Thomas Gries · Kai Klopp (Hrsg.) Füge- und Oberflächentechnologien für Textilien
Thomas Gries · Kai Klopp (Hrsg.)
Füge- und Oberflächentechnologien für Textilien Verfahren und Anwendungen Mit 202 Abbildungen und 14 Tabellen
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Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dipl.-Wirt.Ing. Thomas Gries RWTH Aachen Institut für Textiltechnik Eilfschornsteinstr. 18 52062 Aachen, Germany
[email protected] Dr.-Ing. Kai Klopp Andreas Kufferath GmbH & Co KG Produktentwicklung Siebbespannungen Postfach 101130 52311 Düren, Germany
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ISBN 978-3-540-37227-1 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.de © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2007 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Buch berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Sollte in diesem Werk direkt oder indirekt auf Gesetze, Vorschriften oder Richtlinien (z. B. DIN, VDI, VDE) Bezug genommen oder aus ihnen zitiert worden sein, so kann der Verlag keine Gewähr für die Richtigkeit,Vollständigkeit oder Aktualität übernehmen. Es empfiehlt sich, gegebenenfalls für die eigenen Arbeiten die vollständigen Vorschriften oder Richtlinien in der jeweils gültigen Fassung hinzuzuziehen. Satz und Herstellung: LE-TEX Jelonek, Schmidt & Vöckler GbR, Leipzig Einbandgestaltung: WMXDesign, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem Papier
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Vorwort
Basis für dieses Buch sind die Vorlesung „Füge- und Oberflächentechnologien“ und das Symposium zum Bereich Füge- und Oberflächentechnologien auf der Aachener Textiltagung 2005. Daher gebührt mein erster inhaltlicher Dank Herrn Dr. Ing. Kai Klopp, der die Vorlesung „Füge- und Oberflächentechnologien“ als Lehrbeauftragter an der RWTH Aachen, Fachbereich Maschinenwesen, hält. Der zweite Dank gilt meinem Kollegen Herrn Prof. Dr. rer. nat. Martin Möller, der für die Aachener Textiltagung die Idee des eintägigen Fachsymposiums mit Industriepatenschaft initiiert hat. Sowie der Firma Henkel, die auf der Aachener Textiltagung 2005 mit tatkräftiger Unterstützung von Herrn Dr. Thomas Huver die Industriepatenschaft für das Symposium mit dem Titel „Fügen + Verbinden“ übernommen hat. Ein solches Herausgeberwerk wäre selbstverständlich ohne die Beteiligung der Mitautoren der einzelnen Kapitel nicht denkbar. Hierfür sei allen Fachleuten, die einen oder auch mehrere Beiträge geleistet haben, sehr herzlich gedankt. Ein weiterer Dank gilt Frau Christiane Cremer, M.A., für ihr sorgfältiges Korrekturlesen und die zahlreichen sprachlichen Anmerkungen. Sowie Herrn Dr. Dieter Veit für die interne Koordinierung der Beiträge aus unserem Institut. Ferner hat es sehr viel Freude gemacht mit den Mitarbeitern des Springer-Verlags dieses Werk zugestalten. Dies ist das erste Fachbuch, das wir gemeinsam mit dem Springer-Verlag publizieren und wir freuen uns auf eine weiterhin gute Zusammenarbeit. Der größte Dank gilt jedoch Herrn Dr. Ing. Kai Klopp, der dieses Herausgeberwerk maßgeblich ermöglichte. Er hat dieses Werk maßgeblich inhaltlich konzipiert, die Mitautoren angesprochen und motiviert, ausstehende Beiträge unermüdlich eingeklagt und das ganze in mühevoller Kleinarbeit zusammengefügt. Ohne diese Arbeit und den unerschütterlichen Gestaltungswillen wäre dieses Buch nicht erschienen. Hierfür mein herzlichstes Dankeschön. Aachen, im Juni 2007
Inhaltsverzeichnis
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Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Gries 1.1 Motivation und Buchschwerpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Gries 1.2 Füge- und Oberflächentechnologien und ihre Anwendungsgebiete Thomas Gries 1.3 Qualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kai Klopp Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Gries 2.1 Verbinden von Fäden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alexandre Daumas, Dieter Veit 2.2 Nähen, Sticken, Steppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kai Klopp 2.2.1 Verfahren mit zweiseitig arbeitenden Maschinenaggregaten Thomas Gries 2.2.1.1 Stichbildung an Nähmaschinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartmut Rödel 2.2.1.2 Kettenstiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartmut Rödel 2.2.1.3 Blindstich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartmut Rödel 2.2.1.4 Steppstich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartmut Rödel 2.2.1.5 Stickereitechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Wolters 2.2.1.6 Stepptechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Lehnen, Peter Ringhut, Kai Klopp 2.2.1.7 Nähwirkverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Gries 2.2.2 Verfahren mit einseitig arbeitenden Maschinenaggregaten Thomas Gries 2.2.2.1 Einfädiger Kettenstich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tim Grundmann 2.2.2.2 Zweifädiger Kettenstich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heiko Schulz
1 2 2 3
7 8 9 9 10 14 20 23 30 45 50 52 53 56
VIII
Inhaltsverzeichnis
2.3
2.4
2.5
2.6 2.7 2.8
2.2.2.3 Einfädiger Blindstich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kai Klopp 2.2.2.4 Tufting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frank Henkel 2.2.2.5 Vernadeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Gries 2.2.3 Qualitätssicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frank Henkel, Kai Klopp Kleben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kai Klopp 2.3.1 Kleben – Verfahrensübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stefan Böhm 2.3.2 Kleben – Qualitätssicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stefan Böhm Beschichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Stegmaier, Petra Schneider 2.4.1 Beschichtungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Stegmaier, Petra Schneider 2.4.2 Nanotechnologien und Dünnstbeschichtungen . . . . . . . . . Thomas Stegmaier, Petra Schneider 2.4.3 Messtechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Stegmaier, Petra Schneider 2.4.3.1 Online Prüftechnik – zerstörungsfrei . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Stegmaier, Petra Schneider 2.4.3.2 Laborprüftechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Stegmaier, Petra Schneider 2.4.4 Qualitätssicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Stegmaier, Petra Schneider 2.4.5 Physikalisches Abscheiden von Schichten aus der Dampfphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Yvette Dietzel, Peter Offermann Schweißen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kai Klopp 2.5.1 Schweißen – Verfahrensübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kai Klopp 2.5.2 Laserschweißen technischer Textilien . . . . . . . . . . . . . . . . . Dirk Hänsch, Tanja Vatterodt 2.5.3 Ultraschallschweißen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karl Herzer Klettverschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dieter Veit Steck-, Spiral- und Webnähte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kai Klopp, Wolfgang Heger, Klaus Fichter Nieten, Schrauben, Schnallen und Reißverschlüsse . . . . . . . . . . . . . Thomas Gries
59 61 63 63 68 69 77 78 79 90 94 95 95 96
98 104 104 109 114 118 120 126
Inhaltsverzeichnis
2.9
3
IX
Integration in die multiaxiale Wirktechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 Annette Kolkmann
Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kai Klopp 3.1 Automobil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Gries 3.1.1 Airbag – Kleben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stefan Böhm 3.1.2 Laserschweißen von Airbags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dirk Hänsch, Tanja Vatterodt 3.1.3 Grundlagen der industriellen Fertigung stringerversteifter Schalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frank Henkel 3.1.4 Seitenaufprallschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Annette Kolkmann 3.2 Luft- und Raumfahrt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Axel S. Herrmann, U. Eberth 3.2.1 Höhenleitwerkschwinge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Axel S. Herrmann, U. Eberth 3.2.2 Stringerversteifungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Axel S. Herrmann, U. Eberth 3.3 Textiles Bauen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Gries 3.3.1 Klimaelement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Annette Kolkmann 3.3.2 Beschichtung von textilen Betonbewehrungen . . . . . . . . . Marijan Barlé 3.3.3 PVD-Beschichtungstechnologien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Yvette Dietzel, Peter Offermann 3.3.4 Membrandach-Konstruktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Gries 3.4 Sport und Freizeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Gries 3.4.1 Sport- und Wanderausrüstung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andrea Glawe, Andreas Giessmann 3.4.2 Steppanwendungen für den Pferdesport . . . . . . . . . . . . . . . Kai Klopp, Klaus Lehnen 3.5 Schutz und Sicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Gries 3.5.1 Hitze- und Kälteschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andrea Glawe, Andreas Giessmann 3.5.2 Chirugische Bekleidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andrea Glawe, Andreas Giessmann
135 137 138 144
146 149 152 153 158 163 163 166 171 175 178 179 181 182 182 184
X
Inhaltsverzeichnis
3.5.3
3.6
3.7
3.8 3.9
Chemischer Schutzanzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andrea Glawe, Andreas Giessmann 3.5.4 Überspannungsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andrea Glawe, Andreas Giessmann 3.5.5 Schutzausrüstungen für Arbeiten an Hochspannungsanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Claudia Herzberg, Eberhard Engelmann, Hartmut Rödel 3.5.6 Reinraumkleidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andrea Glawe, Andreas Giessmann 3.5.7 PVD-Technologien zum Schutz vor elektrischen und magnetischen Feldern sowie Hitze . . . . . . . . . . . . . . . Yvette Dietzel, Peter Offermann 3.5.8 Schusssichere Westen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartmut Rödel Medizinische Textilien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kai Klopp 3.6.1 Oberflächenmodifikation von OP-Textilien zur Erhöhung der Barrierewirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Brigitte Voit, Beata Lehmann 3.6.2 Hygiene Produkte – Babywindeln und Damenbinden . . . Claudia Meckel-Jonas, Eckhard Pürkner Smart Textiles und Wearable Electronics . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Gries 3.7.1 Textiler Transponder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Uwe Möhring 3.7.2 Multifunktioneller Matrixtaster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nadine Zimmermann, Tim Grundmann, Nils Schedukat 3.7.3 Kissenfernbedienung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nadine Zimmermann, Tim Grundmann, Nils Schedukat Formationssiebe für die Papierherstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kai Klopp, Wolfgang Heger Bekleidung, Haus- und Heimtextilien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Gries 3.9.1 Ultraschallgeschweißte Unterbekleidung . . . . . . . . . . . . . . Karl-Heinz Walther 3.9.2 Kaschierung atmungsaktiver Textillaminate . . . . . . . . . . . Claudia Meckel-Jonas 3.9.3 Steppanwendungen in der Mode und in der Berufsbekleidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kai Klopp, Klaus Lehnen
186 188
190
195
197 200 202
203 212 214 215 227
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234 240 242 245
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Inhaltsverzeichnis
4
5
Methoden zur Verfahrensbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Gries 4.1 Ideenfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kai Klopp 4.2 Prozessstrukturierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kai Klopp 4.3 ABC-Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Gries 4.4 Wirtschaftlichkeitsbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Gries 4.5 Wertungsmethoden und Matrizes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Gries
XI
251 251 254 259 260 263
Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 Thomas Gries
Index . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269
1 Einführung
Thomas Gries RWTH Aachen „Das Volumen des Festkörpers wurde von Gott geschaffen, seine Oberfläche aber wurde vom Teufel gemacht“ (W. Pauli, Nobelpreisträger) „Was nun Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden.“ (Mk 10,9) Große Worte – was bedeuten sie für dieses Buch? Wir Menschen erfahren Werkstoffe im Wesentlichen über ihre Oberflächen. Griff (Haptik) und Aussehen (Optik) bestimmen maßgeblich unsere Wahrnehmung. Auch das Verhalten von Bauteilen wird nicht nur durch die Eigenschaften der Werkstoffe sondern vor allem durch die Anbindung und Ankopplung der Einzelbauteile zu den anderen Systemkomponenten bestimmt. Somit sind Oberflächen und ihre Verbindungen maßgeblich für das Funktionieren technischer Systeme. Im Gegensatz zu ihrer Bedeutung steht dagegen ihre schlechte Beschreibbarkeit. So bestehen keine oder nur sehr einfache Modelle zur Beschreibung von Oberflächeneffekten und dem Übergang von mechanischen, thermischen, chemischen und elektrischen Eigenschaften. Ja sogar in den Augen vieler Naturwissenschaftler, Werkstoffwissenschaftler und Ingenieure stellt die Oberfläche einen einzigen großen Strukturdefekt dar. Für die Fügetechnik gilt ähnliches. Treffen doch hier zwei Oberflächen aufeinander, häufig vermittelt durch mindestens einen weiteren Fügestoff. Auch wenn dem Fügen ohne Zwischenstoff (Schweißen, Crimpen) aufgrund der einfachen und rationellen Fügetechnik große Bedeutung zukommt, so dominieren dennoch die Fügetechniken mit Fügekomponente (Kleben, Nähen, ...). Der Grund hierfür liegt darin, dass der Fügekomponente eine wichtige Vermittlerrolle zwischen den unterschiedlichen Werkstoff- und Bauteileigenschaften zukommt. Füge- und Oberflächentechnologie haben gemeinsam, dass es keine geschlossene axiomatische Theorie und Beschreibung gibt. Wichtig ist es aus diesem Grund einen strukturierten und weitestgehend vollständigen Überblick zu haben, um im Bedarfsfall die richtige Technologie auswählen zu können.
2
1 Einführung
1.1 Motivation und Buchschwerpunkt Thomas Gries RWTH Aachen Zur Zeit existiert keine geschlossene axiomatische Theorie und Beschreibung für die Füge- und Oberflächentechnologien. Das gilt für diese Technologien im Allgemeinen als auch im Speziellen für Textilien. Ziel dieses Buches ist es eine weitestgehende Übersicht über ganz unterschiedliche Füge- und Oberflächentechnologien zu geben. Dabei würde eine detaillierte Betrachtung der sehr spezifischen theoretischen Aspekte den Rahmen dieses Buches sprengen und nur bedingt zu einem Gesamtverständnis beitragen. Viel wichtiger erschien es uns, Ansprechpartner und Literatur zu nennen, die eine weitere spezifische Auswahl und Hilfestellung gewährleisten. Das Buch ist sowohl für den Praktiker innerhalb und außerhalb der Textilindustrie als auch für Studierende und Dozenten an Hochschulen gedacht.
1.2 Füge- und Oberflächentechnologien und ihre Anwendungsgebiete Thomas Gries RWTH Aachen Um bei einer umfangreichen Übersicht über ein solch heterogenes Gebiet nicht den Überblick zu verlieren, haben wir die textilen Fügeformen und Oberflächentechniken kategorisiert. Das gewählte Einteilungsschema orientiert sich an den allgemeinen Gliederungsschemata der Füge- und Oberflächentechnik, an Spezifika der Textiltechnik sowie an den Notwendigkeiten der Anwendung. Diese Struktur hilft den Überblick besser zu verstehen und durch neue Kombinationen Innovation zu schaffen. Tabelle 1.1 zeigt das gewählte Gliederungsschema für die textilen Oberflächenund Fügeverfahren. Dieses Schema wird später noch detailliert. Im weiteren werden zunächst die Verfahren im einzelnen beschrieben. Dies sind das Fügen von Fäden, das fadenbasierte Fügen von Flächen, das Kleben, das Beschichten, das Schweißen sowie als Spezialverfahren der Klettverschluss, Spezialnähte und Schrauben/Nieten. Viele moderne Anwendungen von Textilien sowie Textilverbundwerkstoffe wären ohne moderne Füge- und Oberflächentechnologien nicht möglich. Aus diesem Grund sind in zweiten Teil dieses Buches entsprechende Anwendungen beschrieben. Da der Bereich der Bekleidungsherstellung durch die Fachbücher der Konfektionstechnik hinreichend abgedeckt ist, wird hier der Schwerpunkt auf technische Textilien gelegt. Anwendung im Bereich der Automobiltechnik, der Luft- und Raumfahrt werden genauso beschrieben wie Anwendungen im Baubereich, in Sport- und
1.3 Qualität
3
Tabelle 1.1 Gliederungsschema für die textilen Oberflächen- und Fügetechnologien
Kategorien
Merkmal
Bindungsprinzip
Verfahren
Nahtgeometrie
Punkt Linie Fläche
Formschluss
Nähen/Sticken Kurzwaren
Kraftschluss
Nahtbildung
Kontinuierlich Diskontinuierlich
Tuften Vernadeln
Adhäsion
Kleben
Lösbarkeit
Permanent Lösbar
Stoffschluss
Schweißen (thermisch)
Einsatz von Zusatzwerkstoffen
Notwendig Nicht notwendig
Freizeit, Schutz und Sicherheit, medizinische Textilien, Smart Textiles und anderen Bereichen. Bei vielen dieser Gebiete kommt der Füge- und Oberflächentechnologie neben ihren ureigenen Aufgaben noch weitere hinzu. So können spezielle und ungewöhnliche haptische, optische, thermische, mechanische und elektrische Effekte durch fortschrittliche Füge- und Oberflächentechnik kombiniert werden. Diese Möglichkeiten werden zunehmend vom Markt und den Anwendern gefordert. Neue technische Lösungen zur Arbeit und damit Innovationen für Schaffen und Märkte zu erobern und sichern, erfordert nicht nur die kreative Gestaltung von technischen Systemen. Wichtig ist es zudem die möglichen Lösungen zu bewerten. Hierzu werden im letzten thematischen Kapitel dieses Buches die notwendigen Methoden vorgestellt, die dazu dienen die wirtschaftlichen und nicht-monetären Aspekte zu beurteilen.
1.3 Qualität Kai Klopp Andreas Kufferath GmbH & Co. KG Nach [1] wird der Begriff Qualität folgendermaßen definiert: „Qualität ist die Gesamtheit der Merkmale und Merkmalswerte eines Produktes oder einer Dienstleistung bezüglich ihrer Eignung, festgelegte und vorausgesetzte Erfordernisse zu erfüllen.“ Eingesetze Faserstoffe, die daraus hergestellten Textilien, das angewendete Fügeverfahren und die benutzten Oberflächentechnologien beeinflussen zusammen mit der Konfektion die endgültigen Eigenschaften von Textilien in ihrer Anwendung. Teilweise müssen auch bei dem Transport und der Installation von Textilien vor Ort beim Kunden spezielle Vorkehrungen getroffen werden, damit das Endprodukt
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1 Einführung
nicht beschädigt wird, spezielle Faserstoffe nicht mechanisch abbauen oder ein optischer Eindruck zerstört wird. Daher muss die Qualität immer in der gesamten Herstellungskette, von der Herstellung oder Ernte des Faserstoffes, über alle textilen Herstellprozesse, den Fügeverfahren und Oberflächenveredlungsprozessen bis hin im Einsatz beim Kunden ganzheitlich betrachtet werden. Die Anforderungen beim Kunden können unterschiedlicher Natur sein. Die Damen- und Herrenoberbekleidung muss eine ausreichende mechanische Beanspruchbarkeit aufweisen, dabei gleichzeitig aber auch modisch „chic“ sein. Bei der Sportbekleidung sind Strapazierfähigkeit, Aussehen und Funktion gefragt. Je nach Sportanwendung kann die Funktion Flüssigkeitstransport, Kälteschutz oder Wasserundurchlässigkeit erforderlich sein. Faserverstärkte Kunststoffe in der Luft- und Raumfahrt oder im Transportwesen müssen eine hohe Festigkeit bei geringem Gewicht aufweisen. In Crashelementen im Automobil kann die spezielle Rissentwicklung zur Wandlung der Aufprallenergie in Zerstörungsenergie im Fahrzeugcrash gefordert sein. Außerdem kann die einstellbare Biegesteifigkeit bzw. das daraus resultierende Dämpfungsverhalten bei dynamischer Belastung gefordert sein. Bei Fahrzeugplanen ist eine Feuchteundurchlässigkeit wichtig. Gleichzeitig muss die Plane für Werbung bedruckbar sein. Diese exemplarischen Beispiele zeigen, dass jede Anwendung spezielle und unterschiedliche Anforderungen besitzt, welche durch die Füge- und Oberflächenverfahren mit beeinflusst oder gar erst realisiert werden können. Die Qualität wird auch durch maschinelle Herstellparameter mit bestimmt.
Tabelle 1.2 Einflussparameter beim Nähen
Nähparameter
• • • • • •
Nähgeschwindigkeit Presserfußkraft Transporteurdruck Fadenrückhaltekräfte/Fadenzugkräfte Stichdichte Anzahl der Nähte
Nähgut
• Textile Struktur • Drapierbarkeit • Mechanische Eigenschaften
Nähfaden
• • • •
Nähnadel
• Spitzenform • Öhrdurchmesser • Nadelschaft
Biegesteifigkeit Zugfestigkeit Quersprödigkeit Reibung
1.3 Qualität
5
Im Folgenden werden exemplarische Einflussgrößen einiger in diesem Buch behandelter Füge- und Oberflächenverfahren vorgestellt. Teilweise werden in den einzelnen Unterkapiteln der vorgestellten Verfahren (Kap. 3) und Anwendungen (Kap. 4) tiefer führenden Informationen gegeben.
Tabelle 1.3 Einflussparameter beim Kleben
Fügeteiloberflächen
• Sauberkeit • Benetzungsfähigkeit • Planizität
Klebvorgang (in Abhängigkeit des Reaktions- bzw. Abbindevorgangs)
• • • • • •
Klebfilmauftragsverfahren Topfzeit Zeitlicher Härtungsverlauf Temperatureinfluss Luftfeuchte der Umgebung Anpressdruck
Tabelle 1.4 Einflussparameter beim Beschichten
Substrat
• Fasermaterial Substrat • Substratoberfläche
Auftrag
• • • •
Pastenverteilung Viskosität der Paste Beschichtungsgeschwindigkeit Zugspannung im Substrat
Tabelle 1.5 Einflussparameter beim Schweißen
Material
• • • •
Schmelzpunkt Viskosität der Schmelze Dicke Energieabsorption/Resonanzfrequenz
Parameter (in Abhängigkeit des Schweißverfahrens)
• • • • • • •
Schweißtemperatur Ultraschallfrequenz Laserart Geschwindigkeit Umgebungstemperatur Anpressdruck Nahtstruktur
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1 Einführung
Die vorgestellten Parameter sind nur eine Auswahl und die Auflistungen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Je nach Anwendungen können unterschiedliche Prüfverfahren in der Eingangskontrolle oder der endgültigen Qualitätskontrolle eingesetzt werden. Es können Biegesteifigkeit, Zugfestigkeit, Schälfestigkeit, Scherfestigkeit usw. statisch und dynamisch untersucht werden. Zur Ermittlung chemischer Beständigkeiten von Fasermaterialien existieren unterschiedliche Verfahren. Wasserdurchlässigkeiten und Barrierewirkungen lassen sich ebenfalls ermitteln. Hierzu sei auf DIN-Normen bzw. internationale ISO-Standards verwiesen [2, 3]. Für den amerikanischen Markt sind teilweise andere Standards vorgegeben [4]. Eine gute Übersicht und Einführung in die Qualitätsprüfung von Textilien geben Reumann [5], Wulfhorst [6] und Sommer [7]. Weiterführende Informationen zu Sensoren, Aktoren, Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement sind in [8–11] beschrieben. Bei Problemen und Fragen zu speziellen Prüfungen empfiehlt sich der Kontakt zu textilen Forschungseinrichtungen.
Literatur [1] Ekbert H, Trieml J, Blank H-P (1993/1994) Qualitätssicherung für Ingenieure. VDI Düsseldorf [2] http://www.din.de Januar 2007 [3] http://www.iso.org Januar 2007 [4] http://www.astm.org Januar 2007 [5] Reumann R-D (2000) Prüfverfahren in der Textil- und Bekleidungstechnik. Springer Berlin [6] Wulfhorst B (1996) Qualitätssicherung in der Textilindustrie. Hanser München [7] Siebel E, Sommer H, Winkler F (1960) Handbuch der Werkstoffprüfung. Band 5 Prüfung von Textilien. Springer Berlin [9] Profos P, Pfeifer T (1994) Handbuch der industriellen Messtechnik. 6. Auflag. Oldenbourg München [10] Gevatter H-J (1999) Handbuch der Meß- und Automatisierungstechnik. Springer Berlin [11] Polke M (1994) Prozeßleittechnik. Oldenbourg München [12] Pfeifer T (1995) Qualitätsmanagement. Hanser München
2 Verfahren
Thomas Gries RWTH Aachen In diesem Kapitel werden die wesentlichen Verfahren der Füge- und Oberflächentechnik für Textilien vorgestellt. Damit dient dieses Kapitel als Grundlage für die Anwendungskapitel. Zunächst wird das Spleißen und Knoten von Fäden beschrieben und dann das fadenbasierte Fügen von textilen Flächen. Dabei wird sowohl auf die konventionellen zweiseitigen als auch die neuartigen einseitigen Verfahren eingegangen. Anschließend werden das Kleben, das Beschichten, das Schweißen sowie der Klettverschluss und Sonderverfahren beschrieben. Kombinierte und integrierte Verfahren schließen dieses Kapitel ab. Tabelle 2.1 gibt Beispiele für die Einteilung der Verfahren nach Tabelle 1.1.
Tabelle 2.1 Beispiele für textile Fügeverfahren
Bindungsprinzip
Verfahren
Funktionsprinzip
Formschluss
Nähen/ Sticken
Fadendurchdringung/ Doppelsteppstich, -verschlingung Doppelkettenstich, Überwendlichstich, Blindstich etc.
Kurzwaren
Bauteilgeometrie
Knöpfe, Reiß-, Klettverschluss
Tuften
Fadendurchdringung
Preformtechnologie
Vernadeln
Faserreibung
Vliesbahnen verbinden
Adhäsion
Kleben
Physikalisch
Ultraschallkleben (thermisch), Lösungsmittelkleber, Flammkaschieren, Kaschieren
Chemisch
Epoxidharzklebstoffe
Stoffschluss
Schweißen (thermisch)
Wärmeleitung
Heizkeilschweißen
Konvektion
Heißgasschweißen
Innere Reibung
Ultraschall-, Hochfrequenzschweißen
Wärmestrahlung
Laserschweißen
Kraftschluss
Beispiele
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2 Verfahren
2.1 Verbinden von Fäden Alexandre Daumas, Dieter Veit Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen Das Knoten von Fäden ist auf Grund der dadurch entstehenden Dickstelle im Vergleich zum Rest des Fadens beim Nähen oft problematisch. Eine Alternative stellt das pneumatische Spleißen dar. Dabei werden die Fasern oder die Filamente von zwei überlappenden Fadenenden durch einen Druckluftstrahl vermischt und miteinander verschlungen. Die Verbindung entsteht in der so genannten Blaskammer durch mechanische Reibung zwischen den Fasern oder Filamenten der beiden Garnenden. Die Fasern oder Filamente der überlappenden Fadenenden, die sich im Luftkanal befinden, werden mittels eines oder mehrere Druckluftstrahlen vermischt. Dieser wirkt in radialer Richtung zur Fadenlänge. Kurz vor dem eigentlichen Blasvorgang werden die losen Fadenenden mit einer Schere abgeschnitten, damit sie nicht aus der Spleißstelle herausragen. Es gibt zwei Prinzipien des pneumatischen Spleißens: das Tangential- und das Direktverfahren. Beim Tangentialverfahren (Abb. 2.1, links) wird die Druckluft tangential zur Fadenendenoberfläche eingesetzt, so dass ein Zusammendrehen der beiden Fadenenden erfolgt. Dieses Prinzip ist für Kurzstapelfasergarne geeignet. Für Langstapel- und Multifilamentgarne ist das Direktverfahren besser geeignet (Abb. 2.1, rechts). Dabei ist der Druckluftstrahl radial zur Luftkanalachse gerichtet. Das pneumatische Spleißverfahren ist universell einsetzbar. Sowohl Spinnfaserals auch Multifilamentgarne können mit diesem Verfahren verbunden werden. Die jeweiligen Geräte sind jedoch unterschiedlich aufgebaut. Es gibt sie sowohl als in Maschinen integrierte Komponenten als auch als Handgeräte.
Abb. 2.1 Prinzipien pneumatischer Spleißverfahren (links: Tangentialverfahren, rechts: Direktver-
fahren) [3]
2.2 Nähen, Sticken, Steppen
9
Literatur [1] Buttgereit, J., Pneumatisches Spleißen von Faser- und Filamentgarnen. Dissertation, RWTH Aachen, Aachen 1988 [2] Daumas, A., Gries, T., Handhabungsfähiges mobiles Handspleißgerät für die Weberei und Webereivorbereitung. Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben AiF 13028 N am Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen, Aachen 2003 [3] Gries, T., Daumas, A, Kettfadenbruchbehebung von Multifilamentgarnen durch das pneumatische Spleißen. Melliand Textilberichte (85), S. 554–557, Heft 7–8, 2004
2.2 Nähen, Sticken, Steppen Kai Klopp Andreas Kufferath GmbH & Co. KG Die drei Fügeverfahren Nähen, Sticken und Steppen verbinden Materialien durch Nadel und Faden. Beim Nähen werden die textilen Nähgüter, flächig oder 3D durch Nadel und Faden miteinander gefügt. Es existiert eine Nähstelle/Nähposition, welche mit einer oder mehreren Nadeln parallel arbeitet. Beim Sticken werden Fäden in den textilen Stickboden eingebracht. Neben der reinen Aufbringung von Fäden können auch Bändchen, Kordeln oder Faserrovings auf appliziert werden. Eine Stickposition hat mehrere einzeln anwählbare Sticknadeln, da häufig unterschiedliche Farben in einem Stickmuster verarbeitet werden. Die Steppmaschine ist eine Vielnadelnähmaschine mit mehreren gleichzeitig arbeitenden Stepppositionen. Es werden zwischen die textilen Decklagen Watten eingelegt und versteppt.
2.2.1 Verfahren mit zweiseitig arbeitenden Maschinenaggregaten Thomas Gries RWTH Aachen Schon die ersten automatisierten fadenbasierten Fügeverfahren sind dem zweiseitigen Verfahren zu zuordnen. Genaugenommen bezeichnet man hiermit die Verfahren mit zweiseitig arbeitenden Maschinenaggregaten. So wird in der Regel der Nähfaden von einer Maschinenseite mit Hilfe einer Nadel, an deren Spitze sich das Öhr befindet, durch die Textilien durchgestoßen. Auf der abgewandten Seite (sogenannte linke Warenseite) wird diese Fadenschlaufe von einem Greifer erfasst oder mit dem Unterfaden verbunden. Um bei diesem intermittierenden Verschlaufen hohe Produktionsgeschwindigkeiten zu erreichen, sind hohe Drehzahlen und
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2 Verfahren
damit präzise Maschinenelemente sowie Aggregate, die sich auf den beiden Seiten des Nähguts befinden, erforderlich. Hieraus resultiert das dominierende Maschinenkonzept, das sogenannte C-Gestell. Aus Steifigkeitsgründen hat dieses C-Gestell üblicherweise einen Kragbereich von 30–50 cm, der nur in seltenen Fällen größer ist. Dies schränkt das Fügen größerer Flächengebilde, die nicht unter dieses C-Gestell drapiert werden können, ein. Für das Absteppen größerer flächigerer Artikel werden geschlossene Maschinengestelle (sogenannte O-Gestelle) verwendet. Diese können beim Einsatz in der Luft- und Raumfahrttechnik zum Fügen von Verstärkungstextilien enorme Ausmaße annehmen, wurden aber bisher nur in wenigen Einzelfällen realisiert.
2.2.1.1 Stichbildung an Nähmaschinen Hartmut Rödel TU Dresden, Institut für Textil- und Bekleidungstechnik Nähmaschinennadeln Nähnadeln sind bereits aus früher Menschheitsgeschichte als Arbeitsmittel bekannt, die zur Verarbeitung der Felle zu Kleidung und anderen Gebrauchsgegenständen dienten und zuerst aus Knochen hergestellt wurden. Nähnadeln aus Eisen sind erstes Beispiel eines Konversionsprozesses, denn mit dem Beherrschen der Drahtherstellung zur Fertigung flexibler Rüstungen war auch die Chance gegeben, aus Draht Nähnadeln zu fertigen. Voraussetzung für das maschinelle Nähen war die Erfindung der Nähnadel mit dem Nadelöhr nahe der Nadelspitze. Die Nähmaschinennadel ist zylindrisch geformt. Der Kolben dient zur Befestigung der Nadel in der Nadelstange des Nadelantriebes, der Schaft verbindet Kolben und Nadelspitze. Das Nadelöhr ist nahe der Nadelspitze positioniert. Die Nadelspitze gewährleistet das Durchstechen des Nähgutes. Zur funktionsgerechten Führung des Nähfadens besitzt die Nähnadel zwei Nadelrillen, auch als Nadelrinnen bezeichnet, im Nadelschaft, die die Führung des Nadelfadens zum und vom Nadelöhr übernehmen. In einer langen Nadelrille wird der Nadelfaden von der Fadenspule über Fadenbremse und Fadengeber kommend zum Nadelöhr geleitet. Vom Nadelöhr wird der Nadelfaden durch die kurze Nadelrille und durch das Nähgut an die Nähgutoberseite geführt und in der Naht stichtypklassenspezifisch positioniert. Für die sichere Funktion des Nähprozesses ist es erforderlich, den zylindrischen Kolben so einzusetzen, dass die kurze Nadelrille zum Greiferorgan zeigt. Die Nähmaschine bewegt die Nähmaschinennadel mit Hilfe eines geraden Kurbeltriebes, der umittelbar von der Hauptwelle der Nähmaschine antrieben wird. Etwa auf halbem Weg vom oberen Umkehrpunkt OT zum unteren Umkehrpunkt UT durchsticht die Nadel das Nähgut. Beim Einstich der Nadel in das Nähgut liegt der Nadelfaden in U-Form beidseitig an der Nähnadel an. Das Durchstechen erfolgt mit maximaler Geschwindigkeit, woraus die Nadeldurchstechkraft und die damit
2.2 Nähen, Sticken, Steppen
11
verbundene Nadelerwärmung infolge der Reibung zwischen Nähnadel und Nähgut resultieren. Nach dem Passieren des unteren Umkehrpunkts entsteht eine Nadelfadenschlinge auf der Seite der Nadel mit der kurzen Nadelrille, da der Nadelfaden auf der Seite der kurzen Nadelrille vom Nähgut geklemmt wird. Nach dem Zurücklegen einer bestimmten Länge des Nadelweges nach UT, dem sogenannten Schlingenhub, erfasst das stichtypklassenspezifische Greiferorgan [1] die Nadelfadenschlinge zur Verkettung bzw. Verschlingung des Nadelfadens mit sich selbst oder anderen Fäden (Abb. 2.2). Bei Nähmaschinen zur Bekleidungsfertigung hat der Schlingenhub die Größenordnung von 2 mm. Untersuchungen von Nestler, zitiert in [2], belegen, dass der Schlingenhub an den zu verarbeitenden Nähfaden angepasst werden müsste. Die derzeit verfügbare Nähtechnik kann aber nur manuell im Schlingenhub verändert werden. Technisch elegante Lösungen mit einem in Drehzahl und Drehwinkel geregelten Mehrmotorenantrieb für Nadel und Greiferorgan sind wirtschaftlich nicht tragfähig. Die Nähmaschinennadeln sind wie in [3] definiert aufgebaut. Die konkreten Maße der Nähmaschinennadeln richten sich nach dem Nadelsystem, welches nähmaschinenspezifisch ausgewiesen ist. Dies betrifft insbesondere die Maße in Längsrichtung. Durchmesser und Spitzengeometrie sind weitere Kennzeichen einer Nähmaschinennadel, wobei sich die Auswahl dieser Parameter vor allem nach dem zu verarbeitenden Nähgut und der Lagenanzahl in der Naht richtet. Die Vielzahl der marktbekannten Nadelsysteme resultiert aus der Vielzahl der in der Nähmaschinengeschichte existenten Nähmaschinenhersteller, deren Konstrukteure zunächst jeweils eigene Maße für die Gesamtkonstruktion einschließlich der Nähnadel definierten. Für die Bildung des Blindstiches, an einigen Überwendlich-Nähmaschinen und für die speziellen Anwendungen der Nähtechnik zur Herstellung textilverstärkter Kunststoffe werden bogenförmige Nähnadeln genutzt, die sich auf einer entsprechenden bogenförmigen Bahn bewegen.
Abb. 2.2 Ausbildung der Nadelfadenschlinge beim Ausstich der Nähmaschinennadel
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2 Verfahren
Firmenschriften der Nadelhersteller [z. B. 4, 5] geben dem Anwender Hinweise zur Auswahl der richtigen Nadel für die betreffende Nähaufgabe. Zur Minimierung der Reibung zwischen Nähgut und Nähnadel sind verschiedene metallische Nadeloberflächen wie Chrom, Nickel, Titannitrid oder auch Kunststoffoberflächen wie Teflon im Gebrauch. Die Spitzengeometrie der Nähnadel ist so auszuwählen, dass die Schädigung des Nähgutes infolge der Perforation möglichst minimal ausfällt. Beispielsweise dürfen Nähnadeln die Elastanfilamente elastanhaltiger Maschenwaren nicht beschädigen, sonst würde die Rückstellfähigkeit der Maschenwaren gestört. Renommierte Nadelhersteller bieten ihren Kunden einen Beratungsservice. Fadengeber Beim Einstechen der fadenführenden Nähmaschinennadel wird Nadelfaden benötigt. Die Bereitstellung der Fadenlänge erfolgt durch den Versatz des Fadengebers (Abb. 2.3). Auf eine Hauptwellenumdrehung der Nähmaschine gesehen wird etwa ⅔ der Umlaufs Faden bereitgestellt und dann sehr schnell in etwa ⅓ des Umlaufs dieses Fadenelement wieder zurückgenommen. Die Fadengeberbewegung wird abgestimmt zur Nadelbewegung ausgeführt. Die für die Stichbildung selbst notwendige, im Vergleich zur Länge des aktiv bewegten Fadenelements kurze Länge gleitet aus der Fadenbremse nach, wenn die Fadenzugkraft in der Phase des Sticheinzuges kurzfristig die Bremskraft der Fadenbremse übersteigt. Als Fadendurchgangszahl wird der Quotient zwischen der Länge des aktiven Fadenelements und der bei einem Stich verbrauchten Länge des Nadelfadens bezeichnet. Die Fadendurchgangszahl ist Maß für die Belastung des Nadelfadens durch Beschleunigungen beim Richtungswechsel und durch Scheuerung an den Fadenleitorganen der Nähmaschine beim Nähprozess.
Abb. 2.3 Prinzip des Fadengebers
2.2 Nähen, Sticken, Steppen
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Fadenbremse An der Nähtechnik werden herkömmliche Tellerfadenbremsen mit manueller Vorspannung der Spiralfeder benutzt (Abb. 2.4). Zur Entnahme des verarbeiteten Nähgutes wird die Fadenbremse parallel zum Anheben des Nähfusses gelöst, so dass der Nähfaden vor dem Abschneiden nachgleiten kann.
Abb. 2.4 Aufbau einer Tellerfadenbremse mit Lösevorrichtung [6]
In Einzelfällen sind auch Fadenbremsen nach dem Umschlingungsprinzip, welche die Seilreibung an mehreren Zylinderstiften nutzen, im Gebrauch. Geregelte Fadenbremsen, deren Bremskraft in Abhängigkeit anderer Prozessparameter beispielsweise durch Schrittmotoren angepasst wird, sind bisher nur aus dem Versuchstadium bekannt und scheiterten aus Kostengründen. Qualität Die Qualität der Nähmaschinennadel zeigt sich in der Präzision ihrer Fertigung. Dies betrifft die Einhaltung der für das Nadelsystem gültigen Geometrie. Außerdem darf die Nähmaschinennadel nicht in sich gekrümmt sein. Beim Wechsel der Nähmaschinennadel, die als Verschleißorgan zu betrachten ist, würde infolge dieser Exzentrizität ein Mangel im Zusammenwirken von Nadel und Greifer auftreten. Wird der Abstand zu groß, könnte die Nadelfadenschlinge nicht erfasst werden. Bei zu geringem Abstand ist die Kollision von Nadel und Greifer möglich, was Schäden an Nadel und/oder Greifer verursachen kann. An allen Fadenleitelementen sollten gratfreie textilgeeignete Oberflächenbezüge das Gleiten der Nähfäden unterstützen.
Literatur [1] DIN 61400, ISO 4916 Nähstichtypen. Berlin: Beuth Verlag 1988. [2] Rödel H (1996) Habilitation. TU Dresden, Fakultät Maschinenwesen, 1995. zugleich Aachen, Shaker Verlag, 1996.
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2 Verfahren
[3] DIN 5330 Nähmaschinen Nadeln Benennung Kenngrößen. Berlin: Beuth Verlag 1977. [4] Firmenschriften der Groz-Beckert KG, Albstadt sowie Internatpräsentation http://www.grozbeckert.com mit Download-Bereich [5] Firmenschriften der Ferd. Schmetz GmbH, Herzogenrath sowie Internetpräsentation http:// www.schmetz.com mit Download-Bereich. [6] Rödel H (1993) Vorlesungsunterlagen. Verfahren und Maschinen der Konfektionstechnik. TU Dresden, Fakultät Maschinenwesen, Institut für Textil- und Bekleidungstechnik.
2.2.1.2 Kettenstiche Hartmut Rödel TU Dresden, Institut für Textil- und Bekleidungstechnik Verfahrensprinzip Die ersten Nähmaschinen nutzten das Prinzip des Verkettens eines Nähfadens mit sich selbst oder von mehreren Nähfäden wechselweise. Bäckmann [1] zeigt an Bildern der Patentschrift von Thomas Saint (1790) den Einsatz eines hakenförmigen Greifers zum Festhalten unterhalb des Nähgutes sowie zum Versatz der Nadelfadenschlinge in der Weise, dass beim erneuten Einstich der Nadel diese durch die geeignet geöffnete Schlinge hindurch trifft und damit eine weitere Schlinge durch die vorhandene Schlinge bringt. Die Schlingen werden dadurch miteinander verkettet. Kettenstiche besitzen gegenüber dem Steppstich eine höhere Dehnfähigkeit der Naht. Sie eignen sich bevorzugt zum Verbinden von Maschenwaren. Wird nur der Nadelfaden mit sich selbst verkettet, so entsteht definitionsgemäß [2] der Einfachkettenstich, Stichtypklasse 100. Die Stichbildung kann mit rotierendem oder oszillierendem Hakengreifer erfolgen. Zu beachten ist, dass der Einfachkettenstich durch Ziehen an einem Fadenende sehr leicht wieder aufgetrennt werden kann. Dies empfiehlt ihn zur Realisierung von temporären Heftvorgängen oder auch zum kurzfristigen Verschließen von Verpackungen. Beim maschinellen Knopfannähen wird auch der Einfachkettenstich genutzt, so dass nahezu jeder Mensch schon einmal das Auftrennen der Knopfbefestigungsnaht durch Ziehen am herausragenden Fadenende ausgelöst hat. In Abb. 2.6 ist zu beachten, dass sich der Hakengreifer bei der Schlingenübernahme im Schlingenhub hinter der Nadel befindet. Während des Aus- und Einstiches der Nadel wird der Greifer nach vorn versetzt, so dass die auf dem Greifer befindliche Fadenschlinge zur Verkettung durch Eintrag der neuen Nadelfadenschlinge vorbereitet ist. Der rotierende Hakengreifer (Abb. 2.5) erzielt die gleiche Funktion durch den unterschiedlichen Querschnitt des Greifers und die dadurch verursachte Öffnung der Fadenschlinge auf dem Greifer. Durch Einsatz eines zweiten Fadens, der durch einen fadenführenden Hakengreifer in den Stich und die Naht eingebracht wird, entsteht der Doppelkettenstich, Stichtypklasse 400, aus Nadelfaden und Greiferfaden (Abb. 2.7). Es ist möglich, zwei oder mehr Doppelkettenstiche (Abb. 2.8) parallel anzuordnen, indem zwei
2.2 Nähen, Sticken, Steppen
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Abb. 2.5 Prinzip der Stichbildung des Einfachkettenstiches mit rotierendem Hakengreifer [3]
Abb. 2.6 Prinzip der Stichbildung des Einfachkettenstiches mit oszillierendem Hakengreifer [3]
oder mehrere Nadeln synchron arbeiten, deren Schlingen jedoch von einem gemeinsamen Greifer übernommen und mit dem Greiferfaden verkettet werden. So entstehen Doppelkettenstichnähte, die innerhalb der Stichtypklasse 400 beispielsweise mit den Nummern 402, 403 oder 406 bezeichnet werden. Der Überdeckstich, Stichtypklasse 600, wird gebildet, indem parallel gebildete Doppelkettenstichnähte durch einen zusätzlichen Legefaden an der Oberseite, d. h.
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2 Verfahren
Abb. 2.7 Prinzip der Stichbildung des Doppelkettenstiches [3]
auf der Seite des Nadeleinstiches, in die Fadenanordnung integriert werden. Damit ist es möglich, textile Zuschnittteile stumpf aneinander liegend zu verbinden. Dies ist insbesondere für Pflege- und Schlafbekleidung interessant, da die Naht nicht aufträgt und die Haut des Menschen lokal eindrückt. Gemäß Norm [2] gibt es viele Varianten der Einfach- oder Doppelkettenstiche, die beispielsweise durch parallele Stich- und Nahtbildung ohne Verketten der Fadensysteme eines jeden Stiches (Zweinadel-Doppelkettenstich-Nähmaschine) oder durch Zickzack-Stiche bei zyklisch seitlich wechselnder Einstichposition der Nadel (Stichtypklasse 404) realisiert werden können. Eine besondere Aufgabe innerhalb der textilen Montage ist das Bearbeiten von Schnittkanten zur Verhinderung des Ausfransens. Dafür sind Überwendlichkettenstiche (Stichtypklasse 500) (Abb. 2.9) [4] geeignet, die aus nur einem Nadelfaden oder einem Nadel- und einem Greiferfaden oder auch einem Nadelfaden und zwei Greiferfäden gebildet werden können. Jedem Greifer ist ein Greiferfaden zugeordnet. Die zu bearbeitende Nähgutkante wird synchron zum Nähprozess mittels eines gegen eine feststehende Klinge schwingenden Messers geschnitten. Hier liegt es im Geschick der Bedienperson, die Maße der Nähgutteile durch übermäßigen Verschnitt nicht zu stark zu minimieren. In Sicherheitsnaht-Nähmaschinen werden Überwendlichkettenstich und Doppelkettenstich parallel hergestellt, indem eine Nadel mit Greifer den Doppelkettenstich und eine Nadel mit zwei Greifern den Überwendlichkettenstich bildet. Die Sicherheitsnaht, vielfach auch als Safety-Naht bezeichnet, kombiniert somit die Stichtypklassen 401 und 504. Sowohl mit der Sicherheitsnaht als auch mit der Überwendlichkettenstichnaht ist die Montage von aufeinander liegenden Zuschnittteilen
2.2 Nähen, Sticken, Steppen
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Abb. 2.8 Prinzip der Stichbildung des Überdeckkettenstiches, hier noch ohne Legefaden auf der
Oberseite des Nähgutes [3]
Abb. 2.9 Prinzip der Stichbildung des dreifädigen Überwendlichkettenstiches 504 [4, 5]. 1 Übernahme der Nadelfadenschlinge durch den Untergreifer zur Verkettung mit dem Untergreiferfaden, 2 Verkettung des Obergreiferfadens mit der Untergreiferfadenschlinge, 3 Verkettung des Nadelfadens mit der Obergreiferfadenschlinge
umlaufend am Rand möglich. Auch Ärmelnähte in Herrenhemden werden damit geschlossen. Der technologische Vorteil liegt in der Kombination von Schnittkantensicherung und Verbindungsnaht.
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2 Verfahren
Abb. 2.10 Skizze des Arbeitsbereichs einer Überwendlich-Nähmaschine mit Messer zum Be-
schneiden der Nähgutkanten [5]
Allen Kettenstichen ist eigen, dass es keine geometrische Grenze für die Größe oder das Volumen der Nähfadenspulen gibt und somit eine theoretisch ununterbrochene Stich- und Nahtbildung möglich ist. Dieser Gesichtspunkt ist für wichtig für die Nähautomatisierung. Eine Verriegelung der Naht, wie sie bei Doppelsteppstichen durch wechselnde Nährichtung möglich ist, kann mit Kettenstichen nicht ausgeführt werden. Die Sicherung erfolgt durch Bildung einer Leerkette, das ist die fortlaufende Fadenverkettung ohne Nähgut. Diese aus Nahtanfang und Nahtende herausragende Leerkette kann manuell mit Schere oder mittels Leerkettentrenners der Nähmaschine geschnitten werden. Bei der weiteren Montage des Produktes müssen diese Leerkettenabschnitte in weiterführenden Nähten eingebunden werden. Maschinenbeispiele Zur Optimierung der Handhabung des Nähgutes sind für die Doppelkettenstichnähte sowohl Flachbett- als auch Sockel-Nähmaschinen gebräuchlich. Zur Fertigung längerer schlauchförmiger Produkte eignen sich Armabwärts-Nähmaschinen, die beispielsweise von BROTHER, Japan, auch auf dem europäischen Markt vertrieben werden. Kettenstich-Nähmaschinen für die Maschenwarenverarbeitung mit verschiedenartigsten produkt- bzw. arbeitsgangspezifischen Ausstattungen wie Bandzuführungen bietet die japanische Firma Yamato. Die Firma Juki, Japan, ist als Produzent von Überwendlichkettenstich- und Sicherheitsnaht-Nähmaschinen bekannt. Für die Verarbeitung technischer Textilien größerer Flächenmasse hat SL Spezialnähmaschinen GmbH Limbach-Oberfrohna geeignete Doppelkettenstich-Nähmaschinen im Angebot, die auch in produktspezifische Verarbeitungsanlagen wie für die Filterfertigung integriert werden.
2.2 Nähen, Sticken, Steppen
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Knopfannähmaschinen sind Zickzack-Einfachkettenstich-Nähmaschinen. Zur Befestigung von Knöpfen mit vier Löchern erfolgt zusätzlich ein Versatz von Knopf und Nähgut um den Betrag der Entfernung der Löcher des Knopfes. Augenknopfloch-Nähmaschinen arbeiten ebenfalls auf Basis der Kettenstichbildung. Das Augenknopfloch ist eine Kombination aus Zickzack-Einfach- und -Doppelkettenstich, wobei sich zur Ausführung der tangentialen Naht am ausgestanzten Augenknopfloch sowohl die Nadelstange als auch der gesamte Greiferblock synchron zur Nahtkontur drehen. Die Drehung wird vor Ausfertigung der nächsten Naht zurückgeführt. In diese kombinierte Naht hinein kann ein zusätzlicher, voluminöserer Faden einlaufen, der als so genannter Gimpefaden in der Naht überdeckt wird und die Naht aufwölbt. In einer Dissertation hat Perera [6] demonstriert, wie ausgehend von der Produktkonstruktion die Auswahl der Näh- und Bügeltechnik, die Kapazitätsabschätzung und die Projektierung nähtechnischer Abteilungen am Beispiel kleinerer Losgrößen erfolgen können. Qualität Der Fadenverbrauch [7–9] bei der Kettenstichbildung ist höher als beim Doppelsteppstich. Damit ist stets mehr Fadenvorrat in der Naht vorhanden, so dass die Kettenstichnähte durch eine größere Dehnbarkeit in der Naht gekennzeichnet sind. Dies unterstreicht ihre Eignung zum Verbinden von Maschenwaren. Zur Qualitätssicherung gehört das Beurteilen eines Nahtbildes. In einer beispielhaften Arbeit haben Nestler und Mitarbeiter [4] dies umfassend dargestellt. Neben der physikalischen Nahtbeanspruchung hinsichtlich Festigkeit und Dehnung gehören zur objektiven Nahtbeurteilung die Bewertung des äußeren Nahtbildes bzw. des Nahtaussehens. Die Gebrauchseigenschaften einer Überwendlichnaht unterteilen die Autoren in drei Gruppen, die Gebrauchstüchtigkeit, die Repräsentationsgüte und die bekleidungshygienischen Eigenschaften, mit anderen Worten den hautsensorischen Komfort. Beachtenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die an den Fadenbremsen der einzelnen Fäden einzustellende Fadenbremskraft wesentlich auf das Erscheinungsbild der Naht wirkt. Zur Illustration sei auf die Norm DIN 61400 [2] verwiesen. Die Unterschiede in den Positionen der Kontaktpunkte der Nadel- und Greiferfäden bei den Stichtypklassen 502 und 503 bzw. 504 und 505 werden nur durch die unterschiedlichen Fadenbremseinstellungen erreicht (Abb. 2.11).
Abb. 2.11 Beispiele für die Variation der Lage der Verschlingungspunkte unterschiedlicher Über-
wendlichkettenstiche [5]
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2 Verfahren
Literatur [1] Bäckmann R (1991) Nähen – Nadel – Nähmaschine: Ursprünge der Nähtechnologie im Zeitalter der ersten industriellen Revolution. Hohengehren: Schneider Verlag, 1991. [2] DIN 61400, ISO 4916 Nähstichtypen. Berlin: Beuth Verlag 1988. [3] Schautafeln der PFAFF Industrie Maschinen AG, Kaiserslautern, nachgenutzt in vielfältiger nähtechnischer Literatur [4] Nestler R u. a. Beitrag zum Beurteilen eines Nahtbildes, aufgezeigt am Beispiel der Überwendlichnaht bei Untertrikotagen. Teil 4 des Teillehrprogramms zur Fachlehrveranstaltung „Technologie der Konfektion“. TU Dresden, Sektion Verarbeitungs- und Verfahrenstechnik, Wissenschaftsbereich Textil- und Bekleidungstechnik, 1977. [5] Rödel H (1993) Vorlesungsunterlagen. Verfahren und Maschinen der Konfektionstechnik. TU Dresden, Fakultät Maschinenwesen. Institut für Textil- und Bekleidungstechnik. [6] Perera E (2006) Fertigungsorganisation, Technik und Anforderungen in der Einzel und Kleinserienfertigung der Bekleidungsindustrie. Dissertation. TU Dresden, Fakultät Maschinenwesen. [7] Software NOP 2000 – Kalkulationsprogramm für den Nähfadenverbrauch. Gütermann & Co., 1997. [8] Nähfaden-Verbrauchstabelle mit detaillierten Richtwerten nach Stichtypen DIN 61400 (ISO 4915). NTK Nähtechnischer Kundendienst Nr. 107 (ohne Jahrgang), Ackermann Göggingen AG Augsburg. [9] Ermittlung des Nähfadenbedarfs. Nähtechnischer Service des Hauses AMANN für gutes und rationelles Nähen. (ohne Nummerierung und Jahrgang) Amann + Söhne GmbH und Co. Bönnigheim. Siehe auch: http://www.amann.com/pdfs/dt/s_t_broschueren/naehfadenbedarf.pdf, 04. 04. 2006
2.2.1.3 Blindstich Hartmut Rödel TU Dresden, Institut für Textil- und Bekleidungstechnik
Verfahrensprinzip Der Blindstich ist eine Sonderform der Nähstiche. Die Bezeichnung resultiert aus der Anordnung der Stiche im Nähgut, die nur einseitig, in der Regel nur auf der Produktrück- oder -innenseite, erkennbar ist. Dazu sticht eine bogenförmige Nähnadel das Nähgut in seinen Lagen so an, dass sie es auf der gleichen Nähgutseite wieder verlassen kann. Der beim Einstich eingetragene Nadelfaden wird auf der den Ein- und Ausstichstellen der Nähnadel gegenüberliegenden Seite nicht erkennbar. Um den Nadelweg günstig gestalten zu können, wird das Nähgut gegen die Nadelkrümmung ebenfalls gekrümmt aufgelegt (Abb. 2.12).
2.2 Nähen, Sticken, Steppen
21
Abb. 2.12 Prinzipdarstellung des Aufbaus einer Blindstichnähmaschine
Für den Blindstich eignen sich der Einfachkettenstich 103, der Doppelsteppstich 306 und auch der Doppelkettenstich 409 [1]. Die Stichbildungsorgane gekrümmte Nähnadel und der stichtypklassengeeignete Greifer werden beide oberhalb der Stichplatte der Nähmaschine angeordnet. Der Transporteur kann sich unterhalb der Stichplatte befinden. Zu beachten ist, dass das Nähgut mit der Rückseite nach oben in die Nähmaschine eingelegt werden muss. In Abb. 2.13 ist der Hakengreifer für die Einfachkettenstichbildung in zwei Elemente geteilt. Über diese Elemente wird die vom Hakengreifer erfasste Schlinge aufgespannt, so dass die Nadel beim nächsten Einstich die Nadelfadenschlinge mit der vorhergehenden aufgespannten Fadenschlinge verketten kann. Die Anwendung der Blindstichnähmaschine mit Einfachkettenstich 103 erfolgt zur Verbindung von Einlagen und Oberstoff in der klassischen Sakko-Fertigung.
Abb. 2.13 Stichbildungsorgane einer Blindstichnähmaschine mit Einfachkettenstich 103, links ge-
bogene Nadel, rechts der in zwei Elemente geteilte Hakengreifer [Foto: Rödel]
22
2 Verfahren
Dazu werden in dem als Pikieren bezeichneten Arbeitsgang mehrere, meist parallele Nähte ausgeführt, um die flächenförmige Verbindung zwischen den beiden Lagen herzustellen. Das Pikieren ist Nachweis einer hochwertigen Verarbeitung. Unter industriellen Bedingungen ist das Pikieren heute durch das Fixieren, ein Kleben von Oberstoff und Einlage mit thermoplastischen, in regelmäßigen oder zufälligen Rastern vorher auf das Einlagematerial aufgebrachten, Klebepunkten ersetzt. Eine weitere Anwendung ist das Befestigen von Umschlägen (Säumen) beispielsweise an Röcken. Eine bisher dem Forschungsstadium zuzurechnende Entwicklung ist die von Philipp Moll, Aachen, entwickelte Chirurgische Nähmaschine, die das Schließen größerer Operationsöffnungen nach chirurgischen Eingriffen in gleichbleibenden Stichen und schneller als von Hand ausführen kann [2]. Der Transport des Nähgutes biologisches Gewebe erfolgt durch zwei Spikeräder, wie dies in einem Videoclip unter [2] sehr gut zu beobachten ist. Qualität Die Qualität der Blindstichnaht ist vor allem dadurch gekennzeichnet, dass sie auf der Außenseite des Produktes nicht oder kaum wahrzunehmen ist. Dies wird durch die Einstellung der Einstichtiefe der Nadel in das mehrschichtige Nähgut erreicht. Mit einer so genannten Tauchereinrichtung kann die Einstichtiefe periodisch auch noch variiert werden, so dass beispielsweise nur jeder dritte Stich bis auf die Außenseite des Nähgutes geführt wird. Maschinenbeispiele Die Firmen Maier-Unitas GmbH Köngen [3] und Strobel Puchheim, früher München, [4] sind renommierte Hersteller von Blindstichmaschinen für die Bekleidungsfertigung und die Verarbeitung sonstiger Textilien. Für die Verarbeitung von Verstärkungstextilien für textilverstärkte Kunststoffe und andere Matrizes hat KSL Keilmann Sondermaschinenbau Lorsch GmbH einen robotergeführten BlindstichNähkopf entwickelt, der auch schon erste Praxisanwendung bei der textilen Vormontage der Druckkalotte der Passagierkabine der Flugzeuge der Airbus GmbH gefunden hat [5]. Für diesen speziellen Nähkopf wurde eine bogenförmige Nähnadel entwickelt, die nahezu einen Halbkreis bildet.
Literatur [1] DIN 61400, ISO 4916 Nähstichtypen. Berlin: Beuth Verlag 1988. [2] Firmenhomepage http://www.moll.ac/2006/chirurgische_naehmaschine.asp?LANG=DE, 27. 09. 2006 [3] Firmenschriften der Maier-Unitas GmbH Köngen und Homepage http://www.maier-unitas.de/, 08.10.2006.
2.2 Nähen, Sticken, Steppen
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[4] Firmenschriften der Strobel Spezialnähmaschinen GmbH Puchheim und Homepage http://www.strobel.biz/, 08.10.2006. [5] Firmenschriften der KSL Keilmann Sondermaschinenbau Lorsch, verschiedene Jahrgänge sowie Firmenhomepage http://www.ksl-gmbh.de, 07. 10. 2006.
2.2.1.4 Steppstich Hartmut Rödel TU Dresden, Institut für Textil- und Bekleidungstechnik
Verfahrensprinzip Zur Erfindung der Doppelsteppstich-Nähmaschine war Elias Howe (1819–1867) durch die Beobachtung eines Handwebers angeregt worden, nachdem er sich vorher mit der maschinellen Nachstellung des Handnähens mittels Greifern ober- und unterhalb des Nähgutes und einer Nähnadel mit mittiger Öhrposition befasst hatte [1]. Die Doppelsteppstich-Nähmaschine nach Howe war mit einem Schiffchen-Greifer und einer öhrspitzigen Nadel ausgeführt. Der Schiffchen-Greifer besitzt wie alle weiteren Konstruktionen den generellen Nachteil, dass der Fadenvorrat des Unterfadens durch das Volumen der Unterfadenspule begrenzt wird. Neuere Entwicklungen der spulenlosen Fadenvorlage beheben diesen Nachteil nicht, sie ermöglichen aber eine etwas längere Nähzeit bis zur nächsten prinzipbedingten Unterbrechung des Nähprozesses [2]. Über die Entwicklungszeit der Nähtechnik sind weitere Greiferkonstruktionen bekannt geworden, die das oszillierende Prinzip der Schiffchen-Greifer und des CB-(Central Bobbin-)-Greifers durch einen maschinendynamisch günstigeren umlaufenden Greifer ersetzen. Allen diesen Konstruktionen ist eigen, dass mittels des Greifers die Nadelfadenschlinge erfasst und soweit ausgeweitet wird, dass sie um die Spule mit dem Fadenvorrat des Unterfadens herumgeführt werden kann. Dazu muss eine im Vergleich zur Kettenstichbildung große Fadenschlinge des Nadelfadens gebildet werden. Diese aktive Fadenlänge wird durch den Fadenhebel der Doppelsteppstich-Nähmaschine bereitgestellt und wieder zurückgenommen. Im Verhältnis dazu minimal ist jedoch die Fadenlänge, die mit der Stichbildung ihre Position in der Naht einnimmt. Dieses Verhältnis der beiden Fadenlängen wird als Fadendurchgangszahl bezeichnet und kann Werte zwischen 80 und 100 einnehmen. Folglich muss ein Fadenelement diese Anzahl von Stichbildungszyklen aktiv ausführen, so dass es sowohl Scheuervorgängen an Fadenleitorganen als auch Beschleunigungen beim Richtungswechsel ausgesetzt ist. Krowatschek und Nestler [3] fragen deshalb berechtigt: „Ist die Nähmaschine ein Textilprüfgerät?“, denn insbesondere die Doppelsteppstich-Nähmaschine stellt enorme Ansprüche an einen für diesen Nähprozess geeigneten Nadelfaden. Auch bei den Steppstichen wird das Synonym Einfach- bzw. Doppelsteppstich für die Zahl der an der Stichbildung beteiligten Fäden gebraucht. Der Einfachstepp-
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2 Verfahren
stich, in der Norm [4] als Stichtypklasse 200 erfasst, hat vorwiegend für handwerkliche Arbeiten Bedeutung, da stets der gesamte Fadenvorrat auf die jeweils andere Seite des Nähgutes gebracht werden muss. Die Firma AMF Reece Inc., Prostejov, CR, [5] bietet die Einfachsteppstich-Nähmaschine Deco 2000 an, die den handgefertigten Einfachsteppstich simuliert und je nach Aktualität dieses besonderen modischen Effektes an Oberbekleidung zum Einsatz gelangt. Sie arbeitet mit einer speziellen zweispitzigen Nadel mit mittigem Öhr. Diese Nadel wird durch Greifer jeweils durch das Nähgut hindurchgereicht. Der Fadenvorrat für die Naht muss ebenfalls jeweils die Seite zum Nähgut wechseln. Damit sind Einfachsteppstiche der in Abb. 2.14 vorgestellten Art möglich.
Abb. 2.14 Varianten der Stichbildung mit der Einfachsteppstich-Nähmaschine der AMF Reece
Inc. [5]
Mosinski [6] führt für diese Einfachsteppstichnähte auch den Begriff der Sattelnähte, die durch Modifikationen der an Ober- und Unterseite sichtbaren Fadenlängen im Aussehen mehr oder weniger ausgeprägt werden. Mit der Kürze der sichtbaren Fadenabschnitte tritt die Naht weniger in Erscheinung. Einfachsteppstichnähte können als Verbindungsnaht oder Verzierungsnaht mit Maschine oder manuell ausgeführt werden. Für Industrie, Handwerk und Haushalt ist der Doppelsteppstich, Stichtypklasse 300, von größter Bedeutung. Er wird aus Nadelfaden und Unterfaden gefertigt. Es ist auch möglich, zwei Doppelsteppstich-Nähte parallel anzuordnen, indem zwei Nadeln synchron mit zwei Greifern arbeiten. Außerdem ist es möglich, durch seitlichen Versatz des Nadeleinstichpunktes Zickzack-Doppelsteppstich in verschiedenen genormten Varianten [4] zu bilden. Für die Bildung des Doppelsteppstiches ist das Zusammenwirken zwischen den Stichbildungsorganen Nähnadel, Umlaufgreifer, Fadenhebel und Fadenbremse von besonderer Bedeutung. In Abb. 2.15 bis Abb. 2.18 ist in paralleler Abfolge zu erkennen, dass zunächst der Eintrag des Nadelfadens in das Nähgut mit dem Einstich der Nadel erfolgt. Wenn die Nähnadel den unteren Umkehrpunkt wieder verlassen hat, bildet sich infolge der speziellen Querschnitte der Nähnadel auf der Seite der kurzen Nadelrille die Nadelfadenschlinge, die durch die Greiferspitze in der Position Schlingenhub der Nähnadel erfasst und übernommen wird. Die Nadelfadenschlinge wird vom Greifer soweit
2.2 Nähen, Sticken, Steppen
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Abb. 2.15 Prinzip der Stichbildung des Doppelsteppstiches [7]
Abb. 2.16 Doppelsteppstichbildung mit oszillierendem Zentralspulengreifer [7]
ausgedehnt, bis sie um die Unterfadenspule gelegt werden kann. Um diesen Fadenbedarf an Nadelfaden in ausreichender Weise bereitzustellen, wird beim Einstechen und bei der Ausweitung der Nadelfadenschlinge auf das Maß der Unterfadenspule über etwa 2/3 einer Hauptwellenumdrehung Nadelfaden durch den Fadenhebel zur Verfügung gestellt, der dann diese Fadenschlinge sehr schnell wieder zurücknehmen muss. In der Phase des Sticheinzuges, etwa 60 Grad nach dem oberen Umkehrpunkt der Nähnadel übersteigt der Fadenbedarf die Fadengabe durch den Fa-
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2 Verfahren
Abb. 2.17 Doppelsteppstichbildung mit Umlaufgreifer mit horizontaler Greiferwelle [7]
Abb. 2.18 Doppelsteppstichbildung mit Umlaufgreifer mit vertikaler Greiferwelle [7]
denhebel. Die daraus resultierende erhöhte Nadelfadenzugkraft übersteigt dabei die Fadenbremskraft in der Fadenbremse, so dass die für die Stichbildung eines Stiches benötigte Fadenlänge aus der Fadenbremse kommend freigegeben wird. Der Zentralspulengreifer setzt durch oszillierende Arbeitsweise Drehzahlgrenzen für die Nähmaschine. Die Umlaufgreifer arbeiten stets mit doppelter Hauptwellendrehzahl. Die horizontal gelagerte Greiferwelle ist für Einnadel-Nähmaschinen
2.2 Nähen, Sticken, Steppen
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gebräuchlich. Die vertikale Greiferwelle findet in Zweinadel-Nähmaschinen und in Säulen-Nähmaschinen Anwendung. Die Nadelfadenschlinge wird hier nicht nach unten, sondern nach der jeweiligen Seite ausgeweitet. Qualität Durch Einstellung der Fadenbremse kann diese von der Fadenbremse freigegebene Fadenlänge variiert werden. Damit ist eine Verschiebung des Verschlingungspunktes zwischen Nadel- und Unterfaden möglich, der wie in Abb. 2.15 dargestellt in der Mitte der geschichteten Nähgutteile liegen sollte. Überlegungen aus Lodz, Polen, die Lage des Verschlingungspunktes in die Relation von 75% zu 25% zugunsten des Nadelfadens zu bringen und damit die Zahl der notwendigen Spulenwechsel zu reduzieren, sind rechnerisch nachzuvollziehen, aber praktisch und dauerhaft nur schwierig umzusetzen. Üblicherweise erfolgt die Einstellung des Verschlingungspunktes nur durch den optischen Abgleich des Nahtbildes zwischen Ober- und Unterseite des Nähgutes [8], wobei die nur mit grober Skala beschriftete Stellmutter der Fadenbremse manuell kaum reproduzierbar einstellbar ist. Dieser Einstellung vorausgehend ist die Fadenbremse an der Spulenkapsel des Unterfadens so zu justieren, dass die volle Unterfadenspule nebst Spulenkapsel unter der Eigenmasse langsam vom Fadenende her nach unten gleitet und sich dabei abspult. Der Doppelsteppstich weist mit je Stich 2× Stichlänge + 2× Gesamt-Nähgutdicke den geringsten Fadenverbrauch auf [9–11]. Folglich steht bei Belastung der Naht die geringste Fadenlänge zur Verformung bereit. Der Doppelsteppstich ist deshalb als die feste und wenig verformbare Stichtypklasse zu werten. Eine Steigerung der Verformbarkeit der Naht ist durch die Anwendung des Zickzack-Stiches möglich. Da beidseits auf der Nähgutoberfläche nur ein Nähfaden aufliegt, ist die Scheuerempfindlichkeit des Doppelsteppstiches sehr gering gegenüber den anderen Stichtypklassen mit Fadenverkettungen an der Nähgutoberfläche oder Nähgutkante. Die Verriegelung der beiden Nähfäden erfolgt durch periodisches Vor- und Rückwärtsnähen in einem kurzen Nahtbereich am Nahtanfang und Nahtende. Für bestimmte Produkte wie beispielsweise Airbags ist es wichtig, dass bei der textilen Montage keine Unterbrechung des Nähprozesses mangels Unterfadens auftritt. Deshalb ist es vorteilhaft, die Unterfadenlänge auf der Unterfadenspule als ein Vielfaches des Fadenbedarfes an Unterfaden plus Sicherheitsbetrag für jede Naht zu wählen. Die notwendigen Handzeiten zum prinzipbedingten Wechsel der Unterfadenspule lassen sich durch Spulenwechselvorrichtungen reduzieren. Insbesondere für sicherheitsrelevante Produkte wird zur Kontrolle der Stichbildung auf Fehlstiche eine umfassende Fadenzugkraftmessung am Nadelfaden ausgeführt. Das Fadenzugkraftmaximum beim Sticheinzug im vorgegebenen Toleranzbereich ist das Kriterium für den Nachweis der korrekten Stichbildung. Die PFAFF Industrial GmbH bietet ein derartiges System unter dem Begriff Doku-Naht-System 3715 für die Airbagfertigung und die Montage von Automobil-Sicherheitsgurten an [12].
