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen zu Reaktanz führen kann. Wie bereits mehrfach dargelegt, ist der Konsument bestrebt, einen Zustand freier Wahlalternativen wiederherzustellen und somit die Reaktanz als freiheitsbeschränkenden
Mangelnde Kaufbereitschaft als negativer Kommunikationseffekt
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Zustand mittels mentaler bzw. Verhaltens-Reaktionen (vgl. Brehm 1972) abzubauen. Verhaltensreaktionen auf störend empfundene Zustände wurden z.B. in Studien der Werbeforschung untersucht. Diese zeigen u.a., dass der Konsument die Werbung als nervend empfindet (vgl. Aaker/Bruzzone 1985). Daraufhin meidet er die auslösende Quelle der Verärgerung (Werbemaßnahmen) (vgl. Krugman 1983; Park/McClung 1986), indem er bspw. den Raum verlässt, das Programm umschaltet (vgl. Abernethy 1991) oder die Werbung ignoriert (vgl. Clancey 1994; Krugman/Johnson 1991). Im Rahmen des Sponsorings und Ambush-Marketings von Sportveranstaltungen ist die Vermeidung der gebotenen Werbeinformationen allerdings schwierig, im Zeitraum (und vor und nach) solcher Großereignisse besteht kaum eine Chance auf Werbevermeidung. Sowohl Sponsoren als auch Ambusher setzen auf Kommunikationsformen, denen man „unfreiwillig“ begegnet (z.B. Plakate, Produktverpackungen, Werbespots während und im Umfeld des Ereignisses, Webseiten, Gewinnspiele etc.). Möglich wäre eine Vermeidung des Ereignisses als weitere Ursache der wahrgenommenen Freiheitsbeschränkung. Dies wäre insofern möglich, als dass man daran nicht mehr „aktiv partizipiert“. Da jedoch gegenüber dem Sportgroßereignis meist hohes Involvement besteht, wäre das eine Art „Selbstbestrafung“ und wird somit eher keine Alternative darstellen. Vielmehr ist ein Weg der „Bestrafung“ der Sponsoren/Ambusher (vgl. Dillard/Shen 2005, S. 146) durch eigenes Verhalten denkbar, indem der Konsument gegen deren Ziele handelt, d.h. das Produkt des Sponsors/Ambushers bewusst nicht kaufen wird. Diese Argumentation stützen Ergebnisse der Werbeforschung (vgl. z.B. Robertson/Rossiter 1974), die besagen, dass die durch TV-Werbung wahrgenommene Beeinflussung des Konsumenten seinen Wunsch nach dem beworbenen Produkt und dessen Glaubwürdigkeit senkt. Weiterhin konnte in einer Studie (vgl. Edwards/Li/Lee 2002) zu Werbeunterbrechungen gezeigt werden, dass sich die Reaktanz der Konsumenten gegen die Werbeunterbrechung selbst bzw. gegen die die Werbung aussendende Quelle richtete. Bei Sportveranstaltungen ist jedoch nicht davon auszugehen, dass sich die Reaktanz (ausschließlich) gegen den Veranstalter richtet, der die Werbemaßnahmen (z.B. im Stadion) zulässt, sondern dass sich die Reaktanz gegen das werbende Unternehmen bzw. damit gegen das beworbene Produkt selbst richtet. Somit kann die folgende Hypothese (H8) abgeleitet werden: H8: Je höher die situative Reaktanz ist, desto geringer ist die Kaufbereitschaft gegenüber den Produkten/Dienstleistungen der werbenden Unternehmen. Letztlich kann aus dem mehrfach belegten Einfluss der Einstellung auf eine Verhaltensintention (vgl. Fishbein/Ajzen 1975; Spears/Singh 2004) argumentiert werden, dass Einstellung gegenüber dem Kommunikationsinstrument ebenfalls die Kaufbereitschaft beeinflusst (vgl. z.B. Alexandris/Tsaousi/James 2007; Dees/Bennett/Tsuji 2007; James/Kover 1992; Lutz 1985; Lutz/MacKenzie/Belch 1983; Madrigal 2001; Petrovici/Marinov 2007). Es konnte in zahlreichen Studien belegt werden, dass die Einstellung zum Sponsor einen Einfluss auf die Kaufbereitschaft ausübt und die Einstellung gegenüber Sponsoring als moderierender Effekt diesen Wirkungszusammenhang beeinflusst (vgl. Dees/Bennett/Tsuji 2007; Kinney/
120
Entwicklung eines Modells zur Erklärung negativer Wirkungen
McDaniel 2004; Lee/Sandler/Shani 1997; Lutz 1985; Lutz/MacKenzie/Belch 1983; Stipp/ Schiavone 1996). Geschlussfolgert werden kann, dass auch die Einstellung zum Sponsoring selbst einen direkten Einfluss auf die Kaufbereitschaft hat, auch wenn diese von weiteren Konstrukten, z.B. dem Produktinvolvement, beeinflusst wird. Folglich lässt sich die Hypothese (H9) ableiten: H9: Je negativer die Einstellung eines Konsumenten gegenüber dem Sponsoring ist, desto geringer ist seine Kaufbereitschaft gegenüber den Produkten/Dienstleistungen der werbenden Unternehmen. Zusammenfassend zeigt sich aus den Erkenntnissen dieses Abschnittes, dass die negativen Auswirkungen der steigenden Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher im Umfeld sportlicher Großveranstaltungen einen weiteren negativen Effekt, den der mangelnden Kaufbereitschaft der Konsumenten gegenüber den Produkten/Dienstleistungen der Werbenden auslösen kann. Das Modell negativer Wirkungen durch Sponsoring- und Ambush-MarketingMaßnahmen lässt sich um ein weiteres Konstrukt erweitern (vgl. Abb. 26). Abb. 26: Kausalzusammenhänge zwischen den Informationsraten, der KVW, der Reaktanz, der Einstellung gegenüber Sponsoring und der Kaufbereitschaft
quantitative Informationsrate wahrgenommene Stimulivielzahl
H2ab+
Sponsoring-Maßnahmen
H1 +
H6 –
Einstellung ggü. Sponsoring
qualitative Informationsrate Ambush-Maßnahmen wahrgenommene Stimuliähnlichkeit
Konsumentenverwirrtheit H7 – H9 +
Kaufbereitschaft
H4 + H5 –
wahrgenommene Stimuliunklarheit
H3ab+
Reaktanz
H8 –
wahrgenommene Stimulineuartigkeit
Quelle: eigene Darstellung
Nachdem bereits eine Reihe möglicher negativer Auswirkungen der zunehmenden Informationsraten auf die Ziele der Sponsoren und Ambusher konstatiert wurden, soll nun aufgezeigt werden, inwiefern sich die steigende Informationskomplexität durch die Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher auf die Bekanntheit der Unternehmen auswirkt. Die Steigerung der Bekanntheit stellt eines der wesentlichen Ziele des Sportsponsorings dar, insbesondere beim Sponsoring und Ambush-Marketing bedeutender Sportveranstaltungen. Wie in den einleitenden Kapiteln B und C ausführlich dargelegt, sehen die Unternehmen bedeutende Sportereignisse aufgrund ihres Interesses bei der Bevölkerung als eine geeignete Kommunikations-
121
Fehlerhafte Wahrnehmung als negativer Kommunikationseffekt
plattform zur Erreichung von Aufmerksamkeit. Da die grundlegende Voraussetzung für die Wirkung der Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher darin liegt, dass die gebotenen Stimuli überhaupt wahrgenommen werden, soll im Folgenden die Wahrnehmung zunächst kurz theoretisch erläutert werden, bevor im Anschluss Implikationen für den vorliegenden Untersuchungskontext abgeleitet werden.
5
Fehlerhafte Wahrnehmung als negativer Kommunikationseffekt
5.1 Das Konstrukt der Wahrnehmung Als eine wesentliche Voraussetzung für die Wirkung der Kommunikationsmaßnahmen gilt die Wahrnehmung der dargebotenen Reize, da der Mensch erst über sie und deren anschließende Verarbeitung Kenntnis über sich und seine Umwelt erhält (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 268f.). Das hypothetische Konstrukt der Wahrnehmung umfasst einerseits den eigentlichen Prozess des Wahrnehmens sowie andererseits dessen Endergebnis, das durch Motive, Lernvorgänge, Informationsverarbeitungsprozesse und soziale Faktoren beeinflusst wird (vgl. Mayer/Illmann 2000, S. 427). Der prozessorientierte Begriff definiert Wahrnehmung als den „…Prozess der Aufnahme, Selektion, Weiterleitung und Verarbeitung von Reizen aus der Umwelt durch einen oder mehrere Wahrnehmungsapparate“ (Mayer/Illmann 2000, S. 427). Die verarbeiteten und gespeicherten Reize, d.h. z.B. die Bekanntheit der Sponsoren und Ambusher sowie u.U. ihre „Verbindung“ zum Sportereignis, stellen letztlich das Endergebnis der Wahrnehmung dar. Zur Erklärung des menschlichen Wahrnehmungsprozesses wird häufig das der kognitiven Psychologie entlehnte mehrstufige Gedächtnismodell nach Broadbent (1958) (DreiSpeicher-Modell) genutzt (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 226 ff.; Kuß/Tomczak 2004, S. 26 ff.; Trommsdorff 2008, S. 39.) (vgl. Abb. 27). Abb. 27: Drei-Speicher-Modell
Sensorischer Speicher Stimuli
(optisch, akustisch, haptisch usw.)
Langzeitspeicher/ Gedächtnis
Arbeitsspeicher (Kodieren, Memorieren, Bewerten, Entscheiden Wahrnehmung
Kognitive Strukturen
Lernen Abrufen Reaktion
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Kuß/Tomczak (2004, S. 27) und Trommsdorff (2008, S. 251)
122
Entwicklung eines Modells zur Erklärung negativer Wirkungen
Dieses Modell unterteilt die Informationsverarbeitung in die drei Komponenten sensorischer Speicher, Arbeitsspeicher bzw. Kurzzeitspeicher und Langzeitspeicher. Die Verbindungen zwischen dem Stimulus und dem Organismus sowie zwischen den drei Speichern werden durch psychographische Prozesse hergestellt. Entsprechend des Drei-Speicher-Modells wird die Wahrnehmung als Austauschprozess zwischen dem sensorischen Speicher und dem Kurzzeitspeicher dargestellt (vgl. Trommsdorff 2008, S. 38f.). Die Grundlage der Betrachtung bilden zunächst äußere Reize der Umwelt, die in visueller, auditiver, haptischer, thermischer sowie olfaktorischer Art auftreten können (vgl. Drengner 2008, S. 251 f.). Im Rahmen des Sponsorings bzw. des AmbushMarketings einer Sportveranstaltung kommt sicher den visuellen und auditiven Reizen die größte Bedeutung zu. Mittels dieser Reize (Stimuli) erfolgt die Aktivierung des Organismus. Danach schließen sich informationserwerbende und -verarbeitende Prozesse an. Zunächst werden alle mit einem Sinnesorgan aufgenommenen Reize für kurze Zeit in dem sensorischen Speicher „abgelegt“ (Informationserwerb).90 Abhängig von der Aufmerksamkeit, die den Reizen entgegengebracht wird, gelangen anschließend nur wenige eintreffende Reize in den Kurzzeitspeicher91, wo sie entschlüsselt, und interpretiert werden (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 271). Den äußeren Reizen wird ein Informationscharakter verliehen. Modelltheoretisch wird somit die Informationsverarbeitung primär dem Kurzzeitspeicher zugeordnet. Der Kurzzeitspeicher besitzt im Gegensatz zum sensorischen Speicher eine begrenzte Kapazität (vgl. Kuß/Tomczak 2004, S. 28f.) 92, die zwischen den Konsumenten variiert. Wird diese limitierte Informationsverarbeitungskapazität eines Individuums durch die Anzahl der zu verarbeitenden Stimuli überschritten, folgt eine Informationsüberlastung des Konsumenten (vgl. Jacoby/Speller/Kohn 1974; Malhotra/Jain/Lagakos 1982; Malhotra 1984). Im weiteren Verlauf des Informationsverarbeitungsprozesses werden die im Kurzzeitspeicher „ankommenden“ Reize mit anderen, im Langzeitspeicher abgelegten Informationen zu neuen gedanklichen Einheiten verknüpft. Der Langzeitspeicher gilt als das eigentliche (unbegrenzte) Gedächtnis des Menschen, das automatisch und unwillkürlich nach bereits vorhandenen Schemata durchsucht wird, die zu den neuen sensorischen Reizen passen. Reize, die (scheinbar) zu bereits vorhandenen Schemata passen, werden dabei eher wahrgenommen. Die Infor90
91
92
Die Kapazität dieses Speichers ist nahezu unbegrenzt, jedoch liegt die Speicherdauer Schätzungen zufolge nur zwischen ca. 250-500 Millisekunden (vgl. Schermer 2002, S. 119). Diese Zeit genügt jedoch um zu erkennen, welche Reize auf welche Art zur weiteren Verarbeitung genutzt werden. Aufgrund der Kritik am Konzept des Kurzzeitspeichers als „Ort“ begrenzter Speicherkapazität wurde dieses u.a. durch das Konzept des Arbeitsgedächtnisses ersetzt, welches den Zustand aktiver Informationsverarbeitung besser beschreibt (vgl. Baddeley 1992). Diese Diskussion würde an dieser Stelle aber zu weit führen, siehe dazu u.a. Engelkamp (1991, S. 50ff.). Allgemein wird davon ausgegangen, dass gleichzeitig nur fünf bis maximal sieben „information chunks“ (verdichtete Informationseinheiten) gespeichert werden können (vgl. Miller 1956, S. 81ff.; Simon 1974). Broadbent (1958) geht sogar von nur drei oder vier solcher Informationseinheiten aus.
Fehlerhafte Wahrnehmung als negativer Kommunikationseffekt
123
mationen werden gedanklich weiterverarbeitet. Diese entschlüsselten und interpretierten Reize gelangen schließlich in den Langzeitspeicher, wo sie langfristig gespeichert werden93. Aus der Interaktion von Kurzzeitspeicher und Langzeitspeicher resultiert somit das Lernen (vgl. Kuß/Tomczak 2004, S. 30). Wie die bisherigen Ausführungen zeigen, kann davon ausgegangen werden, dass bei der Verarbeitung der Stimulieigenschaften im Kurzzeitspeicher und in Folge von Stimuliüberlastung Konsumentenverwirrtheit als „bewusste und unbewusste Störung der Informationsverarbeitung“ entstehen kann, „…die es dem Konsumenten erschwert, die Stimuli zu selektieren und zu interpretieren…“ (vgl. D1.2.1, S. 86). Diese fehlerhafte Selektion und Interpretation der Stimuli beeinflusst im Weiteren die korrekte Weiterverarbeitung der Stimuli im Langzeitgedächtnis, was in einem fehlerhaften Endergebnis der Wahrnehmung, z.B. in mangelnder Bekanntheit des Sponsors oder des Ambushers, resultieren kann. 5.2 Implikationen für das Sponsoring und das Ambush-Marketing Die korrekte Wahrnehmung der Unternehmen als Sponsoren einer Veranstaltung (vgl. z.B. Barros/Barros/Santos/Chadwick 2007; Cornwell/Maignan/Irwin 1997; Cornwell/Relyea/ Irwin/Maignan 2000; Grohs/Wagner/Vsetecka 2004; Johar/Pham/Wakefield 2006; Kerstetter/ Gitelson 1995; Lardinoit/Derbaix 2001; Pham/Johar 2001; Quester 1997a; Quester/ Thompson 2001; Rajaretnam 1994; Sandler/Shani 1992; Stotlar 1993) und der Sponsorships (vgl. z.B. Grimes/Meenaghan 1998; Pope 1998b; Quester 1997b) sind wesentliche Zielgrößen des Sponsorings. Die Assoziation eines Ambushers mit der Sportveranstaltung als Ergebnis der Wahrnehmung durch den Konsumenten ist darüber hinaus das Ziel des Ambush-Marketings. Beide Eventparteien verfolgen das Ziel einer „wahrgenommenen“ Assoziation der Unternehmen mit dem sportlichen Großereignis, um einen Imagetransfer zwischen den Attributen der Veranstaltung und denen des beworbenen Objektes (z.B. Marke oder Produkte/Dienstleistungen) zu erreichen (vgl. Gwinner 1997; Gwinner/Eaton 1999). Passiert ein Reiz den „Aufmerksamkeitsfilter“, gelangt er zur bewussten Wahrnehmung, d.h. zur Symbolidentifizierung und Symbolkombination, in den Kurzzeitspeicher (vgl. Hermanns 1979, S. 179ff.). Während der Symbolidentifizierung ordnet das Kurzzeitgedächtnis dem Reiz durch Rückgriff auf die hinterlegten Informationen im Langzeitspeicher Bedeutungen zu, die dem Konsumenten somit wieder bewusst werden. Die Marke kann somit u.U. als Sponsor identifiziert und mit dem Sponsoringobjekt in Verbindung gebracht werden (vgl. Dudzik 2006, S. 57). Damit ist eine wesentliche Voraussetzung für den angestrebten Imagetransfer zwischen Sponsor (oder Ambusher) und Sponsoringobjekt erfüllt (vgl. Glogger 1999, S. 160f.).94
93 94
Dabei werden sie zu gedanklichen Einheiten – beispielsweise in semantischen Netzwerken – systematisiert, um später schnellere Abrufbarkeit zu gewährleisten (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 227 f.). Grundsätzlich hilft es, bereits eingeführte und bekannte Markenzeichen in der Sportwerbung zu nutzen, um die Identifikation im Langzeitspeicher und somit die Weiterleitung an den „Aufmerksamkeitsfilter“ (vgl. Deimel 1992, S. 75; Dudzik 2006, S. 54) zu erleichtern.
124
Entwicklung eines Modells zur Erklärung negativer Wirkungen
Da im Rahmen sportlicher Großereignisse die Aufmerksamkeit der Zuschauer (meist) aufgrund hohen sportartspezifischen Involvements stärker auf das Sportgeschehen als auf den Sponsor oder seine Sponsoringbotschaft gerichtet ist (vgl. Cornwell/Weeks/Roy 2005; Glogger 1999, S. 190ff.), besteht die Gefahr, dass die Stimuli der Sponsoren bzw. Ambusher nicht in die bewusste Wahrnehmung gelangen. Aus diesem Grunde spielen jene Reize, die sich oberhalb der Reizschwelle einer bewussten Wahrnehmung befinden, aber dennoch unbewusst aufgenommen werden95(unbewusste Wahrnehmung) eine bedeutende Rolle bei der Frage nach der Sponsoringwirkung. Der Stimulus löst dabei zwar keine Aufmerksamkeit aus, wird aber dennoch mit Erreichen des sensorischen Speichers aufgenommen. Besonders Sprach- und Bildelemente, die ohne Bewusstsein aufgenommen werden, können eine erhebliche Beeinflussungswirkung erzielen (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 273). Daraus lässt sich schließen, dass auch periphere Wahrnehmungen der genutzten Markenlogos zur Sponsorenkommunikation (z.B. Bandenwerbung) im Rahmen des Veranstaltungssponsorings wirksam sein könnten. Insgesamt ist also die Wahrscheinlichkeit gegeben, dass ein Zuschauer bewusst oder unbewusst - die Stimuli der Sponsoren und Ambusher wahrnimmt, selbst wenn sein Hauptinteresse dem Sportgeschehen gilt. Um jedoch die angestrebten Ziele der Sponsoren und Ambusher zu erreichen, bedarf es einer korrekten Verarbeitung der Stimuli. Wie jedoch bereits gezeigt werden konnte, kann es insbesondere aufgrund der vielfältigen Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher im Umfeld von bedeutenden Sportveranstaltungen zu Stimuliüberlastung und folglich zu Konsumentenverwirrtheit, d.h. zu einem Fehler im Informationsverarbeitungsprozess, führen. Dieser Fehler erschwert es dem Konsumenten, die auf ihn eintreffenden Stimuli eindeutig zu selektieren und zu interpretieren. Der Konsument ist folglich nicht in der Lage, zwischen den Informationen der Sponsoren und denen der Ambusher zu unterscheiden. Als Ergebnis des Fehlers im Informationsprozess könnte ihm die Assoziation zwischen Sponsor bzw. Ambusher und Sportveranstaltung unklar sein, was sich auf den angestrebten Imagetransfer seitens der Unternehmen auswirkt. Einige Befunde der Forschung zur KVW bestätigen diese Plausibilitätsüberlegungen, indem konstatiert wird, dass “promotion confusion can be […] weaken the effect of important messages and decrease the recall rate” (Mitchell/Papavassiliou 1999, S. 325). Aus diesen Überlegungen lassen sich die folgenden Hypothesen (H10) ableiten: H10a: Je höher die wahrgenommene Konsumentenverwirrtheit ist, desto schlechter ist die korrekte Identifikationsrate der Sponsoren. H10b: Je höher die wahrgenommene Konsumentenverwirrtheit ist, desto schlechter ist die korrekte Identifikationsrate der Ambusher.
95
Weniger verhaltensrelevant sind sog. subliminale Reize, die unterhalb der Reizschwelle der bewussten Wahrnehmung liegen.
125
Fehlerhafte Wahrnehmung als negativer Kommunikationseffekt
5.3 Zusammenfassende Erkenntnisse Zusammenfassend kann konstatiert werden, dass die aus der Informationskomplexität entstehende KVW bereits im Kurzzeitspeicher die Selektion und damit die „korrekte“ Speicherung der Werbeinformationen der Sponsoren und Ambusher im Langzeitspeicher negativ beeinträchtigen könnte. Als Konsequenz dieser Verwirrtheit ist der Konsument z.B. nicht mehr in der Lage, die Verbindung zwischen einem Sponsor oder Ambusher und dem Sportereignis herzustellen. Diese „Fehlassoziation“ könnte sich wiederum negativ auf den angestrebten Imagetransfer auswirken. Letztlich konnte aufgezeigt werden, dass sowohl eine inkorrekte Identifikationsrate der Sponsoren als auch der Ambusher in Folge von KVW eine weitere negative Auswirkung zunehmender Informationskomplexität durch die Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher im Umfeld bedeutender Sportveranstaltungen sein kann. Daraus folgt die Erweiterung des Modells um zwei weitere Variablen. Abb. 28: Kausalzusammenhänge zwischen den Informationsraten, der KVW, der Reaktanz, der Einstellung gegenüber Sponsoring, der Kaufbereitschaft und der Identifikationsraten
quantitative Informationsrate wahrgenommene Stimulivielzahl
H10– a H2ab+
Sponsoring-Maßnahmen
H1 +
H6 –
Einstellung ggü. Sponsoring
qualitative Informationsrate Ambush-Maßnahmen wahrgenommene Stimuliähnlichkeit
Konsumentenverwirrtheit
– H10b
korrekte Identifikation der Sponsoren korrekte Identifikation der Ambusher
H7 – H9 +
Kaufbereitschaft
H4 + H5 –
wahrgenommene Stimuliunklarheit
H3ab+
Reaktanz
H8 –
wahrgenommene Stimulineuartigkeit
Quelle: eigene Darstellung
Wie dieses Modell zeigt, konnten die in Abschnitt C3 (S. 60ff.) identifizierten möglichen negativen Auswirkungen der zunehmenden Informationskomplexität theoretisch begründet werden. Zudem wurden Hypothesen über mögliche Wirkungszusammenhänge der einzelnen Variablen theoretisch hergeleitet. Wie die Ausführungen in diesem Abschnitt zeigen, hängt der Erfolg der angestrebten Ziele der Sponsoren und Ambusher entscheidend von der Wahrnehmung der Werbeaktivitäten und der ihr entgegengebrachten Aufmerksamkeit der Konsumenten ab. Eine bedeutende Rolle bei der Beeinflussung informationsverarbeitender Prozesse nimmt das Involvement-Konstrukt ein, das die Art und Intensität der durch Kommunikation hervorgerufenen psychographischen Prozesse bestimmt (vgl. Krugman 1965; Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 370f.;
126
Entwicklung eines Modells zur Erklärung negativer Wirkungen
Trommsdorff 2008, S. 54ff.). Folglich stellt das Involvement eine wesentliche Einflussgröße auf die Verarbeitung der Stimulieigenschaften dar, die im Weiteren die aufgezeigten negativen Effekte verursachen kann. Nachdem bislang die negativen Auswirkungen der Stimulieigenschaften der Sponsoren und Ambusher aufgezeigt wurden, wird im Folgenden das Involvement als Antezedent des Wirkungsmodells betrachtet.
6
Involvement als beeinflussende Variable
6.1 Begrifflichkeit und Involvementarten Zahlreiche Studien zur Werbewirkung und zur Wirkung von Sportsponsoring belegen eine beeinflussende Wirkung des Involvements auf die Informationsverarbeitung und die Reaktion des Konsumenten (z.B. auf die Erinnerung, die Einstellung zum Sponsor, die Kaufabsicht, die Konsumentenverwirrtheit etc.) durch persuasive Kommunikation (vgl. stellvertretend Dalakas/Madrigal/Burton 2004; Deimel 1992; Greenwald/Leavitt 1984; Grohs/Wagner/ Vsetecka 2004; Lardinoit/Derbaix 2001; Meenaghan 2001; Petty/Cacioppo/Schumann 1983; Shani/Sandler 1998). Die Mehrheit der Studien ist sich einig, dass die Informationsverarbeitung von der persönlichen Relevanz der Information für die Person abhängt (vgl. Mitra/Raymond/Hopkins 2008, S. 659), die das Involvementkonstrukt umschreibt. Grundsätzlich ergibt sich das Problem, dass in der Literatur für dieses hypothetische Konstrukt kein von allen Wissenschaftlern akzeptiertes Begriffsverständnis existiert (vgl. Kearsley 1995, S. 35f.; Schulz 1997, S. 50). Sowohl die Fülle von Involvementdefinitionen als auch die Vielfalt der Versuche, die verschiedenen Betrachtungsweisen zu systematisieren, scheinen unüberschaubar. Zudem besteht keine Einigkeit darüber, wie der damit beschriebene psychische Zustand ausgelöst wird und welche Auswirkungen dieser auf das Entscheidungsverhalten von Personen hat (vgl. u.a. Costely 1998, S. 554; Hupp 1998, S. 2; Mitchell 1979, S. 191; Poiesz/de Bont 1995, S. 448). Da es den Rahmen der vorliegenden Arbeit überschreiten würde, erfolgt an dieser Stelle keine Diskussion der o.g. Systematisierungsversuche. Vielmehr wird nach einer Definition im Weiteren auf eine Unterteilung von Deimel (1992) und Glogger (1999) zurückgegriffen, da diese im Bereich des Sponsorings und des Eventmarketings bereits erfolgreich Anwendung fand (vgl. Deimel 1992; Drengner 2008; Glogger 1999; Nitschke 2006; Nufer 2006). Zaichkowsky (1985, S. 342) definiert das Involvementkonstrukt als „a person’s perceived relevance of the object based on inherent needs, values and interests“, während Trommsdorff (2004, S. 56) in ähnlicher Form Involvement als den „Aktivierungsgrad bzw. die Motivstärke zur objektgerichteten Informationssuche, -aufnahme, -verarbeitung und -speicherung“ bezeichnet. Kroeber-Riel/Weinberg (2003, S. 345) beschreiben das Konstrukt als „die IchBeteiligung bzw. [das] gedankliche Engagement und die damit verbundene Aktivierung, mit
Involvement als beeinflussende Variable
127
der sich jemand einem Sachverhalt oder einer Aktivität zuwendet“. Gemein ist diesen Definitionen, dass sie einen Zustand von Aktiviertheit beschreiben (vgl. u.a. Costley 1988; Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 371; Laurent/Kapferer 1985a, S. 42) und Involvement als eindimensionales, kontinuierliches Konstrukt definieren96. In der angewandten Forschung wird es meist verkürzt als dichotomes Konstrukt mit den Ausprägungen „hoch“ und „niedrig“ genutzt (vgl. Nitschke 2006; Nufer 2006). Dieser Ausprägung entsprechend hat es spezifische Einflüsse auf die Prozesse der Aufnahme und Verarbeitung von Kommunikationsbotschaften. So führt ein hohes Involvement zur aktiven Informationssuche, zu Aufmerksamkeit und folglich Wahrnehmung der Information (vgl. Assael 1998, S. 69f.; Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 250; Mayer/Illmann 2000, S. 162ff.; Peter/Olson 2008, S. 111f.). Die Folgen niedrigen Involvements sind entsprechend gegensätzlich (vgl. Übersicht Nitschke 2006, S. 133; Trommsdorff 2008, S. 56). Bei näherer Betrachtung der Definitionen, insb. jener von Kroeber-Riel/Weinberg (2003, S. 345), fällt auf, dass sie zwei Teilerklärungen enthält. Zum einen beschreibt die gedankliche Auseinandersetzung mit einem Objekt (die Ich-Beteiligung) eine Form von Involvement, die bereits vor dem Kontakt mit dem jeweiligen Objekt existiert (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 620). Zum anderen umfasst die „Aktivierung“ eine Art Reaktionsinvolvement, das erst nach dem eigentlichen Kontakt mit einem Objekt entsteht (vgl. Kroeber-Riel/ Weinberg 2003, S. 92). Häufig wird in der Literatur nur eine der beiden Formen betrachtet, d.h. Involvement bezieht sich entweder auf die allgemeine Bereitschaft einer Person, sich mit einem Objekt auseinanderzusetzen oder es bezieht sich eher auf die Intensität, mit der sich eine Person mit einem Objekt beschäftigt (vgl. Glogger 1999, S. 180; Nufer 2006). Glogger (1999) legt eine Unterteilung vor, die beide Sichtweisen einschließt, d.h. die Betrachtung des Involvements vor und während des Kontaktes mit einem Objekt. Er unterscheidet zwischen dem sog. prädispositionalen und handlungsspezifischen Involvement97, abhängig davon, ob es sich um einen dauerhaften, relativ stabilen Zustand handelt oder ob das gedankliche Engagement nur zu einem bestimmten Zeitpunkt auftritt (vgl. Deimel 1992, S. 53ff.; Glogger 1999, S. 180; Kearsley 1995, S. 37f.; Schulz 1997, S. 54).
96
97
Andere Autoren (z.B. Laurent/Kapferer 1985) gehen von einem mehrdimensionalen Konstrukt aus. Sie identifizieren basierend auf zahlreichen Literaturquellen 5 Dimensionen des Involvementkonstruktes: importance (spiegelt die wahrgenommene Bedeutung eines Produkts wider), risk importance (betrifft die wahrgenommene Bedeutung negativer Konsequenzen im Falle eines Fehlkaufs), risk probability (beschreibt die subjektive Wahrscheinlichkeit eines Fehlkaufs), pleasure (bezieht sich auf den hedonischen Wert eines Produktes), sign (steht für den symbolischen Wert eines Produktes für einen Konsumenten). Ein Problem bisheriger Versuche, Involvement mehrdimensional zu konzeptionalisieren, ist jedoch die nicht vorhandene Diversität zu anderen Konstrukten, wie z.B. der Einstellung, der kognitiven Dissonanz oder dem wahrgenommenen Kaufrisiko. Aus diesem Grunde soll sich in der vorliegenden Arbeit der eindimensionalen Konzeptualisierung angeschlossen werden. Ähnliche Unterteilungen finden sich auch bei anderen Autoren (z.B. bei Nitschke 2006; Nufer 2006), die in Situations- und Botschafts-Involvement unterscheiden.
128
Entwicklung eines Modells zur Erklärung negativer Wirkungen
Prädispositionales Involvement drückt die „… über einen längeren Zeitraum vorhandene grundsätzliche Bereitschaft einer Person [aus], sich mit einem Objekt aktiv auseinanderzusetzen“ (vgl. Glogger 1999, S. 180). Die Prädisposition ergibt sich dabei aus den persönlichen Bedürfnissen und Werten des Individuums. Je stärker diese Bedürfnisse durch den jeweiligen Meinungsgegenstand berührt werden, desto höher ist das entsprechende Involvement gegenüber diesem Objekt. Ein Beispiel ist der Sportfan, der sich unabhängig von seiner aktuellen Lebenssituation mit dem Thema Sport intensiv beschäftigt (z.B. durch regelmäßige Lektüre von Fachzeitschriften, Verfolgen der Berichterstattungen oder den Besuch von Sportveranstaltungen). In Anlehnung an Deimel (1992, S. 64ff.) und Glogger (1999, S. 182ff.) kann das prädispositionale Involvement nach drei Arten differenziert werden. x
Zunächst kann das Produkt- bzw. Sponsor-Involvement eine Form prädispositionalen Involvements sein. Es bezieht sich auf den oder die Sponsor(en) einer Veranstaltung (wie z.B. die Fußball-WM 2006) und beschreibt die grundsätzliche Bereitschaft einer Person, sich mit dem Werbenden (Sponsor bzw. Ambusher) auseinanderzusetzen. Dabei ist es zunächst uninteressant, ob es sich dabei um das Unternehmen, eine bestimmte Produktart oder eine Marke handelt.
x
Das Sponsoring-Involvement beschreibt die grundsätzliche Bereitschaft einer Person, sich mit dem Sponsoring als Kommunikationsinstrument zu beschäftigen. Personen, die sich für das Thema Sponsoring im Rahmen eines Sportereignisses (z.B. der Fußball-WM) interessieren, verfolgen die Kommunikationsaktivitäten der einzelnen Sponsoren mit hohem Interesse. In diesem Fall handelt es sich jedoch um einen sehr speziellen Meinungsgegenstand. Deshalb sind nur wenig hoch involvierte Personen zu vermuten (z.B. Wissenschaftler, Marketing-Experten oder Mitarbeiter von sponsernden Konkurrenzunternehmen etc.), die häufig nicht zur unmittelbaren Zielgruppe des Veranstaltungssponsorings zählen.
x
Eine dritte Form ergibt sich mit dem Gesponserten-Involvement und betrifft das Einsatzgebiet einer Sponsoring-Maßnahme (z.B. Sport, Kultur, Soziales und Medien). Die Konsumenten besitzen entsprechend ihren persönlichen Bedürfnissen und Werten unterschiedliche Interessen, z.B. für den Sport. Deimel (1992, S. 64f.) prägt aus dieser Argumentation das sportartspezifische Involvement98. Es beschreibt die Bereitschaft einer Person, sich mit einer bestimmten Sportart, z.B. Fußball, zu beschäftigen. Für ein präziseres Verständnis muss das Konstrukt begrifflich und inhaltlich auf den Untersuchungsgegenstand angepasst werden.
98
Dieser Begriff wurde aufgrund seiner eher undifferenzierten Betrachtungsweise stark kritisiert, da er weder Systematisierungen hinsichtlich der Sportart (Fußball, Handball etc.) oder Leistungsklasse (Regionalliga, Bundesliga etc.) zulässt. Wie sich aber am Beispiel zeigt, fällt es nicht schwer, das Konstrukt auf den Untersuchungsgegenstand anzupassen.
Involvement als beeinflussende Variable
129
Das prädispositionale Involvement stellt eine wesentliche Voraussetzung für das handlungsspezifische Involvement dar. Dieses spiegelt die zu einem bestimmten Zeitpunkt bzw. in einem kürzeren Zeitraum vorhandene phasische Aktivierung wider und beschreibt die aktive, zeitlich begrenzte Auseinandersetzung einer Person mit einem Objekt. Es wird u.a. auch als situationsspezifisches Involvement bezeichnet (vgl. Nitschke 2006; Nufer 2006). Das physische (z.B. Werbekontakt im Stadion) und soziale Umfeld (z.B. anwesende Personen), die jeweilige Aufgabe (z.B. Patriotismus zeigen) sowie zeitliche Aspekte (z.B. wahrgenommener Zeitdruck) beeinflussen diese Form des Involvements. Das Beispiel des Sportfans aufgreifend, kann sich das handlungsspezifische Involvement einer Person gegenüber dem Meinungsgegenstand Sport im Fall der Fußball-WM im eigenen Land steigern, obwohl sonst kein generelles Interesse gegenüber Fußball besteht. Nach Ende des Turniers sinkt das gedankliche Engagement dann auf das ursprüngliche Niveau zurück. In Anlehnung an Deimel (1992, S. 63ff.) und Glogger (1999, S. 182) wird diese Art des Involvements weiter hinsichtlich verschiedener Objektarten unterschieden: x
Das handlungsspezifische Ereignis-Involvement beschreibt die Intensität, mit der sich eine Person mit einem bestimmten Ereignis (z.B. der Fußball-WM 2006) auseinander setzt. In diesem Falle kann von handlungsspezifischem WM-Involvement gesprochen werden. Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass das handlungsspezifische EreignisInvolvement und das prädispositionale sportartspezifische Involvement positiv miteinander korrelieren. Demgemäß wird eine Person, die am Fußball Interesse zeigt, mit hoher Wahrscheinlichkeit einer Fußball-WM eine höhere Aufmerksamkeit entgegenbringen als eine Person ohne jegliche Affinität zum Fußball. Das Fußball-Involvement wäre dabei eine hinreichende, aber nicht notwendige Bedingung für das handlungsspezifische WM-Involvement. Gerade bei einem Ereignis, wie der Fußball-WM im eigenen Land (z.B. Fußball-WM 2006 in Deutschland), können auch emotionale Kollektivierungsprozesse (vgl. Schlesinger 2008) gestärkt durch die mediale Berichterstattung ein hohes handlungsspezifisches Ereignis-Involvement entwickeln.
x
Das handlungsspezifische Botschafts-Involvement beschreibt das gedankliche Engagement der Konsumenten mit der eigentlichen Sponsoringbotschaft zu einem bestimmten Zeitpunkt, z.B. während der Veranstaltung. Im Rahmen des Sponsorings ist dies eher schwierig zu bemessen, da sich der Informationsgehalt der Sponsoringbotschaft meist auf den Markennamen (bzw. das Logo) beschränkt (vgl. Pham/Vanhuele 1997).
x
Das handlungsspezifische Umfeld-Involvement bezieht sich auf die Aufmerksamkeit auf Stimuli aus dem unmittelbaren Umfeld der Kontaktsituation, die den Rezipienten von der eigentlichen Veranstaltung oder Sponsoring-Botschaft ablenken könnten.
Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass bei Sportveranstaltungen das Interesse der Zuschauer auf dem Eventgeschehen und weniger auf den sponsernden Unternehmen bzw. dessen Kommunikationsmaßnahmen liegt (vgl. Cornwell/Weeks/Roy 2005; Glogger 1999, S.
130
Entwicklung eines Modells zur Erklärung negativer Wirkungen
190ff.). Deshalb ist bei Veranstaltungen sowohl ein eher geringes prädispositionales Sponsor-Involvement als auch ein eher geringes prädispositionales Sponsoring-Involvement der Zuschauer zu vermuten (vgl. z.B. Burmann/Nitschke 2007; Dalakas/Madrigal/ Burton 2004; Shani/Sandler 1998). Da das prädispositionale Involvement wiederum das handlungsspezifische Involvement beeinflusst und sich zudem beim Sponsoring von Veranstaltungen und beim Ambush-Marketing der Informationsgehalt der Werbebotschaft meist auf den Markennamen (bzw. das Logo) beschränkt (vgl. Pham/Vanhuele 1997), kann von einem geringen handlungsspezifischen Botschafts-Involvement der Zielgruppe ausgegangen werden (vgl. Cornwell/Weeks/ Roy 2005). Aus diesem Grunde werden diese Involvementarten sowie auch das handlungsspezifische Umfeld-Involvement im weiteren Verlauf der Untersuchung nicht näher betrachtet. Zum grundsätzlichen Verständnis der Kategorien, war die ausführliche Beschreibung jedoch notwendig. 6.2 Implikationen für das Sponsoring und Ambush-Marketing Da die aktiven und passiven Zuschauer der Veranstaltung normalerweise freiwillig das Geschehen der Veranstaltung verfolgen, ist grundsätzlich von einem hohen prädispositionalen sportartspezifischen Involvement und/oder von einem hohen handlungsspezifischen EreignisInvolvement auszugehen. Verschiedene Autoren belegen sowohl einen positiven Einfluss des sportartspezifischen Involvements (vgl. u.a. Beyer 2006; Cornwell/Relyea/Irwin/Maignan 2000; Deimel 1993; Dimanche/Havitz/Howard 1993; Kerstetter/Kovich 1997; Nufer 2002b) als auch einen positiven Einfluss des handlungsspezifischen Ereignis-Involvements (vgl. Grohs/Wagner/Vsetecka 2004; Meenaghan 2001a; Pham 1992) auf die Kommunikationswirkung der Unternehmen. So kann sich der Argumentation einiger Autoren (z.B. Cornwell/ Relyea/Irwin/Maignan 2000, S. 139; Nufer 2002b) angeschlossen werden, dass bei hohem sportartspezifischem Involvement die Aufmerksamkeit gegenüber entsprechenden Sportereignissen steigt (z.B. hohes Fußballinteresse – hohes Interesse an der Fußball-WM) und sich positiv auf die Kommunikationsergebnisse der Werbetreibenden auswirkt (z.B. die Bekanntheit, vgl. Cornwell/Relyea/Irwin/Maignan 2000). Das sportartspezifische Involvement gilt als hinreichende, aber nicht notwendige Bedingung für das handlungsspezifische Ereignis-Involvement (vgl. Nufer 2006), welches durch eine intensive Kommunikation des Sportereignisses und/oder durch die dadurch entstandenen kollektiven Emotionen (vgl. Schlesinger 2008) auch in spezifischen Situationen (z.B. bei der Fußball-WM im eigenen Land) losgelöst von prädispositionalem Involvement auftreten kann. Im Folgenden soll somit das Ereignis-Involvement im Rahmen der Wirkungen der Sponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen in die Untersuchung einbezogen werden. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass Konsumenten mit hohem Ereignis-Involvement die sportspezifischen Veranstaltung(en) (medial oder vor-Ort) verfolgen und/oder nach weiteren diesbezüglichen Informationen suchen. Insgesamt erhöht dies die Dauer der Exposition
Involvement als beeinflussende Variable
131
gegenüber entsprechenden Informationen zum Sportgeschehen (z.B. durch Fernsehübertragungen, weitere Informationen über verschiedene Medien) und somit auch die bewusste oder unbewusste Wahrnehmung der aufgenommenen Informationen (vgl. D5.2, S. 123) (z.B. zu den Sponsoren). Der sog. „Mere Exposure Effekt“ der Informationspenetration zum Event lässt den Konsumenten eine Wissensstruktur aufbauen oder es werden bereits bestehende Schemata reaktiviert (vgl. Bennett 1999; Cornwell/Weeks/Roy 2005; Olson/Thjømøe 2003). Mere Exposure kann nach Zajonc (1968, S. 1) definiert werden als „a condition which just makes the given stimulus accessible to the individual’s perception“. Nach diesem Konzept der „bloßen Darbietung“ führt ein häufig wiederholter Kontakt mit einem Stimulus (mehrfach und ohne Verstärkung dargeboten) zum sog. „Mere Exposure Effekt“ (ME-Effekt), einer affektiven Reaktion gegenüber einem Objekt (z.B. Person, Wort, Melodie, Geruch etc.) (vgl. Fang/Singh/Ahluwalia 2007; Zajonc 1968). Bornstein (1989) kam in einer umfassenden Metaanalyse der bisherigen Forschung zu der Erkenntnis, dass der ME-Effekt bei unbewusster Wahrnehmung stärker zu sein scheint als bei bewusster Wahrnehmung (vgl. Bornstein 1989, S. 270ff.). Somit ist er auch für die Wirkung der Werbeaktivitäten im Rahmen von Sponsoring und Ambush-Marketing von Interesse. Konsumenten sind gegenüber der Sponsoring-Kommunikation im Vergleich zum Event eher gering involviert und die Kommunikation selbst kann kaum involvierende Botschaften über Logos, Beschilderung und Ankündigungen vermitteln. Die bewusste Wahrnehmung der Zuschauer liegt zwar auf dem Eventgeschehen, die kommunizierten Sponsoren(-Logos) und deren Botschaften können aber gemäß der ME-Hypothese trotzdem unbewusst wahrgenommen werden. Cornwell/Weeks/Roy (2005) schließen daraus, dass die Konsumenten diese Informationen nur mit wenig kognitivem Aufwand (low-level) verarbeiten und letztlich bereits bestehende Markenassoziationen reaktivieren (vgl. Cornwell/Weeks/Roy 2005, S. 27). Die ME-Effekte wurden im Rahmen des Sportsponsorings bereits mehrfach validiert (vgl. Bennett 1999; Olson/Thjømøe 2003). Bennett (1999) belegte eine bessere Erinnerungsleistung an Bandenwerbung bei englischen Fußball-Anhängern in Abhängigkeit von ihrer Besuchshäufigkeit99. Olson/Thjømøe (2003) verglichen im Sponsoringkontext die Wirkung zwischen zwei Bedingungen: einerseits wurde den Probanden nur der Markenname kommuniziert (Mere-Exposure-Bedingung), andererseits wurden Markenname und weitere Markeninformationen bekannt gegeben (peripheral-route-Bedingung). Einzig aus der einfachen Exposition der Markennamen erzielten die Probanden gute Erinnerungswerte. Folglich kann die Annahme getroffen werden, dass sich das Ereignis-Involvement auf die Wahrnehmung der Informationsrate auswirkt. Die Informationen durch Sponsoren und Ambusher sind aufgrund bewusster oder unbewusster Reizwahrnehmung und -speicherung besser für den Konsumenten selektierbar und abgrenzbar. In Folge ist davon auszugehen, dass 99
Einige Autoren kritisieren hingegen das Vorgehen der Studie und zweifeln die Ergebnisse aufgrund möglicher Wirkungsinterdependenzen anderer Kommunikationseinflüsse an (vgl. Cornwell/Weeks/Roy 2005; Dudzik 2006, S. 75).
