Wolfgang Schneiderheinze / Carmen Zotta Ganz einfach überzeugen
Wolfgang Schneiderheinze Carmen Zotta
Ganz einfach überzeugen So nutzen Sie Ihre emotionale Kompetenz in schwierigen Verkaufssituationen
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
1. Auflage 2009 Alle Rechte vorbehalten © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009 Lektorat: Barbara Möller Gabler ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Druck und buchbinderische Verarbeitung: Krips b.v., Meppel Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in the Netherlands ISBN 978-3-8349-1459-0
Inhaltsverzeichnis Einführung: Mehr Verkaufserfolg mit praktischer emotionaler Kompetenz ____________7 Danksagung _________________________________________________________________ 10 1. Rot, gelb, grün, blau: Die emotionalen Facetten jeder Persönlichkeit _ 11 1.1 Die vier Verhaltensfacetten ______________________________________________________ 11 1.2 Die Facetten im Vertriebsalltag __________________________________________________22 1.3 Verhalten und Körpersprache: Wie Sie die Grundemotionen erkennen ______ 40
2. Ihr Werkzeugkasten: Wie Sie Emotionen gezielt ansprechen _________51 2.1 Wirkungsvolle Briefe und E-Mails ______________________________________________ 52 2.2 Persönliche Wirkung im Verkaufsgespräch ___________________________________ 64 2.3 Wie Grundemotionen wechseln – und was Sie dafür tun können _____________ 81
3. Erstgespräche führen, Angebote nachfassen – Jede Persönlichkeit hat ihren Schlüssel________________________________ 93 3.1 Kompetenz ausstrahlen, Vertrauen gewinnen _________________________________ 94 3.2 Erstgespräche: Wie Sie locker die Hürde zum Zweitgespräch nehmen _____ 105 3.3 Angebote mit Fingerspitzengefühl nachfassen ________________________________113
4. Fragen stellen, Einwände behandeln – So führen Sie gewinnende Verkaufsgespräche _______________________ 118 4.1 Die richtigen Fragen im Verkaufsgespräch ___________________________________ 119 4.2 Verhaltensfacetten am Telefon erkennen und ansprechen ___________________ 133 4.3 Einwände und Vorwände differenziert behandeln ____________________________ 138
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5. Abschluss und Preis – Wie die Entscheidungen fallen _______________ 146 5.1 Zum Abschluss kommen – Wie die Facetten entscheiden ____________________ 147 5.2 Das Preisgespräch: Die richtige Strategie für jede Grundemotion __________ 154 5.3 Wie Sie in Preisverhandlungen zusätzlich punkten _________________________ 165
6. Schwierige Situationen retten – Wie Sie mit Kritik umgehen und Beschwerden managen _____________________________________________________ 168 6.1 Kritik richtig aufnehmen _______________________________________________________ 169 6.2 Kunden konstruktiv kritisieren ________________________________________________ 178 6.3 Konflikte und deren Eskalation beherrschen ________________________________ 186
7. Das eigene Potenzial heben – Nutzen Sie Ihre persönlichen Optionen _______________________________ 195 Ein Wort zum Schluss ______________________________________________________ 202 Literaturverzeichnis _______________________________________________________ 203 Stichwortverzeichnis ______________________________________________________204 Die Autoren _________________________________________________________________206
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Einführung: Mehr Verkaufserfolg mit praktischer emotionaler Kompetenz Wenn Sie mit Ihrem Kunden erfolgreich zusammenarbeiten wollen, müssen Sie verstehen, was ihn bewegt und welche Motive für seine Entscheidung ausschlaggebend sind. Nur so können Sie ihn von sich und Ihrem Angebot überzeugen. Eine gelungene Kommunikation ist die Grundlage für jede Form der Zusammenarbeit, sei es im Verkaufsgespräch, bei Präsentationen, Verhandlungen oder in Mitarbeitergesprächen. Im Vertrieb ist die richtige Kommunikation doppelt wichtig, denn Sie möchten andere von sich, Ihrer Dienstleistung oder Ihrem Produkt überzeugen. Dafür reicht es nicht aus, „den anderen dort abzuholen, wo er steht“. Um im Bild zu bleiben, heißt dies, Sie gehen auf Ihren Kunden zu, nehmen ihn an der Hand und führen ihn dorthin, wo Sie ihn hinhaben möchten. Im Vertriebsalltag ist der erste Schritt schon schwer genug: Auf den Kunden zuzugehen, ihn in seiner Sprache anzusprechen und zu erreichen, dass er Ihnen zuhört und Sie bereitwillig ein Stück begleitet. Es gibt Kunden, die mögen nichts weniger, als von anderen an der Hand genommen zu werden. Sie geben die Gesprächsführung nicht ab. Oder sie hebeln Ihre Präsentation aus, indem sie bereits nach drei Minuten einfordern, dass Sie einfach in einem Satz zusammenfassen sollen, warum man Ihr Produkt kaufen sollte. Wenn Sie mit Ihrem Kunden erfolgreich zusammenarbeiten möchten, dann sollten Sie verstehen, was ihn bewegt und welche Motive für seine Entscheidung ausschlaggebend sind. Nur so können Sie ihn von sich und Ihrem Angebot überzeugen.
Einführung
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Für Aristoteles beruhte diese „Überzeugung“ auf drei Faktoren: Y dem Charakter des Redners (Ethos), Y dem emotionaler Zustand des Hörers (Pathos), Y dem Argument (Logos). Den ersten Aspekt, Ethos, können Sie selbstverständlich für sich in Anspruch nehmen, denn Sie wollen Ihrem Kunden schließlich keine minderwertige Leistung verkaufen oder ihn beim Preis täuschen. Der dritte Aspekt, Logos, bereitet nur selten Mühe. Sie haben von Ihrem Unternehmen einen ausführlichen Argumentationsleitfaden und können die Vorteile im Schlaf aufzählen. Der zweite Aspekt jedoch, Pathos, die emotionale Befindlichkeit des Kunden gerät fast immer in Vergessenheit. Der „emotionale Zustand des Hörers“ hat für Aristoteles zwei Dimensionen: Y das „Ist“ – hier geht es um Motive, Bedürfnisse und Vorlieben Y und vor allem das „Soll“ aus der Sicht des Redners.
Was Sie in diesem Buch erwartet Rhetorik soll Menschen „gezielt bewegen“ (das ist übrigens der lateinische Ursprung von „Emotion“), die Distanz von „Ist“ zum „Soll“ zu überwinden – das ist die eigentliche Kunst von Rhetorik. Deshalb ist mit „Abholen, wo jemand steht“ noch nichts gewonnen. Alle Ihre Argumente laufen ins Leere, wenn Sie nicht wissen, was Ihrem Kunden im Verkaufsgespräch wichtig ist: Begeisterung, Vertrauen, Sicherheit oder Aktion. Nur, wenn Sie dies erkennen, können Sie Ihren Kunden wirklich überzeugen. Der entscheidende Schritt liegt dann darin, die Emotion des Gegenübers so zu beeinflussen, dass Ihre Argumente Gehör finden. Auf dieser Basis gestalten Sie einen Dialog, an dessen Ende Ihr Kunde von Ihnen und Ihrem Angebot überzeugt ist. Wie Ihnen das noch besser als bisher gelingt und wie Sie dies mit einfach zu handhabenden Werkzeugen, durch direkte Ansprache von Emotionen, erreichen, erfahren Sie in diesem Buch. Basis ist das von uns entwickelte Konzept der praktischen emotionalen Kompetenz (PEK), das wir bereits mehr als tausend Seminarteilnehmern erfolgreich vermittelt haben. Dabei geht es nicht nur um Ihre Kunden, auch Ihr eigenes Handeln und Verhalten wird von Emotionen geprägt. Sie erhalten Tipps, wie Sie diese in unterschiedlichen Verkaufssituationen besser beherrschen, um zu einem 8
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Einführung
positiven Abschluss zu kommen. Studien zeigen immer wieder aufs Neue, dass ein beträchtlicher Teil der Verkäufer – trotz Schulung und Ermahnung – ihren Preis freiwillig reduzieren, ohne dass der Kunde wirklich direkt danach gefragt hat. Damit Sie nicht Gefahr laufen, Opfer Ihres emotionalen Unterbewusstseins zu werden, bei dem ein Zögern des Kunden vorschnell als Kritik aufgenommen wird, finden Sie hier das Rüstzeug von der richtigen Formulierung bei der Bedarfsermittlung bis zur Preisverhandlung: Y In Kapitel 1 lernen Sie vier Grundemotionen ausführlich kennen, auf denen Verhalten beruht und auf denen man deshalb eine wirksame Kommunikation aufbauen kann. Unser Ansatz der praktischen emotionalen Kompetenz (PEK) ist eine logische und konsequente Weiterentwicklung von Ideen, wie sie der amerikanische Psychologe William M. Marston 1928 erstmals veröffentlicht hat. Y Im zweiten Kapitel erfahren Sie, wie Sie bei Ihren Kunden diese vier Grundemotionen gezielt und erfolgswirksam ansprechen. Y Alle darauf folgenden Kapitel können Sie nach Ihren Bedürfnissen bearbeiten, je nachdem ob Sie vor einer Kaltakquise stehen (Kapitel 3), ein Verkaufsgespräch vorbereiten wollen (Kapitel 4), eine schwierige Preisverhandlung vor sich haben (Kapitel 5) oder einen Konflikt aus der Welt schaffen müssen (Kapitel 6). Y Wenn Sie sich mit den Grundemotionen beschäftigen, erfahren Sie nicht nur viel über Ihre Kunden, sondern auch über sich selbst, Ihre Stärken und Ihre Schwächen. Deshalb stehen in Kapitel 7 Ihre eigenen Entwicklungsmöglichkeiten, Ihr ganz persönliches Potenzial im Vordergrund. Y Beispieldialoge, Checklisten und Musterformulierungen helfen Ihnen jeweils ganz konkret, das Gelernte in Ihrem eigenen Umfeld anzuwenden. Durch die Lektüre und die Umsetzung in der Praxis kommen Sie zu einem tieferen Verständnis von Kommunikation. Mehr Überzeugungskraft und größerer persönlicher Erfolg sind das Ergebnis. Auf diesem Weg wünschen wir Ihnen viel Freude und eine Menge Aha-Erlebnisse!
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Danksagung Danksagung
Eine Grundlage legte Professor Horst Hollatz, für den Mathematik immer etwas praktisch und konkret im Leben Anwendbares war und ist. Diese Sicht auf Wissenschaft hat die sich ergänzende Zusammenarbeit zweier Autoren und Denkwelten erst möglich gemacht. Die Inspiration zum Thema kam von Lydia Schneiderheinze, die „Emotionale Intelligenz“ von Daniel Goleman zu lesen begann und immer hartnäckig wissen wollte, was sie tun könne, um emotional intelligenter zu werden. Aus diesem Anstoß entstand die Idee, Trainings zu praktischer emotionaler Kompetenz (PEK) anzubieten. Nicht, um Lydia emotional kompetenter zu machen – Frauen sind einfach emotional kompetent –, sondern um die Lücke zwischen psychologischer Theorie und ihrer Umsetzung in die tägliche Praxis zu schließen. Großen Anteil am Stellenwert der situationsbezogenen Sicht und Interpretation von Verhalten hat ein Seminarfeedback durch die Münchener Psychologin Claudia Lohr. Die Idee zum Buch entstand spontan bei einer Tasse Kaffee. Sollten wir nicht aus unseren anregenden Diskussionen um die theoretischen Grundlagen und praktische Anwendungsmöglichkeiten von PEK ein Arbeitsbuch machen – um eine Brücke zu bauen, denn es gibt nur wenige Bücher, die wirklich erprobte und konkret umsetzbare Hilfestellungen auf dem Gebiet der Kommunikation bieten. Die Realisierung war ein spannender Diskurs unterschiedlicher Denkund Herangehensweisen, bei dem wir den Transfer in die Praxis immer wieder kritisch überprüft haben. Der intensive Austausch hat uns zu einem tollen Team gemacht. Beide waren wir froh, als sich Barbara Möller vom Gabler Verlag unseres Buchprojekts annahm. Ihre Fragen und Tipps waren wichtige Wegweiser auf der Zielgeraden. Mit viel Einfühlungsvermögen verhalf sie dem Buch zu noch besserer Lesbarkeit. Beim Abschluss des Manuskriptes unterstützten uns die jungen Psychologinnen Valeria Gallist und Jenifer Bieck mit ihren wertvollen Anregungen beim Korrekturlesen sowie Miriam Seiler, Romy Steinberg und Peter Sumerauer mit ihren Fragen, Anregungen und Aufmunterungen sowie ihrer Geduld. Wolfgang Schneiderheinze Carmen Zotta 10
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Danksagung
1. Rot, gelb, grün, blau: Die emotionalen Facetten jeder Persönlichkeit PEK bedeutet, die aktive Grundemotion hinter einem Verhalten zu erkennen und gezielt darauf einzugehen. Dabei kann die Grundemotion Ihres Gegenübers im Gespräch durchaus wechseln.
Die emotion
Darum geht es In diesem Kapitel lernen Sie die vier Grundemotionen ausführlich kennen, auf denen Verhalten beruht. Damit haben Sie die Grundlage, das Verhalten anderer besser zu verstehen und eine wirksame Kommunikation aufzubauen.
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Die vier Verhaltensfacetten
Die vier Verh
Stellen Sie sich vor, Sie stehen bei einem wichtigen Kunden kurz vor dem Abschluss. Sie haben ein gutes Angebot abgegeben, Qualität und Preis stimmen. Seit Monaten sind Sie mit dem Einkaufsleiter und seinem Stellvertreter in Kontakt, haben an den Feinheiten gefeilt, zusätzliche Serviceleistungen offeriert und Ihr Angebot mit Argumenten und Fakten untermauert. Sie sind sicher, heute die Unterschrift unter den Vertrag zu bekommen. Doch alles kommt anders. Mitten im Gespräch macht Ihr Gegenüber einen Rückzieher, und Sie verstehen nicht wieso. Alle Argumente sind ausgetauscht, Die vier Verhaltensfacetten
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der Preis ausgehandelt, die Umsetzung in den Details besprochen und optimiert. Der Einkaufsleiter zieht sich plötzlich zurück, schließlich ginge es um eine riesige Investition und mit der alten Lösung sei man doch eigentlich ganz zufrieden. Aus heiterem Himmel kommt eine unerklärliche Absage. Was ist passiert? Wenn besondere Umstände, zum Beispiel wirtschaftliche, die Investition unmöglich machen, warum legt Ihr Kunde die Karten nicht auf den Tisch? Kann es möglich sein, dass Sie seit Wochen aneinander vorbei geredet haben? Kann es sein, dass Ihre Daten, Fakten und Argumente nicht ausschlaggebend sind, Ihr Kunde vielmehr andere Bedürfnisse und Motive hat, denen Sie nicht adäquat begegnet sind? Oder haben Sie im Gesprächsverlauf einen Fehler gemacht, der die Sache zum Kippen gebracht hat? Trotz perfekter Argumentationsleitfäden, umfangreicher Gesprächsvorbereitungen oder dem Aushebeln der Konkurrenz schlagen Kunden Angebote aus oder entscheiden sich für ein teureres zweites Angebot. Andere Kunden verzichten dagegen auf lange Ausführungen und entscheiden beim zweiten Termin, ohne alle Details zu besprechen, dass Sie ins Geschäft kommen. Wieder andere Kunden entscheiden erst, nachdem Sie auch Dinge zur Sprache gebracht haben, die Sie eher als unwichtig sehen, zum Beispiel dass Ihr Unternehmen regelmäßig repräsentative Kundenbefragungen durchführt oder dass Ihre Fluktuationsrate nur halb so hoch ist wie im Durchschnitt Ihrer Branche.
Wichtig: Erfolg ist immer wieder einzigartig. Es gibt kein Standardrezept dafür. An diesen kurzen Episoden merken Sie bereits, dass es wenig Sinn hat, jeden Kunden auf die gleiche Weise anzusprechen. Argumentationsleitfäden funktionieren vielleicht beim ersten Gespräch, wenn ein Kunde erwartet, dass Sie ihm als Verkäufer Ihre besten Argumente und Versprechen liefern. Doch Ihre Mitbewerber sind ebenso vorbereitet. Argumente und Versprechen schaffen eine Grundlage – aber keinen Vorsprung! Den erreichen Sie nur, wenn Sie schneller als andere wissen, was Ihrem Kunden wirklich wichtig ist und wie er „tickt“.
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Die emotionalen Facetten jeder Persönlichkeit
Deshalb sagt Ihnen kein Drehbuch, wann Sie vom Argument zum konkreten Angebot, vom Angebot zur Preisverhandlung, von der Preisverhandlung zur Entscheidung weitergehen können. Beim einen klappt es mit großer Leichtigkeit, beim nächsten Kunden gehen Wochen ins Land, bis der Vertrag unter Dach und Fach ist. Dass es zwischen den einzelnen Kunden erhebliche Unterschiede gibt, haben Sie längst erfahren, doch wissen Sie auch, welchen Kunden Sie wie angehen müssen, um zum Ziel zu kommen? Können Sie anhand Ihrer Menschenkenntnis sagen, ob Ihr Kunde Zeit braucht und wann Sie auf eine Entscheidung drängen können? Hilft Ihnen Ihr Bauchgefühl?
Beeinflussen Sie Verhalten und Entscheidungen mit PEK In diesem Buch stellen wir Ihnen den Ansatz der praktischen emotionalen Kompetenz (PEK) vor. Damit erlangen Sie Ihr individuelles Handwerkszeug, um Ihre Menschenkenntnis und Erfahrungen zu systematisieren und bewusst einzusetzen. Zunächst, um zu erkennen, was Verhalten verursacht und wie Entscheidungen getroffen werden. Doch dieses Buch liefert Ihnen darüber hinaus einen Schlüssel, mit dem Sie die oben beschriebenen Situationen wesentlich besser bewältigen können. Einen Schlüssel, mit dem Sie Verhalten und Entscheidungen nicht nur verstehen, sondern auch in legitimen Maß beeinflussen können! Das schaffen Sie dauerhaft weder mit ausgefeilten – und damit starren – Verhandlungsstrategien noch mit bloßem Bauchgefühl.
Was ist praktische emotionale Kompetenz (PEK)? Das Konzept der praktischen emotionalen Kompetenz (PEK) verbindet Raymond B. Cattells1 Sicht der Persönlichkeit als „dem Verhalten eines Menschen in einer bestimmten Situation“ mit dem klassischen situativen Ansatz nach William M. Marston2 mit vier primären 1 2
Raymond Bernard Cattell (1905-1998) war ein britisch-US-amerikanischer PersönlichkeitsPsychologe. William Moulton Marston (1893-1947) war ein US-amerikanischer Psychologe.
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Emotionen als Triebkräfte von Verhalten. Diese vier Facetten der Persönlichkeit sind ein vereinfachendes und gleichzeitig sehr anschauliches Hilfsmittel, um wesentliche Verhaltensmuster zu identifizieren, klar voneinander zu unterscheiden und die zu Grunde liegenden Emotionen transparent zu machen. Mit Hilfe einfacher und sofort einsetzbarer Werkzeuge lässt sich jede zwischenmenschliche Situation bewusst und aktiv gestalten. Basis für die Auswahl des richtigen Werkzeuges ist das beobachtbare Verhalten wie z. B. Ausdrucksweise, Sprache und Körpersprache. Mit PEK schärfen Sie Ihre Beobachtungsgabe, nehmen Aussagen von Kunden, Mitarbeitern oder Geschäftspartnern bewusster wahr und öffnen Ihren Blick für eine ganzheitliche Wahrnehmung von Gestik, Mimik und Körpersprache. Damit erhalten Sie Anhaltspunkte und Indizien, die es Ihnen ermöglichen, Beweggründe und Motive, die Verhalten und Kommunikation bestimmen, zu „entschlüsseln“. Mit diesem Wissen können Sie auf Ihr Gegenüber besser eingehen und ihm genau das bieten, was er bzw. sie braucht. Das hat nichts mit Manipulation zu tun, sondern eher mit klassischer Rhetorik, der in der Einführung beschriebenen Kunst des Überzeugens.
Unterscheiden Sie zwischen Gefühlen und Emotionen Sie lernen, Ihr „Bauchgefühl“ rational zu entschlüsseln und mit einfachen Werkzeugen daraus einen Nutzen für Ihren (Berufs-)Alltag zu schaffen. Sie tun dies, indem Sie aus Verhalten und Äußerungen, aus Körpersprache und Gesten die dahinter liegenden Grundemotionen identifizieren. Emotionen bestimmen sehr wesentlich unser Verhalten und auch unsere Gefühle, wie Wut, Trauer und Freude. Gefühle sind subjektiv und individuell erlebte Emotionen, sie sind damit bereits Teil unseres Verhaltens und nicht dessen Ursache.
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Die emotionalen Facetten jeder Persönlichkeit
Abbildung 1: Einfluss der Grundemotionen auf das Verhalten
Die vier Grundemotionen nach William Marston William Marston hat bereits 1928 erklärt, wie menschliches Verhalten durch vier sogenannte Grundemotionen verursacht und getrieben wird. In diesen Grundemotionen verbindet Marston Persönlichkeit und deren unterbewusste, subjektive, individuelle Sicht auf die konkrete Situation zu einer gemeinsamen Wirkung. Er setzt so auf die Integration der beiden für das menschliche Verhalten bestimmenden Ursachen – und nicht auf deren jeweils isolierte Betrachtung. Damit bietet Marston eine elegante Lösung für das Dilemma, dass Verhalten zwar unstrittig sowohl durch Persönlichkeit als auch durch die Situation bestimmt wird, es aber praktisch kaum möglich ist zu sagen, ob ein wahrgenommenes Verhalten der Persönlichkeit oder der Situation zuzuschreiben ist.
Wichtig: Verhalten kann nur verstehen, wer Persönlichkeit und Situation zusammen betrachtet.
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Folgendes Beispiel verdeutlicht dies: Wer unter Zeitdruck steht, weil er seinen Flug erreichen muss, wird im Gespräch kurz angebunden sein, das Verhalten ist also in diesem Fall durch die Situation bestimmt. Es ist aber auch möglich, dass Sie bei einem Kunden auf eine Persönlichkeit treffen, die, ohne es unhöflich zu meinen, grundsätzlich kurz, knapp und sachlich agiert. Die vier Grundemotionen wirken nach Marston wie ein innerer Motor, der den Drang erzeugt, in einer bestimmten Weise zu handeln. Jede von ihnen ist demnach Auslöser von typischen Verhaltensweisen und gleichzeitig Quelle der zugehörigen Motive, Bedürfnisse und Vorlieben. So verursacht jede der vier Grundemotionen jeweils eine ganze Facette menschlichen Verhaltens. Indem Sie aus dem Verhalten Ihres Gegenübers die dahinter liegende, momentan aktive Grundemotion erkennen, können Sie sich in diesen Menschen hineinversetzen – ohne seine Persönlichkeit und seine Situation genauer zu kennen. Dies ist ein großer Vorteil in Erstgesprächen, im Umgang mit Menschen, mit denen man selten zu tun hat, oder bei konfliktträchtigen Zusammentreffen. Die Frage, wie stark Verhalten durch die aktuelle Situation oder durch Persönlichkeitsmerkmale verursacht wird, ist eine klassische Frage der Psychologie. Alle drei möglichen Antworten, „Persönlichkeit“, „Situation“ und „beides“, haben ihre Fürsprecher. Auch wenn die praktische Erfahrung nur die dritte Antwort – „beides“ – zulässt, so erfreuen sich Persönlichkeitstypologien und die daraus abgeleiteten Persönlichkeitstests aus der Psychologie der „messbaren Persönlichkeit“ immer noch großer Beliebtheit und weiter Verbreitung. Oft unausgesprochen beruhen sie auf der Annahme, dass der Einfluss der Situation auf das Verhalten nicht größer als der „Messfehler“ sei. Natürlich stellt sich hier auch die Frage, inwieweit das Ankreuzen von Antwortalternativen auf einem Fragebogen die Grundlage einer Messung der „Persönlichkeit“ sein kann. Genau so schwer wiegt die oft ignorierte Tatsache, dass jede Messung die zu messende Größe beeinflusst. Bleiben wir beim Fragebogen. Es ist ein großer Unterschied, ob Sie Ihre Kreuze in der lockeren Atmosphäre eines Seminars machen oder ob Sie einer von zehn Bewerbern um eine Position sind und wissen, dass Ihr „Test“ Grundlage des nachfolgenden Personalgespräches sein wird – falls Sie nicht einer von den 16
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sieben sind, die „durchfallen“. Natürlich ist so ein Test durchaus bequem. Sie (glauben zu) wissen, wer Sie sind, Sie bauen auf die Ihnen bescheinigten Stärken und haben eine Entschuldigung für Ihre Schwächen. Da Bequemlichkeit keine Basis für Erfolg in rauen Zeiten ist, bietet Ihnen dieses Buch die Chance, Ihren Erfolg von Situation zu Situation immer wieder neu zu erarbeiten. Mit Ihrer Beobachtungsgabe und Ihrem gesunden Menschenverstand und frei von Klischees, Schubladendenken oder „Typisierung“.
Die vier Verhaltensfacetten, die Sie in diesem Buch kennen lernen In der Tradition von William M. Marston benennen wir die vier Facetten menschlichen Verhaltens griffig mit wesentlichen, leicht erkennbaren Eigenschaften und visualisieren sie plakativ mit den von ihm für die zugehörigen Grundemotionen benutzten vier Farben: Y Rot: unsere pragmatische, handelnde Seite, Y Gelb: unsere optimistische, unbeschwerte Seite, Y Grün: unsere sanftmütige, einfühlsame Seite, Y Blau: unsere nachdenkliche, hinterfragende Seite. Das handelnde Rot, das unbeschwerte Gelb, das einfühlsame Grün und das hinterfragende Blau bilden die vier Facetten unseres Verhaltens, die unsere Kommunikation und unser Handeln widerspiegeln und einordnen. Jeder Mensch agiert grundsätzlich in allen vier Verhaltensfacetten. Im normalen Alltag lassen sich dabei oft Präferenzen für die eine oder andere Facette beobachten. Widerstehen Sie jedoch der Versuchung, Etiketten für Ihre Mitmenschen zu vergeben – „der oder die ist so und so“. Die Sicht einer Situation kann sich von einer Sekunde zur anderen ändern und mit ihr die aktive, die verhaltensbestimmende Grundemotion, zum Beispiel durch eine unbedachte Bemerkung. Das gilt natürlich auch für Sie selbst. Wenn Sie sich gerne als optimistisch und locker sehen, gibt es da nicht diesen einen Einkäufer bei Ihrem wichtigen Kunden, dem Sie am liebsten aus dem Weg gehen? Weil Sie sich durch ihn eingeschüchtert fühlen? Die vier Verhaltensfacetten
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Die vier in diesem Buch benutzten Farben sind also keine Etiketten, die Ihnen Verantwortung abnehmen und einfache Lösungen bieten. Die Farben bilden eine vereinfachende Grundlage für die Vertiefung und Systematisierung Ihrer Menschenkenntnis. Die folgende kurze Beschreibung der vier Grundemotionen geht direkt auf Marston zurück: Die erste Grundemotion (Rot) entspringt der Unzufriedenheit, auf die eigene, individuelle Wahrnehmung einer Situation noch nicht angemessen reagiert zu haben. Der daraus resultierende starke, übergeordnete Drang, zu handeln und konkrete Ergebnisse zu erreichen, prägt das zugehörige Verhalten. Probleme werden direkt angegangen, Hindernisse beseitigt. Rot strebt stets die Kontrolle über die wahrgenommene Situation an. Marston nennt diese Emotion „Dominance“, was mit „Dominanz“ sicher korrekt übersetzt ist. Die kleine Grafik symbolisiert die resultierende Einstellung. „Ihr könnt noch zaudern, ich gehe los!“ Die zweite Grundemotion (Gelb), resultiert aus der Freude des Agierens oder Reagierens auf eine wahrgenommene Situation, also aus der Befriedigung, die aus der Interaktion mit anderen oder mit dem eigenen Tun erwächst. Marston nennt diese Emotion „Inducement“, was man mit „Antrieb, Ansporn“ aber auch mit „Beeinflussung“ übersetzen kann. Im auf Gelb basierenden Verhalten treiben wir uns und andere mit wachsender Begeisterung an. Mit dieser Begeisterung geht es uns selbst gut und wir beeinflussen andere, die dafür empfänglich sind. Hier symbolisiert die Grafik „Seht her, ich habe es geschafft!“ Die dritte Grundemotion (Grün) erwächst aus der Freude über die Zunahme von Einklang und Übereinstimmung mit einer subjektiv als positiv und vertraut erlebten Situation. Dies bildet den Antrieb für Handlungen, die Harmonie und positive Verbundenheit mit dem Umfeld und den zugehörigen Menschen herstellen sollen. Marston nennt diese Grundemotion „Submission“, was so viel bedeutet wie „sanftmütig“, „nachgebend“, „bescheiden“ agieren. Dazu passt die grafisch visualisierte Botschaft „Wir stehen alle fest zusammen.“ 18
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Die vierte Grundemotion (Blau) wurzelt in der Unzufriedenheit darüber, dass bei einer aktuell erlebten Situation noch keine Klarheit darüber herrscht, wie man damit umgehen soll, um sowohl zu einer innerlichen als auch äußerlichen Übereinstimmung zu kommen. Marston nennt diese Grundemotion „Compliance“, was als das höfliche, aber gründliche Streben nach Übereinstimmung übersetzt werden kann. Basis für Übereinstimmung im Bewusstsein ist dabei das Streben nach einer vollständigen Klärung der Situation. Dies gilt auch für große, komplexe Fragen, wie hier symbolisiert durch das „gestemmte“ Fragezeichen.
Abbildung 2: Die Beziehungen der Grundemotionen untereinander
Abbildung 2 zeigt, wie die vier Grundemotionen miteinander in Beziehung stehen und wie sich der Wechsel der aktiven Grundemotion grundsätzlich gestaltet. Auslöser ist demnach immer eine Veränderung der Selbstsicht (wie erlebe ich mein Ego) und/oder der Interpretation des Umfeldes. Sehr ausführlich behandeln wir dieses zentrale Thema in Kapitel 2.3.
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Wichtig für das Verständnis der Grundemotionen ist, dass sie einen konkreten Auslöser brauchen, um aktiv zu werden. Dieser Auslöser ist stets die individuelle, ganz persönliche Wahrnehmung der Umwelt vor dem Hintergrund von Veranlagung, Erziehung, Erfahrung, Werten, Kultur oder Weltanschauung. Zwischen Umwelt und Individuum wirkt die Persönlichkeit als Wahrnehmungsfilter – jeder Mensch erlebt seine persönliche Welt. Dies bedeutet auch, dass für den einen ein für andere scheinbar unbedeutender Reiz starke Emotionen auslösen kann, zum Beispiel weil er mit starken Erinnerungen verbunden ist und diese die Wirkung verstärken. Jemand, der bei einem Mitarbeiter erlebt hat, dass die unkonkrete Aussage „es läuft ganz gut“ am Ende ein Desaster mit sich brachte, wird auf die gleiche Aussage bei einem anderen Mitarbeiter sehr unwillig reagieren, da sich dieses Erlebnis tief eingeprägt hat. x Tipp: Akzeptieren Sie, dass Emotionen Ihr Verhalten weit stärker beeinflussen als der Verstand.
Eine Änderung im Verhalten geht immer damit einher, dass sich die Wahrnehmung der Situation und die damit vorherrschende Grundemotion ändert. Das ist etwa der Moment, wenn der Kunde die Vorzüge eines Produkts ausreichend überprüft hat und nun bereit für die Kaufentscheidung ist. Seine Körpersprache und Mimik verändern sich, er wird andere Begriffe wählen, die Ihnen signalisieren, dass jetzt Handeln und Aktion in den Vordergrund treten.
Die Grundemotion hinter dem Verhalten erkennen und darauf eingehen William Marston ging es also nicht um Typisierung von Persönlichkeit, wie es verschiedene Autoren heute fälschlich unterstellen. Er ist damit auch definitiv nicht der geistige Vater des DISG-Persönlichkeitsprofils®. Damit sind wir beim zentralen Punkt von PEK: Es geht nicht darum, zu erkennen, welchem Persönlichkeitstyp jemand entspricht, oder gar seine Persönlichkeit einzuschätzen. Ersteres ist ein Irrweg, da es keine situationsun20
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abhängigen Typen gibt. Egal, auf welche Typen man sich festlegt, im Laufe der Zeit stellt sich heraus, dass man nicht jedes Verhalten auf einen Typus zurückführen kann und jeder Mensch jeden Typus zeitweise verkörpert. Noch kritischer ist es bei der Frage nach der Persönlichkeit. Da Verhalten jedoch immer situationsspezifisch ist, definiert sich die Persönlichkeitsforschung gerade neu und bietet den gängigen Persönlichkeitsmodellen und den darauf basierenden Tests keine wissenschaftliche Grundlage mehr. Und selbst wenn es „irgendwie“ gelänge, Persönlichkeit zu beschreiben – ohne umfassende Kenntnis der jeweiligen Situation könnte daraus keine Prognose für Verhalten abgeleitet werden. PEK bedeutet, die aktive Marstonsche Grundemotion hinter einem Verhalten zu „erkennen“ und darauf bewusst und gezielt einzugehen. Die Grundemotion Ihres Gegenübers kann im Laufe eines Gesprächs durchaus wechseln, auch mehrfach – schließlich sind Emotionen im Vergleich z. B. zu Stimmungen, die auch über Tage andauern können, kürzer, doch dafür intensiver. Zudem haben Emotionen immer einen situationsbezogenen Auslöser, auch wenn dieser nicht immer sofort und jedem transparent wird. Durch die Beispiele im Buch erarbeiten Sie sich Werkzeuge, mit deren Hilfe Sie das Verhalten Ihrer Kunden und Gesprächspartner interpretieren und direkt darauf reagieren können. Dazu machen wir Sie in den folgenden Kapiteln mit den relativ leicht beobachtbaren, äußeren Merkmalen vertraut, anhand derer sich die Grundemotionen im Verhalten zeigen. Dabei geht es um die Schwerpunkte Mimik, Gestik und Körpersprache, Sprache sowie vor allem um das charakteristische Verhalten. Mit der Interpretation des beobachtbaren Verhaltens bekommen Sie die Indizien, die einen Rückschluss auf die zugrunde liegende Grundemotion ermöglichen. Wenn Sie auf Basis der vier Facetten erkennen, welche Grundemotion das Verhalten Ihres Gesprächspartners gerade bestimmt, können Sie Ihren Vorschlag oder Ihr Angebot so formulieren, dass Sie die Person in der jeweiligen Grundemotion erreichen.
Wichtig: Körpersprache ist ein zuverlässiger Indikator der aktiven Grundemotion.
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Doch Sie können noch einen großen Schritt weitergehen. Sie können versuchen, bei Ihrem Kunden bewusst eine andere als die gerade aktive Grundemotion anzusprechen. Zum Beispiel, indem Sie seine blaue, die nachdenklich hinterfragende Facette mit einer umfassenden und schlüssigen Erklärung in ihrem Hunger nach Information befriedigen und danach sofort einen signifikanten Vorteil Ihres Angebotes auf den Tisch legen. So ebnen Sie gezielt den Weg, um bei Ihrem Kunden die rote, pragmatisch handelnde Facette zu aktivieren. Das wird Ihnen nicht immer gelingen, aber durch Übung immer öfter.
1.2 Die Facetten im Vertriebsalltag
rtriebsalltag
In diesem Kapitel lernen Sie, Grundemotionen praktisch zu erkennen und das Verhalten anderer besser zu verstehen. Die folgenden kurzen Dialoge erleben Sie so oder so ähnlich täglich, besonders im Verkauf. Hier erfahren Sie, wie Sie die aktive, also die verhaltensbestimmende Grundemotion ganz einfach ableiten. Jeder Akteur der verschiedenen Szenen zeigt in seinem Verhalten deutlich die Indikatoren für die zugrunde liegende Emotion. Wie im wirklichen Leben klappt entweder die Verständigung zwischen zwei Gesprächspartnern, oder es kommt zum Konflikt. Ein Großteil der Ursachen unserer alltäglichen Kommunikationsprobleme lässt sich mit der Wechselwirkung verschiedener Grundemotionen erklären. Es geht – das sei nochmals ausdrücklich vorangestellt – nicht darum, die Beteiligten der folgenden Szenen mit einem Etikett zu versehen, wie „Der Workaholic“ oder „Der Kreative“. Es gibt in diesem Buch und im richtigen Leben keine Typen, sondern nur Basisemotionen, die sich in beobachtbarem Verhalten manifestieren. Versuchen Sie beim Lesen die Merkmale zu finden und zu entschlüsseln, die darauf hinweisen, welche Grundemotion Anne, Bernd, Martin, Katrin und Alexandra in der beschriebenen Situation bewegen. Wer zeigt dadurch seine dominante, handelnde Seite (Rot), wer seine optimistische, unbe22
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schwerte (Gelb)? Wer agiert eher sanftmütig, einfühlsam und vorsichtig (Grün), wen erleben wir nachdenklich, hinterfragend (Blau)? Unterscheiden Sie also die vier Facetten menschlichen Verhaltens, plakativ veranschaulicht mit vier Farben.
Der Hintergrund der Dialoge Markus, der als Presales Consultant arbeitet, soll innerhalb von nur einer Woche fünf sehr wichtige und umfassende Angebote erstellen. Sowohl wegen seiner Fachkompetenz als auch wegen seiner sympathischen Art beim Präsentieren, die bei den meisten Kunden sehr gut ankommt, ist er häufig der erste Ansprechpartner der Vertriebskollegen im Außendienst. Natürlich freut das Markus, und er sagt kaum einmal Nein, wenn er um Unterstützung gebeten wird. Doch für diese Woche ist es einfach zu viel, und er muss mindestens ein, wenn nicht gar zwei Angebote an einen Kollegen übergeben. Doch davon muss er noch seine Kollegen überzeugen ... Die Dialoge zeigen, wie es Markus dabei ergeht, wann und warum er mit seinem Anliegen Erfolg hat und wann und warum nicht.
Markus und Anne Anne ist die beliebte und sehr dynamische Key-Account-Managerin für einen Automobilhersteller. Da sie immer sehr beschäftigt ist, hat Markus extra mit ihr telefonisch einen Termin vereinbart. Diesen hatte sie kurz und ungewohnt unfreundlich mit „Ja, ist gut. Wenn es sein muss“ bestätigt. Er kommt pünktlich zum verabredeten Termin in Annes Büro an. Markus: „Hallo Anne, wie geht’s? Unser neuer Kunde entwickelt sich ja prächtig, immerhin gibt es jetzt schon die vierte Anfrage in nur zwei Monaten und aus den drei davor sind ja umfangreiche Projekte geworden.“ Anne: „Ja, danke. Wir sind halt ein gutes Team. Aber Du willst sicher mehr als ein Lob. Also?“
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Markus: „Nun ja, Anne, im Moment weiß ich gar nicht, wo mir der Kopf steht. Und wahrscheinlich kann ich gar nicht alles schaffen, was im Moment auf meinem Tisch liegt. Anne: „Ja, ja. Diese Situationen kennen wir alle.“ Markus: „Eigentlich hatte ich gehofft, Du könntest mir helfen. Ich würde gern eine Anfrage an Peter aus meinem Team abgeben. Der kennt sich doch mit dem Thema mittlerweile genauso gut aus wie ich, und, wie schon gesagt, ich schaffe einfach nicht alles.“ Anne: „Das ist doch ein Experiment. Das machen wir definitiv nicht bei meinem Kunden. Ist das alles? Ich muss weitermachen.“ Markus: „Sprich doch einfach mal mit Peter, dann siehst Du selbst …“ Anne: „Sag mal, geht es noch?! Ich habe wirklich genug zu tun, Ich muss meine Deadline einhalten und Du stiehlst mir meine Zeit mit Jammern. Bis Donnerstag 17.00 Uhr habe ich das Angebot und eine Präsentation auf dem Tisch. Und am Freitag treffen wir uns Punkt 8.15 Uhr auf unserem Parkplatz, und wir fahren mit meinem Auto zum Kunden. Mehr ist dazu nicht zu sagen.“ Markus: „Das geht doch aber nicht. Ich kann das doch nicht alles alleine schaffen, und ich habe Peter doch eigentlich schon voll informiert, lass uns doch bitte …“ Anne: „Markus, das ist nicht mein Thema. Zum letzten Mal: Bis Donnerstag 17.00 Uhr habe ich alle Unterlagen, und Freitag fahren wir 8.15 Uhr zum Kunden. So, und nun muss ich arbeiten. Tschüss!“ Markus weiß nicht, was er zu so viel Ignoranz und Arroganz sagen soll, und verlässt wortlos den Raum. Anne macht sich, ärgerlich über die Störung, wieder an die Jahresplanung, die dem Vertriebsvorstand am kommenden Abend vorliegen muss.
Wichtig: In der PEK heißt Menschen verstehen, ihr Verhalten dahingehend zu interpretieren, welche Grundemotion sich darin zeigt. Wie sehen Sie ganz spontan die beiden? Tut Ihnen Markus leid? Finden Sie Anne unmöglich? Doch lassen Sie uns hier nicht werten, sondern schauen, welche Indizien für primäre Emotionen wir finden können, die die treibenden Kräfte hinter dem Verhalten von Anne und Markus waren. 24
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Entscheiden Sie sich zunächst ganz spontan: In welchen Farben (Grundemotionen) haben Sie Anne bzw. Markus erlebt? Farbe(n) von Anne: ……….. Farbe(n) von Markus: …………… Welche Anhaltspunkte liefert dieser kurze Dialog? Welche Belege bzw. Indizien haben Sie für Ihre spontanen Antworten? Analyse: Markus begrüßt Anne freundlich, und er bemüht sich um eine angenehme Atmosphäre für diesen Termin. Er bleibt auch noch freundlich und verbindlich nach der ersten knappen und für ihn unverständlichen und so nicht erwarteten Abfuhr von Anne. Markus zeigt sich von Anfang an von seiner sanftmütigen und einfühlsamen Seite. Er bemüht sich um Einklang und Harmonie mit Anne. Ein starkes Indiz dafür, dass bei einem Menschen das Handeln aus der grünen Grundemotion heraus beeinflusst ist. Weitere Anzeichen für Grün liefert die Reaktion auf Annes strikte Weigerung, mit Markus überhaupt zu diskutieren: Markus macht vorsichtig einen Alternativvorschlag, ist dabei aber alles andere als bestimmt, wie zum Beispiel die Redewendung „Peter ist doch eigentlich schon gut eingearbeitet, lass uns doch bitte …“ zeigt. Markus wäre es am liebsten, wenn Anne sich besinnen würde. Er bemüht sich daher um ihr Verständnis für seine Situation und will ihr die Schwierigkeiten aufzeigen, die er sieht. Er tritt nicht aggressiv oder übermäßig bestimmt auf, er baut auf Einsicht und Verständnis bei Anne. In Grün suchen wir Harmonie und Einklang, leben auf, wenn sich die Situation positiv entwickelt, und leiden still, zumindest anfangs, wenn es anders kommt. Markus zeigt uns also hier einen Ausschnitt aus dem Verhaltensspektrum, das ein deutlicher Indikator für die grüne Grundemotion ist. Anne geht in dieser Szene nicht auf Markus ein, für sein Anliegen und seine Befindlichkeiten zeigt sie keinerlei Interesse. Würden Sie sagen, Anne wirkt hier aggressiv, ignorant, anmaßend und egoistisch? Selbst wenn Sie Annes Gründe – der wichtige Termin, verbunden mit Zeitdruck – kennen? Anne kann im Moment sicher damit leben, für sie zählt jetzt nur die termingerechte Erledigung ihrer Aufgabe. In Rot setzen wir klare Prioritäten, ohne allzu viel Rücksicht auf die Meinung anderer zu nehmen. Wo gehobelt wird, da fallen Späne, so könnte man die hier von Anne gezeigten Indikatoren für die rote Grundemotion umschreiben.
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Markus wird das wenig trösten, und Anne soll damit auch nicht entschuldigt werden. Im Moment geht es nur darum, Verhalten zu interpretieren und zu verstehen, welche Grundemotion dahinter steht. An anderer Stelle werden wir diskutieren, was Markus in dieser Szene hätte tun können, um nicht so sang- und klanglos abzublitzen. Auch Anne hätte bei gleichem Zeitaufwand ihren Kollegen nicht so verprellen müssen. Jetzt schauen wir erst einmal, was Markus bei seinem nächsten Termin erlebt.
Markus und Bernd Immer noch bedrückt und verärgert durch Annes Abfuhr geht Markus ins nächste Büro auf seinem Plan. Hier sitzt Bernd. Bernd arbeitet als sogenannter „Jäger“ zur Neukundengewinnung, ist umgänglich und scheinbar immer gut gelaunt. Bernd: „Ach Markus, gut, dass Du kommst. Ich sitze hier gerade, und mein Skype funktioniert nicht, die Webcam wird nicht erkannt.“ Markus: „Skype? Aber das ist doch noch gar nicht freigegeben. Lass das lieber, sonst gibt es noch Ärger.“ Bernd: „Woher denn, das wissen doch nur ein paar Eingeweihte. Alle in unserem Team haben das. Wie stehe ich denn nachher da, wenn ich als Einziger nicht zu sehen bin? Schau doch schnell mal. Ist bestimmt nur eine Kleinigkeit.“ Markus: „Du Bernd, ich habe im Moment ganz andere Sorgen. Ich weiß nicht, wo mir der Kopf steht, und ich brauche jetzt ganz dringend Deine Hilfe.“ Bernd: „Klar Markus, eine Hand wäscht doch die andere. Sag, was ich für Dich tun kann, und in der Zwischenzeit bringst Du mein Skype zum Fliegen. Okay?!“ Markus: „Bitte Bernd, hör mir doch erst einmal zu. Ich kann unmöglich alle Angebote für diese Woche schaffen. Du kennst doch Peter, den habe ich in den letzten Monaten wirklich gut eingearbeitet. Peter würde sich riesig freuen und wäre stolz, wenn er das aktuelle Angebot für Dich machen dürfte. Wie findest Du die Idee?“ 26
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„Das ist doch jetzt nicht dein Ernst Markus, oder? Das ist die Chance, auf die ich seit einem Jahr warte. Da ist das beste Angebot gerade gut genug, das muss ein Hammer werden. Ein Hammer verstehst du? Dazu brauche ich Dich und nicht Deinen Lehrling, okay?“ Markus: „Bernd, Du unterschätzt Peter völlig, der ist manchmal schon besser als ich, wirklich!“ Bernd: „Netter Versuch, Markus. Mein Gott, jetzt hätte ich beinahe wegen Dir noch meinen Termin verschwitzt. Also, wir sprechen übermorgen unser Angebot durch, ich gebe auch ein Kaffee aus.“ Markus: „Bitte Bernd, die Situation ist ernst, Du musst mir helfen.“ Bernd: „Klar, ich verstehe Dich, wir helfen uns doch gegenseitig, so gut wir können, schließlich sind wir doch ein Superteam. Du schaffst das schon, ich kenne Dich doch. Also hau rein und mach‘s gut, Tschüss, bis übermorgen.“ Markus: „Bernd, bitte lauf nicht einfach weg. Ich …“ Bernd: „Sorry Markus, bin spät dran. Ich verlass mich auf Dich! Ciao!“ Wieder hat Markus kein Gehör gefunden und schon gar nicht die Unterstützung, auf die er gehofft hat. Bevor wir darüber sprechen, was diesmal warum schief gelaufen ist, betrachten wir zunächst die jeweils aktive Verhaltensfacette.
Bernd:
Welche Farben haben Sie erkannt? Farbe(n) von Bernd: ………………… Farbe(n) von Markus: …………………. Analyse: Wie steht es hier mit den Indizien? Dass Bernd in dieser Szene gut drauf ist, ist nicht zu übersehen. Er freut sich, dass Markus kommt, zeigt sich umgänglich und bindet ihn sofort in seine augenblickliche Situation ein. Als Markus darauf nicht eingeht, sondern sein Problem anspricht, reagiert er absolut gelassen, wobei er jede Diskussion vermeidet. Stattdessen setzt er auf seine Beredsamkeit und versucht Markus zu motivieren. Als das nicht gelingt, verlässt er einfach die Szene mit Worten, die Markus aufbauen und motivieren sollen. Dass er sein eigenes Ziel, ein Softwareproblem in den Griff zu kriegen, dadurch auch nicht erreicht, scheint Bernd nicht zu stören, wahrscheinlich hat er zum Schluss gar nicht mehr daran Die Facetten im Vertriebsalltag
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gedacht. Damit zeigt Bernd viele typische Anzeichen dafür, dass die gelbe Grundemotion hier sein Handeln bestimmt hat. Markus trägt sein Anliegen sehr vorsichtig vor, benutzt oft den Konjunktiv als Höflichkeitsform und umschreibende Fragen. Er bittet um Verständnis, reagiert ausgesprochen behutsam und ohne jede Aggression, will auf keinen Fall das Verhältnis zu seinem Kollegen gefährden. Auch hier zeigt uns Markus wieder deutliche Beispiele eines grünen Verhaltens.
Katrin und Markus Voller Hoffnung macht sich Markus auf den Weg zu seiner guten Kollegin Katrin. Sie ist im Team mit anderen Aufgaben beschäftigt, kümmert sich aber auch um die Angebotserstellung, wenn Not am Mann ist. Markus hatte sich telefonisch bei Katrin angekündigt, und sie erwartet ihn bereits. Sie freut sich, dass er vorbeikommt, bietet ihm gleich einen Kaffee an und hat sogar Plätzchen und Schokolade auf einem kleinen Tellerchen vorbereitet. Katrin: „Hallo Markus. Schön, dass Du wieder mal vorbeikommst. Wir haben uns ja lange nicht gesehen. Du hast sicherlich eine Menge Arbeit, oder?“ Markus: „Ach, es ist furchtbar. Ich habe so viel auf dem Tisch, ich weiß nicht, wie ich alles schaffen soll.“ Katrin: „Sind wohl wieder Überstunden angesagt, Du Armer.“ Markus: „Ach, selbst mit Überstunden ist das nicht mehr zu schaffen.“ Katrin: „Kann ich Dir irgendwie helfen? Wo liegt denn das Problem?“ Markus: „Nun, ich wollte Dich eigentlich genau darum bitten, wenn es Dir irgendwie möglich ist, mich bei der Erstellung eines Angebots zu unterstützen.“ Katrin: „Oh, ich helfe Dir herzlich gerne, aber Du weißt doch, dass ich mich nur sehr selten um die Angebotserstellung kümmere. Ich kenne auch die Preise und das ganze Umfeld nicht so genau. Ich glaube nicht, dass ich Dir eine Hilfe sein kann. Kannst Du nicht Bernd fragen, der scheint vielleicht noch ein bisschen Luft zu haben?“
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Markus: „Nein, der kann mir leider auch nicht helfen. Katrin, Du bist die Einzige, die mir noch helfen kann. Ich weiß wirklich nicht, was ich sonst tun soll. Und auf Dich konnte ich mich immer verlassen. Das Angebot muss am Donnerstagabend fertig sein.“ Katrin: „Also gut, wenn es so schlimm ist, ich sehe, was ich tun kann. Gib mir mal die Eckdaten. Du musst das Angebot aber unbedingt selbst überprüfen, weil ich, wie gesagt, nur am Rande mit der Angebotserstellung zu tun habe.“ Markus: „Vielen Dank, Katrin, Du bist so ein Goldstück. Ich wüsste nicht, was ich ohne Dich tun sollte. Hier ist die Mappe.“ Katrin: „Na, gib her. Ich sehe mal, wie weit ich komme.“ Markus verlässt sichtlich erleichtert Katrins Büro. Es ist zwar nicht die ideale Lösung, weil Katrin mit der Kalkulation sicherlich nicht alleine zurechtkommen wird, aber so braucht er das Angebot nur noch zu ergänzen und zu überprüfen. Alle Standardseiten sind bei Katrin in guten Händen. Katrin reagiert nicht begeistert, denn sie fühlt sich bei der Angebotserstellung unsicher. Dennoch mag sie Markus die Hilfe nicht verweigern und lässt sich zur freiwilligen Mehrarbeit überreden. Welche Farben haben Sie diesmal wahrgenommen? Farbe(n) von Markus: …………….. Farbe(n) von Katrin: ………………….. Analyse: Katrin zeigt hier viele Indizien für die grüne Grundemotion. Sie freut sich auf das Treffen mit Markus, bietet ihm Kaffee und Plätzchen an. Sie fragt ihn auch von sich aus, wie es ihm geht, so dass Markus gleich auf offene Ohren trifft. Allerdings fühlt sie sich unsicher, was die Angebotserstellung angeht, und schlägt zunächst eine andere Lösung vor, die Markus ja bereits versucht hat, nämlich Bernd zu fragen. Als Markus sein Problem als wirklich dringend vorträgt und nochmals an Katrins Hilfe appelliert, kann sie sich nicht mehr entziehen und lässt sich überreden, das Angebot zu erstellen. Markus selbst beginnt sehr stark in der grünen Grundemotion, er appelliert, bittet und nutzt wiederum stark den Konjunktiv als Höflichkeitsform. Als Katrin versucht, sich durch einen anderen Lösungsvorschlag herauszuwinden, wird der Appell von Markus eindringlicher, indem er ihr klarmacht, dass sie die einzige Rettung für seine schwierige Situation ist. Als Die Facetten im Vertriebsalltag
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Katrin daraufhin ganz zart Bereitschaft signalisiert, zeigt Markus auch Beredsamkeit und so bereits einige Aspekte der gelben Grundemotion.
Markus und Martin Sein dringlichstes Problem hat Markus gelöst, doch nun hat er noch einen Termin mit dem Vertriebscontroller. Das unangenehme Thema, das über der Abteilung schwebt, sind die Preisrabatte, die guten Kunden immer wieder gewährt werden. Markus weiß, dass er einer derjenigen ist, der besonders oft und im großen Umfang bei den Preisen Rabatte einräumt. Markus ist zunächst erleichtert, dass er sein vordringlichstes Problem mit dem Termin für das Angebot gelöst hat. Durch das Gespräch mit Katrin hat er sich etwas verspätet. Zudem ist ihm das Gespräch mit Martin unangenehm, so dass er froh ist, auf dem Weg zu Martin mit einem netten Kollegen am Kaffeeautomaten noch etwas zu plaudern. Martin: „Endlich kommst Du. Ich hatte Dich schon vor mehr als dreißig Minuten erwartet!“ Markus: „Ich werde dauernd aufgehalten. Bei uns brummt der Laden, jeder hat wahnsinnig viel zu tun. Alle jammern und stöhnen. Du glaubst es nicht. Jedenfalls prima, dass es so gut läuft.“ Martin: „Zunächst erwarte ich, dass Du um 14.00 Uhr da bist, wenn wir uns für diesen Termin verabredet haben, und nicht erst um 14.36 Uhr.“ Markus: „Ja, sorry, kann ich verstehen, tut mir leid. Mach ich nicht mehr. Das war aber ein Notfall. Ich habe wahnsinnig viel zu tun, und wie gesagt, das Geschäft läuft, der Laden brummt. „ Martin: „Das muss er auch. Wenn alle so viel am Preis nachlassen wie Du, sind wir bald Pleite.“ Markus: „Komm, Martin. Du kennst doch das Geschäft. Die Konkurrenz ist hart. Die Leistung stimmt, die wir bieten, aber bei den Preisen sind wir immer über dem Wettbewerb.“ Martin: „Alle anderen scheinen damit aber besser zurechtzukommen. Du bist der mit den höchsten Rabatten. Ich habe das mal zusammengestellt. Hier kannst Du es sehen. Es gibt in den letzten drei Monaten nur einen Fall, bei dem Du nicht das Limit unterschritten hast.“ 30
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Markus: „Komm, aber der Umsatz stimmt doch. Ich habe viele zufriedene Kunden. Das spricht doch für mich, und das reißt den Preisrabatt doch dreimal raus.“ Martin: „Nein, Markus, so einfach geht nicht. Wir müssen auf die Marge achten. Bei Dir gibt es die höchsten Rabatte, Du machst unsere Preise kaputt, wenn Du so weitermachst. Sieh doch mal hier, ich habe eine Aufstellung über das gesamte Team. Deine Kollegen räumen im Durchschnitt 9,8 Prozent weniger Rabatt ein, ihr durchschnittlicher Deckungsbeitrag ist damit 87 Prozent höher als Deiner. Geh diese Auswertung einmal genau durch, dann verstehst Du auch, warum Du uns selbst mit noch mehr Aufträgen immer mehr in Schwierigkeiten bringst.“ Markus: „Das ist doch übertrieben. Ich habe seit Jahren gute Beziehungen und alles läuft rund. Meine Kunden sind hochzufrieden, das kommt ja in Deiner Statistik gar nicht vor. Wir arbeiten über Jahre vertrauensvoll zusammen. Ich habe bei meinen Kunden mehrere Aufträge pro Jahr. Das zahlt sich in jedem Fall aus. Zufriedene Kunden – so heißt es doch auch in unserem Leitbild.“ Martin: „Da verstehst Du etwas falsch. Unser Leitbild sind zufriedene Kunden durch Schaffung von Win-Win-Situationen. Deine Zahlen für dieses Jahr zeigen deutlich, dass wir als Unternehmen bei Deinen Aufträgen kaum etwas gewonnen haben. Schau Dir das jetzt ruhig einmal an.“ Markus: „Das sieht Dir ähnlich. Ich arbeite mich krumm, damit alle zufrieden sind, und zum Dank bin ich jetzt der Buhmann. Macht Euch lieber einmal Gedanken über eure Preispolitik.“ Martin: „Markus, jetzt wirst Du unsachlich! Die Zahlen und Fakten sprechen eine klare Sprache. Ab sofort geht von Dir kein Angebot zum Kunden, bei dem die Preisvorgaben nicht eingehalten sind. Dazu wirst Du mir jedes Angebot ab einem Endpreis von 5.000 Euro zur Gegenzeichnung vorlegen. Das ist auch zu Deiner eigenen Sicherheit wichtig.“ Markus: „Nein, ich habe jetzt keine Lust mehr, lass mich mit Deiner Bürokratie bloß zufrieden. Fahr Du mal zu den Kunden, ja, mach mal meinen Job, dann redest Du nicht mehr so.“
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Martin: „Komm, bleib auf dem Teppich. Menschlich verstehe ich Dich. Aber Du musst auch unser Ergebnis sehen. Die Preise sind scharf kalkuliert. So viel Spielraum gibt es da nicht.“ Markus: „Ist schon gut, ich habe verstanden. Ich bin ja nicht zum ersten Mal der Sündenbock. Trampelt ruhig wieder auf mir rum. Ich gehe mal wieder an die Arbeit.“ Das sind fast die letzten Worte von Markus in diesem Gespräch. Er wirkt zunehmend verschlossen und nickt nur noch ab und an. Als Markus sichtlich beleidigt den Raum verlässt, weiß Martin, dass dieses Thema noch nicht erledigt ist. Er wird ab jetzt sehr genau auf Markus schauen. Welche Grundemotionen haben Sie in dieser Szene erlebt? Farbe(n) von Markus: ………………… Farbe(n) von Martin: ……………………… Analyse: Schauen wir uns wieder die Indizien an, die dieser kurze Dialog liefert. Markus ist gut gelaunt, weil er sein Problem mit Hilfe von Katrin in den Griff bekommt. Er nimmt sich Zeit für Gespräche mit Kollegen und hat offensichtlich wenig Lust, sich mit Martin aus dem Vertriebscontrolling zu unterhalten. Martin empfängt Markus aus dessen Sicht kühl, er ist verärgert, weil Markus zu spät kommt. Martin will Markus klarmachen, dass er bei den Preisen zu große Rabatte gewährt. Das Problem gibt es schon länger, und bislang hat Markus sein Verhalten nicht verändert. Martin hat Auswertungen und Zahlen parat, er belegt das, was er sagt, mit Kennzahlen, die Markus kleinkariert und unnötig vorkommen. Er setzt dagegen auf Vertrauen und langfristige Kundenbeziehungen. Martin hingegen hat die Profitabilität des Unternehmens im Fokus. Er sieht sich zum Handeln gezwungen, weil bei Markus die Rabatte aus dem Ruder laufen. Markus reagiert darauf mit Unwillen. Er ist bockig und hat für die Vorgaben, die Martin ihm verständlich machen will, kein Verständnis. Markus zeigt hier zu Gesprächsbeginn seine gelbe Seite. Er ist gut gelaunt, hat aber an Zahlen und Daten kein Interesse. Martin hingegen zeigt als professioneller Controller seine blaue Seite. Er belegt seine Aussagen mit Zahlen, Daten und Fakten. Er setzt die Vorgaben der Geschäftsleitung um, die Markus offensichtlich nicht so sehr interessieren. Markus fühlt sich von Martin in die Enge gedrängt und reagiert zunehmend „grün“. Er wehrt Martin ab, indem er auf Vertrauen und Kundenzufriedenheit, klassi32
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sche „grüne“ Werte pocht. Nachdem Martin sich darauf nicht einlässt, zieht Markus beleidigt und bockig davon. Er nimmt die Kritik persönlich und fühlt sich angegriffen. Martin hingehen würde aus seiner Sicht sagen, dass er klar und sachlich argumentiert hat. Ihm ging es um die Einhaltung allgemeinverbindlicher Regeln. Aus seiner Sicht gibt es keinen Grund, warum Markus so beleidigt reagiert hat. Er hat ihn korrekt und fair behandelt. Markus wirkt nicht nur uneinsichtig, er ist es auch. In der grünen Grundemotion ist die Schuldfrage bei einem Problem enorm wichtig. Wer Schuld an einem Problem trägt, sieht aus grüner Sicht die Harmonie mit dem vom Problem Betroffenen gefährdet. So wird in dieser Grundemotion die Schuldfrage stets wichtiger als die Problemlösung. „Geteiltes Leid ist halbes Leid“ ist wohl ein grünes Sprichwort. Die gelbe Version ist dann „Geteilte Freude ist doppelte Freude“. Das Harmoniestreben in der grünen Grundemotion hindert Menschen, Verantwortung zu übernehmen oder gar eine Schuld einzugestehen.
