Volker Lilienthal (Hrsg.) Professionalisierung der Medienaufsicht
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Volker Lilienthal (Hrsg.) Professionalisierung der Medienaufsicht
Volker Lilienthal (Hrsg.)
Professionalisierung der Medienaufsicht Neue Aufgaben für Rundfunkräte – Die Gremiendebatte in epd medien
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
1. Auflage 2009 Alle Rechte vorbehalten © VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009 Lektorat: Barbara Emig-Roller VS Verlag für Sozialwissenschaften ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.vs-verlag.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Satz: Anke Vogel, Ober-Olm Druck und buchbinderische Verarbeitung: Krips b.v., Meppel Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in the Netherlands ISBN 978-3-531-16278-2
Inhaltsverzeichnis
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Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung Volker Lilienthal Zwischen Ehrenamt und Profession .................................................................... 11
II. Die Gremiendebatte 2007 in epd medien Marc Jan Eumann Guter Rat – Gremienaufsicht (1): notwendig, aber auch reformbedürftig.............................. 27 Thomas Kleist Klarschiff (2): Zum Vorschlag eines „ARD-Rates“ ............................................................. 32 Udo Reiter Föderales Zusammenspiel (3): Vorrang für föderale Kontrolle ..................................................................... 36 Martin Stadelmaier Streitkultur (4): Für mehr Konfliktbereitschaft ...................................................................... 42 Ernst Elitz Sachverstand (5): Notwendige Kompetenz aneignen ................................................................ 48 Grietje Staffelt Rundum toll (6): Aufsicht muss demokratischer werden ......................................................... 53
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Inhaltsverzeichnis
Hans Mathias Kepplinger Wohlverstandenes Interesse (7): Wie effektiver werden?................................................................................. 59 Joachim Huber Konsens aus Kontroverse (8): Aus Laien werden partielle Profis ................................................................ 65 Jürgen Doetz Im Prinzip ganz einfach (9): Die Sicht des privaten Rundfunks ................................................................ 70 Otfried Jarren Erneuerte Legitimität (10): Neue Rundfunkräte allein helfen nicht ....................................................... 76 Hans-Joachim Otto Kosmetik oder Korrektur (11): Aufsicht – einheitlich und extern................................................................ 85 Fritz Raff Einmischung tut gut (12): Kompetenzwirrwarr vermeiden .................................................................. 90 Christoph Degenhart Rollenkonfusion (13): Für vereinheitlichte Kontrolle..................................................................... 97 Heiko Hilker Selbstkontrolle stärken (14): Politiker an ihren Taten messen................................................................ 102 Tino Kunert Spannungsfeld (15): Starke Beratung sichert die Zukunft ......................................................... 107 Hans J. Kleinsteuber Alle Macht den Räten? (16): Für mehr Zivilgesellschaft ........................................................................ 115
Inhaltsverzeichnis
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Ruprecht Polenz Tacheles reden (17): ZDF-Fernsehrat ist gut gerüstet ................................................................ 128 Volker Giersch Ganzheitlich, nicht partikular (18): Vorschläge des GVK-Vorsitzenden (2007/08)......................................... 134 Helmuth Frahm Auf der Höhe der Zeit? (19): Stellenbeschreibung für Rundfunkräte ..................................................... 143 Walter Hömberg Sisyphosarbeit (20): 13 Thesen zur Kontrolle des Rundfunks .................................................. 147
III. Die Ausgestaltung des Drei-Stufen-Tests Rudolph Meyer Falschmünzerei Drei-Stufen-Test oder „public value“ – was passt für Deutschland? ................ 153 Dieter Dörr Eine Chance ARD und ZDF sollten den Drei-Stufen-Test ernst nehmen .............................. 161 Robert Schweizer Warum die Presse kämpfen muss Die Länderpläne für ARD/ZDF bedrohen die private Medienwirtschaft ......... 168 Carl Eugen Eberle Vor der Verfassung keinen Bestand Der öffentlich-rechtliche Funktionsauftrag im Internet .................................... 174
Anhang Autorenverzeichnis ............................................................................................ 183 Verzeichnis der Erstdrucke................................................................................ 187 60 Jahre epd medien, ehemals epd/Kirche und Rundfunk ................................ 189
I. Einleitung
I. Einleitung
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Zwischen Ehrenamt und Profession
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Zwischen Ehrenamt und Profession Volker Lilienthal
Rundfunkräte in ihrer heutigen Form kennt Deutschland seit der Nachkriegszeit. Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs setzten die siegreichen Alliierten den Rundfunk für die re-education der Deutschen ein. Sender wie Radio München, Radio Frankfurt oder Radio Bremen sendeten anfangs unter Besatzungsregime. Später, als sie in deutsche Hände übergeben wurden, trat der Rundfunkrat als Kontrollorgan hinzu. Pluralistisch besetzt mit Vertretern von Parteien und gesellschaftlichen Organisationen, sollte der Rundfunkrat den Intendanten und damit gleich den ganzen Sender kontrollieren. Zwei Gedanken standen hinter diesem Modell: Einmal sollte mittels gesellschaftlicher Kontrolle dem Missbrauch des Rundfunks als Propagandainstrument, wie ihn das NS-Regime vollzogen hatte, vorgebeugt werden. Zum Zweiten sollte der neue freie Rundfunk der gesamten Gesellschaft dienen. Der durch „gesellschaftlich relevante“ Organisationen repräsentierten Allgemeinheit wurde insofern zugestanden, im Prozess der Programmarbeit ein Wörtchen mitzureden. Public Service – das war die britische Devise, die Rundfunkräte umzusetzen helfen sollten. In den Aufbaujahren der Bundesrepublik und erst recht nach der Etablierung der neuen Gesellschaft haben sich der Rundfunk und seine Aufsichtsgremien gut miteinander arrangiert. Die Rundfunkräte1 begleiteten die Programmarbeit von Fernsehen und Hörfunk, entschieden über Beschwerdefälle, trafen aber auch Richtungsentscheidungen z.B. bei technischen Neuerungen wie dem Farbfernsehen. Ab einer bestimmten finanziellen Größenordnung, z.B. beim Filmeinkauf, waren zwar die (kleineren) Verwaltungsräte der Sender gefragt, Vorlagen des Intendanten zu genehmigen, zu modifizieren oder abzulehnen. Generell gilt aber für beide Gremien, Verwaltungs- und Rundfunkrat: Häufiger wurden Genehmigungen erteilt, als dass sie verweigert wurden. So wurde der öffentlichrechtliche Rundfunk mit seinen heute 21 Fernseh- und 65 Hörfunk-Programmen auch mit und dank seiner Gremien groß.
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Im Falle des ZDF: der Fernsehrat; im Falle des Deutschlandradios: der Hörfunkrat.
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Die ehrenamtliche Rundfunkaufsicht hat sich immer wieder dem Vorwurf des Dilettantismus ausgesetzt gesehen.2 Vor allem ist immer wieder beklagt worden, dass Politiker, sei es in Staatsfunktion oder als Herolde der politischen Parteien, die Plattform des Rundfunkrats missbrauchten, um bestimmte Politiken durchzusetzen. In der Hochzeit der Studentenbewegung, aber auch in den 1970er Jahren drückte sich dies in mannigfaltigen Versuchen aus, gesellschaftskritische Positionen im Programm zu rügen und deren Urheber möglichst kaltzustellen. Es war die Zeit eines Kulturkampfes um den „Rotfunk“. Die Politisierung der Gremienarbeit drückte sich auch darin aus, dass Parteipolitiker aller Couleur immer wieder versucht haben, Getreue ihres Vertrauens in Leitungspositionen der Sender zu bugsieren. Es gehört zur typischen Tabuisierung solcher Prozesse, dass die versuchten und/oder erfolgreichen Einflussnahmen stets dementiert werden.3 Die Besetzung selbst noch von Redaktionsleiterstellen auf mittlerer Ebene streng nach parteipolitischem Proporz mag der Vergangenheit angehören. Der langjährige Vorsitzende des WDR-Rundfunkrats Reinhard Grätz hat beobachtet: „Positiv ist, dass sich in den Gremien in den letzten Jahren die Ablehnung von ,Staatsnähe’ stark entwickelt hat und auch die Artikulation von Parteiinteressen von außen und in den Gremien generell zurückgegangen ist.“4 Mindestens bei Intendantenwahlen zeigt sich aber mit schöner Regelmäßigkeit, als wie wichtig die hohe Politik die Chefposten beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk ansieht. Ob die Wahl von Markus Schächter 2002 zum ZDF-Intendanten, die Kür von Monika Piel 2006 als WDR-Intendantin oder die Suche nach einem neuen NDRIntendanten im Jahre 2007 (bis Lutz Marmor gefunden war) – stets waren die Ausleseverfahren von politischen Querelen begleitet – mal laut, mal weniger laut.5 2
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Vgl. Volker Lilienthal, Die Gremienplage. Die Rundfunkaufsicht alten Stils ist überholt (1), in: epd/Kirche und Rundfunk Nr. 61/1995, S. 3-7; ders., Loyalitäten, Vertraulich. Rundfunkgremien: Gegner von Strukturreformen, in: epd/Kirche und Rundfunk Nr. 63/1995, S. 4-9 Vgl. dazu die abgewogene Stellungnahme des ehemaligen SWR-Intendanten Peter Voß im Interview „Harter Knochen“ in epd medien Nr. 33/2007, S. 8 Reinhard Grätz, Gremienkultur in der ARD, in: Institut für Europäisches Medienrecht (Hrsg.): Rundfunk-Perspektiven. Festschrift für Fritz Raff, Baden-Baden 2008, S. 138 Die Länderabsicht, die Gremien zu stärken, wird von Grätz skeptisch beurteilt: „Meines Erachtens ist hier jedoch die verfassungsmäßige Grenze fast erreicht, denn nicht die Gremien, sondern die Sender sind die Träger der Rundfunkfreiheit“ (S. 139). Gremien hätten „weitgehend nur ein Beratungs- und kein Bestimmungsrecht“ (S. 137). Während der (politische und medienkritische) Journalismus diese Prozesse stets en detail begleitet hat, fehlt eine systematische wissenschaftliche Aufarbeitung der Effekte von gremienbasierter Rundfunkaufsicht sowie ihrer (partei)politischen Abhängigkeit. Einzelne Arbeiten zum Thema sind u.a. diese: Berg, Hans Joachim (Hrsg.): Rundfunkgremien in Deutschland: Namen, Organe, Institutionen. Vistas Verlag, Berlin 1995; Dussel, Konrad: Die Interessen der Allgemeinheit vertreten. Die Tätigkeit der Rundfunk- und Verwaltungsräte von Südwestfunk und Süddeutschem Rundfunk 1949 bis 1969, Baden-Baden/Hamburg 1995; Kepplinger, Hans
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Nominell sind die Rundfunkräte und ihre Mitglieder nicht Vertreter von Parteien oder Verbänden. Vielmehr haben sie sich als Sachwalter der Allgemeinheit zu verstehen und so zu verhalten. So will es der Gesetzgeber. Das WDR-Gesetz beispielsweise legt in § 16 fest: „(1) Der Rundfunkrat vertritt im WDR die Interessen der Allgemeinheit; dabei berücksichtigt er die Vielfalt der Meinungen der Bürgerinnen und Bürger. Er stellt im Zusammenwirken mit den anderen Anstaltsorganen sicher, dass der WDR seine Aufgaben im Rahmen der Gesetze erfüllt.“ Der SWR-Staatsvertrag bestimmt in § 15: „Der Rundfunkrat vertritt die Interessen der Allgemeinheit auf dem Gebiet des Rundfunks; dabei trägt er der Vielfalt der Meinungen in der Bevölkerung Rechnung. Er wacht darüber, dass der SWR seine Aufgaben nach diesem Staatsvertrag erfüllt, soweit nicht der Verwaltungsrat oder die Landesrundfunkräte zuständig sind, und übt die ihm hierzu eingeräumten Kontrollrechte aus.“ Das grundsätzliche Loyalitätsverhältnis der Gremien zu ihren jeweiligen Sendern steht in einem inhärenten Widerspruch zur gesetzlich bestimmten Kontrollaufgabe. Weswegen Kritiker der ehrenamtlichen Rundfunkaufsicht monieren, eine echte Kontrolle finde nicht statt.6 Vielmehr werde auf der Gremienebene nur Zustimmung zu den Vorhaben der Senderhierarchien, vertreten durch den Intendanten, scheindemokratisch organisiert. Insbesondere in Konfliktfällen wie der Aufdeckung von Schleichwerbung hätten die Gremien versagt oder seien erst nachträglich tätig geworden.7 Der damalige Vorsitzende des MDR-Rundfunkrats Klaus Husemann verteidigt sich 2005 mit dem Hinweis: „Wir sind keine Kriminalisten, die jede einzelne Sendeminute und jeden Schritt eines Mitarbeiters überwachen.“8
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Mathias: Der Einfluss der Rundfunkräte auf die Programmgestaltung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, in: Mestmäcker, Ernst-Joachim (Hrsg.): Offene Rundfunkordnung. Prinzipien für den Wettbewerb im grenzüberschreitenden Rundfunk, Gütersloh 1988, S. 163 – 198; Meier, Henk Erik, Der Einfluss des Fernsehrates auf die Angebotspolitik des ZDF: Ein empirischer Beitrag zur aktuellen Debatte um die Zukunft der Aufsichtsgremien im öffentlichrechtlichen Rundfunk“, in: Zeitschrift für öffentliche und gemeinwirtschaftliche Unternehmen 27 [2004], S. 149-166; Ricker, Reinhart, unter Mitarbeit von Müller-Malm, Friedrich: Die Kompetenzen der Rundfunkräte im Programmbereich, München 1987; Ricker, Reinhart: Rundfunkkontrolle durch Rundfunkteilnehmer? Opladen 1992; Wolfgang Schulz (Hrsg.): Staatsferne der Aufsichtsgremien öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten. Materialien zur Diskussion um eine Reform (Juni 2002), Arbeitspapiere des Hans-Bredow-Instituts Nr. 12, im Internet unter http://www.hans-bredow-institut.de/publikationen/apapiere/12gremien.pdf Vgl. Michael Hanfeld, Wie man die Dinge unter Kontrolle hält, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 19. August 2008, S. 44: „Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Rundfunkräte in diesem Land vor allem dazu da sind, dass die Sender alles selbst unter Kontrolle behalten.“ Vgl. auch „Augen zu und durch – Rundfunkräte zu Schleichwerbung“, in: www.spiegel.de/ kultur/gesellschaft/0,1518,367797,00.html Vgl. das Husemann-Interview „Keine Kriminalisten“, in: epd medien Nr. 67/2005, S. 3-5
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Kein gutes Bild gab auch der Rundfunkrat des Hessischen Rundfunks (HR) ab, als er die 2004 aufgeflogenen Machenschaften bezahlter Sportübertragungen bald als geklärt einstufte9, obwohl staatsanwaltschaftliche Ermittlungen – seit 2003 – später zu einem vielbeachteten Strafprozess gegen den Hauptangeklagten Jürgen Emig, den ehemaligen HR-Sportchef, führten. Dabei geriet mehrfach auch der Sender selbst in die Kritik, weil er Emigs Praktiken angeblich gebilligt oder des materiellen Vorteils wegen doch geduldet haben soll. Der HR bestritt dies immer wieder. Die Kennzeichnung von Rundfunkräten als „Abnickvereinen“10 ist neueren Datums und wurde z.B. vom Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation in dessen seit 2002 eingereichten Beschwerden bei der EU-Kommission gegen ARD und ZDF vorgebracht. Das damit in Gang gesetzte sog. Beihilfeverfahren Nr. E 3/2005 wurde am 24. April 2007 mit einem Schreiben von EUKommissarin Neelie Kroes an Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier förmlich abgeschlossen. In dem 92-seitigen Dokument finden sich auch einige Aussagen zur Arbeit von Rundfunkräten: „(255) Die Kommission ist sich der besonderen Stellung und Bedeutung des Rundfunkrates (bei ARD-Anstalten) bzw. des Fernsehrates (beim ZDF) innerhalb der öffentlich-rechtlichen Rundfunkordnung in Deutschland bewusst. Sie bezweifelt jedoch, dass die anstaltsinternen Kontrollorgane allein die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags wirksam überwachen können. (256) Der Rundfunkrat/Fernsehrat legt die Programmleitlinien fest und berät den Intendanten bei den Programmtätigkeiten der Rundfunkanstalt. Der Umstand, dass (der, V.L.) Rundfunkrat/Fernsehrat gleichzeitig dafür zuständig ist, die Befolgung dieser Regeln/Leitlinien zu überprüfen, kann jedoch zu einem Interessenkonflikt zwischen seiner Funktion hinsichtlich der Programmtätigkeit der Rundfunkanstalt einerseits und den Aufsichts- und Kontrollfunktionen andererseits führen.“11 Das Beihilfe-Verfahren wurde eingestellt, allerdings um den Preis eines politischen Kompromisses: Die EU-Kommission akzeptierte die Gebührenfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (die sie eigentlich als unerlaubte staatliche Beihilfe ablehnt), und der deutsche Gesetzgeber erklärte sich bereit, bestimmte Aspekte des öffentlich-rechtlichen Rundfunks neu zu regulieren. Dazu 9 10
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Emig-Thema im HR-Programmausschuss „kein Punkt mehr“, in: epd medien Nr. 30/2004, S. 9f. Vgl. die Meinungsumfrage „Rundfunk- und Verwaltungsräte werden oft als Abnickvereine der Intendanten geschmäht: Kann ein anderes Aufsichtssystem den öffentlich-rechtlichen Rundfunk retten?“ in der Dokumentation des 9. Mainzer Medien Disputs, im Internet: www.mediendisput.de/downloads/doku_2004.pdf Dokumentiert in: epd medien Nr. 39/2007
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gehört die Präzisierung des Programmauftrags, die Auflage getrennter Buchführungen für die privatwirtschaftlichen Nebenbetätigungen des öffentlichrechtlichen Rundfunks und die Stärkung der Rundfunkräte, die künftig insbesondere neue digitale Dienste von ARD, ZDF und Deutschlandradio genehmigen müssen, bevor sie auf Sendung gehen. Kodifiziert wird dies im 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag, der gemäß den Erwartungen der Kommission und der Absicht der Bundesländer bis Mai 2009 in Kraft treten sollte. Vor diesem Hintergrund hat der Branchendienst epd medien Anfang 2007 eine Debatte angestoßen. Leitfragen, die die Redaktion dabei bewegten, waren beispielsweise: Werden die Gremien ihrer erweiterten Verantwortung gerecht werden können? Was ist aus den Defizitanzeigen der Vergangenheit zu lernen für eine sachgerechtere Kontrolle? Kann es eine Professionalisierung ehrenamtlicher Rundfunkaufsicht geben? Den Auftakt machte Marc Jan Eumann, Mitglied im WDR-Rundfunkrat seit 1995, SPD-Landtagsabgeordneter und seit 2006 Vorsitzender der Bundesmedienkommission seiner Partei. Eumanns Ausgangspunkt zum Zeitpunkt des erstmaligen Erscheinens waren damals aktuelle Streitfälle: Der prominente Fernsehmoderator Günther Jauch begründete seine Absage, auch für die ARD zu moderieren, u.a. damit, dass sich in die Vertragsverhandlungen zu viele „Gremien-Gremlins“ eingemischt hätten. Zudem gab es Kontroversen um Verträge der ARD mit Radprofi Jan Ullrich und Entertainer Harald Schmidt. Vor diesem Hintergrund hatten viele in den Rundfunkräten das Gefühl, sie würden bei wichtigen Entscheidungen übergangen und die Aufsicht über das Gemeinschaftsprogramm Das Erste sowie die Gemeinschaftseinrichtungen des Senderverbunds sei mangelhaft. Daraus leitet Eumann seinen Vorschlag eines unabhängigen „ARD-Rates“ ab, der zudem „ohne aufwendige Beteiligung der Rundfunkräte“ agieren solle. Viel Zustimmung hat Eumann dafür nicht bekommen. Doch wurde sein Vorschlag ernsthaft diskutiert. Alle Beiträger im vorliegenden Band, der die epdDebatte in der Reihenfolge des Erscheinens zusammenfasst und erweitert, erkennen an, dass die Gremienaufsicht über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk (und wohl die über den privaten Rundfunk nicht weniger) reformbedürftig ist. Nur können sich die wenigsten einen „ARD-Rat“ als zusätzliches Gremium vorstellen. Ganz eindeutig contra „ARD-Rat“ positioniert sich der Intendant des Saarländischen Rundfunks, Fritz Raff, der 2007/08 den Vorsitz unter den Intendanten der ARD-Landesrundfunkanstalten führte. Ein ARD-Rat mit eigenen Entscheidungsbefugnissen, so Raff, setzte eine Änderung der Verfasstheit der ARD voraus: „Weg von der Arbeitsgemeinschaft hin zu einer zentralen Einrichtung mit Rechtsfähigkeit.“ Eine solche „zentrale ARD“ gebe es bereits in Gestalt des ZDF. „Jeder wird verstehen, dass ich bei aller Sympathie für unseren öffentlich-
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rechtlichen Bruder diesen Gedanken nicht weiter verfolgen möchte“, bemerkt der SR-Intendant süffisant. Raff zufolge verstieße ein Zentralorgan wie ein ARD-Rat gegen die föderale Grundstruktur der ARD. Kompetenzwirrwarr, nicht neue Professionalität wären die Folge. Seiner Ansicht nach kann eine gestärkte Gremienvorsitzendenkonferenz (GVK) die Koordinierungsfunktion besser erfüllen. „Warten wir doch zunächst einmal ab, bis die GVK ihre neuen Möglichkeiten nutzen konnte“, plädiert Raff und weist auf die Gefahr unübersichtlicher Kompetenzzuweisungen hin. Sowohl eine GVK mit Mitwirkungs- und Entscheidungsbefugnissen als auch ein zusätzlicher ARD-Rat mit Mitwirkungs- und Entscheidungsbefugnissen würde die Gefahr unübersichtlicher Kompetenzzuweisungen bergen. Was Intendant Raff ahnt und worauf er sich eingestellt hat, ist ein wachsendes Selbstbewusstsein der Rundfunkräte. Es sei abzusehen, so schreibt er, „dass sich die Rundfunkräte gerade in Zukunft intensiver in die Programmdebatten der Anstalten einmischen werden“. Und, so fügt Raff in seinem Beitrag hinzu, die Einmischung werde dem Senderverbund guttun. Im Ernstfall wird sie aber doch oft genug als lästig empfunden, so dass Senderhierarchen und Programmverantwortliche mit Abwehrreflexen reagieren: so im März 2008, als eine Generalkritik des ARD-Programmbeirats an „Anne Will“ im Ersten an die Öffentlichkeit kam12, so im Juni 2008, als sich auch noch der NDR-Rundfunkrat mit einer sachlich falschen Aussage in der Sendung und einer angeblich fälligen Entschuldigung Wills befassen musste.13 Im selben Monat rügte der SWR-Rundfunkrat geschmackliche Entgleisungen in der Show „Schmidt & Pocher“ – und stellte sich andererseits ausdrücklich vor das vom SWR produzierte ARD-Feature „Quoten, Klicks und Kohle“, dessen Autor Thomas Leif wegen tendenziöser Machart in die Kritik geraten war – u.a. bei der Versammlung der Landeszentrale für Medien und Kommunikation RheinlandPfalz (die dafür aber gar nicht zuständig war).14 Die Meinungsverschiedenheiten in der Bewertung bewogen den Präsidenten der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien, Wolf-Dieter Ring, zu dieser Feststellung: „Dass ein und dieselbe Sendung von unterschiedlichen pluralen Gremien so diametral anders bewertet wird, zeigt einmal mehr, dass wir hier ein Systemproblem in der Aufsicht haben.“15 Ganz anders sieht das Udo Reiter, der Intendant des Mitteldeutschen Rundfunks. Er beginnt seinen Beitrag in diesem Band mit einer ausdrücklichen Wert12 13 14 15
Rundfunkräte zerzausen TV-Star Anne Will, in: http://www.sueddeutsche.de/kultur/artikel/ 877/164414/ NDR-Rundfunkrat: Wills Entschuldigung war „notwendig“, in: epd medien Nr. 50/08, S. 15f. SWR-Fernsehausschuss tadelt „Schmidt & Pocher“, in: epd medien Nr. 50/08, S. 12f. Bericht des Präsidenten vom 10. 7. 2008, abrufbar unter www.blm.de
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schätzung für die Arbeit der Rundfunkgremien. Ohne deren beratende Tätigkeit, so schreibt er, „wäre der Erfolg des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht denkbar“. Die Gremien hätten mitgeholfen bei der notwendigen Modernisierung und Behauptung im Wettbewerb. Der Forderung nach einem ARD-Rat aber erteilt auch Reiter eine Absage: „Was wäre, wenn ein ARD-Rat programmliche oder finanzielle Vorgaben für die Struktur der Gemeinschaftsprogramme machen würde, die mit den gegebenen finanziellen oder personellen Ressourcen einzelner Landesrundfunkanstalten nicht zu bewältigen wären?“ Aus seiner Sicht, so schlussfolgert der Intendant des Mitteldeutschen Rundfunks, „sollte die föderale Struktur der ARD auch bei der Gremienkontrolle konsequent beibehalten werden.“ Aus seiner Erfahrung heraus plädiert Reiter für eine Optimierung der Rundfunkräte in den Landesrundfunkanstalten. In Bausch und Bogen abgelehnt wird Eumanns Vorschlag eines ARD-Rats von dem Frankfurter FDP-Medienpolitiker Hans-Joachim Otto. Dies sei zu den „Kosmetika“ zu zählen, so Otto, die neue und erweiterte Form von Aufsicht, die aus dem Kompromiss mit der EU resultieren müsse, könne man nicht „nebenbei“ erledigen. Der Bundestagsabgeordnete Otto redet Klartext: „Wir brauchen als Aufsichtspersonen keine Verbandsfunktionäre, Gewerkschafter und (Ex-) Politiker, denen Medienpraxis und -politik erst einmal erklärt werden müssen.“ Damit stellt er die Frage: Was qualifiziert Gremienmitglieder für ihre Aufgabe? Otto sieht in der Anstaltsbindung traditioneller Rundfunkräte eine Hauptursache für Funktionsschwächen der Aufsicht. Die Alternative zur tendenziell loyalen Binnenkontrolle sieht er in einer externen Aufsicht über beide Säulen im dualen Rundfunksystem. Dafür entwickelt Otto zum Schluss seines Beitrags einen detaillierten Aufgabenkatalog. Ähnlich wie Otto schätzt der Präsident des Verbands Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT), Jürgen Doetz, die Lage ein. Er konstatiert in seinem Beitrag insgesamt eine föderale Zersplitterung der deutschen Medienaufsicht, die den Anforderungen eines internationalisierten Medienmarkts nicht gewachsen sei. Doetz ist für eine Bündelung der Aufsicht und eine Entbürokratisierung der Entscheidungsgänge – eine Forderung, von deren Einlösung dann auch der von manchen Lizenzpflichten gedrückte private Rundfunk profitieren würde. Doetz hofft, die neue zentrale Einrichtung, die er sich vorstellt – vielleicht sogar eine „Medienanstalt der Länder“? –, werde auch für eine Gleichbehandlung privater und öffentlich-rechtlicher Sender z.B. bei Programmbeschwerden sorgen. Unterstützung erhält die Idee eines ARD-Rates vom Medienrechtler Christoph Degenhart (Universität Leipzig): „Dass die binnenpluralen Gremien der Rundfunkanstalten problembewusster geworden sind und auch deutlich selbstbewusster agieren, mag zutreffen.“ Es sei jedoch bezeichnend, dass es bereits als
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„herausragendes Beispiel für ein geschärftes Problembewusstsein gewertet wird, wenn Gremien eben das leisten, wozu sie berufen sind: wenn sie Vorgänge beanstanden, die die Glaubwürdigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gravierend zu beschädigen drohen“. Degenhart plädiert für eine Systematisierung der Aufsichtsarbeit, er ist für einen ARD-Rat und überhaupt für Professionalisierung. Abwägend fällt die Reaktion von Thomas Kleist aus. Der Vorsitzende des Verwaltungsrats des Saarländischen Rundfunks erinnert daran, dass die GVK der ARD gerade erst durch eine Änderung der ARD-Satzung in § 5a gestärkt worden ist – eine Konsequenz auch aus der Aufdeckung des „Marienhof“-Skandals um massive Schleichwerbung, woraus politisch eine intensivierte Programmaufsicht auch durch Rundfunkräte abgeleitet worden war. Darauf weist Reiter in seinem Beitrag hin. Thomas Kleist konzediert, dass die ARD-Kontrolle „derzeit in der Luft“ hänge. Regionale Rundfunkräte seien nicht in der Lage, nationale Komplexität zu sichten, und die GVK müsse erst in ihre neue Rolle hineinwachsen. So kann sich Kleist unter Umständen einen ARD-Rat mit neun Mitglieder vorstellen, die aus den Landesrundfunkanstalten delegiert würden. Ein neues System, wie immer es ausgestaltet sei, dürfe aber nicht dazu führen, dass die Entscheidungsstrukturen in der ARD „derart kompliziert werden, dass am Ende jeder alles kontrolliert und die ARD sich auf diese Weise ins medienpolitische Abseits manövriert und nicht mehr handlungsfähig ist".16 Martin Stadelmaier, Chef der in der Rundfunkpolitik der Bundesländer federführenden Staatskanzlei Rheinland-Pfalz, teilt Eumanns Einschätzung, dass die ARD-Gremienvorsitzendenkonferenz auf Dauer nicht ausreichen werde, „um das ARD-Hauptprogramm wirksam zu begleiten“. Die von Eumann angestoßene Debatte empfinde er als „konstruktiv und notwendig“. Staatssekretär Stadelmaier bringt allerdings eine Variante ins Spiel. Der politische Vorschlag des Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz, Kurt Beck, ging dahin, entsprechend dem ARD-Vorsitz im Turnus von zwei Jahren einen Wechsel der Verantwortung über alle ARD-Gemeinschaftsprogramme durch die jeweils federführende ARDAnstalt vorzunehmen17. Und Stadelmaier spricht das Problem falsch verstandener Senderloyalität an, das die Effektivität von Gremienaufsicht beschränkte: „Da ist manchmal ein Stück Streitkultur gefordert, denn eine engagierte Kontrol16
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In diesem Sinne äußerte sich auch der frühere NDR-Intendant Jobst Plog in einem epdInterview zu seinem Abschied: „Die Gremien müssen sehr ehrlich mit sich sein: Was können sie wirklich leisten und was nicht? Ein Graus wäre der Aufbau von Kompetenz in den Intendanzen und daneben der Aufbau von Kompetenz in den Gremienbüros. Das würde eine Blockade bedeuten“ (in: epd medien Nr. 3/2008, S. 6). Vgl. Kurt Beck, Gremien – fit für die Zukunft?, in: Institut für Europäisches Medienrecht (Hrsg.): Rundfunk-Perspektiven. Festschrift für Fritz Raff, Baden-Baden 2008, S. 21-26. Dort auch Martin Stadelmaier, Die Rolle der Medienpolitik bei der Aufsicht im Rundfunk, S. 27-31
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le setzt durchaus auch ein hohes Maß an Konfliktbereitschaft gegenüber der eigenen Anstalt voraus.“ Ähnlich wie MDR-Intendant Reiter beginnt auch Ernst Elitz, der Intendant des Deutschlandradios, mit einer Würdigung der Rundfunkräte. Die nationalen Aufsichtsgremien von ZDF und Deutschlandradio hätten ihre Arbeit „kontinuierlich und sachorientiert ohne besondere Konflikte erledigt“, so Elitz. Dies gelte auch für die Rundfunk- und Verwaltungsräte der Landesrundfunkanstalten. Ernst Elitz ist auch einer der wenigen Intendanten, die sich eine duale Rundfunkaufsicht sowohl über den öffentlich-rechtlichen wie über den privaten Rundfunk durchaus vorstellen können – eine Überlegung, die sonst üblicherweise in Bausch und Bogen zurückgewiesen wird, weil ARD und ZDF z.B. bei der Gewaltdarstellung dank interner Kontrollmechanismen angeblich keine Probleme verursachen. Elitz dagegen schreibt: „Solange ARD und ZDF unter dem Vorwurf stehen, ihre Programme an Stil und Geschmack den Kommerziellen anzupassen, dürften die Gremien ein hohes Interesse daran haben, dass eine Evaluierung der Programmangebote nach den gleichen Kriterien für beide Säulen des dualen Systems vorgenommen wird.“ Nur durch eine Einbeziehung der kommerziellen Sender und ihrer Aufsichtsorgane in den Landesmedienanstalten ließen sich „die Vorwürfe der Abwärts-Konvergenz widerlegen“. Die Grünen-Politikerin und Bundestagsabgeordnete Grietje Staffelt sieht infolge von Kommerzialisierungstendenzen eine „Marktlücke Qualität“ insbesondere im Fernsehangebot von heute. Rundfunkgremien gebärdeten sich zu oft als „zahnlose Tiger“. Vereinzelte Programmevaluationen in den Rundfunkräten entbehrten der Systematik und führten nicht zwingend zu Konsequenzen, indem etwa die Gremien strikt auf die Beseitigung zutage getretener Mängel hinwirkten. Die Forderung, die Staffelt daraus ableitet, wird auf die meisten Intendanten und Programmdirektoren wie eine Kompetenzüberschreitung wirken: Die Räte „sollten aktiv und initiativ an Programmentscheidungen teilnehmen“. Damit aber wäre das bislang abgesteckte Feld der reinen Beratung und Kontrolle verlassen. Der Vorsitzende des ARD-Programmbeirats, Tino Kunert, plädiert insofern für ein Maßhalten: „Sobald Gremien nicht mehr nur darüber beraten, sondern auch entscheiden, ob das Programm zweckmäßig, angemessen oder insgesamt optimal war, besteht die Gefahr, dass das Aufsichtsgremium plötzlich dazu dient, die Entscheidung der Intendanten zu derogieren. Das Aufsichtsgremium würde zum Programmmacher werden.“ Aus der Sicht der Wissenschaft plädiert Prof. Hans Mathias Kepplinger (Universität Mainz) für den Aufbau eigener Expertise aufseiten der Rundfunkräte. Diese bräuchten beispielsweise einen eigenen Forschungsetat, um Gutachter zu bezahlen. Ein besseres Beschwerdemanagement sei wünschenswert, damit kritische Wortmeldungen des (gebührenzahlenden) Publikums Erfolge zeitigen
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könnten. Dem generellen Ruf nach öffentlichen Gremiensitzungen erteilt Kepplinger eine Absage. Praktisch sei dies nicht zielführend, weil die Kritik an Programmen immer mit der Kritik an Personen verbunden sei. Dies führe erfahrungsgemäß dazu, „dass eine offene Diskussion vermieden oder in informelle Gruppen verlagert wird“. Es gehe deshalb nicht um die Öffentlichkeit der Erörterungen, sondern um die Veröffentlichung ihrer Ergebnisse, so Kepplinger, der im Übrigen ein Jahrbuch der Gremien vorschlägt, in dem Diskussionsprozesse dokumentiert werden könnten. Aus der Perspektive des journalistischen Beobachters spöttelt Joachim Huber, der verantwortliche Medien-Redakteur des „Tagesspiegels“, über die Begleitumstände der „berühmten Gremienpflege“. Die sei „bislang eine Allinclusive-Betreuung zwischen quietschsüßer Kinderhege und fürsorglicher Altenpflege“. Die übergeordnete Leitlinie sei jene, die laut Huber „ein machiavellistischer Justiziar ausgegeben hat: Lasst die Gremien auf die Ideen kommen, die wir uns bereits ausgedacht haben.“ Nicht die kleinste Intendantenkunst und kluge Unternehmenspolitik, so weiß der Journalist, bestehe in der Vorbereitung und Steuerung einer Rundfunkratssitzung. Huber spitzt zu: Die „Kaffee-und-Kuchen-Exzesse“ bei einer solchen Sitzung könnten „sehr bald nicht mehr der letzte Ratschluss sein“. Die private Senderkonkurrenz, nicht zuletzt der VPRT, würden „mit Eingaben und Einsprüchen den Gremien einheizen, dass es nur so eine Art sein wird“. Diese Prognose ist einigermaßen wahrscheinlich. Denn tatsächlich müssen die Gremien nach dem Willen des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrags künftig Wettbewerber anhören und sich mit deren Beschwerden auseinandersetzen. Und wenn dann ein Sendergremium ein bestimmtes Telemedienkonzept genehmigt hat, bleibt der Konkurrenz womöglich immer noch der Anfechtungsgang zum nächsten Verwaltungsgericht. Wiederum aus der Sicht der Wissenschaft sieht es Otfried Jarren (Universität Zürich) als Herausforderung für die Medienpolitik, aus dem öffentlichen Rundfunk einen „zentralen institutionellen Baustein der Qualitätspublizistik“ zu machen. Auch Reformen der Gremien hätten diesem Ziel zu dienen. Jarren ist für eine verstärkte Mitsprache und Mitwirkung der Gremien, warnt aber vor der politischen Schattenseite solcher Einflussprozesse: „Jede Ausweitung der Gremienmacht droht zu einer problematischen oder gar illegitimen Verstärkung (bereits vorhandener und als dysfunktional zu qualifizierender) politischer – partei-, staats- oder standortpolitischer – Interessen zu werden.“ Es träte also genau das ein, was Prof. Walter Hömberg (Kath. Universität Eichstätt) in seinem Beitrag die „Gravitation der Politik“ nennt. Die Professionalisierung der Gremienarbeit, für die sich viele Beiträger in diesem Band stark machen, würde Jarren zufolge letztlich bedeuten, dass Personal im Haupt- oder zumindest im Teilamt einzustellen oder entsprechend zu
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honorieren wäre. „Erhöht das die Qualität der Gremientätigkeit?“ Der Kommunikationswissenschaftler Jarren bleibt skeptisch: „Wohl kaum. Auf alle Fälle kollidieren dann Professions- und gesellschaftliche Vertretungsinteressen.“ Statt einer kleinen oder großen Gremienreform lautet daher sein Vorschlag, mittels einer neu zu bildenden organisationsinternen Evaluationseinheit die Selbststeuerung innerhalb der Rundfunkanstalten zu erhöhen. Zudem könne durch die öffentliche Kommunikation von Zielen wie z.B. die Publikation von Evaluationsbefunden „der Diskurs über den öffentlichen Rundfunk institutionalisiert“ werden. Jarren entwickelt in seinem Beitrag detaillierte Verfahrensvorschläge für interne Evaluationen der Rundfunkleistungen. Ruprecht Polenz, Vorsitzender des ZDF-Fernsehrates, erläutert in seinem Beitrag das Selbstverständnis dieses Gremiums, das u.a. die Programmtätigkeit dieser Fernsehanstalt der Bundesländer zu überwachen hat. Der Fernsehrat, so Polenz, verstehe sich weniger als Beirat denn als Aufsichtsrat. Optimierungsbedarf sieht auch er. Seine Vorschläge: häufiger öffentlich tagen und externen Sachverstand heranziehen. Polenz lobt die Praxis des Intendanten, den Fernsehrat stets frühzeitig über wichtige Weichenstellungen zu informieren. Polenz sieht dies aber nicht als eine Strategie der Einbindung, um Loyalität herzustellen, sondern bekennt sich im Gegenteil zu einer „Stärkung der Autonomie der Gremien“. Polenz hält nichts von dem immer wieder geforderten vollständigen Rückzug der Vertreter staatlicher Organe oder der Parteien aus den Gremien der öffentlich-rechtlichen Sender.18 Schon eher, so Polenz, wäre über ein Direktentsenderecht der Vertreter der im § 21 ZDF-Staatsvertrag aufgeführten Verbände und Organisationen nachzudenken, wie es 15 der 16 Länder schon Anfang der 1990er Jahre ins Auge gefasst hatten. Gemeint ist damit, dass die in § 21 genannten Verbände ihren Vertreter für den Fernsehrat nur benennen dürfen, dass aber die formelle Ernennung immer der Bestätigung durch die Länder bedarf, d.h. letztlich von den Ministerpräsidenten vollzogen wird. Ähnlich wie sein Kollege aus dem SR-Verwaltungsrat hält auch Volker Giersch, der Vorsitzende des SR-Rundfunkrats, die Aufsicht über das ARDGemeinschaftsprogramm für verbesserungswürdig. Aufgrund von Defiziten, die
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Polenz ist im Hauptamt Bundestagsabgeordneter der CDU. Doch kann man seine Position in dieser Frage nicht allein auf Parteigebundenheit zurückführen. Die von Polenz ist die einzige Stimme eines Unionspolitikers in diesem Band. Trotz mannigfaltiger Bemühungen war es epd medien nicht gelungen, einen maßgeblichen Medienpolitiker von CDU und CSU für einen Beitrag in der Gremiendebatte des Fachblatts zu gewinnen. Es schien, als sei die Union medienpolitisch stimmlos. Wie auch immer, es sollte hier zumindest erklärt werden, warum in diesem Band aus dem Spektrum der politischen Parteien nur Wortmeldungen von SPD, FDP, Bündnis 90/Die Grünen und Linkspartei enthalten sind.
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struktureller Art sind, entspreche sie in ihrer derzeitigen Form „nur eingeschränkt dem Erfordernis einer effektiven und effizienten Kontrolle“. Die Verantwortung für das Gemeinschaftsprogramm sei derzeit noch durchgehend auf der Ebene der Landesrundfunkanstalten angesiedelt. Zwar werde jede Sendung, die ARD-weit ausgestrahlt wird, und jeder Euro, der dafür ausgegeben wird, von mindestens einer der neun Landesrundfunkanstalten verantwortet. Aber es gebe kein Aufsichtsorgan, das unmittelbar für das gesamte Gemeinschaftsprogramm zuständig ist. „Und genau das ist der Kern des Problems“, hebt Giersch hervor: „Die Aufsicht erfolgt allzu sehr aus der partikularen Sicht einzelner Landesrundfunkanstalten und allzu wenig mit Blick auf das Ganze.“ Mit Blick auf die geforderte Professionalisierung macht Giersch als einen „Engpassfaktor“ die zur Verfügung stehende Zeit aus. Denn die meisten Gremienvorsitzenden seien ja neben ihrem Ehrenamt auch in ihrem Hauptberuf stark gefordert. Ein Ausweg aus dieser „Zeitfalle“ könne darin liegen, dass ein Mitarbeiterstab professionell zuarbeitet. Helmuth Frahm, langjähriges Mitglied des NDR-Rundfunkrats, macht daneben auf eine besondere Facette im Anforderungsprofil an Rundfunkratsmitglieder aufmerksam: „Headhunter müssen sie sein, wenn es um Auswahlprozesse von Intendanten oder Programmmachern geht.“ Eumanns Modell eines ARD-Rates möchte übrigens auch Frahm nicht folgen: „Regionale Kompetenz bliebe auf der Strecke und Vorteile der Bündelung würden dadurch an Bedeutung verlieren.“ Gremienarbeit ist Alltagsarbeit. Darauf macht das MDR-Rundfunkratsmitglied Heiko Hilker (Linkspartei) aufmerksam. Er will das Fragerecht des einfachen Mitglieds gegenüber den Senderleitungen genauer ausgestaltet sehen. „Da zwischen den Rundfunkratssitzungen manchmal drei und mehr Monate liegen, sollte es ein Recht auf eine umfassende, schriftliche Antwort innerhalb von vier Wochen geben.“ Zudem sollte seiner Ansicht nach jedes Gremienmitglied einer Landesrundfunkanstalt auch auf jede Frage zum Ersten Programm eine Antwort erhalten. Walter Hömberg bringt – wie auch Hans J. Kleinsteuber (Universität Hamburg) – die Zivilgesellschaft ins Spiel. Statt zentralistischer Aufsicht schwebt ihm ein Modell koordinierter Kooperation vor, „ein Netzwerk aller Personen, Organisationen und Institutionen, die sich hier bisher medienspezifisch oder medienübergreifend engagieren“. Medienjournalismus übrigens gehört aus seiner Sicht dazu. Wie auch immer die Gremienaufsicht sich weiterentwickelt, der schon erwähnte Drei-Stufen-Test für neue digitale Angebote wird in Zukunft zu den vornehmsten Aufgaben von Rundfunkräten gehören. Sie sind die Herren des Verfahrens, müssen aber im Konfliktfall für einen Interessenausgleich zwischen Sendern und ihren Wettbewerbern und, nicht zu vergessen, den gebührenzahlen-
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den Hörern und Zuschauern sorgen. Vier Beiträge, allesamt von Juristen verfasst, runden diesen Sammelband ab und geben erste Hinweise zur Ausgestaltung des Drei-Stufen-Tests. Nach Rudolph Meyer, Referent in der Hauptabteilung Internationale Angelegenheiten des ZDF, kommt Prof. Dieter Dörr (Universität Mainz) zu Wort. Er appelliert an ARD und ZDF, den Drei-Stufen-Test ernst zu nehmen. Denn er berge die Chance zu einer Selbstjustierung des öffentlichrechtlichen Rundfunks. Keine großen Erwartungen in die Steuerungswirkung des Drei-Stufen-Tests setzt offenbar Robert Schweizer, der Justiziar des Burda-Verlags. ARD/ZDF würden vom Gesetzgeber bevorzugt, die Presse wettbewerblich schlechter gestellt, so der Kern des Vorhalts von Schweizer, der sich intensiv auch mit der Frage auseinandersetzt, ob der neue Rundfunkstaatsvertrag den Auflagen der EU-Kommission genügt. Eher nicht, so Schweizer. Dies findet den Widerspruch von Prof. Carl-Eugen Eberle, Justiziar des ZDF. Auch Eberle sagt, der Gesetzentwurf habe „vor der Verfassung keinen Bestand“, doch aus anderen Gründen als Schweizer. Laut Eberle sind insbesondere die vorgesehenen zeitlichen und inhaltlichen Beschränkungen für die Online-Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht vertretbar. Es bleibt, nach alledem bleibt, die Frage nach dem Publikum. Wird die genauere, in Teilen auch engere Definition des öffentlich-rechtlichen Rundfunkauftrags nur den privatwirtschaftlichen Wettbewerbern etwas bringen? Oder hat auch der Gebührenzahler etwas davon? Die Kostenentwicklung des Rundfunks zu dämpfen – das war durchaus ein Hintergedanke bei so manchem politischen Strategen. Wie aber steht es um die Mitwirkung des Publikums am Rundfunkprozess überhaupt? Über die Jahrzehnte ist wiederholt die Forderung nach einer „Publikumsbank“ innerhalb der Rundfunkräte erhoben worden. Ernsthaft aufgegriffen wurde sie von der Politik nicht. Die Schwierigkeit, quasi repräsentative Hörer und Zuschauer auszuwählen, schien dagegen zu sprechen.19 So blieb es bei einem parteien- und verbändeorientierten Repräsentationsmodell. „Gesellschaftlich relevante“ Organisationen waren und sind aufgerufen, die „Allgemeinheit“ zu vertreten. So sollten sich zumindest die kirchlichen Vertreter in den Rundfunkräten verstehen, findet der Medienbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland, Markus Bräuer. Die gestärkte Stellung der Gremien ist seiner Ansicht nach „eine Chance, nicht nur für die Inhalte, die der Kirche am Herzen liegen, sondern für eine Kultur der Achtsamkeit und für die Werte, die unsere Gesellschaft zusammenhalten, einzutreten. Die Kirchenvertreter in den Rund19
Obwohl das sog. GfK-Fernsehpanel seit Jahrzehnten keine Schwierigkeiten hat, einen sozialstatistisch begründeten Bevölkerungsdurchschnitt für die empirische Fernsehforschung zusammenzustellen.
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funkräten sind nicht allein Lobbyisten ihrer Kirche, sondern verstehen sich als Mandatsträger eines Dienstes an der Gesellschaft.“20 Ein guter Vorsatz. Ob sich das zunehmend differenzierte Publikum unter dem Oberbegriff „Allgemeinheit“ fassen lässt, bleibt indes fraglich. Der Gesetzgeber hat auch in neueren (Landes) Rundfunkgesetzen nicht den Mut gefunden, den naheliegenden Gedanken der Partizipation der Gebührenzahler aufzugreifen. In den Beiträgen des vorliegenden Bandes klingt er immerhin mehrfach an – so bei Eumann, der „den gebührenzahlenden Nutzer stärker als bisher in die Aktivitäten einbezogen“ wissen will; bei Stadelmaier, der sich von Gremien wünscht, sie sollten häufiger öffentlich tagen und den Dialog mit den Gebührenzahlern suchen. Otfried Jarren legt ein besonderes Augenmerk auf „schwach organisierte Interessen“, die in der Regel keinen Vertreter im Rundfunkrat haben. Dass dies anders werden solle, sei sicher unbestritten, glaubt Jarren. Der Wissenschaftler plädiert für einen „verstärkten Einbezug der Rezipienten“, so durch die Möglichkeit, über einen Teil der Verwendung der Gebührenmittel zu entscheiden. Zudem sollten die Gebührenzahler seiner Ansicht nach Mitgliedschaftsrechte erhalten. „Rundfunkräte ohne Öffentlichkeit sind ein Anachronismus“, stellt auch Hans J. Kleinsteuber fest. Er bringt in seinem Beitrag historisches Wissen sowie internationale Quervergleiche ein (mit Erfahrungen aus Großbritannien, den USA und auch der Schweiz). Sein Plädoyer: Verstärkt sollte die Zivilgesellschaft an der Rundfunkaufsicht beteiligt und im Gegenzug der Einfluss von Staat und Parteien reduziert werden. Flankierend formuliert der Politologe Kleinsteuber praktische Anforderungen an unabhängige Gremienarbeit, die der Gesetzgeber operationalisieren könnte. Sein Beitrag in diesem Band ist insofern Politikberatung im besten Sinne. Einen bescheidenden Beitrag dazu will auch dieser Sammelband leisten. Mit den hier zusammengetragenen Kritik- und Merkpunkten sowie Empfehlungen kann eine ehrenamtliche Gremienaufsicht auf den Weg gebracht werden, die auf der Höhe ihres Gegenstands ist: eines Rundfunks, der sich multimedial differenziert und der mit seinen Programmen auf einen Strukturwandel der Öffentlichkeit reagieren muss. Den Integrationsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu sichern ist dabei für Sender wie für Gremien gleichermaßen eine der vornehmsten Aufgaben.
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Vgl. das Bräuer-Interview „Kultur der Achtsamkeit“ in: epd medien 57/2008, S. 6f.
II. Die Gremiendebatte 2007 in epd medien
II. Die Gremiendebatte 2007 in epd medien
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Guter Rat
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Guter Rat Gremienaufsicht (1): Notwendig, aber auch reformbedürftig Marc Jan Eumann
„Auch die Wortmeldungen aus den Rundfunkräten der ARD waren nicht immer hilfreich“, erklärte Günther Jauch nach seiner von vielen als spektakulär empfundenen Absage an die ARD. Schnell machte das Wort von den GremienGremlins und das Bild von den grauen Räten die Runde. Da passten sie wieder, die wohlgepflegten Klischees. Die schlichte Tatsache, dass der Vertrag mit Günther Jauch erst dann zustande gekommen wäre, wenn unter anderem der Rundfunkrat des Westdeutschen Rundfunks zugestimmt hätte, erscheint da als vermeintlich überflüssige Information. Und wenn diese Gremien Zweifel äußerten, dann mag das zwar aus Sicht von Günther Jauch nicht hilfreich gewesen sein, aber es war eben Teil ihrer Verantwortung als Vertreterinnen und Vertreter der Allgemeinheit. Für die Wahrnehmung genau dieser Verantwortung hinsichtlich der dubiosen Verträge mit Jan Ullrich war die Einmischung hingegen opportun gewesen. Allüberall wurde gerade der WDR-Rundfunkrat als gutes Beispiel der binnenpluralen Kontrolle gelobt. Anders als die Intendanten (mit Ausnahme der bis dahin einzigen Intendantin), die in Schwerin fröhlich Verträge verlängert hatten, forderte der WDR-Rundfunkrat Konsequenzen aus den Ullrich-Verträgen. Grad der Gremienbeteiligung differiert Auch die Tatsache, dass jetzt der WDR die Federführung bei der anstehenden und nach Lage der Dinge völlig unproblematischen Vertragsverlängerung mit Harald Schmidt innehat, ist den Gremien zu verdanken. Die berechtigte Empörung über den ersten Vertragsabschluss, der seinerzeit an den Gremien vorbei über die Degeto, eine 100-prozentige ARD-Tochter, erfolgte, hat hier zu einem Kurswechsel geführt. So ist zumindest der WDR-Verwaltungsrat zu beteiligen. Aber deutlich wird noch etwas anderes: Je nach landesgesetzlicher Lage und
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Höhe des Vertragsabschlusses sind Gremien einzelner Landesrundfunkanstalten zu beteiligen – oder eben nicht. Das führt zunächst zu einer fragwürdigen Ungleichbehandlung einzelner Verträge in den Gremien insgesamt. Während dem WDR-Rundfunkrat (nach § 16, Abs. 5.1 WDR-Gesetz) ein Zustimmungsrecht ab einer gewissen Größenordnung zusteht, haben Rundfunkräte anderer Landesrundfunkanstalten solche Möglichkeiten nicht. Folgerichtig ist zu fragen: Wer verantwortet das Gemeinschaftsprogramm der ARD, also das Erste? (Die Frage, ob die Entscheidungsstrukturen innerhalb der ARD für das Erste noch zeitgemäß sind, so wie es Michael Jürgs jetzt aufgeworfen hat, steht auf einem anderen Blatt.) Dass hierfür nicht die Rundfunkräte aller neun Landesrundfunkanstalten in Frage kommen sollten, findet meine volle Zustimmung; der ARD-Programmbeirat hat lediglich beratende Funktion für den Programmdirektor. Zwar ist die Gremienvorsitzendenkonferenz jüngst gestärkt worden (§ 5a ARD-Satzung), doch gerade das öffentliche Getöse einzelner Gremien in Sachen Jauch verdeutlicht, dass die Nähe zur eigenen Landesrundfunkanstalt ganz besondere Züge annehmen kann. Kurzum: Die Gremienvorsitzendenkonferenz ist derzeit und auch strukturell nicht in der Lage, tatsächlich wirksame Kontrolle auszuüben. Es gilt daher, bewährte Elemente zu übernehmen und anzupassen. Meine Erfahrung ist: Auf der Ebene der Landesrundfunkanstalten hat sich die binnenplurale Kontrolle bewährt. Für mich ist die Absage Jauchs dafür ein ebenso gutes Beispiel wie die Beschlüsse in Sachen Ullrich-Verträge. Vor dem Hintergrund der jüngsten Verabredung der Länder mit der EUKommission im Rahmen des Beihilfeverfahrens bekommen die Gremien ein größeres Gewicht. Im anstehenden Rundfunkänderungsstaatsvertrag, dem es im Übrigen gut anstünde, in Medienstaatsvertrag umbenannt zu werden, soll ein Drei-Stufen-Test für alle neuen und veränderten digitalen Angebote etabliert werden. Im Kern geht es darum, zu klären, ob diese Angebote zum öffentlichrechtlichen Auftrag gehören und zum publizistischen Wettbewerb beitragen. Diese neuen bzw. veränderten digitalen Angebote müssen von den Gremien – auch unter Einbeziehung von Stellungnahmen Dritter – beschlossen werden. Dies ist ein Grund mehr, über eine effektive und effiziente Kontrolle der ARDGemeinschaftsaktivitäten nachzudenken. Modell eines ARD-Rats Mein Vorschlag ist, durch einen ARD-Rat eine reale Aufsicht und Kontrolle über die Gemeinschaftsaktivitäten, das ARD-Programm und die ARD-Programmdirektion zu etablieren. Der jüngst bei der BBC eingesetzte Trust kann dabei Vorbildcharakter haben. Vorstellbar ist ein Kontrollorgan,
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das die Aufsicht über die Gemeinschaftsaktivitäten und das ARD-Programm sowie die Programmdirektion und die mit der ARD verbundenen Gesellschaften wie Degeto und SportA führt, Gemeinschaftsprojekte überprüft, den ARD-Programmdirektor auf Vorschlag der Intendanten wählt und die Geschäftsführer der ARD-Tochtergesellschaften bestätigt.