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2 Verfahren
Maschinenbeispiele Die Doppelsteppstich-Nähmaschine ist insbesondere für die Verarbeitung von Geweben die Nähmaschine überhaupt. Sie wird weltweit von vielen Herstellern in sehr großen Stückzahlen und vielfältigsten Varianten produziert. Üblich sind verschiedenartige Gehäuseformen, die aus Gründen der ergonomischen Zugänglichkeit und der Handhabung des Nähgutes während des Nähprozesses auszuwählen sind. Die Flachbettnähmaschine ist eben in die Oberfläche des Nähmaschinentisches eingelassen und ist vielfältig nutzbar. Die Freiarmnähmaschine eignet sich besonders zur Bearbeitung von schlauchförmigen Produkten in Umfangsrichtung. Für die Schuhherstellung und die allerdings längenbegrenzte Bearbeitung schlauchförmiger Produkte in Längsrichtung werden Säulennähmaschinen genutzt. Insbesondere für die Verarbeitung großformatiger Produkte wie beispielsweise Campingzelte eignen sich Langarmnähmaschinen, die auch noch in Freiarmausführung in den Unternehmen anzutreffen sind. Diese Konstruktionen haben Einsatzgrenzen infolge des konstruktionsbedingten Freiraums des Nähmaschinengehäuses. Besonderer Erwähnung bedarf deshalb die so genannte z-Nähmaschine der japanischen Firma Queen Light, deren patentierte z-Gehäuseausführung Nähte zwischen theoretisch unendlich großen textilen Flächen ermöglicht. Diese Firma bietet auf dieser Basis sowohl Doppelstepp- und Doppelkettenstich-Nähmaschinen, auch in Mehrnadelausführung, als auch textilgeeignete Schweißmaschinen an [13, 14]. Für Zickzack-Nähmaschinen sind verschiedene technische Varianten der Realisierung des Nadelstangenversatzes bekannt. Pendelnd oder schwingend gelagerte Nadelstangen sind die klassischen Lösungen. Es sind auch schon Zickzack-Nähmaschinen auf dem Markt, deren Nadelstangenversatz durch Linearmotoren flexibel einstellbar erfolgt. Doppelsteppstich-Nähmaschinen können mit verschiedenen TransporteurSystemen ausgestattet sein. Standard ist der intermittierende Untertransport. Für schwerere textile Flächen empfehlen sich Kombinationen von Unter- und Ober-
Abb. 2.19 Arbeitsstelle einer Nähmaschine mit Untertransport und Nadeltransport [7]
2.2 Nähen, Sticken, Steppen
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transport, zusätzlicher Nadeltransport, Unterstützung durch Puller-Transporteinrichtungen und weitere Kombinationen. Differentialtransporteure unterstützen die definierte Einarbeitung von Mehrweite durch unterschiedlich schnellen Transport der beiden zu verbindenden Zuschnittteile. Einige Differentialtransporteure können ihre Einstellung auch über die Nahtlänge variieren. Kurvenscheibengesteuerte Nähautomaten mit integrierter DoppelsteppstichNähmaschine finden Anwendung zur Fertigung von Wäscheknopflöchern und von reproduzierbaren Kurznähten unterschiedlicher Geometrie [z. B. 15]. Die mechanische Steuerung gestattet nur Längen- und Breitenänderungen in bestimmten Grenzen. In den letzten Jahren gibt es Tendenzen, durch den Einsatz von CNCTransportsystemen auch diese Einzweck-Nähmaschinen multifunktional zu gestalten. Die Akzeptanz dieser Entwicklungen in der nähenden Industrie muss noch zunehmen. Für eine automatisierte, CNC-gesteuerte Nähgutführung sind CNC-x,y-Kreuztisch-Nähautomaten mit multidirektionaler und tangentialer Nahtführung bekannt und werden beispielsweise für Steppdecken, die Montage von Airbags und von textilen Preforms für textilverstärkte Kunststoffe eingesetzt [16–18]. Im Rahmen der BMBF-Forschungsinitiative Produktion 2000 entstanden in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre robotergeführte Nähtechniken, für die u. a. auch Doppelsteppstich-Nähköpfe entwickelt und zur Fertigung von Bekleidung und technischen Textilien genutzt wurden [19, 20].
Literatur [1] Henne H (1990) 200 Jahre Nähtechnik. Fachhochschule Reutlingen. Zeitschrift TEX, S. 31–38. [2] Kresse D u a (2005) Kernlose Spule bei Doppelsteppstichnähmaschinen. Proceedings. 10. Chemnitzer Textilmaschinentagung ´05, Chemnitz, 26. und 27. 10. 2005. [3] Krowatschek F; Nestler R (1993) Ist die Nähmaschine ein Textilprüfgerät? Chemiefasern/Textilindustrie Frankfurt/M. 43/95 (1993) 7/8, S. 625 – 627. [4] DIN 61400, ISO 4916 Nähstichtypen. Berlin: Beuth Verlag 1988. [5] Firmenhomepage http://www.amfreece.com/product.aspx?prod=deco%202000, 17. 07. 2006. [6] Mosinski E (1991) Alles über Nähnähte. Düsseldorf Leipzig: Zeitschriftenverlag RBDV, 1991. [7] Schautafeln der PFAFF Industrie Maschinen AG, Kaiserslautern, nachgenutzt in vielfältiger nähtechnischer Literatur [8] Rödel H Habilitation. Analyse des Standes der Konfektionstechnik in Praxis und Forschung sowie Beiträge zur Prozeßmodellierung. TU Dresden, Fakultät Maschinenwesen, 1995. zugleich Shaker Verlag Aachen, 1996. [9] Software NOP 2000 – Kalkulationsprogramm für den Nähfadenverbrauch. Gütermann & Co., 1997. [10] Nähfaden-Verbrauchstabelle mit detaillierten Richtwerten nach Stichtypen DIN 61400 (ISO 4915). NTK Nähtechnischer Kundendienst Nr. 107 (ohne Jahrgang), Ackermann Göggingen AG Augsburg.
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2 Verfahren
[11] Ermittlung des Nähfadenbedarfs. Nähtechnischer Service des Hauses AMANN für gutes und rationelles Nähen. (ohne Nummerierung und Jahrgang) Amann + Söhne GmbH und Co. Bönnigheim. Siehe auch: http://www.amann.com/pdfs/dt/s_t_broschueren/naehfadenbedarf.pdf, 04. 04. 2006 [12] Firmenhomepage http://www.strima.com/info/pliki/pfaff_folders/3715_d.pdf, 17. 07. 2006 [13] Rödel H (2006) Vorlesungsunterlagen. Konfektion technischer Textilien. TU Dresden, Fakultät Maschinenwesen, Institut für Textil- und Bekleidungstechnik. [14] Firmenschrift der QUEEN LIGHT ELECTRONIC INDUSTRIES LIMITED, 1990 sowie Firmenhomepage http://www.queenlight.co.jp/hp_eng/htm_eng/headpage.htm, 07. 10. 2006. [15] Firmenschriften der Dürkopp-Adler AG Bielefeld, verschiedene Jahrgänge und Messen sowie Firmenhomepage http://www.duerkopp-adler.com/index_fram.html, 07. 10. 2006. [16] Firmenschriften der KSL Keilmann Sondermaschinenbau Lorsch, verschiedene Jahrgänge sowie Firmenhomepage http://www.ksl-gmbh.de, 07. 10. 2006. [17] Weiland AP (2003) Nähtechnische Herstellung von dreidimensional räumlich verstärkten Preforms mittels Einseitennähtechniken. Berlin: Pro Business, 2003., zugleich Dissertation. TU Dresden, Fakultät Maschinenwesen, 2003. [18] Körwien T (2003) Konfektionstechnische Verfahren zur Herstellung von endkonturnahen textilen Vorformlingen zur Versteifung von Schalenelementen. Science-Report aus dem Faserinstitut Bremen, Band 1. Berlin: Logos Verlag 2003., zugleich Dissertation. Universität Bremen, Fachbereich Produktionstechnik, 2002. [19] Zöll K (2002) Nähtechnik zur Fertigung textiler Hüllen. Aachen: Shaker Verlag, zugleich Dissertation. RWTH Aachen, Fakultät für Maschinenwesen 2001. [20] N.N. (1999) 600% mehr Leistung: Automatisiertes Nähen in neuer 3D-Technik. Avantex news 1/1999 Eigenverlag Messe Frankfurt GmbH.
2.2.1.5 Stickereitechnik Kai Klopp Andreas Kufferath GmbH & Co. KG Das Sticken dient zur Erzeugung von modischen Bekleidungstextilien, Haus- und Heimtextilien als auch zur Herstellung technischer Textilien. Durch das Besticken von Fäden auf Textilien können modische Damen-, Herrenund Kinderbekleidungsartikel erzeugt werden. Im Bereich der Haus- und Heimtextilien werden beispielsweise Gardinen und Tischdecken bestickt. Spezielle faserverstärkte Kunststoffe bestehen beispielsweise aus textilen Halbzeuge aus verstickten Carbon-, Aramid oder Glasrovings. Hierbei wird häufig vom „Tailored Fibre Placement“ gesprochen. Faserrovings werden dabei gezielt orientiert abgelegt und auf dem Stickboden verstickt. Zum Einsatz gelangen hierbei modifizierte Kordel- oder Bändchenstickmaschinen. Aus didaktischen Gründen werden zunächst die Zweifadensysteme und dann die Einfadensysteme der Stickerei erläutert.
2.2 Nähen, Sticken, Steppen
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2.2.1.5.1 Sticken – Zweifadensystem Thomas Wolters ZSK Stickmaschinen GmbH Unter Stickereien versteht man Flächengebilde, bei denen Stickfäden von Hand oder maschinell durch einen Stickboden (Stickgrund) gezogen sind. Der Stickboden kann bei bestimmten Verfahren nachträglich ganz oder teilweise entfernt sein [1]. Stickereien werden üblicherweise im Bereich Schmucktextilien, modischer Bekleidung und Heimtextilien eingesetzt und sollen dem Artikel einen schmückenden, verzierenden oder werbenden Charakter geben. Sie werden aber auch vermehrt für technische Anwendungen eingesetzt. Während das Nähen in der Konfektion meist zum Fügen mehrerer Lagen von Materialien dient und die Stiche in der Regel von gleicher Größe und Richtung sind, können beim Sticken die Richtung und die Größe der Stiche frei variiert werden (Kap. 2.2, 2.2.1.1 bis 2.2.1.4). Bei Applikationen und einigen technischen Anwendungen wird die Stickmaschine ebenfalls zum reinen Fügen eingesetzt, wobei in diesen Fällen die definierte Position bzw. Bewegung des Stickgutes genutzt wird. Wesentliche Kriterien zur Einteilung von Stickereien sind die Anzahl der Fadensysteme und die Stichart. Bei industriellen Stickmaschinen wird im Wesentlichen zwischen Mehrkopfstickmaschinen (Kleinstickmaschinen) und Schiffchenstickmaschinen (Großstickmaschinen) unterschieden [2–4]. Verfahrensprinzip Die meisten Stickmaschinen arbeiten mit dem Zweifadensystem. D. h., sie haben ähnlich einer Nähmaschine einen Ober- und einen Unterfaden und können eine Steppstichnaht bilden (Abb. 2.20).
Abb. 2.20 Stichbild Steppstich [ITA]
Im Gegensatz zu einer Nähmaschine wird bei einer Stickmaschine der Stickgrund in einem Spannrahmen eingespannt und definiert zum Stichbildungsaggregat bewegt. Wegen der frei wählbaren Richtung und Größe der Stiche können weitere Sticharten ausgeführt werden. Während die Steppstichlinie aus fortlaufend aneinandergereihten Stichen gebildet wird und einen Linienstich darstellt, besteht z. B. ein
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2 Verfahren
Plattstich aus Zick-Zack-Stichen, die dicht nebeneinander liegen, eine Fläche füllen und plastisch wirken können. Es existieren zahlreiche weitere aus diesen Grundsticharten abgeleitete Sticharten. Hierdurch ergeben sich vielfältige Musterungsmöglichkeiten für unterschiedliche optische Effekte. Das Stickmuster muss vor dem Sticken mit einer entsprechenden Software (Punchanlage) erstellt werden. Maschinenbeispiele Bei Mehrkopfstickmaschinen sind mehrere Stickköpfe in konstantem Abstand nebeneinander angeordnet. Die Nadelstangen sind wie bei einer Nähmaschine senkrecht ausgerichtet. Der Stickgrund wird in einem horizontalen Spannrahmen, der je nach Artikel unterschiedlich ausgeprägt sein kann, eingespannt und in der horizontalen Ebene gegenüber den Stickköpfen bewegt (Abb. 2.21).
Abb. 2.21 Aufbau einer Mehrkopfstickmaschine [ZSK]
Die Stichbildung erfolgt mittels Nadel/Greifer-System mit je einem umlaufenden Greifer je Stickkopf. Stickmuster beinhalten meist verschiedene Farben bzw. Garne unterschiedlicher Art. Daher werden bei konventionellen Stickmaschinen Mehrnadelstickköpfe verwendet, die einen einfachen Wechsel des Oberfadens erlauben, ohne das Garn neu einfädeln zu müssen (Abb. 2.22).
2.2 Nähen, Sticken, Steppen
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Abb. 2.22 Mehrnadelstickkopf [ZSK]
Jeder verwendete Faden hat seine eigenen Fadenbremsen, Fadengeberhebel, Nadelstange und Nadel. Bei einem Farbwechsel wird der zuletzt verwendete Faden geschnitten, das gesamte Nadelpaket verfahren und die gewünschte Nadel über die Fußplatte mit dem Greifer positioniert. Derzeit werden Mehrnadelstickköpfe mit bis zu 15 Nadeln verwendet. Je kleiner der Kopfabstand ist, desto geringer ist in der Regel die Anzahl der Nadeln je Stickkopf. Die Abb. 2.23 zeigt eine Flachstickmaschine ZBFA 5606-24/4D (1400) mit 1400 mm Stickfeldtiefe und 56 Stickköpfen mit jeweils 6 Nadeln.
Abb. 2.23 Flachstickmaschine ZBFA 5606-24/4D (1400) mit 56 Stickköpfen [ZSK]
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2 Verfahren
Mit Zusatzeinrichtungen lassen sich mit einem Mehrnadelstickkopf weitere Stickarten herstellen: Mit einer Bohreinrichtung können auf einer Stickmaschine Lochstickereien ausgeführt werden (Abb. 2.24). Der Bohrer schneidet an den durch das Bohrmuster vorgegebenen Stellen Löcher in den Stickgrund, die anschließend durch geeignetes Umsticken gefestigt werden. Hierfür werden spezielle Bohrmuster benötigt, die Sonderfunktionen zur Ansteuerung der Bohreinrichtung enthalten. Anwendung findet diese Stickart in der Gardinen- oder Dessousstickerei.
Abb. 2.24 Mehrnadelstickkopf mit Bohreinrichtung [ZSK]
Mit Hilfe von Pailletteneinrichtungen sind Paillettenbänder mit Paillettendurchmessern von 3 bis 9 mm einzeln festzusticken (Abb. 2.25). Es werden spezielle Paillettenmuster benötigt, die Sonderfunktionen zur Ansteuerung der Pailletteneinrichtung enthalten.
Abb. 2.25 Mehrnadelstickkopf mit Pailletteneinrichtung [ZSK]
2.2 Nähen, Sticken, Steppen
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Mit der Kordeleinrichtung können runde, leicht durchdringbare Kordeln mit bis zu 4 mm Durchmesser verarbeitet werden. Dabei wird die Kordel spannungsarm zum Stickkopf geführt und mit einem monofilen Transparent- oder Zierfaden entlang einer Kontur mittig verstickt (Abb. 2.26). Diese Art der Stickerei findet insbesondere in der Oberbekleidung Anwendung.
Abb. 2.26 Mehrnadelstickkopf mit Kordeleinrichtung [ZSK]
Bei der Schlaufenstickerei wird eine vorgegebene Fläche mit stehenden Schlaufen aus Langstapelfasergarn deckend bestickt (Abb. 2.27). Das Garn wird dabei mit einem monofilen Transparent- oder Zierfaden festgestickt. Mit einer Schlaufeneinrichtung können weiche, offene Garne bis zu einer Stärke von 2,5 mm verarbeitet werden. Die Schlaufenstickerei findet vor allem in der Motivstickerei, wie z. B. bei Kinderbekleidung, Anwendung.
Abb. 2.27 Mehrnadelstickkopf mit Schlaufeneinrichtung [ZSK]
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2 Verfahren
Mit einer Kappeneinrichtung sind konfektionierte Kappen und Mützen bestickbar (Abb. 2.28). Hierfür werden Freiarmstickmaschinen verwendet, deren Fußplatte und Greifer an einem langen Arm befestigt sind und besonders klein bauen.
Abb. 2.28 Mehrnadelstickkopf mit Kappeneinrichtung [ZSK]
Bandeinrichtungen erlauben das automatisierte Spannen, Besticken und Weitertransportieren von bandartigen Stickgründen wie z. B. Köper- oder Klettbändern für Namensschilder (Abb. 2.29). Auch breitere Bänder bis maximal 550 mm können je nach Materialeigenschaft mit speziellen Bandeinrichtungen bestickt werden.
Abb. 2.29 Bandeinrichtung für Namensschilder [ZSK]
2.2 Nähen, Sticken, Steppen
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Eine weitere Einrichtung zur Automatisierung des Stickprozesses ist der pneumatisch betriebene Spulenkapselwechsler. Er arbeitet mit einem Revolverwechselmagazin und reduziert die Stillstandszeiten, die bei einem manuellen Wechsel der Unterfadenspulen entstehen. Der Spulenkapselwechsler bietet sich insbesondere bei hochköpfigen Maschinen oder Artikeln mit hohem Unterfadenverbrauch an. Neben den Stickmaschinen mit Mehrnadelstickkopf für herkömmliche Stickereien gibt es Spezial-Stickmaschinen mit Bändchen- und Wickelstickkopf (W-Stickkopf). Dieser arbeitet wie der herkömmliche Stickkopf nach dem Steppstich-Prinzip mit Ober- und Unterfaden. Er erlaubt jedoch zusätzlich das Applizieren von Bändern und Kordeln in verschiedenen Betriebsarten (Soutache-Stickerei). Das Effektmaterial wird frei drehbar auf einer Spule direkt an der Nadel mitgeführt. In der Betriebsart Bändchen wird das bandartige Effektmaterial mit Hilfe eines Bändchenfußes der Nadel zugeführt und mittig festgestickt (Abb. 2.30). Im Zick-ZackBetrieb wird das Effektmaterial von einem Zick-Zack-Legerfuß abwechselnd seitlich der Nadel vorgelegt, so dass das Effektmaterial nicht von der Nadel getroffen wird, sondern vom Oberfaden eingeschnürt und fixiert wird (Abb. 2.31). In der
Abb. 2.30 W-Kopf im Bändchen-Betrieb [ZSK]
Abb. 2.31 W-Kopf im Zick-Zack-Betrieb [ZSK]
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2 Verfahren
Betriebsart Wickeln rotiert die Spule mit dem Effektmaterial kontinuierlich um die Nadel (Abb. 2.32). Das Effektgarn wird kontinuierlich abgezogen, um den Oberfaden gewickelt und mit jedem Stich fixiert. Bei Bedarf kann ein zusätzlicher Füllfaden durch die hohle Nadelstange hinzugeführt werden, der den plastischen Effekt verstärkt.
Abb. 2.32 W-Kopf im Wickel-Betrieb [ZSK]
Die Abb. 2.33 zeigt eine Kombimaschine mit drei Mehrnadelstickköpfen und drei W-Stickköpfen.
Abb. 2.33 Kombistickmaschine mit 3 Mehrnadel- und 3 W-Stickköpfen JCZ 0309-550 (700)
[ZSK]
Auch Schiffchenstickmaschinen arbeiten mit einem Zweifadensystem. Bei ihnen wird der Stickgrund jedoch vertikal gespannt und in dieser Ebene gegenüber den
2.2 Nähen, Sticken, Steppen
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Nadeln bewegt. Die Nadeln sind bei der Standardmaschine an einem Nadellineal in einem Abstand von einem französischen Zoll (27,068 mm) befestigt, das sich horizontal bewegt. Bei Farbwechselmaschinen hat auch hier jede Nadel eine individuell zu- und abschaltbare Nadelstange. Im Gegensatz zu einer Näh- oder Mehrkopfstickmaschine wird der Unterfaden nicht durch einen Greifer sondern von einem Schiffchen eingetragen [2]. Die Maschinenlängen variieren von 5 Yards bis über 30 Yards bei einer oder zwei Stickebenen über- oder nebeneinander. Qualität Mit Mehrkopfstickmaschinen kann ein sehr breites Materialspektrum verarbeitet werden. Es kann mit sehr feinen bis sehr groben Garnen auf der leichtesten Gaze bis zum Kunstleder oder dem Autoteppich gestickt werden. Die Qualität der Ware wird sowohl durch verschiedene Kontrolleinrichtungen wie z. B. Fadenwächter als auch durch eine einfache Einstellbarkeit sowie Bedienung der Maschine sichergestellt.
Literatur [1] N.N.: DIN 60000: Textilien, Grundbegriffe. Berlin: Beuth, 1969 [2] N.N.: Textiltechnik. Maschinenstickereien Teil 1: Schmucktextilien. (Ausbildungsmittel Unterrichtshilfen), 2. Aufl., Arbeitgeberkreis Gesamttextil, Eschborn 1994 [3] Schöner, F.; Freier, K.: Stickerei-Techniken. Leipzig: VEB Fachbuchverlag, 1982 [4] Freier, K.: Technologie und Erzeugnislehre Stickerei. Leipzig: VEB Fachbuchverlag, 1984 [ITA] Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen, Aachen [ZSK] ZSK Stickmaschinen GmbH, Krefeld
2.2.1.5.2 Sticken – Einfadensystem Thomas Wolters ZSK Stickmaschinen GmbH Neben den überwiegend hergestellten Stickereien mit zwei Fadensystemen (siehe Kap. 2.2.1.5) gibt es auch Stickereien, die aus nur einem Fadensystem gebildet werden. Verfahrensprinzip Im Bereich der Maschinenstickerei finden Einfadensysteme vor allem als Kettenoder Moosstich Anwendung. Beim Kettenstich, auch Kettstich oder Tambourstich genannt, handelt es sich um einen Schlaufenstich, dessen aneinandergereihte Schlaufen ineinander greifen (Abb. 2.34). Jede Schlaufe wird von der nachfolgenden Schlaufe nieder- und fest-
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2 Verfahren
gehalten. Da die letzte Schlaufe nicht festgehalten wird, muss sie zusätzlich fixiert werden. Der Kettenstich wird meist zum Erzeugen von Linien bzw. Konturen oder zum Ausfüllen von Flächen genutzt [1, 2].
Abb. 2.34 Kettenstich [ITA] und Beispiel [ZSK]
Der Kettenstich wird vor allem mit den Arbeitselementen Hakenöhrnadel und Fadenleger gebildet. Der Haken der Hakenöhrnadel weist beim Kettenstich grundsätzlich in Stickrichtung, d. h. vom letzten Einstich weg (Abb. 2.35). Die unterhalb der Stichplatte auf dem Nadelhaken hängende Fadenschlaufe wird durch die Stichplatte, den Stickgrund und die zuvor gelegte und den Nadelschaft umschlingende Fadenschlaufe gezogen. Hierdurch entsteht eine geschlossene Kettenstichfolge. Der Fadenleger dreht sich, während die Nadel den Stoff bereits durchstochen hat und sich noch abwärts bewegt. Nach einer Umdrehung des Fadenlegers liegt erneut der Faden im Haken der Nadel. Die Nadel bewegt sich wieder aufwärts und zieht den Faden durch den Stickgrund. Dabei wird der Teil des Fadens, der den Nadelrücken umschlingt, unterhalb des Stickgrundes abgestreift. Der Fadenleger dreht sich zurück.
Abb. 2.35 Funktionsprinzip Ketteln [ZSK]
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Beim Moosstich wird ähnlich dem Tuften eine Folge offener kurzer nicht gefestigter Fadenschlaufen gebildet (Abb. 2.36). Er wird zum Ausfüllen von Flächen verwendet und ist wegen seines voluminösen, moosartigen Charakters optisch sehr prägnant [1, 2].
Abb. 2.36 Moosstich [ITA] und Beispiel [ZSK]
Beim Moosen weist der Haken der Nadel entgegen der Stickrichtung, d. h. in Richtung des letzten Einstichs (Abb. 2.37). Um den Moosstich zu bilden, wird die unterhalb der Stichplatte auf dem Nadelhaken hängende Fadenschlaufe durch die Stichplatte und den Stickgrund zu einer deutlich sichtbaren Schlaufe gezogen. Bei der anschließenden Abwärtsbewegung der Nadel verläuft der Faden hinter der Nadel. Dabei wird die Schlaufe wegen der Vorwärtsbewegung des Pantographen aus dem Hakenöhr ausgehakt, so dass einzelne stehende offene Fadenschlaufen entstehen. Die Nadel bewegt sich weiter abwärts. Der Fadenleger dreht sich um die Nadel. Nach einer Umdrehung des Fadenlegers und mit der beginnenden Aufwärtsbewegung der Nadel liegt der Faden wieder im Haken der Nadel. Die Nadel bewegt sich
Abb. 2.37 Funktionsprinzip Moosen [ZSK]
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2 Verfahren
weiter aufwärts und zieht den Faden durch den Stickgrund. Dabei wird der Teil des Fadens, der den Nadelrücken umschlingt, unterhalb des Stickgrundes abgestreift. Der Fadenleger dreht sich zurück. Maschinenbeispiele Der Kettel- und Moosstickkopf der Spezial-Stickmaschinen (K-Stickkopf) erlaubt sowohl das Ketteln als auch das Moosen. Beide Sticharten werden mit den selben einzelmotorisch angetriebenen Arbeitselementen Hakenöhrnadel, Stoffdrücker und Fadenleger gebildet, ohne dass beim Wechsel der Stichart der Faden umgefädelt werden oder die Nadelstange in der Hülse manuell gedreht werden muss. Der Stoffdrücker (Abb. 2.38; Pos. A) hat die Funktion, den Stoff auf der Stichplatte (Abb. 2.38; Pos. B) zu halten, während die Nadel (Abb. 2.38; Pos. C) durch den Stoff gezogen wird. Beim Kettenstich hält er die um den Nadelschaft liegende Fadenschlaufe auf der Stichplatte fest, während die nächste Fadenschlaufe hindurchgezogen wird. Beim Moosstich sichert er die zuletzt gestickte Schlaufe.
Abb. 2.38 Nadel, Stoffdrücker und Stichplatte des K-Stickkopfes [ZSK]
Bei einem Farbwechsel wird der Faden unterhalb der Stichplatte von einem Fadenschneider durchtrennt. Die automatische Farbwechseleinheit für 6 Farben bzw. Garnkonen (Abb. 2.39) verfährt auf die gewünschte Farbe und der neue Faden wird mit Hilfe eines pneumatischen Fadeninjektors in den Fadenleger geblasen. Anschließend kann die Stichbildung mit dem neuen Faden beginnen [3].
2.2 Nähen, Sticken, Steppen
43
Abb. 2.39 Automatische Farbwechseleinheit des K-Kopfes [ZSK]
Die Abb. 2.40 zeigt eine Spezial-Stickmaschine mit Mehrnadelstickkopf und K-Stickkopf. Sie erlaubt Kombinationsmuster, wie es in Abb. 2.41 zu sehen ist.
Abb. 2.40 Kombistickmaschine mit 10 Mehrnadel- und 10 K-Stickköpfen XCH 1009-550 (700)
[ZSK]
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2 Verfahren
Abb. 2.41 Kombination der Sticharten Plattstich, Kettenstich und Moosstich [ZSK]
Bei kleineren Mustern können solche Kombinationen alternativ auch mit Hilfe von Wechselrahmen hergestellt werden, indem man zunächst die herkömmliche Mehrfarbenstickerei auf einer Maschine mit Mehrnadelstickkopf ausführt und anschließend mit dem Wechselrahmen auf eine Spezial-Stickmaschine mit K-Stickkopf wechselt. Qualität Die Beeinflussung der Prozessabläufe durch Verändern der Prozessparameter in der Maschinensteuerung ermöglicht mit Hilfe der Einzelantriebe der K-Köpfe eine schnelle, genaue und reproduzierbare Einstellung der Stickmaschine auf die jeweiligen Materialien der verschiedenen Artikel. Weiterhin erlauben die Einzelantriebe einen sehr großen Einstellbereich der Bewegungsabläufe. Der automatische Farbwechsel mit seinem pneumatischen Fadeneintrag gewährleistet einen schnellen und materialschonenden Wechsel des Garns innerhalb eines Musters.
Literatur [1] [2] [3]
Schöner, F.; Freier, K.: Stickerei-Techniken. Leipzig: VEB Fachbuchverlag, 1982 Freier, K.: Technologie und Erzeugnislehre Stickerei. Leipzig: VEB Fachbuchverlag, 1984 N.N.: US patent No. 5,771,825 Embroidery machine with automatic thread changer; ZSK Stickmaschinen GmbH [ITA] Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen, Aachen [ZSK] ZSK Stickmaschinen GmbH, Krefeld
2.2 Nähen, Sticken, Steppen
45
2.2.1.6 Stepptechnik Klaus Lehnen LehnTex Steppdesign Peter Ringhut Dahmen Textilmaschinen GmbH Kai Klopp Andreas Kufferath GmbH & Co. KG Verfahrensprinzip Die Stepptechnik setzt den aus Kapitel 2.2.1.2 bekannten Doppelsteppstich ein. Jedoch sind Steppmaschinen Vielnadelnähmaschinen, in denen alle Nadeln gleichzeitig arbeiten und die gleiche Bewegung ausführen. Anstatt der bekannten Unterfadenspulen sind Schiffchen mit eingelegten Bobinen vorhanden. Jeder Nadelposition der Vielnadelnähmaschine ist ein eigenes Schiffchen zugeordnet. Die Warenbahnführung traversiert. Durch den Traversenhub, die Warenbahndurchzugsgeschwindigkeit und die Nadelanordnung wird das Steppmuster beeinflusst.
Abb. 2.42 Schiffchen taucht in Oberfadenschlinge ein. Quelle: Dahmen
46
2 Verfahren
Abb. 2.43 Schiffchen durchfährt Oberfadenschlinge beim Zwischenhub der Nadel. Quelle: Dah-
men
Abb. 2.44 Schiffchen hat die Oberfadenschlinge durchlaufen. Quelle: Dahmen
2.2 Nähen, Sticken, Steppen
47
Die Stichbildung mit Schiffchen beim Steppstich gliedert sich in folgende Teilschritte:
• Nadeleintritt durch Warenbahn/Steppgut bis zum unteren Totpunkt • Beim Hochziehen der Nadel bis max. 7 mm bildet sich durch die gedrückte Pres• • •
• •
serplatte (festklemmen des Fadens im Steppgut) auf der Gegenseite der Nadelfadenrinne die Oberfadenschlinge aus. In der Vorwärtsbewegung taucht das Schiffchen mit eingelegter Unterfadenbobine in diese Schlinge ein. (Abb. 2.42) Damit sich der Schiffchenkörper durch die Schlinge zwängen kann, fährt die Nadel wieder zum Tiefpunkt und gibt zusätzlichen Faden frei. Diesen Vorgang nennt man Zwischenhub. (Abb. 2.43) Nachdem das Schiffchen durch die Schlinge durch ist (Abb. 2.44), fährt die Nadel zum oberen Totpunkt und tritt aus der Warenbahn aus. Synchron dazu findet die Transportbewegung zum nächsten Einstich statt. Das Schiffchen bewegt sich in die Ausgangsposition zurück. Das Anziehen des Stichs wird durch Fadenwippe und Fadenbremsen für Oberund Unterfaden gesteuert. Das Steppgut wird im Steppprozess durch die Presserplatte auf der Stichplatte nieder gehalten
Abb. 2.45 Presserplatte. Quelle: Dahmen
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2 Verfahren
Der Steppmaschine werden Stoffe mit zusätzlicher Einlage, z. B. Watten, Schaum, auch mehrlagig, zugeführt. Die Stepptechnik ist der Nähtechnik zuzuordnen. Maschinenbeispiele Vielnadelsteppmaschinen besitzen Arbeitsbreiten von 64" bis 132", das entspricht einer Breite von 162,5 cm bis 335 cm. Der seitliche Nadelabstand beträgt 1" (2,54 cm). Je nach Ausführung mit 2 oder 3 Nadelreihen, können mehrere hundert Nadeln im Einsatz sein. Die Steppmuster werden entweder mechanisch mit Musterexzentern und Zahnrädern oder durch Schrittmotore gesteuert. Die Nadelgrößen reichen von 90 bis 180, wobei die gängige Größe bei 130 liegt. Das entspricht einem Durchmesser von 1,3 mm. Durch die Stepptechnik können unterschiedliche Materialien zusammengefügt werden. Das Steppgut besteht aus einer oberen Lage auf der Oberseite, Zwischenlage und unteren Lage auf der Unterseite des fertig gesteppten Produktes. Oben befindet sich in der Regel der später sichtbare Stoff, in der Zwischenlage ein- oder mehrlagige Füllmaterialien aller erdenklicher Art und auf der Unterseite ein Stoff oder auch ein Vlies. Die Zwischenlage aus Vliesstoff ist bei einer Bettdecke einfache Polyesterwatte. Bei Naturlandmatratzen kann dies durchaus eine Kombination aus Latex, Stroh-/Kräutermatte und Schurwolle sein. In die Maschine laufen die vorgenannten Materialien ein, werden im Steppbereich zusammengenäht und anschließend auf dem Warenwickler aufgewickelt (Abb. 2.46).
Abb. 2.46 Prinzip des Warenbahnverlaufes. Quelle: Dahmen
2.2 Nähen, Sticken, Steppen
49
Zur direkten Weiterverarbeitung in der Produktion können Längs- und/oder Querschneideeinrichtungen installiert sein. Die Einlegematerialien besitzen in der Summe Grammaturen zwischen 30 und 1.000 g/m2. Die Steppzone/der Steppbereich ist aus Abb. 2.47 ersichtlich. Neben der Anordnung von zwei oder drei Nadelreihen hintereinander können in der Nähtechnik auch Zweinadelsysteme/Twin-Nadeln eingesetzt werden, wobei auf jeder Nadelposition zwei Nadeln nebeneinander parallel aufgesetzt werden.
Abb. 2.47 Steppbereich der Steppmaschine. Quelle: Dahmen
Es können beim Steppen diverse Steppmuster erzielt werden. Neben bogenförmigen Mustern könne auch Bändchen aufappliziert werden. Es besteht die Möglichkeit Watten und Stoffe, die sich bis zu 2 cm zusammen pressen lassen, in der Maschine zu verarbeiten. Hierbei ist jedoch die Faserdichte bzw. Grammatur der Watten der beeinflussende Faktor. Werden zu hohe Nadeleinstichkräfte erzielt, können bei dichten Watten keine Dicken von 2 cm auf der Steppmaschine verarbeitet werden. Neben Stoffen aus Polyester oder Glasfasern können Watten aus Polyester, Wolle oder Baumwolle verarbeitet werden. Für spezielle technische Anwendungen gelangen auch andere Stoff- und Wattematerialien zum Einsatz. Ober- und Unterfadenmaterialien sind hauptsächlich aus Polyester und Polyamid. Es können umsponnene Garne als auch Glattgarne eingesetzt werden. Die richtige Kombination von Ober- und Unterfaden ist entscheidend für den Nahtrücksprung beim Schneiden.
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2 Verfahren
Für spezielle Anwendungen könne auch andere Fadenmaterialien wie z. B. Metallfäden oder Mischungen verarbeitet werden. Hierzu müssen dann die Steppmuster, Steppparameter und Steppmaterialien aufeinander abgestimmt werden. Qualität Die Qualität der gesteppten Artikel hängen ab von:
• • • • • • • •
Mustereinstellung und Korrektur Qualität der Nadeln und des Garns Oberfaden- und Unterfadenzugkräften Presserplattenandruck Steppgeschwindigkeit Warenspannung Befestigung der Stoffe auf den Transport- und Führungswalzen (Haftung und Klemmung) Nadeleinstichkräfte
Wie beim Nähen ist der Nadeleinsatz in der Stepptechnik auf die Stoffe und Watten sowie Vliesstoffe und die Fadenmaterialien hin abzustimmen. Werden alle Einflussparameter nicht sauber aufeinander abgestimmt, so entstehen unsaubere Steppnähte bzw. die Nähte sind im Steppmuster nicht punktgenau angeordnet. Des Weiteren wird über diese Parameter die Aufwölbung des Stoffes an den Stellen eingestellt, an denen keine Steppnaht vorliegt. Im Bereich der Steppnaht werden die Watten komprimiert. In den Zonen ohne Steppnaht bauscht die innen eingebrachte Watte den Stoff auf. Es bilden sich gewollte Stoffblasen. In Abhängigkeit des Steppmusters und der Maschinenparameter kann die Form der Blasen beeinflusst werden.
2.2.1.7 Nähwirkverfahren Thomas Gries RWTH Aachen Den Fügeverfahren mit zweiseitig arbeitenden Maschinenaggregaten sind auch die Nähwirkverfahren zuzuordnen. Abbildung 2.48 zeigt das Malivlies- und das Maliwattverfahren. Detaillierte Beschreibungen finden sich in [1] und [2]. Bei den Nähwirkverfahren durchstechen die Wirknadeln das Nähgut. In den meisten Fällen handelt es sich hierbei um einen unverfestigten Vliesstoff oder einen Vliesverbund. Das Nähwirken kann mit und ohne Nähfaden erfolgen. Beim Nähwirken mit Nähfaden wird der Wirkfaden von einem Kettbaum zugeführt und mittels Legenadeln wie beim Kettenwirken den Wirknadeln vorgelegt. Je nach Legebarren-Ansteuerung können so die unterschiedlichen Bindungsmuster, in der Regel die Grundbindungen der Wirkerei, erzeugt werden. Wird hier als Bindung die so
2.2 Nähen, Sticken, Steppen
51
genannte geschlossene Franse benutzt, ist das Warenbild nicht von einem genähten Artikel zu unterscheiden, da vom Nahtbild her die geschlossene Franse dem Einfach-Kettenstich entspricht. Somit können mit dem Nähwirkverfahren einfache Nähte hochrationell hergestellt werden. Beim Nähwirken ohne Kettfaden werden durch die Wirknadeln aus dem Vlies Faserbärte herausgeformt, die zur Maschenbildung herangezogen werden. Die Nahtfestigkeiten sind hierbei durch die Fasereinbindung begrenzt. Das Nähwirken hat sehr große Bedeutung für die Herstellung von textilen Flächen zur Verstärkung von faserverstärkten Werkstoffen gewonnen. Abbildung 2.48 zeigt schematisch die Funktionsweise dieses Verfahrens.
Abb. 2.48 Nähwirkverfahren (links Maliwattverfahren, rechts Mali-Vlies-Verfahren)
Die Abb. 2.49 zeigt die beiden marktdominierenden Maschinenausführungen.
Abb. 2.49 Maschinen zur Herstellung von verwirkten multiaxialen Gelegen (links System Karl
Mayer [3], rechts System Liba [4])
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2 Verfahren
Zunächst werden Fadenscharen in multiaxialer Anordnung abgelegt. Die Fixierung dieser Faden multiaxialen Belege erfolgt zur Zeit in Nadelketten. Die multiaxialen Gelege werden sodann der Nähwirkzone zugefügt und mit der Bindekette zusammengefügt. Anschließend wird der Randbereich abgetrennt und das multiaxiale Gelege aufgewickelt. Der Vorteil der verwirkten multiaxialen Gelege ist, dass die Verstärkungsfasern nahezu gestreckt vorliegen. Man spricht von sogenannten Non Crimped Fabrics – NCF. Des weiteren können mit einem Arbeitsschritt bis zu 8 Lagen aus Verstärkungsgelagen unterschiedlicher Orientierung hergestellt werden. Zusätzlich können Vliesdecklagen zugeführt werden.
Literatur [1] Böttcher, P., Ploch, S., et al.: Nähwirk-Faserverbundstoffe. Malivlies – Maliwatt – Voltex. Fachbuchverlag Leipzig 1973 [2] Albrecht, W.; Fuchs, H.; Kittelmann, W. (Hrsg.): Vliesstoffe : Rohstoffe, Herstellung, Anwendung, Eigenschaften, Prüfung. Weinheim : Wiley-VCH, 2000 [3] http://www.karlmayer.com/internet/de/textilmaschinen/962.jsp Zugriff am 26.1.2007 [4] http://www.liba.de/download/brochures.htm Zugriff am 26.1.2007
2.2.2 Verfahren mit einseitig arbeitenden Maschinenaggregaten Thomas Gries RWTH Aachen Sollen großflächige, biegesteife oder biegeempfindliche textile Flächen gefügt werden, so ist dies aufgrund der Limitationen der Gestellbauweisen mit Verfahren mit zweiseitig arbeitenden Maschinenaggregaten nicht möglich. Für diese Zwecke werden Verfahren mit einseitig arbeitenden Maschinenaggregaten eingesetzt. Diese Nähverfahren werden oft auch als Einseitennähverfahren bezeichnet. Letztere Bezeichnung ist heute allgemein üblich, aber technologisch nicht präzise. Denn bei den meisten dieser Verfahren stechen die fadenführenden nahtbildenden Maschinenelemente in den Raum unterhalb der linken Warenseite hinein, so dass in diesen Fällen ein entsprechender Bauraum auf der nahtabgewandten Seite notwendig wird. Die beschriebenen Verfahren haben insbesondere im Bereich der Herstellung von textilen Vorformlingen für Faserverbundkunststoffe-Anwendungen an Bedeutung gewonnen.
2.2 Nähen, Sticken, Steppen
53
2.2.2.1 Einfädiger Kettenstich Tim Grundmann Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen (ITA) Verfahrensprinzip Das vorgestellte einseitige Nähverfahren basiert auf einem einfädigen Kettenstich, ähnlich dem Stichtyp 108 nach DIN 61400. Die Stichbildung erfolgt mit einem aus einer Nadel, einem Fänger und einem Faden bestehenden System und wurde durch die Fa. Altin Nähtechnik GmbH, Altenburg zum Patent angemeldet [1]. Die Nadel und der Fänger werden bei diesem Verfahren rein translatorisch entlang zweier sich schneidender Achsen bewegt. Die durch die beiden Achsen aufgespannte Ebene steht senkrecht zur Nahtrichtung. Die Fängerachse steht zudem senkrecht auf der Nähgutebene, die Nadelachse ist um 45° geneigt, so dass der Schnittpunkt beider Achsen unterhalb der zu vernähenden Struktur liegt. Ein Schema der Nadelgeometrie ist in Abb. 2.50 dargestellt.
Abb. 2.50 Stichbild einfädiger Kettenstich
Für die Stichbildung penetriert die Nadel zunächst das Nähgut, passiert den unteren Totpunkt und bildet zu Beginn der Aufwärtsbewegung die Fadenschlinge aus. Die Schlinge wird von dem ebenfalls eingestochenen Fänger, der als Hakennadel ausgebildet ist, erfasst und auf die Nähgutoberseite befördert. Zu diesem Zeitpunkt befindet sich sowohl Nadel als auch Fänger oberhalb des Nähguts. Als nächstes wird der Nähkopf um die eingestellte Stichlänge verschoben und der Zyklus be-
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2 Verfahren
ginnt erneut. Die Abbindung der Fadenschlinge erfolgt durch das Herausziehen der nächsten Fadenschlinge nach dem beschriebenen Ablauf. Im Gegensatz zu anderen Einfachkettenstichmaschinen werden die Schlingen hier auf der Nähgutoberseite verkettet. Vorteilhaft an der Anordnung von Nadel und Fänger ist die gute Verfestigungsstruktur durch die besondere Fadengeometrie. Zugkräfte können durch den senkrechten, Scherkräfte durch den schräg eingebrachten Fadenanteil aufgenommen werden. Dies setzt allerdings eine belastungsgerechte Nahtplanung voraus. Ein weiterer Vorteil dieses Nähprinzips liegt in der variablen Stichlänge, die nicht durch die Nadelbewegung, sondern allein durch die Vorschubbewegung bestimmt wird. Die spezielle Anordnung erlaubt zudem das Nähen sehr dicht an Hindernissen oder Sprüngen beim Vernähen innerhalb eines Formwerkzeugs. Um ein Verziehen des Nähguts zu unterbinden, muss sich der Nähkopf während des Nadeleinstichs in Ruhe befinden. Damit der Kopf in den Einstechphasen still steht, während der Manipulator sich weiter entlang der Nahtlinie bewegt, wird ein Ausgleichsgetriebe eingesetzt. Die Einstellung der Stichlänge erfolgt über eine Veränderung der Übertragungsfunktion des Ausgleichsgetriebes, die in die Maschinensteuerung eingebunden ist. Das Verfahrensprinzip wurde durch die Fa. KSA Keilmann Sondermaschinebau Altenburg GmbH & Co. KG, Altenburg weiterentwickelt und patentrechtlich gesichert [2]. Maschinenbeispiele Derzeit werden Nähköpfe nach diesem Prinzip angeboten, die je nach Anwendungsfall an unterschiedliche Manipulatorsysteme angeschlossen werden können. Mit diesen Maschinen lassen sich Stichlängen von etwa 2–10 mm einstellen bei einer Materialstärke bis 20 mm. Die erreichbaren Stichgeschwindigkeiten sind stark Materialabhängig und reichen bis 500 Stiche pro Minute. Die Köpfe verfügen über eine automatische Fadenschneideinrichtung, so dass ein vollautomatisierter Betrieb ermöglicht wird. An der TU Dresden wurde dieses Nähprinzip zur Konfektion von Verstärkungstextilien für Hochleistungsrotoren aus faserverstärkten Kunststoff eingesetzt [3]. Für diesen Anwendungsfall wurde der Nähkopf an einen Industrieroboter angebunden, Abb. 2.51. In diesem Projekt konnten Verstärkungstextilien aus Carbon/Themplastgarnen erfolgreich verarbeitet werden.
2.2 Nähen, Sticken, Steppen
55
Abb. 2.51 Dreidimensionales Roboternähsystem, ITB Dresden [3]
Qualität Als wichtiges Qualitätskriterium zur Nahtbeurteilung kann auch bei diesem Verfahren die Nähfadenspannung herangezogen werden. Die Maschinen verfügen über steuerbare Fadengeber und eine durchgehende Überwachung der Fadenspannung. Die Daten können online erfasst und in einem automatischen Protokoll festgehalten werden.
Literatur [1] Schutzrecht DE 19751011 (1999-05-27). Nähmaschine. Altin Nähtechnik GmbH, 04600 Altenburg, Deutschland [2] Schutzrecht DE 102004012822 B3 (2005-06-16). Kettenstichnähvorrichtung. KSA GmbH & Co. KG, 04600 Altenburg, Deutschland [3] Institut für Textil- und Bekleidungstechnik der TU Dresden, DFG-Forschergruppe 278 „Textile Verstärkungen für Hochleistungsrotoren in komplexen Anwendungen“
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2 Verfahren
2.2.2.2 Zweifädiger Kettenstich Heiko Schulz Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen Verfahrensprinzip Mit Ausnahme des Tuftings, bei dem die gebildeten Schlaufen nicht abgebunden werden, funktionieren alle bekannten einseitigen Nähverfahren nach dem Kettenstichprinzip. Das am Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen (ITA) entwickelte einseitige Nähverfahren arbeitet mit einem Stichbildungssystem mit zwei Nadeln und zwei Nähfäden [1–3]. Beide Nadeln fungieren dabei abwechselnd als Schlaufenbildner und als Schlaufenfänger und führen dabei gekoppelte Hub-Schwenkbewegungen durch.
Abb. 2.52 Stichbildung nach dem einseitigen ITA-Nähverfahren
Der prinzipielle Nahtaufbau ist in Abb. 2.52 dargestellt und vollzieht sich nach dem folgenden Schema: Nadel 1 durchläuft während einer Schwenkbewegung den unteren Totpunkt und bildet dabei eine Schlaufe. Gleichzeitig wird die Nadel 2 oberhalb des Textils mit einer Schwenkbewegung nach vorne geführt, taucht in das Textil ein und sticht durch die Schlaufe. Nachdem Nadel 2 die Schlaufe erfasst hat, bewegt sich Nadel 1 aus dem Textil heraus und der Prozess beginnt von vorne mit vertauschten Rollen der Nadeln. Jede Nadel wird über ein ebenes Führungsgetriebe angetrieben, die Koppelkurven der Nadelspitzen haben die Form einer Acht mit zwei unterschiedlich großen Schleifen, Abb. 2.53. Der Vorschub des Nähkopfes wird mit einer Rastbewegung realisiert. Während beide Nadeln im Moment der Schlaufenübergabe das Textil penetrieren, darf der Nähkopf nicht bewegt werden, damit der Textilaufbau nicht beschädigt wird. Zu den Zeitpunkten, zu denen jeweils nur eine Nadel eingestochen ist, kann der Nähkopf entlang des Nahtverlaufs geführt werden. Die Länge des Vorschubs ist gleich
2.2 Nähen, Sticken, Steppen
57
Abb. 2.53 Achtförmige Koppelkurve der Nadelgetriebe
dem Weg, der durch die Kippbewegung der sich im Textil befindlichen Nadel freigegeben wird. In Kooperation zwischen dem Instituts für Getriebetechnik und Maschinendynamik der RWTH Aachen (IGM) und dem Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen wird derzeit das einseitge ITA-Nähverfahren hinsichtlich höherer Stichgeschwindigkeiten und eines schwingungsarmen Betriebs weiterentwickelt. Der Nähkopf muss prinzipbedingt eine rastbehaftete Bewegung ausführen. Das Abfahren der Bahnkurve der seriellen Roboterstruktur sollte zur Vermeidung von schwingungsanregenden Beschleunigungen jedoch kontinuierlich erfolgen. Die entsprechenden Weg-Zeitverläufe des Nähkopfes und des Roboters sind in Abb. 2.54 dargestellt. Die Synchronisation beider Bewegungen soll durch einen Ausgleichsmechanismus erfolgen. Darüber hinaus dient der Ausgleichsmechanismus dem
Abb. 2.54 Weg-Zeitverläufe von Roboter und Nähkopf
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2 Verfahren
Ausgleich von Massenkräften, die aus den ungleichmäßigen Bewegungen der Nadelgetriebe resultieren. Um die auftretenden Massenkräfte der Nadelbewegungen zu minimieren, wurde zunächst ein neues Getriebe für die Bewegung der beiden Nadeln entwickelt. Maschinenbeispiele Die Stichbildung beim neuesten 3. Prototyp des Nähkopfes basiert auf demselben Prinzip wie bei den Vorgängermodellen. Die beiden Nähnadeln führen eine achtförmige Stoß- und Kippbewegung aus und fungieren alternierend als Schlingenbilder
Abb. 2.55 Alter Prototyp des ITA-Nähkopfes
Abb. 2.56 Neuer Prototyp des ITA-Nähkopfes
2.2 Nähen, Sticken, Steppen
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und Schlingenfänger. Die überarbeiteten Nadelgetriebe und die neue Antriebs- und Steuerungstechnik ermöglicht bei diesem Prototypen eine enorme Produktivitätssteigerung. Der Fortschritt bei der dritten Generation der ITA-Nähtechnik besteht in der deutlichen Reduzierung des Bauraums und des Gewichtes (< 13 kg) und vor allem in der Erhöhung der Stichgeschwindigkeit um den Faktor vier im Vergleich zur Vorgängerversion. Sie erreicht 1400 Stiche/min (2 × 700 U/min der Nadelgetriebe) bei hervorragender Nahtqualität. Qualität Als wichtiges Qualitätskriterium zur Nahtbeurteilung kann bei diesem Verfahren ebenfalls die Nähfadenspannung herangezogen werden. Die bisherigen Prototypen verfügen momentan nicht über eine integrierte Fadenspannungsmessung.
Literatur [1] Moll, K.-U., Wulfhorst, B.: Patentanmeldung DE 198 138 87 A1, Verfahren und Vorrichtung zur Herstellung von Nähnähten, 1999 [2] Laourine, E.; Gries, Th.: Schutzrecht DE 102 558 12.4, Herstellung von Nähten mit einseitigem Nahtzugriff mit Hilfe der Bewegung unabhängiger Stichbildender Elemente, 2002 [3] Moll, K.-U.; Wulforst, B.: Patentanmeldung US 6 357 371 B1, Method and device for producing seams, 2002
2.2.2.3 Einfädiger Blindstich Kai Klopp Andreas Kufferath GmbH & Co. KG Verfahrensprinzip Der einfädige Blindstich ist ein Blindstichprinzip gemäß Kap 2.2.1.3. Für technische Textilien existieren einseitig arbeitenden Nähköpfe, welche beispielsweise an einen Roboter- oder Portalkopf montiert werden können. Der einfädige Blindstich gehört zu den Kettenstichprinzipien (Abb. 2.58). Die Bogennadel durchdringt bzw. durchfährt das Nähgut und durchsticht am Ende die vorher gebildete Fadenschlaufe, welche durch einen Greifer – auch als Greifernadel bezeichnet – gehalten wird. Nach dem Durchstechen der Nadel durch diese Fadenschlaufe gibt der Greifer diese Schlaufe frei. Durch die Rückbewegung der Bogennadel bildet sich die neue Fadenschlaufe aus, welche dann von der Greifernadel erfasst und gehalten wird. Die Bogennadel tritt aus dem Nähgut aus. Zur Bildung des nächsten Stiches führt der Nähkopf mit Nadel eine Vorschubbewegung aus. Die Bogennadel sticht erneut in das Nähgut ein.
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2 Verfahren
Abb. 2.57 Bogennadel. Quelle: Andreas Kufferath und ITA
Abb. 2.58 Blindstich des Bogennadelnähkopfes. Quelle: ITA
Die Nährichtung kann sowohl senkrecht zur Bogennadeleinstichrichtung als auch in Bogennadeleinstichrichtung erfolgen. Wie bei allen Nähverfahren üblich bildet sich bei der Rückwärtsbewegung der Bogennadel die Fadenschlaufe durch die Reibung des Nähfadens, Nähgutes und der Nähnadel untereinander aus. Maschinenbeispiele Der Bogenadelnähkopf wird zur Konfektion von Verstärkungstextilien mit anderen Nähköpfen beispielsweise an Nährobotern betrieben. Eine Montage an Portalen ist ebenfalls möglich. Qualität Bei zu schweren Nähgütern mit großen Flächengewichten wird die Nadeleinstichkraft sehr groß. Die Nadel kann sich beim Durchgang durch das Nähgut verformen, so dass sie nicht die vorherige vom Greifer gehaltene Nadelschlaufe trifft. Die Naht ist eher zum Heften oder Fixieren von Materialien geeignet und nicht zur Übertragung größerer Kräfte.
2.2 Nähen, Sticken, Steppen
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2.2.2.4 Tufting Frank Henkel Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen Verfahrensprinzip Das Tufting mittels robotergeführten Tufting-Nähkopf ist ein Nähverfahren für Verstärkungsfaserstrukturen für FVK-Bauteile. Hierbei werden mittels einer einzelnen Tuftingnadel Schlaufen in die Struktur eingebracht (Abb. 2.59). Gegenüber den bisher vorgestellten Nähverfahren sind diese Schlaufen nicht formschlüssig verbunden, sie verbleiben nur aufgrund der Reibung in ihrer Position. Neben der Tuftingnadel besteht die Stichbildungseinheit lediglich aus einem weiteren Element, dem Tuftingfuss (Abb. 2.60). Dieser fixiert während des Stichs den bereits in das Nähgut eingebrachten Nähfaden. Einsatzgebiete dieser Nähtechnik ist die gezielte Verstärkung von Preforms in out-of-plain Richtungen. Ein weiteres Anwendungsgebiet ist die Fixierung von Verstärkungstextilien auf oder um einen Schaumstoffkern.
Abb. 2.59 Tuftingnähte
Der fehlende Formschluss bei Tuftingnähten erfordert besondere Maßnahmen beim Handling so gefügter Preforms. Es besteht ansonsten die Gefahr, dass sich die integrierten Bauteile durch die Handhabung wieder trennen. Auch zeigen die Ergebnisse von sogenannten T-Pull Tests für getuftete T-Profile schlechtere Werte als TProben, die mit anderen konventionellen oder einseitigen Nähverfahren hergestellt wurden [1]. Dennoch ist das Tuftingverfahren aufgrund seiner sehr kompakt angeordneten Stichbildungselemente und der sehr genau und dosiert einzubringenden Fadenmenge sowie der fehlenden Verschlaufung des Nähfadens im Bauteil weitere Untersuchungen wert. Zur Beurteilung der Eignung des Tuftens als Fügeverfahren besteht weiterhin Bedarf an vergleichenden Untersuchungen, z. B. der Nahtfestigkeit in Abhängigkeit zur Materialstärke oder Untersuchungen zur Fadenlage in konsolidierten Proben.
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2 Verfahren
Maschinenbeispiele Die Firma KSL hat einen Tuftingkopf zur Montage an einen Roboter oder einer Portalnähanlage im Programm (Abb. 2.60).
Abb. 2.60 Tuftingkopf am Roboter. Quelle: ITA
Technische Daten: Stichlänge: 1–13 mm Nähgutdicke: 2–35 mm Einstechwinkel 45°–135° Nähgeschwindigkeit: 500 Stiche/min. Der Tuftingkopf ist mit einer aktiven Fadenlieferung und einer Fadenschneideinrichtung versehen.
2.2 Nähen, Sticken, Steppen
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Literatur [1] Geßler, A., et al.: Textile Integrationstechniken zur Herstellung vorkonfektionierter Verstärkungsstrukturen für FVK “INTEX”, Forschungsbericht zum BMBF-Forschungsvorhaben Nr.: 03N3060A9, ALTIN GmbH, EADS GmbH, ESI GmbH, Institut für Polymerforschung Dresden e. V. (IPF), Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen (ITA), KSL GmbH, 2002
2.2.2.5 Vernadeln Thomas Gries RWTH Aachen Großflächige Vliesstoffe, zum Beispiel für Geotextil-Anwendungen, müssen oft auf der Baustelle verbunden werden. Hierbei handelt es sich in der Regel um Nadelfilze. Aus diesem Grund bietet es sich an ein mobiles einseitiges Vernadelungsgerät einzusetzen. Dieses Gerät wird über den Überlappungsstoß der beiden Vliesstoffbahnen geführt. Die vertikal oszillierenden Filznadeln verbinden so dann die beiden Bahnen.
2.2.3 Qualitätssicherung Frank Henkel Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen Kai Klopp Andreas Kufferath GmbH & Co. KG Messen von Nähparametern Nähmaschinen sind hochkomplexe Werkzeuge, die verschiedene Arten von Nähnähten in ein Nähgut einbringen. Das Ergebnis des Nähprozesses hängt von der Wahl der Betriebsmittel, den Eigenschaften des zu vernähenden Nähgutes, des Nähfadens und der Nähmaschinennadel ab. Für eine gute Qualität der Naht müssen alle Nähmaschinenparameter optimal aufeinander abgestimmt sein [1, 3, 4]. Qualität in der Konfektion von Bekleidung und technischen Textilien Generelle Einflussparameter auf die Nahtqualität sind:
• Fadenrückhaltekräfte/Fadenanzugkräfte • Nähfadeneigenschaften • Art der Nadelspitze, Nadelgeometrie
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• • • • • •
2 Verfahren
Nähguteigenschaften Stichabstand/Stichdichte Presserfußkraft und Transporteurandruckkraft Nähgeschwindigkeit Art der Naht/Stichlänge Nadeltemperatur.
Es existiert eine große Anzahl maschinentechnischer Parameter, die die nähtechnische Verarbeitung und demzufolge die Nahtqualität beeinflussen Bei den Parametern handelt es sich sowohl um einstellbare als auch um nicht einstellbare technische Größen. Erstere können anhand spezieller Regeleinrichtungen an der Maschine variiert werden. Zu den wichtigsten regulierungsfähigen Maschinenparametern zählen die Fadenrückhaltekraft, der Presserfußdruck sowie die Nähgeschwindigkeit und die Stichlänge. Nur durch geeignete Einstellungen kann ein störungsfreier Nähvorgang und ein zufriedenstellendes Nähergebnis gewährleistet werden. Resultierende Parameter, wie die Nadeleinstichkraft und die Nadeltemperatur, beeinflussen das Nähergebnis. Dabei handelt es sich um nicht einstellbare, jedoch messtechnisch zu erfassende Kenngrößen, die während des Nähprozess entstehen. Nähfadenmaterialien besitzen unterschiedliche Reibungskräfte und somit sind die Fadenrückhaltekräfte neben der Fadenbremseneinstellung auch von den Reibungskräften in den Fadenleitorganen der Nähmaschine abhängig. Neben der Reibung beeinflusst die Biegesteifigkeit der Nähfäden die Ausbildung der Schlaufe des Nähfadens an der Nadel mit. Die Bildung der Nadelfadenschlaufe hängt auch von der Reibung Nähgut und Nähfadenmaterial ab. In der Nadel ist auf einer Seite eine lange Nadelrinne eingearbeitet. Hier legt sich im Nadeleintrag der Nähfaden herein und hat wenig Kontakt zum Nähgut. Auf der gegenüberliegenden Nadelseite wird dem Nähfaden durch das Nähgut gegen die Nadel gedrückt. Durch die dabei auftretende Reibung wird der Nähfaden an dieser Stelle leicht geklemmt. Bei der Aufwärtsbewegung der Nadel bildet sich die Nadelfadenschlaufe aus, welche dann durch die Greifer erfasst werden kann. Die Biegesteifigkeit des Nähfadens beeinflusst die Schlaufenform. Die Temperaturbeständigkeit des Nähfadens ist wichtig bei schnell laufenden Nähmaschinen. Bei hohen Nähgeschwindigkeiten erwärmt sich die Nadel und diese Wärme wird über die Umgebungsluft und den Nähfaden abgeführt. Die Zugfestigkeit des Nähfadens ist im Nähprozess und für die Nahtfestigkeit wichtig. Der Nähfaden muss ausreichende Festigkeit für die mechanischen Belastungen im Nähprozess in Form von Reibungskräften und Bremskräften ertragen können. Die Nahtfestigkeit im Endprodukt hängt vom Stichprinzip und der Nähfadenfestigkeit ab. Die Spitzenform der Nähnadel, die Nadelgeometrie/-abmessungen und die Nähguteigenschaften wirken sich auf die Nadeleinstichkräfte aus (siehe Abb. 2.61). Die Parameter Zugkraft/Rückhaltekraft von Ober- und Unterfaden haben die höchste Bedeutung für einen qualitativ hochwertigen Nähprozess. Ihre Werte bestimmen maßgeblich Schlingenbildung, Lage des Verknüpfungspunktes von Ober-
2.2 Nähen, Sticken, Steppen
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Abb. 2.61 Beispielhafter Verlauf der Nadeleinstichkraft [6]
und Unterfaden und die Nahtfestigkeit. Sie treten aber in Wechselwirkung mit den anderen Parametern. So ist zum Beispiel für einen akkuraten Transport und damit einer definierten Stichlänge die Presserfußkraft von entscheidender Bedeutung. Für temperaturempfindliche Nähgarne und Nähgüter muss die Nähgeschwindigkeit und die daraus resultierende Nadeltemperatur beachtet werden. Mit der Kenntnis der komplexen Zusammenhänge der Nähparameter können zielgerichtete Mess- und Steuerungs- bzw. Regeleinrichtungen an Nähmaschinen entwickelt werden [2]. So wurde beispielsweise ein Online-System zur Überwachung und Einstellung der Rückhaltekraft des Oberfadens entwickelt, um der Forderung der Automobilhersteller nachzukommen, eine sogenannte „Reißnaht“ am Automobilsitz für den reibungslosen Austritt eines Airbags zu garantieren. Es dient gleichzeitig zur Dokumentation der zum Erstellen dieser Naht aufgebrachten Oberfadenrückhaltekraft [1]. In der Bekleidungsindustrie ist das Transportkräuseln bzw. Nahtkräuseln bekannt. Das Transportkräuseln bewirkt Kräuselungen in der Naht, welche durch unabgestimmte Transporteureinrichtungen und Presserfußkräfte verursacht wird. Häufig ist der Andruck bzw. die Reibung zwischen oberer und unterer Nähgutlage unterschiedlich, so dass es zu Verschiebungen der Nähgutlagen komm. Zusätzlich treten Nahtkräuselungen durch unabgestimmte Nähfadenrückhaltekräfte auf. Zur Bestimmung der Nahtfestigkeiten existieren unterschiedliche Verfahren zur Bestimmung der Zugfestigkeiten und des Nahtausziehwiderstandes [10].
66
2 Verfahren
Bei Maschenwaren treten durch falsche Nadelauswahl mit zu großem Schaftdurchmesser häufig Maschensprengschäden auf. Hierbei werden die Maschen des Nähgutes der Strick oder Wirkwaren durch die Nadel überdehnt und reißen auf [7–9]. Weitere Prüfverfahren sind in [11] beschrieben. Qualität in der Konfektion von Verstärkungsfaserstrukturen Beim Vernähen von Verstärkungsfaserstrukturen für Faserverbundkunststoff(FVK)-Bauteile kommt neben den oben genannten Aspekten für eine qualitativ hochwertige Naht der Faserdesorientierung durch die Einstiche eine besondere Bedeutung zu. Im späteren FVK-Bauteil übernehmen die Fasern die Kräfte, die im Bauteil wirken. Zur Übernahme dieser Lasten müssen die Fasern möglichst gestreckt vorliegen, Abweichungen von der gestreckten Lage führen unmittelbar zu Einbußen in den mechanischen Eigenschaften.
Abb. 2.62 Faserdesorientierungen um Einstiche in einem Multiaxialgelege
In Abb. 2.62 ist ein verwirktes Multiaxialgelege mit einer Doppelsteppstichnaht zu sehen. Die Nähnaht verläuft mittig, ober- und unterhalb der Nähnaht sind die Wirknähte zu erkennen. Deutlich sieht man die Desorientierung der Carbonfasern um die jeweiligen Einstiche.
2.2 Nähen, Sticken, Steppen
67
Abb. 2.63 Vergleich der Fadenverläufe bei unterschiedlichen Stichlängen
Auch für die Faserdesorientierung ist die Fadenrückhaltekraft der entscheidende Parameter. Hinzu kommt allerdings der Einfluss der eingestellten Stichlänge. Wie in Abb. 2.63 zu sehen ist, ändern sich die geometrischen Verhältnisse beim Zuziehen der Schlaufen mit Zunahme der Stichlänge. Da die Kraft senkrecht zum Nähgut in dieser Phase des Nähprozesses bei gleichem Nähgut in beiden Fällen identisch ist, muss die Spannung im Faden bei großer Stichlänge (unten) höher sein. Dies führt zu einer ausgeprägteren Faserdesorientierung bei großen Stichlängen. Im Fall von strukturellen Nähten, also Nähnähten die die Delaminationsneigung der FVK-Bauteile verringern sollen, gilt die Forderung nach gestreckter Lage der kraftaufnehmenden Elemente ebenfalls. Die kraftaufnehmenden Elemente sind in diesem Fall die durch das Nähgut verlaufenden Anteile des Nähfadens. Deshalb ist in Abb. 2.63 der modifizierte Doppelsteppstich dargestellt. Hierbei liegt die Verknüpfung von Ober- und Unterfaden nicht wie üblich in der Mitte sondern an der Unterseite des Nähgutes. Hierfür muss das Verhältnis von Ober- und Unterfadenspannung entsprechend eingestellt sein. Da die endgültigen mechanischen Eigenschaften erst nach Zugabe bzw. Aktivierung der Matrixwerkstoffe erfolgt und die Textilhalbzeuge erst dann ihre Vorteile zeigen, werden diese erst am imprägnierten bzw. konsolididerten FVK-Bauteil geprüft. Hierbei können statische, dynamische und Dauerstandsuntersuchungen durchgeführt werden. Häufig werden Zug-, Druck-, Biege-, Torsions-, Scher- und Schälfestigkeiten bestimmt [6, 12–14]. Die nähtechnische Konfektion von Verstärkungsfaserstrukturen im Rahmen des textilen Preformings kann für die industrielle Herstellung von FVK-Bauteilen zukünftig von entscheidender Bedeutung sein. Geeignete qualitätssichernde Technologien werden im Rahmen aktueller Forschung entwickelt. So wurde z. B. am Institut für Verbundwerkstoffe GmbH, Kaiserslautern ein durchgängiges Qualitätsmanagement der FVK-relevanten Nähparameter entwickelt [5].