132
Entwicklung eines Modells zur Erklärung negativer Wirkungen
auch die mit dem Sportereignis zusammenhängenden Informationen als weniger ähnlich, weniger unklar und weniger neuartig wahrgenommen werden könnten. Diese Annahmen können durch zahlreiche Erkenntnisse der Werbewirkungsforschung gestützt werden. Einige Studien belegen einen positiven Zusammenhang zwischen Programminvolvement (kann als Äquivalent zum Ereignis-Involvement gesehen werden) und der Erinnerung an die Werbetreibenden in Abhängigkeit von der der Expositionsdauer der Werbungen (vgl. z.B. Gunter/Furnham/Frost 1994; Lloyd/Clancy 1991a, 1991b; Norris/ Colman/ Aleixo 2003; Moorman/Neijens/Smit 2007). Krugman (1983) begründet derartige Ergebnisse damit, dass die Erregung infolge einer TV-Sendung nicht zwangsläufig in der Werbepause sinkt, sondern diese überdauert. Da zudem diese Erregung in besseren Informationsverarbeitungsprozessen resultiert, werden seiner Meinung nach auch die Werbeeffekte verbessert. Für die vorliegende Untersuchung wäre somit mit steigendem EreignisInvolvement (und damit Wissenszuwachs) ein verbesserter Verarbeitungsprozess der Informationen anzunehmen100. Aus diesen Überlegungen ergeben sich die folgenden Hypothesen (H11): H11a: Je höher das Ereignis-Involvement ist, desto geringer ist die wahrgenommene quantitative Informationsrate. H11b: Je höher das Ereignis-Involvement ist, desto geringer ist die wahrgenommene qualitative Informationsrate. 6.3 Zusammenfassende Erkenntnisse Bereits eine Vielzahl von Studien zur Wirkung des Sportsponsorings und des AmbushMarketings bestätigte den Einfluss des Involvements auf die Wahrnehmung und folglich die Verarbeitung persuasiver Kommunikation (vgl. stellvertretend Dalakas/Madrigal/Burton 2004; Deimel 1992; Grohs/Wagner/Vsetecka 2004; Lardinoit/Derbaix 2001; Meenaghan 2001; Shani/Sandler 1998). Nach einer Darstellung der Differenzierung verschiedener Involvement-Arten mit Bezug zum Sport (vgl. Deimel 1992; Glogger 1999) konnte theoretisch hergeleitet werden, dass das Ereignis-Involvement die Wahrnehmung der Stimuli der Sponsoren und Ambusher beeinflussen kann. Es ist davon auszugehen, dass ein hohes Ereignis-Involvement die Wahrnehmung und die darauf aufbauende Verarbeitung der hohen Informationsraten durch die Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher im zeitlichen und
100
Pham (1992) konnte lediglich eine invertierte U-Funktion zwischen ereignisspezifischem Involvement und der Sponsorenbekanntheit belegen. Das heißt, mit steigendem ereignisspezifischem Involvement nimmt die Erinnerungsleistung wieder ab. Laut Nitschke (2006) erklärt sich das aus der Ähnlichkeit des Konstruktes mit der Aktivierung, da deren Einfluss auf die menschliche Leistungsfähigkeit ebenfalls in einer umgekehrten U-Funktion abgebildet werden kann. Für einzelne Veranstaltungen kann dies durchaus gelten. Da in der vorliegenden Arbeit hingegen das Involvement gegenüber einem gesamten Turnier (Fußball-WM) befragt wird und davon auszugehen ist, dass nicht jedes einzelne Spiel in höchster Aktivierung angeschaut wird, wird die argumentierte Kausalkette zugrunde gelegt.
Zusammenfassung der bisherigen Erkenntnisse und Formulierung des Modells
133
geographischen Umfeld bedeutender Sportveranstaltungen erleichtert. Insbesondere wurde argumentiert, dass der Konsument mit einem hohen Ereignis-Involvement Informationen zur Sportveranstaltung wahrscheinlich interessierter und häufiger nachgefragt und sich damit ein bestimmtes Wissen über ereignisbezogene Themen generiert. In Folge seines Interesses an dem Ereignis fällt es dem Konsumenten leichter, die Vielzahl an Stimuli zu verarbeiten. Eine bessere Wahrnehmung und Verarbeitung der Informationen könnte folglich geringere negative Effekte verursachen. Die Kommunikationsziele der Sponsoren und Ambusher wären weniger gefährdet. Die Variable des Ereignis-Involvements vervollständigt damit das Modell möglicher negativer Konsequenzen zunehmender Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher im Rahmen bedeutender Sportveranstaltungen.
7
Zusammenfassung der bisherigen Erkenntnisse und Formulierung des Modells
Fasst man die Ausführungen des Gliederungspunktes D zusammen, ergibt sich das in der folgenden Abbildung dargestellte Modell negativer Auswirkungen durch Sponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen (vgl. Abb. 29, S. 134). Basierend auf den theoretischen Erkenntnissen der Werbewirkungs- und SportsponsoringForschung konnte gezeigt werden, dass die Konsumenten durch zahlreiche Werbeaktivitäten der Sponsoren von Sportveranstaltungen und Ambushern mit einer hohen Informationsrate konfrontiert werden. Die Informationsrate wurde als die Menge und Qualität von Informationen der Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher, die in einer Zeiteinheit in der Umwelt enthalten sind bzw. wahrgenommen werden, definiert. Um mögliche unterschiedliche Auswirkungen der qualitativen und quantitativen Stimulieigenschaften zu untersuchen, wurden zwei Variablen gebildet, die quantitative und die qualitative Informationsrate. Die quantitative Informationsrate umfasst die durch den Konsumenten wahrgenommene Vielzahl der Werbeaktivitäten. Die qualitative Informationsrate wird als dreidimensionales Konstrukt konzeptualisiert. Die wahrgenommene Stimuliähnlichkeit, die wahrgenommene Stimuliunklarheit und die wahrgenommene Stimulineuartigkeit erfassen die wesentlichen qualitativen Merkmale der Stimuli (vgl. Abschnitt D1.2.2, S. 88ff.). Die Wahrnehmung und Verarbeitung der Stimuli wird insbesondere vom Ereignis–Involvement des Konsumenten determiniert (vgl. Abschnitt D6.2, S. 130ff.).
134
Entwicklung eines Modells zur Erklärung negativer Wirkungen
Abb. 29: Modell negativer Auswirkungen von Sponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen
Zusammenfassung der bisherigen Erkenntnisse und Formulierung des Modells
135
Es wurde herausgearbeitet, dass die Informationsverarbeitung dieser Stimulieigenschaften beim Konsumenten verschiedene negative Effekte verursachen, die sowohl die Ziele der Sponsoren als auch die Ziele der Ambusher gefährden können. Zunächst wurde gezeigt, dass die qualitative und die quantitative Informationsrate zu einer Stimuliüberlastung führen können, die in Folge Konsumentenverwirrtheit verursacht (vgl. Abschnitt D1.3, S. 99ff.). Der Konsument ist folglich nicht in der Lage, zwischen Sponsoren und Ambushern der Sportveranstaltung zu unterscheiden, was sich in schlechteren Identifikationsraten widerspiegelt (vgl. Abschnitt D5.2, S. 123). Darüber hinaus wurde herausgearbeitet, dass die hohe Informationskomplexität durch Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher entsprechend der Theorie der psychologischen Reaktanz als Freiheitsbeschränkung empfunden und folglich ein motivationaler Zustand zur Wiederherstellung der Freiheit (situative Reaktanz) eintreten kann (vgl. Abschnitt D2, S. 104ff.). Eine weitere Erkenntnis der theoretischen Überlegungen liegt darin, dass sowohl die Reaktanz als auch die KVW weitere negative Effekte verursachen, die sich in einer negativen Einstellung gegenüber Sponsoring (vgl. Abschnitt D3.2, S. 114ff.) und einer mangelnden Kaufbereitschaft gegenüber den Produkten/Dienstleistungen der Sponsoren und Ambusher zeigen (vgl. Abschnitt D4, S. 118ff.). Es wurde weiterhin argumentiert, dass die Einstellung gegenüber dem Sponsoring die Kaufbereitschaft der Konsumenten gegenüber den Produkten/Dienstleistungen der Sponsoren/Ambusher beeinflussen kann (vgl. Abschnitt D4, S. 118ff.). Wie in den bisherigen Gliederungspunkten aufgezeigt, wurden insgesamt 15 Hypothesen abgeleitet, die in der folgenden Tab. 5 nochmals zusammengefasst sind. Die Hypothesen 2, 3, 10 und 11 werden jeweils in 2 Teilhypothesen gegliedert. Bei der Hypothesenformulierung und -prüfung werden keine Nullhypothesen genannt, sondern die vermuteten Zusammenhänge als positiv formulierte Alternativhypothesen dargestellt (vgl. z.B. Bortz 2005). Im Weiteren ist darauf zu achten, dass die Hypothese einem Konditionalsatz (z.B. „Wenn-dannSatz“ bzw. „Je-desto-Satz“) entspricht (vgl. Schanz 1988, S. 32). Darüber hinaus müssen die Hypothesen im Rahmen des Kritischen Rationalismus, dessen Wissenschaftsverständnis diese Arbeit folgt, dem Falsifikationsprinzip101 genügen (vgl. Popper 2005, S. 14ff.).
101
Dieses entspricht der Forderung, Gesetze, Hypothesen und Theorien stets neu in der Realität zu überprüfen, um mögliche Fehler zu identifizieren und somit die wissenschaftliche Aussagekraft zu verbessern (vgl. z.B. Albert 1987; Popper 2005).
136
Empirische Überprüfung des Modells
Tab. 5: Zusammenfassung der zu untersuchenden Hypothesen Abgeleitete Hypothese
Theoretische Grundlagen
Prüfung der unmittelbaren Wirkung der Informationsraten H1
Je höher die wahrgenommene quantitative Informationsrate ist, desto höher ist die wahrgenommene qualitative Informationsrate.
H2a
Je höher die wahrgenommene quantitative Informationsrate ist, desto höher ist die wahrgenommene KVW.
H2b
Je höher die wahrgenommene qualitative Informationsrate ist, desto höher ist die wahrgenommene KVW.
H3a
Je höher die wahrgenommene quantitative Informationsrate ist, desto höher ist die psychologische Reaktanz.
H3b
Je höher die wahrgenommene qualitative Informationsrate ist, desto höher ist die psychologische Reaktanz.
D1.3 (S. 99ff.) D1.3 (S. 99ff.)
D2.3 (S. 109ff.)
Prüfung der Zusammenhänge der negativen Effekte der Informationsraten H4
Je höher die wahrgenommene KVW ist, desto höher ist die psychologische Reaktanz.
H5
Je höher die psychologische Reaktanz ist, desto negativer ist die Einstellung gegenüber Sponsoring.
H6
Je höher die KVW ist, desto negativer ist die Einstellung gegenüber Sponsoring.
H7
Je höher die KVW ist, desto geringer ist die Kaufbereitschaft gegenüber den Produkten/ Dienstleistungen der werbenden Unternehmen.
H8
Je höher die psychologische Reaktanz ist, desto geringer ist die Kaufbereitschaft gegenüber den Produkten/Dienstleistungen der werbenden Unternehmen.
H9
Je negativer die Einstellung gegenüber dem Sponsoring ist, desto geringer ist die Kaufbereitschaft gegenüber den Produkten/Dienstleistungen der werbenden Unternehmen.
H10a Je höher die wahrgenommene Konsumentenverwirrtheit ist, desto geringer ist die korrekte Identifikationsrate der Sponsoren. H10b Je höher die wahrgenommene Konsumentenverwirrtheit ist, desto geringer ist die korrekte Identifikationsrate der Ambusher.
D2.3 (S. 109ff.) D3.2 (S. 114ff.)
D4 (S. 118ff.)
D5.2 (S. 123ff.)
Prüfung des Involvement-Effektes auf die Informationsraten H11a Je höher das Ereignis-Involvement ist, desto geringer ist die wahrgenommene quantitative Informationsrate. H11b Je höher das Ereignis-Involvement ist, desto geringer ist die wahrgenommene qualitative Informationsrate.
D6.2 (S. 130ff.)
Das folgende Kapitel E stellt die Ergebnisse der empirischen Überprüfung des vorliegenden Modells und der entwickelten Untersuchungshypothesen H1 bis H11 dar. Zunächst wird die Fußball-WM 2006 mit ihren zahlreichen Sponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen als Untersuchungsobjekt vorgestellt, sowie die Operationalisierung der Konstrukte, das Design der empirischen Untersuchung, die Stichprobe und der methodische Ansatz beschrieben. Die empirische Analyse gliedert sich in die deskriptive Auswertung und die Überprüfung des Gesamtmodells mittels Strukturgleichungsmodellierung.
Das Untersuchungsobjekt
137
E Empirische Überprüfung des Modells Ziel der empirischen Untersuchung ist es, das in Abschnitt D entwickelte Wirkungsmodell einer empirischen Überprüfung zu unterziehen. Nachdem im vorangegangenen Kapitel die theoretischen Grundlagen der empirischen Studie erläutert wurden, sollen im Folgenden das Untersuchungsobjekt und die Operationalisierung der Konstrukte, das Untersuchungsdesign sowie die Ergebnisse der empirischen Prüfung des Modells mittels Strukturgleichungsverfahren dargelegt werden.
1
Das Untersuchungsobjekt
1.1 Die FIFA Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Zahlen Die 18. FIFA Fußball-Weltmeisterschaft der Männer 2006 (offiziell: 2006 FIFA World Cup Germany™) wurde vom 9. Juni bis 9. Juli 2006 in Deutschland ausgetragen und war ein mediales Ereignis der Superlative. Insgesamt 32 Mannschaften spielten in 64 Spielen in insgesamt 12 verschiedenen Spielstätten102 zunächst in Gruppen- und danach in Ausscheidungsspielen um die Trophäe des FIFA WM-Pokals™. Das Turnier gewann die italienische Nationalmannschaft durch einen Sieg im Elfmeterschießen gegen Frankreich. Den dritten Platz belegte die Mannschaft Deutschlands. Die Fußball-WM gilt neben den Olympischen Spielen als eines der populärsten Events der Welt (vgl. Geese/Zeugenhardt/Heinz 2006, S. 454; Schlossberg 1997, S. 149). Weltweit verfolgten im Jahr 2006 26,3 Mrd. Menschen (24,2 Mrd. zu Hause und 2,1 Mrd. unterwegs) dieses mediale Großereignis an den Fernsehgeräten (vgl. FIFA 2009b), das durch vierwöchiges Sommerwetter und durch die ausgelassene Stimmung der begeisterten Zuschauer im Umfeld der WM in Deutschland gemäß dem WM-Motto „Die Welt zu Gast bei Freunden“ retrospektiv als „Sommermärchen“ bezeichnet wird. Allein in Deutschland haben 61,5 Mio. Zuschauer, d.h. 83,7 Prozent aller potenziellen Fernsehzuschauer in Deutschland, mindestens ein Spiel dieser WM live im Fernsehen gesehen. Damit war das Interesse an dieser Fußball-WM wesentlich höher als in den Jahren 1998 und 2002 (vgl. Geese/Zeugenhardt/Heinz 2006, S. 454). Die Spiele der deutschen Mannschaft sahen durchschnittlich 24,0 Mio. Fernsehzuschauer bei einem Marktanteil von 80,2 Prozent (vgl. Gerhard 2006, S. 468). Den Zuschauerrekord103 erreichte in Deutschland die Halbfinalbegegnung zwischen Deutschland und Italien am 4. Juli 2006 mit TV-Einschaltquoten von 29,7 Mio. Zuschauern (84,1 Prozent Marktanteil) (vgl. Gerhard 2006, S. 468). Das Finalspiel sahen weltweit 715,1 Mio. Menschen. Insgesamt besuchten ca. 3,2 Mio. Zuschauer die Stadien104 (vgl. o.V. 2006a, S. 7). 102 103 104
Die Spielstätten waren Berlin, Dortmund, Frankfurt/Main, Gelsenkirchen, Hamburg, Hannover, Kaiserslautern, Köln, Leipzig, München, Nürnberg und Stuttgart. Es handelt sich um die höchste Fernsehreichweite seit Einführung der Personenreichweitenmessung im Jahr 1975/1976 (vgl. Geese/Zeugenhardt/Heinz 2006, S. 454). Dies stellt die zweithöchste Zuschauerzahl aller Zeiten dar, lediglich in den USA 1994 wurden mehr Zuschauer aufgrund größerer Stadien gezählt (vgl. FIFA 2007a).
M. Sachse, Negative Kommunikationseffekte von Sponsoring und Ambush-Marketing bei Sportgroßveranstaltungen, DOI 10.1007/978-3-8349-8698-6_5, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010
138
Empirische Überprüfung des Modells
Eine neue Eventdimension erreichte die WM durch das Public Viewing. Ab dem Achtelfinale nutzten ca. 16 Mio. Zuschauer bei den Spielen der deutschen Mannschaft die öffentlichen Angebote (vgl. Geese/Zeugenhardt/Heinz 2006, S. 454 ff.; Gerhard 2006, S. 472), während bereits in der Vorrunde zwischen 10 und 12 Millionen Menschen die Spiele der deutschen Mannschaft per Public Viewing verfolgten (vgl. Gerhard 2006, S. 472). Insgesamt berichteten 500 Sendeanstalten in 214 Ländern in 43.600 WM-Sondersendungen mehr als 73.072 Stunden lang über das Turnier105. Es waren 18.850 Journalisten akkreditiert (4.250 Journalisten und Redakteure für Printmedien und Internet, 1.200 Fotografen und 13.400 TV- und Radiokommentatoren, Kamerateams und Techniker). Die offizielle Homepage des Veranstalters FIFAworldcup.com verzeichnete 4,2 Mrd. Seitenabrufe, was nach eigenen Angaben der FIFA mehr als doppelt so viele wie im Jahre 2002 waren und somit zu den erfolgreichsten Websites einer Einzelsport-Veranstaltung in der Geschichte zählt (vgl. FIFA 2009a). Auch aus wirtschaftlicher Sicht des deutschen Organisationskomitees (OK)106, welches die Veranstaltung in Deutschland organisierte, war das Turnier ein Erfolg. In Summe arbeiteten 85.185 Menschen während des Turniers für das OK (vgl. FIFA 2007a), darunter: x
279 fest angestellte Mitarbeiter des OK im Hauptquartier und an den Spielorten,
x
280 zeitlich befristet angestellte Mitarbeiter des OK,
x
16.440 Sicherheitsmitarbeiter in den 12 Stadien (durchschnittlich 1.370 pro Spiel),
x
2.760 zusätzliche Sicherheitsmitarbeiter in Mannschaftsquartieren, offiziellen Hotels und Trainingslagern,
x
8.000 medizinische Mitarbeiter,
x
2.500 Künstler bei Eröffnungs- und Abschlussfeier,
x
15.000 Volunteers,
x
800 Hostessen,
x
80 Mitarbeiter für Reise- und Veranstaltungsfragen,
x
400 Mitarbeiter der Firma CTS Eventim AG107.
105
Dies bedeutet einen Anstieg der Übertragungszeit auf ca. 8 Jahre und von 76% gegenüber der WM 2002 (41.435 Stunden) und sogar von 148% gegenüber der WM 1998. Präsident des OK war Franz Beckenbauer, der auch als offizieller Repräsentant auftrat. Erster Vizepräsident und stellvertretender Präsident des WM-Komitees war Horst Schmidt (Generalsekretär des DFB bis 2007), geschäftsführender Vizepräsident und Pressechef des Komitees war Wolfgang Niersbach (Generalsekretär des DFB seit 2007), Vize-Präsident des OK war Dr. Theo Zwanziger (Präsident des DFB). Das Organisationskomitee wurde durch den Aufsichtsrat (u.a. mit Dr. Wolfgang Schäuble, Otto Schily, Gerhard MayerVorfelder, Dr. Thomas Bach, Werner Hackmann, Günter Netzer) und das Kuratorium kontrolliert. Das WMKomitee wurde außerdem vom Sportausschuss des Deutschen Bundestages unterstützt und beraten. Das Unternehmen CTS Eventim AG war der offizielle OK-Ticketing-Partner.
106
107
Das Untersuchungsobjekt
139
Das OK erwirtschaftete einen Gesamtertrag von 556 Mio. Euro (vgl. FIFA 2007b), hauptsächlich aus den Erträgen aus dem Ticketing von 262 Mio. Euro, dem Beitrag der FIFA in Höhe von 177 Mio. Euro und den Sponsoringeinnahmen seitens der sechs Nationalen Förderer von 65 Mio. Euro. Abzüglich des Gesamtaufwandes von 400 Mio. Euro ergibt sich ein Überschuss von 156 Mio. Euro. Davon verblieben abzüglich der Körperschafts- und Gewerbesteuer und der Rückerstattung für den Zuschuss der FIFA ca. 56,6 Mio. Euro Gewinn, welcher gemäß des Grundlagenvertrages jeweils zur Hälfte an den Deutschen Fußball-Bund (DFB) und die Deutsche Fußball-Liga (DFL) verteilt wurde (vgl. o.V. 2006b). Der Gesamtertrag der FIFA für die Fußball-WM 2006 betrug in Summe 2,858 Mrd. CHF (vgl. FIFA 2007). Allein aus den Marketingrechten (Sponsoring der 15 Offiziellen Partner) wurden 714 Mio. CHF eingenommen. Das Hospitality-Programm (Verkauf von VIP-Paketen) generierte darüber hinaus 260 Mio. CHF, die Lizenzierung von Produkten ergab 92 Mio. CHF und aus dem Gewinn des OK Deutschlands erhielt die FIFA einen Nettoanteil in Höhe von 72 Mio. CHF (vgl. FIFA 2007b). 1.2 Die FIFA Fußball-Weltmeisterschaft 2006 aus Marketingsicht Wie die Zahlen im vorherigen Abschnitt belegen, zählt die Herren-WM zu den bedeutendsten Marketing-Plattformen weltweit. Dies liegt vor allem daran, dass Fußball mit über 240 Mio. registrierten Spielern in 1,4 Mio. Mannschaften und über 300.000 Vereinen die beliebteste Sportart der Welt ist. Mit der Fußball-WM erreicht die FIFA ein so vielfältiges, großes Publikum wie keine andere Organisation, die eine einzige Sportart vertritt (vgl. FIFA 2009a). Dies bestätigt z.B. auch die Tatsache, dass von den 25 meistgesehenen Fernsehsendungen seit 1992 23 Liveübertragungen von Spielen bei Fußball-Welt- und -Europameisterschaften sind (vgl. Gerhard 2006, S. 465). Doch nicht nur für Fußballinteressierte hat die Fußball-WM eine hohe Anziehungskraft. Es werden große Zuschauerpotenziale auch bei Gruppen, die sonst eine geringere Fußballaffinität haben, ausgeschöpft. Die WM-Livespiele erreichten nach soziodemographischen Kriterien (Alter, Geschlecht, Bildung und Berufsstatus) hohe und relativ gleiche Marktanteilswerte auf sehr hohem Akzeptanzniveau sehr gleichmäßig für alle Zuschauergruppen (vgl. Gerhard 2006, S. 474). Die Verteilung von Männern und Frauen bei den sieben Spielen der deutschen Mannschaft war z.B. fast exakt 50 zu 50 (11,30 Mio. Männer und 11,28 Mio. Frauen). Selbst bei den Spielen ohne deutsche Beteiligung ist das Verhältnis noch 59 Prozent Männer zu 41 Prozent Frauen (vgl. Gerhard 2006, S. 474). Diese Aussagen verdeutlichen, weshalb zahlreiche Unternehmen im Großereignis FußballWM 2006 in Deutschland das Potential sahen, mittels event- oder fußballbezogener Kommunikationskampagnen ihre Bekanntheit zu steigern oder einen Imagetransfer (vgl. z.B. Gwinner 1997) zu erreichen. Folglich nutzten neben den Sponsoren zahlreiche weitere Unternehmen diese Möglichkeit themenbezogener Kommunikation. In Deutschland sahen sich die Konsumenten in der Zeit vor und während der Fußball-WM mit hohen Informationsraten (bestehend aus Stimulivielzahl, -ähnlichkeit, -unklarheit und -neuartigkeit) an werbli-
140
Empirische Überprüfung des Modells
chen Maßnahmen konfrontiert. Aus diesem Grunde war zu vermuten, dass die Kommunikationsmaßnahmen der einzelnen Sponsoren und Ambusher aufgrund der Werbedichte im Gastgeberland auch negative Effekte auslösen könnten, weshalb die empirische Untersuchung in Deutschland durchgeführt wurde. Stimulivielzahl Im Besonderen war eine große Stimulivielzahl i.S. einer hohen Quantität an veranstaltungsoder fußballbezogenen Produkt- und Werbeinformationen der Sponsoren und Ambusher, kommuniziert über verschiedene Maßnahmen interinstrumenteller Integration (z.B. Bandenwerbung in den Stadien, TV-Werbung, Anzeigen, Internetwerbung, Werbung auf Produktverpackung), zu verzeichnen. Insgesamt engagierten sich 21 Unternehmen als Sponsoren des Turniers: 15 sog. FIFA Partner (adidas, Anheuser-Busch, Avaya, Coca-Cola, Continental, Deutsche Telekom, Emirates, FujiFilm, Gillette, Hyundai, MasterCard, McDonald’s, Philips, Toshiba und Yahoo!) und 6 Nationale Förderer (Deutsche Bahn AG, EnBW, Hamburg-Mannheimer, Obi, oddset und Postbank) (vgl. Tab. 6). Tab. 6: Sponsoren der Fußball-WM 2006 in Deutschland FIFA Partner
Beschreibung der Produktkategorie durch die FIFA Sportbekleidung und Sportschuhe, Taschen und Zubehör, Fußballausrüstung Biere und Malzgetränke Hardware für Daten- und Sprachkommunikation Alkoholfreie Getränke Reifen für Kraftfahrzeuge Telekommunikationsprodukte und -dienste, Internetdienste (in Europa) Lufttransport-Service für Fracht und Passagiere Foto- und Filmzubehör; Ausrüstung, Systeme und Software zur Fotoverarbeitung, -entwicklung und -bearbeitung, Digitalkameras, Scanner Persönliche Rasur- und Pflegeprodukte, Batterien Autos, Mietwagen, Autoersatzteile und -zubehör Reale und/oder virtuelle Zahlungs- und/oder Kontozugänge oder Transfersysteme und/oder Kreditkarten Fast-Food-Service und Schnellrestaurants Haushalts-Kleingeräte, Audio- und Videoprodukte, Leuchtmittel
141
Das Untersuchungsobjekt Fortsetzung Tab. 6: Sponsoren der Fußball-WM 2006 in Deutschland FIFA Partner
Beschreibung der Produktkategorie durch die FIFA Computer- und PDA-Hardware, Halbleiter, Datenspeichermedien zur Datensicherung Internetportal, Suchmaschinen/-verzeichnisse, E-Mail-Dienste, Instant Messaging, FIFA World Cup™ E-Shop, Internetdienste (außerhalb Europas)
Nationale Förderer Schienen-Transportdienste, -Infrastruktur und -Netzwerkprodukte und Dienste, Logistikservice Energieversorgung (inklusive Strom, Gas, Wasser und Sonnenenergie) Versicherungen Einzelhandelskette für die Bereiche Wohnen, Bauen, Technik und Garten Sportwetten
Bankprodukte und -dienste, Postdienste, Frachtdienste Quelle: eigene Erstellung in Anlehnung an FIFA (2009a)
Den Offiziellen Sponsoren (FIFA Partner) wurden für eine Sponsoringgebühr von jeweils ca. 40 Mio. Euro exklusive und weltweite Marketingrechte in ihrer spezifischen Produktkategorie eingeräumt108, während die Nationalen Förderer für jeweils ca. 13 Mio. Euro für das Gebiet Deutschlands gewisse Exklusiv-Marketingrechte erwarben. Bereits allein durch die zahlreichen Kommunikationsmaßnahmen der insgesamt 21 Sponsoren und Nationalen Förderer wurden die Konsumenten mit einer hohen Menge an Werbeinformationen konfrontiert. Die folgenden Beispiele zeigen themenbezogene Kommunikationsmaßnahmen einzelner Sponsoren der Fußball-WM. So errichtete adidas vor dem Berliner Reichstag auf insgesamt 40.000m2 die "adidas World of Football". In deren Zentrum stand eine Nachbildung des Berliner Olympiastadions im Maßstab 1:10, die gut 8.000 Zuschauer fasste und in der die Fans sämtliche Spiele der FIFA WM 2006™ auf Großbild-Leinwänden verfolgen konnten. Coca-Cola inszenierte mit der Durchführung der „FIFA World Cup™ Trophy Tour by Coca-Cola“ eine Weltpremiere. Bei dieser globalen Promotion-Tour ging der echte FIFA WM-Pokal
108
Das Standardrechtepaket enthielt den Gebrauch der Offiziellen Marken, die Logo-Präsenz in und um das Stadion, in allen offiziellen FIFA-Publikationen und auf der offiziellen Website, Hospitality-Möglichkeiten, Direktwerbung und PR-Möglichkeiten sowie bevorzugter Zugang zu Sendewerbung im Rahmen der WM 2006, individuelle Verwendung des offiziellen Emblems und dessen künstlerischer Darstellungen (sog "Artmarks") sowie der Verwendung als zusammengesetztes Emblem (sog. „Composite Logos“) und den Schutz vor Ambush-Marketing.
142
Empirische Überprüfung des Modells
auf eine Reise um die Welt (Stationen in 31 Städten in 29 Ländern in allen sechs Konföderationen). Die Deutsche Telekom verwandelte die Kugel am Berliner Fernsehturm mit einem Durchmesser von rund 32 Meter in 200 Meter Höhe in einen Fußball, indem sie sie mit Folien in den Farben Silber und Magenta - den Firmenfarben des Unternehmens beklebte. Im Weiteren nutzte die T-Com mittels TV-Spots für ihre Angebote (z.B. FlatrateAngebot) die deutschen Nationalspieler Oliver Kahn, Michael Ballack und Bastian Schweinsteiger. Die Kampagne wurde über diverse Medien fortgesetzt, z.B. auf Plakaten und im Internet, Direktmarketing-Aktionen sowie Promotions. McDonald’s versuchte u.a. durch das Kinder-Event „McDonald’s Fußball-Eskorte“109 und durch die TV-Werbung mit Testimonial Michael Ballack die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Der Reifenhersteller Continental nutzte z.B. das WM Key Visual „Fußball-Stadion im Reifen“ in seiner Markenkommunikation. Hyundai stellte als offizieller Sponsor den Fuhrpark, d.h. die VIP-Shuttles und Limousinen für Fußballbotschafter oder Funktionäre und die 32 Mannschaftsbusse110. Die Postbank offerierte z.B. spezielle WM-Anlageprodukte (z.B. eine FußballMasterCard), präsentierte den Sport im Frühstücksfernsehen von ARD/ZDF und gestaltete einzelne Events zum Thema Fußball, z.B. die Straßenfußballserie „Cool down, kick off“. Hamburg-Mannheimer bot z.B. eine „Fußballrente 11 PLUS X“ mit einer Beitragszahlungsdauer von 11 Jahren (= 11 Spieler einer Mannschaft) an. Neben der Kreation eigener Kommunikationsmaßnahmen konnten die offiziellen Sponsoren darüber hinaus auch als Presenter von im Rahmen des Turniers vergebener Auszeichnungen agieren. So wurde der „Goldene Schuh“ von adidas (bester Torschütze) an den deutschen Nationalspieler Miroslav Klose ausgehändigt, die Gillette-Auszeichnung „Bester Junger Spieler“ an den Deutschen Lukas Podolski verliehen, den „Goldenen Ball“ von adidas (wertvollster Spieler des Turniers) erhielt Frankreichs Spielmacher Zinédine Zidane, Anheuser Busch Bud „Man of the Match“ wurde im Finale der italienische Mittelfeldspieler Andrea Pirlo. Außerdem wurde unter den Zuschauern durch Hyundai der „Fan of the Match“ gekürt.
109
110
Mit der McDonald's Fußball Eskorte bot McDonald's Deutschland mit 350 Plätzen beim FIFA Confederations Cup 2005 und mehr als 1.200 Plätzen für die WM 2006 Kindern die Chance, an den Händen ihrer Stars ins Stadion einzulaufen. Die Kinder konnten sich über lokale McDonald's Fußball-Cups und -Camps sowie eine McDonald's Mini-WM für die E-Jugend qualifizieren. Pate der Aktion war Nationalmannschaftskapitän Michael Ballack. Da es den Koreanern hingegen zu teuer geworden wäre, alle benötigten Hyundai-Busse nach Deutschland zu transportieren, mieteten sie Busse der Firma Mercedes an, die mit großen Hyundai-Logos an Front, Heck, Flanken und auf dem Dach beklebt wurden (vgl. Grünweg 2006).
Das Untersuchungsobjekt
143
Darüber hinaus stieg die Anzahl an Informationen durch die Kombination verschiedenster Werbemaßnahmen der Ambusher. 20 Sponsoren der Fußball-WM 2006 standen Branchenkonkurrenten mit Ambush-Marketing-Maßnahmen gegenüber111, die das Event zur eigenen Aufmerksamkeitssteigerung nutzten. Beispiele: Pepsi als Konkurrent zum offiziellen Sponsor der Fußball-WM 2006, CocaCola, warb während des Ereignisses weltweit mit einem Werbespot, in welchem Thierry Henry112, Ronaldinho113 und David Beckham114 als Hauptakteure in einem Bierzelt auf dem Münchner Oktoberfest Fußball spielten und stellte damit den eindeutigen Bezug zum Event in Deutschland her. Darüber hinaus zeigte Bitburger als Konkurrent zum offiziellen Sponsor Anheuser Busch Bud mit Oliver Bierhoff, Teammanager der Deutschen Fußball-Nationalmannschaft, Werbepräsenz115. Mit aufmerksamkeitsstarken Werbeaktivitäten vor und während des Großereignisses warb das Telekommunikationsunternehmen O2 als „Official Mobile Broadcast“. Der Slogan der Fußball-WM 2006 „Die Welt zu Gast bei Freunden“ wurde vom Mobilfunkanbieter und Nicht-Sponsor O2 in seiner Werbekampagne mit Testimonial Franz Beckenbauer u.a. auf Außenwerbeflächen genutzt. Der Sportartikelhersteller Puma als Konkurrent des offiziellen Sponsors adidas kooperierte während der Fußball-WM 2006 mit der Fluggesellschaft dba116 (offizieller Sponsor war FlyEmirates). 27 dba-Flugzeuge warben auf der Oberseite des Flugzeugrumpfes mit der Markenbotschaft "WILLKOMMEN ZUM FUSSBALL". Das Flugpersonal wurde dabei mit Puma-Kleidung ausgestattet, die ebenfalls den Schriftzug trug. Auch Lufthansa setzte sich als Nicht-Sponsor, aber Partner des DFB, in Szene. Zum einen wurden als Partner des DFB Sonderflüge für die 32 Nationalteams und Fanflüge durchgeführt. Die Flugzeug-Nasen von 40 Lufthansa-Fliegern wurden zu einem schwarzweißen Fußball umlackiert.
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116
Einzig zum Sponsor Deutsche Bahn konnte kein Ambusher zugeordnet werden. französischer Nationalspieler; 2003 als bester Torschütze Europas geehrt; Zweiter bei der Wahl zum Weltfußballer des Jahres 2003 und 2004; 2003, 2004 und 2006 Englands und Frankreichs Fußballer des Jahres (damals Spieler beim FC Arsenal London) eigentlich Ronaldo de Assis Moreira; brasilianischer Nationalspieler; Weltfußballer des Jahres 2004 und 2005; Europas Fußballer des Jahres 2005 (damals Spieler beim FC Barcelona) englischer Nationalspieler; Zweiter bei der Wahl zum Weltfußballer des Jahres 1999 und 2001; Zweiter bei der Wahl zu Europas Fußballer des Jahres 1999 (damals Spieler bei Manchester United) Bitburger war nicht offizieller Sponsor der Fußball-WM 2006, jedoch durften sie nach Einigung mit dem Offiziellen Sponsor Anheuser Busch Bud während der WM auch in den Stadien Bier ausschenken und werben. Da sie sich hingegen auch die Gebühren für ein offizielles Sponsorship sparten, sollen sie als Ambusher eingeordnet werden. Darüber hinaus sind sie Partner des DFB-Teams, was im weiteren Sinne als eine Ambush-Strategie gewertet werden kann (vgl. Abschnitt B2.3, S. 31). Die Deutsche BA (dba) war eine deutsche Linienfluggesellschaft mit Sitz in München, die 2006 von der Air Berlin aufgekauft wurde.
144
Empirische Überprüfung des Modells
Vor der Fußball-WM 2006 startete Sony mit dem deutschen Nationalspieler Michael Ballack eine umfassende Werbeoffensive mit „Ballack’s Favourite 13“, in der 13 KeyProdukte von Sony im Mittelpunkt standen. Zudem warben zahlreiche nationale und regionale Unternehmen, die nicht mit den Sponsoren konkurrieren, mit der Fußball-WM 2006, um ihre Produkte über die Assoziation zum Event zu vermarkten, u.a. mittels themenbasierter Umbenennung schon existierender Produkte (z.B. Weltmeisterbrötchen, -würstchen) oder mittels Fußball allgemein. Stimuliähnlichkeit Neben dieser benannten Stimulivielzahl zeigte sich im Weiteren bei der Fußball-WM 2006 eine Stimuliähnlichkeit durch sich inhaltlich und formal ähnelnde Maßnahmen veranstaltungsbezogener Marketing-Kommunikation der Sponsoren und Ambusher. Beispiel: Inhaltlich bezogen sich viele Maßnahmen entweder auf Fußball oder die Weltmeisterschaft, wie fast unzählige Beispiele der WM-Wurst, Weltmeisterbrötchen, etc. belegen. Zusätzlich nutzten verschiedene Unternehmen u.a. die gleichen Testimonials mit einem Fußball-Bezug, wie z.B. sony, adidas, McDonald’s, Coca-Cola und die Deutsche Bahn Michael Ballack oder O2, Erdinger, EnBW und die Postbank Franz Beckenbauer. Abb. 30: Nutzung des gleichen Testimonials (Michael Ballack) in Print-Anzeigen unterschiedlicher Unternehmen während der Fußball-WM 2006
Quelle: eigene Zusammenstellung aus Printanzeigen anlässlich der Fußball-WM 2006
Darüber hinaus setzten sowohl Sponsoren als auch Ambusher formal ähnliche Gestaltungsmittel ein, wie z.B. ähnliche Logos (vgl. Tab. 7) innerhalb themenbasierten EventMarketings für ähnliche Fußball-Turniere für die gleiche, jüngere Zielgruppe.
145
Das Untersuchungsobjekt Tab. 7: Beispiele von Logos, um Marketing-Events während der Fußball-WM 2006 anzukündigen
Coca-Cola (Getränke) Sponsor
Hyundai/Kia (Automobil) Sponsor
LIDL (Handelskette) Ambusher
Postbank (Finanzdienstleister) Nationaler Förderer
Oddset (Sportwetten) Nationaler Förderer
BiFi (Lebensmittel) Ambusher
Quelle: Darstellung in Anlehnung an Drengner (2008)
Stimuliunklarheit Wie bereits in Abschnitt D1.2.2.4 (S. 93ff.) dargestellt, kann eine wahrgenommene Stimuliunklarheit aus der Anzahl an wahrgenommenen komplexen, uneindeutigen Werbemaßnahmen der Sponsoren und Ambusher im Rahmen der Fußball-WM resultieren. Zunächst entsteht die wahrgenommene Komplexität an Informationen aus der Vielzahl und der Differenzierung der Sponsorenkategorien und der dazugehörigen Ambusher. Beispiel: So ist der Automobilhersteller Mercedes-Benz Generalsponsor des DFB, der offizielle Sponsor der WM 2006 war hingegen Hyundai. Ein Partner des DFB ist Lufthansa, während z.B. FlyEmirates offizieller Sponsor war und die dba ebenfalls als Ambusher auftrat. Die Commerzbank ist Premium-Partner des DFB, beim Turnier war die Postbank Sponsor. Im Weiteren kann eine Stimuliunklarheit aus der Unfähigkeit der Konsumenten einer überschneidungsfreien Zuordnung der Unternehmen zu einzelnen Branchen und damit zu Sponsorenkategorien resultieren. Zusätzlich wechseln über die Zeit die Sponsoren des gleichen Ereignisses und/oder die werbenden Unternehmen unterscheiden sich bei ähnlichen, fußballbezogenen Ereignissen (vgl. Tab. 8). Beispiel: So waren bei der Fußball-WM 2006 FujiFilm, Philips und Toshiba jeweils offizielle Sponsoren, die der Konsument u.U. nicht eindeutig den einzelnen Branchen zuordnen kann. Hingegen warben FujiFilm, FujiXerox, JVC, Philips, Toshiba bei der Fußball-WM 2002.
146
Empirische Überprüfung des Modells
Tab. 8: Beispiele von Sponsoren verschiedener Fußball-Großveranstaltungen Branche
Fußball-WM 2002
Fußball-EM 2004
Bier
Anheuser Busch
Carlsberg
Fußball-WM 2006 Anheuser Busch
Elektronik
JVC, Philips
JVC
Philips
ImagingTechnologien
FujiFilm
Canon
FujiFilm
Computer- und PDA-Hardware
Toshiba, FujiXerox
-
Toshiba
Quelle: eigene Darstellung
Stimulineuartigkeit Als weitere Determinante der qualitativen Informationsrate (vgl. Abschnitt D1.2.2.5, S. 96) kann Stimulineuartigkeit z.B. dann auftreten, wenn den Konsumenten unbekannte Unternehmen Großevents als Sponsoringplattform nutzen, so wie es auch bei der FußballWM 2006 festgestellt werden konnte. Beispiel: So warb bei der Fußball-WM 2006 der amerikanische Kommunikationsdienstleister AVAYA, der als Systemanbieter in Deutschland zu dieser Zeit bei Endverbrauchern weitestgehend unbekannt war und auch danach nicht weiter entsprechend beworben wurde. Stimulineuartigkeit kann ebenso auch wahrgenommen werden, wenn den Konsumenten bekannte Sponsoren oder Ambusher die Sport-Großveranstaltung als Kommunikationsplattform nutzen, den Konsumenten hingegen die Art des Engagements (z.B. Veranstaltungssponsoring) neu ist. Für diese Form finden sich unzählige Beispiele im Rahmen der Fußball-WM 2006, da sehr viele Unternehmen, die sich bislang nicht typischerweise mit einem Sportevent assoziierten, die Aufmerksamkeit und das positive Image des Turniers in Deutschland über Marketing-Maßnahmen nutzen wollten. Zusammenfassend kann konstatiert werden, dass vor und während der Fußball-WM 2006 in Deutschland alle vier konstituierenden Variablen (Stimulivielzahl, -ähnlichkeit, -unklarheit, -neuartigkeit) der Informationsrate die wahrgenommene Reizintensität der Umwelt bestimmten. Damit zeigt sich, dass es unter diesen Bedingungen anlässlich der Fußball-WM 2006 angemessen erschien zu evaluieren, ob die Vielzahl und die Art der Sponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen negative Wirkungen erzielten. Da sich die einzelnen Konstrukte des theoretisch hergeleiteten Modells negativer Wirkungen durch Sponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen im Rahmen der Fußball-WM 2006 bisher einer direkten Messung entziehen, wurden auf Basis der in Abschnitt D entwickelten Modellzusammenhänge zur Untersuchung der Hypothesen (vgl. Tab. 20, S. 175) im Vorfeld Messinstrumente entwickelt, die gemäß den Gütekriterien der quantitativen Marktforschung
Die Operationalisierung der zu messenden Konstrukte
147
eine valide117 und reliable118 Konstruktmessung ermöglichen. Dieses Vorgehen stellt den Gegenstand des folgenden Abschnitts dar, bevor die Ergebnisse der empirischen Überprüfung vorgestellt werden.
2
Die Operationalisierung der zu messenden Konstrukte
2.1 Methodische Grundlagen der Operationalisierung Die Operationalisierung der einzelnen Konstrukte des Modells negativer Wirkungen durch Sponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen erfolgte entsprechend der von Homburg/ Giering (1996) und Churchill (1979) empfohlenen theoriegeleiteten Vorgehensweise durch messbare Indikatoren respektive Messitems, welche das jeweilige Konstrukt repräsentieren (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 29ff.). Die Gesamtheit der Indikatoren für ein Konstrukt bildet die sog. latente Variable119. Werden die Wirkungsbeziehungen einzelner latenter Variablen überprüft, z.B. mittels Strukturgleichungsverfahren (vgl. E5.1, S. 189ff.), wird die Abbildung der latenten Größen mittels Indikatoren (d.h. direkt beobachtbare, manifeste Variablen) in der Modellsprache als Messmodell bezeichnet (vgl. Jahn 2007, S. 3; Abschnitt E5.1, S. 189). Bei der Operationalisierung ist vor allem die Spezifikation der Messmodelle bedeutend. Grundsätzlich lässt sich zwischen reflektiven und formativen Items unterscheiden (vgl. stellvertretend Albers/Hildebrandt 2006; Bagozzi 1994; Bollen 1989; Bollen/Lennox 1991; Diamantopoulos/Winklhofer 2001; Edwards/Bagozzi 2000; Fassott/Eggert 2005; Fornell/ Bookstein 1982; Giere/Wirtz/Schilke 2006; Homburg/Klarmann 2006; Jarvis/MacKenzie/ Podsakoff 2003; Wold 1982)120. Ein Indikator gilt als reflektiv, wenn er durch die Ausprägungen der latenten Variablen bedingt wird. Eine Veränderung des Konstruktes bewirkt stets eine Veränderung der reflektiven Indikatoren. Die Kausalität läuft dementsprechend vom Konstrukt zu dessen Items. Die Formulierung reflektiver Indikatoren sollte so gewählt werden, dass sie jeweils (auch semantisch) ähnliche Inhalte wiedergeben und damit im Wesentlichen das Gleiche messen. Ein bedeutendes Kriterium für reflektive Indikatoren ist
117
118
119 120
Die Validität eines Messinstrumentes gibt an, ob die charakteristischen Eigenschaften des erforschten Objektes auch tatsächlich erfasst wurden. Es kann die Inhalts-, die Kriteriums- sowie die Konstruktvalidität (vgl. auch Fußnote 122) unterschieden werden (vgl. Bortz/Döring 2006, S. 195ff.). Die Reliabilität eines Messinstrumentes stellt ein Maß für die Genauigkeit und Stabilität eines Verfahrens (Zuverlässigkeit) dar, wobei der Einfluss von zufälligen Messfehlern so gering wie möglich gehalten werden soll. Bei wiederholter Messung müssen unter konstanten Bedingungen reproduzierbare Ergebnisse erreicht werden. Es können drei Methoden unterschieden werden, Reliabilität zu ermitteln: Parallel-Test-Methode, Retest-Methode und Interne-Konsistenz-Methode (vgl. auch Fußnote 121) (vgl. Bortz/Döring 2006, S. 195ff). Eine umfassende Darstellung verschiedener Definitionen latenter Variablen findet sich bei Bollen (2002). Auch wenn diese Unterscheidung mittlerweile als State-of-the-Art gelten sollte (vgl. Bagozzi 1994; Bollen 1989; Bollen/Lennox 1991; Fornell/Bookstein 1982), wird dennoch dieser Thematik erst in den letzten Jahren verstärkt Aufmerksamkeit geschenkt und es bestehen noch immer Defizite bezüglich des Einsatzes formativer Indikatoren (vgl. Albers/Hildebrandt 2006; Jarvis/MacKenzie/Podsakoff 2003).