Wichtig: Ob die „Chemie“ stimmt oder nicht, entscheiden die jeweils „aktiven“ Grundemotionen der Beteiligten. Jetzt haben wir für jede Farbe, jede Grundemotion also, am Beispiel gesehen, wie diese sich im äußerlich wahrnehmbaren Verhalten manifestiert. Besonders ausführlich haben wir Grün erlebt. Hier haben wir auch gesehen, wie es Grün mit den drei anderen Farben gehen kann. So richtig gut lief es nur mit einem gleichfalls „grünen“ Partner im Zusammentreffen von Markus und Katrin, mit dem „blauen“ Martin war es schwierig bis unbefriedigend, mit dem „gelben“ Bernd lief es zunächst besser, doch auch hier scheiterte das Gespräch. Mit Anne in stark ausgeprägtem Rot kam ein richtiges Gespräch gar nicht erst zustande. Die Beispiele wurden gewählt, weil es im Alltag häufig durchaus so oder so ähnlich abläuft. Dass jeder der hier Beteiligten zunächst nur in jeweils einer oder zwei Farben agiert, ist an dieser Stelle der einfacheren Verständlichkeit geschuldet. Natürlich kann sich die aktive Grundemotion eines Menschen im Verlauf von Alltagssituationen auch häufiger ändern – es kommt dabei immer auf die Sicht der Situation an. Dieses Phänomen werden wir im nächsten Kapitel eingehender betrachten.
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Zusammentreffen von Menschen in der grünen Grundemotion mit Rot werden im täglichen Leben als besonders kritisch empfunden und wirken besonders bei Grün oft noch lange nach. Schließlich prallt hier die sanftmütige, nach Harmonie und Sicherheit strebende Verhaltensfacette des einen auf die dominante, auf Lösung und Ergebnis eingestellte Facette einer anderen Person. Deshalb sind wir jetzt dabei, wenn Markus seiner Vorgesetzten Alexandra berichtet, wie gut es mit seinen Kunden läuft, um dem Ärger aus dem Controlling vorzubauen.
Alexandra und Markus Markus hat sich für den kurzen Termin bei Alexandra an deren Assistentin vorbeigeschlängelt. Alexandra hat keine Zeit, sie steht kurz vor einer wichtigen Auslandsreise und braucht noch Informationen. Inzwischen räumt sie ihre Sachen zusammen und überprüft, ob sie alle wichtigen Daten auf ihrem Laptop hat. Markus: „Hallo Alexandra. Tut mir wirklich leid, dass ich gerade jetzt so `reinschneie. Aber es ist mir wirklich wichtig, dass Du Bescheid weißt, wie es läuft.“ Alexandra: „Sorry, Markus, sonst gerne, ich habe wirklich keine Zeit. Kannst Du mir nicht eine Mail schreiben, die kann ich von unterwegs aufrufen.“ Markus: „Es dauert doch nur fünf Minuten. Und es ist mir wirklich wichtig. Wir haben drei gute Leads und fünf Kunden von mir haben in diesem Quartal neu abgeschlossen …“ Alexandra: „Das ist prima. Freut mich. Ich muss jetzt gleich los. Also bis demnächst!“ Markus: „Solange Du packst, kann ich Dir doch berichten …“ Alexandra: „Nein, wirklich, so geht es nicht. Du kannst nicht einfach meine Zeit dafür in Anspruch nehmen. Das hat doch Zeit bis nächste Woche.“ Markus: „Es gibt da ein kleines Problem mit dem ...“ Alexandra: „Wie gesagt, nächste Woche. Dir noch einen schönen Tag, Markus!“ 34
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Markus: „Es ist wirklich wichtig, dass wir kurz sprechen ...“ Alexandra: „Markus, bitte!!!! – Christine, hat die Agentur die Entwürfe für die Verpackungen inzwischen geschickt? Und rufst Du bitte unten an, die sollten für Viertel vor ein Taxi bestellen.“ Markus: „Na schön, dann bis nächste Woche. Sag dann aber nicht, ich hätte früher kommen sollen.“ Alexandra: „Markus, Du bekommst die Anerkennung, die Dir zusteht. Und wo es gut läuft, da hält man kleine Probleme auch mal eine Woche aus. Christine, und ich möchte noch mit Herrn Beck sprechen, kannst Du mich bitte verbinden?“ Analyse: Markus ist schneller wieder draußen, als er hineinkam, die Tür ist zu, und er ist ziemlich enttäuscht, dass er so abgefertigt wurde. Aber er wollte seine Chefin informieren, und wenn die nicht zuhört, dann soll sie ihm später keine Vorwürfe machen … Nun aber zu Alexandra, unserer sechsten Hauptperson. Wie haben Sie sie erlebt? Im Grunde ähnlich wie Anne? Das ist natürlich so gewollt, auch Alexandra reagiert und agiert hier sehr Rot. Sie ist auf dem Sprung, und nachdem Markus keinerlei ernst zu nehmende Probleme signalisiert hat, fehlt ihr das Feingespür für Markus' eigentliches Anliegen. Schließlich muss sie sich auf das Hier und Jetzt konzentrieren, um nichts Wichtiges zu vergessen.
Wichtig: Ihr Verhalten und das Ihres Gegenübers beeinflussen sich immer gegenseitig. Markus hat in dieser Szene nach betont lockerem Beginn seine gelbe Mühe. Er möchte dem sich anbahnenden Ärger seiner Preisnachlässe vorbauen und hat auch in seinen Augen gute Argumente. Dass er diese jetzt nicht anbringen konnte, nimmt er Alexandra übel, er fühlt sich nicht ernst genommen. Alexandra hingegen hört nur, dass es gut läuft, und hat entsprechend wenig Lust, sich kurz vor knapp Markus‘ Ausführungen anzuhören. Ganz besonders in dieser Szene stellt sich natürlich die Frage: Was hätte Markus – in dieser gelben Grundemotion – anders machen können, vielleicht sogar müssen? Diese Frage wird im nächsten Kapitel sehr ausführlich diskutiert. Zuvor wollen wir die einzelnen Grundemotionen aber noch besser verstehen lernen, damit wir sie im Alltag leichter und sicherer erkennen. Die Facetten im Vertriebsalltag
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Fassen wir die typischen Bedürfnisse, Befürchtungen und die Triebkräfte unseres Tun und Lassens, die aus jeder der vier Grundemotionen erwachsen und natürlich auch diese sechs Dialoge prägen, kurz zusammen.
Die rote Grundemotion In Rot wollen wir agieren und Herr der Lage sein, dass ist unser Grundbedürfnis. Was uns völlig gegen den Strich geht, ist, hierin behindert zu werden, zum Beispiel, wenn wir das Gefühl haben, gegängelt oder manipuliert zu werden. Das sind unsere Hauptsorgen in Rot. Primäre Emotion: Unzufriedenheit:
… noch nicht angemessen reagiert
Grundbedürfnis:
agieren, Herr der Lage sein
Hauptsorge:
gegängelt oder manipuliert zu werden
Rotes Tuch:
Unentschlossenheit
Einstellung:
selbstbewusst, auf Handeln eingestellt
Ziele:
Unabhängigkeit, Veränderung, Dominanz
Schlüsselfrage:
Was ist das Ziel …?
Das wird auch in Annes Verhalten in der beschriebenen Szene deutlich. Auch wenn Markus sie objektiv wohl nicht gegängelt hat. Er hat sie aus ihrer Sicht in ihrer dringlichen Arbeit behindert. Seinen Vorschlag gerade jetzt, in dieser wichtigen Situation, empfand sie subjektiv als Gängelei. Was uns in Rot geradezu auf die Palme bringt, wie ein rotes Tuch wirkt, ist Unentschlossenheit. So wie Alexandra Markus erlebt hat, der nicht auf den Punkt kam, anscheinend selbst nicht wusste, was er eigentlich wollte. Die Grundeinstellung in der roten Facette ist selbstbewusst, wir sind ganz auf pragmatisches Handeln eingestellt. Das war sowohl bei Anne als auch bei Alexandra deutlich zu spüren. Entsprechend dieser Einstellung streben wir in Rot nach Unabhängigkeit, Dominanz und Veränderung – das sind dann unsere Ziele. Was uns stört, wird geändert, Rot ist unsere lösungsorientierte Seite. 36
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Wer sein Gegenüber in der roten Grundemotion erlebt, muss sich immer die Frage stellen „Was ist ihr oder sein Ziel, was wird angestrebt“? Um etwas bei Rot zu erreichen, muss umgekehrt klar sein und für Rot klar gemacht werden, was Ziel, Ergebnis und Nutzen sein soll. Das hat Markus bei Anne zwar versucht, doch er hat über seine Probleme gesprochen, und nicht darüber, was ihr weiterhilft. Bei Alexandra ist er gar nicht darauf eingegangen, um was es eigentlich geht. So ist ihre Reaktion absolut verständlich.
Die gelbe Grundemotion Unsere gelbe Seite hingegen weckt das Grundbedürfnis nach Beliebtheit und Popularität auf der einen und Freiheit auf der anderen Seite. Freiheit ist dabei sowohl Freiheit von Verpflichtungen und Einschränkungen, insbesondere von langfristigen, als auch von als schwerwiegend empfundener Verantwortung. Primäre Emotion: Freude:
… Einlassen und Interaktion
Grundbedürfnis:
beliebt sein, frei sein
Hauptsorge:
ausgeschlossen oder festgelegt werden
Rotes Tuch:
Routine
Einstellung:
Spaß, kontaktfreudig
Ziele:
Bestätigung, Popularität
Schlüsselfrage:
Was ist der Antrieb …?
Das führt logischerweise zu den gelben Hauptsorgen: ausgeschlossen oder abgelehnt zu werden auf der einen und eingeengt oder eindeutig festgelegt zu werden auf der anderen Seite. „Wie stehe ich vor den anderen da?“ ist eine typische Frage, die ja auch Bernd in unserem kurzen Dialog stellt. In der Gruppe (hier Bernd und seine Vertriebskollegen) setzt sich unser Gelb auch gerne und ohne große Hemmungen über „langweilige“ Standards und Vorschriften hinweg. Das weist auf das rote Tuch unserer gelben Seite hin, die Routine. Diese wird als langweilig, ermüdend und stupide angesehen. Die Facetten im Vertriebsalltag
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Gelb liebt die Abwechslung. Dazu passt die Grundeinstellung, die man auch bei Bernd deutlich sieht: Spaß ist wichtig, am besten im abwechslungsreichen Kontakt mit anderen Menschen. In der gelben Grundemotion mögen wir Empfänge, Diskussionen oder Partys. Hierzu passen auch die Ziele, ein ausgeprägtes Streben nach Popularität und Bestätigung. Wenn wir unser Gegenüber in Gelb erleben, steht immer die Frage im Raum, „Was ist ihr oder sein Antrieb, woher kommt die Energie“? Im Normalfall ist es Anerkennung und Lob von außen – oder gemeinsam etwas Tolles zu machen, Spaß zu haben. Nichts davon konnte Bernd aus dem Anliegen von Markus entnehmen. So hatte er aus seiner Sicht wirklich keinen Grund, sich auf dessen Vorschlag einzulassen.
Die grüne Grundemotion Sehr intensiv haben wir durch Markus und auch Katrin die grüne Grundemotion kennen gelernt, deren Grundbedürfnis nach Sicherheit und Einklang mit dem Umfeld sich wie ein roter Faden durch alle hier geschilderten Situationen zieht. Primäre Emotion: Zufriedenheit:
… proportional zum erreichten Einklang
Grundbedürfnis:
sicher sein, in Harmonie sein
Hauptsorge:
plötzliche Veränderungen
Rotes Tuch:
Unsensibilität
Einstellung:
Stabilität, Werte, Unterstützung
Ziele:
Harmonie, Sicherheit
Schlüsselfrage:
Was ist das Motiv …?
So scheut Markus davor zurück, sich mit Anne auseinander zu setzen. Auch gegenüber Bernd trägt er sein Anliegen als Bitte vor, nicht als berechtigte Forderung. Im Dialog mit Martin sehen wir sehr anschaulich, wie das Nichterreichen von Harmonie sich in der grünen Grundemotion auswirken kann. Die zunächst nur sehr defensive Haltung führt zu einer immer destruktiveren Verschlossenheit. Das Gespräch endet für beide Seiten völlig unbefriedigend. 38
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Natürlich erkennen wir auch die sehr angenehme Seite von Grün in der Szene mit Markus und Katrin. Hier erwächst aus der beiderseitigen Zufriedenheit schließlich die Bereitschaft, auch bei eigener hoher Belastung zu helfen. Veränderungen bieten immer Chancen, bergen aber immer auch Risiken. Während unsere rote Seite eher auf die Chancen setzt, sehen wir in Grün immer zuerst die Risiken, besonders bei plötzlichen Veränderungen. Sie sind dann unsere Hauptsorge. Deshalb ist für Markus das Gespräch mit Martin, dem Controller, auch sehr schlimm. Für ihn steht an erster Stelle, dass die aus seiner Sicht bewährte und vertraute Art, sein Geschäft zu betreiben, nun nicht mehr richtig sein soll. Dadurch ist er gar nicht in der Lage, auf Martin inhaltlich einzugehen. Mühe hat Markus auch mit der von ihm als schroff erlebten Art der beiden Frauen. Ihnen schien es völlig egal zu sein, wie er zurechtkommt. Für ihn haben sie nur sich und ihre Interessen gesehen. Damit sind wir beim roten Tuch von Grün, der Unsensibilität – dabei spielt es kaum eine Rolle, ob gegenüber sich selbst oder in Bezug auf andere. Unsere Grundeinstellung in Grün basiert auf Werten, Stabilität und auf der Unterstützung anderer. Bei der Ansprache der grünen Grundemotion muss man sich immer die Frage stellen: „Was ist das Motiv, warum tut sie oder er das bzw. warum nicht?“ Hier hätte zum Beispiel Martin ansetzen können, um Markus wirklich zu erreichen. Doch er hat ihm nur Gründe genannt, keine Motive gegeben.
Die blaue Grundemotion Damit sind wir bei der blauen Grundemotion angelangt und richten jetzt unser Augenmerk auf Martin. Der erklärt Markus ganz genau und sehr konkret, warum sich seine Preisgestaltung unbedingt ändern muss. Das entspricht dem Grundbedürfnis nach Verstehen, vorher informiert sein, gepaart mit dem Anspruch der Perfektion. Martin hat sich detailliert mit der Situation im Vertrieb beschäftigt und sich akribisch auf das Gespräch vorbereitet. Die Facetten im Vertriebsalltag
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Primäre Emotion: Unzufriedenheit:
… Situation ungeklärt oder ungelöst
Grundbedürfnis:
perfekt sein, verstehen
Hauptsorge:
Fehler zu machen
Rotes Tuch:
Überraschungen
Einstellung:
hohe Standards, kaum Fehlertoleranz
Ziele:
Vorhersehbarkeit, Perfektion
Schlüsselfrage:
Was ist das Problem …?
Auch das rote Tuch von Blau wird deutlich: Unvorhersehbarkeit. So stört die Verspätung von Markus Martins Tagesplanung, weshalb er dies auch sofort am Anfang des Gespräches rügt. Die Hauptsorge unserer blauen Seite ist es, Fehler zu machen. Wir selbst wollen dann keine Fehler machen, und bei anderen sind wir unterschwellig immer in der Sorge, dass sie einen Fehler machen. So ist Martins Entscheidung, sich Markus’ Angebote vorlegen zu lassen, eine logische Konsequenz. Martin will sicherstellen, dass alles wie vorgesehen abläuft. Hier schließt sich auch der Bogen zur Einstellung in Blau, die hohe Standards setzt, welche kaum mit Fehlertoleranz einhergehen. Blau kennt keine halben Sachen, das Ziel sind immer 100 Prozent. Die Ziele von Blau kann man also so zusammenfassen: Verstehen, was vor sich geht, Vorhersehen, was passieren wird, und Perfektion bei der Realisierung. Will man begreifen, warum Blau etwas tut bzw. nicht tut, hilft immer die Beantwortung der Frage „Was ist ihr oder sein Problem, was ist unklar oder nicht in Ordnung?“
1.3 Verhalten und Körpersprache: Wie Sie die Grundemotionen erkennen
örpersprache
Der entscheidende Schritt auf dem Weg zu praktischer emotionaler Kompetenz besteht darin, die aktive Grundemotion bei sich und anderen richtig zu erkennen. Äußere Erscheinung und Körpersprache sind dafür die wichtigsten äußeren Indikatoren. 40
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Anhand der folgenden ausführlichen Beschreibungen lernen Sie, das Verhalten Ihres Gegenübers mit anderen Augen zu sehen. Durch eine ganzheitliche Sicht auf Verhalten und Körpersprache können Sie darauf schließen, was sie oder ihn bewegt, welche Befürchtungen und Motive eine Rolle spielen – und entsprechend agieren und reagieren. In gleichem Maße entwickeln Sie ein besseres Verständnis für Ihre eigenen – zuvor unbewussten – Reaktionen. Sie reflektieren bewusst, was Sie aufbringt oder in die Enge treibt. Sie verstehen besser, warum Sie in einem Fall genervt reagieren und im nächsten, scheinbar ähnlich gelagerten Fall dagegen entspannt und gelassen. Mit dem Verständnis von Körpersprache ist es genau wie mit dem Verständnis einer Fremdsprache: Um den Sinn des Gesagten zu erfassen, müssen Sie nicht unbedingt jedes einzelne Wort verstehen. Entsprechend lässt sich Körpersprache interpretieren, auch wenn Sie nicht jede einzelne Geste deuten können. Das ist überhaupt die Basis, um Wissen über Körpersprache wirklich praktisch einsetzen zu können, vor allem im Vertrieb. Jede Phase eines Verkaufsgespräches ist zu bedeutend, als dass Sie sich in dieser Situation noch zusätzlich über jede Bewegung oder einzelne Geste Ihres Gesprächspartners Gedanken machen können. Eine ganzheitliche Sicht auf Ihren Gesprächspartner kostet Sie dagegen nur Sekundenbruchteile. Ganz wie bei einem Mosaik. Das Gesamtbild können Sie auf einen Blick erfassen, jedes einzelne Mosaiksteinchen zu betrachten, würde Sie dagegen viele Stunden kosten. Schauen wir jetzt auf die Körpersprache der vier Grundemotionen, einem Indikator, der Ihnen offen zugänglich ist und den glücklicherweise kaum jemand wirklich bewusst steuern kann.
Verhalten und Körpersprache der roten Facette Beginnen wir mit der roten, der pragmatischen, aktionsorientierten Facette der Persönlichkeit. Unabhängig von Physiognomie und Konstitution dominieren Menschen in Rot häufig ihre Umgebung. Ihr Blickkontakt, den sie stets suchen, ist direkt und fordernd. Ihre Körperhaltung ist aufrecht, die Körpersprache ist nachdrücklich und wirkt oft ungeduldig. Verhalten und Körpersprache
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Die Stimme ist klar und prononciert, dabei direkt und immer so laut, dass man sie nicht überhören kann. Verbale Reaktionen erfolgen rasch, direkt und gezielt. Die geradlinige, oft energische Gestik unterstreicht und verstärkt die jeweiligen Aussagen. Wenn sie eine Szene betreten, dann mit energischem und schnellem Schritt. Kurz, vieles von dem, was in Rhetorikseminaren, besonders für Führungskräfte, empfohlen und wieder und wieder geübt wird, ohne dass es der Mehrzahl der Teilnehmer gelingt, beherrschen Menschen in ihrer roten Facette quasi von selbst, ohne Mühe oder gar Training.
Verhalten und Körpersprache der gelben Facette Die gelbe Facette, erscheint ihrer Umgebung als offen, gelassen und unbeschwert. Der Blickkontakt ist direkt, interessiert und freundlich, schweift aber schon bei kleinen Ablenkungen leicht ab. Die Körperhaltung ist entspannt, manchmal lässig, die Körpersprache ist offen und gestenreich. Mimik und Gestik unterstützen und illustrieren das, was gesagt oder erzählt wird. Dabei spricht Gelb frei heraus und spontan, mit lebhafter, gefühlsbetonter Stimme. Menschen in ihrer gelben Grundemotionen wirken schwungvoll, gerade auch, wenn sie auf uns oder jemand anderes zugehen. In vielen Verkaufsschulungen wird diese Körpersprache in den Mittelpunkt gestellt, wenn es darum geht, andere anzustecken und zu begeistern. Auch hier sei wiederum eingewandt, dass es kaum gelingen kann, auf Kommando begeistert zu sein, wie es genauso wenig gelingen kann, andere durch antrainiertes Vorexerzieren der vermeintlichen eigenen Begeisterung zu begeistern.
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Die emotionalen Facetten jeder Persönlichkeit
Verhalten und Körpersprache der blauen Facette Menschen in der blauen Grundemotion wirken auf den ersten Blick reserviert, verschlossen, kühl oder in Gedanken versunken. Sie wirken ruhig und in sich ruhend. Ihre Antworten und Aussagen sind überlegt und betont sachlich, was manchmal sogar distanziert und emotional unbeteiligt wirkt. Dabei ist es lediglich Ausdruck dessen, dass wir uns in der blauen Facette unserer Persönlichkeit gut und reiflich überlegen, was und wie wir etwas sagen. So kommt es, dass in der blauen Facette eine Meinung häufig erst auf Nachfrage geäußert wird. Blau spricht gleichmäßig, ohne Stimmlage oder Lautstärke zu variieren. Im Gespräch hält Blau aufmerksamen Blickkontakt, ohne sein Gegenüber zu fixieren. Die Redensart „er kommt gemessenen Schrittes daher“ verbildlicht sehr schön den beherrschten, gleichmäßigen Gang eines Menschen in seiner blauen Facette. Blau will fundiert überzeugen und nicht oberflächlich begeistern. Zu diesem Credo passt sehr gut die blaue Gestik und Mimik: Beides ist im Grunde nicht sichtbar vorhanden. Selbstredend reagiert Blau nicht spontan positiv auf eine mit Begeisterung und großer Gestik vorgetragene Rede, wenn Fakten und Hintergründe fehlen. Im Vertrieb wird diese Facette eher nicht geschätzt, man sollte jedoch daran denken, dass es komplexe Produkte und Dienstleistungen gibt, die diese Facette bei Kunden ansprechen.
Verhalten und Körpersprache der grünen Facette In der grünen Grundemotion erscheinen Menschen unbeschwert bis vorsichtig, je nachdem, ob die Umgebung vertraut oder fremd erlebt wird. Der Blickkontakt ist zurückhaltend, wenn der Gesprächspartner nicht vertraut ist, wird er oft ganz vermieden. In diesem Fall führt besonders der herausfordernde „rote“ Blickkontakt oft zu Verlegenheit. Grün agiert sehr ruhig und zurückhaltend. Verhalten und Körpersprache
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Das wird durch die im Vergleich zu den drei anderen Farben leiseste Stimme noch unterstrichen. Grün drängt sich keinesfalls in den Vordergrund, Grün hält sich gerne zurück. In Gesprächen mit nur wenig bekannten Personen beteiligt sich Grün oft nur auf direkte Nachfrage. Diesen Eindruck rundet die Gestik der grünen Facette ab, alle Bewegungen erfolgen langsam, gleichmäßig und ausgesprochen unaufdringlich. Auch auf die Mimik muss man sehr genau achten, um Enttäuschung, Freude, Zustimmung oder Ablehnung darin zu erkennen. Natürlich spielt auch hier der Grad der Vertrautheit eine Rolle. Wer in der grünen Grundemotion auf andere zugeht, tut das mit ruhigen, gleichmäßigen und vorsichtigen Schritten. Der Gang wird dabei zögerlicher, je näher das Ziel rückt. In der Regel bleibt Grün in respektvollem Abstand von seinem Gegenüber stehen. Mit diesen vier kurzen Beschreibungen von Körpersprache, Gestik und Mimik der vier Verhaltensfacetten sollte es Ihnen jetzt leichtfallen, die verhaltensbestimmende Grundemotion Ihres Gegenübers schnell und sicher zu identifizieren.
Beispielsituationen aus dem Berufsalltag Nach diesem Überblick über die Manifestation der Grundemotionen in der Körpersprache wollen wir diese jetzt durch die folgenden kleinen Büroszenen in Alltagssituationen transparent machen. Die Körpersprache kann hier natürlich nur indirekt wiedergeben werden. Beim Lesen der folgenden Szenen können Sie diesen Aspekt jedoch gedanklich ergänzen und so leichter erkennen, welche Facette des Verhaltens bei den vier Arbeitskollegen aktiv ist. Bernd trifft in der Mittagspause auf dem Weg in die Kantine vor dem Aufzug auf Martin, der einen Stapel Unterlagen vor sich in der Hand trägt. Bernd: „Na, Martin, machst Du denn heute gar keine Mittagspause?“ Martin: „Nein, äh, doch, später vielleicht.“ Bernd: „Du musst Dich mal entspannen. Pausen gehören auch zur Arbeit. Gestern war ich im Kino. Ein toller Film, total spannend, danach ging’s mir wieder total gut. Das war der neue Thriller mit einem jungen Mann, der sein Gedächtnis verloren hat …“ 44
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Die emotionalen Facetten jeder Persönlichkeit
Martin: „Bernd, wirklich, Du siehst doch, dass ich jetzt keinen Kopf dafür habe. Also wirklich, ich muss das bis heute Nachmittag geklärt haben.“ Bernd: „Mensch, Martin, ich habe auch genug zu tun. Trotzdem habe ich immer ein nettes Wort für Kollegen übrig.“ Martin: „Das finde ich ja auch gut. Es ist jetzt nur nicht der richtige Moment, um über einen Film zu sprechen. Tut mir leid, ich muss jetzt wieder an meinen Schreibtisch.“ Nach einigen Neuberechnungen hat Martin das Problem gelöst. Er berechnet die Prozentzahlen neu und ist nun sicher, dass er am Montag die richtigen Daten an die Geschäftsleitung weitergeben kann. Auf dem Weg nach Hause trifft Martin auf Anne, die mit Bernd zusammen im Kino war. Martin: „Na, Anne, auch endlich Feierabend? War eine anstrengende Woche, oder?“ Anne: „Ja wirklich, der Kundentermin heute Morgen war richtig aufregend. Zum Glück hat alles gut geklappt. Wir haben sogar schon ein Gläschen Sekt getrunken – auf den sehr, sehr wahrscheinlichen Erfolg. Eine mündliche Zusage haben wir schon.“ Martin: „Das ist ja toll. Freut mich, dass ihr so einen großen Fisch an Land gezogen habt.“ Anne: „Danke. Witzigerweise war ich gestern mit Bernd im Kino. In dem Film ging es um ein ganz ähnliches Projekt. Ein junger Mann hatte sein Gedächtnis verloren und wusste nicht mehr, dass die Zahlen für den Kunden gefälscht waren – das waren unsere natürlich nicht! War sehr spannend. Heute bin ich mit Markus mit viel Power ins Gespräch gegangen.“ Martin: „Ist ja witzig. Und wie ist der Film ausgegangen? Bernd hatte vorhin auch davon gesprochen. Wie heißt der Hauptdarsteller nochmal?“ Anne: „Du kannst ja mit Markus in den Film gehen, dem habe ich auch davon erzählt.“ Martin: „Eine gute Idee, Markus hatte auch keine leichte Woche. Das wäre für uns beide ein guter Anlass …“
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„Na, dann ruf ihn doch an, der würde sich wirklich freuen. Außerdem hat er sich heute sehr gut geschlagen. Das wäre eine schöne Sache.“ Martin: „Ja, mache ich. Dir ein schönes Wochenende!“ Analyse: Die aktive Grundemotion entscheidet auch darüber, welcher Art der Ansprache, welchen Argumenten bzw. welchen äußeren Impulsen wir folgen und welchen nicht. Martin, der in der ersten Szene sehr rational und gründlich überlegt, ob und wie er ein Problem lösen kann, was charakteristisch für Blau ist, lässt sich schwerlich von seinem fröhlichen und aufgeschlossenen Kollegen Bernd, der von dem tollen Kinofilm erzählt, mitreißen. Er reagiert höflich, aber deutlich ablehnend, weil er sich konzentrieren will. Ganz anders fällt Martins Reaktion in der zweiten Szene aus, als ihm ein Lösungsweg eingefallen ist und er nun weiß, was wie zu tun ist. Er ist mit sich und der Welt wieder im Reinen und freut sich, dass Anne sich Zeit nimmt, noch kurz mit ihm zu plaudern. Jetzt ist ihm auch die gute Beziehung zu Markus wieder wichtig, mit dem er im Laufe der Woche eine kleine Auseinandersetzung hatte. Die blaue Sinn- und Lösungssuche ist also einer grünen Beziehungspflege gewichen. So kann Martin sich jetzt auch gut mit der Kollegin in Gelb austauschen. In der grünen Grundemotion liegt ihm zudem viel daran, mit Markus wieder eine gute, ausgeglichene Beziehung herzustellen. Doch diese beiden Szenen bieten noch mehr Stoff für eine ausführliche Analyse und Interpretation. In Blau will Martin sich Klarheit verschaffen, seinen Kopf frei haben, sich konzentrieren, Zahlen, Daten und Fakten sichten, Hintergründe beleuchten. Für Bernd, hier in Gelb, der einen tollen Film gesehen hat, sich dabei prima amüsiert hat und aus Begeisterung Martin davon erzählen will, hat er in dieser Situation kein Verständnis. Seine Stimme ist abweisend, er spricht nur wenig, blickt mehr auf seine Unterlagen als auf den vor ihm stehenden Bernd, der dagegen übersprudelt, ausführlich erzählen will und es damit sogar gut mit Martin meint, indem er ihn von seinem Problem abzulenken versucht. Diese Ablenkung, ein Aufschub oder gar das Verdrängen des Problems ist für die gelbe Grundemotion typisch. Für Bernd, der auch eine anstrengende Woche hinter sich hat, ist jetzt gute Laune und Entspannung angesagt. Ganz anders bei Martin, der sich auf nichts einlassen kann, was seine Gedanken von der Suche nach seiner Lösung ablenkt. Anne:
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Freitagabend, Martin hat das Problem gelöst und trifft auf Anne, die noch mehr als Bernd in Feierlaune ist – wegen des erfolgreichen Angebots. Martin freut sich, Anne zu sehen, und kann seine Probleme loslassen. Beides zusammen aktiviert offensichtlich seine grüne Grundemotion. So kann er sich jetzt auf die ihm in Gelb fröhlich, locker, lebhaft und gestenreich gegenübertretende Anne einlassen. Als er nun zum zweiten Mal von dem spannenden Kinofilm erzählt bekommt, stört ihn dies überhaupt nicht. Ihm ist an guten Beziehungen zu seinen Kollegen gelegen, und er hat sogar ein schlechtes Gewissen gegenüber Markus, der in dieser Woche offensichtlich einiges einstecken musste. Ihm gegenüber ist er jetzt um Ausgleich und Harmonie bemüht, so dass er sich von Annes Idee anstecken lässt, gemeinsam mit Markus ins Kino zu gehen. Die sprühende, fröhliche Anne wirkt auf den grünen Martin deshalb jetzt nicht störend und ablenkend wie zuvor der ebenfalls gelbe Bernd. Die Stimme von Martin ist wie seine ganze Körperhaltung entspannt, ruhig und sanft. Er hält sich zurück, freut sich an Annes deutlich sichtbarer Begeisterung und gibt dieser viel Raum. Anne spricht schnell und lebhaft, sie lächelt Martin an, ihre gute Laune wirkt ansteckend, Martin freut sich mit ihr über den Erfolg. Könnte man die beiden sehen, würde man bei Martin wenig Gestik und Mimik wahrnehmen, während Anne ihren Bericht mit Ausdruck und lebhaften, plastischen Handbewegungen unterstreicht. Diese kurzen Szenen mögen Ihnen verdeutlichen, dass je nach äußeren Einflüssen, Erkenntnissen oder Überlegungen die aktive Grundemotion wechselt. Dieser Wechsel wird dann unmittelbar im Verhalten sichtbar, an der Stimme sowie der veränderten Gestik und Mimik. Natürlich ist es genauso wichtig, sich immer wieder über das eigene Verhalten und die dafür maßgebliche Grundemotion klar zu werden. Genau wie unser Gegenüber sind wir Teil der Situation und beeinflussen diese und damit auch das Verhalten der anderen Beteiligten. Inwieweit und wie wir die aktive Grundemotion bei uns und bei anderen aktiv beeinflussen können, erfahren Sie im nächsten Kapitel. Tabelle 1 erleichtert Ihnen das schnelle Erkennen der verhaltensbestimmenden Grundemotion.
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Die emotionalen Facetten jeder Persönlichkeit
über Erfolge
ungeduldig beherrschend selbstbewusst, handlungsaktiv Wertigkeit, Wirtschaftlichkeit
sehr entschlossen
Zeit zu vergeuden
Gespräche
Art des Zuhörens Wesensart
Entschlossenheit
Befürchtung
ausgeschlossen zu sein
legt sich nicht fest
Farbe, Stil, Design
Risiken einzugehen
unentschlossen
Zuverlässigkeit, Kompatibilität
tolerant, vermittelnd
über Menschen, Hoffnungen und Sorgen bereitwillig passiv, freundlich
über Menschen, Erlebnisse und sich selber abschweifend positiv, optimistisch aktiv, heiter
ruhig, gleichmäßig
ruhig, emotional, leise
zurückhaltend, ruhig
zurückhaltend, warm
sanft, unbekümmert bis vorsichtig langsam, vorsichtig zögernd angepasst bis nachlässig
Grün
schwungvoll
lebhaft, gefühlsbetont
offen, lebhaft, gestenreich
* Hier entscheidet die bei der Wahl der Kleidung aktive Facette.
Ansprüche an
Verhaltensweise
energisch, schnell
Schritt
Stimme
nachdrücklich, ungeduldig direkt, laut
direkt, fordernd
Blickkontakt
Körpersprache
modisch bis auffallend
korrekt, auf Wirkung bedacht
Kleidung* direkt, herzlich
frei heraus, spontan
rasch, gezielt
offen, unbeschwert
Gelb
Verbale Reaktion
Rot
selbstbewusst, zielstrebig
Facette
Erster Eindruck
Merkmal
Tabelle 1: Beobachtbare Merkmale der vier Verhaltensfacetten
selektiv bis kritisch abwägend kritisch bis misstrauisch Technik, Qualität, Kosten abwägend, vergleichend bis entschlossen Fehler zu machen
über Details, Fakten
konservativ, zweckmäßig aufmerksam, konzentriert reserviert, sehr sparsam sachlich, gleichmäßig beherrscht, gleichmäßig
überlegt, sachlich
reserviert, nachdenklich
Blau
Immer wieder kommen Sie in Situationen, in denen Sie innerhalb weniger Augenblicke entscheiden müssen, welches die richtige Ansprache ist. Ob Sie das Gespräch direkt oder über einen Umweg auf Ihr Anliegen lenken. Tabelle 1 gibt Ihnen einfache und leicht überprüfbare Anhaltspunkte, die Sie nutzen können, um – vor allem bei unbekannten Gesprächspartnern – die aktive Grundemotion schnell herauszufinden. Zur weiteren Illustration und gleichzeitig zur Übung dienen die folgenden kurzen Beispiele.
Die aktive Grundemotion schnell erkennen Ein Kunde, der ungeduldig, ja sogar unwirsch auf ein Abschweifen vom aktuellen Thema reagiert, kaum aufsieht, wenn ein anderer den Raum betritt, genervt auf das klingelnde Telefon reagiert und häufig auf die Uhr schaut – dieser Kunde ist sehr wahrscheinlich unter Zeitdruck. Aber unabhängig vom konkreten Auslöser: Wer Ihnen so begegnet, bei dem ist die rote Grundemotion eindeutig verhaltensbestimmend. Für Sie heißt das Konzentration auf Ihr Anliegen und klare, fokussierte Ansprache Ihrer wichtigsten Punkte. Am besten sprechen Sie in dieser Situation das Zeitproblem offen an und kommen ohne Umschweife zum Thema. Auch wenn Sie sich intensiv darauf vorbereitet haben, verzichten Sie auf lange Argumentationsketten, selbst wenn die Ihnen noch so schlüssig erscheinen. Fokussieren Sie sich auf wenige, klar formulierte Punkte. Im Zweifel vereinbaren Sie lieber einen neuen Termin. Wer vor einem aufgeräumten Schreibtisch sitzt, Sie schon erwartet hat und Ihnen den Raum gibt, Ihr Thema darzustellen, erwartet sicherlich gute Argumente und eine ausführliche Darstellung des Inhalts. Sie können hier davon ausgehen, dass Sie diesen Kunden weder in der roten noch in der gelben Facette seines Verhaltens antreffen. Ob bei Ihrem Kunden gerade die grüne oder die blaue Grundemotion aktiv ist, können Sie vorsichtig herausfinden. Direkte Fragen Ihres Gegenübers zum Thema, neutrale Antworten auf Ihre Fragen zu Person und Umfeld weisen deutlich auf die blaue Grundemotion hin. Hier Verhalten und Körpersprache
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steht einem intensiven, ausführlichen Fachgespräch nichts mehr im Wege. Seien Sie darauf vorbereitet. Ist Ihr Gesprächspartner dagegen zuerst an Ihnen als Person interessiert, geht er, wenn auch vorsichtig, auf persönliche Fragen ein. Ist ihm Gesprächsatmosphäre wichtig, dann treffen Sie auf die grüne Grundemotion. Hier sollten neben dem Nutzen auch Verträglichkeit und Kompatibilität im Zentrum des Gespräches stehen. Ganz wichtig sind natürlich auch Referenzen. Denn Kunden in der grünen Grundemotion messen der Vergangenheit größere Bedeutung bei als andere Facetten. Ein anderer Kunde sitzt hinter seinem vollgeladenen Schreibtisch, das Büro ist mit „kreatives Chaos“ wohlwollend umschrieben. Trotz des offensichtlichen Arbeitsanfalls, werden Sie und die damit verbundene Abwechslung freudig begrüßt. Mit schnellen Schritten kommt Ihr Kunde auf Sie zu, schüttelt Ihre Hand mit beiden Händen. Sofort beginnt er, über seine Arbeit zu berichten. Er tauscht sich lieber mit Ihnen aus, als „langweilige“ Schreibtischarbeit zu erledigen. Das kann jetzt warten. So könnte Ihr erster Eindruck von einem Kunden sein, der sich in der gelben Grundemotion über Ihren Besuch freut. Die gleich Verhaltensfacette kann sich auch in folgenden hektischen Worten äußern: „Gehen Sie schon mal rein und nehmen sich einen Kaffee, ich bin gleich für Sie da. Hier brennt mal wieder die Hütte. Um alles muss ich mich hier kümmern.“ Das heißt nicht, dass Sie nicht willkommen sind, für Gelb ändern sich die Prioritäten nur manchmal sehr schnell. Bleiben Sie ruhig, zeigen Sie angemessene Bewunderung und behalten Sie Ihr Anliegen fest im Auge. Jetzt haben Sie eine erste Idee, wie sich die vier Farben im Alltag zeigen und wie Sie diese schnell erkennen können. Wie Sie konkret auf Ihr jeweiliges Gegenüber eingehen und damit die beste Wirkung erzielen, erfahren Sie im Kapitel 2.2. Zuvor beschäftigen wir uns mit dem Thema Sprache und deren emotionaler Wirkung.
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Die emotionalen Facetten jeder Persönlichkeit
2. Ihr Werkzeugkasten: Wie Sie Emotionen gezielt ansprechen Wenn Sie bei sich und Ihrem Gegenüber die jeweils aktive Farbe erkennen, können Sie Ihre Worte und sprachlichen Bilder bewusst wählen.
Darum geht es Nachdem Sie ein erstes Verständnis der vier Grundemotionen gewonnen haben, geht es nun darum, Ihr Wissen zu erweitern und Methoden und Werkzeuge bereitzustellen, mit denen Sie die vier Grundemotionen gezielt ansprechen können. Jede Grundemotion hat ihre eigene Sprache, die Sie in der schriftlichen Kommunikation nutzen können, um schneller zu einem gemeinsamen Verständnis zu kommen. In diesem Kapitel erfahren Sie, wie Sie Briefe und EMails noch wirkungsvoller formulieren. Im persönlichen Gespräch helfen Ihnen „farbgerechte“ Formulierungen, um noch besser zu überzeugen. Es ist einleuchtend, dass Ihre Wirkung auf andere nicht nur von Ihnen abhängt. Doch was macht persönliche Wirkung genau aus, welche Rolle spielen die beteiligten Grundemotionen? Auf die gerade aktive Verhaltensfacette Ihres Kunden gezielt einzugehen, ist nur der erste Schritt. Es ist durchaus möglich, bewusst auf einen Wechsel der aktiven Grundemotion hinzusteuern und so auf Verhalten einzuwirken, wo es entsteht.
Ihr Werkzeugkasten: Wie Sie Emotionen gezielt ansprechen
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Ihr Werkzeu ansprechen
Ihr Werkzeu ansprechen
2.1 Wirkungsvolle Briefe und E-Mails
e und E-Mails
Wörter und Sätze erzeugen Bilder im Kopf. Bei jedem Menschen sehen diese Bilder anders aus. Der eine sieht beim Wort Baum eine alte große Tanne vor sich, der andere einen alten Obstbaum im Garten, der nächste einen Baum mitten in einem Laubwald. Wörter werden als angenehm oder unangenehm, als sympathisch oder unsympathisch empfunden, sie lösen Lustoder Unlustgefühle aus. Die hervorgerufenen Bilder und die damit verbundenen Emotionen hängen nicht von den Begriffen an sich ab. Entscheidend ist, welche Grundemotion gerade aktiv ist, beziehungsweise aktiviert wird, wenn wir in einer bestimmten Weise angesprochen werden. Jeder Text erhält seinen Charakter durch die Funktion, die er erfüllen soll. Diese Funktion entspricht den bekannten Grundemotionen: Rot: Gelb: Grün: Blau:
Mitteilungsfunktion – Worum geht es? Knappe Zahlen, Daten, Fakten. Erlebnisfunktion – Vermittlung von Ideen, Visionen und Begeisterung. Kontaktfunktion – Vermittlung von Vertrauen, Tradition, Sympathie, Gefühlen und Herz. Nachweisfunktion – Fundierte Informationen, Hintergründe, Begründungen und Argumente stehen im Vordergrund.
Bevor Sie also eine E-Mail oder einen Brief an Ihren Kunden schicken, überlegen Sie, was Sie mit dem Anschreiben erreichen möchten, und richten Sie Ihren Text entsprechend aus. Wenn Sie den Kunden im vorangegangenen Telefonat in der grünen Grundemotion erlebt haben, kann es durchaus sinnvoll sein, im nachfolgenden Anschreiben auf diese Grundemotion einzugehen. Wenn Sie auf eine Entscheidung drängen möchten, sind Zahlen, Daten und Fakten wichtiger, als nochmals auf Vertrauen und Sympathie zu setzen.
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Ihr Werkzeugkasten: Wie Sie Emotionen gezielt ansprechen
Beispiel Nachfolgend finden Sie vier Antworten von Kunden auf ein individuelles Anschreiben, das eine Informationen zu einer Weiterentwicklung der Telekommunikationstechnologie enthielt. Alle vier Kunden äußern sich positiv über die technische Neuerung. Lesen Sie sich die vier kurzen Auszüge durch, die sehr ähnlich klingen. Welcher Text spricht aus Ihrer Sicht welche Grundemotion an? Text A: Danke für Ihre detaillierte und fundierte Antwort. Die dargestellten Zahlen sind aussagekräftig, und die solide dokumentierten Fakten sind für das jetzige Entscheidungsstadium sehr hilfreich. Ihre Darstellung wirkt gründlich durchdacht, logisch strukturiert und erscheint nach der ersten Durchsicht nachvollziehbar. Wir werden Ihren Vorschlag eingehend prüfen und uns danach, ein positives Ergebnis vorausgesetzt, über das weitere Vorgehen schriftlich mit Ihnen verständigen. Text B: Endlich mal eine witzige Antwort. Super! So macht die Zusammenarbeit Spaß. Ihre kreativen Anregungen werden unsere Vorhaben enorm beflügeln. Ihre originellen Vorschläge passen wunderbar zu unseren Visionen. Danke! Danke! Danke! Text C: Ihre Antwort drängt auf eine Entscheidung. Das habe ich erwartet. Unsere Patentanwälte sind schon an der Arbeit. Bestätigen diese unter dem Strich Ihre Aussagen, kommen wir sofort auf Sie zu und machen Nägel mit Köpfen. Text D: Welche Freude, Ihre Antwort lag wie versprochen heute auf meinem Schreibtisch. Das hilft uns wirklich sehr. Herzlichen Dank dafür. Besonders bedanken möchte ich mich für Ihre ausführlichen und sehr persönlichen Ausführungen, die unser Vertrauen untermauern. Es ist schön, dass Sie weiterhin auf Kontinuität setzen und Ihr Angebot auf die bereits vorhandenen Komponenten abgestimmt haben. Es hat sich wirklich gelohnt, auf Ihre Vorschläge zu warten. Geben Sie uns bitte die entsprechende Zeit, alles in Ruhe durchzugehen.
Wirkungsvolle Briefe und E-Mails
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Welche Farbe spricht welcher Text an? Natürlich gibt es kein eindeutiges „Richtig“ oder „Falsch“. Auch wenn jeder Text gezielt auf eine Grundemotion abgestimmt wurde, so ist doch die Resonanz bei jedem Menschen unterschiedlich, je nachdem, ob und wie stark er im Moment des Lesens dieser Botschaften in der jeweiligen Grundemotion ansprechbar ist. Dazu ist es schwer, nicht zu urteilen oder zu werten, wenn uns ein Text weniger oder gar nicht anspricht. Y Die blaue Antwort A enthält zunächst die sachliche Botschaft, dass ein Vorschlag als prüfenswert eingestuft wird. Es bleibt aber nicht bei der reinen Information, sondern es wird auch genau erklärt und begründet, inwiefern der Vorschlag geprüft wird und wie es danach weitergehen wird. Auf keinen Fall sollte man nach dem Lesen dieser Nachricht sofort zum Telefon greifen und den Absender anrufen. Er wird sich sicher an seine Zusage halten und sich melden. Y Die gelbe Antwort B sprüht vor Begeisterung, und wenn man dafür empfänglich ist, kann man sich beim Lesen gleich mit freuen. In der gelben Grundemotion ist uns der Augenblick wichtig. Aus diesem Grund beschäftigt sich die euphorische Botschaft auch nicht mit dem „Wie geht es weiter?“. Hier sollte man also schnell nachfragen – dies gerät beim Empfänger leicht aus dem Blick, wenn er selbst in der gelben Grundemotion erreicht wird. Y Die rote Antwort C ist klar und unmissverständlich, gibt so weder zu Rückfragen noch zu Widerspruch Anlass. In der roten Grundemotion arbeiten wir schnell, packen an, was ansteht, und setzen immer Prioritäten – auch immer wieder neu. Sich nach angemessener Zeit (Patentrecherchen sind sicher zeitintensiv) nach dem Stand der Dinge zu erkundigen, ist hier aber auf jeden Fall geboten. Auf klare, sachliche Fragen können Sie vom Absender ebensolche Antworten erwarten. Y Auch mit der grünen Antwort D werden Sie von der wohlwollenden Aufnahme Ihres Vorschlages informiert. Dem Schreiber ist es dabei offenkundig sehr wichtig, einen persönlichen Kontakt zu entwickeln und wenn möglich langfristig aufzubauen. Man merkt, dass ihm Werte wichtig sind und dass er nicht bedrängt werden will. Was Sie in diesem Fall in ein Dilemma bringt – die Botschaft enthält keine Information, wie es weitergehen soll und wie viel „ein wenig“ Zeit ist. Wenn Sie das sehr stört, sollten Sie sich fragen, ob die grüne Ansprache hier nicht 54
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Ihr Werkzeugkasten: Wie Sie Emotionen gezielt ansprechen
Ihr eigenes Rot geweckt hat, das sich an der grünen Unverbindlichkeit stört. Fragen Sie nach einer Ihnen angemessenen Zeit persönlich nach, ob weiter Hilfe und Unterstützung gewünscht wird, und versuchen Sie so, auf den Entscheidungsprozess Einfluss zu nehmen.
Wichtig: Ihre mit einer bestimmten Intention gemachte Aussage kann beim Adressaten einen von Ihnen so nicht gewünschten Effekt haben. Starke Begeisterung und Überschwang können bei Blau eine Abwehrhaltung verursachen, ausschließlich sachliche Informationen Langeweile und Ungeduld bei Gelb. Gerade wenn Sie die oder den Adressaten nicht gut kennen, sollten Sie eine klare und authentische Botschaft vermitteln, bei der die sprachlichen Mittel wirksam dosiert sind. Machen Sie sich Ihr Ziel klar und richten Sie die Formulierung der Inhalte dann daran aus. Je nachdem, ob Sie jemanden informieren, Vertrauen herstellen, etwas untermauern oder jemanden begeistern möchten, können Sie den Sprachstil variieren. Hierbei helfen Ihnen die eingangs vorgestellten Textfunktionen. Auf jeden Fall sollten Sie sich klar überlegen, wie der Empfänger reagieren könnte bzw. womit Sie die gewünschte Reaktion unterstützen und auf jeden Fall Ablehnung und Unsicherheit verhindern. Je besser Sie Ihr Gegenüber kennen und sein Verhalten vor Augen haben, desto zielgenauer können Sie die Wortwahl Ihres Anliegens auf eine bestimmte Grundemotion abstimmen. Dies vor allem dann erfolgreich, wenn Sie Ihre Texte oder Präsentationen in Ruhe vorbereiten können. Im Gespräch die richtigen Worte zu finden, erfordert Übung und Erfahrung. Sie müssen spontan reagieren, um Ihr Anliegen in der Sprache zu formulieren, die bei Ihrem Gegenüber ankommt, ähnlich wie bei einem Business-Gespräch in einer Fremdsprache. Wenn Sie bei sich und Ihrem Gegenüber die jeweils aktive Farbe erkennen, können Sie Ihre Worte und sprachlichen Bilder bewusst wählen. Gerade in kritischen Situationen, die oft immer wieder eine bestimmte Grundemotion auslösen, sind Sie mit PEK Ihrem Unterbewusstsein nicht mehr „sprachlos“ ausgeliefert, sondern können aktiv und bewusst steuern.
Wirkungsvolle Briefe und E-Mails
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Die Sprache der vier Grundemotionen Jede der vier Grundemotionen hat eine typische Sprache. Einen ersten Anhaltspunkt bieten jeweils charakteristische Signalwörter, die natürlich auch bei der „farblichen“ Gestaltung von Texten eingesetzt werden können. Für Ihre Briefe, Anschreiben oder E-Mails bieten sie bereits einen Grundwortschatz, mit dem Sie Grundemotionen ganz gezielt ansprechen, oft sogar aktivieren können. Natürlich gibt es hierfür keine Garantie, denn Sie können die Umstände kaum beeinflussen, unter denen der oder die Empfänger Ihre Botschaft liest. Sie erhöhen jedoch mit den richtigen Signalwörtern signifikant die Wahrscheinlichkeit, dass Ihre Botschaft beim anderen positiv aufgenommen wird und er in Ihrem Sinne reagiert. Tabelle 2: Charakteristische Signalwörter der vier Verhaltensfacetten
Y
Y
Y
Y
gewinnen Resultate Y das Feld anführen Y Herausforderung Y der Beste sein / der Erste sein Y Vorteile Y unter dem Strich Y schnell, sofort, jetzt, heute Y brandneu, einzigartig
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Spaß aufregend, eindrucksvoll Y brillant Y ich empfinde … Y Sie werden großartig dastehen Y Darum wird man Sie beneiden Y Scharen von Leuten Y stellen Sie sich vor … Y Sie werden sich fühlen wie …
Y
denken Sie in Ruhe darüber nach Y lassen Sie sich Zeit Y vertrauen Sie mir Y das hilft uns beiden Y logisch, Schritt für Schritt Y Garantie, Sicherheit, Versprechen Y Ich bin für Sie da, wenn Sie mich brauchen Y alles bleibt so wie besprochen
Y
hier sind die Fakten Y die Daten zeigen Y bewährt Y Garantie Y auf der sicheren Seite Y Information Y unterstützende Daten Y analysieren Sie selbst Y denken Sie darüber nach Y lassen Sie sich Zeit
Ihr Werkzeugkasten: Wie Sie Emotionen gezielt ansprechen
„Emotionen“ in der Fachsprache Nicht immer haben Sie die Möglichkeit, Ihre Botschaft schulmäßig in eine Farbe zu kleiden und frei mit Substantiven und Verben zu spielen. Zum Beispiel weil Ihnen Begriffe zwingend vorgegeben sind, etwa bei fachlichen Themen. Was jedoch immer für die Gestaltung bleibt, ist die Wahl des „farbbetonenden“ Adjektivs. So wird für die einen ein Hybridmotor vielleicht zu einem Hybridantrieb, dennoch bleibt es ein technischer Begriff, an dem Sie nicht vorbeikommen.
Beispiel Stellen Sie sich vor, Sie arbeiten für ein großes Autohaus. Sie bekommen die Aufgabe, allen Bestandskunden ein Angebot für Fahrzeuge mit Hybridmotor zu machen. Wie setzen Sie dieses Schreiben auf? Hier vier „farbreine“ Textvorschläge: Hybrid für Umweltschutz und kraftvolle Beschleunigung. Das Zusammenwirken zweier Motoren bringt dynamische Leistung in neuer Dimension. Umweltschutz ist dabei mehr als nur schöner Nebeneffekt. Vernunft trifft Hybrid. Wer sagt, dass Vernunft ewig Verzicht bedeutet? Flotte Autos mit Hybridantrieb zeigen locker das Gegenteil! Umweltschutz mit Hybrid ist „in“! Synergie für unsere Umwelt. Mit Hybridmotoren kann man die guten Seiten von Benzinoder Diesel- und Elektromotor in einem Auto vereinen. Diese sich sinnvoll ergänzende Verbindung ist zuverlässig, leise und umweltschonend. Damit können wir wieder mit guten Gewissen ins Auto steigen. Wirkungsvolle Briefe und E-Mails
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Die Verbindung zweier Alternativen – technische Perfektion entlastet die Umwelt. Verbrennungsmotoren besitzen Vorteile, wenn Wirkungsvermögen, Geschwindigkeit und hohe Reichweiten benötigt werden, allerdings ist ihre Energiebilanz schlecht, nur zwischen 23 und 27 Prozent der erzeugten Energie wird zum Antrieb des Fahrzeugs genutzt. Der Elektromotor fährt abgasfrei und sehr geräuscharm, allerdings sind Geschwindigkeit und Reichweite begrenzt. Dafür erreicht der Wirkungsgrad bis zu 98 Prozent. Die jeweiligen Vorteile beider Antriebskonzepte miteinander zu verbinden und die Nachteile durch den jeweils anderen Antrieb zu vermeiden, ist Gegenstand der Hybridtechnologie. Beide Motoren werden in einem Fahrzeug eingebaut und über ein intelligentes Steuergerät gekoppelt. So wird der Verbrennungsmotor in sonst unproduktiven Phasen zum Generator, der die Batterien für den Elektroantrieb wieder auflädt. Wie klingen diese vier Aussagen für Sie, welche spricht Sie jetzt gerade an? Sind die Farben für Sie exakt getroffen? Bei Bestandskunden, die man als Autoverkäufer normalerweise gut kennen lernt, lohnt es sich auf jeden Fall, sie gezielt anzuschreiben. Sprache erzeugt Bilder im Gehirn, und Bilder sprechen Emotionen direkt an. Das kann die Resonanz verdoppeln – bei minimalem Mehraufwand. x Tipp Stellen Sie sich aus den zweimal vier Textbeispielen dieses Kapitels für sich Listen mit Adjektiven, Verben und Substantiven zusammen, die gezielt jeweils eine der vier Grundemotionen ansprechen.
Übung für „farbgerechtes“ Formulieren Eine nützliche Ergänzung für das Finetuning Ihrer Texte und Aussagen liefert Ihnen die folgende Übung für „farbgerechtes“ Formulieren. Durch Hinzufügen eines inhaltlich und „farblich“ passenden Adjektivs bekommt ein und dieselbe Aussage eine jeweils völlig andere Wertigkeit, ja sogar Bedeutung. Ersetzen Sie in den leeren Spalten die drei Pünktchen jeweils durch ein treffendes Adjektiv. Jede Zeile enthält bereits einen Vorschlag. Su58
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Ihr Werkzeugkasten: Wie Sie Emotionen gezielt ansprechen
chen Sie dabei keine Synonyme. Es geht darum, eine sinnvolle und auf die jeweilige Farbe hin ausgerichtete Formulierung zu finden. Diese universell verwendbare Vokabelliste mit Adjektiven hilft Ihnen, Farben genau zu adressieren. Entwickeln Sie daraus ein auf Ihre Themen und Bedürfnisse abgestimmtes Vokabular.