Dieser ARD-Rat kann so einerseits die Interessen der Gebührenzahler wirksam wahren, andererseits die Unabhängigkeit der ARD sichern helfen – mit einer klaren Linie und ohne aufwendige Beteiligung der Rundfunkräte. Die Gremienvorsitzendenkonferenz sollte sich in diesem Kontext vor allem auf die sinnvolle koordinierende Funktion innerhalb und für die ARD konzentrieren. In diesem Zusammenhang sind auch Aufsichtsgremien für die gemeinsam mit dem ZDF verantworteten Spartenkanäle Phoenix, 3sat und KiKa notwendig. Gleichzeitig muss die bisherige Praxis, dass Mitglieder der Gremien der Landesrundfunkanstalten mit Intendanten eine gemeinsame Aufsichtsfunktion bei einer Tochtergesellschaft und/oder einer vergleichbaren Einrichtung ausüben, beendet werden. Hier ist in Zukunft eine klare Trennung zwischen Kontrollierten und Kontrolleuren geboten. Kompetenz, Unabhängigkeit, Staatsferne Mit der Etablierung dieses ARD-Rates muss eine Professionalisierung einhergehen. Die beschriebenen Aufgaben des Rates überschreiten die Grenzen des ehrenamtlichen Engagements. Wer wirksame Kontrolle will, muss Strukturen für wirkungsvolle Kontrolleure schaffen. Die Frage, wer die Mitglieder des Rates beruft, ist wichtig. Handlungsleitende Stichworte sind hier: Kompetenz, Unabhängigkeit, Staatsferne. Das gilt auch für die Frage der Zusammensetzung. Für beide Fragen gilt: Mittlerweile gibt es im Föderalismus eine ausreichende Anzahl von Vorbildern, wie erfolgreich und unabhängig arbeitende Gremien besetzt werden. Institutionen wie die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) und der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) sind ebenfalls zwei Beispiele für Professionalisierung und Entregionalisierung aus unmittelbarer inhaltlicher Nachbarschaft. Sinnvoll wäre es auch, die Amtszeiten so zu gestalten, dass es zu einer Art rollierenden Systems kommen kann – und damit zu einer wirksamen Kombination aus Kontinuität und Erneuerung. Die Frage nach dem Standort spielt im Föderalismus ja manches Mal eine größere Rolle als die nach dem Standpunkt. Eine örtliche Anbindung an das ARD-Generalsekretariat drückte die für mich erfor-
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derliche Distanz zu den Landesrundfunkanstalten aus. Vorstellbar ist auch, dass der ARD-Programmbeirat hier seine Heimat finden kann. In diesen Kontext gehört auch die Frage nach Transparenz. Es gibt, hier stimme ich Hans J. Kleinsteuber zu, keine ausgeprägte Transparenz-Tradition in Deutschland; folglich auch nicht im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Zwar gibt es auch hier Ansätze, z.B. mit den Leitlinien für die Programmgestaltung der ARD oder den verabredeten Maßnahmen im Rahmen des vom Verband Privater Rundfunk und Telemedien angestrengten Beschwerdeverfahrens (siehe dazu 2.1.1.2 der Mitteilung der Bundesregierung vom 28. Dezember 2006). Aber binnenmotivierte und -- gesteuerte Bewegungen lassen sich selten identifizieren. Auch das muss sich verändern. Mehr denn je: Medium und Faktor Zumal die binnenplurale Kontrolle als Alleinstellungsmerkmal des öffentlichrechtlichen Rundfunks, das ist meine Überzeugung, in der digitalen Welt an Bedeutung gewinnen wird. Es ist notwendiger denn je, dass der öffentlichrechtliche Rundfunk seine Aufgaben, als Medium und Faktor zu wirken, wahrnimmt. Vor diesem Hintergrund halte ich grundsätzliche Beschränkungen mit Blick auf Verbreitung, Budgets (z.B. Begrenzung der Online-Aktivitäten) oder Programme und Inhalte für falsch. Gleichzeitig – und das ist eben kein Widerspruch – muss er sich auf seine Stärken konzentrieren. Nicht die Quote wird über die Zukunft des gebührenfinanzierten öffentlichrechtlichen Rundfunks entscheiden, sondern seine Qualität und Relevanz – und die sich daraus ableitende Akzeptanz bei den Nutzern. Daher muss der gebührenzahlende Nutzer stärker als bisher in die Aktivitäten einbezogen werden. Zum Beispiel mit einem neuen Qualitäts- und Beschwerdemanagement. Auch hier kann die BBC Vorbild sein. Die BBC legt im Rahmen einer Selbstverpflichtung („Statements of Programme Policy“) und durch Leitlinien zu einzelnen Bereichen ihre Programmziele und journalistischen Standards fest. Die Nichteinhaltung der Selbstverpflichtung kann zum Gegenstand von Programmbeschwerden werden, über die eine unabhängige Prüfungs- und Beschwerdestelle entscheidet. Das Beispiel BBC, die ja – ebenso wie die ARD – in der jüngsten Vergangenheit durch etliche Skandale selbst Schlagzeilen produziert hat, zeigt dennoch: Die hohe Transparenz der Strukturen und der Programmpolitik sowie die Einbindung des Publikums durch den offenen Umgang mit Eingaben und Beschwerden der Gebührenzahler sind unverzichtbare und (über-) lebenswichtige Elemente eines am Publikum orientierten öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
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Auch die Rundfunkräte in den Landesrundfunkanstalten wären gut beraten, wenn sie grundsätzlich öffentlich tagten und zu bestimmten grundsätzlichen Fragestellungen auch den Diskurs mit den Gebührenzahler suchten. Der WDRRundfunkrat sammelt hier gerade neue Erfahrungen, traf sich beispielsweise mit Vertretern der Jugendpresse. Aber auch im Programm selbst, vor allem im Online-Angebot, bestehen Möglichkeiten, sich mit Gebührenzahlern über die Inhalte auszutauschen. Diese Chance muss man im Übrigen nicht nur dann nutzen, wenn Dinge falsch gelaufen sind (Beispiele: die Diskussion Pleitgen/Lilienthal im WDR-Fernsehen nach der Aufdeckung von Themen-Placement im ARD-„Marienhof“; „Hart aber fair“ zum Thema Doping/Ullrich-Verträge), sondern auch wenn es um positive Leistungen (von denen es reichlich gibt – und die jeder täglich sehen, hören und lesen kann) und grundsätzliche Fragen programmlicher, strategischer oder technischer Natur geht. Die beteiligten Akteure – Intendanten, Rundfunk- und Verwaltungsräte, Ministerpräsidenten, Staatskanzleichefs, Rundfunkreferenten und Medienpolitiker – haben jetzt die Chance, die Weichen dafür zu stellen, einen gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der weltweit – mit Blick auf Vielfalt und Qualität – seinesgleichen sucht, nachhaltig zu sichern. Und am Ende könnte stehen: „Auch die Wortmeldung von Günther Jauch war sehr hilfreich.“
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Klarschiff (2): Zum Vorschlag eines „ARD-Rates“ Thomas Kleist
Der Vorsitzende der SPD-Medienkommission Marc Jan Eumann hat in epd medien unter der Überschrift „ARD-Rat“ eine öffentliche Debatte angestoßen, die bisher eher Insiderkreisen vorbehalten war. Hinter seinem Vorschlag, einen ARD-Rat zu installieren, verbirgt sich die Fragestellung, ob die Aufsicht über das ARD-Gemeinschaftsprogramm, und nur darum geht es hier, organisatorisch und inhaltlich den vom Bundesverfassungsgericht und der EU-Kommission geforderten Voraussetzungen für eine effektive und effiziente Kontrolle im öffentlich-rechtlichen gebührenfinanzierten Rundfunk entspricht. Diese Problematisierung ist legitim, schon deshalb, weil der öffentlichrechtliche Rundfunk aufgrund seiner Sonderstellung in Deutschland einerseits den besonderen Schutz der Verfassung genießt, dafür andererseits aber auch besonderen Verpflichtungen unterworfen ist: Gegen eine angemessene Gebühr ist qualitativ gutes Programm mit Information, Bildung, Beratung und Unterhaltung abzuliefern. Und da die staatliche Aufsicht wegen der verfassungsrechtlich vorgegebenen Staatsferne nur sehr eingeschränkt ausgestaltet ist, sind logischerweise die Anforderungen an die öffentlich-rechtliche Binnenkontrolle, sprich Selbstkontrolle, umso höher anzusetzen. Es gilt das Prinzip: Mehr Rechte, mehr Pflichten. Was war. Was ist. Was wird Um die Frage beantworten zu können, ob die konkrete Ausgestaltung der Kontrollbefugnisse bzgl. des ARD-Gemeinschaftsprogramms diesen Vorgaben ausreichend Rechnung trägt, ist sowohl der Blick zurück in die spezielle deutsche Rundfunkgeschichte hilfreich als auch die Auseinandersetzung mit der aktuellen und künftigen Entwicklung, frei nach dem Motto: Was war. Was ist. Was wird. Die Arbeitsgemeinschaft der Rundfunkanstalten in Deutschland (ARD) ist die rundfunkpolitische Antwort auf die ursprünglich von den Siegermächten des Zweiten Weltkrieges initiierte und vom Verfassunggeber weiterentwickelte de-
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zentrale, staatsunabhängige Organisation des Rundfunks. Es war in erster Linie das Verdienst des Bundesverfassungsgerichts, in einer Reihe wegweisender Rundfunkentscheidungen die Vorlage für die Ausgestaltung der Landesrundfunkgesetze geliefert zu haben. Daraus entwickelten sich im Wesentlichen bundesweit inhaltsgleiche Regelungen zur Organisation und Ausgestaltung der öffentlich-rechtlichen Rundfunklandschaft: Während die Intendanten, ausgestattet mit einer allumfassenden Programmverantwortung, die Rundfunkanstalten nach außen vertreten, wachen Rundfunkrat (in erster Linie Programmberatung und -kontrolle) und Verwaltungsrat (in erster Linie Finanzkontrolle) über die Geschicke der Landesrundfunkanstalt, also über das landeseigene Fernsehprogramm und die entsprechenden Hörfunkprogramme. So weit zur Binnenkontrolle auf Länderebene. Mit Gründung der ARD gaben die Beteiligten den Startschuss für ein gemeinsam produziertes Programm, das Erste. Nomen est omen; fortan fand eine schleichende Gewichteverschiebung des landesspezifischen zugunsten des gemeinsam produzierten, bundesweit einheitlich ausgestrahlten Programms statt. Dem folgten gemeinsame Einrichtungen zur Herstellung dieses Programmes (GSEA) bis hin zur Gründung ausgelagerter Gesellschaften wie etwa für die Bereiche Sportrechte (SportA) oder Filmproduktion (Degeto). In Zahlen ausgedrückt sind zwischenzeitlich rund 20 Prozent der Ausgaben der Landesrundfunkanstalten durch das ARD-Gemeinschaftsprogramm gebunden. Da jede einzelne Sendung in Letztverantwortung irgendeiner Landesrundfunkanstalt ausgestrahlt wird und jede gemeinsame Einrichtung bei irgendeiner Landesrundfunkanstalt ressortiert, bedurfte es – rein formal gesehen – auch keiner bundesweit ausgestalteten Rundfunkaufsicht, so jedenfalls die bisherige offizielle Lesart. Dementsprechend wurde dem ARD-Programmdirektor lediglich ein beratender, aus Mitgliedern der Landesrundfunkanstalten zusammengesetzter Programmbeirat an die Hand gegeben (§ 5 und 7 ARD-Staatsvertrag). Daneben trafen sich über Jahre hin die Gremienvorsitzenden und berieten, was ihnen per ARD-Satzung ins Auftragsbuch geschrieben worden war, nämlich Fragen von grundsätzlicher Bedeutung zur Vorbereitung der ARD-Hauptversammlung. Ruf nach einer effektiveren Kontrolle Erst aufgeschreckt durch die von der privaten Konkurrenz angestrengte Beschwerde in Brüssel mit zu erwartender Reaktion der EU-Kommission und zwischenzeitlich bekannt gewordene „Skandale“ um Verträge mit Entertainern und Sportlern sowie ins öffentlich-rechtliche Gemeinschaftsprogramm verbotener-
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weise eingeschleuste Werbung ließen den Ruf nach einer effektiveren Kontrolle der ARD-Gemeinschaftsaktivitäten laut werden: Mit dem neuen § 5 a ARDSatzung nimmt die Gremienkonferenz der ARD (GVK) erstmals als eigenständig handelnde Institution Gestalt an, da sie nunmehr spezielle Koordinierungsbefugnisse bei der Gremienkontrolle wahrzunehmen hat, insbesondere die Beratung der Haushalts- und Finanzplanung und Rechnungslegung der GSEA, einschließlich der gemeinschaftlichen Beteiligungen sowie aller rundfunkpolitischen Grundsatzfragen; daneben ist mit ihr „Benehmen“ (nicht Einvernehmen) bei der Besetzung von Positionen der ARD im Direktorenrang herzustellen. Dessen ungeachtet wurde bislang jedenfalls nicht Abstand genommen von der oben skizzierten Doktrin der allumfassenden Zuständigkeit der jeweils zuständigen Landesrundfunkanstalt. Die Parallelen zur Organisation der privaten Rundfunkaufsicht sind unübersehbar. Dabei wird allerdings nicht genügend beachtet, dass die ARD mehr darstellt als die Summe der Gemeinschaftsaktivitäten der einzelnen Landesrundfunkanstalten. Das Erste ist eben mehr als nur die Zusammenwürfelung von auf Länderebene verantworteten Einzelsendungen. In der Praxis sieht dies derzeit so aus, dass einerseits Rundfunkrat und Verwaltungsrat in den einzelnen Landesrundfunkanstalten auf Grund der Komplexität der Organisationsstrukturen wie auch der produzierten Inhalte überhaupt nicht mehr in der Lage sind und auch nicht mehr sein können, die ihnen zugewiesene Kontrollfunktion in Bezug auf die ARD-Anteile wahrzunehmen, und andererseits die GVK (noch) nicht die Entscheidungsbefugnisse hat, effektiv zu kontrollieren. So gesehen hängt die ARD-Kontrolle derzeit in der Luft – Klarschiff machen tut not. Die Wahl der Möglichkeiten ist überschaubar. Entweder wird die GVK kraft Gesetzes mit allen Gestaltungsmitteln ausgestaltet, die notwendig sind, eine glaubwürdige, an den Maßstäben der Verfassung orientierte Aufsicht über die ARD-Gemeinschaftsaktivitäten zu organisieren: Dazu gehört in erster Linie eine Vertragskontrolle mit den aus dem GmbH- bzw. Aktienrecht bekannten Methoden, eine Personalkontrolle in Form von Zustimmungsvorbehalten für herausragende Protagonisten des Ersten auf Managementebene, wie auch eine Mitwirkung in den Aufsichtsgremien ausgelagerter Bereiche, wie SportA und Degeto. Die eigentliche Programmkontrolle bezüglich Werbung und Jugendschutz könnte dagegen weiterhin auf Landesebene verbleiben, da ohnehin vor Ort die notwendigen Kapazitäten vorhanden sind und jeder Intendant für in seinem Sendegebiet ausgestrahlte Programmbeiträge ohnehin voll in der Verantwortung steht. Dies hielte den zusätzlichen Aufwand, der durch die neu zu organisierende ARD-Gemeinschaftskontrolle entsteht, in Grenzen. Des Weiteren wäre das Argument derer entkräftet, die behaupten, eine Neuorganisation der Aufsicht auf Ebene des ARD-Gemeinschaftsprogramms führe
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zu einer Entmachtung der Gremien in den Landesrundfunkanstalten. Dies sind jedoch vorgeschobene Argumente, die davon ablenken sollen, dass die unkontrollierte Machtfülle der Exekutive auf ARD-Gemeinschaftsebene europaweit wohl einmalig sein dürfte. Andererseits muss mit gleicher Verve darauf geachtet werden, dass die Entscheidungsstrukturen in der ARD nicht derart kompliziert werden, dass am Ende jeder alles kontrolliert und die ARD sich auf diese Weise ins medienpolitische Abseits manövriert und nicht mehr handlungsfähig ist. Ob die GVK in ihrer jetzigen Ausgestaltung und Zusammensetzung in der Lage ist bzw. überhaupt sein kann, all diesen Anforderungen gerecht zu werden, darf, bis zum Beweis des Gegenteils, angezweifelt werden. Bleibt andererseits die GVK in ihrer derzeitigen, eher unverbindlichen Art verhaftet, ließe dies die Waagschale wieder eindeutig zugunsten eines kleinen – spontan fällt mir da die Zahl neun ein –, mit klaren, von den Landesrundfunkanstalten delegierten Kompetenzen ausgestatteten ARD-Rates ausschlagen, dessen Mitglieder sich aus dem Kreis der Landesrundfunkanstalten rekrutieren. Ob dieser „Rat“ nur vorbereitende Funktion hätte, etwa zur Aufbereitung der komplexen Fragestellungen bei Vertragsabschlüssen oder der Ausgestaltung der GSEAs, mit Letztentscheidungsbefugnis der GVK, oder gar als „Profi-Aufsichtsrat“ selbst Letztentscheidungsbefugnis hätte, sei hier einmal dahingestellt. Der klugen Fantasie sind da keine Grenzen gesetzt. Die Erfahrungen aus der Vergangenheit mit der Fortentwicklung von Aufsichtsstrukturen, dies zeigt der Blick zu den Privaten, lässt eher vermuten, dass die Politik die Salamitaktik dem großen Rundumschlag vorziehen wird. Die Diskussion unter den Intendanten hat deutlich gemacht, dass die Bandbreite der Bewertungen eines wie immer gearteten ARD-Rates beachtlich ist. Bleibt die ARD jedoch auch nach nochmaligem Nachdenken weiterhin so „R(r)at-los“ wie bisher, werden es eben andere richten: Wer nicht selbst handelt, wird gehandelt.
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Udo Reiter
Föderales Zusammenspiel (3): Vorrang für föderale Kontrolle Udo Reiter
Die Gremienkontrolle der ARD ist in der Diskussion. Unzulässige Schleichwerbung, Korruptionsfälle und sogar der „Gremlin“-Vorwurf von Günther Jauch haben die Debatte um Aufgaben, Befugnisse und Leistungsfähigkeit der ARDGremien aufleben lassen. Diese Diskussion bekommt durch die Zusagen der Bundesrepublik Deutschland zur Beilegung des Beihilfeverfahrens eine neue Dimension. Die Stärkung der Gremien bei der Konkretisierung des öffentlichrechtlichen Programmauftrages spielt eine zentrale Rolle bei dem Bemühen, das deutsche Rundfunkrecht in Übereinstimmung mit den europäischen Wettbewerbsregeln zu bringen. Dabei steht in erster Linie die ARD mit ihrer föderalen Struktur im Brennpunkt des Interesses. Die Einführung eines neuen, zusätzlichen ARD-Rates als Aufsicht über die Gemeinschaftsaktivitäten, das ARD-Programm und die ARDProgrammdirektion hat Marc Jan Eumann in epd medien gefordert. Dieser Vorschlag eines Rates auf ARD-Ebene findet auch im Kreis der ARD-Intendanten erste Befürworter. So hat sich Jobst Plog vom NDR für einen solchen ARD-Rat ausgesprochen. Ein einheitliches Meinungsbild in diese Richtung zeichnet sich allerdings nicht ab. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Bewährtes und neue Herausforderungen Die Rundfunkräte spielen eine zentrale Rolle in der Organisationsstruktur der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Sie sind die Aufsichtsinstanz, die über die Erfüllung der verfassungsrechtlich vorgegebenen Ziele des Rundfunks, zu der in besonderem Maße die Sicherung der Meinungsvielfalt gehört, zu wachen hat. Die nach 1945 in Westdeutschland von den Alliierten eingeführte organisatorische Absicherung der Rundfunkfreiheit durch eine binnenplural ausgestaltete Kontrolle in den Rundfunkanstalten ist ein Erfolgsmodell, das sich in den letzten Jahrzehnten in einer sich immer schneller wandelnden Rundfunklandschaft bewährt hat. Auch die im einen oder anderen Fall berechtigte Kritik an den Leistungen dieses Systems vermag an dem positiven Gesamtbild nichts zu ändern.
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Die Geschichte zeigt, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk nach anfänglichen Schwierigkeiten sehr gut in der Lage ist, sich auf neue Wettbewerbsbedingungen einzustellen. Die ARD hat Erfahrungen mit tiefgreifenden Veränderungen und hat sich entgegen aller anderslautender Prophezeiungen, die Anfang der 90er Jahre das baldige Ende von öffentlich-rechtlichen Sauriern verkündet haben, erfolgreich im Wettbewerb behauptet. Mit der Einführung der dualen Rundfunkordnung schien die Organisationsstruktur des öffentlich-rechtlichen Rundfunks vielen überholt und ungeeignet, im harten Konkurrenzkampf zu bestehen. Dass es anders gekommen ist, hat die ARD auch ihren Gremien zu verdanken, die diesen Wandel konstruktiv überwacht und begleitet haben. Aus den Gremien kamen wichtige Anregungen, die dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk geholfen haben, im harten publizistischen Wettbewerb den schwierigen Spagat zwischen Qualität und Quote im Großen und Ganzen erfolgreich zu bewältigen. Ohne sie wäre der Erfolg des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht denkbar. Die mit dem 7. Rundfunkänderungsstaatsvertrag nach dem Vorbild der BBC eingeführten Programmleitlinien von ARD, ZDF und DLR haben nach meinem Eindruck zu einer Veränderung bei der Programmkontrolle beigetragen. Durch die Pflicht, alle zwei Jahre neue Programmleitlinien zu beraten, erfolgen die Programmkontrolle und die Beratung der Rundfunkräte strukturierter, als dies in der Vergangenheit der Fall war. Die nach zwei Jahren fällige Abrechnung der Leitlinien ist eine neue Form der Programmkontrolle, mit der die Stellung der Rundfunkräte sinnvoll gestärkt wurde. Aus den Rundfunkräten kommen heute wichtige Anstöße für das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im digitalen Zeitalter. So arbeitet der MDR im intensiven Dialog mit seinem Rundfunkrat an einer Digitalstrategie, um sein Angebot auch in Zukunft auf den digitalisierten Übertragungswegen mit Erfolg den Nutzern anbieten zu können. Dezentrale Arbeitsgemeinschaft Die ARD ist bei ihrer Gründung als eine föderale Arbeitsgemeinschaft der Landesrundfunkanstalten konzipiert worden, deren Erstes Programm sich aus den Zulieferungen der Landesrundfunkanstalten zusammensetzt. Diese vergleichsweise lose dezentrale Arbeitsgemeinschaft basiert auf den Zulieferungen aus den Regionen und ist auf den Konsens aller Beteiligten zwingend angewiesen. Dieses besondere föderale Zusammenspiel ist das konstituierende Element des ARDGemeinschaftsprogramms, das die ARD von allen anderen Rundfunkveranstaltern unterscheidet und unverzichtbar ist, wenn der Senderverbund auch in Zu-
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kunft erfolgreich bestehen soll. Ein Blick auf das aus der freien Wirtschaft stammende Konzept des virtuellen Unternehmens zeigt, dass die Idee eines dezentralen, föderalen Verbundes unverändert modern und zukunftsfähig ist. In der freien Industrie schließen sich Unternehmen, ohne ihre Selbstständigkeit zu verlieren, zu Projekten zusammen, deren Umfang ein einzelnes Unternehmen überfordern würde. Solche losen Gruppierungen behaupten sich mit Erfolg am Markt. Hält man aber an der föderalen Struktur der ARD fest, so muss notwendigerweise auch die Organisation der Gremienkontrolle dieser besonderen Organisationsstruktur folgen. Die Landesrundfunkanstalten tragen die rundfunkrechtliche Verantwortung für ihre Zulieferungen an das Gemeinschaftsprogramm, wobei die Programmkontrolle bei den Rundfunkräten der betreffenden Landesrundfunkanstalten liegt. Wegen der in der Vergangenheit stark gestiegenen Kosten im Medienbereich sind einzelne Landesrundfunkanstalten mit der Finanzierung teurer Programmvorhaben immer wieder überfordert und schließen sich zu Gemeinschaftsproduktionen zusammen. Die zunehmende Bedeutung von Gemeinschaftsaufgaben auf ARD-Ebene hatte allerdings zur Folge, dass in diesen Fällen regelmäßig die Zuständigkeit mehrerer Gremien gegeben sein kann. Wird eine Aufgabe wie etwa der Erwerb von Sportrechten für die Fußballweltmeisterschaft 2006 gemeinschaftlich von allen Landesrundfunkanstalten finanziert, kann bei entsprechend hohen Finanzierungsanteilen der beteiligten Landesrundfunkanstalten die Zustimmung aller jeweils zuständigen Gremien einzuholen sein. Beim MDR beispielsweise ist die Zustimmung des Rundfunkrats für den Erwerb von Programmteilen mit einem Wert von mehr als 5,2 Millionen Euro erforderlich, bei anderen Sendern müssen die Verwaltungsräte zustimmen. Jüngstes Beispiel für diese komplexe Notwendigkeit sind die Verträge mit Günther Jauch oder Harald Schmidt. Verbesserter Informationsfluss Es liegt auf der Hand, dass solche Abstimmungsrunden nicht einfach zu organisieren sind. Dabei setzt eine wirksame Programmkontrolle aufseiten der Gremien notwendigerweise die entsprechenden Informationen voraus. Die Erkenntnis, dass ein regelmäßiger Informationsaustausch auf ARD-Ebene wichtig ist, hatte schon früh zur Gründung der Konferenz der Gremienvorsitzenden geführt, die zur Vorbereitung der ARD-Hauptversammlungen Fragen von grundsätzlicher Bedeutung beraten hat. Der vor rund zwei Jahren öffentlich diskutierte Schleichwerbungsskandal hat allen Beteiligten vor Augen geführt, dass der Informationsfluss von
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der ARD-Ebene zu den Gremien der Landesrundfunkanstalten mit dem Ausbau der Gemeinschaftsaufgaben nicht immer Schritt gehalten hat. Dieses Defizit haben die Gremienvorsitzenden gemeinsam mit den Intendanten zum Anlass genommen, die Effizienz der Gremienkontrolle zu verbessern. Die Gremienvorsitzendenkonferenz (GVK) koordiniert nun gemäß § 5a ARD-Satzung insbesondere die Beratung der Haushalts- und Finanzplanung der Gemeinschaftsaufgaben einschließlich der gemeinschaftlichen Beteiligungen, der ARD-Programmleitlinien, von Strukturfragen der ARD-Programme sowie von rundfunkpolitischen Grundsatzfragen. Die gesetzlichen Zuständigkeiten der Rundfunkräte und Verwaltungsräte der Landesrundfunkanstalten bleiben davon unberührt. Diese Regelung ist inzwischen inhaltlich im ARD-Staatsvertrag übernommen worden. Aufwendiges Prüfverfahren kommt Mit den gegenüber der EU-Kommission getroffenen Zusagen durch die Bundesrepublik Deutschland könnte nun prima vista ein Punkt erreicht sein, an dem die Gründung eines ARD-Rates für eine effiziente Kontrolle der von den Landesrundfunkanstalten veranstalteten Gemeinschaftsprogramme unumgänglich erscheint. Die Rundfunkanstalten werden künftig ihren Programmauftrag wesentlich detaillierter als bislang konkretisieren und neue Programmvorhaben einem aufwendigen Prüfverfahren unterziehen müssen. Auch wenn Details noch nicht bekannt sind, steht doch fest, dass die Länder alle neuen und veränderten digitalen Angebote und Telemedienangebote der Rundfunkanstalten einem umfassenden Genehmigungsvorbehalt der Rundfunkräte unterstellen werden. Auf den ersten Blick erscheint daher die Gründung eines mit eigenen Kontrollbefugnissen ausgestatteten ARD-Rates das geeignete Mittel zu sein, um die von der ARD angebotenen Inhalte überwachen zu können. Ein solcher ARD-Rat würde allerdings mit der föderalen Organisation der ARD kollidieren. Anders als bei den Landesrundfunkanstalten stünde kein Adressat in Gestalt eines ARD-Intendanten gegenüber, der von dem ARD-Rat kontrolliert oder beraten werden könnte. Ohne eine rechtsfähige öffentlich-rechtliche Organisationsstruktur „ARD“ ist ein Organ „ARD-Rundfunkrat“ daher kaum denkbar. Auch wenn man sich um solche juristischen Überlegungen nicht weiter kümmern wollte, bliebe die Frage, wie die Befugnisse eines ARD-Rates gegenüber den Kompetenzen der Gremien in den Landesrundfunkanstalten abzugrenzen wären. Soll ein solcher Rat den Landesrundfunkanstalten Weisungen im Einzelfall erteilen können? Was wäre, wenn ein ARD-Rat programmliche oder finanzielle
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Vorgaben für die Struktur der Gemeinschaftsprogramme machen würde, die mit den gegebenen finanziellen oder personellen Ressourcen einzelner Landesrundfunkanstalten nicht zu bewältigen wären? Welche Gremien sollen zuständig sein, wenn nicht alle, sondern lediglich zwei oder drei Landesrundfunkanstalten gemeinschaftlich Programmteile für die ARD-Gemeinschaftsprogramme zuliefern? Diese Fragen sind nicht abschließend, vermitteln aber einen Eindruck von den Schwierigkeiten, die ein solches Gremium mit sich bringen würde. Schließlich sollten auch die Kosten in den Blick genommen werden. Die Forderungen nach Rationalisierung, Flexibilisierung und Personalabbau beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk stehen in einem offenkundigen Widerspruch zu dem seit einigen Jahren durch den Gesetzgeber forcierten Ausbau des Berichtswesens. Mit der Schaffung eines neuen zusätzlichen ARD-Rates sowie der dafür erforderlichen sächlichen und personellen Infrastruktur kämen neue Kosten auf die ARD zu, die Abstimmungsprozesse werden mit jedem weiteren Beteiligten nach den Erfahrungen der Vergangenheit eher schwieriger als einfacher, ohne dass diesem Aufwand ein erkennbarer Mehrwert an binnenpluraler Kontrolle gegenüberstünde. Sollte allerdings dieser ARD-Rat ohne inhaltliche Kompetenzen bleiben, stellt sich die Frage, worin überhaupt ein Vorteil gegenüber der schon bestehenden Konferenz der Gremienvorsitzenden oder dem ARD-Programmbeirat liegen soll. Optimierung der bestehenden Strukturen Aus meiner Sicht sollte die föderale Struktur der ARD auch bei der Gremienkontrolle konsequent beibehalten werden. Dazu müssen die Gremien der Landesrundfunkanstalten in die Lage versetzt werden, den neu auf sie zukommenden Aufgaben bestmöglich gerecht zu werden. Ein erster Schritt war die Gründung eines Büros, das die Koordinierungsaufgaben der GVK administrativ begleitet. Dadurch werden die ehrenamtlich tätigen Gremienvorsitzenden entlastet und können sich besser der Koordinierung der Gremienkontrolle widmen. Auch das wird nicht ohne zusätzliche Kosten möglich sein, dürfte aber günstiger als der Aufbau einer zusätzlichen Gremienstruktur sein. Weiter sollte die von den Gremien der Landesrundfunkanstalten zu bewältigende zusätzliche Kontroll- und Beratungstätigkeit durch die konsequente Anwendung des Federführungsprinzips auf verschiedene Schultern verteilt werden. Dadurch würde sich die Belastung der einzelnen Rundfunkratsmitglieder bei weitem nicht so dramatisch darstellen wie bei einer gleichermaßen intensiven Befassung aller Gremien mit ein und derselben Frage.
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Sicherlich werden die Mitglieder der Gremien durch Zuarbeiten aus den Rundfunkanstalten selbst für die neuen Aufgaben über das bisherige Maß hinaus weiter befähigt werden. Möglicherweise führt die Forderung nach einem verstärkten ehrenamtlichen Engagement in den Gremien auch dazu, dass die entsendungsberechtigten Organisationen eingehender als bislang zu prüfen haben, ob die von ihnen entsandten Mitglieder auch in Zukunft noch zeitlich in der Lage sein werden, das ihnen übertragene Ehrenamt voll auszufüllen. Ob nach dem Vorbild der Parlamente die Schaffung eines wissenschaftlichen Dienstes erforderlich ist, der Fragen aus den Gremien unmittelbar beantwortet, wird noch zu klären sein. Eine Optimierung der bestehenden Gremienstrukturen der ARD ist erforderlich, aber auch ausreichend, um den verfassungsrechtlichen Vorgaben zur Sicherung der Rundfunkfreiheit ebenso gerecht zu werden wie den Forderungen aus Brüssel nach einer möglichst präzisen Festschreibung des Programmauftrags unter Einbindung der Gremien. Für einen neuen zusätzlichen ARD-Rat kann ich keine tragfähigen Gründe erkennen.
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Streitkultur (4): Für mehr Konfliktbereitschaft Martin Stadelmaier
Die öffentliche Diskussion zur Gremienkontrolle im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, ihre künftige Ausrichtung und Weiterentwicklung reicht bereits Jahre zurück. Sie fand ihren Höhepunkt im Jahr 2005 anlässlich der damals bekannt gewordenen Verstöße gegen das Schleichwerbeverbot in verschiedenen Fernsehserien der ARD und dem Beginn des bis in diese Tage fortdauernden ARD/ZDFBeihilfeverfahrens. Im Zusammenhang mit der Frage nach der Verantwortlichkeit für die beanstandeten Vorgänge wurde der Ruf nach einer stärkeren Gremienkontrolle und einer Effektivierung der dortigen Mechanismen laut. Dabei wurde die Frage ins Zentrum gerückt: „Wie ist Gremienkontrolle angesichts der Vielzahl der zu erwartenden Angebote, gerade auch im digitalen Zeitalter zu verstehen und welche Herausforderungen ergeben sich für eine künftige Ausgestaltung und Arbeit der Binnenkontrolle?“ Diese Frage wurde durch das EU-Beihilfeverfahren gegen ARD und ZDF noch unterstrichen. Denn die Kommission verlangte mehr staatliche Kontrolle über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Deutschland ist daher in der Umsetzung des Brüsseler Konsenses nunmehr gefordert, deutlich zu machen, dass die vorrangige Kontrolle in unserem binnenpluralen System bei den Gremien liegt, die staatliche Rechtsaufsicht subsidiär dazu ist. Zusätzlich müssen die Gremien auch bei der inhaltlichen Ausfüllung, was zum Funktionsauftrag gehört, Verantwortung übernehmen. Wesentliche Impulse für die damals begonnene breite Diskussion haben dabei die Überlegungen des Vorsitzenden der Rundfunkkommission, des rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten, im Sommer 2005 gegeben, die unter dem Thema „Gremienkontrolle im öffentlich-rechtlichen Rundfunk vor neuen Herausforderungen“ veröffentlicht wurden („Funkkorrespondenz“ Nr. 37/05). Die dort vorgestellten strukturellen und organisatorischen Ansätze, etwa zur stärkeren Einbindung der Gremien in den Bereichen Werbung, Sponsoring und Product-Placement, die Überlegungen zu Gremienaufsicht und Beteiligungsmanagement, aber auch zur Struktur der Kontrolle der ARD-Gemeinschaftspro-
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gramme haben seitdem nichts an ihrer Aktualität eingebüßt. Dass sie immer noch hochaktuell sind und die hier angesprochenen Aspekte auch weiterhin einer vertieften öffentlichen Debatte bedürfen, zeigen u.a. Presseveröffentlichungen zum Verkauf redaktioneller Beiträge im Vorabendprogramm der ARD an Sponsoren im Zusammenhang mit der Berichterstattung über die Segelteams beim America’s Cup. Verstöße nicht völlig zu vermeiden Die intensive Berichterstattung (etwa in epd medien) zeigt nur, dass die Öffentlichkeit seit den massiven Schleichwerbevorfällen für die Frage der Trennung von Werbung und Programm sehr stark sensibilisiert ist und negative Entwicklungen aufmerksam verfolgt. Hier geht es aus meiner Sicht letztlich nicht um die Bewertung einzelner Verstöße, die angesichts der zunehmenden Fülle der Programme und Angebote von ARD wie auch des ZDF sicher auch künftig nicht völlig zu vermeiden sein werden. Hier geht es vielmehr um die Kernfrage von Glaubwürdigkeit, Akzeptanz und Legitimation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und wie diese durch eine effektive Gremienkontrolle auf Dauer gesichert werden können. Dabei steht für mich als Prämisse über dieser Gesamtdiskussion neben der Forderung entsprechender Strukturen für eine effektive Kontrolle gerade auch die Notwendigkeit, diese Kontrolle nach außen hin erkennbar zu machen. Gerade hier sehe ich immer noch Defizite in der öffentlichen Wahrnehmung. Vor diesem Hintergrund scheinen mir nach wie vor verschiedene von Ministerpräsident Beck in die Diskussion gebrachte Ansätze, die auf eine nach außen hin wahrnehmbare, strukturelle Optimierung der Mechanismen abzielen, einer vertieften Diskussion wert. Diese Diskussion sollte unter den Aspekten, Stärkung der Entscheidungs- und Kontrollmechanismen, öffentliche Wahrnehmbarkeit und mögliche Zusatzinstrumente für die Schlagkraft der Gremien, geführt werden. 1. Stärkung der Entscheidungs- und Kontrollmechanismen Als erster Schritt in diese Richtung ist das mit der EU-Kommission verabredete Verfahren einer Prüfungstrias hinsichtlich neuer bzw. veränderter digitaler Angebote zu nennen, die wir im Staatsvertrag etablieren werden. Hiernach sind künftig entsprechende Angebote nach Prüfung durch die Aufsichtsgremien nur noch zulässig, wenn sie zum Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gehö-
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ren, zum publizistischen Wettbewerb beitragen und klar ist, welche finanziellen Auswirkungen mit diesen Angeboten verbunden sind. Da diese Regelungen in der bisherigen Diskussion verschiedentlich bereits genannt wurden, möchte ich hierauf nicht noch einmal im Einzelnen eingehen. Es geht im Kernanliegen gerade hier darum, den Gremien ein erkennbar stärkeres Gewicht zu verleihen und hiermit letztlich auch das bewährte Instrument der Binnenkontrolle insgesamt nachhaltig zu stärken. In diesem Zusammenhang sehe ich die besondere Bedeutung der inhaltlichen Selbstverpflichtung der Anstalten, die wir mit dem 7. Rundfunkänderungsstaatsvertrag in § 11 durch die Ländergemeinschaft auf den Weg gebracht haben. Als Rahmen und Vorgabe werden sie mit einem eng umrissenen Funktionsauftrag die Aufgaben und Zielsetzungen der Anstalten präziser fassen und transparent machen. Wie ich bereits anlässlich des 50. Jubiläums des ARD-Programmbeirates im vergangenen Jahr deutlich gemacht habe, bin ich der festen Überzeugung, dass diese Selbstverpflichtungen sich von sehr konkreten Zielvereinbarungen zu Leitbildern entwickeln werden, wie wir sie bereits aus den Rundfunksystemen in Großbritannien und Frankreich kennen. ARD-Hauptprogramm wirksam begleiten Ein weiterer hierzu aktuell in der Diskussion wieder aufgegriffener Punkt ist die Kontrolle des ARD-Gemeinschaftsprogramms. Der Vorsitzende der SPDMedienkommission Jan Marc Eumann hat in diesem Zusammenhang das Modell eines ARD-Rates vorgeschlagen, der nach dem Bild des jüngst bei der BBC eingesetzten Trusts Aufsicht und Kontrolle über die Gemeinschaftsaktivitäten, das ARD-Programm und die ARD-Programmdirektion ausüben soll. Ich teile seine Einschätzung, dass die ARD-Gremienvorsitzendenkonferenz auf Dauer nicht ausreichen wird, um das ARD-Hauptprogramm wirksam zu begleiten. Die von Eumann wieder aufgegriffene Debatte empfinde ich als konstruktiv und notwendig. Bei aller Sympathie für seinen Ansatz, manches Fragezeichen veranlasst mich, den von uns in die Diskussion gebrachten Vorschlag im Sinne effektiver Entscheidungs- und Kontrollmechanismen aufrechtzuerhalten. Dieser Vorschlag ging dahin, entsprechend dem ARD-Vorsitz im Turnus von zwei Jahren einen Wechsel der Verantwortung über alle ARD-Gemeinschaftsprogramme durch die jeweils federführende ARD-Anstalt vorzunehmen. Gegenüber anderen in der Diskussion genannten Modellen hat dieses den Vorteil einer Kongruenz von Geschäftsleitung und Gremien über die jeweils federführende Anstalt. Schließlich würde hierdurch auch auf die Schaffung zusätzlicher Gremien verzichtet.
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Vorstellbar ist darüber hinaus aber auch ein Modell, wie es der niedersächsische Ministerpräsident Wulff skizziert hat. Hier wurde angeregt, jeweils ein Gremium einer Rundfunkanstalt für einen festgelegten Zeitraum mit der Zuständigkeit für ein bestimmtes Programm (z.B. „Das Erste“ oder „3sat“) zu betrauen. 2. Öffentliche Wahrnehmbarkeit der Gremienkontrolle Sowohl die zuvor von mir genannte Prüfungstrias für neue bzw. veränderte Angebote als auch die skizzierten Kontrollmodelle für das ARD-Gemeinschaftsprogramm wären neben einer umfassenden Stärkung der Kontrolle über die Zuordnung klarer Kompetenzen auch wichtige Schritte hin zu einer für die Öffentlichkeit nach außen hin erkennbaren Verantwortlichkeit. Ein weiterer wesentlicher Punkt in diesem Zusammenhang, den Eumann in seinem Beitrag angesprochen hat, scheint auch mir in der Diskussion einen besonderen Stellenwert einzunehmen. Es geht um den Bereich Gremienaufsicht und Beteiligungsmanagement. Dies ist ein Kernstück künftiger Gremienarbeit und sollte aus meiner Sicht klar geregelt sein. Dabei ist es letztlich nicht entscheidend, ob die zu erfüllenden Aufgaben innerhalb einer Anstalt oder verlagert in entsprechenden Beteiligungen wahrgenommen werden. In beiden Fällen liegen und bleiben sie in der Intendantenverantwortung. Dies bedeutet aber auch, dass für Beteiligungen die Intendantenverantwortung der Kontrolle bedarf. Und dies wird, wie auch die Vergangenheit gezeigt hat, dann zu einem Problem, wenn im gleichen Aufsichtsrat Kontrollierte und Kontrolleure zusammensitzen. Hier stimme ich mit Eumann überein, wenn er für die Zukunft eine klare Trennung zwischen Kontrollierten und Kontrolleuren fordert. Diese muss aus meiner Sicht konsequent vollzogen werden, da entsprechende Mischverantwortlichkeit einer in der Öffentlichkeit wahrnehmbaren glaubwürdigen Kontrolle immer entgegenstehen. 3. Zusatzinstrumente für größere Schlagkraft Neben diesen nach außen sichtbaren Zeichen einer Stärkung der Gremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks geht es auch um eine Professionalisierung, um entsprechende Hilfestellung und Zusatzinstrumente für die Gremien. Dabei liegt der Fokus für mich nicht ausschließlich auf der Frage einer Kontrolle von Programmaktivitäten mit Blick auf das, was rechtlich zulässig ist. Es geht darüber hinaus um ein entsprechendes Qualitätsmanagement. Auch dieses Thema, das ebenfalls die Diskussion bestimmt, hat einen engen Bezug zur Akzeptanz und Legimitation öffentlich-rechtlicher Programmangebote.
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Insofern ist für mich die Einrichtung eines durchgängigen Qualitätsmanagements im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ein Gebot der Stunde, um vergleichbare Maßstäbe für vergleichbare Angebote zu entwickeln. Dies fängt bei der Programmherstellung, das heißt in den Redaktionen, an und setzt sich über ein Controlling über die Geschäftsleitungen bis hin in die Gremien fort. Dabei kommt den Gremien eine besondere Rolle zu. Zum einen sind sie aufgerufen, Eckwerte von Qualitätsmerkmalen in Selbstverpflichtungen niederzulegen, die dann durch die für das Programm zuständigen Redakteure umgesetzt werden. Hier kommen die Selbstverpflichtungen der Anstalten ins Spiel. Zum anderen sind die Gremien im Nachhinein mit der Kontrolle gefordert, dahingehend, ob Redaktion oder Geschäftsleitungen diese Selbstverpflichtungen in ihrem Sinne interpretiert und in die Praxis umgesetzt haben. Sachverstand von außen Insofern möchte ich auch hier die Überlegungen von Ministerpräsident Beck noch einmal aufgreifen, dass es in diesem Bereich zunehmend wichtiger wird, dass sich die Gremien auch des Sachverstandes von außen bedienen und sich von Dritten beraten lassen. Dies betrifft zum einen, wie bereits genannt, die Fragen der Programmqualität, zum anderen aber auch wirtschaftliche Vorgänge und die des Öfteren in die Kritik geratenen Bereiche Werbung und Product-Placement. Hier reichen interne Informationsvorlagen der Rundfunkanstalt nach meiner Einschätzung als für entsprechende Entscheidungen notwendige Diskussionsgrundlage nicht immer aus. In diesem Zusammenhang erscheint es mir auch zunehmend wichtiger, neben den internen Diskussionen der Programmgremien um Ziele und Qualitätsstandards eine breite Öffentlichkeit über die Diskussion herzustellen. Hier sollte verstärkt die Öffentlichkeit gesucht werden, um über Qualität und Grundentscheidungen mit den Zuschauerinnen und Zuschauern aktiver zu kommunizieren. Dies ist letztlich mit Blick auf die Zukunft für eine Sicherung der Akzeptanz der Programme und des öffentlich-rechtlichen Rundfunks schlechthin unabdingbar. Ich unterstütze den Kollegen Eumann, der in seinen Überlegungen gefordert hat, dass die Rundfunkräte in den Landesrundfunkanstalten grundsätzlich öffentlich tagen sollen. Ich sehe auch die Notwendigkeit, zu grundsätzlichen Fragestellungen den Diskurs mit den Gebührenzahlern zu suchen. Gremien sollten diesen Kontakt nicht scheuen und offensiv und selbstbewusst auftreten. Sie können dies auch, denn sie leisten engagierte und sachkundige Arbeit für die Öffentlichkeit. Die Gremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sichern die Binnenpluralität und sind Abbild der Gesellschaft. Das stellt nicht in Abrede, dass sie weiterhin
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die Möglichkeit haben müssen, zu bestimmten Tagesordnungspunkten intern zu beraten. Ihrer Anstalt verbunden und loyal Welche Wege sich im Einzelfall eröffnen, zeigt das Beispiel des von Eumann genannten WDR-Rundfunkrats, der hier erste Erfahrungen durch Treffen mit Jugendverbänden, entsprechenden Online-Angeboten oder Ähnlichem sammelt. Solche Beispiele begrüße ich ausdrücklich. Sie sollten als Anregung auch für andere dienen. Die Stärkung der Gremien im öffentlich-rechtlichen Rundfunk muss ein gemeinsames Anliegen von Medienpolitik und Anstalten sein. Hierzu gehört eine Reihe von Maßnahmen, die sicherlich zunächst am sinnvollsten von den Anstalten selbst initiiert und durchgeführt werden. Darüber hinaus sind an einzelnen Stellen auch weitere gesetzliche Präzisierungen notwendig. Diese Maßnahmen sind allein jedoch aus der Erfahrung nicht ausreichend. Alle Regelungen und Erfahrungen sind nur dann tragfähig und erfolgreich in der Praxis, wenn hierzu die notwendige Einstellung der handelnden Personen kommt. Selbstverständlich müssen Gremienmitglieder ihrer Anstalt verbunden und loyal sein. Sie müssen andererseits aber über das notwendige Maß an Unabhängigkeit verfügen, um ihre Sache überzeugend vertreten zu können. Da ist manchmal ein Stück Streitkultur gefordert, denn eine engagierte Kontrolle setzt durchaus auch ein hohes Maß an Konfliktbereitschaft gegenüber der eigenen Anstalt voraus. Ich bin jedoch davon überzeugt, dass die breite, sehr kritische öffentliche Diskussion zur Gremienkontrolle bereits ein Stück weit zur Bewusstseinsveränderung der Gremienmitglieder und damit zur Weiterentwicklung der Gremien im öffentlich-rechtlichen System ihren Beitrag geleistet hat.
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Sachverstand (5): Notwendige Kompetenz aneignen Ernst Elitz
Die Frage nach Auftrag und Organisation der Gremien hat viele Ursachen. Sie ist u. a. eine Konsequenz aus dem EU-Beihilfeverfahren gegen ARD und ZDF. Auf dieser Grundlage wollen die Länder bis 2009 gesetzliche Vorgaben für erweiterte Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten der Räte schaffen:
Neue inhaltliche Angebote bedürfen künftig der Zustimmung der Aufsichtsgremien. Die Gremien müssen die mit § 11 des Rundfunkstaatsvertrages vorgegebenen programmlichen Selbstverpflichtungserklärungen der Anstalten auf ihre Einhaltung überprüfen. Die Unzufriedenheit mit der Praxis beim Abschluss von Verträgen über Großereignisse und Programmprojekte hat in den ARD-Räten selbst den Wunsch nach klaren Zuständigkeiten in einem häufig als asymmetrisch empfundenen Entscheidungsprozess aufkommen lassen.
Die Gremienmitglieder suchen nach Wegen, mit neuen Organisationsformen, aber vor allem mit dem systematischen Erwerb von Kenntnissen den ihnen gestellten Aufgaben gerecht zu werden. Dabei ist allzu viel Gremien-Kritik gar nicht angebracht. Die nationalen Aufsichtsgremien von ZDF und Deutschlandradio haben ihre Arbeit kontinuierlich und sachorientiert ohne besondere Konflikte erledigt. Das gilt auch für die Rundfunk- und Verwaltungsräte der Landesrundfunkanstalten, wo sie sich mit ihren Entscheidungen im Rahmen ihres gesetzlich vorgegebenen regionalen und landesbezogenen Kompetenzbereichs bewegten. Unklarheiten und Unsicherheiten entstanden dagegen auf der darüberliegenden Ebene, bei der Kontrolle des von den Landesrundfunkanstalten gemeinsam veranstalteten Ersten Fernsehprogramms. Dies ist ein Spezifikum der föderal organisierten ARD.
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Grundlagenwissen kontinuierlich erweitern Jenseits der Frage national oder regional aber bedürfen die Gremien angesichts der rasanten Technologieentwicklung bei den Übertragungswegen, angesichts des Zusammenwachsens von Print-, Audio- und visuellen Elementen im Netz und vor allem angesichts der nicht mehr verstummenden Qualitätsdebatte eines kontinuierlich zu erweiternden Grundlagenwissens. All diese Themen haben Auswirkungen auf die öffentlich-rechtlichen Programmangebote, deren Kontrolle den Gremien obliegt. Die Aufsichtsgremien setzen sich vorwiegend aus Vertretern des öffentlichen Lebens und der Politik zusammen, deren fachliche Kompetenz in deren jeweiligen Tätigkeitsbereichen hoch zu veranschlagen ist, die für den Zuwachs an Medienverantwortung aber weiterer sachkundiger Unterstützung bedürfen. Diese Einsicht ist allgegenwärtig, und es wird erfolgreich versucht, den Gremienmitgliedern professionelle Hilfe angedeihen zu lassen. Das gilt auch für die Technik. Medien sind ein hochinvestiver Bereich. Und der Verwaltungsrat eines öffentlich-rechtlichen Medienunternehmens unterliegt zumindest nach seinem Selbstverständnis den gleichen Sorgfaltspflichten wie die Aufsichtsräte der freien Wirtschaft. Die Investitionen werden mit Gebührengeldern getätigt. Und die Rundfunk- und Fernsehgebühr hat in der aktuellen Politik die Bedeutung wie der Brotpreis im 19. Jahrhundert. Der Kernauftrag des öffentlich-rechtlichen Radios und Fernsehens ist das Programm. An seiner Qualität entscheidet sich die Zukunft des Systems. Insoweit ist die Gebühr nicht nur ein Finanzierungs-, sondern ein Qualitätssicherungsinstrument. Wenn auch der Unterschied zu kommerziellen Programmen sich nicht in jeder Einzelsendung herausarbeiten lässt, so muss sich der Gesamtauftritt des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erkennbar von kommerziellen Angeboten unterscheiden. Neben der Kontrolle ökonomischer und vertragsrechtlicher Vorhaben unterliegt das Programm deshalb der besonderen Aufmerksamkeit der Gremien. Die publizistische Außensicht auf den öffentlich-rechtlichen Sektor hat das Bewusstsein für die spezifische Qualität der öffentlich-rechtlichen Angebote, für Qualitätskriterien und eine für die öffentliche Begründung notwendige Qualitäts-Evaluation gestärkt. Verlässliche Qualitätskriterien Bleibt auch für die Gremienmitglieder die Frage nach verlässlichen Qualitätskriterien. Ob beim Grimme-Preis, beim Bayerischen Fernsehpreis, beim ErnstSchneider-Preis für Wirtschaftspublizistik oder beim Civis-Preis – in jedem Fall bewerten kompetente Jurys nicht nur den guten Willen der Macher oder ihr hehres
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Anliegen, sie bewerten Handwerk, Kreativität und Nutzwert der Sendungen und zeichnen nach diesen Kriterien preiswürdige Beiträge in allen Genres (Information, Unterhaltung, Fernsehspiel, Hörspiel, Serie) aus. Sie bewerten Produktionen der öffentlich-rechtlichen wie der kommerziellen Sender gleichermaßen. Gäbe es keine nachprüfbaren Qualitätskriterien, so wäre die Arbeit dieser Jurys nicht mehr als ein durch Zufallsgeneratoren gesteuertes Verfahren. Das ist es nicht. Die sachverständigen Jurymitglieder haben jeweils wohlerwogene Argumente für ihre Entscheidung. In der Qualitätsforschung finden sich eine Reihe weiterer Kriterien, die sowohl für fiktionale wie Informationsprogramme gelten können: Gestalterische Kriterien, Spannung, Eigen-Entwicklung statt FormatÜbernahme, Verständlichkeit, Reflexion des Dargestellten, Komplexitätsreduktion etc. Solche Maßstäbe müssen bei der Beratung der Selbstverpflichtungserklärungen für die aufsichtsführenden Gremien präsent und operationabel sein. Dabei müssen die Standards jeweils auf die Rezeptionsinteressen und die Rezeptionsfähigkeit spezifischer Publika heruntergebrochen werden. Qualität ohne Publikums-Akzeptanz wäre in einem Massenmedium nicht akzeptabel. Nicht nur das Gute, Schöne und Wahre Um einem Missverständnis vorzubeugen: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk als Grundversorger, der Gebühren von rund 37 Millionen Gebührenzahlern kassiert, kann sich nicht auf das Gute, Schöne und Wahre, auf Klassikkonzerte und ausführliche Informationssendungen beschränken. Er muss auch jenen etwas bieten, deren Interessen sich nicht an den Vorstellungen der Informations- und Kulturelite orientieren. In einer differenzierten Angebotspalette von 15 Fernsehprogrammen und mehr als sechzig Radiokanälen muss er die Programmbedürfnisse aller Milieus berücksichtigen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist kein Orden strenger Observanz. Moralischer und ästhetischer Rigorismus bei der Qualitätsbewertung wäre ein Irrweg. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk wird bei seiner herkulischen Aufgabe, alle für sich zu gewinnen, nicht gegen jede Geschmacksverirrung immun bleiben, er wird den allgegenwärtigen Trend zur Vulgarisierung nicht stoppen können, aber er wird ihn nicht fördern. Darüber müssen die Gremien, die alle gesellschaftlichen Gruppierungen vertreten – und eben nicht nur eine Kulturelite – sich immer im Klaren sein. Solange ARD und ZDF unter dem Vorwurf stehen, ihre Programme an Stil und Geschmack den Kommerziellen anzupassen, dürften die Gremien ein hohes Interesse daran haben, dass eine Evaluierung der Programmangebote nach den
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gleichen Kriterien für beide Säulen des dualen Systems vorgenommen wird. Nur durch eine Einbeziehung der Kommerziellen und ihrer Aufsichtsorgane in den Landesmedienanstalten lassen sich die Vorwürfe der Abwärts-Konvergenz widerlegen. Für die kommerziellen Anbieter dürfte eine Einbeziehung in ein solches Bewertungssystem kein revolutionärer Gedanke sein, denn schon heute stellen sie sich mit ihren Sendungen gemeinsam mit den Öffentlich-Rechtlichen den Jurys der Radio- und Fernsehpreise und anerkennen mithin insgesamt gültige Bewertungskriterien. Vorschlag eines Arbeitsverbundes Bleibt die Frage, wie verschaffen sich die Gremien die entsprechende Kompetenz für die notwendige Qualitätsevaluation. Will man darauf verzichten, neue institutionelle Strukturen zu schaffen, so bietet sich als Dienstleister für die Qualitätsevaluierung die Konstruktion eines Arbeitsverbundes an, der aus Einrichtungen wie dem Adolf-Grimme-Institut, dem Hans-Bredow-Institut, Hochschulinstituten und unabhängigen Medienforschern gebildet wird. In diesem Verbund können Themenbereiche bearbeitet werden, die mit den jeweiligen Aufsichtsgremien abgestimmt werden. Zu bedenken wäre, ob die Finanzmittel, die den Landesmedienanstalten für wissenschaftliche Untersuchungen zur Verfügung stehen, dafür herangezogen werden können. Der Arbeitsverbund könnte unter Aufsicht eines relativ schmalen Boards von unabhängigen Fachleuten arbeiten. Dieser Board hätte in Absprache mit den Aufsichtsgremien und orientiert an den Selbstverpflichtungserklärungen über die Untersuchungsthemen zu entscheiden. Ziel wäre es, den beurteilenden Institutionen Bewertungsunterlagen und -maßstäbe für Programmstrecken, Einzelsendungen, Genres, Senderprofile etc. an die Hand zu geben. Allerdings müssten die betreffenden Organe verpflichtet werden, sich mit den jeweiligen Berichten, Beanstandungen und Empfehlungen zu befassen und dazu Stellung zu nehmen. Die Eckpunkte der Organisation und der Aufgabenstellung des Arbeitsverbundes sollten durch die Länder rundfunkrechtlich festgelegt, die Einzelheiten in der Verantwortung der Beteiligten geregelt werden. Ergänzend könnte der Arbeitsverbund regelmäßig Berichte über programmliche und strukturelle Entwicklungen im dualen Rundfunksystem publizieren und öffentliche Anhörungen und Diskussionsforen zur Programmbewertung und Medienwirkung veranstalten. Die Verbraucherverbände könnten den Arbeitsverbund durch die Vergabe eines „Qualitätssiegels“ unterstützen. Durch dieses Verbundsmodell kann sichergestellt werden, dass die sensible Grenze zwischen der Rundfunkhoheit der Länder und der Rundfunkautonomie der Sender nicht ver-
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letzt würde. Vielmehr würde der Verbund durch Bündelung der Kräfte den Verantwortlichen in den Sendern und den Aufsichtsgremien fachkundigen Rat bereitstellen und darüber hinaus eine Fülle von Materialien für den gesamtgesellschaftlichen Diskurs über Leistung und Qualität der Medien liefern. Übrigens: Mit der Qualität der Medien befasste sich bereits 1994 eine damals von Bundespräsident Richard von Weizsäcker berufene Kommission. Sie machte auch Vorschläge für eine erweiterte Selbstkontrolle, die heute zwar etwas hyperbürokratisch erscheinen. Nachlesen lohnt sich trotzdem. Ist ja erst 13 Jahre her.