148
Empirische Überprüfung des Modells
vor allem die interne Konsistenz als ein Maß für die Homogenität einer Skala121. Diese zeigt sich u.a. darin, dass in einer späteren Analyse - z.B. bei der Item-to-total-Korrelation - die Items entsprechend miteinander korrelieren und damit letztlich (bei gleicher Reliabilität) austauschbar sein können. Somit bliebe die Konstruktvalidität122 durch die Elimination einzelner Indikatoren nach entsprechender Korrelationsanalyse unverändert, da alle Facetten des Konstruktes durch die verbliebenen Indikatoren repräsentiert werden (vgl. Bollen/Lennox 1991, S. 308; Diamantopoulos/Winklhofer 2001, S. 271; Jarvis/MacKenzie/Podsakoff 2003, S. 200). Bewirkt eine Änderung eines oder mehrerer Indikatoren die Veränderung des Konstruktes, sind die Indikatoren formativ123. Die Indikatoren stellen die Ursache der Ausprägung der latenten Variablen dar und bestimmen das entsprechende Konstrukt (vgl. z.B. Fassott 2006, S. 68; Fornell/Bookstein 1982, S. 292; Herrmann/Huber/Kressmann 2006, S. 36). Die interne Konsistenz spielt aufgrund der Logik formativer Indikatoren für diese keine Rolle (vgl. Nunnally/Bernstein 1994, S. 489). Vielmehr ist bei der Formulierung formativer Items124 besonders darauf zu achten, dass sie die gesamte Bandbreite der latenten Variablen abdecken (vgl. Diamantopoulos/Winklhofer 2001, S. 271). Im weiteren Vorgehen sollten Indikatoren nicht entfernt werden, da zentrale Bestandteile des Konstruktes mit ihnen verloren gehen können (vgl. Bollen/Lennox 1991, S. 308). Insofern ist es auch schwierig, die Reliabilität sowie die Konstruktvalidität zu ermitteln (vgl. Bagozzi 1994, S. 333; Bollen 1989, S. 222f.; Bollen/Lennox 1991; Diamantopoulos/Winklhofer 2001, S. 271; Jarvis/MacKenzie/Podsakoff 2003, S. 200). Diese Unterscheidung in reflektive und formative Indikatoren dient nicht nur analytischen Zwecken, sondern wirkt sich fundamental auf das weitere Vorgehen im Rahmen der Operationalisierung, auch in der vorliegenden Arbeit, aus. Bereits bei der Auswahl und Formulierung der Items für das jeweilige Konstrukt ist diese spezifische empirische Konzeptualisierung der Variablen für die spätere empirische Überprüfung, z.B. mittels Strukturgleichungsmodellierung, bedeutend. Eine Missspezifikation (fälschliche Betrachtung formativer Indikatoren als reflektive bzw. vice versa) auch nur eines Konstruktes innerhalb eines Strukturgleichungsmodells kann z.B. durch Über- oder Unterschätzung der Pfadstärken Konsequenzen für
121
122
123 124
Für die Überprüfung der internen Konsistenz können als Gütemaße Cronbachs Alpha oder die Faktorreliabilität herangezogen werden (vgl. nähere Ausführungen Abschnitt E5.2.1, S. 193ff.). Diese Koeffizienten bestimmen die Reliabilität der Indikatoren, die einen Faktor messen (vgl. u.a. Churchill 1979, S. 68; Fornell/Larcker 1981; Homburg/Giering 1996, S. 8; Hulland 1999, S. 199). Der Wertebereich erstreckt sich zwischen 0 und 1, wobei ein hoher Wert auf eine hohe interne Konsistenz hindeutet. Die Konstruktvalidität unterscheidet sich in Konvergenz- und Diskriminanzvalidität. Die Konvergenzvalidität beschreibt, wie gut ein Konstrukt durch die ihm zugeordneten Indikatoren erklärt wird. Die Diskriminanzvalidität gibt an, in welchem Ausmaß sich die Indikatoren eines Konstruktes von denen eines anderen Konstruktes des gleichen Modells unterscheiden (vgl. ausführlich E5.2.1, S. 193ff.). Beispiele für typische formative Indikatoren sind Indizes (vgl. z.B. Albers/Hildebrandt 2006, S. 13; Bagozzi 1994, S. 332). Exemplarische Beispiele zur Bildung und Beurteilung formativer Messmodelle liefern Fritz/Möllenberg/Dees (2005); Helm (2005); Hennig-Thurau/Henning (2005); Krieger (2005); Müller (2004); Ringle (2005).
Die Operationalisierung der zu messenden Konstrukte
149
die theoretischen Schlussfolgerungen haben, die aus dem Modell gezogen werden (vgl. Bollen/Lennox 1991, S. 308; Eberl 2006, S. 654; Jarvis/MacKenzie/Podsakoff 2003, S. 212). Besondere Relevanz hat diese Thematik für das Anliegen der vorliegenden Arbeit, neue reliable und valide Messinstrumente für die qualitative und quantitative Informationsrate, die Konsumentenverwirrtheit und die situative Reaktanz durch Sponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen zu entwickeln. Um zu bestimmen, ob die Informationsraten zu negativen Effekten führen, müssen die Messinstrumente selbst somit einwandfrei spezifiziert sein. Um Misspezifikationen der Messmodelle zu vermeiden, wurde im weiteren Vorgehen das von Jarvis/MacKenzie/Podsakoff (2003, S. 203) formulierte Fragenset zugrunde gelegt. Dieses dient als Entscheidungsgrundlage, inwiefern ein Konstrukt als formatives oder reflektives Messmodell angelegt werden sollte und fasst die bisherigen Ausführungen auf einer globaleren Ebene zusammen: 1. Kausalität: Ein formatives Konstrukt wird durch seine Indikatoren verursacht. Bei reflektiven Konstrukten verhält sich diese Kausalität gegenläufig, d.h. die Indikatoren werden durch das Konstrukt bestimmt. 2. Austauschbarkeit der Indikatoren: Da reflektive Indikatoren das Konstrukt widerspiegeln, müssen sie austauschbar sein. Eine Elimination von formativen Indikatoren hingegen würde zu einer Veränderung des Konstruktes führen. 3. Kovariation: Während reflektive Indikatoren untereinander kovariieren, ist dies bei formativen Indikatoren nicht erforderlich. 4. Antezedenten und Konsequenzen: Alle reflektiven Indikatoren haben den gleichen Ursprung und die gleichen Konsequenzen. Formative Indikatoren können sich im Hinblick auf ihren Ursprung und/oder ihre Konsequenzen unterscheiden. Nachfolgende Tab. 9 stellt diese wesentlichen Eigenschaften reflektiver und formativer Messmodelle nochmals zusammenfassend gegenüber.
150
Empirische Überprüfung des Modells
Tab. 9: Unterschiede zwischen reflektiven und formativen Messmodellen Merkmale
Reflektives Messmodell
Formatives Messmodell
Wirkungsrichtung
Kausalität von Konstrukt zu Indikatoren
Kausalität von Indikatoren zu Konstrukt
Korrelation der Indikatoren
hochgradig korrelierte Indikatoren (interne Konsistenz)
Indikatoren müssen nicht korreliert sein
Eliminierung von Indikatoren
keine Änderung der inhaltlichen Bedeutung des Konstruktes
Aussagekraft des Konstruktes ändert sich bei Entfernung eines Indikators
Varianzerklärung
Konstrukt erklärt Varianz der Indikatoren
Indikatoren erklären Varianz des Konstruktes
Berücksichtigung von Messfehlern
Messfehler auf Indikatorenebene
Messfehler auf Konstruktebene
Quelle: in Anlehnung an Jarvis/MacKenzie/Podsakoff (2003, S. 203)
Wie bereits angesprochen, wurde besonders im Prozess der Identifikation der einzelnen Messgrößen der Informationsraten und er Konsumentenverwirrtheit diese Problemstellung berücksichtigt. Bei der Entwicklung der Messindikatoren wurde zunächst aus theoretischer Sicht diskutiert, ob eine formative oder reflektive Spezifikation das Konstrukt besser abbildet. Bereits an dieser Stelle kann darauf hingewiesen werden, dass letztlich bewusst alle Konstrukte entsprechend den zugrunde liegenden Kriterien (vgl. Jarvis/MacKenzie/Podsakoff 2003, S. 201) mit reflektiven Indikatoren operationalisiert wurden. Bei der Itemformulierung wurde nochmals explizit darauf geachtet, dass die Indikatoren auch wirklich reflektiv verfasst sind und keine „wenn - dann - Aussagen“ enthalten. 2.2
Konsumentenverwirrtheit und Informationsraten
2.2.1 Vorgehensweise zur Operationalisierung der KVW und der Informationsraten Aufbauend auf den konzeptionellen Erkenntnissen der vorhergehenden Abschnitte (vgl. insb. Kapitel D) fand die Auswahl der Messitems der Konsumentenverwirrtheit und der Informationsraten in einem mehrstufigen Verfahren mittels qualitativen und quantitativen Forschungsdesigns statt125. Den Empfehlungen der Literatur folgend (vgl. z.B. Homburg/Giering 1996, S. 11ff.), wurden in einem ersten konzeptionellen Schritt alle bisherigen empirischen Studien zur Messung von KVW analysiert (vgl. Abschnitt 0). Es schloss sich eine qualitative Forschung an, um die Ausgangsmenge an Indikatoren zu erweitern. Dies war insofern notwendig, da es zum einen nur wenige Forschungsarbeiten zur direkten Messung der KVW gibt, die keine befriedigende Itembatterie für eine quantitative Studie im vorliegenden Untersuchungsrahmen zur Verfügung stellen (vgl. Schweizer 2005, S. 122). Zum anderen existiert keine Forschungsarbeit zur KVW
125
Das Vorgehen orientierte sich am Forschungsdesign einer Skalenentwicklung einschließlich Itemgenerierung und Verfeinerung der Messung von Delamere/Wankel/Hinch (2001).
151
Die Operationalisierung der zu messenden Konstrukte
aufgrund von Sponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen, so dass zum vorliegenden Untersuchungsrahmen bislang kein Indikatorenpool vorhanden war. Die Entwicklung eines neuen Messinstrumentes scheint damit gerechtfertigt (vgl. Churchill 1979, S. 67). Da die Problematik der KVW durch Kommunikationsmaßnahmen zudem bislang eher unstrukturiert und komplex ist, stellt die qualitative Phase i.S. eines explorativen Vorgehens bezüglich derartiger struktursuchender Forschung einen ersten Schritt dar (vgl. Schweizer 2005, S. 122; Sheth/Mittal/Newman 1999, S. 468ff.). Aus den verschiedenen Möglichkeiten qualitativer Forschungsansätze126 (vgl. dazu z.B. Kepper 1996) wurden die Verfahren der Gruppendiskussion und des Kreativitätsworkshops als besonders geeignet erachtet. Auf diese Weise kann ein Forschungsproblem in angemessener Breite und Tiefe eruiert werden. Zudem wird eine breite Sammlung von Indikatoren für einen bestimmten Problembereich ermöglicht. In einem weiteren Schritt wurde der daraus generierte Indikatorenpool zwei quantitativen Pre-Tests unterzogen, um die entsprechenden Items zur finalen Datenerhebung zu definieren. Das Vorgehen wird durch die folgende Darstellung verdeutlicht. Im Weiteren soll dieser Forschungsprozess zur Skalenentwicklung der KVW und der Informationsraten detailliert aufgezeigt werden. Tab. 10: Vorgehen zur Operationalisierung der KVW und der Informationsraten Basis
Analyseschritt
Teilziel
Konzeptualisierung der KVW
x Identifikation der Grundstruktur des Konstruktes KVW und der Informationsraten
Analyse bisheriger Messansätze der KVW
x Identifikation der Messverfahren und potenzieller Messitems
Operationalisierung der KVW und der Informationsraten
x Identifikation potenzieller Messitems und Adaption auf den Untersuchungskontext
Gruppendiskussionen/ Kreativgruppen Nicht-Experten Experten
qualitative Analyse der KVW Konzeptualisierung (formativ/reflektiv)
x Generierung potenzieller Messitems für KVW, quantitative (SV) und qualitative Informationsrate (SÄ, SU, SN)
2 Pre-Tests
quantitative Analyse
x Prüfung und Selektion der Messitems
Hauptbefragung
quantitative Analyse
x Datenerhebung
Literaturdiskussion
126
x Diskussion der Messmodelle
Weitere Möglichkeiten sind u.a. direkte Befragungen (z.B. Tiefeninterviews, explorative Interviews), projektive und assoziative Techniken (vgl. Kepper 1996, S. 33ff.).
152
Empirische Überprüfung des Modells
2.2.2 Bisherige Messansätze der KVW Wie bereits mehrfach verdeutlicht (vgl. Abschnitt D1.1, S. 65ff.), herrscht in der MarketingLiteratur bislang kein einheitliches konzeptuelles Verständnis des Konstruktes KVW (vgl. Foxman/Berger/Cote 1992; Mitchell/Kearney 2002; Mitchell/Papavassiliou 1999; Mitchell/Walsh/Yamin 2005; Schweizer/Kotouc/Wagner 2006; Walsh 2002a; Walsh/Hennig-Thurau/Mitchell 2007; Walsh/Wiedmann/Hennig-Thurau 2004; Wiedmann/Walsh/Klee 2001). Dieser unklare und uneinheitliche theoretische Bezugsrahmen wirkt sich besonders auf die Operationalisierung aus, die dadurch ebenso uneinheitlich ist und die Ergebnisse nur schwer vergleichbar macht (vgl. Mitchell/Kearney 2002, S. 375; Mitchell/Papavassiliou 1999, S. 331; Wiedmann/Walsh/Klee 2001, S. 92). Ingesamt finden sich zahlreiche Ansätze unterschiedlicher Messungen verschiedener Phänomene (Mitchell/Kearney 2002, S. 375). Einige Messungen werden sogar durchgeführt, ohne das Konstrukt vorher zu definieren (vgl. Kapferer 1995b; Loken/Ross/Hinkle 1986; Rafiq/Collins 1996). Erst durch die integrativen Arbeiten von Walsh (2002a)127 und Schweizer (2005)128 wurde die KVW-Diskussion sowohl quantitativ als auch qualitativ empirisch breiter aufgestellt. Um ein reliables Messinstrument für die vorliegende Untersuchung zu entwickeln, soll zunächst ein Überblick bisheriger Messansätze der KVW geschaffen werden. Eine mögliche Einteilung der bisherigen Ansätze zur Messung der KVW kann einerseits inhaltlich-konzeptionell nach der Art der Operationalisierung der Dimension(en) (z.B. Stimuliähnlichkeit) und dem Untersuchungsobjekt und andererseits nach der Art der eingesetzten Untersuchungsverfahren129 erfolgen (vgl. Wiedmann/Walsh/Klee 2001, S. 92). Bevor eine Diskussion dieser beiden Ebenen erfolgt, fasst die Tab. 11 diese wesentlichen Merkmale überblicksartig zusammen. Tab. 11: Überblick bisheriger Messansätze von KVW in zeitlicher Reihenfolge Autor(en)
Untersuchungsobjekt (Stichprobe)
Verfahren
Operationalisierung
Friedmann (1966)
Lebensmittel (n=33)
Feld-Experiment (Beobachtung und Befragung)
Überangebot/ Falschkauf
Miaoulis/D’Amato (1978)
Mints (n=329)
Feld-Experiment (Beobachtung und Befragung)
Stimulusgeneralisierung
Boal (1983)
-
Beobachtung (Coupon-RedemptionMethode)
Falschkauf (Ähnlichkeit)
Sproles/Kendall (1986)
(n=482)
Befragung
Überangebot/ Überlastung
Loken/Ross/Hinkle (1986)
Drogerieartikel (n=112)
Labor-Experiment (Dia und Befragung)
Inkorrekte Identifikation (Ähnlichkeit)
127 128 129
siehe auch Mitchell/Walsh/Yamin (2005) und Walsh/Hennig-Thurau/Mitchell (2007) siehe auch Schweizer/Kotouc/Wagner (2006) Ausführliche tabellarische Zusammenfassung der Vor- und Nachteile der am häufigsten eingesetzten Instrumente aus Sicht des Praktikers siehe Mitchell/Kearney (2002, S. 361ff.).
153
Die Operationalisierung der zu messenden Konstrukte Fortsetzung Tab. 11: Überblick bisheriger Messansätze von KVW in zeitlicher Reihenfolge Autor(en)
Untersuchungsobjekt (Stichprobe)
Verfahren
Operationalisierung
Poiesz/Verhallen (1989)
Drogerieartikel (n=108)
Labor-Experiment (Dia und Befragung)
Inkorrekte Identifikation (Ähnlichkeit)
Foxman/Muehling/Berger (1990)
Dekongestiva/Lebensmittel (n=341)
Labor-Experiment (Dia und Befragung)
Inkorrekte Identifikation (Ähnlichkeit)
Rafiq/Collins (1996)
Lebensmittel (n=173)
Befragung
Grad der empfundenen Konfusion (Ähnlichkeit)
Kapferer (1995a 1995b)
Lebensmittel (n=127) (n=375)
Labor-Experiment (Blur-Focus-Methode/ Tachistoskop)
Inkorrekte Identifikation
Balabanis/Craven (1997)
Lebensmittel (n=50)
Feld-Experiment (Fotos von Produkten und Befragung)
Inkorrekte Identifikation (Ähnlichkeit)
Huffman/Kahn (1998)
Sofas/Hotels (n=72)
Labor-Experiment (PC und Befragung)
Stimulikomplexität
Turnbull/Leek/Ying (2000)
Telekommunikation (n=167)
Befragung
Überangebot/ Überlastung
Chryssochoidis (2000)
Bio-Produkte (n=888)
Befragung
Unklarheit (Produktdifferenzen)
Brengman/Geuens/de Pelsmacker (2001)
Drogerieartikel (n=153)
Befragung
Inkorrekte Identifikation (Ähnlichkeit)
Walsh
Produkte täglichen Bedarfs (n=264)
Befragung
Ähnlichkeit Überlastung Unklarheit
Matzler/Waiguny (2005)
Online-Hotelbuchungen (n=228)
Befragung
Ähnlichkeit Überlastung Unklarheit
Schweizer (2005)
Lebensmittel (n=345)
Feld-Experiment (Testkäufe und Befragung)
Vielfalt Neuheit Konflikt Irritation Komplexität
Leek/Kun (2006)
Computer (n=140)
Befragung
Ähnlichkeit Überlastung Unklarheit
Leek/Chansawatkit (2006)
Mobilfunk (n=156)
Befragung
Ähnlichkeit Überlastung Unklarheit
(2002a)
(Ähnlichkeit)
Quelle: eigene Darstellung und Ergänzung in Anlehnung an Schweizer (2005)
Betrachtet man zunächst die bisherigen Untersuchungen aus inhaltlich-konzeptioneller Sicht, dann bestätigt sich die uneinheitliche theoretische Fundierung. Die meisten Studien fokussieren sich auf die Produktähnlichkeit und die Ähnlichkeit von Informationen, wobei sie dabei vor allem irrtümliche Produktverwechslungen messen. Erst im Laufe der Zeit untersuchen zuneh-
154
Empirische Überprüfung des Modells
mend mehr Forscher weitere (mehr oder weniger direkt konzeptualisierte) Dimensionen der KVW, wie z.B. Stimuliüberlastung bzw. später -unklarheit. Hinsichtlich der Untersuchungsobjekte zeigt sich, dass die KVW vor allem bezüglich von Produktalternativen diverser Branchen (z.B. convenience goods, shopping goods und specialty goods) analysiert wurde. Nur wenige Messungen konzentrieren sich auf die KVW im Rahmen von Kommunikationsmaßnahmen, z.B. Werbeanzeigen (vgl. z.B. Brengman/Geuens/dePelsmacker 2001; Poiesz/Verhallen 1989). Als Untersuchungsdimension wird hier jedoch vor allem die Produktähnlichkeit unterschiedlicher Marken als Ursache der KVW genutzt. Wie die Tab. 11 zeigt, existieren bislang keine Studien zur KVW, die aufgrund von Kommunikationsmaßnahmen ausgelöst wird, wie z.B. durch Sponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen. Um nunmehr die zweite Ebene der bislang genutzten Untersuchungsverfahren zu betrachten, soll neben der Tab. 11 der in Abb. 31 zusammengefasste Überblick nützen. Abb. 31: bisherige Untersuchungsverfahren zur Messung von KVW Ansätze zur Messung von KVW
Befragung
Beobachtung
Kombinierte Verfahren
• Sproles/Kendall (1986) • Rafiq/Collins (1996) • Chryssochoidis (2000) • Turnbull/Leek/Ying (2000) • Walsh (2002) • Matzler/Waiguny (2005) • Leek/Kun (2006) • Leek/Chansawatkit (2006)
Feld
Labor
• Boal (1983) Feld
Labor
• Friedmann (1966)
• Loken et al. (1986)
• Miaoulis/D'Amato (1978)
• Poiesz/Verhallen (1989)
• Balabanis/Craven (1997)
• Foxman et al. (1990)
• Schweizer (2005)
• Kapferer (1995a) • Kapferer (1995b) • Huffman/Kahn (1998)
Quelle: Darstellung mit eigenen Ergänzungen in Anlehnung an Walsh (2002a, S. 165)
Insgesamt zeigt sich, dass bislang fast alle möglichen Verfahren zur Messung der KVW Anwendung fanden. Boal130 (1983) ist bislang der einzige, der das Beobachtungsverfahren in einem Feldexperiment nutzte. Unter realen Einkaufsbedingungen mittels der Ausgabe von Rabattmarken testete er Verwirrtheit als Zeichen von Käufen anderer als vorgesehener, ähnlicher Marken - womit die Untersuchung eigentlich auf Verwechslung abzielte. Im Weiteren findet sich eine Vielzahl von Studien, die die KVW mittels Befragung erheben. Doch auch hier existiert keine einheitliche Operationalisierung, da dem Konstrukt in den Studien unterschiedliche Konzeptualisierungen zugrunde liegen. Sproles/Kendall (1986) untersuchten im Rahmen 130
Hinweise zur Verbesserung der externen Validität des Ansatzes von Boal (1983) finden sich bei Kearney/ Mitchell (2001, S. 88ff.).
Die Operationalisierung der zu messenden Konstrukte
155
ihres Consumer-Style-Inventory mit 4 Items „confusion by overchoice“. Rafiq/Collins (1996, S. 337) kritisieren, dass meist nicht der Grad der Konfusion gemessen wurde und untersuchten aus diesem Grund die Ausprägung der „wahrscheinlichen Konfusion“ durch Ähnlichkeit von Verpackungen von Hersteller- und Handelsmarken. Letztlich wird das Konstrukt nur über diese eine Fragestellung erfasst. Turnbell/Leek/Ying (2000) operationalisieren KVW über zwei Statements bezogen auf den Untersuchungsgegenstand (Mobiltelefone) und messen den Grad der KVW über Wissensfragen und Marken-Recall. Chryssochoidis (2000) führt keine Messung der KVW mittels einer Skala durch, sondern schlussfolgert eine Verwirrtheit aus den Antworten der Konsumenten zur Produktbeurteilung. Erst Walsh (2002a) entwickelt in mehrstufigen qualitativen und quantitativen Testverfahren aufbauend auf einer soliden Konzeptualisierung für jede der drei von ihm postulierten Dimensionen von KVW (SÜ, SÄ, SU) eine eigene Skala (vgl. Walsh 2002a, S. 206ff.) mit insgesamt 26 Indikatoren131.132 Matzler/Waiguny (2005) adaptieren 12 Items der Skalen von Sproles/Kendall (1986) und Walsh (2002a) auf das Untersuchungsobjekt (Online-Hotelbuchungen). Leek/Kun (2006) nutzten ebenfalls die Konzeptualisierung Walshs (2002a), entwickelten hingegen eine eigene Messung mittels 11 Indikatoren zur KVW beim Computerkauf. In einer weiteren Studie von Leek/Chansawatkit (2006) werden mögliche Auslöser der Verwirrtheit im Rahmen der Nutzung von Mobiltelefonen (z.B. Technologie, Tarife, Service) bewertet, jedoch KVW nicht explizit als Konstrukt gemessen. Insgesamt kann festgestellt werden, dass die meisten Messansätze der Befragung entweder zu wenig theoretisch fundiert sind oder die Indikatoren zu spezifisch auf das Untersuchungsobjekt angepasst wurden, so dass für die vorliegende Untersuchung und für die Entwicklung eines reliablen und validen Messinstrumentes lediglich der Messansatz von Walsh (2002a) aufgrund einer fundierten theoretischen Konzeptualisierung eine Grundlage bietet. Ein weiterer Schwerpunkt der bisherigen empirischen Arbeiten liegt, wie in Abb. 31 ersichtlich, auf den kombinierten Verfahren experimenteller Designs. Die häufigste empirische Vorgehensweise sind Feldstudien (vgl. Balabanis/Craven 1997; Friedmann 1966; Miaoulis/D’Amato 1978; Mitchell/Papavassiliou 1999; Schweizer 2005) und Laborstudien (vgl. Foxman/Muehling/Berger 1990; Kapferer 1995a, 1995b; Loken/Ross/ Hinkle 1986; Poiesz/Verhallen 1989), die mit Befragungen kombiniert wurden. Darauf soll an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden 133, da vor allem an ihnen zu kritisieren ist, dass meist lediglich die Verwechslung (im Sinne fehlerhafter Identifikation) (vgl. z.B. Balabanis/Craven 1997; Brengman/Geuens/dePelsmacker 2001; Kapferer 1995b; Loken/ Ross/Hinkle 1986; Poiesz/Verhallen 1989) bzw. Falschkäufe (vgl. Friedmann 1966) als Konfusion gemessen werden. 131 132
133
Letztlich verblieben nach Verfahren der 1. und 2. Generation jedoch nur 9 Items im kausalanalytischen Modell (vgl. Walsh 2002a, S. 223). Darüber hinaus ist Walsh (2002a) bislang der einzige, der im Rahmen der empirischen Auswertung mittels Strukturgleichungsverfahren das Verhältnis der von ihm konzeptionalisierten Dimensionen der KVW untereinander untersuchte. Für einen tieferen Einblick siehe entsprechende Quellen bzw. die ausführliche Diskussion bei Walsh (2002a, S. 172ff.).
156
Empirische Überprüfung des Modells
Einige Autoren (vgl. Kapferer 1995b; Poiesz/Verhallen 1989) bilden darauf aufbauend einen Verwirrtheitsindex, wie z.B. den „total net advertisement confusion index“ (vgl. Poiesz/Verhallen 1989, S. 235), der den negativen Effekt als Differenz zwischen sog. positiver Konfusion (Identifikation des Mitbewerbers als Marke) und negativer Konfusion (Identifikation eines sog. Dummies 134) anzeigt. Kapferers (1995b, S. 563) „confusion index“ ergibt sich als Quotient des Prozentsatzes jener Probanden, die irrtümlich die gesehene Kopie der Originalmarke zuschreiben und jenem Prozentsatz, der richtigerweise die Originalmarke erkennt, wenn ihm diese gezeigt wird. Nicht betroffen von dieser Kritik ist der Messansatz von Schweizer (2005), der eine „ganzheitliche Vorgehensweise zur Erklärung des Konfusions-Phänomens“ darlegt, um diesen im Anschluss mit einem kombinierten Messansatz zu konkretisieren und zu validieren. Er erfasste zunächst per Befragung prädispositionale Faktoren (z.B. Stimmung, Involvement, OSL, kognitive Landkarte) der Probanden. Anschließend erfolgten Testkäufe zu vorgegebenen Produkten. Dem wiederum folgte eine Ex-post Befragung zu Verwirrtheits-Auslösern und Emotionen nach dem Einkauf sowie zu möglichen Strategien zur Reduktion der KVW. Dabei stützt sich die Messung der KVW-Auslöser auf qualitative (Diskussion in Fokusgruppen) und quantitative (z.B. Reliabilitäts-, Faktorenanalysen) Vorstufen. Letztlich wurde eine Skala der KVW-Auslöser (Informationsrate) mit 16 Items genutzt, die auch für die Entwicklung des Messinstrumentes für die vorliegende Studie nutzbar war. Eine Messung des Konstruktes der KVW selbst erfolgte aufgrund der Konzeptionalisierung der KVW als Wirkungsgefüge (vgl. Abschnitt D1.1.5, S. 77ff.) hingegen nicht. Zusammenfassend lässt sich konstatieren, dass die Zahl der empirischen Beiträge vergleichsweise gering ist. Die mangelnde konzeptionelle Homogenität bewirkt eine uneinheitliche Operationalisierung. Die Operationalisierung ohne theoretische Fundierung spiegelt sich vor allem bei den Befragungen wider. Lediglich die Messansätze von Walsh (2002a) und Schweizer (2005) werden theoriegeleitet entwickelt und versuchen, das Konstrukt der KVW tatsächlich abzubilden, wobei auch Schweizer (2005) aufgrund seiner Konzeptualisierung vielmehr von einem Wirkungsgefüge ausgeht und das Konstrukt der KVW als solches nicht misst. Darüber hinaus zeigen die Studien mangelnde Stichprobenrepräsentativität bezüglich der Größe (vgl. z.B. Friedman 1966; Hufmann/ Kahn 1998; Loken/Ross/Hinkle 1986; Balabanis/Craven 1997) und der Zusammensetzung, z.B. Frauenstichproben (vgl. Kapferer 1995a; Poiesz/Verhallen 1989) oder studentische Stichproben (vgl. Foxman/ Muehling/Berger 1990; Loken/Ross/Hinkle 1986; Sproles/Kendall 1986). Die empirische Auswertung erfolgte bislang nur von Walsh (2002a) und Schweizer (2005) mit den sog. Verfahren der 2. Generation (vgl. Homburg/Giering 1996). Dies liegt rekursiv wiederum darin begründet, dass diese Verfahren (insbesondere die Kausalanalyse) eine theoretische Fundierung benötigen, die der Großteil bisheriger An-
134
vorgegebene Falsch-Alternativen in einer Mehrfachwahl
Die Operationalisierung der zu messenden Konstrukte
157
sätze nicht aufweist (vgl. auch Walsh 2002a, S. 188ff.; Wiedmann/Walsh/Klee 2001, S. 92). Betrachtet man darüber hinaus die Messung der KVW in Studien zum Sportsponsoring bzw. Ambush-Marketing, zeigt sich, dass die Analyse der Konfusion eher indirekt mittels Recallund Recognition-Messungen durchgeführt wird und diese Untersuchungen nicht das Konstrukt der KVW selbst, sondern vielmehr die Erinnerung messen (vgl. Abschnitt C2.2, S. 55). Die Erinnerung stellt als Ergebnis des Speicherungsprozesses jedoch eine eigenständige Variable und nicht Konsumentenverwirrtheit dar. Somit empfiehlt es sich nicht, Konfusion bezüglich der Frage, wer Sponsor und Ambusher ist, indirekt über Recall- oder Recognition-Tests zu untersuchen. Vielmehr ist es ein Anliegen der vorliegenden Arbeit, ein valides und reliables Instrument zur Messung der KVW als autonomes Konstrukt im Rahmen von Sponsoring- und Ambush-Marketing zu entwickeln. Für das weitere Vorgehen im Rahmen der Operationalisierung der KVW dienten somit als Grundlage die theoretisch basierten Messansätze zur KVW von Walsh (2002a) und Schweizer (2005). Ansatzpunkte zur Entwicklung der Messung im Rahmen der vorliegenden Untersuchung bildeten die Itembatterien der entwickelten Skalen zu den drei von Walsh (2002a) konzeptualisierten Dimensionen der KVW (SÜ, SÄ und SU) sowie die Items der KVW-auslöser (Informationsrate) von Schweizer (2005). Beide Arbeiten gehen allerdings von einem anderen theoretischen Bezugspunkt als die vorliegende Arbeit aus – Walsh (2002a) trennt nicht zwischen KVW und der Informationsrate als Auslöser, Schweizer (2005) misst die Informationsrate, aber nicht die KVW als eigenständiges Konstrukt. Zudem wurden beide Messungen zur Konfusion hinsichtlich verschiedener Produkte in der Ladenumwelt entwickelt. Somit sind sie nur in einem ersten Schritt eine Basis für die Skalenentwicklung zur KVW in der Kommunikationspolitik durch Sponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen und ihrer Auslöser, der Informationsraten. Im Weiteren wurde der von einigen Autoren (vgl. Kapferer 1995b; Poiesz/Verhallen 1989) genutzte Verwirrtheitsindex als Ansatz zur Messung der Verwechslung zwischen Sponsoren und Ambushern als sinnvoll erachtet. Dieser repräsentiert nach aktuellem Forschungsstand nicht das Konstrukt der KVW selbst, sondern stellt das Ergebnis aus einem fehlerhaften Speicherungsprozess durch KVW dar. Ähnlich diesem Konzept der Verwechslungsrate durch fehlerhafte Wahrnehmung wird dieser Ansatz als Folge der KVW in ähnlicher Form im Wirkungsmodell Anwendung finden. Es soll nicht ein Gesamt-Index gebildet werden, der das mangelnde Unterscheidungsvermögen komprimiert darstellt, sondern vielmehr wird zwischen der Verwechslung der Sponsoren und der Verwechslung der Ambusher unterschieden (vgl. Abschnitt E2.6, S. 169ff.).
158
Empirische Überprüfung des Modells
2.2.3 Entwicklung eines Messmodells für die KVW und die Informationsrate Nachdem im Rahmen der ersten qualitativen Stufe alle empirischen Studien zur Messung von KVW analysiert wurden, schloss sich die Generierung eines Indikatorenpools in einem mehrstufigen qualitativen und quantitativen Verfahren an, das im Folgenden dargelegt wird. Aus der Literaturdiskussion erschienen die beiden Studien von Walsh (2002a) und Schweizer (2005) für das weitere Vorgehen geeignet, da wie bereits dargelegt, in allen anderen Untersuchungen die KVW als solche nur unzureichend oder gar nicht operationalisiert wurde. 1. Zunächst wurden alle Items zur Konsumentenverwirrtheit und zu den Informationsraten aus den Studien von Walsh (2002a) und Schweizer (2005) auf ihre Eignung zur Adaption auf den Kontext der Kommunikationspolitik überprüft, wobei zunächst 46 Items umformuliert werden konnten. Die Schwierigkeit der Auswahl der Items bestand besonders darin, dass die beiden Studien entweder nicht zwischen dem Konstrukt der KVW und den Antezedenten respektive Informationsraten trennten (vgl. Walsh 2002a) oder nur ausschließlich die Informationsrate operationalisiert wurde (vgl. Schweizer 2005). Dadurch, dass aber auch Walsh (2002a) in den drei Dimensionen eher Auslöser der KVW beschrieb, schienen einige dieser Items mit entsprechender Umformulierung auch für die Messung der quantitativen und qualitativen Informationsrate nutzbar135. Bei einigen anderen Indikatoren zeigte sich jedoch das bereits dargestellte Problem, dass sie eigentlich die Erinnerung oder Wahrnehmung messen136 oder zu speziell auf den Untersuchungsgegenstand abzielten. 2. In einem zweiten, parallelen Schritt fand eine leitfadengestützte Gruppendiskussion mit insgesamt 12 Personen, die nicht der Marketingbranche zugehörig sind, statt. 8 Teilnehmer bezeichneten sich als Fußball-Experten und Interessierte an großen Fußball-Turnieren, 4 waren gegenüber Fußball nicht involviert, interessierten sich aber für die bevorstehende Fußball-WM 2006. Ziel dieser Diskussion war es herauszufinden, in welchem Maße Ambush-Marketing überhaupt bekannt ist und ob es bewusst oder unbewusst im Vorfeld der Fußball-WM 2006 wahrgenommen wird. Die Gesprächsrunde fand ein halbes Jahr vor dem Großereignis in Deutschland statt, so dass die Konsumenten bereits mit Werbeaktivitäten
135
136
Da es das Anliegen der Arbeit ist, ein neues Messinstrument für die KVW im Rahmen von Kommunikationsmaßnahmen zu entwickeln, wurde als Ausgangspunkt der vorliegenden Itemgenerierung insbesondere bei Walsh (2002a) der ursprüngliche Itempool von 26 Indikatoren gewählt, mit dem er die KVW operationalisierte und nicht nur die nach den Faktorenanalysen verbleibenden 9 Items. Dies war insbesondere notwendig, da sich bei Walsh (2002a) in der Überprüfung der KVW-Struktur die zuvor konzeptualisierten Faktoren (z.B. hinsichtlich der Ähnlichkeit von Botschaften und des Informations-Überangebots) nicht gänzlich bestätigten. Folgende Beispiele von Walshs (2002a) Operationalisierung zeigen, dass einige Items vielmehr die Erinnerung oder die Wahrnehmung anstatt die KVW messen: • Oft kann man sich nach einem (Fernseh)Werbeblock nicht mehr an das Produkt (z.B. Milka Tender), sondern nur an die Marke (Milka) erinnern. • Oft kann man sich nach einem (Fernseh)Werbeblock nicht mehr an die Marke (z.B. Becks), sondern nur an das Produkt (Bier) erinnern. • Tageszeitungen enthalten häufig so viele Werbeprospekte, dass man die Angebote aus den Werbeprospekten kaum wahrnimmt.
Die Operationalisierung der zu messenden Konstrukte
159
durch Sponsoren und Ambusher (z.B. über Produktverpackungen, Werbeanzeigen) konfrontiert waren. Im Gesprächsverlauf konnte so erörtert werden, x
inwieweit die Sponsoren oder Ambusher der Fußball-WM 2006 bekannt sind,
x
ob eine bewusste oder unbewusste Verwirrtheit bezüglich der Sponsoren der WM existiert,
x
wie sich diese äußert und
x
welche möglichen Ursachen für eine Verwirrtheit existieren.
Es wurde diskutiert, in welcher Form sich bewusste und unbewusste Konsumentenverwirrtheit bei den Konsumenten äußert. Dazu konnten entsprechend beschreibende Aussagen der Teilnehmer bei der späteren Itemformulierung zur Messung der KVW helfen. Weiterhin wurden mögliche Auslöser von Verwirrtheit zusammengetragen und ebenfalls diskutiert. Im Ergebnis zeigte sich, dass die durch Walsh (2002a) konzeptualisierten Dimensionen der KVW, Stimuliähnlichkeit, -überlastung und -unklarheit, als wesentliche Ursachen möglicher Verwirrtheit gesehen wurden und die KVW selbst davon losgelöst betrachtet wurde. Darüber hinaus identifizierten die Teilnehmer die Stimulineuartigkeit als möglichen Einflussfaktor der KVW. 3. Daran anschließend fand aufbauend auf den Ergebnissen der ersten beiden Schritte eine weitere Gruppendiskussion mit anschließendem Kreativworkshop mit 6 MarketingExperten statt. Im Fokus der Gruppendiskussion stand einerseits wiederholt die Frage der Konzeptionalisierung der KVW, insbesondere der Abgrenzung zwischen Ursachen der KVW (Variablen der Informationsraten) und der KVW selbst. Andererseits wurde die Operationalisierung der Informationsraten und der KVW als formative oder reflektive Messmodelle diskutiert (vgl. Ausführungen in Abschnitt E2.1, S. 147ff.). Entsprechend der Konzeptualisierung bestand letztlich Einigkeit darüber, reflektive Messmodelle zu entwickeln, da es nach den Kriterien von Jarvis/MacKenzie/Podsakoff (2003, S. 203, vgl. Tab. 9, S. 150) unmöglich scheint, alle Facetten der einzelnen Konstrukte abzubilden bzw. im Sinne reliabler Messmethodik entsprechend zu erheben. Anschließend erfolgte anhand der Kreativitätsmethode 635137 eine Itemgenerierung für die Variablen der qualitativen und quantitativen Informationsrate und der KVW. Insgesamt wurden 110 verschiedene Items für die Informationsraten138 und 14 Items für die KVW entwickelt.139
137
138 139
Die 635-Methode wurde von Rohrbach (1968) als Brainwriting-Technik, d.h. kreatives Problemlösungsverfahren zur Erzeugung von neuen Ideen in einer Gruppe entwickelt (vgl. Ausführungen dazu z.B. in Higgins/ Wiese 1996). SV (33 Items); SÄ (21 Items); SU (39 Items); SN (17 Items) In diesem Workshop wurden im Weiteren Indikatoren zur Messung der Reaktanz und der Kaufbereitschaft gesammelt und diskutiert. Nähere Ausführungen dazu in den Abschnitten E2.3 und E2.4.
160
Empirische Überprüfung des Modells
4. Um sowohl die KVW als auch die vier Variablen der qualitativen und quantitativen Informationsrate zuverlässig zu messen, wurde in einem vierten Schritt die Höhe der Übereinstimmungen der Zuordnungsergebnisse dieser entwickelten Items zu den Variablen der Informationsraten und der KVW durch unterschiedliche Probanden bestimmt. 20 Codierern140 wurden alle Items in wahlloser Reihenfolge vorgelegt, um sie inhaltsanalytisch dem aus ihrer Sicht richtigen Konstrukt (SV, SÄ, SU, SN oder KVW) zuzuordnen. Alle Codierer erhielten dafür ausführliche Handlungs- und Codieranweisungen. Die einzelnen Variablen wurden dabei nochmals vollständig und eindeutig definiert, um Trennschärfe zwischen ihnen zu gewährleisten. Als Resultat konzentrierte sich die Auswahl der Items für die weitere Untersuchung auf solche Statements, bei denen einerseits die Urteile der Codierer häufig übereinstimmten und andererseits wenige Antwortausfälle (keine Angabe) vorkamen141. Uneindeutige Items wurden eliminiert. Semantisch gleiche Items wurden gegenübergestellt, entsprechend umformuliert oder ebenfalls eliminiert. 5. Die verbliebenen 64 Items wurden daraufhin erneut in einer Expertenrunde mit 6 Marketingwissenschaftlern inhaltlich und semantisch diskutiert. Hierbei ging es vor allem darum auszuschließen, dass die Items aufgrund der reflektiven Konzeptualisierung nicht doch formativ formuliert wurden. 6. Daran anschließend wurden die überarbeiteten Items erneut den 6 Experten zur inhaltsanalytischen Beurteilung und Zuordnung vorgelegt. Letztlich konnten insgesamt 52 Items für die IR und 12 Items für die KVW identifiziert werden. In einem weiteren Schritt wurde dieser Indikatorenpool zwei quantitativen Pre-Tests unterzogen, um in der finalen Datenerhebung reliable und valide Messinstrumente nutzen zu können. Die quantitativen Pre-Tests dienten einerseits der Überprüfung der Verständlichkeit, der Logik und der Eindeutigkeit der Formulierungen bei den Konsumenten und andererseits der Reduktion der Indikatorenmenge auf eine reliable Indikatorenanzahl. 1. Der erste Pre-Test fand anlässlich der XX. Olympischen Winterspiele 2006 in Turin, Italien, statt. Es wurden 205 Studierende im Rahmen einer Bequemlichkeitsstichprobe an der TU Chemnitz befragt (Durchschnittsalter: 27,2 Jahre; 39,2% weibliche, 60,8% männliche Probanden). Die Befragten wurden gebeten, die insgesamt 64 Items auf einer 6 stufigen Likert-Skala (von 1 = trifft voll und ganz zu bis 6 = trifft überhaupt nicht zu) zu bewerten. Zudem wurde ihnen die Möglichkeit eingeräumt anzugeben, dass sie die Aussage inhaltlich nicht verstehen oder keine Angabe zur vorliegenden Aussage machen können. Die Auswertung der Ergebnisse erfolgte nach den Anforderungen an Reliabilität und Validität der Messung (vgl. Churchill 1979; Homburg/Giering 1996) mittels Korrelations-, Reliabilitäts140 141
Wissenschaftliche Mitarbeiter/Assistenten des Lehrstuhls Marketing der TU Chemnitz sowie studentische Teilnehmer an einem Marktforschungspraktikum zum Thema Ambush-Marketing. Die Übereinstimmung zwischen den Codierern für die ausgewählten Items schwankte zwischen 65% und 100%. Die Antwortausfälle schwankten zwischen 0% und 22%.
