Olaf Jandura Kleinparteien in der Mediendemokratie
Forschung Kommunikation
Olaf Jandura
Kleinparteien in der Medie...
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Olaf Jandura Kleinparteien in der Mediendemokratie
Forschung Kommunikation
Olaf Jandura
Kleinparteien in der Mediendemokratie
Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
1. Auflage September 2007 Alle Rechte vorbehalten © VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2007 Lektorat: Monika Mülhausen / Bettina Endres Der VS Verlag für Sozialwissenschaften ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.vs-verlag.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Druck und buchbinderische Verarbeitung: Krips b.v., Meppel Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in the Netherlands ISBN 978-3-531-15018-5
Danksagung
Die vorliegende Studie ist die gekfirzte Fassung meiner Dissertationsschrift, die ich im Juli 2005 an der Philosophischen Fakult~it der Technischen Universitgt Dresden eingereicht habe. Diese Arbeit w~ire ohne die Unterstatzung meiner akademischen Lehrer und meiner Familie nicht m6glich gewesen. Bedanken m6chte ich mich zuerst bei meinem Betreuer Professor Dr. Wolfgang Donsbach, der schon sehr zeitig im Studium in mir die Neugier, aber auch die Freude an der empirischen Kommunikationsforschung weckte. Er war es auch, der mir die Mitarbeit an den Forschungsprojekten zur Berichterstattung t~ber die Bundestagswahlen 1998 und 2002 erm6glichte, auf deren Daten die vorliegende Arbeit zum Teil beruht. Weiterhin gilt mein Dank Professor Dr. Wemer J. Patzelt, der meine Arbeit mit seinen Anmerkungen und DenkanstSBen aus der Perspektive eines Politologen begleitete und sich stets far meine Befunde interessierte. Einen groBen Anteil daran, dass die Arbeit erscheint, hat ferner meine ehemalige Kollegin und Freundin Kerstin Weisbach, die mir ohne Racksicht auf ihr eigenes wissenschaftliches Fortkommen Arbeit am Institut abnahm, damit ich die Dissertation abschlieBe und mir beim Korrekturlesen und der Gestaltung der Arbeit sehr behilflich war. Am meisten habe ich aber meiner Familie zu danken" meinen Eltem, die schon zeitig meine Neugier und meinen Wissensdurst f6rderten und mich stets bei meinen Vorhaben unterstatzten; und meiner Frau Grit, die mir den Rt~cken freihielt, akzeptierte, dass ich die Abende vor dem Computer saB und die ihre Rolle als gr6Bter Motivator und Kritiker zugleich richtig dosiert einsetzte. Ihnen widme ich die Arbeit.
M(inchen, im April 2007 Olaf Jandura
Inhalt
Vorwort von Wolfgang Donsbach ..................................................................................... 11 1
Einleitung ....................................................................................................................
15
Parteien im politischen System der Bundesrepublik ............................................... 17 2.1 2.2 2.3 2.4
Aufgaben der Parteien im politischen System ....................................................... 17 Parteientypologie nach dem Kriterium des W~ihlerzuspruchs ............................... 19 Strukturelle Differenzierung yon Klein- und Grol3parteien ................................... 21 Bedeutung der Kleinparteien im historischen Kontext .......................................... 28
Von der Parteien- zur Mediendemokratie ............................................................... 31 3.1 3.2 3.3 3.4
Ver~indemng der Kommunikation der Parteien ..................................................... 32 Ver~indemng des medialen Angebots ..................................................................... 36 Nutzung der Massenmedien und Wirkung politischer Medieninhalte ................... 38 Fazit ....................................................................................................................... 39
Kleinparteien in der Medienberichterstattung ........................................................ 41 4.1 Ansprtiche an die Berichterstattung ....................................................................... 41 4.2 Definition und empirische Umsetzung der Qualit~itsdimensionen ......................... 44 4.2.1 Ausgewogenheit ........................................................................................... 44 4.2.2 Relevanz ....................................................................................................... 45 4.2.3 Richtigkeit/Wahrheit .................................................................................... 47 4.2.4 Neutralit~it ..................................................................................................... 47 4.2.5 Vielfalt .......................................................................................................... 48 4.3 Qualit~it der Berichterstattung fiber Kleinparteien ................................................. 49 4.3.1 Relevanz ....................................................................................................... 49 4.3.2 Inhaltliche Vielfalt ........................................................................................ 53 4.3.3 Ausgewogenheit in der Darstellung ............................................................. 59 4.3.4 Fazit und Folgerungen aus dem Forschungsstand ........................................ 60 Ursachen der Darstellung .......................................................................................... 67 5.1 Politisches Handeln der Kleinparteien ................................................................... 67 5.1.1 Erfassung der Parlamentst/~tigkeit ................................................................ 68 5.1.2 Parlamentst/~tigkeit in der Berichterstattung ................................................. 79 5.1.3 Mediatisierung der Parlamentst~itigkeit ........................................................ 83 5.2 Selbstdarstellung der Kleinparteien ....................................................................... 86 5.2.1 Wege der Selbstdarstellung .......................................................................... 86 5.2.2 Erfolg der PR-Arbeit: Parteieneinfluss auf die Medienberichterstattung ..... 92 5.3 Weitere Kriterien der Nachrichtenauswahl .......................................................... 103
8
Inhalt 5.3.1 Redaktionelle Linien .................................................................................. 5.3.2 Politische Einstellungen von Journalisten .................................................. 5.3.3 Redaktionelle Kontrolle ............................................................................. 5.3.4 Kollegenorientierung und Intermedia-Agenda-Setting .............................. 5.3.5 Nachrichtenfaktoren ................................................................................... 5.4 Zusammenfassung der Befunde ...........................................................................
6
103 105 107 107 108 112
H y p o t h e s e n ................................................................................................................ 115 E m p i r i s c h e S t u d i e .................................................................................................... 7.1 Untersuchungsanlage und Datens~itze .................................................................. 7.1.1 Untersuchungsdesign .................................................................................. 7.1.2 Analysemodel ............................................................................................. 7.1.3 Datenmaterial ............................................................................................. 7.1.4 Erfassung der Selbstdarstellung der Parteien ............................................. 7.2 Untersuchungsgegenstand .................................................................................... 7.2.1 Bundestagswahlkampf 1998 ....................................................................... 7.2.2 Bundestagswahlkampf2002 ....................................................................... 7.2.3 Vergleich der Wahlkampffiihrung ..............................................................
119 119 119 122 123 126 129 129 132 134
E r g e b n i s s e ................................................................................................................. 137 8.1 Parlamentarische Aktivit~,ten der Kleinparteien im Bundestag ............................ 137 8.1.1 Anzahl und Struktur der parlamentarischen Aktivitfiten ............................ 137 8.1.2 Politikfelder der Fraktionen der Kleinparteien ........................................... 142 8.1.3 Zusammenfassung ...................................................................................... 150 8.2 Die Selbstdarstellung der Kleinparteien ............................................................... 152 8.2.1 Themen der Pressemitteilungen ................................................................. 152 8.2.2 Kommunikationsstil der Pressemitteilungen .............................................. 156 8.2.3 Zusammenfassung ...................................................................................... 160 8.3 Berichterstattung fiber Kleinparteien in den Medien ........................................... 161 8.3.1 Die Quantitfit der Berichterstattung tiber die Kleinparteien ....................... 161 8.3.2 Publikationschancen der einzelnen Parteien ............................................... 170 8.3.3 Art u_nd Weise der Berichterstattung .......................................................... 173 8.3.4 Valenzen der Sachthemenberichterstattung ................................................ 190 8.3.5 Publizistische Lager ................................................................................... 191 8.4 Ursachen der Darstellung: Selbstdarstellung ....................................................... 198 8.4.1 ,policy'- und ,politics'-Themen ................................................................. 199 8.4.2 Sachthemen und Valenzen der Selbstdarstellung der Kleinparteien .......... 202 8.4.3 Kommunikationsstile .................................................................................. 208 8.4.4 Fazit ............................................................................................................ 210 8.5 Ursache II: Parlamentst~itigkeit der Kleinparteien ............................................... 211 8.5.1 Einschr~nkung des Datenmaterials ............................................................. 212 8.5.2 Vergleich der Themenagenden ................................................................... 213 8.5.3 Fazit ............................................................................................................ 219 8.6 Politisches Handeln, Selbstdarstellung und Fremddarstellung ............................ 220
Inhalt
9
K r i t i k an d e r v o r l i e g e n d e n S t u d i e .......................................................................... 223 9.1 A n m e r k u n g e n zur D a t e n e r h e b u n g ....................................................................... 223 9.2 A n m e r k u n g e n zur D a t e n a n a l y s e .......................................................................... 230 10
F a z i t u n d A u s b l i c k ................................................................................................... 231
L i t e r a t u r ............................................................................................................................ 243 A n h a n g .............................................................................................................................. 267
V o r w o r t von Wolfgang Donsbach
Sucht man den Forschungsschwerpunkt der intemationalen Kommunikationsforschung in den letzten zwanzig Jahren, dann ist es die politische Kommunikation und dort wiederum der Einfluss von Medien auf das politische System. Dies stellt durchaus eine Ver~inderung dar. Bis in die achtziger Jahre hinein interessierte sich die Politikwissenschaft praktisch iiberhaupt nicht ftir die Medien und die Kommunikationswissenschaft kaum ~ r die das politische System. Das erste Ph~inomen hat Thomas Patterson treffend beschrieben: ,,It's difficult today to talk about democracy without also talking about the news media. That was not true a half century ago. One could very easily talk about democracy for hours without any serious reference to the media" (Patterson 2003:19). Eine Analyse der Indices von Buchpublikationen zu Parteien, Wahlen und politischer Partizipation, die in den f~nfziger und sechziger Jahre in den USA ver6ffentlicht wurden, erbrachte so gut wie keine Eintr~ige zu ,,Medien" oder ,,Journalismus". Heute sind Begriffe wie ,,Mediatisierung", ,,Medialisierung" (selbst Diskussionen fiber die feinen Unterschiede zwischen den Termini ~llen Fachpublikationen), ,,Mediendemokratie" und ,,Medien-Logik" in aller Munde. Wir sind, folgt man Thomas Meyer, ,,Zeuge einer kopernikanischen Wende: Die Parteiendemokratie klassischen Zuschnitts wird zur Mediendemokratie" (Meyer 2002: 7). W~ihrend die Politikwissenschaffier- mit wenigen Ausnahmen wie etwa David Easton - d i e Medien erst entdecken mussten, brauchten die Kommunikationswissenschaftler einige Zeit, um sich ihrerseits der Makro-Ebene zuzuwenden. Ihre Forschung auf dem Gebiet der politischen Kommunikation hatte das Individuum, vor allem den ,,W~ihler", im Visier und behandelte die Strukturen und Prozesse im politischen System mehr oder weniger als Konstante. Die Persuasionsforschung ist hierzu der Klassiker und hat als solcher immer noch ihren Wert. Auch weiterhin wollen wir wissen, welche Botschaften beim Rezipienten welche Wirkungen erzielen, zum Beispiel im Wahlverhalten oder in der Partizipationsbereitschaft. Diese Forschungsperspektive ist nun aber erg~inzt worden durch Fragen nach den generellen Abl~iufen im politischen System und inwieweit diese die Kr~ifteverh~iltnisse systematisch und auf Dauer verschoben haben. Ob diese Paradigmen-Erg~inzung (einen ,,Wandel" erkenne ich nicht, weil hier~r nach wie vor die Erkl~irung von individuellem Verhalten wissenschaftlich und praktisch zu wichtig ist) unter dem Einfluss der Systemtheorie passierte oder auch ohne sic gekommen w~ire, ist eine akademische Frage. Tatsache ist aber, dass valide und relevante empirische Forschung zu den Systemver~inderungen meist sehr gut auch ohne die dazugeht~rige Theorie auskommt. Die Forscher im Bereich der Politischen Kommunikation- seien sic am Ph~inomen Politik interessierte Kommunikationswissenschaftler oder am Ph~inomenen Kommunikation interessierte Politologen- haben also zu recht ein T~itigkeitsfeld entdeckt, das an die h6chsten Werte unseres politischen Systems ankntipft. Es geht um nichts Geringeres als um die Frage der politischen Legitimation, und zwar nicht die einzelner Akteure- wie etwa der Parteien oder der Medien, dies sind eher untergeordnete Fragen- sondern des politischen Systems als Ganzes. Die Frage lautet, ob die Wirklichkeit unserer modernen Demokratien
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Vorwort
westlichen Zuschnitts noch genOgend Schnittmengen mit ihren demokratietheoretischen Idealen hat, oder ob die einseitige oder zumindest gegenseitige Infiltration der Systeme eine neue Qualit~it geschaffen hat, die alle bisherigen Beg~ndungen und Rechtfertigungen der politischen Philosophiegeschichte t~ber den Haufen wir~. Die empirische Forschung fiber Indikatoren, die den Zustand des politischen Systems beschreiben, gibt n/imlich gen0gend Anlass far Zweifel. Doris Graber brachte es so auf den Punkt: ,,...the political dialogue is failing because the leading actors in the pageant of democracy- the politicians, the press and the votersare bringing out the least in one another" (Graber 1992: 5). Die Medien orientieren sich gem/aB ihrer eigenen Logik an den boulevardesken Nachrichtenwerten, die sie ihren wirtschaftlichen Zielen n ~ e r bringen, die politischen Akteure folgen des kurzfristigen Erfolgs beim W~ihler wegen der ,,Medien-Logik" - und das Publikum? Es passt wegen seines nachgewiesen rfickl/iufigen Interesses an 6ffentlichen Angelegenheiten zu Gunsten des Entertainment und seiner dementsprechend di~nnen Basis far politische Urteile jeglicher Art vielleicht am wenigsten in den demokratietheoretischen Rahmen, der die Legitimation dieses gegent~ber anderen Systemen darstellt. Das Bild vom ,,monitoring citizen" (Schudson 1998), der auch nur Nachrichten ben6tigt, die ihn lediglich im Krisenfall aufwecken und aktivieren (John Zallers (2003) Bild vom ,,burgler alarm") sind Versuche, das Gesamtbild zu retten, auch wenn unsere Gesellschat~en 1/ingst ,democracies without citizens' (Entman 1989) sind, in denen nur noch eine kleine Elite das rot, was die Demokratie von ihnen erwartet und der Rest zu einem kommunikativen Prekariat verktimmert. Dies sind alles andere als banale Forschungsthemen, von denen es auch mehr als genug in unserem Fach gibt. Aber es sind auch empirisch zu bearbeitende Themen, zu denen wir st/indig neue Fragen stellen und Untersuchungsdesigns finden mtissen. Der doppelte Zugang zu diesen Themen, von Seiten der Politik- und der Kommunikationswissenschaft, verspricht dabei den besten Erfolg. Olaf Janduras Studie liegt exakt im Schnittfeld zwischen beiden Disziplinen und hat sich einem kaum beachteten Bereich der politischen Kommunikation, den sogenannten ,,kleinen Parteien", zugewandt. Er sieht einen wesentlichen Grund Rir seine Themenwahl in der Tatsache, dass der Kampf um die dritte Kraft im deutschen Parteiensystem zeitlich mit der verst/irkten Entwicklung zur Mediendemokratie zusammenf~illt. Gerade weil jOngste Ph~inomene im Bundestagswahlkampf 2005 (die ,,Linkspartei" als eine dritte Kleinpartei mit nicht nur regionaler Bedeutung) zumindest vo~bergehend das Parteiensystem wieder ver~indert haben, stellt sich die Frage, welche Chancen kleine Parteien haben, sich dem Bt~rger tiber die Nachrichtenmedien darzustellen, von welchen Faktoren diese Darstellung beeinfiusst wird und ob auch hier Ver/anderungen z~am Beispiel im Hinblick auf eine st/arkere Konzentration auf grol3e Parteien - zu beobachten sind. Die in diesem Buch vorgestellte Studie hat somit die oben beschriebene normative Anbindung, weil sie sich letztlich der Qualit/it des politischen Diskurses, gemessen an der Chance, geh6rt zu werden, in unserer Gesellschaft widmet. Dem Kern der Arbeit, dem empirischen Test der Hypothesen, liegt ein umfangreiches Datenmaterial aus verschiedenen Quellen zu Grunde. Olaf Jandura reiht sich damit in den immer noch exklusiven Kreis von Wissenschaftlern ein, die die Medienberichterstattung mit externen Realit/itsindikatoren verkn(ipfen, um daraus zu empirisch begr~ndeten Urteilen fiber deren Qualit~it zu kommen. Er verbindet Daten fiber die parlamentarischen Aktivit/aten der Parteien mit deren Selbstdarstellung in Pressemitteilungen und der Medienberichterstattung. Alle drei Bereiche sind in der Arbeit durch eine beeindmckende Daten~lle -
Vorwort
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repr~isentiert, die der Autor entweder selbst erhoben hat (Aktivit~iten, Pressemitteilungen) oder an deren Erhebung er maBgeblich beteiligt war (Medieninhalte). Er sucht Ursachen ftir die unterschiedliche Behandlung der kleinen Parteien durch die Medien in deren parlamentarischen Aktivit~iten, ihrer tiffentlichen Selbstdarstellung sowie in generellen Faktoren joumalistischer Nachrichtenauswahl. Durch die Verkntipfung von zwei Wahlk~impfen 1998 und 2002 mit deren unterschiedlichen politischen Konstellationen und Koalitionen ist das Design der Studie vom Prinzip her quasi-experimentell angelegt. Olaf Jandura ist jedoch vorsichtig genug, sich nicht auf Kausalaussagen einzulassen, inwieweit die politische Rolle einerseits (Partei in Regierung bzw. in Opposition) und die politische Position (6kologische bzw. liberale Partei eine Rolle deren mediale Darstellung spielen. Vermutlich sind die Umst~inde doch bei jeder Wahl immer wieder so komplex und notwendigerweise einzigartig, dass solche generalisierbaren Schltisse nur schwer m/3glich w~iren. Immerhin erlaubt es aber diese breitere Basis von Ergebnissen aus zwei Wahlk~impfen, noch validere Schltisse hinsichtlich der generellen Behandlung der kleinen Parteien zu ziehen. Janduras Befunde sagen insgesamt nicht nur etwas fiber die Darstellung der kleinen Parteien aus, sondem sie sind ein Indikator for die Medienberichterstattung tiber die politischen Parteien in Deutschland insgesamt. Die Konzentration der Medien auf Spitzenpolitiker und die wachsende Volatilit~it der W~ihler als Folge einer geringen Stammw~ihlerschaft der kleinen Parteien machen die Medien gerade for sie immer wichtiger, wenn sie sich 6ffentlich behaupten wollen. Umgekehrt zeigen Janduras Ergebnisse, dass deren durchaus breite politische und parlamentarische Aktivit~iten in den Medieninhalten nur sehr verktirzt vorkommen, was eine klare und vermutlich zunehmende Benachteiligung der kleinen Parteien darstellt. Die Studie fOhrt zu einem klaren, weil empirisch erarbeiteten Ergebnis, das vor dem oben beschriebenen normativen Rahmen in die politische und mediale Wirklichkeit zurtickgespielt werden kann und sollte. Janduras Ansatz hebt sich somit wohltuend von konstruktivistischen Betrachtungen der Medien-Performanz ab, die quasi unverbindlich im normenfreien Raum verhaftet bleiben. Ein Beispiel for einen normativ begrOndeten, aber empirisch gemessenen Indikator ftir die Qualit~it der Medieninhalte sind die 0berlegungen, mit welchen Verfahren sich eine ,angemessene' Repr~isentation der Parteien in den Medien am sinnvollsten indizieren l~st. Dies stellt eine seltene und gelungene Verbindung von normativen, theoretischen und empirischen Aspekten sozialwissenschaftlicher Arbeit dar. Diese Studie ist entstanden als Dissertation am Institut ftir Kommunikationswissenschaft der TU Dresden, an dem Olaf Jandura sechs Jahre lang wissenschaftlicher Mitarbeiter war. Er hat sie unter meistens sehr schwierigen Umst~inden neben vielen anderen Verpflichtungen an diesem kleinen, immer mit 0berlast k~impfenden und gleichwohl sehr umtriebigen Instimt fertig gestellt. Manch anderer w~ire an der Aufgabe gescheitert, eine solch umfassende Studie mit einem alles andere als leichten Beruf zu verbinden. Auch dafi.ir gebtihrt ihm Anerkennung und aus der Sicht seines fi~heren Chefs groBer Dank for die geleistete Arbeit. Es ist daher umso sch~ner zu sehen, dass diese Studie nun der breiteren wissenschaftlichen Gemeinschaft zug~inglich gemacht wird.
Dresden, im April 2007 Wolfgang Donsbach
1 Einleitung
Kleine Parteien hatten und haben im politischen System der Bundesrepublik Deutschland eine zentrale Position inne. Seit der ersten Wahl zum Deutschen Bundestag 1949 war immer mindestens eine Kleinpartei im Parlament vertreten und mit Ausnahme der GroBen Koalitionen zwischen 1966 und 1969 und seit 2005 sowie der Regierungskrise 1960/61 sogar an der Regierungskoalition beteiligt. Lange Zeit lieB sich die Rolle der Kleinparteien im politischen System Deutschlands mit der Rolle der FDP beschreiben, gelang es doch dieser Partei als einziger, sich bei den Konzentrationsprozessen im Parteiensystem neben den beiden Grol3parteien SPD und CDU/CSU zu behaupten. Erst mit dem Einzug der Granen in den Bundestag 1983 verlor die FDP diese Sonderstellung, allerdings dauerte es weitere 15 Jahre, bis die Grtinen, die nach der Fusion mit der ostdeutschen BOrgerrechtsbewegung Bandnis 90 den Namen Bt~ndnis 90/Die Grfinen tragen, vonder SPD auf Bundesebene als regiemngsf~ihig anerkannt wurden und somit eine Koalitionsoption darstellten. Seit dem Bundestagswahlkampf 1998 gibt es nunmehr neben der Konkurrenz zweier Grogparteien auch den Konkurrenzkampf zweier Kleinparteien. FDP und Bt~ndnis 90/Die G~nen verfolgen beide das Ziel, drittstgrkste Kraft im Parteiensystem zu sein. Ober Sieg und Niederlage in diesem gemeinsamen Ringen entscheidet letztlich der W~.hler. Dieser ist jedoch in seiner Entscheidung maBgeblich davon beeinflusst, welche Informationen ihm zur Verfagung stehen. In einer Kommunikationsgesellschaft wie der heutigen bedeutet das vomehmlich, dass eine Abhgngigkeit vonder massenmedialen Berichterstattung besteht. In dieser Arbeit soll daher das Interesse auf die Frage gelenkt werden, wie sich das Medienbild kleiner und groBer Parteien gestaltet und ob es systematische Unterschiede in der Berichterstattung gibt. Neben der Beschreibung der Medieninhalte soll zudem hinterfragt werden, worauf selbige beruhen. Man m6ge meinen, dass es schlicht das politische Handeln der Parteien ist, welches sich in der Berichterstattung spiegelt. Stimmt diese Annahme, masste sich eine Obereinstimmung zwischen den parlamentarischen Aktivitgten und dem Medienbild jeder Partei ergeben. Denkbar ist aber auch, dass die Selbstdarstellung der Parteien durch politische PR einen Einfluss auf die Medieninhalte hat. Also ist auch sie als mOgliche Determinante in die Betrachtung einzubeziehen, genauso wie weitere Faktoren der joumalistischen Nachrichtenauswahl wie Nachrichtenfaktoren oder redaktionelle Linien Beachtung finden mt~ssen. Die Frage nach einer angemessenen Berichterstattung politischer Akteure be~hrt den for die Demokratie zentralen Wert der Chancengleichheit. Nur wenn die Vorhaben, Taten und Sichtweisen der Parteien durch die Massenmedien umfassend und sachgerecht transportiert werden, werden die Medien ihrer Informations- und Meinungsbildungsfunktion gerecht. Daher soll in dieser Arbeit thematisiert werden, inwiefem die Massenmedien den Ansprachen, die an sie hinsichtlich einer far das Gemeinwohl wertvollen Berichterstattung
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1 Einleitung
gestellt werden, gentigen und welche Wahrnehmungsoptionen sie den Biirgem beztiglich der Klein- und Grogparteien anbieten. Um die komplexe Fragestellung dieser Arbeit bew~iltigen zu kt~nnen, wird zungchst die vorliegende Forschungsliteratur systematisch aufgearbeitet, ehe die Ergebnisse einer eigenst~indigen empirischen Studie vorgestellt werden. Besonderes Augenmerk wird auf die Verschr~inkung der Befunde aus der Politik- und der Kommunikationswissenschaft gelegt, weil sich das Thema in der Schnittmenge beider Forschungsperspektiven bewegt. Zu Beginn der Arbeit wird zu kl~iren sein, welche Aufgaben und Funktionen Parteien im politischen System allgemein zu er~llen haben, welche speziellen Entwicklungen ftir das deutsche Parteiensystem festzustellen sind und welche Bedeutung Grog- und Kleinparteien darin haben. Anschliel3end soll thematisiert werden, welche Ver~inderungsprozesse es in der politischen Kommunikation gegeben hat, um den Wandel von einer Parteien- zu einer Mediendemokratie verst~indlich zu machen. Dabei wird der Blick auf alle drei Akteure im Kommunikationsprozess gelenkt: die Parteien, die Medien und die Bev/51kemng. Auf diesen Grundlagen aufbauend soll ein Vergleich angestellt werden, der die Ansprtiche kleiner Parteien an eine gehaltvolle Berichterstattung der Realit~it gegentiberstellt. Hierfiir werden zun~ichst die Ansprtiche aus rechtlichen Quellen sowie aus der Demokratietheorie abgeleitet, um diese im Anschluss auf deren Einhaltung an_hand einer Bestandsaufnahme der bisherigen Forschungsergebnisse zur Darstellung der Kleinparteien in den Massenmedien zu tiberprtifen. Ziel ist es, Annahmen fiber m6gliche Ursachen ~ r die Berichterstattung fiber Kleinparteien zu formulieren. Zur Prtifung der Thesen werden vorliegende empirische Evidenzen bzgl. des Medienbildes fiir Kleinparteien vorgestellt, die anschlieBend zur Formulierung konkreter Hypothesen ~ r die eigene Untersuchung herangezogen werden. Mit der empirischen Untersuchung soll der bis dahin beschrittene Weg der konsequenten Verkntipfung politik- und kommunikationswissenschaftlicher Befimde fortgesetzt werden. Anders als in frtiheren Studien wird mittels eines quasiexperimentellen, dreistufigen Designs zu kl~iren versucht, welche der Ebenen der Politikformulierung, der Selbstdarstellung der Parteien oder Eigenmechanismen der Medien das gefundene Medienbild der politischen Parteien maggeblich erkl~iren hilft. Hierflir wurden das politische Handeln, die Offentlichkeitsarbeit der Parteien und die Medienberichterstattung inhaltsanalytisch am Beispiel der 13. und 14. Legislaturperioden bzw. der Bundestagswahlk~impfe 1998 und 2002 untersucht. Neben der Beschreibung zentraler Befunde der einzelnen Erhebungen liegt der Schwerpunkt auf der verkntipfenden Analyse. So wird untersucht, ob die kleine Gr613e einer Partei auch eine Verengung der parlamentarisch bearbeiteten Themen nach sich zieht, ob Parteien in ihrer Selbstdarstellung in Pressemitteilungen die gesamte Bandbreite ihrer Arbeit abbilden oder eine Schwerpunktsetzung betreiben und ob das mediale Bild schliel31ich ein Produkt der beiden ersten Punkte ist oder nach eigenen Regeln entstanden sein muss. Den Abschluss der Arbeit bildet eine Klassifikation der Befunde aufgrund ihres Verallgemeinerungsgrades. Hierbei werden Befunde unterschieden, die (1) ftir alle vier Parteien in beiden untersuchten Wahlk~impfen gelten, die (2) fi~ Kleinparteien im Allgemeinen gelten, die (3) far Kleinparteien in bestimmten Positionen im parlamentarischen Regierungssystem gelten und die (4) speziell far eine der Kleinparteien bzw. (5) speziell fiir einen Wahlkampf gelten.
2 Parteien im politischen System der Bundesrepublik
Gewerkschaften, Verb~inde, Interessengruppen, Akteure sozialer Bewegungen und Parteien sind alle Verbindungsorgane zwischen Staat und Gesellschaft. Sie nehmen die Ansprtiche, die die B0rger an das politische System richten, auf und 0bermitteln sie an die politischen Entscheidungstr~iger (Easton 1965" 71ff.). Die Parteien unterscheiden sich jedoch von allen anderen Tr~igem der politischen Willensbildung in liberalen Demokratien dadurch, dass ihnen eine herausgehobene Stellung im politischen System zugebilligt wird (Hallin, Mancini 2004: 50ff.). Sie sind in der Bundesrepublik Deutschland die einzigen Trager der politischen Willensbildung von Verfassungsrang. So ist im Artikel 21 des Grundgesetzes verankert: ,,Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit." Die zentrale Rolle der Parteien wird dadurch deutlich, dass sie eine lebendige Verbindung zwischen Staat und Staatsvolk herstellen sollen. Auf der einen Seite sind sie Vereinigungen von Btirgem, die sich frei und selbst/andig organisieren, auf der anderen Seite stellen Parteien das Personal far das zentrale politische Entscheidungsorgan in Demokratien, das Parlament, so ein ausreichender Teil der Bev61kerung dies im Zuge der Wahlentscheidung w0nscht (Oberreuter 1992: 28). Somit ist der Einfluss der Parteien bzw. die St~irke des Einflusses einer jeden Partei auf die Willensbildung vom Souver/an legitimiert, w~ihrend alle anderen Interessengruppen eine derartige Legitimationsbasis nicht aufweisen k6nnen. Daher sind Parteien auf besondere Art und Weise daNr geeignet, die Kommunikation zwischen Staat und Staatsvolk zu gew/ahrleisten, sind sie doch sowohl im Parlament als auch in breitesten gesellschaftlichen Schichten vertreten (Oberreuter 1983: 28ff.).
2.1 Aufgaben der Parteien im politisehen System Aufgrund der Sonderstellung politischer Parteien als Tr/~ger der Willensbildung von Verfassungsrang werden ihnen zum einen Privilegien zuteil, zum anderen leiten sich daraus bestimmte Pflichten und Funktionen ab, die die Parteien for das politische System zu er~llen haben. Diese sind im w Abs. 2 des Parteiengesetzes festgehalten: ,,(2) Die Parteien wirken an der Bildung des politischen Willens des Volkes auf allen Gebieten des 6ffentlichen Lebens mit, indem sie insbesondere auf die Gestaltung der 6ffentlichen Meinung Einfluss nehmen, die politische Bildung anregen und vertiefen, die aktive Teilnahme der B0rger am politischen Leben f'6rdern, zur 0bemahme 6ffentlicher Verantwortung befiihigte B0rger heranbilden, sich durch Aufstellung von Bewerbem an den Wahlen in Bund, L~indem und Gemeinden beteiligen, auf die politische Entwicklung in Parlament und Regierung Einfluss nehmen, die von ihnen erarbeiteten politischen Ziele in den Prozess der staatlichen Willensbildung ein~hren und for eine st~indige lebendige Verbindung zwischen dem Volk und den Staatsorganen sorgen." (w1 Abs. 2 Parteiengesetz). Einflussnahme auf die Bildung des politischen Willens des Volkes 0ben Parteien dadurch aus, dass sie aufgrund ihrer Ideologie und/oder Programmatik Zielvorstellungen for
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Parteien im politischen System der Bundesrepublik
die gesellschaftliche Entwicklung entwerfen und zur Diskussion bzw. zur Abstimmung stellen. Parteien tragen damit wie jede andere Interessengruppe auch zur Identifikation, Aufnahme und Vertretung gesellschafflicher Interessen bei. Die Chancen der Umsetzung der Leitlinien der Partei sind allerdings abhiingig yon ihrer Stellung im politischen System. Parteien, die die Mehrheit im Parlament auf sich vereinigen k6nnen, gelingt es weit besser, ihre Leitvorstellungen umzusetzen, als Parteien in der Opposition. Da der Wunsch der Umsetzung eigener Zielvorstellungen der Motor parteipolitischer T~itigkeit ist, kommt es zum Konkurrenzkampf um die Machtposition der Mehrheit und somit zum Parteienwettbewerb. In regelm~iBig stattf'mdenden ffeien Wahlen wird die Bedeutung der einzelnen Parteien durch die Btirger neu festgelegt (Oberreuter 1992: 30). Damit Parteien in diesem Konkurrenzkampf bestehen k6nnen, sind sie aufgefordert, politisches Personal ffir die Besetzung yon Mandaten und Positionen innerhalb der Exekutive auszubilden, d a s - im Fall eines Wahlerfolgs - Verantwortung tibemehmen kann (,,Rekrutierungsfunktion"). Parteien mtissen demnach einer bestimmten Anzahl yon Mitgliedern Karrierechancen innerhalb der Organisation ermOglichen. Parteien kann man somit mit Steffani (1988: 550) als ,,Interessengruppen in eigener Sache" verstehen. Haben Parteien den Sprung in das Parlament geschafft, sind sie angehalten, ihre politischen Ziele in den staatlichen Willensbildungsprozess einzubringen und tiber ihre Mandatstr~iger Einfluss auf die Parlamemsarbeit und die Arbeit der Regierung zu nehmen. Diese beiden im Parteiengesetz erwiihnten Funktionen sehen die Parteien als Instrumente der Machtaustibung (ebenda: 554). Dabei beschriinkt sich die Machtaustibung nicht nut auf die Parteien, die die Mehrheit im Parlament auf sich vereinigen k6nnen. Vielmehr sind auch die Oppositionsparteien in der Verantwortung, ihre Rolle inhaltlich-gestalterisch zu interpretieren, in dem sie alternative L6sungsvorschl~ige zu diskutierten Problemen einbringen oder Themen auf die Agenda des politischen Entscheidungsprozesses setzten. Jedoch befindet sich die Opposition im Dilemma abw~igen zu mtissen, wie nah sie ihre Rolle an den Endpunkten eines Kontinuums zwischen einer konstruktiven Oppositionsrolle und einer im Vergleich zur Regierung eigenstiindigen Schwerpunktsetzung definiert. Eine zu konstruktive Rolle kann dazu ffihren, dass die Opposition als solche nicht wahrgenommen wird, was ihre Chancen schm~ilert, bei der n~ichsten Wahl in die Mehrheitsposition zu gelangen. Eine zu destruktive Rolle vermittelt den Eindruck, dass die Opposition Vorschliige nur ablehnen kann, ohne eigene Konzepte einzubringen (Wemer 1993: 204ff.). Eine ,,st~ndig lebendige Verbindung zwischen Staat und Staatsvolk" schaffen Parteien dadurch, dass sie in der Gesellschaft breit verwurzelt sind und somit Forderungen yon Seiten der Btirger aufnehmen und in den politischen Entscheidungsprozess einbeziehen k6nnen. Um diese Aufgabe zuffieden stellend zu erffillen, mtissen Parteien alle Bereiche der Gesellschaft durchdringen und in ihnen dutch ihre Mitglieder vertreten sein. Dartiber hinaus werben Parteien tiber ihre Mitglieder bei den Btirgem auch um Untersttitzung ftir die im Parlament getroffenen Entscheidungen. Sie mtissen den Output des Parlaments in die Gesellschaft zm~cktragen. Legitimation yon Seiten der BOrger entsteht dann, wenn sie den Eindruck haben, dass Parteien in der Lage sind, auftretende Problemlagen schnell zu erkennen und effektive L~isungsvorschl~ige zu unterbreiten (Easton 1965: 398f.). Im Parteiengesetz wird allen Parteien die Er~llung dieser Funktionen zugewiesen, ohne dabei Einschr~inkungen hinsichtlich ihrer Gr6f3e zu machen. In der Literatur zur Parteienforschung wird jedoch darauf hingewiesen, dass nicht jede Partei alle Funktionen umf~inglich wahrnehmen kann. Die Einschriinkung des Funktionskatalogs ergibt sich dabei aus
2.2 Parteientypologie nach dem Kriterium des W~ihlerzuspruchs
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dem Wahlerfolg der Parteien. Gelingt es ihnen nicht, in das zentrale Entscheidungssystem Parlament einzuziehen, begrenzt sich der Anspruch der Machtaustibung der Parteien stark, w/ahrend Parteien, die den Einzug ins Parlament geschafft haben, ihre Funktionen umfassender erffillen mtissen.
2.2 Parteientypologie nach dem Kriterium des W~ihlerzuspruchs
Die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland hat gezeigt, dass sich die Parteien mehr oder weniger erfolgreich mit ihren politischen Zielen oder ihrer Ideologie um die Gunst der W~ihler bemtiht haben. Generell lassen sich Parteien aufgrund der Bedeutungszuweisung durch den Souver/an in erfolgreiche und erfolglose Parteien differenzieren. FOr Mintzel und Oberreuter (1992: 502) grenzen sich Kleinparteien von GroBparteien tiber das Erfolgskriterium ~ ab. Unter GroBparteien werden all diejenigen Parteien subsumiert, die es schaffen, in das Parlament einzuziehen. Alle Parteien, die dieses Ziel nicht erreichen, werden als Kleinparteien bezeichnet. Jedoch verwischt diese Differenzierung die Heterogenit~it der Parteien, die die 5-Prozent-Htirde tibersprungen haben. Die Autoren sprechen in diesem Zusammenhang selbst von einem Schwellenproblem, das dann auftritt, wenn es einer kleinen Partei gerade so gelingt, in das Parlament einzuziehen und dann zu einer ~ r die Mehrheitsbildung im Parlament entscheidenden Gr6Be zu werden (ebenda). 2 Rowold und Immerfall (1992) pl/~dieren ffttr die Aufhebung dieser Dichotomie bei der Klassifikation der Parteien nach Wahlerfolg und schlagen eine Dreiteilung vor, die zwischen Kleinst-, Klein- und GroBparteien unterscheidet. Unter der Bezeichnung Kleinstparteien werden all die Parteien zusammengefasst, die es nicht vermocht haben, in zumindest zwei Bundesl/indem in die Landtage einzuziehen. Nach der Parteienstatistik bilden Kleinstparteien die gr6gte Gruppe innerhalb des Parteiensystems 3, doch sind sie aufgrund ihrer geringen Stimmenanteile bei Bundestagswahlen mittlerweile eine vemachl~issigbare Gr6ge. Der Stimmenanteil dieser Parteien, die in den Wahlstatistiken unter ,sonstiges' zusammengefasst werden, variierte zwischen 9,1 Prozent im Jahr 1949 und 0,1 Prozent im Jahr 1980 (Anderson, Woyke 1995" 674). Bei den letzten beiden Bundestagswahlen betrug er nach dem amtlichen Endergebnis 6,0 Prozent (1998) und 2,8 Prozent (2002). Die parlamentarische Bedeumngslosigkeit der Kleinstparteien wird durch die 1953 einge~hrte 5-ProzentSperrklausel bedingt, die aufgrund der Erfahnmgen der starken Fragmentierung des Parteiensystems in der Weimarer Republik als Stabilit~itsfaktor eingeNhrt wurde (Jaschke 1987: 224). In seinem Urteil vom 26. Oktober 2004 hob jedoch das Bundesverfassungsgericht die Bedeutung der Kleinstparteien ff~ die Offenheit des politischen Wettbewerbs hervor. Das BVerfG stellte fest, das Kleinstparteien sich emsthaft an der politischen Willensbildung beteiligen und daher ein wichtiger Bestandteil des Parteiensystems sind (BVerfG, 2 BvE 1/02 vom 26.10.2004, Abs.44). 4 Nach dem Abschluss des Konzentrationsprozesses im
Wenn der Einzug in das Parlament als Erfolgskriterium angesehen wird (Patzelt 1992: 126) 2 Diese Schwellenproblematik wurde bei der Landtagswahl 2004 in Schleswig-Holstein ersichtlich. Da weder das rot-grOne Lager noch das christlich-liberale Lager die Mehrheit der Mandate auf sich vereinigen konnten, wurde der Sildschleswiger Wahlerverband zum Machtfaktor. 3 So stellten sich bei der Bundestagswah12002 insgesamt 47 Parteien zur Wahl (Graf, Neu 2002). 4 Im selben Urteil stellte das Bundesverfassungsgericht fest, dass sich der Zuspruch zu Kleinstparteien in deren Wahlergebnissen nicht widerspiegeln wiirde, da die wahlrechtlichen Sperrklauseln viele Btirger davon abhalten
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Parteien im politischen System der Bundesrepublik
Parteiensystem 1961 gelang es Kleinstparteien nur in drei F~illen, die Sperrklauseln auf der Bundesebene oder in mehreren Bundesl~dem zu tiberspringen und somit ihren Status, d.h. ihre typologische Einordnung, zu ver~indem.5 So zog zwischen 1966 und 1968 die NPD for eine Legislaturperiode in sieben Landesparlamente mit Wahlergebnissen zwischen 5,8 und 9,8 Prozent ein und Ende der 80er Jahre waren die Republikaner ft~ kurze Zeit im Berliner Senat und den Landtagen von Baden Wtirttemberg und Bayern vertreten (Rowold, Immerfall 1992: 362). Als einziger Kleinstpartei gelang jedoch nur den Grtinen der Marsch durch die Instimtionen- ausgehend von einer sozialen Bewegung tiber die Parteigrtindung 1980, den Einzug und die Etablierung in den Landesparlamenten bis hin zum l~ingerfristigen Einzug in den Bundestag (Kleinert 1992) und dem Sprung auf die Regiemngsbank. Als Kleinparteien definierten Rowold und Immerfall alle Parteien, denen der Sprung in mindestens zwei Landtage bzw. den Bundestag gelungen ist, die aber noch keine Grol3partei sind. Die Abgrenzung zwischen Klein- und GroBpartei ist dabei nicht so eindeutig geregelt wie die zwischen Klein- und Kleinstpartei. Raschke (1993:831) schl~igt hierftir aus heuristischen GrOnden vor, dass alle Parteien Kleinparteien heiBen sollen, die die wahlrechtlichen Sperrklausel in mindestens zwei Bundesl~indem oder der Bundesebene tiberwunden haben und einen Stimmenanteil von unter 10 Prozent auf sich vereinigen k6nnen. Parteien mit Stimmenanteilen zwischen 10 und 20 Prozent gelten als Mittelparteien. Tabelle 1: Differenzierung der Parteien nach ihrer Gr6Be Kriterium Wahlerfolg
Definition fiber Wiihleranteile
Zuordnung zu den Gruppen
kleine
erfolgreich
20 < x < 30 Prozent
mittlere
erfolgreich
30 < x < 40 Prozent
groge
erfolgreich
x > 40 Prozent
Mittelparteien
erfolgreich
10 < x < 20 Prozent
Kleinparteien
erfolgreich
5 < x < 10 Prozent
Btindnis 90/Die Grtinen, PDS, FDP
nicht erfolgreich
x < 5 Prozent
alle anderen Parteien
Grogparteien
Kleinstparteien
SPD, Union
wtirden, diese Parteien zu wahlen, weil sie so ihre Stimme verschenken w0rden (BVerfG, 2 BvE 1/02 vom 26.10.2004, Abs. 44). s Wahlerfolge in einzelnen Bundesl~tndem wie zum Beispiel der der DVU in Sachsen-Anhalt, der der Partei Rechtsstaatliche Offensive in Hamburg oder der NPD in Sachsen werden als Einzelf~tlle nicht mit in die Betrachtung einbezogen. Uneinigkeit besteht tiber die Bewertung des emeuten Einzuges der DVU in den brandenburgischen Landtag. So ist die Partei zwar nur in einem Landtag vertreten, doch gelang ihr mit ihrem Wahlerfolg 2004 der emeute Einzug.
2.3 Strukturelle Differenzierung yon Klein- und Grogparteien
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Innerhalb der Grogparteien differenziert Raschke zwischen kleinen (20-30 Prozent Stimmenanteil), mittleren (30-40 Prozent) und grogen Grogparteien (tiber 40 Prozent). Folgt man dieser Definition, so z~ihlen FDP, Btindnis 90/Die Grfinen und PDS aufgrund ihrer Wahlergebnisse zu den Kleinparteien, die Unionsparteien 6 und die SPD zu den Grol3parteien. Im Unterschied zur Definition von Mintzel und Oberreuter wird so die Gruppe der beim W~ihler erfolgreichen Parteien in zwei Gruppen, die der Kleinparteien und die der Grogparteien, differenziert (Tabelle 1).
2.3 Struktureile Differenzierung von Klein- und Groflparteien
Dass eine Differenzierung der erfolgreichen Parteien berechtigt ist, wird deutlich, wenn man bei der Beschreibung von Klein- und Grogparteien neben dem Wahlergebnis weitere strukturelle Merkmale heranzieht, um beide Typen einander gegentiberzustellen. Kranenpohl (1999: 39ff.) weist als strukturvergleichende Merkmale die Funktion der Parteien im Parteiensystem, die Anf~illigkeit ~ r volatiles Wahlverhalten, die Zahl der Mitglieder bzw. die Organisationsdichte und die Kommunikationsgeschwindigkeit aus. Erweitert werden diese Kriterien durch Mintzel (1989) um den Indikator des Vertremngsanspruchs. Zwar sind im Parteiengesetz flir alle Parteien verbindliche Funktionen festgesetzt, doch wird den Kleinparteien innerhalb des Parteiensystems zus~itzlich eine Signal- bzw. Indikatorfunktion ftir die Grol3parteien zugeschrieben (Mintzel 1989: 12). Kleinparteien (und Kleinstparteien) zeigen fiber die Kombination von Themenwahl und W~ihlerzuspruch die programmatischen Defizite der Grogparteien auf. Ein steigender W~ihlerzuspruch zu Klein- und Kleinstparteien signalisiert den Grol3parteien, dass sie flar die von den entsprechenden Parteien angesprochenen Themen eigene L6sungsvorschl~ige entwickeln mtissen, um ihre Machtposition erhalten zu k6nnen. Diese Strategie der Grol3parteien, die ftir Kleinparteien mit nur einem thematischen Standbein existenzgef~ihrdend ist, wird kontrovers diskutiert. Zum einen wird dieses Vorgehen aus der Perspektive der systemstabilisierenden Funktionserftillung (Mintzel, Oberreuter 1992: 502f.) durch die Kleinparteien, zum anderen aus dem Blickwinkel der Eliminierung neuer politischer Kr~ifle durch die etablierten Parteien (Roemheld 1983: 202f.) analysiert. Kirchheimer beklagte in diesem Zusammenhang schon in den 70er Jahren, dass wenige Parteien die politische Offentlichkeit monopolisieren und somit die M6glichkeit einer fundamentalen Opposition sehr stark einschr~inken (Kirchheimer 1974). Neben der Signalfunktion haben Klein- und Kleinstparteien die weitere Aufgabe, politisch extreme Positionen in den politischen Prozess einzubringen und somit das Potential radikaler Positionen in der Gesellschaft offensichtlich zu machen (Mintzel, Oberreuter 1992: 502). Ein weiterer Unterschied zwischen Klein- und Grogparteien besteht darin, dass sie von der Volatilit~it der Wahlentscheidung unterschiedlich stark betroffen sind. Kleinparteien sind diesbeztiglich deutlich anf~illiger gegentiber einer steigenden Volatilit~it in der Bev61kerung. Aufgrund der relativen N~ihe ihrer Wahlergebnisse zur 5-Prozent-Sperrklausel besteht Dr die Kleinparteien immer die Gefahr, bei Stimmenverlusten in die politische Bedeumngslosigkeit der Kleinstparteien abzurutschen (Kranenpohl 1999:41). Vor allem die Abkopplung vom parlamentarischen Prozess, der erschwerte Zugang zu Informationen, CDU und CSU werden hierbei als eine Partei behandelt. Formal gesehen gilt die CSU als Kleinpartei und die CDU als Grogpartei.