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Rundum toll (6): Aufsicht muss demokratischer werden Grietje Staffelt
Die Kritik am öffentlich-rechtlichen Rundfunk reißt nicht ab. Schleichwerbung und zunehmende Programmabflachung führen zu abnehmender Akzeptanz bei den Gebührenzahlern. Klar ist: der öffentlich-rechtliche Rundfunk bietet nach wie vor Sendeformate von hoher Qualität und im Vergleich zu anderen Ländern ein außergewöhnliches Programm. Sein Beitrag zur Meinungsbildung innerhalb der Gesellschaft ist aus unserer Demokratie nicht wegzudenken. Diese Grundidee tritt jedoch unter scheinbarem Quotendruck immer mehr in den Hintergrund, die allgegenwärtige Anpassung an die Privaten ist nicht zu übersehen. Damit schneiden sich ARD, ZDF und Co. jedoch langfristig ins eigene Fleisch und riskieren ihre Legitimation. Um das zu verhindern, brauchen die öffentlichrechtlichen Fernsehanstalten strukturelle Änderungen. Dazu möchte ich im Folgenden einige Anregungen skizzieren. 24 Stunden fernsehen – am Stück. Zusammen mit drei anderen grünen Bundestagsabgeordneten habe ich mich schon einmal dem Versuch gestellt, einen Tag und eine Nacht vor dem Fernseher zu verbringen. Dabei stach mir ins Auge, wie sehr sich die Hauptprogramme der öffentlich-rechtlichen Sender und der privaten Sender inzwischen angenähert haben. ARD, ZDF, RTL, ProSieben und Sat.1 sind in vielen Bereichen nur bei sehr genauem Hinschauen zu unterscheiden. Das ist an sich nicht verwunderlich, denn beide Systeme bedienen das gleiche Publikum. In der Folge der Annäherung wird allerdings im gesamten Fernsehprogramm – zumindest in meiner subjektiven Wahrnehmung – eine Marktlücke zunehmend größer: die der Qualität. Diese Lücke gilt es wieder zu füllen. Nicht nur „Nachteulen“ Was ein hochwertiges Programm ausmacht, ist im Einzelnen sicherlich Geschmacksache und hängt von den individuellen Ansprüchen ab. Der verfassungsrechtliche Auftrag gibt jedoch eine Richtung vor, an der die ÖffentlichRechtlichen ihr Programmangebot messen lassen müssen. Der Grundversorgungsauftrag umfasst Information, Bildung und Kultur, aber auch Unterhaltung
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und Sport. Zudem muss der öffentlich-rechtliche Rundfunk dem Prinzip des Binnenpluralismus gerecht werden, anstatt bestimmte Formate in die öffentlichrechtlichen Spartenkanäle abzuschieben. Das Programm muss sich an alle Altersgruppen richten und anspruchsvolle Sendungen dürfen nicht nur „Nachteulen“ erreichen. Nicht die Zuschauerquote rechtfertigt die Gebühren, sondern der Inhalt und die Qualität. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat die Aufgabe, die Meinungsbildung zu fördern und der Demokratie zu dienen. Dazu ist und muss er auch weiterhin finanziell entsprechend ausgestattet sein. Das bedeutet aber auch, dass diese Gelder für gründliche Recherche zur Verfügung stehen müssen und – überspitzt formuliert – nicht nur für Sportrechte ausgegeben werden. Journalistinnen und Journalisten brauchen Raum, Zeit und Ressourcen, um die journalistische Qualität liefern zu können, die für die Meinungsbildung in der Demokratie so wichtig ist. Abschied vom zahnlosen Tiger Die Aufsichtsgremien, die Rundfunkräte (ARD) bzw. der Fernsehrat (ZDF), tragen bei den öffentlich-rechtlichen Sendern für die Vielfalt und Qualität des Programms eine erhebliche Mitverantwortung. Innerhalb dieser Gremien scheinen jedoch Nachbesserungen nötig. Die Rundfunkgremien agierten in der Vergangenheit allzu oft als „zahnlose Tiger“. Der Kompromiss des EU-Beihilfeverfahrens zielt nun darauf, deren Kompetenzen zu stärken und auszuweiten, zumindest bei digitalen Angeboten. Für die anstehenden Reformen lohnt sich der Blick über den Tellerrand. Großbritannien hat vor einiger Zeit die British Broadcasting Corporation (BBC), den dortigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk, auf neue Grundlagen gestellt. Neue Programmangebote werden nun anhand eines „public value test“ auf ihren Wert für die Öffentlichkeit geprüft. Das scheint zumindest bisher positive Effekte auf das Programm zu haben. Die Umstrukturierungen der BBC können sicherlich nicht einfach 1:1 kopiert werden. Das ist bei der ARD schon aufgrund der föderalen Struktur nicht möglich. Trotzdem können und sollten wir darüber nachdenken, ob einige Ansätze in unser deutsches Rundfunksystem übertragen werden können. Die öffentlich-rechtlichen Sender haben seit kurzem das Instrument der Programmevaluationen eingeführt. Ein Pilotprojekt der ARD untersuchte z.B. die Qualität der Kultur- und Politikmagazine nach einem standardisierten Verfahren, in das auch die Zuschauerinnen und Zuschauer einbezogen waren. Solche Instrumente müssen, sobald sie ihre Tauglichkeit bewiesen haben, in den Anstalten institutionell verankert werden. Bisher sehe ich in den vereinzelten Pro-
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grammevaluationen keine Systematik. Sie führen auch nicht zwingend zu Konsequenzen, indem etwa die Rundfunkräte strikt auf die Beseitigung zutage getretener Mängel hinwirkten. Hier liegt ein wichtiger Ansatzpunkt zur langfristigen Qualitätsverbesserung. Gegen neues Gremium, für externen Sachverstand Dafür kommen wir ohne ein neues Gremium aus. Die Evaluationen sollten Medieninstitute und unabhängige Medienforscherinnen und -forscher übernehmen. Themenbereiche oder Formate für die Qualitätsüberprüfung sollten in Abstimmung mit den Räten ausgewählt werden. Diese Idee ist nicht neu – es ist aber an der Zeit, sie für die langfristige Sicherung des öffentlich rechtlichen Systems endlich umzusetzen. Die Gremien brauchen handhabbare Kriterien, anhand derer sie ganze Programmstrecken, einzelne Sendungen, Genres etc. bewerten können. Umgekehrt wären die Kontrollgremien damit in der Pflicht, zu den wissenschaftlichen Ergebnissen Stellung zu nehmen und bei ihren Beschlüssen und Handlungen zu berücksichtigen. Regelmäßige Evaluationen könnten außerdem mit finanziellen Förderungselementen verknüpft werden. Sender könnten für qualitativ herausragende Formate Prämien aus dem Gebührentopf erhalten. Das wäre ein zusätzlicher Anreiz, gute Programmbeiträge zu schaffen. Die wirklichen Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten der Rundfunkgremien stoßen immer wieder an strukturelle Grenzen. Zwar haben die ARDRundfunkräte und der ZDF-Fernsehrat die gesetzliche Aufgabe, die Programmgestaltung und die Erfüllung des gesetzlichen Programmauftrages zu überwachen – und dabei vor allem die Interessen der Allgemeinheit zu vertreten. Die Praxis aber beweist, dass die Rolle der Räte oft auf die Kenntnisnahme und Beratung von Vorgängen und Vorhaben begrenzt ist. Von den wenigen eigenen Befugnissen wird zu selten Gebrauch gemacht. Initiativrechte der Kontrolleure stärken Initiativrechte der Kontrolleure sollten deshalb gestärkt werden, statt sie nur auf Satzungen, Intendanten- und Verwaltungsratswahlen zu beschränken. Die Räte sollten aktiv und initiativ an Programmentscheidungen teilnehmen. Weitere formelle Rechte sind dabei nicht allein entscheidend, Rundfunkräte bzw. der Fernsehrat müssen stärker als bisher von ihren Rechten Gebrauch machen. Aus einem Beratungsgremium muss ein beschlussfähiges Kontrollgremi-
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um werden, das autonome Entscheidungen treffen und so eigene Schwerpunkte setzen kann. Will man die Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und seines Programms in der Bevölkerung verbessern, ist eine veränderte Rolle von wichtigen gesellschaftlichen Gruppen und Bürgern innerhalb der Aufsichtsgremien unerlässlich. Gesellschaftliche Pluralität muss sich viel stärker als bisher in den Programmen wiederfinden. Die verfassungsrechtlich vorgeschriebene Rundfunkfreiheit wird im öffentlich-rechtlichen Rundfunk auch durch eine plurale Interessenvertretung in den Rundfunkgremien gesichert. Es sollen „gesellschaftlich relevante Gruppen“ in diese Gremien entsandt werden. Was jedoch sind heute die gesellschaftlich relevanten Gruppen? Massive soziale Veränderungen haben stattgefunden, vielfältige neue gesellschaftliche Gruppen haben an Einfluss gewonnen, Interessen haben sich ausdifferenziert. Diese Veränderungen müssen sich auch in den Gremien durch veränderte Besetzungen widerspiegeln. Menschen mit Migrationshintergrund beispielsweise sind in einigen Räten gar nicht vertreten, obwohl sie rund 19 Prozent unserer Bevölkerung stellen. Mehr Qualität durch wirkliche Staatsferne Nach dem zweiten Weltkrieg wurde die Aufsichtsstruktur des öffentlichrechtlichen Rundfunks von den Besatzungsmächten so angelegt, dass „der Staat“ nie wieder Zensor des Programms werden soll. Die Staatsferne des Rundfunks ist eine der wichtigsten Prämissen des deutschen Mediensystems. Meiner Meinung nach ist es daher dringend angebracht, dass die Exekutive, also Vertreterinnen und Vertreter der Staatsregierung bzw. Landesregierungen und deren Ministerialverwaltungen, zukünftig keinerlei Sitz in Rundfunk- oder Fernsehräten wahrnehmen dürfen. Standortinteressen und Interessen am Machterhalt sind zwar legitim, haben aber in einer Demokratie beim Rundfunk und in den Medien überhaupt nichts zu suchen. Diese Grenzen sind in der Vergangenheit zunehmend verwischt. Politisch eingefärbte Intendantenwahlen und andere politische Eingriffe in das Programm müssen im Interesse des Meinungspluralismus zurückgedrängt werden. Die in die Räte entsandten Vertreterinnen und Vertreter sollten angesichts einer immer komplexer werdenden Medienwelt zumindest ein Grundverständnis für das Rundfunkwesen mitbringen. Da dies nicht immer vorausgesetzt werden kann, sind meiner Meinung nach verpflichtende Schulungen der Mitglieder notwendig. Nur wer mit den Aufgaben und Strukturen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hinreichend vertraut ist, kann selbstständige Entscheidungen treffen und Kritik üben.
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Grundsätzlich öffentlich Ich wünsche mir ebenso mehr Transparenz: Die Sitzungen aller Rundfunkräte und des Fernsehrates sollten grundsätzlich öffentlich sein. Die Ergebnisse der Sitzungen sollten veröffentlicht und die Höhe der Aufwandsentschädigungen offen gelegt werden. In begründeten Ausnahmefällen darf die Öffentlichkeit selbstverständlich von Sitzungen ausgeschlossen werden – nicht aber in Programmfragen. Transparenz und Aufsicht halte ich auch bei den Tochterfirmen von ARD und ZDF für notwendig. Außer den Nachrichten und Magazinen werden große Programmteile – fast alle Talkshows und die Filmproduktionen – für die Öffentlich-Rechtlichen von privaten Medienfirmen oder Tochterfirmen produziert. Ein kaum durchschaubares Netz ist entstanden. Klar: Diese Teilprivatisierung geht keineswegs immer zu Lasten der Qualität und auch die Kostensenkung ist grundsätzlich positiv, aber die redaktionelle Kontrolle ist eingeschränkt. Besonders problematisch ist, dass Produktionsfirmen den öffentlich-rechtlichen Aufsichtsgremien oft keine Auskunft geben müssen, welche Summen etwa als Aufwandsentschädigung für Gäste oder als Gage für Moderatoren gezahlt werden. Da Verträge in der Vergangenheit oft an den Gremien vorbei geschlossen wurden, hatten diese keinen Einblick in die Konditionen. Eine effektive Kontrolle fand nicht statt. Künftig sollten die Verträge zwischen Moderatorinnen und Moderatoren und Tochterfirmen vorgelegt und durch die zuständigen Gremien genehmigt werden. Dies ist beispielsweise bei der Vertragsverlängerung zwischen WDR und Harald Schmidt so geschehen – meines Erachtens ein Schritt in die richtige Richtung. Zukunftsfähig machen Wir als Grüne wollen die Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in allen gesellschaftlichen Gruppen erhalten und stärken. Allein die freie Übertragung der Fußball-WM reicht nicht aus, um den gesetzlich und gesellschaftlich formulierten Ansprüchen gerecht zu werden. Die bisherigen Anstrengungen reichen noch nicht aus. Doch bei aller Kritik ist unbestritten: der öffentlich-rechtliche Rundfunk leistet wertvolle Dienste in unserer Gesellschaft. Er stellt einen unentbehrlichen Bestandteil unserer Medien- und Kulturlandschaft dar und ist zur Sicherung der Meinungsvielfalt unverzichtbar. Zu Recht hat das Bundesverfassungsgericht dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland eine Bestands- und Entwicklungsgarantie zugesprochen. Ich hoffe deshalb auf weitere Bemühungen der
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Rundfunkanstalten und der Politik, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk an die gesellschaftliche Realität anzupassen und damit zukunftsfähig zu machen. Vielleicht wiederholen wir in zehn Jahren unseren Versuch und schauen nochmals 24 Stunden fern. Der größte Teil des Fernsehprogramms wird dann vielleicht nicht mehr linear gesendet werden, sondern als Fernsehen auf Abruf gestaltet sein. Ich wünsche mir, dass die öffentlich-rechtlichen Programme dann die hochwertige Information, gute Unterhaltung und Orientierung bieten und ich danach sagen kann: rundum tolles Programm!
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Wohlverstandenes Interesse (7): Wie effektiver werden? Hans Mathias Kepplinger
Die Fernseh- und Rundfunkräte vertreten die Interessen der Gesellschaft gegenüber den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Ihre Einrichtung beruht in Analogie zur Partizipation im politischen Prozess auf zwei Grundgedanken: erstens der Überzeugung, dass in modernen Gesellschaften eine Vielzahl von Interessengruppen besteht (Pluralismustheorie), die, zweitens, in den Entscheidungs- und Kontrollgremien angemessen vertreten sein müssen (Repräsentationstheorie). Die Verwirklichung der beiden Grundgedanken ist eine unverzichtbare Legitimationsgrundlage des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Angesichts der geplanten Reform der Medienaufsicht wirft dies zwei Fragen auf: Wie kann sichergestellt werden, dass die unterschiedlichen Interessengruppen in den Gremien angemessen vertreten sind, und wie kann erreicht werden, dass sie die Interessen der verschiedenen Gruppen in den Gremien angemessen vertreten? Damit sind zwei weitere Fragen verbunden: Wie können die einzelnen Bürger ihre Sichtweisen gegenüber den Gremienmitgliedern verdeutlichen und wie erfahren sie, ob ihre Interessen angemessen vertreten werden? Die in der Gesellschaft vorhandenen Interessengruppen einschließlich der ihnen zugrundeliegenden Werthaltungen kann man mit den heute verfügbaren Methoden der quantitativen Sozialwissenschaft genau bestimmen. Ein Beispiel hierfür ist die Lebensstilforschung, die auch strukturelle Veränderungen der Gesellschaft dokumentiert. Theoretisch liefern derartige Untersuchungen eine gute Grundlage zur Ermittlung der relevanten Interessengruppen. Praktisch sind sie jedoch nur bedingt brauchbar, weil es kein Verfahren gibt, mit dem man die Repräsentanten der Interessengruppen auswählen, ihre Bereitschaft zur Gremienarbeit ermitteln und die Kooperationsbereiten in die Gremien entsenden kann. Idee der Repräsentation Folglich bleibt nur das bisherige Verfahren, der Rückgriff auf die Interessenorganisationen (Kirchen, Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Sport, Naturschutz usw.) bzw. die gewählten Parlamente und Regierungen, die ihre Vertreter entsenden.
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Allerdings können die erwähnten Untersuchungsmethoden bei der Identifikation der relevanten Interessengruppen und der Festlegung ihrer angemessenen Repräsentation in den Gremien eine wertvolle Hilfe sein. Gegen diese Möglichkeit lässt sich jedoch einwenden, dass damit ein plebiszitäres Element in die Zusammensetzung der Gremien käme, was mit der Idee der Repräsentation schwer vereinbar ist. Die Fernseh- und Rundfunkräte sollen u.a. die Einhaltung der Programmrichtlinien überwachen. Die Voraussetzungen hierfür sind ausreichende Urteilskriterien und hinreichende Informationen über die zu beurteilenden Sachverhalte. Zu den Urteilskriterien gehören bisher vor allem die Programmgrundsätze, wie sie in den Richtlinien für die Sendungen des ZDF bzw. in den Grundsätzen für die Zusammenarbeit im ARD-Gemeinschaftsprogramm der ARD festgelegt sind. Zu den Programmgrundsätzen gehören u.a. Forderungen nach objektiver, umfassender und wahrheitsgetreuer Berichterstattung sowie nach der generellen Achtung von grundlegenden Werten wie Freiheit und körperliche Unversehrtheit, sittlichen und religiösen Überzeugungen, Verständigung der Völker usw. Hierbei handelt es sich eher um die Verpflichtung auf allgemein gebilligte Ziele als um Kriterien für die journalistische Gestaltung der Beiträge. Ergänzt werden die Programmgrundsätze z.B. beim ZDF durch ausführliche „Richtlinien für die Sendungen“. Sie enthalten ähnliche Vorschriften wie die Publizistischen Grundsätze (Pressekodex), vermischen jedoch Regeln für die handwerkliche Gestaltung der Sendungen mit moralischen Bekenntnissen und Ausnahmeregeln, die den Blick auf den harten Kern der prüfbaren Anforderungen verstellen. Sinnvoller wäre ein klarer und knapper Katalog von Regeln in Anlehnung an den Pressekodex, der ergänzende Vorschriften für die Verwendung von Bild- und Tonmaterialien enthalten und für alle öffentlich-rechtlichen Sender gelten sollte. Im Wechsel verschiedene Institute beauftragen Eine Grundlage der Programmbeobachtung der Rundfunkräte bilden kontinuierliche Inhaltsanalysen der Programmangebote der öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehsender, die im Auftrag von ARD und ZDF sowie der Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten (ALM) durchgeführt werden. Diese Studien liefern wichtige Informationen über Veränderungen der Programmstruktur. Aussagen über die Qualität der Berichterstattung lassen sie, weil sie notwendigerweise sehr allgemein angelegt sind, kaum zu. Zur Beurteilung der Objektivität, Fairness, Ausgewogenheit usw. der Berichterstattung über einzelne Themen (Wahlen, Gesetzesvorhaben, Arbeitskämpfe, Kriege, Morde, Skandale usw.) sind sie daher ungeeignet. In solchen Fällen sind die Rundfunkräte bisher auf die
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Begutachtung einer relativ kleinen, meist nicht repräsentativen Zahl von Beiträgen angewiesen, die keine hinreichende Grundlage für ein Urteil über z.B. die Informationshaltigkeit, Objektivität und Fairness der Berichterstattung bilden. Erforderlich sind systematische, themenspezifische Untersuchungen, für die jeweils eigene Untersuchungsinstrumente (Codebücher) entwickelt werden müssen. Aus dem genannten Grund sollten die Rundfunkräte einen eigenen Forschungsetat erhalten, der sie in die Lage versetzt, bei universitären oder privaten Instituten Analysen der zurückliegenden Berichterstattung über einzelne Themen in Auftrag zu geben. Zur Sicherung der Unabhängigkeit der Studien sollten im Wechsel verschiedene Institute damit beauftragt werden, im Interesse einer hinreichend breiten Urteilsgrundlage die Berichterstattung mehrerer Anbieter vergleichend zu untersuchen. Dabei sollten als Referenzmedien auch die wichtigsten überregionalen Qualitätszeitungen einbezogen werden. Derartige Studien liefern solide Grundlagen für die generelle Beurteilung der Programmqualität sowie für die Beurteilung der Kritik an der Berichterstattung über einzelne Themen. Das gilt entsprechend für die Beurteilung der Unterhaltungsangebote auf der Grundlage des oben angesprochenen Kriterienkatalogs. Die Fernseh- und Rundfunkräte genehmigen den Haushaltsplan der Sender und entlasten die Intendanten für den Jahresabschluss. Sie sind folglich für das Finanzgebaren der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten mitverantwortlich. Wahrnehmen können sie diese Verantwortung nur, wenn sie über die dafür erforderlichen Informationen verfügen. In den vergangenen Jahrzehnten haben die öffentlich-rechtlichen Sender zahlreiche privatwirtschaftliche Tochtergesellschaften gegründet oder erworben. Dazu gehören relativ bekannte Unternehmen wie die Bavaria Film GmbH, die Degeto Film GmbH und ZDF Enterprises, jedoch auch weithin unbekannte Unternehmen wie die BRW-Service GmbH und die medi cine medienproduktions gmbh, die ihrerseits Töchter von Töchtern des Bayerischen Rundfunks bzw. des ZDF sind. Tief gestaffelte Konglomerate Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben sich dadurch zu tief gestaffelten Konglomeraten aus öffentlich-rechtlichen Dachorganisationen mit privatrechtlichen Tochterunternehmen entwickelt. Folglich verfügen sie faktisch über drei Finanzgrundlagen – Gebühren, Werbeeinnahmen und geldwerte Vorteile aus ihren Beteiligungen an privatwirtschaftlichen Tochterunternehmen. Ob und inwieweit diese Entwicklung notwendig ist, kann hier nicht beurteilt werden. Sie ist rechtlich zulässig und wird politisch gebilligt, entzieht sich jedoch bisher weitgehend der Kontrolle der Gremien.
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Für eine sachgerechte Prüfung des Haushaltsplanes der öffentlich-rechtlichen Sender und für die Entlastung der Intendanten müssen alle drei Finanzquellen berücksichtigt werden. Eine unabdingbare Voraussetzung hierfür sind differenzierte Informationen über die Art der Beteiligung an den einzelnen Tochterfirmen, die Art der erbrachten Leistungen sowie deren Relevanz für den Haushalt der Anstalten. Die globalen Angaben der Berichte der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) zu den „sonstigen Erträgen“ der Anstalten reichen hierzu bei weitem nicht aus. Bei einer Aufschlüsselung der Beträge ist im Interesse der privatwirtschaftlichen Unternehmen sicherzustellen, dass Informationen, die im privatwirtschaftlichen Wettbewerb bedeutsam sind, vertraulich behandelt werden. Gefahr der Aushöhlung Verfügen die Gremien nicht über entsprechende Kompetenzen und Informationen, besteht die Gefahr, dass die öffentlich-rechtlichen Sender – wie im Falle des Vertrages mit Harald Schmidt, den die ARD über ihre Tochter Degeto abgeschlossen hat – die zuständigen Gremien umgehen und auf diese Weise eine ihrer eigenen Legitimationsgrundlagen aushöhlen. Die privatrechtlichen Tochterfirmen der öffentlich-rechtlichen Tochtergesellschaften produzieren einen erheblichen Teil ihrer Programme selbst oder lassen sie bei freien Unternehmen herstellen. Die Gremien sind in diesen wie in allen anderen Fällen zwar in der Lage, die ausgestrahlten Programme zu beurteilen. Sie können jedoch kaum prüfen, ob diese Programme den Vorschriften für die öffentlich-rechtlichen Sender entsprechend produziert wurden. Ein Beispiel aus dem Unterhaltungsbereich ist die Platzierung von Schleichwerbung in Fernsehserien, für die eine Tochterfirma von ARD-Anstalten – im Widerspruch zum Rundfunkstaatsvertrag – Kunden eigens akquirieren ließ. Ein Beispiel aus dem Informationsbereich ist die umstrittene Ausladung des Putin-Kritikers Garri Kasparow aus der im Auftrag produzierten Sendung „Sabine Christiansen“, die Zweifel an der journalistischen Unabhängigkeit eines Imageträgers der ARD hervorrief. Sie konnten auch deshalb nicht ausgeräumt werden, weil die Gremien nicht über die hierfür notwendigen Rechte verfügen. In den genannten Fällen haben sich die Intendanten um Aufklärung bzw. Gegenmaßnahmen bemüht, nachdem sie durch unabhängige Journalisten bekanntgemacht wurden. Dies ersetzt jedoch nicht eine rechtlich gesicherte Zuständigkeit der Gremien, die sie in die Lage versetzt, ihre Kontrollaufgaben eigenständig wahrzunehmen, anstatt sie Dritten oder jenen zu überlassen, die sie kontrollieren sollen.
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Die Rundfunkräte vertreten die Interessen der gesellschaftlichen Gruppen gegenüber den Rundfunkanstalten. Deshalb müssen sich die Interessengruppen und einzelne Personen leicht an die Gremien wenden können, um ihre Sichtweisen zur Geltung zu bringen. Nach dem ZDF-Staatsvertrag (§ 15) kann sich jeder beim ZDF über das Programm beschweren. Dies ist lobenswert, ersetzt jedoch nicht die Möglichkeit der direkten Beschwerde bei jenem Gremium, das für die Einhaltung der Programmrichtlinien zuständig ist, im genannten Fall der Fernsehrat des ZDF. Damit die Gremien ihre Funktion als Vertreter der Gesellschaft wahrnehmen können, benötigen sie ähnlich wie der Deutsche Presserat eine eigenständige Adresse. Der Umgang mit Beschwerden aus dem Kreis der Zuhörer und Zuschauer darf nicht von informellen Arrangements in den Gremien abhängen. Erforderlich ist deshalb eine allgemein zugängliche Beschwerdeordnung, die ebenfalls in Anlehnung an die Beschwerdeordnung des Deutschen Presserates gestaltet werden kann. Eine z.B. in der „Satzung“ der Anstalten versteckte und allenfalls über das Internet auffindbare Regelung reicht hierfür nicht aus. Für mehr Transparenz Die Gesellschaft, deren Interessen die Rundfunk- und Fernsehräte vertreten, hat ein Anrecht auf eine leicht zugängliche und umfassende Information über die Tätigkeit der Gremien. Eine theoretische Möglichkeit hierfür bieten öffentliche Sitzungen der Gremien. Praktisch ist dies jedoch nicht zielführend, weil die Kritik an Programmen immer mit der Kritik an Personen verbunden ist. Dies führt – ungeachtet der damit verbundenen Rechtsfragen – erfahrungsgemäß dazu, dass eine offene Diskussion vermieden oder in informelle Gruppen verlagert wird. Es geht deshalb nicht um die Öffentlichkeit der Erörterungen, sondern um die Veröffentlichung ihrer Ergebnisse. Die praktische Möglichkeit hierfür besteht in einem Jahrbuch, das die rechtlichen Grundlagen der Gremien, ihre Zusammensetzung, die Beschwerdeordnung und die Kriterien der Programmbeurteilung dokumentiert. Dem Charakter der Gremien entsprechend sollte es nicht von den Sendern, sondern von den Gremien selbst veröffentlicht werden und in einem Band alle relevanten Informationen für alle öffentlich-rechtlichen Sender enthalten. Teil des Jahrbuches sollte eine aktuelle Statistik der Programmbeschwerden sein, die geordnet nach den Gründen der Beschwerden sowie den Programmen und Sendern, gegen die sie sich gerichtet haben, ausgewiesen werden. Erforderlich ist auch die Dokumentation der Beschwerden, mit denen sich die Gremien befasst haben, einschließlich einer schriftlichen Begründung ihrer
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Beschlüsse. Die vorgeschlagenen Reformen zielen auf zweierlei – auf Transparenz der Sender gegenüber den Gremien und der Gremien gegenüber der Gesellschaft. Beides stärkt die Legitimationsbasis der öffentlich-rechtlichen Sender und dient damit ihrem wohlverstandenen Interesse.
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Konsens aus Kontroverse (8): Aus Laien werden partielle Profis Joachim Huber
Ob der gemeine deutsche Rundfunkrat nicht fürchterlich erschrocken ist? Niemand Geringeres als die große Europäische Kommission traut ihm mehr zu, als ihm bisher zugetraut worden ist, ja er sich selbst zugetraut hat. Wenn erst einmal der Zwölfte Rundfunkänderungsstaatsvertrag fixiert ist, wird der Rundfunkrat/Hörfunkrat/Fernsehrat in den Aufsichtsgremien der öffentlich-rechtlichen Anstalten zum Akteur. Im abgestuften Prüfverfahren für den Bereich der neuen Medien und der digitalen Zusatzkanäle von ARD und ZDF und Deutschlandradio müssen die Räte dann alle einschlägigen Konzepte genehmigen. Zur Prüfkompetenz wird auch gehören, dass die Stellungnahmen Dritter – etwa der privaten Konkurrenzsender – eingeholt werden müssen. Alles keine Kleinigkeit: Die Genehmigung ist mehr als formales Abnicken, es geht um die materielle Prüfung. Der Rundfunkrat wird – nicht mehr, nicht weniger – in die rundfunkstaatliche Pflicht genommen. Die Frage ist doch, ob der Rat dieser größeren Aufgabe auch gewachsen ist. Reinhard Grätz, seit Jahren und Jahrzehnten der Vorsitzende des WDRRundfunkrates, hat die Gremien einmal als „Entscheidungsträger“ – „das sind sie“ – und als „Erfüllungsgehilfen“ bezeichnet – „das sollen sie oft sein“. Da fällt schon mal das Schimpfwort vom „Papiertigerkontrollgremium“. Die Entscheidungsbefugnisse von Rundfunkräten als den obersten Organen der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten sind durchaus beeindruckend, wie eine unvollständige Aufzählung illustriert. Beschlüsse können sie fassen über große Produktionsaufträge, über Werbe- und Sponsoringrichtlinien, Wahl und Abwahl des Intendanten, über die mittelfristige Finanzplanung und die Aufgabenplanung, die Feststellung des Haushalts, über den Erwerb und die Veräußerung von programmbezogenen Beteiligungen. Trotzdem geraten die Gremienmitglieder nur für Augenblicke in den Fokus öffentlicher Wahrnehmung. Besonders unangenehm in Erinnerung ist die Wahl des Nachfolgers von ZDF-Intendant Dieter Stolte Ende 2001/Anfang 2002. Ein unwürdiges, parteipolitisch vergiftetes Geschacher, bei dem das große Publikum zum ersten Mal bemerkt haben dürfte, dass Intendanten nicht vom Himmel fallen, sondern in stickluftigen Hinterzimmern ausgeguckt werden.
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Aber ja, das ist die Macht und die Herrlichkeit des Plenums: die Kür und die Abberufung des Senderchefs. Ein treffliches Beispiel, wie sich Entscheidungsträger ohne Not selbst zu Erfüllungsgehilfen degradieren, bot unlängst der Rundfunkrat des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) an. Intendantin Dagmar Reim hatte ihre Bereitschaft erklärt, sich wieder wählen zu lassen. Und schier im gleichen Atemzug trompetete die Rundfunkratsvorsitzende Ulrike Liedtke ihr Glücksgefühl heraus: „Der Rundfunkrat ist erfreut darüber, dass Dagmar Reim für eine zweite Amtszeit zur Verfügung steht. Es ist ihr nach der Fusion von ORB und SFB gelungen, den RBB als modernen öffentlich-rechtlichen Sender aufzubauen – trotz schwieriger ökonomischer und medienpolitischer Rahmenbedingungen“ (laut der RBB-Presseinformation 065 vom 15. März 2007). Damit nicht die falschen Schlüsse gezogen werden: An der Befähigung von Dagmar Reim zum Intendantenamt bestehen keine Zweifel. Nur war es überraschend zu verfolgen, wie panisch sich dieses Gremium in die Arme von „Mutter Reimer“ geworfen hat. Wenn wählen denken heißt, gab es hier nur einen Gedanken: Wiederwahl ohne Wenn und Aber. Es gab dann noch eine Ausschreibung, einen Gegenkandidaten – und beinahe eine Beleidigung der bestätigten Amtsinhaberin: Nur 24 der 27 abgegebenen Stimmen für Dagmar Reim waren das Echo auf die Liedtke’sche Fanfare. Dr. Ulrike Liedtke ist im Hauptberuf Geschäftsführerin und Künstlerische Leiterin der Musikakademie Rheinsberg GmbH – und Dagmar Reim eine viel zu kluge Intendanten, als dass sie am Tag ihrer Wahl zur RBB-Gründungsintendantin im März 2003 nicht sofort Paragraf 1 des Intendanten-Grundgesetzes in individuelle Anwendung gebracht hätte: Der Tag meiner Wahl ist der erste Tag auf dem Weg zu meiner Wiederwahl. Resignation der Gremien? Wenn die Räte schon bei ihren – wenigen – Initiativrechten sich um keine eigene Position bemühen und auf die Durchsetzung ihrer Meinung verzichten, was mag dann erst bei Angelegenheiten stattfinden (oder nicht stattfinden), die in der konsensualen Abstimmung mit der Anstaltsspitze erledigt werden? Natürlich sollen die Organe einer Anstalt zusammenwirken, das System ist ja nicht auf Zuspitzung angelegt. Allerdings ist es ein gravierender Unterschied, ob der Konsens aus der Kontroverse entsteht oder aus der Resignation der Gremien. Sehr wahrscheinlich wissen die meisten Räte um ihre Ohnmacht im Ehrenamt, um ihre eingestandene Schwäche aus Ahnungslosigkeit, immerhin aufgefangen durch die parteipolitischen Clan-Strukturen im Gremium. Die heutige Qualifikation eines einzelnen Rates besteht aus Verbandsmitgliedschaft und
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intakten bürgerlichen Ehrenrechten. Diejenigen Räte, die sich engagieren, sind individuell starke Persönlichkeiten. Das Amt als Amt macht nicht stärker. Nehmen wir mal zugunsten der Räte an, dass ein schweres Unbehagen der Grund dafür ist, warum die Öffentlichkeit nicht erfahren darf, wie das Ehrenamt als Rundfunkrat, Hörfunkrat und Fernsehrat abgegolten wird. 100, 150 oder gar 1000 Euro pro Sitzung? Die Öffentlichkeit weiß es nicht, obwohl die Aufwandsentschädigungen aus dem Gebührentopf kommen, der ja so transparent sein soll wie die Lostrommel für „6 aus 49“. Eine Aufgabe für zwei Seiten Aber: Dieser Beitrag soll sich ja nicht um das Geld fremder Leute, nicht um vergangene Minderleistung, sondern um künftige Größe kümmern. Also: Die EU-Kommission Wettbewerb verlangt vom deutschen Rundfunkrat, was der EUKommission im Rahmen des (beigelegten) EU-Beihilfeverfahrens vom deutschen Staat zu verlangen nicht gelungen ist: die Genehmigung künftiger digitaler Aktivitäten von ARD, ZDF und Deutschlandradio. Die große, die einmalige Chance ist doch da, das Weicheier- und Duckmäuser-Image zu korrigieren. Ein Rundfunkrat blickt digital durch, wo's analog nie gelingen wollte? Das ist – bei Licht besehen – eine doppelte Aufgabe, eine Aufgabe für zwei Seiten. Anstaltsleitungen und Anstaltsgremien müssen miteinander arbeiten. Bisher, machen wir uns und anderen nichts vor, produzieren die Häuser Vorlagen, die für ein unterschiedlich strukturiertes Gremienpublikum in allgemein verständlicher Form abgefasst sind. Die Gremienmitglieder müssen aufpassen, könnten sie doch als EU-Erfüllungsgehilfen missverstanden werden, sobald digitale Projekte zur Prüfung und Genehmigung anstehen. Dieser Eindruck institutionalisierter Nörgler und Njet-Sager wäre fatal – noch fataler, sie agierten als Nickmännchen und Strammsteher vor dem Intendantenthron. Denn eines ist gewiss: Sobald der Zwölfte Rundfunkänderungsstaatsvertrag wirkt, beginnt auch der Einfluss, die Infiltration durch die Damen und Herren der Anstalten. Die berühmte Gremienpflege: bislang eine Allinclusive-Betreuung zwischen quietschsüßer Kinderhege und fürsorglicher Altenpflege. Die übergeordnete Leitlinie ist jene, die ein machiavellistischer Justiziar ausgegeben hat: Lasst die Gremien auf die Ideen kommen, die wir uns bereits ausgedacht haben. Nicht die kleinste Intendantenkunst und kluge Unternehmenspolitik besteht in der Vorbereitung und Steuerung einer Rundfunkratssitzung. Wie verwandelt man die pittoreske Mischung der Ratsfrauen und Ratsmänner aus Rot-Kreuz, Herz-Jesu, IHK und Parteipolitik in gewiefte Digitalstrate-
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gen? Abendkurse, individuelle Nachhilfe, Wochenendseminare mit eingebautem Graduierten-Diplom? Soll die jetzige Binnenkontrolle auf Programmfragen beschränkt und um eine neue, professionelle Außenkontrolle ergänzt werden? Ein Kontrollorgan in der Anstalt, ein zweites außerhalb, eben nicht inkorporiert durch den Status einer selbstständigen Person des öffentlichen Rechts? Kaffee-und-Kuchen-Exzesse Die künftige Organisation kennt noch keiner, nicht der Intendant X, nicht der Rat Y, der aller Wahrscheinlichkeit nach noch gar nicht mitbekommen hat, dass die Kaffee-und-Kuchen-Exzesse bei einer Rundfunkratssitzung sehr bald nicht mehr der letzte Ratschluss sein können. Die private Senderkonkurrenz, nicht zuletzt der Verband Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT), werden mit Eingaben und Einsprüchen den Gremien einheizen, dass es nur so eine Art sein wird. Und die eigene Anstalt wird doppelt und dreifach an das Schutzgefühl, die Schutzbedürftigkeit durch die entschlossenen, eisenharten Gremien appellieren: Ganz schnell wird das Freund-Feind-Denken aktiviert, entsprechend wird argumentiert und sortiert. Da kommt der Rundfunkrat erst ins Schwitzen und dann unter Druck. Wehe, wenn die Inspiration der Transpiration weicht! Ernst Elitz, Intendant des werbe- und sponsoringfreien Deutschlandradios und als solcher ein pfiffiger Vorausdenker für die allfälligen Probleme, hat sich schon einmal den Kopf zerbrochen, nicht alleine, sondern mit Dieter Stammler, Jusitiziar des Deutschlandradios (siehe „Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie an der Universität zu Köln“, Heft 217; vgl. auch Elitz’ Beitrag in diesem Band). Beiden geht es recht eigentlich um die „Qualitäts-Evaluation“ in den elektronischen Medien, mithin um einen Arbeitsverbund für beide Säulen des dualen Systems. Dieses Projekt ließe sich projektbezogen nochmals evaluieren, als Arbeitsprojekt für öffentlich-rechtliche Rundfunkgremien. Vorstellbar wäre eine Qualifizierungsgruppe, die aus Mitarbeitern von Einrichtungen wie dem Adolf-Grimme-Institut, dem Hans-Bredow-Institut, Hochschulinstituten und unabhängigen Medienforschern gebildet wird. In diesem Verbund könnten Themenbereiche bearbeitet werden, die mit den jeweiligen Aufsichtsgremien abgestimmt werden. Der Arbeitsverbund, so schlagen es Elitz und Stammler vor, könnte unter Aufsicht eines relativ schmalen Boards von unabhängigen Fachleuten arbeiten. Ziel wäre, den zur Beurteilung aufgerufenen Institutionen brauchbare Beurteilungsmaßstäbe (nicht die Beurteilungen selbst!) an die Hand zu geben. Elitz/ Stammler schreiben: „Die Eckpunkte der Organisation und der Aufgabenstellung des Arbeitsverbundes sollten durch die Länder rundfunkrechtlich festgelegt, die Einzelheiten in der Verantwortung der Beteiligten geregelt werden.“
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Die Beteiligung der Länder wäre eher problematisch, alldieweil die Länder im künftigen Prüfprozess auch ihren eigenen Part, ihre eigenen Interessen haben werden. Auf jeden Fall besitzt der Vorschlag von Elitz/Stammler die Chance des Machbaren, die Effizienz des Notwendigen, den Nukleus einer Lösung, wie der deutsche Rundfunkrat die künftigen, ungleich schwierigeren Aufgaben bewältigen könnte, ohne davon überwältigt zu werden. In eine Kurzformel gepresst: Fremder Sachverstand in Form von Gutachten, Anhörungen und vergleichbaren Beratungsformen hebt die Sachkenntnis der Gremien. Klingt aufwendig? Das ist aufwendig, andererseits sich die Prüffragen von Anstalt zu Anstalt graduell, nicht prinzipiell unterscheiden werden. Synergien scheinen auf. Was eben nicht sein darf: Dass die „think tanks“ der Sender den Räten raten, was sie wie zu genehmigen hätten. Sonst ist der Ärger mit VPRT, Brüssel, mit Juristen aller Couleurs auch schon da. Es ist den Gremien zuzumuten und zuzutrauen, dass sie den Problemen, die da kommen werden, Lösungen entgegensetzen. Rechte dürfen in Pflichten umschlagen, damit aus der Bedeutung eines Amtes auch Bedeutendes erwächst. PS1: Es wäre keine gute Idee, die führenden Medienjournalisten dieses Landes auch nur im Ansatz in die Qualifizierungsmaßnahme der Rundfunkräte einzubinden. Die führenden Medienjournalisten dieses Landes haben – male dictum – keine hoheitlichen Aufgaben. Außerdem bedarf die Situation in deutschen Rundfunkgremien der Verbesserung und keinesfalls der Verschlimmbesserung. PS2: Heute wird gleichzeitig immer alles besser und immer schlechter. Nicht schlimm, das ist die Kybernetik der modernen Gesellschaft. Tröstet der Soziologe Niklas Luhmann.
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Im Prinzip ganz einfach (9): Die Sicht des privaten Rundfunks Jürgen Doetz
Lange wurde über die Digitalisierung und verbunden damit über die wachsende Konvergenz der Medien diskutiert. Landauf, landab philosophierten alle einschlägigen Kenner der Medienlandschaft über Möglichkeiten und mögliche Konsequenzen. Nun sind zumindest erst einmal alle technischen Voraussetzungen für eine zügige Digitalisierung da und für die Beteiligten ist die Situation momentan vor allem eines: nämlich sehr unübersichtlich und komplex. Denn das, was bislang inhaltlich, technisch und institutionell verhältnismäßig klar getrennt war, vermischt sich jetzt. Ausgangspunkt und gleichzeitig Motor dieser Entwicklung ist – wie schon einmal vor über 20 Jahren bei der Gründung des privaten Rundfunks – die Technik. Es werden zahlreiche neue Übertragungswege genutzt. Inzwischen hat sich das Internet zu einem Transportweg auch für Rundfunkinhalte entwickelt. Und das Breitbandkabel, der nach wie vor wichtigste Verbreitungsweg für den Rundfunk, wird für neue Angebote rückkanalfähig ausgebaut. Auch bei anderen neuen Infrastrukturen, wie etwa dem digitalen terrestrischen Fernsehen, wird die Funktionalität künftig nicht mehr nur auf einen Dienst ausgerichtet, sondern multifunktional angelegt sein. Damit verwischt die Grenze zwischen Individualkommunikation und Massenkommunikation zusehends. Bisheriger Regulierungsrahmen: unzureichend Die Digitalisierung der Übertragungswege und der gesamten technischen Infrastruktur bis hin zum Verbraucher stellt alle Betroffenen – insbesondere auch die Medienpolitik – vor große Herausforderungen. Neue Player drängen auf den Markt. Einzelne Marktteilnehmer agieren heute gleichzeitig als Programm- und Inhalteanbieter, Netzbetreiber und Vermarkter. Die Kombination von Übertragungsrechten und Rechtehandel auf der einen sowie Monopolstrukturen im Bereich der Übertragungswege auf der anderen Seite birgt Gefahren für den Wettbewerb und damit verbunden für die Meinungsvielfalt der Medien. Gefahr lauert
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überall dort, wo ein Plattformbetreiber für viel Geld Inhalte kaufen kann und zugleich über ein eigenes Netz sowie die Endkundenkontakte verfügt, um diese zu verbreiten und zu vermarkten. Insbesondere die klassischen Inhalteanbieter wie z.B. das Fernsehen geraten zunehmend unter Druck. Mit dem Markteintritt von Internetdiensten wie Google und Yahoo, Telekommunikations- und Kabelunternehmen beginnt sich der Anbietermarkt dramatisch zu verändern. Die Digitalisierung schürt vor allem im Distributionsbereich für Inhalte einen neuen, sehr viel schärferen Wettbewerb und vor allem: Sie macht vor Ländergrenzen nicht mehr automatisch halt. Auf diese Situation ist der bisherige medien- und telekommunikationsrechtliche Rahmen nur sehr unzureichend vorbereitet. Hohe Zeit für ein neues Aufsichtsmodell Die technische und inhaltliche Konvergenz einer Vielzahl bislang völlig unterschiedlich regulierter Telekommunikations- und Medienangebote stellen die föderale Regulierung und Aufsicht auf den Prüfstand. Der Abstimmungsbedarf zwischen Bund und Ländern wird immer größer. Darüber hinaus wird der Gesetzgeber durch eine wachsende Internationalisierung und die europäische Regulierung im Bereich der Medienangebote vor neue Herausforderungen gestellt. Auch die gescheiterten Fusionspläne großer Medienunternehmen wie z.B. die zu Beginn des vergangenen Jahres durch das Bundeskartellamt untersagte Fusion zwischen dem Axel Springer Verlag und der ProSiebenSat.1 Media AG und die inzwischen zum Teil realisierten Pläne von Telekommunikations- und Kabelunternehmen, über Plattformen fremde und eigene Inhalte anzubieten, haben die Notwendigkeit für eine grundlegende Reform der Medienordnung inzwischen in den Mittelpunkt der medienpolitischen Diskussion gerückt. Dabei geht es derzeit mit Blick auf Länder-, Bundes- und EU-Zuständigkeiten im Wesentlichen um eine Modernisierung des rechtlich-regulatorischen Rahmens, d.h. um Effizienz und Übersichtlichkeit der Medienregulierung, um eine Neuordnung des Medienkonzentrationsrechts und um eine Restrukturierung der Medienaufsicht. Vor allem Letztere ist seit der Gründung des dualen Systems über Jahrzehnte so gewachsen, dass hier Strukturen entstanden sind, die als ähnlich komplex beschrieben werden können wie der eingangs geschilderte Digitalisierungsprozess. Die Vielfalt der unterschiedlichen Zuständigkeiten wird dem Betrachter am derzeitigen Status quo mit beeindruckender Deutlichkeit vor Augen geführt. Über Fragen der Regulierung und der Aufsicht des privaten Rundfunks befinden allein hierzulande nämlich nicht weniger als 16 Staatskanzleien und Länderpar-
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lamente, – inzwischen noch – 14 Landesmedienanstalten, die Aufsichtsgremien ALM, KDLM, KEK, KJM, die Bundesnetzagentur, das Bundeskartellamt und diverse Selbstkontrolleinrichtungen. Dazu kommen für die öffentlich-rechtlichen Anstalten die jeweiligen Rundfunk- und Fernsehräte. Auf diese wird später noch einzugehen sein. Die Medienpolitik hat erkannt, dass die bisherige föderale Struktur der Medienaufsicht angesichts der schnelllebigen Entwicklungen und des wachsenden bundeseinheitlichen Regulierungsbedarfs nicht mehr zeitgemäß ist. Mit dem 8. Rundfunkänderungsstaatsvertrag war im April 2005 eine Reform der Landesmedienanstalten beschlossen worden. Knapp drei Jahre später werden die Länder mit dem 10. Rundfunkänderungsstaatsvertrag nun ein neues Aufsichtsmodell vorlegen und verabschieden. Dafür ist es hohe Zeit! Aus föderalen Stärken und Schwächen lernen Ohne Zweifel haben die Landesmedienanstalten seit ihrem Bestehen kontinuierlich am Auf- und Ausbau des privaten Rundfunks mitgewirkt und einen substanziellen Beitrag für die Entwicklung der deutschen Rundfunklandschaft geleistet, die im internationalen Vergleich hinsichtlich Vielfalt und Qualität herausragend ist. Es steht auch außer Frage, dass sich die föderale Rundfunkordnung über einen langen Zeitraum mit Blick auf die Gewährleistung von Programm- und Meinungsvielfalt bewährt hat – dies insbesondere mit Blick auf die regionalen Kommunikationsräume. In der mehr als 20-jährigen Geschichte des privaten Rundfunks stellen sich jedoch heute völlig andere Anforderungen an eine Medienordnung. Stärken und Schwächen des föderalen Systems haben sich in dieser Zeit herauskristallisiert. Aus den Erfahrungen muss man lernen. Dinge, die sich bewährt haben, können übernommen und weiterentwickelt werden. Eine föderale Medienregulierung macht auch künftig etwa dort Sinn, wo die Belange der jeweiligen Region im Fokus der Medienpolitik und der Medienangebote stehen und lokale sowie regionale Informationsbedürfnisse der Bevölkerung bedient werden. Unterschiedliche Behandlung privater Veranstalter Allerdings hat sich das Föderalismus-Modell in der Praxis teilweise als problematisch erwiesen. So hat die föderale Medienpolitik vielfach zu einer unterschiedlichen Behandlung von privaten Rundfunkveranstaltern geführt. Die Er-
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fahrung zeigt, dass Standortpolitik nicht automatisch zu den besten wirtschaftlichen und medienpolitischen Ergebnissen führt. Zugleich macht eine föderale Medienregulierung umso weniger Sinn, je großräumiger die Medienangebote angelegt sind. Nicht umsonst haben die Länder den Rundfunkstaatsvertrag als „Dachregulierung“ für die national ausgerichteten Rundfunkangebote erlassen. Angesichts der zunehmenden Internationalisierung und des Wechsels in die digitale Welt müssen Medienregulierung wie auch Medienaufsicht mittel- und langfristig in der Lage sein, jenseits ihrer föderalen Strukturen, auf die genannten Entwicklungen mit einer nationalen Position zu reagieren und diese auch in Europa umzusetzen. Viele Fragen, wie etwa die der Werberegulierung, Lizenzfragen, die Sicherung eines chancengleichen Zugangs zu Infrastrukturen, Frequenzfragen sowie Jugendschutz- und Programmfragen können nicht von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich bewertet werden. Vielmehr handelt es sich hier um national bzw. europaweit übergreifende Themen, deren Bearbeitung veränderte Strukturen verlangt. Bürokratie und Doppelzuständigkeiten abbauen Im Rahmen einer Reform gilt es vor allem, Doppel- und Mehrfachzuständigkeiten in unterschiedlichen Regulierungsebenen festzustellen, die sich durch die zunehmende Konvergenz der Medien ergeben, und diese zu beseitigen. In diesem Zusammenhang müssen die Aufsichtsstrukturen grundsätzlich neu geordnet werden. Teilfusionen oder kleinteilige Zwischenlösungen bringen wenig. Eine Neuausrichtung der Aufgaben der Landesmedienanstalten darf dabei keinesfalls ein Tabu bleiben. Die wachsende Zahl länder- und grenzüberschreitender audiovisueller Dienste erfordert dringend eine Zusammenlegung von bundesweiten Zuständigkeiten, beispielsweise hinsichtlich des Frequenzmanagements, der einheitlichen Zuordnung und Vergabe von Übertragungskapazitäten für bundesweiten Rundfunk und Telemedien oder der Zulassung. Eine zentrale Einrichtung kann hier für die dringend notwendige Vereinfachung und die länderübergreifende Koordinierung Sorge tragen, um die beschriebenen Herausforderungen beim Umstieg in das digitale Medienzeitalter schneller und effizienter zu lösen. Im Fokus der Debatte stehen neben den klassischen rundfunkrechtlichen Zulassungen vor allem die aktuell drängenden Fragen mit Blick auf den bundesweiten Rundfunk, wie z.B. die Vergabe von terrestrischen Frequenzen für das Handy-Fernsehen. Regionale Aufgabenbereiche, wie etwa Fragen der Zulassung regionaler Angebote und die Förderung der Medienkompetenz, könnten und sollten auch in Zukunft bei den Landesmedienanstalten in den Ländern verbleiben.
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Im Prinzip könnte es einfach sein, wenn die Politik den Mut dazu hätte, bei den anstehenden Reformen alten und überflüssigen Ballast komplett über Bord zu werfen. Der Weg weist klar zu einer schlanken, zentral aufgestellten Institution, die einerseits alle notwendigen föderalen Elemente bündelt. Sie muss andererseits als starke Stimme mit einheitlichen und liberalen Regulierungsansätzen im nationalen wie internationalen Umfeld sprechen und als Ansprechpartner dienen können (sog. One-stop-shop). Sicherzustellen wäre allerdings, dass eine solche Institution die gesetzlich geschützten Belange und damit den Vorrang des Rundfunks in jedem Fall berücksichtigt. Entsprechende Weichenstellungen für mehr Einheitlichkeit und gemeinschaftliches Handeln wurden mit der Gründung der Gemeinsamen Stellen der Landesmedienanstalten im Jahr 2001 und der Etablierung der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) vor über vier Jahren bereits vorgenommen. Auf dem Weg zu einer Bündelung der Aufsicht, mehr Effizienz und auch mit Blick auf die Anforderungen an eine zukunftsweisende Medienordnung waren dies jedoch nur erste Schritte. Ziel muss es jetzt sein, Bürokratieaufwand und Doppelzuständigkeiten abzubauen. Dabei ist die Organisationsform unter dem Strich zweitrangig. Entscheidend ist eines: Eine Länderinstitution für bundesweite Sachverhalte oder eine entsprechende gemeinsame Einrichtung im Kommissionsmodell ist nur dann möglich und sinnvoll, wenn der Rundfunkstaatsvertrag auch die entsprechenden rechtlichen Grundlagen für ihr Handeln legt, klare Zuständigkeiten vorgibt, zentrale und rechtsverbindliche Entscheidungen ermöglicht und den Verwaltungsaufwand minimiert. Das, was bislang vom neuen Länder-Modell bekannt geworden ist, weist insofern zwar grundsätzlich in die richtige Richtung. Inwiefern es in der Praxis tatsächlich die notwendige Flexibilität und Planungssicherheit bietet, wird sich erst zeigen. Und sicher käme auch kein Mensch auf den Gedanken, dass es sich bei der neuen Kommission für bundesweite Zulassungs- und Aufsichtsangelegenheiten lediglich um ein bereits bestehendes Gremium in neuem Gewand handeln könnte. Duale Medienaufsicht gerechter gestalten Was die Medienaufsicht generell anbelangt, so besteht seit langem ein starkes Ungleichgewicht zwischen dem öffentlich-rechtlichen und dem privaten Rundfunk zulasten des Letzteren, der sehr viel strenger reglementiert, kontrolliert und vor allem sanktioniert wird. Während die privaten Rundfunkanbieter extern unter die Lupe genommen und alle Verstöße entsprechend geahndet werden, gewinnt man zuweilen den Eindruck, dass die gebührenfinanzierten Anstalten recht ange-
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nehm mit ihrer Gremienkontrolle leben. Bislang hat sich die bestehende Aufsicht durch die anstaltsinternen Gremien jedenfalls allzu häufig als zahnloser Tiger präsentiert. Angesichts der Tatsache, dass die Kritik an diesem System mittlerweile immer lauter auch aus den Reihen der öffentlich-rechtlichen Binnenkontrolle selbst erschallt, muss die Frage nach einer wirkungsvollen Arbeitsweise und vor allem auch einer adäquaten Zusammensetzung erlaubt sein. Dies nicht zuletzt im Lichte des gerade auf Bewährung eingestellten EU-Beihilfeverfahrens, das einen starken Fokus auf die Gremienaufsicht der öffentlich-rechtlichen Anstalten sowie auf erweiterte Möglichkeiten der externen Kontrolle legt. Man darf gespannt darauf sein, inwiefern die nunmehr durch den Gesetzgeber geplante Stärkung der Fernseh- und Rundfunkräte zu sichtbaren Veränderungen führt. Wesentlich für eine signifikante Verbesserung wären neben einer Stärkung der externen Kontrolle vor allem eine Koppelung an eine neue, präzise Auftragsdefinition und entsprechende rechtsverbindliche Vorgaben. Selbstverpflichtungen greifen hier, das hat die Vergangenheit und auch die Bewertung durch die EU-Kommission gezeigt, zu kurz. In jedem Fall muss die seit langem bestehende Ungleichbehandlung mit Blick auf die öffentlichen-rechtlichen Anstalten im Zuge einer Reform dringend geändert werden, z.B. dadurch, dass auch von externer Seite öffentlichrechtliches Fehlverhalten den Gremien transparent gemacht wird, um von diesen dann auch entsprechend geahndet zu werden. In diesem Zusammenhang wäre darüber nachzudenken, wie die Medienaufsicht von privaten Anbietern einerseits und öffentlich-rechtlichen Anstalten andererseits – ggf. auch unter dem Dach einer Medienanstalt der Länder – in Zukunft gerechter ausgestaltet werden kann.