Die Operationalisierung der zu messenden Konstrukte
161
und Faktorenanalysen sowie nach dem Verständnis der Items. Alle Items, die die erforderlichen Gütemaße nicht erfüllten, wurden zu diesem Zeitpunkt explorativen Vorgehens eliminiert. Insgesamt wurden 10 Items zur Messung der KVW und 45 Items zur Messung der Informationsraten zum zweiten Pre-Test vorgelegt. 2. Der zweite Pre-Test142 fand mit 114 Studierenden unterschiedlicher Studienrichtungen143 im Hauptstudium ebenfalls im Rahmen einer Bequemlichkeitsstichprobe an der TU Chemnitz entsprechend des gleichen Schemas des ersten Pre-Tests statt (Durchschnittsalter: 23,4 Jahre; 69% weibliche, 31% männliche Probanden). Nach der Auswertung der Daten mittels Verfahren der ersten Generation144 (vgl. Churchill 1979; Homburg/Giering 1996) wurden die den Gütemaßen entsprechenden Items zur finalen Datenerhebung genutzt. Es konnten letztlich 8 Items für die KVW und insgesamt 22 Items für die Informationsraten in die Hauptbefragung eingehen. Die folgenden Tab. 12 und Tab. 13 stellen diese Messindikatoren überblicksartig dar. Tab. 12: Indikatoren der KVW Indikatoren der KVW x Nach Werbung mit dem Thema Fußball kann ich nicht sagen, welche der werbenden Marken Sponsor ist oder nicht. (KVW_11) x Marken, die mit dem Thema Fußball werben, kann ich nicht unterscheiden. (KVW_22) x Es verwirrt mich, dass so viele Marken mit dem Thema Fußball bzw. Fußball-WM werben. (KVW_33) x Es ist für mich schwierig zu erkennen, welche Unternehmen Sponsor der Fußball-WM 2006 sind und welche nicht. (KVW_44) x Ich bringe durcheinander, welche Unternehmen Sponsor der Fußball-WM 2006 sind und welche nicht. (KVW_55) x Ich verwechsle bei Werbungen mit dem Thema Fußball oder Fußball-WM häufig die werbende Marke. (KVW_66) x Ich erkenne gar keine Unterschiede zwischen den Werbungen mit dem Thema Fußball-WM. (KVW_77) x All die Informationen, die man über die Unternehmen, die mit der Fußball-WM werben, bekommt, bringen mich durcheinander. (KVW_88)
142 143 144
In diesem Pre-Test wurden darüber hinaus die Indikatoren zur Messung der Reaktanz und Kaufbereitschaft auf ihre Eignung geprüft (vgl. Ausführungen in den Abschnitten E2.3, S. 162ff. sowie E2.4, S. 166ff.). Die Studierenden besuchten die Vorlesungen experimentelle Grundlagen (VWL), Spezielle BWL Personalwirtschaft, Spezielle BWL Marketing. Darunter werden üblicherweise die Reliabilitätsanalyse, die Korrelationsanalyse sowie die exploratorische Faktorenanalyse subsumiert, während die konfirmatorische Faktorenanalyse zur den sog. Methoden zweiter Generation zählt (vgl. Homburg/Giering 1996).
162
Empirische Überprüfung des Modells
Tab. 13: Indikatoren der Informationsraten Indikatoren der quantitativen IR (wahrgenommene Stimulivielzahl) x Es gibt zu viele Werbemaßnahmen zur Fußball-WM. (sv_01) x Man wird ständig mit der Fußball-WM konfrontiert. (sv_06) x Es gibt zu viele Unternehmen, die mit der Fußball-WM werben. (sv_08) x Es gibt zu viele Produktverpackungen, auf denen etwas zum Thema Fußball steht. (sv_011) x Man wird viel zu viel mit der Fußball-WM konfrontiert. (sv_012) x Es gibt zu viele Informationen zur FußballWM, die ich nicht alle aufnehmen kann. (sv_014)
Indikatoren der qualitativen IR wahrgenommene Stimuliähnlichkeit
wahrgenommene Stimuliunklarheit
wahrgenommene Stimulineuartigkeit
x Bei vielen Werbemaßx Die Werbungen mit dem x Bei vielen Werbemaßnahmen nehme ich Thema Fußball sagen nahmen mit der Fußballmich nicht als die immer das Gleiche aus. WM wird nicht klar, eigentliche Zielgruppe (sä_04) warum das Unterwahr. (sn_02). nehmen gerade mit x Die Werbemaßnahmen Fußball wirbt. (su_020) x Die Fußball-WM wird zum Thema Fußball von vielen überschneiden sich x Aus der Werbung mit Unternehmen inhaltlich oft. (sä_05) dem Thema Fußball beworben, die als erkennt man meist nicht x Auf fast jeder ProduktSport-Sponsoren bisher genau, ob das verpackung steht das nicht aufgetreten sind. Unternehmen die Gleiche zum Thema (sn_03) Fußball-WM sponsert. Fußball. (sä_07) (su_017) x Man muss sich ständig x Die Werbemaßnahmen an neue Marken gewöhx Es wird nicht klar zum Thema Fußball nen, die mit der kommuniziert, wer die unterscheiden sich inFußball-WM werben. Fußball-WM sponsert haltlich nicht wesentlich (sn_015) oder nur damit wirbt. voneinander. (sä_09) (su_018) x Wenn ein x Unternehmen, die mit Unternehmen, was x Mir ist bei vielen dem Thema Fußball bislang nicht mit Sport Werbemaßnahmen mit werben, ahmen ihre dem Thema Fußball warb, zur Fußball-WM Werbeideen gegenseitig nicht klar, was die wirbt, fällt das nach. (sä_013) Marke mit Fußball zu besonders auf. (sn_010) x Fast alle Werbungen, die tun hat. (su_022) mit Fußball zu tun haben, sind sich ähnlich. x Mir ist bei zu vielen Unternehmen unklar, (sä_016) weshalb sie mit der x Jede Marke nutzt die Fußball-WM werben. Fußball-WM für ihre (su_019) Werbung auf ähnliche Weise. (sä_021)
2.3 Situative Reaktanz Das Konstrukt der Reaktanz hat in der psychologischen Forschung eine lange Historie (vgl. Abschnitt D2.1, S. 104ff.), es finden sich aber nur vergleichsweise wenige, uneinheitliche empirische Messungen und dementsprechende Widersprüche in den empirischen Ergebnissen, die letztlich mit der unterschiedlichen Konzeptualisierung des Konstruktes begründet werden (vgl. Dickenberger/Gniech/Grabitz 2002, S. 248; Kivetz 2005; Lessne/Venkatesan 1989; Miller/ Lane/Deatrick/Young/Potts 2007; Silvia 2006a; Thomas/Donnell/ Buboltz 2001). Die meisten Studien sehen sich der Kritik ausgesetzt, dass oftmals keine direkte Messung des eigentlichen Zustandes der Reaktanz, sondern vielmehr die Messung ihrer Effekte, wie z.B. Kaufverhalten oder Einstellungsänderung, erfolgt (vgl. Clee/Wicklund 1980, S. 399; Miron/Brehm 2006, S. 13; Wendlandt/Schrader 2007, S. 294). Dieses Vorgehen folgt den Empfehlungen einiger Autoren (vgl. z.B. Lessne/Venkatesan 1989) den motivationalen Zustand zur Wiederherstellung der als eingeschränkt wahrgenommenen Freiheit eher als „guided framework in investigations of
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163
important phenomena“ (Lessne/Venkatesan 1989, S. 78) zu sehen und ausschließlich dessen Effekte zu betrachten. Diese Argumentation knüpft an die ursprünglichen Ausführungen von Brehm/Brehm (1981) an, die bei der Vorstellung der Theorie psychologischer Reaktanz keinen Messansatz benannten. Im Weiteren wird das Vorgehen der ausschließlichen Messung der Effekte anstatt des eigentlichen Zustandes der Reaktanz vor allem damit erklärt, dass bei direkter Befragung die Gefahr bestehen kann, die Probanden zu animieren, Reaktanz zu empfinden und deshalb einen Artefakt zu kreieren (vgl. Clee/Wicklund 1980, S. 399; Wendlandt/Schrader 2007, S. 297). Gemäß der in Abschnitt D2.1 (S. 104ff.) dargestellten Konzeptualisierung und damit entsprechend den Anforderungen an eine Konstrukt-Konzeptualisierung, das Konstrukt selbst, seine Antezedenten und die in zeitlicher Verzögerung stattfindenden Reaktionen als „distinct entities” zu behandeln (vgl. Edwards/Bagozzi 2000), ist es das Bestreben der vorliegenden Arbeit, sowohl den motivationalen Zustand der Reaktanz selbst - bestehend aus affektiven und kognitiven Facetten (vgl. Dillard/Shen 2005) - als auch die daraus folgenden Konsequenzen (z.B. Einstellungsänderung und Verhaltensabsicht, vgl. die folgenden Abschnitte E2.4 und E2.5) zu messen. Entsprechend den Empfehlungen der Literatur (vgl. z.B. Homburg/Giering 1996, S. 11ff.) wurden in einem ersten konzeptionellen Schritt dafür alle bisherigen empirischen Studien zur Messung der Reaktanz beleuchtet. Entgegen den Aussagen einiger Autoren (vgl. z.B. Brehm/Brehm 1981; Clee/Wicklund 1980, S. 399), eine Messung des Zustandes motivationaler Reaktanz sei nicht direkt möglich (vgl. Dillard/Shen 2005; Miller/Lane/Deatrick/Young/Potts 2007), belegen bereits einige Studien das Gegenteil (vgl. z.B. Dillard/Shen 2005; Donnell/Thomas/Buboltz 2001; Hong/Faedda 1996; Rains/Mitchell Turner 2007; Wendlandt/Schrader 2007), auch wenn diese unterschiedliche Messkonzepte nutzen. Betrachtet man zunächst die zahlreichen (sozial)psychologischen Studien als „Ursprung der Reaktanz“, steht vor allem die Messung der Verhaltensdisposition zu reaktantem Verhalten (trait) im Mittelpunkt der Untersuchungen (vgl. Merz 1983; Herzberg 2002; Hong/Faedda 1996). Diese Arbeiten lassen sich wiederum in zwei Forschungsrichtungen untergliedern (vgl. Silvia 2006a, S. 1292f). Ein Großteil der Studien fokussiert sich auf die Analyse der Korrelation der Reaktanz mit anderen psychologischen Variablen (vgl. Seibel/Dowd 2001; Silvia 2006a). Diese Untersuchungen beschäftigen sich vorwiegend mit interindividuellen Unterschieden dispositionaler Reaktanz, z.B. Persönlichkeitstypen (vgl. Buboltz/Williams/Thomas/Seemann/Soper/Woller 2003; Buboltz/Woller/Pepper 1999), bestimmten Persönlichkeitseigenschaften (vgl. Dowd/ Wallbrown/Sanders/Yesenosky 1994; Hellman/McMillin 1997; Hong/Giannakopoulos 1994; Johnson/Buboltz 2000; Joubert 1990) bzw. Effekten von Alter/Geschlecht (vgl. z.B. Hong/-
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Empirische Überprüfung des Modells
Giannakopoulos/Laing/Williams 1994; Rummel/Howard/ Swinton/Seymour 2000). Sie sollen an dieser Stelle nicht weiter betrachtet werden. Eine zweite Forschungsrichtung zeigt sich in der Entwicklung und Diskussion psychometrischer Ansätze zur Messung dispositionaler Reaktanz, die zu einem wesentlichen Erkenntnisfortschritt bezüglich der vorliegenden Untersuchung beitragen. Die folgenden drei Skalen sind besonders prominent und unterscheiden sich vor allem in der Formulierung der Indikatoren (vgl. Shoham/Trost/Rohrbaugh 2004; Silvia 2006). x
Fragebogen zur Messung der psychologischen Reaktanz (MPR), bestehend aus 18 Items (vgl. Donnell/Thomas/Buboltz 2001; Herzberg 2002; Hong/Ostini 1989; Merz 1983; Shen/Dillard 2005; Tucker/Byers 1987). Der Summenwert gibt die grundsätzliche Bereitschaft wieder, Reaktanz zu mobilisieren145.
x
Therapeutic Reactance Scale (TRS), bestehend aus 28 Items (vgl. Buboltz/Thomas/Donnell 2002; Dowd/Milne/Wise 1991),
x
The Hong Psychological Reactance Scale (HPRS), bestehend aus 14 Items (vgl. Dillard/Shen 2005; Hellman/McMillin 1997; Hong 1992; Hong/Faedda 1996146; Hong/Page 1989; Silvia 2006a; Thomas/Donnell/Buboltz 2001).
Bei der Analyse der wenigen empirischen marketingwissenschaftlichen Studien zur Reaktanz (vgl. z.B. Algesheimer/Dholakia/Herrmann 2005; Clee/Wicklund 1980, Edwards/Li/ Lee 2002; Fitzsimons/Lehmann 2004; Wendlandt/Schrader 2007) ist zu konstatieren, dass zwar die situativ ausgelöste Reaktanz (vgl. Abschnitt D2.2108) im Fokus der Betrachtung steht147. Die Kritik an den Messungen gilt jedoch äquivalent, da die Reaktanz meist indirekt über ihre Effekte gemessen wird (z.B. Clee/Wicklund 1980; Edwards/Li/Lee 2002; Robertson/Rossiter 1974; Rummel/Howard/Swinton/Seymour 2000; Wendlandt/Schrader 2007; Wicklund/Slattum/Solomon 1970). Dazu werden meist Experimente genutzt (z.B. Edwards/ Li/Lee 2002; Wicklund/Slattum/Solomon 1970). Andere Autoren (vgl. z.B. Algesheimer/ Dholakia/Herrmann 2005) messen zwar die situative Reaktanz direkt, nutzen jedoch lediglich ein Item und erfüllen somit nicht die Ansprüche an eine reliable Messung eines Konstruktes (vgl. Churchill 1979; Netemeyer/Bearden/Sharma 2003). Es finden sich nur wenige Ausnahmen, wie z.B. Wendlandt/Schrader (2007), die bisherige Kritik aufgreifen und eine eigene Skala zur Messung von situationaler Reaktanz gegenüber Kundenbindungsprogrammen entwickeln.
145
146 147
In der Literatur wird diesbezüglich vor allem der „lack of factorial stability“ diskutiert (vgl. Donnell/Thomas/Buboltz 2001, S. 685; Herzberg 2002, S. 164): In den einzelnen Studien existiert jeweils eine unterschiedliche Anzahl an Faktorlösungen (1-, 2-, 3-, 4-Faktorlösungen). Eine spätere Version von Hong/Faedda (1996) enthält nur 11 Items. Eine wesentliche Ausnahme bilden Fitzsimons/Lehmann (2004), die mittels Experiment die dispositionale Reaktanz nach Hong (1992) bzw. Hong/Faedda (1996) messen.
Die Operationalisierung der zu messenden Konstrukte
165
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass es zum Untersuchungszeitpunkt an einem möglichen Messansatz fehlte, der für den vorliegenden Untersuchungskontext geeignet schien.148 Somit kann die Entwicklung eines neuen Messkonzeptes zur Untersuchung situativer Reaktanz als gerechtfertigt betrachtet werden (vgl. Churchill 1979, S. 67). Die Basis dafür bildeten die vorhandenen Messkonzepte dispositionaler Reaktanz. Nach der näheren Betrachtung aller o.g. Skalen wurde im Hinblick auf den zugrunde liegenden Kontext der vorliegenden Arbeit die Hong Psychological Reactance Scale (HPRS) (vgl. Hong/Page 1989) gewählt, um aus dieser ein entsprechendes Messinstrument für situativ ausgelöste Reaktanz zu entwickeln149. Sie beinhaltet gemäß der dieser Arbeit zugrunde liegenden Konzeptualisierung Messindikatoren für kognitive und affektive Facetten der (dispositionalen) Reaktanz (vgl. Dowd/Milne/Wise 1991; Miron/Brehm 2006) und enthält damit allgemeine, vielfältig nutzbare Aussagen zur Adaption auf andere Kontexte. Aus der mehrdimensionalen HPRS-Skala wurden entsprechend der Konzeptualisierung der Reaktanz als Summe von distinkten negativen kognitiven und affektiven Elementen (vgl. Dillard/Shen 2005, S. 147; Rains/Mitchell Turner 2007) sowohl affektive als auch kognitive Indikatoren, die für den vorliegenden Untersuchungskontext geeignet schienen, ausgewählt, sinnentsprechend ins Deutsche übersetzt150 und auf das Untersuchungsobjekt angepasst. Dabei wurde darauf geachtet, dass ein gewisser „Grundtenor“ von „Verärgerung“ erkennbar ist, da dies die negative Ausrichtung des motivationalen Zustandes verdeutlicht. Nach Dillard/Shen (2005) kann Verärgerung eine mögliche affektive Facette darstellen und als bewusster Vorsatz, die Freiheit wieder herzustellen, als potentieller Verhaltenseffekt eine mögliche kognitive Komponente abbilden. Zur Absicherung des Verständnisses wurden folglich 20 Indikatoren in einem Kreativitätsworkshop 6 Marketing-Experten, die mit dem Untersuchungsziel vertraut waren, vorgelegt und diskutiert (vgl. Abschnitt E2.2.3, S. 158ff.). Letztlich wurden 10 Indikatoren ausgewählt. Darauf aufbauend wurde der in Abschnitt E2.2.3 (S. 158ff.) dargestellte zweite Pre-Test zur Entwicklung des Messinstrumentes der KVW genutzt, um diese 10 Items zur Messung situativ 148 149 150
Zum Zeitpunkt der Konzeptualisierung der Untersuchung (im Jahr 2005/06) und der Befragung (im Jahr 2006) war die Skala von Wendlandt/Schrader (2007) noch nicht veröffentlicht. Die beiden anderen Skalen (MPR und TRS) schienen nach Begutachtung für den vorliegenden Untersuchungskontext nicht geeignet, da sie sehr auf den psychotherapeutischen Bereich ausgerichtet sind. Es dienten u.a. folgende Items der HRPS (vgl. Hong/Page 1989) als Grundlage: • I become frustrated when I am unable to make free and independent decisions. • It irritates me when someone points out things which are obvious to me. • I consider advice from others to be an intrusion. • Advices and recommendations induce me to do just the opposite. • I am content only when I am acting of my own free will. • I resist the attempts of others to influence me. • It makes me angry when another person is held up as a model for me to follow. • When someone forces me to do something, I feel like doing the opposite. • Regulations trigger a sense of resistance in me.
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Empirische Überprüfung des Modells
ausgelöster Reaktanz auf Verständnis sowie die wesentlichen Anforderungen an die Reliabilität und die Validität der Messung (vgl. Homburg/Giering 1996, S. 6) (d.h. interne Konsistenz und Faktorstruktur) zu prüfen. Insgesamt konnten anhand der Gütekriterien (vgl. Backhaus et al. 2006; Churchill 1979; Homburg/Giering 1996; Kaiser/Rice 1974; Nunnally 1978) 6 Indikatoren in den Haupttest übernommen werden (vgl. Tab. 14). Die Probanden wurden mittels einer sechsstufigen Ratingskala (von 1 = trifft voll und ganz zu bis 6 = trifft überhaupt nicht zu) zu ihrer situativen Reaktanz, ausgelöst durch die Eigenschaften der Informationsraten, befragt. Tab. 14: Indikatoren der situativen Reaktanz Indikatoren der situativen Reaktanz x Es ärgert mich, dass man mich mittels Werbung zum Thema Fußball-WM in meiner persönlichen Entscheidungsfreiheit beeinflussen will. (Rea_6) x Ich lasse mich von der Werbung zum Thema Fußball-WM in meiner persönlichen Entscheidungsfreiheit nicht einschränken. (Rea_8) x Die Vielzahl der Werbung zum Thema Fußball-WM veranlasst mich gerade dazu, die beworbenen Produkte nicht zu beachten. (Rea_7) x Die Fülle der Werbung zum Thema Fußball-WM veranlasst mich dazu, diese nicht mehr zu beachten. (f17_3) x Ich bin so genervt von der vielen Werbung zum Thema Fußball-WM, dass ich versuche, diese zu ignorieren. (Rea_11) x Da ich merke, dass man mich mittels der ganzen Werbung zum Thema Fußball-WM beeinflussen will, reagiere ich gerade resistent. (Rea_9)
Wie in den Ausführungen zur Konzeptualisierung der Reaktanz ersichtlich (vgl. Abschnitt D2.1, S. 104), sind mentale Effekte und Verhaltenseffekte mögliche Konsequenzen, die aus dem motivationalen Zustand, die als eingeschränkt empfundene Freiheit wieder herzustellen, resultieren können (vgl. Brehm 1972; Dillard/Shen 2005, S. 158; Wendlandt/Schrader 2007, S.294). Da sie als mögliche negative Effekte der Reaktanz ausgelöst durch die Anzahl und Art der Informationen die Ziele der Sponsoren und Ambusher gefährden können, wurden Sie in das Untersuchungsmodell integriert. Im Folgenden soll die Entwicklung der Messinstrumente dieser negativen Reaktionen, die Einstellungsänderung gegenüber der einengenden Quelle (Sport-Sponsoring) und die mangelnde Kaufintention gegenüber den beworbenen Produkten und Dienstleistungen, dargelegt werden. Da die Entwicklung des Messinstrumentes zur mangelnden Kaufbereitschaft teilweise auf den gleichen Quellen wie die Operationalisierung der situativen Reaktanz beruht, ist zunächst diese Gegenstand des folgenden Abschnittes. 2.4 Mangelnde Kaufbereitschaft Eine mögliche negative Verhaltenstendenz auf empfundene Reaktanz kann die mangelnde Kaufbereitschaft gegenüber einem Produkt als „personal action tendency relating to the brand“ (Bagozzi et al. 1979) gesehen werden (vgl. Abschnitt D4, S. 118). Die Kaufbereitschaft gilt zudem als das Konstrukt mit der höchsten Aussagekraft zur Prognose tatsächlichen Kaufverhaltens als Ziel von Sponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen (vgl. Ajzen/Fishbein 1980, S. 159). In zahlreichen Marketing-Studien (vgl. als Überblick Bruner/Hensel/-
Die Operationalisierung der zu messenden Konstrukte
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James 2005, S. 438), so auch im Rahmen der Sponsoring-Forschung (vgl. stellvertretend Marwitz 2006, S. 129; McDaniel/Kinney 1996; Sandler/Shani 1993; Séguin/Lyberger/O’Reilly/McCarthy 2005), wurde die Kaufbereitschaft vielfältig operationalisiert. Hierbei wurde meist ganz allgemein die Kaufintention bezüglich eines Produktes eines spezifischen Sponsors befragt. Da im vorliegenden Untersuchungsrahmen vielmehr die mangelnde Kaufbereitschaft als negative Konsequenz aus empfundener Reaktanz und KVW, jeweils ausgelöst durch hohe Informationsraten, im Fokus der Betrachtung steht, galt es, eine eigene Skala zur Messung mangelnder Kaufbereitschaft zu entwickeln. Bei der Analyse der Ansätze zur Messung dispositionaler Reaktanz zeigte sich, dass die Kritik an den Messungen, sie stellten vornehmlich auf die Effekte der Reaktanz ab (vgl. Kritik daran z.B. Clee/Wicklund 1980, S. 399; Wendlandt/Schrader 2007, S. 294), hierbei nutzbringend war. In der HPRS-Skala zur Messung dispositionaler Reaktanz, die als Grundlage zur Entwicklung des Messinstrumentes für die situative Reaktanz diente, fanden sich einige Indikatoren, die vornehmlich die Verhaltensintention messen. Diese inhaltlich ähnlichen Items der HPRS-Skala wurden als Messindikatoren der mangelnden Kaufbereitschaft identifiziert, entsprechend auf die Spezifik des Befragungsinhaltes angepasst und sinnentsprechend ins Deutsche übersetzt. Diese Items wurden wiederum in einem Kreativitätsworkshop (vgl. E2.2.3, S. 158ff.) 6 Marketing-Experten vorgelegt und diskutiert. Letztlich wurden 4 Indikatoren zur Messung mangelnder Kaufbereitschaft ausgewählt, die die Tab. 15 zeigt. Tab. 15: Indikatoren der mangelnden Kaufbereitschaft Indikatoren der mangelnden Kaufbereitschaft x Ich boykottiere bewusst die Produkte der Unternehmen, die mich mit der Werbung zum Thema Fußball-WM nerven. (mKB_10) x Da ich das Gefühl habe, dass ich durch die Vielzahl der Werbung zum Thema Fußball-WM beeinflusst werden soll, etwas zu kaufen, lasse ich es gerade bleiben. (mKB_5) x Die ganze Werbung zum Thema Fußball-WM veranlasst mich dazu, die Produkte gerade nicht zu kaufen. (mKB_12) x Ich bin nicht geneigt, gerade die mit dem Thema Fußball-WM beworbenen Produkte zu kaufen. (mKB_1)
Im Anschluss wurden diese Items in dem in Abschnitt E2.2.3 (S. 158ff.) bereits beschriebenen Pre-Test auf Verständnis sowie die wesentlichen Anforderungen an die Reliabilität und die Validität der Messung (vgl. Homburg/Giering 1996, S. 6) (d.h. interne Konsistenz und Faktorstruktur) geprüft. Die Werte der entsprechenden Gütekriterien (vgl. Backhaus et al. 2006; Churchill 1979; Homburg/Giering 1996; Kaiser/Rice 1974; Nunnally 1978) ließen eine vollständige Übernahme der Indikatoren als Messinstrument der mangelnden Kaufbereitschaft in den Haupttest zu. Hierbei wurden die Indikatoren jeweils mittels einer sechsstufigen Ratingskala (von 1 = trifft voll und ganz zu bis 6 = trifft überhaupt nicht zu) getestet.
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Empirische Überprüfung des Modells
2.5 Einstellung gegenüber Sponsoring Im Gegensatz zu der Herleitung der Indikatoren der bislang vorgestellten Konstrukte bedurfte es bei der Operationalisierung der Einstellung zum Kommunikationsinstrument (Sponsoring) als negative Reaktion auf empfundene KVW und Reaktanz keines mehrstufigen Prozesses. In der Literatur existieren bereits zahlreiche, ausführlich diskutierte Skalen zur Messung der Einstellung gegenüber verschiedenen Objekten (vgl. ausführlich z.B. Bruner/Hensel/James 2005, S. 25-120, 683-750), wobei die Einstellung gegenüber einer Marke bzw. einer Werbung den größten Anteil der Studien vereinnahmt (vgl. Bruner/Hensel/James 2005, S. 76f., 86f.; Spears/Singh 2004, S. 53)151. Da die Diskussion dieser Vielzahl der Möglichkeiten den Rahmen der vorliegenden Untersuchung überschreiten würde, soll an dieser Stelle auf weiterführende Literatur wie z.B. Bruner/Hensel/James (2005) verwiesen werden, die allein 122 Skalen zur Messung der Einstellung mit den entsprechenden Studienangaben aufzeigen. Hierbei zeigt sich z.B. auch, dass sich nur wenige Studien finden, die die Einstellung zum Sponsoring als Kommunikationsinstrument messen (vgl. Dees/Bennett/Tsuji 2007; Kinney/McDaniel 2004; Lee/Sandler/Shani 1997; Séguin/O’Reilly 2008; Stipp/Schiavone 1996). Die Studien zum Sponsoring boten hingegen nicht nur aufgrund ihrer unterzahligen Relation zur Messung der Einstellung gegenüber Werbung, sondern auch aufgrund der inhaltlichen Ausgestaltung der Messansätze entsprechend des empfohlenen Vorgehens der Entwicklung einer reliablen Messung (vgl. Anderson/Gerbing 1988; Churchill 1979; Hulland/Chow/Lam 1996) einen beschränkten Nutzen für die vorliegende Untersuchung. Hinsichtlich der Operationalisierung ist an diesen Studien zu kritisieren, dass sie sich nicht auf bereits vorhandene äquivalente Einstellungsskalen, z.B. gegenüber der Werbung, stützen, sondern vorwiegend entsprechend des Untersuchungsobjektes jeweils individuelle Itempools nutzen oder die Einstellung nur über eine allgemeine Frauge messen. Die Operationalisierung von Konstrukten sollte jedoch aus methodischen Gründen im Regelfall mit mehreren Items erfolgen (vgl. Churchill 1979; Netemeyer/Bearden/Sharma 2003). Für die Erhebung der Einstellung gegenüber dem Sport-Sponsoring wurde deshalb unter Zuhilfenahme eines Überblicks der Marketing-Literatur und der von Bruner/Hensel/James (2005, S. 83) zusammengestellten Itemsammlung152 zur Messung der „general attitude to advertising“ ein Pool von möglichen Messindikatoren entwickelt. Daraus wurden 5 der meistgenutzten Adjektive ausgewählt (vgl. Andrews/Durvasula/Netemeyer 1994; Bruner/ Hensel/James 2005, S. 75; Laczniak/Muehlig 1993; MacKenzie/Lutz 1989; Pollay/Mittal 1993)153, die zur Messung der generellen Einstellung gegenüber einem Kommunikationsinstrument und somit zur Adaption auf den vorliegenden Untersuchungsgegenstand des Sport-Sponsorings geeignet schienen (vgl. Tab.
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Von 1970 bis 2004 wurden allein in den drei Marketingzeitschriften Journal of Consumer Research, Journal of Marketing und Journal of Marketing Research 76 Studien publiziert, welche die Einstellung zur Marke bzw. die Einstellung zur Werbung fokussieren (vgl. Spears/Singh 2004, S. 53). Dieser Itempool besteht aus insgesamt 41 Indikatoren aus 141 Studien. positiv/favorable, good, believable, valuable, important
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16). Es erfolgte eine sinnentsprechende Übersetzung der Items ins Deutsche (vgl. Fußnote 153, S. 168). Tab. 16: Indikatoren der Einstellung gegenüber Sponsoring Indikatoren der Einstellung gegenüber Sponsoring Dass Sportgroßveranstaltungen (wie z.B. die Fußball-WM 2006) durch Sponsoringmaßnahmen unterstützt werden, finde ich… x notwendig. (einstell_01) x positiv. (einstell_02) x glaubhaft. (einstell_03) x gut. (einstell_04) x bedeutend. (einstell_05)
Grundsätzlich kann konstatiert werden, dass sich neben den entsprechenden Indikatoren, welche vielmals vom Untersuchungsgegenstand abhängig sind, die Messung der Einstellung durch die Meßverfahren unterscheidet. Diese lassen sich in ein- oder mehrdimensionale Skalierungsverfahren differenzieren. Beispiele eindimensionaler Skalierung sind die Likertund die Thurstone-Skala, während das semantische Differential als mehrstufige, bipolare Skala oder sog. Multiattributmodelle (z.B. Fishbein-Modell, Trommsdorff-Modell) mehrdimensionale Verfahren zur Messung der Einstellung darstellen (vgl. Meenaghan 2006, S. 255; Schwaiger 1997, S. 65ff.). Aus Gründen der Praktikabilität der späteren Überprüfung der Einstellung im Rahmen eines Strukturgleichungsmodells wurde in der vorliegenden Untersuchung das eindimensionale Verfahren mittels Likert-Skalierung gewählt (vgl. Trommsdorff 2008, S. 173f.). Die Befragten sollte ihre Zustimmung zu den entsprechenden Items (vgl. Tab. 16) jeweils auf einer sechsstufigen Ratingskala (von 1 = trifft voll und ganz zu bis 6 = trifft überhaupt nicht zu) angeben. 2.6 Wahrnehmung der Sponsoren und Ambusher Zur Messung der Wahrnehmung greift die Werbewirkungsforschung einerseits auf direkte andererseits auf indirekte Verfahren über die Messung der Aktivierung und der Aufmerksamkeit zurück. Verfahren der direkten Messung fokussieren sich auf die Messung der momentanen Reaktion eines Probanden. Abhängig vom Untersuchungsziel kommen dabei verschiedene Verfahren unter Einsatz apparativer Hilfsmittel zur Anwendung (z.B. Compagnon-Verfahren, Tachistoskop, Zöllner-Verfahren etc.154) (vgl. Schwaiger 1997, S. 48ff; Schweiger/Schrattenecker 2005, S. 320ff.). Diese Verfahren werden besonders im Rahmen von Pre-Tests eingesetzt, um die Wirkung von Werbemitteln (z.B. optische Reize) zu überprüfen und Hinweise für die gestalterische Nachbearbeitung zu erzielen. Zur Messung der Wahrnehmung der Sponsoren bzw. Ambusher im Rahmen des Sponsorings sportlicher Großereignisse eignen sich derartige 154
vgl. eine ausführliche Beschreibung der Verfahren in Schwaiger (1997, S. 48); Schweiger/Schrattenecker (2005, S. 320ff.).
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Empirische Überprüfung des Modells
Verfahren hingegen nicht, weshalb sie nicht näher in Betracht gezogen wurden. Auch die indirekte Messung der Wahrnehmung über die Aktivierung eignet sich für das vorliegende Untersuchungsziel nicht. Mit Hilfe psychobiologischer Verfahren (z.B. Pupillometrie, Stimmfrequenzanalyse, elektrischer Hautwiderstand155) werden körperliche Begleiterscheinungen emotionaler Erregungen gemessen (vgl. Schwaiger 1997, S. 46). Im Weiteren erscheint es nicht sinnvoll, Messinstrumente dieser Kategorien für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand zu nutzen, da sie sich ausschließlich apparativer Techniken bedienen. Vielmehr werden in der Wirkungsforschung des Sport-Sponsorings und des AmbushMarketings Verfahren der Messung der Aufmerksamkeitswirkung (d.h. Recall- und Recognition- Tests), i.S. der Messung der Markenawareness (Markenbekanntheit) bzw. der Erinnerung genutzt (vgl. z.B. Cornwell/ Maignan 1998; Dudzik 2006, S. 64ff.; Meenaghan 2006, S. 255; Walliser 2003), da aus Sicht der Sponsoren bzw. Ambusher vor allem die Markenbekanntheit als Zielgröße im Vordergrund steht. Der Recall-Test stellt fest, an welches Werbesubjekt (Sponsor), -objekt (Produkt), genutzte Werbemittel oder an welche Botschaftsinhalte sich der Proband erinnert. Beim ungestützten Recall-Test sollen aktive Gedächtnisinhalte des Probanden ohne Erinnerungshilfen (z.B. Abbildungen, Markenzeichen etc.) abgerufen werden (vgl. Schwaiger 1997, S. 43; Schweiger/Schrattenecker 2005, S. 336), während beim gestützten Recall-Test die Erinnerungsleistung des Probanden mit Unterstützung von Erinnerungshilfen gemessen wird. Beim Recognition-Test werden den Probanden mehrere mögliche Werbemittel der Sponsoren zur Wiedererkennung vorgegeben.156 Erfahrungsgemäß liefern der gestützte Recall-Test und der Recognition-Test höhere Werte, wobei der ungestützte Recall-Test aufgrund der mangelnden Erinnerungshilfen als genauere Messmethodik gilt, auch wenn hier mehr falsche Antworten erzeugt werden. Dies liegt nach der Theorie der Verarbeitungstiefe (vgl. Craik/Lockhart 1972; Lockhart/Craik 1978) darin begründet, dass die Informationsverarbeitung beim Konsumenten diverse Stufen durchläuft, die wiederum die Dauer der Erinnerung beeinflussen. Beim ungestützten Erinnerungs-Test werden Informationen abgefragt, die beim Konsumenten einen höheren kognitiven Aufwand erfordern als beim bloßen Wiedererkennen. In der vorliegenden Untersuchung fanden sowohl der ungestützte als auch gestützte Recall-Test Anwendung. Zunächst sollten die Befragten in einer offenen Frage angeben, welche Unternehmen aus ihrer spontanen Erinnerung heraus die Fußball-WM 2006 sponsern (ungestützte Erinnerung). Damit die aktive Erinnerungsleistung gemessen werden konnte, wurde an dieser Stelle gänzlich auf die Bereitstellung von Erinnerungsstützen, wie Markennamen, Branchen etc. 155 156
vgl. eine ausführliche Beschreibung der Verfahren in Schwaiger (1997, S. 46f.) Folgende Testverfahren dienen ebenso der Messung von Aufmerksamkeitswirkungen, werden hingegen meist bei klassischer Mediawerbung eingesetzt, weshalb sie nicht Gegenstand weiterer Betrachtungen sind: FolderTest, Spot-Test, Print Day-After-Recall-Test, Controlled-Exposure-Day-After-Recall-Test, Wartezimmer-Test, Primacy-Recency-Test, Compagnon-Test, Identifikationstest, Lückentest, psychobiologische Verfahren und Blickverlaufsregistrierung (vgl. detailliert dazu Schwaiger 1997).
Die Operationalisierung der zu messenden Konstrukte
171
verzichtet. Zudem wurden die Probanden gebeten, keine weiteren Hilfsmittel zur Beantwortung der Frage hinzuzuziehen. Aus methodischer Sicht sollten die ungestützten Erinnerungswirkungen hingegen nur als „grober Indikator“ (Bruhn 2003, S. 126) für eine erfolgreiche Kommunikationswirkung gesehen werden, um den eigenen Erfolg nicht überzubewerten. Vielmehr wird davon ausgegangen, dass sich der Konsument beim Einkauf einem bestimmten Set an Marken als Erinnerungshilfen gegenüber sieht. Aus diesem Grunde wurde in einem späteren Abschnitt des Fragebogens die gestützte Sponsorerinnerung erfragt. Aufbauend auf diesen Ergebnissen kann das Unterscheidungsvermögen der Probanden zwischen Sponsoren und Ambushern und deren Abhängigkeit von der Konsumentenverwirrtheit analysiert werden. Die Messgrößen des gestützten Recalls werden mittels zweier Identifikationsraten „korrekte Identifikation der Sponsoren“ und „korrekte Identifikation der Ambusher“ (i.S.v. korrekte Ablehnung der Marken als Sponsoren) im Modell operationalisiert. Zur Erhebung der Werte gestützter Erinnerung wurde den Befragten eine Liste mit 53 Marken mit der Aufforderung vorgelegt, sich an die Marken, die nach ihrer Meinung tatsächlich Sponsoren der Veranstaltung sind, zu erinnern und diese als vermeintlich erkannten Sponsoren anzukreuzen. Auch hier wurden die Probanden gebeten, keine Hilfsmittel zur Beantwortung der Frage (z.B. Internet) zu nutzen. Die Liste zur Fußball-WM 2006 enthielt neben 15 Sponsoren und 6 Nationalen Förderern der Veranstaltung die Markennamen von 21 Ambushern und 11 sog. Dummies. Es wurden nicht alle identifizierten Ambusher in die Befragung einbezogen, sondern hauptsächlich Konkurrenten der offiziellen Sponsoren sowie Unternehmen, die im Vorfeld besonders aggressiv oder auffällig mit dem Thema Fußball-WM warben oder durch langfristiges Engagement mit dem Sport (z.B. als Partner des DFB) ein großes Verwirrungspotenzial zeigten. Ferner fungierten Dummies als Kontrollvariablen der Messung, um zu selektieren, ob die Konsumenten tatsächlich vor allem Unterscheidungsmängel zwischen Unternehmen, die zur WM werben (Sponsoren und Ambusher), aufweisen oder nur allgemein zwischen allen vorgegebenen Marken raten. Als Dummies wurden Unternehmen gewählt, die sich weder als offizielle Partner engagierten noch sich deutlich werblich mit der Fußball-WM in Verbindung brachten. Wenn es sich anbot, wurden Marken gewählt, die durch die Verbindung zu anderen Sportereignissen (z.B. Carlsberg: Sponsor der Fußball-EM, canon: Sponsor der Fußball-WM 1998) auffielen oder zumindest eine ähnliche Markenprominenz wie die Sponsoren aufweisen. Die Marken der Ambusher und Dummies wurden vorher aus einer großzahligen Sammlung aus Beobachtungen seit Ende des Jahres 2005 selektiert. Im Weiteren dienten dafür die Gruppendiskussionen zur Entwicklung der Messung der KVW (vgl. E2.2.3, S. 158ff.). All jene Dummies und Ambusher, die am häufigsten ungestützt als vermeintliche Sponsoren genannt wurden, flossen in die Befragung ein. Dabei war darauf zu achten, dass je Sponsor oder Nationaler Förderer mindestens ein „Gegenspieler“ (Ambusher oder Dummy) aufgenommen wurde. Lediglich bei der Marke Deutsche Bahn konnte keine andere Marke als Pendant identifiziert
172
Empirische Überprüfung des Modells
werden. Auch in den Gruppendiskussionen wurden diesbezüglich keine Konkurrenzmarken fälschlicherweise als Sponsor genannt. Im Gegensatz dazu wurden die Marken Ferrero, BiFi, MediaMarkt als besonders stark auffallende Ambusher genannt und nach Prüfung in die Liste aufgenommen. Die folgende Tab. 17 zeigt alle abgefragten Marken im Überblick. Tab. 17: Liste der abgefragten Marken im gestützten Recall anlässlich der Fußball-WM 2006 Sponsoren der Fußball-WM 2006
Ambusher
adidas
Nike, Puma
Dummies -
Anheuser Busch (Bud)
Krombacher, Erdinger
Carlsberg Beer, Heineken Siemens
Avaya
-
Coca-Cola
Pepsi
-
Continental
-
goodyear
Fly Emirates
Lufthansa
-
FujiFilm
-
Kodak
Gillette
-
Wilkinson
Hyundai
VW, Mercedes
-
McDonald’s
BurgerKing
-
MasterCard
-
Visa JVC
Philips
SONY
T-Com
O2, Vodafone
-
Toshiba
Samsung
canon
Ambusher
Dummies
yahoo Nationale Förderer
google
Deutsche Bahn
-
-
EnBW
-
EON
Hamburg-Mannheimer
Allianz
-
Obi
Hellweg
-
oddset
betandwin
-
LBS (Sparkasse)
-
Postbank
Weitere Ambusher BiFi, Ferrero, MediaMarkt
2.7 Ereignis-Involvement Zur Messung des Involvements lassen sich ebenfalls verschiedene Methoden finden. Die wissenschaftlich meist diskutierten Messinstrumente sind das Personal Involvement Inventory (PII) (vgl. Zaichkowsky 1985) bzw. das Revised PII (RPII) und das Consumer Involvement Profile (CIP) (vgl. Laurent/Kapferer 1985) (vgl. z.B. Hupp 1998, S. 37). Obwohl beide Ansätze zeitgleich entwickelt wurden, weisen sie konzeptionell Unterschiede auf. Zaichkowsky (1985, S. 342) definiert Involvement, wie bereits in AbschnittD6.1 (S. 126f.) dargestellt, als eindimensionales, auf die persönliche Relevanz einer Person bezogenes Konstrukt und entwickelte darauf aufbauend das PII. Es zeichnet sich durch seine Einfachheit und seine Anwen-
Die Operationalisierung der zu messenden Konstrukte
173
dungsvielfalt aus und wird daher gern genutzt (vgl. Jain/Srinivasan 1990, S. 594; Jaritz 2008, S. 119; Spangenberg/Voss/Crowley 1997, S. 237f.). Das Involvement wird mittels 20 adjektivistischen Gegensatzpaaren157 abgefragt. Mittels dieses semantischen Differentials wird jedes einzelne Item mit Hilfe einer 7-stufigen Ratingskala gemessen. Nach anschließender Addition der einzelnen Item-Bewertungen ergibt sich ein Gesamtindex158, der den Grad des Involvements einer Person widerspiegelt. Laurent/Kapferer (1985) gehen hingegen von einem mehrdimensionalen Konstrukt aus. In Anlehnung an die Involvement-Definition von Rothschild (1984, S. 217) entwickelten die Forscher so genannte „Consumer Involvement Profiles“ (CIP), mit dem das konsumentenseitige Involvement über die Einflussgrößen des Konstruktes gemessen wird (vgl. Jaritz 2008, S. 119). Dem Konstrukt wird eine fünffaktorielle Struktur unterstellt, die über 16 Indikatoren operationalisiert wurde (vgl. Kapferer/Laurent 1993, S. 349). Da die vorliegende Arbeit dem konzeptionellen Ansatz Zaichkowskys folgt, wurde auch deren Messansatz zugrunde gelegt. Zur Messung des Involvements wurde statt des Personal Involvement Inventory (PII) (vgl. Zaichkowsky 1985) hingegen der überarbeitete Revised PII (RPII) genutzt (vgl. Zaichkowsky 1994), der im Laufe der Jahre die entgegengebrachte Kritik gegenüber dem ursprünglichen PII aufnahm159, vor allem bezüglich der Inhaltsvalidität, d.h. speziell der Itemauswahl (vgl. z.B. Mittal 1989, S. 698). Die Veränderung des RPII beinhaltete unter anderem eine Reduktion der 20 Items auf 10 Items, bei gleichzeitiger Wahrung der Reliabilität des Konstruktes. Zudem wurde das Revised PII gegenüber Werbung (vgl. Zaichkowsky 1994) untersucht, was dafür spricht, es auch in der Sponsoringforschung einzusetzen. Lascu et al. (1995) konnten bei dem Einsatz der Skala für die Erhebung des sportartspezifischen Golf-Involvements zeigen, dass die Sponsorenerkennung mit höherem Involvement besser ausfiel. Da Zaichkowsky (1985, S. 349) allgemein von Involvement gegenüber einem „UntersuchungsObjekt“ spricht, scheint eine Übertragung der Skala auf die Fußball-WM 2006 als handlungsspezifisches Ereignis-Involvement möglich. Aufgrund der Kritik von Laurent/Kapferer (1985, S. 43), der Gesamtindex bilde die Ausprägungen des Involvement-Konstruktes nicht vollständig ab, wird auf die Verwendung des semantischen Differentials als Messinstrument verzichtet. Stattdessen wurde das handlungsspezifische Ereignis-Involvement (WM-Involvement) mit 10 Items auf einer 6-stufigen Ratingskala (von 1 = trifft voll und ganz zu bis 6 = trifft überhaupt nicht zu) gemessen. Eine Übersetzung der Items ins Deutsche erfolgte sinnentsprechend160 (sieheTab. 18). 157 158 159
Solche adjektivistischen Gegensatzpaare sind z.B.: exciting – unexciting; needed – not needed; useful – useless; valuable – worthless; important – unimportant; relevant – irrelevant. Der Gesamtindex einer 7-stufigen Skala kann die Werte zwischen 20 und 140 erreichen. So wurde zunächst kritisch diskutiert, ob nicht einige der Items vielmehr die Einstellung zu dem Produkt als das mit einem Produkt verbundene Involvement messen. Einige Items galten als redundant. Ein weiterer Kritikpunkt entstand bezüglich der Eindimensionalität, die sich aus den Ergebnissen der ursprünglichen Faktorenanalyse, die teilweise auf eine duale Faktorstruktur hindeuteten, nicht ergab, jedoch bei der weiteren Betrachtung des Konstruktes nicht beachtet wurde (vgl. Zaichkowsky 1985, S. 348).
174
Empirische Überprüfung des Modells
Tab. 18: Indikatoren des Ereignis-Involvements Indikatoren des Ereignis-Involvements Die Fußball-WM 2006 ist für mich … x wichtig. (inv_1) x relevant. (inv_2) x bedeutungsvoll. (inv_3) x interessant. (inv_4) x begeisternd. (inv_5) x attraktiv. (inv_6) x faszinierend. (inv_7) x aufregend. (inv_8) x Die Fußball-WM 2006 bedeutet mir viel. (inv_9) x Auf die Fußball-WM 2006 könnte ich nicht verzichten. (inv_10)
Im Abschluss waren Fragen nach den soziodemographischen Variablen Geschlecht, Alter, und ausgeübter Tätigkeit im Fragebogen enthalten (vgl. Tab. 19). Tab. 19: Soziodemographika Wie alt sind Sie? __________Jahre Geschlecht:
weiblich
männlich
Welche der folgenden Tätigkeiten üben Sie aus?
