Hermann Meier Zur Geschäftsordnung
Hermann Meier
Zur Geschäftsordnung Technik und Taktik bei Versammlungen, Sitzunge...
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Hermann Meier Zur Geschäftsordnung
Hermann Meier
Zur Geschäftsordnung Technik und Taktik bei Versammlungen, Sitzungen und Diskussionen 3. Auflage
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
3. Auflage 2011 Alle Rechte vorbehalten © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011 Lektorat: Frank Schindler VS Verlag für Sozialwissenschaften ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.vs-verlag.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Druck und buchbinderische Verarbeitung: Ten Brink, Meppel Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in the Netherlands ISBN 978-3-531-17835-6
Inhaltsverzeichnis
Vorwort Vorwort zur Neubearbeitung 2002 Vorwort zur Neubearbeitung 2010
7 9 10
1 2
Einleitung Im Vorfeld 2.1 Die Auswahl und Vorbereitung des Sitzungssaals 2.2 Die Einladung 2.3 Der Tagesordnungsvorschlag 2.4 Letzte Vorbereitungen vor der Sitzung
11 13 13 17 23 26
3
Die Aufgaben des Sitzungsleiters 3.1 Die juristische Funktion des Leiters 3.2 Die Ordnungsfunktion des Leiters 3.3 Die Lenkungsfunktion des Leiters
31 32 34 37
4
Die Sitzung 4.1 Die Eröffnung 4.2 Die Feststellung der Beschlussfähigkeit 4.3 Die Wahlen für die Sitzungsfunktionen 4.4 Die Genehmigung der Tagesordnung (TO) 4.5 Die Genehmigung des Protokolls 4.6 Der Bericht 4.7 Die Entlastung 4.8 Der Tagesordnungspunkt Wahlen 4.9 Die Behandlung von Sachanträgen 4.10 Der Tagesordnungspunkt „Verschiedenes“ 4.11 Der einwandfreie Abschluss
39 39 42 47 53 56 62 64 65 74 88 89
6
Inhaltsverzeichnis
5
Geschäftsordnungsanträge 5.1 Behandlung von GO-Anträgen 5.2 Inhalt von Geschäftsordnungsanträgen
91 93 98
6
Diskussion und Debatte 6.1 Diskussionsformen 6.2 Technik und Taktik der Diskussionen 6.3 Die Diskussionsleitung
119 119 124 126
7
Abstimmungen und Beschlüsse 7.1 Die Abstimmung 7.2 Abstimmungsverfahren 7.3 Stimmrecht 7.4 Auszählen 7.5 Gültigkeit und Anfechtung von Beschlüssen
135 135 136 141 143 147
8
Wahlen
151
9
Die Mehrheit 9.1 Bewertung von Stimmen und Stimmzetteln 9.2 Verfahren zur proportionalen Sitzverteilung 9.3 Das Zugreifverfahren
157 158 161 165
10
Abschließende Hinweise 10.1 Nachbereitung von Sitzungen 10.2 Praktische Übungsmöglichkeiten
167 167 168
Anhang 1 Anleitung zum Lesen der Flussdiagramme
171 171
Anhang 2: Muster-Geschäftsordnung Geschäftsordnung (GO) für die Mitgliederversammlungen des XY e. V.
173 173
Anhang 3: Verzeichnisse Literaturverzeichnis Abkürzungsverzeichnis Stichwortverzeichnis
177 177 178 179
Vorwort
Im täglichen Leben kommen wir immer wieder mit Gremien, Kommissionen und Versammlungen in Berührung: Hier werden Entscheidungen erarbeitet, Beschlüsse gefasst und Repräsentanten gewählt. Das beschränkt sich keineswegs auf das weite Feld politischen Handelns: Viele Bereiche der Wirtschaft werden von Konferenzen und Gremien geprägt: Leitung und Kontrolle von Unternehmen durch Gesellschafter- bzw. Hauptversammlung, Aufsichtsrat und Vorstand, Entscheidungsfindung in innerbetrieblichen und interdisziplinären Konferenzen, Auseinandersetzung unterschiedlicher Interessen in den Verbänden gegenüber den politisch Verantwortlichen und zwischen den Tarifparteien, zahlreiche Entscheidungen werden in Sitzungen erarbeitet und zum Abschluss gebracht. Auch in Freizeit und Privatleben kommt der Bürger mit Gremien in Berührung:
Vereine und ihre Mitgliederversammlungen, Kirchenvorstand, Elternausschuss und Eigentümerversammlungen
sind Gremien, in denen er an Entscheidungen und Beschlüssen aktiv mitwirkt. Schon früh haben sich Regeln herausgebildet, nach denen solche Sitzungen ablaufen, denn gerade diese mehr oder weniger strengen Grundsätze unterscheiden eine Sitzung vom Palaver am Biertisch und bieten die Voraussetzung dafür, am Schluss ein greifbares Ergebnis zu erzielen.
8
Vorwort
Doch gibt es im deutschsprachigen Raum kaum Literatur, das sich mit diesen scheinbar formalen Fragen und den Alltagsproblemen kleinerer Versammlungen und Sitzungen ausführlich auseinandersetzt.1 Diese Lücke soll das vorliegende Buch schließen. Alle wichtigen Fragen des korrekten geschäftsordnungsgemäßen Ablaufs einer Sitzung werden erläutert und auch für den weniger Erfahrenen einfach und eindeutig dargestellt. Es soll so den Informationsvorsprung der „alten Taktiker“ verringern und die eigentlich unwürdigen Manipulationen und Verfahrensstreitigkeiten beseitigen helfen. Denn oft wird gerade mit den Regeln der Geschäftsordnung „Politik gemacht“. In diesem Buch wird gesagt, mit welchen Mitteln und Tricks Mehrheiten „gebildet“, aber auch „ausgeschaltet“ oder „überfahren“ werden können. Der anständige und kluge Sitzungsteilnehmer wird die Geschäftsordnung nicht missbrauchen, denn er wird über kurzfristige Erfolge den lange währenden Verlust an Vertrauen nicht hinnehmen wollen. Doch er muss alle Taktiken kennen: Denn nur dann kann er selbst sich vor ihnen schützen und sich gegen den wehren, der glaubt, sich ihrer bedienen zu müssen. Benutzen Sie daher dieses Buch bitte als Handbuch für ein gerechteres und stets faires Verfahren – und sei es auch nur, weil Sie fürchten müssen, dass auch Ihr Gegner es kennt und zur Hand hat...
1 Im anglosächsischen Raum werden vielfach die ‚Robert Rules of Order‘ (18) verwendet – ein Konvolut von Hunderten von recht komplexen Regeln.
Vorwort zur Neubearbeitung 2002 Selbst ein Buch über seit Jahrzehnten gewachsene Verfahrensregeln bedarf gelegentlich einer Überarbeitung. An den konkreten Inhalten hat sich erwartungsgemäß seit dem ersten Erscheinen (1978) fast nichts geändert. Allerdings entsprach das Layout nicht mehr dem heutigen Stil, die neue Rechtschreibung erforderte Korrekturen und die Literaturhinweise waren anzupassen, da die meisten Referenzen die gut 20 Jahre nicht überlebt haben. Neu sind auch die in etlichen Fußnoten angegebenen „zitierfähigen“ Aktenzeichen. Hier konnten eine ganze Reihe von Gerichtsentscheidungen neu aufgenommen werden, zu einem erheblichen Teil gespeist aus der Rechtsprechung zum Wohneigentumsgesetz (WEG), dessen Bestimmungen zur Eigentümerversammlung offenbar einigen Klärungsbedarf zu Verfahrensfragen geschaffen haben. Denn die Nutzung des Gemeinschaftseigentums in EigentumswohnungsAnlagen enthält zahlreiche streitstiftende Themen, die in der Wohneigentümerversammlung diskutiert und beschlossen werden müssen. Die Entscheidungen bestätigen die in diesem Buch schon in früheren Auflagen beschriebenen Regeln und festigen damit das ungeschriebene Gewohnheitsrecht auch in den weniger intensiv durch Gesetze geregelten Lebensbereichen. Dem Zweck des Buches entsprechend werden nur einige solche Urteile angegeben, die geeignet sind, in Streitfällen vorgerichtlich etwaige Zweifler zu überzeugen. Die vertiefte rechtliche und wissenschaftlich fundierte Behandlung möge den einschlägigen Kommentaren und der fachlichen Auseinandersetzung der Rechtskundigen überlassen bleiben. Da viele Leser das Buch als Vademekum in den Sitzungen zum schnellen Nachschlagen nutzen, wurde wieder besonderer Wert auf das sehr ausführliche Stichwortverzeichnis im Anhang gelegt. Und ein neuer Service: Einer Anregung aus dem Leserkreis folgend stehen die häufig „abzuarbeitenden“ Flussdiagramme zum Ausdruck im Internet bereit (Adresse: http://www.ZurGO.de). Hier finden sich auch zusätzliche Literaturhinweise und einige weitere das Thema ergänzende oder vertiefende InternetAdressen, Hinweise auf neue Rechtsprechung und eine Email-Adresse für Anregungen, Kommentare und Hinweise. So liegt mit der Neuauflage wieder ein aktuelles Handbuch vor, das dem Praktiker in allen wesentlichen Geschäftsordnungsfragen hilft, die Regeln zu kennen und stets korrekt anzuwenden. Haan, im Januar 2002
Dr. Hermann Meier
Vorwort zur Neubearbeitung 2010
Das eigentliche Regelwerk bedarf keiner Überarbeitung, auch die Rechtsprechung hat keine neuen Erkenntnisse gebracht, sondern das Bestehende wurde gefestigt und bestätigt. Einige obergerichtliche Entscheidungen seit der letzten Bearbeitung wurden noch eingefügt. Allerdings beeinflussen neue Techniken die Gremienarbeit – Laptop und Beamer ersetzen den Overhead-Projektor und EMail und Internet erleichtern vielfach die Gremienarbeit, schaffen aber auch neue Probleme; die ersten virtuellen Gremien und Elektronische Abstimmungen erfordern die Subsumption der bestehenden Regeln auf die neuen Möglichkeiten. Erneut musste das Literaturverzeichnis überarbeitet werden – die Lebensdauer auch von Fachbüchern hat in den vergangenen Jahrzehnten spürbar abgenommen. Die schon zur vorigen Bearbeitung eingeführte Internetseite hilft, hier zwischen den Auflagen etwas Aktualität zu sichern. Auf mehrfachen Wunsch aus dem Leserkreis wird in Anhang 2 eine MusterGeschäftsordnung für die Mitgliederversammlung eines Vereins abgedruckt. Sie steht zur leichteren Übernahme und Modifikation auf der Internetseite http:// www.ZurGO.de zum Herunterladen zur Verfügung. Dieser Kommunikationsweg zwischen Lesern und Autor hat sich bewährt und ich ermuntere Sie gern, ihn weiterhin für Ihre Anregungen zu nutzen. Haan, im Mai 2010
Dr. Hermann Meier
1 Einleitung 1 Einleitung
Dieses Buch wendet sich an alle, die an Sitzungen im politischen Leben, in Vereinen oder Gremien teilnehmen oder sie leiten. Es gliedert sich der Übersichtlichkeit halber weitgehend nach der Reihenfolge der Standard-Tagesordnung für die Mitgliederversammlung eines größeren Vereins, da hier alle wichtigen Probleme auftreten. Wenn Sie sich einen ersten Überblick verschaffen wollen, finden Sie diese Tagesordnung in Kapitel 2.3 auf Seite 24. Den einzelnen Themen zugeordnet finden Sie in dieser Schrifttype gesetzte Manipulationsgefahren und taktische Gesichtspunkte. Zusammengefasst werden in gesonderten Kapiteln die Themen
Geschäftsordnungsanträge Diskussion und Diskussionsleitung Abstimmungen und Wahlen Mehrheiten
behandelt, da sie in jedem Punkt der Tagesordnung eine Rolle spielen können. Für die Sitzungsleitung sind alle formalen Abläufe in einem Schema übersichtlich dargestellt, das der Ungeübte getrost vor sich hinlegen und „abarbeiten“ kann. Zur Darstellung wurde das aus der Kybernetik bekannte „Flussdiagramm“ (Erklärung siehe Anhang 1) gewählt. Alle wichtigen Begriffe werden mit Definitionen vorgestellt, die in erster Linie auf Verständlichkeit und erst dann auf juristische Eindeutigkeit hin formuliert sind: Denn dieses Buch ist schließlich für den Praktiker geschrieben. Die im Buch genannten Definitionen und Regeln werden so vorgestellt, wie sie allgemeinem Brauch, dem „parlamentarischen Gewohnheitsrecht“ entsprechen. Sie sind insbesondere abgeleitet und gesichert durch folgende Gesetze bzw. die darauf basierende Auslegung und Rechtsprechung:
H. Meier, Zur Geschäftsordnung, DOI 10.1007/978-3-531-93019-0_1, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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1 Einleitung
Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (14)(16) Versammlungsgesetz (2)(9) BGB (Vereinsrecht) (1)(10)(11)(13)(17) Geschäftsordnung für Rat und Ausschüsse in NW (12) Wohnungseigentumsgesetz (15) Aktiengesetz GmbH-Gesetz Gesetz über die politischen Parteien
Darüber hinaus wurden die Geschäftsordnungen einiger Gremien von Bund und Ländern, Gemeindesatzungen, Satzungen und Geschäftsordnungen deutscher Parteien, Vereine und Verbände ausgewertet. Als in Zweifelsfällen maßgebliche Auslegungsgrundlage werden die aufgeführten Gesetze herangezogen, wie es vor allem für den politischen Bereich als üblich anzusehen ist. (Hier gilt im Zweifelsfall die „analoge Anwendung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages“). Aber auch diese wird zu jeder Legislaturperiode neu beschlossen und bedarf immer wieder in Einzelpunkten der Auslegung. Die vor allem am Anfang noch etwas lückenhaften und teilweise experimentellen Bestimmungen waren stets so auszulegen, dass sie „fair und loyal angewendet werden“2, sind aber inzwischen kaum noch Änderungen unterworfen. Formale Abläufe, die sich in Jahrzehnten entwickelt haben, sind naturgemäß nicht homogen und mögen in Einzelfällen leicht individuelle Ausprägungen gebildet haben: So werden einige der hier beschriebenen Regeln in manchen Gremien vielleicht etwas anders praktiziert, es wird dort vielleicht auch weitere Regeln geben, die hier nicht Erwähnung finden. Dies muss aber nicht bedeuten, dass man diese Übung nun ändern soll oder dass Abweichungen von den Regeln dieses Buch „falsch“ sind: Viele der vorgestellten Regeln sind zwar in Gerichtsurteilen und Schiedssprüchen wie geschildert mehrfach bestätigt worden, doch muss man sich stets vor Augen halten, dass es sich oft um ungeschriebenes Gesetz handelt, dessen Anwendung sich aus langer Übung und einem gesunden Gefühl für Fairness entwickelt hat. In den besonderen Umständen des Einzelfalls kann eine andere Regelung sinnvoll und „besser“ sein als die übliche. Sie muss nur den Prinzipien der Fairness und der Gleichberechtigung genügen. Auf dieser Basis wird man etwaige Abweichungen zu beurteilen haben.
2
BverfGE 1, 144 (Geschäftsordnungsautonomie) NJW 1952, 537
2 Im Vorfeld 2 Im Vorfeld
Viele Mitglieder von Vereinsgremien, Parteien und Organisationen glauben, eine Sitzung laufe „von selbst“. Doch von „Klima“ und Lage des Sitzungssaals, Termin und Form der Einladung, Tagesordnung und zahlreichen Kleinigkeiten können Erfolg oder Misserfolg einer Sitzung abhängen. Denn schon bevor das erste Wort gesprochen ist, kann sich der Routinier mit günstiger Sitzordnung, entsprechender Tagesordnung und geeigneten Unterlagen bei knappen Mehrheiten einen unschätzbaren Vorteil geschaffen haben.
2.1 Die Auswahl und Vorbereitung des Sitzungssaals Neben dem eigentlichen Zweck und Thema einer Sitzung gibt es eine Reihe von bestimmten Randbedingungen, die Ablauf und Erfolg günstig und ungünstig beeinflussen: Ein zu kalter und zu großer Sitzungssaal fördert eine fruchtbare Zusammenarbeit ebenso wenig wie ein verqualmtes und überheiztes Hinterzimmer. Bei der Auswahl des Versammlungsortes sind vor allem folgende Punkte zu beachten: Verkehrsverbindungen - Der vorgesehene Versammlungsort sollte mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sein; für die Autofahrer müssen genügend Parkplätze, Wegweiser und Hinweisschilder (vor allem bei nicht allgemein bekannten Lokalen) vorhanden sein. Komfort - Eine zu luxuriöse, aber auch eine zu primitive Umgebung verunsichert die Teilnehmer, denen ein derartiges Klima fremd ist. - Vor allem im Winter wichtig: Ist eine Garderobe (mit Versicherung!) vorhanden?
H. Meier, Zur Geschäftsordnung, DOI 10.1007/978-3-531-93019-0_2, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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2 Im Vorfeld
- Bestehen Vervielfältigungsmöglichkeiten, technische Einrichtungen u. dgl. (siehe nächste Seite)? Größe und Grundriss des Vortragssaals - Ein zu großer Raum wirkt ungemütlich und erschwert das Zuhören (Hall) und das Sprechen. Die Zugänge sollten am besten in den hinteren Ecken liegen (zu spät Kommende und früher Gehende stören nicht so sehr). Tagsüber sollten die Fensterflächen seitlich der Blickachse zum Podium liegen, da sonst Teilnehmer oder Redner/Sitzungsleiter vom Tageslicht geblendet werden. Klima des Raumes - Achten sie auf Zugluft und kontrollieren sie die Heizung. Überhitzte Räume fördern zunächst Aggressionen und im Anschluss Resignation. - Reicht die Raumbeleuchtung? - Funzeliges Licht führt zu rascher Ermüdung und Nachlassen der Konzentration. Besorgen sie notfalls Leuchtmittel höherer Leistung (Wattzahl), um sie kurz vor Beginn der Sitzung gegen Vorhandene auszutauschen. (Manche Vermieter werden das allerdings nicht gerne sehen, also besser nach der Versammlung zurücktauschen ...) - Sind Geräuschbelästigungen ausgeschlossen (Straßenlärm, Kegelbahn)? In solchen Fällen müssen Sie rechtzeitig beim Vermieter Abhilfe reklamieren. - Macht der Raum einen insgesamt „freundlichen Eindruck“? Je früher Sie das Gegenteil monieren, umso größer die Chance, mit Blumengestecken, Tischdecken, einer Raumdekoration u. dgl. Abhilfe zu schaffen. - Wie wird in kurzen Pausen ein gründliches Lüften sichergestellt? - Ist der Raum abschließbar? Das kann wichtig sein, wenn die Teilnehmer z.B. zur Mittagspause gehen und vertrauliche Unterlagen im Tagungsraum zurückbleiben. Technische Einrichtungen - Stellen sie schon bei der Erstbesichtigung sicher, dass alle nötigen Hilfsmittel zur Verfügung stehen: - Verdunklung, Leinwand, Laptop mit Beamer bzw. die vom Referenten angeforderten Medien (Projektor für Dia, Film, Video, ggf. Overhead-Projektor mit einigen Leerfolien und wasserfesten Stiften), Mikrofon und Verstärkeranlage, Flip-Chart und dicke Faserstifte, Tafel mit Kreide, Leisten oder Stecktafeln und Nadeln zum Aufhängen von Plakaten und Schaubildern, Zeigestock ... - Jetzt ist auch der richtige Augenblick, zu klären, wer die technischen Geräte bedienen wird. Eine erste Funktionskontrolle kann nicht schaden!
Die Auswahl und Vorbereitung des Sitzungssaals
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- Klären Sie, ob (und vor allem wo) das nötige Zubehör zur Verfügung steht (Strom-Verlängerungskabel, langes Anschlusskabel für den Beamer, sicherheitshalber auch ein USB-Stick für den Fall, dass der Laptop des Referenten sich nicht mit dem Beamer verträgt). Denn die Erfahrung lehrt: Wenn solche Sachen in einer Veranstaltung kurzfristig gebraucht werden, sind sie entweder zufällig „gestern“ gerade ausgegangen oder der Mitarbeiter, der sie verwaltet, hat leider momentan Pause, Feierabend oder Geburtstag... Bei Vortragsveranstaltungen: Rednerpult - Wichtig ist zunächst die richtige Höhe: Ein großgewachsener Redner kann ggf. sein Manuskript auf einer viel zu niedrigen Unterlage kaum noch lesen; unterdurchschnittlich große Redner sehen dagegen hinter einem zu hohen Pult sehr unvorteilhaft aus. Professionelle Vermieter stellen für solche Fälle ein passendes Podest zur Verfügung (nachfragen!). Legen Sie probeweise ein paar Blatt Papier aufs Pult: Ist die Manuskript-Unterlage geneigt, muss eine hinreichend hohe Randleiste vorhanden sein, damit das Manuskript nicht dauernd rutscht. - Ist die Presse eingeladen, schmückt man sehr gern das Rednerpult oder den Hintergrund mit seinem Emblem, um mit den Pressefotos des Redners ein wenig Eigenwerbung unterzubringen. Bei der Erstbesichtigung des Raums wird man die entsprechenden Maße nehmen, damit ein passgenaues Emblem hergestellt und dann am Veranstaltungstag ohne viel Aufwand angebracht werden kann. Bewirtung - Gibt es Kaffee, Tee, Kaltgetränke? Wie wird das abgerechnet? Einrichtung - Sind die Stühle wirklich für eine längere Verweildauer bequem (ausprobieren)? Reichen die Stühle/Tische für die vorgesehene Teilnehmerzahl aus? Was passiert bei größerem Andrang als geplant – gibt es (und wo) Reserve? Wo gibt es ggf. eine Garderobe und (bei mehrtägigen Veranstaltungen) Aufbewahrungsmöglichkeiten für Unterlagen und ggf. Aktentaschen der Teilnehmer? Bestuhlung - Welche Sitzordnung ist vorgesehen? Passt das zum Zweck der Versammlung? - So wird man bei einem Vortrag vor einem größeren Auditorium das Rednerpult möglichst auf ein Podium stellen und einige Meter Abstand zur ersten Stuhlreihe vorsehen. Ist der Kreis der Zuhörer kleiner wird man Stühle und evtl. Tische besser im Halbkreis oder V-Form aufstellen.
16
2 Im Vorfeld
Für Konferenzen, Mitgliederversammlungen etc. mit nicht mehr als 30 Teilnehmern ist das Oval („Konferenztisch“) oder das Rechteck am günstigsten: An der Schmalseite gegenüber dem Eingang nimmt der Sitzungsleiter Platz − flankiert von seinem Stellvertreter und dem Protokollführer. Denn bei Diskussionen aller Art ist es ganz wichtig, dass die Teilnehmer sich gegenseitig sehen können. Das häufig zu findende offene Rechteck, bei dem die Längsseiten beidseitig besetzt sind (U-Form), ist für eine fruchtbare Debatte unter den Teilnehmern denkbar ungünstig, da stets etliche Teilnehmer dem jeweiligen Redner den Rücken zudrehen oder ständig Unruhe herrscht, da sich die an den Innenseiten sitzenden Teilnehmer zum Redner hin umdrehen müssen.
Die Vorbereitung der Sitzung Entscheidend für den Erfolg einer Sitzung ist eine optimale Vorbereitung. Rechtzeitig vor Beginn der Veranstaltung sollte klar sein, welche Vorarbeiten erforderlich sind und wer das jeweils sicherstellt. Hierzu gehören je nach Art und Zweck der Versammlung vor allem: Unterlagen: Tagesordnung, Protokoll, ggf. Redemanuskript, Berichte, Tabellen, Stimmzettel, evtl. Namensschilder, Stimmkarten, Eintrittskarten, Teilnehmerliste Hilfsmittel: Dias, Schaubilder, Demonstrationsobjekte, „Waschzettel“ für die Presse), Hinweisschilder zur Versammlungsort Damit in der Veranstaltung wirklich alles funktioniert und Pannen vermieden oder schnell ausgebügelt werden können, müssen frühzeitig und verbindlich Verantwortliche festgelegt werden: Ausgestaltung und Vorbereitung des Versammlungsraums: Bestuhlung/Sitzordnung, Schmuck, Blumen, Tischvorlagen, Notizblocks/ Stifte, Aschenbecher, Getränke, Gläser, Tischglocke für den Leiter Technische Geräte und Zubehör: Aufstellung und Bedienung
Die Einladung
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Tagungsbüro: Hinweisschilder, Begrüßung, allgemeine Auskunft, Namensschilder, Papier für Notizen, Betreuer (Presse, Gäste) Sitzungsleitung Protokollführung Hilfsfunktionen: Mandatsprüfer, Stimmenzähler, Einlasskontrolle, Saaldienst, Ordner Weitere Hinweise zur Sitzungsvorbereitung finden Sie in Kap. 2.4
2.2 Die Einladung Obwohl für die Vorbereitung der Einladung meist genug Zeit zur Verfügung steht, gibt es gerade hier die meisten Fehler aus Mangel an Sorgfalt, aus Gedankenlosigkeit und Unwissenheit. Und weil das so ist, gehören die Einladung und der Tagesordnungsvorschlag zu den wichtigsten und beliebtesten Mitteln der Vorstände, ihre Möglichkeiten zur Manipulation einzusetzen. Zuständig für die Einberufung eines Gremiums ist sein Vorstand bzw. Vorsitzender, sofern die Satzung nichts anderes regelt. Erfolgt die Einberufung durch eine nicht dafür zuständige Person, so können die auf der Versammlung gefassten Beschlüsse unwirksam sein. Selbstverständlich heißt das nicht, dass die Einladung durch den Vorsitzenden persönlich erfolgen muss: Er kann damit auch jemanden beauftragen. Ähnliches gilt für eine etwaige Absage der Veranstaltung. Sie soll in ihrer Form der Einberufung entsprechen und muss eindeutig formuliert und protokolliert werden. Unter bestimmten Voraussetzungen besteht für den Vorstand eine Pflicht zur Einberufung der Sitzung: Für Vereine verlangt das Gesetz (BGB) die Einberufung, wenn das Interesse des Vereins es erfordert (§ 36 BGB).3 Die Satzung regelt meist, dass der Vorstand auf Verlangen einer entsprechenden Zahl von Mitgliedern (meist 1/10 bis 1/3) eine Versammlung einzuberufen hat: Er muss dies auch dann tun, wenn er selbst die Einberufung der Versammlung für unnötig oder falsch hält. Abgesehen von dem erheblichen Vertrauensverlust ist er im Fall der Weigerung für alle daraus resultierenden Folgen verantwortlich. 3
Näheres zum Vereinsrecht findet sich u.a. (1)(10)(11)(13)(17).
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2 Im Vorfeld
In Vereinen kann das Amtsgericht bestimmte Mitglieder − z.B. diejenigen, die das Verlangen auf Einberufung der Sitzung gestellt haben, zur Einberufung ermächtigen und Anordnungen für die Leitung der Sitzung treffen (§ 37 BGB). Es kommt recht selten vor, dass ein Vorstand die Einberufung einer solchen Sitzung verweigert. Lieber greift er zu einschlägigen Tricks, um die Sitzung nicht zustande kommen zu lassen: So kann man eine außerordentliche Sitzung an einem anderen als dem üblichen Ort stattfinden lassen: Die meisten Menschen scheuen Veränderungen, vielleicht lassen sie sich von dem fremden Versammlungslokal abschrecken, vor allem dann, wenn es ungünstig zu erreichen und der Anfahrtsweg nicht beschrieben ist. Man wird das Fernsehprogramm zu Rate ziehen und nach beliebten Unterhaltungssendungen oder Fußballübertragungen Ausschau halten, in der Hoffnung, dass sich dadurch jemand vom Besuch der Sitzung abhalten lässt. Ist die Sitzung dann nicht beschlussfähig, so dient dies als Beweis, dass das zu behandelnde Thema „niemanden interessiert“ hat. Andererseits kann der Vorstand auch durch einige Anrufe den für ihn und seine Getreuen günstigsten Termin ermitteln, um die eigene Fraktion vollzählig zur Verfügung zu haben. Unter Umständen wird er dafür sorgen, dass zu Beginn der Sitzung noch nicht alle anwesend sind, im Fall der Beschlussfähigkeit aber schnell herbeigeholt werden können. Auch bei der Form der Einladung und ihrer Versendung kann er gezielt manipulieren, um die Mehrheitsverhältnisse zu beeinflussen (siehe Seite 21). Dabei kann selbst der Tagesordnungsvorschlag der Abschreckung dienlich sein: So kann man unerfreuliche und schon jahrelang schwelende Probleme auf die Tagesordnung setzen, bei denen erfahrungsgemäß viele Mitglieder es vorziehen, zu Hause zu bleiben: Steht das dem Vorstand nicht genehme Thema als einer der späteren Punkte auf der Tagesordnung, besteht die begründete Hoffnung, dass bei den vorher aufgeführten Punkten die Diskussion ausufern und sehr viel Zeit kosten wird. Eine andere Möglichkeit ist es, einen als langweilig bekannten Redner für ein Referat einzuladen (mit entsprechendem Thema versteht sich). Während im ersteren Fall die Versammlung den Tagesordnungsvorschlag noch leicht umstoßen kann, wird das dem für den Abend verpflichteten Redner kaum jemand zumuten wollen. Nach dem Referat lässt man dann noch fleißig diskutieren (wenn das nicht von selbst läuft, wird man vorher die eigenen Leute dazu verpflichten). Dann folgt eine entsprechend ausgedehnte „kurze Pause“ in der Hoffnung, dass eine Reihe von Mitgliedern die Gelegenheit nutzen wird, nach Hause zu gehen. „Hilfreich“ kann es sein, vorher mit dem Kellner zu vereinbaren, in der Pause schon mal zu kassieren. Im Winter ist das Aufreißen sämtlicher Fenster und Türen zum Lüften ebenfalls sehr beliebt. Auch ein im Nebenzimmer laufender Fernsehapparat wird eventuell helfen, nach der Pause bei der Feststellung der Beschlussfähigkeit zum gewünschten Resultat zu kommen. Alle diese Maßnahmen lassen sich recht harmlos erklären und sind deswegen auch kaum anzugreifen. Dennoch wird, wer mit solchen Tricks konfrontiert wird, nicht untätig bleiben müssen: Am besten ist es, alledem vorzubeugen und, „um dem Vorstand Arbeit abzuneh-
Die Einladung
19
men“, in seinem Auftrag die Organisation (Einladung etc.) selbst zu übernehmen. Lehnt der Vorstand dies ab, so kann man alle seine Maßnahmen zunächst ständig überwachen (das ist lästig, aber gerade deswegen sehr wirkungsvoll) und später Versäumnisse ungehemmt kritisieren. Vor allem gilt auch hier der Grundsatz, der für die Abwehr aller Tricks zu beherzigen ist: Ein als solcher entlarvter Manipulationsversuch richtet sich immer gegen den, der ihn unternimmt: Niemand lässt es sich gefallen, für dumm verkauft oder mit unfairen Mitteln außer Gefecht gesetzt zu werden. Sogar ein eingefleischter Fußballfreund wird vielleicht trotz Länderspiel kommen, wenn er die unlautere Absicht bei der Terminwahl erkannt hat. Am besten kündigt man rechtzeitig vor dem Tag der Sitzung an, dass man einen Videorecorder mitbringt oder dass man per GO-Antrag eine Sitzungsunterbrechung beantragen wird, so dass alle Interessenten das Spiel anschauen können („ist ja gemeinsam auch viel gemütlicher ...“). Eine Tagesordnung kann man durch entsprechende Änderungsanträge umbauen − vorausgesetzt man erhält dafür die Mehrheit − und lange Diskussionen per GO-Antrag abkürzen oder beenden. Man muss also die meisten Tricks nur als solche erkennen, um wirkungsvoll dagegen vorgehen zu können.
Die Form und Versendung der Einladung Nach Artikel 8 Grundgesetz haben „alle Deutschen das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.“ Das Gesetz über Versammlungen und öffentliche Aufzüge (Versammlungsgesetz) regelt die Einzelheiten. Es gilt aber im Gegensatz zu Art. 8 GG nur für öffentliche Versammlungen (Ausnahme: Das Uniformtragverbot in § 3 Versammlungsgesetz gilt für alle Versammlungen). Mitgliederversammlungen von Vereinen, Parteien etc. sind in der Regel nicht öffentlich. Die Zulassung einzelner Gäste − auch wenn sie auf langer Gewohnheit beruht − macht eine solche Sitzung nicht zur öffentlichen Versammlung. Es würde den Rahmen dieses Buches sprengen, die Einzelheiten des Versammlungsgesetzes zu behandeln: Wer zu einer öffentlichen Versammlung4 einlädt oder sie leitet, sollte sich zuvor mit der Materie befassen, damit er weiß, worauf er zu achten hat (2)(9). Der Zeitpunkt der Versendung der Einladung will gut gewählt sein: nicht zu früh (sonst gerät der Termin in Vergessenheit), aber auch nicht zu spät (dann 4
– – – –
Eine Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes liegt vor, wenn eine zahlenmäßig nicht bestimmte Mehrheit von Menschen an einem gemeinsamen Ort zu dem gemeinsamen Zweck zusammentritt, um bestimmte Angelegenheiten gemeinsam zu erörtern, beraten oder kundzugeben.
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2 Im Vorfeld
haben manche bereits anders disponiert). Eine telefonische oder schriftliche Erinnerung an den Termin wird nicht schaden und bietet Gelegenheit zu vorzubereitenden Gesprächen. Wer frühzeitig die E-Mail-Adressen der Eingeladenen gesammelt hat, verfügt über ein sehr effektives Erinnerungs-Werkzeug. Eine typische Einladung zur Mitgliederversammlung eines Vereins könnte die folgende Form haben: Verein zur Beseitigung des Vereinslebens (VzBV) e.V. − Der Vorsitzende −
Carmerstraße 12 Berlin, den 10. 9. 2002
An die Mitglieder und ordentlichen Ehrenmitglieder des VzBV Einladung zur 367. Hauptversammlung am 15. Oktober 2012 um 19.00 Uhr im Rathaus Schöneberg, Sitzungssaal 1111 Der Tagesordnungsentwurf sowie die bisher eingegangenen Anträge sind in der Anlage beigefügt. Weitere Anträge sind bis 1. Oktober 2012 einzureichen. Bitte beachten Sie den entgegen der Vorankündigung vorverlegten Anfangstermin! Um zahlreiches und pünktliches Erscheinen bittet Sie Hochachtungsvoll Fritz Schulze Mit der Einladung, beispielsweise zur Mitgliederversammlung eines Vereins, erfüllt der Vorstand eine gesetzliche Pflicht. Nach § 58 Ziff. 4 BGB bestimmt die Satzung, unter welchen Voraussetzungen und wie und mit welcher Frist die Mitglieder einzuladen sind. Die Einladungsfrist beginnt mit Ablauf des Tages, an dem die Einladung dem Adressaten zugegangen ist. Zugegangen ist sie dann, wenn sie in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist (z.B. durch Einwurf in den Briefkasten oder durch Einlegen in das Postfach). Für den Zugang unbeachtlich ist, ob tatsächlich an dem betreffenden Tage geleert wird. Es kommt darauf an, dass der Einladende bei Annahme gewöhnlicher Verhältnisse damit rechnen konnte, dass der Empfänger von der Mitteilung Kenntnis nehmen würde.
Die Einladung
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Grundsätzlich soll jede Einladung folgende Angaben enthalten:
Genaue Bezeichnung bzw. Name des Veranstalters/Einladenden Datum der Einladung Empfänger/Kreis der Teilnahmeberechtigten Das Wort „Einladung“ Genaue Bezeichnung der Veranstaltung und des Gremiums Tag der Veranstaltung, Uhrzeit des Anfangs Ort der Veranstaltung Thema oder Tagesordnung der Veranstaltung Besonderheiten Unterschrift des Einladenden
Vor allem bei weniger offiziellen Anlässen lässt eine ansprechende und geistreich formulierte Einladung eher eine interessante Versammlung erwarten als der übliche Standardtext. Der Informationsgehalt darf darunter natürlich nicht leiden. Achten Sie auf Übersichtlichkeit: Da nicht jeder gewohnt ist, stets sorgfältig Terminkalender zu führen, soll der Termin deutlich sichtbar aus dem übrigen Text hervorstechen: Lassen Sie ihn fett setzen, zusätzlich einrücken, unterstreichen. Bei unbekanntem Versammlungsort sollte eine Anfahrskizze mit Parkplätzen und genauer Anschrift beiliegen. In die Einladung gehören – wenn nötig – auch Hinweise über mitzubringende Unterlagen (Ausweis, Stimmkarte, Beschlussvorlagen, ...) Anschrift und Öffnungszeiten des Tagungsbüros Verhalten des Teilnehmers bei etwaiger Verhinderung (z.B. Ersatzmitglied benachrichtigen) Kleiderordnung (z.B. „dunkler Abendanzug“)
Wie schon angedeutet, kann der Einladende bereits mit der Form und der Versendung der Einladung auf den Besuch Einfluss nehmen: Möchte er eine hohe Beteiligung vermeiden, wird er die Einladung unübersichtlich gestalten, billiges Papier verwenden und für eine schlechte Druckqualität und Lesbarkeit sorgen. Werden die Einladungen verschickt, so wird er sie als Drucksache zur Post bringen − eventuell in Briefumschlägen mit Werbeaufdruck (Begründung: Sparsamkeit), um manchen Empfänger dazu zu verleiten, sie ungeöffnet in den Papierkorb zu werfen.
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2 Im Vorfeld
Die eigene Anhängerschaft dagegen wird frühzeitig informiert und natürlich kurz vor der Sitzung noch einmal an den Termin erinnert. Für die Art der Verbreitung der Einladung ist häufig keine Form vorgeschrieben: Fast immer hat sich dafür im Laufe der Zeit eine Gepflogenheit entwickelt, von der man dann ohne zwingenden Grund nicht abweichen darf. Entscheidend ist, dass sichergestellt ist, dass alle Einzuladenden Gelegenheit hatten, von Ort, Zeit und Gegenstand der Versammlung rechtzeitig Kenntnis zu nehmen. In manchen Vereinen und Gremien genügt schon der Aushang der Einladung an dem dafür vorgesehenen Platz (in den Vereinsräumen). Zu öffentlichen Veranstaltungen wird man mit Plakaten, mit Anzeigen in der Presse und z.B. durch Aufnahme in den Veranstaltungskalender des Verkehrsamtes einladen. Werden die Einladungen verschickt, so genügt in der Regel der Versand per Drucksache oder Brief. Der aufwendige und teure Weg „per Einschreiben“ ist meist unnötig. Entscheidend ist, was in der Satzung steht. Eine Einladung per EMail anstelle eines Briefes ist nur dann ausreichend, wenn das ausdrücklich in der Satzung so geregelt ist. Die Einladung muss allen Mitgliedern zugehen, d.h. auch denen, von denen bekannt ist, dass sie der Einladung nicht Folge leisten können, z.B. wegen Urlaubs oder Krankheit. Auch Adressaten, bei denen zweifelhaft ist, ob sie (z.B. nach einem Ausschluss noch) Mitglied sind, sollte man einladen, um einen Formfehler auszuschließen. Wird ein Mitglied − aus welchen Gründen auch immer − nicht eingeladen, so stellt dies eine Verletzung seiner Mitgliedsrechte dar, die im Extremfall die in der Versammlung getroffenen Beschlüsse unwirksam werden lässt, wenn dies für die Beschlussfassung relevant hätte sein können5 (vgl. Kap. 7.5). Ein skrupelloser Vorstand wird die Umschläge adressieren lassen, einige gezielt herausnehmen und diese später als die übrigen (oder überhaupt nicht) verschicken. Er wird die Absendung der Einladungen im Postausgangsbuch vermerken und die Briefe dann möglichst von einem Neutralen zur Post tragen lassen. Wenn dann einzelne Einladungen zu spät oder überhaupt nicht ankommen, muss es schon an der Post gelegen haben. Der Vorstand kann zusätzlich den Spieß noch umdrehen und den berechtigten Protest der betroffenen Mitglieder als plumpe Unterstellung und vorsätzliche Obstruktion anprangern.
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BGH 9.11.1972 II ZR 63/71 NJW 1973, 235
Der Tagesordnungsvorschlag
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Der Einladende hat dafür Sorge zu tragen, dass etwaige Fristen eingehalten werden. Bei einem Inlandsbrief reicht es, wenn man eine Laufzeit von zwei vollen Werktagen einkalkuliert, bei einer Drucksache dagegen mindestens eine Laufzeit von einer vollen Woche, da die Post und die alternativen Anbieter Drucksachen mit niedrigerer Priorität befördern.
2.3 Der Tagesordnungsvorschlag Der Tagesordnungsvorschlag muss so gestaltet sein, dass die Mitglieder vor Überraschungen geschützt sind und ausreichend Gelegenheit zur Vorbereitung auf die Sitzung haben. Die zu behandelnden Themen müssen ihrem wesentlichen Inhalt nach grundsätzlich so klar umrissen sein, dass jedes Mitglied seine Bedeutung erfassen, eine sinnvolle Entscheidung über die Notwendigkeit seiner Anwesenheit treffen und, wenn es dies wünscht, in die Meinungsbildung darüber eintreten kann, wie es sich in der Abstimmung verhalten will.6 Dies gilt insbesondere für solche Tagesordnungspunkte, die eine besondere Bedeutung haben (Beispiel: Beitragserhöhung, Abberufung Vorstand, Ausschluss eines Mitglieds) und/oder aufgrund ihrer Komplexität eine besondere Vorbereitung erfordern (Beispiel: Satzungsänderung). In vielen Gremien ist es üblich (oder sogar in der Satzung/Geschäftsordnung explizit festgelegt), dass nur Themen behandelt werden dürfen, die vor Ablauf der Einladungsfrist bekannt gemacht wurden.7 8 Für Vereine sind regelmäßige Mitgliederversammlungen vorgeschrieben. Da sich hier häufig Gelegenheit bietet, an Versammlungen aktiv teilzunehmen, soll die auf der nächsten Seite abgedruckte Muster-Tagesordnung beispielhaft im Folgenden erörtert werden: Es hat sich eingebürgert, statt des Wortes „Tagesordnungspunkt“ kurz „TOP“ zu sagen. Dass die Reihenfolge der „TOPs“ sehr wichtig sein kann, wird unten noch ausführlich dargestellt. Man kann meist davon ausgehen, dass der Tagesordnungsvorschlag unverändert übernommen wird. Je überlegter die Tagesordnung auf-
BGH 10.10.1988 II ZR 51/88 NJW-RR 89, 376 BGH 17.11.1986 II ZR 304/85 NJW 87, 1811 8 Allerdings müssen Gegenstände, die sich auf das Verfahren beziehen – z.B. die Wahl des Versammlungsleiters – nicht unbedingt im TO-Vorschlag angekündigt werden (BayObLG 9.2.1965 = NJW 1965, 821) 6 7
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gebaut ist, und je weniger Angriffspunkte sie bietet, um so eher vermeidet man unerfreuliche und unnötige Debatten zu Beginn der Sitzung (siehe Kap. 4.4). Besonders wichtig ist es, die einzelnen TOP hinreichend genau zu beschreiben: Man gibt so den Teilnehmern früh die Möglichkeit, sich zu informieren, vorzubereiten und sich auf das Thema einzustellen. Sieht man einer Tagesordnung an, dass sie genau das nicht zulässt, sollte man besonders misstrauisch sein. Auf alle Fälle empfiehlt es sich, dann rechtzeitig nachzufragen, um sich (und seine Bundesgenossen) vorzubereiten bzw. mit − am Anfang der Sitzung verteilten − „ergänzenden Hinweisen zur heutigen Tagesordnung“ die Überrumpelungsabsicht des Einladenden zu durchkreuzen. Vorschlag zur Tagesordnung 367. Hauptversammlung des Vereins zur Beseitigung des Vereinslebens e.V. am 15.10.2012 1. Wahl des Versammlungsleiters 2. Wahl des Protokollführers 3. Genehmigung der Tagesordnung 4. Genehmigung des Protokolls der 366. Hauptversammlung 5. Bericht des Vorstandes 6. Bericht der Kassenprüfer 7. Entlastung des Vorstands und der Kassenprüfer 8. Wahl des Vorstands und der Kassenprüfer 9. Antrag auf Satzungsänderung 10. Antrag auf Beitragserhöhung 11. Antrag auf Anschaffung eines neuen PC 12. Antrag auf Ausschluß eines Mitglieds (E. Müller) 13. Aufnahme neuer Mitglieder 14. Aussprache über den nächsten Sitzungstermin 15. Verschiedenes Anlagen: TOP 4: Protokoll der 366. Hauptversammlung TOP 9: 10, 11, 12: Antragstexte TOP 5: Statistiken zum Bericht TOP 13: Aufnahmeanträge (6 Kopien).
Der Tagesordnungsvorschlag
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Die Reihenfolge der Tagesordnungspunkte Ist ein vertraulicher Teil vorgesehen, so wird man ihn meist an das Ende der Tagesordnung setzen. Soll aber im Anschluss an die Sitzung ein „gemütliches Beisammensein“ mit Gästen, Ehepartnern usw. stattfinden, oder ist das Risiko zu groß, die wichtigen Punkte dieses Teils möglicherweise nur in Eile oder wegen mangelnder Beschlussfähigkeit überhaupt nicht zu beraten, so sollte mit dem vertraulichen Teil begonnen werden. Ist für den öffentlichen Teil mit dem Erscheinen von Gästen zu rechnen, sollte der voraussichtliche Beginn in der Einladung vermerkt werden. Grundsätzlich empfiehlt es sich, die dringenden und die unproblematischen Anträge an den Anfang zu stellen, die dringenden, damit sichergestellt ist, dass sie behandelt werden, die unproblematischen, damit sie bei Schluss der Sitzung auf jeden Fall erledigt sind. Unproblematische Anträge werden − vor allem, wenn sie in Ausschüssen vorberaten sind − häufig nicht einzeln, sondern „en bloc“ abgestimmt (siehe Kap. 7.2 Seite 136). Man wird weiterhin Anträge, die voneinander abhängen, entweder in einem gemeinsamen TOP aufführen oder aber unmittelbar nacheinander behandeln. In unserem Beispiel ist die Reihenfolge 10–11 sinnvoll, wenn der neue Computer nur über höhere Beiträge zu finanzieren ist. Damit kommen wir zur Reihenfolge der TOPs. Ein grundsätzliches Problem sind die Entscheidungen über die Vereinsmitgliedschaft, von der die sofortige Stimmberechtigung abhängen kann: Setzt man Neuaufnahmen an den Beginn der Sitzung, so sind die Aufgenommenen vom auf ihre Aufnahme folgenden TOP an stimmberechtigt, sofern die Satzung nichts anderes bestimmt: Denn die neuen Mitglieder müssen sowohl mit dem neuen Vorstand zusammenarbeiten als auch die Folgen aller Beschlüsse mittragen. In einigen Gremien sind die neu aufgenommenen Mitglieder jedoch gewohnheitsmäßig erst ab der auf die Aufnahme folgenden Sitzung stimmberechtigt, obwohl die Satzung keine derartige Regelung enthält. Der TOP „Aufnahme neuer Mitglieder“ muss also nicht zufällig an letzter Stelle stehen. Wer nämlich gern in den Vorstand gewählt werden möchte, könnte die Mehrheiten dadurch zu seinen Gunsten verändern, dass er ein Dutzend neuer Mitglieder herbeischafft und dafür sorgt, dass deren Aufnahme vor der Vorstandswahl erfolgt: Entsprechendes gilt für den Ausschluss von Mitgliedern: In der Tagesordnung unseres Beispiels ist das Mitglied, das im TOP 12 ausgeschlossen werden soll, zuvor noch bei sämtlichen Anträgen stimmberechtigt. Wäre der Entwurf von einem dem Mitglied übelgesonnenen Vorstand gefertigt worden, so hätte er die
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Punkte 5 und 6 vertauscht, so dass im Bericht Gründe und Anlass für den Ausschlussantrag angesprochen werden könnten. Darauf könnte unmittelbar der TOP Ausschlussantrag folgen, da für die folgenden Abstimmungen die Mitgliedschaft schließlich geklärt sein müsse. Anders sieht es aus, wenn man darauf spekuliert, dass Müller sich im Laufe der Diskussionen zusätzlich unbeliebt machen wird: Man wird dann den Punkt an den Schluss setzen − mit der zusätzlichen Hoffnung, dass die Trägen und Uninteressierten schon nach Hause gegangen sind: Denn die Vereinserfahrung zeigt, dass bei unangenehmen und heiklen Beschlüssen die wenig aktiven Mitglieder zu unentschlossenem und inkonsequentem Verhalten neigen, so dass schon durch bloße Enthaltung eine (für den Ausschluss meist geforderte) qualifizierte Mehrheit (s. Kap. 9) nicht zu erreichen ist. Für den TO-Entwurf entscheidend ist letztlich immer die Praxis der früheren Sitzungen: Man wird sich alte Tagesordnungen hervorholen und entsprechend verfahren, wenn nicht außerordentliche Gründe dagegen sprechen. Wird eine Tagesordnung vorgelegt, deren manipulative Absicht erkennbar ist, sollte man einen Gegenvorschlag (vervielfältigt!) mitbringen und auf seiner Abstimmung „en bloc“ bestehen, auch wenn der Sitzungsleiter dies (gemäß Kap. 4.4) vielleicht zunächst ablehnt. Es ist für das Gelingen der Sitzung sehr förderlich, wenn der TO-Vorschlag mit der Einladung, spätestens aber kurz nach Ablauf der Antragsfrist in geeigneter Weise bekannt gegeben wird. Geschieht dies ausnahmsweise einmal nicht, wird der Einladende möglicherweise seine Gründe haben ... Sehr empfehlenswert ist es, die Tagesordnung und vielleicht auch die vorliegenden Anträge elektronisch vorzubereiten, um sie während der Sitzung per Laptop und Beamer dem Gremium vorzuführen und etwaige Änderungen direkt einzutragen. Das erleichtert die Versammlungsführung enorm und vereinfacht erheblich die Protokollierung, weil so am Ende der Versammlung die Beschlüsse bereits im Wortlaut vorliegen.
2.4 Letzte Vorbereitungen vor der Sitzung Als Sitzungsleiter sollten Sie frühzeitig im Sitzungssaal sein, um etwaige Pannen noch rechtzeitig ausbügeln zu können. Verlassen Sie sich hier nur auf sich selbst, auch wenn der Besitzer des Versammlungslokals schwört, es sei alles in bester
Letzte Vorbereitungen vor der Sitzung
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Ordnung − fast immer ist irgend etwas zu verbessern, und oft ist eine kleine Katastrophe zu verhindern. Es ist z. B. fast unmöglich, einen vorbereiteten Dia-Vortrag zu halten, wenn das Lämpchen am Rednerpult durchgebrannt ist und der Redner sein Manuskript im Halbdunkel des Restlichts entziffern muss. Falls Kabel lose verlegt sind, über die jemand stolpern könnte, befestigt man sie mit Klebeband auf dem Fußboden. Bei Vorträgen mit Laptop und Beamer ist es immer empfehlenswert, den eigenen Laptop dabei zu haben – für den Fall, dass der des Vortragenden sich mit dem Beamer nicht versteht. Die Checklisten für Ihre Kontrolle finden Sie in Kap. 2.1. Spätestens bevor die ersten Teilnehmer eintreffen, müssen Sie sich über die Frage der Zulassung der Öffentlichkeit, d.h. von Personen, die nicht Mitglied des Gremiums sind, klar sein, vor allem, wenn ein Teil der Sitzung vertraulich zu behandeln ist. Steht der nichtöffentliche Teil am Anfang der Tagesordnung, so wird man die Gäste bitten, so lange draußen zu warten. Sie müssen in diesem Fall für eine Türkontrolle sorgen, damit nur Berechtigte den Sitzungssaal betreten. Es kann recht schwierig und peinlich sein, im Verlauf der Sitzung die Öffentlichkeit hinausbitten zu müssen. Die Eingangskontrolle muss allerdings nicht streng formal durchgeführt werden. Vielmehr wird sich in kleineren Gremien der Vorstand einfach neben die Tür stellen und jedes Mitglied begrüßen. Mit einigen freundlichen Worten können Sie die Sitzordnung beeinflussen, indem Sie die einzelnen Teilnehmer schon beim Betreten des Raumes (warum auch nicht?) ganz offen bitten, einen bestimmten Platz einzunehmen bzw. schon Sitzende bitten, für den Kollegen X den Nebenplatz freizuhalten. Eine formale Begründung für eine vorgegebene Sitzordnung ist nur schwer zu finden; Tischkarten werden vor allem dann als nützlich und praktisch anerkannt, wenn sich die Teilnehmer nicht kennen − oder vielleicht Pressevertreter oder Gäste etc. anwesend sind, denen diese Maßnahme die Orientierung erleichtert. Die günstigen Plätze sind diejenigen genau gegenüber dem Vorstandstisch: Hier hat der Teilnehmer die gesamte Runde und den Sitzungsleiter ständig im Blickfeld, seine Wortmeldung ist nicht zu übersehen, seine dem Sitzungsleiter ähnlich hervorgehobene Position hebt das Gewicht seiner Argumentation. Von hier aus ist es auch am ehesten möglich, die Verhandlung in die erwünschte Richtung zu lenken. Deshalb wird es für den Sitzungsleiter ungünstig sein, wenn diese Plätze von starken Gegenspielern besetzt sind. Es verringert die Wirkung der Argumentation, wenn die Vertreter „einer“ Meinung alle zusammensitzen. Es wirkt viel besser wenn eine bestimmte Meinung „von allen Sei-
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ten“ bekräftigt wird. Damit sich die einzelnen Teilnehmer jeweils abstimmen können, ist ein Blickkontakt wichtig. Auch Mitglieder, die in Diskussionen leicht zu Zwiegesprächen mit dem „Lieblingsfeind“ neigen, setzt man tunlichst nicht gegenüber, sondern durch ein, zwei andere getrennt an eine Längsseite. Auch gute Freunde, die sich immer viel zu erzählen haben, kann man zu trennen versuchen oder man wird den einen z.B. mit der Protokollführung betrauen (lassen). Man sollte nicht einen Nichtraucher zwischen zwei Zigarrenfreunde oder zwei Konkurrenten um ein wichtiges Amt nebeneinander platzieren und den dritten (eigenen) Kandidaten im Kontrast dazu auf den günstigsten Platz ... Zur massiveren Beeinflussung gibt man schwankenden Mitgliedern Nachbarn, die durch halblaute Kommentare (Zwischenbemerkungen, Seufzer, bedauerndes Kopfschütteln) den Redebeitrag des Gegners entwerten und durch gegenteiliges Verhalten die Ausführungen der eigenen Redner verstärken. Vor Abstimmungen wird mit einer kurzen Privatdiskussion vielleicht die letzte Hürde überwunden; bei geheimen Abstimmungen wird der moralische Druck durch spürbares Hinüberäugen noch etwas verstärkt. Wenn der gegnerische Redner gerade etwas Wichtiges ausführt, lassen sich ein paar Leute ablenken: Das Spitzen des Bleistifts (noch besser: hinfallen lassen), kunstvolles Falten des Notizpapiers oder andere leicht außergewöhnliche Handlungen erregen immer Aufmerksamkeit − besonders bei einem ohnehin langweiligen Redebeitrag. So erfreuen sich ein umständliches Verlassen und Betreten des Sitzungsraumes, Pfeifestopfen etc. oder das Auseinandernehmen eines Kugelschreibers (einschließlich der Suche nach einer prompt weggeflogenen Feder) regelmäßig allgemeiner Anteilnahme. Man vermeide aber die Kontrolle des Erfolgs: Nur ein unbemerkter Beobachter gibt sich seinem Vergnügen aus ganzem Herzen hin! Übrigens stören solche Beschäftigungen nicht nur den Nachbarn und andere Teilnehmer, sondern verunsichern auch den Vortragenden. Bemerken Sie als Redner solche Versuche, so machen Sie am besten den Manipulationsversuch mit einigen Worten bewusst − das hilft fast immer für den Rest der Sitzung. Vor allem der Sitzungsleiter ist verpflichtet, derartigen Aktionen entgegenzutreten − selbst wenn sie nicht aus böser Absicht geschehen. Achten Sie ein wenig auf die Beschaffenheit Ihres (zugeteilten oder selbst gewählten) Platzes: Sitzen Sie (vor allem, wenn Sie Kleid oder Rock tragen) nicht direkt vor einem Tischbein, ist Ihr Stuhl bequem, knarrt oder wackelt er nicht? Notfalls tauschen Sie ihn lieber aus: Das ist besser, als sich unnötig zu quälen. Bauen Sie keine Aktenbarrieren vor sich auf! Wie wollen Sie jemanden überzeugen, gegen den Sie sich „verschanzen“? Sie suggerieren dem Beobachter, Sie hätten etwas zu verbergen, befänden sich in der Defensive: Achten Sie darauf, dass man Sie sieht und dass Ihr Platz Ihren geordneten und in sich klaren Redebeiträgen entspricht.