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Erneuerte Legitimität (10): Neue Rundfunkräte allein helfen nicht Otfried Jarren
Der Gesetzgeber ist gefordert, weil er Anforderungen der EU-Kommission bezüglich der Konkretion und Evaluation des Programmauftrages öffentlichrechtlicher Rundfunkanstalten zu entsprechen hat. Der öffentliche Rundfunk, ein Kind der bundesdeutschen Nachkriegszeit, muss für die Zukunft fit gemacht werden, damit er seine institutionelle Legitimität erhalten und neu begründen kann. Unter sich verschärfenden (Medien-)Marktbedingungen sollte der öffentliche Rundfunk im Segment der Qualitätsmedien eine wichtige Rolle spielen können, nicht zuletzt im Hinblick auf die Europäisierungs- und Transnationalisierungsprozesse mit ihren vielfältigen ökonomischen, sozialen und kulturellen Folgen. Medienpolitisch schwieriger Reformprozess Die vom deutschen Gesetzgeber angestrebte Erhöhung des Einflusses der Rundfunk- bzw. Fernsehräte auf die Programmgestaltung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, die auf eine Übereinkunft mit der EU-Kommission zurückgeht, ist keine einfache Sache. Sie ist es vor allem dann nicht, wenn man den öffentlichen Rundfunk nicht institutionell gefährden will. Das institutionelle Gefährdungspotenzial des public service ist aber europaweit aufgrund des gesellschaftlichen und medialen Wandels groß. Bei immer mehr „kostenlosen“ Angeboten wird es schwieriger, bei den Bürgerinnen und Bürgern Gebühren einzufordern und diese zu legitimieren. Und wenn durch politische Entscheidungen ausgelöst der Aufsichts- und Kontrollapparat in den öffentlich-rechtlichen Anstalten wächst, so wird das zu Konflikten und in der Folge zu Reputationsverlusten des öffentlichen Rundfunks führen. Die Probleme von Reformen im öffentlichen Rundfunksektor sind groß: Die vorzunehmenden Veränderungen beispielsweise in der Gremienstruktur können nur von jenen entwickelt und durchgesetzt werden, die zugleich auch – in Form der sogenannten gesellschaftlich relevanten Kräfte – „Gewinner“ oder „Verlierer“
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von derartigen Veränderungsprozessen sind. Noch ist der öffentliche Rundfunk in Deutschland zu nah an der Politik, gehört er zum staatsnahen Sektor. Staatsnahe Sektoren – Energieversorgung wie Telekommunikation gehörten auch einmal dazu – werden besonders kritisch von der EU-Kommission wie internationalen Akteuren beäugt. Wenn man einen öffentlichen Rundfunk will, so wird dieser nur als staatsferner, aber stark in der Gesellschaft verankerter und gesamtgesellschaftlich anerkannter institutioneller Bereich langfristig eine Chance haben. Jede Reform, selbst die kleinste Gremienreform, muss dies ins Kalkül ziehen. Während der öffentlich-rechtliche Rundfunk in der Nachkriegszeit gegen deutsche Wünsche und Interessen durch die Alliierten institutionalisiert wurde, ist es nun allein an den deutschen Entscheidungsträgern, eine Zukunft für den öffentlichen Rundfunk zu entwickeln. Dies kann nur auf Basis bestehender Voraussetzungen geschehen, muss aber zugleich im Wissen um die Entwicklung der öffentlichen Kommunikation unter Marktbedingungen im nationalstaatlichen wie auch europäischen Maßstab angegangen werden. Vor der deutschen Medienpolitik steht deshalb keine „kleine“ Reformaufgabe, auch wenn manche Vorschläge sich derzeit noch so anhören, sondern sie ist im hohen Maße zu zukunftsfähigen Leitentscheidungen gefordert. Hilfreich ist, dass es bislang einen soliden Basiskonsens für die Existenz des öffentlichen Rundfunks gibt. In der Tat: Gerade unter den Bedingungen der digitalen Medienwelt, in der vorrangig ökonomisch agiert werden wird, bedarf es verstärkter Bemühungen um die Absicherung und den Ausbau von Qualitätsmedien – und der öffentliche Rundfunk gehört dazu. Aus dem öffentlichen Rundfunk einen zentralen institutionellen Baustein der Qualitätspublizistik zu machen, das ist die Herausforderung für die Medienpolitik. Auch Reformen der Gremien haben diesem Ziel zu dienen. Warnung vor verstärkter Parteienpolitik Reformen, die allein an den Gremien (Rundfunk- bzw. Fernsehrat und Verwaltungsrat oder Intendanz) ansetzen, reichen nicht nur nicht aus, sondern es würden dadurch bestehende Probleme verschärft. Jede Ausweitung der Gremienmacht droht zu einer problematischen oder gar illegitimen Verstärkung (bereits vorhandener und als dysfunktional zu qualifizierender) politischer – partei-, staats- oder standortpolitischer – Interessen zu werden. Das zumal dann, wenn in weniger oder immer kleiner werdenden oder gar in neuen zusätzlichen Gremien (so zusätzlich zum Verwaltungsrat) wesentliche Entscheidungen nicht öffentlich – aber unter Beisitz der staatlichen Rundfunkaufsicht – fallen. Das wird verfassungspolitische wie legitimatorische Fragen aufwerfen.
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Aber nicht nur das: Die in kleinen, senderübergreifenden Exekutivgremien gefassten Entscheidungen würden erwartbar und berechtigterweise Debatten in den Ländern und Regionen auslösen und mittelfristig den öffentlichen Rundfunk als gesellschaftlich anerkanntes und lebensweltlich spezifisch verankertes Qualitätsmedium gefährden. Arkanpolitik und Geheimniskrämerei, den bundesdeutschen Rundfunkgremien bereits heute eigen, passen nicht in die liberale Mediengesellschaft, in der die Übernahme von Selbstverantwortung erwartet wird und in der mehr und mehr Governance-Modelle mit Selbstverpflichtungsaufträgen an Organisationen etabliert werden. Mit jeder Zentralisierung von Aufsichtsgremien – zumal bei Beibehaltung der bisherigen Landesrundfunkanstalten – würde ein Stück weit der kooperative Förderalismus, der sich zumindest im Kultur- und Medienbereich der Bundesrepublik Deutschland historisch bewährt hat, in Frage gestellt. Es käme durch Zentralisierung verstärkt zu landes- wie standortpolitischen Konflikten bei der Besetzung von Ämtern in diesen zentralen Gremien, zum ständigen Gezänk um Zuständigkeiten und um Personen und damit zu problematischen (weil als parteipolitisch denunzierbaren) Debatten über den öffentlichen Rundfunk. Diese würden die Reputation des öffentlichen Rundfunks belasten. Dringend erforderlich: ein Mehr an Gesellschaftsnähe Schließlich ist zu bedenken, dass der öffentliche Rundfunk unter „Viel-KanalBedingungen“ nur dann dauerhaft gesellschaftliche Anerkennung und Akzeptanz erfahren und erhalten kann, wenn er sich weitgehend autonom von (partei)politischen und ökonomischen Interessen entwickelt. Der öffentliche Rundfunk der Zukunft benötigt mehr Autonomie, als ihm bislang gewährt wurde, wenn er gesellschaftsnäher werden soll. Und er benötigt ein Mehr an Gesellschaftsnähe, wenn er seine Legitimationsbasis erhalten will. Der öffentliche Rundfunk muss sich stärker mit der Zivilgesellschaft institutionell vernetzen und die Ansprüche des Publikums systematischer integrieren. Der Preis für das notwendige Mehr an Autonomie ist: Das Rundfunkmanagement muss professionalisiert, Programmziele wie -leistungen müssen intern wie extern kontinuierlich kommuniziert und die Programmleistung muss systematisch evaluiert werden. Nicht die Gremientätigkeit ist auszubauen, wohl aber sind Selbstverpflichtung wie -verantwortung der öffentlichen Rundfunkanstalten zu erhöhen. Und es gehört zur Kernaufgabe der Gremien, dieses zu ermöglichen wie einzufordern und Ziele für das Rundfunkmanagement wie für die Evaluation vorzugeben und zu diskutieren.
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Jede Reform des öffentlichen Rundfunks muss die Pfadabhängigkeit dieses Medienteilsystems mit seinen Institutionen, Organisationen, Gremien und Interessen berücksichtigen. Die politischen Akteure müssen sich auch bewusst sein, dass unter den Bedingungen des kooperativen Föderalismus immer nur geringe Veränderungsmöglichkeiten bestehen. Dies darf aber nicht dazu (ver)führen, ausschließlich an den bekannten Stellen (Gremien) anzusetzen. Hier ist der Ansatz in der Tat einfach, weil jeder Landesgesetzgeber jederzeit verändern kann, doch reicht eine – auch eine „kleine“ – Gremienreform allein nicht aus. Natürlich liegt es nahe, statt einer großen Gremienform eine kleine zu wählen, so indem – verbunden mit dem Argument der Professionalisierung – neben Rundfunk- und Verwaltungsrat Arbeitsausschüsse oder Kleinstgremien etabliert oder die Funktion der Intendanz neu geregelt werden. Weniger bzw. kleinere Gremien machen wenig Sinn: Dies würde, zumal bei einer Beibehaltung der vielen eigenständigen Landesrundfunkanstalten, Formen einer Exekutiv- wie Delegationspolitik fördern. Möglicherweise könnte damit zwar ein Gegengewicht zur Position des Intendanten aufgebaut werden, aber es dürfte zur Vermischung von strategischen und operativen Funktionen in den Entscheidungsgremien kommen. Die Position des Rundfunkmanagements würde geschwächt. Zudem wird durch die Reduktion der Zahl an Gremien, durch kleinere Gremien und somit einer geringen Zahl an Repräsentanten, der Grad an Öffentlichkeit noch weiter eingeschränkt. Dies wäre auch der Fall, wenn statt der jetzt bestehenden Gremien gänzlich neue Entscheidungsinstanzen etabliert würden. Und bei jeder Verkleinerung von Gremien stellen sich Fragen nach der Repräsentation bzw. dem Ausschluss von Interessen. Zudem besteht damit die Gefahr einer stärkeren Verparteipolitisierung. Wenn schon Verkleinerung von Gremien, so sollten die zahllosen Staatsvertreter (so wie im ZDF-Fernsehrat) nicht mehr dabei sein können. Aber das ist aufgrund der partei- und landespolitischen Interessen wohl nicht zu erwarten... Professionalisierung – zu wessen Nutzen? In der Reformdebatte wird über Möglichkeiten einer Professionalisierung der Medienaufsicht und -kontrolle gesprochen. Professionalisierung würde letztlich bedeuten, dass Personal im Haupt- oder zumindest im Teilamt einzustellen oder entsprechend zu honorieren wäre. Erhöht das die Qualität der Gremientätigkeit? Wohl kaum. Auf alle Fälle kollidieren dann Professions- und gesellschaftliche Vertretungsinteressen. Der Aufbau von professionellen Stäben (Referenten) wäre eine Alternative zur Anstellung von haupt- oder teilamtlichen Gremienvertretern, würde aber letztlich – einmal abgesehen von den Kosten – zur üblichen Patrona-
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gebesetzung führen. Und es kommt hinzu, dass aufgrund des Wechsels von Gremienmitgliedern Referentinnen und Referenten nicht auf Dauer eingestellt werden sollten. Und wenn das doch geschieht, so würden diese alsbald zur Anstalt „gehören“ und an Autonomie einbüßen. Die Verbindung zwischen Gremienmitgliedern und ihren Organisationen, die sie vertreten sollen, vermag durch ein Teil- oder Hauptamt durchaus verbessert werden können. Ein stärkerer Austausch zwischen Gremienmitgliedern und der Gesellschaft, der aber dürfte weiterhin nicht stattfinden, auch weil es an einem Anreiz dafür gänzlich fehlt. Und bei alledem darf nicht übersehen werden, dass weiterhin die Länder ihre (vorrangig rechtliche) Aufsichtsfunktion in den Gremien wahrnehmen werden – und damit würde ein weiterer Apparat neben dem staatlichen existieren. So wenig wie eine Verkleinerung der Gremien überzeugt, so wenig überzeugt es also, wenn noch weitere neue Teilgremien oder größere Stäbe für (leitende) Gremienangehörige geschaffen werden. Die sogenannte Professionalisierung der bisherigen Gremienvertretungen bringt erwartbar wenig, denn schließlich sollen ja in den Gremien keine „Medienexperten“ agieren, sondern Vertreter der Gesellschaft. Und bei der Schaffung von weiteren Stabs- und Referentenstellen sind Selbstbedienungs- und Patronageeffekte erwartbar. Die Erhöhung der Ressourcen an diesen Stellen würde eben nicht dazu führen, dass die Programmaufsicht und -kontrolle dauerhaft auf eine professionellere Basis gestellt wird, schlicht weil hier nach Gruppeninteressen ausgewählt und entschieden wird. Der öffentliche Rundfunk sollte vor „Papiertigern“ wie aufgeblähten Apparaten bewahrt werden. Professionelle interne Evaluationsstellen nötig Professionalisierung bei der Programmkontrolle tut not, muss aber anders institutionalisiert werden: Sinnvoller erscheint es daher, in jeder öffentlichen Rundfunkanstalt eine organisationsinterne, aber den Leitungsorganen der Gremien ausschließlich unterstellte Evaluationsstelle zu etablieren, die für diese Analysen und Evaluationen durchführt und ihnen berichtet. Diese Evaluationsaufgaben sollten öffentlich ausgeschrieben und grundsätzlich auf Zeit an entsprechende Unternehmen vergeben werden. Sie würden im Auftrag der Gremien arbeiten und wären diesen unterstellt. Vom Rundfunkmanagement formulierte Ziele (Selbstverpflichtungen) wie von den Gremien definierte Programm- und Leistungsvorgaben (Zielvorgaben) können so auf einer soliden empirischen Basis geprüft und diskutiert werden: Welche Eigenproduktionsquote wurde im Bildungsfernsehen erreicht – und wa-
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rum ergaben sich Probleme? Mit welchen Effekten wurden Maßnahmen zur Rezipienteninformation umgesetzt? Wie werden Aufgaben in der Chefredaktion bewältigt und welche organisatorischen Alternativen bestehen? Auch öffentlich kommunizieren Die Aufgaben der Evaluationsstelle sollten vielfältig sein, so können sie sich auf Organisationseinheiten, auf Arbeitsprozesse oder Programmleistungen beziehen. Auf Basis der Informationen der Evaluationsstelle können rundfunkinterne Diskussionen geführt werden, unter Einbezug von Gremienangehörigen. Die Analysebefunde sollten, mit Ausnahme von organisationsintern als marktrelevant beurteilter und deshalb zu schützender Daten, veröffentlicht werden. Das Rundfunkmanagement wäre gehalten, Programm-, Produktions- sowie Organisationsziele gegenüber den Gremien und – viel wichtiger – gegenüber der Öffentlichkeit zu kommunizieren. Diese in Zielvereinbarungen festgelegten oder durch Selbstverpflichtung zustande gekommenen Ziele würden organisationsintern wie -extern diskutiert. Statt einer kleinen oder großen Gremienreform lautet daher der Vorschlag, durch eine neu zu bildende organisationsinterne Evaluationseinheit die Selbststeuerung innerhalb der Rundfunkanstalten zu erhöhen. Und durch die öffentliche Kommunikation von Zielen wie die Publikation von Evaluationsbefunden kann der Diskurs über den öffentlichen Rundfunk institutionalisiert werden. Gebührensplitting für internen Wettbewerb Eine einzige Evaluationsstelle für den öffentlichen Rundfunk reicht aber nicht aus. Zentralisierung macht in föderal verfassten politischen Systemen nur dann Sinn, wenn tatsächlich gleiche oder ähnliche Bedingungen existieren oder erreicht werden sollen. Der Kultur- und Medienbereich gehört aber zu jenen Sektoren, in denen Vielfalt und Unterschiedlichkeit angestrebt wird. Diversität und Wettbewerb sind damit zentrale Zielwerte. Deshalb machen zentrale Gremien auf der Aufsicht- wie auch auf der Evaluationsseite für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland wenig Sinn. Dezentralisierung ist, wie viele Forschungsbefunde zeigen, auch in Bezug auf den Einsatz und die Verwendung von Ressourcen ökonomischer. Das zumal dann, wenn Wettbewerbselemente eingeführt werden, und dies ist beim öffentlichen Rundfunk so sinnvoll wie machbar. Eine Möglichkeit bestünde darin, den internen Wettbewerb zwischen den Rundfunkanstalten zu erhöhen, so indem ein Anteil der Rundfunkgebühr von den
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Gebührenzahlern gezielt an einzelne Anstalten gesondert (auf Zeit) gezahlt werden kann. So kann der Rezipient als Fan eines bestimmten Formats, einer Serie, einer Produktion oder gar als Nutzer eines Kanals („Dritte Programme“) Präferenzen zum Ausdruck bringen. Auch wenn die Beträge zunächst eher gering sind und symbolisch erscheinen, so können damit durchaus Anreize gesetzt werden. Dank der Digitalisierung und den damit möglich werdenden Mess- wie Abrechnungssystemen kann dies sogar auf sehr einfache Weise geschehen. Präferenzen zum Ausdruck zu bringen unter klar definierten institutionellen Bedingungen erlaubt zweierlei: Die Rezipienten können sich entscheiden, entwickeln Bewertungskriterien und es werden damit Qualitätsaspekte relevant. Dadurch orientieren sie sich an bestimmten öffentlichen Anbietern wie Angeboten und es kommt zu spezifischen Formen der Bindung. Die Anbieter wiederum erhalten aus dem Publikum eine direktere Rückmeldung und werden sich stärker daran ausrichten. Angesagt ist also ein Mehr an publizistischem Wettbewerb auch innerhalb des öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems, und zwar um die Gunst der Gebührenzahler. Ruinöser Wettbewerb? Über diesen Vorschlag hinaus ist zu prüfen, ob mit der Gebührenzahlung nicht eine Art von Mitgliedschaft begründet wird, so dass zwischen den Rundfunkanstalten und den Gebührenzahlern ein Austauschverhältnis existiert. Wie auch immer: Für den öffentlichen Rundfunk mag interner Wettbewerb zunächst ungewohnt sein, und man hört schon die warnenden Stimmen vor einem ruinösen Wettbewerb durch „billige“ oder unterhaltende Angebote. Aber wird dem so sein? Zum einen würde dann den Rezipienten unterstellt, dass sie keine hinreichenden Entscheidungsfähigkeiten hätten. Zum anderen darf nicht übersehen werden, dass in diesem Modell die Gremien wie auch die Evaluationsstellen auf die Programmleistung einwirken würden. Unbestritten ist, dass Zuhörer- und Zuschauerpräferenzen stärker, aber eben auch differenzierter in den öffentlichen Rundfunkorganisationen wahrgenommen und verarbeitet werden müssen. Und nicht übersehen werden darf, dass mit den Gremien und dem Management weitere Akteure mit Entscheidungsgewicht und Einfluss an diesem programmlichen Profilbildungsprozess stets Anteil haben. Es geht um einen kollektiven Lernprozess und um die gesellschaftlich-institutionelle Verankerung des öffentlichen Rundfunks – um nicht mehr, aber auch um nicht weniger.
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Größere Autonomie bei verstärkter Rechenschaftspflicht Gerade unter den digitalen Medienmarktbedingungen („Viel-Kanal-Öffentlichkeit“) muss dem Management des öffentlichen Rundfunks ein höheres Maß an Gestaltungsmöglichkeiten, so beispielsweise auch im Online-Sektor, eingeräumt werden. Die Entwicklung von neuen publizistischen Angeboten oder die Einführung von Programmen sollten verstärkt innerhalb der rundfunkinternen Gremien ausgehandelt, dann aber auch öffentlich kommuniziert werden. Quantitative wie qualitative publizistische Zielsetzungen sind transparent zu machen und aktiv mit den Rezipienten wie aber auch anderen Anspruchsgruppen zu besprechen. Es kommt darauf an, Zielsetzungen so zu formulieren, dass sie durch Evaluationen überprüfbar werden. Es würde den internen Evaluationsstellen obliegen, für die nötigen Analysen und Bewertungen zu sorgen. Neben erweiterten Informations-, Kommunikations- und Evaluationspflichten ist durch die Gremien des öffentlichen Rundfunks dafür Sorge zu tragen, dass Formen des publizistischen Qualitätsmanagements implementiert werden. Hier kann durch entsprechende Regelungen und Zertifizierungen sogar für eine (bundesweite) Vereinheitlichung im Laufe der Zeit gesorgt werden. Es obliegt den Gremien, diese Prozesse anzustoßen und zu steuern. Fazit Für die Implementation der genannten Instrumente und für die Diskussion über die Festsetzung wie die Erreichung von Zielen durch das Rundfunkmanagement reichen also die bisherigen Aufsichts- und Kontrollgremien des öffentlichen Rundfunks aus. Dass in diesen Gremien im stärkeren Maße auch Vertreter schwach organisierter Interessen Einsitz nehmen sollten, das ist sicher unbestritten. Bevor aber diese aufwendige Reform angegangen wird, ist ein verstärkter Einbezug der Rezipienten, so durch die Möglichkeit, über einen Teil der Verwendung der Gebührenmittel zu entscheiden, anzustreben. Zudem sollten die Gebührenzahlerinnen und Gebührenzahler Mitgliedschaftsrechte erhalten. Die Entstehung von Rezipientenorganisationen wäre wohl die Folge. Und durch die Pflicht, Programmvorhaben wie -ziele und -leistungen kontinuierlich und öffentlich zu kommunizieren, ist die Herausbildung neuer medienbezogener Akteure zu erwarten. Die fallweise wie auch die systematische Einbeziehung von Rezipienten, Akteuren und Gruppen aus der Zivilgesellschaft – das könnte zum Charakteristikum des modernen öffentlichen Rundfunks werden. Die bestehenden Gremien reichen also aus, wohl aber sind die Zuständigkeiten und Aufgaben im Kontext der Implementation von internen Evaluationsstellen
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neu zu definieren. Über eine Reform allein der Gremien aber wird sich der öffentliche Rundfunk nicht erneuern können. Die den öffentlichen Rundfunk prägenden Leitideen müssen vielmehr weiterentwickelt werden und auch in Zukunft die Mehrzahl der Bürgerinnen und Bürger als Gebührenzahler überzeugen. Die institutionelle Legitimität des öffentlichen Rundfunks ist dann, auch von der EU-Kommission oder anderen internationalen Akteuren, weniger leicht in Frage zu stellen. Ein dominant staatlich-politisch gesteuerter und durch Gremienbürokratien dominierter öffentlicher Rundfunk hingegen wird zunehmend Legitimationsprobleme bekommen. Es geht bei den anstehenden Reformen also um weitaus mehr als nur um eine von außen aufgezwungene Anpassungsmaßnahme, sondern um die Chance zu einer Neupositionierung des öffentlichen Rundfunks in Deutschland – einer Neupositionierung als Qualitätsmedium zwischen Politik, Wirtschaft und dem Publikum.
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Kosmetik oder Korrektur (11): Aufsicht – einheitlich und extern Hans-Joachim Otto
Nach den Aufschlägen der Vorredner möchte ich den nächsten Ball in das Feld der Gremiendebatte schlagen. Nachdem bisher die sehr interessanten Beiträge aus einer eher „internen“ Perspektive die Diskussion in epd medien bereichert haben, möchte ich den Blick von „außerhalb“ wagen und dabei auch die bundespolitische Ebene in die Debatte einbringen. Ich bin mir der Kompetenz der Länder für die Medien bewusst und will daran auch nicht rütteln. Ich bin dabei aber überzeugt, dass gerade der Blick von „außerhalb“ (der Länderzuständigkeit und der Organe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks) durchaus hilfreich sein kann, das Bild des öffentlich-rechtlichen Rundfunks insgesamt zu erfassen und mögliche Missstände aufzuzeigen. Denn diesen Blick aufs Ganze erlebt in seiner Wahrnehmung auch der Gebührenzahler, mit dessen Akzeptanz die öffentliche Finanzierung des Rundfunks langfristig steht und fällt. Ich bekenne mich mit Nachdruck zum öffentlichrechtlichen Rundfunk, seiner Funktion als Stütze der demokratischen Gesellschaft und nicht zuletzt als Garant einer pluralistischen und qualitativ hochwertigen Kultur- und Medienlandschaft. Ich sehe allerdings – in diesem Punkt widerspreche ich meinem Vorredner Marc Jan Eumann – ganz und gar nicht eine lediglich aus Qualität und Relevanz abgeleitete Frage nach der öffentlichen Akzeptanz. Qualität und Relevanz sind zwar unstreitig von enormer Bedeutung, aber hinzukommen muss eine erheblich größere Transparenz als bisher. Das sieht auch die EU-Kommission so. Rundfunkgebühren sind staatliche Beihilfen. Die jahrelang um diese Begrifflichkeit geführte Debatte ist fruchtlos. Denn diese staatlichen Beihilfen sind vor dem Hintergrund des eben Gesagten unstreitig prinzipiell gerechtfertigt. Das Recht zur Gebührenerhebung bringt allerdings auch Pflichten mit sich, und um eine der wichtigsten Pflichten – die Transparenz – dreht sich nun auch die Gremien-Debatte in epd medien. Ich kann und möchte mich in dieser Debatte nicht in Auseinandersetzungen über Detailfragen einmischen, die letztendlich von den zuständigen Akteuren geklärt werden mögen. Thomas Kleist konstatiert in seinem Beitrag zu Recht, dass diese Debatte ohnehin „bisher eher Insiderkreisen vorbehalten war“. Aller-
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dings bin ich der Auffassung, dass das ein hausgemachtes Problem ist, denn die Staatskanzleien glänzten bei den Verhandlungen zum Rundfunkstaatsvertrag noch nie mit ausgeprägter Informations- und Öffentlichkeitsarbeit. In gewohnter Weise werden auch der 10. und 11. Rundfunkänderungsstaatsvertrag im geheimen Kämmerlein ausgebrütet. Für mich dreht sich die entscheidende Frage im Hinblick auf die Gremienaufsicht um eine grundsätzliche Weichenstellung: Binnen- (also Selbst-)kontrolle oder externe Aufsicht? Überhaupt nicht tragfähig finde ich dabei den Hinweis auf die verfassungsrechtlich geforderte Staatsferne des Rundfunks als Argument dafür, die Binnenkontrolle beizubehalten. Denn externe Kontrolle und Staatsferne schließen sich keineswegs aus – das zeigen schon die Beispiele der Landesmedienanstalten, aber auch der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) oder der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (KEF). Ohnehin verlangt es in dieser Sache nicht (nur) nach einer auf ideologischer oder abstrakt-rechtlicher Ebene geführten Diskussion. Entscheidendes Kriterium für die künftige Struktur der Gremienaufsicht sollte deren Effektivität sein. Dieses Kriterium liefert deutliche Hinweise. Versagen sämtlicher Aufsichtsinstanzen Es hat wohl selten so eklatante Fälle von Versagen sämtlicher – interner – Aufsichtsinstanzen gegeben wie in der jüngsten Vergangenheit beim öffentlichrechtlichen Rundfunk. Die Stichworte sind „Marienhof“, Korruption, Verträge mit Jan Ullrich. Das Ausmaß der Fehlentwicklungen und die Intensität der nötig gewordenen jahrelangen Recherchearbeit eines engagierten epd-Journalisten z.B. im Falle „Marienhof“ stehen in keinem Verhältnis zu den hieraus abgeleiteten kosmetischen „Reformen“ bei den betroffenen Sendeanstalten. Der Vorschlag zur Schaffung eines „ARD-Rates“ gehört zu diesen Kosmetika. Noch ein zusätzliches Gremium im Land der Gremien-Weltmeister ist nun wahrlich nicht zielführend und – hier gebe ich Kleist recht – führt am Ende höchstens dazu, dass „jeder alles kontrolliert“, ohne dass die ARD zu einer tatsächlich effektiveren Aufsichtsstruktur käme. Meines Erachtens sprechen sowohl unsere Erfahrungen in Deutschland als auch ausländische Vorbilder für eine einheitliche externe Aufsicht. Die Notwendigkeit, die Mühlen von neun teilweise mit unterschiedlichen Kompetenzen ausgestatteten Rundfunkräten gleichzeitig mahlen zu lassen, entfiele. Eine Gremienvorsitzendenkonferenz, die einen Großteil ihrer Zeit damit verbringt zu überprüfen, für was sie eigentlich zuständig sei, würde überflüssig.
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Eine externe Aufsicht über ARD und ZDF würde auch eine Schieflage der deutschen Medienordnung beseitigen: Die privaten Sender unterliegen schon seit Beginn einer externen Aufsicht durch die Landesmedienanstalten. Der bisherige Eindruck, an private Sender würden schärfere Maßstäbe angelegt als an die öffentlich-rechtlichen, liegt sicher nicht im Interesse der Letzteren... Beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk sei „in Zukunft eine klare Trennung zwischen Kontrollierten und Kontrolleuren geboten“, schreibt Eumann in epd medien. An dieser Stelle gebe ich ihm vollkommen recht. Eine solche Trennung kann mit Binnen- bzw. Selbstkontrolle nicht erreicht werden, wie es bereits der Wortsinn belegt. Auch die EU-Kommission hat die Einstellung des Beihilfeverfahrens mit klaren Vorgaben verknüpft. Insbesondere angesichts der jüngst beschleunigten Ausdehnung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Internet ist erhöhte Transparenz vonnöten, damit be- und entstehender Wettbewerb vieler kleiner und mittlerer privater Anbieter nicht durch Rundfunkanstalten abgewürgt wird, die über staatlich abgesicherte Gebühreneinnahmen in Milliardenhöhe verfügen. Nicht „nebenbei“ zu erledigen Den Gremien, die in Zukunft überprüfen sollen, ob ein Angebot des öffentlichrechtlichen Rundfunks tatsächlich dem „Grundversorgungsauftrag“ entspricht, wird eine hohe Kompetenz und viel Arbeit abverlangt. Das spricht für eine Professionalisierung der Aufsicht. Denn – bei allem Respekt vor vielen engagierten und kompetenten Mitgliedern der Rundfunkräte – diese neue und erweiterte Form von Aufsicht kann man nicht „nebenbei“ erledigen. Dementsprechend stelle ich mir die künftige Struktur einer effektiven und transparenten Kontrolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit folgenden Kriterien vor: Der öffentlich-rechtliche Programmauftrag muss vom Gesetzgeber präzisiert und begrenzt werden. Nur eine Objektivierung der Kriterien, was überhaupt relevant und qualitativ hochwertig bzw. geboten ist – und vor allem: was nicht –, ermöglicht eine effektive Aufsicht.
Die Aufsicht muss professionalisiert werden. Den Anforderungen des multimedialen Zeitalters kann in Zukunft nur ein Expertengremium mit ausgewiesenen Kennern des Medienrechts und der Medienpolitik, aber auch Praktikern mit technischer und geschäftlicher Erfahrung gerecht werden. Auch die Anforderungen an die Mitglieder dieses Gremiums müssen transparent und objektiv sein. Wir brauchen als Aufsichtspersonen keine Ver-
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bandsfunktionäre, Gewerkschafter und (Ex-) Politiker, denen Medienpraxis und -politik erst einmal erklärt werden müssen. Die Aufsicht muss extern sein. Ein Aufsichtsgremium muss unabhängig von der beaufsichtigten Institution sein. Schließlich käme auch niemand auf die Idee, die Medienräte einer Landesmedienanstalt in einem der großen privaten Fernsehsender oder die Bundesnetzagentur in der Deutschen Telekom AG anzusiedeln! Die Aufsicht muss einheitlich sein. Wir befinden uns im konvergenten Medienzeitalter. Es schadet nicht nur den Anstalten selbst, sondern dem gesamten Medienstandort Deutschland, wenn die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle – in die teilweise Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks integriert werden (z.B. mobiles Fernsehen) – durch mangelnde Transparenz oder Streitereien um Zuständigkeiten verzögert wird. Ein einheitliches Aufsichtsgremium für den gesamten öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk sowie Telekommunikation bzw. Telemedien wäre somit zeitgemäß und ein Schritt in die Richtung einer einheitlichen Medienaufsicht und -regulierung insgesamt. Es ist kein Geheimnis, dass ich langfristig eine Multimedia-Aufsicht nach dem Vorbild der britischen OFCOM befürworte. Die einheitliche, externe und professionelle Aufsicht muss unabhängig sein. Das bedeutet auch, dass das Gremium über ausreichende personelle und sächliche Ressourcen verfügen muss, um effektiv und eben unabhängig arbeiten zu können.
Der Aufgabenkatalog von morgen Die wichtigsten Aufgaben, die von einem unabhängigen, professionellen und einheitlichen Gremium künftig zu erfüllen sind, lauten:
Das Gremium prüft prioritär, ob die Programme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks seinem präzisierten Grundversorgungsauftrag mit bildenden, informativen, kulturellen und unterhaltenden Angeboten entspricht. Das Gremium prüft in finanzieller Hinsicht die Verhältnismäßigkeit von Ausgaben im Vergleich zum Programmauftrag – eine spannende Aufgabe insbesondere bezüglich der ausufernden Kosten für Sportübertragungsrechte! Spezifisch im Hinblick auf das Internet und andere neue Übertragungswege überprüft das Gremium die Notwendigkeit und Zulässigkeit neuer Angebote. Öffentlich-rechtlicher Rundfunk muss Rundfunk bleiben. Wir brauchen keine öffentlich-rechtlichen Multimediaanstalten. Das Internet weist eine so breite Meinungsvielfalt aus, dass es insoweit keiner Vielfaltsicherung mit-
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tels „Grundversorgungsauftrag“ bedarf. Dementsprechend dürfen die öffentlich-rechtlichen Angebote im Internet weiterhin lediglich „programmbegleitend“ sein – so schwierig die Abgrenzung auch sein mag. Das Gremium beschäftigt sich mit der Hebung der kulturellen „Schätze“ des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, z.B. dessen Archiven. Eine Zugänglichmachung dieser Schätze für die Öffentlichkeit ist unter kulturellen Gesichtspunkten grundsätzlich positiv zu beurteilen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat allerdings weder die Pflicht noch das Recht, zu einem universellen Informationsanbieter zu mutieren. In diesem Zusammenhang muss das Gremium prüfen, ob und wie andere wirtschaftliche und gesellschaftliche Akteure an der Öffnung der Archive beteiligt und wettbewerbsschädigende Konsequenzen vermieden werden können. Schließlich muss dem Gremium auch eine Überprüfung der für den Fortbestand des öffentlich-rechtlichen Rundfunks notwendigen InfrastrukturKapazitäten übertragen werden. Jeder Bürger muss zwar die Möglichkeit haben, öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu empfangen. Das bedeutet aber nicht, dass jeder Bürger gleichzeitig über alle Infrastrukturen versorgt werden muss. Die ineffiziente Nutzung von Frequenzen verursacht schon jetzt einen beträchtlichen (volks)wirtschaftlichen Schaden – zu denken ist z.B. an DVB-T. Auch insoweit halte ich eine professionelle und unabhängige Bewertung für überfällig.
An vielen Baustellen muss also gearbeitet werden. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass die Politik endlich ihrer Verantwortung gerecht wird, einen finanziellen und strukturellen Rahmen für einen zukunftsfähigen und qualitativ hochwertigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu gestalten. Viele der dabei zu klärenden Fragen sind solche des politischen Willens und sollten nicht jedes Mal an das Bundesverfassungsgericht delegiert werden, sondern auf breiter gesellschaftlicher und politischer Basis diskutiert werden. epd medien leistet mit der Plattform für eine Gremiendebatte dazu einen wichtigen Beitrag. Denn die Frage der Aufsichtsgremien ist ein zentraler Aspekt für die Zukunft des dualen Rundfunksystems und sollte nunmehr politisch entschieden werden. Es wird höchste Zeit!
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Einmischung tut gut (12): Kompetenzwirrwarr vermeiden Fritz Raff
Braucht die ARD einen ARD-Rat? Über diese Frage haben in den vergangenen Monaten an dieser Stelle Mitglieder von Gremien einzelner Landesrundfunkanstalten laut nachgedacht. Marc Jan Eumann, Rundfunkratsmitglied des WDR und Vorsitzender der Bundesmedienkommission der SPD, sprach sich in seinem Beitrag „Guter Rat“ für die Einrichtung eines ARD-Rates aus, der eine „reale Aufsicht und Kontrolle über die Gemeinschaftsaktivitäten, das ARD-Programm und die ARD-Programmdirektion ausübt“. Für den Vorsitzenden des Verwaltungsrates des Saarländischen Rundfunks, Thomas Kleist, ist die Schaffung eines „mit klaren, von den Landesrundfunkanstalten delegierten Kompetenzen ausgestatteten ARD-Rates“ für den Fall erforderlich, dass die Konferenz der Gremienvorsitzenden, die GVK, nicht mit Entscheidungsbefugnissen und deutlich erweiterten Kontrollrechten ausgestattet wird. Klarschiff machen tue not. Ist es wirklich so, dass die Gremienkontrolle auf ARD-Ebene derzeit „in der Luft hängt“, dass eine wirksame Kontrolle in den bestehenden Strukturen gar nicht möglich ist? Meines Erachtens tut zunächst ein genauer Blick auf diese bestehenden Strukturen not. Vielleicht muss man gar nicht so viel auf- und umräumen.
Eine Arbeitsgemeinschaft seit über 50 Jahren Ein Blick zurück kann, da gebe ich Thomas Kleist recht, nicht schaden. Die ARD ist vor über 50 Jahren als Arbeitsgemeinschaft der rechtlich eigenständigen Landesrundfunkanstalten gegründet worden. Die Fülle der gemeinsam zu bewältigenden Aufgaben und die immer stärker empfundene Notwendigkeit eines gemeinsamen Auftretens nach außen verstärkten den Wunsch nach einer Institutionalisierung der bisher unverbindlichen Zusammenarbeit. Entsprechend mehrten sich die Stimmen, die sich für einen föderalen Zusammenschluss der Rundfunkanstalten aussprachen (vgl. Philipp Steinwärder,
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Die Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland, Baden-Baden 1998). Die Eigenständigkeit der einzelnen Landesrundfunkanstalten sollte dabei bewahrt bleiben. Folgerichtig wurde auch kein einheitliches Statut verfasst. Vielmehr wurden nach und nach Vereinbarungen getroffen, die sich jeweils auf ein bestimmtes Gebiet der Zusammenarbeit bezogen. Die Organisation der ARD folgt damit föderalen Strukturprinzipien – mit allen Vor-, gelegentlich aber auch Nachteilen eines föderalen Systems. Die unbestreitbaren freiheits- und vielfaltsfördernden Impulse beleben nicht nur die staatliche Kulturlandschaft, sie sind gerade auch ein Charakteristikum und Alleinstellungsmerkmal der ARD. Durch die Vielzahl der in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten können die regionalen Gegebenheiten und Besonderheiten besser aufgenommen und abgebildet werden. Unsere bunte Politikund Kulturlandschaft kann den Hörern und Zuschauern in einem föderalen Verbund näher gebracht werden als in einer zentralen Struktur. Zwar gibt es durch die bloße Anzahl der rechtlich eigenständigen Landesrundfunkanstalten viele Gremien, in denen wichtige Entscheidungen getroffen werden, was eine einheitliche Entscheidungsfindung in Gemeinschaftsangelegenheiten zuweilen erschwert. Kehrseite dieses vermeintlichen Nachteils ist jedoch eine stärkere Sicherung der verfassungsrechtlich geforderten Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. In den einzelnen Ländern finden sich in der Regel unterschiedliche politische Mehrheitsverhältnisse. Einmal unterstellten Einflüssen von Seiten der Politik in den verschiedenen Ländern wird so jedenfalls entgegengewirkt (vgl. Albrecht Hesse, Rundfunkrecht, 3. Auflage, München 2003, S. 47).
Moderator, zuweilen auch Dompteur An diesem grundsätzlichen Aufbau der ARD hat sich seit ihrer Gründung nichts geändert. Es ist eine bewusste Entscheidung gewesen, dass die ARD etwa über keinen Vorstand mit eigenen Entscheidungsbefugnissen verfügen soll. Es gibt eben keinen ARD-(Über)Intendanten. Die allgemeine Geschäftsführung der Arbeitsgemeinschaft ist vielmehr in der ARD-Satzung in der Weise geregelt, dass sie von einem Mitglied als geschäftsführende Anstalt wahrgenommen wird. Mit der ARD-Geschäftsführung – dem ARD-Vorsitz – sind folgerichtig keine echten Exekutivbefugnisse verbunden, sondern insbesondere die Leitung der Mitgliederversammlungen und der Vorsitz in den ständigen Fachkommissionen. Der ARD-Vorsitzende ist Moderator – zuweilen auch Dompteur – der Intendantenrunde. Er trägt jedoch zum Beispiel keine Gesamtprogrammverantwor-
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tung für das Gemeinschaftsprogramm, das Erste. Braucht er auch nicht! Denn die Verantwortlichkeiten sind klar geregelt in den gesetzlichen Grundlagen der Landesrundfunkanstalten. Die Organe Intendant, Rundfunkrat und Verwaltungsrat üben sie im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeit aus. Der Intendant leitet die Rundfunkanstalt, er vertritt sie nach außen, und er allein trägt die Programmverantwortung für jede im Anstaltsgebiet ausgestrahlte Sendeminute – auch für jede Minute Gemeinschaftsprogramm. Verantwortung ist also auf der Ebene der Landesrundfunkanstalten angesiedelt. Manch einer mag vermissen, dass die Gremien nach außen nur wenig hervortreten. Aber auch dies ist ein Wesensmerkmal einer Binnenkontrolle. Gesetzlicher Vertreter einer Rundfunkanstalt ist nun einmal der Intendant.
Rundfunkrat kann Intendanten abberufen Der Rundfunkrat der Anstalt berät den Intendanten in allen Rundfunkfragen, er achtet auf die Einhaltung der gesetzlichen Programmgrundsätze – selbstverständlich auch im ARD-Gemeinschaftsprogramm. Er hat wichtige Entscheidungsrechte in Personalfragen. Er wählt den Intendanten. Und er kann ihn abberufen! Der jährliche Wirtschaftsplan der Anstalt bedarf zu seiner Wirksamkeit der Feststellung durch den Rundfunkrat. Und in dem Wirtschaftsplan sind selbstverständlich auch die Kosten für ARD-Gemeinschaftsangelegenheiten aufgeführt, die der Rundfunkanstalt entstehen werden. Dieser Haushalt ist zudem vom Verwaltungsrat der Anstalt geprüft worden, bevor er dem Rundfunkrat zur Genehmigung zugeleitet wird. Es sind also genügend Instrumentarien vorhanden, um eine wirksame Kontrolle auch auf ARD-Ebene sicherzustellen. Es ist dabei auch sachgerecht, dass etwa die Kostenfragen für ARD-Angelegenheiten in den Gremien behandelt werden, deren Anstalt die Kosten aufbringt. Warum sollte ein ARD-Rat eine effektivere Kostenkontrolle ausüben als die Gremien der Anstalt, die die Kostenlast trifft? Wer soll übrigens diesen Rat beaufsichtigen? Sollte auch die Rechtsaufsicht der Länder für das ARD-Programm von einem zentralen, gesonderten Gremium wahrgenommen werden? Es kann also auf ARD-Ebene nur um die Koordinierung und Bündelung der gemeinsamen Interessen gehen. Das sind die Aufgaben des ARD-Vorsitzenden, der GVK und in Programmangelegenheiten des ARD-Programmbeirates. Denn so wie auf der Ebene der Intendanten der ARD-Vorsitzende die Aufgaben und Interessen bündelt und koordiniert, so kommt der Konferenz der Gremienvorsitzenden eine solche Scharnier- und Koordinierungsfunktion auf der
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Ebene der Aufsicht und Kontrolle zu. Dabei sind die Mitwirkungsmöglichkeiten der GVK durch den erst im vergangenen Jahr eingefügten § 5a Absatz 1 der ARD-Satzung deutlich erweitert worden. Es können aber eben nur Mitwirkungs- und Koordinierungsfunktionen sein. Denn die gesetzlich verankerten Rechte der Gremien der Landesrundfunkanstalten dürfen nicht beschnitten und im Wege der Delegation auf die Ebene der bewusst nicht rechtsfähigen ARD übertragen werden. Damit hinge die Kontrolle wirklich in der Luft. Ein ARD-Rat mit eigenen Entscheidungsbefugnissen setzte eine Änderung der Verfasstheit der ARD voraus. Weg von der Arbeitsgemeinschaft hin zu einer zentralen Einrichtung mit Rechtsfähigkeit. Eine solche „zentrale ARD“ gibt es bereits: Es ist das ZDF. Jeder wird verstehen, dass ich bei aller Sympathie für unseren öffentlich-rechtlichen Bruder diesen Gedanken nicht weiter verfolgen möchte. Ein ARD-Rat ohne eigene Beschlusskompetenz aber wäre nun wirklich überflüssig. Die gestärkte GVK kann die Koordinierungsfunktion besser erfüllen. Warten wir doch zunächst einmal ab, bis die GVK ihre neuen Möglichkeiten nutzen konnte. Es mag ja nach einer gewissen Zeit eine heutzutage so beliebte Evaluierung stattfinden.
Gefahr unübersichtlicher Kompetenzzuweisungen Sowohl eine GVK mit Mitwirkungs- und Entscheidungsbefugnissen als auch – und erst recht – ein zusätzlicher ARD-Rat mit Mitwirkungs- und Entscheidungsbefugnissen würde die Gefahr unübersichtlicher Kompetenzzuweisungen bergen. Nach Auffassung von Marc Jan Eumann soll die Aufsicht über das ARDProgramm einem ARD-Rat obliegen. Ja, dieser Rat soll sogar den Programmdirektor Deutsches Fernsehen berufen. Diese Überlegung geht von dem Missverständnis aus, die ARD würde ein zentral erstelltes eigenes Programm senden. Richtig ist aber: Das Gemeinschaftsprogramm besteht aus Zulieferungen aller Anstalten. Hierzu passt keine Kontrolle durch einen zentralen ARD-Rat. Warum sollte es auch effektiver sein, wenn die Anstalten mit Ablieferung des fertigen Beitrags ihre Kontrollrechte an einen solchen Rat abgeben? Gänzlich in Richtung ,Zentrale Programmverantwortung und Anstalt' argumentiert Thomas Kleist, wenn er vorschlägt „die eigentliche Programmkontrolle bezüglich Werbung und Jugendschutz könnte weiterhin auf Landesebene verbleiben“. Der Rest wird auf die GVK verlagert? Auch hier stelle ich die Frage: Warum sollte eine solche Teilung der Verantwortlichkeiten effektiver sein?
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Die bestehende Aufteilung der Kompetenzen hat sich meines Erachtens in der Praxis bewährt. Sicherlich ist kein System perfekt und aus Fehlern in der Vergangenheit haben wir gelernt. So etwa bei der Zuständigkeit für die Verhandlung und den Abschluss des Vertrages mit Harald Schmidt. Daran mag man erkennen, dass auch ein Binnensystem in der Lage ist, die Wege zu einer Entscheidungsfindung zu optimieren. Bevor man tiefgreifende Veränderungen vornimmt, sollte man bedenken, dass die bestehenden Regelungen geeignet sind, ihren Zweck zu erfüllen und dieser Zweck ist nichts Geringeres als der: die Sicherung der grundgesetzlich garantierten Rundfunkfreiheit durch ein Verfahren, das geeignet ist, gleichgewichtige Meinungsvielfalt zu gewährleisten (BVerfGE 73, 118, 170). Gerade aufgrund ihrer pluralistischen Zusammensetzung sind die Rundfunkräte „Sachwalter des Interesses der Allgemeinheit“ und gewährleisten dadurch, dass die Vielfalt der Anschauungen in allen Lebensbereichen im Programm Ausdruck findet. Ihre Beteiligung ist ein „Aufwand“, der verfassungsrechtlich geboten ist.
Profi werden durch bloßen Wechsel? Eine Verlagerung auf einen „Profi-Aufsichtsrat“ (Thomas Kleist in epd 25/07) würde diese Vielfalt einengen. Was ist in diesem Zusammenhang überhaupt ein Profi? Und wird ein Rundfunkratsmitglied durch seinen bloßen Wechsel in einen ARD-Rat zu einem solchen? Der Eumann’sche Vorschlag klammert „vorsichtshalber“ aus, wie die Mitglieder des ARD-Rates berufen werden sollen. Plötzlich sollen Sachverständige, die von wem auch immer bestellt werden, die Profis sein, die das Programm kontrollieren? Ein Programm, das alle in der Gesellschaft erreichen soll, das Integrationsfunktion hat und das letztlich davon lebt, dass seine Inhalte in Gremien erörtert werden und von Gremien, die pluralistisch zusammengesetzt sind und in denen alle gesellschaftlichen relevanten Gruppen zu Wort kommen können, kritisch begleitet wird. „Profis“ wären nicht mehr in der Lage, das integrative Element, das so wichtig für einen lebendigen Rundfunk ist, zu sichern. Der Schritt zu einer externen Kontrolle wäre nicht mehr weit. Einer Kontrolle, von der das Bundesverfassungsgericht gesagt hat, dass sie in geringerem Maße geeignet sei, den Anforderungen der Rundfunkfreiheit zu entsprechen (BVerfGE 73, 118, 171). Jeder Intendant nimmt schon im Eigeninteresse die Beratung durch seine Gremien wahr und ihre Kritik ernst. Es ist abzusehen, dass sich die Rundfunkräte gerade in Zukunft intensiver in die Programmdebatten der Anstalten einmischen werden. Dies kann dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk nur guttun, und dies ist
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innerhalb der bestehenden Strukturen möglich und gewollt. Auch die gestärkte GVK wird sich in die Strategiedebatten der ARD einbringen, und auch das kann dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk nur nützen. Durchaus diskussionswürdig ist der Vorschlag, die Amtszeit der Gremienmitglieder so zu gestalten, dass es zu einer Art rollierendem System kommt. Dies könnte in der Tat die Unabhängigkeit der Aufsichtsorgane noch weiter stärken – allerdings mit dem Nachteil, dass notwendigerweise ein Teil der Gremienmitglieder sich stets noch in einer Einarbeitungsphase befindet und wichtige Erfahrung verloren geht.
EU: „Inhärenter Interessenkonflikt“ Schließlich wird auch die Entscheidung der EU-Kommission im EU-Beihilfeverfahren eine stärkere Mitwirkung der Gremien zur Folge haben. In dem vorgesehenen Drei-Stufen-Test für neue digitale Angebote kommt den Gremien eine wichtige Rolle zu. Selbst die kritische EU-Kommission scheint zuversichtlich, dass das nun gefundene Maß an Kontrolle ausreicht. Nach ihrer Auffassung erfüllen die deutschen Zusagen hinsichtlich des Prüfungs- und Beauftragungsverfahrens gemeinsam mit der Rechtsaufsicht im Bereich der neuen Medien die Anforderungen an eine angemessene Kontrolle. Sie erkennt die besondere Stellung und Bedeutung der Aufsichtsgremien an und konstatiert lediglich einen „inhärenten Interessenkonflikt“, in dem sich die Aufsichtsgremien nach ihrer Ansicht befinden, wenn sie einerseits Programmleitlinien aufstellen und den Intendanten in Programmfragen beraten und andererseits verantwortlich dafür sind, die Befolgung eben dieser Vorgaben zu überwachen. Dieser Kritik kann man bei der derzeitigen klaren Aufgaben- und Zuständigkeitsaufteilung mit guten Argumenten entgegentreten. Anders sähe dies aus, wenn ein ARD-Rat oder eine GVK mit echten Entscheidungskompetenzen und gleichzeitig mit Kontrollbefugnissen ausgestattet wäre. Bleibt die Aufsicht über die ARD-Tochtergesellschaften. Die Instrumentarien, um auch diese Aufsicht wirksam auszuüben, sind vorhanden. Insbesondere sehe ich keine unzulässige Vermengung zwischen Kontrollierten und Kontrolleuren. Das von Marc Jan Eumann kritisierte Konstrukt einer gemeinsamen Aufsichtsfunktion von Gremienmitgliedern der Landesrundfunkanstalten und Intendanten bei Tochtergesellschaften ist keineswegs sachfremd und findet im Wirtschaftsrecht sein Vorbild. Auch hier üben Organe der Muttergesellschaft die Aufsicht über die Tochtergesellschaften aus. Als Fazit bleibt: Die bestehenden Strukturen und die den Gremien an die Hand gegebenen Instrumentarien gewährleisten eine effektive Kontrolle auf der
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Ebene der Landesrundfunkanstalten. Auf ARD-Ebene werden die Räte nun zudem gestärkt durch die erweiterten Befugnisse der Konferenz der Gremienvorsitzenden und die Konsequenzen aus der Kommissionsentscheidung im EUBeihilfeverfahren. Weder ein ARD-Rat noch eine GVK mit Exekutivfunktionen vermögen meines Erachtens zum jetzigen Zeitpunkt die Binnenkontrolle der Gemeinschaftsaktivitäten zu verbessern.