Wissenschaftliches Personal (Inhaber einer Professur)
Auszubildende(r)
Wissenschaftliches Personal (Mittelbau)
Nichtwissenschaftliche(r) Angestellte(r)
handwerklich-technische(r) Angestellte(r)
Angestellter mit Hochschulabschluss (Uni, FH)
Angestellter mit Berufsausbildung oder BA-, VWA-Abschluss
Sonstiges
Student(in)
Bevor sich das anschließende Kapitel mit der Struktur der befragten Stichprobe beschäftigt, fasst die folgende Tab. 20 nochmals die Operationalisierung aller bisher diskutierten Konstrukte sowie die erhobenen demographischen Angaben zusammen161.
160 161
Folgende englischsprachige Items lagen der Untersuchung zugrunde: important, relevant, valuable, means a lot to me, needed, interesting, appealing, fascinating, exciting, involving. Die Reihenfolge der Fragen in der Tabelle entspricht der Struktur der vorliegenden Arbeit. Im Fragebogen wurde eine andere Reihenfolge gewählt. So wurde zum Einstieg z.B. die leichtere Involvement-Frage genutzt. Zudem wurden z.B. die Fragen zur Erinnerung an die Sponsoren (Wahrnehmung) getrennt voneinander platziert, ebenso wie die Fragen zur Reaktanz und zur mangelnden Kaufbereitschaft.
Die Operationalisierung der zu messenden Konstrukte
175
Tab. 20: Zusammenfassung der Operationalisierung der untersuchten Konstrukte Konstrukt
Frage/eingesetzte Items
Ich bitte Sie um Ihre Meinung zum Thema Werbung bzw. Sponsoring im Rahmen der FIFA Fußball-WM 2006. Inwieweit treffen Ihrer Meinung nach folgende Aussagen auf Sie zu? x Es gibt zu viele Werbemaßnahmen x Es gibt zu viele Produktverwahrgenommene zur Fußball-WM. packungen, auf denen etwas zum Stimulivielzahl Thema Fußball steht. x Man wird ständig mit der FußballWM konfrontiert. x Man wird viel zu viel mit der Fußball-WM konfrontiert. x Es gibt zu viele Unternehmen, die mit der Fußball-WM werben. x Es gibt zu viele Informationen zur Fußball-WM, die ich nicht alle aufnehmen kann. x Die Werbungen mit dem Thema x Unternehmen, die mit dem wahrgenommene Fußball sagen immer das Gleiche Thema Fußball werben, ahmen Stimuliähnlichkeit aus. ihre Werbeideen gegenseitig nach. x Die Werbemaßnahmen zum Thema Fußball überschneiden sich x Fast alle Werbungen, die mit inhaltlich oft. Fußball zu tun haben, sind sich ähnlich. x Auf fast jeder Produktverpackung steht das Gleiche zum Thema Fuß- x Jede Marke nutzt die Fußballball. WM für ihre Werbung auf ähnliche Weise. x Die Werbemaßnahmen zum Thema Fußball unterscheiden sich inhaltlich nicht wesentlich voneinander. x Bei vielen Werbemaßnahmen mit x Es wird nicht klar kommuniziert, wahrgenommene der Fußball-WM wird nicht klar, wer die Fußball-WM sponsert Stimuliunklarheit warum das Unternehmen gerade oder nur damit wirbt. mit Fußball wirbt. x Mir ist bei vielen Werbemaßnahx Aus der Werbung mit dem Thema men mit dem Thema Fußball Fußball erkennt man meist nicht nicht klar, was die Marke mit genau, ob das Unternehmen die Fußball zu tun hat. Fußball-WM sponsert. x Mir ist bei zu vielen Unternehmen unklar, weshalb sie mit der Fußball-WM werben. x Bei vielen Werbemaßnahmen x Man muss sich ständig an neue wahrgenommene nehme ich mich nicht als die Marken gewöhnen, die mit der Stimulineuartigkeit eigentliche Zielgruppe wahr. Fußball-WM werben. x Die Fußball-WM wird von vielen x Wenn ein Unternehmen, was bisUnternehmen beworben, die als lang nicht mit Sport warb, zur Sport-Sponsoren bisher nicht Fußball-WM wirbt, fällt das aufgetreten sind. besonders auf. Informationsraten
Fragentyp, Skalierung geschlossene Frage, Rating-Skala (1 = trifft voll und ganz zu bis 6 = trifft überhaupt nicht zu)
176
Empirische Überprüfung des Modells
Fortsetzung Tab. 20: Zusammenfassung der Operationalisierung der untersuchten Konstrukte Konstrukt
KVW
Frage/eingesetzte Items
Inwieweit treffen Ihrer Meinung nach folgende Aussagen auf Sie zu? x Nach Werbung mit dem Thema Fußball kann ich nicht sagen, welche der werbenden Marken Sponsor ist oder nicht. x Marken, die mit dem Thema Fußball werben, kann ich nicht unterscheiden. x Es verwirrt mich, dass so viele Marken mit dem Thema Fußball bzw. Fußball-WM werben. x Es ist für mich schwierig zu erkennen, welche Unternehmen Sponsor der Fußball-WM 2006 sind und welche nicht.
situative Reaktanz
Fragentyp, Skalierung (SPSSCodierung)
geschlossene Frage, Rating-Skala (1 = trifft voll und ganz zu bis x Ich verwechsle bei Werbung mit 6 = trifft dem Thema Fußball oder Fußballüberhaupt WM häufig die werbende Marke. nicht zu) x Ich erkenne gar keine Unterschiede zwischen den Werbungen mit dem Thema Fußball-WM. x Ich bringe durcheinander, welche Unternehmen Sponsor der Fußball-WM 2006 sind und welche nicht.
x All die Informationen, die man über die Unternehmen, die mit der Fußball-WM werben, bekommt, bringen mich durcheinander.
Ich bitte Sie um eine weitere Meinung zu den Werbemaßnahmen im Rahmen der Fußball-WM 2006. Inwieweit treffen Ihrer Meinung nach folgende Aussagen auf Sie zu? x Es frustriert mich, wenn ich x Die Fülle der Werbung zum Thema das Gefühl habe, dass mich die Fußball-WM veranlasst mich dazu, Werbung zum Thema Fußballdiese nicht mehr zu beachten. WM beeinflusst, keine eigenen x Es gibt mittlerweile soviel Werbung Konsumentscheidungen zu zum Thema Fußball-WM, dass ich treffen. diese ignoriere. x Es ärgert mich, dass man mich x Ich versuche bewusst den Versuchen mittels Werbung zum Thema der ganzen Werbung zum Thema Fußball-WM in meiner Fußball-WM, mich zu beeinflussen, persönlichen Entscheidungszu widerstehen. freiheit beeinflussen will. x Da ich merke, dass man mich mittels x Ich lasse mich von der der ganzen Werbung zum Thema Werbung zum Thema FußballFußball-WM beeinflussen will, WM in meiner persönlichen reagiere ich gerade resistent. Entscheidungsfreiheit nicht einschränken. (Ich habe das Gefühl, dass mich die FußballWerbung in meiner persönlichen Entscheidungsfreiheit einschränken will.) x Die Vielzahl der Werbung zum Thema Fußball-WM veranlasst mich gerade dazu, die beworbenen Produkte nicht zu beachten.
geschlossene Frage, Rating-Skala (1 = trifft voll und ganz zu bis 6 = trifft überhaupt nicht zu)
177
Die Operationalisierung der zu messenden Konstrukte Fortsetzung Tab. 20: Zusammenfassung der Operationalisierung der untersuchten Konstrukte
Konstrukt Einstellung gegenüber Sponsoring
Frage/eingesetzte Items An dieser Stelle würde ich gern wissen, wie Sie dem Thema SportSponsoring gegenüber eingestellt sind. Inwieweit treffen Ihrer Meinung nach folgende Aussagen auf Sie zu? Dass Sportgroßveranstaltungen x glaubhaft. (wie z.B. die Fußball-WM 2006) x gut. durch Sponsoringmaßnahmen x bedeutend. unterstützt werden, finde ich… x notwendig. x positiv.
mangelnde Kaufbereitschaft
Fragentyp, Skalierung (SPSSCodierung) geschlossene Frage, Rating-Skala (1 = trifft voll und ganz zu bis 6 = trifft überhaupt nicht zu)
Im Weiteren interessiert mich Ihre Meinung zu nachfolgenden Statements. Inwieweit treffen Ihrer Meinung nach folgende Aussagen auf Sie zu? x Ich boykottiere bewusst die Produkte der Unternehmen, die mich mit der Werbung zum Thema Fußball-WM nerven.
x Ich bin nicht geneigt, gerade die Produkte, die in der Werbung zum Thema Fußball-WM beworben werden, zu kaufen.
x Da ich das Gefühl habe, dass ich x Die ganze Werbung zum Thema durch die Vielzahl der Werbung Fußball-WM veranlasst mich dazu, zum Thema Fußball-WM die Produkte gerade nicht zu kaufen. beeinflusst werden soll, etwas zu kaufen, lasse ich es gerade bleiben. EreignisInvolvement
Im Folgenden habe ich einige Fragen zu Ihrem Interesse an der FIFA Fußball-WM 2006. Inwieweit treffen folgende Aussagen auf Sie zu? Die Fußball-WM 2006 ist für mich x … x x wichtig. x x relevant. x x bedeutungsvoll. x interessant. x begeisternd.
Wahrnehmung der Sponsoren
attraktiv. faszinierend. aufregend. Die Fußball-WM 2006 bedeutet mir viel.
x Auf die Fußball-WM 2006 könnte ich nicht verzichten.
Welche Unternehmen/Marken fallen Ihnen spontan ein, die Ihrer Meinung nach die Veranstaltung „FIFA Fußball-Weltmeisterschaft 2006“ durch Sponsorleistungen unterstützen? Welche der folgenden Unternehmen/Marken sind nach Ihrer Meinung Sponsor der Veranstaltung „FIFA Fußball-Weltmeisterschaft 2006“? (Mehrfachnennungen möglich) (Antwortalternativen vgl. Tab. 17, S. 172)
offene Frage
geschlossene Frage (1=ja, 2=nein)
178
3 3.1
Empirische Überprüfung des Modells
Das Erhebungsdesign Beschreibung des Erhebungsdesigns
Die Durchführung der Erhebung erfolgte in Form einer schriftlichen Befragung als OnlineErhebung unter Verwendung eines standardisierten Fragebogens. Der Vorteil der OnlineBefragung liegt zum einen in der Kostengünstigkeit. Zum anderen werden geringere Effekte der sozialen Erwünschtheit durch die Abwesenheit eines Interviewers angenommen (vgl. de Leeuw/Hox/Kef 2003, S. 223f.; Duffy/Smith/Terhanian/Bremer 2005; Mühlenfeld 2004; Taddicken 2008, S. 137; Tourangeau/Smith 1998, S. 449; Weisband/Kiesler 1996). Da es sich in der vorliegenden Untersuchung um die Erforschung negativer Effekte als Kommunikationswirkung handelt, bot sich eine Befragung an, die den Effekt sozialer Erwünschtheit minimiert. Der Aufbau des verwendeten Fragebogens basierte auf Empfehlungen der Literatur hinsichtlich Struktur und Reihenfolge der Fragen (vgl. Kromrey 2002; Schnell/Hill/Esser 2005). Zunächst sollte das Interesse der Probanden durch einfache Einleitungsfragen, wie die offene Frage nach den den Konsumenten bekannten Sponsoren der Fußball-WM, geweckt werden. Es folgten Fragen zu den Determinanten der Informationsraten, der KVW, der situativen Reaktanz, der Einstellung zum Sponsoring und zur Kaufbereitschaft in jeweils zusammenhängenden Themenblöcken. Um die Probanden durch die Befragung zu führen, wurden diese Blöcke durch kurze Überleitungssätze verbunden. Hierbei wurden die Spezifika von Online-Befragungen (z.B. schlechtere Lesbarkeit von Texten gegenüber der Papierform, Format einer Bildschirmseite) berücksichtigt. Wie bereits beschrieben, wurden mit Ausnahme der ungestützten Markenbekanntheit, die offen abgefragt wurde, für die weiteren Konstrukte geschlossene Fragen mit Skalenwerten als Antwortmöglichkeit genutzt, um eine quantitative Auswertung zu ermöglichen. Außer bei der Frage zur Markenbekanntheit als gestützter Recall-Test und der Frage zu den Soziodemographika wurde eine Likert-Skala mit sechs Stufen gewählt. Einerseits sollte ein Kompromiss zwischen einer ausreichenden Differenzierungskraft der Skala und der Einfachheit der Beantwortung gefunden werden (vgl. Green/Rao 1970, S. 33ff.). Andererseits wird durch die geradzahlige Anzahl der Skalenstufen der Tendenz entgegengewirkt, dass Probanden ihr Urteil im mittleren Bereich der Skala anordnen. 3.2 Beschreibung der Stichprobe Die Online-Befragung wurde in der Zeit vom 12. Juni bis 12. Juli 2006 während des in Deutschland stattfindenden Fußball-Turniers durchgeführt. Es wurde auf eine aktive Auswahl der Probanden zurückgegriffen, indem entsprechend aussagekräftig formulierte E-Mails an 11.848 E-Mail-Adressen (davon 200 doppelt) von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie Studierenden der TU Chemnitz versandt wurden. Da im Rahmen der empirischen Erhebung grundlegende inhaltliche und methodische Erkenntnisse gewonnen werden sollten, wurde mit einer derartigen Bequemlichkeitsstichprobe (adhoc-Stichprobe) (vgl. Bortz/Döring 2006, S.
179
Das Erhebungsdesign
401) gearbeitet162. Insgesamt war mit 2.155 Rückantworten eine Rücklaufquote von 18% zu verzeichnen. Nach Bereinigung der Daten mittels SPSS 12.0, vor allem von unvollständig ausgefüllten Fragebögen, konnte in den weiteren Analysen eine auswertbare Stichprobe von n=1.882 (entspricht einer Stichprobenausschöpfung von 16%) genutzt werden. Wie die folgende Abb. 32 zeigt, setzt sich die Stichprobe – der Befragung an der Universität geschuldet – aus einem Großteil an Studierenden zusammen (77,6%), wodurch sich der hohe Anteil der 21-30jährigen (72,2%; Durchschnittsalter: 25,8 Jahre) erklären lässt. Zur höheren Aussagekraft der Daten trägt die trotz des Untersuchungsobjektes Fußball relativ gleichmäßige Geschlechterverteilung (53,2% Männer; 46,8% Frauen) bei. Abb. 32: Soziodemographische Zusammensetzung der Stichprobe Geschlecht
Alter
(n=1882)
(n=1854)
21 bis 30 Jahre 72,2% 31 bis 40 Jahre 6,9%
weiblich 47%
männlich 53%
> 41 Jahre 6,8% 16 bis 20 Jahre 14,2%
ausgeübte Tätigkeit (n=1869)
Student 77,6%
wissenschaftli. Personal 13,1% Sonstige 9,3%
Nach der Operationalisierung der relevanten Konstrukte sowie der Darstellung der Stichprobe widmen sich die folgenden Ausführungen der Datenauswertung. Bevor die Ergebnisse der Prüfung der Hypothesen mittels Strukturgleichungsmodellierung aufgezeigt werden, erfolgt zunächst eine kurze Darstellung einzelner deskriptiver Ergebnisse. Die folgenden Ausführungen fokussieren dabei im Besonderen die Ergebnisse der Analyse der Erinnerung an Sponsoren und Ambusher mittels gestütztem und ungestütztem Recall-Test, da diese derart nicht alle explizit in das Strukturgleichungsmodell einfließen. Daran anschließend erfolgt die Darlegung der deskriptiven Statistik der weiteren Konstrukte in verkürzter Form.
162
Die vorliegende Stichprobe ist damit nicht repräsentativ im engeren Sinne, da es sich um keine Zufallsstichprobe handelt.
180
Empirische Überprüfung des Modells
4
Deskriptive Auswertung der Untersuchung
4.1
Deskriptive Analyse der Erinnerung an Sponsoren und Ambusher
4.1.1 Beschreibung der Erinnerungswerte der Sponsoren und Ambusher Wie bereits in Abschnitt E2.6 (S. 169) dargestellt, erfolgte die Messung der Erinnerungsleistung der Konsumenten mittels gestütztem und ungestütztem Recall-Test. Zur Messung der ungestützten Erinnerungsleistung wurde jeder Befragte in einer offenen Frage gebeten, sich spontan an die Sponsoren der Fußball-WM 2006 zu erinnern. Für die Messung der gestützten Markenerinnerung wurde dem Probanden eine Liste mit 53 verschiedenen Markennamen (Sponsoren, Ambusher, Dummies; vgl. Tab. 17, S. 172) vorgegeben. Als richtig wurden nur die Nennungen der Offiziellen Sponsoren der Fußball-WM sowie der Nationalen Förderer gewertet. Die folgende Abb. 33 zeigt die Ergebnisse der Top 10 Marken des gestützten und ungestützten Recall-Tests im Vergleich. Es folgen die Top 11 bis 20 Marken des gestützten und ungestützten Recall-Tests im Vergleich in der Abb. 34. Abb. 33: Ergebnisse der Top 10-Marken des gestützten und ungestützten Recall-Tests im Vergleich
80% 73,9
gestützt erinnert 69,8
70%
ungestützt erinnert
66,8
Anteil an der Gesamtstichprobe
62,3 60% 52,2 47,7
50%
45,7 42,3
40%
40,4
38,5
35,9 29,6
28,1
30%
28,6 25,4
20% 11,5
8,6
10%
7,6
5,8
2,1
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Anmerkung: Sponsoren sind dunkelgrau, Nationale Förderer schwarz und Ambusher hellgrau gekennzeichnet
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0%
181
Deskriptive Auswertung der Untersuchung Abb. 34: Ergebnisse der Top 11-20-Marken des gestützten und ungestützten Recall-Tests im Vergleich 80% gestützt erinnert ungestützt erinnert
Anteil an der Gesam tstichprob
70%
60%
50%
40%
30%
24,1
23,0
21,3
21,0
20,6
20,1
20% 7,7
10%
4,2
4,0
19,2
10,5
9,7
18,4 9,9
18,2
17,5
9,8 4,0
2,7
0,9 o
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0%
Anmerkung: Sponsoren sind dunkelgrau, Nationale Förderer schwarz und Ambusher hellgrau gekennzeichnet
Betrachtet man zunächst die Ergebnisse des gestützten Recalls, zeigt sich, dass bis auf eine Falschnennung (betandwin) alle genannten Top 10-Marken entweder als Offizielle Sponsoren oder Nationale Förderer der Fußball-WM 2006 auftraten. So wurden die Marken McDonald’s (73,9%), adidas (69,8%); Coca-Cola (66,8%) sowie T-Com (62,3%) am häufigsten gestützt erinnert. Auch bei der ungestützten Erinnerung erreichen diese Marken die höchsten Werte. Im Weiteren nannten gestützt befragt reichlich 40% aller Befragten MasterCard (42,3%) und Hyundai (40,4%). In umgekehrter Weise konnte Hyundai (28,1%) im ungestützten Recall wesentlich höhere Werte erzielen als MasterCard (11,5%). Für Hyundai schien sich das langfristige Engagement zu Fußball-Europa- und -Weltmeisterschaften auszuzahlen, da sie zur Fußball-EM 2004 (wenn auch bei einer anderen Stichprobe) als Sponsor noch deutlich unbekannter waren (vgl. Drengner/Sachse 2005). Als einziger Ambusher wurde unter den Top 10-Marken betandwin gestützt erinnert. Die Falschnennung der Marke als Sponsor lässt sich u.U. darauf zurückführen, dass diese Marke vor dem Spielanpfiff und in der Halbzeitpause als Sponsor der Fernsehübertragung auftrat. Da die ungestützte Recall-Messung gegenüber dem gestützten Recall-Test aufgrund der mangelnden Erinnerungshilfen als die genauere Messmethodik gilt (vgl. E2.6, S. 169), werden diese Werte nochmals einzeln näher betrachtet. Das Einzel-Ergebnis des ungestützten Recalls zeigt Abb. 35. Wie die empirischen Befunde zeigen, finden sich unter den Top 10-Nennungen 7 Sponsoren, 3 Ambusher und keine Nationalen Förderer. Drei von ihnen (Deutsche Bahn, Obi, Postbank) folgen erst auf den Plätzen 12-14 mit relativ geringen Werten. Wie bereits dargelegt, verteilen sich die meisten Nennungen auf die Sponsoren McDonald’s (52,2%), adidas (47,7%), CocaCola (45,7%) und T-Com (35,9%). Diese Unternehmen werden insgesamt somit sowohl gestützt als auch ungestützt am besten erinnert. Dafür wurden die Ambusher Bitburger, Nike,
182
Empirische Überprüfung des Modells
Puma und Ferrero fälschlicherweise als Sponsoren genannt, wobei Bitburger (11,6%) einen ähnlichen Wert wie die Sponsoren MasterCard (11,5%) und Anheuser Busch (Bud) (10,5%) erzielte. Abb. 35: Ergebnisse der Top 14-Marken des ungestützten Recall-Tests 60% 52,2
Top 10
Anteil an der Gesamtstichprobe
50%
47,7
45,7
40%
35,9
28,1
30%
20% 11,6
11,5
10,5
9,9
9,8
10%
9,7
8,6
7,7
7,6
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(n=1882)
Anmerkung: Sponsoren sind dunkelgrau, Nationale Förderer schwarz, Ambusher hellgrau gekennzeichnet
Das lässt sich damit begründen, dass Bitburger zum einen von Anheuser Busch die BierAusschankrechte in den Stadien erwarb und zum anderen als langjähriger Premiumpartner des DFB offensiv mit der deutschen Nationalmannschaft warb. Insgesamt zeigt die Verteilung der einzelnen Nennungen – sowohl gestützt als auch ungestützt –, dass jene Sponsoren die höchsten Werte erzielten, die seit Jahren mit aufwendigen Werbekampagnen anlässlich großer Sportereignisse werben und diese unterstützen (z.B. McDonald’s, adidas, Coca-Cola, T-Com, MasterCard) bzw. als FIFA-Partner die zentralen Bandenplätze während der Spiele belegten und damit bei den Übertragungen in den meisten Kameraeinstellungen gut sichtbar waren. Eine weitere mögliche Erklärung der guten Ergebnisse ist sicherlich die hohe Markenprominenz (vgl. Pham/Johar 2001) sowie die von den Konsumenten erlernte „Event-Sponsor-Kongruenz“ (vgl. Cornwell/Pruitt/Van Ness 2001; Cornwell et al. 2006; Johar/Pham 1999), die aus den viele Jahre währenden Engagements im Sport resultiert. Empirische Studien belegen, dass sowohl der wahrgenommene Bezug zum Sponsoring-Objekt (Kongruenz) (vgl. Cornwell/Pruitt/Van Ness 2001; Cornwell et al. 2006; Johar/Pham 1999) als auch die Markenprominenz (vgl. Pham/Johar 2001) eine bedeutende Einflussgröße auf die Erinnerungswerte darstellt, vor allem wenn die Erinnerungskraft eines Konsumenten weniger stark ausgeprägt ist oder die Komplexität der Sponsorships (z.B. Anzahl der Sponsoren, differenzierte Kategorieneinteilung und Ähnlichkeit ihrer Kommunikation) sehr hoch ist (vgl. Johar/Pham 1999; Johar/Pham/Wakefield 2006; Pham/Johar 2001; Roy/Cornwell 2003).
Deskriptive Auswertung der Untersuchung
183
Die Gesamtbilanz für die Nationalen Förderer fällt eher schlecht aus. Das insgesamt schlechtere Abschneiden der Nationalen Förderer gegenüber den Sponsoren könnte sich einerseits durch die Neuartigkeit der Sponsoringengagements für die Konsumenten, andererseits aus fernsehtechnischer Sicht durch wesentlich ungünstigere Bandenplätze bei den Übertragungen begründen. Dass diese Marken überhaupt erkannt wurden, lässt sich u.U. auf den aufmerksamkeitsstarken Werbeauftritt im Vorfeld der WM zurückführen. So nutzte bspw. die Postbank Monate vor der WM die Gelegenheit, den Sport im ARD/ZDF-Frühstücksfernsehen (6 bis 9 Uhr) zu präsentieren. Relativ niedrige Erinnerungswerte sind vor allem für die Nationalen Förderer EnBW (gestützt 5,4%; ungestützt 2,9%) und oddset (9,5%; 0,37%) zu konstatieren. Hamburg-Mannheimer erreichte immerhin noch eine Erinnerungsleistung von gestützt 12% und ungestützt 3,3%. Im Gegensatz zu oddset gelang es dem Ambusher betandwin als Programmsponsor zumindest gestützt mit 29,6% fälschlicherweise als Sponsor mit dem Event assoziiert zu werden. Bei den Unternehmen EnBW, die z.B. mit Yello Strom warben, und der Hamburg-Mannheimer sollte die Ursache der mangelnden Erinnerung im Kommunikationsauftritt gegenüber den Konsumenten gesucht werden, insofern eine Bekanntheitssteigerung in dieser Zielgruppe das Ziel des Engagements war. Vergleichsweise schlechte Ergebnisse erzielten zudem die Offiziellen Sponsoren Anheuser Busch (Bud), FujiFilm und yahoo, die alle mit Werten gestützter Erinnerung um die 20% die gleichen Nennungen wie einige Ambusher erreichten (vgl. Abb. 34). Ungestützt wurden FujiFilm lediglich von 2,7% der Probanden und yahoo von 4,0% der Probanden als Sponsor genannt. Insgesamt ist diese Bilanz für FujiFilm als langjähriger Sponsor der Fußball-Großereignisse (vgl. Tab. 8, S. 146) besonders negativ. Im Gegensatz zu Anheuser Busch schien Bitburger von seiner „Stadionprominenz“ und dem Auftritt als Partner des DFB im Vorfeld der WM zu profitieren. Insgesamt glaubten ungestützt 11,6%, dass Bitburger Sponsor der Veranstaltung war, während ungestützt 10,5% der Probanden Anheuser Busch (Bud) als Sponsor erinnerten163. Da Anheuser Busch jedoch ebenso wie FujiFilm seit Jahren weltweit mit seinem Fußballengagement wirbt, sind die Erinnerungswerte ebenfalls als „unterdurchschnittlich“ zu beurteilen. Betrachtet man über alle Grafiken die Ergebnisse weiterer Ambusher näher, so zeigt sich zunächst, dass sich ähnlich wie bei den Sponsoren vor allem jene Marken durchsetzten, die x
eine starke Markenprominenz aufweisen,
x
seit Jahren ein Sport-Sponsoring-Engagement verfolgen (Krombacher: Presenter der Sendungen DSF Doppelpass und der ARD Sportschau; O2: Werbung mit Franz Beckenbauer; Ferrero: DFB-Partner; Nike/Puma: Teamausrüster) und
163
Ungünstigerweise wurde Bitburger nicht im gestützen Recall-Test erfragt. Hier erzielte jedoch insb. die Biermarke Krombacher mit 23% höhere Werte, Heineken wurde von 16% der Probanden fälschlicherweise als Sponsor identifiziert (vgl. Abb. 36).
184 x
Empirische Überprüfung des Modells
auch vor und während der Fußball-WM aktiv mit dem Ereignis warben (vgl. Abschnitt E1.2, S. 139ff.).
Die folgenden Abb. 36 und Abb. 37 belegen hingegen, dass sie im Vergleich zu ihren unmittelbaren Konkurrenten als Offizielle Sponsoren nur verhältnismäßig wenig erinnert wurden. Insgesamt fiel die Bilanz der Sponsoren entsprechend besser aus. Abb. 36: gestützter Recall - Vergleich der Konkurrenten (n=1882) 73,9 69,8
70%
66,8 62,3
60% 50% 42,3
40,4
40% 30% 19,2 18,4
20%
20,6
23,0 16,0
Bud Krom bach er Hein eken
Hyun dai VW
ard Visa
s
Nike Pum a
adida
T-Co m Voda fone O2
1,3
0%
McD onald 's Burg erKin g
21,3
9,1
6,0
4,9
Maste rc
10%
18,2
Coca -Cola Peps i
Anteil an der Gesamtstichprobe
80%
Anmerkung: Sponsoren sind dunkelgrau, Ambusher hellgrau und Dummies schwarz gekennzeichnet
Abb. 37: ungestützter Recall - Vergleich der Konkurrenten
70% 60% 52,2 47,7
50%
45,7
40%
35,9 28,1
30% 20%
10,5
11,6
4,0
1,3
Bud bac h er Bit b urge r K rom
Vis a
0,2 M as terC ard
nda i VW
O2
4,2
H yu
0,9 T-C o m V od afon e
Pep
a-C o la
s N ik e P um a
ad id a
ona ld 's Burg erK in g
si
0,6
0,4
M cD
0%
11,5
9,9 9,8
10%
C oc
Anteil an der Gesamtstichprob
80%
Anmerkung: Sponsoren sind dunkelgrau, Nationale Förderer schwarz und Ambusher hellgrau gekennzeichnet
Dementsprechend scheinen beim abschließenden Vergleich der ungestützten Nennungen der als Sponsoren identifizierten Marken die Konsumenten zunächst die Sponsoren besser erinnert zu haben. Insgesamt erzielten die 1.882 Probanden 7.486 Nennungen. Davon entfielen 67,4% der Nennungen auf Sponsoren bzw. Nationale Förderer. 32,6% der Antworten bezogen sich auf Nicht-Sponsoren, die fälschlicherweise als Sponsoren identifiziert wurden (vgl. Abb. 38). Dies lässt auf den ersten Blick auf eine geringe Verwechslungsrate bei den Konsumenten schließen. Bei genauerer Betrachtung der Daten zeigt sich jedoch, dass sich allein
185
Deskriptive Auswertung der Untersuchung
36,6% der Gesamtnennungen (und damit anteilig 54,3% der Sponsorennennungen) allein auf die markenprominenten Unternehmen McDonald’s (13,1%), adidas (12,0%) und Coca-Cola (11,5%) verteilten. Wie bereits angesprochen, kann dies auf die hohe Markenprominenz der Unternehmen zurückgeführt werden. Weiterhin kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Verbindung dieser drei Marken zu großen Sportereignissen aufgrund jahrelangen Engagements als sehr wahrscheinlich angenommen wurde und daraus folgend hohe Trefferquoten erzielten. Abb. 38: ungestützter Recall - Zusammensetzung der Nennungen
100% 90%
Anteil an der Gesamtstichprobe (n=7.486 Aussagen)
80%
Nicht-Sponsoren n=2441 (32,6% )
Nicht-Sponsoren n=2441 (32,6% )
70% 60%
andere Sponsoren n= 2.305 (30,8% )
50% 40% 30%
Sponsoren n=5.045 (67,4% )
20% 10%
Sponsoren: McDonald's, adidas, Coca-Cola n=2.740 (36,6% )
0% Aufteilung Gesamtnennung
Aufteilung Sponsoren-Nennung
Die Analyse der verbleibenden Gesamtnennungen zeigt hingegen, dass die Konsumenten bei allen anderen Marken nicht eindeutig unterscheiden konnten, wer tatsächlich als Sponsor der Fußball-WM 2006 auftrat. Eine kleine Mehrzahl der fälschlichen Nennungen von Unternehmen als vermeintliche Sponsoren entfiel auf Nicht-Sponsoren (32,6% der Gesamtnennungen). 30,8% der Gesamtnennungen galten tatsächlichen Sponsoren. Letztlich ist eine annähernde Gleichverteilung zu konstatieren, die damit ein mangelndes Unterscheidungsvermögen zwischen Sponsoren und Ambushern bestätigt. 4.1.2 Ergebnisse der Identifikationsraten Um eine Aussage über das Unterscheidungsvermögen aller Probanden zwischen Sponsoren und Ambushern zu erhalten, geben die deskriptiven Ergebnisse der Auswertung der Identifikationsraten Auskunft. Wie bereits in Abschnitt E2.6 (S. 169ff.) dargestellt, wurde das mangelnde Unterscheidungsvermögen der Probanden in Anlehnung an Johar/Pham/ Wakefield (2006, S.188) als Variablen „korrekte Identifikation der Sponsoren“ und „korrekte Identifikation der Ambusher“ operationalisiert. Mittels dieser Summen-Variablen, welche auf
186
Empirische Überprüfung des Modells
Basis der gestützten Erinnerungswerte gebildet wurden, kann die Verwechslung bezüglich der Sponsoren und Ambusher verdeutlicht werden. Es zeigt sich, inwieweit die Probanden in der Lage waren, die Sponsoren als solche richtig zu erinnern und die Ambusher als NichtSponsoren zu identifizieren. Die Dummies wurden nicht in die Berechnung der Variablen einbezogen. Sie dienten bei der Befragung lediglich als Kontrollvariable, um zu zeigen, dass im Besonderen Unternehmen, die mit dem Thema Fußball-WM werben (Sponsoren und Ambusher), gegenüber Unternehmen, die keinen Bezug zur WM aufweisen, erinnert und verwechselt werden. Um zunächst dieses Vorgehen zu prüfen, wurde das Antwortverhalten der Konsumenten bezüglich der Unterscheidung zwischen Ambushern und Dummies aufgrund der Ergebnisse der gestützten Befragung analysiert. Im Besonderen wurden die Verteilung des Antwortverhaltens, die Standardabweichungen (Std.-Abw.) und die Mittelwerte des Antwortverhaltens (MW) bezüglich der Sponsoren, Ambusher und Dummies begutachtet. Die Ergebnisse zeigt die nachfolgende Abb. 39. Eine Übersicht der Anzahl der Nennungen der Sponsoren, Ambusher und Dummies findet sich im Anhang (vgl. Tab. A- 8, S. 276). Zum besseren Verständnis soll an dieser Stelle noch einmal erwähnt werden, dass den Probanden insgesamt eine Liste bestehend aus 21 Ambushern, 21 Sponsoren und 11 Dummies vorgelegt wurde (vgl. Tab. 17, S. 172). Betrachtet man zunächst die Ergebnisse für die Ambusher, so zeigt sich, dass 27% der Probanden (n=503, vgl. auch Tab. A- 8 im Anhang) bis zu 20 der 21 Ambusher als solche richtig erkannten und somit als Nicht-Sponsoren identifizierten. Der Mittelwert der Nennungen liegt bei 17,68. Bezüglich der Identifikation der Dummies erkannten 1.141 Probanden (61% der Gesamtstichprobe, vgl. Tab. A- 8 im Anhang) alle 11 Dummies als Nicht-Sponsoren. Der Mittelwert lag bei 10,38 Nennungen. Insgesamt verdeutlicht das Ergebnis somit, dass sowohl die Dummies als auch die Ambusher nicht in großem Maße als Sponsoren verwechselt wurden. Der Vergleich der Standardabweichungen belegt jedoch, dass die Dummies wiederum (Std.-Abw.=0,991) (rechts oben in Abb. 39) gegenüber den Ambushern (Std.-Abw.=2,548) (links oben im Bild) besser als „Nicht-Sponsoren“ erkannt wurden. Die Probanden waren somit in der Lage, die Unternehmen, die keine Assoziation ihrer Marke mit dem Event anstrebten noch besser als die Ambusher von den Sponsoren zu differenzieren. Da die Standardabweichung zudem zeigt, dass kein systematischer AntwortFehler vorliegt, bestätigt sich das überlegte Vorgehen, die Dummies bei der weiteren Analyse auszuklammern.
Deskriptive Auswertung der Untersuchung
187
Abb. 39: Antwortverhalten bezüglich der korrekten Identifikation der Sponsoren, Ambusher und Dummies
Im weiteren Schritt ist das Antwortverhalten der Konsumenten bezüglich der Sponsoren zu untersuchen. Das Histogramm in Abb. 39 zeigt eine eindeutige Linksverschiebung des Antwortverhaltens im Gegensatz zu den Ergebnissen der Ambusher und Dummies. Die meisten Konsumenten (n=914) identifizierten lediglich 3 bis 6 der insgesamt 21 Sponsoren als solche (jeweils zwischen 11,1% und 13,5% der Konsumenten). Insgesamt wurden nur von einer Person alle Sponsoren richtig identifiziert (vgl. Tab. A- 8 im Anhang). Darüber hinaus zeigte bereits die Analyse im vorherigen Abschnitt, dass ein Großteil der am häufigsten genannten Marken auf die prominenten Unternehmen McDonald’s, adidas und Coca-Cola entfällt. Insgesamt belegen die hohe Standardabweichung (Std.-Abw.=3,648) und der geringe Mittelwert (MW=6,38), dass die Probanden somit deutlich mehr Probleme hatten, die Sponsoren als solche zu erinnern. Insgesamt belegt der Vergleich der Ergebnisse der Sponsoren und Ambusher, dass sich das mangelnde Unterscheidungsvermögen vornehmlich auf die Sponsoren und weniger auf die Ambusher bezieht. Die Probanden lehnten die Ambusher weitestgehend korrekt als Sponsoren ab, wobei nur ca. 13% der Befragten mehr als 10 Sponsoren eindeutig erinnerten. Das lässt an dieser Stelle die Schlussfolgerung zu, dass die Ambusher zwar u.U. zur Fehlidentifikation der Sponsoren beitragen konnten, die Assoziation mit dem Event als vermeintlicher Sponsor bei den Probanden jedoch nicht erreichten. Den Einfluss der Konsumentenverwirrtheit auf dieses Ergebnis gilt es im Anschluss in der Kausalanalyse zu überprüfen.
188
Empirische Überprüfung des Modells
4.2 Weitere deskriptive Ergebnisse Hinsichtlich der deskriptiven Analyse der weiteren Konstrukte des Modells negativer Wirkungen von Sport-Sponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen wurde eine Auswertung der Mittelwerte der einzelnen Indikatoren und Skalen durchgeführt. Ein Überblick der Werte der Konstrukte und Indikatoren findet sich im Anhang (S. 271ff.). Insgesamt zeigt sich, dass sich der Großteil der Antworten auf einer 6er Skala (von 1 = trifft voll und ganz zu bis 6 = trifft überhaupt nicht zu) bei allen Konstrukten im positiven Mittelfeld befindet. Die Befragten zeigten im Durchschnitt ein mittleres Involvement (MW= 3,23) gegenüber der Fußball-WM 2006. Insgesamt stimmten die Konsumenten einer wahrgenommenen Stimulivielzahl (MW=2,28), einer wahrgenommenen Stimuliähnlichkeit (MW=2,81) und einer wahrgenommenen Stimuliunklarheit (MW=2,25) zu. Die wahrgenommene Stimulineuartigkeit war hingegen weniger stark ausgeprägt (MW=3,44). Im Weiteren kann festgehalten werden, dass die Befragten daraus resultierend durchaus KVW empfinden (MW=3,09), wobei vor allem die allgemeinen Aussagen zur KVW als zutreffend eingeschätzt wurden. Zudem wiesen die Probanden einen motivationalen Zustand der Reaktanz (MW=3,1) und tendenziell eine mangelnde Kaufbereitschaft gegenüber den beworbenen Produkten auf (MW=3,26). Dem Sponsoring von Sportgroßveranstaltungen waren sie tendenziell positiv gegenüber eingestellt (MW=3,23). Da diese Einzelaussagen nichts über die Beziehung der Konstrukte und somit über die vermuteten Zusammenhänge untereinander aussagen, dies hingegen das wesentliche Ziel dieser Arbeit darstellt, wurden die in Abschnitt D7 (S. 133) dargestellten Wirkungsbeziehungen des Modells negativer Effekte durch Sport-Sponsoring und Ambush-Marketing-Maßnahmen mittels Kausalanalyse überprüft. Im folgenden Kapitel werden diese Ergebnisse vorgestellt. Zunächst erfolgt eine kurze Einführung in die Problematik der Strukturgleichungsmodellierung, bevor die Ergebnisse der einzelnen Prüfschritte aufgezeigt werden.
Überprüfung der Wirkungszusammenhänge mittels Strukturgleichungsmodellierung
5
189
Überprüfung der Wirkungszusammenhänge mittels Strukturgleichungsmodellierung
5.1 Grundlagen der Kausalanalyse 164 In der empirischen Wirtschafts- und Sozialforschung, darunter im Marketing, werden lineare kausale Abhängigkeiten zwischen nicht direkt beobachtbaren hypothetischen Konstrukten, so genannten latenten Variablen165, oftmals mittels Verfahren der Strukturgleichungsmodellierung untersucht (vgl. stellvertretend Bagozzi/Yi 1989; Bliemel/Eggert/Fassott/Henseler 2005; Diamantopoulos 1994; Fassott 2006; Fornell/Bookstein 1982; Giere/Wirtz/Schilke 2006; Henseler 2005; Herrmann/Huber/Kressmann 2006; Hildebrandt 2004; Jahn 2007; Jöreskog 1982).166 Diese Verfahren zur Analyse von Strukturgleichungsmodellen (engl.: Structural Equation Modeling, SEM) besitzen hauptsächlich konfirmatorischen Charakter und gehören damit der Gruppe der strukturenprüfenden167 multivariaten Verfahren an, die basierend auf sachlogisch fundierten Vorstellungen (Forschungshypothesen) nicht eine Variable isoliert, sondern das Zusammenwirken mehrerer Variablen betrachten (Dependenzanalyse) (vgl. Sheth 1971, S. 14). Formal besteht ein Strukturgleichungsmodell aus zwei Teilen, einem Struktur- und einem Messmodell (vgl. Backhaus et al. 2006, S. 340f.; Hildebrandt/Temme 2005, S. 52; Jahn 2007; Jöreskog 1982, S. 84) (vgl. Abb. 40). Das Strukturmodell (auch als „inneres Modell“ bezeichnet) zeigt, auf Basis theoretischer Vorüberlegungen, die Kausalbeziehungen zwischen den im Modell berücksichtigten latenten Variablen (vgl. Backhaus et al. 2006, S. 340f.; Gefen/Straub/Boudreau 2000, S. 5). Das Messmodell (auch „äußeres Modell“) erklärt die Beziehung zwischen einer latenten Variablen und ihren direkt messbaren empirischen Indikatoren (vgl. Krafft/Götz/Liehr-Gobbers 2005, S. 72). Es wird unterschieden zwischen einem exogenen Messmodell, bei dem die betrachtete latente Variable nie als eine abhängige Variable auftritt, und einem endogenen Messmodell, bei dem die latente Variable von anderen Konstrukten abhängig ist.
164 165 166 167
Kapitel 5.1. und 5.2. orientieren sich in Kurzfassung strukturell und inhaltlich an den detaillierten und wieterführenden Ausführungen von Jaritz (2008). Eine umfassende Darstellung verschiedener Definitionen latenter Variablen findet sich in Bollen (2002). Einen Überblick zum Verhältnis der Strukturgleichungsmodellierung zu anderen Verfahren wie MANOVA (Multivariate Analysis of Variance) und weiteren Themen gibt Hershberger (2003). Eine weitere Gruppe multivariater Analysemethoden ist die der strukturentdeckenden Verfahren (z.B. Faktorenanalyse).
190
Empirische Überprüfung des Modells
Abb. 40: Bestandteile eines Strukturgleichungsmodells
į11
Ix11
į12
Ix12
į13
Ix13
į21
Ix21
į22
Ix22
į23
Ix23
ȟ1 Ș3 ȟ2
Iy31
İ31
Iy32
İ32
Iy33
İ33
Strukturmodell Reflektive Messmodelle
Reflektives Messmodell
(exogene Variablen)
(endogene Variable)
Quelle: Darstellung in Anlehnung an Götz/Liehr-Gobbers (2004a, S. 716) und Jahn (2007)
Der formale Zusammenhang gestaltet sich folgendermaßen (vgl. Götz/Liehr-Gobbers 2004a, S. 718; Jaritz 2008, S. 107): x
exogenes reflektives Modell: x
x
endogenes reflektives Modell: y
O x[ G x
O yK H y
Die Ladungskoeffizienten Ox und O y können als multiple Regressionskoeffizienten der Indikatoren auf die latenten Variablen, also von x auf [ bzw. von y auf K interpretiert werden.
G x bzw. H y beschreiben die Messfehler der manifesten exogenen bzw. endogenen Variablen x bzw. y. Damit zeigt sich, dass jede manifeste Variable eine mit Fehlern168 behaftete Messung des zugrunde liegenden Konstruktes darstellt (vgl. Götz/Liehr-Gobbers 2004a, S. 718; Jaritz 2008, S. S. 107ff.). Zum besseren Verständnis der folgenden Ausführungen soll an dieser Stelle das in Abschnitt D hergeleitete Gesamtmodell (vgl. Abb. 29, S. 134) als Strukturmodell dargestellt werden (vgl. Abb. 41).
168
Dieser durch Messung entstandene Fehler lässt sich unterteilen in einen zufälligen Messfehler, der ohne erkennbare Systematik die Ergebnisse beeinflusst, und in einen systematischen Messfehler, der bei der Wiederholung der Messung in gleicher Höhe auftritt (vgl. Götz/Liehr-Gobbers 2004b, S. 12f.; Jaritz 2008; S. 107). Liegt der zufällige Messfehler nahe 0, wird i.d.R. von einer reliablen Messung gesprochen, während von einer reliablen und validen Messung bei einem systematischen Fehleranteil nahe 0 ausgegangen wird (vgl. Götz/Liehr-Gobbers 2004b, S. 12f.; Krafft/Götz/Liehr-Gobbers 2005, S. 73).