Letzte Vorbereitungen vor der Sitzung
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Es ist vorteilhaft, die anderen Diskussionsteilnehmer mit Namen anzusprechen: Neben dem einfacheren und für alle Beteiligten angenehmen Zitieren („Wie der Herr da drüben mit der Brille − nein, der daneben mit dem roten Pullover, ja schon im Gegensatz zu der Dame, die vor ihm gesprochen hatte, ausgeführt hat ...“) wird die Debatte persönlicher und meist weniger scharf. Ein Redebeitrag mit der Ankündigung: „Das Wort hat unser langjähriges Mitglied Achim Schulze“, wird viel wirkungsvoller eingeleitet, als wenn der Sitzungsleiter den Redner ansieht und ihm durch Kopfnicken zu verstehen gibt, dass er an der Reihe ist. In Kreisen der höheren Politik und vor allem der Wirtschaft wird es fast als unhöflich empfunden, wenn Teilnehmer nicht mit Namen angesprochen oder zitiert werden. Es kommt aber auch durchaus vor, dass man das Nicht-Nennen des Namens bewusst einsetzt − von Bismarck ist dieses Stilelement überliefert, der auf diese Weise bestimmte Abgeordnete bewusst zu deklassieren suchte. Zu den letzten Vorbereitungen einer Sitzung gehört – kurz vor dem vorgesehenen Anfangstermin – die Bitte, (in den Sitzungssaal zu kommen und) Platz zu nehmen. Am einfachsten und wirkungsvollsten zu diesem Zweck hat sich ein kurzes Läuten mit der Tischglocke erwiesen.
3 Die Aufgaben des Sitzungsleiters 3 Die Aufgaben des Sitzungsleiters
„Der Leiter bestimmt den Ablauf der Versammlung. Er hat während der Versammlung für Ordnung zu sorgen. Er kann die Versammlung jederzeit unterbrechen oder schließen. Er bestimmt, wann eine unterbrochene Versammlung fortgesetzt wird.“ (§ 8 Versammlungsgesetz). (2)(9) „Der Vorsitzende eröffnet und schließt die Sitzungen, leitet die Versammlungen, sorgt für die Aufrechterhaltung der Ordnung und übt das Hausrecht aus.“ (Aus einer Gemeindesatzung) Der Leiter einer Sitzung hat eine juristische Funktion, eine Ordnungsfunktion und eine Lenkungsfunktion, die sich jeweils überschneiden. Auch in kleinen Gruppen ab etwa fünf Personen ist ein Leiter (oder „Moderator„) erforderlich: Gerade hier fühlen sich einzelne Teilnehmer leicht (vielleicht nur subjektiv) unterdrückt und an aktiver Mitarbeit gehindert, weil andere „das große Wort führen“ oder sich nicht an die Spielregeln halten. Ab etwa sieben Teilnehmern führt fehlende oder schlechte Sitzungsleitung fast zwangsläufig zu Chaos und ineffektiver Arbeit. Die Sitzungsleitung kann vier grundlegend verschiedene Positionen einnehmen: Der Präsident, der über allem (also auch dem sachlichen Inhalt der Verhandlung) steht und (wie der Schiedsrichter im Fußballspiel) nur auf die Einhaltung der Regeln achtet (z.B. Bundestagspräsident). Der Sitzungsleiter, der als Mitglied des Gremiums seine Aufgaben wahrnimmt, aber abgesehen von der vorauszusetzenden korrekten Abwicklung auch eigene Interessen und Ziele verfolgt und sich von seinen subjektiven Ver-
H. Meier, Zur Geschäftsordnung, DOI 10.1007/978-3-531-93019-0_3, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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3 Die Aufgaben des Sitzungsleiters
pflichtungen gegenüber dem Wohl des Ganzen nicht freimachen kann und will (z.B. Vereinsvorsitzender). Der Diskussionsleiter, der mit viel Sachverstand und Klugheit einerseits für eine korrekte Abwicklung der Sitzung und andererseits für eine gedanklich gut gegliederte und fruchtbare Verhandlung sorgt (z.B. Leiter einer Podiumsdiskussion). Der Gesprächsleiter, der zusammen mit den übrigen Teilnehmern für ein vorliegendes Problem eine gemeinsame Lösung erarbeiten will (z.B. Konferenzleiter). Die besondere Aufgabe, jenseits des formalen Abwickelns der Versammlung für eine „gute Diskussion“ zu sorgen, wird in Kap 6 inhaltlich behandelt. Nur selten wird ein Versammlungsleiter einen der genannten Typen in seiner „reinen Form“ verkörpern: Meist liegt eine Kombination vor. Unabhängig vom Charakter des Gremiums soll die Sitzungsleitung grundsätzlich aus mindestens zwei Personen bestehen, dem eigentlichen Sitzungsleiter und dem Protokollführer. Gelegentlich steht dem Leiter ein Stellvertreter zur Seite: Er hilft ihm beim Führen der Rednerliste und berät bzw. unterstützt ihn in kritischen Situationen, z.B. beim Auszählen der Stimmen in größeren Versammlungen. Und er übernimmt die Sitzungsleitung, wenn der Leiter selbst zur Wahl steht oder zur Sache sprechen möchte, denn als Redner zur Sache kann der Sitzungsleiter weder Zwischenrufer und Störer noch u.U. sich selbst zur Ordnung rufen, die Redezeit überwachen oder die Beachtung sonstiger Ordnungsvorschriften durchsetzen. Ist kein Stellvertreter gewählt, so übernimmt der Protokollant für die Dauer des Redebeitrags des Sitzungsleiters dessen Aufgaben.
3.1 Die juristische Funktion des Leiters „Jede öffentliche Versammlung muss einen Leiter haben ... Der Leiter übt das Hausrecht aus“. (§ 7 Versammlungsgesetz) In politischen Gremien wird der Vorsitzende in der Regel durch Gesetz oder Satzung feststehen. In öffentlichen Versammlungen ist der Veranstalter und bei Vereinen ihr Vorsitzender gleichzeitig Leiter der Sitzung. Er kann die Leitung einer anderen Person übertragen. Eine öffentliche Versammlung kann durch Mehrheitsbeschluss den Leiter nicht (ab-)wählen.
Die juristische Funktion des Leiters
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In der Mitgliederversammlung eines Vereins und ähnlichen Gremien übernimmt der Vorstand als Innenvertretungsorgan die Sitzungsleitung, die Versammlung kann aber grundsätzlich auch einen anderen Teilnehmer aus ihrer Mitte mit einfacher Mehrheit zum Versammlungsleiter wählen, soweit nicht die Satzung ausdrücklich einen Leiter vorschreibt.9 Schreibt die Satzung bestimmte Personen als Leiter vor, ist aber keine der vorgesehenen Personen anwesend, kann die Mitgliederversammlung einen Leiter bestimmen, denn sonst könnten die genannten Personen, d.h. meist der Vorstand, durch bloßes Fernbleiben Mitgliederversammlungen nach Belieben verhindern. Beschlüsse, welche die Mitgliederversammlung unter einer nicht gesetz- oder satzungsgemäßen Leitung fasst, können unwirksam sein, auch wenn die Sitzungsleitung fehlerlos durchgeführt wurde. Ob und mit welcher Mehrheit ein in einer Mitgliederversammlung gewählter Sitzungsleiter abgewählt werden kann, ist selten exakt geregelt. Das Gewohnheitsrecht geht dahin, dass ein Sitzungsleiter bis zum Ende der Sitzung im Amt bleibt, dass also eine vorzeitige Abwahl nicht möglich ist. Maßnahmen des Sitzungsleiters können − wie Schiedsrichterentscheidungen im Sport − nicht angefochten werden. Lediglich die in der Sache gefassten Beschlüsse sind u.a. anfechtbar, wenn ihnen eine unberechtigte Maßnahme des Sitzungsleiters vorausgegangen ist und diese auf die Entscheidung der Versammlung Einfluss haben konnte (siehe Kap. 7.5).10 Das sofortige Schließen einer öffentlichen Versammlung ist bei einer außer Kontrolle geratenen Veranstaltung unerlässlich. Eine Unterbrechung hilft da nicht: Denn kommt es innerhalb der Sitzung (und vor dem förmlichen Schließen besteht die Sitzung weiter) zu Tätlichkeiten, Sachschaden oder dergleichen, ist der Sitzungsleiter haftbar. Die Versammlungsleitung kann (und sollte) dies bei lautstarken Tumulten neben dem unüberhörbaren verbalen Schließen durch das Verlassen des Vorstandstisches bekräftigen. Das „Auflösen“ einer Versammlung ist Sache der Polizei nicht der (eigenen) Ordner (2)(9). 9 Selbst wenn die Satzung die Sitzungsleitung durch den Vorsitzenden vorschreibt, kann (und sollte) dieser zumindest für die Wahlen, in denen er selbst kandidiert, die Versammlungsleitung vorübergehend abgeben, da in einem solchen Fall die Gefahr einer Interessenkollision besteht (OLG Köln 31.7.1985 2 Wx 9/85). 10 Dies kann vor allem zum Tragen kommen, wenn ein Sitzungsleiter eine Verhandlung in eigener Sache führt, obwohl er als befangen zu gelten hat. Ein „Mandatsträger“ darf in Angelegenheiten, die ihn über das übliche Maß hinaus persönlich betreffen, von den ihm übertragenen Rechten keinen Gebrauch machen, sondern ist wegen der Besorgnis der Befangenheit von einer Entscheidung ausgeschlossen. So darf ein Mitglied oder Organ, das durch ein Vereinsmitglied „verletzt“ wurde, an dem diesen Vorgang betreffenden Vereinsstrafenverfahren nicht mitwirken (BGH 27.10.1980 II ZR 62/80 NJW 1981, 744; OLG Karlsruhe 15.12.1995 3 U 26/95).
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3 Die Aufgaben des Sitzungsleiters
Das Eröffnen und Schließen einer Versammlung ist ein rechtserheblicher Akt: Nur die zwischen diesen vom Sitzungsleiter gesetzten Zeitpunkten gefassten Beschlüsse sind gültig. Mit der Eröffnung geht auch das Hausrecht auf den Sitzungsleiter über. Wer Anordnungen des Sitzungsleiters nicht Folge leistet, kann daher wegen Hausfriedensbruch (§ 123 StGB) belangt werden (Geldstrafe oder Gefängnis bis zu 3 Monaten). Das Stören einer öffentlichen Versammlung und das Nichtbefolgen eines Ausschlusses kann als Ordnungswidrigkeit nach § 29 Versammlungsgesetz bestraft werden.
3.2 Die Ordnungsfunktion des Leiters Der Sitzungsleiter ist für die Aufrechterhaltung der Ordnung verantwortlich. Im Wesentlichen richtet sich diese Forderung auf die korrekte Abwicklung des Verfahrens (Eröffnen bzw. Schließen von Debatte und Abstimmung, richtige Reihenfolge und Vollständigkeit der Handlungen) und der Diskussion (Reihenfolge, Redezeit, Sachlichkeit der Darstellung, Verhinderung von Störungen). Hinzu kommen die für die zügige und sachgerechte Durchführung der Sitzung ggf. notwendigen Maßnahmen. Zu den formalen Forderungen werden jeweils in den einzelnen Kapiteln die nötigen Hinweise gegeben, so dass hier nur die den geordneten Gang der Verhandlung grundsätzlich berührenden Fragen behandelt werden müssen. Neben dem pauschalen Recht des Sitzungsleiters, den Ablauf der Versammlung zu bestimmen, das in der Literatur auch bei Vereinssitzungen manchmal sehr weit gefasst ist, stehen dem Sitzungsleiter abgestufte „Ordnungsmaßnahmen“ zur Verfügung: Ermahnung, Rüge, Ordnungsruf, Wortentzug, Verweisung aus dem Sitzungssaal, Unterbrechung der Sitzung, Schließen der Versammlung. Der Sitzungsleiter ist verpflichtet, einen Redner „zur Ordnung“ zu rufen, wenn dieser einen persönlichen Angriff, kränkende, beleidigende oder provokative Bemerkungen vorträgt, nicht zur Sache spricht, die zuvor festgesetzte Redezeit überschreitet (hierbei kann sofort nach vorheriger Mahnung das Wort entzogen werden). Auch andere Teilnehmer der Versammlung (einschließlich der Öffentlichkeit), die durch störende Zwischenrufe und Handlungen wie halblaute Nebenunter-
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haltungen o. dgl. die Ordnung stören, hat der Sitzungsleiter zur Ordnung zu rufen. Der Ordnungsruf muss sich auch verbal von der einfachen Ermahnung bzw. einer Rüge unterscheiden: Er muss mindestens den Begriff „Ordnung“ enthalten. Er selbst und sein Anlass dürfen von den nachfolgenden Rednern nicht behandelt werden. Bleibt er unbeachtet und wird weiterhin in der gerügten Weise verfahren, erfolgt ein zweiter Ordnungsruf, bei dem auf die Folgen eines dritten, nämlich Wortentzug bzw. Verweisung aus dem Saal, hingewiesen werden muss (analog der Regelung in der GO des Deutschen Bundestages). Spätestens der Wortentzug ist aber meist das geeignete Mittel die Ordnung wiederherzustellen: Kaum ein Redner wird es zum Saalverweis kommen lassen. Die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages bestimmt: „Ist ein Redner während einer Rede dreimal zur Sache oder dreimal zur Ordnung gerufen worden und beim zweiten Mal auf die Folgen eines dritten Rufes zur Sache oder zur Ordnung hingewiesen worden, so muss ihm der Präsident das Wort entziehen und darf es ihm in derselben Aussprache zum selben Gegenstand nicht wieder erteilen.“ Der letzte Satz weist darauf hin, dass der Wortentzug immer nur für die laufende Debatte (entsprechend der Debatte über den aktuellen Antrag, d.h. nicht immer für den gesamten TOP) gilt. Das Antragsrecht und das Recht auf eine Begründung bleiben grundsätzlich bestehen, es sei denn, der Antragsteller missbraucht diese Rechte, um den Wortentzug zu umgehen. In diesem Fall wird ihm das Wort sofort wieder entzogen. Ein Wortentzug ohne vorherige Ermahnung ist außerdem erlaubt bei dem Versuch, in der Begründung oder Gegenrede zu einem GO-Antrag (vgl. Kap. 5) zur Sache, d.h. nicht zum GO-Antrag, zu sprechen und bei einem Missbrauch des Rechts auf Zwischenfrage bzw. Zusatzfrage. Setzt der Redner nach dem Wortentzug seine Rede oder der zweimal zur Ordnung gerufene störende Teilnehmer seine Aktionen fort, so hat der Sitzungsleiter ihn des Saales zu verweisen. Ein Beispiel: Der Redner X bezeichnet in seinem Vortrag den Kollegen Y als „einen alten Waschlappen“. Sitzungsleiter: „Herr X, diese Bezeichnung für den Kollegen Y ist unsachlich und beleidigend, ich rufe Sie zur Ordnung!“ Der Redner X fährt fort und lässt sich über das Familienleben des Y aus.
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3 Die Aufgaben des Sitzungsleiters
Sitzungsleiter: „Herr X, die von Ihnen vorgebrachten Äußerungen gehören nicht zur Sache und stellen einen persönlichen Angriff auf den Kollegen Y dar. Ich erteile Ihnen den zweiten Ordnungsruf und mache Sie auf die Folgen eines dritten aufmerksam.“ Der Redner fährt in der beschriebenen Weise fort. Sitzungsleiter: „Herr X, auch Ihre letzten Äußerungen sind nicht mit der Ordnung der Verhandlung vereinbar. Ich erteile Ihnen hiermit den dritten Ordnungsruf und entziehe Ihnen das Wort.“ Der Redner spricht dennoch weiter. Sitzungsleiter: „Herr X, ich mache Sie darauf aufmerksam, dass Ihr Verhalten den Tatbestand des Hausfriedensbruchs erfüllt. Ich verweise Sie hiermit des Saales und bitte den Ordnungsdienst, das entsprechende Geleit zu geben. Die Sitzung ist für fünf Minuten unterbrochen.“
Ob es wirklich nötig ist, die Sitzung zu unterbrechen oder sogar die Polizei geholt werden muss, wird im Einzelfall zu entscheiden sein. Gelingt es aber trotz aller Anstrengungen von Sitzungsleiter und Ordnern nicht, Ruhe und eine ordnungsgemäße Fortführung der Versammlung zu gewährleisten, muss der Sitzungsleiter die Versammlung förmlich schließen – durch die Worte: „Die Versammlung ist geschlossen“ und durch demonstratives Verlassen des Podiums bzw. Vorstandstisches. Alles, was nun folgt, hat mit der Versammlung nichts mehr zu tun − d.h. liegt auch nicht mehr in der Verantwortung und Haftung des Sitzungsleiters. Es versteht sich von selbst, dass man erst dann zur nächsten Stufe der zur Verfügung stehenden Mittel greift, wenn schwächere Maßnahmen sich als erfolglos erweisen. Die Verweisung eines stimmberechtigten Mitgliedes aus dem Sitzungssaal stellt einen schwerwiegenden Eingriff in seine Mitgliedsrechte dar, weil sie de facto den Entzug des Stimmrechts bedeutet; sie erfordert eine Störung erheblichen Ausmaßes.11 Wenn die Satzung die Übertragung des Stimmrechts zulässt, sollte dem Störer die Gelegenheit dazu gegeben werden, bevor er den Saal verlässt. Außerdem sollten Anlass und Tatsache der Wortentziehung und ggf. der übrigen Maßnahmen im Protokoll hinreichend ausführlich festgehalten werden, da eine unberechtigte Maßnahme des Sitzungsleiters u.U. einen Anfechtungsgrund gegen die im weiteren Verlaufe der Versammlung gefassten Beschlüsse darstellen könnte.12
BGH NJW 1966, 43 Der Saalverweis selbst kann nicht angefochten werden, nur Sachbeschlüsse, die nach einem ungerechtfertigten Ausschluss zustande gekommen sind. Die Anfechtung wird aber nicht zum Erfolg führen, wenn der Beschluss nicht auf dem Verstoß beruht (BGHZ 36, 121)
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3.3 Die Lenkungsfunktion des Leiters Abgesehen von seiner Aufgabe, den Ablauf der Versammlung formal korrekt zu leiten und die Ordnung aufrechtzuerhalten, soll der Sitzungsleiter die Verhandlung auch inhaltlich führen. Zu diesem Zweck hat er ein „Initiativrecht„: Er kann jederzeit Verfahrensvorschläge vortragen und danach verfahren, wenn nicht die Versammlung widerspricht (dann muss er seinen Vorschlag wie einen GO-Antrag behandeln). So kann der Sitzungsleiter zu Beginn der Sitzung von sich aus eine Redezeitbegrenzung vorschlagen, er kann von der Rednerliste abweichen, indem er das Wort zur direkten Erwiderung („direkt dazu“) erteilt oder auf eine längere Rede für einen Antrag eine dagegen folgen lässt; er kann jederzeit selbst das Wort nehmen, um die Debatte zu gliedern. Es gehört zu den originären Aufgaben des Sitzungsleiters, die Meinungsbildung und Meinungsfindung durch geeignete Handlungen zu fördern: So wird gerade der fachlich und sachlich kompetente Sitzungsleiter durch Zusammenfassen, das Aufzeigen von bis dahin nicht behandelten Fragestellungen und ein Ordnen der verschiedenen Themenkomplexe die Meinungsbildung erleichtern. Er soll bei Anträgen Formulierungshilfe leisten, gleichartige zusammenfassen und unklare präzisieren. Oft wird er selbst aus der Diskussion heraus einen Antrag vorschlagen. Es versteht sich von selbst, dass der Sitzungsleiter bei alledem auf strikte Unparteilichkeit zu achten hat. Insbesondere darf er sein Initiativrecht nicht zum Abwürgen der Diskussion nutzen oder beim Gliedern und Zusammenfassen eigene Ideen und Argumente einflechten. Nun wäre es vermessen, von jemandem absolute Neutralität zu fordern, der selbst Interesse an der Sache und sicherlich eine Meinung dazu hat. Dieser Aufgabe muss sich der Sitzungsleiter aber so gut es geht stellen, wenn er sein Amt ernst nimmt. Nichts anderes bringt mehr Unfrieden, Unzufriedenheit und ungesunde Spannung in eine Versammlung als ein manipulierender Leiter. Die Aufgaben und Möglichkeiten des Sitzungsleiters bei Diskussionen und Debatten werden in Kapitel 6 ausführlich beschrieben.
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Die meisten Gremien haben die Kompetenz, Richtlinien und Handlungsanweisungen für ihren Bereich zu verabschieden für deren Ausführung und Ausgestaltung Personen oder Gremien einzusetzen und zu wählen und diese zu kontrollieren. Dazu bedarf es der Information und Meinungsbildung, der Beschlussfassung und der Wahl. Die meisten Sitzungen laufen in der Praxis immer nach dem gleichen Schema ab, wobei Satzung und Brauch in verschiedenen Gremien den einen oder anderen Punkt überflüssig machen können. In diesem Kapitel werden der typische Ablauf anhand der in Kap. 2.3 beschriebenen Standard-Tagesordnung und die hierfür erforderlichen Regularien beschrieben.
4.1 Die Eröffnung Eine Sitzung kommt erst durch eine formelle Eröffnung durch den Sitzungsleiter zustande. Vor Eintritt in die Tagesordnung müssen die ordnungsgemäße Einberufung und die Beschlussfähigkeit festgestellt, ggf. ein Versammlungsleiter gewählt und andere Funktionen besetzt werden. Erst nach der Genehmigung der Tagesordnung und des Protokolls und kann man dann „zur Sache“ kommen. Die formelle Eröffnung grenzt das unverbindliche Plaudern von der eigentlichen Versammlung bzw. Sitzung ab: Mit der Eröffnung wird das Beisammensein von Mitgliedern zum Organ Mitgliederversammlung. Alles was nun geschieht, hat eine andere Qualität. Der Zeitpunkt der Eröffnung ist daher im Protokoll
H. Meier, Zur Geschäftsordnung, DOI 10.1007/978-3-531-93019-0_4, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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festzuhalten. Erst die Eröffnung bewirkt, dass die folgenden Handlungen rechtserhebliche Bedeutung haben. Zugleich setzt die Ordnungsgewalt des Sitzungsleiters (siehe Kap. 3.2) ein. Man sollte Versammlungen pünktlich beginnen, selbst wenn noch Nachzügler zu erwarten sind: Denn sonst werden die Pünktlichen für die Nachlässigkeit der anderen bestraft, und wertvolle Zeit geht verloren. Vor allem die erste Sitzung eines Vorsitzenden wird als Test gewertet, wie genau er es mit der Pünktlichkeit nimmt. Hinterher Schlendrian abbauen ist viel schwieriger als am Anfang konsequent zu sein. Die zu spät Kommenden wird man weder erstaunt noch verärgert zur Kenntnis nehmen, bestenfalls wird man z.B. zwischen zwei Redebeiträgen freundlich sagen: „Ich bin sicher, dass es in ihrem Sinne war, dass wir rechtzeitig angefangen haben“ (nicht „pünktlich“ oder „schon“, sondern „rechtzeitig“). Überpünktlich wird ein Vorstand anfangen, wenn er auf diese Weise die Beschlussunfähigkeit feststellen kann, d.h. in Fällen, in denen er das Zustandekommen der Sitzung verhindern will. Auch wenn die Mehrheiten gerade günstig sind, um den „richtigen“ Sitzungsleiter zu wählen und Protokoll und Tagesordnung schnell zu genehmigen, ist ein außergewöhnlich pünktlicher Anfang beliebt. Die zu spät Gekommenen haben das Nachsehen, denn auf Gewohnheitsrecht kann man sich bei klar formulierter Einladung nicht berufen. Der Sitzungsleiter notiert sich den Zeitpunkt der Eröffnung, damit ihn der Protokollant nachher genau angeben kann. Die Eröffnung der Sitzung erfolgt nach dem Merkwort „Anerbe“: Anrede: („Liebe Vereinskameraden!“) Eröffnung: („Ich eröffne unsere diesjährige Mitgliederversammlung“) Begrüßung: („... und darf Euch hierzu begrüßen und herzlich willkommen heißen.“) Man schafft mit ein paar positiven Worten (Dank für das Kommen, Hinweis auf gemütliches Tagungslokal und dergl.) eine angenehme Atmosphäre. In vielen Gremien ist es üblich, an dieser Stelle festzustellen, dass die Einladung form- und fristgerecht erfolgt ist. Hierdurch wird den Mitgliedern Gelegenheit gegeben, Einwände gegen die Ordnungsmäßigkeit der Einberufung vor-
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zutragen. Unterlässt ein anwesendes Mitglied die Rüge einer nicht ordnungsgemäßen Einberufung und macht dies erst in der Anfechtung geltend, so kann daran die Anfechtung scheitern.13 Sehr empfehlenswert ist, schon zu Anfang wenigstens eine ungefähre Angabe über die zu erwartende Dauer der Sitzung zu wagen. („Wir sollten versuchen, wie beim letzten Mal gegen 22.00 Uhr fertig zu sein“.) Das schafft unausgesprochen einen gemeinsamen Willen, mit der Zeit auszukommen und es fällt später in einer nicht enden wollenden Diskussion viel leichter, die allzu Redseligen „mit Blick auf die Uhr“ zur Kürze zu mahnen, „Wir haben uns ja vorgenommen, um 22 Uhr fertig zu sein.“ Vermeiden sollte man allerdings negative Äußerungen wie „Trotz der schon wieder miserablen Teilnahme ...“ oder „Ihr seid ja mal wieder ganz schön unpünktlich“, da sie gleich zu Anfang das Klima in die falsche Richtung lenken. An die Eröffnung kann sich auch die Begrüßung von Gästen und neuen Mitgliedern anschließen. Etwas heikel ist die Begrüßung von Ehrengästen, wenn man über die Reihenfolge (der Ranghöchste ist zuerst zu begrüßen) nicht genau informiert ist. Vorsichtshalber wird man sich an kompetenter Stelle (3) genaue Informationen holen und sich (mit Anrede, Titel und Namen in der richtigen Aussprache) die Reihenfolge vorher genau notieren. Ebenfalls hierher gehören Nachrufe für Verstorbene. Es ist üblich, dass sich dabei die Mitglieder zum Gedenken von ihren Plätzen erheben und der Sitzungsleiter einige ehrende Worte über den Verstorbenen spricht. Nach einem kurzen Moment des stillen Gedenkens sagt der Sitzungsleiter z.B. „Sie haben sich zu Ehren der Verstorbenen von Ihren Plätzen erhoben − ich danke Ihnen“, und die Teilnehmer nehmen wieder Platz. Auch Gratulationen und familiäre Mitteilungen (z.B. Geburt des Stammhalters) finden hier die rechte Stelle. Es folgen etwaige Grußbotschaften oder Mitteilungen von Mitgliedern, die sich haben entschuldigen lassen. Ansonsten vermeide man unbedingt ausführliche Eröffnungsreden und gehe ohne Umschweife zur Feststellung der Beschlussfähigkeit bzw. bei Vortragsveranstaltungen zur Vorstellung des Referenten über.
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BayObLG NJW-RR 1992, 911
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4.2 Die Feststellung der Beschlussfähigkeit Die Beschlussfähigkeit ist das Erreichen oder Überschreiten eines durch Satzung oder Geschäftsordnung festgelegten Anteils der Zahl aller Stimmberechtigten. Die Satzung kann für das Eintreten der Beschlussunfähigkeit im Verlauf der Sitzung einen anderen Anteil festlegen. Die Beschlussfähigkeit ist zu Beginn der Sitzung festzustellen und gilt so lange als bestehend, wie sie nicht angezweifelt und als nicht mehr gegeben festgestellt wird.14 Um zu vermeiden, dass Minderheiten weitreichende Beschlüsse fassen, sehen viele Satzungen die Teilnahme eines bestimmten Mindestanteils aller Mitglieder an der Beschlussfassung vor. Doch sieht die Praxis häufig anders aus: In den Ortsverbänden der Parteien und in vielen Vereinen beteiligen sich nicht einmal 10% der Mitglieder regelmäßig an den Sitzungen. Daher ist in manchen Satzungen die Beschlussfähigkeit nur für die Jahreshauptversammlung gefordert, um in dieser entscheidenden Sitzung Minderheitenbeschlüsse auszuschließen. In den Geschäftsordnungen für die Sitzungen der höheren politischen Organisationsstufen sowie für gesetzliche Gremien sind nahezu immer Beschlussfähigkeits-Klauseln verankert. Auch die Beschlüsse der Wohnungseigentümer nach WEG sind nur wirksam, wenn mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile vertreten ist. Als Versammlungsleiter müssen Sie also zu Beginn der Sitzung (z.B. durch Auszählen der Teilnehmerliste) prüfen, ob genügend Stimmberechtigte anwesend sind. Ebenfalls muss bei nicht-öffentlich zu behandelnden Punkten sichergestellt sein, dass keine Gäste anwesend sind. Es ist umstritten, ob die Anwesenheit von Vereinsfremden bei einer vertraulichen Behandlung von sich aus zur Ungültigkeit von Beschlüssen führen muss: Davon muss aber ausgegangen werden, wenn Teilnehmer (auch nachträglich) bekunden, durch die Teilnahme von Gästen in ihrer Meinungsfindung eingeengt gewesen zu sein, und dies für das Abstimmungsergebnis hat relevant sein können. Ist die Beschlussfähigkeit erst einmal festgestellt, geht man solange davon aus, dass sie fortbesteht, bis das Gegenteil festgestellt wird. Diese Fiktion erspart dem Sitzungsleiter die ständige Überprüfung. Allerdings besteht ihr Zweck nicht darin, wirksame Beschlüsse trotz fehlender Beschlussfähigkeit dadurch zu ermöglichen, dass die Feststellung der Beschlussfähigkeit bewusst unterbleibt. Die Vorschrift will nicht zuletzt für den Fall nachträglicher Zweifel an der Beschlussfähigkeit die dann fast unmögliche Beweisführung vermeiden. Wenn allerdings In der Rechtsprechung zum WEG wird dies enger gesehen. Hiernach muss die Beschlussfähigkeit zum Zeitpunkt des Beschlusses gegeben sein.
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für alle Anwesenden feststeht, dass die vorgeschriebene Anzahl unterschritten ist, kann sich von diesem Zeitpunkt an niemand mehr auf die Fiktion der Beschlussfähigkeit berufen. Aber: Die Feststellung der Beschlussunfähigkeit im Laufe der Sitzung hat keine Rückwirkung auf Beschlüsse, die zeitlich vor dieser Feststellung liegen. Diese Beschlüsse sind wirksam zustande gekommen. Nach Feststellung der Beschlussunfähigkeit hat der Sitzungsleiter die Sitzung sofort aufzuheben oder zu unterbrechen. Die Sitzung kann erst dann Beschlüsse fassen, wenn die Beschlussfähigkeit erreicht ist. Bei kleinen Versammlungen ist die Feststellung kein Problem (man braucht nur durchzuzählen), schwierig kann es bei größeren Sitzungen und Tagungen werden. 15 Hier wird man dann ein formelles Verfahren wählen müssen. So kann man die Stimmberechtigten zusammen mit der Mandatsprüfung registrieren lassen, so dass die Zahl der Anwesenden bzw. andere für die Abstimmung relevante Größen (z.B. Miteigentumsanteile) zu Beginn der Sitzung festgestellt werden kann. Gleichzeitig wird man Stimmkarten ausgeben, die auch die Abstimmung erleichtern können (s. Kap. 7). Verlässt ein Teilnehmer die Sitzung, muss er am Ausgang seine Stimmkarte abgeben, so dass jederzeit auch ohne besonderen Aufwand die Zahl der Anwesenden feststellbar ist. Manche Satzungen sehen vor, dass ein Beschluss ungültig ist, wenn aus seinem Stimmenergebnis hervorgeht, dass die Sitzung beschlussunfähig war. Das gilt auch für Beschlüsse nach WEG.16 17 Stellt sich bei der Abstimmung heraus, dass die Beschlussfähigkeit nicht mehr besteht, erklärt in solchen Fällen der Sitzungsleiter die Versammlung für beschlussunfähig, die Abstimmung für ungültig, den Beschluss als wegen Beschlussunfähigkeit nicht zustande gekommen und schließt die Sitzung. Auch wenn kurze Zeit später wieder genügend Mitglieder anwesend sind, um die Versammlung beschlussfähig zu machen, bleibt die Sitzung geschlossen. Es kann in diesem Fall nur dann eine neue Sitzung eröffnet werden, wenn die Sat-
Bei der Wohneigentümerversammlung nach WEG muss gemäß § 25 Abs. 3 WEG für die Beschlussfähigkeit mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile (nicht der Wohnungseigentümer!) vertreten sein. Das erfordert vor allem bei größeren Eigentümergemeinschaften eine sorgfältige Protokollierung und Überwachung der Anwesenheit. 16 Hier gilt, dass zum Zeitpunkt des Beschlusses die Beschlussfähigkeit gegeben sein muss (BayObLGZ 1981, 50(55); BayObLG NJW-RR 1987, 459). Es muss aber nicht vor jedem Beschluss erst die Beschlussfähigkeit ermittelt und festgestellt werden (BayObLG 10.5.89 WE 1990, 140). 17 Bei der Feststellung der Beschlussfähigkeit sind auch die Anteile bzw. Stimmen mitzuzählen, die wegen Interessenkollision von der Ausübung ihres Stimmrechts ausgeschlossen sind. (KG 16.9.88 24 W 3200/88 NJW-RR 1989, 17) 15
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zung keine Einladungsfristen vorsieht. In manchen Gremien ist in solchen Fällen eine Unterbrechung der Sitzung oder einer Abstimmung erlaubt bzw. üblich, wenn davon auszugehen ist, dass die Beschlussfähigkeit nach der Unterbrechung wieder besteht. Ist dies dann allerdings nicht der Fall, ist eine erneute Unterbrechung unzulässig: Die Sitzung muss dann geschlossen werden. Oft werden die Bestimmungen über die Beschlussfähigkeit umgangen, indem man nur noch „Abstimmungen per Akklamation“ (siehe Seite 137) durchführt. Oder man fragt in der offenen Abstimmung nur noch nach Gegenstimmen und Enthaltungen und gibt im Protokoll dann lediglich an, „mit (großer) Mehrheit angenommen“ oder „mit 4 Gegenstimmen bei 2 Enthaltungen angenommen“. Das Risiko der Gültigkeit des Beschlusses verbleibt aber beim Verein: Denn er, nicht das klagende Mitglied muss im Falle einer Anfechtung die Beschlussfähigkeit beweisen. Doch hilft alles nichts, wenn ein Teilnehmer die Beschlussfähigkeit durch GOAntrag anzweifelt. Dann muss gezählt werden, und bei Beschlussunfähigkeit muss der Sitzungsleiter die Sitzung schließen. Die bis dahin gefassten Beschlüsse bleiben wirksam – mit dem vorerwähnten Risiko. Manche Mitglieder sind geradezu auf den Beschlussfähigkeits-Trick spezialisiert: Wer ständig die Zahl der Anwesenden registriert, weiß genau, wann die Sitzung beschlussunfähig ist bzw. wie viele der eigenen Leute im geeigneten Moment verschwinden müssen, damit sie es wird. Wenn nötig, wird das blitzschnell arrangiert und ein unerwünschter Beschluss ist verhindert. Für die nächste Sitzung wird man sich bemühen, alle eigenen Leute zu mobilisieren (Wenn man Pech hat, hat die andere Seite aber dann auch ihren wachsamen Spezialisten ...). Vor allem für den Vorstand ist diese ständige Kontrolle leicht möglich, da er meist von einem exponierten Platz aus einen guten Überblick hat und fast immer einige Mitglieder kennt, die nicht lange überzeugt werden müssen, sondern sich − ohne lange zu fragen − seiner Autorität beugen und tun, was ihnen gesagt wird (nämlich den Saal verlassen). Meist wird die beschlussunfähige Sitzung auf einen neuen Termin vertagt, wenn die Satzung nicht eine andere Regelung vorsieht: So kann bei Beschlussunfähigkeit die Sitzung geschlossen und danach eine neue Sitzung einberufen werden, die dann in jedem Fall beschlussfähig ist. Diese Bestimmung soll verhindern, dass eine Minderheit durch Nichterscheinen oder rechtzeitiges Verlassen der Sitzung unliebsame Beschlüsse verhindern kann. Es entspricht aber nicht dem Sinn von Beschlussfähigkeitsregelungen, die Sitzung zu schließen und unmittelbar danach
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die neue Sitzung zu eröffnen (wenn das satzungsgemäß überhaupt möglich wäre). Denn das würde den Sinn der Regelung unzulässig unterlaufen.18 Aus bitterer Erfahrung lassen manche Satzungen − vor allem in unteren Parteiorganisationen − Beschlüsse und Wahlen nach 23.00 Uhr nicht mehr zu. Hierbei gilt die Uhr des Sitzungsleiters. Protestieren Sie, wenn sie seltsamerweise 20 Minuten lang 22.58 Uhr zeigt ... Möglicherweise wird aber der Sitzungsleiter schon zu Beginn der Sitzung vor dem Problem stehen, dass zum angesetzten Termin nicht genügend Mitglieder erschienen sind. Er kann nun noch das „akademische Viertel“ abwarten, doch spätestens dann muss er entscheiden: Die Sitzung kommt nicht zustande, doch wird bei entsprechender Satzung die nächste (ggf. auf jeden Fall beschlussfähige) Sitzung terminlich so festgelegt, dass man fristgerecht neu einladen kann. Doch weiter zusammensitzen darf man schon, nur Beschlüsse können nicht mehr gefasst werden: Wahlen müssen ebenso wie Neuaufnahmen auf jeden Fall verschoben werden. Als Sitzungsleiter können Sie jedoch − wenn die Teilnehmer mitmachen − die Tagesordnung „informell“ abwickeln: Über alle Sachanträge wird in der gewohnten Weise diskutiert, und am Schluss führen Sie statt der Abstimmung(en) „Meinungsbilder“ durch, d.h. sie lassen genauso abstimmen wie sonst üblich − die Abstimmung erhält nur einen anderen Namen. Selbstverständlich haben diese Meinungsbilder keinerlei Rechtswirkung: Auch ein Antrag mit einstimmigem Meinungsbild ist nicht beschlossen. Doch auf der folgenden (hoffentlich beschlussfähigen) Sitzung beantragen Sie dann En bloc-Abstimmung über alle in der nicht beschlussfähigen Sitzung behandelten Anträge. Wenn nicht sehr heikle Anträge darunter sind, werden häufig die Teilnehmer der damaligen Sitzung geschlossen zu dem dort erzielten Ergebnis stehen − und wenn auch nur, um den Nichterschienenen einen (nur allzu menschlichen) Denkzettel zu verpassen. Wenn das ein paar Mal funktioniert hat, hebt diese Regelung die Arbeitsmoral ganz erheblich: Denn jeder, der eine Sitzung besucht, kann sicher sein, nicht unverrichteter Dinge wieder nach Hause zu müssen, weil andere fehlten. Und im Stillen sind die Anderen meist dankbar, wenn auf diesem Weg die nötigen Beschlüsse unkompliziert und rasch gefasst werden können. Ob Sie nun dieses Verfahren einführen, müssen Sie aufgrund der Situation Ihres Vereins bzw. des betreffenden Gremiums und der Satzung sorgfältig prüfen. Aber es ist den Versuch wert, mit denen, die sich die Mühe gemacht haben, zur Sitzung zu kommen, Die neue Sitzung darf erst – unter Einhaltung der satzungsgemäßen Einladungsfrist – stattfinden, wenn feststeht, dass die erste gescheitert ist (OLG Bremen 25.3.80 1W1/80 Rpfleger 1980, 295; OLG Köln 23.8.89 16 Wx 79/89 = NJW-RR 1990,26; BayObLG 11.10.89 BReg 2 Z 69/89 NJW-RR 92,787)
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sinnvoll zu arbeiten. Auf jeden Fall wird die Vorarbeit in der beschlussunfähigen Sitzung die Diskussion in der nächsten Sitzung erheblich straffen. Erst recht sollte eine beschlussunfähige Sitzung Anlass sein, nach Gründen zu suchen, warum der Besuch nicht den Erwartungen entsprach. Ist vielleicht nicht rechtzeitig oder zu langfristig eingeladen worden? Sind die Einladungen allen Mitgliedern zugegangen, waren sie vollständig und eindeutig (Wochentag, Datum, Uhrzeit, Ort, Adresse, Zimmernummer etc.)? War der Termin vielleicht ungünstig (Parallelveranstaltungen innerhalb der Partei, Fußballspiel im Fernsehen, zu früh, zu spät)? Oder kann es sein, dass die Teilnehmer durch frühere Sitzungen abgeschreckt worden sind (Irrelevanz der Diskussionen und Beschlüsse, chaotischer Sitzungsverlauf, Langeweile, monologisierende Vorstände, schlechte Akustik, Lüftung, Raumgröße, häufige Störungen)? Es ist natürlich auch denkbar, dass die Beschlussunfähigkeit kein Zufall ist: Vielleicht liegt einer starken Gruppe daran, dass zu diesem Termin eine bestimmte Angelegenheit nicht beschlossen wird. Möglicherweise hatte auch der einladende Vorstand kein Interesse an der (zusätzlichen) Sitzung und hat sich daher mit der Einladung keine Mühe gegeben, einen ungünstigen Termin ausgesucht etc. Weiter sollte sich der Vorstand fragen, ob er die Einladung künftig attraktiver gestalten kann, z.B. ausführliche Tagesordnung, ein sauberer Druck, Terminvorschauen etc. Vielleicht lässt sich auch die Sitzung selbst interessanter und abwechslungsreicher gestalten: Wenn überhaupt Vorträge, dann nur von wirklich kompetenten Leuten und als Diskussionsveranstaltungen angekündigt. Man kann den „Vortrag“ auch anders nennen oder zwangloser ankündigen: „Unser Bundestagsabgeordneter X war kürzlich in Ägypten und wird uns über Land und Leute, seine Gespräche, Erlebnisse und die Hintergründe und Folgen der Kairoer Außenpolitik berichten.“ klingt sicherlich verlockender als 'Vortrag über Nahostpolitik; Referent Herr X MdB'. Schreibt man in die Einladung: „Anschließend wollen wir in einer kurzen Sitzung über einige aktuelle Probleme beraten“ und gibt eine knappe Tagesordnung und einen genauen Anfangstermin an, wird man schon eher das Interesse auch abseits stehender Mitglieder finden können. Die „Aktiven“ haben mit der Angabe des Anfangstermins die Möglichkeit pünktlich zur Sitzung anwesend zu sein, auch wenn der Vortrag sie nicht interessiert.
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4.3 Die Wahlen für die Sitzungsfunktionen Jede Versammlung muss einen Leiter haben, meist auch einen Protokollanten und oft weitere Helfer, die den reibungslosen Ablauf sichern. Daher werden zu Beginn vieler Versammlungen zunächst die für die laufende Sitzung Verantwortlichen gewählt. In der Regel führt der Einladende diese Wahlen nach der Eröffnung und der Feststellung der Beschlussfähigkeit durch und übergibt dann den Vorsitz an den gewählten Sitzungsleiter. Der wird dann die weiteren Ämter wählen lassen und in der Tagesordnung weitergehen Wie Wahlen grundsätzlich abgewickelt werden, ist in den Kapiteln 4.8 und 8 ausführlich dargestellt. Allerdings werden für die Sitzungsfunktionen häufig nur wenige Kandidaten zur Verfügung stehen. Oft ist auch im Vorfeld bereits informell verabredet worden, wer die einzelnen Funktionen wahrnimmt. Steht für ein Amt nur ein Kandidat zur Verfügung, gilt er als gewählt, sofern nicht widersprochen wird. Gibt es Widerspruch, muss über den Kandidaten abgestimmt werden (dafür − dagegen − Enthaltung). Bei den Wahlen für die Sitzungsfunktionen reicht grundsätzlich die relative Mehrheit, sofern es in Satzung oder GO nicht explizit anders geregelt ist.
Die Wahl des Sitzungsleiters Einige Satzungen bestimmen, dass der Vorsitzende oder ein anderer Amtsträger die Sitzungen zu leiten hat. In diesem Fall ist natürlich kein Sitzungsleiter mehr zu wählen. Lediglich die Frage der Vertretung kann noch zu klären sein. Manche Satzungen aber verbieten ausdrücklich die Sitzungsleitung durch ein Vorstandsmitglied oder den Vorsitzenden: Er hat einerseits als Einladender schon erhebliche Möglichkeiten der Einflussnahme, andererseits wird er im Verlauf der Sitzung häufig das Wort ergreifen, sich gegen Kritik zur Wehr setzen und Bericht erstatten müssen. Schon allein deshalb ist es oft lästig, wenn er zu jeder persönlichen Meinungsäußerung den Vorsitz kurz abgeben müsste. Zudem ist er zu sehr Partei in vielen Fragen, als dass er glaubhaft die Rolle des „neutralen Mittlers“ oder Moderators spielen könnte. Man wählt gelegentlich eine dreiköpfige Versammlungsleitung, die sich in Leitung und Protokollführung ablöst. Oft wird dieses Team nach Fraktionsproporz besetzt.
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Der geschickte Taktiker wird dafür zu sorgen wissen, dass er gerade in der entscheidenden Phase mit der Sitzungsleitung an der Reihe ist − entweder um sich zu profilieren, oder aber um die Versammlung behutsam in die gewünschte Richtung zu führen. Wird nur der Leiter, nicht also explizit auch ein Vertreter gewählt, so übernimmt − wenn nötig − der Protokollführer kurzzeitig die Vertretung: Denn kein qualifizierter und engagierter Teilnehmer würde die Sitzungsleitung übernehmen, wenn ihm dadurch der Mund verboten wäre. Für seinen Beitrag zur Sache sollte er die Sitzungsleitung abgeben, damit nicht die Funktionen des Leiters und des Diskussionsredners vermengt werden: Schließlich kann er sich selbst bei z.B. Überschreitung der (begrenzten) Redezeit nicht zur Ordnung rufen bzw. das Wort entziehen. In der Praxis wird dieses formell einwandfreie Verfahren aber viel zu selten konsequent gehandhabt. Für den aufstrebenden Nachwuchspolitiker ist die Übernahme und möglichst vollendete Meisterung der Versammlungsleitung der ideale Weg, bekannt zu werden und Parteikarriere zu machen. Kaum etwas empfiehlt besser für weiterführende Aufgaben als eine souveräne und formvollendete, faire Sitzungsführung. Andererseits: Die Blamage einer fehlgeschlagenen, da offengelegten Manipulation oder eine chaotische Sitzungsleitung wird ein Mitglied über lange Zeit für Posten mit Verantwortung disqualifizieren. Die exponierte Stellung und das Initiativrecht des Sitzungsleiters kann Sie in die Versuchung führen, der eigenen Sache ein wenig „nachzuhelfen“. Doch lassen Sie sich auf dieses gefährliche Spiel besser nicht ein: Durch Ihre betont neutrale Stellung genießen Sie einen beachtlichen Vertrauensvorschuss, der ins Negative umschlägt, wenn Sie ihn missbrauchen: Dem (von Amts wegen) Neutralen nimmt man eine Manipulation viel mehr und viel länger übel als einem einfachen Teilnehmer bei dem man schon eher Verständnis dafür hat, dass er seinem Anliegen zum Sieg verhelfen möchte. Verhalten Sie sich als Sitzungsleiter immer so, dass man Sie beim nächsten Mal gern wiederwählt: So können Sie Ihrer Sache und Ihrem Image am ehesten auf Dauer nutzen.
Die Wahl des Protokollführers Das Amt des Protokollführers kann weit mehr sein als eine lästige, mit Schreibarbeit verbundene Aufgabe. Der Protokollführer sollte sich in der Sache auskennen, muss darüber hinaus flexibel genug sein, auch fremde Ansichten klar und unparteiisch festzuhalten. Gewissenhaftes, genaues Arbeiten, flüssige Schreibtechnik und eine gute Kon-
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zentrationsfähigkeit auch über längere Zeit runden das Bild des idealen Protokollführers ab. Wie das Protokoll auszusehen hat und wie man es behandelt, wird im Kapitel 4.5 näher beschrieben. Oft führt der Protokollant „nebenher“ die Anwesenheitsliste (zu Beginn der Sitzung herumreichen, später jeweils aktualisieren). Der Protokollführer wird meist kaum Zeit haben, sich an der Diskussion zu beteiligen, vor allem wenn das Protokoll sich nicht auf die gefassten Beschlüsse beschränken, sondern auch der Versammlungsablauf festgehalten werden soll. Daher wird sich ein redegewandtes und engagiertes Mitglied für diese Aufgabe in der Regel nicht zur Verfügung stellen. Es bietet aber für interessierte Teilnehmer, die noch nicht lange Mitglied sind, durchaus Möglichkeiten, sich bekannt zu machen und positiv zu profilieren, vor allem, wenn zuvor die Niederschriften schludrig und unbefriedigend ausfielen. Wer dann plötzlich ein sauberes, übersichtliches Protokoll erhält und vielleicht außer den Beschlüssen auch irgendwo (Eitelkeit geht über alles!) eine Erwähnung des eigenen Diskussionsbeitrags mit Namensnennung entdeckt, wird sich fast zwangsläufig für den Protokollanten interessieren. Dem karrierebewussten Mitglied muss es dann nur gelingen, das arbeitsintensive Amt nach einigen Sitzungen wieder los zu werden (allein des Kontrastes wegen): Meist wird die Versammlung die Begründung akzeptieren, dass man sich selbst auch einmal an der Diskussion beteiligen möchte, nachdem man nun schon längere Zeit immer nur zuhören und protokollieren musste. So hat man die Anfangsschwierigkeiten des Neulings überwunden, die entscheidenden Leute kennen gelernt und die formalen und die heimlichen Regeln des Miteinanders im Gremium. Man kennt nun die Fraktionen und ihre Meinungsbildner und hat sich ein positives Image aufgebaut, an dem man fleißig weiterarbeiten kann. Vor allem ungeübte Protokollanten tun gut daran, die Sitzung mit einem Tonband aufzunehmen, um später Unklarheiten rekapitulieren zu können. Allerdings ist eine heimliche Tonbandaufnahme während einer Versammlung auf jeden Fall unzulässig. Die unbefugte Aufnahme eines nicht öffentlich gesprochenen Worts eines anderen auf Tonträger ist eine strafbare Handlung nach § 201 Abs. 1 des Strafgesetzbuches. Ein Mehrheits-Beschluss hilft nicht: Der Widerspruch eines einzigen Teilnehmers genügt, den Mitschnitt (zumindest seiner Redebeiträge) zu verhindern! In der Praxis wird der Versammlungsleiter am Anfang den Mitschnitt „im Interesse eines einwandfreien Protokolls“ ankündigen – in der leisen Hoffnung, dass niemand widerspricht.19
Übrigens steht es jedem Teilnehmer frei, seine eigenen Wortbeiträge auf Tonband zu sprechen, ohne um Erlaubnis zufragen.
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Als Protokollant beachten Sie bitte: genügend Papier bereithalten (seien Sie nicht zu geizig − am besten beschriften Sie grundsätzlich nur eine Hälfte − dann bleibt genügend Platz für spätere Notizen und evtl. Einschübe) Ersatzstift bereithalten nicht zuviel mitschreiben − dann geht der Überblick verloren Anträge grundsätzlich ausformulieren lassen (vom Antragsteller oder vom Sitzungsleiter), denn nur dann haben Sie klare Verhältnisse. Nach schwierigen Debatten mit diversen Änderungs- und Ergänzungsanträgen sollte der Sitzungsleiter vor der endgültigen Beschlussfassung den zur Abstimmung stehenden Antrag vom Protokollanten vorlesen lassen, damit jeder Abstimmende weiß, worüber er entscheidet. Nach der Sitzung sollten Sie so schnell wie möglich die Reinschrift anfertigen, denn dann ist die Erinnerung noch frisch, falls Ihre Notizen Lücken haben sollten. Weitere Hinweise zum Protokoll siehe Kap. 4.5.