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Rollenkonfusion (13): Für vereinheitlichte Kontrolle Christoph Degenhart
„Moderiert Günther Jauch im Ersten?“ – zu dieser Schicksalsfrage der Nation wagten Rundfunkräte sich zu äußern, und ihre Äußerungen wurden als „nicht immer hilfreich“ kritisiert. Tatsächlich könnten sie sich auf Dauer als durchaus hilfreich erweisen – nicht nur deshalb, weil sie einen Beitrag dazu leisteten, dass die Programme öffentlich-rechtlicher und privater Veranstalter weiterhin unterscheidbar bleiben, sondern auch deshalb, weil sie mit dazu Anlass gaben, Struktur und Funktion der Gremienaufsicht im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu überdenken. Der entscheidende Anstoß kommt freilich, einmal mehr, aus dem europäischen Recht. Die Kommission akzeptiert die Gebührenfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der Bundesrepublik Deutschland als europarechtskonform mit der Maßgabe, dass dessen spezifischer Auftrag genauer als bisher definiert wird. Sie mahnt des Weiteren eine effizientere Aufsicht an, als sie bisher stattfindet. Kritik auch an Privatfunkaufsicht In der Tat wird die Gremienaufsicht über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk seit langem als wenig effizient und als reformbedürftig kritisiert. Für die Aufsicht über den privaten Rundfunk gilt freilich nichts anderes; ob zu Recht oder zu Unrecht, sei hier dahingestellt. Soweit jedoch in der Organisation der Rundfunkaufsicht im dualen System der Bundesrepublik Effizienzhemmnisse angelegt sind, geht dies nicht zuletzt zurück auf die Organisation des Rundfunks selbst. Denn die Organisation der Rundfunkaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland folgt einerseits deren föderaler, dezentraler Struktur, andererseits der Aufgliederung der Rundfunkordnung in einen öffentlich-rechtlichen und einen privaten Sektor mit jeweils unterschiedlichen rechtlichen Rahmenbedingungen. Für Letzteren wird die dezentrale Wahrnehmung der Aufsichtsbefugnisse durch derzeit 14 Landesmedienanstalten als effizienzmindernd kritisiert. Die
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Landesmedienanstalten sehen sich typischerweise dem Verdacht ausgesetzt, ihre Kontrollaufgaben nicht zuletzt auch nach Maßgabe der jeweiligen Standortinteressen zu erfüllen. Damit jedoch bundesweite Programmaktivitäten auch bundesweit gleichmäßige materielle wie verfahrensmäßige, insbesondere aufsichtliche Standards bedingen, wird diesem Ziel für den Bereich der Vielfaltssicherung seit jeher mit den einschlägigen materiellen und verfahrensmäßigen Bestimmungen des Rundfunkstaatsvertrags einschließlich der Einrichtung der KEK ebenso Rechnung getragen wie neuerdings auch für den Jugendschutz und künftig mit der Einrichtung weiterer zentraler Stellen der Landesmedienanstalten. Mit diesen zentralen gemeinsamen Stellen wird eine deutlich weiter gehende Vereinheitlichung der Aufsicht erzielt, als dies der Fall ist bei den koordinierenden Konferenzen der Direktoren der Landesmedienanstalten bzw. deren Gremienvorsitzenden. Bundesweit agierende Rundfunkveranstalter werden künftig also einer weitgehend bundeseinheitlichen Aufsicht unterliegen, sowohl was die Zulassung, als auch was ihre verfassungskonform zu bestimmenden Programmpflichten betrifft. Sie unterliegen insbesondere auch externer Aufsicht. Demgegenüber gilt für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten – von der aus verfassungsrechtlichen Gründen nur beschränkten staatlichen Rechtsaufsicht abgesehen – das Organisationsprinzip der anstaltsinternen Aufsicht durch pluralistisch zusammengesetzte Gremien, die Rundfunkräte der einzelnen ARD-Anstalten bzw. den Fernsehrat des ZDF. Diese Struktur der Rundfunkaufsicht folgt aus dem Organisationsmodell des binnenpluralen Rundfunks und der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt. Es beruht bekanntlich auf der Vorstellung der Versammlung aller gesellschaftlich relevanten Gruppen in einem mit hinreichenden Einwirkungsmöglichkeiten und Aufsichtsbefugnissen ausgestatteten Gremium. Dies soll Gewähr bieten für ein den hohen verfassungsrechtlichen Anforderungen gerade an öffentlich-rechtlichen Rundfunk genügendes Rundfunkprogramm. Auf der Ebene der ARD eine Asymmetrie Schon dies macht deutlich: In der Programmaufsicht besteht auf der Ebene der ARD eine Asymmetrie. Rundfunkräte bestehen bei den einzelnen ARDAnstalten – das Programm, um das es geht, aber ist das Gemeinschaftsprogramm der ARD. Als solches wird es vom Zuschauer empfangen, und nicht als Zusammenstellung von Programmbeiträgen der einzelnen Landesrundfunkanstalten. Auch wenn Aufsichtsadressaten die einzelnen ARD-Anstalten sind: Gegenstand der Rundfunkaufsicht ist das Rundfunkprogramm, also das gemeinsame Fernsehvollprogramm i.S.d. § 1 ARD-Staatsvertrag. Die einzelnen Sendungen mögen
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von der jeweiligen Rundfunkanstalt und deren Intendanten verantwortet werden, so ordnet sie der Zuschauer doch erst in zweiter Linie der einzelnen Rundfundfunkanstalt zu; für ihn stellt sich das Programm als das einheitliche Programm der ARD, eben als „das Erste“ dar. Das System der primär anstaltsinternen, binnenpluralen Aufsicht über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk resultiert aus jener Epoche einer rundfunkrechtlichen Sondersituation, in der der Gesetzgeber in den Ländern die Veranstaltung von Rundfunk ausschließlich eben jenen öffentlich-rechtlichen Anstalten anvertraute. Schon deshalb mag mit gutem Grund bezweifelt werden, ob dieses Ordnungsmodell einer ausschließlich anstaltsinternen Aufsicht über den öffentlichrechtlichen Rundfunk einer grundsätzlich gewandelten Rundfunkordnung noch adäquat ist. Neue Ordnung: durch Wettbewerb geprägt Diese Ordnung ist entscheidend geprägt durch den Wettbewerb zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten, kommerziellen Veranstaltern und auch zwischen den öffentlich-rechtlichen Anstalten selbst, zwischen ARD und ZDF. Sie ist im Begriff, sich in Richtung auf eine durch den Wettbewerb zwischen unterschiedlichen Erscheinungsformen elektronischer Medien geprägte Medienordnung zu entwickeln, in der die öffentlich-rechtlichen Anstalten ihren Platz noch suchen. Die Wettbewerbssituation drängt auch die öffentlich-rechtlichen Veranstalter zur Expansion, drängt sie dazu, ihren Programmauftrag, wenn es etwa um programmbegleitende Onlinedienste geht, extensiv zu interpretieren. Spezifisch öffentlich-rechtliche Bindungen werden dann als Hemmnis im Wettbewerb wahrgenommen. Wenn hier die Durchsetzung des spezifischen verfassungsrechtlichen Auftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Kollision gerät mit einem institutionstypischen Expansionsinteresse der Anstalten, so müssen die binnenpluralen Gremien der Anstalten notwendig in eine schwer zu bewältigende Rollenkonfusion geraten. Dies ist typischerweise dann der Fall, wenn Rundfunkanstalten ihren Funktionsbereich überschreiten, insbesondere durch wettbewerbliche Aktivitäten, die nicht dem Kernbereich der Rundfunkfreiheit, dem Programmbereich, zuzuordnen sind, aber auch durch eine – je nach Blickwinkel extensive oder restriktive – Auslegung des Trennungsgebots. Es bedurfte immer wieder der Anstöße von außen, um problematische Aktivitäten öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten wie die vielzitierte „Dritte Programmsäule“ Internet, die nicht weniger problematische Kooperation des ZDF mit T-Online, den ZDF-Medienpark oder auch jene gegen das Trennungsgebot verstoßende Angebote wie „leute heute“ auf ein mit
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dem Programmauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verträgliches Maß zurückzuführen oder auch, wie etwa bei der Sportberichterstattung, öffentlichrechtliche Rundfunkanstalten daran zu erinnern, dass sie mit affirmativer Berichterstattung ihrer Informationsaufgabe nicht nachkommen. Im Recht der Rundfunkaufsicht ist daher dem Wandel der technischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des Rundfunks Rechnung zu tragen. Dass die binnenpluralen Gremien der Rundfunkanstalten problembewusster geworden sind und auch deutlich selbstbewusster agieren, mag zutreffen. Bezeichnend erscheint es jedoch, dass es bereits als herausragendes Beispiel für ein geschärftes Problembewusstsein gewertet wird, wenn Gremien eben das leisten, wozu sie berufen sind: wenn sie Vorgänge beanstanden, die die Glaubwürdigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gravierend zu beschädigen drohen. Zustimmung für Eumanns „ARD-Rat“ Mit einer Stärkung der Aufsichtsbefugnisse der Anstaltsgremien, wie sie in Umsetzung der zwischen der Bundesrepublik und der Kommission der Europäischen Gemeinschaft erzielten Übereinkunft über die Beilegung des aktuellen Beihilfestreits um die Rundfunkgebühren erfolgen wird, werden erste Schritte in Richtung auf die gebotene Effektuierung der Rundfunkaufsicht unternommen. In diese Entwicklung fügt sich auch die Überlegung, einen „ARD-Rat“ zu etablieren, wie ihn Marc Jan Eumann an dieser Stelle vorgeschlagen hat. Damit würden Entwicklungen nachvollzogen, die im Bereich der Aufsicht über privaten Rundfunk zu der bereits erwähnten Bildung gemeinsamer Stellen der Landesmedienanstalten und damit zu einer einheitlichen Aufsicht über die Veranstalter bundesweiter Fernsehprogramme geführt haben. Um ein bundesweites Fernsehprogramm handelt es sich auch bei dem Fernsehvollprogramm der ARD, wie es entsprechend dem Auftrag des ARD-Staatsvertrags veranstaltet wird – allerdings nicht von einem Veranstalter, sondern von den in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten. Mit einem gemeinsamen ARD-Fernsehrat würde damit eine partiell externe Gremienaufsicht etabliert, die nicht wie bisher im Binnenbereich der jeweils zu beaufsichtigenden Anstalt angesiedelt wäre, andererseits aber doch im Binnenbereich der ARD selbst verbleiben würde. Die bestehende Asymmetrie in der Aufsicht über die ARD zumindest kann auf diese Weise behoben werden, ohne das strukturprägende Element der binnenpluralen Kontrolle als „Alleinstellungsmerkmal“ des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, wie Eumann in seinem Diskussionsbeitrag ausgeführt hat, darüber aufzugeben. Die Anregung etwa von Thomas Kleist, einen ARD-Rat mit Mitgliedern aus dem Kreis der Landesrundfunk-
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anstalten zu bilden, mit klaren, von diesen delegierten Kompetenzen, würde das geltende System der binnenpluralen Aufsicht systemgerecht ergänzen. Die Struktur der Rundfunkaufsicht auf die tatsächlichen Programme auszurichten bedeutet: Programmentscheidungen, die das Gemeinschaftsprogramm der ARD prägen, sind demgemäß nicht nur von der jeweiligen Landesrundfunkanstalt zu verantworten. Gerade für kontroverse Entscheidungen wie jene über die Verpflichtung eines Protagonisten des privaten Fernsehens für die ARD ist die Distanz von Aufsichtsgremium und verpflichtender Anstalt sinnvoll. Nur eine mit echten Aufsichtsbefugnissen ausgestattete – und nicht nur mit einer beratenden Funktion, wie derzeit der Programmbeirat nach § 7 ARD-Staatsvertrag – Aufsichtsinstanz wird effektiv sein. Professionalisierung tut not Allein mit einem weiteren, auf zentraler Ebene anzusiedelnden Gremium dürfte es allerdings nicht getan sein. Eine Stärkung der Rundfunkaufsicht, wie sie die zwischen der Europäischen Kommission und der Bundesrepublik Deutschland erzielte Übereinkunft über eine Anpassung des Finanzierungssystems für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk Stärkung der Anstaltsgremien vorsieht, bringt neue, substanziell erweiterte Aufgaben mit sich. Ehrenamtlich agierende Gremien nach dem Vorbild der jetzigen Rundfunkräte oder des Fernsehrats des ZDF sind bereits jetzt an den Grenzen ihrer Kontrollkapazitäten angelangt. Nicht nur für die ARD-Anstalten gilt daher: Wirksame Aufsicht über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, wie sie verfassungs- und gemeinschaftsrechtlich gefordert wird, wird ohne eine weitergehende Professionalisierung der Gremienarbeit nicht zu erzielen sein. Für den Bereich der ARD könnte ein ARD-Rat die Voraussetzungen hierfür schaffen. Verfassungsrechtlich und gemeinschaftsrechtlich wird die Rundfunkgesetzgebung auf Dauer auch nicht umhinkönnen, Aufsichtsmaßstäbe und Sanktionsmöglichkeiten einander anzunähern. Ob darüber hinaus die Aufsicht über öffentlich-rechtlichen Rundfunk generell als externe Aufsicht institutionalisiert wird, dies zu entscheiden liegt – im Rahmen verfassungsrechtlicher Vorgaben wie dem Gebot der Wahrung der Staatsfreiheit – in der Gestaltungsmacht des Rundfunkgesetzgebers. Dies gilt auch für weitergehende Überlegungen, die Aufsicht über öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit der über privaten Rundfunk jedenfalls dort in einer Hand zu vereinigen, wo diese sich als Wettbewerber gegenüberstehen.
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Selbstkontrolle stärken (14): Politiker an ihren Taten messen Heiko Hilker
Als medienpolitischer Sprecher der SPD hat Marc Eumann in einem Beitrag für epd-medien einige bemerkenswerte Vorschläge zur Reform der Gremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gemacht. So plädiert er perspektivisch für eine Orientierung am BBC-Modell. Nicht von ungefähr macht Eumann, der als NRW-Abgeordneter und Mitglied des WDR-Rundfunkrats über hinreichende Erfahrungen in der Effizienz der Kontrolle durch die Gremien verfügt, im gegenwärtigen System erhebliche Mängel in puncto Kompetenz und Transparenz deutlich. Dieser Analyse darf zugestimmt werden, auch wenn die Realität doch etwas anders aussieht, als Herr Eumann sie beschreibt. Manche meinen, dass sich nicht wenige Rundfunkräte eher als Vertreter ihrer Anstalt verstehen, von der sie Schaden abwenden wollen, denn als kritische Sachwalter und Kontrolleure der Öffentlichkeit. Doch davon abgesehen sind viele Rundfunkräte im Alltag allein mit Blick auf ihr Zeitbudget und ihre berufliche Tätigkeit in ihrer Mehrheit kaum in der Lage, ihrer Funktion nachzukommen. An Beispielen, die dies illustrieren, fehlte es im Zuge der diversen Affären um Product-Placement, Schleichwerbung und „Produktionsbeihilfen“ nicht. Betroffen waren davon gleichermaßen die Landesrundfunkanstalten wie das ZDF. Charakteristisch war aber auch, dass die wichtigsten Impulse zur Enthüllung eben leider nicht aus den Sendern oder ihren Gremien, sondern von Journalisten kamen. All diese Affären haben nachhaltig das Image des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sowie des wohl renommiertesten Tochterunternehmens, der Bavaria Film, geschädigt, zumal es bis heute innerhalb der Gremien keine personellen Konsequenzen gab. Reinhard Grätz, der frühere Aufsichtsratsvorsitzende der Bavaria, der auch dem Rundfunkrat des WDR vorsteht, war zu keinen ihn betreffenden Konsequenzen bereit. Sein Selbstverständnis wurde deutlich, als er im Juni 2005 eingestehen musste, dass er Aktien der Bavaria-Tochter Odeon Film AG erworben hatte und somit Aufsichts-, Unternehmens- und Privatinteressen unschön verquickt hatte. Und so ist es auch kein Wunder, dass sich der Aufsichtsrat der Bavaria weigerte, den Bitten des MDR-Rundfunkrates bzw. des
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Medienausschusses des Sächsischen Landtages nachzukommen, im Zusammenhang mit der Schleichwerbungsaffäre erstellte Berichte weiterzuleiten. So lässt sich Vertrauen in bestehende Institutionen wohl kaum fördern. Wieder einmal wurde deutlich, dass gerade im öffentlich-rechtlichen Rundfunk Vergehen ungeahndet bleiben und die Gremien in entscheidenden Fragen nicht ernst genommen werden. Beteiligungen strenger kontrollieren Ausdrücklich zustimmen möchte ich Herrn Eumann darin, die Tochter- und Enkelfirmen der einzelnen Sender konsequenter zu kontrollieren. Gerade die Schleichwerbungsaffären haben gezeigt, dass erhebliche Defizite bei der internen Revision bestehen. Festzustellen war aber auch, dass allzu tiefe Einblicke von Rundfunkräten in die Praxis dieser Unternehmen nicht gewünscht waren. Ein besonderes Problem stellen in dieser Hinsicht fraglos umsatzstarke Unternehmen wie die Degeto oder die Bavaria dar, die aufgrund privatrechtlicher Konstruktion derzeit ohnehin jenseits der Kontrolle der Gremien sind. Hier muss darauf gedrungen werden, dass zumindest jene Teile der Einzelunternehmen, die mit Gebührengeldern arbeiten, stärker öffentlich kontrolliert werden. Es ist aus meiner Sicht eben kein Zufall, dass jene Bereiche des öffentlichrechtlichen Systems, die kommerziell am Markt auftreten, besonders anfällig für alle Formen von Product-Placement oder „Produktionsbeihilfen“ waren. Zudem geht es darum zu erkennen, ob hier nicht überteuerte Verträge abgeschlossen werden. Sicher, Sabine Christiansen hatte ihren Preis. Doch nicht jede öffentlichrechtliche Talkshow würde auch von den kommerziellen Anbietern sofort übernommen werden. Ein Teil des von Herrn Eumann geforderten BBC-Modells wurde auch hierzulande längst von den Sendern umgesetzt. So haben sich ARD und ZDF im Rahmen von Selbstverpflichtungen auf programmatische und journalistische Leitlinien verständigt. Allerdings war insbesondere in der ARD festzustellen, dass es aus den Rundfunkräten nur wenige Zuarbeiten gab und ein Großteil dieser Zuarbeiten – wohl dem Verfahren geschuldet – unter den Tisch fiel. Zudem sind die Gremien kaum in der Lage, die Einhaltung der Leitlinien zu überprüfen, was unbedingt notwendig ist. Dazu gehört selbstredend auch eine Kontrolle der Qualität und nicht nur der Quantität von Nachrichtensendungen oder der Kulturberichterstattung. Es muss uns als Gremienmitglieder nicht nur beunruhigen, wenn etwa die vom HR im Auftrag der ARD-Werbung verantwortete Zeitschrift „Media Perspektiven“ zu dem Ergebnis kommt, dass längst auch eine Boulevardisierung bei öffentlich-rechtlichen Formaten feststellbar ist.
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Kritik muss auch Folgen haben. Doch über Jahre hinweg wurde z.B. an „Christiansen“ nichts geändert, obwohl der ARD-Programmbeirat immer wieder Kritik äußerte und Mängel deutlich machte. Dies zeigt, dass ein ARD-Rat für das ERSTE allein nicht die Probleme löst. Und schon gar nicht dürfte dieser ARDRat aus der Konferenz der Gremienvorsitzenden bestehen. Denn die Gremienvorsitzenden verstehen sich zumeist als Statthalter ihres Intendanten sowie ihrer Anstalt, sie kämpfen zuallererst um Ressourcen für ihren Sender. Im Wettbewerb der Anstalten soll ihre die beste sein. Dieses Interesse führt dazu, dass Probleme zumeist verschwiegen werden. Zudem können sie somit nicht den öffentlichrechtlichen Rundfunk als ganzen im Blick haben. SPD wirkte mit an KEF-Demontage Sicher, die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) ist ein leuchtendes Beispiel für ein funktionierendes Expertengremium. Doch wenn auch Herr Eumann dies so sieht, müsste er auch erklären, warum die SPD-Ministerpräsidenten daran mitgewirkt haben, das Ansehen der KEF zu demontieren. Denn mit der Entscheidung, sich erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik über die Empfehlung der KEF zur Gebührenerhöhung im Zuge der Änderung des letzten Rundfunkstaatsvertrages hinwegzusetzen, haben die Länderchefs von SPD und CDU/CSU demonstriert, dass sie nicht viel von den Ratschlägen der Experten halten. Damit haben die Länderchefs direkt über das Drehen am Geldhahn in die Autonomie des Rundfunks eingegriffen. Das kann kaum als vertrauensbildende Maßnahme für die Unabhängigkeit von Expertengremien gewertet werden. Will die Politik diese Art von Gremien wirklich, dann muss sie deren Empfehlungen und Ratschläge auch ernst nehmen und sie nicht vom Tisch wischen oder nach eigenem Gutdünken so lange korrigieren, bis sie ihr passen. Wie mit den Empfehlungen von Expertengremien umgegangen werden soll, ist eine zentrale Fragestellung der fraglos notwendigen Reform der Gremienaufsicht. Doch darauf gibt Herr Eumann leider keine Antworten. Bekanntlich ist nicht nur die Analyse Voraussetzung, um tragfähige Lösungen zu finden. Es bedarf auch politischer Mehrheiten sowie einen Willen zu ernsthafter Erneuerung. Doch bisher konnten CDU/CSU und SPD mit dem bestehenden Mediensystem im Großen und Ganzen gut leben. Warum sollten sie also in großkoalitionären Zeiten ein ernsthaftes Interesse daran haben, Anstöße zur Reform eines fraglos überlebten Systems zu geben? Wesentlich wichtiger ist ihnen doch immer noch die politische Farbenlehre bei der Besetzung von Posten, wie auch jetzt wieder im Vorfeld der Plog-Nachfolge in der Vierländeranstalt NDR zu erkennen war.
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Der Rundfunk bleibt anscheinend, egal ob analog oder digital verbreitet, in unserer föderalen Ordnung weiterhin Ländersache. Und so bin ich gespannt, ob die einzelnen SPD-Landesverbände sowie die SPD-Vertreter in den Gremien Herrn Eumann folgen werden, wenn dieser für eine Runderneuerung der Kontrollgremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wirbt. Denn jenseits von Sonntagsreden tut sich gerade die SPD in medienpolitischer Hinsicht nicht unbedingt als besonders innovativer Vorreiter in den aktuellen Debatten hervor. Dabei hätte nicht zuletzt der derzeitige SPD-Vorsitzende Kurt Beck als Koordinator der Medienpolitik der Länder einigen Einfluss, um Diskussionen zu befördern. Wenn die SPD ernsthaft Reformen will, wird sie sich an Taten messen lassen müssen. Erstes Gebot: Transparenz Erstens muss für Transparenz gesorgt werden. Ein erster wesentlicher Schritt dahin ist für mich, dass die Sitzungen von Rundfunkräten öffentlich stattfinden, auch wenn vielen Gremienmitgliedern aus unterschiedlichen Gründen heraus nicht-öffentliche Sitzungen lieber sind. Der RBB-Rundfunkrat, der in Anlehnung an seine Vorgänger SFB und ORB grundsätzlich seine Sitzungen öffentlich abhält, kann meiner Wahrnehmung nach in dieser Hinsicht nicht auf negative Erfahrungen zurückblicken. Zweitens geht es darum, die Kompetenz in den bestehenden Gremien zu stärken. Die Programmausschüsse und -beiräte sowie die Haushaltsausschüsse müssen in die Lage versetzt werden, sich für ihre Bewertungen Sachverstand von außen zu holen. Das setzt, wenn auch nur in begrenztem Umfang, eigene finanzielle Mittel für Programmbeobachtungen, Studien und Expertenrat voraus. So könnte die Qualität der Diskussionen steigen. Dies hätte zumindest langfristig Auswirkungen auf die Qualität der Programme. Drittens müssen die Rechte der einzelnen Gremienmitglieder gestärkt werden. So sollte das Fragerecht genauer ausgestaltet werden. Da zwischen den Rundfunkratssitzungen manchmal drei und mehr Monate liegen, sollte es ein Recht auf eine umfassende, schriftliche Antwort innerhalb von vier Wochen geben. Zudem sollte jedes Gremienmitglied einer Landesrundfunkanstalt auch auf jede Frage zum Ersten Programm eine Antwort erhalten. Damit müsste man auch nicht mehr über die je Anstalt unterschiedlichen Grenzen für die Beteiligung der Gremien an Vertragsabschlüssen diskutieren. Viertens sollten die Rundfunkräte als Gremien gestärkt werden, indem man ihnen den Untersuchungsausschüssen in den Parlamenten vergleichbare Ausschüsse ermöglicht. Besonders bei der Aufklärung der Verantwortung im Falle
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von Schleichwerbung und Korruption wären dies wichtige Instrumente gewesen – auch um senderinterne Verantwortlichkeiten überprüfen und klären sowie den Sinn und die Effektivität vorgeschlagener Änderungen einschätzen zu können. Für unabhängigen Medienrat Fünftens sollte ein unabhängiger „Medienrat à la KEK“ geschaffen werden. Dessen Aufgabe wäre es, einen Bericht zu erstellen, in dem dargestellt wird, welche Kritiken und Hinweise aus der Gesellschaft an die Sender herangetragen wurden, welche aufgenommen bzw. mit welcher Begründung abgelehnt wurden. Die Rückkopplung zwischen Gremien und Gesellschaft würde so gestärkt, denn die Gremien müssten sich somit zwangsläufig mit Kritik an ihrer Anstalt beschäftigen. Bisher erreichen Programmbeschwerden und Anregungen oftmals die Rundfunkräte nicht, da nach den Landesrundfunkgesetzen die Beschwerdeführenden der ersten Antwort des Intendanten widersprechen müssen. Die KEK mit ihren sechs Sachverständigen und weiteren sechs Mitarbeitern in der Geschäftsstelle zeigt, wie man fachlich fundiert, gesellschaftlich relevant wie auch unabhängig sowie effektiv (Jahreskosten unter 700.000 Euro) arbeiten kann. (Die Non-Profit-Organisation „Voice of the Listeners and Viewer“ nimmt in Großbritannien nicht nur die Interessen der Zuschauer wahr, sondern veranstaltet auch Konferenzen, Seminare, Vorträge.) Sicher, ARD und ZDF neu zu gründen wäre angesichts der Erfahrungen der Vergangenheit sicher einfacher, als sie über immer wieder verwässerte Reformen zukunftstauglich zu machen. Doch auf politischer Ebene sehe ich derzeit bei nüchterner Analyse keine Mehrheit für eine Abkehr vom historisch gewachsenen föderalen System oder gar eine Neugründung. Auch wenn einzelne Ministerpräsidenten immer mal wieder drohen, die Rundfunkgebühr einzufrieren, die ARD zu zerschlagen oder das ZDF zu privatisieren: Letztlich braucht jeder Ministerpräsident seinen Heimatsender, um in Radio und Fernsehen noch vorzukommen. Und so sind für eine Reform vor allem Transparenz der Anstalten und Effizienz der Gremien notwendige Bedingungen. Stärken wir also zunächst die vorhandenen Gremien, statten sie mit mehr Sachverstand und Kompetenzen aus, stellen ihnen senderunabhängige Ressourcen zur Verfügung und gestehen ihnen mehr Rechte zu. Zugleich sind wir als Parteienvertreter in den Gremien gefragt, innerhalb der Politik für medienpolitische Reformen zu streiten. Wer den öffentlich-rechtlichen Rundfunk staatsfern halten und zukunftsfähig machen will, stärkt die Selbstkontrolle und weist Begehrlichkeiten wie Eingriffe aus den eigenen Reihen zurück.
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Spannungsfeld (15): Starke Beratung sichert die Zukunft Tino Kunert
„Das Programm ist zu schlecht, die Rundfunkanstalten sind zu teuer und die Gremien sind eigentlich zu doof.“ Weil die Melodie dieses Liedes eingängig ist, singen es viele, der Applaus der Gebührenzahler ist dem Sänger stets gewiss. Man kann es auch nur anklingen lassen und auszugsweise singen, der Effekt stellt sich dennoch ein. Polemik? Sicher. Es ist richtig, dauerhaft um die Weiterentwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland und in Europa besorgt und bemüht zu sein. Dieses Engagement entwickelt sich allerdings immer dann zu einem Bärendienst, wenn damit zugleich die Existenz des öffentlich-rechtlichen Systems als Ganzes in Frage gestellt wird. Gute Standpunkte zu Einzelfragen gehen dabei im Kampf um das Rechthaben unter. Die Debatten zur Rundfunkgebühr, zum Programm, zur Gremienstruktur und die jüngste Beilegung eines Beschwerdeverfahrens gegen ARD und ZDF bei der EU-Kommission zeigen dies. Wir brauchen ein eindeutiges Bekenntnis deutscher Medienpolitik zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk, damit endlich eine sachgerechte und konstruktive Debatte über Gebühr, Programm und Gremienstruktur geführt werden kann, mit dem Ziel, das System innovativ fortzuentwickeln. Radikalvorschläge, die gleichsam „das Kind mit dem Bade ausschütten“, sind wenig hilfreich. Knackpunkt Rundfunkgebühr Medienpolitisch wird die Rundfunkgebühr selten verteidigt, sie wird regelmäßig in Frage gestellt. Rhetorisch geschickt wird dabei das, was Werner Thieme schon 1963 anschaulich formulierte, in den Hintergrund gedrängt: „Ohne finanzielle Unabhängigkeit ist die sachliche Unabhängigkeit des Rundfunks nicht gewährleistet.“ Mehr noch: Wer an der Gebühr rüttelt, stellt so lange die verfassungsrechtlichen Vorgaben, die sich aus Artikel 5 Abs. 1 S. 2 Grundgesetz für unser Rundfunksystem ergeben, infrage, wie er nicht gleichzeitig ein Modell präsentieren kann, das genauso gut das duale Rundfunksystem in Deutschland zu schützen vermag. Dieses System mit einem durchaus starken öffentlich-rechtlichen
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Rundfunk und der (übrigens mittels Rundfunkgebühr finanzierten!) externen Kontrolle des kommerziellen Rundfunks basiert auf diesem Geld. Das hat wohl auch Medienpolitiker Kurt Beck erkannt, als er am 5. Februar 2007 in der SPD-Medienkommission konstatierte, dass man nach allen „Reformüberlegungen“ wohl nun eher eine „Runderneuerung“ des bestehenden Gebührenmodells im Sinn habe. Dafür hat man sich also zwei Jahre nahezu erbittert verkämpfen müssen. Ich bin nicht für maßlose Gebührenerhöhungen. Man darf aber verlangen, dass jeder, der etwas zur Gebühr sagen möchte, sich vorab umfassend über die Begründung eines eventuellen Mehrbedarfs und auch über sachgerechte Argumente einer Zurückweisung kundig macht. Wunschkonzerte rund ums Programm Dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist auch durch Wunschkonzerte, was das Programm alles, möglichst zur Hauptsendezeit zu leisten habe, nicht gedient. Alle fordern besseres Programm. Was ist das? Wird bei diesen Diskussionen permanent die Tatsache angemessen berücksichtigt, dass Rundfunk ein öffentliches Gut aller darstellt? Im Widerstreit mit den Programmverantwortlichen dürfen Gremien, Politik und Öffentlichkeit nicht vergessen, dass einerseits Grundversorgung mehr ist als eine Mindestversorgung und andererseits nur Versorgung mit Kultur, Bildung und Information für die Eliten im Sendegebiet meint. Öffentlich-rechtlicher Rundfunk, der sich als Gut aller versteht, muss Massenattraktivität und Befriedigung spezieller Interessen gleichermaßen gewährleisten. Der Programmbeirat Erstes Deutsches Fernsehen weiß, dass eine Pauschalforderung wie „Mehr Kultur, Bildung und politische Information zur Hauptsendezeit im Ersten!“ nicht hilft. Dennoch engagiert er sich stets für ein qualitativ hochwertiges Programm, bei dem ihm diese Elemente besonders wichtig sind. Warum aber bedarf es einer sehr differenzierten Betrachtungsweise? Kultur- und Bildungsprogramme der öffentlich-rechtlichen Sender decken Bedürfnisse beim Publikum ab, die der kommerzielle Rundfunk nicht zu befriedigen vermag. Stellen Sie sich nun einmal ein Erstes Fernsehprogramm vor, welches zur Hauptsendezeit nur noch aus Informations-, Bildungs- und Kulturprogramm bestehen würde. Meinen Sie, dieses Programm würde auf so breite Akzeptanz bei der Bevölkerung stoßen wie das jetzige? Wohl eher nicht. Darf man dann dafür von allen Geld verlangen? Lässt sich eine Rundfunkgebühr noch legitimieren, wenn das angebotene Programm nur noch für ein Minderheitenpublikum attraktiv ist? – Das wäre dann die zu führende, neuerlich die Existenzberechtigung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks infrage stellende Diskussion.
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Permanente Beratung vonnöten Aktuell hört man den Vorwurf, dass das Programm Gefahr laufe, zulasten o.g. Elemente die Unterhaltung auszubauen und somit verwechselbar mit den kommerziellen Angeboten zu werden. Die ebenso existenzbedrohende Frage hierauf lautet dann: Darf so ein öffentlich-rechtliches Fernsehprogramm noch die ihm zugebilligten Privilegien in Anspruch nehmen? Aber: Dieses Spannungsfeld zwischen Massenattraktivität und hochwertigen Informations-, Bildungs- und Kulturprogramm wird es immer geben. Und genau deshalb bedarf es einer permanenten Beratung, in der sehr fein, an der einzelnen Sendung, teilweise an einzelnen Beiträgen, z.B. innerhalb eines politischen Magazins, der schmale Grat zwischen diesen beiden Polen immer wieder neu ausgelotet werden muss. Würde das öffentlich-rechtliche Fernsehen auf unterhaltende Programmelemente verzichten, sei es die Unterhaltungsshow oder die Telenovela, wo würde man dann dieses Angebot wiederfinden? Im Pay-TV! Exklusiv dem kommerziellen Rundfunk überlassene Angebote würden sich aus dem nachvollziehbaren Kapitalisierungsinteresse früher oder später dort wiederfinden. Sie wären für das Publikum abrechenbar und würden für den einzelnen Zuschauer letztlich teurer werden. Dürfte der deutsche öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht flexibel gegenüber der kommerziellen Konkurrenz reagieren können oder dürfen, kann er auch kein Gegengewicht zur Bildung einer vorherrschenden medialen Meinungsmacht darstellen. Schließlich können in programmlicher Hinsicht geminderte Anforderungen an kommerziellen Rundfunk nur „so lange und so weit“ in Kauf genommen werden, wie die Wahrnehmung der Grundversorgungsaufgaben durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk wirksam gesichert bleibt. Kurz: Entweder man akzeptiert einen dynamischen, künftigen Entwicklungen angepassten Grundversorgungsauftrag der öffentlich-rechtlichen Anstalten in Deutschland, der Information, Bildung, Kultur und Unterhaltung gleichermaßen umfasst, oder man normiert strengere Anforderungen an das Programmangebot des kommerziellen Rundfunks. So habe ich bisweilen das Bundesverfassungsgericht verstanden. Die Chancen der Gremien Die notwendige, permanente Auseinandersetzung mit den Programmentscheidungen findet in Kenntnis des beschriebenen Spannungsfeldes in den Rundfunkräten der ARD-Anstalten und im Fernsehrat des ZDF sowie im Programmbeirat für das Erste Deutsche Fernsehen statt. Radikale Neuerungsvorschläge zur Gremienstruktur helfen auch hier wenig weiter. Vielmehr geht es darum, die Gre-
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mien im Rahmen der bestehenden Struktur zu stärken und ihnen die Möglichkeit zu geben, ihre Arbeit zu effektivieren. Oft wurde die Zusammensetzung der Rundfunkräte diskutiert. Die Vorschlagspalette reicht von einer Wahl aus der Gesamtheit der Gebührenzahler bis hin zur Berufung durch eine wie auch immer geartete Stelle. Keiner der bisherigen Vorschläge konnte überzeugend darlegen, dass Kontrolle dann besser funktionieren könnte. Ein weiterer Punkt: Die Gremien sollten größere Kompetenzen erhalten. Die Kompetenzstärkung solle auch zu Mitentscheidungsrechten in programmlicher Hinsicht führen. Dieser Vorschlag stellt auch die bisherige Verfasstheit des deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunks komplett infrage. Jede öffentlichrechtliche Rundfunkanstalt basiert auf sog. „Intendantenverfassungen“. Danach liegt die Leitungskompetenz hinsichtlich der Programmgestaltung und -verantwortung allein beim Intendanten. Dessen Weisungskompentenz wird bisweilen als umfassend angesehen, es gibt ihr gegenüber keine „innere Rundfunkfreiheit“. Eine präventive Lenkung des Programms unter Mitentscheidung der Gremien bedeutet – schon allein aus Praktikabilitätsgünden –, sich von pluralistisch besetzten und ehrenamtlich arbeitenden Gremien verabschieden zu müssen. Aufsichtsgremium nicht als Programmmacher Die Verantwortung zu teilen dürfte sich ebenso schwierig gestalten. Welche gesellschaftliche Rückkoppelung erfährt dann in weiterer Ausgestaltung dieser „Mitentscheidungsidee“ der öffentlich-rechtliche Rundfunk? Sobald Gremien nicht mehr nur darüber beraten, sondern auch entscheiden, ob das Programm zweckmäßig, angemessen oder insgesamt optimal war, besteht die Gefahr, dass das Aufsichtsgremium plötzlich dazu dient, die Entscheidung der Intendanten zu derogieren. Das Aufsichtsgremium würde zum Programmmacher werden. Die Gremien sind dann „stark“ und dem Allgemeininteresse verpflichtet, wenn sie in die Lage versetzt werden, ihre Beratungstätigkeit zu professionalisieren, und sich die zu Beratenden auch beraten lassen. Vorzunehmende Elemente der Professionalisierung wären: Angleichung der Rechte der jeweiligen Rundfunk- und Verwaltungsräte Ausbau von Auskunfts- und Einsichtsrechten der Gremien Heranziehung externen Sachverstands (z.B. Medienforschung und Sachverständige) durch den Rundfunkrat Evaluation sowohl der programmlichen Tätigkeit des Senders als auch der Gremienarbeit im Hinblick auf die Umsetzung seiner Beratungen
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Veröffentlichung der Beratungsergebnisse in geeigneten Medien Verpflichtung zur Berichterstattung der Rundfunkratsmitglieder gegenüber ihren entsendenden Organisationen über ihre Tätigkeit.
Manche Punkte scheinen lapidar zu klingen. Aber allein die Tatsache, dass der eine Rundfunkrat Verträge quasi aufhalten kann, wohingegen der andere Rundfunkrat nicht einmal um deren Existenz wissen muss, ist nicht akzeptabel, sofern es die Gemeinschaftsaufgaben und -einrichtungen betrifft. Externer Sachverstand als Ergänzung sinnvoll Die Rundfunkräte setzen sich zurzeit aus Vertreterinnen und Vertretern „gesellschaftlich relevanter Gruppen“ zusammen und repräsentieren so einen Querschnitt der Mediennutzer/innen. In der Regel handelt es sich dabei um Laien, daher erscheint die schon mehrfach erwähnte Möglichkeit der Heranziehung externen Sachverstands als Ergänzung sinnvoll. Evaluation der programmlichen Tätigkeit der Sender meint mehr als die Erstellung eines Berichts über die Umsetzung von Leitlinien durch denjenigen, der sie umzusetzen hat. Auch solche Prozesse sollten neben den Gremien extern professionell begleitet werden (Stichwort: Programmcontrolling). Nicht zuletzt sollten die Leitlinien und auch weitere Zielvereinbarungen durchaus Mittel der Evaluation sein. So lassen sich diese sachgerecht und mit weniger „Lyrik“ fortentwickeln. Es stärkt auf lange Sicht die Gremien, wenn sie und ihre Mitglieder ihre Arbeit transparent, sowohl gegenüber der Öffentlichkeit, wie auch gegenüber den entsendenden Organisationen darstellen und rechtfertigen – nur so ist überhaupt ein gesellschaftlicher Diskurs über die Arbeit vorstellbar. Kontrolle der Gemeinschaftsaufgaben Ein Spezifikum der ARD ist, dass sie als Arbeitsgemeinschaft als solche nicht rechtsfähig ist. Insoweit erscheint es schwierig, sie mit einem Gremium überformen zu wollen, welches rechtsverbindlich entscheiden würde. Die Aufgaben und Einrichtungen der ARD leiten sich aus den Rundfunkanstalten ab. Spiegelbildlich muss deren Kontrolle aus den Rundfunk- bzw. Verwaltungsräten herrühren. In diesem Rahmen bewegt sich die Arbeit des Programmbeirates Erstes Deutsches Fernsehen (oder kurz: ARD-Programmbeirat): Jeder Rundfunkrat einer Landesrundfunkanstalt wählt ein Mitglied nebst Stellvertretung. Mithin
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besteht der Beirat aus neun Mitgliedern, die qua Wahl die Aufgabe haben, das Gemeinschaftsprogramms Das Erste sowie die Programme mit Beteiligungen der ARD (3sat, KI.KA, Phoenix) nebst der programmbegleitenden Elemente zu beobachten, zu bewerten und die Programmverantwortlichen zu beraten. Mit der Digitalisierung rückt auch das Programmangebot der digitalen Kanäle stärker in das Blickfeld der Tätigkeit. Jeweils für einen Monat werden Beobachtungsaufgaben verabredet; im Schnitt sind es 33 bis 35 Stück, was zirka 2.000 Sendeminuten entspricht. Eingedenk der Verabredung, dass alle Beiratsmitglieder alle Beobachtungsaufgaben realisieren (und sich auch an diese Vereinbarung halten) ein gewaltiges Pensum. In den monatlichen Sitzungen führt ein vorher vereinbartes Beiratsmitglied in die Diskussion zu einer konkreten Beobachtungsaufgabe ein. Hausloyalitäten gibt es nicht Hausloyalitäten gibt es nicht. In der Diskussion entsteht oft schnell ein mehrheitliches, erstaunlich oft sogar ein einhelliges Bild über die Qualität. Manchmal ist die Kritik ohne Beschönigungen vernichtend. Es geht aber nicht darum, mit der Dampfwalze über Einzelsendungen zu fahren. Vorrangig werden neben einzelnen Sendungen ganze Sendestrecken oder Genres unter die Lupe genommen. So beschäftigte sich der Beirat beispielsweise mit der Themenwoche „Kinder sind Zukunft“. Aus der Kritik an den konkreten Einzelsendungen kann dann mit einem gewissen Abstraktionsgrad gegenüber den Programmverantwortlichen dezidiert und mit Beispielen belegbar zu Fragen Stellung genommen werden, ob eine solche Themenwoche überhaupt sinnvoll erscheint, ob das Thema gut gewählt und aufbereitet wurde, ob verschiedene Sichtweisen ausreichend zur Geltung kamen und welche Verbesserungen bei zukünftigen Themenwochen vorstellbar sind. Genauso geht der Programmbeirat bei Sendestrecken, zum Beispiel „Montagabend im Ersten“ oder Themenschwerpunkten, aktuell zur Frage Kultur im Ersten vor. Insoweit findet eine kontinuierliche und institutionalisierte Qualitätsdebatte zum Ersten statt. Der Beirat besitzt keine Entscheidungsbefugnis, er berät zuvörderst den Programmdirektor und die von den Intendanten in die Fernsehprogrammkonferenz entsandten Fernsehdirektoren. Diese reine Beratungskompetenz sollte nicht als Manko aufgefasst werden. Kontrolle durch Dialog ist machbar und sie ist effektiv, wenn ein gewisser Abstraktionsgrad erreicht wird, so dass nicht viele kleinteilige Sendeleistungen für sich zusammenhanglos beurteilt werden, sondern mittels der Vielzahl der Beobachtungen grundsätzliche Fragen eines Formats und dessen Zukunft diskutiert werden können.
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Zusätzlich führt der Programmbeirat regelmäßig mit den Redakteuren der Fachredaktionen sogenannte Werkstattgespräche durch, zum Beispiel zu den politischen Magazinen im Ersten, zu den Dokumentationen, demnächst zur Kultur im Ersten. Hier findet Beratung sehr unmittelbar bei denen statt, die das Programm machen. Alle Beratungsergebnisse werden regelmäßig mit den Fernsehdirektoren der Anstalten in der Fernsehprogrammkonferenz erörtert. Die Beiratsmitglieder gewährleisten darüber hinaus die Rückkoppelung in die jeweiligen Rundfunkräte, die wiederum über Sanktionsmöglichkeiten bei eventuellen Verfehlungen verfügen. Eingebunden auch in Leitliniendiskussion Eingebunden ist der Programmbeirat auch in die Diskussion über die alle zwei Jahre zu erstellenden Programmleitlinien. Der Beirat hat es sich zur Aufgabe gemacht, jeweils im Vorfeld der Fortschreibung der Leitlinien eine Zwischenbilanz über die Umsetzung der formulierten Ziele zu ziehen und diese intensiv mit dem Programmdirektor Erstes Deutsches Fernsehen und mit den Fernsehdirektoren zu diskutieren. Forderungen und Anregungen des Beirates haben so bislang vielfach Eingang gefunden in die Fortschreibung der Leitlinien. An diesem Beispiel zeigt sich, dass ein beratendes Gremium durch kontinuierliche Diskussion und mit der Kraft fundierter Argumente, Einfluss nehmen kann. Sicherlich gibt es Optimierungsmöglichkeiten, z.B. wäre auch für den Beirat die Möglichkeit der Hinzuziehung externen Sachverstands hilfreich. Nicht zuletzt wünsche ich mir, dass die Arbeit des Beirates in der Fachöffentlichkeit mehr Aufmerksamkeit erlangt. In ihrem Schreiben an die Bundesrepublik Deutschland zur Einstellung des sogenannten VPRT-Verfahrens hat die EU-Kommission deutlich gemacht, dass sie neben einer klaren und eindeutigen Definition des Auftrages des öffentlichrechtlichen Rundfunks in Deutschland eindeutige Regelungen für die Genehmigung neuer Angebote erwartet. Darüber, wie zukünftig solche Genehmigungsverfahhren aussehen sollen und welche Rolle die Gremien in diesem Verfahren spielen, wird zurzeit ARD-intern diskutiert. Der Programmbeirat hat hierzu einen Vorschlag in die Diskussion eingebracht, der ein zweistufiges Verfahren vorsieht, das aus einer Beratungs- und einer Entscheidungsebene besteht. Er schlägt vor, dass neue Angebote dem ARD-Programmbeirat und der Gremienvorsitzendenkonferenz (GVK) vorab schriftlich vorzustellen sind. ARD-Programmbeirat und der GVK erstellen dann arbeitsteilig, analog zu dem im Fernsehvertrag festgelegten Abgleich ihrer Arbeitsbereiche, eine Stellungnahme, die sich auf die drei von der EU-Kommission vorgegebenen Prüfkriterien bezieht.
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Die Fragen, ob ein neues Angebot mit dem Auftrag vereinbar ist und inwieweit ein Nutzen für die Zuschauer/innen geschaffen wird (SchonVorhandensein und meinungsbildende Funktion des Angebots), beziehen sich eindeutig auf den Bereich der Programminhalte und würden daher in die Zuständigkeit des Programmbeirates fallen. Die Fragen der Kosten-Nutzen-Relation und der Auswirkungen auf den Markt fielen in die Zuständigkeit der Gremienvorsitzendenkonferenz. Die endgültige Entscheidung über ein neues Angebot im Bereich der ARD sollte nach Vorstellung des Programmbeirates der geschäftsführenden und der für das neue Angebot federführenden Anstalt in den jeweiligen Rundfunk- und/oder Verwaltungsräten getroffen werden. Die Stellungnahmen von Programmbeirat und GVK sind zu berücksichtigen. Hohe Sitzungsdichte Dieser Vorschlag hat den Charme, dass er den bestehenden Rechtsrahmen weiterentwickelt und der Tatsache Rechnung trägt, dass die ARD als Arbeitsgemeinschaft keinen eigenen Rechtsstatus besitzt. Bezüglich der Arbeitsteilung von Programmbeirat und GVK erscheint es sinnvoll, an die vorhandenen Kompetenzen beider Gremien anzuknüpfen: Der ARD-Programmbeirat verfügt wie kein anderes Gremium über umfassende Kenntnisse des Gemeinschaftsprogramms der ARD der komplementären Online-Angebote sowie vergleichend der einschlägigen Programmangebote der kommerziellen Anbieter. Die hohe Sitzungsdichte des Programmbeirats gewährleistet darüber hinaus die Möglichkeit, zügig die erforderlichen Stellungnahmen abzugeben. Über die GVK ist die Koordination aller Rundfunk- und Verwaltungsräte gewährleistet und das Gremium verfügt über seine Zuständigkeiten im Bereich der GSEA über die notwendige Kompetenz zur Bewertung der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit und kann daher die Kosten-Nutzen-Relation beurteilen. Durch die Struktur und Zusammensetzung von Programmbeirat und GVK sind alle Rundfunkanstalten einbezogen, das Verfahren ist überschaubar, transparent und nicht überbürokratisiert. Die Vorschläge der gesamten Debatte machen deutlich, dass es möglich ist, in Rahmen des bestehenden Systems, Gremienkontrolle zu verbessern und zu effektivieren. Wir sollten sie jetzt umsetzen, anstatt weiter alles neu erfinden zu wollen.
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Alle Macht den Räten? (16): Für mehr Zivilgesellschaft Hans J. Kleinsteuber
Da konnte Günther Jauch mal so richtig loslegen, hatten ihm doch angeblich Leute aus den Rundfunkräten die Tour vermasselt. „Gremlins“ nannte er sie und „Profilneurotiker“, weil sie ihm die Nachfolge von Sabine Christiansen vermiest hatten. Aber ging es ihm um Qualität des öffentlichen Rundfunks oder nur um seine Karriere? Und ist der Top-Entertainer nicht sowieso besser bei RTL aufgehoben? Auf jeden Fall fand die ARD mit Anne Will eine interne Lösung und die sieht so schlecht nicht aus. Es ist vielleicht doch nicht so abwegig, wenn sich Vertreter der „Rundfunk-Legislative“ zu wichtigen Fragen äußern. Derzeit steht das System der Rundfunkräte eher in der Defensive. In den letzten Jahren hatten die öffentlichen Rundfunkveranstalter Deutschlands auf europäischer Ebene eine Abwehrschlacht gegen ihre kommerziellen Konkurrenten zu schlagen. Der Vorwurf lautete auf nicht erlaubte staatliche Beihilfe und Unvereinbarkeit der geltenden Finanzierungsregelung mit europäischem Recht. Zwar wurde das Verfahren im April 2007 eingestellt, aber die Europäische Kommission stellte doch eine Reihe unbequemer Fragen. Sie bezogen sich auf die Kontrolle durch den Rundfunkrat, der als „anstaltsinternes Kontrollorgan“ kategorisiert wird, dazu werden Landesparlamente genannt, denen regelmäßig Bericht erstattet werden muss, sowie die Rechnungshöfe. Das riecht nach Doppelkontrolle und Staatsnähe. An anderer Stelle wird auf Widersprüche verwiesen. „Der Rundfunkrat/Fernsehrat legt die Programmrichtlinien fest und berät den Intendanten bei den Programmtätigkeiten der Rundfunkanstalt. Der Umstand, dass Rundfunkrat/Fernsehrat gleichzeitig dafür zuständig ist, die Befolgung dieser Regeln/Leitlinien zu überprüfen, kann jedoch zu einem Interessenkonflikt zwischen seiner Funktion hinsichtlich der Programmtätigkeit der Rundfunkanstalt einerseits und den Aufsichts- und Kontrollfunktionen andererseits führen“ (Schreiben der Kommission v. 24. 4. 2007, Punkt 256). Das sollte man zum Anlass nehmen und über Reform und Modernisierung der Rundfunkratsarbeit nachzudenken. Die Idee dieses Gremiums geht auf Hans Bredow zurück, den selbsternannten „Vater des deutschen Rundfunks“. Als leitender Vertreter des Postministeri-
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ums übernahm er 1926 die Position des Direktors der Reichs-RundfunkGesellschaft, die das regionale Rundfunkwesen administrativ überwachte. Die Leitung durch führende Verwaltungsvertreter, wie auch Bredow einer war, sollte „Überparteilichkeit“ gewährleisten, von demokratischer Kontrolle war nirgends die Rede. Den Radio-Kunden nahm Bredow damals nur als Briefbittsteller wahr, immerhin. International ohne Beispiel Bredow war beim besten Willen kein Demokrat. Gleichwohl bewies er in den schlimmen Jahren der Nazi-Diktatur, dass er standhaft blieb und lieber ins Gefängnis ging. Im Jahr 1946, die West-Alliierten wussten seinen Rat zu schätzen, legte er dem Hessischen Rundfunk eine Denkschrift vor, in der die Idee des Rundfunkrats „aus Vertretern von Spitzenverbänden und Fachleuten“ geboren wurde. Ein Gutachten zur Neuregelung des Rundfunks, von ihm 1947 vorgelegt, erörterte, „in welcher Form die Hörerschaft in die Rundfunkarbeit eingeschaltet werden könnte, um auf diese Weise einen wahren Volksrundfunk zu schaffen“. Ein Verwaltungsrat sollte die wirtschaftliche Überwachung übernehmen. Die Rundfunkratsidee, geboren aus der Ablehnung des Weimarer Etatismus und der Nazi-Machtergreifung gleichermaßen, war damals auch international ohne Beispiel. Das von den Alliierten geforderte Prinzip von Public Service bekam ein spezifisch deutsches Gesicht. Unter Historikern entspann sich später ein Streit, ob Bredow nur selbstlos an Rundfunkdemokratie dachte oder nicht als Vorsitzender des vorgeschlagenen Gremiums eine eigene Machtbastion aufbauen wollte. Immerhin schaffte er es bis in den Vorsitz des Verwaltungsrats beim Hessischen Rundfunk. Seine Idee jedenfalls überlebte, die Sender in den Westzonen erhielten Rundfunkräte, wobei es Unterschiede gab. In der amerikanischen Zone (wo auch Bredow wirkte) waren es vor allem Delegierte gesellschaftlicher Verbände, welche Mandate erhielten, in der britischen Zone wurden eher Parlamentarier berücksichtigt. Wo immer später neue Anstalten entstanden, erhielten sie einen Rat, etwa das ZDF (dort Fernsehrat genannt), die Deutsche Welle oder in den beitretenden Ländern vom Saarland bis in die neuen Bundesländer der Ex-DDR. Mit dem dualen Rundfunksystem seit Mitte der 1980er entstanden die Medienräte als Pendant in den Medienanstalten, welche die kommerzielle Konkurrenz regulieren. Man glaubt es kaum, dass es seitdem nur wenige Veränderungen gab. Zwar wurden immer einmal wieder nach einem Regierungswechsel die Mehrheiten verändert, um eigene Mehrheiten zu sichern: Die CDU bezog z. B. gern Vertriebenenverbände ein, die SPD Verbraucherverbände. Das Prinzip blieb aber unan-
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getastet. Allerdings hat die Politik, die Rundfunkgesetze schrieb, sich immer wieder ihren Einfluss gesichert. Ein einzigartiger Tummelplatz von Politikern ist der Fernsehrat des ZDF seit seiner Gründung 1961: Von seinen 77 Mitgliedern kommen allein 16 aus den Bundesländern, 12 aus den Parteien und drei vom Bund. Vorsitzender des Gremiums ist 2007 der CDU-Politiker und Bundestagsabgeordnete Ruprecht Polenz, früher einmal Generalsekretär seiner Partei. Fast alle Vertreter aus Ländern und dem Bund sind amtierende (mitunter auch frühere) Minister und Staatssekretäre, die Parteien entsenden hochrangige Funktionsträger. Dem Verwaltungsrat sitzt der Rheinland-Pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck von der SPD vor, in dem wiederum weitere Ministerpräsidenten, Minister, Staatssekretäre zu finden sind. Proporz also auf der ganzen Linie, wobei das ZDF einst eingerichtet worden war, als die CDU im Lande dominierte. So spielt sie mit Mehrheiten und vermag den Intendanten zu stellen. Schwarze und rote „Freundeskreise“ treffen sich in den Räumen des ZDF und bereiten die Sitzungen des Fernsehrats vor. Immerhin verbleiben 46 Mandate den sozial relevanten Gruppen und hier findet sich wirklich ein Querschnitt durch die korporatistisch verfasste Gesellschaft, Arbeitgeber und Gewerkschaften, Kirchen, Sport, Kultur etc. Dabei sollte man realistisch bleiben, auch viele der großen gesellschaftlichen Kräfte ordnen sich einer der beiden großen Parteien zu (die kleinen kommen sowieso kaum vor). Um nicht dem Druck der parteigeführten Freundeskreise wehrlos ausgesetzt zu sein, treffen sich die ungebundenen Mandatsinhaber in einem „grauen“ Freundeskreis. Gegenüber den etablierten Verbänden sind die Neuen Sozialen Bewegungen, die NGOs und Bürgerinitiativen, die seit den 80er Jahren zunehmend das öffentliche Leben prägen, kaum vertreten und Selbstorganisationen der Rundfunknutzer, die z. B in den Niederlanden Träger der öffentlichen Sender sind, haben keine Chance. Nicht überall sieht es allerdings so politisiert aus. Zudem nimmt der politische Druck auf die Anstalten ab, einfach weil sie in einem dualen System an Bedeutung verlieren. Schon der frühere Kanzler Helmut Kohl, einst ein hohes Tier beim ZDF, demonstrierte mit seiner Sendereihe „Zur Sache Kanzler“ auf Sat.1, dass Politiker woanders viel ungenierter auf den Bildschirm kommen. Bei der Deutschen Welle, die der Autor gut kennt, werden sieben der 17 Mitglieder aus der Politik (Bundesregierung, Bundestag, Bundesrat) entsandt, auch hier meist Berufspolitiker. Aber es gibt keine Freundeskreise, der Proporz ist geschwunden (früher teilten sich die beiden großen Parteien Intendanz und Ratsvorsitz untereinander auf), parteipolitische Konfliktlinien werden selten deutlich. Diese Tendenz wird auch dadurch unterstützt, dass die Politik-Profis, allesamt hochbelastete Multifunktionäre, vergleichsweise selten anwesend sind und
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„Graue“ einen starken Stand haben. So sind es allesamt keine Berufspolitiker, die den Vorsitz des Rats und aller Ausschüsse stellen. Dilettanten oder Laien im Rat? In den letzten Jahren ist wenig von Wissenschaftlern zu den Gremien geschrieben worden. Und was ihnen dazu einfiel, war meist nicht sehr freundlich. Da findet sich die These von den Dilettanten, die eigentlich mit ihrer Aufgabe überfordert sind. Dies Sichtweise impliziert, dass die Gremien vis-à-vis den Spitzen der Häuser wenig zu sagen haben, wohl eher eine Art demokratischer Garnierung abgeben. Das ist sicherlich zu hart und entspricht auch nicht meiner Erfahrung. Richtiger ist schon, wenn man von einer Laienkontrolle spricht, in der Vertreter verschiedener Segmente aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft beisammen sitzen und Grundsatzfragen entscheiden. Eine Eigenheit bei der Rekrutierung für die Gremien ist, dass die Mandatsträger keine erkennbare Qualifikation für ihr Amt mitbringen müssen. Manche arbeiten sich in die zunehmend komplexe Materie ein, andere verlassen sich darauf, dass die Macher um den Intendanten es schon hinbiegen. Wer verfügt schon über differenzierte Kenntnisse zu Video Journalism oder Digital Radio Mondiale oder Internet Protocol Television? Und wer gibt schon zu, dass er es nicht weiß? Die wenigen Umfragen unter Rundfunkratsmitgliedern belegen jedenfalls, dass sie sich in der Materie eher wenig auskennen. Aus der Perspektive vieler Multifunktionäre, die in die Gremien drängen, ist es deren Reiz als Club, in dem sich Spitzen von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft auf hoher Ebene treffen und Kontakte pflegen. Bei den Sitzungen des ZDF-Fernsehrats kommen Spitzenpolitiker unter entspannten Bedingungen in einem Umfang zusammen, wie es kaum ein anderes Podium bietet. Besonders verlässlich versammeln sich natürlich die Politiker, wenn es um die Wahl eines Intendanten geht, die in aller Regel bereits vorher ausgehandelt ist – mitunter sogar über die Grenzen der Anstalten hinweg. Aus Politikerperspektive geht es bei dem Mandat wohl vor allem um eine Machtressource, gut zu besitzen, wenn es um die eigene Karriere geht. Offensichtlich kann es so nicht weitergehen. Die Rundfunkräte haben sich bequem eingerichtet, haben im Normalfall wenig Einfluss auf das Gebaren der Anstalten und fallen auch sonst wenig auf. Wird ihre Arbeit ausnahmsweise öffentlich diskutiert – im Umfeld von Intendantenwahlen oder Skandalen – werden sie durchgängig kritisch dargestellt und öffentlich vorgeführt. Und offensichtlich sind sie daran nicht ganz unschuldig. Dieser Beitrag fragt nach dem Potenzial von Modernisierung und bezieht dazu internationale Erfahrungen ein.