64 treffende Argumente Argument eine … Umsatzsteigerung … dazu bieten wir an unsere … Technik … blicken wir nach vorn … bleiben wir an der Sache das … Design unser … Service im … Stil wollen wir ein … Produktprogramm ein … Outfit unser … Engagement ein … Motor eine … Oberfläche unsere … Beratungsstelle wir gehen … mit der Umwelt um ein … Angebot
signifikante parallel robuste selbstbewusst entspannt aufregende flotter beschwingten solides bewährtes uneigennütziges zuverlässiger pflegeleichte unabhängige vernünftig kalkulierbares
Wirkungsvolle Briefe und E-Mails
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Hier unsere Lösungsvorschläge:
64 treffende Argumente
Argument eine … Umsatzsteigerung … dazu bieten wir an unsere … Technik … blicken wir nach vorn … bleiben wir an der Sache das … Design unser … Service im … Stil wollen wir ein … Produktprogramm ein … Outfit unser … Engagement ein … Motor eine … Oberfläche
signifikante parallel robuste selbstbewusst konsequent
eindrucksvolle als i-Tüpfelchen beeindruckende optimistisch
gleichmäßige 17,4 %-prozentige passend alternativ sichere gemeinsam
kontinuierlich bestechende aufregende gewohnte effizienter flotter persönlicher dynamischen beschwingten vertrauten marktführen- unglaublisolides des ches markantes modisches bewährtes zeichensetviel gelobtes uneigennützendes ziges kraftvoller drehfreudiger zuverlässiger hervorragen- unheimliche ebenmäßige de unsere … BeraState of the brillante fürsorgliche tungsstelle Art wir gehen … mit der sehr bewusst achtsam schonend Umwelt um ein … Angebot scharf kalku- einmaliges faires liertes
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entspannt
erprobte und geprüfte solide vorbereitet gründlich zweckmäßige zertifizierter sachlichen modulares praktisches vorschriftsmäßiges ausgereifter pflegeleichte unabhängige vernünftig kalkulierbares
Ihr Werkzeugkasten: Wie Sie Emotionen gezielt ansprechen
Sprachliche „Nebenwirkungen“ Wenn Sie den Adressaten Ihrer Textbotschaft gut kennen und ihn schon mehrfach und eindeutig in der von Ihnen angesprochenen Facette erlebt haben, dann kann kaum etwas schief gehen. Sie können aber auch, wenn Sie Ihre Botschaft bewusst in einer bestimmten Farbe formulieren, gerade diejenigen Empfänger herausfiltern, die sich in einer bestimmten Farbe ansprechen lassen. Wenn Sie zum Beispiel in Hessen eine eintägige Skitour in die Alpen verkaufen wollen, bei der die Teilnehmer mit An- und Abreise im Bus gut 24 Stunden unterwegs sind, können Sie sich in Ihrem Werbeprospekt getrost auf die gelbe Grundemotion beschränken: etwa große Bilder mit fröhlichen Menschen bei Ski und Après-Ski unter der Überschrift „Dein toller Sonntag für Riesen-Spaß im Schnee“. Nun versuchen Sie selbst einmal, das Ganze in Rot, Grün oder Blau zu bewerben – und versuchen Sie sich dann, sich einen Ihrer Kunden, Kollegen, Freunde oder Verwandten vorzustellen, der in einer dieser drei Grundemotionen so ein Event bucht. Sie kennen keinen? Wir auch nicht. Wenn Sie mit Ihrer Textbotschaft auf keinen Fall einen Kunden abschrecken wollen, ist es wichtig zu wissen, was passiert, wenn die erwünschte Emotion nicht erreicht wird. Schließlich wissen Sie nicht, in welcher Situation und unter welchen Einflüssen der Angeschriebene Ihre Nachricht erhält. Wenn Sie eine der im Folgenden beschriebenen „Nebenwirkungen“ befürchten, sie vielleicht sogar schon einmal als negativ erlebt haben, sollten Sie vielleicht Ihre Botschaft „neutral“ formulieren (das entspricht im deutschen Kulturkreis einem etwas kürzer gefassten Blau).
Rote Ansprache und die anderen Facetten Die rote Ansprache ist besonders für Empfänger in der grünen Grundemotion eher unangenehm, oft sogar einschüchternd, was schnell zu einer Abwehrhaltung führt. Das bedeutet, wenn Sie mit der roten Ansprache Rot nicht erreichen oder aktivieren können, erreichen Sie vielleicht ungewollt sein Grün und damit möglicherweise das Gegenteil dessen, was beabsichtigt war. Eine Reaktion in der blauen Facette ist hier weitaus weniger kritisch. Wer in der blauen Grundemotion ist, fragt nach und hinterfragt die SituatiWirkungsvolle Briefe und E-Mails
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on. So erhalten Sie immerhin ein Feedback, wissen, woran Sie sind, und können reagieren. Eher selten aktiviert eine rote Ansprache die gelbe Facette. Ist beim Adressaten ein starkes Gelb aktiv, so ist eine gelassene Reaktion wahrscheinlich, die Botschaft wird angenommen. Falls Konsequenzen angedroht wurden, so wird aus gelber Sicht „nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wurde“. Natürlich kann Ihre rot formulierte Mitteilung auch der berühmte „Tropfen sein, der das Fass zum Überlaufen bringt“: Die gelbe Grundemotion verschwindet beim Empfänger Richtung Grün, oder die rote Ansprache provoziert ebenfalls eine Reaktion in Rot. Eine rot formulierte gute Nachricht wahrt jedoch alle Chancen, Freude und damit die gelbe Facette auszulösen bzw. zu verstärken. Der Empfang einer roten Antwort kann immer eine grüne Sorge auf den Plan rufen, wie etwa „oh Gott, jetzt habe ich mich doch zu weit aus dem Fenster gelehnt …“. P Fazit: In der roten Sprache verfasste Texte sollten nicht auf Grün treffen oder dieses auslösen. So gut sollten Sie also Ihren Kunden kennen. Alle anderen „Nebenwirkungen“ sind unkritisch.
Gelbe Ansprache und die anderen Facetten Was passiert, wenn die gelbe Begeisterung ihr Ziel verfehlt? Ein Empfänger in Rot fragt direkt nach, wenn es interessant erscheint oder ignoriert die Nachricht einfach. Grün wird durchaus angesprochen, wenn der gelbe Absender bekannt ist, am besten durch positive gemeinsame Aktivitäten oder Erlebnisse. An der blauen Grundemotion geht die gelbe Botschaft entweder als unwichtig vorbei, oder, falls Thema oder Absender als wichtig eingestuft werden, fragt Blau zumindest nach, und Sie können darauf reagieren. P Fazit: In gelber Sprache verfasste Texte laufen Gefahr, in Rot und Blau nicht ernst genommen zu werden.
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Ihr Werkzeugkasten: Wie Sie Emotionen gezielt ansprechen
Grüne Ansprache und die anderen Facetten Trifft eine grüne Botschaft auf die blaue Grundemotion, bleibt die Wirkung durchaus positiv. Natürlich bleiben in der Regel Fragen offen, die Blau dann einfach schriftlich stellt. Die Reaktion in Gelb kann durchaus analog ausfallen, allerdings ruft Gelb dann einfach an. Das aber nur, wenn das Thema an sich interessiert. Demjenigen, der selbst begeistert ist, kann eine grüne Antwort wie eine Enttäuschung vorkommen, da sie ihm viel zu verhalten klingt, was wiederum zu Misstrauen und Zweifeln führen kann: „Was gefällt denen denn an meinen Ideen nicht? Komische Leute!“ – so oder so ähnlich könnte sich die stets latente gelbe Angst vor Ablehnung (sehr oft unbegründet) äußern. Drastischer kann eine rote Reaktion ausfallen, ausgelöst vor allem durch Ungeduld. Etwa: „Es ist doch alles offensichtlich, was wollen die denn jetzt noch durchgehen? Wenn die ‚in Ruhe’ sagen, meinen die doch zwei Wochen, kenn ich doch.“ Es ist also durchaus zu bedenken, dass, wer Grün „sät“, Rot ernten kann – und genauso umgekehrt. P Fazit: Die vorsichtige grüne Ausdrucksweise kommt bei Rot nicht gut an, bei Gelb hilft sie zumindest nicht. Wenn Sie in Grün schreiben, sollten Sie Ihren Adressaten also wirklich gut kennen. Sehr gut geeignet zur Pflege einer harmonischen Kundenbeziehung.
Blaue Ansprache und die anderen Facetten Gelingt es nicht, mit der blauen Ansprache das Blau beim anderen zu aktivieren, so wird sich Gelb schnell langweilen oder sogar verunsichert – „was wollen die denn jetzt von mir?“.
Wirkungsvolle Briefe und E-Mails
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Bei der roten Grundemotion hingegen ist eine ungeduldige Reaktion wahrscheinlich – „es ist doch alles geklärt, wozu jetzt …“. Einem Adressaten in Grün gefällt zwar der höfliche Ton, doch die nüchterne, rein sachbezogene Formulierung kann demotivieren. P Fazit: Die rein sachliche, aus Sicht der anderen Farben als mehr oder weniger distanziert empfundene blaue Ausdrucksweise entspricht der deutschen Amtssprache. Überlegen Sie sich genau, ob das Ihrem Anliegen nicht schadet.
2.2 Persönliche Wirkung im Verkaufsgespräch
aufsgespräch
In diesem Kapitel geht es darum zu verstehen, was eigentlich Ihre Wirkung auf andere ausmacht und – oft unterschätzt – was die Wirkung der anderen bei Ihnen bewirkt. Natürlich bleiben wir dabei nicht stehen, schließlich wollen Sie auf andere aktiv ein-wirken und die Ein-Wirkung anderer auf Sie erkennen und bewusst darauf reagieren. Dabei zeigen wir auf, wie wichtig es ist, dass Sie sich nicht einfach einen bestimmten „Farbmantel anziehen“. Vielmehr ist das Ziel, dass Sie sich nicht verstellen und authentisch bleiben. Was macht Ihre authentische Wirkung auf andere aus, wie geht es Ihnen selbst dabei, wenn Sie auf andere treffen – und vor allem, wie können Sie realistisch Ihr Verhalten zu Ihrem Vorteil beeinflussen?
Bewusst eingesetzte Authentizität statt zwanghafter Veränderung Im Kapitel 1.3 haben wir uns bereits mit der charakteristischen Körpersprache der vier Verhaltensfacetten beschäftigt mit dem Ziel, die verhal64
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tensbestimmende Grundemotion – Ihre eigene und die Ihres Gegenübers – leicht und schnell zu identifizieren. Damit haben Sie, wenn Sie lernen, Ihre eigene aktive Grundemotion sicher zu erkennen, ein erstes Bild davon, wie Sie auf andere wirken können. Wie Sie tatsächlich wirken, hängt immer auch von Ihrem Gegenüber ab. Wie sehr Sie sich auch anstrengen, um eine bestimmte Wirkung zu erzielen, das Ergebnis hängt davon ab, wie Ihr Gegenüber Ihre Signale aufnimmt und welche Wirkung Sie bei ihm auslösen. Ein ganz entscheidender Aspekt dabei ist, auf welche Grundemotion Sie dabei beim anderen treffen beziehungsweise welche Grundemotion Sie auslösen. Deshalb ist es größtenteils vergeblich, rein auf sich bezogen, eine bestimmte Wirkung erzielen zu wollen.
Wichtig: Die eigene Wirkung hängt immer auch vom Gegenüber ab. Betrachtet man die westeuropäische und die nordamerikanische Kultur, so besteht dort eine weitgehend gemeinsame Idealvorstellung, wie Verkäufer oder „Macher“ auftreten sollen oder wie sich Führungsstärke nach außen manifestieren sollte. Im Kontext unserer vier Facetten des menschlichen Verhaltens heißt das nichts anderes, als dass Rot und Gelb als die Idealfarben für die Außenwirkung dieses Personenkreises angesehen werden. Bei Verkäufern sollte dabei Gelb an erster Stelle stehen, bei Machern dagegen Rot deutlich überwiegen, und bei Führung wird ein ausgewogenes Verhältnis mit einem kleinen Vorsprung für Rot als wünschenswert angesehen. Blau und Grün sind für diese Tätigkeitsfelder eher weniger gefragt. Wenn sich diese beiden Grundemotionen zu häufig und zu deutlich im beobachtbaren Verhalten manifestieren, dann sind sogenannte Experten für Körpersprache und Außenwirkung schnell auf dem Plan und bieten zur Abhilfe Trainings an, mit denen man diesen „Mangel“ angeblich gekonnt und „nachhaltig“ überspielen kann. Samy Molcho formulierte einmal: „Jede innere Bewegung und jede Empfindung äußert sich durch körperliche Prozesse, die wir als Körpersprache sehen. Deshalb ist für mich der Körper ein Handschuh der Seele!“ Dies ist die poetische Formulierung unserer Aussage, dass sich die jeweils aktive Grundemotion im beobachtbaren Verhalten deutlich manifestiert – dass sie es Persönliche Wirkung im Verkaufsgespräch
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primär bestimmt. Vor allem aber ist dieses Bild sehr anschaulich und ausdrucksstark: Der Handschuh folgt den Bewegungen der Hand, jedes einzelnen Fingers problemlos. Wer den Handschuh mit Gewalt von außen bewegt, kann natürlich auch die Finger bewegen, tut er das gegen den Willen des Besitzers der Finger, muss er dabei mit Widerstand rechnen. Bewegung von außen scheitert deshalb oft an diesem Widerstand. Aber auch wenn sich kein bewusster Widerstand regt, nicht jede Bewegung, die der Handschuh zuließe, können die Finger mitmachen. Nicht anders steht es mit jedem Versuch, Körpersprache zu trainieren, um Einfluss auf Gefühle und Emotionen zu gewinnen. Diese Idee verkehrt Samy Molchos Sicht ins krasse Gegenteil: Das Außen soll das Innen bestimmen, mehr noch, unterdrücken. Doch Gefühle und ihre Wurzel, die Emotionen, leisten genau wie die Finger schnell Widerstand. Der Preis dafür ist der Verlust unserer Authentizität. Ganz zu schweigen von der dadurch erschwerten, wenn nicht gar unmöglichen Konzentration auf Gespräche und Verhandlungen. x Tipp: Verzichten Sie auf Selbst-Inszenierungen der Art „Wirkung durch Stimme und Körpersprache“. Natürlich sind das zwei wichtige Wirkfaktoren. Doch wenn Sie sich zu sehr verstellen und Ihre authentische Wirkung dadurch karikieren, dann erzielen Sie zwar Wirkung – aber garantiert nicht die erhoffte!
Es lässt sich manches trainieren, aber weit weniger, als Ihnen die meisten Trainingsprospekte versprechen. Stellen Sie sich einfach vor, Sie besuchen zwei Opernvorstellungen, Wagners „Walküre“ und Puccinis „La Boheme“. Können Sie sich vorstellen, dass sowohl die kraftstrotzende Brünhilde mit ihrer gewaltigen Stimme als auch die zerbrechliche Mimi mit ihrer feinen Stimme von derselben Darstellerin glaubhaft verkörpert werden könnten? Wir auch nicht.
Wichtig: Der Ansatz der praktischen emotionalen Kompetenz bedeutet ausdrücklich nicht den Zwang zur Veränderung, sondern das bewusste Entwickeln und flexible Ausspielen der eigenen Authentizität!
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Beispielsituationen aus dem Verkaufsalltag Was heißt das konkret für die Arbeit im Verkauf? Dazu betrachten wir Situationen, in denen Verkäufer nacheinander in jeweils einer Verhaltensfacette auf Kunden in Rot, Gelb, Grün und Blau treffen. Wir konzentrieren uns auf den westeuropäisch-nordamerikanischen Kulturkreis mit seinem Leitbild vom eloquenten, zielstrebigen und abschlusssicheren Verkäufer, der je nach Situation passend seine gelbe oder rote Facette zeigt. Dabei geht es nicht nur um die Frage, wie und in welchem Maße Sie Ihr Gelb oder Rot gezielt aktivieren können. Wichtiger sind Wege, die es Ihnen ermöglichen, auch aus der grünen und blauen Grundemotion heraus erfolgreich zu verhandeln und zu verkaufen. Mit der richtigen Vorbereitung sind Sie auch unter Druck und Anspannung absolut erfolgreich – entgegen dem gängigen Klischee, dass Verkäufer in diesen Farben ziemlich chancenlos seien. Der Einfachheit halber schreiben wir zum Beispiel „Gelb“ wenn wir die gelbe Grundemotion meinen, oder „in Grün“, wenn von der grünen Facette des Verhaltens die Rede ist. Ein „roter Kunde“ ist also ein Kunde, der uns in seiner roten Verhaltensfacette gegenübertritt.
Situation: Verkäufer in Grün trifft auf Kunden in Rot Die zweifellos schwierigste Konstellation. Und die ist gar nicht so ungewöhnlich, denn selbst gestandene Verkaufsprofis haben ihre schwierigen Kunden oder Interessenten, in deren Gegenwart sich Gefühle von Ohnmacht, Hilflosigkeit oder Unsicherheit einstellen, die alle aus der grünen Grundemotion dann erwachsen, wenn das Bedürfnis nach Harmonie, Sicherheit und Vertrautheit nicht erfüllt wird, z.B. in einer Preisverhandlung.
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Der Schlüssel liegt hier, wie auch bei allen weiteren Situationen, in der Vorbereitung. Die folgende Checkliste gilt ganz allgemein für die Vorbereitung auf einen Termin mit Rot, ihre Bedeutung ist aber für Grün am höchsten, weil zwischen diesen beiden Farben die Diskrepanz besonders groß ist. Checkliste Agenda vorher vereinbaren („Was“ mit konkretem Zeitbedarf): Grün drückt sich gern um unangenehme Themen oder versucht zumindest, diese mit abschwächenden Formulierungen zu „entschärfen“. So formuliert Grün anstelle von „notwendige Preisanpassung an die Beschaffungskosten“ möglicherweise lieber „Entwicklung und Perspektive der Rohstoffpreise“, in der Hoffnung, dass Rot dann schon von selbst einsieht, dass die Preise angepasst werden müssen. Da Grün aber aus Erfahrung weiß, dass dies natürlich nicht geschieht, wächst die Angst vor dem Gespräch mit jedem Tag, den es näher rückt. Verinnerlichen: „Das garantiert Respekt und Augenhöhe!“: Wenn Sie sich in der grünen Grundemotion erleben, dann suchen Sie mindestens drei handfeste Gründe dafür, warum Ihnen Ihr in Rot erwarteter Kunde Akzeptanz und Respekt entgegenbringt und Sie deshalb vor einem Gespräch auf Augenhöhe stehen. Wenn Sie denken „vielleicht könnte das ja ein Grund sein“, dann machen Sie sich klar, warum die Worte „vielleicht“ und „könnte“ hier keinesfalls gerechtfertigt sind. Räumen Sie daran auch den kleinsten Zweifel aus, sprechen Sie darüber mit einem Kollegen, Ihrem Chef oder einem Freund, dem Sie aus tiefstem Herzen vertrauen. Schreiben Sie jeden der von Ihnen erarbeiteten Gründe auf, ohne dabei einen Konjunktiv oder eine abschwächende Formulierung zu verwenden. Nehmen Sie Ihre Liste mit verinnerlichten Gründen mit zum Termin und platzieren Sie diese so in Ihren Unterlagen, dass Sie problemlos jederzeit darauf Zugriff haben. So bekommen Sie Sicherheit, Überzeugungskraft und Selbstvertrauen. Sofort zur Sache kommen: Sie sind exzellent vorbereitet, Sie erkennen in Körpersprache und Verhalten Ihres Gesprächspartners, dass seine rote Facette aktiv ist. Sie sind sich Ihrer grünen Facette bewusst und nehmen diese an. Sie wissen, dass Sie in Grün ein guter Zuhörer sind und ein feines Gespür für Gefühle und Emotionen bei sich und Ihren Gegenüber haben. Sie wissen auch, dass die höfliche, wenn auch nach Ihrem Empfinden distanzierte Begrüßung für Ihren roten Kunden völlig normal ist und nichts mit Ihnen persönlich zu tun hat. Sie wissen ebenfalls, dass es Rot um die Sache geht und dass Sie jetzt auf diese eingehen müssen, falls dies nicht schon Ihr Gesprächspartner von sich aus tut. Das Wichtigste zuerst: Schon in der Vorbereitung auf diesen Termin haben Sie sich darauf eingestellt, dass Ihnen keine Zeit zum „Warmlaufen“ bleibt. Sie haben Ihre Agenda so aufgebaut, dass der für Ihren Gesprächspartner wichtigste Punkt ganz oben steht. Sie haben sich Ihre Worte genau zurechtgelegt, mit denen Sie
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diesen Punkt mit ruhiger Stimme und ohne Zögern als erstes ansprechen. Sie sind im Vorfeld die möglichen Reaktionen durchgegangen, sind auf jede vorbereitet. Keine der zu erwartenden Reaktionen ist für Sie ein Grund zur Sorge. Auf Fakten konzentrieren, klare Aussagen machen: Sprechen Sie sachlich und deutlich an, was wesentlich ist. Konzentrieren Sie sich auf Ihre Aussagen, vermeiden Sie bewusst Konjunktiv und Abschwächung. Sprechen Sie in kurzen Sätzen, das erleichtert Ihre Konzentration und verhindert „äh“ und „mhm“. Alternativen bewerten: Wenn Sie Alternativen haben, nennen Sie jeweils die Vorund Nachteile und zwar kurz und sachlich. Maximal drei Punkte: Das gilt schon für Ihre Agenda, auch hier ist weniger mehr. Vor allem gilt es für die von Ihnen vorgestellten Alternativen – wobei hier zwei besser als drei sind. Ihr roter Gesprächspartner will alles im Blick haben, liebt es übersichtlich und klar strukturiert. Ziele und Ergebnisse konkret benennen: Behalten Sie bei Ihren Aussagen stets Ihre im Vorfeld erarbeiteten Ziele im Auge und machen Sie vor allem Ihrem Gesprächspartner immer konkret deutlich, was das nächste Ziel ist und um welche Ziele es Ihnen insgesamt geht. Präsentieren Sie Ergebnisse konkret und knapp, benennen Sie zukünftige Ergebnisse klar, konkret und eindeutig. In den Vordergrund „Das hast Du davon“: Halten Sie sich immer wieder vor Augen: Ihr roter Gesprächspartner interessiert sich ausschließlich für seinen Nutzen, für seine Vorteile. Win-Win ist für ihn nur akzeptabel, wenn er für sich keine bessere Lösung sieht. Aber vergessen Sie keine Sekunde, dass dies im Wesen der roten Grundemotion begründet liegt und keine Charakterschwäche Ihres Gesprächspartners ist. Wenn bei Ihnen die rote Facette aktiv wäre, würden Sie ganz genauso agieren – akzeptieren Sie das. KEIN Konjunktiv, KEINE Abschwächung: Das müssen Sie verinnerlichen! Und immer wieder üben! Sprechen Sie zum Beispiel Ihre Argumentation in eine Kamera. So können Sie kontrollieren, ob Sie Konjunktiv und Abschwächungen wirklich verbannt haben und Ihre Aussagen kurz, prägnant und klar sind. KEIN Fragezeichen am Ende einer Forderung: Was ein Sprecher in Rot automatisch macht, nämlich einen Punkt oder gar ein Ausrufezeichen am Ende einer Forderung zu sprechen, das muss Grün immer wieder üben. Bauen Sie das in Ihre Vorbereitung – am besten mit Videokamera – regelmäßig ein.
Wenn Sie diese Regeln zum festen Bestandteil Ihrer Vorbereitung auf einen Termin machen, bei dem Sie einen Gesprächspartner in seiner roten Grundemotion erwarten, sind Sie in jedem Fall auf der sicheren Seite. Selbst wenn Sie Ihr Gespräch in der grünen Grundemotion beginnen, werden Sie souverän wirken und auf Augenhöhe kommunizieren – weil Ihre inPersönliche Wirkung im Verkaufsgespräch
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nere Sicherheit nach Außen strahlt. Es ist sogar sehr wahrscheinlich, dass Sie nach den ersten Erfolgserlebnissen von der grünen in die rote Grundemotion wechseln, was für kritische Gespräche sehr hilfreich wäre. Setzen Sie eine Aufwärtsspirale in Gang, die es Ihnen ermöglicht, Ihr Rot zu aktivieren, wenn Sie es brauchen. x Tipp: Mit innerer Sicherheit aus gezielter, systematischer Vorbereitung verhandeln Sie in Grün souverän und auf Augenhöhe.
Wenn Sie statt in Grün diese Vorbereitung aus Blau heraus absolvieren, dann erreichen Sie fast sicher Ihre rote Grundemotion. Schließlich beseitigen Sie Ihre Unklarheiten, die möglicherweise Ihr Blau erst ausgelöst haben. Wer sich gelb erlebt und sich dazu durchringt (unser innerer Schweinehund hat ein gelbes Fell), diese Checkliste im Vorfeld eines Kundenbesuches regelmäßig abzuarbeiten, entwickelt ein Problembewusstsein, das mit Lösungskompetenz verbunden ist. Gestützt auf das Selbstbewusstsein der gelben Grundemotion ist der Weg in Richtung Rot bereits eingeschlagen. Um nicht den falschen Eindruck zu erwecken, die rote Facette sei so etwas wie eine Erfolgsgarantie für Verkäufer, schauen wir uns nun die umgekehrte Situation an: Ein selbstbewusster, pragmatischer und lösungsorientierter Verkäufer übernimmt von einem Kollegen die Betreuung eines langjährigen, vorsichtigen und zurückhaltenden Kunden. Rot hat natürlich keine Angst vor Grün. Das ist auch nicht nötig, gefährlich wird es, wenn der Respekt fehlt. Auch der grüne Kunde ist König, und es ist ihm besonders wichtig, „gesehen“ und respektiert zu werden. Das ist die Grundlage für sein Vertrauen, erst danach kommen Faktoren wie Produktnutzen oder Preis-Leistungs-Verhältnis.
Situation: Verkäufer in Rot trifft auf Kunden in Grün Auch diese Konstellation bedarf einer guten Vorbereitung des Verkäufers. Während Grün schon durch die Angstgefühle vor seinem roten Kunden zur Vorbereitung motiviert wird, 70
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sehen gerade Verkäufer in ihrem Rot nur selten die Gefahren, die in ihrem – aus grüner Sicht – arroganten Auftreten liegen. Grün sagt nicht offen, was ihn stört, hält nicht den Daumen deutlich sichtbar nach unten. Als Verkäufer stellen Sie nur fest, dass Sie keine Aufträge mehr bekommen. Das können Sie mit Ihrer Terminvorbereitung problemlos vermeiden, indem Sie die folgenden Punkte konsequent abarbeiten. Auch wenn Sie sich Ihrem in Grün agierenden Kunden gegenüber eher in Gelb oder Blau sehen, ist diese Vorbereitung für Sie sehr wichtig, auch wenn Ihr Potenzial, Porzellan zu zerschlagen, deutlich geringer ist. Checkliste Gesprächsatmosphäre schaffen: Sie haben Ihr Anliegen klar strukturiert und logisch schlüssig aufgebaut. Der Nutzen liegt deutlich erkennbar auf der Hand. Sie werden freundlich empfangen, Ihr neuer Kunde fragt Sie, ob Sie den Weg anhand seiner Anfahrtsskizze gut gefunden haben. Kaffee, Mineralwasser und Fruchtsäfte stehen schon auf dem Besprechungstisch. Natürlich könnten Sie jetzt ehrlich sagen, dass Sie die Anfahrtsskizzen aufgrund Ihres Navigationssystems für ein Relikt der Vergangenheit halten, dass Sie Mineralwasser nur gekühlt mögen, Fruchtsäfte wegen ihres Zuckergehaltes Kalorienbomben sind und dass Sie Kaffee nur frisch zubereitet trinken, am besten aus einem hochwertigen italienischen Automaten. Aber Sie sind ja gut erzogen und ein geschulter Verkäufer. Deshalb bedanken Sie sich höflich, lehnen die angebotenen Getränke ab, erwähnen die Anfahrtsskizze mit keiner Silbe und fragen nach einem suchenden Blick durch den Raum, ob Sie die Steckdose hinter Ihnen für das Netzteil Ihres Notebooks benutzen können. Das klingt für Sie übertrieben? Sind Sie sicher, dass Sie dies nicht aus Rot heraus sagen? Wem die grüne Grundemotion vertraut ist, der kennt solche Szenen zur Genüge, fragen Sie einfach einmal nach. Auch wenn Sie Grün nicht direkt beleidigen, Sympathie gewinnen Sie so nicht. Doch Grün kauft ohne Sympathie nur in wirklichen Notfällen. Wenn Sie aus Körpersprache, Gestik, Mimik, Stimme und Wortwahl bei Ihrem Gegenüber die grüne Grundemotion erkennen, nehmen Sie den Fuß vom Gas. Kommen Sie erst einmal an, geben Sie Ihrem Gesprächspartner die Möglichkeit, sich mit Ihnen vertraut zu machen, mit Ihnen warm zu werden. Bedanken Sie sich für die Anfahrtsskizze, sie war Ihnen eine große Hilfe. Nehmen Sie ein Glas Mineralwasser, bei Zimmertemperatur bekommt es Ihnen ohnehin besser. Verzichten Sie bedauernd auf einen Fruchtsaft, weil zum Beispiel Ihr Magen im Moment ein wenig verrückt spielt. Kaffee hatten Sie heute schon zum Frühstück im Hotel reichlich und Sie wollen es nicht übertreiben. Das grüne Verständnis ist Ihnen gewiss, genau wie eine positive Atmosphäre. Generell sollten Persönliche Wirkung im Verkaufsgespräch
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Sie sich in der roten Grundemotion stets an eine Grundregel der Themenzentrierten Interaktion halten „Alles, was Du sagst, sollte wahr sein, aber nicht alles, was wahr ist, muss gesagt werden.“ Zeit nehmen (z. B. 20 Minuten planen, wenn 5 Minuten „reichen“): Zeitverständnis und Zeitempfinden von Rot und Grün differieren sehr stark. Die rote Grundemotion bringt ein Denken und Handeln hervor, dass auf Inhalt, Fakten und geradlinige, schnelle Lösung fokussiert ist. Zeit ist eine wichtige Ressource, die ökonomisch eingesetzt wird. In der grünen Grundemotion ist Fühlen wichtiger als Denken, Nicht-Handeln erscheint weniger riskant als Handeln, welches den Status quo gefährden kann und damit Risiken birgt. Grün braucht für Entscheidungen ein gutes Gefühl der Sicherheit, das sich „einstellen“ muss und nicht allein durch nüchterne Fakten herbeidiskutiert werden kann. Damit ist für Grün ein Zeitbedarf nur schwer abschätzbar. Wird eine solche Abschätzung verlangt, setzt Grün einen aus roter Sicht wesentlich zu hohen Zeitbedarf an. Dem müssen Sie als Verkäufer in der roten Grundemotion Rechnung tragen, wenn Sie Ihre Zeit für einen grünen Kunden planen. Fragen stellen UND aktiv zuhören: Zeigen Sie ehrliches Interesse. Stellen Sie offene Fragen und hören Sie gut auf die Antworten, um im Verlauf des Gespräches darauf wieder eingehen zu können. Sprechen Sie die grüne Grundemotion gezielt an: Die Frage „Wie wirkt das auf Sie?“ erreicht in Grün eher als „Was denken Sie hierüber?“ Ruhe und Gelassenheit ausstrahlen: Sie wissen, dass in Ihrer roten Grundemotion Ungeduld bei einem Termin mit Grün vorprogrammiert ist. Stellen Sie sich vorher darauf ein. Vermeiden Sie das Gefühl der Ungeduld, indem Sie Ihre zeitlichen Erwartungen vor dem Gespräch entsprechend justieren. Seien Sie großzügig mit Ihrer Zeit, denn nicht die bringt Ihnen Geld, sondern der Abschluss mit Ihrem grünen Kunden. Anerkennung geben (mindestens ein wirklicher Anlass): Ihr Kunde zieht seine Zufriedenheit aus der Harmonie Ihres Gespräches und der Sicherheit, die Sie auf ihn übertragen. Ehrliche Anerkennung ist dabei sehr hilfreich und wenn Sie sich ernsthaft mit Ihrem Kunden beschäftigen, wird Ihnen das leichtfallen. Da Grün ungern von sich aus Probleme anspricht, sind Sie gut beraten, wenn Sie sich regelmäßig Feedback einholen. Das schafft Vertrauen und ist die Basis für eine Kommunikation auf Augenhöhe. Motivieren (und nicht überrollen!): Um zu verstehen, warum Grün etwas tut oder nicht, müssen Sie nach seinem Motiv fragen. Dementsprechend hat es wenig Sinn, die grüne Facette Ihres Kunden mit schlüssigen und klar beweisbaren Fakten zu quälen. So zählen Vorteile für alle Beteiligten mehr als ein Gewinn auf Kosten anderer. Für Grün sind Werte wichtig, und deren Einhaltung wird einge-
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fordert. Versuchen Sie nicht, Grün zu überrollen. Nur weil Grün sich schwer tut, „Nein“ zu sagen, sollten Sie ein „Vielleicht“ nicht als ein „Ja“ auslegen. Gefühle ernst nehmen: Gefühle sind Grün wichtig, Sie müssen sie deshalb ernst nehmen. Versuchen Sie gar nicht erst, sie wegzudiskutieren oder, noch schlimmer, sie als unbegründet abzutun. Unterstützung konkret und ohne Hemmschwelle anbieten: Das Angebot, „Rufen Sie mich jederzeit an, wenn es Probleme gibt“ entspricht der roten Grundeinstellung. Aus grüner Sicht unterminiert zum einen das Wort Probleme das Vertrauen in die Sicherheit der Lösung. Zum anderen muss Grün von sich aus aktiv werden und auch noch zugeben, dass er ein Problem hat. Wesentlich vertrauensbildender ist deshalb die Vereinbarung eines festen Termins, bei dem von vornherein klar ist, dass das reibungslose Funktionieren der Lösung gemeinsam geprüft wird. Referenzbeispiele ausführlich vorstellen: Die Gewissheit, dass eine Lösung bei anderen Kunden reibungslos funktioniert, gibt Grün das nötige Gefühl der Sicherheit. Besonders dann, wenn er sich selbst davon überzeugen konnte. Empfehlen statt Fordern, Konjunktiv statt Imperativ: Eine Forderung löst den Zwang zum Reagieren aus. Kommt dazu noch ein enger Zeitrahmen, lehnt Grün die Forderung in der Regel ab. Eine Empfehlung, im Konjunktiv formuliert, baut bedeutend weniger Druck auf und gibt Grün die Möglichkeit, sich damit in Ruhe auseinander zu setzen. „Wie geht es jetzt weiter“ klären: Offene Fragen oder Vermutungen verhindern Sicherheit und versagen Grün damit ein Grundbedürfnis. Commitment erreichen: Grün tut sich schwer, Nein zu sagen, nehmen Sie deshalb nie Schweigen oder ein „Vielleicht“ als Zusage. Ein Commitment von Grün ist nicht leicht zu erreichen und erfordert Geduld und Einfühlungsvermögen. Der aus Sicht von Rot damit verbundene Aufwand wird dadurch mehr als kompensiert, dass Grün sein Commitment unter fast allen Umständen einhält. Aufgaben planbar strukturieren: Ihr grüner Kunde mag keine Unwägbarkeiten und keine ungeklärte Verantwortung. Für Sie als roten Verkäufer ist es ein Leichtes, ihm beides nicht zuzumuten. Zeit geben: Auch wenn für Sie jetzt alles geklärt ist, geben Sie Ihrem grünen Kunden die Zeit, die er braucht. Er wird es Ihnen danken.
Wenn Ihnen die Beachtung dieser Regeln für den Umgang mit Kunden, die Ihnen möglicherweise in der grünen Grundemotion begegnen, als zu Zeit raubend und zu umständlich erscheint, dann sollten Sie ernsthaft erwägen, diesen Kunden an einen Kollegen abzugeben. Für Kunden, die Ihnen häufig in Grün begegnen, müssen Sie ein größeres Zeitbudget einplanen als Persönliche Wirkung im Verkaufsgespräch
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für solche, mit denen Sie von Rot zu Rot verhandeln. Dank Ihrer starken roten Facette sind Sie es jedoch gewohnt, stets eine Betrachtung von Aufwand und Nutzen zu betreiben. Und Kunden, bei denen es Ihnen gelingt, regelmäßig deren grüne Verhaltensfacette anzusprechen, haben auf der Nutzenseite einiges zu bieten. So wird es Ihren Wettbewerbern schwerfallen, Ihnen einen solchen Kunden abspenstig zu machen. Dem grünen Sicherheits- und Harmoniebedürfnis widerstrebt außerdem eine Mehr-Lieferanten-Strategie, was Ihnen mehr Umsatz beschert. Wenn Sie diese Empfehlungen regelmäßig beherzigen, werden Sie zu Ihrem Kunden eine stabile Beziehung aufbauen, die wesentlich von der grünen Grundemotion getragen wird. Und da die vier Grundemotionen jedem Menschen und damit auch Ihnen offen stehen, ist es sogar wahrscheinlich, dass Ihr bewusstes Verhalten allmählich in unbewusstes grünes Verhalten übergeht. Sofern Sie diese Vorschläge aus Ihrem Rot heraus umsetzen, wird Ihnen leicht fallen, schließlich planen Sie gern im Voraus. Wenn Sie Ihren Kunden üblicherweise in Ihrer gelben Facette begegnen, haben Sie es natürlich bedeutend leichter als Ihre Kollegen in Blau oder gar Rot. Doch auch Sie machen sich und Ihren Kunden in der grünen Grundemotion das Leben leichter, wenn Sie diese Checkliste verinnerlichen. Ihre lockere, nicht nur von Grün manchmal als oberflächlich und unzuverlässig empfundene Art, wird so in eine Bahn gelenkt, die es Ihrem Kunden vielleicht sogar ermöglicht, mit Ihnen von Gelb zu Gelb zu kommunizieren.
Situation: Verkäufer in Gelb trifft auf Kunden in Blau Das ist Ihr schwierigster Partner, bereiten Sie sich auf jeden Fall vor! Vieles von dem, was Sie als Ihre Stärke ansehen, z. B. Small Talk, die Fähigkeit, Menschen zu begeistern, oder Ihr Talent, eine lockere und angenehme Gesprächsatmosphäre herzustellen, bringt Ihnen bei Menschen in deren blauer Facette nichts, es ist meist sogar kontraproduktiv, wird als „Marketinggeschwätz“ abgetan. Im Gegensatz zur roten Facette gibt es aus der blauen Grundemoti74
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on heraus dazu meist kein Feedback. So ist es nicht ungewöhnlich, dass die nachträgliche Bewertung eines Kundengespräches in Gelb bzw. Blau diametral unterschiedlich ausfällt. Sie, im gelben Überschwang, denken vielleicht „Toll, dem hat es vor Begeisterung die Sprache verschlagen“ und für Ihren Gesprächspartner, der seine (stets korrekt höfliche) blaue Facette während des Gespräches nie verlassen hat, ist das Thema endgültig erledigt. Ihm war das Gespräch viel zu flach. Ein Wesensmerkmal der blauen Grundemotion besteht darin, alles Neue, Unbekannte sehr kritisch zu betrachten und – wenn es lohnend erscheint – absolut gründlich zu prüfen. Wer einfach aus seinem Gelb heraus agiert, läuft Gefahr, hierbei sehr schnell durchzufallen. Checkliste Zeit einplanen: Auch hier treffen zwei Akteure mit extrem unterschiedlichem Zeitverständnis aufeinander. Die blaue Grundemotion bedingt ein Verhalten, das auf gründliche Analyse, hintergründige Problemerfassung und detaillierte Planung ausgerichtet ist. Das passende Motto lautet „Gut Ding will Weile haben“, was nichts anderes bedeutet, als dass Zeitbedarf stets eher unter Berücksichtigung des schlimmsten Falles abgeschätzt wird. Die gelbe Grundemotion dagegen fördert Optimismus und die Einstellung „es wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird“. Beides führt dazu, dass Zeitschätzungen sich meist am denkbar günstigsten Fall orientieren. Wenn Sie also mit Ihrem Kunden ein vierseitiges Angebot Ihrer Presales-Experten „kurz“ mal „durchgehen“ wollen und dafür mit Small Talk großzügig 30 Minuten ansetzen, dann verdreifachen Sie lieber Ihre Schätzung und bringen an Zusatzinformationen mit, was Ihr Unternehmen zu bieten hat. Sachlich, formell beim Thema bleiben, nicht abschweifen: Sie haben sich von Ihren Spezialisten das Angebot genau erklären lassen, finden das Ganze gar nicht so schwierig und sind von sich und Ihrer Vorbereitung überzeugt. Halten Sie sich immer vor Augen: Wenn Ihr Kunde Ihnen in seiner blauen Facette begegnet, dann ist er entweder mindestens so gut vorbereitet wie Sie oder er hat Fragen, die „ins Eingemachte“ gehen. Sie stehen so oder so vor einer Detaildiskussion, die Ihre gelbe Seite schnell langweilen wird. Bereiten Sie sich darauf vor, gehen Sie so ein Gespräch mit Ihrem Presales durch. Sehen Sie das Ganze als eine Art Wettspiel an, bei dem es einen Auftrag zu gewinnen gibt. Widersetzen Sie sich Ihrem Unterbewusstsein und halten Sie Gedanken aus, wie „da draußen scheint die Sonne und wir zählen hier die Erbsen“.
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Nicht zu offen sein: Wessen gelbe Facette aktiv ist, der ist auf Senden „programmiert“. Sinnbildlich sind alle Informationsschleusen nach außen offen – und keine Firewall wacht automatisch darüber, ob Informationen nach außen gelangen, die zu Ihrem eigenen oder zum Nachteil Ihres Unternehmens gereichen. Machen Sie sich vor jedem Gespräch klar, welche Informationen Sie in welchem Stadium des Gespräches geben wollen und was auf keinen Fall nach außen dringen darf. Schweigen nicht als Ablehnung missverstehen: Die oben besprochene Gefahr, in der eigenen gelben Facette zu offen zu sein, ist besonders groß, wenn Ihr Gegenüber in der blauen Grundemotion über ein Argument oder einen Vorschlag nachdenkt. Da dies gründlich geschieht, entsteht zwangsläufig eine Pause, die in der gelben Facette schnell als unerträglich erlebt wird, besonders wenn dringend Zustimmung erwartet wird. Fast reflexartig werden dann weitere Informationen oder sogar Zugeständnisse nachgeschoben, um sinnbildlich weitere Gewichte in die Waagschale zu werfen. Das blaue Nachdenken wird dadurch im günstigsten Fall behindert, im schlimmsten Fall sogar in eine völlig unerwünschte Richtung gelenkt. Einmal gemachte Zugeständnisse können außerdem nicht mehr rückgängig gemacht werden, ohne das ganze Gespräch zu gefährden. Denken Sie nur an einen Preisnachlass – wer regelmäßig in seiner gelben Grundemotion verkauft, ist bei Kunden beliebt und hat Schwierigkeiten mit dem eigenen Controlling. Gründe, Hintergründe: Was, Wie, Wann, Womit, Warum: Wir können es nicht oft genug wiederholen: Bereiten Sie sich mehr als gründlich vor. Erst wenn Ihnen Ihre Vorbereitung vollkommen übertrieben erscheint, nähern Sie sich dem Bereich von Informiertheit, um von Blau als seriöser Experte akzeptiert zu werden. Methodisch, strukturiert und systematisch (Vorbereitung!): Die Detailorientierung in der blauen Facette hat oft den Nebeneffekt, den „Wald vor lauter Bäumen nicht mehr zu sehen“. Ihre Vorbereitung sollte das berücksichtigen. Bereiten Sie Ihre umfassenden Informationen entsprechend auf, Sie werden die blaue Seite Ihres Kunden beeindrucken. Aussagen begründen, besser beweisen und belegen: Wie Sie bereits gesehen haben, ist die gelbe Beredsamkeit bei der blauen Facette vergebene Liebesmüh. Wenn Ihr Kunde Ihnen in Blau zuhört, will er nicht überredet, sondern mit belegbaren Fakten, nachprüfbaren Referenzen oder konkreten Studien überzeugt werden. Details herausstellen: Für Ihren Kunden zählt in dieser Konstellation nicht das große, visionäre Bild. Um unliebsamen Überraschungen vorzubeugen, wird er jeden Mosaikstein einzeln prüfen und begutachten. Gehen Sie offensiv damit um, bereiten Sie sich entsprechend vor.
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Notizen machen: Auch wenn Sie sich sicher sind, sich alles merken zu können – auch die gelbe Grundemotion erweitert die Fähigkeiten des menschlichen Gedächtnisses nicht. Im Gegenteil, sie reduziert durch das damit einhergehende permanente Senderbedürfnis unsere Fähigkeit, konzentriert zuzuhören, erheblich. Zwingen Sie sich, Notizen zu machen, fragen Sie nach, das wirkt bei Ihrem Kunden nicht unsicher, sondern professionell. Ergebnisse zusammenfassen: Da jeder Mensch seine eigene Realität hat, ist es unverzichtbar, besonders bei einem Gegenüber der blauen Grundemotion, der Wert auf Einzelheiten legt, die Gesprächsergebnisse noch einmal abzugleichen. Aktivitäten konkret formulieren und festhalten: Ihr Kunde in seiner blauen Facette wird nur akzeptieren, zugestehen oder durchführen, was mit seinen Notizen übereinstimmt.
Mit dieser Checkliste im Hintergrund können Sie sich auf Gespräche mit Ihren Kunden in der blauen Facette in Zukunft freuen – deren Anerkennung ist Ihnen ab sofort gewiss und eine gute Basis für eine erfolgreiche Geschäftsbeziehung. Durch Ihr bewusst zielorientiertes Vorgehen kombinieren Sie Ihre gelbe Umgänglichkeit mit der pragmatischen roten Ergebnisorientierung. Die Chancen stehen sogar gut, dass Sie selbst von Gelb in die rote Grundemotion gelangen, schließlich wissen Sie genau, was Sie tun müssen. Wenn Sie aus der roten Grundemotion heraus in ein solches Gespräch gehen, sind in einige Punkte dieser Checkliste natürlich selbstverständlich, bei den übrigen sollte es Ihnen leicht fallen, deren Nützlichkeit zu akzeptieren und entsprechend zu agieren. Wenn Sie in Grün einem Kunden in der blauen Facette begegnen, sollten Sie diese Ratschläge eins zu eins umsetzen – es wird Ihnen natürlich bedeutend leichter fallen, so diszipliniert zu agieren als Ihrem Kollegen in Gelb.
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Situation: Verkäufer in Blau trifft auf Kunden in Gelb Diese Situation tritt – wegen der selektiven Personalpolitik der Unternehmen unseres Kulturkreises – nicht so häufig ein wie die vorher beschriebene. Aber auch der „Hans Dampf in allen Gassen“, den man sich gar nicht anders als in Gelb vorstellen kann, kann einmal in eine schwierige Situation kommen, großen Druck und Unsicherheit verspüren, was ihn für den Moment daran zweifeln lässt, es werde schon wieder gutgehen. So wird der Weg frei für die blaue Grundemotion. Um es hier noch einmal zu sagen: Emotionen kommen und gehen, je nachdem wie die aktuelle Situation erlebt wird. Wir haben keinen Anspruch auf eine bestimmte Emotion, unsere Vorbereitung kann uns aber dabei helfen, einer erwünschten Grundemotion bessere Chancen zu geben. Doch zurück zu unserem Verkäufer in seiner blauen Facette. Wir treffen ihn besonders in Situationen an, wo im Verkauf detailliertes Fachwissen und genaues Abwägen von Alternativen einen hohen Stellenwert haben. Das ist ein guter Nährboden für die blaue Grundemotion. Stellen Sie sich folgende Situation vor: Nachdem alle Experten im Hause überzeugt wurden, trifft unser bis dahin erfolgreicher Spezialist auf den neuen Bereichsvorstand, der die finale Entscheidung zwischen zwei Anbietern treffen wird. Die ganzen fachlichen Details interessieren ihn weniger, ihm geht es darum, sich vor seinen Vorstandskollegen zu profilieren. Überall dort, wo blaue Expertise auf gelbe Interessenlage trifft, hilft Ihnen die folgende Checkliste. Checkliste Gesprächsatmosphäre ermöglichen und zulassen: Sie haben alle Argumente parat, können jeden Vorteil exakt nachweisen und detailliert erklären. Kurz, Sie sind umfassend und fundiert auf diesen Termin vorbereitet. Hoffentlich, denn Ihr Gegenüber fragt Sie als aller Erstes, ob das nicht ein herrliches Wochenende zum Golfspielen war. Rechnen Sie mit solch einer Gesprächseröffnung und bereiten Sie sich darauf vor. Sie müssen nicht das gleiche Hobby haben, Sie müssen sich auch nicht unbedingt damit auskennen. Auf jeden Fall sollten Sie etwas Anerkennendes erwidern und zum Beispiel Ihr ehrliches Bedauern zum Ausdruck bringen, dass Sie dafür
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noch nicht die Zeit gefunden haben. Sie können auch nachfragen, wo man am besten in den Golfsport einsteigen kann. Ihr Kunde in Gelb hat garantiert ein paar Tipps für Sie. Erwähnen Sie auf keinen Fall, dass Sie sich das ganze Wochenende auf diesen Termin vorbereitet haben. Geltungsbedürfnis akzeptieren: Die gelbe Grundemotion braucht Energie von außen, schließlich gibt sie auch permanent Energie ab. Eine wichtige Energiequelle ist Lob und Anerkennung von außen. Weil in der blauen Facette jede Information erst einmal geprüft und verarbeitet wird, entsteht bei einem Gegenüber in Gelb schnell der Eindruck, der andere würde seine Energie regelrecht aufsaugen. Das gelbe Geltungsbedürfnis ist also keine Charakterschwäche, sondern natürlicher Ausdruck dieser Grundemotion. Interesse aktiv zeigen: Die gelbe Facette lässt sich begeistern und will begeistern. Aktives Interesse ist die Minimalform von Begeisterung. Weder Begeisterung noch Interesse lassen sich vortäuschen, doch Interesse ist vor allem eine Sache der Einstellung – an der können Sie arbeiten, gerade in Blau. Loben ist Bestandteil des Gespräches (bereiten Sie sich darauf vor!): Wenn Sie das gelbe Geltungsbedürfnis als untrennbar verbunden mit dieser Grundemotion verstehen und akzeptieren, wird es Ihnen leichtfallen, sich ehrlich für Ihre Gesprächspartner zu interessieren und dies auch aktiv zu zeigen. Dann ist es nur noch ein kleiner Schritt, die Vorbereitung auf diesen Termin dazu zu nutzen, wirklich Lobenswertes über Ihren Gesprächspartner und dessen Unternehmen zu entdecken. Interesse wecken, anspornen (nicht überzeugen!): Mit fundierten Fakten zu überzeugen ist Ihre Stärke. Doch Ihr Verstand sagt Ihnen auch, dass dies Ihnen bei Ihrem Gesprächspartner, den Sie sehr deutlich in der gelben Facette wahrnehmen, im Moment wenig hilft. Wenn Ihnen Ihre bisherigen fachlichen Gesprächspartner etwas Gutes getan haben, so haben diese Sie beim Bereichsvorstand als unglaublichen Experten avisiert. Um in dieser Richtung weiter Boden gutzumachen, zählt bei Ihrem gelben Gesprächspartner Eloquenz mehr als Fachwissen. Verpacken Sie deshalb Ihr Wissen interessant. Auf die Zukunft konzentrieren und sie visualisieren: Stellen Sie zukünftige Vorteile bildhaft heraus und illustrieren Sie Ihre Vorschläge und Lösungen mit Geschichten und Vergleichen. Anreize geben: Was Sie wahrscheinlich schon immer vermutet haben: Ein Großteil der Werbung zielt auf die gelbe Facette. Für Verkäufer im Bereich Firmenkunden (B2B) bieten sich vor allem Mengen- oder Umsatzboni an. Aber auch Sonderaktionen, Schnäppchen und zeitlich begrenzte Angebote führen zum Ziel, wenn sie so gestaltet sind, dass sie die gelbe Facette Ihres Kunden wirklich erreichen.
Persönliche Wirkung im Verkaufsgespräch
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Auf Schwerpunkte beschränken, Details nur auf Wunsch nennen: Eine weitere Herausforderung für Ihre Vorbereitung besteht darin, Ihre Präsentation oder Ihr Gesprächskonzept so aufzubereiten, dass Sie es mit wenigen, für Ihren Kunden interessanten Schwerpunkten vorstellen können. Wenn Sie dabei eine Powerpoint-Präsentation benutzen, beschränken Sie sich auf einige wenige, visuell anregende Folien. Falls es doch zu Nachfragen kommt (schließlich muss Gelb nicht immer Gelb bleiben), stellen Sie sicher, dass Sie von jeder Folie zu Unterfolien oder gar Unter-Präsentationen verzweigen können. Problembewusstsein erreichen: Das ist für Sie eine ernsthafte Herausforderung! Problembewusstsein ist praktisch integraler Bestandteil der blauen Grundemotion, für Gelb stellt sich dagegen eher die Frage „wo ist denn hier ein Problem?" Wenn zum Beispiel Ihr Angebot Probleme des Kunden löst oder die Nichtannahme Ihres Angebotes zu Problemen führen kann, dann schildern Sie diese Probleme auch in dramatischen Farben. Wenn die Schilderung Ihnen in Blau viel zu übertrieben erscheint, haben Sie den richtigen Ton für Gelb getroffen. „Festnageln“ (Was, Wie bis Wann?): Sie haben bisher alles richtig gemacht, die gelbe Facette Ihres Gegenübers perfekt adressiert, Interesse, vielleicht sogar Begeisterung ausgelöst. Jetzt müssen Sie dafür sorgen, dass Sie auch die Früchte dieses Erfolges ernten. Wenn ein Sprichwort als Handlungsanleitung für Kunden in der gelben Facette dienen kann, dann „man muss das Eisen schmieden, solange es heiß ist“. Aufgaben portionieren: Sie haben Ihren Auftrag und brauchen jetzt den Input oder die Mitarbeit Ihres Kunden. Auch wenn Sie alles bis zum Schluss und im Detail geplant haben – auch jetzt sollten Sie Ihren Kunden nicht überfordern. Halten Sie ihn bei Laune, indem Sie ihm überschaubare und nicht zu komplexe Aufgaben geben, auch hier natürlich in Verbindung mit der klaren Kommunikation „was, wie bis wann?“ Erfüllung der Teilaufgaben kontrollieren: Gelb ist nicht die Facette der Zuverlässigkeit. Besonders wenn die Mitarbeit des Kunden wichtig ist, gilt hier „Vertrauen ist (nicht!) gut, Kontrolle ist besser (und unverzichtbar).“
In Ihrer blauen Grundemotion wird es Ihnen leichtfallen, diese Vorgaben auf Ihr konkretes Gespräch hin zu modifizieren und zu ergänzen. Übertreiben Sie dabei aber nicht, Gelb verliert leicht sein Interesse, wenn es ihm zu kompliziert wird oder sich Dinge zu oft wiederholen. Eine gute Vorbereitung wird Ihnen Sicherheit geben. Nach den ersten für Sie sichtbaren Erfolgen ist Ihr Weg geebnet, um die rote Grundemotion zu erreichen. Wenn Sie schon in der roten Grundemotion in ein Gespräch mit einem gelben Kunden gehen, helfen ihm gerade die ersten Punkte dabei, die gelbe Facette für sich 80
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zu gewinnen, denn Sie vermeiden so, zu viel Druck auf Gelb auszuüben. In Analogie dazu helfen Ihnen besonders die letzten Punkte, wenn Sie in der grünen Grundemotion in einem Gespräch mit einem gelb agierenden Kunden sind.
2.3 Wie Grundemotionen wechseln – und was Sie dafür tun können
Wie Grunde
Im vorigen Kapitel ging es darum, Ihr Gegenüber dort zu erreichen, wo und wie er emotional ansprechbar ist. Dies ist ein wichtiges Element praktischer emotionaler Kompetenz (PEK). Doch wir wollen nicht auf halbem Wege stehenbleiben, wenn es darum geht, Einfluss auf Entscheidungen oder Verhalten zu gewinnen. Denn – erfolgreich sind Sie erst, wenn es Ihnen gelingt, Ihren Kunden emotional dorthin zu bringen, wo Sie die besten Chancen für Ihr Gespräch sehen. Die Fähigkeit, eine für die jeweilige Kommunikation positive Grundemotion gezielt zu adressieren, ist damit das zweite zentrale Element von PEK – ganz im Sinne des „Pathos“, von dem Aristoteles spricht.
Grundemotionen ansprechen und dadurch aktivieren Warum ist es so wichtig, Grundemotionen gezielt anzusprechen? Zum Beispiel, weil ich mir in Rot eine Entscheidung erhoffe, auf die sich mein Gesprächspartner in Gelb nicht festlegen mag oder kann. Oder aber, weil ich wegen guter, vertrauenswürdiger Referenzen lieber in Grün die daraus ableitbare Sicherheit aufbaue, anstatt mit der blauen Facette meines Gegenübers eine langwierige und komplizierte Diskussion über Details und Alternativen zu führen. Damit sind wir bei der Frage: Wie, warum und wodurch ändert sich die aktive Grundemotion und welchen Einfluss können Sie wie darauf nehmen? Wie Grundemotionen wechseln – und was Sie dafür tun können
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Damit an dieser Stelle keine übertriebenen Erwartungen entstehen: Der Einflussnahme auf die aktive Grundemotion sind – zum Glück – Grenzen gesetzt. Menschen sind nicht uneingeschränkt berechenbar. Aus früherem Verhalten in – für Sie vergleichbaren – Situationen können Sie nicht zwingend auf zukünftiges Verhalten schließen. Einmal kann sich die Situation für Ihr Gegenüber aus dessen Sicht ganz anders darstellen. Zum zweiten können für Sie nicht erkennbare, übergeordnete Faktoren die Grundemotion dominieren und damit Ihre Möglichkeiten einschränken. Dennoch lassen sich aus der Vergangenheit durchaus mögliche Verhaltensoptionen für die Zukunft ableiten. Hat beispielsweise Ihr Kunde in einem früheren Gespräch deutlich sichtbar in der grünen Facette seines Verhaltens agiert, so besteht für Sie natürlich die reale Chance, diese grüne Facette bewusst und aktiv anzusprechen und dadurch zu aktivieren. Wie gesagt, die Chance, nicht die Gewissheit. Beim bewussten Ansprechen einer von Ihnen erwünschten Grundemotion geht es um Ihr legitimes Bemühen, Verhaltensspielräume zu nutzen und Ihre Chancen in einer konkreten Situation zu verbessern. Die Unzahl von Informationen, Hintergründen und Fakten macht „objektive“ Entscheidungen praktisch unmöglich. Sie helfen Ihrem Kunden, wenn Sie ihm eine Entscheidung ermöglichen, mit der er subjektiv zufrieden ist. Wie, warum und wodurch ändert sich also die aktive Grundemotion und welchen Einfluss können Sie wie darauf nehmen? Die Visualisierung der vier Grundemotionen in Abbildung 3, die Sie aus dem ersten Kapitel kennen, zeigt, welche Farben „benachbart“ sind – hier unterscheidet sich die individuelle Wahrnehmung der Situation nur in einer der Dimensionen „Umfeld“ und „Ego“. Damit ist nachvollziehbar, dass zum Beispiel eine Änderung von Gelb zu Rot oder Grün naheliegender und vor allem praktikabler ist als ein Wechsel zwischen den diametralen Grundemotionen Gelb und Blau oder Grün und Rot.
