Markus Eckey Kontrolle von Beteiiigungen als Aufgabe des Controllings
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Markus Eckey Kontrolle von Beteiiigungen als Aufgabe des Controllings
GABLER EDITION WISSENSCHAFT Research in Management Accounting & Control Herausgegeben von Universitatsprofessor Dr. Utz Schaffer European Business School SchloB Reichartshausen
Die Schriftenreihe prasentiert Ergebnisse betriebswirtschaftlicher Forschung im Bereich Controlling. Sie basiert auf einer akteursorientierten Sicht des Controlling, in der die Rationalitatssicherung der Fuhrung einen fur die Theorie und Praxis zentralen Stellenwert einnimmt. The series presents research results in the field of management accounting and control. It is based on a behavioral view of management accounting where the assurance of management rationality is of central importance for both theory and practice.
Markus Eckey
Kontrolle von Beteiligungen als Aufgabe des Controllings Bestandsaufnahme, Determinanten, Erfolgsauswirkungen
Mit einem Geleitwort von Professor Dr. Utz Schaffer
Deutscher Universitats-Verlag
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet uber abrufbar.
Dissertation European Business School, Gestrich-Winkel, 2005
1.AuflageMarz2006 Alle Rechte vorbehalten © Deutscher Universitats-Verlag I GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006 Lektorat: Brigitte Siegel / Anita Wilke Der Deutsche Universitats-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de Das Werk einschlieSlich aller seiner Telle ist urheberrechtlich geschijtzt. Jede Verwertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fur Vervielfaltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden durften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Druck und Buchbinder: Rosch-Buch, ScheGlitz Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 3-8350-0034-9
Geleitwort Das Thema des vorliegenden Bandes ist in zweierlei Hinsicht interessant. Zum einen ist das Beteiligungscontrolling sicherlich eines der spannendsten Teilgebiete der Disziplin, allerdings auch einer der am wenigsten erforschten Bereiche. Trotz des groBen Interesses der Praxis an diesem Thema liegen bislang nur wenige Arbeiten vor, die iiber normative und nicht weiter belegte Aussagen hinausgehen. Insbesondere die im Mittelpunkt der Eckey'schen Arbeit stehende erfolgreiche Gestaltung der Kontrolle von Beteiligungen durch das Controlling wurde in der Literatur bislang nur rudimentar behandelt. Zum anderen ist Eckey mutig: Er stellt die Kontrolle in den Mittelpunkt seiner Betrachtung, obwohl das K-Wort in Wissenschaft und Praxis vielfach gemieden und durch scheinbar weniger problematische Begriffe ersetzt wird, ja: in kaum mehr zu zahlenden Controllingpublikationen betont wird, dass Controlling doch mit Kontrolle wenig am Hut habe. Die Empirie spricht eine andere Sprache. Im Ergebnis seiner Arbeit kann Eckey 67 beziehungsweise 44 Prozent der Varianz von Effektivitat und Effizienz der Beteiligungskontrolle erklaren und damit einen wesentlichen Beitrag zu einem besseren Verstandnis der Erfolgsfaktoren im Beteiligungscontrolling leisten. Dabei zeigt sich, dass der Verlasslichkeit der Informationen und dem Umfang der strategischen Kontrolle mit Bezug auf die Effektivitat und die Effizienz der Kontrolle von Beteiligungen in borsennotierten Management-Holdings eine prominente Bedeutung zukommen. Stellt man diese Einsicht in den Kontext der Literatur, wird zum einen eine ganze Reihe von Studien bestatigt, die der Verlasslichkeit von Informationen in unterschiedlichen Steuerungskontexten eine zentrale Rolle zusprechen. Zum anderen legt das Ergebnis der Praxis des Beteiligungscontrollings nahe, iiber die relative Ressourcenallokation im Spannungsfeld von strategischer und operativer Kontrolle nachzudenken und das ganze Spektrum strategischer Kontrollaufgaben in ausreichendem MaBe abzudecken. Die Ergebnisse von Eckey verdeutlichen weiter, dass der traditionelle Fokus der Literatur zum Beteiligungscontrolling auf Instrumente und die ex post-Kontrolle von Ergebniskennzahlen zu kurz greift. Vielmehr kommt
VI
Geleitwort
insbesondere auch der Interaktion zwischen den Menschen in Mutter- und Tochteruntemehmen zentrale Bedeutung zu. SchlieBlich konnte Eckey die haufig unreflektiert unterstellte Erfolgswirksamkeit einer Kapitalmarktorientierung fur die von ihm untersuchte Kontrolle von Beteiligungen in einer Mangement-Holding nicht zeigen. Dieses und andere Ergebnisse der Arbeit sind geeignet, der Controllingforschung wichtige Impulse zu geben. Daher sei der Dissertation ein breiter Leserkreis und eine Reihe weiterfiihrender Forschungsarbeiten gewiinscht. Utz Schaffer
Vorwort Die wichtige Rolle von Konzemen in der Praxis und die in der jiingstenVergangenheit weltweit gestiegenen Fusionen und Untemehmensubemahmen werfen nicht zuletzt die Frage nach der Gestaltung eines effektiven und effizienten Beteiligungscontrollings auf, durch das die zahlreichen Beteiligungen zielgerichtet gesteuert werden konnen. Trotz hoher praktischer Relevanz wurde dieser Themenbereich in der ControllingLiteratur bislang nur unzureichend behandelt. An diesem Punkt setzt die vorliegende Arbeit an. Fiir die Kontrolle als bedeutende Tatigkeit des institutionalisierten Beteiligungscontrollings werden Gestaltungsparameter konzeptionell abgeleitet und auf ihre Erfolgs- und Kontextabhangigkeit bin empirisch tiberpruft. Die Arbeit entstand wahrend meiner Tatigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl fiir Controlling der European Business School in Oestrich-Winkel. Zum Gelingen der Arbeit haben zahreiche Personen beigetragen, denen ich an dieser Stelle meinen Dank aussprechen mochte. Mein ganz besonderer Dank gilt meinem Doktorvater Herm Prof. Dr. Utz Schaffer fiir die intensive, unermiidliche Betreuung liber die vergangenen zweieinhalb Jahre. Seine stete Bereitschaft, lange und oftmals an Wochenenden konstruktive Diskussionen zu fiihren, hat maBgeblich zum Erfolg der Arbeit beigetragen. Fiir die freundliche Ubemahme des Koreferats danke ich Herm Prof. Dr. Dirk Schiereck. Fiir die Bereitschaft zu intensiven Diskussionen bin ich vielen Freunden und Kollegen zu Dank verpflichtet. Insbesondere mochte ich Thilo Schumacher nennen, der sich - zeitlich ein wenig vorgelagert - ebenfalls mit Fragestellungen des Beteiligungscontrollings auseinander gesetzt hat und stets wichtige, weiterftihrende Impulse gegeben hat. Aus meinem Freundeskreis danke ich Marcus Blome und Dominik Jais fiir zahlreiche Gesprache, die sich als auBerordentlich hilfreich erwiesen haben. SchlieBlich danke ich den Mitstreitem „der ersten Generation" des ControllingLehrstuhls fiir die unvergessliche Zeit im Rheingau. Mein groBter Dank an dieser Stelle geht schlieBlich an meine Eltem. Ihr jahrelanger Ruckhalt und ihre intensive Unterstiitzung waren die Basis, um erfolgreich den Ausbildungsprozess bis zur Dissertation abzuschlieBen. Meinen Eltem widme ich diese Arbeit. Markus Eckey
Inhaltsverzeichnis Geleitwort
V
Vorwort
VII
Tabellenverzeichnis Abbildungsverzeichnis A
XIII XVII
Einfiihrung
1
1. Motivation und Zielsetzung
1
2.
5
B
Vorgehen und Methode Begriffliche und konzeptionelle Grundlagen
1. Literaturiiberblick zur Kontrolle von Beteiligungen 1.1 1.2 1.3
Begriffliche Abgrenzung Deutschsprachige Literatur Englischsprachige Literatur
7 7 7 8 12
2.
Die Management-Holding als Analyseobjekt 2.1 Markt vs. Hierarchie als Spannungsfeld 2.2 Der Konzem ausjuristischer und okonomischer Sicht 2.3 Idealtypische Formen fiinktionaler Konzemorganisationen 2.4 Zum Begriff der Beteiligung
14 14 19 25 30
3.
Grundlagen der Beteiligungskontrolle 3.1 Handelnde Akteure als Basis der Untemehmensfuhrung 3.2 Begriffliche Abgrenzung des Beteiligungscontrollings 3.2.1 Beteiligungscontrolling als Rationalitatssicherung der Beteiligungsfiihrung 3.2.2 Aufgabenbereiche des institutionellen Beteiligungscontrollings 3.3 Rationalitatssicherung durch Analysten des Eigenkapitalmarktes 3.3.1 Die Informationseffizienz als Determinante der Funktionsfahigkeit des Eigenkapitalmarktes 3.3.2 Rationalitatssicherungspotenzial von Analysten des Eigenkapitalmarktes 3.4 Rationalitatssicherung und Beteiligungskontrolle
32 32 36 36 39 40 41 43 47
X
Inhaltsverzeichnis
3.4.1 3.4.2 3.4.3 3.4.4 3.4.5 C
Beteiligungskontrolle als Funktion der Rationalitatssicherung Horizonte der Beteiligungskontrolle Objekte der Beteiligungskontrolle Die Kontrollaufgabe des institutionalisierten Beteiligungscontrollings Spezifika der Kontrolle von Mehrheitsbeteiligungen
Ableitung kontrollerfolgsmaximierender Parameter 1. Kontrollerfolg als Maxime 2.
D
47 51 55 57 59 63 63
Strategien zur Uberwindung von Eignungsdifferenzen 65 2.1 Uberblick 65 2.2 Reduktion von Fahigkeitsdifferenzen 68 2.2.1 Erhohung des Kontrollpotenzials 68 2.2.1.1 Verbesserung der Datenverfiigbarkeit 68 2.2.1.1.1 Informationsbreite strategischer Informationen im Berichtswesen 69 2.2.1.1.2 Verlasslichkeit der Informationen im Berichtswesen 71 2.2.1.1.3 Aktualitat und Informationsbreite durch erganzende Einbindung einer informellen Berichterstattung 73 2.2.1.2 Instrumentalisierung anderer Akteure 74 2.2.1.2.1 Nutzung der Informationsfunktion des Eigenkapitalmarktes... 75 2.2.1.2.2 Nutzung der Kontrollfunktion des Eigenkapitalmarktes 76 2.2.1.3 Erhohung des Umfangs der strategischen Kontrolle 78 2.2.1.3.1 Breite der strategischen Kontrolle 79 2.2.1.3.2 Tiefe der Kontrolle 83 2.2.2 Verringerung des Kontrollbedarfs 86 2.3 Reduktion von Praferenzdifferenzen 88 2.3.1 Generierung zusatzlicher Vertragskosten 88 2.3.2 Erhohung der subjektiven Eintrittswahrscheinlichkeit 90 2.4 Ubersicht uber die Forschungshypothesen 91 Determinanten der Kontrolle von Beteiligungen
95
1. Kategorien von Determinanten
95
2.
GroBe des Konzems
96
3.
Vertrauenskultur
98
Inhaltsverzeichnis
XI
4.
Wettbewerbsintensitat
103
5.
Finanzielle Lage der Tochtergesellschaft
105
6.
Ubersicht uber die Forschungshypothesen
106
Operationalisierung des Forschungsmodells
109
1. Grundlegende Aspekte der Operationalisierung
109
2.
Operationalisierung der Gestaltungsparameter der Kontrolle
110
3.
Operationalisierung des Erfolgs der Kontrolle
119
4.
Operationalisierung der Determinanten
121
E
F
Methodische Konzeption der Untersuchung
123
1. Datenerhebung und Datengrundlage 1.1 Datenerhebung 1.2 Datengrundlage
123 123 124
2.
127 127 127 129 132 141 141 161 166
3.
Grundlagen der Konstruktmessung 2.1 Giitebeurteilung der Messung 2.1.1 Reliabilitat und Validitat 2.1.2 Giitekriterien der ersten Generation 2.1.3 Giitekriterien der zweiten Generation 2.2 Konstruktmessung 2.2.1 Gestaltungsparameter der Kontrolle 2.2.2 Erfolg der Kontrolle 2.2.3 Determinanten der Kontrolle Dependenzanalyse
G Ergebnisse der empirischen Erhebung 1. Bestandsaufnahme zur Gestaltung der Kontrolle von Beteiligungen 1.1 Bestandsaufnahme zur Informationsbereitstellung 1.2 Bestandsaufnahme zur Nutzung des Kapitalmarktes 1.3 Bestandsaufnahme zur Gestaltung der operativen und strategischen Kontrolle 1.3.1 Umfang der strategischen Kontrolle 1.3.2 Fokussierung der operativen Kontrolle 1.4 Bestandsaufnahme zur Anreizkompatibilitat der Incentivierung
169 175 175 175 177 178 178 180 182
XII
Inhaltsverzeichnis
2.
Priifung der aufgestellten Hypothesen 2.1 Grundlegende Aspekte der Hypothesenpriifung 2.2 Gestaltung der Kontrolle und Erfolg der Kontrolle 2.3 Kontextfaktoren der Kontrolle 2.4 Diskussion der Ergebnisse
H Schlussbetrachtung
183 183 184 188 195 199
1. Zusammenfassung der Ergebnisse
199
2.
Kritische Bewertung und weiterer Forschungsbedarf
202
3.
Implikationen fiir die Praxis
206
Anhang
209
1. Deskriptive Auswertungen der untersuchten Konstrukte
209
2.
210
Untersuchung der Diskriminanzvaliditat - Kontextabhangigkeit
Literaturverzeichnis
211
Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Hypothesen zum Zusammenhang zwischen Gestaltung der Kontrolle und Erfolg der Kontrolle
93
Tabelle 2: Hypothesen zum Zusammenhang zwischen Determinanten und Gestaltung der Kontrolle Tabelle 3: Operationalisierung des Konstruktes „Informationsbreite"
108 110
Tabelle 4: Operationalisierung des Konstruktes „Verlasslichkeit der Informationen"
Ill
Tabelle 5: Operationalisierung des Konstruktes „Informelles Berichtswesen"
112
Tabelle 6: Operationalisierung des Konstruktes „Nutzung der Informationsfiinktion des Kapitalmarktes" Tabelle 7: Operationalisierung des Konstruktes „Nutzung der Kontrollfunktion
113
des Kapitalmarktes'' Tabelle 8: Operationalisierung des Konstruktes „Pramissenkontrolle"
114 115
Tabelle 9: Operationalisierung des Konstruktes „Strategische Durchfiihrungskontrolle"
115
Tabelle 10: Operationalisierung des Konstruktes „Strategische Uberwachung"
116
Tabelle 11: Operationalisierung des Konstruktes „Tiefe der strategischen Kontrolle - Analysen" Tabelle 12: Operationalisierung des Konstruktes „Tiefe der strategischen Kontrolle - MaBnahmen"
116 117
Tabelle 13: Operationalisierung des Konstruktes „Fokussierung der operativen Kontrolle - Analysen"
118
Tabelle 14: Operationalisierung des Konstruktes „Fokussierung der operativen Kontrolle - MaBnahmen''
118
XIV
Tabellenverzeichnis
Tabelle 15: Operational!sierung des Konstruktes „Anreizkompatibilitat der Incentivierung"
119
Tabelle 16: Operationalisierung des Konstruktes „Effektivitat der operativen Kontrolle"
119
Tabelle 17: Operationalisierung des Konstruktes „Effektivitat der strategischen Kontrolle"
120
Tabelle 18: Operationalisierung des Konstruktes „Effizienz der Kontrolle"
120
Tabelle 19: Operationalisierung des Konstruktes „Wettbewerbsintensitat"
121
Tabelle 20: Operationalisierung des Konstruktes „Vertrauenskultur''
121
Tabelle 21: Operationalisierung des Konstruktes „Finanzielle Lage der Tochtergesellschaft*' Tabelle 22: Ubersicht liber die Stichprobe der Untersuchung
122 124
Tabelle 23: Verwendete Kriterien der zweiten Generation zur Beurteilung der Messmodelle
135
Tabelle 24: Kriterien zur Beurteilung der Messmodelle
140
Tabelle 25: Informationen zum Konstrukt „Informationsbreite"
141
Tabelle 26: Informationen zum Konstrukt „Verlasslichkeit der Informationen"
143
Tabelle 27: Informationen zum Konstrukt „Informelles Berichtswesen"
144
Tabelle 28: Informationen zum Konstrukt „Nutzung der Informationsfunktion des Kapitalmarktes" Tabelle 29: Informationen zum Konstrukt „Nutzung der Kontrollfunktion des
146
Kapitalmarktes"
148
Tabelle 30: Informationen zum Konstruktverbund „Nutzung des Kapitalmarktes".. 149 Tabelle 31: Informationen zum Konstrukt „Pramissenkontrolle"
150
Tabelle 32: Informationen zum Konstrukt „Strategische Durchfuhrungskontrolle''.. 151
Tabellenverzeichnis
XV
Tabelle 33: Informationen zum Konstrukt „Strategische Uberwachung"
153
Tabelle 34: Informationen zum Konstrukt „Tiefe der strategischen Kontrolle Analysen"
154
Tabelle 35: Informationen zum Konstrukt „Tiefe der strategischen Kontrolle MaBnahmen"
155
Tabelle 36: Informationen zum Konstruktverbund „Umfang der strategischen Kontrolle"
156
Tabelle 37: Informationen zum Konstrukt „Fokussierung der operativen Kontrolle - Analysen"
157
Tabelle 38: Informationen zum Konstrukt „Fokussierung der operativen Kontrolle - MaBnahmen"
159
Tabelle 39: Informationen zum Konstruktverbund „Fokussierung der operativen Kontrolle"
160
Tabelle 40: Informationen zum Konstrukt „Anreizkompatibilitat der Incentivierung"
161
Tabelle 41: Informationen zum Konstrukt „Effektivitat der operativen Kontrolle" ..162 Tabelle 42: Informationen zum Konstrukt „Effektivitat der strategischen Kontrolle"
163
Tabelle 43: Informationen zum Konstruktverbund „Effektivitat der Kontrolle"
164
Tabelle 44: Informationen zum Konstrukt „Effizienz der Kontrolle"
165
Tabelle 45: Informationen zum Konstrukt „Wettbewerbsintensitat"
167
Tabelle 46: Informationen zum Konstrukt „Vertrauenskultur"
168
Tabelle 47: Informationen zum Konstrukt „Finanzielle Lage der Tochtergesellschaft"
169
Tabelle 48: Forschungsmodell - Untersuchung der Diskriminanzvaliditat
185
Tabelle 49: Gtitebeurteilung des Forschungsmodells
185
XVI
Tabellenverzeichnis
Tabelle 50: Ergebnisse der Hypothesenprufiing zum Zusammenhang zwischen Gestaltung und Erfolg der Kontrolle
188
Tabelle 51: Gutebewertung des Forschungsmodells - hypothesengeleitetes Modell
189
Tabelle 52: Ergebnisse der Hypothesenprufiing zum Zusammenhang zwischen Kontextfaktoren und Gestaltung der Kontrolle
192
Tabelle 53: Gutebewertung des Forschungsmodells - alternatives Modell
194
Tabelle 54: Einfluss von Kontextfaktoren auf die Gestaltung der Kontrolle Untersuchung der Diskriminanzvaliditat
210
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Bezugsrahmen der Untersuchung
5
Abbildung 2: Kontrolle im Ftihrungszyklus
50
Abbildung 3: Drei Kontrollhorizonte
55
Abbildung 4: Strategien zur Maximierung des Kontrollerfolgs
67
Abbildung 5: Forschungsmodell zum Zusammenhang von Gestaltung der Kontrolle und Erfolg der Kontrolle
92
Abbildung 6: Forschungsmodell zum Zusammenhang zwischen Determinanten und Gestaltung der Kontrolle
107
Abbildung 7: Unterscheidung zwischen Messmodellen und Strukturmodell
171
Abbildung 8: Informationsangebot - Mittelwerte
177
Abbildung 9: Nutzung des Kapitalmarktes - Mittelwerte
178
Abbildung 10: Umfang der strategischen Kontrolle - Mittelwerte
180
Abbildung 11: Fokussierung der operativen Kontrolle - Mittelwerte
182
Abbildung 12: Ergebnisse der Hypothesenpriifung zum Zusammenhang von Gestaltung und Erfolg der Kontrolle
186
Abbildung 13: Ergebnisse der Hypothesenprufung zum Zusammenhang von Kontextfaktoren und Gestaltung der Kontrolle - hypothesengeleitetes Modell... 190 Abbildung 14: Ergebnisse der Hypothesenprufung zum Zusammenhang von Kontextfaktoren und Gestaltung der Kontrolle - alternatives Modell
195
A
Einfiihrung
1.
Motivation und Zielsetzung
Fragen der Steuerung von Beteiligungen haben aufgrund der wichtigen Rolle von Konzemen in der Praxis marktwirtschaftlicher Wirtschaftssysteme hohe Relevanz. Schatzungen zufolge sind bei weiter steigender Tendenz rund 90% der Aktiengesellschaften und knapp die Halfte der Gesellschaften mit beschrankter Haftung in Deutschland konzemverbunden.' Insbesondere die Bedeutung der im Rahmen dieser Arbeit betrachteten Management-Holding hat in den letzten Jahren stark zugenommen.^ Diese ist idealtypisch durch die Ubemahme strategischer Aufgaben durch die Holding charakterisiert, wahrend die Sicherstellung der Funktionsfahigkeit des operativen Geschafts weitgehend in den Aufgabenbereich der Tochtergesellschaften fallt.^ Management-Holdings werden in der Literatur insbesondere zur Steuerung von Konzemuntemehmen mit heterogenem, in der Regel horizontal diversifiziertem Leistungsprogramm empfohlen/ Da in der Konzemspitze nur schwerlich fur jede Branche ausreichend spezifisches Wissen vorgehalten werden kann, liegen haufig hohe Wissensdefizite bei den Akteuren in der Holding vor. Dennoch wird dem Management in der Muttergesellschaft die Aufgabe der strategischen Steuerung der Tochtergesellschaften tiberantwortet.' Es wird dabei durch das institutionalisierte Beteiligungscontrolling unterstiitzt.
Vgl. Emmerich/Sonnenschein/Habersack (2001), S. 4 sowie die dort angegebene Literatur. Die steigende Zahl von Untemehmenstransaktionen und aktuelle Meldungen iiber Konzemumstrukturierungen lassen darauf schlieBen, dass der Verbreitungsgrad der Organisationsform des Konzems noch nicht an seinem Hohepunkt angelangt ist; vgl. Borchers (2000), S. 2. Vgl. Wurl/Mayer (1999), S. 13ff Als weiteres Indiz fiir die hohe Bedeutung der ManagementHolding vgl. die Ergebnisse einer Anfang 2000 durchgefiihrten Befragung von Ahrend (2001), S. 104. Danach bezeichnete sich die Mehrzahl der DAX 30-Konzeme als Management-Holding. Vgl. Buhner (1992), S. 35ff. Diese hierarchische Aufgabentrennung in Strategieentwicklung bei der Holding und operative Verantwortung bei den Tochtergesellschaften ist in der Praxis jedoch selten anzutreffen. Vielmehr wird empfohlen, die der Tochter gewahrte operative Autonomic bedarfsbezogen einzuschranken, wenn dies aus Konzeminteressen notwendig erscheint; vgl. Keller (1992), S. 19. Vgl. Naumann (1993), S. 241; Lube (1997), S. 25. Vgl. Buhner (1992), S.35ff
2
Teil A: Einjuhrung
Im Rahmen der Aktivitaten des Beteiligungscontrollings kommt der Kontrolle eine zentrale Bedeutung zu: So zeigt die empirische Studie von BORCHERS/TREBES ZU den Aufgaben von Beteiligungscontrollem, dass die Kontrolle mit 60% die am haufigsten genannte Aufgabe von Beteiligungscontrollem ist."" Die betriebswirtschaftliche Literatur zum Beteiligungscontrolling behandelt die Kontrolle von Beteiligungen dabei oftmals als ein formalisiertes System zur Uberwachung dezentraler Einheiten mittels wertorientierter Kennziffem.^ In diesem „engen'' Kontrollverstandnis ist das Beteiligungscontrolling mit der Tatsache konfrontiert, dass der Begriff der Kontrolle in der betriebswirtschaftlichen Literatur zumeist negativ belegt ist*' und mit enger Uberwachung bzw. Herrschaftssicherung assoziiert wird.** In der vorliegenden Arbeit wird davon ausgegangen, dass eine solche Sicht der Kontrolle zu kurz greift. Die Kontrolle von Beteiligungen wird vielmehr als spezifischer Lemprozess interpretiert, in dessen Rahmen nicht nur den zugrunde liegenden Instrumenten und Systemen, sondem auch der Interaktion zwischen den Akteuren von Mutter- und Tochtergesellschaft hohe Bedeutung zukommt."^ Ein Blick in die Literatur zeigt, dass die erfolgreiche Gestaltung der Kontrolle von Beteiligungen in borsennotierten Management-Holdings durch das Controlling bislang nur rudimentar behandelt wurde. Lediglich die Arbeit von LiTTKEMANN" stellt empirisch einen Bezug zwischen der Gestaltung des Beteiligungscontrollings und seiner Effizienz her. Er kommt zu dem Ergebnis, dass sich vorhandene Ineffizienzen in erster Linie auf erhebliche Schnittstellenprobleme zuriickfuhren lassen und dass sich ein effizientes Beteiligungscontrolling vomehmlich durch den simultanen Einsatz von strukturellen und personellen bzw. technokratischen Steuerungsinstrumenten auszeichnet.'Weiterfuhrende Erkenntnisse liegen noch nicht vor. Es herrscht insofem eine bemer-
' Vgl. Borchers/Trebes (1999), S. 24ff. ^ Vgl. beispielsweise Pellens/Rockholtz/Stienemann (1997); Reichmann/Hullmann (1999); Schmidtbauer (1999); Bassen/Schulz (2000); Beck/Lingnau (2000); Pellens/Tomaszewski/Weber (2000); Ziegler (2000); Morgner/Schmidt (2001) sowie die Dissertationen von Bergmann (1996); Nicklas (1998); Schmidtbauer (1998); Vogel (1998); Landsmann (1999); Dolny (2003) und Hullmann (2003). ' Vgl. z.B. Gabele (1982), S. Vllf.; Delhees (1985), S. 66ff. ^ Vgl. Schmidt (1993b), S. 222. '" Vgl. ausfuhrlich Schaffer (2001a), S. 27ff. " Vgl. Littkemann (2001). '- Vgl. Littkemann (2001), S. 1291ff.
Teil A: Ein/uhrung
3
kenswerte Diskrepanz zwischen hoher praktischer Relevanz einerseits und vergleichsweise geringem theoretischen Aufarbeitungs- und Durchdringungsgrad andererseits. Ausgehend von diesem Forschungsdefizit besteht die grundlegende Zielsetzung der vorliegenden Arbeit in der Ableitung und Uberpriifung von Strategien zur Maximierung des Erfolgs der Kontrolle von Beteiligungen in borsennotierten ManagementHoldings. Aus dieser umfassenden Zielsetzung lassen sich mehrere Einzelziele ableiten: 1. Bislang ist liber den Stand der Kontrolle von Beteiligungen nur wenig bekannt. Insbesondere existieren kaum empirische Erkenntnisse dariiber, wie die Kontrolle in borsennotierten Management-Holdings ausgestaltet ist. Vor diesem Hintergrund zielt die erste Forschungsfrage auf eine empirische Bestandsaufnahme der Kontrolle von Mehrheitsbeteiligungen in borsennotierten Management-Holdings aus der Perspektive des institutionalisierten Beteiligungscontrollings. Dies tragt zu einem Vorverstandnis des Untersuchungsgegenstandes bei. Die erste Forschungsfrage lautet somit: Wie ist die Kontrolle von Beteiligungen in borsennotierten
Management-Holdings
ausgestaltet? 2. Es herrscht weitgehende Ubereinstimmung, dass das Beteiligungscontrolling durch situative Faktoren beeinflusst wird." Allerdings liegen dazu nur unzureichende empirische Erkenntnisse vor."* Angesichts dieses Forschungsbedarfs wird im Rahmen der Beantwortung der zweiten Forschungsfrage untersucht, von welchen Einflussfaktoren die Kontrolle als bedeutende Tatigkeit des institutionalisierten Beteiligungscontrollings abhangt. Die zweite Forschungsfrage lautet dementsprechend: Welche situativen Faktoren beeinflussen die Kontrolle von Beteiligungen in borsennotierten Management-Holdings ?
'- Vgl. z.B. Lenhard (1996), S. 312ff.; Horvath (1997), S. 82ff.; Lube (1997). S. 274ff. sowie den Uberblick zu moglichen Determinanten bei Borchers (2000), S. 60ff. und Littkemann (2004c), S. 34. '^ Eine Ausnahme stellt der bereits zitierte Beitrag von LITTKEMANN dar, der in seiner dyadischen Erhebung getrennt konzemspezifische und beteiligungsspezifische Kontextfaktoren untersucht hat; vgl. Littkemann (2001), S. 1286ff.
4
Teil A: Einfuhrung
3. Die praktische Relevanz der Kontrolle wird in hohem Mafie durch die Erfolgswirksamkeit bestimmt. In dem MaBe, wie das Erfolgspotenzial unbekannt ist, erscheint aber auch jede praskriptive Aussage liber die Kontrolle von Beteiligungen nicht unproblematisch. Unter Rlickgriff auf das Begriffspaar der Effektivitat und Effizienz leitet sich die dritte Forschungsfrage ab: Wie wirkt sich die Gestaltung der Beteiligungskontrolle auf den Erfolg der Kontrolle aus? Aus den konzeptionellen und empirischen Defiziten der relevanten ControllingLiteratur resultiert dabei die Notwendigkeit, auch auf Literatur aus angrenzenden Disziplinen zu rekurrieren. Neben dem Themenkomplex des strategischen Managements, der aufgrund der engen Verbindung zur strategischen Kontrolle weiterfuhrend erscheint,'^ werden sozialpsychologische Erkenntnisse, insbesondere der Motivationsund Lemtheorie, herangezogen, da Kontrolle als dynamischer Prozess einen standigen Lemvorgang mit inhaltlichen, prozessualen und verhaltenskonstituierenden Auswirkungen darstellt. Eine weitere Quelle bildet Literatur zur Finanzierungstheorie, die Erkenntnisbeitrage zur Beurteilung des Rationalitatssicherungspotenzials von Finanzanalysten liefert. Die Marketingforschung, deren empirische Erfolgsfaktorenforschung weit vorangeschritten ist,'" gibt schlieBlich wichtige Anhaltspunkte zur Erfolgswirksamkeit von Kontrollinformationen. Neben dem Rlickgriff auf verwandte Disziplinen wurden im Vorfeld zahlreiche Interviews mit Praktikem aus dem Beteiligungscontrolling gefiihrt, um die Tragfahigkeit der aufgestellten Hypothesen zu liberprlifen. Bei der Hypothesenprufung wird zweiten Schritt verlassen, indem Modifikationen zur Verbesserung Zulassigkeit Folge geleistet wird. chung im Uberblick.
das zunachst konfirmatorische Vorgehen in einem den vom Statistik-Programm LISREL geforderten der Anpassungsglite nach Uberprtifung inhaltlicher Abbildung 1 zeigt den Bezugsrahmen der Untersu-
'• Vgl. Pfohl/Stolzle (1997), S. 21 mit Verweis auf Steinmann/Schreyogg (1993), S. 15Iff. "* Vgl. zum Stand der empirischen Forschung im Marketing stellvertretend Homburg/Klarmann (2003), S. 66ff
Teil A: Einfuhrung
1
Kontextfaktoren
Gestaltung der Kontroile
Erfolg der Kontroile
Abhildung 1: Bezugsrahmen der Untersuchung
2.
Vorgehen und Methode
Die vorliegende Arbeit ist in acht Kapitel gegliedert. Das auf den einleitenden Teil folgende Kapitel B enthalt die begrifflichen und konzeptionellen Grundlagen der Arbeit. Nach einer Literaturiibersicht werden die Management-Holding als Untersuchungsobjekt und die Grundlagen der Beteiligungskontrolle dargestellt. Die Herleitung der Hypothesen zur erfolgreichen Gestaltung der Beteiligungskontrolle ist Gegenstand von Kapitel C. Darauf aufbauend werden in Teil D Hypothesen zum Einfluss moglicher situativer Faktoren auf einzelne Gestaltungsparameter der Kontroile abgeleitet. Die in Kapitel C und D entwickelten Forschungsmodelle werden in Teil E operationalisiert, um sie einer empirischen Uberpriifling zuganglich zu machen. Gegenstand von Teil F ist die methodische Konzeption der empirischen Untersuchung. Es werden die der empirischen Uberpriifung zugrunde gelegten Daten dargestellt, die Konstrukte im Hinblick auf Reliabilitat und Validitat iiberpruft sowie die fur die Analyse verwendeten Methoden der Dependenzanalyse erlautert. In Teil G werden die Ergebnisse der empirischen Untersuchung beschrieben. Nach einer Bestandsaufnahme zur Ausgestaltung der Kontroile werden die Hypothesen zur Erfolgs- bzw. Kontextabhangigkeit der Kontroile uberpruft. Der abschlieBende Teil H fasst die Ergebnisse der Arbeit zusammen und bewertet sie aus wissenschaftlicher Sicht. Darauf aufbauend werden die Implikationen erortert, die sich aus der Arbeit fiir die wissenschaftliche Forschung und Praxis ergeben. Die Untersuchung folgt primar einer empirischen Forschungsstrategie, d.h. sie „ist vor allem durch das Bemtihen um eine systematische Erfahrungsgewinnung gekennzeichnet. Diese Erfahrungsgewinnung richtet sich nach bestimmten Methoden, die etwa im
6
Teil A: Einfiihung
Bereich der empirischen Sozialforschung bzw. der induktiven Statistik niedergelegt sind. Die gewonnenen Erfahrungen werden [...] in der Absicht verwendet, bestimmte Aussagen tiber die Realitat zu priifen und damit entweder ihre Geltung zu begriinden Oder ihren Wahrheitsmangel zu belegen'"\ Die Entwicklung der zu prufenden Hypothesen erfolgt unter Bezug auf das der Arbeit zugrunde gelegte Ftihrungsmodell und bisher geleistete Forschungsbeitrage zum Controlling und anderer Forschungsgebiete. Durch diese Elemente der sachlich-analytischen Forschungsstrategie sollen die Schwachen eines radikalen Empirismus bzw. theorielosen „Dataismus" vermieden werden.'*
" Grochla (1976), S. 634. Vgl. zu den Forschungsstrategien ausfuhrlich Grochia (1978), S. 67ff. "^ Vgl. Schanz( 1975), S. 324.
B
Begriffliche und konzeptionelle Grundiagen
1.
Literaturiiberblick zur Kontrolle von Beteiligungen
Im Folgenden wird ein Literaturiiberblick iiber die Kontrolle von Beteiligungen in der deutsch- und englischsprachigen Literatur gegeben. Besonderes Augenmerk wird dabei auf die Besonderheiten der Kontrolle von Beteiligungen im Vergleich zum Einheitsuntemehmen gelegt, die - wie sich in Abschnitt 3.4.5 zeigen wird - aus der Organisationsform des Konzems und den fiir das Beteiligungscontrolling charakteristischen Interaktionen zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft resultieren. Zu Beginn des Literaturiiberblicks seien die zwei zentralen Begriffe der vorliegenden Arbeit, Kontrolle und Beteiligungscontrolling, voneinander abgegrenzt. 1.1
Begriffliche Abgrenzung
Defmiert man Beteiligungscontrolling als Rationalitatssicherung der Beteiligungsfiihrung, ergibt sich - wie spater noch zu zeigen sein wird -, dass Durchsetzung und Kontrolle der Fiihrung zwei Teilfunktionen eines Beteiligungscontrollings sind, das die Funktion der Antizipation von Rationalitat erganzt. Beteiligungscontrolling ist dann eine Managementfunktion, die schwerpunktmaBig von Beteiligungscontrollem durch spezifische Dienstleistungen unterstiitzt wird.'^ Im Rahmen dieser Untersttitzungsfunktion kommt der Kontrolle eine zentrale Bedeutung zu.-^ Zwar wird die enge Verbindung von Controllem zur Kontrolle in der Literatur teilweise negiert,'' doch ist sie in praxi unumstritten. WEBER konstatiert z.B.: „Kontrolle ist
'^ Diese Unterstutzungsleistung muss nicht zwangslaufig dem institutionaiisierten Beteiligungscontrolling iiberantwortet werden. Auch weitere Akteursgruppen wie beispielsweise die Konzementwicklung, die interne Revision oder interne Berater sowie Untemehmensexteme wie beispielsweise Wirtschaftspriifer, exteme Berater oder Aufsichts- und Beirate konnen Unterstiitzungsleistungen erbringen und somit rationalitatssichemd wirken; vgl. dazu die Ausftihrungen in den Abschnitten B3.2 sowie B3.3. ^^ Vgl. nochmals die empirische Erhebung von Borchers/Trebes (1999), S. 24ff. -' Vgl. z.B. Horvath (2003), S. 168: „Eine extrem verengte Sicht setzt das Controlling mit der Kontrolle gleich. Haufig ist dies die Position der Gegner des Controlling. Die extreme Gegenposition
S
Teil B: Begriffliche und konzepfionelle Grundlagen
eine Kemaufgabe von Controllem, auch wenn dies verbal haufig kaschiert wird/'- Die hohe Bedeutung der Kontrolltatigkeit von Controllem wurde in zahlreichen empirischen Erhebungen bestatigt.^' Neben hoher praktischer Relevanz konnten SCHAFFER/WlLLAUER-' und DEHLER^' zudem das Erfolgspotenzial der Kontrolle in Geschaftseinheiten deutscher Untemehmen mittels Kausalanalyse empirisch nachweisen. 1.2
Deutschsprachige Literatur
Das Beteiligungscontrolling ist Gegenstand zahlreicher Monographien. BORCHERS, dessen Dissertation haufig als Referenz flir den Stand des Beteiligungscontrollings herangezogen wird, handelt die Kontrolle von Beteiligungen in Management-Holdings vergleichsweise kurz ab;-^ die in seiner Arbeit zu Anfang abgeleiteten Spezifika des Controllings von Beteiligungen im Vergleich zum Einheitsuntemehmen'^ werden da-
mundet in der These: Der Controller kontrolliert nicht!''\ Ahnhch auch Kupper (2001), S. 180: „Offensichtlich weist die Kontrolle Beziehungen zum Controlling auf. In der Praxis wird man mit zwei Extrempositionen konfrontiert: die eine behauptet. Controlling sei in Wirklichkeit Kontrolle, die andere legt besonderen Wert darauf, Controlling nicht mit der Kontrolle zu verwechseln. Die erste Position wird von Gegnem des Controlling vertreten, die behaupten, seine Einfiihrung diene eigentlich der Verstarkung von Kontrollen. Die Gegenposition will Widerstande gegen das Controlling dadurch vermindem, dass sie die in ihm enthaltenen Kontrollaspekte zuriickdrangt. Dies miindet in der plakativen These Kontrolle ist gut. Controlling ist besser'. [...] Eine Gleichsetzung von Controlling und Kontrolle wiirde eine unzweckmaBige Verengung seiner Aufgaben bedeuten und viele Impulse auBer acht lassen, die mit seiner Entwicklung in den vergangenen Jahrzehnten verbunden waren. Andererseits gibt es Uberschneidungen zwischen Controlling und Kontrolle. [...] Fiir die Wahmehmung von Koordinationsaufgaben und die Erfullung der anderen Zwecksetzungen des Controlling erstreckt sich dessen Aufgabenbereich auch auf Kontrolltatigkeiten." Weber (1998), S. 313. Ahnlich auch Schneider (1994), S. 331. Vgl. Krystek (1991), S. 18; Kosmider (1994), S. 94; Niedermayr (1994), S. 214f.; Stoffel (1995), S. 159 sowie die Stellenanzeigenanalyse von Weber/Kosmider (1991), S. 28. Vgl. Schaffer/Willauer (2002). Sie zeigen in ihrer Studie positive Zusammenhange zwischen der Verbindung der Kontrolle mit der Planung sowie der Kontrollintensitat auf der einen Seite und der Effektivitat von Willensbildungs- und Willensdurchsetzungsfunktion der Planung auf der anderen Seite auf Diese Zusammenhange konnten iiber unterschiedliche Branchen und GroBen der Geschaftseinheit hinweg generalisiert werden. DEHLER untersucht in seiner Dissertation den Einfluss unterschiedlicher Komponenten einer flussorientierten Untemehmensfiihrung auf den Logistikerfolg, den er in die Facetten Logistikleistung und Logistikkosten aufteih. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass eine umfassende Kontrolle von flussorientierten Zielsetzungen zu einer deutlichen Steigerung beider Erfolgskomponenten fiihrt. Damit gehort die Kontrolle zu den Faktoren, die einen besonders starken Einfluss auf den Erfolg der Logistikleistung besitzen; vgl. Dehler (2001), S. 225. Zu weiteren empirischen Studien, die das Erfolgspotenzial der Kontrolle belegen, vgl. Abschnitt. C2.2.1.3.2. Vgl. Borchers (2000), S. 113ff Vgl. Borchers (2000), S. 3ff
Teil B: Beghfjliche und konzeptionelle Grundlagen
bei nicht aufgegriffen. Auch die Interaktionen zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft und die daraus resultierenden Verhaltenswirkungen werden in seiner Arbeit nicht adressiert. Die Problematik stellt sich in ahnlicher Weise bei den Dissertationen von KLEINSCHNITTGER^^ und SCHMIDTBAUER-^ sowie den Monographien zum Konzem- und Beteiligungsmanagement^". Letztere behandeln die Kontrolle vergleichsweise knapp als Teilaspekt der Konzem- bzw. Beteiligungsfiihrung. Die oftmals allgemein gehaltenen Abhandlungen lassen zudem keine Besonderheiten der Beteiligungskontrolle erkennen. Eine Ausnahme stellt die Dissertation von AHREND^' dar. Er entwickelt in seiner Arbeit eine mit verschiedenen Konfigurationen aus Gestaltungsparametem der strategischen Kontrolle und Kontextfaktoren des deutschen Konzems besetzte Typologie der strategischen Kontrolle und iiberpriift die praktische Nutzbarkeit der daraus abgeleiteten Empfehlungen anhand einer Fallstudie eines Konzems der Energieversorgungsbranche. Er beschrankt sich dabei jedoch auf formale Aspekte; Verhaltenswirkungen bleiben weitgehend unbeachtet. Die unzureichende Behandlung der Kontrolle von Beteiligungen in Monographien ist nicht verwunderlich, da sich der Begriff der Kontrolle keiner groBen Beliebtheit erfreut. „Wer will sich schon geme kontrollieren lassen? Bedeutet nicht Kontrolle meist den Versuch einer extemen Person oder Institution, Einfluss zu gewinnen und sich gegen den eigenen Willen durchzusetzen zu versuchen? ... Kontrollen ... werden meist als lastig, unerwunscht oder gar verhasst empfunden, Kontrollen sind unbeliebt."^^ Die aufgezeigten Defizite der Behandlung der Kontrolle in Monographien gelten auch fiir Beitrage in betriebswirtschaftlichen Zeitschriften, die sich mit Aspekten des Betei-
Vgl. Kleinschnittger (1993). Die Besonderheiten der Kontrolle sieht er insbesondere in der Aufgabenverteilung von Mutter- und Tochtergesellschaft, ohne dabei auf eine bestimmte Organisationsform zu rekurrieren. Zwar streift KLEINSCHNITTGER die gangigen Kontrollaufgaben; auf die Bedeutung des fur das Beteiligungscontroiling charakteristischen Zusammenspiels zwischen Akteuren der Mutter- und Tochtergesellschaft geht er jedoch nicht naher ein. Vgl. Schmidtbauer (1998), S. 27Iff. Vgl. Binder (1994a), S. 138; Baader (1997), S. 82ff. SieheAhrend(2001). Gabele (1982), S. VlJl. sowie weiter Thieme (1982), S. 1: „Kontrolle wirkt fur den Kontrollierten haufig belastend."; Engelhardt (1983), S. 985: „Kontrollen sind gewohnlich unpopular."; Delhees (1985), S. 66: „Jede Art von Kontrolltatigkeit ruft (wenigstens anfanglich) beim Betroffenen Unbehagen hervor. Kontrollen sind unbeliebt."; Weber (1998), S. 133: „Kontrolle stellt wohl den am wenigsten geliebten' Teilbereich der Fiihrung dar."
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Teil B: Beghjfliche und konzeptionelle Grundlagen
ligungscontrollings befassen. Sie behandeln die Kontrolle von Beteiligungen oftmals als ein formalisiertes System zur Uberwachung dezentraler Einheiten mittels wertorientierter Kennzahlen.'' Zwar wird das Wort Kontrolle - vermutlich aus den oben aufgefiihrten Griinden - gemieden; de facto dienen marktorientierte Kennziffem jedoch in erheblichem MaBe der Kontrolle.'^ Eine weitergehende Betrachtung der mit der Kontrolle verbundenen Verhaltenswirkungen findet sich lediglich in dem Beitrag von STEINLE/THIEM/DUNSE, die auf der Basis von Experteninterviews auf verhaltensinduzierte Dysfiinktionalitaten durch eine inadaquate Kontrollgestaltung hinweisen und Ansatze zu deren Uberwindung aufzeigen.'Die unzureichende konzeptionelle Behandlung der Kontrolle von Beteiligungen in der deutschsprachigen Literatur spiegelt sich auch in empirischen Arbeiten wider. Hervorzuheben ist die Arbeit von NAUMANN, der in seiner Erhebung unter 26 ManagementHoldings die Aufgabenverteilung zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft bei der Abweichungsanalyse sowie dem Erarbeiten von Korrekturvorschlagen^^ untersucht und aufgrund der von ihm festgestellten hohen Eingriffstiefe der befragten Management-Holdings in operative Angelegenheiten der Tochtergesellschaften auf potenzielle Motivationsverluste bei den dezentralen Einheiten hinweist." Ansonsten dominieren deskriptive Analysen zu marktorientierten Kennziffem.'** Zutreffend adressieren MELLEWIGT/MATIASKE in ihrer empirischen Bestandsaufnahme zum Stand der Konzemforschung aus dem Jahr 2000 dieses methodische Defizit und fordem „die Aufstellung und Uberpriifung variablenreicher Modelle und die Analyse komplexer Abhangigkeitsstrukturen, etwa mit Hilfe der Kausalanalyse""^. Ihrer Forderung ist seitdem ledig-
'' Vgl. stellvertretend Schmidtbauer (1999); Beck/Lingnau (2000); Morgner/ Schmidt (2001), S. 4Iff '" Vgl. die empirische Bestandsaufnahme bei Steiners (2005), S. 178, der in seiner jiingst veroffentlichten Dissertation zu dem Ergebnis kommt, dass die Nutzung von Controllinginformationen zur Kontrolle die hochste Intensitat aufweist, wohingegen die in der Literatur am haufigsten diskutierte Nutzung zur Willensbildung im Durchschnitt weniger intensiv ist. Vgl. zur Typologie der Nutzung von Controllinginformationen auch Schaffer/Steiners (2004). '' Vgl. Steinle/Thiem/Dunse (1998). '' Vgl. Naumann (1993), S. 293 '^ Zu einem ahnlichen Ergebnis kommt auch SCHMIDT. Zielen die Absichten des Controllings dominant auf eine rigide Uberwachung und sanktionierende Kontrolle der Tochter ab, wiirde dies zu dysfunktionalem Verhalten der dezentralen Akteure fiihren. Ein effizientes Konzemcontrolling sollte daher fehlertolerant und lemfahig sein; vgl. Schmidt (1993a), S. 149f '' Vgl. Bassen/Schulz (2000); Pellens/Tomaszewski/Weber (2000). •^ Mellewigt/Matiaske (2000), S. 626. Zudem bemangeln MELLEWIGT/MATIASKE, dass in fast alien untersuchten Studien auf die explizite Formulierung von Hypothesen ganzlich verzichtet worden
Teil B: Begriffliche und konzepfionelle Grundlagen
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lich LiTTKEMANN nachgekommen, der einen Bezug zwischen Gestaltung und Erfolg des
Beteiligungscontrollings
herstellt
und
damit
erstmals
Ursache-Wirkungs-
zusammenhange mittels multivariater statistischer Verfahren aufzeigt."^^ Er kommt in seiner schriftlichen Befragung von zentral tatigen Controllem aus 30 DAX- bzw. MDAX-Untemehmen und von lokal tatigen Controllem aus 80 zu den jeweiligen Untemehmen gehorenden Tochtergesellschaften zu dem Ergebnis, dass sich vorhandene Ineffizienzen in erster Linie auf erhebliche Schnittstellenprobleme zuriickfuhren lassen und dass sich ein effizientes Beteiligungscontrolling vomehmlich durch den simultanen Einsatz von strukturellen und personellen bzw. technokratischen Steuerungsinstrumenten auszeichnet.'*' Weiterfiihrende Erkenntnisse liegen nicht vor. Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die Behandlung der Kontrolle von Beteiligungen in der deutschsprachigen Literatur bislang wenig Aufmerksamkeit erhalten hat. Vor allem vier Kritikpunkte sind festzustellen: Erstens ist die Beschrankung auf formalisierte Aspekte der Kontrolle zu bemangeln. Zwar ist die formelle Gestaltung der Kontrolle eine unverzichtbare Grundlage fur die Behandlung des Kontrollphanomens; sie geht aber notwendigerweise sehr abstrakt und allgemeingtiltig mit diesem Problem um und ist zu wenig differenziert und gestaltungsorientiert, urn Aussagen mit direktem Anwendungsbezug ableiten zu konnen. Eine in diesem Sinne weitergehende Auseinandersetzung unter Beriicksichtigung von Fragen der Verhaltenswirkungen und der verhaltenswissenschaftlichen Voraussetzungen der Kontrolle ist nicht erfolgt. Zweitens werden die aus der Organisationsform des Konzems resultierenden Spezifika der Kontrolle nur unzureichend beriicksichtigt. Zwar fmden sich in den Monographien zum Beteiligungscontrolling und Konzemmanagement regelmafiig Ausfuhrungen zu Kontrollaspekten, jedoch sind diese Ausfuhrungen vergleichsweise knapp und allgemein gehalten. In konzeptioneller Hinsicht fmdet oftmals lediglich eine weitgehend unmodifizierte Ubertragung bestehender Ausfuhrungen der Kontrolle auf die Verhaltnisse im Konzem statt. Kritisch anzumerken ist drittens die isolierte Betrachtungsweise der Kontrolle. Es fehlt mithin eine integrative Sichtweise des Kontrollphanomens,
sei. Es dominierten in der Datenauswertung deskriptive statistische Verfahren; haufig wurden lediglich Haufigkeiten dargestellt werden. Zu einem ahnlichen Ergebnis kommen auch LlTTKEMANN/DERFUB in ihrem Uberblicksbeitrag uber empirische Studien zur Organisation des Beteiligungscontrollings; vgl. Littkemann/DerfuB (2004), S. 11 Iff. '" Vgl. Littkemann (2001), S. 1283ff; Littkemann (2004c), S. 33ff " Vgl. Littkemann (2001), S. 1291ff.
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Teil B: Beghffliche und konzepfionelle Grundlagen
die - ausgehend von der Kontrolle - Riickkopplungen und Wechselwirkungen zu den anderen Fiihrungssystemen wie beispielsweise der Informationsversorgung behandelt/- SchlieBlich gibt es viertens keine empirische Arbeit, die Erfolgsauswirkungen der Kontrolle von Beteiligungen behandelt. Genau dies ist jedoch fiir die Ableitung gesicherter Handlungsempfehlungen notwendig. 1.3
Englischsprachige Literatur
Die Ubersetzung des Begriffs der Kontrolle fiihrt zum Begriff der Steuerung („contror'). Dieser wird - wie in geisteswissenschaftlichen Disziplinen iiblich - auBerst heterogen definiert. Schon die Ubersetzung bereitet Schwierigkeiten: „Clearly, there is no consistent definition of the concept of control, leading inevitably to divergent approaches to the study of it/''" So setzen einige Autoren „contror' mit Kontrolle gleich,^" andere mit Durchsetzung und wieder andere verstehen „control" als Steuerung, die Durchsetzung und Kontrolle umfasst. Diese letzte Sicht dominiert auch in der im Folgenden betrachteten Literatur zum strategischen Management intemationaler und diversifizierter Konzeme/' Englischsprachige Autoren haben sich auf diesem Gebiet intensiv mit unterschiedlichen Steuerungsmechanismen beschaftigt und dabei Ansatze zu deren Strukturierung entworfen/^ Im Rahmen der mit den Steuerungsaspekten verbundenen Teilaufgabe der
Vielfach liegt in der Verbindung der einzelnen Fuhrungsteilsysteme ein zentraler Engpass rationaJer Untemehmensfuhrung; vgl. Weber/Schaffer (1999c), S. 738ff. Flamholtz/Das/Tsui (1985), S. 36. Vgl. z.B. Brech (1961); Kootz/O'Donnel (1968). Vgl. z.B. Goold/Campbell (1988); Goold/Campbell/AIexander (1994). Den Beitragen zu diesem Themenkomplex liegt die Intention der Konzemfiihrung als „the best possible parent for its businesses" zugrunde. Vgl. z.B. Baliga/Jaeger (1984), die bei der von ihnen vorgeschlagenen Typologisierung zwischen kulturellen und burokratischen Steuerungsmechanismen differenzieren. MARTINEZ/JARILLO unterscheiden zwischen strukturellen und formellen Mechanismen auf der einen und informellen Mechanismen auf der anderen Seite; vgl. Martinez/Jarillo (1989). Trotz weiterer zahlreicher Ansatze zur Klassifizierung der Mechanismen konnte sich keine forschungsleitende und einheitliche Konzeption herausbilden. Weitgehende Ubereinstimmung der Autoren besteht jedoch in Bezug auf die Notwendigkeit einer parallelen Anwendung von Mechanismen unterschiedlicher Steuerungsklassen, da die alleinige Anwendung einer Klasse den Steuerungsbedarf nicht bewaltigen konne; vgl. dazu Baliga/Jaeger (1984), S. 33: „all organizations employ a mixture of both cultural and bureaucratic control mechanisms". Vgl. sinngemaB auch Doz/Prahalad (1984), S. 62 und Martinez/Jarillo (1989), S. 492. In der sich anschlieBenden Diskussion wurde insbesondere die Kontextabhangigkeit
Teil B: Beghffliche und konzeptioneUe Grundlagen
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Kontrolle stellen die Autoren primar auf die Auswahl verschiedener Kor\Xro\\mechaniswen ab und weniger auf die der Kontrolle zugrunde liegenden Prozessphasen der Gegenliberstellung von Soil- und Istwerten, der sich anschlieBenden Abweichungsanalyse und der Ableitung von GegensteuermaBnahmen/^ Gleichwohl bestehen Ansatze zum Kontrollprozess''^ insbesondere zur strategischen Kontrolle''^ die dem in der deutschsprachigen Literatur dominierenden Kontrollverstandnis naher kommen. Diese werden jedoch nicht explizit im Kontext des Konzems diskutiert. Dessen ungeachtet soil der in der bisherigen deutschsprachigen Literatur zum Beteiligungscontrolling weitgehenden Vemachlassigung intemationaler Erkenntnisse unter Hinweis auf die deutsche „Eigenart" des Controllings und des deutschen Konzems im Rahmen dieser Arbeit nicht gefolgt werden.^'^ Vielmehr sollen die Beitrage in intemationalen Zeitschriften, die sich mit ahnlich gelagerten Fragestellungen beschaftigen, an geeigneter Stelle dieser Arbeit aufgegriffen werden. Im nachsten Abschnitt soil zunachst die Management-Holding als Untersuchungsobjekt der vorliegenden Arbeit analysiert werden.
der unterschiedlichen Steuerungsmechanismen untersucht; vgl. Hamilton/Taylor/Kasjlak (1996); Chang/Taylor (1999); Muralidharan/Hamilton (1999); Richards (2000); Tseng/Yu/Seetoo (2002). In jijngerer Zeit stehen die Verhaltenswirkungen zwischen Managem der Mutter- und Tochtergesellschaft im Mittelpunkt der Diskussion; vgl. Andersson/Forsgren (1996) zu spezifischen Netwerkbeziehungen; zu Wahmehmungsunterschieden von Managem der Mutter- und Tochtergesellschaft hinsichtlich der Bedeutung der Tochtergesellschaft vgl. Birkinshaw et al. (2000). Insgesamt scheinen im Zusammenhang mit Verhaltenswirkungen zwischen Akteuren der Mutter- und Tochtergesellschaft nach wie vor konzeptioneUe und empirische Defizite vorzuliegen. Zu dieser Conclusio kam jiingst BARNER-RASMUSSEN, der „limited knowledge of the behaviour of key individuals in MNCs [Multinational Corporations, M.E.]" konstatierte (Bamer-Rasmussen (2003), S. 42). Dies trifft beispielsweise auf den vielzitierten Ansatz von GOOLD/QUINN zu, bei dem zwar neben dem Formalisierungsgrad und der Anzahl der LeistungsmaBe weitere Gestaltungsparameter im Rahmen der Fallstudien beschrieben werden, diese aber nicht in die Konzeption der strategischen Kontrolle einflieBen; vgl. Goold/Quinn (1990b). Zahlreiche der im angelsachsischen Schrifttum anzutreffenden Begriffe weisen die auf der Grundlage von Planabweichungen getroffenen Entscheidungen und die sich daraus ergebenen MaBnahmen zur Beseitigung der Abweichungen („corrective action") als zusatzliches Begriffsmerkmal aus; vgl. z.B. Newman (1963), S. 420; Terry (1968), S. 529f. Vgl. beispielsweise die Beitrage von Horovitz (1979), S. 2f.; Harrison (1991); Asch (1992), S. 105ff.; Eden/Ackermann (1993), S. 853ff sowie Ittner/Larcker (1997), S. 294. Vgl. dazu stellvertretend Borchers (2000), S. 10 mit Venveis auf Hoffmann (1993), S. 69.
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Teil B: Begriffliche und konzeptionelle Grundlagen
2.