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Insbesondere aus Großbritannien, wo aus teilweise ähnlichen Gründen die Führungsstruktur der BBC – also der Urmutter allen Public Service – völlig umgestaltet wurde. Der Anfang 2007 neu geschaffene BBC Trust kann als state of the art bezeichnet werden. (www.bbc.co.uk/bbctrust) Vieles ist auf Deutschland übertragbar. Die Zurückdrängung der Politik Rundfunkjuristen betonen immer wieder die Staatsferne und Unabhängigkeit des öffentlichen Rundfunks. Das hindert aber unsere Politiker nicht daran, in diese Gremien zu drängeln. Was auch nicht schwer ist, denn sie selbst machen ja die Gesetze. Nun ist schon richtig, dass Parteien relevante Spektren der Gesellschaft abbilden, aber sie haben darauf sicherlich kein Monopol. Und ihrer Natur nach setzen sie ihr Stimmgewicht für eigene Zwecke ein. Dabei geht es einerseits darum, hohe Positionen für ihre Leute zu sichern, andererseits darum, auf das Programm im eigenen Interesse Einfluss zu nehmen, schließlich stehen die Parteien im permanenten Wahlkampf untereinander. Wegen ihrer häufig geübten Rücksichtslosigkeit nimmt ihre Glaubwürdigkeit weiter ab, messbar an sinkender Wahlbeteiligung, geringerer Mitarbeit und schwindender Loyalität. Es ist aber oft genug das selbstgefällige Auftreten der Partei-Granden in Positionen, die Macht und Ansehen verleihen, welches genau diese Verdrossenheit befördert. Das gilt gerade auch für Rundfunkräte und deswegen ist es so wichtig, in ihnen Schwarz und Rot zu reduzieren und stattdessen mehr Grau hinein zu bringen (was für ein abfälliges Wort für Vertreter einer Bürgergesellschaft, die in Wirklichkeit in allen Farben daherkommt). Meine Erfahrung ist, dass die chronisch überlasteten Politiker außerhalb von Intendantenwahlen vergleichsweise selten in den Gremien auftauchen, schlecht informiert sind, gleichwohl klar machen, dass sie mit Rundfunkgesetzen und Gebührenfestsetzung die Anstalten fest im Griff haben. Oft hat man den Eindruck, dass mit schwindendem Einfluss in der Öffentlichkeit ihr Kontrollgebaren eher noch zunimmt. Es liegt auf der Hand, dass der Einfluss der Politik in den Gremien zurückgedrängt werden muss. Große Politikerbänke enden unweigerlich in Politisierung und Proporz. Eine vertiefte Untersuchung würde wahrscheinlich ergeben, dass neben zentralen Personalentscheidungen, welche die Politiker gern unter sich aufteilen, ihre Präsenz eher wenig Spuren hinterlässt. Die professionelle Politik aus den Gremien fernzuhalten, sollte eigentlich nicht schwierig sein. Man müsste in den rechtlichen Grundlagen verankern, dass Politiker nicht für Gremientätigkeit nominiert werden können. Dazu findet sich ein schönes Vorbild in dem Staatsvertrag, der 2007 die Fusion der Landesme-
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dienanstalten von Hamburg und Schleswig-Holstein besiegelt hat. Dort heißt es unter „Persönliche Voraussetzungen“ u. a., dass Mitglied nicht sein kann, wer „den gesetzgebenden oder beschließenden Organen der Europäischen Gemeinschaften, des Europarates, des Bundes oder eines der Länder angehört oder Bediensteter einer obersten Bundes- oder Landesbehörde oder einer Gebietskörperschaft ist“ (§ 43.1). Wie würde wohl der Fernsehrat des ZDF aussehen, wenn diese Bestimmung in Mainz Geltung hätte? Sachverstand und Zivilgesellschaft in den Rat Für die Zusammensetzung des Rats der Zukunft gilt: Statt politischer Omnipräsenz sollte die Idee der sozial relevanten Gruppen weiterentwickelt werden. Bei der historischen Begründung der Rundfunkräte waren es vor allem die etablierten Formationen, die berücksichtigt wurden. Inzwischen hat sich die Gesellschaft weiterentwickelt und pluralisiert, neue Vereinigungen widmen sich oft postmodernen Zielen wie Umwelt und Menschenrechte, Verbraucher, Frauen, Migranten, Bürgerinitiativen etc. Eine neue Zusammensetzung sollte sich am Prinzip moderner Governance orientieren, bei der nicht Politiker allein bestimmen (government), sondern ein „runder Tisch“ von Vertretern aus den drei großen Feldern Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft, die jeweils eigene „Bänke“ beziehen. In der Theorie der Governance sind es „Stakeholder“, also etwa Teilhaber oder fachkundige Laien, die man in die Entscheidungsfindung einbaut. In ihrer Person verbinden sie die notwendige Distanz mit Engagement und fachlicher Nähe. Hier wirkt der neue BBC Trust wie ein Kontrapunkt. Er besteht aus zwölf Mitgliedern, die sich mindestens monatlich treffen und viele Verpflichtungen zwischendurch zu übernehmen haben, darunter Arbeit in Komitees und öffentliche Auftritte. So lädt der Trust regelmäßig Bürger im gesamten Königreich zu öffentlichen Treffen ein, wo Fragen beantwortet und Anregungen eingeholt werden. Der Vorsitzende – derzeit ein Professor mit großer Erfahrung in kommunaler Politik – soll wöchentlich vier Tage für BBC-Arbeit zur Verfügung stehen, das normale Mitglied soll den Arbeitseinsatz von zwei Tagen pro Woche einplanen. Der Vorsitzende verdient beachtliche 140.000 Britische Pfund jährlich, das einfache Mitglied zwischen 35.000 und 40.000 Pfund. Es geht also um kontinuierliche aktive Begleitung der Senderarbeit, da wird Club-Atmosphäre kaum aufkommen. Wie wird man Mitglied in diesem erlesenen Gremium? Frei werdende Stellen werden ausgeschrieben. der Auswahlprozess erfolgt unter Kontrolle der unabhängigen Einrichtung „Commissioner for Public Appointments“. Dabei wird
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besonders auf diese Qualitäten geachtet: Engagement für die Ziele der BBC und ein Verständnis für die Herausforderungen, die der Public Service in Zukunft zu bewältigen hat; die Fähigkeit, die Ansichten der Gebührenzahler zu verstehen und sie zu repräsentieren; der Wille, sich mit Zuschauern und Zuhörern bei öffentlichen Veranstaltungen auszutauschen, und die Fähigkeit, das öffentliche Interesse zu vertreten; schließlich die Fähigkeit, effektiv auf Vorstandsebene zu arbeiten. Kandidaten werden vor eine Kommission geladen, wobei auch der Vorsitzende der BBC anwesend ist. Deren Vorschlag geht über den Innenminister und den Premier an die Königin, die schließlich Trust-Mitglieder ernennt. Die Trust-Mitglieder kommen derzeit (2007) aus den Bereichen Rundfunk, Regulierung, Wettbewerb, Wirtschaft, öffentlicher Sektor, Engagement in der Öffentlichkeit bis zu Programmmachern und Journalisten. Ein Teil repräsentiert Regionen des Königreichs. Politische Funktionsträger sind nicht auszumachen. Nun ist auch nicht alles perfekt im Königreich, so hat der frühere Premier Tony Blair Kritiker seiner Irak-Politik in der BBC erfolgreich unter Druck setzen können. Gleichwohl gilt der politische Durchgriff im Alltagsgeschäft als gering, zumal die Finanzierung nicht regelmäßig bei den Politikern erbettelt werden muss. Letztlich wird mit dem Trust die erfolgreiche, staatsferne Politik des alten Boards der BBC fortgesetzt, die auf eine Art Honoratiorenkonsens in Großbritannien baut. Dabei steht keine Inszenierung gelegentlicher Kontrolle im Vordergrund, die Trust-Mitglieder müssen sich auskennen und sie müssen ihre Qualifikation beweisen; sie fungieren wie eine Art Brücke zwischen den Bürgern und dem Sender. Das Modell ist sicherlich nicht auf Deutschland übertragbar. Aber es wäre richtig darüber nachzudenken, in die Räte mehr Sachverstand zu bringen. Mandate könnten Politikern entzogen und Medienkundigen aus verschiedenen Segmenten der Gesellschaft übergeben werden. Weiterhin könnte man die Mitgliedschaft an ein einführendes Coaching binden, das erfahrene Mitglieder durchführen. Sie geben dann ihre eigene Erfahrung an die nächste Generation weiter. Dazu gilt: Rundfunkräte in Deutschland sind oft viel zu groß, um effektiv arbeiten zu können, die 77 Räte beim ZDF sollten wohl jedes Segment der Gesellschaft bedienen. Aber die hohe Zahl bestärkt interne Hierarchien, etwa die Führer der Freundeskreise, und entwertet die Arbeit einzelner Mitglieder. Außerdem beziehen alle eine erhebliche Aufwandsentschädigung und werden auch sonst gut gepflegt – auch ein Grund, warum sie kaum aufmüpfen. Da ließe sich viel Geld einsparen. Andererseits tagen die Gremien viel zu selten, um substanzielle Aufsicht führen zu können. Der Rat der Deutschen Welle z. B. vier Mal im Jahr, andere treffen sich an sechs oder sieben Terminen.
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Zugang für jeden Bürger: Öffentlichkeit Der Bundestag arbeitet öffentlich, das ist schon im Grundgesetz niedergelegt. Die Rundfunkräte, die kleinen „Parlamente“ der Anstalten, tagen in der Regel hinter verschlossenen Türen. In der Regel, denn die vom Bayerischen Rundfunk und vom Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) treffen sich öffentlich. Die Arkanpolitik ist also nicht grundsätzlich begründet, man macht es halt seit Jahrzehnten so. Die Sitzungen des jungen rbb konnten sogar im Internet verfolgt werden – bis 2007, als dies ersatzlos gestrichen wurde. Ohne Begründung übrigens. Nirgendwo wird Öffentlichkeit so extrem praktiziert wie in den USA. Die sind uns viele Jahre lang als deregulatives Paradies vorgeführt worden. Tatsächlich hat die dortige Federal Communications Commission (FCC), u. a. zuständig für Lizenzierung von Radio und Fernsehen, einiges zu entscheiden. Sie arbeitet wie in einem Aquarium. Die Logik ist simpel: Wer eine Sendefrequenz nutzen möchte, die in öffentlichem Besitz ist (public airwaves), muss der Allgemeinheit klar machen, was er dafür bietet. Folgerichtig sind alle Daten für Lizenzverfahren öffentlich zugänglich und die FCC fällt ihre Entscheidungen in öffentlichen Sitzungen, ähnlich unseren Gerichten. Bürger werden quasi als vorgeschobene Kontrolleure betrachtet, können den Fortgang dieser Verfahren jederzeit verfolgen und Einsprüche erheben. Im Zeitalter des Internet bedeutet dies, dass entsprechende Unterlagen in großen, allgemein zugänglichen Datenbanken gespeichert sind und Einsprüche vor Ort oder Online möglich sind. Nicht, dass deswegen die US-Medienkonzerne weniger großspurig auftreten, aber man kann es zumindest Schritt für Schritt nachvollziehen, was sie vorhaben. Was Bürgerorganisationen ganz neue Handlungsmöglichkeiten eröffnet, die sich oft erfolgreich gegen zu viel Konzentration oder Gewaltdarstellung wehren. Auch für den BBC Trust gilt, dass Sitzungsunterlagen öffentlich gemacht und ins Internet gestellt werden, dabei wird der Datenschutz beachtet. Jeder Interessent weiß um seine Rechte und das erspart Arbeit. Dagegen ist in Deutschland ist der Umgang mit Protokollen keineswegs geklärt. Kürzlich begehrte eine Doktorandin für ihr Forschungsvorhaben Einblick in Protokolle eines Rundfunkrats. Mangels klarer Verfahrungsvorschriften musste das Begehr dem gesamten Rat vorgelegt werden, der länger diskutierte, bevor er das Vorhaben genehmigte. Dabei lagen der zur Bittstellerin degradierten Forscherin die leicht zugänglichen Protokolle längst vor, ihr ging es nur um die Möglichkeit, daraus auch zitieren zu können. Rundfunkräte ohne Öffentlichkeit sind ein Anachronismus. Indem sie die Breite der Gesellschaft vertreten, repräsentieren sie auch eine Allgemeinheit, die geradezu nach Öffentlichkeit ruft. Also sollten die Ratssitzungen selbst öffentlich ablaufen (inklusive Internet-Übertragung), Tagesordnungen, Vorlagen, Be-
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schlüsse und Protokolle sollten routinemäßig ins Netz gestellt werden. Das Modell hierfür wäre der Umgang des Plenums des Deutschen Bundestags mit Öffentlichkeit. Spezielle Dinge, die dem Datenschutz unterliegen, z. B. Personalfragen, können in nicht-öffentlicher Sitzung bearbeitet werden. Sonnenlicht in die Arbeit: Transparenz Wir Deutschen haben es nicht mit der Transparenz. Das bestätigt auch die NGO transparency international, die uns in ihrem Transparenz-Ranking für Europa im hinteren Mittelfeld verortet. Ein zentrales Element jeder Transparenzpolitik ist es, den Bürgern Einsicht in die Aktenführung öffentlicher Einrichtungen zu ermöglichen. Schließlich ist er der Souverän und die Verwaltungen arbeiten in seinem Auftrag. Ein Akteneinsichtsrecht der Bürger haben wir nach jahrelangen Auseinandersetzungen auf Bundesebene 2006 eingeführt, Vergleichbares gilt – auch dies ein Zeichen von Arkanpolitik – nur in der Hälfte der Bundesländer. Dazu sind die Gesetze sehr restriktiv angelegt, viele Auskünfte kosten Geld. Insgesamt stehen wir damit eher am hinteren Ende in Europa. Das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes gilt für „Behörden“ und konstituiert einen Anspruch auf „Zugang zu amtlichen Informationen“ (§ 1). Anstalten sind aber weder Behörden noch Ämter, dennoch könnte das Gesetz gelten. Ein erster Kommentar sieht die Bundesanstalt Deutsche Welle zwar einbezogen. Aber: „Sie ist allerdings nur insoweit verpflichtet, einen Informationszugang zu gewähren, wie sie außerhalb des Programmauftrags und der Wahrnehmung der Rundfunkfreiheit handelt“ (so im Kommentar Mecklenburg/Pöppelmann). Für den Regulierungsbereich finden sich sogar klare Ausschlusskriterien: Es besteht kein Anspruch auf Information, wenn ein Bekanntwerden nachteilige Auswirkungen haben kann auf „Kontroll- oder Aufsichtsaufgaben der Regulierungsbehörden“ (§ 3.1d). Das betrifft die Bundesnetzagentur, die z. B. für die Zuweisung von Sendefrequenzen zuständig ist. Wir finden also eine teilweise ungeklärte, auf jeden Fall nicht bürgerfreundliche Rechtslage. Die Anstalten zeigen zudem keine Neigung, ihrerseits mehr Transparenz zu schaffen. Wie sieht es anderswo aus? Natürlich gelten die Bestimmungen des Freedom of Information-Gesetzes in den USA auch für die FCC. Sie bietet dafür eine eigene Abteilung des Netzportals an, wo sie die Einzelheiten des Zugangs beschreibt, Verfahren erläutert und Verantwortliche benennt (www.fcc.gov/foia). Hier geht es um den allgemeinen Betrieb der Regulierungsbehörde, denn die Lizenz- und Aufsichtstätigkeiten unterliegen den oben beschriebenen speziellen Vorschriften. Ähnlich ist die Lage in Großbritannien für die Aufsichtsbehörde Ofcom und die BBC. Auf einer speziellen Freedom of Information-Website der
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BBC werden Interessenten die Rahmenbedingungen dargelegt. (www.bbc.co.uk/ foi) Darauf kann man auch Antworten des Senders finden, z. B. im Juni 2007 zu Themen wie den bestbezahlten zehn BBC Executives, den Ausgaben des Senders für Taxis oder die Einrichtung von Gebetsräumen in BBC Bürogebäuden. Im Vergleich zu alledem ist die deutsche Gesetzeslage deprimierend. Eine spezifische Einladung, das Akteneinsichtsrecht bei Sendern zu nutzen, ist nicht auszumachen. Immerhin könnte mangels klarer Paragraphenlage durch einseitiges Angebot der Anstalten ihre Transparenz erhöht werden. Das würde mehr Glaubwürdigkeit gegenüber den Bürgern schaffen, aber auch helfen, Misstrauen abzubauen, beispielsweise das der Europäischen Kommission. Der Rundfunkrat als Rechtsperson Derzeit ist es so, dass im Regelfall die Belange des Rundfunkrats von der Intendanz mit erledigt werden. Das ist etwa so, als würde die Bundesregierung die Verwaltung des Bundestags übernehmen. Schon der kluge Hans Bredow verlangte es: Der Rundfunkrat soll ein unabhängiges Organ sein. Auch für uns sollte gelten: Der Rundfunkrat muss eine eigene Rechtpersönlichkeit erhalten. Er benötigt ein eigenes Sekretariat, das eigenständig die Sitzungen vorbereitet, Anfragen von außen bearbeitet und auch im Sender nachfragen kann. Dazu muss ein eigener Etatposten angesetzt werden, der z. B. auch ermöglicht, Expertisen einzuholen oder Reichweiten- und Nutzeruntersuchungen selbst in Auftrag zu geben, um notfalls gegenrechnen zu können. Nur so ist sichergestellt, dass er sich ein eigenes unabhängiges Bild machen kann und nicht den schöngefärbten Informationen der Intendanz ausgeliefert wird. Nur so ist auch sichergestellt, dass die Ratsmitglieder nicht von den Profis an der Spitze des Senders eingewickelt werden. Wie steht es in Großbritannien? Der BBC Trust ist unabhängig von der BBC, er begreift sich als „Souverän“ der BBC. Er wird durch einen eigenen Unterbau, die Trust Unit, in seiner Arbeit unterstützt, die sich um Themen wie Leistungen, Finanzen, Strategie, Publikum, Standards kümmert. Diese Unit wird mit über elf Millionen Euro jährlich angemessen finanziert. Das Modell ließe sich unbesehen auf Deutschland übertragen. Man fragt sich mitunter, wie man überhaupt Mitglieder eines Rats zu Wächtern eines Systems erklären kann, obwohl sie sich nur wenige Male im Jahr treffen, keine unabhängigen Erhebungen machen können und organisatorisch an der zu kontrollierenden Stelle hängen.
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Ein Ort für Beschwerden Es gibt in Deutschland keine formalisierte Möglichkeit, auf Missstände oder Probleme hinzuweisen. Das fiel auch der Europäischen Kommission auf, als sie sich das deutsche Rundfunksystem näher anschaute. „Dritte können bei den anstaltsinternen Kontrollorganen und letztlich bei den jeweiligen die Rechtsaufsicht führenden Bundesländern Beschwerde einlegen. Gegen die Entscheidung des jeweiligen Bundeslandes steht Dritten Rechtsmittel vor dem zuständigen Gericht zu“ (EU-Schreiben vom 24. 4.07, Punkt 26) Soll man also an einen Ratsvorsitzenden schreiben oder den Ministerpräsidenten oder gar Gerichte einschalten, wenn man kritische Anmerkungen hat? Es ist wohl nicht zufällig, dass kaum jemand auf diese Idee kommt. Es geht um alltägliche Beschwerden, die nur von Fachkundigen geprüft werden können, z. B. um Qualitätsmängel, Verstöße gegen Programmregeln etc. Was wirklich notwendig wäre, ist eine benennbare Person oder eine fachkundige Stelle, die einlaufende Beschwerden aufnimmt, prüft und gegebenenfalls aktiv wird. Anderswo ist man weiter. Unabhängige Beschwerdeinstanzen in Form von Ombuds-Strukturen werden im Medienbereich immer wichtiger, weil sie quasi als Frühwarnsysteme wirken. Amerikanische Zeitungen setzen sie seit Jahren zur Qualitätssicherung ein und um den Kontakt zu den Lesern zu intensivieren. Auch die WAZ-Gruppe hat gerade einen Ombudsrat, verbunden mit einem Verhaltenskodex, eingerichtet. Normalerweise sind Ombudspersonen erfahrene Journalisten oder Wissenschaftler, die Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit verkörpern. Die Schweiz schlug einen anderen Weg ein. Dort gibt es eine Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (www.ubi.admin.ch), die für öffentliche und kommerzielle Anbieter gleichermaßen zuständig ist. Bevor sie aktiv wird, muss eine Ombudsstelle durchlaufen sein. Sie greift vor allem dann ein, wenn geltendes Recht verletzt oder der Zugang zum Programm rechtswidrig verweigert wurde. Ihre Beratungen sind öffentlich und Entscheidungen werden bekanntgemacht. In den USA sammelt die FCC Beschwerden und soll sie berücksichtigen, wenn es um Lizenzverlängerungen geht (was sie offensichtlich nicht immer tut). In Großbritannien ist die letzte Instanz die Aufsichtsbehörde Ofcom. Um es nicht dazu kommen zu lassen, unterhält die BBC ein differenziertes internes Beschwerde-Verfahren. (www.bbc.co.uk/complaints). Wird eine Beschwerde vorgetragen, muss der Sender antworten, über Beschwerden und die Reaktionen darauf wird im Internet berichtet. Für Berufungen steht ein Komitee des BBC Trust zur Verfügung. Übrigens können auf diesem Weg auch Belobigungen kommuniziert werden.
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Formaler Anlaufpunkt für Beschwerden sollte bei uns zukünftig das Sekretariat des Rundfunkrats sein. Dort würde eine namentlich benannte Ombudsperson die Beschwerden sammeln und auswerten und gegebenenfalls mit dem Sender Probleme abklären. Ombudsperson meint, dass es nicht ein Vertreter der sozial relevanten Gruppen sein darf, sondern ein langgedienter Journalist und/oder Kenner der Praxis in den Medien, der unvermeidliche Schwächen von klaren Grenzüberschreitungen zu trennen vermag. Diese Ombudsperson sollte auch Sitz und Stimme in Rundfunkrat haben, um für dieses Thema zu sensibilisieren. Fälle von grundlegender Bedeutung sollten im Rat verhandelt werden. Dabei muss klargestellt sein, dass nicht Programmnörgelei bedient wird und auch nicht ein Einfallstor für politische Kritik entsteht, sondern dass es um Grundsatzfragen der Qualitätssicherung geht. Deutschlands Elend: Zurück zum Staat? Bei uns wurde die grandiose Idee geboren, dass die sozial relevanten Gruppen autonom ihre Mandate im Rundfunkrat besetzen. Das ist heute leider nicht mehr selbstverständlich. So werden inzwischen Medienräte von Landesmedienanstalten komplett von Parlamenten bestimmt, die Gruppen haben nur mehr ein Vorschlagsrecht. Da ist der Parteienproporz unmittelbar eingebaut, die sozialen Gruppen werden zum Ableger der Parteien. So wurde es bei der Medienanstalt Berlin-Brandenburg festgelegt, wo die Parlamente aber immerhin mit ZweiDrittel-Mehrheit entscheiden, was Absprachen und die Berufung von Honoratioren befördert. Bei der 2007 neu begründeten Anstalt MA-HSH für Hamburg und Schleswig-Holstein wählt das Parlament Mitglieder des Medienrats komplett aus Vorschlägen der sozialen Gruppen aus. Da wird Parteienproporz unmittelbar umgesetzt, und wer keine Partei-Connection hat, wird auch keine Chance haben. Bei diesem Rat werden auch andere Dinge auf die Spitze getrieben: Während Bürger bei den geheimen Sitzungen nicht anwesend sein dürfen, können laut Staatsvertrag Vertreter der Regierungen ständig präsent sein und haben jederzeit Rederecht. Da wundert auch nicht, dass zwei der vierzehn Mitglieder Juristen sein müssen, was über 99 Prozent der Deutschen von der Teilnahme ausschließt. Unter der Hand wird hier abgesichert, dass sie ihren Zugriff auf die Institution Rundfunk regelrecht monopolisieren. Sie bereiten schon als Rundfunkreferenten in den Staatskanzleien die Gesetze und Verträge vor, Justiziare in den Anstalten wehren ihre Begehrlichkeiten ab, viele der Direktoren von Landesmedienanstalten kommen aus diesem Fach (in manchen Bundesländern wurde dies sogar in die Gesetze geschrieben). Begründet wurde diese Rückführung zum Staat nie, so steht es einfach in den von Juristen verfassten Paragrafen.
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Wenn wir nicht bald aufwachen, werden wir eine unerträgliche Verstaatlichung der Aufsichtsstrukturen bekommen, die sich damit immer weiter vom Bürger entfernen. Die derzeit in der Tat groteske Fragmentierung der privat-kommerziellen Rundfunkaufsicht in 14 Landesmedienanstalten wurde mit dem 10. Rundfunkänderungsstaatsvertrag in einer bundeseinheitlichen Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) zusammengeführt werden; besetzt wird sie mit den Direktoren der Landesmedienanstalten. Eine Vertretung der gesellschaftlichen Gruppen auf Bundesebene ist überhaupt nicht vorgesehen. Stillschweigend wird gesellschaftliche Kontrolle abgebaut. Dabei sind es diese Gremien, die stellvertretend für uns alle arbeiten, die eine Art autonomer „Vierter Aufsichtsmacht“ konstituieren; ja, man könnte argumentieren, dass wir hier insgesamt von der Etablierung einer vierten Säule sprechen, welche die Bürger gegenüber den klassischen drei Staatsgewalten aufbauen müssen. Notwendig ist es, der politischen Geheimnistuerei eine Kultur der Offenheit, der Transparenz und der Verantwortung entgegenzustellen, wie sie exemplarisch beim BBC Trust umgesetzt wird. Und wir müssen uns der Tradition des „Volksrundfunk“ erinnern, wie sie Hans Bredow in der Aufbruchstimmung der „Stunde null“ der deutschen Medien bereits vorgedacht hatte.
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Tacheles reden (17): ZDF-Fernsehrat ist gut gerüstet Ruprecht Polenz
Das von epd medien dankenswerterweise initiierte Diskussionsforum über eine verbesserte Gremienarbeit und -aufsicht hat mittlerweile zu mehreren Beiträgen geführt. Deren Lektüre lässt unschwer erkennen, dass dabei in der Hauptsache von der föderal strukturierten ARD bzw. von der Kontrollsituation bei dem ARD-Gemeinschaftsprogramm die Rede ist. Dass die Arbeit der Gremien derzeit einer intensiven, zum Teil auch kritischen Betrachtung unterworfen ist, hat zwei wesentliche Ursachen. Einerseits den exogenen Grund, dass eine Intensivierung der Gremienaufsicht eine der zentralen Konsequenzen aus dem beigelegten Beihilfestreit Deutschlands mit der EU-Kommission ist, und andererseits den endogenen Grund, dass der gute Ruf der Anstalten in der Bevölkerung durch Schleichwerbungsskandale, an den ARD-Gremien vorbei abgeschlossene Verträge mit Entertainern und Sportlern und eine angebliche Abflachung der Programmqualität der öffentlich-rechtlichen Programmangebote Schaden genommen hat. Für Zweitgenanntes, so der Vorwurf, seien letztlich auch die Aufsichtsorgane bei den öffentlich-rechtlichen Sendern mit in die Verantwortung zu nehmen. Davon ist auch das ZDF als eine der beiden Säulen des öffentlich-rechtlichen Systems bzw. der Fernsehrat als das mit 77 Mitgliedern größte Aufsichtsorgan einer öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt betroffen. Ohne die Argumente und Vorschläge aus den vorangegangenen Gastbeiträgen im Einzelnen zu wiederholen, hier einige Anmerkungen sozusagen aus der (Werkstatt-)Perspektive des ZDF-Fernsehrates. Die von den Ländern gegenüber Brüssel zugesagte und in rundfunkrechtliche Grundlagen umzusetzende Stärkung der Gremien manifestiert sich künftig vor allem in dem Modell eines neuen Beauftragungsverfahrens für neue oder veränderte digitale Angebote und Telemedien. Nachdem die von der EU-Kommission ursprünglich angestrebte Beauftragung öffentlich-rechtlicher Angebote im Wege einer staatlichen Genehmigung unter Berufung auf den Grundsatz der Staatsfreiheit nach Art. 5 Grundgesetz abgewehrt werden konnte, hat die Kommission akzeptiert, dass die Auftragskonkretisierung von den für die Aufsicht über den
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öffentlich-rechtlichen Rundfunk zuständigen anstaltsinternen Gremien erfolgen soll. Danach wurde für digitale Zusatzkanäle eine präzisere Aufgabenbeschreibung vereinbart, als sie bislang im Rundfunkstaatsvertrag erfolgt ist. Auch für den Bereich der Telemedien wurde eine genauere Beauftragung vereinbart. Die Anstalten werden im Rahmen der Einigung zwischen den Ländern und der EU-Kommission verpflichtet, ein Gesamtkonzept für die bestehenden Telemediendienste vorzulegen sowie Programmkonzepte für ihre Digitalkanäle zu entwickeln. Diese Konzepte sind vom Fernsehrat zu genehmigen und in den amtlichen Veröffentlichungsblättern zu veröffentlichen. Neue oder veränderte Telemedienangebote und Digitalkanäle der öffentlichrechtlichen Sender sind durch Programmkonzepte zu konkretisieren, die von den Gremien zu genehmigen sind. Dabei soll es dem Fernsehrat obliegen, durch Richtlinien zu bestimmen, wann ein neues bzw. ein geändertes Angebot vorliegt. Für neue oder veränderte digitale Angebote wird das ZDF künftig einen dreistufigen Test durchführen müssen. In diesem Zusammenhang muss sich der Fernsehrat mit Stellungnahmen Dritter zu den marktlichen Auswirkungen neuer oder veränderter Angebote befassen. Bei dem dreistufigen Test sind folgende Feststellungen zu treffen:
Das neue oder veränderte Angebot muss zum Auftrag gehören und damit den demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Gesellschaft entsprechen, es muss in qualitativer Hinsicht zum publizistischen Wettbewerb beitragen und der Aufwand, der für die Erbringung des Angebots erforderlich ist, muss beziffert werden.
Die Prüfungstrias gilt im Übrigen auch für Telemedien, etwa Online-Angebote. Unmittelbar nach Bekanntwerden der verabredeten zweckdienlichen Maßnahmen zur Auftragsdefinition hat im Fernsehrat ein Diskussionsprozess eingesetzt, wie das Gremium mit den neuen Kompetenzen umgehen soll und welche qualitativen, aber auch quantitativen Veränderungen bei der Gremienarbeit damit einhergehen. Nach meinem Eindruck besteht im Fernsehrat hohe Bereitschaft, die zusätzlichen Anforderungen energisch und unverzüglich anzugehen und damit seiner Verantwortung gegenüber der Gesellschaft gerecht zu werden. Daher ist es zu befürworten, wenn die Kriterien für neue Konzepte und Projekte möglichst bald und nicht erst im Jahr 2009, wenn der 11. Rundfunkänderungsstaatsvertrag in Kraft treten soll, angewendet werden, soweit das im Hinblick auf die zu erwartende Regelung sinnvoll erscheint.
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Ein Blick auf die BBC hilft hier sicher weiter, allerdings ist eine auf deutsche Verhältnisse angepasste, möglichst abgespeckte Form anzustreben. Auf jeden Fall wird der Fernsehrat seine erweiterten Mitwirkungsrechte dynamisch entwickeln. Ohnehin wird der Fernsehrat vom Intendanten schon bislang frühzeitig in die Beratungen über strategische Grundsatz- und Zukunftsfragen eingebunden und angehört. Deshalb verstehe ich das Gremium nicht als einen „Beirat“, sondern als einen Aufsichtsrat. Mit den beim ZDF bereits bestehenden Strukturen ist das von den Ländern noch auszugestaltende Evaluationsverfahren relativ einfach umzusetzen. Die Länder werden des Weiteren gesetzlich bestimmen, dass sich die Gremien vor ihrer Entscheidung mit Stellungnahmen Dritter zu den marktlichen Auswirkungen neuer oder veränderter Angebote zu befassen haben. Für das ZDF bzw. den Fernsehrat ist die Auseinandersetzung mit den Positionen relevanter gesellschaftlicher Gruppen freilich keine neue Erfahrung, da seit der Gründung des Senders der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), und damit ein direkter publizistischer und ökonomischer Wettbewerber, mit zwei Vertretern im Fernsehrat vertreten ist und bei den Beratungen über wichtige Programm- und Strategiefragen des ZDF mit diskutiert. Auch andere Gruppen, die Dritte im Sinne der staatsvertraglichen Regelung sein können, sind traditionell im Fernsehrat vertreten. Exemplarisch können die von Verbraucherschutz, Kirchen, Filmwirtschaft, Umweltschutz, Arbeitnehmerund Arbeitgeberorganisationen entsandten Mitglieder genannt werden. Wiewohl sie – unabhängig und nicht an Weisungen gebunden – ein gesamtgesellschaftliches Mandat ausüben, bringen sie die Sichtweisen der sie entsendenden Organisationen in die Beratungen über Programme und Dienste des ZDF ein. Diese Mitwirkung relevanter gesellschaftlicher Gruppen lässt sich mithin als eine Form der seit Jahren praktizierten Beteiligung von Dritten – wie auch und gerade die Beispiele BDZV und Filmwirtschaft zeigen – von Wettbewerbern bewerten. Keine „Abnickmaschinen“ Damit wende ich mich zugleich gegen das offenkundig unausrottbare Klischee der „zahnlosen Fernseh- und Rundfunkräte“, die vor übertriebener Hausloyalität zu reinen „Abnickmaschinen“ der Wünsche und Pläne ihrer Intendanten geworden seien. Belege dafür werden allerdings kaum vorgetragen. Vielmehr bestätigt eine wissenschaftliche Untersuchung von Henk Erik Meier aus der jüngeren Zeit zum ZDF-Fernsehrat gerade den relevanten Einfluss dieses Gremiums. Zudem wird von den Kritikern ein entscheidender Punkt übersehen. Damit meine ich die „präventive Wirkung der Fernsehratsantizipation“ bei Entscheidungsprozessen.
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Durch das jahrelange Zusammenwirken zwischen Fernsehrat und Intendant hat sich gleichsam ein latenter Konsens darüber entwickelt, was dem Gremium zur Entscheidungsfindung vorgelegt werden kann und was nicht, weil eben im Fernsehrat nicht durchsetzbar. So wurde eine massive Reduktion des Informationsanteils im ZDF-Programm zugunsten unterhaltender Programme schon deshalb nicht in Erwägung gezogen, weil der Intendant weiß, dass der Fernsehrat „nicht mitspielen“ würde. Auf der anderen Seite räumt der Fernsehrat dem ZDFManagement bei der Gestaltung seiner Zukunftsfähigkeit eine hohe Einschätzungsprärogative ein. Diskussion über „Forum am Freitag“ Das muss nicht notwendigerweise mit dem Wunsch von Martin Stadelmaier nach mehr Streitkultur und Konfliktbereitschaft der Gremien ihren Anstalten gegenüber kollidieren. Dazu zwei Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit aus Sitzungen des Fernsehrates, die Martin Stadelmaier als teilnehmendes Mitglied sicherlich bestätigen wird. Nachdem der Fernsehrat im Frühjahr 2007 von den Plänen des ZDF für ein Online-Format als Dialogplattform für die in Deutschland lebenden rund 3,5 Millionen Muslime erfahren hat, ergab sich eine intensive und auch von Kritik an dem Vorhaben geprägte Diskussion im Plenum. Wiewohl die Programmautonomie des Intendanten nicht infrage gestellt wurde, hat der Fernsehrat für das inzwischen angelaufene „Forum am Freitag“ klare Wegweiser aufgestellt, die das ZDF bei der Konzeption und Gestaltung des Formats umgesetzt hat. Der Fernsehrat wird nach einem Jahr Bilanz ziehen, auf deren Grundlage über eine Fortsetzung des „Forums am Freitag“ entschieden werden soll. Kontrovers hat der Fernsehrat mit der ZDF-Führung auch die Frage eines Ausstiegs bei der Berichterstattung über die Tour de France 2007 diskutiert. Angesichts der bekanntgewordenen Doping-Fälle im Radrennsport sprach sich die Hälfte der Fernsehratsmitglieder für einen Rückzug des ZDF bei der Tour de France aus. Ich sehe in diesem Votum ein starkes Signal der Unterstützung für die Bemühungen des ZDF für einen sauberen Sport. Ich befürworte eine Stärkung der Autonomie der Gremien und halte nichts von einem immer wieder geforderten vollständigen Rückzug der Vertreter staatlicher Organe oder der Parteien aus den Gremien der öffentlich-rechtlichen Sender. Schon eher wäre über ein Direktentsenderecht der Vertreter der im § 21 ZDF-Staatsvertrag aufgeführten Verbände und Organisationen nachzudenken, wie es 15 der 16 Länder schon Anfang der 90er Jahre ins Auge gefasst hatten. Bislang schlagen die Verbände und Organisationen den Ministerpräsidenten drei
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Ruprecht Polenz
Vertreter vor, von denen die Ministerpräsidenten aus den Angehörigen dieser Bereiche einen Vertreter in den Fernsehrat berufen. Öffentlich tagen Zweifellos bedarf die Gremienarbeit einer noch größeren Transparenz nach außen. Nach der Satzung des ZDF sind lediglich die jährlichen Haushaltsberatungen öffentlich zu führen. Gleichwohl kann der Fernsehrat auch bei der Beratung einzelner Punkte einer Tagesordnung die Öffentlichkeit zulassen. Das ist aber erst einmal geschehen, und zwar in der Sitzung am 21. März 2003 in Dresden, bei der sich der Fernsehrat mit der Thematik „Das ZDF in den neuen Ländern“ befasst hat. Gerade wenn es um Fragen der Programmarbeit und -qualität geht, wären wir gut beraten, den Zuschauern und Gebührenzahlern eine Teilnahme an den Beratungen zu ermöglichen. Denn die von dem Journalistik-Wissenschaftler Prof. Walter Hömberg formulierte Kritik, es sei „ein Widerspruch in sich, wenn die gesellschaftliche Beratung und Kontrolle eines öffentlichen Mediums hinter verschlossenen Türen stattfindet“, ist durchaus plausibel. Ich bin auch dafür, die Öffentlichkeit intensiver über die Arbeit und die Beschlüsse des Fernsehrates zu informieren und die Verfahrensregeln für Zuschauerbeschwerden weiter zu optimieren. Das gilt umso mehr, als Hans Mathias Kepplinger in seinem Beitrag in diesem Band eine direkte Beschwerdemöglichkeit der Zuschauer bei den Aufsichtsgremien anmahnt, die es beim ZDF allerdings seit langem gibt und deren Verfahren in § 21 der ZDF-Satzung geregelt ist. Fühlt sich ein Zuschauer durch eine Sendung des ZDF beschwert oder meint einen Verstoß gegen die Richtlinien für die Sendungen des ZDF zu erkennen, kann er sich schon jetzt einfach und barrierefrei über das Internet unter der Adresse www.fernsehrat.zdf.de an das Kontrollorgan direkt wenden. Der Fernsehrat übernimmt sodann das Mandat des Zuschauers gegenüber dem Sender. Zu jeder Fernsehratssitzung legt der Vorsitzende dem Gremium im Übrigen einen Bericht über die eingegangenen Programmbeschwerden und den Stand ihrer Bearbeitung vor. Dass sich die Gremien für ihre Arbeit verstärkt externen Sachverstand hinzuziehen, ist zu begrüßen. In der sich überaus dynamisch wandelnden digitalen Medienwelt fällt es natürlich auch den Räten schwer, stets auf der Höhe der Zeit zu bleiben. Obwohl die Geschäftsordnung des Fernsehrates vorsieht, dass externe Sachverständige zu den Beratungen hinzugezogen werden können, wurde hiervon in der Vergangenheit eher selten Gebrauch gemacht. Es ist für die Meinungsbildung der Fernsehräte zweifellos interessant und nützlich, sich zu Einzel-
Tacheles reden
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fragen von unabhängigen und als kompetent ausgewiesenen Dritten informieren zu lassen und mit ihnen zu diskutieren. Das zumindest waren die Erfahrungen, als der Programmausschuss Programmdirektion mit einem Medienwissenschaftler sowie einem Autor und Regisseur die Problematik der Wirkung von Gewaltdarstellungen in den Medien eingehend erörtert hat oder sich der Richtlinien- und Koordinierungsausschuss von dem Rechtswissenschaftler Prof. Bernd Holznagel den „Spezifischen Funktionsauftrag des ZDF“ hat erläutern lassen. Die Arbeit der Aufsichtsgremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wird an Umfang und Intensität zunehmen. Nur wenn es ihnen gelingt, als ehrlicher Makler zwischen den Sendern und den Zuschauern sowie als Anwalt der Gesellschaft im Ganzen Wirkung zu entfalten, bleiben sie glaubwürdig und kommen ihrem Auftrag nach. Der Einschätzung meiner Vor-Autoren in epd medien ist ausdrücklich zuzustimmen, dass die Abgabe der Selbstverpflichtungserklärungen durch die öffentlich-rechtlichen Programmanbieter und deren Überprüfung auf Einhaltung der Programmperspektiven durch die für das Programm zuständigen Gremien ein wichtiger Schritt zur Stärkung der Kontrollmöglichkeiten darstellt.
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Ganzheitlich, nicht partikular (18): Vorschläge des GVK-Vorsitzenden (2007/08) Volker Giersch
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk leistet einen unverzichtbaren Beitrag zu Information, Meinungsbildung und publizistischer Vielfalt in unserer Gesellschaft. Das hat das Bundesverfassungsgericht in seinem jüngsten Urteil nochmals bestätigt. Zugleich hat es den Rahmen für die Entwicklung eines unabhängigen Rundfunks in einer sich rasch wandelnden Medienwelt abgesteckt und dabei betont, dass „der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht auf den gegenwärtigen Entwicklungsstand in programmlicher, finanzieller und technischer Hinsicht beschränkt werden darf“. Diese Klarstellung war richtig und wichtig. Urteil ist kein Freibrief Aus dem Urteil lässt sich indes nicht herauslesen, dass das Gericht den öffentlich-rechtlichen Sendern damit einen weitgehenden „Freibrief“ ausgestellt habe. Vielmehr geht die erneut bekräftigte Entwicklungsgarantie mit der Verpflichtung einher, den öffentlich-rechtlichen Auftrag weiter zu präzisieren und an die sich wandelnden Markt- und Technikbedingungen anzupassen. Dies letztlich mit dem übergeordneten Ziel, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk einen möglichst hohen gesellschaftlichen Beitrag (public value) zu leisten hat. Denn nur dieser Beitrag legitimiert die Gebührenfinanzierung. Die Gremien sind jetzt gefordert, sich als „Anwälte des gesellschaftlichen Interesses“ aktiv und engagiert an der Weiterentwicklung des Funktionsauftrags zu beteiligen. Konkrete Ansatzpunkte dazu bieten im Bereich der ARD die Fortschreibung der Digitalstrategie und der programmlichen Leitlinien (nach § 11 IV RStV). Ebenso wichtig wie die Fortschreibung des Auftrags ist es zu gewährleisten, dass dessen Einhaltung wirksam überwacht wird. Deshalb gewinnt die Wächterund Kontrollfunktion der Gremien – gerade angesichts des rasanten Wandels der Medienwelt – wachsende Bedeutung. Und deshalb ist die Gremiendebatte in epd medien hoch aktuell.
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Für mich steht zunächst außer Frage, dass sich die binnenplurale Gremienkontrolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in den vergangenen Jahrzehnten grundsätzlich bewährt hat. Was die ARD betrifft, gilt das insbesondere für die Ebene der Landesrundfunkanstalten (LRA). Hier sehe ich – ebenso wie andere Autoren dieser Reihe – keinen wesentlichen Handlungsbedarf. Für verbesserungsbedürftig halte ich dagegen die Aufsicht über das ARDGemeinschaftsprogramm. Aufgrund von Defiziten, die struktureller Art sind, entspricht sie in ihrer derzeitigen Form nur eingeschränkt dem Erfordernis einer effektiven und effizienten Kontrolle. Aufsicht vorwiegend aus partikularer Sicht Der Grund: Die Verantwortung für das Gemeinschaftsprogramm ist durchgehend auf der Ebene der Landesrundfunkanstalten angesiedelt. Und nur dort. Zwar wird jede Sendung, die ARD-weit ausgestrahlt wird, und jeder Euro, der dafür verausgabt wird, von mindestens einer der neun Landesrundfunkanstalten verantwortet. Aber es gibt kein Aufsichtsorgan, das unmittelbar für das gesamte Gemeinschaftsprogramm zuständig ist. Und genau das ist der Kern des Problems: Die Aufsicht erfolgt allzu sehr aus der partikularen Sicht einzelner Landesrundfunkanstalten und allzu wenig mit Blick auf das Ganze. Die Frage etwa, ob „das Erste“ den Funktionsauftrag bestmöglich erfüllt und ob den Kosten ein angemessener gesellschaftlicher Wert (public value) gegenübersteht, liegt derzeit noch nicht hinreichend im Fokus der Gremienkontrolle. Deutlich wird das zunächst bei den Zulieferungen der LRAs an das ARDGemeinschaftsprogramm. Die dafür nötigen Finanzansätze werden zwar in den Haushaltsplänen und in den mittelfristigen Finanzplanungen der einzelnen Rundfunkanstalten ausgewiesen und insoweit von den zuständigen Gremien kontrolliert und genehmigt. Gestützt auf die Arbeit der Programmausschüsse befassen sich diese Gremien auch mit der Qualität der zugelieferten Sendungen. Was fehlt, ist jedoch eine umfassende und systematische Finanz-, Qualitäts- und Public-Value-Kontrolle, die sich auf das Programmangebot im Ganzen richtet. Zu wenig aus ganzheitlicher Sicht erfolgt aus meiner Sicht auch die Aufsicht über die rund 50 ARD-Gemeinschaftseinrichtungen (GSEA), die – einschließlich der ausgelagerten Gesellschaften für die Bereiche Sportrechte (Sport A) und Filmproduktionen (Degeto) – inzwischen mit einem Finanzvolumen von jährlich insgesamt rund 1,2 Milliarden Euro ausgestattet sind. Dem föderalen Prinzip entsprechend ressortiert zwar jede GSEA bei einer Landesrundfunkanstalt. Und es gibt, sofern die Einrichtungen rechtlich selbstständig sind, auch eigene Aufsichtsgremien, die in aller Regel durch die Exekutive besetzt werden.
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Eine fundierte Diskussion und Prüfung, ob die Mittel, die in die Gesamtheit dieser Einrichtungen fließen und in erster Linie dem ARD-Gemeinschaftsprogramm zugute kommen, einen angemessenen gesellschaftlichen Nutzen stiften, findet jedoch auch hier nicht oder nur ansatzweise statt. Erschwert wird die Gremienaufsicht auf ARD-Ebene insbesondere auch dadurch, dass den Gremien wichtige, für eine wirksame Kontrolle notwendige Planungs- und Finanzübersichten derzeit (noch) nicht vorliegen: eine mehrjährige, ganzheitliche „Produktplanung“ des Gemeinschaftsprogramms etwa und eine daraus abgeleitete Kostenrechnung. Derzeit stehen die Programmebene und die Kostenebene bei den Gemeinschaftsangeboten nur lose verknüpft nebeneinander. Um das Bild rund zu machen, ist zweierlei zu ergänzen: Erstens darf der Hinweis nicht fehlen, dass auch der ARD-Programmbeirat im Bereich der Qualitätsüberwachung eine sehr engagierte und wichtige Arbeit leistet. Er hat aber laut ARD-Staatsvertrag nur eine beratende Funktion gegenüber dem ARD-Programmdirektor und keine Aufsichtsfunktion im eigentlichen Sinn. Zweitens gehört ins Bild, dass die Konferenz der Gremienvorsitzenden (GVK) über das Instrument der programmlichen Leitlinien (§ 11 IV RStV) inzwischen bessere Möglichkeiten hat, auf Qualität und Grundausrichtung des Programms Einfluss zu nehmen. Dieses Instrument ist ohne Frage eine gute Grundlage für eine nachhaltige Public-Value-Debatte zwischen Exekutive und Gremien. Es kann aber eine ganzheitliche Aufsicht über das ARD-Gemeinschaftsprogramm, die auf transparenten und programmorientierten Finanzübersichten und Haushaltsplänen aufbaut, nicht ersetzen. Insgesamt bleibt es also bei dem Befund, dass der Gestaltungsmacht der Exekutive auf der Ebene des Gemeinschaftsprogramms bislang keine gleichgewichtige Gremienaufsicht gegenübersteht. Die neun Intendantinnen und Intendanten bilden – zwar nicht de jure, aber de facto – das Exekutivorgan der Arbeitsgemeinschaft ARD. Unterstützt durch Programmdirektor und Generalsekretariat – und moderiert durch ihren Vorsitzenden – entscheiden sie gemeinsam über zentrale Fragen der Programmgestaltung und -finanzierung. Ein dazu passendes, auf Augenhöhe angesiedeltes Aufsichtsgremium existiert bisher nicht. Und so hat Thomas Kleist wohl recht, wenn er schreibt, dass „die unkontrollierte Machtfülle der Exekutive auf ARD-Gemeinschaftsebene europaweit einmalig ist“. Die GVK jedenfalls kann die notwendige Aufsichtsfunktion in ihrer derzeitigen Struktur und Ausstattung nur teilweise ausfüllen. Im Ergebnis werden – auf ARD-Ebene – Grundsatzfragen der Programmgestaltung und finanzwirksame Zukunftsfragen ohne angemessene Einbindung der Gremien entschieden.
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Einzigartige föderale Struktur Eigentlich wäre es notwendig, für das milliardenteure ARD-Gemeinschaftsangebot – insbesondere für „Das Erste“ – eine eigenständige mittelfristige Programmplanung zu erstellen, daraus Haushaltspläne und mittelfristige Finanzplanungen abzuleiten und diese von einem dafür zuständigen Aufsichtsgremium genehmigen zu lassen. In anderen föderalen Systemen ist das gängige Praxis. Beispiel IHK-Organisation. Hier finanzieren die 81 eigenständigen IHKs gemeinsam einen Dachverband – den DIHK, der mit insgesamt rund 250 Mitarbeitern eine Vielzahl von Leistungen auf Bundes- und EU-Ebene erbringt. Die Finanzierung dieser IHKGemeinschaftseinrichtung erfolgt über einen Haushaltsplan, der von dafür zuständigen Gremien – dem DIHK-Vorstand und der DIHK-Vollversammlung – beschlossen wird. Und es gibt natürlich eine Rechnungsprüfung, die als Grundlage für die Entlastung von Vorstand und Geschäftsführung dient. Ähnlich sind die Strukturen übrigens in praktisch allen föderalen Systemen – in föderalen Staaten, in föderal strukturierten Wirtschaftsorganisationen, in der Sparkassenorganisation, im Bereich Verbraucherschutz und in der Wirtschaft selbst, wenn mittelständische Unternehmen Verbundstrukturen bilden. Neben den eigenständigen Organisationen/Unternehmen gibt es jeweils eine Dachorganisation mit eigener Rechtspersönlichkeit, die für die gemeinsam erbrachten Leistungen zuständig ist. Die spezifischen Vorteile des Föderalismus – die Regionalität, die Vielfalt an Ideen und Konzepten und der Wettbewerb um die besten Lösungen – bleiben dadurch ungeschmälert erhalten. Für die Leistungen, die für die Gemeinschaft erbracht werden, existieren aber klare Exekutiv- und Kontrollstrukturen. Nicht zutreffend ist in diesem Kontext der Hinweis, die ARD sei so organisiert wie virtuelle Unternehmen in der modernen Wirtschaftswelt. Denn erstens bestehen solche Verbünde zumeist nur projektbezogen und zeitlich befristet. Und zweitens werden für entsprechende Projekte in aller Regel klare rechtliche Strukturen (sog. Leistungsaustauschverträge) mit einer klaren Verantwortungszuweisung geschaffen. Es bleibt also dabei: Die Verfasstheit der ARD als föderale Arbeitsgemeinschaft ist einzigartig. Und aus dieser Verfasstheit leitet sich letztlich ab, dass die Gremienaufsicht über die ARD-Gemeinschaftsangebote bislang nicht zufriedenstellend ist. Ob eine grundlegende Strukturreform wie die Einrichtung einer ARDDachorganisation per saldo Vorteile böte, soll hier nicht näher diskutiert werden. Zum einen würde eine solche Diskussion den Rahmen dieses Aufsatzes sprengen. Zum anderen sind für eine grundlegende Organisationsreform zurzeit keine
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politischen Mehrheiten in Sicht. Umso wichtiger ist es, nach Wegen zu suchen, wie die Gremienkontrolle innerhalb des Systems der föderalen Arbeitsgemeinschaft weiterentwickelt werden kann. Nicht kompatibel mit der föderalen ARD-Struktur ist zunächst der Vorschlag von Marc Jan Eumann, einen „ARD-Rat“ als zusätzliches zentrales Gremium mit originären Kontrollbefugnissen einzurichten. Denn: Wen und was soll ein solches Gremium mit welchen Sanktionen kontrollieren? Solange es keine Dachorganisation mit einem eigenen Exekutiv-Organ und Haushaltsplanungen für die Gemeinschaftsprogramme gibt, wird seine Kontrolltätigkeit ins Leere laufen. Selbst wenn man die Zuständigkeit der Rundfunkräte entsprechend beschneiden würde, wäre ein Kompetenzwirrwarr wohl kaum zu vermeiden. Außerdem würde ein „ARD-Rat“, dessen Arbeit und Meinungsbildung sich nicht aus den Gremien der LRA „speist“, die Anbindung an die föderalen „Arme und Beine“ der ARD verlieren. Es gibt allerdings andere, durchaus ins System der Arbeitsgemeinschaft passende Möglichkeiten, die Aufsicht über die Gemeinschaftsprogramme und Gemeinschaftseinrichtungen der ARD (noch) effektiver und effizienter zu gestalten. Und diese Möglichkeiten gilt es, rasch und konsequent zu nutzen. Erstens: Vorhandene Spielräume offensiv nutzen Zunächst liegt es an der GVK selbst, die derzeit vorhandenen Spielräume für eine wirksame Gremienkontrolle bestmöglich zu nutzen. Hierzu gibt es mindestens vier Ansatzpunkte: Erstens muss es darum gehen, den durch den neuen § 5 a der ARD-Satzung erweiterten Mitwirkungsrahmen überzeugend mit Leben zu füllen. Immerhin nimmt die GVK mit dem § 5 a erstmals als eigenständig handelnde Institution Gestalt an. Ihre Scharnier- und Koordinierungsfunktion wurde maßgeblich gestärkt. Auf dieser Basis gilt es jetzt, die begonnene systematische Befassung der Gremien der Landesrundfunkanstalten mit den Haushaltsrechnungen und Finanzplanungen der einzelnen GSEA weiter voranzutreiben, deren Stellungnahmen zu koordinieren und hierbei das Augenmerk verstärkt auf die Entwicklung des Gemeinschaftsprogramms im Ganzen zu lenken. In diesem Zusammenhang sollte die GVK weiter darauf drängen, dass ihr regelmäßig eine programm- und spartenspezifische Kostenrechnung und Ausgabenplanung für die ARD-Gemeinschaftsangebote vorgelegt wird. Denn nur so lassen sich Kosten und gesellschaftlicher Nutzen gegenüberstellen. Und das sollte meines Erachtens den Kern der Gremienkontrolle im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ausmachen.