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2 Verfahren
Literatur [1] Heckner; R.: Tips und Tricks zur optimalen Nahtqualität, Ausarbeitung der Firma Gütermann & Co., Bekleidungstechnische Schriftenreihe der Forschungsgemeinschaft Bekleidungsindustrie e. V.; Köln, 1995, Anhang zum Band 112 [2] Jussen, B., Klopp, K., Diesinger, D.: Reproduzierbarkeit von Nähergebnissen, Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben AiF-Nr. 12134 „Qualitätssicherung durch Reproduzierbarkeit von Nähergebnissen“ der Forschungsgemeinschaft e.V., Köln am Institut für Nähtechnik e.V. und am Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen, Aachen 2002 [3] N.N.: Nähempfehlungen, Informationsschrift der Firma Amann & Söhne GmbH, Bönnigheim, 1993 [4] N.N.: The World of sewing, Produktinformation der Firma Ferd. Schmetz GmbH, Herzogenrath, 1997 [5] Weimer Mitschang: QS Elemente in der konfektionstechnischen Herstellung von textilen Verstärkungsstrukturen [6] Klopp K (2003) Analyse des Nahtbildungsprozesses von Verstärkungstextilien für Faserverbundkunststoffe. Shaker Aachen. D82 RWTH Aachen. Dissertation [7] N N (2001) The World of Sewing Taschenbuch der Nähtechnik. 4. Aufl. Ferdinand Schmetz GmbH. Herzogenrath [8] N N Focus 1 Näh- und Stickfäden Basics. Amann & Söhne GmbH & Co. KG. Bönningheim [9] N N Focus 2 Nähen und Sticken Support. Amann & Söhne GmbH & Co. KG. Bönningheim [10] Reumann R-D (2000) Prüfverfahren in der Textil- und Bekleidungstechnik. Springer Berlin [11] Sommer H (1960) Handbuch der Werkstoffprüfung 2. Aufl. Die Prüfung von Textilien Band 5. Springer Berlin [12] Carlsson L A (1989) Hochleistungsfaserverbundwerkstoffe. Teubner Stuttgart [13] Ehrenstein G W (1992) Faserverbund-Kunststoffe. Hanser München [14] Weihe S (1995) Modelle der fiktiven Rißbildung zur Berechnung der Initiierung und Ausbreitung von Rissen. Dissertation. Universität Stuttgart
2.3 Kleben Kai Klopp Andreas Kufferath GmbH & Co. KG Eine sehr große Anzahl von textilen Anwendungen wird geklebt. Es existieren unterschiedliche Klebverfahren. Die zu fügenden Materialien können sehr verschiedener Natur sein. Die Eigenschaften der Klebungen können auf die zu fügenden Materialien abgestimmt werden. Aus diesen Gründen wird das Kleben als Fügeverfahren in vielen Anwendungsgebieten eingesetzt.
2.3 Kleben
69
2.3.1 Kleben – Verfahrensübersicht Stefan Böhm TU Braunschweig Verfahrensprinzip Das Kleben gehört zu den stoffschlüssigen Fügeverfahren [DIN8593], Abb. 2.64 und ist in den mechanischen und metallurgischen Eigenschaften mit Schweiß- und Lötverbindungen vergleichbar. Hinsichtlich der Möglichkeit, unterschiedliche Werkstoffe miteinander zu verbinden, kann es mit den mechanischen Fügeverfahren wie Nieten, Schrauben oder Clinchen verglichen werden. Als Zusatzwerkstoff wird beim Kleben ein Klebstoff eingesetzt. Darunter versteht DIN EN 923 einen nichtmetallischen Stoff, der die Fügeteile durch Flächenhaftung und innere Festigkeit (Adhäsion und Kohäsion) verbindet.
Abb. 2.64 Fertigungsverfahren in Anlehnung an DIN 8550 und 8593
Wie in DIN EN 923 beschrieben, gehören zu einer Klebung mindestens drei Partner: die beiden Fügeteile und der Klebstoff. Zwischen dem Klebstoff und den Fügepartnern gibt es jeweils eine Schicht, die für die Klebung entscheidend ist: die Grenzschicht oder auch Adhäsionsschicht, Abb. 2.65. Damit sich in dieser Grenzschicht Adhäsion ausbilden kann müssen die Oberflächen der Fügepartner durch den Klebstoff benetzbar sein und durch ihren chemischen, physikalischen und chemischen Aufbau geeignet sein, dass sich Adhäsion ausbilden kann.
70
2 Verfahren
Abb. 2.65 Aufbau einer Klebung, links und tatsächliche Fügeteiloberfläche, rechts
Die Benetzbarkeit der Fügeteiloberflächen setzt in der Regel durch unterschiedliche Vorbehandlungsverfahren wie Strahlen, Beizen, Aufrauhen, etc. vorbehandelte Oberflächen voraus, eine möglichst große Differenz in den Oberflächenenergien der Fügeteiloberflächen und des Klebstoffs sowie einen Klebstoff, der ausreichend viskos ist, dass er auch eine „unebene“ Oberfläche anfließt. Den Zusammenhang zwischen der Benetzung und der Oberflächenenergie beschreibt die Gleichung von Young: σFG = γKF + σKG cos α mit σFG σKG γKF F α G K
Oberflächenspannung des Fügeteils Oberflächenspannung des viskosen Klebstoffs Grenzflächenspannung zwischen Fügeteil und viskosem Klebstoff Fügeteil Benetzungswinkel Gasatmosphäre Klebstoff
Abb. 2.66 Zusammenhang zwischen Oberflächenenergien und der Benetzung
(2.1)
2.3 Kleben
71
Der Benetzungswinkel (oder auch Kontaktwinkel) α kann mit sog. Benetzungswaagen, Kontaktwinkelmessgeräten oder Testtinten bestimmt werden und kann als Kriterium für eine Benetzungsgüte herangezogen werden. Die Benetzung ist umso besser, je kleiner der Benetzungswinkel ist, Abb. 2.66. Dies bedeutet mit der Gleichung von Young, dass eine gute Benetzung eine hohe Oberflächenenergie des Fügeteils und eine geringe Oberflächenenergie des Klebstoffs bzw. eine große Differenz zwischen beiden benötigt. Die Kraft, die durch eine Klebung übertragen werden kann, hängt nach dem Aushärten des Klebstoffs von der Adhäsion in der Zwischenschicht (hier vor allem die spezifische oder die mechanische Adhäsion, mehr hierüber in [Hab05] oder [Bro05]) und der Kohäsion des Klebstoffs ab, die wiederum von der Chemie des Klebstoffs beeinflusst wird. Klebstoffe können nach unterschiedlichen Kriterien in verschiedene Familien oder Klassen unterteilt werden. Die beiden gebräuchlichsten Einteilungssystematiken sind die Einteilung nach ihrer chemischen Basis, Abb. 2.67 und die Einteilung nach ihrem Abbindemechanismus, Abb. 2.68.
Abb. 2.67 Einteilung der Klebstoffe nach ihrer chemischen Basis nach [Hab05]
Der geeignete Klebstoff für eine Klebung ist nach den Randbedingungen des Klebprozesses und den Anforderungen an die Klebung auszuwählen. Bei den Randbedingungen des Prozesses sind z. B. die Zeiten bis zur Anfangsfestigkeit oder zum Erreichen der Endfestigkeit, die Art des Klebstoffauftrags oder notwendige Randbedingungen zum Vernetzen wie Feuchtigkeit oder Temperatur zu nennen. Bei den
72
2 Verfahren
Abb. 2.68 Einteilung der Klebstoffe nach ihrem Abbindemechanismus nach [Hab05]
Anforderungen an die Klebung sind z. B. die Endfestigkeit, ein etwaiger notwendiger Ausgleich von Klebfugentoleranzen, oder die Temperaturbeständigkeit zu nennen. Im nachfolgenden sind die wichtigsten Klebstoffgruppen nach ihrem Abbindemechanismus beschrieben: Chemisch reagierende Klebstoffe Polyadditionsklebstoffe Zur Gruppe der Polyadditionsklebstoffe gehören Epoxidharze und Polyurethane. Die Vernetzungsreaktion erfolgt über zwei unterschiedliche funktionelle Gruppen an den Monomer-Enden, indem ein Atom- bzw. Molekülaustausch zwischen zwei
Abb. 2.69 Darstellung einer Polyadditionsreaktion
2.3 Kleben
73
funktionellen Gruppen erfolgt, Abb. 2.69. Da der Tausch nicht über Elektronen, sondern über Atome bzw. Moleküle erfolgt, die größer als Elektronen sind, handelt es sich bei der Polyaddition um eine im Vergleich zu anderen Vernetzungskinetiken langsamere Reaktion. Da Polyadditionsklebstoffe in der Regel aus zwei Komponenten bestehen bedeutet dies für Anlagentechnik, dass ein höherer Aufwand für Zuführung, Mischung und Dosierung betrieben werden muss. Polykondensation Zur Gruppe der Polykondensationsklebstoffe gehören Phenolharze, Polyimide, Silicone, MS-Polymere und Polysulfide. Die Vernetzungsreaktion erfolgt wie bei der Polyaddition über zwei unterschiedliche funktionelle Gruppen an den Monomer-Enden, indem ein Atom- bzw. Molekülaustausch zwischen zwei funktionellen Gruppen erfolgt, Abb. 2.70. Zusätzlich erfolgt der Neuaufbau von Bindungen unter Abspaltung eines niedermolekularen Produktes. Da der Tausch ebenfalls wie bei der Polyaddition nicht über Elektronen, sondern über Atome bzw. Moleküle erfolgt, die größer als Elektronen sind, und zusätzlich noch eine Abspaltungsreaktion erfolgt, handelt es sich bei der Polykondensation um eine im Vergleich zu anderen Vernetzungskinetiken langsamere Reaktion, auch langsamer als die Polyaddition.
Abb. 2.70 Darstellung einer Polykondensationsreaktion
Da Polykondensationsklebstoffe in der Regel aus zwei Komponenten bestehen bedeutet dies für die Anlagentechnik, dass ein höherer Aufwand für Zuführung, Mischung und Dosierung betrieben werden muss. Zusätzlich muss gewährleistet sein, dass die Kondensationsprodukte abgeführt werden können, z. B. in Form einer geeigneten Absaugung. Polymerisation Zur Gruppe der Polymerisationsklebstoffe gehören Acrylate (Cyanacrylate, Methacrylate, strahlungshärtende und anaerobe Klebstoffe) und Polyester. Die Vernetzungsreaktion erfolgt über Elektronen von Mehrfachbindungen, die neue Einfachbindungen aufbauen, Abb. 2.71. Der Beginn der Vernetzung erfolgt oft durch eine
74
2 Verfahren
„Startreaktion“ in Form von Katalysatoren, freien Radikalen oder Strahlung. Durch die geringe Größe der Elektronen handelt es sich bei der Polymerisation um die schnellste Reaktionskinetik.
Abb. 2.71 Darstellung einer Polymerisationsreaktion
Für die Anlagentechnik bedeutet dies, dass die Bauteile der „Startreaktion“ abgepasst sein müssen, z. B. in Form einer Lichtdurchlässigkeit oder eines Wasserfilms an der Bauteiloberfläche. Aufgrund des Vernetzungsmechanismus kann es zu einem Aushärten des Klebstoffes in Förder- und Dosiereinrichtung kommen. Physikalisch abbindende Klebstoffe Haftklebstoffe Im Gegensatz zu den Klebstoffen, die wegen der erforderlichen Benetzung der Fügeteiloberflächen in niedrigvikosem bis pastösem Zustand verarbeitet werden müssen, basieren die Haftungsvorgänge und Festigkeitseigenschaften bei Haftklebstoffen auf einer Dauerklebrigkeit, die mittels Druck zu einer Benetzung der Fügeteile und zu einem Aufbau einer Festigkeit führen [Hab05]. Haftklebstoffe härten nicht aus, wodurch sie aber zum Kriechen neigen. Kontaktklebstoffe Kontaktklebstoffe zeichnen sich dadurch aus, dass sie als scheinbar trockene Klebstofffilm auf den Fügeteiloberflächen dennoch durch Anwendung von Druck in sehr kurzer Zeit zu einer Klebschicht relativ großer Festigkeit vereinigen lassen [Hab05]. Zu der Gruppe der Kontaktklebstoffe gehören lösungsmittelbasierte Klebstoffe auf den Grundchemien Polychloropren-, Nitril- oder Styrol-Butadien-Kautschuke oder Polyurethane. Schmelzklebstoffe Schmelzklebstoffe liegen bei Raumtemperatur einkomponentig in fester und lösungsmittelfreier Form vor. Schmelzklebstoffe gehören zur Gruppe der Thermo-
2.3 Kleben
75
plasten und basieren auf Polyamiden, gesättigten Polyester oder Ethylen-Vinylacetat-Copolymeren [Hab05]. Bei Erwärmen auf Schmelztemperatur können Schmelzklebstoffe die Fügepartner benetzen und bei Unterschreiten der Schmelztemperatur erstarren die Schmelzklebstoffe. Lösungsmittel- bzw. Dispersionsklebstoffe Bei den Lösungsmittel- bzw. Dispersionsklebstoffen befinden sich die für die Klebschichtbildung in Frage kommenden Polymere als feste Bestandteile in einem Dispersionsmittel. Die Ausbildung der Klebschicht erfolgt nach Verdunsten oder Verdampfen der flüssigen Phase [Hab05]. Plastisole Bei den Plastisolen handelt es sich im allgemeinen um lösungsmittelfreie Kleb-/ Dichtstoffe, bei denen Polymerteilchen in einem aus Weichmachern bestehenden Dispersionsmittel fein verteilt sind. Die Kunststoffteilchen stellen in diesen Systemen die innere, dispergierte Phase und der Weichmacher die äußere, disperse oder kontinuierliche Phase dar. Beim Erwärmen eines Plastisols auf ca. 150°C–180°C (Gelliertemperatur) erfolgt eine Umwandlung des flüssigen Sols in ein festes, irreversibles Gel. So bilden bei den weit verbreiteten PVC-Plastisolen die PVC-Teilchen die in dem Weichmacher dispergierte Phase [Hab05]. Vor- und Nachteile von Klebungen Zur Auswahl des Fügeverfahrens „Kleben“ ist eine Kenntnis der Vor- und Nachteile dieses Fügeverfahrens hilfreich. Nachfolgend sind deshalb die wichtigsten Vor- und Nachteile aufgeführt, wobei es sich nicht um einen Gegenüberstellung, sondern nur um eine Aufzählung handelt:
Vorteile
Nachteile
- Verbindungsmöglichkeit für unterschiedliche Materialkombinationen
- Einfluss der Zeit auf den Verfahrensablauf (Anfangsfestigkeit!)
- Hohe dynamische Festigkeit; hohe Schwingungsdämpfung
- Geringe Schälwiderstände, Kriechneigung
- Gleichmäßige Spannungsverteilung senkrecht zur Belastungsrichtung, Abb. 2.72
- Begrenzte Reparaturmöglichkeiten
- Verbindungsmöglichkeit für sehr dünne Fügeteile
- Alterungsabhängigkeit der Klebschicht und Grenzschicht
- Gewichtsersparnis, Leichtbau geeignet
- Oberflächenvorbehandlung der Fügeteile
- Ausgleich von Bauteiltoleranzen
- Begrenzte thermische Formbeständigkeit
76
2 Verfahren
Abb. 2.72 Spannungsverteilungen an Klebungen
Literatur [Hab05]
Habenicht, G.: Kleben: Grundlagen, Technologien, Anwendungen. 5. Erweiterte und aktualisierte Auflage. Springer Verlag. 2005 [DIN8593] DIN 8593: Fertigungsverfahren Fügen. Einordnung Unterteilung Begriffe. Deutsches Institut für Normung e. V. Beuth Verlag, September 1985. [DIN8580] DIN8580: Fertigungsverfahren, Begriffe, Einteilung, Deutsches Institut für Normung e. V. Beuth Verlag, 1985 [Bro05] Brockmann, W.; Geiß, P.L.; Klingen, J.; Schröder, B.: Klebtechnik: Klebstoffe, Anwendungen und Verfahren. Wiley-VCH Verlag. 2005
2.3 Kleben
77
2.3.2 Kleben – Qualitätssicherung Stefan Böhm TU Braunschweig Für die Beurteilung eines Fertigungsprozesses ist neben dem zu erwartenden Aufwand die erreichbare Prozesssicherheit im Sinne der Prozessbeherrschung ausschlaggebend. Die Kenntnis, welche Parameter die Qualität der Klebung beeinflussen und wie sie bestimmt werden können, ist daher für die individuelle Auswahl des geeigneten Verfahrens maßgeblich [Bro05]. Prüfverfahren für Klebungen Die Auswahl eines Verfahrens für die Prüfung von Klebungen richtet sich nach den zu prüfenden Parametern, der Möglichkeit einer zerstörenden oder zerstörungsfreien Durchführung sowie nach den gegebenen Umständen, unter denen die Prüfung zu erfolgen hat. Dabei kann es sich z. B. um automatisierte Fertigungskontrollen oder Einzelprüfungen im Labor handeln. In jedem Fall sind die folgenden Zusammenhänge zu beachten [Hab05]:
• Es gilt zu unterscheiden, ob physikalisch definierte Größen an vorgegebenen Ma-
•
•
•
terialien zu messen sind, z. B. die Glasübergangstemperatur eines Polymers, oder ob ein komplexes Beanspruchungsverhalten zu ermitteln ist, z. B. die Klebfestigkeit einer Klebung. Neben den für die Klebtechnik genormten Prüfverfahren, die der Ermittlung spezifischer Kennwerte dienen und die für die entsprechenden Parameter Eigenschaftsvergleiche ermöglichen, werden weiterhin anwendungsorientierte Prüfverfahren eingesetzt. Diese basieren häufig auf empirisch festgelegten Methoden, die einen weitgehenden Bezug auf das Praxisverhalten eines Systems ermöglichen. Sie werden an dem geklebten Verbund mit seinen gegebenen Abmessungen selbst durchgeführt und dienen vorwiegend der laufenden Qualitätskontrolle Die Verwendung geprüfter Kennwerte für beanspruchungsgerechte Dimensionierungen ist nur dann zulässig, wenn deren Ermittlung nach den vereinbarten Prüfnormen erfolgte. Nur dann ist eine kontinuierliche und reproduzierbare Fertigungsqualität gewährleistet und eine gemeinsame Sprache zwischen Hersteller und Anwender möglich. Die Beschreibung der Leistungsfähigkeit eines Klebstoffs oder des Systems Klebstoff/Fügeteil/Oberflächenbehandlung ist allein aus den Werten von statischen oder dynamischen Prüfungen nicht möglich. In jedem Fall sind die ermittelten Werte durch solche Prüfergebnisse zu ergänzen, die entsprechende Aussagen über die zu erwartenden praxisnahen Alterungsbeanspruchungen ermöglichen.
In gleicher Weise wie die Festigkeit von Klebungen für eine Beurteilung des Beanspruchungsverhaltens wichtig ist, sind die Eigenschaften der Klebschichten, resul-
78
2 Verfahren
tierend aus dem Härtungsvorgang, sowie das entstehende Polymersystem für die Qualität einer Klebung von entscheidender Bedeutung [Hab05]. Qualitätssicherungskonzept für das Kleben Für das Fertigungssystem Kleben gilt in gleicher Weise wie für andere Fertigungsverfahren der Grundsatz, dass Qualität nicht „erprüft“ werden kann, sondern mittels entsprechender Maßnahmen in die Fertigung „eingebaut“ werden muss. Eine besondere Bedeutung erhält diese Aussage durch die nur in begrenztem Maße zur Verfügung stehenden zerstörungsfreien Prüfverfahren. Im Vergleich zum Schweißen und Löten ist ergänzend zu bemerken, dass die Qualitätseigenschaften des „Zusatzwerkstoffes“ nicht durch definierte Werkstoffeigenschaften seitens des Lieferanten vorgegeben sind, sondern in Form der Klebschicht erst bei der Herstellung der Klebung unter der Verantwortung des Anwenders entstehen und durch ihn beeinflusst werden können. Somit ergibt sich die Notwendigkeit eines Qualitätssicherungskonzeptes, das bereits bei der Planung der klebtechnischen Aufgabe beginnt und sich über die verschiedenen Produktionsschritte bis zur fertigen Klebung erstreckt.
Literatur [Hab05] [Bro05]
Habenicht, G.: Kleben: Grundlagen, Technologien, Anwendungen. 5. Erweiterte und aktualisierte Auflage. Springer Verlag. 2005 Brockmann, W.; Geiß, P.L.; Klingen, J.; Schröder, B.: Klebtechnik: Klebstoffe, Anwendungen und Verfahren. Wiley-VCH Verlag. 2005
2.4 Beschichten Thomas Stegmaier, Petra Schneider ITV Denkendorf Die Beschichtung von textilen Trägern erfolgt, um einem textilen Material weitere funktionelle Eigenschaften zu verleihen, z. B. eine Barrierefunktion wie die Dichtigkeit gegenüber Flüssigkeiten und Gasen oder eine Oberflächeneigenschaft wie die Schmutzabweisung. Die aufgetragenen Chemikalien aber auch der Beschichtungsträger und das Auftragsverfahren haben erheblichen Einfluss auf die Funktionen. Die Auswahlkriterien für Materialien und Verfahren orientieren sich an den chemisch/physikalischen Anforderungen wie z. B. Innen- oder Außenanwendung, mechanische und dynamische Lastbeanspruchung, Temperaturbereiche, Lichtdurchlässigkeit, chemische Beständigkeiten. Die Anwendungsgebiete beschichteter Textilien sind äußerst vielseitig und umfassen u. a. Agrar- und Geotextilien, Medizintextilien, Membranen für das textile Bauen, Mobiltechnik, Verpackungsmaterialien, Filter, Funktionsbekleidung bis hin zum Einsatz bei erneuerbaren Energien.
2.4 Beschichten
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Um ein marktreifes Produkt zu erzeugen, ist umfangreiches Wissen über die zu verwendenden chemischen Rohstoffe, textilen Träger und Herstellungsverfahren notwendig [1].
Literatur [1] Giessmann A (2003) Substrat- und Textilbeschichtung. Springer Berlin
2.4.1 Beschichtungsverfahren Thomas Stegmaier, Petra Schneider ITV Denkendorf Entsprechend den Anforderungen an das Endprodukt ist die Auswahl der geeigneten Trägermaterialien und der Beschichtungschemikalien zu treffen. Diese im Zusammenspiel mit dem gewünschten Effekt geben die Wahl des Beschichtungsverfahrens vor. Beschichtungsträger Der Beschichtungsträger (Substrat) ist durch wichtige Kennwerte wie Materialtyp, Festigkeits- und Dehnwerte vor allem für die mechanischen Eigenschaften des Endprodukts verantwortlich und bestimmt durch Eigenschaften wie Oberflächenstruktur, Dicke und Dichte die Auswahl des Beschichtungsverfahrens. Die Herstellungsart des Substrates ist primär für die Auswahl der Warenführung während des Beschichtungsprozesses heranzuziehen. Leichte, zugempfindliche Textilien wie leichte Maschenware oder wenig verfestigte Vliesstoffe benötigen eine besondere Sorgfalt bei der Führung durch möglichst wenig freie Warenlänge, bei der die Ware nicht unterstützt wird. Gewebe sind i. d. R. zugunempfindlicher, wobei hier auch von der Bindungstechnik Unterschiede bestehen:
• Leinwandbindung ist unsensibel gegen Verzug und besitzt eine gleichmäßige geschlossene Oberfläche.
• Kreuzköper weist eine höhere Fadendichte bei hoher Festigkeit und Dimensionsstabilität auf.
• Atlasbindung hat die maximale Fadendichte, höchste Festigkeit sowie eine geschlossene glatte Oberfläche. Die Temperaturführung, Verstreckungs- oder Krumpfzonen werden u. a. durch das Faserpolymer bzw. Fasermaterial vorbestimmt: Polyester (PET) ist ein Trägermaterial mit guten mechanisch/physikalischen Eigenschaften. Es wird aufgrund des guten Preis-Leistungsverhältnisses gerne für Bekleidung eingesetzt aber auch für
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2 Verfahren
technische Artikel. Allerdings ist es brennbar und schmilzt. Wird eine hohe Temperaturbeständigkeit gefordert kommen Faserwerkstoffe aus Glas, Aramid, Kohlenstoff, Metall, Keramik und bestimmte Polymere zum Einsatz. Die gute Auswahl stellt häufig einen Kompromiss aus verschiedenen Eigenschaften wie Querscherfestigkeit, Dehnung, Preis und Beständigkeiten dar: Glas als Beschichtungsträger hat hohe Längszugfestigkeiten bei geringem Gewicht, ist aber knickempfindlich und hat eine geringe Dehnung. Aramid dagegen ist zäh und schnittfest, jedoch teurer und wenig UV-beständig. Kohlefasern weisen hohe Festigkeit und Steifigkeit bei geringem Gewicht auf, sind allerdings elektrisch leitfähig, teurer, lichtundurchlässig und nicht einfärbbar. Wichtig ist eine sorgfältige Vorbehandlung des textilen Trägers vor der Beschichtung, um die Haftung der Beschichtung und das Temperatur-Längenänderungsverhalten in der späteren Anwendung gezielt einzustellen. Das Substrat muss gründlich gereinigt und thermofixiert werden. Avivage- und Schlichtemittelrückstände können die Haftung der Beschichtung verschlechtern, unzureichende Fixierung kann zu Längung oder zum Schrumpfen beim Trocknen und im späteren Einsatz führen. Beschichtungschemikalien Durch das Aufbringen von einer oder mehreren Schichten auf einen textilen Träger können völlig neue Produkteigenschaften geschaffen werden, wobei die Kombinationsmöglichkeiten aus textilem Träger und Beschichtungspolymer sehr groß sind. Basischemikalien für die Beschichtung sind polymere Werkstoffe, die auf dem Textil einen Film bilden, bzw. mit dem Textil vernetzen. Sie unterscheiden sich in Struktur und Eigenschaften. Additive und Hilfsstoffe vervollständigen die Rezeptur, um Eigenschaften gezielt einzustellen, z. B. Flammschutzmittel oder Füllstoffe. Prinzipiell werden lösungsmittelhaltige, wässrige, sowie Systeme mit 100%-Feststoffgehalt angeboten. Der Vorteil der wässrigen und 100%-igen Formulierungen liegt in der wesentlich geringeren Umweltbelastung. Es sind weder explosionsgeschützte Anlagen noch eine Absaugung am Arbeitsplatz nötig. Allerdings haben wässrige Systeme einen geringeren Feststoffgehalt, was geringere Schichtdicken und langsamere Produktionsgeschwindigkeiten sowie den Einsatz von Trocknungsanlagen bedingt. Die Palette der wichtigsten Basischemikalien umfasst Polyacrylate, Polyvinylchlorid, Polyurethane, Polytetrafluorethylen und Silikon-Elastomere. Die Filmeigenschaften von Polyacrylaten können von klebrig (Haftkleber) bis spröde (Acrylglas) eingestellt werden. Sie sind preiswerte Polymere mit guten mechanischen und chemischen Beständigkeiten sowie guter Wasch- und chemischer Reinigungsbeständigkeit. Diese Eigenschaften machen sie v. a. für Bekleidung und Sportartikel interessant, aber auch für technische Artikel verschiedenster Art wie Teppichrücken, Schlusslacke für Kunstleder oder PVC-Planen. Polyacrylate sind vorwiegend als wässrige Dispersionen im Einsatz, aber auch als Lösemittelsysteme erhältlich.
2.4 Beschichten
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Polyvinylchlorid (PVC) kann durch Zusatz von Weichmacher in Härte und Flexibilität in weiten Bereich eingestellt werden. Physikalische Dispersionen von PVC in Weichmacher werden Plastisole genannt und z. B. für Bautextilien und Planen, Teppichrücken oder Kunstleder, meist mit einem PET-Gewebe als Beschichtungsträger, eingesetzt. Der Weichmacher, der so viele Variationen erlaubt, ist gleichzeitig auch das größte Problem der PVC, da er im Laufe der Einsatzzeit entweichen und die PVC-Beschichtung hart und spröde werden kann. Polyurethan (PUR) gehört zu den strapazierfähigsten Kunststoffen. PUR-Dispersionen sind aus linearem aliphatischem PUR aufgebaut, die Molekülmasse ist beliebig einstellbar; dadurch ist eine große Variation der Filmeigenschaften gegeben. Polyester-Polyurethane haben hohe Festigkeiten, vergleichsweise geringe Dehnung und hohe Weichheit. Polyether-Polyurethane haben eine gute Kälteflexibilität und hohe Elastizität, aber eine geringere Beständigkeit gegenüber Sauerstoff und Licht. Weiter unterscheidet man zwischen aromatischen PUR (geringe Lichtechtheit, müssen pigmentiert werden) und aliphatischen PUR (hohe Lichtechtheit). PUR haben eine hohe Flexibilität bei hoher Festigkeit und sind daher sehr gut zur Beschichtung von Maschenware und elastischen Trägern geeignet. PUR sind wasch- und chemisch reinigungsbeständig, weisen eine gute Haftung zum Textil, hohe Kälteflexibilität, sowie gute chemische und mechanische Beständigkeiten auf. Da PUR frei von Weichmachern sind, stellen sie in vielen Fällen eine Alternative zu PVC dar. PUR wird beispielsweise für Kunst(wild)leder, Bekleidung, Planen und Membranen, Teppichrückenbeschichtungen oder Automobiltextilien eingesetzt. PUR sind als lösemittelhaltige 1- und 2-Komponenten-Systeme, als wässrige Dispersionen und als sog. High-Solids mit nur 2–10% Lösungsmittelanteil und als Hotmelts auf dem Markt. Mit High-Solid-PUR können in einem Strich viermal so hohe Auflagemengen erzielt werden als mit lösemittelhaltigen oder wässrigen Systemen. 2K-Systeme für hohe Schichtdicken in einem Schritt bieten auch damit eine Alternative zu PVC. Polytetrafluorethylen (PTFE) ist als hochkonzentrierte Dispersion erhältlich, die bei bis zu 400 °C gesintert werden muss. Für PTFE-Beschichtungen sind daher primär nur hochtemperaturbeständige Fasern wie Glasträger geeignet. PTFE weist sehr gute chemische und mechanische Beständigkeiten auf. Die Temperaturbeständigkeit der Beschichtung erstreckt sich von –20 bis +250 °C. PTFE ist transparent, alterungs- und witterungsbeständig, UV-resistent und besitzt eine antiadhäsive Oberfläche, die selbstreinigend wirken kann. Dies alles macht PTFE vor allem für Außenanwendungen im Bausektor interessant. Die Beständigkeit gegen Mikroorganismen und die Lebensmittelechtheit wird z. B. bei Förderbandbeschichtungen in der Lebens- und Arzneimittelherstellung genutzt. Auflagen von ca. 500 g/m2 können in drei Strichen erzeugt werden: Grundstrich, Füllstrich mit einer z. B. mit Glaskugeln gefüllter Dispersion, füllstofffreier Deckstrich.
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2 Verfahren
Modifizierte PTFE mit thermoplastischen Eigenschaften werden aus wässriger Dispersion oder aus Lösung aufgebracht. Für ihre Verarbeitung sind lediglich Temperaturen um 200 °C notwendig, wodurch auch Trägermaterialien auf polymerer Basis wie z. B. PET zum Einsatz kommen können. Ihre Eigenschaften sind ähnlich denen des PTFE, jedoch bleiben die Beschichtungen thermoplastisch, was die Anwendung in manchen Fällen einschränkt. Doch in dieser Thermoplastizität liegt zugleich auch der größte Vorteil dieser Systeme, da die Membranen verschweissbar sind und somit für die Anwendung als Bautextilien hoch interessant sind. Silikon-Elastomere und Silikon-Dispersionen bestehen aus Polydimethylsiloxan. Deren Eigenschaften können über reaktive Gruppen und Additive eingestellt werden. Bei der Ausvulkanisation bilden Silikone dreidimensional vernetzte Strukturen. Silikone sind keine Thermoplaste, daher ist Ultraschall- oder thermisches Schweißen nicht möglich. Eine Verbindung wird mit Silikon-Klebeband oder -Klebstoff hergestellt. Die Oberfläche von Silikonbeschichtungen kann von gleitfähig/trocken bis hin zu rutschfest/klebrig eingestellt werden. Sie sind wasser- und schmutzabweisend, temperaturbeständig von –50 bis +200 °C, schwer brennbar, alterungsbeständig, chemikalienbeständig und transparent. Silikone sind relativ teuer, weshalb Versuche unternommen werden sie mit Acrylat oder PUR zu kombinieren. Hierdurch kann auch ein thermoplastisches Verhalten und damit eine Verschweißbarkeit herbeigeführt werden. Ähnlich wie beim thermoplastischen PTFE entstehen durch diese Thermoplastizität allerdings auch Einschränkungen in den Eigenschaften. Viele Anwendungen werden erst durch Silikon möglich: Airbagbeschichtungen, Transportbänder, Schutztextilien, Hygienetextilien/Medizintextilien, Bekleidung, Membranen für Innen- und Außenanwendungen etc. Am gebräuchlichsten für die Verarbeitung von Silikonkautschuken ist das Rakelverfahren, wobei die Form des Rakels und der ausgeübte Druck entscheidend für die Schichtstärke sind. Meist wird mit abgerundeten Rakeln oder Schuhrakeln gearbeitet. Die Eigenschaften von Silikonbeschichtungen liegen zwischen denen von PVC und PTFE. Silikon auf Glasgewebe besitzt gute Flammhemmung, geringe Rauchentwicklung, keine toxischen Verbrennungsprodukte und bessere Bewitterungsbeständigkeit als PVC. Im Vergleich zu PVC besitzt Silikon eine doppelt so hohe Lebensdauer, höhere Lichtdurchlässigkeit ohne Vergilbung, höhere Temperaturbeständigkeit, bessere mechanische Eigenschaften und ist halogenfrei, jedoch sehr viel teurer. Im Vergleich zu PTFE hat Silikon eine höhere Lichtdurchlässigkeit, ist besser anfärbbar, hat ein besseres Kälteverhalten, ist besser aufzubauen und halogenfrei, allerdings hat es ein schlechteres Reinigungsverhalten. Für alle Basispolymere gilt: Die Eigenschaften wie antistatisch, biozid, fungizid, Lichtdichtigkeit oder Transluzenz, Hitzebeständigkeit können durch entsprechende Additive in weiten Bereichen eingestellt werden.
2.4 Beschichten
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Beschichtungsmassen Paste Die gebräuchlichste Aufmachungsform von Dispersionen, Emulsionen, Suspensionen und Plastisolen zur Beschichtung ist die verdickte Paste. Hier werden dem eigentlichen Beschichtungspolymer Additive, Füllstoffe und Farbpigmente, die die späteren Eigenschaften bestimmen, zugegeben. Die Viskosität dieser Pasten ist entscheidend für deren Verhalten im Beschichtungsprozess. Damit die Pasten unter den mechanischen Belastungen während des Auftrags nicht zusammenbrechen, müssen das Verfahren und das Fliessverhalten der Pasten einander angepasst werden. Beschichtungspasten sind meist keine Newtonschen Flüssigkeiten, bei denen die Viskosität unabhängig von der Scherbelastung konstant bleibt. Die Rheologie, d. h. das Fließverhalten makromolekularer Stoffe, weicht erheblich davon ab, da die Viskosität nicht linear verläuft, sondern sich in Abhängigkeit vom Geschwindigkeitsgefälle verändert. Dilatante Pasten erhöhen ihre Viskosität bei steigender Scherbeanspruchung. Dieses Verhalten ist relativ selten zu finden und für die Textilbeschichtung ungeeignet, da durch den steigenden Fließwiderstand Maschinenteile oder das Substrat beschädigt werden können. Als strukturviskos oder pseudoplastisch bezeichnet man Pasten, deren Viskosität bei zunehmender Scherbeanspruchung sinkt. Viele Dispersionen, Suspensionen und Emulsionen zeigen dieses Verhalten. Die Polymerketten und Partikel orientieren sich während der Scherbelastung und gleiten somit leichter aneinander vorbei. Bei rheopexen und thixotropen Pasten stellt sich nach Beendigung der Scherbelastung die ursprüngliche Viskosität zeitverzögert wieder ein. Thixotrope Pasten werden unter (konstanter) Scherbeanspruchung niedrigviskoser und gehen nach der Beanspruchung mit zeitlicher Verzögerung in den höherviskosen Ausgangszustand zurück. Rheopexe Pasten verhalten sich entgegengesetzt und erhöhen während der Scherbelastung ihre Viskosität, werden z. B. beim mechanischen Schlagen steif und kehren danach in den niedrigviskoseren, flüssigeren Ausgangszustand zurück [1]. Schaumbeschichtung Immer mehr Bedeutung erlangen Beschichtungen mit mechanisch erzeugten Schäumen. Hier kann Trocknungsenergie eingespart werden, indem ein Teil des Wassers in der Beschichtungspaste durch physikalisch eingearbeitete Luft ersetzt wird. Diese Technologie erfordert Know-how sowohl in der Schaumherstellung als auch beim Auftragsverfahren. Der Schaum kann nicht auf Vorrat erzeugt werden, auch sog. Stabilschaum fällt zeitabhängig zusammen. Mit einem speziell geformten Rakel, dem Schuhrakel oder der Rotationsschablone wird der Schaum aufgetragen. Am Ende des Trockenkanals sorgt ein Presswerk mit Stahl-/Papier, Stahl-/BW oder Stahl-/Kunststoffwalzen für eine Komprimierung oder Prägung der Schaumschicht. Der Schaum muss hierfür auf eine Restfeuchte von 5–10% getrocknet werden, da-
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mit er beim nachfolgenden Kondensieren nicht wieder aufsteht und die erforderlichen Echtheiten erreicht werden.
Abb. 2.73 REM-Aufnahme PUR-Schaumbeschichtung auf Filamentgewebe
Wasserdichte Beschichtungen für weniger hochwertige Regenbekleidung können mit preiswerten Acrylaten hergestellt werden, für hochwertigere Artikel wird gerne PUR eingesetzt. Beide können mit einer Fluorcarbonausrüstung zur Öl- und Schmutzabweisung kombiniert werden. Schaumbeschichtungen werden auch zur Erzeugung von Wildledereffekten eingesetzt [2]. Schmelze Thermoplastische Polymere mit 100% Feststoffgehalt können in Form von Pulver oder im aufgeschmolzenen Zustand als sog. Hot-Melts auf das Trägermaterial aufgebracht werden. Hier kann umweltverträglich und energiesparend gearbeitet werden, da weder Wasser verdampft, noch Lösemittel ausgetrieben und aus der Abluft zurückgewonnen werden muss. Der Auftrag von geschmolzenen Beschichtungsmassen erfordert ein hohes Maß an Erfahrung, da hier z. B. durch Temperaturschwankungen in den Auftragselementen irreversible Beschichtungsfehler verursacht werden können. Übersicht zu Beschichtungsverfahren Beschichtungsanlagen sind prinzipiell aufgebaut aus Abwickler, Beschichtungsvorrichtung, (Kaschierung), Trockenkanal, Kühlzone, (Delaminierung), Aufwickler. Die Beschichtungsmassen können ein- oder beidseitig auf den textilen Träger aufgebracht werden.
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Die Beschichtung erfolgt häufig in mehreren Strichen:
• Ein Grundierungs- oder Haftstrich sorgt für die ausreichende Haftung zum Textil.
• Der Zwischen- oder Füllstrich gibt dem ganzen System Fülle und Steifigkeit. • Der Deckstrich bestimmt die Oberflächenoptik. Je nach Substrat, Polymer und Endanwendung des Artikels wird das günstigste Auftragsverfahren ausgewählt: • Feinstbeschichtungen für Regenbekleidung oder Regenschirme werden zumeist mit Luftrakeln oder Umkehrbeschichtung aufgebracht. • Schwerbeschichtungen für Planen, Markisen oder Kunstleder mit Walzen-, Gummituch, Walzenschmelz oder dem Reverse-Roll-Coater erfolgen im Direktoder Umkehrverfahren. • Rückenappreturen für Polwaren eignen sich mit dem Reverse-Roll-Coater sowie Walzenrakel. • Schaumauftrag erfolgt mit dem Walzenrakel oder der Rotationsschablone. Direkte Beschichtung Bei den direkten Beschichtungstechnologien wird die Polymermasse auf den textilen Träger aufgebracht und in definierter Weise verteilt und eingearbeitet. Indirekte/Transfer-Beschichtung Da für eine gleichmäßige Beschichtung der textile Träger etwas gespannt werden muss, kann es bei dehnbaren und offenen Qualitäten wie Maschenware oder Vliesstoffen leicht zum Durchschlagen der Beschichtung kommen. In diesem Fall wird eine Transferbeschichtung durchgeführt. Hier wird die Beschichtungsmatrix auf einen Zwischenträger, beispielsweise ein mit Silikon oder PTFE als Trennmittel beschichtetes Papier/Folie, aufgetragen. In die meist noch nasse Beschichtung wird der textile Träger eingelegt und mittels eines Kaschierwerks übertragen. Am Auslauf des Trockenkanals wird das Transferpapier von der Beschichtung getrennt. Wenn das Transferpapier strukturiert ist, können entsprechende Oberflächenstrukturen/-optiken hergestellt werden. Einseitige/beidseitige Beschichtung Gleichzeitig aufgebrachte beidseitige Beschichtungen gewinnen in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung, nicht zuletzt aufgrund der Einsparung von Materialdurchläufen. Bisher dienten sie v. a. zur Verfestigung des Trägergewebes mit niedrigviskosen Pasten. Meist wurde im Foulard getaucht und mit nachfolgendem Luftrakelpaar oder Quetschwalzenpaar die Auftragsmenge eingestellt. Mittlerweile gibt es Anlagen mit beidseitig angebrachtem Rakel-, Pflatsch- oder Rotationsdruck-
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systemen, mit denen die Herstellung von beispielsweise Planen und Membranen, Werbeplakaten, Sonnenschutzlamellen und Schutzbekleidung realisiert wird. Kombiniert werden können hierbei beispielsweise ein PVC Auftrag und Lackierungen auf dichten oder offenen Trägern. Die Auftragsmengen sind auf 1g/m2 genau einstellbar. Rakelverfahren Bei den verschiedenen Rakelverfahren ist das eigentliche Streichmesser – das Rakel – an einem quer zur Warenbahn angebrachten Rakelbalken befestigt, der für einen ruhigen Lauf sorgt und verhindern soll, dass sich das Rakel durchbiegt. Das Rakel besitzt eine Auflagefläche, die sog. Fase, die desto breiter ist, je höher die gewünschte Auftragsmenge ist. Die Rückseite des Rakels kann keilförmig hinterschnitten sein, damit sich die Beschichtungsmasse nicht hinter dem Messer ansammeln kann und der Film nicht abreißt. Für den Auftrag von Schäumen und hochviskosen Pasten wird häufig ein sog. Schuhrakel verwendet, bei dem die Fase nach hinten umgebogen ist. Die Beschichtungsdicke kann nicht nur durch das Auftragsverfahren selbst sondern auch durch den Abstand und den Winkel des Rakels zum Substrat und die Form des Rakels bestimmt werden. Weiterhin sind die Art des Substrats, die Viskosität der Paste und die Warengeschwindigkeit entscheidend [3]. Luftrakel Beim Luftrakelsystem befindet sich ein keilförmiges Rakelmesser mit einer Fase von 1–3 mm auf dem Substrat. Unterhalb des Substrats sind meist zwei feststehende Stützwalzen im Abstand von 20–40 cm angebracht. Das Rakel befindet sich entweder mittig oder zur vorderen Walze hin verschoben zwischen den Walzen. Das Rakel ist immer in Kontakt mit dem textilen Träger und drückt die Beschichtungsmasse in das Substrat. Die Rakelstellung, der Rakeldruck und die Oberflächenstruktur des Substrats bestimmen die Auftragsmenge ebenso wie Zugkraft und Geschwindigkeit. Üblich sind 5–50 g/m2 je Strich. Da die Einstellung der Auftragsmenge schwierig ist, kann unterhalb des Rakels noch eine dritte, kleinere Walze als Stützwalze angebracht werden. Das Luftrakel wird hauptsächlich für Feinbeschichtungen z. B. für Regenbekleidung oder Airbag und für Grundierungsstriche z. B. bei Schutzkleidung sowie für poröse Beschichtungen benutzt. Walzenrakel Ist eine höhere Auflagemenge oder eine mehr obenaufliegende Beschichtung erwünscht, werden zumeist Walzenrakelsysteme benutzt. Bei diesen Rakelsystemen besteht zwischen textilem Träger und Rakel ein definiert eingestellter Spalt, wodurch die Auflagemenge eingestellt werden kann. Das Rakelmesser befindet sich direkt über einer fest fixierten Walze. Die Fase beträgt hier 3–20 mm. Eine verchromte Stahlwalze stellt die preiswerteste Ausführung dar. Den Auftragsmengen sind hier
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nach oben kaum Grenzen gesetzt. Für sehr geringe Auftragsmengen von 5–10 g/m2 mit hoher Gleichmäßigkeit sollten Hartgusswalzen eingesetzt werden. Für stark strukturierte Substrate empfiehlt sich eine Walze mit Gummiüberzug. Hier sind Auftragsmengen von 50–100 g/m2 üblich. Der Walzenrakelauftrag kommt sowohl für wässrige und lösemittelhaltige Systeme in Frage, auch die Verarbeitung von Schmelzklebern und Thermoplasten ist damit möglich. Einsatzgebiete des Walzenrakels sind z. B. die Herstellung von Polsterstoffen, Transportbändern, Kunstleder sowie der Auftrag von Stabilschaum. Gummituchrakel/Tischrakel Beim Tisch- und Gummituchrakel befindet sich das Rakelmesser über dem Substrat, welches über einen Tisch oder ein gespanntes Gummituch geführt wird. Schwerbeschichtungen wie Planen, Markisen oder Kunstleder werden mit dem Walzen- oder Gummituchrakel appliziert. Anwendungen des Tisch- und Gummituchrakels werden allerdings durch Umkehrverfahren und Weiterentwicklungen des Walzenrakelsystems immer mehr verdrängt. Walzenauftragsverfahren Pflatschwerk/Kiss-Coater Das Pflatschwerk, auch Kiss-Coater genannt, ermöglicht Dünnbeschichtungen mit niedrigviskosen Pasten z. B. auf Polsterstoff. Das zu beschichtende Material läuft dabei oberhalb einer Auftragswalze, welche in einem Behälter mit der Beschichtungsmasse taucht. Die Auftragswalze drückt nur leicht von unten an das Substrat. Die Schichtdicke kann mittels eines Abstreifrakels oder -walze an der Auftragswalze reguliert werden. Die Auftragsmenge kann nicht so definiert aufgebracht werden wie mit den vorher beschriebenen Rakelsystemen. In manchen Fällen kann auch ein Glättrakel am Substrat selbst für eine Vergleichmäßigung verwendet werden. Umkehrwalzensysteme Bei den Umkehrwalzensystemen handelt es sich um ein Walzenauftragssystem mit 2 bis 4 Walzen, bei dem ein flüssiger Film über die Walzen gezogen und mit der letzten auf das Substrat übertragen wird. Die Auftragsmenge wird über die Drehrichtung, die Differenzgeschwindigkeit sowie die Spaltgrößen zwischen den Walzen bestimmt. Es treten hohe Scherkräfte auf, weshalb dieses Verfahren nicht für alle Pasten geeignet ist. Der Walzenauftrag wird gerne für Rückenbeschichtungen von Polware eingesetzt. Ebenso für Schlusslackierungen – sog. Top-Coats – auf Beschichtungen mit 2–30 g/m2. Auch High-Solids können mit diesem Verfahren aufgetragen werden. Bei den Mehrwalzenauftragssystemen kann die Speisung der Schöpfwalze aus einem Vorratstrog, in den die Walze eintaucht, aus einem über der Walze angebrachten Kasten oder aus einem Nipp zwischen zwei Walzen erfolgen. Die Schöpf-
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2 Verfahren
walze übergibt die Paste an eine weitere sich gegenläufig drehende Walze. Zur Vergleichmäßigung des Auftrags und zur Einstellung der Auftragsmenge können an der Schöpfwalze und/oder der eigentlichen Auftragswalze Abstreifrakel bzw. Abstreifwalzen angebracht sein. Druckverfahren Walzendruck Für Dünnstbeschichtungen und Schlusslackierungen sowie designierten Auftrag kommen Gravurwalzen zum Einsatz. Die Gravur bestimmt Auftragsmenge und -muster. Über der Gravurwalze kann außerdem ein Abstreichrakel angebracht sein. Die Walze befindet sich nur an der Substratoberfläche, daher wird die Beschichtung nicht ins Substrat eingedrückt. Rotationssiebdruck Der Rotationsschablonendruck von Pasten und insbesondere Schaum auch in großen Breiten ist Stand der Technik für Technische Textilien, Sportartikel und Vliesstoffe. Hierbei können Schichten von 5–120 g/m2 erzeugt werden. Wird eine feine Rasterung verwendet, ist die Herstellung von porösen und atmungsaktiven Feinbeschichtungen möglich. Ein der Schablone nachgeschaltetes Glättrakel sorgt für geschlossene Beschichtungen. Hauptsächlich werden wässrige Systeme verarbeitet. Ein designierter Auftrag für modische Effektbeschichtungen ist möglich; ebenso punktförmige, nicht sichtbare Griffbeschichtungen von ca. 30 g/m2. Hot-Melt Applikation Thermoplastische Polymere wie z. B. PP, PA, PET, EVA oder PU können als trockenes Pulver bzw. im aufgeschmolzenem Zustand auf den Träger aufgebracht werden. Das Entfernen von Wasser bzw. Lösemittel entfällt, auch Restpasten fallen nicht an, da nicht aufgebrauchtes Material wieder aufgeschmolzen werden kann – sofern es sich dabei nicht um ein vernetzendes System wie z. B. reaktives PUR handelt. Das aufgeschmolzene Polymer darf nicht zu lange Wegstrecken der Umgebungsluft ausgesetzt werden, damit eine vorzeitige Abkühlung nicht zu Beschichtungsfehlern führt. Alle Materialtransport- und Auftragselemente müssen daher beizt werden. Der Hot-Melt-Auftrag wird selten zur Erzeugung von sichtbaren Beschichtungen verwendet, sondern zumeist um zwei Warenbahnen zu kaschieren. Pulverbeschichtung Bei der Pulverbeschichtung wird das Beschichtungspolymer in der Regel im festen Zustand über Rüttelsiebe oder Bürstenwalzen gleichmäßig und dosiert auf die Warenbahn aufgebracht. Anschließend wird das Pulver zu einem Film aufgeschmolzen, abgekühlt und in der Regel mit einem Presswalzenpaar geglättet. Mit diesem
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Auftragsverfahren ist eine hohe Variation der Auftragsmenge von 10–1000 g/m2 möglich. Walzenauftrag Das thermoplastische Polymer wird in einem gesonderten Behälter aufgeschmolzen und über beheizte Schlauchsysteme einem beheizten Vorlagekasten zugeführt. Die Auftragswalze ist ebenfalls beheizt und kann glatt oder graviert ausgeführt sein. Die aufgeschmolzene Masse wird von dieser Walze direkt auf das Substrat aufgetragen. Für hochviskose Medien kann das Auftragssystem auch als Drei-Walzen-Auftragswerk konstruiert sein. Düsenauftrag Der Walzenauftrag birgt viele Gefahrenquellen in sich, da z. B. die Beschichtungsmasse relativ lange der Umgebungsluft ausgesetzt ist und dadurch leicht vorzeitig abkühlen kann. Beim Auftrag mit Schlitzdüsen ist der Beschichtungskopf sehr nahe über dem Substrat angebracht. Somit kommt die Schmelze kaum mit der Umgebungsluft in Berührung. Die Düse kann als Breitschlitzdüse über die gesamte Warenbreite ausgebildet sein. Hier besteht die Schwierigkeit darin, diese gleichmäßig zu beheizen und einen Druckabfall und damit ungleichmäßigen Auftrag über die Breite zu verhindern. Gleichmäßigere Auftragsmengen sind daher mit schmalen Düsen von wenigen Zentimetern Breite leichter möglich. Diese bieten zudem den Vorteil, dass die Beschichtungsbreite einfach variiert werden kann und auch designierter Auftrag durch Abschalten einzelner Düsen möglich ist. Thermisches Spritzen Das thermische Spritzen ist ein Oberflächenbeschichtungsverfahren bei dem in einer Wärmequelle ein pulver- oder drahtförmiger Spritzzusatzwerkstoff an- oder aufgeschmolzen und auf eine Bauteiloberfläche beschleunigt wird. Dort erstarrt das Schichtmaterial und bildet nach und nach eine Schicht. Damit können flexible, technische Textilien mit keramischen und metallischen Hartstoffschichten beschichtet werden. Prinzipiell lassen sich alle Werkstoffe verarbeiten, die eine stabile schmelzflüssige Phase bilden. Dies sind in erster Linie oxidkeramische Werkstoffe (Aluminiumoxid, Titanoxid, Chromoxid, Zirkonoxid), eine breite Palette metallischer Legierungen auf Eisen-, Ni-, Cr- und Co-Basis sowie Werkstoffverbunde aus Carbiden in metallischer Matrix (sog. Cermets). Neben diesen werden auch Sonderwerkstoffe für biomedizinische Anwendungen wie z. B. für Hüftprothesenschäfte verarbeitet, wie Titan und Hydroxylapatit. Zu den Vorteilen des thermischen Spritzens zählen eine hohe Auftragsrate und der Betrieb unter normalen atmosphärischen Bedingungen. Von großer Bedeutung ist die geringe thermische Belastung des Bauteils durch eine Substratkühlung. Ein Aufschmelzen des Substrates findet entweder überhaupt nicht oder bei Substraten
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mit niedrigem Schmelzpunkt nur in einer wenigen µm dicken Grenzschicht statt. Die bisherigen Ergebnisse zeigen eine sehr gute Haftung der Schichten auf dem Textil durch Formschluss mit den einzelnen Fasern. Im Gegensatz zu anderen Techniken wird hier kein Bindermaterial benötigt – d. h. die Beschichtung kann in ihren ursprünglichen und damit extremen Eigenschaften verbleiben und es entsteht eine wasserdampfdurchlässige Schicht. Die Beschichtungen mit Keramik und Metallen auf technischen Textilien verändern die Eigenschaften hinsichtlich Lichtbrechung/Lichtreflexion, höherer Wärmewiderstand, Erhöhung der Reibung und der chemischen Beständigkeit, Verbesserung des Brennverhaltens, Erhöhung der Abrasionsbeständigkeit, elektrische Leitfähigkeit und antistatisches Verhalten, Benetzungsverhalten, Topographie. Die potenzielle Anwendungen für Keramik- und Metallbeschichtungen liegen in den Bereichen von Flamm- und Brandhemmung; Schutzbekleidung gegen Flammen, Hitze; Stichschutz, Ballistik; Semipermeable Membrane; Biomedizinische Anwendungen; bei Metallen: elektrische Leitfähigkeit und Schirmwirkung gegen elektromagnetische Wellen. Inzwischen stehen online-fähige Anlagen zur Verfügung [4].
2.4.2 Nanotechnologien und Dünnstbeschichtungen Thomas Stegmaier, Petra Schneider ITV Denkendorf Der Ausdruck „Nano“ ist nicht klar definiert. Die obere Grenze wird manchmal bei 1 µm gesehen. Aber im Allgemeinen ist der Bereich zwischen einigen Nanometern bis zu 100 Nanometern gemeint. Im Folgenden wird der Nanometerbereich als ≤ 0.1 µm betrachtet. Nanoskalierte Systeme können auf Fasern oder textilen Strukturen auf verschiedene Weise appliziert werden. Beim Spinnen von Fasern ist von Interesse:
• den Faserdurchmesser auf 2–100 nm zu reduzieren • Nanostrukturen im Faserpolymer zu erhalten durch Einsatz von Nanopartikeln •
(z. B.: Pigmente, Titandioxid, Zirkonoxid, Tone) oder mit Nano Phasenseparationsprozessen in Polymeren die Oberfläche in topografischer Weise zu modifizieren (z. B. profilierte Fasern oder auf chemischem Wege
In der Verarbeitung von Fasern liegt das Interesse in der Applikation von Schichten durch:
• nanoskalierte Dicken, z. B. für optische Effekte • Nanofüller oder der Phasenseparationstechnologie und selbstorganisierende Monolagen
• Spezialadditive für gewünschte topographische und chemische Eigenschaften
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Chemie Im Bereich der chemischen Hilfsmittel gehen Entwicklungen voran, in denen Kombinationen aus Nanopartikeln und Bindern überwiegend zur Erzeugung physikalischer und chemischer Funktionen verwendet werden. Diese, eine Nanocompositartige Beschichtung erzeugenden Medien, sind zur dauerhaften Textilveredlung vorgesehen. Beispiele sind bioaktive, antimikrobielle Partikel (z. B. Silber), photoaktive Partikel (z. B. TiO2), leitfähige und magnetische Partikel (z. B. Metalle u. Metalloxide), farbgebende Pigmente, UV-absorbierende Partikel (z. B. ZnO), und andere. Nanocomposit darstellende Faserbeschichtungen, welche die Abrasionsbeständigkeit eines Textils verbessern, sind für Sol-Gel-beschichtete Glasgewebe bekannt. Die Applikation solcher nanoskaliger Hilfsmittel auf textile Flächen geht oftmals mit Problemen einher (Dispersionsinstabilität, Textilversteifung, Auftragsinhomogenität, etc.) und erfordert eine gute Entwicklungsarbeit [5, 6]. Nanostrukturierte Oberflächen Nanostrukturierte, raue, superhydrophobe Textilien haben in den letzten Jahren großes Interesse gewonnen. Derartige Oberflächen werden am ITV Denkendorf mit dem Ziel entwickelt, selbstreinigende Oberflächen nach dem Vorbild des LotusEffektes zu erreichen.
Abb. 2.74 Abrollender Honigtropfen auf Lotus-Effect Textil
Im Vergleich zu den etablierten Fluorcarbonausrüstungen wird dabei eine erheblich bessere Abreinigung von Trockenanschmutzungen durch das einfache Abreinigen mit Wasser erzielt. Die Restkontamination wird dabei um bis zu 90% reduziert. Für die Auszeichnung von Textilien, die die Kriterien eines neuen Qualitätszeichens erfüllen, vergibt das ITV ein Prüfsiegel.
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Abb. 2.75 Prüfsiegel für Lotus-Textilien
Sputtern/Plasma Physical Vapour Deposition PVD bezeichnet verschiedene plasmagestützte Verdampfungsverfahren unter Hochvakuumatmosphäre, bei denen Atome oder Moleküle in die Gasphase überführt werden und anschließend als fester Film auf einem Substrat kondensieren. Für die Beschichtung von Textilien mit Metallen ist v. a. das Kathoden-Zerstäuben = Sputtern interessant. In dieser Technologie steckt noch erhebliches Potential, um nicht nur metallische, sondern beispielsweise keramische Schichten für den Ballistikschutz auf Textilien zu erzeugen [7, 8]. Vorbehandlung und Schichtabscheidung im Atmosphärendruckplasma Aufgrund ihrer faserschonenden, oberflächenselektiven und umweltfreundlichen Modifizierungsmöglichkeiten sind plasmaphysikalische Behandlungen unter Atmosphärendruck besonders prädestiniert für eine innovative Oberflächenmodifizierung technischer Textilien. Das auf breite Bahnenware zugeschnittene Verfahrenskonzept ermöglicht eine trockene Modifizierung der Oberflächeneigenschaften, um umweltbelastende Prozesse zu substituieren sowie innovative anwendungstechnische Effekte zu ermöglichen. Am ITV Denkendorf führten die Entwicklungsarbeiten auf diesem Gebiet zu einer multifunktionalen Pilotanlage, bei der Textilen oder einzelne Garne kontinuierlich in eine definierte Gasatmosphäre überführt und behandelt werden können. Je nach verwendetem Prozessgas und Parametereinstellung können mit der Anlage Oberflächen aktiviert oder Schichten auf der Faseroberfläche aufgebaut werden. Durch ein Schleusensystem ist es möglich, den Sauerstoffgehalt im Plasma über vier Größenordnungen zu variieren. Während bei erhöhtem Sauerstoffgehalt das Plasma dem Substrat hydrophile und haftungsverbessernde Eigenschaften verleiht, ist unter einer stark sauerstoffreduzierten Prozessgasatmosphäre mit geeigneten Reaktivgasen möglich, Textilien im Plasma mit einer stark oleophoben Polymerschicht auszurüsten. Verschiedene Aspekte zum Einfluss der vor der Endausrüstung ver-
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Abb. 2.76 Plasmaanlage im Atmosphärendruck für durchlaufende Textilbahnen. Quelle: Siago
wendeten Ausrüstungsmittel, zur Effektivität der Behandlung sowie zum Gashaushalt sind zu beachten. Mit dieser Technologie ist die Abscheidung von ölabweisenden Schichten mit nanometerdicken Schichten möglich. Bereits eine extrem dünne Schicht führt zu einer guten Ölabweisung. Die Wirtschaftlichkeit der durch das Plasma aufgebrachten hydrophoben bzw. oleophoben Ausrüstung kann durch die verbesserte Gasausbeute deutlich gesteigert werden. Beschichtungen mit Nanofasern Neben der Beschichtung mit Pasten sind Dünnstbeschichtungen von feinen Fasern direkt aus der Spinnlösung möglich. Dies ist insbesondere für Filteranwendungen von hohem Interesse, da hier die Nachfrage nach Filtermedien mit hoher Filtereffizienz im Submikrometerbereich zunimmt. Die Forderung basiert auf dem Bedarf für die Filtration von Aerosolen und der für die Industrie immer wichtiger werdenden Nanopartikel sowie der Forderung nach einer effektiven Barriere gegen Bakterien (< 0,3 µm), Viren und andere Mikroorganismen. Je kleiner die Faser des Filters, desto kleinere Partikel können abgeschieden werden. Der Durchmesser von natürlichen als auch synthetischen Fasern variiert zwischen 10 und 20 µm. Mikrofasern und Bikomponenten-Splittfasern erlauben 3 bis 7 µm. Meltblow und Lösungsblasen erreichen bis 1 µm Faserdurchmesser. Mit dem elektrostatischen Spinnen können weit darunter liegende Faserdurchmesser erzielt werden.
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Beim elektrostatischen Spinnen wird eine Polymerlösung unter einem definierten Vordruck einer Düse zugeführt. Zwischen dieser und einem Kollektor (rotierenden Trägerstab oder Förderband) wird ein elektrisches Feld angelegt. Unabhängig von Polymer, Lösungsmittel und Lösungskonzentration hat sich ein Verhältnis von Spannung zu Düsenabstand in der Größenordnung von 1 kV/cm als geeignet erweisen. Der Düsendurchmesser liegt üblicherweise um 100 µm. Durch das vielfache Aufspleißen werden kleinere Faserdurchmesser erzielt. Darüber hinaus ist das Verdampfen des Lösungsmittels zu beachten, das zusätzlich eine Querschnittsreduktion um Faktor 10 bringt. Durch das sog. „Whipping“ kann eine Verstreckung der Faser erreicht werden. Auch hier kann man leicht die Durchmesserreduktion von 1 µm auf 0,1 µm als 100-fache Verstreckung der Primärfaser berechnen. Die Anforderungen an das Polymer sind zunächst den anderer Faserbildungsprozesse aus Lösung vergleichbar. Mit amorphen Polymeren werden sehr regelmäßige Vliesstrukturen durch das elektrostatische Spinnen erzeugt. Nanofasern konnten in eigenen Versuchen bislang jedoch nur mit kristallbildenden Polymeren erzielt werden. Für das elektrostatische Spinnen sollte das Polymer polare Struktur aufweisen. Mit verschiedenen Polyurethanen und Co-Polyestern konnten regelmäßige Strukturen im µm-Bereich erzeugt werden. Interessant ist insbesondere die Erzeugung von mikroporösen Faseroberflächen, wie sie auch für Polymilchsäure gezeigt werden konnten. Mit Lösungen aus Polyethylenoxid PEO, Polyvinylalkohol PVA, Polyacrylnitril PAN sowie Polyimid wurden Fasern im Nanometerbereich hergestellt. Die geeigneten Lösungskonzentrationen sind naheliegenderweise abhängig vom Polymer, dessen Molmasse sowie dem Lösungsmittel. Gute Ergebnisse wurden zwischen 5 und 20 Vol.-% erzielt, wobei der Vorzug im mittleren Bereich liegt. Normalerweise ist die Produktivität im Spinnprozess mehr oder weniger proportional zum gesponnenen Faserdurchmesser. Mit den Möglichkeiten des Elektrostatischen Spinnens können Nanofasern nur mit einem geringen Ausstoß produziert werden. Eine kritische Limitierung stellt die Verdampfung des Lösemittels dar. Ist der Restlösemittelgehalt zu hoch, lösen sich die Fasern wieder auf dem Träger auf. Zur Zeit sind Entwicklungen am ITV Denkendorf in Gange, die Produktivität des Verfahrens erheblich zu steigern durch die Anwendung einer Rotationstechnik für das Versprühen der Fasern.
2.4.3 Messtechnik Thomas Stegmaier, Petra Schneider ITV Denkendorf Die für eine hohe Qualität erforderlich Prüf- und Messtechnik ist prinzipiell zu unterscheiden in online fähige Verfahren und in Verfahren, die im Labor oder direkt in der Produktion durchgeführt werden können.
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2.4.3.1 Online Prüftechnik – zerstörungsfrei Thomas Stegmaier, Petra Schneider ITV Denkendorf Während der Produktion können durch geeignete Sensoren folgende Kennwerte kontinuierlich erfasst und ggfs. auch für Regelprozesse eingesetzt werden:
• • • • • • • •
Schichtdicke (z. B. Ultraschall) Feuchtegehalt (z. B. über Mikrowellenabsoption) Oberflächentemperatur (z. B. mittels IR-Sensoren), Flächengewicht (z. B. über radiometrische Analysen) Luftdurchlässigkeit (z. B. mit Luftwiderstandssensoren) Kett- und Schussdichte (z. B. über Kameras) Strukturen (über optische Systeme) Dimensionsänderungen (über optische Systeme)
2.4.3.2 Laborprüftechnik Thomas Stegmaier, Petra Schneider ITV Denkendorf Alle online erfassbaren Kenngrößen sind prinzipiell auch im Labor ermittelbar. Zusätzliche Kennwerte sind:
• • • • • • • • • • •
Kraft-Dehnungsverhalten (Höchstzugkraft/-dehnung) Biegefestigkeit Dicke Delaminationsverhalten Anschmutz- und Abreinigungsverhalten Wasch-/Chemisch Reinigungsbeständigkeiten Beständigkeiten gegen UV Beständigkeiten gegen Flüssigkeiten, Gase, Säuren, Laugen, Chemikalien Emissionen (z. B. Foggingverhalten) Brennverhalten Alterungsverhalten
Das Spektrum lässt sich analog der großen Vielfalt der Anwendungen für beschichtete Textilien stark erweitern.
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2.4.4 Qualitätssicherung Thomas Stegmaier, Petra Schneider ITV Denkendorf Die Qualität eines Produktes zeichnet sich durch den Wert, die Güte sowie das Niveau und die Beschaffenheit aus. Die Qualität wird nicht nur durch Auswahl geeigneter Materialien erreicht, sondern auch durch Erzielung der geforderten Eigenschaften für den jeweiligen Einsatzbereich. Eine gleichbleibende Qualität eines Produktes erfordert eine gezielte, funktionierende Qualitätssicherung. Die hohen Anforderungen an die Produkte, insbesondere bei den Technischen Textilien, seitens der Anwender können nur durch eine lückenlose Qualitätssicherung erreicht werden. Als Beispiele sind hier textile Produkte zur Anwendung im Automobilbereich, in der textilen Architektur sowie bei Filtermedien erwähnt. Die Sicherstellung der gleichbleibenden Qualität eines Produktes kann nur durch stetige Kontrolle der zur Herstellung verwendeten Materialkomponenten wie Faserund Beschichtungsmaterialien, der Herstellungsprozesse sowie der geforderten und erzielten Eigenschaften erreicht werden. Jede Veränderung der Materialkomponenten oder des Herstellungsprozesses kann die Produkteigenschaften grundlegend beeinflussen. Die Charakterisierung der geforderten Eigenschaften der Produkte erfolgt anhand von dafür relevanten Merkmalen. Die Ermittlung der Merkmale erfolgt in den meisten Fällen mit Hilfe von standardisierten Prüfverfahren. Bei Merkmalen, für die keine Standardprüfverfahren zur Verfügung stehen, kommen vom Anwender und Forschungsstellen entwickelte und bewährte Prüfverfahren zum Einsatz. Eine Prüfung im Sinne einer Qualitätssicherung hat nur dann einen Sinn, wenn das ermittelte Merkmal einer Eigenschaft zugeordnet werden kann. Wegen der komplexen Zusammenhänge und Wechselwirkungen in der Textiltechnik ist diese Aufgabe schwierig. Anhand der Eigenschaft „Griff “ soll diese Aussage etwas verdeutlicht werden: Der „Griff “ wird oft und vielseitig beurteilt. Wie wird jedoch der „Griff “ gemessen? Dabei ist interessant, dass nicht die Eigenschaft „Griff “ bewertet wird, sondern Merkmale, die den Griff beeinflussen können. Es sind z. B.
• • • • •
Biegesteifigkeit Oberflächenreibung Fallneigung Dehnverhalten Dicke/Kompressibilität etc.
Diese und weitere relevante Merkmale werden der Eigenschaft „Griff “ zugeordnet und dann daraus die Griff-Messgröße ermittelt. Beschichtete Materialien, die überwiegend im technischen Bereich Einsatz finden, benötigen im Vergleich zu Bekleidungs- und Heimtextilien, je nach Anwen-
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dungsbereich spezielle Prüfungen. Sie sind im Gebrauch verhältnismäßig härteren mechanischen, chemischen und weiteren Umwelteinflüssen ausgesetzt. Dies erfordert eine ausreichende Produktionskontrolle und Qualitätssicherung, damit die Qualität der Produkte im Gebrauch langfristig gesichert ist. Die zur Qualitätssicherung von beschichteten Materialien relevanten Merkmale und die Prüfverfahren zu deren Ermittlung können in drei Bereiche aufgeteilt werden:
• Merkmale und Prüfverfahren zur Ermittlung der Identitätseigenschaften eines Produkts.