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Abbildung 3: Die vier Grundemotionen
Wir beginnen unseren Weg durch die vier Verhaltensfacetten wie William Marston im Uhrzeigersinn mit Rot.
Wie sich Rot zu Gelb ändert Nach der Kurzbeschreibung dieser beiden Grundemotionen kann es wie folgt funktionieren: Die rote Unzufriedenheit, noch nicht angemessen reagiert zu haben, weicht nach erfolgreich verlaufener Aktion der Freude an der Interaktion mit dem Umfeld, das vielleicht mitgeholfen hat oder zumindest der roten Aktion Beifall zollt. Auf alle Fälle ist das für Sie selbst ein probater Weg. Denken Sie nach einem Erfolg nicht gleich an die nächste Aufgabe, feiern Sie (sich) ruhig öfter einmal. Bringen Sie auch Ihren Kunden dazu, zum Beispiel nach einer harten, dabei konstruktiven und schließlich für Sie beide erfolgreichen Verhandlung. Das ist eine gute Chance, das Gelb Ihres Kunden zu aktivieren und Ihre Beziehung damit emotional zu pflegen. Wenn Sie Wie Grundemotionen wechseln – und was Sie dafür tun können
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diese Gelegenheit auslassen, ist es gut möglich, dass Rot einfach zur Tagesordnung übergeht. Das ist zwar keine Katastrophe, aber Beziehungspflege erfolgt nun einmal in Gelb und Grün. Wesentlich bedeutungsvoller ist aber ein Farbwechsel von Rot zu Gelb, um zum Beispiel eine rote Aktion oder auch Reaktion zu verhindern. Beispielsweise wenn Ihr Kunde wegen eines wiederholt aufgetretenen Fehlers Ihres Servicebereiches total verärgert ist und einen Vertrag kündigen will. Wenn Sie das zulassen, nützt Ihnen ein mögliches anschließendes Gelb natürlich nichts mehr. Sie müssen jetzt versuchen, den Rot innewohnenden Drang zu handeln zu stoppen oder abzulenken, indem Sie die gelbe Grundemotion direkt ansprechen. Schauen wir uns dazu einige mögliche Szenarien an. Y
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Sie schildern die rote Aktion als bereits geschehen, etwa: „Da haben Sie absolut Recht, gar keine Frage. Lassen Sie uns das als erledigt betrachten. Dann ist doch aber der Weg frei für …“ Hier haben Sie jetzt die Chance, die gelbe Phantasie anzuregen. Sie bieten eine Kompensation an, die die rote Aktion überflüssig erscheinen lässt, zum Beispiel: „Da ist uns wirklich etwas Katastrophales durchgegangen. Was können wir tun, um das auszugleichen? Schließlich freue ich mich schon das ganze Jahr auf unseren gemeinsamen 100-Prozent-Club. Diesmal ist er in Dubai!“ Sie lenken einfach vom Thema ab und erinnern ganz direkt an gemeinsame „gelbe“ Erlebnisse: „Ich denke, wir rennen uns hier fest. Lassen Sie uns das alles noch einmal bei einer leckeren Pasta und einem Pinot Grigio bei Luigi besprechen. Da hatten wir bisher immer die besten Ideen. Also, was ist?“ Wenn es Ihr Angebot zulässt, zum Beispiel weil Sie ein brandneues Produkt haben, das Ihrem Kunden völlig neue Möglichkeiten eröffnet, dann setzen Sie auf diese Karte. Wenn Skepsis freudiger Überraschung weicht, ist der Weg frei für gelbe Begeisterung.
Wie Sie konkret vorgehen können, hängt letztlich von zwei Faktoren ab. Einmal von Ihrer eigenen, in dieser Situation aktiven Grundemotion. Und natürlich davon, wie gut Sie Ihren Gesprächspartner kennen und wie hoch Sie die Chance bewerten, seine gelbe Grundemotion anzusprechen. Gelingt es Ihnen, mit Hilfe Ihrer gelben Facette seinen Blick vom Hier und Jetzt 84
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in die Zukunft zu lenken, dann ist der Weg in Richtung Gelb frei. Erleben Sie sich dagegen in Blau, dann hat der nächste Abschnitt für Sie eindeutig mehr Sinn. In Grün müssen Sie sich vorher klar sein, ob Ihnen Gelb oder Blau mehr liegt. Ob Rot schließlich zu Gelb wechselt, hängt neben Ihrem Zutun und Ihrer aktiven Farbe natürlich auch ab von der Gesamtsituation Ihres Gegenübers und der Nachhaltigkeit Ihrer gemeinsamen Erfahrung in Gelb. Sinngemäß gilt das selbstverständlich auch für alle weiteren im Folgenden diskutierten Farbwechsel.
Wichtig: Ihre eigene Grundemotion, Ihre Kommunikation und die Sicht der Situation beeinflussen stets die Grundemotion Ihres Gegenübers.
Wie sich Rot zu Blau ändert Beiden Grundemotionen ist eine eher skeptische Sicht auf das Umfeld gemein. Während Rot aktiv werden will, geht es Blau darum, die aktuelle Situation erst einmal zu verstehen und zu bewerten. Damit wird dieser Farbwechsel besonders im Vertrieb wichtig, wenn es darum geht, eine in Rot drohende ungünstige Entscheidung einfach aufzuschieben. Nach dem Wechsel von der roten in die blaue Grundemotion wird der Kunde erst einmal nicht entscheiden, und Sie erhalten die Chance, neue Argumente auf den Tisch zu legen. Der Schlüssel für diesen Farbwechsel liegt darin, das rote Ego durch das Säen von Zweifeln zu hinterfragen – und das im Wortsinne. Der Schlüssel zu diesem Vorgehen liegt in Ihrer eigenen, durch gründliche Vorbereitung erworbenen unerschütterlichen Selbstsicherheit. So könnten Sie zum Beispiel vorgehen: Y Stellen Sie offene Fragen wie etwa „Was genau wollen Sie damit erreichen?“ oder „Warum ist gerade das Ihnen so wichtig?“. Die Antworten liefern Ihnen mögliche Angriffspunkte. Achtung, verzetteln Sie sich Wie Grundemotionen wechseln – und was Sie dafür tun können
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nicht! Greifen Sie sich das Wichtigste der genannten Ziele heraus und zeigen Sie kurz und prägnant auf, welche Risiken der momentane (Ihnen nicht genehme) Plan von Rot enthält und was die Konsequenzen eines Scheiterns wären. Vielleicht haben Sie ja auch die besseren Karten und können überzeugend darstellen, dass Ihr Vorschlag dieses Hauptziel problemlos gewährleistet und darüber hinaus noch ein weiteres erstrebenswertes Ergebnis liefert. „So schlagen Sie zwei Fliegen mit einer Klappe. Denken Sie einmal in Ruhe darüber nach.“ So oder so ähnlich könnte Ihre Argumentation aussehen. Wenn Sie sich selbst in Rot erleben, können Sie Ihren Gesprächspartner auch direkt herausfordern, zum Beispiel: „Ich weiß natürlich, dass ich viel von Ihnen verlange. Unsere Lösung ist eine Herausforderung für unsere Kunden. Doch wer sich dieser stellt, hat alle Chancen, dem Wettbewerb mindestens ein Jahr voraus zu sein. Und das Beste ist, diese Chancen lassen sich genau bewerten, alle Risiken sind abschätzbar, und das Verhältnis von Aufwand und Nutzen ist jederzeit transparent. Hier ist eine Musterstudie. Gehen Sie die einmal in Ruhe durch und ich werde mit Ihnen gemeinsam die Spezifikationen für Ihr Unternehmen herausarbeiten. Ich garantiere Ihnen, die Mühe lohnt sich.“
Diese beiden Beispiele mögen genügen, um die beiden grundsätzlichen Strategien für den Wechsel von Rot zu Blau zu illustrieren. Besonders wenn Sie sich selbst in der roten Grundemotion erleben, bietet es sich an, Rot herauszufordern, Zweifel zu säen. Wenn Sie aus Blau heraus agieren, erscheint die Verunsicherung durch tiefgründiges Hinterfragen und neue Fakten aussichtsreicher. Natürlich können Sie sich in Blau auf Ersteres ebenso gut vorbereiten wie in Rot auf Zweiteres. Vorsicht ist allerdings geboten, wenn Sie sich in Gelb oder Grün erleben. Rot lässt sich nicht überreden und auch kein „schlechtes Gewissen“ machen. Was Sie brauchen, sind Entschlossenheit und klare Fakten – in Gelb und Grün auf der soliden Basis intensiver Vorbereitung.
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Wie sich Rot zu Grün ändert Die beiden wohl einzig praktikablen Wege führen Sie über Blau oder Gelb zu Grün. Beides wird unten noch beschrieben. Der direkte Wechsel von der roten in die grüne Grundemotion ist ein selten zu beobachtendes Phänomen in sehr speziellen Situationen. Diese sind in der Regel nicht wiederholbar, weshalb wir diesen Farbwechsel hier nicht weiter verfolgen.
Wie sich Gelb zu Rot ändert Das passiert, wenn die Freude an der Interaktion mit anderen oder mit dem eigenen gelben Tun unvermittelt gebremst wird. Wer in Gelb plötzlich erkennt, dass das Umfeld Aufmerksamkeit, Vorsicht, vielleicht sogar Skepsis erfordert, der ist bereits auf der Schwelle zu seiner roten Grundemotion und bereit zu handeln. Ihnen als Verkäufer kann dieser Wechsel für einen Verkaufsabschluss sehr nützlich sein. Sie haben Ihren Kunden von Ihrem Produkt, von Ihrem Angebot begeistert, Sie erleben ihn ganz deutlich in Gelb – und Sie wissen aus Erfahrung, dass Sie noch nicht am Ziel sind. Im Kapitel 5.1 werden Sie genau erfahren, warum Gelb die Farbe der Begeisterung und nicht die der Entscheidung ist. Jetzt geht es darum, Ihren begeisterten gelben Kunden zu einem Käufer in Rot zu machen. Y
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Der Appell. „Dann haben wir also Ihre Lösung. Lassen Sie uns gleich Nägel mit Köpfen machen! Je eher wir beginnen, desto …“ Ein moderates aber deutliches Signal, dass der Small Talk zu Ende ist, es geht zur Sache – Gelb geht und Rot kommt. Ihr Kunde schwärmt von einem Konkurrenzprodukt, das er kaufen will. Mit einer leicht dahingeworfenen Bemerkung, wie „das ist wirklich eine tolle Lösung, besonders da Sie es nicht in der Produktion einsetzen“, Wie Grundemotionen wechseln – und was Sie dafür tun können
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wohl wissend, dass Ihr Kunde genau das vorhat. Indem Sie ihn zum Nachdenken über mögliche Probleme zwingen, aktivieren Sie sein Rot. Der Kunde wird empfänglich für Ihre auf den Punkt gebrachte Botschaft. Sie können den Wechsel auch moderater angehen, zum Beispiel mit kurzen, sachlichen Fragen. Etwa: „Das klingt ja alles wirklich großartig, haben Sie schon einmal ausgerechnet, wie viel Zeit Sie bereits im ersten Jahr sparen?“ Wenn Sie beginnen, sachlich über die Annahme Ihres Angebotes zu sprechen, dann macht Gelb sehr schnell der roten Facette Platz.
Aber Vorsicht, verkneifen Sie sich ein allzu blaues Argumentieren, das prallt an der gelben Facette wirkungslos ab. Und es macht Sie für Ihren gelben Kunden schnell uninteressant. Gelb will seine Freude teilen und sie nicht diskutieren. Es ist die rote Ansprache, die Gelb zu Rot bewegt. Wenn Sie gut darauf vorbereitet sind, müssen Sie dazu nicht unbedingt selbst in Ihrem Rot sein. Aus Sicht einer eigenen grünen Verhaltensfacette sollten Sie natürlich eher darauf achten, dass Gelb nicht zu Rot wird.
Wie sich Gelb zu Grün ändert Das oben beschriebene Vorgehen bietet die Chance auf den Wechsel in Rot, aber natürlich keine Garantie. Sie sollten Ihren Kunden schon früher deutlich wahrnehmbar in Rot erlebt haben. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Ihr Versuch gelingt, aber Menschen sind nicht immer berechenbar. Besonders die beiden ersten Vorgehensweisen können genauso gut die grüne Grundemotion aktivieren, nämlich dann wenn sie verunsichern oder die Sorge vor zu schneller Veränderung heraufbeschwören. Aber keine Angst, selbst wenn Ihr Versuch „Gelb zu Rot“ misslingt, Sie setzen dann einfach Ihr Gespräch mit Plan „B“ in Grün fort. Soweit muss es aber gar nicht kommen, meist hilft ein mit einem schelmischen Grinsen vorgetragenes „Jetzt habe ich Sie aber erschreckt. Keine Sorge, es war nur ein Scherz“ sofort zurück in Gelb. 88
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Natürlich gibt es auch Wege, Grün behutsamer anzusprechen. Zum Beispiel können Sie um Hilfe bitten und dabei betonen, dass Sie wirklich in Schwierigkeiten sind. Auch hier sollten Sie Ihren Kunden am besten schon mehrfach deutlich in Grün erlebt haben. Ein Wechsel direkt von der gelben in die blaue Grundemotion ist praktisch nur schwer vorstellbar. Möglich wäre etwa ein Schockerlebnis – doch das wollen Sie Ihrem Kunden ja definitiv ersparen. Schon die bisher vorgestellten Wege, bewusst einen Wechsel der aktiven Grundemotion beim Gegenüber herbeizuführen, zeigen zwei Dinge sehr deutlich. Erstens die Erfolgsaussichten sind bei Menschen, die Sie sehr gut kennen, deutlich höher. Schon deshalb wollen Sie Ihren Gesprächspartner nicht zu dessen Nachteil manipulieren, sondern das Gespräch im beiderseitigen Interesse angenehmer und fruchtbarer machen. Zweitens, bei Personen die Sie nicht so gut kennen, denen Sie vielleicht zum ersten Mal begegnen, müssen Sie immer damit rechnen, dass der Farbwechsel nicht gelingt oder nicht die gewünschte Farbe aktiviert wird. Wenn Sie sich dessen bewusst sind und gut auf die anderen Möglichkeiten eingestellt und vorbereitet sind, entsteht Ihnen auf keinen Fall ein Nachteil. Sie erreichen Ihr Gesprächsziel dann einfach auf einem anderen Weg. Da Sie es nur mit vier verschiedenen Facetten zu tun haben, werden Sie schon in kurzer Zeit eine beruhigende Routine für Ihre aktive Gesprächsgestaltung erwerben. x Tipp: Haben Sie einmal die „falsche“ Farbe aktiviert, dann kommunizieren Sie nach Plan „B“.
Wie sich Grün zu Gelb ändert Dazu muss Grün seinen Platz in einem als positiv empfundenen Umfeld finden, verbunden mit einem Gefühl der Sicherheit, des Einklangs und der Harmonie. Damit ist auch schon der Königsweg skizziert. Einem Kunden in seinem Grün könWie Grundemotionen wechseln – und was Sie dafür tun können
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nen Sie gut zureden, Sie können ihn beruhigen oder ermutigen. Denken Sie dabei daran, nicht die Fakten sind wichtig, sondern das Vertrauen zu Ihnen als Person. Das Wort „Denken“ ist hier bewusst gewählt, denn Blau und Rot vergessen dies nur zu oft. Wenn Sie geduldig und behutsam den grünen Grundbedürfnissen Rechnung tragen, ist der Weg in Richtung Gelb bald geebnet. Selbst wenn der Wechsel nicht gelingt, Sie keine Begeisterung auslösen können – Ihnen bleibt ein grüner Kunde, der sich bei Ihnen gut aufgehoben fühlt.
Wie sich Grün zu Blau ändert Bevor Sie das angehen, sollten Sie sehr sicher sein, dass es Sie Ihren Zielen wirklich näher bringt. Zum Beispiel wenn Sie umfassende und zuverlässige Informationen brauchen, wenn Alternativen entwickelt und diskutiert werden müssen oder auch wenn der Status quo hinterfragt werden muss. Der Weg von Grün zu Blau hat durchaus Parallelen zu dem von Gelb zu Rot. Sie müssen nur wesentlich behutsamer vorgehen, um nicht Gefahr zu laufen, dass Grün sich verschließt oder völlig blockiert. Konkret heißt das, Sie müssen erreichen, dass Grün sein Umfeld oder seine Situation nicht mehr durch die rosarote Brille sieht, und das, ohne dass dies auf Sie zurückfällt. Zum Beispiel durch eine Formulierung wie „ich weiß nicht, mir ist nicht so ganz wohl, wenn ich mir die Zahlen des letzten Jahres ansehe. Wollen wir das nicht einmal gemeinsam durchgehen? Es ist mir einfach wichtig, dass Sie auf der sicheren Seite sind.“ Oder „kennen Sie schon die neueste Studie zu diesem Thema? Nein, dann sollten Sie auf jeden Fall dort einmal hineinschauen. Ein großer Teil befasst sich direkt mit Ihrem Portfolio. Wenn Sie mögen, bringe ich Ihnen morgen eine Kopie mit.“ Besonders wenn Sie ein Gespräch aus einem eigenen starken Rot heraus führen und Ihnen die grüne Grundemotion immer noch Mühe macht, ist diese Option natürlich reizvoll. Überziehen Sie aber Ihre Bemühungen nicht. Ein Kunde in kooperativem Grün ist für Sie nämlich auf jeden Fall besser als ein in Grün verschlossener. 90
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Ein Wechsel von der grünen direkt in die rote Grundemotion ist durchaus möglich und gar nicht so selten. Er ist sogar ein klassisches Filmthema, denn eine Quelle für diesen Wechsel ist drastische, nachhaltige Enttäuschung. Und auf die gibt es zwei grundsätzlich verschiedene Reaktionsmuster, eine Art Implosion, bei der der Kummer in sich hineingefressen wird, oder eben eine spektakuläre Explosion. Dazwischen gibt es noch das eigentlich gefährliche entschlossene Handeln, ohne dabei viele Worte zu machen. Wer sein Vertrauen unzweifelhaft missbraucht sieht, weiß sehr häufig dann sehr genau, was er tun will. Aber egal, wie sich der Wechsel von Grün in Rot vollzieht, er ist plötzlich und unberechenbar in seiner Auswirkung. Deshalb sollten Sie einen solchen Wechsel nur dann ins Kalkül ziehen und provozieren, wenn Sie absolut sicher sind, dass Zorn und Reaktion sich nicht gegen Sie selbst richten können. Es bleibt jedoch ein Spiel mit dem Feuer und kann nur dann in einer Kundensituation eine ernsthafte Option sein, wenn Sie befürchten müssen, den Kunden endgültig zu verlieren. Andernfalls sollten Sie einen solchen abrupten Farbwechsel auf jeden Fall vermeiden. Der sicherste Weg dazu ist es, Grün respektvoll, fair und mit viel Empathie zu behandeln.
Wie sich Blau zu Grün ändert Dieser Wechsel der Grundemotion kann Ihnen helfen, aus einer schier endlosen Diskussion von Alternativen herauszukommen. Bevor Ihr Kunde in Blau jetzt die dritte unabhängige Studie anfordert, weil er meint, dass die von Ihnen ins Feld geführten Referenzen nicht exakt genug seine Situation abdecken, haben Sie in Grün die Chance, dass genau diese Referenzen bei renommierten Unternehmen Ihrem Kunden dann die nötige Sicherheit geben. Der Weg von Blau von Grün wird möglich, wenn Sie es schaffen, Ihrem Kunden die Skepsis am Umfeld oder an Ihnen zu nehmen. Vermitteln Sie das subjektive Gefühl, dass er alle Informationen hat, die er braucht, und dass ihm weitere Informationen keine weitere Gewissheit oder Sicherheit geben werden. Das erreichen Sie nicht durch Diskussionen, sondern indem Sie ihm ein „Wohl fühlen“ ermöglichen. Öffnen Sie sich, zeigen Sie sich Wie Grundemotionen wechseln – und was Sie dafür tun können
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menschlich und verletzlich. Wenn Sie Ihren Kunden schon früher ganz sicher in der grünen Grundemotion erlebt haben, wird sich mit Geduld und Einfühlungsvermögen hier auch der Erfolg, sprich die grüne Grundemotion einstellen. Dies wird umso leichter und häufiger geschehen, je länger Ihre Geschäftsbeziehung besteht.
Wie sich Blau zu Rot ändert Hier schließt sich nun der Kreis. Wenn Ihr Gegenüber genügend Informationen hat, aus seiner Sicht alle Alternativen betrachtet und bewertet sind und er daraus einen Handlungsbedarf ableitet, dann überschreitet er die Grenze von Blau zu Rot. Ihr Beitrag dabei darf sich aber nicht in der Lieferung und Bereitstellung von Informationen erschöpfen. Ihr Hauptaugenmerk muss sich darauf richten, den konkreten Handlungsbedarf herauszustellen. Das kann geschehen, indem Sie die Folgen des Nicht-Agierens deutlich machen oder aber die Gewinne aufzeigen, die zu erwartenden sind, wenn rechtzeitig gehandelt wird. Die Waage neigt sich von Blau zu Rot, wenn möglicher Schaden oder erreichbarer Gewinn den Rest von gefühltem Mangel an Informationen überwiegen. Der Schlüssel für Ihre Gesprächsführung ist, den Fokus von Vergangenheit und Gegenwart auf die Zukunft zu richten. Lenken Sie die Diskussion von den vergangenen und aktuellen Problemen hin zu Lösungen. Benutzen Sie dabei konsequent die rote Sprache und Ausdrucksweise. Bereiten Sie sich gründlich darauf vor. Es ist sicherlich nicht grundsätzlich unmöglich, einen Kunden aus der blauen direkt in die gelbe Grundemotion zu bringen. Doch der Weg über Grün und Rot ist allemal praktikabler und vor allem aussichtsreicher, da es wirklich grandiose, positive Aha-Erlebnisse auch im Vertrieb nur selten gibt.
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3. Erstgespräche führen, Angebote nachfassen – Jede Persönlichkeit hat ihren Schlüssel Was als kompetent und vertrauenswürdig gilt, wird in jeder Verhaltensfacette unterschiedlich wahrgenommen und beurteilt.
Darum geht es Immer mehr Produkte und Dienstleistungen sind „Vertrauensgüter“, ihr Nutzen und ihre Wirtschaftlichkeit lassen sich oft selbst nach einer erfolgreichen Einführung für Kunden nicht klar bewerten, geschweige denn vor der Kauf- oder Investitionsentscheidung. So werden folgerichtig die vom Kunden wahrgenommene Kompetenz eines Anbieters und das Vertrauen, das er vermitteln kann, zu Schlüsselfaktoren im Vertrieb. In diesem Kapitel geht es darum, was das für Sie persönlich bedeutet, wie Sie Ihre authentische Wirkung deutlich erhöhen und das Vertrauen des Kunden gewinnen. Natürlich beginnt konkrete Kundengewinnung immer mit einem ersten Gespräch. Schon bei Ihrer ersten Begegnung mit einem Interessenten legen Sie mit PEK den Grundstein für eine lange und erfolgreiche Kundenbeziehung. Diese lebt von Anfragen und Angeboten und dem sich daraus ergebenden Umgang mit einander. Damit dieses Wechselspiel zur allseitigen Zufriedenheit beiträgt, erfahren Sie hier, wie Sie mit dem gebotenen Fingerspitzengefühl aus Ihren Angeboten Aufträge werden lassen.
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3.1 Kompetenz ausstrahlen, Vertrauen gewinnen
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Als Verkäufer können Sie Auftritt und Marketingstrategie Ihres Unternehmens oft wenig beeinflussen. Das Maß des Vertrauens, das Ihnen persönlich entgegengebracht wird, und die Kompetenz, die man Ihnen persönlich zuschreibt, und wie Sie beides auf Ihr Angebot übertragen – all das beeinflussen Sie sehr wohl, bewusst oder unbewusst. Ausschlaggebend ist allerdings nicht Ihre tatsächliche fachliche und persönliche Kompetenz, denn kein Gesprächspartner ist in der Lage, diese im Gespräch wirklich zu beurteilen. Doch nach jeden Gespräch fällt Ihr Kunde ein Urteil: Er schreibt Ihnen Sympathie, Kompetenz und Glaubwürdigkeit zu – oder eben nicht. Für Sie geht es also hier um sehr viel, Sie müssen auf Ihren Gesprächspartner von Anfang an kompetent und vertrauenswürdig wirken.
Wichtig: Besonders für Erstgespräche gilt: Statt der tatsächlichen zählt die zugeschriebene Kompetenz. Wie Sie sicher schon vermuten, gibt es auch für die Ausstrahlung von Kompetenz und die Gewinnung von Vertrauen keine unfehlbare Universalanleitung. Auch hier hängt es neben Ihnen selbst stets auch vom Gegenüber ab, ob er Sie kompetent wahrnimmt und Vertrauen zu Ihnen fasst. Wie gelingt es Ihnen, bewusst Kompetenz auszustrahlen und Vertrauen zu gewinnen? Statt allgemeiner Regeln erfahren Sie, wie Sie in unterschiedlichen Grundemotionen von Ihren Gesprächspartnern wahrgenommen werden. Denn was als kompetent und vertrauenswürdig gilt, wird in jeder Verhaltensfacette unterschiedlich wahrgenommen und beurteilt. Vor diesem speziellen Hintergrund betrachten wir nacheinander Situationen, in denen Verkäufer in jeweils einer Verhaltensfacette auf Kunden in Rot, Gelb, Grün und Blau treffen. Ergänzend zur individuellen Vorbereitung, wie sie in Kapitel 2.2 besprochen wurde, liegt jetzt der Fokus ganz klar auf der Ausstrahlung von Kompetenz und dem Gewinnen von Vertrauen.
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Unabhängig von der Farbkonstellation gilt: Im westeuropäisch-nordamerikanischen Kulturkreis wird leises, zögerliches Sprechen als Zeichen von Unsicherheit gedeutet. x Tipp: Trainieren Sie Ihre Fragen und Aussagen so lange, bis Ihnen diese laut, deutlich und flüssig von den Lippen kommen. Ganz besonders für Grün und Blau ist dabei wichtig: Trainieren Sie Aussagen wie „Das kann ich im Moment nicht genau sagen. Ich werde das mit unseren Spezialisten klären und Sie dann sofort informieren.“ Oder „Gerne kläre ich das für Sie.“
Gerade wenn Sie Wünschen von Kunden nicht entsprechen oder Fragen nicht beantworten können, brauchen Sie eine feste sichere Stimme, um weiterhin als kompetent und sicher zu gelten. Entschuldigen Sie sich nicht, wenn Sie etwas nicht sofort beantworten können. Gerade vorsichtige Menschen in Grün oder Blau neigen zu ausführlichen Herleitungen und Erklärungen. Im Vertrieb sollten Sie vornehmlich in kurzen und konkreten Hauptsätzen sprechen. Je häufiger Sie die zentralen Aussagen Ihres Angebots wie Vokabeln in einer Fremdsprache laut wiederholen, umso sicherer kommen sie Ihnen in den entscheidenden Situationen von den Lippen. Sie verinnerlichen so ein Mindestmaß an Sicherheit, das im Verkauf unerlässlich ist. Damit verlieren Sie keinesfalls an Authentizität, Sie sind lediglich professionell vorbereitet. Schauen wir uns jetzt an, wie im Zusammentreffen unterschiedlicher Grundemotionen Kompetenz wahrgenommen wird und Vertrauen erzeugt werden kann.
Situation: Verkäufer trifft auf Kunden in Rot Treffen Sie auf einen Kunden in der roten Grundemotion, dann stellen Sie sich auf ein knappes und direktes Gespräch ein. In Rot stellen Kunden Sie oft vor Herausforderungen, zum Beispiel mit der Überraschung, dass Sie ohne vorheriges Gespräch drei Gründe nennen sollen, warum sie das Produkt kaufen sollten. Oder mit der Eröffnung, für das Gespräch hätten sie nur 20 Minuten Kompetenz ausstrahlen, Vertrauen gewinnen
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Zeit, in denen Sie entweder eine vernünftige Dienstleitung anbieten könnten oder eben nicht. Kunden in Rot sagen Ihnen klar, was sie wollen und was sie denken, ihre Entscheidungen sind verbindlich und ihre Zusagen konkret. Y
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Verkäufer in Grün. Ihr aktives Grün prädestiniert Sie dazu, ein guter Zuhörer zu sein, denn Empathie steht jetzt bei Ihnen im Vordergrund. Ihre fachliche Kompetenz ermöglicht es Ihnen, die richtigen Fragen zu stellen, so dass Sie schnell verstehen, worauf es Ihrem Gesprächspartner ankommt und was er erreichen will. In Grün ist für Sie natürlich das beschriebene Training von Lautstärke und Flüssigkeit Ihrer Rede ganz besonders wichtig. Dafür können Sie die Früchte Ihrer Vorbereitung sehr schnell ernten, Rot sagt Ihnen ohne Umschweife, worum es geht und was ihm bzw. ihr wichtig ist. Bei Bedarf stellt sie bzw. er Informations- und Verständnisfragen. Wenn Sie verstanden haben, was Ihr Gesprächspartner will, dann hüten Sie sich davor, Ihr ganzes Repertoire an Fachwissen und Lösungsansätzen dazu auszubreiten – wer in Rot mit Ihnen spricht, ist zielgerichtet und ergebnisorientiert. Daran wird alles gemessen, was Sie sagen und fragen. Konzentrieren Sie sich auf die Vorteile und den Nutzen, den Ihr Kunde erhält. Wenn Sie ohne Umschweife und klar Ihre Punkte anbringen, sprechen Sie die rote Grundemotion bei Ihrem Gegenüber direkt an und wirken auf ihn kompetent und glaubhaft. Verkäufer in Blau. Wenn Sie sich gegenüber Ihrem Interessenten in Rot selbst in Blau erleben, so müssen Sie zusätzlich daran denken, Ihre Vorbereitung so zu strukturieren, dass alle Probleme und Alternativen priorisiert sind. Das macht es Ihnen leichter, sich stets auf die ein bis drei wichtigsten zu beschränken: Was Sie sagen, sollte wahr sein, aber nicht alles, was Sie für wahr halten, muss auch gesagt werden. Dafür ist Ihr Gegenüber in seinem Rot zu sehr ergebnis- und entscheidungsorientiert. Falls er von sich aus das Thema vertiefen will und dabei vielleicht selbst in seine blaue Grundemotion kommt, können auch Sie natürlich mit Ihrem Tiefenwissen zusätzlich punkten, dann allerdings von Blau zu Blau. Wenn Ihr Gesprächspartner in Rot bleibt, verschonen Sie ihn mit zu vielen Details. Treffen Sie klare Aussagen, ohne jeden Satz zu begründen oder zu erläutern: „Auf diesem Gebiet sind wir Marktführer.“ Punkt. |
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Verkäufer in Gelb. In Gelb schauen Sie nach vorne und malen ein positives Bild der Zukunft, zum Beispiel, wenn die neue Software die Arbeit erleichtert oder Ihr Call-Center den Kunden unterstützt. Der Aspekt Ihrer gelben Zukunftsorientierung ist ein Pluspunkt im Gespräch mit Rot. Im Gegensatz zu Gelb unterscheidet Rot jedoch sehr genau zwischen dem Vertrauen, für das es handfeste Gründe gibt, und reinen Visionen, die auf Annahmen und Hoffnungen beruhen, die für Rot zu vage sind, um Vertrauen zu erwecken. In der Vorbereitung müssen Sie Ihre Stärke der Zukunftsorientierung um die Eckpfeiler des für Ihre Branche üblichen Wissens zu Fakten, Zusammenhängen und Hintergründen ergänzen. Im Gespräch ist es für Sie wichtig, konzentriert zu bleiben. Beantworten Sie die Fragen von Rot kurz und konkret. Ihre Begeisterung kann dabei helfen, Ziele und Ergebnisse erstrebenswerter darzustellen. Sie darf aber nicht mit Ihnen durchgehen. Rot will konkrete Ziele, nicht Visionen, benennbare Ergebnisse, nicht blumige Aussichten. Verkäufer in Rot. Nicht Ihre Ziele und Ergebnisse sind Ihrem Gesprächspartner in seinem Rot wichtig, sondern seine eigenen. Fragen Sie direkt danach. Auch wenn Sie zu wissen glauben, was ihn interessiert oder überzeugen wird, lassen Sie Ihrem Kunden in Rot den Vortritt. Wenn Sie selbst in der roten Grundemotion sind, vergessen Sie im Eifer des Gefechts leicht, dass Ihr roter Kunde mindestens auf gleicher Augenhöhe mit Ihnen sprechen will. Wenn Sie ihn von Anfang an durch das Gespräch führen, dann begegnen Sie ihm fast unmerklich von oben herab. Kompetent wirken Sie auf Ihr Gegenüber, wenn Sie in seiner Wahrnehmung schnell und unkompliziert auf ihn eingehen. Vertrauen gewinnen Sie, indem Sie überzeugend glaubhaft machen, dass für Sie das Besprochene absolut verbindlich ist und die festgehaltenen Ergebnisse zeitnah umgesetzt werden.
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Situation: Verkäufer trifft auf Kunden in Grün Kunden in der grünen Grundemotion reagieren feinfühlig und interessieren sich vor allem für die Motive, die sich hinter Ihren Worten verbergen. Da Menschen in Grün viel Wert auf Übereinstimmung, Vertrauen und Fairness legen, denken viele Verkäufer vorschnell, sie hätten ein leichtes Spiel, und übersehen dabei sehr leicht, dass es viel schwieriger ist, das Bauchgefühl seines Gegenübers zu überzeugen, als ihn mit rationalen Argumenten zu gewinnen. In der grünen Grundemotion sind Menschen oft sehr zögerlich und vorsichtig, daher brauchen Sie für Gespräche meist mehr Zeit. Ein Einsatz, der sich oft lohnt, denn Menschen, die Sie in ihrer grünen Grundemotion erreicht haben, werden oftmals zu treuen Kunden. Y
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Verkäufer in Rot. Kunden in der grünen Grundemotion kann man nicht mit Zahlen, Daten oder Fakten überzeugen. Hier müssen Sie Einfühlungsvermögen zeigen, Sicherheit ausstrahlen, Offenheit und Freundlichkeit zeigen. Stellen Sie sich aktiv und bewusst darauf ein. Menschen in der roten Grundemotion wirken auf Grün schnell arrogant und damit wenig Vertrauen erweckend. Nehmen Sie sich daher etwas zurück und verdoppeln Sie die Zeit, die Sie eigentlich für ein Gespräch einplanen würden. Für Grün basiert wahrgenommene Kompetenz wesentlich auf einem Gefühl der Sicherheit darüber, dass Sie der richtige Ansprechpartner sind. Vertrauen braucht das Gefühl, angenommen und verstanden zu werden. Sie sollten sich daher im Gespräch viel Zeit für das Umfeld und die Anliegen Ihres Kunden nehmen. Geduld und Einfühlungsvermögen sind die Vorleistungen, die in der roten Grundemotion anfangs Kraft kosten, weil Ihr emotionales Unterbewusstsein hierfür ständig vom Bewusstsein überstimmt werden muss. Mit den sich einstellenden Erfolgserlebnissen, schwindet das Gefühl der Anstrengung, der – aus roter Sicht – Umweg wird zur Selbstverständlichkeit. Denken Sie sich in die Welt von Grün hinein, denn nicht Ihre Maßstäbe sind ausschlaggebend, sondern die Ihres Kunden. Wenn Grün Vertrauen gefasst hat, nimmt Grün gerne auch Ihre Führung an, so dass Sie mit gezielten Fragen zum Abschluss führen können. |
Erstgespräche führen, Angebote nachfassen
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Verkäufer in Gelb. Wer aus Gelb heraus agiert, kommt gar nicht auf die Idee, lange Begründungen zu liefern. Ihre positive Art wirkt auf Grün ansteckend, denn Grün strebt nach Einklang und Verbundenheit. Eine Grenze gibt es dennoch, die Sie beachten sollten: Menschen in der grünen Grundemotion suchen Sicherheit, nicht Begeisterung. Das wird durch die in Kapitel 2.1 beschriebene „grüne Sprache“ schon weitgehend erreicht. Sehr wichtig ist zudem, dass die gelbe Leichtigkeit nicht zur Leichtfertigkeit wird. Gerade für Verkäufer, die in Gelb agieren, ist Disziplin oberstes Gebot. Versprechen Sie nur, was Sie wirklich halten können, halten Sie, was Sie versprechen. Dafür müssen Sie konzentriert und bewusst agieren – in Gelb ist dies besonders schwer. In Grün erwartet Ihr Kunde, dass Sie sich für sein Anliegen und seine konkrete Situation interessieren. Gehen Sie daher auf ihn ein und konzentrieren Sie sich im Gespräch auf seine Themen, denn bei Grün entsteht aus Ihrer nach vorne gerichteten Begeisterung schnell ein Gefühl der Oberflächlichkeit. Geben Sie Ihrem Kunden konkrete Antworten, benennen Sie Vorzüge und Nutzen in seiner auf Sicherheit und Harmonie ausgerichteten Sprache, und vermitteln Sie ihm, dass Sie sich gerne persönlich um seine Belange kümmern. Geschäftsbeziehungen sind für Menschen in Grün immer auch persönliche Beziehungen. Hier können Sie punkten. Verkäufer in Grün. Wenn Sie selbst in Grün einem Kunden in Grün begegnen, dann wird es Ihnen mühelos gelingen, Übereinstimmung und Vertrauen herzustellen. Viel mehr Mühe bereitet es, nüchterne Informationen oder differenzierte Produktvorteile zu besprechen. Menschen in ihrem Grün meiden oft alles, was Reibung oder Auseinandersetzung bedeuten könnte. Daher werden harte Themen wie konkreter Leistungsumfang oder Preis gerne umwandert oder weit hinaus geschoben. Um nicht wertvolle Zeit zu verlieren, müssen Sie diese Themen nicht nur gut vorbereiten, sondern sie auch gezielt ansprechen. Bleibt das Gespräch auf der harmonisch-netten Ebene findet Sie Grün sicherlich nett, hält Sie jedoch nicht unbedingt für einen verlässlichen Experten. Führen Sie Grün daher sanft aber bestimmt durch alle wichtigen Fragen und versichern Sie durch Augenkontakt und direkte Ansprache, dass Ihnen persönliche Werte wichtig sind. In Grün fragen Kunden oft nicht Kompetenz ausstrahlen, Vertrauen gewinnen
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nach oder legen den exakten Bedarf nicht auf den Tisch. Hier müssen Sie freundlich, aber dennoch hartnäckig sein, um Hintergründe, Motive und vorhandene Möglichkeiten zu erfahren. Nachdem Sie Ihrem Kunden in seiner grünen Verhaltensfacette genügend Zeit gegeben haben, Ihre Vorschläge auf sich wirken zu lassen, sollten Sie sich nach offenen Fragen erkundigen und dann konkret das weitere Vorgehen besprechen. Verkäufer in Blau. Die ruhige, sachliche Ansprache von Blau ist eine sehr gute Voraussetzung, um einem grünen Gesprächspartner kompetent zu erscheinen. Um Vertrauen aufzubauen, muss es Ihnen gelingen, von der sachlich-fachlichen Ebene auf die persönliche Ebene zu wechseln. Machen Sie sich bewusst: Anders als Blau entscheidet Grün nicht nach Argumenten, sondern nach Ihrer Verlässlichkeit und dem Vertrauen, das Sie vermitteln. Nennen Sie nur die wichtigen Qualitäten und Fakten und geben Sie Grün genügend Raum, um Ihr Unternehmen und Sie persönlich kennen zu lernen. In Blau ist Ihnen der gute persönliche Kontakt weniger wichtig, für Grün ist er jedoch ein zentrales Moment. Daher kommt es hier für Sie darauf an, sich auf die Gesprächsatmosphäre und die gegenseitige Übereinstimmung zu konzentrieren. Gehen Sie bewusst auf die Anliegen von Grün ein, versichern Sie ihm persönlich („Ich verbürge mich persönlich für die Sicherheit.“), dass er bei Ihnen in guten Händen ist. So erreichen Sie das Vertrauen, auf dem Ihre sachlich präsentierte Kompetenz solide aufbauen kann.
Situation: Verkäufer trifft auf Kunden in Gelb Kunden in der gelben Grundemotion sind offen und wollen begeistert, nicht überzeugt werden. Angenehmen und dabei eloquenten Gesprächspartnern wird leichter Kompetenz zugesprochen. Vertrauen wird vergleichsweise leicht geschenkt, wenn Empfehlungen, attraktive Referenzen oder auch einfach geschmackvolle, optisch hochwertige Unterlagen präsentiert werden. Dagegen wird Zurückhaltung oft vorschnell als mangelnde Kompetenz interpretiert, kritisches Hinterfragen wird leicht persönlich genommen und führt in der Folge schnell zu Misstrauen. 100
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Erstgespräche führen, Angebote nachfassen
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Verkäufer in Rot. Sie treffen auf einen Gesprächsartner, der wie Sie gern nach vorn schaut. Anders als Ihnen geht es ihm aber nicht von Anfang an um Ziele und konkrete Ergebnisse, sondern zuerst um Ideen, Wünsche und Visionen. Wenn Sie hierfür Anregungen geben, wenn es Ihnen gelingt, die gelbe Verhaltensfacette zu verstärken, Ihren Kunden reden zu lassen, und Sie sich als begeisterungsfähiger Zuhörer erweisen, der interessante Fragen stellt und nicht mit Anerkennung spart, dann erscheinen Sie Ihrem Gegenüber als kompetenter, vertrauenswürdiger Gesprächspartner. Hierauf können Sie aufbauen und elegant von Visionen zu Zielen führen, von Wünschen zu erwarteten Ergebnissen überleiten. Je mehr Sie dabei fragen und zuhören, desto leichter wird Ihnen das gelingen. Das Gefühl, sich auf gleicher Wellenlänge zu bewegen, ist Ihrem Kunden in Gelb wichtiger als aus Ihrer Sicht noch so überzeugende Fakten. Ist Ihr Gesprächspartner nicht der alleinige Entscheider, dann sollten Sie ihm Unterstützung anbieten und ihn mit fundiertem Informationsmaterial versorgen. Damit stärken Sie seine interne Position, erfüllen das gelbe Geltungsbedürfnis und tun vor allem etwas für sich selbst. Denn Fakten und Argumente auf den Punkt zu bringen und sich zum Anwalt für Sie zu machen, fällt in Gelb schwer. Verkäufer in Grün. Für Ihren Kunden ist eine Gesprächsatmosphäre wichtig, in der das gelbe Ego genügend Raum und Bestätigung findet. Sie ist die Grundlage für das Entstehen von Vertrauen. Ihre in Grün besonders ausgeprägte Fähigkeit zum Zuhören und zum Einstellen auf den anderen ist hier natürlich sehr wertvoll. Widerstehen Sie aber der Versuchung, die Initiative aus der Hand zu geben. Schließlich wollen Sie etwas! Bringen Sie aktiv Ideen ein, sprechen Sie über zukünftige Möglichkeiten, geben Sie Ihrem Gesprächspartner Vorlagen, um ihn zu begeistern. Sorgen Sie für die Struktur im Gespräch, bereiten Sie sich gut darauf vor. Indem Sie deutlich machen, was er von Ihnen persönlich hat, beweisen Sie ihm Ihre Kompetenz. Verkäufer in Gelb. Eine Kombination, die an visionärer Schlagkraft und Ideenreichtum nicht zu überbieten ist. Mit einem Kunden in Gelb kommen Sie leicht und gut zurecht, denn er teilt Ihre lockere und begeisternde Art, und Sie stellen leicht Einklang und Vertrauen her. Sie sind jedoch Kompetenz ausstrahlen, Vertrauen gewinnen
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nicht zusammengekommen, um Freunde zu werden. Denken Sie daran, dass auch Gelb neben oft oberflächlicher Begeisterung handfeste Argumente braucht, damit seine Begeisterung nicht verpufft – und auch damit er Sie als kompetenten Ansprechpartner in Erinnerung behält und nicht nur als netten Kontakt. Achten Sie also darauf, die Vorzüge Ihrer Vorschläge strukturiert aufzuzeigen und Gelb mit den nötigen Informationen zu versorgen, bei denen Sie die Schlüsselargumente in den Vordergrund stellen. Wichtig ist auch, Ergebnisse festzustellen und festzuhalten. Das sichert Ihnen die Anerkennung Ihrer persönlichen Kompetenz. Verkäufer in Blau. Ein Kunde in Gelb ist für Sie ein schwieriger Fall. Doch mit der Checkliste „Verkäufer in Blau trifft auf Kunden in Gelb“ aus Kapitel 2.2 einer, auf den Sie sich solide vorbereiten können. Um das Vertrauen Ihres Gegenübers in Gelb zu gewinnen, ist es entscheidend, dass Sie authentisch in Ihrem Blau bleiben und keine vorbereitete Show bieten. Nutzen Sie Ihre inhaltliche Vorbereitung für Vorschläge, die Interesse wecken und die Fantasie anregen. Stellen Sie offene Fragen, führen Sie das Gespräch unaufdringlich auf Ihrer vorher abgesteckten groben Linie. Loben Sie Ergebnisse oder Erkenntnisse. Wenn Gelb sich bei Ihrem Termin wohlfühlt, schenkt er Ihnen von ganz allein Vertrauen. Und das ergiebige, positiv erlebte Gesprächsergebnis wird natürlich auch mit Ihrer Kompetenz in Verbindung gebracht.
Situation: Verkäufer trifft auf Kunden in Blau Kunden in Blau gelten aus der Sicht der anderen Verhaltensfacetten oftmals als schwierig, weil sie genau sind, alle Details betrachten und Punkt für Punkt überzeugt werden wollen. Andererseits sind Kunden in Blau auch Kunden, die man sachlich-nüchtern überzeugen kann. Blau sagt Ihnen direkt, was er bzw. sie wissen will bzw. welche Bedenken es noch gibt. Aussagen und Entscheidungen werden genau überlegt, sind dann aber verbindlich. Auf Kunden in Blau können Sie sich leicht vorbereiten, denn die Qualitäten und Vorteile Ihres 102
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Erstgespräche führen, Angebote nachfassen
Produktes haben Sie sowieso in petto. Wenn Sie diese geradlinig, überzeugend und frei von Widersprüchen vorstellen, sind Vertrauen und zuerkannte Kompetenz nur eine logische Folge. Y
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Verkäufer in Rot. Das Interesse am „Was“ und „Warum“ ist Ihnen in dieser Konstellation genauso gemeinsam wie das sofortige Starten mit dem Thema und die direkte, sachliche Ansprache von Problemen. Doch mehr als eine gute Basis für den Aufbau von Vertrauen und zugebilligter Kompetenz ist das noch nicht. Gegenüber einem Kunden in seiner blauen Grundemotion müssen Sie Ihren Fokus auf Ziele und Ergebnisse zunächst zurückstellen und sich auf dessen Bedürfnis nach Beschreibung und Klärung von Problemen einlassen. Für Blau ist das „Was“ nicht nur eine sachliche Information, sondern es geht schon hier um Ausführlichkeit, Hintergründe und Alternativen. Auch das „Warum“ beschränkt sich nicht auf Nutzenargumente. Wer diese Frage aus der blauen Grundemotion heraus stellt, dem geht es um Argumente – pro und contra, um ausführliche, nachprüfbare Begründungen. Und wenn das „Warum“ geklärt ist, stellt sich ganz automatisch die Frage nach dem „Wie“. Bevor die nicht ausführlich geklärt ist, entweder vollständig theoretisch oder praktisch mit einer nachprüfbaren Referenz bzw. einem Pilotprojekt, gibt es keine definitive Entscheidung. Hierüber müssen Sie sich vor einem Gespräch im Klaren sein. Und natürlich entsprechend vorbereitet. In der blauen Facette werden alle Informationen wie Testberichte, Firmenbroschüren, Zeitungsartikel oder Gutachten gerne entgegengenommen und auch gelesen. Kompetent und vertrauenswürdig wirken Sie auf Blau, wenn Sie sich gut vorbereitet zeigen und notieren, was es noch zu klären oder abzustimmen gibt. Auch wenn Sie einzelne Fragen nicht sofort beantworten können, wirken Sie mit der verbindlichen Aussage, dass Sie einen Experten zu Rate ziehen und die Antwort nachreichen, auf Blau versiert und kompetent. Verkäufer in Gelb. Wenn Sie die ausführlichen Hinweise aus Kapitel 2.2 verinnerlicht haben und konzentriert bleiben, können Sie dieser Gesprächssituation gelassen entgegensehen. Denn wer in der blauen Grundemotion auf Sie zukommt, dem ist Vorhersehbarkeit und Berechenbarkeit absolut wichtig, ein Umstand, der ein Gespräch auch für Sie vorhersehKompetenz ausstrahlen, Vertrauen gewinnen
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bar und berechenbar macht. Schließlich kennen Sie Ihr Angebot oder Ihren Vorschlag am besten. Freuen Sie sich also auf Ihren Termin! Ignorieren Sie die möglicherweise in Ihnen aufsteigende Abneigung gegen „kleinkarierte“ Daten. Die Vorfreude auf den Lohn Ihrer Bemühung wird es Ihnen leicht machen. Ein Kunde in Blau billigt Ihnen Kompetenz zu, wenn er bzw. sie merkt, dass Sie fachlich top sind. Gehen Sie daher auf seine Bedürfnisse ein und lassen Sie Ihrer gelben lockeren Art nicht zu viel Raum. Fragt Sie Ihr Kunde nach sehr technischen Details, die Sie nicht wissen, dann notieren Sie die Frage, versichern Sie ihm mit fester Stimme, dass Sie schnellstmöglich für eine ausführliche Antwort sorgen werden – was Sie natürlich auch tun. So wächst langsam aber sicher eine Vertrauensbasis zwischen Ihnen. Verkäufer in Grün. Anders als Sie sucht Blau rein fachliche Argumente, um sich von Ihrer Dienstleistung bzw. Ihrem Produkt zu überzeugen. Verlassen Sie also nach der Begrüßung die persönliche Ebene und legen Sie Punkt für Punkt Ihre Inhalte dar. Dies ist – wie immer – eine Frage der gründlichen Vorbereitung. Vermeiden Sie es, einen Kunden in Blau nach Sympathie zu bewerten, und hüten Sie sich davor, die sachlichnüchterne Gesprächsatmosphäre für sich negativ zu bewerten. Denn Sie haben allen Grund, sich sicher zu fühlen. Ein Kunde in Blau signalisiert Ihnen, was für ihn wichtig ist, indem er danach fragt. Sie haben sich auf dieses Gespräch besonders gründlich vorbereitet, trotzdem erleben Sie möglicherweise die häufigen Nachfragen als Druck. Doch seien Sie sicher: Es geht Blau immer um die Sache, nicht um die Beziehung zu Ihnen. Wenn Sie etwas nicht im Gespräch beantworten können, dann sagen Sie es einfach. Indem Sie sich die Frage notieren und dazuschreiben, wen Sie hierzu fragen, vermeiden Sie jedes Gefühl eigener Unsicherheit. Ihr gerade aktives Grün macht es Ihnen leicht, zuzuhören und nachzuvollziehen, welche Aspekte für Blau besonders wichtig sind. Indem Sie konzentriert darauf eingehen, erwerben Sie sich den Respekt und das Vertrauen Ihres Gesprächspartners und finden zu Ihrer eigenen Sicherheit. Verkäufer in Blau. Wenn zwei Menschen in der blauen Grundemotion zusammenkommen, lassen sich Rahmenbedingungen, Anforderungen, Leistungsumfang und Kosten gut definieren und festlegen. Sie
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Erstgespräche führen, Angebote nachfassen
geben gerne ausführlich Ihr Wissen weiter und finden in Ihrem blauen Kunden einen gewissenhaften und interessierten Zuhörer. Lassen Sie das Gespräch dennoch nicht zu einer Expertenrunde werden. Sie müssen Kompetenz nicht dadurch beweisen, dass Sie der „größere“ Experte sind oder gar Recht haben. Bereiten Sie sich darauf vor, ein Gespräch unter Spezialisten zu führen, das von gegenseitiger Achtung und Vertrauen geprägt ist. Setzen Sie sich Gesprächsziele und behalten Sie diese im Auge. So zeigen Sie sich als kompetenter Verkäufer.
3.2 Erstgespräche: Wie Sie locker die Hürde zum Zweitgespräch nehmen Ein Gespräch zwischen Interessent und Verkäufer beginnt und endet für jeden Beteiligten in jeweils einer Grundemotion. Diese können sich im Gesprächsverlauf ändern. Sie als Verkäufer können mit dem Wissen und den vorgestellten Werkzeugen mit den jeweils aktiven Grundemotionen bewusst umgehen und oft sogar Einfluss darauf nehmen, welche Grundemotion aktiv wird oder aktiv bleibt. Erstgespräche haben in der Regel eine kurze Agenda, es geht um Kennenlernen, Ergründen von Bedarf und grundsätzlichem Interesse. Damit haben Erstgespräche vordergründig genau ein Ziel: das Zweitgespräch. Hier geht es dann um das weitere Vorgehen, es werden zum Beispiel weitere Entscheidungsträger involviert oder eine konkrete Bedarfsanalyse durchgeführt. Natürlich kann es dort im Idealfall auch schon darum gehen, die Einzelheiten Ihres Auftrages zu besprechen. Wegen der besonderen Ausgangsposition und der klaren Zielstellung können wir uns bei Erstgesprächen wie beim Schach auf zwei Schwerpunkte konzentrieren: die Gesprächseröffnung und das Gesprächsende. Auch bei letzterem ist es entscheidend, wie Sie eine gute Ausgangsposition in einen Erfolg, sprich Zweitgespräch, umsetzen.
Wichtig: Erstgespräche haben vor allem ein Ziel: das Zweitgespräch. Erstgespräche: Locker die Hürde zum Zweitgespräch nehmen
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Erstgespräc
Erstgespräche dauern, je nach Bedarf, Interesse, Rolle des Gesprächspartners auf Kundenseite und, sehr wesentlich, abhängig von den beiderseitig aktiven Verhaltensfacetten, zwischen 20 und 60 Minuten. Wenn das Erstgespräch deutlich länger dauert, vielleicht eineinhalb oder gar zwei Stunden, dann haben Sie entweder nahtlos ein Zweitgespräch erreicht und es zeichnet sich ein Auftrag ab, oder, und das ist leider wahrscheinlicher, Sie und Ihr Gesprächspartner haben sich total verplaudert. Letzteres müssen Sie natürlich verhindern. Schon bei der Terminabsprache, spätestens aber am Beginn des Gespräches. Dadurch haben Sie immer die Möglichkeit, das Gespräch elegant zu beenden. Denn bei echtem Interesse finden Sie einen Ansatz für ein Zweitgespräch. Wenn nicht, dann verschwenden Sie keine weitere Zeit und Energie.
Die Gesprächseröffnung Ihr Gesprächspartner empfängt Sie in Rot … und hat auch eine Agenda. Wenn er die nicht selbst an den Anfang des Gespräches stellt, dann fragen Sie danach, auch nach dem konkreten Zeitfenster. Sie müssen schnell herausfinden, worum es Ihrem Gesprächspartner geht, warum er dieses Gespräch führt – was er für sich davon erwartet. Interesse wecken heißt bei Rot, konkret einen greifbaren Nutzen in Aussicht zu stellen. Dem müssen Sie in Ihrer Vorbereitung Rechnung tragen. Recherchieren Sie im Vorfeld, welche Probleme Ihr Angebot im Unternehmen des Kunden lösen kann und was das unter dem Strich bringt. Verlassen Sie sich nicht darauf, dass Ihr Kunde Ihnen im Erstgespräch die wirklichen Probleme in seinem Unternehmen nennt, vor allem nicht, wo ihn persönlich der Schuh drückt. Nicht in der roten Grundemotion.
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Erstgespräche führen, Angebote nachfassen
Ihr Gesprächspartner empfängt Sie in Gelb …, freuen Sie sich und tun Sie alles, damit er zunächst dort bleibt! Verscheuchen Sie sein Gelb nicht mit bohrenden Fragen oder der Aufzählung dessen, was Sie alles Tolles können. Oder gar mit der Frage, ob man den Raum nicht etwas abdunkeln könne, damit man Ihre Powerpoint-Präsentation besser sehen kann. Die gelbe Grundemotion sorgt von ganz allein dafür, dass Ihr Gesprächspartner Sie umfassend informiert. Sie sollten sich konzentrieren und den Informationsfluss in eine Richtung lenken, die Ihrem Anliegen dient: Gelbes Interesse für Ihr Angebot, für Ihre Lösung zu wecken und dieses dann zur Begeisterung wachsen zu lassen.
Ihr Gesprächspartner empfängt Sie in Grün … und dafür sollten Sie aufrichtig dankbar sein. Tragen Sie Ihren Teil zu einer angenehmen Gesprächsatmosphäre bei. Nutzen Sie Ihr im Vorfeld über den Kunden und sein Unternehmen erworbenes Wissen, um Ihr ehrliches Interesse glaubhaft zu zeigen. Formulieren Sie Ihre Fragen unaufdringlich und positiv, nehmen Sie sich Zeit zum Zuhören und gehen Sie auf das ein, was Sie hören. Steuern Sie dabei behutsam auf Punkte zu, die Ihnen für Ihr weiteres Gespräch wichtig erscheinen, insistieren Sie auf keinen Fall. Lassen Sie Ihrem Kunden Zeit, er kommt von ganz allein auf den Anlass Ihres Besuches zu sprechen, schließlich geht es ja ums Geschäft. Widerstehen Sie der Versuchung, zu viel zu reden, ein Gesprächspartner in Grün wird Sie kaum unterbrechen. Das, was Sie sagen und vorbringen, muss unbedingt daran anknüpfen, was Sie bisher im Gespräch erfahren haben. Gehen Sie ganz bewusst und ehrlich auf Ihren Gesprächspartner ein, so legen Sie den Grundstein für eine lange und fruchtbare Kundenbeziehung.