Die Wahl von Ausschüssen und Kommissionen Ausschüsse und Kommissionen erledigen für ein Gremium die VorbereitungsArbeit, die gemeinsam von allen nicht oder nur umständlich geleistet werden könnte. Als Beispiel seien der Wahlausschuss, die Antragskommission und die Mandatsprüfungskommission genannt, die vor allem in größeren Gremien wesentliche Voraussetzungen für einen effizienten Verlauf schaffen. Man unterscheidet ständige und zeitlich befristete Ausschüsse. So gibt es die Mandatsprüfungskommission, deren Aufgabe, die Stimmberechtigung zu prüfen, auf die jeweilige Sitzung begrenzt ist; bei bestimmten politischen Gremien (z.B. bei Parteitagen) ist dies ein zuvor gewählter ständiger Ausschuss. Das gleiche gilt für den Wahlausschuss, der den ordnungsgemäßen Gang der Wahlhandlungen sicherstellt. Diese mit Organisationsaufgaben versehenen Ämter werden von den politisch engagierten und auf Karriere bedachten Mitgliedern meist gemieden. Andererseits versuchen die Vorstände, unbequeme Teilnehmer mit solchen Aufgaben zu betrauen: Als „Mandatsprüfer“ ist man im ersten Teil der Sitzung nahezu völlig außer Gefecht gesetzt, denn die Aufgabe erfordert die volle Aufmerksamkeit und lässt eine Teilnahme an der Diskussion kaum zu. Auch der Wahlausschuss größerer Gremien ist häufig so damit beschäftigt,
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Stimmzettel zu verteilen, einzusammeln und auszuzählen, dass seine Mitglieder sich nicht aktiv in die Debatten einschalten können. Manche Mitglieder aber nehmen solche Aufgaben sehr gern wahr: So lernen Sie anfangs die Mitglieder kennen, werden selbst bekannt und machen sich für das reibungslose Funktionieren unentbehrlich. Großen Einfluss aber gewinnt man dadurch nicht. Die Besetzung solcher Ausschüsse erfolgt meist den Mehrheitsverhältnissen entsprechend (s. Seite 161ff) und folgt besonderen Regeln: Zumeist ist zwischen den Fraktionen die jeweilige Zahl der Sitze im Ausschuss bereits festgelegt oder im Vorfeld ausgehandelt. Das Gesamtgremium bestätigt dann mit einfachem Beschluss die Liste der von den Fraktionen vorgeschlagenen Mitglieder. Bei der Besetzung mehrerer Ausschüssen bedient man sich manchmal des in Kap 8.2 näher beschriebenen „Zugreifverfahrens“, um eine möglichst gerechte Verteilung auch der Ausschuss-Vorsitze zu erreichen. Andere Ausschüsse haben die Aufgabe, die Sitzung oder einzelne Tagesordnungspunkte inhaltlich vorzubereiten. So wird man für die Diskussion komplexer Probleme einen kleinen Ausschuss einsetzen, der dann sein Ergebnis der Hauptversammlung vorträgt. Da solche Gremien im Fraktionsproporz besetzt sind, wird hier oft ein recht akzeptabler Kompromiss erarbeitet, der dann ohne lange Debatte beschlossen werden kann. Ausschussarbeit kann auch dazu dienen, zu komplexen Themen Meinungen und Ansichten sachkundiger und kompetenter abzuwägen, als dies im Hauptgremium möglich ist. Die Arbeit ist im kleinen Kreis meist konkreter, sachbezogener; so ist die Chance häufig größer, einen ausgewogenen und gerechten Beschluss zu erhalten. Deshalb werden in großen Gremien solche Themen bereits am Anfang der Sitzung in einen Ausschuss delegiert, bevor sie später – im Rahmen der Tagesordnung – zur allgemeinen Diskussion aufgerufen werden. Das Verweisen in die Ausschüsse kann neben dem eigentlichen Zweck, eine effektivere Verhandlung zustande zu bringen, auch weniger edle Ziele haben. Neben den im Kapitel 5 (Seite 102) angeführten Gründen kann man mit zahlreichen Ausschüssen eine Minderheit vor die Wahl stellen, entweder ungeheuren Fleiß zu entwickeln oder einen Teil der inhaltlichen Arbeit nicht kontrollieren zu können. Eine geschickte Terminwahl kann dies zusätzlich fördern. Erscheint dadurch das gewählte Ausschussmitglied nur selten, so hat man neben dem inhaltlichen Dissens mit seinem scheinbaren „Desinteresse“ ein weiteres Argument gegen seine Ansichten. Ausschussarbeit kann auch der Karriere dienen: Einerseits lernt man die aktiven Mitglieder sehr viel genauer kennen − ihre Stärken und Schwächen, ihren politischen Standort und ihre Argumente, andererseits ist die sachliche Atmosphäre am ehesten geeignet, selbst angenehm aufzufallen − vor allem den wichtigen Leuten.
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Beeinflussen kann man die Ausschussarbeit auf vielerlei Weise − schließlich ist auch der Ausschuss eines der Gremien, für die dieses Buch geschrieben wurde. Im Vergleich zu anderen Gremien ist hierbei besonders die Protokollführung und die Berichterstattung vor dem Hauptgremium wichtig, denn kaum irgendwo ist die Gefahr der Manipulation so groß wie hier: Im Ausschuss herrscht meist nach kurzer Zeit auch zwischen den gegnerischen Blöcken ein gewisses Vertrauen. Von gerissenen Protokollanten wird dies weidlich ausgenutzt. Auch die Berichterstattung vor dem Hauptgremium ist heikel, da nur selten ein Ausschussmitglied protestiert, wenn eine Formulierung im Bericht „etwas unglücklich“ ausfällt. Vor allem die Hauptargumente, die zu dem schließlich vorgelegten Kompromiss führten, kann man so schief und verzerrt vortragen, dass sie nur noch für die mit der Sache vertrauten Teilnehmer einleuchtend sind − die Mitglieder des Hauptgremiums sind dann unter Umständen bei knappen Mehrheiten durchaus noch zu einschlägigen Änderungen zu bewegen. Man wird daher Protokollanten und Berichterstatter mit Sorgfalt und gesundem Misstrauen auswählen. Bei permanenter Gremienarbeit tagen Ausschüsse häufiger und eher unregelmäßiger als die Hauptgremien. Deshalb kann eine gut koordinierte Minderheit mit geschickter Terminwahl die Mehrheitsverhältnisse im Ausschuss relativ leicht beeinflussen. Von besonderer Bedeutung ist z.B. bei Parteitagen die sogenannte Antragskommission. Sie sichtet vor Beginn der Sitzung die eingegangenen Anträge, fasst sie sinnvoll zusammen und erstellt einen Vorschlag zum Ablauf der Sitzung und zur Reihenfolge der Behandlung der vorliegenden Anträge. Es liegt auf der Hand, dass diese Kommission einen erheblichen Einfluss hat: Nicht nur der Informationsvorsprung gegenüber den anderen Teilnehmern, sondern auch zahlreiche Möglichkeiten der Einflussnahme auf den Inhalt der Beschlüsse und den Verlauf der Sitzung machen die Mitwirkung in ihr so begehrt. Die Aufgabenbeschreibung zeigt schon die hauptsächlichen Manipulationsmöglichkeiten. Besonders häufig werden bei der „sinnentsprechenden“ Zusammenfassung von Anträgen „Fehler gemacht“, d.h. unbequeme Anträge werden anderen Anträgen angehängt, bei denen man mit Ablehnung rechnet − und umgekehrt. Oder bei der „redaktionellen Überarbeitung“ der Antragstexte wird der Sinn so wiedergegeben, dass eine Ablehnung oder Zustimmung wahrscheinlicher wird. Da die Kommission meist so zusammengesetzt ist, dass sie die Mehrheitsverhältnisse der Gesamtversammlung widerspiegelt, wird man gegen ihre Vorschläge kaum etwas unternehmen können. Nur krasse Fälle lassen sich öffentlich anprangern und damit die gesamte Arbeit in Misskredit bringen. Zu viele Einsprüche − vor allem gegen Kleinigkeiten − sind zu vermeiden, da das Publikum ihrer sehr schnell überdrüssig wird, zumal da die Kommission bzw. auch der entsprechend zusammengesetzte Vorstand sich alle Mühe geben werden, den Protestierenden als Querulanten abzustempeln. Vor allem in solchen Fällen ist es wichtig, dass die Gegenargumente von möglichst vielen verschiedenen Teilnehmern vorgetragen werden:
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Dies verstärkt die Wirkung und Glaubwürdigkeit, solange es nicht allzu auffällig geschieht. Bei größeren Versammlungen sollte der Leiter nun doch einige Personen benennen, die ihm beim Auszählen unterstützen (Kap. 7.4, Seite 143)
4.4 Die Genehmigung der Tagesordnung (TO) Ein Standardpunkt fast jeder TO ist die „Genehmigung der Tagesordnung“. Der Einladende hat lediglich das Vorschlagsrecht; die Versammlung ist in der Gestaltung der TO frei, wenn die Satzung nichts anderes bestimmt. Der Sitzungsleiter wird also diesen Punkt aufzurufen haben, auch wenn auf dem Vorschlag des Einladenden die „Genehmigung der Tagesordnung“ nicht aufgeführt war; in diesem Fall tut er das „vor Eintritt in die TO“. Die Anträge umfassen das Absetzen von Gegenständen von der TO sowie die Änderung der Reihenfolge der TOPs. Der Änderungswunsch entspricht einem „Antrag zum Verfahren“ und erfordert die einfache Mehrheit der Stimmen. Einstimmigkeit oder eine Zweidrittelmehrheit fordern viele Satzungen, wenn völlig neue Punkte auf die TO gesetzt werden sollen (Initiativantrag, Dringlichkeitsantrag). Dies gilt besonders dann, wenn die Satzung bestimmte Fristen für Anträge zur TO vorsieht. Dringlichkeitsanträge sind dann nur möglich, wenn sie in der Satzung ausdrücklich zugelassen sind; denn sonst würde eine Frist für die Aufnahme in die TO keinen Sinn machen. Aber selbst wenn die Satzung Dringlichkeitsanträge zulässt, können die daraufhin gefassten Beschlüsse nichtig sein; denn wenn wesentliche Punkte nicht auf der Einladung stehen, können sich die Stimmberechtigten nicht darauf vorbereiten und Beschlüsse sind leicht von Zufallsmehrheiten abhängig20. Bei Vereinen lässt § 32 Ziff. 1, Satz 2 BGB eine Behandlung nur zu, wenn „der Gegenstand bei der Berufung bezeichnet wird.“ Wenn die Satzung nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt, sollte der Sitzungsleiter sich auf nichts einlassen und Dringlichkeitsanträge nicht zulassen. Ist eine Angelegenheit wirklich so dringend, dass sie keinen Aufschub bis zur nächsten Versammlung duldet, so ist allenfalls an die Möglichkeit einer vorläufigen Regelung zu denken, die aber keinesfalls der Entscheidung der einzuberufenden neuen Versammlung vorgreifen darf21 20 21
BGH 17.11.1986 II ZR 304/85 NJW 1987, 1811 ebd.
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Die Fraktion, die üblicherweise in der Minderheit ist, könnte eine Zufallsmehrheit ausnutzen, um alle in den letzten Monaten abgelehnten Anträge neu einzubringen und zu beschließen. Notfalls muss man so schnell wie möglich genügend Mitglieder herbeirufen, die Abwicklung der TO verzögern solange es geht, und dann, nachdem die Mehrheiten wieder „stimmen“, durch GO-Anträge (Nichtbefassung) das Schlimmste verhüten. Spätestens dann wird man schleunigst eine entsprechende Satzungsänderung in die Wege leiten, die Dringlichkeitsanträge ausschließt. Wenn das Absetzen eines TOP infolge Zeitablauf (Termin) gleichzeitig eine Sachentscheidung bedeutet, so wird ein solcher Antrag häufig und zu Recht an dieser Stelle nicht zugelassen. Es steht dem Antragsteller allerdings frei, den Antrag beim Aufrufen des TOPs erneut als GO-Antrag zu stellen. Unzulässig ist der Antrag auch, wenn gemäß § 37 BGB eine Ermächtigung des Amtsgerichts vorliegt, den betreffenden Punkt auf die TO zu setzen. Spätestens zur Sitzung sollte jeder Teilnehmer den TO-Vorschlag vor sich haben − entweder bei seinen Unterlagen oder z.B. auf einer gut sichtbaren Tafel bzw. als Beamer-Bild auf der Leinwand. Die Bekanntgabe des Vorschlages durch Verlesen ist eine Zumutung für die Beteiligten und sollte nicht hingenommen werden (Verfahrensantrag). Dass die Reihenfolge der TOPs wichtig sein kann, wurde im Kapitel 2 bereits erwähnt. Deshalb wird um die TO in vielen Sitzungen auch hart gekämpft und heiß debattiert. Nun soll eine Sitzung sich nicht in stundenlangen Geschäftsordnungs- und Tagesordnungsdebatten ergehen. Als Sitzungsleiter werden Sie daher versuchen, dies möglichst abzukürzen. Weit mehr als Sachdiskussionen können sich bei Tagesordnungsdebatten die Emotionen aufschaukeln. Andererseits werden Tagesordnungsdebatten auch benutzt, um vor den Sachanträgen die Mehrheiten festzustellen und Koalitionen auf ihre Festigkeit zu prüfen. Es geht also u.U. bei der ganzen Debatte nicht um die Tagesordnung selbst, sondern um eine Kraftprobe oder um eine gruppendynamische Rollenklärung. Vor allem neu zusammengesetzte Gruppen/Gremien verwenden instinktiv solche formalen Fragen gern, um am Anfang der gemeinsamen Beziehung eine „Hackordnung“ auszufechten: Auf diesem – meist – eher unwesentlichen Feld werden unbewusst Rangfolgen und Beeinflussungsfelder aufgebaut, die dann das folgende Zusammenleben prägen. In der Tat ist es oft besser, diesem gruppendynamischen Prozess im Vorfeld Raum zu geben, weil es dann bei den – wahrscheinlich wichtigeren – inhaltlichen Fragen später nur noch um die Sache geht. Außerdem wird die Tagesordnungsdebatte gern genutzt, um etwas Zeit zu schinden, weil eine Fraktion auf verspätete Mitstreiter warten möchte.
Die Genehmigung der Tagesordnung (TO)
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Weil die Reihenfolge der Punkte einen ebenso großen Einfluss auf die Entscheidung haben kann wie Sachargumente, verbietet es sich, diese Debatte rigoros abzuschneiden. Wenn dies ein Teilnehmer per GO-Antrag erreicht − umso besser; aber als Sitzungsleiter machen Sie sich nur unnötig Feinde, wenn Sie zu hart einsteigen. Sie können allenfalls vermittelnd einzugreifen versuchen und mahnen. Aber seien Sie hier flexibel, weit mehr als Sie es später in den Sachdiskussionen sein müssen. Nur wenn sich die Argumente wiederholen und wirklich nichts Neues mehr kommt, sollten Sie auf Abstimmung drängen. Das meist schwierigste Kapitel bei der Genehmigung der TO ist die Reihenfolge, in der man die Änderungsanträge zur TO abstimmen lässt. Zuerst werden Punkte eingefügt, die laut Satzung oder Gesetz notwendig sind, im Vorschlag aber vergessen wurden. Solche Punkte können auch per Mehrheitsbeschluss nicht abgesetzt werden. Das gleiche gilt, wenn ein Einspruch gegen einen Ordnungsruf nicht auf die TO gesetzt wurde. Für die restlichen Änderungswünsche ist es am einfachsten, man geht in der Reihenfolge des Eingangs der Anträge vor. Denn ähnlich wie bei den GOAnträgen (vgl. Kap. 5) ist eine Entscheidung über den „weitestgehenden“ Antrag, wie wir ihn bei der Behandlung von Sachanträgen kennen (vgl. Kap. 4.9) kaum möglich und höchst problematisch. Doch auch bei der zeitlichen Reihenfolge des Eingangs kann es schwierig werden, denn manche Anträge werden als „Paket“ gestellt, bei deren Annahme andere „Pakete“ wiederum nicht mehr sinnvoll bzw. möglich wären. Daher versuchen Sie streng nach folgenden Grundsätzen vorzugehen: Maßgebend ist allein der vorliegende TO-Entwurf. Alle gewünschten Änderungen sind als konkrete, unmissverständliche Änderungsanträge zu stellen und werden nur (!) in dieser Form abgestimmt. Antragspakete (z. B. eine neue Reihenfolge mehrerer TOP) sind nur dann zugelassen, wenn sie offensichtlich mit klarer Mehrheit akzeptiert werden. Ansonsten sind die einzelnen Wünsche getrennt als Anträge zu formulieren und abzustimmen. Wird ein vollständiger „Gegenentwurf“ vorgelegt, der alle (!) vorgeschlagenen TOPs enthält, nur in anderer Reihenfolge, kann man ihn zuvor abstimmen lassen. Denn erhält er die Mehrheit, sind alle anderen Abstimmungen überflüssig geworden. Allerdings sollte man vor der Abstimmung sehr deutlich darauf hinweisen, dass bei Annahme der Gegenentwurf die genehmigte TO ist, die dann nicht mehr geändert werden kann. Etwaige Änderungsanträge zum Gegenvorschlag sind nicht zuzulassen, da dies das Chaos perfekt machen würde!
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4 Die Sitzung
Bei Einfügungen (soweit zulässig) muss der Antragsteller klar sagen, an welcher Stelle der TO der neue Punkt eingefügt werden soll (Beispiel „im Anschluss an TOP 7“). Der Sitzungsleiter kann vorliegende Anträge, die einen ähnlichen Zweck verfolgen, zusammenfassen, er kann Anträge, die einander widersprechen, vorziehen, wenn dies zur Klärung der Mehrheitsverhältnisse und Abkürzung des Verfahrens dient. Liegen alle Anträge sauber formuliert vor, werden sie genau in der Reihenfolge zur Abstimmung gestellt, in der sie vorgetragen wurden. Prinzipiell muss jeder Antrag auf Änderung der TO vor deren Genehmigung zur Abstimmung gestellt worden sein, es sei denn, der Antragsteller zieht den Antrag zurück. Auf keinen Fall darf der Sitzungsleiter es versäumen, die Gesamtabstimmung zur Genehmigung der TO durchzuführen (Ausnahme: bei angenommenem Gegenentwurf). Bei mehreren gegnerischen Gruppen kann es vorkommen, dass sich bei dieser Gesamtabstimmung nun überhaupt keine Mehrheit findet. Der Sitzungsleiter wird dann gut daran tun, die Sitzung mit der Anregung zu unterbrechen, dass sich die Kontrahenten noch einmal besinnen mögen und versuchen sollen, sich im kleinen Kreis und informell zu einigen. Nach der Unterbrechung kann man die Diskussion erneut aufnehmen lassen oder probeweise noch einmal abstimmen − je nachdem, ob und wie sich die Kontrahenten verständigt haben, gibt es jetzt eine mehrheitliche Lösung. Wird nach Ablehnung einer geänderten Tagesordnung die TO-Debatte neu aufgenommen, so gilt der ursprüngliche Tagesordnungsvorschlag wieder als Grundlage, nicht also der in der Gesamtabstimmung abgelehnte Vorschlag. Es hat vor allem in Studentenparlamenten Sitzungen gegeben, in denen dieses Spiel mehrere Stunden in immer neuen Variationen gelaufen ist. Vielleicht trösten Sie sich mit dem Gedanken, dass irgendwann auch solche Sitzungen zu arbeiten begonnen haben, weil es eine der beteiligten Parteien doch leid wurde oder einige Teilnehmer angewidert die Sitzung verließen und die so veränderten Mehrheitsverhältnisse eine Genehmigung der TO ermöglichten.
4.5 Die Genehmigung des Protokolls Protokoll oder Niederschrift ist die schriftliche Dokumentation des Sitzungs- und Diskussionsverlaufs, der gefassten Beschlüsse und der Abstimmungsergebnisse.
Die Genehmigung des Protokolls
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Ein ordnungsgemäßes Protokoll soll insbesondere enthalten:
Bezeichnung der Versammlung Ort, Tag, Beginn und Ende (evtl. Nummer) der Sitzung Namen der Sitzungsleitung und des Protokollführers Zahl (und Namen*) der erschienenen, vertretenen und stimmberechtigten Teilnehmer (Teilnehmerliste), ggf. sonstiger Anwesender und entschuldigt Abwesender* Feststellung der ordnungsgemäßen (satzungsgemäßen) Einberufung der Versammlung Genehmigte Tagesordnung Feststellung der Beschlussfähigkeit Sämtliche Anträge (d.h. auch die abgelehnten) und Beschlüsse mit Namen der Antragsteller, Art und Ergebnis der Abstimmung (Ja-, Neinstimmen, Enthaltungen, ungültige Stimmen) Bei Wahlen: Die Namen der Gewählten und deren Erklärung, die Wahl anzunehmen Termin der nächsten Sitzung* Verteiler (Teilnehmer, alle Mitglieder, Registergericht, ...) * Die Unterschriften des Versammlungsleiters und des Protokollführers (und ggf. weiterer nach Satzung vorgeschriebener Personen22)
* Diese Angaben sind in bestimmten Gremien nicht üblich
Das Protokoll ist das „Gedächtnis“ eines Gremiums. Es hat die Funktion, Personen, die nicht an der Veranstaltung teilnehmen konnten, über alles wesentliche Geschehen in der Sitzung zu informieren Beschlüsse und Wahlergebnisse festzuhalten Aufgaben und Zuständigkeiten zu veröffentlichen Offene Punkte (für die nächste Sitzung) in Erinnerung zu halten.
Beispiel: Im WEG ist festgelegt (§ 24 Abs. 6, Satz 2), dass das Protokoll der Wohneigentümerversammlung auch vom Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats oder von seinem Stellvertreter sowie einem Eigentümer unterschrieben werden muss. Eine solche starke Absicherung spricht für die Bedeutung der Niederschrift für die ordnungsgemäße Geschäftsführung.
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4 Die Sitzung
Man unterscheidet mehrere Protokollformen: Das Ergebnisprotokoll dokumentiert lediglich die behandelten Themen, die getroffenen Beschlüsse und ggf. die Festlegungen zu ihrer Erledigung. In Konferenzprotokollen wird häufig ein zusätzliches „Aktionsprotokoll“ (auch Auftragsliste, „ToDo-Liste“ genannt) geführt, in der alle verabredeten (ggf. auch etwaige frühere noch nicht erledigte) Maßnahmen/Aufgaben, der Verantwortliche und der Erledigungstermin als ständige Anlage zum Protokoll verzeichnet sind. Das Ausführliche Ergebnisprotokoll zeigt zusätzlich auch die Wege zur Entscheidungsfindung auf (wer hat welche Anträge gestellt und in Stichworten einige wesentliche Meinungsäußerungen) Das Verlaufsprotokoll zeichnet den gesamten Verlauf der Versammlung einschließlich der Inhalte der Redebeiträge nach und erlaubt so einem NichtTeilnehmer, den Gang der Verhandlung nachzuvollziehen Das Wortprotokoll dokumentiert alle Sprecher und wörtlich ihre Redebeiträge, etwaige Beifallsäußerungen, Zwischenrufe u. dgl. Im Deutschen Bundestag erfolgt die Erfassung durch Stenographen, sonst ist hierfür ein Tonbandmitschnitt23 erforderlich, der dann später abgeschrieben wird. Welche Form jeweils gewählt wird, hängt in erster Linie vom Bedarf und der bislang in diesem Gremium üblichen Handlungsweise ab und wird von der Bedeutung der Sitzung und der Debatte bestimmt. Wortprotokolle sind sehr selten. In den meisten Beschlussgremien werden nur die TOPs und die dort beschlossenen und abgelehnten Anträge, das jeweilige Abstimmungsergebnis und die Antragsteller dokumentiert. Jedes Protokoll muss vom Protokollführer und vom Sitzungsleiter eigenhändig unterschrieben werden (vgl. Fußnote auf Seite 57) und ist den Teilnehmern ggf. unter Berücksichtigung vereinbarter Vertraulichkeit zugänglich zu machen. Das Protokoll bedarf der Genehmigung. Die Satzung kann eine stillschweigende Genehmigung als gültig festlegen, wobei eine angemessene Frist für Einsprüche vorzusehen ist.
Ein genereller Tonbandmitschnitt ist nur erlaubt, wenn kein Teilnehmer widerspricht. Wird der Aufnahme widersprochen, muss der Mitschnitt zumindest während der Redebeiträge des Widersprechenden unterbrochen werden.
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Die Genehmigung des Protokolls
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Protokolle dienen neben dem Nachweis gefasster Beschlüsse nicht selten auch zur Erinnerung an früher geäußerte Ansichten: In der Politik wird ein Meinungswandel oft negativ beurteilt. Doch kann anhand alter Protokolle auch nachgewiesen werden, dass ein Beschluss falsch oder überhaupt nicht ausgeführt worden ist, dass ein Mandatsträger seine vor der Wahl gemachten Versprechungen nicht gehalten hat oder dass ein Wahlkandidat sich erst seit kurzer Zeit an einer Mitarbeit interessiert zeigt. Protokolle sind vor allem auch dann unentbehrlich, wenn nachgewiesen werden soll, dass über bestimmte Themen bereits Beschlüsse existieren, so dass man sich nicht erneut damit befassen muss (darf). Genehmigte Protokolle haben Beweiskraft. Sie sind die einzige maßgebliche Unterlage, die in Streit- und Zweifelsfällen den Charakter einer Urkunde haben. Die Genehmigung des Protokolls ist daher keine „reine Formsache“. Schließlich könnte der Protokollant die gegnerische Argumentation verkürzt oder entstellt wiedergegeben oder sogar Beschlusstexte falsch oder Abstimmungsergebnisse umgekehrt dokumentiert haben. Auch die Mitzeichnung durch den Sitzungsleiter ist hiergegen keine sichere Garantie, wenn dieser vertrauensselig oder gar mit von der Partie ist. Dem leistet die häufig geübte Praxis Vorschub, dass der Sitzungsleiter den Protokollanten vorschlägt. Doch nicht immer ist ein schlechtes Protokoll Absicht: Oft ist der Protokollführer einfach überfordert gewesen, weil er von der Materie nichts verstand, weil er ungünstig saß oder weil die Sitzung zu chaotisch verlief, weder Tagesordnung und Geschäftsordnung eingehalten noch Abstimmungen korrekt durchgeführt wurden. Es ist in solchen Fällen für alle Beteiligten schwierig und belastend, ein dadurch verdorbenes, nicht genehmigungsfähiges Protokoll in Ordnung zu bringen. Der Sitzungsleiter, der sein Handwerk versteht, kann zum korrekten Protokoll viel beitragen, indem er immer für eine eindeutige Antragslage und klare Abstimmungsvorgänge sorgt und gewissenhaft die Ergebnisse bekannt gibt. Er erleichtert so nicht nur dem Protokollführer die Aufzeichnung, sondern schafft die Grundlage für die Teilnehmer, das Protokoll anhand der eigenen Unterlagen zu prüfen. Das fertige Protokoll sollte man spätestens mit der Einladung zur nächsten Sitzung verschicken, damit jeder es in Ruhe zu Hause prüfen kann. Ist das zu aufwändig oder aus anderen Gründen nicht möglich, kann man es auch frühzeitig an geeigneter Stelle aushängen oder ins Internet stellen und es so jedem Interessierten zugänglich machen.
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4 Die Sitzung
Ungünstig dagegen ist das Verlesen des Protokolls in der Sitzung. Es langweilt die Teilnehmer und ermöglicht keine echte Kontrolle: Vor allem reizt es zu Zwischenrufen und schwer kontrollierbaren Debatten während des Verlesens. Besonders lockt das Verlesen eines Protokolls verhinderte Philologen zu Bemerkungen und Änderungswünschen zum Stil, die sie sich als förmlichen Einspruch kaum die Mühe machen würden einzubringen. Wenn eine Vervielfältigung oder ein Aushang beim besten Willen nicht möglich war, setzt man die Genehmigung des Protokolls auf der Tagesordnung weiter nach hinten und lässt ein Exemplar des Protokolls während der Sitzung unter den Teilnehmern umlaufen (Änderungswünsche „bitte schriftlich auf separatem Blatt“). Erfahrungsgemäß lassen sich dann Änderungen und die anschließende Genehmigung problemlos abwickeln. Ein Protokoll kann nur zur Genehmigung vorgelegt werden, wenn die Stimmberechtigten Gelegenheit zur Prüfung gehabt haben. Es bleibt dabei unerheblich, ob die Gelegenheit wahrgenommen wurde. Sie muss nur bestanden haben. Der Sitzungsleiter stellt die Frage nach Einwänden gegen das Protokoll. Bleiben diese aus, so gilt es auch ohne Abstimmung als genehmigt. Wichtig ist, dass diese Tatsache vom Sitzungsleiter festgestellt und im neuen Protokoll vermerkt wird (Beweiskraft!). Vorgebrachte Einwände wird man diskutieren bzw. ohne Diskussion übernehmen, wenn niemand widerspricht. Andernfalls stimmt man über die Änderungswünsche (einzeln!) ab. Ein rechtlicher Anspruch auf Berichtigung des Protokolls besteht allerdings nur, wenn ein Teilnehmer rechtswidrig beeinträchtigt wird oder eine erhebliche Erklärung falsch protokolliert wurde24. Unter Umständen wird die Minderheit der früheren Sitzung nun über die Mehrheit verfügen und versuchen, mit Hilfe der Protokolländerung die damaligen Beschlüsse umzustoßen. Das ist einer der wenigen Fälle, in denen Sie als Sitzungsleiter oder als Teilnehmer massiv werden müssen. Denn wenn eine solche Praxis einmal einreißt, wird es immer wieder versucht werden. Notfalls müssen Sie es zum Eklat kommen lassen und die Sitzung abbrechen, ggf. mit einem Brief an alle Mitglieder, Parteiverfahren oder was es sonst alles gibt, drohen oder mit einer entsprechenden hart formulierten Protokollnotiz die Sitzung unter Protest verlassen. Den Beschluss über die nachträgliche inhaltliche Änderung des Protokolls kann man bei entsprechender Beweislage mit hoher Aussicht auf Erfolg anfechten.
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BGH 23.8.2001 V ZB 10/01 NJW, 2001, 3339ff
Die Genehmigung des Protokolls
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Will man die Eskalation vermeiden, stellt man den Antrag, die Genehmigung zu vertagen und/oder eine Befragung sämtlicher Teilnehmer der strittigen Abstimmung durchführen zu lassen, die dann wohl die richtige Sachlage klären wird. Es gilt aber stets der Grundsatz, dass bei der formellen Genehmigung des Protokolls auch Teilnehmer stimmberechtigt sind, die auf der betreffenden Sitzung nicht anwesend waren. Im Extremfall kann also auch die Versammlung, auf der kein Teilnehmer der entsprechenden Sitzung anwesend gewesen ist, das Protokoll genehmigen. Dieser Fall kann z.B. dann eintreten, wenn infolge von Neuwahlen ein Gremium völlig neu besetzt wurde. In diesem Fall ist es manchmal üblich, das Protokoll der letzten Sitzung den Teilnehmern so schnell wie möglich, in jedem Fall aber noch während ihrer Amtszeit, zuzuschicken und mit schriftlicher Zustimmung im Umlaufverfahren (s. Seite 139) genehmigen zu lassen. Vergessen Sie nicht die Gesamtabstimmung über das (evtl. geänderte) Protokoll. Es erlangt damit sofort Gültigkeit. Für die endgültige Genehmigung eines geänderten Protokolls gibt es in manchen Gremien eine recht praktische Regelung: Die Änderung des Protokolls wird noch während der Sitzung, in der sie beschlossen wurde, von den Teilnehmern oder vom Sitzungsleiter der genehmigenden Sitzung abgezeichnet, so dass die Änderung im folgenden Protokoll nicht mehr erscheinen und erneut genehmigt werden muss. Noch ein Wort zur Gültigkeit von Beschlüssen und Protokollen. Ein Beschluss wird sofort nach Feststellung des Abstimmungsergebnisses wirksam, sofern er gültig zustande gekommen ist. Etwas anderes gilt bei Satzungsänderungen bei eingetragenen Vereinen: sie werden erst nach Eintragung gültig (§ 71 BGB). Dem Vorstand unliebsame Beschlüsse werden häufig mit dem Hinweis auf das noch nicht genehmigte Protokoll nicht sofort ausgeführt. Das ist nicht zulässig. Es sei denn, es gibt unterschiedliche Auffassungen über den Beschlusstext bzw. die Abstimmung. In diesem Fall muss (darf) die Genehmigung des Protokolls abgewartet werden. Kommt es nun im Verlauf der Sitzung zu dem strittigen Punkt erneut zu Beschlüssen, diesmal im Rahmen der Protokollgenehmigung − so könnte der Vorstand immer weiter verzögern, da ja nie ein endgültiges genehmigtes Protokoll vorläge − denn dessen Genehmigung steht ja jeweils erst im nächsten usw. Bei Vereinen hilft da recht schnell die Drohung mit dem Amtsgericht, bei Parteien die Anrufung des Schiedsgerichts weiter, wenn der Vorstand stur bleiben sollte. Zur Sicherheit wird man sich von dem strittigen Protokoll ein Exemplar nehmen und wie oben erwähnt vom Sitzungsleiter der genehmigenden Sitzung einen entsprechenden Vermerk anbringen lassen. Damit ist das Protokoll beweiskräftig.
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4 Die Sitzung
4.6 Der Bericht In der Regel wird zu Beginn z. B. von Jahresversammlungen ein Bericht des Vorstands und ggf. der Kassenprüfer stehen. An diesen Bericht können sich Fragen an den Berichterstatter und eine Aussprache über den Bericht, die in ihm behandelten Themen oder den Zeitraum, den er umfasst, anschließen. Genaugenommen ist der TOP „Bericht des Vorstandes“ entweder ein Antrag auf Kenntnisnahme dieses Berichts oder Vorspann bzw. Aussprache über den folgenden Antrag auf Entlastung. Er ist letztlich der Punkt, in dem sich das Vereinsleben am lebendigsten darstellt: Hier werden die Mitglieder über (möglichst) alle anstehenden Probleme und vergangenen Ereignisse formell informiert. Gelegentlich wird auf einen mündlichen Vortrag verzichtet und stattdessen ein schriftlicher Bericht verschickt oder per Internet zugänglich gemacht. Andererseits wird − vor allem in kleinen Vereinen – die mündliche Berichterstattung bevorzugt, nicht zuletzt, weil sie meist als lebendiger und unterhaltsamer empfunden wird (und man kaum davon ausgehen kann, dass die Mitglieder sich die Mühe gemacht haben, den schriftlichen Bericht zu studieren). Abgesehen davon kann der Vortragende meist damit rechnen, dass kritische Themen in einer Rede eher im Gesamteindruck untergehen als in einem schriftlichen Bericht, den der einzelne Teilnehmer zuvor gründlich durcharbeiten könnte. Man kann außerdem in einer Rede gewisse Dinge „durch die Blume“ deutlich machen, die – schriftlich fixiert – Klagen wegen Geschäftsschädigung, übler Nachrede oder Beleidigung provozieren würden. Der Vorstand wird in seinem Bericht natürlich alle Erfolge herausstellen und seine Misserfolge und Versäumnisse unerwähnt lassen oder zu verschleiern suchen. Häufig werden Berichte auch benutzt, um eine Vorausbegründung zu den vom Vorstand vorgelegten Anträgen zu geben. Die vom eigentlichen Antrag losgelösten Äußerungen erhalten dadurch ein größeres Gewicht als beim Vortragen der Argumente in der üblichen Antragsbegründung. Dort ist der Begründende zu offensichtlich Partei, seine Ausführungen werden erheblich kritischer aufgenommen als die gleichen Aussagen im neutral erscheinenden Jahresbericht. Auch dient der Bericht zur Selbstdarstellung von Kandidaten für Neuwahlen, denn auch hier gilt, dass der Vortragende als Berichter scheinbar nicht über sich als Person, sondern über seine Funktion spricht. Das kommt ganz anders beim Zuhörer an als die Selbstdarstellung zur Wahl. Wer nun gegen den Vorstand, seine Kandidaten oder seine Anträge ist, wird also schon bei der Diskussion über den Bericht alle „vergessenen“ Misserfolge anführen und wird anhand alter Protokolle nachzuweisen versuchen, dass der Vorstand in einigen Punkten Beschlüsse nicht oder falsch ausgeführt hat. Er wird also die argumentativ star-
Der Bericht
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ke Stellung des „Sachberichtes“ vor allem dadurch erschüttern, dass er klar macht, dass dieser Bericht von Parteilichkeit getragen ist und daher seine Feststellungen generell kritisch zu betrachten sind. Es ist aber unklug, wenn diese Angriffe nur von einem einzigen Teilnehmer vorgebracht werden, der dann vom Vorstand leicht als Querulant abqualifiziert werden könnte. Vielmehr wird man schon vorher alle Gleichgesinnten mit Material versorgen und vor allem die dem Vorstand besonders unangenehmen und peinlichen Punkte mehrfach vortragen lassen. Der Vorstand wird es ablehnen, auf jeden einzelnen Redebeitrag einzugehen. Er wird vielmehr demonstrativ Notizen machen und die Anwürfe „sammeln“ um dann „am Schluss“ dazu Stellung zu nehmen. Auf diese Weise ist ein Nachfassen bei unbefriedigender Antwort schon erschwert, die Wiederholung lästiger und unangenehmer Bemerkungen nicht mehr so gefährlich. In der Fülle der Punkte werden manche Einzelthemen untergehen und vor allem wird die Wirkung der Angriffe dadurch sehr geschwächt. Dialektisch geschult wird nun der Vorstand in seiner Stellungnahme die schwächsten Punkte herausgreifen und widerlegen oder in ihrer Unwichtigkeit herausstellen, während die gefährlichen Argumente der Gegner ignoriert oder im Analogiebeschluss als ebenso kleinkariert oder falsch abgetan werden. Taktisch geschickt wird dann auch von einem Getreuen der Antrag auf Schluss der Debatte kommen („Beide Seiten sind ja nun gehört worden!“). Und bei entsprechenden Mehrheitsverhältnissen ist der Vorstand noch einmal davongekommen. Die Abwehr dieser Praktiken liegt auf der Hand: Man wird das „Sammeln“ zu verhindern suchen − zumindest aber auf drei oder vier Wortmeldungen beschränken. Vergessene Punkte wird man (notfalls per Zwischenruf) immer wieder anmahnen und dabei die Taktik offen legen: „Der Vorstand wird schon seine Gründe haben, zu diesem Thema hartnäckig zu schweigen.“ Doch sollte man prinzipiell ein zu hartes Vorgehen vermeiden: Oft hat der Vorstand aufgrund seines Bekanntheitsgrades und seiner erworbenen Verdienste eine erhebliche Autorität bei den Mitgliedern. Diese Stellung zu erschüttern, ist sehr schwierig und für die Gruppe, die das vorhat, eine heikle Aufgabe: Nur ungern lässt der Mensch sich die von ihm anerkannte Autorität madig machen. Hier muss man die Taktik der ganz kleinen Schritte anwenden: Nur klare Einzelpunkte, die unwiderlegbar sind, sehr sachlich herausstellen − dabei ruhig die unbestreitbaren Verdienste aus früherer Zeit (!) hervorheben. Das alles darf natürlich nicht von denen kommen, die offenbar darauf brennen, die Nachfolge anzutreten. Denn hier wäre die Absicht zu durchsichtig. Vielmehr muss sich eine Gruppe von Kritikern bilden, die sich mit sachlichen Argumenten und Anträgen selbst eine gewisse Autorität aufbaut, mit deren Hilfe sie dann im rechten Augenblick aktiv werden kann. Selbst wenn der Vorstand in Ihren Augen noch so falsch und bösartig handelt: Verderben Sie nicht unnötig Ihr Image, indem Sie sich in eine Querulanten-, Außenseiter- oder Minderheitenrolle drängen lassen: Die meisten Menschen wollen in einer Gruppe mit dem Strom schwimmen, sie wollen in der Mehrheit sein. Vermeiden Sie es vor allem in der Anfangsphase der Sitzung, sich abzustempeln oder den Eindruck aufkommen zu lassen, zur Minderheit zu gehören. Dann werden alle Ihre Beiträge auch
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im späteren Verlauf der Sitzung entsprechend gewertet. Das gilt vor allem für an Lebensalter oder hinsichtlich der Vereinszugehörigkeit „jüngere“ Teilnehmer. Abgesehen von der Kritik am Vorstand und seiner Arbeit kann die Aussprache über den Bericht dazu dienen, Grundsatzdebatten zu führen oder Themen zu diskutieren, die in der Tagesordnung nicht vorgesehen waren bzw. deren Aufnahme verweigert wurde! Zwar ist eine Beschlussfassung dazu nicht möglich, immerhin aber kann eine solche Diskussion eine Behandlung auf der nächsten Sitzung erreichen. Zu Beginn einer Sitzung ist eine solche Diskussion oft intensiver als am Ende im TOP „Verschiedenes“ (siehe Kap. 4.10). Vor allem, wenn ein Bezug zum Bericht in dieser Diskussion nur mühsam zu konstruieren wäre, wird der Sitzungsleiter eine solche Debatte zu verhindern oder abzubrechen versuchen − ggf. mit dem Hinweis auf die umfangreiche Tagesordnung und die Fülle der wichtigen Punkte, die alle noch abzuschließen sind. Erfahrungsgemäß ist das oft nicht einfach, da am Anfang einer Sitzung viele Mitglieder durchaus die Neigung zu weitschweifigen Diskussionen verspüren und vor allem unerfahrene Teilnehmer ein Abweichen von der genehmigten TO auch als nicht so bedenklich empfinden. Oft aber lassen die Teilnehmer den Bericht über sich ergehen ohne dass eine Aussprache gewünscht wird.
4.7 Die Entlastung Am Ende eine Geschäftsjahres und vor einer Neuwahl der Verantwortlichen sieht die Satzung meist eine „Entlastung“ der bisherigen Amtsinhaber vor: Entlastung ist die Abstimmung über die Frage, ob der Amtsträger seinen Pflichten ordnungsmäßig nachgekommen ist und von seinen im Rahmen des Amtes übernommenen Aufgaben und Verpflichtungen nach Ablauf seiner Amtszeit abschließend entbunden werden kann. Die Entlastung bedeutet den Verzicht auf etwaige Ersatzansprüche, die bei sorgfältiger Prüfung erkennbar waren25 – d.h. für alle bekannten oder erkennbaren Fehlhandlungen haftet der Entlastete nicht mehr. In den meisten Gremien sind im Vorjahr Kassenprüfer, Revisoren o. dgl. gewählt worden, die vor der Sitzung die Unterlagen geprüft und sich eine Meinung 25
BGH NJW-RR 88, 748
Der Tagesordnungspunkt Wahlen
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gebildet haben. Sie werden darüber berichten und dann empfehlen, die Entlastung zu erteilen oder zu verweigern. Eine Entlastung wird vor allem dann nicht erteilt werden, wenn die Kasse ein Defizit aufweist, für das der Kassierer keine plausible Erklärung vorbringen kann (Verdacht auf Veruntreuung), oder wenn die Kasse so unordentlich geführt ist, dass Schwierigkeiten mit dem Fiskus zu befürchten sind. Der nicht Entlastete wird meist die Auflage erhalten, bis zur nächsten Sitzung die Angelegenheit in Ordnung zu bringen. Geschäftsordnungsgemäß ist die Entlastung ein Sachantrag und wird entsprechend behandelt (s. Kap. 4.9). In der Regel werden die Kassenprüfer den Antrag auf Entlastung stellen. Der zu entlastende Amtsinhaber ist dabei nicht stimmberechtigt, da die Entlastung ein Rechtsgeschäft zwischen dem zu Entlastenden und dem Verein darstellt, weil der Verein mit diesem Beschluss darauf verzichtet, den Entlasteten in Haftung zu nehmen (§ 34 BGB). Vertiefende rechtliche Hinweise zum Thema Entlastung sind in der Literatur zum Vereinsrecht (1), (10), (13), (17) zu finden.
4.8 Der Tagesordnungspunkt Wahlen An die Berichte und Entlastungen schließen sich häufig zunächst die Wahlen an. Allgemeine Betrachtungen zum Thema Wahlen sind in Kap. 8 zu finden. In diesem Kapitel wird ihre praktische Durchführung behandelt.
Der Tagesordnungspunkt „Wahlen“ ist grundsätzlich dreigeteilt: Ankündigung, Vorschlag und Vorstellung der Kandidaten Aussprache Wahlakt und Bekanntgabe. Das Flussdiagramm auf der folgenden Seiten zeigt den typischen Ablauf.
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Flussdiagramm: Ablauf der Wahl
4 Die Sitzung
Der Tagesordnungspunkt Wahlen
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Beispiel
Zur näheren Erläuterung zunächst ein − in der angegebenen Ausführlichkeit vielleicht etwas übertriebenes − Beispiel: Sitzungsleiter: „Ich rufe auf: TOP 8, Wahl des Vorstands und der Kassenprüfer. Die Amtszeit beträgt laut Satzung ein Jahr. Wahlberechtigt sind alle Mitglieder des Vereins. Zur Wahl ist die absolute Mehrheit der anwesenden Stimmberechtigten erforderlich; erreicht keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit, so ist eine Stichwahl durchzuführen zwischen den beiden Kandidaten mit den meisten Stimmen. Bei Stimmengleichheit entscheidet das vom Sitzungsleiter zu ziehende Los. Sind dazu Fragen?“ „Zu wählen sind drei Vorstandsmitglieder und zwei Kassenprüfer. Auf Wunsch der Kandidaten beginnen wir mit der Wahl der Kassenprüfer. Kassenprüfer können laut Satzung nicht gleichzeitig Vorstandsmitglieder sein. Vorgeschlagen sind die beiden bisherigen Kassenprüfer, Walter Krause und Evelyn Lange. Sie haben ihr Einverständnis bereits erklärt. Werden weitere Kandidaten vorgeschlagen?“ „Das ist nicht der Fall. Wird eine Aussprache gewünscht?“ „Niemand meldet sich. Bedenken gegen offene Abstimmung bestehen nicht?“ „Dann kommen wir zur Abstimmung: Wer der Wahl von Walter Krause und Evelyn Lange zu Kassenprüfern zustimmt, den bitte ich ums Handzeichen.“ „Gegenprobe?“ − Enthaltungen?“ − „Zwei Enthaltungen.“ „Ich frage die Kandidaten, ob sie die Wahl annehmen“... „Das ist der Fall: Damit sind Walter Krause und Evelyn Lange auch im kommenden Vereinsjahr unsere Kassenprüfer. Wir kommen nun zur Wahl des Vorstands: Gibt es Vorschläge?“... „Vorgeschlagen sind auf Zuruf Egon Müller, Walter Krause, Detlev Obermoser, Karin Schmitz und Ernst Fischer. Werden weitere Kandidaten vorgeschlagen?“ „Das ist nicht der Fall. Walter Krause wurde soeben zum Kassenprüfer gewählt, kann also nicht als Vorstand kandidieren, Ernst Fischer ist nicht anwesend. Eine Einverständniserklärung liegt nicht vor?“ „Dann müssen wir ihn streichen. Sind die genannten Mitglieder zu einer Kandidatur bereit?“ „Detlev Obermoser stellt sich nur als zweiter oder dritter Vorsitzender zur Wahl. Die übrigen kandidieren uneingeschränkt?“ − „Das ist der Fall.“ „Gibt es weitere Kandidaten?“... „Heinz Müller wird vorgeschlagen. Er ist nicht anwesend.“ „Die Einverständniserklärung habe ich soeben erhalten. Gibt es darüber hinaus noch Vorschläge?“... „Das ist nicht der Fall. Zur Wahl stellen sich also: Die Herren Egon und Heinz Müller und Frau Schmitz uneingeschränkt und Herr Obermoser zum zweiten oder dritten Vorsitzenden. Ich schlage vor, wir führen die Aussprache für die einzelnen Ämter gemeinsam durch und stimmen dann einzeln ab. Ich darf die Kandidaten bitten, sich kurz vorzustellen. Das Wort hat ...“
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„Ich eröffne die Aussprache. Wer möchte sich zu Wort melden?“... „Das Wort hat ... „ „Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir schreiten nun zur Wahl des ersten Vorsitzenden. Als Kandidaten stehen zur Wahl: In alphabetischer Reihenfolge: Egon und Heinz Müller und Karin Schmitz. Die Satzung schreibt für die Wahl des ersten Vorsitzenden vor: Zur Wahl ist die absolute Mehrheit der anwesenden Stimmberechtigten erforderlich; erreicht keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit, so ist zwischen den beiden Kandidaten mit den meisten Stimmen eine Stichwahl durchzuführen, bei der die relative Mehrheit der gültigen Stimmen zur Wahl ausreicht. Bei Stimmengleichheit entscheidet das vom Sitzungsleiter zu ziehende Los. Anwesend sind laut Anwesenheitsliste und Augenschein 38 Mitglieder, zur Wahl ist also eine Mehrheit von 20 Stimmen erforderlich. Die Satzung schreibt geheime Abstimmung, d.h. Wahl mit verdeckten Stimmzetteln vor. Der Schriftführer hat soeben schon vorbereitete Stimmzettel mit den Namen der Kandidaten verteilt. Hat jemand keinen Stimmzettel erhalten, obwohl er wahlberechtigt ist?“ „Das ist nicht der Fall. Ihre Stimme geben Sie dem Kandidaten Ihrer Wahl, indem Sie den Kreis neben seinem Namen ankreuzen. Ich bitte die Gleichheit des Nachnamens von zwei der Kandidaten zu beachten. Ein Stimmzettel, der Änderungen, Zusätze oder mehr als ein Kreuz enthält, oder die Abgabe eines leeren Stimmzettels zählt als ungültige Stimme. Wenn ein anwesender Stimmberechtigter keinen Stimmzettel abgibt, zählt dies bei der Ermittlung der Mehrheit nicht mit. „Besteht noch eine Frage zum Wahlverfahren? „Das ist nicht der Fall. Ich eröffne nun den Wahlakt und bitte Sie, Ihre Stimmzettel auszufüllen, in die Umschläge zu stecken und beim Schriftführer abzugeben. Bitte die Umschläge nicht zukleben, das erleichtert das Auszählen.“ (Nach angemessener Zeit:) „Ich bitte diejenigen, die noch nicht gewählt haben, ihren Stimmzettel abzugeben. Ist noch jemand anwesend, der noch nicht gewählt hat?“ „Das ist offenbar nicht der Fall: Der Wahlakt ist damit abgeschlossen.“ (Auszählung) „Die Auszählung ergibt folgendes Ergebnis: A. Müller 8 Stimmen Frau Schmitz 20 Stimmen E. Müller 6 Stimmen Ungültig waren 4 Stimmen Frau Schmitz hat damit die erforderliche absolute Mehrheit erreicht. Ich frage Frau Schmitz ob sie die Wahl annimmt“... „Das ist der Fall. Damit ist Frau Schmitz zur ersten Vorsitzenden gewählt.“ „Wir kommen nun zur Wahl des zweiten Vorsitzenden, der die Aufgabe des Kassierers übernehmen soll. Zur Wahl stehen die Herren Egon und Heinz Müller und Detlev Obermoser. Die Wahl verläuft in der gleichen Weise wie beim ersten Vorsitzenden ...“
Der Tagesordnungspunkt Wahlen
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Die einzelnen Schritte Eröffnung und Bekanntgabe Zur ordnungsgemäßen Abwicklung der Tagesordnung ist jeder Wahlgang einzeln zu eröffnen und zu schließen. Innerhalb dieser Grenzen soll nur das jeweilige Amt behandelt werden. Bei Wahlen gehört hierher eine Information über die zu besetzenden Funktionen, evtl. die Namen der bisherigen Amtsträger und der Grund für die Neuwahl (z.B. Rücktritt, Tod oder dergl.). Bekanntgabe von Besonderheiten Hierzu zählen insbesondere Satzungsregeln, Mehrheiten, evtl. Fristen, Wahlrecht, Wahlmodus. Verlesen vorliegender bzw. Sammeln von Wahlvorschlägen Wahlvorschläge erfolgen häufig „auf Zuruf“. Manche Satzungen erfordern eine schriftliche Nominierung und/oder eine bestimmte Mindestzahl von unterstützenden Mitgliedern. Ein Vorschlag wird erst gültig, wenn die jeweiligen Bedingungen erfüllt sind. Niemand darf zur Kandidatur gezwungen werden: Es ist also eine Einverständniserklärung der Kandidaten erforderlich. Meist wird dies mündlich geschehen. Die Bereitschaft ist im Protokoll zu vermerken. Nicht anwesende Kandidaten müssen ihre Bereitschaft zuvor schriftlich erklärt haben. Die Erklärung wird Bestandteil des Protokolls. Es können nur Kandidaten gewählt, also auch vorgeschlagen werden, die das passive Wahlrecht besitzen (siehe Kap. 8.1). Dies werden der Sitzungsleiter bzw. die Mandatsprüfungskommission zu prüfen haben. Eröffnung der Aussprache Es wird vom Einzelfall abhängen, ob eine Vorstellung und Aussprache überhaupt erforderlich ist. Wenn ja, stellt sich die Frage, ob man die Prozedur nach Ämtern getrennt oder gemeinsam vornimmt. Wenn Satzung oder GO kein Verfahren vorschreiben und das Verfahren nicht durch langjährige Praxis feststeht, liegt die Entscheidung bei der Versammlung − meist auf Vorschlag des Sitzungsleiters, der als akzeptiert gilt, wenn kein Widerspruch erfolgt. Man wird möglichst Vorstellung und Aussprache zusammenfassen.