• Merkmale zur Charakterisierung der funktions- bzw. anwendungsorientierten Eigenschaften von Produkten und Prüfverfahren zu deren Ermittlung.
• Merkmale und Prüfmethoden zur Analyse z. B. Schadensanalysen. Literatur [1] Irnich R., Jestel F. (2001) Beschichtung von Maschenware mit Polyurethanen. Maschen-Industrie, Heft1, S. 28-30 [2] Kubin I. (2001) Modische und funktionelle Beschichtung für die Oberbekleidung. Melliand Textilberichte, Heft 6, S. 500-506 [3] Arbeitgeberkreis Gesamttextil – Eschborn (Hrsg.) (1992) Ausbildungsmittel Unterrichtshilfen: Textilveredlung, Beschichten. Eschborn [4] Hardtke G., Chares M., Fuchs H.(2003) Flüssigkeramik – neues Beschichtungssystem für funktionelle technische Textilien. Technische Textilien, Heft 1, S. 72-74 [5] Amberg-Schwab, S. (2003) Spezifische Funktionalisierung von Chemiefasern durch neue Beschichtungsmaterialien. Technische Textilien, Heft 2, S. 137-140 [6] Böttcher H. (2001) Sol-Gel-Beschichtung auf Textilien – Möglichkeiten und Probleme. Textilveredlung, Heft 3/4, S. 16-20 [7] Dietzel, Y., Offermann, P., Scholz, J., Nocke, G.: (2002) Beschichtung: Zukunftspotential von PVD-Beschichtungen. Textilveredlung, Heft 5, S.12-15 [8] Kabir H., Offermann P., Matthess J., Nocke G., Matthess K., Simon F. (2003) Neue Möglichkeiten der Textilveredlung durch PVD-Schichten. Technische Textilien, Heft 5, S. 282-284
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2.4.5 Physikalisches Abscheiden von Schichten aus der Dampfphase Yvette Dietzel Sächsisches Textilforschungsinstitut e.V. (STFI) Peter Offermann TU Dresden, Institut für Textil- und Bekleidungstechnik Verfahrensprinzipien Mittels PVD-Technologien werden textile Flächen, aber auch Faserrovings, mit verschiedenen Metallen, Metalllegierungen, Oxiden oder Keramiken beschichtet. Der Begriff PVD-Technologie (Physical Vapor Deposition) steht für alle plasmagestützten Verdampfungsverfahren unter Hochvakuumbedingungen. Atome oder Moleküle eines festen Ausgangsmaterials werden durch Einwirkung physikalischer Mechanismen (z. B. Zufuhr thermischer Energie oder Impulsübertrag beim Beschuss mit hochenergetischen Teilchen) in die Gasphase überführt und kondensieren anschließend als fester Film auf dem Substrat. Einen historischen Abriss zur Entwicklung der Vakuumtechnik gibt Mattox [1]. Die Prinzipskizze für die PVD-Beschichtung von Bahnware zeigt Abb. 2.77.
Abb. 2.77 Prinzip der PVD-Verfahren
2.4 Beschichten
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Die PVD-Verfahren werden im Bereich des Fein- und des Hochvakuums bei Drücken von 10–7 bis 10–3 mbar durchgeführt. Nach DIN 8580:2003 Fertigungsverfahren – Begriffe, Einteilung gliedern sich die PVD-Technologien in das Vakuumbedampfen und das Vakuumbestäuben, auch Kathodenzerstäuben oder Sputtern genannt. Zu den industriell am weitesten entwickelten Technologievarianten gehören das thermische Aufdampfen, das Elektronenstrahl-Verdampfen, das VakuumbogenVerdampfen und das Kathodenzerstäuben [2]. Da aufgedampfte Schichten im Allgemeinen nicht sehr haftfest sind und um Oxidation, Korrosion oder Abrieb vorzubeugen, werden die Stoffe häufig mit einer zusätzlichen Acrylat-, Fluorcarbon-, Melaminharz- oder Polyurethanschicht überzogen. Anlagentechnik Prinzipiell unterscheiden sich die Bandbeschichtungsanlagen nach der Art des Durchlaufs der Bahnware in Rollcoater und in Luft-zu-Luft-Anlagen. Nahezu alle derzeit am Markt befindlichen Anlagen arbeiten im quasikontinuierlichen Rollcoaterprinzip. Hierbei befinden sich die Wickel- und die Beschichtungskammer in einem Beschichtungskessel. Diese Anlagen können mit Vorratsrollen von bis zu 24000 m Lauflänge (Folien) bei Bahnbreiten von 1,5 m bis 2 m beschickt werden. Abbildung 2.78 zeigt den schematischen Aufbau solcher Rollcoater. Zu den System- bzw. Anlagenkomponenten gehören neben der Beschichtungskammer verschiedene Evakuierungs-, Gas- und Kühlsysteme, eine Stromversor-
Abb. 2.78 Anlagenprinzip
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2 Verfahren
gung sowie die Anlagensteuerung einschließlich des Messwerterfassungssystems. Bezüglich einer detaillierten Auflistung und Beschreibung von PVD-Beschichtungsverfahren einschließlich physikalischer Zusammenhänge wird u. a. auf Kienel und Pulker verwiesen [2–4]. Für die Beschichtung von Textilien wird im Allgemeinen auf die Anlagentechnik aus der Folienbeschichtung zurückgegriffen. Verosol Fabric, Eibergen, Niederlande, verfügt als einziges Unternehmen weltweit über eine Hochvakuumanlage, die speziell für die Metallisierung von Textilien entwickelt wurde. Vakuumtechnik Der Arbeitsdruck (i. a. ~10–4 mbar) muss schnell erreicht und während des Umrollens und Beschichtens aufrechterhalten werden. Um die in Abhängigkeit von Material und Vorbehandlung durch Desorption aus dem Substrat frei werdenden großen Gasmengen abzuführen, basieren die Beschichtungsanlagen meist auf Mehrkammersystemen, wo Entgasung und Beschichtung unabhängig voneinander ablaufen und für beide Zwecke separate Vakuumpumpstände verwendet werden [2]. Bei Zwei- oder Mehrkammeranlagen befinden sich alle stark gasenden Teile in der Wickelkammer. Um in der Wickelkammer mit einem möglichst kleinen Saugvermögen auszukommen und um Kosten zu sparen, entgast man bei Drücken um etwa 10–2 bis 10–3 mbar. Evakuiert wird über einen Vakuumpumpstand. Er besteht aus Öldampfstrahlpumpe, Wälzkolbenpumpe, Trochoidenpumpe und einer im Rezipienten befindlichen maschinengekühlten Fläche zur Kondensation von Wasserdampf [2]. In der Beschichtungskammer legt die Bahnware nur einen sehr kurzen Weg zurück. Diese Kammer wird in der Regel durch eine Öldiffusionspumpe evakuiert, der eine Wälzkolbenpumpe und eine Trochoidenpumpe vorgeschaltet sind [2]. Wickelsystem Das Wickelsystem besteht aus aufwendigen und komplizierten Walzensystemen, um die Substrate mit gleichmäßiger Geschwindigkeit faltenfrei und kantengerade an der Verdampfungsquelle vorbeizuführen. Zwischen Abwicklung und Aufwicklung liegt eine gekühlte Walze. Sie hält die Substrattemperatur während der Beschichtung niedrig und bestimmt die Bandgeschwindigkeit [2]. Zur Aufrechterhaltung eines bestimmten Bandspannungsprofils werden die Ab- und Aufwickelwalzen über Dreh- oder Servomotoren durchmesserabhängig geregelt angetrieben. Breitstreckwalzen vor der Beschichtungs- und vor der Aufwickelwalze sorgen für eine faltenfreie Führung des Substrates. Der Wickelgeschwindigkeit sind im Prozessverlauf Grenzen gesetzt. Die Wärmebelastung des Substrates nimmt mit abnehmender Bandgeschwindigkeit zu. Auch bei zu großen Bandgeschwindigkeiten können zu hohe Substrattemperaturen auftreten [2].
2.4 Beschichten
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Verdampfungsquellen Die Wahl der Verdampfungsquelle (widerstandsbeheizte Schiffchen, Elektronenstrahlkanone, Sputterquelle usw.) hängt u. a. vom Beschichtungsmaterial, der gewünschten Schichthaftung, der Schichtdickengleichmäßigkeit und Schichtreproduzierbarkeit sowie der Geschwindigkeit, mit der die Beschichtung erfolgen soll, ab. Die Quellen können je nach Schichtsystem in ein oder mehreren Kammern angeordnet sein [2]. Prozesskontrolle Für die Prozesskontrolle ist eine zuverlässige Online-Messung der wesentlichen Schichtparameter ortsaufgelöst quer über die Bandbreite notwendig. Zur indirekten Bestimmung der Schichtdicke und Schichtdickengleichmäßigkeit wird häufig der elektrische Schichtwiderstand zwischen zwei Messwalzen, die sich zwischen der Beschichtungswalze und der Aufwicklung befinden, bestimmt. Bei teildurchlässigen Schichten kann die Schichtdicke auch durch optische Transmission über den interessierenden Wellenlängenbereich ermittelt werden. Bei Textilien können die Schichtparameter über Vorlaufstücke aus Folie eingestellt werden [2]. Einflussfaktoren auf die Schichtqualität Mittels PVD-Technologien können theoretisch alle ausreichend thermisch und im Vakuum beständige Faserstoffe beschichtet werden. Die Einsatzbereiche dieser Werkstoffe fordern eine genügend große Schichthaftung und eine möglichst lange Funktionstüchtigkeit des Produkts. Die Adhäsion hängt wesentlich von den atomaren Bindungskräften im Interface Substrat-Schicht, dem Typ der Interface-Zone, der Mikrostruktur der Schicht, der Art der Vorbehandlung des Substrats, den inneren Spannungen im Substrat-Schicht-Verbund sowie den jeweiligen Beanspruchungen ab. Um eine optimale Schichthaftung und -funktionalität zu garantieren, ist auf Folgendes zu achten. Der Restfeuchtegehalt der Substrate sollte nicht größer als 2 Vol.-% sein. Einen nicht zu vernachlässigenden Einfluss auf die Beschichtbarkeit der Faserstoffe stellen die im Herstellungs- und Veredlungsprozess eingebrachten Textilhilfsmittel dar, die während des Beschichtungsprozesses ausgasen können. Ein zu hoher Restgasdruck infolge Wasserverdunstung und Ausgasung der Begleitsubstanzen führt zu einem zu hohen in die Schicht eingebauten Fremdgasanteil und damit zu verschlechterten Schichteigenschaften, insbesondere der Schichthaftung [2]. Im ungünstigsten Fall kann die Schichtabscheidung sogar vollständig verhindert werden, da es durch das Ausgasen von Begleitsubstanzen auf der Substratoberfläche bzw. in der Beschichtungskammer zu einem Partialdruckanstieg kommt, in dessen Folge die mittleren freien Weglängen der Beschichtungsteilchen verringert werden (Kollision der Teilchen untereinander verbunden mit Abgabe kinetischer Energie). Des-
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2 Verfahren
halb ist es zweckmäßig, die Substrate vor der Beschichtung gründlich zu reinigen und vorzutrocknen. Auch die Substratkonstruktion hat einen wesentlichen Einfluss auf die Gebrauchseigenschaften [5]. Die sehr dünnen PVD-Schichten legen sich lediglich auf die dem Beschichtungsprozess zugewandten Fasern auf. Um elektrisch leitfähige oder optische Schichten zu generieren, ist eine geschlossene Auflage über die gesamte Substratoberfläche erforderlich. Solche Produkteigenschaften setzen extrem glatte, foliengleiche Substratoberflächen mit geringer Rauigkeit voraus. Folien würden hier für eine optimale Schichtbildung die besten Voraussetzungen bieten, können aber oft aufgrund ihrer Wasserdampfundurchlässigkeit für textile Anwendungen nicht verwendet werden. Bei der Verwendung von Vliesstoffen, Geweben, Gewirken oder Gestricken ist auf Folgendes zu achten. Die aneinander grenzenden Fäden sowie die Fadenverkreuzungen stellen Schwachpunkte zur Abscheidung einer geschlossenen PVD-Schicht dar. Durch die gekrümmten Faseroberflächen bilden sich Schattenbereiche, wo nur sehr wenige oder keine Schichtpartikel hingelangen. Zusätzlich entstehen in Abhängigkeit von der Fadenfeinheit und der Art der Fadenverkreuzungen mehr oder weniger große Luftspalte zwischen den aneinander grenzenden Fäden, siehe Abb. 2.79. Durch Fadenverschiebungen infolge mechanischer Beanspruchung können nichtbeschichtete Bereiche der Fasern aufgedeckt werden, die Defektstellen in der Schicht verursachen. Entgegengewirkt kann diesem Problem durch:
• • • • •
Einsatz von thermisch oder chemisch verfestigten Vliesstoffen Einsatz von Garnen mit kleinem Titer Einsatz von Filamentgarnen anstatt von Kurzstapelfasergarnen Einsatz von Fasern mit geringer Haarigkeit Gewebebindungen mit dichten und engen Fadenverkreuzungen, hohen Schiebefestigkeiten
Für Schichten mit katalytischen Eigenschaften sind wiederum offenporige Oberflächen geeignet.
Abb. 2.79 Problematische Stellen bei der Faserbeschichtung durch Vakuumverfahren
2.4 Beschichten
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Die Struktur und Morphologie dünner PVD-Schichten können bei genauer Kenntnis und entsprechender Einstellung der Beschichtungsparameter sehr unterschiedlich ausfallen. Für die Qualität und Ausbildung der Schichtstrukturen sind die Rauigkeit der Substratoberflächen, die Aktivierungsenergien für die Oberflächen- und die Volumendiffusion der Schichtatome sowie die Adatom-Substrat-Bindungsenergien entscheidend. Zur Beschreibung der Wachstumsprozesse dünner Schichten werden mikroskopische [6–8] und makroskopische Modelle [9] herangezogen. Movchan [10] und Demchishin entwickelten für aufgedampfte Schichten das Dreizonen-Modell, in welchem die Abhängigkeit der Gefügestruktur der Schicht vom Verhältnis der Substrattemperatur zur Schmelztemperatur des Beschichtungsmaterials dargestellt ist. Später erweiterten Thornton [11] und Messier [12] dieses Modell um die Prozessbedingungen Kammerdruck und Ionenbombardement und übertrugen ihre Ergebnisse auf aufgestäubte Schichten.
Literatur [1] Mattox DM (2002) The history of vacuum coating technology. 2002. Donald M. Mattox, 71 Pinon Hill Place NE, Albuquerque, NM 87122-1914 USA. Email:
[email protected] [2] Kienel G (Hrsg.) (1993) Vakuumbeschichtung 5. Anwendungen Teil 2. Düsseldorf : VDI-Verlag, S. 87–88, 90–91, 98, ISBN 3-18-401315-4 [3] Autorenkollektiv (1980) Industrielle Vakuumtechnik. 1. Aufl. Leipzig : VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie [4] Pulker HK (1985) Verschleiss-Schutzschichten unter Anwendung der CVD/PVD-Verfahren. Kontakt & Studium Band 188 Sindelfingen expert, ISBN 3-169-0070-4 [5] Dietzel Y (2004) Beschichtung von textilen Flächen mit den PVD-Technologien reaktives Vakuumbogen-Verdampfen und reaktives Magnetron-Sputtern. Dresden, Technische Universität Dresden, Fakultät Maschinenwesen, Dissertationsschrift http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:swb:14-1103790814484-00373 [6] Kossel W (1927) Zur Theorie des Kristallwachstums. Nachrichten der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen : Mathematisch-Physikalische Klasse S. 135 [7] Stranski IN (1927) . Ann. Univ. Sofia 24 S. 297 [8] Venables JA (1987) Nucleation calculations in a pair-binding model. Physical Review 36 Heft 8 S. 4153–4162 [9] Bauer E (1958) Phänomenologische Theorie der Kristallabscheidung an Oberflächen I. Zeitschrift für Kristallographie Heft 110 S. 372 [10] Movchan BA, Demchishin AV (1969) Study of the structure and properties of thick vacuum condensates of nickel, titanium, tungsten, aluminium oxide and zirconium dioxide. Fiz. Met. i Metalloved. Heft 28 S. 83–90 [11] Thornton JA (1974) Influence of apparatus geometry and deposition conditions on the structure and topography of thick sputtered coatings. Journal of Vacuum Science and Technology Heft 11 Nr. 4 S. 666–670 [12] Messier R, Giri AP, Roy RA (1984) Revised structure zone model for thin film physical structure. Journal of Vacuum Science and Technology A2 S. 500–503
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2 Verfahren
2.5 Schweißen Kai Klopp Andreas Kufferath GmbH & Co. KG Das Schweißen beinhaltet alle Verfahren, bei denen durch die Einbringung von heißer Luft oder heißer Gase, erwärmter Flächen, Widerstandsdrähte, Ultraschall, Infrarot, Laser oder Hochfrequenz Energie in thermoplastische Textilien eingebracht wird. Die zu verschweißenden Materialien müssen thermoplastisch sein, da sich durch das An- bzw. Aufschmelzen, das anschließende Zusammenbringen und Andrücken sowie Abkühlen der Textilien und Beschichtungen die Molekülketten der Fügepartner miteinander verbinden müssen.
2.5.1 Schweißen – Verfahrensübersicht Kai Klopp Andreas Kufferath GmbH & Co. KG Verfahrensprinzip Schweißen ist ein thermisches Verfahren, bei dem durch unterschiedliche Arten der Energieeinbringung die Materialien der thermoplastischen Fügeteile bis zur Erweichungstemperatur erwärmt werden. Durch die dabei auftretende Plastifizierung und durch Aufbringung von Druck werden die Fügeteile miteinander gefügt. Im Anschluss kühlt der Schweißnahtbereich ab. Durch das Aufschmelzen werden die Molekülkettenenden aufgebrochen und lagern sich beim Abkühlen unter Druck neu in der Schweißnaht aneinander. Es existieren folgende Schweißprinzipien zur Energieeinbringung:
• • • • • • • •
Heißluft bzw. andere heiße Gase Beheizte Oberflächen Elektrischer Widerstand Induktion Ultraschall Infrarot Hochfrequenz Laser.
Bei allen Schweißverfahren gilt generell folgende Arbeitsweise [1]: Zunächst werden zwei Fügeteile positioniert; es folgt die Erwärmung bzw. teilweise Aufschmelzung; die Fügeteile werden zusammengepresst und anschließend abgekühlt sowie dem Schweißprozess entnommen.
2.5 Schweißen
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Diese Vorgehensweiße erfolgt beim Schweißen von Textilien nicht diskontinuierlich, sondern kontinuierlich. Die zu fügenden Textilien werden der Schweißmaschine vorgelegt. Verfahrensbeispiele Da das Ultraschall- und Laserschweißen in den Kap. 2.5.2 und 2.5.3 beschrieben wird, erfolgt nun die Beschreibung der Schweißverfahren mit Heißluft, beheizten Oberflächen und Hochfrequenz. Heißluft/heiße Gase: Beim Heißluftschweißverfahren wird heiße Luft bzw. heißes Gas erzeugt, welches im Nahtbereich zur Erwärmung/Aufschmelzung des thermoplastischen Materials führt. In Abb. 2.80 ist das Heißluftschweißen dargestellt, bei dem zur Nahtabdichtung in z. B. Wanderschuhen oder Zelten ein thermoplastisches Band (Tape) zugeführt wird. Das Textil läuft über die untere Walze. Über die obere Walze läuft das Tape in den Schweißbereich vor die Heißluftdüse ein und schmilzt. Obere und untere Walze bauen einen Druck zwischen Tape und Textil auf. Nach der Zusammenführung von Tape und Textil kühlt die Schweißnaht in der Umgebungsluft ab.
Abb. 2.80 Heißluftschweißen. Quelle: ITA + Andreas Kufferath
Beheizte Oberflächen: Durch z. B. elektrische Widerstandsdrähte beheizte Formen bzw. Oberflächen werden in Kontakt mit den zu verschweißenden Materialien gebracht (Abb. 2.81) und
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2 Verfahren
schmelzen das thermoplastische Materialien an (nach Fuchs und Vogel [2]). Der heiße Heizkeil gerät in Kontakt mit den thermoplastischen Materialien. Die erwärmten oder angeschmolzenen Materialien werden durch die obere und untere Anpresswalze zusammengebracht. Es wird ein Druck aufgebaut. Die Schweißnaht zwischen den beiden Textillagen kühlt sich nach den Anpresswalzen ab. Es entsteht ein Schichtverbund. Sollen thermoplastische und nicht-thermoplastische Materialien verschweißt werden, so wird häufig eine Bahn mit einem thermoplastischen Material beschichtet, was dann wiederum mittels Heizkeilschweißen mit einer thermoplastischen Gewebebahn verschweißt werden kann. Durch das Heizkeilschweißen können Planen, Segel und Abdeckungen hergestellt werden. Auch hier soll durch die Schweißnaht eine Dichtigkeit gegenüber Wasser erzielt werden.
Abb. 2.81 Schweißen mit beheizten Oberflächen/Heizkeilschweißen. Quelle: ITA + Andreas Kuf-
ferath
Hochfrequenz: Beim Hochfrequenzschweißen wird eine innere Wärme durch die Einbringung von Hochfrequenz erzeugt (Abb. 2.82). Durch die Hochfrequenz werden Moleküle zu Schwingungen angeregt. Dies erzeugt innere Reibung. Durch diese innere Reibung entsteht die Wärme. Wie bei den anderen vorgestellten kontinuierlichen Schweißverfahren müssen zur Aufbringung des Drucks Anpresswalzen eingesetzt werden.
2.5 Schweißen
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Abb. 2.82 Prinzip des Hochfrequenzschweißens. Quelle: ITA + Andreas Kufferath
Qualität Die Qualität des Heißluft-, Heizkeil- und Hochfrequenzschweißens wird durch unterschiedliche Parameter beeinflusst. Die Schmelzpunkttemperaturen der zu fügenden thermoplastischen Materialien müssen aufeinander abgestimmt sein. Die Schweißtemperatur muss in diesem vorgegebenen Temperaturbereich justiert werden. Weiterhin benötigen die thermoplastischen Textilien Zeit zum Erwärmen. Ist die Produktionsgeschwindigkeit zu hoch, so erwärmen sich die thermoplastischen Materialien nicht richtig und die Textilien gehen keine Fügeverbindung ein oder haften nur aneinander. Die Schweißzeit war zu kurz. Zu lange Schweißzeiten können die thermoplastischen Materialien schädigen, da die Energie zu lange einwirkt. Weiterhin muss berücksichtigt werden, dass durch schnellere Produktionsgeschwindigkeiten erhöhte Bewegungen der Umgebungsluft entstehen und die erforderliche Schweißtemperatur an den thermoplastischen Textilien nicht erreicht wird. Ist der Anpressdruck beim Zusammenbringen der thermoplastischen Materialien zu gering, so können sich die Molekülkettenenden der zu fügenden Textilien in der Abkühlphase nicht richtig verbinden. Ist der Anpressdruck zu hoch, so entsteht eine Orientierung der Molekülkettenenden und dies verringert ebenfalls die Schweißnahtfestigkeit [3]. Natürlich müssen die zu fügenden Textilien so ausgeführt sein, dass sie von sich aus eine Zugfestigkeit und Querfestigkeit hinsichtlich der Bahnführung in der Schweißmaschine besitzen. Generelle Verfahren zur Bestimmung der Schweißnahteigenschaften sind statische und dynamische Zugfestigkeiten, Dauerstandsversuche, Biegeversuche sowie
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2 Verfahren
Schälversuche. Die Schälversuche können als Winkel-, Rollen- oder Folienschälversuche je nach Beanspruchung in der Endanwendung untersucht werden (Abb. 2.83). Für einige Anwendungen können auch Scherfestigkeitsuntersuchungen sinnvoll sein. Für die textile Standardprüfung sei an dieser Stelle an die DIN und einschlägige Fachliteratur [4] verwiesen.
Abb. 2.83 Schälversuchsarten. Quelle: ITA + Andreas Kufferath
Generell können durch Schweißnähte, welche flächig und nicht punktuell angeordnet sind, Dichtigkeiten gegen Wasser und Feuchte sowie Luft und Staub erzielt werden. Die durchzuführenden Untersuchungen zur Bestimmung der Schweißnahteigenschaften sind von dem speziellen Anwendungsfall abhängig.
Literatur [1] Kagan V (2000) Polyamid kostengünstig fügen. Kunststoffe 90, 9 110–114 [2] Vogel C, Fuchs H Entwicklung einer Messmethode zur zerstörungsfreien Überwachung geschweißter Nähte aus PVC-Schichtstoffen im Herstellungsprozess. Sächsisches Textilforschungsinstitut e. V. (STFI) [3] Shi W, Little T (2000) Mechanisms of ultrasonic joining of textile materials. International Journal of Clothing Science and Technology 12. 5 331–350 [4] http://www.din.de. Januar 2007 [5] Reumann R-D (2000) Prüfverfahren in der Textil- und Bekleidungstechnik. Berlin: Springer
2.5 Schweißen
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2.5.2 Laserschweißen technischer Textilien Dirk Hänsch, Tanja Vatterodt ProLas GmbH Verfahrensprinzip Mit keinem konventionellen Fügeverfahren kann die Energie so präzise und räumlich begrenzt eingebracht werden wie mit dem Laserstrahl. Hier liegt ein großer Vorteil des Verfahrens. Auf diese Weise ist es möglich, die Energie genau da einzubringen, wo sie benötigt wird, in der Kontaktfläche zwischen beiden Fügepartnern. Neben diesem Kriterium sprechen jedoch noch weitere Kriterien für den Einsatz des Lasers zum Schweißen von Textilien. Hierzu zählt neben dem Tragekomfort der Naht (Flexibilität, Barriere bzw. Atmungsaktivität), die Anforderung an die Prozessreproduzierbarkeit sowie die Anforderung, dass die mechanischen und physikalischen Eigenschaften der Textilien möglichst nicht beeinflusst werden. Da das Laserschweißen auf den optischen Eigenschaften der eingesetzten Materialien basiert, ist das Vorhandensein einer Laserstrahl absorbierenden thermoplastischen Schicht Voraussetzung, die zumindest an der Fügefläche der beiden Textiloberflächen vorhanden sein sollte. In dieser Schicht wird die eingebrachte Energie in Wärme umgewandelt [1]. Beim Laserschweißen technischer Textilien unterscheidet man zwischen drei Verfahrensvarianten:
• das direkte Verschweißen durch den Einsatz der Laserstrahlung (siehe Abb. 2.84, Prolas GmbH)
• das Schweißen bzw. Kleben mit einem Nahtversiegelungsband bzw. Tape • das Durchstrahlschweißen (siehe Abb. 2.85, TWI)
Abb. 2.84 Prolas GmbH: Das direkte Verschweißen durch den Einsatz der Laserstrahlung
Beim Direktverschweißen wird der Laserstrahl in die Kontaktfläche der beiden Textilien fokussiert. Dabei werden die Materialien oberflächlich aufgeschmolzen
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2 Verfahren
Abb. 2.85 TWI: Das Laserdurchstrahlschweißen
und miteinander verbunden. Das Schweißen bzw. Kleben mit Tape findet seine Anwendung bei der Nahtversiegelung und dichtet klassisch hergestellte Nähte in einem zweiten Arbeitsschritt wasserdicht ab. Beim Durchstrahlschweißen tritt der Laserstrahl durch den oberen Fügepartner hindurch und schmilzt das untere Material auf, so dass unter Druck eine stoffschlüssige Verbindung entsteht [2]. Maschinenbeispiele Die Tape-Laserschweißmaschine (siehe Abb. 2.86, Prolas GmbH) besteht aus zwei synchron angetriebenen Andruckrollen. Diese erfüllen zwei Aufgaben. Zum einen sorgen sie dafür, dass die beiden Fügepartner zusammengedrückt und verbunden werden, zum anderen werden durch die angetriebenen Rollen die Materialien weitertransportiert. In einem Abstand von 100–200 mm zu den beiden Rollen ist die Laserbearbeitungsoptik angeordnet. Diese Optik fokussiert die Laserstrahlung in die Kontaktfläche zwischen den beiden Rollen. Die Breite des Laserstrahls ist an die Breite der Rollen angepasst, so dass eine kontinuierliche, breite und gleichmäßige Schweißnaht erzeugt wird. Die Standardbreite des Laserstrahls liegt in diesem Fall bei 22 mm, kann jedoch beliebig breiter oder schmaler ausgelegt werden – je nach Anforderung, die an das Textil bzw. die Fügenaht gestellt werden [3]. Die Laserschweißmaschine zum Direktverschweißen baut auf dem Gestell des Modells 8320 von Pfaff auf. Diese Maschine zeichnet sich dadurch aus, dass die Steuerung aller prozessrelevanten Größen auf einer PC basierenden Software beruht, die über ein Touch Panel einmalig eingestellt und gespeichert werden.
2.5 Schweißen
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Abb. 2.86 Prolas GmbH: Tape-Laserschweißmaschine
Die hier dargestellte Laserschweißmaschine ist nur eine Möglichkeit zur Führung des Laserstrahls. Da es sich beim Laserschweißen um ein kontaktloses Verfahren handelt, kann der Laserbearbeitungskopf auch an andere Bewegungssysteme adaptiert werden, wie z. B. Scanner, Mehr-Achssytem oder Roboter (siehe Abb. 2.87, Prolas GmbH), um nur einige zu nennen [4].
Abb. 2.87 Prolas GmbH: Scanner, Mehr-Achssytem oder Roboter als alternative Bewegungssys-
teme für das Laserschweißen
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2 Verfahren
Qualität Für das Laserschweißen von Textilien ist es möglich, eine In-Line Prozessregelung zu verwenden, die es erlaubt, Informationen direkt aus dem Prozess zu nehmen und zur Regelung der Laserleistung und damit des Prozesses einzusetzen. Dadurch gestaltet sich die Verarbeitung geräuschlos, sauber und ohne Rauchentwicklung: Das Ergebnis sind Nähte mit einer hohen Druck- und Zugfestigkeit. Hohe Prozesssicherheit garantiert ein einfaches und fehlerfreies Arbeiten ohne Ausschussrisiko, was zudem sehr bedienerfreundlich ist: Es entstehen weder Dämpfe noch Zersetzungsprodukte. Mit der Laserschweißmaschine sind auf diese Weise flexible, wasserdichte und saubere Schweißnähte möglich, die keinen Quetschfluss aufweisen. Durch die geringe Eindringtiefe bleibt die Flexibilität des Materials erhalten. Da dennoch eine sehr starke Vermischung der Polymerketten stattfindet, ist die Naht-
Abb. 2.88 TWI: geringe Eindringtiefe beim Laserschweißen technischer Textilien
2.5 Schweißen
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festigkeit gleichzeitig sehr hoch (siehe Abb. 2.88, TWI). Verarbeiten lassen sich fast alle thermoplastischen Folien, Laminate, Textilien und Vliesstoffe. Durch die punktgenaue Energieeinbringung ist eine präzise, gleichmäßige Dichtschweißung von Nähten ohne Umgebungserwärmung realisierbar. Die Nähte zeigen ein ähnliches mechanisch/physikalisches Verhalten wie die verarbeitete Fläche. Die Schweißparameter (Temperatur, Geschwindigkeit, Druck) sind separat einstellbar. Die Regelung erfolgt über die Temperatur und ist somit unabhängig vom Vorschub, was zu einer gleichmäßigen Naht führt. Online-Prozessregelung zur Überwachung des Laserschweißprozesses Anforderungen, die an Schweißmaschinen für technische Textilien gestellt werden, sind hohe Prozesssicherheit, Prozessnachverfolgung und -reproduzierbarkeit. Diese Anforderungen werden von konventionellen Schweißverfahren häufig nur unzureichend erfüllt, weil sich eine Online-Prozessregelung nur bedingt integrieren lässt. Die Überprüfung der eingestellten Parameter und der damit verbundenen Nahtqualität ist i. d. R. nur indirekt oder nachgelagert möglich, jedoch nicht direkt aus dem Fügeprozess. Bei der Entwicklung der Laserschweißmaschine ist daher ein besonderes Augenmerk auf die Integrierbarkeit einer Online-Prozessregelung (siehe Abb. 2.89, Prolas GmbH) gelegt worden. Zu diesem Zweck wurde eine pyrometrische Sensorik entwickelt, die im Bearbeitungspunkt bzw. der Fügezone entstehende Wärme mit einer Frequenz bis zu 1 kHz misst. Dieses Signal wird an einen Controller weitergeleitet, der das Ist-Signal mit dem Soll-Signal vergleicht und entsprechend die Laserleistung anpasst. Die Online-Prozessregelung arbeitet unabhängig vom Schweißmaschinenbediener und passt sich automatisch an die vom Arbeiter gewählte Geschwindigkeit
Abb. 2.89 Prolas GmbH: Online-Prozessregelung beim Laserschweißen
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an. Die Regelung gewährleistet so eine hohe Prozesssicherheit und führt zu einer Verringerung der Ausschussrate. Die Prüfkosten können ebenfalls drastisch reduziert werden, da sowohl Prüfhäufigkeit als auch die Menge des Prüfmaterials wesentlich niedriger sind. Außerdem kann das Qualitätsmanagement überall in der Welt die Produktion zeitnah über die Produktionsparameter beurteilen und schon im Vorfeld gegebenenfalls Maßnahmen einleiten. In vielen Bereichen spielt außerdem die Prozessnachverfolgbarkeit eine bedeutende Rolle. Nur wenn die Daten des Produktionsprozesses vollständig dokumentiert werden, kann eine gleich bleibende Qualität der Produkte garantiert werden. Beim Fügen von technischen Textilien mit der Laserschweißmaschine werden während des gesamten Fügeprozesses die Prozessdaten aufgenommen und archiviert. So stehen die Daten für eine spätere Analyse zur Verfügung oder können auf Wunsch dem Kunden zur Verfügung gestellt werden. Im Fall einer Beanstandung hat der Konfektionär erstmals eine Methode zur Hand, um die Gleichmäßigkeit seiner Produktion belegen zu können, was im Reklamationsfall zur raschen Problemfindung und Lösung beitragen kann.
Literatur [1] Dr. Hänsch Dirk, Vatterodt, Tanja (2005) Lasernähmaschine für das 3D-Fügen technischer Textilien. Melliand-Bekleidung 9/2004 S. 712 [2] Dr. Hänsch Dirk, Vorträge Avantex Symposium 2005 (Frankfurt), Textile Trends 2006 (Berlin), European Technology Platform for the Future of Textiles and Clothing 2006 (Brüssel) [3] Dr. Hänsch Dirk, Vatterodt, Tanja (2005) Lasernähmaschine für das 3D-Fügen technischer Textilien. Technische Textilien Jahrgang 48, März 2005 S. 49 [4] ALTEX Craft Projekt “Automated Laser Welding for Textiles” (Projektleiter Ian Jones, TWI Ltd.)
2.5.3 Ultraschallschweißen Karl Herzer PFAFF Industrie Maschinen AG Verfahrensprinzip Das Ultraschallschweißen ist ein seit einigen Jahrzehnten praktiziertes Verfahren für das Fügen von thermoplastischen Form- und Spritzgussteilen. Im Bereich des Fügens von Textilien steht die Entwicklung noch eher am Anfang. Bei Formteilen wird das diskontinuierliche Schweißen, also ein Fügen durch eine an ein bestimmtes Werkzeug gebundene Schweißmaschine, ähnlich einer Presse, eingesetzt. Beim textilen Schweißen wird das kontinuierliche Fügen im Allgemeinen bevorzugt. Es kommt dem ältesten Fügeverfahren von Textilien, dem Nähen, am nächsten. Das Nähmaschinen ähnliche Schweißen soll im Folgenden erläutert werden.
2.5 Schweißen
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Abb. 2.90 Prinzipskizze Ultraschall. Quelle: Herzer, Karl; PFAFF Industrie Maschinen AG; Firmen-
information 2006
Ein Generator erzeugt ein elektrisches Wechselfeld, mit einer Frequenz im Bereich von 20–40 kHz, das heißt 20.000–40.000 Schwingungen pro Sekunde. Dieses Wechselfeld wird in einem Konverter von einem elektrischem Wechselstrom in mechanische Vibration umgewandelt. Innerhalb dieses Bauteils befinden sich PiezoQuarzscheiben, welche sich bei Anlegen einer Spannung ausdehnen oder zusammenziehen, je nachdem ob ein Plus- oder Minus-Pol anliegt. An der mechanischen Koppelstelle des Konverters wird die Ultraschallschwingung in den Schwingkörper, die Sonotrode, eingeleitet und in Eigenfrequenz versetzt. Das führt dazu, dass der Durchmesser der Sonotrodenscheibe sich radial ausdehnt und zusammenzieht. Bei Schweißmaschinen von PFAFF sind das 35.000 Schwingungen pro Sekunde, mit einer Schwingungsweite von 20–40 µm. Diese Schwingungen werden direkt in die beiden zu verschweißenden Textillagen eingebracht. Als Gegenlager auf der Rückseite der Textilien ist eine Ambossrolle angeordnet. Diese drückt mit einer bestimmten Schweißkraft die Textilien an die Sonotrode. Die Sonotrode und das Ambossrad drehen sich mit einer synchronen Umfangsgeschwindigkeit, der Schweißgeschwindigkeit. Durch Dissipation der mechanischen Schwingungen im Spalt zwischen Sonotrode und Amboss wird das Textil plastifiziert. Durch innere Reibung wird die Ultraschallenergie im Schweißgut in Wärme umgesetzt. Die beiden Rollen pressen die verflüssigten Materialien zusammen und erzeugen eine stoffschlüssige Schweißnaht. Maschinenbeispiele Kontinuierliche Ultraschall-Schweißmaschinen werden in vielen verschiedenen Variationen gebaut. Grundsätzlich ist zu unterscheiden zwischen nicht rotierenden, stehenden Sonotroden mit rotierendem Ambossrad und der technisch hochwertigeren Variante mit sich drehendem Amboss- und Sonotrodenrad. Auf die letz-
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2 Verfahren
tere Bauart soll hier eingegangen werden. Es ist festzustellen, dass sich die gängigen Nähmaschinenvarianten in analoger Bauform als Schweißmaschinen wiederfinden. Standardvariante ist, ähnlich wie beim Nähen, die Flachbettversion, einem typischen Schnellnäher nachempfunden. Hierbei ist die Sonotrode unten und das Ambossrad oben.
Abb. 2.91 Flachbettversion „Sonotrode unten“. Quelle: PFAFF Industrie Maschinen AG; Firmen-
prospekte 2006
Abb. 2.92 Arm-abwärts-Version „Sonotrode oben“. Quelle: PFAFF Industrie Maschinen AG; Fir-
menprospekte 2006
2.5 Schweißen
117
Darüber hinaus gibt es auch die umgekehrte Variante, bei der sich die Sonotrode oben und das Ambossrad unten befindet. Diese Bauart wird bei den Versionen „Säule“ und „Arm-abwärts“ verwendet. Da die Sonotrode in ihrer Bauform aus ultraschalltechnischen Gründen kaum verändert werden kann, kann man bei der Version „Sonotrode oben“ die mechanische Anbindung des Ambossrades an die verarbeitungstechnische Notwendigkeit anpassen. So ermöglicht z. B. die „Arm-abwärts“ Variante das Schweißen von Ärmeln bzw. schlauchförmigen Gebilden. Die Säulenversion dient zum Verarbeiten von räumlichen Gebilden, wie Hauben, Behältern oder bestimmten Bekleidungsstücken. Diese Variante ähnelt der Arm abwärts Version, jedoch wird eine Säule anstatt dem unteren Arm montiert. Qualität Verfahrensparameter für das kontinuierliche Schweißen sind die Schweißgeschwindigkeit, die Schweißkraft und die Schweißenergie. Letztere kann im einfachsten Fall als Amplitude , d. h. das Maß für die Schwingweite der Sonotrode, in den Schweißprozess eingehen. Genauer ist das effektive Messen und Regeln der Ultraschallenergie, die in das Textil eingebracht wird. Letzteres ist technisch aufwändiger, kompensiert aber unter Umständen Störgrößen, welche durch Materialschwankungen und Ungenauigkeit in der Maschine bewirkt werden können. Typische Geschwindigkeiten sind 2–10 Meter pro Minute, ähnlich dem Nähen. Die Schweißkraft bewegt sich im Bereich von 50–500 N, die Amplitude von 20–40 µm (jeweils die volle Schwingweite) und die Leistung von 30–150 Watt. Wichtig für die Qualität der Schweißnaht ist die Reproduzierbarkeit und Konstanz der Schweißparameter sowie der Rundlauf von Amboss und Sonotrode und die Gleichförmigkeit der Schwingungen. Die Qualität einer Naht wird beim Schweißen sehr stark auch von der Materialbeschaffenheit beeinflusst. Im Vergleich zum Nähprozess ist der Fügevorgang beim Schweißen viel sensibler. Erste Voraussetzung ist, dass es sich um ein Material mit mindestens 70% synthetischem Anteil handelt. Weiterhin sollte die beiden zu fügenden Textilien aus möglichst gleichartigen Werkstoffen bestehen. Avivagen haben meist einen eher störenden Einfluss auf die Schweißnaht. So sind vor allem Silikonund PTFE-Beschichtungen möglichst zu vermeiden. Auch Schwankungen in der Materialdicke können unter Umständen einen Einfluss auf die Schweißnaht haben. Bei Änderungen in der Färbung oder sonstigen Zugaben zum Textil bleibt meistens nur der praktische Schweißversuch, ob die Nahtfestigkeit noch ausreicht. Weiterhin spielt für das Schweißen die UV-Beständigkeit des Textils bzw. dessen eventuelle Vorschädigung eine Rolle. Auch die Feuchtigkeit des Materials, speziell bei Polyamiden, kann relevant sein. Da es sich beim Schweißen um eine, im Vergleich zum Nähen, relativ „junge“ Technologie handelt, sind die grundsätzlichen Verfahrenszusammenhänge oft nicht bekannt. Wenn die Maschinen- und Materialvorgänge verstanden und berücksichtigt werden, ist der Prozess meist weit weniger anfällig als ein vergleichbares Nähverfahren.
118
2 Verfahren
2.6 Klettverschluss Dieter Veit Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen Im Jahre 1941 entdeckte der schweizer Ingenieur George de Mestral nach einem Jagdausflug beim Entfernen von Kletten aus dem Fell seines Hundes das Prinzip des „Klettverschlusses“. 1951 wurde ihm ein erstes Patent auf einen Klettverschluss (CH 295 638) erteilt und 1960 begann die industrielle Produktion. Diese Entwicklung ist wie viele andere vor und nach ihr durch Kopieren der Natur entstanden, was heute unter dem Begriff „Bionik“ zusammengefasst wird.
Abb. 2.93 Klette
Prinzip Die Abb. 2.94 zeigt die beiden verschiedenen Prinzipien von Klettverschlüssen. Beide werden bereits im Ursprungspatent genannt.
Abb. 2.94 Die beiden Prinzipien von Klettverschlüssen
2.6 Klettverschluss
119
Das oben dargestellte Prinzip entspricht dem der natürlich vorkommenden Klette und besteht aus einem Haken und einer Schlaufe. Daher wird es im Englischen auch als „hook-and-pile-fastening“ bezeichnet. Beim unten dargestellten Verschlussverfahren wurde der Haken durch einen pilzförmigen Stift ersetzt. Auch dieses Verfahren wird in der Natur so verwendet. Beide Verfahren eigenen sich zum temporären Verbinden zweier Teile, von denen das eine mit Schlaufen und das andere mit Haken oder Pilzstiften ausgestattet ist. Eigenschaften Klettverschlüsse besitzen einen hohen Abschälwiderstand, eine sehr hohe Haftfestigkeit und eine gute Längsscherfestigkeit. Die entsprechenden Werte liegen auch nach 10.000-maligem Öffnen und Schließen des Verschlusses noch bei ca. 50% der Ausgangswerte. Die in der Abb. 2.95 genannten Werte sind dabei beispielhaft und je nach Klettverschlusstyp und -material unterschiedlich.
Abb. 2.95 Eigenschaften von Klettverschlüssen (exemplarische Werte)
120
2 Verfahren
Vor- und Nachteile Die wichtigsten Vorteile von Klettverschlüssen gegenüber den anderen konventionellen Fügetechniken sind:
• • • • • • • • • •
variable Größeneinstellung, Wartungsfreiheit, schnelles Verbinden, schnelles Lösen, geringe Füge- und Trennkräfte, sicherer Verschluss für mind. 10.000 Öffnungs- und Schließvorgänge, leicht auf unterschiedlichsten Substraten applizierbar (z. B. mittels Nähen, Verschrauben, Kleben, Verschweißen, Aufbügeln), Sterilisierbarkeit, gute Wärmebeständigkeit und hohe Dauerfestigkeit.
Klettverschlüsse besitzen allerdings auch Nachteile. Die wichtigsten sind:
• • • •
unerwünschtes Verhaken mit anderen Textilien, abnehmende Haftwirkung durch häufigen Gebrauch, geringe Füge- und Trennkräfte und Recycling u. U. schwierig (Textil und Verschluss sind oft aus unterschiedlichem Material).
Klettverschlüsse sind trotz ihrer gelegentlich negativen Eigenschaften heutzutage aus der Fügetechnik nicht mehr wegzudenken. Typische Anwendungen sind Sportbekleidung und Schuhe, aber auch technische Einsatzzwecke sind denkbar.
2.7 Steck-, Spiral- und Webnähte Kai Klopp, Wolfgang Heger, Klaus Fichter Andreas Kufferath GmbH & Co. KG Verfahrensprinzip Endlose Gewebe aus Polyester- und Polyamid-Monofilamente sind z. B. in Transportbändern, Filtrationsanwendungen und Bespannungen für Papiermaschinen (vgl. Kap. 3.8) zu finden. Es besteht die Möglichkeit, durch Schützenwebstühle endlose Gewebe durch eine spezielle Bindungstechnik zu erzielen. Aufgrund einer höheren Flexibilität und des größeren Kantenabfalls bei Webbreiten von 9 bis 15 m werden aber breite Gewebe zu mehreren Losen gewebt. Es werden dazu Webstühle mit Schleppschützen
2.7 Steck-, Spiral- und Webnähte
121
oder Greifertechnologie eingesetzt. Diese Gewebe werden teilweise thermofixiert. Zur Endlosmachung für diverse Anwendungen werden Nahtwebverfahren eingesetzt [1–3]. Durch das Nahtweben können Stecknähte, Spiralnähte oder Webnähte realisiert werden. Steck- und Spiralnähte Stecknähte entstehen durch die Umlenkung der freigelegten Kettenden und das erneute Einweben der ausgeriffelten Schüsse durch halbautomatische oder automatische Exzenter- oder Schaftwebmaschinen. Hierzu werden zunächst die Nahtschusssfäden ausgeriffelt und später dem Nahtwebprozess vorgelegt. Jedoch wird nun nicht in Kettrichtung des Gewebes gewebt, sondern in Schussrichtung. Die ausgeriffelten Schüsse sind die Kettfäden des Nahtwebprozesses. Die ehemaligen ausgeriffelten Gewebeschüsse werden dem Nahtwebprozess als Kettfäden vorgelegt. Im Nahtwebprozess stellen die ehemaligen Kettfäden nun die Einlegeschüsse dar. Die Nahtwebmaschine bewegt sich in der Naht entlang der zu fügenden Gewebeenden. Hierbei wird das Webfach durch die Schaftbewegungen der Nahtkettfäden gebildet. Die Einlegeschüsse werden eingewebt, durch das Riet zur Schlaufe umgeformt und wiederum durch den Fachwechsel eingewebt. So ist die Schlaufe fest ins Gewebeende eingebunden. Dieser Webprozess wird an beiden Gewebeenden parallel durchgeführt. So entstehen zwei Schlaufenreihen, an jedem Gewebeende eine, durch welche nach Zusammenbringen und Positionieren dieser Schlaufen ein Steckdraht zur mechanischen Verbindung eingeführt werden kann.
Abb. 2.96 Stecknaht. Quelle: Andreas Kufferath
Bei Spiralnähten werden nicht die Einlegeschüsse ins Gewebe eingewebt, sondern Kunststoffspiralen. An Stelle der Einlegeschüsse tritt für die zwei Gewebeende jeweils eine Spirale, welche in das betroffene Gewebeende mittels einer Exzenter- oder Schaftwebmaschine eingewebt wird.
122
2 Verfahren
Abb. 2.97 Spiralnaht. Quelle: Andreas Kufferath
Alternativ zu den Spiral- und Stecknähten existieren Klippernähte, bei den die Spiralen, in die die Drähte gesteckt werden, bereits in ein Gewebe durch Vorkonfektion eingebracht wurden. Diese werden dann auf die zu fügenden Gewebeenden aufgenäht, und anschließend die Steckdrähte zur Verbindung der beiden Gewebeenden durchgesteckt [4]. Das Klippernahtprinzip bewirkt eine Aufdickung der zu fügenden Gewebeenden. Webnähte Zur Herstellung von Webnähten bedient man sich kleiner Jacquardwebmaschinen. Diese Maschinen besitzen bis zu 760 einzeln ansteuerbare Litzenaugen, durch welche die Nahtketten laufen. Die Nahtkette ist der vormals ausgeriffelte Gewebeschuss aus den Gewebeenden. Der Nahtschuss entspricht der vormals freigelegten Gewebekette. Die Gewebeenden werden zum Nahtweben zusammengebracht. Die Nahtketten werden in die Jacquardwebmaschine eingezogen und vorgespannt. Die Einzelsteuerung der Augen in den Litzen über Harnischschnüre ermöglicht eine annähernd beliebige Bindung zu. Durch Greifersysteme werden die freien Nahtschussenden abwechselnd von der einen und anderen Gewebekante durch die gebildeten Webfächer hindurch gezogen. Im Anschluss erfolgen Rietanschlag und Fachwechsel. Hiernach schließt sich der der Eintrag des nächsten Nahtschusses an. Zur Vorbereitung müssen Nahtkette und Nahtschüsse am Gewebeende ausgeriffelt werden, um für die Nahtwebmaschine eine saubere Kante zu erhalten. Einige Nahtketten bleiben im Gewebe und werden dann an das Gewebeende verschoben, um für die Nahtwebmaschine eine saubere Entnahmekante/Vorlegekante für die Zuführgreifer des Nahtschusseintrags der Nahtwebmaschine zu erhalten. Weiterhin wurde ein Stück Gewebe am Ende über die Webbreite herausgeschnitten, um aus dem Gewebe die Nahtkette auszuriffeln. Der Anfang der Naht muss in der Bindungsart an der richtigen Position im Bindungsrapport des Gewebes erfolgen. Die
2.7 Steck-, Spiral- und Webnähte
123
Nahtketten werden durch die Litzenaugen der Jacquardwebmaschine eingezogen und mit durch Spannvorrichtungen mit einer Fadenvorspannung versehen. Die Abbindung in der Naht erfolgt so, dass über die Nahtbreite verteilt am linken und rechten Geweberand Überlegestellen der Nahtschüsse angeordnet werden. Bei einer Überlegung verlaufen der von links und von rechts kommende Nahtschuss bis zur vorgegebenen Position in der Naht und können voreinander oder überkreuzt zu einer Gewebeseite hin abtauchen (Abb. 2.98). Die aus dem Gewebe herausstehenden Nahtschüsse werden später abgeschnitten.
Abb. 2.98 Exemplarische Nahtüberlegungen. Quelle: Andreas Kufferath
Die Nahtschüsse werden abwechselnd von der linken und der rechten Gewebekante aus eingetragen. Der linke oder rechte Zuführgreifer übergibt den Nahtschuss an die Durchzugsgreifer, der den Faden durch das gebildete Fach hindurch zieht. Dies erfolgt ähnlich dem Bandgreifer- oder Stangengreifersystemen an konventionellen Webmaschinen. Im Nahtwebprozess wird das exakte Webdesign/die Gewebebindung des Ausgangsgewebes nachgestellt. So können Permeabilitäten und Oberflächentopographien von gleicher Art und Weise garantiert werden. Im Anschluss können zur Egalisierung der Naht Thermofixierprozesse nachgeschaltet werden.
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2 Verfahren
Abb. 2.99 Nahtwebmaschine. Quelle: Andreas Kufferath
Abb. 2.100 Durchzugsgreifer der Nahtwebmaschine. Quelle: Andreas Kufferath
2.7 Steck-, Spiral- und Webnähte
125
Qualität Die Qualität der Naht wird im Wesentlichen durch die Festigkeit der eingebundenen Fäden, Schlingen oder Spiralen bestimmt. Je nach Anwendung dürfen die Abmessungen nicht überschritten werden. Weiterhin müssen für Filtrationszwecke die Wasser- und Luftdurchlässigkeit konstant sein. Unter Reibbeanspruchung dürfen die Nähte nicht eher als das Ausgangsgewebe verschleißen. Die Festigkeit der Naht ist abhängig von der Verteilung der Überlegestellen über die Nahtbreite und dem Bindungsdesign. Aufgrund der Verkröpfungen zwischen Nahtschuss und Nahtkette und der dabei auftretenden Reibung, kann die Naht Kräfte übertragen. Generell werden 60 bis 80% der Ausgangsfestigkeit der Gewebe in einer Webnaht erreicht. Zur Bestimmung der Nahtfestigkeiten werden Zugprüfmaschinen eingesetzt. Die Bestimmung der Luftdurchlässigkeit erfolgt durch Luftdurchlässigkeitsprüfgeräte. Dabei wird Luft durch eine definierte Bohrung geblasen oder gesaugt und die Änderung des Luftvolumenstroms durch die Bestimmung der Druckdifferenz erfasst. Je nach Anwendungen können auch Biegesteifigkeiten interessant sein. Diese wird durch Kraftmessdosen ermittelt. Bei einem vorgegeben Auslenkwinkel wird die durch die Biegung der Naht oder des Gewebes entstehen Kraft auf einer Druckmessdose erfasst.
Literatur [1] Adanur S (1997) Paper Machine Clothing. Technomic, Lancaster Pensylvania USA [2] Haslmeyer J (1972) Endlosweben von Flachsieben und Flachgeweben – Eine neue Methode. Textil-Praxis. H April:206–208 [3] Krenkel B (1986) Einflussnahme auf Siebprobleme des praktischen Betriebs während der Siebherstellung. Wochenblatt für Papierfabrikation.. H 20:813–822 [4] Lefferts J (1974) Neue Nahtverbindungen für Trockenfilze und –siebe. Wochenblatt für Papierfabrikation H 5:172–174
126
2 Verfahren
2.8 Nieten, Schrauben, Schnallen und Reißverschlüsse Thomas Gries RWTH Aachen Zum Fügen von Textilien werden oft Nieten, Schrauben, Ösen, Schnallen und Reißverschlüsse eingesetzt. Die Gründe hierfür sind:
• lokale Einleitung hoher Kräfte • lösbare und wiederverschließbare Verbindungen.
Abb. 2.101 Übersicht über typische Sicherungssysteme [3]
Nieten, Schrauben und Ösen benötigen in der Regel einen entsprechenden Durchbruch im Textil. Dieser wird entweder durch den Zuschnitt, sehr häufig aber mittels Stanzeisens, Lochzange oder durch einen selbstschneidenden Niet bzw. selbstschneidende Öse erzeugt.
2.8 Nieten, Schrauben, Schnallen und Reißverschlüsse
127
Schraubverbindungen werden meist in Kombination mit Klemmleisten oder Kedern eingesetzt (siehe auch Kap. Anwendungsbeispiele/Textiles Bauen). Ringösen werden sehr häufig als Krafteinleitungselement eingesetzt. Die Fügeaufgabe wird dann in Kombination mit Seilen und Tauen oder mit Fügebolzen bewerkstelligt. Ein weiteres Einsatzgebiet für Ösen sind Befestigungspunkte für Anschlagmittel bei textilen Transportbehältnissen, wie Säcken oder Big Bags. Nieten werden als nicht lösbare Verbindung oder Zierniete verwendet.
Abb. 2.102 Niet [2] und Nietverbindung
Federbelastete Druckknöpfe sind vom Aufbau und der Applikationstechnik mit den Nieten verwandt, bieten aber den Vorteil einer dauerhaft lösbaren Verbindung. Weitere Hardware zur Verbindung von Textilen ist der Knopf selbst. Dieser kann entweder aufgenietet werden oder aufgenäht werden. Knöpfe, Druckknöpfe und Nieten gibt es sowohl in Ausführung aus Polymeren als auch aus Metall. Aus ästhetischen Gründen existieren polymere Druckknöpfe, die eingefärbt werden können (Polyester oder Polyamid) oder die mit Leder oder anderen Materialien überzogen sind.
Abb. 2.103 Beispiele für Druckknöpfe [1]
128
2 Verfahren
Nieten und Druckknöpfe sowie genietete Knöpfe können entweder mit speziellen Hämmern und Schlageisen manuell oder durch Nietautomaten appliziert werden. Abbildung 2.104 zeigt exemplarisch einen solchen Automaten. Interessanterweise können solche Automaten über den Preis der zugekauften Nieten geleast werden.
Abb. 2.104 Nietautomat [2]
Schnallen existieren in mannigfaltiger Form. Auch sie dienen der dauerhaften wiederverschließ- und -öffenbaren Verbindung von Textilien. Darüber hinaus haben Schnallen und ähnliche Beschläge eine hohe Bedeutung bei Netzen und Anschlagmitteln, zur Befestigung von Lasten beim Heben oder beim Transport. Hier müssen die Schnallen und Beschläge neben ästhetischen Gesichtspunkten auch Aspekte der rationellen Handhabung und der Sicherheit erfüllen. Reißverschlüsse dienen dem rationellen Verschließen bei linearer Verbindung. Hier gibt es Ausführungen aus umgeformten Kunststoff- oder Metallspiralen, die in der Regel auf das Reißverschlussband zum Teil unter Einsatz eines Gegenbandes aufgenäht werden. Die anderen Bauweisen sehen aufgeprägte oder aufgespritzte Kunststoff- oder Metallteile vor. Der Schließer (zipper) kann einseitig oder beidseitig gezogen werden und eine federbelastete Aufziehsicherung aufweisen. Spezialformen von Reißverschlüssen können selbstdichtend sein. Diese Spezialformen dienen dem Verschluss von zum Beispiel Taucheranzügen oder von Behältern aus Membranwerkstoffen.
2.8 Nieten, Schrauben, Schnallen und Reißverschlüsse
129
Abb. 2.105 Reißverschluss
Literatur [1] http://www.kvt-canespa.de/ Zugriff am 22.1.2007 [2] http://www.prym-consumer.de Zugriff am 22.1.2007 [3] http://www.vdb-in.de/component/page,shop.browse/category_id,1 Zugriff am 26.1.2007
2.9 Integration in die multiaxiale Wirktechnik Annette Kolkmann Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen Verfahrensprinzip Mit der multiaxialen Wirktechnologie werden verwirkte Multiaxialgelege hergestellt. Multiaxialgelege sind textile Strukturen, die insbesondere in dem Bereich der technischen Textilien eingesetzt werden. Sie bilden in den meisten Fällen die Verstärkungsstruktur, die zusammen mit dem Matrixsystem zu einem Faserverbundbauteil führen, z. B. einem Windkraftflügel. Die Herstellung der Multiaxialgelege erfolgt wie nachfolgend beschrieben. Fadenscharen des eingesetzten Materials werden von sogenannten Schusswagenlegern gestreckt abgelegt. Dabei ist die Ablage der Fadenschar in beliebigen Winkeln
130
2 Verfahren
möglich. Bei der Produktion eines Multiaxialgeleges sind mehrere Schusswagenleger im Einsatz, sodass ein lagenförmiger Aufbau eines Textils entsteht, in der jede einzelne Lage anders orientiert sein kann. Alle Lagen zusammen durchlaufen eine Wirkeinheit und werden dort miteinander vermascht. Abbildung 2.106 zeigt eine multiaxiale Wirkmaschine bei der Produktion. Hierbei sind die Schusswagenleger und die Fadenscharen deutlich zu erkennen.
Abb. 2.106 Schusswagenleger einer multiaxialen Wirkmaschine
In der Wirkeinheit erfolgt also das Fügen der einzelnen Fadenscharen durch ein weiteres zusätzliches Fadensystem (Wirkfäden), welches für den Vermaschungsprozess benötigt wird. In der Wirkeinheit befinden sich die Lochnadeln auf der einen Seite der textilen Struktur und die Wirknadeln auf der anderen Seite der textilen Struktur. Während des Wirkvorganges durchstechen die Wirknadeln die textile Struktur und gelangen mit dem Nadelkopf auf die Seite der Lochnadeln. Die mit Wirkfäden bestückten Lochnadeln schwingen um die Wirknadeln und es werden Maschen gebildet. Eine Musterung der Wirkfadenabbindung wird durch einen Versatz der Lochnadeln um eine bestimmte Nadelanzahl erzeugt. Musterungsbeispiele sind in Abb. 2.107 zu sehen [1].
2.8 Nieten, Schrauben, Schnallen und Reißverschlüsse
131
Abb. 2.107 Musterung: Franse, Trikot, Tuch
Der Vorteil der multiaxialen Gelegestrukturen besteht darin, die textile Struktur in ihrer Fadenorientierung so ausrichten zu können, dass die Fadenscharen im späteren Bauteil genau in der Belastungsrichtung des Bauteils liegen und damit die auftretenden Kräfte aufnehmen können [2, 3]. Maschinenbeispiele Faserverbundkunststoffstrukturen gewinnen im Bereich des Leichtbaus aufgrund ihrer Kombination von hervorragenden Festigkeitseigenschaften mit geringem Gewicht zunehmend an Bedeutung. Häufige Anwendungsgebiete sind die Luft- und Raumfahrt und die Fahrzeugindustrie wie Automobil, Schifffahrt und Schienenfahrzeuge. In diesen Bereichen sind besonders häufig Leichtbaustrukturen bestehend aus einer Schale, einem flächig oder leicht gekrümmtes Basistextil, und einer Versteifungsrippe (Stringer) zu finden. Die stringerversteifte Schale-Struktur ist eine Struktur, die mehrere Funktionen erfüllt. Die Schale übernimmt die formgebende Funktion der Außenhaut, während die Rippen die Struktur so versteifen, dass sie den erwarteten Belastungen gerecht werden kann. Ein textiles Preform in stringerversteifte Schale-Struktur kann auf verschiedene Arten erzeugt werden. Verstärkungstextilien, die für die Schale der Struktur geeignet sind sind Gewebe und multiaxiale Gelege. Auf dieses Basistextil werden Stringer in Form von Hut- oder Doppel-T-Profilen aufgebracht. Diese Stringer werden in einem eigenständigen Arbeitsschritt hergestellt. Die Verbindung beider Komponenten, Schale und Stringer, erfolgt klassischer Weise in einem weiteren Arbeitsgang vor oder auch nach der Konsolidierung der Bauteile. Um diesen weiteren Arbeitsgang einzusparen, wurde am ITA ein integrierter Fertigungsprozess entwickelt. Bei diesem integrierten Fertigungsprozess wird die Herstellung der Basisstruktur mit der multiaxialen Wirktechnologie genutzt, um gleichzeitig die Stringerstrukturen auf die Basisstruktur aufzubringen. Dazu wurde die am ITA vorhandene multiaxiale Kettenwirkmaschine (Copcentra MAX 3 CNC
132
2 Verfahren
Firma Liba Maschinenfabrik GmbH, Naila) so modifiziert, dass in einem Arbeitsgang die Produktion des Geleges und die Verbindung mit einem Hutprofil (Stringerstruktur) durchgeführt werden kann. Das Hutprofil wurden an den Flanschen mit dem Basistextil verbunden. Abbildung 2.109 zeigt den integrierten Fertigungsprozess wobei der Stringer direkt mit dem Basistextil verbunden wird.
Abb. 2.108 Integrierter Fertigungsprozess
Die durchgeführte Modifizierung erlaubt nun eine variable Zuführung von Stringerelementen mit einer Höhe von 50 mm hinsichtlich Position und Anzahl. Die Modifizierung wurde durch die Konstruktion geteilter Schiebernadel-, Schieber- und Abschlagplatinenbarre sowie einer geteilten Warenwalze und einer speziellen Zuführeinrichtung für Hutprofile ermöglicht [4–6]. Abbildung 2.110 zeigt die geteilte Wirkeinheit.
2.8 Nieten, Schrauben, Schnallen und Reißverschlüsse
133
Abb. 2.109 Geteilte Wirkeinheit
Qualität Bei der Zuführung zusätzlicher textiler Strukturen entsteht lokal eine Verdickung, da auf das Basistextil zusätzlich eine textile Flächen aufgebracht wird. In diesem Bereich sind für die Qualität besonders die Verfahrensparameter Fadenspannung der Wirkfäden, freie zur Verfügung stehende Fadenmenge der Wirkfäden zur Maschenbildung und die Wirknadellänge zu beachten. Diese Parameter müssen für den jeweiligen Prozess in Abhängigkeit der lokalen Aufdickung ermittelt werden.
Literatur [1] [2] [3] [4]
Weber, Wirkerei und Strickerei, Meliand, ISBN 3875290208 http://www.liba.de Zugriff am 10.3.2006 http://www.karlmayer.de Zugriff am 10.03.2006 Kolkmann, A.; Roye, A.; Gries, Th.: Kettenwirkverfahren für lokale Verstärkungen – Möglichkeiten für 2D- oder 3D-Textilien, Kettenwirk-Praxis 39 (2005), H. 4 [5] Kolkmann, A., Gries, Th.: Lokale Verstärkungen von technischen Textilien, 7. Dresdener Textiltagung 2004, Dresden 16./17.06.2004 [6] Kolkmann, A.; Nickel, R.; Gries, Th.: Integrierter Fertigungsprozess für stringerversteifte Schale-Strukturen (Integrated manufacturing process for Stringer stiffened panel), Technische Textilien (2005), H.42 (2005), H. 4, S. 264–265 (Technical Textiles (2005), H.42 (2005), H. 4, E.200–201)
3 Anwendungen
Kai Klopp Andreas Kufferath GmbH & Co. KG Nachdem im Kapitel 2, Füge- und Oberflächentechnologien vorgestellt wurden, werden nun diverse Beispiele für Anwendungen gegeben. Im Folgenden eine beispielhafte Auflistung von Anwendungsgebieten unter Angabe der eingesetzten Verfahren.
Tabelle 3.1 Füge- und Oberflächenverfahren und exemplarische Einsatzgebiete [1]
Füge-/Oberflächenverfahren
Anwendung
Steppen
Steppdecken Satteldecken Inkontinenzauflagen Oberbekleidung Möbelbezugsstoffe Hitzeschutztextilien
Nähen
Schutzbekleidung für Frühgeburten OP-Textilien Airbag Dämmmaterial im Automobil Verstärkungstextilien für Luft-, Raumfahrt und Transportwesen Akustiksegel in der Innenarchitektur Gleitschirme Autositzbezüge
Nähen und Kleben
OP-Schutzbekleidung Hemden Oberbekleidung Bademoden Damenunterwäsche Sportbekleidung Warnwesten
136
3 Anwendungen
Tabelle 3.1 (Fortsetzung)
Füge-/Oberflächenverfahren
Anwendung
Nähen, Kleben und Schweißen
Schuhe Matratzen Autositz
Nähen, Kleben und Schrauben
Sonnensegel
Nähen und Sticken
Textiler Taster
Nähen und Schweißen
Wanderschuhe Zelte
Sticken
Kinderbekleidung Käppis T-Shirts Oberbekleidung Gardinen Tischdecken Damenunterwäsche Textile Implantate
Kleben
Automobilinnenraum Dämmmaterialien Matratzenschäume Möbel Schwämme Schleifmittel Schuhe Taschen
Beschichten
Raumanzug Gleitschirme Reinraumkleidung Schutzanzüge Sonnensegel
Schweißen
Zeltbahnen LKW-Planen Wearable Computing/Electronic Textiles/Wearable Electronics Damenunterbekleidung
Verschrauben
Metallische Architekturtextilien
Klettverschlüsse
Schuhe Jacken Sitzbezüge
Nahtweben
Formationssiebe für die Papierherstellung Transportbänder Filtration
3.1 Automobil
137
Die Beispiele wurden der Vorlesung „Textile Füge- und Oberflächentechnologien“ der RWTH Aachen entnommen [1]. An dieser Stelle sei allen Partnern aus Industrie und Forschung für ihre Unterstützung zu dieser Vorlesung gedankt. Jedes in diesem Buch vorgestellte Verfahren besitzt Vor- und Nachteile. Die Vielfältigkeit der Anwendungsgebiete beweist aber, dass für viele Fügeprobleme und Aufgaben zur Oberflächenfunktionalisierung geeignete Verfahren existieren. Die folgenden Kapitel beschreiben Anwendungen und die dort eingesetzten Verfahren. Ziel dieses Kapitels ist es, ein Gespür für die Einsatzmöglichkeiten der Verfahren und Technologien zu vermitteln.
Literatur [1] Klopp K (2006) Vorlesungsskript Textile Füge- und Oberflächentechnologien. Fakultät für Maschinenwesen. Institut für Textiltechnik. RWTH Aachen
3.1 Automobil Thomas Gries RWTH Aachen Die Automobilindustrie war das erste große Anwendungsgebiet des strukturellen Klebens von Metallen. Durch die Rationalisierung im Fertigungsablauf wurden so deutliche Kosteneinsparungen realisiert. Neben den eigentlichen Gebrauchsbelastungen treten zudem eine hohe Schwingungsbelastung durch den Antriebsstrang oder den Fahrbetrieb auf. Hinzu kommt, dass die Füge- und Oberflächentechnologien im ganzen Produktlebenszyklus ohne Qualitätseinbußen überstehen müssen. Hier sind im sichtbaren Bereich hohe Anforderungen an die Licht- und UV-Beständigkeit gestellt, die durch intensive Prüfung und Testung nicht nur während der Entwicklung sondern auch während der laufenden Produktion erfordert. Im Innenraumbereich dürfen die eingesetzten Stoffe zudem zu keiner Belastung der Innenraumluft führen. Geruchsbelastung und Niederschläge aus niedrigflüchtigen Substanzen (sogenanntes Fogging) sind nicht geduldet. Nähte und Oberflächen im Außenbereich müssen zudem der Außenbelastung standhalten. Hierzu zählt über die obengenannten hinaus mechanische Oberflächenbelastbarkeit (Abrasion und Steinschlag) sowie Korrosionsbeständigkeit (z. B. geprüft durch den sogenannten Salzsprühtest). Die Anwendung von Textilien im Automobil lassen sich in folgende Ansatzfelder aufteilen:
• • • •
Sicherheit Komfort Struktur Akustik.