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Parteien im politischen System der Bundesrepublik
die fehlenden hauptamtlichen Mitarbeiter und nicht zuletzt die geringere finanzielle Ausstattung tragen dazu bei, dass die Chancen auf Wiederwahl sinken. Der verfehlte Wiedereinzug in den Bundestag muss jedoch nicht zwangsl~iufig den Fall in die politische Bedeutungslosigkeit bedeuten, wenn die betreffende Partei auf der Landesebene noch in den Parlamenten vertreten ist und von einer gefestigten Basis in den Landesparlamenten aus den Sprung in den Bundestag wieder schafft (Niedermayer 2001: 121). So gelang es den Grtinen, die bei der Bundestagswahl 1990 die 5-Prozent-Htirde in Westdeutschland nicht tibersprungen hatten, 1994 wieder in den Bundestag einzuziehen. Ftir Grol3parteien hingegen stellen die Stimmenverluste keine Existenzbedrohung dar, sondern beschriinken lediglich ihre Einflussm6glichkeiten im Parlament, wenn sie etwa aufgrund von Stimmverlusten aus der Regierungsverantwortung auf die Oppositionsbank wechseln mtissen. So waren die bislang schlechtesten Wahlergebnisse von Union (30,2 Prozent) und SPD (29,1 Prozent) bei der Bundestagswahl 1949 weit vonder (damals noch nicht existenten) 5-Prozent-Htirde entfernt. Von den Parteien, deren Wahlergebnisse niiher an der Sperrklausel lagen, gelang es bisher nur der FDP und Btindnis 90/Die Grtinen, ihr Wahlergebnis zu stabilisieren und somit den Verbleib im Parlament zu sichern. Die Bewertung der PDS vor dem Hintergrund der Anf~illigkeit gegentiber elektoralen Ver~inderungen hingegen muss differenziert erfolgen. Auf Bundesebene ist sie sehr hoch. Der Wiihleranteil lag bei den Bundestagswahlen 1994, 1998 und 2002 zwischen 4 und 5 Prozent, so dass stiirker noch als bei FDP und Btindnis 90/Die Grtinen die PDS anf~illig ffir W~ihlerwanderungen zu anderen Parteien oder in das Lager der Nichtwiihler ist (Neugebauer, St6ss 2003: 128). Des Weiteren ist eine starke geographische Disproportionalitiit in der Wlihlerschaft zu verzeichnen. 13ber 90 Prozent des Wiihlerpotentials der Partei liegen in den neuen Liindern, sodass es der Partei gelingen muss, hier ein Viertel der Wghler hinter sich zu bringen, um sicher tiber die 5-Prozent-Htirde zu kommen. Diese geographische Disproportionalitiit hat bei Landtagswahlen jedoch zur Folge, dass die PDS a|lein in den alten Bundesl~indern auf absehbare Zeit keine Chance hatte in die Landtage einzuziehen, in den neuen Bundesl~indern jedoch in jedem Landtag die zweitstiirkste Kraft ist und auch bei einem Verlust von mehreren Prozentpunkten ftir die Partei keine Gefahr besteht, an der 5Prozent-Htirde zu scheitern. Demzufolge muss man bei Landtagswahlen der Partei in Ostdeutschland eine geringe Anf'~illigkeit ~ r elektorale Veriinderungen attestieren (Moreau 2002: 137). Abzuwarten bleibt, ob es der PDS im Zusammenschluss mit der WASG langfristig gelingt, sich zu einer gesamtdeutschen Linkspartei zu entwickeln, die auch in den alten Bundesl~dem die Sperrklausel tiberwinden kann. Organisatorisch unterscheiden sich Klein- und Grol3parteien in Bezug auf ihre Binnenstruktur. Im Parteiengesetz ist festgeschrieben, dass die Gliederung der Mitgliederparteien fiber Gebietsverbiinde zu geschehen habe, da nur diese Form der Parteigliederung eine demokratische Mitwirkung aller Parteimitglieder an der politischen Willensbildung garantiere (w Parteiengesetz). Alle Parteien haben demnach ihre Struktur der territorialen Gliederung Deutschland angepasst oder diese dementsprechend organisiert. 7 Deutlich zeigt sich, dass die nach dem Kriterium des Wahlerfolgs definierten Grol3parteien eine st~irkere binnenstrukturelle Differenzierung aufweisen. So gliedert sich die CDU in 17 Landesverbiinde, 7 Die unterste Stufe in der Hierarchie stellt dabei der Ortsverein dar. Die nachsth0here Gliederungsstufe ist der Kreisverband, dem wiederum der Landesverband ~bergeordnet ist. Eine Ausnahme in der organisatorischen Gliederung bildet die SPD, die mit dem Unterbezirk eine weiter Organisationsform zwischen Ortsverein und Kreisverband etabliert hat (Poguntke 2001:26 If.).
2.3 Strukturelle Differenzierung yon Klein- und GrofSparteien
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27 Bezirksverb~inde, 371 Kreisverb~inde und 12.162 Ortsverb~inde (Olzog, Liese 1999: 108). FOr die SPD sind diese Zahlen ~ihnlich. Sie gliedert sich in 20 Bezirke und Landesverb~inde, 350 Unterbezirke und Kreisverb~inde sowie in 12.500 Ortsvereine. Zwar weisen FDP und Btindnis 90~ie Grtinen die gleichen Organisationsformen auf, doch ver~gen beide Parteien tiber weniger stark ausgepr~igte Untergliederungen. Die 67.000 FDP-Mitglieder sind in 16 Landesverb~den organisiert, die sich wiederum in 485 Kreisverb~inde und 3.150 Ortsverbande gliedem. Die organisatorische Ausdifferenzierung von Bttndnis 90/Die Grtinen ~ihnelt der der FDP. Die Partei untergliedert sich in 16 Landesverb~inde, 450 Kreisverb~inde und 1.700 Ortsverb~inde. Auch die PDS hat, obwohl sie regional geprggten W~ihlerrfickhalt hat, 16 Landesverb~inde. Diese untergliedem sich in 115 Kreisverb~inde in Westdeutschland und 169 Kreisverbande in Ostdeutschland. Jedoch zeigt sich bei der Anzahl der Mitglieder, die in den einzelnen Kreisverb~inden organisiert sind, ein deutliches Gef~ille zwischen beiden Teilen der Republik. WNarend in Ostdeutschland Ende 2003 gut 60.000 Btirger in der PDS organisiert waren, waren es zur gleichen Zeit in Westdeutschland nur gut 4.300 (Niedermayer 2003b). Ftir die Starke der Kreisverb~inde bedeutet dies, dass im Durchschnitt in den neuen Bundesl~indem 355 Mitglieder einem Kreisverband zugeh6rig sind, in den alten Bundesl~indem 40 Mitglieder. Die tiefe Verankerung der PDS in Ostdeutschland wird auch an der Vielzahl der kommunalen Mandate ersichtlich. Ca. 6.500 Mandate in den neuen Bundesl~indem stehen 104 im Altbundesgebiet gegentiber (Moreau 2002:151). Ein weiterer Indikator ftir die Beschreibung der Parteiorganisation und -strukturen ist das Vorhandensein von Vorfeldorganisationen und Arbeitsgemeinschaften, die das Ziel haben, zwischen Mitgliedern, Sympathisanten, aber auch Verantwormngstr~igem in unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen Kontakte herzustellen und somit die Partei mit dem vorpolitischen Raum zu verkntipfen und ein Netz von Ansprechparmern aufzubauen. Dabei sollen m6glichst breite Teile der Gesellschaft angesprochen und somit an die Partei gebunden werden. H~iufig ist die Mitgliedschaft in solchen Vereinigungen nicht zwangsl~iufig mit der Mitgliedschaft in der Partei verbunden (Poguntke 2001: 258). Bei den Unionsparteien und der SPD ist dieses Netz an Vorfeldorganisationen viel st~irker ausgebreitet (Olzog, Liese 1999:110, 184) als bei den Kleinparteien. Die FDP kann nur auf acht derartige Organisationen zurtickgreifen. Unter anderem sind dies die Jugendorganisation, die Hochschulorganisation und die ,,Arbeitsgemeinschaft Liberale Kommunalpolitiker" (Vorl~inder 1992: 303f.). Btindnis 90/Die Grtinen haben als funktionales Aquivalent zu den Vorfeldorganisationen Bundes- und Landesarbeitsgemeinschaften geschaffen, die nach thematischen Schwerpunkten gegliedert sind und mit den jeweiligen Abgeordneten, die fiar das Sachgebiet in der Fraktion verantwortlich sind, eng zusammenarbeiten. Weiterhin wird seit 1994 eine eigene Jugendorganisation aufgebaut, die seit 2000 ,,Grtine Jugend" heif3t (Poguntke 2001:261 f.). Im Jahr 2004 wurde eine Seniorenorganisation innerhalb der Grtinen gegrtindet. Die PDS kann auf 31 Plattformen, Arbeitsgemeinschaften und Interessengemeinschaften zurtickgreifen, die die Aufgabe der Vorfeldorganisationen wahrnehmen sollen. Diese sind sowohl geographisch als auch inhaltlich untergliedert (Moreau 2002: 151f.). Ein dritter Indikator fi~ den Organisationsgrad und die Verwurzlung der Parteien in der Gesellschaft ist die Einbindung der Mandatstr~iger der Parteien in den vorpolitischen Raum. Die Verwurzlung der Abgeordneten yon CDU und SPD ist dabei deutlich st~irker als jene der Abgeordneten yon Btindnis 90/Die Grtinen und der FDP. Der Hauptgrund liegt in
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Parteien im politischen System der Bundesrepublik
der unterschiedlichen Anzahl an Parlamentariem, die ein bestimmtes Gebiet repr/asentieren. In der Regel ist ein Abgeordneter der Kleinparteien far die Betreuung mehrerer Wahlkreise zust~indig, wohingegen die Abgeordneten der GroBparteien weitestgehend nur einen Wahlkreis betreuen mtissen. 8 Des Weiteren haben sich bei den Grogparteien so genannte ,,Wahlkreis~rsten" etabliert, die den Schwerpunkt ihrer parlamentarischen Arbeit in ihrem Wahlkreis sehen und nicht in der Arbeit im Parlament, in dem sie als Hinterb~inkler auffallen. 9 Solche Hinterb~inkler k6nnen sich die Fraktionen der Kleinparteien nicht leisten, weil sie die Parlamentsarbeit auf wenige Schultem verteilen mOssen. FDP und Btindnisgrtinen gelang es bei den letzten sechs Bundestagswahlen, nur jeweils einen Wahlkreis direkt l~r sich zu entscheiden: 1990 der FDP und 2002 Btindnis 90/Die Grtinen (Feldkamp 2003: 6). Gerade diese Direktmandatare sind es aber, die besonderen Wert auf die Vemetzung im vorpolitischen Raum legen, um ihre Bekanntheit und ihre Pr~isenz im Wahlkreis zu steigem. Die Abgeordneten der Kleinparteien suchen im Gegenzug die Vernetzung im fachpolitischen Bereich (Kranenpohl 1999: 42; Patzelt, Algasinger 2001" 513). Grog- und Kleinparteien unterscheiden sich weiterhin in der Geschwindigkeit des parteiintemen Kommunikationsflusses. Dabei korreliert der parteiinterne Kommunikationsfluss stark mit der Binnengliederung der Parteien. Je geringer die Ausdifferenziemng der Partei ist, desto schneller gelangen Informationen zur Parteiftihnmg bzw. zur Basis. Die parteiinternen Kommunikationsfltisse wurden intensiv am Beispiel der GroBparteien untersucht. Wiesendahl pr~igte ftir die SPD das Bild vonder ,,lose verkoppelten Anarchie" (Wiesendahl 1984: 83). Aufgrund der komplexen Struktur der GroBparteien sind Abstimmungsprozesse und Willensbildungsprozesse langwieriger als bei Kleinparteien. Somit wandelt sich fi~ die Kleinparteien das Manko einer geringen Binnenstrukmriemng in den Vorteil eines schnellen Kommunikationsflusses zwischen den einzelnen organisatorischen Ebenen der Parteien um. Ist ein Problemfeld erst einmal lokalisiert, so gelingt es Kleinparteien schneller, einen parteiinternen Abstimmungsprozess zu ~hren und die Position der Partei in den Willensbildungsprozess im Parlament einzubringen. Aufgrund dieser kurzen Wege innerhalb der parteiintemen Abstimmung k~rmen Kleinparteien Themen schneller besetzen und dartiber hinaus auch parlamentarisch wahrgenommen werden als GroBparteien (Kranenpohl 1999: 42f.). Hinsichtlich des Vertretungsanspruches unterscheiden sich Klein- und GroBparteien darin, dass GroBparteien ein m6glichst breites Spektrum an Interessen in der W~ihlerschaft vertreten wollen, w~ihrenddessen Kleinparteien ihren Rtickhalt in einer bestimmten Klientel suchen. Empirisch wurde dabei zum einen untersucht, ob die These vonder ,,catch all party", der Volkspartei, aufrechterhalten werden kann und zum anderen welche Klientel die Kleinparteien vertreten. Die Forschungsergebnisse zur ersten Fragestellung zeigen deutlich, dass sich die W~ihlerschaft der Grogparteien weltanschaulich und sozialstrukturell so deutlich unterscheidet (Mintzel 1989; Brunner, Graf, Neu 2001: 22ff.), dass von Volksparteien,
8 Ein Vergleich der Wahlkreis-Mandats-Relation zwischen Klein- und den GroBparteien zeigt, dass im 15. Bundestag auf einen Abgeordneten von Btindnis 90/Die Griinen 5,4 Wahlkreise, auf einen Abgeordneten der FDP 6,4 Wahlkreise auf einen Abgeordneten der SPD und der Unionsparteien aber nur 1,2 Wahlkreise entfallen. 9 So halten es 47 Prozent der Abgeordneten des Deutschen Bundestages far ,,sehr wichtig", die Interessen ihres eigenen Wahlkreises zu vertreten. Dies ist nach dem Item, ,,sich um Probleme kiimmem, die von einzelnen W~hlem an sie herangetragen werden" das zweitwichtigste persOnlich wahrgenommene Aufgabenfeld der Mitglieder des Deutschen Bundestages. Eine Auswertung dieser Frage nach Fraktionen liegt allerdings leider nicht vor. (WeBels 2005: 22)
2.3 Strukturelle Differenzierung yon Klein- und GroBparteien
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die ~ r jeden W~ihler w ~ l b a r sind, nicht wirklich gesprochen werden kann. ~~ Jedoch sind die beiden Grol3parteien in der Lage, in allen soziokulturellen Schichten eine relative Mehrheit der W~ihler auf sich zu vereinen. So wurde die SPD bei der Bundestagswahl 2002 relativ am h~iufigsten von den Arbeitem, Angestellten und Arbeitslosen gew~ihlt, w~ihrend die Unionsparteien den grtiBeren Zuspruch bei den Selbst~indigen und den Renmern erhielten. Ober die H~ilfte der Katholiken w~ihlte des Weiteren die Union, die SPD wurde hingegen tiberwiegend von den Konfessionslosen gew~ihlt (Graf, Neu 2002: 24). Im Gegensatz zu den GroBparteien vert~igt die FDP fiber keine klassische W~ihlerklientel (Klein, Heinze 2001: 13). Dennoch finden sich bei den Kleinparteien Kernzielgruppen, die v o n d e r jeweiligen Partei angesprochen werden. So formulierte die FDP im Vorfeld der Bundestagswahl zwar einen sehr breiten Vertretungsanspmch, in dem sie sich als Volkspartei bezeichnete und etablieren wollte (Jung, Roth 2002" 8). Die Entscheidung der W~ihler an der Wahlurne macht jedoch deutlich, dass die Partei ihre Schwerpunkte in der W~ihlerschaft bei den unter 30j~ihrigen (10 Prozent), den M~innem (8 Prozent) und den Selbst~indigen (12,5 Prozent) hat (Vorl~inder 2003a: 121). Die Grfinen haben, im Gegensatz zur FDP, eine ideologisch identifizierbare W ~ l e r klientel. Kolkwitz (1995: 9) fasst zusammen, dass typisch ~ r die W~ihlerschaft der Grtinen Mitte der 90er sei, dass das individuelle Freiheitsstreben und der Drang nach Selbstverwirklichung st~irker verankert waren als Werte wie FleiB, Leistungsbereitschaft, Ruhe und Ordnung. Schon Gluchowski (1987: 30ff.) ordnete die gr~ne W~ihlerschaft den neuen Mittelschichten zu, die postmaterialistische, linksalternative bzw. linksliberale Ideen vertreten. Besonders stark sind diese Gruppen in GroBst~idten und Gebieten mit hoher Bev6lkemngsdichte vertreten. Dort gelingt es den Grtinen auch, die meisten Stimmen zu erringen (Kleinert 1992:36f.) Bei den letzten beiden Bundestagswahlen wurden die Btindnisgrfinen fiberdurchschnittlich von den Jtingeren und formal eher hoch Gebildeten gew~ihlt. So haben 15 Prozent der Deutschen mit einem hohen B ildungsstand bei der letzten Bundestagswahl for die Btindnisgrfinen gestimmt. Wird die Wahlabsicht mit der T~itigkeit der Befragten gekreuzt, zeigt sich, dass die Grfinen eine fiberdurchschnittliche Zustimmung in der Gruppe der Beamten, Angestellten und Selbst~indigen erfahren (Graf, Neu 2002: 24). Ziel der PDS vor der Bundestagswahl 2002 war es, sich neben ihrer Rolle als Anwalt der Interessen der ostdeutschen Bev61kerung als Vertreter der Interessen der Bev61kerung im linken Spektrum des Parteiensystems zu etablieren und dadurch auch ein Auffangbecken der linken W~ihler, die von SPD und Grtinen entt~iuscht waren, zu sein (Neugebauer, St6ss 2003:13 If.). Neben diesem programmatischen Vertretungsanspruch sollte die PDS weiterhin als Adresse ~ r politischen Protest von der Bev61kerung wahrgenommen werden (ebenda: 133). Die Wahlanalysen zeigen, dass sich die PDS mit dieser Strategie keine neuen W~ihlergruppen in Westdeutschland erschlieBen konnte. Auch in Ostdeutschland sank der Anteil der W~hler aus den unteren Altersgruppen besonders stark. Oberdurchschnittlich wird die Partei in Ostdeutschland von Renmern, formal hr Gebildeten, Konfessionslosen und Arbeitem unters~tzt (Graf, Neu 2002: 25).
I0 So sind zwar die beiden GroBparteien diejenigen Parteien im politischen System, zu denen es die geringsten Wahlbarrieren gibt, doch sagte immer noch jeder dritte Deutsche (32 Prozent) im Vorfeld der Bundestagswahl 1998, dass er sicher nicht die Unionsparteien wahlen wOrde,jeder siebente (15 Prozent) war sich sicher, nicht die SPD zu wahlen. Die Wahlbarrieren in der Bev01kerunggegenfiberden kleinen Parteien sind h0her, so waren sich 43 Prozent sicher, nicht die Grfinen zu wahlen und bei 54 Prozent traf dies ffir die FDP zu (Infratest-dimap, Deutschlandtrend Mai 1998: 7).
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Parteien im politischen System der Bundesrepublik
Dass Kleinparteien tiber einen geringeren Rtickhalt in der Bev61kerung verfiigen, macht auch die Analyse der W~ihlerpotentiale deutlich. Zu dem W~ihlerpotential einer Partei wird gez~ihlt, wer Stammw~ihler der Partei ist, wer ohne Stammw~ihler zu sein bei der letzten Wahl die Partei gewghlt hat und wer ohne die Partei gew~ihlt zu haben, mit ihr sympathisiert (Brunner, Graf, Neu 2001: 9). So verftigten die beiden Grol3parteien SPD und CDU/CSU im Wahljahx 1998 tiber ein WNalerpotential von 56 Prozent bzw. 43 Prozent der Wahlberechtigten, w~ihrend bei den Kleinparteien die Biandnisgrtinen gut jeden ftinften W~ihler (21 Prozent) und die FDP gut jeden achten Wahler (13 Prozent) zu ihrem Wghlerpotential z~ihlen konnten. Ftir die PDS wurde ein Wert von 12 Prozent festgestellt. Wie anf~illig der Indikator des Gesamtw~ihlerpotentials auf die Verandemng der politischen Stimmung in der Bev61kemng ist, zeigen die Ergebnisse far das Jahr 2001. W~ihrend die Werte far SPD, Btindnisgrtine und PDS konstant blieben, stieg das W~ihlerpotential der CDU/CSU auf 51 Prozent, das der FDP auf 22 Prozent (ebenda). In diesem Zusammenhang muss die Motivation, Kleinparteien zu w~ihlen, diskutiert werden. Bei den Wahlmotiven far FDP, Btindnisgrtine und auch PDS wird deutlich, dass diese Parteien nicht nur wegen ihrer programmatischen Orientierung gew~ihlt werden, sondem eben auch aufgrund ihrer Rolle als Funktionsparteien. Im Falle von FDP und Btindnis 90/Die Grtinen zeigt sich, dass ein Teil der W~ihler diese Parteien nur gew~ihlt haben, um bestimmte Koalitionen zu st~irken bzw. bestimmten Themen innerhalb einer Koalition ein gr6geres Gewicht zu geben. In ihrer langfristigen Analyse zu den Determinanten der Stimmabgabe fiir die FDP stellen Klein und Heinze (2001: 37) heraus, dass die FDP lange Zeit eine ,,Pivotal Party" war, die weniger um ihrer selbst, sondem wegen ihrer Rolle als Mehrheitsbeschaffer ftir eine Regierung mit einer der GrofSparteien gew~ihlt wurde. Aber auch der Wahlerfolg der Grtinen bei der Bundestagswahl 2002 wurde yon SPD-affinen W ~ l e m herbeigeftihrt, die sich eine Fortsetzung der rot-grtinen Regierung wfinschten. Hinsichtlich der PDS liegt das funktionale W~ihlermotiv in ihrer Rolle als Protestpartei, als Auffangbecken vor allem far Ostdeutsche, die ihre Belange von den anderen Parteien nicht repr~isentiert sehen (Neugebauer, St6ss 2003: 151). Diese Analyse macht deutlich, dass bei den Unionsparteien und der SPD sowie bei FDP und Btindnis 90/Die Grtinen die Differenzierung der Parteien nach W~ihlerzuspmch und nach strukturellen Merkmalen zum selben Ergebnis fiihrt. SPD und Unionsparteien weisen hinsichtlich des W~ihlerzuspmchs, aber auch hinsichtlich weiterer zentraler Eigenschatten Merkmale von Grogparteien auf. Ihre Anf~illigkeit gegentiber einer steigenden Volatilitgt in der Bev61kemng ist eher gering, das W~ihlerpotential ist sehr hoch, sie verftigen tiber einen breiten und tief vervmrzelten Organisationsgrad und sie k6nnen auf eine Reihe von Vorfeldorganisationen zurtickgreifen. Jedoch ist aufgrund der ausdifferenzierten B innenstruktur der Kommunikationsfluss innerhalb der Parteien relativ langsam. Aufgrund der gleichen Kriterien kann man FDP und Btindnis 90/Die Grtinen zu Kleinparteien z~ihlen. Beide Parteien sind sehr anf~illig gegentiber sich ~indemdem Wahlverhalten, sie haben aufgrund ihrer im Vergleich zu den Grol3parteien wenigen Mitglieder einen eher flachen Organisationsgrad, was allerdings eine schnelle Binnenkommunikation innerhalb der Parteien nach sich zieht. Ihnen steht nur eine begrenzte Anzahl von Vorfeldorganisationen zur Verftigung und das W~ihlerpotential in der Bev61kerung ist eher gering (Tabelle 2).
2.3 Strukturelle Differenzierung yon Klein- und Grol3parteien
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Tabelle 2." Kriterien der Differenzierung zwischen Klein- und Grol3parteien Kleinparteien
GroBparteien
FDP
B90/Griine
PDS alte BL
PDS neue BL
Unionsparteien
SPD
gering
gering
sehr gering
groB
groB
groB
Anfalligkeit gg0. elektoralen Verandemngen
stark
stark
sehr stark
schwach
schwach
schwach
Binnenstruktur
flach
flach
sehr flach
tief
tief
tief
Kommunikationsfluss innerhalb der Partei
schnell
schnell
sehr schnell
langsam
langsam
langsam
Anzahl und GrOf~eder Vorfeldorganisationen
gering
gering
sehr gering
hoch
hoch
hoch
W~ihlerpotential
gering
gering
sehr gering
hoch
hoch
hoch
Wdhlerzuspruch auf Bundesebene Strukturelle Merkmale
Problematisch jedoch ist die Einordnung der PDS. Zieht man den Zweitstimmenanteil der Partei auf Bundesebene als Grundlage for die Bewertung des W~ihlerzuspruchs heran, so muss man sie den Kleinparteien zuordnen. Zwischen 1990 und 2002 war die PDS im Bundestag vertreten und nach dem Scheitern an der 5-Prozent-Htirde bei der Bundestagswahl 2002 ist sie noch immer in allen Landtagen in Ostdeutschland und somit in mehreren Bundesl~indem im Parlament pr~isent. Betrachtet man jedoch den Wahlerfolg der PDS getrennt nach alten und neuen Bundesl~indern, zeigt sich, dass die Partei in den alten Bundesl~indem nicht tiber den Status einer Kleinstpartei hinauskommt, w~ihrend sie in den neuen Bundesl~indem in die Gruppe der Grol3parteien eingeordnet werden muss. Die PDS vollffihrt den Spagat zwischen einer Grol3partei und einer Kleinstpartei, was sich auch in der Beschreibung der Strukturmerkmale, die Klein- und Grol3parteien unterscheiden, widerspiegelt. In Ostdeutschland besitzt die PDS alle strukturellen Voraussetzungen, um als Grol3partei eingeordnet zu werden. Sie muss beim Verlust weniger Prozentpunkte bei Wahlen nicht um den Einzug in die Landesparlamente fiirchten, sie besitzt eine breite organisatorische Basis tiber ihre Kreisverb~inde, verftigt tiber eine Reihe von Vorfeldorganisationen bzw. Arbeitsplattformen und hat ein hohes W~ihlerpotential. In Westdeutschland hingegen hat die PDS den Status einer Kleinstpartei. Sie besitzt zur Zeit keine Chance, gentigend W~ihlerstimmen zu erringen, um tiber die 5-Prozent-Htirde bei Landtags- und Bundestagswahlen zu springen, ihre Anf~illigkeit gegentiber wechselndem W~lerwillen ist sehr grol3, sie hat in Westdeutschland eine sehr flache Binnenstruktur, wenig Vorfeldorganisationen und ein sehr geringes W~ihlerpotential. Somit wird deutlich, dass es der PDS trotz vieler Versuche bislang nicht gelungen ist, sich von einer ostdeutschen Regionalpartei zu einer ernst zu nehmenden gesamtdeutschen Linkspartei zu entwickeln. Daher kann die PDS aus gesamtdeut-
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Parteien im politischen System der Bundesrepublik
scher Perspektive weder als typische Klein- noch Grogpartei bezeichnet, sondern muss nach alten und neuen Bundesl~indem getrennt bewertet werden. Aus diesem Grund wird die Partei in der vorliegenden Arbeit yon der weiteren Betrachtung ausgeschlossen.
2.4 Bedeutung der Kleinparteien im historischen Kontext Das Parteiensystem besteht aus einer Vielzahl von Parteien, die sich in regelmfigig stattfindenden freien Wahlen um die Gunst der Wghler bewerben. Insgesamt versuchten in der Geschichte der Bundesrepublik mehr als 150 in das Parlament einzuziehen, doch gelang dies auf Dauer nur wenigen Parteien. Die Entwicklung des Parteiensystems nach 1949 lgsst sich in vier Phasen einteilen: Die Phase der Konsolidierung lgsst sich dabei bis 1957 datieren. Das Parteiensystem war nach den Wahlen zum ersten Bundestag stark fragmentiert. Die Union wurde mit einem Stimmenanteil yon 31 Prozent knapp vor der SPD (29,2 Prozent) die politisch st~.rkste Kraft. Doch erreichten beide groge Parteien zusammen nur gut 60 Prozent der Wghlerstimmen. Neben der FDP, die auf 11,9 Prozent der Stimmen kam, zogen sieben Parteien, die jeweils nur einen Anteil von unter 10 Prozent der W~ihler auf sich vereinigen konnten, in den Bundestag ein. Die Ein~hrung der 5 Prozent-Sperrklausel bei Bundestagswahlen im Jahr 1953 brachte daher Konzentrationseffekte zugunsten der grogen Parteien mit sich. Dieser Bedeutungsgewinn der Grogparteien spiegelte sich sofort in der Anzahl der im Bundestag vertretenen Parteien wider. Im zweiten Bundestag (1953-1957) waren nur noch sechs Parteien vertreten, im dritten (1957-1961) nur noch vier. Von den anf~inglich acht vertretenen kleinen Parteien schaffte es nur die FDP, sich unter den Bedingungen der 5%Sperrklausel im Bundestag zu etablieren (Jesse 2001: 72). Die Konzentration im Parteiensystem lgsst sich auf drei Ursachen zur~ckfahren: auf den Wettbewerb zwischen den beiden grogen Parteien, in dem die kleinen Parteien bis auf die FDP aufgerieben wurden, den sich wandelnden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und vor allem durch eine Integrationspolitik auf der Unionsseite gegenOber allen Parteien, die ihre W ~ l e r im bOrgerlichen Lager hatten. Gerade durch die Aufnahme der kleinen bOrgerlichen Parteien in die Union gelang es, eine stabile Mehrheit des bt~gerlichen Lagers zu schaffen. So erreichten die bOrgerlichen Parteien 1953 die absolute Mehrheit der Mandate im Bundestag und 1957 gar mit einem Ergebnis yon 50,2 Prozent der Stimmen die absolute Mehrheit der Wghlerstimmen (Niedermayer 2003a: 10). Mit der Bundestagswahl 1961 war diese Konsolidierungsphase abgeschlossen. Nur noch drei Parteien waren im Bundestag vertreten. Jedoch statteten die W~.hler keine der beiden grogen Parteien mit einer absoluten Mehrheit aus, so dass die verbliebene kleine Partei, die FDP, das Ztknglein an der Waage war. Die 60er, 70er und die frahen 80er Jahre waren von dieser Parteienkonstellation im Bundestag geprggt. Daher wird diese Phase als auch die des Zweieinhalb-Parteiensystems bezeichnet. Dabei gingen die strukturellen Verschiebungen innerhalb dieser Konstellation zu Gunsten der Unionsparteien bis Ende der 60er-Jahre zur~ck. Die programmatische Neuorientierung der SPD im Ral~men des Godesberger Programms 1959 und vor allem die Regierungsbeteiligung an der Grogen Koalition 1966 bis 1969 machten deutlich, dass die SPD in der Lage ist Regierungsverantwortung zu tragen (ebenda: 11). Die zentrale Position der FDP zwischen den beiden Grogparteien wird daran ersichtlich, dass die drei Regierungswechsel zwischen 1966 und 1982 jeweils aufgrund einer Urn-
2.4 Bedeutung der Kleinparteien im historischen Kontext
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orientierung in der FDP erfolgten. Die FDP legte sich 1957 auf die Union als Koalitionspartner fest. Nachdem sie 1965 ihxe Minister wegen wirtschaftspolitischer Differenzen aus der Regierung zurtickzog, einigten sich die beiden GroBparteien auf eine groBe Koalition. Im Vorfeld der Wahl 1969 sah die FDP die gr6Beren politischen Gemeinsamkeiten mit der SPD, mit der sie bis 1982 eine sozial-liberale Regierung bildete. Auch der Regierungswechsel von 1982 wurde durch die FDP ermOglicht. Kanzler Schmidt wurde mitten in der Legislaturperiode durch ein konstruktives Misstrauensvotum durch Helmut Kohl abgel6st. Fortan bildete die Union bis 1998 mit der FDP eine konservativ-liberale Regierung (Jesse 2001: 73). Mit dem Einzug der Griinen 1983 in den Bundestag sowie der Grtindung von Republikanem und DVU kam es in den 80er Jahren zu einer Pluralisierung des Parteiensystems. Zwar etablierten sich die Grtinen durch ihre Wahlerfolge 1983 und 1987 als zweite Kleinpartei im Bundestag neben der FDP, doch wurden sie von keiner der etablierten Parteien als koalitionsf~ihig angesehen. Auf der anderen Seite verstanden sich die Grfinen auch als Partei neben den etablierten Kr~iften im Parlament, die von sich aus keine Koalition mit diesen anstrebte. Trotz des Verlustes des Alleinstellungsmerkmals der FDP, die einzige Kleinpartei im Parlament zu sein, blieb ihr der Status erhalten, neben der ungeliebten grogen Koalition einzige Koa|itionsoption yon Union und SPD zu sein. Die SPD war jedoch bestrebt, ihre Koalitionsoptionen auszuweiten. Ziel war es, neben der FDP, die rechts von der SPD im politischen Spektrum angesiedelt ist (Klingemann, Volkens 2001), mit den Grtinen auch links von der SPD eine Koalitionsaltemative zu haben. Die Ernsthaftigkeit dieser Oberlegungen zeigte sich in den ersten rot-grtinen Koalitionen auf Landesebene. Jedoch scheiterten diese in Hessen und Berlin an inhaltlichen Differenzen der Koalition~ire (Niedermayer 2001:123 f.). Mit der Wiedervereinigung und den ersten gesamtdeutschen Wahlen 1990 vergr6Berte sich die Anzahl der Parteien, die den Sprung tiber die 5-Prozent-Htirde geschafft hatten, auf fanf. Der PDS gelang zwar der Einzug in den Bundestag nur tiber die ~ r Ost- und Westdeutschland getrennte Sperrklausel, jedoch vermochte es die Partei, auch ohne geteilte Auslegung der Sperrklausel bei den Bundestagswahlen 1994 und 1998 in den Bundestag einzuziehen. W~ihrend 1994 der Sprung in den Bundestag noch fiber vier in Berlin emmgener Direktmandate gelang, nahm die Partei 1998 mit einem Stimmenanteil von 5,1 Prozent die 5-Prozent-Httrde. Bei den Wahlen 2002 scheiterte sie sowohl an der Sperrklausel als auch an der Erringung der drei Direktmandate, fiber die die Partei in Gruppengr6Be in den Bundestag h~itte einziehen k6nnen. Von den konkurrierenden Parteien im Bundestag wird die PDS weiterhin auf Bundesebene als nicht koalitionsf~ihig angesehen (Niedermayer 2001: 126). Diese Einsch~itzung wird auch yon der SPD geteilt, obwohl die SPD aufgrund der Wahlerfolge in Ostdeutschland auf Landesebene in Berlin und in MecklenburgVorpommem mit der PDS koaliert und sich in Sachsen-Anhalt acht Jahre vonder Partei dulden lieB (Moreau 2002: 137f.). Hingegen haben es die Grtinen geschafft, sich nach ihrem Scheitem an der 5-Prozent-Htirde in Westdeutschland bei der Wahl 1990 so neu aufzustellen, dass sie vonder SPD als koalitionsf~ig angesehen wurden. Innerhalb der Partei verschoben sich die Gewichte zugunsten der Realpolitiker, was die erfolgreiche Zusammenarbeit mit der SPD auf Landesebene in den 90er-Jahren erst erm6glichte (Kleinert 1992; Raschke 1993). Jedoch vermied die SPD noch bei der Bmndestagswahl 1994, in deren Vorfeld tiber die M6glichkeit einer rot-grianen Regierung auf Bundesebene diskutiert wurde, klare Aussagen in Richtung eines mOglichen rot-grtinen Btindnisses zu machen
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Parteien im politischen System der Bundesrepublik
(Bergmann 2002: 120f.). Doch schon ein Jahr nach der Bundestagswahl 1994 wurde die Option eines rot-grtinen B~indnisses auf Bundesebene innerhalb der SPD diskutiert. Lafontaine ~iuBerte schon nach seiner Wahl zum Parteivorsitzenden der SPD 1995 in Mannheim, dass die SPD zusammen mit den G r e e n einen Machtwechsel anstrebe. Schr6der erkl~irte im M~irz 1998, dass er bereit sei, auch mit nur einer Stimme Mehrheit eine rot-grtine Regierung zu bilden (ebenda: 169ff.). Jedoch erfolgte keine offizielle Koalitionsaussage zugunsten der GrOnen, war doch die SPD in der gtinstigen Position, sowohl mit der FDP als auch mit den G~nen eine Koalition eingehen zu k6nnen, wahrend der CDU nur die FDP als m6glicher Koalitionspartner blieb (ebenda: 131ff.). Trotz des eher schlechten Ergebnisses ftir die Grtinen von 6,7 Prozent der Stimmen kam es 1998 zum Regierungswechsel. Erstmals wurde per W~ihlerentscheid die Regierungsverantwortung in Deutschland in andere H~inde gelegt. Der Gang der FDP in die Opposition 1998 war verbunden mit der Demonstration der Eigenst~indigkeit der Partei. Das Image des Juniorpartners der Unionsparteien auf Bundesebene, das an der FDP nach 16 gemeinsamen Regierungsjahren haftete, musste weichen (Vorl~inder 1999:104). Die FDP sollte nicht mehr nur als Korrektiv zu den groBen konkurrierenden Parteien wahrgenommen werden, sondern war bestrebt, sich als eigenst~indige Alternative zu SPD und den Unionsparteien anzubieten (Vorl~inder 2002" 102f.). Dieser Strategie folgend, propagierte die Partei die Aquidistanz zu den beiden GroBparteien und ging ohne Koalitionsaussage und mit einem Wahlziel (Projekt 18) in den Bundestagswahlkampf 2002, dessen Erreichen fast eine Verdreifachung des Zweitstimmenergebnisses der Bundestagswahl 1998 bedeutet hgtte (Niedermayer 2001: 122). Dass der Imagewandel der FDP auch sechs Jahre nach dem Gang in die Opposition nicht gelungen ist, zeigt eine repr~isentative Umfrage des Instituts ~ r Demoskopie Allensbach aus dem Mai 2004 (NoelleNeumann 2004" 5). Nur jeder ~nfte Befragte stimmte der Aussage zu, dass die FDP ein eigenst~indiges politisches Profil hat und sich vom Programm her deutlich von anderen Parteien unterscheidet. Diese Analyse der Entwicklung des deutschen Parteiensystems nach der Wiedervereinigung offenbart Kontinuit~it und Wandel. Drei kontinuierliche Entwicklungen sind festzumachen: (1) Die Fragmentierung innerhalb des Parteiensystems ist aufgrund der Existenz zweier GroBparteien gering. (2) Die offene Wettbewerbssituation zwischen den GroBparteien bleibt bestehen. (3) Die Polarisierung im Parteiensystem kann weiterhin als gering eingesch~itzt werden. Neu in der Geschichte des Parteiensystems ist, dass (1) bundespolitisch relevante Parteien regionale Schwerpunkte haben. Dies gilt im Besondem for die PDS, aber auch ftir die Gr~nen. W~ihrend die PDS zum tiberwiegenden Teil in Ostdeutschland ihre Anh~inger hat, wird Btindnis 90/Die Grtinen besonders in Westdeutschland gew~lt. Der FDP ist es bei der Bundestagswahl 2002 gelungen, in Ost und West ein ~ihnlich gutes Wahlergebnis zu erzielen. (2) Die zweite neue Entwicklung ist die Existenz einer offenen Wettbewerbssituation zwischen den als koalitionsf~ihig angesehenen Kleinparteien. FDP und B0ndnis 90/Die Grtinen k~impfen um den Status der dritten Kraft im Parteiensystem und die damit zusammenh~ingende strategische Machtposition bei der Regierungsbildung (Niedermayer 2003a: 38; Neu: 2001: 2ff.).
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Von der Parteien- zur M e d i e n d e m o k r a t i e
Dieser Kampf um die dritte Kraft im Parteiensystem f~illt in eine Zeit, in der sich nicht nur das Parteiensystem wandelt, sondem in der auch der Einfluss der Medien auf das politische System zunimmt. Neben den Parteien und Interessengruppen werden im Systemmodel von Easton (1965) auch die Massenmedien als ein Subsystem aufgefasst. Die Medien haben die Aufgabe, einerseits Anspriache der Btirger den Entscheidungstragem und andererseits Entscheidungen des politischen Systems den Btirgem zu tibermitteln (ebenda: 374). Von den Parteien und Interessengruppen unterscheiden sich die Medien jedoch insofem, als dass sie zum einen keine Mitglieder repr~isentieren, und zum anderen, dass sie keine ideologische Linie bzw. kein politisches Ziel verfolgen. Die Massenmedien sollen aufgrund ihrer Omnipr~isenz in der Gesellschaft die Kommunikation zwischen den einzelnen Subsystemen und dem politischen System gew~ihrleisten, indem sie die unterschiedlichen Standpunkte aller beteiligten Akteure zu zentralen Themen der Gesellschaft aufgreifen und vermitteln. Sie besitzen somit eine Scharnierfunktion zwischen Biargem und Repr~isentanten (Jarren 2001: 15). Jedoch konnte man im Verlauf der letzten Jahrzehnte deutliche Wandlungsprozesse im Mediensystem beobachten. Aufgrund der starken Okonomisierung der Medien ver~indert sich nun deren Rolle im Prozess der politischen Kommunikation vonder Vermittlungsagenmr hin zum eigenst~indigen Akteur (Schulz 2004: 91). Dieser Wechsel wird vielfach als Wandel vonder Parteien- zur Mediendemokratie bezeichnet. Unter dem Begriff Mediendemokratie, oder auch kurz Mediokratie genannt, werden bei der Analyse der Ver~inderung des politischen Kommunikationsprozesses alle Ph~inomene zusammengefasst, die auf die zunehmende Bedeutung der Medien bei der Politikvermittlung z~artickzu~hren sind (Sarcinelli 1997). Der Begriffbeschreibt somit Effekte der Mediatisierung in einem speziellen Subsystem der Gesellschaft, dem politischen System. Im Unterschied zum Begriff der Mediatisierung ist Mediendemokratie nur speziell auf ein Subsystem anwendbar, w~ihrend Mediatisierung alle Vergndemngen in der Gesellschaft, die auf den zunehmenden Einfluss der Medien in allen Subsystemen zurtickzu~hren sind, beschreibt (Schulz 2004: 98; Krotz 2005:18f.). Die Indikatoren des Wandels, die die Ver~indemng vonder Parteiendemokratie, in der die Parteien noch die Themen der Medieninhalte bestimmten 11, hin zur Mediendemokratie bezeichnen, werden in so genannten additiven Katalogen zusammengefasst (Tabelle 3). Je nach fachspezifischer Herangehensweise stehen dabei in der politikwissenschaftlichen Forschung die Parteien und in der kommunikationswissenschaftlichen Forschung die Medien im Zentrum der Betrachttmg. Beide Forschungsrichtungen thematisieren gleichermaBen die Auswirkungen auf die Bevtilkertmg. Der Bedeutungszuwachs der Massenmedien wird in beiden Analyseperspektiven gleichzeitig als ein Bedeumngsverlust der politischen ~1 Hierbei stellt sich die Frage, inwieweit der Urzustand einer massenwirksamen, von den Parteien bestimmten Medienlandschaft tiberhaupt existierte, oder ob dieser nur als Idealzustand fOr die Interpretation der Veranderungen auf den Weg zur Mediendemokratie konstruiert wird.
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Von der Parteien- zur Mediendemokratie
Akteure angesehen (Sarcinelli 1997, 2004; Schulz 1997; Esser, Pfetsch 2003; Plasser 2003; Negrine, Papathanassopoulus 1996; Farell 2002; Patterson 1993). Versucht man diese Indikatoren zu smakmrieren, so sind drei Dimensionen der Differenzierung erkennbar. Der Wandel von der Parteiendemokratie zur Mediendemokratie wird (1) nach Untersuchungsebenen (strukturell, prozessual, inhaltlich), (2) nach Untersuchungsgegenstgnden wie die der Politikvermittlung, der-wahrnehmung und der-darstellung (Tenscher 2003: 57) und (3) nach den Akteuren im politischen Kommunikationsprozess unterschieden (Sarcinelli 2004:57). Die letztgenannte Perspektive der Akteure wird auch ftir diese Arbeit die Grundlage der Analyse bilden, um die Ph~inomene des Wandels zur Mediendemokratie zu beschreiben. Dabei werden zun~ichst die Ver~inderungen innerhalb der Parteien und anschlieBend die Ver~indemngen im Mediensystem diskutiert, ehe abschliegend die Entwicklung zur Mediendemokratie aus der Sicht der Rezipienten (Bev61kerungsperspektive) beschrieben wird. 12 Tabelle 3." Indikatoren des Wandels vonder Parteien- zur Mediendemokratie Akteur
Indikatoren
Parteien
1.
Zunehmende Bedeutung der Medien ftir eine ,,Legitimation durch Kommunikation"
2.
Professionalisierung und Anpassung an die Eigengesetzlichkeiten der Medien durch die Offentlichkeitsarbeit
3.
Zunehmende Bedeutung der Medienkompetenz politischer Akteure
4.
,,Amerikanisierung" der Wahlkampagnen
5.
Mediale Angebotsexpansion
6.
Wandel des politischen Journalismus
7.
Vordringen der Talkshow als politisches Diskursmodell
8.
Fernsehen als Leitmedium
9.
Zunehmende Angleichung des von den Medien gepr~igten Bildes mit der Wahrnehmung der politischen Wirklichkeit durch die Btirger
Medien
BevOlkerung
3.1 Ver~inderung der Kommunikation der Parteien
Sarcinelli beschreibt als grundlegende Ver~inderung in der Mediendemokratie, dass die Parteien immer st~irker (1) auf die Vermittlungsleismngen der Massenmedien angewiesen sind (,,Legitimation durch Kommunikation" Sarcinelli 1997: 40). Parteien m a s s e n demnach dringender als je zuvor auf die Vermittlungsleisttmgen der Medien zurtickgreifen, da sie im aktuellen Geschehen selbst nicht mehr in der Lage sind, tiber parteieigene Medien massenwirksam in die Bev61kemng hinein zu wirken. Dies h~ingt zum einen mit der zurtickgehen-
~2Donges kritisiert an den additiven Katalogen, dass diese Offenheit bei der Erfassung der Phanomene, die auf die zunehmende Bedeutung der Medien zurtickzufiihren sind, die Schwache eines theoretischen Konstrukts seien (Donges 2000: 27ff.)