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Ihr Gesprächspartner empfängt Sie in Blau … und Sie haben hoffentlich alles verinnerlicht, was Sie im Kapitel 2.2 unter dem Stichwort „Verkäufer in Gelb trifft Kunden in Blau“ bereits gelesen haben – ausgenommen, Sie gehen ebenfalls in Blau in diesen Termin. Ganz besonders wichtig ist die Aussage „Ein Wesensmerkmal der blauen Grundemotion besteht darin, alles Neue und Unbekannte sehr kritisch zu betrachten und – wenn es lohnend erscheint – absolut gründlich zu prüfen.“ Daran ändert sich auch nichts, wenn Sie aus Grün oder Rot heraus in das Gespräch gehen. Stellen Sie sich auf ein Fachgespräch ein, natürlich nur, wenn Sie es schaffen, sich dafür zu qualifizieren. Und dazu gehört auch, dass Sie die Hindernisse überwinden, die ein Gesprächspartner in Blau in jedem Anbieter routinemäßig mit Bemerkungen errichtet, wie „in diesem Bereich sind wir umfassend versorgt“ oder „solche Themen decken wir schon seit Jahren sehr zuverlässig mit XYZ ab“. Blau liebt Perfektion und arbeitet täglich an der Lösung vorhandener und der Entdeckung neuer Probleme. Glauben Sie also nicht, dass es für Sie leicht wird, eine Lösung für ein drängendes Problem Ihres Kunden aus dem Hut zu zaubern. Zielen Sie darauf ab, ein Thema zu finden, bei dem Ihr Kunde in der blauen Grundemotion bereit ist, sich Ihre Lösung einmal gründlich anzuschauen. Seien Sie sicher, dass Sie auch dafür gut argumentieren und hart arbeiten müssen. Bleiben Sie im Gesprächsverlauf stets aufmerksam für eine Änderung der aktiven Verhaltensfacette Ihres Kunden. Scheuen Sie sich nicht, sich bietende Chancen für einen Wechsel der aktiven Facette bei Ihrem Gegenüber zu nutzen, falls Ihnen das für die Platzierung Ihres Anliegens nützlich erscheint. Schließlich ist es ja auch im Interesse des Kunden, die bestmögliche Lösung zu bekommen. Und er hat ein Recht darauf, dass Sie Ihre Möglichkeiten nutzen, Kommunikationsbarrieren, die dieses verhindern können, zu beseitigen.
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Erstgespräche führen, Angebote nachfassen
Der Gesprächsabschluss Nachdem Ihre situationsgerechte Gesprächseröffnung Ihnen ein fruchtbares Erstgespräch ermöglicht hat, geht es jetzt natürlich darum, die bisherige Ernte auch sicher einzufahren. Damit Ihnen das gelingt, ist es sehr wichtig, dass Ihr positiv verlaufenes Gespräch auch mit einem konkreten, greifbaren Ergebnis zu Ende geht, nämlich der soliden und chancenreichen Grundlage für ein Zweitgespräch. Wenn Sie also Ansätze für eine Geschäftsbeziehung gefunden haben, dann geht es „nur noch“ darum, die aktive Grundemotion dafür richtig anzusprechen.
Gesprächsabschluss: Ihr Kunde in der roten Verhaltensfacette Die rote Grundemotion bringt Entschlusskraft und Entscheidungsfreudigkeit hervor. Wenn Sie also das Erstgespräch mit einem Entscheider führen konnten und es Ihnen gelungen ist, eine überzeugende und attraktive Lösung zu „verkaufen“ – warum dann nicht gleich wirklich verkaufen? Wenn alle Sachfragen geklärt sind, ein konkreter und akuter Bedarf besteht und der Preis „stimmt“ (siehe Kapitel 5.2), können Sie durchaus schon im ersten Gespräch mit dem emotionalen Auftrag auch die mündliche Zusage einfahren. Ruhig ganz direkt, zum Beispiel mit „Dann haben wir also alles besprochen. Wollen wir jetzt sofort Nägel mit Köpfen machen? Oder wollen Sie noch einmal alles in Ruhe durchgehen?“ Mit diesem direkten Zupacken machen Sie hier nichts verkehrt. Bleibt Ihr Kunde dabei in Rot, schicken Sie entweder die zugehörige Auftragsbestätigung umgehend als PDF-Datei per Mail, oder aber es gibt ein Zweitgespräch, in dem die vertraglichen Einzelheiten besprochen werden. Natürlich kann Ihr forsches Vorgehen auch die blaue Grundemotion aktivieren, doch dafür haben Sie ja die zweite Option „alles noch einmal in Erstgespräche: Locker die Hürde zum Zweitgespräch nehmen
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Ruhe durchgehen“ ins Spiel gebracht. Jetzt klären Sie ganz ruhig das weitere Vorgehen, halten die gegenseitigen Aktivitäten und den nächsten Termin fest und bestätigen alles nach Ihrer Rückkehr per Mail. Die Aktivierung von Blau ist nichts, was Ihnen Sorge machen sollte. Ein Gespräch darüber, wie Sie jetzt konkret weiter vorgehen werden, was jeder der Beteiligten dabei zu tun hat, kann genauso gut diese Grundemotion aktivieren. Und da Sie ein gutes Angebot gemacht haben, können Sie dieses jetzt auch in aller Ruhe mit Ihrem Kunden durchgehen. Natürlich ist das Erhalten eines Auftrages im Erstgespräch das Maximalergebnis. Doch wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Nutzen Sie die Gunst der Stunde, und überstimmen Sie Ihr mögliches Grün oder Blau! In Gelb denken Sie bitte noch einmal zwei Sekunden nach, ob Sie nicht eventuell zu euphorisch sind. Wenn Sie allerdings absehen können, dass der Entscheidungsprozess bei Ihrem Kunden mehrstufig ist, dann stimmen Sie mit ihm das weitere Vorgehen ab, legen fest, wer was bis wann zu tun und zu liefern hat, und vereinbaren konkret Folgeaktivitäten mit Termin. Das direkte Dringen auf einen Auftrag wäre in dieser Situation völlig fehl am Platze, weil Sie Ihren Gesprächspartner in eine ihm unangenehme Lage bringen würden. In Rot ist es schon schwierig genug zu akzeptieren, dass man nicht allein entscheiden kann. Dieses auch noch offen zugeben zu müssen, hinterlässt ein unangenehmes Gefühl, und die Gefahr ist groß, dass dies mit Ihrer Person verbunden wird.
Gesprächsabschluss: Ihr Kunde in der gelben Verhaltensfacette Wenn es Ihnen gelungen ist, Interesse zu wecken, vielleicht sogar Ihren Kunden von Ihrem Angebot zu begeistern, dann ist das ein erster wichtiger Schritt. Mehr aber auch nicht. Nach einer Aussage Ihres Gesprächspartners, wie „das klingt ja wirklich gut, so etwas brauchen wir unbedingt. Lassen Sie mir bitte Ihre Unterlagen da, ich werde das gleich morgen mit meinen Kollegen besprechen. Danach melde ich mich sofort bei Ihnen“ verabschieden sich viele Verkäufer gut gelaunt und glauben, dass sie ein tolles Erstgespräch hatten. Wenn sie 110
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Erstgespräche führen, Angebote nachfassen
dann, weil sie eine Woche lang nichts von ihrem Kunden gehört haben, diesen anrufen, dann hören sie nicht selten Sätze wie „Ach, gut, dass Sie mich daran erinnern. Ich hätte es beinahe ganz vergessen, wenn Sie mich jetzt nicht angerufen hätten. Ich mache das gleich nächste Woche und rufe Sie dann sofort an.“ Natürlich bleibt auch der Anruf zwei weitere Wochen später ohne konkretes Ergebnis. Wenn Ihnen das passiert, dann haben Sie nicht unbedingt etwas falsch gemacht. Wahrscheinlicher ist, dass Ihr Kunde sich nicht wirklich für Ihr Angebot interessiert oder dass es Ihrem Ansprechpartner nicht gelungen ist, Ihre Lösung intern „weiterzuverkaufen“. Deshalb müssen Sie am Ende eines guten Erstgesprächs mit einem Kunden in seiner gelben Facette „Nägel mit Köpfen machen“: Machen Sie direkte Vorschläge zum weiteren Vorgehen, formulieren Sie konkret die nächsten Schritte. Definieren Sie, was jeder von Ihnen dafür tun oder liefern muss. Legen Sie das Wie und Wann gemeinsam fest. Tun Sie das alles schriftlich und bestätigen Sie es Ihrem Gesprächspartner umgehend per Mail oder Fax. Rufen Sie ihn danach zeitnah an und vergewissern Sie sich, dass er die Informationen bekommen hat und diese auch aus seiner Sicht das Ergebnis Ihres Gespräches darstellen. Wenn klar ist, dass Ihr Gesprächspartner Ihre Lösung intern „weiterverkaufen“ muss, geben Sie ihm die dafür nach Ihrer Erfahrung notwendigen Unterlagen. Stellen Sie vor allem sicher, dass er Ihre wichtigsten Argumente verinnerlicht hat. Das alles klingt schwieriger, als es ist. Und es ist der einzige Weg, der die reale Chance eröffnet, dass das, was Sie und Ihr Kunde sich mit Begeisterung überlegt haben, auch verwirklicht wird. Ihr Kunde wird es Ihnen danken. Natürlich kann Ihr systematisches und konsequentes Verhalten am Gesprächsende bewirken, dass Ihr Kunde das Gespräch dann doch in Rot oder in Grün beendet. Wie und warum das geschieht, haben wir ausführlich im Kapitel 2.3 analysiert. Den durch Sie mit ausgelösten Übergang von der gelben in die grüne Grundemotion bezeichnet man umgangssprachlich auch als „Angst vor der eigenen Courage“. Indem Sie das weitere Vorgehen so klar, sachlich – aus gelber Sicht – nüchtern beschreiben, vertreiben Sie die gelbe Euphorie. Auch der Wechsel in die grüne Grundemotion ist für Sie positiv, denn das ausführliche Zusammenfassen der Ergebnisse ist für Grün vertrauensbildend. Im Kapitel 5.1 gehen wir noch einmal sehr ausführlich darauf ein, wie die vier Facetten Entscheidungen treffen. Erstgespräche: Locker die Hürde zum Zweitgespräch nehmen
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Gesprächsabschluss: Ihr Kunde in der grünen Verhaltensfacette Hier dürfen Sie keinesfalls so konsequent und klar agieren wie in den bisher besprochenen Situationen. Druck ist im Falle eines Kunden in Grün kontraproduktiv. Für Gesprächspartner in Grün ist ein Erstgespräch wirklich ein erstes Gespräch. Für Sie geht es dabei darum, das Interesse auszuloten und den Grundstock für Vertrauen in Sie persönlich, in Ihr Unternehmen und – in dieser Reihenfolge – in Ihr Angebot zu legen. Wenn Sie das schaffen, ist der Weg frei für ein Zweitgespräch, für weitere vertrauensbildende Maßnahmen. Fragen Sie, wie sich Ihr Kunde das weitere Vorgehen vorstellt, ob Sie noch etwas tun können, vor allem, wann Sie sich wieder melden dürfen. Interpretieren Sie Zurückhaltung nicht vorschnell als Ablehnung oder mangelndes Interesse. Wenn Ihr Gesprächspartner auch intern häufig in Grün agiert, dann haben Sie zwar einen zuverlässigen, aber meist keinen durchschlagskräftigen Verbündeten. Deshalb hilft Ihnen nur ein konkret bestehender Bedarf in diesem Fall wirklich weiter. Gibt es diesen, so kommen Sie mit Ihrem Ansprechpartner umso sicherer zum Ziel, je weniger Druck Sie ausüben und je mehr Sie Unterstützung geben. In diesem Erstgespräch verabschieden Sie sich auf jeden Fall rücksichtsvoll und höflich.
Gesprächsabschluss: Ihr Kunde in der blauen Verhaltensfacette Resümieren Sie die bisherigen Erkenntnisse und fragen Sie sachlich, ob Ihr Gesprächspartner von Ihnen noch weitere Informationen möchte. Wenn der Punkt geklärt ist, besprechen Sie die weiteren Aktivitäten. Stellen Sie dabei Fragen und machen Sie dort, wo es Ihnen sachdienlich erscheint, konkrete Vorschläge zum weiteren Vorgehen. Stimmen Sie ab, was jeder von Ihnen dafür tun oder liefern muss. Definieren Sie gemeinsam das Wie und Wann. Fixie112
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Erstgespräche führen, Angebote nachfassen
ren Sie alles schriftlich und bestätigen Sie es Ihrem Gesprächspartner per Mail oder Fax. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Ihr Kunde in Blau selbst mitschreibt. Falls er anbietet, Ihnen eine Gesprächszusammenfassung aus seiner Sicht zu schicken, dann nehmen Sie das natürlich dankend an. Etwas Besseres kann Ihnen kaum passieren. Abstimmung und Vereinbarung des weiteren Vorgehens ist das, was Sie in diesem Fall von Ihrem Erstgespräch erwarten können. Vorschnelles Handeln ist nicht die Sache von Menschen in der blauen Grundemotion.
3.3 Angebote mit Fingerspitzengefühl nachfassen Es kommt sehr selten vor, dass sich ein Kunde von selbst bei Ihnen zurückmeldet und sich für das Angebot bedankt, seine Fragen stellt oder gleich bei Ihnen bestellt. Die Zeiten und Gepflogenheiten sind leider anders. Selbst wenn ein Kunde Interesse hat, wartet er eher auf Ihren Anruf, als von sich aus aktiv zu werden. Es sei denn, Sie haben eine überragende Marktposition und lange Lieferzeiten. Oder der Kunde muss einen dringenden Bedarf decken. Doch was tun, wenn nichts passiert? Wer nicht fragt, der verliert garantiert. Sein Engagement und sein Interesse für die Auftragserteilung zu bekunden, zeugt von Professionalität und keinesfalls von Unsicherheit. Wenn bei Ihrem Kunden noch nichts entschieden ist, unterschiedliche Angebote in der Diskussion sind, können Sie vielleicht noch etwas ergänzen, präzisieren oder richtig stellen. Auf keinen Fall haben Sie etwas zu verlieren, Sie können nur gewinnen. Da Sie, zumindest im Normalfall, im Vorfeld der Angebotsabgabe mit allen Entscheidungsfindern ausführlich gesprochen haben, wissen Sie auch, in welchen Grundemotionen Sie diese erlebt haben. Auf welche Facette Sie bei Ihrer Nachfrage treffen, wissen Sie jedoch nicht. Wenn Sie per E-Mail nachfragen, müssen Sie sich entscheiden, welche Grundemotion Sie adressieren wollen, um Ihrer Nachfrage die größte Chance zu geben. Der mögliche Vorteil mag gering sein. Doch wenn Sie Erster sind, ist es egal, wie klein Angebote mit Fingerspitzengefühl nachfassen
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Angebote m
der Vorsprung ist. Auch für ein Telefonat müssen Sie sich darauf vorbereiten, welche Farbe Sie ansprechen wollen. Allerdings haben Sie im Gespräch den Vorteil, bei Bedarf auf Plan „B“ oder auch „C“ zurückgreifen zu können. Nicht nur deshalb spricht fast alles dafür, eine direkte Nachfrage per Telefon zu starten.
Wichtig: Etikettieren Sie Ihre Kunden nicht nach Farben. In jedem Gespräch müssen Sie die aktive Grundemotion neu erkennen. Wenn Sie Dienstleistungen oder umfassende Lösungen anbieten, müssen Sie natürlich erfahren, ob das, was Sie angeboten haben, auch die Vorstellungen Ihres Kunden trifft. Sollte er noch Änderungswünsche haben, können Sie in der Regel noch etwas tun. Hier darf nicht viel Zeit unnötig verstreichen. Als Faustregel gilt: Tag des Eintreffens plus die Zeit, die für eine erste Durchsicht angemessen ist, dafür gibt es auch in Ihrer Branche Richtwerte. Diesen Richtwert sollten Sie bei Ansprechpartnern, die Sie bei den Vorgesprächen häufig deutlich in Grün oder Blau erlebt haben, mindestens um einen Tag erhöhen. Hier werden Entscheidungen immer noch einmal „überschlafen“. Bei einer solchen Nachfrage geht es aber nicht um eine „Wasserstandsmeldung“ (Wie liege ich damit?), sondern darum, ob Ihr Angebot in Form und Inhalt das trifft, was Ihr Kunde sich vorgestellt hat. Schließlich wollen Sie nicht wegen eines immer möglichen Missverständnisses schon im Vorfeld ausscheiden. Natürlich müssen Sie auch nachfassen, wenn Sie Informationsmaterial oder ein Rundschreiben verschickt haben. Hier können Sie so vorgehen wie im Folgenden beschrieben. Sie müssen einzig die Frage voranstellen „Haben Sie unsere Unterlagen erhalten?“ und bei einem „Nein“ erfragen, wie Sie diese – falls erwünscht – diesmal sicher übermitteln können.
Richtig nachfassen für die rote Grundemotion Da Rot sagt, was Sache ist, und direkt antwortet, haben Sie Erfolg, wenn Sie direkt fragen, ob das Angebot den Vorstellungen entsprochen hat. Bei einem „Nein“ erfragen Sie sachlich die Gründe und vereinbaren eine mögli114
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Erstgespräche führen, Angebote nachfassen
che Nachbesserung. Ist es ein finales „Nein“, dann nehmen Sie das sportlich und fragen nach den Gründen. Diese sind für weitere Angebote wichtig, und Rot nennt sie Ihnen. Bei einem „Ja“ sind Sie aber noch nicht fertig, Sie müssen noch das weitere Prozedere bis zur Auftragserteilung klären. Im Vertrieb hat gut Ding selten Weile. Fragen Sie, ob Sie noch etwas tun können. Letzteres gilt analog natürlich auch, wenn noch nichts entschieden ist, Ihr Angebot vielleicht auf dem Stapel „wichtig, aber nicht dringlich“ geschoben wurde. Zeigen Sie in jedem Fall Engagement – das gilt natürlich für jede Farbe. Haben Sie mit Ihrem Kunden Ihr Angebot in Rot besprochen, dann konnten Sie erfragen, wie das Prozedere und der Zeitrahmen nach Angebotsabgabe in etwa aussieht. Daraus ergibt sich der richtige Zeitpunkt für Ihr Nachfassen. Nach einem „Wir werden uns bis Ende nächster Woche entscheiden“ rufen Sie am Freitagnachmittag besagter Woche, spätestens aber am darauf folgenden Montag an.
Richtig nachfassen für die gelbe Grundemotion Ihr Kunde in Gelb hatte großes Interesse, jetzt aber keinen Termindruck mehr, weil die Prioritäten sich geändert haben. Dann gerät Ihr Angebot leicht auf den bei Gelb selten gut sortierten To-do-Stapel. Das würden Sie ohne Nachfassen nie erfahren. Beispielsweise auch nicht, dass eine Fachabteilung dringend auf Ihr Gerät wartet und Ihr Ansprechpartner nach einem Skiunfall schon drei Wochen im Krankenhaus liegt. Da diese Abteilung nichts von Ihrem Angebot weiß, gibt es von dort schon eine Anfrage an einen Mitbewerber. Da Sie angerufen und keine E-Mail geschickt haben (in Gelb werden auch gerne die Automatic Reply und das Weiterleiten vergessen), erfahren Sie das jetzt und können aktiv werden. Selbstredend machen Sie Ihrem Kunden keine Vorwürfe und, falls Sie mit seinen Kollegen reden, äußern sich nur sehr positiv – egal, was andere über ihn sagen. Wenn Sie nachfassen und dabei Gelb erreichen, bleiben Sie locker im Ton, aber systematisch in der Sache. Wenn Sie noch etwas tun können oder sollten, wird er Ihnen das, auch wenn vielleicht nur nebenbei, sagen. Fragen Sie einfach so lange wie möglich nach. Angebote mit Fingerspitzengefühl nachfassen
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Natürlich kann auch alles „normal“ verlaufen. Das Angebot ist noch in der internen Diskussion, eine Entscheidung soll bis … fallen. Oder aber Sie sind es diesmal nicht, dann erfahren Sie, woran Sie sind, und können die Gründe erfragen. Es passiert jedoch gar nicht selten, dass Kunden, die große Teile ihres Berufsalltags in der gelben Grundemotion gestalten, Ihnen beim Nachfassanruf erfreut mitteilen: „Gut, dass Sie sich melden! Können wir den Piloten auf nächste Woche vorziehen?“.
Richtig nachfassen für die grüne Grundemotion Einen Kunden, den Sie telefonisch in Grün erreichen, dürfen Sie auf keinen Fall unter Druck setzen. Das beginnt schon mit Ihrer Eingangsfrage beim ersten Nachfassen: „Hatten Sie schon die Möglichkeit, sich mein Angebot anzuschauen?“ Hierdurch vermeiden Sie bei einem „Nein“ jeden impliziten Vorwurf. Denn die vollständige Antwort ist ja „Nein, ich hatte noch nicht die Möglichkeit“. Eine solche Antwortmöglichkeit ist hier wichtig, denn sie steht für „Es ist so viel Dringliches auf meinem Tisch, ich hatte beim besten Willen noch keine Zeit. Sie verstehen das doch sicher.“ So vermeiden Sie, dass Ihre Frage aus grüner Sicht auch nur den Hauch eines Vorwurfs enthält. Was bei Fragen wie „Haben Sie mein Angebot schon durchgeschaut?“ oder „Entspricht mein Angebot Ihren Vorstellungen?“ durchaus nicht so ist. Hier steht bei jeder Antwort, die auf ein „Ich habe das noch nicht getan“ hinausläuft, ein vorwurfsvolles „Warum denn nicht?“ im Raum. Wohlgemerkt in Grün. In Rot oder Gelb wird überhaupt nicht in diese Richtung gedacht. Und Blau würde ganz unaufgeregt sagen, warum er es noch nicht getan hat. Im Anschluss stellen Sie auch an Gesprächspartner in der grünen Grundemotion die inhaltlich gleichen Fragen nach dem „Entspricht es Ihren Vorstellungen?“, „Wie haben Sie sich entschieden?“, „Wie geht es weiter?“. Denken Sie an die grüne Wortwahl, wie ausführlich in Kapitel 2.1 dargestellt. Sollten Sie ein endgültiges „Nein“ erhalten, dürfen Sie Enttäuschung zeigen – wer versteht das besser als Grün, aber keinesfalls Verärgerung. Fragen Sie höflich, was Sie beim nächsten Mal besser machen können, und bedanken Sie sich noch einmal, dass der Kunde bei dieser Anfrage an Sie gedacht hat.
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Erstgespräche führen, Angebote nachfassen
Richtig nachfassen für die blaue Grundemotion Genau wie bei Rot können Sie hier alle Fragen zur Sache direkt stellen. Wichtig ist jedoch, dass Sie den größeren Zeitbedarf eines Kunden berücksichtigen, der Ihr Angebot in der blauen Grundemotion prüft. Dafür sind die Antworten ausführlicher und Sie können mehr und detailliertere Fragen stellen. Was in Rot verständlich erscheint, bei Blau aber nicht gut ankommt, ist deutliche Ungeduld von Ihrer Seite. Bleiben Sie immer sachlich und akzeptieren Sie Zeiträume, die Sie eventuell selbst für völlig unangemessen halten. Nutzen Sie auch konsequent die blaue Sprache. Eine blaue Frage lautet zum Beispiel, ob Ihr Angebot in Form und Inhalt der Anfrage entspricht (nicht „gefällt“), und ob Ihr Preis dafür als angemessen bewertet wird. Natürlich werden Sie beim Nachfassen häufig mit Vorwänden konfrontiert. Wie Sie damit umgehen, lesen Sie in Kapitel 4.3. Wie bei jedem Gespräch, so kann sich auch während Ihres Nachfasstelefonates die aktive Grundemotion Ihres Gesprächspartners ändern. Vielleicht sogar durch Ihre aktive Mithilfe (siehe dazu Kapitel 2.3).
Angebote mit Fingerspitzengefühl nachfassen
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4. Fragen stellen, Einwände behandeln – So führen Sie gewinnende Verkaufsgespräche ufsgespräche
Mit den richtigen Fragen schaffen Sie die Grundlage für eine erfolgreiche Präsentation und eine wirksame Kommunikation.
Darum geht es Gerne sprechen wir davon, dass wir im „Kommunikationszeitalter“ leben. Gemeint ist damit das sich ständig vergrößernde Angebot technischer Geräte und Lösungen, die den Informationsaustausch rund um die Uhr und rund um den Globus ermöglichen. Das intensiviert besonders Geschäftsbeziehungen. Anfragen Ihrer Kunden erreichen Sie zu jeder Zeit per PDA und W-LAN im Zug, im Restaurant oder im Skilift. Sie sind wiederum in der Lage, die gewünschten oder die Ihnen zweckmäßig erscheinenden Informationen in Echtzeit zu liefern. „Information at your Fingertips“, die Vision von Bill Gates vom Herbst 1990, ist Wirklichkeit geworden. Technologie erleichtert Ihnen den Informationsaustausch mit Ihrem Kunden – nicht die Kommunikation. Die besteht nach wie vor aus dem Wechselspiel von Frage und Antwort, Rede und Gegenrede, aus Diskutieren und Verhandeln. Deshalb finden Sie hier die Werkzeuge für Ihre Kommunikation als Verkäufer. Da gute Fragen der Schlüssel zu jedem erfolgreichen Gespräch sind, geben wir diesem Thema hier den gebührenden Raum. PEK macht Sie aber nicht nur im unmittelbaren Kontakt mit Ihren Kunden erfolgreicher, sondern natürlich auch am Telefon. Außerdem lesen Sie, wie Sie – gerade am Telefon – geschickt und souverän mit Vor- und Einwänden umgehen.
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So führen Sie gewinnende Verkaufsgespräche
4.1 Die richtigen Fragen im Verkaufsgespräch
Die richtige Verkaufsges
Wer fragt und danach intensiv zuhört, gewinnt. Das gilt vor allem im Verkaufsgespräch. Denn der Kunde liefert mit seinen Antworten die besten Kaufargumente. Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Fragetechniken. Alle sind hoch interessant und wichtig zugleich – weil sie Ihnen ganz neue Möglichkeiten eröffnen. In diesem Kapitel werden grundlegende Kenntnisse der Fragetechnik vor dem Hintergrund ihrer Wirkung auf die vier Grundemotionen vermittelt. Dadurch bekommt Ihre Fragetechnik eine neue Qualität. Es gibt zwei grundlegende Fragearten: Y die offene Frage. Hier steht das Fragewort am Anfang; die Antwort kann nicht „Ja“ oder „Nein“ lauten; meist muss in einem ganzen Satz geantwortet werden. Y die geschlossene Frage. Hier steht das Verb (oder Hilfsverb) am Satzanfang. Die Antwort kann nur aus einem „Ja“, „Nein“ oder „Vielleicht“ bestehen.
Geschlossene Fragen Wenn es nicht gerade um den Abschluss geht – schließlich muss ein „Ja“ am Ende her – ist im Verkauf die geschlossene Frage im Grunde verpönt. Dennoch ist es wichtig zu verstehen, wie unterschiedlich die Reaktion auf eine solche Frage ausfallen kann, je nachdem, welche Verhaltensfacette aktiv ist oder aktiviert wird. i Beispiel: Sie stellen die Frage „Ist das eine überzeugende Alternative?“. Angenommen, Ihr Kunde ist nicht überzeugt, wie wird er je nach aktiver Grundemotion am wahrscheinlichsten antworten? Y Aus Rot heraus bekommen Sie ein klares und deutliches „Nein“.
Die richtigen Fragen im Verkaufsgespräch
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Y
Ob Ihr Kunde sich in Gelb so festlegt, ist zweifelhaft. Wahrscheinlich ist eine ausweichende Antwort, etwa „vielleicht, muss ich mal auf mich wirken lassen …“. Y In der grünen Grundemotion will es Ihr Kunde nicht offen mit Ihnen verderben und antwortet mit zögerlicher Stimme etwa „Ja, schon, vielleicht“, meint aber „Nein“. Y Blau kann durchaus ebenfalls direkt mit „Nein, eigentlich nicht“ antworten oder aber mit einer Bemerkung wie „Überzeugend ist immer relativ“ diplomatisch verneinen. Wie Sie aus diesen Beispielen sehen, ist nur bei Rot der Erfolg Ihres Gespräches jetzt wirklich gefährdet. In den drei anderen Facetten bleibt Ihnen noch eine, wenn auch kleiner gewordene Chance. Bei einem Kunden in Gelb können Sie wieder auf Begeisterung und Geltungsbedürfnis setzen und eine mögliche Alternative ins rechte Licht rücken. In der grünen Facette geht es für Sie darum, die erste Enttäuschung einzudämmen und wieder Vertrauen zu gewinnen – in Sie und Ihr Angebot. Mit einem Gegenüber in Blau ist der Schaden vergleichsweise gering. Ihre Verhandlung geht einfach weiter, natürlich hat Ihre Frage Sie nicht viel weitergebracht, aber die Antwort ist kein Rückschlag. Kunden in Blau prüfen ohnehin alle erdenklichen Möglichkeiten. Ist Ihnen etwas aufgefallen? Auf welche Farbe zielt die Frage „Ist das eine überzeugende Alternative?“ eigentlich? Wenn Sie eine Alternative wirklich überzeugend präsentiert haben, dann sagt Ihr Kunde in Rot das Ihnen auch. Mit der obigen Frage signalisieren Sie für Rot eher eigene Unsicherheit, was Ihre Chancen sofort verschlechtert, denn das „Nein“ bringt Sie in die Defensive. Besser ist in dieser Situation eine konstruktive offene Frage wie „Welche Punkte müssten wir noch erfüllen, um Sie zu überzeugen?“. So bleiben Sie in der Offensive, Ihr Gesprächspartner muss Flagge zeigen, und Sie wissen, woran Sie sind. Für die gelbe Grundemotion ist die Fragestellung absolut kontraproduktiv: Die Wortwahl „überzeugend“ und „Alternative“ spricht die blaue Grundemotion an und geht an Gelb 120
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So führen Sie gewinnende Verkaufsgespräche
völlig vorbei. Außerdem ist die Botschaft nicht, dass es keine weiteren Möglichkeiten gibt. Solange mehrere echte Optionen existieren, wird sich Gelb nicht festlegen. Hier fragen Sie besser Ihren Vorschlag verstärkend: „Ist das nicht die Lösung?“ Auch für die grüne Grundemotion sind die blaue Wortwahl und die Frage, die signalisiert, dass es noch weitere Alternativen gibt, kontraproduktiv. Schließlich will Grün sicher sein, dass es sich um das einzig Richtige handelt. Und auch Grün kann nicht „überzeugt“ werden, sondern es muss sich ein Gefühl der Sicherheit „im Bauch“ einstellen. Deshalb ist eine Frage wie etwa: „Ist das nicht eine stimmige Lösung, mit der alle zufrieden sind?“, die Grün direkt anspricht, wesentlich aussichtsreicher. Einzig für die blaue Facette ist die Frage adäquat, und Sie können durch die Antwort zumindest eine Alternative ausschließen. Schon dieses einfache Beispiel unterstreicht, warum geschlossene Fragen im Verkauf, aber auch allgemein, wenn es um Entscheidungen geht, sehr gut vorbereitet und dann ganz bewusst gestellt werden sollten.
Offene Fragen Anders sieht es bei offenen Fragen mit ihrem breiten Spektrum an Antwortmöglichkeiten aus. Sie zielen auf Wünsche und Meinungen unserer Gesprächspartner und geben dem Fragesteller bei aktivem Zuhören die Möglichkeit, sich auf sein Gegenüber und das Gespräch einzustellen. Vor dem Hintergrund der vier Grundemotionen sind beim Thema offene Fragen zwei Aspekte besonders interessant: Y Zunächst geht es darum, Fragen passend zur aktiven oder zur als aktiv gewünschten Grundemotion zu stellen. Y Aus der Antwort können Sie dann auf die aktive Grundemotion schließen, was Ihnen eine gute Rückkopplung für Ihre Gesprächsgestaltung liefert. Die richtigen Fragen im Verkaufsgespräch
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Die Frage nach der Zeit Wichtig und aufschlussreich ist die Frage nach dem zur Verfügung stehenden Zeitfenster. Egal, ob am Telefon, auf dem Messestand oder in einer Veranstaltungspause, zu jedem Termin gehört immer auch dessen Dauer. Falls Sie dazu keine Gelegenheit hatten, zum Beispiel, weil Sie den Termin nicht selbst vereinbart haben, dann ist „Wie viel Zeit haben wir für unser Gespräch?“ eine Frage, die Sie besonders in Erstterminen nach der Gesprächseröffnung stellen sollten. Auf jeden Fall aber, bevor Sie Ihr Anliegen vorstellen. Nehmen wir an, Ihr Kunde bietet Ihnen eine halbe Stunde an. Was wären für die einzelnen Farben typische Formulierungen? Die Antwort in Rot erfolgt konkret, die Zeit ist knapp kalkuliert. Je nach Rollenverteilung etwa „Reichen Ihnen 30 Minuten?“, „Ich habe 30 Minuten“ oder „Ich gebe Ihnen 30 Minuten“. Wenn Sie unbedingt mehr Zeit benötigen, dann müssen Sie einen handfesten Grund parat haben, warum es im Interesse Ihres Kunden in Rot ist, Ihnen mehr Raum zu geben. Gelb hingegen legt sich nicht so gern exakt fest. Die Gegenfrage „Wie viel Zeit denken Sie denn?“ nimmt die Grammatik manchmal leicht und ist typisch in der gelben Grundemotion. Wenn Ihre Idee total spannend klingt, dann hören Sie vielleicht „Kommen Sie am besten nach 15 Uhr, dann haben wir Open-End Zeit“. Sind Sie schon im Gespräch und stimmt die Chemie, dann passt auch „Wir haben genug Zeit, ich kann hinten immer noch etwas freischaufeln“. Die grüne Antwort auf diese direkte Frage ist normalerweise vorsichtig bis ausweichend, nicht selten erhalten Sie auch hier die Gegenfrage „Was meinen Sie denn, wie viel Zeit wir brauchen? – Pause – Würde Ihnen eine halbe Stunde reichen?“. Mit dem Angebot, „In drei Wochen habe ich wieder mehr Luft, dann kann ich mir Zeit für Sie nehmen“ will Sie Grün keinesfalls vertrösten. Es ist der ehrliche Versuch, Ihnen mehr Zeit einzuräumen. 122
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Blau hingegen wird konkret etwa mit „Ich habe 30 Minuten eingeplant“ antworten. Wenn er oder sie nicht sicher ist, ob das reicht, folgt die Gegenfrage „Reicht das aus Ihrer Sicht?“ Wenn Sie hier sachlich nachvollziehbare Gründe vorbringen, dann bekommen Sie auch mehr Zeit, wenn auch vielleicht an einem anderen Tag.
Y Y Y Y
Jedes Verkaufsgespräch lässt sich grob in vier Phasen unterteilen: Eröffnung, Bedarfsermittlung, Angebotspräsentation und Abschluss.
Für jede dieser Phasen sind Fragen ein zentrales Element der Gesprächsführung. Das gilt also nicht nur für die Bedarfsermittlung – eine Phase, die von vielen Verkäufern in der Praxis zu oft vernachlässigt oder ganz vergessen wird. Vielleicht auch weil Rhetoriktrainings zu oft mit reinen Präsentationstrainings verwechselt werden. Oder Kommunikation darauf reduziert wird, die „Botschaften“ des Angebotes „wirksam zu übermitteln“. Ohne die richtigen Fragen gibt es allerdings weder eine erfolgreiche Präsentation noch eine wirksame Kommunikation.
Fragen für die Gesprächseröffnung Es gilt, schnell eine gemeinsame Ebene für das Gespräch zu finden. Das ist besonders wichtig, wenn Sie Ihren Gesprächspartner kaum oder gar nicht kennen. Eine mögliche, zu unserem Kulturkreis passende Frage könnte hier sein „Wie arbeitet es sich in solch einer modernen Büroatmosphäre?“. Für Gesprächspartner in Rot oder Blau passt diese sachliche, arbeitsbezogene Formulierung mit einer leichten Bewunderung. Eine für die rote Grundemotion typische Antwort wäre etwa „Arbeit ist Arbeit. Vieles hier ist ganz praktisch, einiges auch nur ‚nice to have’. Im Moment zählt anderes. Was haben Sie mitgebracht?“. Damit sind Sie sofort beim Thema, und Sie wissen sicher, dass Sie den Start Ihres Gespräches auf Rot ausrichten. Die richtigen Fragen im Verkaufsgespräch
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Ein starkes Indiz für Blau wäre dagegen „Ja, vieles ist durchaus gut durchdacht. Aber wie immer steckt der Teufel im Detail. Da gibt es noch einiges zu optimieren. Bis alles reibungslos funktioniert und ineinandergreift, vergehen noch ein paar Monate. Gut Ding will eben Weile haben. Hat es wenigstens mit Ihrem Parkplatz geklappt? Das geht zum Beispiel immer wieder schief.“ Die Gegenfrage sollten Sie natürlich beantworten. Falls es nicht geklappt hat und Sie zehn Minuten durch leichten Nieselregen laufen mussten, dann beklagen Sie sich nicht, sondern stellen heraus, dass Sie immer einen Schirm für solche Fälle im Auto haben und außerdem rechtzeitig da waren. In Blau gibt es kein Verständnis für schlechte Vorbereitung. Nach diesem Small talk sollten Sie aber direkt zu Ihrem Anliegen überleiten, das von Interesse sein muss, sonst wäre zum Beispiel kein Parkplatz reserviert worden. Wenn Sie jedoch auf ein Gegenüber in Grün treffen, dann formulieren Sie die Frage auch in Grün, etwa „Wie geht es Ihnen in Ihrer modernen Büroumgebung?“. Mit Formulierungen „wie geht es Ihnen mit …“ oder „wie fühlen Sie sich bei …“ signalisieren Sie Interesse an dem Menschen hinter Ihrem Kunden und bereiten den Boden für eine in Grün angenehm empfundene Gesprächsatmosphäre. Wichtig ist auch, dass Sie mit dieser Frage noch keine Wertung abgeben. Schließlich wissen Sie ja noch nicht, wie sich Ihr Gesprächspartner fühlt. Ein Signal für deutliches Grün wäre „Inzwischen eigentlich ganz gut. Am Anfang war es eine ziemliche Umstellung, und es hat eine Weile gedauert, bis alles wieder in vertrauten Bahnen war. Aber jetzt fühlen wir uns alle doch recht wohl.“ Hier bieten sich natürlich weitere öffnende Fragen an, etwa nach dem „Anfang“ und der „Umstellung“. Wichtig ist, dass Sie „mitfühlen“ positiv wie negativ, je nachdem, welche Gefühle Ihr Kunde äußert. Keineswegs sollten Sie jetzt unvermittelt Ihre Ideen oder Angebote auf den Tisch bringen. Die passende Formulierung dieser Eröffnungsfrage für Gelb wäre dann zum Beispiel „In dieser tollen Atmosphäre kann das Arbeiten doch eigentlich nur Spaß machen, oder?“. So zeigen Sie aktives Interesse, ohne sich unnötig festzulegen. Schließlich kann die gelbe Antwort sowohl „Ach, hören Sie bloß auf, Sie 124
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müssten mal ein, zwei Tage hier arbeiten, dann würden Sie anders reden.“ als auch „Toll, dass Ihnen das gleich auffällt! Ja, wir sind aber auch ein super Team.“ sein. Spätestens mit der nächsten Frage bieten Sie Ihrem Kunden die Möglichkeit, von sich und seiner Situation ausführlich zu berichten. Das stärkt sein Gelb und gibt Ihnen später die Gelegenheit, die Vorzüge Ihres Angebotes ins rechte, gelbe Licht zu setzen.
Fragen zur Bedarfsermittlung Nach einer gelungenen Gesprächseröffnung dürfen Sie auf keinen Fall den Fehler machen, sofort Ihr Angebot oder Ihre Idee zu präsentieren. Gerade jetzt, wo Sie eine gemeinsame Plattform gefunden haben, sind gute Fragen besonders wichtig. Sie müssen erfahren, ob es überhaupt Bedarf für Ihr Anliegen gibt, worin dieser konkret besteht, welche Wünsche und Ziele Ihr Gesprächspartner hat oder welche Probleme ihn beschäftigen. Erst wenn Sie wissen, was Sie wissen müssen, können Sie sich wirksam präsentieren. Konkrete Beispiele solcher Informationsfragen, finden Sie in vielen Verkaufshandbüchern. Y „Welche Erfahrungen haben Sie mit dieser Lösung bisher gemacht?“ Y „Wie viel kostet Sie der Betrieb dieser Anlage in der jetzigen Ausführung?“ Y „Was ist der Vorteil bei diesem System?“ Y „Worin besteht aktuell Ihr Hauptproblem?“ Y „Welche Leistungen erwarten Sie dabei?“ Y „Wozu brauchen Sie das Gerät vor allem?“ Y „Wie viele Mitarbeiter fehlen Ihnen derzeit in der Abteilung?“ Y „Welche Maschinen setzen Sie momentan in der Produktion ein?“ Y „Worin besteht Ihre Aufgabe bei diesem Projekt?“ Y „Aus welchen Komponenten soll sich die Anlage zusammensetzen?“ Y „Wie hoch ist Ihr Budget für dieses Jahr?“ Entwickeln Sie daraus Ihre Liste mit maximal drei (Rot) bis fünf (Blau) Fragen. Bedarfsermittlung ist kein Verhör, ein Gefühl, das Ihren Kunden besonders schnell beschleicht, wenn Sie sich ständig zu jeder Antwort Notizen machen. Ein Gespräch zur Bedarfsermittlung bleibt ein Gespräch. NatürDie richtigen Fragen im Verkaufsgespräch
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lich können Sie sich wichtige Punkte notieren – fragen Sie aber vorher. Das größte Verständnis wird Ihnen Blau entgegenbringen. In Grün wächst leicht die latente Sorge, ob hier nicht etwas später zum eigenen Nachteil verwendet werden kann – „aber damals haben Sie gesagt … Ich habe es hier genau notiert.“ Ein grüner Albtraum. Wenn Sie auf Rot treffen oder dieses durch Ihre Art zu fragen aktivieren, werden Sie spätestens bei Ihrer vierten Frage mit der Gegenfrage „Ist das hier ein Verhör?“ gestoppt. Falls Sie keinen wichtigen Geschäftspartner vertreten oder ein einzigartiges Produkt anbieten, das Ihr Kunde unbedingt will, dann steht Ihr Gespräch kurz vor dem Scheitern. Das Gelb Ihres Kunden verscheuchen Sie mit dieser Verhörtechnik entweder komplett oder aber er oder sie verliert schnell das Interesse und wechselt das Thema. Natürlich könnten Sie jetzt hartnäckig insistieren, doch dann hat Ihr immer noch gelber Kunde plötzlich einen wichtigen Termin, den er ganz vergessen hatte. Gehen Sie mit Grün so um, dann denkt Grün durchaus ähnlich wie Rot an ein Verhör. Nur, dieser Kunde sagt es Ihnen nicht und versteckt sein Unbehagen hinter Vorwänden. „Oh, hierfür bin ich gar nicht zuständig“ oder „solche Informationen geben wir grundsätzlich nicht nach außen.“ Ein Kunde in Blau wird Ihnen solange Antwort geben, wie er Methode, Struktur und einen Zusammenhang mit seinem Problem hinter Ihren Fragen erkennt. Das setzt natürlich voraus, dass Ihre Fragen zunehmend auf seinen Antworten aufbauen. Wenn Sie nur einen Fragenkatalog abarbeiten, verlieren Sie gegenüber Blau bald an Kompetenz, was sich in einer direkten Gegenfrage zeigt, wie etwa „Was hat das jetzt mit unserem Problem zu tun?“. Wissen Sie hierauf keine plausible Antwort, dann ist Ihr (Verkaufs-) Gespräch an diesem Punkt gescheitert. 126
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Es ist wichtig, diese Negativreaktionen zu verstehen. Denn sie zeigen Wege auf, wie Sie je nach der aktiven Grundemotion Ihres Gesprächspartners Ihre Fragen so stellen, dass Sie erfahren, was Sie wissen müssen. Gleichzeitig bleibt die positive Gesprächsatmosphäre erhalten. Achten Sie darauf, wie sich im Folgenden die Formulierung der oben aufgeführten Fragen der angesprochenen Farbe anpasst. Y Rot richtig zu fragen, bedeutet in erster Linie, seine Ziele und seinen Entscheidungsspielraum zu erfahren. Die Fragen zu seinen Zielen können Sie unbesorgt direkt stellen. Bedenken Sie aber, dass in Rot das eigene Ego wichtig ist: Y „Was ist für Sie der Vorteil bei diesem System?“ (eingefügt „für Sie“ – zeigt Respekt) Y „Worin sehen Sie aktuell das Hauptproblem?“ („sehen Sie“ statt „besteht … Ihr“ – aktiv statt passiv – Aufwertung, Respekt) Fragen nach dem Entscheidungsspielraum sind umso kritischer, je kleiner dieser ist. Fragen Sie deshalb vorsichtig und betont höflich. Vermeiden Sie jeden Gesichtsverlust. Y „Worin besteht Ihre Aufgabe bei diesem Projekt? Ich möchte das Angebot exakt an Ihren Anforderungen ausrichten.“ Y „Wie hoch ist Ihr aktuelles Budget für diesen Bereich?“ (Nur das ist für Sie wichtig.) Bei der ersten Frage liefern Sie eine Begründung, die signalisiert, dass Sie nicht seine Kompetenz hinterfragen. Außerdem kann Rot ohne Gesichtsverlust zum Beispiel mit „in diesem Stadium geht es nur um das Projekt als Ganzes. Über Details sprechen wir, wenn es so weit ist“ ausweichen. Will er dagegen Ihre Unterstützung, dann kann er es einfach sagen. Bei der zweiten Frage beschränken Sie sich darauf, was für Sie wichtig ist. Hat Ihr Kunde hier kein oder nur ein minimales Budget, dann kann das an anderen Prioritäten liegen und Rot muss mit Ihnen nicht über sein Gesamtbudget sprechen. Y Gelb richtig zu fragen, heißt, das in dieser Farbe stark ausgeprägte Mitteilungsbedürfnis in die für Sie nützlichen Bahnen zu lenken. Gelingt Ihnen das, dann erfahren Sie alles, was Sie wissen müssen. Fragen Sie freundlich, phantasievoll direkt, und vergessen Sie nie, die erhaltenen Informationen gebührend zu würdigen: Y „Angenommen, Sie hätten bei diesem System drei Wünsche frei. Welche wären das?“ (statt „Welche Leistungen erwarten Sie dabei?“) Die richtigen Fragen im Verkaufsgespräch
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„Könnten Sie Ihre bisherige Lösung weiterempfehlen?“ (Gelb antwortet auch auf geschlossene Fragen ausführlich. Sie müssen nur wenige Sekunden abwarten.) Natürlich hat auch Ihr Kunde in Gelb seinen Entscheidungsspielraum. Fragen Sie indirekt danach, besonders dann, wenn Sie befürchten, er könne gering sein. Y „Was brauchen Sie noch, um unsere Idee intern eindrucksvoll zu präsentieren?“ Y „Womit würden Sie aus Ihrer praktischen Erfahrung heraus noch in diesem Jahr beginnen?“ Die erste Frage kann Ihnen mit der Antwort „Gut, dass Sie fragen. Für meinen Chef brauche ich das alles noch einmal ganz ausführlich mit allen Zahlen und Referenzen. Das ist ein ganz Genauer“, wichtige Informationen und vor allem eine weitere Einflussmöglichkeit liefern. Die Formulierung „Entscheiden Sie das allein?“ hingegen klingt schnell nach „wer entscheidet das wirklich?“. Die zweite Frage erhöht die Chance, dass zumindest der Teil Ihres Vorschlages realisiert wird, für den das Budget ausreicht. Und Sie ersparen Gelb die Budgetdiskussion. Grün richtig zu fragen, besteht darin, das bisher gewonnene Vertrauen zu bestätigen und auszubauen. Sagen Sie stets, warum Sie eine Frage stellen, zeigen Sie durch die Formulierung Ihrer Fragen gleichermaßen Respekt und Interesse für Ihren Gesprächspartner: Y „Was schätzen Sie besonders an Ihrer jetzigen Lösung? Uns ist es wichtig, das zu verstehen, nur so können wir Ihnen das Passende vorschlagen.“ Y „Wo würden Sie sich Erleichterungen für sich und Ihre Mitarbeiter wünschen?“ Damit Ihr Ansprechpartner ein guter Vertreter Ihrer Interessen sein kann, müssen Sie ihm alles gut vorbereitet in die Hand geben. Besonders für den Fall, dass er auch in den internen Runden häufig aus der grünen Grundemotion heraus agiert. Y „Sie kennen natürlich die Entscheidungsfindung in Ihrem Hause genau. Womit kann ich Sie hierbei am besten unterstützen?“ Y „Am Budget soll unser Projekt doch auf keinen Fall scheitern. Könnten Sie mir vielleicht einen ungefähren Rahmen nennen, in dem ich mich dafür bewegen müsste?“ Y
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Die erste Frage spricht Grün aus dem Herzen, schließlich gibt eine gute Vorbereitung mehr Sicherheit. Die zweite Frage dürfen Sie natürlich nur stellen, wenn der bisherige Gesprächsverlauf klar signalisiert, dass Ihr Gesprächspartner gerne mit Ihnen zusammenarbeiten möchte. Wenn dem so ist, weiß er natürlich, dass der Preis ein kritischer Faktor ist. Aber Vorsicht, Sie müssen auch mit der Vorgabe leben können. Vergessen Sie nicht, dass Grün häufig einen Sicherheitspuffer benötigt. Blau richtig zu fragen, ist vergleichsweise einfach. Bereiten Sie sich auf verschiedene Szenarien und die daraus ableitbaren „Fragenkaskaden“ vor. Alles muss logisch aufeinander aufbauen, strukturiert und problemorientiert sein. Formulieren Sie sachlich. So können Sie alle am Anfang des Kapitels aufgelisteten Formulierungen verwenden. Blau ist Status auch nicht wichtig, fragen Sie also ruhig direkt, wie der Entscheidungsprozess läuft. Dagegen können Sie sich die Frage nach dem Budget sparen, egal in welcher Verpackung. Wenn Ihr Kunde seine Entscheidung in Blau trifft, dann entscheidet bei etwa vergleichbarer Leistung der günstigste Preis. Sie müssen also Ihren Markt hier sehr gut kennen.
Fragen während der Präsentation Natürlich ist es hier Ihre zentrale Aufgabe, den Kunden zu informieren. Aber nicht im Monolog. Gerade in dieser Gesprächsphase ist es wichtig, auf die aktive Farbe des Gesprächspartners einzugehen, denn die jeweiligen Ansprüche an die Präsentation Ihrer Idee oder Ihres Angebotes sind gravierend verschieden. Das gilt auch für Zielrichtung und Formulierung Ihrer Rückmeldungsfragen. Y Rot will es kurz und auf den Punkt. Ob Sie das erfüllen, sehen Sie Ihrem Zuhörer unmittelbar an, denn Rot zeigt Ungeduld oder Desinteresse sehr klar und sehr schnell. Darauf müssen Sie sofort reagieren, um die Situation nicht eskalieren zu lassen. Auf Ungeduld können Sie reagieren mit einer Frage wie „Wollen wir diesen Punkt zurückstellen und zuerst die Auswirkungen diskutieren?“. So zeigen Sie Ihren Blick fürs Wesentliche. Wenn Sie Ihre Themen sicher beherrschen, kommen Sie durch einen thematischen Sprung nicht aus dem Konzept. Die richtigen Fragen im Verkaufsgespräch
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Desinteresse ist natürlich kritischer. Jetzt müssen Sie kühlen Kopf bewahren und einen Schritt zurück zur Bedarfsermittlung gehen. Etwa mit „Dieser Aspekt scheint Ihnen im Moment nicht so wichtig. Wo sehen Sie Ihre Priorität?“. So zeigen Sie Kompetenz und bleiben auf Augenhöhe. Bereiten Sie sich innerlich immer wieder auf solche Situationen vor. Besonders, wenn Sie sich selbst wiederholt in Präsentationssituationen in Grün oder Blau erleben, denn in diesen Grundemotionen fällt es schwer, die Initiative zu ergreifen. Diese Vorbereitung ermöglicht es Ihnen, Ihr emotionales Unterbewusstsein rational zu überstimmen. Gelb will unterhalten und begeistert werden. Auch in dieser Grundemotion werden Desinteresse und Langeweile unmittelbar transparent, Sie können beides also wie bei Rot nicht übersehen. Hier müssen Sie aufpassen, dass Sie Ihr Gegenüber nicht verlieren. Mit Fragen können Sie das verhindern oder ihn sogar zurückholen. Etwa so: „Sorry, manchmal geht der Spezialist mit mir durch. Wollen wir uns hierzu mal eine Demonstration anschauen?“ – „Ich weiß, das erscheint Ihnen im Moment noch nicht spannend? Doch haben Sie eine Idee, was jetzt kommt?“ Auch hierauf müssen Sie sich gründlich vorbereiten, um Ihre Linie nicht zu verlieren. Und um im Ernstfall Ihr eigenes Grün oder Blau zu überstimmen. Grün will kontinuierlich, Schritt für Schritt zu Ihrem Vorschlag geführt werden. Ob Sie dabei auf dem richtigen Weg sind, lässt sich nicht immer so leicht erkennen wie bei Rot oder Gelb. Umso wichtiger sind hier Ihre Rückmeldungsfragen. Durch das Eingehen auf die Antworten bleiben Sie auf Kurs. Mit Fragen wie „Ist das so in Ihrem Sinne?“– „Möchten Sie hierzu noch mehr wissen, oder wollen wir zum nächsten Punkt übergehen?“ zeigen Sie aktiv Interesse an Ihrem Kunden und können Ihre Darstellung genau an seinen Bedürfnissen ausrichten. Blau schließlich will strukturiert und umfassend informiert werden. Fragen Sie nach, was Sie im Gespräch vorstellen sollen und welche Unterlagen Ihr Kunde erst in Ruhe prüfen will, bevor Sie gemeinsam diskutiert werden. Gerade Blau sieht man, wenn überhaupt, sehr spät an, ob die präsentierten Ideen und Vorschläge auf Interesse stoßen. Stellen Sie also lieber drei Fragen zu viel als eine zu wenig. „Haben Sie zu diesem Problemkreis noch Fragen?“– „Was halten Sie von einem solchen Vorgehen?“ – „Wie bewerten Sie diesen Punkt?“– „Welche zusätzlichen Informationen brauchen Sie für diese Entscheidung?“ Durch solche und
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ähnlich Fragen zur Sache stellen Sie sicher, dass Ihr Kunde sich in seinem Blau umfassend informiert sieht.
Fragen zum Gesprächsabschluss Neben der Klärung und Behandlung letzter Einwände geht es hier darum, eine positive Entscheidung zu erreichen und diese offen sichtbar zu machen. Durch eine Unterschrift, einen Handschlag oder die klare Aussage „Ja, Sie haben den Auftrag“. Dem Umgang mit Einwänden und Vorwänden widmen wir wegen ihrer Bedeutung das komplette nächste Kapitel. Wie Sie die Entscheidungssituation passend zu jeder Grundemotion zielsicher herbeiführen, erfahren Sie in Kapitel 5.1. Deshalb konzentrieren wir uns an dieser Stelle auf die passenden unmittelbaren Abschlussfragen, bei eindeutigen Kaufsignalen in den einzelnen Verhaltensfacetten. Y Abschlussfragen für Rot: Y „Jetzt, wo das Für und Wider klar ist – entscheiden Sie sich für Modell A oder B?“ Y „Darf ich Ihren Auftrag notieren?“ Y „Entspricht diese Lösung Ihren Vorstellungen?“ Y „Was fehlt Ihnen noch, um den Auftrag zu erteilen?“ Wenn Ihr Kunde in seinem Rot entscheidungsreif ist, dann fragen Sie direkt. Zerreden Sie nichts und lassen Sie sich auch nicht auf später vertrösten. Y Abschlussfragen für Gelb: Y „Sollen wir das jetzt so machen? Ihre Kollegen werden jedenfalls Augen machen!“ Y „Wenn Sie noch heute bestellen, ist die Ware morgen früh bei Ihnen! Wie wäre das?“ In Gelb tun sich Kunden damit schwer, eine definitive Entscheidung zu treffen. Wenn Ihr Kunde jetzt also so weit ist, dann helfen Sie ihm dabei. Lassen Sie nicht locker. Entscheidet sich Ihr Kunde heute nicht für Sie, kann es passieren, dass Sie morgen wieder fast von vorn beginnen müssen. Oder ein Konkurrent erntet die Früchte Ihrer Bemühungen und erhält den Auftrag.
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Abschlussfragen für Grün: Y „Können Sie sich grundsätzlich eine Zusammenarbeit mit uns vorstellen?“ Y „Ist das nicht eine stimmige Lösung, mit der alle zufrieden sind?“ Y „Gibt es etwas, was Sie mit Ihren Kollegen gerne noch einmal besprechen möchten?“ Anders als bei Rot und Gelb müssen Sie behutsam vorgehen und jeden Entscheidungsdruck vermeiden. In Grün entscheidet Ihr Kunde dann, wenn er die Sicherheit verspürt, dass die Entscheidung richtig ist. So vermeiden Sie auch spätere Stornierungen. Abschlussfragen für Blau: Y „Welche Informationen kann ich Ihnen noch geben?“ Y „Bisher haben wir folgende Punkte besprochen, ... sind jetzt noch Fragen zu klären?“ Y „Das heißt, dieses Modell ist genau das, was Sie suchen – jetzt ist nur noch die Frage nach der Farbe zu klären?“ (Teilentscheidung) Sie müssen keineswegs so behutsam vorgehen wie bei der grünen Grundemotion. Aber Sie können nichts erzwingen oder Ihren Kunden in Blau überrumpeln. Dieser fällt seine Entscheidung, wenn aus seiner Sicht alles geklärt ist. Gerade Verkäufer in Gelb missverstehen diese Situation und versuchen wortreich, den Kunden zu überreden. Oder sie wollen noch eine Konzession machen, die gar nicht nötig ist. Oder noch schlimmer, sie erscheinen dadurch unseriös und verlieren den Kunden.
Bitte beachten Sie zum Thema Abschluss auch das Kapitel 5.1. Erst in diesem Zusammenhang erschließen sich die hier vorgestellten Abschlussfragen und ihre Verwendung vollständig.
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4.2 Verhaltensfacetten am Telefon erkennen und ansprechen
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Genau wie bei einer persönlichen Begegnung gewinnen die Beteiligten eines Telefongesprächs gegenseitig einen Eindruck voneinander. Telefonieren ist Kommunikation ohne den Eindruck der Körpersprache. In den Kapiteln 1.3 und 2.2 haben wir gesehen, welchen Informationsgehalt Körpersprache im Hinblick auf die gerade aktive Facette der Persönlichkeit besitzt. Trotzdem gibt es auch beim Telefonieren genügend Indizien, anhand derer Sie die aktive Verhaltensfacette Ihres Gesprächspartners erkennen. Dadurch, dass Sie Ihren Kunden nicht sehen, müssen – und können – Sie sich auf die Informationen aus Stimme, Wortwahl und Inhalt der Botschaft konzentrieren. Was Ihnen fehlt, ist die Rückkopplung über Blickkontakt und Körpersprache, Sie können also nicht überprüfen, ob diese im Einklang zu dem steht, was Sie hören. Doch Ihrem Gegenüber geht es genauso, Sie haben also keinen Nachteil. Zudem können Sie davon ausgehen, dass die Ansprechpartner Ihrer Kunden genau wie Sie wohl kaum in der professionellen Manipulation am Telefon trainiert sind. Natürlich können und sollen Sie auch am Telefon gezielt auf die aktive Grundemotionen Ihres Gesprächspartners eingehen. Nichts, was Sie in diesem Buch finden, bedarf hierfür einer Modifikation, denn schließlich verzichten wir ganz bewusst auf jede antrainierte Einflussnahme durch Körpersprache. Was jedoch nicht heißt, dass Ihre Körpersprache am Telefon keine Rolle spielt. Sie bleibt Ausdruck Ihrer inneren Einstellung und Ihrer aktiven Grundemotion. x Tipp: Agieren Sie am Telefon genau so wie in einem normalen Gespräch. Richten Sie Ihre gesamte Aufmerksamkeit auf das Telefonat und Ihren Gesprächspartner, so als ob er vor Ihnen säße. Vermeiden Sie also alles, was Sie ablenkt und Ihre Konzentration einschränkt.