Die Management-Holding als Analyseobjekt
2.1
Markt vs. Hierarchie als Spannungsfeld
Ende der 30er Jahre beschaftigte sich der Nationalokonom und spaterer Nobelpreistrager RONALD COASE mit der Frage der Existenz von Untemehmen und fasste seine Uberlegungen in dem Aufsatz „The Natur of the Firm" zusammen.-' Als Begrtinder der Transaktionskostentheorie kritisiert COASE dabei insbesondere die neoklassischen mikrookonomischen Marktmodelle, in denen Tauschprozesse nur iiber Preise gesteuert werden konnen, Kosten der Koordination nicht berucksichtigt werden und infolgedessen ein Marktversagen nicht in Betracht gezogen wird." COASE stellt dem Marktmechanismus die in Untemehmen vorherrschende Hierarchie gegentiber, in der durch Weisungen koordiniert wird. Untemehmen existieren demnach, weil nicht alle Austauschprozesse effizient iiber den Markt koordiniert werden konnen. Aufbauend auf der Arbeit von COASE ist die Transaktionskostentheorie im Wesentlichen von WILLIAMSON im Zuge der Forschungsausrichtung der „New Institutional Economics" weiterentwickeh worden.-- WILLIAMSON stellt die Frage der effizienten Koordination sowie die Bedingungen, unter denen eine Koordination iiber den Markt Oder hierarchische Weisungen vorteilhaft ist, in den Mittelpunkt seiner Betrachtungen. Die Vorteilhaftigkeit bzw. Effizienz einer Koordinationsform wird in der Transaktionskostentheorie anhand von Transaktionskosten beurteilt. WILLIAMSON geht - ebenso wie COASE - davon aus, dass der Austausch von Giitem Kosten vemrsacht: „The economic counterpart of friction is transaction cost."''' Diese Reibungskosten beziehen
'' Vgl. den einflussreichen Aufsatz von Coase (1937). " Vgl. zur institutionenlosen Welt der neoklassischen Okonomik sowie zur Kritik stellvertretend fiir viele Gobel (2002), S. 28ff.; Richter/Furubotn (2003), S. 13ff. sowie die dort angegebenen Quellen. " Vgl. dazu und im Folgenden Williamson (1975); Williamson (1985); Williamson (1986); Williamson (1989); Williamson (1990a). Zu einem Oberblick uber die verschiedenen Forschungsausrichtungen vgl. Dorow/Weiermeier (1984), S. 191. Sie subsumieren darunter neben der Transaktionskostentheorie den Public-Choice-Ansatz, den Property-Rights-Ansatz, die Neue Konsumtheorie, die Theorie der Familie, die Humankapitaltheorie, die Okonomie der Nicht-Markt-Beziehungen und die okonomische Analyse des Rechts. Gleichwohl bezeichnen sie die Transaktionskostentheorie als Kern der Ansatze. Vgl. zum Verstandnis und Selbstverstandnis der „New Institutional Economics" auch Joskow (1995). '' Williamson(1981a), S. 552.
Teil B: Beghjfliche und konzepfionelle Grundlagen
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sich gemeinhin auf alle Kosten, die im Zusammenhang mit dem Leistungsaustausch entstehen/^ Darunter sind im Wesentlichen •
Anbahnungskosten,
•
Vereinbarungskosten,
• Kontrollkosten und •
Anpassungskosten
zu verstehen.^'* Anbahnungskosten sind Kosten, die bei der Inforaiationssuche und beschaffling anfallen. Sie stehen im Zusammenhang mit dem Bestreben, einen moglichst geeigneten Austauschpartner zu fmden. Kosten, die durch Verhandlungen, Einigung und Vertragsgestaltung entstehen, werden als Vereinbarungskosten bezeichnet. Die Sicherstellung von Vereinbarungen, beispielsweise uber Preise, Qualitat und Termine, verursacht Kosten, die bei der Oberwachung der Vertragserfiillung anfallen. Sie werden Kontrollkosten genannt. Anpassungskosten entstehen vorrangig aufgrund veranderter Rahmenbedingungen, die emeute Vertragsgestaltungen erforderlich machen. Neben der Zusammensetzung der Transaktionskosten ist deren Hohe von Bedeutung. Die Hohe der Transaktionskosten wird im Wesentlichen durch die Merkmale der Transaktion bestimmt, die vor dem Hintergrund von Verhaltensannahmen uber die Transaktionspartner relevant sind. Die Transaktionskostentheorie geht von zwei Verhaltensannahmen aus: Opportunismus und beschrankte Rationalitat.-^ Die Annahme der beschrankten Rationalitat von Entscheidungstragem erkennt an, dass das Handeln von okonomischen Akteuren zwar grundsatzlich effizienzorientiert ist, aber aufgrund beschrankter Kapazitat der Informationsaufnahme und -verarbeitung nicht vollkommen rational ist.'* Dem ,Jiomo oeconomicus" setzt die Transaktionskostentheorie damit eine „realistischere" Variante von Marktteilnehmen entgegen:
" Vgl. Coase( 1937), S. 390. '' Vgl. Picot( 1982), S. 270. " Vgl. Williamson (1981a), S. 553f. Eine dritte Annahme, Risikoneutralitat, wird lediglich zur Vereinfachung der Argumentation getroffen; vgl. Rindfleisch/Heide (1997). '* Vgl. Williamson (1981a), S. 553f sowie Dorenbach (1982); Hanke (1993), S. 8. Davon abzugrenzen ist die dem Rationalitatssicherungsansatz zugrunde liegende Zweck-Mittel-Rationalitat, die
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Teil B: Begriffliche und komeptionelle Grundlagen
„Unlike economic man, to whom hyperrationality is often attributed, organization man is endowed with less powerful analytical and data-processing apparatus/''^ Zweitens wird den Akteuren Opportunismus unterstellt. Hierunter wird ein strategisches, die Eigeninteressen verfolgendes Verhalten der Akteure verstanden,^ das sich im Extremfall durch Betrug und Tauschung zeigen kann. Aber auch subtilere Formen wie beispielsweise das Zuriickhalten von Informationen oder das Verschweigen zusatzlicher Handlungsaltemativen, die zu einer Schadigung des Partners fuhren, fallen hierunter. Dabei wird nicht seitens aller Akteure ein opportunistisches Verhalten angenommen, sondem nur seitens einiger. Es ist jedoch nicht bzw. nur unter Inkaufnahme hoher Kosten moglich, ex ante opportunistische und nicht-opportunistische Individuen zu unterscheiden.^' Die Transaktionstheorie postuliert des Weiteren Eigenschaften von Transaktionen, die die Kostenauswirkungen von begrenzter Rationalitat und Opportunismus determinieren." Eine erste Eigenschaft ist die Spezifitat von Investitionen („asset specifity"), d.h. das AusmaB, zu dem die Inputfaktoren speziell auf die Transaktion zugeschnitten sind und nur unter erheblichem Wertverlust fiir andere Transaktionen verwendet werden konnen.*^ Spezifische Investitionen haben einerseits den Vorteil, dass sie Produktionskosten senken konnen. Andererseits erhohen sie aber die Abhangigkeit des Untemehmens von der Realisierung der Transaktion, weil die spezifische Investition in anderen Verwendungen weniger Wert ware: „Although asset specifity can take a variety of forms, the common consequence is this: a condition of bilateral dependence builds up as asset specifity deepens."^ Zum Schutz davor, dass opportunistische Transaktionspartner die Abhangigkeit ausbeuten, z.B. um ex post in Nachverhandlungen Preisnachlasse zu erlangen, fallen ex ante fiir das Untemehmen hohere Transaktionskosten an, beispielsweise fiir die sorgfaltige Auswahl des Transaktionspartners und fiir das Aufsetzen des Vertrags.
nicht nur auf die Effizienz, sondem auch auf die Effektivitat des Handelns der Akteure zielt; vgl. dazuAbschnittB3.2.1. WiIHamson(1981a), S. 553. Vgl. Williamson (1975), S. 26. Vgl. Barney (1990). Vgl. Williamson (1979), S. 239; Williamson (1981b), S. 1546. Vgl. Williamson (1991), S. 281. „Assets" konnen dabei Maschinen, aber auch die Ausbildung von Mitarbeitem sein. Williamson(1991), S. 282.
Teil B: BegrifJIiche und konzeptionelle Grundlagen
Eine zweite Eigenschaft von Transaktionen ist die Unsicherheit („uncertainty") liber die zukiinftigen Umweltbedingungen des Transaktionspartners.^' Mit der Unsicherheit steigen wiederum sowohl die ex ante-Transaktionskosten, weil mehr Umwehzustande im Vertrag berucksichtigt werden miissen, als auch die ex post-Transaktionskosten, da bei unvorhergesehenen Situationen nachverhandelt werden und das Verhahen des Transaktionspartners kontrolliert werden muss. Eine dritte Eigenschaft von Transaktionen nach WILLIAMSON, die Transaktionshaufigkeit (^frequency"), hat in spateren Arbeiten vergleichsweise wenig Beachtung gefunden."" In neuerer Zeit ist die Dichotomisierung in markthche Koordination einerseits und hierarchische Koordination andererseits zunehmender Kritik unterworfen worden.^^ Als Zwischenform wird die sogenannte Hybridform betrachtet.^* WILLIAMSON hah den Begriff der Hybridform bewusst weit und subsumiert darunter „various forms of longterm contracting, reciprocal trading, regulation, franchising, and the like''.''^ Markt und Hierarchic stellen somit keine diskreten Strukturaltemativen dar, sondem beschreiben vielmehr die zwei Extrempunkte eines Kontinuums.^*^
Vgl. Knight (1965), S. 269f und Williamson (1985), S. 57ff. Williamson (1981a), S. 576. Zur weiterfuhrenden Literatur sei auf Demsetz (1968); Domros (1994), S. 74 sowie Ebers/Gotsch (1999), S. 228ff. verwiesen. Vgl. zu den Kostenauswirkungen von Spezifitat und Unsicherheit insbesondere Rindfleisch/Heide (1997), S. 46. Vgl. beispielsweise Richardson (1972), S. 883; Grentschmann (1986), S. 388; Thorelli (1986); Powell (1987); Borys/Jemison (1989); Powell (1990); Walker/Poppo (1991). Vgl. Williamson (1991). Beeinflusst wurde diese Entwicklung stark von den Ideen MACNEILS beziiglich unterschiedlicher Vertragsfoimen in der okonomischen Welt (klassischer, neoklassischer und relationaler Vertrag; vgl. Macneil (1978); Macneil (1980); Macneil (1983)). Dies wird deutlich bei Williamson (1979), S. 247ff. WILLIAMSON nimmt hier eine Zuordnung der verschiedenen Vertragsformen zu sogenannten „govemance forms" vor. In diesem Beitrag wird auch bereits die spater von ihm als „Hybridform" bezeichnete Zwischenform vorweggenommen, die er in diesen Ausfuhrungen als „bilateral governance" bezeichnet. Diese werden angewandt bei „transactions of the mixes and highly idiosyncratic kinds", wobei „the autonomy of the parties is maintained" (Williamson (1979), S. 250). Williamson (1991), S. 280. Vgl. Jensen/Meckling (1976), S. 31 Of; Picot (1982), S. 273ff.; Hungenberg (1995), S. 88ff Aus sozialtheoretischer Sicht vgl. Vanberg (1982), S. 78ff. Zudem wird das eindimensionale Strukturiemngsprinzip kritisiert. Begreift man die Hierarchic als geplante Organisation und den Markt als spontane Ordnung im Sinne VON HAYEKS (vgl. von Hayek (1976)), ist die Hierarchic durch die vertikale Koordination der Handlungstrager und das Vorhandensein eines einheitlichen Zweckwillens charakterisiert (vgl. Albach/Albach (1989), S. 13). Damit konnen unter Zugrundelegen dieser zweidimensionalen Strukturierung neben der vertikalen Koordination zwei Formen horizontaler Koordination unterschieden werden: die gegenseitige Abstimmung kooperierender Handlungstrager und die horizontale Koordination von ihre individuellen Zwecke verfolgenden Handlungstragem, die iiber den Preismechanismus bzw. Verhandlungen erfolgt. Vgl. dazu die Erlauterungen bei
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Teil B: Begrifjliche und konzeptionelle Grundlagen
Ein weiterer Vorwurf liegt in der zu analytischen Zwecken getroffenen Annahme opportunistischen Verhaltens.^' Dieser Schwache wird im weiteren Verlauf der Arbeit dadurch begegnet, dass die Annahme opportunistischen Verhaltens bei der Modellierung des Zusammenspiels von Akteuren unter Rtickgriff auf die dynamische Theorie okonomischer Akteure zwar angelegt ist, jedoch nicht zwingend bei jedem einzelnen Akteur vorkommen muss. Zudem lassen sich Tatbestande wie beispielsweise Vertrauen oder Commitment modellieren und somit die aus der Neuen Institutionenokonomie gewonnenen Erkenntnisse erganzen. Bezogen auf das Untemehmen versucht die Transaktionskostentheorie zum einen, Fragen zu den Grenzen des Untemehmens und zum anderen zur Gestaltung der optimalen Organisationsstruktur des Untemehmens zu beantworten. In beiden Fallen ist jene Losung optimal, welche die entstehenden Transaktionskosten minimiert. Die Grenzen des Untemehmens lassen sich aus dem Vergleich intemer Koordinationskosten mit den Transaktionskosten bei Koordination liber den Markt ableiten. Aus dieser Sicht werden Untemehmen dann gebildet, wenn (und soweit) Transaktionen intem effizienter abgewickelt werden konnen als iiber den Markt. In analoger Argumentation sollte unter den moglichen Organisationsstmkturen von Untemehmen diejenige gewahlt werden, die Transaktionen so regelt, dass die dabei entstehenden Transaktionskosten minimiert werden. Die Argumentation des Transaktionskostenansatzes ist einer breiten empirischen Uberpriifung unterzogen worden. Neben Fragestellungen zu den Grenzen vertikaler Integration^^ ist die Relevanz der Organisationsform auf den Erfolg des Untemeh-
Schaffer (1996a), S. 68ff. Als Beispiel fur die Kombination aus gemeinsamer Zweckausrichtung und horizontalen Kommunikationsbeziehungen fiihrt SCHAFFER die von MiNTZBERG fiir Koordination durch Selbstabstimmung angefiihrten „two people in a canoe" auf (vgl. Mintzberg (1979), S. 3). Beide haben einen gemeinsamen Zweck, zum anderen Ufer zu gelangen und stimmen sich in direkter, informeller Kommunikation ab; eine Ober- oder Unterordnung existiert nicht. Vgl. stellvertretend fiir viele die kritische Auseinandersetzung mit dem Transaktionskostenansatz bei Schneider (1984); Schneider (1985); Schneider (1987) sowie die grundsatzlichen Ausfiihrungen von Ghoshal/Moran (1996). Zudem dtirfte Opportunismus bei verschiedenen Akteuren unterschiedlich ausgepragt sein; vgl. Eigler (1996), S. 53. Weitere Kritikpunkte zielen unter anderem auf unklare Begrifflichkeit und unzureichende Operationalisierung und die unkritische Rezeption des mikrookonomischen Effizienzkonzeptes. Die Kritik gipfelt in der Charakterisierung des Transaktionskostenansatzes als „gefallig aufgebreitetes Theoriegebrosel" (Schneider (1987), S. 479). Vgl. auch die Replik von Windsperger (1987), S. 59ff. Vgl. beispielsweise Armour/Teece (1980), die einen signifikanten Zusammenhang zwischen vertikaler Integration und technologischer Innovation nachweisen; Baur (1990), der zu dem Ergebnis
Teii B: BegriffJiche und konzeptionelle Grundlagen
mens^^ untersucht worden. Im Ergebnis kann festgestellt werden, dass die Studien die Vorhersagen der Theorie weitgehend stutzen. AbschlieBend bleibt festzuhalten, dass der Transaktionskostenansatz trotz der dargestellten Kritikpunkte erstmals Markt und Hierarchie als Eckpunkte eines Kontinuums moglicher Formen okonomischer Aktivitaten unterscheidet und Erklarungsansatze fur die Existenz und Vielfalt von Organisationsformen bereitstellt. Diese Erkenntnisse werden im Folgenden bei der Charakterisierung von Konzemen als Zwischenform zwischen Einzeluntemehmung und Markt aufgegriffen. 2.2
Der Konzern aus juristischer und okonomischer Sicht
Der Konzern^'' ist Gegenstand sowohl der Rechtswissenschaft als auch der Betriebswirtschaftslehre und steht damit aus analytischer Sicht im Spannungsfeld dieser beiden Forschungsfelder.^^ Da die Rechtswissenschaft im Gegensatz zur Okonomie auf kodifizierte Konzembegriffe zuriickgreifen kann, sollen diese zunachst dargestellt werden, um im Anschluss daran den gesetzlichen Begriff vor dem Hintergrund einer Eignung ftir betriebswirtschaftliche Untersuchungen zu prufen.
kommt, dass insbesondere die Spezifitat einen signifikanten Einfluss auf die vertikale Integrationsentscheidung ausubt; Levy (1985), der in seiner Erhebung feststellt, dass Untemehmen, die mehr spezifische „assets" aufweisen und hoherer Umweltunsicherheit ausgesetzt sind, zu einem hoheren Grade vertikal integriert sind; Monteverde/Teece (1982), die nachweisen, dass „asset specifity" positiv mit dem Eigenfertigungsanteil korreliert sowie Walker/Weber (1984). Sie kommen in ihrer empirischen Studie zu dem Ergebnis, dass „make-or-buy"-Entscheidungen signifikant von der Interaktion von Marktwettbewerb und Mengenunsicherheit abhangen. ^^ Vgl. stellvertretend Hoskisson (1987) zu einer Langsschnitlanalyse von 62 Firmen, die eine organisatorische Umstrukturierung zu der sogenannten M-form durchgefiihrt haben. Die von ihm aufgestellten Hypothesen zur kontextabhangigen Erfolgswirksamkeit der Organisationsstruktur konnten weitgehend bestatigt werden. HOSKISSION bezieht sich bei der theoretischen Fundierung seiner Hypothesen zur M-form-Struktur unter anderem auf Williamson (1975). Siehe auch die nachfolgende empirische Arbeit von Hoskisson/Harrison/Dubofsky (1991) zum Einfluss des Kapitalmarktes auf die Bekanntgabe einer Umstrukturierung zur M-form. ^"^ Semantisch lasst sich der Ausdruck „Konzem" bis ins Spatlateinische zuriickverfolgen: Dort besaB das Verb „concemere" die Bedeutung „mischen" bzw. „zusammenfugen". In das Deutsche gelangte der Begriff jedoch uber das englische Wort „to concern". Interessanterweise hat das Wort dort nur die Bedeutung von ,4-Iandelsgeschaft" oder „Untemehmung", nicht aber wie im Deutschen von „Untemehmensverbindung"; vgl. Pausenberger (1957), S. 10; Langenegger (1967), S. 11; Ochs (1976), S.5f '' Vgl. Albach (1984), S. 773; Nick (1994), S. 44; Leitermann (1997), S. 117; Theisen (2001), S. 29ff, insb. S. 42.
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Teil B: Begrifjhche und konzeptionelle Gnindlagen
Der Konzern aus juhstischer Sicht Das Konzemrecht ist im Wesentlichen im Aktiengesetz (§§ 15-22 AktG und §§ 291337 AktG) und im Handelsgesetzbuch (§§ 290-329 HOB) kodifiziert. Das Handelsgesetzbuch verfolgt als Zweck die Erfassung von geeigneten Kriterien zur Abgrenzung der in einen Konzemabschluss einzubeziehenden Untemehmen und soil nicht naher betrachtet werden.^^ Die Regelungen des Aktiengesetzes beziehen sich insbesondere auf die abhangige und beherrschte Aktiengesellschaft und auf den Schutz ihrer Glaubiger sowie Minderheitsaktionare. Sie haben Implikationen fiir die im weiteren Verlauf abgeleitete Kontrollgestaltung und sollen naher erortert werden. Eine Legaldefmition des Konzems im Aktienrecht ergibt sich aus § 18 AktG. Demnach wird unter einem Konzern die Zusammenfassung rechtlich selbstandiger Unternehmen unter einheitlicher Leitung verstanden/^ Wahrend die rechtliche Selbstandigkeit durch die Rechtsform der Untemehmen eindeutig determiniert ist, ist der auslegungsbediirftige Terminus der „einheitlichen Leitung" kaum allgemeingtiltig zu definieren.^^ Im Aktiengesetz wird dieses Problem jedoch zu einem groBen Teil durch die sogenannten Konzemvermutungen nach § 18 AktG umgangen.^^ Danach wird vermutet, dass ein Konzern vorliegt, wenn ein Abhangigkeitsverhaltnis zwischen zwei rechtlich selbstandigen Untemehmen besteht. Nach § 17 AktG wird vermutet, dass ein Abhangigkeitsverhaltnis vorliegt, wenn einem rechtlich selbstandigen Untemehmen die Mehrheit der Anteile oder die Mehrheit der Stimmrechte eines anderen Untemehmens zusteht. Diese gesetzlichen Vermutungen konnen widerlegt werden, wenn die betreffenden Untemehmen nachweisen, dass in ihrem Innenverhaltnis keine einheitliche Leitung seitens des herrschenden Untemehmens ausgeiibt wird (widerlegbare Konzemvermutung). Besteht jedoch zwischen den Untemehmen ein Beherrschungsvertrag (§§ 29Iff. AktG) oder ist eines der Untemehmen in das andere eingegliedert (§§ 319ff.
'' Vgl. dazu beispielsweise Baetge/Kirsch/Thiele (2002), S. 82ff; Busse von Colbe et al. (2003), S. 60ff; Kuting/Weber (2003), S. 76ff ^^ Die aktienrechtlichen Vorschriften werden aufgrund einer umfangreichen Rechtsprechung analog auch auf die GmbH angewendet; vgl. stellvertretend Scheffler (1992a), S. 6. ^*^ Siehe dazu Theisen (2000), S. 37: „Die rechtswissenschaftlichen Vorschlage zur Abgrenzung der vom Gesetz geforderten einheitlichen Leitung als Konzemierungstatbestand lassen - nicht zuletzt wegen ihrer begrifflichen Offenheit - eine gewisse Beliebigkeit erkennen." Vgl. auch Prantl (1994), S. 15fT. und die dort angegebene Literatur. ^^ Vgl. auch die Erlauterungen bei Theisen (2000), S. 38.
Teil B: Begnf/liche und konzepfionelle Gnindlagen
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AktG), konnen die Konzemvermutungen nicht widerlegt werden; die Untemehmen bilden dann in jedem Fall einen Konzem. Im Konzemrecht werden solche Konzeme, bei denen die Abhangigkeitsverhaltnisse zwischen einem herrschenden Untemehmen und einem oder mehreren abhangigen Konzemuntemehmen bestehen, als Unterordnungskonzeme bezeichnet. Demgegeniiber liegt ein Gleichordnungskonzem vor, wenn die betroffenen Untemehmen einheitlich gefiihrt werden, ohne dass ein Abhangigkeitsverhaltnis zwischen ihnen besteht. Die in der Wirtschaftspraxis dominierende Konzemform ist der Unterordnungskonzem, der nach der abnehmenden Intensitat der Vertragsbindung zwischen den Konzemuntemehmen in drei unterschiedliche Konzemarten differenziert werden kann: Eingliedemngskonzem (§§ 319ff. AktG), Vertragskonzem (§§ 29Iff. AktG) und faktischer Konzem (§§ 311 ff AktG). •
Ein Eingliedemngskonzem entsteht, wenn mindestens 95% der Aktien einer abhangigen Gesellschaft im Besitz der Muttergesellschaft sind und daher der Muttergesellschaft auch ohne Beherrschungsvertrag ein Weisungsrecht gegeniiber der Tochtergesellschaft zusteht (§ 323 AktG).
•
Ein Vertragskonzem liegt vor, wenn das Beherrschungsverhaltnis auf vertraglichen Gmndlagen bemht. Von besonderer Bedeutung ist der Beherrschungsvertrag, durch den die abhangige Gesellschaft unter die Leitung der Obergesellschaft gestellt wird (§291 AktG). Durch den Beherrschungsvertrag, dessen Abschluss eine Dreiviertelmehrheit in der Hauptversammlung erfordert, wird das abhangige Untemehmen direkt der Leitung des herrschenden Untemehmens unterstellt. Der Vorstand der Obergesellschaft erhalt dadurch die Berechtigung, Weisungen an die Geschaftsfiihmng des abhangigen Konzemuntemehmens zu erteilen, auch wenn dies zum Nachteil des betroffenen Untemehmens geschieht (§ 308 AktG). Dadurch wird die bereits aufgmnd des Beteiligungsbesitzes bestehende faktische Macht legalisiert. Durch den Abschluss eines Beherrschungsvertrages erkennt der Gesetzgeber den Konzem als eine Untemehmenseinheit an. Die Verantwortung der Geschaftsleitung der Tochtergesellschaft en kann in diesem Fall weitgehend eingeschrankt werden. Die Pflicht zur Erstellung eines Abhangigkeitsberichtes entfalh, ebenso wie der Anspmch auf Nachteilsausgleich; zur Gewahrleistung des Minderheitsaktionareund Glaubigerschutzes werden der Konzem-Obergesellschaft jedoch vom Gesetzgeber einige Pflichten auferlegt (§§ 300, 302, 303 AktG).
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Teil B: BegriJJliche und konzeptionelle Grundlagen
• Im faktischen Konzem dagegen wird die einheitliche Leitung durch die kapitalmaBige Beherrschung des Konzemuntemehmens begrundet,*** ohne dass ein vertraglich geregeltes Beherrschungsverhaltnis existiert. Durch den von der Hauptversammlung eingesetzten Aufsichtsrat kann so ein wesendicher Einfluss auf die Geschaftspolitik der Untergesellschaft ausgeiibt werden/' Der Gesetzgeber sieht vor, dass zum Schutz von Minderheitsaktionaren und Glaubigem der abhangigen Gesellschaft bestimmte MaBnahmen ergriffen werden miissen. Diese bestehen darin, dass die Geschaftsfuhrung des abhangigen Untemehmens dazu verpflichtet ist, jahrlich einen Abhangigkeitsbericht zu erstellen und gegebenenfalls einen Nachteilsausgleich gehend zu machen/' wenn von der abhangigen Gesellschaft fiir sie nachteilige Rechtsgeschafte verlangt werden.^^ Der Konzem aus okonomischer Sicht Wahrend sich die rechtswissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Konzem auf die Problematik der „rechtlichen Vielheif' des Konzems konzentriert, steht fiir die Betriebswirtschaftslehre in der Regel das Merkmal der „wirtschaftlichen Einheit" im Vordergrund.^ Der Konzem wird als Gesamtheit mehrerer wirtschaftlich abhangiger und unselbstandiger Konzemteile betrachtet,*' die einer einheitlichen Fiihmng unterliegen. Der Konzem ist in diesem Sinne keine juristische Person, sondem reprasentiert wirtschaftlich eine einzige und in sich geschlossene Untemehmung.^^ Bei der Beschreibung der Konzemstmkturen aus betriebswirtschaftlicher Sicht geht es mithin nicht primar um den NachvoUzug rechtlicher StmkturiemngsmaBnahmen und der hierzu erlassenen Schutz- und Reguliemngsvorschriften. Ein Konzem ist vielmehr eine autonome Entscheidungs- und Handlungseinheit, die mehrere juristisch selbstandige wie unselbstandige Untemehmen und Betriebe umfasst, die als wirtschaftliche Einheit ein gemeinsames wirtschaftliches Ziel verfolgen.**^ Zur Koordination der Toch-
Diese ist zumeist nur durch die absolute Mehrheit am Eigenkapital zu eriangen; zu Ausnahmetatbestanden vgl. Pausenberger (1975), Sp. 2236. Vgl. zu den Aufgaben und Rechten des Aufsichtsrats § 111 AktG. Vgl. §312AktG. Vgl. Leitermann (1997), S. 122. Vgl. Theisen (2000), S. 24. Vgl. Naujoks (1994), S. 106. Vgl. Hoffmann (1993), S. 8. Vgl. Theisen (2000), S. 18.
Teil B: Begrijflkhe und konzeptionelle Gnindlagen
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tergesellschaften auf das gemeinsame Ziel bedarf es einer zentralen Konzerspitze, die originare, nicht delegierbare Fiihrungsaufgaben wahmimmt.** Die originaren Konzemfiihrungsaufgaben^^ reprasentieren dabei den untemehmerischen Charakter des Konzems und lassen sich dadurch bestimmen, dass sie von grundlegender Bedeutung fiir den Gesamtkonzem sind und wesentlichen Einfluss auf die Vermogens-, Finanz- und Ertragslage des Konzems haben. Zur Erfiillung dieser originaren Aufgaben sind organisatorische, personelle und kulturelle MaBnahmen erforderlich, die die Durchsetzung der iibergeordneten Konzemziele - auch gegen den Willen der Tochtergesellschaft gewahrleisten.*^ Die einheitliche Leitung aus betriebswirtschaftlicher Sicht stellt die Fiihrung der Tochtergesellschaft durch die Konzemspitze dar, bei der die MaBnahmen und Handlungen auf das iibergeordnete Konzemziel ausgerichtet sind. Damit geht der betriebswirtschaftliche Konzembegriff iiber das juristische Kriterium der einheitlichen Leitung hinaus und stellt den untemehmerischen Gegenstand, die zugrunde gelegte Zielsetzung, die Organisation sowie die im Einzelfall genutzten Einflussgrundlagen der wirtschaftlich einheitlich organisierten Aktivitaten in den Vordergrund.^' Diese Definition soil auch der vorliegenden Arbeit zugrunde gelegt werden. Bei aggregierter Betrachtungsweise der Transaktionskostentheorie wird deutlich, dass der Konzem eine unter vertraglichen Gesichtspunkten besondere Konstruktion darstellt. Er ist eine Form der vertraglichen Koordination von Wirtschaftssubjekten und wirtschaftlichen Transaktionen, die zwischen den vertragstheoretischen Extrempolen (Einheits-) Untemehmung (als Synonym flir Hierarchic) und Markt (als Synonym fur zwei Oder mehrere unverbunden konkurrierende Untemehmen) liegt.^' Durch die konstitutive Verknupfung von rechtlicher Selbstandigkeit und wirtschaftlicher Abhangig-
Vgl. Blumentritt (1993), S. 63 sowie Hoffmann (1993), S. 8. Die originaren Fiihrungsaufgaben werden im Rahmen der Herleitung der Aufgaben des Beteiligungscontrollings in Abschnitt B3.2 detailliert beschrieben. Vgl. Pausenberger (1975), Sp. 2235; Schmidt (1993b), S. 37. Vgl. auch Theisen (2000), S. 17, der darauf hinweist, dass bei den meisten betriebswirtschaftlichen Definitionen neben der wirtschaftlichen Autonomic die Jnteraktionen zwischen den einzelnen Einheiten und die damit verbundenen Einflussnahmen (Macht) eine wichtige Funktion besitzen" (Hervorhebung im Original). In der Definition von STARK wird der Konzem als „eine Gruppe rechtlich selbstandiger Untemehmen, von denen eines die legale Macht besitzt, die anderen Untemehmen der Gruppe in ihrer Geschaftsfuhrung in umfassender und dauerhafter Weise seinem Willen unterzuordnen", bezeichnet (Stark (1970), S. 10). Ahnlich auch Scheffler (1992a), S. 39, der auf potenzielle Interessenkonflikte zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft hinweist. Vgl.Klemm(1990), S. 98. Vgl. Ordelheide (1986), S. 295ff. sowie Schenk (1997), S. 54ff
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Teil B: Begrifjliche und konzeptionelle Grundlagen
keit der Konzemelemente besitzt der Konzem Eigenschaften beider Koordinationsformen:'^ Die einheitliche Leitung ist typisches Merkmal der hierarchischen Koordination; die rechtliche Selbstandigkeit ist eine Eigenschaft, die fiir die marktliche Koordination charakteristisch ist.^'' Die Stellung des Konzems als Hybridform zwischen Markt und Einzeluntemehmung vereint damit die Vorteile und reduziert die Nachteile beider Koordinationsformen: Zum einen kann das Konzemfuhrungsuntemehmen der Beteiligungsgesellschaft im Rahmen der gesetzlichen Regelungen Anweisungen erteilen, so dass eine Hierarchie im WILLIAMSON SCHEN Sinne mit den transaktionskostensenkenden Autoritatsbeziehungen und (vertikalen) Anordnungsbefugnissen erhalten bleibt, zum anderen sind Einflusse marktiicher Koordination erkennbar, beispielsweise durch parzielle Adaption der Marktkontrolle der rechtlich selbstandigen Einheiten.^' Je nachdem, ob hierarchische oder marktliche Elemente iiberwiegen, gibt es Konzeme, die eher einer Einzeluntemehmung ahnlich sind (Einzeluntemehmungsaffinitat) und solche, die eher zwei oder mehr unverbundenen Untemehmungen, sprich dem Markt, gleichen (Marktaffmitat).'^ Die Vertragskonstruktion Konzem sollte aber nur dann gewahlt werden, wenn durch die Kombination marktiicher und hierarchischer Koordination eine effizientere Abstimmung okonomischer Transaktionen erreicht werden kann, als die moglich ware, wenn eine der beiden Extermformen verwirklicht wird. Im folgenden Abschnitt wird auf die Charakterisierung von Konzemen als Zwischenform zwischen Einzeluntemehmung und Markt differenzierter eingegangen. Ziel ist es, bestehende betriebswirtschaftliche Konzemorganisationsformen auf diesem Kontinuum einzuordnen.
Vgl. zum Spannungsverhaltnis zwischen Einheit und Vielheit Lutter (1984), S. 781. Vgl. Kirchner (1985), S. 224ff. sowie Ordelheide (1986), S. 296f. Die Kontrolle der rechtlich selbstandigen Einheiten kann in Analogic zum Kapitalmarkt iiber die renditegesteuerte Allokation der Untemehmensressourcen auf die Untemehmensbereiche erfolgen. Die Manager der Konzemgesellschaften konnen unter Riickgriff auf den Erfolg der betreffenden Beteiligung, also durch Ergebnisiiberwachung, kontrolliert werden. Auch die Verwendung innerbetrieblicher Verrechnungspreise dient der Rekonstruktion des Marktes innerhalb des Konzems; vgl. Neus (1997), S. 38ff und Frese (2003), S. 28ff. ORDELHEIDE weist auf die ambivalente Behandlung durch den Gesetzgeber hin: Im Rahmen der Besteuerung und der Gewinnausschiittung dominiert das rechtlich selbstandige Untemehmen; im Konzembilanzrecht erfolgt dagegen ein - mehrfach gestufter - Obergang von der Fiktion einer wirtschaftlichen Einheit (Vollkonsolidierung) hin zur marktwirtschaftlichen Idee der Einzeluntemehmung (Beteiligungsuntemehmen); vgl. Ordelheide (1986), S. 308. Vgl. Schmidt (1993b), S. 32.
Teil B: BegriJJliche und konzeptionelle Grundlagen
2.3
Idealtypische Formen funktionaler Konzernorganisationen
Wahrend das Merkmal der rechtlichen Selbstandigkeit der Beteiligungsuntemehmen nicht beeinflussbar ist, kann das Konzemfiihrungsuntemehmen durch die Intensitat der einheitlichen Leitung mitbestimmen, welche der Extremformen Markt oder Hierarchie im Konzem dominiert. Im Folgenden werden die Konzemformen nach ihrem Grad der Aufgaben- und Entscheidungskompetenz voneinander abgegrenzt. Dies ist erforderlich, da das Kriterium die mogliche Einflussnahme der Obergesellschaft auf die einzelnen Beteiligungen und damit die konkrete Ausgestaltung der Kontrolle der Beteiligungen determiniert. Die Strukturtypen der Konzemorganisation lassen sich auf eine Dreiteilung reduzieren.^^ Stammhauskonzem und Finanzholding bilden dabei die Endpunkte eines Kontinuums, in dessen Mitte sich der Typus der Management-Holding befindet. Diese Dreiteilung des Konzemphanomens kann als „idealtypisches Strukturierungsprinzip'' verstanden werden und hat sich in der Literatur weitgehend durchgesetzt.^^ Obwohl diese Idealtypen aufgrund der notwendigerweise in ihnen enthaltenen Verkiirzungen nur ein unvollstandiges Bild der Konzemrealitat liefem, eignen sie sich gerade aufgrund dieser Vereinfachung dafiir, die wesentlichen Charakteristika des Konzems herauszuarbeiten. Die entsprechenden Realtypen unterscheiden sich von den Idealtypen in der Regel nur durch differenzierte Schattierungen der beschriebenen Charakteristika.^^
Vgl. zu diesem Vorgehen auch Rupps (1990), S. 1093; Bendak (1992), S. 29ff.; Keller (1993), S. 167. Daneben bietet es sich an, den Netzwerk-Konzem als vierten Konzemtyp aufzufiihren. Wahrend die Kompetenzverteilung zwischen Konzemfiihrung und dezentralen Einheiten beim Netzwerkkonzem und der Management-Holding ahnlich ist, ist der Netwerk-Konzem durch eine deutlich intensivere und komplexere Interdependenzstruktur charakterisiert, die zu einer verstarkten Betrachtung von horizontalen Strategien auf Konzemebene fiihrt. Ein solches System ist aufgrund seiner Komplexitat nicht (ausschlieBlich) zentral steuerbar, sondem verfiigt iiber viele Handlungsund Entscheidungszentren. Vgl. zur begrifflichen Klarung insbesondere Sydow (1992), S. 15fF.; Picot/Dietl/Franck (1997), S. 123f; Siebert (2003), S. 7ff; Sydow (2003), S. 295ff sowie zu planungs- und kontrollspezifischen Problemen Wall (1999), S. 405ff Vgl. Hoffmann (1987), S. 229ff; Bendak (1992), S. 29ff.; Hungenberg (1992), S. 349f; Ringlstetter/Obring (1992), S. 1305; Baumann (1994), S. 68. Vgl. dazu ausfuhrlich die empirische Erhebung von Bronner/Mellewigt (1996), S. 145ff
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Teil B: Begriffliche und konzeptionelle Grundlagen
Stammhauskonzern Der Stammhauskonzem stellt eine Organisationsform dar, bei der die Spitzeneinheit des Konzems selbst operativ am Markt untemehmerisch tatig ist.'^ Die operative Steuerung durch die Obergesellschaft und deren eigene untemehmerische Tatigkeit am Markt stehen mithin im Vordergrund. Die Tochteruntemehmen sind meist wesentlich kleiner und uben haufig nur erganzende Funktionen in Bezug auf die eigenuntemehmerischen Aktivitaten der dominanten konzemleitenden Einheit aus. Die Beteiligungsuntemehmen beschranken sich in der Regel auf das Stammgeschaft des Mutteruntemehmens und sind durch einen geringen Diversifikationsgrad gekennzeichnet. Die produkt- und marktorientierten Interessen des Konzemfiihrungsuntemehmens dominieren die Beteiligungsgesellschaften, so dass neben der strategischen Fuhrung auch groBe Teile der operativen Fiihrung zentral vom Konzemfiihrungsuntemehmen iibernommen werden. Tendenziell weist der Stammhauskonzem deshalb die intensivste Integration der Beteiligungsuntemehmen auf. AIs Vorteil der Stammhausstruktur wird angeftihrt, dass durch Know-How-Transfer und Nutzung zentraler Dienstleistungen Effizienzvorteile entstehen konnen. Die angestrebte Kapazitats- und Prozessharmonisierung ermoglicht die Realisierung von Synergiepotenzialen.'^' Dabei steigt das Synergiepotenzial mit dem Grad der Einbindung der Mutter in die operative Geschaftstatigkeit. Aus der hohen Entscheidungszentralisation und den engen konzemintemen Leistungsverflechtungen resuhieren folgende Nachteile: Zum einen besteht die Gefahr, dass die mangelnde Neutralitat der zentralen Konzemfuhrung zur Uberbewertung der Stammhausinteressen fiihrt, zum anderen impliziert die hohe Entscheidungszentralisation oftmals relativ schwerfallige Entscheidungsablaufe. Zudem besteht die Gefahr, dass unzureichende Flexibihtat bzw. Anpassungsfahigkeit die exteme Kooperationsfahigkeit des Konzems lahmt. Der hohe Komplexitatsgrad und die geringe StmkturflexibiHtat des Stammhauskonzems fiihren dazu, dass die Fahigkeit, auf veranderte Umfeldbedingungen reagieren zu konnen, eingeschrankt wird. Die Organisationsstruktur des Stammhauskonzems wird
' Vgl. Hoffmann (1987), S. 232; Theisen (2000), S. 169. Vgl. zu Synergien etwa Ansoff (1965), S. 75; Wetter (1990), S. 32 sowie explizit im Zusammenhang mit der Konzembildung Schenk (1997), S. 29ff.
Teil B: Begriffliche und konzeptionelle Grundlagen
daher von vielen Autoren in einem stabilen Umfeld empfohlen.'"- Des Weiteren ist ein homogenes Geschaftsfeld-Portfolio bei Stammhauskonzemen Voraussetzung flir die Realisierung von Synergiepotenzialen."^^ Finanzholding Die Finanzholding'^ wird als Gegenpol zum Stammhauskonzem und „bezuglich der Fiihrungsintensitat als Minimalform der Konzemorganisationsfomien"'^^ angesehen. Die idealtypische Finanzholding ist durch eine weitgehende Dezentralisation von Entscheidungen an die nachgeordneten Konzemgesellschaften charakterisiert. Das Konzemfuhrungsuntemehmen verzichtet auf direkte operative und strategische Eingriffe in die Beteiligungsuntemehmen; lediglich die Verwaltungs- und Finanzierungsaufgaben des Konzems werden zentral durchgefiihrt. Da eine daruber hinausgehende Einflussnahme auf die Tochtergesellschaften weitgehend unterbleiben soil, erfolgt die Steuerung der Beteiligungen durch rein finanzielle ZielgroBen sowie durch die zentrale Kapitalzuteilung. Als Folge ist jede Konzemgesellschaft grundsatzlich autonom, d.h. sie kann im Leistungsbereich unabhangig operieren. Leistungsaustausch zwischen zwei Konzemuntemehmen findet nur zufallig als Ergebnis marktlicher Prozesse statt; leistungswirtschaftliche Synergien werden - im Gegensatz zu finanzwirtschaftlichen nicht angestrebt.'^^ Als Vorteil der Organisationsform einer Finanzholding werden oftmals ihr niedriger Komplexitatsgrad und die hohe Motivation der Flihrungskrafte der dezentralen Einheiten als Ergebnis des hohen Dezentralisationsgrades angefiihrt.'"^ Zudem wird den Konzemgesellschaften aufgrund der operativen und strategischen Autonomic eine hohe Flexibilitat und Innovationskraft zugebilligt.'*'^ Als Nachteil sind neben dem bewussten
• Vgl. stellvertretend Bleicher (1991), S. 633. 'Vgl. Lube (1997), S. 25. ' Vgl. zur Finanzholding insbesondere Scheffler (1985), S. 2007; Zund (1988), S. 79; Hoffmann (1992), S. 554; Hungenberg (1992), S. 350; Schulte (1992), S. 30; Werdich (1993), S. 305ff.; Wenger (1999), S. 127f Eine alternative Bezeichnung ist Vermogensholding; vgl. Theisen (2000), S. 177. ^Mellewigt(1995), S.41. ' Die Strategie der Finanzholding stellt auf die Nutzung der Vorteile des intemen Kapitalmarktes und den Risikoausgleich innerhalb des Beteiligungsportfolios ab; vgl. Theisen (2000), S. 178. 'Vgl. Werdich (1993), S. 315. ^ Vgl. Werdich (1993), S. 319.
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Teil B: Begrifjliche und konzeptioneUe Gnwdlagen
Verzicht auf die Realisierung von Synergien die hohen Wissensdefizite zur Beurteilung der operativen Einheiten zu nennen.'°^ Wegen seines geringen Integrationsgrads und des Verzichts auf Synergien zugunsten hoher Dezentralitat bietet sich dieser Typus der Holding vor allem fiir diversifizierte GroBkonzeme mit heterogenen Geschaftsbereichen an.'"* Management-Holding Der Konzemtyp Management-Holding'" nimmt auf dem Kontinuum zwischen niedriger und hoher Eingriffstiefe der Spitzeneinheit in die Fiihrung der Basiseinheiten eine mittlere Position ein. Bei der idealtypischen Management-Holding liegt die strategische Fiihrung bei der Spitzeneinheit, wahrend die operative Fiihrung bei den Tochtergesellschaften verbleibt."- Diese haufig beschriebene Trennung operativer und strategischer Verantwortung erfolgt allerdings nur fiir die Konzemobergesellschaft, in der schwerpunktmaBig strategische Aufgaben in Abgrenzung zu operativen Funktionen wahrgenommen werden. In den Tochtergesellschaften werden neben operativen Aktivitaten eigene Bereichs-, Geschaftsfeld- und Funktionsstrategien erarbeitet, gegeniiber der Muttergesellschaft vertreten und in Eigenverantwortung umgesetzt.'" Die der Tochter gewahrte operative Autonomie ist bedarfsbezogen einzuschranken, wenn dies aus Konzeminteressen notwendig erscheint und somit kontextabhangig.'"*
"" Vgl. Everling( 1981), S. 2552. "" Vgl. Leber/Oberhausberg (1994), S. 170; Lube (1997), S. 25; Kreikebaum (1998), S. 113. Ein heterogenes Geschaftsfeld-Portfolio ist die Voraussetzung dafiir, dass die konzemleitende Gesellschaft ein ausgewogenes Rendite-ZRisikoportfolio aufbauen kann. '" Der Begriffder Management-Holding geht auf BUHNER zuriick, der mit seinem 1987 veroffentlichten Artikel zur Konzemorganisation eine kontroverse Diskussion ausloste; vgl. Buhner (1987). Die in der Literatur und Praxis vereinzelt verwendeten Begriffe der strategischen Holding, strategischen Management-Holding, Strategie-Holding oder Fuhrungsholding sowie der geschaftsleitenden oder geschaftsfiihrenden Holding werden als Synonyme aufgefasst. "- Vgl. Buhner (1992), S. 35ff; Hoffmann (1992), S. 554. "^ Vgl. Keller (1992), S. 18ff. Er begriindet dies damit, dass in den operativen Einheiten Wissen vorhanden ist, das unter Umstanden eine „nahezu vollstandige Verlagerung der strategischen geschaftsfeldbezogenen Planung auf die Tochter" nahe legt (Keller (1992), S. 19). Gleichwohl weist er darauf hin, dass die Gefahr der „Selbstkontrahierung und Herauslosung aus der konzemverbindenden Gesamtstrategie" besteht (Keller (1992), S. 19). Daraus resultiert insbesondere die Notwendigkeit, den Erfiillungsgrad der strategischen geschaftsfeldbezogenen Ziele selbst zu definieren und auf ihre Vereinbarkeit mit der Konzemstrategie festlegen zu konnen. "^ Insofem ist diese hierarchische Aufgabentrennung in Strategieentwicklung bei der Holding und operativer Verantwortung in der Praxis nur selten anzutreffen; vgl. Ache (1987), S. 224; Bleicher (1987), S. 226f; Henzler/Rall (1987), S. 230. Die Einschrankung kann sich aus markt- oder unter-
Teil B: Begriffliche und konzeptionelle Gmndlagen
Die Ausfiihrungen verdeutlichen, dass sich die Management-Holding von der reinen Finanzholding durch die Verantwortung der Untemehmensleitung fur untemehmensstrategische Aufgaben unterscheidet. Von der Organisationsform des Stammhauskonzems unterscheidet sie sich durch den Verzicht der geschaftsfuhrenden Holding auf die Wahmehmung von Funktionen des operativen Geschafts."Mit der Organisationsstruktur der Management-Holding wird das Ziel einer Realisierung der Vorteile sowohl des Stammhauskonzems als auch der Finanzholding verknupft, ohne deren jeweiligen Nachteile in einem ubermaBigen MaBe in Kauf nehmen zu miissen. So konnen in Management-Holdings im Vergleich zum Stammhauskonzem aufgrund der Dezentralisierung von Verantwortlichkeiten und Funktionen operative, markt- oder geschaftsnahe Entscheidungen innerhalb der jeweiligen Tochtergesellschafiten getroffen werden. Sie kann so schneller auf Veranderungen der fiir sie relevanten Umfeldbedingungen reagieren. Verbunden mit der operativen Autonomic ist eine Verantwortung und Identifikation der Leitung mit den Ergebnissen des Unternehmens. Auf diese Weise kann untemehmerische Ei gen verantwortung und verstarkte Motivation"^ freigesetzt werden. Im Vergleich zur Finanzholding eroffnet die Management-Holding-Konzeption die Moglichkeit, Synergien im produkt- und verfahrenstechnischen Bereich zwischen Teilbereichsgesellschaften zu realisieren."^ Zu den bereits genannten Flexibilitats- und Motivationseffekten muss jedoch in Kauf genommen werden, dass das Management der Tochtergesellschaften primar das von ihnen selbst zu verantwortende Ergebnis optimiert. Dies kann zur Vemachlassigung der Interessen des Gesamtkonzems auf der Ebene der Tochtergesellschaften fiihren."^ Zudem setzt das Management von Synergien oftmals voraus, dass die Obergesellschaft direkt in operative Angelegenheiten, beispielsweise in Beschaffungsprozesse, eingreift und diese iibergreifend fur mehrere Tochtergesellschaften durchfiihrt. Damit beschneidet sie jedoch die Ergebnis verantwortung der Tochtergesellschaften. Die konsequente
nehmensbezogenem negativen Geschaftsverlauf sowie hohen synergetischen Verflechtungen ergeben; vgl. Keller (1992), S. 19; Naumann (1993), S. 237f '" Vgl. Buhner (1990), S. 300. ' " Vgl. Buhner (1992), S. 43ff.; Bleicher (1993), S. 2 sowie den Erfahrungsbericht bei Buhner (1991). '"Vgl. Buhner (1987), S. 47. '" Vgl. Naumann (1993), S. 240; Bemhardt/Witt (1995), S. 1357ff.
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Teil B: Begrijfliche und konzeptionelle Grundlagen
fiihrungsorganisatorische Ausgestaltung einer strategischen Holding erschwert daher operatives Synergiemanagement."' Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Schwachen der ManagementHolding aus Situationen resultieren, in denen die Autonomie der Tochtergesellschaften „uberhand nimmt" und die Interessen des Gesamtkonzems beeintrachtigt.'-" Die Organisationsform der Management-Holding wird zur Ftihrung von Konzemuntemehmen mit heterogenem, in der Kegel horizontal diversifiziertem Leistungsprogramm empfohlen, bei denen flache, dezentrale Konzemstrukturen mehr Marktnahe erlauben.'^'
2.4
Zum Begriff der Beteiligung
Ein konstituierendes Element jeder Konzemuntemehmung sind die Beteiligungsgesellschaften. Ahnlich wie der Begriff des Konzems ist die Beteiligung im Gesetz kodifiziert, wahrend in der Betriebswirtschaftslehre ein einheitliches Begriffsverstandnis fehlt. Im Folgenden soil zunachst der juristische Begriff skizziert werden, um darauf aufbauend die geeignete betriebswirtschaftliche Definition abzuleiten. Juristische Sichtweise Nach deutschem Handelsrecht versteht man unter einer Beteiligung die (Kapital-) Anteile an einem Untemehmen, die bestimmt sind, dem eigenen Geschaftsbetrieb durch Herstellung einer dauemden Verbindung zu jenem Untemehmen zu dienen.'^- Bei einem Kapitalanteil von mehr als 20% wird eine Beteiligung vermutet.''^ Besteht nicht nur eine Kapitalbeteiligung, sondem steht einem Gesellschafter ein Stimmrechtsanteil von 20 Oder mehr Prozent zu, gilt die widerlegbare Vermutung fiir das Vorliegen einer Beteiligung.'-'
"* Vgl. zu der Problematik des Synergiemanagements in Management-Holdings Naumann (1993), S. 240. '-"Naumann(1993), S. 241. '" Vgl. Naumann (1993), S. 241; Lube (1997), S. 25. '" Vgl. § 271 Abs. 1 Satz 1 HGB sowie die Erlauterungen von Luders/Meyer-Kessel (1991), S. 1585ff. '-'Vgl. §271 Abs. 1 Satz 3 HGB. '-'Vgl. §311 Abs. 1 Satz 2 HGB.
Teil B: Begriffliche und konzeplionelle Grundlagen
Durch die Beteiligung eines Untemehmens am Gesellschaftskapital eines anderen Untemehmens entstehen aus dem Gesellschaftsrecht verschiedene Einflussmoglichkeiten, die die Intensitat der Leitungsmacht determinieren.'-^ Hierzu hat sich in der Literatur fiir Kapitalgesellschaften eine Klassifizierung anhand der Beteiligungsquote durchgesetzt, die vom aktienrechtlichen Normalstatut ausgeht.'^* Danach liegt die im Rahmen dieser Arbeit betrachtete Mehrheitsbeteiligung ab einer Beteiligungsquote von 50% vor.'^^ Die absolute Beteiligungsquote ist aber nicht allein maBgeblich fur das stimmrechtliche Einflusspotenzial. Bei einem gestreuten Aktienbesitz kann beispielsweise ein faktischer Konzem schon bei einer deutlich unter 50% liegenden Beteiligung entstehen, da in praxi nicht das gesamte Kapital auf der Hauptversammlung prasent ist. Entscheidend fiir das tatsachliche Einflusspotenzial ist daher vor allem der Abstand zum zweitgroBten Anteilseigner, d.h. die relative Beteiligungsquote.'^^ Betriehswirtschaftliche Sichtweise Fiir betriebswirtschaftliche Gestaltungsempfehlungen reicht die gesetzliche Definition nicht weit genug, da die Betonung der Dauerhaftigkeit der Kapitalbeteiligung nicht mehr den Anforderungen an eine flexible Untemehmensfiihrung entspricht. Vielmehr muss die aktive Einflussmoglichkeit des Anteilseigners auf die Beteiligung in den Vordergrund der Betrachtung rucken. Damit geht der Geltungsbereich des Beteiligungsbegriffs aus betriebswirtschaftlicher Sicht wesentlich weiter als aus juristischer'^^ und umfasst auch Engagements auf Basis nicht kapitalmafiiger Verflechtung sowie real existierende Formen von Untemehmensverbindungen wie Joint Ventures, Gemeinschaftsuntemehmen und strategische Engagements.'^**
'^^ Zu den einzelnen Rechten aus dem Aktienbesitz vgl. Wiesner (1999), § 17 Rz. 1-13 sowie § 18 Rz. 1-12. "' Vgl. Eisenhofer (1970), S. 12; Kuting (1979), S. 1120; Binder (1994a), S. 25ff. '"^ Vgl. zu den gestuften Beteiligungsquoten und den damit verbundenen Rechtspositionen Borchers (2000), S. 22 und die dort angegebene Literatur. "' Vgl. Binder (1994b), S. 396. "'Vgl. Botta(1994), S. 27. '^•^ Vgl. Horvath (1997), S. 82; Weber (1997). S. 69f. Gleicher Auffassung auch Littkemann (2004b), S. 13.
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Teil B: BegrifJIiche und konzepfionelle Grundlagen
Im Rahmen dieser Arbeit wird ausschlieBlich auf rechtlich selbstandige Tochtergesellschaften rekurriert, wobei die Beziehungen zu den Tochtergesellschaften langfristiger Natur sind und auf kapitalmafiigen oder stimmrechtsbezogenen Mehrheitsverhaltnissen beruhen; insofem ist die engere juristische Definition hinreichend. Der Ruckgriff auf Mehrheitsbeteiligungen ist ftir den Kontext der Beteiligungskontrolle in einer Management-Holding sinnvoll, da Mehrheitsbeteiligungen aktiven Einfluss auf die Strategie der Beteiligungen erlauben und somit auch die Umsetzung von gegebenenfalls erforderlichen GegensteuermaBnahmen ermoglichen. Zudem werden in der Praxis Mehrheitsbeteiligungen bevorzugt: In einer empirischen Untersuchung von MELLEWIGT waren unabhangig von der Konzemstruktur insgesamt 74% der Beteiligungen 100%-Beteiligungen, bei den Holdings noch ca. 71% der Beteiligungen.'^'
3.
Grundlagen der Beteiligungskontrolle
3.1
Handelnde Akteure als Basis der Unternehmensfuhrung
Im Folgenden wird mit der dynamischen Theorie okonomischer Akteure die ftir die vorliegende Arbeit gewahlte spezifische Fiihrungsperspektive beschrieben."- Wie sich spater bei einem Vergleich mit der Theorie der Neuen Institutionenokonomik zeigen wird, eignet sie sich in besonderem MaBe, Eigenschaften von Managem und Controllem zu modellieren und das Zusammenspiel zwischen Akteuren abzubilden. Fiihrung wird danach durch eigenstandige Ziele verfolgende okonomische Akteure (vor allem Manager) vollzogen, die hierftir kognitive Fahigkeiten besitzen.'-' Die Fahigkeiten des Akteurs (das individuelle Konnen) lassen sich im ersten Schritt in Lem-, Durchsetzungs- und Realisationsfahigkeiten unterteilen. Die Lemfahigkeit lasst sich als die Fahigkeit des Akteurs beschreiben, sein Handlungspotenzial zu erhohen.
'" Vgl. Mellewigt (1995), S. 207f ''- Ausgangspunkt der Entwicklung des an der Wissenschaftlichen Hochschule fur Unternehmensfuhrung (WHU) entwickelten Modells war die Ansicht, dass die Abgrenzung des Controllings von der Unternehmensfuhrung noch nicht hinreichend geleistet wurde, wobei Fragestellungen der Unternehmensfuhrung aus der Perspektive der Akteure betrachtet werden soUten; vgl. Weber/Brettel/Schaffer (1996). ^ '"^ Vgl. zu einer detaillierten Darstellung des Fiihrungsmodells Bach et al. (2001); Schaffer (2001a), S. 7ff. und S. 84ff.; Bach et al. (2002).