191
Überprüfung der Wirkungszusammenhänge mittels Strukturgleichungsmodellierung Abb. 41: Strukturmodell der negativen Auswirkungen durch Sportsponsoring- und Ambush-MarketingMaßnahmen
I1
I…
I6
I1
wahrgenommene Stimulivielzahl
I…
korrekte Identifikation der Sponsoren
korrekte Identifikation der Ambusher
KVW
I1 I…
I6
I1 EreignisInvolvement
I1 Einstellung gegenüber Sponsoring
I…
I10
situative Reaktanz
I1 wahrgenommene SÄ
I1
I…
I7
wahrgenommene SU
I1
I…
I5
I… I4
I5
qualitative Informationsrate
Kaufbereitschaft
I…
I6
wahrgenommene SN
I1
I…
I4
Zur Schätzung von Kausalmodellen dienen im Wesentlichen zwei unterschiedliche Verfahren (vgl. stellvertretend Bliemel/Eggert/Fassott/Henseler 2005, S. 10f.; Gefen/Straub/Boudreau 2000; Götz/ Liehr-Gobbers 2004b, S. 1f.; Jahn 2007; Jaritz 2008; Scholderer/Balderjahn 2005, S. 88ff.):
x
die Kovarianzanalyse und
x
die Varianzanalyse.
Diese Verfahren verfolgen vor allem deutlich unterschiedliche Ziele, weshalb sie wissenschaftlich korrekt nicht als konkurrierende, sondern vielmehr als ergänzende Methoden gesehen werden sollten (vgl. Jöreskog/Wold 1982, S. 270; Lohmöller 1988, S. 125). Die Methodenwahl hängt somit von der Zielsetzung des Forschers ab (vgl. stellvertretend Bliemel/Eggert/Fassott/Henseler 2005, S. 10ff.; Chin 1995). Die Kovarianzstrukturanalyse als bekanntestes Verfahren besitzt einen psychometrischen Hintergrund und kann unter Zuhilfenahme von Softwareprogrammen wie LISREL (engl. Linear Structural Relationships; Jöreskog/Sörbom 1996) oder AMOS (vgl. Arbuckle/Wothke 1999) durchgeführt werden169. Ziel ist es, die empirische Datenstruktur über Parameterschätzung möglichst gut zu erklären und die Diskrepanz zwischen der modellimplizierten und stich-
169
Weitere Softwareanwendungen sind EQS (Akronym für X) und SAS PROC CALIS (Statistical Analysis System Procedure: Covariance Analysis of Linear Structural Equations) (vgl. Jahn 2007, S. 12).
192
Empirische Überprüfung des Modells
probenbasierten Kovarianzmatrix mit Hilfe von Schätzalgorithmen zu minimieren (vgl. Fassott 2005, S. 26; Jaritz 2008, S. 155). Als Synonym der stärker ökonometrisch orientierten Varianzanalyse gilt im Rahmen des SEM der Partial-Least-Squares-Ansatz (PLS-Ansatz). Als relativ neue, anwenderfreundliche Software ist SmartPLS (vgl. Ringle/Wende/Will 2005) zu nennen170. Im Vergleich zur Kovarianzstrukturanalyse ist der PLS-Ansatz noch sehr wenig verbreitet, findet jedoch in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften stets größeren Zuspruch (vgl. Götz/Liehr-Gobbers 2004b, S. 1; Jaritz 2008)171. Er beruht auf der Methodik der Partiellen-Kleinste-QuadrateRegressionen (Kleinstquadratschätzungen) (vgl. Ringle 2004a, S. 18). Ein großer Vorteil dieses Ansatzes besteht vor allem darin, dass er auch dann zur Anwendung kommen kann, wenn nur vage Annahmen über die Ursache-Wirkungsbeziehungen im Modell vorliegen (vgl. Chin 1998, S. 295; Gefen/Straub/Boudreau 2000, S. 9). Der Einsatz von PLS ist somit im Gegensatz zu kovarianzbasierten Verfahren auch dann möglich, wenn das zu erforschende Phänomen neuartig ist und bewährte Messansätze noch fehlen (vgl. Bliemel/Eggert/Fassott/ Henseler 2005, S. 10f.). Es sollte genutzt werden, wenn die erklärte Varianz des Strukturmodells maximiert werden soll und eine Prognose über kausale Zusammenhänge zu leisten ist (vgl. Chin 1995, S. 316; Jaritz 2008, S. 154). Somit dient PLS dazu, eine bestmögliche Erklärung der Veränderung bzw. Vorhersage der Zielvariablen zu gewinnen. Neben den unterschiedlichen Zielen, die die jeweilige Methodik verfolgt, unterscheiden sich die Verfahren darüber hinaus vor allem hinsichtlich der Anforderungen an die Verteilung der empirischen Daten. Der Einsatz von LISREL erfordert – bei Verwendung des Maximum-Likelihood-Schätzers – multivariate Normalverteilung der Indikatorvariablen, die viele Variablen nicht (auch nicht approximativ) erfüllen können (vgl. Scholderer/Balderjahn 2005, S. 91).172 PLS schreibt hingegen keine Anforderungen an die Verteilung der Modellvariablen vor (vgl. Chin 1998b, S. 295; Fornell/Bookstein 1982, S. 449; Gefen/Straub/Boudreau 2000, S. 9; Jahn 2007; Scholderer/Balderjahn 2005, S. 91). Aufgrund der Zielsetzung der vorliegenden Arbeit – auf Basis theoretisch-konzeptioneller Grundlagen ein solides Modell zu entwickeln, das eine Vorhersage der negativen Wirkungen von Kommunikationsmaßnahmen im Rahmen des Veranstaltungssponsoring und AmbushMarketings beim Konsumenten ermöglicht –, der weniger einschränkenden Anforderungen an die Verteilung der empirischen Daten und dem bislang fehlenden bewährten Messansatz für die vorliegende Fragestellung wurde auf die varianzbasierte PLS-Pfadmodellierung zur
170
171 172
Als weitere Softwareapplikationen dienen PLSGraph, SPAD PLS (Special Programs and Analysis Division: Partial Least Squares) und LVPLS (Latent Variable Partial Least Squares) (vgl. Jahn 2007, S. 14; Temme/Kreis 2005, S. 193). Zur historischen Entwicklung von PLS vgl. stellvertretend Fassott (2005, S. 19ff.). Die unterschiedlichen Verteilungsannahmen begründen sich durch die verwendeten Parameterschätzer (vgl. Fornell/Bookstein 1982, S. 442).
Überprüfung der Wirkungszusammenhänge mittels Strukturgleichungsmodellierung
193
Schätzung des Kausalmodells zurückgegriffen173. Die Berechnung des Pfadmodells erfolgte mit der Software SmartPLS 2.0. 5.2 Vorgehensweise und Kriterien bei der Modellbeurteilung mit PLS Bevor die Ergebnisse der Analyse dargestellt werden, ist es sinnvoll, vorerst die für eine empirische Prüfung mittels PLS relevanten Gütekriterien und den mehrstufigen Prozess bei der Modellbeurteilung vorzustellen. Die empirische Analyse und Interpretation erfolgt äquivalent dem Vorgehen anderer Kausalanalysen in zwei Schritten. Zunächst wird die Güte des Messmodells beurteilt, bevor das Strukturmodell als Ganzes untersucht werden kann. Bagozzi sieht dieses Vorgehen als „a matter of logical necessity“ (Bagozzi 1981b, S. 376), da dieses schrittweise Vorgehen verhindert, dass Rückschlüsse über die Beziehungen zwischen den latenten Variablen gezogen werden (vgl. Hulland 1999, S. 198). Insofern kann ein Strukturmodell nur dann sinnvoll gemessen werden, wenn die gewählten Indikatoren zur Messung der latenten Variablen hinsichtlich ihrer Reliabilität und Validität sichergestellt wurden (vgl. Homburg/Giering 1996, S. 6). Da das hier zugrunde liegende Modell ausschließlich aus reflektiven Indikatoren besteht, werden im Folgenden nur die bei PLS angewandten Gütekriterien reflektiver Messmodelle und die geforderten Schwellenwerte vorgestellt174. 5.2.1 Kriterien der Beurteilung der Güte reflektiver Messmodelle mittels PLS Die Reliabilität und Validität reflektiver Messmodelle wird in der einschlägigen PLSLiteratur anhand der lokalen Gütemaße Indikatorreliabilität und Konstruktvalidität empfohlen (vgl. stellvertretend Götz/Liehr-Gobbers 2004a; Huber et al. 2007; Krafft/Götz/Liehr-Gobbers 2005; Ringle 2004b). Die Indikatorreliabilität entspricht als quadrierte Korrelation zwischen einem Konstrukt und einem zugehörigen Indikator der Kommunalität (vgl. Backhaus et al. 2006, S. 289; Fornell/Cha 1994, S. 68f.). Sie spiegelt den Anteil der Varianz eines Indikators, der durch die zugehörige latente Variable erklärt wird, wider (vgl. Homburg/Baumgartner 1998, S. 360). Die erklärte Varianz zwischen Faktor und Indikator sollte größer sein als die Varianz des Messfehlers und damit mindestens 50% betragen (vgl. Johnson/Herrmann/Huber 2006, S. 126). Die Prüfung der Indikatorreliabilität erfolgt vereinfacht meist anhand der Beurteilung der Höhe der Faktorladungen, da die Varianz der quadrierten Faktorladung entspricht. Folglich wird eine Mindest-Faktorladung von 0,707175 gefordert (vgl. Hulland 1999, S. 198) 176. In frühen Forschungsstadien können zwar auch Ladungen von 0,6 oder 0,5 als ausreichend gesehen 173 174 175 176
Mit Hilfe des Kolmogorov-Smirnov-Tests konnte die Nullhypothese, dass die Stichprobe multinormalverteilt ist, nicht für alle Variablen bestätigt werden (Irrtumswahrscheinlichkeit p < 0,05). Einen Überblick über Kriterien zur Beurteilung formativer Messmodelle bieten Götz/Liehr-Gobbers (2004a); Götz/Liehr-Gobbers (2004b); Hulland (1999); Krafft/Götz/Liehr-Gobbers (2005). Die Mindestladung entspricht der Wurzel aus 0,50, also 0,707. In der Literatur wird empfohlen, Indikatoren mit einer Faktorladung kleiner 0,40 (mitunter auch kleiner 0,50) zu eliminieren, da die Erklärungskraft derartiger Indikatoren als zu gering erachtet wird (vgl. Homburg/Giering 1998, S. 128 f.; Hulland 1999, S. 198; Krafft/Götz/Liehr-Gobbers 2005, S. 73ff.).
194
Empirische Überprüfung des Modells
werden (vgl. Hulland 1999, S. 198), mit zunehmendem Erkenntnisfortschritt sollte hingegen der höhere Schwellenwert gelten (vgl. Hermann/Huber/Kressmann 2006, S. 56). Als weiteres Gütemaß dient die Konstruktvalidität. Sie zeigt, wie gut eine Variable durch die Gesamtheit ihrer Indikatoren gemessen wird. Als Gütemaße eignen sich auf der Ebene des Messmodells die Konvergenz- und Diskriminanzvalidität (vgl. z.B. Hildebrandt 1998). Die Konvergenzvalidität fordert (bei reflektiven Messmodellen) eine starke Beziehung zwischen den Indikatoren eines Konstruktes (vgl. Bagozzi 1981b, S. 375). Insofern muss überprüft werden, wie gut ein Konstrukt durch die ihm zugeordneten Indikatoren erklärt wird. Zur Beurteilung der Konvergenz finden sich in der Literatur insbesondere zwei Kriterien: die „Interne Konsistenz“ (kurz IC [engl. Internal consistency]) und die „Durchschnittlich erfasste Varianz“ (kurz: DEV oder AVE [engl. Average Variance Extracted]) (vgl. Hair et al. 2006, S. 776f.; Hulland 1999, S. 199). Zur Bestimmung der „Internen Konsistenz“ wird die composite reliability, die auch als Faktor- oder Konstruktreliabilität bezeichnet wird, genutzt (vgl. Ringle 2004b; Herrmann/Huber/Kressmann 2004). Hierfür werden Werte ab 0,6 (vgl. Bagozzi/Yi 1988, S. 82) bzw. 0,7 (vgl. Chin 1998b, S. 320; Hair et al. 2006, S. 777; Peterson 1994, S. 382) als ausreichend bezeichnet. Es wird empfohlen, Indikatoren, die eine geringe Korrelation mit den übrigen Indikatoren des reflektiven Messmodells aufweisen, zu eliminieren (vgl. Eggert/Fassott 2003, S. 5). Eine weitere Möglichkeit zur Messung der Internen Konsistenz stellt Cronbachs Alpha177 dar. Da Cronbachs Alpha auf die Anzahl der Indikatoren reagiert und das Maß der Konstruktrelibilität auch Messfehlereinflüsse berücksichtigt, kann die composite reliability jedoch als das exaktere Verfahren angesehen werden (vgl. Chin 1998b, S. 320; Götz/Liehr-Gobbers 2004, S. 14; Jahn 2007). Die „Durchschnittlich erfasste Varianz“ (DEV) als weiteres Gütekriterium der Konvergenzvalidität gibt an, wie hoch der durch einen Faktor erklärte Varianzanteil der manifesten Variablen ist. Sie misst die Varianz, die durch die Indikatoren relativ zum Messfehler erklärt wird (vgl. Fornell/Larcker 1981; Jaritz 2008, S. 167). Damit mehr als 50% der Varianz des Konstruktes durch die Indikatoren erklärt werden, sollte das DEV-Maß einen Wert von 0,5 überschreiten (vgl. Bagozzi/Yi 1988, S. 82; Chin 1998b, S. 321; Fornell/Larcker 1981, S. 45f.; Homburg/Baumgartner 1998, S. 361; Homburg/Giering 1996, S. 12). Als komplementäres Kriterium zur Konvergenzvalidität dient zur Beurteilung der Beziehung zwischen den verschiedenen Faktoren die Diskriminanzvalidität (vgl. Jaritz 2008, S. 168). Diese gibt an, inwieweit die Messmodelle inhaltlich verschiedener Konzepte auch unterschiedliche Messergebnisse erzeugen (Jaritz 2008, S. 168). Die Diskriminanzvalidität kann
177
Cronbachs Alpha stellt den Mittelwert aller Korrelationen dar und nimmt Werte zwischen 0 und 1 an. Als Schwellenwert gilt 0,7 (vgl. Hair et al. 2006, S. 448; Hulland 1999, S. 198).
Überprüfung der Wirkungszusammenhänge mittels Strukturgleichungsmodellierung
195
anhand des Fornell/Larcker-Kriteriums178 überprüft werden (vgl. Fornell/Larcker 1981, S. 46). Dieses besagt, dass die durchschnittlich erfasste Varianz eines Faktors größer sein muss als jede quadrierte Korrelation dieser latenten Variablen mit einer anderen latenten Variablen im Modell (vgl. Cool/Dierickx/Jemison 1989, S. 514; Hulland 1999, S. 200; Krafft/Götz/Liehr-Gobbers 2005, S. 75). Die folgende Tab. 21 fasst die dargestellten Gütemaße zur Beurteilung reflektiver Messmodelle mittels PLS nochmals überblicksartig zusammen. Tab. 21: Gütekriterien zur Beurteilung reflektiver Messmodelle Gütemaß
Anspruchsniveau
Indikatorreliabilität: Faktorladungen
> 0,707
Kommunalitäten
> 0,5
Konvergenzvalidität: Cronbachs Alpha
0,7
IC-Maß (interne Konsistenz)
0,6
DEV (durchschnittlich erfasste Varianz)
> 0,5
Diskriminanzvalidität: Fornell-Larcker-Kriterium
DEV > Korr²
Quelle: eigene Zusammenfassung in Anlehnung an Fornell/Larcker (1981) und Hulland (1999)
Erfüllen alle Werte die Anforderungen der Gütekriterien, ist von einer reliablen und validen Messung der reflektiven Messmodelle auszugehen. Daran anschließend erfolgt die Überprüfung des Strukturmodells mit Hilfe weiterer, PLS-spezifischer Gütemaße, die im folgenden Abschnitt dargestellt werden. 5.2.2 Kriterien zur Beurteilung von Strukturmodellen Um eine Aussage über die Güte des Strukturmodells treffen zu können, sind die a priori aufgestellten hypothetischen Beziehungen zwischen den latenten Variablen zu untersuchen und zu bewerten. Da dem PLS-Ansatz keine Verteilungsannahmen zugrunde liegen, können – im Gegensatz zu Kovarianzstrukturanalysen – keine inferenzstatistischen Tests179 zur Beurteilung des Gesamtmodells herangezogen werden (vgl. Krafft/Götz/Liehr-Gobbers 2005, S. 83). Vielmehr werden zur Ergebnisbeurteilung mittels PLS die folgenden schätzungsorientierten, nicht parametrischen Gütemaße genutzt (vgl. Herrmann/Huber/Kressmann 2004, S. 26 f.; Krafft/Götz/Liehr-Gobbers 2005, S. 83; Ringle 2004b, S. 13ff.):
178 179
Das Fornell-Larcker-Kriterium stellt gegenüber dem Ȥ²-Differenztest, der ebenfalls der Überprüfung der Diskriminanzvalidität dient, ein deutlich strengeres Kriterium dar (vgl. Jaritz 2008, S. 168). bzw. nur auf Basis von Hilfsprozeduren (vgl. Herrmann/Huber/Kressmann 2006, S. 39ff.)
196
Empirische Überprüfung des Modells
x
Bestimmtheitsmaß,
x
Ausmaß und Signifikanz der Pfadkoeffizienten,
x
Substanzieller Erklärungsbeitrag der exogenen Variablen (Effektgröße),
x
Prognoserelevanz.
Zur Überprüfung der Reliabilität aller Strukturbeziehungen und somit der Güte des gesamten Strukturgleichungsmodells wird das Bestimmtheitsmaß R2 der abhängigen latenten Variablen des Strukturmodells genutzt. Es entspricht dem Anteil erklärter Varianz und beschreibt die Wirkungsstärke aller eingehenden exogenen (unabhängigen) Konstrukte, die ein endogenes (abhängiges) Konstrukt erklären (vgl. Jaritz 2008, S. 172). Das Bestimmtheitsmaß R2 entspricht einer normierten Größe und kann einen Wertebereich zwischen 0 und 1 annehmen. Die Güte ist umso besser zu beurteilen, je mehr Anteil der Gesamtvarianz erklärbar ist. Eine Orientierung bietet die Aussage von Chin (1998b, S. 323ff.), der ein R2 von 0,67 als „substantiell“, ein R2 von 0,33 als „durchschnittlich“ und ein R2 von 0,19 als „schwach“ beschreibt (vgl. Jaritz 2008, S. 173; Ringle 2004b, S. 15). In Anlehnung an bisherige Veröffentlichungen von Partial Least Squares-Ergebnissen kann ein Orientierungswert von 0,4 als akzeptabel betrachtet werden (vgl. Ringle 2004b, S. 15), der sich an den Grundaussagen von Chin (1998b) bzw. Homburg/Baumgartner (1998, S. 363) orientiert. Da R2 durch die Anzahl der unabhäng2 als igen Variablen beeinflusst wird, kann zusätzlich das korrigierte Bestimmtheitsmaß Rkorr
Gütemaß herangezogen werden. Ferner geben die Pfadkoeffizienten Auskunft über die Einflussstärke eines exogenen Konstruktes auf ein endogenes Konstrukt. Diese Parameter des Strukturmodells sind hinsichtlich dieser Einflussstärke, ihrer Richtung und Signifikanz zu prüfen. Damit wird untersucht, ob die a priori aufgestellten Hypothesen bestätigt werden können oder abzulehnen sind. Dazu werden zunächst die einzelnen Pfadkoeffizienten wie standardisierte Regressionskoeffizienten, die aus Kleinstquadratschätzung resultieren, interpretiert. Die Pfadstärke sollte mindestens 0,2 betragen, damit eine interpretationsfähige Beziehung vorliegt (vgl. Chin 1998a). Die anschließende Signifikanzprüfung erfolgt mittels Bootstrapping, welches die t-Werte ermittelt (vgl.Ringle/Boysen/Wende/Will 2006, S. 86; Krafft/Götz/Liehr-Gobbers 2005, S. 83). Ein weiteres Gütemaß zur Beurteilung des Strukturmodells stellt die Effektgröße [f2] dar. Sie zeigt auf, inwiefern hinsichtlich einer möglichen Modellmodifikation eine exogene latente Variable einen substanziellen Einfluss auf die zu ihr in Beziehung stehende abhängige Variable hat (vgl. Chin 1998b, S. 316f.). Das Bestimmtheitsmaß R2 wird dazu einmal inklusive der 2 betreffenden exogenen Variablen ( Rincluded ) und einmal exklusive der betreffenden exogenen
2 Variablen ( Rexcluded ) berechnet. Die Effektgröße [f2] setzt diese Werte ins Verhältnis (vgl.
Ringle 2004b, S. 15). Nach Chin (1998b, S. 316 f.) und Cohen (1988, S. 412ff.) deuten Werte
Überprüfung der Wirkungszusammenhänge mittels Strukturgleichungsmodellierung
197
von f2 > 0,35 auf einen starken Einfluss hin, während bei f2 > 0,15 von einem moderaten Effekt und bei f2 > 0,02 von einem schwachen Effekt auszugehen ist. Da PLS, wie bereits diskutiert, eher prognoseorientiert ist, sollte die Prognoserelevanz des Modells mit Hilfe des Stone-Geisser-Kriteriums [Q2] untersucht werden. Dieser Test folgt einer Blindfolding-Prozedur180, bei welcher anhand eines Redundanzmaßes (Redundancy Measure) überprüft wird, ob das Pfadmodell frei von Redundanzen ist (vgl. Jaritz 2008, S. 176). Folglich zeigt das Stone-Geisser-Kriterium an, wie gut sich das empirisch erhobene Datenmaterial mit Hilfe des Modells und der PLS-Parameter rekonstruieren lässt (vgl. Fornell/Cha 1994, S. 71; Götz/Liehr-Gobbers 2004b, S. 25; Krafft/Götz/Liehr-Gobbers 2005, S. 84; Ringle 2004b, S. 16).). Die folgende Tab. 22 fasst die dargestellten Gütemaße zur Beurteilung des Strukturmodells mittels PLS als Überblick zusammen. Tab. 22: Gütekriterien zur Beurteilung eines Strukturmodells Gütemaß
Anspruchsniveau
R² (Bestimmtheitsmaß)
> 0,67 (substanziell), > 0,33 (mittelgut), > 0,19 (schwach)
f² (Effektgröße)
> 0,35 (starker Einfluss), > 0,15 (moderater Einfluss), > 0,02 (schwacher Einfluss)
Q² (Stone-Geisser-Kriterium)
>0
Pfadstärke
> 0,2
Quelle: eigene Zusammenfassung in Anlehnung an Chin (1998a, 1998b); Krafft/Götz/Liehr-Gobbers (2005); Ringle (2004b)
5.3
Ergebnisse der Modellbeurteilung
5.3.1 Beurteilung der Messmodelle Wie bereits in den vorangegangenen Ausführungen verdeutlicht, kann ein Strukturmodell nur dann sinnvoll evaluiert werden, wenn die einzelnen Messmodelle die Gütekriterien einer reliablen und validen Messung erfüllen. Die Ergebnisse der Prüfung der einzelnen Messmodelle sollen im Folgenden dargestellt werden. Dabei muss zunächst angemerkt werden, dass die Prüfung der Messmodelle einem zweistufigen Verfahren folgte.181 Nachdem in der ersten Überprüfung nicht alle Indikatoren die Reliabilitätsanforderungen erfüllten, wurden einige Items - insofern inhaltlich vertretbar - aus der weiteren Analyse eliminiert. Als Grundlage dienten insbesondere die Werte der Prüfung der
180 181
Die detaillierte Beschreibung der Funktionsweise der Blindfoldingprozedur findet sich u.a. bei Chin (1998b, S. 317). Eine weitere explorative Faktorenanalyse der Items zur Prüfung einer möglichen Faktorenstruktur wurde nicht vorgenommen, da aus den theoretischen und empirischen Voruntersuchungen (vgl. E2.2.3, S. 158ff.) bereits Annahmen hinsichtlich einer möglichen Zuordnung vorlagen.
198
Empirische Überprüfung des Modells
Indikatorreliabilität, der Item to Total-Korrelation182 und der Internen Konsistenz. Die Tab. 23 (S. 198) stellt alle eliminierten Indikatoren pro Konstrukt nochmals zusammenfassend dar. Die Ergebnisse der sich anschließenden zweiten Prüfung der Indikatorreliabilität der Messmodelle zeigt die darauf folgende Tab. 24 (S. 198f.). Wie aus den Ergebnissen ersichtlich, übersteigen die Ladungen der Konstrukte mit einer Ausnahme (sn_03) die geforderten Kriterien, d.h. es werden jeweils mehr als 50% der Varianz der Indikatoren durch den jewieligen zugehörigen Faktor verursacht. Fast alle Indikatoren weisen hohe Ladungen bezüglich des jeweils zu messenden Konstruktes auf. Ein Indikator zur Messung der wahrgenommenen Stimulineuartigkeit (sn_03) erfüllt das Anforderungskriterium zwar nicht vollständig, unterschreitet den Wert mit 0,681 jedoch nur knapp. Als zusätzliches Gütekriterium wurde die Kommunalität der Indikatoren genutzt. Der Logik folgend erfüllen wiederum bis auf den bereits erwähnten Indikator alle anderen Indikatoren den geforderten Schwellenwert von 0,5. Da dieses Item nur knapp die notwendigen Werte unterschreitet und inhaltlich zur Erklärung des Konstruktes beiträgt, soll es entsprechend Hulland (1999, S. 198), der in einem frühen Forschungsstadiums auch geringere Werte als zulässig erklärt, in der weiteren Analyse beibehalten werden. Insgesamt kann die Messung der Konstrukte damit als reliabel angesehen werden. Tab. 23: Eliminierte Indikatoren Konstrukt
Eliminierte Indikatoren
KVW
x Ich erkenne gar keine Unterschiede zwischen den Werbungen mit dem Thema Fußball-WM. x All die Informationen, die man über die Unternehmen, die mit der Fußball-WM werben, bekommt, bringen mich durcheinander. x Es ärgert mich, dass man mich mittels Werbung zum Thema Fußball-WM in meiner persönlichen Entscheidungsfreiheit beeinflussen will.
wahrgenommene Stimulivielzahl
x Man wird ständig mit der Fußball-WM konfrontiert.
wahrgenommene Stimulineuartigkeit
x Wenn ein Unternehmen, was bislang nicht mit Sport warb, zur Fußball-WM wirbt, fällt das besonders auf.
Reaktanz
x Die Fülle der Werbung zum Thema Fußball-WM veranlasst mich dazu, diese nicht mehr zu beachten.
x Es gibt zu viele Informationen zur Fußball-WM, die ich nicht alle aufnehmen kann.
x Ich bin so genervt von der vielen Werbung zum Thema Fußball-WM, dass ich versuche, diese zu ignorieren. mangelnde Kaufbereitschaft EreignisInvolvement
182
x Ich bin nicht geneigt, gerade die mit dem Thema Fußball-WM beworbenen Produkte zu kaufen. x Auf die Fußball-WM 2006 könnte ich nicht verzichten.
Churchill (1979, S. 68) empfiehlt, Items mit einem Wert nahe Null aus dem Untersuchungsdesign zu entfernen.
199
Überprüfung der Wirkungszusammenhänge mittels Strukturgleichungsmodellierung Tab. 24: Ergebnisse der Analyse der Indikatorreliabilität der Messmodelle Konstrukt wahrgenommene SV
wahrgenommene SÄ
wahrgenommene SU
wahrgenommene SN
KVW
Reaktanz
Einstellung gegenüber Sponsoring
mangelnde Kaufbereitschaft
Indikator
Faktorladung
Kommunalität
(>0,707)
(>0,5)
sv_01
0,781
0,610
sv_11
0,843
0,711
sv_12
0,857
0,734
sv_08
0,846
0,716
sä_16
0,895
0,801
sä_21
0,881
0,776
sä_09
0,871
0,759
su_44
0,763
0,582
su_20
0,784
0,615
su_19
0,829
0,687
sn_15
0,718
0,516
sn_02
0,776
0,602
sn_03
0,681
0,464
KVW_11
0,793
0,629
KVW_22
0,730
0,533
KVW_33
0,781
0,610
KVW_55
0,728
0,530
KVW_66
0,789
0,623
KVW_77
0,784
0,615
Rea_09
0,864
0,746
Rea_06
0,847
0,717
Rea_07
0,859
0,738
Rea_08
0,806
0,650
einstellg_01
0,809
0,654
einstellg_02
0,913
0,834
einstellg_03
0,820
0,672
einstellg_04
0,912
0,832
einstellg_05
0,837
0,701
mKB_10
0,878
0,771
mKB_12
0,926
0,857
mKB_05
0,832
0,692
200
Empirische Überprüfung des Modells
Fortsetzung Tab. 24: Ergebnisse der Analyse der Indikatorreliabilität der Messmodelle Konstrukt EreignisInvolvement
Indikator
Faktorladung
Kommunalität
(>0,707)
(>0,5)
WMinvolv_01
0,928
0,861
WMinvolv_02
0,900
0,810
WMinvolv_03
0,919
0,845
WMinvolv_04
0,928
0,861
WMinvolv_05
0,947
0,897
WMinvolv_06
0,931
0,867
WMinvolv_07
0,923
0,852
WMinvolv_08
0,932
0,869
WMinvolv_09
0,921
0,848
Im folgenden Analyseschritt wurde die Konvergenzvalidität der Konstrukte anhand der Kriterien der DEV (durchschnittlich erfasste Varianz) und der Faktorreliabilität überprüft. Die folgende Tab. 25 fasst die Ergebnisse zusammen. Tab. 25: Ergebnisse der Analyse der Konvergenzvalidität der Messmodelle Konstrukt
DEV
Interne Konsistenz (>0,6)
(>0,5) 0,692
0,900
wahrgenommene SÄ
0,779
0,914
wahrgenommene SU
0,628
0,835
wahrgenommene SV qualitative IR
wahrgenommene SN
0,527
0,770
KVW
0,590
0,896
Reaktanz
0,641
0,899
Einstellung ggü. Sponsoring
0,738
0,934
mangelnde Kaufbereitschaft
0,773
0,911
Ereignis-Involvement
0,857
0,982
Es zeigt sich, dass trotz eines wenig reliablen Indikators der Variable wahrgenommene Stimulineuartigkeit (SN) die Konsistenz der Skala bestätigt und somit als reliabel angesehen werden kann. Insgesamt liegen alle Reliabilitätsmaße über den geforderten Werten, womit schließlich allen Messmodellen eine hohe Konvergenzvalidität zugeschrieben werden kann. Zur Analyse der Diskriminanzvalidität fand das Fornell-Larcker-Kriterium (vgl. Fornell/Larcker 1981) Anwendung. Die Ergebnisse in Tab. 26 zeigen, dass bis auf eine Ausnahme in allen Fällen die DEV der untersuchten Variable jeweils größer ist als die quadrierten Korrelationen der anderen Variablen. Somit kann weitestgehend allen Messungen Diskriminanzvalidität bescheinigt werden kann. Zwischen den Messungen der situativen Reaktanz und der
201
Überprüfung der Wirkungszusammenhänge mittels Strukturgleichungsmodellierung
mangelnden Kaufbereitschaft zeigt sich hingegen in geringem Maße, dass die beiden Konstrukte nicht ganz eindeutig diskriminieren. Aus formaler Sicht gilt das Anforderungskriterium in diesem Falle als nicht erfüllt, auch wenn die quadrierte Korrelation der mangelnden Bereitschaft (0,688) nur gering höher ist als die DEV der situativen Reaktanz (0,641). Jedoch zeigt sich aus der Betrachtung der Korrelation der Konstrukte (0,8), dass diese verschieden von 1 ist und somit getrennte Konstrukte vorliegen. Die relativ hohe Korrelation lässt sich wiederum aus dem Vorgehen der Konzeptualisierung und Operationalisierung begründen. Bisherige Konzeptualisierungen sind der Kritik ausgesetzt, nicht das Konstrukt der Reaktanz selbst, sondern deren Effekte zu messen (vgl. E2.3, S. 162ff.). Entsprechend den Empfehlungen der Literatur bezüglich eindeutiger Konstruktkonzeptualisierungen (vgl. Edwards/ Bagozzi 2000) wurde somit in der vorliegenden Arbeit bewusst angestrebt, die situative Reaktanz als motivationalen Zustand und die mangelnde Kaufbereitschaft als darauf folgende Reaktion als getrennte Konstrukte zu betrachten. Die Operationalisierung basierte jedoch auf der Anpassung von Indikatoren der gleichen HPRS-Skala zur Messung dispositionaler Reaktanz (vgl. Hong 1992; Hong/Faedda 1996; vgl. Abschnitte E2.3 und E2.4, S. 162ff.), die für beide Variablen Indikatoren enthält. Dies kann als Ursache für die geringe Diskriminanzvalidität gelten. Insgesamt muss somit festgehalten werden, dass die trennscharfe Operationalisierung zwischen beiden Konstrukten nicht vollständig gelungen ist. Aufgrund der nur geringen Unterschiede der Werte, der theoretisch begründbaren Konzeptualisierung und der Bedeutung der Trennung der Konstrukte für den Erkenntnisgewinn des vorliegenden Untersuchungskontextes (negative Auswirkungen der Informationsraten auf die Ziele der Sponsoren und Ambusher), wird die Separation der Konstrukte in der weiteren Analyse beibehalten. Tab. 26: Ergebnisse der Analyse der Diskriminanzvalidität der Messmodelle Ereign.Inv.
mang.
Konstrukte
Einstellg.
Einstellung
0,738
EreignisInvolvement (Inv.)
0,121
0,857
KB
0,092
0,087
0,773
KVW
0,016
0,069
0,042
situative Reaktanz
0,122
0,106
0,688
0,083
0,641
SÄ
0,030
0,048
0,088
0,130
0,145
0,779
SN
0,021
0,022
0,120
0,106
0,172
0,167
0,527
SU
0,040
0,046
0,101
0,195
0,158
0,248
0,219
0,628
SV
0,102
0,113
0,187
0,083
0,271
0,269
0,345
0,314
KB
KVW
sit. Reak.
SÄ
SN
SU
SV
mangelnde 0,590
0,692
Anmerkungen: Die fett markierten Elemente der Diagonale stellen die DEV dar, die restlichen Werte bezeichnen die quadrierte Korrelation zwischen den latenten Variablen. Der Wert, der die Anforderungskriterien nicht erfüllt, ist kursiv dargestellt.
202
Empirische Überprüfung des Modells
Nachdem sich die Modelle zur Messung der Konstrukte insgesamt als valide erwiesen haben, erfolgt nun die Prüfung des Strukturmodells. 5.3.2 Beurteilung des Strukturmodells Bevor die Ergebnisse der Prüfung des Gesamtmodells vorgestellt werden, soll eingangs zunächst nochmals festgehalten werden, dass die qualitative Informationsrate entsprechend der Konzeptualisierung als mehrdimensionales Konstrukt, bestehend aus wahrgenommener SÄ, SN, SU, in die Analyse einbezogen wird. Aufbauend auf den Erkenntnissen der qualitativen und quantitativen Vorstudien wird die qualitative Informationsrate damit als ein Konstrukt zweiter Ordnung (Second Order Model) angelegt (vgl. stellvertretend Bagozzi/Heatherton 1994)183. Obwohl einige Forscher die Meinung vertreten, dass ein Konstrukt theoretisch und empirisch eindimensional sein muss, um als bedeutsam zu gelten, soll im Weiteren der Ansicht von Jarvis/MacKenzie/Podsakoff (2003, S. 204) gefolgt werden. Die Autoren argumentieren, dass die Wahl für ein eindimensionales oder mehrdimensionales Konstrukt von dem Abstraktionsgrad der Definition abhängt. Im vorliegenden Fall wurde theoretisch argumentiert, dass sich die qualitativen Eigenschaften der Stimuli als qualitative Informationsrate und somit als Konstrukt zweiter Ordnung definieren lässt (vgl. Abschnitt D1.2.2.1, S. 88f.). Alle anderen Konstrukte wurden entsprechend der Konzeptualisierung als eindimensionale Variable gemessen. In einem ersten Schritt der Prüfung des Strukturmodells lässt sich die Güte anhand des durch die latenten Variablen erklärten Varianzanteils (R²) der abhängigen latenten Variablen bestimmen. Wie bereits in Abschnitt E5.2.2 (S. 195ff.) erläutert, gilt ein R2 von 0,67 als „substantiell“, ein R2 von 0,33 als „durchschnittlich“ und ein R2 von 0,19 als „schwach“ (vgl. Chin 1998b, S. 323ff.; Ringle 2004b, S. 15). Die Ergebnisse in Tab. 27 zeigen, dass 47,3% der Varianz der qualitativen Informationsrate (R²= 0,473) und 69,0% der Varianz der Kaufbereitschaft (R²= 0,690) durch die im Modell enthaltenen, sie beeinflussenden Konstrukte erklärt werden. Auch wenn sich für die latente Variable Reaktanz im Vergleich zum empfohlenen Schwellenwert geringere R²- bzw. R²korr - Werte ergeben, wird dennoch ein akzeptabler Anteil an Varianz in den Daten erklärt (R²= 0,312). Bei allen anderen Konstrukten wird ein geringes R² konstatiert. Damit ist festzuhalten, dass es neben den im Modell enthaltenen Einflußfaktoren auf die latenten Variablen andere Konstrukte gibt, die den verbleibenden Streuungsanteil besser erklären können. Im Umkehrschluss bedeutet dieses Ergebnis jedoch nicht, dass die im Modell befindlichen Variablen keinen Einfluss auf die jeweiligen Konstrukte ausüben.
183
Zur Möglichkeit der Modellierung von Konstrukten in Strukturgleichungsmodellen sowie deren Vor- und Nachteile vgl. Bagozzi/Heatherton (1994).
Überprüfung der Wirkungszusammenhänge mittels Strukturgleichungsmodellierung
203
Tab. 27: Güte des Strukturmodells: Bestimmtheitsmaß Konstrukt
R²
R²korr
>0,4
>0,4
wahrgenommene SV
0,113
0,112
qualitative IR (SÄ, SN, SU)
0,473
0,472
KVW
0,225
0,224
Reaktanz
0,312
0,311
Einstellung ggü. Sponsoring
0,122
0,121
mangelnde Kaufbereitschaft
0,690
0,689
korrekte Identifikationsrate der Sponsoren
0,154
0,153
korrekte Identifikationsrate der Ambusher
0,014
0,013
Anmerkung: Die Werte, die die Anforderungskriterien nicht erfüllen, sind kursiv dargestellt.
Insofern gilt es zu prüfen, ob Wirkungszusammenhänge zwischen den latenten Variablen des Modells bestehen und ob sich die formulierten Hypothesen bestätigen. Dazu werden die Pfadkoeffizienten hinsichtlich ihrer Einflussstärke, Richtung und Signifikanz überprüft. Hierfür wurde das nicht parametrische Verfahren des Bootstrapping herangezogen, wobei 1000 Resamplings durchgeführt wurden. Die folgende Tab. 28 fasst die vermutete Richtung der Beziehungen zwischen den latenten Variablen, die Werte der Pfadkoeffizienten, die tWerte und die daraus resultierenden Signifikanzniveaus der einzelnen Pfadkoeffizienten zusammen. Bei der Betrachtung der Stärke der Pfadkoeffizienten184 wird deutlich, dass sich entsprechend der theoretischen Überlegungen ein Großteil der vermuteten Zusammenhänge bestätigte. Die wahrgenommene Stimulivielzahl beeinflusst stark die qualitative Informationsrate (0,680; H1), die wiederum deutlich auf die KVW wirkt (0,518; H2b). Der postulierte positive Zusammenhang zwischen wahrgenommener Stimulivielzahl und der KVW konnte allerdings nicht bestätigt werden (H2a). Die wahrgenommene SV übt demzufolge in der vorliegenden Untersuchung keinen wesentlichen Einfluss auf die KVW aus. Während somit insbesondere die qualitative Informationsrate die KVW beeinflusst, bewirken sowohl die Art (0,212) als auch die Vielzahl an Informationen (0,350) situative Reaktanz (H3a,b). Der Einfluss der wahrgenommenen SV ist dabei etwas größer. Die Analyse der Daten weist im Weiteren das Ergebnis auf, dass das Involvement gegenüber der Fußball-WM einen wesentlichen Einfluss auf die Wahrnehmung der Informationsraten ausübt. Jedoch wird entgegen der Hypothese H11b lediglich die Quantität der Informationen durch das Ereignis-Involvement determiniert (H11a). Je höher die Konsumenten in die Fußball-WM involviert waren, desto geringer wurden die Stimuli als zuviel wahrgenommen
204
Empirische Überprüfung des Modells
(-0,336). Die wahrgenommene Stimuliähnlichkeit, -unklarheit bzw. -neuartigkeit wurden durch das Involvement nicht beeinflusst. Tab. 28: Ergebnisse der Pfadanalyse des Strukturmodells H
vermutete Wirkungszusammenhänge
Pfadt-Wert H koeffizienten bestätigt 0,680*** 42,789 ja
H1
wahrgenommene SV
+
qualitative IR
H2a
wahrgenommene SV
+
KVW
-0,067
1,371
H2b
qualitative IR
+
KVW
0,518***
18,093 ja
H3a
wahrgenommene SV
+
Reaktanz
0,350***
13,013 ja
H3b
qualitative IR
+
Reaktanz
0,211***
7,386
ja
H4
KVW
+
Reaktanz
0,087***
3,892
nein
H5
Reaktanz
-
Einstellung ggü. Sponsoring
-0,341***
15,698 ja
H6
KVW
-
Einstellung ggü. Sponsoring
-0,026
1,369
nein
H7
KVW
-
mangelnde KB
-0,038**
2,785
nein
nein
H8
Reaktanz
-
mangelnde KB
-0,835***
79,367 ja
H9
Einstellung ggü. Sponsoring
+
0,016
1,263
KVW
-
-0,393***
19,532 ja
-0,118***
5,215
-0,336***
17,346 ja
-0,021
1,400
KVW
-
H11a
Ereignis-Involvement
-
mangelnde KB korrekte Identifikation der Sponsoren korrekte Identifikation der Ambusher wahrgenommene SV
H11b
Ereignis-Involvement
-
qualitative IR
H10a H10b
nein
ja
nein
Anmerkung: Signifikanzniveaus: *** p < 0,001; ** p < 0,01; *p < 0,05
Im Weiteren belegen die Daten neben der situativen Reaktanz und der KVW weitere negative Effekte. So zeigt sich ein deutlich negativer Wirkungszusammenhang zwischen der Reaktanz und der Einstellung gegenüber Sponsoring (-0,342). Entsprechend der Hypothesen verdeutlichen die empirischen Daten, dass in Folge von Reaktanz eine negative Einstellung gegenüber Sponsoring auftreten kann (H5). Im Besonderen resultiert die Reaktanz in mangelnder Kaufbereitschaft gegenüber den beworbenen Produkten (-0,835; H8). Jedoch widerspricht der nicht bestätigte Zusammenhang zwischen der Einstellung gegenüber Sponsoring und der Kaufbereitschaft (-0,017; H9) den theoretischen Überlegungen. Darüber hinaus zeigt sich theoriekonform ein deutlicher Zusammenhang zwischen der KVW und der Identifikationsrate bezüglich der Sponsoren (H10a). Je höher die Konsumentenverwirrtheit ist, desto weniger waren die Probanden in der Lage, die richtigen Sponsoren des Ereignisses zu identifizieren (-0,393). Darüber hinaus fällt ein geringer, aber signifikanter Zusammenhang zwischen der Konsumentenverwirrtheit und der korrekten Identifikationsrate der Ambusher auf (-0,118). Mit erhöhter Verwirrtheit war es den Konsumenten somit nicht mehr möglich, die Ambusher von den Sponsoren zu unterscheiden. Im Weiteren belegen jedoch die 184
Bei der Interpretation der Pfadstärken ist zu beachten, dass durch das PLS-Verfahren die Pfadkoeffizienten als Verbindungen zwischen den Konstrukten unterschätzt werden (vgl. Chin/Marcolin/Newsted 1996, S. 34).