3.1 Ver~indemng der Kommunikation der Parteien
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den Mitgliederzahl der Parteien zusammen (Niedermayer 2003b) 13 und zum anderen mit der vergleichsweise niedrigen Aktualit~it der Parteimedien. Schmitt-Beck und Pfetsch (1994:112) stellten for den Bundestagswahlkampf 1990 fest, dass 96 Prozent der Befragten tiber das Fernsehen mit den Parteien in Kontakt gekommen sind, aber gerade einmal sieben Prozent der W~ihler selbst Parteiveranstaltungen besucht und nur 18 Prozent mit Kandidaten oder deren Wahlhelfem gesprochen haben. Ohr und Schrott (2001: 428) k6nnen ~ r eine Kommunalwahl in K61n 1995 etwas h6here Werte ftir den direkten Kontakt mit Politikern bzw. deren Wahlkampfhelfem berichten (vgl. Kap. 4). Gleichzeitig r~iumt Radunski ein, dass eine Abdeckung der Haushalte mit schriftlichen Werbebotschaffen, wie sie beispielsweise noch im Wahlkampf 1983 stattfand, heute nicht mehr erreicht wird. Im Bundestagswahlkampf 1983 wurde noch jeder Haushalt vier Mal mit Werbebotschaften der CDU versorgt, was heute aufgrund der geringeren und ~ilteren Mitgliedschaff nicht mehr zu leisten sei (Radunski 2004:195). Auch in Nichtwahlkampfzeiten stellen die Massenmedien die wichtigste Informationsquelle der Bev61kerung tiber Politik dar. Heute informieren sich 87 Prozent der Deutschen tiber die Fernsehnachrichten und 78 Prozent tiber die Tageszeitung. Gespr~iche mit Freunden oder der Familie spielen hier mit 40 Prozent bzw. 34 Prozent der Nennungen nur eine untergeordnete Rolle (Noelle-Neumann, KScher 2002). Jedoch ist zu berticksichtigen, dass die Medien die politische Wirklichkeit nicht widerspiegeln, sondem eine eigene ihren Selektions- und Pr~isentationslogiken entsprechende Wirklichkeit abbilden (Meyer 2003: 15). Die Massenmedien erbringen nur dann die gewOnschten Vermittlungsleistungen, wenn es den Parteien gelingt, die Selektionsschwelle im Journalismus zu tiberwinden und sich gegen andere politische und nichtpolitische Themen und Akteure durchzusetzen. Dazu mtissen Parteien (2) ihre Offentlichkeitsarbeit professionalisieren und auf die Logik der Medien ausrichten (Mazzoleni 1987). Zu dieser Professionalisierung z~len die quantitative und qualitative personelle Aufstockung der Pressestellen von Parteien und Fraktionen (Tenscher 2002: 122) sowie die quantitative und qualitative Gestaltung der PR-Produkte. Sarcinelli betont im Zusammenhang mit dem personellen Ausbau der Pressestellen, dass in den letzten 40 Jahren kein Bereich innerhalb der Parteien einen derartigen Zuwachs erhalten habe wie der Bereich Politikvermittlung (Sarcinelli 1998: 292). So waren 2001 in Partei und Fraktion der SPD 26 Mitarbeiter ausschliel31ich fiar Kontakte mit Massenmedien bzw. einzelnen Joumalisten verantwortlich (Tenscher 2002: 126).14 Ein weiterer Beleg ~ r die 13 Die Analyse der Entwicklung der Parteimitgliedschaflen nach der Wiedervereinigung zeigt deutlich, dass die meisten Parteien unter einem starken Mitgliederschwund leiden. Nur Bt~ndnis 90/Die Grt~nen gelang es den Mitgliederstamm von ca. 41.000 auf fast 44.000 im Jahr 2002 zu erhOhen, was einem Zuwachs von etwa 7 Prozent entspricht. Alle anderen Parteien haben Mitglieder verloren. Die Unionsparteien k6nnen den Mitgliederschwund noch in Grenzen halten. Zwischen 1990 und 2003 verloren sie 6,3 Prozent (CDU) bzw. 4,2 Prozent (CSU) ihrer Mitglieder. Die SPD-Mitgliederzahl ging um 203.030 oder 21,7 Prozent zu~ck. Die relativ grOBten Verluste hatten die FDP und die PDS hinzunehmen. Die FDP verlor fast 112.000 Mitglieder, die PDS fiber 209.000, was Prozentwerten von 64,9 bzw. 68,5 Prozent entspricht (Gabriel, Niedermayer 2001: 278). Die Rekrutierungsfahigkeit, die als Indikator ffir die Bindewirkung politischer Parteien herangezogen wird, sank in Deutschland von 4,2 Prozent Ende der 80-er Jahre auf 2,3 Prozent im Jahr 2002 (von Beyme 2001: 330). Hierbei zeigen sich massive Unterschiede zwischen West- und Ostdeutschland. Wahrend in den alten Bundeslandem immerhin noch 2,9 Prozent der Bfirger in Parteien organisiert sind, betragt diese Quote in den neuen Bundeslandem nur 1,7 Prozent (Niedermayer 2003b: 8). 14 Bei den Unionsparteien waren daf0r 29 Mitarbeiter, bei der FDP 13 und bei Bfindnis 90/Die Grunen neun und bei der PDS acht Mitarbeiter zustandig (ebenda).
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Von der Parteien- zur Mediendemokratie
ansteigende Bedeutung der Offentlichkeitsarbeit ist die Einbetmng der verantwortlichen Stellen in die Organisationsstruktur der Parteien in der N~ihe des politischen Spitzenpersonals (ebenda: 121). Mit der VergrN3erung der Pressestellen geht auch eine Professionalisierung der far die Parteien arbeitenden Politikvermittlungsexperten einher (Tenscher 2003: 113ff.). Diese personelle VergrN3emng fahrt gleichzeitig zu einem Anstieg der produzierten PR-Materialien in den Pressestellen (Kepplinger 1998; Kepplinger, Maurer 2004). Mittlerweile spricht man aufgrund der dauerhaften PR-Aktivitgten von einem permanenten Wahlkampf (Plasser 2003). Um den Selektionsfilter der Massenmedien zu fiberwinden, werden Ereignisse aufgrund der Anwesenheit der Medien anders gestaltetet, d.h. mediatisiert, um die Kembotschaften via Femsehen zum Publikum zu transportieren (Kepplinger 1998: 171ff.). Das prominenteste Beispiel hierfiir sind die Parteitage, deren zentrale Funktion als oberstes Organ der Partei (w Abs. 1 Parteiengesetz) hinter die wahltaktischen Oberlegungen der Vermittlung von Geschlossenheit und Siegesgewissheit zurficktreten musste (Mt~ller, M.G. 2002a: 75f.). Und nicht nur die Mediatisierung, sondem auch die Inszenierung von Ereignissen erhglt einen htiheren Stellenwert. Ereignisse werden demnach geschaffen, damit die Medien daraber berichten (Kepplinger 1998, 2001). Des Weiteren passt sich die Form der Pressemitteilungen einem joumalistischen Schreibstil an, was auf einen h6heren Professionalisierungsgrad der Mitarbeiter in den Pressestellen zu~ckgeht. Denn je starker eine Pressemitteilung sich an den joumalistischen Normen orientiert, desto gr613er ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie Verwendung findet (Lang 1980; Wenzel 2000). Die Professionalisiemng der PR erfordert von den Politikem selbst eine (3) steigende Medienkompetenz. Die kompetente Darlegung inhaltlicher Positionen verliert gegenfiber dem Auftreten und der Erscheinung des Politikers vor der Kamera an Gewicht (Patterson 1993). Das Image eines Politikers wird far dessen Bewertung wichtiger als seine wahrgenommene Sachkompetenz (Keeter 1987; Kepplinger, Brosius, Dahlem 1994c). Meyer spricht in diesem Zusammenhang vom Diktat der darstellerischen Quality.ten von Politikern, die in keinem Zusammenhang mit deren politischen Leismngen stehen mt~ssen. Politische Leistungen verblassen vor schlechter media performance, w~hrend ein geschicktes Auftreten auch schlechte politische Leistungen t~berdecken kann (Meyer 2003: 12). Die Folge dieser Entwicklung ist eine vergnderte Auswahl des politischen Spitzenpersonals, das nicht aufgrund des Riickhalts in der Partei und der Kompetenz, sondem aufgrund der darstellerischen Fghigkeiten ausgewghlt wird (Zolo 1997). Die Konzentration auf Personen bei der Politikvermittlung l~sst zum einen die Bedeutung von Institutionen in den Hintergrund treten und zum anderen bringt sie einen bestimmten Typ von Politiker hervor, n~mlich narzisstisch veranlagte Personen, die es geniel3en, sich 6ffentlich zu pr~isentieren (Winterhoff-Spurk 1999:21). Sarcinelli spricht diesbez~glich vom Idealtypus eines ,,medienversierten Hybridpolitikers, der zuspitzungsfghig, telegen und mit einer t~berdurchschnittlichen Durchschnittlichkeit" ausgestattet sein soll (Sarcinelli 1997:41). Dass es diesen Trend nicht nur auf der Ebene der Spitzenpolitiker gibt, zeigt eine Befragung der Bundestagsabgeordneten im Jahr 2003. Die Darstellung des eigenen Engagements sowie der perst~nlichen Qualifikationen der Direktkandidaten wird im Wahlkampf mehr Platz eingergumt als der Darstellung des Wahlprogramms der Partei oder der lokalen bzw. regionalen Perspektive (Wel3els 2005: 5). Ein weiteres Kennzeichen der Mediendemokratie ist (4) die Professionalisierung der Wahlkampagnen der Parteien. Schulz benennt als Merkmale dieser Entwicklung die Kon-
3.1 Ver~inderung der Kommunikation der Parteien
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zentration auf die Kandidaten, also die Personalisierung der Kampagne, den Angriff auf den politischen Gegner, die Einbeziehung professioneller Wahlkampfberater und die damit einhergehende Orientierung am Marketing-Ansatz (Schulz 1997: 186f.). Parteien richten ihre Wahlk~impfe auf ihre Spitzenkandidaten aus. Die Person des Spitzenkandidaten verktirpert nicht mehr das Parteiprogramm, sondern sie ist es, so dass inhaltliche Positionen in den Hintergrund treten (Swanson, Mancini 1996: 272). Die perstinlichen Qualit~iten der Spitzenkandidaten wie Ftihrungsst~irke, politische Kompetenz, Integrit~it und Managerf~ihigkeit (Vetter, Brettschneider 1998) werden zu den zentralen Botschaften der Parteien im Wahlkampf (Graber 1972, 1976; Keil 2001). Gleichzeitig ist zu beobachten, dass die Abgrenzung des eigenen Kandidaten von denen der konkurrierenden Parteien nicht nur tiber die Darstellung von dessen Vorztigen und Zielen geschieht. Zunehmend sind 6ffentliche Diskreditierungen der anderen Kandidaten wahrnehmbar (Jamieson 1992, Holtz-Bacha 2000). Ferner geben die Parteien die Kampagnenorganisation in die H/ande extemer Berater. Ebenfalls rtickl~iufig ist die breite Einbeziehung der Parteimitglieder in der Kampagne (von Beyme 2001: 310). 15 Offensichtliches Kennzeichen der Professionalisierung eines Parteien-Wahlkampfes ist nun die Abwertung der Parteiorganisationen gegentiber den externen Wahlkampfexperten (Plasser 2003). 16 Diese externen Experten, oRmals keine Parteimitglieder, dr~ingen die Parteien dazu, ihr politisches Konzept ~ihnlich eines Wirtschaftsgutes zu pr~isentieren und ,,zum Kaut~' anzubieten, wobei die Kaufentscheidung in der Stimmabgabe ~ r die Partei besteht. (Schulz 1997: 187; Althaus 1998; Norris 2000; Tenscher 2003). Plasser (2003: 22) spricht in Anlehnung an die Konzepte der Parteien-Logik und der Medien-Logik von Mazzoleni (1987) von einer Marketing-Logik, um die Professionalisierung bei der Gestaltung der Wahlk~impfe zu beschreiben. Wie stark der Wahlkampf einer Partei von auBen gesteuert werden kann, macht das Beispiel der KAMPA, der Wahlkampfzentrale der SPD im Bundestagswahlkampf 1998, deutlich (von Webel 1999). Mit dieser Professionalisierung geht auch eine Okonomisierung des Wahlkampfes einher. Kampagnen werden weniger personalintensiv, da~r aber immer starker kapitalintensiv. WeBels (2005:5) ermittelte in diesem Zusammenhang, dass 70 Prozent der Direktkandidaten bei der Bundestagswahl 2002 mehr als 15.000 Euro ftir ihren pers~nlichen Wahlkampf im Wahlkreis ausgegeben haben. Mtiller (2002b) zeigt, dass die Wahlkampfausgaben der Parteien zwischen 1998 und 2002 drastisch gestiegen sind.
15Erschwerend fOr die politische Ttitigkeit der Parteien kommthinzu, dass sich nichtjedes Parteimitglied aktiv an der Parteiarbeit beteiligt. KieBling differenziert zwischen drei Typen von Parteimitgliedem: den Inaktiven, den gelegentlich Aktiven und den sich (ehrenamtlich) Engagierenden. KieBlingschatzt, dass gut die H~ilfteder Parteimitglieder dem Typ der Inaktiven zuzurechnen sei. Ein weiteres Viertel sei gelegentlich aktiv, wahrend sich der Anteil der engagierten Parteimitglieder zwischen 10 und 25 Prozent bewegt. (KieBling, 2001:31). Ob allerdings einer dieser drei Typen im Besonderenvom Mitgliederschwundbetroffen ist, ist bislang nicht untersucht worden. 16Plasser schlieBt allerdings auf den Bedeutungsverlust der Parteiorganisationen mittels der Befragung von Politikvermittlungsexperten (Global Political ConsultancySurvey 1998- 2000) und erfasst somit nur eine Perspektive der beteiligten Akteure. Aufgrund von Selbstlegitimationsprozessen k0nnte die Einsch~itzung der steigenden Bedeutungslosigkeitder Parteien durch die Politikvermittlungsexpertendaher tiberhOhtsein.
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Von der Parteien- zur Mediendemokratie
3.2 Veriinderung des medialen Angebots Auf der Seite der Medien zeigt sich die Entwicklung zur Mediendemokratie zungchst durch eine (5) starke Ausweitung des medialen Angebots. So finden sich einerseits auf dem Sektor der herk6mmlichen Massenmedien aufgrund der Kommerzialisierung der Medien eine Vielzahl neuer HOrfunk- und Fernsehsender sowie Printprodukte und andererseits entsteht ein immer gr/Sgeres Intemet-Angebot. Aufgrund der Liberalisiemng des Medienmarktes und der damit verbundenen Zulassung privater H6rfimk- und Fernsehsender kam es in Deutschland im Rundfunkbereich seit den 80er Jahren zu einer enormen Verbreiterung des Angebots. So erh6hte sich die Zahl der H6rfunksender von 12 im Jahr 1980 auf 246 im Jahr 2004. Kennzeichnend far die deutsche Radiolandschaft ist dabei die starke regionale Orientierung der meisten Sender. Im Bereich des Fernsehens kamen zu den 6ffentlich-rechtlichen Programmen mit RTL, SAT.l, Pro7, Vox, RTL2, und Kabell sechs private Vollprogramme hinzu. Im Jahr 2004 lag der Zuschauerzuspmch zu den privaten Programmen bei 55 Prozent (GIN. 2005: 12). Neben den Vollprogrammen etablierten sich Spartenprogramme in den Bereichen Nachrichten (n-tv, n24), Sport (DSF) und Musik (Viva, MTV), die bei speziellen Zielgruppen hohe Einschaltquoten verzeichnen ktinnen. Mit der Einfiihrung und Weiterentwicklung der digitalen Technik ist eine Ausweitung des Angebots im Rundfunkbereich schon zu beobachten (Sch6nenbom 2004:513). Im Gegensatz dazu ist die Zahl der Zeitungen sowie der publizistischen Einheiten in den letzten 40 Jahren zurackgegangen. Konzentrationstendenzen auf dem Zeitungsmarkt waren vor allem bei regionalen Abonnementzeimngen zu verzeichnen. Die Zahl der publizistischen Einheiten sank von 254 im Jahr 1954 auf 136 im Jahr 2001 (Sch0tz 2001: 603). Im Bereich der Zeitschriften l~isst sich eine Fragmentierung des Marktes feststellen. Die Titelzahl hat sich zwischen 1980 und 2003 von 488 auf 1.163 erh6ht, die durchschnittliche Auflagenh6he hingegen ist gesunken (Mediaperspektiven Basisdaten 2003" 54). Der Erfolg des Intemets als Kommunikationsplattform stellt eine weitere Dimension der Ausweitung des medialen Angebots dar. Innerhalb weniger Jahre stiegen in Deutschland die Nutzerzahlen von 4,1 Millionen im Jahr 1997 auf 33,9 Millionen im Jahr 2004 (van Eimeren, Gerhard, Frees 2004:351). Mit der Angebotserweiterung geht eine Fragmentiemng des Publikums einher, die als ,,Zerstreuung der (3ffentlichkeit" (Fohrmann, Orzessek 2001) bezeichnet wird (Leggewie 2002). Bei der Informationssuche fiber das Intemet verlieren die Massenmedien ihre Selektionsfunktion, denn der Nutzer w~ihlt in weit st~irkerem Mage als in den Massenmedien die Inhalte selbst aus, denen er sich zuwenden m~chte, was zu einer Individualisierung der Kommunikation ~hrt (Schulz 2004: 94). Auch (6) Ver~inderungen im politischen Joumalismus werden in Zusammenhang mit Wandlungsprozessen bei der Entwicklung zur Mediendemokratie gestellt. Hierbei sind zwei Linien kennzeichnend: Es ver~indert sich die Art und Weise der Wahlkampfberichterstattung. Ebenso ist eine generelle Ver~indemng bei der Themenauswahl und-pr~isentation zu beobachten, die mit dem Begriff Boulevardisierung beschrieben wird. Die Art und Weise der Berichterstattung tiber Wahlk~impfe charakterisiert Patterson for die USA mit dem Wechsel vom ,governing schema' zum ,game schema', das den ROckgang des Anteils normativ relevanter Informationen for den Bttrger in der Medienberichterstattung beschreibt. W~ihrend beim ,governing schema' die Sachthemen, die Leistungen und L6sungsvorschl~ige der Parteien bei bestimmten Themen im Mittelpunkt der Wahlkampfberichter-
3.2 Vergnderung des medialen Angebots
37
stattung stehen, wird beim ,game schema' viel mehr der Wahlkampf als Wettkampf in den Vordergrund gertickt und auch so dargestellt. Die Kandidaten rticken immer st/~rker in den Fokus der Aufmerksamkeit (Patterson 1993: 56f.). Die zunehmende Bedeutung der ,horce race'- Berichterstattung ist in den USA seit den 70er Jahren zu registrieren, aber auch Deutschland notiert eine weitaus umfassendere Berichterstattung tiber den Wahlkampf und seine Kandidaten (Wilke, Reinemann 2000; Eilders et al. 2003). In diesem Zusammenhang hat sich auch die Berichterstattung tiber Wahlumfragen in Umfang und Inhalt ver/~ndert. Ftir die USA zeigt Patterson (1993) eine deutliche Zunahme der Berichterstattung tiber Wahlumfragen, far die Bundesrepublik ~hrt dies Brettschneider an (Brettschneider 2000). Im Vorfeld der Bundestagswahlen 1998 und 2002 stellten Donsbach und Weisbach beztiglich der Berichterstattung in Deutschland fest, dass in 5 bzw. 6 Prozent aller wahlrelevanten Beitr~ige explizit Aussagen tiber den m6glichen Wahlausgang gemacht wurden (Donsbach 1999b: 154; Donsbach, Weisbach 2005:112). Die zweite generelle Ver/~nderung der Politikberichterstattung wird in der Literatur mit den Schlagworten Boulevardisierung, Tabloidisation oder Infotainment charakterisiert (Sparks 1998; Esser 1999). Alle drei Begriffe beschreiben die Verdr~ingung politischer Themen durch unterhaltende Medieninhalte. So zeigten die Programmstrukturanalysen der 6ffentlich-rechtlichen und der privaten Programme in Deutschland, dass mit Einf~hrung des dualen Systems die politischen Informationssendungen einen geringeren Anteil am Gesamtprogramm einnehmen. Auch for die einzelne Sendung kann die Anpassung an Muster, die aus dem Boulevard bekannt sind, sowohl auf der Ebene der Inhalte als auch auf der Ebene der Darstellung der Inhalte aufgezeigt werden. Inhaltlich zeigt sich, dass die so genannten ,sotI news' die ,hard news' verdr/~ngen. Patterson (2000: 3) stellte Nr die USA fest, dass der Anteil von ,soil news' in der Nachrichtenberichterstattung zwischen 1980 und 1999 von weniger als 35 Prozent auf knapp 50 Prozent gestiegen ist. Kepplinger (1998: 80ff.) spricht far Deutschland vom Bedeutungsgewinn des vorpolitischen Raums in der Berichterstattung: Analysen der Femsehnachrichtensendungen belegen, dass der Anteil der Themen aus dem ,hard news' Bereich in den Nachrichtensendungen der 6ffentlichrechtlichen Sender h6her ist als in denen der privaten Programme (Krtiger 2002: 87). Doch zeigen langfristige Untersuchungen, dass es gerade in den 6ffentlich-rechtlichen Programmen zu einer Verdrgngung der ,hard news' zu Gunsten der ,soft news' kommt. So stellen Bruns und Marcinkowski (1997: 101,295ff.) fest, dass es zwischen 1986 und 1994 zu einem Rtickgang der staats- und regierungsbezogenen Themen bei ARD und ZDF kam. Zum gleichen Ergebnis kommen Donsbach und Btitter (2005: 28) in einer Inhaltsanalyse von Femsehnachrichtensendungen vor den Bundestagswahlen 1983, 1990 und 1998. Politische Informationen werden heute dem Publikum negativer, sensationalistischer, emotionalisierter und personalisierter von den Medien dargeboten als vor 10 oder 20 Jahren. Die Beitr~ige sind zeitlich karzer, die Hintergrundberichterstattung in kleinerem Umfang, auch gehen die M6glichkeiten der Selbstpr~isentation (O-T6ne) der Politiker zurtick und die Nachrichten werden in einem lockereren Sprachstil pr~isentiert (Esser 1999: 293; Brants 1998" 327; Donsbach, Btittner 2005: 28). Eine Reihe empirischer Studien weist fiJr Deutschland diese Entwicklungen nach. So macht Kepplinger (1998" 136ff.) in einer Langzeitinhaltsanalyse deutlich, dass die Politikberichterstattung negativer geworden ist. Auch pr~igt inzwischen ein eher pessimistischer Grundton die Nachrichten. Wilke und Reinemann (2000: 83ff.) k6nnen in ihrer Studie zur Berichterstattung tiber die Kanzlerkandidaten in den vier Wochen vor den Bundestagswahlen zeigen, dass der Anteil der Beitr~ige, in denen die Kandida-
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Von der Parteien- zur Mediendemokratie
ten Erw~aaung finden, steigt. Die geringer werdenden M6glichkeiten zur authentischen Pr~isentation von Politikern in den Femsehnachrichten wird durch (7) die Etablierung politischer Talkshows im Fernsehprogramm als neue Form der Pr~isentation von Politik abgemildert (Tenscher 2002b). Sowohl Femsehsender als auch Politiker profitieren von dieser Entwicklung. Die Fernsehsender verzeichnen bei derartigen Sendungen sehr gute Einschaltquoten. So lag die durchschnittliche Quote der beiden wichtigsten politischen Talkshows ,Sabine Christiansen' und ,Berlin MiRe' im Wahljahr 2002 bei 4,71 bzw. 2,53 Millionen Zuschauern (Darschin, Zubayr 2003: 156). Nachteilig wirkt sich dennoch aus, dass es den Politikem nicht gelingt, mit ihren Auftritten in derartigen Talkshows neue Publikumsschichten zu erschliel3en. Die Nutzeranalysen belegen, dass Talkshows genau wie politische Nachrichtensendungen mehrheitlich vom politisch interessierten Teil der Wahlbev61kerung gesehen werden (Darschin, Zubayr 2002: 217ff; Mt~ller, D.K. 2002: 625). Auf Seiten der Politiker ist eine groBe Bereitschaft zur Beteiligung an politischen Talkshows zu verzeichnen, bieten sie doch im Vergleich zu den Femsehnachrichten die Gelegenheit einer authentischeren Pr~isentation (Tenscher 2003: 63). Die Einblendungen im Bild sowie die OT6ne des jeweiligen Politikers sind l~inger als in den Fernsehnachrichten. Haumer et al. (2005) machten jedoch deutlich, dass die Effekte einer authentischeren Selbstdarstellung der Politiker in den Talksshows durch eine negative optische Kommentierung der Gastgeber oder Diskutanten eingeebnet werden k/Snnen. Somit wird der Effekt der positiveren Selbstpr~isentation aul3erhalb der Fernsehnachrichten nivelliert. Ftir den politischen Diskurs besteht die Gefahr, dass durch die Talkshows private Meinungen einzelner Politiker, Sportler oder sonstiger Prominenter ungerechtfertigter Weise zum Bestandteil des 6ffentlichen Diskurses werden (Sarcinelli 1997: 42). Der tiffentliche Diskurs l~iuft somit dem von Habermas (1962) ffir die bt~rgerliche Gesellschaft aufgezeigten Weg des rationalen Diskurses entgegen.
3.3 Nutzung der Massenmedien und Wirkung politischer Medieninhalte Neben den Ver~indemngen bei den politischen Akteuren und in den Medien finden sich auch Entwicklungen beim Publikum, die charakteristisch ~ r eine Mediendemokratie sind. So hat sich (8) das Fernsehen zum Leitmedium entwickelt. Begriffe wie Televisionierung, Telemediatisierung oder Telekratie sollen diese Entwicklung beschreiben (Radunski 1980; Mtiller, M.G. 2002). Die gestiegene Bedeutung des Fernsehens wird gemessen an den Nutzerzahlen und am Image des Femsehens im Vergleich zu anderen Mediengattungen deutlich. Verschiedene Indikatoren zeigen, dass die Reichweite des Fernsehens gestiegen ist. So lag die Tagesreichweite 1970 bei 72 Prozent, im Jahr 2000 schalteten an einem beliebigen Tag schon 85 Prozent der Deutschen den Femseher ein (Ridder, Engel 2001). Im Vergleich zur Tageszeitungsnutzung, die bei etwa 30 Minuten t~iglich konstant blieb, steigt die Dauer des Femsehkonsums j~ihrlich an. Verbrachten die Deutschen im Jahr 1970 noch durchschnittlich 113 Minuten mit Fernsehen (ebenda), betrug die Nutzung 2004 fast doppelt so viel - genau 210 Minuten (GfK 2005: 2). Die zunehmende Fernsehnutzung geht vor allem zu Lasten der Tageszeitung. Im Jahr 1970 wurden noch 70 Prozent der Bev61kemng durch eine Tageszeitung erreicht, im Jahr 2000 waren es noch 54 Prozent (van Eimeren, Ridder 2001" 544). Diese Dominanz des Fernsehens wird im Intermediavergleich sichtbar. Fernsehen wird von
3.4 Fazit
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den Rezipienten als kompetenter, informativer, anspruchsvoller, kritischer und vor allem als glaubwtirdiger eingesch~itzt (Ridder, Engel 2001:113), was aus der Verbindung von Text und Bild, durch Originalaufnahmen und Vor-Ort-Berichterstattung resultiert. Diese hohe Authentizit~it und Aktualit~it der Berichterstattung wiegt den Rezipienten in der Illusion, mit eigenen Augen dabei gewesen zu sein (Brosius 1998:217f.). Die weltweite Dominanz des Fernsehens als Quelle ffir politische Informationen wird bei Plassers Differenzierung zwischen TV-zentrierten und Tageszeitungszentrierten Informationsstilen deutlich (Plasser 2003: 258ff.). Grundlage dieser Typologie bildet der Anteil der Wahlberechtigten, die regelm~il3ig ihre Informationen aus Tageszeitungen bzw. Fernsehen beziehen. In keinem der untersuchten 28 L~inder ist die Tageszeitung das wichtigste Informationsmittel. Selbst in den L~dem, in denen eine hohe Tageszeitungsnutzung zu verzeichnen ist, nutzt ein gr6f3erer Teil der Befragten das Femsehen zur politischen Information (ebenda). Ftir den Wandel zur Mediendemokratie ist weiterhin kennzeichnend, dass (9) das von den Medien gepr~igte Bild tiber den politischen Prozess sich zunehmend auf die Bev61kerung tibertr~igt. Studien belegen, dass es starke Zusammenh~inge zwischen der medialen Darstellung politischer Akteure und der Rezipientenbeurteilung gibt. So zeigte eine Forschergruppe um Kepplinger, dass in den 70er- und 80er- Jahren ein starker Zusammenhang zwischen der Darstellung des damaligen Bundeskanzlers Kohl und dem Bev61kemngsurteil tiber ihn bestand (Kepplinger et al. 1986). Ahnliche Zusammenh~inge wurden ~ r Schr6der Ende der 90er Jahre (Patzelt 2000) und Merkel im Jahr 2000 (Brettschneider 2001) festgestellt. Dass Medien das Bild tiber die Wirklichkeit pr~igen, konnte dar'dber hinaus nicht nur anhand des Zusammenhangs zwischen der Darstellung und der Wahrnehmung der politischen Akteure gezeigt werden. Empirische Befunde zur pr~igenden Kraft der Medien liegen auch zur Einsch~itzung der Wichtigkeit von Sachthemen (Blood, Philipps 1995; Brettschneider 2000; Brosius, Scheufele 2001; Quiring 2003) sowie zur Wahrnehmung von Risiken (Kepplinger 1994b) vor. Die steigende Anzahl der Befunde zur 13bereinstimmung von Medienrealit~it und wahrgenommener Realit~it des Publikums geht einher mit einer relativen Zunahme des Vertrauens in die Massenmedien. In einer reprasentativen Bev61kerungsbefragung des IfD Allensbach antworteten nur 4 Prozent der Befragten, dass sie darauf vertrauen, dass Politiker die Wahrheit sagen. Hingegen nimmt gut jeder Vierte an, dass dies die Nachrichtensprecher im Femsehen tun (IfD-Archiv 7030/II).
3.4 Fazit
Im klassischen Input-Output-Modell von Easton (1965: 437ff.) hebt sich das politische System yon allen anderen Subsystemen der Gesellschaft, unter denen sich auch das Mediensystem befindet, davon ab, dass allein in ihm allgemein verbindliche Reglungen ffir das Zusammenleben in der Gesellschaft getroffen werden. Dem Mediensystem obliegt die Aufgabe, Ansprtiche der Btirger an die politischen Entscheidungstr~iger weiterzuleiten bzw. getroffene Entscheidungen der Entscheidungstr~iger zu kommunizieren. Die Medien haben demzufolge die Funktion, die Politik zu beobachten und den Btirger in der Demokratie in die Lage zu versetzen, sich auf rationaler Grundlage eine Meinung zu bilden oder sich fiJr eine Partei zu entscheiden (Meyer 2003: 15).
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Von der Parteien- zur Mediendemokratie
Die Bedeumngszunahme der Medien wird dabei durch zwei gegenl~iufige Entwicklungen verursacht. Die Angebotserweiterung der Massenmedien und die zunehmende Nutzung massenmedialer Inhalte flihren zu einer Allgegenw~irtigkeit der Medien in der Gesellschaft (Schulz 2004). Gleichzeitig geht die Breitenwirkung der Parteien zurtick. Parteien sind heute weit weniger als vor 20 Jahren in der Lage, tiber ihre Mitglieder oder ihre Parteimedien in die Bev61kemng zu wirken. Sie sind mittlerweile auf die Kommunikation via Massenmedien angewiesen, um in der Offentlichkeit sichtbar zu agieren. Beide Entwicklungen fiihren dazu, dass sich das politische System und das Mediensystem tiberlagem. So basieren zum Beispiel die drei Modelle, mit denen Hallin und Mancini (2004) die existierenden Mediensysteme vergleichend beschreiben, auf Komponenten aus beiden Systemen" Dabei geht aus dem Mediensystem die Analyse der Mediennutzung und des staatliches Einflusses auf die Medien in die Differenzierung ein, aus dem politischen System die Smakmr des Parteienwettbewerbs und das Verh~ilmis zwischen Legislative und Exekutive (ebenda: 22ff.). Die Machtfrage beider Systeme innerhalb dieses Supersystems l~isst sich mit dem ,,Besitz", der Kontrolle der far die Demokratie so entscheidenden Ressource der Offentlichkeit beantworten. Nur tiber Massenmedien gelingt es, die im politischen System getroffenen Entscheidungen und Normen breitenwirksam zu kommunizieren. Dafar bedienen sich die Massenmedien jedoch nicht der Logik der Parteien, sondern pr~isentieren die Informationen nach ihren eigenen (Okonomischen) Gesetzm~igigkeiten, dem Erzeugen einer mOglichst grogen Aufmerksamkeit. Die wird erreicht, wenn man Informationen ,,unterhaltsam, dramatisierend, personalisiert und mit dem Drang zum Bild" (Meyer 2003: 14) der Bev01kemng prgsentiert. Die Politik wird in die Position des Beobachters dieses Mediensystems gedr~gt, ja es muss sogar dessen Regeln adaptieren, um die Aufmerksamkeitsschwelle zu tiberwinden. Damit ihr dies gelingt, mediatisiert sie sich selbst. Die Parteiendemokratie ist in dieser Beziehung zur Mediendemokratie geworden (ebenda: 15). Jedoch haben die Medien und kOnnen die Medien nicht alle Funktionen der Parteien tibemehmen und somit ein funktionales Aquivalent zu den Parteien darstellen. Zielfindungsfunktion und Rekrutierungsfunktion bleiben in der Hand der Parteien, wobei der Druck der verOffentlichten Meinung einen Einfluss auf die Zieldefinition oder die Politikerauswahl hat (von Alemann, Marschal12002: 22ff.). Besonders betroffen von der enormen Bedeutungszunahme der Massenmedien sind die Kleinparteien. Aufgrund ihrer strukturellen Nachteile gegentiber den Grol3parteien (Kap. 2.3) geraten Kleinparteien gerade im Hinblick auf die Ir die die Medien bei der Selektion und der Prgsentation von Informationen anlegen, gegentiber den Grogparteien in eine ungiinstige Position. Sie besitzen aufgrund ihres geringeren W~ihlerzuspruchs im Vergleich zu den Grol3parteien eine geringere Relevanz fiir die Berichterstattung und haben nur eine dtinne Personaldecke, so dass das Kriterium der Personalisierung nur mit wenigen Politikern m6glich ist (Kranenpohl 1999" 44). Daher gilt es im Folgenden zu hinterfragen, welche Ansprache an die Berichterstattung tiber Kleinparteien gestellt werden ktinnen und inwieweit die Massenmedien mit ihrer Berichterstattung diese Ansprache einhalten.
4 Kleinparteien in der Medienberichterstattung
Parteien kommunizieren mit den W~ihlem auf drei verschiedenen Kommunikationswegen" Sie k6nnen sie pers6nlich und direkt auf Informations- bzw. Wahlkampfveranstaltungen oder an Informationsst~inden ansprechen. Sie k6nnen die W~ihler auch durch Direktwerbung mittels Wahlplakaten, Wahlwerbespots oder Flyem gewinnen, oder die Parteien erreichen den W~ihler tiber die massenmediale Berichterstattung. Mit Abstand von gr6Bter Bedeumng far W~ihler und somit ~ r Parteien ist die Kommunikation mittels Massenmedien. In der Medienberichterstattung l~isst sich die Pr~isenz der Parteien in Informations- und zunehmend in Unterhaltungsformaten feststellen (D6mer, Vogt 2004). Die Informationsformate k6nnen in klassische Formate wie Nachrichtensendungen, politische Magazine und Reportagen sowie in Infotainment-Formate wie Talkshows untergliedert werden. Gerade ftir die eigene Selbstdarstellung bieten die politischen Talkshows im Vergleich zur Nachrichtenberichterstattung den Spitzenpolitikern der Parteien die weitaus gr6Beren M6glichkeiten (Tenscher 2003: 63). In den umgangssprachlich genannten ,,Feierabendparlamenten", den Talkshows, umgehen die Politiker zum groBen Teil die Selektionsentscheidungen der Joumalisten. Der Versuch der Spitzenpolitiker, sich in Unterhaltungsformaten zu etablieren, dient unter anderem dazu, auch weniger an Politik interessierte W~ihler anzusprechen, sich bekannt zu machen oder zur Wahl zu mobilisieren (Hasebrink 2001: 100f.). Auftritte von Schr6der im Vorfeld der Bundestagswahl 1998 in der RTL-Serie ,,Gute Zeiten Schlechte Zeiten" sowie sp~iter als Kanzler in ,,Wetten, dass?" oder der Auftritt von Guido Westerwelle bei ,,Big Brother" wurden in der kommunikationswissenschaftlichen Forschung als Indiz flir diese Unterhaltungsorientierung untersucht. Zwar stellt die Politikvermittlung auBerhalb der Nachrichten- und Magazinformate ein lohnenswertes Untersuchungsobjekt dar (D6mer, Vogt 2004), doch konzentriert sich die Vermittlung politischer Positionen und Themen aufNachrichtensendungen und-magazine, so dass diese im Weiteren den Mittelpunkt der Diskussion bilden.
4.1 Anspriiche an die Berichterstattung
Die Massenmedien sind die wichtigste Informationsquelle der W~ihler tiber Parteien, doch sind sie ~ r die Parteien keine kostenlosen Informationstibermittler. Parteien haben keinen Anspruch auf eine positive Berichterstatmng. Die Botschaften, Themen die die Parteien kommunizieren wollen, werden redaktionell bearbeitet und mtissen sich gegen andere Informationen von politischen, aber auch nicht-politischen Akteuren durchsetzen. Trotzdem sind Parteien den Selektionsentscheidungen der Medien nicht ausgeliefert, da bestimmte Ansprtiche an die Art und Weise der Berichterstattung fiber politische Akteure zu stellen
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Kleinparteien in der Medienberichterstattung
sind. ~7 Diese Ansprtiche ergeben sich vor allem aus der Demokratietheorie und dem positiv gesetzten Recht, das sich ebenfalls auf demokratietheoretische Grundlagen bezieht (Weber 1972). Zu den Rechtsquellen sind dabei das Grundgesetz, die Landesmedien- und Landespressegesetze sowie die Rundfunkstaatsvertr~ige zu z~ihlen. Den genannten Perspektiven der Formulierung von Ansprtichen an die Medieninhalte ist im Gegensatz zur Perspektive der Rezipienten TM oder der Eigenttimer ~9 gemein, dass sie sich am Gemeinwohl, an dem, was ~ r das Funktionieren eines demokratischen Systems notwendig ist, orientieren. Alle so formulierten Ansprtiche orientieren sich folglich bei der Bewertung der Medieninhalte an der E r ~ l l u n g ftir die Gesellschaft relevanter Normen (Schatz, Schulz 1992: 690). 20 Aus demokratietheoretischer Sicht lassen sich die Qualit~itsanforderungen aus der Perspektive der Menschenrechte und aus der Perspektive der Handlungsvorstellungen der Btirger formulieren. Im Zusammenhang mit der Massenkommunikation impliziert der Freiheitsbegriff zum einen die Freiheit von wirtschaftlicher und/oder politischer Beeinflussung der Medieninhalte und zum anderen die Freiheit des Informationszugangs und der Meinungs~iuBerung. Die Btirger haben demzufolge einen Anspruch auf eine wahrhaftige, vielf~iltige und ausgewogene Berichterstattung. Der Gleichheitsanspruch, den McQuail als zweiten Grundwert erw~ihnt, bedeutet, dass allen Meinungen die gleiche Publikationschance zu Teil wird und dass diese Meinungen gleich behandelt werden, was durch eine neutrale, ausgewogene und faire Darstellung gew~ihrleistet ist (McQuail 1992). Auch aus der Perspektive des Handelns der Btirger in der Demokratie lassen sich Ansprtiche an die Berichterstattung ableiten. Downs (1957) geht in seiner t3konomischen Theorie der Demol,xatie vom Idealbild des mtindigen Btirgers in der Demokratie aus, der sich nach Abw~igung aller Informationen zu einem Sachverhalt rational sein Urteil bildet. Da die Medien die Hauptinformationsquelle der Btirger zu vielen Sachverhalten darstellen, muss die Berichterstattung so beschaffen sein, dass der Btirger tiberhaupt in die Lage versetzt wird, zu einem rationalen Urteil zu kommen. Dies bezieht sich sowohl auf die Nachrichtenauswahl als auch auf die Prasentation der selektierten Informationen. Der Btirger hat demzufolge einen Anspruch auf eine objektive, vollst~indige, wahre, sachliche und vielf~iltige Berichterstattung. 21
17 Die Chance der Einklagbarkeit dieser journalistischen Qualitatsansprtiche wird jedoch als gering erachtet (Ladeur 2000:459f.). 18Aus der Perspektive des Rezipienten werden zwei Dimensionen der Qualit~itsanalyse, die der Selektion und die der Art und Weise der Darstellung diskutiert. Die Selektion der Medien wurde dabei zum einen fiber die Veranderung von Auflagenzahlen und Quoten, zum anderen tiber die Befragung des Publikums gemessen. Hinsichtlich der Art und Weise der Darstellung von Informationen definieren Weber und Rager (1994: 7) den Begriff Vermittlungsqualitat. Diese l~sst sich auf zwei Ebenen messen, auf der Ebene der Qualit~t des Gesamtangebots, die sich tiber die Abwechslung von Stilformen und Themen definiert und zum anderen auf der Ebene der Verstandlichkeit der Informationen. 19Das Wirtschaftlichkeitsstreben ~hrt dazu, dass sich die Ansprtiche der Eigent~mer an die Medieninhalte auf die Frage konzentriert, ob sich eine Information gut verkaufen lasst, also zu einer Steigerung der Verkaufszahlen bzw. der Quote fOhrt (Schulze 1993: 237). Die Nachfrage ist entscheidend ftir den wirtschaftlichen Erfolg eines Medienuntemehmens (Heinrich 2001: 108). 20 An diesen MaBstab orientiert sich auch der von Brosius, R6ssler und Schulte zur Hausen (2000) erwahnte professionelle Beobachter, der die Einhaltung des Programmauftrages des Rundfunks ~berwacht. 21 Eine Gegenposition zu dieser Sichtweise nimmt Zaller (2003: 122) ein, der die Ansprtiche, die aus der gemeinwohlorientierten Perspektive formuliert werden, als zu hoch ansieht, weil sie nicht den Rezeptionsgewohnheiten der Btirger entsprechen. Nach Zaller mtissen alleinig die Informationen, die wirklich wichtig sind, die Aufmerksamkeit der Btirger erhalten.
4.1 Anspr~che an die Berichterstattung
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Ft~r die Ableitung dieses Qualit/~tsanspmchs an die Berichterstattung aus dem positiv gesetzten Recht k6nnen verschiedene Quellen herangezogen werden. Die wichtigste ist dabei das Grundgesetz der Bundesrepublik. Der ehemalige Verfassungsrichter Grimm extrahiert aus dem Grundgesetz zwei zentrale gesellschaffiiche Werte: die individuelle Selbstbestimmung und die gleiche Freiheit der BOrger (Grimm 2000: 12f.). Ffir die Anforderungen an die Medieninhalte leitet Donsbach (2004) daraus ab, dass Medien zum einen wie im Grundgesetz gefordert den Schutz der pers6nlichen Ehre gew/~hrleisten (GG, w Abs.2) und zum anderen, dass es die Medienberichterstattung dem Leitbild der individuellen Selbstbestimmung folgend dem Rezipienten ermOglicht, sich ein eigenes unabh/~ngiges Urteil zu bilden. Nur so werden die Medien ihrer gesellschafflichen Funktion gerecht. 22 Des Weiteren leiten sich aus der 6ffentlichen Aufgabe der Medien, die vom Bundesverfassungsgericht im so genannten Spiegel-Urteil hervorgehoben wurde, eine Reihe von Anspr~chen an die Berichterstattung ab. L6ffler und Ricker (2000: 309ff.) sprechen unter dem Oberbegriff der Sorgfalt von der Vollst/~ndigkeit, der Sachlichkeit und der Wahrheit, die Grundlage jedweder Berichterstattung seien. Hinsichtlich der Qualit/~tskriterien for Medieninhalte differenziert Branahl (1997: 173ff.) zwischen Bewertungskriterien for einzelne Beitr/~ge bzw. Sendungen und Bewertungskriterien for ein journalistisches Gesamtangebot. Auf der Seite der Beitragsebene werden die Kriterien Wahrheit~ichtigkeit, Relevanz, Akzeptanz~ermittlung sowie Rficksicht, auf der Seite des gesamten journalistischen Angebots zus/~tzlich das Kriterium Vielfalt explizit erw/~hnt (ebenda: 175, 180). Hagen pr/~gt den Begriff der Informationsqualit/~t. Medien k6nnen die ihnen zugewiesene Aufgabe nur erffillen, wenn die von ihnen angebotenen Informationen ein MindestmaB an Qualit/~t besitzen. Diese Informationsqualit/~t konstituiert sich aus den Teildimensionen Sachlichkeit, Menge, Ausgewogenheit, Vielfalt und Transparenz (Hagen 1995:41 ft.). Schatz und Schulz (1992) leiten aus den Rundfimkstaatsvertr/~gen, einer weiteren Quelle for Anspr~che an die Medieninhalte, die Kriterien Relevanz, Ausgewogenheit und Professionalit/it ~ r die Berichterstattung im Rundfunk ab. Unter Professionalit~it verstehen die Autoren die Erf011ung der Kriterien Vielfalt, Rechtm/~Bigkeit, Richtigkeit und Neutralit~t. 23 Als letzte Quelle von Anspr~chen an die Berichterstattung ist noch der Programmauftrag der 6ffentlich-rechtlichen Sender a n z u ~ e n , in dem eine vielf~ltige, wahrhaffige, objektive und rechtm/~Bige Berichterstattung eingefordert wird (z.B. ZDF-Staatsvertrag w w Diese Aufz/~hlung macht deutlich, dass alle gesellschaffiichen Akteure, unter denen wie gezeigt die Parteien eine herausgehobene Stellung haben, Anspr~che an die Medienberichterstattung auf der Ebene der Nachrichtenauswahl und der Pr/~sentation der Nachrichten stellen k6nnen. Auf der Seite der Nachrichtenauswahl mtissen die Kriterien Ausgewogen22Zentral far die Definition der Funktion der Massenmedien ist dabei das Spiegel-Urteil des BVerfG von 1962. ,,In der repr/isentativen Demokratie steht die Presse zugleich als stfindiges Verbindungs- und Kontrollorgan zwischen dem Volk und seinen gew~hlten Vertretem in Parlament und Regierung. Sic fasst die in der Gesellschaft und ihren Gruppen unaufhOrlichsich neu bildenden Meinungen und Forderungenkritisch zusammen, stellt sic zur ErOrterung und trfigt sic an die politisch handelnden Staatsorgane heran, die auf diese Weise ihre Entscheidungen auch in Einzelfragen der Tagespolitik st~ndig am MaBstab der im Volk tats/ichlich vertretenen Auffassungen messen kOnnen."(BVerfG 20, 1621). z3 Stock argumentiert in diesem Zusammenhang, dass bei der Analyse der Qualitfit im Rundfunk zwischen den privaten und den 6ffentlich-rechtlichen Sendern zu differenzieren sei. Die 6ffentlich-rechtlichen Sender sollten starker vor ihrem Programmauftragbewertet werden (Stock 1992: 684).
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Kleinparteien in der Medienberichterstattung
heit, Relevanz, Richtigkeit, Vielfalt und Aktualit~it erNllt sein, auf der Seite der Pr~isentation der Nachrichten die Kriterien Richtigkeit/Wahrheit, Transparenz und Rechtm~igigkeit.24
4.2 Definition und empirische Umsetzung der Qualitfitsdimensionen Da es das Ziel dieser Arbeit ist, die Berichterstattung tiber Kleinparteien auf deren politisches Handeln zurtickzufiihren, konzentrieren sich im Folgenden die Ausftihrungen nur auf die Dimension der Nachrichtenauswahl. Dabei wird zun~ichst die empirische Umsetzung, die Operationalisierung der erw~ihnten Begriffe wie Vielfalt, Relevanz oder Ausgewogenheit im Mittelpunkt der Betrachtung stehen. Es werden dabei auch Studien herangezogen, in denen es nicht um die Darstellung der Kleinparteien in der Medienberichterstattung ging. In einem weiteren Schritt werden dann die Befunde zur Berichterstattung tiber Kleinparteien anhand der herausgearbeiteten Indikatoren vorgestellt.