Teil B: Beghffliche und konzeptionelle Grundlagen
Er erreicht dies durch die Antizipation und Kontrolle von Veranderungen im Handlungsraum. Diese Fahigkeit sei weitergehend in Perzeptions-, Prognose- und Bewertungsfahigkeit differenziert: Die Lemfahigkeit wird durch die Durchsetzungs- und Realisationsfahigkeit des Akteurs erganzt. Die Durchsetzungsfahigkeit stellt auf die Ubemahme seiner Antizipation durch die realisierenden Akteure ab.'^'' Die Realisationsfahigkeit driickt das Vermogen aus, Anderungen im Handlungsraum (bezogen auf eine Nicht-Realisierung des Akteurs) tatsachlich vomehmen zu konnen. Lem-, Durchsetzungs- und Realisationsfahigkeiten sind akteursbezogen begrenzt. Diese Grenzen beziehen sich sowohl auf qualitative Merkmale der jeweiligen Fahigkeit als auch auf deren quantitatives AusmaB (Kapazitat). Beziiglich der quantitativen Beschrankung von Lemfahigkeiten ist vor allem die Aufmerksamkeit als Engpass in der Perzeption von Akteuren zu nennen."Dank ihrer Fahigkeiten haben die Akteure einen potenziellen Handlungsraum. Eine individuelle Richtungsgebung erfahren sie durch die Existenz gewiinschter Zustande (das individuelle Wollen). Letztere erschlieBen die individuelle Zwecksetzung, wahrend die Fahigkeiten dem Akteur die individuellen Mittel zur Zweckerreichung bereiten. Der Umstand, dass Akteure aufgrund von Fahigkeitsbeschrankungen nicht in der Lage sind, alle Umstande ihres Kontextes zu verarbeiten, und die Tatsache, dass Akteure Umstande deshalb nicht immer wahmehmen konnen, weil sie bezogen auf die Beobachtungsposition raumlich, zeitlich oder fiinktional zu fern liegen, induzieren die Bildung oder Aktivierung subjektintemer (synonym: mentaler) Modelle als Mittel zur Komplexitatsreduktion."^ Interne Modelle verbinden fiir bestimmte Problemsituationen bzw. „Weltausschnitte" die zunachst getrennt modellierten Eigenschaften zu
'^^ Deren Handeln ist so an die Ziele dieses Akteurs gebunden. Dies gilt auch fiir den Ein-AkteursFall. Ein Akteur kann als Mehrheit von Akteuren betrachtet werden; vgl. Schaffer (2001a), S. 175ff "' Vgl. Schaffer (2001a), S. 65f ''^ Beide Begriffe werden in der Literatur heterogen definiert und voneinander abgegrenzt; vgl. Schaffer (2001a), S. 9. Die dabei zum Teil vorgenommene Differenzierungen erscheinen aber fiir den Erkenntniszweck der vorliegenden Arbeit ohne Belang und werden daher im Folgenden vemachlassigt.
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Teil B: Begriffliche und komeptioneUe Grundhgen
Clustem und erreichen damit eine erhebliche Komplexitatsreduktion.'" Sie umfassen zum einen - als Selbstbild des Akteurs - Annahmen iiber die eigenen Eigenschaftsauspragungen und deren Nebenbedingungen, zum anderen als handlungsrelevantes „Weltbild" Erwartungen iiber BezugsgroBen und Folgen unterschiedlicher Handlungssequenzen. Bin internes Modell lasst sich mit anderen Worten als ein Ordnungsschema bezeichnen, das auf einen Handlungsumfang bezogen Komplexitatsreduktion durch Spezialisierung und Standardisierung erreicht. Diese Modelle bilden die Grundlage der Antizipation und Kontrolle einer Handlung durch den Akteur. Die Handlung stellt das zweite konstitutive Element des Modells dar.'^* Handlungen sind defmiert als produktive, potenziell zu einem gewiinschten Ergebnis fiihrende Faktorkombinationsprozesse, die einem Akteur zugeschrieben werden.'^' Handlungen rekurrieren damit auf die angefuhrten Eigenschaften des einzelnen Akteurs: Gewiinschte Zustande motivieren ihn dazu, durch Handlungen mittelbar oder unmittelbar seine individuelle und Zeitpunkt bezogene Nutzenposition zu verbessem. Dieses Unterfangen wird durch seine individuellen Fahigkeiten (in der speziellen Kontextsituation"'") als Restriktion begrenzt. Zudem beeinflussen interne und exteme Zustande die Handlungen eines Akteurs."*' Idealtypisch lassen sich zwei Handlungstypen unterscheiden: •
Handlungen, die vollzogen werden, um die Nutzenposition eines Akteurs unmittelbar zu steigem. Sie seien Ausfuhrungshandlungen genannt.
'^^ Das interne Modell enthalt ein Startwissen iiber Anfangs- und Zielzustande, das im Laufe des Losungsprozesses weiterentwickelt werden kann sowie Wissen iiber den Handlungsraum, innerhalb dessen durch Verknupfung und Transformation von vorhandenem Wissen neues Wissen generiert wird; vgl. Newell/Simon (1972), S. 88. "' Vgl. Weber/Brettel/Schaffer(1996), S. 8. "' Vgl. Weber/Brettel/Schaffer (1996), S. 8; Bach et al. (2001), S. 99. "*^ Fiir die Kontextsituation (z.B. die Verfugbarkeit von handlungsnotwendigen Ressourcen) ist mafigebend, inwieweit ein Akteur seine individuellen Fahigkeiten tatsachlich ausschopfen kann. '^' Interne Zustande rekurrieren auf biophysische und emotionale Zustande des Akteurs, exteme Zustande beschreiben die Umweltkontingenzen der aktuellen Situation.
Teil B: Beghffliche und konzeptionelle Grundlagen
•
Handlungen, die vollzogen werden, um optimale Ausftihrungshandlungen zu ermoglichen. Sie dienen mittelbar der Nutzensteigerung des Akteurs und seien Fiihrungshandlungen genannt. Dabei konnen Antizipation, Durchsetzung und Kontrolle als Fiihrungstypen unterschieden werden."*^
Ein Vergleich des dargestellten Bezugsrahmens mit der in Abschnitt 2.1 dargestellten Theorie der Neuen Institutionenokonomik verdeutlicht die Motivation fur das Akteursmodell: Wahrend in der Neuen Institutionenokomik dominant das Wollen (insbesondere Interessenkonflikte und Opportunismusgefahr) thematisiert wird, soil zusatzlich das bislang vemachlassigte Konnen in die Analysen integriert werden. Dies erscheint insbesondere bei Kontexten, in denen hohe Wissensdefizite auf Seite des Ftihrenden vorliegen, eine wichtige Erganzung."*^ Das Modell kann somit als die Bemiihung um eine weitere Ausdifferenzierung in der betriebswirtschaftlichen Theoriebildung interpretiert werden. Die Relevanz dieses Unterfangens lasst sich mit Theorieentwicklungen in anderen Bereichen unterstreichen: Zum einen lasst sich allgemein in der Okonomie seit langerer Zeit ein intensives Bemiihen um eine Integration der kognitiven Dimension beobachten; zum anderen werden auch in der eher anwendungsorientierten Managementliteratur zunehmend Themen wie mentale Modelle, organisationales LemenAVissensmanagement oder auch Aufmerksamkeit diskutiert."*'' Mit der dynamischen Theorie okonomischer Akteure ist ein theoretischer Bezugsrahmen eingefiihrt worden, der als Grundlage fur die weitere Analyse dient. Trotz eines Riickgriffs auf nur wenige Elemente ist es moglich, die verschiedenen denkbaren Zustande zu beschreiben und zu analysieren. Wie die Ausfiihrungen im nachsten Kapitel zeigen, eignet er sich als Basis fiir ein Verstandnis des Controllings als Rationalitatssicherung der Fiihrung.
'^" Vgl. dazu ausfiihrlich die Ausfiihrungen in Abschnitt 3.4.1 in diesem Kapitel. '''^ Wie sich in Abschnitt B3.4.5 zeigen wird, stellt sich die Problematik hoher Wissensdefizite in besonderem MaBe im BeteiligungscontroUing. ^'^ Als erster Anhaltspunkt hierfur mag die Zunahme des Anteils der „Wissensarbeiter" von 17% im Jahr 1900 auf 62% im Jahr 1994 (in den USA) dienen; vgl. Butler et al. (1997), S. 8. Vgl. zur hohen Bedeutung wissensorientierter Untemehmensfiihrung stellvertretend North (1999) und die dort angegebene Literatur. Zur Relevanz des Wissensmanagements im Controlling vgl. Weber/Grothe/Schaffer (1999).
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3.2 3.2.1
Teil B: BegriffJiche und konzeptionelle Grundlagen
Begriffliche Abgrenzung des Beteiligungscontrollings Beteiligungscontrolling als Rationalitatssicherung der Beteiligungsfiihrung
Die Funktion des Controllings wird in der deutschsprachigen Literatur ganz unterschiedlich defmiert, wobei sich in den neunziger Jahren ein weitgehender Konsens zugunsten der sogenannten Koordinationssicht des Controllings herausbildete."*^ Auf der Basis einer kritischen Auseinandersetzung mit diesem Controllingverstandnis in der Literatur'^^ wurde in den letzten Jahren von SCHAFFER und WEBER der Ansatz des Controllings als Rationalitatssicherung der Fuhrung entwickelt."'^ Rationalitat wird im Rahmen dieses Ansatzes als Zweckrationalitat verstanden,"*^ die sich an einer effizienten Mittelverwendung bei gegebenen Zwecken bemisst und an ein internes Modell einer Akteursgemeinschaft gebunden ist. Der Zweck ist in aller Regel wiederum nur ein Mittel zur Erreichung eines iibergeordneten Zwecks, so dass Zweckrationalitat auf die Effizienz und auf die Effektivitat des Handelns der Akteure zielt."*^ Rationalitatsdefizite konnen durch Wollens- und Konnensbeschrankungen der Manager entstehen.'^® Ausgehend von diesen Defiziten der Akteure konstituiert sich Rationalitatssicherung aus Handlungen zur Erhohung der Wahrscheinlichkeit, dass die Realisierung der Fiihrungshandlungen den antizipierten Zweck-Mittel-Beziehungen trotz der genannten Defizite entspricht. Die Funktion korrespondiert auch weitgehend mit
"'Vgl. unter anderem Horvath (1978), S. 194ff.; Kupper (1987), S. 82fT.; KupperAVeber/Zund (1990), S. 28Iff. Andere Autoren definieren Controlling als Informationsversorgungsfunktion. Der Bezugspunkt wird dabei durch das exteme und interne Rechnungswesen gebildet. Dieser Ansatz stellt im Prinzip nichts anderes dar als Versuche, umfassendere Betrachtungsweisen von Informationsmanagement zu etablieren und geht damit nicht wesentlich iiber die betriebswirtschaftliche Teildisziplin Informationswirtschaft hinaus. Damit begrundet er keine eigenstandige betriebswirtschaftliche Disziplin. Vgl. zum informationsorientierten Ansatz beispielsweise Giinther (1997), S. 66ff.; Hahn/Hungenberg (2001), S. 45ff; Reichmann (2001), S. 5ff '^ Vgl. unter anderem Schneider (1991); Schaffer (1996a); Kappler/Scheytt (1999); Weber/Schaffer (2000). '^^Vgl. Weber/Schaffer (2000) und Schaffer/Weber (2002) sowie die Erlauterungen bei Becker (2003), S. 36ff "^ Vgl. zur Zweck-Mittel-Rationalitat Schaffer (2001a), S. 44; Schaffer/Weber (2001), S. 2ff; Weber (2004), S. 50ff Die Zweck-Mittel-Rationalitat ist der vorherrschende Ansatz in der Okonomie und geht auf MAX WEBER zurtick; vgl. Weber (1980), S. 566f "' Vgl. Weber/Schaffer/Langenbach (2001b), S. 46ff; Schaffer/Weber (2002), S. 92f "" Vgl. Bach et al. (2002).
Teil B: Begrijjfliche und konzeptionelle Grundlagen
dem herrschenden Verstandnis von ^management control" in der englischsprachigen Literatur, z.B. in der „klassischen" Definition von ANTHONY. Danach ist „management control ... the process by which managers assure that resources are obtained and used effectively and efficiently in the accomplishment of the organization's objectives".'" Ubertragt man die Erkenntnisse zum Controlling auf das Beteiligungscontrolling, stellt dieses die Rationalitatssicherung der Beteiligungsfiihrung aus der Perspektive der Muttergesellschaft dar. Diese Definition geht auf die Arbeit von SCHUMACHER zuruck, der in seiner Dissertation erstmals den Rationalitatssicherungsansatz als theoretische Fundierung des Beteiligungscontrollings heranzieht.'" Vom Beteiligungscontrolling abzugrenzen ist das Konzemcontrolling, das als die Rationalitatssicherung der Konzemfiihrung verstanden werden kann. Da die Beteiligungsfiihrung einen Teil der Gesamtaufgabe der Konzemfiihrung darstellt, ist das Beteiligungscontrolling entsprechend als ein Teilbereich des Konzemcontrollings anzusehen."^ Neben dem Beteiligungscontrolling umfasst das Konzemcontrolling das Controlling des Gesamtkonzems und setzt die Existenz einer einheitlichen Konzemleitung voraus.'*^^ Vor allem die Rationalitatssichemng bei Portfolioandemngen sowie MaBnahmen der Beteiligungspolitik wie das Eingehen, Erhohen, Vermindem oder VerauBem einer Beteiligung kommen als zusatzliches Aufgabenfeld hinzu. Dem Beteiligungscontrolling die Funktion der Sicherstellung der Rationalitat zuzuweisen, macht dessen Auspragung kontextabhangig und orientiert sich am fiihmngsinduzierten Rationalitatssichemngsbedarf.'" Daher sind die Aufgaben des Beteiligungscontrollings nicht originar zu bestimmen, sondem aus dem Bedarf der Beteiligungsflihmng abzuleiten. Nach einer auf SCHEFFLER zuriickgehenden Typologie lassen sich die Aufgaben der Beteiligungsfuhmng aus den originaren Konzemfiihmngsaufgaben'^^ ableiten. Die sogenannten „echten Fiihmngsentscheidungen" des Vorstands sind da-
'-' Anthony (1965), S. 17. Vgl. ahnlich auch Anthony/Govindarajan (2001), S. 6 '^" Vgl. dazu und im Folgenden ausfiihrlich Schumacher (2005). '" Vgl. Scheffler (1993), S. 39; Dirrigl (1994), S. 379. '^^ Vgl. Lorson (1996), S. 435; Salzberger (2001), S. 165 sowie den Uberblick uber unterschiedliche Definitionen bei Borchers (2000), S. 54ff. "' Vgl. stellvertretend Weber/Schaffer (1999c), S. 740ff '•' Vgl. Scheffler (1992a), S. 37ff; Scheffler (2003), S. 401ff
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Teil B: Begriffliche und konzeptionelle Grundlagen
durch gekennzeichnet, dass sie fiir den Erfolg und Bestand des Untemehmens von wesentlicher Bedeutung sind und Kenntnisse voraussetzen wie sie nur der Vorstand aufgrund seiner Gesamtverantwortung und -kompetenz hat, namlich Ubersicht iiber das ganze Untemehmen, seine innerbetrieblichen Zusammenhange und seine maBgeblichen AuBenbeziehungen. Dazu zahlen die normative, strategische, finanzielle und personelle Beteiligungsfuhrung.'-' Sie seien im Folgenden skizziert.'^* Normative Beteiligungsfuhrung Die Ebene der normativen Beteiligungsfuhrung beschaftigt sich mit der Festlegung von Normen und Methoden, die eine erfolgreiche Entwicklung der Beteiligungen ermoghchen und fordem sollen. Dazu gehoren die fur die Beteihgungen relevanten Teile der Konzemverfassung, der Konzemphilosophie, der Konzempohtik und der Konzemkultur. Strategische Beteiligungsfuhrung Ziel der strategischen Beteiligungsfuhrung ist es, die Tochtergesellschaften innerhalb des Konzemverbundes so zu strukturieren, dass sie im Markt bzw. im Wettbewerb zukunftsorientiert agieren. Dazu gehoren in erster Linie die strategische Planung und Kontrolle. Finanzielle Beteiligungsjuhrung Die originaren Aufgaben der finanziellen Beteiligungsfuhrung erstrecken sich auf die Teilbereiche Cash-Management, finanzielle Steuerung, Kapitalstrukturmanagement, Ergebnisermittlung und -verteilung und Ergebnisverwendung des Gesamtkonzems. Da die finanzielle Steuerung des Gesamtkonzems jedoch von den einzelnen Tochtergesellschaften abhangt, schlieBt das Finanzmanagement die erfolgsorientierte Planung, Steuerung und Kontrolle der Tochtergesellschaften mit ein.
Vgl. Scheffler (1992a), S. 39. Auch „andere Fiihrungsbereiche" wie beispieisweise die betriebswirtschaftlichen Funktionen Beschaffung, Forschung und Entwicklung, Produktion, Marketing und Vertrieb sowie Logistik und Informationssysteme sind als Fuhrungsaufgaben denkbar. Sie sind nach SCHEFFLER jedoch nicht ohne weiteres als originare Fuhrungsaufgaben anzusehen. ' Vgl. dazu und im Folgenden Scheffler (1992a), S. 39ff
Teil B: Begriffliche und konzeptionelle Grundlagen
Personelle Beteiligungsfuhrung Die Hauptaufgabe der personellen Beteiligungsfuhrung besteht in der Auswahl und Besetzung wichtiger Fiihrungspositionen bei den Tochtergesellschaften mit entsprechend qualifizierten Managem sowie der Sicherstellung zielkonformen Verhaltens durch eine adaquate Ausgestaltung von Anreizsystemen. 3.2.2
Aufgabenbereiche des institutionellen Beteiligungscontrollings
Grundsatzlich sind Rationalitatsdefizite auf alien vier Ebenen der Beteiligungsfuhrung denkbar. In der Literatur zum Beteiligungscontrolling werden den Beteiligungscontrollem jedoch oftmals die Informationsversorgung, Planung und Kontrolle als Aufgabenbereiche zugeordnet.'^^ Dies wurde in empirischen Untersuchungen bestatigt.'^ Diese Aufgaben finden sich vor allem bei der strategischen und finanziellen Beteiligungsfuhrung.'"' Zunehmend wird auch die Konzeption von Anreizsystemen als Aufgabe der Beteiligungscontroller genannt;'" insofem kann der Beteiligungscontroller aufgrund seiner Unabhangigkeit gegeniiber den Personalbereichen und seiner methodischen Fahigkeiten einen Beitrag zur Reduktion der Rationalitatsdefizite bei der personellen Beteiligungsfuhrung leisten. Da die mit der normativen Beteiligungsfuhrung verbundenen Aufgaben nur in groBeren zeitlichen Abstanden anfallen, nehmen Controller die damit verbundenen Aufgaben nur in geringem Umfang wahr. Im weiteren Verlauf der Arbeit wird eine Beschrankung auf die Aufgaben vorgenommen, die in Theorie und Praxis ganz oder uberwiegend dem institutionalisierten Beteiligungscontrolling zugeordnet werden. Da Controller in der Praxis mit Aufgaben im Zusammenhang mit der normativen Beteiligungsfuhrung in der Regel nicht befasst sind und sich diese daher einer empirischen Untersuchung weitgehend entziehen, werden sie im Folgenden nicht behandelt. Dieses Vorgehen ermoglicht somit eine empiri-
'''^ Vgl. zu den klassischerweise von BeteiligungscontroUem iibemommenen Aufgaben z.B. Schmidt (1989), S. 270ff.; Schmidt (1993b), S. 216ff.; Schulte (1994), S. 5; Theisen (2000), S. 246ff; Borchers (2000), S. 90. BORCHERS erwahnt zudem explizit die Beratung. Siehe auch die empirische Erhebung von Borchers/Trebes (1999), S. 24ff. "^ Vgl. Borchers/Meyenburg (1999), S. 9ff.; Borchers/Trebes (1999), S. 24. '" Vgl. Scheffler (1992a), S. 87. '"- Vgl. nochmals Borchers/Meyenburg (1999), S. 9.
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Teil B: Begriffliche und konzepdonelle Grundlagen
sche Uberpriifung der untersuchten Konstrukte bei samtlichen an der Erhebung teilnehmenden Management-Holdings. Zu beachten ist, dass nicht nur Controller Trager der Rationalitatssicherungsfunktion im Konzem sind, sondem auch Manager selbst und eine Vielzahl weiterer Akteursgruppen wie beispielsweise die Interne Revision, die Konzementwicklung oder interne Berater.'" Rationalitatssicherung kann prinzipiell auch durch Untemehmensexteme wie beispielsweise Wirtschaftspriifer, exteme Berater oder Aufsichts- und Beirate wahrgenommen werden.'^ Diese extemen Quellen wurden bisher jedoch weitgehend vemachlassigt, obwohl der Wert von extemen Informationen zur Erhohung der Entscheidungsrationalitat der Fiihrung unbestritten scheint. In der vorliegenden Arbeit soil der Eigenkapitalmarkt, der bisher schwerpunktmaBig unter dem Finanzierungsaspekt'^^ fur Untemehmen analysiert worden ist, als potenzielle Quelle der Rationalitatssicherung im Beteiligungscontrolling analysiert werden. 3.3
Rationalitatssicherung durch Analysten des Eigenkapitalmarktes
Neben Finanzierungsfragen standen im Rahmen des Beziehungsgeflechtes zwischen borsennotierten Konzemen und dem Eigenkapitalmarkt jiingst Fragestellungen im Vordergrund, die sich mit einer kapitalmarktorientierten Berichterstattung befassten. So wurde beispielsweise untersucht, welches Instrumentarium Konzemen zur Verfugung steht, das zu einer langfristig angemessenen Bewertung durch den Kapitalmarkt
' Vgl. dazu ausfiihrlich Weber (2001), S. 164ff. Im Hinblick auf das Beteiligungscontrolling weist HORVATH darauf bin, dass es ,4ceine spezielle Abteilung Beteiligungscontrolling'' gibt (Horvath (1997), S. 87). BORCHERS/MEYENBURG konnten in ihrer empirischen Erhebung zum Beteiligungscontrolling in Management-Holdings nachweisen, dass als Trager des Beteiligungscontrollings nicht nur Beteiligungscontroller (83%), sondem mit 58% auch der Vorstand bzw. die Geschaftsfiihrung und mit 41% die Controller in den Beteiligungen genannt wurden; vgl. Borchers/Meyenburg (1999), S. 25. Auch BASSEN konnte in einer Untersuchung von 15 GroBkonzemen, die als Management-Holding organisiert waren, feststellen, dass die Geschaftsfuhrung der Muttergesellschaft mit fast 20% nach dem Beteiligungscontrolling der am zweithaufigsten genannte Akteur von Control lingfunktionen in der Zentrale war. Dies verdeutlicht, dass zwischen der Funktion des Beteiligungscontrollings und den Aufgabentragem differenziert werden muss; vgl. Bassen (1998), S. 230. ' Vgl. Weber/Schaffer/Langenbach (2001a), S. 196f. ' Vgl. stellvertretend Langenbach (2001), S. 229ff.
Teil B: Begrijjliche und konzeptionelle Grundlagen
und im Gegenzug zu einer Senkung der Kapitalkosten als Primarziel fiihrt.'^ In Abschnitt C2.2.1.2 der Arbeit soil der „umgekehrte Weg" gegangen und untersucht werden, ob und inwieweit die Nutzung der Informations- und Kontrollfiinktion von Kapitalmarktteilnehmem einen Beitrag zur Rationalitatssicherung leisten kann. Zu diesem Zweck wird in den nachsten Abschnitten zunachst die Informationseffizienz als Determinante der Funktionsfahigkeit des Eigenkapitalmarktes erlautert und anschlieBend das Rationalitatssicherungspotenzial von Finanzanalysten als Akteure des Eigenkapitalmarktes dargestellt. 3.3.1
Die Informationseffizienz als Determinante der Funktionsfahigkeit des Eigenkapitalmarktes
Die wohl bekannteste Definition eines informationseffizienten Kapitalmarktes entwickelte FAMA im Jahre 1970.'"^ Danach ist ein Markt genau dann effizient, wenn die Preise zu jedem Zeitpunkt alle verfiigbaren Informationen widerspiegeln.'^^ Das bedeutet, dass jede neue Information unverztiglich zu einer Kursreaktion fuhrt, da sie sofort verarbeitet, interpretiert und in die Preise eingearbeitet wird. unterscheidet in Abhangigkeit des Kreises der verfiigbaren Informationen drei Grade der Informationseffizienz. Je nach Spezifikation der betrachteten Informationsmenge ist dabei zwischen der schwachen, der mittelstrengen und der strengen Form der Informationseffizienz zu differenzieren. Der jeweils hohere Grad der Informationseffizienz schlieBt den niedrigeren ein. FAMA
• Bei der schwachen Form der Informationseffizienz werden lediglich Informationen iiber vergangene Kursverlaufe im aktuellen Kursniveau vollstandig verarbeitet. Demzufolge werden ausschlieBlich historische Preise als kursrelevante Informationen betrachtet.'^^
'Vgl. Francis/Hanna/Philbrick (1997); Labhart (1999); Pellens/Hillebrandt/Tomaszewski (2000); Achleitner et al. (2002); Ruhwedel/Schultze (2002); Wichels (2002) sowie Bushee/Matsumoto/ Miller (2003). ' Das Konzept der Informationseffizienz hat sich im letzten Vierteljahrhundert zu einem wichtigen Paradigma der modemen Finanzierungstheorie entwickelt; vgl. Frantzmann (1989), S. lOff. sowie die Erlauterungen bei Franke/Hax (2004), S. 398ff. 'Vgl.Fama(1970), S. 383. ^ Vgl. Fama (1970), S.389ff
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Teil B: Begrijfliche und konzeptionelle Grundlagen
• Bei der halbstrengen Form der Informationseffizienz finden zusatzlich alle offentlichen Informationen, d.h. alle durch Publikation bekannt gegebenen Informationen, unmittelbaren Eingang in die Marktpreise.'^"
• Bei der strengen Form der Informationseffizienz reflektieren die Marktpreise schlieBlich alle in dem jeweiligen Zeitpunkt bekannten, bewertungsrelevanten Informationen. In den Kursen sind damit implizit auch monopolistische und nicht veroffentlichte (Insider-) Informationen enthalten. Aufgrund der hohen theoretischen und praktischen Bedeutung ist die Effizienzthese seit ihrer Formulierung Gegenstand wiederkehrender Untersuchungen auf dem Gebiet der empirischen Kapitalmarktforschung, in denen die Uberlegung, ob die Preisbildung auf den Kapitalmarkten dem Postulat der Markteffizienz gerecht wird, analysiert worden. Dabei wird in der Regel anhand von Aktienmarkten uberpriift, bis zu welchem Grad die Markte als effizient erklart werden konnen. Zwar kommen die Studien aufgrund immanenter Mess- und Erhebungsprobleme zu keiner eindeutigen Beurteilung iiber den Grad der Markteffizienz; zu vermuten ist jedoch, dass die Markte hinsichtlich der schwachen Form weitgehend effizient sind. Gleichfalls sprechen die Ergebnisse eher fiir ein Vorliegen von Markteffizienz in ihrer mittelstrengen Form, ohne aber stringent zu sein.'^' Auch wenn das MaB an Asymmetrien relativ klein zu sein scheint, zeigen die Tests auf private Informationen schlieBlich deutlich die Existenz nutzbarer Informationsasymmetrien.'^- Insofem kann beispielsweise die Uberfuhrung von privaten in offentliche Informationen durch eine gezielte Gestaltung der Investor-Relations-Politik zur Verbesserung der Informationseffizienz
*Vgl. Fama( 1970), S. 414. Die mittelstrenge Form wird anhand von sogenannten „Event Studies" gemessen, die sich mit der Reaktion von Aktienkursen auf die Veroffentlichung untemehmensspezifischer Informationen wie beispielsweise die Veroffentlichung von Quartalsergebnissen und Gewinnprognosen beschaftigen. Dabei stehen die Geschwindigkeit und der Umfang der Anpassung der Kurse an die Informationen im Mittepunkt der Betrachtung. FAMA kommt zu dem Ergebnis, dass „with respect to firm-specific events, the adjustment of stock price to new information is efficient" (Fama (1991), S. 1602). Zahlreiche Ergebnisse stehen jedoch im Widerspruch dazu und lassen Zweifel an deren Giiltigkeit aufkommen; vgl. stellvertretend Brown (1993), S. 306. " Vgl. Grossmann/Stieglitz (1980), S. 393, die das notwendige und dauerhafte Bestehen von Informationsasymmetrien auch theoretisch ableiten.
Teil B: Begriffliche und konzeptionelle Gruncflagen
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des Kapitalmarktes beitragen. Gleichzeitig hat die Auswertung offentlicher Informationen ihre Berechtigung.'^^ Ineffizienzen lassen sich auch aus der Perspektive der dynamischen Theorie okonomischer Akteure erklaren. Fahigkeitsdefizite resultieren dabei nicht nur aus Unterschieden im Zugang zu Informationen. Die beschrankten Verarbeitungskapazitaten konnen zudem dazufiihren,dass Akteure Informationen unterschiedlich einschatzen und selbst bei identischen intemen Modellen und gleicher Bewertung nicht (oder erst nach unterschiedlicher Zeitdauer) zu demselben Ergebnis gelangen. Zwar ist das allgemeine Kalkiil der Nutzenmaximierung weiterhin guhig; aus den Fahigkeitsbeschrankungen kann jedoch ineffektives Verhalten resultieren. 3.3.2
Rationalitatssicherungspotenzial von Analysten des Eigenkapitalmarktes
Die Existenz von Informationsasymmetrien begriindet gleichfalls die Tatigkeit von sogenannten Sell-side-Analysten bei Investment- und Universalbanken.'^'' Aus der Gruppe der Kapitalmarktteilnehmer kommt ihnen hohe Bedeutung zu, da ihre Aussagen und Meinungen die Anlageentscheidungen anderer Marktteilnehmer in hohem MaBe beeinflussen.'^' Das Ergebnis der Tatigkeit der Sell-side-Analysten sind Berichte (sogenannte „Research Reports"), die unter anderem Kauf-, Halte- oder Verkaufsempfehlungen beinhalten und auf die Aufdeckung von Fehlbewertungen borsennotierter Untemehmen zielen.'^^ Diese Berichte stehen den analysierten Konzemen in der Regel zur Verfugung. Der Tenor der Anlageurteile von Finanzanalysten wird mafigeblich durch die
' Vgl. Auckenthaler(1994), S. 290. ' Vgl. ausfuhrlich Hax (1998), S. 11 ff; Loffler (1998), S. 9fT. Vgl. dazu z.B. die Ausfuhrungen von Sawazki (1996), S. 18; Chang/Suk (1998), S. 116; Harris (1999), S. 725. ' Vgl. Stickel (1995), S. 25. Von den Sell-side-Analysten abzugrenzen sind die Buy-side-Analysten. Der Unterschied zwischen Buy- und Sell-side-Analysten liegt in der institutionellen Zuordnung. Buy-side-Analysten sind der Aniageseite zuzuordnen und sind typischerweise Angestellte von institutionellen Investoren. Ihr Aufgabenradius besteht in der Erstellung von intemen Analysen, die als Fundament fur die Aniageentscheidung der dazugehorigen Fondsmanager dienen; vgl. Schipper (1991), S. 106. Sell-side-Analysten sind hingegen Mitarbeiter von UniversaIbanken oder oder Investmentbanken, die ihre Researchleistung an exteme Investoren vertreiben. Die Rolle der im Folgenden im Vordergrund stehenden originaren Prognosetatigkeit fallt eher den Sell-side-Analysten zu; vgl. Schipper (1991), S. 115 sowie Bittner (1996), S. 29. Zwar befassen sich Buy-sideAnalysten ebenfalls mit Recherche; sie greifen aber oftmals auf die Berichte der Sell-sideAnalysten fiir eigene Analysen zuriick.
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Teil B: Begnjfliche und konzeptioneUe Grundlagen
Gewinnprognosen determiniert; sie gehoren zu den popularsten Verfahren, mit denen Analysten ihre Anlageempfehlungen treffen und sollen als Ausgangspunkt und BeurteilungsmaBstab fur die Analyse des Rationalitatssicherungspotenzials extemer Marktteilnehmer dienen. Ein Vergleich der Gewinnprognosen der Analysten mit denen des Managements'^^ wurde in der empirischen Kapitalmarktforschung angestellt und kann zu kontroversen Ergebnissen fiihren,'^* die darauf zuriickgefiihrt werden konnen, dass Gewinnschatzungen aus einer Synthese von untemehmensspezifischen, branchenweiten und makrookonomischen Daten resultieren. Es ist plausibel anzunehmen, dass das Management einen komparativen Wissensvorteil beziiglich der untemehmensspezifischen Kennzahlen hat. Aufgrund der bei Investmentbanken vorhandenen Researchkapazitaten'^' konnen Finanzanalysten jedoch einen komparativen Vorteil in der Analyse von makrookonomischen Kennzahlen gegenuber dem Management aufweisen. Gleichzeitig mag ihnen ihr branchenspezifisches Know-how durch die parallele Analyse der
' Vgl. zu Managementprognosen aus Sicht der Analysten Coller/Yohn (1998), S. 58 sowie zu Determinanten der Managementprognosen Baginski/Hassell (1997). ' Vgl. beispielsweise Imhoff/Pare (1982), S. 437, die in ihrer vergleichenden Analyse zu dem Ergebnis kommen, dass „no significant differences should be observed between forecast agents [management and financial analysts, M.E.]". Vgl. daneben Hansen/Noe (1999), die belegen, dass das Management hinsichtlich eines langfi-istigen Prognosehorizontes genauere Schatzungen als Analysten formuliert. Gleichzeitig zeigen sie aber, dass Analysten unter Umstanden Fehler in den Managementprognosen antizipieren und in der Folge akkuratere Vorhersagen treffen konnen. Jiingere Analysen stellen die Kontextabhangigkeit der Prognosegenauigkeit in den Vordergrund: ALFORD/BERGER weisen darauf bin, dass die Genauigkeit der Prognosen mit der „analyst coverage" steigt; vgl. Alford/Berger (1999), S. 219ff Eine akteursspezifische Determinante der Prognosegenauigkeit liefert CLEMENT, der festgestellt hat, dass die Prognosequalitat positiv mit der Berufserfahrung der Analysten sowie der GroBe des Arbeitgebers und negativ mit der Anzahl der betreuten Firmen zusammenhangt; vgl. Clement (1999), S. 285ff. Zum Zusammenhang zwischen Berufserfahrung der Analysten und Prognosegenauigkeit vgl. ebenfalls Mikhail/WaltherAVillis (1997), S. 131ff Vgl. zudem Jacob/Lys/Neale (1999), S. 52, die drei Determinanten der Prognosegenauigkeit identifizieren: „analyst aptitude in forecasting of a specific company, experienced-based learning, and brokerage environment". LiM kommt schlieBlich zu dem Ergebnis, dass „Unverzerrtheit" der Prognosen nicht zwangslaufig mit einer hoheren Prazision einhergehen miisse; vgl. Lim (2001), S. 369ff. Vgl. zu dem Einfluss des betrachteten Zeithorizonts Bandyopadhyay/Brown/Richardson (1995). LOFFLER weist schlieBlich darauf hin, dass die friiher haufig verbreitete Verwendung von Konsensprognosen in Rationalitatstests zu verzerrten Ergebnissen fuhren kann. Der Mittelwert von Prognosen, die alle rational bedingt auf die jeweilige individuelle Informationsmenge sind, ist typischerweise keine Vorhersage, die bedingt auf irgendeine beliebige Informationsmenge rational ist. Er fiihrt in seiner Arbeit daher die Rationalitatstests mit Einzelschatzungen durch; vgl. Loffler (1998),S.62ff. ' Vgl. Achleitner (2002), S. 763ff
Teil B: Begrijjfliche und konzeptionelle Grundlagen
Wettbewerber'^" und ihr umfassendes Informationsnetzwerk einen solchen Vorteil auch in der Vorhersage branchenspezifischer Daten erlauben, dass Analysten mitunter prazisere Prognosen als das Management erstellen. Eine hohere Genauigkeit der Prognosen von Finanzanalysten ist daneben auf Vorteile bei der Infonnationsverarbeitung zuriickzufiihren. So konnen Analysten einen groBeren Umfang von Informationen beriicksichtigen, qualitative und strategische Verhaltensweisen des Managements in ihre Voraussagen integrieren und durch Uberleitung in quantitative MessgroBen in ihren Bewertungsmodellen operationalisieren.'^' Im Einzelfall scheinen je nach Situation des Untemehmens und des Umfeldes entweder Management- oder Analystenprognosen die nachhaltige Uberlegenheit zu haben. Kritisch zu beurteilen ist, dass Analysten ebenfalls nicht frei von typisch menschlichen Einschrankungen im rationalen Verhalten sind: In der Kapitalmarktforschung werden seit geraumer Zeit verstarkt Ergebnisse aus der psychologischen Literatur aufgegriffen, die die Rolle kognitiver Unzulanglichkeiten aufzeigen.'^' So lasst sich beispielsweise eine zu langsame Revidierung ihrer Empfehlungen konstatieren,'^^ die mit einem zu langen Festhalten an ihren intemen Modellen erklart werden kann. Weiterhin orientieren sich Analysten an den beobachtbaren Aktionen anderer Analysten (sogenanntes „Herdenverhalten") und messen allgemein verfugbaren Informationen ein zu geringes Gewicht bei.'^ SchlieBlich wird argumentiert, Analysten iiberschatzten die Gewinne insbesondere von jenen Untemehmen, die einen sehr volatilen Ertragsverlauf aufweisen'^' und reagierten auf die Veroffentlichung von Untemehmensergebnissen in einem zu geringen (Unterreaktion) bzw. zu starken AusmaB (Uberreaktion).'^'' Trotz dieser
* Analysten sind oftmals Industriegruppen zugeordnet, vgl. Achleitner (2001), S. 184. Vgl. Schipper(1991), S. 107; Langenbach (2001), S. 140f. • Vgl. De Bondt/Thaler (1995) fiir einen Oberblick uber die Literatur. ' Vgl. Wichels(2002),S.91. ' Vgl. Scharfstein/Stein (1990), S. 465ff.; Stickel (1990), S. 409ff.; Trueman (1994), S. 97ff; Olson (1996), S. 37ff.; Hong/Kubik/Solomon (1998) sowie De Bondt/Forbes (1999), S. 143ff., die unter Riickgriff auf die 1/B/E/S-Datenbank 441.000 Eamings-per-Share (EPS)-Prognosen iiber die Jahre 1986-1997 untersucht haben und Herdenverhalten empirisch nachweisen konnten. Die Autoren fiihren auch mogliche Griinde fiir das Herdenverhalten an: „It may be interpreted as rational learning, it may be driven by rational concern to stay in the good graces of other people, or it may relate to notions of prudence and accountability" (De Bondt/Forbes (1999), S. 146). ' Vgl. Huberts/Fuller (1995), S. 12; Das/Levine/Sivaramakrishnan (1998), S. 277ff 'Vgl. zu potenziellen Einflussfaktoren von Uber- und Unterreaktionen Amir/Ganzach (1998), S. 333ff. Vgl. zur Unterreaktion insbesondere Abarbanell/Bemhard (1992) sowie zu Uberreaktionen De Bondt/Thaler (1990), S. 52ff. BROWN weist jedoch nach, dass ein optimistischer Bias bei Analysten-Schatzungen zwischen 1993 bis 1996 abgenommen hat; vgl. Brown (1997), S. 81ff
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Teil B: Begrifjiiche und konzeptionelle Grundlagen
Defizite sind die Antizipationsfahigkeiten von Analysten zur Rationalitatssicherung als hoch einzuschatzen.'*^ Neben Fahigkeiten mtissen die Finanzanalysten als Kapitalmarktakteure auch die Motivation zur Kontrolle besitzen. Bei mangelnder Kompatibilitat der Ziele der Kontrollakteure mit den Zielen der Untemehmung kann das Problem opportunistischen Verhaltens auftreten. In diesem Zusammenhang wurde in der Vergangenheit insbesondere das institutionelle Umfeld genannt. Analysten unterstiitzten durch ihre fundamentalen Analysen die sogenannten „Sales & Trading"-Bereiche'** bei der Generierung von Wertpapiergeschaften und seien somit an Kauf- und Verkaufsorders interessiert. Daneben wurde argumentiert, Analysten formulierten bewusst optimistische Prognosen,'^^ urn enge Geschaftsbeziehungen zu den Untemehmen aufrechtzuerhalten und lukrative (M&A sowie IPO-) Beratungsmandate im Investment-Banking zu akquirieren.'"^ Dagegen spricht, dass die Reputation der Analysten'" innerhalb der Financial Community vor allem daran gemessen wird, wie zutreffend ihre Prognosen sind.'^^ Zudem zwingt die Borsenaufsichtsbehorde SEC seit April 2003 angelsachsische Investmentbanken, ihr Investment- und Wertpapiergeschaft klar zu trennen; Analysten und Investmentbanker mussen in Zukunft vollig unabhangig voneinander arbeiten. Die neuen Wall-Street-Regeln dtirften iiber kurz oder lang auch fur deutsche Research-
Gleicher Auffassung auch Chopra (1998), S. 35fT. Vgl. zudem die Erklarung zum unbeabsichtigten ^optimistic bias" bei Sedor (2002), S. 731. ' Vgl. dazu auch die empirische Erhebung von BLOCK unter 297 Analysten. Alle befragten Analysten batten einen akademischen Abschluss; vgl. Block (1999), S. 87. Vgl. zu einem ahnlichen Ergebnis auch Graham (1975), S. 105 sowie Dreman (1977), S. 114. ' Vgl. Achleitner (2002), S. 585fT. ' BAREFIELD/COMISKEY belegen mittels einer aus 100 an der New York Stock Exchange gelisteten Untemehmen bestehenden Stichprobe einen solchen systematischen Optimismus erstmals; vgl. Barefield/Comiskey (1975), S. 241ff. Vgl. ebenfalls die Studien von Fried/Givoly (1982); Ali/Klein/Rosenfeld (1992); Easterwood/Nutt (1998); Butler/Saraoglu (1999). Vgl. auch den Oberblick bei Brown (1993). Vgl. demgegeniiber Degeorge/Patel/Zeckhauser (1999), die einen „pessimistic bias" feststellten. Wgl. Dugar/Nathan (1995). Sie zeigen, dass die Investmentempfehlungen von Analysten, deren Bank gleichzeitig beratend tatig ist, eine optimistische Verzerrung aufweisen. Zu einem ahnlichen Ergebnis kommen auch Lin/McNichols (1998); Michaely/Womack (1999); Dechow/Hutton/Sloan (2000). ' Vgl. Hax (1998), S. 129ff. • Vgl. Hong/Kubik (2003), S. 313fT. Sie zeigen, dass Analysten mit hoher Prognosegenauigkeit im Vergleich zu solchen mit optimistisch verzerrten Prognosen gute Karriereaussichten haben. Vgl. zu den ,/eputationsfbrdemden" Kriterien auch Stickel (1992).
Teil B: Begriffliche und konzeptionelle Grundlagen
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Abteilungen gelten. Ob und inwieweit diese Reformen tatsachlich umgesetzt werden und die Unabhangigkeit der Analysten erhohen, bleibt jedoch abzuwarten.''^ Es bleibt festzuhalten, dass die Nutzung von Kapitalmarktakteuren insbesondere dann rational zu sein scheint, wenn Markt- und Industriewissen sowie makrookonomische Informationen von hoher Bedeutung sind. Dieses Wissen haben untemehmensinteme Akteure mit nur geringem Kontakt zu anderen Marktteilnehmem nicht. Diese komparativen Vorteile werden in Kapitel C der Arbeit aufgegriffen. 3.4 3.4.1
Rationalitatssicherung und Beteiligungskontrolle Beteiligungskontrolle als Funktion der Rationalitatssicherung
Die Fiihrungstatigkeit der Kontrolle'^ kann als ein Prozess verstanden werden,'^^ der je nach Weite einer Auslegung der Kontrollfunktion unterschiedliche Phasen beinhaltet.'^^ Im Zentrum der in der deutschsprachigen betriebswirtschaftlichen Literatur anzutreffenden traditionellen Kontrolldefinition stehen der Vergleich zwischen Soil- und IstgroBen und die darauf folgende Feststellung etwaiger Abweichungen. Die Gegenuberstellung relevanter Soil- und IstgroBen ist somit Voraussetzung und informationelle Basis einer jeden qualifizierten Kontrolle.'^^ Neben dem Soll-/Ist-Vergleich konnen Ist-GroBen mit Ist-GroBen, Soll-GroBen mit Wird-GroBen, Wird-GroBen mit WirdGroBen oder Wird-GroBen mit Ist-GroBen Gegenstand eines Vergleiches sein.'^^ Die so
'^^ Vgl. die Stellungnahme von Boni/Womack (2003), S. 25ff. Die Autoren sind zwar der Auffassung, dass die neuen Regelungen zu einer Reduktion der Interessenkonflikte fiihren wiirden, pladieren jedoch dafUr, Researchleistungen in Zukunft ausschliefilich gegen Entgelt in Rechnung zu stellen, um eine vollstandige Abkoppelung zu erzielen. Vgl. auch kritisch Ascarelli (2003), S. Al, A6. '^ Der Kontrollbegriff geht zuruck auf die lateinische Wortverbindung „contra rol", die mit Gegenbuch bzw. Gegenregister iibersetzt werden kann. Uber das franzosische „contre role" ist das Wort in das Deutsche aufgenommen worden. Die Aufzeichnungen in dem Gegenbuch wurden angefertigt, um die Rechnungspriifung durch eine zweite Peson ausfiihren zu lassen. Aus dieser Form der „Gegenbuchfuhrung" ist heute die Kontrolle als Fiihrungsaufgabe erwachsen; vgl. Riihli (1993), S. 191f. '^' Vgl. z.B. Hasenack (1952), S. 339 oder Frese (1968), S. 53 "^ Vgl. Frese (1968), S. 57ff. sowie den Uberblick bei Pfohl/Stolzle (1997), S. 114ff. '^^ Lediglich die Gegenuberstellung von Werten mit Feststellung moglicher Abweichungen als Kontrolle zu verstehen, scheint aus okonomischer Sicht zu kurz gegriffen, da der Zweck dieser Handlung fur sich genommen nicht erkennbar ist. Diese Auffassung lasst sich insbesondere in alteren Arbeiten fmden und wird in neueren Veroffentlichungen nicht mehr vertreten; vgl. Schaffer (2001a), S. 14. "'Vgl. Wall (1999), S.20f.
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Teil B: Begrijjliche und konzeptionelJe Gnindlagen
getroffene Unterscheidung ist insofem von Interesse, als sie unterschiedliche Kontrollobjekte differenziert, darf aber nicht dariiber hinwegtauschen, dass alle aufgezeigten Typen sich auf einen Soll-/Ist-Vergleich zuriickfuhren bzw. als solchen interpretieren lassen.'^^ Neben der reinen Gegeniiberstellung wird bei einer weiteren Gruppe die Abweichungsanalyse zur Kontrolle hinzugerechnet. Sie ist zumeist verbunden oder sogar gleichbedeutend mit einer Analyse der Abweichungsursachen.^^ Die weiteste Kontrolldefinition liegt vor, wenn auch die Ableitung von gegebenenfalls erforderlichen AnpassungsmaBnahmen enthalten ist.-^' Diese Phase geht im sprachlichen Verstandnis iiber den Vergleich hinaus, lasst sich aber iiber den engen Bezug zur vorangegangenen Phase der Abweichungsanalyse begriinden. Bedeutsam erscheint in diesem Zusammenhang, dass die Abweichungsanalyse allein kein Zweck in sich sein kann, sondem als Mittel zum Zweck okonomischer Leistungserstellung gegebenenfalls in MaBnahmen mtinden muss. Ob dies im Rahmen der Kontrolle oder nachgelagerter Fiihrungshandlungen erfolgt, ist primar terminologischer bzw. defmitorischer Natur. Der Wesenskem der Kontrolle umfasst im Rahmen dieser Arbeit die Phasen Gegeniiberstellung, Abweichungsanalyse und Ableitung von AnpassungsmaBnahmen.^''^ Ausgehend vom so skizzierten Kontrollbegriff wird in der Regel auf die Kybemetik-^^ verwiesen und die Kontrolle als Teil eines kybemetischen Regelkreises identifiziert.''^ Darauf aufbauend soil im Folgenden Kontrolle zu den in Abschnitt 3.1 beschriebenen
"^ Vgl. dazu ausfuhriich Schaffer (2001a), S. 12f. ^^ Zur Bedeutung der Abweichungsanalyse fiir den Kontrollprozess vgl. Danert (1952), S. 15. Fiir ihn erhalt eine Kontrolle erst dann ihren Sinn, wenn nach dem Vergleich eine Abweichungsanalyse folgt: „Zur Kontrolle wird dieser Vorgang erst, wenn man ermittelt, dass diese Menge Material von der vorhergesehen Menge abweicht und wenn man nach den Griinden fiir diese Abweichungen sucht." Vgl. zum Umfang des Kontrollinhaltes in unterschiedlichen Ansatzen auch den Uberblick bei Krystek/Zumbrock (1993), S. 15. ^^^ Vgl. Davis (1957), S. 131 und Allen (1958), S. 45, die beide die Empfehlung und Einleitung von KorrekturmaBnahmen zum Aufgabenkanon der Kontrolle zahlen. ^"^ Werden Korrekturempfehlungen als letzter Arbeitsschritt des Kontrollprozesses angesehen, verliert die Kontrolle ihren oftmals negativen Charakter und kann als positive konstruktive Kraft im Unternehmen begriffen werden; vgl. Newman (1975), S. 23ff. "^^ Begriindet wurde die Lehre der Kybemetik von dem Mathematiker NORBERT WIENER, der die universelle Anwendbarkeit des kybemetischen Interpretationsschemas auf technische wie auch auf soziale Zusammenhange herausarbeitete; vgl. Wiener (1948), S. 11 sowie Wiener (1963), S. 32. Vgl. anschaulich auch Ashby (1973) und Stachowiak (1989), S. 183f Zu der betriebswirtschaftlich ausgerichteten Kybemetik vgl. Beer (1973), S. 161ff; Lehmann (1980), Sp. 1568ff. '^ Vgl. Kronester (1966), S. 108ff.; Treuz (1974), S. 21ff.; Topfer (1976), S. 80ff; Sjurts (1995), S. 135; Stoermer (1996), S. 37fT.; Ulber (1996), S. 48ff; Pfohl/Stolzle (1997), S. 13ff; Wall (1999),S. 23ff.
Teil B: Begriffliche und konzeptionelle Grundlagen
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anderen Handlungsarten Antizipation, Durchsetzung und Realisation in Beziehung gesetzt werden. Die einzelnen Handlungsarten werden dabei mit den Eigenschaften der Akteure verknupft. Bezugspunkt fiir die Unterscheidung ist die Rationalitat des Handelns der Akteure.-*^' • Die Antizipation von Rationalitat entspricht der Willensbildung und lasst sich als Handlung zur Vorwegnahme einer rationalen Positionierung im Handlungsraum bzw. zur Vorwegnahme der zu realisierenden Zweck-Mittel-Beziehung der Tochtergesellschaft charakterisieren. Sie rekurriert dabei auf die Lemfahigkeit und die gewiinschten Zustande des Akteurs. • Die Realisierung von Rationalitat ist die Handlung zur unmittelbaren Verwirklichung der antizipierten Zweck-Mittel-Beziehungen.^^ Sie rekurriert auf die Realisationsfahigkeit des Akteurs. Die Sicherung von Rationalitat konstituiert sich aus Handlungen zur Erhohung der Wahrscheinlichkeit, dass die Realisation der Akteure den antizipierten Zweck-MittelBeziehungen entspricht. Dabei lassen sich unterscheiden: • Die Durchsetzung als Handlung zur Ubemahme der antizipierten Zweck-MittelBeziehung durch den realisierenden Akteur. Diese erfolgt mit Bezug auf die Realisierung ex ante und rekurriert auf die Bindungsfahigkeit des Akteurs. • Die Kontrolle als Vergleich von Antizipation und Realisation mit dem Ziel, Abweichungen zwischen beiden GroBen zu ermitteln und (in Verbindung mit nachfolgenden Fiihrungshandlungen) zu iiberwinden. Sie erfolgt nach Beendigung des Realisationsprozesses, also ex post, und rekurriert auf die Lemfahigkeit des Akteurs. Ziel ist es, gewunschte Zustande und Lemfahigkeiten einerseits und Bindungs- und Realisationsfahigkeiten andererseits in einem (dynamischen) FlieBgleichgewicht zu halten.-"^ Die Zielerreichung manifestiert sich in der Vermeidung und gegebenenfalls Uberwindung relevanter Abweichungen von antizipierten und realisierten Zustanden der Kontrolle. Da diese grundsatzlich, wenn man von Kontrollfehlem absieht, in jeder
' Vgl. dazu und im Folgenden Schaffer (2001a), S. 44fr. ' Freiheitsgrade mit Bezug auf die zu realisierende (Fiihrungs- oder Ausfiihrungs-) Handlung bestehen fur den Akteur zum Zeitpunkt der Realisation somit nicht mehr. ' Vgl. Schaffer (2001a), S. 45 sowie explizit im Zusammenhang mit der Einfiihrung von „Better Budgeting" Schaffer/Zyder (2003), S. 106f.
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Teil B: Beghffliche und konzeptionelle Grundhgen
dariiber liegenden Phase begriindet sein kann, also Antizipations-, Durchsetzungsund/oder Realisierungsfehler vorliegen konnen, „werden die Kontroll- und Abweichungsergebnisse in die entsprechende(n) Phase(n) riickgekoppelt. Dadurch wird tiber eine Korrektur des jeweiligen Phaseninhalts zumindest ein Teilprozess emeut durchlaufen."^"* Abbildung 2 verdeutlicht die Einordnung der Kontrolle in den kybemetischen Fiihrungszyklus. Bei einer Verkniipfting der kybemetisch basierten Literatur mit kognitions- und verhaltenswissenschaftlichen Erkenntnissen tritt an die Stelle gleichgewichtserhaltender Riickkopplungsmuster ein Verstandnis der Kontrolle als Lemprozess.^^ Die aus antizipierten oder realisierten Abweichungen resultierende Spannung ermoglicht einen Prozess der Erkenntnisgewinnung, der dazu beitragen kann, dass vorhandene Rationalitatsdefizite reduziert oder gar beseitigt werden.^'^ Die Kontrollentscheidung lasst sich dabei als Investitionskalktil interpretieren: Kontrolliere (nur), wenn der Quotient aus Lemertrag und bewerteter, in die Kontrolle investierter Lemkapazitat groBer Eins ist. Unter mehreren Kontrollaltemativen ist diejenige mit der hochsten positiven Differenz optimal. Lemfahigkeit
feed-forward '
BIndungsfahigkeit
,
Realisationsfahigkeit
^
Lemfahigkeit
^
Antizipation der Rationalitat
1
Durchsetzung
1
Realisation der Ratk>nalKat
1
feed-back
Kontrolle
1 —
Antizipation der Rationalitat
1
Durchsetzung
1
1 ..
H
Abbildung 2: Kontrolle im Fiihrungszyklus''
-"' Topfer (1976), S. 84. Vgl. auch Pfohl/Stolzle (1997), S. 13fT. '"" Vgl. ausfuhrlich Schaffer (2001a), S. 27ff.; Schaffer (2003), S. 150. LemefYekte der Kontrolle betonen ebenfalls Treuz (1974), S. 50ff.; Sigwart/Menzl (1978), S. 77ff. Aus strategischer Perspektive vgl. Ansoff( 1983). "" Vgl. ausfuhrlich Schaffer (2001a), S. 39ff. -" Quelle: Schaffer (2001a), S. 46.
Teil B: Beghffliche und konzeptionelle Grundhgen
Das neben dem Lemen des Kontrollsubjekts (Lemfunktion) zweite zentrale Ziel von Kontrolle besteht darin, das Verhalten der kontrollierten Entscheidungstrager so zu beeinflussen, dass die Realisierung der Fuhrungshandlungen trotz vorliegender Rationalitatsdefizite den antizipierten Zweck-Mittel-Beziehungen entspricht (Durchsetzungsflinktion).^'^ Wird geplant, ohne die Erreichung der Planwerte konsequent nachzuhalten, ist es wahrscheinlich, dass die Fiihrungskrafte (deutlich) weniger Commitment fiir die gesetzten Ziele aufbringen als dann, wenn der Zielerreichungsgrad (fallweise oder standig) gemessen wird. Wenngleich die Kontrolle vom Ermittlungsgang riickwarts gerichtet ist, zielt sie also (explizit oder implizit) auf die Beeinflussung zukunftigen Verhaltens ab - anders formuliert: auf das (zielgerichtete) Lemen der Rationalitatsdefiziten unterliegenden Akteure. Zu beachten ist, dass die Wirkungen der Lem- und Durchsetzungsfunktion der Kontrolle eng miteinander verbunden sind. Kontrolle nur auf die haufig stark negativ assoziierte Durchsetzungsfunktion zu fokussieren, greift somit zu kurz. 3.4.2
Horizonte der Beteiligungskontrolle
Der Lemprozess im Rahmen der Kontrolle kann sich sowohl auf das Ist als auch auf das Soil richten: Im ersten Fall dient die Kontrolle primar der Sicherstellung der Planbzw. Normerreichung (z.B. AnstoB von Handlungen zur Erreichung der gesetzten Ziele). Hier spricht man von „feed-back"-Kontrollen. Im zweiten Fall dient die Kontrolle primar der Anpassung oder Neuformulierung des Sollwerts (z.B. Korrektur unrealistischer Leistungsnormen): Hier spricht man von „feed-forward"-Kontrollen.-" Den beiden Rtickkopplungsarten entsprechen korrespondierende Lemtypen, wobei die Terminologie von ARGYRIS/SCHON den hochsten Bekanntheitsgrad hat:-'^ • „Single-loop-leaming" stellt sich als Prozess des Entdeckens und der Korrektur von Fehlem innerhalb eines vorgegebenen und nicht veranderbaren organisatorischen Kontextes dar. Er lasst sich auch als Anpassung der Mittel an den gegebenen Zweck auffassen. Der MaBstab fiir diesen Lemprozess ist demnach Effizienz: Es
"- Vgl. Frese (1968), S. 75ff.; Treuz (1974), S. 52ff; Thieme (1982), S. 74ff. sowie Sjurts (1995), S. 43ff. ^'"^ Das Konzept einer „feed-forward"-Kontrolle wurde von KOONTZ entwickelt; vgl. Koontz (1958); Koontz (1959) sowie Koontz/Bradspies (1972). -" Vgl. Argyris/Schon (1978), S.18ff. Siehe auch die Erlauterungen bei Reinhardt (1995), S. 59ff.