138
3 Anwendungen
Diese Einteilung ist nur bedingt überschneidungsfrei. So dient der Reifenkord im Autoreifen sowohl der Sicherheit als auch dem Komfort. Als neue Anwendungsgebiete deuten sich der Einsatz von Smart Textiles und textilen Dämmmaterialien an. Im Folgenden werden einige exemplarische Beispiele für den Einsatz von Fügeund Oberflächentechnologien für Automobiltextilien gegeben.
3.1.1 Airbag – Kleben Stefan Böhm TU Braunschweig Anwendung Entwicklung der Airbagtechnologie Die Anfänge des heutigen Fahrzeugairbags, mit dem inzwischen nahezu jedes Neufahrzeug serienmäßig ausgerüstet wird, liegen in der Flugzeugindustrie. In den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde ein Rückhaltesystem von Arthur Hughes Parrott und Harold Round in dem Patent US 1.331.359 geschützt, das in Form eines Luftkissens Flugzeuginsassen bei Kollisionen vor Verletzungen schützen sollte.
Abb. 3.1 Gezündeter Fahrer- und Beifahrer-Airbag. Quelle: Spiegel Online 28.10.2005
Erste Patentanmeldungen für Airbags im Kraftfahrzeugbereich erfolgten im Jahre 1952 durch John Hetrick, US 2.649.311 und 1953 durch Walter Lindner DE 896312. In der Patentschrift von Lindner heißt es: „Gemäß der Erfindung wird vor dem Sitz der zu schützenden Person ein aufblasbarer Behälter im zusammengefalteten Zu-
3.1 Automobil
139
stand montiert, der sich im Falle der Gefahr automatisch oder durch willkürliche Auslösung aufbläht, so dass die betreffende Person bei einem Zusammenstoß gegen diesen weichen, elastischen Behälter geschleudert wird, wo sie keine Verletzungen erleidet ...“. Allerdings konnten beide Ansätze der Verwendung hochkomprimierter Luft aufgrund der benötigten äußerst kurzen Aufblaszeiten nicht realisiert werden. Erst durch Arbeiten von Mercedes Benz in Stuttgart zu pyrotechnischen Gasgeneratoren in den Jahren 1968/1969 und zusätzlichen Forschungsarbeiten aus dem Bereich der Wehrtechnik in den Jahren 1970/1971 wurden Heißluft-Gasgeneratoren entwickelt, die modifiziert immer noch den Stand der Technik darstellen. Um die Gastemperatur zu senken, wurden auch sogenannte Hybrid-Gasgeneratoren entwickelt, welche aus einer Druckgasflasche (üblicherweise inerte Gase mit einem Fülldruck etwa 300 bar) und einer pyrotechnischen Stufe zur Auslösung und gleichzeitigen Erwärmung des ausströmenden Gases bestehen. Der Trend geht jedoch eindeutig wieder zurück zu reinen pyrotechnischen Lösungen, wobei sich die Leistung durch mehrere Stufen je nach Bedarf anpassen lässt. Wirkungsweise von Airbags Ein Airbag-System besteht aus einer Sensorik, der Auslöseelektronik, dem Gasgenerator und dem Luftsack. Ein oder mehrere Sensoren detektieren die Beschleunigungen, die von Verzögerungen und Stößen im normalen Fahrbetrieb, bei extremen Fahrmanövern und Unfällen herrühren und geben diese Signale an das Steuergerät zur Auswertung weiter. Hier werden die Daten mit fahrzeugspezifischen Werten verglichen. Beim Erkennen eines insassengefährdenden Unfalls – bei Frontalkollisionen liegt die Geschwindigkeitsschwelle zwischen 20 und 30 km/h – erfolgt die Aktivierung des Gasgenerators. Dazu sendet die Auslöseelektronik einen Zündimpuls an die Generatoren der Airbags und (soweit vorhanden) an die Generatoren der Gurtstraffer. Der Gasgenerator enthält einen pyrotechnischen Treibsatz, der durch den Zündimpuls schnell abbrennt und dabei ein Gas freisetzt, mit dem der zusammengefaltete Luftsack beschickt wird, dabei entfaltet sich der Airbag (bei Heißgas-Generatoren). Die Entfaltungszeit ist abhängig von Funktion und Größe des Airbags, sie beträgt typischerweise auf der Fahrerseite 30 bis 40 und auf der Beifahrerseite 40 bis 60 Millisekunden. Zu diesem Zeitpunkt steht ein mit 50 km/h frontal kollidierendes Fahrzeug bereits, während sich alle beweglichen Objekte im Fahrzeug aufgrund ihrer Trägheit weiterhin nach vorne bewegen. Realisierte Lösungen Airbags werden aus industriellen Polyamid-Fasern hergestellt. In 2003 wurden ca. 67.000 Tonen Polyamidgarne für die Airbagproduktion eingesetzt [2]. Mit Polyamid (PA) 6.6 Garnen im Titer dtex 235 f 72 lassen sich Gewebe mit einer Flächenmasse von etwa 150 g/qm herstellen, die im Hinblick auf ein reduziertes Packungsvolumen neue Maßstäbe setzten. Die Verwendung von PA 6.6 oder sogar
140
3 Anwendungen
PA 4.6 als Rohstoff in der Garnherstellung sichert auch bei den leichten Geweben eine ausreichende Widerstandsfähigkeit gegen Generatorgase. Ausgehend von der Dynamik des Entfaltens eines Airbags werden Gewebe aus Garnen der Feinheit 235 dtex und 470 dtex betrachtet. Die Höchstzugkraft des Gewebes ist proportional zur Flächenmasse des Gewebes. Aufgrund des Innendrucks sind Spannungen von bis zu 500 N/5 cm zu erwarten. Garne mit niedrigem Einzelfilamenttiter (LDPF) sind besonders für Airbags geeignet. Durch die hohe Zahl von Filamenten kann eine identische Flächendeckung wie bei anderen Gewebe erreicht werden [4]
Abb. 3.2 Realistischer Trend im globalen Airbagmarkt [2]
Man unterscheidet beschichtete und unbeschichtete Gewebe, wobei sich letztere aufgrund der besseren Partikelfilterung moderner Generatoren immer mehr durchsetzen. Aber auch heute weisen Luftsäcke aus Polyamid am Einblasmund noch Beschichtungen mit Polychlor oder Silikon auf. Beschichtete Airbag-Textilien werden hauptsächlich im Fahrerbereich und bei Seiten- und Kopfairbags eingesetzt. Im Bereich der Passagiere sind Beschichtungen eher unüblich. Die älteren Beschichtungen basieren auf Neoprenen, aktuelle Entwicklungen bevorzugen den Einsatz von Silikonen aufgrund
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der Alterungsbeständigkeit, der Hitze- und Kältestabilität, der Elastizität (auch bei tiefen Temperaturen), einer gute Haftung zum Gewebe, der Halogenfreiheit, einer lösemittelfreien Verarbeitung, fehlender flüchtiger Anteile, der schweren Entflammbarkeit [1].
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Die Festigkeit des Gewebes wird bei gleichem Material von dem Titer des Garnes beeinflusst. Mit der Art und Weise, wie der Luftsack zusammengelegt ist, kann der Entfaltungsvorgang ganz wesentlich gesteuert werden. Dabei wird im Wesentlichen die traditionelle Leporello-Faltung, bei der der Luftsack über den Generator gefaltet wird, und die Raff-Faltung, bei der sich der Luftsack seitlich am Generator befindet, unterschieden. Zusätzlich werden Luftsäcke mit innenliegende Fangbändern oder mit Reißnähten versehen. Sie reduzieren die Entfaltungslänge bzw. verlangsamen die Entfaltungsgeschwindigkeit und verhindern damit den Kontakt zwischen Luftsack und Insassen während des Entfaltungsvorgangs. Die Energieaufnahme des Airbags wird durch die Dimensionierung der Abströmöffnungen oder die Luftdurchlässigkeit des Gewebes bestimmt. Durch den exakt definierten Volumenstrom entweicht beim Auffangen des Insassen Gas aus dem Luftsack, so dass ein weiches Eintauchen des Insassen in den Airbag sichergestellt wird. Fertigung von Airbag Luftsäcken
Abb. 3.3 Herstellungsprozess eines Airbags [1]
Beim Nähen (mechanisch) hoch belasteter technischer Textilien stößt das Nähen an seine spezifischen Grenzen. Dies sind neben der Problematik der Dichtheit von genähten Nähten (Nahtleckage) das Problem der punktuellen Lasteinleitung bei höheren Kräften mit der damit verbundenen Gitteraufweitung und Garnlagenverschiebung. Mit einer aufwändigen Nähtechnik kann die Garnverschiebung minimiert werden, mit zusätzlichen Arbeitsschritten können die Nähte mittels Kleben oder Schweißen abgedichtet werden. Ein weiteres Problem besteht in der Garnverletzung durch das Nähen. Beim Nähen kann in Abhängigkeit der Prozessgeschwindigkeit des Nähautomaten, der Erwärmung der Nähnadel, der Qualität
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und dem Verschleiß der Nadel und der Biegsteifigkeit des Garns nicht nur die Beschichtung perforiert werden, sondern darüber hinaus auch das Garn verletzt werden. Alternativen zum Nähen stellen das Schweißen und das Kleben dar. Das Textilschweißen ist ohne Beschädigung des Gewebes nur möglich, wenn die Beschichtung als Klebstoff verwendet wird und der Schweißvorgang als Aktivierung dieser Schicht eingesetzt wird und ist deswegen zur Zeit nicht Gegenstand von Untersuchungen [3]. Die Temperaturbeständigkeit und die Schusstemperaturen (Heißgas-Generatoren erzeugen Schüsse mit Temperaturen bis zu 600–700°C, Kaltgasgeneratoren bei nahezu Raumtemperatur) sind maßgeblich für die einsetzbare Klebtechnik und die zu verwendenden Textiltiter (Heißgas 400–600 dtex, Kaltgas 200–300 dtex). Für das Kleben von Airbagtextilien einsetzbare Klebstoffe sind 2K Silikone, 2K Polyurethane, 2K Acrylate, 1K Schmelzklebstoffe auf reaktiver PUR Basis, auf EVA, Copolyester oder Copolyamid Basis.
Abb. 3.4 REM-Aufnahme einer geklebten Airbag-Naht
Eine Oberflächenbehandlung der Textilien ist in jedem Fall notwendig um die Benetzbarkeit und somit die erreichbare Adhäsion zu verbessern. Geeignete Verfahren sind hier Corona und Atmosphärendruckplasma. Es ist zu beachten, dass die Klebnaht nicht zu steif wird, um das Falten und Entfalten nicht negativ zu beeinflussen. Beim Klebstoffauftrag ist deshalb darauf zu achten, dass nicht zu viel Klebstoff aufgetragen wird. Hier spielt aber auch der Klebstoff selbst durch seine Shore-Härte eine wichtige Rolle.
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Beim Einsatz von Klebstoffen ist auf deren Alterungsstabilität zu achten um eine Lebensdauer von 10–15 Jahren auch unter den ungünstigsten Bedingungen (dichteste Faltungspackung im Airbag gepaart mit den klimatischen Bedingungen im Fahrzeuginnenraum mit tiefen Temperaturen im Winter und extremer Hitze im Sommer). Mit Klebungen können Schälfestigkeiten bis ca. 100 N/cm erreicht werden, was in etwa einem Innendruck ca. 1,5–1,8 bar entspricht. Ausblick Kleben ist bei der Airbagherstellung eine Alternative zum Nähen. In Abhängigkeit des Titers, des Airbagtextils und seiner Beschichtung sind geeignete Klebstoffe verfügbar, deren Einsatz aber für die jeweilige Materialpaarung und die Einsatzrandbindungen auf die Einsetzbarkeit hin überprüft werden muss. Bei beschichteten Textilien liegt der besondere Augenmerk beim Kleben in der geeigneten Oberflächenbehandlung vor dem Kleben. Die Entwicklung des Airbags ist noch nicht abgeschlossen. In Zukunft, so die Vision der Ingenieure, sollen Radaraugen am Fahrzeug einen voraussichtlichen Unfall möglichst exakt schon im Voraus erfassen, damit die Luftpolster im richtigen Tempo und mit der nötigen Füllmenge aufgeblasen werden können. Ein ähnlicher Effekt wird schon heute durch adaptive Airbags erzielt, die sich, je nach Schwere der Kollision, zweistufig entfalten können. Ein weiteres Entwicklungsziel ist die Individualisierung der Airbags. Das heißt, die Luftkissen entfalten sich je nach Gewicht, Größe oder Geschlecht des zu schützenden Insassen unterschiedlich. Es sieht so aus, als bliebe die Entwicklung des Airbags erstaunlich und überraschend.
Literatur [1] Smith, W.C.: Automotive Air Bags – What now? Textile World/Industrial Textile Associates Conference on Textiles in Automotives (TAC) in Atlanta, June 13–14, 2001. [2] Konrad, B.: Der globale Airbag-Markt aus der Vogelperspektive – Dynamik und TrendsBag&Belt 2004. 8. Internationales Symposium für Fahrzeuginsassen-Rückhaltesysteme. 28.– 30. April 2004 Köln. [3] Rychter, J.: Kleben von Technischen Textilien – Forschungsbericht über alternative Verbindungstechnik für Technische Textilien. Bag&Belt 2004. 8. Internationales Symposium für Fahrzeuginsassen-Rückhaltesysteme. 28.–30. April 2004 Köln [4] Siejak, V.: Neue Garne für leichte Airbaggewebe|New yarns for lightweight airbag fabrics. 36. CHEMIEFASERTAGUNG DORNBIRN, Österreich, 1997
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3.1.2 Laserschweißen von Airbags Dirk Hänsch, Tanja Vatterodt ProLas GmbH Das Laserschweißen von Kunststoffen bietet zwei wesentliche Vorteile, die es für den Einsatz zum Schweißen von Textilien prädestinieren. Zum einen ist es möglich, flexible Nähte zu erzeugen, die wasserdicht gegen Luft oder Flüssigkeiten sind. Zum zweiten bietet es die Möglichkeit zur Automatisierung. Aus diesem Grund verringert es sowohl die Produktionszeit als auch die Anzahl der Arbeitsschritte. Airbags wurden zunächst zum Schutz des Fahrers und des vorderen Beifahreres im Falle eines Zusammenstoßes eingeführt (siehe Abb. 3.5, Autoliv). Weitere Entwicklungen in der Automobilsicherheit haben zum Einsatz von Airbags geführt, die in die Seiten der Sitze und in das Dach über den Türen angebracht werden, bekannt als Side-curtain airbags. Diese liefern Schutz vor Seitenaufprall und Überschlag. Doch gerade bei Überschlägen ist es erforderlich, dass die Airbags 10 Sekunden aufgeblasen bleiben, um wirkungsvollen Schutz für den Insassen zu bieten. Dieses stellt zusätzliche Anforderungen an die Dichtheit der Nähte und fügt dem Herstellungsprozess weitere Schritte hinzu.
Abb. 3.5 Autoliv: Airbags zum Schutz des Fahrers
Airbags werden gewöhnlich genäht oder in einem Stück auf speziellen Webstühlen hergestellt. Es gibt jedoch Fälle, in denen ein Schweißprozess geeigneter ist. Bei den meisten traditionellen Schweißprozessen für Gewebe findet der Energieeintrag jedoch an der Außenseite des Materials (z. B. Heißluft, Ultraschallschweißen) statt. Das hat zur Folge, dass das gesamte Material auf geschmolzen wird, und die Nähte in der Regel versteifen.
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Eine Technologie für das Schweißen thermoplastischer Gewebe, die nur in der Kontaktfläche die Materialien aufschmilzt, ist das Laserdurchstrahlschweißen. Dieses Verfahren ermöglicht eine Verbindung, die eine größere Flexibilität und eine softere Haptik hat als bei anderen Fügeverfahren während die äußere Beschaffenheit des Gewebes ebenfalls erhalten bleibt. Das Laserdurchstrahlschweißen hat eine geringe Eindringtiefe und schmilzt die Textilien nur an der Kontaktfläche bei gleichzeitig sehr hohen Festigkeiten [1]. Realisierte Lösungen Unausgerüstet lassen Thermoplaste, einschließlich synthetische Fasern, Strahlung im nahen Infrarotbereich (NIR) durch. Daher muss, um das Gewebe zu schweißen, ein NIR Absorber eingebracht werden, der die Strahlung absorbiert. Dies wird gewöhnlich erzielt, indem man den Infrarotabsorber entweder zwischen die Materialien selbst aufbringt oder zwischen die Materialien an der Schweißnaht eine dünnen Layer hinzufügt. Anschließend wird der Laserstrahl dann entlang der Nahtlinie geführt. Der Laser strahlt durch das erste Gewebe durch und wird in der Absorberschicht in Wärme umgewandelt. Dies führt zum lokalen Aufschmelzen der Gewebe, die dann durch Druck verbunden werden (siehe auch Kap. 2.5.2). Die Vorteile des Laserschweißprozesses lassen sich wie folgt zusammenfassen:
• Lokal begrenztes Aufschmelzen und folglich hohe Nahtflexibilität • Wasserdichte und versiegelte Nähte in einem Arbeitsgang – kein Einsatz von Zusatzmaterialien erforderlich; Nähte mit engen Radien sind möglich
• Potenzial für das „Hochgeschwindigkeitsnähen“ und Automatisierung • Ein neues Nahtbild bietet neue Designgelegenheiten • Online Prozessregelung. Ausblick Das Laserschweißen von Airbags kann zu einem höheren Automatisierungsgrad, erhöhter Produktivität und verbesserter Qualität führen sowie Herstellern einen Wettbewerbsvorteil bieten und den Anreiz verringern, Produktionen in Regionen mit niedrigen Arbeitskosten zu verlagern. Die Herstellung von kompletten Airbags nah an den Orten an denen sie auch verkauft werden, verringert Transportkosten. Zusätzlich senkt der Prozess Geräuschentwicklung und Verletzungen am Arbeitsplatz. Überall dort, wo Qualitätssicherung und Rückverfolgbarkeit eine große Rolle spielen, ist das Laserschweißen eine echte Alternative: Industrielle Produkte wie z. B. Filtersysteme oder Airbags müssen höchsten Sicherheitsstandards genügen – und zwar entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Dies verlangt auch vom eingesetzten Fügeverfahren ein Höchstmaß an Zuverlässigkeit und Reproduzierbarkeit. Deshalb bietet sich der Einsatz der Laserschweißtechnologie insbesondere für Anwendungen in den Bereichen Indutech, Mobiltech und Buildtech an.
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Literatur [1] Ian Jones (2005) Improving productivity and quality with laser seaming of fabrics. Technical Textiles International May 2005 S. 35–37
3.1.3 Grundlagen der industriellen Fertigung stringerversteifter Schalen Frank Henkel Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen Anwendung Die Versteifung gekrümmter schalenförmiger Bauteile durch Rippenstrukturen findet im Maschinenbau insbesondere im Fahrzeugbau breite Anwendung. So sind zum Beispiel im Automobilbau das Dach, die Motorhaube und die Kofferraumdeckel solche Bauteile, ebenso kann man einen PKW-Unterboden auf eine solche Grundstruktur zurückführen.
Abb. 3.6 Stringerversteifte Schalen im PKW
Eine Grundlage für die wirtschaftliche, reproduzierbare Fertigung entsprechender Bauteile aus faserverstärkten Kunststoffen ist das textile Preforming, also die Darstellung einer endkonturnahen Verstärkungsfaserstruktur mit durchgehenden kraftflussgerechten Faserverlauf. Nähverfahren nehmen in der Prozesskette für die zukünftige Produktion von FVK-Bauteilen eine zentrale Rolle ein, ihre Bedeutung in Bezug auf Taktzeitreduktion und Kostenersparnis kann sich durchaus im selben Rahmen bewegen wie qualifizierte Injektionsverfahren [1]. Die Aufgaben der Nähverfahren im Preformingprozess reichen vom Einbringen flächiger Verstärkungen über das Fixieren einzelner Komponenten einer Preform für die nachfolgenden Prozessschritte bis zur Herstellung belastungsgerechter Fügezonen. Abhängig von
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der Aufgabe der Nähte und ihrem Verlauf entsprechend der Preformgeometrie und der späteren Bauteilbelastung, kommen verschiedene Nähverfahren in verschiedenen Prozessschritten zur Anwendung [2]. Zur Konfektionierung 3D-sphärisch gekrümmter FVK-Strukturen mit funktionsintegrierten Versteifungselementen sind Zusatzaggregate notwendig. Bei konventionellen Nähtechniken sind spezielle Zufuhr- und Förderaggregate zur Nähgutführung notwendig. Einseitige Nähverfahren benötigen dazu ein speziell angefertigtes Nähbett. Im Bereich der Nähgutführungen wird am Institut für Textiltechnik eine modular aufgebaute Lösung für einfach gekrümmte Preforms mit geradlinigen Versteifungsstrukturen erprobt.
Abb. 3.7 Nähgutvorrichtung
Durch eine Nähgutvorrichtung, die die konventionelle Standard-Industrienähmaschine ergänzt (Abb. 3.7), können auch gekrümmte Faserverbundkunststoff-Strukturen reproduzierbar vernäht werden. Die Versteifungselemente werden nacheinander mit Hilfe von Führungsschienen auf das im Nähbett auf der Zuführungsseite liegende Basistextil aufgelegt. Durch die auf beiden Seiten des Versteifungselements anliegenden Führungsschienen wird es sowohl genau positioniert, als auch während des Nähvorgangs fixiert. Der Spalt zwischen Nähbett und Führungsschienen, der entsprechend der Nähgutstärke eingestellt ist, sorgt für eine Formung des Preforms. Die Antriebe bestehen aus zwei übereinander liegenden Zahnriemensystemen, mit einem kraftdefinierten Spalt zum Nähguttransport. Der obere Zahnriemen läuft über eine Schiene, die eine dem Nähbett und den Führungsschienen entsprechende Krümmung aufweist. Es sind mehrere Antriebssysteme über die gesamte Breite der Nähgutführung verteilt, um einen gleichmäßigen Transport von flächigen Strukturen zu gewährleisten.
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Das hier vorgestellte Konzept soll folgende Anforderungen erfüllen:
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reproduzierbare Herstellung gekrümmter Preforms einfache, exakte Positionierung der Versteifungsstrukturen minimale Materialschädigung durch die Fixierung materialschonender Transport des Nähgutes.
Zur Fertigung von Bauteilen höherer Komplexität und größerer Dimensionen kommen Roboternähverfahren zum Einsatz. Hierzu sei auf die im Kap. 2 vorgestellten einseitigen Nähverfahren verwiesen. Zusätzlich zu den Nähköpfen wird für einen solchen Produktschritt noch eine entsprechende Nähguthalterung benötigt. Die Nähguthalterung muss folgende Aufgaben erfüllen:
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Unterstützung der Preformgeometrie Fixierung des Nähgutes Gute Zugänglichkeit zum Aufbau des Preforms und für den Nähkopfzugriff Platz für Nadelbewegungen bieten.
In Abb. 3.8 ist eine solche Form für eine stringerversteifte biaxial gekrümmte Schale gezeigt.
Abb. 3.8 Nähguthalterung
Eine solche Nähguthalterung muss neben der verzugsfreien Unterstützung des Nähgutes, je nach Nähverfahren auch Platz für die Nadelbewegung bieten. Dies ist im oben gezeigten Beispiel durch einen flacheren Verlauf der Form im Bereich der Stringerflanken gewährleistet. Zur Unterstützung der Preformgeometrie wird der
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entstehende Freiraum bei Einsatz des Tufting- und des Bogennadelverfahrens vollständig mit Hartschaumkernen gefüllt. Für die übrigen einseitigen Nähverfahren darf der Freiraum nur teilweise bestückt werden, da der Schaum die entsprechenden Nadelbewegungen verhindert.
Literatur [1] Herrmann, A. S.; Pabsch, A.; Kleineberg, M.: Kostengünstige Faserverbundstrukturen – eine Frage neuer Produktionsansätze, Konferenz-Einzelbericht: 3. Internat. AVK-TV Tagung für verstärkte Kunststoffe und duroplastische Formmassen, 12.–13.09.2000, Baden-Baden [2] Weimer, C.; Mitschang, P.; Neitzel, M.: Continous manufacturing of tailored reinforcements for liquid infusion processes based on stitching technologies, Konferenz-Einzelbericht: 6. International Conference on Flow Processes in Composite Materials, 15.–16.06.2002, Auckland, NZ
3.1.4 Seitenaufprallschutz Annette Kolkmann Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen Anwendung Strukturbauteile im Automobil werden in zunehmendem Maße durch Leichtbaustrukturen ersetzt. Dabei kommen ganz unterschiedliche Materialkombinationen zum Einsatz. Faserverbundkunststoffstrukturen sind eine Alternative, aber auch Aluminium- oder Magnesiumbauteile finden Verwendung. In einem Forschungsvorhaben zusammen mit einem Automobilkonzern wurde am ITA an der Entwicklung einer modular aufgebauten Autotür gearbeitet. Diese Autotür besteht aus einer Außenschale, die aus einem Aluminium/Polymer Verbund hergestellt wird, einem Innenrahmen aus Magnesium, dazwischen wird der Seitenaufprallschutz verankert, einem Verbundmodul mit der notwendigen Türmechanik und einer Türinnenverkleidung. Der Seitenaufprallschutz dient zur Stabilität der Automobiltür und zur Sicherheit der Insassen bei einem seitlichen Aufprall. Normalerweise wird dieser Seitenaufprallschutz aus Stahl hergestellt. In diesem Forschungsvorhaben wurde der Seitenaufprallschutz aus einem Faserverbundbauteil hergestellt, um Gewicht einzusparen. Das Bauteil wird nach einer speziellen Norm geprüft. Realisierte Lösungen Der Seitenaufprallschutz ist ein Faserverbundbauteil mit Schaumkernen und beschreibt im Querschnitt ein W-Profil, siehe Abb. 3.9.
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Abb. 3.9 Querschnitt des Seitenaufprallschutzes
Die Länge des Seitenaufprallschutzes entspricht der Türbreite und die Höhe des Bauteils beträgt ca. 14 cm. Die obere Deckfläche besteht aus Textilien aus den Materialien Carbonfaser und/oder Glasfaser. Zur Realisierung und Ausformung des W-Profils wurden zwei Schaumkerne verwendet. Diese Schaumkerne haben einen trapezförmigen Querschnitt. Die Schaumkerne wurden mit einer weiteren Deckschicht aus den Materialien Carbonfaser und/oder Glasfaser umschlossen. Als Textilstrukturen wurden bei den Versuchen Gelege eingesetzt. Um das W-Profil realisieren zu können, wurde zunächst ein trockener textiler Preform hergestellt. Hierbei kam als Fügetechnik das Nähen mit einem Doppelsteppstich zum Einsatz. Zunächst wurden beide textile Deckschichten längs des Bauteils mittels einer Doppelsteppstichnaht miteinander verbunden. Dann wurde der erste Schaumkern zwischen die textilen Deckschichten positioniert. Mit einer weiteren Naht, die möglichst nah an dem Schaumkern ausgeführt wurde, sind beide Deckschichten miteinander verbunden worden. Zwei weitere parallele Nähte sorgen einerseits für den vorgeschriebenen Abstand der beiden Schaumkerne zueinander und verbinden andererseits die textilen Deckschichten in diesem Bereich miteinander. Danach wird der zweite Schaumkern eingelegt und mit einer abschließenden Naht entlang des Bauteils fixiert. Mit diesen Handhabungsschritten entsteht der dreidimensionale textile Preform. Dieser Preform erhält seine endgültige Form und Stabilität durch den Laminier- und Konsolidierungsprozess, siehe Abb. 3.10. Erst dann ist ein Faserverbundbauteil entstanden. Während der Versuche ist ausschließlich mit dem Doppelsteppstich gearbeitet worden. Es fanden keine Variationen von z. B. Stichlänge, Anzahl der Nähte oder Nähfadenmaterial statt. Die Variationen erstreckten sich auf den Lagenaufbau der Deckschichten und auf die Materialkombinationen [1–3].
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Abb. 3.10 Seitenaufprallschutz
Ausblick Da es sich um eine Machbarkeitsstudie handelte, ist eine Aussage zum industriellen Einsatz eines Seitenaufprallschutzes sehr schwierig. Allgemein lässt sich jedoch der zunehmende Einsatz der Nähtechnologie zum Fügen trockener textiler Preforms im Bereich der Faserverbundbauteile erkennen. Ebenfalls werden Stoßfänger aus Faserverbundwerkstoff in der Automobilindustrie eingesetzt.
Literatur [1] Wulfhorst, B., Stockmann, P., Klopp, K.: Textilverstärkte Kunststoffstrukturen beim Seitenaufprallschutz, (TRP structures in side impact protection), BW Technics 1 (2000), H.2, S. 10–11 (S. 12–13) [2] Adam, H., Wallentowitz, H., Moll, K.-U., Wulfhorst, B.: Textilien als Strukturelemente zum Seitenaufprallschutz, Aachener Textiltagung Nov. 1995, DWI Reports 1996/117, S. 335–357 [3] Bischoff, T., Wulfhorst, B., Adam, H., Wallentowitz, H.: Entwicklung und Einsatz von Crashelementen für das Automobil, Aachener Textiltagung Nov. 1995, DWI Reports 1996/117, S. 325–333
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3.2 Luft- und Raumfahrt Axel S. Herrmann CTC GmbH U. Eberth Eurocopter Deutschland GmbH (bis Juni 2006: Airbus Deutschland GmbH) Die Gestaltung von Primärstrukturen für Luftfahrzeuge ist geprägt von einer Vielzahl flächiger und profilförmiger Einzelteile, die zu großformatigen Komponenten montiert werden. Dieses aus der traditionellen Metallbauweise übernommene Vorgehen findet auch bei heutigen Leichtbauweisen mit faserverstärkten Kunststoffen seine Anwendung. Die Einzelteile werden zunächst separat laminiert und ausgehärtet, und erst danach durch das Setzen einer großen Anzahl von Nieten verbunden. Dies erfordert einen erheblichen manuellen oder automatisierungstechnischen Aufwand, der sehr kostenintensiv ist. In vielen Fällen ist auch eine Aufdickung der Wandstärke im Bereich der Fügestellen notwendig, um den auftretenden Kerbspannungen an den eingebrachten Bohrungen Rechnung zu tragen, und die maximalen Nietkräfte nicht zu überschreiten. Zusammen mit den eigentlichen Verbindungselementen führt dies zu einem unerwünschten Mehrgewicht. Der Einsatz der Klebetechnik, der sich für diese Fälle anbietet, ist bisher nur in sehr begrenztem Maße möglich, da im Falle von Primärstrukturen keine zerstörungsfreien Prüfverfahren zur Verfügung stehen, die die Adhäsionskraft einer Klebeschicht detektieren können. Die Chance für den Einsatz neuer Fügetechniken bietet sich im Kontext neuer Fertigungstechnologien, die auf der Tränkung (= Infusion) eines trockenen Fasermaterialaufbaus mit einem Matrixmaterial beruhen. Diese Prozessketten basieren auf der Verwendung zwei- oder dreidimensionaler textiler Halbzeuge, die zu vielfältig variierbaren Verstärkungsstrukturen (sog. Preforms = nicht vorimprägnierte textile Vorformlinge) kombiniert werden. Aufgrund der Nachteile der aktuellen Verfahren besteht ein großes Interesse daran, die Fügevorgänge bereits ins Preformstadium vorzuziehen, um einen möglichst hohen Integrationsgrad zu erreichen. Ein Ansatz hierzu besteht im Einsatz chemischer Bindersysteme, die pulver- oder fadenförmig aufgebracht werden und zur Fixierung und Stabilisierung dienen [3]. Die Nähtechnik als Fügetechnologie deckt ein noch größeres Einsatzspektrum ab: Durch die eingebrachten Fixierungsnähte können die einzelnen Textillagen einer Preform geometrisch zueinander angeordnet und gegen ein Verschieben gesichert werden. Montagenähte dienen dazu, komplexe Preformgeometrien, die nicht in einem Arbeitsgang herstellbar sind, durch das Fügen einzelner textiler Teile in mehreren Teilschritten zu erstellen. Schließlich lässt sich der Verbund durch senkrecht oder unter variablem Winkel zur Flächennormalen eingebrachte Fasern in Form von Verstärkungsnähten gezielt strukturell modifizieren, wodurch sich die Schadenstoleranz, das Energieabsorptions- sowie Delaminationsverhalten nach einem Impact positiv beeinflussen lassen [1].
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Während sich das Nähen zur Preformerstellung bereits in der Serienanwendung befindet (z. B. bei der Druckkalotte des Airbus A380 [2] oder bei dem im TFP-Verfahren [siehe Kapitel 2 Stickereitechnik] erzeugten Longeron für den Hubschrauber NH90 der Fa. Eurocopter [4]), trifft dies für die strukturelle Nähtechnik noch nicht zu. Um diese im industriellen Maßstab in der Luftfahrt effektiv einsetzen zu können, fehlen noch zuverlässige Auslegungswerkzeuge für translaminare Verstärkungen, um das Verhalten der Bauteile im Herstellungsprozess und Betrieb detailliert bewerten zu können. Wie alle neue Technologien werden sich diese Fügeverfahren im Rahmen der Preformerstellung einer kritischen Bewertung hinsichtlich Automatisierbarkeit und Kosteneinsparungen stellen müssen, um im Wettbewerb mit den konventionellen Bauweisen bestehen zu können.
Literatur [1] Dransfield K, Jain LK, Mai YW: On the Effect of Stitching in CFRPs – Mode I Delamination Toughness. Composites Science and Technology 58 (1998) 815–827 [2] Gralfs J: Von der Idee zum Produkt – neue CFK-Technologie in der A380 und ihre Umsetzung in die Serienfertigung. Proceedings DGLR-Tagung Stuttgart 2002 [3] Herrmann AS, Eberth U: Textilien für die Flugzeugstruktur – Stand der Technologie und Herausforderungen. Proceedings 44. Internationale Chemiefasertagung Dornbirn 2005 [4] Leistner W, Scheitle JP: Development and Serialisation of a helicopter structural part in RTM. Proceedings NLR-Symposium 2002
3.2.1 Höhenleitwerkschwinge Axel S. Herrmann CTC GmbH U. Eberth Eurocopter Deutschland GmbH (bis Juni 2006: Airbus Deutschland GmbH) Anwendung Die Höhenleitwerkschwinge ist ein wichtiges Strukturbauteil in Passagierflugzeugen und übernimmt die Verbindung des Höhenleitwerks mit der hinteren Rumpfsektion. Die am Höhenleitwerk auftretenden Kräfte werden jeweils im mittleren Auge der zwei paarweise angeordneten Schwingen aufgenommen, und über die äußeren Augen in den Rumpf übertragen (Abb. 3.11). Für einige Flugzeugtypen werden die Schwingen heute als Verbundbauteil auf Basis von Kohlenstofffasergeweben hergestellt, die auf einem Cutter konfektioniert, und der Lagenfolge gemäß in ein Resin Transfer Moulding (RTM)-Werkzeug ein-
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gelegt werden. Einige Varianten erreichen als ausgehärtetes Bauteil eine Gesamtlänge von bis zu 1.000 mm bei einer Dicke von ca. 40 mm und einem Gewicht von ca. 7.000 g.
Abb. 3.11 Einbausituation der Höhenleitwerkschwinge mit Krafteinleitungspunkten. Quelle: CTC
GmbH Stade
Das Potenzial für eine weitere Optimierung des Bauteils besteht in der effizienteren Nutzung der zusätzlichen konstruktiven Freiheitsgrade, die Faserverbundwerkstoffe gegenüber isotropen Werkstoffen bieten, indem über eine belastungsgerechte Auslegung eine Anpassung der Faserverläufe an die Hauptbelastungsrichtungen erfolgt. Als eine der wenigen Fertigungsverfahren für Verbundwerkstoffe bietet die TFP (Tailored Fibre Placement) Technologie die Möglichkeit, auf Basis eines nähtechnischen Fügevorgangs Verstärkungsfasern in einer Ebene in beliebiger Orientierung abzulegen. Durch die gezielte Ablage der Verstärkungsfasern innerhalb der Bauteilkontur der Schwinge, vermögen die TFP-Lagen in einem Schichtverbund deutlich höhere Lasten zu übernehmen, als die biaxialen Lagen der bisher verwendeten Gewebehalbzeuge. Besonders vorteilhaft ist der Einsatz der TFP-Technologie für das betrachtete Bauteil aufgrund der Möglichkeit, die Verstärkungsfasern ohne Unterbrechung entlang der äußeren Bauteilkontur im Bereich der Krafteinleitungspunkte führen zu können. Im Gegensatz zu aktuellen Herstellungsverfahren ermöglicht der TFP-Prozess einen wesentlich höheren Automatisierungsgrad der Fertigung, da mehrere Stickköpfe nebeneinander angeordnet sind, und jeweils mehrere Faserlagen übereinander abgelegt werden können. Realisierte Lösung Die Erzeugung der für den TFP-Prozess benötigten Faserverläufe erfolgt schrittweise: Zunächst werden ausgehend von der Geometrie und den Betriebslasten des Bauteils die Spannungstrajektorien über eine Finite Elemente (FE)-Simulation er-
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mittelt. Diese bilden die Eingangsdaten für die Generierung der Ablegepfade der Rovings, bei der die Vektoren der Hauptspannungsrichtung der einzelnen Elementmittelpunkte zu einem Linienzug verbunden werden. In dem speziell entwickelten Softwareprogramm wurden die Fertigungsrandbedingungen, wie das Verbot von Überkreuzung der Rovingverläufe und die Vermeidung von spitzen Winkeln und kleinen Radien im Faserverlauf implementiert [1]. Anschließend werden Verläufe (Abb. 3.12) in eine CAD-Datei geschrieben, wobei noch manuelle Anpassungen im Faserverlauf durchgeführt werden können, die sich nicht in allgemeingültigen Gesetzmäßigkeiten beschreiben lassen, z. B. kann die Produktivität wie auch die Bauteilqualität durch eine Minimierung der Startund Endpunkte verbessert werden. Abschließend werden aus den Modellen die maschinenspezifischen NC-Programme erstellt und an die TFP-Anlage übertragen. Für die Fertigung wird eine modifizierte Flachbett-Stickmaschine mit parallel arbeitenden Bändchen-/Kordelstickköpfen eingesetzt (Abb. 3.13). Der Stickgrund
Abb. 3.12 Beispiel für einen Faserverlauf
Abb. 3.13 TFP-Anlage mit Schwingenpreforms. Quelle: CTC GmbH Stade
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wird in einen Rahmen eingespannt, welcher über das Steuerprogramm die notwendige Relativbewegung zwischen Kordelkopf und Nähgut durchführt. Der eigentliche Nähprozess läuft voll automatisiert ab, wobei als Nähstichtyp zur Fixierung des Verstärkungsfaserstrangs ein Doppelsteppstich zum Einsatz kommt, bei dem die gewählte Überstichbreite durch eine symmetrische Zickzack-Anordnung der aufeinander folgenden Nähstiche realisiert wird. Ziel bei der Auswahl der geeigneten Materialien und Parameter für den Fügeprozess ist es, den Anteil des Nähfadens als nicht tragendes Hilfsmaterial zu minimieren, und trotzdem eine ausreichende Fixierung sicherzustellen. So wird der Rovingstrang aufgrund der für eine gestreckte Faserablage benötigten Zugspannung in radial verlaufenden Bereichen zum Mittelpunkt des Bogens gezogen, und verläuft damit nicht mehr auf der vorgesehenen Bahn. Diesem Effekt, der proportional zum Krümmungsradius ist, kann durch eine geeignete Einstellung der Nähfadenspannung ebenso begegnet werden, wie den Querschnittsänderungen des Rovings in diesen Bereichen. Wird die Spannung allerdings zu hoch gewählt, kann dies zu einer Einschnürung der Rovingstränge führen. So kommt es zu einer unerwünschten Welligkeit der Faserablage in Ablegerichtung, und an der Oberfläche des Preforms werden die Faserlagen an den Einstichstellen auseinander gezogen. Die dadurch entstehenden kegelförmigen Volumina stellen nach der Aushärtung unerwünschte Reinharzbereiche dar. Für die Erstellung eines kompletten Bauteils werden mehrere einzelne Preforms gefertigt, die wiederum aus mehreren Faserlagen bestehen. Da an der Unterseite jeder Preform die Unterfadenlänge jeder einzelnen Faserlage zu liegen kommen, bildet sich hier im ausgehärteten Bauteil eine Inhomogenität, die zu einer Verschlechterung der Schubfestigkeiten führen kann [2]. Wie aus Abb. 3.14 ersichtlich ist, kann durch Verwendung eines thermoplastischen oder lösungsmittellöslichen Nähfadens der Stickgrund mitsamt der Unterfäden beseitigt werden, und die Homogenität des Laminats verbessert werden.
Abb. 3.14 Schliffbilder von TFP-Laminaten: Verbesserung der Homogenität durch Verwendung
eines löslichen Nähfadens (unten) im Vergleich zu einem herkömmlichen Nähfaden (oben). Quelle: CTC GmbH Stade
3.2 Luft- und Raumfahrt
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Aufgrund der Mehrlagigkeit kann die Anzahl der in das Aushärtewerkzeug einzubringenden Lagen im Vergleich zu der Gewebevariante um 80% reduziert werden. Die endkonturnahe Preformherstellung erlaubt eine Fertigung mit minimalem Verschnittanteil, und die Preforms können ohne weitere Zuschnittvorgänge in das RTM-Werkzeug eingelegt werden (Abb. 3.15).
Abb. 3.15 Oben: Komplettes Preformpaket für eine Schwinge, Mitte: Preformpaket im Werkzeug,
unten: ausgehärtetes, mit Buchsen versehenes Bauteil. Quelle: CTC GmbH Stade
Ausblick Mit den dargestellten Ergebnissen sind bereits eine Reihe von Meilensteinen auf dem Weg zum Serieneinsatz der Höhenleitwerkschwinge in TFP-Technologie erreicht. Um die Einführung zu realisieren, wird der komplette Ablauf der Rovingverlauferstellung, ausgehend von Geometrie und Bauteillasten bis hin zur Fertigungsoptimierung, zukünftig noch weiter automatisiert und optimiert werden müssen. So sollten die vielen Randbedingungen und Materialeinflüsse bei der TFP-Fertigung berücksichtigt werden, für die es nur wenige quantifizierbare Bedingungen gibt. Ein Beispiel ist die Schädigung der Verstärkungsfasern durch das wiederholte Durchstechen der bereits abgelegten Faserschichten bei der Erstellung eines TFP-Preform. Weiterhin ist im Anschluss an die manuelle Anpassung des Faserverlaufs eine Rückführung in das FE-Modell und eine erneute Simulation erforderlich, da sich mit den angepassten Faserorientierungen eine veränderte Ausrichtung der Spannungen ergibt. Dies ist besonders vor dem Hintergrund einer Zulassung von TFP-Bauteilen für Luftfahrtanwendungen notwendig, da in einigen Fällen ein rechnerischer Nachweis über die Bauteileigenschaften von Seiten der Zulassungsbehörden verlangt wird.
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Literatur [1] Herrmann AS, Eberth U: Textilien für die Flugzeugstruktur – Stand der Technologie und Herausforderungen. Proceedings 44. Internationale Chemiefasertagung Dornbirn 2005 [2] Kütemeier U, Jörn PJ, Herrmann AS: Reverse Engineering für eine Bauteilfertigung in Tailored Fibre Placement-Bauweise. Proceedings DGLR-Tagung München 2003
3.2.2 Stringerversteifungen Axel S. Herrmann CTC GmbH U. Eberth Eurocopter Deutschland GmbH (bis Juni 2006: Airbus Deutschland GmbH) Anwendung Der Rumpf als zentrale Struktur eines Flugzeugs ist verantwortlich für die Aufnahme aller Lasten aus den Bereichen Druckkabine, Trag- und Leitwerke, Triebund Fahrwerke, sowie Passagier- und Frachtzuladung. Unter den normalen Betriebsbedingungen eines Flugzeugs erfährt ein Rumpfschalensegment parallel zur Schalenebene wirkende Zug-/Druck- und Schubbelastungen. Bei der heute angewandten Schalenbauweise wird die relativ dünnwandige Zylinderschale durch Längsprofile (Stringer bzw. Holme) und Querprofile (Spanten bzw. Rippen) gegen die auftretenden Belastungen versteift (Abb. 3.16). Einen vergleichbaren Aufbau besitzen eine ganze Reihe weiterer Flugzeugstrukturen, wozu insbesondere Flügelober- und Flügelunterschalen sowie Seiten- und Höhenleitwerkschalen zählen.
Abb. 3.16 Typischer Aufbau von Rumpf und Seitenleitwerk
3.2 Luft- und Raumfahrt
159
Die technologische Herausforderung bei der Realisierung solcher Strukturen besteht darin, im Kontext einer faserverbundgerechten Auslegungs- und Konstruktionsphilosophie, kostengünstige und automatisierbare Produktions- und Montageverfahren für Hochleistungsfaserverbundwerkstoffe zu entwickeln [4]. Eine aktuell untersuchte Möglichkeit besteht dabei darin, solche Schalenelemente auf Basis der Preformfertigung durch den Einsatz der Nähtechnik integral, d. h. unter Verzicht nachträglicher Montageschritte, zu fertigen, indem Hautlagen und Stringer zu einer kompletten Preform vormontiert und anschließend gemeinsam ausgehärtet werden (sog. cocuring). Für die Konstruktion von Schalensegmenten ist insbesondere die Möglichkeit zur strukturellen Modifizierung des Bauteils von Bedeutung, da bei der Auslegung als Beulfeld von der Annahme ausgegangen wird, dass einer der Stringer aufgrund von Impacteinwirkung als losgelöst zu betrachten ist, so dass die übrigen Stringer die zusätzliche Last übernehmen müssen. Wenn es mit Hilfe der Nähtechnik gelingt ein Delaminieren der Stringer wirkungsvoll zu verhindern, wäre es möglich, durch vergrößerte Stringerabstände deutliche Gewichts- und Kosteneinsparungen zu realisieren. Realisierte Lösung Anhand der Herstellung eines Schalensegments wird aktuell untersucht, in wieweit die Nähtechnik in Kombination mit dem Verfahren zur Erstellung eines automatisierten Vakuumaufbaus [3] in einen Serienprozess eingebunden werden kann. Das Fertigungskonzept beruht auf der Harzimprägnierung von Trockenhalbzeugen in einem Vakuuminfusionsverfahren. So wird ein gekrümmtes Schalensegment (Abb. 3.17) erzeugt, das mit sechs T-Stringern auf der Innenseite versteift wird, und in der Breite ca. einem Zehntel des Umfangs eines Flugzeugrumpfes mit 150–250 Sitzplätzen entspricht.
Abb. 3.17 Geometrie des gekrümmten Schalensegments. Quelle: CTC GmbH Stade
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3 Anwendungen
Die Vernähung der textilen Vorformlinge erfolgt innerhalb einer robotergestützten Nähanlage (Abb. 3.18), die das automatisierte und CNC-gesteuerte Einbringen von Nähten erlaubt. Die Anlage besteht aus einer Portalrahmenkonstruktion, in der ein 6-Achsen Knickarmroboter kopfüber an einer Linearachse verfahrbar montiert ist.
Abb. 3.18 Gesamtansicht der robotergestützten Nähanlage. Quelle: CTC GmbH Stade
Durch Tausch des am Manipulator angebrachten Nähkopfs ist es möglich, verschiedene Arten von Nähstichtypen (u. a. Einfach- und Doppelsteppstich- sowie Tuftingnähte) zu erzeugen [1]. Da die Programmierung der Roboterbewegungen durch Anfahren und Abspeichern einzelner Punkte (sog. Teachen) an der Größe und sphärischen Krümmung der Faserpreforms scheitert, werden die jeweiligen Nahtbahnen in einem speziellen CAD-System auf dem Volumenmodell des Bauteiles erzeugt. Das Roboterbewegungsprogramm wird automatisch anhand der definierten Pfade erzeugt, wobei auch die zuvor festgelegten Nähparameter für jede Bahn mit übernommen werden. Da die robotergestützte Nähanlage geometrisch und kinematisch vollständig im CAD-System abgebildet ist, kann das Programm nach einer Kollisionskontrolle auf die Anlage übertragen werden. Als Material kommen für die Hautlagen und Stringer des Schalensegments Multiaxialgelege zum Einsatz. Die Stringerprofile werden nähtechnisch und unter Verwendung eines thermoplastischen Bindermaterials vorgeformt, wozu zunächst die benötigten Halbzeugzuschnitte für die Stringerprofile in einen ebenen Nähguthalter eingelegt, und über Fixierungsnähte montiert werden. Um eine sichere Verbindung während der anschließenden Handhabungs- und Drapierungsvorgänge gewährleisten zu können, wird hierzu der Doppelsteppstichkopf der Roboteranlage eingesetzt.
3.2 Luft- und Raumfahrt
161
Abb. 3.19 Ablauf der Fertigung
Nach dem Umformen der Fußlagen der Stringer folgt die Montage auf die Hautlagen (Abb. 3.20), wobei die Fixierung und Stützung der Halbzeuglagen und Profilpreforms durch modulare Elemente realisiert wird, die abhängig von der Nahtfolge angebracht, bzw. entfernt werden. Für diesen Prozessschritt kommen Nähstichtypen zum Einsatz, die nur einen einseitigen Zugang zum Nähgut benötigen, so dass kein Freiraum unter dem Nähgut mehr nötig ist. So lässt sich der Vorrichtungsaufwand deutlich verringern. Das Tuftingverfahren eignet sich aufgrund der gestreckten Fasereinbringung hierbei besonders für die Erstellung von Verstärkungsnähten.
Abb. 3.20 Ausrichtung und Vernähung der Stringerprofile. Quelle: CTC GmbH Stade
Da der Werkstoff des Nähgarns einen großen Einfluss auf die Wirksamkeit der translaminaren Verstärkung hat, wurden für die Vernähung des Schalensegments hochfeste Glas- und Carbonfäden verwendet. Dabei zeigt das Kohlenstofffasergarn zwar die höchsten Werte für Zugfestigkeit und Steifigkeit, unterliegt jedoch E-Glasfäden in der Schlingenfestigkeit, welche als das wichtigste Kriterium für eine prozesssichere Vernähung gilt [5]. Bei allen Nähvorgängen ist eine materialangepasste Fixierung der textilen Halbzeuge von großer Bedeutung, da es sonst aufgrund der Penetration des Nähguts durch die Nähwerkzeuge zu unerwünschten Verschiebungen kommen könnte.
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3 Anwendungen
Vor dem Aushärtevorgang wird die Technik des neu entwickelten automatisierten Vakuumaufbaus (AutoVac) genutzt, um den erforderlichen Hilfsstoffbau aus Trennfolien und Verteilungsmedien zu erstellen. Dieser wird nicht, wie sonst üblich, manuell direkt über der Faserpreform aufgebracht, sondern automatisiert vorgeformt und nach dem Auflegen der Preform komplett an die Aushärteform übergeben [3]. Im Anschluss an die Tränkung mit dem Harzsystem und an die Aushärtung in einem druckbeaufschlagten Ofen, wird der Hilfsstoffbau entfernt, und das Bauteil (Abb. 3.21) kann dem Aushärtewerkzeug entnommen werden.
Abb. 3.21 Integrales Bauteil mit Stringern. Quelle: CTC GmbH Stade
Ausblick Mit der Herstellung eines Rumpfsegments wurde das Fertigungskonzept zur Produktion von Rumpfschalen unter Einbeziehung der strukturellen Nähtechnik erfolgreich erprobt. Nicht nur die Bauteilgröße, sondern auch die Durchführung einzelner Prozessschritte richtete sich nach dem Ablauf einer Serienproduktion. Das Einbringen von Nähten mit Hilfe robotergestützter Nähköpfe zeichnet sich durch eine hohe Reproduzierbarkeit aus. Der automatisierte Vakuumaufbau gewährleistet neben einer hohen Positionierungsgenauigkeit der Stringer auch die erforderliche Prozesssicherheit für die Umsetzung komplexer Strukturen mit entsprechend anspruchsvollen Infusionskonzepten [2]. Den Einsatz in Primärstrukturen von Luftfahrzeugen verhindern bisher neben den fehlenden Auslegungswerkzeugen auch die mangelhaften mechanischen Eigenschaften der textilen Halbzeuge im Verbund. Dabei ist es wichtig, die gezielte Ausrichtung der Fasern und die Aufrechterhaltung der definierten Faseranordnung beim textilen Fertigungsprozess und der Preformerstellung sicherzustellen. Dies kann durch die Weiterentwicklung faserschonender Nähtechniken, sowie einer Optimierung der Nähparameter, gelingen. Das vorgestellte Konzept stellt die Grundlage dar, auf der eine Schalenfertigung sukzessive automatisiert und um Elemente der Qualitätssicherung ergänzt werden kann, um auf diese Weise innerhalb einer funktionellen Fertigungszelle den Grundstein für eine Serienfertigung legen zu können.
3.3 Textiles Bauen
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Literatur [1] Eberth U, Herrmann AS: Einsatz der Nähtechnik zur Herstellung von Faserverbundstrukturen am Beispiel versteifter Schalensegmente. Proceedings DGLR-Tagung München 2003 [2] Eberth U, Herrmann AS, Meyn T: Stringerversteifte Schalen in Textiltechnologie. Proceedings 10. Chemnitzer Textilmaschinentagung 2005 [3] Herrmann AS, Eberth U: Textilien für die Flugzeugstruktur – Stand der Technologie und Herausforderungen. Proceedings 44. Internationale Chemiefasertagung Dornbirn 2005 [4] Herrmann AS, Bieling U, Papsch A, Kleineberg M: Produktionstechnik für große CFK-Flugzeugstrukturen. Proceedings DGLR-Tagung Hamburg 2001 [5] Mouritz AP, Cox BN: A Mechanistic Approach to the Properties of Stitched Laminates. Composites Part A 31 (2000) 1–27
3.3 Textiles Bauen Thomas Gries RWTH Aachen Eines der wichtigsten Anwendungsgebiete von technischen Textilien ist das „textile Bauen“. Dazu gehören sowohl Zeltdach-Konstruktionen, zum Beispiel für Fußballstadien wie die Arena auf Schalke, als auch faser- oder textilbewährte Bauwerkstoffe. Der letztgenannte Bereich wird zur Zeit intensiv erforscht um neuartige Textilstrukturen zur Bewährung von Betonbauteilen zu entwickeln. Dadurch können zum einen die Stahlbewehrung ersetzt werden, zum anderen völlig neuartige Konstruktionen möglich (zum Beispiel filigrane Fassaden, bauteilintegrierte Schalungen, Sandwich-Elemente). Der Bereich der Geotextilien gehört auch zum Einsatz von Textilien im Bauingenieurwesen. Dieser Bereich wird allerdings gesondert unter dem Begriff „Geotextilien“ zusammengefasst und daher hier nicht behandelt.
3.3.1 Klimaelement Annette Kolkmann Institut für Textiltechnik der RTWH Aachen Anwendung Textilbewehrter Beton besteht aus einer textilen Bewehrungsstruktur und einer Matrix aus Feinbeton mit geringen Korngrößen. Unter Belastung werden die auftretenden Druckspannungen von der Betonmatrix, die Zugspannungen durch die Textilbewehrung aufgenommen. Als Textilstrukturen werden vorrangig offenmaschige Textilien aus alkaliresistentem Glas und Carbon eingesetzt. Durch die alkalische Resistenz der eingesetzten Materialien kann die Überdeckung der Bewehrung
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3 Anwendungen
gegenüber Stahl deutlich reduziert werden, so dass sehr dünnwandige, filigrane und selbsttragende Bauteile hergestellt werden können. Über die eigentliche Funktion der tragenden Struktur der Bauteile hinaus können diese mit Zusatzfunktionen ausgerüstet werden. Mögliche Zusatzfunktionen sind Wärmedämmung und aktive Elemente zu Wärmeaufnahme und -abgabe. Dabei kann die Dämmfunktion durch eingebrachte Hartschaumkerne und der Energietransfer durch integrierte Rohrsysteme und ein entsprechendes Medium erfolgen. Dadurch kann ein Klimaelement erstellt werden, das gleichzeitig über eine Wärmedämmung verfügt. Diese Bauteile können beispielsweise als Wandelemente im Innenbereich oder als Dach- und Fassadenelemente im Außenbereich eingesetzt werden. Je nach Einsatzfall können die Bauteile als einfache Schichtverbünde oder Sandwichelemente ausgeführt werden. Ein Sandwichelement besteht aus zwei textilbewehrten Betondeckschichten und einer wärmedämmenden Zwischenschicht. Beim einfachen Schichtverbund entfällt eine der Deckflächen. Durch die Betonmatrix kann bei einem entsprechenden Formenbau die Oberfläche frei gestaltet werden. Gerade für den Außenbereich bieten sich hierdurch neue Designmöglichkeiten an. Beispielsweise kann eine Klinkerfassade oder eine klassische Dacheindeckungen nachgebildet werden. Realisierte Lösungen Innerhalb eines Forschungsvorhabens wurde im Prototypenmaßstab ein aktives Dachelement hergestellt. Dieses Dachelement ist ein einfacher Schichtverbund. Die Länge des Dachelementes ist variabel und kann bis zu 3 Meter betragen. Es ist als selbsttragendes Bauteil ausgelegt, so dass eine vereinfachte Dachstuhlkonstruktion ermöglicht wird. Im Gegensatz zu einem klassischen Dachaufbau ersetzt das Dachelement die Dacheindeckung, die Lattung und die Wärmedämmung. Das Dachelement soll direkt auf den Sparren fixiert werden. Solche Klimaelemente können als standardisiertes Produkt in der Serienproduktion in einem Fertigteilwerk hergestellt werden. Ein mögliches Herstellungsverfahren wird im Folgenden beschrieben. Mit dem Formenbau, der als Negativform realisiert wird kann jede gewünschte Oberflächentopographie erzeugt werden. In die Negativform wird die Betonmatrix eingefüllt. Anschließend wird die konfektionierte Bewehrungsstruktur mit dem Schlauchsystem eingelegt. Das Konfektionieren der Bewehrungsstruktur beinhaltet das Zuschneiden der Bewehrungsstruktur auf das geforderte Maß. Die Schlauchstruktur kann entweder durch Sticken mit der Bewehrungsstruktur oder durch Aufkleben mit der Bewehrungsstruktur verbunden werden. Danach wird ein zweiter Befüllungsschritt mit der Betonmatrix vorgenommen. Abbildung 3.22 zeigt den Querschnitt einer textilbewehrten Platte mit integriertem Schlauchsystem. Die Aufbringung der Dämmschicht kann nach dem Aushärten der Betonmatrix durch Aufkleben erfolgen, oder durch Aufdrücken der Dämmschicht in die noch frische Betonschicht.
3.3 Textiles Bauen
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Abb. 3.22 Querschnitt einer textilbewehrten Platte mit integriertem Schlauchsystem
Zur Überprüfung der Dichtigkeit des Röhrensystems kann das Verfahren der Thermographie eingesetzt werden. In dem beschriebenen Forschungsprojekt wurden nach Tragfähigkeitsuntersuchen mittels 3-Punkt-Biegeversuch an oben dargestellten Platten diese Dichtigkeitsuntersuchungen durchgeführt. Dazu wurde in die Röhrchen warmes Wasser eingefüllt. Abbildung 3.23 zeigt eine Thermographieaufnahme von der getesteten Platte. Es ist deutlich die Schlauchstruktur mit dem warmen Wasser zu sehen. Wäre der Schlauch bei der Belastung geschädigt worden, würde sich das warme Wasser ausbreiten und es wären keine klaren Konturen zu erkennen.
Abb. 3.23 Thermographieaufnahme der getesteten Platte. Quelle: ifs, Braunschweig
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3 Anwendungen
Ausblick Die im Projekt genutzten Fügetechnologien Kleben und Sticken zur Aufbringung der Schläuche können für eine Serienfertigung von der verfahrentechnischen Seite optimiert werden. Bisher wurde die Fertigung des Demonstrators überwiegend manuell durchgeführt und das Stickvorgang zum Aufsticken der Schlauchstrukturen für die Demonstratorplatten ebenfalls einzeln realisiert. Für eine Großserienfertigung könnten andere Maschinentypen genutzt werden, so dass sich Einrichtungszeiten und Bedienzeiten verkürzen. Eine Übertragung der Verfahrentechnologie auf andere Bauteile ist mit wenigen Modifikationen möglich.
3.3.2 Beschichtung von textilen Betonbewehrungen Marijan Barlé Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen Anwendung Polymere Beschichtungen kommen auch bei textilen Betonbewehrungen zum Einsatz. Der textilbewehrte Beton ist ein neuartiger Verbundwerkstoff aus Feinbeton mit einer textilen Bewehrung aus hochfesten, nichtkorrosiven Fasermaterialien. Im Gegensatz zum kurzfaserbewehrten Beton, auch Faserbeton genannt, werden flächige Textilstrukturen aus Endlosfasern nur in zugbeanspruchten Bereichen und dort belastungsorientiert angeordnet. Diese Bauweise ermöglicht architektonisch anspruchsvolle filigrane, scharfkantige Betonbauteile mit geringen Dicken von bis zu 0,5 cm. Dies führt auch zur Reduzierung der erforderlichen Betonmenge auf 10–20 % des üblichen Bedarfs. Als Fasermaterialien kommen meist alkaliresistente Glasfasern zum Einsatz. Auch Carbonfasern und Aramidfasern werden verwendet. Diese werden zu offenmaschigen, gitterartigen textilen Flächengebilden verarbeitet und vor oder während des Betoniervorgangs in die Schalung eingebracht. Zur Fixierung der gitterartigen Struktur der Textilien und zur Verbesserung des Zusammenwirkens von Bewehrung und Matrix (Verbund) werden die Bewehrungstextilien mit polymeren Matrices beschichtet. Es werden wässrige Dispersionen von Acrylat (RA), Styrol-Butadien (SB) oder Chloropren (CR) oder Mischungen davon verarbeitet. Seltener werden Reaktionsharze wie Epoxide (EP) oder Vinylester (VE) eingesetzt. Neu für textile Betonbewehrungen sind Beschichtungssysteme aus Polyvinylalkohol (PVA). Bei allen Beschichtungssystemen erfolgt automatisch eine Verfestigung der ansonsten relativ verschieblichen Textilstrukturen. Die Auswahl der Beschichtungsmaterialien entscheidet darüber, wie verformbar (drapierfähig) die Bewehrung nach dem Beschichten ist. Je nach Anwendung und Betonierverfahren werden die
3.3 Textiles Bauen
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Textilien nach der Beschichtung auf Rollen gewickelt oder zu Platten abgelängt. Bei Verwendung von thermoplastischen Polymermatrices ist auch eine Anpassung der textilen Bewehrungen an verschiedene Bauteilquerschnitte möglich (Abb. 3.24). Dazu werden die Textilien zugeschnitten und kurzfristig lokal erwärmt, sodann umgeformt.
Abb. 3.24 Textiler Würfel. Quelle: Institut für Füge- und Schweißtechnik, TU Braunschweig
Die Beschichtung der Bewehrungstextilien dient neben der Strukturfixierung vor allem der Verbesserung des Zusammenwirkens von Fasern und Matrix. Bei nicht beschichteten Bewehrungstextilien wird das Festigkeitspotential der Bewehrungsfasern bei weitem nicht ausgeschöpft, da die Betonmatrix beim Betonieren nicht in der Lage ist, den gesamten Rovingquerschnitt zu durchdringen und so alle Fasern an der Lastabtragung zu beteiligen (Abb. 3.25). Nur die Randfilamente sind mit dem Beton verbunden, die inneren Filamente liegen „lose“ im Bündel vor. Auf Basis der Mechanismen zum Erreichen eines vollständigen Verbunds zwischen Bewehrung und Beton sind zwei mögliche Beschichtungskonzepte möglich. Dies sind die Verklebung der Fasern mit einer polymeren Matrix und die Rovingöffnung durch eine polymere Matrix. Je nach Konzept werden verschiedene polymere Matrices verwendet. Die eingesetzten Beschichtungsverfahren beruhen bei beiden Konzepten meist auf dem Tauchverfahren mittels Foulard, jedoch sind je nach Beschichtungsmasse Anpassungen der Prozesstechnik und Prozessparameter erforderlich. Das Konzept der Verklebung sieht eine vollständige Tränkung der Rovingquerschnitte der Textilen mit der polymeren Matrix vor. Zum Einsatz kommen sowohl Dispersionen als auch Reaktionsharze (s. o.). In Abhängigkeit vom Polymergehalt im Roving ergibt sich eine signifikante Verbesserung bei der Zugbeanspruchung (Abb. 3.26). Gleichzeitig muss aber die Anbindung des beschichteten Rovings an die
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3 Anwendungen
Abb. 3.25 Unbeschichteter Roving im Beton mit „losen“ Filamenten. Quelle: Institut für Textil-
technik, RWTH Aachen
Betonmatrix gewährleistet sein. Hier steht jetzt nur noch die Grenzflächen zwischen Polymer und Matrix zu Verfügung, da der flüssige Beton nicht in der Lage ist, den beschichteten Roving zu durchdringen und so die Kontaktfläche zu vergrößern.
Abb. 3.26 Garnzugfestigkeiten von AR-Glas bei unterschiedlichem Polymergehalt einer Acrylat-
beschichtung. Quelle: Institut für Schweißtechnische Fertigungsverfahren, RWTH Aachen
3.3 Textiles Bauen
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Das zweite Konzept der Beschichtung für textile Betonbewehrungen sieht daher eine Öffnung des Rovings während des Betoniervorgangs durch die Beschichtung mit einer polymeren Matrix vor. Dazu wird Polyvinylalkohol (PVA) zur Funktionalisierung der Bewehrung eingesetzt (Abb. 3.27). Zum einen wird das PVA bei Kontakt mit dem Wasser des flüssigen Betons aufgelöst und bewirkt so ein Öffnen des Rovings. An die Stelle des PVA tritt die Betonmatrix, die so auch bis in die Innenbereiche der Rovings vordringen kann. Zum anderen wirkt die Oberflächenmodifizierung als strukturmodifizierendes Agens bei der Zementsteinbildung. Es wird eine duktile Anbindung der Fasern Betonmatrix erreicht, wodurch ein schlagartiges Versagen des Bauteils verhindert wird. Auch bei diesem Beschichtungskonzept ist die vollständige Tränkung der Rovings mit der Beschichtungsmasse eine Voraussetzung für die Wirkung des PVA. Eine Variante des Konzepts der Rovingöffnung ist die Tränkung der Textilien mit einer Zementmodifizierten PVA-Beschichtung. Die aktive Zementkompositbeschichtung basiert auf der Einbindung von nicht hydratisierten Zementkörnern in die Polymermatrix aus Polyvinylalkohol. Vorteil dieses erweiterten Beschichtungskonzepts ist eine verbesserte Durchdringung des Filamentbündels.
Abb. 3.27 Schematische Darstellung zur Wirkungsweise der Polymer/Zement-Komposite. Quelle:
Lehrstuhl für Textilchemie und Makromoleküle Chemie, RWTH Aachen
Notwendige Voraussetzung für das Funktionieren auch dieses Beschichtungskonzepts ist die vollständige Penetration der Garne mit einem hochviskosen PVA-Zement-Komposit in einem Textilbeschichtungsprozess. Meist wird als Beschichtungsverfahren für textile Betonbewehrungen das Tauchen im Foulard eingesetzt (Abb. 3.28). Die Größe des durchtränkbaren Rovingquerschnitts ist jedoch begrenzt, d. h. Textilien mit hohen Rovingfeinheiten oder speziellen, im Textilbeton eingesetzten Garnstrukturen können nicht vollständig mit der Beschichtungsmasse penetriert werden. Am Textilforschungsstandort Aachen werden derzeit Verfahren erarbeitet, die auch bei ungünstigen Randbedingungen, wie großer Rovingfeinheit oder hohen Flottenviskosität, eine vollständige Penetration der Bewehrungsquerschnitt erlauben.
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3 Anwendungen
Abb. 3.28 Beschichtungsverfahren für textile Betonbewehrungen; Foulard (links) und Pflatschwerk
(rechts)
Ein weiteres angewendetes Beschichtungsverfahren ist das Pflatschen. Es eignet sich vorwiegend für Bewehrungstextilien mit sehr geringem Flächengewicht und für Beschichtungsmassen mit niedrigen Flottenviskositäten. Ausblick Ein endgültiges Beschichtungskonzept für textile Betonbewehrungen wird es nicht geben. Je nach Anwendung werden sich unterschiedliche Konzepte, polymere Matrices und auch Auftragsverfahren etablieren. Die besten Chancen haben dabei Werkstoffe und Verfahren, die bereits industriell angewendet werden, bzw. deren Anwendung mit geringem Investitionsaufwand in vorhandene Produktionsprozesse integriert werden kann. Aus den genannten Vorteilen ist jedoch die Notwendigkeit des Einsatzes von Beschichtungen für einen Großteil der Anwendungen sicher.