4.2.1
Ausgewogenheit
Um die Ausgewogenheit der Medieninhalte zu tiberprtifen, kann auf einer quantitativen und auf einer qualitativen Dimension gearbeitet werden. Die Forderung nach einer quantitativen Ausgewogenheit der Berichterstattung entspringt dem Pluralismusgebot und zielt auf die Bewertung eines Ereignisses, einer Person oder eines Themas in der Medienberichterstattung ab (McQuail 1992: 202). Dabei steht die Auswahl der Fakten und der Standpunkte zum Bewertungsobjekt im Mittelpunkt des Interesses (Ronneberger 1978: 234). Hagen (1995: 120) definiert Ausgewogenheit als gerechtes VerhNtnis zwischen unterschiedlichen Positionen zum Berichterstattungsgegenstand, die von Personen oder Organisationen vertreten werden k0nnen. Als Mal3stab far dieses gerechte Verh~ilmis wurden in der Forschung zum einen politische Mehrheitsverh~ilmisse (Ronneberger 1978:141; McQuail 1992:201) und zum anderen Einstellungen der BevNkemng zum jeweiligen Thema (Rosengren 1979) herangezogen. Auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 14, 121 (136)) betont in seiner Entscheidung zur Vergabe der Sendezeiten ~ r Wahlwerbung im 6ffentlichrechtlichen Rundfunk, dass die unterschiedliche Bedeutung von Parteien durch die Abstufung von Sendezeiten dem Btirger vor Augen ge~hrt und vergegenw~irtigt werden muss (Koch 2002: 97). Diese MaBst~ibe stehen jedoch im Gegensatz zum Pluralismusgebot. Eine Bevorzugung der Argumente der politischen Mehrheitspartei oder der Mehrheit in der Bev61kemng gegentiber den Argumenten der Minderheit untergr~ibt auf der einen Seite den Minderheitenschutz, der ein konstimtives Element einer Demokratie darstellt und auf der anderen Seite die freie Meinungsbildung des Btirgers, da diese durch die unterschiedliche Gewichtung von Positionen in der Medienberichterstattung pr~ijudiziert werden kann (NoelleNeumann 1980) und letztendlich zur Folge hat, dass die vorgefundenen gesellschaftlichen Machtpositionen reproduziert werden (Branahl 1992: 90; Heun 1975: 77). Nun fordem gerade die Kritiker der eingeschr~inkten Chancengleichheit von Positionen in der Medienberichterstattung gleich verteilte Standpunkte zum Bewertungsobjekt. Als weiteren Vorteil einer Gleichbehandlung der Standpunkte von Befiarwortem und Gegnem eines kontr~ir 24 Diese Differenzierung findet sich schon bei Westerstahl 1983.
4.2 Definition und empirische Umsetzung der Qualit~itsdimensionen
45
diskutierten Themas nennt Hagen die Tatsache, dass Akteurskonstellationen und Bev61kerungseinstellungen bei Konfliktthemen im Vorfeld der Berichterstattung nicht erhoben werden mfissten (Hagen 1995:120). Ausgewogenheit l~isst sich sowohl auf der Ebene des einzelnen Beitrages als auch auf der Ebene des gesamtjoumalistischen Angebots eines Mediums oder einer Mediengattung oder zwischen Mediengattungen feststellen (McQuail 1992: 224). S ie wird anhand des Umfangs der Berichterstattung fiber Politiker und Parteien (z.B. Westerstahl 1983:417f; Krfiger, Zapf-Schramm 2002: 617; Donsbach, Jandura 2005b: 73ff.) oder fiber Selektion von Befiirwortem und Gegnem zu einem Thema (Hagen 1992) oder das Ausz~ihlen von Pro- und Kontra-Argumenten (Schtinbach 1977) gemessen. Inwieweit Medien qualitativ ausgewogen berichten, l~isst sich fiber deren Abweichung bei der Nachrichtenauswahl im Vergleich zu anderen Medien zeigen. Auf der Ebene der Themenauswahl, der Akteursauswahl und der Bewertung der Akteure in der Medienberichterstattung wurde bislang ermittelt, ob die Nachrichtenauswahl ausgewogen ist oder nicht (Jandura, GroBmann 2003: 203). Mal3stab einer qualitativ ausgewogenen Medienberichterstattung ist das von Sch6nbach entwickelte Standardmal3 (Sch6nbach 1977), das als empirischer Mittelwert der Berichterstattung der vier Spektrumszeitungen definiert ist. Eine qualitativ ausgewogene Berichterstattung liegt dann vor, wenn die Nachrichtenauswahl eines Mediums auf den genannten Dimensionen nahe dem Standardmal3 ~ r die Nachrichtenauswahl liegt. Von einer qualitativ unausgewogenen, einseitigen Berichterstattung wird gesprochen, wenn diese Werte weit vom StandardmaB entfemt liegen.
4.2.2
Relevanz
Das Qualit~itskriterium der Relevanz von Medieninhalten erfasst, wie bedeutsam die vermittelten Informationen ftlr den Bfirger sind (Branahl 1997:177). Dabei l~isst sich Relevanz in die Dimensionen der berichteten Themen und der berichteten Fakten differenzieren (Westerstahl 1983:416). Er pr~igt fi~ beide Dimensionen die Bezeichnungen der extemen und der internen Relevanz. Hinsichtlich der internen Relevanz wird dabei untersucht, wie umfassend und wie vollst~indig fiber ein Ereignis berichtet wird (Hagen 1995: 73). Eine einseitige Auswahl von Fakten bei der Berichterstattung fiber ein Ereignis hat die einseitige Unterrichtung des Publikums zur Folge und erfallt somit nicht die Anforderungen, die an eine qualitativ hochwertige Berichterstattung gestellt werden (Branahl 1997: 177f.). Die externe Relevanz hingegen, die sich auf die Auswahl von Themen stfitzt, berficksichtigt die Berichterstattung vor dem Hintergrund der Nachrichtenlage. Ffir McQuail ist es daher auch das Kriterium, mit dem die Selektion von Nachrichten bewertet werden kann (McQuail, 1992: 198). Auch Schatz und Schulz (1992: 696) operationalisieren Relevanz fiber die relative Bedeutung eines Themas im Vergleich zu anderen Themen und entlehnen die Selektion bedeutsamer Themen der Nachrichtenwerttheorie. Dabei l~isst sich die Bedeutsamkeit eines Themas aus der Kombination von quantitativen und qualitativen Kriterien ermitteln. Zu den quantitativen Kriterien z~ihlen die Zahl der Betroffenen sowie die Eintrittswahrscheinlichkeit, zu den qualitativen die Wirkungsintensit~it, die Prominenz, die Freiwilligkeit, die N~ihe sowie die Nachhaltigkeit/Irreversibilit~it (ebenda: 696ff.). Sowohl McQuail (1992: 198) als auch Schatz und Schulz (1992: 698f.) betonen, dass sich die Einsch~itzung der Relevanz
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Kleinparteien in der Medienberichterstattung
hinsichtlich der Perspektive, aus der Qualit~it beurteilt wird, unterscheidet. 25 Auch Kepplinger (1998: 96ff.) misst Relevanz als Kombination zwischen der Zahl der Betroffenen sowie der Zentralit~it und Nachhaltigkeit des Themas. Danaber hinaus wurde die exteme Relevanz mittels des Vergleiches mit medienexternen Realit~itsindikatoren festgestellt. Derartige Indikatoren sind das Vorhandensein bestimmter Standpunkte und/oder Argumente zu einem Berichterstattungsgegenstand (Westerstahl 1983:417) und das Vorhandensein von aussagekr~iftigen Statistiken zu bestimmten Themen (Best 2000: 52). Die M6glichkeit derartiger Vergleiche beschr~inkt sich jedoch auf die Berichterstattung tiber Themen und Ereignisse, zu denen Realit~itsindikatoren vorliegen. Kritiker der Vergleiche mit Realit/atsindikatoren betonen folgende Punkte: (1) Es sei nicht m6glich, die Realit~it intersubjektiv verbindlich und medienunabh~ingig darzustellen (Schulz 1989: 29) und (2) Realit~itsindikatoren erfassten nur einen begrenzten Realit~itsausschnitt. 26 Aussagen tiber die Relevanz von Themen und Ereignissen lassen sich auch tiber einen Vergleich der Berichterstattung verschiedener Medien innerhalb (intramedial) und zwischen verschiedenen Mediengattungen (intermedial) aufzeigen. Je mehr Medien ein und dasselbe Thema oder Ereignis aufgreifen, desto hOher ist dessen Relevanz. R6ssler (2002: 173ff.) untersuchte in diesem Zusammenhang die 13bereinstimmung in der tiberregionalen Politikberichterstattung in regionalen und tiberregionalen Tageszeitungen auf der Mikroebene, d.h. auf Ebene der einzelnen Beitr~ige. Kepplinger (1985a) analysierte die Relevanz der H6rfunknachrichten, in dem er die Meldungen mit dem Vorkommen in den vier tiberregionalen Qualit~itszeitungen verglich. Das gleiche Design wandte Spranger (2003) in ihrer Arbeit zur Qualit~it der Berichterstattung des Deutschlandfunks im Vorfeld der Bundestagswahl 2002 an. Der dritte Weg, die exteme Relevanz der Medienberichterstattung zu messen, geht von der Bedeutung der Informationen vor dem Hintergrund einer normativen, rationalen Entscheidungsfindung durch den mtindigen Btirger in der Demokratie aus. Forscher, die diesen Weg der Relevanzbestimmung beschreiten, u_ntersuchen z.B., wie hoch der Anteil der Sachthemen gegentiber den Wahlkampfthemen in der Berichterstattung ist (Patterson 1993; Donsbach 1999b). Sie ermitteln den Anteil wahlrelevanter Informationen an allen Informationen 27 (Krtiger, Zapf-Schramm 2002; Schatz, Immer, Marcinkowski 1989) oder erfassen, wie tiber die Spitzenpolitiker berichtet wird (Wilke, Reinemann 2000; Kepplinger 1999). Indirekt flihren die Ergebnisse dieser Studien, die die wachsende Medialisierung der Wahlkampfberichterstattung aufzeigen, zu dem Schluss, dass die normative Relevanz in der Berichterstattung, also der Anteil der Beitr~ige, auf denen die Wahlentscheidung des mtindigen Btirgers in der Demokratie basiert, sinkt. 28 25Aufgrund der Festlegung der gemeinwohlorientiertenPerspektive als Ausgangspunktder Betrachtung bedarf es keiner Erlauterung der verschiedenen so genannten Attributoren der Relevanz. Schatz und Schulz betonen in ihrem Aufsatz, dass die Relevanzeinsch~itzungauf Rezipientenseite stark differiert und so dem gleichen Thema aus unterschiedlichen Perspektiven ein unterschiedlicher Relevanzgrad zugesprochen wird. Sie unterscheiden zwischen den Attributoren 6ffentliche Meinung, aktive Offentlichkeit, mediale Offentlichkeit, wissenschaftliche Offentlichkeit sowie Film-und Femsehkritik(Schatz, Schulz 1992:696ff.). 26 Als Beispiel hierzu wird haufig die Dunkelziffer bei der Verwendung der Kriminalitatsrate als Indikator ~r Realitat ange~hrt. 27Die Definitionvon wahlrelevanten Informationenerfolgt tiber die normativeWichtigkeit. 28Der Schwachpunkt dieser dritten MOglichkeit, Relevanz zu erfassen, liegt in der Unterstellung eines Wahlverhaltens, das dem Rational Choice Ansatz folgt (Downs 1957).Jedoch sollte der BUrgerzumindest die MOglichkeit haben, sich Oberrelevante Sachthemen in den Medien informierenzu kOnnen.
4.2 Definition und empirische Umsetzung der Qualit~itsdimensionen
4.2.3
47
Richtigkeit/Wahrheit
Hagen differenziert bei der Definition des Qualit~itskriteriums Richtigkeit zwischen den Eigenschaften wahr, genau und richtig. Eine Aussage ist dann wahr, wenn sie mit etwas anderem vergleichbar ist und tibereinstimmt. Genau ist eine Aussage dann, wenn sie nur gering vonder wahren Aussage abweicht. Die Richtigkeit einer Aussage ergibt sich aus der eineindeutigen Kombination der Kriterien: Wenn eine Aussage sowohl wahr als auch genau ist, so gilt sie als richtig (Hagen 1995:110). Die Beurteilung, ob eine Aussage richtig ist, 1/asst sich also nur tiber einen Vergleich mit der Realit/at feststellen. 29 Dieser Vergleich f'mdet auf zwei Dimensionen statt: In der ersten Dimension wird die Richtigkeit mittels medienextemer oder medieninterner Vergleichsmage tiberprtift. Medienextem kann dabei die Berichterstattung mittels des Abgleichs der Ergebnisse von teilnehmenden Beobachtungen (Lang, Lang 1953), mit Expertenmeinungen (Sch6nbach 1977) oder mit statistischen Realit/atsindikatoren (Funkhouser 1973) verglichen werden. Medienintern ist die 13berprtifung der Richtigkeit tiber das Ausschlussverfahren mtiglich. Je mehr Medien in gleicher Art und Weise tiber ein Ereignis berichten, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit des Irmmas (Hagen 1995:110). Dass es jedoch trotz konsonanter Berichterstattung zum Irrmm kommen kann, zeigt u.nter anderem der Fall Sebnitz (Donsbach, Willkommen 2001: 20ff.). Die zweite Dimension der Untersuchung der Richtigkeit der Medienberichterstattung ist eng verkntipft mit der AccuarcyForschung. Hierbei werden die Medieninhalte auf Fehler im orthographischen und grammatikalischen Bereich sowie auf inhaltliche Fehler hin untersucht (Hagen 1995" 11Off.).
4.2.4
Neutralitdit
Die Forderung nach journalistischer Neutralitat bei der Darstellung entspringt ebenfalls dem Wert des Grundgesetzes der individuellen Selbstbestimmung. Der mtindige Btirger in der Demokratie soll sich aufgrund der Kenntnis aller Fakten eine eigene Meinung zum Berichterstattungsgegenstand bilden kOnnen. Eine verzerrte Darstellung ~hrt dazu, dass die Urteilsbildung nicht unabh~ingig, sondern von den Wirkungszielen des jeweiligen Joumalisten und/oder Herausgebers gelenkt erfolgt (Kepplinger 1989). Die Qualit/atsforschung unterscheidet zwischen zwei Dimensionen des Neutralit/atsbegriffs, zwischen der Trennung von Nachricht und Kommentar (Westerstahl 1983: 420; Schtinbach 1977) sowie der Sachlichkeit (McQuail 1992: 233). Im Zusammenhang mit der Trennungsnorm von Nachricht und Kommentar wird darauf verwiesen, dass durch eine explizite oder implizite Vermischung von Fakten und Meinungen (Synchronisation) der Journalist oder das Medium den Neutralit~itsstandpunkt aufgibt und zu Gunsten einer Partei Stellung bezieht (Sch6nbach 1977: 72). Hinsichtlich der Sachlichkeitsdimension gelten Medieninhalte dann als neutral, wenn sie in einer sachlichen und unperstinlichen Sprache verfasst sind (Schatz, Schulz 1992: 704) und die Berichterstatm_ng nicht emotional ist (McQuail 1992: 233). 30
29Dies geht allerdingsnur, wenn man dem realit/~tsbezogenenObjektivitatsbegriffverbundenist (Donsbach 1990) 30Als emotionalisierendeStilmittel in der BerichterstattungwerdenwertendeAdjektive, Adverbien, Komparative und Superlativeverstanden(Hoffmann2001).
48
4.2.5
Kleinparteien in der Medienberichterstattung
Vielfalt
Der Anspruch, die Realit~it in einer pluralistischen Gesellschaft widerzuspiegeln, kann nur tiber eine vielf~iltige Medienberichterstattung geschehen (McQuail 1992: 144). Eine dimensionale Analyse des Vielfaltbegriffs macht deutlich, dass in ihm eine strukturelle und eine inhaltliche Dimension innewohnt (Schatz, Schulz 1992: 693). Die Forschung zur strukturellen Vielfalt geht dabei der Frage nach, woes Vielfalt im Mediensystem bzw. in einem formal eingegrenzten Bereich der Medien, wie der politischen Berichterstattung, geben soil. Innerhalb dieses durch die strukturelle Vielfaltsdef'mition eingegrenzten Bereichs kann die inhaltliche Vielfalt untersucht werden. In der Diskussion um die inhaltliche Vielfalt von Medienprodukten nennt Kepplinger (1995: 47) ~nfDimensionen: die Funktionsvielfalt, die Spartenvielfalt, die Themenvielfalt, die Meinungsvielfalt und die Thematisierungsvielfalt. Hinsichtlich der strukturellen Vielfalt lassen sich Studien anfiihren, die die Vielfalt horizontal untersuchen, indem sie das Angebot mehrerer Programme, eingeschr~inkt auf bestimmte Zeitpunkte, vergleichen (Donsbach, Dupr6 1994). Ziel dieser Studien ist es, die Vielfalt des Angebots zum Beispiel im Femsehen zu einem bestimmten Zeitpunkt zu ermitteln. Ein zweiter Studientyp untersucht die Angebotsvielfalt vertikal, d.h. das Angebot eines Senders wird auf seine Vielfalt hin untersucht. (Brosius, Zubayr 1996; Rossmann, Brandl, Brosius 2002). Brosius und Zubayr definieren in dieser Diskussion den horizontalen Vergleich als externe Vielfalt und den vertikalen Vergleich als interne Vielfalt (Brosius, Zubayr 1996: 187f.) Auf das gesamte Mediensystem bezogen spricht Kepplinger von extemer Vielfalt, wenn das Angebot innerhalb des Mediensystems verglichen wird, und von intemer Vielfalt, wenn einzelne Medien untersucht werden (Kepplinger 1995: 50). Die Analyse der Funktionsvielfalt konzentriert sich auf den Nutzen von Medieninhalten ftir den Rezipienten. In einer Reihe von Studien vor allem zum uses-and-gratificationsAnsatz wurde eine Multifunktionalit~it der Medieninhalte festgestellt. Sie dienen der Information, der Unterhaltung, des sozialen Abgleichs und der sozialen Interaktion (McQuail 1992). Im Vergleich der einzelnen Medien schneidet das Femsehen bei der Multifunktionalit~it besonders gut ab. Es ist das universellste Medium (Katz, Gurevitch, Haas 1973). Ftir die deutsche Bev61kemng stellten Ridder und Engel fest, dass das Fernsehen st~irker als die anderen Medien zur Information, Unterhaltung, Entspannung und aus eskapistischen Motiven genutzt wird (Ridder, Engel 2001: 102-125). Beztiglich der Spartenvielfalt trifft Kepplinger eine grobe Unterscheidung zwischen fiktionalen und nichtfiktionalen Inhalten. Die Abgrenzung erfolgt tiber die Rolle, die die Akteure einnehmen: Verh~ilt sich ein Journalist eher als reiner Berichterstatter, so ist er eher in einer passiven Lage. Somit handelt es sich um nichtfiktionale Inhalte. Werden Berichterstatter stattdessen selbst in der Rolle aktiv und gestalten die Handlung mit, wird von fiktionalen Inhalten gesprochen (Kepplinger 1995: 47). Eine Vielfalt bei der Themenselektion liegt nach Kepplinger dann vor, wenn es eine m6glichst grol3e Bandbreite an Realit~itsausschnitten gibt. Diese sind gekennzeichnet durch eine Berichterstattung aus verschiedenen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens sowie tiber verschiedene Akteure (ebenda: 48). 31 Die Themenvielfalt lasst sich tiber die Anzahl unterschiedlicher Themen und der Anzahl verschiedener Akteure in der Berichterstattung erfassen. Bei der Untersuchung der Meinungsvielfalt werden die verschiedenen Perspektiven auf ein Thema der Berichterstattung in den meinungsbildenden Beitragsformen erfasst. Die 3~Diese Auslegung findet sich auch bei McQuail (1992: 144f.) und Schatz und Schulz (1992: 694)
4.3 Qualit~it der Berichterstattung tiber Kleinparteien
49
Meinungsvielfalt ist dann besonders breit, wenn in Kommentaren und Meinungsbeitr~igen sich die Vielzahl der gesellschaftlichen Positionen widerspiegelt (Kepplinger 1995: 48). Einen ~ihnlichen Weg geht Hagen. Er misst die Vielfalt tiber die Anzahl der hinzugezogenen Quellen (Hagen 1995: 127). Themen- und Meinungsvielfalt lassen sich fi~ einzelne Medien sehr leicht tiber Indizes darstellen, die die Anzahl der berichteten Themen eines jeden Mediums an allen Themen erfassen. Ein h~iufig angewandter Index stellt dabei der Entropie-Index dar (Brosius, Zubayr 1996: 199; Rossmann, Brandl, Brosius 2003: 434f.). Dessen Vorteil ist es, dass die interne Vielfalt eines Senders oder einer Zeitung in einem abstrakten Wert zwischen 0 und 1 abzulesen ist. Der Index stellt den Quotienten aus berichteten Themen und allen m6glichen zu berichtenden Themen dar (Schulz 1996: 49). Die Abstraktion wirkt sich jedoch auch nachteilig aus, da die Anteile eines jeden Themas an der Berichterstattung nicht darin eingehen, sondem nur nach der Dichotomie berichtet bzw. nicht berichtet geschaut wird. Diesen Nachteil f'~ingt Kepplingers Thematisierungsvielfalt auf, die den Anteil der Berichterstattung tiber Themen und Akteure erfasst und in diesem S inne Aussagen tiber die journalistische Gewichtung dieser Medieninhalte treffen kann. Kepplinger argumentiert, dass gerade diese Thematisierungsvielfalt im Hinblick auf die umfassende Information der Btirger die wichtigste Vielfaltsdimension ist. Die Extremauspr~igungen ~ r die Thematisierungsvielfalt liegen dabei zwischen der Nicht-Thematisierung und der tiberzeichneten Thematisierung (Kepplinger 1995" 48). Ahnlich wie bei der Erfassung der Relevanz der Berichterstattung finden sich in der Literatur drei Wege zur Erfassung der Thematisierungsvielfalt. Als Realit~itsindikatoren k6nnen medienexterne MafAe (Statistiken), medieninteme Mal3e (Intra- und Intermedia-Vergleiche) sowie auf der normativen Ebene der Demokratietheorie begrtindete Mal3e (Pluralismus) herangezogen werden.
4.3 Qualitiit der Berichterstattung iiber Kieinparteien Die eben gemachten Ausfiahmngen zeigen, dass es eine sehr facettenreiche Forschung zu den Ansprtichen gibt, die die Parteien an die Medienberichterstattung anlegen ktinnen. Des Weiteren wurden eine Reihe von Definitionen und Operationalisierungsm6glichkeiten zu jedem Kriterium vorgestellt, die far die Beantwortung der Frage, ob die Medien den Ansprtichen, die an ihre Berichterstattung gestellt werden, gerecht werden. Mit Hilfe dieser Systematisierung werden nun die Studien, in denen die Berichterstattung tiber FDP bzw. Btindnis 90/Die Grtinen thematisiert wurde, auf Aussagen tiber die Qualit~it der Berichterstattung tiber beide Kleinparteien hin tiberprtift. Ein erster 0berblick tiber diese Studien macht deutlich, dass vor allem Befunde zu den Kriterien Relevanz, Vielfalt und Ausgewogenheit der Berichterstattung vorliegen. Die Kriterien Neutralit~it und Richtigkeit/Wahrheit wurden hingegen weit weniger untersucht.
4. 3.1
Relevanz
Aussagen tiber die Relevanz der Berichterstattung tiber Kleinparteien finden sich auf der Ebene des Mediensystems (Makro-Level) und zu einzelnen Medien (Meso-Level). Generell
50
Kleinparteien in der Medienberichterstattung
lassen sich folgende Aussagen hinsichtlich der Relevanz der Berichterstattung fiber FDP und Btindnis 90/Die Grfinen treffen: 1. 2.
Der Anteil der Berichterstattung fiber die Kleinparteien im Vergleich zu der gesamten Politikberichterstattung und der parteipolitischen Berichterstattung ist gering. Der Anteil der Berichterstattung fiber kleine Koalitionsparteien ist ht~her als der tiber kleine Oppositionsparteien.
In ihrer Studie zur Berichterstattung fiber die Grtinen im Bundestagswahlkampf 1980 stellte Roemheld (1982) fest, dass es gegenfiber den Grfinen, die zu jener Zeit noch nicht im Bundestag vertreten waren, eine Medienblockade gab. Diese ~iuf3erte sich auf der Relevanzdimension in einer geringen Berichterstattungsintensitat. Dieser Befund wird durch die ARD/ZDF-Studie zum Wahljahr 1980 best~itigt. Die Grttnen kamen in der Berichterstattung im Vorfeld der Bundestagswahl kaum vor (Bug et. al 1984: 85, 90). Des Weiteren zeigt eine Langzeitanalyse der Berichterstattung fiber die Grfinen in zwei typischen regionalen Abonnementzeitungen 32 zwischen dem erstmaligen Einzug der Partei in den Bundestag 1983 und 1989, dass fiber die Partei w~ihrend des gesamten Untersuchungszeitraums konstant in sehr geringem Umfang berichtet win'de (Knoche et. al 1992: 133). Weitere Befunde zu einer geringen Berichterstattungsintensit~it fiber die Grfinen finden sich in Studien, die die Berichterstattung in Bundestagswahlk~impfen untersuchten. So analysierten eben erw~ihnte Autoren die Femsehberichterstattung im Vorfeld der Bundestagswahl 1987. Zu diesem Zeitpunkt waren die Grfinen bereits im Bundestag vertreten. Es zeigt sich, dass auch in der Wahlkampfberichterstattung fiber die Grfinen nur sehr selten berichtet wurde. So kamen die Politiker der Partei nur in 1,5 Prozent der Beitr~ige der Nachrichten- und Magazinsendungen von ARD, ZDF, RTL und Sat. 1 zwischen November 1986 und Januar 1987 zu Wort, in fthnf Prozent der wahlrelevanten Beitr~ige wurde die Partei zumindest angesprochen (Knoche, Lindgens 1988: 584f.) Diese Ergebnisse werden vonder Studie von Mathes und Freisens (1990: 564) best~itigt. Die Grfinen spielten im Vorfeld der Bundestagswahl 1987 in der Wahlkommunikation im Fernsehen keine Rolle. 12rber die FDP wurde in den untersuchten Femsehnachrichtensendungen hingegen deutlich h~iufiger berichtet. Auch in der Studie von Kranenpohl, der aktive und ehemalige Parlamentarier der Kleinparteien unter anderem zur massenmedialen Berichterstattung befragte, wird die geringe Berichterstattungsintensit~it von den Parlamentariem der Grfinen, die schon zu dieser Zeit aktiv waren, beklagt (Kranenpohl 1999: 257f.). Eine Reihe weiterer Ergebnisse zu der Berichterstattung tiber FDP und Btindnis 90/Die Grfinen wurde seit 1994 im Medien Tenor vertiffentlicht. So weist Schatz (1999: 8f.) far die Berichterstattung fiber Btindnis 90/Die Grfinen vor der Bundestagswahl 1998 ~ r den Of. fentlich-rechtlichen Rundfunk lediglich einen Anteil von ~ n f Prozent an der gesamten parteipolitischen Berichterstattung aus. ,~mliche Befunde konnten far die FDP festgestellt werden. In der Berichterstattung der wichtigsten deutschen Nachrichtenmedien im Jahr 2000 betrug der Anteil der Berichterstattung fiber die FDP an der parteipolitischen Berichterstattung nur sieben Prozent (Rettich 2000: 4), im Jahr 2001 konnte ein Anteil von 11,3 Prozent registriert werden (Rettich 200 l a: 10). Fiar die Berichterstattung fiber die FDP in 32 Untersucht wurden die Allgemeine Zeitung Mainz und die Badische Zeitung FreiburgDie Autoren gehen davon aus, dass es sich bei den Untersuchungseinheiten um typische Zeitungen handelt. Dies verifizierten sie mit reprasentativen Zeitungsstichproben. 33 Die Ergebnisse spiegeln jedoch keineswegs den Proporz der Parteien wieder.
4.3 Qualit~it der Berichterstattung fiber Kleinparteien
51
den wichtigsten deutschen Nachrichtenmedien im ersten Viertel des Wahljahres 2002 wird ein Anteil von 5,6 Prozent an der parteipolitischen Berichterstattung festgestellt (Schatz 2002). In ihrer Analyse der Berichterstattung in den letzten sechs Wochen vor der Bundestagswahl 2002 berichten KrUger und Zapf-Schramm, dass fber die Kleinparteien gem~g der Regeln des Proporzes im geringeren Mage berichtet wurde als fber die beiden GroBparteien. W~hrend die SPD und die Unionsparteien in 32 Prozent bzw. 31 Prozent der wahlrelevanten Beitr~ge vorkamen, betrugen die Anteile ~ r die FDP 14 Prozent und far Bfindnis 90/Die Gr~nen 12 Prozent. 33 Ein ~hnliches Bild zeigt sich bei der Analyse der O-T0ne in der Berichterstattung. Die beiden Kanzlerkandidaten der GroBparteien SchrOder und Stoiber kamen mit 280 bzw. 266 O-TOnen im Untersuchungszeitraum zu Wort. Ffr die Spitzen der Kleinparteien Westerwelle und Fischer vmrden 115 bzw. 82 O-T0ne gez~hlt. Die Themen der Berichterstattung wurden nicht ausgewertet (Krfiger, Zapf-Schramm 2002:617ff.). Eilders et al. (2003: 89) stellen bei der Analyse der Berichterstattung in den vier fiberregionalen Qualit~tszeimngen sowie der BILD in den letzten drei Wochen vor der Bundestagswahl 2002 fest, dass sich bei B0ndnis 90/Die Grfinen keine ,,Zugangsschwierigkeiten zur Medienagenda" zeigen. Allerdings f'mden sich auf der Meso-Ebene groge Unterschiede. So wurde fiber die Partei in der taz in 10 Prozent, in der WELT aber nur in 5,4 Prozent, in der BILD gar nur in 3,7 Prozent 34 aller wahlrelevanten Beitr~ge berichtet. Hingegen konnten far die FDP bis auf eine geringere Beachtumg durch die taz keine gravierenden Unterschiede in der Pr~senz in den einzelnen Medien festgestellt werden (ebenda: 90). Daneben finden sich Befunde zur Darstellung von FDP und Bfndnis 90/Die Grfinen auf lokaler und regionaler Ebene. Hier wird die weit geringere mediale Pr~senz der Kleinparteien damit begr~ndet, dass sie nicht fl~chendeckend in den kommunalen VertretungskOrperschat~en, und in allen Landesparlamenten vertreten sind (Habicht 1987; Plasser 1988; Donsbach, Jandura 2003a). Nicht nt~ die Kleinparteien selbst, sondern auch deren Spitzenpolitiker und Direktkandidaten werden in den Medien in weit geringerem Umfang dargestellt. Ft~r die Berichterstattung im Vorfeld der Bundestagswahl 1990 stellten Schrott und Meffert (1994:317) fest, dass die Akteure der Kleinparteien weit seltener in den Medien vorkommen als die Politiker der GroBparteien. Die H~lfte der Stellungnahmen von Politikern ging dabei auf Unionspolitiker zur~ck, gut ein Drittel auf SPD-Politiker, w~.hrend der Anteil der Stellungnahmen von FDP-Politikern je nach Sender zwischen 7 und 14 Prozent und bei den Gr~nen zwischen 10 und 14 Prozent lag. Diese Ungleichbehandlung der Politiker der Grog- und Kleinparteien trat auch in der Analyse der Kommentare in den fberregionalen Tageszeitungen zwischen 1994 und 1998 zu Yage. Pfetsch (2004: 87) konnte zeigen, dass von allen genannten Parteiakteuren in den Kommentaren 13,9 Prozent der FDP und 10,3 Prozent den Bfndnisgr~en zuzuordnen waren, w~hrend dieser Anteil far die Unionsparteien bei 25 Prozent und ~ die SPD bei 35,8 Prozent lag. F ~ die Analyse der Berichterstattung fiber die Direktkandidaten fragte Staab (1986: 309) insgesamt 307 Direktkandidaten aus 25 Wahlkreisen, die bei den Bundestagswahlen 1969 bis 1983 antraten, nach ihrer Beurteilung der Wahlkampfberichterstattung. Dabei sch~tzten die Kandidaten der zu dieser Zeit etablierten politischen Parteien die Presseberichterstattung fiber sie weit umfassender ein als die Kandidaten der kleinen Parteien. Gleichzeitig r~umt Staab ein, dass die Befunde aus der retrospektiven Selbsteinsch~tzung 34
Die Anteile for die anderen untersuchten Zeitungen lagen eng beieinander: SZ 7,4 Prozent, FAZ 7,8 Prozent.
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Kleinparteien in der Medienberichterstattung
der Direktkandidaten stammen, was zu einer Verzerrung der Ergebnisse ftihren kann (ebenda: 310). Ahnlich geht G~irtner (1986) vor, der 282 der 502 Direktkandidaten zur hessischen Landtagswahl unter anderem nach deren Einsch~itzung der Berichterstattung im Vorfeld der Wahl befragte. Die Kandidaten der groBen etablierten Parteien ~iuBerten sich positiver fiber ihre mediale Pr~isentation als die Kandidaten der FDP und vor allem der Grtinen (ebenda). Dass die Kandidaten der Kleinparteien tats~ichlich im geringeren Umfang in den Medien berticksichtigt werden, zeigt eine Inhaltsanalyse, die im Vorfeld der Bundestagswahl 2002 durchgeftihrt wurde. Algasinger und Jandura (2003:113f.) untersuchten in Nnf Wahlkreisen die Berichterstattung tiber die Direktkandidaten der im Bundestag in der 14. Legislaturperiode vertretenen Parteien. Hinsichtlich der Publikationsh~iufigkeit konnte festgestellt werden, dass die Kandidaten von FDP und Btindnis 90/Die Grtinen ein weit geringeres mediales Echo fanden als die Kandidaten von SPD und CDU. Dass Relevanzunterschiede zwischen GroB- und Kleinparteien in der Berichterstattung nicht auf ein unterschiedliches Interesse der Joumalisten zurtickgehen, konnten Kepplinger und Fritsch zeigen. Eine Befragung der Abgeordneten des achten Bundestags nach ihrem Kontakt mit Journalisten ergab, dass es keine Begi~stigungen der Politiker der Fraktionen der Unionsparteien und der SPD gegentiber den Politikern der damaligen kleinen Koalitionspartei FDP durch die Joumalisten gab. Die Autoren schlieBen daraus, dass eine Benachteiligung einer Partei in der Medienberichterstattung nur auf die politischen Pr~iferenzen der Journalisten bei der Nachrichtenauswahl zurtickzu~hren sei (Kepplinger, Fritzsch 1981). Zu einem ~ihnlichen Befund kamen Herzog et al. (1993) bei der Befragung der Abgeordneten des elften Bundestags 1988/89. Die Abgeordneten nehmen demnach den Kontakt zu den Medien intensiv wahr und ferner sei keine geringere Kontakth~iufigkeit zwischen den Medienvertretem und den Politikem der kleinen und groBen Oppositionsparteien (SPD und Grtine) im Vergleich zu den Koalitionsparteien festzustellen gewesen (Herzog et al. 1993: 30f.). Kontrovers ist jedoch die Interpretation dieser Befunde. Auf der einen Seite argumentiert Kepplinger, dass die Zugangschancen for Minderheiten in den Medien sehr gtinstig sind. Neue und extreme Positionen besitzen ~ r die Joumalisten einen hohen Nachrichtenwert, was eine nicht realit~itsgerechte Bevorzugung von Minderheiten in den Medien zur Folge hat (Kepplinger 1989: 70). Auf der anderen Seite unterstellt Roemheld den Massenmedien, dass sie durch eine Minorisierungsstrategie gegentiber kleinen Oppositionsparteien die etablierten Parteien stabilisieren, sie untersttitzend wirken, um den Status quo im Parteiensystem zu erhalten und somit die Offenheit des politischen Prozesses gef~ihrden (Roemheld 1982: 140). Kritisch an den vorliegenden Ergebnissen ist anzumerken, dass bei der Beschreibung des relativen Anteils der Berichterstattung tiber FDP bzw. Btindnis 90/Die GrOnen an der gesamten parteipolitischen Berichterstattung zwar der Grundtenor vorherrscht, dass der jeweilige Anteil als gering einzusch~itzen sei, jedoch kein MaB von den Autoren genannt oder def'miert wird 35, das t~r einen angemessenen Anteil an der parteipolitischen Berichterstattung stehen kOnnte. Auch die Intermedia- und Intramedia-Vergleiche, die aufzeigen, dass Kleinparteien eine unterschiedliche Berficksichtigung in der Medienberichterstattung finden, sind nicht dazu geeignet, ein RichtmaB der Pr~isenz der Kleinparteien in den Medien 35 K~ger und Zapf-Schramm (2002) verweisen darauf, dass die Berichterstattung den Regeln des Proporzes folgte. Bei der Darstellung der Ergebnisse wird jedoch nur gezeigt, dass die mediale Prasenz der FDP und von Btindnis 90/Die GrOnen in der Berichterstattung fiber den Bundestagswahlkampf 2002 geringer war.
4.3 Qualit~it der Berichterstattung fiber Kleinparteien
53
festzulegen, da die M6glichkeit besteht, dass innerhalb des Mediensystems die Bedeutung eines politischen Akteurs fiber- oder untersch~itzt wird (Best 2000: 51). Nur anhand der Analyse des Stellenwertes der Kleinparteien im politischen System fiber exteme, von der Berichterstattung unabh~ingige Indikatoren kann zu einem RichtmaB gefunden werden, das an die Medienberichterstattung fiber Kleinparteien anzulegen ist. Die Bedeutung der Kleinpal~eien kann hierbei aus drei Perspektiven analysiert werden: (1) dem W~ihlerzuspmch bei Wahlen zu den entsprechenden Vertrettmgsktirperschaft, (2) der Ressourcenzuteilung der Parteien untereinander und (3) der Rechtsprechung zur politischen Chancengleichheit der Parteien.
4.3.2
Inhaltliche Vielfalt
Bezfiglich der inhaltlichen Vielfalt der Berichterstattung fiber Kleinparteien wurde insbesondere die Themenvielfalt von einer Reihe von Autoren untersucht. Die Befunde lassen sich wie folgt zusammenfassen: [] []
13berKleinparteien wird nur in geringem Umfang im Zusammenhang mit Sachthemen berichtet. Innerparteiliche Diskussionen stehen im Mittelpunkt der Berichterstattung. Wenn fiber Sachthemen berichtet wird, dominieren wenige Themenkomplexe die Berichterstattung.
In einer frahen Studie zu den Grfinen stellte Roemheld (1983: 203f.) fest, dass die Partei inhaltlich sehr einseitig dargestellt wird. Parteiinteme Auseinandersetzungen dominierten die Berichterstattung. Regiemngsf~ihigkeit und politische Kompetenz wurde den Grfinen auch nach deren Einzug in den Bundestag abgesprochen. Die Studie von Knoche und Lindgens (1990) zur Berichterstattung fiber die Gganen zwischen dem erstmaligen Einzug der Partei in den Bundestag 1983 und 1989 zeigte, dass fiberdurchschnittlich h~iufig die parteiinternen Konflikte zwischen den ,,Fundamentalisten" und den ,,Realos" zum Gegenstand der Berichterstattung gemacht wurden. Die Berichterstattung fiber Sachthemen stand dahinter zurfick. Wenn fiber Sachthemen im Zusammenhang mit den Granen berichtet wurde, reduzierte sich die Darstellung der Partei auf die Themen Umwelt, Atomenergie und Datenschutz, sp~iter wurde dieser Themenkatalog um die Themen Minderheitenrechte und Frauen erweitert (Knoche 1999: 187ff.). Weiterhin konnte festgestellt werden, dass die Berichterstattung fiber die Grfinen im Untersuchungszeitraum hinsichtlich der eingegrenzten Schwerpunktsetzung konstant blieb (Knoche et al. 1992: 133). Knoche zeigte far die Berichterstattung im Vorfeld der Wahl 1987, dass nur in 8,1 Prozent der Beitr~ige, die zu den Grfinen publiziert wurden, die programmatischen Schwerpunkte der Partei erw~ihnt wurden (Knoche 1999:189). Pfetsch (2004: 86f.) kann in der Analyse der Kommentare zeigen, dass die Grfinen und die FDP in den Kommentaren zwischen 1994 und 1998 in den vier fiberregionalen Tageszeitungen fiberdurchschnittlich fiber ,politics'-Themen, also fiber die Verfasstheit der Partei, fiber Wahlprogramme und-strategien oder politisches Spitzenpersonal in die Berichterstattung kamen. Der Anteil der Gr0nenpolitiker bei der Berichterstattung fiber Sachfragen lag bei 8,2 Prozent, der bei ,politics'-Themen bei 11,2 Prozent. Ffir die FDP wurden Anteile von 12,4 Prozent (,policy') und 14,7 Prozent (,politics') festgestellt. Friedrichsen (1996:
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Kleinparteien in der Medienberichterstattung
60) zeigte in seiner Inhaltsanalyse der Medienberichterstattung von t~berregionalen Tageszeitungen und Fernsehnachrichten im Wahljahr 1994, dass aber die FDP nux bei den Themen Wirtschatt, Augenpolitik und Auslgnderfeindlichkeit t~berdurchschnittlich berichtet wurde, gleichzeitig jedoch die innerparteiliche Kontroverse verstgrkt im Mittelpunkt der Berichterstattung stand. Auch die Forschungsberichte des Medien Tenors, die in den Jahren 1996 bis 2003 ver6ffentlicht wurden, zeigen, dass die Berichterstattung aber die Kleinparteien sehr stark von ,politics'-Themen geprggt war. So verglich Rettich (1998b: 3)die Berichterstattung tiber die FDP nach dem Dreik6nigstreffen im Jahr 1998 und dem Karlsruher Parteitag 1994 miteinander und stellte fest, dass die sachthemenbezogenen Standpunkte der Partei nur eine untergeordnete Rolle spielten. Nur drei von zehn Aussagen fiber die FDP nach diesen zentralen Ereignissen waren sachpolitischer Natur. Weiterhin zeigte er fiir die Berichterstattung im Vorfeld der Bundestagswahlen 1998 (Rettich 1998a: 3), dass in der Berichterstattung t~ber die FDP kaum Sachthemen vorkamen und die Medien somit keinen Impuls far Leihstimmen durch eine breite sachthemenorientierte Berichterstattung gaben. Es dominierte die Einsch~tzung, dass es sich bei der FDP um eine uneinige Partei handle. Gleiches Ergebnis erbrachte die Auswertung der Berichterstattung im ersten Viertel des Jahres 2001. Sachpolitische Aussagen der FDP machten nur noch 18 Prozent der Berichterstattung fiber die Partei aus. Beim Parteivorsitzenden Westerwelle betrug dieser Anteil gar nur sieben Prozent (Rettich 2001a: 10f.). Die Auswertung der Berichterstattung fiber die FDP im Jahr 2001 macht auch deutlich, dass die Berichterstattung stark von ,politics'-Themen geprggt war. So dominierten die Themen Wahlprognosen, Lage der Partei und Personalentscheidungen das Medienbild der FDP zwischen Januar und September 2001. Nur 28 Prozent der codierten Aussagen t~ber die FDP hatten in dieser Zeit einen sachpolitischen Bezug. Damit lag der Sachthemenanteil in der Berichterstattung t~ber die FDP ~ihnlich hoch wie in der t~ber die PDS, der Partei die seit Beginn der Analysen des Media Tenors am wenigsten mit policy Themen in Verbindung gebracht wurde. Ft~r die beiden groBen Parteien Union und SPD hingegen konnten im Nichtwahljahr 2001 Anteile von t~ber 40 Prozent, for die G~nen von fast 50 Prozent sachpolitischer AuBerungen in den wichtigsten deutschen Nachrichtenmedien verzeichnet werden (Rettich 2001 c: 10). Jedoch fanden sich intermedigre Unterschiede bei der Darstellung der Partei. So berichtete die FAZ am aus~hrlichsten t~ber die Sachthemen der FDP (Rettich 2001b: 1). Zu einem ~mlichen Ergebnis gelangte Schatz (Schatz 2002), der far die Berichterstatmng fiber die FDP in den ersten drei Monaten des Jahres 2002 einerseits einen Sachthemenanteil von 40 Prozent auswies und andererseits aus der Konzentration auf wenige Sachthemen schloss, dass die Themenstruktur der Berichterstattung fiber die FDP wenig Fachkompetenz signalisierte. Die Analyse der Berichterstattung im Umfeld der Parteitage von CDU, SPD, FDP und Bt~ndnis 90/Die Granen im Vorfeld der Bundestagswahl 2002 macht deutlich, dass diese Programmparteitage zu keiner sachpolitischen Auseinandersetzung t~ber die Konzepte der Parteien in den Medien gefahrt haben. Insbesondere traf dies far die FDP zu, bei dernur jede ffinfte Aussage mit einem sachpolitischen Thema verbunden war (Rettich 2002c: 10f.). Inhaltlich war die FDP als Oppositionspartei kaum wahrnehmbar (Rettich 2003b" 12f.). Die Daten des Media Tenors zeigten weiterhin, dass es BOndnis 90/Die Grttnen in der Rolle der kleinen Regierungspartei nicht gelang, mit Sachthemen in die Berichterstattung der wichtigsten deutschen Nachrichtenmedien zu gelangen. Einzig mit dem Thema IrakKonflikt waren die Granen in der Berichterstattung prgsent. Als Konstante in der Berichter-
4.3 Qualitgt der Berichterstattung t~ber Kleinparteien
55
stattung t~ber die GrO~nen fand sich die starke Pr~senz von Joschka Fischer (Rettich 2003a: 10f.). Eilders et al. (2003: 96) stellten bei der Analyse der Berichterstattung in den vier t~berregionalen Qualit/~tszeitungen sowie der BILD in den letzten drei Wochen vor der Bundestagswahl 2002 fest, dass die Berichterstattung t~ber die G14Jnen keineswegs den bekannten Mustem folgte. Gut zwei Drittel der Beitrgge waren von Sachthemen, nur ein Drittel von ,politics'-Themen gepr/~gt. Vor allem in den Zusammenhang mit den Themen Augenpolitik und Infrastruktur, Umwelt und Energie wurden die Granen dabei gestellt. Hingegen wurden in der FDP-Berichterstattung zu 70 Prozent Wahlkampfthemen angesprochen. Dies ist mit dem neuerlichen Angriff M611emanns auf Scharon und Friedmann 36 zu erklgren, der in den Untersuchungszeitraum fgllt. Die These, dass die Kleinparteien auf der Ebene der Sachthemenberichterstattung aberwiegend im Zusammenhang mit einem Sachthema dargestellt werden, findet ihre Begrtindung in folgenden Forschungsberichten: Schon 1996 stellte Rettich (1996a: 4f.) fest, dass die Berichterstattung tiber die FDP von den Themen Wirtschatts- und Finanzpolitik dominiert wurde. Diskussionen t~ber andere Themen in den Medien wurden ohne die FDP ge~hrt. Ein ~hnlicher Befund konnte ~ r die Berichterstattung t~ber Bt~ndnis 90/Die Granen im Jahr 1996 festgestellt werden. Knapp die H~lfte (45 Prozent) aller sachpolitischen Aussagen der Partei betrafen den Themenkomplex Umwelt~nergie/Verkehr. An zweiter Stelle dieser Rangfolge folgte die Aul3enpolitik mit einem Anteil von 22 Prozent. Die zentralen Themen des Jahres 1996 Wirtschaft und Soziales wurden quasi ohne Be~cksichtigung der Positionen von Bt~ndnis 90/Die Granen in den Medien diskutiert (Rettich 1996b: 1). In der bereits erwghnten Analyse der Kommentare t~berregionaler Tageszeitungen fiel ~ r FDP und Glqine im Vergleich zu den Grogparteien eine weit geringere Thematisierungsvielfalt auf. So wurde im Zusammenhang mit der FDP aberdurchschnittlich fiber die Themen Deutsche Einheit, Steuem und Bildung und welt unterdurchschnittlich t~ber die Themen Umwelt, Energie, Arbeitslosigkeit und Ltihne berichtet. Das thematische Spektrum in der Kommentierung der G~nen ist noch enger. Mit Anteilen von 29,3 Prozent und 23,3 Prozent stellen die Themen Umwelt und Energie die zentralen Berichterstatmngsgegenst~inde t~ber die Partei dar. Hinsichtlich der Themen Steuem, L6hne und Deutsche Einheit wurden die Bt~ndnisgrthnen in Kommentaren kaum erwghnt (Pfetsch 2004: 92f.). Dass diese geringe thematische Vielfalt nicht auf das Wirken der Kleinparteien selbst, sondem auf die Nachrichtenauswahl aber sie zurfickzu~hren sei, sollte anhand von InputOutput Studien gezeigt werden. So verglichen Knoche und Lindgens (1990) in ihrer Studie zur Bundestagswahl 1987 das Informationsangebot der G~nen, das sie mittels einer Inhaltsanalyse des Wahlprogramms und der Wahlkampfzeitung Extrablatt erfassten, mit dem Agenturmaterial t~ber die Granen und der Berichterstattung t~ber die Granen in 65 Tageszeitungen. Das Ergebnis dieser dreismfigen Input-Output-Studie zeigte eine systematische Abnahme der Bedeutung thematischer Schwerpunkte im Wahlkampf der G~nen von den Selbstdarstellungen der Partei t~ber die Agenturebene hin zur Medienberichterstattung. So betrug der Anteil dieser in den untersuchten Selbstdarstellungen 39,5 Prozent, auf der Ebene des Agenturmaterials 18,8 Prozent und in der Presseberichterstattung nur noch 8,1 Prozent an allen Beitrggen fiber die Partei. Die Medienberichterstattung konzentrierte sich auf die ,politics'-Themen (Parteien, Wahlkampf~hmng und Kandidaten) ohne einen inhaltlichen Bezug auf das Wahlprogramm der Gn?nen zu nehmen (Knoche 1999:189). 36 M011emann liel3 in Nordrhein-Westfalen kurz vor der Wahl Flugbl~itter verteilen, in denen er seine Anschuldigungen gegentiber Scharon und Friedrnann vom Mai wieder aufgriff.