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Teil B: BegriffUche und konzeptionelle Grundlagen
geht um die Beantwortung der Frage, wie effizient sich vorliegende Fehler beseitigen lassen. • „Double-loop-leaming" hingegen stellt die Zwecke in Frage und wird wie folgt defmiert: „We will give the name double-loop-leaming to those sorts of organizational inquiry which resolve incompatible organizational norms by setting new priorities and weightings of norms themselves together with associated strategies and assumptions."^'^ Letzteres kann weiter differenziert werden. Das ubliche Verstandnis der „feedforward"-Kontrolle in der betriebswirtschaftlichen Literatur legt den Fokus auf die Veranderung von Zielen bei im Wesentlichen unveranderter Interpretation der relevanten Umweh. Dagegen kann der Fokus der Anpassung auch auf der Veranderung des intemen Modells und damit der grundlegenden Neuinterpretation der relevanten Innen- und Umwelt liegen. Der Begriff des „double-loop''-Lemens umfasst nach Auffassung von SCHAFFER beide Aspekte.-'^ Differenziert man entsprechend, ergibt sich neben den als „feed-back" und „feed-forward" bezeichneten Anpassungsebenen noch eine dritte: SteHt die aus der Kontrolle hervorgehende Information das der Willensbildung zugrunde liegende Modell in Frage, muss die Kontrolle auf die Sicherstellung der Effektivitat des Modells und der Effizienz seiner Durchsetzung zielen. Etablierte Denk- und Handlungsmuster der Manager werden dann durch den Abgleich mit abweichenden Informationen oder intemen Modellen gezielt auf den Priifstand gestellt. Bei alien drei Rtickkopplungsarten erfolgt eine Anderung des relevanten intemen Modells der Akteure, allerdings in unterschiedlich starkem Umfang: Beim ersten Typ werden bestehende Vemetzungen und das darauf bemhende inteme Modell verstarkt. Beim zweiten werden inteme Modelle modifiziert, die grundlegenden Interpretationsmuster bleiben aber bestehen. Somit erfolgt ein inkrementeller Wandel des intemen Modells, das jedoch in seiner Individualitat erhalten bleibt. Beim dritten Riickkopplungstyp schliefilich wird das Modell einer gmndsatzlichen Revision unterzogen, seine Individualitat verandert sich. Dieser Vorgang kann als grundlegender Wandel bzw. als Wechsel des intemen Modells bezeichnet werden. Im Ergebnis liegen somit drei An-
-'• Argyris/Schon (1978), S. 18f. -'" Vgl. Schaffer (2001a), S. 47.
Teil B: Beghjjliche und konzepfionelle Grundlagen
passungsebenen bzw. Kontrollhorizonte vor.-'^ Ihre ausgewogene Realisierung stellt sicher, dass erfolgreiche Modelle verstarkt und nicht geeignete modifiziert bzw. ersetzt werden. Die Anpassungsebenen seien im Folgenden auch als KontroUe erster, zweiter und dritter Ordnung bezeichnet.''* • Die erste Anpassungsebene dient der Sicherstellung der Plan- bzw. Normerreichung. Als „feed-back"-Kontrolle dominiert dieser Kontrolltyp im Bereich des operativen Controllings. Die zweite Anpassungsebene dient der Sicherstellung der Effektivitat von Planwerten. Als „feed-forward''-Kontrolle sollte dieser Kontrolltyp im Bereich des strategischen Controllings dominieren. Der zugrunde liegende Lemtyp sei als Lemen zweiter Ordnung bezeichnet.-'^ • Die dritte Anpassungsebene dient der Sicherstellung der Effektivitat des relevanten Modells und der Effizienz seiner Durchsetzung. Im Rahmen dieser Kontrollform wird versucht, etablierte Denk- und Handlungsmuster der Manager, ihrer intemen Modelle, gezielt auf den Priifstand zu stellen. Hilfsmittel in diesem Prozess kann unter anderem eine Szenario-Planung, aber auch Micro-Worlds und ein Untemehmenstheater sein. Der zugrunde liegende Lemtyp sei als Lemen dritter Ordnung bezeichnet. Die getroffene Unterscheidung in operative und strategische Kontrolle soil aufgrund der weitreichenden Implikationen fur die Kontrollgestaltung in Management-Holdings weiter konkretisiert werden:"'^ Folgt man GALWEILER, hat die strategische Kontrolle die Sicherstellung von Erfolgs- und Fahigkeitspotenzialen zum Inhalt.^^' Obwohl der Begriff des Erfolgspotenzials zentral fiir die Definition der strategischen Kontrolle ist, finden sich nur selten klare Begriffsbestimmungen. GALWEILER versteht ganz allgemein unter einem Erfolgspotenzial „das gesamte Gefiige aller jeweils produkt- und
'" Vgl. Schaffer (2001a), S. 44ff. ^'^ Daneben ist eine Kontrolle vierter Ordnung denkbar, die auf die Sicherstellung einer rationalen Modellvarietat zielt. Diese sei jedoch nicht naher betrachtet. '" Vgl. Bresser (1998), S. 582. Vgl. ahnlich auch Lorange/Morton/Ghoshal (1986), S. 28ff ~^° Das vorgestellte Denkmodell differenziert zwischen operativer und strategischer Kontrolle. Bei einigen Autoren findet sich noch eine Zwischenebene, die als taktische Kontrolle bezeichnet wird. In der Praxis wird diese Dreiteilung jedoch auf die geschilderte Unterscheidung von strategischer und operativer Kontrolle reduziert; vgl. Hamprecht (1996), S. 84. "' Vgl. Galweiler (1990), S. 26.
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Teil B: Begriffliche und konzeptionelle Gnindlagen
marktspezifischen erfolgsrelevanten Voraussetzungen, die spatestens dann bestehen mussen, wenn es um die Erfolgsrealisierung geht"-'l Spezifischer werden hierunter Produkt-Markt-Strategiengefasst.^" Die Frage, ob Potenziale ungenutzt verstrichen bzw. der Konkurrenz iiberlassen wurden, verlangt ein umfassendes Verstandnis der untemehmerischen Absichten, des strategischen Programms und der langfristigen Entwicklung des Untemehmens. Diese Kenntnisse liegen jedoch haufig nicht hinreichend vor. Die daflir erforderlichen Daten und Fakten lassen sich zudem nie in der Ganze bewusst erfassen - sie sind vielleicht auch gar nicht bekannt. Die hohen Wissensdefizite beziehen sich dariiber hinaus nicht nur auf den Kontrollkontext und die Kontrollziele, sondem auch auf die bei der Kontrolle einzusetzenden Ressourcen und den Kontrollprozess selbst. So ist zu Beginn der strategischen Kontrolle nicht festlegbar, welche Personen in die Kontrolle einbezogen werden mussen, welche Informationen benotigt werden und welche Instrumente zum Einsatz kommen sollen. Das Wissen iiber die KontroUressourcen und -prozesse entsteht erst im Verlauf der Kontrolle selbst. Zudem konnen Planungs- und Kontrollfeld bei der strategischen Kontrolle auseinander fallen; das Kontrollfeld ist somit weiter gefasst als das von der Planung vorgegebene Feld.^-'' Die operative Kontrolle hingegen ist durch ein vergleichsweise hohes MaB an verfugbarem und weitgehend explizierbarem Wissen gekennzeichnet.^^^ Das hohe kontrollrelevante Wissen fiihrt dazu, dass genaue Aussagen iiber die einzusetzenden Ressourcen, wie Kontrolltrager, Kontrollinformationen und Kontrollinstrumente, getroffen werden konnen."'' Die operative Kontrolle geht von weitgehend gegebenen Kontexten aus. Aufgrund der Moglichkeit, die Kontrollaufgaben strukturieren zu konnen und des wiederkehrenden Charakters ist sie kurzfristiger Natur. Im Gegensatz zur strategischen Kontrolle ist der Entscheidungsraum, auf den sich die operative Kontrolle bezieht, bereits weitgehend fixiert. Das Kontrollfeld beschrankt sich auf das von der operativen Planung vorgegebene Feld. Die drei Kontrollhorizonte sind in Abbildung 3 grafisch dargestellt.
"" Galweiler (1990), S. 26. Er bezieht sich dabei jedoch auf die Planung. ^-- Vgl. Coenenberg/Baum (1987), S. 130; Rabl (1990), S. 16. '-'Vgl. Nuber(1995),S. 73. --' Vgl. Weber/Schaffer/Goeldel (1997), S. 276, dort jedoch in Bezug auf die Planung. --* Vgl. wiederum in Bezug auf die Planung Weber/Schaffer/Goeldel (1997), S. 276.
Teil B: Beghjfliche und konzeptionelle Grundlagen
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f Sicherstellung eines rationalen Modells
r Sicherstellung einer rationalen Antizipation Sicherstellung einer rationalen Durchsetzung
Kontroiie 1. Ordnung
Kontroiie 2. Ordnung
Kontroiie 3. Ordnung
Abbildung 3: Drei Kontrollhorizonte'^'^
3.4.3
Objekte der Beteiligungskontrolle
Die Kontroiie von Fiihrungshandlungen kann sich in Anlehnung an FRESE grundsatzlich auf drei Komponenten als mogliche Objekte der Kontroiie beziehen,^-^ die unterschiedlich hohe Anforderungen an die Wissensbasis der Kontrollsubjekte stellen: • Der Input der Handlung, der aus zwei miteinander verbundenen Komponenten besteht: Ressourcen und Umwelt des Akteurs. Gemeinsam konstituieren sie das Handlungspotenzial des Akteurs. • Der Prozess, d.h. die Transformation von Produktionsfaktoren zur Realisierung des angestrebten Ergebnisses. • Das Ergebnis, das mit der Handlung angestrebt wird. Dieses lasst sich weiter differenzieren in Output und Outcome. Der Output ist als unmittelbares Handlungsergebnis, der Outcome als damit erzielte Wirkung zu charakterisieren. Outputkontrollen stellen die Form der Kontroiie dar, die klassischerweise mit dem Kontrollbegriff assoziiert wird: Es handelt sich urn die Kontroiie des Ergebnisses einer Oder mehrerer Handlungen. Typisches Einsatzgebiet von Outputkontrollen sind bei-
' Quelle: Schaffer (2001a), S. 49. ' Vgl. Frese (1968), S. 22; Pfohl/Stolzle (1997), S. 8Iff. sowie Betz (2002), Sp. 988f Ahnlich auch die Unterscheidung bei Kiipper (2001), S. 176fF. BEA/HAAS unterscheiden in Trager, Prozesse, Techniken, Bereiche und Ablauforganisation; vgl. Bea/Haas (1997), S. 215ff.
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Teil B: Beghffliche und konzeptionelle Grundlagen
spielsweise finanzielle Kennzahlensysteme, bei denen nur auf groBe Abweichungen im Sinne einer diagnostischen Nutzung der Kennzahlen reagiert wird.^^^ Outputkontrollen setzen an der Wirkung von Handlungen an. Daher sind hierfiir nur Kenntnisse der intendierten Wirkung, nicht aber der Ursache bzw. der UrsacheWirkungsbeziehung notwendig.^^^ Outputkontrollen schranken den Handlungsraum des zu kontrollierenden Akteurs nur wenig ein. Dies ist vorteilhaft, wenn zu enge Kontrollen demotivierend wirken oder wenn das spezifische Wissen des Kontrolleurs fiir die Erfassung der Ursache-Wirkungsbeziehungen nicht ausreichend ist. Sie bergen jedoch gleichzeitig die Gefahr, dass Fehlverhalten nicht unmittelbar aus den Kontrollen abgeleitet werden kann. Es wird nicht klar, ob fur das abweichende Ergebnis der Handlungen des zu kontrollierenden Akteurs primar dessen Fehlverhalten oder Umweltumstande verantwortlich sind.-" Durch diese Unklarheit ist es nicht moglich zu erkennen, ob zur Steigerung der Effektivitat in vergleichbaren Situationen in der Zukunft „feedback" oder „feed-forward"-Ma6nahmen einzuleiten sind. Prozesskontrollen setzen im Gegensatz zu Outputkontrollen detaillierte Kenntnisse der Ursache-Wirkungszusammenhange im Soil und ihre Beschreibbarkeit im Ist voraus und stellen somit die hochsten Anforderungen an die realisationsbezogene Wissensbasis des Kontrollsubjekts. Dadurch, dass die Prozesskontrolle unmittelbar an den Ursachen der Abweichung ansetzt, wird der Handlungsraum des kontrollierten Akteurs stark eingeschrankt, was zu negativen Motivations- und Verhaltenswirkungen fuhren kann."^ Aufgrund beider Restriktionen sollten Prozesskontrollen insbesondere dann eingesetzt werden, wenn zu vermeidende Abweichungen aufgrund von Prozesscharakteristika oder der Akteurseigenschaften eine hohe Wahrscheinlichkeit aufweisen, Ab-
"^ Die diagnostische Nutzung der Kennzahlen schont damit die Ressource Aufmerksamkeit. Sie zeigt dem Manager oder Controller der Muttergesellschaft lediglich an, wann er einzugreifen hat. Die diagnostische Nutzung verlangt somit nicht die standige Aufmerksamkeit der Akteure der Muttergesellschaft und gleicht einem ^management by exception" (vgl. Simons (1995a), S. 70). Hingegen erfordert die interaktive Nutzung die verstarkte Aufmerksamkeit des Managers. Hier steht die Suche nach Chancen und Risiken im Vordergrund, „to build interal pressure to break out of narrow search routines, stimulate opportunity-seeking, and encourage the emergence of new strategic initiatives" (Simons (1995a), S. 93). Vgl. zur diagnostischen und interaktiven Nutzung von Kennzahlensystemen Weber/Schaffer (1999b) sowie die empirische Erhebung zum Management mit Kennzahlen und Kennzahlensystemen von Sandt (2004). "^ Vgl. Schaffer (2001a), S. 216. -'' Vgl. Schaffer (2001a), S. 216. -'' Vgl. Schaffer (2001a), S. 215.
Teil B: Begriffliche und konzeptionelle Grundlagen
weichungen in der Handlung sehr negativ bewertet werden und daher moglichst zu vermeiden sind oder der zu investierende Lemwert kleiner ist als die mit seinem Einsatz verbundenen Opportunitatskosten. Inputkontrollen stellen die geringsten Anforderungen an die Ursache-Wirkungsbezogene Wissensbasis des Kontrolleurs, verlangen aber Kenntnisse iiber den Handlungskontext und dessen Wirkung auf die Handlung. Inputkontrollen grenzen den Handlungsraum des zu kontrollierenden Akteurs in der Regel zwar relativ wenig ein. Der Kontrolleur erhalt jedoch Erkenntnisse dartiber, ob das Kontrollsubjekt sich aufgrund seiner spezifischen Fahigkeits- und Motivationsstruktur wahrscheinlich im Sinne des Kontrolleurs verhalten wird oder nicht.-'' Im Unterschied zu Output- und Prozesskontrollen, die ex definitione nach der relevanten Realisationshandlung erfolgen, konnen bei Inputkontrollen vor einer spezifischen Realisationshandlung noch GegenmaBnahmen eingeleitet werden. Diese konnen beispielsweise auf Basis von Erkenntnissen iiber die Charakteristika des Akteurs, die Verwendung falscher Pramissen und die Berucksichtigung der richtigen Informationen initiiert werden.-^"* 3.4.4
Die Kontrollaufgabe des institutionalisierten Beteiligungscontrollings
Grundsatzlich erfolgt die Kontrolle von Beteiligungen durch das Konzemmanagement. Die laufende Uberwachung des Geschehens im Untemehmen und in der Untemehmensgruppe ist Teil der originaren Geschaftsfiihrungsaufgabe des Vorstands im Konzem.-^^ Wie bereits in Abschnitt 1.1 angedeutet, erfolgt jedoch regelmaBig eine Dele-
-'' Vgl. Schaffer (2001a), S. 218. "^^ ' Vgl. Schaffer (2001a), S. 218f Damit geht das Konzept der Inputkontrolle von SCHAFFER iiber die reine Pramissenkontrolle hinaus (vgl. hierzu beispielsweise Pfohl/Stolzle (1997), S. 101), da es neben der Berucksichtigung von zusatzlichen Informationen in Form von Pramissenkontrollen vor allem auf die Bedeutung der Fahigkeiten und Motivation der involvierten Akteure bei der Kontrolle abstellt. '^- Vgl. Hommelhoff (1982), S. 179ff; Scheffler (1992a), S. 38ff Die Zustandigkeit fur diese Uberwachung liegt zum einen beim Vorstand in seiner Gesamtheit. Er ist das fiir die Geschaftsleitung zustandige Organ (§ 76 AktG). Zum anderen hat auch jedes einzelne Vorstandsmitglied eine Oberwachungsverpflichtung gegeniiber seinen Kollegen (sogenannte Gegenseitigkeitsuberwachung). Dies folgt aus der gesetzlich eingeraumten Eigenverantwortlichkeit, die auch das einzelne Vorstandsmitglied berechtigt und verpflichtet, und der nicht delegierbaren Mitleitungskompetenz jedes Vorstandsmitglieds; vgl. Semler (1998), S. 152f. Diese Geschaftsfuhrungsaufgabe umfasst die Verpflichtung, alles zu tun, was erforderlich ist, um die Entwicklung des Untemehmens und der Untemehmensgruppe erfolgreich zu gestalten. Aus dieser Verpflichtung folgt die Notwendigkeit,
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Teil B: Beghffliche und konzeptionelle Grundlagen
gation wesentlicher Kontrollaufgaben an das institutionalisierte Beteiligungscontrolling. Dies kann mit einer Reihe von Faktoren begrundet werden, die sich insbesondere auf Unterschiede in den intemen Modellen und den zur Verfiigung stehenden Daten als Faktorinput zuriickfuhren lassen:-'^ Abweichungen der intemen Modelle konnen daraus resultieren, dass Controller vergleichsweise unabhangig und neutral sind;^" so konnen Opportunismus durch das Kontrollsubjekt sowie emotionale Verzerrungen der Interaktion zwischen den Kontrollakteuren verhindert oder zumindest reduziert werden. Differenzen bei den zur Verfiigung stehenden Daten als Faktorinput ergeben sich insbesondere aus der Verankerung des Beteiligungscontrollers im Rechnungswesen und seiner Expertise fur Bewertungsfragen. Die Delegation der Kontrollaufgaben fiihrt primar dazu, dass Beteiligungscontroller im Rahmen ihrer Kontrolltatigkeit die Beteiligungsfiihrung entlasten.-^^ Hierunter fallt ein GroBteil der Kontrollaufgaben der Beteiligungscontroller wie beispielsweise die laufende Abweichungsanalyse und die Ubemahme des Berichtswesens. Die Beteiligungsfiihrung in der Management-Holding, die oftmals nur aus wenigen Akteuren besteht, um dadurch die Leitungskosten - analog zur Finanzholding - moglichst niedrig zu halten, kann sich durch die frei gewordene Kapazitat mit Fragestellungen beschaftigen, in denen der Unsicherheitsgrad hoch ist bzw. die fiir den Konzemerfolg von besonderer Bedeutung sind. Die Delegation fiihrt daher zu einer Effektivitats- und - nicht zuletzt aufgrund der Entgeltdifferenzen zwischen Managem und Controllem - zu einer Effizienzsteigerung. Auf der Basis von unterschiedlichem Fach- und Methodenwissen oder einer anderen Perspektive konnen Beteiligungscontroller zudem (reaktiv) iiberprtifen, ob die Beteili-
nicht nur planend und gestaltend auf das untemehmerische Geschehen einzuwirken, sondem auch die Auswirkungen dieser Einwirkung kritisch zu erfassen. "'" Vgl. Schaffer (2001b), S. 40Iff "^^ Ahnlich auch die Eigenschaftsdifferenzierung von Controllem und Managem bei Deyhle (1984), S. 37f. Danach ist der Controller eher nuchtem, objektiv, bremsend und orientiert sich streng an Zahlen. Der Manager hingegen wird als emotional, vorwartsdrangend und mit einer Vorliebe zur intuitiven Bewertung von Zusammenhangen dargestellt. Vgl. zudem die empirische Studie von Weber/Schaffer/Bauer (2000), die diese Vomrteile kiirzlich in einer dyadischen Erhebung iiberpriift haben. "^^ ' Vgl. Weber (2003), S. 298ff sowie zur Charakterisierung und Entwicklung von Controlleraufgaben allgemein Weber/Schaffer/Prenzler (2001).
Teil B: Begriffliche und konzeptionelle Grundlagen
gungsfuhrung die richtigen Mittel einsetzt, um den gemeinsamen Zweck zu erreichen, Oder (proaktiv) den Einsatz geeigneter Mittel anregen und durchsetzen. Beteiligungscontroller konnen insbesondere den aus begrenzten Kapazitaten der Beteiligungsflihrung und dem hohen Unsicherheitsgrad resultierenden hohen Intuitionsanteil durch reflexive Elemente erganzen.^^' In dieser Funktion erganzen sie das Management und erhohen die Effektivitat der Beteiligungsftihrung. Stellen Beteiligungscontroller (reaktiv) die Handlungsergebnisse des potenziell opportunistischen Managements in Frage oder erreichen sie (proakiv) eine Anpassung der gewiinschten Zustande bzw. die Wahmehmung einer ausreichend hohen Sanktionswahrscheinlichkeit beim Management, konnen sie dazu beitragen, dass Manager den von der ubergeordneten Instanz gesteckten Rahmen nicht verlassen. Damit bleibt festzuhalten, dass die Delegation von Kontrollaufgaben an Controller rational sein kann, da diese gewisse Kontrollaufgaben oftmals effektiver und effizienter durchfuhren konnen. 3.4.5
Spezifika der Kontrolle von Mehrheitsbeteiligungen
Im Rahmen seiner Kontrollaufgabe hat das (institutionalisierte) Beteiligungscontrolling die aus der Organisationsform der Management-Holding resultierenden steuerungsrelevanten Besonderheiten zu beachten.-"*" Ein erstes charakteristisches Merkmal ist die im Vergleich zum Einheitsuntemehmen und Stammhauskonzem hohe Heterogenitat des Konzemportfolios, die unterer anderem auf die seit den 80er und 90er Jahren vielfach zu verzeichnende Umsetzung einer Diversifikationsstrategie durch Akquisitionen und Untemehmensbeteiligungen zu-
' Vgl. zur Sicherung der Rationalitat in der Willensbildung durch die Nutzung des Spannungsverhaltnisses von Reflexion und Intuition Weber/Schaffer (1999a). ' Vgl. dazu und im Folgenden Schaffer/Eckey (2004), S. 525ff. Einige betriebswirtschaftliche Autoren vertreten die Ansicht, dass sich die Fiihrungsprobleme eines Konzems nicht von denen eines Einheitsuntemehmens unterscheiden. In diesem Zusammenhang wird haufig auf KARL HAX verwiesen; vgl. die Originalquelle bei Hax (1959), S. 60. Vgl. zu einer ahnlichen Auffassung auch Langenegger (1967), S. 47. Wahrend SCHEFFLER anfangs die Auffassung vertrat, dass zwischen der Leitung eines Konzems und eines groBen Einheitsuntemehmens kein Unterschied bestiinde, hat er diese Meinung mittlerweile revidiert; vgl. Scheffler (1987), S. 472 sowie Scheffler (1992a),
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Teil B: Begriffliche und konzeptionelle Grundlagen
riickzufuhren ist. -^' Da in der Muttergesellschaft nicht fiir alle im Portfolio enthaltenen Untemehmen spezifisches Branchenwissen vorgehalten werden kann, stellt sich die Problematik hoher Wissensdefizite bei den Akteuren der Muttergesellschaft.'''- Oftmals ist mit der Heterogenitat des Konzemportfolios zudem das Auftreten verschiedener Subkulturen verbunden,^"^ das wiederum unterschiedliche Kontroll-Philosophien mit sich bringt. Insofem ist die Muttergesellschaft auch mit einem in kultureller Hinsicht heterogenen Beteiligungsportfolio konfrontiert. Ein zweites charakteristisches Merkmal sind die im Vergleich zur Einheitsuntemehmung und Stammhauskonzem strukturimmanenten Dezentralisationstendenzen,-'*'* die aus der operativen Autonomic der Tochtergesellschaften resultieren. Sic vergroBem zwar zunachst die Handlungsspielraume der dezentralen Einheiten und sollen dadurch unter anderem Innovationskraft, Flexibilitat und Kooperationsfahigkeit erhohen.'"*^ Gleichzeitig ist jedoch die Eingrenzung der gewahrten Handlungsspielraume durch herkommliche Kontrollsysteme oftmals nicht moglich bzw. mit zusatzlichen Kosten verbunden, die die aus der Dezentralisierung grundsatzlich erzielbaren Effizienzsteigerungen zumeist teilweise wieder aufheben wiirden. Das Konzept der „kontrollierten Dezentralisation"-'''' in der Management-Holding stellt damit spezifische Anforderungen an die Gestaltung der Kontrolle. Eine Folge des hohen Dezentralisierungsgrades
S. 33. Vgl. zu einem ahnlichen Ergebnis auch Mellerowicz (1978), S. 51 Iff. Dieser Auffassung wird im Rahmen der Arbeit gefolgt. Vgl. zu Diversifikationsstrategien Hungenberg (1995), S. 142ff In den letzten Jahren sind jedoch eine Ruckfuhrung der Diversifikation und eine Fokussierung auf ein homogenes Tatigkeitsfeld zu beobachten; vgl. Hungenberg (2002), S. 22 sowie Kruger (2002), S. 190ff zum Konzept marktorientierter Kemkompetenzen. " Vgl. zur Rationalitatssicherung bei hohen Wissensdefiziten Kehrmann (2002), S. 49ff. sowie die Ausfiihrungen bei Schaffer (1996b). 'Vgl. Pausenberger/Roth (1997), S. 592ff zur Notwendigkeit einer expliziten Beriicksichtigung kulturbedingter Controlling-Probleme. Vgl. daneben die Ausfiihrungen zum intemationalen Controlling bei Welge/Amshoff (1998), S. 448; Gupta/Govindarajan/Malhotra (1999), S. 206; Berens/Dorges/Hoffjan (2000), S. 20ff; Noerreklit/Schoenfeld (2000), S. 415ff. ' Vgl. ausfuhrlich Keller (1993), S. 165ff. sowie Hungenberg (1995), S. 44ff. ' Vgl. Keller (1998), S. 103; Theisen (2000), S. 181fT. In diesem Zusammenhang wird oftmals auf die Vorzuge der rechtlichen Selbstandigkeit verwiesen, wodurch die Eigenstandigkeit der rechtlich selbstandigen Tochtergesellschaften weiter gestarkt werden diirfte; vgl. stellvertretend Buhner (1986), S. 7ff; Buhner (1987), S. 40ff; Hohmann (1998), S. 1278. Kritisch dazu Ache (1987), S. 223f Die Wirkungen hinsichtlich Flexibilitat und Innovationskraft seien auch bei ausschlieBlich organisatorischer Ausgrenzung (also ohne juristische Verselbstandigung) in Verbindung mit einem geeigneten Anreizsystem zu erzielen. ' Funk (1998), S. 188.
Teil B: Begriffliche und konzeptionelle Grundlagen
sowie der Komplexitat des Konzemverbundes ist das Auftreten zentriftigaler Krafte''*^ welche ein Auseinanderdriften der dezentralen Beteiligungsgesellschaften hervorrufen konnen.^'** Sie bedrohen den Zusammenhalt des Konzems und machen erhebliche Anstrengungen der Muttergesellschaft zur Kontrolle der rechtlich selbstandigen Tochtergesellschaften erforderlich. Die bisherigen Erfahrungen in Management-Holdings bestatigen zum Teil die Befiirchtung starker Zentriftigalkrafte mit entsprechend geringen Synergien. „Sie leiden unter Bereichsegoismus, Profilierungsdrang einzelner Bereiche und ,Not invented here'."-'*^ Die Erfahrungen zeigen auch, wie schwer es ist, einmal freigesetzte Verselbstandigungskrafte wieder zu binden.^'^ SchlieBlich ist die Veranderungsdynamik des Portfolios bei Konzemen hoher als beim Einheitsuntemehmen, da die rechtliche Selbstandigkeit der Tochtergesellschaften Portfolioumschichtungen zeitlich erheblich erleichtert.^^' Die damit verbundene Kontrollproblematik wird im weiteren Verlauf der Arbeit jedoch nicht weiter thematisiert, da im Rahmen der empirischen Erhebung zur Sicherstellung einer homogenen Ausgangsbasis eine langere Konzemzugehorigkeit der untersuchten Tochtergesellschaften unterstellt wird.'^' Es bleibt festzuhalten, dass die Spezifika der Management-Holding besondere Anforderungen an die Gestaltung der Kontrolle stellen, die es im folgenden Kapitel bei der Ableitung von Strategien zur Maximierung des Kontrollerfolgs zu beachten gilt.
-'' Vgl. Everling (1981), S. 2549; Keller (1992), S. 25f. -'' Vgl. Kleinschnittger (1993), S. 1; Naumann (1993), S. 240f; Behme/Roth (1997), S. 26. Ahnlich auch die Argumentation von BIRKINSHAW/HOLM/THILENIUS/ARVIDSSON im Rahmen der amerikanischen Forschung zu multinationalen Konzemen: „The [headquarter-subsidiary, M.E.] relationship can be modeled as a mixed motive dyad' in which the interests and perceptions of the two parties are frequently not aligned with one other. Where the subsidiary desires autonomy, headquarters prefers control; where subsidiary managers see entrepreneurial endeavour, headquarters see opportunisms; and where the subsidiary is acting priliminary in the interests of the local business, headquarter is far more concerned about the MNE's worldwide profitability" (Birkinshaw et al. (2000), S. 322). -'' Sommerlatte (1987), S. 234. Vgl. daneben Naumann (1993), S. 241; Mellewigt (1995), S. 39. ''" Vgl. BemhardtAVitt (1995), S. 1358. '^' Vgl. Weber (1993), S. 396. WEBER fiihrt als weiteres Spezifikum des Beteiligungscontrollings die Existenz untemehmensextemer Kapitalgeber an, die - wenn auch nicht bestimmend - ebenfalls Einfluss auf die Beteiligung ausiiben. -" Vgl. dazu Abschnitt F1.2.
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C
Ableitung kontrollerfolgsmaximierender Parameter
1.
KontroUerfolg als Maxime
Ziel des Kapitels ist die Ableitung kontrollerfolgsmaximierender Parameter. An konzeptionellen Vorarbeiten zu dieser Vorgehensweise ist der Ansatz von SIMONS zu nennen. Dieser postuliert, dass die Gestaltung und Verwendung von Steuerungssystemen im Untemehmen auf die Maximierung des ^Return on Management" (ROM) als Quotient aus freigesetzter organisatorischer Energie und investierter Aufmerksamkeit abzielen sollte.--^ Die Aufmerksamkeit als wichtiger Bestandteil der Lemkapazitat des Managements ist nach SIMONS die knappe Ressource, deren Einsatz optimiert werden muss: „Like its cousins, return on equity and return on assets, ROM measures the payback from the investment of a scare resource - in this case, a manager's time and attention. It indicates how well managers have chosen among alternative courses of action to deploy that resource optimally."--'' Ubertragt man den Ansatz von SIMONS auf die Kontrolle,"^ gilt es, die Gestaltung der Kontrolle auf die Maximierung des Kontrollerfolges auszurichten. Als Referenzpunkt fiir die KontroUaufgabe des (institutionalisierten) Beteiligungscontrollings dient die Losung der KontroUaufgabe, die den KontroUerfolg maximiert. Diese sei als „first best"-Losung bezeichnet und im Folgenden unter Riickgriff auf das Begriffspaar der Effektivitat und Effizienz konkretisiert:-'^ • Die Effektivitat der Kontrolle bezeichnet, inwieweit Handlungen zur Erreichung des Kontrollziels beitragen („to do the right things") und manifestiert sich in dem
-''Vgl. Simons (1995a), S. 17f -''Simons (1995a), S. 72. '^^ Dies ist insofem zulassig, als Kontrollmechanismen eine Untergruppe von Steuerungsmechanismen bilden. --' Vgl. Ahn/Dyckhoff (1997), S. 2ff Das Begriffspaar von Effektivitat und Effizienz geht auf BARNARD zuruck; vgl. Barnard (1938), S. 9Iff. sowie die Erlauterungen bei Etzioni (1964); Steers (1975); Katz/Kahn (1978) und Cameron/Whetten (1981), S. 525ff. Vgl. zur Effektivitat und Effizienz explizit im Zusammenhang mit der Beteiligungsfuhrung Binder (1994a), S. 35ff und Baader (1997),S. 38ff
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Teil C: Ableitung kontroUerfolgsmaximierender Parameter
durch die Kontrolle generierten Lemertrag. Dieser ergibt sich aus der Summe der diskontierten Erwartungswerte zukiinftiger Ertrage: der kontrollinduzierten Veranderung von Antizipation und Durchsetzung vor der kontrollierten Realisationshandlung sowie der kontrollinduzierten Veranderung von Antizipation, Durchsetzung und Kontrolle nachfolgender Realisationshandlungen. • Die Effizienz der Kontrolle bezieht sich auf die Relation von Input und Output („to do things right") und rekurriert auf die Lemkapazitat, die samtliche bewussten und unbewussten Bestandteile der investierten Lemkapazitat von Akteuren, aber auch Opportunitatskosten der reduzierten Verfiigbarkeit fiir andere (Kontroll-) Aufgaben, umfasst. Die Kontrolle ist somit effizient, wenn sie einen gegebenen Output bei minimalem Input erreicht. Die fur das Beteiligungscontrolling charakteristischen hohen Wissensdefizite und abweichende gewunschte Zustande von Mutter- und Tochtergesellschaft sind die Griinde dafur, dass „first best"-Losungen in der Regel nicht erreicht werden und es fiir Akteure erstrebenswert sein kann, iiber spezifische Strategien zur Reduktion von Fahigkeitsund Praferenzdifferenzen den Erfolg der Kontrolle zu erhohen und sich der „first best"-Losung zumindest anzunahem.-'^ Diese Strategien miissen nicht fiir die Kontrollentscheidung als Ganzes getroffen werden, sondem konnen sich auf die einzelnen Phasen der Gegentiberstellung von Ist- und Sollwerten („Transparenzphase"), der Abweichungsanalyse und der Ableitung von AnpassungsmaBnahmen beziehen und somit jeweils einer spezifischen Investitionsentscheidung unterliegen. Ebenfalls zahlen darunter Strategien, die auf kontrollunterstiitzende Wirkungen zielen, wie beispielsweise monetare Anreizsysteme. Handlungsmaxime fiir das institutionalisierte Beteiligungscontrolling ist dabei, die Kontrolle so zu gestalten, dass der Beitrag zum Konzemwert am hochsten ist.
' Vgl. Bach et al. (2001) S. 95. BRYSON versteht die Theorie optimaler Kontrolle als eine Konkretisierung der Variationsberechnung der klassischen Physik: „It deals with finding control time functions (histories) or control feedback gains that minimize a performance index with differential equation constraints" (Bryson (1996), S. 26). Die Urspriinge liegen im siebzehnten Jahrhundert in den Arbeiten von FERMAT, NEWTON UND LEIBNITZ; vgl. dazu die historische Betrachtung der Variantenberechnung bei Goldstine (1980).
Teil C: Ableitung kontrollerfolgsmaximierender Parameter
2.
Strategien zur Uberwindung von Eignungsdifferenzen
2.1
tfberblick
Grundsatzlich konnen zwei Strategietypen zur Maximierung des Kontrollerfolgs unterschieden werden: Strategien, die auf die Reduktion von Fahigkeits- und Strategien, die auf die Verringerung von Praferenzdifferenzen zielen. Dabei wird im Folgenden eine Beschrankung auf die Strategien vorgenommen, die in Theorie und Praxis ganz oder uberwiegend dem (institutionalisierten) Beteiligungscontrolling zugeordnet werden.'-^ Ziel der Strategien zur Uberwindung von Fahigkeitsdifferenzen ist es, die Lucke zwischen Kontrollpotenzial und Kontrollbedarf in okonomisch sinnvollem Umfang zu minimieren. Dabei bieten sich in Anlehnung an GALBRAITH''^ zwei Strategien an. Die erste besteht in der Erhohung des Kontrollpotenzials durch die Beschaffung von (zusatzlichen) Informationen. Hierfiir bieten sich vier Wege an: Die Reduktion der Beschaffungskosten durch Verbesserung der Datenverfiigbarkeit, die Verringerung des Eigenanteils der Kontrollleistungserstellung, d.h. die Instrumentalisierung anderer Akteure, die Erhohung des Umfangs der Kontrolle sowie die Investition in die Fahigkeiten des Kontrollsubjektes. Die Strategic der Investition in die Kontrollfahigkeiten zielt insbesondere auf MaBnahmen der Aus- und Weiterbildung^^, die in der Regel Teil der nicht an das Beteiligungscontrolling delegierten personellen Beteiligungsfiihrung sind. Sic fallt somit vorwiegend in den Aufgabenbereich der Personalentwicklung und soil daher nicht weiter verfolgt werden.-^' Die Verringerung des Kontrollbedarfs kann bei gegebener Kontrollaufgabe auf zwei Wegen erfolgen: durch eine Verringerung der Kontrollintensitat und eine Reduktion von Freiheitsgraden. Die letztgenannte Strategic zielt darauf, die Handlungsspielraume
^^^ Vgl. nochmals Abschnitt B3.2.2 zu den klassischerweise von Beteiligungscontrollem ubemommenen Aufgaben und zur Begriindung der im Rahmen dieser Arbeit vorgenommenen Fokussierung auf diese Aspekte. -''Vgl. Galbraith (1973), S. 14ff. "^ Dabei kann zwischen „on-the-job" und „off-the-job"-Tranining unterschieden werden; vgl. Schaffer (2001a), S. 130f. ^''' Damit wird nicht ausgeschlossen, dass auch das institutionalisierte Beteiligungscontrolling von entsprechenden MaBnahmen beriihrt sein kann, beispielsweise im Rahmen des Personaltransfers zwischen den Controlling-Abteilungen der Mutter- und der Tochtergesellschaft.
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Teil C: Ableitung kontroUerfolgsmaximierender Parameter
der dezentralen Einheiten einzugrenzen, um somit die Moglichkeit flir Fehler und opportunistisches Verhalten sowie den daraus resultierenden Kontrollbedarf zu reduzieren. Sie soil im weiteren Verlauf nicht betrachtet werden, da die Einschrankung der operativen Autonomie der Tochtergesellschaft zum einen der Organisationsform der Management-Holding zuwiderlauft und zum anderen aufgrund der rechtlichen Selbstandigkeit der Tochtergesellschaften juristisch nur eingeschrankt umsetzbar ist.^" Ziel aller Strategien zur Uberwindung der Praferenzdifferenzen ist es, abweichende Praferenzen von Kontrollsubjekten und -objekten durch Erhohung der fiir den Akteur mit ihnen verbundenen Kosten zu modifizieren. Im Einzelnen stehen drei Strategien zur Auswahl: die Generierung zusatzlicher Vertragskosten und die Kultivierung sozialer sowie intemer Kosten. Fiir eine Erhohung der Vertragskosten hat das Kontrollsubjekt zwei Anhaltspunkte: die Erhohung der mit dem Kontrollobjekt bei abweichendem Verhalten drohenden Kosten durch Belohnungen und Sanktionen sowie die Erhohung der Eintrittswahrscheinlichkeit des Kostenanfalls. Die verhaltensdisziplinierende und damit kontrollbedarfsreduzierende Kraft der Sozialisation^" zielt auf den Prozess der Ubemahme von Verhaltensweisen durch die Akteure. Sie erfolgt im Rahmen der alltaglichen Interaktionsprozesse^^ und kann durch MaBnahmen der normativen Beteiligungsfuhrung oder der von ihr an andere Abteilungen-''' (oftmals die Personalabteilung) delegierte MaBnahmen untersttitzt werden. Sie soil aufgrund des Fokus der Arbeit auf das institutionalisierte Beteiligungscontrolling nicht weiter verfolgt werden. Ebenso wie die Strategic der Sozialisation kann auch die Strategic der Kultivierung intemer Kosten nicht durch die Festsetzung konkreter MaBnahmen umgesetzt werden, da die Basis an gemeinsamen Werten und Normen „tiefer in der Vergangenheit wurzelt und durch grundlegende Werthaltungen, Uberzeugungen und Verhaltensnormen
Siehe z.B. § 76 AktG zur Eigenverantwortung des Vorstands der Tochtergesellschaft fiir deren Leitung. Vgl. zu den Spezifika des Controllings rechtlich selbstandiger Untemehmen allgemein Borchers (2000), S. 3ff. und die dort angegebene Literatur. ' Vgl. zum Begriff der Sozialisation Wiswede (1992), Sp. 2270ff sowie Bauer/Morrison/Callister (1998). ' Vgl. Nonaka/Takeuchi (1995), S. 62. Vgl. zum Sozialisationsprozess von Berufsanfangem auch die LISREL-Analyse von Harpaz/Honig/Coetsier (2002), S. 230ff. sowie zur Sozialisation im Zusammenhang mit Koordinationsmechanismen intemationaler Tochtergesellschaften Tseng/Yu/Seetoo (2002), S. 21 Iff ' Vgl. Albach( 1990), S.542ff.
Teil C: Ableitung kontroUerfolgsmaximierender Parameter
67
gepragt wird"-'^. Sie kann nur durch die Kultivierung gemeinsamer Werte und Normen sowie deren Intemalisierung erfolgen^'*^ und ist damit ebenfalls spezifische Gestaltungsvariable der normativen Beteiligungsfiihrung. Auch sie soil daher nicht naher betrachtet werden. Abbildung 4 gibt einen Uberblick iiber die im Folgenden zu betrachtenden Kontrollstrategien. Sie soUen zunachst beschrieben und im Anschluss daran aufgrund des empirischen Charakters der Arbeit in konkrete Gestaltungsempfehlungen oder idealtypische Anforderungen uberfuhrt werden, die statisch abgefragt werden konnen.
Strategien zur Maximiemng des Kontroilerfoigs
Strategien zur Reduktion von Praferenzdifferenzen
Strategien zur Reduktion von Fahigkeitsdifferenzen
Verringerung des Kontrollbedarfs
des Kontrollpotenzials
Vert>esserung I instrumentder Daten- I alisierung verfiigbarkeit I von von Akteuren Akteuren II
Kontrolle
I
I
intensitat
I
Erhohung der Vertragskosten
I
I
• I
Abbildung 4: Strategien zur Maximierung des Kontroilerfoigs'^
-''Servatius(1988), S. 128. -"•^ Vgl. Kieser (1986) und Corsten (1989) sowie die Sozialisationsstrategien bei Cable/Parsons (2001), S. 4ff. -'' Quelle: In Anlehnung an Schaffer (2001a), S. 126ff., insb. S. 127 und S. 142.
68
12 2.2.1 I.IAA
Teil C: Ableitung kontroUerfolgsmaximierender Parameter
Reduktion von Fahigkeitsdifferenzen Erhohung des Kontrollpotenzials Verbesserung der Datenverfiigbarkeit
Die Sicherstellung einer angemessenen Transparenz ist Grundvoraussetzung fiir Kontrollhandlungen in plankoordinierten Untemehmen und zentrale Aufgabe von Controllem.^*^^ Die Strategie der Verbesserung der Datenverfiigbarkeit zielt darauf, eine solche Transparenz herzustellen und die Beschafftingskosten von Informationen durch die Kontrollsubjekte zu reduzieren.^^° Die idealtypisch daraus resultierenden Anforderungen an die Qualitat der Kontrollinformationen sind insbesondere in der Marketing-Literatur diskutiert und dort im Hinblick auf die daraus resultierende Qualitat des Entscheidungsverhaltens von Akteuren in unterschiedlichen Kontexten auch empirisch liberpruft worden.^^' In einer Studie zur Untersuchung des Einflusses von Qualitat und Zuganglichkeit von Informationen stellt O'REILLY fest, dass der Umfang des Informationsangebots und dessen Relevanz fiir Fiihrungshandlungen, die Genauigkeit der Informationen sowie ihre Verlasslichkeit und Aktualitat relevante Indikatoren fur die Informationsqualitat sind.'^^ In Abhangigkeit des Ubermittlungsmediums werden im Folgenden das formelle Konzemberichtswesen und das informelle Berichtswesen unterschieden. Unter informellem Berichtswesen wird die mundliche Ubermittelung von Informationen im Rahmen von personlichen Treffen und Telefonaten verstanden.-^^ Verkntipft man die beiden
'' Vgl. Kupper(2001), S. 109ff.; Weber (2004), S. 105ff. '' Vgl. Steinle/Thiem/Dunse (1998), S. 146. " Vgl. z.B. Maltz/Kohli (1996). '^^ Vgl. O'Reilly (1982), S. 763. Vgl. auch Zmud (1978), S. 191, der in seiner empirischen Untersuchung herausfand, dass sich qualitativ hochwertige Informationen durch Relevanz, Genauigkeit, Vollstandigkeit, Verlasslichkeit, Aktualitat, Prazision und Verstandlichkeit auszeichnen. Siehe zudem Siegwart/Menzl (1978), S. 17ff, die zusatzlich einen wirtschaftlich vertretbaren Kontrollaufwand als Kriterium fordem und Stomberg (1969), S. 67f., der die vier Dimensionen Vollstandigkeit, Genauigkeit, leichte Verarbeitbarkeit und rechtzeitige Bereitstellung unterscheidet. '^^ Bruns/McKinnon (1993), S. 94. Vgl. zur hohen Bedeutung informeller Kommunikationsprozesse die exploratorische Fallstudie von Jones/McLeod (1986), S. 245 sowie Hartman/Johnson (1990), S. 129: „lndeed, the entire communication structure of an organization is composed of elements of
Teil C: Ableitung kontrollerfolgsmaximierender Parameter
simultan betrachteten Ubermittlungswege"'* mit den genannten Anforderungen an Kontrollinformationen, entsteht eine Vielzahl von Kombinationen. Aufgrund der Notwendigkeit, engpassorientiert vorzugehen, werden im Folgenden die Informationsbreite und Verlasslichkeit von Informationen im Rahmen des formellen Berichtswesens sowie die Aktualitat und Informationsbreite durch eine erganzende Einbindung der informellen Berichterstattung unterschieden. 2.2.1.1.1
Informationsbreite strategischer Informationen im Berichtswesen
Grundsatzlich sollte sich der Umfang des Informationsangebots durch das Controlling stets an der Informationsnachfrage des Managements orientieren.-^' Auch wenn diese von Fall zu Fall unterschiedlich und nicht bekannt ist - allgemeine Gestaltungsempfehlungen mithin nicht moglich sind -, erlaubt die Organisationsform der Management-Holding gewisse Tendenzaussagen beziiglich des idealtypischen Informationsangebots und der Informationsstruktur. Im Rahmen des Konzemberichtswesens"^ sollten detaillierte strategische Informationen bereitgestellt werden,^^^ wohingegen im operativen Bereich wenige, hochaggregierte Kennziffem Berichtsinhalt sein sollten, um eine Uberbeanspruchung der Aufmerksamkeitskapazitaten der Kontrollsubjekte zu verhindem und der Gefahr eines „information overload" entgegenzuwirken.-'*' Die hohe Relevanz strategischer Informationen konnte MAYER in seiner Untersuchung zur Gestaltung von Fiihrungsinformationssystemen in Management-Holdings auch empirisch zeigen.'^^
both formal and informal structures, and is reductable to either." Siehe zudem Ives/Olson (1981), S. 53. Sie fanden heraus, dass Manager 76% ihrer Zeit mit miindlichen Kommunikationsprozessen verbringen. '^^ Vgl. zur Forderung dieser simultanen Betrachtungsweise Hartman/Johnson (1990), S. 127: ,J^or a long time, research in organizational communication has centered on one [formal communication, M.E.] or another [informal communication, M.E.] of these approaches, but seldom has any attempt been made to simultaneously examine both." -'' Vgl. Szyperski (1980), Sp. 905; Bahlmann (1982), S. 40f; Wall (1999), S. 33ff.; Horvath (2003), S. 362ff; Kupper (2001), S. 141; Weber (2004), S. 118f ~^^ Die Begriffe Fiihrungsinformationssystem (FIS) als computergestiitztes Berichtswesen und Konzemberichtswesen werden hier synonym verwendet. Vgl. zur Beziehung zwischen FIS und Berichtssystemen Kraemer (1991), S. 408. -'' Vgl. Kraege (1998), S. 165ff -'^ Vgl. dazu bereits Siegwart/Menzl (1978), S. 24 sowie O'Reilly (1980), S. 684ff '^^ MAYER kommt zu dem Ergebnis, dass 50,9% der befragten Vorstandsmitglieder strategischen Informationen eine hohe Bedeutung beimessen; fur weitere 24,3% der Untersuchungsteilnehmer hat
69
70
Teil C: Ableitung kontrollerfolgsmaximierender Parameter
Die strategischen Informationen sollten in Bezug auf die einzelnen Tochtergesellschaften des Konzems die erfolgskritischen Parameter der Geschaftsentwicklung abbilden.^*^ Diese konnen insbesondere in einem breit diversifizierten Konzem groBe Unterschiede aufweisen.^^' Es ist daher zu untersuchen, inwieweit der Diversifikationsgrad des Konzems ein einheitliches Konzemberichtswesen zulasst bzw. inwieweit das Berichtssystem auf die Spezifika der Tochtergesellschaften eingehen soll.^^^ Die Einheitlichkeit des Berichtswesens ist dabei fiir die Vergleichbarkeit der einzelnen Tochtergesellschaften des Konzems von Bedeutung. Mit zunehmendem Diversifikationsgrad nimmt jedoch der Anteil von Informationen ab, der einheitlich erfasst und dargestellt werden kann. Auf der Gmndlage des gegebenen Diversifikationsgrades des Konzems ist daher zu entscheiden, ob iiber das Konzemberichtswesen Ergebnisdaten einheitlich erfasst oder ob iiber ein spezifisch ausgestaltetes Berichtswesen detaillierte Daten beziiglich der einzelnen Tochtergesellschaften mit entsprechend eingeschrankter Vergleichbarkeit erhoben werden. Einen „Kompromiss" stellt das konzemeinheitlich aufgebaute Berichtswesen dar, das in Teilbereichen eine spezifische Ausgestaltung durch die einzelnen Tochtergesellschaften erlaubt. Im Hinblick auf die Erfolgswirksamkeit der Informationsbreite weisen ABERNETHY/GUTHRIE in ihrer empirischen Erhebung unter 49 Business Unit-Managem einen positiven Zusammenhang zwischen der Informationsbreite im Berichtssystem und der Effektivitat des Untemehmens nach. Trotz unterschiedlicher inhaltlicher Facetten der Informationsbreite-*' und der Erfolgsvariable^*'' im Vergleich zur vorliegenden Stu-
sie sogar eine sehr hohe Bedeutung; vgl. Mayer (1999), S. 116. Siehe dazu auch das Beispiel bei Horvath (2003), S. 638fT. In der amerikanischen Literatur wird dieser Themenbereich unter dem Schlagwort „Strategic Enterprise Management Systems" diskutiert; vgl. Fahy (2001), S. 33f sowie Brignall/Ballantine (2004), S. 225ff -*^ Das Konzept kritischer Erfolgsfaktoren basiert auf der Vorstellung, dass sich der Untemehmenserfolg trotz seiner Mehrdimensionalitat und Multikausalitat durch eine begrenzte Anzahl von Erfolgsfaktoren beschreiben lasst; vgl. Rockart (1979), S. 85f. sowie Hoffmann (1986), S. 83Iff Explizit im Zusammenhang mit der Gestaltung des Konzemberichtswesens vgl. Roth (1997), S. 252ff. -*' Vgl. Steinle/Thiem/Dunse (1998), S. 146; Reichmann/Hiillmann (1999), S. 166ff. -'' Vgl. Steinle/Thiem/Kniger (2001), S. 491 ff -*^ Die Informationsbreite wurde anhand der Indikatoren Fokus, AusmaB der Quantifizierung und Zeithorizont gemessen; vgl. Abemethy/Guthrie (1994), S. 58. '^ Die Effektivitat wurde anhand von Selbsteinschatzungsindikatoren gemessen; vgl. Abernethy/Guthrie (1994), S. 60ff Bei innovativen Untemehmen ist der Zusammenhang starker als bei Untemehmen mit stabiler Produkt-Marktentwicklung. Die Hypothese, in der ein „Fit" zwischen der Strategie des Untemehmens und der Gestaltung des Informationssystems postuliert wird, kann damit bestatigt werden.
Teil C: Ableitung kontrollerfolgsmaximierender Parameter
71
die deutet dies darauf hin, dass die Informationsbreite positiv auf die Effektivitat wirkt. Es steht mithin zu erwarten, dass die durch strategisch relevante Informationen erhohte Transparenz zur verbesserten Ermittlung potenzieller Abweichungen zwischen gebildetem Willen und Ausftihrung fiihrt. Unterstellt man, dass die mit der Umsetzung der Strategie verbundenen Kosten^*^ durch effizientere Informationsbeschaffung uberkompensiert werden, ergeben sich folgende Hypothesen: Hj:
Die Breite strategischer Informationen beeinflusst die Effektivitat der Kontrolle positiv.
H2:
Die Breite strategischer Informationen beeinflusst die Effizienz der Kontrolle positiv.
2.2.1.1.2
Verlasslichkeit der Informationen im Berichtswesen
Die Notwendigkeit der Sicherstellung verlasslicher Informationen stellt sich in besonderem Mafie im Beteiligungscontrolling, da die Gefahr potenzieller Konnen- und Wollenbeschrankungen bei der Ubermittelung von Informationen hoch ist.^^^ Die Konnen-Restriktionen sind unter anderem auf die in Management-Holdings vergleichsweise hohen Verstandigungsprobleme zuruckzufuhren, die aus unterschiedlicher Interpretation der iibermittelten Daten resultieren.^*^ Neben moglicherweise unterschiedlichen Sprachraumen im Konzem ist in diesem Zusammenhang auch die in Abschnitt B3.4.5 angesprochene mogliche Distanz der Untemehmenskultur zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft zu beachten, die Implikationen fur die Informationsbereitstellung der Tochtergesellschaften hat.-^^ Der intuitiv einleuchtende und empirisch bestatigte Einfluss der Untemehmenskultur auf Verstandnis und Ausgestaltung
* Darunter fallen beispielsweise die Auswahl der zu berichtenden GroBen sowie die Bestimmung des Grades der Standardisierung. Diese Kosten lassen sich den Kosten der Kontrolle zurechnen. ' Die Verlasslichkeit der Informationen kann zudem durch technisch bedingte Storungen eingeschrankt werden. Dieses Problem fand lange Zeit in der einschlagigen informationstheoretischen Literatur starke Beachtung, stellt aus technischer Sicht heute in der Kegel kein Problem dar; vgl. Pausenberger/Glaum(1994), S. 100. ^ Vgl. auch Birkinshaw et al. (2000), S. 328, die in diesem Zusammenhang mogliche Fehlinterpretationen auf unterschiedliche berufliche Erfahrungen zuriickfiihren. ' Vgl. Pausenberger/Glaum (1993), S. 616ff BLEICHER weist in diesem Zusammenhang auf die Gewinnung von kulturell gepragter Verhaltensflexibilitat durch Holdingkonzeme hin; vgl. Bleicher (1993), S. 8. Im intemationalen Kontext vgl. Hamilton/Taylor/Kasjlak (1996), S. 862f
"72
Teil C: Ableitung
kontrollerfolgsmaximierender
Parameter
des Controllings in unterschiedlichen Kulturbereichen^^' behindert die Informationsbereitstellung erheblich und fiihrt zu suboptimalen, weil auf verzerrten Informationen beruhenden Kontrollprozessen. Restriktionen auf der Wollen-Seite flihren - bewusst oder unbewusst - nicht selten zu einer „mehr oder minder stark verfalschten Berichterstattung"^^. Die altere deutschsprachige Literatur widmet insbesondere der Informationsfilterung, „der bewussten Manipulation von Informationsgehalt und -menge durch die an der Kommunikation beteiligten Personen"^^' vergleichsweise breiten Raum; in der angelsachsischen Literatur wird die Thematik im Rahmen des „impression management" diskutiert. In der Management-Holding ist nicht ohne weiteres davon auszugehen, dass die in dezentralen Bereichen tatigen Akteure ihre Informationen wahrheitsgemaB an iibergeordnete Stellen und das Informationssystem weitergeben, insbesondere dann, wenn sich Daten nur schwer objektivieren lassen.^^^ Daher bestehen bei qualitativen Informationen oftmals keine prazisen Ermittlungs- und Verarbeitungsregelungen, so dass sich den dezentralen Einheiten die Moglichkeit eroffnet, durch bewusste Filterung oder Verdichtung nach subjektiven Kriterien eigenen Interessen Vorrang vor Konzeminteressen zu geben. Dem dezentralen Controlling ist damit ein ^Instrument direkter Machtausiibung"^'^ an die Hand gegeben. Die Manipulationsgefahr ist umso groBer, je weniger das lokale Management und Controlling sich an Normen einer „ehrlichen" Berichterstattung gebunden fiihlen.^^^ In dem MaBe, wie die Informationsiibermittelung der Tochtergesellschaft unverzerrt ist und die Informationen mit der tatsachlichen Entwicklung der dezentralen Einheiten
'^^ Vgl. beispielsweise Ueno/Wu (1993), S. 26ff. ^^ Siegwart/Menzl (1978), S. 35. Vgl. auch McGuire (1969), S. 182, der die Verlasslichkeit des Senders in zwei Komponenten zerlegt: in seinen ihm vom Empfanger zugeschriebenen Sachverstand („expertise") und in seine vom Empfanger wahrgenommene Objektivitat als Absicht, sein Wissen zu ubermitteln, ohne Einfluss („bias") auf den Empfanger ausuben zu wollen. "'' Frese (1968), S. 142 und die dort angegebene Literatur. Vgl. zur Informationsfilterung auch Treuz (1974), S. 119ff. -'- Vgl. bereits die Ausfiihrungen zur Manipulation von Informationen bei Blohm (1962), S. 12Iff.; Koreimann(1964), S. 97ff -''Kroger(1973),S.23. -"^ Auf die in der Literatur diskutierten, in der Praxis jedoch kaum eingesetzten und problembehafteten wahrheitsextrahierenden Anreizsysteme wie das Weitzman-Schema oder den Groves-Mechanismus soil nicht naher eingegangen werden; vgl. dazu Weitzmann (1976), S. 25Iff und Groves/Loeb (1979), S. 22Iff.