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Zweitens könnte und sollte die GVK darauf hinwirken und auch selbst dazu beitragen, dass die ARD-Leitlinien konkreter gefasst und konsequent auf die Public-Value-Maxime ausgerichtet werden. Je früher sie entsprechende Vorschläge entwickelt und unterbreitet, desto größer sind die Chancen, dass diese Eingang in die nächsten Leitlinien finden – in jene für die Jahre 2009 und 2010. Drittens kann die GVK als Impulsgeber in der ARD und als Dienstleister für die Gremien fungieren – dadurch etwa, dass sie wichtige Themen für die Diskussion in den Gremien aufbereitet. So hat die GVK im Jahr 2008 eine Klausur zum Thema „Erreichbarkeit der Jugend“ veranstaltet. Viertens muss die GVK ihre Öffentlichkeitsarbeit weiter verstärken, d.h. GVK-Positionen zu wichtigen Grundsatzfragen der ARD offensiver kommunizieren und so aktiver an der medienpolitischen Diskussion teilnehmen. Dies umso mehr, als die Erwartungshaltung der Öffentlichkeit an eine wirksame und wahrnehmbare Gremienkontrolle in den letzten Jahren enorm gestiegen ist. Hier ist die GVK aus meiner Sicht bereits auf einem guten Weg. Zweitens: Gemeinsame Diskussion über Zukunftsfragen Geboten ist es überdies, die GVK weiterhin frühzeitig in die Diskussion strategischer Fragen einzubinden. Am Beispiel der ARD-Digitalstrategie hat sich gezeigt, dass ein solcher Dialog zwischen den Intendanten und der GVK für beide Seiten durchaus fruchtbar ist. Da die Digitalstrategie mit Blick auf neue Entwicklungen in der Technik, in der Mediennutzung und in der Marktentwicklung fortgeschrieben werden soll, bietet sich ein breiter Spielraum, diese Diskussion fortzuführen. Weitere Themen für einen gemeinsamen Zukunftsdialog sind die Entwicklung von griffigen und messbaren Qualitätskriterien für das ARD-Programm und die Erarbeitung eines Public-Value-Konzepts. Gerade hier macht es Sinn, die Vorstellungen und Vorschläge von Intendanten und Gremien in ein gemeinsames Konzept einfließen zu lassen. Drittens: Mehr professionelle Zuarbeit Zur Wahrnehmung ihrer Kontrollaufgaben brauchen Gremienmitglieder Kompetenz und Zeit. Kompetenz ist in der GVK reichlich vorhanden. Wer wie die Gremienvorsitzenden den Vorsitz in einem Rundfunkrat oder Verwaltungsrat führt – und das in der Regel über mehrere Jahre hinweg –, der erwirbt sich nolens volens ein beträchtliches Maß an medienpolitischem Fachwissen. Insofern
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ist die GVK – nicht zuletzt dank der föderalen ARD-Struktur – ein Gremium von Medien-Profis. Ein Engpassfaktor ist dagegen die Zeit. Denn die meisten Gremienvorsitzenden sind ja neben ihrem ARD-Ehrenamt auch in ihrem Hauptberuf stark gefordert. Doch das ist in anderen Gremien nicht anders – etwa in den Aufsichtsräten von Unternehmen oder bei den Mitgliedern des ZDF-Fernsehrates. Ein Ausweg aus dieser „Zeitfalle“ liegt darin, dass ein Mitarbeiterstab professionell zuarbeitet. Deshalb ist es gut, dass die GVK seit Beginn des Jahres auf eine eigene Geschäftsstelle zugreifen kann, die neben der Geschäftsführerin über zwei Mitarbeiter verfügt. Das ist ohne Frage ein Fortschritt, auf dem sich aufbauen lässt. Man mag einwenden, dass eine personelle Ausweitung überflüssig ist, weil sich die GVK ja jederzeit der Fachkenntnisse des Systems (Generalsekretariat, Justiziare, Verwaltungs- und Programmdirektoren etc.) bedienen kann. Und das tut sie bereits auch. Aber es gibt eben zwischen Aufsicht und Exekutive unterschiedliche Interessenlagen, die es insbesondere bei sensiblen Themen nahelegen, auf eigene Mitarbeiter statt auf die Expertise der Exekutive zuzugreifen. So geschieht es in den Aufsichtsräten von Unternehmen oder auch bei der BBC. Das dortige Kontrollorgan – der BBC-Trust – verfügt immerhin über einen Stab von über 30 Personen. Eine Stärkung der Aufsicht sollte zugleich auch dadurch erfolgen, dass der GVK ein eigenes Budget zum Einkauf externer Expertise – sei es für die Vergabe von Studien und Gutachten, sei es für die Einholung von Expertenrat – zur Verfügung gestellt wird. Viertens: Wahl des ARD-Gremienvorsitzenden durch die GVK Überlegenswert scheint zudem, der GVK künftig das Recht einzuräumen, ihren Vorsitzenden selbst zu wählen und dabei auch die Möglichkeit einer Wiederwahl vorzusehen. Gegenüber der derzeitigen Regelung, wonach der jeweilige Rundfunkratsvorsitzende der geschäftsführenden Anstalt der GVK vorsitzt, könnte das einen (weiteren) Zuwachs an Unabhängigkeit, Kompetenz und Konfliktbereitschaft bringen. Zumindest wäre der Einwand ausgeräumt, dass die Aufsichtsfunktion aufgrund eines gelegentlich unterstellten Solidarverhaltens zwischen den Akteuren der geschäftsführenden LRA nicht kritisch genug wahrgenommen wird. Und, vielleicht eine Petitesse: Die GVK sollte künftig die Bezeichnung „ARD-Gremienkonferenz“, ihr Vorsitzender analog zum ARD-Vorsitzenden die Funktionsbezeichnung ARD-Gremienvorsitzender tragen. Das wäre einprägsamer
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und leichter kommunizierbar als die Wortungetüme „ARD-Gremienvorsitzendenkonferenz“ und „Vorsitzender der ARD-Gremienvorsitzendenkonferenz“. Fünftens: Wichtige Rolle bei Public-Value-Tests Relativ zeitnah ist zu entscheiden, wie die Zusage Deutschlands gegenüber der EU-Kommission, für neue und grundlegend veränderte digitale Angebote künftig spezielle Genehmigungsverfahren (3-Stufen-Test) durchzuführen, konkret umgesetzt werden soll. Aus Sicht der GVK sind dabei zwei Prinzipien zu beachten: Erstens sollte die Verantwortung des Verfahrens – im Hinblick auf eine möglichst glaubwürdige und unabhängige Prüfung – weitgehend in der Hand der Gremien liegen. Zweitens sollte für neue ARD-weite Angebote auch jeweils ein ARD-weites Genehmigungsverfahren Anwendung finden. Dies umso mehr, als es sich zumeist wohl um öffentlich (kontrovers) diskutierte Vorhaben handeln dürfte. Ein „Testat“ durch alle Rundfunkräte würde hier ein Höchstmaß an gesellschaftlicher Akzeptanz versprechen und zugleich – bei Genehmigung – ein Höchstmaß an Rechtssicherheit für die Exekutive bieten. Gemäß § 5 a der ARD-Satzung sollte der GVK bei solchen Vorhaben die Verantwortung für die Koordinierung und Steuerung des Verfahrens übertragen werden. Das hätte gegenüber konkurrierenden Vorschlägen (z. B. Zuständigkeit der jeweils federführenden Anstalt) gleich mehrere Vorteile:
Es würde bei einer Stelle, die für alle ARD-Gremien zugänglich ist, entsprechende Public-Value-Kompetenz aufgebaut. Die GVK-Geschäftsstelle könnte dann – soweit gewünscht – für die Gremienbüros eine beratende Funktion übernehmen. Es wäre gewährleistet, dass senderspezifische Interessenlagen das Ergebnis der Prüfung nicht einseitig beeinflussen. Zugleich wäre sichergestellt, dass unterschiedliche regionale Sichtweisen, Präferenzen und Marktverhältnisse innerhalb des Verfahrens angemessen berücksichtigt werden. Gerade ein Verbund, der wie die ARD auf Regionalität und föderale Vielfalt setzt, sollte darauf Wert legen. Schließlich wären die Rundfunkräte und Verwaltungsräte aller LRA über ihre Vorsitzenden frühzeitig und umfassend in das Verfahren eingebunden.
Die Koordinierungsfunktion sollte damit abschließen, dass die GVK – ggf. unter Einbeziehung interner und externer Expertise – eine Stellungnahme mit Be-
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schlussempfehlung erstellt. Auf dieser Grundlage sollten die zuständigen Gremien der LRA dann entscheiden. Insgesamt bleibt zu hoffen, dass es durch diese oder ähnliche Reformschritte schon bald gelingt, die Gremienkontrolle auf ARD-Ebene weiterzuentwickeln. Letztlich sollte das im Interesse aller liegen, die in der ARD oder für die ARD Verantwortung tragen. Aus meiner Sicht ist eine wirksame, am Public Value orientierte Gremienaufsicht unerlässlich, wenn wir die Akzeptanz des öffentlichrechtlichen Rundfunks in der Gesellschaft weiter sichern wollen. Darauf – und nur darauf – zielen die Überlegungen in diesem Artikel.
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Auf der Höhe der Zeit? (19): Stellenbeschreibung für Rundfunkräte Helmuth Frahm
Professionell sollen sie sein. Die Gremien der Rundfunk- und Verwaltungsräte sollen Schritt halten mit den technologischen und programmlichen Entwicklungen in der digitalen Welt. Intendanten beraten, Leitlinien und Selbstverpflichtungen entwerfen und korrigieren. Sie sollen europäische und nationale Richtlinien und Gesetze kennen und anwenden. Sie müssen Wirtschaftspläne der Rundfunksanstalten und Gemeinschaftseinrichtungen durchschauen und Revisionsberichte verarbeiten. Sie sollen Beteiligungsberichte noch vor der Prüfung der Rechnungshöfe analysieren und kommentieren. Headhunter müssen sie sein, wenn es um Auswahlprozesse von Intendanten oder Programmmachern geht. Im Übrigen: Kosten sollen sie möglichst wenig und erreichbar für alle Pressevertreter müssen sie sowieso immer sein, damit Mini- und Maxiprogrammskandale der Öffentlich-Rechtlichen in Printmedien mit Namen authentisch garniert werden. Sie sollen ja auch keine Politiker sein, keine Verbandsvertreter, ihre eigene Unabhängigkeit sollen sie wahren und daran mitwirken, dass die Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks weiterhin Verfassungsgarantie bleibt. Diese Stellenbeschreibung ist eher unvollständig, wie die Kenner dieser Insiderdebatte wissen. Wer bleibt da übrig? Also Gremienreform, Professionalisierung, ARD-Rat? Eigener, auch langjähriger Erfahrungshintergrund kann helfen, eine Kurzbilanz zu ziehen und einige Empfehlungen zu formulieren, anderes zu unterstützen oder zu ergänzen.
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Erstens: Beispiel Personalauswahl Die Gremien des NDR hatten in der ersten Hälfte des Jahres 2007 eine neue Leitung des Hauses vorzuschlagen und zu wählen. Dies musste in der Übergangszeit zwischen dem Auslaufen der vergangenen Amtsperiode und der Neukonstituierung des jetzigen Rundfunkrats geschehen. Durch die im Staatsvertrag des NDR festgeschriebene Gewaltenteilung sind zwischen Verwaltungsrat (schlägt vor) und Rundfunkrat (wählt) natürlich Friktionen und Verzögerungen eingetreten. Sieht man einmal von interessengeleiteten Veröffentlichungen ab, die diesen Prozess fortwährend begleiteten, so wird die Auswahl der neu gewählten Intendanten am Ende als positiv respektiert. Also Ende gut alles gut? Nein. Gerade personelle Auswahlprozesse können und dürfen nicht von absoluter Öffentlichkeit begleitet werden. Hier muss es eine zukünftige Lösung geben, die im Einklang mit gesetzlichen Regelungen steht und gleichwohl die Persönlichkeitsrechte von Bewerbern schützt. Qualifizierte externe Beratung kann in einem solchen schwierigen Auswahlverfahren zusätzlich nützlich sein. Zweitens: Größere Arbeitsteilung Ein Rundfunkrat mit 58 Mitgliedern aus vier Bundesländern kann nur arbeitsteilig arbeiten. Diese Arbeitsteiligkeit sollte noch stärker institutionalisiert werden. Daher sind die bestehenden Landesrundfunkräte der einzelnen Länder sinnvoll und richtig. Programmausschussarbeit, Begleitung und Feststellung der Wirtschaftspläne oder Eingaben von Rundfunk- oder Fernsehteilnehmerinnen können und sollen nicht das Diskussionsniveau von Hauptabteilungsleiterkonferenzen haben. Aber korrigieren und beraten können nur fachlich informierte und eingearbeitete Mitglieder des Rundfunkrates. Sie werden organisatorisch durch Gremienbüros unterstützt und erhalten sachverständige Dienstleistungen aus dem Haus. Eine unabhängige Meinung müssen die Rundfunkräte sich aber selbst bilden. Dabei ist gerade die Pluralität von Ehrenamtlichkeit und unterschiedlicher beruflicher Herkunft ein Gewinn. Dadurch erhält und festigt der Rundfunkrat seine Legitimation in der Gesellschaft. Einseitige Parteinahme oder politische Machtspiele werden zumindest minimalisiert. Ein so komplexes Gebilde wie der NDR als Vier-Länder-Anstalt hat durch seine Gremien, Intendanz, Direktorium, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erfolgreich arbeiten können.
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Drittens: Veränderungen und Empfehlungen Rundfunkräte werden von ihren gesellschaftlichen Organisationen und Gruppen entsandt. Es sollte eine Selbstverpflichtung sein, dass gegenüber den entsendenden Organisationen regelmäßig berichtet wird. Diese Berichte könnten auch öffentlich oder mitgliederöffentlich stattfinden. Darüber hinaus ist der vielfältige Ruf nach größerer Transparenz und Öffentlichkeit der Rundfunkräte aus Sicht des Konsumenten berechtigt. Andererseits hat aber gerade die ( z.B. im NDR-Staatsvertrag festgeschriebene) Nicht-Öffentlichkeit aber dazu beigetragen, dass ein offener Diskurs zwischen Rundfunkräten und Leitung des Hauses entstanden ist. Will man dies erhalten, so müssen andere Formen der Öffentlichkeit und des Kommunizierens mit gesellschaftlichen Gruppen entstehen. Multiplikatorenveranstaltungen durch den Rundfunkrat können sinnvoll durch digitale Foren und Websites ergänzt werden. Regelmäßige Diskurse sind gerade auch mit den Rundfunkräten und den parlamentarischen Medienausschüssen zu führen. Vielleicht sollte zusätzlich darüber nachgedacht werden, die zu entsendenden Gruppen und Organisationen der Rundfunkräte durch eine Zwei-DrittelMehrheit der Parlamente zu bestätigen. Eine bemerkenswerte Empfehlung ist die von Otfried Jarren eingeführte interne Evaluationsstelle. Eine den Gremien unterstellte Einheit, die Analysen und Evaluationen erarbeitet, könnte ein wirklicher Fortschritt sein. Sie würde helfen, die Programmbeobachtung zu professionalisieren, Zielvorgaben aus Leitlinien zu überprüfen und damit Gremiendiskussionen auf empirische Basis zu stellen. Bei anstehenden Drei-Stufen-Tests zu neuen digitalen Angeboten einer federführenden Anstalt könnte man dies Verfahren wählen, indem eine unabhängige Stelle einen Evaluationsauftrag erhält. Dies kann jedoch nicht den gewählten Zeitrahmen sprengen, damit kein Wettbewerbsnachteil entsteht. Viertens: Status quo plus: Einzigartigkeit erhalten und Wettbewerb fördern Reisen bildet und andere Fernseh- und Rundfunksysteme zu sehen und zu hören ebenfalls. Dies kann nur zu der Schlussfolgerung führen, wenn man andere Fernseh- und Rundfunklandschaften betrachtet: Deutschland hat im Free-TV ein einzigartiges System. Bei aller Kritik auch ein einzigartig gutes System. Es muss auch in der digitalen Welt erhalten werden. Der Zweck ist nichts Geringeres als Meinungsvielfalt zu gewährleisten und damit auch verfassungsrechtliche Grundlagen zu sichern.
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Dazu gehört jedoch auch, den neuen digitalen Gestaltungsraum für die öffentlich-rechtlichen Sender anzuerkennen und wenn möglich zu kooperieren. Das kann gerade auch Kooperation mit Print-Medien bedeuten und würde die regionalen Einheiten vor zusätzliche neue Herausforderungen stellen. Föderale Strukturen der Landesrundfunkanstalten sind zum jetzigen Zeitpunkt nicht wegzudenken, weil hier die Länder selbst sich nicht infrage stellen. Ein ARD-Rat aus wenigen Profis wird sehr schnell auf Hintergrundarbeit mit wissenschaftlicher Unterstützung angewiesen sein. Regionale Kompetenz bliebe auf der Strecke und Vorteile der Bündelung würden dadurch an Bedeutung verlieren. Dies schließt nicht aus, dass die jetzigen ARD-Gremien stärker als bisher das Licht der Öffentlichkeit erblicken. Gerade die digitalen Medien werden alle Beteiligten in der Vielfalt wahrnehmbarer machen. Daher ist auch der zusätzliche Wettbewerbsgedanke durch Gebührensplitting noch einmal aufzugreifen. Status quo plus könnte bedeuten, dass in der Tat ein gewisser Gebührenbetrag für erfolgreiche Sendeanstalten ausgeschüttet wird. Hier kann der Konsument mitwirken, auch bei kleinen Beträgen würde es einen großen Effekt haben. Dritte Programme könnten ihr spezielles Format auch anders als über die Quote bewerten. Eine notwendige, ja überfällige Debatte ist angestoßen worden. Sie ist beileibe nicht abgeschlossen. Sie wird Impulse in Gremien geben. Sie wird vor allem deswegen nicht aufhören können, weil die Legitimationsgründe der öffentlich-rechtlichen Sender in der demokratischen Verfasstheit der Gremien liegen. Dies muss immer wieder diskutiert werden, damit ein generationsübergreifender Konsens in diesem wichtigem Feld nicht abreißt. Wir sind gemeinsam Teilhaber des Systems. Und deswegen gemeinsam verantwortlich.
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Sisyphosarbeit (20): 13 Thesen zur Kontrolle des Rundfunks Walter Hömberg
1. Ein Rundfunk frei von Markt und Staat, ein Rundfunk, der dem Gemeinwohl dient und zur kommunikativen Integration der Gesellschaft beiträgt, ein Rundfunk der Bürger, der von ihnen finanziert und kontrolliert wird, ein Rundfunk, der kulturelle Standards und journalistische Qualität im Visier hat – die Einführung eines so grundierten öffentlich-rechtlichen Rundfunks war eine der bedeutendsten kommunikationspolitischen Innovationen der Nachkriegszeit. 2. Mehr als andere Medien wurde der Rundfunk vom Beginn seiner Entwicklung an als ein Medium betrachtet, das der besonderen Kontrolle bedarf. Darunter verstand man zunächst gemeinhin die staatliche Kontrolle. Die westlichen Alliierten mussten sich in ihren Besatzungszonen immer wieder einmischen, um eine staatsferne Organisation des Rundfunks zu erreichen. Das gelang in unterschiedlichem Maße. Ein Trend setzte sich häufig durch: die Gravitation der Politik, die das Ziel der Staatsferne immer wieder gefährdete. 3. Hinter dem Grundsatz der gesellschaftlichen Kontrolle stehen die gesellschaftstheoretischen und kommunikationspolitischen Leitideen des Pluralismus. Das pluralistische Modell erblickt im Gemeinwohl das Ergebnis eines Interessenausgleichs. Konkurrenz und Konflikte werden als funktional angesehen, wenn sie in rationaler, kontroverser Kommunikation ausgefochten werden, die sich an Spielregeln orientiert und für Kompromisse offen ist. Zentral dabei ist das Prinzip der Repräsentation: Bestimmte Personen werden auf Zeit dazu autorisiert, über öffentliche Belange zu entscheiden. Das trifft auch auf Rundfunkräte zu. 4. In den Rundfunkräten sollen die „gesellschaftlich relevanten Kräfte“ vertreten sein oder – wie es das Bundesverfassungsgericht in seinem Fernsehurteil von 1961 weiter formuliert hat – die „Repräsentanten aller bedeutsamen politischen, weltanschaulichen und gesellschaftlichen Gruppen“. Wer repräsentiert faktisch die Gesellschaft in den Aufsichtsgremien? In der Regel sind es Institutionen und
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Organisationen aus den Bereichen Politik, Wirtschaft, Kultur, Religion, Erziehung, Wissenschaft, Familie, Jugend, Sport sowie Natur- und Umweltschutz. 5. Schon vor gut dreißig Jahren wurde kritisiert, dass in den Rundfunkgremien nur auf Dauer verbandsmäßig organisierte gesellschaftliche Interessen vertreten sind. Nicht organisierbare Interessen (z. B. im Bereich allgemeiner Bedürfnisse) und nicht konfliktfähige Gruppen fallen durch den Rost. Ein weiterer Kritikpunkt war, dass in einigen Bundesländern die Gremienmitglieder ausschließlich durch die Parlamente bestimmt werden. 6. Inzwischen hat sich das pluralistische Prinzip durchgesetzt (Bestellung primär durch gesellschaftliche Gruppen und Institutionen). Reformbedürftig bleibt die strukturelle Zusammensetzung: Die staatliche bzw. politische Sphäre dominiert in manchen Bundesländern immer noch die Aufsichtsgremien der öffentlichrechtlichen Anstalten, während in den Gremien des privaten Rundfunks die wirtschaftliche Sphäre zum Teil zu stark repräsentiert ist. Die Forderung nach Wahl bzw. Kooptation unabhängiger Persönlichkeiten hat bisher kaum Resonanz gefunden. Hier bleibt Reformbedarf. 7. Bei fast der Hälfte der Anstalten tagen die Rundfunkräte in der Regel nicht öffentlich. Es ist ein Widerspruch in sich, wenn die gesellschaftliche Beratung und Kontrolle eines öffentlichen Mediums hinter verschlossenen Türen stattfindet. Dass in der breiten Öffentlichkeit so wenig über die Arbeit der Rundfunkgremien bekannt ist, hängt auch damit zusammen. Um die Transparenz zu erhöhen, sollten die Plenarsitzungen des Rundfunkrates prinzipiell allgemein zugänglich sein. Darüber hinaus müssen die Gremien ihre Öffentlichkeitsarbeit deutlich verstärken und regelmäßig Rechenschaftsberichte vorlegen. Transmissionsfunktion 8. Rundfunkräte artikulieren einerseits Interessen und Bedürfnisse der Gesellschaft gegenüber dem Medium. Andererseits ist es ihre Aufgabe, auch die besondere Qualität und Relevanz des Mediums gegenüber den entsendenden Gruppen plausibel zu machen. Letzteres geschieht in der Praxis zu wenig. Rundfunkund Medienräte haben eine Transmissionsfunktion, und zwar in doppelter Laufrichtung: von der Gesellschaft zum Medium und von dort zur Gesellschaft. 9. Die Qualitätsdebatte hat in den Medien – im Unterschied zu anderen Berufsfeldern – erst spät eingesetzt. Die Rundfunkräte sind selbst Teil der Qualitäts-
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kontrolle. Sie sollten alle Bemühungen zur Qualitätsmessung und Qualitätssicherung nachhaltig unterstützen und kritisch begleiten. Wir leben heute in einer „Evaluationsgesellschaft“. Auch der Rundfunk kann sich einer systematischen Evaluation seiner Produktionen und Programme nicht entziehen. 10. Der Rundfunk der Nachkriegszeit ist von seiner Basisphilosophie her ein „Rundfunk der Bürger“. Diesen zivilgesellschaftlichen Wurzeln würde eine Professionalisierung der Aufsichtsgremien widersprechen. Hilfreich ist allerdings professionelle Zuarbeit durch qualifizierte Mitarbeiter. Die Rundfunkräte müssen auch über die Möglichkeit und die Mittel verfügen können, wissenschaftliche Untersuchungen in Auftrag zu geben und externe Experten hinzuzuziehen. Dadurch lässt sich ihre Informationsgrundlage erweitern und ihre Handlungskompetenz verbessern. Koordinierte Kooperation 11. Als Ergebnis eines historischen Lernprozesses hat der Rundfunk hierzulande eine föderalistische Grundstruktur. Wie die Produktion muss konsequenterweise auch die Kontrolle der Programme dezentral erfolgen. Der Vorteil liegt in der Vielfalt. Die Kehrseite sind Disparitäten und Koordinationsprobleme (ARD = „Alle reden durcheinander“). Die „Gemeinschaftsaktivitäten“ nehmen zu und fordern die gesellschaftliche Programmbegleitung, -beobachtung und -kontrolle neu heraus. Statt ein neues zentrales Kontrollorgan einzurichten, sollte die Zusammenarbeit der bestehenden Gremien gefördert werden. Die sogenannte Gremienvorsitzendenkonferenz der ARD ist eine Antwort auf diese Situation. Sie hat ihre Bewährungsprobe allerdings noch vor sich und muss ihr Profil erst noch finden. 12. Die Medienentwicklung ist geprägt von Expansion: Internet, Web-TV, OnDemand-Angebote, Handy-TV, Digitalisierung, Multimedia und Crossmedia lauten die aktuellen Schlagwörter. Hinzu kommen ganz neue Akteure auf dem Medienmarkt: Kabelgesellschaften, Satellitenbetreiber, Suchmaschinenanbieter. Die Forderung nach einer Zentralisierung der Medien(selbst)kontrolle generell klingt angesichts dieser Ausweitung zunächst plausibel. Sie entspricht allerdings nicht der Grundausrichtung unserer Medienordnung. Statt zentralistischer Aufsicht ist ein Modell koordinierter Kooperation zu favorisieren: ein Netzwerk aller Personen, Organisationen und Institutionen, die sich hier bisher medienspezifisch oder medienübergreifend engagieren. Dazu gehört auch ein unabhängiger
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Walter Hömberg
Medienjournalismus: Sein Aufklärungspotenzial hat er im Schleichwerbeskandal, wo die Aufsichtsgremien versagt haben, eindrucksvoll bewiesen. 13. Bei der Suche nach einer Symbolfigur für die gesellschaftliche Kontrolle der Medien stößt man schnell auf eine Gestalt aus der griechischen Mythologie: Sisyphos, Sohn des Aiolos, Gründer und König von Korinth. Das mag zunächst nach Vergeblichkeit und Fatalismus klingen. Aber seit Camus kann man Sisyphos auch als Symbol für die Selbstverwirklichung des Menschen sehen.
III. Die Ausgestaltung des Drei-Stufen-Tests
III. Die Ausgestaltung des Drei-Stufen-Tests
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Falschmünzerei
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Falschmünzerei Drei-Stufen-Test oder „public value“ – was passt für Deutschland? Rudolph Meyer
In medienpolitischen Fachkreisen ist der „Public-value-Test“ in aller Munde. Oft wird dabei (bewusst oder unbewusst) nicht klar zwischen dem in Großbritannien 2007 eingeführten Verfahren für die BBC und dem zur Umsetzung des BeihilfeKompromisses in Deutschland entwickelten Drei-Stufen-Test unterschieden. Dabei ist der Drei-Stufen-Test in keinem Fall mit dem Public-value-Test der BBC gleichzusetzen. Dies erklärt sich aus der unterschiedlichen Genese beider Prüfungsverfahren: Nur in Deutschland war ein Beihilfe-Verfahren der Entstehungsgrund, während in Großbritannien die Erneuerung der Royal Charter vor dem Hintergrund einer der größten Krisen der BBC der Anlass zur Entwicklung des Testverfahrens war. Nach der sogenannten Kelly-Affäre um die IrakBerichterstattung stand die BBC mit dem Rücken zur Wand und musste um ihre Zukunft fürchten. „Public value“ war das Konzept, mit dem sie gegenüber der Politik ihre Daseinsberechtigung begründen konnte. Auch spielt die unterschiedliche verfassungsrechtliche Ausgangslage – insbesondere die im deutschen Verfassungsrecht garantierte Staatsferne – eine wichtige Rolle. Prüfungskriterien und Evaluationsmethoden beider Testverfahren unterscheiden sich erheblich. „Public value“ ist im Drei-Stufen-Test gar kein Prüfungskriterium. Hier kommt es ausschließlich auf den „Beitrag zum publizistischen Wettbewerb“ an. In Anlehnung an die vom Bundesverfassungsgericht entwickelte Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im dualen System sollen die bestehenden Meinungen in möglichster Breite und Vielfalt zum Ausdruck kommen. Einer der Dreh- und Angelpunkte des britischen Tests ist dagegen die Bestimmung des „public value“, der von einem Marktversagen ausgeht. Monetäres als Kriterium Außerdem basiert die Evaluierung des „public value“ in erster Linie auf einem quantitativen Ansatz. So hat die BBC den Nutzen für den Bürger und die gesam-
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te Gesellschaft in monetären Kategorien beziffern lassen. In Großbritannien werden die Methoden der Konsumentenforschung nicht nur bei der Bemessung der marktrelevanten Auswirkungen, sondern auch bei der Feststellung gesamtgesellschaftlicher Aspekte angewandt. Das deutsche Verständnis dagegen trennt die Auswirkungen auf den Markt strikt vom publizistischen Wettbewerb. Es ist daher auch nicht richtig, die beiden Prüfungsverfahren miteinander zu vergleichen und aus den scheinbar geringeren Anforderungen in den von ARD und ZDF beschlossenen Verfahren zu folgern, dass diese den im Public-valueTest gesetzten Maßstäben nicht gerecht würden (so etwa Bauer und Bienefeld in Funkkorrespondenz 49/2007). Im Drei-Stufen-Test kann es ausschließlich um die Umsetzung der zwischen Kommission und Deutschland ausgehandelten Kriterien gehen. Weitere oder strengere Anforderungen im Public-value-Test der BBC sind jedenfalls nach dem Beihilfe-Kompromiss für das deutsche Verfahren nicht relevant. Auch vor dem Gebrauch des neudeutschen Schlagwortes „public value“ im Zusammenhang mit dem Drei-Stufen-Test ist zu warnen. Die Bedeutung des Begriffs ist im deutschen Zusammenhang unklar und daher in der Diskussion auch nicht zielführend. Auch jüngst auf den Mainzer Tagen der Fernsehkritik ist es nicht gelungen, eine objektiv überprüfbare Definition dafür zu liefern (vgl. Leitartikel in epd 28/08). Leider ist „public value“ gleichwohl zu einer Art „klingenden Münze“ in der deutschen Diskussion um die Präzisierung des öffentlichrechtlichen Auftrags geworden, auch wegen der unter deutschen Medienpolitikern weit verbreiteten Idealisierung der BBC-Konzepte. Diese Münze wird mittlerweile so häufig und zur Stützung von so unterschiedlichen Positionen verwendet, dass sie entsprechend an Wert verliert (vgl. Hasebrink, „Public Value“: Leitbegriff oder Nebelkerze in der Diskussion um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk?, Rundfunk und Geschichte 1-2/2007 sowie Schulz in epd 9/08). Defizite und Kritik des britischen Tests Gerade bei der ersten Anwendung des Public-value-Tests bei der BBC sind die Defizite zutage getreten, die bei der Umsetzung des Drei-Stufen-Tests zu vermeiden sind, etwa die drei sehr zeitintensiven Anhörungsverfahren. So passierte es bei der Einführung des Abrufdienstes „BBC iPlayer“, dass Mitbewerber zu dem geplanten und bis ins Detail veröffentlichten Vorhaben eigene Konkurrenzangebote entwickeln und noch vor der BBC starten konnten, während das BBCProjekt das langwierige Verfahren durchlaufen musste. Ashley Highfield, „Director of Future Media and technology“ bei der BBC, bemerkte dazu: „The first to innovate and the last to implement.“ Das Verfahren dauerte mit acht Monaten sogar länger als die vorgesehenen sechs Monate. Die letzte Anhörung zur vorläu-
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figen Entscheidung des BBC-Trust im PVT führte zu über 10.600 Stellungnahmen, die der Trust erst einmal bearbeiten musste. Britische Medienwissenschaftler wie Richard Collins („The BBC and „public value“, www.m-und-k.info/MuK/hefte/Aufsatz_07_02.pdf) kritisierten den Public-value-Test als Konzept zur Erneuerung der Royal Charter und zur Sicherstellung der Gebührenerhöhung, das als erfolgloses Instrument in die Rundfunkgeschichte eingehen werde. Denn letztlich sei die Autonomie des BBCManagements durch die neue Royal Charter gegenüber dem Trust als QuasiRegulator geschwächt worden. Ähnlich argumentieren Oakley, Naylor und Lee („Giving them what they want: the construction of the public in 'public value'“; www.bop.co.uk/pdfs/ 060921_BOP_Public_Value_and_Broadcasting_Paper.pdf ), wenn sie feststellen, dass der „public value“ das rhetorische Instrument sei, mit dem die BBC auf den zunehmenden Druck von außen und auf Kritik an ihren Aktivitäten und Kontrollmechanismen reagiert habe. Mehr als eine wirkliche Neudefinition des Verhältnisses zu ihrem Publikum erreiche sie dadurch, dass die Rolle der Marktforschung in den internen Entscheidungsprozessen gestärkt werde. Durch Studien wie zur „Bereitschaft, für die BBC zu zahlen“ mache sie sich angreifbarer durch Tagesstimmungen der Befragten. „Public value“ sei daher das falsche Instrument, um über das Für und Wider des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu diskutieren. Vertreter der BBC, wie jüngst Tim Weber in seinem Vortrag auf den Mainzer Tagen der Fernsehkritik, geben zu, dass der Public-value-Test keine exakte Wissenschaft sei, sondern wie das „Case Law“ (Rechtsprechung nach Fallgestaltungen) auf Präzedenzfällen beruhe. Ähnlich wird es sich im deutschen DreiStufen-Test erweisen: Sämtliche Einzelheiten des Verfahrens werden sich nicht regulatorisch erfassen lassen. Die Erfahrungen aus vorangegangenen Verfahren werden aber für die Zukunft von Nutzen sein. Rolle der Stellungnahmen Dritter Nach dem Beihilfe-Kompromiss sind die Stellungnahmen Dritter zu den marktrelevanten Auswirkungen der konkreten Vorhaben von den Gremien vor ihrer Entscheidung als Abwägungsgesichtspunkt zu berücksichtigen. Mehr lässt sich weder aus Wortlaut und Funktion des Schreibens der Kommission noch über eine Analogie zum Verwaltungsverfahren herleiten. Ein darüber hinausgehendes verbindliches und Anhörungs- und Beschwerderecht auch zu publizistischen Fragen – wie kürzlich vom VPRT gefordert – wäre vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlich garantierten Autonomie der
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Rundfunkanstalten nicht zu rechtfertigen. Ansonsten könnten Dritte mit ihrem „Veto“ in die Kompetenzen der Aufsichtsgremien eingreifen und mit zahlreichen Eingaben Projekte verzögern, wie bei der BBC geschehen. Private Konkurrenten würden sich damit einen mit dem Gleichgewicht im dualen System unvereinbaren Wettbewerbsvorteil verschaffen. Nicht einmal beim britischen Public-value-Test, der die Prüfung der marktrelevanten Auswirkungen der OFCOM als externer Regulierungsbehörde anvertraut, ist von einem Verfahrensrecht die Rede. Aus den einschlägigen Gesetzen und Regelungen lässt sich ein formales Anhörungs- und Beschwerderecht jedenfalls nicht ableiten. Standardkritik verfängt nicht Häufig werden die Zusammensetzung und Arbeitsweise der Gremien kritisiert. Die Anstaltsloyalität und die Nebenamtlichkeit der Gremienmitglieder verhindere eine effektive Kontrolle. Als Alternative werden externe Aufsichtsmodelle in allen Variationen konstruiert, ohne aber stichhaltig nachzuweisen, dass diese auch wirklich besser funktionieren. Insbesondere fehlt der Nachweis, dass ein Expertengremium nach dem Modell des BBC-Trust, der ausschließlich die BBC kontrolliert und dessen Mitglieder von der Regierung vorgeschlagen werden, die bessere Lösung für ein staatsfernes föderales Rundfunksystem ist. Aufgrund der Erfahrungen mit der Binnenkontrolle im deutschen Rundfunksystem kann aus heutiger Sicht trotz der Komplexität der neuen Aufgaben nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass die Gremien grundsätzlich in der Lage sind, den Drei-Stufen-Test zu bewältigen. Die Standardkritik an den Gremien verfängt als solche noch nicht, weil Professionalitätsdefizite der ehrenamtlichen Tätigkeit inhärent sind. Dem entgegen steht die Erkenntnis, dass gerade eine zunehmend fragmentierte Gesellschaft am besten durch plural besetzte Gremien gespiegelt werden kann. Ein gutes Beispiel ist der ZDF-Fernsehrat: Dort sind mit den beiden Vertretern des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) auch Kritiker des öffentlich-rechtlichen Rundfunks vertreten, die gerade im Hinblick auf die Online-Aktivitäten des ZDF sehr kritische Positionen vertreten. Für einzelne Fragen wird auch von den Gremien selbst die Notwendigkeit gesehen, externen Sachverstand in Form von Gutachten oder Experten heranzuziehen (z. B. Polenz in epd 72/07). Gerade bei der Informationsgewinnung zu den medienökonomischen Auswirkungen eines neuen Angebots und der oft schwer zu stellenden Prognose dürfte eine Einbeziehung von Sachverständigen unumgänglich sein.
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Teilweise wird auch vorgeschlagen, für die ökonomische Seite des DreiStufen-Tests einen externen Expertenbeirat einzurichten. Dieser Expertenbeirat könnte in einer mit der Monopolkommission vergleichbaren Einrichtung oder in einer Ausweitung der KEF bestehen (Henle in epd 92/07). In die gleiche Richtung geht auch der von Henle unterstützte Vorschlag des VPRT, eine von der Ministerpräsidentenkonferenz berufene Expertenkommission nach dem KEFoder KEK-Modell zu schaffen. Er geht aber inhaltlich noch wesentlich weiter, weil er dieser Kommission auch die Prüfung publizistischer Auswirkungen anvertrauen will. Ein von Holznagel und Siebenhaar Ende Januar in Berlin vorgestellter Vorschlag (Arbeitspapier „7-Stufen-Plan zur Umsetzung des Beihilfenkompromisses“) regt mit dem Hinweis auf die üblichen „Hausgutachten“ einen Verbund von Forschungsinstituten in einem unabhängigen Expertenzentrum an, das einen bundesweit einheitlichen Standard entwickeln und in qualitativer und quantitativer Hinsicht wissenschaftlich fundieren solle. Ein solches Zentrum könne auch alle ein bis zwei Jahre einen Bericht über die Wettbewerbsauswirkungen der neuen öffentlich-rechtlichen Telemedien-Angebote verfassen. Die Schaffung von permanenten Einrichtungen und deren regelmäßige Befassung mit den Projektvorschlägen steht aber dem Ziel entgegen, das ohnehin schon aufwendige Verfahren möglichst einfach und übersichtlich zu halten. Wie bereits erwähnt haben die Gremien die Möglichkeit oder gar die Pflicht, gerade für medienökonomische Fragen ad hoc externen Sachverstand einzubeziehen. Denkbar wäre die Verankerung einer Pflicht zur Einbeziehung externen Sachverstands für die Beurteilung der marktrelevanten Auswirkungen in den Richtlinien der Anstalten zum Drei-Stufen-Test. Gefahr von Experteneinrichtungen Permanente Experteneinrichtungen bergen die Gefahr, die Entscheidungskompetenz und die Glaubwürdigkeit der Gremien zu unterlaufen. Denn die Diskussion wäre dominiert von nicht immer neutralen wissenschaftlichen Gutachten und die Autorität der gesellschaftlichen Vertreter in den Gremien würde infrage gestellt. Außerdem würde die intendierte Stärkung der vorhandenen Aufsichtsgremien konterkariert. Der Drei-Stufen-Test und damit die Abwägung selbst muss folglich in der alleinigen Zuständigkeit der Gremien als „Herren des Verfahrens“ verbleiben. Andernfalls würden diese beschädigt und das System der Binnenkontrolle grundsätzlich infrage gestellt. Die Entwicklung bundesweiter Standards ist in einem föderal organisierten Rundfunksystem nicht erstrebenswert, zumal die Standards für die unterschiedli-
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chen Landesrundfunkanstalten wegen der unterschiedlichen Zuschauerstruktur nicht gleich sein können. Nicht zu vergessen sind die Kosten, die durch regelmäßige Evaluierungen in externen Instituten entstehen, sowie die Abhängigkeit von diesen Einrichtungen bei der Monopolisierung von Know-how. Die teilweise sehr weitreichenden Vorschläge diverser Institute sind auch vor dem Hintergrund der von diesen erwarteten neuen Einnahmequellen kritisch zu hinterfragen. Auch stellt sich die Frage, auf welcher Grundlage private Wettbewerber auch zu publizistischen, also inhaltlichen Fragen öffentlich-rechtlicher Projekte Stellung nehmen sollen. Dies wäre ein glatter Eingriff in die Programmautonomie der Rundfunkanstalten. Der Vorstoß des VPRT kann daher nur als Maximalforderung verstanden werden, um zusätzliche Verhandlungsmasse zu schaffen. Öffentlichkeit als „Kontrollinstanz“ Die Transparenz des britischen Modells könnte als Vorbild dienen, um das Vertrauen in die Gremien in ihrer jetzigen Struktur zu stärken. So wäre zu überlegen, ob die Gremiensitzungen nicht teilweise – etwa zu Fragen der Programmarbeit und -qualität – öffentlich abgehalten werden könnten. Auch könnte die Öffentlichkeit im Internet über die Arbeit und die Beschlüsse des Fernseh- bzw. Rundfunkrates informiert werden (Polenz in epd 72/07). Ansatzweise wurde Transparenz für die sog. Selbstverpflichtungserklärungen und darauf bezogene Berichte in § 11 Abs. 4 RStV bereits realisiert. Darüber hinaus könnten die Stellungnahmen Dritter beim Drei-Stufen-Test, die Stellungnahmen der Geschäftsleitung und die Abwägungsentscheidungen der Gremien auf den Webseiten der Anstalten veröffentlicht werden. Die Beschlüsse des BBC-Trust im Rahmen des Public-value-Tests in laufenden und abgeschlossenen Verfahren sind im Internet abrufbar (unter www.bbc.co.uk/bbctrust/consult/closed_consultations/index.html). Diese von der BBC in vorbildlicher Weise praktizierten Maßnahmen würden die Öffentlichkeit quasi als weitere „Kontrollinstanz“ einbeziehen und gleichzeitig das Vertrauen in die Aufsichtsgremien stärken. Denn aus Sicht der Gebührenzahler scheint es kaum nachvollziehbar, warum die gesellschaftliche Kontrolle eines öffentlichrechtlichen Mediums hinter verschlossenen Türen stattfinden muss. Gerade in der „accountability“, der Begründung der internen Unternehmensstrategie gegenüber der Gesellschaft und der Nachvollziehbarkeit für die Öffentlichkeit, dass bestimmte Angebote einem öffentlichen Ziel dienen, liegt die Stärke des britischen Systems, das für Deutschland als Vorbild dienen sollte. Nach außen gegenüber der Kommission müssen die Länder für die Einhaltung des Beihilfe-Kompromisses geradestehen. Innerstaatlich tragen jedoch die
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Gremien die Verantwortung, weil die Länder wegen des Gebots der Staatsferne auf die Rechtsaufsicht beschränkt sind, d.h. sie prüfen nur die Rechtsfragen, nicht jedoch inhaltliche Fragen oder Ermessensfragen. Letztlich wird sich daher die Aufsicht auf die Einhaltung des Verfahrens, die ordnungsgemäße Begründung der Entscheidung der Gremien (unter Berücksichtigung der Stellungnahmen Dritter) und die Frage konzentrieren, ob das Vorhaben innerhalb des von den Anstalten selbst im Rahmen der Programm- und Telemedienkonzepten definierten Auftrags liegt. Teilweise wird in der Beauftragung eine „vierte Stufe“ gesehen, weil es einer klaren Mandatierung und Überprüfung durch die staatliche Aufsicht bedürfe. Reine Ermächtigungsnormen, wie sie derzeit der Rundfunkstaatsvertrag vorsehe, reichten dazu nicht aus. Diese Überprüfung reiche weiter als die generell zulässige begrenzte Rechtsaufsicht durch die Länder. Dennoch scheint die Lesart mit dem Beihilfe-Kompromiss vereinbar, dass die Entscheidung über die Genehmigung bei den Gremien liegt und der formale Schlusspunkt des Verfahrens mit der Veröffentlichung in den Amtsblättern bei den Ländern. Die staatliche Aufsicht wird insofern gestärkt, als sie – anders als bisher – im Rahmen einer Regelüberprüfung nach jedem Drei-Stufen-Test tätig wird, vergleichbar der Ausfertigung von Gesetzen durch den Bundespräsidenten. Die Aufsicht ist dabei auf eine Ex-post-Rechtmäßigkeitsüberprüfung begrenzt, der Prüfungsumfang erstreckt sich nicht auf Ermessensentscheidungen. Die Veröffentlichung in den Amtsblättern stellt den von der Kommission geforderten formalen Betrauungsakt dar. Auf diese Weise ist eine Umsetzung des Drei-StufenTests in Deutschland im Einklang mit dem Brüsseler Beihilfe-Kompromiss und dem Verfassungsrecht möglich. „Brüsselfestigkeit“ des Beihilfe-Kompromisses Im Hinblick auf die Revision der Rundfunk-Mitteilung von 2001 bleibt abzuwarten, ob sich die Umsetzung des Beihilfe-Kompromisses dauerhaft als „brüsselfest“ erweist, damit weitere beihilferechtliche Streitigkeiten mit der Kommission vermieden werden können. Hier zeichnet sich bereits ein weiteres Konfliktfeld ab, weil die Mehrheit der Mitgliedsstaaten und deren öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten der Revision ablehnend gegenüberstehen. Es ist unwahrscheinlich, dass die Kommission in der überarbeiteten Beihilfe-Mitteilung hinter die im Beihilfe-Kompromiss mit Deutschland ausgehandelten Bedingungen zurückfallen wird. Allerdings scheint es aus heutiger Sicht fraglich, ob die Kommission ihr Vorhaben noch bis zum Ende ihrer Amtszeit zu Ende bringen kann. Die Umset-
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zung des Beihilfe-Kompromisses in Deutschland muss daher auf der Grundlage des ausgehandelten Beihilfe-Kompromisses und der geltenden Rundfunk-Mitteilung erfolgen.
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Eine Chance ARD und ZDF sollten den Drei-Stufen-Test ernst nehmen Dieter Dörr
Die gegenwärtige Diskussion um den Drei-Stufen-Test hängt mit der zentralen Frage zusammen, wie man den Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der digitalen Welt unter Beachtung der verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Vorgaben sowie der ökonomischen Erkenntnisse gestalten soll. Insbesondere gilt es, die tendenziell unterschiedlichen Vorstellungen des Bundesverfassungsgerichts auf der einen und der Europäischen Kommission auf der anderen Seite miteinander in Einklang zu bringen, um Konflikte nach Möglichkeit zu vermeiden. Für das Bundesverfassungsgericht hat etwa die Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks besondere Bedeutung. Sie gestattet zwar gesetzliche Ausgestaltungen des öffentlich-rechtlichen Auftrags; diese dürfen aber keinen Programmbezug enthalten und müssen daher eher allgemein und generell ausgeprägt sein. Dies haben die Karlsruher Richter erst unlängst in der Zweiten Gebührenentscheidung vom 11. September 2007 nachdrücklich betont. Eindeutige Vorgaben unbedingt beachten Dagegen geht die Europäische Kommission davon aus, dass im Hinblick auf die Beihilferegelungen des EG-Vertrages und insbesondere mit Blick auf Art. 86 Abs. 2 EG der Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks klar definiert und eindeutig durch den Staat übertragen werden muss. Insoweit enthält die Einstellungsentscheidung der Europäischen Kommission vom 24. April 2007 (dokumentiert in epd 39/07) mit den darin enthaltenen Zusagen der deutschen Länder eindeutige Vorgaben, die bei der Ausgestaltung der Medienordnung unbedingt beachtet werden müssen. Dies folgt einmal aus dem Vorrang des Europarechts, den der Europäische Gerichtshof (EuGH) gegenüber der gesamten nationalen Rechtsordnung, also auch gegenüber dem Verfassungsrecht einschließlich der Grundrechte annimmt.
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Auch das Bundesverfassungsgericht hat den umfassenden Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts grundsätzlich akzeptiert. Die Grenze des Anwendungsvorrangs ist aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts erst dann erreicht, wenn die unabänderlichen Grundprinzipien des Grundgesetzes beeinträchtigt sind oder ein dem deutschen Grundgesetz im Wesentlichen vergleichbarer Grundrechtsschutz unterschritten wird. Allerdings ist diese Schranke erst unter strengen Voraussetzungen überschritten. Aus der Rechtsprechung geht hervor, dass das Bundesverfassungsgericht eine hinter der deutschen Grundrechtsprüfung zurückbleibende Inhaltsbestimmung einzelner Gemeinschaftsgrundrechte oder Abweichungen des EuGH von der ausgefeilten deutschen Schrankendogmatik hinnimmt, weil der Grundrechtsschutz auf der Gemeinschaftsebene seiner Konzeption, seinem Inhalt und seiner Wirkungsweise nach dem Grundrechtsstandard des Grundgesetzes nur im Wesentlichen gleichzustellen ist. Die Einstellungsentscheidung der Europäischen Kommission hat zum anderen bereits gemäß Art. 17 Verfahrensordnung zur Folge, dass die in dem Verfahren gemachten Zusagen Deutschlands, die in der Entscheidung ausdrücklich festgehalten sind, bis zum Ablauf des Aprils 2009 durch den Erlass entsprechender Rechtsvorschriften, also durch eine Änderung des Rundfunkstaatsvertrages umzusetzen sind. Soweit diese Vorgaben allerdings Spielräume enthalten, ist besonderer Wert darauf zu legen, dass diese in verfassungskonformer Weise ausgefüllt werden. Weitreichender und konkreter als gedacht Die von Deutschland gemachten Zusagen sind wesentlich weitreichender und konkreter, als dies manche Vertreter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, obwohl die Zusagen in der Entscheidung ohne Schwierigkeiten nachgelesen werden können, wahrhaben wollen. Dies gilt für die Präzisierung des Auftrags, soweit er sich auf digitale Zusatzprogramme und Online- Angebote bezieht, im Allgemeinen und für den Drei-Stufen-Test im Besonderen. Allerdings stellt dies nicht nur eine Belastung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk dar. Vielmehr bietet gerade das Verfahren des Drei-Stufen-Tests die große Chance, sich ernsthaft und bezogen auf konkrete Angebote intensiv damit auseinanderzusetzen, worin der öffentlich-rechtliche Auftrag wirklich besteht, wann ein gesellschaftlicher Mehrwert eintritt, wofür also der öffentlich-rechtliche Rundfunk eigentlich Gebühren erhält. Dass dieses intensive Nachdenken von Zeit zu Zeit bitter nottut, machen schon manche Angebote im Bereich des klassischen Fernsehens, man denke nur an Sendungen wie Bruce Darnell oder „Ich weiß, wer gut für Dich ist“ im Wer-
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berahmenprogramm – schon das Wort und seine selbstverständliche Verwendung durch Vertreter der ARD lassen einen erschauern – deutlich. Es ist übrigens traurig und leider bezeichnend, dass diese Formate nur dann infrage gestellt werden, wenn sie die werberelevante Zielgruppe (vgl. dazu epd 30/08) nicht im erwarteten Ausmaß erreichen. Was hat Deutschland denn nun im Rahmen des Brüsseler Beihilfe-Komproisses bezogen auf die Online-Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zugesagt? Einmal müssen diese Angebote auf Journalistisch-Redaktionelles staatsvertraglich begrenzt werden. In diesem Zusammenhang ist der Begriff „journalistisch-redaktionell“ in der Begründung zum Staatsvertrag näher zu erläutern. Zudem wird der zukünftige Staatsvertrag Kriterien enthalten, denen diese Angebote dienen müssen. Dazu können Kriterien wie die Teilhabe aller Bevölkerungsgruppen an der Informationsgesellschaft zu ermöglichen, Minderheiten adäquaten Zugang zu den Angeboten zu schaffen, Bürgern den Nutzen der neuen digitalen Angebote nahezubringen, glaubwürdige Orientierungshilfe bei neuen digitalen Diensten zu bieten, Medienkompetenz zu fördern und Rundfunksendungen dem Wandel der Medien entsprechend zu begleiten, zählen. Beispielhafte Negativliste Schließlich müssen der Staatsvertrag bzw. die Satzungen oder Richtlinien der Rundfunkanstalten entsprechend der Zusage Deutschlands eine beispielhafte Liste von Online-Angeboten, Juristen sprechen von Telemedien, enthalten, die regelmäßig bzw. regelmäßig nicht vom Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erfasst sind. Zu den Angeboten, die regelmäßig nicht vom Auftrag erfasst werden, zählen etwa der elektronische Geschäftsverkehr (E-Commerce), Sponsoring und Werbung im Internet und flächendeckende lokale Berichterstattung. Die flächendeckende lokale Berichterstattung steht also nach den Zusagen Deutschlands gar nicht mehr zur Debatte; Vorwürfe wie die des DJV-Verbandschefs Michael Konken gehen an der Sache vorbei. Weiterhin hat Deutschland im Rahmen der Einstellungsentscheidung förmlich zugesagt, u.a. für neue oder veränderte Online-Angebote (Telemedien) ein Prüfverfahren, den Drei-Stufen-Test, einzuführen. Dieses Verfahren ist dem Public-Value-Test nachgebildet, weist aber deutliche Unterschiede auf, worauf Rudolph Meyer zutreffend hingewiesen hat. Das Verfahren endet im Falle der erfolgreichen Durchführung mit einer nochmaligen Prüfung und Feststellung durch die Länder im Rahmen der Rechtsaufsicht. Dabei obliegt es dem Staatsvertragsgesetzgeber, die Kriterien festzulegen, wie ein solches Verfahren allgemein abläuft. Diese Kriterien sind durch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkan-
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stalten zu konkretisieren. Die Grundlinien sind durch die bindenden Zusagen Deutschlands vorgegeben. Vor diesem Drei-Stufen-Test steht die zunächst entscheidende Frage, wann ein neues bzw. verändertes Angebot vorliegt. Die dafür maßgeblichen Kriterien müssen im Staatsvertrag festgelegt und auf dieser Grundlage von den öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten konkretisiert werden. Dafür ist entsprechend den deutschen Zusagen und Vorstellungen der Europäischen Kommission entscheidend, in welchem Umfang das Projekt Nutzer und Marktteilnehmer betrifft. Maßgeblich ist in diesem Zusammenhang, ob das Angebot wegen seines Umfangs marktrelevante Auswirkungen in Bereichen haben könnte, die von den bestehenden Angeboten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten noch nicht erfasst werden. Außerdem sind seine publizistische Relevanz, seine geplante Dauer sowie der Umstand zu berücksichtigen, ob und inwieweit vergleichbare Angebote bereits vorhanden sind. Liegt nach diesen Kriterien und den Konkretisierungen in den Satzungen und Richtlinien der Rundfunkanstalten ein neues oder geändertes Vorhaben vor, so ist der Test zwingend durchzuführen. Herzstück des neuen Verfahrens Auf der ersten Stufe muss geprüft werden, ob das neue bzw. geänderte Angebot zum öffentlichen Auftrag gehört, also den demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Gesellschaft sowie den oben erläuterten präzisierten materiell-rechtlichen Anforderungen für Online-Angebote (Telemedien) entspricht. Ist dies der Fall, so ist auf der zweiten Stufe zu untersuchen, ob das Angebot in qualitativer Hinsicht zum Wettbewerb beiträgt. Diese zweite Stufe bildet das Herzstück des neuen Verfahrens. Dabei sind wiederum drei Elemente maßgeblich. Einmal muss das bestehende, frei zugängliche Angebot nach Umfang und Qualität festgestellt werden. Danach ist die meinungsbildende Funktion des vorgesehenen Angebots, das unterhaltende Elemente einschließen darf, mit dem vorhandenen Angebot zu vergleichen. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass die publizistischen Aspekte eine entscheidende Rolle spielen. Insoweit liegt ein gewisser Unterschied zum Public-Value-Verfahren des britischen Rechts vor, der stärker auf die ökonomischen Gesichtspunkte abstellt. Dies ändert aber nichts daran, dass im Drei-Stufen-Verfahren auch die marktrelevanten Auswirkungen berücksichtigt werden müssen. Es sind also die Auswirkungen zu prüfen, die das neue Angebot auf den Markt haben kann. Sind die negativen Auswirkungen auf die anderen Marktteilnehmer signifikant, so müssen die meinungsbildenden Funktionen des vorgesehenen Angebots umso gewichtiger sein, damit insgesamt ein ausreichender Bei-
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trag zum publizistischen Wettbewerb bejaht werden kann. Gerade bei dieser komplexen Prüfung ist ein umfänglicher Such-, Findungs- und Abwägungsprozess erforderlich, den die anstaltsinternen Kontrollgremien, also Rundfunk- und Fernsehräte, ohne sachverständige Hilfe nicht zu leisten vermögen. Damit kein Missverständnis entsteht: Dies ist kein Vorwurf an Gremienmitglieder und deren Arbeit. Diese können und müssen die meinungsbildende Funktion, also die publizistische Seite des Angebots, bewerten. Dies gehört zu ihren klassischen Aufgaben. Aber auch insoweit sind angesichts der zu begrüßenden Aufwertung der Rundfunkgremien durch den neuen Drei-Stufen-Test ein personeller Unterbau und eine systematische Professionalisierung erforderlich. Für ein beratendes Expertengremium Dagegen setzt die Analyse der marktrelevanten Auswirkungen wettbewerbsökonomisches und wettbewerbsrechtliches Expertenwissen voraus. Insoweit ist zu empfehlen, ein beratendes Expertengremium einzurichten, das die marktrelevanten Auswirkungen des neuen bzw. veränderten Angebots innerhalb des DreiStufen-Tests, insbesondere auf der zweiten Stufe, begutachtet. Dieses hätte aber auch die Aufgabe, schon im Vorfeld die marktrelevanten Auswirkungen eines neuen Angebotes abzuschätzen. Ein solches Expertengremium, das aus fünf oder sechs Sachverständigen bestehen sollte, kann ohne weiteres als Beratungsorgan für alle Rundfunk- und Fernsehräte agieren. Auch bei dieser Lösung verbliebe es bei der Entscheidungskompetenz des Rundfunk- bzw. Fernsehrates. Insbesondere würden dem Fernseh- bzw. Rundfunkrat die Bewertung der publizistischen Auswirkungen, also der meinungsbildenden Funktion, und die Abwägung der unterschiedlichen Belange obliegen. Es wäre aber in jedem Fall sichergestellt, dass unabhängiges, insbesondere ökonomisches Expertenwissen in die Entscheidungsfindung einfließt und die von den Experten begutachteten marktrelevanten Auswirkungen bei der von dem Fernseh- bzw. Rundfunkrat vorzunehmenden Abwägung berücksichtigt werden können und müssen. Dies lässt erwarten, dass die Entscheidungen nachvollziehbar und plausibel begründet werden. Durch ein solches beratendes Expertengremium würden also Rundfunk- und Fernsehräte gestärkt und aufgewertet; es wäre sichergestellt, dass in die von ihnen zu treffende Abwägungsentscheidung alle relevanten Gesichtspunkte einfließen. Auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk selbst und die Gesellschaft würden davon profitieren, dass nur Angebote, die auch unter Berücksichtigung der marktrelevanten Auswirkungen einen publizistischen Mehrwert mit sich bringen, erfolgen.