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Natürlich hat auch hier der Taktiker ein Wörtchen mitzureden. Eine gesammelte Vorstellung und Aussprache über alle zur Verfügung stehenden Bewerber und Ämter bietet Gelegenheit, schwächere Kandidaten zu schonen, (indem man die Debatte auf andere zu ziehen sucht) oder besonders bloßzustellen. Dagegen kann sich der Kandidat am besten wehren, indem er anbietet, „die zahlreichen Fragen zunächst einmal zu sammeln und dann geschlossen dazu Stellung zu nehmen“. Er hat dann die Chance, unangenehme Fragen ausweichend oder überhaupt nicht zu beantworten. Ein ihm wohlgesonnener Sitzungsleiter wird dann weitere Fragen abwehren mit dem Hinweis auf die anderen Kandidaten, „die auch zu Wort kommen wollen“. Die gemeinsame Vorstellung bietet daneben die Möglichkeit, ein „Leitungsteam“ besonders herauszustellen: Nicht der einzelne Kandidat ist angesprochen, sondern „die Liste X“ oder „die Gruppe Y“: So kann auf heikle Fragen der gewandteste Redner antworten, ohne dass dies unangenehm auffällt. Außerdem wirkt eine solche Vorstellung als Team bei einer Personenwahl auf den Wähler insofern suggestiv, als er Hemmungen haben wird, Teamfremde zu wählen, wenn er sich für einen der Kandidaten des Teams entschieden hat. Die gesammelte Vorstellung und Aussprache bietet andererseits der Opposition eine hervorragende Gelegenheit, z.B. auf den Bericht des Vorstands zurückzukommen und seinen guten Eindruck zu verwischen. Sie wird dann den eigenen Kandidaten einfach um Stellungnahme zu vorher verabredeten Punkten bitten, die dieser dann (wohl vorbereitet) in der gleichen gut gegliederten Form und Ausführlichkeit dem Bericht entgegenstellen kann. Dies ist besonders dann wichtig, wenn der „Bericht des Vorstandes“ eigentlich eher den Charakter einer Wahl- oder Werbeansprache hatte (ein verschmitzter Hinweis auf diesen Eindruck − eventuell von mehreren Mitgliedern − verfehlt kaum seine Wirkung...). Grundsätzlich ist das Aufteilen der Fragerunde auf die Kandidaten eher diskussionshemmend, da sie spontane Fragen an einzelne Kandidaten erschwert. Aussprache Die Aussprache selbst soll förmlich eröffnet und geschlossen werden, um sie vom formalen Teil eindeutig abzugrenzen. Sie läuft im übrigen nach den gleichen Regeln ab wie eine Sachdebatte. Meist verlassen die Kandidaten während der Aussprache den Raum, um eine offene und unbeeinflusste Diskussion zu ermöglichen. Gerade bei der Aussprache über Personen muss der Sitzungsleiter auf persönliche Angriffe achten und sie sofort mit einem Ordnungsruf rügen, um der Gefahr vorzubeugen, dass die Fronten sich verhärten und die Debatte in gegenseitige Beschimpfungen ausartet. Schluss der Aussprache Es ist ein allgemein anerkannter, jedoch oft vergessener Grundsatz, in Personaldebatten einen Antrag auf Schluss der Debatte oder dergleichen nicht zuzulassen,
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selbst wenn sich die Argumente wiederholen. Es wird am Sitzungsleiter liegen, mit mehr oder weniger behutsamen Hinweisen zu einem Schluss der Aussprache zu kommen. Der erwähnte Grundsatz wird gelegentlich dazu missbraucht, die Wahl zu verhindern, indem man entweder durch Verlassen der Versammlung die Beschlussunfähigkeit herbeiführt oder einen vorher festgelegten Schlusstermin der Sitzung zu überschreiten versucht. Im übrigen gelten für diesen Versuch, die Verhandlungen zu verzögern, die in Kapitel 5 ausgeführten Überlegungen sinngemäß.
Nach Abschluss der Aussprache werden die Kandidaten, die den Raum verlassen haben, wieder hereingebeten, damit sie sich an der Wahl beteiligen können. Ankündigung Der Wahlakt als solcher wird von der vorhergehenden Aussprache durch die formale Ankündigung abgegrenzt. Der Wahlakt ist formal zu eröffnen und zu schließen. Wahlen pflegen mit besonders ausgeprägtem persönlichen Engagement verbunden zu sein. Daher kommt es vor allem hierbei auf absolut korrekte und formgerechte Verhandlungsführung an: Achten Sie daher sorgfältig darauf, die hier beschriebenen Regeln zu befolgen: Kaum etwas bereitet mehr Ärger, Unklarheit und Verwirrung, als eine erfolgreich angefochtene Wahl − vor allem, wenn bereits konkrete Folgen z.B. finanzieller Art entstanden sind. In bestimmten Fällen (bei grober Verletzung der Regeln) kann der Sitzungsleiter sogar schadenersatzpflichtig sein. Bekanntgabe der Vorschlagsliste Hierbei ist auf Vollständigkeit, Eindeutigkeit und alphabetische Reihenfolge zu achten. Bei Namensgleichheit klare Unterscheidungen treffen (Vorname, Wohnort, Beruf u.ä.)! Bei Listenwahl ist auch die Listennummer und ggf. das Kennwort bekannt zu geben. Ist eine Tafel vorhanden oder hat man einen Projektor oder Beamer zur Verfügung, wird man die Vorschlagsliste für alle sichtbar anschreiben. Sie ist ins Protokoll aufzunehmen. Bekanntgabe von formalen Besonderheiten Auch wenn zu Anfang diese Dinge bereits erläutert worden sind, kann in einer längeren Aussprache manches in Vergessenheit geraten. Es ist dann besser, sich zu wiederholen, als Unklarheiten und Rückfragen während des Wahlaktes zu riskieren.
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Bekanntgabe des Wahlmodus Die verschiedenen Möglichkeiten werden in Kap. 8 (Seite 152ff) näher beschrieben. Wichtig ist vor allem bei den etwas komplizierteren Verfahren eine genaue, detaillierte Unterweisung der Versammlung. Bei der Frage nach Unklarheiten wird man unter Umständen Teilnehmer gezielt anschauen, bei denen man den Wunsch nach einer Rückfrage vermutet – das erleichtert es dem Betreffenden vielleicht, seine Frage zu stellen. Angesprochen werden sollten insbesondere folgende Punkte: Wie viele Stimmen kann bzw. muss der einzelne Wahlberechtigte abgeben (Sammelabstimmung)? Stimmenhäufung (un)zulässig? Enthaltung (un)zulässig, (un)gültig, leerer Umschlag oder Stimmzettel, Nichtbeteiligung (siehe Kap. 9.1)? Form und Aufbau des Stimmzettels, Art der Willensbekundung (ankreuzen, unterstreichen ...) Ort und Besonderheit der Stimmzettelabgabe; Erweiterung durch Hinzufügen bzw. Einschränken durch Streichung von Namen auf der Sammelabstimmungsliste zulässig? Wahlakt Je nach Wahlmodus wird der Wahlakt unterschiedlich verlaufen. Vor allem bei den schriftlich durchgeführten Wahlverfahren muss der Wahlakt deutlich eingegrenzt werden: Die Eröffnung und das Schließen des Wahlakts sind wesentliche Schritte: Nur innerhalb dieses Zeitraums dürfen Stimmen entgegengenommen bzw. registriert werden (Briefwahlstimmen sind ausgenommen, die vorher nach Registrierung durch z.B. den Wahlausschuss bereits in die Urne gelegt worden waren). Vor dem Schließen der Abstimmung muss der Sitzungsleiter bei schriftlicher Wahl an die Versammlung die Frage richten, ob jeder seinen Stimmzettel abgegeben hat, und darf erst nach angemessener Wartezeit den Wahlakt schließen. Danach eingehende Stimmzettel dürfen nicht mehr berücksichtigt werden, auch wenn die Auszählung noch nicht begonnen hat! Feststellen der Mehrheit (Auszählen) Mit dem Auszählen wird unmittelbar nach Schließen des Wahlakts begonnen. Meist wird man die Stimmen zunächst ungeöffnet zählen (Zahl der abgegebenen Stimmen) und dann nach Kandidaten/ungültig/Enthaltung sortieren, zählen und das Ergebnis auf Stimmigkeit überprüfen: Die Summe der Voten muss der
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Zahl der abgegebenen Stimmen entsprechen. Ergibt sich eine Differenz, heißt es Nachzählen! Man achte auf leere Umschläge, die je nach Ankündigung als ungültig, Enthaltung oder als nicht abgegebene Stimme zählen (siehe Erläuterungen in Kap. 9.1, Seite 158ff). Das Auszählen ist unter Aufsicht des Sitzungsleiters von mindestens zwei Mitgliedern durchzuführen. Oft besteht die Vorschrift, dass die Auszählung öffentlich zu erfolgen hat, damit jedem die Möglichkeit der Kontrolle offen steht. Dieses Recht bezieht sich aber nicht auf die Feststellung, wer seine Stimme (evtl. per Briefwahl) abgegeben hat und wer nicht. Dabei müssen auch Versuche, Stimmzettel hinzuzufügen, wegzunehmen oder zu ändern, mit Sicherheit verhindert werden. Auch nach der Auszählung darf man die Stimmzettel nicht herumliegen lassen, denn sie sind bei einer Anfechtung das einzige Beweismittel: Die Stimmzettel werden vom Protokollführer in Empfang genommen und mindestens bis zur Genehmigung des Protokolls der Sitzung unter Verschluss (versiegelter Briefumschlag) aufbewahrt. Stimmzettel sind Urkunden. Jede nachträgliche Änderung wäre Urkundenfälschung (§ 267 StGB)! Stichwahl Ist in GO oder Satzung keine andere Regelung getroffen und hat sich keine andere Gewohnheit herausgebildet, so gelten für Wahlen die gleichen Anforderungen an die zur Beschlussfassung nötige Mehrheit wie bei den übrigen Abstimmungen (s. Kap. 9). Häufig ist für den ersten Wahlgang die absolute oder die einfache Mehrheit gefordert; erreicht keiner der Kandidaten die erforderliche Mehrheit, so wird zwischen den beiden Bewerbern mit der höchsten Stimmenzahl eine Stichwahl durchgeführt, wobei hier meist die relative Mehrheit ausreicht. Zieht einer der Bewerber vor der Stichwahl seine Kandidatur zurück, gilt dadurch der andere keineswegs als gewählt: Vielmehr hat unter den verbliebenen Kandidaten eine Wiederholungswahl stattzufinden, bei der wiederum die absolute Mehrheit erreicht werden muss. Sonst gibt es wieder eine Stichwahl etc. Ergibt sich in der Stichwahl Stimmengleichheit, so entscheidet das (vom Vorsitzenden öffentlich zu ziehende) Los. Die Stichwahl als solche kann nicht auf eine spätere Sitzung vertagt werden, da sie Bestandteil des laufenden Wahlverfahrens ist. Eine Sitzungsunterbrechung ist allerdings zulässig. Steht nur ein Kandidat zur Wahl oder hat von mehreren Bewerbern nur einer überhaupt Stimmen erhalten, jedoch die absolute Mehrheit nicht erreicht, ist eine Wiederholungswahl durchzuführen, bei der ebenfalls die absolute Mehrheit
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gefordert ist. Bleibt das Ergebnis auch hier wie zuvor (keine absolute bzw. einfache Mehrheit), ist keine Wahl erfolgt: Die Wahl muss – ggf. zu einem späteren Zeitpunkt – wiederholt werden. Wird die gesamte Wahl in einer neuen Sitzung wiederholt, so ist die Benennung von neuen Kandidaten möglich. Für die Wiederholungswahl gilt das auch dann, wenn sie in unmittelbarem Anschluss an die erste (erfolglose) Wahl folgt, auch wenn die Kandidatenliste zuvor abgeschlossen war. Neue Kandidaten können aber nicht benannt werden, wenn die Satzung Nominierungsfristen vorsieht. Frage nach der Annahme der Wahl an den Kandidaten ist deshalb wichtig, weil für die Wirksamkeit die Annahme der Wahl erforderlich ist. Liegt eine schriftliche Einverständniserklärung vor, entfällt diese Frage. Die Erklärung wird zu Protokoll genommen. Bekanntgabe des Ergebnisses sollte im Interesse des Protokollanten und der übrigen Teilnehmer nie fehlen. Sind noch weitere Wahlen durchzuführen, wird man den nächsten Wahlakt eröffnen und das gesamte Verfahren in gleicher Weise erneut abwickeln.
4.9 Die Behandlung von Sachanträgen Ein Antrag ist das mündlich oder schriftlich vorgetragene Begehren, eine Handlungsanweisung durch Abstimmung zur Gültigkeit zu führen. Anträge steuern im demokratischen System alle wichtigen Entscheidungsprozesse. Entscheidungen und Beschlüssen liegen Meinungen, Ansichten und Sachzwänge, aber auch Prestige, Eigennutz und andere Überlegungen zugrunde. Dies zunächst freie Spiel der Kräfte findet seinen Ausdruck in verschiedenen Anträgen, welche die Debatte gliedern und ihr ein Ziel geben. Ohne Entscheidungen geht es im menschlichen Zusammenleben nicht: In der Demokratie müssen diese Entscheidungen von Gremien erarbeitet und per Antrag und Beschluss fixiert werden. Der Antrag kann nur von laut Satzung oder GO Antragsberechtigten gestellt werden. In der Regel ist jeder rechtmäßige Teilnehmer einer Versammlung antragsberechtigt. Die Antragstellung kann von einer zahlenmäßigen oder prozentualen Unterstützung durch die Versammelten abhängig gemacht werden („Quorum“).
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Ein Antrag ist nur zulässig, wenn die ihm zugrundeliegende Anweisung im Handlungsbereich der Versammlung liegt. Dies gilt nicht für Entschließungen („Resolutionen“), die lediglich eine Stellungnahme oder eine Aufforderung oder Bitte an ein anderes Organ oder Gremium beinhalten. Sofern Satzung oder GO nichts anderes regeln, ist die Antragstellung an keine Form gebunden. Antragsfristen und der Zwang zur Einreichung schriftlich formulierter Anträge sind vor allem in großen Vereinen und politischen Körperschaften üblich. Antragsfristen hindern innerhalb der Behandlung eines vorliegenden Antrages die Versammlung aber nicht, ergänzende Anträge zum vorgelegten Problem zu stellen und zu beschließen. Anträge sind unmissverständlich und so zu formulieren, dass sie mit Ja oder Nein (Für oder Gegen) zu beantworten sind. Ein Änderungsantrag liegt vor, wenn Wortlaut, Form der Umstände (Zeit, Ort, Einzelheiten) geändert und/oder seine Zielsetzung ausgeweitet oder eingeschränkt oder die Ausführung des beantragten Beschlusses teilweise oder ganz von einer oder mehreren Bedingungen abhängig gemacht oder dem Antrag eine ihn modifizierende oder erweiternde Bestimmung hinzugefügt werden soll. Gegenanträge, das sind Anträge, die zu einem vorliegenden lediglich die direkte Gegenposition aufstellen, sind unzulässig. Zulässig sind jedoch solche Änderungsanträge, die den sachlichen Inhalt des Ursprungsantrags so stark verändern, dass sie inhaltlich einer Ablehnung des Ursprungsantrags gleichkommen. Eine Alternativabstimmung ist jedoch grundsätzlich unzulässig. Bei der Reihenfolge der Abstimmung sind Änderungsanträge (auch Ergänzungs- und Zusatzanträge) vor der Behandlung des Hauptantrages und weitergehende vor weniger weitergehenden zur Abstimmung zu stellen. Die Entscheidung liegt beim Sitzungsleiter. Da fast alle Beschlüsse finanzielle und/oder für einige Beteiligte andere persönlich bedeutsame Folgen haben, ist eine faire und ordnungsgemäße Antragsbehandlung unerlässlich. Daher ist neben dem nicht minder wichtigen Wahlverfahren kein Teil des Sitzungsablaufs in langjähriger Tradition und international einheitlich so eng und so allgemeingültig festgelegt. Die Behandlung von Sachanträgen ist wie bei Wahlen dreigeteilt: Ankündigung, Antragstellung Aussprache Abstimmung und Bekanntgabe Das Flussdiagramm zeigt den Ablauf im Detail.
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Flussdiagramm: Behandlung von Sachanträgen
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Beispiel Zur näheren Erläuterung zunächst ein Beispiel: Sitzungsleiter: „Ich rufe auf: TOP 11, Antrag auf Anschaffung eines Computers als Ersatz für die defekte Schreibmaschine. Antragsteller ist unser Vereinskamerad Egon Müller. Es bei uns alter Brauch, dass beim Vorliegen von Anträgen, die finanzielle Folgen haben können, das für die Kasse zuständige Vorstandsmitglied vorab Stellung nimmt. Das Wort hat unser Kassenwart.“... (Der Kassierer erläutert die Finanzlage.) „Ich eröffne hiermit die Aussprache. Das Wort hat Egon als Antragsteller“. In der Aussprache wird nun das Für und Wider erläutert, es werden Änderungs- und Zusatzanträge gestellt und nach geraumer Zeit findet ein GO-Antrag auf Schluss der Debatte die Mehrheit. „Damit ist die Debatte geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung: Es liegt vor: der Antrag A auf Anschaffung eines Computers als Ersatz für die defekte Schreibmaschine, dazu der Änderungsantrag A 1 auf Kauf einer gebrauchten elektrischen Schreibmaschine, der Zusatzantrag A 2 auf Kauf eines passenden Tisches, der Antrag B auf Generalüberholung der bisher vorhandenen Schreibmaschine anstatt des Neukaufs und der Antrag C, den gesamten Schriftverkehr künftig einem Schreibbüro zu übertragen. Laut Satzung bedürfen alle Beschlüsse, die Investitionen des Vereins betreffen, der absoluten Mehrheit aller Stimmberechtigten, das heißt für unseren Verein mit seinen 40 Mitgliedern: mindestens 21 Ja-Stimmen. Wir stimmen offen ab. Werden weitere Anträge gestellt?“ „Das ist nicht der Fall: Es liegen also drei sich überschneidende Anträge vor. Der weitestgehende Antrag ist der Antrag C, weil er den gegenwärtigen Zustand am stärksten verändert. Es liegen dazu keine Änderungsanträge vor. Wir stimmen also zuerst ab über den Antrag C, alle Schreibarbeiten künftig einem Schreibbüro zu übergeben. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. Wer ist dagegen? Wer enthält sich? Der Antrag ist mit großer Mehrheit abgelehnt. Von den verbleibenden Anträgen ist A der weitergehende. Daher behandeln wir jetzt den Antrag A auf Kauf eines Computers als Ersatz für die defekte Schreibmaschine. Hierzu gibt es einen Änderungsantrag A 1: Es soll stattdessen eine gebrauchte elektrische Schreibmaschine gekauft werden. Ich frage den Antragsteller, ob er den Antrag übernehmen will. Das ist nicht der Fall. Wir stimmen jetzt über den Änderungsantrag A 1 ab. Wer ist dafür, statt eines Computers eine gebrauchte Schreibmaschine zu kaufen? − 10 Stimmen. Wer ist dagegen? − 16 Stimmen.
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Wer enthält sich? − 10 Stimmen. Der Antrag ist abgelehnt; es bleibt beim ursprünglichen Antrag. Es liegt ein Zusatzantrag A 2 vor, auch einen passenden Tisch zu kaufen. Der Antragsteller übernimmt den Zusatzantrag. Damit stelle ich den Antrag auf Kauf eines Computers und eines dazugehörenden Tisches zur Abstimmung. Wenn dieser Antrag angenommen wird, ist derAntrag B auf Generalüberholung der Schreibmaschine hinfällig. Wer ist für den Kauf? − 23 Stimmen Wer ist dagegen? − 13 Stimmen Wer enthält sich? − 2 Stimmen Damit hat der Antrag die erforderliche Mehrheit gefunden. Der Antrag B ist damit erledigt und braucht daher nicht mehr abgestimmt zu werden. Ich gebe das Ergebnis noch einmal bekannt: Die Mitgliederversammlung hat beschlossen, als Ersatz für die defekte Schreibmaschine einen Computer und einen passenden Tisch zu kaufen. Damit ist der TOP 11 erledigt. Ich rufe auf: TOP 12...“
Die einzelnen Schritte: Aufrufen des Tagesordnungspunktes Würde man die Sachdiskussion nicht nach abgrenzbaren TOPs, Themen oder Anträgen gliedern, käme kaum eine fruchtbare Arbeit zustande. Deshalb ist es notwendig, TOPs formell „aufzurufen“ und „abzuschließen“. Bericht über die vorliegenden Anträge Oft werden zu den einzelnen Themen bereits Anträge vorliegen. Die wird man vollständig vorlesen, damit alle Teilnehmer über die „Antragslage“, d.h. alle vorliegenden Anträge informiert sind. Nicht selten ist üblich, dass eine vorbereitende Antragskommission (siehe Kap. 4.3) oder der Vorstand dazu eine Stellungnahme abgibt. Manche Satzungen lassen eine Behandlung nur zu, wenn die Anträge vorher schriftlich eingereicht wurden. Eröffnung der Sachdiskussion Üblicherweise wird die Aussprache eingeleitet, indem der Antragsteller zur näheren Begründung das Wort erhält, auch wenn schon andere Wortmeldungen vorlagen. Manchmal enthält der TO-Vorschlag noch keinen konkreten Antrag. Vielmehr wird ein Thema in die Versammlung gegeben, um so eine Lösung zu finden. Vor
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allem in einem solchen Fall wird ein Berichterstatter − z.B. der Vorstand − das Problem zunächst schildern und die Notwendigkeit eines (einvernehmlichen) Vorgehens begründen. Aussprache Mit Diskussion und Debatte allgemein befasst sich Kap. 6. Ziel der Aussprache in Beschluss-Tagesordnungspunkten ist es, alle für die Beschlussfassung wichtigen Meinungen zu hören und ihr Gewicht in der Diskussion gegeneinander abzuwägen. Es ist also besonders wichtig, dass Kritiker und Befürworter des Antrags gleichberechtigt zu Wort kommen können. Der Erfolg einer solchen Aussprache ist ganz wesentlich von der Kunst des Diskussionsleiters abhängig, dieses Für und Wider so zu organisieren, dass am Ende jeder Teilnehmer genau weiß, worum es in dem betreffenden Antrag geht, was für und was gegen den Antrag spricht, welche Meinung er sich gebildet hat und wie er sich in der Abstimmung verhalten wird. Achten Sie in der Aussprache auf die Zeit! Oft diskutieren – vor allem unerfahrene – Gremien die ersten TOPs fast beliebig lange und geraten dann in Zeitnot – mit der Folge, dass in späteren TOPs wesentliche Entscheidungen nicht in der nötigen Tiefe diskutiert werden können. Der erfahrene Sitzungsleiter hat sich vorher schon Gedanken über den Zeitbedarf der einzelnen TOPs gemacht und wird im Verlauf der Sitzung immer wieder im Stillen kontrollieren, ob er noch „in der Zeit“ ist. Vor allem, wenn die Zeit knapp zu werden droht, hilft ein Hinweis auf die Uhrzeit und die Angabe der verbleibenden Minuten oft, eine fruchtlose Diskussion abzukürzen. Entgegennahme von Änderungsanträgen Im Laufe der Aussprache werden vielleicht Ergänzungs-, Zusatz- oder Änderungsanträge gestellt. Einige Geschäftsordnungen schreiben das schriftliche Einreichen auch von Änderungsanträgen bindend vor. Dies erleichtert vor allem dem Protokollanten die Arbeit und schafft klare Verhältnisse. Am besten ist es, wenn der Versammlungsleiter oder der Protokollant per Laptop und Beamer die Anträge für alle Teilnehmer sichtbar „an die Wand werfen“, so dass jeder stets vor Augen hat, was zur Abstimmung steht. Vom Antragsteller des Hauptantrages übernommene Änderungsanträge werden nicht abgestimmt − es steht jedoch jedem Teilnehmer frei, sich dann den ursprünglichen unveränderten Antrag zu eigen zu machen und erneut − als „Änderungsantrag“ zu stellen.
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Der Sitzungsleiter muss vor allem bei den spontan gestellten Anträgen auf klare Formulierungen achten und soll dabei gegebenenfalls Hilfestellung leisten: Ein Antrag muss unmissverständlich formuliert sein und sich eindeutig mit Ja oder Nein − Für oder Gegen − beantworten lassen. Der Sitzungsleiter muss auch prüfen, ob der Antrag zulässig, der Antragsteller antragsberechtigt und die ggf. nötige Anzahl von unterstützenden Mitgliedern vorhanden ist. So sind z.B Anträge, die nicht zum Tagesordnungspunkt gehören, zurückzuweisen. Ein guter Sitzungsleiter wird schon in dieser Phase Anträge zusammenfassen und zu gliedern versuchen − meist wird das auch von den Beteiligten gern akzeptiert. Natürlich gibt es dabei reichlich Gelegenheit, die Wortwahl im Sinne eigener Vorstellungen zurechtzubiegen. Es gibt wahre Wortartisten, denen es gelingt, verschiedene Anträge unterschiedlicher Richtung so „zusammenzufassen“, dass die eigenen Ideen verwirklicht werden und die meisten Beteiligten einigermaßen zufrieden und − über den vorgeschlagenen „Kompromiss“ erleichtert − zu Abstrichen bereit sind. Unsichere Antragsteller ziehen ihr berechtigtes Anliegen manchmal schon zurück, wenn der Sitzungsleiter um exakte Formulierung bittet, bzw. − massiver − Bedenken gegen den Antrag äußert („Na ich weiß nicht recht, Herr Schmid, was das eigentlich soll − nun gut, Sie müssen's ja wissen! Aber so etwas müssen Sie schon schriftlich einreichen, sonst können wir das nicht behandeln.“). Wenn er merkt, dass seine Beeinflussung wirkt, wird er den Antrag später einfach „vergessen“, das heißt, nicht zur Abstimmung stellen − in der Hoffnung, der Antragsteller werde wohl zu verunsichert sein, um zu protestieren. Gegenanträge zu vorliegenden Anträgen sind unzulässig. Es wirkt nämlich besser, einen scheinbar positiven Antrag zu formulieren als immer nur „dagegen“ zu sein. Deshalb sind „Gegenanträge“ so beliebt. Es gibt auch Teilnehmer, die es zu einer gewissen Meisterschaft gebracht haben, mit Zusatzanträgen vorliegende Anträge so umzukrempeln, dass sie immer „positiv konstruktiv“ abstimmen können, so dass der Antragsteller des ursprünglichen Antrags sich in die Opposition gedrängt sieht und schließlich gegen „seinen eigenen“ Antrag stimmen muss. Wird das geschickt genug eingefädelt, kann man nicht mehr viel dagegen unternehmen, als mit entsprechender Kommentierung den ursprünglichen Antrag mit den konsensfähigen Änderungen als neuen „Änderungsantrag“ stellen. Ein Beispiel für einen solchen verkappten Gegenantrag wäre der Antrag „Vor dem Kauf des Computers soll der Vorstand erst einen Kostenvoranschlag für eine Generalüberholung der vorhandenen alten Schreibmaschine einholen“. Das ist ja eigentlich ein
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recht vernünftiger Vorschlag, der den Verein nicht viel kostet. Nach Annahme des Vorschlags wird nachgeschoben: „Wenn die Kosten deutlich unter dem Preis eines Computers liegen, soll der Vorstand stattdessen die Schreibmaschine überholen lassen.“ Wer dem ersten „Zusatzantrag“ zugestimmt hat, wird Mühe haben, diesen Antrag abzulehnen, denn wozu soll sich der Vorstand denn sonst den Kostenvoranschlag einholen? Sofern der Vorstand jedoch erkennbar den neuen Computer befürwortet, kann man (sicherheitshalber) in einem dritten „Zusatzantrag“ dann noch definieren, was „deutlich unter dem Preis eines Computers“ eigentlich heißen soll − eventuell mit Wiederaufnahme der Sachdiskussion: Es wird dann also nicht mehr über den neuen Computer gesprochen, sondern nur noch über die Renovierung der alten Schreibmaschine. Die Unterstützer des Erstantrages müssen clever genug sein, spätesten jetzt den ursprünglichen Antrag erneut zu stellen, in der Hoffnung, dass genügend Teilnehmer den Trick inzwischen durchschaut haben. Abschluss der Sachdiskussion Die Meinungsbildung sollte zum Schluss der Debatte abgeschlossen sein, entsprechende Beiträge sind in der Abstimmung nicht erlaubt und würden hier nur stören. Oft werden Debatten schon vorher durch einschlägige Geschäftsordnungsanträge abgebrochen, die vor allem bei einer umfangreichen Tagesordnung nicht selten das einzige Mittel sind, langatmige Diskussion zu verhindern. Am Ende der Sachdiskussion muss klar sein, worüber nun abgestimmt werden soll. Eröffnung der Abstimmung Eine fehlende Ankündigung kann die Gültigkeit des Abstimmungsvorgangs in Frage stellen. Weit wichtiger aber ist, dass während der Abstimmung nicht mehr zu Begründung gesprochen werden darf − lediglich für Interpretationen des Antragstextes, zur Formulierung und für das Stellen von Zusatz- und Änderungsanträgen sind noch Wortmeldungen zulässig. Bekanntgabe der Antragslage Sämtliche vorliegenden Anträge zum laufenden TOP, also auch die spontan eingegangenen Änderungsanträge, die nicht bereits vom Antragsteller des Hauptantrages übernommen wurden, werden stichwortartig vorgetragen oder – besser – per Folie oder Beamer auf eine Leinwand projiziert.
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Bekanntgabe von formalen Besonderheiten Vor Beginn der Abstimmung(en) sollten etwaige Besonderheiten, wie z.B. Satzungsregelungen zu dieser Abstimmung (Mehrheiten, Fristen, Stimmrechtseinschränkungen, Abstimmungsmodus), und Verfahrensfragen (z.B. zwei Lesungen, d.h. Behandlung in zwei getrennten Sitzungen) bekannt gegeben werden. Hierhin gehört auch die Bekanntgabe des Abstimmungsmodus: Soweit nicht durch Satzung oder Gewohnheit festgelegt, muss ggf. erst geklärt werden, auf welche Weise abgestimmt werden soll (vgl. Kap. 7.2): In der Regel schlägt der Sitzungsleiter den Abstimmungsmodus vor und verfährt entsprechend, wenn sich kein Widerspruch erhebt. Andernfalls wird er seinen Vorschlag als „Verfahrensantrag“ (vgl. Seite 115) zur Abstimmung stellen. Es ist üblich, dass nach seiner Bekanntgabe und Billigung der Abstimmungsmodus für die laufende Abstimmung nicht mehr geändert werden darf (d.h. GOAntrag auf geheime Abstimmung ist danach unzulässig). Sofern üblich, folgt nun die Beschlussempfehlung des Vorstands. Der Brauch, dass der Vorstand nicht nur seine Meinung, sondern auch eine konkrete Beschlussempfehlung gibt, stärkt seine Stellung erheblich. Vor allem, wenn die Aussprache (z.B. wegen eines Antrags auf Schluss der Debatte) kurz und ohne ausreichende Klärung verlaufen ist, wird die etwaige Opposition damit stark beeinträchtigt. Deshalb ist dieser Brauch zu Recht selten geworden. Frage nach weiteren Anträgen Es ist gelegentlich Praxis, dass nach der Aufnahme der nun eingebrachten Änderungs- und Zusatzanträge die Liste geschlossen wird, d.h. dass danach grundsätzlich keine weiteren Anträge mehr zugelassen sind. Hier sollte man aber nicht dogmatisch vorgehen – Vorrang hat die Klarheit des schließlich zustande gekommenen Beschlusses – da sind (echte) Verbesserungsvorschläge stets willkommen. Bestandsaufnahme und Feststellung der Reihenfolge Nun werden die Hauptanträge und alle vorliegenden Ergänzungen wortgetreu vorgetragen (Änderungs-, Ergänzungs- und Zusatzanträge), damit jeder genau weiß, worüber abgestimmt werden soll. Die Reihenfolge der Abstimmungen ist oft der heikelste Punkt im Verfahren, denn hier sind der Ermessensspielraum und damit die Unsicherheit am größten. Grundsätzlich entscheidet über die Reihenfolge allein der Sitzungsleiter anhand der unten angeführten Regeln. Er kann sich mit dem Stellvertreter und/oder
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Protokollanten und/oder Vorstand darüber beraten, aber die Entscheidung liegt allein bei ihm. Lassen Sie sich als Sitzungsleiter nie auf öffentliche Diskussionen über die Reihenfolge der Abstimmung ein! Aber seien Sie auch streng unparteiisch! Es ist klar, dass die Reihenfolge der Anträge bei der Abstimmung eine wichtige Rolle spielen kann − vor allem wenn es keine festgefügten Fraktionsblöcke gibt: Dann neigen einzeln Abstimmende zu unsicherem Verhalten: In einem solchen Fall sollte der Sitzungsleiter genau erläutern, dass, wenn ein Antrag − vor den anderen behandelt − angenommen wird, über die übrigen nicht mehr abgestimmt wird. Zuerst abgestimmt wird bei Sachanträgen der weitestgehende Antrag. Ist diese Entscheidung so nicht möglich, wird in der Reihenfolge des Eingangs abgestimmt. Der weitestgehende Antrag ist in der Regel derjenige, der
sich von der Vorlage am weitesten entfernt, den bestehenden Zustand am meisten verändert, die größten Folgen nach sich zieht oder am weitesten in die Zukunft wirkt.
Vor der Abstimmung über den Hauptantrag werden die Anträge auf Abänderung des Hauptantrages (Änderungsantrag) und die Anträge auf Erweiterung des Hauptantrages (Zusatzantrag) abgestimmt. Auch wenn für den Hauptantrag eine qualifizierte Mehrheit erforderlich ist, reicht für die Annahme des Änderungs-/Zusatzantrages die relative Mehrheit aus. Gegenanträge, d.h. Anträge, die den Sinn des Hauptantrages bloß umkehren und Alternativ-Abstimmungen sind unzulässig. Änderungsanträge Die Abwicklung geschieht ähnlich wie bei Hauptanträgen. Zwei Besonderheiten sind zu beachten: Übernimmt der Antragsteller des Hauptantrages die Änderung/Erweiterung, so wird nicht mehr darüber abgestimmt. Allerdings kann, um faule Kompromisse zu vermeiden, von jedem Teilnehmer der ursprüngliche Antrag als „Änderungsantrag“ erneut gestellt werden. Mit Änderungs- und Zusatzanträgen kann man Hauptanträge so sehr verallgemeinern oder einengen, dass ihr eigentlicher Zweck nicht mehr erreicht oder sogar umgekehrt
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wird. Es empfiehlt sich, dass der Antragsteller in einem solchen Fall in ein, zwei Sätzen die Nichtübernahme des Änderungsantrages begründet. Der Sitzungsleiter sollte das tolerieren. Der Änderungsantrag oder Zusatzantrag braucht nur die einfache Mehrheit − auch wenn für den Hauptantrag eine qualifizierte Mehrheit vorgeschrieben ist. Der Antragsteller des Hauptantrages hat dann aber üblicherweise das Recht, auf vorrangige Abstimmung über den nicht geänderten Antrag zu bestehen. Wird der dann angenommen, ist der geänderte Antrag hinfällig. Bekanntgabe des geänderte Hauptantrages Sowohl im Interesse des Protokollanten als auch der Teilnehmer ist bei verwickelter Antragslage unbedingt erforderlich, den aktuellen Text des Antrags vor der eigentlichen Abstimmung noch einmal unmissverständlich bekannt zu geben. Abstimmung und Abstimmungsformel Die verwendete Formel muss kurz, prägnant und eindeutig sein. Es muss sichergestellt sein, dass die Tatsache der laufenden Abstimmung, der Inhalt des Antrags und das Votum jedem Stimmberechtigten klar ist (vgl. Beispiel auf Seite 77f). Die Reihenfolge der Frage ist üblicherweise Für – Gegen – Enthaltung, es sei denn, die Zahl der Gegenstimmen und Enthaltungen wird erwartungsgemäß sehr viel kleiner sein als die der Zustimmenden; dann ist es effektiver, zuerst die Nein-Stimmen und Enthaltungen abzufragen. Aus der geringen Zahl dieser Stimmen ergibt sich die Annahme des Antrags. Neben der gezielt gewählten unsachgemäßen Antragsreihenfolge wird besonders gern das Abfragen der Stimmen manipulativ eingesetzt, wenn man mit der Trägheit bzw. Unkonzentriertheit der Teilnehmer rechnen kann: Geht man nach der Bitte um die Ja-Stimmen sehr schnell zu den Nein-Stimmen über, erntet man von denen Enthaltungen, die beim „Ja“ zu langsam waren und sich nun nicht zu protestieren trauen. Doch selbst dann, wenn sich nun Protest erhebt und die Wiederholung der Abstimmung per GO-Antrag durchgesetzt wird, ändern viele ihr Abstimmungsverhalten nicht gerne, weil sie nicht als unaufmerksam gelten wollen. Dieser Trick gelingt aber nur, wenn die Absicht nicht zu offensichtlich ist. Das funktioniert auch umgekehrt: Erst werden „der Einfachheit halber“ die NeinStimmen und Enthaltungen zuerst – und das recht schnell – erfragt: Viele wachen dann frühestens bei „Enthaltung“ auf − spätestens bei den Ja-Stimmen (da kann man sogar noch einmal nachfragen).
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Im Gegensatz dazu wird bei knappen Mehrheiten sofort nach der Frage nach den Stimmen „dafür“ der Vorgang zunächst wieder abgebrochen („Das ging offenbar etwas schnell, ich frage noch einmal“). Es werden dann „noch einmal“ die Ja-Stimmen erbeten. Von der recht groß erscheinenden Zahl der Hände beeindruckt, könnten sich noch zaudernde Teilnehmer dann impulsiv für die scheinbare „Mehrheit“ entscheiden. Zusätzliche Wirkung (also weitere zaudernde Stimmen bei knappen Mehrheiten) bringt nun ein halblautes, scheinbar nicht für die Öffentlichkeit bestimmtes „Das könnte die Mehrheit sein − da zählen wir besser aus.“ und ein lautes „Wir müssen die Abstimmung etwas anders durchführen; am besten, die Ja-Stimmen stehen jetzt einfach mal auf, dann können wir besser durchzählen. Wer ist also für den Antrag, der möge sich jetzt bitte erheben.“ Durch das Aufstehen wirken die Zustimmungen zahlreicher und suggerieren ein positives Votum für den Antrag. Weil manche Menschen gern zur Mehrheit dazugehören wollen, bekommt man so vielleicht noch einige Zauderer hinzu, die vorher nicht schnell genug „geschaltet“ hatten. Sonderfall: Geheime Abstimmung Dieser Sonderfall verläuft zunächst wie bei der offenen. Erst der eigentliche Abstimmungsvorgang bringt die Änderungen. Verteilen der Stimmzettel, Anweisung zum Ausfüllen Folgende Punkte müssen gewährleistet sein: Der Wille des Abzustimmenden muss zweifelsfrei festzustellen sein. Dies erfordert, dass der Sitzungsleiter sehr deutlich bekannt gibt, auf welche Weise abzustimmen ist: Bei vorgedruckten Stimmzetteln ist „Ja oder Nein oder Enthaltung“ anzukreuzen oder – bei einfachen Zetteln – eins dieser drei Worte oder deren Anfangsbuchstaben J, N oder E zweifelsfrei auf den Stimmzettel zu schreiben (Weitere Hinweise für Stimmzettel, insbesondere bei Wahlen siehe Seite 147). Das Geheimnis der Abstimmung muss gewahrt bleiben. Auch der Abstimmende ist gehalten, auffällige Schreibwerkzeuge zu meiden, sofern ihm nicht ausdrücklich daran liegt, offen abzustimmen. Andererseits kann die Schutzfunktion der geheimen Abstimmung dadurch unterlaufen werden, dass unsichere Teilnehmer demonstrativ beobachtet werden, um sie so zum „richtigen“ Verhalten zu veranlassen. Dies hat der Sitzungsleiter sofort zu rügen. Der Betroffene kann dies jederzeit verlangen, solange die Abstimmung nicht als geschlossen gilt. Weiterhin hat er meist die Möglichkeit, aufzustehen und sein Votum unbeobachtet festzulegen.
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Ist dies alles nicht möglich, kann er immer noch deutlich „richtig“ abstimmen und dann seinen Stimmzettel unbeobachtet durch rasches Durchstreichen ungültig machen. Werden keine vorgedruckten Stimmzettel verwendet, kann man das „richtige“ Votum sichtbar aufschreiben und dann unbeobachtet einen anderen Zettel abgeben. Mehrfachzählungen müssen ausgeschlossen sein. Die Wertung von ungültigen Stimmen (zum Beispiel als Enthaltung) muss vor der Abstimmung festgelegt und bekannt sein. Oft legt die Satzung eine „Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen fest. In diesem Fall wird die ungültige Stimme nicht gezählt, ist also verschenkt. Diese Problematik wird in Kapitel 9 ausführlich behandelt (Seite 158ff). Einsammeln der Stimmzettel Es ist auf ordentliches Mischen zu achten, damit die Reihenfolge der Stimmzettel beim öffentlichen Auszählen nicht die geheime Abstimmung ad absurdum führt. Der Sitzungsleiter ist nun verpflichtet zu fragen: „Hat jemand seinen Stimmzettel noch nicht abgegeben?“ Erfolgt darauf keine Antwort, so muss er die Abstimmung förmlich abschließen, d.h. er muss sagen: „Die Abstimmung ist damit geschlossen“. Danach werden keine Stimmzettel mehr angenommen. Auszählung Die verschiedenen Möglichkeiten der Auszählung sind in Kap. 7.4 (Seite 143ff) ausführlich beschrieben. Bekanntgabe des Ergebnisses Die Feststellung, ob und mit welcher Mehrheit der Antrag angenommen oder abgelehnt ist, soll nicht nur die Neugier der Versammlung befriedigen, sondern ist ein wesentlicher Akt, der für die Wirksamkeit des Beschlusses entscheidend ist. So ist die Bekanntgabe eines Beschlusses, selbst wenn sie eine fehlerhafte Einschätzung des Sitzungsleiters enthält, im Wohneigentumsrecht und im Aktienrecht verbindlich. Denn hier kann ein mangelhafter Beschluss nur durch fristgebundene Anfechtung beseitigt werden. Daher benötigt der Betroffene eine konstitutive und verbindliche Feststellung, gegen die er vorgehen kann. Aus diesem Grund ist es auch so wichtig, dass der Sitzungsleiter sicherstellt, dass der Beschluss wie verkündet im Protokoll erscheint.26
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BGH 23.8.2001 V ZB 10/01 NJW 2001, 3339ff
Die Behandlung von Sachanträgen
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Im Vereinsrecht gilt grundsätzlich, was tatsächlich beschlossen wurde, auch wenn der Sitzungsleiter (versehentlich) ein Ergebnis falsch verkündet hat. Dann kommt es darauf an, was im Protokoll – ggf. nach seiner Genehmigung – dokumentiert ist. (Ohnehin empfiehlt es sich, auch den Inhalt des angenommenen Antrags bei der Bekanntgabe des Ergebnisses zu wiederholen.) Ist ein negativ formulierter Antrag (z.B. „Die Mitgliederversammlung missbilligt den vom Vorstand abgeschlossen Vertrag.“) angenommen worden, so ist damit die Angelegenheit keineswegs entschieden: Der Beschluss stellt keine Entscheidung in der Sache dar − vielmehr muss das Gremium eine positive Willensbekundung abgeben, wenn es den bestehenden Zustand verändern will (z.B. „Der Vorstand wird beauftragt, den Vertrag rückgängig zu machen.“). Aus dem Beispiel wird deutlich, wie problematisch ein „Negativbeschluss“ sein kann. Sofern ein solcher Antrag vorliegt, wird man spätestens nun einen konkret „positiv“ formulierten Antrag mit Handlungsanweisung formulieren und „sicherheitshalber und zur Konkretisierung“ abstimmen lassen. Wurde der Antrag abgelehnt, ist auch dies zu verkünden und zu dokumentieren. Denn auch der Ablehnung eines Antrags kommt Beschlussqualität zu: Denn mit der Ablehnung dokumentiert eine Mehrheit, dass sie die begehrte Änderung der gegenwärtigen rechtlichen Lage nicht wünscht. Demgemäß kann auch unter bestimmten Umständen die Ablehnung eines Antrags angefochten werden.27 Ist ein „weitergehender Antrag“ angenommen worden, so erübrigt sich die Abstimmung der übrigen Anträge zum gleichen Gegenstand, sofern sie nicht andere Aspekte des Themas behandeln. Hierbei ist aber auf eine ordentliche Abgrenzung und auf Überschneidungsfreiheit zum beschlossenen Antrag zu achten. Vor allem bei chaotischem Sitzungsverlauf kann es sich nach der Abstimmung herausstellen, dass wesentliche Mängel (Beteiligung nicht Stimmberechtigter an der Abstimmung, ungenügende Ankündigung der Abstimmung, Irrtum über den Inhalt des abgestimmten Antrag28 etc.) vorliegen. Nur in diesem Fall ist eine Wiederholung der Abstimmung zulässig. Wird lediglich das Ergebnis angezweifelt, ist nur die Auszählung zu wiederholen (s. Kap. 5, Antrag 16 Seite 112f und Kap. 7.4). Die Sachdiskussion kann nach der Abstimmung nur dann neu aufgenommen werden, wenn sich z.B. für keinen Antrag die nötige Mehrheit ergeben hat, eine
BGH ebd. Hier könnte sich ein betroffener Stimmberechtigter auf § 119 BGB („Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtume war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde. …“) berufen. Liegen diese Voraussetzungen vor, ist der Sitzungsleiter gehalten, die Abstimmung zu wiederholen.
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4 Die Sitzung
Entscheidung aber zwingend erforderlich ist. Außer auf Vorschlag des Sitzungsleiters kann die Versammlung dies durch den Verfahrensantrag auf „Wiederaufnahme der Sachdiskussion“ verlangen oder durch den GO-Antrag auf „Übergang zur Tagesordnung“ verhindern. Eine solche wiederaufgenommene Sachdiskussion muss förmlich eröffnet und geschlossen werden. Ist der TOP erst einmal abgeschlossen, ist ein Zurückkommen nur noch möglich, wenn alle, die bei der Beschlussfassung anwesend waren, dem zustimmen oder ein anderer Modus für den „Rückkommensantrag“ in der GO oder der Satzung festgelegt ist. Denn es könnten ja einige Mitglieder nach und wegen der Erledigung des Punktes die Sitzung verlassen haben: Es wäre daher ein unzulässiger Vertrauensbruch, wenn die nun etwa die Mehrheit besitzende Opposition den zuvor gefassten Beschluss einfach wieder umstoßen könnte. Nach Abschluss des betreffenden Tagesordnungspunktes kann ein in einer Sitzung gefasster Beschluss später nur aufgrund eines expliziten Antrags auf Aufhebung oder Änderung revidiert werden. War für den Ursprungsbeschluss eine qualifizierte Mehrheit erforderlich, gilt dies auch für den Revisionsbeschluss. Wird zu einem späteren Zeitpunkt ein neuer Beschluss in gleicher Sache („sog. Zweitbeschluss„) fasst, so muss der neue Beschluss schutzwürdige Belange aus Inhalt und Wirkung des ersten Beschlusses berücksichtigen29. Bis zur Behandlung des Antrags auf Aufhebung hat der ursprüngliche Beschluss unverändert Gültigkeit. Für die Zulassung solcher − auch Rückkommensanträge genannter − Anträge ist das Vorliegen wichtiger, bei Beschlussfassung nicht bekannter sachlicher Gründe Voraussetzung. Denn sonst könnte es bei knappen und wechselnden Mehrheiten ein ständiges Hin und Her geben. Es entspricht parlamentarischem Brauch, Beschlüsse, die ordnungsgemäß zustande gekommen sind, zu respektieren. Die Anfechtung eines Beschlusses ist nur bei Vorliegen entscheidender Mängel zulässig. Näheres siehe Kap. 7.5.
4.10 Der Tagesordnungspunkt „Verschiedenes“ In fast allen Tagesordnungen findet sich als letzter Punkt „Verschiedenes“. Hier werden z.B. organisatorische Themen behandelt, der nächste Sitzungstermin und ort verabredet und allgemeine Themen im Vorfeld – ohne Beschluss – besprochen.
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BGH 20.12.1990 V ZB 8/90 NJW 1991, 979
Der einwandfreie Abschluss
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Von manchen Teilnehmern wird der Punkt oft und gerne benutzt, Lieblingsthemen zur Sprache zu bringen oder längst erledigte Anliegen wieder neu vorzutragen. Üblicherweise dürfen im TOP „Verschiedenes“ keine Beschlüsse gefasst werden. Die Ankündigung „Verschiedenes“ in der Tagesordnung lässt allenfalls die Behandlung von Angelegenheiten von untergeordneter Bedeutung zu.30 Oft ist damit zu rechnen, dass im Verlauf der Sitzung etliche Teilnehmer nach Hause gegangen sind, so dass sich die Mehrheitsverhältnisse grundlegend geändert haben. Wenn also die Minderheitsfraktion den entsprechenden Vorstoß im Punkt „Verschiedenes“ vorher abgesprochen und ihre Mitglieder zusammengehalten hat, könnte sie sonst die Gelegenheit ausnutzen, unbequeme Beschlüsse umzustoßen. Der Sitzungsleiter ist gehalten, Sachanträge und -diskussionen nicht zuzulassen. Hier geben ihm ja seine Rechte (siehe Kap. 3) genügend Handhabe, auch gegen eine aktuell bestehende Mehrheit zu handeln. Am Ende der Sitzung wird der Leiter den Helfern für ihren Einsatz danken, ggf. noch organisatorische Hinweise geben („vor dem Sitzungssaal steht noch ein kleiner Imbiss bereit“) und/oder einige Schlussworte sprechen.
4.11 Der einwandfreie Abschluss Analog zur Eröffnung ist der formelle Abschluss der Sitzung wichtig. Zu einem vorher festgelegten Zeitpunkt oder nach Erledigung der Tagesordnung ist die Sitzung zu beenden. Dies muss durch eine entsprechende Ankündigung des Sitzungsleiters erfolgen. („Die Sitzung ist geschlossen.“) Der Zeitpunkt sollte im Protokoll festgehalten werden. In ständig tagenden Gremien und Ausschüssen ist es gelegentlich Brauch, Sitzungen nur zu „unterbrechen“. Auch eine solche „Unterbrechung“ muss angekündigt und protokolliert werden. Mit dem Schließen der Sitzung erlischt die Ordnungsmacht des Leiters, also auch sein Hausrecht und die Verantwortung für den ordnungsgemäßen Verlauf der Versammlung. Danach haben alle Handlungen der Versammelten, d.h. auch die eigenmächtige Fortsetzung der Sitzung, keine Rechtskraft. Wenn auch z.B. die gleichen Mitglieder wie zuvor weiter beisammen bleiben, haben etwaige Beschlüsse für den Verein keine Bedeutung. Die Wiedereröffnung einer geschlosse30
BayObLG 5.4.1990 = NJW-RR 1990, 784, OLG Hamm 8.12.92 NJW-RR 1993, 468
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4 Die Sitzung
nen Versammlung kann nur durch den Sitzungsleiter und nur dann erfolgen, wenn noch sämtliche Teilnehmer anwesend sind und der Wiedereröffnung zustimmen. Das Schließen der Sitzung ist für den Sitzungsleiter bei Störungen, Gewaltaufrufen und dgl. oft das letzte und einzige Mittel, Unheil von sich und der Versammlung abzuwehren. Er ist zum Schließen der Sitzung verpflichtet, wenn er die Kontrolle über die Versammlung verloren hat und die sofortige Wiedererlangung nicht zu erwarten ist. Spätestens dem Schließen der Sitzung werden die im Verlauf der Sitzung gefassten Beschlüsse wirksam, soweit dem nicht gesetzliche oder von der Satzung bzw. von der Sache her bedingte Hindernisse entgegenstehen.
5 Geschäftsordnungsanträge 5 Geschäftsordnungsanträge
In der „Geschäftsordnung“ (GO) sind die Bestimmungen zusammengefasst, die den Ablauf einer Sitzung regeln. Eine geschriebene GO existiert oft nicht: Vielmehr werden meist bestimmte Verfahrensweisen schon seit langer Zeit als Gewohnheitsrecht praktiziert und sind als geltende Richtlinien allgemein anerkannt. Doch wird auch die ausführlichste GO nicht alle Eventualitäten zu regeln imstande sein: Selbst der Deutsche Bundestag, der über eine sehr ausführliche schriftliche Geschäftsordnung (14)(16) verfügt, ist immer wieder veranlasst, Einzelangelegenheiten neu zu regeln. Ein „Antrag zur Geschäftsordnung“ (GO-Antrag) ist das Begehren, das laufende Verfahren in einer in der Geschäftsordnung festgelegten Weise zu beeinflussen. Ein „Antrag zum Verfahren“ ist dem GO-Antrag gleichgestellt, enthält aber keine Bindung an die (bestehende) Geschäftsordnung. In der täglichen Praxis von Parteiorganen, Vereinen und Gremien wird man sich immer und überall auf die Regeln beziehen, wie sie im folgenden und in den übrigen Kapiteln dieses Buches aufgeführt sind. Gelegentlich findet man sogar, dass das Gewohnheitsrecht abweichend von den Regeln einer bestehenden schriftlichen GO oder Satzung angewandt wird. Voraussetzung für die korrekte Sitzungsleitung ist es, dass der Leiter die gültige Satzung und/oder GO kennt und sicher anwendet. Es ist zu empfehlen, einen Auszug mit den für die Leitung in Frage kommenden Bestimmungen jederzeit zur Hand zu haben, um Zweifelsfragen rasch und eindeutig klären zu können. Antragsberechtigt ist jeder Teilnehmer, der Antrags- bzw. Stimmrecht (siehe Kap. 7) besitzt. Der Antrag ist an keine Fristen gebunden. Er wird durch das Heben beider Arme angezeigt und ist vorrangig vor allen anderen Wortmeldungen und Sachanträgen zu behandeln. Dem Antragsteller ist sofort nach Beendigung des laufenden Redebeitrags bzw. Verfahrens das Wort zu erteilen. Der Antrag kann begründet werden. Es ist nur eine einzige Gegenrede erlaubt. Nach der Begründung der Gegenrede erfolgt die sofortige Abstimmung über den GO-Antrag. Erfolgt keine Gegenrede, so gilt der Antrag ohne Abstimmung als angenommen.
H. Meier, Zur Geschäftsordnung, DOI 10.1007/978-3-531-93019-0_5, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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5 Geschäftsordnungsanträge
Werden mehrere GO-Anträge gestellt, so werden sie in der Reihenfolge der Meldung vollständig einzeln bearbeitet. Die allgemein üblichen GO- und Verfahrensanträge werden in Kap. 5.2 im Einzelnen behandelt. Der Sitzungsleiter kann jederzeit Vorschläge zum Verfahren machen und entsprechend verfahren. Protestiert allerdings einer der Stimmberechtigten gegen seinen Vorschlag, hat der Sitzungsleiter seinen Vorschlag wie einen Verfahrensbzw. GO-Antrag zu behandeln. Problematisch ist der „Antrag auf Abweichen von der GO“. Nur selten ist ein solcher Fall in der GO geregelt. In der Regel bindet eine Geschäftsordnung die Mitglieder eines Gremiums lediglich durch Selbstbindung. Daraus wird gelegentlich die Folgerung abgeleitet, dass es dem Gremium (bzw. seiner Mehrheit) jederzeit freistehe, von Einzelbestimmungen durch entsprechende Beschlussfassung abzuweichen. Hierbei ist es unerheblich, ob die Bestimmung, von der abgewichen wird, schriftlich fixiert ist oder nicht, da „die Geschäftsordnung“ eine Gesamtheit geschriebener und ungeschriebener (von der Tradition) vorgegebener oder selbstgegebener Regeln ist, nach denen verfahren wird. Nun sind aber diese Regeln der GO in der Form, in der sie − meist seit Jahren − unverändert praktiziert werden, von den Mitgliedern des Gremiums stillschweigend als gültige Handlungsvorschrift und -norm anerkannt und gebilligt worden (Selbstbindung, Gewohnheitsrecht). Das Abweichen von dieser Handlungsnorm ist daher stets problemträchtig. Denn die Mitglieder – auch die nicht anwesenden - müssen sich darauf verlassen können, dass die geltenden Normen stets eingehalten werden. Die Behandlung eines Antrages, gegen die geschriebene Satzung oder ein Gewohnheitsrecht zu handeln, wird nicht als einfacher „GO-Antrag“ oder „Verfahrensantrag“ zu behandeln sein. Dabei ist es unerheblich, ob sich um eine generelle Änderung der Handlungsnorm handelt (die ohnehin in einem gesonderten Antrag behandelt worden wäre) oder um einmaliges Abweichen aus einem konkreten Anlass. In der Praxis kommt der Antrag allerdings recht selten vor und wird dann entweder nicht zugelassen oder bedarf entsprechend § 127 der GO des Deutschen Bundestages, die ja in Streit- und ungeregelten Fällen oft „analog“ zur Anwendung gebracht wird, einer 2/3-Mehrheit (der anwesenden Mitglieder) bzw. der für Satzungsänderungen vorgeschriebenen Mehrheit. Häufiger wird aber ein „stillschweigend einvernehmliches Abweichen“ zugelassen, indem z.B. bei unproblematischen Wahlen einvernehmlich offen abgestimmt wird, obwohl die Satzung die geheime Wahl vorschreibt.