Teil C: Ableitung kontrollerfolgsmaximierender Parameter
ubereinstimmen, ist die notwendige Voraussetzung dafur gegeben, dass bei Abweichungen von der Planung geeignete MaBnahmen zur Anpassung von Willensbildung und Durchsetzung initiiert werden konnen. Zudem werden Beschaffungskosten durch die weniger zeit- und kostenaufwendige Informationsgenerierung reduziert, da emeute Generierung der benotigten Informationen vermieden wird. Damit lassen sich folgende Hypothesen aufstellen: H3:
Die Verlasslichkeit von Informationen beeinflusst die Effektivitat der Kontrolle positiv.
H4:
Die Verlasslichkeit von Informationen beeinflusst die Effizienz der Kontrolle positiv.
2.2.1.1.3
Aktualitat und Informationsbreite durch erganzende Einbindung einer informellen Berichterstattung
Insbesondere bei starken Veranderungen der Umwelt einer Tochtergesellschaft, die schnellen Handlungsbedarf erforderlich machen, ist die miindliche Kommunikation der Weitergabe von Informationen tiber den „formalen Berichtsweg" iiberlegen.^^' Aufgrund der Moglichkeit direkter Riickkoppelungen konnen zudem Missverstandnisse, die aus unterschiedlichen Interpretationen resultieren, unmittelbar beseitigt und eine einheitliche Interpretation erreicht werden.-^ Ein funktionsfahiges informelles Berichtswesen hat dariiber hinaus Implikationen auf die Informationsbreite. Es ist plausibel anzunehmen, dass tiber das oftmals rigide und in der inhaltlichen Strukturierung inflexible Konzerberichtswesen hinaus weitergehende Informationen iibermittelt werden. ONG weist zudem auf die physische Natur des gesprochenen Wortes hin.-^^ Die Tatsache, dass das gesprochene Wort - im Gegensatz zu formellen Berichten - (in der Regel) nicht nachpriifbar aufgezeichnet wird, fiihrt
* Vgl. Keegan (1968), S. 55; Hellriegei/Jackson/Slocum (1999), S. 548. Vgl. im Zusammenhang mit der Funktionsfahigkeit informeller Netzwerke auch Krackhardt/Hanson (1993), S. 104: „Informal networks can cut through formal reporting procedures to jump, start stalled initiatives and meet extraordinary deadlines." ' Vgl. Daft/Lengel (1984), S. 197, die unter anderem aus diesen Griinden miindlichen Kommunikationsprozessen eine hohere „lnformationsreichhaltigkeit" („information richness") als schriftlichen Medien beimessen. Vgl. Ong (1982), S. 3Iff
73
74
TeW C: Able Hung kontroUerfolgsmaximierender Parameter
dazu, dass auch unvorteilhafte Informationen iibermittelt werden. Eine angemessene Transparenz ist somit nur durch den Einbezug informeller Kommunikationsprozesse moglich. BRUNS/MCKINNON gehen in ihrer interviewgeleiteten Feldstudie unter 73 Managem in 12 amerikanischen Untemehmen des produzierenden Gewerbes aufgrund der Vorziige einer informellen Berichterstattung so weit, die informelle Informationsiiberaiittelung als „primary source of internally generated information"^^^ anzusehen. Das formelle Berichtswesen hatte lediglich eine nachgelagerte Dokumentationsfunktion: „Written reports seem to serve to remind managers of what they have already learned [...] through meetings and one-on-one conversation."-^ Die Einbindung einer informellen Berichterstattung kann somit zum friihzeitigen Erkennen von Fehlentwicklungen fuhren und die Informationsbasis des Beteiligungscontrollings erhohen. Eine effizienzerhohende Wirkung ist jedoch aufgrund der mit informellen Kommunikationsprozessen verbundenen zeitlichen Inanspruchnahme und der nicht immer aufgabenbezogenen Inhalte^^ nicht zu erwarten. Folgende Hypothese lasst sich damit festhalten: H5:
Die Funktionsfahigkeit eines informellen Berichtswesens beeinflusst die Effektivitat der Kontrolle positiv.
2.2.1.2
Instrumentalisierung anderer Akteure
Im Rahmen einer Strategic der Instrumentalisierung anderer Akteure erscheint fiir borsennotierte Management-Holdings in Deutschland neben der Unterstiitzung durch Stabsstellen wie das dezentrale Controlling insbesondere die Unterstutzung durch Markte und Marktteilnehmer relevant.'^' Finanzanalysten als Akteure des Kapitalmarktes konnen durch ihre Informations- und Kontrollfunktion genutzt werden. Beide sollen im Folgenden auf ihren Beitrag zum Kontrollerfolg untersucht werden.
-'' Bruns/McKinnon (1993), S. 104. "^ Bruns/McKinnon (1993), S. 104. Damit bestatigen sie die Erkenntnisse von Keegan (1974); Daft/Lengel (1986) sowie Jones/McLeod (1986). ^^ Vgl. zum Inhalt informeller Kommunikationsprozesse in amerikanischen Wirtschaftsprufungsgesellschaften Dirsmith/Covaleski (1985), S. 149fr. '«' Vgl. Schaffer (2001a), S. 13Iff.
Teil C: A bleitung kontroUerfolgsmaximierender Parameter
2.2.1.2.1
Nutzung der Informationsfunktion des Eigenkapitalmarktes
Die Nutzung der Informationsfunktion des Kapitalmarktes ist fiir das Beteiligungscontrolling vor allem in Bereichen rational, in denen die dort handelnden Akteure spezifische Wissens- und Fahigkeitsvorteile besitzen bzw. fur die am Eigenkapitalmarkt in hoherem MaBe Aufmerksamkeitskapazitaten zur Verftigung stehen. In Abschnitt 33.3.2 wurde gezeigt, dass Finanzanalysten durch ihr branchenspezifisches Knowhow, die parallele Analyse der Wettbewerber und ihr umfassendes Informationsnetzwerk rationalitatssichemd wirken konnen. Durch Rtickgriff auf die in Analystenberichten oftmals enthaltenen Gegeniiberstellungen des zu bewertenden Konzems mit Konkurrenten, Starken/Schwachen-Analysen, allgemeinen Branchentrends sowie makrookonomischen Analysen^^' kann die Informationsbasis des Beteiligungscontrollings verbessert werden.^^^ Ein weiterer Vorteil des Eigenkapitalmarktes ist, dass die bereitgestellten Informationen frei von untemehmensintemem Opportunismus sind und somit als „relativ objektiv" gelten. Auch die Anforderungen der Aktualitat und Genauigkeit der Informationen sind insofem erfiillt, als die Eigenkapitalmarktakteure selbst ein Interesse an aktuellen und genauen Informationen haben; sie sind schlieBlich Voraussetzung fur die Erzielung einer Uberrendite.^"^ Gewisse Schwachen der untemehmensintemen Informationsgenerierung konnen somit unter Rtickgriff auf Kapitalmarktinformationen reduziert werden. Neben dieser unmittelbaren oder gerichteten Nutzung von Kapitalmarktinformationen kann das Beteiligungscontrolling die bereitgestellten Informationen unter Verwendung der von den Finanzanalysten verwendeten Modelle zur Untemehmensbewertung auch mittelbar nutzen und auf diese Weise indirekt zur Verbesserung der Qualitat kiinftiger
• Vgl. dazu die Inhaltsanalyse von Research Reports bei Govindarajan (1980); Previts et al. (1994), S. 55ff. ' Vgl. auch den Beitrag der McKinsey-Berater BRUCKNER/LEITHNER/MCLEAN/TAYLORAVELCH, die fiir eine instrumentelle Nutzung der Informationsfunktion des Kapitalmarktes durch Manager pladieren, um Wissensdefizite in Bezug auf die strategische Ausrichtung des zu steuemden Unternehmens zu reduzieren. Sie beziehen sich dabei allerdings auf den Eigenkapitalmarkt, nicht auf Kapitalmarktakteure; vgl. Bruckner et al. (1999), S. 98ff. * Vgl. Wichels (2002), S. 64, der auf die Notwendigkeit einer regelmaBigen Oberpriifung der ausgesprochenen Empfehlungen hinweist.
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Teil C: Ableitung kontroUerfolgsmaximierender Parameter
Kontrollhandlungen beitragen.^"- So werden beispielsweise im Rahmen der haufig durchgefiihrten Untemehmensbewertung mittels des sogenannten Discounted Cashflow-Verfahrens^"^ oftmals Werttreiber identifiziert, die Einfluss auf die zukunftigen Cash-flows haben.^"^ Die Analyse dieser TreibergroBen oder die Ableitung divisionaler Kapitalkosten im Rahmen einer „Sum-of-the-Parts"-Bewertung^^^ konnen Wissensdefizite auf Ebene der Muttergesellschaft verringem. 2.2.1.2.2
Nutzung der Kontrollfunktion des Eigenkapitalmarktes
Die Nutzung der Kontrollfunktion des Kapitalmarktes beruht auf der Erkenntnis, dass sich Analysten auf Basis der von den Konzemen zur Verfiigung gestellten Planungen eigene Gedanken dariiber machen, wie sich der Konzem in Zukunft entwickeln sollte. Im Ergebnis sind dies oftmals Modifikationen der Planungen.'"' Diese Werte werden mit den eingetretenen verglichen. Bei Verfehlungen wirken Finanzanalysten auf das Untemehmen ein, indem sie KorrekturmaBnahmen vorschlagen. Dariiber hinaus werden von den Analysten Handlungen und Veranderungen im Untemehmensumfeld bewertet, bevor sich ihre Wirkung im Ergebnis niederschlagt. Beispielsweise werden Anpassungen der Bewertungen oftmals bei veranderten makrookonomischen Rahmenbedingungen oder Anderungen im allgemeinen Branchenumfeld vorgenommen. In Analogic zu den Ausfuhrungen zur Informationsfunktion sollte sich die Nutzung der Kontrollfunktion sinnvollerweise auf Gebiete beschranken, in denen Markt- und Konkurrenzwissen bedeutsam sind. So scheint der Kapitalmarkt fiir die Pramissenkontrolle und strategische Uberwachung besonders geeignet, da nicht zwingend eine detaillierte Auseinandersetzung mit der Beteiligung erfolgen muss; bereits allgemeine Marktanalysen konnen dazu beitragen. Zudem eignet sich der Kapitalmarkt aufgrund der hohen Realisationsfahigkeiten und Unabhangigkeit vom Management zur Durch-
' Bei dieser Nutzungsart beeinflussen die Informationen das Denken und den Handlungsrahmen, losen aber nicht unmittelbar eine Fiihrungshandlung aus. Zum Bewertungsprozess von Untemehmen aus der Perspektive von Finanzanalysten vgl. Chugh/Meador (1984). ' Vgl. beispielsweise Ballwieser (1998). ' Vgl. stellvertretend Copeland/Coller/Murrin (2000), S. 97ff. ' Vgl. zur Sum-of-the-Parts-Bewertung Copeland/Coller/Murrin (2000), S. 301 ff. ' Vgl. zum Zusammenhang zwischen Prognose-Revisionen der Analysten und Planungs-Korrekturen des Managements Williams (1996). Die Kontrollfunktion des Kapitalmarktes ist insbesondere im Zusammenhang mit Borseneinfuhrungen von Tochteruntemehmen diskutiert worden; vgl. stellvertretend den Beitrag von Kaserer/Ahlers (2000).
Teil C: Ableitung kontroUerfolgsmaximierender Parameter
77
setzung ex ante, indem auf Forderungen und KorrekturmaBnahmen des Eigenkapitalmarkts als Referenz verwiesen wird, um Modifikationen durchzusetzen. Allein der Hinweis darauf, dass gewisse Positioner! der Tochtergesellschaft (beispielsweise das Umlaufkapital oder wertorientierte Kennzahlen) in besonderem MaBe der Kontrolle durch den Kapitalmarkt unterliegen und Sanktionen an das Verfehlen gekntipft sind, kann uber die antizipative Kontrollwirkung zu einer erhohten Durchsetzung der von der Muttergesellschaft gesetzten Ziele fiihren.-'° Mehr noch als bei der Informationsftinktion scheinen neben Analyseberichten auch Gesprache mit Vertretem der Investmentbanken geeignet, MaBnahmen zu diskutieren:'" Analysten konnen als „Sparringspartner" zur Verfiigung stehen und damit die wahrscheinlichen Auswirkungen potenzieller untemehmerischer Entscheidungen am Kapitalmarkt antizipieren. Das kritische Hinterfragen der zugrunde liegenden Planungen bedeutender Tochtergesellschaften durch die Analysten ist auch dann moglich, wenn diese nicht uber das Fach- und Detailwissen der intemen Akteure verfiigen, es ihnen somit an inhaltlicher Beurteilungskompetenz fehlt. Objekt der Rationalitatssicherung ist dann die Prozessrationalitat, also beispielsweise die Auswahl der verwendeten Modelle oder die Giite der einbezogenen Informationen.^'- Ist der Vorstand in der Lage, die Planungen der bedeutenden Tochtergesellschaften in ihren Annahmen und Bewertungen schltissig und tiberzeugend gegen kritische Fragen der Eigenkapitalmarkt-Akteure^'^ „verteidigen'' zu konnen, besteht eine signifikante Wahrscheinlichkeit daftir, dass weder opportunistisches Verhalten noch aus kognitiven Begrenzungen resultierende Fehler vorliegen. Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass der Kapitalmarkt durch die Bereitstellung komplementarer, nicht durch Opportunismus verzerrter Informationen und die Uber-
* Vgl. zum „disziplinierenden" Verhalten des Marktes auch Flannery (2001), S. 107ff. Vgl. zum Inhalt solcher „One-on-One-Meetings" sowie sonstiger Investor-Relations-Instrumente Peters (2000). Zur Forderung der Einbindung des Top Managements in Investor-RelationsAngelegenheiten vgl. Ahlers (2000), S. 29ff. • Vgl. Weber/Schaffer/Langenbach (2001b), S. SOff.; Schaffer (2003), S. 160. ' Vgl. zu regelmaBig gestellten Fragen von Finanzanalysten Diehl/Loistl/Rehkugler (1998), S. 92ff.
78
Teil C: Ableitung kontrollerfolgsmaximierender Parameter
nahme gewisser Kontrollaufgaben Wissensdefizite auf Ebene des Beteiligungscontrollings reduzieren und somit die Effektivitat der Kontrolle erhohen kann.^"* Im Hinblick auf die Effizienz ist zu beachten, dass die von den Analysten publizierten Informationen nicht die Konzemfiihrung, sondem Investoren als Adressaten haben. Die Informationen eignen sich daher nur eingeschrankt flir einen unmittelbaren internen Einsatz und erfordem eine Aufbereitung durch interne Aufgabentrager. Dies ist mit zusatzlichen Kosten verbunden. Zudem ist da von auszugehen, dass die Marktdaten in der Kegel intern generierte Informationen nicht ersetzen, sondem zumindest teilweise mit bereits vorhandenen, intern generierten Informationen verglichen werden. Auch dies induziert zusatzlichen Aufwand, was wiederum eine effizienzmindemde Wirkung hat. Damit ergeben sich folgende Hypothesen: He:
Die Nutzung des Kapitalmarktes beeinflusst die Effektivitat der Kontrolle positiv.
H7:
Die Nutzung des Kapitalmarktes beeinflusst die Effizienz der Kontrolle negativ.
2.2.1.3
Erhohung des Umfangs der strategischen Kontrolle
Eine weitere Moglichkeit zur Erhohung des Kontrollpotenzials besteht darin, die Breite und die Tiefe der Kontrolle zu erhohen. Da der Kontrollfokus bei der ManagementHolding idealtypisch auf der strategischen Kontrolle liegt, zielt diese Strategic mithin auf MaBnahmen, die einen Ausbau der Breite und der Tiefe der strategischen Kontrolle zur Folge haben.^"
^ Vgl. Ahrend (2002), S. 245. Bei Konzemen mit enger Bindung zum Kapitalmarkt wiirde die strategische Agilitat durch die Akteure des Kapitalmarktes anhand von MaBnahmeempfehlungen positiv beeinflusst. ' Der Begriff der strategischen Kontrolle fand mit dem Aufkommen von Beitragen zum strategischen Management und zur strategischen Planung seit Ende der 70er Jahre Verwendung; vgl. unter anderem die Beitrage von Koontz/Bradspies (1972); Newman (1975); Kohler (1976); Horovitz (1979); Rumelt (1979). Die Begriffsbedeutung wuchs mit der Hervorhebung zu einem Forschungsbereich flir ein vollstandiges Geriist einer Theorie des strategischen Managements durch Schendel/Hofer (1979).
Teil C: Ableitung kontroUerfolgsmaximierender Parameter
2.2.1.3.1
Breite der strategischen Kontrolle
Aufbauend auf dem Beitrag von SCHREYOGG und STEINMANN werden im Folgenden die drei, im strategischen Prozess jeweils unterschiedliche Selektionsstufen aufgreifenden Kontrollarten strategische Pramissenkontrolle, strategische Durchfuhrungskontrolle und strategische Uberwachung naher erlautert.^"' Gemeinsam determinieren sie den Umfang der Kontrolle und zielen auf eine umfassende Abdeckung der relevanten Kontrollobjekte. Pramissenkontrolle Pramissenkontrollen stellen Inputkontrollen dar, die auf den Kontext der strategischen Planung zielen. Die Notwendigkeit dieser Kontrollform - bisweilen sogar als die zentrale Aufgabe der strategischen Kontrolle bezeichnet^'^ - ergibt sich aus dem strukturellen Risiko bei einem weiten Planungshorizont in einer dynamischen Untemehmensumwelt der Tochtergesellschaft. Die Pramissenkontrolle lasst sich in drei Teilaufgaben strukturieren:^'* • Pnifiing der Validitat der Strategien bei den bestehenden Pramissen, • Validierung der strategiebegriindenden Pramissen auf ihre Richtigkeit und • Uberpriifung der horizontalen und vertikalen inhaltlichen Konsistenz der Pramissen untereinander und mit den Vorgaben des Konzems. Als erste Teilaufgabe der Pramissenkontrolle wird, gemessen an den defmierten Pramissen-Indikatoren, die Tragfahigkeit der Strategic gepriift. Durch die Kontrolle der Richtigkeit der strategischen Ziele im Lichte der bestehenden Pramissen wird validiert, ob die formulierte Strategic der Tochtergesellschaft vor dem Hintergrund intemer und extemer Veranderungen weiterhin begriindet ist bzw. welche Storungen sich fur die Zukunft abzeichnen.
' Vgl. Schreyogg/Steinmann (1987), S. 96. Zu erwahnen sind daneben die Ansatze von LORANGE und ZETTELMEYER. Wahrend aile Ansatze die Planfortschritts- und Pramissenkontrolle enthalten, unterscheiden sie sich in der Einbeziehung weiterer Kontrollaufgaben; vgl. Lorange (1984); Zettelmeyer(1984),S. 77ff ' Vgl. Zettelmeyer (1984), S. 79, der feststellt, dass bei der strategischen Kontrolle die Pramissenkontrolle alle anderen Kontrolltypen dominiert. Gleicher Auffassung Pfohl (1988), S. 806. ' Vgl. Ahrend (2002), S. 246ff.
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Teil C: A hleitung kontroUerfolgsmaximierender Parameter
Als zweite Teilaufgabe der Pramissenkontrolle werden die bestehenden Pramissen auf ihre Gtiltigkeit bei der derzeitigen und zu erwartenden Ressourcensituation sowie in Bezug auf exteme Chancen und Risiken iiberpruft.^'^ Dazu sollen nach der Entscheidungsfindung die prognostizierten Rahmendaten der zwischenzeitlich eingetretenen Situation gegentibergestellt werden. Ergibt dieser Vergleich Abweichungen, sind entsprechende KorrekturmaBnahmen in Form von Pramissenanderungen einzuleiten. Da die Pramissen das Fundament der Strategie bilden, kommt der Pramissenkontrolle im Hinblick auf die strategische Zielsetzung ein Umsteuerumgspotenzial zu.^^" Potenzielle Rationalitatsdefizite liegen insbesondere in der Identifikation der kritischen Pramissen, bei denen schon geringe Abweichungen nachhaltigen Einfluss auf die Entwicklung der Tochtergesellschaft ausiiben konnen^-' oder nur geringen Zeitraum ftir Reaktionsmoglichkeiten bei Veranderungen der Pramissen eroffnen. Zudem gelten eine nur schwache Prognostizierbarkeit oder eine hohe Abweichungswahrscheinlichkeit der Pramissen als besonders kontrollwiirdig. Bei der dritten Teilaufgabe der Pramissenkontrolle stehen die Verbundwirkungen zwischen verschiedenen Strategien im Vordergrund. Die Pramissen einer bestimmten Strategie werden hinsichtlich ihrer Widerspruchsfreiheit untereinander, also mit weiteren auf der gleichen Kontrollebene (horizontal)-" sowie mit den Vorgaben des Konzems (vertikal) abgestimmt. Strategische Durchfuhrungskontrolle Strategien bediirfen fur ihre Umsetzung der Definition strategischer Mafinahmen. Diese werden mit zeitlichen und inhaltlichen strategischen Meilensteinen verbunden, um die Entwicklung der strategischen MaBnahmen verfolgen zu konnen. Die Durchfiih-
'•' Vgl. Zettelmeyer (1984), S. 79 und Schreyogg/Steinmann (1985), S. 401. "' Vgl. Newman (1975), S. 6f.; Sjurts (1995), S. 260. ^^' Vgl. Schreyogg/Steinmann (1985), S. 401; Budde (2002), Sp. 1882f. GALWEILER leitet daraus ab, dass bei Nichteintreten der kritischen Pramissen eine grundlegende Anderung der strategischen Vorhaben erfolgen musse; vgl. Galweiler (1981), S. 393. ^^- Vgl. auch Kleinschnittger (1993), S. 186, der die horizontale Kontrolle zur Beurteilung des Beitrags der Tochtergesellschaft en hervorhebt. Er zielt jedoch auf operative Kontrollen. Vgl. ebenso Zettelmeyer (1984), S. 80, der die Bedeutung von Konsistenzkontrollen im Rahmen der Pramissenkontrolle betont.
Teil C: Ableitung kontroUerfolgsmaximierender Parameter
rungskontrolle^^^ als eine Form von Prozesskontrolle validiert diese Umsetzungsplanung zeitlicher und inhaltlicher strategischer Meilensteine der Tochtergesellschaft beziiglich Ergebnissen und Zwischenzielen. Die Durchfiihrungskontrolle setzt sich aus der Planfortschritts- und Planergebniskontrolle zusammen:^^^ •
Die PlanfortschrittskontroUe umfasst zum einen die Priifung der bereits ergriffenen MaBnahmen und zum anderen die Validierung der anhand der strategischen Meilensteine zu erwartenden weiteren Ausfiihrbarkeit der Strategie. Die Durchfuhrungskontrolle verarbeitet die gewonnenen „feed-back'*-Informationen im Sinne einer „feed-forward"-Orientierung fiir die langfristigen strategischen Ziele. Sie gibt liber die Kontrolle der bereits ergriffenen MaBnahmen und ihrer Wirkung Hinweise darauf, ob die eingeschlagene Richtung und die Geschwindigkeit der Strategierealisierung der Tochtergesellschaft im Hinblick auf das langfristige Ziel akzeptabel sind bzw. wie hoch der Erreichungsgrad des Ziels bereits ist.
•
Die Planergebniskontrolle iiberwacht die weitere Tragfahigkeit einer Gesamtstrategie in Bezug auf das erreichte Ergebnis einer Teilstrategie sowie die Ergebnisse der vorgegebenen strategischen Meilensteine. Entsprechend werden die strategischen MaBnahmen aus der Abweichung zwischen Geplantem und Realisiertem ftir die Zukunft validiert.
Strategische Uberwachung Da die Durchfiihrungskontrolle mit der Festlegung von Meilensteinen ebenso wie die Pramissenkontrolle gerichtet ist und insoweit selektiv ist, bedarf es noch einer weiteren strategischen Kontrollteilflinktion, die dieses Rest-Selektionsrisiko tibemimmt. Die strategische Uberwachung'-- dient als Auffangnetz fiir die verbleibenden Risiken der strategischen Planung. Die strategische Uberwachung kann als Inputkontrolle interpretiert werden, da sie auf die Untersuchung abzielt, ob Ereignisse innerhalb und auBerhalb des Umfeldes der Tochtergesellschaft einer Beriicksichtigung in der strategischen
Vgl. zur strategischen Durchfiihrungskontrolle Zettelmeyer (1984), S. 133f; Schreyogg/Steinmann (1986), S. 43f.; Hasselberg (1989), S. 162ff WILD spricht bei dieser Kontrollart von „PlanfortschrittkontroUe"; vgl. Wild (1982), S. 44. Eine der Durchfiihrungskontrolle ahnliche Kontrollart fmdet sich bei Ball/Lorange (1979), S. 8 als Prozess der Feinsteuerung bzw. der „steering control". Vgl. Schreyogg/Steinmann (1985), S. 402fT. Der Begriff der strategischen Uberwachung entstammt dem amerikanischen Begriff „surveillance"; vgl. Aguilar (1967).
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Teil C: Ableitung kontroUerfolgsmaximierender Parameter
Planung bediirfen. Dazu werden die Untemehmens-Inwelt und das UntemehmensUmfeld der Tochtergesellschaft ungerichtet abgesucht,^^* um moglicherweise relevante Aspekte, die in den bisherigen Annahmen und Ursache-Wirkungs-Realationen unberucksichtigt geblieben sind, aufzuspuren. Es geht also um das friihzeitige Erkennen von zukiinftig relevanten Risiken und Gefahren, aber auch von Chancen und Potenzialen. Im Mittelpunkt der strategischen Friihaufklarung stehen „schwache Signale" („weak signals") als Vorboten diskontinuierlicher Ereignisse und Entwicklungen.^^^ Im Gegensatz zu den Pramissen-Indikatoren lassen sich schwache Signale nicht im Rahmen der Planung defmieren, da das Zielobjekt der Suche weitgehend unbekannt ist. Die beiden fur die Erfassung von schwachen Signalen verwendeten Verfahren sind Scanning und Monitoring. Scanning als Basisaktivitat strategischer Friihaufklarung zielt auf das Ausfiltem von schwachen Signalen aus dem Umfeld der Tochtergesellschaft.^^^ Es beinhaltet das Abtasten und Rastem des Umfeldes der Tochtergesellschaft und setzt aufgrund der Breite im Umfeldbezug der Tochtergesellschaft und der Signal-Unscharfe hohe Anforderungen an die Intuition der damit befassten Kontrolltrager. Eine Orientierungshilfe fur eine gewisse Strukturierung liegt in der Reflexion moglicher Einflussfaktoren mit bestehenden Pramissen, Strategien sowie den normativen Grundhaltungen der Konzemeinheit.
' Die strategische Uberwachung ist insofem ungerichtet, als die Beobachtungsbereiche und damit die Kontrollobjekte der strategischen Uberwachung nicht ex ante defmiert sind; vgl. Steinmann/Schreyogg (1986), S. 749. LUTKE SCHWIENHORST weist in diesem Zusammenhang auf die kognitionspsychologische Unmoglichkeit einer ungerichteten Beobachtung hin: Niemand konne etwas beobachten, ohne seine Sinne in irgendeiner Form darauf auszurichten; vgl. Liitke Schwienhorst(1989), S. 95. Vgl. Ansoff (1975), S. 2Iff., der die Idee der schwachen Signale in die wissenschaftliche Diskussion einfiihrte. Es handelt sich dabei um (noch) schlecht defmierte und (noch) unscharf strukturierte Informationen, die auf einem hohen Grad des „Nicht-Wissens" beruhen; vgl. Maul (1993), S. 721. ' VANDENBOSCH/HUFF charakterisieren Scanning wie folgt: „Scanning is the behavior executives perform when they are browsing through data in order to understand trends or sharpen their general understanding of the business. It is what they do when they are 'seeing what's new.' If executives begin a query with the thought 'I wonder if there is any information here I might find useful', they are scanning" (Vandenbosch/Huff (1997), S. 83). Vgl. zur Kontextabhangigkeit der ScanningAktivitaten von Geschaftsfiihrem die Feldstudie von GargAValters/Priem (2003).
Teil C: A bleitung kontrollerfolgsmaximierender Parameter
Wenn die schwachen Signale durch den „strategischen Radar" des Scannings einmal identifiziert sind,^^^ werden sie zum Gegenstand detaillierter Betrachtung, um zusatzliche Informationen zu finden. Dieses vertiefende und dauerhafte Beobachten des Phanomens, das man identifiziert zu haben glaubt, wird als Monitoring bezeichnet. Die Aufgaben des Monitorings umfassen die Verdichtung, Validierung und Priorisierung der als relevant bewerteten Entwicklungen. Aus der Zuordnung der Signale nach ihrer Wichtigkeit und Dringlichkeit ergeben sich als mogliche Altemativen die des Abwartens, um zusatzliche Informationen zu erheben oder des konkretisierten Handelns mittels gerichteter Beobachtung und gelenkter Signale. Die so verdichteten schwachen Signale der strategischen Friihaufklarung fiihren nicht direkt zu MaBnahmevorschlagen, sondem werden an die Pramissenkontrolle weitergegeben und dienen zunachst der Sensibilisierung des Managements der Tochtergesellschaft beziiglich Entwicklungen, die innerhalb der bestehenden kognitiven Strukturen ausgeschlossen werden. 2.2.1.3.2
Tiefe der Kontrolle
Neben der Breite der strategischen Kontrolle kann eine hohe Kontrolltiefe Wissensdefizite des Kontrollsubjektes reduzieren. Die Kontrolltiefe kann sich sowohl auf die Abweichungsanalyse als auch auf die Erarbeitung gegebenenfalls erforderlicher GegenmaBnahmen beziehen. Grundsatzliches Ziel von Abweichungsanalysen ist es, nach (beeinflussbaren) Ursachen fiir Soll/Ist-Abweichungen zu forschen; die Abweichungen selbst sind lediglich „Problemsymptome".^^** Die Kenntnis der Abweichungsursachen ist in der Kegel Voraussetzung fur eine zielgerichtete Beeinflussung der Kontroll-Objekte und fur eine Beriicksichtigung der Ursachen in ktinftigen Planungsprozessen."' Die Schwierigkeit der Abweichungsanalyse besteht darin, relevante (Einzel-) Abweichungsursachen und die - stets vorhandenen - Abweichungs-Interdependenzen zum
' Im Kontext multinationaler Untemehmen weist KEEGAN insbesondere auf die Bedeutung innerbetrieblicher, abteiiungsiibergreifender Informationsflusse bin; vgl. Keegan (1974), S. 41 Iff. Wgl. Agthe(1958), S. 100. ' Vgl. Agthe (1958), S. 101: „Oberster Zweck der Abweichungsanalyse muss es deshalb sein, ihre Ergebnisse der Betriebsleitung zuganglich zu machen, um so auf eine Beseitigung der festgestellten Unwirtschaftlichkeiten hinzuwirken." Vgl. zur Abweichungsanalyse auch Loth (1970), S. 14ff.
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Zwecke der Beeinflussung herauszufinden."' In der alteren Literatur zur Plankostenrechnung wurde das Phanomen der Abweichungs-Interdependenz flir die Preis/MengeAbhangigkeit dargestellt und bewiesen."^ Insbesondere bei strategischen Ziel-/Ergebnisgr66en wird es in der Regel nicht moglich sein, eine einzelne Ursache zu identifizieren, die fiir die beobachtete bzw. vermutete Abweichung allein verantwortlich zu machen ist. Vielmehr ist davon auszugehen, dass sich meist mehrere Erfolgsfaktoren anders entwickeln, als man es in der Planung angenommen hat. Flir eine Erforschung der Abweichungsursachen als Basis einer rationalen Entscheidung tiber eine etwaige Strategieanderung ist es deshalb von entscheidender Bedeutung, die Relevanz der identifizierten Abweichungen in Bezug auf das strategische Soil differenzieren zu konnen. Neben messbaren Abweichungen der Pramissen und der strategischen Meilensteine sind dabei auch qualitative Abweichungen, insbesondere der schwachen Signale, zu erfassen. Angesichts der Vielzahl potenzieller messbarer Abweichungen der Pramissen sowie strategischer Meilensteine und qualitativer Abweichungen, insbesondere der schwachen Signale, die sich in Mangagement-Holdings mit diversifiziertem Konzemportfolio - in abnehmender hierarchischer Ordnung - beispielsweise auf Geschaftsbereichsstrategien, Geschaftsfeldstrategien, Beteiligungsstrategien bis zu strategischen Projekten beziehen konnen, ist es unter Berucksichtigung der selten tiberschaubaren Interdependenzen zwischen ihnen naheliegend davon auszugehen, dass durch eine hohe KontroUtiefe bei der Abweichungsanalyse die Gefahr von Fehlem bei der Analyse der Abweichungsursachen reduziert wird. Zudem ist davon auszugehen, dass eine durch hohe Kontrolltiefe gekennzeichnete Abweichungsanalyse mehrere alternative Erklarungen hervorbringen kann, deren Eignung und Vorteilhaftigkeit beurteilt werden konnen. ^^"^
'^' In der alteren Literatur zur Plankostenrechnung wurde das Phanomen der AbweichungsInterdependenz flir die Preis/Menge-Abhangigkeit dargestellt und bewiesen; vgl. bereits Kilger (1967), S. 152. '"' Vgl. Kilger (1967), S. 153; Kosiol (1969), Sp. 909. Zur altemativen und kumulativen Abweichungsaufspaltung, wie sie aus der Plankostenrechnung bekannt sind, vgl. auch den Beitrag von Kilger (1959) sowie die Erlauterungen zur Abweichungsanalyse bei Albers (1989); Powelz (1989); Albers(1992). '''' Eine exakte Bestimmung der Abweichungen wird sich in der Regel als schwierig erweisen und durch erfahrungsbasierte Abschatzungen der strategischen Kontroll-Trager erganzt. Neben Wahrnehmungsproblemen sind dabei Verarbeitungsprobleme zu iiberwinden, die haufig mit einer poli-
Teil C: Ableitung kontroUerfolgsmaximierender Parameter
Die Existenz altemativer Abweichungserklarungen impliziert wiederum die Moglichkeit, unterschiedliche MaBnahmeempfehlungen abzuleiten, um Inkonsistenzen von Willensbildung und Durchsetzung zu korrigieren. Im Hinblick auf die Erfolgswirksamkeit der strategischen KontroUe liegen zahlreiche konzeptionelle Beitrage und empirische Studien zur Effektivitat vor. Sie seien vor der Ableitung der Hypothesen skizziert. •
folgem, dass „firms that systematically review and evaluate the results of the implemented strategy could logically be expected to be more effective than those which do not""^ PEARCE/ROBINSON
• FlEGNER weist fur die Konzeption von STEINMANN/SCHREYOGG nach, dass eine Konsistenz der Gestaltung der strategischen Kontrolle mit der zu kontrollierenden strategischen Orientierung zu einer hoheren Effektivitat fiihrt."^ •
SiSAYE weist darauf hin, dass Managementsysteme wie die strategische Kontrolle nicht nur die strategische Fuhrung untersttitzen, sondem auch deren Effektivitat erhohen konnen."^
•
BAND/SCANLAN postulieren, dass „a strategic approach to control is itself a source of competitive advantage""^
• Die Studie von ESSER/HOFNER/KIRSCHAVIESELHUBER kommt zu dem Schluss, dass Ansatze der strategischen Kontrolle von Planpramissen besonders bei erfolgreichen Untemehmen zufindensind.^^^ •
kommt in seiner Dissertation liber den Entwicklungsstand der Logistik in deutschen Untemehmen zu dem Ergebnis, dass eine umfassende Kontrolle zu einer DEHLER
tisch motivierten Informationszuriickhaltung oder dem Festhalten der Fuhrungskrafte an Bestehendem zusammenhangen; vgl. Lorange/Murphy (1983). "' Pearce/Robinson (1991), S. 318. "* Vgl. Fiegener (1994), S. 32ff. Die Effektivitat wurde anhand der Effektivitat der Pramissenkontrolle, des Implementierungserfolges sowie des strategischen Oberwachungsprozesses gemessen; vgl. Fiegener(1994), S. 28. '"Vgl. Sisaye( 1998), S. 15. ''^ Band/Scanlan (1995), S. 103. "' Vgl. Esser et al. (1983), S. 94.
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Teil C: Ableifung kontroUerfolgsmaximierender Parameter
deutlichen Steigerung der beiden Erfolgskomponenten Logistikleistung und Logistikkosten fiihrt.^'^ •
stellen in ihrer empirischen Erhebung unter 298 Controllem deutscher Untemehmen unterschiedlicher Branchen fest, dass sich eine Pramissenkontrolle signifikant positiv auf die Effektivitat der Willensbildungs- und Willensdurchsetzungsftinktion der Planung auswirkt.^'" Zudem kommen sie zu dem Ergebnis, dass die strategische Uberwachung die Adaptivitat der Untemehmen positiv beeinflusst und die Adaptivitat sowohl den Markterfolg als auch den wirtschaftlichen Erfolg der Geschaftseinheit positiv beeinflusst.^'*' SCHAFFER/WILLAUER
Angesichts der vorliegenden Erkenntnisse steht zu erwarten, dass der hohe Umfang der strategischen Kontrolle Zahl und Umfang potenziell relevanter Abweichungen reduziert, die Wirksamkeit gegebenenfalls erforderlicher GegenmaBnahmen erhoht und somit effektivitatssteigemd wirkt. Unterstellt man, dass die Grenzkosten des erweiterten Kontrollumfangs geringer sind als der durch sie generierte Grenznutzen, wird die Effizienz der Kontrolle durch eine entsprechende Strategic positiv beeinflusst. Die im Vorfeld der Erhebung gefuhrten Interviews haben zu der Einschatzung gefiihrt, dass die Wissensdefizite bei den Akteuren der Muttergesellschaft in aller Regel hoch sind und der durch die strategische Kontrolle verursachte Mehraufwand fiir vertretbar gehalten wird. Folglich scheint die zugrunde gelegte Annahme hinreichend tragfahig. Es ergeben sich die folgenden Hypothesen: Hg:
Der Umfang der strategischen Kontrolle beeinflusst die Effektivitat der Kontrolle positiv.
H9:
Der Umfang der strategischen Kontrolle beeinflusst die Effizienz der Kontrolle positiv.
2.2.2
Verringerung des Kontrollbedarfs
Die Strategic der Verringerung der Kontrollintensitat besteht darin, Breite und/oder Tiefe der Kontrolle zu reduzieren. Sie stellt sozusagen das Pendant zur Erhohung des
Wgl. Dehler (2001), S. 225. ' Schaffer/Willauer (2003a), S. 30ff. - Vgl. SchafferAVillauer (2003b), S. 17ff.
Teil C: Ableitung kontroUerfolgsmaximierender Parameter
Umfangs der Kontrolle dar, kann sich jedoch auch auf andere Kontrollobjekte beziehen und wird in der Management-Holding idealtypisch fiir die operative Kontrolle verwendet. Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang insbesondere der Verringerung des gesamten Kontrollobjektes auf Teilaspekte, beispielsweise gewisse, fiir den Konzem bedeutende Bilanzpositionen sowie der Substitution absoluter durch relative Werte, z.B. wertorientierte Renditekennziffem, zu. Sie stellen keine ausschlieBenden Altemativen dar, sondem konnen kombiniert eingesetzt werden. Die Fokussierung der operativen Kontrolle im Konzem ist auf die hohen Wissensdefizite der Akteure der Muttergesellschaft iiber die dezentralen Gegebenheiten und die begrenzten Aufmerksamkeitskapazitaten zuruckzufiihren und ermoglicht sowohl eine Komplexitatsreduktion auf Ebene der Muttergesellschaft als auch die Nutzung von Spezialisierungsvorteilen bei der Kontrolle, so dass fiir die eigentliche Aufgabe, die strategische Kontrolle, genugend Zeit bleibt. Eine hohe Eingriffstiefe in das operative Geschaft der Tochtergesellschaft lauft nicht nur dem Prinzip der „kontrollierten Dezentralisation" der Geschaftsbereiche zur Schaffiing einer groBeren Marktnahe zuwider, sondem gefahrdet zudem die Motivation der dezentralen Akteure, sich im Sinne der Konzemziele zu verhalten: Je mehr die Muttergesellschaft versucht, direkt auf das Verhalten der dezentralen Einheiten einzuwirken, desto weniger Kontrolle wird sie tatsachlich ausiiben konnen.""*^ Gmnd hierfur ist, dass die kontrollierten Akteure versuchen, dem Kontrolldmck auszuweichen.^'*'* Neben einer Effektivitatssteigerung ist aufgmnd der mit der Fokussiemng verbundenen Kapazitatsentlastung der Muttergesellschaft eine Effizienzsteigerung anzunehmen. Damit lassen sich folgende Hypothesen festhalten: Hio: Die Fokussiemng der operativen Kontrolle erhoht die Effektivitat der Kontrolle. Hill Die Fokussiemng der operativen Kontrolle erhoht die EfTizienz der Kontrolle.
''^ Vgl. Keller (1992), S. 22; Semler (1998), S. 154 und zum sogenannten Kontrollparadoxon Thieme (1982), S. 38f, S. 153 sowie die dort angegebene Literatur. -'' Vgl. Thieme (1982), S. 38; Pfohl/Stolzle (1997), S. 243.
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2.3 2.3.1
Teil C: Ableitung kontrollerfolgsmaximierender Parameter
Reduktion von Praferenzdifferenzen Generierung zusatzlicher Vertragskosten
Die erste und in der okonomischen Literatur traditionell dominierende Strategic zur Uberwindung der aus nicht immer deckungsgleichen Interessen von Mutter- und Tochtergesellschaft resultierenden Praferenzdifferenzen zielt auf die Erhohung der dem Akteur bei Verhaltensabweichungen drohenden Vertragskosten durch Sanktionen und Belohnungen.^'" Nach PFOHL/STOLZLE''*^ entfalten Sanktionen vomehmlich dann ihre Wirkung, wenn sie zeitnah und konsistent, mit einer sachlichen Begrlindung versehen und bei einer „guten Beziehung" zum Akteur eingesetzt werden. Mitunter rufen Sanktionen allerdings negative emotionale Begleiterscheinungen hervor und fiihren zu einem Ausweichverhalten.^'*^ Zwar konnen Sanktionen in gewissem Umfang Fehlentscheidungen a priori verhindem; sie schaffen jedoch keinen Anreiz, sich im Sinne des Konzems einzusetzen.^^^ Die dezentralen Einheiten werden allenfalls veranlasst, sich so zu verhaltcn, dass die Muttergesellschaft keine Beanstandungen geltend machen kann. Insbesonderc bei impliziten Verhaltensnormcn ist es schwicrig, Fehlentscheidungen eindeutig nachzuweisen, so dass Sanktionen schwer zu rechtfertigen bzw. durchzusetzen sind. Belohnungen begriinden demgegeniiber ein Erfolgserlebnis, das einen Akteur fiir die Zukunft zu hoheren Leistungen motivieren kann. Je nach den durch Belohnungen angesprochenen Bediirfnissen wird zwischen extrinsischen und intrinsischen Anreizen unterschieden.^''^ Intrinsische Anreize liegen in der Aufgabe selbst begriindet; die Belohnungen ergeben sich unmittelbar aus der (Art der) Aufgabenerfiillung und befriedigen Bediirfnisse immaterieller Art.^^'* Extrinsische Anreize hingegen beziehen sich auf Bediirfnisse, die auBerhalb des jeweiligen Arbeitsbereiches liegen: Die (Art der) Aufgabenerfiillung und/oder die dabei erzielten Ergebnisse fiihren zu bestimmten „Gratifikationen" wie beispielsweise Einkommenszuwachse,
' Vgl. Laux (1999), S. 34 sowie Laux/Liermann (2003), S. 455ff. ' VgL Pfohl/Stolzle (1997), S. 246. Vgl. Dubs (1995), Sp. 1868ff 'Vgl. Laux (1995), Sp. 113. ' Vgl. Ackermann (1974); Galbraith (1977), S. 243ff. 'Vgl. Laux (1995), Sp. 115; Frey/Osterloh (1997), S. 308; Kunz/Pfaff (2002), S. 279ff.; Laux/Liermann (2003), S. 503f.
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Beforderung etc.^^' Wahrend in der alteren Literatur immer wieder behauptet worden ist, intrinsische Anreize seien fur die Beeinflussung von Verhalten und Arbeitsleistung wichtiger als extrinsische Anreize,^" besagt die geltende Auffassung nunmehr, dass Leistung durch das komplexe Zusammenwirken extrinsischer und intrinsischer Anreize beeinflusst wird.^^^ In diesem Zusammenhang wird auf die Gefahr des Verdrangens intrinsischer Motivation durch eine iibermaBige Betonung extrinsischer Belohnungsarten hingewiesen („crowding out Effekt"'-^). Die seit geraumer Zeit in der Literatur zum Beteiligungscontrolling diskutierten und in der Praxis dominierenden wertorientierten Anreizsysteme basieren auf extrinsischen Belohnungsarten und sollen im Folgenden im Mittelpunkt stehen. Dabei werden oftmals drei Anforderungen genannt:''' Die Anforderung der Anreizkompatibilitat verlangt, dass die gewahlte BezugsgroBe mit dem gesteckten Ziel der Wertsteigerung kompatibel sein muss, urn eine gleichgerichtete Interessenlage zwischen Tochtergesellschaften und Muttergesellschaft zu erzeugen.^''' Hinter der Anforderung der Beeinflussbarkeit (^Controllability") steht die Hypothese, dass eine Anreizwirkung lediglich zu erwarten ist, wenn die dezentralen Manager die Pramienerhohung durch die eigenen Entscheidungen beeinflussen konnen. Die Anforderung der Manipulationsfreiheit fordert, dass die Elemente des Vergiitungssystems von Entscheidungstragem und Instanz (und im Streitfall auch von Dritten, insbesondere von Gerichten) in intersubjektiv iiberprufbare Weise kontrolliert werden konnen.
-" Vgl. Laux (1995), Sp. 115; Ryan/Deci (2000), S. 60ff; Laux/Liermann (2003), S. 504f '" Vgl. z.B.Herzberg(1966). ^'' Vgl. Deci (1971); Frey (1997); Ryan/Deci (2000). Der Anreizwert der extrinsischen Belohnung „Befbrderung" kann z.B. daraus resultieren, dass mit dem neuen Aufgabenumfeld sowohl intrinsische als auch extrinsische Anreize verbunden sind. -'' Vgl. dazu Frey (1993), S. 664ff; Frey/Osterioh (1997), S. 31 Off Nach KUNZ/PFAFF erfreue sich das Konstrukt der intrinsischen Motivation zunehmender Beliebtheit; die ausschlieBliche Betrachtung performanceorientierter Vergiitungssysteme greife damit zu kurz; vgl. Kunz/Pfaff (2002), S. 275ff Zu den Voraussetzungen eines (synergetischen) Zusammenspiels intrinsischer und extrinsischer Anreize vgl. Amabile (1993), S. 185fr. ''' Vgl. stellvertretend Pellens/Crasselt/Rockholtz (1998), S. 13ff; Riegler (2000), S. 159ff; Plaschke (2003), S. 102ff Daneben werden oftmals die Kriterien Aktualitat der Ermittlung der Bemessungsgrundlage, Transparenz und Kommunikationsfahigkeit sowie Akzeptanz des Vergutungssystems aufgefiihrt. Zudem sei erwahnt, dass - ebenso wie bei den Anforderungen zur Informationsqualitat - zwischen den hier vorgestellten Anforderungskriterien bestimmte Zielantinomien bestehen: Eine besonders starke Nichterfiillung eines Kriteriums kann das gute Abschneiden in alien anderen Dimensionen zunichte machen. "'' Vgl. Feltham/Xie (1994) sowie Laux/Liermann (2003), S. 510.
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Teil C: Ableitung kontroUerfolgsmaximierender Parameter
Weite Teile der Literatur legen in ihrer Diskussion iiber die Eignung von Kennzahlen zur Leistungsbeurteilung vorwiegend die Anforderung der Anreizkompatibilitat zugrunde.^^^ Dennoch kommen PELLENS/TOMASZEWSKIAVEBER in ihrer empirischen Untersuchung iiber den Stand der wertorientierten Untemehmensflihrung in Deutschland zu dem Ergebnis, dass dieses Kriterium oftmals nicht erfiillt ist und somit „in der Entlohnungsfrage weiterhin noch erheblicher Handlungsbedarf [...] in der Praxis besteht"^^^ Vor diesem Hintergrund wird im Folgenden die Wirkung einer anreizkompatiblen Ausgestaltung der variablen Vergiitung auf den Erfolg der Beteiligungskontrolle untersucht. Ist der Grundsatz der Anreizkompatibilitat realisiert, werden abweichende Praferenzen der Tochtergesellschaft mit den vom Kontrollobjekt antizipierten Kosten des abweichenden Verhaltens belegt. Das Kontrollobjekt, also der dezentrale Manager, antizipiert die aus der Gestaltung der Vergiitung moglicherweise resultierenden Folgen. Dies kann bewirken, dass das interne Modell und die Handlungen des Kontrollierten im gewiinschten Sinne der Muttergesellschaft beeinflusst werden. Eine anreizkompatible Vergiitung verstarkt somit die von der Muttergesellschaft gewiinschte Handlungsweise; abweichende Verhaltensmuster werden inhibiert.^^' Da eine Reduktion des Kontrollbedarfs und damit eine Erhohung der Kontrolleffizienz nicht zu erwarten ist, ergibt sich folgende Hypothese: H12:
2.3.2
Eine anreizkompatible Gestaltung der Incentivierung beeinflusst die Effektivitat der Kontrolle positiv. Erhohung der subjektiven Eintrittswahrscheinlichkeit
Grundsatzlich ist fiir das Verhalten der Kontrollobjekte nicht die Hohe der moglichen Auszahlungen, sondem - sieht man von kognitiven Verzerrungen ab und unterstellt ein rationales Kalkiil - der Erwartungswert entscheidend. Damit tritt die subjektive
^" Vgl. z.B. Hebertinger (2002), S. 30: ,X)as zentrale Kriterium zur Beurteilung der Wirksamkeit von Belohnungssystemen ist die ihm innewohnende Anreizkompatibilitat." ^^^ Pellens/Tomaszewski/Weber (2000), S. 1832. Gleicher Auffassung auch Ferstl (2000), S. 39. Zu einem ahnlichen Ergebnis kommen auch BASSEN/KOCH/WICHELS in ihrer empirischen Studie zu variablen Entlohnungssystemen. Danach dominiert die Vereinbarung personlicher Ziele mit einer Haufigkeit von 31%, gefolgt von Gewinn und der Erreichung von Budgets als Bemessungsgrundlage mit 19% bzw. 13%. Wertorientierte GroBen hingegen finden weniger Anklang; vgl. Bassen/KochAVichels (2000), S. 12f. ^^"^ Vgl. zum Einfluss der Gewahrung von Stock-Options auf den Erfolg des Untemehmens die Studie von Hanlon/Rajgopal/Shevlin (2003), S. 3ff
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Wahrscheinlichkeit des Anfalls zusatzlicher Kosten als zweite Komponente ins Blickfeld. Die Beeinflussung dieser GroBen kann auf drei unterschiedlichen Wegen erfolgen: Durch die Investition in die Kontrollfahigkeiten des Subjekts, durch die auf Verhaltenswirkungen zielende Stichprobenkontrolle und durch die Strategic der unsichtbaren Allgegenwart.^^ Im Folgenden wird auf die Strategic der Erhohung des Umfangs der Kontrollc rekurriert und ihre Implikationcn fur die Anreizstruktur des Kontrollobjektcs aufgezcigt:^^' Ein hoher Umfang der stratcgischen Kontrollc reduziert nicht nur Wissensdcfizitc, sondem auch prafcrenzinduziert abweichendes Vcrhaltcn.^''- Dabci ist im Rahmen der Durchsetzungsfiinktion ein ex ante und ein ex post-Fall zu unterscheiden: Im erstcren Fall antizipiert der dezentralc Manager die Kontrollc durch die Muttergcsellschaft und die aus ihr moglicherwcise resultiercndcn Folgen, bevor die Kontrollc tatsachlich durchgeftihrt wird und auch fur den Fall, dass sie unterblcibt. Fiir die antizipative Kontrollwirkung sind somit nicht die realen Umstande der Kontrollc von Bedcutung, sondem die Vorstellung, die sich die Aktcure ex ante davon machen.^''^ Dieser Effekt wird als Verhiitungswirkung der Kontrollc bezcichnct.''^ Die gewiinschtc Handlungsweisc wird so verstarkt, abweichende Verhaltensmustcr inhibiert. Im ex post-Fall lemt der Kontrollierte aus der Abweichung. Die Kommunikation an den Kontrolliertcn kann auch bei dicsem Lemprozesse ftir die Folgcpcriode ausloscn und prafcrenzabweichendes Verhalten reduzicren. Es stcht zu erwarten, dass beide Effekte mit steigendem Umfang der Kontrollc zunchmen. Die daraus resultiercndcn Hypothesen wurden bercits im Rahmen der Erhohung des Kontrollpotcnzials dargcstellt.
2.4
Ubersicht iiber die Forschungshypothesen
Abbildung 5 zeigt das vollstandige Forschungsmodell zum Zusammenhang zwischen Gestaltung der Kontrollc und Erfolg der Kontrollc im Ubcrblick. Die entsprechenden Hypothesen sind in Tabelle 1 zusammengefasst.
' Vgl. ausfiihrlich Schaffer (2001a), S. 143fr. Vgl. Schaffer (2001a), S. 143f. Es zeigt sich somit an dieser Stelle, dass Konnen und Wollen der Kontrollakteure miteinander verkniipft sind. ' Vgl. Churchill/Cooper (1964), S. 264; Churchill/Teitelbaum (1967), S. 423. ' Vgl. Laux/Liermann (2003), S. 458 sowie bereits Treuz (1974), S. 52ff.
91
Teil C: Ableitung kontrollerfolgsmaximierender Parameter
92
Informationsbreite
.H,
H > \ \ ^ Verlasslichkeit der Infomnationen
Informelles Berichtswesen
H^
X
\ Effektivitat der Kontrolle
I Nutzung des Kapitalmarktes
Umfang der strategischen Kontrolle
H, Hio/
Fokussierung der operativen Kontrolle
/
y^ H„
/
/
Effizienz der Kontrolle
^^^.-j/^"^
/
•^12/ Anreizkompatibilitat der Incentivierung
Abbildung 5: Forschungsmodell zum Zusammenhang von Gestaltung der Kontrolle und Erfolg der Kontrolle
Teil C: Ableitung kontroller/blgsmaximierender Parameter
93
Hypothesen zu der Erfolgswirksamkeit der KontroHparameter 1
Die Breite strategischer Informationen beeinflusst die Effektivitat der Kontrolle positiv.
2
Die Breite strategischer Informationen beeinflusst die Effizienz der Kontrolle positiv.
3
Die Verlasslichkeit der Informationen beeinflusst die Effektivitat der Kontrolle positiv.
4
Die Verlasslichkeit der Informationen beeinflusst die Effizienz der Kontrolle positiv.
5
Die Funktionsfahigkeit eines informellen Berichtswesens beeinflusst die Effektivitat der Kontrolle positiv.
6
Die Nutzung des Kapitalmarktes beeinflusst die Effektivitat der Kontrolle positiv.
7
Die Nutzung des Kapitalmarktes beeinflusst die Effizienz der Kontrolle negativ.
8
Der Umfang der strategischen Kontrolle beeinflusst die Effektivitat der Kontrolle positiv.
9
Der Umfang der strategischen Kontrolle beeinflusst die Effizienz der Kontrolle positiv.
10
Die Fokussierung der operativen Kontrolle beeinflusst die Effektivitat der Kontrolle positiv.
11
Die Fokussierung der operativen Kontrolle beeinflusst die Effizienz der Kontrolle positiv.
12
Eine anreizkompatible Gestaltung der Incentivierung beeinflusst die Effektivitat der Kontrolle positiv.
Tabelle J: Hypothesen zum Zusammenhang zwischen Gestaltung der Kontrolle und Erfolg der Kontrolle
Im nachsten Kapitel wird die Kontextabhangigkeit der Gestaltungsparameter untersucht.
D
Determinanten der Kontrolle von Beteiligungen
1.
Kategorien von Determinanten
Die Abkehr von einem „Einheitscontrolling" zu einem konzem- und beteiligungsspezifischen Controlling wird in der Literatur von mehreren Autoren gefordert.^^^ Es ist daher davon auszugehen, dass auch die Kontrolle als eine bedeutende Tatigkeit des institutionalisierten Beteiligungscontrollings von situatitiven Faktoren beeinflusst wird. Da keine Priorisierungen der teilweise langen Listen moglicher Kontextfaktoren^^ und nur unzureichende empirische Ergebnisse^''^ vorliegen, wurden empirische Studien der intemationalen Accounting-Forschung und angrenzender Forschungsgebiete sowie im Vorfeld gefiihrte Praktikergesprache zur Selektion der Variablen Wettbewerbsintensitat der Tochtergesellschaft, KonzemgroBe, Vertrauenskultur und finanzielle Lage der Tochtergesellschaft herangezogen, bei denen ein hoher Einfluss auf einige der identifizierten Gestaltungsparameter vermutet wurde.^^^ Im Hinblick auf die Ableitung der Hypothesen zur Kontextabhangigkeit wurde ahnlich vorgegangen, indem nur die Hypothesen aufgestellt wurden, bei denen aufgrund von bestehenden empirischen Studien, theoretischen Uberlegungen in der Accounting-Forschung und in angrenzenden Forschungsgebieten sowie Praktikergesprachen ein Zusammenhang vermutet werden konnte. Im Folgenden werden zunachst Hypothesen zu konzemspezifischen und im Anschluss daran zu beteiligungsspezifischen Determinanten abgeleitet.