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Kleinparteien in der Medienberichterstattung
Ft~ die gleiche Bundestagswahl zeigten Mathes und Rudolph auf, dass die Rangordnungen aller Themen der Parteien, die sie durch eine Inhaltsanalyse der Wahlkampfzeitungen feststellten, mit den Themenagenden der Nachrichtensendungen im 6ffentlich-rechtlichen Rundfunk hoch korrelierten. Ftir die Nachrichtensendungen der privaten Kan~ile RTL und Sat. 1 wurde kein Zusammenhang ersichtlich. AuBerdem konnten die Autoren zeigen, dass es zwischen den Themenagenden der Selbstdarstellung der regierenden Parteien CDU/CSU und FDP und der Nachrichtenberichterstattung tiber diese Parteien in ARD und ZDF stgrkere Zusammenh~inge gab als ftir die Oppositionsparteien SPD und Grfine (Matthes, Rudolph 1991). )~mliche Befunde fand Reiser (1994), der den Zusammenhang zwischen Parteienagenda und Medienagenda ~ r den Europawahlkampf 1989 untersuchte. Seine Ergebnisse zeigten auf, dass die Themenagenden von CDU und FDP am besten mit den neun untersuchten Medienagenden tibereinstimmten. In der Rangfolge der 0bereinstimmungen folgten die SPD und die CSU. Der geringste Zusammenhang zwischen Parteien- und Medienagenda wurde bei den Grtinen festgestellt. In ihrer Studie zur Bundestagswahl 2002 verglichen Eilders et al. (2003: 98ff.) Rir die letzten drei Wochen vor der Bundestagswahl die Themenagenda der im Bundestag vertretenen Parteien, die sie tiber eine Inhaltsanalyse der Pressemitteilungen der Parteien und deren Bundestagsfraktionen und deren Darstellung in der tiberregionalen Berichterstattung erfassten. Als Fazit der Studie stellen die Autoren heraus, dass es in der Endphase des Bundestagswahlkampfes 2002 bei allen Parteien eine weitgehende Unabhgngigkeit zwischen Parteienagenda und Medienagenda gegeben hatte. Die Kritik an den Befunden konzentriert sich auf die Indikatorenwahl und die Ergebnisinterpretation. Besonders im Zusammenhang mit der Analyse der Berichterstattung fiber die Grtinen wurde von verschiedenen Autoren von einer nicht realit~itsgerechten und einseitigen Berichterstattung tiber die Partei gesprochen (Roemheld 1982; Roemheld 1983; Knoche, Lindgens 1988; Knoche 1999). Die Ursachen far diesen Befund liegen zum einen in den Selektionskriterien im Journalismus beglqJndet und zum anderen bei den Grfinen selbst, in deren Politikstil und der Anpassungsf~ihigkeit der Partei an etablierte Kommunikationsmuster. Hinsichtlich des Politikstils der Grtinen sehen Knoche und Lindgens (1988: 608) einen Widerspruch zwischen diesem und den etablierten Mustem in der Politikberichterstattung. Das Ziel, eine Personalisierung der Politik zu vermeiden bzw. zu begrenzen, das mit einem stgndigen Wechsel von Personen und Funktionen zu erreichen versucht wurde, hatte zur Folge, dass die Berichterstattung nach der ersten Rotation der Parlamentarier 1985 fast zusammenbrach (Kleinert 1992: 273f.). Kleinert stellte weiterhin fest, dass die GrOnen sich nur unzureichend der Binnenlogik des Mediensystems angepasst haben. Durch die Weigerung, interne Strukturen und Offentlichkeitsarbeit den althergebrachten Abl~iufen anzupassen, haben sie die Chance zum Gegensteuem verloren (ebenda: 277f.). Um eine nicht realit~itsad~iquate Darstellung der Kleinparteien zu belegen, wurden Ergebnisse von Input-Output-Studien herangezogen. Das Repertoire der Indikatoren, die die Parteienagenda und das Handeln der Parteien erfassten, reichte dabei von den Pressemitteilungen der Parteien und ihrer Bundestagsfraktionen (Knoche, Lindgens 1988; Eilders et al. 2003; Kepplinger, Maurer 2004) bis hin zur Erfassung der Schwerpunkte in den Wahlkampfzeitungen und Wahlprogrammen der Parteien (Knoche, Lindgens 1988; Mathes, Rudolph 1991). Alle diese lndikatoren sind jedoch entweder auf der Ebene der Selbstdarstellungen der Parteien o d e r - im Falle der Wahlprogramme- auf der Ebene von Absichtserkl~imngen ~ r zuktinftiges politisches Handeln anzusiedeln. Bis dato fand jedoch keine Analyse des tats~ichlichen politischen Handelns der Parteien statt, die deren
4.3 Qualit~it der Berichterstattung t~ber Kleinparteien
57
Analyse des tats~ichlichen politischen Handelns der Parteien statt, die deren thematische Vielfalt aufzeigen k6nnte. Aufgrund der Restriktionen ~ r die (3ffentlichkeitsarbeit von Fraktionen k6nnen deren Pressemitteilungen nur eingeschr~inkt als Darstellung des Handelns der Partei bewertet werden. Der w des Parteiengesetzes legt fest, dass Parteien keine Spenden von den staatlich alimentierten Fraktionen der Parteien annehmen dtirfen. Hierunter fallen nicht nur Geld- oder Sachwerte, sondem auch ,,alle Veranstalttmgen und Mal3nahmen, mit denen ausdrticklich far eine Partei geworben wird" ({}26 (1) Parteiengesetz). Setzt eine Fraktion dennoch ihrerseits ihre staatlich gew~ihrten Zuschtisse ~ r die Wahlwerbung einer Partei ein, wird das Recht der tibrigen Parteien auf gleiche Wettbewerbschancen verletzt (Braun, Benterbusch 2002: 655). Diese Verletzung der Chancengleichheit tritt jedoch nicht in Kraft, wenn die Wahlwerbung aus den so genannten freien Mitteln, wie zum Beispiel den Beitr~igen der Abgeordneten, finanziert wird. Diese Form der (3ffentlichkeitsarbeit unterliegt keinen Schranken. Braun und Benterbusch spannen mit dieser Argumentation zwei Konfliktlinien im Zusammenhang mit der (3ffentlichkeitsarbeit der Fraktionen auf: deren Inhalt sowie deren Finanzierung. Bezfiglich des Inhaltes muss die Grenze zwischen der Darstellung des eigenen politischen Handels im Parlament und der Wahlkampfhilfe t'tir die eigene Partei gezogen werden. 37 Da diese in der tagt~iglichen Arbeit nur schwer festlegbar ist, werden nur eklatante VerstOBe gegen das Verbot von Werbung der Fraktionen ftir Parteien verfolgt (ebenda: 657). Betrachtet man die Finanzierung, so k6nnen Fraktionen ihre Kosten aus Mitteln staatlicher Zuweisungen und aus freien Mitteln decken. W~ihrend die Offentlichkeitsarbeit, die aus staatlichen Mitteln finanziert wird, sich an die inhaltlichen Vorgaben halten muss, existiert ftir die freien Mittel nur das rechtlich umstrittene Annahmeverbot von Spenden aus der eigenen Fraktion (Braun, Benterbusch 2002: 662f.). Kepplinger und Maurer ordnen die grol3e Zahl der Pressemitteilungen von Fraktionen daher in die undurchdringbare Grauzone der Wahlkampffinanzierung durch die Fraktionen ein (Kepplinger, Maurer 2004" 113). Trotz aller Einschr~inkungen obliegt es jedoch den Fraktionen der Parteien selbst, thematische Schwerpunkte in der Offentlichkeitsarbeit zu setzen oder die Schwerpunkte der eigenen Arbeit proportional widerzuspiegeln. Eine Pflicht zur realit~itsgerechten Darstellung der Fraktionst~itigkeit besteht sowohl far staatlich als auch far frei finanzierte 13ffentlichkeitsarbeit nicht. Gleiches gilt for die (3ffentlichkeitsarbeit der Parteien. Als Indikatoren ~ r eine realit~itsnahe Darstellung des politischen Wirkens einer Partei scheiden daher ebenso Pressemitteilungen sowie Wahlkampfzeittmgen aus. In beiden Instrumenten der (3ffentlichkeitsarbeit k6nnen die Parteien eigene Themenschwerpunkte ihres gegenw~irtigen und zuktinftigen politischen Handelns darlegen. Sie dienen der indirekten und direkten W~ihleransprache und sind auf ihre Augenwirkungsfunktion hin ausgerichtet (Tenscher 2003: 277; Mtiller, M.G. 2002: 634). Diese Augenwirkungsfunktion wird auch den Wahlprogrammen zugesprochen. So sieht Flohr (1968:41) die Aufgabe von Wahlprogrammen darin, den W~ihlem deutlich zu machen, welche Politik im Falle des Wahlsieges vonder Partei betrieben wird. Weiterhin sollen Wahlprogramme dem Btirger die Informationen anbieten, die er benOtigt, um sich ~ r 37 Dabei kommen die Abgrenzungskriterien zur Anwendung, die auch ~r die Bewertung der Zulassigkeit der Offentlichkeitsarbeit der Bundesregierungherangezogenwerden. BVerfGE 44, 124 (148- 155) sowie BVerfGE 63,230(243-244)
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Kleinparteien in der Medienberichterstattung
eine politische Richtung zu entscheiden (ebenda). Dass der Btirger dabei vor verschiedenen politischen Alternativen steht, macht die Langzeitanalyse von Klingemann zu den programmatischen Profilen von SPD, FDP und CDU zwischen 1949 und 1987 deutlich. Klingemann stellte fest, dass es in den Wahlprogrammen in erster Linie um die LOsung von Problemen aus den Bereichen der Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik ging und dass sich erst in zweiter Instanz die drei untersuchten Parteien in ihrer Programmatik deutlich voneinander unterschieden (Klingemann 1989:115). Um zu beurteilen, ob Wahlprogramme jedoch als MaBstab ftir eine realit~itsgerechte Darstellung der Parteien in den Medien eingesetzt werden kOnnen, muss man deren weitere Funktionen und deren Entstehungsprozess beleuchten. Kaack (1971:40 l ff.) spricht von der Multifunktionalit~it der Wahlprogramme, die neben der Funktion der AuBenwirkung auch noch die innerparteilichen Funktionen der Planung, der Profilgebung, der Diskussion und der Integration innehaben. Wahlprogramme entstehen unter Beteiligung aller wichtigen Parteigliederungsebenen und innerparteilichen Fltigel. Da nicht alle Positionen mehrheitsf~ihig sind, stellt sich die Frage, wie mit kontroversen Themen umgegangen wird. Volkens (1989: 120f.) schlieBt, dass aufgrund des Zwanges zur Geschlossenheit innerhalb der Partei kontroverse Themen im Wahlprogramm, wenn Oberhaupt angesprochen, nur vage behandelt werden. Diese Annahme wird durch eine empirische Studie zur Bundestagswahl 1980 untermauert, in der Volkens die Themenpriorit~iten der Spitzenpolitiker der Parteien mit den Themenpriorit~iten in den Wahlprogrammen vergleicht, sowie das Konfliktpotential innerhalb der Parteien zu den Themen von den Politikern bewerten l~isst. Die Ergebnisse zeigen, dass es bei den Politikern der SPD und der FDP eine geringe Obereinstimmung zwischen den beiden Priorit~itenranglisten gab. Besonders trat dies in umstrittenen Themenbereichen der Partei hervor, die in den Wahlprogrammen eine weit geringere Beachtung fanden als bei den Politikern, wohingegen bei Konsensthemen die Priorit~iten sich nicht unterschieden (ebenda: 144). Dem gesamten Diskussionsstrang ist zu entnehmen, dass Wahlprogramme nur die thematischen Punkte widerspiegeln, in denen Einigkeit in der Partei herrscht. Je st~irker die innerparteilichen Konflikte in einer Partei sind, umso weniger stellt das Wahlprogramm tats~ichlich, wie von Flohr eingefordert, die Politik im Falle eines Wahlsieges dar und umso weniger eignet es sich als MaBstab ftir eine realit~itsgerechte Darstellung. Es ergibt sich die Notwendigkeit zu analysieren, inwieweit Wahlprogramme tats~ichlich die Leitlinien zukOnftigen politischen Handelns sind, um sie als Mal3stab der Darstellung von Parteien in der Medienberichterstattung heranzuziehen. Die empirischen Befunde zur Kongruenz von beabsichtigtem und tats~ichlichem politischen Handeln sind ~ r Deutschland nicht ertragreich. So verglichen Hofferbert, Klingemann und Volkens (1992: 385ff.) die Wahlprogramme und Regierungserkl~irungen der jeweils regierenden Koalitionsparteien zwischen 1949 und 1987 mit dem jeweiligen Regierungshandeln, das sie als relativen Anteil an den Ausgaben im Bundeshaushalt auf dem jeweiligen Politikfeld operationalisierten. Die Autoren kamen zu dem Ergebnis, dass das Wahlprogramm der FDP gegentiber den Wahlprogrammen des jeweiligen groBen Koalitionspartners und der gemeinsamen Regierungserkl~irung zu Beginn der Legislaturperiode der beste Pr~idiktor ~ r das jeweilige Ausgabeverhalten der jeweiligen Regierung gewesen sei. Aus diesen Ergebnissen wird abgeleitet, dass die FDP ihre Position als Mehrheitsbeschaffer dazu benutzt hat, ihre programmatischen Ziele durchzusetzen (ebenda: 387f.). Einen anderen Weg der Messung des Handelns der Parteien geht R6lle (2000) in seiner Studie zum Vergleich der wohlfahrtsrelevanten Aussagen in Wahlprogrammen und der wohlfahrtsrelevanten Handlungen
4.3 Qualit~it der Berichterstattung tiber Kleinparteien
59
der Fraktionen im Parlament. Er erfasst das Handeln der Parteien tiber die parlamentarischen Aktivit~iten, was es ihm im Vergleich zu Hofferbert, Klingemann und Volkens auch erm6glicht, die Oppositionsparteien in seine Analyse einzubeziehen. Der Vergleich der Anteile wohlfahrtsstaatlicher Aussagen in Wahlprogrammen und parlamentarischen Aktivit~iten zeigt, dass sich im Bundestag durchweg intensiver mit dem Thema auseinander gesetzt wurde. R(ille zieht daraufhin den Schluss, dass AufSerungen zum Wohlfahrtsstaat in den Wahlprogrammen ein ,,zuverl~issiger Indikator" far das Handeln der Parteien im Parlament seien (Rtille 2000: 830ff.). Diese Aussage kann so und in dieser Form nicht aufrechterhalten werden, was am Beispiel der Daten zur 10. Wahlperiode demonstriert werden soll. R/Slle weist als Anteile far die Aussagen zum Wohlfahrtsstaat in den Wahlprogrammen far die SPD 5 Prozent, ~ r die CDU/CSU 8 Prozent, far die FDP 2 Prozent und far die Grfinen 3 Prozent aus. In der Parlamentsarbeit war der Anteil dieser Themen weit ht~her. Far die SPD wurden hier 13 Prozent, far die Union 12 Prozent, die FDP 15 Prozent und die Grtinen 4 Prozent ermittelt. Da es sich bei der Darstellung um jeweils relative Anteile an allen Aussagen bzw. Aktivit~iten handelt, mtissen zwangsl~iufig andere Politikfelder unterdurchschnittlich bei den parlamentarischen Aktivit~iten berficksichtigt worden sein. Welche Politikfelder das sind, kann mit dem Design nicht aufgezeigt werden (von Oertzen 2001: 453f.). Die Bewertungen der bisher verwendeten Indikatoren far die realit~itsgerechte Darstellung der Parteien in den Medien macht deutlich, dass diese nur auf der Ebene der Selbstdarstellung bzw. der politischen Absichtserkl~imngen das Handeln der Parteien erfasst haben. Den Medien kann jedoch nicht vorgeworfen werden, dass sie sich in ihrer Berichterstattung nicht an durch die Parteien positiv besetzten Themen der Offentlichkeitsarbeit der Parteien orientieren, sondern eigenst~indig die Themen der Berichtersta~ang ausw~ihlen. Eine Verbindung der Analyse der Themen des politischen Handelns der Parteien im Parlament und der Themen der Medienberichterstattung fand bislang nicht statt. Jedoch kann nur dieser Vergleich zeigen, ob die Parteien in der Medienberichterstattung tats~ichlich thematisch verkarzt dargestellt werden oder ob die Darstellung der politischen Realit~it entspricht.
4.3.3
A usgewogenheit in der Darstellung
In Bezug aufdie Ausgewogenheit der Berichterstattung stellte Roemheld (1987: 222f.) fest, dass die Grttnen tiberwiegend mit negativer Valenz in der Berichterstattung vorkamen. Diese negative Betrachtung der Grtinen durch die Medien hielt auch nach dem Einzug der Partei in den Bundestag an. Die Analyse der Berichterstattung nach der Bundestagswahl 1983 zeigt, dass es zu einer starken Minorisierung und Marginalisierung der Partei in den Medien kam. Die Grfinen wurden als vorabergehende Erscheinung dargestellt, als eine Partei, die keine Zukunftsperspektive habe. Die Berichterstattung dominierten die parteiinternen Auseinandersetzungen. Regiemngsf~ihigkeit und politische Kompetenz wurde den Grtinen abgesprochen (Roemheld 1983: 203 f.). Auch Knoche und Lindgens kamen in ihrer Langzeitanalyse zum Ergebnis, dass die Partei aufgrund der einseitigen Berichterstattung, die die parteiinternen Auseinandersetzungen in den Mittelpunkt stellte, sehr negativ dargestellt wurde (Knoche et. al 1993: 763f.). Die einseitige Konzentration auf parteiinteme Konflikte traf auch auf die Berichtersta~ang in den Nachrichten- und Magazinsendungen von ARD, ZDF, RTL und Sat. 1 im Vorfeld der Bundestagswahl 1987 zu (Knoche, Lindgens 1988: 584f.). Diese Ergebnisse werden von
60
Kleinparteien in der Medienberichterstattung
Mathes und Freisens (1990:56 l ff.) best~itigt. In den wenigen Fgllen, in denen die G~nen in der Femsehberichterstattung Beachtung fanden, wurden sie tiberwiegend negativ dargestellt, l ~ e r die FDP wurde in den untersuchten Femsehnachrichtensendungen hingegen deutlich h~iufiger und vor allem - auch im Vergleich zu den GroBparteien - deutlich positiver berichtet als tiber die Grttnen. Die Studien, die Aussagen zur Ausgewogenheit der Berichterstattung tiber G~ne und FDP machen, gehen nicht viel weiter als die Feststellung, dass die Valenz der Darstellung beider Parteien negativ ist. Besonders deutlich wird dies bei den Analysen zur Berichterstattung tiber die Grtknen in den 80er Jahren. Ob diese negative Berichterstattung eine spezielle Eigenschaft von Kleinparteien ist oder ob sich hierin die gestiegene Bedeutung des Nachrichtenfaktors Negativismus ~iuBert, lgsst sich aus diesen Studien nicht gesichert ableiten.
4.3.4
Fazit und Folgerungen aus dem Forschungsstand
Oberblickt man sowohl die systematische Untersuchung der Medieninhalte als auch die Befragung yon Parlamentariem und Kandidaten der Kleinparteien, so wird deutlich, dass sich die mediale Beachtung von FDP und Btindnis 90/Die Grtinen zum einen im Vergleich zu den beiden GroBparteien und zum anderen hinsichtlich ihrer Stellung im Parlament unterscheidet. Die Studien zur Berichterstattung tiber FDP und Btindnis 90/Die Grtinen weisen eine Reihe ~ihnlicher Befunde auf. So wird sowohl der Anteil der FDP als auch der Anteil yon Btindnis 90/Die Grtinen an der parteipolitischen Berichterstattung als gering eingeschfitzt. Ein weiterer maBgeblicher Unterschied zu den GroBparteien ist im Anteil des Sachthemenbezuges der Berichterstattung zu sehen. Zwar finden sich nur sehr wenige Vergleichzahlen fiir die GroBparteien, doch kann far beide untersuchten Kleinparteien festgehalten werden, dass die Berichterstattung im Zusammenhang mit Sachthemen eine weit geringere Bedeutung hat als die Berichterstattung tiber ,politics'-Themen, wie die Partei, der Wahlkampf oder die Wahlprognosen. Dieser Fakt legt die Einsch~itzung nahe, dass die mediale Darstellung der Kleinparteien stoker yon der Perspektive ihrer strategischen Position als m6glicher Koalitionspartner als aus der Perspektive ihrer origin~iren sachpolitischen Zielsetzung erfolgt, sie ist somit stgrker yon der machtpolitischen als yon der ideellen Dimension des Weberschen Parteienbegriffs (Weber 1972: 167) geprggt. Als dritter Unterschied im Vergleich zu den GroBparteien muss festgehalten werden, dass sich die geringe sachthemenorientierte Berichterstattung fiber die Kleinparteien an so genannten Schltisselthemen orientiert, die sowohl fiir FDP als auch fiir Btindnis 90/Die Grfinen klassifiziert werden k6nnen: So dominierte das Thema Wirtschatts- und Finanzpolitik die Berichterstattung tiber die FDP (Friedrichsen 1996; Schatz 2002), die Themen Okologie uand Frieden die Berichterstattung tiber die Grthnen (Knoche, Lindgens 1988; Knoche et. al 1992: 133; Rettich 2001a) Die mediale Darstellung yon FDP und Btindnis 90/Die Grfinen unterscheidet sich auch hinsichtlich der Stellung der Parteien im Parlament. Die vorangegangene Diskussion zeigt, dass die FDP in Zeiten ihrer Regierungsbeteilung st~irker yon den Medien beachtet wurde als die Oppositionspartei Btindnis 90/Die Grthnen. Des Weiteren legte eine Reihe yon Input-Output-Studien dar, dass der Zusammenhang zwischen der Parteienagenda und der Medienagenda bei Regierungsparteien gr6Ber ist als bei Oppositionsparteien. Dies gilt auch
4.3 Qualit~it der Berichterstattung fiber Kleinparteien
61
ftir die Kleinparteien. Daraus folgt, dass kleine Regierungsparteien mit Thematisierungsstrategien in den Massenmedien erfolgreicher sind als kleine Oppositionsparteien. Kritisch anzumerken ist nun zun~ichst, dass die Mehrheit der vorgestellten Befunde aus Einzelfallstudien stammt. Sowohl bei den Arbeiten, die in den 80er-Jahren zu den Grtinen durchgefiihrt worden sind als auch bei den Analysen des Medientenors steht der Einzelfall der Darstellung einer Kleinpartei tiber einen gewissen Zeitraum im Mittelpunkt. Der Vergleich zwischen Klein- und GroBparteien sowie unter Kleinparteien konnte erst durch eine Synopse der Forschungsergebnisse durchge~hrt werden. Die Qualit~it des Vergleichs wird jedoch durch die unterschiedlichen Untersuchungszeitr~.ume der jeweiligen Einzelfallstudien verringert, da der Untersuchungszeitraum und somit die vorgefundene Nachrichtenlage als weitere erkl~rende Ursache ftir Unterschiede und Gemeinsamkeiten in Frage kommt. Unter den Input-Output-Studien finden sich drei Studien, die einen direkten Vergleich unter den Kleinparteien zulassen. Diese Studien betrachteten die Parteien nach ihrer Stellung im Parlament (Mathes, Rudolph 1991; Mathes, Freisens 1990, Reiser 1994). Es zeigt sich, dass die Stellung der Parteien im Parlament einen Einfluss auf die Medienberichterstattung tiber diese Parteien hat. Der Zusammenhang zwischen den Agenden der Selbstdarstellung der Regierungsparteien und der Medienberichterstattung war gr6Ber als der zwischen den Agenden der Oppositionsparteien und der Medienberichterstattung. Die Gr6Be der Partei spielte in diesem Zusammenhang keine Rolle (Mathes, Freisens 1990: 542). Diese Befunde sind Anzeichen dafOr, dass sich die Bedeutung der Parteien in der Berichterstattung nach ihrer Position im Parlament und nicht nach ihrer Gr6Be bemisst. Donsbach und Jandura (1999) zeigen jedoch ftir die Bundestagswahl 1998, dass der Zusammenhang zwischen Parteienagenda und Themenagenda der Berichterstattung bei den Oppositionsparteien SPD und Btindnis 90/Die G~nen ~ihnlich hoch ist wie bei den damaligen Regierungsparteien. Dieser Befund widerspricht demnach der Annahme, dass es zu einer bestimmten Form der Berichterstattung tiber Parteien aufgrund ihrer Stellung im System komrnt. Bei der Berichterstattung tiber die Bundestagswahl 2002 ist allerdings der von Mathes und Reiser beschriebene Effekt wieder zu verzeichnen (Donsbach, Jandura 2005a: 55). Die zweite allgemeine Kritik an den vorliegenden Befunden richtet sich gegen die Qualit~it der Interpretation der Ergebnisse. Die Befunde der Langzeitstudie zur Berichterstattung tiber die Grtinen zwischen 1983 und 1987 sowie die Ergebnisse der Input-OutputAnalyse zum Niederschlag der Pressemitteilungen der Grtinen in der Medienberichterstattung (Knoche, Lindgens 1988) werden als ,,Hinweise und Regelm~iBigkeiten journalistischer Selektion" (Knoche 1999: 429) interpretiert, die auf alle mehrheitlich unerwtinschten Minderheiten und Parteien anzuwenden seien. Dem Journalismus wird eine W~ichterfunktion fi~r die etablierten Kr~ifte im politischen System unterstellt, der die Berichterstattung und somit die Wahmehmung neuer politische Kr~ifte eind~mmt (ebenda). Am Beispiel der Gr~nen will Roemheld deutlich belegt wissen, dass die etablierten Medien gegentiber den neuen politischen Kr~iten eine Eliminierungsstrategie verfolgen, die sich zum einen in einer Verhinderung der Medienberichterstattung und zum anderen- wenn es zu einer Berichterstattung kommt - in einer negativen Berichterstattung ~iuBert (Roemheld 1987" 222ff.). Eine Verallgemeinerung der Befunde auf alle kleinen oppositionellen Parteien ist jedoch mit dem Datenmaterial aus folgenden zwei Grtinden nicht m6glich" (1) Zwar berufen sich Roemheld sowie Knoche und Lindgens auf anspruchsvolle und aufw~indige empirische Untersuehungen zur Medienpr~isenz der Grtinen, doch waren zum Zeitpunkt der Aussagen die Grtinen nicht die einzige oppositionelle Kleinpartei in der Bun-
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Kleinparteien in der Medienberichterstattung
desrepublik. Ftir generelle Aussagen tiber die Benachteiligung kleiner oppositioneller Parteien in der Medienberichterstattung h~itten andere historische Konstellationen in die Untersuchungen mit einbezogen werden mtissen. Aufgrund der Konzentrationsprozesse im Parteiensystem der BRD w~iren diese Konstellationen in der zweiten, dritten und ~nften Wahlperiode zu finden gewesen (Jesse 2001: 70f.). FOr die zweite Legislamrperiode zwischen 1953 und 1957 k~imen fiar eine derartige Analyse als Untersuchungsgegenstand die FDP und der GB/BHE 38 sowie in der dritten Wahlperiode zwischen 1957 und 1961 die FDP allein in Frage. Da es der FDP als einziger Kleinpartei aus dem ersten Bundestag gelang, sich im Parteiensystem zu etablieren, w~ire sie auch der Untersuchungsgegenstand ~ r die Analyse der Darstellung einer kleinen, etablierten, oppositionellen Partei zu Zeiten der Grogen Koalition 1966 bis 1969. (2) Die Stellung der Partei im Parlament als Determinante der Berichterstattung wird bei Studien, die nur oppositionelle Kleinparteien untersuchen, nicht mit berficksichtigt. Von einer Benachteiligung oppositioneller Kleinparteien kann nur dann gesprochen werden, wenn tiber Kleinparteien, die als Koalitionsparmer die Regiertmg mittragen, anders als fiber oppositionelle Kleinparteien berichtet wird. Eine Analyse der Berichterstattung tiber die FDP als kleine Regierungspartei fand jedoch nicht statt. Somit bleibt die Frage offen, ob es sich bei der Berichterstattung tiber die Grfinen in den Massenmedien 1980 und im Zeitraum zwischen 1983 und 1987 um ein typisches Muster ftir die Berichterstattung tiber eine oppositionelle Kleinpartei oder generell um ein Muster ~ r die mediale Darstellung einer Kleinpartei handelt. Der letzte Kritikpunkt dieses Forschungsstandes befasst sich mit der zeitlichen Komponente. Die ersten Studien zur Berichterstattung tiber die Grtinen stammen aus dem Wahlkampf 1980, die Langzeitanalyse zur Berichterstattung tiber die Grtinen wurde Mitte der 80er Jahre durchgeNhrt. Mit dem Einzug der Partei in den Bundestag 1983 und sp~iter nach der Wiedervereinigung der PDS in den Bundestag ver~inderte sich das Parteiensystem erheblich. Aus einem stabilen Dreiparteiensystem wurde ein fluides Ftinfparteiensystem (Niedermayer 2001:117). Seit 1980 sind es die Granen, die sich im Vergleich zu allen anderen Parteien am st~irksten wandelten: Von einer basisdemokratischen, von den etablierten politischen Akteuren lange Zeit nicht anerkannten Bewegungspartei entwickelten sie sich zu einer etablierten Partei im politischen System, die auf Bundesebene als koalitionsf~ihig betrachtet wird und die im Ergebnis der Bundestagswahl 1998 erstmals Regierungsverantwortung auf Bundesebene tibemahm (Hoffmann 2002:113). Die anf~ingliche Heterogenit~it der politischen Str6mungen innerhalb der Grtinen veranlasste zu Spekulationen, inwieweit es sich bei der Partei um ein Artefakt der 5-Prozent-Htirde handle, indem sich viele politische Strt~mungen unter einem organisatorischen Dach versammeln, um gemeinsam die Sperrklausel des Wahlgesetzes zu tiberwinden (Poguntke 1993:193). Auf der Landesebene haben die Grtinen jedoch nach dem Scheitem der Koalitionen mit der SPD in Hessen und Berlin in den neunziger Jahren gezeigt, dass sie ein verl~isslicher Koalitionspartner sein k6nnen @,qedermayer 2001: 123f.). Dieser Entwicklungsprozess spiegelt sich zweifelsohne auch in der massenmedialen Darstellung der Grtinen wider. Berticksichtigt man die Kritikpunkte am Forschungsstand, so schr~inkt sich die Aussagekraft der Ergebnisse im Hinblick auf die Berichterstattung tiber Kleinparteien stark ein. Aufgrund fehlender vergleichender Studien mit der Berichterstattung tiber Grol3parteien 38 Der Gesamtdeutsche Block/Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten (GB/BHE) verlies im Juli 1956 die Koalition mit der CDU, die FDP im Februar 1956o
4.3 Qualit~it der Berichterstattung fiber Kleinparteien
63
und/oder kleinen Koalitionsparteien kann die Frage nicht beantwortet werden, ob die angeRihrten Befunde typische Berichterstattungsmuster Rir alle im Bundestag vertretenen Parteien sind, ob es differierende Muster ftir die Berichterstattung fiber Klein- und Grogparteien gibt oder ob die diskutierten Befunde nur speziell auf eine Kleinpartei zutreffen. Somit k6nnen die Einzelfallstudien eher als Momentaufnahmen far die Berichterstattung fiber eine bestimmte Kleinpartei angesehen werden, deren Aussagekraft begrenzt ist. Nicht ohne weiteres kann die Frage, ob die Berichterstattung fiber Kleinparteien auch deren thematische Schwerpunkte widerspiegelt, beantwortet werden. Die bisher far die Operationalisierung der Themenprofile der Parteien eingesetzten Indikatoren sind nur eingeschr~inkt far diesen Zweck geeignet. Ein Vergleich der Selbstdarstellung bzw. der Inhalte politischer Absichtserkl~irungen von Parteien mit der Medienberichterstattung l~isst nur Aussagen fiber den Erfolg oder Misserfolg der C)ffentlichkeitsarbeit der Parteien zu, nicht aber fiber die Themen der politischen Aktivit~iten, des politischen Handelns der Parteien. Ftir diese Zwecke bieten sich Analysen auf der Ebene der Parlamentst~itigkeit der Fraktionen der Parteien an. Dabei wird die Annahme zu Grunde gelegt, dass die Fraktionen am ehesten die Interessen der gesamten Partei vertreten und somit als Aquivalent far den politischen Willen der Partei angesehen werden k6nnen (R6lle 2000: 826). Gegentiber der thematischen Analyse der Wahlprogramme hat eine Analyse der parlamentarischen Aktivit~iten weiterfiihrend die Vorteile, dass diese bereits vollzogene Handlungen der Parlamentst~itigkeit erfassen und dass auch zu gerade in den Parteien strittigen Fragen sp~itestens bei Abstimmungen im Parlament Ste|lung genommen werden muss (Kranenpohl 1999: 132; Volkens 1989). Die in der Bewertung des Forschungsstandes aufgefiihrten Problemdimensionen machen deutlich, dass die Ursachen far die Berichterstattung fiber die Kleinparteien auf unterschiedlichen Ebenen des Prozesses der politischen Kommunikation liegen k6nnen. Knoche (2000: 175) beschreibt in einem statischen Modell den Ablauf dieses Prozesses als langfristig, mehrstufig und yon den Parteien ausgehend. Die politische Kommunikation beginnt bei der Politikformulierung, beim politischen Handeln der Parteien. In einem zweiten Schritt wird dieses Handeln durch die Parteien fiber die Kan~ile der I)ffentlichkeitsarbeit kommuniziert. Im dritten Schritt werden diese Inhalte von den Massenmedien selektiert und publiziert und erreichen in einem vierten Schritt die W~ihler. Ftir die Erkl~imng der Darstellung der Kleinparteien in den Massenmedien sind demzufolge den joumalistischen Selektionskriterien noch die Stufen des politischen Handelns der Parteien und der Selbstdarstellung der Parteien vorgeschaltet. Somit sind alle drei Variablen in dem Modell als Determinanten der Darstellung der Kleinparteien in den Massenmedien anzusehen (Abbildung 1). FOr die Beziehung einer jeden unabh~ingigen Variable im Modell zu der Darstellung der Kleinparteien in den Massenmedien wird im Folgenden je eine These des Zusammenhangs formuliert, wobei auf Implikationen des Verh~ilmisses zu den anderen Variablen eingegangen wird.
64
Kleinparteien in der Medienberichterstattung
Abbildung 1:
Determinanten des Medienbildes von Kleinparteien
I. Polifisclaes Hart&ha .............
Y
fir. Jolunahstische
Selektionskritefien ....
:] ,
1Y. Mediale Darstelhmg
T,
H, Presse- & Offentliclfl~eitsarbeit
Die erste These bezieht sich auf die Beziehung zwischen dem politischen Handeln der Kleinparteien und deren medialer Berichterstattung. So kOnnte sich die festgestellte thematisch einseitige Darstellung der Kleinparteien im Vergleich zu den GroBparteien auf eine weniger umfangreiche und thematische eingeschr~inkte Parlamentstatigkeit zm~ckftihren lassen. Die Fraktionen der Kleinparteien konzentrieren sich aufgrund ihrer geringeren Fraktionsst~irke39 gegentiber den Fraktionen der GroBparteien in ihrer Arbeit auf wenige Politikfelder, die auch die Schwerpunkte der Berichterstattung bilden. Tr~ife diese These zu, wiarden die Medien in ihrer Berichterstattung die Inhalte des politischen Handels der Parteien ihrer Aufgabe entsprechend in der Berichterstattung widerspiegeln. Hinsichtlich des Verhtiltnisses von Offentlichkeitsarbeit und Journalismus wtirde die Richtigkeit dieser Annahme zwei unterschiedliche Interpretationen mit sich bringen: Ftir den Fall, dass die Agenda der Parteien-PR identisch mit der Agenda der politischen Aktivit~iten ist, ergibt sich demzufolge eine hohe 15bereinstimmung zwischen Parteien-PR und der Medienberichterstattung. Aus der Perspektive der PR-Forschung wtirde diese Befunde als eine Determination des Jouxnalismus durch die PR interpretiert (Baerns 1985; Donsbach, Wenzel 2002), obwohl es sich in diesem Fall um eine Darstellung von Sachverhalten handelt, die so auch ohne Zuhilfenahme von PR-Materialien entstanden w~ire. Im zweiten Fall, der Divergenz von den PR-Agenda und politischer Agenda, w~ire aus der Perspektive der PR-Forschung die Abwehrthese besttitigt. Sie besagt, dass durch den Journalismus selbst ohne zu Hilfenahme von PR-Material die Themen in der Berichterstattung gesetzt werden. PR-Material h~itte demnach keinerlei Funktion bei der Themengestaltung in den Medien (Donsbach 1997). Aus der Perspektive der Selbstdarstellung der Kleinparteien l~isst sich die These formulieren, dass die geringere und thematisch eingeschr~inkte Berichterstattung, auf die Konzentration der Kleinparteien auf wenige Schwerpunktthemen in den Selbstdarstellungen zurtickzufti_hren ist, die dann von den Medien tibemommen werden. Diese Annahme unterstellt, dass sich die Kleinparteien in ihrer Selbstdarstellung im Vergleich zu ihren Aktivit~iten auf dem Sektor der Politikformulierung selbst eingrenzen, um eigene Schwerpunkte zu 39 So saBen im 13. Bundestag ftir die FDP 47 und ftir Btindnis 90/Die Grtinen 49 Abgeordnete, wahrend die Fraktion der Unionsparteien 294 Abgeordnete und die der SPD 252 Abgeordnete umfasste. Im 14. Bundestag saBen 43 Abgeordnete ftir die FDP, 47 t~jr Btindnis 90/Die G~nen, 245 fur die Unionsparteien und 298 for die SPD (Feldkamp 2003: 7).
4.3 Qualit/it der Berichterstattung fiber Kleinparteien
65
setzen. Weiterhin impliziert diese Annahme, dass die Medienberichterstattung fiber die jeweilige Partei st~irker vonder PR und Offentlichkeitsarbeit der Kleinparteien bestimmt wird als von den Inhalten des politischen Handelns. Um diese Determinierungsthese zu best/itigen, mtissten demzufolge ein st/~rkerer Einfluss der PR und Offentlichkeitsarbeit der Parteien und ein schw~icherer Einfluss der parlamentarischen Realit~it auf die Medieninhalte nachzuweisen sein. Die dritte Erkl~mngsm6glichkeit ~ r die geringere und thematisch eingeschr~nkte mediale Beachtung der Kleinparteien liegt in den Selektionsmechanismen der Nachrichtenauswahl in den Redaktionen. Hier f~inde eine verkt~rzte Berichterstattung, die auf wenige prominente Personen beschr~akt ist, statt. Die Darstellung konzentriert sich auf stereotypisch mit der jeweiligen Partei verbundene Themen. Diese dritte Annahme impliziert die Wirkungslosigkeit der PR und Offentlichkeitsarbeit der Kleinparteien sowie eine nicht an den Inhalten des politischen Handels orientierte Berichterstattung. Die Medien sind bei der Selektion der Themen der Berichterstattung ein eigenst~diger autonomer Akteur. Sie berichten t~ber die Themen, die ihnen im Zusammenhang mit der jeweiligen Partei am wichtigsten erscheinen, ohne sich dabei an der Parteien-PR oder der Parlamentsrealitgt zu orientieren. Insofem verfolgen sie eine eigene Berichterstattungslogik, die an den Wanschen des Publikums ausgerichtet ist (Meyer 2003:15).
5
Ursachen der Darstellung
Welche empirischen Evidenzen gibt es ~ r das Medienbild der Kleinparteien? Sowohl in der Politik- als auch in der Kommunikationswissenschaft fmdet sich eine Vielzahl an Studien zu Zielen und Inhalten des politischen Handelns von Parteien, zu Strategien und Zielen ihrer Selbstdarstellungen und zu den Determinanten der journalistischen Nachrichtenauswahl. Aus diesen Untersuchungen werden nun die far die Fragestellung relevanten Informationen diskutiert. Nach einer Analyse des politischen Handelns der Fraktionen der Kleinparteien im Parlament werden Strategien und Befunde zur Selbstdarstellung der Kleinparteien dargestellt und abschlief3end die Determinanten der Nachrichtenauswahl im Bezug auf die Berichterstattung tiber Kleinparteien beschrieben.
5.1 Politisches Handeln der Kleinparteien
Bei der Beschreibung des Handelns von Politikem wird h~iufig das Arenenmodell herangezogen (Kepplinger, Brosius, Dahlem 1994" 149). Nach diesem Modell agieren Politiker gleichzeitig in zwei Arenen" zum einen in einer Arena, in der es um die L6sung politischer Probleme und Sachfragen geht. In dieser Arena werden allgemeinverbindliche Regelungen getroffen (Edelmann 1976). Zum anderen sind Politiker in einer Arena aktiv, in der es um die Kommunikation von getroffenen Entscheidungen geht. Bei der Analyse der Handlungen von Politikern in der ersten Arena konzentriert man sich zunehmend auf deren Parlamentst~itigkeit. Dies l~isst sich mit der herausgehobenen Stellung des Parlaments als einziges unmittelbar demokratisch legitimiertes Staatsorgan in parlamentarischen Regierungssystemen, das ftir die Herstellung kollektiv verbindlicher Entscheidungen zust~indig ist, begrtinden (Sarcinelli, Tenscher 2000: 75). Die Analyse des Handelns der Fraktion einer Partei im Parlament gilt weiterhin als aussagekr~iftigster Indikator ~ r die Erfassung der Interessen und der Breite des politischen Handelns einer Partei (R611e 2000: 826). Diese Einsch~itzung resultiert aus der herausgehobenen Stellung der Fraktion als Ftihl~angsgremium innerhalb der Partei. Demmler (1994:181f.) verweist darauf, dass in den Fraktionen die inhaltlichen Ziele und Vorstellungen der Parteien in praktische Politik umgesetzt werden. Zudem sind die Fraktionsmitglieder zweifach legitimiert. Zun~ichst setzen sie sich innerhalb der Partei bei der Nominierung als Direktkandidaten in den Wahlkreisen und/oder als aussichtsreich positionierte Listenkandidaten durch. Des Weiteren ziehen sie ihre Legitimation aus der Wahlentscheidung der Btirger, die die Fraktionsmitglieder direkt (Erststimme) oder indirekt (Zweitstimme) ins Parlament w~ihlen.
68
Ursachen der Darstellung
5.1.1
Erfassung der Parlamentst~itigkeit
Die Politikwissenschaft bietet drei Herangehensweisen, um die Arbeit der Fraktionen der Parteien in Parlamenten zu untersuchen. Die organisationsorientierte Perspektive besch~iftigt sich mit der Frage, wie Fraktionen aufgebaut sein mtissen, um effektiv arbeiten zu k6nnen (Kranenpohl 1999: 35). Im Mittelpunkt des Interesses stehen die innerfraktionelle Arbeitsteilung, die informationellen Netzwerke und die Organisation der C)ffentlichkeitsarbeit (Ismayr 2000: 99ff.). Der zweite Blickwinkel auf die Parlamentsarbeit ist prozessorientiert. Hierbei stehen die Entscheidungsfindung innerhalb einer Fraktion und die zwischen den Fraktionen z.B. in Ausschtissen im Zentrum der Betrachtung (Kranenpohl 1999: 35; Ismayr 2000: 129f.). Die Resultate der politischen Willensbildung, die auch als Output der Arbeit der Fraktionen bezeichnet werden k6nnen, bilden die Grundlage der outputorientierten Perspektive, deren Forschungsarbeiten im Folgenden vertieft behandelt werden (Abbildung 2). 40
Abbildung 2." Perspektiven der Politikformulierung Outputorientierte Perspektive
', Organisationsorientierte ~, Perspektive
[ Analyse des Abstimmungsverhaltens ]
----~ Einzelabst immungen ................. 1
---.{ --~
.omatisc.e
]
, t
Prozessorientierte Perspektive
[ Analyse formaler Aktivitfiten
]
~-[Gesetzesinitiativen
1
n. ore Initiati.,en
]
Ideologische Aggegrati0n ]
5"LAbstimmungsfolgen
]
Zur der Erfassung des Outputs von Parlamenten lassen sich in der Forschung zwei grol3e Operationalisiemngsstr~inge erkennen" die Erfassung der Ergebnisse von Abstimmungen und die Erfassung der formalen Aktivit~iten der Fraktionen.
Ob die Fraktionen der Kleinparteien organisatorisch in der Lage sind, diesen Anforderungen gerecht zu werden, und inwieweit sich die Willensbildung innerhalb der Fraktionen der Kleinparteien vonder in den Fraktionen der GroBparteien unterscheidet, tritt dabei in den Hintergrund.