3.3 Textiles Bauen
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3.3.3 PVD-Beschichtungstechnologien Yvette Dietzel Sächsisches Textilforschungsinstitut e.V. (STFI) Peter Offermann TU Dresden, Institut für Textil- und Bekleidungstechnik Einsatz PVD-beschichteter Textilien für das textile Bauen Metallisierte leitfähige Textilien werden u. a. eingesetzt:
• als Wandtapete in Räumen, Laboren, Krankenhäusern, Rechenzentren u. a. zum • • • •
Schutz empfindlicher Elektronik durch die Schaffung einer störfreien Umgebung (Faradayscher Käfig) als Wandtapete in abhörsicheren Räumen als Dachisolationen von Häusern gegen elektromagnetische Quellen (z. B. Radio, Fernseher, Radarstation) als Kabelummantelungen als Sonnenschutztextilien (Vorhänge, Lamellen, Rollos, Paneele).
Einsatz PVD-beschichteter Textilien für die Abschirmung elektromagnetischer Strahlen Abgesehen von den Sonnenschutztextilien werden an alle PVD-beschichteten textilen Flächen, die zur elektromagnetischen Abschirmung von Strahlung genutzt werden, gleiche Anforderungen an Konstruktion und Faserstoff gestellt wie in Kap. 2.4.3 beschrieben steht. Hauptsächlich kommen Spinnvliesstoffe aus Polyamid, bedingt auch aus Polyester, mit Flächengewichten zwischen 30 und 150 g · m–2 bzw. Fallschirmseiden vom Typ MIL-C-7020 bzw. Glasgewebe zum Einsatz. Auf die gereinigten, vorbehandelten und vorgetrockneten Materialien werden in Abhängigkeit von der gewünschten Schichtmorphologie und Schichthaftung Kupfer oder Aluminium in Schichtendicken von 100 nm bis 1 µm ein- oder beidseitig aufgedampft bzw. aufgesputtert. Bereits Metallauflagen von weniger als 1 µm führen zu spezifischen Oberflächenwiderständen kleiner 0,5 Ohm · cm–1 und ermöglichen Abschirmungen elektromagnetischer Strahlung im Bereich von 1 GHz bis 100 MHz zwischen 40 und 90 dB. Um Schichtdicken von 15 bis 40 nm aufzudampfen, liegen typische Bandgeschwindigkeiten bei 150 bis 400 m · min–1. Zur Verbesserung der oft ungenügenden Hafteigenschaften der aufgedampften Schichten werden diese häufig mit einer weiteren Schutzschicht aus Polyurethan, Acrylat, Silicon oder PTFE überzogen. Die Beschichtungskosten für aufgedampfte Schichten reichen von wenigen Cent bis einige Euro pro Quadratmeter.
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3 Anwendungen
Für das Sputtern sind die Kosten im Bereich der galvanischen Metallisierung anzusiedeln, d. h. sie belaufen sich auf etwa 20 bis 25 Euro pro Quadratmeter, bei entsprechendem Auftragsvolumen darunter. Weil die Materialkosten und der Durchsatz nur einen geringen Einfluss auf die jährlichen Gesamtkosten haben, ist letztlich der Durchsatz für die Höhe der Herstellungskosten entscheidend [1]. Im nachfolgenden Beispiel sind die elektromagnetischen Schirmdämpfungen von beidseitig mit Kupfer besputterten Vliesstoffen (Colback® W 100 und Colpet 50, Colbond B. V., Arnheim, Niederlande) und einer Fallschirmseide gegenübergestellt [2], siehe Abb. 3.29. Die Bestimmung der spezifischen Oberflächenwiderstände erfolgte nach DIN EN 60895:2004 Arbeiten unter Spannung – Leitfähige Kleidung für die Verwendung bei Nenn-Wechselspannungen bis 800 kV und Gleichspannungen bis 600 kV und die der elektromagnetischen Schirmdämpfungen in Anlehnung an IEC 61340-4-1:2003 Elektrostatik – Teil 4-1: Standard-Prüfverfahren für spezielle Anwendungen – Elektrischer Widerstand von Bodenbelägen und verlegten Fußböden (STFILaboruntersuchung, nicht akkreditiert).
Abb. 3.29 Elektromagnetische Schirmdämpfungen von beidseitig kupferbesputterten Vliesstoffen
(Colback® W100 und Colpet 50) und Gewebe
PVD-beschichtete EMV-Produkte bietet u. a. die ROWO Coating Gesellschaft für Beschichtung mbH, Herbolzheim, an. Die Abschirmmaterialien basieren auf Polyester Spunbond Vliesen und Glasgeweben mit Flächengewichten von 40 bzw. 52 g · m–2 in Breiten von etwa 1000 mm. Die Schirmdämpfungen liegen bei 60 bis 80 dB bei 0,05 bis 1 GHz (MIL-STD 285). Optional kann eine Flammschutzausrüstung aufgebracht werden [3].
3.3 Textiles Bauen
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Eine weitere Möglichkeit der Beschichtung solcher Faserstoffe ist die galvanische, meist außenstromlose Metallisierung (Electroless Plating). Hauptsächlich werden verkupferte und versilberte Spinnvliesstoffe und Fallschirmseiden aus Polyamid mit Schichtdicken bis 1 µm angeboten, selten metallisierte Polyesterfaserstoffe [4, 5]. Ein Vorteil der galvanischen Beschichtungsverfahren ist die gleichmäßige Rundumbeschichtung jeder Einzelfaser, weshalb die Substratkonstruktion weniger Einfluss auf die erzielten funktionellen Schichteigenschaften hat als bei den PVD-Beschichtungen. Weltweit gibt es nur wenige Anbieter von galvanisierten Textilien. Die Quadratmeterpreise liegen zwischen 12 und 60 Euro, im Mittel bei 35 Euro. Einsatz PVD-beschichteter Textilien für den Sonnenschutz Eine andere interessante Anwendung metallisierter Vliesstoffe und Gewebe sind die Sonnenschutztextilien. Reflexionsbeschichtungen können auch durch Pigmentbeschichtungen, z. B. Perlex®, VIS Verband Innenliegender Sicht- und Sonnenschutz e. V., erzeugt werden.
Abb. 3.30 Beispiel für aluminisierte Sonnenschutztextilien von Verosol Fabrics, Eibergen, Nieder-
lande [6]
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3 Anwendungen
Für metallisierte Sonnenschutztextilien gibt es keine genormten Anforderungen an die Metallschicht. Es bestehen Forderungen u. a. hinsichtlich Brandverhaltens, Wärmeschutzes, Lichtdurchlässigkeit, Helligkeitsregelung sowie den Lichtechtheiten. Im Sächsischen Textilforschungsinstitut e. V., Chemnitz, wurde ein spezielles STFI-geprüft-Zeichen mit dem Zusatz „STFI-klassifizierter Innen-Sonnenschutz“ mit Symbolen für die 3 Einsatzklassen Dachflächenfenster, Wohnraum und Büro und Wintergarten entwickelt. Das Prüfprogramm beinhaltet u. a. Tests zur Prüfung der Transmission, Reflexion und Absorption bei Lichtwellenlängen von 280 bis 2500 nm, der Farbbeständigkeit, der Maßhaltigkeit, der Oberflächenbeständigkeit, dem Verformbarkeitsverhalten, ein Blockingtest, Tests zur Prüfung der Beständigkeit der Beschichtung gegen Scheuerbeanspruchung oder dem chemischen bzw. Anschmutz- und Abreinigungsverhalten. Ein Hersteller für bedampfte Sonnenschutztextilien ist Verosol Fabrics, Eibergen, Niederlande, siehe Abb. 3.30. Die Stoffe bestehen aus Trevira CS oder 100% Polyester und werden rückseitig mit Aluminium bedampft. Ausblick Mit Hilfe der verschiedenen PVD-Verfahrensvarianten können auf Textilien unterschiedlichste funktionelle Schichten und Schichtsysteme abgeschieden werden, die mit anderen Metallisierungsverfahren wie z. B. dem Galvanisieren nicht realisierbar sind. Zudem bietet die Plasmatechnologie aufgrund der minimalen Abfallprobleme eine potentielle Möglichkeit, Textilien gegenüber traditionellen Technologien hochwertig zu veredeln bzw. neuartige Gebrauchseigenschaften der Fasern und Flächen zu erzeugen. Nennenswerts sind hier insbesondere UV-Schutzschichten und Schichten mit katalytischer Funktion für selbstreinigende Oberflächen und die Prozesskatalyse [7].
Literatur [1] Mattheß J (2004) Beschichtung textiler Flächengebilde für die Abschattung, Wärmedämmung, elektromagnetische Schirmung und Dekoration mit antibakterieller Ausrüstung. WESOM Textil GmbH, Zittau, Forschungsbericht. Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Projekt-Nr. 02WKG05 A-F, S 156 [2] Dietzel Y (2004) Beschichtung von textilen Flächen mit den PVD-Technologien reaktives Vakuumbogen-Verdampfen und reaktives Magnetron-Sputtern. Dresden, Technische Universität Dresden, Fakultät Maschinenwesen, Dissertationsschrift, S 37–38 http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:swb:14-1103790814484-00373 [3] Homepage ROWO Coating Gesellschaft für Beschichtung mbH [4] Bertuleit K (1993) New Methodes of Screening of Rooms using Metallised Textile Materials. 5. Internationales Techtextil-Symposium: Neue Textilien – neue Technologien – Neue Fasern, Messe Frankfurt GmbH (Hrsg.) S 1–7 [5] Laird Technologies GmbH (2004) Produktkatalog: Leitfähig metallisierte Produkte
3.3 Textiles Bauen
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[6] Verosol Fabrics, Eibergen, Niederlande [7] Nocke G, Scholz J (2002) Edelmetall-Sputterbeschichtung an textilen Flächengebilden/Hochschule Zittau/Görlitz (FH), Fachbereich Maschinenwesen. Zittau. – Forschungsbericht. Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Projekt-Nr. 1703000
3.3.4 Membrandach-Konstruktionen Thomas Gries RWTH Aachen Zeltdach-Konstruktionen aus textilverstärkten Membranen werden heute weltweit eingesetzt.
Abb. 3.31 Beispiele für Zeltdach-Konstruktionen
Für Membrandach-Konstruktionen werden am häufigsten beschichtete Gewebe eingesetzt. Die Gewebe sind in der Regel geschlossene Leinwandbindungen. Seltener werden offene Bindungen, Drehergewebe und andere Bindungen wie zum Beispiel die RipStop-Bindung, verwendet. Fasermaterial ist meistens Filamentgarne aus E-Glas oder hochfestem Polyester. Das Beschichtungsmaterial ist sehr häufig PVC. Zum Teil werden Glasgewebe auch mit Teflonfolien (PTFE) kaschiert. Ferner wird als Beschichtungsmaterial Polyurethane und seltener Silikone eingesetzt. Für Markisen und kleinere Dachmembranen wird auch Polyacrylnitrilfasern aufgrund ihrer hohen UV-Beständigkeit eingesetzt. Aufgrund ihrer allgemeinen Beständigkeit existieren auch PTFE-Gewebe. Membranen aus Polyolefinen werden aufgrund
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3 Anwendungen
ihres geringen Preises für Niedrigqualitätsprodukte eingesetzt, weisen aber aufgrund der geringen UV-Stabilität der Polyolefine nur eine geringe Lebensdauer auf. Stabilisatoren zur Steigerung der Alterungsbeständigkeit sind in Entwicklung. Die beschichteten Gewebebahnen werden zugeschnitten und zu den eigentlichen Membrankonstruktionen gefügt. Sehr häufig wird hierbei genäht und durch eine zusätzliche Verklebung oder Kaschierung die Naht abgedichtet. Seltener wird direkt geklebt oder geschweißt. Bei der Konstruktion von Zeltdächern werden folgende Prinzipien unterschieden:
• Segelflächen • Buckelflächen • Bogenflächen.
Abb. 3.32 Segelfläche [1]
Abb. 3.33 Buckelfläche [2]
Abb. 3.34 Bogenfläche [2]
3.3 Textiles Bauen
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Die Gesamtkonstruktion kombiniert in der Regel mehrere Elemente der obengenannten Grundtypen, seltener werden Elemente aus unterschiedlichen Grundtypen kombiniert. Um solche Zeltkonstruktionen zu realisieren, müssen stets mehrere Membranteile miteinander verbunden werden. Darüber hinaus müssen die Kräfte, die durch das Aufspannen der Membranen, die Gewichtsbelastung und die Windund Schneelasten auftreten, aus der Membran abgeleitet werden und der Rand der Membran stabilisiert werden. Dazu werden in der Regel Klemmprofile, Mittel- und Fußstützen und Abspannseile eingesetzt. Sehr häufig werden am Membranrand sogenannte Keder einkonfektioniert oder Taschen konfektioniert, in die Keder eingeschoben werden können. Werden nun zwei Hauptmembranen verbunden, werden zum Beispiel zwei Hauptmembranen reibschlüssig über Klemmprofile mit Schraubverbindung verbunden. Die Keder dienen dabei im Wesentlichen als Rausrutschsicherung. Insbesondere bei Buckel- oder Trichterkonstruktionen wird die Kraft aus der Stütze über einen Druckring eingeleitet. Auch hier wird die Dachmembran mittels eines schraubenbelasteten Klemmringes gefügt. Ebenfalls werden hier Keder in die Membran eingebracht. Seitliche Hoch- und Tiefpunkte werden in der Regel durch zwei oder mehrere Abspannseile mit der Dachmembran verbunden. Die Kraft aus den Abspannseilen wird dann über den Randbereich der Membran eingeleitet. Ähnliche Konstruktionen findet man auch bei der Ausführung von sogenannten Abspannpunkten.
Abb. 3.35 Krafteinleitung über Abspannseile (links: Mastausführung, rechts: Abspannpunkt) [1]
Zur Verbindung einer Membran bei einer Bogenkonstruktion werden oft Taschen eingesetzt. Dabei wird in die Membrantasche eine Kederstange geschoben, die un-
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3 Anwendungen
ter die Stehbolzen einer Rinne geklemmt wird. Hierbei kann die Kraft direkt in die Kederstange eingeleitet werden oder die Membran über Klemmleisten gegen den Profilrand reibschlüssig gedrückt werden.
Abb. 3.36 Tasche zur Verbindung einer Membran bei einer Bogenkonstruktion im Randprofilbe-
reich [1]
Literatur [1] http://www.cenotec.de
3.4 Sport und Freizeit Thomas Gries Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen Sport- und Freizeittextilien sind sehr weit gefächert. Zwei große Gruppen sind zum einen die Funktionsbekleidung sowie segelartige Konstruktionen (Gleit- und Fallschirme, Segel, Drachen). Darüber hinaus gibt es eine Fülle an sportartenspezifischen Einsatzgebieten. Zu nennen sind hierbei Decken, Seile, Taue und Ähnliches. Neben der Lastaufnahme ist hier Mediendichtigkeit aber auch eine spezifische Durchlässigkeit gefordert, insbesondere bei körpernah getragener Funktionskleidung.
3.4 Sport und Freizeit
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3.4.1 Sport- und Wanderausrüstung Andrea Glawe, Andreas Giessmann Coatema Coating Machinery GmbH Produktbeschreibung Der Bereich der Textilien für den Sportbereich muss grundsätzlich in funktionelle Bekleidung für Hochleistungssportler sowie Bekleidung für den privaten Bereich unterschieden werden. Das Gleiche kann man auch über Wanderbekleidung sagen, wobei hier Spezialtextilien in den letzten Jahren keine so große Bedeutung gewonnen haben. Daneben muss natürlich bei den Sporttextilien die Sportart, dass heißt die Anwendung für die die Textilien zum Einsatz kommen, betrachtet werden. Sehen wir allein die Entwicklung von Funktionsbekleidung für den Motorsport in der Formel 1, wo neben der Hitze- und Brennbeständigkeit höchste Anforderungen an die Bekleidungsphysiologie gestellt werden, um den Sportler im teilweise mehrere Stunden dauernden Rennen vor innerer Überhitzung zu schützen. Meist sind spezielle Schutzausrüstungen notwendig vor allem im Renn- und Radsport sowie bei Kontaktsportarten wie Eishockey. Daneben werden auch im Wintersportbereich vor allem bei den Skispringern, Rodlern und Skifahrern funktionelle Textilien eingesetzt. Generell wird über den Schichtaufbau in der Bekleidung der optimale Schutzeffekt für den Menschen erreicht. Im Sportbereich ist aber nicht nur der Schutz des Menschen ein wesentlicher Bestandteil sondern auch der Tragekomfort, d. h. in Abhängigkeit der Sportart muss das Textil so beschaffen sein, daß es den Träger nicht nur nicht stört sondern ggf. in den Bewegungsabläufen unterstützt. Als klassisches Beispiel kann man hier z. B. die Vorkrümmung eines Motorradanzuges im Kniebereich nennen. Gerade bei dieser Sportart im privaten Bereich hat das beschichtete und oder kaschierte Textil ein Siegeszug hinter sich. Der Lederanzug wird im Freizeitbereich der Motorradfahrer durch luftdurchlässige Textilanzüge verdrängt, mit jedoch geringeren guten Schutzverhalten. Über ausgerüstete Funktionsunterwäsche, Zwischen- und teilweise beschichteten Oberschichten kann heute die Sportbekleidung nahezu jedem Anspruch sowie jeder klimatischen Bedingung angepaßt werden. Gefordert werden generell Schutzfunktionen für den Träger der Bekleidung:
• Temperatur- und Feuerbeständigkeit vor allem im Motorsportbereich, die durch Beschichtung als auch die eingesetzten textilen Materialien dargestellt wird
• Wasserabweisung und Wasser- und Winddichtigkeit bei gleichzeitiger Wasser•
dampfdurchlässigkeit, welches durch Beschichtung oder den Einsatz von Membranen realisiert wird Klimakonformität bezüglich sehr heißen als auch sehr kalten Bedingungen bei Erfüllung höchster Ansprüche in der Bekleidungsphysiologie für den Sportler.
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3 Anwendungen
Verarbeitungstechnologien und -anforderungen Der Einsatz der Membrantechnologie ist heute aus dem Bereich der Funktionsbekleidung nicht mehr wegzudenken. Klimamembranen wie beispielsweise Goretex® oder Sympatex®, die durch Laminierverfahren mit den textilen Schichten verbunden werden, garantieren wasserdichte aber wasserdampfdurchlässige Eigenschaften. In der Anlagentechnologie kommen Kaschieranlagen zum Einsatz. Für die Verbindung von Membran mit Textil werden heute meist Hotmeltkleber, die meist mit Rasterwalzenantrag auf die Membrane appliziert werden, eingesetzt. Probleme bestehen hier vor allem im spannungsoptimalen Handling der zugempfindlichen Membranen. Sehr sensible Anlagensteuerungen sind unabdingbar. Im Bereich der Beschichtung kommen für wasserabweisende Schichten vor allem Polyurethan- sowie Fluorkarbonrohstoffe zum Einsatz, die durch Tauchverfahren (vor allem bei der Anwendung von Fluorkarbonen) oder direkter Beschichtung je nach geforderter Schichtdicke mit Streichverfahren und Walzenantragstechnologie appliziert werden. Je nach Einsatzgebiet der Bekleidung kann durch Imprägnierverfahren eine Ausrüstung mit Flammschutzmitteln im Motorsportbereich oder mit Fluarkarbonen für eine wasserabweisende Ausrüstung erreicht werden. Zur optimalen Vernetzung der Fluorkarbone und damit einer optimalen Erreichung der geforderten Eigenschaften ist ein perfekte Temperatureinstellung im Trockner unabdingbar. Neben dem Einfluß der Temperatur hat auch die Reaktionszeit einen Einfluß auf die Eigenschaften der Funktionsschichten bzw. -ausrüstung. Die durch den Chemieprodukthersteller vorgegebene Reaktionszeit sollte unbedingt eingehalten werden, da sonst die aufgebrachten Produkte nicht optimal vernetzen können.
Abb. 3.37 Streichsystem als flexibles Beschichtungssystem zum Auftrag dünner und dicker Schichten. Quelle: Coatema
3.4 Sport und Freizeit
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Zur Beschichtung von Sporttextilien werden oft Polyurethane eingesetzt. Als Beschichtungssystem kommen fast ausschließlich Streichsysteme zum Einsatz. Wie auch bei den Fluorkarbonen ist ebenfalls bei den Polyurethanen eine optimale Temperatur-/Zeitkurve einzuhalten. Eine ausreichende Vernetzung ist unbedingt notwendig.
Abb. 3.38 Anwendung der Beschichtung mit Polyurethan für Fallschirme als auch für eine wasser-
dichte Beschichtung der Bekleidung des Sportlers. Quelle: Gesamttextil
3.4.2 Steppanwendungen für den Pferdesport Kai Klopp Andreas Kufferath GmbH & Co. KG Klaus Lehnen LehnTex Steppdesign Satteldecken werden im Pferdesport unter dem Sattel eingesetzt. Die Hauptaufgabe ist die Reduzierung der Beanspruchung durch Reiter und Sattel auf das Pferd. Hierzu muss die Satteldecke Stöße und Scheuerbelastung unterbinden und gleichzeitig Feuchte des Pferdes abtransportieren. Durch den Einsatz von Stepptechnik (vgl. Kap. 2.2.1.4) können diese Funktionen realisiert werden. Die zwischen den
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3 Anwendungen
Stoff und das abseitige/rückseitige Material eingesteppte Watte dämpft für das Pferd die Belastung. Es werden Köpergewebe aus Baumwolle oder Baumwolle-PolyesterMischungen als Stoff eingesetzt. Spezielle Polywatten und Schaumstoffeinlagen werden eingesteppt. Als Abseite kommt Baumwoll-Molton oder auch Teddyfell zum Einsatz. Durch die Farbwahl des Stoffes und des Steppmusters werden modische Aspekte realisiert. Pferdedecken hingehen sollen das Pferd vor Kälte schützen. Durch den Einsatz der eingelegten Watten entsteht eine isolierende Schicht aus Watte und Luft. Diese schützt das Pferd vor Unterkühlung. Durch die Variationen des Stoffes und der Farben des Steppfadens kann der visuelle Eindruck verändert werden. Durch Steppfadenspannung, Grammatur und rückseitiges Material wird der Bauscheffekt/die Blasenbildung beeinflusst.
3.5 Schutz und Sicherheit Thomas Gries RWTH Aachen Bei Schutztextilien muss auch die Naht Sicherheit gegenüber der äußeren Belastung gewährleisten. Darüber hinaus werden bei Schutztextilien sehr häufig mehrlagige Konstruktionen eingesetzt, die gefügt werden müssen, ohne dass eine Funktionsbeeinträchtigung oder Delamination erfolgt.
3.5.1 Hitze- und Kälteschutz Andrea Glawe, Andreas Giessmann Coatema Coating Machinery GmbH Produktbeschreibung Unter der Kategorie Hitze- und Kälteschutz werden Schutztextilien zusammengefasst, die den menschlichen Körper gegen thermische Einwirkung unter sehr kalten und sehr heißen thermischen Bedingungen schützen sollen. Schutzbekleidung gegen Hitze wird unterschieden in Schutzkleidung gegen Wärmestrahlung bei leichter Beanspruchung und in Wärmestrahlung bei schwerer Beanspruchung [1]. Schutzanzüge gegen Wärmestrahlung sollen den Träger eine definierte Zeit gegen Strahlungswärme und Einwirkung einer Flamme schützen. Diese Schutzanzüge sind vornehmlich zum Einsatz in Heißbetrieben vorgesehen. Der Schutzanzug muss eine Tragedauer von mindestens einer Schicht ohne Unterbrechung ermöglichen. Die Schutzanzüge werden dabei über der Unterbekleidung getragen. Arbeitsgebiete für Hitzeschutzbekleidung sind beispielsweise Feuerwehr,
3.5 Schutz und Sicherheit
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hitzeexponierte Industriearbeiter und Schweißer. Je nach Grad und Intensität der Einwirkung werden an die Bekleidung verschiedene Anforderungen gestellt. Zum Einsatz kommen meist flammhemmend ausgerüstete Baumwollgewebe sowie Gewebe aus Spezialfasern z. B. ein Gemisch aus Aramid und flammfester Viskose. Kälteschutzanzüge müssen den Träger vor der Einwirkung von niedrigen Temperaturen über einen längeren Zeitraum schützen. Einsatzgebiete hierfür sind vor allem der Schutz von Arbeitern in Kühlräumen. Die Kleidung dient daneben auch zum Schutz gegen kaltes Wetter unterhalb Temperaturen von –5 °C. Der Anwendungsbereich der Bekleidung liegt vornehmlich bei tiefen Umgebungstemperaturen [2]. Um Kälteschutzbekleidung optimal zu gestalten, sind die Einsatzbedingungen bedeutend hinsichtlich Einsatzort, Lufttemperatur, mittlere Strahlungsgeschwindigkeit und Tätigkeit des Beschäftigten notwendig. Neben den genannten Bekleidungstextilien gibt es noch eine Reihe von Isoliermaterialien. In der Regel sind es Glasvliese, Glasgewebe bzw. Textlien aus hochtemperatubeständigen Filamenten, welche entsprechend beschichtet werden, Als Beschichtungsmedium kommt hier häufig Silikon zum Einsatz. Anwendungsgebiet sind z. B. Isolierbänder. Verarbeitungstechnologien und -anforderungen Zur Isolierung gegen hohe Temperaturen werden neben hochtemperaturbeständigen Fasern oft Beschichtungen oder Metallbeläge aufgebracht. Die Metallbeläge dienen einer Wärmerückstrahlung. Zum Einsatz kommen Bedampfungen mit Aluminiumschichten oder auch die Auflaminierung von Aluminiumfolien. Daneben ist vor allem der Schichtaufbau der Bekleidung von Bedeutung. Zwischen den einzelnen Schichten müssen Luftschichten geschaffen werden, die eine Abschirmung der Haut gegen die hohen Temperaturen realisieren müssen. Dieser Effekt wird auch teilweise durch das Kaschieren verschiedener Schichten miteinander realisiert. Hier sind optimierte Kaschierkleber anzuwenden, die den hohen Anforderungen der Haftung genügen. Im Bereich der Isolation für Kälteschutzanzüge ist mit Phase-Change-Materialien eine neue innovative Produktlösung verfügbar. Phase-Change-Materialien sind in der Lage, die Wärme, die sie durch Änderung des Aggregatzustandes von fest zu flüssig aufnehmen, wieder abzugeben, wenn durch Wechsel der Umgebungsbedingungen von warm zu kalt, der Aggregatzustand von flüssig zu fest zurückgeht. Diese Partikel werden in Beschichtungsrohstoffe eingebracht, die in definierten Schichtdicken auf Substrate aufgebracht werden. Kritisch ist hier vor allem der Trocknungsprozess, da zu hohe Temperaturen die empfindlichen Additive zerstören können bzw. der Wirkung negativ beeinflussen. Das Verfahren der Wahl bei der Applikation ist oft die Streichtechnologie. Bei Isolierbändern werden gewebte Schmaltextilien am häufigsten verwendet, welche beidseitig und an den Rändern durch Imprägnierung (Tauchen), Streichen (Aufrakeln) oder Pflatschen beschichtet werden. Hier ist eine gleichmäßige Applika-
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3 Anwendungen
Abb. 3.39 Foto von Kälteschutzbekleidung. Quelle: Gesamttextil
tion des Beschichtungsrohstoffs zu realisieren, was vor allem bei dickeren Bändern schwierig sein kann. Hier ist das Tauchen und anschließendes Abquetschen bzw. Abstreifen mit speziell geformten Abstreifwalzen oder -messer zu beherrschen.
Literatur [1] Berufsgenossenschaftliche Regeln für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit „Einsatz von Schutzbekleidung“ BGR 189 vom April 1994, Fachausschuß „Persönliche Schutzausrüstungen“ der GBZ
3.5.2 Chirugische Bekleidung Andrea Glawe, Andreas Giessmann Coatema Coating Machinery GmbH Produktbeschreibung Schutzbekleidung im medizinischen Bereich vor allem in Operationsräumen hat die Aufgabe zu verhindern, dass die menschliche Haut mit den Körperflüssigkeiten des Patienten in Kontakt kommt. Es muss die Verschleppung unkontrollierter Gefahren, die durch Viren, Bakterien und Mikroorganismen bestehen, unbedingt verhindert werden. Kleidung, die wieder verwendet werden soll, muss desinfizierbar und sterilisierbar sein.
3.5 Schutz und Sicherheit
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Verarbeitungstechnologien und -anforderungen Um Schutzbekleidung in Operationsräumen optimal auszurüsten, ist vor allem eine Hydrophobausrüstung (wasserabweisend und wasserdicht) und eine Ausrüstung zur Alkoholabweisung notwendig. Dies wird entweder durch Foulardieren oder durch Beschichtung mit Walzenantragssystemen realisiert. Als Beschichtungsrohstoffe kommen größtenteils Fluorkarbone oder Silikone zum Einsatz. Auch die SolGel-Technologie nimmt immer mehr Einzug in die Beschichtung für Schutzbekleidung im Krankenhausbereich. Zielstellung sollte sein, sehr dünne Schichten zu applizieren. Dies kann beispielsweise durch das Foulardieren mit sehr stark verdünnten Beschichtungslösungen realisiert werden. Hier ist dann in der Trocknung einer hoher Anteil von Wasser aus dem imprägnierten Substrat zu evaporieren. Der Energieaufwand ist sehr hoch und uneffizient, vor allem auch unter dem Aspekt, dass nur die nach Außen getragene Seite der Bekleidung hydrophob oder alkoholabweisend sein muss. Alternativ werden die Beschichtungsrohstoffe mit Walzenantragssystemen ausgerüstet. Hier gibt es verschieden Lösungsansätze, wobei sich das Mikrowalzensystem, welches von der Fa. Coatema für niedrig- bis mittelviskose Beschichtungsrohstoffe entwickelt wurde, durchgesetzt hat. Das System besteht grundsätzlich aus einer antragenden Schöpfwalze sowie zwei Führungswalzen. Das System bietet dem Anwender ein Vielzahl von Einstellungsmöglichkeiten. Die Kontrolle des Beschichtungsgewichtes kann durch die Positionierung der Führungswalzen, durch die Warenspannung als auch die Geschwindigkeit der Applikationswalze im Verhältnis zur Anlagengeschwindigkeit beeinflußt werden. Durch die Positionierung der Führungswalzen wird der Kontaktwinkel zwischen antragender Walze und dem Substrat definiert. Dabei kann zwischen einem großen Umschlingungswinkel und einem Einstreichen des Beschichtungsrohstoffs in das Substrat oder einem kleinen Umschlingungswinkel und damit nur einem Linienkontakt des Substrates zur Antragewalze variiert werden. Bei der Einstellung des Linienkontaktes wird der Beschichtungsrohstoff nur oberflächig auf das Substrat aufgetragen. Neben der Einstellung des Kontaktwinkel zwischen antragender Walze und Substrat wird die Auftragsmenge des Beschichtungsrohstoffs durch die Geschwindigkeit der Antragewalze definiert. Hier
Abb. 3.40 Antragssystem Mikrowalzensystem. Quelle: Coatema
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3 Anwendungen
kann mit einer höheren Geschwindigkeit im Vergleich zur Substratgeschwindigkeit ein höheres Auftragsgewicht realisiert werden und entsprechend umgekehrt [1]. Neben der Beschichtung ist bei der Ausrüstung mit Beschichtungsrohstoffen zur Hydrophobierung und Alkoholabweisung der Trocknungs- und Vernetzungsvorgang einflussnehmend auf die Eigenschaften des Endproduktes. Der durch den Rohstoffhersteller vorgegebene Temperatur-Zeit-Verlauf sollte unbedingt eingehalten werden, damit die Eigenschaften der Beschichtung optimal zur Wirkung kommen.
Abb. 3.41 Foto Chirurgische Bekleidung aus technische Textilien. Quelle: Coatema
Literatur [1] A. Giessmann: „Substrate und Textilbeschichtung“ Springer-Verlag, 2003
3.5.3 Chemischer Schutzanzug Andrea Glawe, Andreas Giessmann Coatema Coating Machinery GmbH Produktbeschreibung Im Bereich der Chemieschutzkleidung ist der Träger vor chemischen Substanzen zu schützen. Die Anforderungen an die Kleidung bestehen dabei darin, zu verhin-
3.5 Schutz und Sicherheit
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dern, dass die menschliche Haut mit schädlichen Flüssigkeiten in Kontakt kommt. Zu chemischen Stoffen zählen u. a. Säuren, Laugen, Lösungsmittel, Fette, Öle und feste Chemikalien. Unter Chemieschutzkleidung versteht man Schutzkleidung aus einem gegen Chemikalien resistenten Material. Verarbeitungstechnologien und -anforderungen Die Schutzbekleidung für chemische Anwendungen wird meist durch Beschichtungen realisiert. Das Beschichtungssystem der Wahl ist das Streichsystem. Durch Aufstreichen der Beschichtungspaste werden gleichmäßige Filme appliziert. Hier ist PVC auch heute noch ein favorisierter Wirkstoff. Bei der Verarbeitung von PVC sind vor allem die Gelierbedingungen zu beachten. Ein optimaler Temperatur-ZeitVerlauf ist unbedingt einzuhalten, um den eingesetzten Weichmacher optimal zu vernetzen. Zu niedrige Temperaturen oder eine zu kurze Ausgelierung des PVC unter der festgelegten Temperaturen führen zu einem negativen Eigenschaftsspektrum des PVC hinsichtlich z. B. verstärktem Weichmacherausdampfen und negativer Knickbeständigkeit. Diese negativen Produkteigenschaften beeinflussen natürlich auch den Schutz der Bekleidung gegen chemische Einwirkungen, deshalb sollte optimale Beschichtungs- und Gelierungsbedingungen unbedingt eingehalten werden.
Abb. 3.42 Foto von Chemieschutzkleidung. Quelle: Gesamttextil
Laminatfilm-Technologie sorgt ebenfalls immer öfter als exzellente Barriere gegen eine Vielzahl von Chemikalien. Hier muss die Oberseite der Bekleidung wasserabweisend ausgerüstet werden. Der Laminatfilm sorgt für einen sicheren Schutz der Bekleidung gegen Chemikalien. Wie bei allen Laminierverfahren sind auch diese Filme mittels größtenteils Hotmeltklebern mit dem textilen Träger zu verbinden. Hier muss darauf geachtet werden, dass die Temperatur des Hotmeltklebers nicht höher ist, als die maximale Temperatur, die die Membran vertragen kann.
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3 Anwendungen
3.5.4 Überspannungsschutz Andrea Glawe, Andreas Giessmann Coatema Coating Machinery GmbH Produktbeschreibung Schutzbekleidung für Personen, die an unter Spannung stehenden Teilen arbeiten, dient zum Schutz gegen elektrische Körperdurchströmung und teilweise auch gegen Einwirkung eines Störlichtbogens. Die Kleidung muss DIN VDE 0680 Teil 1 „Körperschutzmittel, Schutzvorrichtungen und Geräte zum Arbeiten an unter Spannung stehenden Teilen bis 1000 V; isolierende Körperschutzmittel und isolierende Schutzvorrichtungen“ entsprechen [1, 2]. Die Kleidung muss neben der elektrischen Isolierung vor allem auch gegen die Gefahren eines Störlichtbogens schützen können. Hierfür sind Schutzbekleidung gegen thermische Gefahren notwendig, die nach ENV 50354; 2001 den Anforderungen, Nachbrennzeit kleiner 5 sec.; keine Lochbildung größer als 5 mm, kein Durchschmelzen bis zu Innenseite, Funktionserhalt der Verschlusssystems, genügen. Daneben sind Schutz vor der elektrischen Durchströmung, Schutz vor elektrischen Feldern, elektrische Leitfähigkeit bei gleichzeitig guten bekleidungsphysiologischen Eigenschaften gefordert [3]. Zum Einsatz kommen Faserstoffe rein und in Mischungen aus Pararamid, Viskose, Polyamde und Baumwolle. Die Textilien werden flammfest ausgerüstet und teilweise beschichtet. Eine optimale Schutzfunktion ist nur in komplexer Betrachtung von geeigneter Faserauswahl, geeigneter Gewebekonstruktion und optimaler Beschichtungslösung gegeben. Verarbeitungstechnologien und -anforderungen Flammhemmende bzw. -feste Ausrüstungen werden meist nach dem Ausziehverfahren realisiert, das heißt in der eingesetzten Beschichtungsanlage muss ein Foulard mit Abquetschwalzen vorhanden sein. Für Beschichtungen sind meist einfache Streichsysteme ausreichend. Hier spielen natürlich die geforderte Beschichtungsschicht als auch die Eigenschaften der aufzutragenden Paste eine entscheidende Rolle. Topcoatbeschichtungen mit entsprechenden Additiven verbessern die Eigenschaften von Substraten hinsichtlich Verringerung der Versprödung und der Verbrennung der Oberfläche. Auch Sol-Gel-Verfahren kommen in die Funktionalisierung von Oberflächen zunehmend zur Anwendung. Hier müssen dünne Schichten appliziert werden, die durch Streichverfahren nicht aufgetragen werden können. Optimale Beschichtungssysteme für den Auftrag dünner und vor allem auch gleichmäßiger, geschlossener Filme sind sogenannte Mikrowalzen-Antragssysteme, wo über eine verchromte oder gerasterte Antragewalze der Beschichtungsrohstoff appliziert wird (siehe auch Kapitel 3.5.3 Chirugische Bekleidung).
3.5 Schutz und Sicherheit
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Elektrisch leitfähige Gewebe können durch Aufdampfen von Aluminiumschichten, durch Beschichten mit leitfähigen Materialien oder durch die Einarbeitung von metallischen Fäden realisiert werden. Der Auftrag einer geschlossenen Schicht bringt einen höheren Schutzeffekt. Deshalb nimmt die Beschichtung auch im Bereich der Ausrüstung von Schutzbekleidung an Arbeitsplätzen mit Gefahrpotential durch elektrische Spannungen zu.
Abb. 3.43 Beschichtungssystem Foulard. Quelle: Coatema
Literatur [1] Informationsdienst Elektrosicherheit 1/2006, Bundesanstalt für Arbeitssicherheit und Arbeitsmedizin [2] Berufsgenossenschaftliche Regeln für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit „Einsatz von Schutzbekleidung“ BGR 189 vom April 1994, Fachausschuß „Persönliche Schutzausrüstungen“ der GBZ [3] H. Beier, Dr. Y. Dietzel, Dr. H. Erth: „Entwicklung von Schutzbekleidung für extreme Bereiche“ Vortrag anläßlich Bayern Innovativ am 31.01.2006 in Nürnberg
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3 Anwendungen
3.5.5 Schutzausrüstungen für Arbeiten an Hochspannungsanlagen Zielführende Produktentwicklung von schirmender persönlicher Schutzausrüstung für das Arbeiten unter Spannung an Hochspannungsanlagen Claudia Herzberg, Eberhard Engelmann, Hartmut Rödel TU Dresden, Institut für Textil- und Bekleidungstechnik Anwendung Seit einigen Jahren werden aus ökonomischen Erwägungen Montage-, Wartungsund Instandsetzungsarbeiten an Elektroenergieübertragungsanlagen aller Spannungsebenen auch unter Spannung ausgeführt. Die Übertragungsanlagen müssen in diesem Fall nicht freigeschaltet werden. Bei diesen Arbeiten unter Spannung (AuS) hat sich in Hochspannungsnetzen mit Nennspannungen ab 110 kV das Verfahren „Arbeiten auf Potenzial“ durchgesetzt. Dabei werden Monteure mit Hilfe isolierender Leitern oder Hubarbeitsbühnen oder mittels Hubschrauber direkt an die auf hohem elektrischen Potential liegenden Anlagenteile gebracht und an diese mit einer Potenzialausgleichsvorrichtung elektrisch leitend angekoppelt. Der Aufenthalt eines ungeschützten Menschen, der in der Nähe von unter Spannung stehenden Freileitungen arbeitet, ist nicht zulässig. Grund dafür ist nicht nur die hohe elektrische Feldstärke, sondern vor allem der mit dem Wechselfeld verbundene kapazitive Verschiebungsstrom. Bei Arbeiten an einer 765-kV-Freileitung würde z. B. über einen ungeschützten Monteur ein unzulässig hoher Strom von bis zu 10 mA fließen. Deshalb muss der Monteur zwingend vor der extrem hohen Belastung durch das elektrische Feld und vor der gefährlichen Durchströmung geschützt werden. Das kann durch eine schirmende Schutzausrüstung erfolgen. Derzeit stehen für das AuS nur schirmende Schutzausrüstungen mit eingeschränkten Gebrauchseigenschaften zur Verfügung. Diese Schutzausrüstungen entsprechen hinsichtlich ihrer sicherheitstechnischen Eigenschaften und des Gebrauchswertes nicht mehr dem fortgeschrittenen Stand. Besonders hinsichtlich des elektrischen Widerstandes, der Stromtragfähigkeit und der Schirmdämpfung sind Verbesserungen notwendig und möglich. Realisierte Lösung Neuartige Schutzbekleidung Neuartige elektrisch leitende textile Flächengebilde bieten die Grundlage für die Entwicklung einer neuen Schutzbekleidung für das AuS.
3.5 Schutz und Sicherheit
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Eine hohe elektrische Schirmdämpfung ist mit geschlossenen metallenen Schirmen leicht zu realisieren. Soll sie jedoch mit schirmendem textilen Material erreicht werden, entstehen hohe Anforderungen an die elektrische Leitfähigkeit des Materials und an die Ausführung der Nähte. Die Schirmwirkung dieser Schutzausrüstung muss so groß sein, dass über den Monteur maximal ein Körperstrom von maximal 100 PA fließt. Die persönliche Schutzausrüstung muss damit eine Schirmdämpfung von mindestens 40 dB aufweisen. Da an der Schutzbekleidung auch elektrische Teilentladungen zünden können, muss das Material außerdem eine ausreichende Stromtragfähigkeit und einen entsprechend hohen Widerstand gegen Entflammen besitzen. Weitere Anforderungen bestehen hinsichtlich der Wärme-, Wasserdampf- und Luftdurchlässigkeit, des Wetterschutzes, des Tragekomforts, der mechanischen Belastbarkeit und der Alterungsbeständigkeit.
Abb. 3.44 Erprobung eines schirmenden Schutzanzuges für das Arbeiten unter Spannung im
Hochspannungslaboratorium der TU Dresden
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3 Anwendungen
Der einteilige Schutzanzug besitzt einen dreischichtigen Aufbau. Die äußere Schicht besteht aus einem flammenhemmenden, reißfesten textilen Gewebe. Die mittlere Schicht bildet ein mit Kupfer und/oder Silber ausgerüstetes Polyamidgewebe, das eine hohe elektrische Leitfähigkeit und damit eine ausgezeichnete Schirmdämpfung gegen elektrische Felder besitzt. Die dem Körper zugewandte innere Schicht ist ein saugfähiges körperfreundliches Baumwollgestrick. Außerdem gehören zu der Schutzausrüstung neben dem schirmenden Schutzanzug auch schirmende Handschuhe und schirmende Helme für unterschiedliche Feldstärken, ein spezieller schirmender Gesichtsschutz sowie schirmende Füßlinge. Die elektrische Kontaktierung dieser Ausrüstungsteile mit dem Anzug wird durch spezielle arretierbare Steckverbindungen gewährleistet. Die Materialauswahl und die Gestaltung der persönlichen Schutzausrüstung gewährleisten einen hohen, den normativen und sicherheitstechnischen Anforderungen genügenden Gebrauchswert. Das wurde in umfangreichen Tests im Labor und in der Praxis nachgewiesen (Abb. 3.44). Nahtgestaltung Um aus zweidimensionalen Stoffbahnen eine dreidimensionale Bekleidung herstellen zu können, ist nach dem Ausschneiden der Schnittteile das Einbringen von Nähten erforderlich. Nähte können eine Schwachstelle im Verbund darstellen [1]. Bei richtiger Auswahl der Nähparameter ist es jedoch möglich, die guten Eigenschaften der Stoffe auf den Nahtbereich zu übertragen. Besonders wichtig ist das für die Festigkeits- und die elektrischen Eigenschaften. Eine genügend hohe Stromtragfähigkeit und Schirmwirkung wird nur dann gewährleistet, wenn auch im Bereich der Nähte eine hohe elektrische Leitfähigkeit erreicht wird. Würde man die Nähte in der üblichen konfektionstechnischen Form gestalten, könnte der elektrische Strom nicht über den Nahtbereich hinwegfließen (Abb. 3.45, oben). Aus diesem Grunde muss die Naht so ausgeführt werden [2], dass die metallisierten Gewebeschichten unmittelbar aufeinandertreffen (Abb. 3.45, unten). Im Folgenden wird untersucht, ob die neuartige Gestaltung der Anzugnähte den elektrischen und mechanischen Anforderungen gerecht wird. Nahtuntersuchungen Die hier dargestellten Messungen wurden an neuem, ungetragenem und ungewaschenem Material durchgeführt. Dabei wurde die Naht elektrisch leitend ausgeführt. Es wurden folgende Varianten untersucht:
• Nahtausführung: Kantennaht und Doppelkappnaht • Variation des Nähfadens: Polyester-Nähfaden und metallisierter Nähfaden • unkonfektioniertes Material.
3.5 Schutz und Sicherheit
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Abb. 3.45 Herkömmliche Gestaltung der Anzugnähte (Innennaht isolierend) (oben) und neuar-
tige Gestaltung der Anzugnähte (Innennaht elektrisch leitend) (unten)
194
3 Anwendungen
Im Vergleich zum Gewebe ohne Naht besitzen die Proben mit Naht einen geringfügig höheren elektrischen Widerstand (Abb. 3.46).
Abb. 3.46 Elektrischer Widerstand unterschiedlicher metallener Flächengebilde in Abhängigkeit
von Nahtart und Nähfaden (Probennahme in Schussfadenrichtung)
Durch den Einsatz eines metallisierten Nähfadens war eine Erhöhung der elektrischen Leitfähigkeit im Nahtbereich erwartet worden. Die Messungen zeigen jedoch nur eine sehr kleine Verbesserung. Da metallisierte Nähfäden unelastischer als Polyesternähfäden sind, ist der Aufwand beim Vernähen dieser Nähfäden durch die Fadenbruchhäufigkeit groß. Die Verwendung eines metallisierten Nähfadens ist daher auf Grund der vorliegenden Messergebnisse nicht sinnvoll und auch nicht erforderlich. Ausblick Durch Prüf- und Wartungsvorschriften wird für den Anwender sichergestellt, dass die erforderlichen sicherheitstechnischen Eigenschaften während der Lebensdauer erhalten bleiben, bzw. dass kritische Abweichungen rechtzeitig erkannt werden können. Anderseits werden den Anwendern die Instandhaltung der Schutzausrüstung, wie die Reinigung und die Durchführung von Reparaturen, im Rahmen des Services angeboten. Die schirmende Schutzausrüstung ist nach europäischer Richtlinie in die höchste Anforderungsstufe einzuordnen [3]. Deshalb ist eine Baumusterprüfung durch eine zugelassene Prüf- und Zertifizierungsstelle erforderlich. Das entsprechende Kon-
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formitätsbewertungsverfahren ist bei der Prüf- und Zertifizierungsstelle des Fachausschusses Elektrotechnik eingeleitet worden. Die entwickelte persönliche Schutzausrüstung wurde auf nationalen und internationalen Messen, Tagungen und in Veröffentlichungen der Fachwelt vorgestellt. Ein Vertriebsnetz wird derzeit in allen Staaten, die Arbeiten unter Spannungen ausführen, aufgebaut.
Literatur [1] DIN ISO 4916: Nähmaschinen. Nähnahttypen. Einteilung und Begriffe. 1991. [2] Schutzanzug für Arbeiten unter Hochspannung. Erteiltes Patent, Aktenzeichen-Nr.: 197 43 389.8, 30.09.1997. [3] DIN EN 60895 (VDE 0682 Teil 304): Arbeiten unter Spannung – Leitfähige Kleidung für die Verwendung bei Nenn-Wechselspannungen bis 800 kV und Gleichspannungen bis 600 kV. 2004. (IEC 60895:2002 + Corrigendum 2003, modifiziert); Deutsche Fassung EN 60895:2004.
3.5.6 Reinraumkleidung Andrea Glawe, Andreas Giessmann Coatema Coating Machinery GmbH Produktbeschreibung Im Bereich der Schutzbekleidung für Reinraumatmosphäre sind vor allem antistatische Eigenschaften gefordert. Die Kleidung sollte so ausgerüstet werden, dass eine Aufnahme von Partikeln aus der Umgebungsluft unmöglich ist. In einem Reinraum ist die Konzentration luftgetragener Partikel geregelt und auf einem definierten Niveau. Die in den Raum eingeschleppten bzw. im Raum entstehenden oder abgelagerten Partikel werden auf dem kleinstmöglich durch Definition festgelegter Höhe gehalten [1]. Die Verunreinigung in einem Reinraum wird maßgeblich durch den Menschen verursacht. Deshalb ist entsprechende Schutzbekleidung unabdingbar. Reinräume werden vor allen Dingen in medizinischen Bereichen und bei optischen Folien eingesetzt, wo kleinste Verunreinigungen das Endprodukt stören. Verarbeitungstechnologien und -anforderungen Zwei Eigenschaften werden maßgeblich von Reinraumkleidung gefordert, Antistatik sowie Sterilisierbarkeit. Daneben muss die Oberfläche der Kleidung so glatt sein, dass sogenannte Luftduschen, möglicherweise haftende Partikel leicht wegblasen können. Mit Beschichtung bzw. Oberflächenmodifizierung kann maßgeblich die Antistatik beeinflußt werden. Als Beschichtungsrohstoffe werden meist Phosphorsäureester eingesetzt, die als niedrigviskose Lösung über Kisscoater- oder Foulardsysteme be-
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3 Anwendungen
schichtet. Hier ist die Trocknung zu beherrschen, bzw. ein optimaler TemperaturZeitverlauf zu garantieren. Wie auch bei der Ausrüstung zur Hydrophobierung und der Alkoholabweisung muss die optimale Beschichtungstechnik in Anpassung an den Beschichtungsrohstoff ausgewählt werden sowie die Trocknungstechnik optimal beherrscht werden.
Abb. 3.47 Schutzanzug für die Arbeit in Reinräumen. Quelle: Gesamtextil
Literatur [1] J. Hofmann: „Reinraum- und Isoliertechnik im sterilen und hygienischen Prozeßumfeld“ Lehrstuhl für Maschinen- und Apparatekunde und der TU München, Vorlesung Hygienic Design, WS 2005/06
3.5 Schutz und Sicherheit
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3.5.7 PVD-Technologien zum Schutz vor elektrischen und magnetischen Feldern sowie Hitze Yvette Dietzel Sächsisches Textilforschungsinstitut e.V. (STFI) Peter Offermann TU Dresden, Institut für Textil- und Bekleidungstechnik PVD-beschichtete Textilien können für verschiedene Schutzkleidungen eingesetzt werden, z. B.:
• in Kleidung zum Schutz gegen niederfrequente elektrische Felder (Schutzanzüge für das Arbeiten unter Spannung bis 800 kV)
• für den extremen Hitzeschutz (Feuerwehrschutzkleidung, Schutzkleidung für
•
hitzeexponierte Arbeiten in Gießereien usw.) in Form einer auf den Oberstoff aufkaschierten aluminiumbedampften Folie oder als hitzereflektierende Futtermembran als silberbeschichtete Materialien mit antimikrobieller Wirkung in Medizintextilien.
In Hochspannungs-Energieübertragungsanlagen mit Nennspannungen bis 800 kV sind die Monteure beim Arbeiten unter Spannung hohen netzfrequenten elektrischen Feldern ausgesetzt. Deshalb wurden spezielle schirmende persönliche Schutzausrüstungen entwickelt [1], welche von Herzberg, Engelmannn und Rödel im Kapitel 3.5.5 näher beschrieben werden. Eine Möglichkeit, eine ausreichende Schirmwirkung zu erreichen, ist die Verwendung metallisierter Gewebe. Gegenwärtig werden mit Kupfer galvanisierte Gewebe eingesetzt, aber auch der Einsatz von zweiseitig PVD-beschichteten Textilien ist denkbar. An die metallisierten Gewebe werden hohe Anforderungen hinsichtlich mechanischer Beständigkeit und Wasch- bzw. chemischer Reinigungsbeständigkeit gestellt (DIN EN 60895:2004 Arbeiten unter Spannung – Leitfähige Kleidung für die Verwendung bei Nenn-Wechselspannungen bis 800 kV und Gleichspannungen bis 600 kV). Andere interessante Anwendungsgebiete für metallisierte Textilien sind Feuerwehr-, Hitzeschutz- sowie Kälteschutzkleidung [2]. Hierbei dienen sehr leichtgewichtige metallisierte Gewebe und Vliesstoffe als IR-reflektierende Membranen, auf welche punktuell Polyamidfasern von bis zu 3 mm Länge als Abstandshalter aufgeflockt werden. Die Luft zwischen den Membranen bewirkt eine hohe Wärmeisolation. Durch das Aufeinanderlegen mehrerer solcher beflockter Membranen können z. B. im Vergleich zur ursprünglichen Feuerwehrüberjacke Gewichtseinsparungen von bis zu 10% erzielt werden. Weitere wesentliche Vorteile sind die Struktursta-
198
3 Anwendungen
Abb. 3.48 Beispielstrukturen für eine Feuerwehrüberjacke (links) und eine Kälteschutzjacke (rechts)
[3]
bilität nach thermomechanischer Beanspruchung (z. B. Wäsche), Reduzierung der Systemdicke und höhere Flexibilität des Systems. Beispiele für solche Flock-Dämmstoffe zeigen Abb. 3.48 und Abb. 3.49.
Abb. 3.49 Kälteschutzjacke (Prototyp) [3]
3.5 Schutz und Sicherheit
199
Einsatz der PVD-Technologien für hitzeexponierte Arbeiter In Bereichen, wo Gefahren wie hohe Temperaturen bei Bränden oder in der Nähe von Hochöfen, Schmelzmetalle oder Dämpfe unter hohem Druck auftreten, dienen aluminisierte Materialien wie z. B. die Dual Mirror® Aluminized Fabrics [4], Gentex Corporation, Carbondale, USA, als Hitze- und Dampfbarriere. In den meisten Fällen werden auf Polyesterfolien von 10 bis 20 µm Stärke beidseitig dünne wärmereflektierende Aluminiumschichten mit einer Auflage von 50 bis 100 g · m–2 aufgedampft. Diese Folien werden dann mittels eines hitzeresistenten Klebefilms auf ein flammfestes Gewebe aufkaschiert. Da die Haftung des aufgedampften Aluminiums zumeist sehr schlecht ist, wird oft eine aluminisierte Seite der Folie dem Stoff zugewandt aufgebracht, um so die Aluminiumschicht vor Umgebungseinflüssen zu schützen [5]. Ein Nachteil solcher aufkaschierten aluminisierten Folien ist, dass sie nicht dampfdurchlässig sind und dem Träger wenig Komfort bieten. Ausblick Seit Ende der 90iger Jahre des 20. Jahrhunderts wird der PVD-Beschichtung von Textilien ein wachsendes Interesse entgegengebracht. Die Nutzung des Potentials der verschiedenen PVD-Verfahren in Kombination mit anderen Plasmaverfahren für Schutztextilien ist bei Weitem nicht ausgeschöpft. Die vielfältigen Kombinationsmöglichkeiten an Schichten und Faserstoffen ermöglichen auch die Abscheidung keramischer Schichten mit Wärmedämmeigenschaften, piezoelektrischer Schichten für die Stromerzeugung und Sensorik oder UV-Schutzschichten.
Literatur [1] Herzberg C (2001): Zielführende Produktentwicklung von schirmender persönlicher Schutzausrüstung für das Arbeiten unter Spannung (AuS) an Hochspannungsanlagen. Dresden, Technische Universität Dresden, Fakultät Maschinenwesen, Dissertationsschrift [2] Offermann P (2002): Entwicklung ökologischer und wirtschaftlicher Super-Isolationen für vielfältige Anwendungen, Teilvorhaben 1: Wissenschaftliche Entwicklung ökologischer Super-Isolationen für industrielle Anwendungen, Teilvorhaben 2: Experimentelle Struktursynthese und Entwicklung einer Technikumsanlage zur kontinuierlichen Herstellung von Mehrschicht-Dämmstoffen/Technische Universität Dresden, Institut für Textil- und Bekleidungstechnik/ASGLAWO GmbH. Dresden. – Schlussbericht. Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Projekt-Nr. 01-RP9705/3 [3] Technische Universität Dresden, Institut für Textil- und Bekleidungstechnik, Dresden, Deutschland [4] Ott LV (1993): High-temperature laminate. 7th Conference on Protective Clothing, Clemson S 1–10 [5] Cornu JC, Aubertin G (1979) Vêtements Antithermiques : Mesure du coefficient d’absorption hémisphérique total de tissus aluminisés. Cahiers de notes documentaires 96 Heft 3 S 357– 259
200
3 Anwendungen
3.5.8 Schusssichere Westen Hartmut Rödel TU Dresden, Institut für Textil- und Bekleidungstechnik Produktanforderungen Unsere gesellschaftliche Gegenwart ist durch eine zunehmende Bereitschaft zur Anwendung von Gewalt mittels Schuss- und/oder Stichwaffen gekennzeichnet. Daraus resultiert der Wunsch, sich gegen die Wirkungen von Waffen zu schützen. In jüngerer Zeit besteht die Forderung nach kombinierten Schutzmöglichkeiten gegen Schuss- und Stichwaffen sowie gegen Schläge mit diversen Werkzeugen. Die Schutzwesten müssen die sichere Schutzfunktion bei gleichzeitigem Tragekomfort gewährleisten. Der Tragekomfort wird durch die Schnittgestaltung hinsichtlich der Formen und der Maße sowie durch die eingesetzten textilen Materialien bestimmt [1]. Die Schutzweste soll sich der Körperform exakt anpassen, aber den Träger nicht einengen oder in der Bewegung behindern. Klettbandverschlüsse erlauben die individuelle Anpassung des Sitzes der Schutzweste an den Körper des Trägers und bestimmen damit auch die Überlappung zwischen Vorder- und Rückenteil der Schutzweste an beiden Körperseiten. Der Grad der Körperbedeckung bestimmt die Schutzwirkung, steht aber im Widerspruch zur Forderung nach Bewegungsfreiheit. Folglich ist jede Schutzwestenkonstruktion ein technischer Kompromiss. Das antiballistisch wirksame Schutzpaket ist in Dicke und Aufbau an den zu erreichenden Schutzgrad angepasst [2] und hier nicht Gegenstand der Ausführung. Wesentlich ist, dass dieses Schutzpaket während des Gebrauchs der Schutzweste trocken gehalten werden muss. Jegliche Feuchte würde als Gleitmittel im Schutzpaket wirken und die u. a. auf Reibung basierende Schutzwirkung deutlich herabsetzen. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Gebrauchseigenschaften Schutzfunktion, Tragekomfort und Pflegeeigenschaften über die Lebensdauer des Produktes sicher erhalten bleiben müssen. Deshalb ist das Schutzpaket auch lichtdicht auszuführen, denn insbesondere Aramide verlieren ihre Schutzeigenschaften infolge der Lichteinwirkung. Die Außenhülle der Schutzweste ist so ausgeführt, dass die antiballistischen Pakete von Vorderteil und Rückenteil der Schutzweste entnommen und die Außenhülle davon unabhängig gewaschen/gereinigt werden kann. Verbindungstechnologien Das antiballistische Schutzpaket, bestehend aus Aramid-Filamenten, High-Performance Polyäthylen (HPPE) oder auch PBO, ist in trockenem Zustand in Feuchte undurchlässige thermoplastische Folie oder thermoplastisch beschichtete Gewebe einzuschweißen. Dazu eignen sich die unter Punkt 2.5 vorgestellten Schweißverfahren in unterschiedlichem Grad. In der Praxis kann die Anwendung der Hochfrequenz-Schweißtechnik beobachtet werden, wobei eine der Elektroden als ein an die
3.5 Schutz und Sicherheit
201
Nahtkonturen angepasstes Kupfer- oder Messingprofil ausgeführt ist. Die andere Elektrode wird formunabhängig durch die metallische Tischfläche gebildet. Die Anwendung der kontinuierlich transportierenden Ultraschall-Schweißtechnik ist ebenfalls möglich. Für größere Serien mit konstanten Formen ist auch über die im Taktverfahren arbeitenden Ultraschall-Schweißpressen nachzudenken. In allen Fällen sind die Parameter des Schweißprozesses Schweißleistung, Druck, Verweilzeit und Elektrodengeometrie so zu wählen, dass in der Fertigung eine über die Gebrauchsdauer wasserdichte Naht erzielt wird. Die Außenhülle der Schutzweste muss optisch repräsentativ oder unauffällig, gegebenenfalls in Tarnfarben, ausgeführt werden. Hinzu kommen Ansprüche aus Einsatzfällen mit Brandgefahr, beispielsweise für Polizisten bei Bedrohung durch Molotov-Cocktails. Daraus ist zu schlussfolgern, dass sowohl das textile Flächengebilde als auch zur Anwendung gelangende Nähfäden nicht brennbar oder zumindest schwer entflammbar sein müssen. In einer studentischen Arbeit [3] wurde eine Außenhülle für Schutzwesten entwickelt, die den Tragekomfort zwischen dem mit Unterwäsche bekleideten menschlichen Körper und dem feuchtedicht verpackten Schutzpaket durch Hinterlüftung auf Basis textiler Abstandsstrukturen verbesserte. Trageversuche bestätigten die Erwartungen. Die Produktgestaltung, die Verarbeitung und die Naht sind so auszuführen, dass der durch die Abstandsstrukturen mögliche Schornsteineffekt der Luftzirkulation zwischen Körper und Schutzpaket auch stattfinden kann. Weiterführende Untersuchungen zur Nutzung des Schornsteineffektes mit textilen Abstandsstrukturen sind im Rahmen einer Dissertation ausgeführt worden [4]. Die Druckverteilung des masseintensiven Schutzpakets auf den menschlichen Körper wird als Nebeneffekt der Anwendung von Abstandsstrukturen in der dem Körper zugewandten Seite der Schutzwestenhülle auch verbessert. Zur Montage der Außenhülle der Schutzwesten können die bekannten Nähstichtypen angewandt werden. Die Nahtparameter Stichdichte, Nähgutlegung in der Naht und Nahtzugabe sowie der Nähfaden sind auf die verarbeiteten textilen Flächen anzupassen und gegebenenfalls durch gezielte Versuche mit Messungen der Festigkeiten im Quernahtzugversuch, mit Brandversuchen und anderen relevanten Prüfungen zu optimieren. Qualität Die Qualität der Nahtverbindungen kann durch Quernahtzugversuche an Nahtproben sowohl an Nähten unmittelbar aus der Produktion als auch nach einer produkttypischen Anzahl von Zyklen im konzipierten Textilpflegeprozess bereits in der Phase der Produktentwicklung beurteilt werden. In Stichproben sollte auch eine stete Qualitätskontrolle während der Fertigung erfolgen. Dies betrifft beispielsweise die Nutzung neuer Chargen der Folien oder der beschichteten textilen Flächen, da geringfügige Verschiebungen der Schmelztemperatur des Thermoplasts unter Umständen eine Modifikation der Schweißparameter zur Sicherung einer dauerfesten Naht unter den Gebrauchsbelastungen erfordern.
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3 Anwendungen
Literatur [1] Mecheels J (1991) Körper – Klima – Kleidung Grundzüge der Bekleidungsphysiologie. Berlin: Fachverlag Schiele und Schön, 1991. [2] Restle S (1977) Ballistische Schutztextilien und Stichschutzoptionen. Kabinett Verlag, 1977. [3] Kowaltschuk N (1999) Masterarbeit. TU Dresden, Institut für Textil- und Bekleidungstechnik. [4] Machova K (2006) Dissertationsschrift. TU Dresden, Fakultät Maschinenwesen.
3.6 Medizinische Textilien Kai Klopp Andreas Kufferath GmbH & Co. KG In den vergangen Jahren erfahren immer mehr Textilien Anwendung in der Medizin. Durch die Kombinationsmöglichkeiten durch den Einsatz von Füge- und Oberflächentechnologien werden medizinische Textilien als OP-Bekleidung, Wundauflagen, zur Zellkultivierung oder als Stents [1, 2] eingesetzt. Eine Flüssigkeitsaufnahme wird durch die Textilverbunde, eine Keimfreiheit durch das Fasermaterial, eine Atmungsaktivität durch die Textilstruktur bzw. –textur und Beschichtung erzielt. Häufig ist ein Mix aus Textilstruktur, Füge- und Oberflächenverfahren erforderlich, um mehrere Funktionen für Anwendungen in medizinischen Textilien zu verwirklichen.
Literatur [1] Smeets R ; Wiesemann U ; Bozkurt A ; Geressen M Riediger D ; Sri Harvoko M ; Gries T ; Wöltje M (2005) Textiler Verbundwerkstoff als dreidimensionale Trägermatrix für humane adulte mesenchymale Stammzellen. Biomaterialien 2. 6: 79–84 [2] Budillon F ; Gries T ; Neuking K , Eggeler, G (2006) Wirkstrukturen aus Nitinol für Stentanwendungen. Technische Textilien. 2: 106–108
3.6 Medizinische Textilien
203
3.6.1 Oberflächenmodifikation von OP-Textilien zur Erhöhung der Barrierewirkung Brigitte Voit Leibniz Institut für Polymerforschung e.V. Beata Lehmann Institut für Textil- und Bekleidungstechnik, TU Dresden Notwendigkeit der Hydrophobisierung An die textile Konstruktion von OP-Textilien (Abb. 3.50) stellt der Wunsch nach einem flüssigkeitsdichten und für Mikroorganismen undurchlässigen Flächengebilde bei angenehmer Haptik und gutem Tragekomfort sehr hohe Anforderungen. „Hochdichte“, flüssigkeitsfeste Polyester(PES)-Gewebe werden für OP-Mäntel (Standard Performance) seit Anfang der 90er eingesetzt. Sie bieten Vorteile gegenüber üblichen textilen Flächen in Bezug auf Schutz und Sicherheit sowie Tragekomfort, Hygiene, Ökologie und Kostenstruktur. Wenn die Barrierewirkung auch bei längeren chirurgischen Eingriffen sichergestellt werden muss, werden die PES-Filamentgewebe mit Fluorcarbon hydrophobiert und Front sowie Ärmel von OP-Mänteln mit einer weiteren Gewebelage verstärkt [1–8]. Die Hydrophobisierung ist die erste Barriere, die gegenüber partikelbeladenen, üblicherweise polaren Körperflüssigkeiten aufgebaut wird und somit auch den ersten und bei geringem Flüssigkeitsanfall, geringen Drücken und geringer Zeitdauer der Einwirkung auch entscheidenden Schutz sowohl für das Klinkpersonal als auch für die Patienten bietet. Die Ausrüstung bzw. Modifikation sollte nicht auswaschbar bzw. gegenüber einer chemischen Reinigung beständig sein (Koch- und Sterilisierbarkeit) [9] und den Transport von Wärme und Feuchtigkeit nach außen ermöglichen [10].
Abb. 3.50 OP-Team im Einsatz
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3 Anwendungen
Verfahrensprinzipien zur Hydrophobisierung Allgemein: Bei aktiv ausgerüsteten Materialien werden hydrophob wirkende Chemikalien auf das textile Flächengebilde aufgetragen [9, 11, 12]. Heutzutage werden überwiegend Fluorpolymere [13–18] und Silikone [9, 19, 20, 22] in der Textilindustrie zur Hydrophobisierung verwendet. Neuere Untersuchungen zeigen, dass auch durch den Einsatz von Nanofasern superhydrophobe Oberflächen erzeugt werden können [21, 23]. Um PES-Gewebe hydrophob auszurüsten, bietet sich auch eine Oberflächenmodifizierung in Niederdruckplasmen unter Verwendung von fluorhaltigen Gasen an, wobei hierzu bisher nur wenige Untersuchungen und diese maßgeblich beschränkt auf PES-Folien vorliegen [24–27]. Zu den chemischen Methoden der Oberflächenaktivierung polymerer Materialien zählt auch die Gasphasenfluorierung, die jedoch z. T. einen sehr hohen technischen und Optimierungsaufwand erfordert [28–30]. Bei PES-Fasern sind Excimerlaser-Behandlungen eine weitere Möglichkeit, die Oberfläche zu strukturieren [30], um die Voraussetzungen für einen „Lotus-Effekt“ herbeizuführen. Verwendete Verfahren Vorbemerkungen: In die Untersuchungen wurden sowohl kommerzielle Gewebe als auch neu entwickelte hochdichte PES-Gewebe einbezogen. Die physikalischen Kenngrößen der Gewebe haben maßgeblichen Einfluss auf die Wasserdampf- sowie Luftdurchlässigkeit als auch auf die Oberflächenstrukturierung. Letzteres wirkt sich in Verbindung mit der hydrophoben Ausrüstung aufgrund des „Lotus-Effektes“ ganz entscheidend auf die Benetzung aus (Kontaktwinkel von Wassertropfen sowie deren Abperlen). Alle Gewebe wurden vor der Oberflächenhydrophobisierung vollständig entschlichtet. a) Nasschemische Ausrüstung mit Fluorcarbonpolymeren Die nasschemische Ausrüstung mit Fluorcarbonpolymeren zählt zum Stand der Technik im Bereich der aktiven Hydrophobmodifizierung textiler Gewebe [9, 11, 12]. Es steht eine breite Palette kommerzieller Ausrüstungschemikalien auf Fluorpolymer- [13–18] oder Silikonbasis [9, 19, 20, 22] zur Verfügung. Ihre Applikation erfolgt durch die bekannten Foulardverfahren [31]. Ziel der Untersuchungen war es, für die PES-Gewebe die optimale Rezeptur der Flottenzusammensetzung (Fluorpolymer, Vernetzer, Tensid (Netzmittel)) sowie die optimalen Prozessparameter zu ermitteln, damit der beste Kompromiss
3.6 Medizinische Textilien
205
zwischen Hydrophobie als Barriere, Tragekomfort und Waschstabilität erreicht wird [32]. Als Ausrüstung wurde u. a. eine optimierte Auftragsvariante unter Tensideinsatz für Dipolite®86071 (= kationische, weiße, wässrige Dispersion eines AcrylateFluorocarbon-Harzes (hoher Fluorgehalt), copolymerisiert mit Vinylidenchloride) der Rotta GmbH entwickelt (Abb. 3.51). Die Ausrüstungsmittel wurden als wässrige Flotte (Dispersion mit 20 bis 50 g/l Fluorcarbonpolymer, was einer Flottenaufnahme von 50 bis 80% entspricht) bei pH 5–7 foulardiert, anschließend getrocknet und zur Effektsteigerung und ausreichenden Fixierung des Polymerfilms hitzebehandelt (2 min bei 160 °C bzw. 1 min bei 180 °C) [32]. Zum Vergleich wird ein Polymethylhydrogensiloxan (P-SISW, Bayer AG) eingesetzt.