''- Vgl. unter anderem Kruger (1996), S. 74ff.; Horvath (1997), S. 82ff.; Borchers (2000), S. 62. '"^ Vgl. z.B. Lenhard (1996), S. 312ff.; Horvath (1997), S. 82fT.; Lube (1997), S. 274ff. sowie den Oberblick zu moglichen Determinanten bei Borchers (2000), S. 60ff. und Littkemann (2004c), S.34. ^^^ Eine Ausnahme stellt der bereits zitierte Beitrag von LITTKEMANN dar, der in seiner dyadischen Erhebung getrennt konzemspezifische und beteiligungsspezifische Kontextfaktoren untersucht hat; vgl. Littkemann (2001), S. 1286fT. ^^^ Vgl. zur Notwendigkeit einer Selektion bei der empirischen Untersuchung der Kontextabhangigkeit beispielsweise Larsen (1986), S. 346ff.; MenonA^aradarajan (1992), S. 61.
96
2.
Teil D: Determinanlen der KontroUe von Beteiligungen
GroOe des Konzerns
Die UntemehmensgroBe ist als Kontextvariable in unterschiedlichen Studien der internationalen Accounting-Forschung umfassend dokumentiert.-^^ In den vorliegenden Studien wird oftmals ein positiver Zusammenhang zwischen der UntemehmensgroBe und der Komplexitat sowie der Ausgestaltung der Controllingsysteme konstatiert.^^^ CHENHALL adressierte in seinem Uberblicksbeitrag zum „Contingency-Based Research" jiingst ein bedeutsames Defizit: „Most contingency-based MCS [Management Control Systems, M.E.] research [...] has not considered size variations within larger entities.""' Genau dies erscheint im Rahmen der vorliegenden Studie relevant, da die Grundgesamtheit ausschlieBlich aus groBen borsennotierten Konzemen besteht. Von den im vorherigen Kapitel abgeleiteten Gestaltungsfaktoren ist ein Einfluss der KonzemgroBe auf die Funktionsfahigkeit eines informellen Berichtswesens zu erwarten. So konnten MULLER-BOLING/RAMME in ihrer empirischen Erhebung beobachten, dass sich das Kommunikationsverhalten von Fiihrungskraften bei unterschiedlichen UntemehmensgroBen unterscheidet. Fuhrungskrafte von Untemehmen mit mehr als 1000 Beschaftigten bevorzugen gegeniiber denjenigen kleinerer Untemehmen deutlich schriftlicheKommunikationskanale."^ Auch wenn bei den im Rahmen der Arbeit untersuchten borsennotierten Konzemen eine Substitution schriftlicher durch mtindliche Kommunikationskanale ausgeschlossen ist, da ein MindestmaB an formellen Berichtsstmkturen unabdingbar ist, lassen sich die Ergebnisse auf das Kommunikationsverhalten von Akteuren im Konzem iibertragen: Es ist davon auszugehen, dass mit steigender GroBe des Konzems informelle Kommunikation - nicht zuletzt aufgmnd der oftmals im Vergleich zu kleineren Konzemen verbundenen hoheren geographischen Distanz zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft und der hoheren Anzahl von Mitarbeitem in den Beteiligungen - schwieriger wird. Als Folge sind groBe Untemehmen eher auf schriftliche Kommunikationskanale, wie beispielsweise ein umfassendes, standardisiertes Konzemreporting, angewiesen, um die aus der GroBe resultierende Komplexitat zu reduzieren, wahrend bei
' Vgl. beispielsweise Simons (1987), S. 364ff.; Elmore (1990), S. 76ff ' Vgl. Littkemann (2004c), S. 33 und die dort angegebene Literatur. ' Chenhall (2003), S. 148. • Vgl. Muller-Boling/Ramme (1990), S. 119.
Teil D: Determinanten der KontroUe von Beteiligungen
kleinen Konzemen informellen Kommunikationsprozessen eher hohe Bedeutung zukommt. Bestatigt wird dies von mehreren Autoren, die in ihren empirischen Erhebungen ubereinstimmend eine positive Korrelation zwischen der GroBe des Untemehmens und dem Einsatz technokratischer Steuerungsinstrumente nachgewiesen haben.^^^ Aus diesen Ausfuhrungen wird folgende Hypothese abgeleitet: Hi3: Die GroBe des Konzems beeinflusst die Funktionsfahigkeit eines informellen Berichtswesens negativ. Im Hinblick auf den Zusammenhang zwischen der GroBe des Konzems und der Nutzung des Kapitalmarktes ist zu beachten, dass Analysten eher groBen Untemehmen mit hohem Aktienumsatz Beachtung schenken.'^"* Die sogenannte ^analyst coverage", also die Anzahl der Analysten, die sich mit einem Konzem auseinandersetzen, steigt daher mit zunehmender GroBe."- Zudem ist die Intensitat der Beschaftigung bei groBen Konzemen hoher. Sie ist notwendige Voraussetzung flir die sinnvolle Nutzung des Kapitalmarktes in borsennotierten Management-Holdings. So wird beispielsweise eine „Sum-of-the-Parts*'-Bewertung lediglich bei groBen Konzemen vorgenommen. Auf Basis dieser Erkenntnisse wird als Hypothese festgehalten: H14:
Die GroBe des Konzems beeinflusst die Nutzung des Kapitalmarktes positiv.
Ausgangspunkt fiir den Zusammenhang zwischen der KonzemgroBe und der Fokussiemng der operativen Kontrolle ist die Tatsache, dass bei groBen Konzemen die der Spitzeneinheit hierarchisch nachgelagerten Einheiten nicht Beteiligungen, die unmittelbar mit den Hauptfunktionen der Tochtergesellschaft wie Beschaffung, Produktion
"^ Vgl. die empirischen Forschungsergebnisse von Pugh/Hickson/Tumer (1969); Child/Mansfield (1972). Eine theoretische Begriindung liefert das Differenzierungs-ZIntegrationsparadigma. Dieses besagt, dass mit zunehmender UntemehmensgroBe die Ausdifferenzierung von organisatorischen Subeinheiten verbunden ist, dadurch ein erhohter Koordinationsbedarf entsteht, was den verstarkten Einsatz technokratischer Steuerungsmechanismen zur Koordination der Subeinheiten zur Folge hat. Vgl. dazu ausfuhrlich Welge (1987), S. 94ff. Vgl. auch BrunsAVaterhouse (1975); Merchant (1981). SHARMA kommt in seiner empirischen Erhebung unter 106 in Hotels beschaftigten Controllem zu dem Ergebnis, dass es einen positiven Effekt zwischen GroBe des Hotels und der Nutzung von Budgets zu Kommunikationszwecken gibt; vgl. Sharma (2002), S. lOlff. "'' Vgl. Brown/Richardson/Schwager (1987) und Goar (1991). Die GroBe des Untemehmens wurde dabei anhand der Marktkapitalisierung gemessen. "'Vgl. Bhushan (1989); O'Brien/Bhushan (1990); Brennan/Hughes (1991); Previts et al. (1994), S. 66. Vgl. zu weiteren Determinanten der „analyst coverage" Bhushan (1989) sowie Brickner et al. (1999).
97
98
Teil D: Determinanten der KontroUe von Beteiligungen
und Absatz befasst sind, sondem Teilkonzeme oder Zwischenholdings sind,^^^ die wiederum operative Kontrollfunktionen gegeniiber den rechtlich selbstandigen Grundeinheiten wahmehmen, so dass die Spitzeneinheit auf diese operativen Eingriffe verzichten kann. Zuriickgefiihrt werden kann dies auf die bei groBen Konzemen im Vergleich zu kleinen Konzemen geringeren, je Beteiligung zur Verfligung stehenden Aufmerksamkeitskapazitaten. Hieraus folgen hohere Wissensdefizite bei den Akteuren in der Spitzeneinheit iiber die operativen Gegebenheiten der Beteiligungen. In der Annahme, dass groBe Konzeme hierarchisch tiefer strukturiert sind und bereits auf Zwischenebenen ein Controlling existiert, ist davon auszugehen, dass die operative Eingriffstiefe der Konzemebene bei groBen Konzemen geringer ist als bei kleinen Konzemen. Diese Argumentation ftihrt zu der folgenden Hypothese: H15: Die GroBe des Konzems wirkt positiv auf die Fokussierung der operativen KontroUe.
3.
Vertrauenskultur
Neben dem Faktor KonzemgroBe soil als zweites Charakteristikum des Konzems die Kultur untersucht werden. Fragen der theoretischen Fundiemng, der Messung und der Bedeutung von Untemehmenskultur nehmen seit den 80er Jahren breiten Raum in der organisationstheoretischen"^ und praxisbezogenen'^* Literatur ein. Anlass fur die zunehmende Beschaftigung mit dem Phanomen der Untemehmenskultur waren empirische Arbeiten, die Leistungsdifferenzen zwischen Organisationen feststellten, obwohl die strukturellen Eigenschaften der untersuchten Organisationen weitgehend identisch waren."^ Daraus wurde die Schlussfolgerung gezogen, dass Modelle zur Abbildung von Organisationen unvollstandig sind, sofem der Aspekt der Untemehmenskultur
' Vgl. Bleicher (1991), S. 630; Schulte (1992), S. 25; Mellewigt (1995), S. 29; Mayer (1999), S. 23. ' Vgl. Jelinek/Smircich/Hirsch (1983); Hofstede (1986). ' Vgl. Deal/Kennedy (1982); Peters/Waterman (1982). * Zu nennen sind in diesem Zusammenhang insbesondere die Arbeiten von PASCALE/ATHOS sowie von OUCHI, die die Wettbewerbsvorteile von Untemehmen zum Zeitpunkt ihrer Untersuchung auf kulturelle Unterschiede zuriickfiihrten; vgl. Pascale/Athos (1981); Ouchi (1981).
Teil D: Determinanten der KontroUe von Beteiligungen
fehlt.'*^ Arbeiten neueren Datums belegen, dass Fragen der Untemehmenskultur nach wie vor von groBer Bedeutung sind.^*' Zwar besteht in der Literatur kein Konsens iiber eine Definition von Untemehmenskultur;^*- als zentrale Elemente werden allerdings meist geteilte Normen, Werte und daraus resultierende Verhaltensmuster genannt.^*^ Die wichtigsten Funktionen einer Untemehmenskultur werden in der Anpassung an die Untemehmensumwelt sowie im intemen Zusammenhalt gesehen.^*^ Insbesondere Vertrauen^*"* als eine Facette der Kultur spielt im Rahmen von Mehrakteurskonstellationen wie sie fur das Beteiligungscontrolling typisch sind, eine grofie Rolle.^** Umso erstaunlicher ist es daher, dass die Literatur zum Beteiligungscontrolling den Faktor Vertrauen - mit Ausnahme des konzeptionellen Beitrags von HlRSCH/SCHUMACHER^*^ - bislang weitgehend vemachlassigt hat. Der Zusammenhang zwischen dem Vertrauen des handelnden Akteurs und der wahrgenommenen Informationsqualitat ist vor allem in der Marketingforschung empirisch untersucht worden. MALTZ/KOHLI zeigen, dass das Vertrauen in den Informationslieferanten positiv mit der wahrgenommenen Qualitat der Informationen korreliert.^*** MELLINGER konnte dies in einer bereits in den 50er Jahren durchgeflihrten empiri-
'Vgl. OuchiAVilkens(1985). Vgl. stellvertretend Schein (1996); Tushmaii/O'Reilly (1996); Hofstede (1998) sowie jungst Ernst (2003) und WainwrightAVaring (2004), S. 338. Letztere argumentieren im Hinblick auf die Implementierung von Informationssystemen: „One sphere of study [...] that appears to have potential for further analysis involves culture." • Vgl. Dierkes (1988), S. 556f. Vgl. fiir einen Uberblick iiber Defmitionen der Untemehmenskultur Pflesser(1999), S. llff. ' Vgl. Schein (1984), S. 3; Kilman/Saxton/Serpa (1985), S. 5; Deshpande/Webster (1989), S. 4. ' Vgl. Schein (1984), S. 3; Pflesser (1999), S. 13. Die Bedeutung von Vertrauen wurde in unterschiedlichen Forschungsgebieten ausfiihrlich analysiert. Ihren Ursprung hat die Beschaftigung mit der Rolle von Vertrauen in der Sozialpsychologie (vgl. z.B. Deutsch (1960); Lindskold (1978)) und der Soziologie (vgl. z.B. Larzelere/Huston (1980); Lewis/Weigert (1985)). Wahrend in diesen Forschungsbereichen in erster Linie die Bedeutung von Vertrauen in zwischenmenschlichen Beziehungen analysiert wurde, wird seit einiger Zeit auch die Rolle von Vertrauen in Geschaftsbeziehungen zwischen Untemehmen analysiert; vgl. z.B. Anderson/Narus (1986); Dwyer/Schun-/Oh (1987); Diller/Kusterer (1988). ' Vgl. explizit in Bezug auf die Kontrolle die Ausfiihrungen bei Schaffer (2001a), S. 20Iff und die dort angegebene Literatur. SCHAFFER fuhrt komplementare und substitutive Beziehungsaspekte zwischen Kontrolle und Vertrauen an. ' Vgl. Hirsch/Schumacher (2004). ' Vgl. Maltz/Kohli (1996), S. 56.
99
J 00
Teil D: Determinanten der KontroUe von Beteiligungen
schen Studie feststellen.^^^ Danach nimmt ein Kommunikator, der dem Empfanger seiner Botschaft misstraut, diesen als potenziell bedrohlich wahr. Durch das - meist unbewusste - Einschlagen bestimmter angstreduzierender Verteidigungsstrategien gibt er seine Botschaft verzerrt wider. Die richtige Interpretation der Botschaft des Kommunikationspartners korreliert also mit dem Vertrauensgrad. Da die VerlassHchkeit eine Facette der Informationsqualitat ist, kann davon ausgegangen werden, dass eine Vertrauenskultur mit Vertrauen in den Informationslieferaten, also in der Regel den dezentralen Controller, verbunden ist und damit die notwendige Voraussetzung ftir eine verlassliche Informationslibermittelung schafft. Es ergibt sich folgende Hypothese: H|6: Eine Vertrauenskultur wirkt positiv auf die VerlassHchkeit der Informationen. Ein positiver Zusammenhang ist zudem zwischen der Vertrauenskultur und der Funktionsfahigkeit eines informellen Berichtswesens zu erwarten. Ausgangspunkt ist die Tatsache, dass Kommunikation von Akteuren ohne ein ausreichendes MaB an Vertrauen kaum vorstellbar ist. Akteure, die anderen nicht vertrauen, kommunizieren nicht offen, halten Daten zunick oder kommunizieren nicht prazise.^^ Kommunikation und Vertrauen bedingen sich gegenseitig.'^' Dies wurde auch von MULLERBOLING/RAMME in ihrer bereits zitierten Studie zum Kommunikationsverhalten von Fiihrungskraften bestatigt. Sie fanden heraus, dass Kommunikationspartner mit zunehmendem Vertrautheitsgrad von schriftlichen zu miindlichen Kommunikationsformen wechseln.'^^ Vertrauen fiihrt mithin zu einem subjektiven Geftihl hinreichender
' Vgl. Mellinger (1956), S. 304ff. * Siehe dazu das Zitat von Gibb (1964), S. 283: „A free flow of data is possible only with antecedent or concurrent reduction of distrust and fears. Defense mechanisms and organizational demands prevent functional processing of data beyond the trust limits." Vgl. in ahnlicher Argumentation dazu auch MeHinger (1956); McGregor (1967), S. 163f.; Zand (1972), S. 232 sowie Pearce (1974), S. 236fr. ' Vgl. Platzk6ster(1990), S. 39ff. • Miindliche Formen der Kommunikation wurden besonders zur Ideenfmdung, fiir Verhandlungen und zur Entscheidungsfmdung eingesetzt, also uberall dort, wo Einzelfalltatigkeiten in besonderer Weise personliche Kontakte zwischen den Kommunikationspartnem erfordem. Informelle Kontakte sind damit insgesamt vor allem bei komplexen Problemstellungen anzutreffen, die mit bekannten Partnem gelost werden, oder zwischen Personen, die ein bestimmtes Vertrauensverhaltnis zueinander besitzen.
Teil D: Determinanten der Kontrolle von Beteiligungen
101
Sicherheit aller Beteiligten, die informelle Informationsweitergabe kultiviert.^^^ Es steht zu erwarten, dass die Bereitschaft, gegebenenfalls auch kritische Dinge iiber das informelle Berichtswesen weiterzugeben, bei einer Vertrauenskultur aufgrund hinreichend ubereinstimmender „intemer Modelle" von zentralem und dezentralem Controlling steigt. ^^^ Es ergibt sich folgende Hypothese: H17: Eine Vertrauenskultur beeinflusst die Funktionsfahigkeit eines informellen Berichtswesens positiv. Ausgangspunkt fiir den Zusammenhang zwischen einer Vertrauenskultur und der Fokussierung der operativen Kontrolle ist die Tatsache, dass die okonomische Begriindung ftir die Rationalitat von Vertrauen unmittelbar an den Wissensdefiziten des Kontrollverantwortlichen ansetzt:^^^ Der Beteiligungscontroller verzichtet auf die Beschaffung von Informationen und setzt an ihre Stelle Annahmen iiber die Handlungen der lokalen Controller. Das objektiv nach wie vor bestehende Wissensdefizit wird so subjektiv durch Vertrauen kompensiert. Diese Argumentation baut unmittelbar auf Gedanken von LUHMANN auf: „Durch Vertrauen werden gewisse Entwicklungsmoglichkeiten von der Beriicksichtigung ausgeschlossen. Man neutralisiert einige Gefahren, die zwar nicht ausgeraumt werden konnen, die aber das Handeln nicht irritieren sollen. Der Vertrauende setzt sich willentlich iiber einen Mangel an Informationen hinweg und reduziert Komplexitat letztlich durch Zutrauen in zweckgerichtetes, wiinschbares Handeln und Entscheiden anderer."^^^ Er wird durch sein Vertrauen handlungsfahig, obwohl er mit der Komplexitat und Dynamik seiner Umwelt iiberfordert ist und zu-
'^^ Zahlreiche Studien belegen denn auch die Bedeutung von Vertrauen fiir die Kooperation von Akteuren. Vgl. bereits Deutsch (1962). Er argumentiert, dass „trust is the central prerequisite of cooperation". Denn: „Whenever individuals choose to cooperate, they essentially place their fate in the hands of others ... This is a basic act of trust". Ahnlich auch Loomis (1959), S. 314f und McGregor (1967), S. 163f ^'^^ Vgl. dazu auch die empirische Untersuchung von Klimoski/Karol (1976), S. 632. Danach steigt mit dem Grad des Vertrauens die Bereitschaft, auch unangenehme Informationen zu teilen. Vgl. zudem die Studie von Chow et al. (1999) zum kulturellen Einfluss informeller Kommunikationsprozesse. '''Vgl. Schaffer (2001a), S.201ff.; Schaffer/WeberAVillauer (2003), S. 47ff.; Hirsch/Schumacher (2004), S. 541 ff. ^'' Luhmann (1989), S. 13. Vgl. auch Whitener et al. (1998), S. 513ff., die auf das Delegationskalkiil von Managem bei vertrauensvollem Verhalten hinweisen. Vgl. ebenso die Erlauterungen bei Tomkins (2001), S. 165ff. im Kontext von Netzwerkstrukturen und Boersma/Buckley/Ghauri (2003) im Kontext intemationaler Joint Ventures.
102
Teil D: Determinanten der Kontrolle von Befeiligungen
kiinftige Kontingenzen nicht mit Gewissheit prognostizieren und bewerten kann. Trotz der fiir das Beteiligungscontrolling charakteristischen hohen Wissensdefizite ermoglicht Vertrauen so ein Handeln iiber die Grenzen der eigenen Fahigkeit hinaus, es wird zu einem funktionalen Aquivalent von Prognose und Bewertung.^^^ Somit bleibt festzuhalten, dass Fahigkeitsbeschrankungen der Zentrale es geraten erscheinen lassen konnen, Kontrolle durch Vertrauen in das Kontrollobjekt zu substituieren.^^* Das theoretische Kalkul fiir die Investition in Vertrauen lautet: Investiere, wenn der erwartete Lemwert, der durch die Substitution von Kontrolle durch Vertrauen eingespart wird, und andere erwartete Ertrage aus Vertrauen groBer sind als die Summe der Erwartungswerte aus entgangenen Lemertragen und den Kosten des Aufbaus von Vertrauen.^^ Die Investition in Vertrauen ist damit nicht ein anderer Ausdruck fur im Grunde der okonomischen Theorie fremde psychologische Tatbestande, sondem Ergebnis eines okonomischen Kalkiils.**^ Kontrolle und Vertrauen stellen dabei keine diskreten Altemativen, sondem die Eckpunkte eines Kontinuums dar. Die Festlegung des Kontroll- bzw. Vertrauensanteils ist eine Entscheidung dariiber, wie mit dem Risiko einer Ubertragung von Aufgaben an einen anderen Akteur umgegangen werden soil. Bei einem vollstandigen Verzicht von Kontrolle setzt sich der Vertrauensgeber dem gesamten Risiko eines Vertrauensbruchs aus. ZUNDORF interpretiert Vertrauen entsprechend als einseitigen Vertrauensvorschuss, der in der Erwartung einer unsicheren Gegenleistung erbracht wird.'**'' Dieser graduelle Verzicht auf Kontrollen der Muttergesellschaft bezieht sich in der Management-Holding idealtypisch auf die operative Kontrolle, um die motivatorische Kraft der gewahrten operativen Autonomic zu nutzen.^"-
' Vgl. Lewis/Weigert (1985), S. 969. ' Vgl. auch Boss (1978), S. 33Iff., der unter anderem zeigen konnte, dass vertrauensvoile Mitarbeiter in Betrieben andere Berufskollegen selten kontrollieren. PAUL unterstrich dies noch, indem er weitere positive Merkmale eines vertrauensvollen Mitarbeiters aufdeckte. So will er Belege gefunden haben, dass vertrauensvolle Mitarbeiter sich selbst stark fiir ihr Verhalten verantwortlich fiihlen (es internal erklaren) und selbst ein geringes Bediirftiis verspiiren, andere zu kontrollieren; vgl. Paul (1982),S.538ff ' Vgl. Schaffer (2001a), S. 202ff. 'Vgl.Albach(1980),S.2. ' Vgl.Zundorf(1986), S.40f " Ahnlich im Ergebnis auch Chami/Fullenkamp (2002), S. 1804f.: „When employees who work together trust each other, they [...] expend less effort monitoring each other."
Teil D: Determinanten der KontroUe von Beteiligungen
103
Es ergibt sich die folgende Hypothese: Hig: Eine Vertrauenskultur beeinflusst die Fokussierung der operativen Kontrolle positiv.
4.
Wettbewerbsintensitat
Der Einfluss der extemen Umwelt auf das Handeln von Akteuren im Untemehmen ist in der Literatur umfassend dokumentiert/'^' Eine der am intensivsten diskutierten Dimensionen der Umwelt ist deren wahrgenommene Unsicherheit/^ Da die Umwelt eines Untemehmens aus einer Vielzahl an politischen, rechtlichen und finanziellen Merkmalen besteht, erfolgt in der Literatur meist eine Eingrenzung auf besonders wichtige Dimensionen der Unsicherheit. In Anlehnung an bisherige Forschungsbeitrage der intemationalen Accounting-Forschung wird im Folgenden die Wettbewerbsintensitat als wesentliche Dimensionen der Unsicherheit betrachtet/"^ Sie bezieht sich auf die Anzahl der Wettbewerber und deren Produktangebot im relevanten Markt sowie die Haufigkeit ihrer Verhaltensanderungen/^ Eine hohe Wettbewerbsintensitat verursacht Unsicherheit, da die Muttergesellschaft das Verhalten der Wettbewerber der Tochtergesellschaft nur bedingt voraussagen kann und standig die Gefahr besteht, dass sich die „Wettbewerbsspielregeln" in der Branche der Tochtergesellschaftftindamentalandem. Die aus hoher Wettbewerbsintensitat resultierenden Wissensdefizite beeinflussen die Nachfrage extemer, nicht-finanzieller Informationen positiv: „Task uncertainty deriving from dynamic environments increases the amount of information that organizational decision makers must process to monitor the environmental changes and coordinate interdependent tasks between subunits in the organization.""*"^ Es steht daher zu
' Vgl. z.B. Ewusi-Mensah (1981), S. 31 Off.; Chenhall (2003), S. 137ff ' So z.B. CHENHALL in seinem Beitrag zum „contingency-based research": „Perhaps the most widely research aspect of the environment is uncertainty" (Chenhall (2003), S. 137). Vgl. jungst zum Einfluss der Unsicherheit auf das Scanning-Verhalten von Managem in kleineren Firmen McGee/Sawyerr (2003). ' Vgl. Jaworski/Kohli (1993), S. 55; Oczkowski/Farrell (1998), S. 355; Pflesser (1999), S. 77. ' Vgl. Mia/Clarke (1999), S. 137; Sharma (2002), S. 107. ' Andersen (2004), S. 2. Vgl. auch Chenhall/Morris (1986), S. 25 sowie Fisher (1996), S. 365f.
104
Teil D: Determinanten der KontroUe von Beteiligungen
erwarten, dass die Wettbewerbsintensitat die Informationsbreite strategischer Informationen im Berichtswesen positiv beeinflusst. weisen in ihrer empirischen Erhebung unter 68 Managem zudem nach, dass Unsicherheit nicht nur positiv auf die Nachfrage extemer, nicht-finanzieller Informationen, sondem auch auf die Berichtsfrequenz wirkt.'**'^ Genau dies vermogen Analysten mit der Bereitstellung standig aktualisierter Reports iiber Anderungen im Wettbewerbsumfeld und Stellungnahmen zu ergriffenen MaBnahmen zu leisten. CHENHALL/MORRIS
Damit ergeben sich folgende Hypothesen: H19: 1st die Tochtergesellschaft mit einer hohen Wettbewerbsintensitat konfrontiert, nimmt die Breite strategischer Informationen zu. H20: 1st die Tochtergesellschaft mit einer hohen Wettbewerbsintensitat konfrontiert, nimmt die Nutzung des Kapitalmarktes zu. Ankniipfiingspunkt des Zusammenhangs zwischen Wettbewerbsintensitat und dem Umfang der strategischen Kontrolle ist der in Abschnitt C2.2.1.3 bereits zitierte Beitrag von SCHREYOGG und STEINMANN. Danach geht die (von ihnen „feed-back"Kontrolle" genannte) Ergebniskontrolle davon aus, dass „die Steuerungsleistung im Wesentlichen von der Planung alleine erbracht werden kann und muss. [...] Diese Vorstellung impliziert, dass alle aus der Umwelt und dem System resultierenden bestandskritischen Probleme von der Planung aufgefangen und abgearbeitet werden konnen.''^^ Dies ist aber nur unter zwei Voraussetzungen moglich: Zum einen miissen die Umwelt und das Handlungssystem Untemehmung vollstandig beschreibbar sein. Da dies unmoglich erscheint, ist eine Selektion unvermeidbar. „PIanungen sind daher immer selektive (Konstruktions-) Akte zur Schaffung handhabbarer Entscheidungsfelder. Mit diesen Selektionsakten gehen notwendigerweise - und das ist an dieser Stelle von entscheidender Bedeutung - Ausblendungen einher.''^'" Die Umwelt und auch das Handlungssystem Tochtergesellschaft selbst werden daher zu
• Vgl. Chenhall/Morris (1986), S. 25. Zu einem ahnlichen Ergebnis vgl. auch Fisher (1996), S. 365f ' Schreyogg/Steinmann (1985), S. 394. ' Schreyogg/Steinmann (1985), S. 394f.
Teil D: Determinanten der Kontrolle von Beteiligungen
105
einer Quelle „potentieller Storungen, die fiir die Untemehmung existentielle Bedrohungen darstellen konnen''^". Zum anderen muss die Entwicklung der vollstandig erfassten (extemen und intemen) Umwelt entweder gut prognostizierbar oder von der Untemehmung beherrschbar sein. Eine gute Prognostizierbarkeit lasst sich in zwei Situationen voraussetzen: (a): Es gibt eine fortwahrende Wiederkehr des Gleichen. Die so als statisch gedachte Welt macht dann perfekte Vorhersagen moglich. (b): Die Welt ist zwar nicht statisch, in ihrer Veranderungsrichtung aber determiniert. Kausalgesetze ermoglichen dann perfekte Prognosen. Da aber dies kaum realisierbare Annahmen sind, kann neben eingeschrankter Beschreibbarkeit (Komplexitat) auch mangelnde Prognostizierbarkeit fur Untemehmen als (mehr oder weniger) konstitutiv betrachtet werden/'^ In dem MaBe wie die Wettbewerbsintensitat und damit die Komplexitat und Dynamik des Wettbewerbsumfelds zunehmen, stoBen auch Planung und traditionelle Ergebnis („feed-back")-Kontrolle an ihre Grenzen und bedurfen unter anderem einer erganzenden strategischen Kontrolle. Es ist plausibel anzunehmen, dass der Umfang der strategischen Kontrolle bei steigender Wettbewerbsintensitat zunimmt, um Anderungen im Wettbewerbsumfeld rechtzeitig erkennen und wirksame GegenmaBnahmen treffen zu konnen. Somit ergibt sich folgende Hypothese: H21: Ist die Tochtergesellschaft mit einer hohen Wettbewerbsintensitat konfrontiert, nimmt der Umfang der strategischen Kontrolle zu.
5.
Finanzielle Lage der Tochtergesellschaft
Als letzte Kontextvariable soil mit der fmanziellen Lage der Tochtergesellschaft ein Charakteristikum der Tochtergesellschaft untersucht werden, das im Rahmen der Diskussion um die Management-Holding oftmals im Hinblick auf die Einschrankung der operativen Autonomic der Tochtergesellschaften genannt wird. So stellt KELLER in seiner Dissertation zur Untemehmensfiihrung mit Holdingkonzepten heraus, dass ein unmittelbarer Fiihrungseinfluss der Holding auf das operative Geschaft einer Tochter
' " Schreyogg/Steinmann (1985), S. 394f. ^'^ Vgl. Ackoff(1983), S. 60 oder auch Schreyogg/Steinmann (1985), S. 394f.
106
Teil D: Determinanten der KontroUe von Beteiligungen
nur „in ausgewahlten Situationen, zeitlich begrenzt und gegebenenfalls unter Einbeziehung des operativen Managements'''*'^ sinnvoll ist. Zu den „ausgewahlten Situationen" gehoren neben hohen synergetischen Verflechtungen, die eine Koordination auch operativer Belange erforderlich machen, der Eintritt in neue „Konzemmarkte" und insbesondere bedeutende Ergebnisverschlechterungen sowie Krisensituationen mit Existenzgefahrdung der Tochter. Das operative Eingreifen durch die ubergeordnete Instanz erscheint in diesen Fallen sinnvoll, um weiteren Ergebnisverschlechterungen schnell entgegenwirken und Existenzgefahrdungen fur den Gesamtverbund verhindem zu konnen. Damit ergibt sich abschliefiend als Hypothese: H22: Je besser die fmanzielle Lage der Tochtergesellschaft ist, desto hoher ist die Fokussierung der operativen Kontrolle.
6.
Ubersicht fiber die Forschungshypothesen
Abbildung 6 zeigt das vollstandige Forschungsmodell zum Zusammenhang zwischen Determinanten und Gestaltung der Kontrolle im Oberblick. Die entsprechenden Hypothesen sind in Tabelle 2 zusammengefasst.
' Keller (1998), S. 107.
Teil D: Determinanten der Kontrolle von Beteiligungen
107
Informationsbreite
GroBe des Konzems
yi5V ^ v ^
Jjiejv^
/
Verlasslichkeit der Informationen
^s/ ^ ^ \
Vertrauenskultur Informelles Berichtswesen \Hl8 H ^
Wettbewerbsintensitat
/
\
^V \
/_J^20_^ ^^"--^--tlil^^ \.
\
x' \
Nutzung des Kapitalmarktes
Umfang der strategischen Kontrolle
Finanzielle Lage der Tochtergesellschaft
H22
N^ Fokussierung der operativen Kontrolle
Abbildung 6: Forschungsmodell zum Zusammenhang zwischen Determinanten und Gestaltung der Kontrolle
108
Teil D: Determinanten der KontroUe von Beteiligungen
Hypothesen zu den Charakteristika des Konzerns 13
Die GroBe des Konzerns beeinflusst die Funktionsfahigkeit eines informellen Berichtswesens negativ. 14 Die GroBe des Konzerns beeinflusst die Nutzung des Kapitalmarktes positiv. 15 Die GroBe des Konzerns wirkt positiv auf die Fokussierung der operativen Kontrolle. 16 Eine Vertrauenskultur wirkt positiv auf die Verlasslichkeit der Informationen. 17 Eine Vertrauenskultur beeinflusst die Funktionsfahigkeit eines informellen Berichtswesens positiv. 18 Eine Vertrauenskultur beeinflusst die Fokussierung der operativen Kontrolle positiv. Hypothesen zu dem Charakteristikum der externen Umwelt der Tochtergesellschaft 19 1st die Tochtergesellschaft mit einer hohen Wettbewerbsintensitat konfrontiert, nimmt die Breite strategischer Informationen zu. [ 20 1st die Tochtergesellschaft mit einer hohen Wettbewerbsintensitat konfrontiert, nimmt die Nutzung des Kapitalmarktes zu. I 21 1st die Tochtergesellschaft mit einer hohen Wettbewerbsintensitat konfi-ontiert, nimmt der Umfang der strategischen Kontrolle zu. Hypothesen zu dem internen Charakteristikum der Tochtergesellschaft 22 Je besser die finanzielle Lage der Tochtergesellschaft ist, desto hoher ist die Fokussierung der operativen Kontrolle. ^^^^^^ Tabelle 2: Hypothesen zum Zusammenhang zwischen Detennmanten und Gestaltung der KontroUe
Da die Uberpriifling der Forschungshypothesen durch eine groBzahlige empirische Erhebung erfolgt, wird das Forschungsmodell im nachsten Kapitel operationalisiert und damit messbar gemacht.
E
Operationalisierung des Forschungsmodells
1.
Grundlegende Aspekte der Operationalisierung
In der vorliegenden Arbeit werden zu einem groBen Teil Beziehungen zwischen komplexen Variablen untersucht, die sich einer direkten Messung entziehen. Die Messung dieser latenten Variablen (Konstrukte) kann nur indirekt iiber empirisch fassbare Indikatoren erfolgen, die mit den Konstrukten in einem formalen Zusammenhang stehen. Erster Schritt bei der Messung von Konstrukten ist ihre Konzeptualisierung, d.h. die Erfassung der relevanten Dimensionen eines Konstruktes. Im zweiten Schritt erfolgt die Operationalisierung des Konstruktes, bei der ein geeignetes Messinstrument entwickelt wird. Die Messung erfolgt iiber einen (einfaktorielles Konstrukt) oder mehrere erfassbare Indikatoren (mehrfaktorielles Konstrukt), die als Messungen des Konstruktes gesehen werden."*"* In der Literatur herrscht weitgehend Ubereinstimmung dahingehend, dass die Messung komplexer Konstrukte iiber mehrere Indikatoren erfolgen sollte/" Dieser Auffassung wurde mit Ausnahme des einfaktoriellen Konstruktes KonzemgroBe, das iiber die Anzahl der Mitarbeiter im Konzem anhand der Geschaftsberichte zum 31.12.2003 gemessen wurde, gefolgt.""^ Zur Uberpnifung der postulierten Zusammenhange wurde - soweit moglich - auf etablierte und getestete Messinstrumente zuriickgegriffen. Dies war jedoch nur bei 2 Konstrukten moglich.'*'' Von den insgesamt 19 Konstrukten, die der Erhebung zugrunde gelegt wurden, wurden 14 Konstrukte neu entwickelt; 3 wurden modifiziert um die Spezifika des Beteiligungscontrollings. Alle Variablen wurden auf Siebener-Skalen (von 1 „trifft gar nicht zu" bis 7 „trifft voll zu") gemessen.
'" Vgl. Homburg/Giering (1998), S. 115. '" Vgl. Churchill (1979), S. 66; Baumgartner/Homburg (1996), S. 144. "^'^ In der Organisationsforschung gilt die Mitarbeiteranzahl als weitgehend verzerrungsfreier und damit zugleich verlasslicher Messwert; vgl. beispielsweise Littkemann (2004a), S. 33. ^^'^ Vgl. dazu auch Littkemann (2004a), S. 41 im Rahmen seiner Wiirdigung verhaltensorientierter Ansatze vor dem Hintergrund der Organisation des Beteiligungscontrollings: „Es fehlen weitgehend allgemein guhige OperationalisierungsmaBe."
110
Teil E: Operationalisierung des Forschungsmodells
Auf der Basis der verwendeten Messinstrumente wurde ein Fragebogen entwickelt, um Beteiligungscontroller zu der Kontrollgestaltung zu befragen. Dieser Ansatz wurde gewahlt, da er von alien moglichen Vorgehensweisen"*'^ der effizienteste Weg ist, um Daten liber Wahmehmungen von einer groBen Zahl von Beteiligungscontrollem in verschiedenen Konzemen zu erhalten. Vor Beginn der Datenerhebung wurde der Fragebogen einem umfangreichen Pretest durch Kollegen aus dem akademischen Umfeld sowie Beteiligungscontroller aus nicht in der Grundgesamtheit enthaltenen Konzemen unterzogen. Der Fragebogen wurde in Bezug auf Verstandlichkeit, Vollstandigkeit und Neutralitat der Formulierungen sowie im Hinblick auf seinen Aufbau und seine Lange iiberpriift/" Die Durchflihrung des Pretests fiihrte zu Uberarbeitungen und Erganzungen von Erlauterungen im Fragebogen. AuBerdem wurde die Formulierung einzelner Indikatoren geandert. Ein Konstrukt wurde auf Anraten eines Beteiligungscontrollers neu aufgenommen. Die schlieBlich im Fragebogen verwendeten Messinstrumente werden im nachsten Kapitel im Einzelnen dargestellt.
2.
Operationalisierung der Gestaltungsparameter der Kontrolle
Informations breite Mit der Informationsbreite wird das AusmaB bezeichnet, in dem strategische Informationen im Konzemberichtswesen bereitgestellt werden. Das Konstrukt wird durch fiinf Indikatoren operationalisiert, die sich auf die Existenz und Giite der strategischen Informationen beziehen. Das Konstrukt ist vollstandig neu entwickelt worden.
' Vgl. zu moglichen Vorgehensweisen Bortz/Doring (2002), S. 53ff. Zu einer Diskussion der Vorund Nachteile der schriftlichen Befragung vgl. Herrmann/Homburg (1999), S. 27f. ' Vgl. Hunt/Sparkman/Wilcox (1982), S. 265fr.; Kinnear/Taylor (1991), S. 352ff.
TeilE: OperationalisierungdesForschungsmodells
111
Indikatoren des Konstruktes ^Informationsbreite^ Unser Reporting enthalt nicht-finanzielle Kennzahlen (z.B. Marktanteile, Kundenzufriedenheit etc.) als Erganzung zu finanziellen Daten. Das Berichtswesen enthalt KenngroBen, die die wesentlichen Erfolgstreiber der Tochtergesellschaft abbilden. Nicht-finanzielle Informationen geben ein umfassendes Hi Id der strategischen Positionierung der Tochtergesellschaft wider. Friihindikatoren (z.B. ein drastischer prognostizierter Auftragsriickgang aufgrund der Kundigung eines wichtigen Kunden) deuten auf mogliche Gefahrdungspotenziale hin. Unser Berichtswesen enthalt ausschlieBlich finanzielle GroBen. (R) (R): Reverse-Coded Item, d.h. umgekehrte Skala im Vergleich zu den anderen Indikatoren. Tabelle 3: Operationalisierung des Konstruktes „lnformationsbreite"
Verlasslichkeit der Informationen Das Konstrukt „Verlasslichkeit der Informationen" beschreibt, inwieweit die von der Tochtergesellschaft iibermittelten Informationen von der Muttergesellschaft als verlasslich wahrgenommen werden. Mogliche Einschrankungen der Verlasslichkeit konnen aus bewussten oder unbewussten Verzerrungen resultieren. Das Konstrukt wird durch sechs Indikatoren operationalisiert, die vollstandig neu entwickelt wurden. Indikatoren des Konstruktes ^Verlasslichkeit der Informationen'^ Die von der Tochtergesellschaft iibermittelten Informationen sind haufig von eigenen Interessen beeinflusst. (R) Das dezentrale Controlling fiihlt sich stets an Normen einer ehrlichen Berichterstattung gebunden. Die Informationen sind frei von subjektiven Meinungen und Einfliissen. Bewusst verzerrte Informationsubermittelung der Tochtergesellschaft an die Mutter kommt bei uns nie vor. Ich halte die vom dezentralen Controlling iibermittelten Informationen stets fiir glaubwurdig. Die Informationen bilden die tatsachlichen Verhaltnisse wirklichkeitsgetreu ab. (R): Reverse-Coded Item, d.h. umgekehrte Skala im Vergleich zu den anderen Indikatoren. Tabelle 4: Operationalisierung des Konstruktes „ Verlasslichkeit der Informationen "
Informelles Berichtswesen Das Konstrukt „InformelIes Berichtswesen" misst die Funktionsfahigkeit einer informellen Weitergabe von Informationen im Rahmen von personlichen Treffen und Telefonaten. Die fiinf Indikatoren zielen auf erhohte Aktualitat und Informationsbreite
112
Teil E: Operationalisierung des Forschungsmodells
durch Einbindung einer informellen Berichterstattung im Vergleich zum Konzemberichtswesen sowie die Einbettung des Beteiligungscontrollers in ein informelles Netzwerk im Konzem/^^ Das Konstrukt ist vollstandig neu entwickelt worden. Indikatoren des Konstruktes ..Informelles Berichtswesen"* Wichtige Dinge erfahre ich regelmafiig, bevor der formale Bericht eingeht. Uberraschungen im Berichtswesen kommen bei uns selten vor. Selbst wenn ich bedeutende Sachverhalte nicht iiber direkte Kommunikation mit der betreffenden Person mitbekomme, erfahre ich sie aus anderen Quellen im Konzem. Informationen entnehme ich ausschlieBHch dem Berichtswesen. (R) Informationen aus den Gesprachen mit meinen Kollegen sind meine primare Informationsquelle; das Berichtswesen hat nur eine Dokumentationsfunktion. (R) (R): Reverse-Coded Item, d.h. umgekehrte Skala im Vergleich zu den anderen Indikatoren. Tabelle 5: Operationalisierung des Konstruktes „ Informelles Berichtswesen "
Nutzung der Informationsfunktion des Kapitalmarktes Das Konstrukt „Nutzung der Informationsfunktion des Kapitalmarktes" beschreibt das AusmaB, in dem Kapitalmarktreports (^Research Reports") von Finanzanalysten als Informationsquelle genutzt werden. Die relevanten Informationen konnen sich auf Konkurrenten, Branchenentwicklungen sowie Starken und Schwachen der Tochtergesellschaft beziehen und fmanzieller oder nicht-finanzieller Art sein. Die neu entwickelte Skala besteht aus 10 Indikatoren.
' Bisherige empirische Untersuchungen fokussierten auf die Haufigkeit der Kommunikation zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft; vgl. Ghoshal/Korine/Szulanski (1994).
Teil E: Operationalisierung des ForschungsmodeUs
113
Indikatoren des Konstruktes „Nutzung der Informationsfunktlon des Kapitalmarktes'^ Wir nutzen Berichte von Finanzanalysten („Research Reports"), um uns iiber fmanzielle Informationen von Konkurrenten zu informieren. Uber finanzielle Informationen in Research Reports infonnieren wir uns iiber die aktuellen Branchenentwicklungen, in denen die Tochtergesellschaft tatig ist. Uber die in Research Reports enthahenen finanziellen Informationen informieren wir uns iiber Starken und Schwachen der Tochtergesellschaft relativ zu den Konkurrenten. Wir nutzen die in Research Reports enthahenen finanziellen Informationen nicht fiir interne Zwecke. (R) Wir nutzen die in Research Reports enthahenen finanziellen Informationen als Erganzung zu den intern generierten Informationen. Wir nutzen Berichte von Finanzanalysten („Research Reports"), um uns uber nicht-finanzielle Informationen von Konkurrenten zu informieren. Uber nicht-finanzielle Informationen in Research Reports informieren wir uns iiber die aktuellen Branchenentwicklungen, in denen die Tochtergesellschaft tatig ist. Uber die in Research Reports enthahenen nicht-finanziellen Informationen informieren wir uns iiber Starken und Schwachen der Tochtergesellschaft relativ zu den Konkurrenten. Wir nutzen die in Research Reports enthahenen nicht-finanziellen Informationen nicht flir interne Zwecke. (R) Wir nutzen die in Research Reports enthahenen nicht-finanziellen Informationen als Erganzung zu den intern generierten Informationen. ^ Tabelle 6: Operationalisierung des Konstruktes „Nutzung der Informationsfunktlon des Kapitalmarktes "
Nutzung der KontroUfunktion des Kapitalmarktes Die ^Nutzung der KontroUfunktion des Kapitalmarktes" wird sowohl anhand der antizipativen Kontrollwirkung durch Fokussierung auf die vom Kapitalmarkt in besonderem MaBe kontrollierten Positionen als auch anhand der Lemfunktion gemessen, die aus dem Studium von Kapitalmarktreports sowie Gesprachen mit Finanzanalysten resultiert. Die Nutzung der KontroUfunktion des Kapitalmarktes kann sich auf die operative und strategische Kontrolle beziehen. Die Skala besteht aus zehn neu entwickelten Indikatoren.
114
Teil E: Operationalisierung des Forschungsmodells
Indikatoren des Konstruktes ,,Nutzung der Kontrollfunktion des Kapitalmarktes^' Im Rahmen der operativen Kontrolle beriicksichtigen wir die Berichte (,Jlesearch Reports") der Analysten des Aktienmarktes zur Ausrichtung der Tochtergesellschaft. Wir fokussieren im Rahmen der operativen Kontrolle auf die Positionen, die der Kontrolle durch Finanzanalysten in besonderem Mafie unterliegen. Wir beriicksichtigen von den Analysten des Aktienmarktes geforderte KorrekturmaBnahmen bei der Tochtergesellschaft im Rahmen der operativen Kontrolle. Im Rahmen der operativen Kontrolle sind uns mogliche Sanktionen der Finanzanalysten gleichgiiltig- (R) ^ _ _ _ Wir nutzen die Inhalte von Gesprachen des Konzems mit Finanzanalysten des Aktienmarktes bei der operativen Kontrolle, um MaBnahmen fiir unsere Tochtergesellschaft zu diskutieren. Im Rahmen der strategischen Kontrolle beriicksichtigen wir die Berichte (,Jlesearch Reports") der Analysten des Aktienmarktes zur Ausrichtung der Tochtergesellschaft. Wir fokussieren im Rahmen der strategischen Kontrolle auf die Positionen, die der Kontrolle durch Finanzanalysten in besonderem MaBe unterliegen. Wir beriicksichtigen von den Analysten des Aktienmarktes geforderte KorrekturmaBnahmen bei der Tochtergesellschaft im Rahmen der strategischen Kontrolle. Im Rahmen der strategischen Kontrolle sind uns mogliche Sanktionen der Finanzanalysten gleichgiiltig. (R) Wir nutzen die Inhalte von Gesprachen des Konzems mit Finanzanalysten des Aktienmarktes bei der strategischen Kontrolle, um MaBnahmen fur unsere Tochtergesellschaft zu diskutieren. (R): Reverse-Coded Item, d.h. umgekehrte Skala im Vergleich zu den anderen Indikatoren. Tabelle 7: Operationalisiei-ung des Konstruktes „Nutzung der Kontrollfunktion des Kapitalmarktes "
PrdmissenkontroUe Die Skala „Praniissenkontrolle'' beschreibt das AusmaB, mit dem die Pramissen der Tochtergesellschaft kontrolliert werden. Die Kontrolle kann sich auf die Validitat, also die Realisierbarkeit der Strategien bei den bestehenden Pramissen, auf die Richtigkeit der Pramissen sowie auf die horizontale und vertikale Konsistenz der Pramissen untereinander beziehen. Die Skala besteht aus fiinf Indikatoren, die vollstandig neu entwickelt wurden.
Teil E: Operationalisierung des Forschungswodells
115
Indikatoren des Konstruktes ^Pramissenkontrolle'^ Wir uberpriifen, ob die formulierte Strategic der Tochtergesellschaft vor dem Hintergrund intemer und extemer Veranderungen weiterhin begriindet ist. Wir kontrollieren die im Rahmen der strategischen Planung gesetzten Pramissen auf ihre Giiltigkeit bei der derzeitigen und der zu erwartenden intemen Ressourcensituation. Wir kontrollieren die im Rahmen der strategischen Planung gesetzten Pramissen auf ihre Giiltigkeit in Bezug auf exteme Chancen und Risiken. Wir vergleichen die Pramissen der Tochtergesellschaft mit denen anderer vergleichbarer Tochtergesellschaften. Wir iiberpriifen die Pramissen der Tochtergesellschaft auf Konsistenz mit den Vorgaben des Konzems. Tabelle 8: Operationalisierung des Konstiuktes „Prdmissenkontrolle"
Strategische DurchfiihrungskonfroIIe Die „Strategische Durchfuhrungskontrolle" validiert die Umsetzung strategischer MaBnahmen bei der Tochtergesellschaft. Sie setzt sich aus der Planfortschritts- und der Planergebniskontrolle zusammen. Die fiinf Indikatoren der Skala wurden vollstandig neu entwickelt. Indikatoren des Konstruktes „Strategi$che Durchfiihrungskontrolle'' Wir iiberpriifen regelmafiig die Durchfuhrung strategischer MaBnahmen bei der Tochtergesellschaft. Wir iiberpriifen, ob die eingeschlagene Richtung der Strategierealisierung der Tochtergesellschaft im Hinblick auf das langfristige strategische Ziel akzeptabel ist. Die Kontrolle strategischer MaBnahmen ist bei uns Sache der Tochtergesellschaft. (R ) Wir iiberpriifen bereits ergriffene MaBnahmen darauf, ob die eingeschlagene Richtung mit Blick auf das strategische Ziel geeignet ist. Bei uns spielt die Kontrolle von strategischen MaBnahmen nur eine untergeordnete Rolle. (R) (R): Reverse-Coded Item, d.h. umgekehrte Skala im Vergleich zu den anderen Indikatoren. Tabelle 9: Operationalisierung des Konstruktes ,,Strategische Durchfiihrungskontrolle"
Strategische Ubenvachung Die Skala „Strategische Uberwachung'' beschreibt das AusmaB, mit dem das Umfeld der Tochtergesellschaft ungerichtet abgesucht wird, um zukiinftig relevante Risiken und Gefahren sowie Chancen und Potenziale fruhzeitig zu erkennen. Die Skala besteht aus fiinf neu entwickelten Indikatoren.
116
Teil E: Operationalisiening des Forschungsmodells
Indikatoren des Konstruktes „Strategische Ubenvachung" Wir untersuchen das Umfeld der Tochtergesellschaft ungerichtet, um Risiken und Chancen aufzuspiiren. Wir versuchen regelmaBig, schwache Signale zu identifizieren, die uns Anhaltspunkte fiir mogliche Risiken und Chancen geben. Wir untersuchen regelmaBig die exteme und interne Umwelt auf Ereignisse, die eine mogliche Bedrohung auf die strategische Ausrichtung bedeuten konnen. Im Rahmen unserer Tatigkeit analysieren wir die Umweh unserer Tochtergesellschaft auf mogliche Chancen und Risiken. Wir spielen regelmaBig verschiedene Szenarien durch, um auf Krisensituationen vorbereitet zu sein. Tabelle 10: Operationalisierung des Konstruktes „Strategische Oberwachung"
Tiefe der strategischen Kontrolle - Analysen Die Skala „Tiefe der strategischen Kontrolle - Analysen" beschreibt, inwieweit Abweichungsursachen griindlich, intensiv und detailliert untersucht werden. Ihre Messung erfolgt in Anlehnung an eine von SCHAFFERAVILLAUER'^' entwickelte Skala durch fiinf Indikatoren. Indikatoren des Konstruktes „Tiefe der strategischen Kontrolle - Analysen" Im Rahmen der strategischen Kontrolle werden verschiedene Abweichungsursachen/Altemativen griindlich untersucht. Im Rahmen der strategischen Kontrolle gehen wir in die Tiefe. Die an der strategischen Kontrolle Beteiligten setzen sich intensiv mit den relevanten Sachverhalten auseinander. Die strategische Kontrolle ist bei uns ein intensiver und aufwendiger Prozess. Die an der strategischen Kontrolle Beteiligten investieren viel Zeit, um die Abweichungen zu interpretieren. Tabelle 11: Operationalisierung des Konstruktes „ Tiefe der strategischen Kontrolle - Analysen "
Tiefe der strategischen Kontrolle - Mafinahmen Die Skala „Tiefe der strategischen Kontrolle - MaBnahmen" beschreibt, inwieweit GegensteuermaBnahmen griindlich und intensiv untersucht werden. Die Operationali-
Vgl. Schaffer/Willauer (2002), S. 91.
Teil E: Operationalisierung des ForschungsmodeUs
sierung erfolgt durch funf Indikatoren, die auf der Skala von basieren.
117 SCHAFFERAVILLAUER'-^
Indikatoren des Konstruktes „Tiefe der strategischen Kontrolie - MaBnahmen"^ Bei hohen Abweichungen im Rahmen der strategischen Kontrolie werden beim Erarbeiten von GegensteuermaBnahmen verschiedene Altemativen/Moglichkeiten griindlich untersucht. Das Erarbeiten von Korrekturvorschlagen bei hohen Abweichungen im Rahmen der strategischen Kontrolie ist bei uns ein sehr intensiver und aufwendiger Prozess. Die an der Erarbeitung von GegensteuermaBnahmen Beteiligten setzen sich intensiv mit den relevanten Sachverhalten auseinander. Korrekturmafinahmen werden von uns detailliert ausgearbeitet. Bei hohen Abweichungen im Rahmen der strategischen Kontrolie investiert das zentrale Controlling viel Zeit, um GegensteuermaBnahmen zu erarbeiten. Tabelle 12: Operationalisierung des Konstruktes „ Tiefe der strategischen Kontrolie - Mafinahmen "
Fokussierung der operativen Kontrolie - Analysen Die Skala „Fokussierung der operativen Kontrolie - Analysen" erfasst das AusmaB, in dem eine Fokussierung der operativen Kontrolie von der Muttergesellschaft vorgenommen wird. Die Fokussierung kann durch eine Beschrankung auf besonders hohe Abweichungen oder bestimmte Kontrollobjekte - hier bedeutende aggregierte GroBen - erfolgen. Die Skala besteht aus funf Indikatoren, die vollstandig neu entwickelt wurden.
- Vgl. nochmals Schaffer/Willauer (2002), S. 91.
118
Teil E: Operationalisierung des Forschungsmodells
Indikatoren des Konstruktes „Fokussierung der operativen KontroUe - Analysen^^ Lediglich bei signifikanten Planabweichungen im Rahmen der operativen KontroIIe flihrt das zentrale Controlling eine Abweichungsanalyse durch. Bei der operativen KontroIIe untersuchen wir alles detailliert. (R) Im Rahmen der operativen KontroIIe stellen wir sicher, dass die Kontrollintensitat iiberall gleich hoch ist. (R) Bei der operativen KontroIIe konzentrieren wir uns auf die KontroIIe weniger aggregierter GroBen. Wir gehen bei der operativen KontroIIe stets in die Tiefe, indem wir auch geringe Abweichungen analysieren. (R) (R): Reverse-Coded Item, d.h. umgekehrte Skala im Vergleich zu den anderen Indikatoren. labelle 13: Operationalisierung des Konstruktes „Fokussierung der operativen KontroUe - Analysen "
Fokussiening der operativen KontroUe - Mafinahmen Die Skala „Fokussiening der operativen KontroIIe - Mafinahmen" erfasst das Ausmafi, in dem die Entwicklung operativer Gegensteuermafinahmen vom Auftreten besonders hoher Abweichungen abhangig gemacht wird. Ihre Messung erfolgt durch vier Indikatoren. Die Skala wurde vollstandig neu entwickelt. Indikatoren des Konstruktes „Fokussierung der operativen KontroIIe - Mafinahmen^ Das Erarbeiten von KorrekturmaBnahmen bei Abweichungen im Rahmen der operativen KontroIIe obliegt stets dem zentralen Controlling. (R) ^ Lediglich bei bedeutenden Abweichungen im Rahmen der operativen KontroIIe greift das zentrale Controlling beim Erarbeiten von KorrekturmaBnahmen ein. Selbst bei bedeutenden Abweichungen im Rahmen der operativen KontroIIe initiiert das zentrale Controlling keine GegensteuermaBnahmen. Die Verantwortung fiir KorrekturmaBnahmen liegt stets beim dezentralen Controlling. (R): Reverse-Coded Item, d.h. umgekehrte Skala im Vergleich zu den anderen Indikatoren. Tabelle 14: Operationalisierung des Konstruktes „Fokussierung der operativen KontroUe - Mafinahmen "
Anreizkompatihilitat der Incentivierung Die Skala „Anreizkompatibilitat der Incentivierung'' beschreibt das Ausmafi, in dem die Gestaltung der variablen Vergutung des dezentralen Managements der Anforderung der Zielgrofieneignung geniigt. Dabei wird auf die Kongruenz von der zentralen Kontrollgrofie des Konzems und der Bemessungsgrundlage der variablen Vergiitung
Teil E: Operationalisierung des Forschungsmodells
abgestellt. Die Operationalisierung erfolgt anhand von vier neu entwickelten Indikatoren. Indikatoren des Konstruktes „Anreizkompatibilitat der Incentivierung^ Die Zielvorgabe an die Tochtergesellschaft (z.B. EVA) und die BezugsgroBe der variablen Vergutung des Managements der Tochtergesellschaft sind identisch. Das variable Gehalt des Managements der Tochtergesellschaft ist in hohem MaBe vom Zielerreichungsgrad der Tochtergesellschaft abhangig. Der Zielerreichungsgrad der Tochtergesellschaft und die BezugsgroBe der variablen Entlohnung des dezentralen Managements sind bei uns entkoppelt. (R) Das variable Gehalt des Managements der Tochtergesellschaft richtet sich nicht nach dem Zielerreichungsgrad der Ziele an die Tochtergesellschaft, sondem ist von anderen GroBen abhangig. (R) (R): Reverse-Coded Item, d.h. umgekehrte Skala im Vergleich zu den anderen Indikatoren. Tahelle 15: Operationalisierung des Konstruktes „Anreizkompatibilitdt der Jncentivierung"
3.