40
5.1 Politisches Handeln der Kleinparteien
69
5.1.1.1 Abstimmungsverhalten Ftir viele Autoren ist der hiirteste Indikator zur Messung des Outputs von Parlamenten die Analyse des Abstimmungsverhaltens der Abgeordneten bzw. die daraus resultierenden Folgen ftir das staatliche Handeln. Brettschneider differenziert zwischen vier Unterformen der Erfassung des Abstimmungsverhaltens der Parlamentarier bzw. dessen Folgen, wobei sich die ersten drei Unterformen in der Komplexitiit der einbezogenen Abstimmungen unterscheiden (Brettschneider 1995: 38). (1) Die einfachste Form der Messung ist die Erfassung eines einzelnen Abstimmungsergebnisses. Es wird hierbei untersucht, wie ein Abgeordneter in Bezug auf eine Parlamentsvorlage gestimmt hat. Diese Form der Operationalisierung findet in der Responsivit~itsforschung Anwendung, wenn es datum geht, die Orientierung der Abgeordneten an der Wiihlermeinung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder zu einem bestimmten Thema festzustellen (ebenda). Ungeeignet ist diese Umsetzung jedoch, wenn man Aussagen zu Themenbereichen oder zum Abstimmungsverhalten generell machen will, da jeweils nur eine Abstimmung zur Analyse herangezogen wird. Femer l~isst sich auf der Basis einer Abstimmung nicht auf das Abstimmungsverhalten bei anderen Vorg~ingen schlieBen. (2) Die erste Aggregationsebene FOr das Abstimmungsverhalten stellt die Zusammenfassung nach Themenbereichen dar. Dabei werden die einzelnen Abstimmungen mittels explorativer Faktorenanalysen verschiedenen Dimensionen zugewiesen (Kuklinski 1978) oder die thematisch verwandten Abstimmungen tiber additive Skalen zusammengefasst (Miller 1964). Anhand dieser Zusammenfassung yon Abstimmungen k6rmen Konsistenzen oder Inkonsistenzen im Abstimmungsverhalten einzelner Parlamentarier aufgezeigt werden (Brettschneider 1995: 38f.). Saalfeld (1995: 109f.) verglich in seiner Analyse der 1.142 namentlichen Abstimmungen zwischen der ersten und der elffen Legislaturperiode des Deutschen Bundestages die l[lbereinstimmung der Parlamentarier innerhalb der Fraktionen. l]ber alle untersuchten Legislaturperioden hinweg war die interfraktionelle Geschlossenheit bei namentlichen Abstimmungen in der SPD-Fraktion am gr6Bten (Rice-Index-Wert41 yon 97,67), gefolgt yon den Fraktionen der Unionsparteien (94,31) und der der FDP (91,41).42 Fth" die Grtinen konnte gezeigt werden, dass sich die Fraktion den parlamentarischen Zw~ingen, worunter auch die interfraktionelle Geschlossenheit ziihlt, im Bundestag unterwaft. Sowohl in der zehnten als auch in der elften Wahlperiode konnte ein hohes Niveau der Geschlossenheit der Fraktion bei namentlichen Abstimmungen festgestellt werden (Rice-Indice Werte yon 92,45 bzw. 96,77). Dieser Befund ist ~ r Kleinparteien in der Opposition nicht typisch. So war die interfraktionelle l~lbereinstimmung bei FDP, DP und GB/BHE, die in der ersten und zweiten Wahlperiode als oppositionelle Kleinparteien im Ftir die l]berprtifung der Geschlossenheit der Parlamentarier bei Abstimmungen im Parlament werden der RiceIndex und der Konformit~itsindex angewandt. Der Rice-Index (Rice 1928: 207ff.) erfasst im vorliegenden Fall die absolute Differenz zwischen der Stimmabgabe der Mehrheit in den Fraktionen und der Parlamentarier, die abweichend yon der Fraktionsmehrheit abstimmen. Der Idealwert 100 wird erreicht, wenn alle Fraktionsmitglieder gleich abstimmen. Am Rice-Index wird kritisiert, dass zum einen die Abwesenheit von Parlamentariern bei der Stimmabgabe und zum anderen der Anteil der ungUltigen Stimmen bei der Berechnung nicht mit berticksichtigt werden. Diese fehlenden Abstimmungsresultate werden beim Konformit~itsindex (Stanly, Richard 1990: 193) mit einbezogen. 42 Ftir die Grtinen wurde kein Gesamtwert angegeben, da die Partei im Untersuchungszeitraum nur in der 10. und 11. Legislaturperiode im Bundestag saB und die interfraktionelle Geschlossenheit tiber die Wahlperioden hinweg st~irker wurde. Somit ist nur ein Vergleich zwischen den Grtinen und den anderen im Bundestag vertretenen Parteien nur ftir die 10. und 11. Legislaturperiode zul~issig. 41
70
Ursachen der Darstellung
Bundestag vertreten waren, geringer. Saalfeldt weist ftir diese Parteien Rice-Index-Werte zwischen 80,39 und 84,91 aus. Demgegentiber war die Geschlossenheit der FDP in der dritten und in der ftinften Wahlperiode, in der die Partei ebenfalls in der Opposition war, auf einem mit den Ergebnissen ~ r die GrOnen vergleichbaren Niveau (95,11 bzw. 97,37). Bei der Analyse nach Themengebieten zeigte sich, dass die FDP-Parlamentarier bei den Themen Wirtschaft (96,74) und Umwelt (97,88) eine sehr hohe 13bereinstimmungsrate aufwiesen, w~ihrend in der Innen- und Rechtspolitik diese Rate mit Werten von 90,67 und 90,42 moderater ausfiel (ebenda: 134ff.). Die Ergebnisse der Abgeordnetenbefragung von Wel3els (2005:10) aus dem Jahr 2003 zeigen beim Punkt der innerparteilichen Geschlossenheit ein widersprtichliches Bild. Zwar sind gut zwei Drittel der Abgeordneten der Ansicht, dass Geschlossenheit und Disziplin in der eigenen Partei st~irker sein sollte als sie bisher ist. Divergieren jedoch W~ihlermeinung bzw. Parteimeinung und die Meinung des jeweiligen Abgeordneten zeigt sich, dass die eigene Meinung der Abgeordneten einen weit h6heren Stellenwert hat als die Partei- oder die W~ihlermeinung. Die geforderte innerparteiliche Geschlossenheit tritt bei diesen Konstellationen somit in den Hintergrund. (3) Die n~ichste htiher gelegene Aggregationsebene des Abstimmungsverhaltens ist diejenige, die die ideologischen Orientierungen der Parlamentarier mit einbezieht. Brettschneider (1995: 39) berichtet von drei in den USA sehr h~iufig verwendeten PunktSummen-Indices (Scores), die ~r eine ideologische Einordnung des jeweiligen Parlamentariers geeignet scheinen. 43 Dabei wird ftir jede Abstimmung thementibergreifend analysiert, ob der Abgeordnete eher die liberale oder eher die konservative Linie untersttitzte. Im Ergebnis der Aggregation des Abstimmungsverhaltens wird for jeden Parlamentarier ausgewiesen, wo er sich im politischen Spektrum zwischen Konservativen und Liberalen positioniert (Wright 1989). (4) Die vierte M6glichkeit, Abstimmungsverhalten zu messen, ist die Analyse des Abstimmungsergebnisses hinsichtlich der Folgen ~ r das staatliche Handeln. Im Unterschied zu den bisher vorgestellten Operationalisiemngsmtiglichkeiten wird das Abstimmungsergebnis nicht auf der Ebene der Parlamentarier (Mirkoebene) sondem auf der Ebene des Parlaments (Makro-Ebene) untersucht. Es interessiert somit nicht, wie jeder einzelne Abgeordnete gestimmt hat, sondem ob eine Beschlussvorlage die Mehrheit fand und wenn ja, welche Konsequenzen dies fttr das staatliche Handeln hatte. Als Indikatoren wurden daffir Haushaltsausgaben sowie diplomatische, wirtschaftliche und milit~irische Aktivit~iten verwendet. Diese Form der Operationalisierung fand sowohl in der Responsivit~itsforschung als auch in der Forschung zur 13bereinstimmung von Wahlprogrammen und politischem Handeln Anwendung (Brettschneider 1995:39; Hofferbert, Klingemann 1990; Budge, Hofferbert 1990; Hofferbert, Klingemann, Volkens 1992). Gleichwohl gilt far alle diese Vorschl~ige zur Messung des Outputs von Parlamenten die Kritik, dass allein die Messung des Abstimmungsverhaltens, egal ob auf Mikro- oder Makroebene, keine ausreichend valide Messung der Politikformulierungsaktivit~iten in Parlamenten ist. So ist festzustellen, dass die Erfassung des Abstimmungsverhaltens ausschliel31ich das Endergebnis der parlamentarischen Arbeit misst. Zwar ist letztendlich das 43 Hierbei unterscheidet sich die Anzahl der in die Analyse einbezogenen Abstimmungen je nach verwendetem Score. Gebr~iuchlich sind die Klassifikationen der Interessengruppen Americans for Democratic Action, Americans for Constitutional Action und die Einordnung der Zeitschrift Congressional Quarterly (Brettschneider 1995: 39).
5.1 Politisches Handeln der Kleinparteien
71
Resultat der politischen Willensbildung, das Gesetz oder die Unterzeichnung eines Vertrages, relevant, doch bleibt der Weg zu dieser Entscheidung unberticksichtigt. Es wird nicht gekl~irt, welche anderen Beschlussvorlagen vonder oder den Minderheitsfraktionen eingebracht wurden oder ob Vorschl~ige der Opposition mit aufgenommen w~den oder nicht. Diese Betrachtung der Entwicklungsgeschichte der Entstehung allgemein verbindlicher Regeln forderte schon Easton (1965: 359) ein, indem er betonte, dass bei der Erfassung der T~itigkeit von Politikem die den Abstimmungen vorausgehenden und begleitenden Aktivit~iten mit einbezogen werden mtissten. Overby (1991" 309) spricht in diesem Zusammenhang von den ,,early steps", die zus~itzlich zum Abstimmungsverhalten herangezogen werden sollten. Spezifisch Nr das parlamentarische Regierungssystem der Bundesrepublik ist, dass Politiker, auch wenn sie direkt gew~ihlt sind, zun~ichst ihrer Partei gegentiber verantwortlich sind, weil sie durch diese rekrutiert und nominiert wurden (Brettschneider 1995: 67f.), und die Fraktion aufgrund ihres arbeitsteiligen Aufbaus auf die Fraktionssolidarit~it angewiesen ist, um ihre Funktionen fiar das Parlament erffillen zu ktinnen (Patzelt 1998). Wie sehr die Abgeordneten des Deutschen Bundestages dieses Prinzip verinnerlicht haben, zeigt die schon angesprochene Arbeit von Saalfeldt deutlich. Es gibt kaum Varianz im Abstimmungsverhalten der Abgeordneten des Deutschen Bundestages innerhalb einer Fraktion (Saalfeldt 1995: 109f.). Diese Fraktionssolidarit~it wird von Patzelt (1998: 323ff.) als logische Konsequenz der Funktionsweise eines arbeitsteiligen Parlaments beschrieben. Ein weiterer Punkt, der gegen eine direkte 13bemahme der Erfassung des Abstimmungsverhaltens far das parlamentarische Regierungssystem der BRD spricht, ist das differierende Initiativrecht der Parlamentarier in der Bundesrepublik und ihrer Kollegen in den USA (Brettschneider 1995: 67). Ein einzelner Bundestagsabgeordneter hat nur das Initiativrecht ffir mtindliche und schriftliche Anfragen sowie ~ r ,~mdemngsantr~ige. Alle anderen parlamentarischen Aktivit~iten bedtirfen bestimmter Zustimmungsquoren (Ismayr 2000: 47). Diese Ausftihrungen zeigen, dass das politische Handeln der Parlamentarier von Kleinparteien im Parlament mittels des Indikators des Abstimmungsverhaltens nur unzureichend erfasst werden kann. Gegen diesen Indikator spricht die geringe Zahl bzw. der geringe Anteil an namentlichen Abstimmungen an allen Abstimmungen im Bundestag genau so wie die Nichtbeachtung der den Abstimmungen vorausgehenden parlamentarischen Initiativen. Hierbei besteht die Gefahr, dass das Handeln oppositioneller Parteien im Parlament bei der Analyse nur unzureichend berticksichtigt wird. Diese Kritikpunkte gegentiber der Erfassung des Abstimmungsverhaltens bzw. dessen Folgen werden von der zweiten M6glichkeit der Messung der Politikformulierungsaktivit~iten in Parlamenten aufgegriffen, der nun behandelt wird.
5.1.1.2
Formale parlamentarische Aktivit~iten
Die breitere Herangehensweise zur Erfassung des politischen Handels der Fraktionen im Parlament ist die Analyse der initiierten parlamentarischen Aktivit~iten. Dabei gilt es zun~ichst zu kl~iren, aus welchem Inventar Abgeordnete und Fraktionen schtipfen ktinnen und welche dieser Aktivit~iten in den bisherigen Studien zur Parlaments- und Fraktionst~itigkeit verwendet wurden.
72
Ursachen der Darstellung
Die den Parlamentariem zur Verffigung stehenden Instrumente lassen sich aus den Funktionen des Parlaments ableiten. Die Gesetzgebungsfunktion ~llt der Bundestag tiber das Einbringen von und die Abstimmung tiber Gesetzesentwtirfe aus. Neben dem Bundesrat k6nnen Gesetzesentwtirfe entweder yon der Bundesregierung oder aus der Mitte des Bundestages eingebracht werden (Art 76 Abs. 1 GG). 44 Die parlamentarischen Instrumente zu Er~llung der Kontroll- und Initiativfianktion sind vielschichtig, jedoch mtissen unterschiedliche Quoren far die Einbringung dieser Instrumente erffillt werden. Zu den Kontrollinstrumenten, die die Parlamentsmehrheit bedingen, z~ihlen die Herbeirufung des Bundeskanzlers oder einzelner Minister, die Forderung nach Berichten der Bundesregierung sowie die Annahme von Missbilligungs- und Entlassungsantragen. Eine qualifizierte Minderheit von einem Viertel der Abgeordneten ist n6tig, um Enquete-Kommissionen oder Untersuchungsausschtisse einzusetzen oder 6ffentliche Anh6mngen durchzusetzen. Ftir das Stellen Kleiner und Groger Anfragen bzw. die Beantragung von Entschliegungsantr~igen, Selbstst~indigen Sachantr~igen und Aktuellen Stunden reicht der Rtickhalt einer Fraktion oder von ftinf Prozent der Abgeordneten des Bundestages. Der einzelne Abgeordnete hat das Recht, der Bundesregierung kurze Einzelfragen mtindlich oder schrifllich zu stellen. Allerdings ist die Zahl der Fragen auf zwei mtindliche und vier schrittliche pro Monat beschr~inkt (Tabelle 4). Tabelle 4." Initiativrechte im Bundestag Akteur
Zur
Verfiigung
stehende
Bundestagsabgeordneter
- Miindliche Einzelfragen
Instrumente
- Schriflliche Einzelfragen Fraktion bzw. 5 Prozent der Abgeordneten
- GroBe Anfrage - Kleine Anfrage -
Gesetzesinitiativen
-
EntschlieBungsantr~ige
-
Selbstst~indige Sachantr~ige
- Aktuelle Stunde 25 Prozent der Abgeordneten
- Einsetzung von Enquete-Kommissionen -
Einsetzung von Untersuchungsaussch0ssen
- Offentliche AnhOrungen Mind. 50 Prozent der Abgeordneten
- Herbeirufungen des Bundeskanzlers sowie einzelner Minister - Forderung nach Berichten der Bundesregierung -
Annahme yon Missbilligungs- und Entlassungsantr~igen
Altestenrat
- Aktuelle Stunden
Bundesregierung
-
Gesetzesinitiativen
- Regiemngserklarungen
Der Begriff ,,aus der Mitte des Bundestages" ist so definiert, dass Gesetzesentw0rfe durch eine Fraktion oder durch 5 Prozent der Abgeordneten, nicht aber durch einzelne Abgeordnete eingebracht werden kOnnen (Geschaflsordnung des Deutschen Bundestages (GOBT) w 76).
44
5.1 Politisches Handeln der Kleinparteien
73
Als weitere Kontrollinstmmente sind in diesem Zusammenhang die w6chentlich stattfindende Kabinettsberichterstattung, die Haushaltsberatung und Finanzkontrolle, der Bundesrechnungshof, der Petitionsausschuss, die Einrichtung des Wehrbeauftragten und die Institutionalisiemng der Technikfolgenabsch~itzung zu nennen. Die Kontrolle auf diesen Ebenen wird vom Bundestag ohne gesonderte Beantragung oder Quoren fiir die Beantragung ausgetibt (Ismayr 2000: 367ff.). Ferner ist noch das Mittel der Regiemngserkl~irung als ,,Jederzeitsrecht" der Regierung zu erw~ihnen. Bisherige Studien zu parlamentarischen Aktivit~iten der Fraktionen im Bundestag analysierten ein unterschiedlich breites Spektrum des oben vorgestellten Inventars. Den breitesten Ansatz verfolgte dabei Schindler, der die Statistiken der parlamentarischen Aktivit~iten in den Handbtichem zum Deutschen Bundestag offen legte (Schindler 1999). Hier finden sich neben der blol3en Ausz~ihlung der Aktivit~iten Hinweise auf Urheber und Themen. Ziel dieser Aufstellung ist es, Interessierten Daten zur T~itigkeit des Bundestages zur Verfiigung zu stellen (Feldkamp 2003: 5). Diese Daten wurden yon einer Reihe yon Autoren zur Beschreibung der Aktivit~iten einzelner Akteure sowie zur Analyse der Verwendung einzelner Instrumente im Bundestag genutzt (Ismayr 2000; Werner 1993). Die meisten Studien hingegen beziehen nur ausgew~ihlte Instrumente in die Analysen der Parlamentst~itigkeit verschiedener Akteure ein, was im Folgenden am Beispiel der Messung der Parlamentst~itigkeit der Parteien verdeutlicht werden soll. So untersuchte Neureither (1963) das Abstimmungsverhalten sowie die Antr~ige, die durch die oppositionellen Parteien zwischen 1949 und 1951 eingebracht wurden und verglich diese mit dem Handeln der Regierungsparteien (Schindler 1984: 238). In der Untersuchung zur parlamentarischen Arbeit der Grfinen im Bundestag analysierte Ismayr (1985:315f.) Herbeirufungen, Entlassungsantr~ige, GroBe Anfragen, Kleine Anfragen und Gesetzesentwfirfe im ersten Jahr der zehnten Wahlperiode des Bundestages. 45 Kranenpohl erfasste in seiner Studie zu den kleinen Fraktionen im Bundestag die eingebrachten Antr~ige, Antr~ige auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, Antr~ige auf Einsetzung einer Enquete-Kommission, EntschlieBungsantr~ige, GesetzesentwiJrfe, Kleine Anffagen, GroBe Anfragen und das Verlangen auf Abhaltung einer Aktuellen Stunde (Kranenpohl 1999: 65ff.). Auch Brettschneider griff in seiner Responsivit~itsuntersuchung des Deutschen Bundestages auf ein breites Inventar an parlamentarischen Instrumenten zurfick. In die Analyse wurden yon Regiemngsseite her Gesetzesentwtirfe, Regierungserkl~irungen und Antworten auf Anfragen, yon der Seite der einzelnen Abgeordneten mtindliche und schrifiliche Anfragen sowie ,~ndemngsantr~ige, yon Seiten der Fraktionen und Abgeordnetengruppen Gesetzesentwfirfe, selbst~indige Sachantr~ige, Andemngsantr~ige, EntschlieBungsantr~ige, GroBe und Kleine Anfragen sowie die Beantragung Aktueller Stunden, yon Seiten der Ausschfisse Beschlussempfehlungen, ,&nderungsantr~ige und EntschlieBungsantr~ige und schlieBlich yon Seiten des Bundestagsplenums die Beschlussfassung einbezogen (Brettschneider 1995: 128ff.). R611e verglich die Anteile des Themas Wohlfahrt in den Wahlprogrammen mit den tats~ichlichen politischen 45 Auch auf landespolitischer Ebene wurde die parlamentarische Aktivitat einzelner Akteure untersucht. So analysierte Welte (1994) die Parlamentsarbeit der Grtinen im baden-wtirttembergischen Landtag und verglich die Aktivitaten der Fraktion der Grtinen zwischen 1980 und 1992 mit denen der Fraktionen von CDU, SPD und FDP. Als parlamentarische Initiativen wurden hierbei Gesetzesentwt~rfe, GroBe Anfragen, Kleine Anfragen, Mtindliche Anfragen, Antrage und Aktuelle Debatten erfasst (Welte 1994: 107f.). Weitere Arbeiten zu den Granen wurden von Adamietz (1981) zu den Grfinen in der Bremischen Btirgerschafl, von Weinberger (1983) zur Parlamentisierung der Altemativen Liste in Berlin und von Johnsen (1988) zur Entwicklung der Gr~nen in Hessen zwischen 1982 und 1985 verOffentlicht.
74
Ursachen der Darstellung
Handlungen der Parteien in der darauf folgenden Legislaturperiode (R611e 2000). Als Indikatoren N_r letzteres wurden in der ersten, der ftinften, der sechsten und der zehnten Legislaturperiode alle Gesetzesentwttrfe, Kleinen Anfragen, Sachantr~ige, EntschlieBungsantr~ige, Grol3en Anfragen, Aktuelle Stunden, Regierungserkl~irungen und .X.ndemngsantr~ige untersucht. Ferner finden sich Studien, die nur eines der genannten Instrumente analysiert haben, wie zum Beispiel die von Sebaldt (1992) zum Abstimmungsverhalten im Deutschen Bundestag. Somit zeigt sich, dass neben den Gesetzesinitiativen vor allem die parlamentarischen Instrumente, die unter die Kontrollfunktion des Parlaments fallen, in die Untersuchung des Handelns von verschiedenen Akteuren einbezogen wurden. Darunter z~ihlen vor allem die Grol3en und Kleinen Anfragen sowie die Aktuellen Stunden. Mit der Analyse der letztgenannten Instrumente k6nnen auch die parlamentarischen Handlungen der Oppositionsparteien erfasst und beschrieben werden.
5.1.1.3
T~itigkeits- und Themenprofile der Fraktionen der Kleinparteien im Bundestag
Bei der Beschreibung der parlamentarischen T~itigkeit der Fraktionen von FDP und Grtinen (bzw. Btindnis 90/Die Grtinen) im deutschen Bundestag ist zunachst deren Verweildauer im Parlament zu beracksichtigen. W~ihrend die FDP seit der ersten Legislaturperiode im Parlament vertreten ist, gelang den Gnanen erst 1983 der Sprung in den Bundestag. Daher ist ein Vergleich der Themenagenden und der Aktivit~it im Parlament auf die letzten Wahlperioden beschr~inkt. Dennoch soil im Fail der FDP die Entwicklung seit 1949 nachgezeichnet werden, um Stabilit~it und Wandel im politischen Profil der Fraktion aufzeigen zu k6nnen. In seiner Studie zu den parlamentarischen Aktivit~iten der Fraktionen der Kleinparteien weist Kranenpohl far die FDP-Fraktion aus, dass diese zwischen 1949 und 1994 insgesamt 2.109 parlamentarische Initiativen im Rahmen der untersuchten Instrumente 46 in den Bundestag einbrachte. Die thematischen Schwerpunkte der Arbeit der FDP-Fraktion erfasste Kranenpohl in 24 Rubriken, die sich an den Ressorts der Bundesregierung orientierten. Bei der Gesamtausz~ihlung tiber die zwtilfLegislaturperioden hinweg zeigt sich, dass die H~ilfte der parlamentarischen Initiativen einem Viertel der Rubriken zuzuordnen sind. So wurden vonder FDP-Fraktion die Themen Arbeit und Soziales, Inneres, Finanzen, Em~ihrung und Landwirtschaft sowie mit Abstrichen Ausw~irtiges in ihrer parlamentarischen Arbeit besonders betont (Abbildung 3). Die einzelnen Legislaturperioden zeichnen sich durch unterschiedliche thematische Schwerpunkte aus. Im ersten Bundestag besch~iftigte sich die FDP im Besonderen mit den Themen Besatzungsm~ichte sowie Wirtschatts- und Finanzpolitik (Kranenpohl 1999:71 f.). Das Thema Finanzpolitik rangierte dann auch in der zweiten Legislaturperiode sehr weit oben auf der Themenagenda der Fraktion (ebenda: 95). Die Arbeit in der dritten Legislaturperiode des Bundestages war gekennzeichnet durch die Themen Arbeit und Soziales sowie Finanzen. Der Wechsel von der Oppositionsbank auf die Regierungsbank brachte auch einen neuen thematischen Schwerpunkt mit sich. Die Finanzpolitik rtickte auf hintere Pl~itze, die Hauptrollen spielten dagegen die Themen Em~mmg und Landwirtschatt. Auch in Als Instrumente wurden erfasst: Antr~ige, Antr~ge auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, Antr~ge auf Einsetzung einer Enquete-Kommission, EntschlieBungsantr~ge, Gesetzesentwt~rfe, Kleine Anfragen, GroBe Anfragen und das Verlangen auf Abhaltung einer Aktuellen Stunde.
46
5.1 Politisches Handeln der Kleinparteien
75
Zeiten der GroBen Koalition brachte die FDP wiederum die meisten Initiativen im Bereich Em~mang und Landwirtschaff (19,6 Prozent) ein. Die Themen Arbeit und Soziales sowie Finanzpolitik ragten ebenso aus dem Themenkatalog hervor (ebenda: 124ff.).
Abbildung 3."
Themen der parlamentarischen Aktivit~iten der FDP-Fraktion Prozent
Arbeit/Soziales Finanzen Inneres Em~ar./Landwirtsch. Wirtschafi Ausw~ges Verteidung ~ Verkehr Deutschland Recht Jugend/Familie Bildung Batt/Wohnung Umwelt Kriegsfolgen Gesundheit ~ Wirtschaffi. Zus.arbeit ~ Bundestag Europa Forschung/Technologie Frauen Bundesl~ader Vertriebe/Aussiedler Kemenergie Post/Rundfimk
9,4
19,1 9 6,9 6,3 6,2
5
4,9 3,5 3,4
3,3 2,8
2,6 2 2
0
1,9 1,6 1,2 0,8 2
4
6
8
10
Quelle: Krahnenpohl 1999:181
In der ersten Legislaturperiode der sozial-liberalen Koalition lag thematisch der Schwerpunkt auf der Innenpolitik, zu der gut jede sechste Vorlage eingebracht wurde. Weiterhin waren die Themen Verteidigung, Wirtschaft wie auch Arbeit und Soziales in dieser Legislaturperiode noch von Bedeutung. Mit der Verabschiedung der Freiburger Thesen 1971 ~inderten sich die thematischen Schwerpunkte der FDP-Fraktion im Bundestag (Fassbender 1989:182). Die siebente und achte Legislaturperiode war gepr~igt durch Entwtirfe der Fraktionen zur Wirtschaftspolitik, den Bereichen Arbeit und Soziales, Jugend und Familie sowie Inneres. Politische Projekte wie die Ostvertr~ige, der Grundlagenvertrag mit der DDR, der Erlass von Rahmengesetzen fdr Bildung und Umweltschutz, die Herabsetzung des Vollj~ihrigkeitsalters sowie die Reform des Strafrechts und des Strafvollzugs wurden zusammen mit der SPD umgesetzt (ebenda). In den letzten zwei Jahren der sozial-liberalen Koalition standen die Themen Arbeit und Soziales sowie Forschung und Technologie im Mittelpunkt der Politikformuliemngsaktivit~iten (Kranenpohl 1999:142f.). Ebenso wechselten durch den Eintritt in die christlich-liberale Koalition die Themenschwerpunkte der Antr~ige der die Regierung tragenden Fraktionen. Im Zentrum der zehnten Wahlperiode stand die Innenpolitik. Gut 15 Prozent aller Initiativen gingen hierauf zu~ck. Weitere Arbeitsschwerpunkte bildeten die Themen Wirtschaft, Agrarpolitik und
76
Ursachen der Darstellung
Bildung (ebenda: 150). Auch in der eltten Legislaturperiode wurde die Arbeit der schwarzgelben Koalition fortgesetzt. Bei den Initiativen der Koalitionsfraktionen dominierte die Auseinandersetzung mit der Deutschlandpolitik, was aufgrund des Zusammenbruchs der DDR und der historischen Chance auf eine Wiedervereinigung beider deutscher Staaten nicht verwundert. Insgesamt 11 Prozent aller erfassten parlamentarischen Aktivit~iten wurden unter diesem Thema erfasst. In der Rangordnung folgen die Bereiche Arbeit und Soziales, Umwelt, Em/ahnmg und Landwirtschaft, Inneres und Augenpolitik. Die inhaltliche Arbeit der Koalition in der zw61ften Legislaturperiode war gepr~igt von den Themen Innenpolitik (12 Prozent), Wirtschat~spolitik (11 Prozent)und Aul3enpolitik (11 Prozent), insgesamt deckten diese drei Themenfelder also tiber ein Drittel der 250 parlamentarischen Initiativen der FDP-Fraktion ab. An dieser Stelle l~isst sich zusammenfassen, dass sich die FDP-Fraktion in den zw61f Legislaturperioden zun/achst vorrangig den Themen Finanzen sowie Em~ihrung und Landwirtschaft widmete. Bis einschlieBlich der ~nften Legislaturperiode waren dies - abgesehen vom Thema Besatzung/Kriegsfolgen- die dominierenden Themen der Fraktionsagenda der FDP. Ab der sechsten Legislamrperiode ist eine so deutliche Zuordnung nicht mehr ohne Weiteres m6glich, da die parlamentarischen Initiativen yon nun an von den regierungstragenden Fraktionen in der Regel gemeinsam eingebracht wurden. Da die FDP zwischen 1969 und 1994 ununterbrochen in der Regierungsverantwortung stand, gilt diese Einschr~inkung fftir die Legislaturperioden sechs bis zw61f. In den Zeiten der sozial-liberalen Koalition wurden besonders zu den Themen Inneres und Wirtschaft Initiativen eingebracht. In den Jahren der christlich-liberalen Koalition wendeten sie vermehrt ihre Aktivit/aten den Themen Inneres, Arbeit und Soziales zu, die letzten Legislaturperioden waren von den Schwerpunkten Ausw~irtiges und Wirtschaft gepr/~gt. Dieser Themenquerschnitt zeigt, dass die FDP seit ihrem Einzug in den Bundestag 1949 nicht monothematisch vorgegangen ist, sondem sich, ohne ihre politischen Gravitationszentren Rechts- und Innenpolitik sowie den Wirtschaftsliberalismus aus den Augen zu verlieren, thematisch weiterentwickelt hat (Lambsdorff 1995: 224ff.). Die Umorientiemng der FDP auf Themengebiete auBerhalb der Rechts- und Innenpolitik l~isst sich auch am Anteil beider Themen an allen parlamentarischen Aktivit/aten ablesen. W/ahrend zwischen 1969 und 1982 noch zwischen 17 und 24 Prozent der Initiativen der FDP-Fraktion auf die Rechts- bzw. Innenpolitik entfielen, betrug der Anteil in der christlich-liberalen Koalition nur noch zwischen 10 und 15 Prozent (Kranenpohl 1999:181). Die Entscheidung der sozial-liberalen Koalition, alle parlamentarischen Initiativen als gemeinsame Vorlagen einzureichen, birgt ftir die kleine Fraktion in der Regierung die Gefahr, dass ihr politisches Profil in der (3ffentlichkeit verwischt. So reichte die FDP-Fraktion zwischen 1969 und 1994 nur 21 eigenst~ndige Vorlagen ein. Mit der Aktuellen Stunde nutzte die FDP-Fraktion dabei in 18 F~illen ein 6ffentlichkeitswirksames Mittel der parlamentarischen Aktivit~iten, um ihr Profil zu sch~irfen. Jedoch reichten die wenigen eigenst~indigen Aktivit/aten nicht aus, der Partei ein politisches Profil zu geben. Das Verwischen des liberalen Profils wurde als Hauptursache der Krise der FDP in den 90er-Jahren ausgemacht. Der Partei gelang es nicht mehr, eigene Akzente im Kabinett Kohl zu setzen und wurde nur noch aus als Mehrheitsbeschaffers betrachtet (L6sche, Walter 1996: 198ff.). Ftir die Beschreibung des parlamentarischen Profils der Grtinen l~isst sich ztm~ichst feststellen, dass welt mehr Forschungsarbeiten zu dieser Partei existieren als zur FDP. Begrtinden 1/asst sich diese Tatsache zum einen mit dem gesteigerten Interesse der Forschung an der
5.1 Politisches Handeln der Kleinparteien
77
Parlamentarisierung einer neuen Partei, zum anderen stellte schon Schiller (1993"119) fest, dass die FDP in der Parteienforschung bis dahin eher stiefmtitterlich behandelt wurde. Hinsichtlich des parlamentarischen Profils der Grtinen lassen sich eindeutige Schwerpunkte erkennen, denn anders als bei den die Regierung tragenden Fraktionen gab es bei den Oppositionsfraktionen keine Absprache, die parlamentarischen ,a&tivit~iten gemeinsam einzureichen. Die Kooperation zwischen den Oppositionsfraktionen war im Gegenteil sehr gering (Kranenpohl 1999: 178). Somit ktinnen zur Interpretation der Analysen der parlamentarischen lnitiativen der Grtinen die Aktivit~iten der SPD als groge Oppositionspartei mit herangezogen werden. Dieser Vergleich erleichtert die Einordnung der gefundenen Werte. Es zeigt sich, dass die Grtinen aufgrund ihrer Erfahrungen in den Landesparlamenten ihre parlamentarische Rolle konstruktiv austibten und die parlamentarischen Spielregeln akzeptierten. Sie unterwarfen sich den parlamentarischen Mechanismen der Arbeitsteilung, der Kompromisssuche und der Umsetzbarkeit der eigenen Vorstellungen (Klotzsch et al. 1989:213; Sp6hrer 1999: 90). Gerade die Akzeptanz des Grundsatzes der Arbeitsteilung in einem Parlament ~hrte dazu, dass die Aktivit~iten der Grtinen im Bundestag in Oppositionszeiten zwischen der zehnten und der dreizehnten Legislamrperiode sehr intensiv waren. In der zehnten und elften Legislamrperiode, in der sie in Fraktionsst~irke im Bundestag vertreten waren, reichten sie 1.313 bzw. 2.000 parlamentarische Aktivit~iten ein. Die 2.000 parlamentarischen Initiativen in der eltten Legislaturperiode entsprechen ungef~ihr der Anzahl, die die FDP insgesamt in zwtilf Legislamrperioden (2.109) im Bundestag einbrachte (Kranenpohl 1999:182). Der starke Rtickgang auf 526 Aktivit~iten in der zw61ften Legislamrperiode ist darauf zurtickzuftihren, dass Btindnis 90/Die Grtinen nicht in Fraktions-, sondem nur in GruppengrN3e im Parlament vertreten waren, da sie nur in Ostdeutschland, jedoch nicht in Westdeutschland die Sperrklausel tiberwunden hatten. 47 Ein Grol3teil der Handlungen geht dabei auf Aktivit~iten im Zusammenhang mit dem Fragerecht (Grol3e Amfrage, Aktuelle Stunde, Kleine Anti'age) zurtick. Im Besonderen trifft dies auf die Verwendung der Kleinen Anfrage als Kontrollmittel gegentiber der Regierung zu. Mit dem Einzug der Griinen und der PDS in den Bundestag wurde insgesamt das Instrument der Kleinen Anfragen weit st~irker genutzt als zuvor. Wurden in der achten Wahlperiode noch 434 Kleine Anffagen, in der neunten gar nur 297 gestellt, stieg die Zahl mit dem Einzug der Grtinen in den Bundestag auf 1.006 in der zehnten Wahlperiode an (Schindler 1999: 2642). Allein im ersten Jahr ihrer Parlamentszugeh6rigkeit stellten die Grtinen 389 Kleine Anffagen, w~ihrend die SPD als damalige Oppositionspartei nur 70 Kleine Anfragen initiierte (Ismayr 1985:316). Der bisherige H6chststand wurde in der 13. Wahlperiode erreicht, als insgesamt 2.070 Kleine Anfragen gestellt wurden. 82,5 Prozent dieser Anfragen wurden von den Fraktionen von Btindnis 90/Die Grtinen und der PDS initiiert (Ismayr 2000: 340). Im Gegensatz ging der Anteil der Kleinen Anfragen von den die Regierung tragenden Fraktionen auf unter ein Prozent zurtick, wobei einger~iurnt werden muss, dass ftir diese Fraktionen auch keine Notwendigkeit besteht, den formalen Weg der Kleinen Anffage zu w~ihlen, verftigen sie doch tiber direkte Zugangsm6glichkeiten zu Ministerien und Verwaltung, um an die gewtinschten Informationen zu gelangen (Kranen47 1990 wurde mit getrennten Sperrklauseln in Ost- und Westdeutschland gewfihlt. Wfihrend die Grfnen im Westen knapp an der 5 Prozent Hfrde scheiterten, fbersprang Bfndnis 90 diese im Osten. Somit gelang den Griinen der Wiedereinzug in den Bundestag 1990 nur fiber Ostdeutschland und mit deutlich weniger Parlamentariern als 1987o
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Ursachen der Darstellung
pohl 1999: 122). 48 Die parlamentarische Strategie der GriJnen beschr~irukte sich jedoch nicht nur auf die Regierungskontrolle. Dass sich die Fraktion auch konstruktiv in das Parlament einbrachte, zeigen die Gesetzesinitiativen. Schon im ersten Jahr ihrer Parlamentszugeh6rigkeit brachten die Grtinen 32 Gesetzesentwiirfe ein, was nur drei Initiativen weniger waren als die der SPD (ebenda: 318). In den vier Legislaturperioden, in denen die Grtinen im Bundestag auf der Oppositionsbank safSen, initiierten sie - trotz der geringen Aussicht auf Erfolg 4 9 - insgesamt 246 GesetzesentwOrfe, durch die ebenfalls oppositionelle SPDFraktion wurden in der selben Zeit 376 Gesetzesentwiirfe eingebracht (DIP 2005). Es wird also deutlich, dass sich die Gr0nen weniger konstruktiv als die SPD am Prozess der Politikformulierung (Werner 1993: 198, 206) beteiligen. Kennzeichnend ffir die Fraktionsarbeit der Grtinen im Bundestag ist ihr exzessiver Umgang mit parlamentarischen Initiativen im Bereich des Fragerechts (Kranenpohl 1999:181). Ahnlich umfangreich war nur noch die PDS in den 90er Jahren im Bundestag aktiv (DIP 2005; Schindler 1999). In den Landesparlamenten verfolgten die Grtinen eine ~ihnliche Strategie (Welte 1994:112f.). Die Analyse der Verteilung aller parlamentarischen Aktivitaten der Grtinen von Kranenpohl (1999) macht deutlich, dass die Kleine Anfrage von den erfassten Aktivit~iten eindeutig das am h~iufigsten gebrauchte Instrument im Zeitraum der 10. bis zur 12. Legislaturperiode war. Gut sechs von zehn Initiativen gingen auf Kleine Anfragen zurtick. An zweiter Stelle mit jedoch nicht einmal einem Drittel der H~iufigkeit Kleiner Anfragen folgen Amtr~ige mit einem Anteil von 16 Prozent, gefolgt von EntschlieBungsantr~igen, die 11 Prozent der Initiativen ausmachten. Nur jede 25. Aktivit~it war hingegen ein Gesetzesentwurf. Die Auswertung der parlamentarischen Initiativen der Grtinen hinsichtlich ihrer Thematik best~itigt, dass die Partei zwischen ihrem erstmaligen Einzug in den Bundestag 1983 und dem Ende der 90er Jahre einen tief greifenden thematischen Wandel vollzog: Der Schwerpunkt der inhaltlichen Arbeit der Fraktion der Grtinen lag in der zehnten Legislaturperiode mit den Themen Okologie (40 Prozent aller Initiativen) und Verteidigung mit (18,6 Prozent) noch auf den Themengebieten der Grtindungszeit der Partei, die auch heute noch am ehesten mit den Grtinen verkntipt~ werden (Kranenpohl 1999: 164). 50 Ismayr (1985: 316ff.) weist aus, dass schon zu Beginn der Legislaturperiode bei Kleinen und Grol3en Anfragen der Fokus auf den Themen Okologie/Umwelt, Verteidigung und Verkehr lag. Gut die H~ilfte der Kleinen Anfragen und fast zwei Drittel der Grogen Anfragen wurden zu diesen Themenbereichen eingereicht. Bei den Gesetzesentwtirfen kam das Thema Btirgerrecht zum Tragen. Auch in der e l l e n Legislaturperiode des Bundestages dominierte das Thema Okologie, jedoch ging der Anteil dieses Themas an allen von den Grtinen initiierten Themen von gut 40 Prozent in der vorherigen Legislaturperiode auf 33 Prozent zurtick. Verst~irkt beschaftigten sich nun die Grtinen mit den Themen Inneres, das von 8 Prozent in Jedoch ist diese Vielzahl an Kleinen Anfragen in den Fraktionen der Oppositionsparteien auch nicht unumstritten. Die Kritiker des exzessiven Gebrauchs dieses Kontrollinstrumentesgeben zu bedenken, dass mit einer derartigen Vielzahl an Aktivit~iten das Fraktionsprofil verschwimmt und die Konzentration auf das Wesentliche in der parlamentarischen Arbeit verloren geht (Ismayr 1985: 316). Auf der anderen Seite kann durch diese Vielzahl von Kleinen Anfragen das Verh~iltnis zwischen Basis und Abgeordneten verbessert werden. Dabei wird der Basis zu verstehen gegeben, dass ihr oder ihre Abgeordnete die Probleme aufgreifen und in das Parlament einbringen. Insofern verhalten sich besonders die Abgeordneten von Btindnis 90/Die Griinen und PDS responsiv. 49Zwischen der 10. und der 13. Legislaturperiode wurden nur 5 Gesetzesentw~irfeder Oppositionsparteien angenommen (Ismayr2000: 240). 50Gefragt nach den Themen der Griinen Programmatik antworteten 1998 zwei Drittel der Befragten mit Umweltschutz und alternative Energien, nur 36 Prozent mit sozialer Gerechtigkeit, 27 Prozent Schaffung von Arbeitspl~tzen (IfD 6053). 48
5.1 Politisches Handeln der Kleinparteien
79
der 10. auf 30 Prozent in der 12. Legislaturperiode stieg, und mit dem Thema Ausw~irtiges (Kranenpohl 1999" 182). Dass die Grtinen einen thematischen Wandel weg von Okologie und Friedenspolitik hin einem breiteren Themenprofil anstrebten, wurde bereits zu dieser Zeit deutlich. Diese Ver~inderung wurde nach dem verlorenen Bundestagswahlkampf von 1990 forciert, in dem die Grtinen auf das Thema Umweltschutz gesetzt hatten (Kleinert 1992). Die Okologie wurde als Schwerpunkt welter in den Hintergrund gedr~ingt und die Themen Innenpolitik mit den Schwerpunkten Asyl- und Ausl~inderpolitik sowie die Aufarbeitung der DDR-Geschichte standen nun im Zentrum der Arbeit der Gruppe im Bundestag (ebenda: 283 ff.). Im Vergleich zur FDP haben sich in relativ kurzer Zeit starke Verschiebungen in der Themengewichtung durch die Partei ergeben. Die Btindnisgrtinen weiteten ihr Themenprofil innerhalb von nur drei Legislaturperioden stark aus. Diese Strategie ~hrte die Partei auch in der 13. Legislaturperiode fort, indem sie sich auf parlamentarischer Ebene im Besonderen auf die Themen Finanzen und Augenpolitik konzentrierte (Bergmann 2002:168).
5.1.1.4
Fazit
Die vorgestellten empirischen Befunde zur Aktivit~it der Fraktionen der Kleinparteien lassen den Schluss zu, dass sich die Fraktionen von FDP und Btindnis 90/Die Grtinen aktiv an der Parlamentsarbeit beteiligen. Der Vergleich der Aktivit~iten von Grfinen-Fraktion und der SPD-Fraktion in der Opposition macht im Gegensatz dazu auch deutlich, dass einerseits die Grtinen in ihrer Parlamentsstrategie st~irker das Fragerecht betonen, w~ihrend andererseits vonder SPD eine konstruktivere Oppositionspolitik betrieben wurde, die sich in einer h/Sheren Zahl an Gesetzesinitiativen ~iuBert (Wemer 1993:198, 206; DIP 2005). Die Studie von Kranenpohl zeigte deutlich, dass die Fraktionen der Kleinparteien mehrere Themenschwerpunkte in der parlamentarischen Arbeit haben und dass sich diese Schwerpunkte auch ver~indem kSnnen bzw. ver~indern mtissen. Eben diese programmatische Wandlungsf~ihigkeit wird als Erfolgsgrtmd der Etablierung beider Kleinparteien im Parlament herausgestellt (Kranenpohl 1999:191 ff.).
5.1.2
Parlamentstdtigkeit in der Berichterstattung
Die parlamentarischen Aktivit~iten der Kleinparteien sind nur eine Seite der Medaille. Die andere ist die Kommunikation dieser. Im Systemmodell von Easton steht das politische System in der Verantwortung, die von ihm getroffenen Entscheidungen an den Btirger zu vermitteln (Easton 1965" 398f.). Neben den spttrbaren Auswirkungen durch neue Gesetze und der Rezeption von Parteimedien erf~ihrt der Btirger vor allem durch die Massenmedien vom Handeln der Fraktionen der Parteien im Parlament. Studien, die sich mit der Medienberichterstattung aus dem und tiber das Parlament besch~iftigen, befassen sich entweder mit der Dauer der Berichterstattung aus dem Bundestag im Femsehen bzw. der Reichweite dieser Sendungen oder sie ermitteln, wie tiber die Parlamentsarbeit in Tageszeitungen und Fernsehnachrichtensendungen berichtet wird. Die Ergebnisse erstgenannter Studien lassen sich wie folgt zusammenfassen:
80 9 9
Ursachen der Darstellung Der Umfang der Berichterstattung aus dem Parlament nimmt zu. Die Publikumsresonanz auf die 12rbertragungen aus dem Parlament bleibt gering.
Eine Studie zum Umfang der Berichterstattung stammt von Mayntz, der sich mit der Live-Berichterstattung aus dem Bundestag zwischen der 2. und der 11. Legislaturperiode (1953-1990) befasste. Dabei wurde die Gesamtl~inge der Plenumssitzungen mit dem Umfang der l~ertragung verglichen. Der Autor stellt fest, dass gut ein Sechstel des Debattenumfangs in ARD und ZDF tibertragen und tiber knapp jeden vierten Sitzungstag des Bundestages berichtet wurde (Mayntz 1993: 359). Der Berichterstattungsumfang stieg von 144 Stunden in der ersten Legislaturperiode auf tiber 300 Stunden in den letzten beiden untersuchten Legislaturperioden. Nach der Etablierung des Ereignis- und Dokumentationskanals Phoenix 1997 sowie anderer Nachrichtensender l~isst sich eine weitere VergrN3erung des 13bertragungsumfangs aus dem Bundestag feststellen. Nie zuvor wurde tiber das Parlament so umfangreich berichtet wie heute (Tenscher 1998). Doch besteht das Problem der geringen Massenwirksamkeit dieser 13bertragungen weiterhin. Im Durchschnitt sahen sich zwischen 1985 und 1990 nur knapp eine halbe Million Zuschauer die von den Medien ausgew~ihlten Debatten aus dem Parlament an (Mayntz 1993: 360). Die mittlere Reichweite far Bundestagsdebatten ist nach der Ausweitung der 13bertragungen aus dem Deutschen Bundestag durch den Spartenkanal Phoenix rtickl~iufig, da alle und nicht nur ausgew~lte Debatten tibertragen werden (Radke 1997: 209). Die Ergebnisse der Studien, die Anteil und Themen der Parlamentsberichterstattung in der tagesaktuellen Berichtersta~ang untersucht haben, lassen sich folgendermagen zusammenfassen: 9
9
9
Die Berichterstattung aus dem Bundestag nimmt nur einen geringen Teil der innenpolitischen Berichterstattung in Presse und Femsehen ein. Somit wird nur in wenig authentischer Form tiber das zentrale politische Entscheidungsorgan berichtet. Wenn aus dem Bundestag berichtet wird, dominiert die Konfrontation von Politikem die Parlamentsberichterstattung. Die Arbeit in Ausschtissen wird dem Btirger nicht n~iher gebracht. Somit wird der Charakter des Bundestags als Arbeitsparlament nicht dargestellt. In der Berichterstattung tiber das Parlament dominiert die Regierung als Akteur. Die Kontrollfunktion des Parlaments gegentiber der Regierung wird so nicht kommuniziert.