205
Überprüfung der Wirkungszusammenhänge mittels Strukturgleichungsmodellierung
Daten entgegen der theoretischen Vorüberlegungen keine weiteren negativen Effekte der KVW. So beeinflusst die Konfusion der Konsumenten weder die Reaktanz (0,087; H4) noch die Einstellung gegenüber Sponsoring (-0,027; H6) bzw. die mangelnde Kaufbereitschaft (-0,038; H7). Diese Hypothesen müssen somit abgelehnt werden. Zusammenfassend kann konstatiert werden, dass sich die Forschungsfrage bereits an dieser Stelle bestätigt hat. Da sowohl die quantitative als auch die qualitative Informationsrate als Ursache der Reaktanz fungieren, die die negativen Effekte negativer Einstellung gegenüber Sponsoring und mangelnder Kaufbereitschaft gegenüber beworbenen Produkten und Dienstleistungen auslösen, kann somit eindeutig vermerkt werden, dass die Art und Vielzahl der Sponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen negative Effekte auslösen. Ein weiterer Beleg dafür ist die erhöhte KVW durch die qualitative Informationsrate und das daraus resultierende verminderte Unterscheidungsvermögen der Konsumenten bezüglich der Sponsoren und Ambusher der Fußball-WM 2006. Die Ergebnisse sind in der grafischen Darstellung des spezifischen Strukturmodells der negativen Auswirkungen durch Sponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen nochmals visualisiert (Abb. 42). Abb. 42: Pfaddiagramm des Modells der negativen Auswirkungen durch Sportsponsoring- und AmbushMarketing-Maßnahmen mit Schätzwerten
H10a- 9
korrekte Identifikation der Sponsoren R2=0,154
-0,393***
wahrgenommene Stimulivielzahl R2=0,113 -0,336***
-0,067
H2a+
0,087***
H1+ 9
H4+
-0,021
H11b-
0,518***
0,840***
0,820***
wahrgenommene wahrgenommene SÄ SU
Einstellung gegenüber Sponsoring R2=0,122
H5- 9
0,211***
H3b+ 9
korrekte Identifikation der Ambusher R2=0,014
-0,038**
H7-
-0,016
H9+
Kaufbereitschaft R2=0,690
-0,341***
H2b+ 9 qualitative Informationsrate R2=0,473
H10b- 9
H6-
H3a+ 9
0,680***
-0,118***
-0,026
0,350***
H11a- 9
EreignisInvolvement
KVW R2=0,225
situative Reaktanz R2=0,311
H8- 9
-0,835***
0,727*** wahrgenommene SN Signifikanzniveau: *** p < 0,001; ** p < 0,01; *p < 0,05
Um die Aussage zur Forschungshypothese letztlich eindeutig belegen zu können, ist als weiterer Schritt der Analyse der Güte des Strukturmodells die Stärke des Einflusses der jeweiligen Variablen auf die Varianz eines Konstruktes festzustellen. Die Effektstärke (f²) berech-
206
Empirische Überprüfung des Modells
net sich mittels der Änderung des R² der jeweilig abhängigen Variablen bei Elimination der jeweiligen unabhängigen Variablen (vgl. Huber et al. 2007, S. 46). Die Ergebnisse (vgl. Tab. 29) weisen eine hohe Schwankung der Effektgröße auf (f² zwischen 0,001 und 1,838). Nach den entsprechenden Kriterien beurteilt (vgl. Chin 1998b, S. 316f.), zeigen sich logischerweise ähnliche Ergebnisse wie bei der Erklärung des Bestimmtheitsmaßes. Die Effektgröße bestätigt die o.g. Ergebnisse des starken Einflusses der wahrgenommenen Stimulivielzahl auf die qualitative Informationsrate bzw. der Reaktanz auf die mangelnde Kaufbereitschaft. Im Weiteren findet sich ein moderater Einfluss der qualitativen IR auf die KVW. Die Werte der Effektgrößen anderer Variablen sind als eher schwach oder nicht nennenswert zu interpretieren. Tab. 29: Effektgrößen latenter Variablen abhängige Variable qualitative IR KVW
Reaktanz
Einstellung
KB
R2inkl
R2exkl
F2
Beurteilung
Involvement
0,472
0,474
-0,004
-
SV
0,472
0,062
0,777
stark
SV
0,224
0,223
0,001
-
eliminierte unabhängige Variable
qualitative IR
0,224
0,084
0,180
moderat
qualitative IR
0,312
0,293
0,028
schwach
SV
0,312
0,245
0,097
schwach
KVW
0,312
0,305
0,010
-
KVW
0,123
0,122
0,001
-
Reaktanz
0,123
0,016
0,122
schwach
KVW
0,690
0,689
0,003
-
Einstellung
0,690
0,691
-0,003
-
Reaktanz
0,690
0,120
1,839
stark
Im letzten Schritt erfolgte die Prüfung der Prognosevalidität des Modells mittels des sog. Stone-Geisser-Kriteriums (Q²). Dieses gibt an, wie gut die empirischen Daten durch das Modell rekonstruiert werden können (Prognoserelevanz) (vgl. Fornell/Cha 1994, S. 72; Krafft/Götz/Liehr-Goebbers 2005, S. 84). Die Berechnung von Q² mittels Blindfolding ergibt für alle Variablen einen Wert größer Null (vgl. Tab. 30), womit das Modell Prognoserelevanz besitzt. Nach Prüfung aller Kriterien kann zusammenfassend festgestellt werden, dass das Modell negativer Wirkungen durch Veranstaltungssponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen den Gütekriterien genügt und eine reliable und valide Messung dieser negativen Wirkungen vorliegt.
Überprüfung der Wirkungszusammenhänge mittels Strukturgleichungsmodellierung
207
Tab. 30: Prognosevalidität des Strukturmodells Konstrukte
Q² > 0
SV
0,076
qualitative IR
0,187
SÄ
0,549
SN
0,276
SU
0,421
KVW
0,132
Reaktanz
0,196
Einstellung ggü Sponsoring
0,090
KB
0,532
Identifikationsrate
0,154
5.4 Zusammenfassung der kausalanalytischen Betrachtung Das hier untersuchte Modell sollte die negativen Wirkungen durch Sportsponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen im Rahmen sportlicher Großereignisse mit medialer Bedeutung aufzeigen. Das aus theoretischen Überlegungen spezifizierte Modell (vgl. Abb. 29; S. 134) konnte in seinen Grundzügen kausalanalytisch bestätigt werden. Zunächst kann konstatiert werden, dass eine reliable und valide Messung der einzelnen Konstrukte vorliegt. Es wurden sowohl die Indikatorreliabilität als auch Konvergenz- und Diskriminanzvalidität bestätigt. Somit wurden in der vorliegenden Studie neue und konsistente Messinstrumente für die Variablen wahrgenommene Stimulivielzahl, die Dimensionen der qualitativen Informationsrate (wahrgenommene Stimuliähnlichkeit, -unklarheit, -neuartigkeit) sowie für die situative Reaktanz entwickelt. Verbesserungspotential besteht lediglich bezüglich der Messung der wahrgenommenen Stimulineuartigkeit, da ein Indikator (sn_03) den geforderten Schwellenwert der Faktorreliabilität von >0,707 (sn_03 = 0,681) knapp unterschreitet. Darüber hinaus bestätigte die Prüfung mittels schätzungsorientierten, nicht parametrischen Gütemaßen die Güte des Gesamtmodells. Es wurden Ausmaß und Signifikanz der Pfadkoeffizienten analysiert, der substanzielle Erklärungsbeitrag der exogenen Variablen bestätigt und es konnte dem Modell Prognoserelevanz bescheinigt werden. Aus methodischer Sicht zeigen lediglich die Ergebnisse der Prüfung der Reliabilität aller Strukturbeziehungen mit dem Bestimmtheitsmaß, dass nicht alle Variablen durch die im Modell enthaltenen Einflußfaktoren umfassend erklärt wurden. Wie z.B. die Werte des Varianzanteils der Identifikationsraten belegen (R²=0,154 bzw. R²=0,014), beeinflussen neben der KVW noch andere, nicht im Modell enthaltene Konstrukte das Unterscheidungsvermögen besser. Dies könnte Ziel von weiteren Studien sein, die als mögliche Einflussfaktoren das Sponsor- oder Ereignis-Involvement oder Markenprominenz untersuchen könnten. Zudem sind weitere Antezedenten der wahrgenom-
208
Empirische Überprüfung des Modells
menen Stimulivielzahl bzw. weitere beeinflussende Variablen der Einstellung gegenüber Sponsoring oder der KVW zu untersuchen. Die empirischen Befunde bestätigten einen Großteil der theoretisch gestützten Hypothesen. Zusammenfassend zeigt sich, dass sowohl die wahrgenommene Stimulivielzahl als auch die qualitativen Eigenschaften der Stimuli (wahrgenommene SÄ, SU, SN) situative Reaktanz hervorrufen, die sich im Weiteren negativ auf die Einstellung gegenüber dem Sponsoring und die Kaufbereitschaft auswirkt. Die qualitative Informationsrate führt wiederum zu Konsumentenverwirrtheit, die im Besonderen die korrekte Identifikation der Sponsoren negativ beeinflusst. Letztlich wurde ein Großteil der vermuteten negativen Effekte der Informationsraten auf die Ziele der Sponsoren und Ambusher bestätigt. Die Betrachtung der einzelnen Pfade zeigt, dass das Ereignis-Involvement (WM-Involvement) besonders die wahrgenommene Stimulivielzahl beeinflusst (H11a). Je mehr ein Konsument demzufolge in die Fußball-WM involviert war, desto geringer war die wahrgenommene Stimulivielzahl, während die wahrgenommene qualitative Informationsrate nicht durch das Ereignis-Involvement bestimmt wurde (H11b). Vielmehr übte theoriekonform die quantitative Informationsrate (SV) einen starken Einfluss auf die qualitative Informationsrate aus (H1). Folglich erschwerte die wahrgenommene Vielzahl an Stimuli zur Fußball-WM 2006 die Differenzierung dieser, da Konsumenten i. d. R. aufgrund geringen Sponsor-Involvements und beschränkter Verarbeitungskapazität nur minimalen kognitiven Aufwand zur Enkodierung von (Sponsoren)Informationen aufwenden (vgl. Jacoby/Speller/Kohn 1974; Malhotra/Jain/Lagakos 1982; Wakefield/Becker-Olsen/Cornwell 2007). Dies zeigt sich auch darin, dass die qualitative Informationsrate Konsumentenverwirrtheit verursacht (H2b). Offensichtlich bewirkt jedoch die wahrgenommene Stimulivielzahl allein keine KVW (H2a), sondern wirkt vielmehr über den indirekten Effekt der als hoch wahrgenommenen qualitativen Informationsrate. Die Hypothese 2a hat sich damit nicht bestätigt. Dies lässt sich damit begründen, dass gering involvierte Konsumenten vor allem ihnen bereits bekannte Stimuli schneller verarbeiten und keine kognitiven Anstrengungen unternehmen (wollen), ihnen neuartige, unverständliche oder als ähnlich wahrgenommene Stimuli zu verarbeiten (vgl. Bijmolt/Wedel/Pieters/DeSarbo 1998; Brengman/Geuens/dePelsmacker 2001; Loken/Ross/Hinkle 1986; Walsh 2002a; Walsh 2002b) (H2b). Die fehlenden Differenzierungsmerkmale entstehen wiederum durch die wahrgenommene Stimulivielzahl, weshalb diese somit eher indirekt auf die KVW wirkt. Entsprechend theoretischer Überlegungen lösten sowohl die wahrgenommene Stimulivielzahl als auch die qualitative Informationsrate situative Reaktanz aus (H3a, b). Sowohl mit der Menge der wahrgenommenen Werbemaßnahmen im Rahmen des Sponsorings bzw. AmbushMarketings sportlicher Großereignisse als auch der dadurch empfundenen Stimuliähnlichkeit, -neuartigkeit und -unklarheit stieg somit die Motivation, die dadurch als beschränkt wahrgenommene individuelle Freiheit wiederherzustellen.
Überprüfung der Wirkungszusammenhänge mittels Strukturgleichungsmodellierung
209
Im Weiteren zeigt sich, dass sich insbesondere die situative Reaktanz auf weitere Ziele des Sportsponsorings und Ambush-Marketings, d.h. sowohl auf die Einstellung gegenüber dem Sponsoring (H5) als auch auf die Kaufbereitschaft (H8) auswirkt, wobei kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen beiden Effekten festgestellt werden konnte (H9). Die negativen, aus Reaktanz resultierenden Reaktionen lassen sich mit den Annahmen der Reaktanztheorie erklären, dass der motivationale Zustand zur Wiederherstellung der eingeschränkten Freiheit sowohl affektive als auch Verhaltenseffekte auslöst (vgl. Brehm 1972, vgl. Abschnitt D2.1 (S. 104). Während sich die affektiven Effekte in Einstellungsänderungen gegenüber der als freiheitseinschränkend empfundenen Quelle (z.B. Maßnahmen des Sponsorings) äußern können, umfassen Verhaltenseffekte einen bewussten Widerstand gegen den Auslöser der Freiheitsbeschränkung. Wie die Ergebnisse belegen, zeigt sich ein derartiger Verhaltenseffekt in mangelnder Kaufbereitschaft gegenüber den beworbenen Produkten und Dienstleistungen. Es ist anzunehmen, dass die Konsumenten aufgrund des mangelnden Unterscheidungsvermögens hinsichtlich Sponsoren und Ambushern keine Differenzierung zwischen Produkten von Sponsoren oder Ambushern vornehmen. Letztlich wirkt sich diese Verhaltensweise auf die Ziele aller Werbenden aus. Wie die empirischen Befunde belegen, wurde die durch bestimmte Eigenschaften der Stimuli ausgelöste Konsumentenverwirrtheit jedoch nicht als Einschränkung der individuellen Freiheit empfunden und führte folglich nicht zu situativer Reaktanz (H4). Für die Hypothese H4 gibt es somit keine Evidenz. Insgesamt zeigt sich, dass die Art der Stimuli sowohl zu situativer Reaktanz als auch zu KVW und die Menge der Stimuli zu Reaktanz führen. Die beiden Effekte stehen jedoch nicht in unmittelbarem Zusammenhang. Die KVW wird somit nicht als Einschränkung der individuellen Freiheit wahrgenommen und löst keine Motivation zur Wiederherstellung dieser Freiheit aus. Damit lässt sich wiederum erklären, dass die Ergebnisse der theoretisch angenommenen Wirkungszusammenhänge zwischen der KVW und den Effekten der Reaktanz, d.h. der Einstellung gegenüber dem Sponsoring und der mangelnden Kaufbereitschaft, sich ebenfalls nicht bestätigten (H6, H7). Vielmehr zeigt sich, dass die KVW die Unterscheidung zwischen Sponsoren und Ambushern beeinflusst. Die KVW erschwert es den Konsumenten vor allem, die Sponsoren von den anderen Werbenden zu differenzieren (H10a). Es zeigt sich ein geringer, aber signifikanter Einfluss der KVW auf die Identifikationsrate der Ambusher (H10b). Im Vergleich zu den Sponsoren wurden diese besser als solche identifiziert. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass Konsumenten im Besonderen Probleme bei der Identifikation der richtigen Sponsoren hatten, die Ambusher hingegen in geringerem Maße fälschlicherweise als Sponsoren verwechselten. Aus Sicht der Ambusher ist somit anzunehmen, dass sie zwar zum mangelnden Identifikationsvermögen bezüglich der Sponsoren beigetragen haben; es ihnen jedoch nur bedingt gelungen ist, den Konsumenten glauben zu machen, sie seien selbst Sponsoren der Veranstaltung. Von beiden Seiten ist mit diesem Ergebnis die Gefahr gegeben, dass die Konsumenten die mit dem Event verbundenen Imageeigenschaften weder auf Sponsoren noch auf Nicht-
210
Empirische Überprüfung des Modells
Sponsoren übertragen haben. Betrachtet man im Weiteren die negativen Effekte der mangelnden Kaufbereitschaft bezüglich der beworbenen Produkte, bei welchen der Konsument wahrscheinlich aufgrund mangelnden Unterscheidungsvermögens nicht zwischen Produkten der Sponsoren und der Nicht-Sponsoren differenziert, kann ironischerweise davon ausgegangen werden, dass letztlich beide Parteien den angestrebten Nutzen aus ihrem Engagement durch die Art und Vielzahl an Werbemaßnahmen verfehlen. Die folgende Tab. 31 stellt die Ergebnisse der Hypothesenprüfung nochmals zusammenfassend dar. Auch wenn sich nicht alle Hypothesen bestätigten, konnte insgesamt der negative Effekt durch hohe Informationsraten aufgrund der Werbemaßnahmen im Rahmen von Großsportereignissen und somit die Gefahr des Verfehlens der Zielstellungen der Sponsoren und Ambusher beim Konsumenten belegt werden.
211
Überprüfung der Wirkungszusammenhänge mittels Strukturgleichungsmodellierung Tab. 31: Ergebnisse der Hypothesenprüfung Abgeleitete Hypothese
Pfad
Ergebnis
Prüfung der unmittelbaren Wirkung der Informationsraten H1
und Menge Je höher die wahrgenommene quantitative Informationsrate ist, desto höher ist die wahrgenommene qualitative Informationsrate.
0,680
bestätigt
H2a
Je höher die wahrgenommene quantitative Informationsrate ist, desto höher ist -0,067 die wahrgenommene KVW.
nicht bestätigt
H2b
Je höher die wahrgenommene qualitative Informationsrate ist, desto höher ist die wahrgenommene KVW.
0,518
bestätigt
H3a
Je höher die wahrgenommene quantitative Informationsrate ist, desto höher ist 0,350 die situative Reaktanz.
bestätigt
H3b
Je höher die wahrgenommene qualitative Informationsrate ist, desto höher ist die situative Reaktanz.
0,211
bestätigt
H4
Je höher die wahrgenommene KVW ist, desto höher ist die situative Reaktanz. 0,087
nicht bestätigt
H5
Je höher die situative Reaktanz ist, desto negativer ist die Einstellung gegenüber Sponsoring.
0,341
bestätigt
H6
Je höher die KVW ist, desto negativer ist die Einstellung gegenüber Sponsoring.
-0,026
nicht bestätigt
H7
Je höher die KVW ist, desto geringer ist die Kaufbereitschaft gegenüber den Produkten/ Dienstleistungen der werbenden Unternehmen.
0,038
nicht bestätigt
H8
Je höher die situative Reaktanz ist, desto geringer ist die Kaufbereitschaft gegenüber den Produkten/Dienstleistungen der werbenden Unternehmen.
0,835
bestätigt
H9
Je negativer die Einstellung gegenüber dem Sponsoring ist, desto geringer ist die Kaufbereitschaft gegenüber den Produkten/Dienstleistungen der werbenden Unternehmen.
0,016
nicht bestätigt
H10a Je höher die wahrgenommene Konsumentenverwirrtheit ist, desto geringer ist die korrekte Identifikationsrate der Sponsoren
-0,393
bestätigt
H10b Je höher die wahrgenommene Konsumentenverwirrtheit ist, desto geringer ist die korrekte Identifikationsrate der Ambusher.
-0,118
bestätigt
H11a Je höher das ereignisspezifische Involvement ist, desto geringer ist die wahrgenommene quantitative Informationsrate.
-0,336
bestätigt
H11b Je höher das ereignisspezifische Involvement ist, desto geringer ist die wahrgenommene qualitative Informationsrate.
-0,021
nicht bestätigt
Prüfung der Zusammenhänge der negativen Effekte der Informationsraten
Prüfung des Involvement-Effektes auf die Informationsraten
Ergebnisse und Schlussfolgerungen zur theoretischen Zielstellung
213
F Kritische Würdigung und Implikationen 1
Ergebnisse und Schlussfolgerungen zur theoretischen Zielstellung
Das theoretische Ziel der Arbeit bestand darin, erstmals ein Modell zur Erklärung negativer Wirkungen zahlreicher und ähnlicher Werbemaßnahmen durch Ereignis-Sponsoren und Ambusher auf die Konsumenten im Rahmen von Sportgroßevents mit medialer Bedeutung zu entwickeln. In Anlehnung an dieses Oberziel war es ein weiteres Anliegen, die Relevanz der bislang nur in vereinzelten Studien anderer Themenschwerpunkte untersuchten Konstrukte Konsumentenverwirrtheit und situative Reaktanz für den vorliegenden Untersuchungsrahmen aufzuzeigen. Entsprechend den Anforderungen an wissenschaftliche Modelle185 (vgl. Drengner 2008, S. 44; Homburg 2000, S. 34) können beide Ansprüche als erfüllt betrachtet werden. Für den Bereich des Sport-Marketings liegen bisher wenig wissenschaftlich fundierte Analysen von negativen Effekten von Werbemaßnahmen im Rahmen von Sportveranstaltungen vor. Vereinzelte Studien beschäftigen sich mit der auftretenden Proliferation der Sponsorships und sehen diese Entwicklung als eine der größten Herausforderungen im Sport-Sponsoring (vgl. z.B. Meenaghan 1998, S. 309; Tripodi/Sutherland 2000, S. 415). Es wird konstatiert, dass die Zunahme der Sponsoren und daraus resultierend der Ambusher, deren zahlreiche, z.T. austauschbare Werbemaßnahmen und die Penetration, mit welcher diese auf den Konsumenten treffen, die Ziele der Kommunikationsmaßnahmen gefährden können. Dieses Phänomen wird als „clutter“ (vgl. Cornwell/Relyea/Irwin/Maignan, 2000; Séguin/O’Reilly 2008), welches in der Werbewirkungsforschung seit langem Bestandteil der Untersuchungen ist (vgl. z.B. Ha 1996; Ha/McCann 2008; Mandese 1992; Mord/Gilson 1985; Pieters/Bijmolt 1997; Pillai 1990; Ray/Webb 1986; Riebes/Dawes 2006; Rodgers/ Thorson 2000; Webb/Ray 1979), auch im Sport-Sponsoring diskutiert. Es mangelt jedoch dazu an theoretischen und empirischen Studien sowie der Überprüfung von Wirkungszusammenhängen diverser verhaltensrelevanter Konstrukte. Im Weiteren finden sich Forschungslücken bezüglich empirischer Analysen zur Wirkung des Ambush-Marketings (vgl. Abschnitt C2.2, S. 55ff.). Da die negativen Auswirkungen durch zunehmende Werbeaktivitäten der Sponsoren und Ambusher im Rahmen des Sponsorings sportlicher Großereignisse auf die Ziele der Unternehmen noch nicht umfassend untersucht wurden, diskutiert die vorliegende Arbeit eine neuartige Fragestellung. Auf der Grundlage bisheriger Untersuchungen zu negativen Effekten, insbesondere der Konsumentenverwirrtheit im Handelsumfeld und der situativen Reaktanz, wurde ein Modell zur Erklärung dieser negativen Wirkungen abgeleitet. Die Auswahl der Konstrukte stellte insbesondere auf die Berücksichtigung der Zielgrößen der Sponsoren und Ambusher im Rahmen sportlicher Großereignisse ab.
185
Sie sollten realitätsbezogen, gut bestätigt, widerspruchsfrei und empirisch prüfbar sein.
M. Sachse, Negative Kommunikationseffekte von Sponsoring und Ambush-Marketing bei Sportgroßveranstaltungen, DOI 10.1007/978-3-8349-8698-6_6, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010
214
Kritische Würdigung und Implikationen
Zunächst wurde neben der Darstellung der Erkenntnisse der Sport-Sponsoring-Forschung die theoretische und empirische Forschung zum Ambush-Marketing ausführlich ausgewertet und diskutiert. Unter Beachtung aktueller Entwicklungen der Werbeaktivitäten im Umfeld von sportlichen Großereignissen wurde eine neue Definition des Ambush-Marketings entwickelt. Zudem konnte zunächst theoretisch begründet werden, dass die Konsumenten in den Pre-, In-Between- und Post-Event-Phasen aufgrund der Entwicklungen des Sponsorings und vor allem des Ambush-Marketings einer großen Stimulikomplexität durch die EventSponsoren und Ambusher ausgesetzt sind. Die bisherigen Forschungserkenntnisse aufgreifend ergab sich im Weiteren aufgrund von Forschungslücken in der Kommunikationspolitik zunächst die Notwendigkeit einer neuen Konzeptualisierung des Konstruktes der KVW (vgl. folgender Abschnitt zur methodischen Zielstellung). Dafür bedurfte es einer grundlegenden theoretischen Aufarbeitung des Konstruktes. Entgegen bisheriger Ansätze wurde dieses Konstrukt von seinen Antezedenten und Wirkungen getrennt als eigenständiges Konstrukt konzeptualisiert. Unter Berücksichtigung der Erkenntnisse der Umweltpsychologie (vgl. Mehrabian/Russell 1974) wurde die summative Konstellation an wahrgenommenen Eigenschaften der Marketing-Stimuli als Informationsrate und damit als Auslöser der negativen Effekte definiert. Im Gegensatz zum ursprünglichen Ansatz wird diese Informationsrate in der vorliegenden Arbeit aufbauend auf den Erkenntnissen der Forschung zur Konsumentenverwirrtheit jedoch nicht nur als Menge von Informationen, die in einer Zeiteinheit in der Umwelt enthalten ist oder wahrgenommen wird (vgl. Mehrabian 1978, S. 16), begriffen. Vielmehr wurden weitere qualitative StimuliEigenschaften (Ähnlichkeit, Neuartigkeit, Unklarheit von Stimuli) berücksichtigt. Daraus folgend wurden die quantitative und qualitative Informationsrate in das Modell integriert. Diese Unterteilung erwies sich aufgrund der Aussagekraft bezüglich unterschiedlicher negativer Wirkungen beim Konsumenten als zweckdienlich, um deren unterschiedliche Auswirkungen auf die negativen Konstrukte aufzuzeigen. Die Ergebnisse zeigen, dass sich sowohl die gewählte Art der Konzeptualisierung der KVW als auch die der Informationsraten für zukünftige Forschungen in diesem Themenbereich durchaus eignet. Im Weiteren wurden erstmals sowohl der Zustand der situativen Reaktanz als auch daraus resultierende Effekte (Einstellung gegenüber Sponsoring, mangelnde Kaufbereitschaft) bewusst getrennt voneinander als negative Wirkungen der situativen Reaktanz konzeptualisiert. Anschließend erfolgte die empirische Analyse. Die aus den theoretischen Überlegungen hergeleiteten Hypothesen wurden in der Arbeit einer konsequenten empirischen Prüfung unterzogen. Hierbei ergab sich die methodische Herausforderung dadurch (vgl. folgender Abschnitt), dass nicht ausschließlich auf bewährte Messkonzepte zurückgegriffen werden konnte. Gestützt durch explorative Untersuchungen (vgl. Abschnitt E2.2, S. 150ff.) wurden für die KVW und die Informationsraten neue Messinstrumente entwickelt und für die anderen Variablen (insbesondere situative Reaktanz, mangelnde Kaufbereitschaft, Einstellung gegenüber Sponsoring) untersuchungsspezifische Anpassungen der Messansätze vorge-
Ergebnisse und Schlussfolgerungen zur methodischen Zielstellung
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nommen. Die Prüfung ergab, dass wesentliche Teile des entwickelten Modells bestätigt werden konnten. Es ist gelungen, anhand der Neukonzeptualisierung der KVW (vgl. Abschnitt D1.2, S. 86ff.) einige negative Effekte der erhöhten Informationsraten durch Sponsoren und Ambusher, bestehend aus Stimulivielzahl, -ähnlichkeit, -unklarheit und -neuartigkeit, auf die Konsumenten zu belegen. Wie die Ergebnisse bestätigen, sind durch die hohe Informationsrate die Ziele der Sponsoren und der Ambusher gleichermaßen gefährdet. Es hat sich gezeigt, dass sowohl eine wahrgenommene Stimulivielzahl als auch eine wahrgenommene Stimuliähnlichkeit, -unklarheit und -neuartigkeit situative Reaktanz auslösen kann. Diese wiederum verursacht einerseits eine negative Einstellung gegenüber Sponsoring, aber vor allem mangelnde Kaufbereitschaft gegenüber den Produkten der werbenden Unternehmen. Da die empirischen Befunde eine hohe Verwechslungsrate zwischen Sponsoren und Ambushern belegen, kann daraus geschlossen werden, dass sich die mangelnde Kaufbereitschaft gegenüber allen Produkten, die vermeintlich mit dem Ereignis werben, äußert. Diesbezüglich bleibt zwar zu diskutieren, ob diese mangelnde Kaufbereitschaft sich letztlich in der HandelsUmwelt aufgrund anderer, den Kaufprozess beeinflussender Variablen (z.B. Produktinvolvement, Einstellung gegenüber dem Produkt etc.) bestätigt. Es wurde jedoch gezeigt, dass die situative Reaktanz zumindest die Gefahr des Nicht-Kaufes der Produkte und Dienstleistungen in sich birgt. Darüber hinaus konnte dargelegt werden, dass eine hohe qualitative Informationsrate Konsumentenverwirrtheit verursacht. Diese ist wiederum mitursächlich für die Verwechslung der Sponsoren und Ambusher durch den Konsumenten. Insgesamt konnte mit der Auswahl der zu untersuchenden Konstrukte der Forderung nach einem Erklärungsmodell negativer Auswirkungen durch Sponsoring- und AmbushMarketing-Maßnahmen nachgekommen werden. Dabei umfasst das Modell sowohl affektive (Reaktanz, Einstellung), konative (Kaufbereitschaft) als auch kognitive (KVW, Reaktanz, Verwechslungsraten, Einstellung) Konstrukte.
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Ergebnisse und Schlussfolgerungen zur methodischen Zielstellung
Das eng mit dem theoretischen Forschungsziel verknüpfte methodische Ziel der vorliegenden Arbeit bestand darin, ein Instrument zur Messung negativer Wirkungen der Werbemaßnahmen durch Sponsoren und Ambusher im Rahmen von Sportgroßveranstaltungen zu entwickeln. Nicht bei allen Konstrukten konnte auf bewährte Messkonzepte entsprechend der vorgestellten Konzeptualisierung zurückgegriffen werden. Insofern war es ein vorgelagertes Ziel, neue untersuchungsspezifische Messinstrumente für die Konstrukte KVW, quantitative und qualitative Informationsrate sowie die situative Reaktanz zu entwickeln, die den Güteanforderungen entsprechen. Insgesamt kann zunächst für die Messung der im entwickelten Modell enthaltenen Konstrukte konstatiert werden, dass eine theoriegeleitete Konzeptualisierung und Operationalisierung des Modells gelungen ist. Das methodische Forschungsziel der Entwicklung reliabler und valider Messinstrumente kann insgesamt als erfüllt angesehen werden (vgl. E5.3.1, S. 197ff.).
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Kritische Würdigung und Implikationen
Der Forschung mangelt es bislang an theoretischer Fundierung und Beiträgen, die aufzeigen, dass die Konsumentenverwirrtheit ein verhaltenswissenschaftlich relevantes und eigenständiges Konstrukt ist. Die vorliegende Arbeit leistet somit einen wesentlichen Beitrag zur theoretischen Diskussion der KVW. Die Entwicklung der Messkonzepte für die Konstrukte KVW, quantitative und qualitative Informationsrate erfolgte entsprechend der von Homburg/ Giering (1996) und Churchill (1979) empfohlenen theoriegeleiteten Vorgehensweise. Nachdem im Rahmen einer ersten qualitativen Stufe alle empirischen Studien zur Messung von KVW analysiert wurden, schloss sich die Generierung eines Indikatorenpools in einem mehrstufigen qualitativen und quantitativen Verfahren an (vgl. E2.2.3, S. 158ff.). Darauf aufbauend konnte ein reliables und valides Messinstrument der KVW sowie der quantitativen und qualitativen Informationsrate entsprechend der entwickelten Konzeptualisierung erarbeitet werden (vgl. E5.2.1, S. 193ff.). Wie hingegen die Ergebnisse der Überprüfung der Indikatorenreliabilität zeigen, besteht Verbesserungspotential bezüglich der Skala zur Messung der wahrgenommenen Stimulineuartigkeit. Weiterer Bedarf bestand hinsichtlich der Entwicklung eines geeigneten Messkonzeptes für die situativ ausgelöste Reaktanz (vgl. Brehm 1966). Die bestehenden Messansätze entstammen zum Großteil der sozial- und persönlichkeitspsychologischen Forschung (vgl. stellvertretend Brehm/Brehm 1981; Buboltz/Thomas/Donnell 2002; Dickenberger/Gniech/Grabitz 2002; Dillard/Shen 2005; Donnell/Thomas/Buboltz 2001; Herzberg 2002; Hong 1992; Hong/ Faedda 1996; Hong/Page 1989; Silvia 2006a) und beziehen sich weitestgehend auf den Ansatz der dispositionalen Reaktanz, d.h. die generalisierte Reaktanzbereitschaft als persönlichen Charakterzug (vgl. Abschnitt E2.3, S. 162ff.). Da diese Verhaltensprädisposition kein zu beeinflussendes Ziel der Sponsoren und Ambusher ist, schien dieses Konstrukt im Rahmen der vorliegenden Untersuchung nicht geeignet. Darüber hinaus sind die bisherigen Operationalisierungen der Reaktanz der Kritik ausgesetzt, vielmals nicht die Reaktanz selbst, sondern ausschließlich ihre Effekte, wie z.B. Kaufverhalten oder Einstellungsänderung, zu messen (vgl. Clee/Wicklund 1980, S. 399; Miron/Brehm 2006, S. 13; Wendlandt/Schrader 2007, S. 294). In dieser Arbeit sollten jedoch explizit entsprechend den Anforderungen an eine valide Konstruktkonzeptualisierung (vgl. Edwards/Bagozzi 2000) sowohl der Zustand situativer Reaktanz als negativer Effekt der Wahrnehmung der Informationsraten als auch die daraus resultierenden Reaktionen (z.B. Einstellungsänderung, Verhaltenseffekte) getrennt voneinander betrachtet werden. Somit wurde in einem mehrstufigen Forschungsprozess (vgl. E2.3, S. 162ff.) ein reliables Messinstrument der situativ ausgelösten Reaktanz für den spezifischen Untersuchungskontext entwickelt. Für die Messung des Verhaltenseffektes der mangelnden Kaufbereitschaft resultierend aus situativer Reaktanz konnte ebenfalls ein reliables Messinstrument erarbeitet werden (vgl. E5.2.1, S. 193ff.). Wie die Ergebnisse der Prüfung der Diskriminanzvalidität jedoch belegen (vgl. Tab. 26, S. 201), gibt es weiteren Forschungsbedarf in der Operationalisierung der beiden Variablen als dichotome Konstrukte. Die Messung der Einstellung gegen-
Ergebnisse und Schlussfolgerungen zur methodischen Zielstellung
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über dem Sponsoring als Kommunikationsinstrument basierte auf den vorhandenen Messkonzepten zur Einstellung gegenüber Werbung und wurde auf den vorliegenden Untersuchungsrahmen adaptiert. Darüber hinaus wurde zur Messung des Ereignis-Involvements auf das bewährte Konzept Zaichkowskys (1985) zurückgegriffen. Einen weiteren Forschungsbeitrag leistet die Messung der Verwechslung zwischen den Sponsoren und Ambushern seitens der Konsumenten durch die genutzten Identifikationsraten (vgl. E2.6, S. 169ff.). Bislang wurden die Recall- und Recognition-Messungen oft fälschlicherweise als Analyse der Verwirrtheit durchgeführt. Der ermittelte Erinnerungswert repräsentiert nach aktuellem Forschungsstand hingegen nicht das Konstrukt der KVW selbst, sondern stellt vielmehr das Ergebnis aus einem fehlerhaften Speicherungsprozess durch KVW dar. Als Identifikationsraten (vgl. E2.6, S. 169ff.) durch fehlerhafte Wahrnehmung fand dieser Ansatz als Folge der KVW somit im Wirkungsmodell Anwendung, da bislang keine Einbindung in ein Strukturmodell erfolgte. Wie die Ergebnisse der Prüfung der Diskriminanzvalidität bestätigen, konnte eindeutig gezeigt werden, dass es sich bei der KVW um ein autonomes Konstrukt gegenüber den Verwechslungsraten handelt. Für die empirische Prüfung des Modells negativer Wirkungen wurde auf den Ansatz der Kausalanalyse zurückgegriffen. Dieses Vorgehen eignet sich, wenn vorab formulierte und theoretisch fundierte Hypothesen geprüft werden sollen. Nach einem entsprechenden Vergleich zur Verfügung stehender Strukturgleichungsverfahren wurde das varianzbasierte PLSVerfahren zur Schätzung des Kausalmodells gewählt. Dies erfolgte vor dem Hintergrund der Zielsetzung der vorliegenden Arbeit, auf Basis theoretisch-konzeptioneller Grundlagen ein solides Modell zu entwickeln, das eine Vorhersage der negativen Wirkungen von Kommunikationsmaßnahmen durch Sponsoring und Ambush-Marketing im Rahmen von sportlichen Großereignissen mit medialer Bedeutung beim Konsumenten ermöglicht. Darüber hinaus fehlt es bislang an Studien bezüglich der untersuchten Fragestellung, was ebenfalls für die Wahl von varianzbasierten Verfahren spricht. Im Weiteren liegen weniger einschränkende Anforderungen an die Verteilung der empirischen Daten vor. Die Berechnung des Pfadmodells erfolgte mit der Software SmartPLS 2.0. Wie die Darstellung der Ergebnisse der Prüfung des Gesamtmodells entsprechend der Gütekriterien für PLS zeigt (vgl. E5.3.2, S. 202), wird dem Modell eine hohe Prognoserelevanz bescheinigt. Insgesamt gilt die Anforderung an die methodische Zielstellung der Arbeit als erfüllt. Abschließend soll die Forderung nach Generalität und Praktikabilität des Untersuchungsinstrumentes betrachtet werden. Zwar leistet das vorliegende Modell mit seiner Betrachtung negativer Effekte durch Sportsponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen einen ersten Erkenntnisfortschritt, jedoch kann damit kein Anspruch auf Allgemeingültigkeit des Ansatzes erhoben werden. So beschränkte sich die empirische Untersuchung auf
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eine bestimmte Zielgruppe (Studierende und Mitarbeiter der Universität),
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einen bestimmten Veranstaltungsinhalt (Sport bzw. speziell Fußball-WM 2006),
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Kritische Würdigung und Implikationen
auf bestimmte Konstrukte und ihre bestimmten Wirkungspfade.
Entsprechend des Wissenschaftsverständnisses des Kritischen Rationalismus kann hingegen erst von einer umfassenden Theorie negativer Effekte durch Sportsponsoring- und AmbushMarketing-Maßnahmen gesprochen werden, wenn die Aussagen durch weitere Untersuchungen, auch anhand anderer Untersuchungsobjekte, eine Bestätigung erhielten (vgl. Popper 2005). Die Praktikabilität des Messinstrumentes ergibt sich aus dem mit der Forschungsmethode verbundenen zeitlichen und finanziellen Aufwand in Bezug zur Aussagekraft der Ergebnisse (vgl. Woll 1997, S. 172). Grundsätzlich wird die Wahl des quantitativen Forschungsdesigns mittels Online-Erhebung diesem Anspruch gerecht. Der Vorteil der Online-Befragung liegt darüber hinaus zum einen in der Kostengünstigkeit. Zum anderen werden geringere Effekte der sozialen Erwünschtheit durch die Abwesenheit eines Interviewers angenommen (vgl. de Leeuw/Hox/Kef 2003, S. 223f.; Duffy/Smith/Terhanian/Bremer 2005; Mühlenfeld 2004; Taddicken 2008, S. 137; Tourangeau/Smith 1998, S. 449; Weisband/Kiesler 1996). Das entwickelte Messkonzept erfüllt hingegen auch bei der Durchführung einer schriftlichen Befragung die Ansprüche an Praktikabilität. Zukünftig können im Rahmen der Analyse von Werbewirkungseffekten bei Veranstaltungen die entwickelten Messmodelle auch in der Praxis Anwendung finden, um Implikationen für weitere Maßnahmen abzuleiten.
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Ergebnisse und Schlussfolgerungen zur praktischen Zielstellung
Die praktischen Ziele der vorliegenden Analyse bestehen darin, den Unternehmen, die Sportgroßveranstaltungen als Kommunikationsplattform nutzen, mögliche negative Effekte ihres Engagements als Sponsor oder Ambusher aufzuzeigen, ihnen ein entsprechendes Messinstrument zur Kontrolle ihrer Kommunikationsmaßnahmen vorzulegen und Handlungsempfehlungen zur Vermeidung bzw. Einschränkung dieser negativen Effekte zu geben. Die Prüfung des im Rahmen der vorliegenden Arbeit entwickelten Modells zeigt, dass die Vielzahl und die Art der Werbemaßnahmen im Rahmen von Sportgroßereignissen, wie z.B. der Fußball-WM, negative Effekte bei den Konsumenten auslöst und somit die Zielerreichung aller Werbenden gefährdet. So konnte belegt werden, dass wahrgenommene Stimulivielzahl, ähnlichkeit, -unklarheit und -neuartigkeit zu situativer Reaktanz führen, welche sich in Folge negativ auf die Einstellung gegenüber dem Sponsoring und die Kaufbereitschaft gegenüber Produkten und Dienstleistungen aller Werbenden auswirkt. Da davon auszugehen ist, dass die Konsumenten bezüglich ihrer Kaufbereitschaft nicht zwischen Produkten der Sponsoren und Ambusher unterscheiden, wirkt sich die situative Reaktanz sowohl auf die Ziele der Sponsoren als auch auf die Ziele der Ambusher negativ aus. Im Weiteren löst die qualitative Informationsrate Konsumentenverwirrtheit aus, die wiederum die Verwechslungsraten zwischen Sponsoren und Ambushern seitens der Konsumenten erhöht. Die Ergebnisse belegen, dass die Konsumenten aufgrund der Komplexität der veranstaltungsbezogenen Kommunikationsmaß-
Ergebnisse und Schlussfolgerungen zur praktischen Zielstellung
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nahmen grundsätzlich nicht mehr zuordnen können, wer mit dem Event überhaupt assoziiert ist. Somit findet als negative Auswirkung für beide Parteien u.U. der von beiden Seiten angestrebte Imagetransfer in den Köpfen der Konsumenten nicht oder nur unzureichend statt (vgl. Gwinner 1997). Die zahlreichen Werbemaßnahmen im Rahmen einer Großveranstaltung mit medialer Bedeutung gefährden daher sowohl die Ziele der Sponsoren als auch die der Ambusher gleichermaßen. Somit sollte es aus Sicht aller Eventparteien (Sponsoren, Ambusher, Veranstalter) das Ziel sein, sowohl Konsumentenverwirrtheit als auch situative Reaktanz bei den Konsumenten zu vermeiden. Im Folgenden werden aufbauend auf den theoretischen und empirischen Erkenntnissen konkrete Handlungsempfehlungen für Sponsoren, Ambusher und Veranstalter abgeleitet. Herausforderungen für Sponsoren und Ambusher: Integrierte Kommunikation Das Ziel der Sponsoren und Ambusher zur Vermeidung von Konsumentenverwirrtheit und Reaktanz sollte zunächst eine eindeutige Assoziation des eigenen Unternehmens zum Event sein. Wie die empirischen Befunde zeigen, spielt dabei insbesondere die Wahrnehmung der qualitativen Informationsrate eine Rolle, die als Auslöser von KVW identifiziert wurde. Bezüglich der Beeinflussung der Wahrnehmung der qualitativen Informationsrate (wahrgenommene Stimulineuartigkeit, -ähnlichkeit und -unklarheit) ist sowohl den Sponsoren als auch den Ambushern zunächst zu raten, in den Köpfen der Konsumenten klare Gedächtnisstrukturen bezüglich der Assoziation der Marke mit Sport, der Sportart oder dem Sportereignis aufzubauen. Ein Ansatzpunkt dafür ist die langfristige Kommunikation sportlicher Imageattribute im Rahmen Integrierter Kommunikation. Die Integrierte Kommunikation umfasst die inhaltliche, formale und zeitliche Abstimmung aller Maßnahmen der Marktkommunikation und kennzeichnet die durchgängige Umsetzung eines Kommunikationskonzeptes zur Optimierung der Kontaktwirkungen (vgl. Esch 2008, S. 27). Aus verhaltenswissenschaftlicher Sicht soll mittels integrierter Kommunikation durch den Aufbau von Schemata über einen langfristigen Lernprozess Wissen bezüglich der Assoziation der Marke und des Sportsponsoring- bzw. Ambushing-Objektes (z.B. Sportveranstaltung) generiert werden. Insbesondere durch die Vermittlung gleicher formaler und/oder inhaltlicher Eindrücke, z.B. Sportbezug, wird damit Markenbekanntheit aufgebaut und folglich die Erinnerung an die Kommunikation erleichtert (vgl. Esch 2008, S. 27). Im Weiteren dient eine langfristige integrierte Kommunikation dem Aufbau der Einstellung gegenüber der Marke bzw. deren Image, die folglich zur Präferenzbildung beiträgt und zum Kauf führt. Wie die empirischen Ergebnisse belegen, insbesondere die deskriptive Auswertung des gestützten Recall-Tests (vgl. Abschnitt E4.1, S. 180ff.), senkt eine hohe Markenbekanntheit und ein langfristig einheitliches Engagement die Konsumentenverwirrtheit. So zeigen die Beispiele McDonald’s, adidas und Coca-Cola, dass das langfristige Sportengagement und deren Markenprominenz zu einer hohen Erinnerungsrate der Konsumenten führten.