Operationalisierung des Erfolgs der KontroUe
Effektivitdt der operativen KontroUe Die „Effektivitat der operativen KontroUe" misst den Zielerreichungsgrad der operativen KontroUe, die Geschwindigkeit des Erkennens von Abweichungen sowie auf die Giite der getroffenen KorrekturmaBnahmen. Die Skala wurde vollstandig neu entwickelt. Indikatoren des Konstruktes „Effektivitat der operativen KontroUe'' Die der Tochtergesellschaft vorgegebenen operativen Ziele (z.B. Rendite von x%) werden stets erreicht. Im Rahmen der laufenden KontroUe erkennen wir friih Abweichungen vom Soll-Wert. Bei signifikanten Abweichungen werden wirksame KorrekturmaBnahmen getroffen. Die Tochtergesellschaft verfehlt immer die gesetzten Ziele. (R) (R): Reverse-Coded Item, d.h. umgekehrte Skala im Vergleich zu den anderen Indikatoren. Tabelle 16: Operationalisierung des Konstruktes „ Effektivitdt der operativen KontroUe''
119
J20
Teil E: Operationalisierung des Forschungsmodells
Effektivitdt der strategischen Kontrolle Die „Effektivitat der strategischen Kontrolle" misst den Zielerreichungsgrad der strategischen Kontrolle. Mit Ausnahme des ersten Items, das den Zielerreichungsgrad der ,/eed-back"-orientierten strategischen Durchfiihrungskontrolle abbildet, zielen die iibrigen fiinf „feed-forward"-orientierten Indikatoren auf die Giite und Geschwindigkeit der Anpassung an neue Marktbedingungen sowie die Giite der Beriicksichtigung derselben in der Planung. Die Skala ist vollstandig neu entwickelt worden. Indikatoren des Konstruktes ^Effektivitat der strategischen Kontrolle'' Die der Tochtergesellschaft gesetzten strategischen Ziele (z.B. Erreichung eines Marktanteils von x%) werden stets erreicht. Abweichungen von der strategischen Planung erkennen wir friihzeitig. Bei Veranderungen im Markt, Wettbewerb und allgemeinem Umfeld passt sich die Tochtergesellschaft schnell den neuen Bedingungen an. Neuen Marktbedingungen passt sich die Tochtergesellschaft gut an. Die strategische Planung berticksichtigt die neuen Markt- und Umfeldbedingungen gut. Risiken und Chancen der Tochtergesellschaft werden bei der Planung berticksichtigt. Tabelle J 7: Operationalisierung des Konstruktes „ Effektivitdt der strategischen Kontrolle "
Effizienz der Kontrolle Die „Effizienz der Kontrolle" misst, ob die Kontrolle mit einem moglichst geringen Einsatz von Ressourcen durchgefiihrt wird. Das Konstrukt ist vollstandig neu entwickelt worden. Indikatoren des Konstruktes „EfTizienz der Kontrolle'' Im Rahmen der Kontrollprozesse wird bei uns Doppelarbeit vermieden. Im Rahmen der Kontrolle werden diejenigen Abteilungen eingesetzt, die die Aufgaben am besten losen konnen. Ressourcen werden bei uns im Kontrollprozess gut eingesetzt. Unsere Kontrolle der Beteiligungen ist zu aufwendig und teuer. (R) Die Kontrolle der Tochtergesellschaft ist bei uns kosteneffizient. (R): Reverse-Coded Item, d.h. umgekehrte Skala im Vergleich zu den anderen Indikatoren. Tabelle 18: Operationalisierung des Konstruktes „Effizienz der Kontrolle"
Teil E: Operationalisierung des Forschungsmodells
4.
121
Operationalisierung der Determinanten
Wettbewerbsintensitat Die Wettbewerbsintensitat umfasst das AusmaB konkurrierender Angebote und Handlungen von Wettbewerbem im relevanten Markt. Sie wird in Anlehnung an FARRELL durch vier Indikatoren gemessen.^-^ Die Indikatoren beziehen sich auf die Starke und das Verhalten der Wettbewerber sowie auf die Intensitat des Preiswettbewerbs. Indikatoren des Konstruktes ^Wettbewerbsintensitat" Die Wettbewerber der Tochtergesellschaft sind relativ schwach. (R) Der Wettbewerb in der Branche, in der die Tochter tatig ist, ist sehr stark. Man hort fast jeden Tag, dass die Wettbewerber ihr Verhalten am Markt geandert haben. Die Branche der Tochtergesellschaft ist durch einen starken Preiswettbewerb gekennzeichnet. (R): Reverse-Coded Item, d.h. umgekehrte Skala im Vergleich zu den anderen Indikatoren. Tabelle 19: Operationalisierung des Konstruktes „ Wettbewerbsintensitat"
Vertrauenskultur Die Operationalisierung des Konstruktes „Vertrauenskultur" erfolgt durch drei Indikatoren auf Basis der Skala von REYNOLDS'*-\ Vertrauenskultur wird hier verstanden als „general expectancy held by an individual that the word of another can be relied''^'-. Indikatoren des Konstruktes ..Vertrauenskultur'' Vertrauen wird in unserem Konzem groB geschrieben. Die Zusammenarbeit in unserem Konzem ist von gegenseitigem Vertrauen gepragt. Vorsicht und gegenseitiges Misstrauen sind bei uns weit verbreitet. (R) (R): Reverse-Coded Item, d.h. umgekehrte Skala im Vergleich zu den anderen Indikatoren. Tabelle 20: Operationalisierung des Konstruktes „ Vertrauenskultur"
'-^ Vgl. Farrell (2000), S. 223 sowie Oczkowski/Farrell (1998), S. 355. Ein Indikator, der die Imitierbarkeit der Produkte und Dienstleistungen der Wettbewerber misst, wurde aufgrund von Missverstandnissen bei den Pre-Tests aus der Erhebung ausgeschlossen. '-' Vgl. Reynolds (1986), S. 336. '-- Rotter (1967), S. 651.
122
Teil E: Operationalisierung des Forschungsmodells
Finanzielle Lage der Tochtergesellschaft Die „finanzielle Lage der Tochtergesellschaft" wird durch drei Indikatoren operationalisiert, die die finanzielle Lage mittels Vergleiche zu anderen Tochtergesellschaften, zum Konzem sowie zu Untemehmen derselben Branche, die nicht zum Konzem gehoren, misst. Die Skala ist vollstandig neu entwickelt worden. Indikatoren des Konstruktes ^Finanzielle Lage der Tochtergesellschaft^^ Wie beurteilen Sie das finanzielle Ergebnis der Tochtergesellschaft im Vergleich? - Tochtergesellschaft im Vergleich zum Konzem - Tochtergesellschaft im Vergleich zu anderen Tochtergesellschaften - Tochtergesellschaft im Vergleich zu Untemehmen derselben Branche, die nicht zum Konzem gehoren Tabelle 21: Operationalisierung des Konstruktes „Finanzielle Lage der Tochtergesellschaft"
F
Methodische Konzeption der Untersuchung
1.
Datenerhebung und Datengrundlage
1.1
Datenerhebung
Grundlage der Untersuchung sind alle deutschen borsennotierten ManagementHoldings, die im September 2003 im Prime-Standard der Deutschen Borse gelistet waren. Hierfiir waren im Wesentlichen zwei Griinde ausschlaggebend. Zum einen kann davon ausgegangen werden, dass im Prime Standard gelistete Untemehmen iiber ein institutionalisiertes Beteiligungscontrolling verfligen. Dies ist in bisherigen Untersuchungen bestatigt worden/-^ Zum anderen stehen die im Prime Standard gelisteten Untemehmen im Mittelpunkt des Kapitalmarktinteresses. Dies ist im Hinblick auf die im Rahmen der Studie untersuchte Nutzung des Kapitalmarktes bedeutsam. Die Identifikation der Management-Holdings erfolgte iiber ein Studium der Geschaftsberichte^-^ und im Vorfeld gefiihrte Gesprache mit den Investor-Relations-Abteilungen. Kriterien fur das Vorliegen einer Management-Holding waren die schwerpunktmafiige Ubemahme strategischer Aufgaben seitens der Holding bei weitgehender Autonomic der Tochtergesellschaften ftir operative Fragestellungen sowie die rechtliche Selbstandigkeit der Tochtergesellschaften bzw. Teilkonzeme."-" In einem nachsten Schritt wurden die Leiter der Beteiligungscontrolling-Abteilungen der identifizierten Management-Holdings telefonisch kontaktiert und mit dem Forschungsprojekt vertraut gemacht. Als Anreiz fur die Teilnahme an der Befragung wurde den Konzemen im Falle einer Beteiligung an der Untersuchung ein individueller
' Vgl. stellvertretend die Erhebungen zum Beteiligungscontrolling von Pellens/Rockholtz/Stienemann (1997) und Pellens/Tomaszewski/Weber (2000) von DAX 100-Konzemen. Synonyme fur ,JVlanagement-Holding" in den Geschaftsberichten waren dabei auch „Fuhrungsholding", „Konzemleitende Holding" oder „Strategie-Holding". Vgl. zu einem ahnlichen Vorgehen auch Buhner (1996), S. 10. ' Vgl. stellvertretend Buhner (1992), S. 35fr.
Teil F: Methodische Konzeption der Vntersuchung
124
Benchmarking-Bericht in Aussicht gestellt. Der Fragebogen wurde Mitte Oktober 2003 an insgesamt 51 Konzeme verschickt. 1.2
Datengrundlage
Nach Versand von Anschreiben und Fragebogen antworteten bis Ende Dezember 2003 24 Konzeme. Eine NachfaBaktion mit nochmaliger telefonischer Anfrage und Versand der Fragebogen an alle Konzeme, die bis dahin nicht geantwortet batten, erbrachte in der Zeit von Januar bis Ende Marz 2004 weitere 13 Fragebogen. Insgesamt verblieben somit 37 Fragebogen zur Auswertung, was einer Riicklaufquote von etwa 72,6% entspricht (vgl. Tabelle 22). Eine Analyse der Absagegrunde bei den verbleibenden 27,4% hat ergeben, dass die Ausfalle nicht systematischer Natur, sondem zufallig zustande gekommen sind. Insofem entspricht die Stichprobe in hohem MaBe der Gesamtpopulation, so dass von weitgehend unverzerrten Ergebnissen ausgegangen werden kann."*-^ Die hohe Riicklaufquote ist insbesondere auf die telefonische Kontaktaufnahme der Konzeme im Vorfeld der Untersuchung und personliche Referenzen des Lehrstuhls zuriickzufiihren. Zur Erhohung der Homogenitat der Datenbasis beziehen sich die Fragen auf die Kontrolle von Mehrheitsbeteiligungen in der sogenannten „Beteiligungsphase".""^ Konzernklassen (nach Borsenindex) Grundgesamtheit
Summe
DAX
MDAX
TecDAX
SDAX
14
18
5^^'
14
51
Riicklauf (abs.)
12
13
2
10
37
Rucklauf(%)
85,7%
72,2%
40,0%
71,4%
72,6%
Tabelle 22: LJbersicht iiber die Stichprobe der Vntersuchung
Zusatzlich wurden Tests auf Non-Response-Bias durchgefuhrt, um zu iiberprlifen, ob bei der vorliegenden Befragung infolge von Nichtbeteiligungen Verzemingen aufge-
^-^ Vgl. Bortz/Doring (2002), S. 400ff. sowie die Argumentation bei Speckbacher/Bischof/Pfeiffer (2003), S. 368f ''" Vgl. zum Lebenszyklus von Beteiligungen Dieckhaus (1993), S. 165ff.; Kruger (1996), S. 74. ^^^ Es wurden 6 Konzeme im TecDAX identifiziert; ein Konzem gab jedoch an, iiber kein Beteiligungscontrolling oder eine vergleichbare Abteilung zu verfiigen.
Teil F: Methodische Konzeption der Untersuchung
treten waren. Anhand eines spezifischen t-Tests wurde untersucht, ob sich die Unternehmen sowie die Befragten und deren Antwortverhalten aus der Stichprobe von sogenannten Non-Respondents („Nichtteilnehmem'') unterscheiden. Dazu wurde die Stichprobe zunachst anhand des Riicklaufdatums in drei gleich grofie Gruppen aufgespahen. AnschlieBend wurden die Antworten der Beteiligungscontroller des ersten Drittels (Friihantworter) mit den Antworten derer im letzten Drittel (Spatantworter) verglichen, indem die 20 in der Untersuchung verwendeten Variablen mittels eines tTests auf Mittelwertunterschiede getestet wurden. Dieser Vorgehensweise liegt die Annahme zugrunde, dass spat eintreffende Antworten dem Antwortverhahen von Nichtteilnehmem am ahnlichsten sind."^^^ Jedoch ergaben sich nur in 2 Fallen signifikante Unterschiede, so dass davon ausgegangen werden kann, dass kein nennenswerter Non-Response-Bias vorliegt. Die erhobenen Daten werden im Folgenden herangezogen, um die in der Arbeit aufgestellten Hypothesen zu uberpriifen/" Dabei sind einige Qualitatsrisiken des Datensatzes zu beachten, die die Validitat der gewonnenen Aussagen beeintrachtigen konnen: • Es wurde je Konzem nur ein Akteur (ein Beteiligungscontroller) befragt. Die Erhebung von unabhangigen und abhangigen Variablen bei einer Person kann zu einer Beeinflussung der Varianz der gemessenen Konstrukte flihren, die sich nicht auf das Konstrukt an sich, sondem auf die Untersuchungsmethode zuriickfuhren lasst (sogenannte „Common Method Variance" oder sogenannter ^Common Method Bias"). Das Konsistenzstreben der Befragten sowie die soziale Erwiinschtheit bestimmter Antworten konnen dazu flihren, dass tatsachliche Beziehungen zwischen abhangigen und unabhangigen Variablen falsch eingeschatzt werden.^^'* Das Vorliegen des Common Method Bias kann fur die vorliegende Untersuchung nicht ausgeschlossen werden. Allerdings wurde versucht, die Gefahr des Common Me-
• Vgi. Armstrong/Overton (1977), S. 397. ' Die Auswertung erfolgte dabei mit den Softwarepaketen SPSS (Version 11.5) und LISREL (Version 8.5.2) sowie mit individuellen Berechnungen. ' Vgi. dazu BagozziA'i (1991), S. 426: „Method variance refers to variance that is attributable to the measurement method rather than to the construct of interest. The term method refers to the form of measurement at different levels of abstraction, such as the content of specific items, scale type, response format, and the general context [...]. At a more abstract level, method effects might be interpreted in terms of response biases such as halo effects, social desirability, acquiescence, leniency effects, or yea- and nay-saying." Vgi. zu einer ausfuhrlichen Diskussion der Problematik Podsakoff et al. (2003) sowie PodsakofF/Organ (1986).
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126
Teil F: Methodische Konzeption der Untersuchung
thod Bias zu verringem, indem die abhangigen und unabhangigen Variablen im Fragebogen durch andere Konstrukte raumlich voneinander getrennt erhoben wurden/^'' • Eine Kontrolle der Identitat der Teilnehmer ist aufgrund der Erhebungsmethode nicht moglich. Zwar waren die Fragebogen namentlich an den im Vorfeld identifizierten Beteiligungscontroller adressiert mit dem Hinweis, dass es in der Untersuchung um die Kontrolle durch Beteiligungscontroller geht; bei einer anonymen Befragung besteht jedoch keine Moglichkeit zu verhindem, dass ein Fragebogen im Konzem weitergeleitet und durch eine andere Person ausgeflillt wird. Gegen die Annahme, dass dieser Effekt haufig aufgetreten ist, sprechen jedoch drei Aspekte. Erstens wurde im Rahmen der telefonischen Kontaktaufnahme mit den Leitem des Beteiligungscontrollings explizit vereinbart, dass der Fragebogen von der Kontaktperson selbst oder von einem fachlich vergleichbar kompetenten Kollegen bearbeitet wird. Zweitens wurden zahlreiche Fragebogen mit Visitenkarten zuriickgesendet, deren Namen dem Adressaten entsprachen. Dies lasst darauf schliefien, dass dieser den Fragebogen auch bearbeitet hat. Haufig wurde zudem explizit vermerkt, wenn nicht der angeschriebene, sondem ein anderer Beteiligungscontroller den Fragebogen ausgeflillt hat. Aus diesem Verhalten lasst sich schlieBen, dass die Fragebogen tatsachlich von der gewiinschten Zielgruppe ausgeflillt wurden. Drittens lasst das groBe Interesse an den angebotenen Benchmarking-Berichten vermuten, dass die gewiinschten Akteure den Fragebogen sorgfaltig ausgeflillt haben. Die Gefahr einer systematischen Beantwortung des Fragebogens durch andere als die angeschriebenen Akteure erscheint damit als gering. Die Ausfiihrungen verdeutlichen, dass zwar Beeintrachtigungen bestehen konnen, diese jedoch die Aussagefahigkeit der erhobenen Daten nicht in signifikantem Umfang beeintrachtigen sollten.
' Vgl. Podsakoff et al. (2003), S. 888.
Teil F: Methodische Konzeption der JJntersuchung
2.
Grundlagen der Konstruktmessung
2.1
Giitebeurteilung der Messung
2.1.1
127
Reliabilitat und Validitat
Auf Basis der erhobenen Daten wurden die Reliabilitat (Zuverlassigkeit) und Validitat (Gtiltigkeit) der entwickelten Messinstrumente untersucht.''^^ Die einzelnen Indikatoren stellen eine reliable Messung des zugrunde liegenden Faktors dar, wenn die Messung moglichst frei von Zufallsfehlem ist und ein wesentlicher Anteil ihrer Varianz durch die Assoziation mit dem Faktor erklart wird."*^^ Von den drei moglichen Reliabilitatsformen ist die „Inteme-Konsistenz-Reliabilitat", die sich auf die Korrelation der Indikatoren der betrachteten Konstrukte untereinander bezieht, fur die vorliegende Arbeit von besonderer Bedeutung. Andere Reliabilitatsformen, wie beispielsweise die „Test-Retest-Reliabilitat" oder die „Parallel-Test-Reliabilitat" werden nicht berucksichtigt, da sie nur sehr aufwendig iiberpriifbar sind.^'^ Die Reliabilitat ist Voraussetzung fur die Validitat einer Messung. Bei einer hohen Validitat kann von der konzeptionellen Korrektheit der Messung ausgegangen werden.'*'' In der Literatur werden zahlreiche Formen der Validitat unterschieden, wobei die Unterscheidung der folgenden vier Validitatsarten allgemein verbreitet ist:"^^ •
Inhaltsvaliditat: Die Inhaltsvaliditat bezeichnet den Grad der inhaltlichsemantischen Ubereinstimmung eines Konstruktes mit seinem Messinstrument. Ein Messinstrument weist eine hohe Inhaltsvaliditat auf, wenn die verwendeten Indikatoren die wesentlichen Bedeutungsinhalte und Facetten des Konstruktes umfassend
' Vgl. Carmines/Zeller (1979), S. 1 Iff. ' Vgl. Peter (1979), S. 6; Churchill (1991), S. 495; Kinnear/Taylor (1991), S. 232; Homburg/Giering (1998), S. 116. ' Vgl. Hildebrandt (1998), S. 88. Die „Test-Retest-Reliabilitat" bezieht sich auf die zeitliche Stabilitat der Messergebnisse zweier aufeinanderfolgender Messungen. Die „Parallel-Test-Reliabilitat" bezieht sich auf die Korrelation der Messergebnisse zweier aquivalenter Messinstrumente. ' Vgl. Churchill (1979), S. 65; Homburg/Giering (1998), S. 116. ' Vgl. Bagozzi (1979), S. 24; Churchill (1979), S. 67; Bagozzi/Phillips (1982), S. 468ff.; Bagozzi/ Yi/Phillips (1991), S. 425; Homburg/Giering (1998), S. 117.
128
Teil F: Methodische Konzeption der Untersuchung
abdecken.'*^' Da zur Beurteilung der Inhaltsvaliditat keine objektiven Kriterien zur Verfugung stehen, wird sie haufig als Leitidee angesehen, die bei der Entwicklung von Messinstrumenten Beriicksichtigung finden soll.^^
• Konvergenzvaliditat: Unter Konvergenzvaliditat wird der Grad verstanden, zu dem zwei Oder mehr Versuche der Messung des gleichen Konstrukts ubereinstimmen/'*^ Eine Ubereinstimmung von Messversuchen ist dann gegeben, wenn die Indikatoren eines Konstruktes hoch miteinander korrelieren.^ Diskriminanzvaliditat: Unter Diskriminanzvaliditat wird der Grad verstanden, zu dem sich die Messungen unterschiedlicher Konstrukte unterscheiden/"*^ Zur Erfullung dieses Kriteriums muss die Assoziation der Indikatoren eines Konstrukts untereinander hoher sein als die Assoziation zwischen Indikatoren, die unterschiedlichen Konstrukten zugeordnet werden.^
• Nomologische Validitat: Unter nomologischer Validitat wird der Grad der Ubereinstimmung von theoretisch abgeleiteten Zusammenhangen zwischen verschiedenen Konstrukten mit den empirisch gewonnenen Erkenntnissen verstanden/^^ Voraussetzung fur die Untersuchung der nomologischen Validitat ist somit die Existenz einer libergeordneten Theorie, aus der Rtickschlusse iiber mogliche Beziehungen zwischen einzelnen Konstrukten abgeleitet werden konnen. Da fur die in dieser Arbeit untersuchten Konstrukte keine tibergeordnete Theorie existiert, ist eine Uberprufung der nomologischen Validitat nicht moglich.'*''* Zur Beurteilung von Validitat und Reliabilitat stehen verschiedene quantitative Methoden zur Verfugung. Im Weiteren wird in Anlehnung an FORNELL zwischen Methoden der ersten und zweiten Generation unterschieden:'*''^
'" Vgl. Homburg/Giering (1998), S. 117. ^- Vgl. Carmines/Zeller (1979), S. 22. *'' Vgl. Bagozzi/Phillips (1982), S. 468. '^Vgl.Peter(1981), S. 136. ^' Vgl. Bagozzi/Phillips (1982), S. 469. ^ Vgl. Bagozzi/Yi/Phillips (1991), S. 425; Homburg/Giering (1996), S. 7. ^'Vgl. Bagozzi (1979), S. 14. "^^ Vgl. Homburg (2000), S. 75. '''Vgl. FomelI( 1986).
Teil F: Methodische Konzeption der Untersuchung
129
• Die Kriterien der ersten Generation haben ihren Ursprung in der Psychometrie und wurden vor allem von CHURCHILL in die betriebswirtschaftliche Forschung eingeftihrt/^" • Die Methoden der zweiten Generation beruhen auf der konfirmatorischen Faktorenanalyse''" und gelten als wesentlich leistungsstarker/" Fur diese Untersuchung werden sowohl Gutekriterien der ersten als auch der zweiten Generation eingesetzt: Zunachst erfolgt eine Beurteilung der verwendeten Messinstrumente mit Methoden der ersten Generation. AnschheBend werden die Instrumente emeut unter Anwendung der Kriterien der zweiten Generation gepriift/" Durch die schrittweise Anwendung dieser Gutekriterien wird das Messinstrument verbessert, indem bei Unterschreitung von Toleranzgrenzen einzelne Indikatoren nicht in der Messung verwendet werden. Zur Uberpriifung der Hypothesen werden schlieBlich nur solche Konstrukte verwendet, die in Bezug auf die Gutekriterien gewisse allgemein anerkannte Schwellenwerte erfullen. In den folgenden Abschnitten werden die Gutekriterien der ersten und zweiten Generation naher erlautert. Die Darstellung beschrankt sich auf eine kurze Zusammenfassung und Erlauterung der Kriterien. Fiir eine weitergehende Erklarung sei auf die einschlagige Literatur verwiesen. 2.1.2
Gutekriterien der ersten Generation
Zu den Gutekriterien der ersten Generation zahlen die exploratorische Faktorenanalyse, das Cronbachsche Alpha und die Item to Total-Korrelation.^''' Im Rahmen der exploratorischen Faktorenanalyse wird eine Gruppe von Indikatoren im Hinblick auf eine ihr zugrunde liegende Faktorenstruktur untersucht."*^' Die Indikatoren sollen gebiindelt und auf wenige Faktoren reduziert werden, die die gesamte In-
*Vgl. Churchill (1979). Die konfirmatorische Faktorenanalyse stellt einen Sonderfall der Kausal- bzw. Kovarianzstrukturanalyse dar; vgl. Joreskog (1966); Joreskog (1967); Joreskog (1969); Fomell (1986). • Vgl. Fomell (1986); Homburg/Giering (1998), S. 118f ' Vgl. Gerbing/Anderson (1988), S. 187fT.; Homburg (2000), S. 75. ' Vgl. Churchill (1979), S. 68ff; Gerbing/Anderson (1988), S. 188fr.; Homburg (2000), S. 87ff ' Vgl. zu den folgenden Ausfiihrungen auch Backhaus et al. (2003), S. 260ff.
]30
Teil F: Methodische Konzeption der Vntersuchung
dikatorenmenge hinreichend gut reprasentieren. Die exploratorische Faktorenanalyse wird im Gegensatz zur konfirmatorischen Faktorenanalyse angewendet, ohne dass a priori Hypothesen beziiglich der Faktorenstruktur formuliert werden/^^ Nach Durchfiihrung der Verdichtung der einzelnen Indikatoren zu Faktoren konnen durch die Analyse der Faktorladungen"*" erste Aussagen beziiglich Konvergenz- und Diskriminanzvaliditat getroffen werden. Eine hohe Konvergenzvaliditat liegt dann vor, wenn sich die Indikatoren einem Faktor eindeutig zuordnen lassen. Dies ist der Fall, wenn alle Indikatoren auf einen Faktor ausreichend hoch laden. In der Literatur wird diesbezuglich ein Mindestwert von 0,4 verlangt/-** Flir eine hohe Diskriminanzvaliditat miissen die Indikatoren des einen Faktors bei einer mehrfaktoriellen Struktur zusatzlich deutlich niedriger auf alle anderen Faktoren laden/-^ Auf eine tiefergehende Darstellung der Vorgehensweise bei der exploratorischen Faktorenanalyse wird an dieser Stelle verzichtet/'^ Allerdings sei auf einige methodische Aspekte hingewiesen, die in der vorliegenden Arbeit beriicksichtigt werden: • Zur einfacheren Interpretation der Faktorladungsmatrix wird der Faktorraum um den Achsenschnittpunkt rotiert. Da in der vorliegenden Untersuchung nicht allgemein unabhangige Faktoren vorausgesetzt werden, wird fiir die Rotation das OBLIMIN-Verfahren eingesetzt, das einen beliebigen Winkel zwischen den Achsen zulasst/*^' • Zur Bestimmung der Zahl der zu extrahierenden Faktoren wird das KaiserKriterium herangezogen. Nach diesem Kriterium stimmt die Zahl der zu extrahierenden Faktoren mit der Zahl der Faktoren iiberein, deren Eigenwert groBer als Eins ist. Die Eigenwerte werden berechnet als die „Summe der quadrierten Faktorladungen eines Faktors iiber alle Variablen'"^-. Ein Eigenwert kleiner als Eins wtir-
'"^ Vgl. Homburg (1998), S. 86. " Die Faktorladungen entsprechen der Korrelation zwischen den Indikatoren und den zugehorigen Faktoren; vgl. Backhaus et al. (2003), S. 266. '' Vgl. Homburg/Giering (1998), S. 119. -' Vgl. Homburg/Giering (1998), S. 119. "" Vgl. z.B. Huttner/Schwarting (1999), S. 383ff.; Backhaus et al. (2003), S. 260ff. "•' Vgl. Backhaus et al. (2003), S. 300; Huttner/Schwarting (1999), S. 397. Das VARIMAX-Verfahren unterstellt im Gegensatz zum OBLIMIN-Verfahren die lineare Unabhangigkeit der Faktoren. Diese Einschrankung ist fiir die vorliegende Untersuchung nicht haltbar. '"- Backhaus et al. (2003), S. 295.
Teil F: Methodische Konzeption der Untersuchung
de bedeuten, dass der Faktor als Ganzes weniger Varianz erklart als ein einzelner Indikator. •
Als weiteres Kriterium zur Beurteilung der Messung eines einzelnen Faktors wird der Anteil der erklarten Varianz der Indikatoren herangezogen. Es wird gefordert, dass ein einzelner Faktor mindestens 50% der Varianz der ihm zugehorigen Indikatoren erklaren soll/^'
Die Reliabilitat der verwendeten Konstrukte wird mit Hilfe des Cronbachschen Alphas untersucht. Das Cronbachsche Alpha ist ein MaB fiir die interne Konsistenz der Indikatoren eines Konstruktes und eine der am weitesten verbreiteten GroBen zur Reliabilitatspriifling von Konstrukten."*^ Der Wertebereich des Cronbachschen Alphas liegt zwischen Null und Eins, wobei hohe Werte auf ein hohes MaB an Reliabilitat hinweisen. Allerdings herrscht in der Literatur keine einheitliche Meinung daruber, ab welchem Wert von einer hinreichenden Reliabilitat gesprochen werden kann. MALHORTA fordert einen Mindestwert von 0,6/'' HOMBURG/GlERING und NUNNALLY fordem einen Wert von O,?/'^ HOMBURG findet jedoch „in sehr angesehenen Zeitschriften zahlreiche Messmodelle, bei denen das Cronbachsche Alpha (teilweise) deutlich unter 0,7 liegt"'*'^^ In der vorliegenden Untersuchung wird fur das Cronbachsche Alpha ein Mindestwert von 0,7 flir etablierte und von 0,6 fur neu entwickelte Skalen gefordert/** Da das Cronbachsche Alpha zudem als konservativer Schatzef''' gilt, ist damit eine ausreichend hohe Schwelle fur die Akzeptanz von Konstrukten gelegt. Als drittes GiitemaB der ersten Generation wird die Item to Total-Korrelation verwendet. Sie ist definiert als die Korrelation eines Indikators (= Item) mit der Summe aller Indikatoren (=Total), die demselben Faktor zugeordnet sind (einfache Item to TotalKorrelation). Die korrigierte Item to Total-Korrelation ist die Korrelation eines Indikators mit der Summe der verbleibenden Indikatoren, nachdem der betrachtete Indikator
' Homburg/Giering (1998), S. 128. ' Vgl. Cronbach (1951), S. 332; Carmines/Zeller (1979), S. 44; Peterson (1994), S. 382. 'Vgl. Malhorta (1993), S. 308. ' Vgl. Nunnally (1978), S. 245; Homburg/Giering (1998), S. 120. ' Homburg (2000), S. 89. 'Vgl. Nunnally (1967), S. 226. ' Konservativer Schatzer bedeutet, dass die tatsachliche Reliabilitat der Messung besser ist, als der Alpha-Wert angibt; vgl. Carmines/Zeller (1979), S. 45.
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Teil F: Methodische Konzeption der Untersuchung
selbst entfemt worden ist/^^ In dieser Arbeit wird die korrigierte Item to TotalKorrelation verwendet, wobei auf den Zusatz ,Jcorrigiert" verzichtet wird. Grundsatzlich werden moglichst hohe Item to Total-Korrelationen gefordert, wobei hohe Werte flir alle Indikatoren eines Faktors auf hohe Konvergenzvaliditat hinweisen. Die Item to Total-Korrelation wird vor allem als Kriterium zur Elimination von Indikatoren herangezogen, die nur ungeniigend einem Faktor zugeordnet werden konnen. Zur Steigerung des Cronbachschen Alphas wird der Indikator eines Faktors eliminiert, der die niedrigste Item to Total-Korrelation aufweist/^' Aufgrund zahlreicher Defizite werden die Ansatze der ersten Generation haufig kritisiert. So ist beispielsweise eine differenzierte Betrachtung der einzelnen Indikatoren im Hinblick auf die ihnen zugrunde liegenden Messfehlereinfliisse nicht moglich/^^ Kritisiert wird auch, dass die Methoden sehr restriktiven Annahmen unterliegen und die Beurteilung der Validitat im Wesentlichen auf „Faustregeln" und nicht auf inferenzstatistischen Prufungen beruht/^' Diese Defizite haben dazu gefuhrt, dass zunehmend Methoden der zweiten Generation zur Uberprufung der Validitat und Reliabilitat der Messung eingesetzt werden. 2.1.3
Giitekriterien der zweiten Generation
Die Giitekriterien der zweiten Generation basieren auf der konfirmatorischen Faktorenanalyse, die mafigeblich von JORESKOG entwickelt wurde.''^'* Im Gegensatz zur exploratorischen Faktorenanalyse werden bei der konfirmatorischen Faktorenanalyse a priori Hypothesen iiber die den Indikatoren zugrunde liegende Faktorenstrukturen aufgestellt. Jeder Indikator wird dabei einem Faktor zugeordnet. Das aus dieser Zuordnung resultierende Messmodell wird dann an die empirisch erhobenen Daten angepasst, indem die ModelIparameter so geschatzt werden, dass das Modell die Kovarianzstruktur der Indikatoren moglichst gut reproduziert."*^'
'Vgl.Norusis(1993), S. 146. Vgl. Churchill (1979), S.68f ' Vgl. Homburg/Giering (1998), S. 120. ' Vgl. Gerbing/Anderson (1988), S. 189; Bagozzi/Yi/Phillips (1991), S. 428. 'Vgl. Joreskog (1966); Joreskog (1967); Joreskog (1969) sowie die Ausfuhrungen bei Weber/Willauer/Schaffer (2003), S. 375ff. ' Hinsichtlich des Mindeststichprobenumfangs zur Durchfuhrung einer konfirmatorischen Faktorenanalyse gibt es keine festen Regeln. Der in der Literatur gelegentlich angefiihrte Umfang von fiinf
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Im Folgenden wird ein solches Messmodell anhand der Notation des LISRELAnsatzes allgemein dargestellt/^^ Das Messmodell kann durch die Vektorgleichung
ausgedriickt werden. x stellt den Vektor der Indikatorvariablen, A die Matrix der Faktorladungen, ^ den Vektor der latenten Variablen und 5 den Vektor der Messfehler dar. Nach dem Fundamentaltheorem der Faktorenanalyse''^^ kann die Kovarianzmatrix der beobachtbaren Variablen x unter geeigneten Voraussetzungen durch die drei Parametermatrizen A, O und 05 ausgedruckt werden. Die entsprechende Gleichung lautet: Z = AOA'+G^. A bezeichnet die Faktorladungsmatrix, A' die Transponierte der Matrix A, O die Kovarianzmatrix der Faktoren (latenten Variablen) und 05 die Kovarianzmatrix der Messfehler. Das Ziel der konfirmatorischen Faktorenanalyse besteht darin, die unbekannten Modellparameter (Xy, (t)jk, 65^)"^^ so zu schatzen, dass die Diskrepanzfunktion F(5,Z(A,O,0,)) zwischen der vom Modell generierten Kovarianzmatrix i = I(A,O,0^) und der auf Basis der Datensatze ermittelten empirischen Kovarianzmatrix S moglichst gering ist.
Beobachtungswerten pro zu schatzendem Parameter (vgl. z.B. Hair et al. (1995)) wird jedoch mittlerweile als zu hoch eingeschatzt (vgl. Hoyle/Kenny (1999)). Da auch bei kleinen Stichproben eine konfirmatorische Faktorenanalyse zunehmend in der intemationalen Accounting-Forschung angewandt wird (vgl. jungst stellvertretend Widener (2004), S. 390ff., insb. S. 393), soil sie im Rahmen dieser Arbeit als Instrument zur Konstruktvalidierung verwendet werden. ' Vgl. Joreskog/Sorbom (2001). ' Das Fundamentaltheorem der Faktorenanalyse besagt, dass sich die Korrelationsmatrix durch die Faktorladungen und die Korrelationen zwischen den Faktoren reproduzieren lasst; vgl. Backhaus et al. (2003), S. 278f. ' Xij bezeichnet dabei die Koeffizienten der Pfade zwischen den latenten Variablen, (j)jk steht fiir die Varianzen und Kovarianzen der exogenen latenten Variablen und Os.ij stellt die Varianzen und Kovarianzen der Residualvariablen 5 dar.
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Teil F: Methodische Konzeption der Untersuchung
Zur Losung dieses Minimierungsproblems stehen unterschiedliche Schatzverfahren zur Verfiigung/^^ In der vorliegenden Arbeit wird mit dem Maximum LikelihoodVerfahren das am haufigsten eingesetzte Schatzverfahren verwendet/^" Nach der Parameterschatzung erfolgt die Giitebeurteilung des spezifizierten Messmodells. Zur Beurteilung der Modellgute unter Reliabilitats- und Validitatsgesichtspunkten stehen zahlreiche globale und lokale AnpassungsmaBe zur Verftigung, die jeweils unterschiedliche Aspekte der Modellgute untersuchen/^' Wahrend mit globalen AnpassungsmaBen die Konsistenz des gesamten Modells mit der empirischen Datenstruktur beurteilt wird, werden mit Hilfe der lokalen Kriterien einzelne Teilstrukturen des Messmodells bewertet/*' Tabelle 23 zeigt die in der Arbeit verwendeten Kriterien, die im Folgenden naher erlautert werden/*^
' Vgl. Joreskog/Sorbom (2001), S. 17ff. * Der Name Maximum Likelihood beschreibt das statistische Prinzip dieser Schatzmethode: Wenn die Parameterschatzungen Populationswerte sind, dann „maximieren" diese die Wahrscheinlichkeit („likelihood"), dass die Beobachtungswerte aus der Kovarianz- bzw. Korrelationsmatrix auf dieser Population basieren; vgl. Kline (1998), S. 125. Vgl. zu einer detaillierten Darstellung des Verfahrens Schermelleh-Engel/Moosbrugger/Muller (2003), S. 25ff. Dabei sei darauf hingewiesen, dass das Maximum Likelihood-Verfahren eine multivariate Normalverteilung der Daten voraussetzt. Diese Annahme trifft in der Realitat haufig nicht zu. Zahlreiche Studien haben jedoch gezeigt, dass das Maximum Likelihood-Verfahren robust gegen die Verletzung dieser Annahme ist und auch bei gravierender Verletzung der Normalverteilungsannahme konsistente Schatzer liefert; vgl. Schermelleh-Engel/Moosbrugger/Muller (2003), S. 49. Fur einen Uberblick zu diesem Thema vgl. die Metaanalyse bei Hoogland/Boomsma (1998). Statistische Tests zur Prufung multivatiater Normalverteilungen diskutiert Mardia (1985). ' Vgl. Sharma (1996), S. 157ff.; Homburg/Giering (1998), S. 122ff; SchermellehEngel/Moosbrugger/Muller (2003), S. 3Iff • Vgl. Homburg/Baumgartner (1998), S. 35Iff. ' Die Auswahl der globalen AnpassungsmaBe orientiert sich an der Empfehlung von SchermellehEngel/Moosbrugger/Miiller (2003), S. 51. Die Auswahl der lokalen AnpassungsmaBe orientiert sich an den Empfehlungen von Homburg (2000), S. 9Iff
Teil F: Methodische Konzeption der Unlersuchung
135
Globale AnpassungsmaBe X"-Anpassungstest Root Mean Squared Error of Approximation Standardized Root Mean Square Residual Normed Fit Index Normalized Normed Fit Index
(RMSEA) (SRMR) (NFI) (NNFI)
Comparative-Fit Index
(CFI)
Goodness-of-Fit Index
(GFI)
1 Adjusted Goodness-of-Fit Index
(AGFI)
Lokale AnpassungsmaBe Indikatorreliabilitat
(IR)
t-Wert der Faktorladung Faktorreliabilitat I Durchschnittlich erfasste Varianz
(FR) (DEV)
Tabelle 23: Venx'endete Kriterien der zweiten Generation zur Beurteilung der Messmodelle
Der x^-Anpassungstest dient der Uberpriifung der Richtigkeit des spezifizierten Modells. Gepriift wird die Nullhypothese, dass das Modell richtig spezifiziert ist und die empirische Kovarianzmatrix folglich mit der vom Modell generierten Kovarianzmatrix iibereinstimmt. Der x^-Wert beruht auf der Diskrepanzfunktion zwischen den beiden Kovarianzmatrizen und dem Stichprobenumfang. Zur Beurteilung des x^-Wertes wird der p-Wert herangezogen, der bei richtiger Nullhypothese die Wahrscheinlichkeit angibt, einen x^-Wert zu erhalten, der liber dem beobachteten Wert liegt. Hierbei wird in der Regel gefordert, dass der p-Wert nicht kleiner als 0,05 fur eine gute Modellanpassung bzw. 0,1 fur eine akzeptable Modellanpassung sein sollte, d.h. dass die Nullhypothese auf einem Signifikanzniveau von 5% bzw. 10% nicht abgelehnt werden kann.""^^ Der x^-Wert unterliegt jedoch zahlreichen Restriktionen, die seine Anwendbarkeit als Test im Rahmen empirischer Untersuchungen stark einschranken (z.B. Forderung nach Normalverteilung der beobachteten Variablen).''*'- AuBerdem besteht eine hohe Sensiti-
' Vgl. Homburg/Giering (1998), S. 123; Schermelleh-Engel/Moosbrugger/Muller (2003), S. 52. ' Vgl. Homburg (1989), S. 188ff; Schemielleh-Engel/Moosbrugger/Muller (2003), S. 32f.
136
Teil F: Methodische Konzeption der Vntersuchung
vitat des x^-Wertes im Hinblick auf den Stichprobenumfang. So sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass ein Modell angenommen wird, mit groBer werdendem Stichprobenumfang/^'' Der p-Wert tendiert in diesem Fall gegen null. Zudem iiberpriift der x^Anpassungstest die absolute Richtigkeit eines Modells, wahrend bei der Konstruktmessung lediglich eine moglichst gute Annaherung des Modells an die empirischen Daten erreicht werden soil. Aus diesen Grunden eignet sich der x^-Test nur bedingt zur Gtitebeurteilung von Konstruktmessungen.''^' JORESKOG/SORBOM schlagen daher vor, den x^-Wert nicht als Teststatistik, sondem unter Berucksichtigung der Zahl der Freiheitsgrade lediglich als deskriptives AnpassungsmaB fiir eine gute oder schlechte Modellanpassung zu verwenden.^^* Der Quotient aus dem x^-Wert und der Zahl der Freiheitsgrade sollte kleiner als drei fiir eine akzeptable und kleiner als zwei fiir eine gute Modellanpassung sein."*^' Die beiden folgenden Kriterien sind deskriptive AnpassungsmaBe, anhand derer die globale Anpassung eines Modells an die empirisch erhobenen Daten beurteilt wird.'*^ Beim Root Mean Squared Error of Approximation (RMSEA) wird im Gegensatz zum X^-Anpassungstest berechnet, wie gut das Modell die Realitat abbildet.^^' Er ist somit besser zur Gtitebeurteilung der Konstruktmessung geeignet. Werte des RMSEA unter 0,05 (0,08) deuten auf eine gute (akzeptable) Modellanpassung hin.^^' Der Root Mean Square Residual Index (RMR) ist die durchschnittliche GroBe der Residuen zwischen den Elementen der empirischen Kovarianzmatrix und den Elementen der vom Modell reproduzierten Kovarianzmatrix. Werte nahe null weisen auf eine gute Modellanpassung hin. Problematisch ist die Abhangigkeit des RMR von der GroBe der Varianzen und Kovarianzen der beobachteten Variablen. Uberwunden wird diese Abhangigkeit durch den Standardized Root Mean Square Residual Index (SRMR).^^^ Die-
' Vgl. Backhaus et al. (2003), S. 373. ' Vgl. Homburg/Baumgartner(1998), S. 353. ' Vgl. Joreskog/Sorbom (2001), S. 28f. ' Vgl. Homburg (2000), S. 93; Schermelleh-Engel/Moosbrugger/Muller (2003), S. 33. Laut HOMBURG ist diese Forderung restriktiver als in anderen Studien verwendete Grenzwerte. ' Vgl. Schermelleh-Engel/Moosbrugger/Muller(2003), S. 35ff. Vgl. Schermelleh-Engel/Moosbrugger/Muller (2003), S. 36. • Vgl. Schermelleh-Engel/Moosbrugger/Muller(2003), S. 33. ' Vgl. Bender (1995), S. 271.
Teil F: Methodische Komeption der Untersuchung
137
ser sollte kleiner als 0,05 fiir eine gute und kleiner als 0,1 fur eine akzeptable Modellanpassung sein/'^ Die fiinf folgenden Kriterien sind deskriptive AnpassungsmaBe auf der Basis von Modellvergleichen zur Beurteilung der globalen Anpassung eines Modells an die empirisch erhobenen Daten.'*'Der Normed Fit Index (NFI) misst die Verbesserung der Anpassungsgiite beim Ubergang von einem unabhangigen Modell (Basismodell) zum Zielmodell/^ Er nimmt Werte zwischen null und eins an, wobei hohe Werte auf eine gute Modellanpassung hinweisen. Ublicherweise werden Werte ab 0,95 fiir eine gute und ab 0,9 fur eine akzeptable Modellanpassung gefordert/^^ Ein Nachteil des NFI ist seine Abhangigkeit vom Stichprobenumfang/'^ Diese Problematik wird durch den Nonnormed Fit Index (NNFI) behoben, der die relative Modellanpassung misst. Der NNFI weist in der Regel Werte zwischen null und eins auf, wobei hohere Werte eine bessere Modellanpassung bedeuten/^' Gefordert werden Werte ab 0,97 fiir eine gute und ab 0,95 fur eine akzeptable Modellanpassung.-^ Beim Comparative Fit Index (CFI) wird die Giite eines Modells im Vergleich zu einem Basismodell beurteilt, bei dem Ublicherweise alle Indikatorvariablen als unabhangig angenommen werden.'"' Der Wertebereich des CFI liegt zwischen null und eins. SCHERMELLEH-ENGEL/MOOSBRUGGER/MULLER fordem einen Mindestwert von 0,97 fur eine gute und 0,95 fiir eine akzeptable Modellanpassung.*"^ Andere Autoren werten bereits einen CFI von 0,9 als Zeichen ftir eine hohe Anpassungsgiite des Modells.*"^
' Vgl. Schermelleh-Engel/Moosbrugger/Muller(2003), S. 38. ' Vgl. Schermelleh-Engel/Moosbrugger/Muller (2003), S. 39ff. 'Vgl. Bentler/Bonett( 1980). ' Vgl. Schermelleh-Engel/Moosbrugger/Muller (2003), S. 40. ' Vgl. Bearden/Sharma/Teel (1982), S. 429. * Aufgrund seiner fehlenden Normierung kann der NNFI jedoch den Wertebereich von Null und Eins verlassen; vgl. Schermelleh-Engel/Moosbrugger/Miiller (2003), S. 41. ' Vgl. Schermelleh-Engel/Moosbrugger/Muller (2003), S. 41. Vgl. Homburg/Baumgartner(1998), S. 356f. • Vgl. Schermelleh-Engel/Moosbrugger/Muller (2003), S. 42. ^ Vgl. Homburg/Baumgartner (1998), S. 357.
138
Teil F: Methodische Konzeption der Untersuchung
Der Goodness of Fit Index (GFI) gibt an, wie groB die Diskrepanz zwischen der empirischen und der vom Modell generierten Kovarianzmatrix ist.^^ Bei perfekter Anpassung des Modells an die Daten ergibt sich ein GFI von eins. Fur eine akzeptable Modellanpassung wird ein Mindestwert von 0,9, fiir eine gute Modellanpassung ein Wert von 0,95 gefordert.'^^ Eine Schwache des GFI liegt darin, dass die Anzahl der vorhandenen Freiheitsgrade bei der Berechnung unberiicksichtigt bleibt. Dies fiihrt dazu, dass durch die Aufnahme weiterer Freiheitsgrade die Anpassungsgiite des Modells scheinbar verbessert wird. Im Gegensatz hierzu wird beim Adjusted Goodness of Fit Index (AGFI) die Zahl der Freiheitsgrade beriicksichtigt.^^ Urn der Tendenz zur Uberparametrisierung entgegenzuwirken, wird der Wert des GFI in Abhangigkeit von der Anzahl der Indikatoren und der Freiheitsgrade des Modells korrigiert. Wie der GFI kann der AGFI Werte zwischen Null und Eins annehmen. Als Mindestwert wird 0,9 fiir eine gute und 0,85 fur eine akzeptable Modellanpassung gefordert.^"^ Bei der Beurteilung der Modellanpassung anhand von GFI und AGFI muss beachtet werden, dass beide Indizes von der StichprobengroBe abhangen und sich zudem bei zunehmender Modellkomplexitat verschlechtem.'"^ Die bisher diskutierten globalen AnpassungsmaBe ermoglichen die Beurteilung der Konsistenz des Gesamtmodells mit der empirischen Datenstruktur. Daneben gibt es lokale AnpassungsmaBe, die die Beurteilung einzelner Modellteile wie zum Beispiel einzelner Indikatoren oder Faktoren ermoglichen. Die Indikatorreliabilitdt (IR) wird auf der Ebene einzelner Indikatoren berechnet. Sie erfasst den durch einen zugrunde liegenden Faktor erklarten Anteil der Varianz eines Indikators.'^ Die Indikatorreliabilitat kann Werte zwischen null und eins annehmen, wobei in der Literatur keine Einigkeit liber Mindestanforderungen fiir die Indikatorreliabilitat besteht. Die geforderten Mindestwerte liegen im Bereich von 0,1'"* bis 0,4"^".
"^ Vgl. Schumacker/Lomax (1996), S. 125f.; Joreskog/Sorbom (2001), S. 29. "• Vgl. Homburg/Baumgartner (1998), S. 355; Schermelleh-Engel/Moosbrugger/Muller (2003), S. 43. "^ Vgl. Joreskog/Sorbom (2001), S. 29. "^ Vgl. Homburg/Baumgartner (1998), S. 356; Schermelleh-Engel/Moosbrugger/Muller (2003), S. 43. "' Vgl. Schermelleh-Engel/Moosbrugger/Muller(2003), S. 43. '^ Vgl. Homburg/Baumgartner (1998), S. 360f. '" Vgl. Balderjahn (1985), S. 257. " Vgl. Homburg/Baumgartner (1998), S. 361.
Teil F: Methodische Konzeption der Untersuchung
J 39
Mit der Mehrheit der Literaturmeinungen wird in der vorliegenden Untersuchung ein Mindestwert von 0,4 angestrebt. Der nicht durch den Faktor erklarte Anteil der Varianz des Indikators beruht auf Messfehlereinfliissen. Zusatzlich wird anhand des t-Werts (dem Quotienten aus der geschatzten Faktorladung und dem Standardfehler der Schatzung) uberpruft, ob die Faktorladung eines Indikators signifikant von Null verschieden ist. Dies ist dann der Fall, wenn der t-Wert der Faktorladung mindestens 1,69 betragt (einseitiger Test auf dem 5% Signifikanzniveau).^'' Auf Faktorenebene lassen sich Aussagen zur Gtite der Messung anhand der Faktorreliabilitdt (FR) und der durchschnittlich erfassten Varianz (DEV) treffen. Diese dienen der Beurteilung, wie gut ein Faktor durch eine Menge von Indikatoren gemessen wird. Beide MaBe konnen Werte zwischen null und eins annehmen, wobei hohe Werte auf eine gute Modellanpassung hinweisen. In der Literatur wird fur die Faktorreliabilitat ein Mindestwert von 0,6 und fiir die durchschnittlich erfasste Varianz von 0,5 gefordert.^'^ Wahrend die bisher behandelten Gtitekriterien sich hauptsachlich zur Beurteilung der Reliabilitat und der Konvergenzvaliditat von Skalen eignen, wird mit dem FORNELL/LARCKER-Kriterium die Diskriminazvaliditat der verschiedenen Faktoren gepriift. Es fordert, dass die durchschnittlich erfasste Varianz eines Faktors groBer ist als die quadrierte Korrelation desselben Faktors mit einem anderen Faktor.^"* Jeder Faktor muss somit einen hoheren Varianzanteil seiner Indikatoren erklaren konnen als einen Varianzanteil eines anderen Faktors. Die folgende Tabelle fasst die in der vorliegenden Untersuchung verwendeten Gtitekriterien mit ihren Anspruchsniveaus zusammen.^'^ Bei der Beurteilung eines Modells wird jedoch nicht gefordert, dass alle Gtitekriterien gleichzeitig erfiillt sein mtissen.
' Vgl. ' Vgl. ' Vgl. ' Vgl.
Homburg/Giering (1998), S. 125, t-Wert modifiziert um geringen Stichprobenumfang. Bagozzi/Yi (1988), S. 82; Homburg/Baumgartner (1998), S. 361. Fomell/Larcker (1981), S. 46. auch Schermelleh-Engel/Moosbrugger/Miiller (2003), S. 52.
Teil F: Methodische Konzeption der Untersuchung
140
Entscheidend ist vielmehr das Gesamtbild, das sich durch die Betrachtung aller Giitekriterien ergibt.^"* Kriterien der ersten Generation
Anspruchsniveau
Erklarte Varianz (EV)
EV > 0,5
(Exploratorische Faktorenanalyse) Cronbachsches Alpha (a) - bei etablierten Konstrukten
a>0,7
- bei neu entwickelten Konstrukten
a>0,6
Item to Total-Korrelation
Eliminierung des Indikators mit der niedrigsten Item to Total-Korrelation, falls das Cronbachsche | Alpha kleiner als 0,7 ist
Kriterien der zweiten Generation
Anspruchsniveau
p^^df
Gute Modellanpassung
Akzeptable Modellanpassung
0<x"/df
5 w ;^ ^ 0 )
11
^ J:: ^ 'c: — 1) CQ ^
* Wertbereich von 0 (minimale Auspragung) bis 100 (maximale Auspragung)
Abbilcfung 8: Informationsangebot
1.2
-
Mittehverte
Bestandsaufnahme zur Nutzung des Kapitalmarktes
Die Nutzung des Kapitalmarktes wurde anhand der Informations- und Kontrollfunktion iiberpriift. Der Indexwert von 56,6 fiir die Nutzung der Informationsfunktion verdeutlicht, dass diese bislang nicht im Rahmen des Controllings diskutierte Moglichkeit der extemen Informationsgewinnung durchaus praktische Relevanz hat. Die Kontrollfunktion ist schwacher ausgepragt, moglicherweise weil sie eine intensivere Beschaftigung mit den Kapitalmarktteilnehmem erfordert. In beiden Fallen sind die Variationskoeffizienten mit Werten von 34,2% und sogar 36,5% fiir die Informations- bzw. Kontrollfunktion sehr hoch und deuten auf groBe Unterschiede unter den befragten Konzemen bin. Die Varianzen innerhalb der beiden
Teil G: Ergehnisse der empirischen Erhehung
178
Konstrukte gehen vermutlich auf die GroBe des Konzems zuriick, die oftmals die Sinnhaftigkeit der Nutzung des Kapitalmarktes determiniert.
Durchschnittlicher Indexwert: 50,4
Indexjx 100 90 8070 60-
56,6 ^ ^ ^ ^ ™
44.1
50-
1
40 30 20 100 O S 03 -D o) (z ^ N 1 Z
c 3 to c o ^ P E
0)
-^ ^ ^ (0 Q5
^ c 52 T3 .9 -J£ o) S JO £ c: E P =» — ti — B ^ O Q. Z c: oj
* Wertbereich von 0 (minimale Auspr^gung) bis 100 (maximale Auspragung)
Abbildung 9: Nutzung des Kapitalmarktes
1.3
-
Mittelwerte
Bestandsaufnahme zur Gestaltung der operativen und strategischen Kontrolle
1.3.1
Umfang der strategischen Kontrolle
Bisherige empirische Studien zur Verbreitung der strategischen Kontrolle in der Praxis zeigen zwar einen Zuwachs seit den 70er Jahren auf, verdeutlichen jedoch nach wie
Teil G: Ergehnisse der empirischen Erhehung
179
vor ein Defizit: Wahrend HOROVITZ im Jahre 1979 noch gar keine strategische Kontrolle im Rahmen einer europaischen Studie'^ feststellen konnte, fiihrten Mitte der 80er Jahre einige wenige Untemehmen eine strategische Kontrolle ein: „In practice, there are few companies that identify formal and explicit strategic control measures and build them into their control systems."'^' Zu einem ahnlichen Ergebnis kommen auch US-Studien.-^- GiJNTHER weist in seiner Bestandsaufnahme zum Stand des strategischen Controllings in Deutschland aus dem Jahr 1990 darauf hin, dass die Bedeutung der strategischen Kontrolle von der Untemehmenspraxis erkannt und teilweise bereits eingesetzt wird-"" - eine neuere Studie von 1996 konnte diese Ergebnisse jedoch nicht bestatigen.-"" Eine Bestandsaufnahme zur strategischen Kontrolle in Konzemen liegt nach Wissen des Autors nicht vor. Im Rahmen der durchgefuhrten Studie wurden die Breite und die Tiefe der strategischen Kontrolle untersucht. Die Breite wird determiniert durch die drei Kontrollarten strategische Pramissenkontrolle, strategische Durchfiihrungskontrolle und strategische Uberwachung. Die Tiefe der Kontrolle wurde getrennt fiir die Abweichungsanalyse und die Erarbeitung von KorrekturmaBnahmen untersucht. Wie Abbildung 10 zeigt, ist die Pramissenkontrolle bei den befragten Konzemen am starksten ausgepragt, gefolgt von der strategischen Durchfuhrungskontrolle und - in deutlich geringerem AusmaB - der strategischen Uberwachung. Diese Unterschiede lassen sich dadurch begriinden, dass die Pramissenkontrolle oftmals als die bedeutendste Kontrollform im Rahmen der strategischen Kontrolle bezeichnet wird, wohingegen die Kontrolltrager auf dem Gebiet der strategischen Uberwachung bislang oftmals wenig Erfahrung besitzen. Zudem iibemehmen Controller traditionell eher reflexive Aufgaben. Das Ausfiltem von „schwachen Signalen" aus dem Umfeld der Toch-
* Vgl. Horovitz (1979), S. 5. Grundlage waren Interviews mit 175 Fiihrungskraften aus 52 Firmen in GroBbritannien, Frankreich und Deutschland. Ergebnis war, dass der Kontrollfokus auf monatlichen, operativen Kennziffem aus dem Rechnungswesen lag. Goold/Quinn (1990a), S. 19. Vgl. auch die Studie von Barton et al. (1992), S. 47. • Vgl. Harrison (1991), S. 78fT. Wahrend die befragten 61 CEOs effektiv strategische Ziele setzen wurden. bestiinden bei der Kontrolle Defizite. Vgl. auch Whelan/Sisson (1993), S. 3Iff. ' Vgl. Coenenberg/Gunther (1990), S. 466. Die zugrunde gelegte Stichprobe enthalt 134 Untemehmen unterschiedlicher GroBenklassen und Tatigkeitsfelder. Kontrolliert wurden in 65,8% die der Planung zugrunde gelegten Pramissen und in 60,0% der Falle die Erreichung der gesetzten Ziele. „Feed-foi-ward"-Kontrollen im Sinne einer rechtzeitigen Reaktion auf Diskontinuitaten erfolgten in 48,3%. ' Vgl. Renggli (1997), S. 8 und S. 12ff.