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Die verschiedenen Grundemotionen am Telefon erkennen Wenden wir uns jetzt also der Frage zu, wie Sie auch ohne Blickkontakt und Körpersprache schnell herausfinden, mit welcher Verhaltensfacette Sie es gerade am anderen Ende der Leitung zu tun haben. Dazu stellen wir zunächst einmal alles kompakt zusammen, was Sie hierzu an Informationen zu den Farben kennen gelernt haben und was beim Telefonieren besonders wichtig wird.
Rot am Telefon erkennen In dieser Verhaltensfacette ist die Stimme laut und nachdrücklich, die Sprache energisch und direkt. Die Sätze sind kurz, enthalten in der Regel nur einen Gedanken und das Satzzeichen wird mitgesprochen. Punkt, Ausrufungszeichen oder Fragezeichen sind eindeutig zu hören. Antworten erfolgen rasch und gezielt, genau so werden Fragen gestellt. Da in Rot keine langen und komplizierten Sätze gebildet werden, hören Sie kaum einmal ein „Äh“.
Gelb am Telefon erkennen Hier ist die Stimme freundlich und gefühlsbetont lebhaft, die Sprache ist offen, direkt und bildhaft. Die Lautstärke ist fast so wie bei Rot, wirkt aber nicht so eindringlich. Zwischen den einzelnen Sätzen gibt es kaum Pausen. Häufig werden mehrere Sätze durch „und“ verbunden, was dann durch die folgerichtig erzwungene Denkpause immer wieder zum gelben „Äh“, dem „Ähm“, führt.
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So führen Sie gewinnende Verkaufsgespräche
Grün am Telefon erkennen Wenn Sie sich gegenseitig nicht kennen, ist die Stimme in Grün leise und wirkt zurückhaltend bis reserviert. Kennt Sie Ihr Gesprächspartner, dann bleibt die Stimme leise (im Vergleich zu Gelb oder Rot), ist aber angenehm sanft und freundlich. Grün spricht ruhig und gleichmäßig, dabei immer vorsichtig. Letzteres führt zum grünen „Äh“, das wie „Mh“ klingt und besonders jeder betont vorsichtig formulierten Aussage vorausgeht.
Blau am Telefon erkennen In dieser Grundemotion ist die Stimme sehr gleichmäßig, meist ohne merkliche Modulation. Der Ton ist sachlich, nüchtern und beherrscht. Über Antworten wird stets nachgedacht, was Sie nicht vorschnell als Reserviertheit auslegen sollten. In Blau wirken Formulierungen meist durchdacht, oft sogar druckreif. Beides geht mit langen, komplizierten Sätzen einher, was unfehlbar zum echten „Äh“ führt. Ja, Sie lesen richtig – wiederholtes „Äh“ ist ein sehr zuverlässiger Indikator für Blau. Bei dieser kurzen Betrachtung ist natürlich eines wichtig: Die Wirkung einer Telefonstimme hängt – wie jede Wirkung anderer Grundemotionen – stark von der eigenen aktiven Grundemotion ab. Aus Gelb oder Grün heraus wirkt Blau natürlich weitaus nüchterner als aus Blau oder Rot. Und natürlich auch umgekehrt. So erscheint Gelb Blau besonders Blau, Grün Rot besonders Rot, Blau Gelb besonders Gelb und auch Rot erscheint Grün besonders Grün.
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Anhaltspunkte sammeln bei der Eröffnung des Telefonats Gerade am Anfang eines Telefonates können Sie sich die fehlende visuelle Rückkopplung nur durch Fragen und die Interpretation der daraus resultierenden Antworten holen. Im folgenden Kapitel 4.3 gehen wir noch sehr detailliert auf die unterschiedlichen Reaktionen der einzelnen Facetten auf Fragen ein. Jetzt widmen wir uns vor allem der Eröffnung eines Telefonats. Besonders wenn Sie anrufen, müssen Sie sich Ihre Gelegenheit, Anhaltspunkte für die aktive Verhaltensfacette zu gewinnen, durch Fragen erst schaffen. Sie müssen den Angerufenen schnell aus der Rolle des Zuhörers herausholen. Andernfalls setzen Sie Ihre Botschaft im Wortsinne „blind“ ab. i Beispiel Kaltakquise: „Guten Tag, Frau Huber, ich weiß natürlich, dass Ihre Zeit besonders jetzt sehr kostbar ist. Haben Sie trotzdem zwei Minuten für mich?“ Die Grundidee einer solchen Formulierung ist die direkte Ansprache von Gelb durch das „auf den Sockel stellen“. Falls die Frage auf Rot trifft, ist hier der Sockel natürlich auch nützlich. Bleibt der Angerufene in Blau, dann gibt es eine zumindest neutrale Reaktion. In Grün schließlich fällt es ohnehin schwer, einfach „Nein“ zu sagen. Die freundliche und (scheinbar) verständnisvolle Ansprache wirkt auf jeden Fall positiv, wenn sie auf Grün trifft. X Übung: Betrachten wir Beispiele für konkrete Reaktionen und die zugehörigen farblichen Indizien. Welche Farben identifizieren Sie in den Antworten? a) „Worum geht es?“ Indiz für……………. b) „Das kommt ganz darauf an.“ Indiz für……………. c) „Nein.“ Indiz für……………. d) „Oh, das ist gerade ganz schlecht“ Indiz für……………. e) „Nein, jetzt nicht.“ Indiz für……………. f) „Was wollen Sie?“ Indiz für……………. g) „Das kommt ganz darauf an, worum es geht.“ Indiz für……………. 136
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So führen Sie gewinnende Verkaufsgespräche
h) „Vielleicht. Schießen Sie mal los.“ i) „Okay, zwei Minuten.“ j) „Die Zeit läuft.“ k) „Im Moment ist es eigentlich schlecht.“
Indiz für……………. Indiz für……………. Indiz für……………. Indiz für…………….
i Beispiel Nachfassen: „Guten Tag, Herr Müller, Sie interessieren sich für das Produkt X. Deshalb haben wir letzten Dienstag die gewünschten Unterlagen an Sie verschickt. Haben Sie damit die Informationen, die Sie wünschen? Sind noch Fragen offen? Kann ich Sie bei Ihrer Entscheidungsfindung unterstützen?“ Hier wird der Angerufene sachlich über das Anliegen informiert. Die drei geschlossenen sachlichen Fragen wirken zusammen wie die offene Frage „Was brauchen Sie noch, um sich zu entscheiden?“, erzeugen aber weniger unmittelbaren Druck und liefern stattdessen Ansatzpunkte für den weiteren Gesprächsverlauf. Vor allem werden unmittelbare Gegenreaktionen vermieden, die Sie durch die direkte Frage erhalten können. Zum Beispiel: Y „Wer sagt Ihnen, dass ich mich schon entscheiden will?“ (Rot) Y „Na, so schnell kann ich mich nicht entscheiden. Rufen Sie nächste Woche wieder an.“ (Gelb) Y „Wir haben noch nicht alles mit den Zuständigen besprochen. Geben Sie uns bitte noch etwas Zeit.“ (Grün) Y „Wir sind noch in der Sichtungsphase. Wir kommen auf Sie zu, wenn wir alles geprüft haben.“ (Blau) In keinem dieser Beispiele sind Sie mit der direkten Frage Ihrem Ziel näher gekommen. Dagegen kommen Sie mit den drei Fragen aus obigem Beispiel weiter ins Gespräch. Mit Rot kommen Sie direkt zu etwaigen Fragen und klären, wo Sie mit Ihrem Angebot stehen und wie es weitergeht. Gelb laden Sie dazu ein, Ihnen weitere nützliche Informationen und Anhaltspunkte zu geben, die Sie brauchen, um eine Entscheidung voranzutreiben. In Grün dankt Ihnen der Angerufene sowohl für die höfliche Formulierung als auch für das angenehme Gefühl, nicht gleich unter Druck gesetzt zu werden. Blau fühlt sich sachlich, konkret und problembezogen angesprochen, womit Sie direkt in eine fachliche Diskussion kommen.
Verhaltensfacetten am Telefon erkennen und ansprechen
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rt behandeln
Kommen wir zu unserem Beispiel aus der Kaltakquise zurück. Natürlich macht immer vor allem der Ton die Musik. Rein von der Formulierung her ergeben sich folgende Indizien: Y Indizien für Rot liefern die Antworten a, c, e, f, i und j. Bei a, f, i und j können Sie Ihr Thema platzieren. Bei c ist die nächste Frage „Darf ich fragen warum?“, und bei e geht es um das „Wann dann?“. Y Indizien für Gelb liefern die Antworten b, d, g und h. Nach Antwort b, g und h können Sie zum Beispiel mit „Ich wusste, dass Sie ein offener Mensch sind!“ gleich Ihre Botschaft in Gelb loswerden. Nach d werden Sie erfahren, wann es dann besser passt. Y Indizien für Grün finden sich in den vorsichtig bis relativierend formulierten Antworten d und k. In beiden Fällen können Sie natürlich Ihr Anliegen vorbringen. Y Indizien für Blau liefert Antwort g. Hier sagen Sie einfach, worum es geht. Natürlich kommen auch a, c, e und f für Blau in Frage, wenn die Stimme dazu passt.
Wichtig: Zuverlässige Indizien für die momentane Grundemotion Ihres Gesprächspartners ergeben sich immer aus dem Zusammenspiel von Stimme und verbaler Aussage.
4.3 Einwände und Vorwände differenziert behandeln Neben „Dumpingpreisen“ der Konkurrenz sehen Verkäufer Standardvorwände der Kunden als ein großes Problem an: „Ich habe gerade keine Zeit … unser Budget ist erschöpft … schicken Sie mir Unterlagen … wir haben keinen Bedarf …“. Doch Vorwand ist nicht gleich Einwand! Einwände sind konkrete Gesprächsbeiträge. Wie erkennen Sie, ob ein Kunde eine schnelle Ausrede, 138
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nichts anderes ist ein Vorwand, benutzt, um Sie abzuwimmeln? Was ist der wahre Grund? Hat er tatsächlich keine Zeit? Braucht er wirklich keine neue Datenbank oder hat er einfach keine Lust, gerade jetzt mit Ihnen darüber zu sprechen? Will er nicht alleine entscheiden oder darf er es nicht und braucht daher schriftliche Unterlagen für seinen IT-Leiter? PEK unterstützt Sie auch dabei, Einwände und Vorwände zu unterscheiden und dann geeignet darauf zu reagieren. Deshalb betrachten wir zuerst Einwände, die sehr häufig nur Vorwände sind und mit denen Sie oft schon am Telefon konfrontiert werden. Wie Sie dabei die bei Ihrem Gesprächspartner gerade aktive Grundemotion erkennen, haben wir in Kapitel 4.2 besprochen. Da der Einwand kaum das erste ist, was der Kunde zu Ihnen sagt, haben Sie gute Chancen, die Grundemotion herauszuhören, in der der Einwand vorgebracht wird. Wenn Sie noch unsicher sind, fragen Sie neutraler, aber fragen müssen Sie. x Tipp: Geben Sie am Telefon nur minimale Informationen. Jedes Wort zu viel ist eine Vorlage für Vorwände.
Klassische Vorwände (meist am Telefon) „Kein Bedarf“ Wenn jemand wirklich keinen Bedarf oder im Augenblick kein Interesse hat, dann müssen Sie dies natürlich akzeptieren. Doch das haben Sie bei einem Termin vor Ort mit den in Kapitel 4.1 ausführlich besprochenen Fragen bereits herausgefunden. Deshalb geht es jetzt um „Kein Bedarf“ am Telefon. Y Kunde in Rot: Wenn Sie direkt abgewimmelt werden, ohne dass Sie Ihr Anliegen angemessen (angemessen heißt am Telefon keinesfalls ausführlich) darstellen konnten, dann nehmen Sie das ernst, fragen aber trotzdem nach: „Wie/Womit arbeiten Sie zurzeit?“ oder „Setzen Sie ein solches Tool überhaupt nicht ein?“. Nach der Antwort auf diese geschlossene Frage klären Sie „Warum nicht“ bzw. „Was dann“. Wenn sich Rot durch die Antworten bestätigt und Sie mit Ihren Fragen nicht weiterEinwände und Vorwände differenziert behandeln
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kommen, dann akzeptieren Sie das und verabschieden sich souverän. Andernfalls sind Sie natürlich im Gespräch. Fordern Sie Rot jetzt heraus! Kunde in Gelb: Unabhängig davon, ob es momentan ein Vorwand ist oder nicht – von Gelb bekommen Sie auf jeden Fall nützliche Informationen. Die Fragen sind zunächst analog wie bei Rot – aber natürlich gelb formuliert: „Interessant. Sie machen mich neugierig. Wie/Womit arbeiten Sie zur Zeit?“ oder „Wie kommen Sie denn ohne ein solches Tool aus?“. Wenn Ihre erste Vermutung, der Kunde spricht aus der gelben Grundemotion zu Ihnen, zutrifft, dann hören Sie jetzt einfach zu. Vielleicht bietet sich die Chance, Gelb zu locken: „Da habe ich aber jetzt doch eine einmalige Idee für Sie, die dürfen Sie sich auch als Marktführer nicht einfach so entgehen lassen. Haben Sie übermorgen eine Stunde Zeit?“ Kunde in Grün: Kunden in Grün sind zwar nicht so offen wie in Gelb. Aber wenn Sie behutsam fragen, erfahren Sie auch hier, ob wirklich kein Bedarf besteht oder wo es doch Ansatzpunkte gibt. Auf „daran haben wir leider keinen Bedarf“ („leider“ deutet sehr stark auf Grün) fragen Sie höflich: „Darf ich Sie dann bitte fragen, was Sie heute einsetzen/wie Sie das ohne … lösen? Sie würden mir damit sehr helfen.“ Grün antwortet Ihnen auf jeden Fall. Bleiben Sie zurückhaltend höflich, fragen Sie behutsam, dann erfahren Sie, was Sie wissen müssen. Ergibt sich ein Anknüpfungspunkt, dann bitten Sie um einen Termin. Etwa mit „Frau Meyerhuber, wenn Sie mir die Chance geben, unsere Lösung einmal persönlich bei Ihnen vorzustellen, dann können Sie danach in aller Ruhe ….“ Wenn Sie nun keinen Termin bei Frau Meyerhuber bekommen, dann ist sie nicht mehr in Grün, oder sie hat wirklich keinen Bedarf. Kunde in Blau: Da Blau Sie nicht sofort abblockt, sondern erst einmal zuhört, haben Sie bereits darstellen können, worum es geht. Fragen Sie aber trotzdem nach: „Können Sie mir sagen, wie/womit Sie zurzeit arbeiten?“ oder „Darf ich daraus schließen, Sie setzen ein solches Tool überhaupt nicht ein?“. Nach der Antwort auf diese geschlossene Frage klären Sie mit Blau „Warum nicht“ bzw. „Was dann“. Blau müssen Sie einfach nur höflicher fragen als Rot. Das macht die Fragen länger, aber sie werden auch ausführlicher beantwortet. Kommen Sie mit Ihren Fragen nicht weiter, dann akzeptieren Sie das und verabschieden sich höflich. Andernfalls sind Sie natürlich im Gespräch. Bitten Sie dann um ein „garantiert unverbindliches Informationsgespräch“.
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„Keine Zeit!“ Mit diesem Vorwand versucht der Kunde, ein Telefonat schnell zu beenden. Fragen Sie nach. „Wann soll ich Sie wieder anrufen?“ passt für Rot und Blau, „Wann passt es Ihnen denn besser?“ für Gelb und „Das tut mir leid. Wann darf ich Sie wieder anrufen?“ für Grün. Wenn Sie zu diesem Zeitpunkt noch keine Vermutung zur Farbe Ihres Gesprächspartners haben, dann nehmen Sie die erste Frage. Das entspricht unserer sachlich geprägten deutschen Kultur. Doch auch wenn Sie einen Termin haben, kann Ihr Gesprächspartner Sie mit dieser Nachricht empfangen – ohne vorher abgesagt zu haben! Oder die Absage hat Sie nicht mehr erreicht. Auf keinen Fall muss jetzt alles verloren sein, zumindest nicht dieser Kunde. Y Kunde in Rot: Mit einer knappen Entschuldigung wird Ihnen Ihr Kunde einen neuen Termin anbieten. Fragt er stattdessen nach Unterlagen, dann geben Sie ihm diese keinesfalls (siehe nächster Vorwand) und bitten um einen neuen Termin. Jammern und Klagen über die vergebliche Anreise nützt nichts, aber das wissen Sie ja schon. Wenn Sie Missachtung spüren, stellt sich natürlich die Frage, ob Sie Ihre Energie nicht sinnvoller einsetzen können. Y Kunde in Gelb: Hier passiert es nicht selten, dass Gelb im Trubel einfach einen Termin verschwitzt oder einfach nur vergisst abzusagen. In dieser Facette ändern sich Prioritäten oft und schnell. Akzeptieren Sie die Entschuldigung, vereinbaren Sie einen neuen Termin und lassen Sie keine Unterlagen da. Natürlich können Sie durch Schildern Ihrer Unannehmlichkeiten versuchen, ein grünes schlechtes Gewissen aufzubauen. Das kann durchaus erfolgreich und dann natürlich nützlich sein. Y Kunde in Grün: Da Grün sorgsam mit seinem Terminplan umgeht und vereinbarte Termine sehr ernst nimmt, kann es nur sein, dass Sie die Absage nicht mehr erhalten haben. Da Grün Unangenehmes lieber per E-Mail mitteilt, kann das natürlich leicht passieren. Oder jemand in Ihrem Hause hat vergessen, Sie zu informieren. Auf jeden Fall ist Grün die Sache sehr unangenehm – was Ihnen langfristig helfen kann. Aber durchaus auch schon kurzfristig. Wenn Sie mit der Verabschiedung zögern und Ihrem Gesprächspartner das Steuer überlassen, bekommen Sie vielleicht doch Ihren Termin und etwas anderes muss warten. Sonst vereinbaren Sie einen neuen Termin, vielleicht auch erst nach Ihrer Rückkehr ins Büro, falls Grün keinen Kalender griffbereit hat. Einwände und Vorwände differenziert behandeln
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Kunde in Blau: Blau ist genau so sorgsam wie Grün und schickt Absagen fast ausschließlich per E-Mail oder Fax. Haben Sie die nicht bekommen, dann klären Sie plausibel warum. Andernfalls kommen Sie womöglich in den Verdacht, schlecht organisiert zu sein. Da der Tag Ihres Kunden in Blau wohl durchgeplant ist, vereinbaren Sie einen neuen Termin und beklagen sich über nichts. Wenn Sie Glück und die Zeit haben, kann Ihr Kunde noch etwas umorganisieren, und der Termin findet eine Stunde später statt.
„Schicken Sie mir Unterlagen“ Der klassische Versuch, Sie am Telefon loszuwerden. Sich Unterlagen wirklich anzuschauen kostet mehr Zeit als ein Termin, und man erfährt weit weniger, als wenn man die Unterlagen gemeinsam in einem Gespräch durchgeht. Dies können Sie durchaus als Argument vorbringen. Fragen Sie also, um zu erfahren, warum dieser Interessent Sie nicht sehen will und was Sie für einen Termin tun können. Y Kunde in Rot: Hier können Sie das oben Gesagte offen ansprechen. Fragen Sie, warum er oder sie jetzt keinen Termin mit Ihnen will. Sie werden es erfahren, einen anderen Zeitpunkt für den nächsten Anruf genannt bekommen oder – doch einen Termin. Y Kunde in Gelb: In dieser Facette studiert niemand Unterlagen. Sagen Sie das offen, bedienen Sie dabei das gelbe Geltungsbedürfnis: „Gerade bei Ihnen, in Ihrer Position, macht es doch keinen Sinn, Ihre kostbare Zeit mit Papierkram zu verschwenden. Was ich Ihnen zeigen kann, wird Sie begeistern. Das war bei … und … nicht anders. Wann passt es bei Ihnen?“ Gibt es andere Gründe, so werden Sie die im weiteren Telefonat erfahren. Y Kunde in Grün: Grün formuliert in der Regel „Schicken Sie mir doch bitte erst einmal (vorab) Unterlagen“. Haken Sie bei „erst einmal/vorab“ ein und fragen Sie, was ihm oder ihr an diesen Vorab-Unterlagen denn besonders wichtig sei. Bekommen Sie darauf keine plausible Antwort, wissen Sie, dass dies ein Vorwand ist, und können weiterfragen. Ist die Erklärung nachvollziehbar, versprechen Sie, zu Ihrem Termin genau auf dieses Bedürfnis abgestimmte Unterlagen mitzubringen. Wenn dies noch nicht zur Fixierung eines Termins ausreicht, dann versuchen Sie, 142
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Unterlagen gegen Termin zu „tauschen“. Verabreden Sie dabei genau, nach welcher Zeitspanne nach dem Versand der Unterlagen Sie den Termin festsetzen können, falls es nicht – besser – gleich geschieht. Kunde in Blau: Wie bei Rot können Sie Ihren oben beschriebenen Gegeneinwand offen ansprechen. Von Blau erfahren Sie, ob und, wenn ja, wie es weitergehen kann.
„Das muss ich mir noch einmal überlegen!“ Dieser Vorwand signalisiert, dass hier etwas nicht stimmt. Ihr Kunde will sich mit dieser vagen Aussage einer Entscheidungssituation entziehen. Warum? Das müssen Sie jetzt erfragen. Y Kunde in Rot: Wenn Rot zu diesem Mittel greift, hat er oder sie höchstwahrscheinlich kein Interesse und will das, warum auch immer, nicht sagen. Wenn noch Klärungsbedarf besteht, dann fragt Rot. Fragen Sie trotzdem, was er oder sie sich genau überlegen will. Vielleicht übersteigt der von Ihnen genannte Preis sein Budget und er will das nicht zugeben. Wichtig ist, dass Sie wissen, woran Sie sind und warum Sie hier nicht zum Zuge kommen. Y Kunde in Blau: Ein Kunde in Blau hat nach Ihren Ausführungen eventuell weiterhin Zweifel, ob Sie der richtige Partner sind, oder er hat bereits weitere Angebote auf dem Tisch, die er vergleichen möchte. Sie sollten diesen Kunden auf jeden Fall fragen, über welche Punkte er noch nachdenken muss, damit Sie diese Frage klären: „Über welche Aspekte wollen Sie sich noch mehr Klarheit verschaffen?“. Wenn er fachliche Zweifel hat, können Sie hier nachlegen, wenn er vergleichen möchte, können Sie zumindest erfragen, welche Konkurrenzprodukte für ihn in Betracht kommen, und die Vorzüge Ihrer Firma noch einmal zusammenfassend herausarbeiten. Versuchen Sie aber nicht, eine Entscheidung zu erzwingen. Wenn überlegt wird, dann in Blau. Y Kunde in Grün: Grün formuliert hier oft „Das muss ich jetzt alles einmal auf mich wirken lassen“. Was nichts daran ändert, dass sich dahinter Bedenken, Unsicherheit oder gar eine bestimmte Sorge verbergen. Fragen Sie deshalb geduldig nach. Sie müssen erfahren, was Ihren Gesprächspartner zum Rückzug bewegt – ohne Druck aufzubauen. Einwände und Vorwände differenziert behandeln
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Bitten Sie um Hilfe. Natürlich braucht Grün Zeit. Doch Sie brauchen die grüne Verbindlichkeit, dass mit Ihrem Angebot oder Vorschlag alles in Ordnung ist. Dann können Sie beruhigt Zeit geben. Kunde in Gelb: Wenn Gelb mit diesem Vorwand kommt, dann haben Sie ihn nicht erreicht, dann ist er nicht begeistert. Sprechen Sie das offen an. „Was gefällt Ihnen an dieser Idee nicht?“ oder „Wenn Sie drei Wünsche frei hätten, was würde sich an meinem Angebot dann ändern?“ Ist Ihr Gesprächspartner in Gelb nicht der Entscheider, brauchen Sie dennoch eine gelbe Zusage, dass er sich für Sie einsetzen wird, etwa „Tolle Idee, die kann ich intern gut verkaufen.“
„Da muss ich erst meinen Vorgesetzten fragen“ Zumeist will sich Ihr Kunde mit dieser Schutzbehauptung einer Entscheidungssituation entziehen. Was fehlt, damit Ihr Angebot klar vom Gesprächspartner akzeptiert wird und er dieses intern vertritt? Danach müssen Sie jetzt fragen. Y Kunde in Rot: Ein Kunde in Rot wird eher „einen Vorgesetzten einbeziehen“ oder „die Angelegenheit intern abstimmen“. Da Rot kein Problem hat, sich klar zu äußern, fragen Sie konkret nach. „Heißt das, Sie selbst akzeptieren das Angebot so, wie es ist?“ Nur wenn das ganz klar bejaht wird, ist es kein Vorwand. Andernfalls fragen Sie weiter. Y Kunde in Gelb: In dieser Grundemotion wird eine Rückfrage gern vorgeschoben, um sich nicht festlegen zu müssen. Die Begeisterung ist in diesem Fall verflogen. Fragen Sie direkt und konkret nach: „Haben Sie dafür alles, was Sie brauchen? Wie sehen Sie die Chancen?“ Wenn hier nicht klare Signale dafür kommen, dass Ihr Kunde voll hinter Ihrem Angebot steht, fragen Sie weiter. So wie im Beispiel zuvor. Y Kunde in Grün: Auch hier gilt: Lassen Sie sich bestätigen, dass Ihr jetziger Ansprechpartner sich für Sie entschieden hat. Fragen Sie behutsam solange, bis Sie sich dessen sicher sind – oder wissen, wo es klemmt. Grün braucht eine Weile, bis er alle Bedenken offen auf den Tisch legt. Y Kunde in Blau: Auch hier müssen Sie wie bei Rot ganz konkret nachfragen, ob für Ihren Gesprächspartner die Entscheidung klar ist oder ob noch Fragen oder gar Probleme offen sind. 144
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Die klassischen Einwände Anders als bei Vorwänden bezieht sich der Einwand immer auf das aktuelle Gespräch und die Inhalte, die Sie Ihrem Gesprächspartner vermittelt haben. Sie haben hier den Vorteil, dass Sie Ihr Gegenüber bereits einschätzen können. Ein Einwand ist nichts anderes als ein Gesprächsbeitrag, bei dem Ihr Gegenüber Ihren Standpunkt oder Ihre Meinung (noch) nicht teilen will. Echte Einwände sind immer ein Zeichen von grundsätzlichem Interesse. Nur nicht-formulierte Einwände sind gefährlich für Sie! So aber haben Sie jetzt die Chance, Argumente deutlicher zu machen und Zweifel oder Bedenken auszuräumen. Im persönlichen Gespräch mit Ihrem Kunden haben Sie keine Mühe, dessen gerade aktive Grundemotion zu erkennen. Dazu kommt die jeweilige Formulierung der Einwände als Rückkopplung und gleichzeitiges Indiz für einen Wechsel der aktiven Grundemotion. Im Grunde ist die Behandlung von Einwänden – anders als bei Vorwänden – ganz normale, konzentrierte Gesprächsführung. Nehmen Sie Einwände ernst, widersprechen Sie nicht einfach, sondern signalisieren Sie zunächst, dass Sie die Bedenken verstehen, und entkräften Sie den Einwand im zweiten Schritt. Verharmlosen Sie dabei nichts. Hinterfragen Sie farbgerecht solange, bis Sie kompetent und konstruktiv darauf eingehen können. Verfahren Sie so wie in Kapitel 4.1 besprochen.
Einwände und Vorwände differenziert behandeln
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5. Abschluss und Preis – Wie die Entscheidungen fallen Machen Sie sich eines bewusst: Ihr Kunde hat in der Regel genau so viel Angst vor der Frage nach dem Preis wie Sie als Verkäufer.
ungen fallen
Darum geht es Sie sind auf Preisverhandlungen fachlich und rhetorisch exzellent vorbereitet. Schließlich haben Sie harte Zahlen in der Hand, die belegen, was Ihren Preis rechtfertigt. Vielleicht wissen Sie sogar, was Ihre härtesten Wettbewerber verlangen. Für jeden Ihrer Kunden haben Sie eine individuelle Strategie entwickelt. Diese basiert auf genauer Kenntnis seiner Bedürfnisse und aktuellen Herausforderungen. Sie sind informiert über die Qualität der Zusammenarbeit, die Umsatz- und Preisentwicklung der letzten Jahre. Sie kennen Ihren Lieferanteil und können Cross-Selling-Möglichkeiten realistisch einschätzen. Zu guter Letzt kennen Sie natürlich auch die inhaltlichen und rhetorischen Strategien der Einkäufer. Damit haben Sie zwar Ihre Hausaufgaben gemacht, eine solide fachliche Basis geschaffen – doch das tun Ihre Kollegen vom ernsthaften Wettbewerb auch. In diesem Kapitel lesen Sie, was Ihnen wirklich einen Vorsprung sichert und Ihrem Fachwissen durchschlagende Wirkung verschafft.
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Abschluss und Preis – Wie die Entscheidungen fallen
5.1 Zum Abschluss kommen – Wie die Facetten entscheiden
Zum Abschlu
Hirnforscher und Psychologen sind sich mittlerweile einig: Mindestens 80 Prozent aller Entscheidungen fallen im emotionalen Unterbewusstsein. In diesem Kapitel geht es deshalb speziell darum, wie Entscheidungen in den vier Grundemotionen fallen, welche Anforderungen sich daraus für Ihre Angebote ergeben und wie Sie schließlich Hindernisse im Entscheidungsprozess sicher erkennen und zur Zufriedenheit Ihres Kunden aus dem Weg räumen können. Obwohl jeder Mensch täglich eine Vielzahl von Entscheidungen treffen muss und natürlich auch trifft, entwickelt sich daraus keine Standardroutine. In jeder Grundemotion sind die Reaktion auf Entscheidungsdruck und der Umgang mit der „Qual der Wahl“ völlig unterschiedlich.
Entscheidungen in der roten Grundemotion Wer in der roten Grundemotion vor einer Entscheidung steht, vielleicht sogar unter Zeitdruck, sieht das nicht als Stresssituation. In Rot fallen Entscheidungen bewusst, unter Abwägung der als wichtig eingeschätzten Parameter. Eine Entscheidung wird in der Regel nur dann verweigert, wenn die zur Wahl stehenden Alternativen unklar oder zu zahlreich sind. Völlig kontraproduktiv ist eine Aufforderung der Art „Wir können so wie bisher nicht weitermachen. Sie müssen jetzt eine Entscheidung treffen.“ Das Beste, was Ihnen hier passieren kann, ist ein Auftrag zur Entwicklung von Lösungsvorschlägen. Ein passendes Sprichwort für Rot ist die Kombination von „aller guten Dinge sind drei“ und „weniger ist mehr“. Wenn Ihr Kunde in der roten Grundemotion Ihnen die Möglichkeit gibt, ein Angebot zu unterbreiten, dann tut er das nicht, ohne einen konkreten Bedarf zu haben. Da Rot bereit und in der Lage ist, sich schnell zu entscheiden, befinden Sie sich als Verkäufer in einem solchen Gespräch automaZum Abschluss kommen – Wie die Facetten entscheiden
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tisch in einer Abschlusssituation. Bereiten Sie sich darauf vor und bleiben Sie immer konzentriert, besonders dann, wenn die Vorfreude auf den Auftrag Ihr Gelb auf den Plan ruft. Wenn es Ihr Produkt zulässt, stellen Sie zwei Alternativen zur Wahl. Geben Sie für beide Möglichkeiten wenige stichhaltige Argumente. Ausführliche Erklärungen oder zu viele Details interessieren in der roten Facette nicht und werden schnell kontraproduktiv. Die Hauptargumente für Ihr Produkt, Ihre Dienstleistung oder Ihr persönliches Anliegen müssen Sie in wenigen klaren Worten parat haben. Zwei Alternativen lassen sich gut überblicken und ihr Für und Wider schnell abwägen. Und es ist eine echte Wahl. Das ist sowohl gut für Sie, schließlich haben Sie eine zweifache Gewinnchance, als auch für Ihren Kunden in Rot, der autonom entscheiden will. Drei Alternativen sind bei einem Kunden in Rot schon grenzwertig, schließlich ist in dieser Facette der Geduldsfaden sehr dünn. Wenn Sie also ein breites Portfolio haben, überlegen Sie vorher gut, was Sie daraus anbieten. Aus roter Sicht unterstreicht es Ihre Kompetenz, wenn Sie nicht mit einem „Bauchladen“ zum Gespräch erscheinen. Für den Fall, dass Sie nur eine Möglichkeit anbieten können, stellen Sie Ihren Kunden zwar auch vor eine Wahl, die da heißt „nehmen“ oder „nicht nehmen“. Das ist kritisch für Sie, denn Sie können schnell mit leeren Händen dastehen. Deshalb ist es wichtig, für einen solchen Fall Argumente zu haben, die das rote Ego bestärken. Bringen Sie auf den Punkt, was Ihr Kunde von Ihrem Angebot konkret hat, zum Beispiel „eine brandneue Lösung, die Ihren Vorsprung im Markt vergrößert, durch …“ oder „damit setzen Sie in Ihrer Branche ein Zeichen, denn …“ Rot lässt sich durchaus auch herausfordern, etwa mit „das ist unsere neueste Entwicklung, Sie sind einer der wenigen, denen ich sie anbieten kann. Die meisten Kunden wollen erst einmal abwarten, wie sich die Konjunktur entwickelt …“ Da Rot selten das tut, was die meisten tun, und sich außerdem deutlich über dem Durchschnitt sieht, steigern Sie damit Ihre Chancen auf einen Abschluss. Überziehen Sie jedoch nicht, bleiben Sie danach eng am Thema und argumentieren Sie mit konkreten Daten und Fakten. Kunden in Rot haben eine feine Antenne für Manipulationsversuche. Widerstehen Sie deshalb auf jeden Fall der Versuchung, einer Lösung, die einen nachweisbaren Nutzen für Ihren Kunden besitzt, eine Scheinlösung zur Seite zu stellen, die nur sehr oberflächlich betrachtet eine echte Alternative darstellt. Sollte dies auffliegen, dann ist Ihre Situation beim Kunden schwierig, wenn nicht gar aussichtslos. 148
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Abschluss und Preis – Wie die Entscheidungen fallen
Mit der richtigen Einstellung, einer soliden Vorbereitung und natürlich einem erstklassigen Angebot sind Verkaufsgespräche mit Kunden in ihrer roten Facette stets angenehm. Falls Sie das nicht in Ihrer roten oder blauen Grundemotion lesen, denn gehen Sie an dieser Stelle noch einmal zurück zu Kapitel 2.2, „Verkäufer in Grün trifft auf Kunden in Rot“ – das gilt übrigens auch für Gelb.
Entscheidungen in der gelben Grundemotion Kunden in der gelben Facette sind begeisterungsfähig, aber nicht entscheidungsfreudig: Sie halten sich gerne alle Möglichkeiten offen. Der typische gelbe Satz lautet „das ist eine tolle Lösung, die gefällt mir. Das zeige ich gleich meinem Chef / meinen Kollegen / unseren Spezialisten.“ Das freut einen Verkäufer in Gelb und beruhigt einen Verkäufer in Grün. Deshalb verstehen sich Verkäufer und Kunden in Gelb gut, machen aber nur Geschäft, wenn ein drängender, konkreter Bedarf den Kunden ohne Wenn und Aber zum Abschluss zwingt. Und wenn ihnen nicht ein cleverer, zielstrebiger Kollege damit zuvorkommt. Was können Sie also tun, wenn Ihr gelber Kunde keinen Kaufzwang erkennen lässt oder wenn er unschlüssig ist, bei wem er jetzt kaufen soll? Zum Glück eine ganze Menge, und die Werbung, die täglich die gelbe Grundemotion der Verbraucher anspricht, produziert ständig neue Ideen, die Sie nur schöpferisch für Ihr konkretes Geschäft aufgreifen müssen. Dabei nutzen die Werbepsychologen die Schwachstelle der gelben Facette gnadenlos aus: Auch ohne realen, akuten Kaufzwang können Menschen in der gelben Grundemotion in einen „künstlichen“ Bedarf versetzt werden. Natürlich ist es moralisch zweifelhaft und zumindest im B2B-Geschäft mehr als kurzsichtig, seinen Kunden Dinge aufzuschwatzen, die sie gar nicht benötigen. Legitim ist es dagegen, selbst den Bedarf zu decken und die Konkurrenz auf die Plätze zu verweisen. Letzteres ist schließlich Ihre Aufgabe als Verkäufer, dafür werden Sie bezahlt.
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Was also können Sie von der Werbeindustrie lernen, um Ihren Kunden auch in Gelb das zu verkaufen, was sie benötigen? Vor allem eines: Machen Sie einem Kunden in seiner gelben Facette, der an einem Angebot schon sichtbares Interesse zeigt, keine weiteren Vorschläge mehr. Dies potenziert seine Unentschlossenheit, und Sie machen Ihrem Kunden und sich selbst unnötig das Leben schwer. Bleiben Sie also bei dem für Ihren Kunden interessanten Angebot. Und locken oder schieben Sie ihn über seine Hemmschwelle. Dabei helfen Ihnen die drei folgenden Prinzipien. Y Das Eisbecher-Prinzip. Sinnbildlich füllen Sie dabei eine Kugel Vanilleeis in einen schön geformten Eisbrecher. Sie zeigen diesen Ihrem Kunden und der ist durchaus nicht abgeneigt, greift aber nicht zu, weil es nebenan, sagen wir, Schokoladeneis gibt. Sie merken das und füllen den Becher zusätzlich mit leckeren frischen Früchten. Das Interesse Ihres Kunden steigt, doch er zögert immer noch. Hinter Ihrem Eisstand hat er ein Plakat entdeckt, das für frisch gepressten Orangensaft wirbt. Deshalb decken Sie Eis und Früchte mit vor seinen Augen frisch geschlagener Sahne ab. Jetzt kommt Ihr Kunde langsam näher, zögert aber immer noch zuzugreifen. Nun streuen Sie noch leckere Schokostreusel auf Ihr Kunstwerk. Dazu beschreiben Sie noch einmal genießerisch die bisherigen Zutaten Ihres Eisbechers. Sie lassen Ihren Kunden dabei nicht aus den Augen und versehen Ihr Kunstwerk mit einem elegant geschwungenen langen Löffel und einem Strohhalm. Der Kunde muss also nur noch zugreifen und mit dem eleganten Löffel den ersten Bissen in den Mund führen. Er schmeckt förmlich das köstliche Gemisch aus cremiger Sahne, frischen Früchten und aromatisch kühlem Vanilleeis. Ihr Kunde kann nicht mehr anders, er kauft Ihren Eisbecher. Vielleicht nicht ganz so ausführlich, aber nach dem gleichen Prinzip werden in Kinos und Fußballstadien Eis, Getränke oder Snacks verkauft. Auch viele Autoverkäufer steigern auf diese Weise ihren Absatz, indem sie erst das Audiosystem, dann die Klimaanlage, vielleicht noch die Freisprechanlagen für das Telefon oder die Metalliclackierung in ihr Angebotspaket integrieren. Wenn Sie es nicht mit Endkunden, sondern mit geschulten Geschäftsleuten zu tun haben, müssen Sie natürlich subtiler vorgehen. Aber das Prinzip bleibt das gleiche – Sie machen Ihr Produkt und Ihre Leistung Schritt für Schritt begehrenswerter. Natürlich nur, solange Ihr Gegenüber in der gelben Grundemotion bleibt. 150
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Auch bei einem scheinbar völlig „unemotionalen“ Angebot, sagen wir einer Software, können Sie das Eisbecherprinzip anwenden: „Natürlich müssen Sie die Katze nicht im Sack kaufen. Einer unserer Topspezialisten wird Ihnen das System installieren, Ihre Mitarbeiter einweisen, und während des einwöchigen Probebetriebs steht Ihnen unser freundliches Call-Center sieben Tage die Woche für 24 Stunden mit Rat und Tat zur Seite.“ Nach einer kleinen Pause können Sie dann nachlegen, etwa: „Wenn wirklich mal ein User ein Problem hat, dann können Sie das ganz entspannt von Ihrem Schreibtisch aus beheben, anstatt durch die halbe Firma zu hetzen und mit einem genervten Mitarbeiter im Rücken unter Zeitdruck herauszufinden, was los ist.“ Das letzte-Stück-Torte-Prinzip. In vielen Cafés kann man sich seinen Kuchen am Buffet aussuchen. Während der Blick des Kunden in Gelb voller Vorfreude aber noch unschlüssig ob der großen Auswahl über die Auslagen schweift, weist die freundliche Bedienung auf ein einsames Stück Käsesahnetorte inmitten einer sonst leeren Platte hin. Nach den Worten „Das ist unser Renner heute, mit unserer fluffigen Schlagsahne schmeckt es aber auch einfach umwerfend. Leider ist es unser letztes Stück für heute“ ist wohl klar, was Gelb nimmt. Eine Formulierung wie „Dieses Notebook ist eigentlich schon seit Tagen ausverkauft, diese Palette stand an einem falschen Lagerplatz. Vielleicht sollte es einfach so sein, dass diese zwölf Geräte noch da sind, wenn Sie kommen. Schließlich wissen wir nicht, wann die neue Lieferung eintrifft“ wird Ihrem interessierten Kunden, der noch unschlüssig ist, die Entscheidung abnehmen. Das Schlussverkauf-Prinzip. „Dieses spezielle Angebot gilt nur noch in diesem Monat“ sollten Sie sich bei Kunden in Rot oder Blau unbedingt verkneifen. Blau wird gar nicht reagieren und Rot mitleidig lächeln, wenn Sie Glück haben. Bei Ihrem kaufbereiten, doch gelb unentschlossenen Kunden können Sie aber schon langsam das Auftragsformular vorbereiten.
Wenn Sie diese Prinzipien mit Augenmaß und dem Gespür für wirklichen Bedarf bei Ihren Kunden, die Ihnen in der gelben Grundemotion begegnen, gezielt anwenden, werden die Ihnen jedes Mal dankbar sein. Schließlich verhelfen Sie Gelb dazu, die Freude an einem guten Geschäft auszukosten. Und Sie stellen für sich sicher, dass auch dieses Geschäft bei Ihnen bleibt.
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Lassen Sie diese Prinzipien aber auf keinen Fall zu einer bloßen Routine oder zu einer Standardtechnik werden. Mit Kunden, die Ihnen in Rot, Grün oder Blau gegenübersitzen, verderben Sie sich, aus jeweils völlig unterschiedlichen Gründen, unnötig das Geschäft.
Entscheidungen in der grünen Grundemotion Entscheidungen in der grünen Grundemotion haben viele Gemeinsamkeiten mit denen der gelben Facette. Kunden in Grün interessieren sich durchaus für die verschiedenen Möglichkeiten eines Angebotsspektrums. Allerdings kann man sie weder für eine von mehreren nahezu gleichwertigen Alternativen begeistern, noch durch eine tief schürfende Analyse überzeugen. Ihre Kunden in Grün wollen sicher sein, dass das Produkt oder die Lösung, für die sie sich letztlich entscheiden, genau die richtige für sie und ihre Bedürfnisse ist. Wenn Sie also sehen, dass Ihr Kunde sich für ein bestimmtes Angebot interessiert, und Sie überzeugt davon sind, dass es seine Anforderungen und Bedürfnisse erfüllt, dann bleiben Sie dabei und konzentrieren Sie sich darauf, Ihren Kunden zu motivieren, genau dieses Angebot anzunehmen. Und dies ist der große Unterschied zur gelben Grundemotion. Bei Grün dürfen Sie keinerlei Druck ausüben, und Grün können Sie auch nicht wortreich überreden. Stattdessen geht es hier darum, behutsam und geduldig Vertrauen aufzubauen und die Sicherheit wachsen zu lassen, dass die anstehende Entscheidung gut und richtig ist. Dabei ist es für Grün durchaus ein positiver Aspekt, wenn Ihr Geschäft für beide Seiten gleichermaßen vorteilhaft ist. „Das hilft Ihnen und mir weiter. Es ist immer wieder eine Freude, mit Ihnen ein Geschäft abzuschließen.“ So könnte das Credo Ihrer Beziehung zu einem Kunden lauten, mit dem Sie häufig in dessen grüner Grundemotion zum Abschluss kommen.
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Abschluss und Preis – Wie die Entscheidungen fallen
Entscheidungen in der blauen Grundemotion Entscheidungen in der blauen Grundemotion fallen diametral anders als in Gelb. Während es einem Großteil der Werbung wieder und wieder gelingt, die gelbe Grundemotion vieler Menschen anzusprechen und ihnen dadurch nicht selten auch Dinge zu verkaufen, die sie eigentlich gar nicht benötigen, sind Menschen, die auf diese Werbung in der blauen Grundemotion reagieren, dagegen immun. Kunden in ihrer blauen Facette sind entweder schon umfassend informiert oder lassen sich von Ihnen umfassend informieren, bevor sie auch nur einen Gedanken daran verschwenden, etwas zu kaufen. Blau lässt sich weder vordergründig begeistern noch durch Diskussion der wesentlichsten Schlüsselfaktoren überzeugen. Ein Kunde in der blauen Grundemotion wägt alle nur erdenklichen Argumente ab und will stets die beste Alternative unter den bestehenden Möglichkeiten auswählen. Gegenüber Blau müssen Sie sich als Experte zeigen und in der Lage sein, ausführlich und tiefgründig Rede und Antwort zu stehen. Wenn Ihr Angebot nur eine einzige Version umfasst, dann müssen Sie dies überzeugend begründen und nachweisen, dass andere Versionen für Ihren Kunden definitiv keinen Sinn ergeben. Gibt es mehrere Alternativen, dann stellen Sie sicher, dass Sie diese Ihrem Kunden alle mit ihren Vor- und Nachteilen vorstellen. Tun Sie das nicht oder hat Ihr Kunde auch nur das Gefühl, dass Sie das nicht tun, wird er selbst sehr genau recherchieren. Ein Kunde legt in seiner blauen Grundemotion keinen Wert darauf, dass Sie ihm alles detailliert erklären. Im Gegenteil, wenn Sie ihm umfassende und strukturiert aufbereitete Informationen übergeben, ist es ihm am liebsten, wenn er alles selbst und in Ruhe durchgehen und überprüfen kann. „Hier haben Sie alle Daten, überzeugen Sie sich selbst“ oder „Jetzt können Sie alles gründlich durchdenken und selbst entscheiden, welches Modell zu Ihrer konkreten Situation am besten passt.“ Wenn Sie fundierte und überzeugende Unterlagen übergeben haben, sind das genau die richtigen Worte, um Ihren blauen Kunden zu überzeugen und für sich zu gewinnen. Versuchen Sie gar nicht erst zu bluffen. Wenn Ihr Kunde das merkt, sind Sie aus dem Spiel. Geben Sie Blau dagegen alle verfügbaren Informationen, wie Kataloge, VerZum Abschluss kommen – Wie die Facetten entscheiden
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weise im Internet, Studien, Testartikel, Zeitungsberichte, Broschüren und Literaturtipps. So schaffen Sie eine solide Geschäftsgrundlage. Alles, was Sie Blau nicht zur Verfügung stellen, wird er/sie sich aus anderen Quellen beschaffen. Das gilt übrigens auch für den Preis. Geben Sie Blau alle Preisinformationen und liefern Sie die entsprechenden Argumente dazu, wenn Sie teurer sind als ein Konkurrent. Hüten Sie sich vor schwammigen Floskeln! Statt „Wir bieten natürlich nur die beste Qualität“ sollten Sie konkrete Fakten anführen. „Wir forschen zweieinhalbmal solange, um unsere Ergebnisse abzusichern, sind im Verbrauch um sieben Prozent niedriger, haben laut dem Testbericht von XYZ die besten Ergebnisse ...“. Nicht erfolgreich sind Sie bei Kunden in Blau mit Verkaufstechniken. „Wenn Sie heute buchen, bekommen Sie noch einmal zwei Prozent Nachlass obendrauf “, ein Kunde in Blau lässt sich nicht unter Druck setzen. Und auch nicht überrumpeln, etwa mit „Sie wollten doch sicherlich auch Geld sparen. Wenn Sie jetzt nicht zugreifen, werfen Sie Ihr Geld geradezu aus dem Fenster.“ Damit jetzt kein falscher Eindruck entsteht: Wenn Sie ein gutes Produkt anbieten und Ihre Hausaufgaben gemacht haben, haben Sie alle Trümpfe in der Hand, um Ihren Kunden auch in seiner blauen Facette zu überzeugen.
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5.2 Das Preisgespräch: Die richtige Strategie für jede Grundemotion Nachdem wir im letzten Kapitel das Entscheidungsverhalten in jeder der vier Grundemotionen ausführlich betrachtet haben, kommt jetzt das „i-Tüpfelchen“. Die Kaufentscheidung steht an, Ihr Gegenüber hat eindeutig Interesse und vor allem Bedarf signalisiert, Ihr Angebot hat je nach seiner in dieser Gesprächsphase aktiven Grundemotion überzeugt (rot, blau), begeistert (gelb) oder sein Vertrauen gefunden (grün). Zwischen Ihnen und Ihrem Auftrag steht also „nur noch“ die Nennung und Akzeptierung Ihres Preises durch den Kunden …
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Abschluss und Preis – Wie die Entscheidungen fallen
Zu hohe und zu niedrige Preisforderungen Natürlich muss Ihre Preisforderung in jedem Fall glaubwürdig und marktgerecht sein. Auch müssen Ihre Kunden zu Ihrem Angebot und vor allem Ihren Preisen passen: Deren Preisvorstellung und Budget sollte einen Preis hergeben, mit dem Sie zufrieden bis sehr zufrieden sind. Mit einer, aus Sicht des Kunden, deutlich zu hohen Forderung ist das Geschäft in der Regel verloren. Auch eine deutlich zu niedrige Forderung hat oft die gleiche Konsequenz. Im günstigsten Fall machen Sie ein schlechtes Geschäft und beginnen, wenn überhaupt, eine Geschäftsbeziehung mit für Sie ungünstigen Vorzeichen. Beides gilt allgemein und unabhängig von den vier Grundemotionen. Das Verständnis der jeweils unterschiedlichen Reaktion von Kunden in den vier Grundemotionen ist von zentraler Bedeutung für Ihre Vorbereitung auf Preisverhandlungen. Y Die rote Reaktion auf eine deutlich zu hohe Forderung: Sie haben Ihren Kunden in Rot in eine aus seiner Sicht unangenehme Lage gebracht. Nachdem er durch die Frage nach dem Preis klar sein Interesse gezeigt hat, ist es für das rote Ego praktisch eine Demütigung, dass er das, was er haben will, nun aufgrund seiner finanziellen Möglichkeiten nicht bekommt. Die natürliche Reaktion in Rot ist ein „Wir kaufen das normalerweise für den Betrag X, ich weiß wirklich nicht, wie Sie auf Ihren Preis kommen.“ Natürlich kann das auch ein Bluff sein. Dann hat die Preisverhandlung knallhart begonnen. Wenn nicht, dann können Sie sich auch nicht mehr dadurch retten, indem Sie Ihren Preis jetzt drastisch reduzieren. Denn die Demütigung bleibt, und Sie werden jetzt auch noch persönlich unglaubwürdig, wenn nicht gar unseriös. Y Die gelbe Reaktion auf eine deutlich zu hohe Forderung: Da eine solche Situation für Gelb wenig neue Nahrung gibt, ist der Wechsel in Rot oder in Grün die normale Reaktion. Aber auch ein sehr robustes Gelb Ihres Gegenübers hilft Ihnen nicht. Sie werden einfach vertröstet: „Gut, jetzt haben wir alle Informationen und werden das intern besprechen. Wir melden uns bei Interesse wieder bei Ihnen.“ Natürlich meldet sich Ihr Gesprächspartner nie mehr. Selbst wenn es Ihnen gelingt, das Gespräch dennoch fortzusetzen, die gelbe Begeisterung holen Sie nicht mehr zurück. Auch Ihr letztes Mittel, eine (verzweifelte) drastische Reduzierung Das Preisgespräch: Die richtige Strategie für jede Grundemotion
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Ihrer Preisforderung, ruft entweder grünes Misstrauen oder rote Verärgerung auf den Plan. Die grüne Reaktion auf eine deutlich zu hohe Forderung: Dass Ihr Kunde in Grün mit Ihnen über den Preis spricht, ist ein Vertrauensbeweis für Sie und Ihr Angebot. Ihre Preisforderung weit jenseits seiner Erwartungen ist jetzt natürlich eine große Enttäuschung. Bleibt bei Ihrem Gegenüber die grüne Grundemotion verhaltensbestimmend, so wird er oder sie sich sichtbar verschließen und Sie ähnlich wie oben Gelb vertrösten. Natürlich kann die Reaktion auch rote Verärgerung oder blaues Unverständnis sein. In letzterem Fall können Sie noch einige Erklärungen abgeben, das Geschäft bekommen Sie aber trotzdem nicht. Die blaue Reaktion auf eine deutlich zu hohe Forderung: Menschen in ihrer blauen Grundemotion schätzen Vorhersehbarkeit und deshalb keine Überraschungen. Ihre Preisforderung ist sogar eine unliebsame Überraschung. Entweder weckt das die verärgerte rote Grundemotion in Ihrem Gegenüber oder Sie dürfen noch ein paar Fragen beantworten, schließlich will Blau alles verstehen, um beim nächsten Mal nicht wieder überrascht zu werden. In beiden Fällen verlieren Sie jedoch den Auftrag.
Wenn Ihr Preis weit unter der Erwartung des Kunden liegt, werden Sie auch in diesem Fall mit Grün oder Blau nicht ins Geschäft kommen. Denn in beiden Facetten löst Ihr unerwartet niedriger Preis ernste Zweifel sowohl an der angenommenen Qualität Ihres Angebots als auch an Ihrer Seriosität aus. Auch so können Sie ein Geschäft verlieren! Im günstigsten Fall machen Sie mit einem Kunden in Rot oder Gelb ein schlechtes Geschäft und verlieren obendrein den bisher erreichten Respekt und die Augenhöhe mit Ihrem Kunden. x Tipp: Gehen Sie mit drei Limits in die Preisverhandlung: Ihrem niedrigsten Preis, der für Sie akzeptabel ist, Ihrem Preis, mit dem Sie sehr zufrieden wären, und schließlich Ihrer Maximalforderung, deren Höhe Ihr Kunde gerade noch als nicht „unverschämt“ empfindet.
Es ist vor allem die Maximalforderung, die Ihnen den Verhandlungsspielraum verschafft, den Sie brauchen, um möglichst Ihren gewünschten Preis zu erzielen, über die Sie für jede Facette gesondert nachdenken müs156
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Abschluss und Preis – Wie die Entscheidungen fallen
sen. Denn das unterste Limit können Sie nicht verhandeln, und mit welchem Preis Sie sehr zufrieden sein können, bestimmt vor allem Ihr Markt. Beide Limits müssen, wie wir oben gesehen haben, zu Preisvorstellung und Budget Ihres Kunden passen, nahezu unabhängig von aktiven Grundemotionen. An dieser Stelle sei noch einmal ausdrücklich daran erinnert: Ist die „Katze aus dem Sack“, der Preis also genannt, kann dies durchaus eine Änderung der aktiven Grundemotion auslösen – hier ist also Ihre Flexibilität bei der Argumentation Ihres Preises gefragt. (Lesen Sie dazu Kapitel 2.2.) Natürlich ist auch hier Ihre eigene aktive Verhaltensfacette wichtig, verinnerlichen Sie also noch einmal die Checklisten aus diesem Kapitel. Besondere Anforderungen, die sich bei der Umsetzung der folgenden Tipps aus Ihrer eigenen aktiven Grundemotion ergeben, werden besonders hervorgehoben.
Preisgespräche mit den verschiedenen Facetten Ihr Preisgespräch mit einem Kunden in Rot Ihr Gegenüber hat Sie und Ihr Angebot akzeptiert und den darin für ihn liegenden Nutzen erkannt. Kunden in der roten Facette sind keine Schnäppchenjäger und keine Basarhändler, sondern sehr ernstzunehmende, entscheidungswillige Verhandlungspartner. Rot will nicht billig kaufen, Rot will Herausragendes preiswert kaufen. Wenn Ihr Kunde in Rot den Wert Ihres Angebotes nicht schätzt, verbessern Sie es nicht durch einen starken Preisnachlass. Außerdem disqualifizieren Sie sich damit als Verkäufer. Setzen Sie sich also ein realistisches Wunschlimit und steigen Sie mit einer etwa zehn Prozent höheren Forderung in die Preisverhandlung ein. Am Preis wird Ihr Geschäft wie oben gesehen nur scheitern, wenn Sie zu hoch pokern oder Ihr Angebot wirklich nicht ins Budget passt. Zu hoch haben Sie gepokert, wenn Ihre Ausgangsforderung mehr als zehn bis fünfzehn Prozent über der Maximalvorstellung Ihres Kunden liegt. Denn das ist etwa der Verhandlungsspielraum, der als seriös angesehen wird und den Ihr Kunde Das Preisgespräch: Die richtige Strategie für jede Grundemotion
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in Rot auszunutzen versuchen wird. Wenn Sie Glück haben und Ihr Angebot weit gehende Alleinstellungsmerkmale besitzt, kommt Ihnen Rot pragmatisch entgegen und macht Ihnen einen Preisvorschlag, der unterhalb Ihrer Ausgangsforderung liegt, mit dem Sie aber immer noch sehr zufrieden sein können. Natürlich sollten Sie versuchen, noch einmal die wesentlichen Vorteile Ihres Angebotes ins rechte Licht zu setzen. Zum Beispiel mit „Haben Sie dabei berücksichtigt, dass …?“ Wenn Sie hierauf ein überzeugtes „Ja“ hören, sollten Sie einschlagen und dies als Beginn einer guten und lukrativen Geschäftsbeziehung sehen. Aber auch wenn Sie mit Ihrem Angebot in einem harten Wettbewerb stehen, können Sie zwar mit Respekt aber ohne Angst in das Preisgespräch mit Rot gehen. Natürlich verhandeln Sie jetzt nicht nur gegen das Budget Ihres Kunden, sondern auch gegen die Angebote Ihrer Mitbewerber. In ihrer roten Verhaltensfacette achten Kunden auf Hochwertigkeit und ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Das macht es besonders wichtig, Ihre Vorzüge markant auf den Punkt zu bringen, weit wichtiger als den günstigsten Preis zu haben. Die akzeptierten Vorzüge Ihres Angebotes können durchaus die schon erwähnten zehn bis fünfzehn Prozent beim Preis wert sein. Mehr wird sehr schwierig, besonders dann, wenn Ihr Gesprächspartner nicht der alleinige Entscheider ist, also den verhandelten Preis noch intern selbst „verkaufen“ muss. Wichtig beim Preisgespräch mit Rot ist das Halten der Augenhöhe. x Tipp: Überlegen Sie sich vor dem Gespräch genau, welche Zugeständnisse Sie außer dem Preis noch anbieten können, denn das rote Ego erwartet einfach ein Entgegenkommen von Ihnen. Vielleicht können Sie so den Preis aus der Schusslinie bekommen. Wenn Sie feststellen, dass wirklich nur noch der Preis das Problem ist, dann geben Sie nicht einfach klein bei, sondern fassen Sie nach.