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Auf der dritten Stufe geht es schließlich um den finanziellen Aufwand für die Erbringung des geplanten Angebots. Richtig verstanden bedeutet dies, dass der finanzielle Aufwand in einem angemessenen Verhältnis zu dem öffentlichen Nutzen, also dem publizistischen Mehrwert stehen muss. Projektbeschreibungen veröffentlichen Innerhalb des Drei-Stufen-Tests ist vorzusehen, dass Dritte Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Insoweit hat Deutschland zugesagt, den Rundfunkgremien im Staatsvertrag aufzuerlegen, sich vor ihrer Entscheidung mit Stellungnahmen Dritter, also insbesondere privater Rundfunkveranstalter oder Zeitungsverleger, zu den marktrelevanten Auswirkungen zu befassen. Dazu ist es notwendig, die Projektbeschreibung zu veröffentlichen und eine angemessene Frist für die Stellungnahmen vorzusehen. Nach einer erfolgreichen Durchführung des Drei-Stufen-Tests ist das geplante Vorhaben mit den Selbstverpflichtungen und den Begründungen der Rechtsaufsicht vorzulegen. Diese prüft, ob das Vorhaben mit den diesbezüglichen Selbstverpflichtungserklärungen mit dem gesetzlichen Auftrag vereinbar ist und stellt dies fest. Erst in dieser Feststellung, die in amtlichen Veröffentlichungsblättern der Länder zu verkünden ist, sieht die Kommission den aus ihrer Sicht erforderlichen Betrauungsakt. Gerade um eine wegen der Staatsferne problematische intensive Prüfung der Rechtsaufsicht zu vermeiden, muss die Gremienkontrolle überzeugend und nachvollziehbar, also effektiv, sein. Nur dann wird das Verfahren vor den kritischen Augen der Europäischen Kommission Bestand haben. Wenn man schon dabei ist, kritisch über den öffentlich-rechtlichen Auftrag nachzudenken, sollte man einen zentralen Punkt nicht ausklammern. Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat in seiner neuesten Entscheidung vom 11. September 2007 deutliche Skepsis erkennen lassen, ob eine Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auch aus Werbung und Sponsoring noch sachgerecht ist. Zwar betont er, dass neben der Gebühr andere Finanzierungsquellen, wie Sponsoring und Werbung, nicht ausgeschlossen seien. Sie dürfen aber, so die Karlsruher Richter, nicht im Vordergrund stehen. Zudem muss die Nutzung dieser Finanzierung vom Gesetzgeber laufend daraufhin überprüft werden, ob sie nicht zu einer zunehmenden Ausrichtung des Programms auf Massenattraktivität und einer Erosion der Identifizierbarkeit des öffentlich-rechtlichen Charakters führt. Es besteht insoweit durchaus ein Prüfauftrag, ob und inwieweit Werbung und Sponsoring dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk weiterhin ermöglicht werden. Daran hat der bisherige Bundesverfassungsrichter Hoffmann-Riem gerade
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unlängst nochmals erinnert und warnend darauf hingewiesen, dass einzelne Formate des öffentlich-rechtlichen Rundfunks übermäßig stark am Werbeerfolg orientiert seien. Umso enttäuschender ist es, wie wenig die Intendanten des öffentlichrechtlichen Rundfunks bereit sind, sich auf diese Debatte einzulassen oder – wie der ARD-Vorsitzende – sogar bestreiten, dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Kritisches zur Werbefinanzierung enthalte. Nichtsdestotrotz sollten die Länder von diesem Prüfauftrag Gebrauch machen. Für eine reine Gebührenfinanzierung Kurzfristig bietet es sich an, dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk das (Sende)Sponsoring zu untersagen. Die diesbezüglichen Einnahmen sind gering, daher lassen sich die Ausfälle durch eine geringfügige Gebührenerhöhung, die nach den Berechnungen der KEF 18 Cent betragen würde, ausgleichen. Dagegen ist der negative Einfluss auf das Erscheinungsbild bei den Zuschauerinnen und Zuschauern erheblich; es entsteht der Eindruck, dass öffentlich-rechtliche Sendungen zu einem beachtlichen Teil von Sponsoren finanziert oder gar gestaltet werden. Mittelfristig sollten die Länder eine reine Gebührenfinanzierung vorsehen. Dies gilt umso mehr, als das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 11. September 2007 sicherstellt, dass die Gebühr weiterhin bedarfsgerecht in einem staatsfernen Verfahren festgelegt wird. Die KEF hat insoweit errechnet, dass ein Verzicht auf Werbung einen Mehraufwand an monatlichen Gebühren pro Teilnehmer in Höhe von 1,24 Euro zur Folge hätte. In diesem Zusammenhang ist entscheidend, dass die Werbefinanzierung sich auf die Programmqualität nicht unerheblich auswirkt. Das Programm wird zum Werberahmen; die vom Bundesverfassungsgericht beschriebenen Tendenzen der zunehmenden Ausrichtung auf Massenattraktivität, Verflachung und Betonung des Sensationellen sowie Skandalösen sind unbestreitbar. Mit einem ernst genommenen Drei-Stufen-Test und einem Verzicht auf Werbung und Sponsoring würde also entscheidend zur Schärfung des öffentlichrechtlichen Profils beigetragen, die Werbe- und Sponsoringfreiheit wäre ein Pfund, mit dem der öffentlich-rechtliche Rundfunk im publizistischen Wettbewerb wuchern könnte.
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Warum die Presse kämpfen muss Die Länderpläne für ARD/ZDF bedrohen die private Medienwirtschaft Robert Schweizer
Grundlage der Diskussionen bildet seit dem 26. März 2008 ein – seitdem mehrfach überarbeiteter – „Arbeitsentwurf zur Umsetzung der Zusagen gegenüber der EU-Kommission im Rahmen des EU-Beihilfeverfahrens“. Nach dem gegenwärtigen Stand besteht die Gefahr, dass als Grundsatz eine gebührenfinanzierte elektronische Presse möglich ist. Was unter „elektronischer Presse“ im Einzelnen genau zu verstehen ist – etwa nach den technischen Möglichkeiten entwickelte und ausgedehnte Zeitungen und Zeitschriften im Internet – kann an dieser Stelle dahinstehen. Das Hauptproblem besteht darin, dass der Wettbewerb durch die staatliche Finanzierung von ARD und ZDF mit Gebühren verzerrt wird. Bei einem Wettbewerb unter gleichen wirtschaftlichen Bedingungen gäbe es im Wesentlichen nichts zu diskutieren. Ausgestaltet wird der Grundsatz in dem Entwurf in weiteren Bestimmungen. Im Kern ist bislang zu befürchten, dass sendungsbezogen gebührenfinanzierte elektronische Presse im Rahmen verschiedener Variationen zulässig sein kann. Mit Sendungsbezug lassen sich jedoch täglich unschwer elektronisch Zeitungen und Zeitschriften ersetzen. Man braucht nur zu bedenken, wie viele Fernseh- und Hörfunksendungen täglich ausgestrahlt werden. Für die Sendungen stehen ARD und ZDF mehr als sieben Milliarden Euro zur Verfügung. Mit verhältnismäßig geringen Mitteln können die Sendungen als elektronische Presse aufbereitet werden. Eine – diskutierte – Selbstbeschränkung auf 0,75 Prozent der Gebühren für Internetkosten behindern ARD und ZDF somit nicht, mit Sendungsbezug gebührenfinanziert die tägliche elektronische Presse der Verlage wesentlich zu substituieren. Gegen Milliarden kann jedoch auf Dauer auch mit Werbeeinnahmen und Zusatzdiensten kein Verlag konkurrieren. Dabei muss bedacht werden, dass allein schon die Wettbewerbsverzerrung problematisch ist. Unzulässig soll für ARD und ZDF bislang eine nicht-sendungsbezogene elektronische Presse sein. Es wird teilweise jedoch angestrebt, den Begriff „elektronische Presse“ eng zu definieren und unter ihr nur ein E-Paper zu verste-
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hen; also eine ins Netz gestellte Papierpresse. E-Paper können aber ARD und ZDF ohnehin nicht bieten. Eine erste Überraschung: Die EU-Entscheidung vom 24. April 2007 setzt sich mit der Presse überhaupt nicht auseinander Die Zusagen, die nun in dem Arbeitsentwurf insbesondere auch zum Nachteil der Presse umgesetzt werden sollen, sind Teil der Entscheidung der EUKommission vom 24. April 2007. Diese Entscheidung erklärt einleitend: „Die Kommission beehrt sich, Ihnen [Exzellenz Steinmeier, Bundesminister des Auswärtigen] mitzuteilen, dass die von Deutschland im Rahmen dieses Verfahrens eingegangenen Verpflichtungen die Bedenken der Kommission in Bezug auf die Unvereinbarkeit der geltenden Finanzierungsregelungen zugunsten des öffentlichen Rundfunks ausräumen. Deshalb hat die Kommission entschieden, das Verfahren einzustellen.“ Diese EU-Entscheidung, die nun so, wie zu Beginn beschrieben, möglicherweise gegen die Presse umgesetzt wird, setzt sich jedoch überhaupt nicht mit der Presse und ihrer Bedeutung auseinander. Wie erklärt es sich, dass die Presse in die Entscheidung der Kommission nicht speziell einbezogen wurde und damit ausdrückliche Einschränkungen von vornherein fehlen? Kann es sein, dass die Entscheidung der Kommission vom 24. April 2007 „blind“ gegen die Presse herangezogen wird? Die Entscheidung vom 24. April 2007 und die „Zusagen gegenüber der EUKommission im Rahmen des EU-Beihilfeverfahrens“ gehen auf Beschwerden zurück, die seit 2002 bei der EU-Kommission zur Finanzierungsregelung für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Deutschland diskutiert wurden. Beschwerdeführer waren im Wesentlichen der Verband Privater Rundfunk und Telemedien – VPRT, Kabel Baden Württemberg und Premiere, also keine Presseverbände. Im März 2005 teilte die Kommission der Bundesregierung mit, sie nehme (vorläufig) an, die Finanzierungsregelung zugunsten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Deutschland sei mit dem EG-Vertrag nicht mehr vereinbar. Im Mai 2005 und im April 2006 erwiderte die Bundesregierung. Im Juli einigten sich die Kommission und die Bundesregierung über die Eckpfeiler der künftigen Finanzierungsregelung und verständigten sich bis Dezember 2006 über die erforderlichen Änderungen. Im Dezember 2006 sagte die Bundesregierung förmlich zu, die geltende Finanzierungsregelung zu ändern. In der Entscheidung vom 24. April 2007 hat dann Neelie Kroes für die Kommission der Bundesregierung wie zitiert das Verfahren eingestellt und diese
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Einstellung mit einer Stellungnahme verbunden. Diese Stellungnahme legt auf 88 Seiten die Sach- und Rechtslage dar und „ersucht die deutschen Behörden, der Kommission rechtzeitig einen Entwurf der Rechtsvorschriften zur Umsetzung der erteilten Zusagen sowie die endgültige Fassung der Neuregelung, die zwei Jahre ab Datum des vorliegenden Schreibens (24. 4. 2007) in Kraft getreten sein muss, zu unterbreiten“. Diese Stellungnahme der Kommission vom 24. April 2007 befasst sich mit den erwähnten Stellungnahmen des VPRT, von Kabel BW und Premiere. Da die Presse im Jahre 2002 noch keinen Anlass sah, sich zu beschweren, sah sich offenbar ebenso die Kommission nicht veranlasst, die Beihilfenproblematik speziell im Verhältnis zur Presse zu bedenken. Die Verantwortlichen werden sich deshalb zum Verhältnis Rundfunk/Presse fragen müssen, ob sie eine Kommissions-Entscheidung umsetzen, die es speziell in Bezug auf die Presse noch gar nicht gibt. Der Entwurf geht nicht vom Grundgesetz aus Das europäische Recht hat zwar Vorrang vor dem deutschen Verfassungsrecht. Dennoch empfiehlt es sich zum besseren Verständnis, und weil das Grundgesetz in diesem Falle incidenter europarechtlich erheblich ist, zunächst auf die deutsche Verfassung zu blicken. Es wiederholt sich im Arbeitsentwurf nämlich, was sich schon bei den Arbeiten zur Studie „Elektronische Medien – Entwicklung und Regulierungsbedarf“ gezeigt hatte: Es ist offenbar für Rundfunkrechtler schwierig, sich daran zu erinnern, wovon nach dem Grundgesetz auszugehen ist. Erst nach einem halben Jahr war die Diskussion so gereift, dass das Autorenteam – ich vermute in Person von Herrn Prof. Dörr – instruktiv, perfekt festgestellt hat: „Zudem muss man sich vergegenwärtigen, dass die gesetzliche Ausgestaltung des Rundfunkrechts grundrechtlich eine Besonderheit bildet. Unbestritten sind die Grundrechte in erster Linie subjektive Freiheitsrechte und stellen Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat dar. Davon weicht die Rundfunkfreiheit, so wie sie vom Bundesverfassungsgericht verstanden wird, erheblich ab. Sie bedarf nach dieser Vorstellung der gesetzlichen Ausgestaltung. Insoweit kann man mit guten Gründen vertreten, dass die Pressefreiheit aus der unbestritten subjektive Rechte für private Presseunternehmen folgen, ohne dass es einer gesetzlichen Ausgestaltung bedarf, den gesetzlichen Regelfall darstellt. Auch deshalb spricht viel dafür, nur solche neuen Angebote in die Rundfunkregulierung einzubeziehen, die dem klassischen Rundfunk einzubeziehen sind.“ Somit: „Die Pressefreiheit, aus der unbestritten subjektive Rechte für private Presseunternehmen folgen“, bildet nach dem Grundgesetz den Regelfall. Die
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Verfasser der Rundfunkstaatsvertrags-Änderung werden demnach prüfen müssen, ob sie nicht in Bezug auf die elektronische Presse anders denken müssen. Die Verfasser gestalten bislang – anders als es ein Regelfall erlaubt – die gebührenfinanzierte elektronische Presse durch die Sender als Grundsatz und die private elektronische Presse als (enge) Ausnahme. Umgekehrt wäre richtig. Der Entwurf verstößt gegen die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Freien Presse Wie konkretisiert das Bundesverfassungsgericht den Regelfall? Es garantiert das Institut Freie Presse. Nach dieser Garantie müssen sich – so wörtlich das Bundesverfassungsgericht – Presseunternehmen im gesellschaftlichen Raum frei bilden und nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen und in privatrechtlichen Organisationsformen arbeiten können. Die öffentliche Gewalt – betont das Bundesverfassungsgericht ergänzend – darf grundsätzlich in den geistigen und wirtschaftlichen Wettbewerb dieser privaten Unternehmen nicht eingreifen. Folglich müsste der Entwurf gleich im Rahmen des Grundsatzes den Regelfall einbeziehen und festlegen: „In den grundrechtlich umhegten Freiheitsbereich der privaten Inhalteanbieter darf in der Regel nicht eingegriffen werden. Demnach sind insbesondere gebührenfinanzierte digitale, presseähnliche Textdienste grundsätzlich ausgeschlossen. Die Abgrenzung zum gebührenfinanzierten Rundfunk erfolgt abwägend in der Weise, dass die Sender im Internet rundfunkähnliche Dienste anbieten dürfen.“ Es kommt nicht von ungefähr, dass gerade auch erfahrene und exponierte Rundfunkrechtler wie Prof. Dörr „nachhaltig dafür plädieren, dem öffentlichrechtlichen Rundfunk zu untersagen, echte elektronische Presse anzubieten“. Die Entscheidung der Kommission vom 24. April 2007 belegt, dass der Arbeitsentwurf gegen EU-Recht verstößt Die Entscheidung vom 24. April 2007 belegt, obwohl sie sich nicht speziell mit der Bedeutung der Presse befasst (vgl. oben „Erste Überraschung“): Hätte die Kommission die Presse mit berücksichtigt, wäre sie zu dem soeben formulierten Grundsatz gelangt. Sie hätte nach Art. 87 und Art. 86 Abs. 2 EG-Vertrag gebührenfinanzierte digitale, presseähnliche Textdienste untersagt. Untersagt hätte die Kommission in
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diesem Sinne bereits unmittelbar, nicht erst über das Prüfverfahren des in der Entscheidung vom 24. April 2007 beschriebenen Drei-Stufen-Tests. Einzelheiten: Im Rahmen ihrer beihilferechtlichen Würdigung nimmt die Kommission in Rz 209 „die Ausführungen der deutschen Behörden zur bestehenden Finanzierungsregelung zur Kenntnis, wonach die so qualifizierten Mediendienste [auf] das Hauptprogramm unterstützende Tätigkeiten beschränkt sind“. Somit ausdrücklich nur: „Das Hauptprogramm unterstützende Tätigkeiten“. Nach der gegenwärtigen Fassung des Arbeitsentwurfs soll in Bezug auf den hier interessierenden Bereich diese Beschränkung jedoch gerade wegfallen (siehe oben: „Umsetzung der Zusagen gegenüber der EU-Kommission“). In Rz 214 geht die Kommission ganz im Sinne der Ausführungen in Rz 209 darauf ein, dass „bei der Ausweitung des Angebots von traditionellen Fernsehtätigkeiten auf Online-Dienste“ die „Begrenzung auf unterstützende Tätigkeiten gewährleistet“ sein muss, „so dass weiterhin ein enger Bezug zu den traditionellen Programmaufgaben besteht“. In Rz 218 weist die Kommission in ihrer Entscheidung darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs das „Verhältnismäßigkeitskriterium“ erfüllt sein muss, damit eine Beihilfe gemäß Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag als mit dem gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden kann. In diesem Rahmen ist zu prüfen, ob im Markt bereits andere Dienste in ähnlicher oder identischer Form angeboten werden. Private elektronische Presse wird in Deutschland jedoch vielfach und qualitativ hochstehend angeboten. In Rz 259 und 262 wird – ebenfalls zur Verhältnismäßigkeit – dargelegt, dass der Markt nicht verzerrt werden darf. Dass der Markt nach dem Entwurf in seiner gegenwärtigen Fassung weit übermäßig verzerrt wird, wurde oben im Abschnitt „Umsetzung der Zusagen gegenüber der EU-Kommission“ bereits beschrieben. Darüber hinaus formuliert die Kommission im Rahmen der Finanzierung von Sportrechten durch öffentliche Mittel zur Verhältnismäßigkeit den allgemeinen Leitsatz: „Bei der Ermittlung der Verhältnismäßigkeit müssen die Bedürfnisse der öffentlichen Rundfunkanstalten hinsichtlich der Erfüllung ihres Auftrags gegen die nachteiligen Auswirkungen auf den Wettbewerb abgewogen werden.“ In seiner gegenwärtigen Fassung bildet der Arbeitsentwurf jedoch sogar ein Musterbeispiel dafür, dass die nachteiligen Auswirkungen auf den Wettbewerb überwiegen (vgl. oben „Umsetzung der Zusagen gegenüber der EU-Kommission“: Verzerrung des Wettbewerbs durch einseitige Gebührenfinanzierung). Dies gilt umso mehr, als die deutsche Verfassung wie dargelegt verletzt wird, vgl. oben: die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Freien
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Presse. In einem Fall wie diesem hier sind Regelungen, welche die deutsche Verfassung missachten, unverhältnismäßig. Ergebnis So, wie sich die Änderung des Rundfunkstaatsvertrages bislang abzeichnet, ist sie europa- und verfassungsrechtswidrig. In Rz 339 weist die Entscheidung vom 24. April 2007 darauf hin, dass „Deutschland die Erstellung einer (Positiv/Negativ-)Liste von Telemedien angekündigt hat, die illustrativen Charakter hat und auch Angebote bezeichnet, die – wie beispielsweise E-Commerce – als nicht vom Auftrag erfasst anzusehen sind“. In die Negativliste müsste der oben formulierte Fall aufgenommen werden, nämlich: „Gebührenfinanzierte digitale, presseähnliche Textdienste sind grundsätzlich ausgeschlossen. Die Abgrenzung zu den Online-Tätigkeiten des gebührenfinanzierten Rundfunks erfolgt abwägend in der Weise, dass die Sender im Internet rundfunkähnliche Dienste anbieten dürfen.“ Mit dieser Regelung ist auch die Entwicklungsgarantie des öffentlichrechtlichen Rundfunks gewährleistet.
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Vor der Verfassung keinen Bestand Der öffentlich-rechtliche Funktionsauftrag im Internet Carl Eugen Eberle
1. Beihilferechtliche Rahmenbedingungen Auf die Notwendigkeit und Bedeutung öffentlich-rechtlicher Angebote im Internet hat auf europäischer Ebene die Europäische Kommission bereits in ihrer Beihilfemitteilung aus dem Jahre 2001 hingewiesen. Sie hat die Möglichkeit öffentlich-rechtlicher Betätigung im Internet anerkannt, wenn diese Betätigung den gleichen Zielen wie im Rundfunk dient, nämlich wenn sie einen Beitrag zur demokratischen Willensbildung, zur gesellschaftlichen Integration und zur Kultur leistet. Die Kommission geht wie selbstverständlich davon aus, dass die Funktion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für Demokratie, gesellschaftliche Integration, Kultur und Pluralismus auch durch seine Betätigung im Internet erfüllt werden kann. Entsprechend den Vorgaben im Amsterdamer Protokoll über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Mitgliedstaaten überlässt sie es den Mitgliedstaaten, den Funktionsauftrag der Rundfunkanstalten und seine Finanzierung auch für ein Mandat im Internet in eigener Kompetenz festzulegen. Blickt man sich in Europa um, dann wird man feststellen, dass die Mitgliedstaaten von dieser Kompetenz in weitem Umfang Gebrauch gemacht und ihrem jeweiligen öffentlich-rechtlichen Rundfunk einen breiten Internet-Auftrag gegeben haben. Dies gilt besonders für die BBC, die in der deutschen Diskussion gerne als Exempel herangezogen wird. Europarechtliche Vorgaben, insbesondere aus dem Beihilferecht, ergeben sich speziell für die deutsche Seite aus dem Beihilfekompromiss vom 24. April 2007, mit dem mehrere beihilferechtliche Beschwerdeverfahren, die sich auch gegen die Internetaktivitäten von ARD und ZDF richteten, zum Abschluss gebracht worden sind. Geboten ist die Konkretisierung des Telemedienauftrags auf journalistisch-redaktionell gestaltete oder veranlasste Angebote, die den gleichen Zielen wie das Programmangebot im Rundfunk zu dienen haben. Die Angebote haben sodann die Aufgabe, allen Bevölkerungsgruppen die Teilhabe an der Informationsgesellschaft zu ermöglichen, Orientierungshilfe zu bieten sowie die
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technische und inhaltliche Medienkompetenz aller Generationen und von Minderheiten zu fördern. Schließlich sollen neue oder veränderte Angebote nur nach Durchführung eines Drei-Stufen-Tests erfolgen, der auch – unter Einbeziehung von Stellungnahmen Dritter – die marktlichen Auswirkungen berücksichtigen muss. Allen diesen Anforderungen wird in den vorliegenden Arbeitsentwürfen zum 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag in vollem Umfang entsprochen. Darüber hinausgehende Regelungsvorschläge in den Entwürfen, die Angebote zeitlich beschränken, einen engen Sendungsbezug formulieren sowie Sport und Unterhaltung aus den Angeboten verbannen wollen, sind vonseiten der Europäischen Kommission nicht verlangt worden. Sie dienen ausschließlich dem Schutz der Interessen kommerzieller Telemedienanbieter, insbesondere der Verleger. Da sie die Entwicklungsmöglichkeiten der Rundfunkanstalten im Internet in erheblichem Umfang beschneiden, geraten sie in Konflikt mit den verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. 2. Verfassungsrechtliche Verankerung Das BVerfG setzt bei den Besonderheiten des Internets an, die sich aus der Kombination der Darstellungsformen Text, Ton und Bewegtbilder über neue Verbreitungsformen und -wege ergeben. Sie verleihen diesen Angeboten eine herausragende Authentizität und Wirkkraft und nehmen deshalb Funktionen wahr, die unter gleichen Aspekten wie beim Rundfunk des besonderen Schutzes vor einseitiger Einflussnahme bedürfen. Diese Überlegungen rechtfertigen und erfordern nach Ansicht des Gerichts Vorkehrungen zum Schutz der publizistischen Vielfalt und lassen es geboten erscheinen, den Funktionsauftrag von ARD und ZDF auch auf neue Inhalte, Formen und Genres sowie für neue Verbreitungsformen zu öffnen. Von besonderer Bedeutung ist, dass die vom 1. Senat im Gebührenurteil vom 11.9.2007 entwickelten Anforderungen an die duale Ordnung des Rundfunks nun auch vom 2. Senat in seiner Entscheidung zum Hessischen Privatrundfunkgesetz vom 12.3.2008 ausdrücklich bestätigt wurden und somit eine weitere Verfestigung erfahren haben, was bislang noch wenig Aufmerksamkeit erfahren hat. Gegen die solchermaßen begründeten Internetaktivitäten des öffentlichrechtlichen Rundfunks werden eine Reihe von Einwänden erhoben, die von der Vielfaltgewährleistung im Internet (a) über einen Pressevorbehalt für textbasierte Internetinhalte (b) bis zu einer unzulässigen Wettbewerbsverzerrung durch gebührenfinanzierte Angebote der Anstalten (c) reichen, die jedoch allesamt einer Prüfung nicht standhalten.
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a) Vielfaltgewährleistung im Internet? Ein erster Einwand besagt, dass im Internet aufgrund der Vielzahl der Anbieter und Angebote Vielfaltdefizite nicht zu erwarten seien. Tatsächlich aber ist die Angebotsvielfalt im Internet von zwei Seiten bedroht: Konzentrationsproblematik Die Orientierung im Internet ist angesichts der Fülle der Angebote schwierig. Hilfestellung geben einerseits Suchmaschinen wie insbesondere Google, die eine gezielte Suche ermöglichen. Ihre Navigationshilfen sind jedoch insofern problematisch, als die angebotenen Ergebnisse nicht allein nach objektiven Kriterien erfolgen, sondern durch für den Nutzer nicht erkennbare Algorithmen selektiert und gewichtet werden, ohne dass diesem Vorgang eine journalistisch-redaktionelle Handlungslogik zugrunde liegen muss. Darüber hinaus besteht vielfach die Möglichkeit, gegen Bezahlung vorrangig in den Index aufgenommen zu werden (Paid-Inclusion). Im Ergebnis besteht also eine ausgeprägte Informationsasymmetrie zwischen Suchmaschinenbetreiber und Nutzer über das Zustandekommen der Suchergebnisse. Diese Tatsachen, verbunden mit dem wachsenden Monopolcharakter einer Institution wie Google, verdeutlichen die – letztlich auch verfassungsrelevanten – Gefahren, die von der Seite der Navigation der Vielfalt im Netz drohen. Netzökonomie-Problematik Das BVerfG hat auf die Gefahren hingewiesen, die dem Fernsehen durch die auf die Programminhalte durchschlagende Werbefinanzierung drohen. Diese Gefahren sind zu Beginn des Privatfernsehens gleichermaßen beschworen wie abgestritten worden. Heute sind sie für jedermann offensichtlich. Die Programmgestaltung unterliegt, wie jeder weiß, hohen Renditevorgaben von Finanzinvestoren, die an die Stelle eher publizistisch ausgerichteter früherer Eigentümer getreten sind. Die Entwicklung drückt sich plastisch in einem öffentlich gefallenen Ausspruch des Managers einer kommerziellen Sendergruppe aus: „Unsere Kernkompetenz ist nicht die Sendung, sondern die Akquisition von Werbung.“ Medienökonomisch begründete Erfordernisse lassen für das Internet eine vergleichbare Entwicklung erwarten. Auch hier zwingt die Werbung als ersichtlich dominante Finanzierungsquelle eine bestimmte Ausrichtung der Angebotsinhalte: Messgröße für das Werbeaufkommen sind die Klickzahlen, die die An-
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gebote bei den Nutzern erreichen. Sie werden gemessen in Page Views, d.h. die Anzahl der Nutzer, die eine bestimmte Angebotsseite besuchen und die dort mit der Werbung in Kontakt kommen. Deshalb gehen die Anbieter mehr und mehr dazu über, ihre Angebote so zu gestalten, dass sie eine möglichst hohe Anzahl an Page Views erreichen. Der so gemessene Erfolg einer Internet-Publikation wird in den Redaktionen fortlaufend per Laufband dokumentiert und beobachtet und führt dazu, dass die Inhalte der Zuschauerakzeptanz angepasst werden. So werden dann Angebote, die nicht die erwarteten Klickzahlen erreichen, entweder umgestaltet (z.B. indem sie eine neue, attraktivere Überschrift bekommen) oder ganz aus dem Netz genommen, damit sie erfolgversprechenderen Angeboten Platz machen. Der Vergleich von gedruckten Zeitungsausgaben einerseits und OnlineAusgaben der Verlage andererseits zeigt deutlich den Einfluss, den Klickraten auf die Auswahl und Platzierung der Inhalte haben. Auch wenn dies derzeit nur in Anfängen zu erkennen ist und vielfach nur in Fachkreisen wahrgenommen wird, so kann doch jetzt schon festgehalten werden: Der wirtschaftliche Erfolg von Online-Angeboten, gemessen an der Nutzeraufmerksamkeit mit dem Maßstab Page Views, beeinflusst in wachsendem Maße nachhaltig die Inhalte der Online-Angebote. Die vom BVerfG für den Bereich des Fernsehens beschriebenen Auswirkungen werden sich auch im Online-Bereich einstellen und rechtfertigen den öffentlich-rechtlichen Online-Funktionsauftrag als Sicherungsmaßnahme. b) „Textbasierte Angebote“ im Internet der Presse vorbehalten? Neuerdings wird in einem Rechtsgutachten für den BDZV und den VDZ ein Vorbehalt zugunsten von Online-Angeboten der Presse-Unternehmen dergestalt formuliert, dass „textbasierte Internet-Angebote“, also Angebote, die das Internet als „Lesemedium“ begreifen, nicht oder nur in ganz geringem Umfang gebührenfinanziert erbracht werden dürften. ARD und ZDF sollen demzufolge von solchen Angeboten, soweit sie nicht strikt sendungsbezogen sind, grundsätzlich ausgeschlossen sein. Der Ansatz isoliert aus dem – staatsvertraglich geprägten – Begriff der Telemedien „Digitale Textdienste“ (Texte, stehende Bilder und Grafiken) und ordnet sie dem Institut der „Freien Presse“ zu. Für das Institut der Freien Presse werden als prägende Ordnungsprinzipien im Anschluss an die Verfassungsrechtsprechung (BVerfGE 20, 162, 175) eine privatrechtlichen Organisationsform, Privatwirtschaftlichkeit als Unternehmensrationalität und Außenpluralismus zur Vielfaltsicherung identifiziert. Ihnen widerspräche es, wenn Textdienste gebührenfinanziert
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und in binnenpluraler Organisationsform, wie beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk üblich, erbracht würden. Für diesen griffig auch als „elektronische Presse“ bezeichneten Bereich wird also exklusiv das Presserechtsregime eingefordert, unabhängig davon, wie dieser Bereich medienrechtlich eingebettet ist. Die Auseinandersetzung mit dieser Meinung soll unter zwei Gesichtspunkten erfolgen. Zum einen geht es um das Bemühen der Verleger, einen Bereich der „elektronischen Presse“ sozusagen unter grundrechtlichen Ewigkeitsschutz zu stellen und dem Regelungsregime der Telemedien zu entziehen. Zum anderen geht es um Fragen des Wettbewerbs und der Wettbewerbsverzerrung. „Elektronische Presse“ – ein untauglicher Abgrenzungsbegriff Der Versuch, einen Bereich der „elektronischen Presse“, verstanden als „Lesemedium“ und auch als solches so bezeichnet, innerhalb der konvergenten Welt des Internets zu identifizieren, könnte an den Erwägungsgrund 21 der Audiovisuellen Mediendiensterichtlinie anknüpfen, wo es heißt: „Elektronische Ausgaben von Zeitungen und Zeitschriften sollten nicht in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen.“ Hinter dieser Aussage steht der Grundsatz, wonach ein Medium nicht dadurch seine Identität ändert, dass es über einen anderen Verbreitungsweg transportiert wird. Dies ist etwa für Fernsehprogramme anerkannt, die ihren Rundfunkcharakter nicht dadurch verlieren, dass sie über das Streaming im Internet oder über digitale terrestrische Frequenzen zum Mobilempfang („Handy-Fernsehen“) verbreitet werden. Voraussetzung ist aber, dass die typischen Merkmale wie die zeitgleiche und unveränderte Signalübertragung beibehalten werden. Für die Presse gilt das, wenn Zeitungs- bzw. Zeitschriftenexemplare unverändert ins Netz gestellt werden, das Internet also nur einen andere Verbreitungsweg darstellt und das Austragen der körperlichen Druckexemplare ersetzt. So gesehen ist der Begriff der „elektronischen Presse“ aber in keiner Weise geeignet, die Aktivitäten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einzugrenzen, denn keine Rundfunkanstalt wird jemals Zeitungen herstellen, um sie unverändert ins Netz zu stellen. Auch die Verlage können über diesen Begriff der elektronischen Presse nicht die von ihnen angestrebte medienrechtliche Privilegierung ihrer Telemedienangebote erreichen, denn ihre Internetaktivitäten beschränken sich keineswegs darauf, nur Druckausgaben ins Netz zu stellen. Vielmehr nehmen die Internet-Angebote der Verlage selbstverständlich die gesamten konvergenten Internet-Darstellungsformen auf. Das gilt vor allem für Video-Beiträge, die den An-
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geboten besondere Attraktivität verleihen und die heute zum State of the Art im Internet gehören. Multimediale Inhalte im Internet sind aber nicht gleichzusetzen mit elektronischer Presse, will man nicht den abwegigen Schluss zulassen, dass alles, was Verleger im Internet anbieten, elektronische Presse darstellt. Auch für konvergente Internetangebote der Verlage gilt demnach das Telemedien-Rechtsregime, das speziell für diese Art multimedialer Inhalte geschaffen wurde und ihren Besonderheiten Rechnung trägt. Innerhalb dieses Bereichs kann es keinen speziellen rechtlichen Rahmen nur für Verlegerangebote geben, wenn sich diese der multimedialen, konvergenten Darstellungsmittel des Internet bedienen. Ein institutioneller Vorbehaltsbereich, von dem sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk fernzuhalten habe, lässt sich auf diese Weise nicht begründen. „Wettbewerbsverzerrung“ durch öffentlich-rechtliche Internet-Angebote? Das zentrale Argument, mit dem gegen Internet-Angebote von ARD und ZDF gefochten wird, ist kein juristisches, sondern ein ökonomisches. Es wird nämlich behauptet, die Gebührenfinanzierung verschaffe den Angeboten von ARD und ZDF einen Wettbewerbsvorteil und führe zu Wettbewerbsverzerrungen mit der Folge, dass kommerziell finanzierte Angebote benachteiligt und aus dem Markt gedrängt würden. Bei der Auseinandersetzung mit diesem Argument muss zwischen Märkten im ökonomischen Sinne einerseits und dem publizistischen Wettbewerb und dem dort verwendeten Maßstab des Zuschauermarkts (oder – auf das Internet bezogen – Nutzermarkts) andererseits unterschieden werden. Wettbewerbsrechtlich relevant sind nur Märkte, auf denen die Marktteilnehmer mit entgeltlichen Angeboten vertreten sind. Bezogen auf das Internet ist das der Markt für Werbung und Sponsoring. Insoweit sind ARD und ZDF aber keine Marktteilnehmer, da ihnen Werbung und Sponsoring im Internet untersagt sind. Auf den Beschaffungsmärkten, auf denen es um den Rechteerwerb für Internet-Inhalte geht, sind ARD und ZDF zwar tätig, ohne dass es dort aber zu Marktverzerrungen kommt. Schließlich bleibt auch der Markt für entgeltliche Angebote im Internet unberührt, da ARD und ZDF als Rundfunkanstalten keine kommerziellen Angebote im Internet erlaubt sind. Angesichts fehlender Ansatzpunkte im Rahmen einer auf wettbewerbsrechtlich relevante Märkte bezogenen ökonomischen Betrachtungsweise wird vielfach behauptet, ARD und ZDF entzögen allein durch ihre Präsenz im Internet den werbefinanzierten Angeboten der Verleger Aufmerksamkeit. Dies habe zur Folge, dass werbefinanzierte Angebote weniger Klickzahlen erhielten und dadurch das Werbeaufkommen kommerziell finanzierter Internetanbieter leide. Fraglich
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ist schon, ob sich eine entsprechende Kausalität – öffentlich-rechtliche Internetangebote nehmen privaten Angeboten Nutzer weg – nachweisen lässt. Die Annahme, dass Internet-Nutzer, die bislang ARD/ZDF-Angebote abrufen, bei deren Abschaffung sich stattdessen den werbefinanzierten Angeboten der Verleger zuwenden und dort für höhere Klickzahlen sorgen würden, ist angesichts des Inhaltsreichtums im Internet eher naiv und lässt sich nicht belegen. Schließlich kann auch hinsichtlich der für die Internet-Auftritte verfügbaren Finanzmittel keine Wettbewerbsverzerrung zu Lasten kommerzieller InternetAngebote diagnostiziert werden, im Gegenteil: Den lediglich 12 Millionen Euro, die z. B. das ZDF, gebunden durch KEF, Finanz- und Haushaltsplanung, bis 2012 jährlich für die inhaltliche Erstellung seines Internet-Auftritts ausgibt, steht z.B. der jeweils mehr als zwanzigfache Betrag gegenüber, den Burda Medien und die Holtzbrinck-Gruppe, jeder für sich, mit ihren Internet-Umsätzen derzeit schon erzielen. Wendet man den Blick von dieser eher anbieterbezogenen Perspektive auf die Nutzerperspektive, dann ist bedeutsam, dass gebührenfinanzierte Angebote im Netz den publizistischen Wettbewerb fördern. Sie sorgen für Vielfalt im Netz und gewährleisten Inhalte, die nicht, wie oben gezeigt, mit erwerbswirtschaftlicher Motivation ins Netz gestellt werden und denen deshalb in spezifischer Weise Vertrauen entgegengebracht werden darf. Das BVerfG hat diesen Gesichtspunkt für die Programmveranstaltung, aber auch für den seinerzeit neuen Videotext im Baden-Württemberg-Beschluss hervorgehoben und programmliche Beschränkungen zum Schutz kommerzieller Veranstalter vor öffentlich-rechtlicher Konkurrenz für verfassungswidrig gehalten, weil sie der in Art. 5 Abs. 1 verbürgten Meinungsfreiheit zuwiderlaufen, der die grundrechtlich geschützte Rundfunkfreiheit zu dienen hat. Danach haben die zeitlichen und inhaltlichen Beschränkungen, welche die Arbeitsentwürfe zum 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag vorsehen, vor der Verfassung keinen Bestand. 3. Fazit Als Fazit bleibt festzuhalten: Vom Bundesverfassungsgericht gefordert, von der Kommission erlaubt, soll der öffentlich-rechtliche Rundfunk seiner Funktion für demokratische Willensbildung, gesellschaftlichen Zusammenhalt und Kultur auch im Netz nachkommen. Angesichts der absehbaren Entwicklungen im Internet bedarf es auch dort Vielfalt sichernder Mechanismen, wie sie der öffentlichrechtliche Rundfunk mit seinen Funktionen darstellen kann. Schützenswerte ökonomische Interessen seiner publizistischen Wettbewerber stehen dem nicht entgegen. Die Grenzlinien seiner Betätigung über das im Beihilfekompromiss vereinbarte Maß hinaus in der Form von zeitlichen oder inhaltlichen Angebots-
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limitierungen dürfen aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht durch den Staatsvertragsgesetzgeber festgelegt werden. Als verfassungskonforme Lösung bieten sich stattdessen, wie von den Anstalten vorgeschlagen, Verweildauerkonzepte und der Verzicht auf bestimmte Angebote (Negativliste) in der Form von Selbstverpflichtungserklärungen der Anstalten an. Finanzielle Grenzlinien ziehen darüber hinaus das KEF-Verfahren sowie die damit verbundenen finanzplanungs- und haushaltsrechtlichen Vorgaben und vielfältigen Kontrollmechanismen, denen die Anstalten unterliegen. Ein vielfach behauptetes „unbegrenztes Wachstum“ der Telemedienangebote von ARD und ZDF ist durch diese Maßnahmen jedenfalls ausgeschlossen.
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Autorenverzeichnis Autorenvereichnis Christoph Degenhart (Jahrgang 1949) lehrt Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Leipzig und ist Direktor des dortigen Instituts für Rundfunkrecht. Außerdem gehört er als sachverständiges Mitglied dem Medienrat der Sächsischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (SLM) an. Dieter Dörr (Jahrgang 1952) ist Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Völker- und Europarecht, Medienrecht an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und Direktor des Mainzer Medieninstituts. Außerdem gehört er der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich an, mehrere Jahre auch als Vorsitzender. Jürgen Doetz (Jahrgang 1944) ist gelernter Journalist, Pionier des dualen Rundfunksystems und langjähriger Sat.1-Geschäftsführer. Von 2000 bis 2004 war Doetz Vorstand Medienpolitik und Regulierung bei der ProSiebenSat.1 Media AG. Präsident des Verbands Privater Rundfunk und Telemedien e.V. (VPRT) ist Doetz bereits seit 1996. Carl-Eugen Eberle (Jahrgang 1946) ist seit 1990 Justiziar des ZDF. Von 1984 – 1990 war er Professor für Öffentliches Recht und Verwaltungswissenschaft sowie Geschäftsführender Direktor des Seminars für Verwaltungslehre an der Universität Hamburg (1988 – 1990). Ernst Elitz (Jahrgang 1941) ist seit 1994 Intendant des Deutschlandradios (Deutschlandfunk und Deutschlandradio Kultur) und lehrt als Honorarprofessor der Freien Universität Berlin Kultur- und Medienmanagement. Seit 1966 hatte er für „Die Zeit“, den „Spiegel“ und RIAS Berlin gearbeitet. 1974 wechselte er zum ZDF, wo er zunächst „Kennzeichen D“ moderierte und 1983–85 stellvertretender Leiter und Moderator des „heute-journals“ war. 1985 wurde er Chefredakteur des Süddeutschen Rundfunks. Marc Jan Eumann (Jahrgang 1966) ist Vorsitzender der Medienkommission beim SPD-Parteivorstand sowie stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPDFraktion im Landtag von Nordrhein-Westfalen. Mitglied im WDR-Rundfunkrat
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seit 1995, ist Eumann dort seit Ende 2003 auch stellvertretender Vorsitzender des Haushalts- und Finanzausschusses sowie seit dem Jahr 2000 auch Aufsichtsratsmitglied bei der Westdeutschen Rundfunkwerbung (jetzt: WDR mediagroup). Helmuth Frahm (Jahrgang 1946) gehörte dem NDR-Rundfunkrat 17 Jahre lang an und war auch mehrfach dessen Vorsitzender. Im Jahre 2008 wurde er in den Verwaltungsrat des Senders gewählt. Frahm war von 1978 bis 1985 Bürgerschaftsabgeordneter der SPD in Hamburg und von 1991 bis 1994 Landesvorsitzender der Partei. Volker Giersch (Jahrgang 1950) ist Vorsitzender des Rundfunkrats des Saarländischen Rundfunks und war 2007/08 Vorsitzender der Gremienvorsitzendenkonferenz (GVK). Im Hauptberuf arbeitet Giersch als Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Saarland. Heiko Hilker (Jahrgang 1966) ist Diplomingenieur sowie medien- und technologiepolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke im Sächsischen Landtag. Walter Hömberg (Jahrgang 1944) lehrt als Professor für Kommunikationswissenschaft an der Universität Eichstätt und leitet den dortigen Studiengang Journalistik. Seit 1996 ist er Sprecher des Münchner Arbeitskreises öffentlicher Rundfunk (MAR). Joachim Huber (Jahrgang 1958) ist promovierter Theaterwissenschaftler und verantwortlicher Redakteur für Medien beim Berliner „Tagesspiegel“. Otfried Jarren (Jahrgang 1953) ist Ordinarius für Publizistikwissenschaft an der Universität Zürich und Direktor des dortigen Instituts für Publizistikwissenschaft und Medienforschung (IPMZ). Von 1989 bis '97 Professor an der Universität Hamburg und von 1995 bis 2001 Direktor des Hans-Bredow-Instituts ebendort. Hans Mathias Kepplinger (Jahrgang 1943) ist Professor für Empirische Kommunikationsforschung am Institut für Publizistik der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Hans J. Kleinsteuber (Jahrgang 1943) ist emeritierter Professor für Politikwissenschaft der Universität Hamburg und lehrt dort noch heute im Rahmen des Erasmus-Mundus-Programms am Institut für Journalistik und Kommunikationswissenschaft. Von 1999 bis 2006 gehörte er dem Rundfunkrat der Deutschen Welle an und war auch Vorsitzender des Online-Ausschusses der Bundesrundfunkanstalt.
Anhang
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Thomas Kleist (Jahrgang 1955) ist Rechtsanwalt, Staatssekretär a.D. sowie Direktor des Instituts für Europäisches Medienrecht (EMR) in Saarbrücken. Der frühere Direktor der saarländischen Landesmedienanstalt ist heute Vorsitzender des Verwaltungsrats des Saarländischen Rundfunks. Tino Kunert (Jahrgang 1976) ist Mitglied des ARD-Programmbeirats seit 2003 und dessen Vorsitzender seit Anfang 2007. Kunert ist Jurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter eines Bundestagsabgeordneten. Die Landesjugendringe von Berlin und Brandenburg haben ihn in den RBB-Rundfunkrat entsandt. Volker Lilienthal (Jahrgang 1959) ist seit Anfang 2005 verantwortlicher Redakteur von epd medien. Nach einem Studium der Journalistik (Dipl. 1983) und einer Promotion in Germanistik (Dr. phil. 1987) kam er 1989 zum epd nach Frankfurt a.M. Im Wintersemester 2007/08 vertrat er die Rudolf Augstein Stiftungsprofessur für Qualitätsjournalismus an der Universität Hamburg. Für die Aufdeckung des „Marienhof“-Skandals 2005 wurde er mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Leipziger Preis für die Freiheit und Zukunft der Medien. Rudolph Meyer (Jahrgang 1968) ist Jurist und Referent in der Hauptabteilung Internationale Angelegenheiten des ZDF. Sein Aufsatz basiert auf seiner Masterarbeit, die er im Rahmen des berufsbegleitenden LL.M.-Studiengangs Medienrecht an der Mainzer Johannes-Gutenberg-Universität angefertigt hat. Sein Beitrag gibt die persönliche Auffassung des Autors wieder. Ruprecht Polenz (Jahrgang 1946) ist seit 1994 Mitglied des Deutschen Bundestages (CDU), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses seit 2005 und Fernsehratsvorsitzender des ZDF seit 2002. Der Jurist war seit 1980 Leiter der Abteilung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Industrie- und Handelskammer Münster (IHK), seit 1984 IHK-Geschäftsführer und ist für die Zeit seines Bundestagsmandats beurlaubt. Hans-Joachim Otto (Jahrgang 1952) ist Rechtsanwalt in Frankfurt a.M., Mitglied des Deutschen Bundestages und dort Vorsitzender des Ausschusses für Kultur und Medien. Fritz Raff (Jahrgang 1948) ist seit 1996 Intendant des Saarländischen Rundfunks (SR) und war 2007/08 Vorsitzender der ARD. Der frühere Hauptgeschäftsführer des Deutschen Journalisten-Verbands und ehemalige Oberbürgermeister der Stadt Mosbach kam 1990 als Verwaltungsdirektor zum SR.
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Autorenvereichnis
Udo Reiter (Jahrgang 1944) ist Intendant des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) in Leipzig. Der promovierte Germanist arbeitete für den Bayerischen Rundfunk, wo er Chefredakteur Hörfunk und Hörfunkdirektor war. Im Jahre 1991 wurde er zum ersten Intendanten des MDR gewählt und seither dreimal im Amt bestätigt. Robert Schweizer (Jahrgang 1938) ist Inhaber einer unter anderem auf Medienrecht spezialisierten Anwaltskanzlei in München, Offenburg und Berlin: Er ist im Vorstand von Hubert Burda Media verantwortlich für den Bereich Recht. Er lehrt an der Ludwig-Maximilians-Universität München Rechtssoziologie und ist Träger des bislang zweimal verliehenen Ehrenpreises der Deutschen Marktforschung. Seit 1992 gehört Schweizer dem Deutschen Presserat an und war in zwei Amtszeiten dessen Sprecher. Martin Stadelmaier (Jahrgang 1958) ist Chef der Staatskanzlei von RheinlandPfalz und Mitglied im ZDF-Fernsehrat. Der SPD-Politiker studierte Geschichte und Spanisch und ging 1987 in die Politik. Im Range eines Staatssekretärs gehört er seit 2003 dem Kabinett von Ministerpräsident Kurt Beck an. Als Chef der Staatskanzlei von Rheinland-Pfalz koordiniert Stadelmaier die Rundfunkpolitik der Bundesländer. Grietje Staffelt (Jahrgang 1975) ist seit April 2000 Mitglied des Deutschen Bundestags. Sie ist medienpolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und Mitglied im Ausschuss für Kultur und Medien sowie im Unterausschuss Neue Medien.
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Verzeichnis der Erstdrucke Verzeichnis der Erstdrucke Marc Jan Eumann, Guter Rat. Gremienaufsicht: notwendig, aber auch reformbedürftig, in: epd medien 12/2007, S. 8-10 Thomas Kleist, Klarschiff. Gremiendebatte (2): Zum Vorschlag eines „ARD-Rates“, in: epd medien 25/2007, S. 9-11 Udo Reiter, Föderales Zusammenspiel. Gremiendebatte (3): Vorrang für föderale Kontrolle, in: epd medien 37/2007, S. 7-9 Martin Stadelmaier, Streitkultur. Gremiendebatte (4): Für mehr Konfliktbereitschaft, in: epd medien 41/2007, S. 6-9 Ernst Elitz, Sachverstand. Gremiendebatte (5): Notwendige Kompetenz aneignen, in: epd medien 47/2007, S. 3-5 Grietje Staffelt [ehem. Bettin], Rundum toll. Gremiendebatte (6): Aufsicht muss demokratischer werden, in: epd medien 49/2007; S. 7-10 Hans Mathias Kepplinger, Wohlverstandenes Interesse. Gremiendebatte (7): Wie effektiver werden?, in: epd medien 55/2007, S. 5-8 Joachim Huber, Konsens aus Kontroverse. Gremiendebatte (8): Aus Laien werden partielle Profis, in: epd medien 56/2007, S. 4-6 Jürgen Doetz, Im Prinzip ganz einfach. Gremiendebatte (9): Die Sicht des privaten Rundfunks, in: epd medien 59/2007, S. 5-8 Otfried Jarren, Erneuerte Legitimität. Gremiendebatte (10): Neue Rundfunkräte allein helfen nicht, in: epd medien 60/2007, S. 6-11 Hans-Joachim Otto, Kosmetik oder Korrektur. Gremiendebatte (11): Aufsicht – einheitlich und extern, in: epd medien 61/2007, S. 5-8 Fritz Raff, Einmischung tut gut. Gremiendebatte (12): Kompetenzwirrwarr vermeiden, in: epd medien 62/2007, S. 6-9 Christoph Degenhart, Rollenkonfusion. Gremiendebatte (13): Für vereinheitlichte Kontrolle, in: epd medien 63/2007, S. 6-9 Heiko Hilker, Selbstkontrolle stärken. Gremiendebatte (14): Politiker an ihren Taten messen, in: epd medien 64/2007, S. 5-8 Tino Kunert, Spannungsfeld. Gremiendebatte (15): Starke Beratung sichert die Zukunft, in: epd medien 65/2007, S. 6-11 Hans J. Kleinsteuber, Alle Macht den Räten? Gremiendebatte (16): Für mehr Zivilgesellschaft, (kürzer) in: epd medien 67/2007, S. 4-10 Ruprecht Polenz, Tacheles reden. Gremiendebatte (17): ZDF-Fernsehrat ist gut gerüstet, in: epd medien 72/2007, S. 5-8 Volker Giersch, Ganzheitlich, nicht partikular. Gremiendebatte (18): Vorschläge des GVK-Vorsitzenden [2007/08], in: epd medien 78/2007, S. 7-12 Helmuth Frahm, Auf der Höhe der Zeit? Gremiendebatte (19): Stellenbeschreibung für Rundfunkräte, in: epd medien 100/2007, S. 7-9 Walter Hömberg, Sisyphosarbeit. Gremiendebatte (20): 13 Thesen zur Kontrolle des Rundfunks in epd medien 4/2008, S. 6-7 Rudolph Meyer, Falschmünzerei. Drei-Stufen-Test oder „public value“ – was passt für Deutschland?, in: epd medien 29/2008, S. 3-6
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Verzeichnis der Erstdrucke
Dieter Dörr, Eine Chance. ARD und ZDF sollten den Drei-Stufen-Test ernst nehmen, in: epd medien 34-35/2008, S. 3-6 Robert Schweizer, Warum die Presse kämpfen muss. Die Länderpläne für ARD/ZDF bedrohen die private Medienwirtschaft, in: epd medien 45/2008, S. 31-34 Carl-Eugen Eberle, Vor der Verfassung keinen Bestand. Der öffentlich-rechtliche Funktionsauftrag im Internet, in: epd medien 47/2008, S. 28-32
60 Jahre epd medien, ehemals epd/Kirche und Rundfunk
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60 Jahre epd medien, ehemals epd/Kirche und Rundfunk 60 Jahre epd medien, ehemals epd/Kirche und Rundfunk
Der Fachdienst epd medien, der 2008 sein 60-jähriges Bestehen feiert, wird in der Medienbranche als eine unabhängige Publikation mit Tiefgang, kritischem Blick und analytischem Vermögen geschätzt. Die Schwerpunkte der Berichterstattung und Kommentierung liegen bei der Medienpolitik und dem Fernsehbetrieb. epd medien befasst sich aber auch mit anderen Medienformen, mit Hörfunk, Internet und Presse. Die Leser von epd medien – hochkarätige Entscheidungsträger in den Medien und der Politik – werden zudem regelmäßig über die Enwicklungen in Medienwirtschaft und Medienrecht informiert. Der Medienforscher Lutz Hachmeister nannte epd medien einst die „Goldwährung“ unter den deutschen Medien-Fachdiensten. Weil epd medien über die Aktualität hinaus Hintergrund bietet, sieht der Hamburger Medienwissenschaftler Prof. Uwe Hasebrink den Dienst als eine Art „Tagesthemen“ für die Medienbranche. Die internationale Datenbank Dow Jones Factiva, die ihren Nutzern auch epd medien anbietet, vermerkt, die deutsche Fachpublikation werde vor allem wegen ihrer „analytical contributions“ geschätzt. Gegründet wurde die epd-Fachkorrespondenz, wie man solche Publikationen früher nannte, 1949 in Bielefeld-Bethel, wo der Evangelische Pressedienst (epd) damals seinen Neuanfang nach dem Krieg nahm. Am 21. Januar 1949 erschien die erste Ausgabe – damals noch unter dem Titel epd/Kirche und Rundfunk sowie, in einer Nebenausgabe, Kirche und Fernsehen (1955 bis 1973). Heinz Schwitzke war der erste Chefredakteur, ihm folgten als spätere Verantwortliche Redakteure Kurt Lothar Tank, Gerhard Prager, Friedrich Wilhelm Hymmen, Dr. Hendrik Schmidt, Uwe Kammann und seit Anfang 2005 Dr. Volker Lilienthal. Die publizistische Ursprungsidee der Gründer war es, das Medium Rundfunk, das in der NS-Zeit als Propagandainstrument missbraucht worden war, von politischen Einflüssen freizuhalten und als Forum gesellschaftlicher Selbstverständigung zu pflegen. In den frühen Jahren sah man in Gestalt des Fernsehens ein neues Medium heraufziehen, das – so die durchaus skeptische Erwartung – die christliche Familie verändern werde. Diesen Prozess wollten die Redakteure und Kritiker von epd/Kirche und Rundfunk nicht aufhalten, wohl aber in einer Weise gestalten, die den christlichen Werten verpflichtet war.
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60 Jahre epd medien, ehemals epd/Kirche und Rundfunk
Über die Jahrzehnte erlebte die Redaktion eine Professionalisierung, betrachtete das Mediengeschehen mehr und mehr auch unter säkularen Gesichtspunkten – die Wertorientierung aber blieb. Anfang 1997 wurde der Dienst in epd medien umbenannt. Das Team von epd medien, zu dem auch Dietmut Roether und Michael Ridder gehören, arbeitet heute innerhalb des Newsrooms der epdZentralredaktion in Frankfurt am Main. Eingebettet in eine moderne Nachrichtenagentur, gehen von hier aus weiterhin aktuelle und hintergründige Medienberichte sowohl an die Abonnenten und Fachleser als auch an die Redaktionen von Zeitungen und Rundfunkanstalten, die mit dem verlässlichen Material des epd ihre Medienberichterstattung gestalten.