Empirische Evidenzen ftir die erste These legte Marcinkowski vor. Er untersuchte die Parlamentsberichterstattung in Deutschland anhand einer Inhaltsanalyse der Qualit~itszeitungen SZ und FAZ sowie der Fernsehnachrichtensendungen Tagesschau und heute vergleichend ~ r die Jahre 1986 und 1996. 51 Hinsichtlich der Berichterstattung tiber Bundestagsdebatten stellt er fest, dass der Anteil dieser an der Berichterstattung fiber die deutsche Innenpolitik mit Werten zwischen 0,3 und 2,4 Prozent sehr gering ist und im Jahr 1996
5~ Basis der Untersuchung waren drei ,,kt~nstliche Wochen" zwischen Januar und April 1986 und 1996 ftir die Qualit~tszeitungen (je 16 Ausgaben von FAZ und SZ pro Jahr) und zwei natfirliche Wochen im Juni und September ~r die Femsehnachrichten(insgesamt50 Ausgaben von Tagesschauund heute).
5.1 Politisches Handeln der Kleinparteien
81
zumindest nicht geringer war als im Jahr 1986 (Marcinkowski 2000: 53s 52 Weiterhin zeigt sich, dass ffir eine Politikberichterstattung der Qualit~itszeitungen gerade eine Parlamentst~itigkeit in jedem ffhnften Beitrag Anlass fiir die Berichterstattung war. Bei den Fernsehnachrichtensendungen ging dieser Anteil zwischen 1986 und 1996 von 19 Prozent auf 12 Prozent zurtick. Demgegentiber verteidigt Mayntz (1993) die Qualit~it der Parlamentsberichterstattung, indem er an~hrt, dass in seiner Fallstudie von 91 Sitzungstagen in den Qualit~itszeitungen, der WAZ und den Fernsehnachrichtensendungen zwischen 80 und 100 Prozent dieser S itzungstage Gegenstand der Berichterstattung waren und dass sich zwischen 9 und 81 Prozent der behandelten Themen in den Medien wieder fanden. Diesbeziiglich wird deutlich, dass geringere Berichterstattungsquoten bei den reichweitenstarken Medien (Fernsehnachrichtensendungen und Bild-Zeitung) im Vergleich zu den Qualit~itszeitungen zu verzeichnen sind (Mayntz 1993: 364). Die abnehmende Berichterstattung tiber die Parlamentst~itigkeit ist jedoch kein deutscher Sonderfall. So stellte Negrine (1999: 327f.) fest, dass in der britischen Presse, die ~ r die Qualit~it ihrer Parlamentsberichterstattung einstmals gertihmt wurde, diese immer weiter zurtickgeht. Mittlerweile gibt es keine Zeitung mehr, die eine eigene Parlamentsseite hat, in der Reden von Abgeordneten des Unterhauses abgedruckt werden. Es zeigt sich der Trend einer Entauthentisierung in der Berichterstattung tiber das Parlament, da nur noch die Journalisten tiber die Debatten berichten und somit der Grundtenor der Debatten nicht mehr durch die Akteure selbst, sondem durch die Berichterstattung von Journalisten gesetzt wird (Patterson 1993; Negrine 1999; Fischer 2002). Sie entziehen den Politikern die M~glichkeit, sich direkt zu ~iuf3em und verweigem somit den Btirgem die Meinungen aus dem Munde ihrer Repr~isentanten. Als Ursachen ftir diese Entwicklung werden die Zulassung des Fernsehens bei Parlamentsdebatten, der gestiegene Wettbewerbsdruck sowie ein sich ver~indemdes Rollenverst~indnis der Journalisten angesehen (Wilke 2000: 35). Die Folge dieser Entwicklung ist der zunehmende Rtickgang der Offentlichen Wahrnehmung des Parlaments als zentralem Ort des politischen Diskurses, den die Politiker durch das Ausweichen in politische Talkshows zus~itzlich beschleunigen (Mai 2003: 19f.). Der Sachdiskussion im Parlament wird die Laiendiskussion in den Talkshows entgegengesetzt (Sarcinelli, Yenscher 2000:83 f.). Die zweite These, die besagt, dass es in der Berichterstattung tiber das Parlament um Konfrontationen yon Personen und nicht um die Arbeit von Ausschtissen geht, wird untermauert durch die Befunde von Mayntz (1993) und Marcinkowski (2000). Mayntz stellte fest, dass in der Parlamentsberichterstattung der Printmedien und des Fernsehen das Plenum des Bundestages der zentrale Gegenstand ist. Der Anteil der jeweiligen Berichte an der Gesamtberichterstattung tiber das Plenum lag bei den wichtigsten deutschen tagesaktuellen Nachrichtenmedien zwischen 66,5 und 99,6 Prozent, tiber die Ausschussarbeit wurde im Bereich zwischen 1,1 und 25,5 Prozent berichtet und die Berichterstattung aus den Fraktionen erreichte Werte zwischen 0,3 und 16,1 Prozent. Besonders signifikant war die zentrale Rolle des Plenums in der Fernsehberichterstattung, w~ihrend in den tiberregionalen Tageszeitungen die Ausschtisse und Fraktionen in der Berichterstattung ein tiberdurchschnittliches Gewicht fanden (Mayntz 1993: 363). Gerade bei der Plenumsberichterstattung f~illt auf, dass diese auf die Konfrontation von Politikern reduziert wird (Sarcinelli 2003: 44). 52Einschr~inkendzu den Ergebnissen dieser Studie sei angemerkt,das MarcinkowskisStudie auf einer schmalen empirischen Basis beruht. So sind die Untersuchungszeitr~iumestark eingeschrankt und variieren beim Vergleich der Femseh-mit der Print-Berichterstattung.
82
Ursachen der Darstellung
Das Verhalten der Abgeordneten im Plenum wird durch das Wissen um die Existenz massenmedialer Berichterstattung beeinflusst (Marschall 2001" 400f.) Es kommt zu so genannten reziproken Effekten. Marcinkowski (2000: 56) stellte in seiner Analyse fest, dass im Rahmen der Parlamentsberichterstattung besonders h~iufig tiber Reden und Debatten sowie Wahlen und Abstimrnungen berichtet wird und weniger tiber Ausschussberatungen und die Aktivit~iten, die unter das Fragerecht fallen (Abbildung 4). Die Darstellung der Parlamentst~itigkeit erfolgt demnach eher aus der Perspektive des Rede- als aus der des Arbeitsparlaments (Kilian 1996).
Abbildung 4:
Parlamentst~itigkeit in der Berichterstattung
Belege daNr, dass in der wenigen Zeit, in der tiber das Parlament berichtet wird, die Regierung im Zentrum der Berichterstattung steht, liefem Ismayr (1992), Schatz (1992) und Marcinkowski (2000). Ismayr kritisiert, dass im Fernsehen eine gouvernementale Orientierung bei der Auswahl der Gegenst~inde Nr die Direkttibertragung im Fernsehen nachzuweisen ist. So wOrden viel h~iufiger Regierungserkl~imngen als Aktuelle Smnden gesendet. Letztere wurden als ,,femsehgerechte" Aktivit~it geschaffen, mit der gerade Oppositionsfraktionen eine Debatte tiber ein aktuelles Thema erreichen k6nnen (Ismayr 1992" 400). 53 Schatz begrtindet die st~irkere Be~cksichtigung der Regierung bei der Berichterstattung aus 53 Die GOltigkeit dieser Ergebnisse ~ r die heutige Zeit ist eingeschrankt, da mit dem Spartenkanal Phoenix ein Kanal geschaffen wurde, in dem der Bundestag eine starkere mediale Prasenz erhalt, so dass der Unterschied bei der Auswahl der parlamentarischen Aktivitaten, t~ber die berichtet wird, nicht mehr vorhanden sein diarfte.
5.1 Politisches Handeln der KIeinparteien
83
dem Parlament, die er in einer Inhaltsanalyse der Parlamentsberichterstattung zwischen 1985 und 1986 feststellte, mit der gr613eren Anzahl von initiativen der Regierung gegenfiber den Oppositionsparteien (Schatz 1992: 250f.). Marcinkowski hingegen stellte dies auf der Akteursebene fest: Besonders in den Fernsehnachrichtensendungen wird weit st~irker fiber den Bundeskanzler und die Bundesminister berichtet als fiber Bundestagsabgeordnete (24 zu 9 Prozent). Befunde einer Inhaltsanalyse fiberregionaler Tageszeitungen zeigen, dass fiber beide erw~ihnte Akteursgruppen ungef~ihr in gleichem Umfang berichtet wird (Marcinkowski 2000: 62f.). Auch in den Analysen des Medien Tenors wird deutlich, dass in den Nachrichtensendungen und-magazinen der ~iffentlich-rechtlichen Programme die Regierung bzw. die Regierungspolitiker eine weit gr6f3ere Pr~isenz haben als das Parlament bzw. die Fraktionspolitiker. In drei von vier Beitr~igen fiber Regierung und Parlarnent in den Jahren 2002 und 2003 kamen die Regierung bzw. die Regierungspolitiker als Hauptakteure in der Berichterstattung vor. im ersten Viertel des Jahres 2004 stieg diese Quote auf 88 Prozent (ARD) bzw. 92 Prozent (ZDF) an (Schatz 2004: 34ff.). Insgesamt wird die zentrale Stellung des Parlaments im politischen System der Bundesrepublik in der Medienberichterstattung nicht widergespiegelt. Der Anteil der Parlamentsberichterstattung an der innenpolitischen Berichterstattung f~illt gering aus. Wird dennoch fiber die Parlamentst~itigkeit in den Medien berichtet, tritt der Charakter des Bundestags als Arbeitsparlament nicht oder nur begrenzt hervor. Durch die Konzentration auf Redebeitr~ige und Debatten wird in den Medien ein verzerrtes Bild von der politischen Wirklichkeit gezeichnet. Zus~itzlich ~hrt die Konzentration auf die Regierung als zentralem Akteur in der Berichterstattung zu einer Ver~inderung des Regierungsstils und letztendlich zu einer Ver~inderung des Regierungssystems. Die zentrale mediale Pr~isentation der Exekutive st~irkt deren Position gegenfiber den die Regierung tragenden Fraktionen, da diese ihren Anteil an den Initiativen nicht deutlich machen k6nnen, und gegenfiber den Oppositionsfraktionen, da fiber diese weniger umfangreich berichtet wird. Die Fokussierung der Berichterstattung auf das Plenum bei gleichzeitiger Darstellung des Plenums als Konfrontationsort von Politikern fiihrt dazu, dass parlamentarische Initiativen instrumentalisiert werden k6nnen, um eine gewisse Medienpr~isenz der Spitzenpolitiker der Fraktionen zielgerichtet zu erzeugen. Dies erscheint vor dem Hintergrund der geringeren Berichterstattung gerade for Oppositionsparteien ein viel versprechender Weg for eine st~irkere Medienpr~isenz zu sein, denn das Parlament ist neben dem zentralen Ort fiir die Herstellung allgemeinverbindlicher Entscheidungen gleichzeitig auch die Schlfisselinstitution ~ r die Politikdarstellung (Patzelt 1998:431).
5.1.3
Mediatisierung der Parlamentstdtigkeit
Neben der politischen Funktion haben parlamentarische Aktivit~iten auch eine publizistische Funktion. Diese f~illtjedoch nur dem Offentlichen parlamentarischen Handeln zu, nicht aber nicht6ffentliche Handlungen wie vertraulichen oder geheimen Fraktions- bzw. Ausschusssitzungen (Sarcinelli, Tenscher 2000:81). Der Bereich der parlamentarischen t)ffentlichkeit ist hierarchisch aufsteigend gegliedert. Er umfasst die Erkl~irungs- und BerichterstattungsOffentlichkeit, worunter nicht6ffentliche Ausschuss- oder Fraktionssitzungen, Sitzungen von Arbeitskreisen und Enquete-Kommissionen, tiber die yon den Teilnehmern sp~iter berichtet wird, fallen (Schicha, Brosda 2002: 43f.), die unmittelbare Sitzungs6ffent-
84
Ursachen der Darstellung
lichkeit, das Plenum des Bundestages und die aufSerparlamentarische Medien6ffentlichkeit. Aufgrund der unmittelbaren t3ffentlichkeit ist letzterer Bereich Nr die instrumentelle Verwendung der Parlamentst~itigkeit besonders anf~illig (Mai 2003:16). Ein l~erblick tiber die Studien der letzten Jahre, die die politische und publizistische Funktion parlamentarischer Aktivit~iten untersucht haben, macht den Bedeutungszuwachs der publizistischen Funktion deutlich. So stellte Kepplinger fest, dass die Aktivit~iten zur Vermittlung von Informationen an das Parlament, die Medien und die interessierte Offentlichkeit zwischen der ersten und der zw/51ften Legislaturperiode des Bundestages stark zugenommen haben, w~klrend ftir den sachlich relevanten Output des Parlaments kein quantitativer Anstieg zu verzeichnen war (Kepplinger 1998" 154).54 Kranenpohl (1999) schl~igt eine von Kepplinger differierende Einteilung der parlamentarischen Aktivit~iten vor, wobei auch bei ihm das Unterscheidungskriterium die t3ffentlichkeitswirksamkeit ist. Eine hohe Wirksamkeit wird Antr~igen auf die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, Gesetzesent-wtirfen und Aktuellen Stunden zugeschrieben. Untersuchungsausschtisse sind eine der sch~fsten Waffen der Opposition und dienen in der Praxis als Instrument des Kampfes zwischen Opposition und Regierung (Ismayr 2000" 369). Aufgrund ihrer Skandaltr~ichtigkeit er~llen sie einen wesentlichen Nachrichtenfaktor im Journalismus (Kepplinger 2001). Gesetzesinitiativen werden dieser Gruppe zugerechnet, weil sie ftir die Btirger eine hohe Relevanz besitzen und damit eine st~irkere 6ffentliche Beachtung mit sich bringen (Kranenpohl 1999: 67). Mit der Beantragung einer Aktuellen Stunde kann ein tagespolitisches Thema mit einer Kurzdebatte behandelt werden. Sie wurde im Hinblick auf die bessere 6ffentliche Darstellung des Bundestages 1965 einge~hrt und regelm~ig von den Medien tibertragen (Marschall 1999). Von mittlerer Offentlichkeitswirksamkeit sind GroBe Anfragen und die Gegenst~inde von Enquete-Kommissionen, da sie in den meisten F~illen nur ein Fachpublikum erreichen. In die Gruppe der Aktivit~iten mit geringer t3ffentlichkeitswirksamkeit fallen die Kleinen Anfragen und die Entschlie13ungsantr~ige (Kranenpohl 1999: 67). Beide Instrumente ziehen keine Debatte des Bundestages nach sich und dienen der Informationsbeschaffung bzw. der Darlegung des Standpunkts der Fraktion. Kranenpohl (ebenda: 181), der die Initiativen der FDP-Fraktion zwischen 1949 und 1994 untersuchte, best~itigte die Ergebnisse Kepplingers. Der Anteil der tiffentlichkeitswirksamen parlamentarischen Initiativen ist in den letzten Legislaturperioden gestiegen. So konnte in der ersten Legislaturperiode der Regierung Kohl nur jede fiJnfte parlamentarische Aktivit~it der Koalitionsfraktionen der Kategorie 6ffentlichkeitswirksam zugeordnet werden. In der letzten Legislaturperiode war es schon fest jede Zweite (46 Prozent). Der Einsch~itzung, dass Kleine Anfragen zu den wenig 6ffentlichkeitswirksamen Instrumenten zu z~ihlen sind, wird allerdings von den Bundestagsabgeordneten widerspro54 Zu erstgenannter Gruppe von Aktivitaten zfihlte Kepplinger Aktuelle Stunden, Offentliche Anh6rungen und schriflliche und mtindliche Anfragen. Alle diese Aktivit~iten dienen dem Zweck, die Aufmerksamkeit auf bestimmte Themen zu lenken. Sie eignen sich hervorragend fOr die Selbstdarstellung der Politiker. Hingegen fasst Kepplinger zum sachlich relevanten Output des Parlaments alle Personal- und Sachentscheidungen einschlieBlich ihrer Vorbereitung und die dazu abgehaltenen Plenarsitzungen zusammen. Diese Aktivitaten haben die Verabschiedung von Gesetzen und die Ratifikation von Vertragen zum Ziel (ebenda: 153f.). Die Fortfohrung dieser Datenreihe macht deutlich, dass mit dem Regierungswechsel 1998 die Anzahl der eingereichten Anfragen rtickl~iufig ist (DIP). Die Fraktionen der Unionsparteien sowie der FDP wenden die formalen Kontrollinstrumente weit weniger an. Mit dem Ausscheiden der PDS aus dem Bundestag in Fraktionsstarke wird dieser Rtickgang in der 15. Legislaturperiode weiter gehen. (Tabelle 3)
5.1 Politisches Handeln der Kleinparteien
85
chen. So untersuchte Engelke (2004) mittels einer Befragung der Bundestagsabgeordneten der Fraktionen der Oppositionsparteien in der 14. und 15. Legislaturperiode (n- 81) die politische und publizistische Funktion Kleiner Anfragen. In Bezug auf die politische Funktion konnten die bislang bekannten Befunde best~itigt werden. Die Abgeordneten stimmten tiberwiegend der Aussage zu, dass Kleine Anfragen die Regierung unter Druck setzen sollen (78 Prozent), dass Kleine Anfragen aus Informationszwecken gestellt werden (75 Prozent) und dass sie Gesetzesinitiativen vorbereiten sollen (64 Prozent). Des Weiteren gaben 58 Prozent an, dass h~iufig Kleine Anfragen zur Untersttitzung augerparlamentarischer Aktivit~iten dienen, und 48 Prozent, dass Kleine Anfragen h~iufig Einfluss auf die laufende Debatte im Bundestag nehmen (ebenda: 67ff.). Aber auch die publizistische Funktion der Kleinen Anfragen wird von den Abgeordneten stark hervorgehoben. So geben knapp drei von vier Parlamentariem an, dass es ein wichtiges Ziel Kleiner Anfragen sei, Medien auf Probleme aufmerksam zu machen. Auf die Frage, welche Ziele sie mit dem Stellen Kleiner Anfragen verfolgten, gab die H~ilfte der befragten Parlamentarier an, dass Kleine Anfragen h~iufig dabei helfen, wichtige Themen in den Medien zu platzieren (ebenda: 67ff.). Dieses Wirkungsziel wird aktiv von den Parlamentariem untersttitzt. 40 Prozent leiteten Antworten auf bestimmte Kleine Anfragen an die Medien weiter, wobei regionale (65 Prozent) und tiberregionale Tageszeitungen (59 Prozent) die Hauptadressaten dieser Weiterleitung waren. Nach Auffassung der Befragten berichteten lokale und tiberregionale Medien die Kleinen Anfragen auch tiberdurchschnittlich h~iufig. Dieser Publikationserfolg Nhrt wiederum zu einer instrumentellen Nutzung der Kleinen Anfragen. 89 Prozent der Abgeordneten gaben an, titter bzw. manchmal die Themen der Kleinen Anfragen mit der Aussicht auf eine sp~itere Medienberichterstattung zu w~ihlen. Dabei komme es gelegentlich im Vorfeld zu inhaltlichen Absprachen mit den Joumalisten (ebenda: 81 f.). Ein weiterer Indikator ftir die Mediatisierung von Parlamentst~itigkeit ist die Festsetzung der Tagesordnung aufgrund der Kennmis der Arbeitszeiten von Joumalisten. Clement (1994: 33f.) beschreibt diese Tatsache als von Politikem stillschweigend akzeptiertes Zugehen auf die Anforderungen der Massenmedien. Da die Tagesordnung mit Parlamentsmehrheit beschlossen wird, bedeutet dies far die Oppositionsparteien und im Besonderen fl~ die kleinen Oppositionsparteien, dass die von ihnen eingebrachten Themen zu Zeiten behandelt werden, zu denen keine oder nur noch wenige Medienvertreter im Bundestag anwesend sind. Gleichzeitig wird in Interviews mit Abgeordneten der Fraktionen kleiner Parteien deutlich, dass die Berticksichtigung der journalistischen Arbeitszyklen keine gegenwgrtige Entwicklung darstellt, sondem schon seit den 50er Jahren praktiziert wird (Kranenpohl 1999: 244f.). Die Medienpr~isenz, die unter anderem tiber die instrumentelle Nutzung von parlamentarischen Aktivit~iten erreicht wird, gewinnt for die Parteien immer st~irker an Relevanz. So argumentierte Westerbarkey (1991:180f.), dass die politische Offentlichkeitsarbeit ~ r den Erhalt von Macht in Zukunft eine ~ihnliche Bedeutung haben wird wie tats~ichliche 6konomische, politische, administrative oder kulmrelle Leistungen. Die Parlamentst~itigkeit kann somit von den Akteuren instrumentell eingesetzt werden, um Themen mit dem Argument der Legitimationsbeschaffung zu setzen bzw. Nr die eigene Partei zu besetzen. ~anlich ~iul3erten sich schon 1979 B6ckelmann und Nahr (1979: 9). Eine Ver~inderung auf der Ebene des politischen Systems sehen Sarcinelli und Tenscher, die von einer Diskrepanz in den Kommunikationslogiken des parlamentarischen Entscheidens sprechen. Mit zunehmender Parlaments6ffentlichkeit trete die Logik der Poli-
86
Ursachen der Darstellung
tik-Herstellung hinter die der Politik-Darstellung. Parlamentarische Prozesse werden so aus der Offentlichkeit herausgedr~ingt und durch kurzlebige, zugespitzte Themen ersetzt (Sarcinelli, Tenscher 2000: 83f.). Eine langfristige Folge dieser Entwicklung ist der Verlust an Legitimation des politischen Systems (Kepplinger 1985b: 256f.). Die Diskussion um eine m6gliche Instrumentalisierung parlamentarischer Initiativen leitet gleichzeitig zur zweiten Determinante der Darstellung der Kleinparteien in den Massenmedien tiber - d e r Offentlichkeitsarbeit dieser Parteien. Es wurde jedoch bereits deutlich, dass eine eindeutige Trennung zwischen dem Handeln der Parteien im Parlament und ihrer 6ffentlicher Selbstdarstellung schwer f~illt. Aus Darstellungsgr~nden wird hier dennoch ein klarer Schnitt zwischen Politikformulierung und Politikdarstellung vollzogen. W/~hrend parlamentarische Aktivit/~ten fOr die Offentlichkeitsarbeit der Parteien instrumentalisiert werden k6nnen, aber eben nicht mtissen, haben die Aktivit/~ten, die direkt in den Bereich der Offentlichkeitsarbeit fallen, einzig und allein das Ziel, Politik aus parteipolitischer Perspektive zu vermitteln.
5.2 Selbstdarstellung der Kleinparteien Im Rahmen der Analyse der Selbstdarstellungen der Parteien wird die Arena gewechselt, in der sich Politiker bewegen. Nicht mehr die Arena, in der allgemein verbindliche Regeln aufgestellt werden, steht im Zentrum der Betrachtung, sondem die, in der die politischen Ziele und das politische Handeln einer Partei dem Btirger erkl/~rt und in einem positiven Licht dargestellt werden sollen. Diese Arena ist das Aktionsfeld der politischen Offentlichkeitsarbeit. Aus systemtheoretischer Sicht ist die politische Offentlichkeitsarbeit eine kontextuelle Interventionsstrategie der Politik gegentiber den Massenmedien (Marcinkowski 1993:219). Ihre Aufgabe ist es, Informationen nach dem bin~ren Code 6ffentlich vs. nicht 6ffentlich zu differenzieren und diejenigen, die als Offentlich gekennzeichnet wurden, an das System Massenkommunikation weiterzuleiten. Politische Offentlichkeitsarbeit ist in diesem Sinne ein notwendiges Medium der Politikvermittlung. Sie tr/~gt gleichzeitig dazu bei, die Legitimation des politischen Systems herzustellen bzw. zu starken (Pfetsch, Dalke 1996: 140).
5.2.1
Wege der Selbstdarstellung
Schulz charakterisierte 1997 als Kennzeichen einer Amerikanisierung der politischen Kommunikation, dass die W/~hleransprache nach Richtlinien und Strategien geplant und durchgeftihrt wird, die sich bereits in der Wirtschaft bew~ihrt haben. In diesem Zusammenhang wird der Begriff des politischen Marketings gebraucht (Schulz 1997:187). Der zentrale Unterschied zwischen kommerziellem und politischem Marketing besteht jedoch darin, dass politisches Marketing das Ziel hat, die Btirger zur Stimmabgabe zu motivieren, w/~hrend kommerzielles Marketing zum Kauf bewegen soll (Tenscher 2003: 76). Die strategische Marketingkonzeption beim politischen Marketing ist demnach auf das Erreichen politischer Ziele eines Akteurs hin ausgerichtet, mit denen sich die W~ihler identifizieren sollen (Wangen 1983: 23). Da~r verffigen die Parteien gleich der ffeien Wirtschaft tiber Kommunikationsm6glichkeiten, die abh/~ngig von der Zielgruppe, dem Budget, der Ereignislage im
5.2 Selbstdarstellung der Kleinparteien
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Kampagnenumfeld sowie der angewendeten Strategie zum Einsatz kommen (Tenscher 2003: 77). Werbung, VerkaufsfOrderung, persOnliche Kommunikation und Presse- und Offentlichkeitsarbeit sind die vier Wege, um gezielt in die breite Offentlichkeit zu gelangen. 55
5.2.1.1
Werbung
Einer der wichtigsten Kommunikationswege, um die W~ihler zu erreichen, ist die politische Wahlwerbung. Politische Parteien haben in Deutschland in den letzten vier Wochen vor Wahlen die M6glichkeit, sich tiber politische Wahlwerbung direkt an die W~ihler zu wenden. Zur Werbung geh6ren alle Kommunikationsmittel, die den Kunden respektive Rezipienten tiberzeugen oder mobilisieren sollen, eine bestimmtes Produkt zu erwerben oder in Anspruch zu nehmen (Merten 2000: 150f.). Darunter fallen neben den Wahlwerbespots in Femsehen, H6rfunk und Kino die Schaltung von Anzeigen in Zeitungen und Zeitschriften sowie das Aufh~ingen von Wahlplakaten (Mtiller, M.G. 1999, 2002). Die Pr~isentation der Botschaften liegt dabei in den H~inden der Partei selbst und kann journalistisch nicht ver~indert werden (Paletz, Vinson 1994). Jedoch mtissen Parteien mit Ausnahme der ihnen kostenlos zur Verfagung gestellten Sendepl~itze im 6ffentlich-rechtlichen Rundfunk Werbezeit und Werbefl~iche bezahlen. Aus diesem Grund werden diese Werbeaktivit~iten der Kategorie der so genannten ,,paid media" zugeordnet (McNair 1995). 56 Aufgrund der hohen Reichweite des Femsehens sind dabei die Wahlwerbespots in diesen Medien von besonderer Bedeutung, um Kandidaten und Themen ins rechte L icht zu setzen. Hierin liegt der grol3e Vorteil von ,,paid media", denn die Parteien entscheiden selbst, welches Thema und welcher Kandidat auf welche Art und Weise pr~isentiert werden. Aus diesem Vorteil erwachsen jedoch gleichzeitig zwei Nachteile: Die Zuschauer nehmen die Inhalte der Fernsehspots als Werbung wahr und verarbeiten sie auch als solche. Folglich behandeln sie die Informationen kognitiv anders als redaktionelle Inhalte (Holtz-Bacha 2000). Ebenso nachteilig wirken sich die hohen Kosten zur Schaltung politischer Wahlwerbespots im Femsehen aus. Sch~itzungsweise wurden in den USA im Wahljahr 2000 zwischen 800 Millionen und einer Milliarde Dollar in politische TV-Spots investiert. Allein die Kandidaten Bush und Gore gaben im letzten halben Jahr vor der Pr~isidentschaflswahl 2000 39 bzw. 28 Millionen Dollar ftir Wahlkampfspots aus (Brunner 2001: 5). Dass es sich hierbei um lohnende Investitionen handelt, zeigen Ergebnisse aus Wirkungsstudien zu Wahlwerbespots. Eine Vielzahl von Untersuchungen belegt Lern-, Imageund Verhaltenseffekte als Wirkungen auf die Ausstrahlung von TV-Spots. Schon frtih konnte gezeigt werden, dass Zuschauer tiber die politischen Positionen und die Eigenschaften der Kandidaten etwas lernen (Atkin et. al 1973). Die Lerneffekte tiberwiegen eher bei Wahlwerbespots als bei Fernsehnachrichtensendungen (McClure, Patterson 1976) und Pr~isidentschaftsdebatten (Schleuder et al. 1990). In deutschen Studien finden sich Lerneffekte hinsichtlich der Kenntnisse tiber zur Wahl stehende Parteien und Gruppierungen. So stimmten bei einer Umfrage im Jahr 1994 mehr als die H~ilfle der Beffagten der Aussage 55 Die verwendete Terminologie ist dem wirtschaftlichen Bereich entlehnt, wird aber in der politischen Kommunikation unverandert verwendet. 56 Neben der Werbung in Massenmedien zahlen in diese Kategorie noch die Kleinstwerbemittel der Parteien sowie Handzettel, Flyer und Wahlplakate.
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Ursachen der Darstellung
zu, dass sie fiber Wahlwerbespots von Parteien und Gruppen erfahren haben, die ihnen vorher unbekannt waren. Des Weiteren fiihlten sich die Befragten auch inhaltlich fiber diese Gruppen besser informiert (Kliment 1994: 423). Ein Wahlwerbespot kann nicht nur etwas am Bekanntheitsgrad einer Partei oder eines Kandidaten ~indem, sondem auch eine Imagever~indemng der Kandidaten bzw. der Instimtionen ausl6sen. Dies geht vor allem aus Untersuchungen zu Effekten negativer politischer Wahlwerbung und aus verschiedenen experimentellen Feldstudien hervor (Kaid 1997). Nicht zu untersch~itzen und als Randbedingung defmiert, ist hierbei die l/lbereinstimmung von 6ffentlichem Aut~eten und dem Auftreten in Werbespots der Kandidaten. Divergiert die Medienberichterstattung fiber die Kandidaten von deren Auftreten in den Spots, so ist das imagever~indemde Potential der Wahlwerbespots stark eingeschr~inkt (Holtz-Bacha 2000" 55). Die in den USA aut~etenden Imageeffekte konnten Holtz-Bacha und Kaid (1996) in Deutschland jedoch nicht in dieser eindeutigen Art und Weise nachweisen. Nach der Rezeption der Spots gab es im Vergleich zur Vorhermessung sowohl positivere als auch negativere Einsch~itzungen der jeweiligen Kandidaten. Um fiber das Potential von Wahlwerbespots die Wahlentscheidung der Rezipienten zu beeinflussen, liegen- auch aufgrund der schwierigen methodischen Umsetzung- wenige empirische Befunde vor. Kaid und Sanders untersuchten den Einfluss der Lgnge der Spots auf Wahlverhalten und kamen zum Schluss, dass ktirzere im Vergleich zu l~ingeren Spots die Wahrscheinlichkeit der Stimmabgabe fiir den jeweiligen Kandidaten erh6hen (Kaid, Sanders 1978). Besonders bei negativen Spots auf der Sachthemenebene verringert sich die Wahrscheinlichkeit einer Wahlentscheidung ~ r den angegriffenen Kandidaten (HoltzBacha 2000: 56). Far Deutschland k6nnen Semetko und Sch6nbach (1994: 82) sowie Schmitt-Beck (1999: 19) darlegen, dass der Spots das Signal aussendet, dass bald Wahlen stattfinden und dass das lnteresse am Wahlkampf wgchst, was die Autoren als wichtige Grundvoraussetzung far die Stimmabgabe interpretieren. Trotz dieses Wirkungspotentials auf den W~ihler kann sich nicht jede Partei weitreichende Investitionen in Femsehwerbung leisten. Dies macht ein Blick auf die Wahlkampfbudgets der Parteien deutlich. So entfielen im Jahr 2002 von den 81,4 Millionen Euro Wahlkampfausgaben der ~ n f im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien 68 Millionen (83 Prozent) auf die beiden Grogparteien. Dabei hatte die CDU mit 40 Millionen Euro das gr6gte Wahlkampfbudget, die Grtinen mit 2,5 Millionen Euro das niedrigste (Mtiller, M.G. 2002: 630). Aufgrund dieser Unterschiede in den Budgets ist es nicht verwunderlich, dass es vor allem die Grol3parteien in Deutschland sind, die seit der Bundestagswahl 1994 im grogen Umfang Werbepl~itze bei den privaten Sendern kaufen. Dabei tiberstieg die eingekaufte Werbezeit in den privaten Kan~ilen seit der Bundestagswahl 1994 die von den 6ffentlich-rechtlichen Sendem zur Verfiigung gestellte Werbezeit um ein Vielfaches. 1994 kaufte vorrangig die SPD, im Vorfeld der Wahl 1998 die Unionsparteien Werbezeiten hinzu. Die Kleinparteien hingegen nutzen die MOglichkeit des Erwerbs von Werbezeiten im privaten Femsehen deutlich weniger und setzten ihre begrenzte Werbezeit gezielt zum Erreichen bestimmter Zielgruppen ein (Holtz-Bacha 2000:157; Stettner 2003: 58f.). Gerade Wahlkampfmanager sch~itzen die Bedeutung von TV-Wahlwerbespots hoch ein: So hatten die Spots im privaten Femsehen in der Kampagne der CDU und bei der der FDP, die auch Werbezeit bei den privaten Sendem kautte, im Vorfeld der Bundestagswahl 1998 einen sehr hohen Stellenwert, w~ihrend bei Btindnis 90/Die Grtinen und der PDS
5.2 Selbstdarstellung der Kleinparteien
89
Spots als Werbemittel keine Bedeutung hatten (Mtiller, M.G. 2002b: 634). 57 Ver~indert hat sich dieses Verh~ilmis im Bundestagswahlkampf 2002. Bei FDP und Btindnis 90/Die Grtinen wurden die zus~itzlich eingekauften Wahlwerbespots auf der einen Seite im Vergleich zu den Grogparteien h6her bewertet und auf der anderen Seite in der eigenen Kampagne als bedeutender eingesch~itzt als die Sendepl~itze im 6ffentlich-rechtlichen Rundfunk. Anzeigen in Printmedien stehen an zweith6chster Stelle im Wahlkampfbudget. Hettrich (2000: 223f.) verweist darauf, dass bei allen Wahlkampagnen der beiden Grol3parteien zwischen 1953 und 1998 die Wahlanzeigen den ersten oder zweiten Platz bei der Budgetplanung einnahmen. Zwischen 30 und 40 Prozent des Wahlkampfetats seien da~r ausgegeben worden. Steinseifer-Papst und Wolf (1990: 82) betonen die Bedeutung der Wahlanzeigen gegentiber der Plakatwerbung, indem sie far die Bundestagswahl 1987 aufzeigen, dass drei Mal soviel Geld in Anzeigen geflossen ist wie in Wahlplakate. Wie wichtig Wahlanzeigen sind, belegen Umfragen zur Resonanz der Bev/51kemng auf Werbemittel. So kamen vor der Bundestagswahl 1994 85 Prozent der W~ihler in Westdeutschland und 81 Prozent in Ostdeutschland mit Wahlanzeigen in Kontakt (Schmitt-Beck 1999: 10). Sch6nbach und Semetko (1995: 331) best~itigen dieses Ergebnis ~ r die Bundestagswahl 1990. Die Bedeumngseinsch~itzung der Wahlkampfanzeigen in den Kampagnen zu den Wahlen 1998 und 2002 durch die Wahlkampfmanager der Parteien zeigt jedoch, dass deren Stellenwert sowohl bei Klein- als auch bei den Grof3parteien sinkt (Mtiller, M.G. 2002b: 634): Wahlplakaten k a n n - zieht man Ergebnisse repr~isentativer Bev61kemngsumfragen h e r a n - ebenfalls eine hohe Reichweite zugeschrieben werden. Bei einer bundesweiten, zehnt~igigen Plakatierung werden im Durchschnitt zwischen 84 und 89 Prozent der Bev61kerung erreicht (Lessinger, Moke, Holtz-Bacha 2003:218). Auch bei den Wahlkampfmanagern der Parteien stehen Wahlplakate bei der Auswahl von Wahlkamptkanglen, mit denen man die Btirger erreichen m/Schte, hoch in der Gunst (Mtiller, M.G. 2002b: 634; 1999: 257). Sie sprechen Plakaten (gleich den Anzeigen und Wahlwerbespots im Femsehen) eine Wirkung hinsichtlich der Bekanntheitssteigerung, der Imagever~inderung, der Mobilisierung und der Ver~indemng der Stimmenpr~iferenz zu. Empirische Untersuchungen zur Wirkungsst~irke sind hingegen eher selten. Gut belegt ist, dass Plakate auffallen, wobei aufgrund des hohen Werbedrucks der Grogparteien die Wahrnehmung der Plakate der Kleinparteien unterzugehen scheinen (Lessinger, Moke, Holtz-Bacha 2003: 218). Erinnert werden vomehmlich die Kandidaten (19 Prozent), die Slogans (15 Prozent), die Farbe (14 Prozent) und das Logo der werbenden Partei (12 Prozent) (ebenda). Dass Plakate eine Wirkung auf die Bekanntheit von Direktkandidaten in Bundestagswahlk~impfen haben, belegt eine Dresdner Studie. Mit dem Einsatz der Plakatierung stieg die Bekanntheit der Direktkandidaten im Vorfeld der Bundestagswahlen 1998 und 2002 bei gleich bleibend niedriger Berichterstattung (Algasinger, Jandura 2003:109ff.) und ging ein halbes Jahr nach der Bundestagswahl auf ein Niveau zurtick, dass dem vor dem Wahlkampf ~ihnlich war (DNN-Barometer 7 und 9/1998, 7/2002). Hinsichtlich der Wirkung der Wahlplakate auf die Wahlentscheidung stellen Lessinger und Moke (1999: 259f.)einen Third-Person-Effekt innerhalb der Wahrnehmung der Bev61kerung fest. W~ihrend nur 8 Prozent der Befragten einen Einfluss der Wahlplakate auf die
Nach Angabe der Wahlkampfleiterverfagten die Parteien far den Bundestagswahlkampf2002 t~berfolgende Budgets: Unionsparteien49 Mio. Euro, SPD 28 Mio. Euro, PDS 5,8 Mio. Euro, FDP 5,1 Mio. Euro und Biandnis 90/Die Griinen2,5 Mio. Euro(Mtiller,M. 2002b: 630). 57
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Ursachen der Darstellung
eigene Wahlentscheidung ~ r m6glich halten, meint gut ein Drittel der Befragten, dass sich andere in ihrer Stimmabgabe yon den Plakaten beeinflussen lassen. Zusammenfassend zur politischen Wahlwerbung ist daher festzustellen, dass Grol3parteien aufgrund des weit gr6geren 6konomischen Potentials Werbemittel in weit gr6Berem Umfang als die Kleinparteien einsetzen k6nnen. Messbar ist dies an der Ausstrahlung der reichweiten- und wirkungsstarken Wahlwerbespots im Femsehen, am Abdruck von Wahlanzeigen in Printmedien und am Werbedruck, der tiber Wahlplakate auf der Strage erzeugt wird. Vermutet werden kann aufgrund des ver~gbaren Budgets der Parteien flir die Entwicklung der Wahlk~impfe, dass sich die Schere zwischen Klein- und Grogparteien hinsichtlich der Erreichbarkeit der W/~hler tiber politische Wahlwerbung weiter zu Lasten der Kleinparteien 6ffnet. Wenn jedoch Kleinparteien nicht den gleichen Werbedruck wie Grogparteien erzeugen k6nnen, steigt die Bedeumng der massenmedialen Berichterstattung, dem so genannten ,,free media"- Bereich, stark an, um die Aufinerksamkeit der W/~hler erlangen zu k6nnen.
5.2.1.2
Verkaufsf6rdemng
Unter Magnahmen zur Verkaufsf'6rderung werden im politischen Kontext die Wahlkampfwerbest/~nde der Parteien und die dort verteilten Klein- und Kleinstwerbemittel verstanden. Ebenso wie die politische Werbung dtirfen Magnahmen zur Verkaufsf6rdemng nur von Parteien und von diesen nur in den letzten vier Wochen vor einer Wahl eingesetzt werden. Die Parteien verfolgen durch derartige Promotion-Aktionen zwei Ziele: Durch die St/~nde in der Offentlichkeit werden sie far die potentiellen W/~hler sichtbar und ihre zentralen Werbebotschaften werden tiber ihre Kleinstwerbemittel transportiert (Geisler, Tenscher 2002: 8 l ff.). Jedoch zeigt die Befragung der Wahlkampfmanager der Parteien, dass sich die Bedeutung der Kleinstwerbemittel ~ r die Kampagne 2002 zwischen Klein- und Grol3parteien dahingehend unterscheidet, dass die Kleinparteien ihnen einen mittleren, die Grogparteien nur einen geringen Stellenwert beimagen. Im Wahlkampf 1998 verlief diese Trennungslinie noch zwischen den damaligen Regierungs- und den Oppositionsparteien. W/~hrend Union und FDP den Kleinstwerbemitteln eine sehr groge Bedeutung zusprachen, spielten sie im Wahlkampf der Oppositionsparteien keine Rolle (Mtiller, M.G. 2002b: 634).
5.2.1.3
Pers6nliche Kommunikation
Die dritte Komponente im politischen Marketing ist die pers6nliche Kommunikation. Parteien versprechen sich vonder direkten Ansprache, dass sich der Bekanntheitsgrad der Partei und/oder ihrer Kandidaten erh6ht und dass sie ihre Werbebotschaft direkt an den W~ler bringen k6nnen. Die direkte Kommunikation findet mit Multiplikatoren und mit den W~flalem staR. Zur ersten Ebene z/~hlen pers6nliche Kontakte zu Joumalisten, denen seitens der Politiker schon immer groBe Bedeutung zugeschrieben werden (Tenscher 2003: 79). Von ebenso hoher Wichtigkeit ist aber die direkte Ansprache des W~hlers ohne den Umweg fiber die Massenmedien. Dieser Bereich der pers6nlichen Kommunikation hat in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Zum Beispiel bitten Wahlkampfhelfer im Vorfeld von Wahlen per Telefonanrufe um die Stimmabgabe far den jeweiligen Kandidaten
5.2 Selbstdarstellung der Kleinparteien
91
(,,direct calling"). Wie stark sich die Abgeordneten des Bundestages im letzten Wahlkampf im Feld der persOnlichen Kommunikation engagiert haben, machen folgende Zahlen deutlich: 86 Prozent hielten mehr als zehn Ansprachen oder beteiligten sich an einer 6ffentlichen Diskussion, 60 Prozent besuchten mehr als zehnmal Firmen, 57 Prozent hielten mehr als zehn Reden auf Stragen oder Marktpl~itzen, 43 kommunizierten mit den Bttrgem tiber das Internet, 29 Prozent warben mehr als zehnmal persOnlich um Stimmen an der Hausttir und 23 Prozent riefen pers6nlich bei Btirgem an, um sie um ihre Stimme zu bitten (WeBels 2005: 13).58 13ber "direct mailing" oder "direct calling" gelingt es den Parteien, neben der Mobilisierung der W~ihler auch f'manzielle Mittel in beachtlicher H6he einzuwerben. Nach dem erfolgreichen Einsatzes der pers6nlichen Kommunikation zum Fundraising in den USA (Stehen 1999) wurde die Spendeneinwerbung in Deutschland forciert. So initiierte die FDP bei der Bundestagswahl 2002 mit dem Btirgerfond 18/2002 eine professionelle Spendenkampagne (Vorl~inder 2003a: 114). Dabei symbolisierte der Titel des Fonds zum einen das Wahlziel der Partei und zum anderen das Ziel der Spendenakquise. Insgesamt 18 Millionen DM 59 sollten parteiintern und parteiextem zusammen getragen werden (Briesel 2003:229). Zwar konnte das symbolische Ziel nicht ann~ihemd erreicht werden, doch gelang es der Partei, immerhin 2,32 Millionen Euro zu sammeln (ebenda). Ein erhebliches Potential, um ihre Anh~inger direkt zu erreichen, sehen Parteien seit kurzem in der Nutzung des Internets. Im Vorteil zur massenmedialen Ansprache k6nnen so Informationen verbreitet werden, die speziell auf die jeweilige Zielgruppe zugeschnitten sind (Farell 2002, Plasser 2003: 25).
5.2.1.4
Presse und Offentlichkeitsarbeit
Die vierte und letzte Kommunikationsaktivit~it stellt die Presse- und (3ffentlichkeitsarbeit der Parteien dar. Sie hat das Ziel, die Aufmerksamkeit der Bev61kerung auf bestimmte Themen zu lenken bzw. diese Themen in der Diskussion zu halten. Adressat ist somit immer der einzelne W~ihler bzw. Btirger, der direkt oder indirekt angesprochen werden kann. W~ihrend die direkte Ansprache der W~ihler zum Bereich der pers6nlichen Kommunikation zu z~ihlen ist, erfolgt die indirekte Ansprache zumeist durch die Medienberichterstattung im Politikressort (Tenscher 2003: 79f.). Da die Berichte in den Femsehnachrichtensendungen und den Tageszeitungen im Vergleich zur Wahlwerbung die wichtigste permanente Hauptinformationsquelle der Btirger fiber Politik darstellen (Noelle-Neumann, K6cher 2002: 395), ist die Presse- und (3ffentlichkeitsarbeit der wichtigste Bestandteil des politischen Marketings. Dies wird auch in der Tatsache deutlich, dass kein Bereich in der Struktur der Parteien personal und hierarchisch eine derartige Aufwertung in den letzten Jahren bekam wie der der Presse- und Offentlichkeitsarbeit (Sarcinelli 1998, Tenscher 2002). Die diesbezfiglichen Ziele der Parteien lassen sich dabei in folgenden Punkten zusammenfassen (Kepplinger, Maurer 2004:114; Tenscher 2003: 67; Scheufele 2003): Alle Parteien zielen darauf ab, m6glichst mit ,,ihren" Themen in die Medienberichterstattung zu gelangen. Sie streben danach, dass ihre zentralen Botschaften m6glichst unverf~ilscht, originar und authentisch in der Medienberichterstatmng wieder gegeben 58DieseZahlen beziehen sich nur auf die erfolgreichen,d.h. gewahltenKandidaten. 59Dieses Ziel wurde vor der Euro-Einffihrungdefiniert, so dass die symbolischeZahl 18 als DM aufgeffihrtwird.