180
Teil G: Ergebnisse der empirischen Erhebung
tergesellschaft setzt jedoch aufgrund der Breite im Umfeldbezug der Tochtergesellschaft und der Signal-Unscharfe hohe Anforderungen an die Intuition der damit befassten Kontrolltrager. Der durchschnittlich erfasste Variationskoeffizient liber alle fiinf Parameter betragt 17,7%. Insbesondere die strategische Uberwachung und die Tiefe bei der Erarbeitung strategischer KorrekturmaBnahmen enthalten viel Varianz (27,6% bzw. 27,0%) und deuten auf Unterschiede zwischen den befragten Konzemen bin. Index * , 1 Durchschnittlicher Indexwert: 67,6 |
100 90
79,3
80-
j ^ 1
72,2 66,:
70
1
60
65.7
1
54,6
504030 20100-
2
l|
!§
li
Oy,
^ ^
(DC
C5
•6)g^
S^
5
1,69) * " 1% (t-Wert > 2,43) ns nicht signifikant
Abbildung 12: Ergebnisse der Hypothesenpriifung zum Zusammenhang von Gestaltung und Erfolg der Kontrolle
Abbildung 12 stellt die Ergebnisse der Hypothesenprufung im Uberblick dar. Es zeigt sich, dass 9 der 12 Hypothesen zum Zusammenhang zwischen der Gestaltung der Kontrolle und Erfolg der Kontrolle bestatigt werden: Die Hypothesen 1 bis 4 postulierten positive Zusammenhange zwischen der Informationsbreite sowie der Veriasslichkeit der Informationen und den Erfolgsvariablen Effektivitat sowie Effizienz der Kontrolle. Mit Ausnahme der effektivitatserhohenden Wirkung der Informationsbreite werden alle Hypothesen bestatigt; insbesondere die Effekte der Veriasslichkeit der Informationen auf die Effektivitat bez. die Effizienz der Kontrolle sind auf einem 1- bzw. 5 Prozent-Niveau hoch. Hypothese 5 postulierte einen positiven Zusammenhang zwischen der Funktionsfahigkeit eines informellen Berichtswesens und der Effektivitat der Kontrolle. Diese Hypothese kann bestatigt wer-
Teil G: Ergebnisse der empirischen Erhebung
J87
den, da der Pfadkoeffizient positiv und statistisch signifikant auf einem Niveau von 5 Prozent ist. In den Hypothesen 6 und 7 wurde postuliert, dass die Nutzung des Kapitalmarktes zu einer Erhohung der Effektivitat und einer Reduktion der Effizienz der Kontrolle fuhrt. Wahrend Hypothese 6 aufgrund eines nicht signifikanten Pfadkoeffizienten verworfen werden muss, kann Hypothese 7 bestatigt werden. In den Hypothesen 8-11 wurde erwartet, dass der Umfang der strategischen Kontrolle und die Fokussierung der operativen Kontrolle zu Effektivitats- sowie Effizienzsteigerungen beitragen. Wahrend die Hypothese zur Effizienzsteigerung der Fokussierung der operativen Kontrolle aufgrund eines statistisch nicht signifikanten Pfadkoeffizienten verworfen werden muss, konnen die librigen drei Hypothesen bestatigt werden. Hypothese 12, die einen positiven Einfluss der anreizkompatiblen Incentivierung auf die Effektivitat der Kontrolle postulierte, kann aufgrund eines positiven und auf 5 Prozent-Niveau signifikanten Pfadkoeffizienten bestatigt werden. Die sieben Gestaltungsparameter der Kontrolle erklaren 67 Prozent der Varianz der Effektivitat und 44 Prozent der Varianz der Effizienz der Kontrolle. Tabelle 50 verdeutlicht die Ergebnisse der Hypothesenpriifiing im Uberblick.
Teil G: Ergebnisse der empirischen Erhebung
188
pi 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
Hypothesen
Bestatigt A^erworfen
Signifikanz
Die Breite strategischer Informationen beeinflusst die Effektivitat der KontroUe positiv. Die Breite strategischer Informationen beeinflusst die Effizienz der Kontrolle positiv. Die Verlasslichkeit der Informationen beeinflusst die Effektivitat der Kontrolle positiv. Die Verlasslichkeit der Informationen beeinflusst die Effizienz der Kontrolle positiv. Die Funktionsfahigkeit eines informellen Berichtswesens beeinflusst die Effektivitat der Kontrolle positiv. Die Nutzung des Kapitalmarktes beeinflusst die Effektivitat der Kontrolle positiv. Die Nutzung des Kapitalmarktes beeinflusst die Effizienz der Kontrolle negativ. Der Umfang der strategischen Kontrolle beeinflusst die Effektivitat der Kontrolle positiv. Der Umfang der strategischen Kontrolle beeinflusst die Effizienz der Kontrolle positiv. Die Fokussierung der operativen Kontrolle beeinflusst die Effektivitat der Kontrolle positiv. Die Fokussierung der operativen Kontrolle beeinflusst die Effizienz der Kontrolle positiv. Eine anreizkompatible Gestaltung der Incentivierung beeinflusst die Effektivitat der Kontrolle positiv.
Verworfen
ns
Bestatigt
10%
Bestatigt
1%
Bestatigt
5%
Bestatigt
5%
Verworfen
ns
Bestatigt
5%
Bestatigt
5%
Bestatigt
10%
Bestatigt
10%
Verworfen
ns
Bestatigt
5%
Tabelle 50: Ergebnisse der Hypothesenprufung zum Zusammenhang zwischen Gestaltung und Erfolg der Kontrolle
2.3
Kontextfaktoren der Kontrolle
In Analogic zum empirischen Vorgchen bci der Untersuchung der Erfolgsabhangigkeit der Kontrolle wird auch zur Uberpriifting der Hypothesen zur Kontextabhangigkeit das Forschungsmodell in ein Strukturgleichungsmodell iiberfiihrt. Bevor die Ergebnisse zwischen den Konstrukten des Strukturgleichungsmodells im Einzelnen diskutiert werden, wird zunachst eine Bewertung der Anpassungsgute des Messmodells vorgenommen.'^^
' Die Diskriminanzvaliditat mittels des FORNELL/LARCKER-Kriteriums kann aus methodischen Griinden nicht fiir die Konstrukte GroBe des Konzems, Wettbewerbsintensitat und finanzielle Lage der Tochtergesellschaft uberpriift werden, da diese Konstrukte nicht iiber geniigend Indikatoren zur Berechnung der durchschnittlich erfassten Varianz verfiigen. Lediglich bei dem Konstrukt Vertrauenskultur ist dies moglich. Tabelle 54 verdeutlicht, dass fiir die verbleibenden Konstrukte von einem ausreichenden MaB an Diskriminanzvaliditat ausgegangen werden kann.
Teil G: Ergebnisse der empirischen Erhebung
GutemaBe
t
189
Hypotbesengeleitetes Modell 47,41 35
df xvdf RMSEA CFl 1 NNFI
1,35 0,11 0,67 0,57
Tabelle 51: Gutebewertung
des
modells - hypotbesengeleitetes
ForschungsModell
Tabelle 51 verdeutlicht, dass der RMSEA uber dem Wert von 0,08 flir eine akzeptable Modellanpassung liegt und damit auf eine schlechte Modellanpassung hindeutet. Ebenfalls liegen die GutemaBe CFI und NNFI deutlich unter den geforderten Niveaus von 0,95 fur eine akzeptable Modellanpassung. Aufgrund der schlechten GutemaBe des Forschungsmodells wird im Folgenden in Anlehnung an ABERNETHYA^AGNONI und WiDENER schrittweise vorgegangen.-" Zunachst werden die Hypothesen auf Basis des urspriinglichen, „hypothesengetriebenen'' Modells, bei dem lediglich die Pfade der postulierten Zusammenhange freigesetzt sind, uberpriift. In einem zweiten Schritt wird den von dem Statistikprogramm LISREL vorgeschlagenen Modifikationen zur Verbesserung der Modellgiite gefolgt, sofem dies aus inhaltlichen Uberlegungen Sinn macht. KLINE formuliert in seinem Grundlagenbuch zu Strukturgleichungsmodellen dazu: „At some point the researcher must make a decision about the whole model: should it be rejected? - modified? - if so, how? Thus, there is some sense in SEM [Structural Equation Models, M.E.] that the view of the entire landscape (the whole model) has precedence over that of specific details (individual effects)."^" Abbildung 13 stellt die Ergebnisse der Hypothesenpriifung im Uberblick dar.
der Tochtergesellschaft uberpriift werden, da diese Konstrukte nicht uber geniigend Indikatoren zur Berechnung der durchschnittlich erfassten Varianz verfiigen. Lediglich bei dem Konstrukt Vertrauenskultur ist dies moglich. Tabelle 54 verdeutlicht, dass fiir die verbleibenden Konstrukte von einem ausreichenden MaB an Diskriminanzvaliditat ausgegangen werden kann. '-' Vgl. AbemethyA^agnoni (2004), S. 217f.; Widener (2004), S. 390ff. Siehe auch die Beitrage von Mohr/Sohi (1995), S. 406ff.; De Ruyter/Wetzels (1999), S. 66ff.; Abemethy/Lillis (2001), S. 118ff. ''-Kline (1998), S. 13.
Teil G: Ergebnisse der empirischen Erhebung
190
Informationsbreite
GroRe des Konzems \S;^v - 0,03 ns
V\J.45 *"
R2=1%
Vo^^* "-.
Verlasslichkeit der Informationen R2=31%
Vertrauenskultur
\+0,19 ns / \
Informelles Berichtswesen
\
\ ,.+ 0,12ns'\ /
+0^33^;___J:x;
R2=3%
\ ^ \
\ ^ V—
Nutzung des Kapitalmarktes
Wettbewerbsintensitat
R2=26%
* \ ^
\
" " • - *
Umfang der strategischen Kontrolle
^^\ Finanzielle Lage der Tochtergesellschaft
+ 0,22 *
R2=1% ' \ Fokussierung der operativen Kontrolle R2=13%
Leqende: Signifikanznive aus der standardlsierten Koeffizienten (einseitiger Te >t) * 10% (t-Wert>1,31) ** 5% (t-Wer1>1,69) * " 1% (t-Wert > 2,43) ns nicht signifikant
Abbildung 13: Ergebnisse der Hypothesenprufung zum Zusammenhang von Kontextfaktoren und Gestaltung der Kontrolle - hypothesengeleitetes Model!
In den Hypothesen 13-15 wurde erwartet, dass die GroBe des Konzems einen negativen Einfluss auf die Funktionsfahigkeit eines informellen Berichtswesens und einen positiven Einfluss auf die Nutung des Kapitalmarktes sowie die Fokussierung der operativen Kontrolle hat. Wahrend die Hypothesen 14 und 15 bestatigt werden, muss Hypothese 13, in der ein negativer Zusammenhang zwischen der KonzemgroBe und der Funktionsfahigkeit eines informellen Berichtswesens vermutet wurde, aufgrund eines nicht signifikanten Pfadkoeffizienten verworfen werden. In den Hypothesen 16-18 wurde vermutet, dass eine Vertrauenskultur die Verlasslichkeit der Informationen, die Funktionsfahigkeit eines informellen Berichtswesens und die Fokussierung der operativen Kontrolle positiv beeinflusst. Die Ergebnisse zeigen, dass lediglich der Zusammenhang zwischen einer Vertrauenskultur und der Verlass-
Teil G: Ergebnisse der empirischen Erhebung
191
lichkeit der Informationen positiv und statistisch signifikant ist. Hypothese 16 wird somit bestatigt, wahrend die Hypothesen 17 und 18 abgelehnt werden. In den Hypothesen 19-21 wurde postuliert, dass eine hohe Wettbewerbsintensitat die Informationsbreite strategischer Informationen, die Nutzung des Kapitalmarktes und den Umfang der strategischen Kontrolle positiv beeinflusst. Wie die Ergebnisse zeigen, kann ein signifikant positiver Einfluss jedoch nur in Bezug auf die Nutzung des Kapitalmarktes festgestellt werden. Die Zusammenhange zwischen der Wettbewerbsintensitat und dem Umfang der strategischen Kontrolle sowie zwischen der Wettbewerbsintensitat und der Informationsbreite strategischer Informationen sind dagegen nicht signifikant. Damit wird Hypothese 20 bestatigt, wohingegen die Hypothesen 19 und 21 abgelehnt werden. Wahrend die Kontextfaktoren nur einen geringen Anteil der Varianz der Parameter Informationsbreite (1%), Informelles Berichtswesen (3%) und Umfang der strategischen Kontrolle (1 %) erklaren, konnen bei der Verlasslichkeit der Informationen, der Nutzung des Kapitalmarktes und der Fokussierung der operativen Kontrolle 31 %, 26% bzw. 13% der Varianz erklart werden. Diese - im Vergleich zu dem Modell zur Erfolgswirksamkeit - immer noch vergleichsweise geringen Erklarungsbeitrage sind moglicherweise darauf zuriickzufiihren, dass die Anzahl der unabhangigen Variablen, bei denen Einfliisse auf die abhangigen Variablen postuliert wurden, deutlich geringer ist als bei dem Modell zur Erfolgswirksamkeit."^ Die Ergebnisse der Hypothesenpriifting auf Basis des urspriinglichen, also hypothesengeleiteten Modells, sind in Tabelle 52 zusammengefasst.
' So wirkt beispielsweise auf die Gestaltungsfaktoren Informationsbreite und Fokussierung der operativen Kontrolle lediglich eine unabhangige Variable, wohingegen bei dem Modell zur Erfolgswirksamkeit 7 bzw. 5 Beziehungen zwischen den Gestaltungsfaktoren und der Effektivitat bzw. der Effizienz postuliert werden.
192
Teil G: Ergebnisse der empirischen Erhebung
Vorzeichen erw. ist Hypothesen zu den Charakteristika des Konzerns 13 Die GroBe des Konzerns beeinflusst die Funktionsfahigkeit eines informellen Berichtswesens negativ. 14 Die GroBe des Konzerns beeinflusst die Nutzung des Kapitalmark+ tes positiv. 15 Die GroBe des Konzerns wirkt positiv auf die Fokussierung der + operativen Kontrolle. 16 EineVertrauenskultur wirkt positiv auf die Verlassiichkeit der In+ formationen. 17 Eine Vertrauenskultur beeinflusst die Funktionsfahigkeit eines in+ + formellen Berichtswesens positiv. 18 Eine Vertrauenskultur beeinflusst die Fokussierung der operativen + + Kontrolle positiv. Hypothesen zu dem Charakteristikum der externen Umwelt der Tochtergesellschaft 19 1st die Tochtergesellschaft mit einer hohen Wettbewerbsintensitat + + konfrontiert, nimmt die Breite strategischer Informationen zu. 20 Ist die Tochtergesellschaft mit einer hohen Wettbewerbsintensitat + + konfrontiert, nimmt die Nutzung des Kapitalmarktes zu. 21 Ist die Tochtergesellschaft mit einer hohen Wettbewerbsintensitat + + konfrontiert, nimmt der Umfang der strategischen Kontrolle zu. Hypothesen zu dem internen Charakteristikum der Tochtergesellschaft 22 Je besser die finanzielle Lage der Tochtergesellschaft ist, desto hoher ist die Fokussierung der operativen Kontrolle. /**/***: signifikant auf dem 10%-, 5%-, 1%-Niveau; ns=nicht signifikant
Signifikanz
ns
Tabelle 52: Ergebnisse der Hypothesenprufung zum Zusammenhang zwischen Kontextfaktoren und Gestaltung der Kontrolle
Die Ergebnisse des ausschlieBlich hypothesengeleiteten Modells verdeutlichen, dass nicht nur die globalen Glitekriterien deutlich unter den geforderten Mindestmafien liegen, sondem zudem 5 Pfade nicht signifikant sind. In einem nachsten Schritt wurden zunachst die nicht signifikanten Parameter fixiert. Aufgrund der damit verbundenen Erhohung der Freiheitsgrade ist davon auszugehen, dass das resultierende Model! stabiler ist. Ausgehend von diesem stabileren Modell wurde vom Statistikprogramm LISREL zur Verbesserung der Modellgiite zum einen vorgeschlagen, einen Pfad zwischen dem Umfang der strategischen Kontrolle und der Informationsbreite strategischer Informationen freizusetzen. Dieser Empfehlung wurde
Teil G: Ergebnisse der empihschen Erhebung
193
gefolgt, da es plausibel ist anzunehmen, dass bei einer umfassenden Gestaltung der strategischen Kontrolle der Bedarf an strategischen Informationen im Berichtswesen, beispielsweise durch Indikatoren flir die Pramissenkontrolle, steigt, es mithin einen Zusammenhang geben kann. Zum anderen schlagt LISREL vor, einen Pfad zwischen dem Umfang der strategischen Kontrolle und der Nutzung des Kapitalmarktes zuzulassen. Auch dieser Empfehlung wurde gefolgt, da es denkbar ist, dass der Kapitalmarkt insbesondere im Rahmen der strategischen Kontrolle genutzt wird. Die beiden „datengetriebenen'' Modifikationen verdeutlichen, dass die Gestaltungsfaktoren der Kontrolle teilweise miteinander korrelieren. Im Modell zur Uberpriifting der Kontextabhangigkeit werden bestimmte Anteile der Korrelationen, die durch die Determinanten erklart werden, eliminiert.''^ Lediglich die Anteile an Korrelationen zwischen den Gestaltungsfaktoren, die nicht durch die Determinanten erklart werden, bleiben bestehen und sind in den beiden Fallen durch gerichtete Beziehungen spezifiziert worden. Da in dem Modell zur Uberprufiing der Zusammenhange von Gestaltung und Erfolg der Kontrolle die Determinanten nicht enthalten sind, gehen die Kovarianzen unter den Gestaltungsfaktoren in diesem Modell unverandert, also ohne Beriicksichtigung des Einflusses der Determinanten, in die Analyse ein. Die optimale Losung ware mithin ein Gesamtmodell gewesen, das sowohl die Kontext- als auch die Erfolgsabhangigkeit simultan abbildet. Dies war aufgrund der geringen Stichprobe jedoch nicht moglich. Wie Tabelle 53 verdeutlicht, deuten samtliche GiitemaBe des altemativen Modells nun auf eine gute Modellanpassung hin.
' Vgl. zur Berechnung mittels cker/Lomax(1996), S. 21ff.
parziellem
Korrelationskoeffizienten
stellvertretend
Schuma-
Teil G: Ergebnisse der empirischen Erhebung
194 1 GatemaBe
Alternatives Modell
X' df
31.75
XVdf
0,81
RMSEA
0,00
CFI NNFI
1,00
39
1,13
Tabelle 53: Giitebewertung des Forschungsmodells - alternatives Modell
Abbildung 14 zeigt die Ergebnisse der Hypothesenpriifiing im Uberblick. Das informelle Berichtswesen als Gestaltungsfaktor der Kontrolle ist in der Abbildung nicht aufgeftihrt, da die Hypothesenprufung keine signifikante Abhangigkeit von den untersuchten Kontextfaktoren ergab. Ein weiterer Unterschied des altemativen Modells zum urspriinglichen Modell liegt darin, dass sich das Signifikanzniveau des Pfades zwischen der GroBe des Konzems und der Fokussierung der operativen Kontrolle geringfiigig verringert, so dass der im urspriinglichen Modell auf 10% Niveau signifikante Pfad nicht mehr auf diesem 10% Niveau signifikant ist. Zuriickzufiihren ist dies auf die veranderte Struktur des altemativen Modells.--Abbildung 14 verdeutlicht neben den Pfadkoeffizienten auch die Erklarungsbeitrage der abhangigen Variablen. Beachtenswert ist, dass der nunmehr hohe Erklarungsbeitrag der Informationsbreite von 33% auf den „datengetriebenen" Zusammenhang zwischen dem Umfang der strategischen Kontrolle und der Informationsbreite zuriickzufiihren ist. Die Ergebnisse der Hypothesenprufung werden im Folgenden diskutiert.
' Zum einen ergeben sich aufgrund des Zulassens von Zusammenhangen zwischen den abhangigen Variablen Effekte, die Implikationen auf die Hohe der Pfadkoeffizienten haben. Zum anderen fiihrt das Fixieren eines nicht signifikanten Pfades auf eine abhangige Variable zu veranderten (direkten und indirekten) Effekten der verbleibenden Pfade auf die abhangige Variable, da LISREL die Parameterschatzung stets unter der Pramisse korrelierter Pradiktoren vomimmt.
Teil G: Ergebnisse der empirischen Erhebung
Grolie des Konzerns
195
Informationsbreite \ v
+ 0.42 *•* R2=337o
+ 0.56 " * _ - - - - ^ ^ N ; ; ^ —
Vertrauenskultur
Verlasslichkeit der Informationen + 0,58 ***
R2=31%
Nutzung des Kapitalmarktes + 0.30^;^^^^^^
R2=29%
T + 0.25**
Wettbewerbsintensitat Umfang der strategischen Kontrolle
Finanzielle Lage der Tochtergesellschaft
+ 0.26 *
Fokussierung der operativen Kontrolle R2=7%
Leqende: Signifikanznjveaus der standardisierte n Koeffizienten (einseitiger t-Test)
* 10% " 5% " • 1%
(t-WeftS1.31) {t-Werti1.69) (t-Wert S 2.43)
Abbildung 14: Ergebnisse der Hypothesenpriifung zum Zusammenhang von Kontextfaktoren und Gestaltung der Kontrolle - alternatives Modell
lA
Diskussion der Ergebnisse
Im Rahmen dieser Arbeit wurde die Kontrolle von Beteiligungen als spezifischer Lemprozess dargestellt, der auf die Erhohung des Handlungspotenzials von Beteiligungen und (in Verbindung mit nachfolgenden Fuhrungshandlungen) eine bessere Ausrichtung des Realisationshandelns dieser Einheiten auf die gewlinschten Zustande der Zentrale zielt. Ausgehend von diesem Kontrollverstandnis und einer dynamischen Modellierung okonomischer Akteure wurde eine Reihe von Strategien zur Maximierung des Kontrollerfolgs abgeleitet und in Gestaltungsparameter und idealtypische Anforderungen iiberfiihrt. Es wurden unter Ruckgriff auf benachbarte Disziplinen sieben Gestaltungsparameter identifiziert, die 67 bzw. 44 Prozent der Varianz von Effektivitat und Effizienz der Beteiligungskontrolle erklaren. Damit kann ein wesentlicher Beitrag zu einem besseren Verstandnis der Erfolgsfaktoren im Beteiligungscontrolling geleistet werden. Nach Wissen des Autors ist die vorliegende Studie die zweite empirische Erhebung zum
196
Teil G: Ergebnisse der empirischen Erhebung
Beteiligungscontrolling mit Erfolgsbezug nach der bereits erwahnten Studie von LlTTKEMANN.
Die Ergebnisse der Studie verdeutlichen weiter, dass insbesondere der Interaktion zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft zentrale Bedeutung zukommt. Dies konnte anhand des hohen Erfolgsbeitrags der beiden Parameter „VerIasslichkeit der Informationen" und „Funktionsfahigkeit eines informellen Berichtswesens'' gezeigt werden. Die in der betriebswirtschaftlichen Literatur fast regelmaBig unterstellte Erfolgswirksamkeit einer Nutzung des Kapitalmarktes--^ wurde allerdings fur den betrachteten Beobachtungskontext widerlegt. Die Ergebnisse zeigen tiberraschenderweise keinen signifikanten Einfluss auf die Effektivitat. Dies mag darauf zuriickzufuhren sein, dass eine Beurteilung der Qualitat der Analysten-Reports notwendig ist, um „qualitativ hochwertige" von „qualitativ schlechten'' Informationen unterscheiden zu konnen/" Bei dieser Beurteilung haben jedoch Beteiligungscontroller bislang haufig nur unzureichende Kenntnisse, so dass die Gefahr von Selektionsfehlem hoch ist. Die postulierte effizienzerhohende Wirkung einer Fokussierung der operativen Kontrolle muss aufgrund eines statistisch nicht signifikanten Pfadkoeffizienten verworfen werden. Dies ist moglicherweise darauf zuriickzufuhren, dass die operativen Kontrollaufgaben das Beteiligungscontrolling nicht in dem MaBe beschaftigen, dass aus einer Fokussierung der operativen Kontrolle auch eine wahrgenommene Effizienzerhohung resultiert. Zudem konnte die effektivitatserhohende Wirkung der Informationsbreite nicht bestatigt werden. Dies mag darauf zuriickzufuhren sein, dass die Informationsbreite erst im Zusammenspiel mit der strategischen Kontrolle eine Effektivitatserhohung herbeifuhrt. Neben der Erfolgswirksamkeit der Kontrolle wurden Hypothesen zur Abhangigkeit einzelner Gestaltungsparameter von den Determinanten Wettbewerbsintensitat der Tochtergesellschaft, GroBe des Konzems, Vertrauenskultur und fmanzielle Lage der Tochtergesellschaft abgeleitet.
' Vgl. beispielsweise Kaserer/Ahlers (2000), S. 538f zu Effizienzgewinnen, die durch Borsennotierungen von Tochtergesellschaften aufgrund der Moglichkeit der Substitution intemer durch exteme Kontrollmechanismen erzielt werden konnen. Vgl. zu den Kriterien der Beurteilung von Analysten O'Brien (1990), S. 286.
Teil G: Ergebnisse der empirischen Erhebung
197
Es wurde argumentiert, dass die GroBe des Konzems einen negativen Einfluss auf die Funktionsfahigkeit eines informellen Berichtswesens und einen positiven Einfluss auf die Nutung des Kapitalmarktes sowie die Fokussierung der operativen Kontrolle hat. Die Hypothese, in der ein negativer Zusammenhang zwischen der KonzemgroBe und der Funktionsfahigkeit eines informellen Berichtswesens vermutet wurde, muss aufgrund eines nicht signifikanten Pfadkoeffizienten verworfen werden. Dies kann moglicherweise darauf zuriickgefiihrt werden, dass die GroBe der untersuchten Konzeme bereits einen „kritischen Wert" iiberschritten hat, bei dem sie noch einen signifikanten Einfluss auf die Funktionsfahigkeit eines informellen Berichtswesens hat. Des Weiteren wurde vermutet, dass eine Vertrauenskultur die Verlasslichkeit der Informationen, die Funktionsfahigkeit eines informellen Berichtswesens und die Fokussierung der operativen Kontrolle positiv beeinflusst. Die Ergebnisse zeigen, dass lediglich der Zusammenhang zwischen einer Vertrauenskultur und der Verlasslichkeit der Informationen positiv und statistisch signifikant ist. Der fehlende Zusammenhang zwischen einer Vertrauenskultur und der Fokussierung der operativen Kontrolle kann moglicherweise darauf zuriickgefiihrt werden, dass ein MindestmaB an operativer Kontrolle selbst bei Vorliegen einer Vertrauenskultur notwendig ist. Denkbar ist zudem, dass weiteren, nicht abgefragten Kontextfaktoren wie beispielsweise dem Fiihrungsanspruch der Muttergesellschaft, ein hoherer Beitrag zukommen kann, so dass der postulierte Zusammenhang nicht signifikant ist. Eine mogliche Erklarung fur die verworfene Hypothese zum Zusammenhang zwischen Vertrauenskultur und Funktionsfahigkeit eines informellen Berichtswesens konnte darin liegen, dass nicht die Konzemkultur, sondem vielmehr der individuelle Grad an Vertrauen zwischen dem Beteiligungscontroller und dem dezentralen Controller entscheidend ist. In diesem Zusammenhang konnte das AusmaB an Interaktion zwischen der Mutter- und Tochtergesellschaft, beispielsweise durch fallweisen Personalaustausch, regelmaBige und auBerplanmaBige Zusammenkiinfte und Sitzungen, Konferenzveranstaltungen („ControllerTage") bzw. Workshops einen hohen Einfluss ausuben.''^ Zudem wurde argumentiert, dass eine hohe Wettbewerbsintensitat die Informationsbreite strategischer Informationen, die Nutzung des Kapitalmarktes und den Umfang
' Vgl. Holm/Johanson/Thilenius (1995), S. 97ff. zur Kontextabhangigkeit von Netzwerkstnikturen in multinationalen Konzemen.
198
Teil G: Ergebnisse der empihschen Erhebung
der strategischen Kontrolle positiv beeinflusst. Wie die Ergebnisse zeigen, kann ein signifikant positiver Einfluss jedoch nur in Bezug auf die Nutzung des Kapitalmarktes festgestellt werden. Die Tatsache, dass der Zusammenhang zwischen der Wettbewerbsintensitat und der Informationsbreite strategischer Informationen nicht signifikant ist, kann bedeuten, dass die Unterschiede in der Wettbewerbsintensitat bei den befragten Konzemen als gering empfiinden werden - moglicherweise weil in alien Tochtergesellschaften ein hoher Wettbewerbsdruck herrscht -, so dass sich daraus keine signifikanten Anderungen im Hinblick auf die Gestaltung des Berichtswesens ergeben. Der nicht signifikante Zusammenhang zwischen der Wettbewerbsintensitat und dem Umfang der strategischen Kontrolle kann dadurch erklart werden, dass anderen, im Rahmen der empirischen Erhebung nicht abgefragten Gestaltungsparametem hohe Bedeutung zukommt. So ist beispielsweise denkbar, dass die Frequenz von „Strategierunden", in denen gemeinsam mit der Tochtergesellschaft die strategische Ausrichtung einer Kontrolle unterworfen wird, steigt. Der postulierte Zusammenhang zwischen der fmanziellen Lage der Tochtergesellschaft und der Fokussierung der operativen Kontrolle konnte bestatigt werden.
H
Schlussbetrachtung
1.
Zusammenfassung der Ergebnisse
Ausgangspunkt der Untersuchung war die Feststellung, dass die Kontrolle von Beteiligungen als Aufgabe des Controllings trotz hoher praktischer Relevanz bislang nur rudimentar behandelt wurde. Die betriebswirtschaftliche Literatur zum Beteiligungscontrolling behandelt die Kontrolle von Beteiligungen dabei oftmals als ein formalisiertes System zur Uberwachung dezentraler Einheiten mittels wertorientierter Kennziffem. In der vorliegenden Arbeit wurde davon ausgegangen, dass dieses „enge" Kontrollverstandnis zu kurz greift und der Interaktion zwischen den Akteuren von Mutter- und Tochtergesellschaft hohe Bedeutung zukommt. Ausgehend von diesem Kontrollverstandnis bestand das grundsatzliche Ziel der Arbeit in der Herleitung der kontrollerfolgsmaximierenden Parameter bei borsennotierten Management-Holdings. Aus der umfassenden Zielsetzung der Arbeit wurden drei Forschungsfragen abgeleitet: 1. Wie ist die Kontrolle von Beteiligungen in borsennotierten Management-Holdings ausgestaltet? 2. Welche situativen Faktoren beeinflussen die Kontrolle von Beteiligungen in borsennotierten Management-Holdings? 3. Wie wirkt sich die Gestaltung der Beteiligungskontrolle auf den Erfolg der Kontrolle aus? Aufgrund der Defizite in der relevanten Controlling-Literatur zu diesen Fragestellungen wurde Bezug auf angrenzende Forschungsgebiete und im Vorfeld gefuhrte Interviews mit Praktikem aus dem Beteiligungscontrolling genommen, um die Tragfahigkeit der aufgestellten Hypothesen zu prufen. Zur Beantwortung der Fragestellungen wurde eine empirische Befragung von 51 Beteiligungscontrollem aller im Prime Standard der Deutschen Borse gelisteten Management-Holdings durchgefuhrt. 37 Fragebogen konnten fur die Untersuchung verwendet werden, was einer Riicklaufquote von 72,6% entspricht. Zur Analyse der postulier-
200
Teil H: Schlussbetrachtung
ten Zusammenhange wurden zunachst die zugrunde liegenden Konstrukte operationalisiert und mit Hilfe der Kriterien der ersten und zweiten Generation auf Reliabilitat, Validitat und empirische Relevanz getestet. Die Qualitat der groBtenteils selbstentwickelten Messinstrumente konnte als zufriedenstellend bezeichnet werden. Im Anschluss daran wurden zur Untersuchung der postulierten Zusammenhange zwei Strukturgleichungsmodelle verwendet, die gegeniiber der in der Controllingforschung haufig verwendeten Regressionsanalyse Vorteile bieten. Nachfolgend werden die zentralen Ergebnisse im Hinblick auf die formulierten Forschungsfragen zusammengefasst. Forschungsfrage 1: Wie ist die KontroUe von Beteiligungen in borsennotierten Management-Holdings ausgestaltet? Auf Basis eines akteursbasierten Ftihrungsmodells wurden insgesamt sieben kontrollerfolgsmaximierende Parameter abgeleitet, die sich auf die Phasen der Gegeniiberstellung von Ist- und Sollwerten („Transparenzphase"), der Abweichungsanalyse sowie der Ableitung von AnpassungsmaBnahmen beziehen oder auf kontrolluntersttitzende Wirkungen durch eine adaquate Gestaltung des monetaren Anreizsystems fur das dezentrale Management sowie die Nutung des Kapitalmarktes zielen. Im Rahmen der Informationsbereitstellung wurden neben der Informationsbreite strategischer Informationen im Konzemberichtswesen auch die akteursspezifischen Parameter Verlasslichkeit der Informationen und Funktionsfahigkeit einer informellen Berichterstattung abgeleitet. Es zeigt sich, dass die Auspragung der drei Facetten homogen und hoch ist. Zudem wurden die klassischerweise mit der Organisationsform der ManagementHolding verbundenen Kontrollstrategien der Fokussierung der operativen Kontrolle und der umfassenden Durchfiihrung der strategischen Kontrolle untersucht. Die Fokussierung ist verhaltnismaBig schwach ausgepragt und bestatigt bisherige empirische Erkenntnisse, wohingegen der Umfang der strategischen Kontrolle - mit Ausnahme der strategischen Uberwachung - stark ausgepragt ist. Die Bestandsaufnahme zur Nutzung des Kapitalmarktes verdeutlicht, dass die in der Literatur zum Beteiligungscontrolling bislang weitgehend vemachlassigte Moglichkeit der Rationalitatssicherung durch exteme Marktteilnehmer Relevanz hat, wobei der Informationsfunktion hohere Bedeutung zukommt als der KontroUfunktion.
Teil H: Schlussbetrachtung
201
Die im Rahmen der Incentivierung abgefragte Facette der Anreizkompatibilitat ist bei den meisten der befragten Konzeme stark ausgepragt. Forschungsfrage 2: Welche situativen Faktoren heeinflussen die KontroUe von Beteiligungen in borsennotierten
Management-Holdings?
Es wurden situative Faktoren im Hinblick auf ihren Einfluss auf einzelne Gestaltungsparameter untersucht. Im Einzelnen wurden die Wirkungen eines umweltbezogenen Charakteristikums (Wettbewerbsintensitat) sowie mehrerer untemehmensbezogener Charakteristika (GroBe des Konzems, fmanzielle Lage der Tochtergesellschaft sowie Vertrauenskultur) auf ausgewahlte Gestaltungsparameter der Kontrolle untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass die Wettbewerbsintensitat lediglich die Nutzung des Kapitalmarktes signifikant positiv beeinflusst. Hingegen hat die Wettbewerbsintensitat keinen signifikanten Einfluss auf den Umfang der strategischen Kontrolle und die Informationsbreite im Konzemberichtswesen. Bei den untemehmensbezogenen Determinanten ubt die GroBe des Konzems einen positiven Einfluss auf die Nutzung des Kapitalmarktes aus. Hingegen konnte kein positiver Einfluss der GroBe auf die Fokussierung der operativen Kontrolle und kein negativer Einfluss auf die Funktionsfahigkeit eines informellen Berichtswesens festgestellt werden. Eine Vertrauenskultur beeinflusst die Verlasslichkeit der iibermittelten Informationen signifikant positiv. Kein signifikanter Zusammenhang konnte hingegen zwischen der Vertrauenskultur und der Fokussierung der operativen Kontrolle sowie der Funktionsfahigkeit eines informellen Berichtswesens festgestellt werden. Eine gute fmanzielle Lage der Tochtergesellschaft wirkt schlieBlich positiv auf die Fokussierung der operativen Kontrolle. Forschungsfrage 3: Wie wirkt sich die Gestaltung der Beteiligungskontrolle auf den Erfolg der Kontrolle aus? Es wurde argumentiert, dass die identifizierten Kontrollparameter Einfluss auf den Kontrollerfolg haben. Der Kontrollerfolg wurde unter Rtickgriff auf das Begriffspaar der Effektivitat und Effizienz der Kontrolle operationalisiert. Mit Ausnahme der postulierten effektivitatserhohenden Wirkungen der Informationsbreite strategischer Informationen im Berichtswesen und der Nutzung des Kapitalmarktes sowie der effizienzerhohenden Wirkung der Fokussierung der operativen Kontrolle konnten die Zusammenhange statistisch bestatigt werden. Neben einer anreizkompatiblen Incentivierung und den klassischerweise mit der Organisationsform der Management-Holding assoziierten Kontrollparametem der umfassenden Durchfuhrung der strategischen Kontrolle
202
Teil H: Schlussbetrachtung
sowie der Fokussierung der operativen Kontrolle kommt insbesondere den in der Literatur zum Beteiligungscontrolling vemachlassigten „weichen'' Faktoren Verlasslichkeit der Informationen und Funktionsfahigkeit eines informellen Berichtswesens ein hoher Erfolgsbeitrag zu.
2.
Kritische Bewertung und weiterer Forschungsbedarf
Mit den Strategien zur Maximierung des Erfolgs der Beteiligungskontrolle und den daraus resultierenden Gestaltungsparametem konnten 67 bzw. 44 Prozent der Varianz von Effektivitat und Effizienz der Beteiligungskontrolle erklart werden. Legt man die erklarte Varianz der Erfolgsvariablen als ErfolgsmaBstab empirischer Untersuchungen zugrunde, ist es gelungen, unter Riickgriff auf verwandte Forschungsgebiete die kritischen Parameter zu identifizieren.--^ Damit konnte ein wesentlicher Beitrag zu einem besseren Verstandnis der Erfolgsfaktoren im Beteiligungscontrolling geleistet werden. Nach Wissen des Autors ist die vorliegende Studie die zweite empirische Erhebung zum Beteiligungscontrolling mit Erfolgsbezug nach der Studie von LiTTKEMANN. Die abgeleiteten Kontrollparameter sowie das entwickelte Forschungsmodell konnen als Basis fiir weitere Studien zum Beteiligungscontrolling im Allgemeinen und zur Kontrolle im Speziellen dienen. Allerdings ergibt sich flir die weitere Forschung auch eine Reihe von Aufgaben, die aus den methodischen Limitierungen der vorliegen Arbeit herruhren. • Zur Herstellung einer homogenen Ausgangsbasis erscheint die Eingrenzung auf deutsche borsennotierte Management-Holdings als ein sinnvoller erster Schritt. In der Zukunft sollten aber vergleichende Studien zu anderen Konzemorganisationsformen folgen.
' Zu einer ahnlichen Conclusio kamen jungst MERCHANT/VAN DER STEDE/ZHENG in einer Analyse der Literatur zu Anreizsystemen: „research progress is being hindered because so much of this research is parochial, single discipline or paradigm-focused. Researchers should use any and all paradigms, evidence, and research methods that might shed light on the issues at hand" (MerchantA^an der Stede/Zheng (2003), S. 280). Wunschenswert im Zusammenhang mit Anreizsystemen ware demnach insbesondere eine engere Verzahnung verhaltenswissenschaftlicher und okonomischer Erkenntnisse, um der Umfassenheit des Themenkomplexes gerecht zu werden.
Teil H: Schlussbetrachtung
203
• Ein weiterer Ansatzpunkt ftir zukiinftige Forschungsarbeiten betrifft die Zielgruppe der Datenerhebung. Befragt wurde je Konzem ein Beteiligungscontroller. Da das Beteiligungscontrolling jedoch haufig aus mehreren Akteuren besteht, sollten in zukiinftigen Untersuchungen mehrere Controller eines Untemehmens befragt werden. Zusatzlich sollten im Rahmen dyadischer Befragungen die dezentralen Akteure in den Beteiligungen beriicksichtigt werden. Durch dieses Vorgehen kann auch die Gefahr des ^Common Method Bias" reduziert werden, der aus der Erhebung der abhangigen und unabhangigen Variablen von nur einem Informanten resultiert. • Die Verwendung der Selbsteinschatzung beim Erfolg birgt die Gefahr eines hoheren Durchschnittswerts und einer begrenzten Breite der Antworten.^^ Zukiinftige Untersuchungen sollten daher objektive ErfolgsgroBen, beispielsweise vom Kapitalmarkt abgeleitete GroBen, beriicksichtigen oder mehrere Akteure im Untemehmen nach ihrer Einschatzung des Untemehmenserfolgs befragen, um eine weniger stark subjektiv gepragte Einschatzung zu erhalten. • Die Uberprufung der entwickelten Messinstrumente auf Reliabilitat und Validitat hat gezeigt, dass die Operationalisierung der untersuchten Konstrukte zufriedenstellend ist. Allerdings machen die niedrigen Werte einiger GiitemaBe deutlich, dass weitere Forschung notwendig ist, um die Qualitat der Messinstrumente zu verbessem. Dies betrifft insbesondere das neu entwickelte Konstrukt zur Nutzung der Kontrollfunktion des Kapitalmarktes. Zudem ist eine Replikation der neu entwickelten Messinstrumente in anderen Zusammenhangen (zum Beispiel andere Konzemorganisationsformen, andere Lander etc.) notwendig, um die Stabilitat der psychometrischen Eigenschaften und die Generalisierbarkeit der Messinstrumente sicherzustellen.'''' • Die in der Arbeit untersuchten Modelle zum Zusammenhang zwischen Kontextund Gestaltungsparametem sowie zwischen Gestaltungs- und Erfolgsparametem sind sehr komplex; der Stichprobenumfang ist hingegen gering. Bei der Untersuchung komplexer Modelle ist die Stabilitat der geschatzten Parameter, d.h. ihre Unabhangigkeit von der verwendeten Stichprobe, gefahrdet. Anhand einer neu er-
• Vgl. Thornton (1968), S. 45Iff.; Chong/Chong (1997), S. 274. Vgl. Diamantopoulos/Souchon (1999), S. 9.
204
Teil H: Schlussbetrachtung
hobenen Stichprobe sollte daher die Stabilitat der Forschungsmodelle liberpruft werden.^" • Bei der Interpretation ist zu beachten, dass Strukturgleichungsmodelle keine kausale Beziehung zwischen den untersuchten Konstrukten implizieren.^" Das Strukturgleichungsmodell vergleicht lediglich das theoretische Modell mit den empirischen Daten. Wenn der Modellfit akzeptabel ist, werden die unterstellten Beziehungen im Strukturmodell und in den Messmodellen als von den Daten unterstiitzt angesehen. Streng genommen bedeutet dies nur, dass das Modell nicht abgelehnt wird.^^ Es ist jedoch moglich, dass die im Forschungsmodell angenommenen Beziehungen umgekehrt oder wechselseitig sind.'^' Zudem sind Strukturgleichungsmodelle auf die Untersuchung linearer Zusammenhange beschrankt. Sie beriicksichtigen nicht, dass Beziehungen zwischen Variablen nicht-linear oder nur in gewissen Intervallen linear sein konnen. Diese Formen von Zusammenhangen konnten beispielsweise durch Fallstudien detaillierter untersucht werden.^^ • In zukiinftigen Studien sollte die gewahlte Forschungsmethode durch andere Methoden erganzt werden. Die Fragebogenmethode erlaubt nur die Analyse der statistischen Zusammenhange zu einem bestimmten Zeitpunkt. Die Kontrolle von Beteiligungen wirkt jedoch wahrscheinlich mit einer gewissen zeitlichen Differenz auf den Erfolg der Kontrolle und kann nur begrenzt mit Hilfe der Fragebogenmethode erfasst werden. Zukiinftige Forschungsbeitrage sollten andere Forschungsmethoden (zum Beispiel Langsschnittuntersuchungen und Fallstudien) anwenden, um die theoretisch postulierten Zusammenhange systematisch zu untersuchen.'^^ Neben den methodischen Limitierungen lasst sich auch aus konzeptioneller Sicht weiterer Forschungsbedarf ableiten: • Im Hinblick auf die Erfolgswirksamkeit fokussiert die Arbeit auf die Untersuchung der Erfolgswirksamkeit der Kontrolle. In weiteren Untersuchungen sollte daher
'' Vgl. Homburg/Klarmann (2003), S. 84. '' Vgl. Cliff (1983), S. 116; Nachtigall et al. (2003). S. 6. "" Vgl. Nachtigall et al. (2003), S. 5. '' Vgl. Chong/Chong (1997), S. 274; Baines/Langfield-Smith (2003), S. 694. '^ Vgl. Baines/Langfield-Smith (2003), S. 694. '' Vgl. auch Ezzamel (1990), S. 194; Chong/Chong (1997), S. 274.
Teil H: Schlussbetrachtung
205
auch der Zusammenhang zwischen dem Kontrollerfolg und dem Untemehmenserfolg untersucht werden. • Bei der Ableitung der kontrollerfolgsmaximierenden Parameter musste aufgrund der empirischen Methodik zwangslaufig engpassorientiert vorgegangen werden. Die dabei vemachlassigten Gestaltungsparameter sollten in zukunftigen Studien aufgegriffen und auf ihre Erfolgswirksamkeit untersucht werden. Beispielhaft seien hier die verstarkte Substitution der Kontrolle durch ex ante greifende MaBnahmen der Durchsetzung oder die Kultivierung sozialer und intemer Kosten zur Reduktion von Praferenzdifferenzen genannt. Dies setzt allerdings voraus, dass die Beschrankung der Kontrollaufgabe durch das institutionalisierte Beteiligungscontrolling aufgegeben und um Aspekte der normativen Beteiligungsftihrung erweitert wird. • Die empirische Erhebung hat gezeigt, dass zahheiche Pfadkoeffizienten der postulierten Zusammenhange zwischen Kontext- und Gestaltungsvariablen der Kontrolle nur geringe Werte aufweisen und nicht signifikant sind. Dies bedeutet, dass sie keinen groBen Erklarungsbeitrag in Bezug auf das abhangige Konstrukt leisten.^^^ Moglicherweise ist die Kontextabhangigkeit einiger Parameter nicht so stark wie erwartet. In weiteren Studien sollte daher der Einfluss der nicht betrachteten Kontextfaktoren auf die Gestaltung der Kontrolle untersucht werden. • Im Rahmen der Rationalitatssicherungsfunktion durch exteme Markte und Marktteilnehmer wurde der Schwerpunkt auf den Eigenkapitalmarkt gelegt. Weitere Arbeiten konnten den Fremdkapitalmarkt aufgreifen und auf das Rationalitatssicherungspotenzial hin empirisch untersuchen. Neben dieser kritischen Auseinandersetzung mit der Untersuchung werden im nachsten Abschnitt die Implikationen beschrieben, die sich aus der Arbeit fur die Praxis ableiten lassen.
Wgl.Chin(1998), S. Xlll.
206
3.
Teil H: Schlussbetrachfung
Implikationen fiir die Praxis
Aus den Ergebnissen der Arbeit ergeben sich zahlreiche Erkenntnisse, die bei der Gestaltung der Kontrolle in der untemehmerischen Praxis beachtet werden sollten. Mit Blick auf die Informationsversorgung resultiert aus dem hohen Erkarungsbeitrag der Verlasslichkeit der iibermittelten Informationen die Notwendigkeit, Fahigkeiten und die Motivation der dezentralen Akteure einschatzen zu konnen. Neben der oftmals diskutierten Anforderung an Beteiligungscontroller, ,4iarte, rechnungslegungsorientierte" Informationen bereitzustellen, deutet dies auf die Notwendigkeit bin, der Beteiligungsfiihrung zusatzlich auch „weiche" Informationen iiber die Akteure zu liefem. Zudem konnte die hohe Bedeutung eines funktionsfahigen informellen Berichtswesens empirisch nachgewiesen werden. Die aus informellen Kommunikationsprozessen resultierenden Gestaltungsempfehlungen zielen insbesondere auf hinreichend iibereinstimmende „inteme Modelle" von zentralem und dezentralem Controlling. In dem MaBe, wie diese konstruktiv zusammenarbeiten, verfiigen sie in der Kegel iiber solche geteilten Denkstrukturen. Fiir die Controllingpraxis legt dies die Empfehlung nahe, ein ofFenes Kommunikationsklima und eine enge Zusammenarbeit von zentralem und dezentralem Controlling anzustreben. Dabei sind in Erganzung zu kalkulatorischen Fahigkeiten insbesondere auch Kommunikations- und Kooperationsfahigkeiten gefragt. Zusatzlich konnte gezeigt werden, dass die Nutzung des Kapitalmarktes durch das institutionalisierte Beteiligungscontrolling in praxi hohe Relevanz hat; die postulierte effektivitatserhohende Wirkung der Nutzung des Kapitalmarktes konnte hingegen nicht nachgewiesen werden. Dies mag darauf zuriickzufiihren sein, dass Beteiligungscontroller aufgrund des bisherigen Fokus auf untemehmensinteme Quellen oftmals nur unzureichendes Wissen und Fahigkeiten iiber den Kapitalmarkt und die dort handelnden Akteure haben. Diese Kenntnisse sind jedoch Voraussetzung dafiir, dass die Rationalitatssicherungsleistung des Kapitalmarktes richtig eingeschatzt werden kann. Die fiir die Umsetzung eines kapitalmarktnutzenden Beteiligungscontrollings notwendigen Fahigkeiten scheinen vor allem bei ,4costenrechnungsorientierten" Controllem bisher nur unzureichend vorhanden zu sein. In der Annahme, dass der Kapitalmarkt grundsatzlich bei hinreichendem Wissen die Effektivitat der Kontrolle erhohen kann, ware eine organisatorische Verbindung der Investor-Relations-Abteilung mit dem Beteiligungscontrolling anzustreben. Da die bereits existierende Zusammenarbeit sich oftmals auf Spezialfragen von Kapitalmarktteilnehmem beschrankt, die die InvestorRelations-Abteilung nicht beantworten kann und an das Beteiligungscontrolling wei-
Teil H: Schlussbetrachtung
207
terleitet, erscheint die Bildung einer Projektgruppe als Startpunkt einer Institutionalisierung erfolgsversprechend. Im Rahmen der mit der strategischen Kontrolle verbundenen Aufgaben konnte insbesondere ein Defizit bei der strategischen Uberwachung festgestellt werden. Sie fallt deutlich hinter der Pramissen- und strategischen Durchfiihrungskontrolle ab, vermutlich weil die Kontrolltrager auf diesem Gebiet oftmals wenig Erfahrung besitzen. Jenseits formaler Informationsverarbeitungssysteme wird bei der strategischen Uberwachung versucht, etablierte Denk- und Handlungsmuster der Akteure in den dezentralen Einheiten, ihrer intemen Modelle, gezieh auf den Priifstand zu stellen. Dies kann durch fallweisen Personaltransfer zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft fur eine bestimmte Zeit, den Einbezug der dezentralen Einheiten in den Kontrollprozess oder auch den Einbezug Untemehmensextemer bzw. „anders denkender" Kiinstler o.a. in strukturierten Diskursen geschehen. Ziel solcher Ubungen ist die Erweiterung der Perzeptionsfahigkeit individueller Entscheidungstrager und ihre Sensibilisierung fur Veranderungen der strategischen Pramissen. Ein solches Vorgehen stellt jedoch hohe Strukturierungs- und Moderationsanforderungen an die Beteiligungscontroller. Auch bei der Entwicklung von Anreizsystemen sind neben methodischem Wissen iiber Vergiitungssysteme insbesondere Moderationsgeschick und Interaktionsfahigkeiten hilfreich. So setzt die erfolgreiche Implementierung anreizkompatibler Vergiitungssysteme beispielsweise die Durchfuhrung von Informationsveranstaltungen und Schulungen voraus, in denen den dezentralen Managem die Sinnhaftigkeit und die Funktionsfahigkeit des Vergtitungssystems erlautert werden. Derartige MaBnahmen konnen ebenfalls einen gewichtigen Beitrag zur Durchsetzung der mit dem Vergtitungssystem verbundenen Ziele leisten.
208
Teil H: Schlussbetrachtung
AbschlieBend bleibt festzuhalten, dass die klassischen Anforderungen von quantitativmethodischen Fahigkeiten insbesondere urn Interaktionsfahigkeiten zu erweitem sind. Damit zeigt sich, dass das von DEYHLE bereits in den 70er Jahren entwickelte Anforderungsprofil an Controller, bei dem Verhaltensanforderungen besonders betont werden,^^^ erstmals im Kontext des Beteiligungscontrollings durch eine empirische Untersuchung bestatigt wird und in diesem Bereich hohe Relevanz aufweist.
* Vgl. Deyhle (1980), S. 40. Basis der Aufstellung methodisch-fachlicher und verhaltensbezogener Anforderungen ist DEYHLES umfassende Schulungserfahrung. Zu den in Stellenanzeigen genannten Anforderungen an Controller in einer Langsschnittanalyse vgl. Weber/Schaffer (1998), S. 231.
Anhang
1.
Deskriptive Auswertungen der untersuchten Konstrukte MW
SA
SA/MW
Informationsbreite
4,68
1,45
OJl
Verlasslichkeit der Informationen
5,15
1,10
0.21
Informelles Berichtswesen
5,10
0,99
0.20
Nutzung der Informationsfunktion des Kapitalmarktes
4.40
1,51
0,34
Nutzung der Kontrollfunktion des Kapitalmarktes
3,65
1,33
0,37
Pramissenkontrolle
5,70
1,04
0,18
Strategische DurchfuhrungskontroUe
5,41
1,05
0,19
Strategische Uberwachung
4,41
1,22
0,28
Tiefe der strategischen KontrolleAnalysen
5,04
1,24
0,25
Tiefe der strategischen KontrolleMaBnahmen
4,70
1,27
0,27
Fokussierung der operativen KontroUeAnalysen
4,05
1.47
0,36
Fokussierung der operativen KontrolleMaBnahmen
4,51
1.49
0,33
Anreizkompatibilitat der Incentivierung
5,95
0,96
0,16
Effektivitat der operativen Kontrolle
5,53
0,80
0.15
Effektivitat der strategischen Kontrolle
5,20
0,87
0.17
Effizienz der Kontrolle
5,22
0,96
0.18
Variable Einzelkonstrukte
|
Sammelkonstrukte Nutzung des Kapitalmarktes
4,02
1,28
0,32
Fokussierung der operativen Kontrolle
4,28
1,34
0,31
Umfang der strategischen Kontrolle
5,05
0,90
0,18
Effektivitat der Kontrolle
5,36
0.75
0.14
210
2.
Anhang
Untersuchung der Diskriminanzvaliditat - Kontextabhangigkeit Faktor
1
2
3
4
5
6
7
DEV
0,56
0,63
0,65
0,53
0,62
0,50
0,48
1:
Vertrauenskultur
0,56
-
2:
Informationsbreite
0,63
0,07
-
3:
Verlasslichkeit Informationen
der
0,65
0,31
0,10
-
4:
Informelles wesen
Berichts-
0,53
0,03
0,06
0,01
-
5
Nutzung des Kapitalmarktes
0,62
0,00
0,05
0,01
0,02
6:
Umfang der strategischen Kontrolle
0,50
0,09
0,33
0,14
0,12
0,11
7:
Fokussierung der operativen Kontrolle
0,48
0,01
0,02
0,01
0,00
0,02
quadrierte Korrelationen
Tabelle 54: Einfluss von Kontextfaktoren aufdie Gestahung der Kontrolle - Untersuchung der Diskriminanzvaliditat
0,00
-
Literaturverzeichnis Abarbanell, J. S./Bemard, V. C (1992): Tests of Analysts' Overreaction/Underreation to Earnings Information as an Explanation for Anomalous Stock Price Behavior, in: Journal of Finance, Volume 47, S. 1181-1207. Abemethy, M. A./Guthrie, C. H. (1994): An Empirical Assessment of the Fit Between Strategy and Management Information Systems Design, in: Accounting and Finance, Volume 34, November, S. 49-66. Abemethy, M. A./Lillis, A. M. (2001): Interdependencies in Organization Design: A Test in Hospitals, in: Journal of Management Accounting Research, Volume 13, S. 107-130. Abemethy, M. A./Vagnoni, E. (2004): Power, Organizational Design and Managerial Behavior, in: Accounting, Organizations and Society, Volume 29, S. 207-225. Ache, H. (1987): Management-Holding und Innovationsfahigkeit, in: Die Betriebswirtschaft, 47. Jahrgang, S. 223-225. Achleitner, A.-K. (2002): Handbuch Investment Banking, 3. Auflage, Wiesbaden 2002. Achleitner, A.-K./Bassen, A./Pietzsch, L/Wichels, D. (2002): Effiziente Kapitalmarktkommunikation mit Finanzanalysten - Gestaltungsempfehlungen fiir Wachstumsuntemehmen, in: Finanzbetrieb, 4. Jahrgang, Heft 1, S. 29-44. Ackermann, K.-F. (1974): Anreizsysteme, in: Grochla, E.AVittmann, W. (Hrsg.): Handworterbuch der Betriebswirtschaft, Stuttgart 1974, Sp. 156-163. Ackoff, R. L. (1983): Beyond Prediction and Preparation, in: Journal of Management Studies, Volume 20, Heft 1, S. 59-69. Agthe, K. (1958): Die Abweichungen in der Plankostenrechnung. Ihre Ermittlung, Analyse und Verrechnung, Freiburg i. Br. 1958. Aguilar, F. (1967): Scanning the Business Environment, New York 1967.
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