Abb. 3.51 Fluorcarbonausrüstungsmittel auf Acrylatbasis auf Faser
b) Plasmabehandlung mit fluorhaltigen Gasen Die Einwirkung von Niederdruckplasmen (Abb. 3.52) auf Basis fluorhaltiger Gase auf PES-Mikrofilamentgewebe auch gerade unter Beachtung der Gewebe(mikro)struktur, als Alternative zur nasschemischen Hydrophobisierung ist bisher, abgesehen von den Arbeiten der Autoren, noch nicht systematisch untersucht worden und somit technisch noch nicht realisiert. Die Plasmabehandlungen wurden in einer kommerziellen Plasmakammer Darius 10H/M, m Buck Plasma Electronic GmbH, Deutschland durchgeführt und basieren auf bisherigen Erfahrungen mit PES-Folien [24–27]. Die Prozessgase sind Hexafluoroethan und Ethen. Nach Vortests werden die in Tabelle 3.2 angegebenen Prozessbedingungen als optimal identifiziert, wobei die Plasmabehandlung am besten in einem 2-Stufenverfahren durchgeführt werden sollte [33]. Im Plasmaverfahren ist es wichtig, die möglichen Prozesse wie Pfropfung, Plasmapolymerisation, aber
206
3 Anwendungen
auch Polymerabbau zu kontrollieren. Für eine gute Haftung auf der Faser und eine permanente Hydrophobausrüstung muss zunächst eine Kohlenwasserstoffschicht durch Plasmapolymerisation von C2H4 aufgebracht werden, die dann eine Pfropfbasis für eine Fluorcarbonschicht auf Basis von C2F6, bietet und teilweise vernetzt ist (Abb. 3.53). Es konnte ermittelt werden, dass dies am besten in einem 2-Stufenverfahren erreicht wird [33].
Tabelle 3.2 Bedingungen der optimalen Plasmabehandlung der PES-Gewebe
Plasma
Volumen C2H4 (sccm)
2 Stufen Plasma * 12
Volumen C2F6 (sccm)
Prozesszeit (sec)
Druck (Pa)
MW ** (%)
24
120/120
20–24
86–88%
* zuerst wurde nur C2H4 als Plasmagas eingesetzt, dann nur C2F6 ** Mikrowellen (MW)-anteil der Anregungsfrequenz
Abb. 3.52 Plasmaverfahren
Es entstehen sehr dünne, nur wenige Nanometer dicke, stabile hydrophobe Schichten auf dem Gewebe, die mikroskopisch nicht detektierbar sind. Im Vergleich zum nasschemischen Verfahren ist das Verfahren ökologischer (trockenes Verfahren, geringer Verbrauch an Chemikalien, keine Lösungsmittel erforderlich).
3.6 Medizinische Textilien
207
Abb. 3.53 Fluorcarbonschicht auf PES Faser nach Plasmabehandlung
Prüfverfahren zur Evaluierung der Güte der Hydrophobisierung Der statische Kontaktwinkel wurde mit KRÜSS-Messgeräten (Krüss GmbH, Deutschland) über die Methode des sitzenden Tropfens mittels Shape Analysis (DSA) Software bestimmt. Die Abrollwinkel (= Winkel, bei dem ein Tropfen beginnt, von einer geneigten Ebene abzurollen) wurden mittels eines selbstgebauten Gerätes bestimmt. Das dynamische Absorptionsverhalten (= zeitabhängige Messung des Kontaktwinkels) wurde mit Hilfe des dynamischen Kontaktwinkelmessgerätes Fibro DAT1122 (Fibro Systems AB, Schweden) ermittelt. Somit können in den Fällen, in denen die Messflüssigkeit schnell in das Gewebe eindringt, z. B. bei den nicht hydrophobisierten Geweben, Unterschiede in der Benetzbarkeit ermittelt werden [34]. Zur Bestimmung der chemischen Zusammensetzung der Gewebeoberflächen wurden XPS-Messungen durchgeführt (Axis Ultra, Kratos Analytical, England). Mittels des Microglider® konnten 2D- und 3D-Eindrücke zur Oberflächenstruktur/ Rauhigkeit gewonnen werden [35, Abb. 3.54]. Es wurde eine 1 × 1 mm2 große Fläche evaluiert. TEM (transmission electron microscopy)-Untersuchungen wurden mit dem XL 30 ESEM durchgeführt. Vertiefende experimentelle Details können den Publikationen [32–37] entnommen werden. Die Luftdurchlässigkeit wurde nach EN ISO 9237:1995 ermittelt. Qualität Nach einer Optimierung der Parameter sowohl hinsichtlich der nasschemischen Ausrüstung als auch der Plasmabehandlung gelang es, die PES-Mikrofilamentgewebe optimal zu hydrophobisieren [32].
208
3 Anwendungen
Abb. 3.54 2D-Gewebestruktur (Microglider®)
Bei der nasschemischen Ausrüstung muss es gelingen, einen möglichst gleichmäßigen, nicht zu dicken Film aufzubringen, wobei hier die Menge an zugesetztem Benetzungsmittel sehr wichtig ist. In der Plasmabehandlung gelingt es nach einer Optimierung der Prozessparameter nur in einem zweistufigen Verfahren (zunächst nur C2H4, dann nur C2F6 als Prozessgas) sehr dünne und stabile hydrophobe Schichten auf das Gewebe aufzubringen, die auch sehr waschstabil sind (Abb. 3.55). Die Luftdurchlässigkeit
Abb. 3.55 links: Kontakt- bzw. Abrollwinkelwinkel nach der Plasmabehandlung in Abhängigkeit
vom Gasflussverhältnis; rechts: Abrollwinkel nach unterschiedlicher Plasmabehandlung in Abhängigkeit der Waschzyklen (Nur das 2-Stufenverfahren ergibt eine waschstabile Hydrophobisierung.)
3.6 Medizinische Textilien
209
wird gegenüber dem unbehandelten Gewebe nicht verringert. Die Wasser-Kontaktwinkel an den Oberflächen können Werte über 140° erreichen, da die Mikrostruktur des Gewebes einen ersten Schritt zur Ausbildung der „Ultrahydrophobie“ darstellt. Abbildung 3.56 zeigt die Kontakt- und Abrollwinkel nach verschiedenen nasschemischen und plasmatechnischen Behandlungen. Es ist zu erkennen, dass in allen Fällen sehr hydrophobe Gewebe entstehen, mit Kontaktwinkeln > 130° und Abrollwinkeln < 30°. Die Werte der nasschemischen Behandlung sind dabei etwas besser als nach der Plasmabehandlung (Wasser-Kontaktwinkel: 147° gegen 141°, Abrollwinkel: 11° gegen 22°). Insgesamt hat sich aber gezeigt, dass durch eine Kom-
Abb. 3.56 Kontaktwinkel (unten) und Abrollwinkel (oben) in Abhängigkeit der Anzahl Wasch-
zyklen für ein hochdichtes PES-Gewebe
210
3 Anwendungen
bination „Oberflächenpolymerisation“ mittel C2H4 und anschließender Pfropfung mit Fluorcarbonen auch langzeitstabile Schichten erhalten werden können (entgegen der Literaturmeinung), so dass die Plasmamodifizierung als sehr interessante Alternative zur nasschemischen Ausrüstung aufgezeigt werden konnte [33]. Am deutlichsten ist das am Abrollwinkel zu sehen, der am empfindlichsten auf leichte Veränderungen in der Hydrophobie reagiert. Während der Abrollwinkel des nasschemisch ausgerüsteten Gewebes von ca. 18 auf 25° nach 20 Wäschen steigt (und vermutlich noch deutlich schneller bei weiteren Wäschen ansteigen wird), bleibt er bei dem 2-Stufenplasmabehandlung konstant bei ca. 30°. Offensichtlich wird nach 20 Wäschen schon etwas von dem nasschemisch aufgetragenen Fluorpolymers abgewaschen, während die Plasmafluorcarbonschicht völlig stabil ist. Ein ähnliches Ergebnis ergibt sich auch in der dynamischen Kontaktwinkelmessung: Der hohe Wasser-Kontaktwinkel verändert sich nicht über die Zeit. Ein weiterer Vorteil der Plasmabehandlung ist, dass durch das Aufbringen einer nur Nanometer dicken Fluorcarbonschicht die bei den hochdichten Geweben schon etwas geringere Luftdurchlässigkeit nicht weiter vermindert wird. Einige der hochdichten Gewebe zeigen nach Entschlichtung aufgrund der hohen Webdichte schon ohne Hydrophobisierung eine gewisse Barriere gegenüber Wasser (keine vollständige Benetzung, sondern Wasser-Kontaktwinkel von 40 bzw. 60°), wie mittels der Fibrodat-Messungen festgestellt werden konnte. Zusammenfassung Solange kein Druck ausgeübt wird, bildet eine optimierte hydrophobe Ausrüstung (nasschemisch oder Plasmabehandlung) einen sehr effektiven Schutz vor dem Eindringen von Körperflüssigkeiten. Dabei ist die Plasmafluorierung eine Alternative zur nasschemischen Ausrüstung. Nach einer Optimierung der Plasmabedingungen und der Gasmischungen ist die Hydrophobisierung des Gewebes vergleichbar zur nasschemischen Ausrüstung. Sie ist sehr waschstabil, die Luftdurchlässigkeit verringert sich gegenüber dem unbehandelten Gewebe nicht.
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3.6 Medizinische Textilien
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[29] S. Fischer, R. Hänsel: Einsatz der Gasphasenfluorierung zur Oberflächenmodifizierung. Melliand Textilberichte 83(2002)7/8, 543–545 [30] E. Cleve, H. Schollmeyer, U. Schlosser, E. Schollmeyer: Oberflächenstrukturierung polymerer Fasern durch UV-Laserbestrahlung, Die Angewandte Makromolekulare Chemie 270(1999) 87–93 [31] M. Peter, H.K. Route: Grundlagen der Textilveredlung; Deutscher Fachverlag Frankfurt a. M. 1998 [32] N. Islam, U. Lappan, B. Voit: Hydrophobierung von Polyester-Mikrofasergeweben mit Fluorcarbonen. Melliand Textilberichte 84(2003)7/8, 638,640,642 [33] N. Islam, U. Lappan, B. Voit, F. Simon: Hydrophobic modification of polyester microfilament fabric by low-pressure plasma treatment, Melliand International (2004)10, 211–215 [34] E. Körner, B. Lehmann, V. Dutschk. Charakterisierung hydrophobierter Textiloberflächen mit dem Fibro DAT 1122HS, Mitteilungen des Instituts für Textil- und Bekleidungstechnik (2005) Nr. 1, 23–26 [35] A. Calvimontes, Ch. Bell, A. Synytska, B. Lehmann: V Dutschk: Einfluss der Struktur von Polyestergewebe auf ihre Benetzbarkeit,. Melliand Textilberichte 86(2006)1/2, 64–67 [36] Islam, N., Lappan, U.; Voit, B.: Barrier Fabrics for Medical Applications, International Dyer 189(2004)9, 12–14, 16–17 [37] A. Calvimontes, V. Dutschk, B. Britzke, P. Offermann, B. Voit: Soiling degree and cleanability of differently treated polyester textile materials, Tenside Surfactants Detergents 42(2005)1, 17–22
3.6.2 Hygiene Produkte – Babywindeln und Damenbinden Claudia Meckel-Jonas, Eckhard Pürkner Henkel KGaA, Düsseldorf Anwendung und Anforderung Die Windel, wie sie heute marktüblich ist, ist ein Wunderwerk der Technik, kombiniert aus vielen konstruktiven Elementen, deren Zusammenwirken das Produkt in der Funktion hochgradig effizient und sicher machen. Und doch ist die Windel bei aller ausgefeilter Technik ein Centartikel, der in einem schnellen und kontinuierlichen Prozess preiswert hergestellt werden kann. Dieses ist nur durch den Einsatz von Schmelzklebstoffen zur Herstellung der Windel möglich. Der thermoplastische Schmelzklebstoff ermöglicht es die einzelnen Lagen sicher und schnell zu verkleben. Eine Windel enthält in Summe trotzdem nur 1–1,5 g Klebstoff. Die Anforderungen an die Klebstoffe ergeben sich aus den eingesetzten Materialien, wie Polypropylenvlies, Polyethylenfolie, Cellulosefasern, Tissuelagen, Polyesterlagen, Superabsorberkörnchen und elastischen Bändern. Der Gebrauch insbesondere der Windel stellt weitere hohe Anforderungen an die Klebstoffe.
3.6 Medizinische Textilien
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Nassfestigkeit und Elastizität sind Grundvoraussetzungen neben ausreichender Kohäsion. Der Klebstoff muss schnell abbinden und eine sehr gute Maschinengängigkeit zeigen. Nur so ist es möglich auf einer Windelmaschine bis zu 800 Windeln pro Minute herzustellen.
Abb. 3.57 Aufbau einer Windel und Einsatzgebiete der Klebstoffe
Klebstoffsysteme in der Hygiene Industrie Traditionell werden in der Hygieneindustrie Klebstoffe eingesetzt, die auf der Basis von Synthesekautschuken formuliert sind. Hierzu werden SBS (Styrol-ButadienStyrol-Kautschuk) und SIS (Styrol-Isopren-Styrol-Kautschuk) verwendet. Diese Rohstoffe werden mit Kunstharzen klebrig gemacht und die Oberflächenklebrigkeit kann durch Weißöl eingestellt werden. Antioxidantien gewährleisten, dass der Klebstoff sich auch bei einer Verarbeitungstemperatur von 130–180°C nicht verfärbt und zersetzt. Als Harze werden heute hauptsächlich hydrierte Kohlenwasserstoffharze verwendet: Dieses sind hochgereinigte Polymere, die allen Anforderungen der Gesetzgebung und des Verbraucherschutzes genügen. Als Weichmacher werden paraffinische Weißöle verwendet, wie sie auch in Cremes eingesetzt werden. Die Synthesekautschukprodukte zeichnen sich durch eine hohe Oberflächenklebrigkeit aus, nach dem Erkalten haben sie eine erstaunliche Kohäsion und Flexibilität und die Maschinengängigkeit in bezug auf das kontaktlose Spiralsprühverfahren ist
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3 Anwendungen
ausgezeichnet. Eine ökonomischere Alternative stellen die APAO (ataktische Polyα-Olefine ) dar, die aber in ihren Sprüheigenschaften stark eingeschränkt sind. Der Einsatz der APAO-Klebstoffe reduziert sich daher auf die Konstruktionsverklebung in einer Windel, wenn der Klebstoffauftrag mittels einer Schlitzdüse durchgeführt wird. Diese Anwendung stellt aber 60–70% des Klebstoffbedarfs dar. An die Klebstoffe für die Positionierungstreifen der Slipeinlagen werden hohe Anforderungen bzgl. der Kohäsion und Oberflächenklebrigkeit gestellt. Der Klebstoff muss außerordentlich alterungsstabil sein. Diese Eigenschaften können mit sogenannten SEBS-Klebstoffen erzielt werden. SEBS ist ein teilhydriertes SBS, bei dem Doppelbindungen aus dem Polybutadienblock heraushydriert werden. Folge davon ist ein sehr stabiles Polymer, das bei hoher Oberflächenklebrigkeit ein hervorragendes Schälverhalten in der Formulierung zeigt. Im Bereich der Hygieneindustrie wird überwiegend das Auftragsverfahren des Spiralsprühens verwendet. Dieses macht eine sehr effiziente kontaktlose Verarbeitung des Klebstoffs möglich. Das textile Backsheet wird oft über eine Schlitzdüse hergestellt. Hierbei wird eine Folie mit einem Vlies zu einem Verbund kombiniert. Ausblick Bei der Entwicklung und steten Verbesserung der anspruchsvollen Produkte im Hygienebereich ist eine sehr enge Zusammenarbeit von Klebstoff-, Maschinenhersteller und Verarbeiter notwendig, um schnell und preiswert sowie qualitativ hochwertig zu produzieren. Nach den riesigen Entwicklungsschritten im Bereich der Klebstoffe in den letzten Jahrzehnten ist die Technologie nahezu ausgereizt. Vielmehr steht jetzt, unter steigenden Rohstoffkosten, der Preis des Klebstoffs im Vordergrund. Der Markt der Babywindeln und Inkontinenzprodukte wird trotzdem in der Zukunft weiterhin wachsen. Dies ist durch die Industrialisierung der Entwicklungsländer sowie die „Vergreisung“ der Industrieländer begründet. Es lohnt sich daher in diesem Bereich mit Energie und innovativen Ideen weiterzuarbeiten.
3.7 Smart Textiles und Wearable Electronics Thomas Gries RWTH Aachen Inzwischen haben Smart Textiles Produkte und Wearable Electronics in Textilien erste Produkte den Weg in den Markt gefunden. Smart Textiles im engeren Sinne wird häufig mit dem Begriff des Wearable Electronics gleichgesetzt. Dies steht im Widerspruch zu der eigentlichen Definition von Smart Materials oder Smart Structures. Die Materialwissenschaft und Systemtheorie definiert den Begriff „Smart“- mit einer Stimulus-Material/System-Antwort. So ist zum Beispiel der Formgedächtniswerkstoff ein Smart Material im engeren Sinne, da er bei einer Temperaturänderung spontan seine Form ändert. Das Marketing bzw. der Kunde sieht das jedoch bei
3.7 Smart Textiles und Wearable Electronics
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weitem nicht so eng. So gilt umfassend einzig und allein die Definition „Smart ist was vom Kunden smart empfunden wird“ [1]. Denn oft werden smarte oder auch intelligente Produkte gar nicht als solche vom Kunden bezeichnet oder gar wahrgenommen, weil sie ihm schon seit längerem bekannt oder gar nicht sichtbar bzw. begreifbar zugänglich sind. Smart Textiles der ersten Generation wurden durch Fügen hergestellt. Dabei werden elektronische Systemkomponenten und Leiterbahnen durch Aufnähen, Aufkleben oder Kaschieren sowie in speziellen Taschen aufgenommen. Smart Textiles der zweiten Generation integrieren die elektronischen Funktionen in die textile Fläche beim Flächenbildungsprozess sowie in das Garn beim Kombinationsgarnherstellung oder der Garnerzeugung. Oftmals wird die elektronische oder Sensorfunktion bereits in das Fadenmaterial bei der Fasererzeugung integriert. Darüber hinaus müssen die Systemkomponenten zu einem Gesamtsystem gefügt werden. Fügetechnologien haben somit eine große Bedeutung. Im Folgenden werden hierzu einige Beispiele gebracht.
Literatur [1] Gries, T.; [Kolkmann, A.] Intelligente Textilien: neue Chancen in der Technik ; Smart textiles : new chances for technical applications – Techtextil-Symposium 2003. Frankfurt/M. 07.–10.04.2003. Frankfurt/M. 2003. Lecture no. 3.11
3.7.1 Textiler Transponder Uwe Möhring Textilforschungsinstitut Thüringen-Vogtland e.V. RFID – ein revolutionäres Identifizierungssystem Radiofrequenzidentifikationssysteme (RFID-Radio Frequency IDentification) sind heute allgegenwärtig. In Skipässen, Bankkarten oder als Zugangsmedium in Hotels. Doch bieten diese Systeme weit mehr als nur die Zugangskontrolle. Diese Systeme sind heute bereits dabei, das klassische Logistikmanagement zu revolutionieren. Heute gibt es wohl kein Logistikunternehmen mehr, das sich noch nicht mit RFID beschäftigt hat. Auch wenn diese Systeme vor allem von den großen Ketten wie Metro und Wal Mart vorangetrieben wird, sind bereits die meisten großen Bekleidungsund Mietwäscheunternehmen mit eigenen Versuchen und Lösungen dabei, die Vorteile für die eigene Warenwirtschaft zu untersuchen. Die RFID-Systeme ermöglichen den heute sehr stark von der Logistik abhängigen Unternehmen die Überwachung der gesamten Prozessketten und geben jederzeit Auskunft über Zustand, Ursprung, Bestimmung und aktuellem Ort der markierten Ware. Damit wird nicht nur Zeit gespart, indem gesamte Container und andere Bulk-Verpackungen gescannt werden
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3 Anwendungen
können, sondern lässt sich weiterhin die gesamte Warenwirtschaft optimieren. Zum Beispiel kann der genaue Abverkauf in Sekunden abgefragt werden und somit fast zeitgleich die Lieferkette bzw. Produktion entsprechend Nachschub liefern.
Abb. 3.58 Aufbau eines induktiv gekoppelten Transpondersystems [1]
Das Identifizierungssystem RFID ist gewissermaßen die smarte elektronische Alternative zum allseits bekannten Strichcode. Während beim Strichcode eine direkte Sichtverbindung zwischen Leseeinheit und Strichcode bestehen muss, übernimmt bei RFID-Systemen ein Mikrochip inklusive Antenne im Etikett und eine Sendeund Empfangseinheit diese Aufgabe. Sobald das Etikett in Reichweite der Leseeinheit gelangt, kann der elektronische Produktcode (EPC) ausgelesen werden und an den informationsverarbeitenden Zentralrechner weitergeleitet werden (Abb. 3.58). Somit können Logistikunternehmen weltweit komplexe Prozesse verfolgen, Fahrzeuge sowie Fracht lokalisieren und Gebühreneinrichtungen automatisieren. Erste Versuche der Integration von RFID-Daten in ERP- und CRM-Systeme werden bereits getestet. Damit werden Bestellungen in Echtzeit möglich. Schätzungen gehen davon aus, dass Investitionen von 400 Mio. € im Jahr 2004 auf über 2,5 Mrd. € im Jahr 2008 ansteigen werden [2]. Bei den bestehenden RFID-Lösungen werden im Wesentlichen zwei Systeme unterschieden. Beide Systeme funktionieren wie bereits beschrieben durch den berührungslosen Kontakt eines Transponders (Chip mit Antenne) mit der Schreib/Leseeinheit und unterscheiden sich durch das Prinzip der Kopplung. Zum einen erfolgt die Kopplung induktiv im Frequenzbereich 100 kHz bis 135 kHz (LF = Low Frequency) und High Frequency (HF) 13,56 MHz. Zum anderen unterscheidet man die elektromagnetische Backscatter-Kopplung im Frequenzbereich UHF (Ul-
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tra High Frequency) 868 MHz in Europa bzw. 915 MHz in Nordamerika und SHF (Short High Frequency) 2,45 GHz [3]. Beide Systeme, induktive und elektromagnetische Backscatter Kopplung, zeichnen sich durch unterschiedliche Lesereichweiten und andere, die Funktion beeinflussende Faktoren aus. Das heute in Europa gebräuchlichste System sind die Transponder im Bereich von 13,56 MHz (Abb. 3.59), auf das sich die im Folgenden beschriebenen Arbeiten konzentriert haben. Der Vollständigkeit halber ist zu erwähnen, dass es sich bei den beschriebenen Systemen um passive Transponder handelt. Auf aktive Systeme, bei denen in die Transpondereinheit eine Stromversorgung und Sendeeinheit integriert sind und die wesentlich größere Lesereichweiten ermöglichen, wird nicht eingegangen.
Abb. 3.59 Beispiele für Transponder für den Bereich 13,56 MHz
Textiltechnologische Umsetzung Bereits verfügbare RFID-Transponder basieren zumeist auf Folie, auf die eine Antenne aus Kupfer gedruckt und der Chip auf die Kupferfolie kontaktiert wird. Für die Anwendung am Textil sind diese Systeme jedoch nur bedingt geeignet, da sie durch ihren Foliencharakter im Textil, z. B. Bekleidung oder Flachwäsche, störend wirken und die Waschbarkeit sowie die Knick-Bruch-Beständigkeit nur unzureichend sind. Um z. B. im Krankenhausbereich Wäsche und OP-Textilien zu identifizieren und Aufbereitungsprozesse zu optimieren, besteht Bedarf an einem Transponder, der hoch flexibel, waschbar, sterilisierbar und in aller Art von Wäsche einsetzbar ist. Dazu soll er mit üblicher Technik, z. B. Nähen (s. Kap. 2.2), an OP-
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3 Anwendungen
Textilien fest angebracht werden und auch bestehende Wäsche mit textilen RFIDLabeln ausgerüstet werden können. Die Umsetzung eines textilen Transponders erfordert zunächst entsprechend flexible Speicherchips und ein Material sowie eine Technologie zur Herstellung der Antenne. Die Flipchip-Technologie liefert dazu geeignete Substrate, die entsprechend geschützt mit einer flexiblen Antenne auf Basis textiler leitfähiger Fäden verbunden werden müssen. Antennenstrukturen Für die Reichweite von textilen wie auch konventionellen passiven Transpondern sind die Antennengeometrie sowie der ohmsche Widerstand des verwendeten Antennenmaterials von besonderer Bedeutung. Um diese Zusammenhänge zu verdeutlichen, ist ein kurzer Exkurs in die Theorie von Antennenstrukturen und die Ableitung von Konstruktionsparametern für textile Antennen dem eigentlichen Herstellungsverfahren vorangestellt. Ein passiver Transponder besteht bei induktiv gekoppelten Systemen aus Kostengründen meist nur aus zwei Komponenten. Der Antennenspule, die als gewickelte Spule ausgeführt oder auf einem Substrat strukturiert ist, und einer mikroelektronischen Schaltung (Chip), die meist direkt an die Anschlüsse der Antenne kontaktiert wird. Auf dem Chip sind dann alle erforderlichen Funktionseinheiten des Transponders enthalten. Hierzu zählt ein Kondensator, der mit der Antenneninduktivität einen Parallelresonanzkreis bildet. Gelegentlich findet man den Kondensator auch als externe Komponente. Abbildung 3.60 zeigt das Prinzipschaltbild. Die Datenübertragung vom Transponder zum Lesegerät hin erfolgt durch so genannte Lastmodulation. Hierbei wird der Schwingkreis durch das Datensignal mit Hilfe eines Widerstandes belastet oder durch einen zusätzlichen Kondensator verstimmt.
Abb. 3.60 Prinzipschaltbild eines passiven Transponders
3.7 Smart Textiles und Wearable Electronics
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Aus der schwankenden Last der gekoppelten Spulen kann das Datensignal durch das Lesegerät entschlüsselt werden. Das Verhalten eines induktiv gekoppelten Transponders kann am Ersatzschaltbild verdeutlicht werden (siehe Abb. 3.61). Hierbei wird die gesamte Schaltung des Transponder-ICs in einem Widerstand RL zusammengefasst.
Abb. 3.61 Simulationsmodell des passiven Transponders
Die Induktivität L der Antennenspule bildet mit der Resonanzkapazität CR und der parasitären Kapazität der Spule CP einen Resonanzkreis mit einer Resonanzfrequenz, die auf die Systemfrequenz abgestimmt wird. Bestimmt man die Resonanzfrequenz, so stellt man fest, dass auch der ohmsche Widerstandes R der Spulenwicklung einen geringen Einfluss auf das Verhalten des Systems hat. Dieser Einfluss macht sich jedoch erst bei hohen Werten, wie sie durch leitfähige textil verarbeitbare Fäden verursacht werden können, bemerkbar [1]. Durch Resonanz wird die Spannung zum Betrieb der integrierten Transponderschaltung gewonnen, wobei der ohmsche Widerstand der Spule einen großen Einfluss auf die Amplitude an der Resonanzstelle hat: Je geringer der Widerstand, umso größer ist die zur Verfügung stehende Spannung im Antennenschwingkreis und damit auch die Reichweite. Aufgabe des Parallelschwingkreises ist es also, bei der eingestellten Resonanzfrequenz eine Spannungsüberhöhung zu erzielen, die zum Betrieb des Transponder-ICs ausreicht. Die in der Spule durch das anregende Magnetfeld induzierte Spannung ist meist deutlich kleiner. Die Höhe dieser Spannungsüberhöhung wird durch die Güte bzw. durch die ohmschen Verluste im Schwingkreis bestimmt. Die Parameter, mit denen man Einfluss auf die Güte des Schwingkreises nehmen kann, sind auf die Antennenspule begrenzt: Für eine hohe Reichweite des Gesamtsystems müssen damit die ohmschen Verluste minimiert bzw. muss die Güte maximiert werden, um mit einer geringeren Feldstärke den Transponder-IC noch betreiben zu können.
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3 Anwendungen
In der Praxis wählt man bei Standardlabeln für einfache Identifizierungsaufgaben (Größe: 45 mm × 45 mm) im Long-Range-Bereich Schwingkreis-Gütefaktoren von ca. Q = 150 und mehr. Die ohmschen Widerstände betragen dann ca. 2 Ω. Um eine maximale Reichweite mit den hergestellten Antennen erzielen zu können, müssen die Antennenparameter möglichst genau auf das verfügbare Transponder-IC abgestimmt sein. Im vorliegenden Beispiel wurde das von Philips hergestellte I-code-IC, das eine On-Chip-Resonanzkapazität von CR = 23,5 pF hat, eingesetzt. Unter Vernachlässigung des Einflusses der ohmschen Verluste und unter Berücksichtigung einer empirisch bestimmten parasitären Kapazität von CP ~ 1 pF ergibt sich eine erforderliche Induktivität von L = 5.6 µH. Die Berechnung der Induktivität der textilen Transponderantennen erfolgte mit Hilfe der PEEC (Partial Element Equivalent Circuit)-Methode, bei der die gesamte Struktur in kleine Elemente zerlegt wird. Anschließend kann die Eigeninduktivität der einzelnen Elemente und deren Verkopplungen berechnet werden und daraus die Gesamtinduktivität einer beliebig geformten Spule bestimmt werden. Für die Versuche, mit textilen Verfahren Antennen herzustellen, wurden zwei verschiedene Antennengeometrien mit der gewünschten Induktivität berechnet: Eine runde Form für gestickte Spulen und eine rechteckige Form für gewebte Spulen.
• Die runde Spule hat einen Durchmesser von 80 mm und acht Windungen bei einem Leiterabstand von 2,2 mm.
• Die rechteckige Spule hat die Abmessungen 59,5 mm × 62,0 mm und elf Windungen bei einem Leiterabstand von ca. 2,1 mm. Elektrisch leitfähige Fäden für Antennen Neben der geeigneten Antennengeometrie ist auch der Antennenwiderstand von entscheidender Bedeutung für die Reichweite des Transpondersystems. Der ohmsche Widerstand der textilen Antennenkonstruktion wird wie bereits gezeigt durch das verwendete Fadenmaterial bestimmt. Um den konventionellen Transponder nachzubilden, lag es nahe, Kupferdrähte oder -litzen in der Geometrie der Antenne einzusetzen. Es zeigt sich jedoch in den Versuchen, dass sich diese Materialien schwer bzw. nicht verarbeiten lassen und verschiedene Anforderungen zum Einsatz in Textilien für medizinische bzw. bekleidungstechnische Anwendungen nicht erfüllen. Speziell für diesen Einsatz wurden Elitex®-Fäden [4, 5] mit hoher Leitfähigkeit entwickelt. Hierbei handelt es sich um einen PA 6.6-Faden mit Silberauflage der Fa. STATEX, der elektrochemisch nachgalvanisiert wurde, so dass sich Fadenwiderstände im Bereich von 10 Ωm–1 bei vollem Erhalt der textilen Verarbeitbarkeit erzielen lassen. Interessant für viele textile Anwendungen ist dabei, dass auch nach erfolgter 7%iger Dehnung die elektrischen Eigenschaften erhalten bleiben. Herstellung der textilen Antennen Die Herstellung textiler Antennen ist prinzipiell über textile Herstellungstechnologien möglich. Neben der für die Leiterbahnherstellung bereits bei Folien angewen-
3.7 Smart Textiles und Wearable Electronics
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deten Drucktechnologien können die Antennen gewebt oder gestickt werden. Eine Übersicht über diese textilen Fertigungstechnologien zur Herstellung von Antennen ist in Tabelle 3.3 kurz dargestellt.
Tabelle 3.3 Textile Fertigungsarten im Vergleich
Sticken
Weben
Drucken
Geometrie
frei wählbar
durch Kett- und Schusseintrag auf Rechteck begrenzt
frei wählbar
Konstruktion der Brücke
Brücke durch Stickprozess aufwendig zu realisieren
Keine Brücke notwendig
Brücke durch Druckprozess aufwendig zu realisieren
Leitfähige Substanzen
Sticktechnisch verarbeitbare leitfähige Fadenkonstruktionen
Webtechnisch verarbeitbare leitfähige Fadenkonstruktionen
Leitfähige Druckpasten
Technik
Großstickmaschine, Längs- und Querschneiden der Etiketten
Etikettenwebmaschine, Querschneiden der Etiketten
Druckmaschine für textile Transponder, Querschneiden der Etiketten
Neben den verschiedenen Problemstellungen bezüglich Musterung und der Verarbeitbarkeit bzw. der Verfügbarkeit von hoch leitfähigen Materialien stellt die Anschlusskonstruktion für den Chip eine besondere Herausforderung dar. Beim Sticken und Drucken sind technologisch bedingt die Enden der Spulen relativ weit voneinander entfernt, so dass diese über einen zweiten Arbeitsschritt wieder zusammengeführt werden müssen. Diese Zusammenführung wird meist durch eine Brückenkonstruktion realisiert, die je nach Technologie einen erheblichen Mehraufwand bedeutet und eine zusätzliche Gefahr für Kurzschlüsse und Fadenbrüche darstellt. Das Drucken von Antennenspulen als solches ist bereits bei konventionellen Transpondern gelöst, für textile Druckverfahren jedoch sind derzeit keine hoch leitfähigen Druckpasten bzw. -tinten verfügbar. Im Folgenden werden daher die Webund die Sticktechnologie zur Erzeugung textiler Antennenspulen näher betrachtet. Gestickte Antennenspulen Eine interessante Technologie für die Herstellung von textilen Leiterbahnen ist das Sticken (s. Kap. 2.2). Die Antennendesigns werden zunächst für den Stickprozess gepuncht, d. h., der Stickverlauf und somit die Geometrie, die Stichart und Anfang und Ende der zu stickenden Form werden hier für die Maschine programmiert. Im Stickprozess werden die Leiterbahnen direkt an der Stickmaschine durch den Stichverlauf gebildet. Die Geometrie der leitfähigen Strukturen ist durch die
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3 Anwendungen
Möglichkeiten der Sticktechnologie frei wählbar und im Gegensatz zur Webtechnik und anderen textilen Technologien können damit neben eckigen Spulen auch runde Spulen realisieren werden. Bei der Vermessung verschiedener gestickter Antennen konnte festgestellt werden, dass durch runde Spulen eine größere Reichweite realisiert werden kann.
Abb. 3.62 Beispiel einer runden Antennengeometrie
In der in Abb. 3.62 gezeigten Antennengeometrie ist der Abstand zwischen Anfang und Ende der Antennenspule deutlich zu erkennen. Für die spätere Kontaktierung muss hier zunächst eine Brücke realisiert werden, die beide Enden der Spule kurzschlussfrei zueinander führt, so dass der Chip mit der Spule verbunden werden kann. Kann durch das Sticken die Geometrie der zu fertigenden textilen Strukturen relativ frei gewählt werden, so werden jedoch an die Stickmaterialien sehr hohe Anforderungen gestellt. Erste Versuche mit Drahtmaterialien als Antennenmaterial zeigten, dass die notwendigen Stiche nur ungenügend gebildet werden und dass es zu einer Häufung von Fadenbrüchen kommt. Der durch textile Prozesse hervorgerufene Bruch eines Fadens oder Drahtes führt bei der Herstellung von Transpondern natürlich zum Totalausfall der Antenne. Hier konnten auch Versuche, die Drähte durch spezielle textile Fadenkonstruktionen zu schützen, keine Abhilfe schaffen. Der Verwendung von Drähten steht auch die bei den Gebrauchstests unbefriedigende Zuverlässigkeit entgegen, die häufig auf eine ungenügende Knickbruchbeständigkeit zurückzuführen war. Weitere Versuche zeigen, dass sich die speziell entwickelten leitfähigen textilen Elitex®-Fäden am besten für das Sticken von Transponderspulen eignen (Abb. 3.63). Bei dem in Abb. 3.63 dargestellten Transponder mit gestickter Antennenspule wurde als Vorderfaden Elitex®-Material und als Hinterfaden (Kap. 2.2.1.5) ein PEStickfaden eingesetzt. Der Elitex®-Faden wurde auf der Rückseite über eine gegen die Spule isolierte Brücke mit dem Chip kontaktiert.
3.7 Smart Textiles und Wearable Electronics
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Abb. 3.63 Gestickte Transponderantenne mit Chip
Gewebte Antennenspulen Die Jacquard-Webtechnologie eignet sich hervorragend zur Herstellung von rechteckigen Antennenspulen. So lassen sich auf Webmaschinen leitfähige Fäden in definierten Abständen als Kette und Schuss eintragen. Durch die Ausführung als mehrlagiges Gewebes werden die leitfähigen Kett- und Schussfäden so eingebunden, dass sie nur an bestimmten Eckpunkten, wie schematisch in Abb. 3.64 gezeigt, elektrischen Kontakt haben. In diesem Spezialgewebe bilden die obere und die untere Lage die leitfähige Struktur und die Zwischenlage dient zur Isolation. Auf diese Weise kann eine beliebige rechteckige, leitfähige Struktur hergestellt werden, die für Antennen und Spulen genutzt werden kann.
Abb. 3.64 Schema einer gewebten Antennenspule
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3 Anwendungen
Abbildung 3.65 zeigt im linken Bild ein Versuchsmuster, bei dem die leitenden Kettfäden und die Verbindungsstellen zu den leitenden Schussfäden an der punktförmigen Nachkontaktierung erkennbar sind. Verbindet man die Kontaktpunkte, wird der Spulenaufbau, wie in Abb. 3.64 gezeigt, deutlich. Der Chip ist als kleines Quadrat im linken unteren Bildteil erkennbar. Im rechten Bild ist ein weiteres Muster eines gewebten Transponders zu sehen, bei dem eine beschriftete Oberseite über eine zusätzliche Gewebelage realisiert wurde.
Abb. 3.65 Gewebte textile Transponder
Durch weiterführende Optimierungen des mikrostrukturierten Gewebes ist es möglich, auf die sichtbare Nachkontaktierung zu verzichten und ein nahezu optimales Webetikett zu erhalten (Abb. 3.65). Die Möglichkeit der Konfektionierbarkeit wie ein normales Webetikett in die Bekleidung und vor allem in Flachwäsche ist ein nicht zu unterschätzender Vorteil eines gewebten textilen Transponders. So können textile Transponder wie ein handelsübliches textiles Etikett durch Annähen (Abb. 3.66) angebracht werden. Für die Verbindung von Textil zu Textil ist die Naht (s. Kap. 2.2) eine dauerhafte und zuverlässige Lösung, die die Gebrauchsanforderungen für Textilien wie Waschbarkeit, Bügelbeständigkeit, Hautfreundlichkeit sowie Knickbruchbeständigkeit voll erfüllt.
Abb. 3.66 Schema der Befestigung eines textilen Transponders
3.7 Smart Textiles und Wearable Electronics
225
Chipkontaktierung und Kapselung Die Verbindung der textilen Antenne mit dem Chip stellt einen wesentlichen Teil bei der Herstellung des textilen Transponders dar. Hier treffen hoch präzise mikroelektronische Systeme, wie sie Transponder-ICs (Chip) darstellen auf flexible textile Strukturen, die verglichen mit mikroelektronischen Systemen relativ hohe Toleranzen aufweisen, aufeinander [6]. Für den Einsatz im textilen Transponder eignen sich vor allem kleine, sehr flexible und ungehäuste Chips, die auch als Flip-Chip, wie z. B der von der Fa. Philips hergestellte I-code-IC, bezeichnet werden. Aufgrund der hohen Toleranzen der Textilkonstruktion werden für die Verbindungen der Flip-Chips mit den metallisierten Strukturen des Textils so genannte Interposer eingesetzt. Dabei handelt es sich um Träger, die einerseits den Flip-Chip aufnehmen und die andererseits die Kontaktierung zu den leitfähigen Fäden der Spule zulassen. Eine direkte Kontaktierung von Flip-Chips an leitfähige Fäden war, wie bereits erwähnt aus zwei Gründen nicht möglich: Zunächst haben die Kontakte der Flip-Chips einen Durchmesser von nur 150 µm und ein zuverlässiges Verfahren zur Kontaktierung von flexiblen Strukturen an Flächen so geringer Größen steht derzeit nicht zur Verfügung. Ferner unterliegen die Strukturen der Spulen im Textil Toleranzen, die oberhalb der Größe der Kontakte der Flip-Chips liegen. Eine genaue Positionierung der Flip-Chips ist somit von vornherein ausgeschlossen.
Abb. 3.67 Verkapselter Transponderchip auf gewebter Spule (links) und Schliffbild Interposers,
Flip-Chip mit Vergussmasse im Textil (rechts)
Als Interposer eignen sich metallisierte Folien aus Polyimid. Die Metallisierung auf dem verwendeten Espanex von 50 µm Dicke besteht aus einer Kupferkaschierung von 18 µm sowie den auf das Kupfer aufgebrachten Nickel- und Goldschichtdicken. Die elektrische Kontaktierung zwischen Interposern und metallisierten Fäden wird mit ICA-Kleber oder Lot realisiert (s. Kap. 2.3). Dabei zieht sich das Lot oder der Kleber durch Kapillarkräfte auf die metallisierten Bereiche der Fäden und Interposer.
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Um den Flip-Chip, den Interposer und die Kontaktstelle zum Textil vor äußeren Einflüssen zu schützen, müssen die Teile verkapselt werden. Zur Verkapselung selbst wird eine Flüssigkeit oder Paste durch Beschichten (s. Kap. 2.4) oder Drucken auf den Verbund aus Textil, Interposer und Fip-Chip aufgebracht. Das Verkapselungsmaterial muss das textile Gewebe einerseits durchdringen können, um eine vollständige Benetzung sämtlicher Oberflächen und somit einen optimalen Schutz zu gewährleisten. Andererseits darf aus rein optischen Gründen kein Ausbluten der Verkapselungsmasse stattfinden. Zusammenfassung und Ausblick Die Integration von Transpondern in das Textil ist ein neuer Ansatz zur Nutzung textiler Materialien. Im vorgestellten textilen Transpondersystem trägt erstmalig die textile Fläche durch die Integration der Antenne über leitfähige Fäden selbst zur Funktion des RFID-Transponders bei. Im Vergleich zur Integration von fertigen Elektronikprodukten (z. B. kompletten folienbasierten Transpondern) bietet die Nutzung des Textils als elektronisches Subsystem erhebliche Vorteile. Durch die textile Antennenerzeugung sind wesentlich größere Spulen realisierbar, die den extremen Beanspruchungen eines Textils genügen. Hieraus ergeben sich neben der Flexibilität der Module erhebliche Eigenschaftsverbesserungen des gesamten Transpondersystems. So lassen sich mit größeren Antennenflächen die Reichweiten der Transpondersignale signifikant erhöhen. Die erzeugbaren textilen Transponderetiketten können genau wie ein übliches Textiletikett permanent in Bekleidungsteilen angebracht werden. Dabei kann die Oberseite des textilen Transponderetiketts so wie ein übliches Textillabel gestaltet werden und ermöglicht damit zusätzlich die für die Bekleidungsindustrie und den Kunden gewohnte optische Kennzeichnung. Diese neue Technologie ist wegweisend für die Integration von Mikrochips in Textilien und stellt damit für den gesamten Sektor der Smart Textiles einen Quantensprung dar. Darüber hinaus ergibt sich für die Textilindustrie in Deutschland die Möglichkeit, durch ein neues, schwer nachzuahmendes Produkt die Rolle als Technologieführer auch für den wirtschaftlichen Erfolg zu nutzen. So verspricht die RFID-Technologie in absehbarer Zeit den Barcode zur Kennzeichnung von Produkten endgültig abzulösen. Dadurch gelingt es, Waren schneller, zuverlässiger und fehlerfreier zu verpacken und zu kommissionieren, als es bisher möglich war. Erste groß angelegte Tests in der Praxis wie die future store Initiative der Metro group zeigen das große Interesse der Unternehmen, die von logistischen Prozessen abhängig sind bzw. an einer gesicherten Logistik interessiert sind. Im Zuge der sich weiter globalisierenden Märkte ist von einem zunehmenden Bedarf auszugehen, was dem textilen Transponder als Produkt sehr von Nutzen sein kann. Angenäht wie jedes handelsübliche Textiletikett können zukünftig mit dem textilen RFID-Label alle Informationen direkt an die Logistiker, Bekleidungshersteller, Handel oder Leasingfirmen weitergegeben werden. Ein textiles HighTech-Erzeugnis, das, wenn wir es wollen, auch in Zukunft in Deutschland gefertigt und eingesetzt werden kann.
3.7 Smart Textiles und Wearable Electronics
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Literatur [1] Adaption von Mikrosystemtechnik in Textilien zu deren Identifizierung Abschlußbericht zum Projekt BMWA-Nr. 99/01 [2] anonym in Möglich (2006) 1, S. 18, (Kundenzeitschrift IBM Deutschland GmbH) [3] VDI Richtlinie 4472 [4] Neudeck A, Gimpel S, Möhring U, Müller H, Scheibner W, Journal of Industrial Textiles 3, January 2004, S. 179 [5] Gimpel S, Neudeck A, Möhring U, Scheibner W, mst news (2005) 2, S. 14 [6] Kallmayer C, Gimpel S, Neudeck A, Cichos S, New Assembly Technologies for Textile Transponder Systems, Electronic Components and Technology Conference, 2003
3.7.2 Multifunktioneller Matrixtaster Nadine Zimmermann, Tim Grundmann, Nils Schedukat Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen Anwendung Der multifunktionelle, vollständig textile Matrixtaster dient zur Bedienung jeglicher Art von elektronischen Geräten. Herausragend sind seine textilen Eigenschaften wie Haptik, Drapierbarkeit, Flexibilität und Schweißdurchlässigkeit. Mögliche Anwendungen reichen vom Not-Aus-Taster in der Arbeitsbekleidung, der numerischen Tastatur für Handys und der Fernbedienung in der Lehne des Sessels bis hin zum Kampfsportanzug, der die Position der Treffer ermittelt.
Abb. 3.68 ITA SmartMouse
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3 Anwendungen
Der Prototyp des Matrixtasters wurde unter dem Namen SmartMouse erstmals auf der Aachener Textiltagung 2001 vorgestellt und dabei direkt zur Steuerung der Präsentation des Plenarvortrages erfolgreich eingesetzt.
Abb. 3.69 Taster für Mobiltelefon
Abb. 3.70 Taster für MP3-Player
Realisierte Lösungen Abbildung 3.71 zeigt schematisch die Funktion des Matrixtasters. 3D-verformte, thermofixierte, textile Flächen werden so gefügt, dass sich die Leiterbahnen gekreuzt und räumlich getrennt gegenüberliegen. Die möglichen Kreuzungspunkte der Leiterbahnen schließen unter Druck einen elektrischen Kontakt, der anschließend durch die Elastizität der 3D-Struktur wieder geöffnet wird. Die matrixförmige Anordnung der Kontaktpunkte ermöglicht eine frei wählbare Tastenform und eine beliebige Größe des Tasters. Die Auswahl der leitfähigen Garne ist Vorraussetzung für gute textile und elektrische Eigenschaften. Anhand einer Übersicht über verfügbare leitfähige Garne und Auswahlkriterien wird eine Vorauswahl getroffen. In Vorversuchen wird anschließend die Verarbeitbarkeit der Garne überprüft und die Garne für den Matrixtaster ausgewählt. Tabelle 3.4 zeigt die verwendeten leitfähigen Garne.
3.7 Smart Textiles und Wearable Electronics
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Abb. 3.71 Funktionsschema des Matrixtasters
Abb. 3.72 Aufbau des Matrixtasters 2
Tabelle 3.4 Auswahl der leitfähigen Garne
Garn
Typ
Feinheit
Hersteller
Polyamid versilbert
Multifilament
235f34/117f117
Statex GmbH, Bremen
Edelstahl
Multifilament
90*14 μm
Bekaert, Belgien
Kupfer versilbert
Monofilament
70 μm
Berkenhoff GmbH, Herborn
Der Aufbau des textilen Tasters wurde in weiteren Versuchen verbessert und erfolgt jetzt nach einem 3-Schicht-System wie Abb. 3.73 zeigt. Zur Herstellung des Gestricklaminats, welches aus einem Deckstoff (2), der die Haptik und Optik des Systems bestimmt, und einem Funktionsgestrick (1) besteht, wird ein thermoplastisches Vlies (Hotmelt) zwischen beide Schichten eingebracht. Durch Aufschmelzen des Vlieses bei einer Temperatur zwischen 120°C und 140°C werden die beiden Schichten miteinander verklebt. Durch Tiefziehen werden in das
230
3 Anwendungen
Laminat die Tastenformen eingebracht. Dies geschieht dadurch, dass das Laminat zwischen einen Stempel und eine Gegenmatrize eingebracht und mit Druck beaufschlagt wird. Dabei darf eine maximale Presskraft von 8 kN nicht überschritten werden. Mittels Tiefziehen können Tasten in einer Größe von 8 mm bis 30 mm geformt werden. Die auf diese Weise ausgeformten Tasten sind dauerhaft stabil und haben eine fühlbare Form bei gleichzeitig textiler Haptik. Als letzter Schritt wird auf das ausgeformte Laminat ein flaches Funktionsgewebe (3) aufgebracht.
Abb. 3.73 Gestrick mit elektrischen Leitern
Die Tastermatrix wird anschließend für die Weiterleitung der Signale kontaktiert. Hierzu wird diese auf ein Trägergewebe fixiert. Auf diesem Trägergewebe sind durch Sticken mit elektrisch leitendem Garn Leiterbahnen aufgebracht. Die Kontaktierung der aufgestickten Leiterbahnen mit der Elektronik kann durch das Bondingverfahren, ein Standardverfahren der Elektrotechnik oder durch eine reversible Verbindung mit Druckknöpfen erfolgen. Der Forschungspartner Institut für Werkstoffe der Elektrotechnik (IWE-1) in Aachen modifizierte dafür das klassische Bondingverfahren mit dem Ziel, eine dauerhafte, elektronisch hochwertige und anwendungsgerechte Schnittstelle zu entwickeln. Ausblick Durch die Integration des textilen Tasters in die Textilien, die uns im täglichen Leben umgeben (z. B. Bekleidung, Automobilinterieur, Möbelbezugsstoffe), kann die Bedienung von elektronischen Geräten in vielen Anwendungsbereichen erleichtert werden. Durch die Einbindung der Tasterherstellung in die klassische textile Prozesskette (sowohl bei Heim- als auch bei Industrietextilien) lässt sich ein enormer wirtschaftlicher Vorteil erzielen.
3.7 Smart Textiles und Wearable Electronics
231
Weiterhin ist eine Anwendung dieser Technologie in Zukunft auch in anderen Bereichen, wie zum Beispiel bei der Herstellung von Drucksensoren möglich.
Literatur [1] Schedukat, N.: „Multifunktioneller Matrixtaster“, Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben S 585 der Stiftung Industrieforschung am Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen, Aachen November 2003 [2] Schedukat, N.: „Textiler Taster“, Präsentation am Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen, März 2003 [3] Grundmann, T.: „Unser Beitrag zur Entwicklung von Smart Textiles“, Präsentation am Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen, Januar 2006 [4] Schedukat, N.: „Umformung und Thermofixierung“, Präsentation am Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen, November 2004
3.7.3 Kissenfernbedienung Nadine Zimmermann, Tim Grundmann, Nils Schedukat Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen Anwendung Hinter der Idee zur Kissenfernbedienung stand der Wunsch, ein Produkt zu kreieren, das einen großen Kundenkreis anspricht. Ein Produkt, das im Gegensatz zu Business-Kleidung, extremer Outdoor-Bekleidung oder Entertainment-Mode einen Nutzen für jedermann darstellt. Es wurden bereits Prototypen an Kissenfernbedienungen vorgestellt, jedoch ohne einfache oder verständliche Bedienung, große und vor allem fühlbare Tasten.
Abb. 3.74 Kissenfernbedienung
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3 Anwendungen
Die Kissenfernbedienung des ITA setzt farbige Akzente, geht als Fernbedienung nicht verloren, ist waschbar und mit großen Tasten auch für Kinder und ältere Leute geeignet. Man kann sich darauf ausruhen oder sich darum streiten, doch das Wichtigste ist, dass sich viele Leute vorstellen können eine zu kaufen. Abbildung 3.74 zeigt das Fernbedienungskissen des ITA. Realisierte Lösungen Bei der Gestaltung einer solchen Fernbedienung sind diverse Anforderungen zu beachten. So darf sie, als Ruhekissen benutzt, keine Geräte einschalten, soll universell funktionieren und muss eine einfache Programmierung und einen Batteriewechsel/ Ladevorgang ermöglichen. Es müssen die Grundfunktionen an Tasten abgebildet werden, der Aufbau muss waschbar sein und ein Tastenfeedback soll dem Benutzer den registrierten Tastendruck signalisieren. Diese Anforderungen müssen realisiert werden, ohne die Haptik des Kissens wesentlich zu verschlechtern. Das Konzept des ITA beinhaltet einen Lageschalter zur Deaktivierung des umgedrehten Kissens und groß dimensionierte Tasten mit akustischem Feedback für die Funktionen Programm- und Lautstärkesteuerung. Die „Standby“-Taste rundet den Funktionsumfang ab. Der elektronische Teil ist geschützt im Kern des Kissens untergebracht. Zum Batteriewechsel und zur Programmierung ist der Bereich einfach über einen Reißverschluss zugänglich. Eine Verbindung über Druckknöpfe ermöglicht das Entfernen der Elektronik vor dem Waschen. Alle Signalleitungen sind aufgetickt und bestehen aus elektrische leitfähigem Material mit textilem Charakter. Die Matrixtaster für die Kissenfernbedienung wurden in einem Dauerversuch getestet. Dadurch konnte eine Optimierung der Tasten vorgenommen werden, um deren Lebensdauer der zu gewährleisten. Dazu wurde ein Versuchsstand wie in Abb. 3.75 gezeigt, aufgebaut.
Abb. 3.75 Tasterprüfung
3.7 Smart Textiles und Wearable Electronics
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Das Schaltverhalten des Tasters wird nach zyklischen Belastungstests überprüft. Da die Vorteile des Tasters wie beispielsweise Flexibilität und Elastizität auf einer festen Unterlage nicht zur Geltung kommen, wird für die Prüfung eine elastische Unterlage aus Schaumstoff PUR F46 verwendet. Die Schaltspannung wird in verschiedenen Intervallen aufgezeichnet und die Anzahl der gezählten Impulse mit der Anzahl der Tastvorgänge verglichen. Die Prüfung wird mit bis zu 75 Tastvorgängen pro Minute durchgeführt. Die folgende Abb. 3.76 zeigt das Schaltbild eines Tasters vor der Optimierung. Der Taster wurde dabei ~75.000 mal beansprucht. Im Schaltbild sind deutliche Verschleißerscheinungen, wie zum Beispiel Prellen zu erkennen. Außerdem verläuft die Messkurve bei gedrücktem Taster nicht gerade, sondern weist eine Rundung auf.
Abb. 3.76 Messkurve eines nicht-optimierten Tasters
Abb. 3.77 Messkurve eines optimierten Tasters
Daraufhin wurde eine Optimierung der Taster durch verbesserte Prozessbedingungen bei der Herstellung und verbesserten Lagenaufbau durchgeführt. In einem zweiten Schaltbild (Abb. 3.77) wurde ein verbesserter Taster unter den selben Prüfbedingungen getestet.
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3 Anwendungen
Die Messkurve verläuft während des Schalterdrückens nahezu ideal, was auf sehr geringen Verschleiß schließen lässt. Nahezu fehlerfreie Prüfvorgänge oder geringe Fehlerzahlen sowie kaum Prellen zeugen von der Qualität des Matrixtasters. Dabei muss man bedenken, dass der Stoff im Dauerversuch gegenüber dem Praxiseinsatz keine Zeit hat, sich zu erholen. Auch Versuche mit bis zu 150.000 Tastvorgängen zeigten keine Beeinträchtigung des Tasters. Ausblick Bei der Entwicklung des Kissens wurden wertvolle Erfahrungen zur Gestaltung intelligenter textiler Gesamtsysteme gewonnen, von denen zukünftige Entwicklungen profitieren werden. Das Fernbedienungskissen des ITA als Prototyp ist eine ausgereifte Grundlage für ein smartes Serienprodukt. Zusammen mit den guten Industriekontakten des ITA steht ein sehr gelungenes Produkt zur Umsetzung bereit.
Literatur [1] Grundmann, T.: „Unser Beitrag zur Entwicklung von Smart Textiles“, Präsentation am Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen, Januar 2006 [2] Schedukat, N.: „Multifunktioneller Matrixtaster“, Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben S 585 der Stiftung Industrieforschung am Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen, Aachen November 2003 [3] Schedukat, N.; Gries, T.; Koßmann, U.: „Smart Textiles – Remote control in a soft cushion”, Textile Network 3/2005
3.8 Formationssiebe für die Papierherstellung Kai Klopp, Wolfgang Heger Andreas Kufferath GmbH & Co. KG Eine nur wenig bekannte Anwendung von Geweben ist der Einsatz in der Papierherstellung. Hierbei werden endlos gemachte Gewebe eingesetzt. Das Fügeverfahren Nahtweben (vgl. Kap. 2.7) ist hierbei ein wichtiger Herstellschritt. Ohne dieses Webverfahren als Fügeprinzip könnten keine gewebten Formationssiebe hergestellt werden, bei denen die gewebte Naht gleiche Eigenschaften wie das zu fügende Gewebe selbst aufweist. Diese Nahtwebverfahren werden aber auch zur Herstellung von Transportbändern eingesetzt. Das folgende Kapitel erläutert die Herstellung der Formationssiebe, die Designs und den Einsatz in der Papiermaschine.
3.8 Formationssiebe für die Papierherstellung
235
Anwendung Formationssiebe werden in der Nasspartie der Papiermaschine zur Papierherstellung eingesetzt [1, 3]. Die aus dem Stoffauflauf der Papiermaschine austretende Faserstoffsuspension besteht im Allgemeinen aus Zellstofffasern, Wasser, Retentionshilfsmitteln und Füllstoffen [2, 5, 6].
Abb. 3.78 Prinzip der Papiermaschine. Quelle: Andreas Kufferath
Ziel dieses Filtrationsprozesses ist das Zurückhalten/die Retention der Zellstofffasern auf der offenmaschigen Struktur des Formationssiebes. Gleichzeitig ermöglichen diese offene Oberfläche und die innere Struktur des Formationssiebes die Entwässerung der Faserstoffsuspension. Das Formationssieb bewirkt die anfängliche Faserablage. Sobald sich Fasern auf dem Formationssieb abgelegt haben, trägt dieser entstandene Faserkuchen zur weiteren Faserrückhaltung bei. Je dicker der Faserkuchen sich ausbildet, desto stärker beeinflusst er die Faser-, Fein- und Füllstoffablage auf seiner Oberseite und ebenfalls die Entwässerungseigenschaften. Retentionshilfsmittel unterstützen durch chemische Prozesse die Faserablage. In modernen Papiermaschinen wird die Faserstoffsuspension häufig zwischen zwei Formationssieben eingetragen (GAP-Former, siehe Abb. 3.78). Hierbei entwässert die Faserstoffsuspension gleichzeitig durch zwei Formationssiebe. Abbildung 3.79 beinhaltet exemplarische Designs von Formationssieben. Wichtige Eigenschaften der Formationssiebe sind Maschengröße, Gleichmäßigkeit der Sieboberfläche, Faserunterstützungsindex als Maß der Faserablage, Entwässerungsleistung, Abrasionsbeständigkeit in der Papiermaschine, Siebfestigkeit in Laufrichtung und Siebsteifigkeit in Querrichtung. Diese Eigenschaften werden durch die z. B. in Kombination eingesetzten Fasermaterialien Polyester (PET) und Polyamid 6 (PA 6) als Monofilamente, durch das Siebdesign und die Herstellprozesse wesentlich beeinflusst. Die Oberfläche des Formationssiebes zur Papierbildung muss sehr gleichmäßig sein. Kleinste Unebenheiten sind später im Papier als helle oder dunkle Bereiche zu erkennen und machen es je nach Anwendung unbrauchbar.
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3 Anwendungen
Abb. 3.79 Einlagige, zweilagige und dreilagige Formationssiebe. Quelle: Andreas Kufferath
Der weltweite jährliche Papierverbrauch ist von 1980 mit ca.170 Mio Tonnen bis 2004 auf ca. 359 Mio Tonnen angestiegen [4]. Papier wird in der Zeitungsherstellung, im Buchdruck, als hochwertige grafischen Papiere, Verpackung, Wellpappe, Kartonagen sowie Hygienepapiere eingesetzt. Zusätzlich existieren Spezialpapiere für z. B. Filtration, Zigaretten und anderes. Moderne Papiermaschinen können mit einer Geschwindigkeit von bis zu 2.400 m/min Papier herstellen. Formationssiebe
3.8 Formationssiebe für die Papierherstellung
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weisen Breiten bis zu 11 m und Längen von 140 bis 170 m auf. Die Siebdicken liegen bei ca. 0,5 bis 1,0 mm. Formationssiebe werden als endlose Bänder in die Papiermaschine eingelegt. Die Lebenszeiten der Formationssiebe liegen zwischen wenigen Wochen und mehreren Monaten in Abhängigkeit der Produktions-, Maschinenparameter, des Füllstoffeinsatzes bzw. der Anwendung von chemischen Additiven oder Reinigungsmitteln in der Papiermaschine. Formationssiebe sind hochqualitative Produkte. Beispielsweise erfolgt die Blattbildung in einer Hochleistungspapiermaschine mit einer Produktionsgeschwindigkeit von 1.800 m/min innerhalb einer Zeit von 78 ms. Die Faserstoffsuspension wird auf einen Trockengehalt von ca. 20% innerhalb dieser Zeit verringert, damit die Papierbahn weiter transportiert werden kann. Nach Durchlauf der Papierbahn durch die Pressen- und die Trockenpartie der Papiermaschine wird am Ende ein Trockengehalt von ca. 95% erreicht. Realisierte Lösungen Die Herstellung der Formationssiebe umfasst mehre Prozessschritte (Abb. 3.80).
Abb. 3.80 Formationssiebherstellung. Quelle: Andreas Kufferath
Im Folgenden werden einige Herstellschritte näher erläutert. In der Weberei werden einlagige und mehrlagige Gewebe aus Monofilamenten hergestellt. Die gewebten Siebdesigns besitzen unterschiedliche Ausprägungen. Eingesetzt werden herkömmliche Köper- oder Atlasbindungen, unterschussverstärkte Bindungen, Doppelgewebe mit Bindeschuss oder mehrlagige Gewebestrukturen mit Supportschüssen oder Wechselketten. In der Warenschau werden Fehler erkannt und durch die Stopferei behoben.
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3 Anwendungen
Die Hauptfixierung dient zur verstärkten Ausbildung und Justierung der Verkröpfungen der Gewebe. Hierdurch wird eine gleichmäßige Formationssieboberfläche erzeugt. Durch eine genähte Hilfsnaht werden die Formationssiebe temporär endlos gefügt. Die Hauptfixierung erfolgt unter Streckung des Formationssiebes bei gleichzeitiger Wärmeeinwirkung und einem späteren Abkühlen. Hierbei wird das Formationssieb auf zwei Streckwalzen aufgespannt und durchläuft eine Heizzone. Nun werden die Formationssiebe hinsichtlich der erforderlichen Abmessungen der Papiermaschine vermessen und zugeschnitten. Durch den Nahtwebprozess (s. Kap. 2.7) werden die Formationssiebe in der Nahtweberei zu endlosen Sieben gefügt. Hierbei muss die Gewebebindung des Nahtwebprozesses mit der Gewebebindung des restlichen Siebes zu 100% übereinstimmen. Die zu Beginn beschriebenen: Eigenschaften des Formationssiebes Maschengröße, Gleichmäßigkeit der Sieboberfläche, Faserunterstützungsindex, Entwässerungsleistung, Abrasionsbeständigkeit, Siebfestigkeit und Siebsteifigkeit dürfen durch die gewebte Naht nicht verschlechtert werden. Der Nahtwebprozess ist zur Zeit die einzige Möglichkeit, endlose Formationssiebe für die Nasspartie der Papiermaschine zu fügen. Die Nachfixierung des endlosen Formationssiebes erfolgt ähnlich der Hauptfixierung. Da das Nahtweben unter geringer Fadenspannung erfolgt, egalisiert diese Nachfixierung die Unregelmäßigkeiten der Nahtwebung. Kundenspezifische Ausrüstungen sind z. B. das Aufbringen von Randbeschichtungen auf das Formationssieb oder eine thermische Kantenformung. Hierdurch kann das Laufverhalten der Formationssiebe in der Papiermaschine verbessert werden. Die Gewebedesigns sind je nach Papiermaschine und zu erzeugende Papierart unterschiedlich. Stand der Technik sind Formationssiebe, welche aus zwei Gewebelagen bestehen (Abb. 3.81). Die obere Gewebelage besteht aus feineren Oberschüssen- und Oberketten und die untere Gewebelage besteht aus gröberen Unterschüssen und Unterketten. Verbunden werden dies zwei Lagen durch sogenannte Supportschusspaare, wobei jeder Supportschuss eines Paares abwechselnd auf der Oberseite eine Leinwandbindung nacheinander bildet. Der Supportschuss, der gerade keine Leinwandbindung auf der Oberseite bildet bindet im Zwischengewebe oder auf der Unterseite ab. Diese Designs werden auch „schussgebundenes SSBDesign“ genannt. SSB ist die Abkürzung für „Support Sheet Binder“, weil der Bindefaden zwischen den Gewebelagen auch auf der Oberseite zur Bildung des Papiers mit beiträgt. Neue Gewebedesigns verbinden nur noch mit Supportkettenpaaren die Gewebelagen und werden als „kettgebundene SSB-Designs“ bezeichnet. Hierbei bilden (Abb. 3.82) Oberschüsse und Supportkettenpaare das Obergewebe und Unterschüsse und Supportkettenpaare das Untergewebe. Die Supportketten binden paarweise in Leinwandbindung im Obergewebe ab. Der Teil eines Supportkettenpaares, der nicht auf der Oberseite Leinwandbindung bildet, bindet mit dem Untergewebe ab.
3.8 Formationssiebe für die Papierherstellung
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Abb. 3.81 Siebdesign schussgebundenes SSB. Quelle: Andreas Kufferath
Abb. 3.82 Siebdesign kettgebundenes SSB. Quelle: Andreas Kufferath
Die Qualitätssicherung erfolgt anhand von Festigkeitsuntersuchungen, Luftdurchlässigkeitsprüfungen und der Beurteilung der Gleichmäßigkeit der Sieboberflächen. Die Festigkeit der Nähte wird ebenfalls untersucht. Sofern Kunden einen Anschliff der Sieboberflächen wünschen, wird dies durch den Einsatz von digitalen Bildverarbeitungssystemen analysiert. Zur Diagnose und Kundenberatungen werden auch Untersuchungen an in Papiermaschinen gelaufenen Sieben durchgeführt. Der mechanische Verschleiß der Siebe, insbesondere der Monofilamente, wird dabei analysiert. Sehr wichtig ist die Beurteilung der Abriebellipsen an den Monofilamenten.
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3 Anwendungen
Ausblick Die Herstellung von Formationssieben ist ein zeitintensiver Prozess. Die langfristige Verringerung der erforderlichen Produktionszeiten für eine Produktion „on demand“ ist wichtig. Generell muss aber beachtet werden, dass für diese Herstellschritte eine große Erfahrung erforderlich ist. Die Entwicklung neuer Fasermaterialien für Monofilamente mit erhöhten Abriebfestigkeiten und gleichzeitig hohen Zugfestigkeiten könnte die Sieblaufzeiten in der Papiermaschine erhöhen. Das Potential neuer Bindungsdesigns zur Erzielung einer sehr guten Faserrückhaltung zur Papierblattbildung auf der Sieboberseite auf bei gleichzeitig guter Entwässerung ist noch nicht ausgeschöpft. Hier bietet die Webtechnik noch mannigfaltige Möglichkeiten zur Herstellung mehrlagiger Siebdesigns.
Literatur [1] Adanur S (1997) Paper Machine Clothing. Technomic, Lancaster Pensylvania USA [2] Fejer M (1993) Der Einfluß des Blattbildungsmediums Sieb auf die Formation. Wochenblatt für Papierfabrikation Bd 121. H 20:839–846 [3] Heger W, Klopp K (2005) Herstellung von Endlossieben für die Papierproduktion. Technische Textilien. H 4:266–268 [4] NN (2005) Paper-machine Clothing Association Statistic Bulletin 11 October 2005 [5] Pelzer R (2003) Polyacrylamide (PAM) als Retentionsmittel. 98. Hauptversammlung ZELLCHEMING. 17.–19. Juni 2003. Baden-Baden [6] Tanaka H; Swerin A; Ödeberg L (1993) Transfer of cationic retention aid from fibers to fine particles and cleavage of polymer chains under wet-end paper making conditions. Tappi Journal Bd 76. H May:157–163
3.9 Bekleidung, Haus- und Heimtextilien Thomas Gries Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen Haus- und Heimtextilien werden traditionell überwiegend durch Nähnähte gefügt. Als weitere wichtige Fügetechniken kommen hinzu das Steppen sowie das Thermobondieren von Einlage (Vlies-) stoffen. Hierzu wird sehr häufig Schmelzkleber in Pulverform aufgebracht. Nieten zur Verstärkung der stoffformschlüssigen Verbindungen werden heute überwiegend nur noch aus ästhetischen Gründen aufgebracht. Lösbare Verbindungen sind Druckknöpfe, der Reißverschluss und der Klettverschluss (s. Abb. 3.83). Der Reißverschluss ist neben dem Knopf das wichtigste Verschlussmittel. Für leichte und feine Stoffe sind Kunststoffschließketten geeignet. Für
3.9 Bekleidung, Haus- und Heimtextilien
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Hosen gibt es Reißverschlüsse mit einer Sperre in Schieber. Sportreißverschlüsse sind aus Metall, breit und stabil. Ein- und beidseitige Reißverschlüsse finden bei Sport- und Freizeitkleidung Verwendung.