Behandlung von GO-Anträgen
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Ist unzulässigerweise von der GO abgewichen worden, hat dies möglicherweise Minderheitsrechte verletzt und war das Abweichen von der GO für das Ergebnis einer Beschlussfassung erheblich, so kann eine Anfechtung (s. Kap. 7.5) gute Aussicht auf Erfolg haben. Eine angefochtene und damit schwebend unwirksame Wahl ist für den Verein und erst recht für die betroffenen Personen äußerst unangenehm, da die Folgen einer erfolgreichen Anfechtung kaum absehbar sind.
5.1 Behandlung von GO-Anträgen Für Anträge zur GO erhalten die Antragsteller außerhalb der Rednerliste sofort nach Abschluss des laufenden Beitrags das Wort. Das hat verfahrensökonomische Gründe: So wäre es sinnlos, eine Sachdebatte weiterzuführen, wenn die Mehrheit sie beenden oder vertagen will. Sofern mehrere GO-Anträge gestellt werden, muss der Sitzungsleiter die Anträge in der Reihenfolge des Eingangs behandeln. GO-Anträge soll man nicht „sammeln“ und dann wie bei Sachanträgen den „weitestgehenden“ Antrag zuerst abstimmen lassen. Vielmehr wird jeder Antrag abgeschlossen und dann erst der nächste behandelt, sofern der sich nicht damit schon erledigt hat. Man kann jedoch zulassen, dass auch die anderen GO-Antragsteller den Inhalt ihrer Anträge bekannt geben, damit die Stimmberechtigten ihre Entscheidung darauf abstellen können. Das gilt mit zwei Ausnahmen: Wird die Beschlussfähigkeit angezweifelt, ist zuerst deren Überprüfung durchzuführen. Der GO-Antrag „Übergang zur Tagesordnung“ wird analog zur früheren GO des Deutschen Bundestages (s. Hinweis auf Seite 101f) grundsätzlich vor allen anderen behandelt. Sonstige Bestimmungen über die Reihenfolge von GO-Anträgen sind nur zu beachten, wenn sie in der jeweils gültigen GO verankert sind, oder wenn die Reihenfolge sich aus der Sachlage eindeutig herleiten lässt. So kann es u.U. sinnvoll sein, zuerst den GO-Antrag zu behandeln, der alle anderen überflüssig macht, d.h. ein Antrag auf Vertagung der Sitzung ginge einem etwa gleichzeitig gestellten Antrag auf Schluss der Rednerliste vor. Ebenso kann es sinnvoller sein, zunächst über eine beantragte Sitzungsunterbrechung abstimmen zu lassen − in der Hoffnung, dass es danach wieder zügig und einvernehmlich weitergeht. Aber
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5 Geschäftsordnungsanträge
grundsätzlich ist es meist günstiger, grundsätzlich nach der zeitlichen Reihenfolge des Eingangs der GO-Anträge abstimmen zu lassen. Dieses Verfahren mag zunächst nicht ganz einleuchtend erscheinen. Doch ein Blick auf den Katalog im vorigen Abschnitt zeigt rasch, wie sinnvoll diese Regelung ist: Denn bei den meisten Anträgen würde es nur zu endlosen Debatten und möglicherweise erheblicher Verärgerung kommen, wenn die Entscheidung „Weitergehend ist der Antrag auf ...“ auch nur den geringsten Verdacht auf Parteilichkeit erweckt. Denn ist diese Entscheidung bei Sachanträgen zuweilen schwierig, ist sie bei GO-Anträgen selten möglich. Lassen Sie sich als Sitzungsleiter auf keine Diskussion über Verfahrensfragen ein: Die Versammlung (oder die Satzung) hat Ihnen das Mandat zur Sitzungsleitung übertragen (vgl. Kap. 3.3) – und damit das Recht, das Verfahren zu leiten. Sie haben alle Rechte, die 31 Sie brauchen, um einen ordnungsgemäßen Ablauf der Versammlung herbeizuführen. Bleiben Sie ruhig und überlegen. Das heißt jedoch nicht, dass Sie wider alle Vernunft starr auf Ihrer Meinung beharren müssen. Es gilt vielmehr, hier den goldenen Mittelweg zwischen Bestimmtheit und Konzilianz zu finden: Bedenken Sie aber, dass es für Sie, Ihr Image und die Beurteilung Ihrer Qualifikation als Sitzungsleiter ungleich besser ist, als „in kritischen Situationen etwas stur“ zu gelten, als dass Ihnen eine wichtige Sitzung außer Kontrolle gerät und einzelne Teilnehmer Ihnen künftig dauernd in Ihre Verhandlungsführung hineinzureden versuchen. Nur in einem Fall werden Sie ausnahmsweise eine Verfahrensdiskussion zulassen müssen: Wenn ein Teilnehmer Ihr Verhalten als z.B. manipulativ oder unkorrekt gerügt hat und Sie nicht unmittelbar nachweisen können, dass er im Unrecht ist, ist unter Umständen eine Rückendeckung durch die Versammlung für das Klima günstig. Aber es ist immer besser, zunächst zu versuchen, mit wenigen ruhigen Worten die Angelegenheit beizulegen. Wenn Sie einen Fehler gemacht haben, geben Sie ihn getrost zu und bitten um Verständnis, „dass in einer bewegten Versammlung schon mal ein Fehler passieren kann“. Seien Sie dann doppelt aufmerksam und lassen sie das in den nächsten Minuten deutlich, fast überdeutlich werden. Nur so vermeiden Sie den Verdacht der Manipulation. Die Behandlung des „normalen“ GO-Antrags ist meist unproblematisch (vgl. Flussdiagramm auf Seite 97): Der Antrag wird von einem der Teilnehmer formgerecht gestellt, er wird vielleicht kurz die Gründe für den Antrag vortragen. Doch kann dies auch ein anderer Teilnehmer übernehmen, es ist jedoch nur ein einziger Redner zur Begründung zugelassen. 31
BGHZ 44, 245/248 NJW-RR 1966, 43
Behandlung von GO-Anträgen
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Es ist streng darauf zu achten, dass die Begründung keinen Beitrag zur Sache enthält, dass also der Redner nicht einfach die Gelegenheit nutzt, außerhalb der Rednerliste seine Meinung vorzutragen. In diesem Fall: Sofort unterbrechen und ermahnen, zur Sache, d.h. zur Begründung des GO-Antrages, zu sprechen. Möglicherweise wird auch jemand die Beschlussfähigkeit anzweifeln. Dann ist sie vor der Abstimmung zu überprüfen. Nun stellt der Leiter die Frage, „Erhebt sich Gegenrede?“ Wenn sich darauf niemand meldet, ist der Antrag angenommen. Man wird sicherheitshalber (und für den Protokollanten) noch einmal die Sachlage feststellen − beispielsweise, „Damit ist die Frage der Neuanschaffung vertagt, bis der Etatplan vorliegt.“ Meldet sich jedoch jemand per Handzeichen zur Gegenrede, so fragt man den Betreffenden, ob er seine Gegenrede begründen möchte. Das ist nicht erforderlich, wird aber meistens gewünscht. Achten Sie als Versammlungsleiter streng darauf, dass sich auch hier kein Sachbeitrag in die Begründung einschleicht. Sollte das der Fall sein, müssen Sie es unter allen Umständen unterbinden: Wohl dem, der eine laute Stimme hat. Doch auch sonst nutzen Sie eine Lücke im Redefluss: Jeder Redner muss einmal atmen. Unterbrechen Sie so schnell und bestimmt wie möglich und entziehen dem Redner schon beim zweiten Versuch das Wort. Sie werden dann allerdings gezwungen sein, eine neue (hoffentlich korrekte) Gegenrede zum GO-Antrag zuzulassen. Es kommt auch vor, dass die Gegenrede von einem Befürworter des Antrages angemeldet und (natürlich sehr „ungeschickt“ oder überhaupt nicht) begründet wird. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass vorhandene gewichtige Argumente gegen den GOAntrag geäußert werden. Hier muss der Sitzungsleiter sofort und bestimmt eingreifen und eine ordnungsgemäße Begründung zulassen. Wie verhält sich der Sitzungsleiter, wenn sich mehrere Teilnehmer zur Gegenrede melden? Am einfachsten ist, zu fragen, ob sich die Antragsgegner schnell per Zuruf auf einen Gegenredner verständigen können. Ist das nicht der Fall, müssen Sie als Sitzungsleiter die Entscheidung treffen. Entweder Sie wählen den Teilnehmer aus, von dem Sie sachliche Beiträge gewohnt sind, und/oder der ein gewisses Ansehen genießt; denn dieser Entscheidung wird erfahrungsgemäß nicht widersprochen werden: behaupten Sie einfach, diese Meldung sei zuerst da gewesen bzw. von Ihnen als erste wahrgenommen worden. Oder Sie geben dem Redner das Wort, dessen Meldung Sie tatsächlich zuerst bemerkt haben.
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5 Geschäftsordnungsanträge
Für den Fall, dass Sie als Teilnehmer bemerken, dass die Gegenrede manipuliert worden ist und der Sitzungsleiter dies nicht erkannt hat oder gar unterstützt, melden Sie sich sofort zur GO beispielsweise mit folgender Argumentation: „Der Gegenredner zum (soeben abgestimmten) Antrag hat selbst für den Antrag gestimmt und sich offenbar nur zur Gegenrede gemeldet, damit wichtige Gründe gegen den Antrag nicht bekannt werden.“ (Sofern der Sitzungsleiter Sie nicht unterbricht, können Sie nun ein, zwei dieser Gründe loswerden!) „Durch diese Manipulation ist eine ordnungsgemäße Gegenrede nicht ermöglicht worden. Damit ist die Abstimmung nicht gültig! Ich beantrage daher, das Verfahren mit einer ordnungsgemäßen Gegenrede wiederaufzunehmen und erneut abzustimmen.“ Meist wird der Sitzungsleiter das zulassen. Unterlässt er es aber, so kann man damit rechnen, dass sich damit das Klima zuungunsten der Antragsteller, aber auch des Sitzungsleiters, verändert, denn niemand lässt sich gern verschaukeln. In diesem Fall können Sie noch Zweifel an dem festgestellten Abstimmungsergebnis anmelden und einen Antrag auf Wiederholung der Auszählung stellen. Möglicherweise hat sich bei der zweiten Auszählung die Mehrheit schon gewandelt. Wenn nicht, dürften weitere Versuche, die Situation in ihrem Sinne zu ändern, ohnehin nicht sehr aussichtsreich sein. Zumindest haben Sie dann aber erreicht, dass die nicht festgelegten Teilnehmer hellhörig geworden sind.
Behandlung von GO-Anträgen
Flussdiagramm: Geschäftsordnungsanträge
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5 Geschäftsordnungsanträge
Nachdem die Gegenrede ordnungsgemäß erfolgt ist, schließt sich sofort die Abstimmung an. Falls nichts anderes in der Satzung oder der GO geregelt ist, reicht zur Annahme die einfache Mehrheit der Stimmen. Nur selten verlangen Satzungen eine Zweidrittel- oder absolute Mehrheit. Zum Schluss gibt der Sitzungsleiter das Ergebnis der Abstimmung bekannt, damit jeder genau weiß, wie es weitergeht (z.B. „Der Antrag auf Vertagung ist abgelehnt, als nächster Redner hat Herr X das Wort.“).
5.2 Inhalt von Geschäftsordnungsanträgen Die im folgenden aufgeführten GO- und Verfahrensanträge sind die in der Praxis üblicherweise vorkommenden. Antrag auf... 1. Vertagung der Versammlung 2. Absetzen des Verhandlungsgegenstandes von der Tagesordnung 3. Übergang zur Tagesordnung 4. Nichtbefassung mit einem Antrag 5. Vertagung eines Verhandlungsgegenstandes 6. Verweisung an einen Ausschuss 7. Sitzungsunterbrechung 8. Schluss der Debatte bzw. Verzicht auf Aussprache oder Schluss der Rednerliste 9. Begrenzung der Redezeit 10. Verbindung der Beratung 11. Ausschluss der Öffentlichkeit 12. Vertraulichkeit der Beratung 13. Besondere Form der Abstimmung 14. Feststellung der Beschlussfähigkeit 15. (Wiederholung der) Auszählung der Stimmen 16. Worterteilung zur Abgabe einer persönlichen Erklärung 17. Erklärung außerhalb der Tagesordnung 18. Wiederaufnahme der Sachdiskussion Darüber hinaus sind noch Verfahrensanträge denkbar, und „Protest-Anträge“ zum Verhalten des Sitzungsleiters, wenn dieser einen persönlichen Angriff nicht von sich aus unverzüglich rügt (Ordnungsruf siehe Kap. 3.2), Formfehler begeht o.ä..
Inhalt von Geschäftsordnungsanträgen
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Die oben genannten Anträge lassen sich in drei Kategorien zusammenfassen: Jetzt keine Entscheidung: Nach oder während der Diskussion kommt der Antragsteller zu der Auffassung, dass die Sache nicht entscheidungsreif oder eine Entscheidung (jetzt) nicht wünschenswert ist. (Anträge 1 bis 7) Keine Diskussion (mehr) Der Antragsteller ist der Ansicht, dass schon lange genug (zu lange) diskutiert worden ist und möchte die Debatte abgekürzt oder beendet wissen. (Anträge 8 bis 10) Zum Verfahren Der Antragsteller wünscht, dass das Verfahren geändert oder in einer bestimmten Weise fortgeführt wird. (Anträge 11 bis 14 und Verfahrensanträge)
Kategorie „Jetzt keine Entscheidung“ Das sind wohl die gebräuchlichsten GO-Anträge. Manchmal wird in der Diskussion klar, dass eine Angelegenheit noch nicht entscheidungsreif ist: Wichtige Fakten liegen nicht vor, die Folgen eines Beschlusses sind nicht absehbar oder der Antrag bedarf einer erheblichen Überarbeitung. Dann kann es richtig sein, die Entscheidung auf die nächste Sitzung zu verschieben. Vertagungsanträge aller Art entsprechen der Neigung vieler Menschen zu Entscheidungsunlust, Bequemlichkeit und der Angst vor Verantwortung. Daher sehen manche Satzungen vor, dass ein TOP oder ein Teil davon nur einmal vertagt werden darf und auf der folgenden Sitzung an erster Stelle zu behandeln ist. Natürlich verstecken sich hinter harmlos begründeten Anträgen nicht selten massive Manipulationsversuche. So dienen die Anträge dieser Kategorie auch der Verschleppung und Verzögerung: Häufig genügt die Vertagung, um die ganze Angelegenheit aufgrund der dann geänderten Lage (Kostensteigerung, Aktualität, Überraschungseffekt) in ganz anderem Licht zu sehen, bis dahin sind vielleicht schon vollendete Tatsachen geschaffen worden oder die Sache hat sich von selbst erledigt. Mit Vertagungsanträgen lassen sich bestehende Blöcke eher aufreißen als mit Sachanträgen, bei denen sich die Mitglieder oft vorher festgelegt haben. Vertagungsanträge haben bei knappen Mehrheiten sehr oft auch einen anderen Hintergedanken: Die aktuelle Minderheit rechnet damit, dass auf der folgenden Sitzung wohl von der eigenen Fraktion mehr Teilnehmer anwesend sein werden. Man nimmt sich vor, dann gezielt dafür sorgen, dass möglichst jeder auf die Teilnahme verpflichtet wird. Ein Vertagungsantrag
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lässt sich fast immer einleuchtend und unverfänglich begründen: Das Problem sei viel zu vielschichtig und kompliziert, es fehlen Gutachten, Unterlagen, Stellungnahmen. Schon in der vorangegangenen Diskussion hätten verschiedene Redner auf diesen Umstand hingewiesen. Und bei der Wichtigkeit der Entscheidung (bzw. bei einer eigentlich doch nicht so wichtigen Entscheidung) dürfe man (solle man) diese Einwände doch nicht einfach in den Wind schlagen, sondern sich lieber noch etwas Zeit für eine fundiertere Vorbereitung nehmen. Zur Abwehr wird man in der Gegenrede den Manipulationsversuch aufzudecken versuchen, die Eilbedürftigkeit herausstellen oder aber die Frage der Zweckmäßigkeit der Verschiebung untersuchen. Evtl. kann man bei festgefahrener Diskussion „zur Klärung der Situation“ einen GO-Antrag auf Sitzungsunterbrechung ankündigen und die Teilnehmer auffordern, die Vertagung „zunächst abzulehnen, denn vertagen kann man dann ja immer noch“. Die einzelnen Arten der Verschiebung weisen gewichtige Unterschiede auf, wie die folgenden Erläuterungen zeigen. 1. Vertagung der Versammlung Die Sitzung insgesamt wird abgebrochen und zu einem (nicht) näher bezeichneten Zeitpunkt unter Einhaltung der satzungsgemäßen Vorschriften mit neuer Tagesordnung erneut einberufen. Eine Vertagung enthält implizit die Aufforderung an das zuständige Organ, fristgerecht zu einer Folgesitzung einzuladen. Verständigt sich die Versammlung aber selbst einstimmig auf einen neuen Termin, so muss zu der neuen Sitzung nur dann formell, d.h. unter Einhaltung der üblichen Frist und Verfahrensweise, eingeladen werden, wenn dies zeitlich zumutbar ist. Dieser Antrag empfiehlt sich nur, wenn die Sitzung ohnehin nur ein (oder nur noch dieses Thema) hatte. Häufig wird der Antrag aber von einer aktuell knappen Minderheit gestellt, die sich für die kommende Sitzung eine bessere Präsenz ihrer Gesinnungsgenossen verspricht. Dieser Antrag kann auch das einzige Mittel sein, einen für diese Sitzung gewählten und hemmungslos manipulierenden Sitzungsleiter abzulösen. In dem Fall wird man eine Vertagung der Sitzung auf den nächstmöglichen Termin beantragen, den Satzung oder GO zulassen (Einladungsfristen etc.). 2. Absetzen des Verhandlungsgegenstandes von der Tagesordnung Der Verhandlungsgegenstand wird von der TO gestrichen. Er wird im Gegensatz zur Vertagung in einer späteren Sitzung nicht automatisch, sondern nur aufgrund des üblichen Antragsverfahrens erneut auf die TO gesetzt.
Inhalt von Geschäftsordnungsanträgen
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Mit Hilfe dieses Antrages befreit man sich von Themen, mit denen man sich nicht befassen möchte – vor allem, wenn man den entsprechenden Einwand bei der Feststellung der Tagesordnung vergessen oder dort keine Mehrheit für die Nichtbefassung gefunden hat. 3. Übergang zur Tagesordnung Der laufende TOP wird ohne weiteres Handeln abgeschlossen. Der Punkt ist damit abschließend durch Nichtbehandlung auch inhaltlich geregelt. Sobald dieser Antrag angenommen wurde, wird umgehend der nächstfolgende TOP aufgerufen. Der abgesetzte Verhandlungsgegenstand wird nur aufgrund des üblichen Antragsverfahrens, also wie ein völlig neuer Antrag, erneut auf die TO gesetzt. Oft stellt sich erst im Verlauf der Diskussion heraus, dass man sich mit einer heiklen Angelegenheit am liebsten überhaupt nicht befassen und erst recht keine Beschlüsse fassen sollte, dass die Diskussion in eine unerwünschte Richtung läuft oder dass die Befassung mit dem Thema sich als überflüssig herausstellt. Mit diesem Antrag lässt man sich offen, in einer späteren Sitzung mit dem üblichen Verfahren (Anmeldung zur Tagesordnung, ...) auf die Angelegenheit zurückzukommen, hat sich aber fürs Erste das Thema elegant vom Halse geschafft. Analog zur früheren des Deutschen Bundestages hat dieser GO-Antrag Vorrang vor allen anderen. Allerdings ist er seit 1980 nicht mehr in den GO des Deutschen Bundestages enthalten, da es unbillig erschien, die inhaltliche Auseinandersetzung mit einem Thema durch einen Geschäftsordnungsantrag zu beenden. Dennoch ist er in manchen Gremien nach wie vor gebräuchlich. Der Antrag auf Übergang zur Tagesordnung darf zu einem TOP nur einmal gestellt werden. Es gibt auch die Regel, dass über Anträge des Vorstands nicht zur Tagesordnung übergegangen werden darf. 4. Nichtbefassung mit einem Antrag Über einen ordnungsgemäß eingebrachten Antrag wird nicht abgestimmt. Der Wortlaut des Antrages wird nicht ins Protokoll übernommen. Was für einen kompletten TOP (wie im o.g. Antrag 3) eher selten vorkommt, wird bei einzelnen Anträgen häufiger praktiziert: Gelegentlich stellt sich in der Diskussion heraus, dass eine Stellungnahme oder ein Bescheid zu einer beantragten Sache – ganz gleich ob zustimmend oder ablehnend – mehr schaden als nutzen würde. Der GO-Antrag auf Nichtbefassung verhindert die unerwünschte Abstimmung.
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5 Geschäftsordnungsanträge
Andererseits wird der Antrag gelegentlich auch benutzt, um unerwünschte Minderheitenanträge aus dem Protokoll herauszuhalten. In dem Fall bestehe man auf Aufnahme einer Protokollnotiz (Antrag 17 bzw. stelle den Verfahrensantrag, das Antragsthema in das Protokoll aufzunehmen). Im Gegensatz zu den GO-Anträgen 2 und 3 ist der TOP damit nicht unbedingt abgeschlossen; es werden nun etwaige andere Anträge zum vorliegenden TOP behandelt. 5. Vertagung des Verhandlungsgegenstandes Der Verhandlungsgegenstand (TOP oder Antrag) wird in der laufenden Sitzung nicht weiter beraten, sondern in der nächsten Sitzung erneut behandelt. Mit der Annahme des Antrags ist implizit die Verpflichtung für den für die Einladung Zuständigen entstanden, den vertagten Gegenstand auf den Tagesordnungsvorschlag der nächsten Sitzung zu setzen. Der meist gebrauchte Verzögerungs- und Verschleppungsantrag. Doch kann es für eine Vertagung durchaus sachliche Gründe geben. Man sollte also nicht immer gleich das Schlimmste annehmen! Doch ist Wachsamkeit geboten: Hinter sehr vielen Vertagungsanträgen steckt mehr Taktik als Inhalt, vor allem wenn es keinen Grund zur Annahme gibt, die Situation der Angelegenheit oder der Informationsstand werde beim nächsten Mal anders sein! 6. Verweisung an einen Ausschuss Der Verhandlungsgegenstand wird an einen (im Antrag näher bezeichneten) Ausschuss zur Vorberatung, Klärung oder Überarbeitung verwiesen und nach Abschluss der dortigen Beratung wieder auf die Tagesordnung gesetzt. Sehr häufig bedienen sich politische Organe des Vorteils der effektiveren Verhandlung im kleineren Kreis und der Vorberatung durch Experten (vgl. Seite 52ff). Dann werden viele Anträge gewohnheitsmäßig zunächst nur formal auf die TO gesetzt und ohne Diskussion an den zuständigen Ausschuss verwiesen. Andererseits ist dieser Antrag der für eine knappe Minderheit beste Weg, zumindest Teilerfolge zu erzielen: Abgesehen von den Zeitvorteilen (siehe oben) bietet die Arbeit in Ausschüssen die ideale Möglichkeit, einen Antrag unauffällig so zu verschleppen, abzuschwächen, auszuweiten oder einzuengen, dass er sein ursprüngliches Ziel verfehlt. Denn in den Ausschüssen ist der Proporz oft nicht exakt eingehalten und das Verhandlungsklima oft weit weniger hart und kompromisslos als in der entscheidenden Sitzung. Später ist dann der erzielte „Kompromiss“ nur schwer rückgängig zu machen, zumal die Ausschussmitglieder beider Seiten das Ergebnis zu verteidigen pflegen.
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Mehr noch als andere Vertagungsanträge zielt dieser Antrag auf die Bequemlichkeit und Entscheidungsunlust ab: Man zieht es gern vor, den Streit anderen zu überlassen. 7. Sitzungsunterbrechung Die Beratung des Verhandlungsgegenstands wird für einen – im Antrag festgelegten – Zeitraum unterbrochen. Die Rednerliste bleibt dabei in der Regel nach der Unterbrechung unverändert bestehen. Häufig wird – vor allem bei Unterbrechungen zur Schlichtung – nach der Pause zunächst den Sprechern der Fraktionen vorab zur Berichterstattung über das Verhandlungsergebnis das Wort außerhalb der Rednerliste erteilt. Sitzungsunterbrechungen dienen vor allem dazu, sich abzusprechen: Einerseits mit den eigenen Mitstreitern, um über die richtige Taktik übereinzukommen, Zusatzinformationen vertraulicher Art auszutauschen oder den innerfraktionellen Meinungsbildungsprozess neu aufzunehmen, andererseits um gemeinsam mit anderen Fraktionen nach Kompromissen zu suchen. So kommen z.B. bei Lohnverhandlungen die Tarifpartner in der Regel nicht ohne zahlreiche Sitzungsunterbrechungen aus: Vorschläge und Kompromissangebote der einen Seite muss die andere zunächst intern diskutieren, um sich die gemeinsame Stellungnahme unbeeinflusst und im vertraulichen Rahmen zu erarbeiten und je nach der Kompetenz der jeweiligen Delegierten muss ggf. zusätzlich im übergeordneten Organ eine Entscheidung herbeigeführt werden. Manchmal nehmen in derartigen Verhandlungen die eigentlichen Sitzungszeiten nur einen Bruchteil der benötigten Zeit in Anspruch. Es ist in vielen politischen Bereichen Anstandspflicht, dem Wunsch einer Fraktion auf Sitzungsunterbrechung nachzukommen. So sind Sitzungsunterbrechungen bei festgefahrener Diskussion oder sehr knappen bzw. eher zufallsbedingten Mehrheiten eine wertvolle Möglichkeit, relativ rasch und ohne Prestigeverlust aller Beteiligten zu einem fairen, ausgewogenen Kompromiss zu kommen oder eine mit Gegen-, Zusatz- und Änderungsanträgen vollkommen unübersichtlich gewordene Antragslage zu klären. Gelegentlich wird eine Unterbrechung nur beantragt, um die Zeit bis zur Ankunft der herbeitelefonierten Mitstreiter zu überbrücken oder aber in der Hoffnung, dass vor allem zu vorgerückter Stunde einige Mitglieder der anderen Fraktion die Pause zum Anlass nehmen werden, die Sitzung zu verlassen oder sich zu einem privaten Plausch in ein Nebenzimmer zu verziehen. Nach Wiedereröffnung der Sitzung kann eine rasche Abstimmung dann vielleicht neue Mehrheiten ergeben.
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Denkbar ist auch, eine Unterbrechung der Sitzung z.B. bis zum nächsten Tag zu beschließen, wenn dem niemand widerspricht. Das kann z.B. sinnvoll sein, wenn die laufende Sitzung offensichtlich nicht zeitgerecht zu Ende gebracht werden kann, aber alle Teilnehmer am Folgetag Zeit haben zu erscheinen. Dann wird die Sitzung genau an dem Punkt wieder aufgenommen, an dem sie unterbrochen wurde. Dauert die Unterbrechung mehrere Tage, können die dann getroffenen Beschlüsse anfechtbar sein, vor allem wenn anzunehmen ist, dass sich die Teilnehmer nicht mehr ausreichend an den Gang der Verhandlung der ersten Sitzung erinnern. Wenn der Teilnehmerkreis der Fortsetzungssitzung deutlich anders ist, liegt die Gefahr nahe, dass das Gebot der Gleichbehandlung aller Mitglieder dadurch verletzt wurde, dass ein Teil der Mitglieder möglicherweise nicht informiert oder zum Termin der neuen Sitzung nicht kurzfristig abkömmlich war. In solchen Fällen ist es besser, die Sitzung zu vertagen (Antrag 1), sie ordnungsgemäß zu schließen und dann zu einer neuen Sitzung korrekt einzuladen. Kategorie „Keine Diskussion (mehr)“ Die Anträge dieser Art sollen sinnlose Debatten abkürzen oder erschweren. Sie sind auch dann sinnvoll, wenn aufgrund der Stimmenverhältnisse klar ist, dass eine Diskussion keine Änderung mehr bewirken kann. Andererseits sind diese Anträge ein vielbenutztes Mittel, den Gegner mundtot zu machen und/oder in seiner Argumentation zu behindern. Das geschieht vor allem bei den Anträgen 8 und 9 dadurch, dass der Antragsteiler darauf achtet, dass die Redner vor der Abstimmung über den GO-Antrag in seinem Sinne sprechen, wobei man dafür sorgt, dass der beste Redner zum Schluss noch einmal die schlagenden Argumente vorträgt. Vor allem zu vorgerückter Stunde, wenn die Aufmerksamkeit nachlässt und der Wunsch nach baldigem Ende wächst, sind „Maulkorb-Anträge“ beliebt und entsprechend schwer abzuwehren. Unter Umständen kann dann ein Vertagungsantrag das kleinere Übel sein. Kündigen Sie ihn dann aber schon in der Gegenrede an! Ein allgemein anerkannter, aber oft vergessener Grundsatz ist, dass in Personaldebatten Anträge dieser Kategorie nicht zulässig sind, selbst wenn die Argumente sich wiederholen. Der Grund dafür liegt darin, dass man Personalentscheidungen wegen ihrer konkreten und unmittelbaren Folgen für eine Person eine besondere Qualität zubilligt. Hier sollen alle Argumente vorgebracht werden (können). Über den Sinn dieser Regelung mag man streiten. Immerhin ist sie zumindest in der Politik allgemein gebräuchlich und anerkannt. Hier zeigt sich das Geschick des Sitzungsleiters, die Debatte dennoch mit vorsichtigen oder später auch mas-
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siveren Hinweisen zu einem Ende zu führen, wenn keine neuen Argumente mehr kommen. 8a. Schluss der Debatte Die Diskussion über den Verhandlungsgegenstand wird abgeschlossen und anschließend sofort mit dem Abstimmungsverfahren begonnen. Bevor die Diskussion begonnen hat, verwendet man den GO-Antrag 8b. Verzicht auf Aussprache Hier wird nach Ankündigung des Antrags ohne Sachdiskussion sofort zum Abstimmungsverfahren übergegangen. Der GO-Antrag „Verzicht auf Aussprache“ wird also vor Eröffnung der Diskussion gestellt. Er ist dann ggf. angebracht, wenn die Fronten ohnehin klar sind. In der politischen Praxis ist ein solcher Antrag relativ selten und wird nur dann manipulativ eingesetzt, wenn die Mehrheitsfraktion aus gutem Grund die Diskussion scheut und fürchtet, vor der Öffentlichkeit ihre Glaubwürdigkeit zu verlieren. Die Minderheit wird das zwar in der Gegenrede anprangern, doch sich nicht erfolgreich wehren können. Andererseits setzt sich dadurch die Mehrheitsfraktion so offenkundig ins Unrecht, dass der neutrale Beobachter (falls vorhanden) alarmiert und wachsam wird. Ist man allerdings ohnehin „unter sich“ und sind die Fronten klar, ist der Antrag eine sehr effiziente Möglichkeit, zügig voranzukommen. Beim Antrag auf Schluss der Debatte ist es üblich, dass der Sitzungsleiter nach der Begründung des Antrags die Rednerliste verliest. So können die Teilnehmer besser entscheiden, ob sie doch noch weitere Redner hören wollen, indem sie den Antrag ablehnen. Ein neuer Antrag kann jederzeit wieder gestellt werden. Bei beiden Anträgen gibt es für die Abwehr eine Reihe von wirksamen Argumenten. Neben den naheliegenden Gründen (alle Seiten sollen zu Wort kommen, die Sache ist noch nicht ausdiskutiert, es fehlen noch wichtige Teilaspekte etc.) haben sich einige Behauptungen als recht wirksam herausgestellt: der Experte, der nur zu diesem Punkt eine lange Reise gemacht, Termine abgesagt oder seine Verlobung verschoben hat und nun nicht einmal zu Wort kommen soll oder eine (vertrauliche) Information, die der auf der Rednerliste stehende Abgeordnete X soeben aus dem Bundestag mitgebracht hat (zur Sache darf in der Gegenrede ja nicht gesprochen werden ...). Oder man zettelt einen kleinen Tumult an, indem man einem Gegner vorwirft, er sei ein ganz unverschämter Lügner und habe nun offenbar Angst vor der Entlarvung. Das geht natürlich nur, wenn halbwegs stichhaltige Beweise für diese Äußerung zu finden
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sind. Jedenfalls wird das wohl eine persönliche Erklärung nach sich ziehen und wütende Debatten, über die der Geschäftsordnungsantrag entweder vergessen wird oder nicht zur Ausführung kommt. Der Sitzungsleiter wird es dann schwer haben, den geordneten Verlauf zu sichern. Grundsätzlich soll man außerdem, wenn man merkt, dass der Gegner seinen Antrag nur stellt, um seinen Argumenten einen unlauteren Vorteil zu verschaffen, diese Tatsache in der Gegenrede getrost anprangern. Sprechen Sie in der Gegenrede aber nicht zum Inhalt: Denn wenn Sie selbst unkorrekt arbeiten, wird Ihre Entrüstung über den Manipulationsversuch der anderen Seite nicht recht ernstgenommen. Es ist ein häufig geübter Brauch und gehört zu den „Anstandsregeln“, dass der Antrag auf Schluss der Debatte nur von einem Teilnehmer gestellt werden kann, der selbst noch nicht zur Sache gesprochen hat. Ebenso wird ein souveräner Sitzungsleiter von sich aus darauf achten, dass Argumente zum Für und Wider wenigstens einmal behandelt worden sind und andernfalls den Antrag deutlich problematisieren. So schreibt die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages vor, dass ein Antrag auf Schluss der Aussprache frühestens zur Abstimmung gestellt werden darf, wenn jede Fraktion Gelegenheit hatte, zur Sache zu sprechen und von der jeweiligen Fraktionsauffassung abweichende Meinungen vorgetragen werden konnten.32 33 Als Sitzungsleiter oder Teilnehmer wird man jedoch auf die Einhaltung solcher Regeln kaum rechnen können, wenn – aufgrund einer festen Fraktionsbildung – die Mehrheitsverhältnisse ohnehin feststehen; man muss dann die Wirkung eines solchen Protestes abwägen – meist bringt er nur Frustration. 9. Schluss der Rednerliste Die Rednerliste wird in der Zusammensetzung zum Zeitpunkt der Antragstellung abgeschlossen. Nach dem Beitrag des letzten Redners der Liste wird die Debatte geschlossen. Dieser Antrag ist in vielen Geschäftsordnungen zu Recht nicht enthalten, denn er ist für alle Beteiligten problematisch. Ohnehin ist die Praxis bei diesem Verfahren uneinheitlich: Normalerweise bezieht der Antrag sich auf die Rednerliste zum Zeitpunkt der Anmeldung (also beim Heben beider Arme) oder der Antragstellung. Manchmal wird vor der Ab§ 71, Abs. 3 GO des Deutschen Bundestages (16) Dies ist ein wesentlicher Bestandteil des Minderheitenschutzes in der parlamentarischen Praxis. Der Schutz der Minderheit geht nicht dahin, die Minderheit vor Sachentscheidungen der Mehrheit zu bewahren (Art. 42 II GG), wohl aber dahin, der Minderheit zu ermöglichen, ihren Standpunkt in den Willensbildungsprozess des Parlaments einzubringen (BVerfG 14.1.86 2BvE 14/83, 4/84 NJW 1986, 907)
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stimmung aber noch einmal nach Wortmeldungen gefragt, die der Sitzungsleiter dann in einer mehr oder (vielleicht) weniger zufälligen Reihenfolge aufnimmt. Am günstigsten ist es, wenn Sie als Sitzungsleiter diesen Antrag als nicht zulässig zurückweisen können, weil er nicht in der GO steht. In diesem Fall verlesen Sie die Rednerliste und raten dem Antragsteller, zu gegebener Zeit den – ja jederzeit zulässigen – Antrag auf Schluss der Debatte zu stellen. Meist wird der sich damit zufrieden geben. Nur wenn die GO den Antrag ausdrücklich zulässt oder die Behandlung dieses Antrags im betreffenden Gremium Gewohnheitsrecht ist und der Antragsteller darauf besteht, müssen Sie ihn zulassen. Aber tun Sie das ruhig mit deutlichem Ausdruck des Unbehagens und erklären Sie die Probleme: Niemand kann voraussehen, wie die Debatte läuft. Es ist immerhin denkbar, dass die Diskussion durch die letzten Redner in einer Weise programmiert wird, dass eine Erwiderung unabdingbar wäre. Das wäre dann nach der geschäftsordnungsgemäßen Lage aber nicht mehr möglich. Besteht der Antragsteller auf seinen Antrag, erklären Sie die Wirkung und verlesen die Rednerliste bis zu genau dem Zeitpunkt, als der Antragsteller sich zur GO gemeldet hat (erfahrene Sitzungstaktiker haben ein Gespür dafür, wann solche Anträge kommen und melden sich dann rasch „vorsorglich“, um so das „letzte Wort“ vor der Abstimmung zu haben). Erklären Sie eindringlich, dass Sie keine weitere Wortmeldung mehr zulassen, denn der GO-Antrag steht schließlich! Das wird Ärger geben, vor allem von denen, die sich zwischendurch gemeldet haben. Vielleicht hilft dieser Ärger, den unerwünschten Antrag abgelehnt zu bekommen. Außerdem würde es ebenso viel Ärger geben, wenn Sie anders vorgehen ... 10. Begrenzung der Redezeit Die den folgenden Rednern im jeweiligen Tagesordnungspunkt für ihre Diskussionsbeiträge zur Verfügung stehende Zeit wird begrenzt. Das Bundesverfassungsgericht hat die Beschränkung der Redezeit der Abgeordneten des Deutschen Bundestages für zulässig erklärt, obwohl sie einen erheblichen Eingriff in die Redefreiheit des einzelnen Abgeordneten enthält. Danach könne „bei einer unbeschränkten Redezeit kein Parlament auf die Dauer arbeitsfähig bleiben, weil es sonst der Obstruktion jeder Minderheit und selbst einzelner Abgeordneter ausgeliefert wäre“34. Das gilt letztlich für jedes andere Gremium entsprechend. Neben der Begrenzung der Redezeit der einzelnen Diskussionsteilnehmer gibt es im parlamentarischen Bereich auch die Festsetzung einer Gesamtredezeit, nach 34
BVerfG 14.7.1959 2 BvE 2, 3/58 NJW 59, 1723
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der (unabhängig vom Stand der Debatte und der Rednerliste) die Aussprache geschlossen wird. In ähnlicher Richtung geht die Beschränkung der Redezeit oder auch Rednerzahl pro Fraktion. Dieser Antrag ist das rechte Mittel gegen Dauerredner und zur Abkürzung der Diskussion bei Zeitnot. Andererseits kann er dazu dienen, den Gegner am Aufbau einer überzeugenden Argumentation bzw. Gegenargumentation zu hindern oder den einen überragenden Diskussionsredner in der gegnerischen Fraktion mundtot zu machen. Zu kurze Redezeiten pflegen den Fluss der Diskussion zu stören und sie damit unübersichtlich zu machen. Das wird vor allem dann praktiziert, wenn eine große, sachlich wenig informierte Zuhörerschaft anwesend ist und die Argumentation der Mehrheit auf schwachen Füßen steht, man vor der Öffentlichkeit aber dem Gegner nicht zu rigoros den Mund verbieten will. Doch sollte sich die Mehrheitsfraktion von dieser Taktik nicht zu viel versprechen: Die böse Absicht ist vom Betroffenen leicht bewusst zu machen und wirkt dann gegen ihren Urheber. Der Sitzungsleiter hat die Einhaltung der Redezeit sorgfältig zu überwachen. Es hat sich bewährt, mit der Zeitkontrolle einen Helfer zu beauftragen, der nach Ablauf klingelt. Diese organisatorische Trennung von Zeitsignal und Intervention ist für den Redner leichter zu ertragen. Spricht er dennoch weiter, tritt der Sitzungsleiter in Aktion. Grundsätzlich ist der Sitzungsleiter im Rahmen seiner Ordnungsfunktion auch ohne Beschluss berechtigt, bei Rednern, die eine übliche, aber nicht formell festgelegte Redezeit weit überschreiten, eine Straffung und Kürzung der Rede anzuregen. Doch muss sich der Redner an eine solche Mahnung im Gegensatz zum regelrechten Beschluss nicht zwingend halten – es sei denn, der Sitzungsleiter hat den Vorschlag auf Begrenzung der Redezeit zu Beginn der Debatte als für alle bindend verkündet und Widerspruch ist nicht erfolgt. Überschreitet ein Redner die per Beschluss festgelegte Redezeit, so ist er zunächst zu ermahnen. Kommt er danach nicht zügig zum Schluss, so muss ihm der Sitzungsleiter per Ordnungsruf (s. Kap. 3.2) das Wort entziehen. Er darf es ihm in derselben Aussprache zum selben Gegenstand nicht wieder erteilen35.
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§ 41 GO des Deutschen Bundestages (16)
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Kategorie „Zum Verfahren“ Vor allem bei umfangreichen Tagesordnungen und komplexen oder heiklen Themen können aus der Versammlung wertvolle Anregungen kommen, den Ablauf besser zu gestalten. Erfahrene Sitzungsleiter greifen dies gern auf und übernehmen im Rahmen ihrer Ordnungsfunktion oder „per Akklamation“ den guten Vorschlag („Das erscheint mir vernünftig, ich sehe auch keinen Widerspruch, also werden wir jetzt wie vorgeschlagen verfahren.“) Nur wenn Widerspruch kommt oder der Sitzungsleiter den Vorschlag nicht für glücklich hält, wird er ihn abstimmen lassen. 11. Verbindung der Beratung: Der anstehende Verhandlungsgegenstand wird mit einem anderen auf der TO stehenden Punkt gemeinsam beraten und abgestimmt. Der damit ebenfalls abgeschlossene andere Tagesordnungspunkt wird folglich im späteren Verlauf der Sitzung nicht wieder aufgerufen. Die GO kann regeln, dass der Leiter das Recht hat, mehrere Verhandlungsgegenstände zusammenzufassen. Häufig sind mehrere Anträge voneinander abhängig und die Annahme des einen schließt die Behandlung eines anderen mit ein (z.B. der Kauf eines Kopierers auch den Wartungsvertrag). Sind aus irgendwelchen Gründen diese Anträge in der Tagesordnung getrennt und hat man die Abhängigkeit bei der Genehmigung der Tagesordnung nicht erkannt, wird man die beiden Punkte per Verfahrensantrag verbinden. Manipuliert wird mit diesem Antrag nur selten: Manchmal will man auf diese Weise wichtige Anträge vorziehen, weil man absehen kann, dass eine Reihe der eigenen Leute wegen anderweitiger Verpflichtungen die Sitzung bald wieder verlassen muss, so dass man die Mehrheit einbüßt. Wenn das gegenseitige Vertrauen der Fraktionen in die getroffenen Vorabsprachen gering ist, kann dieser Antrag geeignet sein, in einem Beschluss, der die Wünsche und Bedingungen beider Seiten enthält, die Einhaltung aller Absprachen („Paketlösung“) zu sichern. Der Antrag kann auch dazu dienen, eigentlich unproblematische, aber unerwünschte Anträge, gegen die nichts einzuwenden ist, mit heiklen und umstrittenen zu koppeln: So kann man dann gegen das „Gesamtthema“ vorgehen und auch einen an sich unproblematischen Antrag zu Fall bringen.
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12. Ausschluss der Öffentlichkeit Die Öffentlichkeit wird für die im Antrag bezeichnete Dauer (in der Regel nur für einen Tagesordnungspunkt) von der Teilnahme an der Sitzung ausgeschlossen. Das Protokoll über diesen Teil der Sitzung ist der Öffentlichkeit nicht zugänglich zu machen. Sofern eine ausführliche Debatte über diesen GO-Antrag erforderlich ist, so findet sie in nichtöffentlicher Sitzung statt. Die Wiederherstellung der Öffentlichkeit ist bekannt zu geben. Man wird einen solchen Antrag vor allem dann stellen, wenn man befürchtet, dass Gegner Einblick in interne Probleme erhalten oder dass die einzuschlagende Taktik nach außen dringt und so unwirksam wird. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit behandelte Punkte sind meist auch „vertrauliche“, d.h. die Teilnehmer sind gehalten, den Inhalt der Debatte und die Standpunkte der Redner nicht weiterzuerzählen. Die Beschlüsse dagegen sind häufig öffentlich (z.B. bei Einstellungen und dgl.). Insofern geht der Antrag auf Vertraulichkeit weiter (siehe Antrag 13). Sollte die Öffentlichkeit die Sitzung trotz Aufforderung nicht verlassen, siehe Kapitel 3.2. Statt mitten in einer Sitzung die Besucher hinauszukomplimentieren, ist es besser, zu heiklen Punkten eine Vorbesprechung zu veranstalten, zu der man nur die direkt Betroffenen lädt, oder einen vertraulichen Teil der Sitzung vor dem eigentlich vorgesehen öffentlichen Sitzungstermin anzusetzen bzw. nach dem öffentlichen Teil der Sitzung eine längere Pause zu machen, die den Übergang zum vertraulichen Teil verwischt: Die etwa vorhandene Öffentlichkeit kann so ohne Peinlichkeit den Sitzungssaal verlassen. Wenn die Sitzung lange gedauert hat, werden die (wenigen) Zuhörer ohnehin bereits gegangen sein oder über das Ende des öffentlichen Teils der Sitzung eher dankbar sein. Geht der öffentliche Teil nahtlos in den nichtöffentlichen über, weil ohnehin keine Gäste (mehr) anwesend sind, so sollte der Sitzungsleiter auf die Verschwiegenheitspflicht über die im nichtöffentlichen Teil behandelten Themen ausdrücklich hinweisen. 13. Vertraulichkeit Die in der Sitzung bzw. einem Tagesordnungspunkt verhandelten Gegenstände sind nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Die Teilnehmer sind verpflichtet, über alle Informationen, die sie im vertraulichen Teil der Sitzung erhalten haben, Stillschweigen gegenüber allen Personen und Stellen zu bewahren, die nicht ausdrücklich von der Vertraulichkeit ausgenommen sind.
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Sofern ein Protokoll über den vertraulichen Teil der Sitzung geführt wird, ist es nur den Mitgliedern zugänglich zu machen. In erster Linie dient der Antrag dazu, interne Angelegenheiten nicht an die Öffentlichkeit dringen zu lassen. Meist wird bei einer derartigen Sache jedem Teilnehmer ohnehin klar sein, dass er über das Thema nicht öffentlich reden darf. Doch hat ein ausdrücklicher Antrag auf Vertraulichkeit häufig einen nur allzu menschlichen Nebeneffekt: Er hebt die verhandelte Sache gegenüber anderen Punkten heraus, macht sie „geheimnisvoll“ und somit überaus interessant. Insofern kann man in manchen Gremien fast sicher sein, dass gerade ein vertrauliches Thema publik wird. Daher werden vertrauliche Diskussionen gern zum Ausstreuen von Gerüchten und vagen Verdächtigungen benutzt, gegen die sich der Betroffene nur schwer zur Wehr setzen kann, da er meist weder Quelle noch genauere Einzelheiten erfahren wird. Ein auf Fairness bedachter Sitzungsleiter wird solche Versuche zu verhindern versuchen. Gerade im politischen Bereich ist es ohnehin besser, Vertraulichkeit und Ausschluss der Öffentlichkeit nur in Ausnahmefällen zu beschließen: Denn Gruppen, die häufig demonstrieren, dass sie Geheimnisse haben und das Licht der Öffentlichkeit scheuen, machen sich unnötig suspekt. 14. Besondere Form der Abstimmung Der anstehende Antrag wird in einer besonderen Weise zur Abstimmung gestellt. Zur Problematik der Abstimmungsverfahren siehe Kapitel 7.2. Üblicherweise muss geheim abgestimmt werden, wenn mindestens ein Stimmberechtigter dies verlangt. Der Antrag kann jederzeit innerhalb eines Tagesordnungspunktes, also nicht nur zu Beginn des Abstimmungsvorgangs gestellt werden. Das Wissen, dass die Abstimmung geheim sein wird, kann in manchen Fällen die Diskussion erheblich beeinflussen: So werden sich Gegner des Antrags scheinbar der Fraktionsdisziplin beugen und in der Sachdebatte sogar für den Antrag sprechen, später aber dagegen stimmen, da ihre Haltung nicht kontrollierbar ist. Es ist daher zu empfehlen, den Antrag in einem gewöhnlichen Redebeitrag frühzeitig anzukündigen. Die GO kann auch Regelungen für namentliche Abstimmungen enthalten. Fehlt eine solche Regelung, so benötigt dieser Antrag die für GO-Anträge erforderliche Mehrheit. In der Regel hat der Antrag auf geheime Abstimmung vor allen Anträgen Vorrang. Der Antrag auf Teilung der zur Abstimmung stehenden Frage wird dann gestellt, wenn ein Antrag mehrere Entscheidungen zusammenfasst und ein Stimmberechtigter oder eine Gruppe differenziert über Teile des Antrags abstimmen
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möchte. Diesem Begehren ist zu folgen, eine Gegenrede zu diesem Antrag ist nicht zulässig. 15. Feststellung der Beschlussfähigkeit Die Sitzungsleitung hat durch geeignete Maßnahmen zu ermitteln, ob die in der GO oder Satzung festgelegte Mindestzahl von Stimmberechtigten anwesend ist, wenn mindestens ein Stimmberechtigter dies verlangt. Der Antrag kann jederzeit gestellt werden. Er hat Vorrang vor allen anderen GO-Anträgen. Eine Gegenrede oder eine Abstimmung über diesen Antrags ist nicht zulässig. Zur Problematik der Beschlussfähigkeit siehe Kapitel 4.2. Auch wenn der Antrag „jederzeit“ möglich ist, wird er erst wirksam, wenn der Antragsteller das Wort erhält: Eine Abstimmung wird also nicht dadurch beeinflusst, dass während der Auszählung ein Teilnehmer beide Arme hebt und „Feststellung der Beschlussfähigkeit“ ruft. Es ist jedoch zulässig, dass der Antragsteller nach dem Einbringen des Antrags (z.B. schriftlich beim Sitzungsleiter während eines laufenden Redebeitrages) den Sitzungssaal verlässt. Das wird vor allem dann geschehen, wenn die Versammlung durch seinen Weggang gerade beschlussunfähig wird. Ignoriert der Sitzungsleiter vorsätzlich den Antrag, sind alle danach gefassten Beschlüsse nichtig. 16. (Wiederholung der) Auszählung Wenn mindestens ein Teilnehmer dies verlangt, hat der Sitzungsleiter durch geeignete Maßnahmen das festgestellte Abstimmungsergebnis so zu überprüfen, dass eine angemessene Kontrolle durch die Teilnehmer gewährleistet ist. Der Antrag muss unmittelbar im Anschluss an eine Abstimmung gestellt werden. Er kann für jede Abstimmung nur einmal gestellt werden. Eine Gegenrede oder ein Abstimmen dieses Antrags ist nicht zulässig. Bei Sitzungen mit großem Teilnehmerkreis ist das Auszählen der Stimmen oft aufwändig (siehe Seite 143ff). Daher wird die Sitzungsleitung meist die Mehrheitsverhältnisse abschätzen und nur dann auszählen, wenn sie unklar oder knapp sind. Nun kann es selbst bei integeren Sitzungsleitern zu Fehleinschätzungen kommen. Deshalb ist ja auch zu empfehlen, dass er sich vor allem bei größeren Versammlungen von einigen Helfern unterstützen lässt. Wenn die Mehrheitsverhältnisse nicht völlig klar sind, wird der Antrag auf Auszählung am Platze sein. Manchmal möchte ein Teilnehmer aus irgendwelchen Gründen auch das zahlenmäßig genaue Ergebnis wissen (z.B. um die Fraktionsdisziplin zu überprüfen). Auch dann muss genau ausgezählt werden.
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Möglicherweise wird der Antrag auf Wiederholung der Auszählung sitzungstaktische Gründe haben: Man hofft darauf, dass man irgendwie einzelne Teilnehmer noch zu einem anderen Abstimmverhalten bringen kann. Dann ergibt die Wiederholung der Auszählung u.U. eine andere Mehrheit. Gültig ist auf jeden Fall die zweite (da genauere) Auszählung. Eine nochmalige Überprüfung ist nicht zulässig, d.h. dieses Ergebnis ist dann endgültig. Bei langwierigen Auszählungsvorgängen kann der Antrag auch dazu dienen, noch einige Stimmberechtigte herbeizurufen, damit diese sich noch an der Abstimmung beteiligen können. Das ist aber nicht zulässig. Die Sitzungsleitung sollte hiergegen Vorkehrungen treffen (Anweisung an die Ordner, in diesen Fällen für die Zeit der Auszählung niemanden mehr einzulassen). Stellt ein Teilnehmer derartige Vorgänge fest, muss er sofort protestieren, damit die Auszählung unterbrochen und die Sachlage geklärt werden kann. Das ist also etwas anders als bei der ersten Abstimmung, bei der alle Stimmen zählen, die bis zum Schließen des Auszählungsvorganges abgegeben werden. Einige Satzungen bzw. die GO sehen vor, dass ein Beschluss ungültig ist, wenn die Auszählung die Beschlussunfähigkeit ergeben hat. In diesem Fall wird die Minderheit bei der Wiederholung der Auszählung entweder versuchen, den Saal zu verlassen (was unzulässig, aber nur schwer zu verhindern ist) oder sich an der Abstimmung nicht beteiligen, also weder bei „Dafür“, „Dagegen“ noch bei „Enthaltungen“ die Stimme abgeben. Diesen Trick kann der Sitzungsleiter jedoch umgehen, indem er in das Protokoll aufnehmen lässt, „X anwesende Stimmberechtigte haben zwar an der Abstimmung, nicht aber an der Wiederholung der Auszählung teilgenommen; zum Zeitpunkt der Abstimmung war die Beschlussfähigkeit noch gegeben.“ Da die Beschlussfähigkeit sich meist an der Anzahl der anwesenden Stimmberechtigten bzw. vertretenen Stimmen orientiert, ist damit der Beschluss ordnungsgemäß zustande gekommen. Wenn vor der Wiederholung der Auszählung eine Reihe von Stimmberechtigten den Saal verlässt, wird der Sitzungsleiter ihre Zahl feststellen und einen entsprechenden Vermerk ins Protokoll aufnehmen lassen. Danach kann er aber nur noch die Beschlussunfähigkeit feststellen und die Sitzung schließen. 17. Persönliche Erklärung Zu einer persönlichen Erklärung oder Richtigstellung ist jederzeit das Wort zu erteilen. Die persönliche Erklärung ist nur innerhalb des TOP zulässig, in dem die richtigzustellende Tatsachenbehauptung erfolgte. Es findet keine Aussprache zum Inhalt der Erklärung statt. Eine Gegenrede zum Antrag ist nicht zulässig. Fühlt sich ein Teilnehmer falsch verstanden bzw. zitiert oder in seiner persönlichen Ehre verletzt, ohne dass der Sitzungsleiter dies von sich aus rügt bzw. berichtigt, so hat er die Möglichkeit der Richtigstellung bzw. des Protestes, u.U. auch während des laufenden Redebeitrags, in dem die diskriminierende Äußerung fällt.