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Kritische Würdigung und Implikationen
Entsprechend dieser Möglichkeiten des strategischen Ansatzes integrierter Kommunikation ist den Sponsoren und Ambushern eines Sportereignisses zu empfehlen, über langfristige zeitliche, inhaltliche und formale Abstimmung eindeutige Gedächtnisstrukturen hinsichtlich eines Sport-Marken-Fits herzustellen. Diese Assoziation sollte bereits im Vorfeld eines Sportereignisses, davon völlig unabhängig, aufgebaut werden, um den Konsumenten zum Zeitpunkt des Sportevents nicht mit neuartigen Informationen bezüglich eines Sport-Engagements zu verunsichern. Sind in der Zielgruppe erste Assoziationen des Unternehmens mit dem Thema Sport erreicht, gilt es im Vorfeld des konkreten Sportereignisses zu überlegen, ob das Event-Sponsorship entsprechend den Unternehmenszielen Effektivität und Effizienz verspricht oder sich aufgrund von Beschränkungen auch Ambush-Marketing zur Kommunikation eignet. Unabhängig von dieser Entscheidung ist für beide Parteien spätestens zum Zeitpunkt der Rechtevergabe an die Sponsoren des Ereignisses mit der konkreten integrierten Event-Kommunikation zu beginnen. Bei der Planung der eigenen Kommunikationsmaßnahmen als Sponsor oder Ambusher ist folglich auf ausreichende inhaltliche und formale Vernetzung der Aktivitäten zu achten. Dies betrifft sowohl die interinstrumentelle als auch die intrainstrumentelle Integration. Aus inhaltlicher Sichtweise sind für beide Eventparteien stets wiederkehrende verbale (gesungene, gesprochene oder geschriebene) Aussagen bezüglich des Sportengagements sowie Bilder, die diese Assoziation widerspiegeln, zu nutzen (z.B. Einsatz von Testimonials mit Bezug zur Sportart oder dem Event). Bedeutsam ist die gemeinsame Darstellung von Event und Marke, um eine hinreichende Bedingung für den Imagetransfer zu schaffen (vgl. Nitschke 2008) und wahrgenommene Stimulineuartigkeit und Stimuliunklarheit zu vermeiden. Die inhaltlichen Merkmale gilt es formal gleich in alle Werbemaßnahmen zu integrieren, um die Marke im Gedächtnis der Kunden zu verankern und den Zugriff darauf zu erleichtern (vgl. Esch 2008, S. 74). Somit wird die Angriffsfläche für Mitbewerber reduziert. Zu den formalen Mitteln zählen jegliche Stilmerkmale, wie z.B. bestimmte Farben und Formen oder eine gleich bleibende Typographie. Insgesamt ist sowohl den Sponsoren als auch den Ambushern eine kreative inhaltliche und formale intra- und interinstrumentelle Ausgestaltung der Kommunikationsmaßnahmen zu empfehlen, um sich jeweils gegenüber der Vielzahl und Ähnlichkeit der Maßnahmen der Mitbewerber, die zu KVW und Reaktanz führen können, durchzusetzen. Sowohl die Sponsoren als auch die Ambusher sollten dabei die Möglichkeiten des Einsatzes kreativer Maßnahmen im Rahmen von Pre- und Post-Ereignis-Kommunikation nutzen (vgl. Bruhn/Ahlers 2003, S. 291). Darüber hinaus können insbesondere die Sponsoren die Möglichkeiten der Umsetzung des Sponsorships vor Ort nutzen. Grundsätzlich sind die Ansatzpunkte einer interinstrumentellen Integration der Maßnahmen der Sponsoren und Ambusher vielseitig, da sie das gesamte
Ergebnisse und Schlussfolgerungen zur praktischen Zielstellung
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Spektrum der Kommunikationsinstrumente umfassen, so dass im Folgenden (vgl. Tab. 32) nur einige Beispiele dargestellt sind. Tab. 32: Möglichkeiten interinstrumenteller Integration des Sportsponsorings bzw. Ambush-Marketings Beispiele für Vernetzungsmöglichkeiten zwischen… Mediawerbung
Sponsoring/Ambush-Marketing x Hinweis auf das jeweilige Sportengagement in klassischer Anzeigen-, Fernseh- und Rundfunkwerbung, auf Plakaten etc. x Einsatz gesponserter Sportler als Testimonials
Verkaufsförderung
x gezielte Promotionkampagnen, z.B. mit Bezug zum Event x Handelsmarketingaktivitäten, z.B. POS-Werbung, Gewinnspiele x Merchandising (z.B. Zugabe beim Produktverkauf)
Online-Marketing
x Kommunikation der Sportengagements auf der Homepage
Öffentlichkeitsarbeit
x PR-Arbeit rund um die Sportengagements
Hospitality-Aktivitäten
x Einladung wichtiger Kunden zu gesponserten Veranstaltungen oder zu Veranstaltungen mit Themenbezug
Darüber hinaus ist insbesondere den Sponsoren aus inhaltlicher Perspektive zu raten, ihren Status des Offiziellen Unterstützers des Ereignisses zu kommunizieren. Einerseits sollte das Unternehmen betonen, dass es der einzige Sponsor dieses Events in dieser Branche ist. Andererseits sollte es den Förderaspekt in den Vordergrund stellen, gerade um sich von Ambushern abzuheben und somit die Bezeichnung als Förderer oder Partner des Ereignisses strapazieren. Aus formaler Sicht ist das offizielle Symbol des gesponserten Events konsequent zum Einsatz zu bringen, insbesondere um Stimuliunklarheit und folglich Konsumentenverwirrtheit bezüglich der Assoziation des Unternehmens zum Event zu vermeiden. Den Ambushern ist neben den fast unzählig anmutenden Möglichkeiten kreativer Vernetzung der eigenen Marke mit dem Event (vgl. Abschnitt B2.3, S. 31ff.) zu empfehlen, in ihrer Wahl der Mittel vor allem auf die rechtlichen Rahmenbedingungen zu achten. Dabei gilt es zu bedenken, dass abgesehen von den juristischen Konsequenzen, negative Assoziationen seitens der Konsumenten auftreten können, insofern Ambusher wegen Rechtsstreitigkeiten in der Öffentlichkeit stehen (vgl. Woisetschläger/Michaelis/Hartleb 2007, S. 219). Neben kreativer inhaltlicher und formaler Integration zur Vermeidung von wahrgenommener Stimuliähnlichkeit, -unklarheit und -neuartigkeit und folglich Konsumentenverwirrtheit und Reaktanz ist im Rahmen der zeitlichen Integration darauf zu achten, dass der Werbedruck nicht zu hoch ist, da die empirischen Belege zeigen, dass auch dieser situative Reaktanz bewirken kann. Wie die Ausführungen in Abschnitt D2.1 (S. 104) zeigen, ist die Stärke der Reaktanzreaktion u.a. abhängig von der Stärke des wahrgenommenen Beeinflussungsdrucks und von dem Umfang des bedrohten Freiheitsspielraums des Konsumenten (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg
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Kritische Würdigung und Implikationen
1999, S. 207). Diesbezüglich sollten die Sponsoren und Ambusher unter Abwägen der eigenen Zielvorstellungen und möglicher negativer Reaktanzeffekte die Quantität der eigenen Maßnahmen sorgfältig planen. Hierbei lässt sich die wissenschaftliche Erkenntnis nutzen (vgl. Abb. 22, S. 106), dass der Reaktanz bis zu einer bestimmten Schwelle eher Konformitätsstreben vorausgeht, d.h. die Werbemaßnahmen nicht als kommunikative Beeinflussung wahrgenommen werden, bevor das Überschreiten einer bestimmten Schwelle Reaktanz verursacht. Den Werbetreibenden bleibt folglich ein gewisser Spielraum, bevor den Konsumenten die Informationen zuviel werden und sich Reaktanz einstellt. Im Weiteren wird der wahrgenommene Beeinflussungsdruck eines Kommunikators durch seine Glaubwürdigkeit und sachliche Kompetenz determiniert. Folglich ist die Glaubwürdigkeit der Beeinflussungsquelle bedeutend. In der Literatur wird diskutiert, dass der Beeinflussungsdruck als weniger wahrscheinlich wahrgenommen wird, je glaubwürdiger der Kommunikator ist (vgl. Wendt 2007, S. 50). Sowohl die Sponsoren als auch die Ambusher sollten folglich in ihrer Kommunikation auf die Verringerung der Wahrnehmung der Beeinflussungsabsicht setzen. Dies ist letztlich eine Frage des Werbestils, der glaubwürdig eine Unterstützung der Veranstaltung, eines Sportlers oder eines Teams versichern sollte. Insofern lässt sich diese Erkenntnis vor allem in der inhaltlichen Ausgestaltung der Kommunikationsmaßnahmen der Sponsoren nutzen. Sie könnten in ihrer Kommunikation auf die ethisch-moralische Bewertung des Ambush-Marketings setzen und kommunizieren, dass die Ambusher „getting something for nothing“ (vgl. z.B. O’Sullivan/Murphy 1998, S. 356). Es ist jedoch diskutabel, ob dies den Sponsoren in der Zielgruppe tatsächlich positiv ausgelegt wird. Sie könnten jedoch auch ohne den Ambusher direkt anzugreifen den eigenen „goodwill“ herausstellen und kommunizieren, dass ohne die finanzielle Unterstützung der Sponsoren keine Veranstaltungen stattfinden könnten, den Athleten und den Eventveranstaltern eine Finanzierungsbasis entzogen würde und den Konsumenten ein privates Vergnügen entginge. Die Ambusher wiederum sollten glaubwürdig kommunizieren, dass auch sie nicht ausschließlich durch das Nichtzahlen der Sponsoringgebühren für das Ereignis vom Engagements profitieren, sondern dass sie über andere Möglichkeiten die Veranstaltung, Sportler oder Teams unterstützen und somit eine Gegenleistung erbringen. Sie steigern ihre Glaubwürdigkeit, indem sie z.B. die eigene Legitimation kommunizieren, d.h. herausstellen, dass zwar Offizielle Sponsoren die Rechte an dem Event, aber nicht am thematischen Umfeld kaufen (vgl. Nufer 2007, S. 222f.). Darüber hinaus könnten sie argumentieren, dass AmbushMarketing die natürliche Konsequenz aus Wettbewerb und Entwicklung des Sportmarktes ist, von entsprechender Kreativität und guter Marketingarbeit zeugt und nur möglich ist, solange sich rechtliche Nischen finden (vgl. Nufer 2007, S. 222f.). Neben den dargelegten Hinweisen zu inhaltlichen und zeitlichen Aspekten der Werbegestaltung im Rahmen integrierter Kommunikation empfiehlt sich darüber hinaus beiden Parteien, d.h. sowohl den Sponsoren als auch den Ambushern, der gezielte Einsatz von Werbetechni-
Ergebnisse und Schlussfolgerungen zur praktischen Zielstellung
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ken zur Vermeidung von Reaktanz. Werbung wird z.B. als besonders störend empfunden, wenn es den Konsumenten in seiner kognitiven Tätigkeit unterbricht, d.h. z.B. beim Verfolgen der Veranstaltung. Dementsprechend lässt sich die Empfehlung aussprechen, bei Spielübertragungen lediglich vor und nach den Spielen zu werben, Programmsponsoring zu nutzen oder z.B. im Internet nicht zwingend pop-up-Werbung auf informativen Seiten zum Ereignis einzusetzen (vgl. Wendt 2007, S. 57). Inhaltlich sollten die Unternehmen auf Unterhaltungswert setzen oder die Relevanz der Werbung für den Konsumenten aufzeigen, indem sie z.B. einen Vorteil durch die Möglichkeit des Gewinns von Autogrammen oder Eintrittskarten kommunizieren. Zusammenfassend kann an dieser Stelle festgehalten werden, dass ein langfristiges Engagement im Sportbereich die wahrgenommene Stimulineuartigkeit reduziert, die inhaltliche Ausgestaltung zur Reduktion der wahrgenommenen Stimuliähnlichkeit beiträgt und ein eindeutiger Ereignis-Bezug die wahrgenommene Stimuliunklarheit positiv beeinflusst und somit zur Reduktion der KVW beitragen kann. Letztlich müssen sowohl die Sponsoren als auch die Ambusher um eine professionelle Planung und Umsetzung des Sponsorings bzw. AmbushMarketings hinsichtlich einer unverwechselbaren Kommunikation einschließlich interinstrumenteller Integration bestrebt sein. Insgesamt gilt es, lange Partnerschaften als langfristige strategische Option einzugehen, um Konsumentenverwirrtheit bezüglich des eigenen Unternehmens zu vermeiden und in der Wahrnehmung der Köpfe der Konsumenten Barrieren aufzubauen, die den Eintritt neuer Marken in das Wettbewerbsumfeld erschweren (vgl. Farrelly/ Quester/Greyser 2005). Eine angemessene zeitliche Planung verbunden mit dem Einsatz konkreter Werbetechniken verringert darüber hinaus die Reaktanz. Herausforderungen für Sponsoren und Ambusher: Marktforschung Um die Auslöser möglicher negativer Effekte (insbesondere die wahrgenommene Stimuliähnlichkeit als auch die Stimulivielzahl) sowie die negativen Wirkungen selbst im Laufe der geplanten Kommunikationszeit vor und während des Ereignisses zu kontrollieren, um entsprechende Korrekturmaßnahmen vornehmen zu können, sollten ab dem Zeitpunkt der Rechtevergabe die Kommunikationsstrategien der Wettbewerber, d.h. sowohl der Sponsoren als auch der Ambusher, sowie die eigenen Maßnahmen ständig begutachtet werden. Besonders in der Umsetzungsphase dient eine kontinuierliche Marktforschung dazu, negative Effekte rechtzeitig zu erkennen bzw. ganz auszuschließen. Den Unternehmen steht hierbei das ganze Instrumentarium qualitativer und quantitativer Marktforschung zur Verfügung. Zur Kontrolle der Kommunikationsmaßnahmen der Wettbewerber empfehlen sich bspw. Tracking-Studien. Zur quantitativen Kontrolle der in der Arbeit diskutierten Effekte wurden reliable und valide Messinstrumente entwickelt (vgl. Abschnitt E2 und E5.3), denen sich die Praktiker bedienen können. Insbesondere kurz vor Beginn des Ereignisses erhält die Wirkungskontrolle eine besondere Bedeutung, da nicht nur die Werbepräsenz der Sponsoren und Ambusher, sondern auch die
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Kritische Würdigung und Implikationen
mediale Präsenz der Veranstaltung höher ist und die Konsumenten auf diesen Informationsdruck negativ, d.h. z.B. im Sinne von Reaktanz, reagieren könnten. Um der Gefahr gänzlich zu entgehen, besteht eine Möglichkeit der Unternehmen darin, weder als Sponsor noch als Ambusher des Ereignisses zu fungieren und folglich in den Werbemaßnahmen keinen Bezug zum Event herzustellen, sondern das Alleinstellungsmerkmal der Kommunikation ohne Bezug zum Ereignis mit einer kreativen Werbeidee zur Aufmerksamkeitssteigerung zu nutzen und den zeitlichen Schwerpunkt der Kampagnen auf den Zeitraum nach dem Ereignis zu verteilen. Weitere Herausforderungen für Sponsoren und Ambusher Neben dem konsequenten Einsatz integrierter Kommunikation und Marktforschung bleiben insbesondere den Sponsoren weitere Möglichkeiten zur Verminderung von Konsumentenverwirrtheit. Einerseits sollten sie mittels Öffentlichkeitsarbeit die Zuschauer und Konsumenten aufklären, a) wer Sponsoren sind und b) welche Rechte Sponsoren und Nicht-Sponsoren haben. Andererseits sollten sie gegenüber dem Veranstalter die folgenden, ihnen zur Verfügung stehenden rechtlichen Möglichkeiten zur Gestaltung der Sponsoringverträge ausschöpfen:
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Erwerb umfassender Sponsoringpakete einschließlich der Übernahme potentieller Nischen für Ambusher (z.B. Programmsponsoring),
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Sicherung der Produkt- und Branchenexklusivität,
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Sicherung der Alleinvermarktungsrechte des offiziellen Logos oder Namens der Veranstaltung etc.
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Inanspruchnahme weltweiter Rechtsschutzprogramme der Veranstalter zur Kontrolle von Ambush-Marketing,
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vertragliche Absicherung der Kommunikation der Sponsoren seitens der Veranstalter.
Insbesondere der Erwerb umfangreicher Sponsorenpakete finanzstarker Unternehmen reduziert das Risiko von Ambush-Marketing, da es bereits vielfältige Möglichkeiten der Wettbewerber, wie z.B. Programmsponsoring, ausschließt. Bezüglich der Medien kann es für die Sponsoren im Weiteren von Bedeutung sein, eine Beschränkung der Vergabe an Werbemöglichkeiten an sie selbst zu bewirken, um eine exponierte Stellung im Werbeumfeld zu erreichen (vgl. Bruhn/Ahlers 2003, S. 290). Das gänzliche Verbot von Werbung direkter Konkurrenten im Rahmen der Übertragung des Ereignisses oder im geographischen Umfeld des Events ist jedoch auf nationalem Niveau eher schwierig zu realisieren, da die Handlungskraft der nationalen Veranstalter gegenüber internationalen Organisationen, wie z.B. dem IOC oder der FIFA, eingeschränkt ist (vgl. Bruhn/Ahlers 2003, S. 290).
Ergebnisse und Schlussfolgerungen zur praktischen Zielstellung
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Die Ambusher haben im Gegenzug die Möglichkeit, die bislang auftretenden rechtlichen Lücken der Verträge zu nutzen, um ihre Werbemaßnahmen mit dem Event zu assoziieren. In Abschnitt B2.3 (S. 31ff.) finden sich dazu ausführliche Beispiele. Herausforderungen für die Veranstalter Aus Sicht der Veranstalter medial bedeutender Sportgroßereignisse kann insbesondere Ambush-Marketing und die daraus entstehende Zunahme an Stimuli und damit die Wahrnehmung ihrer Eigenschaften als ähnlich, neuartig oder unklar deren Integrität bedrohen und die zukünftige Stellung der Veranstaltung untergraben, insofern den Sponsoren die eindeutige assoziative Wirkung zum Event nicht garantiert werden kann. Geringere Einnahmen aus Sponsoring gefährden wiederum die Sicherstellung des Events, was parallel eine Unsicherheit seitens der Medien erzeugt, die das Event als Mittel zur Profilierung gegenüber der Medienkonkurrenz einsetzen (vgl. Nufer 2007, S. 219). Letztlich müssen die Veranstalter die Abnahme des Wertes ihrer Veranstaltung befürchten (vgl. Nufer 2007, S. 219). Folglich sollte es das Ziel des Veranstalters sein, den „goodwill“ der Sponsoren zu erhalten bzw. zu unterstützen und Maßnahmen zu ergreifen, die die negativen Effekte für die Sponsoren, insbesondere Konsumentenverwirrtheit und situative Reaktanz der Konsumenten, eindämmen. Dazu bieten sich insbesondere Ansatzpunkte zur Abwehr von Ambush-Marketing an, die sich vor allem auf die Prävention und weniger auf die rechtliche Bestrafung fokussieren (vgl. Bruhn/Ahlers 2003, S. 287ff.; Crompton 2004, S. 9).
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Strukturierung der Sponsoringrechte Da Ambush-Marketing vor allem durch die zunehmende Komplexität der Sponsoringbeziehungen zwischen Veranstaltern, Sportlern, Teams, Verbänden, Medienpartnern und weiteren Dritten ermöglicht wird, ist eine genauere Strukturierung und Kontrolle der Sponsoringrechte bedeutsam (vgl. Bruhn/Ahlers 2003, S. 287; O’Sullivan/Murphy 1998, S. 364; Sandler/Shani 1998, S. 381). Die Veranstalter sollten somit deutlich die exklusiven Rechte der Vertragsparteien benennen und aufzeigen, welche Rechte auch Unternehmen, die nicht offizielle Sponsoren der Veranstaltung sind, erwerben können. Dies setzt wiederum eindeutige Verträge zwischen den Gesponserten und ihren Verbänden voraus, z.B. bezüglich der Ausrüstung oder Kleidung und der Platzierung von Logos (vgl. Bruhn/Ahlers 2003, S. 287; Townley/Harrington/Couchman 1998, S. 346). In exklusiven Verträgen kann zudem z.B. festgehalten werden, dass Medienpartner den Sponsoren die ersten Optionen auf Medienrechte anbieten.
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Schutz intellektuellen Eigentums Die widerrechtliche Nutzung von Logos, Slogans etc. eines Events ist seitens der Veranstalter durch eindeutige gesetzliche Richtlinien bzw. durch eine kontrollierte Vergabe von Lizenzen zu schützen. Im Weiteren sollten Markenzeichen klar definiert werden und
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Kritische Würdigung und Implikationen
deren Verwendung und Darstellung genau vorgeschrieben sein (vgl. Bruhn/Ahlers 2003, S. 287; Townley/Harrington/Couchman 1998, S. 346).
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Monitoring der Veranstaltungen und Kontrolle des weiteren Event-Umfeldes: Anti-Ambushing-Programme Die Veranstalter sollten den Sponsoren vertraglich zusichern, dass sie im Rahmen von Anti-Ambushing-Programmen jegliche Marketingmaßnahmen von Mitbewerbern bezüglich der Veranstaltung sichten und auf rechtliche Einwände prüfen (z.B. inhaltlicher Check von Werbemaßnahmen, geographische Untersuchung der Werbezonen). Gegenüber den Sponsoren kann so sichergestellt werden, dass keine anderen Werbenden von den kommunikativen Aktivitäten der Sponsoren ablenken.
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Öffentlichkeitsarbeit und Transparenz Im Weiteren sollte sich die Abwehr von Ambush-Marketing-Maßnahmen nicht ausschließlich auf die Werbetreibenden beziehen. Vielmehr sind auch mittels Öffentlichkeitsarbeit die Zuschauer und Konsumenten zu informieren, wer die Sponsorenrechte gekauft hat und welche Rechte die Sponsoren und Nicht-Sponsoren haben. Dies ist insofern bedeutend, da es ein großes Maß an Unwissenheit der Zuschauer bezüglich der Rechte und Pflichten gibt (vgl. Lyberger/McCarthy 2001) und Ambush-Marketing somit auf „fruchtbaren Boden“ fallen könnte (vgl. Bruhn/Ahlers 2003, S. 287). Den Veranstaltern obliegt die Verantwortung, im Vorfeld eines Events, währenddessen sowie in der Post-Event-Phase die Bedeutung der Sponsoren sowie ihre Verbindung zum Event zu kommunizieren (vgl. Bruhn/Ahlers 2003, S. 287; Sandler/Shani 1998, S. 382; Lyberger/McCarthy 2001, S. 136f.).
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Reduktion der Sponsorenkategorien Eine letzte Möglichkeit, die Ambush-Marketing-Aktivitäten und gleichzeitig die zahlreichen Werbeinformationen der Sponsoren zu reduzieren, ist die Verminderung der Sponsorenkategorien (vgl. Crow/Hoek 2003, S. 9; Hoek 2005, S. 218).
Abschließend muss konstatiert werden, dass vor dem Hintergrund möglicher negativer Effekte sowohl für die Sponsoren als auch die Ambusher insgesamt eine Professionalisierung der Maßnahmen und die Kooperation zwischen Veranstaltern, Sponsoren, Medien und Austragungsstätten - auch bei nationalen Veranstaltungen - erfolgen muss. Seitens der Unternehmen sollte grundsätzlich überlegt werden, ob sich die Kommunikationsziele am besten mit diesem Sponsorship im Rahmen eines Sportereignisses erreichen lassen oder ob sich Alternativen erschließen - zumal es einen hohen finanziellen Aufwand bedeutet. Meenaghan (1998) spricht bspw. bezüglich des Sponsorings im Rahmen von Großveranstaltungen davon, dass neben der Sponsoringgebühr nochmals das 2 bis 3fache der Sponsoringsumme in die Kommunikation des Sponsorships investiert werden muss, um Erfolg zu erzielen. Kleinere Unternehmen sollten somit auf Alternativstrategien ausweichen (vgl. Cliffe/
Abschließende Kritik und zukünftiger Forschungsbedarf
227
Motion 2005), da zudem Großereignisse meist schon von prominenten Unternehmen belegt sind, die von ihren langjährigen, finanzintensiven Engagements besser profitieren - was die vorliegende Untersuchung bestätigt. Zwar stellt in diesem Falle das Ambush-Marketing eine Alternative dar. Wie die vorliegende Untersuchung jedoch belegt, werden die durch Ambush-Maßnahmen angestrebten Kommunikationsziele aufgrund zunehmender Stimulivielzahl und wahrgenommener Stimuliähnlichkeit, -neuartigkeit und -unklarheit durch den Konsumenten möglicherweise auch verfehlt. Letztlich bleibt die Überlegung von Ausweichstrategien zur Ansprache spezifischer Zielgruppen, wie z.B. Nischenengagements (z.B. Sportereignisse für Randsportarten) oder einzigartige Event-Kommunikation (z.B. Red Bull-Flugtage). Letztlich kann die Summe vieler einzelner Engagements für spezifische Zielgruppen den gleichen oder einen größeren Effekt bewirken als ein teures Sportsponsoring eines Großereignisses oder erfolgloses Ambush-Marketing.
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Abschließende Kritik und zukünftiger Forschungsbedarf
Obwohl mit dem vorliegenden Untersuchungsansatz ein Erkenntnisfortschritt im Sinne des Kritischen Rationalismus bei der Erklärung negativer Wirkungen auf Konsumenten durch Sponsoring- und Ambush-Marketing erzielt wurde, soll im Folgenden auf Kritikpunkte des Vorgehens und auf zukünftigen Forschungsbedarf hingewiesen werden. Insgesamt ist vorauszusetzen, dass es sich bei dem entwickelten Ansatz nicht um ein Totalmodell der ganzheitlichen Erklärung negativer Effekte handeln kann und dieses auch nicht angestrebt wurde. Es wurden wesentliche Zielkonstrukte der Sponsoren und Ambusher in das Modell integriert (Einstellung gegenüber Sponsoring, Erinnerung und Kaufbereitschaft). Ein Großteil der postulierten Wirkungszusammenhänge konnte empirisch bestätigt werden. In weiteren empirischen Studien bei unterschiedlichen Zielgruppen und Untersuchungsobjekten mit anderen Ereignisinhalten (z.B. andere Sportart) ist die Allgemeingültigkeit der Erkenntnisse zu sichern. Darüber hinaus ist in zukünftigen Studien zu überprüfen, ob dieser Ansatz negativer Wirkungen auch für andere Sponsoringarten (z.B. Kultursponsoring) geeignet ist, auch wenn das Ambush-Marketing in diesen Bereichen noch nicht in gleichem Ausmaß wie bei Sportgroßveranstaltungen üblich ist. Da Sponsoren und Ambusher zudem weitere Ziele verfolgen (z.B. Einstellung gegenüber dem Sponsor, Imageaufbau, Goodwill, Loyalität, Kundenzufriedenheit, vgl. Abschnitt B1.2), die nicht in die Analyse einbezogen wurden, sollten diese als zusätzliche Konstrukte in zukünftige Untersuchungen eingebunden werden. Diesen Ansatz bestätigen die Ergebnisse der Prüfung der Güte des Modells (z.B. R2). Die Ergebnisse zeigten, dass weitere Variablen existieren, die die im vorliegenden Modell untersuchten negativen Wirkungen von sportbezogener Kommunikation determinieren. Es ist zu überlegen, welche weiteren Variablen, außer der qualitativen Informationsrate, die KVW beeinflussen. Im Weiteren ist es aufgrund der nicht bestätigten Hypothesen (H4, 6, 7) sinnvoll zu eruieren, welche Variablen -
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Kritische Würdigung und Implikationen
neben der Erinnerung - die KVW außerdem beeinflussen. Darüber hinaus konnte zwar gezeigt werden, dass sich die situative Reaktanz auf die Kaufbereitschaft auswirkt. Es ist jedoch davon auszugehen, dass in der entsprechenden Kaufsituation am POS weitere Determinanten auf den finalen Kaufprozess wirken (z.B. Produktinvolvement, Produkterfahrung, Einstellung gegenüber dem Sponsor bzw. dem Produkt). Folglich sollten derartige Antezedenten in zukünftigen Studien als Einfluss der Kaufbereitschaft Beachtung finden. An diese Überlegungen anknüpfend, sollten folglich ganz allgemein zukünftige Forschungsbemühungen mögliche weitere beeinflussende Konstrukte identifizieren und sie in die Kausaluntersuchung einbeziehen. Ansatzpunkte bilden vorhandene Studien zur Wirkung von Sportsponsoring bzw. Ambush-Marketing. Beispielsweise belegen einige Ergebnisse, dass insbesondere bei hoher Komplexität der Sponsorships (z.B. Anzahl der Sponsoren, differenzierte Kategorieneinteilung und Ähnlichkeit ihrer Kommunikation) (vgl. Johar/Pham 1999; Johar/Pham/Wakefield 2006; Pham/Johar 2001; Roy/Cornwell 2003), die Markenprominenz (vgl. Pham/Johar 2001) und der wahrgenommene Bezug zum Sponsoring-Objekt (vgl. Cornwell/Pruitt/Van Ness 2001; Cornwell et al. 2006; Johar/Pham 1999) einen bedeutenden Einfluss auf die Erinnerung haben. In weiteren Untersuchungen kann demzufolge der Einfluss des Konstruktes der wahrgenommenen Paßfähigkeit einbezogen werden. Die Paßfähigkeit zwischen dem Sponsor und dem Sponsorobjekt ist eines der meist genutzten theoretischen Erklärungsansätze der Sponsoringwirkung (vgl. Cornwell/Weeks/Roy 2005; Cornwell/Pruitt/van Ness 2001; Gwinner 1997; Gwinner/Eaton 1999; Johar/Pham 1999; Speed/Thompson 2000). Es wird davon ausgegangen, dass die wahrgenommene Kongruenz zwischen dem Sponsoringobjekt- und dem Markenimage des Sponsors eine wesentliche Voraussetzung für den durch das Sponsorship oder Ambush-Marketing angestrebten Imagetransfer darstellt (vgl. ausführlich Nitschke 2006, S. 29f.). Bisherige Studien belegen, dass der Grad des wahrgenommenen Fits, die Wahrscheinlichkeit des Imagetransfers und die Erinnerungswerte an den Sponsor positiv korrelieren (vgl. Cornwell et al. 2006; Gwinner/Eaton 1999, S. 47ff.; Roy/Cornwell 2003, S. 377ff.; Speed/Thompson 2000, S. 226ff.). Im Weiteren ist die Einstellung zum Sponsor als Voraussetzung für einen positiven Imagetransfer und die Kaufabsicht der Produkte ein bedeutendes Ziel der Sponsoren (vgl. stellvertretend Carrillat/ Lafferty/Harris 2005; Easton/Mackie 1998; Gwinner/Eaton 1999; Ruth/Simonin 2003). Diese Variable sollte in weiteren kausalanalytischen Untersuchungen Beachtung finden. Dabei besteht die Herausforderung darin, die Einstellung gegenüber einem Sponsor, die auf Markenebene gemessen wird, in ein allgemein gültiges Modell einzubinden, welches nicht nur markenspezifische Erkenntnisse liefert. Darüber hinaus können bisherige Studien zur Konsumentenverwirrtheit im Handelsumfeld als Grundlage der Weiterentwicklung des Modells dienen. Sie zeigen z.B. auf, dass wahrgenommene Stimuliähnlichkeit bzw. Stimuliunklarheit die Kundenzufriedenheit, die Markenloyalität, das Vertrauen und die Mund-zu-Mund-Propaganda beeinflussen (vgl. Foxman/ Muehling/Berger 1990; Mitchell/Papavassiliou 1999; Walsh/Wiedmann/Hennig-Thurau
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Abschließende Kritik und zukünftiger Forschungsbedarf
2004; Walsh 2002a; Walsh/Wiedmann/Hennig-Thurau 2004). Als weitere Konsequenzen ähnlich wahrgenommener Marken werden Stress, Kundenfrustration und Unsicherheit beim Konsumenten genannt (vgl. Mitchell/Papavassiliou 1999, S. 319), da die Konsumenten mehr Zeit für eine Kaufentscheidung benötigen (vgl. Jacoby/Morrin 1998; Mitchell/Papavassiliou 1997; Walsh 2002a, S. 94). Ähnliche Konsequenzen werden bezüglich der wahrgenommenen Stimulivielzahl konstatiert. So neigen Konsumenten bei wahrgenommener Stimulivielzahl zu Kaufentscheidungsaufschub (vgl. Walsh/Wiedmann/Hennig-Thurau 2004) oder Kaufentscheidungsunterbrechungen (vgl. Huffman/Kahn 1998), da sie unter psychischem Stress leiden. Daraus kann Unzufriedenheit und mangelndes Vertrauen in den Anbieter als Verursacher der Überlastung folgen (vgl. Walsh 2002a; Walsh/Wiedmann/Hennig-Thurau 2004). Schweizer (2005) bezieht die Bedeutung der Emotionen bezüglich der KVW in seine Überlegungen ein. Dieses Konstrukt sollte auch zukünftig Beachtung als Konsequenz der wahrgenommenen Stimulivielzahl und Stimuliart (SÄ, SU, SN) bzw. der KVW finden. Tab. 33 stellt überblicksartig weitere, in der Literatur zur KVW identifizierte verhaltensrelevante Konsequenzen von KVW dar, die in der vorliegenden Untersuchung nicht berücksichtigt wurden, jedoch in weiteren Überlegungen Anwendung finden könnten. Tab. 33: Mit Konsumentenverwirrtheit assoziierte verhaltensrelevante Konsequenzen Verhalten/ Verhaltensintention
Autoren
Abnehmende Loyalität
Foxman/Muehling/Berger (1990), Mitchell/Papavassiliou (1999), Walsh (2002a)
Abnehmendes Vertrauen (in marktliche Interaktionspartner)
Walsh (2002a)
Aufschub oder Abbruch der Kaufentscheidung
Huffman/Kahn (1998), Jacob/Morrin (1998), Mitchell/Papavassiliou (1999)
Delegation von Kaufentscheidungen
Mitchell/Papavassiliou (1999)
Habitualisierte Kaufentscheidungen
Liebmann/Gruber (2007)
Informationssuche/Verkleinerung des choice set
Mitchell/Papavassiliou (1997), Liebmann/Gruber (2007)
Kaufmüdigkeit bzw. -frust
Mitchell/Papavassiliou (1997)
Kognitive Dissonanz
Mitchell/Papavassiliou (1999), Walsh (2002a)
Negative Emotionen
Schweizer (2005)
Negative Einstellung gegenüber Shopping und Konsumerismus
Mitchell/Papavassiliou (1999)
Negative Mundpropaganda
Mitchell/Papavassiliou (1999), Turnbull/Leek/Ying (2000), Walsh (2002a)
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Kritische Würdigung und Implikationen
Fortsetzung Tab. 33: Mit Konsumentenverwirrtheit assoziierte verhaltensrelevante Konsequenzen Verhalten/ Verhaltensintention
Autoren
Unzufriedenheit
Foxman/Muehling/Berger (1990), Mitchell/Papavassiliou (1999), Walsh (2002a)
Verwirrung anderer Konsumenten durch fehlerhafte oder irreführende Informationen
Foxman/Berger/Cote (1992), Mitchell/Papavassiliou (1999)
Wahl der preiswertesten Alternative
Waiguny et al. (2005)
Wahl der dominierenden Alternative durch Schlüssel- Liebmann/Gruber (2007) informationen (z.B. Markenname, Verpackung) Quelle: eigene Darstellung und Ergänzung in Anlehnung an Walsh (2004a, S. 7)
Aus methodischer Sicht ergeben sich in Bezug auf das in der Konsumentenverhaltensforschung bisher nur mangelhaft untersuchte KVW-Konstrukt weitere Ansätze für zukünftige Analysen. Die Messansätze der Informationsraten und der KVW können als Verbesserung zu bisherigen Messverfahren gesehen werden, da sie die in der Konzeptualisierung identifizierten wesentlichen Merkmale der Konstrukte umfassen und sich als reliable und valide Messkonzepte bestätigten. Jedoch besteht bei den genutzten Indikatoren zur Messung der qualitativen Informationsrate weiterer Forschungsbedarf. Von den ursprünglich 110 generierten Items zur Messung der Informationsraten wurden lediglich 9 zur Messung der drei qualitativen Dimensionen (SÄ, SU, SN) genutzt. Es ist anzuzweifeln, dass diese komplexen Variablen nur durch je drei Indikatoren entsprechend ihrer umfangreichen Facetten gemessen werden können. Eine Überprüfung und Ergänzung der Itembatterien ist somit geboten. Darüber hinaus stellt die Messung der unbewussten KVW eine Herausforderung dar, die bislang noch nicht gelöst wurde. Wie bereits Walsh (2002a, S. 288) anmerkt, besteht das „Dilemma“ darin, den Konsumenten bewusst zu einer Aussage zu animieren über etwas, was ihm nicht bewusst ist. Diesbezüglich sind alternative Messmethoden zu überdenken, wobei sich im Kontext der Werbewirkungsforschung apparative Verfahren (z.B. Tachistoskop) in Kombination mit Befragungen eignen. Ein ähnliches Problem ergibt sich bei der Messung der situativen Reaktanz. Die Kritik besteht darin, dass bei direkter Befragung des motivationalen Zustandes zur Wiederherstellung einer als eingeschränkt wahrgenommenen Freiheit die Gefahr bestehen kann, die Probanden zu animieren, Reaktanz zu empfinden und deshalb einen Artefakt zu kreieren (vgl. Clee/ Wicklund 1980, S. 399; Wendlandt/Schrader 2007, S. 297). Aus diesem Grunde wurden die aus der Reaktanz resultierenden Verhaltensintentionen befragt. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass den Probanden ihre „Abneigung“ durch die Befragung bewusst gemacht wurde. Ein weiterer Kritikpunkt liegt aus methodischer Sicht in der Messung der Erinnerungswirkung. Einige Autoren (vgl. Humphreys/Cornwell/Weeks/McAlister 2007; Tripodi/Hirons/ Bednall/Sutherland 2003) kritisieren die bisher übliche Befragungsmethode des Recall-Tests als Einsatz von „spontanen“ event- oder markenbezogenen Recall-Fragen (event sponsorship
Abschließende Kritik und zukünftiger Forschungsbedarf
231
prompts), da die Konsumenten in Entscheidungssituationen (z.B. am POS) eher den Markennamen des Sponsors als das Event erinnern sollten. Zur Überprüfung der Awareness im Umfeld eines Events mit vielen Sponsoren und einer hohen Konkurrenzrate schlagen die Autoren als Alternative vor, die Marke oder eine Unternehmensbranche gegenüber dem Konsumenten zu nennen (brand/category sponsorship prompts), um den Konsumenten nach möglichen Sponsorships, die ihm dabei einfallen, zu befragen. Die beiden Methoden liefern unterschiedliche Ergebnisse und sollten dabei abhängig von der Zielstellung der Befragung sorgfältig ausgewählt werden (vgl. Humphreys et al. 2007). Zusammenfassend zeigt sich, dass die vorliegende Untersuchung erste Erkenntnisse zu negativen Auswirkungen durch Sportsponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen im Rahmen von Sportgroßveranstaltungen liefern konnte. Wie die Ausführungen in diesem Kapitel jedoch verdeutlichen, ergeben sich für zukünftige Untersuchungen Ansatzpunkte zur Weiterentwicklung des vorliegenden Modells und für weiterführende Erkenntnisse. Darauf aufbauend lassen sich zusätzliche praxisorientierte Ansätze zur Erfolgskontrolle der Sponsoring- und Ambush-Marketing-Maßnahmen entwickeln.
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271
Literaturverzeichnis
Anhang Deskriptive Statistik Abb. A- 1: Ergebnisse des WM-Involvements Ø 3,23
Die FIFA Fußball-WM 2006 bedeutet mir viel. Die FIFA Fußball-WM 2006 ist für mich... ...relevant.
2,67 2,93 3,00
...bedeutungsvoll.
3,23
...wichtig.
3,27
...attraktiv. ...faszinierend.
3,43
...aufregend.
3,43 3,50
...begeisternd.
3,61
...interessant. 1 trifft voll und ganz zu
2
3
4
5
6 trifft überhaupt nicht zu
Abb. A- 2: Ergebnisse der Einstellung gegenüber Sponsoring von Sportgroßveranstaltungen Dass Sportgroßveranstaltungen (wie z.B. die FIFA Fußball-WM 2006) durch Sponsoringmaßnahmen unterstützt werden, finde ich ... ...bedeutend.
Ø 3,23 2,89
...positiv.
2,94
...gut.
3,00
...notwendig.
3,55
3,78
...glaubhaft. 1 trifft voll und ganz zu
2
3
4
5
6 trifft überhaupt nicht zu
Abb. A- 3: Ergebnisse der KVW Ø 3,09 KVW 1
2,41
KVW 2
2,46 2,62
KVW 3
2,71
KVW 4
3,31
KVW 5 KVW 6
3,69
KVW 7
3,71 3,84
KVW 8 1 trifft voll und ganz zu
2
3
4
5
6 trifft überhaupt nicht zu
M. Sachse, Negative Kommunikationseffekte von Sponsoring und Ambush-Marketing bei Sportgroßveranstaltungen, DOI 10.1007/978-3-8349-8698-6, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010
272
Anhang
Tab. A- 1: Indikatoren der KVW Indikatoren der KVW KVW 1
x Es ist für mich schwierig zu erkennen, welche Unternehmen Sponsor der Fußball-WM 2006 sind und welche nicht.
KVW 2
x Ich bringe durcheinander, welche Unternehmen Sponsor der Fußball-WM 2006 sind und welche nicht.
KVW 3
x Es verwirrt mich, dass so viele Marken mit dem Thema Fußball bzw. Fußball-WM werben.
KVW 4
x Nach Werbung mit dem Thema Fußball kann ich nicht sagen, welche der werbenden Marke Sponsor ist oder nicht.
KVW 5
x Ich verwechsle bei Werbungen mit dem Thema Fußball oder Fußball-WM häufig die werbende Marke.
KVW 6
x Ich erkenne gar keine Unterschiede zwischen den Werbungen mit dem Thema Fußball-WM.
KVW 7
x Marken, die mit dem Thema Fußball werben, kann ich nicht unterscheiden.
KVW 8
x All die Informationen, die man über die Unternehmen, die mit der Fußball-WM werben, bekommt, bringen mich durcheinander.
Abb. A- 4: Ergebnisse der wahrgenommenen SV Ø 2,28 SV SÜ 1
1,42
2,23
SV SÜ 2
SV SÜ 3
2,32
SV SÜ 4
2,33
2,42
SV SÜ 5
2,96
SV SÜ 6 1 trifft voll und ganz zu
2
3
4
5
6 trifft überhaupt nicht zu
Tab. A- 2: Indikatoren der wahrgenommenen SV Indikatoren der wahrgenommenen SV SV 1
x Man wird ständig mit dem Thema Fußball-WM konfrontiert.
SV 2
x Es gibt zu viele Werbemaßnahmen zur Fußball-WM.
SV 3
x Es gibt zu viele Produktverpackungen, auf denen etwas zum Thema Fußball bzw. Fußball-WM steht.
SV 4
x Es gibt zu viele Unternehmen, die mit dem Thema Fußball-WM werben.
SV 5
x Man wird viel zu viel mit dem Thema Fußball-WM konfrontiert.
SV 6
x Es gibt zu viele Informationen rund um das Thema Fußball-WM, die ich nicht alle aufnehmen kann.
273
Anhang
Abb. A- 5: Ergebnisse der wahrgenommenen SÄ Ø 2,81 SÄ 1
2,54
SÄ 2
2,64
SÄ 3
2,72
SÄ 4
2,81
SÄ 5
2,90
2,98
SÄ 6
3,10
SÄ 7 1 trifft voll und ganz zu
2
3
4
5
6 trifft überhaupt nicht zu
Tab. A- 3: Indikatoren der wahrgenommenen SÄ Indikatoren der wahrgenommenen SÄ SÄ 1
x Jede Marke nutzt das Thema Fußball-WM für ihre Werbung auf ähnliche Weise.
SÄ 2
x Auf fast jeder Produktverpackung steht Gleiches zum Thema Fußball-WM.
SÄ 3
x Die Werbemaßnahmen zum Thema Fußball-WM unterscheiden sich nicht wesentlich voneinander.
SÄ 4
x Die Werbemaßnahmen zum Thema Fußball-WM überschneiden sich inhaltlich oft.
SÄ 5
x Unternehmen, die mit dem Thema Fußball-WM werben, ahmen ihre Werbeideen gegenseitig nach.
SÄ 6
x Fast alle Werbungen, die mit dem Thema Fußball-WM zu tun haben, sind sich ähnlich.
SÄ 7
x Die Werbungen mit dem Thema Fußball bzw. Fußball-WM sagen immer das Gleiche aus.
Abb. A- 6: Ergebnisse der wahrgenommenen SU Ø 2,25 SU 1
1,91
SU 2
2,06
SU 3
2,09
2,51
SU 4
2,68
SU 5 1 trifft voll und ganz zu
2
3
4
5
6 trifft überhaupt nicht zu
274
Anhang
Tab. A- 4: Indikatoren der wahrgenommenen SU Indikatoren der wahrgenommenen SU SU 1
x Mir ist bei zu vielen Unternehmen unklar, weshalb sie mit dem Thema Fußball-WM werben.
SU 2
x Bei vielen Werbemaßnahmen mit der Fußball-WM wird nicht klar, warum das Unternehmen gerade mit Fußball wirbt.
SU 3
x Mir ist bei vielen Werbemaßnahmen mit dem Thema Fußball-WM nicht klar, was die Marke mit Fußball zu tun hat.
SU 4
x Es wird nicht klar genug kommuniziert, wer die Fußball-WM sponsert oder nur damit wirbt.
SU 5
x Aus der Werbung mit dem Thema Fußball erkennt man meist nicht deutlich, ob dieses Unternehmen die Fußball-WM sponsert.
Abb. A- 7: Ergebnisse der wahrgenommenen SN Ø 3,44 SN 1
2,52
2,99
SN 2
3,88
SN 3
4,37
SN 4 1 trifft voll und ganz zu
2
3
4
5
6 trifft überhaupt nicht zu
Tab. A- 5: Indikatoren der wahrgenommenen SN Indikatoren der wahrgenommenen SN SN 1
x Bei vielen Werbemaßnahmen nehme ich mich nicht als die eigentliche Zielgruppe wahr.
SN 2
x Viele Unternehmen werben mit dem Thema Fußball-WM, ohne dass sie mir bisher als Sport-Sponsoren aufgefallen sind.
SN 3
x Man muss sich ständig an neue Marken gewöhnen, die mit der Fußball-WM werben.
SN 4
x Wenn ein Unternehmen, was bislang nicht mit Sport warb, zur Fußball-WM wirbt, fällt mir das besonders auf.
275
Anhang
Abb. A- 8: Ergebnisse der situativen Reaktanz Ø 3,1 reak 1 2,45
reak 2
2,65
reak 3
3,31
reak 4
3,36
reak 5
3,72
1 trifft voll und ganz zu
2
3
4
5
6 trifft überhaupt nicht zu
Tab. A- 6: Indikatoren der situativen Reaktanz Indikatoren der situativen Reaktanz reak 1
x Die Fülle der Werbung zum Thema Fußball-WM veranlasst mich dazu, diese nicht mehr zu beachten.
reak 2
x Ich bin so genervt von der vielen Werbung zum Thema Fußball-WM, dass ich versuche, diese zu ignorieren.
reak 3
x Da ich merke, dass man mich mittels der ganzen Werbung zum Thema Fußball-WM beeinflussen will, reagiere ich gerade resistent.
reak 4
x Die Vielzahl der Werbung zum Thema Fußball-WM veranlasst mich gerade dazu, die beworbenen Produkte nicht zu beachten.
reak 5
x Es ärgert mich, dass man mich mittels Werbung zum Thema Fußball-WM in meiner persönlichen Entscheidungsfreiheit beeinflussen will.
Abb. A- 9: Ergebnisse der mangelnden Kaufbereitschaft Ø 3,26 KB 1 1,72
3,03
KB 2
3,94
KB 3
4,35
KB 4 1 trifft voll und ganz zu
2
3
4
5
6 trifft überhaupt nicht zu
Tab. A- 7: Indikatoren der mangelnden Kaufbereitschaft Indikatoren der mangelnden Kaufbereitschaft KB 1
x Ich bin nicht geneigt, gerade die mit dem Thema Fußball-WM beworbenen Produkte zu kaufen.
KB 2
x Da ich das Gefühl habe, dass ich durch die Vielzahl der Werbung zum Thema Fußball-WM beeinflusst werden soll, etwas zu kaufen, lasse ich es gerade bleiben.
KB 3
x Die ganze Werbung zum Thema Fußball-WM veranlasst mich dazu, die Produkte gerade nicht zu kaufen.
KB 4
x Ich boykottiere bewusst die Produkte der Unternehmen, die mich mit der Werbung zum Thema Fußball-WM nerven.
276
Anhang
Tab. A- 8: Auswertung der Identifikationsraten auf Basis der Ergebnisse des gestützten Recalls Anzahl korrekte Identifikation der Sponsoren
Anzahl korrekte Identifikation der Ambusher
Anzahl korrekte Identifikation der Dummies