Abb. 3.83 Knöpfe und andere Verschlussmittel [1]
Die eingesetzten Füge- und Verschlussmittel müssen farblich abgestimmt sein und den textilen Pflegeprozessen standhalten. Bei Nieten und Druckknöpfen liefern die Hersteller der Verschlussmittel sehr häufig auch die Applikationsmaschinen mit, die an den Kunden verkauft oder geleast werden. Da Bekleidung auch zunehmend neben dem rein Ästhetischen und dem Witterungsschutz Zusatzfunktionen erfüllen muss, gewinnen Verfahren des Klebens, der Naht-Kaschierung und der Oberflächenbeschichtung zunehmend an Bedeutung.
Literatur [1] Eberle H., et al: Fachwissen Bekleidung. Verlag Europa-Lehrmittel, Haan, 2003
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3 Anwendungen
3.9.1 Ultraschallgeschweißte Unterbekleidung Karl-Heinz Walther Triumph International Körpernahe Bekleidung ist Kleidung, die mit der Haut in unmittelbarem Kontakt ist, meist sehr eng anliegend, den Körperformen angepasst. Dies sind Unterwäsche, wie BHs und Slip.
Aber auch Freizeitkleidung wie Badebekleidung.
Diese Kleidungstücke verlangen ein hohes Maß an Tragekomfort. Ultraschallschweißen kann dazu einen nicht unerheblichen Beitrag leisten. Die realistische Lösung Weichheit der Naht und Elastizität sind eine hohe Herausforderung. Aufgabenstellung für eine neue Verbindungsmethode war die Weichheit und Elastizität bisheriger Nähte zu verbessern.
3.9 Bekleidung, Haus- und Heimtextilien
243
Die mittels Nähmaschinen und Nähfaden erzeugten Nähte sind in ihrer Entwicklung nahezu ausgereizt und bieten nur geringe Möglichkeiten diese Anforderungen erheblich zu verbessern. Auf die Gründe wird hier nicht näher eingegangen. Βei der Nahterzeugung mit Ultraschall werden keine zusätzlichen Substanzen (Faden) benötigt. Ultraschall verbindet das Grundmaterial miteinander. Durch mechanische Schwingungen werden Molekülketten zum Schwingen gebracht, welche gegeneinander reiben und so die zum Schmelzen erforderliche Temperatur erzeugen. Die textilen Fasern plastifizieren beim Erkalten; die Verbindung von 2 oder mehreren Lagen ist hergestellt, dabei geht an der Schweißstelle die Elastizität verloren. Diese wird durch Anordnung von Schweißpunkten erreicht, wobei Abstand und Größe die bestimmenden Parameter sind. Elastizitäten bis annähernd die des Grundmaterials sind möglich.
Durch Veränderungen der Schweißgeometrie am Ambossrad der UltraschallSchweißmaschine sind optisch viele Gestaltungsmöglichkeiten gegeben.
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3 Anwendungen
Die hohe Hautverträglichkeit ist dadurch gewährleistet, dass beim Schweißvorgang das Grundmaterial komprimiert wird, und die Schweißstelle tiefer liegt als das auf der Haut aufliegende Grundmaterial.
Die Dicke der Schweißstelle sollte nicht mehr als 30% des Grundmaterials betragen. Dass eine geschweißte Naht haltbar ist und eine lange Gebrauchsdauer hat, ist für alle selbstverständlich. Die Haltbarkeit wird von folgenden Parametern entscheidend abhängen. 1. Materialzusammensetzung • Möglichst gleichartige Materialien verwenden, je höher der Elastomeranteil um so homogener die Verschweißung. 2. Textilausrüstung • Möglichst auf Silikone, Öle und Fettsäuren verzichten. 3. Maschine und Einstellung • Richtige Frequenzauswahl 20 kHz/35 kHz. Optimierung von Energie, Druck, Tiefe, Amplitude und Zeit. Perspektiven Triumph hat an mehreren Produkten Ultraschallschweißtechnik eingesetzt und wird den Einsatz weiter ausbauen. Wenn es gelingt, dass alle in der Herstellerkette Beteiligten (Garnhersteller, Stricker, Ausrüster, Maschinenhersteller und Konfektionäre) die für den Schweißvorgang optimalen Voraussetzungen zu schaffen, wird Ultraschall-Schweißen weiter auf dem Vormarsch sein.
3.9 Bekleidung, Haus- und Heimtextilien
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3.9.2 Kaschierung atmungsaktiver Textillaminate Claudia Meckel-Jonas Henkel KGaA, Düsseldorf Anwendung und Anforderung Wasserdicht, winddicht, atmungsaktiv, flammgeschützt, leicht, wärmend, schnelltrocknend, antistatisch, UV-geschützt, antibakteriell, waschstabil, waschbeständig, reinigungsstabil, sterilisationsfest, chemikalienresistent etc. und dabei noch modisch gefärbt und weich im Griff. Das sind die Anforderungen an ein Textil des neuen Jahrtausends. Zur Herstellung dieser textilen Verbunde mit den genannten Eigenschaften müssen Gewebe mit den verschiedensten Eigenschaften und Textilhilfsmitteln mit Membranen oder anderen Geweben verbunden werden. Dieses geschieht überwiegend durch die Kaschierung mit Klebstoffen. So gelingt es, dem erwarteten Anforderungsprofil an das atmungsaktive Kleidungsstück zu entsprechen. Als Gewebe werden meist Kunstfasern eingesetzt (u. a. Polyester, Polyamid oder Mischgewebe). Der Markt der atmungsaktiven Membranen ist durch eine Vielzahl von Anbietern und Materialien gekennzeichnet. Hier werden Membranen auf Basis von Polyurethanen, Polyestern, Polyamiden, Polyolefinen oder auch auf Basis Teflon® angeboten.
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3 Anwendungen
Anwendung finden atmungsaktive Laminate hauptsächlich im Bereich der Freizeit- und Sportbekleidung sowie des Arbeitsschutzes, bei Polizei, Post und Militär. Die höchsten Anforderungen stellen die medizinischen Artikel (OP-Tücher, Kittel, Inkontinenzunterlagen), bei denen mitunter sehr hohe Anforderungen an die Wasch- und Sterilisationsbeständigkeit gestellt werden.
Abb. 3.84 Sportbekleidung als großer Markt für atmungsaktive Textillaminate
Textilkaschierung mit 1K-Polyurethanschmelzklebstoffen Zur Herstellung atmungsaktiver Textillaminate hat sich die Klasse der 1-komponentigen reaktiven Polyurethanklebstoffe durchgesetzt. Diese isocyanat-terminierten Polyurethan-Prepolymere reagieren nach dem Auftrag mit Luftfeuchtigkeit und vernetzen so zu einem duroplastischen Polymer welches die hohen Anforderungen an die Wasch- und Reinigungsstabilität erfüllt. Vor der Vernetzung und während des Kaschierens verhalten sich die reaktiven Polyurethanklebstoffe wie thermoplastische Schmelzklebstoffe. Durch Abkühlung steigt die Viskosität sprunghaft an. Dieser physikalische Prozess gibt Anfangshaftung und erleichtert damit die Verarbeitung und Führung auf der Maschine. Beim Auftragen auf das Substrat bieten die reaktiven Polyurethane den Vorteil, dass sie bei rel. geringen Auftragstemperaturen beschichtet werden. Diese sind mit 80–120°C wesentlich niedriger als die thermoplastischer Schmelzklebstoffe. Es gelingt daher, auch sehr temperaturempfindliche Materialien ohne Schädigung zu verkleben.
3.9 Bekleidung, Haus- und Heimtextilien
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Abb. 3.85 Zweistufiger Aushärtemechanismus 1-komponentiger reaktiver Polyurethanklebstoffe
Das sehr breite Adhäsionsspektrum der Polyurethane ermöglicht es, die verschiedensten Materialien mit gutem Erfolg zu verkleben. Je nach Prozess ist es möglich die Klebrigkeit und die Vernetzungszeit einzustellen. Hergestellt werden atmungsaktive Laminate mit Textilkaschiermaschinen, die den reaktiven Polyurethanklebstoff mittels Gravurwalze oder Schablone (Screenprint) auf die Membran oder das Textil auftragen. Je nach Gewebe und Einsatzgebiet sind Auftragsgewichte von 8–10 g/m2 oder bis zu 15 g/m2 üblich. Auftragstechnologien wie Schlitzdüsen-, Glattwalzen- oder Sprühauftrag sind zwar möglich, im Bereich der atmungsaktiven Kleidung aber wenig verbreitet. Nur durch einen sehr regelmäßigen Klebstoffauftrag erhalten wir einen sehr weichen textilen Griff. Durch die Geometrie der Walze und der Schablone (Screen) kann die Atmungsaktivität optimiert werden. Während der Verarbeitung muss der Klebstoff seine Verarbeitungseigenschaften behalten und darf in der Viskosität nicht zu sehr ansteigen. In den Anfängen der Kaschierung mit Polyurethan Hotmelts war die geringe Schmelzstabilität der Klebstoffe ein Problem. Heute ist unkompliziertes und sicheres Arbeiten mit reaktiven Polyurethanklebstoffen, auch dank hervorragender Schmelzeinheiten und Auftragssysteme von Seiten der Maschinenhersteller, weltweit möglich. Nach der Kaschierung härtet der Klebstoff aus und wird dann den hohen Anforderungen gerecht. Die Aushärtung dauert je nach Klebstoffsystem zwischen zwei und fünf Tage. Erst dann ist die Endhaftung erreicht.
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3 Anwendungen
Abb. 3.86 Schematische Darstellung der in der Textilkaschierung möglichen Auftragstechnologien.
Ausblick Die Zahl der atmungsaktiven Artikel vor allem im Bereich der Sport- und Freizeitkleidung steigt stetig. Hier ist aber aus dem Hightech-Produkt Commodity-Ware geworden, die man inzwischen in fast jedem Discounter günstig erwerben kann. Die Produktion dieser Artikel verlagert sich mehr und mehr ins Ausland insbesondere nach Fernost. In Westeuropa werden überwiegend Laminate für höhere Anforderungen kaschiert. Dies beinhaltet besonders den Bereich der Schutzkleidung z. B. für Post und Militär und andere Nischenbereiche. Die Herausforderung an die Klebstoffindustrie ist die Tatsache, dass Universalklebstoffe gefordert sind, die einen Klebstoffwechsel während der Produktion unnötig machen. Es ist daher ein Klebstoff gefragt, der die verschiedensten Membranen (u. a. Polyester, Polyurethan, Teflon®, Polyethylen, Polypropylen) mit feinen und groben Textilien (u. a. Polyester, Polyamid, Baumwolle) mit oder ohne Fluorcarbonausrüstung für high-tech und commodity Anwendungen kostengünstig und sicher verklebt. Heute wird das nur durch den Einsatz verschiedener Klebstoffe erreicht. Der Markt der atmungsaktiven Textillaminate hat technologisch auch hier in Europa noch Zukunft, selbst wenn mehr und mehr der Preis und die Masse im Vordergrund stehen.
3.9 Bekleidung, Haus- und Heimtextilien
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3.9.3 Steppanwendungen in der Mode und in der Berufsbekleidung Kai Klopp Andreas Kufferath GmbH & Co. KG Klaus Lehnen LehnTex Steppdesign Die Stepptechnik ist sehr vielseitig (vgl. Kap. 2.2.1.4). In modischer Bekleidung werden Steppwaren als Oberstoffe oder Innenfutterstoffe eingesetzt. Beim Oberstoff können durch die Stoffgestaltung und Farbgebung sowie die Vielfältigkeit der Nahtmustergestaltung besondere Effekte erzielt werden. Gleichzeitig bewirkt die Wattierung einen thermischen Schutz. Sie hat aber auch die Aufgabe, dass Aufwölben des Oberstoffes zu Blasen zwischen den Nähten zu unterstützen. Dies wird durch das Wattengewicht/die Grammatur und das Steppmuster mit beeinflusst. Im Einsatz als Futterstoff kommt im Wesentlichen die Funktion zur Thermoregulierung zum Einsatz. Jedoch können mit sehr elastischen Futterstoffen auch interessante „stretchlike“ Effekte erzielt werden. In der Berufsbekleidung werden Steppwaren ebenfalls angewendet. In Kälteschutzbekleidung und Oberbekleidung für die kalte Jahreszeit werden gesteppte Waren eingesetzt. Hierbei übernimmt die eingelegte Watte zwischen Oberstoff und Abseite die Funktion des Kälteschutzes. Weiterhin können unterschiedliche Materialien durch die Stepptechnologie miteinander gefügt werden. Da in der Berufsbekleidung auch flammhemmende Eigenschaften erforderlich sind, können Stoffe, Watten oder Abseiten aus flammhemmenden Materialien miteinander versteppt werden. Durch die Variationen des Stoffes und der Farben des Steppfadens kann der visuelle Eindruck verändert werden. Durch Steppfadenspannung, Grammatur und Abseite sowie der Elastizität des Stoffes wird der Bauscheffekt/die Blasenbildung der Steppware beeinflusst. Die Stepptechnik bietet die Möglichkeit, unterschiedliche Materialien miteinander zu fügen und dreidimensionale Effekte im Textil zu erzeugen. Die Qualität der Steppwaren wird visuell beurteilt. Festigkeitsprüfungen sind ebenfalls möglich. Ausblick Es wurden auch schon Versuche mit Stepptechnologien zur Herstellung von Schallund Brandschutztextilien unternommen. Hierbei werden sehr spezielle Materialien wie z. B. Flächengebilde und Steppfäden aus Glas, Aramid und anderen technischen Materialien eingesetzt. Diese erfolgreichen Versuche zeigen, dass die Stepptechnik neben einer modischen Funktion auch Fügeaufgaben für technische Anwendungen übernehmen kann.
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3 Anwendungen
Abb. 3.87 Steppmuster. Quelle: Lehntex
4 Methoden zur Verfahrensbewertung
Thomas Gries RWTH Aachen Wie bereits in der Einführung gesagt, soll dieses Buch lediglich eine Übersicht über die aktuellen Anwendungen geben. Um bestehende Konstruktionen zu verbessern oder neue Produkte zu finden und damit neue Märkte zu erschließen, ist ein systematischer Innovationsprozess notwendig. Hierzu sollen im Folgenden wichtige Methoden dargestellt werden. Die Methoden der Ideenfindung können zu neuen Produkten oder zu neuen Lösungen führen. Die Verfahren der Prozessstrukturierung helfen Prozesse oder Produkte zu strukturieren und Funktionswechselwirkungen zu identifizieren. Die Methode der ABC-Analyse hilft Wichtiges von Unwichtigem zu trennen und damit auf das Handeln zu fokussieren und maßgeblich in seiner Effizienz zu steigern. Die Methoden der Wirtschaftlichkeitsanalyse bewerten die Auswirkungen der Innovationen auf den unternehmerischen Erfolg. Nicht alle Kriterien lassen sich quantifizieren oder sogar wirtschaftlich bewerten. Aus diesem Grund haben Bewertungsmatrizen zur Vervollständigung der Bewertung eine große Bedeutung.
4.1 Ideenfindung Kai Klopp Andreas Kufferath GmbH & Co. KG Kreativität ist zur Lösung von Problemen sowohl im Produktionsalltag als auch für die Entwicklung neuer Produkte bedeutend. Ein häufig in der Industrie angewendetes Mittel ist das „Über-den-Tellerrand-Schauen“. Hierbei werden Lösungsalternativen aus anderen Bereichen gesucht und hinsichtlich ihrer Anwendbarkeit auf das eigene Problem beurteilt. Neben der Kreativität ist ein ausgezeichnetes technologisches Know-how erforderlich, welches durch Fachliteratur und Erfahrungen ergänzt wird. Eine gute Sammlung und Verschlagwortung von Fachliteratur sowie Patenten wird heutzutage in Entwicklungsabteilungen eingesetzt. Know-howSammlung und -bewahrung sind zur Ideenfindung und zur technischen Problemlösung ein Muss. Außerdem ist ein hohes Maß an Kreativität zur Auffindung bzw. zum strukturierten Erarbeiten neuer Ideen nützlich.
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4 Methoden zur Verfahrensbewertung
Dennoch können nicht alle Probleme durch diese Vorgehensweise gelöst werden. Mehrere Personen mit unterschiedlichen Erfahrungen und Wissen können dabei helfen, die Probleme im Team zu bewältigen. Ein geeignetes Mittel zur Ideenfindung ist das Brainstorming. Hierbei soll ein „Gehirnsturm“ bei allen Beteiligten ausgelöst werden, welcher neue Ideen hervorbringt. Bereits vorgebrachte Ideen sollen genutzt werden, um durch Abänderungen neue Ideen zu generieren. Brainstorming In Schlicksupp [1] werden Beispiele zur diversen Ideenfindungsmethoden dargestellt, unter anderem auch das Brainstorming. Das Brainstorming ist eine intuitivkreative Methode zur Generierung von Ideen. Dabei soll der Ideenfluss durch die vorgetragenen Ideen der anderen Teilnehmer verbessert werden. Gerade abstrakte Ideen können dazu dienen, neue Ideen bei den anderen Teilnehmern zu generieren. Die Produktivität des Brainstorming beruht auf folgenden Dingen:
• • • • •
Know-how mehrerer Personen wird genutzt Denkblockaden werden vermieden Erhöhung der Ideenvielfalt durch ein Verbot von Killerphrasen Ein demokratisches Kommunikationsverhalten bietet eine Gleichberechtigung aller Teilnehmer im Brainstormingteam Vermeidung unnötiger Diskussionen.
Die 4 Regeln für einen Erfolg des Brainstormings lauten: 1. Jegliche positive oder negative Kritik oder Bewertung vorgebrachter Ideen wird auf die spätere Phase verschoben. 2. Die vorgebrachten Ideen anderer Teilnehmer können und sollen aufgegriffen und weiterentwickelt werden. 3. Die Teilnehmer können und müssen ihrer Phantasie freien Lauf lassen. 4. Es sollen möglichst viele Ideen in kurzer Zeit (20–30 min) produziert werden. Zu Punkt 1 ist anzumerken, dass der Ideenfluss im Brainstorming durch Bewertungen und Kritiken gehemmt wird. Besonders Vorgesetze beeinflussen ungewollt Ihre Mitarbeiter. Killerphrasen zerstören die Ideenfindung und müssen durch den Moderator unterbunden werden. Killerphrasen sind beispielsweise:
• • • • •
Das mag theoretisch richtig sein, aber ... Damit kommen wir hier nicht durch Wollen sie das verantworten? Das ist doch längst bekannt und ein alter Hut Ob wir dafür jemanden begeistern können?
4.1 Ideenfindung
• • • • • • • • • • • • •
253
Viel zu teuer, kein Geld Wenn sie es gut finden – warum hat das dann noch kein anderer gemacht? Für solche Projekte haben wir keine Zeit Natürlich – sie wissen es besser Als Fachmann kann ich ihnen sagen ... Seien sie doch erst einmal länger hier in dieser Firma, ihnen fehlt doch die Erfahrung Das ist doch unwirtschaftlich ... Das ist doch Wunschdenken ... Wenn das so einfach wäre ... Das haben wir ja schon immer so gemacht Da kann ja jeder kommen Dafür ist die Zeit noch nicht reif Das ist nicht unser Bier.
Ein Brainstorming sollte 5–8 Teilnehmer haben. Der Moderator muss zum Brainstorming einladen und sollte kurz in der Einladung und auch zu Beginn des Brainstormings das zu lösende Problem erläutern. Im eigentlichen Brainstorming werden die Ideen von jedem Teilnehmer auf Pappkärtchen geschrieben und durch den Moderator auf einer Pinnwand/Metaplanwand angeheftet und visualisiert. Zum Ende des Brainstormings muss nach einer kleinen Pause oder an einem Folgetermin die Bewertung der Ideen erfolgen. Die Bewertung sollte hinsichtlich Nutzen, Machbarkeit, Kosten und Innovation in Abhängigkeit des zu lösenden Problems beurteilt werden. Der Moderator sollte sowohl die Ideen des Brainstormings als auch die Bewertung schriftlich festhalten. So kann in Zukunft immer wieder auf die Ideenfindung und die Ergebnisse zurückgegriffen werden. Brainwriting Brainwriting („Gedankenschreiben“) ist eine intuitiv-kreative Methode zur Generierung von Ideen [1]. Dabei soll der Ideenfluss durch schriftlich erfasste Ideen der anderen Teilnehmer vermehrt werden. Gerade abstrakte Ideen können sehr gute neue Ideen bei den anderen Teilnehmern hervorbringen. 6 Teilnehmer schreiben jeweils 3 Ideen innerhalb von 5 Minuten nieder (635-Methode). Anschließend erfolgt reihum ein Austausch der Notizen und neue Ideen werden auf die bereits beschriebenen Zettel notiert. Der Teilnehmer kann so Ideen seiner Vorgänger aufnehmen und weiterentwickeln bzw. neue Ideen niederschreiben. Im Anschluss werden die Ideen visualisiert und bewertet. Die Brainwriting-Methode eignet sich besonders dann, wenn davon ausgegangen werden kann, dass Teilnehmer andere Teilnehmer durch Killerphrasen im Ideenfluss des Brainstormings hemmen könnten. Es gelten die gleichen Richtlinien wie im bereits beschrieben Brainstorming: Teilnehmerzahl liegt bei 5–8 Personen und die Zeit zur Durchführung 30–40 Minuten. Auch hier sind eine Einladung und eine kurze Einführung in die Problemstellung erforderlich.
254
4 Methoden zur Verfahrensbewertung
Diese Methode sollte Mittels des Beispielblattes aus Tabelle 4.1 geprobt und angewendet werden. In die Zellen der Spalten wird jeweils eine Idee in Kurzform eingetragen.
Tabelle 4.1 Brainwriting-Formular
635-Formular Problem:
Datum: _____________________
Blatt: __________
Nach dem Brainwriting muss eine Analyse und Bewertung hinsichtlich Nutzen, Machbarkeit, Kosten und Innovation erfolgen. Weitere Methoden zur Ideenfindung sind aus [1] zu entnehmen.
Literatur [1] Schlicksupp, H. Ideenfindung, 4. Auflage Würzburg: Vogel, 1992
4.2 Prozessstrukturierung Kai Klopp Andreas Kufferath GmbH & Co. KG Zur Feststellung von Fehlerursachen oder zur Erkennung von Zusammenhängen müssen Prozesse strukturiert werden, um die alle Einflussgrößen zu evaluieren. Dies können Abläufe im Unternehmen, Herstellungsprozesse bzw. Prozesse in Maschinen sein. Hierzu bieten sich diverse Strukturierungshilfsmittel an, welche im Folgenden vorgestellt werden.
4.2 Prozessstrukturierung
255
Phasenmodell der Produktion Polke [1] beschreibt das „Phasenmodell der Produktion“ als Hilfsmittel zur Prozessstrukturierung. Es basiert auf der Untergliederung eines Prozesses in mehreren Stufen/Detaillierungsebenen bis zu den grundsätzlichen Prozessen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass jeder Prozess ein Eingangs- und ein Ausgangsprodukt besitzt. Prozesse und Produkte besitzen ihrerseits wiederrum Eigenschaften, welche in dem Phasenmodell visualisiert werden müssen. So können Zusammenhänge zwischen Prozess- und Produkteigenschaften bestimmt werden (Abb. 4.1).
Abb. 4.1 Grundsätzliche Elemente des Phasenmodells der Produktion
Am Beispiel der Schlaufenbildung beim Nadeleinstich einer Nähmaschine wird die Anwendung des Phasenmodells der Produktion erläutert. Das Phasenmodell ist beispielhaft dargestellt und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Mittels einer Top-Down-Strukturierung wird ausgehend von der Detaillierungsebene 0 (Abb. 4.2) der Prozess weiter untergliedert. Die Ausbildung der Nadelschlaufe erfolgt durch die Nadelbewegung. Nähfaden und Nähnadel sind Eingangsprodukte. Die Nadel ist ein Prozesshilfsmittel. Die sich ausbildende Fadenschlaufe an der Nähnadel ist das ausgehende Produkt. Der Nähfaden besitzt unterschiedliche Kennwerte, welche die Fadenschlaufenbildung beeinflussen können. Kenngrößen des Eingansproduktes Nähfaden sind das KraftDehnungsverhalten, der Reibungsbeiwert, die Fadensteifigkeit und die Temperaturfestigkeit. Reibungsbeiwerte beeinflussen die im Prozess auftauchenden Reibkräfte zwischen Nähfaden und den Nähmaschinenaggregaten, zu welcher auch das Nähhilfsmittel Nähnadel zu rechen ist. Durch die Nadelbewegung entsteht die Nähfadenschlaufe. Die Eigenschaften des ausgehenden Produktes sind die Abmessungen der Fadenschlaufe, z. B. Schlaufenradius oder -bogen, die Abmessungen der Faden-
256
4 Methoden zur Verfahrensbewertung
Abb. 4.2 Prozessstrukturierung der Schlaufenbildung im Nähprozess, Detaillierungsebene 0
Abb. 4.3 Prozessstrukturierung der Schlaufenbildung im Nähprozess, Detaillierungsebene 1
4.2 Prozessstrukturierung
257
schlaufe und die Form der Schlaufe. Die Eigenschaften des Prozesses Nadelbewegung werden in der folgenden Detaillierungsebene 1 herausgearbeitet (Abb. 4.3). Bei der Ab- und Aufwärtsbewegung der Nähnadel bilden sich Reibungskräfte zwischen Nadelöhr und Nähfaden, Nähnadel und Nähfaden, Nähnadel und Nähgut sowie Nähfaden und Nähgut aus. Die Nähnadel besitzt auf der einen Seite eine lange Rinne und auf der gegenüberliegenden Seite eine kurze Rinne. Diese Rinnen sind oberhalb des Nadelöhrs angeordnet. In der langen Nadelrinne kann der Nähfaden komplett beim Nadeleinstich bis zum Erreichen des max. Nadelhubs am unteren Tiefpunkt der Nadelbewegung eintauchen. Da die kurze Nadelrinne wesentlich kleinere Abmessungen als die lange Nadelrinne besitzt, kann hier nur ein Stück des Nähfadens eintauchen. Der Rest hat Kontakt zum Nähgut. Bis zum Erreichen des max. Nadelhubs am unteren Tiefpunkt wird die komplette Schlaufenlänge des Nähfadens eingetragen. Bei der Aufwärtsbewegung der Nähnadel bleibt der Nähfaden in der langen Nadelrinne eingetaucht. Auf der gegenüberliegenden Seite liegt zwischen Nähgut und dem Nähfadenstück außerhalb der kurzen Nadelrinne Reibung vor. Diese Reibung bewirkt die Ausbildung der Nähfadenschlaufe an der Nadelseite mit der kurzen Nadelrinne. Der Nähfaden wird hier vom Druck des Nähgutes gegen die Nähnadel geklemmt. Bei der Aufwärtsbewegung formt sich so die Fadenschlaufe aus, die später vom Greifer der Nähmaschine erfasst werden kann. Nadelhub, die Höhe der Reibkräfte, Fadensteifigkeiten und die Nadelgeometrie bestimmen die Größe der Nadelfadenschlaufe. Im Rahmen dieses Beispiels zur Anwendung des Phasenmodells der Produktion werden nicht alle Einflussfaktoren berücksichtigt, damit das Beispiel überschaubar bleibt. Weiter vertiefende Beispiele aus der Textiltechnik wurden in [2] zum Luftverwirbelungsprozess elastanhaltiger Kombinationsgarne und in [3] zum Nähen von textilen Halbzeugen für Faserverstärkte Kunststoffe (FVK) beschrieben. Ishikawa Das Ishikawa-Diagramm ist auch als Fischgrätdiagramm bekannt [4, 5]. Hierdurch lassen sich Zusammenhänge und Auswirkungen visualisieren. Es kann daher auch zur Darstellung von Ergebnissen eingesetzt werden. Am Beispiel der Ausbildung der Nadelschlaufe werden die Einflussfaktoren dargestellt. In diesem Fall dient das Ishikawa-Diagramm zur Visualisierung der Einflussgrößen auf die Ausbildung der Nähfadenschlaufe im Nähprozess. Neben den bereit im vorherigen Abschnitt formulierten Einflussgrößen wird hier zusätzlich der Einfluss des Flächengewichtes des Nähgutes ergänzt. Eine offene Textilstruktur mit geringerem Flächengewicht wird eine geringere Andruckkraft auf den Nähfaden und auf die Nähnadel ausüben, obwohl der materialbedingte Reibungsbeiwert sich nicht geändert hat. Die Größe und Abmessung der Nähnadel, insbesondere des Nadelöhrs, bewirken bei zu geringem Nadelöhrdurchmesser bzw. zu großen Fadendurchmesser starke Reibkräfte zwischen Nadelöhr und Faden. Dies kann im ungünstigsten
258
4 Methoden zur Verfahrensbewertung
Abb. 4.4 Ishikawa-Diagramm
Fall zum Fadenriss aufgrund zu hoher mechanischer Beanspruchung führen. Insbesondere beim Fadeneintrag beim Nadeleinstich muss der Faden sich frei bewegen können. Diese Klemmkräfte sind für den späten Fadenanzug und auch für die Führung der Fadenschlaufe durch einen Fadengreifer im Folgeprozess sehr ungünstig und verschlechtern die Nahtqualität durch zu hohen Fadenbelastungen. Die Beispiele dieses Kapitels können den Umgang mit den vorgestellten Visualisierungs- und Strukturierungshilfsmitteln nur kurz anreißen und sind daher nicht vollständig. Weitere Hilfsmittel bis hin zum Mind-Mapping sind aus der Literatur [4] bis [6] ersichtlich.
Literatur [1] Polke, M. Prozessleittechnik, 2. Auflage München: Oldenbourg, 1994 [2] Leifeld M, Gerig M, Klopp K, Wulfhorst B (1998) Qualitätssicherung elastanhaltiger Kombinationsgarne durch objektorientierte Prozeßanalysen. Intern. Textile Bulletin 44, H 6: 44–45, 48–50 [3] Klopp, K. Analyse des Nahtbildungsprozesses von Verstärkungstextilien für Faserverbundkunststoffe Aachen: Shaker, 2003 Zugl. Aachen, RWTH Aachen, Diss. 2002 [4] Pfeifer, T. Qualitätsmanagement – Strategien, Methoden, Techniken, 2. Auflage München: Hanser, 1996 [5] Pfeifer, T. Praxishandbuch Qualitätsmanagement München: Hanser, 1996 [6] Gelb, M. J. Sich selbst präsentieren Offenbach: Gabal, 1997
4.3 ABC-Analyse
259
4.3 ABC-Analyse Thomas Gries RWTH Aachen Die ABC-Analyse ist eine einfache Methode zur Identifikation des Wesentlichen. Sie hilft somit das eigene Handeln zu fokussieren und damit die Effizienz der Arbeit zu steigern. Die ABC-Analyse hat folgende Schritte: 1. Identifikation der richtigen Kenngröße 2. Sortieren der Merkmalsträger nach Höhe der Kenngröße in absteigender Reihenfolge 3. Bildung der sukzessiven Summe (Summenkurve) 4. Graphische Darstellung der Summenkurve. Einteilung der Merkmalsträger in wichtig, weniger wichtig, unwichtig Die Wahl der Kenngröße richtet sich nach der gestellten Aufgabe. In der Regel zeigt es sich, dass ca. 10% der Merkmalsträger einen Anteil an der Gesamtsumme von ca. 60% haben. Weitere ca. 30% einen Anteil von 30% an der Gesamtmerkmalssumme und die restlichen 60% weniger als 10% Anteil haben. Die Maßnahmen sollten sich nun in erster Priorität an die Merkmale der Gruppe A (10% der Merkmalsträger und ca. 60% der Merkmalssumme) richten. In zweiter Priorität kann man sich der Gruppe B widmen, in der Regel wird aus Zeitgründen auf die Beschäftigung mit der Gruppe C verzichtet. Die ABC-Analyse wurde in verschiedenen Projekten in der fügenden Textilindustrie eingesetzt. Ein Ergebnis der ABC-Analyse für einen Rationalisierungsprozess der Logistik in einem klein- und mittelständischen Konfektionsbetrieb im Bereich der Haus- und Heimtextilien zeigt [1]. Als Kenngröße für die ABC-Analyse wurde hier der Umsatzanteil des textilen Flächenproduktes gewählt. Für die
Tabelle 4.2 Beispiele für geeignete Kerngrößen der ABC-Analyse
Aufgabe
Geeignete Kenngröße
Stärkung der Marktposition von Produkten
• Umsatzbeitrag des Produktes • Gewinnbeitrag des Produktes
Kostenreduktion in der Produktion
• Produktionskosten der Produkte • Maschinenstundensatz des Bearbeitungsschrittes
Steigerung der Mitarbeiterverfügbarkeit
• Fehltage
Qualitätssteigerung
• Fehlerhäufigkeit • Fehlerkosten pro Jahr
260
4 Methoden zur Verfahrensbewertung
Produkte der A-Gruppe wurde so dann durch eine neuartige Maschinenaufstellung und eine optimale Positionierung im Lager die Wege in der Fertigung minimiert. Dadurch konnten die Logistikkosten drastisch gesenkt werden und eine übersichtliche Fertigung gewährleistet werden.
Literatur [1] Tölg, Jutta: Einführung von Qualitätszirkeln in Kleinbetrieben; Staatsarbeit am Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen, Aachen 1993
4.4 Wirtschaftlichkeitsbetrachtung Thomas Gries RWTH Aachen Ziel von Entwicklungsaufgaben sind entweder das Einsparen von Kosten oder das Schaffen von Produktinnovationen und somit neuer Erlössituationen. Eine genaue Analyse der Ausgangssituation sowie des wirtschaftlichen Potentials einer erfolgreichen Entwicklung ist die beste Grundlage für wirtschaftliche Entscheidungen im Laufe des Entwicklungsprozesses. Neben dem eigentlichen Ziel der Gewinnmaximierung sind auch wirtschaftliche Restriktionen (zum Beispiel maximaler Preis, zur Verfügung stehendes Investitionsvolumen, ...) relevant für die richtige Entscheidung. Die Werkzeuge für Wirtschaftlichkeitsbetrachtung werden in Simultan- und Sukzessivansätze unterteilt. Bei den Simultanmodellen wird nicht nur die Investitionsentscheidung sondern auch die gesamtunternehmerische Planung in einem Schritt eingezogen. Sie sind nicht nur theoretisch anspruchsvoll sondern auch äußerst umfangreich. Daher werden sie selten eingesetzt und hier nicht weiter beschrieben. Die üblichen, bekannten Methoden der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung sind Sukzessivmodelle. Die dynamischen Verfahren berücksichtigen den zeitlichen Anfall der Kostenerträge durch Zinseszinsrechnung. Somit werden zum Beispiel die Erträge einer Investition im ersten Jahr höher bewertet als die des letzten Jahres weil sie größere Zinserträge erwirtschaften können. Auch können zeitliche Unterschiede im wertmäßigen Verlauf der Kosten- und Erträge berücksichtigt werden. Die statischen Verfahren vergleichen Kosten oder Gewinne ohne Berücksichtigung des Zinseszins und ohne Betrachtung möglicher zeitlicher Unterschiede. Ihr Vorteil ist vor allem die einfache Anwendbarkeit der Methoden [1, 2]. Kostenvergleichsrechnung Die Kostenvergleichsrechnung betrachtet die entscheidungsrelevanten Kosten pro Zeiteinheit oder Leistungseinheit. In der Regel werden dabei folgende Kosten betrachtet, die durch die Investition oder Invention beeinflusst werden:
4.4 Wirtschaftlichkeitsbetrachtung
• • • • • •
261
Kapitalkosten (Kalkulatorische Abschreibungen und Finanzierungskosten) Energiekosten Personalkosten Raumkosten Materialkosten weitere Kosten (Instandhaltungskosten, Kapitalbindungskosten, Opportunitätskosten, …)
Die Kosten, die in allen Alternativen gleich sind, können unter Umständen aus der Betrachtung heraus gelassen werden (Teilkostenberechnung). Oft jedoch hierdurch ein falscher Eindruck erzielt. Relative und prozentuale Vergleiche sind dann nicht mehr zulässig. Die Kostenvergleichsrechnung gibt nur dann ein richtiges Bild wieder, wenn die Investition oder Invention keinen Einfluss auf die Erlösseite hat. Gewinnvergleichsrechnung Bei der Gewinnvergleichsrechnung wird zusätzlich der Erlös der verschiedenen Alternativen in die Betrachtung mit einbezogen. Durch die Differenzbildung zwischen Erlös und Kosten wird dabei der jährliche Gewinn ermittelt und gegebenenfalls der Stückgewinn berechnet. Eine Betrachtung der Stückkosten beziehungsweise des Stückgewinns ist nur sinnvoll, wenn keine Unterschiede in den Absatzzahlen oder Restriktionen in den Märkten vorhanden sind. Der Vergleich der Gewinne spiegelt das eigentliche Ziel des unternehmerischen Handelns wieder. Jedoch ist die Quantifizierung der Mehrpreise oft äußerst schwierig. Amortisationsrechnung Die Amortisationsrechnung baut auf den Zahlen der Kosten beziehungsweise Gewinnvergleichsrechnung auf. Errechnet wird mit diesem Verfahren der Zeitraum, in dem das eingesetzte Kapital durch die Erträge wieder erwirtschaftet wird. Entsprechend ist die Amortisationszeit definiert als das Verhältnis zwischen Kapitaleinsatz und der durchschnittlichen jährlichen Rückfluss. Die Amortisationsdauer beschreibt weniger die Gesamtwirtschaftlichkeit sondern ist viel mehr eine Kenngröße für das Investitionsrisiko. Je kürzer die Amortisationszeit desto gewisser ist die Wirtschaftlichkeit der Investition. Für Zusatzinvestitionen im Produktionsbereich oder Zusatzfunktionen bestehender Produkte wird als Höchstamortisationsdauer üblicherweise Zeiten kleiner als ein Jahr gefordert. Für neue Produktinvestitionen oder Anlageninvestitionen erwarten die meisten Investoren insbesondere unter den zunehmend unsicheren Marktbedingungen Amortisationsdauern von drei Jahren und weniger. Rentabilitätsrechnung Die Rentabilitätsrechnung berechnet relative Kennzahlen. Am häufigsten wird hierbei der ROI (Return on Investment) benutzt:
262
4 Methoden zur Verfahrensbewertung
Abb. 4.5 Methode und Einsatzzwecke der Investitionsrechnung nach Eversheim [3, 4]
4.5 Wertungsmethoden und Matrizes
ROI =
durchschnittlicher Gewinn durchschnittlicher Kapitaleinsatz × 1100%
263
.
Die Rentabilität symbolisiert somit die Verzinsung des eingesetzten Kapitals. Abbildung 4.5 fasst die Methoden der Investitionsrechnung zusammen und bietet ein Entscheidungsschema zur Auswahl der geeigneten Wirtschaftlichkeitsberechnungsmethode.
Literatur [1] Warneke, H.; Bullinger H.; Hichert R.; Voegele A.: Wirtschaftlichkeitsrechnung für Ingenieure. Carl Hanser Verlag, München, Wien 1996 [2] Schierenbeck, K.: Grundzüge der Betriebswirtschaftslehre, R. Oldenbourg Verlag, München, Wien 2000 [3] Ramakers, R.: Systematische Entwicklung von sensorbasierten Online-Überwachungssystemen für die Filamentgarnverarbeitung, Aachen, Techn. Hochschule., Diss., 2005; Zugl. Aachen: Shaker 2005 [4] Eversheim, W.: Wirtschaftlichkeitsfragen der Fertigung, Vorlesungsskript des Lehrstuhls für Produktionsdynamik der Technischen Hochschule Aachen, Aachen 1989
4.5 Wertungsmethoden und Matrizes Thomas Gries RWTH Aachen
Tabelle 4.3 Beispiele für nichtmonetäre, quantifizierbare und nichtquantifizierbare Entscheidungs-
größen
quantifizierbare nichtmonetäre Kenngrößen
Raumbedarf, Taktzeiten, Energiebedarf
nichtquantifizierbare, nichtmonetäre Kenngrößen (bzw. schwerquantifizierbar)
Marktgängigkeit, Haltbarkeit, Mitarbeiterzufriedenheit, Kundenzufriedenheit, Stil, Farbstellung
264
4 Methoden zur Verfahrensbewertung
Der Vergleich von Anforderungsprofil und Leistungsprofil zeigt die technische Leistungsfähigkeit einer Lösung. Die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung bewertet die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einer technischen Lösung. Will man den Erfolg einer technischen Lösung ausschließlich mit diesen beiden Bewertungen messen, droht man sehr häufig zu scheitern! Für den Erfolg einer technischen Lösung sind nämlich oft auch nichtmonetäre Größen entscheidend. Diese kann man in quantifizierbare und nichtquantifizierbare (bzw. schwerquantifizierbare) Größen einteilen (Tabelle 4.3). Nach Schierenbeck werden solche Faktoren beim Investitionskalkül praktisch nicht als Existenz behandelt (Schierenbeck 2000). Trotzdem können nichtmonetäre Faktoren aufgrund der strategischen Bedeutung bei der Entscheidungsfindung eine wichtige Rolle spielen. Die Innovationsstrukturierungsansatz nach Gries [1] strukturiert die Entscheidungskenngrößen entsprechend der zeitlichen Abfolge im Innovationsprozess. Ausgangspunkt ist, dass die Wirtschaftlichkeit bei gegebener Funktionsfähigkeit in vielen Fällen nicht zum Markterfolg eines Produktes führt. Neben der Funktionsfähigkeit (Übereinstimmung von Anforderungsprofil und Leistungsprofil) muss auch die Bedienbarkeit durch den späteren Nutzer gegeben sein. Ferner muss der spätere Nutzer die technische Lösung für sich als technologisch vorteilhaft erkennen. Ist dann auf Basis der monetären und nichtmonetären Kriterien der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung eine Wirtschaftlichkeit gegeben, so ist das Produkt verkaufsfähig. Auch damit ist ein Markterfolg nicht zwangsläufig gegeben. Nur wenn der Verkäufer passend zu den Entscheidungsstrukturen bei seinem Kunden das Produkt auch als vorteilhaft adressieren kann und wenn beim Kunden eine Kaufbereitschaft besteht, sind die Voraussetzungen für einen Markterfolg gegeben. Gerade bei der letzten Kategorie existieren neben dem Preis eine Fülle nichtmonetärer und auch nichtquantifizierbarer Kriterien für einen Markterfolg (siehe Abb. 4.6):
Abb. 4.6 Innovationsstrukturierungsmethode nach Gries
4.5 Wertungsmethoden und Matrizes
265
Der Autor weiß auf Basis seiner beruflich und gutachterlichen Erfahrung, dass allzu häufig auf Basis der Beurteilung der Funktionsfähigkeit und der Wirtschaftlichkeit Investitionsentscheidungen getätigt werden, die oftmals zu Fehlerfolgen werden. So beinhalten Investitions- und Businesspläne in den meisten Fällen nicht die Aspekte Nutzbarkeit und Verkaufsbarkeit. Ein wesentlicher erster Schritt ist somit die Auflistung aller entscheidungsrelevanteren Kenngrößen. Die einfachste Methode der Bewertung ist ein tabellarischer Vergleich ohne Gewichtung der Einzelfaktoren. Die quantifizierbaren Kenngrößen werden hierbei mit ihren Zahlenwerten angefügt, die nichtquantifizierbaren Größen werden häufig durch Plus und Minus gekennzeichnet (zum Beispiel –, +–, +) oder durch verschieden große Punkte beziehungsweise mehr oder minder ausgefüllte Kreise. Sinnvoll ist es dabei in einer Erklärungsspalte anzugeben, was aus Kundensicht positiv zu werten ist, da oftmals sonst diese Tabellen auf den ersten Blick falsch interpretierbar sind. Oftmals wird versucht, diesen tabellarischen Vergleich doch zu quantifizieren. Entsprechend werden in den einzelnen nichtquantifizierbaren Merkmalzahlen zugeordnet, zum Beispiel 0 für nicht vorhanden, 1 für wenig, 2 für ausgeprägt oder Schulnoten. Unter Verwendung einer Gewichtung der Einzelkriterien wird teilweise versucht eine Gesamtnote zu ermitteln (siehe zum Beispiel Stiftung Warentest). Der Festlegung des Notenschemas sowie der Gewichtsfaktoren kommt hier entscheidende Bedeutung zu. Man bezeichnet diese Methode auch als Nutzwertanalyse. Ein Beispiel für eine Bewertungstabelle gibt Tabelle 4.4 wieder.
Tabelle 4.4 Beispiel für eine Nutzwertanalyse [2]
Beurteilungskriterien
Optische Durchmessererfassung
Elektrostatische Geschwindigkeitserfassung
Fadenzugkraftmessung
Messempfindlichkeit
++
0
+
Messgenauigkeit/ Reproduzierbarkeit
+
+
0
Messbereich
+
++
+
Beeinflussung des Garns
++
+
– (k.o.)
Störempfindlichkeit
–
+
0
Bedien- und Wartungsaufwand
+
++
+
++: sehr gut, +: gut, 0: mittel, –: schlecht, k.o.: Kriterium führt zur Abwertung
Selbstverständlich darf es nicht unversucht bleiben, möglichst klare Entscheidungsgrundlagen zu schaffen und wenn möglich einkriterielle Bewertungen herbeizufü-
266
4 Methoden zur Verfahrensbewertung
gen. Einige kritische Anmerkungen für die hier beschriebenen Vorgehensweisen sind aber notwendig, um Fehlentscheidungen vorzubeugen:
• Kunden entscheiden nicht zwingend rational. Gerade hier haben die letzten No•
•
•
belpreise einige wesentlichen Erkenntnisse geliefert. So gibt es eben auch Beharrungsmomente oder auch emotionale Kaufentscheidungen. Mit den Zuordnungen von linearen Kennziffern unterstellt man eine stetige monotone Ursache-Wirkungsbeziehung. („Viel hilft viel“) Oftmals empfindet der Kunde eine Eigenschaft, die weit über die geforderte Qualität hinausgeht überhaupt nicht als positiv, unter Umständen sogar als negativ. Auch können strenge Restriktionen bei der Kaufentscheidung vorliegen. Wenn zum Beispiel das Investitionsbudget limitiert ist, ist eine Maschine, die zwar wirtschaftlich aber zu teuer ist, nicht verkaufbar. Wenn eine Maschine mit größerem Raumbedarf zwar deutlich wirtschaftlich produziert, aber beim Kunden nicht aufstellbar ist, so ist sie nicht verkaufbar. Mit der Einführung von Gewichten wird oft die Wahrnehmung des Kunden nicht getroffen oder die Entscheidung subjektiv manipuliert.
Nicht nur vor dem Hintergrund dieser kritischen Töne, sondern aus Gründen der Praktikabilität sei an dieser Stelle für einfache Bewertungsschemata plädiert. Ein oder zwei Kenngrößen der Wirtschaftlichkeit sowie eine tabellarische Übersicht von nicht mehr als zehn wichtigen Entscheidungskriterien müssen bei der Bewertung reichen, um die Entscheider nicht zu überfordern und bei der Entscheidungsvorbereitung nicht uneffizient zu sein.
Literatur [1] Veit, D.: Textiltechnik II Vorlesungsskript des Instituts für Textiltechnik der RWTH Aachen, Aachen 2007 [2] Wulfhorst, B.: Qualitätssicherung in der Textilindustrie, Methoden und Strategien, Hanser Verlag
5 Ausblick
Thomas Gries RWTH Aachen Die Füge- und Oberflächentechnologie im Allgemeinen und für Textilien im Speziellen hat 2 Herausforderungen. Zum einen existiert keine axiomatisch geschlossene Theorie und zum anderen bestehen eine Vielzahl von Anwendungen und Lösungen. Aus diesem Grund haben wir versucht, in diesem Buch einen weitestgehenden strukturierten Übersicht/Überblick zu bieten. Gleichzeitig wird auf eine Zusammenfassung hiermit aus den selben Gründen verzichtet. Vielmehr soll ein kurzer prägnanter Ausblick als Wegweiser für zukünftige Entwicklung dienen: 1. Automatisierung von Handhabungs- und Fügeprozessen Der hohe Anteil von Handhabungsvorgängen insbesondere bei Fügeprozessen bedingt hohe Lohnkosten. Darüber hinaus wird die Produktqualität subjektiven Einflüssen unterworfen. Oftmals sind die dadurch bedingten Taktzeiten kontraproduktiv für eine Großserienfertigung. Aus diesen drei Gründen wird die Automatisierung bei allen Prozessen, die für eine Fügeoperation notwendig sind, weiter voran schreiten. 2. Funktionswerkstoffe Die Forderung nach immer neuen Zusatzfunktionen bedeutet neue, noch nicht erschlossene Gewinnpotentiale, aber auch technische Herausforderungen. Viele der neuen Funktionen stehen im Widerspruch zu den Primärfunktionen wie mechanische Eigenschaften und Haptik. Aus diesem Grund können die zukünftigen Anforderungen oft nur durch eine Funktionstrennung zwischen Festigkeitsträgern und Funktionsträgern erfolgen. Hier bieten Textilien ein großes Potential. Wobei der Beschichtungsträger die primären Funktionen wahrnimmt und die Beschichtung die neuartige Funktion bereitstellt. Gleichzeitig müssen die neuen Funktionen durch minimalen Einsatz der Funktionswerkstoffe bereitgestellt werden, da die Funktionswerkstoffe oft hohe Materialpreise haben. Somit ergibt sich ein großes Innovationspotential hinsichtlich der zu entwickelnden Beschichtungswerkstoffe und Beschichtungstechnologien.
268
5 Ausblick
3. Fügen im Bereich Smarttextiles Zur Herstellung von wearable-electronics fehlt es bislang an rationellen, automatisierten Herstellungsprozessen, insbesondere Fügeprozessen. Neuartige Funktionstextilien müssen in der Regel gefügt werden, ohne dass die Naht eine Unterbrechung der Funktion darstellt. Hier müssen also hoch rationelle Fügeprozessketten für wearable-electronics entwickelt werden sowie Fügetechnologien für das Fügen von Funktionswerkstoffen unter Beibehaltung der Funktionen entwickelt werden. 4. Strukturwerkstoffe Während Hochleistungsfaserverbundwerkstoffe bislang nur in der Luft- und Raumfahrttechnik verwendet wurden, drängen sie zunehmend in weitere Bereiche des Automobil- und Maschinen- und Anlagenbaus. Hierzu sind Großserientaugliche, rationelle Herstellverfahren mit kurzen Taktzeiten (unter 10 Minuten) zu entwickeln. Das Gebiet der Füge- und Oberflächentechnologie bietet noch ein großes Innovationspotential. Nicht umsonst bieten wir Vorlesungen und Seminare in diesem Bereich an und hatten uns entschlossen dieses Buch herauszubringen. Wir sind uns bewusst, dass wir hiermit die Notwendigkeiten der industriellen Praxis in Ausfüllung, Lehre und Forschung nicht vollständig abdecken konnten. Sollten Sie daher fragen haben sprechen Sie uns – die Autoren – gerne an.
Index
635-Methode 253 A Abbindemechanismus 72 ABC-Analyse 259 Abschirmung 171 Adhäsion 71 Adhäsionsschicht 69 Airbagherstellung 143 Ambossrad 115 Amortisationsrechnung 261 Amplitude 117 Antenne 218 Antenne, textil 220 Antennengeometrie 220 Antennengeometrie, rund 222 Antennenspule 221–223 - Gestickte 221 - Gewebte 223 Antennenstruktur 218 Anwendung 135 Anwendungsgebiete 135 Applikation 31 Arbeiten unter Spannung (AuS) 190, 191, 195 - Arbeiten auf Potenzial 190 Atmosphärendruckplasma 92 Aufblaszeit 139 Auslöseelektronik 139 Automobil 149, 151 Automobilbau 146 Avivagen 117 B Bändchenstickkopf 37, 155 Bandeinrichtung 36
Barrierewirkung 203ff. Benetzbarkeit 70, 142 Beschichten 5, 78, 79, 81, 83, 85, 87, 89, 91, 93, 95, 97, 99, 101, 103, 136, 226 Beschichtung 166 Beschichtungschemikalien 80 - Polytetrafluorethylen (PTFE) 81 - Polyurethan (PUR) 81 - Polyvinylchlorid (PVC) 81 - Silikon-Dispersionen 82 - Silikon-Elastomere 82 Beschichtungsmasse 83 - Paste 83 - Schaumbeschichtung 83 - Schmelze 84 Beschichtungsrohstoff 183, 195, 196 - PVC 187 Beschichtungssystem 188, 189 - Aufdampfen 189 - Bedampfung 183 - Foulard 188 - Foulardieren 185 - Imprägnierung 180, 183 - Kaschieren 183 - Klimamembran 180 - Laminierverfahren 180, 187 - Mikro-Walzen-System 185 - Pflatschen 183 - Phase-Change-Materialien 183 - Rasterwalzenantrag 180 - Streichen 183 - Streichsystem 181, 187 - Tauchverfahren 180 - Walzenantragssystem 185 Beschichtungsträger 79 Beschichtungsverfahren 84
270
Index
- Direkte Beschichtung 85 - Einseitige/beidseitige Beschichtung 85 - Indirekte/Transfer-Beschichtung Besticken 30 Beton, textilbewehrter 163 Betonbewehrung 166 Betonmatrix 163, 164 Blindstich 20, 60 Blindstich, einfädig 59 Blindstichnähmaschine 21 Bogennadel 60 Bohreinrichtung 34 Brainstorming 252 Brainwriting 253 Brainwriting-Formular 254
EMV-Produkt 172 Entscheidungsgröße 263 85
C Chipkontaktierung 225 D Dispersionsklebstoff 75 Doku-Naht-System 27 Doppelsteppstich 45, 156, 160 Doppelsteppstich-Nähmaschine 23, 28 Doppelsteppstichbildung 25, 26 Drucken 221, 226 Druckkalotte 153 Druckverfahren 88 - Düsenauftrag 89 - Hot-Melt Applikation 88 - Pulverbeschichtung 88 - Rotationssiebdruck 88 - Walzenauftrag 89 - Walzendruck 88 Durchstrahlschweißen 109 E Eigenschaft, optisch 109 Einfachsteppstich 23, 160 Einfadensystem 39 Einflussgröße 5 Einflussparameter 5 Elektroenergieübertragungsanlage 190
F Faden 220, 223 - Elitex® 222 - leitfähig 220, 222, 223 Fadenbremse 12, 13 Fadengeber 12 Fadeninjektor 42 Fadenleger 40 Fadenverbrauch 27 Fahrzeugbau 146 Fangband 141 Farbwechseleinheit 43 Faserbeton 166 Faserdesorientierung 66 Faserverbundbauteil 129 Faserverbundkunststoff 66 Faserverbundkunststoffstruktur 149 Faserverbundwerkstoff 154, 159 Faserverlauf 154 Faserverstärkter Kunststoff 4 - Leichtbauweise 152 - Preformherstellung 153, 156, 159, 161 Fischgrätdiagramm 257 Flachbett-Stickmaschine 155 Flachstickmaschine 33 Flugzeugstruktur 158 - Druckkalotte Airbus A380 153 - Flügelschale 158 - Höhenleitwerkschwinge 153 - Longeron Eurocopter NH90 153 - Rumpfschalensegment 158, 159, 162 - Seiten- und Höhenleitwerk 158 Fluorcarbonharzausrüstung 204 Formationssieb 234, 235 Formationssiebherstellung 237 Formular 254 Franse 51 Frequenzbereich 216 - High Frequency 216 - Low Frequency 216
Index
Fügen von technischen Textilien mit der Laserschweißmaschine 114 Fügetechnik 150, 152 - chemische Bindersysteme 152 - Nähtechnik 152, 154, 159 - Niete 152 Fügetechnologie 166 Fügeverfahren 61 Fügeverfahren, stoffschlüssig 69 Fügezone 146 G Garnverletzung 141 Gas, Heißluft/heiß 104, 105 Gasgenerator 139 Gehäuseform 28 Gelege, multiaxial 52 Gelegestruktur 131 Gestrick mit elektrischen Leitern 230 Gewebe 237 Gewinnvergleichsrechnung 261 Glasfaser, alkaliresistent 166 Greifernadel 59 Grenzschicht 69 Großstickmaschine 31 Gurtstraffer 139 H Haftklebstoff 74 Hakenöhrnadel 40, 42 Heißluft 104 Heißluft-Gasgenerator 139 Heißluftschweißverfahren 105 Heizkeilschweißen 106 Herstellparameter 4 Hinterfaden 222 Hochfrequenz 104 Hochfrequenzschweißen 106 Höhenleitwerkschwinge 153, 157 Hubschrauber 153 Hybrid-Gasgenerator 139 Hydrophobisierung 204ff. - Ausrüstung, nasschemische 204ff. - Fluorcarbonpolymer 204ff.
- Niederdruckplasma
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204ff.
I Ideenfindung 251, 253 Induktion 104 Infrarot 104 Innovationsstrukturierungsmethode 264 Investitionsrechnung 262 Ishikawa 257 Ishikawa-Diagramm 257 ITA-Nähverfahren 56, 57 J Jacquard-Webtechnologie
223
K Kappeneinrichtung 36 Kapselung 225 Ketteln 40 Kettelstickkopf 42 Kettenstich 14, 39, 53 - Doppelkettenstich 14 - Einfachkettenstich 14 - Überdeckstich 15 - Überwendlichkettenstich 16 - Überwendlichkettenstich, dreifädig 17 Kettenstichprinzip 59 Kettenwirkmaschine 131 Kissenfernbedienung 231 Kleben 5, 68, 69, 71, 73, 75, 77, 135, 136, 166 Kleber 225 Klebstoff 72 Klebstoff, chemisch reagierend 72 Klebstoff, physikalisch abbindend 74 Klebung 69, 70 Kleinstickmaschine 31 Klettverschluss 118, 119, 136 Klimaelement 163, 164 Klippernaht 122 Kohäsion 71 Konfektionierung 147
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Index
Kontaktklebstoff 74 Kontaktwinkel 71, 207ff. - Abrollwinkel 207ff. Kopplung 216, 217 - Backscatter, elektromagnetische 216 - induktiv 216 Kordeleinrichtung 35 Kordelstickkopf 155 Körperschutzmittel 188 - Schutzbekleidung 188 Kostenvergleichsrechnung 260 Kreativität 251 Kunststoff - faserverstärkt 152 L Laser 104 Laserschweißen 109, 111, 112, 144, 145 - Airbag 144, 145 - Automatisierungsgrad 145 - Buildtech 145 - Dichtschweißung 113 - Direktverschweißen 109, 110 - Durchstrahlschweißen 109, 110 - Indutech 145 - Infrarotabsorber 145 - Kleben mit Tape 110 - Laser 109 - Laserdurchstrahlschweißen 145 - Laserleistung 112 - Laserschweißprozess 145 - Laserschweißtechnologie 145 - Laserstrahl 109, 110 - Laserstrahlung 110 - Mobiltech 145 - nahen Infrarotbereich (NIR) 145 - Nahtversiegelungsband 109 - NIR Absorber 145 - Online Prozessregelung 145 - Prozesssicherheit 112 - Qualitätssicherung 145 - Reproduzierbarkeit 145 - Rückverfolgbarkeit 145 - Schweißen thermoplastischer Gewebe 145
- Tape 109 - Umgebungserwärmung, ohne 113 - Zuverlässigkeit 145 Laserschweißen von Airbags 144 Laserschweißmaschine 110–114 - kontaktloses Verfahren 111 - Laserbearbeitungskopf 111 - Laserbearbeitungsoptik 110 - Mehr-Achssystem 111 - Roboter 111 - Scanner 111 Laserschweißmaschine zum Direktverschweißen 110 Laserstrahl 109, 110 Laserstrahl absorbierenden thermoplastischen Schicht 109 Lasteinleitung, punktuelle 141 LDPF 140 Leichtbauweise 152 Leporello-Faltung 141 Linienstickerei 31 Lochstickerei 34 Logistikmanagement 215 Lösungsmittelklebstoff 75 Luftfahrzeug 152 M Malivliesverfahren 50 Maliwattverfahren 50 Maschenbildung 51 Maschensprengschäden 66 Maschinenaggregat, einseitig arbeitend 52 Maschinenaggregat, zweiseitig arbeitend 9 Matrixtaster 228, 232 Matrixtaster, multifunktionell 227 Medizinische Textilien 202, 203, 205, 207, 209, 211, 213 Mehrkopfstickmaschine 31, 32 Mehrnadelstickkopf 32, 33 Mehrnadelstickkopf mit Bohreinrichtung 34 Mercedes Benz 139 metallisiert 171, 173, 197
Index
Metallisierung 100 Methoden zur Verfahrensbewertung 251 Mikrochip 216 Monofilament 235 Moosstich 39, 41 Moosstickkopf 42 Motivstickerei 35 Multiaxialgelege 129, 160
Nähverfahren 61, 146–148 Nähverfahren, einseitig 53, 56 Nähwirken 50 Nähwirkverfahren 50 Nanofaser 93 NIR Absorber 145 Non Crimped Fabric 52 Nutzbarkeit 265 Nutzwertanalyse 265
N Nadeleinstich 255 Nadeleinstichkraft 65 Nadelfadenschlinge 11 Nadelhaken 41 Nadelrille 10 Nähanlage, robotergestützt 160 Nähautomat 29 - Kreuztisch 29 - Nähtechnik, robotergeführt 29 Nähen 4, 9, 135 Nähfaden 61 Nähfadenschlaufe 255 Nähfadenspannung 156 Nähgut 61 Nähguthalter 160 Nähguthalterung 148 Nähgutvorrichtung 147 Nähmaschine 10 Nähmaschine, Untertransport und Nadeltransport 28 Nähmaschinennadel 10 Nähmaschinenparameter 63 Nähnadeln 10 Nähparameter 4, 63 Naht 192, 194, 224 Nahtkette 122 Nahtkräuseln 65 Nahtleckage 141 Nahtschuss 122 Nahtüberlegung 123 Nahtweben 122, 136, 234 Nahtweberei 238 Nahtwebmaschine 124 Nahtwebprozess 238
O Oberfläche, beheizt 104, 105 Oberflächenmodifikation 203ff. - Hydrophobisierung 203ff. Oberflächenpolymerisation 210 Online-Prozessregelung 113 - Nahtqualität 113 - Prozessnachverfolgbarkeit 114 - Prozessnachverfolgung 113 - Prozesssicherheit 113, 114 - Sensorik, pyrometrische 113 OP-Textilien 203ff. - Polyestergewebe 203ff. P Pailletteneinrichtung 34 Papier 235 Papierherstellung 234, 235 Papiermaschine 235 Parallelschwingkreis 219 Parrott 138 Pferdedecke 182 Phasenmodell der Produktion 255 Plasma 92 Plasmabehandlung 205ff. - Gas, fluorhaltig 205ff. - Niederdruckplasma 205ff. Plastisol 75 Plattstich 32 Polyadditionsklebstoff 72 Polyamid-Faser 139 Polychlor 140 Polykondensation 73 Polymerisation 73 Potenzialausgleichsvorrichtung 190
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Index
Preform 147, 148, 150, 152, 156, 157, 159, 162 - -erstellung 153 Preforming 146 Presserplatte 47 Produktcode, elektronisch 216 Prozessnachverfolgbarkeit 114 Prozessreproduzierbarkeit 109 Prozessstrukturierung 254, 255, 257 Prüfverfahren 6 Prüfverfahren für Klebungen 77 PVD-Schicht 102 - Adhäsion 101 - Schichthaftung 101 - Schichtmorphologie 103 - Substratkonstruktion 102 - Wachstumsprozess 103 PVD-Technologie 98, 99 - Abschirmung, elektromagnetisch 171 - Bauen, textiles 171 - Definition 98 - Einsatz 171 - EMV-Produkt 172 - Feuerwehrüberjacke 197 - Kälteschutzjacke 198 - Kälteschutzkleidung 197 - Schutzkleidung 197 - Physical Vapor Deposition 98 - Prinzipskizze 98 - Schichtqualität 101 - Schutzanzug für das Arbeiten unter Spannung bis 800 kV 197 - Sonnenschutztextilien 171, 173 - Substratkonstruktion 102 PVD-Verfahren 99 - Anlagentechnik 99 - Rollcoater 99 - Vakuumtechnik 100 - Wickelsystem 100 - Elektronenstrahl-Verdampfen 99 - Kathodenzerstäuben 99 - Sputtern 99 - Vakuumbedampfen 99
Q Qualität 3, 63, 77 Qualitätssicherung 63 R Radiofrequenzidentifikationssystem (Radio Frequency IDentification) 215 Rakelverfahren 86 - Gummituchrakel 87 - Luftrakel 86 - Tischrakel 87 - Walzenrakel 86 Reichweite 218, 219, 220 Reinraum 195 - Reinraumatmosphäre 195 Rentabilitätsrechnung 261 RFID 215, 216 Roboter 62 Roboternähverfahren 148 Rohrsystem 164 Rollcoaterprinzip 99 Round 138 S Sandwichelement 164 Satteldecke 181 Scanner, Mehr-Achssystem oder Roboter 111 Schälversuch 108 Schiffchen 45 Schiffchenstickmaschine 31, 38 Schirmdämpfung 172, 190–192 Schirmwirkung 191, 192 Schlauchstruktur 164, 165 Schlaufenbildung 255 Schlaufenbildung im Nähprozess 256 Schlaufenstich 39 Schlaufenstickerei 35 Schlingenhub 11 Schmelzklebstoff 74 Schusssichere Weste 200 - antiballistisch wirksames Schutzpaket 200 Schutzanzug 191, 192, 195
Index
Schutzausrüstung, schirmend 190 Schutzbekleidung 187, 195, 197 - Chemieschutzkleidung 186 - Wärmestrahlung 182 Schweißen 5, 104, 105, 107, 109, 111, 113, 115, 117, 136 Schweißnaht 106 Schweißprinzip 104 Seitenaufprallschutz 149, 151 Seitenleitwerk 158 Silikon 140 Simulationsmodell des passiven Transponders 219 Simultanansätze 260 SmartMouse 227 Smart Structure 214 Smart Textiles 214 Sonotrode 115 Soutache-Stickerei 37 Spannrahmen 32 Spannungsverteilungen an Klebungen 76 Spezial-Stickmaschine 37, 42 Spiralnaht 121, 122 Spleißen, pneumatisch 8 Spritzen, thermisches 89 Spulenkapselwechsler 37 Sputtern 92, 172 Stecknaht 121 Steppen 135 Steppmaschine 48 Steppmuster 250 Steppstich 23, 47, 160 - Doppelsteppstich 24 - Einfachsteppstich 23 - Steppstichnaht 31 Stepptechnik 45, 181, 249 Steppware 249 Steuergerät 139 Stichbildung 10, 47 Stichbildungseinheit 61 Stichbildungselemente 61 Stichlänge 67 Stickboden 31
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Sticken 9, 30, 136, 164, 166, 221, 222 Sticken, Zweifadensystem 31 Stickerei 31 Stoffblase 50 Stoffdrücker 42 Strahlung im nahen Infrarotbereich (NIR) 145 Strichcode 216 Stringerprofil 160, 161 Stromtragfähigkeit 190, 192 Strukturbauteil 149 Strukturfixierung 167 Strukturierungshilfsmittel 254 Sukzessivansätze 260 T Tailored Fibre Placement 30, 154, 158 - Bändchen-/Kordelstickkopf 155 - Faserverläufe 154 - Flachbett-Stickmaschine 155 - TFP 154, 155, 156, 157 Tambourstich 39 Tape-Laserschweißmaschine 110 Taster für Mobiltelefon 228 Taster für MP3-Player 228 Textilbewehrung 163 Top-Down-Strukturierung 255 Transponder 215, 217, 224, 225 - aktiver 217 - passiver 217, 218 - textiler 215, 218, 224 Transponderantenne, gestickt 223 Transpondersystem 216 Transportkräuseln 65 Treibsatz, pyrotechnischer 139 Tufting 61, 160, 161 Tuftingkopf 62 Türinnenverkleidung 149 U Überlegestelle 123 Überwendlich-Nähmaschine Ultraschall 104 Ultraschallschweißen 114
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Index
V Vakuuminfusionsverfahren 159 Verbund 167 Verbundwerkstoff 166 Verfahren, thermisches 104 Verkapselung 226 Verkaufsbarkeit 265 Verschlingungspunkt 27 Verschlingungspunkte, Lage der 19 Verschrauben 136 Verstärkungsfaserstruktur 66 Vielnadelnähmaschine 9, 45 Vliesstoff 50 Vliesverbund 50 Vorderfaden 222 W Walzenauftragsverfahren 87 - Kiss-Coater 87 - Pflatschwerk 87 - Umkehrwalzensystem 87
Wärmedämmung 164 Wearable Electronics 214, 215, 217, 219, 221, 223, 225, 227, 229, 231, 233 Weben 221 Webnaht 120, 121, 122, 123, 125 Wehrtechnik 139 Wertungsmethode 263 Wickelstickkopf 37 Widerstand, elektrischer 104, 190, 191, 194 Widerstandsdraht, elektrisch 105 Wirktechnologie 129, 131 Wirtschaftlichkeit 264 Wirtschaftlichkeitsbetrachtung 260, 261 Z Zickzack-Doppelsteppstich Zwischenhub 47
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