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Der Sitzungsleiter sollte darauf achten, dass dieses Recht nicht überstrapaziert wird. Vor allem muss er vermeiden, dass sich zwei Teilnehmer gegenseitig abwechselnd mit persönlichen Erklärungen traktieren, die zur Sache nichts beitragen. Ins Protokoll wird eine solche Erklärung nur dann aufgenommen, wenn der Grund für den Protest ebenfalls protokolliert worden ist, die GO das vorsieht oder es von der Problematik her angebracht ist. Wenn die Aufnahme ins Protokoll durch die GO vorgeschrieben ist, werden persönliche Erklärungen („Protokollerklärungen“) häufig benutzt, die eigene politische Ansicht − manchmal in aller Breite − schriftlich zu fixieren. Hier ist es dem Geschick und dem Takt des Sitzungsleiters und des Protokollanten überlassen, Auswüchse zu verhindern. In diese Kategorie fällt auch das Stichwort Minderheitsvotum („Sondervotum“): Wenn die GO dies vorsieht, kann die unterlegene Gruppe ihre abweichende Meinung zu Protokoll geben. Das hat allerdings keine rechtliche Wirkung, sondern dient wohl eher einer Art historischer Rechtfertigung. Sieht die Satzung dieses Instrument nicht ausdrücklich vor, sollte der Sitzungsleiter mit dieser Begründung das Ansinnen schlicht zurückweisen. 18. Erklärung außerhalb der Tagesordnung Mit einer solchen Erklärung, die der Sitzungsleiter vor Eintritt in die Tagesordnung, nach Schluss, Unterbrechung oder Vertragung einer Aussprache zulassen kann, ist es möglich, Angelegenheiten zur Sprache zu bringen, für die Tagesordnung und Geschäftsordnung keine Möglichkeit bieten. Vor allem kann man hier Vorgänge in der Presse o. dgl. ansprechen und sie so dem Gremium zur Kenntnis geben. Es ist allerdings nicht zulässig, nach Abschluss der Aussprache auf diese Weise doch noch zum behandelten Thema oder zum Verfahren zu sprechen. Die GO des Dt. Bundestages begrenzt die Redezeit für eine solche Erklärung auf 5 Minuten. In der Alltagspraxis üblicher Gremien ist sie nicht gebräuchlich. 19. Wiederaufnahme der Sachdiskussion Die laufende Verfahrensdebatte wird abgebrochen und das inhaltliche Verfahren zum laufenden TOP an der Stelle wieder aufgenommen, an der es wegen der Verfahrensdebatte unterbrochen worden war, oder: Die Sachdiskussion wird nach ihrem Abschluss innerhalb des TOP neu aufgenommen, z.B. nach der Ablehnung sämtlicher vorliegender Anträge zum TOP.
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Gelingt es dem Sitzungsleiter nicht, eine unerfreuliche und fruchtlose GODebatte zu verhindern oder rasch zu beenden, dient dieser Antrag zur Beendigung dieses Zustandes. Alle vorliegenden GO-Anträge erledigen sich damit und werden nicht mehr behandelt. Einen denkbaren Missbrauch stellt er höchstens dann dar, wenn über das Verhalten des Sitzungsleiters debattiert wird und die rügende Partei ihre Bedenken mit mehreren Wortmeldungen und ggf. zahlreichen (falschen) Zitaten vorgetragen hat und die Widerlegung zu verhindern sucht bzw. die Partei des Sitzungsleiters dessen Fehler vertuschen will (siehe auch Antrag 8). Sonstige GO- bzw. Verfahrensanträge Es gibt noch eine Reihe von anderen möglichen GO-Anträgen, daneben werden auch Anträge zum Verfahren wie GO-Anträge behandelt. Die meisten dieser Anträge haben das Ziel, das Verfahren zu vereinfachen, zu beschleunigen oder transparenter zu machen. Sie bieten aber auch Möglichkeiten, der eigenen Sache ein wenig nachzuhelfen. So kann der einfache „Verfahrensantrag“, das Rauchen zu verbieten, das legitime Anliegen der Nichtraucher sein, ihre Gesundheit zu erhalten. Seine Annahme kann aber bei starken Rauchern vor allem in langen und schwierigen Verhandlungen Nervosität und Konzentrationsschwierigkeiten bzw. seine Ablehnung bei Nichtrauchern die gleichen und weitere 36 Symptome hervorrufen, die seine jeweiligen Erfolgschancen beeinflussen. Wenn ein Teilnehmer ein – auch nur vermeintliches – Versäumnis oder Fehlverhalten des Sitzungsleiters rügt, ist das einem Verfahrensantrag gleichgestellt, hat also Vorrang vor der Bearbeitung der Sache und wohl auch vor anderen GOAnträgen. Denn das muss der Sitzungsleiter umgehend klarstellen. Entweder der Teilnehmer rügt das angesprochene Vorgehen zu Recht, dann hat der Sitzungsleiter das in Ordnung zu bringen. Oder er ist im Unrecht, dann sollte der Sitzungsleiter – ggf. per Abstimmung – feststellen lassen, dass die Versammlung das ebenso sieht und er das Vertrauen der Mehrheit der Teilnehmer hat.37 Das hält Übrigens hat der Sitzungsleiter nach einheitlicher Rechtsprechung für die Dauer der Sitzung ein Rauchverbot zu erlassen, wenn dies auch nur ein Teilnehmer beantragt: Dem Recht des Rauchers auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit steht das Recht des Nichtrauchers auf körperliche Unversehrtheit höherrangig gegenüber. „Insbesondere kann aus Art. 2 Abs1 GG kein Recht hergeleitet werden, andere in ihrer Gesundheit zu beeinträchtigen“ (BVerwG 13.09.1984 2 C 33/82 NJW 1985, 876). 37 Versichert sich der Leiter … der Zustimmung der Hauptversammlung, so ist das lediglich eine unverbindliche, mit der Nichtigkeits- und Anfechtungsklage nicht angreifbare Meinungsbefragung. BGHZ 44, 245 NJW-RR 1966, 43 36
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erfahrungsgemäß andere Teilnehmer von weiteren Versuchen ab. Sollte es hierzu eine Debatte geben, gibt man hierfür die Leitung an einen Vertreter ab. In einigen Geschäftsordnungen gibt es weitere Anträge, die weder notwendig noch empfehlenswert zur Aufnahme in eine neue GO sind. Der Vollständigkeit halber werden hier einige aufgeführt, wobei allerdings davon ausgegangen werden muss, dass die Regeln im Gegensatz zu den zuvor aufgezählten Anträgen nicht überall gleich sind. Wiederholung der Abstimmung Ein Antrag wird erneut zur Abstimmung gestellt. Die vorangegangene Abstimmung ist damit ungültig. Eine Abstimmung kann nur infolge eines ihr anhaftenden Mangels bei unmittelbar folgendem Protest wiederholt werden. Als ein solcher Mangel ist allenfalls die Teilnahme nicht stimmberechtigter Personen an der Abstimmung oder ein offensichtlicher Irrtum der Abstimmenden über die Sache oder über die Auswirkung der Abstimmung anzusehen. Der Irrtum eines einzelnen Stimmberechtigten über den Gegenstand der Abstimmung („Hab mir’s anders überlegt“) rechtfertigt keine Wiederholung der Abstimmung. Meist wird der Antrag ähnlich gehandhabt wie der auf Wiederholung der Auszählung (Antrag 16). Aber dessen sinnvolle Restriktionen, die eine Manipulation des Ergebnisses erschweren, gelten für die „Wiederholung der Abstimmung“ nicht. Manchmal kann aber auch dieser Verfahrensantrag sinnvoll sein, z.B. kann beantragt werden, über einen (abgelehnten) Änderungsantrag vor der Abstimmung über den Hauptantrag noch einmal abzustimmen, weil in der dann folgenden Debatte noch neue Argumente aufgetaucht sind. Oder nach erfolgter Abstimmung wurde (eigentlich unzulässig) die Debatte noch einmal aufgenommen und neue, wichtige Argumente sind aufgetaucht. So ist eine häufige Verwendung dieses GO-Antrages meist ein Zeichen für ungenügende Sitzungsvorbereitung und -leitung bzw. für die Missachtung der parlamentarischen Spielregeln. Bei einer korrekten Sitzungsführung ist er überflüssig. Rechtlich ist das Verfahren in vielerlei Hinsicht problematisch, da es fast immer die formal korrekte Verfahrensweise verletzt. Rückkommensantrag Während der Abwicklung der Tagesordnung wird auf einen bereits abgeschlossenen Verhandlungsgegenstand zurückgekommen. Dort gefasste Beschlüsse sollen aufgehoben, abgeändert oder ersetzt werden. Falls vorhanden schreibt die GO für diesen Antrag eine qualifizierte Mehrheit oder ein Widerspruchsrecht
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einer Minderheit vor. Ist ein solcher Antrag in der GO nicht enthalten, darf er nur zugelassen werden, wenn noch alle Teilnehmer der ersten Abstimmung anwesend sind und keiner der Wiederaufnahme der Angelegenheit widerspricht. Hier gilt ähnliches wie das zum vorigen Antrag Ausgeführte: Nur bei schlechter Planung und Sitzungsführung ist ein solcher Antrag notwendig. Dringlichkeitsantrag Während der Abwicklung der Tagesordnung wird die sofortige Behandlung eines neuen TOP beschlossen. Die GO sieht hierfür fast immer eine qualifizierte Mehrheit oder Einstimmigkeit vor. Ähnlich ist der Initiativantrag Während der Abwicklung der Tagesordnung wird ein nicht zum Thema des laufenden TOP gehörender Antrag behandelt und nicht gesondert in die Tagesordnung eingefügt. Solche Anträge sind nur zulässig, wenn sie ausdrücklich in der Satzung vorgesehen sind. Aber selbst dann sind sie problematisch und der Anfechtung zugänglich, weil sie gegen den Grundsatz verstoßen, dass jedes Mitglied die Gelegenheit haben muss, die Gegenstände einer Sitzung rechtzeitig zur Kenntnis zu nehmen und sich angemessen darauf vorbereiten zu können (vgl. Seite 53). Die Erfolgswahrscheinlichkeit einer Anfechtung von Beschlüssen, die mit knappen Mehrheiten aufgrund von Dringlichkeitsanträgen gefasst wurden, ist hoch. Noch viel mehr als bei der Genehmigung der Tagesordnung am Anfang der Sitzung sprechen gewichtige Gründe gegen solche im Verlauf der Sitzung angenommenen Anträge. Ein Sitzungsleiter, der sich auf ein solches Verfahren einlässt, darf sich nicht wundern, wenn die Sitzung einen chaotischen Verlauf nimmt. Jedem Sitzungsleiter und vor allem dem Protokollanten kann nur empfohlen werden, sein Amt sofort niederzulegen, wenn solche Anträge angenommen werden. Denn im Extremfall muss er damit rechnen, bei erfolgreicher Anfechtung eines so rechtswidrig zustande gekommenen Beschlusses für die Folgen in Haftung genommen zu werden. Es sei denn, er sucht selbst die Gelegenheit zu manipulieren: Dazu ist ein solcher Sitzungsablauf ideal.
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Den zeitlich größten Anteil bei Sitzungen nimmt meist die Diskussion ein. In der Demokratie werden in Diskussionen Meinungen gebildet und gefestigt sowie die Verantwortlichen und die Ausführung von Beschlüssen kontrolliert. So ist es gewiss nicht übertrieben, wenn man die Freiheit der Diskussion zu den wichtigsten Merkmalen und zu den schützenswertesten Grundrechten einer Demokratie zählt. Doch es hängt von vielen Faktoren ab, wie gründlich und mit welchem Erfolg die Diskussion geführt wird: Ob sie ein geregeltes Auseinandersetzen von Meinungen und Argumenten, Kritik und Rechtfertigung, Für und Wider ermöglicht oder ob sie zum Palaver degeneriert, zur Bühne für Profilierungssucht und Geltungsdrang missbraucht oder als Schaukampf der Fraktionsblöcke inszeniert wird. Entscheidende Einflüsse sind ihre Form, die Disziplin der Teilnehmer und das Können und die Persönlichkeit des Diskussionsleiters. Seine Aufgabe ist schwierig und ihre Beherrschung weit mehr als alles hier behandelte Formale abhängig von den persönlichen Erfahrungen und einer gewissen Begabung. In diesem Buch finden Sie daher zum Thema Gesprächsführung nur einige wesentliche Grundlagen, dafür recht ausführlich alle nötigen Hinweise zur Leitung von Vortragsveranstaltungen mit Diskussion. Eine gründliche und vor allem für die Lenkung eines fairen Meinungsbildungsprozesses nützliche Darstellung der Thematik findet sich in (5). Beispiele für Literatur, die dem Interessierten die Möglichkeit gibt, tiefer in das Thema einzudringen enthält das Literaturverzeichnis (4) (7) (8) und die dort angegebene Internet-Seite.
6.1 Diskussionsformen Wird in Gruppen oder Gremien diskutiert, kann das sehr unterschiedliche Anlässe und Ziele haben. Danach richtet sich dann auch die Form der Veranstaltung, ihre Organisation und ihre Leitung.
H. Meier, Zur Geschäftsordnung, DOI 10.1007/978-3-531-93019-0_6, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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1 Referat mit Aussprache Nach der Eröffnung der Versammlung hält ein Sachverständiger ein Referat, über das anschließend eine Aussprache durchgeführt wird. In Ortsverbänden von Parteien ist diese Form der Diskussion sehr häufig anzutreffen, da einerseits der Bildungsauftrag der Parteien in dieser Weise erfüllt wird, andererseits die Tagesordnung einer Routinesitzung oft nicht genügend Punkte aufweist, um einen ganzen Abend bestreiten zu können. Der Referent sollte nicht die Sitzungsleitung übernehmen. Wortmeldungen zur Aussprache – soweit es sich nicht um kurze Verständnisfragen handelt, die sofort beantwortet werden können, sind erst nach Abschluss des Referats zugelassen. Üblicherweise werden nach dem Referat (und ggf. einer kurzen Pause) zunächst Fragen zum Inhalt gestellt (Verständnisfragen, Bitten um genauere Erläuterung von Einzelpunkten etc.), erst dann wird eine Diskussion über den Inhalt zugelassen. Manche Referenten pflegen auch kurze Fragen mit ausführlichen Zweitreferaten zu beantworten – vor allem, wenn sie sich unsicher fühlen und die Zeit überbrücken wollen. Der Sitzungsleiter sollte dann den Redner dezent bitten, sich kürzer zu fassen. In solchen Fällen kann man versuchen, nach Klärung reiner „Sachfragen“ die Diskussion verstärkt in den Teilnehmerkreis zu geben, indem man den Referenten nicht nach jeder Frage zu einer Antwort auffordert. Zu vermeiden sind Frage-Antwort-Spiele, vor allem wenn sie zwischen einem einzelnen Teilnehmer und dem Referenten ablaufen. Ähnlich unangenehm ist es, wenn ein Diskussionsredner seine „Frage“ zu einem Korreferat ausbaut. Solche Dauerredner darf – und muss man auch – mitten im Beitrag unterbrechen und zur Kürze mahnen. Ein Hinweis auf die weiteren zahlreichen Wortmeldungen wird ein solches Vorgehen untermauern. Nach einer gewissen Diskussionszeit, die zur Klärung offen gebliebener Fragen und Ergänzung des im Referat dargebotenen Stoffes dient, sollte sich eine echte Diskussion unter den Zuhörern bilden, in die der Referent dann nur noch gelegentlich eingeschaltet wird. Denn eine kritische Reflexion des Stoffes innerhalb der Gruppe bringt eine ganz erhebliche Steigerung von Lernerfolg und Gruppenzusammenhalt, was ja letztlich der Sinn der Zusammenkunft ist. Wie der Sitzungsleiter hier unterstützend tätig sein kann, wird im Kapitel 6.3 ausführlicher geschildert. Referate gehören zu den störungsanfälligsten Diskussionsbeiträgen: Nur zu leicht können spitze Bemerkungen und Zwischenrufe, aber auch auffälliges Verhalten einzelner Teil-
Diskussionsformen
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nehmer die Aufmerksamkeit der Zuhörer ablenken. Auch der Referent kann so in seiner durch Lampenfieber ohnehin schon reduzierten Konzentrationsfähigkeit gestört werden. Es gibt aber auch für den Referenten „positive Störungen“. So werden seine Sympathisanten sich schon von vornherein günstig platzieren – vor allem wenn der Redner noch ungeübt ist. Sie werden ihm bestätigend zunicken, Aufmerksamkeit demonstrieren und die Wirkung seiner Worte mit kleinen Zwischenbemerkungen steigern. Gerät der Redner ins Stocken, kann eine schnelle Zwischenfrage ihm elegant helfen, wieder Boden unter die Füße zu bekommen. 2 Debatte oder „Parlamentarische Debatte“ Zum Verhandlungsgegenstand wird von einzelnen Rednern in meist längeren Reden vom Pult aus gesprochen. Die Argumente werden gesammelt und gegliedert vorgetragen. Der Redner kann nicht gleichzeitig Sitzungsleiter sein. Zwischenfragen sind gestattet, sofern der Redner sie zulässt. Er kann ohne Begründung einzelne Meldungen und Zwischenfragen überhaupt ablehnen. Häufig ist die Redezeit pro Wortbeitrag oder Fraktion begrenzt (s. auch Seite 107f). Für die Behandlung der einzelnen Redebeiträge gilt weitgehend das gleiche wie bei einem Referat. Recht beliebt – und das „Salz in der Suppe“ – sind die Zwischenfragen, mit denen man selbst bei routinierten Debattenrednern immerhin den Redefluss stören und Unruhe in die Versammlung bringen kann. Andererseits kann ein wirklich schlagfertiger Redner mit einer geistreichen und treffenden Antwort erhebliche Sympathien auf sich ziehen. Und eine mit Zwischenfragen und gekonnten spontanen Antworten gewürzte Debattenrede ist viel spannender und damit wirkungsvoller als ein monoton abgelesener Vortrag. Dennoch: Wer eine sorgsam ausgearbeitete Rede vorträgt, sollte schon beim ersten Wunsch nach einer Zwischenfrage darauf hinweisen, dass er grundsätzlich keine Fragen zulassen will und sich auch daran halten, wenn Zwischenrufe zu provozieren suchen. Auch die manchmal geübte Praxis, nach Schluss einer Debattenrede noch Fragen zuzulassen, kann bei einer rhetorisch auf das Ende hin aufgebauten Rede die Wirkung stark beeinträchtigen. In diesem Fall wird man schon beim Entwurf der Rede eine solche Möglichkeit vorsehen, damit die Wirkung der letzten Sätze bestehen bleiben kann. Viele Redner scheuen sich, Zwischenfragen abzulehnen, weil sie glauben, dies mache einen schlechten Eindruck. Doch wird die Wirkung einer rhetorisch sorgfältig vorbereiteten Rede durch zu häufige Zwischenfragen so sehr gestört, dass auch exzellente und für ihre Schlagfertigkeit bekannte Politiker Zwischenfragen in solchen Fällen von vornherein ablehnen.
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3 Diskussion Zum Verhandlungsgegenstand wird von den einzelnen Rednern nach Worterteilung vom Sitzplatz aus gesprochen. Die jeweilige Redezeit bleibt meist unter zwei Minuten. Will sich der Sitzungsleiter selbst zu Wort melden, gibt er die Sitzungsleitung vorübergehend ab. Zwischenfragen sind nicht zugelassen – der Fragende kann sich wie jeder andere zu Wort melden. Ausgenommen sind offensichtliche Verständnisfragen. 4 Podiumsdiskussion Vor einem Zuhörerkreis diskutiert ein kleiner Kreis (meist von Sachverständigen oder Prominenten) über ein allgemein bekanntes Thema. Manchmal ist nach einer gewissen Zeit eine Einflussnahme oder Teilnahme des Auditoriums möglich. Zwischenfragen und Verständnisfragen sind jederzeit erlaubt. Die Diskussion selbst bleibt aber in der Podiumsrunde. Anwendung in erster Linie bei interdisziplinären Problemen und aktuellen Tagesfragen, um die Stellungnahmen der verschiedenen Interessengruppen darzustellen, über ein Thema zu informieren oder im Wahlkampf zur Abgrenzung zwischen rivalisierenden Parteien. 5 Gruppeninterview oder Talkshow Vor einem nicht aktiv teilnehmenden Auditorium (z.B. Fernsehzuschauer) werden mehrere Personen interviewt – meist über festgelegte Themenkomplexe. Die Teilnehmer diskutieren untereinander. Sonderform der Podiumsdiskussion. 6 Streitgespräch Nach einer Einleitung durch einen Sitzungsleiter diskutieren eingeladene Gäste vor einem (nicht teilnahmeberechtigten) Auditorium (Fernsehzuschauer) relativ frei untereinander. Der Leiter fungiert als Moderator, er gibt Anstöße, reißt Themenkomplexe an und hakt im Interesse der Zuhörer bei Unklarheiten nach. Ziel: Darstellung der Unterschiede in den Positionen, Abgrenzung vom Gegner. Beispiel: Wahlkampfsendungen. Der verbreitetste Fehler bei diesen Diskussionen am runden Tisch ist eine zu große Anzahl von Argumenten, die in einem Wortbeitrag untergebracht werden. Wer schon am Anfang alle Argumente bringt, gibt dem Gegner die Gelegenheit, sich die schwächeren Argumente herauszusuchen und zu widerlegen. Die ganze Diskussion dreht sich dann um die schwachen Argumente und es entsteht bei den uninformierten, eher neutralen Zuhörern der Eindruck, dass wohl auch die anderen Argumente nicht überzeugend sein
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werden: Der gesamte (lange) Redebeitrag und die darin vertretene Position bleibt als widerlegt im Gedächtnis des Zuhörers. Zudem kann der Gegner seine eigenen guten Argumente zunächst einmal zurückhalten und dann später mit noch nicht angesprochenen Aspekten massiv in die Offensive gehen. Man kann dann zwar noch versuchen, diese Argumente zu zerpflücken und ihre Wirkung zu schmälern, das eigene Pulver aber ist verschossen und der Gesamteindruck zugunsten des Gegners verschoben. Die größte rhetorische Kraft liegt außerdem immer in der Bejahung: Wer gezwungen ist, den Hagel der gegnerischen Argumente abzuwehren und selbst über keine eigenen neuen, „unverbrauchten“ Argumente mehr verfügt, wird es schwer haben, Neutrale auf die eigene Seite zu ziehen. 7 Hearing Mehrere Fachleute nehmen (meist in Form von Referaten) zu einem festgelegten Problem Stellung. Vor allem gebräuchlich im Anhörungsverfahren bei der Gesetzgebung und zur Information der Bevölkerung durch Bürgerinitiativen und Verbände. Eine öffentliche Fragestunde bzw. Diskussion kann sich anschließen, häufig auch eine Podiumsdiskussion (s. Ziff. 4). 8 Konferenz Mehrere Fachleute kommen zusammen und besprechen gemeinsame Probleme. Konferenzen dienen der Information, der Entscheidungsvorbereitung und gemeinsamen Entscheidung oder der Interpretation von Entscheidungen. Formal laufen auch Konferenzen nach den in diesem Buch beschriebenen Regeln ab: Auch hier gibt es Eröffnung, Tagesordnung und Diskussionen nach Rednerliste. Der Konferenzleiter muss immer wieder versuchen, die Diskussion zu gliedern und zusammenzufassen. Dank seiner Stellung, oft auch hierarchiebedingt, hat er die Möglichkeit, einzelne Teilnehmer direkt anzusprechen und Themenbereiche zurückzustellen oder anzuregen, ohne dass – wie z.B. in einer politischen Diskussion – der Teilnehmerkreis oder der einzelne sich dadurch gegängelt oder provoziert fühlen wird. Die speziellen Aspekte der Vorbereitung, Durchführung und Leitung von Konferenzen zu behandeln, würde Anliegen und Rahmen dieses Buches sprengen – vieles aber ist sicherlich ähnlich, im Übrigen sei auf die einschlägige Literatur verwiesen. (4)(5)(6)
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9 Tagung oder Symposium Über wissenschaftliche Fragen wird vor einem großen Zuhörerkreis in mehreren Vorträgen informiert. Es sind nur Zwischenfragen zulässig. Daran kann sich eine Podiumsdiskussion anschließen oder nach Aufteilung in kleinere Gruppen eine moderierte Diskussion mit anschließendem Plenum.
6.2 Technik und Taktik der Diskussionen Es genügt nicht, eine eigene Meinung zu haben. Man muss sie artikulieren, begründen und – insbesondere in eher fachlichen Diskussionen – plausibel machen können. Denn in der Regel will man die eigene Meinung nicht nur wertfrei darstellen, sondern man will erreichen, dass der Diskussionspartner oder – viel häufiger – die Mehrheit der Zuhörer bereit ist, einer Idee, einem Ziel zu folgen und dem hierfür erforderlichen Antrag zuzustimmen. Die bloße eigene Meinung, selbst die besten subjektiven Gründe können niemanden überzeugen. Nur objektive (besser gesagt: für den anderen subjektiv plausibel erscheinende Gründe und Anreize) können umstimmen. Das bedingt eine aktive, auf den Partner gerichtete, zielbewusste Kommunikation. Das unterscheidet die in diesem Buch in erster Linie betrachteten Gremiensitzungen von z.B. Problemlösungs-Konferenzen, in dem es um das gemeinsame Finden einer optimierten Vorgehensweise geht. Der Vorrat an möglichen Argumenten ist begrenzt, ihre Überzeugungskraft unterschiedlich, manche bauen aufeinander auf. So sind neben ihrer Auswahl eine Gliederung, die Festlegung der zeitlichen Abfolge und ein Haushalten mit der zur Verfügung stehenden Menge der Argumente erforderlich. Nicht nur das „Was“ und „Wann“, sondern auch das „Wie“ ist wichtig: Eine Statistik wird man beispielsweise ganz anders vortragen als den Appell an das Gute im Menschen. Man wird sich auf den Stand der Diskussion, auf das „Klima“ der Verhandlung und insbesondere auf die Menschen einstellen, die man überzeugen möchte. Argumentiert man aus einer Gruppe heraus, ist es auch wichtig, wer welches Argument vorträgt: So wird das Publikum wissenschaftliche Argumente einem promovierten Physiker eher abkaufen als der jungen Germanistik-Studentin aus dem Nachbarhaus. Daneben aber sind auch eine Reihe anderer Dinge wichtig, die ihren Ursprung im emotionalen Verhältnis zum Diskussionspartner haben: Ihr Gegenüber muss
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fühlen, dass man ihn nicht wie eine Maschine mit Informationen füttern will, sondern dass ihm ein Mitmensch mit emotionalem Engagement etwas mitteilen möchte. Je nachdem, wie sich das Auditorium zusammensetzt, werden Sie Ihre Argumente vortragen: In einer Vorstandssitzung werden Sie anders sprechen als in einer Elternversammlung und in einer Kreistagssitzung anders als im Sportverein. Ihr Partner möchte sich ernstgenommen sehen, möchte Ihre Aufmerksamkeit für seine Situation, seine Meinung und seine Bedürfnisse spüren und ihre Bereitschaft, mit ihm zu „kommunizieren“. Fehlt es Ihnen am Interesse für Ihr Gegenüber, so werden Sie es als Diskussionsteilnehmer kaum allzu weit bringen – es sei denn, Sie sind ein großartiger Schauspieler. Hüten Sie sich – vor allem im emotionalen Bereich – vor Tricks und Verstellung: kaum etwas wird ihnen so sehr übelgenommen, wie Manipulation in zwischenmenschlichen Beziehungen. Viele Menschen werden Ihnen einen solchen Vertrauensbruch ihr Leben lang ankreiden. Diskutieren lernt man nur in der Praxis. Seminare und Bücher 38 bieten vor allem den Einstieg oder unterstützen den praktischen Teil des Lernens. Dem Anfänger sei empfohlen (vor allem in Wahlkampfzeiten), die einschlägigen Diskussionssendungen im Fernsehen zu beobachten und zu versuchen, „an den Inhalten vorbei“ auf die Sprache, die Haltung und den Ausdruck der Diskutanten zu achten. Der zweite Schritt sollte sein, vor eigenen Diskussionen die Argumentation rechtzeitig zu planen, sich also schon vor der Debatte einen „Schlachtplan“ zurechtzulegen. Wie schon erwähnt wurde, soll die Diskussion nur selten den unmittelbaren Kontrahenten überzeugen: Meist wird man die Unentschlossenen oder möglicherweise Wankelmütigen beeinflussen wollen, die noch zur Mehrheit fehlen oder die Entscheidung zu treffen haben. Wenn sich Parteivorsitzende zur Bundestagswahl in einer Fernsehdiskussion streiten, wollen sie nicht den Kontrahenten überzeugen, sondern zielen auf den zuhörenden „Wechselwähler“. In den meisten Versammlungen ist das genauso: Adressat der Argumente ist nicht der Debattengegner, sondern die noch Unentschlossenen.
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Näheres auf der Internet-Seite im Literaturverzeichnis
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6.3 Die Diskussionsleitung Neben den eher formalen Pflichten des Sitzungsleiters (siehe Kap. 3) gehört zu seinen Aufgaben auch die Leitung von Diskussionen. Denn ob es nun um die Debatte zu einem TOP geht oder die Aussprache über ein Referat – eine geschickte Lenkung und Leitung vermeidet Leerlauf und trägt ganz erheblich zum Gelingen bei. Es gibt zwar etliche Bücher über das Diskutieren und die Gesprächsführung (5), doch lässt sich das Leiten von Sitzungen nur in der Praxis erlernen: Durch Beobachten und durch Üben. Hinzu kommen neben einer gewissen Grundbegabung, Menschen zu führen, ein wacher, analytischer Verstand, eine gute Beobachtungsgabe und vor allem der Wille zur Fairness. Denn die Hauptregel in allen Diskussionen ist: Der Gesprächsleiter ist neutral! Natürlich verlangt das keine totale Selbstverleugnung: Auch ohne es zu wollen, werden Sie in Zusammenfassungen die Argumentation, der Sie zuneigen, geschlossener und besser gegliedert vortragen können als eine andere, die Ihnen eher fremd ist. Doch hat auch das Durchdenken und Gliedern fremder Ansichten häufig Nebenwirkungen: Entweder – und das ist gut so – Sie lernen „die Anderen“ besser verstehen und finden vielleicht „den“ Kompromiss oder Sie entdecken beim „Nach-Denken“ den entscheidenden Widerspruch und Fehler und können von daher den Entscheidungsprozeß abkürzen. Wie verhält man sich als Teilnehmer, wenn der Diskussionsleiter manipuliert? Zunächst wird man sich fest vornehmen, ihn nie wieder in dieses Amt zu wählen. Dann wird man seine Manipulationsversuche – besonders die durchsichtigeren – genüsslich der Versammlung schildern: Vor allem die Unschlüssigen werden schon den Versuch übel nehmen. Selbst wenn der Leiter und die ihm nahestehende Fraktion das alles als dummes Zeug abtun, ist die Sensibilität und Wachsamkeit der Versammlung erhöht und mithin jede Manipulation erschwert. Übertreiben Sie aber die Angriffe nicht, denn der Leiter besitzt stets einen gewissen Vertrauens- und Autoritätsvorsprung: Er kann Sie als notorischen Querulanten hinstellen und damit Ihre Sachargumentation stören. Deshalb ist es günstiger, wenn die Angriffe von mehreren Rednern – scheinbar unabhängig voneinander – vorgetragen werden: Dies erschwert solche Versuche und ist noch wirkungsvoller. Der ideale Diskussionsleiter überzeugt durch unparteiische, sachliche Gesprächsführung und fasst gelegentlich den Gang der Diskussion übersichtlich zusammen.
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Teilnehmertypen Führen heißt zuhören, erkennen und handeln. Vor allem in der Leitung von Diskussionen gilt es, die Eigenart der Teilnehmer zu erkennen und auf jeden individuell einzugehen. Das ist das eigentliche Geheimnis einer als gelungen empfundenen Diskussion und die eigentliche Kunst des Moderators in „offenen“ Diskussionsformen. Einige „Typen“ und wie man mit ihnen umgeht, sind im Folgenden beschrieben. Für das genauere Studium der „Typologie“ und einen konstruktiven Umgang sei auf (5) verwiesen. Streitlustige und allzu Temperamentvolle muss man bei allzu radikalen Thesen dämpfen. Hauptziel des Diskussionsleiters ist bei solchen Teilnehmern, dass die Emotionen nicht überhand nehmen und das Klima beeinflussen. So kann man etwaige zu provokant vorgetragene Äußerungen gemäßigt wiederholen und auf diese Weise als inhaltlich wertvollen Beitrag bewusst machen. Das leitet man z.B. durch einen relativierenden Satz („Das klang vielleicht etwas provokant, aber lassen Sie uns lieber den sachlichen Kern betrachten“) ein. Oder man fragt gezielt nach einer Stellungnahme zum „inhaltlichen Kern“ des Beitrags („die Form lassen wir jetzt mal unkommentiert“). Schüchternen und unsicheren Teilnehmern versucht man durch direkte Fragen und ermunternde Gesten die Scheu zu nehmen und durch vorsichtig positive Wertungen ihr Selbstbewusstsein zu heben. Vielleicht wird man bei einer etwas unglücklich formulierten Aussage mit entsprechendem Taktgefühl den Inhalt im Sinne einer Bekräftigung, aber etwas verständlicher wiederholen. Redselige und solche, die zu wirklich jedem Thema ihre Meinung absondern, muss man frühzeitig bremsen – vielleicht mit der deutlichen Bitte, „auch andere Teilnehmer zu Wort kommen zu lassen“. Ein probates Mittel, solche Leute wenigstens teilweise „außer Gefecht zu setzen“ ist es, sie mit irgendwelchen Aufgaben (Protokollführung, Mandatsprüfung und dergleichen) zu betrauen. Auch kann der Sitzungsleiter die Wortmeldung des allzu Redseligen gelegentlich „übersehen“, indem er den unmittelbaren Blickkontakt meidet.
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Querulanten, die sich in ähnlicher Weise zu fast jedem Thema – aber stets negativ – äußern, wird man ähnlich begegnen müssen wie den Streitlustigen und Redseligen. Und es steht dem Versammlungsleiter durchaus zu, spätestens beim dritten, vierten Mal behutsam zu „konstruktiven“ Beiträgen aufzufordern. Langatmige Reden eines Teilnehmers führen oft dazu, dass auch andere meinen, ebenfalls länger sprechen zu müssen. Daher wird man kurze, prägnante Statements loben und nach einigen zu langen Beiträgen darauf hinweisen, dass es die Diskussion fördern würde, wenn jeder sich stets auf nur einen Gedanken oder ein Argument beschränkt und sich besser später im Verlauf der Diskussion noch einmal zu Wort meldet. Langweiler verursachen das entgegengesetzte Problem: Solche Leute hocken dumpf und uninteressiert auf ihrem Platz und demonstrieren schon durch Miene und Körperhaltung Langeweile. Andere wollen vielleicht auf diese Weise zeigen, dass ihnen „eigentlich die ganze Richtung nicht passt“, tragen aber inhaltlich nichts zur Sache bei. Damit bringen sie eine schlechte Stimmung in die Gruppe. Man wird versuchen, solche Teilnehmer aktiv in die Diskussion einzubeziehen – zum Beispiel durch direkte Fragen. Vielleicht wird dann die Ursache für ihre Haltung sichtbar und kann ausgeräumt werden. Oder der Betreffende positioniert sich ausreichend klar als außerhalb der Gruppe stehend, dann ist sein Verhalten besser zu ertragen. Oft hilft es schon, durch eine direkte Frage dem Betreffenden zeigen, dass man ihm und seiner Meinung Aufmerksamkeit schenkt, so dass er von sich aus nun konstruktiver mitzuarbeiten beginnt. Der Leiter wird sich also um solche Teilnehmer ähnlich bemühen wie um die Schüchternen oder versuchen, sie sinnvoll zu beschäftigen (Protokollführung, Rednerliste, Wahldurchführung) und so zur Aktivität zu bewegen. Taktiker unter den Teilnehmern versuchen gern, die Debatte am Leiter vorbei zu steuern: Sie führen mit geschickten Fragen die Diskussion – oft unbemerkt – in eine Richtung, die von der Gruppe eigentlich nicht beabsichtigt war, und übernehmen so die Rolle der eigentlichen Leitung. Der Leiter muss hier – vor allem für den Taktiker deutlich spürbar – reagieren, denn der wird es sonst immer schlimmer treiben. So wird er die Fragen nur dann an die Gruppe weitergeben, wenn sie in den Zusammenhang passen oder die Arbeit weiterbringen. Sonst wird er den Vorschlag machen, „diesen Aspekt noch
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etwas zurückzustellen und zunächst an dem eigentlichen Thema weiterzuarbeiten“. Er behält so erkennbar die Initiative, indem er Impulse aufgreift und der Gruppe den Eindruck vermittelt, die aus „ihr selbst kommenden Anregungen“ lediglich gegliedert und gebündelt und auf das gewünschte Ergebnis hin geordnet weiterzuleiten. Denn genau das ist die Funktion des Sitzungsleiters. Der „Prominente“, der die Versammlung mit seiner Anwesenheit beglückt, erfordert ein besonderes Fingerspitzengefühl. Das kann in der Konferenz der Firmenchef sein oder in der Parteiortsgruppe ein Minister oder im Verein der Hauptfinanzier und Gründungspräsident. Solche Teilnehmer behindern – oft ungewollt – eine freie Diskussion: Rücksichten, die Furcht vor einer Blamage und die allgemeine Unsicherheit gegenüber einem „Prominenten“ dämpfen die Bereitschaft zur Diskussion. Oder die Profilierungssucht einiger Teilnehmer und der Versuch, sich im Ruhme des Gastes zu sonnen, führt zu Schaufensterreden. Hinzu kommt, dass das „hohe Tier“ zwei gefährliche Verhaltensweisen zeigen kann: Im einen Fall will er „nur mal zuhören, was an der Basis vorgeht“ und verhält sich wie der Zuschauer im (schlechten) Theater und hört – spätestens nach einer Stunde mit mühsam versteckter Langeweile – stumm zu. In diesem Fall wird der Leiter, diese für die Gruppe unzumutbare Haltung durchbrechen, indem er z.B. den betreffenden Gast bittet, aus seiner reichen Erfahrung ein klärendes Wort zu sprechen. Das lockert auf und vermeidet die Peinlichkeit der Situation, kann aber heikel sein, weil dann manche Teilnehmer es nicht mehr wagen, eine entgegengesetzte Ansicht zu vertreten. Im anderen Fall reißt der Gast die „Diskussion“ weitgehend an sich: Dominant formuliert er Meinungen und Standpunkte, hält belehrende Grundsatzreferate und fabuliert aus seiner Vergangenheit. Solche Leute scheren sich auch um den Leiter nicht viel, nehmen das Wort, wann es ihnen passt und kanzeln Gruppe und Einzelteilnehmer ungerührt ab Als Leiter wird man dezent den Gast bitten, die „bei uns üblichen Spielregeln“ zu respektieren. Meist allerdings wird man die Situation mit der nötigen Geduld ertragen und gute Miene zum bösen Spiel machen müssen. Außer in einer Vortragsveranstaltung mit anschließender Aussprache setzt man deshalb beide „Sorten“ Ehrengast eher nicht neben den Leiter. Besser ist ein Platz
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in der Runde; dabei ist darauf zu achten, dass jeder Teilnehmer den Gast sehen kann. Da mit der Platzierung stets auch ein wenig die Eitelkeit des Gastes angesprochen wird, sollte man dem Rechnung tragen: So kann man für den Gast einen Platz reservieren und den Vorstand um ihn herum gruppieren. Oder man überlässt am Anfang dem Gast die Platzwahl; dann kann der Vorstand ihn umrahmen und anschließend der Sitzungsleiter sich den nun für ihn günstigsten Platz aussuchen. Kommt der Gast später, wird der Vorstand ihn an der Tür empfangen und mit ihm zusammen die reservierten Plätze einnehmen. Die Begrüßung und Vorstellung erfolgt dann durch den Sitzungsleiter.
Gesprächsführung in Vortragsveranstaltungen Bevor es zur eigentlichen Diskussion kommt, werden Sie als Sitzungsleiter oder Veranstalter bereits aktiv geworden sein: Es sollten Sie die im Kapitel 2 erwähnten Vorbereitungen getroffen sein. Für die Diskussion selbst sind neben der Kenntnis der Namen von Referent(en) und Teilnehmern grundlegende Kenntnisse über das behandelte Thema wichtig. Denken Sie auch an den Platz für die Sitzungsleitung: Möglichst jeder Teilnehmer muss sie gut sehen können. Zur Vorbereitung kann auch die Bitte an ein, zwei Teilnehmer gehören, bei der Aussprache mit „spontanen“ Wortmeldungen die Diskussion in Gang zu bringen. Denn sehr häufig ist der Diskussionsbeginn vor allem nach langen, ermüdenden Referaten schwierig. Wenn nicht gewichtige Gründe dagegen sprechen, ist nach Referaten eine Pause angebracht, auch wenn davon auszugehen ist, dass einige Teilnehmer die Gelegenheit nutzen werden, die Versammlung zu verlassen. Um so eher kann man bei den anderen Interesse voraussetzen. Denken Sie aber daran, die Pause genau zeitlich festzulegen und pünktlich mit der Diskussion zu beginnen. Wenn Sie aus früheren Sitzungen wissen, dass man es mit der Pünktlichkeit bislang nicht so genau genommen hat, kündigen Sie ruhig an, dass es „diesmal anders sein“ wird. Das funktioniert meist erstaunlich gut. Vergessen Sie dann nicht das Dankeschön für die Disziplin! Oft kommen dann aus der Pausendiskussion sofort Fragen und Meinungsäußerungen. Bleiben Wortmeldungen aus, so haben Sie Ihre erste Bewährungsprobe zu bestehen:
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Falsch ist der oft zu beobachtende Weg, dass der Leiter versucht, mit provokanten Meinungsäußerungen „die Leute aus der Reserve zu locken“. Das geht in manchen Fällen so weit, dass der Sitzungsleiter mit dem Referenten regelrecht Streit anfängt. Abgesehen davon, dass Provokation mit Stellung und Autorität des Leiters ohnehin unvereinbar ist, bestimmt er damit leicht den Ton der folgenden Debatte und verführt zum Austausch von Unfreundlichkeiten. Der Sitzungsleiter wird dann wegen seines eigenen schlechten Vorbilds Schwierigkeiten haben, eine konstruktive Diskussion aufzubauen und etwaige Ausfälle zu rügen. Der kluge Leiter vermeidet Kritik, Gegenmeinungen oder Sätze wie „Ich habe in dem Vortrag vermisst, dass ...“ und erst recht das darauf folgende „ergänzende“ Referat. Viel besser ist die einfache Verständnisfrage oder die Bitte, einen Einzelaspekt noch einmal zu erläutern. Bleiben spontane Wortmeldungen aus, hilft ein ermunterndes Nicken oder auch behutsames Ansprechen eines Teilnehmers, bei dem man eine Frage vermutet, oft über die letzte Schwelle hinweg. Vor allem nach einer brillant vorgetragenen und auf ein imposantes Ende entwickelten Rede bleiben oft Fragen aus, denn keiner will diesen Eindruck stören. Das kommt auch vor, wenn ein Experte, ein Prominenter oder ein sehr einflussreiches Mitglied gesprochen haben, vor denen sich die Teilnehmer nicht „blamieren“ wollen. Auch in solchen Fällen wird eine ganz knappe Würdigung durch den Leiter und eine dann angeschlossene bewusst „einfache“ Verständnisfrage an den Referenten vielleicht solche Hemmungen lösen. Denn so demonstriert er, dass auch „ganz einfache“ Fragen erlaubt sind. Vor allem nach einem sehr trockenen Vortrag kann der Leiter mit einer bewusst plastischen Darstellung eines Beispiels oder das Erzählen einer konkreten Begebenheit, die zum Vortragsinhalt Bezug hat, die Situation lockern. Dann gibt er dem Referenten Gelegenheit, seine Theorie an diesem praktischen Fall zu erläutern. Oder der Leiter fragt den Referenten nach Anwendungs- und denkbaren Grenzfällen – und bittet dann das Auditorium um weitere Beispiele etc. Die Diskussion soll der Leiter zunächst einmal in der Reihenfolge der Wortmeldungen ablaufen lassen. Bei Fragen an den Referenten wird er vielleicht Zusatzfragen oder nach der Antwort noch Rückfragen außer der Reihe zulassen. Hier schon lenkend einzugreifen, dämpft die Kreativität und Spontaneität der Teilnehmer – vor allem derjenigen, die eine längere „Anlaufzeit“ brauchen, bevor sie ihre – oft wohlfundierten und durchdachten – Beiträge anmelden.
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Vor allem unsichere und unvorbereitete Referenten töten die Aussprache gern durch sehr weitschweifige allgemein gehaltene Antworten – selbst auf kurze und prägnante Fragen, wobei sie entweder als „Antwort“ ein Stück des soeben gehörten Vortrags wiederholen oder aber ein anderes Versatzstück aus dem „Standardrepertoire“ hervorholen. Fragen an den Referenten zu „sammeln„, damit dieser dann ebenfalls „gesammelt“ antwortet, ist ein sicheres Mittel, eine echte Diskussion gar nicht erst aufkommen zu lassen. Bei kritischen Fragen nutzen manchen Referenten das „Sammeln“, die besonders unangenehmen Punkte bei der Beantwortung zu „vergessen“ oder nur ganz kurz zu „streifen“ – in der Hoffnung, dass der Fragende nicht reklamiert. Entsprechend liebevoll wird er sich dagegen den seine Ansicht stützenden Äußerungen bzw. den Fragen zuwenden, über die er sehr gut Bescheid weiß. Der Sitzungsleiter führt – gegebenenfalls mit Unterstützung seines Vertreters – die Rednerliste. Es ist sehr hilfreich, wenn er die einzelnen Teilnehmer beim Namen kennt. Sonst muss er sich zu helfen wissen: in kleinen Versammlungen fertigt man zuvor ein Sitzschema mit (zumindest den bekannten) Namen an, das man durchnumeriert, so dass man statt der Namen nur noch die Zahl aufzuschreiben braucht. In Versammlungen mit eher formalem Charakter wird man immer strikt nach der Rednerliste vorgehen (GO-Anträge und Zwischenfragen oder Meldungen „zur direkten Erwiderung“ ausgenommen). Ist der Saal recht groß und sind Mikrophone installiert, wird man von Zeit zu Zeit die Rednerliste vorlesen, damit sich die Redner vorbereiten und in die Nähe eines Saalmikrophons begeben können. In manchen Versammlungen ist es üblich, die Rednerliste transparent zu halten, indem die Redner vor dem Saalmikrofon eine Warteschlange bilden. Ansonsten erleichtert die Pflicht zur schriftlichen Wortmeldung dem Sitzungsleiter das Führen der Rednerliste ganz erheblich, mindert aber die Spontaneität und hemmt die Diskussionsfreude. Im kleineren Kreis wird man nicht so starr vorgehen, sondern sich bemühen, die Diskussion auch außerhalb der festen Rednerliste im Fluss zu halten – z.B. indem man den anstehenden Teilaspekt auch außerhalb der formalen Reihenfolge noch ausdiskutieren lässt. Der Leiter wird mit einem solchen Vorgehen fast immer Zustimmung finden, sofern er es verstanden hat, sich zuvor das nötige Vertrauen und die entsprechende Autorität zu erwerben. Der manipulierende Sitzungsleiter wird die Reihenfolge der Redner in seinem Sinn auf andere Weise zu ändern versuchen: Wer will ihm schon nachweisen, dass er eine Mel-
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dung nicht tatsächlich später registriert hat als die eines Gesinnungsgenossen? Erst recht, wenn er allein die Rednerliste führt. Er wird sich hüten, wie oben beschrieben, die Reihenfolge immer wieder bekannt zu geben. Man wird also als Teilnehmer bei einem entsprechenden Verdacht genau dies fordern. Die Veränderung der Reihenfolge geht meist dahin, einem guten Redner der gegnerischen Fraktion einen mindestens ebenso guten der eigenen anzuschließen. Subtiler ist da schon, jemand aufzurufen, der sich nicht gemeldet hat – die dadurch entstehende Verwirrung überträgt sich leicht auf die Beiträge vorher und nachher bzw. auf deren Wirkung. Ein weiteres Mittel, einen gut aufgebauten gegnerischen Beitrag zu zerschlagen, ist das Zulassen von zahlreichen Zwischenfragen. Zwischenfragen sind in Vorträgen eher selten – in Debatten sind sie oft „das Salz in der Suppe“. Beobachtet man beispielsweise die Sitzungen des Deutschen Bundestages, so findet man immer wieder Zwischenrufe und Zwischenfragen von höchst unterschiedlicher Qualität. Es gibt Redner, die damit glänzend fertig werden, die sie sofort in ihre Rede einbauen und oft gegen den Zwischenrufer verwenden; andere stehen ihnen relativ hilflos gegenüber und lassen sich dauernd aus dem Konzept bringen. Der Sitzungsleiter verständigt sich vor Beginn des Vortrags mit dem Referenten, ob der Zwischenfragen zulässt. Eine generelle Ablehnung von Zwischenfragen wird vor allem bei in sich geschlossenen Vorträgen und sorgsam ausgearbeiteten Reden am Platz sein – es wäre zu schade, ein solches Kunstwerk durch zahlreiche Unterbrechungen zu zerstören. Sind Zwischenfragen unerwünscht, macht es einen besseren Eindruck, wenn der Sitzungsleiter bei der Vorstellung des Redners erwähnt, dass „es besser ist, erst mal den Vortrag anzuhören und auf Zwischenfragen zu verzichten.“ Sind Zwischenfragen zugelassen, wird in formellen Debatten die Zwischenfrage beim Präsidenten angemeldet. Dieser unterbricht den Redner mit der Frage: „Gestatten Sie eine Zwischenfrage des ...?“. Der Redner kann Zwischenfragen generell oder für den Einzelfall ohne Begründung ablehnen. Es gilt als unfein, über eine solche Weigerung auch nur ein Wort zu verlieren. Lässt man in einer Vortragsveranstaltung Zwischenfragen zu, ist es für alle Beteiligten einfacher, wenn der Redner selbst den Zwischenfrager aufruft. Denn dann kann er den Zeitpunkt der Unterbrechung selbst bestimmen. Wenn es ihm dann irgendwann zuviel wird, kann er ohne Umstände bitten, „nun von weiteren Unterbrechungen abzusehen“. Fällt dem Redner spontan keine Antwort ein, behauptet er einfach, er werde auf diesen Aspekt im weiteren Verlauf des Vortrags zurückkommen. Wenn man kurz vor dem Ab-
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schluss steht, ist die Behauptung sehr beliebt, man habe doch dazu schon Stellung genommen oder man verweist auf die im Anschluss an den Vortrag vorgesehene Diskussion. Meist verliert der Fragesteller dann die Lust und gibt Ruhe. Will er dann später nachhaken, wird man die Zwischenfrage nicht zulassen: „Bei allem Respekt vor dem Interesse des Kollegen X möchte ich doch bitten, meinen Vortrag zunächst bis zu Ende anzuhören.“ Man muss dann aber schon ganz schön abgebrüht sein, nicht wenigstens eine Scheinantwort zu präsentieren... Zwischenfragen können auch dazu dienen, dem Redner der eigenen Fraktion Schützenhilfe zu geben: So kann man einem Redner, der den Faden verloren hat, wertvollen Zeitgewinn verschaffen oder ihm eine Überleitung geben, wenn er sich z.B. durch fremde Zwischenrufe allzu sehr vom Thema hat wegführen lassen. Eher peinlich wirken dagegen „Zwischenfragen“ nach dem Muster „Stimmen Sie mit mir darüber ein, dass ...“ und einem entsprechenden Kurzvortrag, der nichts anderes als versteckter Nachhilfeunterricht ist. Zwischenrufe fordern vom Leiter rasche Entscheidungen: Ein kurzer treffender Zwischenruf bereichert die Diskussion und macht sie unmittelbar und lebendiger. Penetrante Zwischenrufe dagegen können eine Debatte schnell ins Chaos führen. Patentrezepte gibt es nicht: Der Leiter wird den lästigen Zwischenrufer zur Ordnung mahnen und nach zweimaligem Ordnungsruf des Saales verweisen müssen, wenn die Versammlung durch das Verhalten dieses Teilnehmers objektiv gestört wird. (Näheres hierzu in Kap. 3.2). Auf keinen Fall darf ein Zwischenruf in eine „Zwischenrede“ ausarten: Wer mehr als ein Dutzend Worte zu sagen hat, muss sich schon zu Wort melden. Und zwar entweder zur Rednerliste oder zur „Zwischenfrage“. Allerdings ist die als Frage formulierte Meinungsäußerung ein beliebtes Stilmittel: Bundestagsdebatten bieten für diese Kunst hervorragende Beispiele. Auf keinen Fall aber darf sich der Leiter das Heft aus der Hand nehmen lassen. Wohl dem, der eine kräftige Stimme besitzt... Wenn es auf den vorher vereinbarten Schlusstermin zugeht oder Wortmeldungen ausbleiben, gilt es, die Veranstaltung ausklingen zu lassen. Der Sitzungsleiter wird sich an den Referenten wenden und ihn um einige Schlussworte bitten oder selbst die Hauptpunkte der Diskussion noch einmal hervorheben. Er wird mit einigen Worten die wichtigsten Ereignisse von Vortrag und Diskussion zusammenfassen und dies mit Dank an den Referenten verbinden. Zum Schluss wird er den Teilnehmern der Diskussion danken, den nächsten Termin bekannt geben und die Sitzung schließen.