Im Verhältnis wozu ist Ihr Preis zu hoch? Was wird miteinander verglichen, sind die Bedingungen identisch? Fragen Sie ganz konkret. Blau wäre in dieser Phase eine für Sie hilfreiche Grundemotion. In jedem Fall hilft Ihnen in dieser kritischen Gesprächsphase eine solide Vorbereitung. Vielleicht sogar, um Ihr eigenes Blau zu aktivieren. Wenn alle Fakten auf dem Tisch liegen und gewürdigt wurden, sollten Sie vermeiden, dass sich Ihr Gespräch im Kreis dreht. Jetzt geht es um Zugeständnisse. Machen Sie diese jedoch nie ohne Gegenleistung – am besten 158
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Abschluss und Preis – Wie die Entscheidungen fallen
natürlich die Auftragserteilung. Wenn Sie keine direkte Gegenleistung einfordern können, dann bündeln Sie Ihre Zugeständnisse und bieten Sie dieses Bündel gegen die Auftragserteilung an. Sie müssen wissen, jedes Zugeständnis, das Sie ohne Gegenleistung gewähren, ist gewährt und kann Rot gegenüber später nicht noch einmal gegengerechnet werden. Schließlich „wurde dieser Punkt ja bereits abgehakt“ und hat aus roter Sicht mit dem aktuellen Gegenstand nichts zu tun. Hoffen Sie also nicht auf ein rotes schlechtes Gewissen.
Ihr Preisgespräch mit einem Kunden in Gelb Ihr Gesprächspartner ist von Ihnen und Ihrem Angebot begeistert, Sie haben die gelben Entscheidungshindernisse gekonnt überwunden. Glückwunsch, jetzt muss Ihr Preisangebot nur noch zur Erwartungshaltung und natürlich ins Budget Ihres Kunden passen. Oder, falls Ihr Gesprächspartner nicht der alleinige oder der finale Entscheider ist, darf Ihr Preis seinen Optimismus, diesen intern „verkaufen“ zu können, nicht schmälern. Es ist also sehr wichtig, dass Ihr Preisangebot zum wirtschaftlichen Rahmen und zum Umfeld passt, in dem sich Ihr Kunde bewegt. Es nützt Ihnen nichts, wenn Ihr Kunde im gelben Überschwang einem Preis zustimmt, dieses aber schnell bereut. Zum Beispiel weil die anderen beteiligten Entscheider den Preis für überzogen halten, oder weil ein Kollege oder Bekannter etwa bemerkt „Da hast Du Dich aber über den Tisch ziehen lassen“. Entweder kommt das ganze Geschäft dann gar nicht erst zustande oder es wird storniert. Selbst wenn das nicht mehr möglich ist, Freude an diesem Auftrag werden Sie kaum haben. Die verletzte gelbe Eitelkeit Ihres Kunden wird Ihnen alle Schwierigkeiten bereiten, die sich aus Gewährleistungs- oder anderen Ansprüchen ergeben. Glücklicherweise können – und sollten – Sie späterer Ernüchterung Ihres Kunden durch sein Umfeld wirksam vorbeugen. Zunächst einmal muss Ihr Preis natürlich marktgerecht sein, wobei er sich durchaus am oberen Ende der Marktspanne bewegen kann. Das Preisgespräch: Die richtige Strategie für jede Grundemotion
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x Tipp: Machen Sie Ihren gelben Kunden zu Ihrem Anwalt, der Ihre Leistung intern gut verkaufen kann. Geben Sie ihm die nötigen Argumente so aufbereitet an die Hand, dass er sie leicht zu seinen eigenen machen und zum Beispiel mit Hintergrund- oder Fachwissen glänzen kann. Etwa durch „der hier verwendete Werkstoff war bis vor wenigen Monaten durch ein Patent geschützt und wurde nur innerhalb der Nasa verwendet. Im Produkt XYZ erfolgt zum ersten Mal eine zivile Nutzung. Somit kann man XYZ mit nichts anderem nun auf dem Markt vergleichen.“ Auch exklusive Referenzen bestärken das gelbe Selbstwertgefühl Ihres Kunden und damit natürlich seine Überzeugungskraft auf Umfeld und Vorgesetzte.
Allgemein gilt: Kunden in Gelb sind empfänglich für Schnäppchen, das können Extraleistungen, limitierte Auflagen oder auch ein (zeitlich befristeter) Preisnachlass sein.
Ihr Preisgespräch mit einem Kunden in Grün Sie selbst und Ihr Angebot (in dieser Reihenfolge!) haben das Vertrauen Ihres Kunden gewonnen und ihm die Sicherheit gegeben, dass Ihr Angebot genau das ist, was er jetzt benötigt. Das in den bisherigen Gesprächen gewachsene Vertrauen beruht nicht unwesentlich auf gegenseitiger Sympathie – hüten Sie sich davor, im Sinne reiner Verkaufstechnik „Kreide zu fressen, Ihre Pfote mit Teig zu bestreichen und mit Mehl zu bestreuen“. Vergessen Sie nicht, wie der Wolf im Märchen von den sieben Geißlein geendet ist. „Unser Geschäft hilft Ihnen und mir weiter“, so lautet das Credo Ihres Gesprächspartners in seiner grünen Grundemotion. Deshalb ist er in Sorge darüber, dass Ihr Preis dieses Geschäft in letzter Minute unmöglich machen könnte. Das gibt Ihnen die Möglichkeit, über sein Budget zu sprechen, bevor Sie ins eigentliche Preisgespräch einsteigen. Wenn sein Rahmen zu Ihrer Preisvorstellung passt, dann haben Sie beide Grund zur Freude. Hüten Sie sich aber davor, dieses Vertrauen zu missbrauchen. Wenn Ihr Kunde irgendwann merkt oder auch nur das Gefühl hat, Sie hätten seine Gutmütigkeit zu ei160
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Abschluss und Preis – Wie die Entscheidungen fallen
nem überhöhten Preis ausgenutzt, erlieren Sie ohne Not eine vertrauensvolle und tragfähige Kundenbindung. Natürlich kann es auch sein, dass das Budget Ihres Kunden nicht zu dem für Sie notwendigen Preis passt. Dann sollten Sie das mit ehrlichem Bedauern offen ansprechen und gleichzeitig Überlegungen anstoßen, wie Sie dieses Problem vielleicht doch noch gemeinsam lösen können. Zum Beispiel könnte ja die Möglichkeit bestehen, mit einer Teillösung zu beginnen und die endgültige Ausbaustufe im Budget des nächsten Jahres zu planen. Oft besteht auch die Möglichkeit, eine Lösung so aufzuteilen, dass sie aus verschiedenen Quellen finanziert werden kann. x Tipp: Zeigen Sie Ihrem Gesprächspartner in Grün, dass Sie alles Ihnen Mögliche tun, damit dieses Geschäft zustande kommt. Er wird das Seine genauso tun. Hüten Sie sich aber davor, vor lauter Sympathie oder aus falscher Scham auf einem Preis zu verzichten, mit dem Sie zufrieden sind. Mit einem Geschäft, das sich für Sie nicht rechnet, ist weder Ihnen noch Ihrem Kunden auf Dauer gedient. Besonders dann, wenn Sie sich selbst in Ihrer grünen Facette erleben, dürfen Sie Ihre drei Limits nie aus den Augen verlieren!
Ihr Preisgespräch mit einem Kunden in Blau Gratulation! Ihr Angebot und natürlich auch Ihr Fachwissen (auch wenn Sie einen Spezialisten einbezogen haben, es wird Ihnen zugerechnet) haben die Prüfung auf Herz und Nieren bestanden. Es sind keine Fragen mehr offen, Ihr Gesprächspartner hat sich selbst von Ihrem Angebot überzeugt. Trotzdem, falls Sie nicht gerade der weltweit einzige Anbieter sind, ist das Ziel noch lange nicht in Sicht. Denn Kunden, die ihre Kaufentscheidungen vorwiegend aus der blauen Grundemotion heraus treffen, holen grundsätzlich Angebote von allen infrage kommenden Anbietern ein. Dabei werden alle Vor- und Nachteile akribisch aufgelistet und bewertet. Alle Nachfragen sind darauf gerichtet, die eingeholten Angebote transparent und vor allem vergleichbar
Das Preisgespräch: Die richtige Strategie für jede Grundemotion
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zu machen. Wenn Sie dabei nicht kooperieren oder gar Widerstand leisten, disqualifizieren Sie sich über kurz oder lang als Anbieter. Es entspricht der blauen Logik, dass bei vergleichbaren Angeboten der niedrigste Preis entscheidet. Wenn Sie also Alleinstellungsmerkmale oder einen quantifizierbaren Zusatznutzen in die Waagschale werfen können, so bereiten Sie dies hieb- und stichfest vor und geben Sie Ihrem Kunden in seinem Blau die Möglichkeit, sich selbst davon zu überzeugen. Das ist Ihre einzige Chance, einen höheren Preis als der Wettbewerb zu erzielen. Voraussetzung ist natürlich, dass Ihr Kunde diesen Zusatznutzen auch als notwendig ansieht. So kann es Ihnen auch passieren, dass Sie aufgefordert werden, Ihr Angebot „abzurüsten“, selbstverständlich in der Erwartung, dass Sie dadurch Ihren Preis senken. Natürlich können Sie versuchen, wie in Kapitel 2.3 beschrieben, bei Ihrem Gesprächspartner anstelle von Blau zum Beispiel Rot oder Grün zu aktivieren. Es gibt aber keine Garantie dafür, dass dies gelingt. Noch dazu, wo die blaue Grundemotion durchaus eine logische Reaktion auf ein Preisgespräch ist. Bleibt Ihr Kunde also in seinem Blau, müssen Sie sich auf eine lange und tief schürfende Verhandlung einstellen, bei der Sie nie resigniert einem Preis zustimmen dürfen, mit dem Sie nicht leben können. Wenn Sie diese Gefahr erkennen – steigen Sie aus. Ihr Gegenüber wird dafür Verständnis haben. x Tipp: Nehmen Sie – in Gelb oder Grün – Verhandlungen mit Blau nie persönlich, schließlich geht es wirklich nicht gegen Sie. Resignieren Sie nicht.
Verkäufer in ihrer gelben Facette empfinden die bedächtige blaue Art, auf Vorschläge zu reagieren, oft vorschnell als Ablehnung. Mit der Folge, dass eine Preisforderung im nächsten Moment schon wieder reduziert wird: „Unser Hauspreis beträgt 20.000 Euro.“ Blaues Nachdenken beim Kunden trifft auf gelbe Sorge vor Ablehnung. „Sie haben allerdings besonderes Glück, in dieser Woche gilt ein Sonderrabatt von zehn Prozent“. Und schon ist ohne Not eine 2.000 Euro Marge verloren.
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Abschluss und Preis – Wie die Entscheidungen fallen
Ausschreibungen An dieser Stelle bietet es sich natürlich an, über das Thema Ausschreibungen zu sprechen. In vielen Unternehmen sind sie vorgeschrieben, haben also nicht unbedingt etwas mit der aktiven Verhaltensfacette Ihres Ansprechpartners zu tun. Doch die Ausarbeitung von Ausschreibungen ist sehr dazu angetan, die blaue Grundemotion zu aktivieren, was sich dann häufig in Umfang und Formulierung niederschlägt. Das ist wohl einer der Gründe, warum Verkäufer, die häufig in Rot oder Gelb agieren, Ausschreibungen aus diesen Emotionen heraus nicht besonders mögen. Gerade wenn es Ihnen so geht, lohnt es sich, Ausschreibungen grob in zwei Kategorien einzuteilen: Y Da sind einmal die, die in Inhalt und Form durch Gesetze vorgegeben und geregelt sind und sich schon durch Umfang und detaillierte Anforderungen herausheben. „Halten Sie sich genau an die Anfrage. Abweichende Angebotsvorschläge reichen Sie bitte unter genauer Angabe der Positions- und Losnummer auf einem gesonderten Blatt ein.“ Sparen Sie sich die ganze Arbeit, wenn Sie keinen informellen Kontakt zur ausschreibenden Stelle haben, die Ausschreibung nicht hundertprozentig auf Ihr Angebot passt und Sie sich begründet einen Preisvorsprung ausrechnen. Nur mit Verbündeten können Sie hier etwas gewinnen. Deshalb gibt es Lobbyarbeit und in bestimmten Branchen immer wieder Bestechungsskandale. Beides sprengt allerdings den Rahmen dieses Buches. Y Doch es gibt eine zweite Kategorie von Ausschreibungen, bei der es sich lohnt, sie unter dem Gesichtspunkt der vier Grundemotionen zu diskutieren. Wichtige Merkmale dieser Ausschreibungen sind, dass es hier darum geht, eine möglichst passende Lösung zu finden und dazu einen Partner, der diese langfristig zu einem angemessenen Preis anbietet. Normalerweise hat der Anfragende mögliche Partner bereits im Auge, vielleicht besteht sogar schon eine Geschäftsbeziehung. Auf jeden Fall hatten Sie im Vorfeld die Möglichkeit sich vorzustellen, Anliegen und Ziele der Ausschreibung wurde mit Ihnen ausführlich besprochen und Sie konnten alle Ihre Fragen stellen. Wenn nicht, dann lassen Sie die Finger davon, dann braucht man Sie nur für ein Alibiangebot. Nun aber zum günstigen Fall, Sie haben den Kontakt und Ihr Angebot bekommt eine ehrliche Chance. Hier können Sie aus der oder den jeweils aktiDas Preisgespräch: Die richtige Strategie für jede Grundemotion
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ven Verhaltensfacetten Ihrer Gesprächspartner beim Ausschreibenden für Ihre Angebotsvorbereitung wichtige Informationen erhalten, vielleicht können Sie sogar auf die Ausschreibungsformulierung Einfluss nehmen: Y Ansprechpartner in Gelb: In einer Vorbesprechung, bei der Ihnen Ihr Ansprechpartner wesentlich in seiner gelben Facette gegenübertritt, können und müssen Sie durch bewusstes Eingehen und Verstärken dieser Grundemotion nützliche Informationen, Zusammenhänge und Hintergründe erfragen. Voraussetzung ist, Sie finden eine Ebene gegenseitiger Sympathie (nicht notwendig von Gelb zu Gelb). Y Ansprechpartner in Grün: Ansprechpartner, die in ihrer grünen Grundemotion Sympathie für Sie entwickeln und sich eine Zusammenarbeit mit Ihnen gut vorstellen können, sagen Ihnen auf vorsichtige und behutsame Nachfrage, worauf es ihnen besonders ankommt. Auch die erwünschte Preisspanne ist dann kein Tabuthema. Y Ansprechpartner in Blau: Treffen Sie im Vorgespräch auf die blaue Facette, dann beweisen Sie Expertise. Identifizieren und benennen Sie wichtige Aspekte und Einzelheiten, die unbedingt bei der Ausschreibung beachtet werden müssen. Diskutieren Sie den finanziellen Gegenwert von besonderen Leistungen oder Eigenschaften des gewünschten Angebotes. Y Ansprechpartner in Rot: Bei einem Gesprächspartner in der roten Facette kommt es für Sie besonders darauf an, sich Respekt und Augenhöhe zu verschaffen. Ihr Gegenüber muss Ihnen und Ihrem Unternehmen die Lösung am meisten zutrauen. Umso mehr dann, wenn es sich um Leistungen handelt, die erst nach Erbringung beurteilt werden können, zum Beispiel bei Services oder bei komplizierten, einmaligen Leistungen. Wenn Sie das erreichen, erhalten Sie wichtige Informationen, vielleicht fließen sogar Ihre Vorstellungen auf Sie zugeschnitten in die Ausschreibung ein.
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Abschluss und Preis – Wie die Entscheidungen fallen
5.3 Wie Sie in Preisverhandlungen zusätzlich punkten
Wie Sie in P
Sie sind wirklich weit gekommen, es ist nur noch ein kleiner Schritt, und dennoch befällt vor der Nennung des Preises viele Verkäufer das, was Boris Becker einmal „die Angst vor dem Matchball“ nannte. Diese Angst ist keineswegs unbegründet und auch keine Schwäche, für die Sie sich entschuldigen müssen. Es sei denn, Sie arbeiten für einen Monopolisten oder eine im Moment unangefochtene Marke. In allen anderen Fällen machen Sie sich zu Recht Gedanken darüber, was der richtige Preis ist und wie Sie ihn erzielen. Das darf aber nicht dazu führen, dass Sie im letzten Moment der Mut verlässt und Sie Ihre Preislimits spontan nach unten korrigieren, nach dem Motto „Lieber der Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach“. Die gute Nachricht an dieser Stelle ist nämlich: Auch Ihr Kunde hat sie, „die Angst vor dem Matchball“. Schließlich ist er an einem Punkt, an dem er kaufen will. Ob er es kann, hängt davon ab, ob Ihr Preis in sein Budget passt, ob er Ihren Preis intern „verkaufen“ kann und, nicht zu vergessen, ob er ihn als „angemessen“ betrachtet. Jedes Budget hat eine Von-bis-Spanne, die sich intern verargumentieren lässt. Und natürlich hat auch die individuelle Vorstellung von dem, was angemessen ist, eine bestimmte Bandbreite. Es lohnt sich also, über Gründe nachzudenken, diese systematisch aufzubereiten und zu verinnerlichen, die aus Sicht eines Kunden und im Lichte der vier Grundemotionen einen höheren Preis angemessen erscheinen lassen. Ändert sich die aktive Facette, können Sie Ihre Argumentation so jederzeit dem Gesprächsverlauf anpassen. Die folgende Checkliste unterstützt Sie dabei. Sie nennt Pluspunkte, mit denen Sie im Preisgespräch punkten können: Reputation. In einer Zeit unsicherer Märkte und globalen Wettbewerbs stellt sich bei jedem Geschäft, bei jedem Auftrag grundsätzlich die Frage „Ist das der richtige Geschäftspartner für mich, für unser Unternehmen?“. Eine positive Reputation besitzt vier Dimensionen: Glaubwürdigkeit (für Rot und Blau), Zuverlässigkeit (für Blau und Grün), Vertrauenswürdigkeit (für Grün und Gelb) und Verantwortung (für Rot und Grün). Auf dieser Basis können Sie für jede der vier Verhaltensfacetten eine besonders ansprechende bzw. überzeugende Darstellung Ihrer Reputation zusammentragen und verinnerlichen. Wie Sie in Preisverhandlungen zusätzlich punkten
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Unternehmensstabilität. Gerade für eine langfristige Geschäftsbeziehung ist Stabilität ein wichtiges Argument. Aus Sicht der roten Facette interessiert hier besonders, wie Herausforderungen angenommen und angegangen werden, wie Veränderungen flexibel beherrscht werden. In Gelb zählen eher renommierte Referenzen und ein visionärer Blick nach vorn. Für die grüne Facette ist Stabilität besonders wichtig. Hier zählen vor allem Mitarbeiterentwicklung, geringe Fluktuation (habe ich feste Ansprechpartner?), aber auch solide Eigentums- und Gesellschafterverhältnisse. Auch positive Ergebnisse von Kundenbefragungen können das Bild abrunden. Bei einem Kunden in Blau leisten die letzten Geschäftsberichte gute Dienste. Auch ausführliche Informationen im Hinblick auf permanente Verbesserungen auf den Ebenen Mitarbeiter, Organisation und Markt sowie ein innovationsförderliches Unternehmensklima sind hier nützlich. Verkäuferkompetenz. Dieses Thema haben wir schon ausführlich in Kapitel 3.1 behandelt. Es gehört jedoch unbedingt in Ihre Checkliste. Sie und Ihre Ausstrahlung von Kompetenz, Fachkenntnis und Hintergrundwissen sind ein sehr wesentliches Preisargument. Zeigen Sie sich als Experte, Spezialist, Visionär und Vertrauensperson – wobei Sie entsprechend der anzusprechenden Grundemotion bewusst und gezielt dosieren müssen. Unkompliziertheit. Strahlen Sie aus, dass und wie es einfach ist, mit Ihnen Geschäfte zu machen. Rot und Gelb werden es Ihnen besonders anrechnen. Partnerschaft. Kann ein wichtiges gemeinsames Interesse sein. Nichts verbindet mehr als gemeinsamer Erfolg (oder die Aussicht darauf), der in erster Linie Gelb und Grün anspricht. Aber auch bei Ihrem Ansprechpartner in Rot (stellen Sie seinen Vorteil heraus) oder Blau (hier zählt besonders daraus entstehende Berechen- und Vorhersehbarkeit) können Sie mit Partnerschaft punkten. Stimmigkeit. Der Gleichklang von Qualität, Lieferfähigkeit, Service und beständiger, kontinuierlicher Innovation sind ein Pfund, mit dem Sie in jeder Preisverhandlung wuchern können. Natürlich gilt es auch hier, situativ die richtigen „farblichen“ Akzente zu betonen. Autorität. Als Marktführer, Innovator, Nischenanbieter oder „Geheimtipp“ erhält Ihr Angebot besonderes Gewicht. Der Marktführer punktet besonders bei Grün („Es ist noch niemand entlassen worden, weil er Microsoft gekauft hat…“). Gefeierte Innovatoren und herausragende Nischenanbieter ziehen Gelb an, Rot fragt dabei aber sofort nach dem Nutzen. Der (noch) preiswerte Geheimtipp wird in Blau auf Herz und Nieren geprüft, auch Rot geht hier ein kalkuliertes Risiko ein. Popularität. Kunden, die in Gelb erreicht werden, kaufen gern und hochpreisig, was modern und „in“ ist. So viele Kunden können nicht irren … Exklusivität. Alleinstellungsmerkmale liefern starke Argumente besonders für die rote Grundemotion.
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Abschluss und Preis – Wie die Entscheidungen fallen
Qualität. Bedeutet sie höheren Nutzen, wird Rot angesprochen. Mit Langlebigkeit („das können Sie noch in 10 Jahren unverändert nutzen“) erreichen Sie Grün. Blau interessiert sich eher für Unverwüstlichkeit und vorhersehbare, gleichbleibende Eigenschaften. Für Gelb ist Qualität eher ein Thema, wenn man „das heute so hat“. Knappheit. Was knapp ist, muss gut sein – glaubt vor allem Gelb. Aber auch Rot ist empfänglich, wenn er ein Produkt mit zwölf Monaten Lieferzeit schon nach sechs bekommen kann – als VIP. Verfügbarkeit. Wenn Sie eher liefern können als die Konkurrenz, dann beeindruckt das Gelb, und für Rot ist Zeit Geld. Blau wird nachrechnen, was ihm das wert ist. Service. In Blau oder Rot wird die Möglichkeit eines Defektes durchaus in Betracht gezogen, schneller, unbürokratischer Service interessiert besonders Rot, für Blau sind Kompetenz und Organisiertheit wesentlich. In Gelb interessiert das Thema weniger, in Grün ist zuverlässige und persönliche Verfügbarkeit wichtig. Betriebskosten. Dazu zählen z. B. Implementierungsaufwendungen, Training, Wartung und laufende Kosten. Wenn Sie hier Einsparungen gegenüber dem Wettbewerb aufzeigen können – Blau wird es genau nachrechnen. Für Rot bringen Sie es besser auf den Punkt, etwa: „Mit unserer Lösung sparen Sie ab dem Monat 13 monatlich xxx Euro.“ Positionierung des Kunden. Setzt Ihr Kunde auf Mehrwert und Qualität, dann können Sie Ihre Gesprächsstrategie natürlich hierauf aufbauen. Sieht er sich dagegen als Kostenführer, bereiten Sie sich akribisch auf eine reine Preisdiskussion vor. Fragen Sie sich auch, ob dieser Kunde und Sie zueinander passen. Gemeinsame Werte. Das mögliche Spektrum reicht von Umweltfreundlichkeit über soziales Engagement bis zu ethischen und moralischen Werten, die normalerweise schon in der Unternehmensdarstellung dokumentiert sind. Wenn hier wirkliche Gemeinsamkeiten bestehen, kann das natürlich ein valides Plus für Sie sein – wenn es Ihnen gelingt, die grüne oder gelbe Grundemotion erfolgreich anzusprechen. Gesprächspartner in Rot oder Blau bleiben dagegen bei Zahlen und Fakten.
x Tipp: Entwickeln Sie aus dieser Auflistung Ihre ganz persönliche Argumentation für jede der vier Verhaltensfacetten. Damit gewinnen Sie Sicherheit und zusätzliches Selbstvertrauen für Ihre Verhandlungen.
Wie Sie in Preisverhandlungen zusätzlich punkten
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6. Schwierige Situationen retten – Wie Sie mit Kritik umgehen und Beschwerden managen en managen
Der Schlüssel zum Umgang mit Kritik ist die momentan aktive Grundemotion – aller Beteiligten.
Darum geht es Trotz aller Menschenkenntnis und Berufserfahrung geraten Sie immer wieder in Situationen, die Ihnen unangenehm sind, an Menschen, die auf Sie unsympathisch wirken, oder gar an unangenehme Zeitgenossen, die kritisieren, nörgeln, alles besser wissen, nicht zuhören oder sich permanent beklagen und alles schlecht reden. Wie kann Ihnen PEK hier weiterhelfen? Dazu führen wir Sie durch typische Situationen, denen Sie sowohl im Berufsalltag wie auch im Privaten immer wieder begegnen: Sie werden kritisiert – oder angeklagt, beschimpft, zu Unrecht beschuldigt. Sie selbst wiederum kommen nicht umhin, andere zu kritisieren – sei es, um sich zu beschweren, ein Sie störendes Verhalten abzustellen oder sich vor Einmischung zu schützen. Wenn es sich dabei um einen Kunden handelt, macht das die Situation besonders knifflig. In solchen kritischen Situationen kann ein Gespräch schnell kippen und ein Konflikt entstehen, dessen Eskalation Sie gerade bei einem Kunden natürlich vermeiden wollen. Doch nicht selten werden Sie mit einem Anruf überrascht, bei dem Ihr Kunde eine massive Beschwerde vorbringt, ob nun zu Recht oder zu Unrecht. Dann ist es entscheidend, dass Sie mit Ihren Emotionen und denen des Kunden so umgehen, dass eine Eskalation vermieden wird und am Ende ein gemeinsames Verständnis wiederhergestellt ist.
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Wie Sie mit Kritik umgehen und Beschwerden managen
6.1 Kritik richtig aufnehmen
Kritik richtig
Kritik, Rügen oder auch Vorwürfe sind niemandem angenehm. Je emotional aufgeladener und heftiger sie vorgetragen werden, desto schwerer ist es, sich damit auseinanderzusetzen. Am einfachsten lässt sich scheinbar mit sachlicher Kritik umgehen. Jemand, der uns sachlich kritisiert, kritisiert eine Sache und nicht uns als Person. Damit ist eine wichtige Voraussetzung geschaffen, um die Kritik auch annehmen, das heißt, sich damit auseinandersetzen zu können. Dennoch, wer aus der grünen oder gelben Grundemotion heraus agiert, tut sich schwer damit, eine Kritik als sachlich anzunehmen, hier wird jede Kritik auch, wenn nicht sogar ausschließlich, persönlich aufgefasst. Grün reagiert zwischen sofortiger Rechtfertigung über offen beleidigt bis stumm verschlossen. In der gelben Verhaltensfacette fällt es schwer, Kritik überhaupt zu akzeptieren. Sachliche Kritik macht hier keine Ausnahme. Hier bewegen sich die gelben Reaktionen zwischen Bagatellisierung, Relativierung und Ablehnung als unzutreffend. Manchmal wird auch einfach nur das Thema gewechselt.
Die Grundemotion des Kritisierenden Wenn wir jedoch angeschrien und beschimpft werden, fühlen wir uns – unabhängig von der aktiven Farbe — persönlich verletzt. Aus dieser Position heraus ist es schwer, den inhaltlichen Kern von Vorwürfen zu erkennen und richtig darauf zu reagieren: Y Emotional aufgeladene Kritik wird uns häufig aus der grünen Grundemotion heraus entgegengebracht. Da Menschen in dieser Grundemotion Ärger oder Unzufriedenheit in der Regel (zu) lange „herunterschlucken“, erfolgt irgendwann eine explosive Entladung. Oft genug dann aus einem für Außenstehende geringfügigem Anlass. Eine Bemerkung wie „jetzt reagieren Sie aber über“ gießt dann nur weiteres Öl ins Feuer. Y Auch rote Kritik zielt nicht immer auf die Sache. Wenn ein Sachverhalt bereits (wiederholt) kritisiert wurde, dann kann Rot durchaus beleidi-
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gend werden. „Sie sollten sich wirklich einen neuen Job suchen“ oder „Das begreift ja meine vierjährige Tochter schneller.“ Selbst wenn rein sachlich kritisiert wird, bei einem „Sie haben jetzt wiederholt falsch geliefert“ macht auch der Ton die Musik. Zumindest grünen Ohren tut er vielfach weh. Dafür ist die blaue Grundemotion in der Regel ein Muster für sachliche und nüchterne Kritik. Selbst in Grün fühlen sich die wenigsten dadurch angegriffen. Es sei denn, Blau formuliert sarkastisch, z. B. wenn ein Problem trotz mehrfacher Aussprache immer noch besteht. Die gelbe Grundemotion schließlich verleitet dazu, über kritische Themen lieber hinwegzusehen, schließlich kann Kritik die Stimmung trüben oder gar unbeliebt machen. Aus diesem Grund äußert Gelb Kritik auch lieber indirekt gegenüber Dritten. So erfährt der Adressat diese häufig über den Flurfunk und dann meist entsprechend verfälscht. Vom Betroffenen zur Rede gestellt, leugnet Gelb die Kritik oder relativiert sie.
x Tipp: Um mit Kritik richtig umgehen zu können, sollten Sie sich Folgendes vergegenwärtigen: Es geht nicht darum festzustellen, wer Recht hat, worin die Wahrheit liegt oder welche Einschätzung die richtige ist. Jeder Mensch hat seine Sicht und bewertet Situationen unterschiedlich. Akzeptieren Sie deshalb die unterschiedliche Sichtweise, selbst dann, wenn Sie Ihnen überhaupt nicht nachvollziehbar erscheint. Aus der Sicht Ihres Gesprächspartners sind seine Aussagen richtig.
Auch wenn es schwerfällt, Sie müssen das akzeptieren. Wenn Sie sich nicht gerade in der blauen Verhaltensfacette befinden, bedeutet das, dass Sie Ihre verletzten und wütenden Gefühle kontrollieren sollten. Auch wenn es in Ihnen kocht, ist spontaner Widerspruch, eine scharfe Richtigstellung oder gar eine Rechtfertigung nicht zielführend. Selbst bei unsachlicher oder heftig vorgetragener Kritik ist entscheidend, dass Sie Ihrem Gegenüber das Gefühl geben, dass Sie ihn und sein Anliegen ernst nehmen – vor allem dann, wenn es sich um einen Kunden handelt. Das wird Ihnen nur gelingen, wenn Sie erkennen, aus welcher Grundemotion heraus die Kritik erfolgt. Solange Sie sich hier nicht sicher sind, stellen Sie lieber reflektierende Verständnisfragen. „Die bisherigen Lieferungen waren doch in Ordnung?“ oder „Sie sind also vor allem verärgert, weil …?“. 170
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Wie Sie mit Kritik umgehen und Beschwerden managen
Lassen Sie auch heftige Ausbrüche zu, Ihr Kunde muss seinem Ärger erst Luft machen, bevor er Ihren Argumenten oder Vorschlägen zugänglich ist. Außerdem, je heftiger jemand agiert, desto unüberlegter tut er dies auch. Wenn es Ihnen gelingt, aufnahmebereit zu bleiben, erhalten Sie neben ausreichenden Indizien für die aktive Grundemotion auch nützliche Informationen, auf denen Sie Ihre Antwort aufbauen können. Wer wütend ist, verrät oft mehr, als er will. Diese Einstellung wird Ihnen in Rot oder Blau eher leichtfallen, in Grün und Gelb hilft Ihnen Ihr waches Bewusstsein und Ihr Wissen um die Verhaltensfacetten dabei. Damit gelingt es Ihnen, sich zumindest auf den sachlichen Kern und den Grad der Berechtigung der Kritik zu konzentrieren. Oder Sie stellen für sich fest, dass die Kritik nicht berechtigt ist. In jedem Fall bleiben Sie so auf einer sachlichen Ebene, von der aus Sie angemessen und souverän reagieren können, wie in den vorangegangen Kapiteln dargestellt (Kapitel 2.2, 3.1 und 3.2).
Der souveräne Umgang mit Kritik Im Folgenden finden Sie Beispiele für den souveränen Umgang mit Kritik. i Beispiel: Kunde: „Ich habe definitiv mehr von Ihnen erwartet. Sie haben ganz konkret einen 24-Stunden-Service zugesagt – und davon, dass man bei viel Glück binnen 24 Stunden eventuell den Kundenservice erreicht, davon war keine Rede. Wir hatten zwei Tage lang nur eine auf 92 Prozent eingeschränkte Produktionskapazität, im Lager stehen 630 Spulen, die wir nicht verarbeiten konnten. Im Ergebnis können wir fast 10 Prozent unserer Kunden nicht termingerecht beliefern. Im Vertrag steht eindeutig, dass Sie innerhalb von 24 Stunden jedes Problem mit Ihrer Anlage zu 100 Prozent lösen. Zudem hatten Sie mir telefonisch noch am 17.12. eine prompte Unterstützung speziell in der Anfangsphase zugesagt. Ich bin von Ihrem Unternehmen und ebenso von Ihrer Person enttäuscht.“
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Ihre erste Stellungnahme an Ihren in Blau argumentierenden Kunden könnte folgendermaßen formuliert sein – natürlich sachlich konstruktiv und in der Sprache von Blau. Verkäufer: „Ich verstehe Ihren Ärger. Natürlich habe ich Ihnen Hilfestellung vom Support innerhalb von 24 Stunden zugesagt. So steht es ja auch eindeutig im Vertrag. Warum unser Service in Ihrem konkreten Fall nicht korrekt funktioniert hat, kann ich so spontan im Moment noch nicht beantworten. Ich werde das natürlich schnellstmöglich mit der gebotenen Gründlichkeit intern klären. Schließlich basiert die Qualität unserer Serviceleistungen auf transparent nach ISO9000 dokumentierten und vierteljährlich auditierten Prozessen. Spätestens morgen Nachmittag kann ich Ihnen die Ursachen konkret benennen und, natürlich noch wichtiger, die zu deren Beseitigung getroffenen Maßnahmen. Dieser einmalige Fehler wird sich so nicht wiederholen. Das garantiere ich Ihnen. Sie können sich in Zukunft wieder auf uns so verlassen, wie Sie das aus der Vergangenheit kennen. Für den Moment bleibt mir nur die Entschuldigung, die ich Sie bitte anzunehmen.“ Analyse: Wenn es Ihnen gelingt, sich auf die blaue Grundemotion und die damit verbundenen Bedürfnisse nach Information, Vorhersehbarkeit und Fehlerfreiheit einzustellen, ist es vergleichsweise einfach, auf die Kritik Ihres Kunden einzugehen. Alle Kritikpunkte werden einzeln angesprochen und detailliert erläutert oder begründet. Auf Äußerungen wie „ich habe mehr erwartet“ oder „ich bin enttäuscht“ sollten Sie nicht direkt eingehen. Sie räumen den Fehler ein, erklären konkret, wie er in Zukunft verhindert wird, und entschuldigen sich ohne Wenn und Aber oder gar Ausreden. Damit sollte der Fall aus der Welt sein, vorausgesetzt, Ihre Versprechen können auch gehalten werden. Ihr Kunde in Blau kann eher damit umgehen, dass die Lösung eines Problems Zeit erfordert, als mit leeren Versprechungen. Das ist eine Schwäche, der Verkäufer in Gelb leicht verfallen. In Grün muss man das hier beschriebene Vorgehen einfach verinnerlichen, das schützt Sie vor „Rechtfertigungsarien“, die Blau nicht beeindrucken. Aus Rot heraus müssen Sie sich im Grunde nur überwinden, sich den Details zu widmen.
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Der nächste Kunde beschwert sich völlig anders bei Ihnen. i Beispiel: Kunde: „Es ist doch einfach nicht richtig, was Sie behaupten. Wir haben Ihnen vertraut, doch Sie leisten nicht das, was Sie uns fest versprochen haben. Seit Wochen haben wir Ihre Firewall im Einsatz und dauernd gibt es Probleme. Gerade von Ihrem Unternehmen hätte ich mir viel mehr erwartet. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie enttäuscht ich bin. Ich habe mich so für Sie eingesetzt und habe davon nichts als Ärger. Warum haben Sie mir nicht ehrlich gesagt, dass Sie nicht für die Sicherheit unserer Datenbanken garantieren können? Warum nicht? Ich habe wirklich keine Lust mehr. Wissen Sie was, stecken Sie sich Ihre Lizenzen an den Hut!“ Welche Farbe verrät diese Kritik? Wie sieht Ihre Reaktion aus? Analyse: Zunächst ist unschwer zu erkennen, dass in dieser Kritik weniger sachliche Probleme im Mittelpunkt stehen. Es geht vor allem um das persönliche Befindlichkeit und die eigene Betroffenheit. Zwei Bereiche, die zu trennen nicht nur Kunden in der grünen Grundemotion schwerfällt. Bevor Sie in diesem Fall einen Antwortvorschlag formulieren, „borgen“ Sie sich für die Analyse dieser Beschwerde eines sehr aufgebrachten Kunden ein wenig Blau. Dieser Kunde hat sich für Sie eingesetzt, es gibt Probleme, er sagt nicht konkret, welche und wie viele, auch nicht seit wann. Auf jeden Fall hat er Ärger, Sie wissen nicht, ob mit Kollegen oder Vorgesetzten. Was Sie sicher wissen: Ihr Kunde ist stark verärgert und hochgradig erregt. Sein Aufgebrachtsein ist der einzig kritische Punkt, es muss Ihnen schnell gelingen, diese Erregung einzudämmen. Dann können Sie Fragen zur Sache stellen, auf deren Basis Sie Lösungsvorschläge entwickeln können. Das Kritikgespräch könnte sich damit wie folgt entwickeln: Verkäufer: „Jetzt schockieren Sie mich natürlich. Offensichtlich habe ich die Situation bisher nicht richtig eingeschätzt. Bitte helfen Sie mir, das alles zu verstehen. Nach dem, was wir bisher zusammen erreicht haben, werde ich natürlich alles Menschenmögliche tun. Bitte sagen Sie mir doch einmal ganz ausführlich und Schritt für Schritt, was in den letzten Tagen passiert ist. Zusammen finden wir eine Lösung, das haben wir beide doch immer so gehalten.“
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Analyse: Mit dieser Einleitung erkennen Sie die Betroffenheit Ihres Kunden ohne Einschränkung oder Ausflüchte an. Dazu beschwören Sie die gemeinsame, vertrauensvolle und erfolgreiche Zusammenarbeit. Beides sollte die Wogen der grünen Aufregung schnell glätten. Jetzt können Sie Ihre Fragen stellen, die es Ihnen ermöglichen, die Probleme zu verstehen und Lösungsvorschläge zu entwickeln. Am nächsten Tag, Sie haben intern alle Fragen geklärt, geben Sie Ihrem Kunden einen Bericht wie etwa diesen: Verkäufer: „Herzlichen Dank für Ihre Geduld und Ihr Verständnis. Dadurch kann ich Ihnen die Situation jetzt vollständig erklären. Die wichtigste Erkenntnis ist, dass zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr für Ihre Datenbanken bestand. Die sind absolut sicher durch die Firewall geschützt. Das haben alle vier Testläufe eindeutig bestätigt. Einen ausführlichen Bericht darüber habe ich Ihnen mitgebracht, damit auch Sie auf der sicheren Seite sind. Die Probleme, die die ganze Aufregung verursacht haben, sind schon erkannt und ein für allemal abgestellt. Insgesamt gab es nur drei Zwischenfälle mit Ihrer Datensicherung. Hier bestand eine Abstimmungslücke zwischen meinen und Ihren Kollegen, die wir noch heute Morgen geschlossen haben. Auch dieser Vorgang ist vollständig dokumentiert, hier ist Ihre Kopie. Haben Sie noch Fragen, ist aus Ihrer Sicht noch etwas offen, kann ich noch etwas tun?“ Analyse: So auf Ihren Kunden einzugehen, der sich aus Grün heraus bei Ihnen beschwert, fällt Ihnen am schwersten, wenn Sie selbst in Rot damit konfrontiert werden. Ihre innere rote Stimme würde wohl die Kritik am liebsten abtun: „Sagen Sie mir doch erst einmal, was das Problem ist?“ Doch das tun Sie selbstverständlich nicht. Auch in Blau laufen Sie Gefahr, nichts Konkretes mehr zu erfahren. Etwa: „Das kann ich im Moment nicht nachvollziehen. Wenn Sie mir die notwendigen Informationen zusammenstellen, kann ich das intern klären. Im Moment gehe ich davon aus, dass die Datenbanken vollständig geschützt sind …“. In Ihrem Grün fällt Ihnen die emotionale Beruhigung leicht, aber nur, wenn Sie sich nicht aufgrund der bitteren Vorwürfe beleidigt zurückziehen. Die gelassene Art von Gelb ist bei solch einer Kritik nur hilfreich, wenn sie mit dem nötigen Problembewusstsein einhergeht. Nehmen Sie Ihren Kunden und seine Befindlichkeit sehr ernst. Die nächste Kritik ist, dank ihrer knappen Klarheit, unschwer als in Rot ausgesprochen zu erkennen.
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i Beispiel: Kunde: „Ich halte nichts davon, um den heißen Brei herumzureden. Sie haben nicht die vereinbarte Qualität geliefert. Sie haben nicht pünktlich geliefert. Ich sehe nicht, dass wir so weiter zusammenarbeiten. Wir erwarten Schadenersatz. Und im Übrigen sehen wir uns nach einem neuen Lieferanten um.“ Analyse: Wie sieht Ihre Reaktion aus? Die rote Grundemotion entspringt der unbewussten Unzufriedenheit, noch nicht angemessen reagiert zu haben – so die Kurzdefinition nach William Marston. Die rote Handlungsenergie ist in etwa proportional zum Grad dieser Unzufriedenheit, nicht reagiert zu haben. Nun, da in Ihrem Fall mit der Kritik gerade eine deutliche Reaktion erfolgt ist, haben Sie alle Chancen, diese Kritik sachlich aufzuarbeiten. Jetzt sofort. Wenn Sie versuchen, Zeit zu gewinnen, kann Rot in der Zwischenzeit das nächste Problem im Zusammenhang mit Ihnen erkennen, was neuen Handlungsdruck aufbaut. Ihre Antwort könnte deshalb etwa so aussehen: Verkäufer: „Ich verstehe, dass Sie unzufrieden sind. Was die zu späte Lieferung angeht, da haben Sie absolut Recht. Aufgrund eigener Engpässe konnten wir nicht rechtzeitig liefern. Das bedauere ich sehr. Die Ursache wurde in der Produktion erkannt und beseitigt. Zukünftige Lieferungen erfolgen wieder just in time. Was die Qualität betrifft, so haben wir genau das geliefert, was vereinbart ist. Sie haben ausdrücklich auf eine höhere Materialhärte verzichtet, um die Kosten zu senken. Selbstverständlich liefern wir gerne eine höhere Materialhärte und damit auch eine höhere Qualität. Welchen Härtegrad benötigen Sie nach jetzigem Kenntnisstand?“ Analyse: Diese selbstbewusste Antwort ist knapp formuliert, doch aussagekräftig, klar und lösungsorientiert. So sprechen Sie die rote Sprache und sichern sich Augenhöhe. Es ist ein Fehler passiert. Gut, das kann niemand mehr ändern. Die Fehlerquelle wurde sofort beseitigt, das ist professionell. Der zweite Vorwurf war unberechtigt. Sie haben das sachlich dargestellt, keinen Gegenvorwurf erhoben und mit Ihrer Frage den Blick konstruktiv nach vorn gelenkt. Ihrer Zusammenarbeit steht also aktuell nichts mehr im Wege. Und natürlich weiß auch Ihr Kunde, dass Lieferantenwechsel Geld kosten. Sie sind deshalb die ultima ratio, was in diesem Fall ja definitiv nicht angezeigt ist. Kritik richtig aufnehmen
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Wenn Sie eine solche rote Kritik in Ihrer grünen Grundemotion trifft, ist es sehr schwer, gegen das eigene Unterbewusstsein eine rote Antwort zu formulieren. Doch mit der entsprechenden Vorbereitung (analog wie in Kapitel 2.2) können Sie sich auf solche Situationen besser einstellen. Die rote Kritik erschreckt Sie nicht mehr, wenn Sie sie als rote Kritik erkennen und sich auf Ihre Vorbereitung besinnen. Denn Sie wissen, wie Sie sich angemessen und souverän verhalten. Werden Sie in Gelb so kritisiert, dann widerstehen Sie allen Impulsen zum Ausweichen oder Verdrängen. Sie sind gut vorbereitet, also stellen Sie sich. Die wenigsten Probleme haben Sie in Ihrem Blau. Hier müssen Sie sich nur auf die wichtigsten Punkte konzentrieren. Zum Abschluss des Themenkreises Kritik folgt ein Beispiel für eine Kritik, vorgebracht in der gelben Facette. Gelb ist nicht die Farbe, die zu schwerwiegender, heftiger Kritik passt. Oft erfolgt hier Kritik gut verpackt oder zwischen den Zeilen. Vielfach erfahren Sie von der Kritik auch nur durch Dritte, gegenüber denen sich Gelb geäußert hat. In diesem Fall haben Sie Glück, Ihr Kunde spricht Sie direkt an. i Beispiel: Kunde: „Ich hoffe, es geht Ihnen gut, Herr M. Haben Sie gestern das Spiel gesehen? War ja auf beiden Seiten keine Glanzleistung. Schade natürlich, gerade für so ein Spitzenspiel. Obwohl ich glaube, unsere Mannschaft hat schon noch Potenzial. Aber der Trainer, da weiß ich nicht. Ach, übrigens, was ich Ihnen noch sagen muss, wegen der erneuten falschen Etikettierung bei der letzten Lieferung, also da sind die bei uns ziemlich sauer. Ich fürchte, da kommen wir so nicht mehr ins Geschäft. Das finde ich persönlich natürlich schade, schließlich haben wir beide ja Null Probleme, aber naja, heutzutage gucken die halt überall genau hin. Vielleicht, wenn wieder Gras über die Sache gewachsen ist ... Ich hoffe, Sie haben nächsten Freitag auch Zeit, die spielen nächste Woche ja schon am Freitagabend. Na hoffentlich platzt dann der Knoten. So, jetzt muss ich auch gleich zum nächsten Termin. Also, Kopf hoch, auf bald!“ Analyse: Was machen Sie mit dieser Beschwerde, wie sieht Ihre Reaktion aus? Mit einem Kunden in Gelb ist es schwer, Kritik zu diskutieren, denn er hat wenig Interesse an Auseinandersetzungen. Wenn jemand richtig aufgebracht ist, dann nicht in der gelben Grundemotion. In Gelb kritisiert nur, wer innerlich vom Gegenstand der Kritik nur wenig betroffen ist. Hier prä-
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sentiert sich der Kunde als Überbringer einer schlechten Nachricht. Er will die leidige Pflicht loswerden, Ihr Unternehmen wegen angeblich falsch gelieferter Etiketten als Lieferanten zu streichen. Persönlich mag er Sie, schließlich ist gemeinsames Fußballinteresse eine häufige (oberflächliche) Beziehungsgrundlage. Doch Ihr Gesprächspartner zeigt nicht die geringste Lust, sich mit dem Problem tiefer auseinanderzusetzen. Natürlich können Sie in dieser Situation versuchen, wie in Kapitel 2.3 beschrieben, bei Ihrem Kunden die grüne oder rote Grundemotion durch eine gezielte Ansprache zu aktivieren. Etwa durch eine Grün adressierende Frage wie „Jetzt bin ja völlig geschockt. Wir kennen uns doch so lange. Können Sie mir nicht irgendwie helfen? Bitte, ich komme sonst in größte Schwierigkeiten.“ Oder durch Ansprache von Rot: „Halt, nicht so schnell. Sie sehen doch nicht tatenlos zu, wie die Erbsenzähler in Ihrem Wareneingang unsere erfolgreiche Beziehung kaputtmachen, oder? Das ist doch einfach lächerlich, was die sich aus den Fingern saugen. Das wissen wir beide doch genau.“ Wenn Sie Ihren Kunden wirklich gut kennen, stehen die Chancen auf einen Farbwechsel gut und Sie können das Gespräch vertiefen (Grün) oder gleich über Lösungsansätze sprechen (Rot). Bleibt es bei Gelb, bleibt Ihnen nichts anderes, als herauszubekommen, wer „da ziemlich sauer“ ist und vor allem, welchen Einfluss „die“ haben und welche Kreise das Thema schon gezogen hat. Dann können Sie entsprechend reagieren. So könnte dann Ihre Reaktion auf die gelbe Kritik aussehen: Verkäufer: „Gut, dass Sie mir das gleich sagen. Das kann doch nicht wahr sein. So ein Theater wegen ein paar läppischen Etiketten. Unglaublich. Gut, dass wir beide wenigstens diesen tollen Draht haben. Wer regt sich eigentlich so auf und macht sich wichtig? Haben die überhaupt mit Ihnen schon gesprochen? Ohne Sie können die doch gar nichts machen, oder? Übrigens, wer sind „die“ eigentlich? Etwa der Leiter von Ihrem Wareneingang?“ Analyse: Wenn Sie wissen, woran Sie sind bzw. mit wem Sie konkret sprechen müssen, ergeben sich vielleicht Lösungsansätze. Dies im Auge zu behalten, ist besonders wichtig, wenn Sie gelbe Kritik im eigenen Gelb oder Grün erhalten. Verdrängen schadet Ihnen, die Anwendung Ihrer guten Vorbereitung hilft Ihnen dagegen weiter. Trifft Sie diese Kritik in Rot, dann reagieren Sie automatisch in Ihrem Sinne. In Blau müssen Sie sich zwingen, schnell zu reagieren. Sonst ist Gelb weg, wahrscheinlich danach schlecht erreichbar und Sie verlieren wertvolle Zeit. Kritik richtig aufnehmen
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Fazit Die vier Beispiele sind „farbrein“ beschrieben. In realen Situationen ist die Farbzuordnung nicht immer so deutlich sichtbar. Doch es gibt immer Indizien, Sie müssen nur Ihr Bewusstsein durch Übung dafür schärfen. Wenn Sie zuhören und auf die Körpersprache achten, verdichten sich die Indizien schnell und Sie können gezielt auf die Kritik reagieren. Selbst wenn Sie anfangs daneben liegen, verschlechtern Sie die Situation nicht. Zum einen ist es kaum möglich ist, Rot und Grün bzw. Blau und Gelb dauerhaft zu verwechseln, zum anderen können Sie sich korrigieren, wenn Sie Blau oder Gelb rot ansprechen. Das gleiche gilt, wenn Sie auf Gelb oder Blau mit einer grünen Ansprache zugehen. Durch das bewusste Aufnehmen und Interpretieren von Kritik können Sie also nur gewinnen. Sie werden so deutlich mehr kritische Situationen meistern, als wenn Sie einfach so „wie immer“ reagieren und sich Ihren Emotionen und denen des Kritikers ausliefern, mit ungewissem Ausgang.
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6.2 Kunden konstruktiv kritisieren Im Vertrieb sind Sie selten in der Position, einen Kunden kritisieren zu können. Sicher würden Sie gerne mal Dampf ablassen, doch Ihr Kunde ist Ihr Kunde, und manchen Unmut schlucken Sie einfach herunter. Zum einen erfahren Sie in diesem Abschnitt, wie Sie freundlich und sachlich Kritik anbringen, wenn es möglich ist. Zum anderen lernen Sie, wie Sie mit Ihren Emotionen umgehen und einen kühlen Kopf bewahren. Nur so kann es Ihnen gelingen, Kritik, Ärger oder auch einfach Änderungswünsche so zu verpacken, dass Ihr Gesprächspartner diese annehmen kann – und später auch umsetzt, denn darauf kommt es an.
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x Tipp: Die zentralen Regeln des Kritisierens sind die gleichen wie beim Umgang mit Kritik: Achten Sie auf die Trennung von Sache und Person. Suchen Sie nicht nach der „Wahrheit“ oder danach, wer Recht hat. Achten Sie immer auf die in dieser Situation sichtbaren Grundemotionen – bei sich selbst und Ihrem Kunden. Persönliche Anklagen („Sie haben vergessen …“, „Sie hatten bei unserem letzten Treffen ...“) sind immer kontraproduktiv, sie verärgern nur und führen nicht zur Einsicht.
Ihr Kunde hat ein sehr dürftiges Pflichtenheft abgegeben, fordert zentrale Funktionen Ihrer Dienstleistung nach der Auftragsvergabe neu ein oder versucht, weitere Vorteile herauszuschlagen, die er als selbstverständlichen Service deklariert. Dann geht es jetzt für Sie darum, den richtigen Ton zu finden und souverän und bestimmt Grenzen aufzuzeigen. Vielleicht fällt es Ihnen jetzt schwer, sachlich und nüchtern zu agieren, etwa weil Sie in Ihrem Grün oder Gelb von Ihrem Kunden enttäuscht sind. Oder weil Sie richtig wütend in Ihr Rot gekommen sind. x Tipp: Aktivieren Sie ganz bewusst Ihr Blau, um eine inhaltliche Kritik am Kunden angemessen vorzubereiten. Gelingt das nicht, dann „borgen“ Sie es sich mit den Werkzeugen, die Sie in den Kapiteln 2.2 und 2.3 kennen gelernt haben.
Tragen Sie die Ihnen zugänglichen relevanten Unterlagen zusammen: Ihre Angebote, das Pflichtenheft, den Vertrag oder auch eine E-Mail mit den zugesagten Leistungen und Terminen oder auch eigene Notizen („Bei unserem letzten Gespräch habe ich Folgendes festgehalten …“). Verschaffen Sie sich eine möglichst vollständige Übersicht. Diese dient Ihnen als Ankerpunkt und stellt sicher, dass Sie sich auf die Sache konzentrieren. Besonders, wenn Sie selbst in der grünen oder gelben Grundemotion sind, hilft Ihnen dies, Problem und Person zu trennen. Was Ihnen, wenn Sie in Rot oder Blau agieren, selbstverständlich erscheinen mag. In diesen beiden Grundemotionen müssen Sie einen anderen Fehler vermeiden: Ihre Unterlagen sollten Sie keinesfalls als Beweis für Ihre Kritikpunkte verwenden. Sie ziehen nicht vor Gericht, sondern Sie haben ein Problem aufbereitet, um eine sachliche Grundlage für eine notwendige inhaltliche Auseinandersetzung zu schaffen. Sie zeigen so deutlich, dass es Ihnen um ein bestimmtes Thema und nicht um Vorwürfe gegenüber Ihrem Kunden geht.
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Das Verhalten des Kunden verstehen Doch was tun Sie, wenn Ihr Problem tatsächlich im persönlichen Verhalten Ihres Kunden liegt? Zum Beispiel, weil dieser wieder einmal keine Zeit für Sie hatte, obwohl der Termin schriftlich vereinbart und bestätigt war. Unabhängig davon, in welcher Grundemotion Sie das aufnehmen – Sie haben alles Recht der Welt, sich zu ärgern. Schlucken Sie das für den Moment. Die Analyse von Fakten bringt Sie nicht weiter, dafür aber die Analyse des Verhaltens Ihres Kunden. Denn für Ihre angemessene Reaktion ist es unverzichtbar zu verstehen, aus welcher Grundemotion heraus Ihr Kunde Sie versetzt hat. Dies ist Ihr Schlüssel zu einer für – diesen Kunden – adäquaten Antwort. Y Kunde in Gelb. In dieser Verhaltensfacette wechseln Prioritäten oft sehr schnell. Da gleichzeitig vergleichsweise wenig strukturiert gearbeitet wird, ist es wahrscheinlich, dass „nicht so wichtige“ Dinge einfach verdrängt werden. Dazu gehört auch die Absage eines, gemessen an seinen aktuellen Prioritäten, nicht so bedeutenden Termins. Deshalb hat er einfach „vergessen“, Sie zu informieren. Dies ist die wahrscheinlichste Erklärung, doch keine Entschuldigung. Nutzen Sie diese Vermutung, um über Ihre Reaktion nachzudenken. Folgende Gründe spielen für Gelb eine Rolle, warum er oder sie den Termin als weniger wichtig eingeschätzt hat. Y Priorität: Warum ist Ihre Priorität hier so gering? Ist das Produkt oder die Leistung, die Sie liefern oder anbieten, zu sehr vergleichbar? Wenn dem so ist und Sie daran nichts ändern können, der Kunde aber wichtig für Sie ist, hilft nur „emotionale“ Kundenbindung. Was interessiert Ihren Kunden besonders? Wofür kann er sich begeistern? Welche Gemeinsamkeiten können Sie mit ihm herstellen? Aus den Antworten auf solche Fragen können Sie dann eine emotional gelbe Kundenstrategie entwickeln. Y Sympathie: Wenn es nicht an Ihrem Angebot liegt, dann vielleicht an Ihrer Art, mit Ihrem Kunden umgehen. Haben Sie wirklich die Ideen und Werkzeuge aus Kapitel 2.2 verinnerlicht und setzen Sie diese bei Ihrem Kunden bewusst ein? Vergessen Sie nicht – ob die Chemie stimmt oder nicht – darüber entscheiden die auf beiden Seiten aktiven Grundemotionen.