7 Abstimmungen und Beschlüsse 7 Abstimmungen und Beschlüsse
7.1 Die Abstimmung Das Ziel der meisten hier behandelten Versammlungen ist es, Beschlüsse über Sachanträge zu fassen und über die Besetzung von Ämtern zu entscheiden. In der Demokratie entscheidet die Mehrheit − mit Hilfe von Abstimmungen und Wahlen. Damit solche Entscheidungen zuverlässig und korrekt herbeigeführt werden können, gibt es feste Regeln, nach denen Abstimmungen abzulaufen haben. Die Abstimmung ist die förmliche Feststellung der kollektiven Willensbekundung zu einem Antrag. Sie ist an bestimmte Formen gebunden und muss vom Leiter der Versammlung ordnungsgemäß eingeleitet, durchgeführt und abgeschlossen werden. Während der Abstimmung sind Wortmeldungen und das Einbringen von Anträgen nicht zulässig. Teilnahmeberechtigt an einer Abstimmung ist nur, wer das Stimmrecht (Einzelheiten s. Seite 141ff.) hat. Anträge sind so abzustimmen, dass zur eindeutigen Willenserklärung eine der folgenden drei Äußerungen möglich sind: Äußerung für den Antrag Äußerung gegen den Antrag Enthaltung (= keine Entscheidung zu dem Antrag) Näheres zur praktischen Durchführung der Abstimmung siehe Flussdiagramm auf Seite 76f.
H. Meier, Zur Geschäftsordnung, DOI 10.1007/978-3-531-93019-0_7, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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7.2 Abstimmungsverfahren Im Laufe der Zeit haben sich – vor allem aus Effizienzgründen – bestimmte Formen herausgebildet, wie Abstimmungen durchgeführt werden. Jedes Verfahren muss die zuverlässige Ermittlung der Mehrheit sicherstellen und – vor allem im Falle der geheimen Abstimmung – eine unbeeinflusste Meinungsäußerung ermöglichen. So unterscheidet man zunächst die Abstimmungsverfahren danach, ob das individuelle Verhalten erkennbar ist oder nicht: Die geheime Abstimmung: Der Stimmberechtigte gibt seine Willenserklärung auf einem verdeckten Stimmzettel ab, so dass seine individuelle Entscheidung den übrigen Teilnehmern verborgen bleibt. Die geheime Abstimmung soll die Entscheidungsfreiheit des einzelnen sichern. Denn nicht jeder traut sich, einem bestehenden Gruppendruck standzuhalten. Für manche Verhandlungsgegenstände schreiben Gesetz, GO oder Satzung bestimmte Formen der Abstimmung vor, so z.B. das Parteiengesetz (§ 15 II), dass bestimmte Wahlen stets geheim durchzuführen sind und bei anderen Wahlen nur dann offen abgestimmt werden darf, wenn sich auf Befragen kein Widerspruch erhebt. Bei Personalentscheidungen ist die geheime Abstimmung üblich, manche Satzungen schreiben sie sogar bindend vor. Auf Verlangen eines einzigen Stimmberechtigten ist eine Abstimmung oder Wahl auch dann geheim durchzuführen, wenn alle anderen geschlossen dagegen sind. Das ist Gewohnheitsrecht. Eine geheime Abstimmung wird nicht dadurch ungültig, dass einige oder alle Mitglieder ihren Stimmzettel offen kennzeichnen, sie kann aber ungültig sein, wenn nachzuweisen ist, dass ein verdecktes Abstimmen nicht möglich war. Ohne den wachsamen Blick des Fraktionschefs oder des Nachbarn fällt manchem Mitglied die Entscheidung, gegen den Strom zu schwimmen, schon einmal leichter. Deshalb wird man vor allem dann die geheime Abstimmung beantragen, wenn man vermutet, dass dadurch einzelne Stimmen der Gegenseite zu gewinnen sind. Wobei man sich aber der Geschlossenheit der eigenen Fraktion schon sicher sein muss ... Den Antrag auf geheime Abstimmung sollte ein „unverdächtiges“ Mitglied stellen − notfalls muss der „Abweichler“ sich jemanden suchen, dem er vertrauen kann: denn wenn er selbst aufträte, wäre er erst recht dem Verdacht ausgesetzt. Er wird sich auch
Abstimmungsverfahren
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bemühen, in Schreibgerät und Farbe nicht aufzufallen − wer mit einem lila Filzstift schreibt, darf sich nicht wundern, wenn sich nach der Abstimmung seine Voten doch herumsprechen. Die offene Abstimmung: Der Stimmberechtigte gibt auf Anfrage des Sitzungsleiters durch eine allgemein erkennbare, zuvor vereinbarte Handlung seine Willenserklärung ab, z.B. durch Heben der Hand, Erheben vom Sitzplatz, Zeigen einer Stimmkarte, „Hammelsprung“, ... (vgl. Seite 144). Als Regelfall ist die offene Abstimmung (häufig ungenau als „Abstimmung per Akklamation“ bezeichnet) anzusehen; die im Folgenden beschriebenen Sonderformen werden nur auf Wunsch (Mehrheitsbeschluss) durchgeführt. Nur in Ausnahmefällen wird man sich auf ein Abweichen von der üblichen Art der Abstimmung einlassen: Es ist fast immer besser, auf Einhaltung aller hier aufgeführten Regeln zu dringen. In der Praxis ist die offene Abstimmung unproblematisch, da ihr Ablauf überall nach einheitlichen Regeln erfolgt und alle Vorgänge jederzeit kontrollierbar sind. Ein Kennzeichen der offenen Abstimmung ist, dass das Abstimmungsverhalten des einzelnen Mitgliedes zwar allgemein erkennbar ist, jedoch im Gegensatz zur namentlichen Abstimmung nicht protokolliert wird. Besondere Formen der offenen Abstimmung sind: Abstimmung per Akklamation: Die Stimmberechtigten geben ihre Zustimmung dadurch zu erkennen, dass sie auf die Aufforderung der Sitzungsleitung, Einwände zu erheben, nicht reagieren Die Abstimmung per Akklamation ist eine Sonderform der offenen Abstimmung: Der Sitzungsleiter fragt nach Einwänden und, wenn keine vorliegen, gilt der Antrag als angenommen. Diese Form wird sehr häufig bei Routinefragen und unstrittigen Anträgen gewählt, weil sie wenig Aufwand und Zeit erfordert. Da der Sitzungsleiter ja fast suggestiv fragt, ob („etwa“) Einwände gegen den Antrag bestehen, begünstigt das Verfahren die Trägheit, die manchen Stimmberechtigten davon abhält, sich zu melden, auch wenn er sich eigentlich enthalten möchte. Häufig wird diese Form der Abstimmung auch dann gewählt, wenn die Versammlung längst beschlussunfähig ist, man diese Tatsache aber im Protokoll verschleiern möchte,
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indem man mit dem Satz „Zustimmung per Akklamation“ die verräterische Zahl der Stimmen vermeidet. En-bloc Abstimmung: Mehrere Anträge werden in einem der genannten Verfahren gemeinsam abgestimmt. Diese Form der Abstimmung ist nur zulässig, wenn kein Stimmberechtigter widerspricht und das Abstimmungsverfahren, die für die Annahme erforderlichen Mehrheiten und die Art der Anträge eine Gleichbehandlung zulassen. Diese Form der Abstimmung dient der Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens, da sie mehrere Anträge gleichzeitig erledigt. Dies setzt aber voraus, dass jeder genau über die Antragsgegenstände Bescheid weiß. Sammelabstimmung (bei Wahlen): Über mehrere Kandidaten wird in einem der genannten Verfahren in einem Durchgang abgestimmt. Es kann dabei bestimmt werden, wie viele Kandidaten mindestens und/oder wie viele höchstens zu wählen sind (ausführlich in Kap 7.3). Meinungsbild: Die Stimmberechtigten (manchmal auch alle Anwesenden) geben ihr Votum ohne Rechtskraft ab, um so mehrere Entscheidungsvarianten abzugrenzen oder um die Entscheidung auf eine breitere Basis zu stellen. Vor allem in komplexen Entscheidungslagen und bei diffusen Mehrheitsverhältnissen kann das Instrument „Meinungsbild“ ausgesprochen hilfreich sein. Liegen z.B. mehrere Anträge (z.B. Resolutionen) mit ähnlichem Tenor vor, wird recht einfach mit Hilfe eines Meinungsbildes der Antrag mit der relativen Mehrheit (d.h. den meisten Stimmen) festgestellt. Oft gelingt es so, diesen Antrag anschließend als Einzigen (oder Ersten) zur Abstimmung zu stellen. Dies erleichtert und beschleunigt die Abwicklung des Verfahrens und verhilft für die Außenwirkung zu eindrucksvollen Mehrheiten. Meinungsbilder sind ein wichtiges Hilfsmittel für den Sitzungsleiter; sie dürfen aber nicht missbraucht werden, problematische Entscheidungen auf künstlich erweiterter Basis „demokratisch“ fällen zu lassen. Mit genau diesem Argument wird gelegentlich versucht, in politischen Entscheidungsgremien durch Einbeziehung der (selten zufällig erschienenen) Öffentlichkeit die Stimmberechtigten zu beeinflussen. Derartige Praktiken wird ein integerer Sitzungsleiter nicht zulassen.
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Im Gegensatz dazu sind in Fachausschüssen die Spezialisten oft nicht alle stimmberechtigt, da solche Kommissionen meist den Fraktionsstärken entsprechend besetzt sind („Proporz“ siehe Kap. 9.2). Da es hier oft um reine Sachentscheidungen geht, ist das Meinungsbild insofern hilfreich, als sich die unterlegenen Stimmberechtigten traditionsgemäß bei der „eigentlichen“ Abstimmung ihrer Stimme zu enthalten pflegen. Mit wachsender Polarisierung der politischen Fronten ist dieses Verfahren in der Politik allerdings weitgehend in Vergessenheit geraten. Die Anwendung des Meinungsbildes bei beschlussunfähigen Sitzungen wurde in Kap. 4.2 bereits beschrieben. Namentliche Abstimmung: Die Stimmberechtigten werden von der Sitzungsleitung einzeln aufgerufen und geben ihre Willenserklärung offen zu Protokoll. Der Antrag auf namentliche Abstimmung muss meist von einem bestimmten Teil der Teilnehmer (z.B. von einer Fraktion) unterstützt werden. Er wird benutzt, um die eigene oder gegnerische Haltung zu einem brisanten Thema öffentlich zu machen und nachweisbar festzuhalten. Die namentliche Abstimmung dient dazu, die Stimmberechtigten zu zwingen, „Farbe zu bekennen“. Der Hintersinn ist oft das Festlegen auf die Fraktionsdisziplin und ihre Demonstration nach außen. Man kann so „Abweichler“ auf den rechten Kurs zwingen oder als solche identifizieren. Einige Vereinssatzungen schreiben für die Neuaufnahme von Mitgliedern die namentliche Abstimmung vor, um so zu demonstrieren, dass „alle“ diesen Kandidaten als Mitglied wollten. Um auch außerhalb von Sitzungen eine Meinungsbildung zu ermöglichen, erlauben manche Satzungen die Abstimmung im Umlaufverfahren: Die Stimmberechtigten geben ihr Votum zu einem Beschluss außerhalb einer Versammlung schriftlich ab, sofern Gesetz und Satzung diese Form der Abstimmung zulassen. Für Vereine und nach dem Wohneigentumsgesetz (WEG) ist in diesem Fall Einstimmigkeit aller Mitglieder vorgeschrieben, sofern die Satzung nichts anderes regelt39.
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§ 32 Abs. 2 in Verbindung mit § 40 BGB bzw. § 23 Abs. 3 WEG
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Aus gutem Grund wird die Abstimmung im Umlaufverfahren allerdings nur recht selten praktiziert. Sie ist kleineren Gremien und Vereinen vorbehalten, die termingebundene Entscheidungen treffen müssen, aber nur selten tagen oder deren Mitglieder weiträumig verteilt wohnen, so dass eine Versammlung nur mit hohen Kosten möglich ist. Dieses Phänomen findet sich häufig bei Wohnungseigentum, so dass hier die schriftliche Beschlussfassung gebräuchlicher ist. Die einschlägige Rechtsprechung bezieht sich demnach auch überwiegend auf das WEG40. Die schriftliche Beschlussfassung erfordert stets einen Initiator, der die Angelegenheit in die Hand nimmt. Dies kann – muss aber nicht – der Vorstand, Vorsitzende oder Geschäftsführer/Verwalter sein. Wenn nicht in der Satzung anders geregelt, kann letztlich jeder Stimmberechtigte eine entsprechende Initiative starten. Entweder lässt man ein entsprechendes Schriftstück reihum unterschreiben und dann weiterleiten oder der Initiator versendet gleichlautende Schriftstücke, die unterschrieben bis zu einem festzusetzenden Endtermin an ihn zurückzusenden sind. Ein solches Schriftstück sollte – um jeden Zweifel auszuschließen – in aller Deutlichkeit mit „Beschluss im schriftlichen Verfahren“ gekennzeichnet sein. Der Initiator sollte alle eingehenden Voten mit einem Eingangsvermerk mit Datum versehen. Ein Umlaufbeschluss ist nur dann gültig gefasst, wenn ihm alle (!) Mitglieder schriftlich zugestimmt haben, es sei denn die Satzung sieht etwas anderes ausdrücklich vor. Beteiligt sich nur ein einziger Stimmberechtigter – sei es aus Versehen oder aus Absicht – nicht an dem Verfahren oder erklärt einer der Stimmberechtigten, dass er dagegen ist oder sich enthält, muss der Antrag in einer ordnungsgemäß geladenen Versammlung zur Abstimmung gestellt werden. Denn mit dem fehlgeschlagenen Umlaufverfahren ist kein Beschluss zustande gekommen, d.h. der gestellte Antrag ist weder angenommen noch abgelehnt, er ist einfach „nicht entschieden“. Wirksamkeit erlangt der Umlaufbeschluss erst, wenn der Initiator das Ergebnis der Abstimmung in geeigneter Form allen Mitgliedern gegenüber verkündet – z. B. durch schriftliche Mitteilung. Der Beschluss wird bereits mit dem Versenden dieser Mitteilung wirksam – es kommt also nicht auf den Zeitpunkt des Zugangs an.41 Eine telefonische Zustimmung aller Mitglieder eines Gremiums reicht nicht aus (Ausnahme: Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft). Gegen eine Zustimmung per Fax ist dagegen nichts einzuwenden, da allgemein anerkannt ist, dass die 40 41
Hierzu ausführlich Röll, WE 1991, 308 BGH 23.8.2001 V ZB 10/01 NJW 2001, 3339ff
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Übermittlung durch Fernkopie in solchen Fällen ausreicht.42 Noch keine gesicherte Rechtsmeinung gibt es für die elektronische Übermittlung per E-Mail. Bis auf weiteres muss davon ausgegangen werden, dass E-Mails nicht ausreichen. Mit der fortschreitenden Anwendung der Elektronischen Signatur oder qualifizierten E-Mail-Diensten („Elektronische Post“) könnte sich das aber ändern. Für Vereinswahlen im Internet veröffentlichte schon 2005 die Gesellschaft für Information entsprechende Anforderungen.43 Allerdings sind die ersten Systeme für Wahlen per Internet nur sehr zögerlich gestartet. Jedoch ist ein entsprechend sorgfältig gestaltetes Verfahren vor allem bei Vereinen mit räumlich stark verteilten Mitgliedern anderen Modellen (z. B. der Briefwahl) mindestens ebenbürtig, weil sie ein zuverlässiges Erkennen der Wahlberechtigung ermöglichen und über eine entsprechende Software sichergestellt werden kann, dass jeder Wähler nur einmal abstimmen kann. Die Aufteilung von Identifizierung des Wählers und Stimmabgabe auf zwei voneinander unabhängige Server stellt das Wahlgeheimnis sicher.
7.3 Stimmrecht Stimmberechtigt ist, wer aufgrund Satzung oder Gesetz nachweislich das Recht hat, an Wahlen und Abstimmungen mit Entscheidungsbefugnis teilzunehmen. Die Mitgliedschaft in einem Verein bedingt fast immer das Stimmrecht in seiner Mitgliederversammlung bzw. Hauptversammlung o.ä. Manche Satzungen sehen eingeschränkte Stimmrechte (z.B. für inaktive Mitglieder in Sportvereinen) vor. In manchen Vereinen dürfen Mitglieder erst nach einer bestimmten Mitgliedsdauer oder ab einem bestimmten Lebensalter (z.B. ab Volljährigkeit) mitentscheiden. Das Stimmrecht eines Mitglieds kann z.B. infolge Beitragsrückstandes ruhen, sofern die Satzung dies vorsieht. Ist ein Mitglied minderjährig (§§ 106ff BGB), nimmt der gesetzliche Vertreter das Stimmrecht wahr oder er erteilt schriftlich oder zu Protokoll dem Minderjährigen die Einwilligung, dass dieser sein Stimmrecht selbst wahrnehmen darf. Aus Gründen der Klarheit sollte der Sitzungsleiter sicherstellen, dass das Einverständnis des gesetzlichen Vertreters vorliegt, wenn Minderjährige sich an Abstimmungen beteiligen. In vielen Vereinen, in denen Minderjährige typischerweise Mitglied sind (insb. Sportvereine, Jugendclubs, …) gibt der Erziehungsberech42 43
BGH 22.4.1996 II ZR 95/65 NJW-RR 1996, 866 http://www.gi-ev.de/fileadmin/redaktion/Wahlen/GI-Anforderungen_Vereinswahlen.pdf
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tigte schon mit dem Aufnahmeantrag eine entsprechende Einwilligung, die in der Regel bis auf ausdrücklichen Widerruf für alle kommenden Abstimmungen gilt, so dass hier keine Probleme zu erwarten sind. Ein Mitglied eines Vereins ist in allen Fällen nicht stimmberechtigt, in denen die Beschlussfassung ein Rechtsgeschäft mit ihm oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits zwischen ihm und dem Verein betrifft (§ 34 BGB). Dazu gehört insbesondere die Entlastung und nach aktueller Rechtsprechung44 auch die Beschlussfassung über den eigenen Ausschluss, nicht aber die eigene Wahl. Nimmt jemand als Vertreter eines Stimmberechtigten an einer Sitzung mit Stimmrechtsübertragung teil, so richtet sich sein Stimmrecht insoweit danach, ob dieses Mitglied selbst sein Stimmrecht ausüben dürfte45. Hat also z.B. ein Vorstandsmitglied sein Stimmrecht an ein anderes Mitglied übertragen, zählt diese Stimme bei der Abstimmung über die Entlastung des Vorstands nicht mit. Eine Stimmrechtsübertragung oder Vertretung mit Stimmrecht ist in Vereinen nur dann zulässig, wenn sie in der Satzung ausdrücklich46 vorgesehen ist (§ 38 i.V.m. 40 BGB). Der Versammlungsleiter wird in diesen Fällen die Vorlage einer rechtsgültigen Vollmacht verlangen und diese im Original dem Protokoll beifügen. Regelmäßig mit Stimmrechtsvollmachen wird im Aktienrecht (Hauptversammlung) und Wohneigentumsrecht (Eigentümerversammlung) gearbeitet. Hier ist es geradezu üblich, dass ein Teil der Stimmberechtigten per Vollmacht vertreten ist. Die einschlägigen Kommentare geben die notwendigen Hinweise, wie in solchen Gremien zu verfahren ist. Zur Prüfung der Stimmberechtigung haben größere Organisationen in ihren Satzungen eine sogenannte „Mandatsprüfungskommission“ vorgesehen. Dieses Gremium prüft (ggf. schon vor Beginn einer Sitzung) die Teilnahme- und Stimmberechtigung der Anwesenden (vgl. Seite 42). Solange die Mandatsprüfung noch nicht abgeschlossen ist, darf eine Wahl oder eine Abstimmung über einen Sachantrag nicht durchgeführt werden, damit sich kein Delegierter an der Abstimmung beteiligt, der dazu nicht berechtigt ist. Die Mandatsprüfungskommission wird daher meist an geeigneter Stelle einen Bericht über die Prüfung abgeben bzw. dem Versammlungsleiter nach Abschluss
OLG Stuttgart WM 1989, 1252/1253 § 34 BGB bleibt unberührt 46 Dies gilt nicht, wenn der gesetzliche Vertreter (Erziehungsberechtigter) eines nicht oder beschränkt geschäftsfähigen (z.B. minderjährigen) Mitglieds eines Vereins das Stimmrecht ausübt. 44 45
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ihrer Arbeit das Ergebnis mitteilen. Nur wenn Unklarheiten aufgetreten sind, wird die Abwicklung der Tagesordnung kurz zur Klärung unterbrochen. Wenn Delegierte oder Mitglieder anwesend sind, deren Ausweise unvollständig sind oder völlig fehlen, beschließt die Versammlung, ob das Mandat dennoch anerkannt wird oder der Betreffende das Stimmrecht nicht ausüben darf. Meist wird eine Teilnahme mit beratender Stimme gestattet werden, wenn die Stimmberechtigung lediglich wegen fehlender Unterlagen nicht anerkannt werden konnte. Die Mandatsprüfungskommission muss meist auch das passive Wahlrecht eines vorgeschlagenen Kandidaten, also das Recht, gewählt zu werden, bestätigen. Es ist daher zu empfehlen, dass sie sich rechtzeitig mit den einschlägigen Bestimmungen der Satzung vertraut macht.
7.4 Auszählen Auszählen ist die zahlenmäßige Erfassung des Abstimmungsergebnisses. Zwei Kriterien sind für die Auszählung von Bedeutung: Jede Stimme muss eindeutig erkannt und darf nur einmal erfasst werden. Bei der Erfassung muss die Stimmberechtigung überprüfbar sein. In kleinen Gremien ist dies unproblematisch: Das Stimmrecht eines jeden Teilnehmers ist der Sitzungsleitung bekannt oder zuvor nachgeprüft worden, Fremde würden sofort auffallen. Auch das Auszählen ist denkbar einfach, da bei wenigen Stimmberechtigten Irrtümer nur bei sehr nachlässigem Zählen auftreten können. Unabhängig von der Zahl der Stimmberechtigten bieten die namentliche und geheime Abstimmung sich als die sicherste und genaueste Art der Auszählung an: Die Prüfung der Stimmberechtigung ist in das Abstimmungsverfahren integriert, da bei der namentlichen Abstimmung nur die Stimmberechtigten aufgerufen werden und bei der geheimen Abstimmung nur der Stimmberechtigte selbst seinen Stimmzettel abgeben darf und dies in einer Liste vermerkt wird. Lediglich die Frage der Identität des Abstimmenden wird noch zu prüfen sein. Zu zählen sind grundsätzlich: Die Zahl der abgegebenen Stimmen Die Zahl der gültigen Stimmen
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Die Zahl der ungültigen Stimmen Die Zahl der auf die jeweils möglichen Voten entfallenden Stimmen (Ja, Nein, Enthaltung) Die ermittelten Ergebnisse sind auf ihre Stimmigkeit hin zu prüfen: Abgegebene Stimmen = Summe der gültigen und ungültigen Stimmen Gültige Stimmen = Summe der Voten (Ja, Nein, Enthaltung) Die Frage der Gültigkeit des Stimmzettels in der geheimen Abstimmung führt häufig zu Problemen. Näheres dazu siehe Kap. 9.1. In großen Versammlungen ist häufig das Auszählen bei offener Abstimmung etwas schwierig. Daher haben sich im parlamentarischen Bereich eine Reihe von Verfahren und Hilfen eingebürgert, die je nach erforderlicher Genauigkeit mit unterschiedlichem Aufwand zum Ziele führen, wenn das Abstimmungsergebnis nicht ohne weiteres erkennbar ist oder genau ermittelt werden muss. Der Sitzungsleiter sollte in größeren Versammlungen Helfer haben, die z.B. für ihn Wortmeldungen registrieren, die Anwesenheitsliste führen usw. Er wird also beim Auszählen nicht allein auf sein eigenes Urteilsvermögen angewiesen sein, sondern sein Ergebnis mit denen der Helfer vergleichen. Die Sitzungsleitung darf dadurch aber nicht in Frage gestellt werden: Einer, nämlich der Sitzungsleiter muss verantwortlich sein (und bleiben) und das Ergebnis feststellen. Auch als Teilnehmer wird man sehr aufmerksam mitzählen bzw. schätzen, wenn man auch nur den leisesten Zweifel an der Objektivität der Sitzungsleitung hat oder ein knappes Ergebnis zu erwarten ist. Im Zweifelsfall wird man per GOAntrag (siehe Kap. 5) die (Wiederholung der) Auszählung verlangen. Der Sitzungsleiter muss jeweils entscheiden, welcher Aufwand für die Feststellung des Ergebnisses notwendig und gerechtfertigt ist: Die nachfolgend aufgeführten Verfahren sind in der Reihenfolge ihrer Genauigkeit und Sicherheit aufgeführt. Die Stimmabgabe erfolgt per Handzeichen (Heben der Stimmkarte). Die Mehrheitsverhältnisse werden vom Sitzungsleiter geschätzt. Die Stimmabgabe erfolgt durch Erheben der Stimmberechtigten von den Sitzplätzen und Abschätzen der Mehrheit durch den Sitzungsleiter. Bei fraktionsweiser Abstimmung und bekannten aktuellen Fraktionsstärken: Es wird je Fraktion nach abweichendem Stimmverhalten Einzelner gefragt und dann die Fraktionsstärken unter Berücksichtigung solcher „Abweichler“ addiert.
Auszählen
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Schon die Formulierung legt nahe, dass dieses Verfahren kritisch zu beurteilen ist, denn es erschwert in hohem Maße ein individuelles Abstimmungsverhalten einzelner Fraktionsmitglieder. Zudem eröffnet es Möglichkeiten, trotz fehlender Präsenz einiger Fraktionsmitglieder Mehrheiten zu „schaffen“. Sinnvoll ist es für den raschen Überblick am ehesten dort, wo erfahrungsgemäß ein starker Fraktionszwang herrscht, der ohnehin so gut wie nie durchbrochen wird und wo die entsprechenden Mehrheitsverhältnisse völlig klar sind. Doch sollte der Sitzungsleiter auch hier formell um das Handzeichen bitten und lediglich im Hinterkopf die Stimmen nach Fraktionen „sortieren“. Ist die Abstimmungslage klar, wird beispielsweise das Ergebnis lauten „Mit den Stimmen der Fraktionen X und Y angenommen“. Die Minderheit wird schon protestieren, wenn sie auch nur die geringste Chance auf Erfolg sieht. Immer wenn genaue Zahlen ermittelt werden müssen, wird man eines der folgenden Verfahren wählen müssen. Jeweils zwei vom Sitzungsleiter benannte Personen (wegen der Gegenkontrolle) zählen reihen- oder blockweise aus; die jeweiligen Ergebnisse werden addiert. Die Flügelmänner der einzelnen Sitzreihen zählen die Anzahl der in den Reihen jeweils abgegebenen Stimmen und geben sie auf Befragen dem Sitzungsleiter an. Die Ergebnisse werden addiert. Dies ist das schnellste und sicherste Verfahren mit den wenigsten Möglichkeiten zur Manipulation, wenn die Teilnehmer mitzählen und aufmerksam sind. Die Stimmberechtigten einer Reihe wird der Flügelmann sehr bald kennen, so dass er Fremde sofort entdecken würde. Auch die anderen Teilnehmer dieser Reihe werden auf Korrektheit achten. Wenn einzelne Reihen von nur einer Fraktion besetzt sind, sollten andere zusätzlich kontrollieren. Hammelsprung: Alle Stimmberechtigten verlassen zur Abstimmung den Saal und betreten ihn (evtl. bei gleichzeitiger Prüfung von Stimmberechtigung und Identität) wieder durch mit „Ja“, „Nein“ und „Enthaltung“ gekennzeichnete Türen. Hat der Sitzungssaal keine drei Türen, so werden seine Ecken mit „Ja“ – „Nein“ – „Enthaltung“ bezeichnet und die dort versammelten Teilnehmer gezählt. Der Sitzungsleiter hat die Zeit für einen derartigen Vorgang genau bekannt zu geben und den Abstimmungsvorgang pünktlich zu schließen.
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Für erfahrene Teilnehmer ist der Hammelsprung ein alltäglicher Vorgang. Die Zeit, die er kostet, wird oft noch genutzt, telefonisch oder persönlich einzelne Stimmberechtigte herbeizurufen oder schwankende Teilnehmer zu überzeugen. Im Parlament wird der Hammelsprung auch über Lautsprecher (Hupe) außerhalb des Sitzungssaales bekannt gegeben, so dass die Abgeordneten rasch ihren Arbeitsplatz verlassen, abstimmen und anschließend die unterbrochene Arbeit wieder aufnehmen können. Hat der Sitzungsleiter es mit unerfahrenen Teilnehmern zu tun oder kann er nicht mit absoluter Sicherheit davon ausgehen, dass jeder Stimmberechtigte mit dem Verfahren hinreichend vertraut ist, so muss er es deutlich und ausführlich erklären. Besonders wichtig ist eine auffällige und eindeutige Bezeichnung der Türen und ein ausdrücklicher Hinweis auf das Zeitlimit, das für den Vorgang gesetzt ist. Denn wer den Raum nach Abschluss des Abstimmungsvorganges betritt, wird nicht mehr berücksichtigt. Neben der reinen Auszählung der Stimmen ist auch die Frage der Prüfung der Stimmberechtigung wichtig. Zwar wird in der Regel die Stimmberechtigung vor oder zu Beginn der Sitzung geprüft werden, doch ist in größeren Versammlungen, in denen ein ständiges Kommen und Gehen von Mitgliedern, Beratern und Publikum herrscht, der Gefahr vorzubeugen, dass Personen sich an der Abstimmung beteiligen, die keine Stimmberechtigung haben. Häufig wird daher an jeden Stimmberechtigten vor der Sitzung eine farbige Stimmkarte ausgegeben, die er bei der „Abstimmung per Handzeichen“ heben und beim Einwerfen des Stimmzettels in die Wahlurne oder beim Hammelsprung vorzeigen muss. Im vorigen Kapitel wurde schon darauf hingewiesen, dass der Abstimmungsvorgang formal eingeleitet und formal als abgeschlossen erklärt werden muss. Gelegentlich wird dies nicht explizit geschehen. Man kann darüber hinweggehen, wenn es ohnehin nicht von Bedeutung ist. Vor allem aber bei den komplizierten Auszählungsvorgängen, die eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen, ist diese Prozedur sehr wichtig. Bis zur Eröffnung der Abstimmung können noch Anträge gestellt werden, es sind noch Wortmeldungen möglich und dgl. Wenn Sie als Sitzungsleiter jedoch die Abstimmung eröffnen, können Sie zunächst jeden Einwand, selbst GO-Anträge abweisen, indem sie sagen „Wir sind in der Abstimmung“ und den Vorgang in aller Ruhe durchziehen. Sicherlich wird man da in bestimmten Fällen flexibel sein – so bei einem aktuellen Protest („Der Müller ist überhaupt nicht
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stimmberechtigt!“) –, aber Änderungen im Antragstext oder Meinungsäußerungen zur Sache werden nicht zugelassen. Wenn ein Stimmberechtigter während eines laufenden Abstimmungsvorgangs den Sitzungssaal betritt, ist er berechtigt, an der Abstimmung teilzunehmen, kommt er (nach entsprechendem GO-Antrag) erst zur Wiederholung der Auszählung, allerdings nicht (vgl. Kap. 5 Ziffer 16).
7.5 Gültigkeit und Anfechtung von Beschlüssen Beschlüsse (z.B. der Mitgliederversammlung eines rechtsfähigen Vereins) sind als Rechtsgeschäfte anzusehen, für die die allgemeinen Regeln des BGB gelten. Hinsichtlich der Gültigkeit von Beschlüssen ist zu unterscheiden zwischen unwirksamen, anfechtbaren und nichtigen Beschlüssen. Die Materie ist komplex, ihre Behandlung kann im Rahmen dieses Buches daher nur rudimentär sein; es wird auf die entsprechende Literatur – zum Vereinsrecht insbesondere (13, 17) verwiesen. Ein ‚schwebend unwirksamer’ Beschluss liegt dann vor, wenn er zwar ordnungsgemäß gefasst worden ist, aber erst die Erfüllung eines Vorbehaltes zu seiner Wirksamkeit führt. Beispiele: Ein Mitglied wird in Abwesenheit in ein Amt gewählt – „vorbehaltlich seiner Zustimmung“. Ein Beschluss wird „vorbehaltlich der schriftlichen Zustimmung aller auf der Versammlung nicht anwesender Mitglieder“ gefasst.
Derartige Beschlüsse bleiben so lange unwirksam, bis die geforderte Voraussetzung erfüllt ist. Ein Beschluss ist nichtig, wenn er nicht rechtmäßig zustande gekommen ist. In der Wirkung ist das so, als sei er überhaupt nicht gefasst worden. So sind sämtliche Beschlüsse einer Sitzung nichtig, wenn bei der Einberufung ein wesentlicher Formverstoß (Einladender, Form, Frist, Verteilung) vorliegt oder wenn gegen andere wichtige Bestimmungen verstoßen wurde und der Verstoß den Ablauf der gesamten Sitzung und ihr Ergebnis maßgeblich zu beeinflussen geeignet war (z. B. ein ungerechtfertigter Ausschluss einer Gruppe von Stimmberechtigten). Einzelne Beschlüsse sind beispielsweise dann nichtig, wenn der Antrag als solcher bereits unzulässig war, gegen die guten Sitten verstößt, der Beschluss gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstößt oder im Verfahren gegen wichtige
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Vorschriften von Satzung, GO, Gesetz oder allgemeiner Übung verstoßen wurde und dieser Verstoß für das Ergebnis erheblich war.47 Beispiel: Ein Beschluss ist nichtig, wenn die in der Satzung zwingend als geheim vorgeschriebene Abstimmung offen durchgeführt wurde oder eine nicht unerhebliche Zahl von nicht Stimmberechtigten an der Abstimmung teilgenommen hat und – wichtig! – dies das Ergebnis maßgeblich beeinflusst hat. Nichtig ist auch ein Beschluss, der, obwohl er eine qualifizierte Mehrheit erfordert, nur die einfache Mehrheit hatte und dennoch fälschlich als angenommen verkündet wurde.
Der für die Ausführung der Beschlüsse Verantwortliche ist verpflichtet, die Gültigkeit vor der Ausführung zu prüfen. Bereits ein fahrlässig falsches Verhalten kann ihn schadenersatzpflichtig machen. Nichtige Beschlüsse darf er nicht ausführen. Anfechtbar können Beschlüsse sein, wenn bei der Beschlussfassung Formvorschriften nicht eingehalten wurden, z.B. wenn der Beschlussgegenstand in der Tagesordnung nicht angekündigt wurde oder wenn in der Einladung genannte Zeitfestlegungen nicht eingehalten worden sind. Anfechtbar sind auch Beschlüsse, bei denen ein in der Satzung verbrieftes Minderheitsrecht nicht beachtet wurde. Inhaltliche Gründe für eine Anfechtung entziehen sich allerdings bei Vereinen weitgehend der richterlichen Nachprüfung („Vereinsautonomie“). Die Kontrolle beschränkt sich vor allem darauf, ob ein den elementaren rechtsstaatlichen Normen und der eigenen Verfahrensordnung des Vereins entsprechendes Verfahren eingehalten wurde, die inhaltliche Beurteilung der Angemessenheit z. B. eines Vereinsausschlusses ist in der Regel Sache des Vereins.48 Die Anfechtung eines Beschlusses kann bei Vereinen durch jedes Mitglied zunächst in der Mitgliederversammlung, in der der Beschluss gefasst wurde, und nach deren Abschluss beim Vorstand erfolgen49. Für Aktiengesellschaften und Wohnungseigentümerversammlungen gelten abweichende gesetzliche Bestimmungen, insbesondere sind hier Fristen zu beachten. Der anfechtbare Beschluss bleibt – anders als ein nichtiger – gültig, bis er ggf. beseitigt ist. Gibt der Verein, d.h. die Mitgliederversammlung oder das zuständi-
Ein fehlerhafter GO-Beschluss ist selbst nicht anfechtbar, wohl aber ein dadurch beeinflusster inhaltlicher Beschluss, wenn der Verstoß gegen die GO für die Beschlussfassung relevant war. BayObLG NJWRR 1987, 1363; zhur Relevanz s. BGHZ 149, 158 NJW 2002, 1128 48 BGHZ 87,337/338, NJW 1995, 587; NJW 1997, 3368, NZG 1998, 65 49 Wer in Kenntnis des Mangels (und ohne ihn in der Versammlung zu rügen und dies zu Protokoll zu geben) mitgestimmt hat, kann hinterher nicht mehr anfechten (OLG Hamm 8.12.92 15 W 218/91 NJW-RR 1993, 468). 47
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ge Organ der Anfechtung nicht statt, so steht der Rechtsweg offen. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist die gerichtliche Nachprüfung eines vereinsrechtlichen Ausschließungsbeschlusses grundsätzlich nur zulässig, wenn das Mitglied die satzungsmäßigen Rechtsmittel ausgeschöpft hat.50 Auf Sonderfälle wie Schiedsgerichte (in Vereinen und Parteien) und Schlichtungsstellen (in Berufsorganisationen und Kammern) soll hier nicht näher eingegangen werden. Ob sich ein Einzelner oder eine Fraktion zur Anfechtung entschließt, hängt – natürlich neben dem Vorhandensein von gewichtigen Gründen – vom erwünschten Ziel ab. Man sollte dieses letzte Mittel nur im Notfall und bei fast an Sicherheit grenzender Erfolgswahrscheinlichkeit anwenden, da man sich sonst auf lange Zeit unbeliebt macht. Man bedenke auch immer die Dauer einer gerichtlichen Klärung: oft ist ein angefochtener Beschluss längst überholt, wenn der Spruch des Gerichts gefällt wird. Das QuerulantenImage aber bleibt lange hängen. War ein Beschluss aus formalen Gründen anfechtbar, kann er durch einen neuen, formgültigen Beschluss ersetzt werden. Vor allem im Vereinsrecht, das – anders als das WEG und das Aktiengesetz – keine gesetzliche Ausschlussfrist für die Anfechtung kennt, sollte ein erkennbar anfechtbarer und erst recht etwaige vermutlich nichtige oder unwirksame Beschlüsse im Interesse der Rechtsklarheit förmlich aufgehoben werden oder in gültiger Weise neu beschlossen werden.
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OLG Köln NJOZ 2006, 2194
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Die Wahl ist die Beschlussfassung über die Besetzung eines Amtes. Das aktive Wahlrecht ist das Recht, an der Wahl durch Stimmabgabe bestimmend mitzuwirken. Das passive Wahlrecht ist das Recht, sich in einer Wahl als Kandidat zur Verfügung zu stellen und gewählt zu werden. Aktives und passives Wahlrecht werden durch die Satzung geregelt bzw. gelten analog den Bestimmungen über das Stimmrecht. Sofern die Satzung nichts anderes vorsieht, genügt für Wahlen die einfache Mehrheit der Stimmen. Die Aussprache über die Wahl erfolgt in der Regel in nichtöffentlicher Sitzung. Ihr Inhalt ist vertraulich zu behandeln. Sie findet in Abwesenheit der Kandidaten statt. Geschäftsordnungsanträge, die auf den Abschluss der Personaldebatte zielen, sind unzulässig. Die Wahl bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung des Gewählten. In den meisten Gremien werden mehr oder weniger häufig Wahlen durchgeführt. Wahlen sind oft problematischer als Sachentscheidungen, weil hier persönliche Eitelkeit, Sympathie und Antipathie eher eine Rolle spielen als bei „normalen“ Beschlüssen. Darüber hinaus betreffen Wahlen stets Menschen unmittelbar und „höchstpersönlich“. Einstellungen und Ernennungen können außerdem erhebliche finanzielle Ansprüche zur Folge haben. Deshalb erfordern vor allem die Wahlhandlungen besondere Sorgfalt und korrektes Vorgehen (s. auch Kap. 4.8). Sofern aufgrund einer falschen Entscheidung über das Wahlrecht eine Anfechtung der Wahl erfolgt, so hat sie nur Aussicht auf Erfolg, wenn nicht auszuschließen ist, dass die (Nicht)-Berücksichtigung der Stimme bei der Wahl das Wahlergebnis verändert hätte (siehe Kap. 7.5). Das Recht zu wählen oder gewählt zu werden ist im öffentlichen Leben gesetzlich geregelt, im privaten Bereich (z.B. in Vereinen) enthalten die Satzungen regelmäßig entsprechende Bestimmungen (vgl. Kap 7.3). Bei Beschlüssen, die ein Rechtsgeschäft mit einem Mitglied betreffen, ist dieses nicht stimmberechtigt. Dies gilt jedoch nicht für das Wahlrecht. Jedes Mitglied
H. Meier, Zur Geschäftsordnung, DOI 10.1007/978-3-531-93019-0_8, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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kann also sich selbst wählen. Die Satzung kann für das passive Wahlrecht Einschränkungen nach Lebensalter, Dauer der Zugehörigkeit, erfolgter Beitragszahlung u. dgl. vorsehen, solange dadurch nicht gezielt einzelne Mitglieder benachteiligt werden. Das Wahlrecht kann auch gesetzlich eingeschränkt sein. So bedeutet der Verlust der bürgerlichen Rechte auch den Verlust des Wahlrechts in Öffentliche Ämter.
Wahlverfahren (Wahlmodus) Wenn auch die Wahl dem Inhalt nach nichts anderes als eine Beschlussfassung (nämlich die über die Besetzung eines Amtes) darstellt, haben sich in der Praxis einige besondere Gepflogenheiten und Verfahren entwickelt, die den Besonderheiten der Wahl gerecht werden. Unter „Wahlverfahren“ versteht man die verschiedenen Arten der Durchführung der Wahlhandlung selbst. Welches Wahlverfahren im konkreten Einzelfall heranzuziehen ist, richtet sich nach der Satzung. Fehlt eine solche Regelung und gibt es auch keine langjährige Praxis, entscheidet der Sitzungsleiter nach pflichtgemäßem Ermessen. Gebräuchliche Wahlverfahren sind insbesondere Briefwahl Auf vorbereiteten Stimmzetteln wird außerhalb einer Sitzung oder Versammlung in der Regel durch Ankreuzen die gewünschte Liste/Kandidat gewählt und der Stimmzettel nach bestimmten Regeln behandelt. (Wird hier nur der Vollständigkeit halber erwähnt.)51 Wahl per Akklamation Die Wahl ist erfolgt, wenn auf die Frage des Sitzungsleiters: „Gibt es Bedenken gegen die Wahl des (der) Kandidaten?“ kein Einwand vorgetragen wird. Ein ausdrückliches positives Votum ist also nicht erforderlich. Diese Form ist bei „unproblematischen“ Wahlen (z.B. zum Protokollführer) angebracht, wenn nur ein – offenbar allseits anerkannter – Vorschlag vorliegt.
51
Zur Wahl per Internet siehe Kap. 7.2, Seite 141
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Wahl durch offene Abstimmung Die Wahl erfolgt durch Aufruf der Kandidatennamen und offene Abstimmung (per Handzeichen o.ä. – vgl. Seite 137f) Diese Form ist bei allen unproblematischen Wahlen üblich, bei denen eine Auswahl zwischen mehreren Kandidaten erfolgt oder die zahlenmäßige Feststellung des Stimmenanzahl erforderlich ist oder verlangt wird. Wahl durch namentliche Abstimmung Der Sitzungsleiter ruft jeden aktiv Wahlberechtigten auf, der ihm auf Zuruf den Kandidaten seiner Wahl benennt. Eine bei Wahlen sehr selten praktizierte „verschärfte“ offene Abstimmung. Wird gelegentlich genutzt, um demonstrativ die Einstimmigkeit bei der Aufnahme eines Mitglieds in eine „verschworene Gemeinschaft“ zu bekräftigen („Jeder Einzelne hat sich zu dem Kandidaten bekannt“.) Wahl mit verdeckten Stimmzetteln Auf (vorbereiteten) Stimmzetteln legt der Wahlberechtigte, vor den übrigen Teilnehmern verborgen, die Kandidaten seiner Wahl durch Ankreuzen der Namen oder einer Liste oder sonstige eindeutige Willensbekundungen fest. Diese Form der geheimen Abstimmung ist die bei Wahlen wohl am meisten verbreitete. Bei der Gestaltung des Stimmzettels ist darauf zu achten, dass ein eindeutiges Votum erzielt wird. Gibt es nur einen Kandidaten oder gleich viel Kandidaten wie zu besetzende Ämter, enthält der Stimmzettel die Wahlmöglichkeit Ja, Nein und Enthaltung. Gibt es mehrere Kandidaten, sind die Namen so aufzuführen, dass eine eindeutige Wahl durch einfaches Ankreuzen möglich ist. Die Satzung kann vorsehen, dass auch bei mehr Kandidaten als Ämtern für jeden Kandidaten mit Ja/Nein/Enthaltung gestimmt werden kann. Gewählt sind dann die Kandidaten mit mehr Ja- als Nein-Stimmen (oder – etwas restriktiver – der absoluten Mehrheit von Ja-Stimmen), und zwar in der Reihenfolge der größten Differenz der Ja- und Nein-Stimmen. So erreicht man, dass nur Kandidaten gewählt sind, die das Vertrauen einer Mehrheit der Abstimmenden haben. Häufig sehen Satzungen für Wahlen eine qualifizierte Mehrheit vor, z. B. ist für die Wahl die einfache Mehrheit, d. h. mehr als die Hälfte der abgegebenen gültigen Stimmen (vgl. Kap. 9) erforderlich. Wenn es deutlich mehr Kandidaten als zu besetzende Ämter gibt, führt dies oft dazu, dass einige oder alle Kandidaten dieses Ziel nicht erreichen. Für diesen Fall sieht die Satzung meist eine Stich-
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wahl unter den Kandidaten mit den meisten Stimmen vor. Fehlt eine solche Satzungsbestimmung, wird man nach dem ersten Wahlgang diejenigen Ämter erneut zur Wahl stellen, die mangels entsprechender Mehrheit nicht besetzt werden konnten. Gelegentlich sieht die Satzung ausdrücklich vor, dass in einem solchen weiteren Wahlgang die relative Mehrheit ausreicht. Ist das nicht der Fall, sind nur Kandidaten gewählt, die mit der satzungsgemäßen Mehrheit gewählt wurden.52 Wird die Wahl schriftlich durchgeführt (Briefwahl), ist eine Stichwahl sehr aufwändig. In solchen Fällen wird gelegentlich ein Verfahren der „Integrierten Stichwahl“ (auch „Rangfolgewahl“ genannt) angewandt, bei der die Wähler eine Rangfolge der Kandidaten angeben.53 Gemeinsame Wahlen In der Regel bezieht eine Wahl sich auf Einzelpersonen. Es gibt aber verschiedene Verfahren, mit denen die Besetzung mehrerer Ämter in einem Durchgang möglich ist. Zweck der im Folgenden beschriebenen Verfahren ist die Beschleunigung des Ablaufs und eine rationelle Sitzungsführung. Wahl per Abstimmung „En bloc“ Liegen genau so viele Vorschläge vor, wie Ämter zu besetzen sind, und herrscht Einigkeit über die Zuordnung der Personen zu den zu besetzenden Ämtern, können mehrere Kandidaten im gleichen Wahlgang „en bloc“ gewählt werden. Die Ablehnung auch nur eines Kandidaten durch nur einen Wahlberechtigten erfordert allerdings die Durchführung der Einzelabstimmung. Dem Wunsch eines Wahlberechtigten, die Wahl eines Kandidaten „aus dem Block zu nehmen“, ist daher stets zu entsprechen. Diese Form der Wahl wird meist in offener Abstimmung oder per Akklamation durchgeführt. Listenwahl Zur Wahl stellen sich mehrere Listen, von denen jede mindestens so viele Bewerber enthalten soll, wie Ämter zu besetzen sind. Die Ämter werden dann nach dem Verhältnis der auf die Listen entfallenen Stimmen (siehe Kap. 9.2) gemäß der Reihenfolge der Bewerber auf der Liste besetzt.
52 53
OLG München, NJW-RR 2008, 993 http://de.wikipedia.org/wiki/Instant-Runoff-Voting
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Die Wahl erfolgt in der Regel mit verdeckten Stimmzetteln, auf denen ein zuvor verabredeter Listenname oder die zuvor bekannt zu gebende laufende Nummer der zu wählenden Liste zu vermerken oder anzukreuzen ist. Die Wahl oder Nichtwahl einzelner Bewerber einer Liste ist bei diesem Verfahren nicht möglich. Liegt nur eine gültige Liste vor, so gelten die aufgeführten Kandidaten als zur Einzelabstimmung vorgeschlagen. Dann müssen also einzelne Kandidaten gewählt (angekreuzt) werden. Hier gelten die im folgenden beschriebenen Regeln für die Blockwahl. Blockwahl Aus einer Vorschlagsliste hat der Wähler eine festgelegte Anzahl von Kandidaten zu wählen: Manchmal ist in der Satzung oder Geschäftsordnung eine Mindestanzahl, immer aber eine Höchstzahl der Stimmen (entsprechend der Anzahl der zu besetzenden Ämter) festgelegt. Werden mehr oder weniger Kandidaten angekreuzt als festgelegt, ist der Stimmzettel ungültig. Gewählt sind, soweit die Satzung nichts anderes vorsieht, die Kandidaten mit den meisten Stimmen, bei Stimmengleichheit erfolgt eine Stichwahl in Form der Einzelabstimmung. Das Gleiche gilt, wenn für den ersten Wahlgang die einfache oder die absolute Mehrheit gefordert ist, aber ein Teil der Kandidaten (oder alle) diese Mehrheit nicht erreicht haben. Der Sitzungsleiter kann dann auch vorschlagen, dass die Kandidaten, die im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit verfehlt haben, sich der Stichwahl ebenfalls per Blockwahl stellen. Gewählt sind dann in diesem zweiten Wahlgang die Kandidaten in der Reihenfolge der Stimmen, bis die Zahl der zu besetzenden Ämter erreicht ist. Wenn die Satzung dies vorsieht (und nur dann), können eigene Kandidaten der Liste hinzugefügt werden. Stimmenhäufung auf einen oder mehrere Kandidaten ist unzulässig, es sei denn, die Satzung sieht das ausdrücklich vor54. Der Vorteil der Blockwahl liegt in der schnellen Besetzung mehrerer Ämter. Rechtlich spricht nichts gegen ein solches Verfahren, wenn es in der Wirkung einer entsprechenden Zahl von Einzel-Wahlgängen entspricht.55 Dem stehen gewichtige Nachteile gegenüber: Vor allem wenn die Mindestanzahl der Stimmen gegenüber der Zahl der zu besetzenden Ämter hoch ist, werden Wahlberech-
Dagegen spricht schon das Prinzip „ein Mitglied, eine Stimme“. Außerdem entspricht die Sammelabstimmung einer entsprechenden Zahl von Einzelabstimmungen, bei denen es auch nicht möglich wäre, einem Kandidaten mehr als eine Stimme zu geben. (BGH 28.11.88 II ZR 96/88 NJW 1989, 1212). 55 BGH 12.12.88 AnwZ(B) 45/88 NJW 1989, 1150 54
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tigte gezwungen, Kandidaten zu wählen, die eigentlich ihr Vertrauen nicht genießen, da andernfalls der Stimmzettel ungültig würde. Diesen Nachteil verhindert der Passus, dass man andere Kandidaten der Liste zufügen kann. Sonst wird man außer den „eigenen“ Kandidaten diejenigen (des Gegners) wählen, die auf jeden Fall genügend Stimmen bekommen, also keinesfalls dessen Kandidaten mit knapper Chance. Ein weiterer Nachteil ist es, dass die bei Wahlen üblichen Absprachen leicht unterlaufen werden können, da die Wahl ja in nur einem Durchgang erfolgt. Denn die hintergangene Fraktion, die der Absprache entsprechend gewählt hat, kann die andere für den Bruch der Absprache nicht mehr unmittelbar z.B. durch entsprechende Revanche zur Rechenschaft ziehen. Die konkrete Durchführung der Wahl ist im Flussdiagramm auf Seite 66f. beschrieben.
9 Die Mehrheit 9 Die Mehrheit
Die Mehrheit ist das für einen Beschluss erforderliche Verhältnis der positiven Stimmen zur Gesamtzahl der Stimmen. Man unterschiedet jeweils die Mehrheit
• • • •
aller Stimmberechtigten oder aller anwesenden Stimmberechtigten oder aller abgegebenen oder aller gültigen Stimmen.
In der Satzung oder Geschäftsordnung kann die „Qualität“ der Mehrheit geregelt sein. Hierfür werden folgende Fachbegriffe verwendet: Einstimmigkeit: Sämtliche (anwesenden) Stimmberechtigten stimmen ausdrücklich zu. (Keine Nein-Stimmen, keine Enthaltungen) Einmütigkeit: Der Beschluss wird ohne Gegenstimmen (bei Enthaltungen) gefasst. Qualifizierte Mehrheit ( z.B. 2/3-Mehrheit): Mindestens der angegebene Anteil stimmt zu. Absolute Mehrheit: Mehr als die Hälfte der (anwesenden) Stimmberechtigten stimmt zu, also mehr als die Summe der Nein-Stimmen und Enthaltungen. Einfache Mehrheit: Mehr zustimmende als ablehnende Stimmen bzw. mehr als die Hälfte der abgegebenen gültigen Stimmen (Enthaltungen zählen dabei nicht mit). Relative Mehrheit: Der Vorschlag (Kandidat) mit den gegenüber den anderen meisten Stimmen gilt als angenommen. Stimmengleichheit: In diesem Fall gilt der Antrag, sofern die Satzung nichts anderes vorsieht, als abgelehnt. (Analogie: beim Skatspiel gilt auch das Spiel 60:60 als verloren.)
H. Meier, Zur Geschäftsordnung, DOI 10.1007/978-3-531-93019-0_9, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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9 Die Mehrheit
Manchmal sieht die Satzung vor, dass die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag gibt. Sinnvoll kann diese Bestimmung vor allem in Ausschüssen sein, deren Vorsitzender („Sprecher“) vom Hauptgremium gewählt ist, da so dessen Mehrheitsverhältnisse im Zweifelsfall auf den Ausschuss durchschlagen. Beispiel: 1038 Stimmberechtigte/abgegebene Stimmen: 3/4 Mehrheit 779 (3/4 ⋅ 1038=778,5) 2/3 Mehrheit 692 (2/3 ⋅ 1038=692) Absolute Mehrheit: 520 (1/2 ⋅ 1038=519) Ist die („absolute„) Mehrheit gefordert, ist bei einer Stimmenverteilung von A = 517, B = 385, C = 104 und 24 Enthaltungen der Kandidat A trotz deutlicher, aber eben nur „relativer Mehrheit“ nicht gewählt.56
9.1 Bewertung von Stimmen und Stimmzetteln Das Vereinsrecht (und die analoge Anwendung in anderen Bereichen) bestimmt: Es entscheidet die Mehrheit der erschienenen Mitglieder (§ 32, Ziff. 2, Satz 3 BGB). Die Satzung kann jedoch eine andere Regelung vorsehen. Immer wieder führt es in der Praxis zu Diskussionen, wie Enthaltungen und leere Stimmzettel zu bewerten sind, ob also bei der Ermittlung der Mehrheit
ungültige Stimmen, Stimmenthaltungen, an der Abstimmung sich nicht beteiligende Mitglieder und Mitglieder mit ruhendem Stimmrecht
In dem geschilderten Zahlenbeispiel (Bundespräsidentenwahl 1959) erhielt der Kandidat A (Dr. Lübke) dann im zweiten Wahlgang mit 526 gegen 386 (Prof. Carlo Schmid) und 99 (Dr. Becker) bei 22 Enthaltungen die erforderliche absolute Mehrheit
56
Bewertung von Stimmen und Stimmzetteln
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mitzurechnen sind oder nicht. Der Bundesgerichtshof hat diese Frage dahingehend entschieden, dass bei der Beschlussfassung im Verein die Mehrheit nur nach der Zahl der abgegebenen Ja- und Nein-Stimmen zu berechnen ist; Enthaltungen und ungültige Stimmen sind nicht mitzuzählen57. Dementsprechend zählen auch etwa anwesende Mitglieder mit ruhendem Stimmrecht nicht mit, da sie sonst wie Nein-Stimmen wirken würden. Fehlt also eine ausdrücklich andere Satzungsregelung, so werden ungültige Stimmen und Enthaltungen nicht berücksichtigt. Dies steht auch dem Gesetzeswortlaut nicht entgegen. Soll die Stimmenthaltung dennoch entgegen der Regel die Bedeutung einer Nein-Stimme haben, so muss dies aus der Satzung so eindeutig ablesbar sein, dass das einzelne Vereinsmitglied über die Bewertung seines Abstimmungsverhaltens bei vernünftiger Würdigung des Satzungswortlauts nicht im Zweifel sein kann.58 Auch die Gültigkeit einer Stimme (insbesondere eines Stimmzettels bei geheimen Wahlen) ist nicht immer klar. Ungültig ist ein Stimmzettel grundsätzlich, wenn er den Willen des Abstimmenden nicht zweifelsfrei erkennen lässt (Beispiel: unleserlicher Name des gewünschten Kandidaten) oder wenn er nicht den Anweisungen entsprechend ausgefüllt ist und dies für die Abstimmung erheblich ist oder wenn eine feste Zahl von Stimmen vorgeschrieben ist („Sammelabstimmung„) und zu wenige oder zu viele Kandidaten angekreuzt sind59 oder wenn er einen Vorbehalt enthält (z.B. „Meine Stimme soll nur dann berücksichtigt werden, wenn mindestens 1 Frau in den Vorstand gewählt ist“) oder wenn der Umschlag mehr als einen oder einen anderen als den vorgeschriebenen oder sonstwie unvorschriftsmäßigen Stimmzettel enthält oder wenn der Stimmzettel leer ist und Enthaltungen nicht zugelassen sind bzw. nach vorheriger Anweisung als solche zu kennzeichnen waren. Bei Wahlen gilt hinsichtlich der Beurteilung von leeren Stimmzetteln, leeren Umschlägen, Nein-Stimmen und Enthaltungen das Gleiche wie bereits für Abstim-
BGH 12.1.1987 II ZR 152/86 NJW 87,2430 (grundsätzlich); BGH 08.12.1988 V ZB 3/88 NJW 89, 1090; OLG München, NJW-RR 2008, 993 58 ebd. und BGH, 25.1.1982 II ZR 164/81 NJW 82, 1585 59 Hat der Abstimmende zunächst versehentlich zu viele Kandidaten angekreuzt, dann aber vor der Abgabe des Stimmzettels wieder so viele eindeutig gestrichen, dass die Höchstzahl nicht überschritten wurde, ist der Stimmzettel gültig (BGH 28.11.88 II ZR 96/88 NJW 1989, 1212 57
160
9 Die Mehrheit
mungen erwähnt. Ist also ausdrücklich die „Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen“ gefordert, so muss die Zahl der positiven Stimmen des gewählten Kandidaten die Summe der Stimmen der anderen Kandidaten übersteigen. Würde man hier die Enthaltung als gültig mitzählen, wirkte sie wie eine Ablehnung aller Kandidaten. Dies widerspricht allerdings dem Sinn der Enthaltung, denn der Abstimmende will sich ja gerade einer Entscheidung „enthalten“. Würde seine Stimme für die Entscheidung wirksam, wäre er hinsichtlich der betreffenden Wahl ja gerade nicht „enthaltsam“. Anders zu bewerten ist die Neinstimme. Hier will der Abstimmende ausdrücken, dass er keinen der Kandidaten bzw. bestimmte Kandidaten nicht wählen möchte. Die Neinstimme ist eine gültige Stimme. Denn würde sie als ungültig gewertet, würde das den vom Wähler beabsichtigten Zweck verfehlen. Besonders problematisch können Umschläge sein, die überhaupt keinen Stimmzettel enthalten: Literatur und Rechtsprechung sind zu diesem Thema wenig ergiebig. Aus der Logik der Wahl mit verdeckten Stimmzetteln heraus dürfte es sich empfehlen, folgendermaßen zu verfahren: Ist die Wahl auf Zustimmung oder Ablehnung nur eines Kandidaten beschränkt, gelten nur „Ja“, „Nein“ und „Enthaltungen“ als gültige Stimmen. Der leere Umschlag oder der leere Stimmzettel zählt als nicht „gültige Stimme“, da er kein Wählervotum enthält. Stehen mehrere Kandidaten zur Wahl und ist „die Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen“ gefordert, so wird ein leerer Umschlag/Stimmzettel und ein Stimmzettel mit dem Zusatz „Enthaltung“ als ungültig gewertet (der Abstimmende will keine Entscheidung treffen, beteiligt sich also bewusst nicht an dieser Wahl). Dagegen ist ein Stimmzettel, der mit einem „Nein“ versehen ist oder bei dem alle Namen durchgestrichen sind, eine gültige Stimme, denn der Wähler lehnt alle Kandidaten ab. Insgesamt muss der gewählte Kandidat dann mehr positive als negative (d.h. Nein-)Stimmen erhalten: Mit der Neinstimme dokumentieren die Wähler, dass sie gegen alle Kandidaten Bedenken haben. Ist jedoch in der Satzung explizit die Mehrheit „der abgegebenen Stimmen“ gefordert, so zählen leere Umschläge als nicht abgegebene Stimme, dagegen leere Stimmzettel, Enthaltungen und Nein-Stimmen als abgegeben und als gültig. Denn der Wortlaut legt nahe, dass jeder in der Abstimmung „Farbe bekennen“ soll. Dann wirkt jede andere Stimme, die nicht einem Kandidaten gegeben wird, als Ablehnung aller. Den leeren Umschlag allerdings als „nicht abgegeben“ zu werten, macht Sinn, weil sonst ein Stimmberechtigter sich nur dann der Entscheidung enthalten könnte, wenn er keine Stimme abgäbe oder
Verfahren zur proportionalen Sitzverteilung
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den Sitzungssaal für die Dauer der Abstimmung verließe. Dann aber würde seine Nichtbeteiligung registriert und dies widerspricht dem Sinn der geheimen Abstimmung. Leider ist das Ganze sehr komplex und für die meisten Mitglieder etwas verwirrend. Deshalb ist es unbedingt angeraten, dass der Sitzungsleiter zuvor sehr klar und unmissverständlich ankündigt, wie leere Stimmzettel und leere Umschläge gewertet werden und wie sich das auf das Ergebnis auswirkt. Bei Listenwahlen (Bundestagswahl und dgl.) gelten grundsätzlich nur die ordnungsgemäß gekennzeichneten Stimmzettel als gültig und alle anderen als ungültig: Hier hat der Wahlberechtigte außer durch Nichtbeteiligung keine Möglichkeit, Entscheidungsunlust oder Unmut auszudrücken – es sei denn, die Wahlordnung sieht ein „Quorum“ vor, bei dem die Zahl der Delegierten von der Beteiligung der entsendenden Wähler an der Wahl abhängig macht. Hierbei wirkt die Nichtbeteiligung wie ein Protest gegen die Wahl bzw. alle Kandidaten, während eine ungültige Stimme aussagt, dass der Wähler sich nicht entscheiden will oder kann. Wenn die Frage der erforderlichen Mehrheit und der Gültigkeit von Stimmen in der Satzung nicht explizit angesprochen werden, wird man nach den hier beschriebenen Regeln vorgehen. Gibt es Probleme, sollte das Anlass sein, für die Zukunft – und unabhängig vom Einzelfall – eine entsprechende Satzungsänderung zu beantragen, die Klarheit schafft.
9.2 Verfahren zur proportionalen Sitzverteilung Im Verhältniswahlrecht wird nach Listen gewählt: Es konkurrieren mehrere Listen um eine Anzahl von gleichwertigen Ämtern. Wie viele Sitze nach der Wahl auf die einzelnen Listen entfallen, richtet sich nach dem Verhältnis der Stimmen der Listen zueinander. Hierfür werden üblicherweise drei Verfahren herangezogen: Das „d’Hondtsche Höchstzahlverfahren“ ist das im parlamentarischen Raum nach wie vor bekannteste. Hierbei werden die Sitze nach der „Höchstzahl“ verteilt, d.h. eine Liste erhält einen Sitz, solange nicht eine andere mit höherer Stimmenzahl einen Sitz zu erhalten hat; dies wird rein rechnerisch dadurch erreicht, dass die Stimmen jeder Liste durch 1, 2, 3, 4 usw. geteilt werden und die dabei sich ergebenden Quotien-
162
9 Die Mehrheit
ten die „Höchstzahlen“ darstellen, nach deren Reihenfolge dann die Sitze zugeteilt werden. Das ist nicht so kompliziert wie es im ersten Augenblick aussieht. Das folgende Beispiel macht das Verfahren anschaulich: Bei einer Wahl, bei der 19 Sitze zu besetzen sind, erhielten die drei Listen A B C Summe
83 Stimmen 74 Stimmen 21 Stimmen 178 Stimmen
Die Stimmen der einzelnen Listen werden wie unten dargestellt in eine Tabelle eingetragen und zeilenweise durch 1, 2, 3, ... geteilt. Dann werden die Sitze jeweils den höchsten „noch freien“ Zahlen zugeordnet, bis alle verteilt sind. Dann ergibt sich in unserem Beispiel die Sitzverteilung wie folgt: A Stimmen/
B Sitz Nr.
Höchstzahl
C
Stimmen/
Sitz
Stimmen/
Höchstzahl
Nr.
Höchstzahl
Sitz Nr.
geteilt durch
83
1
74
2
21
7
:1
41,50
3
37,00
4
10,50
16
:2
27,67
5
24,67
6
7,00
:3
20,75
8
18,50
9
5,25
:4
16,60
10
14,80
11
4,20
:5
13,83
12
12,33
13
3,50
:6
11,86
14
10,57
15
3,00
:7
10,38
17
9,25
18
2,63
:8
9,22
19
8,22
(21)
2,33
:9
8,30
(20)
7,40
Sitze:
9
2,10 8
:10 2
Summe
Liste A hat demnach 9, Liste B 8 und Liste C 2 Sitze in diesem Gremium. Zugleich regelt das Verfahren auch den Proporz in etwaigen Ausschüssen. Denn man wendet nun die gleichen Höchstzahlen auch auf kleinere Gremien an. Beispiel: In einem 5er Ausschuss ist die Liste A mit 3, B mit 2 Sitzen und C überhaupt nicht vertreten, im 7er Ausschuss A mit 3, B mit 3 und C mit 1 Sitz.
Das Hare’sche Verfahren Weil das d’Hondt-Verfahren vor allem bei der Ausschussbesetzung kleinere Fraktionen tendenziell benachteiligt, wurde aufgrund der Ergebnisse der Bundes-
Verfahren zur proportionalen Sitzverteilung
163
tagswahl 1996 beschlossen, stattdessen das „Verfahren der mathematischen Proportion“ nach Hare/Niemeyer anzuwenden60. Um die Zahl der Sitze zu erhalten, teilt man bei diesem Verfahren die Fraktionsstärke F durch die Gesamtzahl der Mitglieder des Parlaments P und multipliziert sie mit der Ausschussgröße A. S = F/P · A Aus der Zahl vor dem Komma ergibt sich zunächst die Zahl der Sitze je Fraktion. Etwaige „Restsitze“ werden dann vergeben, indem die Dezimalstellen hinter dem Komma ihrer Größe nach geordnet und die Sitze dann nach dem höchsten Rest auf die einzelnen Fraktionen verteilt werden. Das ergibt in unserem Beispiel für den 5er Ausschuss: A B C
9/19 · 5 = 2,3684 = 3 Sitze 8/19 · 5 = 2,1053 = 3 Sitze 2/19 · 5 = 0,5263 = 1 Sitz
Damit hat die Liste C – anders als beim Verfahren nach d’Hondt – auch im 5erAusschuß einen Sitz. Bei der Landtagswahl 1987 in Hessen führte übrigens die Anwendung des Hare’schen Systems anstelle des d'Hondt-Verfahrens zum Regierungswechsel: Gegenüber d'Hondt erhielt anstelle der SPD die FDP den Sitz, der dann in der Koalition mit der CDU die Regierung ermöglichte. Schon an diesen Beispielen wird deutlich, dass das Verfahren der mathematischen Proportion die kleine Fraktion in der Regel begünstigt. Nachteil ist, dass bei bestimmten konkreten Mehrheitsverhältnissen eine Fraktion zwar mit 249 gegen 247 den Bundeskanzler hätte wählen können, aber in keinem einzigen Ausschuss die Mehrheit hätte, wenn man der Aufteilung nach dem Hare’schen System folgt.61 Saint Lague/Schepers -Verfahren Andere Divisor-Verfahren wie das von Saint Lague und ihre Modifikationen62 vermeiden die systembedingte Bevorzugung oder Benachteiligung der kleineren http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/azur/azur_2.html „Hare contra d’Hondt“ in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Heft 4, 1970, S. 442 ff); zu den Paradoxien der Verteilverfahren: Spektrum der Wissenschaft Heft 2/99 S. 70-73 62 http://de.wikipedia.org/wiki/Sainte-Laguë-Verfahren 60 61
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9 Die Mehrheit
Fraktionen beim d’Hondtschen bzw. Hare’schen Verfahren. Sie verwenden ähnlich wie das d’Hondt-Verfahren Höchstzahlen (hier „Rangmesszahlen“ genannt), es wird aber nicht – wie bei d’Hondt – durch 1,2,3,..., sondern durch 1,3,5, ... dividiert und aus den Ergebnissen dann die Sitzverteilung errechnet. A
B
C
Stimmen/ Rang- Sitz Nr. Stimmen/ Rang- Sitz Nr. Stimmen/ Rang- Sitz Nr. geteilt durch zahl zahl zahl 83 1 74 2 21 5 :1 27,67
3
24,67
4
7,00
10
16,60
6
14,80
7
4,20
(20)
11,86
8
10,57
9
3,00
:7
7,55
11
6,73
12
1,91
:11
6,38
13
5,69
14
1,62
:13
5,53
15
4,93
16
1,40
:15
4,88
17
4,35
19
1,24
:17
4,37
18
3,89
1,11
:19
3,95
(21)
3,52
1,00
:21
Sitze
9
8
2
:3 :5
Summe
Die Tabelle stellt dies anhand der gleichen Stimmverteilung wie oben beim d’Hondt-Verfahren dar. Es zeigt sich, dass nun die kleine Fraktion früher „an die Reihe“ kommt, das Gesamtergebnis sich bei 19 Sitzen aber nicht verändert. Wären 20 oder mehr Sitze zu besetzen, zöge als 20. Sitz aber die Höchstzahl der Liste C – anders als nach d’Hondt und zu Lasten der Listen A bzw. B. Auch in dem 5er-Ausschuss ist die Liste C nach diesem Verfahren vertreten. Damit entspricht dieses Verfahren insgesamt besser der Forderung63, dass jeder Ausschuss ein verkleinertes Abbild des Plenums ist und dessen Kräfteverhältnisse widerspiegeln soll. Allerdings hätte dann in der 13. Wahlperiode dieses Verfahren zu einer Pattsituation im Vermittlungsausschuss geführt, so dass hier dann wiederum das Verfahren nach d’Hondt – verfassungsrechtlich unbedenklich64 – ersatzweise angewandt wurde65. Aufgrund der Änderung des Bundeswahlgesetzes vom 17. März 2008 ist die Verteilung der Sitze auf die Landeslisten der Parteien gemäß den für die Listen
BVerfG 13.6.1989 2 BvE 1/88 (Wüppesahl) NJW 90, 373 BVerfG 17.9.1997 2 BvE 4/95 (Fraktions- und Gruppenstatus) NJW 98,3037 65 Bundestagsdrucksachen 13/542 und 14/21: „Führt das Verfahren St. Lague/Schepers nicht zu einer Wiedergabe der parlamentarischen Mehrheit, errechnet sich die Verteilung nach d’Hondt.“ 63 64
Das Zugreifverfahren
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abgegebenen gültigen Zweitstimmen zukünftig nach dem Divisorverfahren mit Standardrundung Sainte-Laguë/Schepers zu berechnen. Die Änderung wurde damit begründet, dass die vorher anzuwendende Hare/Niemeyer-Methode zu paradoxen Ergebnissen führten, die mit dem neuen Verfahren vermieden würden66. Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht67 dem Gesetzgeber aufgegeben, das Verfahren für künftige Bundestagswahlen so zu verändern, dass ein „Negatives Stimmgewicht“ vermieden wird. Die grundsätzliche Akzeptanz des Lague/ Schepers-Verfahrens berührt das allerdings nicht. Außerhalb der Parlamente – also in dem für dieses Buch relevanten Umfeld – haben diese Zahlenspiele aber wohl eher eine untergeordnete Bedeutung68. In der Alltagspraxis sind die Divisor-Verfahren weitgehend unumstritten. Sollte sich dennoch der Nachteil der „Unterdrückung“ sehr kleiner Fraktionen ergeben, pflegt man das durch die „beratende“ Teilnahme eines Mitgliedes, d.h. ohne Stimmrecht, oder innerhalb einer Koalition durch interne Absprache (oder über die sog. „Listenverbindung“, bei der die Fraktionsstärken addiert und wie eine einzige gezählt werden) auszugleichen. Um die Arbeitsfähigkeit von Kommissionen zu verbessern, räumt gelegentlich die Geschäftsordnung dem Vorsitzenden des Ausschusses das Recht des Stichentscheids bei Stimmengleichheit ein und lässt den Vorsitzenden vom Ursprungsgremium (mit den dortigen Mehrheiten) bestimmen, um die Gewichte noch etwas feiner auszutarieren.
9.3 Das Zugreifverfahren Neben der Zahl der Sitze in den Ausschüssen kommt der Rolle des Vorsitzenden eine große Bedeutung zu. Deshalb werden in der parlamentarischen Praxis bei mehreren Ausschüssen auch die Vorsitze (und die jeweiligen Stellvertreter) „proporzgerecht“ aufgeteilt. Da nicht alle Ausschüsse die gleiche politische Bedeutung haben und bestimmte Fraktionen besonderen Wert auf Einfluss in bestimmten inhaltlichen Fragen haben (z.B. die grüne Fraktion auf den Umweltausschuss), gibt es auch hierfür eine entsprechende Spielregel, das „Zugreifverfahren“: Zumeist nach der Sitzverteilung in den Fraktionen und Zahl der Ausschüsse wählt die Fraktion mit der ersten Höchstzahl den ersten gewünschten Posten für sich aus, dann die mit der nächsthöheren Zahl den nächsten usw.. BTDrucks 16/7461, S. 9 BVerfGE 121, 266 68 Zu den Verfahren im Einzelnen: www.bundestag.de/gremien/1431/azur/azur_1.html; www.wahlrecht. de/verfahren/index.html; Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages 1949-1999, S. 2085 ff 66 67
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9 Die Mehrheit
Sind alle Vorsitze vergeben, „greifen“ die Fraktionen in gleicher Weise nach den stellvertretenden Vorsitzenden. Auf diese Weise gelingt es meist, ohne langes Verhandeln zu fairen Lösungen zu kommen. So formal diese Verfahren auch zunächst scheinen mögen, so wichtig sind sie, um das Gerangel um die Sitze im demokratischen System von vornherein einzudämmen und sicherzustellen, dass jeder sich gerecht behandelt fühlt. Wobei zuzugeben ist, dass man mit dem Wort „gerecht“ schon die Pfade des Messbaren und des Objektiven wieder verlassen hat.
10 Abschließende Hinweise 10 Abschließende Hinweise
Mit dem formellen Schließen ist die Sitzung beendet. Alle weiteren Handlungen der Versammelten liegen außerhalb der Verantwortung des Gremiums und der Sitzungsleitung. Doch wirkt die Sitzung bei den Beteiligten meist nach: In der Diskussionen über den Verlauf und das Abstimmungsverhalten einzelner, mit der Vertiefung eventuell zutage getretener Übereinstimmungen und nicht zuletzt in der Durchführung der gefassten Beschlüsse.
10.1 Nachbereitung von Sitzungen Auf die „Legislative“ des Beschlussgremiums folgt die „Exekutive“: Die Beschlüsse sind wirksam geworden und müssen ausgeführt werden, die Öffentlichkeit, die Presse und evtl. das Vereinsregister sind zu informieren, die Gewählten nehmen ihr Amt auf. Es würde den Rahmen dieses Buches sprengen, über die nun folgenden Zuständigkeiten umfassende Angaben zu machen, zumal es – anders als im Sitzungsablauf – kaum ein Gewohnheitsrecht gibt. Stets aber hat in erster Linie der Sitzungsleiter, sofern ihm die Ausführung nicht selbst obliegt, die Beschlüsse mit Unterstützung des Protokollanten zu dokumentieren und dem zuständigen Organ, d.h. vor allem der ausführenden Stelle bekannt zu geben. Seine Aussage über Ergebnis und Wortlaut ist dabei maßgebend. Im Streit- oder Anfechtungsfall dürfte es allerdings opportun sein, die Ausführung bis zur Bestätigung oder Korrektur durch das Gremium – ggf. in einer zu diesem Zweck einberufenen Sondersitzung – auszusetzen. Der Sitzungsleiter hat jedoch wie jeder andere Teilnehmer nicht das Recht, eine solche Sitzung oder die Ausführung des Beschlusses oder dessen Aussetzung zu verlangen. Insofern kann er also das Exekutivorgan auch nicht kontrollieren, d.h. bei dem übermittelten Beschluss nicht die Ausführung fordern oder verhindern. Ihm stehen also lediglich die auch jedem anderen Mitglied gegebenen Mittel offen.
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10 Abschließende Hinweise
Neben diesen formalen Fragen ist die Nachbereitung von Sitzungen auch auf anderer Ebene wichtig: Gerade hier lernt man Freunde und Gegner von einer anderen Seite kennen und vielleicht schätzen. Vor allem für den Neuling ergeben sich zahllose Möglichkeiten, Kontakte zu knüpfen und zu vertiefen. So ist der „inoffizielle Teil“ von Versammlungen für den internen Meinungs- und Informationsaustausch wichtig: Nicht von den Regeln der Geschäftsordnung und leider oft auch nicht der Höflichkeit und Achtung gegenüber den Gegnern eingeengt, werden hier ungeschminkt Ansichten geäußert, die man sich offiziell nicht zu eigen machen könnte. Man erhält zudem konkrete Sachinformationen interner Art: Wie wer zu wem steht, wo die Grenzen zwischen den internen Fraktionen verlaufen und wie deren Machtstrukturen aussehen: Insbesondere zu später Stunde, wenn die Selbstkontrolle durch einige Gläschen Alkohol aufgeweicht ist, können Tatsachen und Zusammenhänge bekannt werden, die in einer öffentlichen Sitzung nie zutage getreten wären. Doch einen wichtigen, da heilsamen Effekt haben die Gespräche und das „gemütliche Beisammensein“ im Anschluss an Sitzungen: Hier können die zuvor hart geführten Kontroversen menschlich gesehen wieder etwas relativiert und in den Bereich des kameradschaftlichen Ringens um die gemeinsame Sache zurückgeführt werden.
10.2 Praktische Übungsmöglichkeiten Bei aller zwischenmenschlichen Betätigung, wozu das gemeinsame Kaninchenzüchten ebenso gehört wie das Leben in der Ortsgruppe der Partei oder die Mitarbeit im Elternausschuss, ist vom Sprung ins kalte Wasser noch viel weniger zu halten als beim Schwimmenlernen. Auch in der Gruppe werden Sie sich erst nach längerem Einfühlen „freigeschwommen“ haben. Bei Ihren ersten Versuchen sollten Sie daher zunächst einmal zuhören! Mit dem Wissen dieses Buches werden Sie bald einige Regeln und Tricks wiedererkennen. Sind Sie Mitglied eines Vereins? Dann beenden Sie ihr Karteileichen-Dasein und gehen Sie mal zur Mitgliederversammlung! Sagen Sie freundlich guten Tag und ansonsten erst einmal nicht wesentlich mehr. Hören Sie zu, beobachten Sie, wer redet und ob er Zustimmung findet; versuchen Sie zu erraten, wer seiner Ansicht ist und wer nicht (das hilft Ihnen später, wenn Sie selbst aus der Reaktion anderer erkennen müssen, wie weit Sie verbal gehen können). Bald werden Sie wahrscheinlich schon die ersten Anzeichen einer Struktur entdecken: Bestimmte Leute, die (fast) immer der gleichen Meinung sind, Einzelne, deren Wort besonderes Gewicht zu haben scheint und andere, denen offenbar kaum jemand richtig zuhört.
Praktische Übungsmöglichkeiten
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Schon im Verlauf dieser ersten Orientierungsphase werden Sie Diskussionen anders erleben als zuvor. Nutzen Sie nun selbst Gelegenheiten, bewusst zu üben. Außer der Diskussion sollten Sie auch das „Formale“, die Verfahrensregeln kennen lernen: Scheuen Sie sich nicht, auch hier erst zu beobachten. Allerdings wird man sich im lockeren Beisammensitzen unter Taubenzüchtern kaum um Regeln der GO kümmern. Ganz anders selbst in den untersten Organen der Parteien und aller Gremien und Versammlungen, in denen irgendwie „Politik“ gemacht wird oder in denen es um Geld oder Prestige geht. Will oder kann man nicht unmittelbar in die Praxis einsteigen, gibt es Möglichkeiten den „Ernstfall“ zunächst eher spielerisch zu üben: In Seminaren über Diskussionstechniken wird neben der Vermittlung der Grundregeln der Dialektik und Rhetorik viel Raum für praktische Übungen gelassen. Die Seminare des Verfassers schließen neben solchen meist einfachen Übungen auch kleine Planspiele ein, die eine Simulation der in Gremien ablaufenden Entscheidungsprozesse ermöglichen, die man sonst nur in der Praxis üben kann. Doch auch mit der zweifellos wertvollen Hilfestellung eines effektiven Seminars lernen Sie nur in der Praxis, sich gewandt und sicher auf dem mitunter schwierigen Gebiet zu bewegen: Erfahrung ist auch hier (fast) alles, und Erfahrung kann jeder nur selbst für sich erwerben.
Anhang 1 Anhang 1
Anleitung zum Lesen der Flussdiagramme Flussdiagramme werden unter anderem in der Kybernetik eingesetzt, um die Abläufe auch von komplizierten Prozessen einfach, anschaulich und übersichtlich darzustellen. Auch in Sitzungen gibt es eine Reihe formaler Schemata, die nach immer gleichen Gesetzmäßigkeiten ablaufen, deren Ablauf sich aber an bestimmten Stellen variabel gestaltet. Da liegt es nahe, solche Abläufe in einem Flussdiagramm darzustellen und zu veranschaulichen. Ein Flussdiagramm ist sehr leicht zu lesen, wenn man die wenigen (hier etwas vereinfachten) Grundregeln kennt: Die Handlung beginnt bei
und endet bei Rechtecke bedeuten
Start
Stop Handlungen des Sitzungsleiters
oder kursiv gesetzt: Ereignisse bzw. Folgen dieser Handlungen. Einzelne Schritte werden durch Pfeile Richtung angegebenen Reihenfolge verknüpft.
miteinander in der durch deren
Sechsecke stellen Verzweigungen dar, bei denen die Handlung je nach der Ja/Nein-Antwort auf die gestellte Frage weiterverfolgt wird. Mit solchen Verzweigungen kann eine
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Anhang 1
Handlung auch mehrmals wiederholt werden, dies nennt man dann eine „Schleife“. Zur Verdeutlichung eines ganzen Ablaufs ein Beispiel: Herr X steht in der Küche, um sich ein Ei zu braten. Start
ja
Ei, Fett, Pfanne und eine betriebsbereite Brennstelle vorhanden?
Brennstelle einschalten, Pfanne drauf, Fett rein, heiß werden lassen, Ei nehmen und aufschlagen, in die Pfanne gleiten lassen, etwas Salz aufstreuen
nein
Herr X muss wohl auf sein Ei verzichten oder sich was anderes einfallen lassen...
Das Ei brutzelt vor sich hin...
Kurze Zeit warten ja
nein Ist das Ei fertig? Stop
Bei Stop ist der beschriebene Vorgang zu Ende. Herr X wird es dabei allerdings kaum bewenden lassen. Im positiven Fall wird er das Ei servieren und aufessen. Das Zeichen Stop ist also nur das Ende des zu beschreibenden Vorgangs: Meist fügen sich weitere Handlungen an. In diesem Fall ist im Buch ein entsprechender Vermerk in ((Doppelklammern)) zu finden.
Anhang 2: Muster-Geschäftsordnung
Geschäftsordnung (GO) für die Mitgliederversammlungen des XY e. V. § 1 Geltungsbereich Die GO regelt den Ablauf der Mitgliederversammlungen (MV) von XY e. V. und ergänzt insoweit die jeweils gültige Satzung. Die Bestimmungen der Satzung haben jeweils Vorrang. § 2 Öffentlichkeit Mitgliederversammlungen sind vereinsöffentlich. Der Vorstand ist berechtigt, Personen, die nicht Mitglieder von XY e. V. sind, als Gäste zur MV zuzulassen, sofern deren Anwesenheit erforderlich ist. Über die Zulassung weiterer Gäste entscheidet die MV mit einfacher Mehrheit. § 3 Einberufung Die Einberufung der MV richtet sich nach der Satzung. Der Einladung sollen die zur Beschlussfassung stehenden Anträge und – soweit erforderlich – die Wahlunterlagen beigefügt werden. § 4 Versammlungsleitung (1) Der Vorsitzende eröffnet die Sitzung und stellt die Ordnungsmäßigkeit der Einberufung (Form/Frist) und die Stimmberechtigung der Anwesenden fest. (2) Anschließend führt er die Wahl des Versammlungsleiters (VL) durch. Der VL soll nicht dem Vorstand von XY e. V. angehören oder für ihn kandidieren. Die MV wählt den VL mit einfacher Mehrheit. (3) Im Falle der Beratung und Abstimmung eines den VL selbst betreffenden Gegenstands leitet für die Dauer der Behandlung des betreffenden Gegenstands der Vorsitzende die Versammlung; ist auch dieser betroffen, wählt die MV für die Dauer der Behandlung des betreffenden Gegenstands einen zeitweiligen Versammlungsleiter. (4) Soweit erforderlich, kann der VL zu seiner Unterstützung Stimmenzähler ernennen.
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Anhang 2: Muster-Geschäftsordnung
(5)
Dem Versammlungsleiter stehen alle zur Aufrechterhaltung der Ordnung erforderlichen Befugnisse zu (Wort entziehen, Ausschluss von Teilnehmern, Unterbrechung der Versammlung, Auflösung der Versammlung). Er selbst kann jederzeit zum Verfahren das Wort ergreifen.
§ 5 Protokollführung (1) Der Protokollführer wird durch die MV mit einfacher Mehrheit gewählt. Er erstellt ein Protokoll, aus dem Uhrzeit, Versammlungsort, Zahl der stimmberechtigt erschienenen Mitglieder, die Tagesordnung und die Gegenstände der Beschlussfassung in der Reihenfolge der Behandlung, die Beschlüsse im Wortlaut und die Abstimmungsergebnisse ersichtlich sind. (2) Auf Verlangen müssen abgegebene Persönliche Erklärungen in das Protokoll aufgenommen oder diesem als besondere Anlage beigefügt werden. (3) Die Protokolle sind binnen sechs Wochen zu erstellen, von mindestens zwei Vorstandsmitgliedern, dem Versammlungsleiter und dem Protokollführer zu unterzeichnen und den Mitgliedern unverzüglich zugänglich zu machen. § 6 Tagesordnung (1) Die Tagesordnung einer ordentlichen MV muss folgende Punkte enthalten: a) Wahl des Versammlungsleiters b) Wahl des Protokollführers c) Feststellung der Stimmliste d) Genehmigung des Protokolls der letzten MV e) ... (2) Der VL stellt die in der Einladung vorgeschlagene Tagesordnung zur Diskussion; über Änderungen der Tagesordnung entscheidet die Versammlung mit einfacher Mehrheit. (3) Die Aufnahme zusätzlicher, im Vorschlag nicht enthaltener Tagesordnungspunkte bedarf der Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen. (4) Über Satzungsänderungen kann nur abgestimmt werden, wenn sie in dem mit der Einladung übersandten Tagesordnungsvorschlag enthalten waren. § 7 Behandlung von Tagesordnungspunkten (TOP) (1) Der VL eröffnet für jeden Beratungsgegenstand, der auf der Tagesordnung steht, die Aussprache. (2) Die Versammlung kann auf Antrag die gemeinsame Beratung und Beschlussfassung von zwei oder mehr Gegenständen beschließen, sofern zwischen ihnen ein Sachzusammenhang besteht.
Geschäftsordnung (GO) für die Mitgliederversammlungen des XY e. V.
(3) (4)
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Sofern sie dies wünschen, erhalten zu den einzelnen Anträgen der Antragsteller zur Begründung und der Vorstand zur Stellungnahme das Wort. Zu jedem zur Abstimmung gelangenden Gegenstand ist eine Rednerliste aufzustellen. Zur Aussprache über den Antrag erteilt der VL das Wort in der Reihenfolge der Rednerliste. Die Eintragung in die Rednerliste wird in der Reihenfolge der Wortmeldungen vorgenommen. Auf Verlangen eines Teilnehmers gibt der VL die auf der Rednerliste stehenden Wortmeldungen bekannt. Der VL kann selbst zu Verfahrensfragen jederzeit das Wort ergreifen; in besonderen Fällen kann er Rednern außer der Reihe das Wort erteilen, wenn dies für den Gang der Verhandlung förderlich ist. Nach dem Schluss der Aussprache stellt der VL etwaige Änderungs- und Ergänzungsanträge und anschließend den jeweiligen – ggf. entsprechend geänderten - Antrag zur Abstimmung. Vor jeder Beschlussfassung ist Befürwortern und Gegnern angemessene Gelegenheit zu geben, ihre Standpunkte vorzutragen. Mit der Abstimmung ist der TOP abgeschlossen.
§ 8 Begrenzung der Redezeit Sofern ihm dies aufgrund der zeitgerechten Abwicklung der Tagesordnung angeraten erscheint, schlägt der VL eine Begrenzung der Redezeit vor und stellt sie zur Abstimmung. Die MV entscheidet darüber mit einfacher Mehrheit. § 9 Anträge zum Verfahren und zur Geschäftsordnung (GO-Anträge) (1) GO-Anträge können jederzeit gestellt werden. Der VL kann verfügen, dass GO-Anträge schriftlich einzureichen sind. (2) Über GO-Anträge ist außerhalb der Rednerliste sofort abzustimmen, nachdem der Antragsteller und ein eventueller Gegenredner gesprochen haben. (3) Teilnehmer, die bereits zur Sache gesprochen haben, können einen GOAntrag auf Schluss der Debatte nicht stellen. (4) Folgende Anträge zur GO sind zulässig: Antrag auf 1. Vertagung der Versammlung 2. Absetzen des Verhandlungsgegenstandes von der Tagesordnung 3. Übergang zur Tagesordnung 4. Nichtbefassung mit einem Antrag 5. Vertagung eines Verhandlungsgegenstandes 6. Sitzungsunterbrechung
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Anhang 2: Muster-Geschäftsordnung
7. 8. 9. 10. 11.
Schluss der Debatte bzw. Verzicht auf Aussprache Begrenzung der Redezeit Verbindung der Beratung Besondere Form der Abstimmung (Wiederholung der) Auszählung der Stimmen
§ 10 Abstimmungen Abstimmungen erfolgen in der Regel offen durch Handzeichen. Auf Verlangen mindesten eines anwesenden Stimmberechtigten muss geheim abgestimmt werden. § 11 Verschiedenes (1) Jeder Teilnehmer ist berechtigt, zum Tagesordnungspunkt „Verschiedenes“ Beiträge anzumelden. Der VL kann verfügen, dass die Anmeldungen unter Angabe eines den Inhalt beschreibenden Stichwortes schriftlich einzureichen sind. (2) Der VL ruft die jeweiligen Beiträge auf und eröffnet gegebenenfalls die Diskussion. (3) Über Gegenstände, die im Tagesordnungspunkt „Verschiedenes“ angemeldet wurden, kann nicht abgestimmt werden. § 12 Schlussbestimmungen (1) Sofern diese Geschäftsordnung eine Verfahrensfrage nicht eindeutig regelt, entscheidet der VL den Gang der Handlung. (2) Abweichungen von der GO sind nur zulässig, wenn kein Teilnehmer widerspricht.
© Dr. Hermann Meier, Horstmannsmühle 1a, 42781 Haan - http://www.zurgo.de
Anhang 3: Verzeichnisse Anhang 3: Verzeichnisse
Literaturverzeichnis (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7) (8) (9) (10) (11) (12) (13) (14) (15) (16) (17) (18)
Burhoff, Detlef, Vereinsrecht, 5. Aufl. Herne/Berlin 2006 Dietel/Gintzel/Kniesel, Demonstrations- und Versammlungsfreiheit, Köln ... 2005 Finck von Finckenstein, Theodor Graf, Protokollarischer Ratgeber. Hinweise für persönliche Anschriften und Anreden im öffentlichen Leben, Köln, 2005 Gäde, Ernst-Georg/Listing, Silke, Sitzungen effektiv leiten und kreativ gestalten, Mainz 2001 Kelber, Magda, Gesprächsführung, Opladen, 1977 Kellner, Hedwig, Konferenzen, Sitzungen, Workshops effizient gestalten, München/Wien 2000 Lange, Gerhard, Rhetorische Kommunikation, Bonn 1999 Lay, Rupert, Dialektik für Manager, Berlin 2003 Ott, Sieghart/Wächtler, Hartmut, Gesetz über Versammlungen und Aufzüge (Kommentar), Stuttgart ..., 2010 Ott, Sieghart, Vereine gründen und erfolgreich führen, München, 2010. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, Kurzkommentar, München 2006 Rehn, Erich/Cronauge, Ulrich, Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen, Kommentar (Loseblattsammlung) Siegburg Reichert, Bernhard Handbuch des Vereins- und Versammlungsrechts, 8. Aufl., Neuwied, 2001 Ritzel/Bücker, Handbuch für die Parlamentarische Praxis (Loseblattsammlung), Neuwied o.J. Röll, Ludwig, Handbuch für Wohnungseigentümer und Verwalter, Köln 2002 Roll, Hans-Achim, Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages Kommentar, Baden-Baden 2001 Sauter, Eugen/Schweyer, Gerhard/Waldner, Wolfram, Der eingetragene Verein, München 2006 Zimermann, Doris P., Robert’s Rules in Plain English, New York 2005
Weitere und aktuelle Literatur mit Kommentierung finden Sie im Internet unter www.ZurGo.de
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Anhang 3: Verzeichnisse
Abkürzungsverzeichnis Abs. X S. Y Art. BB BGB BGH BGHZ BT-Drs. BVerfG bzw. DWE ebd. ggf. f ff GG GO i. S. i. V. m. NJW NJW-RR NJOZ OLG OLGZ Rechtspfleger Rz. TO TOP u.U. u. dgl. usw. vgl. WE WEG Ziff. ZPO
Absatz X, Satz Y Artikel Zeitschrift Betriebsberater Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgerichtshof Entscheidungen des BGH in Zivilsachen Bundestagsdrucksache Bundesverfassungsgericht beziehungsweise Zeitschrift Der Wohnungseigentümer ebendort gegebenenfalls folgende (Seite) folgende Seiten Grundgesetz Geschäftsordnung im Sinne in Verbindung mit Zeitschrift Neue Juristische Wochenschrift Zeitschrift NJW Rechtsprechungs-Report Neue Juristische Online-Zeitschrift Oberlandesgericht Entscheidungen des OLG in Zivilsachen Zeitschrift Der Deutsche Rechtspfleger Randziffer Tagesordnung Tagesordnungspunkt unter Umständen und dergleichen und so weiter vergleiche Zeitschrift Wohnungseigentum Wohnungseigentumsgesetz Ziffer Zivilprozessordnung
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Stichwortverzeichnis
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Stichwortverzeichnis
Abkürzung des Verfahrens 56, 108 Ablehnung 87 Absage 17 Abschluss der Sitzung 89, 148 Absetzen von der TO 53f, 98, 100 Abst - en bloc 25, 26, 154 Abst - Eröffnung der 81, 146 Abst - im Umlaufverfahren 61, 139 Abst - namentliche 139 Abst - offene 67, 137, 153 Abst - Reihenfolge der 75, 82 Abst -namentliche 153 Abst -Wiederholung der 84, 87, 116 Abstimmung 43, 45, 56f, 61, 72, 75, 77, 81, 84ff, 91, 95, 98, 101, 111, 116, 135f, 142ff, 158 Abstimmung, Besondere Form 111 Abstimmung, fraktionsweise 144 Abstimmung, geheime 85, 136 Abstimmungsformel 84 Abstimmungsmodus 82 Abstimmungsverfahren 98, 111, 136 Abwahl Sitzungsleiter 33 Abweichen von der GO 92f Akklamation 44, 109, 137, 152, 154 Aktiengesetz 12, 149 Aktionsprotokoll 58 Alternativabstimmung 75 Änderungsantrag 75, 77, 79, 80ff, 116 Anfechtung 36, 73, 86, 88, 93, 147ff Ankündigung 65, 71, 75, 81, 89 Anrede 40f Antrag 25, 50, 52, 56ff, 62, 74ff, 99, 135 Antragsberechtigung 74 Antragsfrist 26, 75
Antragskommission 50, 52, 78 Antragslage 59, 78, 81, 84, 103 Anwesenheitsliste 49, 68, 144 Auflösen der Versammlung 33 Aufnahme neuer Mitglieder 22, 25, 153 Ausschluss der Öffentlichkeit 98ff Ausschluss von Mitgliedern 22f, 25 Ausschuss 50ff, 165 Aussprache 62, 64ff, 75, 77ff, 82, 105, 108, 113, 120, 130, 132 Auszählung 72f, 86f, 96, 112f, 143 Auszählung, Wiederholung der 98, 112, 144 Begrenzung der Redezeit 98, 107f Begründung eines Antrages 35, 78, 81, 94f, 105 Begrüßung 40f, 130 Bericht 47, 52, 62, 64, 70, 78 Beschluss 17, 22, 25, 33, 34, 42f, 45, 49, 52, 57, 59, 61f, 75, 77, 88ff, 110, 116, 135, 147ff, 167 Beschluss, nichtiger, s. Anfechtung 53, 112, 147f Beschlussempfehlung 82 Beschlussfähigkeit 18, 25, 39, 42ff, 112, 137 Beschlussf. - Feststellung 18, 41ff, 47, 57, 73, 98, 112 Beschlussunfähig s. Beschlussfähigkeit 43 Bestuhlung 15 BGB 12, 142 Blockabstimmung/-wahl 154 Briefwahl 73, 152
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Dauerredner 108, 120 Debatte 55f, 70, 74, 79, 115f, 119, 121, 125 Direkte Erwiderung 37, 132 Diskussion 16, 41, 46, 49ff, 64, 79, 94, 99, 105, 119ff, 169 Diskussionsformen 119, 127 Diskussionsleiter 32, 126, 130 Diskussionsleitung 126 Dreiviertelmehrheit 158 Dringlichkeitsantrag 53, 117 Einberufung 17f, 39, 57, 147 Eingangskontrolle 27 Einladung 13, 17ff, 26, 46, 53, 59, 148 Einladungsfrist 20, 23, 45 Einmütigkeit 157 Einrichtungen, technische 14 Einspruch 52, 55, 58, 60 Einstimmigkeit 117, 139, 153, 157 Einverständniserklärung 67, 69, 74 E-Mail 20, 22, 141 En bloc 45, 138 Enthaltung 26, 47, 72, 84ff, 135, 144f, 153, 160 Entlastung 62, 64, 142 Ergebnisprotokoll 58 Erklärung außerhalb der TO 114 Erklärung, persönliche 98 Eröffnung der Sitzung 34, 39ff, 47 Fax 140 Feststellungsklage 149 Flussdiagramm 11, 66, 171 Flussdiagramme (Erläuterung) 171 Fraktion 18, 47, 51, 136, 144 Fristen 23, 53, 69, 82, 148 Gegenantrag 75, 80, 83 Gegenentwurf (TO) 55f Gegenrede 35, 91, 95f, 98, 100, 104ff, 112f Gegenvorschlag 26, 55 Genehmigung des Protokolls 39, 56, 58ff, 73, 87
Anhang 3: Verzeichnisse
Geschäftsordnung (GO) 12, 59, 91f, 114, 157 Gewohnheitsrecht 11, 40, 91f, 107 GO des Deutschen Bundestages 12, 35, 91f, 106, 114 GO-Antrag 35, 44, 81, 91, 98f, 132, 151 Gruppeninterview 122 Gültigkeit von Beschlüssen 61 Hammelsprung 137, 145f Hare s. Verfahren Sitzverteilung 162f Hauptantrag 83f, 116 Hausrecht 32, 34, 89 Hearing 123 Höchstzahlverfahren s. Verfahren Sitzverteilung 161 Hondt s. Verfahren Sitzverteilung 163f Initiativantrag 53, 117 Initiativrecht 37, 48 Initiativrecht des Leiters 37 Internet 9, 125 Integrierte Stichwahl 154 juristische Funktion des Leiters 32 Kandidat(ur) 28, 47, 65, 70, 73, 151f, 160 Konferenz 16, 123, 129 Langatmig 128 Langweiler 128 Leiter s. Sitzungsleiter 122 Lenkungsfunktion des Leiters 37 Listenwahl 71, 154 Mandatsprüfung 43, 142 Mandatsprüfungskommission 50, 69, 142f Manipulation 17, 19, 28, 48, 52, 96, 100, 106, 116, 125 Manuskript 15f, 27 Maulkorb-Anträge 104 Mehrheit 47, 53, 63, 73, 86f, 96, 98, 108, 135f, 144, 157f, 160 Mehrheit - absolute 73, 98, 157, 158
Stichwortverzeichnis
Mehrheit - einfache 157 Mehrheit - qualifizierte 26, 83, 84, 88, 116f, 148 Mehrheit - relative 47, 73 Mehrheitsverhältnisse 52, 56, 112, 144f, 158 Meinungsbild 45, 138 Minderheit 42, 44, 51ff, 63, 99ff, 105ff, 145 Minderheitsvotum 114 Mitglieder, Aufnahme neuer 22, 25, 153 Mitglieder, Ausschluss 22f, 25 Mitgliederversammlung 16, 20, 33, 141, 147f Moderator 31, 47, 127 Nachbereitung von Sitzungen 167f Negativbeschluss 87 Nichtbefassung mit einem Antrag 54, 98, 101 Nichtraucher 28, 115 Niederschrift s. Protokoll 57 Öffentlichkeit 27, 34, 105, 108, 110f, 138, 167 Ordnungsfunktion des Sitzungsleiters 34 Ordnungsmaßnahmen 34 Ordnungsruf 34ff, 55, 70, 98, 134 Parlamentarische Debatte 121 Pause 14, 18, 103, 110, 120, 130 Personaldebatte 151 Persönliche Erklärung 113 persönlicher Angriff 34 Podium 14f Podiumsdiskussion 32, 122f Polizei 33, 36 Präsident 31, 35 Prominente 129 Proporz 47, 102, 139, 162 Protokoll 16, 36, 39f, 44, 49, 57ff, 69, 71, 86ff, 101f, 110ff, 137, 139, 142, 148 Protokollformen 58 Protokollführer 16, 32, 40, 48ff, 57ff, 73, 152 Protokollnotiz 60, 102 Pünktlichkeit 40, 130
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Qualifizierte Mehrheit 157 Querulant 52, 63, 128 Quorum 161 Rangmesszahlen s. Verfahren Sitzverteilung 164 Raucher s. Nichtraucher 115 Rauchverbot s. Nichtraucher 115 Redezeit 34, 37, 48, 98, 107f, 121f Rednerliste 32, 37, 93, 95, 98, 103, 105ff, 132ff Rednerliste, Schluss der 106 Rednerpult 15 Redselig 127 Redselige 41 Referat 18, 120f Reihenfolge 41, 52, 55f, 68, 71, 82, 92f, 132, 162 Reihenfolge der Anträge s. Abstimmung 83 Reihenfolge der TOPs 23, 25, 53f Relative Mehrheit 157 Roberts Rules 8 Rückkommensantrag 88, 116 Saalverweis s. Verweisung aus dem Saal 35 Sachanträge 45, 135 Sache - zur S. sprechen 32ff, 48, 95, 105f, 128, 147 Sammelabstimmung 72, 138, 159 Sammeln 63, 70, 93, 132 Satzungsänderung 23 Schepers s. Verfahren Sitzverteilung 163f Schließen der Versammlung 33f, 89f, 167 Schluss der Debatte 63, 70, 81f, 98, 105ff Schüchtern 127 Sitzordnung 13, 15, 27 Sitzungsleiter 14, 16, 26f, 31f, 39f, 47f, 58ff, 83, 87, 90, 92, 100, 122, 130, 167 Sitzungsleiter - juristische Funktion 32 Sitzungsleiter - Lenkungsfunktion 37 Sitzungsleiter - Maßnahmen 33 Sitzungsleiter - Ordnungsfunktion 34 Sitzungssaal 13, 26, 29, 110, 145, 147, 161
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Sitzungsunterbrechung 19, 73, 93, 98, 100, 103 Sitzverteilung s. Verfahren Sitzverteilung 161f, 165 Sondervotum 116 Stichentscheid 165 Stichwahl 67, 73, 155 Stimmengleichheit 67, 73, 155, 158, 165 Stimmenhäufung 72, 155 Stimmkarte 16, 21, 43, 137, 144, 146 Stimmrecht 25, 135, 141ff, 151, 158, 165 Stimmrechtsübertragung 142 Stimmzettel 16, 51, 68, 72f, 85f, 136, 143f, 152f, 156, 159ff Stimmzettel, leere 158ff Stimmzettel, leerer 159 Streitgespräch 122 Streitlustig 127 Symposium 124 Tagesordnung 11, 13, 16, 18f, 21ff, 39f, 46, 53ff, 64, 89, 100ff, 109, 116, 120, 148 Tagesordnung - Genehmigung der 53 Tagesordnung - Übergang zur 88, 93, 98, 101 Tagesordnungsdebatte 54 Tagesordnungspunkt 23f, 54, 62, 65, 78, 80, 88, 99, 109 Tagesordnungsvorschlag 17, 18, 23, 26, 56 Tagung 124 Taktiker 48, 70, 128 Talkshow 122 Technische Einrichtungen 14 Teilnehmerliste 16 Teilnehmertypen 127 Teilung d. Abstimmung 111 telefonische Zustimmung 140 Temperamentvoll 127 Termin 13, 18ff, 44ff, 57, 88, 100, 104, 134 Tischkarten 27 TO s. Tagesordnung 53 ToDo-Liste 58 Tonband 49, 58
Anhang 3: Verzeichnisse
TOP s. Tagesordnungspunkt 54 Übergang zur Tagesordnung 88, 93, 98, 101 Umlaufverfahren 61, 139 Umschlag 22, 68, 159f Umschlag, leerer 72f, 160 Unterbrechung der Sitzung 33f, 44, 56, 89, 103f Verbindung der Beratung 98, 109 Verein 20, 141, 148 Vereinsrecht 12, 17, 65, 149, 158 Verfahren Sitzverteilung 161f, 165 Verfahrensantrag 54, 82, 88, 92, 98f, 115f Verlaufsprotokoll 58 Versammlung, öffentliche 19, 32 Versammlungsgesetz 12, 19, 32, 34 Versammlungsleiter 57 Versammlungsort 13, 16, 21 Verschiedenes, TOP 64, 88f Versendung der Einladung 18ff Vertagung 98ff Vertraulichkeit, GO-Antrag auf 98, 110f Verweisung an einen Ausschuss 98, 102 Verweisung aus dem Saal 34ff Verzicht auf Aussprache 98, 105 Verzögerung 99 Vorbehalt 159 Vorbereitung der Sitzung 16, 26 Vorbereitung des Sitzungssaals 13 Vorbesprechung 110 Vorschlagsliste 71, 155 Vorstellung der Kandidaten 65, 69f Wahl 47ff, 57, 67f, 71, 74, 136, 142, 151, 154 Wahl – Annahme 74 Wahlausschuss 50, 72 Wahlergebnis 57 Wahlmodus 69, 72, 152 Wahlrecht, aktives 151 Wahlrecht, passives 151 Wahlverfahren 68, 72, 152 Wahlvorschläge 69
Stichwortverzeichnis
WEG s. Wohnungseigentumsgesetz 43 weitestgehend 55 Wiederaufnahme der Sachdiskussion 81, 88, 98, 114 Wiedereröffnung der Sitzung 103 Wiederholung der Abstimmung 84, 87, 116 Wiederholung der Auszählung 96, 113, 116, 147 Wohnungseigentumsgesetz 12, 43, 139, 149 Wortentzug 34f
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Wortmeldung 27, 107, 132 Wortprotokoll 58 Zufallsmehrheit 54 Zugreifverfahren 51, 165 Zusatzantrag 75ff, 82ff Zweidrittelmehrheit 53, 158 Zweitbeschluss 88 Zwischenfrage 35, 121, 132ff Zwischenruf 34, 63, 133f