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Von Ihren Antworten auf diese Fragen hängt es ab, wie Sie mit Ihrem Kunden weiter umgehen können und wollen. Ist er nicht wichtig, dann haben Sie sicher Kunden, bei denen Ihr Einsatz sich mehr auszahlt. Bei einem lukrativen Kunden bleibt Ihnen nur die Entwicklung Ihrer Kundenbeziehung. Die Basis dafür legt zum Beispiel eine als Frage formulierte Kritik. „Was mache ich falsch, dass es nie mit unseren Terminen klappt?“. Da ihm hier wohl kaum etwas einfällt, wird er das Ganze herunterspielen und sich herausreden. Akzeptieren Sie das einfach und beginnen Sie so mit der Entwicklung Ihrer neuen, bewusst gestalteten Beziehung. Falls Ihnen wiederholtes Gelb zu große Mühe bereitet, dann kann sicher auch ein Kollege, dem das mehr liegt, diesen Kunden übernehmen. Nicht selten aktiviert diese betont nicht-aggressive Frage aber ein grünes schlechtes Gewissen. Auch das ist natürlich ein wunderbarer Anknüpfungspunkt für die Gestaltung dieser Kundenbeziehung. Kunde in Rot. Prioritäten werden in dieser Verhaltensfacette klar gesetzt. In Rot wird bewusst und strukturiert agiert. Mehrfaches „Versetzen“ ist ein klares Zeichen von Missachtung. Sie haben hier keinerlei Priorität. Das sollten Sie ohne Scheu thematisieren, zu verlieren haben Sie schließlich nichts mehr. Eine Frage wie „Sie haben mich jetzt dreimal versetzt, obwohl Sie jeweils die Verabredung per E-Mail bestätigt haben. Heißt das, Sie haben wenig Interesse an unserem Gespräch?“ bringt Ihnen Klarheit. Wenn Sie nach Gründen fragen, können Sie entweder eine Ursache Ihrerseits abstellen, ein Missverständnis ausräumen oder aber sich, zumindest vorerst, persönlich und mit Stil verabschieden. Auf diese Weise wahren Sie Ihr Gesicht und haben die Chance, zu einem späteren Zeitpunkt einen Neubeginn zu wagen. Sollte es persönlich nicht passen, bleibt die Option, einen Wechsel in der Kundenbetreuung zu prüfen. Kunde in Grün. Einen Geschäftspartner mehrfach zu versetzen – das ist in Grün unvorstellbar. Dennoch bleibt eine Erklärung: Ihr Kunde geht Ihnen bewusst aus dem Weg, vielleicht in der Hoffnung, dass Sie ihn bald in Ruhe lassen. Dafür kann es durchaus nachvollziehbare Gründe geben. Er hat Ihnen ein Versprechen gegeben, dass er jetzt doch nicht halten kann. Sie haben ihn schwer gekränkt. Ihnen ist das gar nicht bewusst geworden, doch Ihr Kunde weicht Ihnen deshalb aus. Vielleicht hat er auch etwas unter dem Siegel der Verschwiegenheit gehört, was Sie getan oder gesagt haben (sollen) und was seine Werte oder Gefühle verletzt. Warum
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er Ihnen das nicht einfach sagt (so denkt vor allem Rot)? In der grünen Grundemotion fällt Konfrontation immer sehr schwer. Vielleicht stehen Sie mit seinem Chef auf gutem Fuß oder spielen gemeinsam Golf? Auch das wäre ein Grund, Sie nicht zur Rede zu stellen. Wenn Sie sich in solch einem Fall bei Ihrem Golfpartner beschweren, rechnen Sie damit, dass es für Grün auch Wege gibt, Sie unauffälliger zu sabotieren. Im Grunde bleibt Ihnen genau wie bei Rot nichts anderes, als das Thema – hier aber behutsam – anzusprechen. Bitten Sie um Hilfe: „Ich verstehe einfach nicht, was los ist. Bitte helfen Sie mir.“ Wenn Sie hierbei Grün wirklich erreichen, geduldig bleiben und auf jeden Vorwurf verzichten, eröffnet Ihnen das eine echte Chance. Wenn jedoch die grüne Verletzung zu tief ist oder Sie das Misstrauen nicht überwinden können, bleibt hier wohl nur die Übergabe an einen Ihrer Kollegen. Kunde in Blau. Niemand ist besser organisiert. Genau wie bei Rot ist es ein klares Zeichen dafür, dass Sie keine Priorität haben. Bewusste Missachtung ist aber für Blau nicht typisch. Vielleicht ist im Moment einfach zu viel zu tun. Auf Nachfrage werden Sie auf jeden Fall die Gründe erfahren. Mit Vorwürfen erreichen Sie eine höfliche Entschuldigung, mehr aber auch nicht. Ihre weiteren Optionen sind die gleichen, wie sie unter Rot genannt werden.
Farbgerecht kritisieren Dieser Exkurs zeigt Ihnen, wie die verschiedenen Grundemotionen mit persönlicher Betroffenheit umgehen. Wie richten Sie nun eine inhaltlich begründete Kritik konstruktiv, zielführend und farbgerecht an Ihren Kunden? Jede Facette geht, wie wir an dem Beispiel mit den Terminen gesehen haben, auf eine andere Weise mit Kritik um. Das Spektrum reicht vom Verlust des eigenen Selbstvertrauens bis zum völligen Ignorieren Ihrer Aussagen, vom emotionalen Gegenangriff bis zum bockigen Rückzug. In keinem dieser Extremfälle haben Sie auch nur den Hauch einer Chance, dass Ihr Kunde sein Verhalten ändert oder eine konstruktive Lösung gesucht wird. Deshalb kommt es darauf an, Ihre negativen Botschaften so zu formulieren, dass Sie in den vier Grundemotionen gut angenommen und umgesetzt werden können.
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Kritik für die grüne Grundemotion formulieren Dazu passt das Bild vom „Anfassen mit Samthandschuhen“. In der grünen Grundemotion werden kritische Aussagen schnell dramatisiert oder es entstehen sofort Selbstzweifel. Jede noch so sachlich neutral formulierte Aussage, die nicht eindeutig positiv ist, birgt die Gefahr, von Grün negativ aufgefasst und persönlich genommen zu werden. Ganz zu schweigen von direkter Kritik. Alles, was wie Kritik klingt, löst eine reflexartige persönliche Rechtfertigung aus, mit Formulierungen wie „Das habe ich nicht gewusst“, „Der Fehler liegt aber nicht bei uns“ oder „Das stimmt doch überhaupt nicht“. Wenn Sie dann mit „Das habe ich doch so gar nicht gemeint“ versuchen zurückzurudern, ist die Situation schon schwierig geworden, und es ist zweifelhaft, ob Ihre berechtigte Kritik überhaupt noch Gehör findet. Dann hätte der grüne Selbstverteidigungsmechanismus Sie überrumpelt. Wie also gehen Sie Erfolg versprechender vor? Gesprächsatmosphäre ist bei Grün ein Schlüsselfaktor. Hierzu finden Sie genügend Anregung in den Kapiteln 2.2 und 3.1. Zeigen Sie Ihrem Kunden deutlich, dass Sie nicht in feindseliger Absicht kommen. Betonen Sie die vertrauensvolle Zusammenarbeit. Fragen Sie ehrlich, warum zum Beispiel das Pflichtenheft zu bestimmten Punkten keine Aussagen enthält. Machen Sie Ihrem Kunden deutlich, dass das jetzige Pflichtenheft Sie in große Schwierigkeiten bringt. So haben Sie alle Chancen, anstelle des unerwünschten „Rechtfertigungsreflexes“ den für Sie positiven „Hier-muss-ich-helfen-Reflex“ auszulösen. Optimal erreichen Sie mit dieser Verpackung, dass Ihre Kritik gar nicht erst als Kritik interpretiert wird. Auf die Frage „Da habe ich Sie wohl in Schwierigkeiten gebracht?“ antworten Sie jetzt natürlich nicht mit „Ja“, denn dann lösen Sie jetzt die Rechtfertigung aus. Nein, Sie nutzen diese Frage elegant als Vorlage, um Wünsche zu äußern, was zu Ihrem beiderseitigen Nutzen jetzt geschehen soll. Werden Sie dabei konkret, besprechen Sie mit Grün alle Einzelheiten, vermeiden Sie es, Dinge zu verlangen, die Ihr Kunde nicht erfüllen kann. Dann wird dieser alles tun, was in seinen Möglichkeiten liegt, um die Probleme aus der Welt zu schaffen. Das klingt für Sie zu pazifistisch? Bedenken Sie, es ist nicht Ihr Mitarbeiter oder Ihr Lieferant. Es ist Ihr Kunde, der Ihre Kritik nur annehmen kann, wenn sie ihn emotional trifft.
Kritik für die rote Grundemotion formulieren Hier zählen stichhaltige Vorbereitung und Augenmaß. Letzteres ist wichtig, um einen Konflikt unter allen Umständen zu vermeiden. Die KonfliktgeKunden konstruktiv kritisieren
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fahr ist besonders groß, wenn Ihre Verärgerung Ihr eigenes Rot auf den Plan ruft. In Rot steht latent immer die Machtfrage im Raum. Stichhaltig für Rot ist Ihre Vorbereitung dann, wenn Sie die Problembeschreibung schnell auf den Punkt bringen können, um dann die negativen Konsequenzen aus zum Beispiel dem jetzigen Pflichtenheft für Ihren Kunden deutlich zu machen. In welche Schwierigkeiten Sie dadurch geraten, ist für Rot unerheblich. Wichtig ist eine klare Aussage dazu, was zum Nachteil Ihres Kunden passiert, wenn das kritisierte Problem nicht abgestellt wird. Lassen Sie sich jetzt auch nicht einschüchtern. Bleiben Sie hart in der Sache: „In der jetzigen Form ist das (nicht „Ihr“) Pflichtenheft keine Arbeitsgrundlage, denn …“, „Nicht einmal ein erstes Teilprojekt ist damit durchführbar“. Bleiben Sie aber auch konstruktiv: „Wir können das Pflichtenheft innerhalb einer Woche komplettieren, wenn …“ und kaufmännisch: „Der Mehraufwand beträgt … Euro. Jeder Tag Verzögerung kostet Sie … Euro.“ Sie haben Ihre Kritik konstruktiv und vorwärtsgerichtet angebracht. Jetzt liegt die Entscheidung bei Ihrem Kunden. Bekommen Sie diese Entscheidung, dann sorgen Sie dafür, dass die Vereinbarung schriftlich fixiert wird. Vermeiden Sie auf jeden Fall nachträgliche Kritik an Dingen, die nicht mehr zu ändern sind. Wollen Sie ähnliche Probleme für die Zukunft vermeiden, dann schlagen Sie zum Beispiel eine Analyse vor, um Verbesserungspotenzial für Folgeprojekte zu finden. Zeigen Sie, was Ihr Kunde von möglichen Verbesserungen hat.
Kritik für die blaue Grundemotion formulieren Ihre Vorbereitung muss das Anzusprechende detailliert und umfassend dokumentieren. Wenn Sie dazu eine aussagefähige Dokumentation zusammenstellen, wird Ihre Kritik in der blauen Grundemotion ernst genommen. Vermeiden Sie jede Aufregung oder Anschuldigung. Das ist auch völlig unnötig, denn alles, was Sie dokumentieren und beweisen können, wird dieser Kunde sachlich prüfen und Ihnen zustimmen, wenn Sie wirklich Recht haben. In der blauen Grundemotion ist es vergleichsweise leicht, Fehler zuzugeben – wenn sie zweifelsfrei nachgewiesen werden. Deshalb: Schonen Sie Ihre Kräfte, indem Sie die Schuldfrage ausklammern. Wenn Sie Ihrem Kunden in langwierigen Diskussionen wirklich einen Fehler nachweisen, wird er seine Energie in die zukünftige Vermeidung stecken. Denn Fehler sind Blau bekanntlich ein Gräuel. Für Sie kann das zum Beispiel bedeuten, dass
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sich die Zeitspanne zwischen Angebot und Auftragsvergabe verdoppelt, weil der Vergabeprozess deutlich komplizierter wird.
Kritik für die gelbe Grundemotion formulieren Nach dem leichtesten Fall kommt nun der schwierigste. Kritik an einem Kunden in Gelb stellt Sie vor zwei Schwierigkeiten. Zum einen ist die Bereitschaft, Kritik überhaupt anzunehmen, in der gelben Grundemotion am geringsten. Was nicht abgestritten werden kann („Da müssen Sie sich irren“), wird verharmlost („Na, jetzt übertreiben Sie aber ganz schön“), ins Lächerliche gezogen („Können Sie sich jetzt etwa kein Mittagessen mehr leisten?“) oder einfach übergangen („Okay, kann schon sein. Haben Sie sonst noch was?“). Haben Sie es dann doch geschafft, die Anerkennung Ihrer Kritik durchzusetzen, kann das schnell zu einem Pyrrhussieg für Sie werden. Mit einem „Ja, ja, Sie haben schon recht. Das machen wir in Zukunft anders“ kommen Sie noch gut davon. Es wird sich zwar nichts ändern, und das nächste Problem ist nur eine Frage der Zeit. Aber Sie behalten immerhin Ihren Kunden. Im schlimmsten Fall kündigt Ihnen der gemaßregelte Kunde (seine Sicht) die Freundschaft und weitere Aufträge gehen an die Konkurrenz. Wie gehen Sie also mit dem dürftigen Pflichtenheft Ihres Kunden in seiner gelben Facette um? Ist der Kunde für Sie sehr wichtig und ertragreich, dann nehmen Sie ihm diese lästige Aufgabe am besten einfach ab. Bieten Sie an, die Pflichtenhefte für seine Projekte selbst zu erstellen. Er habe doch sicher Wichtigeres zu tun. Wie das aussehen könnte, haben Sie ihm als Muster gleich mitgebracht (Teil Ihrer Vorbereitung). Wenn diese Lösung zu teuer ist, dann machen Sie ihn zu Ihrem Verbündeten. Denn Sie finden das Pflichtenheft natürlich völlig in Ordnung. Aber der pingelige Projektleiter hat damit ein Problem und macht Ihnen intern das Leben schwer. Sie haben gekämpft wie ein Löwe, aber bei diesen drei Punkten haben Sie den Krieg verloren. Wenn Sie, lieber gelber Kunde, mich jetzt nicht retten, dann werde ich wahrscheinlich versetzt. Natürlich wissen Sie, dass es nicht sein müsste, aber vielleicht, Ihnen zuliebe könnte man diese Punkte noch einmal idiotensicher überarbeiten … Natürlich ist das sarkastisch überzeichnet, aber es zeigt Ihnen umso deutlicher, wie Sie Gelb packen können. Wenn Ihnen so viel Mühe zu beschwerlich erscheint, denken Sie daran, es ist Ihr Kunde, und in Gelb ist Erziehung schwierig. Wenn dieser Kunde profitabel ist, dann haben Sie kein Problem. Wenn nicht oder wenn Sie ein sehr wichtiger Lieferant sind, dann Kunden konstruktiv kritisieren
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sprechen Sie einfach Klartext. Zeigen Sie ihm, dass er nicht besonders gut dasteht und eine Menge Arbeit bekommt, wenn Sie wegen solcher „Kleinigkeiten“ nicht mehr zusammenarbeiten könnten. Ein Kritikgespräch mit Ihrem Kunden kann leicht dazu führen, dass sich seine aktive Grundemotion ändert. Umgekehrt können Sie auch aktiv darauf hinarbeiten. Zum Beispiel, indem Sie versuchen, Gelb ein schlechtes Gewissen zu machen und ihn damit in Grün zu ziehen. Rot können Sie mit Fragen durchaus in Richtung Blau verunsichern. Dazu finden Sie ausführliche Anregungen in Kapitel 2.3.
beherrschen
6.3 Konflikte und deren Eskalation beherrschen Zum Thema Umgang mit Konflikten gibt es zu Recht eine Vielzahl von Büchern. Deshalb konzentrieren wir uns auf Beispiele rein situativer Zielund Interessenkonflikte. Im Mittelpunkt stehen typische Auslöser und Eskalationsmotive. Es geht hier um die subjektive, rein emotionale Seite dieser Konflikte.
Konflikte frühzeitig erkennen Woran können Sie erkennen, dass ein Konflikt im Raum steht? Erste sichtbare Anzeichen sind Ungeduld im Umgang miteinander, so werden zum Beispiel Ideen bereits im Ansatz attackiert. Dann wird die Argumentation heftiger, es fallen abfällige Äußerungen und gegenseitige Vorwürfe. Aussagen werden immer wieder verdreht. So weit darf es mit Ihrem Kunden natürlich möglichst nicht kommen, Sie müssen also Anzeichen für Konflikte früh erkennen und schnell gegensteuern. Auch hier hilft Ihnen Ihr Wissen um die vier Grundemotionen. Ungeduld, attackieren – zu welchen Grundemotionen passt das überhaupt? 186
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Blau? Blau durchdenkt, wägt ab, diskutiert und hinterfragt Ideen. Die aggressivste Handlung in Blau ist ein sarkastischer Kommentar. Das mag Sie aufregen und nerven, ist jedoch keine Grundlage für einen Konflikt mit Ihrem Kunden, den wir diskutieren müssen. Schließlich haben Sie gelernt, sich auf Blau einzustellen. Gelb? Nein, Gelb scheidet aus. Gelb ist nicht drängend ungeduldig, Gelb hat vielleicht keine Ausdauer, macht dann einfach etwas anderes. Darüber können Sie sich ärgern, aber für einen offenen Konflikt steht Ihr Kunde in seinem Gelb dann schon nicht mehr zur Verfügung. Allerdings hat Gelb hohe Erwartungen und Ansprüche. Werden die enttäuscht, weicht Gelb schnell der grünen oder roten Grundemotion aus. Bleiben Rot und Grün. Rot ist stets ungeduldig, und Ideen, die nicht passen, werden sofort hinterfragt. Da braucht es nicht mehr viel bis zum Konflikt. Wenn Sie nicht schnell einlenken, sondern widersprechen oder gar provozieren (es reicht, dass Rot es so sieht), dann haben Sie ein Problem mit Ihrem Kunden in Rot. Zum Glück eines, das sofort offen zu Tage tritt und sich, wenn Sie rechtzeitig reagieren, lösen lässt. Aber Grün? Grün ist doch „lammfromm“. Kann man mit einem Kunden in Grün überhaupt in einen Konflikt geraten? Wenn Grün enttäuscht oder verletzt ist und sich zunehmend verschließt, dann werden Vorschläge und Ideen ab einem gewissen Punkt von vornherein abgelehnt. Sie können dann vorbringen, was Sie wollen, es wird verdreht und gegen Sie verwendet. Dazu ernten Sie oft noch Vorwürfe. Das ist der offene Konflikt. Hier haben Sie noch eine Chance, denn Sie erhalten Hinweise darauf, worum es Ihrem Kunden in seinem Grün wirklich geht. Schlimmer ist es, wenn Grün sich nicht mehr äußert und sich entzieht. Dann können Sie nur noch versuchen zu entschlüsseln, was der Auslöser dieser Situation war. Diese kurze, überblicksartige Betrachtung von Konflikten im Lichte der vier Grundemotionen soll Ihnen dabei helfen, in Konfliktsituationen ruhig, gelassen und sachlich zu bleiben. Mit dem Blick auf die vier Grundemotionen haben Sie tieferes Verständnis für Auslöser und Denkweisen, die Ihren Gesprächspartner bewegen, und mit diesem Wissen gewinnen Sie ein gutes Stück an nüchterner Distanz zur Situation. Genau diese Distanz ist die unverzichtbare Basis, um „ruhig, gelassen und sachlich“ zu bleiben. Nur wenn Ihnen das gelingt, haben Sie überhaupt eine Chance, eine der vielen bekannten Techniken und Methoden zur Konfliktlösung auch einzusetzen.
Konflikte und deren Eskalation beherrschen
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x Tipp: Ihre Fähigkeit, Distanz zur Situation zu gewinnen, wird im Alltag immer wieder auf harte Proben gestellt. So sehr Sie auch versuchen, auf Ihr Gegenüber einzugehen, es kann doch immer wieder zu Missverständnissen oder Fehlinterpretationen Ihrer Absichten kommen. Es gibt Situationen, in denen Sie ganz überraschend ein unfairer Angriff trifft. Wer sehr aufgebracht ist, verletzt oft Grenzen und wird persönlich oder verletzend. Statt um die Sache geht es plötzlich um Sie und Ihr Verhalten. Lassen Sie sich nicht beirren. Achten Sie immer auf die Grundemotion, die das Verhalten Ihres Gegenübers in diesem Moment verursacht. Dann können Sie sich auch im stärksten Sturm auf Ihren Kompass verlassen.
Verhaltensweisen der vier Grundemotionen im Konfliktfall Die folgenden Beispiele zeigen charakteristische Verhaltensweisen der vier Grundemotionen im Konfliktfall. Anhand der unterschiedlichen Reaktionen verstehen Sie die Hintergründe besser und lernen Optionen kennen, die sich zur Lösung anbieten. i Beispiel: Der treue Kunde Herr Möller ist seit vielen Jahren Kunde seiner Bank, die alle seine Konten und Sparverträge führt. Nachdem er von einer Kollegin immer wieder auf ein Angebot einer anderen Bank aufmerksam gemacht wurde, die deutlich mehr Zinsen auf Spareinlagen mit täglicher Kündigungsfrist zahlt, sucht er das Gespräch mit seiner Hausbank. Sein Betreuer erklärt ihm mit großem Bedauern, dass höhere Zinsen nur mit jährlicher Kündigungsfrist möglich seien. Da Herr Möller nicht sicher ist, ob er nicht doch einmal kurzfristig an sein Geld muss, lehnt er enttäuscht diesen Vorschlag ab. Als er mit einem guten Freund darüber spricht und dieser ihn bestärkt, sein Geld anders anzulegen, kündigt Herr Möller sein Sparkonto. Zwei Tage später meldet sich sein Betreuer telefonisch und teilt freudig mit, er könne ihm jetzt sogar noch 0,25 Prozent höhere Zinsen anbieten. Als Herr Möller sehr verhalten reagiert, zeigt sich sein Berater überrascht. Das sei doch ein tolles Angebot. Und wenn Herr Möller sich bis morgen entschei188
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den würde, gäbe es noch eine einmalige Prämie von 50 Euro. Die würden sonst nur Neukunden erhalten, aber er habe sich halt für seinen langjährigen Kunden eingesetzt. Herr Möller bleibt zurückhaltend und sagt, er werde sich wieder melden. Analyse: Sie haben sofort erkannt, dass Herr Möller hier durchweg in der grünen Grundemotion agiert. Deshalb ist er nach diesem Telefonat auch nicht erfreut, sondern sein Vertrauen zu seiner Hausbank ist zutiefst erschüttert. Denn man hat ihm wohl schon lange höhere Zinsen vorenthalten, und ohne seine Kündigung hätte er es nie erfahren. Von seinem Berater ist er vor allem menschlich sehr enttäuscht. Er ruft seinen Berater am nächsten Tag nicht an, sondern kündigt nicht nur sein Sparkonto, sondern auch gleich noch sein Gehaltskonto. Der Berater telefoniert noch ein paar Mal vergeblich mit Herrn Möller und bietet sogar noch eine kostenlose Kontoführung an. Doch das bleibt alles vergeblich, Herr Möller verbittet sich weitere Anrufe, er sei schließlich nicht käuflich. Welche Fehler hat Herrn Möllers Kundenbetreuer gemacht? Wie hätten Sie sich an seiner Stelle verhalten? Der Betreuer hat aus der Sicht von Herrn Möller genau falsch reagiert. Herr Möller hätte wohl nicht gekündigt, wenn ihm beim ersten Gespräch eine plausible Lösung angeboten worden wäre. Zum Beispiel eine kleine Zinserhöhung ab dem nächsten Monat und die feste Zusage fast gleich hoher Zinsen in einem Vierteljahr. „Schließlich werde man sich der Marktentwicklung anpassen, könne aber keine Dumpingangebote machen. Man wisse schließlich, wo das hinführt.“ Natürlich steht hier die Frage, ob das fair ist, aber für seine Geschäftspolitik ist jedes Unternehmen selbst verantwortlich und am Ende entscheidet der Markt. Auf keinen Fall wäre das sofortige Angebot besserer Konditionen eine Lösung gewesen, denn auch das hätte Herrn Möllers Misstrauen geweckt. Der Hinweis der Kollegin „Sehen Sie, wie die Sie bisher ausgenutzt haben“ hat wohl ausgereicht, um seine Konten ebenfalls zu kündigen. Alle Angebote, die nach Herrn Möllers Kündigung kamen, waren vergebliche Liebesmüh. Sie haben Misstrauen und Verärgerung nur weiter gestärkt. Optimal wäre sicher gewesen, seitens der Bank aktiv auf den Markt zu reagieren und Herrn Möller freiwillig bessere Konditionen anzubieten. Wohl gemerkt für Grün. Bei Rot und Gelb hätte der Bankberater auch im Nachhinein durchaus noch Chancen gehabt. Rot hätte es wohl pragmatisch gesehen, vielleicht noch etwas mehr herausgehandelt, dem Bankberater für den Wiederho-
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lungsfall die Kündigung angedroht, aber die aktuelle Kündigung zurückgezogen. Schließlich bringt sie verlorenes Geld auch nicht zurück. Auch Gelb hätte mit einem „Na bitte, geht doch“ wahrscheinlich auch die Bank nicht gewechselt. Blau recherchiert und vergleicht üblicherweise sowieso stets alle Konditionen, ihm wäre diese Geschichte gar nicht passiert. i Beispiel: Die beleidigte Kundin Christine Gerz hat ihre gesamte Wohnung mit Designermöbeln eingerichtet, die sie allesamt bei einem exquisiten Fachgeschäft bezogen hat. Man kennt sich gut, alle Verkäufer gehen auf ihren Geschmack ein und bei jedem ihrer regelmäßigen Einkaufsbummel werden ihr stets die passenden, neu eingetroffenen Stücke präsentiert. Als sie wieder einmal durch den Laden schlendert, sieht sie, wie ein anderer Kunde beim Verkaufsabschluss offensichtlich noch einen Aschenbecher geschenkt bekommt – ein neues Teil einer Serie, die auch sie kürzlich hier gekauft hat. Wortlos und wütend verlässt sie das Geschäft, mit dem Vorsatz, nie wieder etwas dort zu kaufen. Einer der Verkäufer folgt ihr sofort und sieht sich dann mit bitteren Vorwürfen der sonst so umgänglichen Kundin konfrontiert. Er versucht vergeblich, die Kundin zu beschwichtigen, schließlich könne er sich gar nicht vorstellen, dass der Aschenbecher als Bonus verschenkt worden wäre. Das sei hier absolut unüblich. Das überzeugt Christiane Gerz allerdings überhaupt nicht. Erst als eine Kollegin dazukommt, die Frau Gerz lange kennt, gelingt es, die Kundin zu beschwichtigen. Der Aschenbecher sei definitiv kein Bonusgeschenk gewesen, aber sie werde sich sofort genau erkundigen. Frau Gerz solle doch bitte wieder mit zurück ins Geschäft kommen und auf den Schrecken einen Espresso trinken. Frau Gerz lässt sich überreden. Als ihr vom Inhaber glaubhaft versichert wird, dieser Aschenbecher sei wegen einer Reklamation nachgeliefert worden, ist Frau Gerz wieder versöhnt. Sie blüht völlig auf, als die Verkäuferin ihr vorschwärmt, dass am folgenden Tag eine ganz besondere Vase hereinkommen werde, von der es nur drei Exemplare in Deutschland gibt. Diese Vase werde sie begeistern, sie könnte das Prunkstück des Kaminzimmers werden. Man verabredet sich für den nächsten Tag, und Frau Gerz setzt in bester Stimmung ihren Bummel durch die Innenstadt fort.
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Analyse: In diesem Fall hat die Verkäuferin optimal reagiert. Sie hat treffsicher die gelbe Seite ihrer Kundin bedient und diese sehr schnell aus dem grünen Schmollwinkel herausgeholt. Ihr Kollege hat zwar schnell reagiert, aber nicht den Schlüssel gefunden. So einfach lässt sich Grün nicht abspeisen, schließlich geschehen immer wieder Dinge, die ungerecht sind und die sich niemand vorstellen kann. i Beispiel: Der hinterfragende Kunde Hendrik Meyer ist Einkäufer. Heute will er bei einem Büroausstatter mehrere Kopierer leasen. Er hat sich mit allen Details auseinandergesetzt, von der Seitenzahl pro Minute über die Bedienungsfreundlichkeit bis zum Stromverbrauch. Herr Meyer nimmt die Vertragsunterlagen in Empfang, die ihm der Vertriebsmitarbeiter überreicht – zusammen mit einem Kugelschreiber. Hendrik Meyer ignoriert den Kugelschreiber und liest erst noch einmal alle Einzelheiten des Leasingvertrages durch. Beim Unterpunkt Service und Wartung fällt ihm auf, dass der angebotene 24-Stunden-Service nicht im Vertrag festgehalten ist. Der Vertriebsmitarbeiter versucht Herrn Meyer zu beschwichtigen, das sei der Unternehmensstandard, oft komme der Techniker schon am nächsten Morgen oder noch am selben Tag, wenn er sowieso gerade in der Gegend sei. Nur in Ausnahmefällen, etwa zu Karneval, meint der Verkäufer mit einem verschmitzten Lächeln, da könnte es auch schon mal etwas länger dauern, 25 oder 26 Stunden, lacht er. Herr Meyer lacht nicht, sondern erklärt dem überraschten Verkäufer, er werde jetzt noch einmal alle Angebote genau prüfen und sich dann bei Ihm melden. Analyse: Haben Sie dieses Ende kommen sehen? Was hätte der Verkäufer besser machen müssen? Hier liegt ein schwerer Fauxpas des Vertriebsmitarbeiters vor. In seinem Gelb hat er Herrn Meyer hier völlig falsch angesprochen. Wahrscheinlich hat er sich auch den Vertrag vorher nicht angeschaut. Denn entweder hat er beim Service eine übereilte Zusage gegeben, die er jetzt nicht halten kann. Oder der Punkt wurde tatsächlich vergessen. Beides ist jedenfalls gegenüber einem Kunden in der blauen Grundemotion nahezu unverzeihlich. Die einzige Chance des Verkäufers wäre gewesen, hier einen Irrtum sofort zuzugeben, sich zu entschuldigen und kurzfristig einen korrekten Vertrag zuzusagen. Am besten verbindlich nach einer telefonischen Rücksprache mit seinem Chef. Dies ist streng genommen nur ein indirekter Konflikt, denn Herr Meyer hat seine Verärgerung nicht verbal geäußert, Konflikte und deren Eskalation beherrschen
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doch durch das kühle Klima wurde dem Verkäufer klar, dass er mit einer unbedachten Bemerkung den blauen Kunden vor den Kopf gestoßen hat. i Beispiel: Die konsequente Kundin Gabriele Winsel leitet die Betriebsorganisation einer Versicherung und bespricht heute mit dem Partner einer Unternehmensberatung ein neues Projekt. Zielstellung ist, die internen Prozesse gründlich zu durchleuchten und Optimierungspotenzial aufzudecken. Die Konditionen wurden im Vorfeld grob vereinbart, jetzt geht es darum, die einzelnen Projektaufgaben zu präzisieren und die Anzahl der externen Berater festzulegen. Gabriele Winsel will Kosten sparen und möglichst viele interne Kräfte einsetzen. Nach ihrer Erfahrung sollten sieben Externe ausreichen. Ihr Gesprächspartner reagiert bestürzt und versucht Gabriele Winsel ausführlich klarzumachen, dass gerade am Anfang mindestens zwölf Berater notwendig seien. Frau Winsel wird von den Ausführungen ihres Gegenüber jedoch nicht überzeugt und bleibt hart. Dieser wiederholt seine Begründung fast wortwörtlich und zwar noch zweimal. Da platzt Frau Winsel der Kragen. „Haben Sie eine Schallplatte verschluckt? Ich habe mich doch klar ausgedrückt, oder? Nennen Sie mir einen einzigen zwingenden Grund, warum wir mehr externe Kräfte brauchen.“ Der Berater schüttelt den Kopf. „Frau Winsel, ich kann mich jetzt wirklich nur wiederholen …“ Weiter kommt er nicht. Frau Winsel steht abrupt auf und unterbricht ihn mit den Worten „Ich hätte Sie wirklich für kompetenter gehalten. Dieses Thema hat sich für Sie erledigt. Noch einen schönen Tag.“ Analyse: In diesem Beispiel gibt es mindestens drei Fehler, die der Unternehmensberater gemacht hat. Haben Sie diese bemerkt? Dann sind Sie schon ein Experte für die rote Verhaltensfacette. Der Berater hat in diesem Gesprächsausschnitt keine einzige Frage gestellt, sondern auf Frau Winsel eingeredet. Wenn ich nicht sicher bin, was Rot will, ist es gefährlich, Vorschläge oder Argumente zu bringen. Die Gefahr eines Widerspruchs ist dann besonders groß. Für einen Folgetermin war die Vorbereitung katastrophal. Es darf nicht passieren, dass so eine wichtige Frage wie die Zahl der mitarbeitenden Berater nicht rechtzeitig angesprochen wird. Nur dadurch war es möglich, dass die Meinung der Kundin so stark von der der Beratung abweichen konnte. Nicht erfüllte Erwartungen produzieren Unzufriedenheit. Die Argumentation für die Größe des Projektteams war nicht für Rot aufbereitet und auf den Punkt gebracht. Auch im Gespräch wurde dies nicht korri192
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giert. Es hält sich hartnäckig die Legende, dass das mehrfache Wiederholen der gleichen Argumente eine geschickte Gesprächstaktik sei. Für Rot ist sie auf jeden Fall kontraproduktiv, wie die Reaktion von Frau Winsel eindrucksvoll zeigt.
Eskalation vermeiden und die Situation entschärfen Wenn Sie oder Ihr Unternehmen wirklich einmal einen Fehler gemacht haben und dadurch ein Kunde Ihnen gegenüber aufgebracht und wütend reagiert, müssen Sie natürlich eine Spirale der Eskalation unbedingt verhindern. Der erste Schritt liegt darin, die Sichtweise und das Anliegen des Kunden anzuerkennen, um bei ihm im Umkehrschritt eine Offenheit für Ihre Argumente zu erreichen. So entschärfen Sie die Situation und bleiben zugleich auf Augenhöhe mit Ihrem Kunden. Sie verhindern dadurch auch die sinnlose Diskussion der Schuldfrage. Y So stimmen Sie Grün eingeschränkt zu. Lassen Sie Ihren Kunden in Grün und sich zu einem Wir werden: „Da muss ja etwas wirklich schief gelaufen sein. Lassen Sie uns gemeinsam feststellen, wie das geschehen konnte.“ Wenn das Problem unstrittig ist und Sie noch keine Idee haben, wie eine Lösung aussehen kann, dann fragen Sie einfach: „Ich bin im Moment ehrlich ratlos. Wie kann ich die Situation retten?“ Sie wissen, in Grün ist die Hilfsbereitschaft am größten. Y So stimmen Sie Blau eingeschränkt zu. Kunden in Blau wirken, wenn sie sehr unzufrieden sind, manchmal schroff und hart in ihren Argumenten. Doch ein Kunde in Blau wird nie ausfallend und verletzend, reklamiert immer etwas Konkretes. Hier können Sie ansetzen. Geben Sie ihm deutlich Recht und bedanken Sie sich für seine ausführliche Darstellung. Nehmen Sie die Informationen auf und sagen Sie Lösungsvorschläge für einen angemessenen Termin zu. „Ich kann diese Situation nur aufrichtig bedauern. Es ist sehr hilfreich, dass Sie die Probleme so detailliert aufgelistet haben. Auf dieser Grundlage werde ich jetzt hausintern klären, wie wir zeitnah und grundlegend Abhilfe schaffen. Wollen wir uns dazu morgen Nachmittag wieder zusammensetzen?“ Auch wenn Ihr Kunde in Blau nicht in allen Punkten Recht hat, reiben Sie ihm das niemals spontan unter die Nase. Was ist, wenn Sie sich irKonflikte und deren Eskalation beherrschen
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ren? Selbst wenn dem nicht so ist, ersparen Sie sich und Ihrem Kunden die umständliche Beweisführung. Gehen Sie darüber hinweg. Er wird es schätzen, dass Sie sein Gesicht wahren. Vielleicht wird sogar Grün aktiviert, dann ist er Ihnen dankbar und Sie haben etwas gut. So stimmen Sie Rot eingeschränkt zu. Sie müssen sofort und konstruktiv reagieren. Überhören Sie Übertreibungen und Provokationen. Geben Sie den Fehler ohne viele Worte zu. Bieten Sie eine angemessene Kompensation an. Wenn Sie diese nicht sofort parat haben, fragen Sie einfach Ihren Kunden: „Sie haben in diesem Punkt Recht. Da ist uns ein Fehler unterlaufen. Wir stellen das umgehend ab und informieren Sie sofort. Was kann ich jetzt tun, um das auszugleichen?“ Ist daraufhin die rote Forderung unangemessen, dann sagen Sie nicht „Das geht nicht“, sondern „Ich verstehe Ihre Forderung. Was ich tun kann, ist …“. So stimmen Sie Gelb eingeschränkt zu. Diese Grundemotion ist in wirklich kritischen Situationen höchst selten aktiv. Wenn Sie mit einer berechtigen Beschwerde durch Gelb konfrontiert werden, dann seien Sie froh und machen alles, damit das möglichst so bleibt. Denn in Gelb hat Ihr Kunde keine Lust auf eine Auseinandersetzung. Erkennen Sie das Problem ohne Ausreden an, sichern Sie eine umgehende Lösung zu und bieten gleichzeitig Wiedergutmachung an: „Betrachten Sie dieses Thema als erledigt. Aber was kann ich Ihnen Gutes tun, um das auszugleichen?“ Das Vorgehen ist also ähnlich zu dem bei Rot. Hier geht es darum, Gelb im Wortsinne bei Laune zu halten – damit die gelbe Facette stabil bleibt. Natürlich kann auch hier eine übertriebene Forderung auf Sie zukommen, die Sie ebenfalls positiv formuliert ablehnen: Statt „Das geht nicht“ sagen Sie hier zum Beispiel „Da liegen wir ja fast auf Wellenlänge. Was halten Sie von … das wäre doch auch eine interessante Variante“.
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Wie Sie mit Kritik umgehen und Beschwerden managen
7. Das eigene Potenzial heben – Nutzen Sie Ihre persönlichen Optionen Mit PEK bekommen Sie Werkzeuge an die Hand, um bei sich selbst eine bestimmte Grundemotion anzusprechen und damit ganz automatisch – und vor allem authentisch – Ihr eigenes Verhalten zu ändern.
Das eigene
Darum geht es Wenn Sie sich mit den Grundemotionen beschäftigen, erfahren Sie nicht nur viel über Ihre Kunden, sondern auch über sich selbst, Ihre Stärken und Ihre Schwächen. Deshalb stehen in diesem Kapitel Ihre eigenen Entwicklungsmöglichkeiten, Ihr ganz persönliches Potenzial im Vordergrund. Dabei geht es nicht nur um die Anwendung im beruflichen Umfeld. Sie können Ihre praktische emotionale Kompetenz auch in vielen privaten Situationen mit Gewinn einsetzen.
Wie die Emotionen des Anderen auf Sie zurückwirken
Wie die Emo
In Kapitel 2 haben Sie gesehen, was Sie tun können, um sich vor einem Termin gezielt auf eine Grundemotion vorzubereiten. Wenn Sie eine der Checklisten aus Unterkapitel 2.2 Schritt für Schritt abarbeiten, beschäftigen Sie sich intensiv mit dieser Emotion. Beschäftigen Sie sich zum Beispiel aus Ihrem Rot heraus mit Grün, tun Sie das, weil Sie die grüne Verhaltensfacette Ihres Kunden akzeptieren. Sie tun das aus Respekt vor Ihrem Kunden und weil Sie wissen, dass es Ihrem Kunden leichter fällt, auf Ihr Angebot einzugehen, wenn Sie es ihm in Grün präsentieren. In dem Moment, Wie die Emotionen des Anderen auf Sie zurückwirken
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wenn Sie sich also nicht lediglich eine grüne Maske aufsetzen, nähern Sie sich dem Grün Ihres Kunden selbst emotional an – Sie dämpfen Ihr Rot. Das kann so weit gehen, dass Sie durch Ihre eigene Gesprächsführung Ihr eigenes Grün aktivieren, vielleicht auch Blau oder Gelb. Im Minimum reduzieren Sie die Intensität Ihres roten Verhaltens – und zwar nicht, weil Sie sich ständig beherrschen müssen (das wäre Maske!), sondern weil Ihre Vorbereitung auf diesen Kunden auch Sie selbst beeinflusst hat. Jede bewusste Auseinandersetzung mit einer bestimmten Grundemotion beeinflusst auch die eigene aktive Grundemotion. Vor diesem Hintergrund, lassen sich die Werkzeuge und Methoden nutzen, die Sie besonders im Kapitel 2 ausführlich kennen gelernt haben, wenn es darum geht, bei sich selbst eine bestimmte Grundemotion anzusprechen und damit ganz automatisch – und vor allem authentisch – das eigene Verhalten zu ändern. Wie das genau funktionieren kann, zeigen die folgenden Beispiele. Grüne Unsicherheit. Sie stehen vor einem sehr wichtigen Gespräch und fühlen sich schon Stunden davor in Grün ohnmächtig und verloren. Sich mehr Rot zu wünschen, reicht nicht. Doch Sie können aktiv etwas tun. Auch wenn es nicht um Verkaufssituationen geht, hilft Ihnen die Checkliste „Verkäufer in Grün trifft auf Kunden in Rot“ aus Kapitel 2.2. Hier noch einmal die wichtigsten Punkte: Y Y Y Y Y Y Y Y Y
Verinnerlichen: „Das garantiert Respekt und Augenhöhe!“ Sofort zur Sache kommen Das Wichtigste zuerst Auf Fakten konzentrieren, klare Aussagen machen Alternativen bewerten Maximal drei Punkte Ziele und Ergebnisse konkret benennen KEIN Konjunktiv, KEINE Abschwächung KEIN Fragezeichen am Ende einer Forderung
Ihre Ängste und Sorgen bekommen Sie mit diesem Leitfaden am besten in den Griff; die konsequente Vorbereitung gibt Ihnen Sicherheit. Ihr Selbstbewusstsein steigt ganz automatisch. Im Idealfall weichen Ihre Ängste roter Entschlossenheit oder Sie können Ihre Sorgen jetzt in Gelb gelassen sehen. Vielleicht nicht sofort, aber spätestens dann, wenn Sie im Gespräch die ersten Erfolge spüren. 196
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Das eigene Potenzial heben
Rote Ohnmacht. Sie haben pragmatisch und lösungsorientiert in Rot Ratschläge gegeben, als Ihnen jemand von all seinen Zukunftsängsten erzählt hat. Doch statt zuversichtlicher Dankbarkeit haben Sie nur immer weiter zunehmende grüne Verschlossenheit erlebt. Nachdem sich der Gesprächspartner, der Ihnen wichtig ist, mit den kaum hörbaren Worten „Niemand will mich verstehen“ verabschiedet hat, könnten Sie sich ein wenig Grün wünschen. Wenn Ihnen solche oder ähnliche Situationen öfter (zu Recht!) Unbehagen bereiten, gehen Sie doch einmal im Nachhinein folgende Anregungen durch: Y Y Y Y Y Y Y Y Y Y Y
Gesprächsatmosphäre schaffen Zeit nehmen (z. B. 20 Minuten planen, wenn fünf „reichen“) Fragen stellen und aktiv zuhören Ruhe und Gelassenheit ausstrahlen Anerkennung geben (mindestens ein wirklicher Anlass) Motivieren (und nicht überrollen!) Gefühle ernst nehmen Unterstützung konkret und ohne Hemmschwelle anbieten Empfehlen statt fordern, Konjunktiv statt Imperativ Das weitere Vorgehen klären Zeit geben
Hand aufs Herz, welchen dieser Ratschläge haben Sie in Ihrem Gespräch berücksichtigt? Sie finden diese Punkte auch in Kapitel 2.2. Auch hier gilt: Wenn Sie diese Forderungen als berechtigte Interessen eines Menschen in der grünen Grundemotion akzeptieren und verinnerlichen, bewegen Sie sich emotional auf Grün zu. Sie dämpfen im Minimum Ihr Rot. Je öfter Sie solche Situationen danach als Bereicherung für sich selbst erleben, desto nachhaltiger setzt ein Trainingseffekt ein. Die bewusste Vorbereitung tritt in den Hintergrund, Sie reagieren zunehmend unterbewusst „richtig“ auf vergleichbare Situationen. Unverstandenes Blau. Geht es Ihnen oft so, dass Sie auf euphorisch vorgebrachte Vorschläge den anderen sofort mit Bedenken und möglichen Problemen konfrontieren? Sie haben ja schließlich Ihre Erfahrungen. Doch statt Dank oder wenigstens Interesse an Ihrem Wissen ernten Sie nur Unverständnis? Jetzt könnten Sie sich in solchen Situationen etwas weniger Blau wünschen. Wie die Emotionen des Anderen auf Sie zurückwirken
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Wenn Sie die folgenden Hinweise für den Umgang mit Ihren Menschen in Gelb beherzigen, werden Sie derartige Situationen kaum noch erleben. Y Y Y Y Y Y Y Y Y
Gesprächsatmosphäre ermöglichen und zulassen Geltungsbedürfnis akzeptieren Interesse aktiv zeigen Loben ist Bestandteil des Gespräches (vorbereiten!) Interesse wecken, anspornen (nicht überzeugen!) Auf die Zukunft konzentrieren, visualisieren Anreize geben Auf Schwerpunkte beschränken, Details nur auf Wunsch Problembewusstsein erreichen
Der letzte Punkt dieser kurzen Liste (die komplette Checkliste finden Sie in Kapitel 2.2) befasst sich mit dem Problembewusstsein. Ratschläge sind für den, der Rat sucht. Wer Ihnen in Gelb begegnet, hat andere Erwartungen an ein Gespräch. Setzen Sie die beschriebenen Punkte beim nächsten Mal um. Sie werden erstaunt sein, wie gefragt Ihr Wissen ist. Diese Beispiele zeigen: Indem Sie sich auf die Emotion Ihres Gegenübers einlassen, das damit verbundene Verhalten akzeptieren – auch wenn es Ihnen manchmal Mühe macht – nähern Sie sich emotional dieser Emotion an. Dabei ist es nicht wichtig, ob Sie diese Grundemotion bei sich selbst dadurch aktivieren. Doch je mehr Sie es üben, desto öfter wird dies auch eintreten. x Tipp: Wenn Sie also den Wunsch haben, eine ganz bestimmte Grundemotion bei sich zu aktivieren oder einfach zu verstärken, dann beschäftigen Sie sich intensiv mit den Bedürfnissen, Motiven, Ängsten und markanten Eigenschaften, die mit dieser Grundemotion verbunden sind. Je mehr Sie diese für sich akzeptieren, desto besser gelingt es Ihnen, sie auch zu verinnerlichen. Das funktioniert nicht allein mit Überlegungen. Bereiten Sie sich auf Situationen vor, die Sie mit dem Wunsch nach dieser Grundemotion verbinden. Lassen Sie sich durch kleine Rückschläge nicht entmutigen, die Erfolge stellen sich ein, wenn Sie „dranbleiben“.
Das Abschwächen der Intensität einer Grundemotion funktioniert natürlich nach dem gleichen Prinzip: Konzentrieren Sie sich hier einfach auf eine der drei anderen. Erproben Sie auch hier Ihre jeweilige Vorbereitung in 198
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Das eigene Potenzial heben
realen Situationen und werten Sie diese für sich aus. Freuen Sie sich über Erfolge und lernen Sie aus Rückschlägen. Theoretische „Trockenübungen“ reichen dazu nicht aus. Je häufiger Sie, zum Beispiel aus Gelb heraus, entsprechend vorbereitet Situationen mit Blau, Rot oder Grün für sich erfolgreich gestalten, desto vertrauter werden Ihnen diese Grundemotionen. Die dadurch entstehende Annäherung an diese Grundemotionen erfolgt durch den Trainingseffekt immer stärker unbewusst. Gleichzeitig reduziert sich so die Intensität Ihres gelben Verhaltens. Dann, wenn Sie es wollen oder brauchen und ohne, dass Sie ständig auf Ihr Verhalten achten müssen.
Die Stärken und Schwächen der einzelnen Verhaltensfacetten
Die Stärken
Die Werkzeuge und Methoden in Kapitel 2 sind natürlich explizit für Ihre Tätigkeit als Verkäufer formuliert. Doch es macht keinen Unterschied, ob Sie Ihr Gelb verstärken, um einen Kunden zu begeistern oder Ihre Gäste zu unterhalten. Ob Sie durch gute Vorbereitung Ihr Rot zurücknehmen, um einem Kunden die Entscheidung zu erleichtern oder um Ihr Kind nicht einzuschüchtern. Die Prinzipien sind die gleichen. Im Gegenteil, wenn Sie Ihre praktische emotionale Kompetenz gleichermaßen beruflich und privat immer wieder anwenden und dadurch trainieren, werden Sie in beiden Lebensbereichen gleichermaßen erfolgreich. Tabelle 3 enthält jeweils sieben charakteristische Stärken und Schwächen jeder Verhaltensfacette. Die Übersicht hilft Ihnen, sich einmal mit Ihrem Verhalten zu beschäftigen. Um Fragen zur Wertigkeit der einzelnen Farben zu vermeiden, sind jeweils gleich viele Stärken und Schwächen aufgeführt. Es ist auch keinesfalls so, dass jeder Stärke genau eine passende Schwäche gegenübersteht. Wichtig ist vor allem, dass nicht ständig alle Stärken und Schwächen gleichzeitig vorhanden sein müssen. Vielleicht finden Sie für sich in einer Farbe gar keine Stärke, aber dafür zwei Schwächen. Oder in einer anderen jeweils drei Stärken und Schwächen. Natürlich hängt das Wiederfinden von Eigenschaften auch davon ab, in welche Situationen oder Rollen Sie sich beim Durchgehen der Tabelle hineinversetzen. Deshalb finden Sie damit hier auch keinen „Test“ (und schon gar nicht für Ihre Per-
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sönlichkeit). Wenn Sie mögen, dann kreuzen Sie an, wo sich häufig wiedererkennen, wobei Sie sich oft ertappen oder was Ihnen schon mehrfach als Feedback gegeben wurde. Wenn Sie das für jede der vier Grundemotionen tun, erhalten Sie Ihre subjektive Einschätzung davon, in welchen Grundemotionen Ihre Stärken besonders zum Tragen kommen und in welchen sich Ihre Schwächen besonders auswirken. Wohlgemerkt – für unterschiedliche Rollen oder Situationen können sich unterschiedliche Sichten und damit Schwerpunkte ergeben. Auf jeden Fall finden Sie so Ideen und Anregungen dafür, welchem Verhalten Sie in Zukunft mehr Aufmerksamkeit schenken sollten, um Stärken zu stärken und Schwächen zu schwächen. Und Sie erkennen auch, wo Sie Ihr Verhalten durch Training verstärken und wo dämpfen sollten. Tabelle 3: Stärken und Schwächen der Grundemotionen Stärken in Rot Übernimmt Verantwortung Veranlasst Dinge, bringt sie ins Rollen Zielt auf schnelle Ergebnisse Entscheidungsfreudig Nimmt Herausforderungen an Geht Probleme direkt an Stellt Bestehendes in Frage
Stärken in Gelb Kontaktfreudig und unterhaltsam Schafft motivierende Atmosphäre Verbreitet Optimismus, Begeisterung Steht gerne im Mittelpunkt Arbeitet gern in einer Gruppe Teilt Gefühle anderen offen mit Spricht lebhaft und begeisternd
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Das eigene Potenzial heben
Schwächen in Rot Verursacht Schwierigkeiten in Teams Unsensibel für Gefühle anderer Vernachlässigt wichtige Details Übersieht Risiken und Warnungen Nimmt sich zu viel auf einmal vor Übertreibt die Kontrolle von Personen Stellt zu hohe Ansprüche an andere
Schwächen in Gelb Hat unbegründete Angst vor Ablehnung Schätzt Ergebnisse zu optimistisch ein Versucht, zu viel auf einmal zu tun Arbeitet nicht gern allein Bringt Dinge nicht konsequent zu Ende Subjektiv bei Entscheidungen Redet zu viel, handelt impulsiv
Stärken in Grün Konzentriert sich auf seine Aufgaben Bleibt gern an einem festen Arbeitsplatz Vermittelnd, beruhigend Schafft stabiles, beständiges Umfeld Hört ruhig, gut und geduldig zu Hält akzeptierte Abläufe ein Entwickelt spezialisierte Fähigkeiten
Stärken in Blau Konzentriert sich auf wichtige Details Ist analytisch und objektiver als andere Geht diplomatisch mit Menschen um Akzeptiert gegebene Autoritäten Denkt kritisch und prüft Genauigkeit Folgt Anweisungen und Normen Arbeitet unter geregelten Bedingungen
Schwächen in Grün Keine Termintreue unter Druck Wehrt sich gegen Veränderungen Oft zu nachsichtig und zu tolerant Schiebt Dinge lange vor sich her Stellt eigene Wünsche zu sehr zurück Unentschlossen, mangelnde Initiative Ist zu stark von Beziehungen abhängig
Schwächen in Blau Verstrickt sich in Einzelheiten, Details Hat Angst, Fehler zu machen Empfindlich bei persönlicher Kritik Richtet sich genau nach Vorschriften Kann schlecht loslassen und delegieren Denkt zu vorsichtig, zu pessimistisch Zögert, Neues auszuprobieren
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Ein Wort zum Schluss Machen Sie sich bewusst, was andere bewegt und antreibt, dann können Sie flexibler reagieren und für beide Seiten eine Gewinn bringende Lösung finden.
zum Schluss
Dieses Buch ist aus der Motivation heraus entstanden, eine Hilfestellung und die zugehörigen Werkzeuge zu bieten, mit denen Sie im Alltag – beruflich und privat – wirklich praktisch arbeiten können. Das Denkmodell der vier Grundemotionen ist einfach und überschaubar, so dass Sie es schnell und leicht nutzen können. Zwar gibt es keine universellen Regeln oder unfehlbaren Leitfäden, die Sie nur befolgen müssten, um garantiert den gewünschten Erfolg zu haben. Dafür ermöglicht Ihnen der Ansatz der praktischen emotionalen Kompetenz authentisch zu bleiben und dabei die Bedürfnisse und Wünsche anderer sowie die eigenen im Auge zu behalten. Das Leben wie der Berufsalltag sind vielfältig und überraschend. Mit einem simplen Fahrplan kommen Sie nicht zum Ziel. Wer sich in der Kommunikation bewusst macht, warum jemand etwas sagt oder fragt, hat einen wichtigen Erkenntnisvorsprung. Auch Geschäftsbeziehungen haben eine persönliche Komponente, selbst wenn sie relativ unverbindlich erscheinen. Es ist stets besser, sich auf Anliegen und Bedürfnisse seines Gegenübers einzustellen, statt einen vermuteten Erfolgsstil einfach immer wieder zu praktizieren. Was auch immer Ihr Kunde für sein Unternehmen kauft, organisiert oder plant, er tut es stets aus seiner individuellen Sichtweise heraus. Und auch Ihre Reaktionen sind Ihre individuellen Reaktionen und nicht nur einfach die eines Verkäufers. Da Verhandlungsregeln und Argumentationsbögen sich oft weitgehend gleichen, liegt Ihre Chance gerade darin, Ihre Themen und Produkte auf Ihre eigene Art und Weise zu präsentieren und zu verkaufen. Ohne festes Schema und Klischees bleiben Sie offen für Erfahrungen – denn nicht nur im Verkauf, überall, wo Sie Menschen begegnen, können Sie Neues dazulernen. Gerade für diese Offenheit steht der Ansatz der praktischen emotionalen Kompetenz. 202
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Ein Wort zum Schluss
Literaturverzeichnis Förster, Hans-Peter: Texten wie ein Profi, 9. Auflage, Frankfurt 2007 Goleman, Daniel: Emotionale Intelligenz, München 1997 Jungermann, Helmut; Pfister, Hans-Rüdiger; Fischer, Katrin: Die Psychologie der Entscheidung: Eine Einführung, 2. Auflage, Heidelberg/ Berlin 2005 Levinson, Jay Conrad; Wilson, Orvel Ray; Smith, Mark S.: Guerrilla Negotiating: Unconventional Weapons and Tactics to Get What You Want, Hoboken 1999 Marston, William Moulton: Emotions of Normal People, Cooper Press 2008 Molcho, Samy: Alles über Körpersprache. Sich selbst und andere besser verstehen, München 2002 Pinker, Steven: Das unbeschriebene Blatt. Die moderne Leugnung der menschlichen Natur, Berlin 2003 Prost, Wilfried: Dialektik – Die Psychologie des Überzeugens. Gespräche und Verhandlungen erfolgreich führen, 2. Auflage, Wiesbaden 2008 Rust, Holger: Geist! Die Kraft der klugen Köpfe in Management und Marketing, Wiesbaden 2007
Literaturverzeichnis
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Literaturver
Stichwortverzeichnis A
rtverzeichnis
Abschluss 147 Amygdala. Siehe auch Mandelkern Angebote nachfassen 93, 113 Aristoteles 8 Auslöser 20 Ausschreibungen 163
B
rtverzeichnis
Becker, Boris 165 Briefe 52
C Cattell, Raymond B. 13
D DISG-Persönlichkeitsprofil® 20
E Einwände 138 Eisbecher-Prinzip 150 E-Mails 52 Emotionen 14, 51 Entscheidungen 146 Erstgespräch 93, 105
F farbgerechtes Formulieren 58
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Stichwortverzeichnis
Fragen 118 – für die Gesprächseröffnung 123 – geschlossene 119 – nach der Zeit 122 – offene 119, 121 – während der Präsentation 129 – zum Gesprächsabschluss 131 – zur Bedarfsermittlung 125
G Gefühle 14 Gesprächsabschluss 109 Gesprächsatmosphäre 71, 78 Gesprächseröffnung 106 Grundemotionen 15, 47 – abschwächen 198 – aktivieren 81, 198 – am Telefon erkennen 134 – Beziehungen untereinander 19 – des Kritisierenden 169 – Entscheidungen 152 – erkennen 40 – Farben 17 – farbgerecht kritisieren 182 – im Konfliktfall 188 – im Vertriebsalltag 22 – Preisgespräche 157 – Sprache 56 – Stärken und Schwächen 199 – Wechsel 83
K Kompetenz 94 Konflikte 186 Körpersprache 21, 40 Kritik 168 Kritisieren 178
L Letztes-Stück-Torte-Prinzip 151
M Marston, William M. 13, 15, 83 Molcho, Samy 65
P praktische emotionale Kompetenz (PEK) 8, 13, 81 Preisforderung 155 Preisgespräch 154 Preisverhandlung 146
Signalwörter 56 Sprache 56
T Telefongespräch 133 Textfunktion 52
V Verhalten 40 Verhaltensfacetten 11, 48, 56, 83 – Farben 17 – im Vertriebsalltag 22 – Stärken und Schwächen 199 Verkaufsgespräch 64, 118 Vertrauen 94 Vorbereitung 68, 71, 76, 78 Vorwände 138
Z Zweitgespräch 105
S Schlussverkauf-Prinzip 151
Stichwortverzeichnis
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Die Autoren Dr. Wolfgang Schneiderheinze, promovierter Mathematiker, ist Trainer, Coach und Gründer der xmp consult in Rodgau mit dem Fokus „Praktische Emotionale Kompetenz”. Seine Trainingsschwerpunkte liegen in den Bereichen Vertrieb, Führung, Kommunikation und Rhetorik. Dr. Wolfgang Schneiderheinze sammelte über mehrere Jahre Erfahrung im Management renommierter DienstleistungsUnternehmen in den Bereichen Vertrieb, Marketing und Service. Heute arbeitet er für Unternehmen unterschiedlicher Branchen und ist auch international tätig. Als Lehrbeauftragter an der Hochschule Fulda hält er unter anderem den Kurs „Führungs-, Motivations- und Kommunikationskompetenz“. E-Mail:
[email protected], Internet: www.xmp-consult.de Die Autoren
Carmen Zotta, M.A., arbeitet seit mehreren Jahren bei dem Weiterbildungsanbieter Management Circle. Sie ist für ein umfassendes Weiterbildungsangebot in den Bereichen Vertrieb, Marketing, Kommunikation und Finanzdienstleistungen verantwortlich. Ihre Aufgabenschwerpunkte reichen von der detaillierten Trainingskonzeption bis zur Entwicklung neuer Ausbildungslehrgänge. Nach dem Studium der Gesellschaftswissenschaften und Erwachsenenbildung war sie zunächst als ManagementAssistentin und im Personalbereich tätig. E-Mail:
[email protected], Internet: www.managementcircle.de
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