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Ursachen der Darstellung werden. Dazu z~ihlt auch, dass die Perspektiven (Frames), aus denen die Parteien ein Thema ansprechen, wiedergegeben werden. Parteien streben an, dass die Themen, bei denen sie vonder Bev61kerung die gr6Bte L6sungskompetenz zugesprochen bekommen, einen zentralen Platz in der Berichterstattung einnehmen. Neben der Thematisierung ist die Dethematisierung ein Ziel der Presse- und Offentlichkeitsarbeit der Parteien. Themen, die die Schwachstellen im politischen Profil der Parteien darstellen, sollen eine mtiglichst geringe Aufmerksamkeit erhalten. Letztlich sollen mittels der Presse- und Offentlichkeitsarbeit Images 6~ vonder Pers/3nlichkeit und der Sachkompetenz der Spitzenpolitiker in der BevNkerung gepr~igt, aufrechterhalten oder ver~indert werden.
5.2.2
Erfolg der PR-Arbeit." Parteieneinfluss auf die Medienberichterstattung
Der Erfolg der Presse- und Offentlichkeitsarbeit der Parteien wurde auf verschiedenen Wegen untersucht. Es liegen Studien vor, in denen die A k t e u r e - sowohl die PRTreibenden als auch die Adressaten der PR, die Journalisten - nach der Bedeutung von KommunikationskanNen und nach dem Erfolg des Image-Building befragt wurden. Die an diesen Studien ge0bte Kritik bezieht sich vorrangig auf die Subjektivit~it der Wahrnehmung des Erfolges des eigenen Handelns. Studien, die sowohl PR-Material als auch Medienberichtersta~ang inhaltsanalytisch auf 0bereinstimmungen hin untersuchen, sind hingegen nicht auf die perstinlichen Selbsteinsch~itzungen der beteiligten Akteure angewiesen.
5.2.2.1
Akteursperspektive
Neben der Beobachtung der 8ffentlichen Meinung ist die Beeinflussung der ver~ffentlichten Meinung die Aufgabe der Politikvermittlungsexperten. Dabei steht ihnen eine Reihe von KommunikationskanNen zur Ver~gung, die sich in transparente und verdeckte Kan~ile einteilen lassen (Sarcinelli, Tenscher 2000: 81). Zu den offenen Kommunikationskan~ilen z~ihlen Routinekan~ile wie Pressemitteilungen, Pressekonferenzen und Interviews. Weiterhin werden mediatisierte Ereignisse und Pseudoereignisse dieser Gruppe von Aktivit~iten zugeordnet. Marschall (1999) benennt auch die Live-Obertragungen aus dem Parlament als offenen Kommunikationskanal. Zu den verdeckten Kommunikationskan~ilen hingegen werden Hintergmndgespr~iche mit Joumalisten, Kreise oder Zirkel, Telefonate und Indiskretionen zusammengefasst (Sarcinelli, Tenscher 2000: 80; K6nig 2003: 305). In seiner Studie zur Professionalisierung der Politikvermittlung befragte Tenscher (2003) 63 ehemalige und aktive Politikvermittlungsexperten unter anderem danach, welche KommunikationskanNe far die PR-Treibenden bedeutend seien. Dabei wurde zun~ichst zwischen den beiden Kommunikationszielen Themenmanagement und Image-Building unterschieden. Die grSBten Erfolgsaussichten ~ r ein gelungenes Themenmanagement bestehen dann, wenn man die Kommunikationsaktivit~iten auf Pressekonferenzen und Hintergrundgespr~ichen lenkt. 70 Prozent der Politikvermittlungsexperten nannten diese beiden Kan~ile. Aktive 60 Image ist die reduzierte, subjektive Vorstellung des Wfihlers von den PersOnlichkeitsmerkmalen eines Kandidaten (Patterson 1980).
5.2 Selbstdarstellung der Kleinparteien
93
und ehemalige Politikvermittlungsexperten unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Einsch~itzung der Bedeutung der vertraulichen Kommunikationskan~ile. Die Relevanz yon politischen Kreisen, Zirkeln und Indiskretionen wird von ehemaligen Politikvermittlungsexperten eher einger~iumt als von den aktiven. Letztere sehen in den transparenten Kan~ilen ein gr~13eres Wirkungspotential. So benennt jeder zweite aktive Politikvermittlungsexperte (56 Prozent) die Pressemitteilung als wichtigen Kommunikationskanal, w~arend nur jeder siebente von den Ehemaligen so empfindet (Tenscher 2003: 269f.). Diese Rangfolge der den Kommunikationskan~ilen zugeschriebenen Bedeutung ~indert sich, wenn das Kommunikationsziel Image-Building hei_6t. Hier sehen die Politikvermittlungsexperten eindeutig vertrauliche Kommunikationskan~ile- im Besonderen das Hintergrundgespr~ich- als geeignetes Mittel. 62 Prozent der Befragten gaben dies an. Auf dem zweiten Platz folgen Kreise und Zirkel, die jeder Dritte nannte. Die offenen Kommunikationskan~ile werden seltener im Zusammenhang mit dem Kommunikationsziel Image-Building genannt. 29 Prozent der Politikvermittlungsexperten halten die Pressekonferenz, jeder vierte eine Pressereise und jeder zehnte eine Pressemitteilung ftir einen geeigneten Kommunikationskanal (Abbildung 5) (ebenda: 282f.). Nach der Aussicht auf Erfolg befragt, gaben die Politikvermittlungsexperten an, dass sich dieser bei einer gewtinschten Thematisierung fast immer einstellt. Auf einer ~nfpoligen Skala, deren Extrempunkte fiir ,,immer erfolglos" (1) und ,,immer erfolgreich" (5) standen, lag der Mittelwert bei 4,2. Zurtickhaltender wurden die Chancen der Dethematisierung, der Absetzung eines Themas von der Agenda, beurteilt. Hier betrug der Mittelwert auf der eben genannten Skala 3,5 (Tenscher 2003: 275). ,;~mlich optimistisch ist die Einsch~itzung des Erfolges hinsichtlich des Image-Buildings. Nach Ansicht der Politikvermittlungsexperten sind die Erfolgsaussichten ~ r die Beeinflussung der Wahrnehmung der Partei oder des Kandidaten sehr gut. Wie bei den Thematisierungsaussichten betr~igt hier der Mittelwert 4,2 (ebenda: 284). Diese Befunde werden durch eine Studie von Pfetsch gesttitzt, die auf der Basis von Leitfadengespr~ichen die Einflussm6glichkeiten der Regierung auf die Medieninhalte analysierte. Sowohl in den USA als auch in Deutschland wird es von den Sprechern als einfach erachtet, ein neues Thema auf die Agenda zu setzen. Etwas schwieriger ist es dagegen, die Aufmerksamkeit auf ein bereits gesetztes Thema zu erh0hen. Hingegen erweisen sich die Abschw~ichung der Bedeutung eines bereits gesetzten Themas sowie die Verhinderung der Berichterstattung tiber ein unerwfinschtes Thema als Kommunikationsaufgaben, die die Sprecher nur schwer oder tiberhaupt nicht 16sen k0nnen (Pfetsch 2003:233 ff.) BefTagt man hingegen die Adressaten der PR, die Journalisten, so zeigt sich ein anderes Bild. Im Rahmen der Journalistenbefragung von 1994 (Weischenberg, L6ffelholz, Scholl 1994) wurde auch die Sichtweise der Journalisten hinsichtlich des Einflusses der PR auf ihre T~itigkeit erfasst: Gut die H~ilfte der befragten Journalisten gab an, dass die Offentlichkeitsarbeit nur einen geringen oder sehr geringen Einfluss auf ihre Arbeit habe (L~ffelholz 1997: 194). Dabei lassen sich grol3e Unterschiede zwischen den einzelnen Bereichen und Ressorts in den Medien feststellen. So bewerten zwei Drittel der Agenturjournalisten (67 Prozent) und gut die H~ilfte der Anzeigenblattjournalisten (53 Prozent) bzw. der Zeitungsjournalisten (51 Prozent) den Einfluss der 0ffentlichkeitsarbeit auf ihre T~itigkeit als mittelgroB bis sehr groB. Bei den Rundfunkjournalisten, die bei 6ffentlich-rechtlichen Sendern arbeiten, tun dies nur 40 Prozent. Die Auswertung nach Ressorts zeigt, dass im Besonderen Lokaljournalisten und Sportjoumalisten (je 63 Prozent) der Offentlichkeitsarbeit eine st~irkere Bedeutung ~ r ihre Arbeit einr~iumen als zum Beispiel Kulturjournalisten (47
94
Ursachen der Darstellung
Prozent) oder Politikjournalisten (34 Prozent), die im Rahmen dieser Arbeit von besonderem Interesse sind (ebenda: 195).
Abbildung 5." KommunikationskanNe ~ r erfolgreiche Thematisierung
Auf der Grundlage der Bewertung der PR-Produkte durch die Joumalisten auf drei unterschiedlichen Ebenen wurden mittels einer explorativen Clusteranalyse vier Typen gebildet, die die journalistischen Einstellungen gegentiber der PR wiedergeben. Die zentrale Variable zur Beschreibung dieser einzelnen Typen stellt dabei die Aufgeschlossenheit der Joumalisten gegentiber der Offentlichkeitsarbeit dar. 61 Die Gruppe der PR-Antikritiker ist am positivsten gegentiber der Offentlichkeitsarbeit eingestellt. Diese Joumalisten verteidigen die PR-Arbeit gegentiber den Kritikern und teilen keineswegs deren Beftirchtungen, dass PR zu einer unkritischen Berichterstattung verfiihrt oder die Recherche ersetzt. Offentlichkeitsarbeit ist ~ r diese Joumalisten ein Ausdruck des Jedermanns-Recht der Pressefreiheit.
61Da Typologien unvollstandige Klassifikationen sind, bezieht sich die Kritik an ihnen zumeist auf die Auswahl der Variablen, die fiir die Typenbildung herangezogen werden. Zur Erstellung der vorliegenden Typologiewurden leider nur die Variablen herangezogen, die direkt Auskunft Oberdie Bewertung der PR-Aktivit~itengaben. Andere zentrale Variabeln, wie die Stellung der jeweiligen Journalisten in der Redaktion oder das Publikumsbild wurden nur zur Beschreibung eingesetzt.
5.2 Selbstdarstellung der Kleinparteien 9
9
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95
Ebenfalls positiv gegentiber der (3ffentlichkeitsarbeit sind die PR-Pragmatiker eingestellt. Diese Haltung beruht im Gegensatz zu den PR-Antikritikern jedoch auf einer positiven Sicht- sie sehen einen Nutzen der PR ~ r ihre t~igliche Arbeit. Da Pressemitteilungen zuverl~issig und gut aufbereitet sind, meinen diese Joumalisten, dass sie Recherche ersetzen und somit Zeit sparen. Eine eher negative Einstellung zur Offentlichkeitsarbeit haben die PR-Skeptiker, die sowohl an der Qualit~it der Pressemitteilungen zweifeln als auch ein 13bermal3 an PRAktivit~iten feststellen. Die negativste Meinung gegentiber der PR vertreten PR-Kritiker, die in den Aktivit~iten der Offentlichkeitsarbeit eine Gefahr Nr eine unabh~ingige, objektive Berichterstattung sehen (L6ffelholz 1997: 199ff.).
Untersucht man, wie viele Joumalisten sich welcher Gruppe zugeh6rig flihlen, so zeigt sich, dass die Journalisten mit einer positiven Grundeinstellung knapp in der Mehrheit sind. Bei 55 Prozent der Befragten war ein positives PR-Grundverst~indnis festzustellen: knapp jeder Vierte (24 Prozent) z~ihlt zu den Antikritikern, gut drei von zehn zu den PRPragmatikern. Bei den Typen, die kritisch der PR gegent~berstehen, sind die PR-Kritiker (26 Prozent) st~irker vertreten als die PR-Skeptiker (19 Prozent). In den ~ r diese Arbeit relevanten Politikredaktionen Oberwogen insgesamt die negativen Einstellungen gegen0ber der Offentlichkeitsarbeit. Gut drei von zehn Politikjoumalisten z~ihlten zu den PR-Kritikem, gut jeder Vierte (28 Prozent) war in dem Cluster der PRSkeptiker. Jeweils ein Ft~nftel fand sich in der Gruppe der PR-Pragmatiker (19 Prozent) und der PR-Antikritiker (21 Prozent) wieder (ebenda: 202). Im Vergleich zu allen anderen Ressortjournalisten ist der Anteil der PR-Pragmatiker am geringsten, was vermuten l~isst, dass der Einfluss der Offentlichkeitsarbeit auf die Politikberichterstattung geringer ist als der Einfluss auf die Lokal- oder Wirtschaftsberichterstattung, in denen die positiven Grundhaltungen gegent~ber der PR am weitesten verbreitet sind. Auch die bereits erw~thnte Studie von Pfetsch wendete sich der Einsch~itzung der M6glichkeiten der Regierungs-PR aus Sicht der Journalisten zu. Einig waren sich die befragten Journalisten in Deutschland und Amerika hinsichtlich des relativ hohen Einflusspotentials der Regierungen bei der Thematisierung und der Verst~irkung eines bereits gesetzten Themas. Unterschiede fanden sich jedoch bei der Bewertung, ob es Sprechem gelingen kann, die Bedeutung eines Themas auf der Agenda abzuschw~tchen. Hier sahen die amerikanischen Journalisten im Vergleich zu ihren deutschen Kollegen ein st~irkeres Potential. Hingegen wird die Verhinderung eines Themas als schwer mOglich oder unm6glich eingesch~itzt (Pfetsch 2003:235). Wie valide sind jedoch Daten, die auf der Selbstauskunff der Akteure beruhen? Die dargestellten Beispiele unterschiedlicher Befragungen von Journalisten und PR-Treibenden weisen darauf hin, dass die PR-Treibenden der Thematisierung eine hOhere Bedeutung beimessen als die Journalisten. Man kann ~ r dieses divergierende Antwortverhalten den Wunsch nach Aufwertung des Einflusses der eigenen Arbeit annehmen. Es w~ire ungew6hnlich und fiberraschend, wiirden PR-Verantwortliche, deren T~itigkeit zum grol3en Teil auf die Beeinflussung der Medieninhalte ausgerichtet ist, ihrem Tun keine Wirkung zuschreiben. Gleiche Argumentation kann ~ r Journalisten herangezogen werden, deren Aufgabe es ist, Medieninhalte selbstst~indig und unbeeinflusst zu produzieren (Rolke 1999b: 230).
96 5.2.2.2
Ursachen der Darstellung Inhaltsanalysestudien
Eine von den verzerrenden Bewerttmgen der Akteure freie MOglichkeit, den Einfluss von Presse- und Offentlichkeitsarbeit auf die Medienberichterstattung zu erfassen, stellen vergleichende Inhaltsanalysen des PR-Materials und der Medienberichterstattung dar. Dabei soll gekl~irt werden, ob es den politischen Institutionen gelingt, die Medienagenda zu beeinflussen. Diese Frage ist Gegenstand des Forschungsansatzes, der sich mit der discretionary power, der unumschr~inkten Handlungsmacht der Massenmedien, besch~iftigt. Diese mittlerweile 20 Jahre alte These, die im Zusammenhang einer vergleichenden Studie zu den britischen Parlamentswahlen 1983 und den amerikanischen Pr~isidentschaftswahlen 1984 formuliert wurde (Semetko, Blumer, Gurevitch, Weaver 1991), thematisiert die Konkurrenz zwischen Parteien und Medien bei der Herstellung der Medienagenda. Die Autoren kamen zum Ergebnis, dass in Grol3britannien die Medienagenda st~irker von den Parteien dominiert wurde und dass die Medien in den USA eine weit bedeutendere Rolle beim Setzen der Themenagenda spielten. 62 Auch fi~ die Bundesrepublik liegt eine Reihe von Studien vor, die sich mit dem Einfluss der politischen PR auf Thematisierung und Image-Building besch~i~igen. Das Vorgehen aus der medienorientierten Perspektive zur Einsch~itzung von PR-Aktivit~iten erfolgt auf zwei Arten: In den so genannten Input-Output-Studien wird untersucht, inwieweit das PR-Material Resonanz in der Berichterstattung findet bzw. diese determiniert. Dabei werden eine Reihe aufeinander aufbauender abh~ingiger Variablen untersucht. Im ersten Schritt wird festgestellt, ob eine PR-Aktivit~it Medienberichterstattung zur Folge hatte oder nicht. Ist dies der Fall, wird weiter~hrend erfasst, wo der Beitrag platziert wurde und inwieweit die Inhalte der Medienberichterstattung mit den Inhalten der Pressemitteilung tibereinstimmen. Die Bewertung, ob Inhalte der PR-Aktivit~iten und der Medienberichterstattung tibereinstimmen, erfolgt dabei tiber ein Kontinuum mit den Extrempunkten inhaltliche Obereinstimmung (Fr6hlich, Burkhard 2004) und w6rtliche 0bereinstimmung (Lang 1980; Donsbach, Wenzel 2002). Zwar sind Input-Output-Analysen die methodisch sauberste Form, den Einfluss der Presse- und Offentlichkeitsarbeit auf die Medienberichterstattung aufzuzeigen, doch ist ihre Umsetzung sehr aufwendig, so dass zur Zeit nur Studien entweder zu einzelnen Themen (Kepplinger, Maurer 2004; Fr6hlich, Rtidiger 2004), zu einzelnen Ereignissen (Fr6hlich 1992), zu einzelnen Akteuren (Knoche, Lindgens 1988; Mtiller-Hennig 2000) oder zur PR-Effizienz in eng abgesteckten Zeitraumen (Schweda, Opherden 1995; Donsbach, Wenzel 2002; Rossmann 1993) vorliegen. Die zweite Art, um PR-Aktivit~iten in Bezug auf die Gesamtberichterstattung zu messen, sind so genannte Strukturvergleiche von PR-Material und Medienberichterstattung. Sie haben zum Ziel, die Schwerpunkte des PRMaterials den Schwerpunkten und der Priorit~itensetzung der Medienberichterstattung gegentiberzustellen. Dabei wird untersucht, inwieweit der Medieninhalt synchron zum Inhalt der PR-Aktivit~it ist (Dahlem 2001:315).
62 Des Weiteren definieren Semetko, Blumer, Gurevitch & Weaver eine Reihe von Randbedingungen, die die St~rke des Einflusses der Parteien oder der Medien moderieren k6nnen. Als Faktoren, die die diskretion~ire Macht der Medien moderieren, nennen die Autoren: Spezifika des politischen Systems, Spezifika der politischen Kultur, Art der Medienorganisation, intensit~t des Wettbewerbs, Bedeutung journalistischer Normen f'tir die Berichterstattung, Selbstverst~ndnis von Journalisten hinsichtlich ihrer Rolle im Wahlkampf, Professionalisierungsgrad der Kampagne, Status der Spitzenkandidaten, politisch- ideologische Ausrichtung einzelner Medien (Semetko, Blumer, Gurevitch, Weaver, 1991: 178f.)
5.2 Selbstdarstellung der Kleinparteien
97
Aufgrund der unterschiedlichen Herangehensweise an den Vergleich zwischen PRAktivitgten und Medienberichterstattung lassen die beiden Studientypen unterschiedliche Aussagen t~ber den Einfluss der PR auf die Medienagenda zu. Input-Output-Studien k6nnen herangezogen werden, um zu aberprfifen, inwieweit die Aussagen aus dem PR-Material in der Medienberichterstattung t~bemommen werden. Hinsichtlich der Aufgaben von politischer PR bedeutet dies, dass neben dem Erfolg der Thematisierungsfunktion auch der Erfolg der Framing-Funktion gegenfiber Themen (Scheufele 2003: 55ff.) und der ImageBuilding-Funktion gegent~ber Personen (Kepplinger, Maurer 2004:114) untersucht werden kann. Die Aussagekraft von Smakturvergleichen beschr~nkt sich demgegent~ber auf die Thematisierungsfunktion politischer PR. Es k6nnen nur Aussagen daraber getroffen werden, ob und inwieweit es politischen Instimtionen gelingt, mit ihren Themen bzw. mit den Standpunkten zu einem Thema in die Medienberichterstattung zu kommen. Der Vorteil des Strukturvergleichs liegt hingegen in der M6glichkeit, die gesamte Berichterstattung zu einem Gegenstand zu erfassen und mit den Inhalten der PR zu vergleichen. Nach diesem kurzem Einblick in Vor- und Nachteile dieser empirischen MOglichkeiten soll nun deren empirischer Ertrag diskutiert werden. Input-Output-Studien Eine der ersten Studien, die die Determination der Medieninhalte durch die Presse- und Offentlichkeitsarbeit aufzeigten, wurde von Sigal (1973) ver6ffentlicht. Sigal stellte fest, dass t~ber die Hglfte des redaktionellen Inhaltes der New York Times und der Washington Post aus Informationskanglen der Public Relations (insbesondere aus Pressekonferenzen und PR-Abteilungen) stammten. Ft~r Deutschland untersuchten zungchst Nissen und Menningen (1977) den Einfluss der politischen Parteien auf die Medienberichterstatmng. Am Beispiel der Pressearbeit der Landesregierung in Schleswig-Holstein und den im Landtag vertretenen Parteien machten sie deutlich, dass es den politischen Akteuren in SchleswigHolstein sehr wohl gelang, mit ihren Pressemiteilungen in die Medienberichterstattung zu kommen. In den drei von den Autoren untersuchten regionalen Abonnementzeitungen fanden sich zwischen 36 Prozent und 55 Prozent der ausgesendeten Pressemitteilungen im redaktionellen Teil wider (ebenda: 173). Ein ~.hnliches Studiendesign verwendete Lang (1980) far seine Analyse der Pressemitteilungen der Parteien in Baden-Wt~rttemberg. In dieser Studie wurde zum einen untersucht, wie stark die Pressemitteilungen Verwendung bei der Nachrichtenagentur dpa fanden und zum anderen, wie stark die Pressemitteilungen bearbeitet wurden. Im Ergebnis konstatierte Lang, dass 86 Prozent der Pressemitteilungen in das Agenturmaterial t~bergingen und dass es bei dpa nur ein geringes Mag an redaktioneller Vergndemng der Pressemitteilungen gab. Erfolgreiche Pressemitteilungen wurden im Agenturstil geschrieben, damit sie wenig Anlass zur Vergndemng boten (ebenda: 180). In ihrer von vielen Wissenschattlem als Initialstudie zur Erforschung der Determination der Medieninhalte durch die PR wahrgenommen Untersuchung zum Einfluss der politischen Offentlichkeitsarbeit auf die Medieninhalte wies Baems (1985" 98) am Beispiel der nordrhein-westf~ilischen Landespolitik nach, dass die Medienberichterstattung vonder politischen PR gesteuert wird. Sie zeigte, dass die Pressemitteilungen der Landesregierung und der Parteien des Landesparlaments eine groge Chance hatten, Grundlage der Medienberichterstattung zu sein. Zwischen 61 und 64 Prozent des redaktionellen Inhaltes der untersuchten Tageszeitungen stammten aus Pressemitteilungen (ebenda: 87ff.). Baems stellte
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Ursachen der Darstellung
daraufhin die Determinationsthese auf, nach der die Offentlichkeitsarbeit Themen und Timing der Medienberichterstattung unter Kontrolle hat (Baerns 1985: 3). GroBenbacher sowie Knoche und Lindgens lieferten allerdings empirische Befunde, die die Determinationsthese abschwgchten. GroBenbacher (1986) untersuchte den Niederschlag von 53 Pressekonferenzen verschieden gewichtiger politischer Akteure in den Medien und stellte fest, dass es vor allem die stamshSheren Akteure wie Regierungen und Parteien sind, denen es gelingt, mit ihren Themen und Botschaften in die Medien zu kommen (Saffamia 1993: 420). Zu fihnlichen Schlussfolgemngen gelangen Knoche und Lindgens, die im Umfeld der Bundestagswahl 1987 am Beispiel der damals noch nicht im Parteiensystem etablierten Gr~nen den Erfolg yon Pressemitteilungen untersuchten. Dabei wurden sowohl die Pressemitteilungen des Bundesvorstands als auch die der Bundestagsfraktion in die Untersuchung einbezogen. Hinsichtlich der Selektion der angebotenen Themen dutch die Massenrnedien stellten die Autoren fest, dass im Durchschnitt nur 15 Prozent der Themen aus Pressemitteilungen der Gr~nen auch in den Massenmedien wieder zum Vorschein kamen. Deutlich unterschieden sich die Zeitungstypen: W~hrend aberregionale Abonnementzeitungen eine Selektionsquote von 24 Prozent und regionale Abonnementzeitungen eine Quote von 17 Prozent aufwiesen, wurde in den StraBenverkaufszeimngen am wenigsten (9 Prozent) aus den Pressemitteilungen abemommen (Knoche, Lindgens 1988" 494f.). Der Einfluss der Pressemitteilungen auf die Berichterstattung t~ber die Gr~nen wird yon den Autoren als hubert gering eingeschgtzt. Nur in jedem vierten Beitrag, in dem die Grfinen thematisiert wurden, fand sich ein Bezug zu einer Pressemitteilung (ebenda: 500). Rossmann (1993) untersuchte die Berichterstattung t~ber Greenpeace im Mai und Juni 1991 und stellte fest, dass die Informationen von Greenpeace, wenn sie Eingang in die Berichterstattung fanden, stark gekt~rzt und redigiert wurden. Weitere Einschr~nkungen der Determinationsthese mussten aufgrund der Studien von Barth und Donsbach sowie Szyszka zur Kenntnis genommen werden. Barth und Donsbach deckten auf, dass die Einstellung der Journalisten zum PR-Treibenden sowie die Situation in der Presse- und Offentlichkeitsarbeit (Normalzeit vs. Krisensituation) wichtige Determinanten des Niederschlags von PRMaterial in der Medienberichterstattung und somit des Erfolgs von Offentlichkeitsarbeit waren. Der Erfolg yon PR war bei positiven Einstellungen der Journalisten zum PRTreibenden und in Normalzeiten h~her (Barth, Donsbach 1992: 164). Szyszka (1997:218f.) wies nach, dass es Unterschiede im Selektionsverhalten von PR zwischen einzelnen Medientypen bzw. zwischen einzelnen Ressorts der Tageszeitung gab. Diese Befunde werden von Haase best~.tigt, die zeigen konnte, dass im Politik- und im Kulturressort einer ostdeutschen Abonnementzeitung weniger PR-Material zur Berichterstattung verwendet wurde als im Lokalteil und im Kulturteil (Haase 2005: 75). Gazlig (1999: 197) sowie Donsbach und MeiBner (2004:107) zeigten, dass der Niederschlag von PR in der Medienberichterstattung auch von Nachrichtenfaktoren abhing. Alle Studien wiesen nach, dass sich die Anzahl und die Wertigkeit der enthaltenen Nachrichtenfaktoren positiv auf die Auswahl des PRMaterials als Quelle der Berichterstattung auswirkten. Aufgrund dieser Einschr~nkungen sind in neueren PR-Studien weit geringere Determinationsquoten gefunden worden. So stellte Saffarnia (1993: 420) in seiner Untersuchung der innenpolitischen Berichterstattung des 0sterreichischen Kuriers fest, dass nur gut ein Drittel der Beitr~ge auf PR-Quellen zur~ckgehen. Noch geringere 0bernahmequoten fanden Schweda und Opherden (1996), die eine Input-Output-Analyse zur Berichterstattung
5.2 Selbstdarstellung der Kleinparteien
99
fiber die Dtisseldorfer Lokalpolitik durchftihrten. In den drei in die Untersuchung einbezogenen Zeitungen Rheinische Post, Westdeutsche Zeitung und Neue Rheinische Zeitung wurden l~emahmequoten von Pressemitteilungen der Ratsfraktionen zwischen 12 und 26 Prozent festgestellt. Jedoch verwiesen die Autoren darauf, dass die Berichterstattung fiber eine Partei mit der Quantit~it ihrer Presse- und ()ffentlichkeitsarbeit ansteigt (ebenda: 82). Kolmer (2000: 144f.) zeigte in seiner Untersuchung des publizistischen Niederschlags von 70 Pressemitteilungen der Treuhandanstalt in unterschiedlichen Zeitungen, dass 47 mindestens durch eine Zeitung aufgegriffen wurden. Von den Pressemitteilungen, die die Grundlage fiir die Berichterstattung fiber die Treuhand bildeten, wurden wiederum ein Drittel soweit joumalistisch bearbeitet und ver~indert, dass die eigentliche Botschaft der Pressemitteilung in den Beitr~igen nicht mehr erkennbar war. Somit bildeten 44 Prozent der Pressemitteilungen die Grundlage einer Berichterstattung fiber die Treuhandanstalt. Kolmer stellt weiterhin fest, dass die wirtschaftliche Bedeutung der Pressemitteilungen den gr6gten Einfluss auf deren Niederschlag in der Medienberichterstattung hat (ebenda: 352). Donsbach und Wenzel (2002: 380) analysierten den Erfolg der Pressearbeit der s/ichsischen Landtagsfraktionen in der Berichterstattung fiber die Landespolitik des Freistaates in den sechs relevanten Tageszeitungen. Sie fanden, dass nur ein Viertel der Berichterstattung, in der die Landtagsfraktionen vorkamen, auf Pressemitteilungen zurtickging. ~mlich wie bei Knoche und Lindgens konnte auch in dieser Studie festgestellt werden, dass sich die Stragenverkaufszeimngen am wenigsten der Pressemitteilungen als Quelle ihrer Beitr~ige bedienten. Ein Vergleich zwischen den drei Landtagsfraktionen legte often, dass die Pressemitteilungen der Oppositionsfraktionen am erfolgreichsten waren. Die Pressemitteilungen der PDS-Fraktion bildeten am h/iufigsten die Grundlage der Berichterstattung. Am effektivsten, bezogen auf den betriebenen Aufwand, war hingegen die SPD-Fraktion, bei der sich 31 Prozent der Pressemitteilungen in der Berichterstattung wieder fanden. Sowohl bei der Quantit~it der Pressemitteilung als auch bei der lJbemahmequote bildete die Mehrheitsfraktion der CDU das Schlusslicht. Dies ist jedoch nicht verwunderlich, da sich diese Fraktion gegentiber der Landesregierung nicht profilieren muss (ebenda: 381). Einen weit geringeren Einfluss der Pressemitteilungen der Parteien und Fraktionen der im Bundestag vertretenen Parteien stellten Kepplinger und Maurer (2004) in ihrer Untersuchung im Vorfeld der Bundestagswahl 2002 fest. Sie untersuchten den Erfolg von 162 Pressemitteilungen zum Thema Wirtschafl, dem wichtigsten Sachthema im Bundestagswahlkampf 2002, in 641 Beitr~igen in den vier tiberregionalen Qualit/~tszeimngen. Nur 10 Prozent der Pressemitteilungen wurden von den Zeitungen in der Berichterstatmng aufgegriffen. Des Weiteren konnten die Autoren zeigen, dass besonders Pressemitteilungen, die die eigenen Leistungen mit denen der Kontrahenten verglichen und die den politischen Gegner angriffen, erfolgreicher waren als Pressemitteilungen, die sich gegen Angriffe verteidigten oder die die eigenen Leistungen darstellten (ebenda: 123). Zu ~ihnlichen Ergebnissen kommen Fr6hlich und Rtidiger. Anhand der Input-Output-Analyse zum Thema Zuwanderungspolitik untersuchten sie 138 Pressemitteilungen der Parteien und deren Bundestagsfraktionen sowie des Innenministeriums und 273 Zeitungsartikel aus FAZ und SZ. Sie stellten fest, dass 9,9 Prozent der Beitr~ige Material aus Pressemitteilungen enthielten (Fr6hlich, Rtidiger 2004: 129). Die bisherigen Forschungsarbeiten im Rahmen von Input-Output-Analysen zeigen, dass die st~irksten Befunde zur Determinierungsthese erstens aus den frtiheren Studien stammen und zweitens aus Studien resultieren, die den Niederschlag von Pressemitteilun-
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Ursachen der Darstellung
gen in regionalen Abonnementzeitungen gemessen haben. Arbeiten, die nur geringe Determinierungsquoten festgestellt haben, fokussierten auf die vier tiberregionalen Qualit~itszeitungen oder eine Auswahl daraus. Inwieweit sich hier tatsgchlich eine Entwicklung zu einer geringer werdenden Determination der Medieninhalte durch die PR abzeichnet oder ob Unterschiede zwischen Qualit~tszeitungen und regionalen Abonnementzeitungen gemessen wurden, mtissen weiter empirische Studien prafen. Arbeiten von Kepplinger und Maurer (2004) und von Fr6hlich und Rtidiger (2004), die die niedrigste Determinationsquote gemessen haben, weisen allerdings eine Gemeinsamkeit auf: Ihre Untersuchungen beschr~inkten sich auf ein zentrales Sachthema. Somit steht weiterhin die Frage im Raum, ob die redaktionelle Eigenleistung bei zentralen Sachthemen gr613er ist als bei so genannten Randthemen der Berichterstattung. Strukturvergleiche Studien im Design von Smakmrvergleichen haben alle gemein, dass sie den Zusammenhang zwischen der Parteienagenda und der Medienagenda auf Aggregatebene tiberprtifen. Zumeist wird dabei bei der Interpretation eine eindeutige Richtung des Kausalzusammenhangs angenommen, bei der die unabhgngige Variable die Parteiagenda und die abh~ingige Variable die Medienagenda ist. Neben den thematischen 121bereinstimmungen werden Indikatoren far erfolgreiche Inszenierungsversuche respektive rhetorische Strategien im PRMaterial tiberprfitt. Indikatoren flir die Parteienagenda sind meist PR-Aktivit~ten aus verschiedenen transparenten Kommunikationskan~ilen wie Pressemitteilungen, Wahlkampfzeimngen, Wahlprogrammen oder Reden von Spitzenpolitikem. Pressemitteilungen Reiser (1994) zeigte in seiner Studie zur Europawahl 1989, dass es einen engen Zusammenhang zwischen den Agenden der Parteien und der Medienberichterstattung in den fiberregionalen Tageszeittmgen sowie den Femsehnachrichtensendungen des 6ffentlichrechtlichen Rundfunks gab. In den Nachrichtensendungen der privaten Anbieter wurde im Gegensatz dazu anderen Themen eine gr613ere Relevanz einger~iumt, so dass hier die Zusammenhgnge weniger stark sichtbar wurden. Reiser stellte weiterhin fest, dass es zwischen den Themenagenden der Regierungsparteien CDU/CSU und FDP und der Medienberichterstattung eine gr6gere Obereinstimmung gab als bei den Oppositionsparteien SPD und Grfine. Donsbach (1999b) verglich im Vorfeld der Bundestagswahl 1998 die Pressemitteilungen der Unionsparteien und der SPD mit der Medienberichterstattung in den wichtigsten deutschen Nachrichtenmedien. In seinem Vergleich der Pressemitteilungen mit der Medienberichterstattung fand er heraus, dass in den Pressemitteilungen h~iufiger Sach- und nicht Wahlkampfthemen im Vordergrund standen (ebenda: 150). Am Beispiel der Berichterstattung tiber den Arbeitsmarkt und die wirtschaftliche Lage zeigte sich zudem eine weit st~rkere Obereinstimmung der thematischen Struktur bzw. der Perspektiven der Berichterstattung fiber diese Themen mit den Pressemitteilungen der SPD als mit denen der Unionsparteien (Donsbach 1999a: 71f.). Den Zusammenhang zwischen Parteienagenda und Medienagenda im Vorfeld der Bundestagswahl 2002 untersuchten Eilders, Degenhardt, Herrmann und von der Lippe. Drei Wochen vor der Wahl codierten sie Pressemitteilungen der damals ffinf vertretenen Parteien im Bundestag sowie die Politikberichterstattung der vier
5.2 Selbstdarstellung der Kleinparteien
101
tiberregionalen Qualit~itszeimngen und der Bildzeitung. Im Untersuchungszeitraum konnte weder ein signifikanter Zusammenhang zwischen Parteien- und Medienagenda noch ein deutlicher Zusammenhang der Themenagenden der einzelnen Medien festgestellt werden. Im Gegensatz zu den Befunden von Donsbach und Jandura (2005: 67) ~ r den Bundestagswahlkampf 1998 zeigte die Studie, dass die Medien im Vergleich zu den Pressemitteilungen weniger intensiv tiber Sachthemen berichteten. 63 Die Autoren verglichen auch im Vorfeld der Bundestagswahl 2002 die Themenagenden und kamen zu der Erkennmis, dass man von einer Determination der Medieninhalte durch die PR der Parteien nicht sprechen kann. Wahlkampfzeitungen/Wahlprogramme Mathes und Rudolph verglichen zur Bundestagswahl 1987 die Schwerpunkte der Wahlkampfzeitungen der Parteien mit den Schwerpunkten der Berichterstattung in den Fernsehnachrichtensendungen (Mathes, Rudolph 1991). Sie stellten fest, dass die Themenrangfolgen der Wahlkampfzeitungen und der Nachrichtensendungen der 6ffentlich-rechtlichen Sender sehr ~ihnlich waren, wobei wiederum nachgewiesen wurde, dasses den Regierungsparteien weit besser gelang als den Oppositionsparteien, ihre Themen in den Medien zu platzieren. Besonders die umfangreiche Darstellung der wirtschaftlichen Entwicklung und die geringere Betonung des Themas Arbeitslosigkeit ntitzten dabei nach Ansicht der Autoren den Regierungsparteien, w~ihrend die Oppositionsthemen soziale Gerechtigkeit, Umwelt und Kemenergie in den Medien eher unterrepr~isentiert blieben (ebenda: 553f.) Eine derartige l~ereinstimmung der Themenagenden von Parteien und Medienberichterstattung lieB sich ftir die privaten Sender nicht nachweisen. Zusatzlich beschaftigte sich diese Studie mit der Frage, inwieweit sich die von den Parteien angewendeten rhetorischen Strategien in der Medienberichterstattung wieder fanden. Mathes und Freisens zeigten, dass sich die Regierungsparteien mit ihrer Strategie, eine Bilanz des Geleisteten zu geben, in der Medienberichterstattung durchsetzten. W~ihrenddessen konnten die Oppositionsparteien, die die Regierung angriffen und eine Problematisierung vomahmen, mit ihrer Strategie nicht tiber die Medien zu den potentiellen W~ihlem vordringen (Mathes, Freisens 1990: 542). Knoche und Lindgens untersuchten flir die Grtinen im Vorfeld der Bundestagswahl 1987 den Zusammenhang zwischen Wahlprogramm bzw. Wahlkampfzeitung der Partei und der Medienberichterstattung mit dem Ergebnis, dass die Grtinen trotz ihres breit gef~icherten Themenspektrums ihrer PR-Materialen in den Medien als monothematische Partei dargestellt wurden (Knoche, Lindgens 1990: 587ff.). Politische Reden Asp verglich in seiner Ver6ffentlichung von 1983 die WahlkampferOffnungsreden der Spitzenpolitiker der schwedischen Parteien mit der Wahlkampfberichterstattung in den schwedischen Medien. Das Ergebnis der Studie zeigt, dass sich die Strukmr der Berichterstattung
Dieser Befund lfisst sich mit der unterschiedlichen Auswahlvon Pressemitteilungenals Untersuchungseinheiten erkl~ren. W~hrend Donsbach & Jandura (2005) nur die Pressemitteilungen der Bundesparteien untersuchten, bezogen Eilders et al. (2004) auch die Pressemitteilungender Bundestagsfraktionenmit ein, in denenjedoch nur fiber Sachpolitik berichtet werden darf und die nicht zur Wahlkampfianterstiitzungder Partei eingesetzt werden diirfen (Braun, Benterbusch 2000). Folglich steigt der Anteil der Pressemitteilungen mit sachpolitischem Inhalt stark an. 63
102
Ursachen der Darstellung
tiber den Wahlkampf in der Parteipresse und die jeweiligen Reden zum Wahlkampfauftakt sehr ~ihneln (Asp 1983). Ereignismanagement Mathes und Freisens (1990: 548) stellten in ihrer Analyse der Femsehberichterstattung fest, dass es der Regierung und den die Regierung tragenden Parteien weit besser als der Opposition gelang, mit von ihnen inszenierten Ereignissen in die akmelle Fernsehberichterstattung zu kommen. So gingen knapp zwei Drittel (62 Prozent) aller inszenierten, berichteten Ereignisse auf die Bundesregierung bzw. die Unionsparteien oder die FDP zurtick, w~ihrend der Anteil far die SPD nur 30 Prozent und ftir die Grfinen gar nur 8 Prozent betrug. Diesen starken Regierungsbonus ~hren Mathes und Freisens auf die gr6Bere Bedeutung der regierenden Parteien und auf die Verffigbarkeit von Ressourcen wie das Bundespresseamtes und das Kanzleramt ~ r die Darstellung der Politik der Regierung zurtick (Jarren, Bode 1996: 81). Die Studien, die auf Aggregatdatenebene den Zusammenhang zwischen der Offentlichkeitsarbeit der Parteien und der Medienberichterstattung untersucht haben, kamen tiberwiegend zum Resultat, dass in erster Hinsicht der Zusammenhang zwischen der Themenagenda der Regierungsparteien und der Medienberichterstattung grtiBer ist als der Zusammenhang zwischen der Agenda der Oppositionsparteien und der Medienberichterstattung. Und in zweiter Hinsicht gelingt es Bundesregierung und den die Regierung tragenden Parteien besser, mit Stellungnahmen und inszenierten Veranstaltungen in der Fernsehberichterstatmng pr~isent zu sein. Lediglich die Studien von Eilders et al. (2003) und Donbach und Jandura (2005) berichten andere Befunde. Eilders deckte keinen Zusammemhang zwischen Themenagenda der Parteien und der Medienberichterstattung in den letzten drei Wochen vor der Bundestagswah12002 auf. Dieses Resultat ist jedoch auf die kurze Erhebungszeit sowie die Ereignislage zu dieser Zeit zurtickzufiahren. Neben dem Thema Flut beherrschten das TV-Duell (Wilke, Reinemann 2003; Kepplinger, R/3ssing 2005b) sowie die Diskussion um einen m~glichen Irak-Krieg die Berichterstattung vor der Wahl. Am Beispiel der Berichterstattung tiber das Thema Arbeitsmarkt macht Donsbach (1999a: 70f.) deutlich, dass es der SPD im Bundestagswahlkampf 1998 gelungen ist, beim wichtigsten Sachthema im Wahlkampf die Perspektive der Berichterstattung zu bestimmen.
5.2.2.3
Fazit
Sowohl Input-Output-Analysen als auch Strukturvergleichsanalysen zeigen also, dass politische Akteure in der Lage sind, mit ihrer Presse- und Offentlichkeitsarbeit die Medieninhalte zu beeinflussen. Zwei klare Modelle des Zusammenhangs der Selbstdarstellung der politischen Akteure und der Medienberichterstattung konnten extrahiert werden: W~ihrend in Input-Output-Analysen die Selektion und Bearbeitung einzelner Pressemitteilungen untersucht wird, bildet bei Strukturvergleichsanalysen das Aggregat der Selbstdarstellung und der Medienberichterstattung den zentralen Analysepunkt. Hierbei wird tiberprtift, inwieweit sich die Themenagenden yon Parteien-PR und Berichterstattung ghneln, l~erschaut man den empirischen Ertrag beider Forschungsrichtungen so ist Folgendes festzuhalten:
5.3 Weitere Kriterien der Nachrichtenauswahl 9
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Es gibt einen Einfluss politischer PR auf die Selektionsentscheidungen der Journalisten. Die Resultate der Input-Output-Studien zeigen, dass ein politischer Akteur umso erfolgreicher seine Pressemitteilungen in den Medien platzieren kann, je mehr seine politische Linie und die des Mediums tibereinstimmen und je wohl gesonnener die Journalisten dem jeweiligen Akteur gegentiber sind (Kepplinger, Maurer 2004; Barth, Donsbach 1992). Das heiBt aber auch, dass die Ereignislage nicht die prim~ire Determinante einer Selektion von Parteien-PR ist. Die Einflussst~irke Dritter auf die Medienberichterstattung ist allerdings zurOckgegangen. Lagen die Determinationsquoten in den ersten Studien noch tiber 50 Prozent, wurden in den letzteren Untersuchungen Quoten von 10 Prozent festgestellt. Auch auf der Aggregatebene l~isst sich ein zurtickgehender Zusammenhang festzustellen. Der Zusammenhang zwischen den Selbstdarstellungen der die Regierung tragenden Parteien und der Medienberichterstattung ist gr6Ber als der zwischen den Selbstdarstellungen der Oppositionsparteien und der Medienberichterstattung. Der Exekutive gelingt es somit besser, Themen in die Medien zu bringen. Dieses Ergebnis ist jedoch nicht verwunderlich, da der Nachrichtenwert von Themen, die durch die Exekutive vermittelt werden, aufgrund ihrer Mehrheit und politisch-gestalterischen Kraft im parlamentarischen Regierungssystem im Vergleich zur Opposition h6her ist. Der Umgang mit dem politischen Gegner ist in den Pressemitteilungen der Parteien weit st~irker vom Negativismus und der Kritik an den Vorhaben des politischen Gegners gepr~igt als die Politikberichterstattung. Im Gegensatz zu den USA (Jamieson 1993) fungieren die Medien in Deutschland als Neutralisator. In der Bundesrepublik wird weniger negativ und destruktiv tiber Vorhaben politischer Akteure berichtet (Donsbach 1999b; Wenzel 2000).
5.3 Weitere Kriterien der Nachrichtenauswahl
Die Nachrichtenentscheidung von Journalisten wird jedoch nicht nur vonder PR determiniert. Eine Reihe weiterer Variablen, die in Prim~ir- und Sekund~irvariablen unterschieden werden k6nnen, beeinflussen das Selektionsverhalten. Zu den Prim~irgr6Ben z~ihlen neben der Effizienz der Quellen die Nachrichtenfaktoren, die Tendenz und die kommerziellen Ziele des Mediums sowie die subjektiven Ziele der Joumalisten. Berufsmotive, Rollenverst~indnis, Berufsnormen, redaktionelle Kontrollmechanismen und die Kompetenz der Journalisten werden hingegen als Sekund~irvariablen bezeichnet (Donsbach, Gattwinkel 1998: 32; Donsbach 2002: 108). Die ft~ das Entstehen des Medienbildes von Kleinparteien bedeutsamen Determinanten werden im Folgenden vorgestellt.
5.3.1
Redaktionelle Linien
Hinsichtlich ihrer politischen Berichterstattung lassen sich die Medien in Deutschland anhand ihrer redaktionellen Linien in ein politisch-publizistisches Spektrum einordnen (Kepplinger 1998" 45). Die Positionierung jedes einzelnen Mediums in diesem Spektrum wurde anhand von quantitativen Expertenbefragungen und Inhaltsanalysen erfasst. Beide Verfahren kamen bisher auf identische Ergebnisse.
104
Ursachen der Darstellung
Auf Expertenbefragungen griffen Sch6nbach (1977), Stolz (1987) und Peter (1998) zurtick. Die befragten Experten beurteilten jeweils die redaktionelle Linie auf einer ftinfpoligen Skala mit den (politischen) Extrempunkten ,,links" (1) und ,,rechts" (5). Beztiglich der akmellsten von drei Befragungen kann festgestellt werden, dass das politisch-publizistische Spektrum auf der linken Seite durch die Frankfurter Rundschau und auf der rechten Seite durch die WELT begrenzt wird. Die beiden tiberregionalen Tageszeitungen taz und Neues Deutschland, die aufgrund ihrer Auflagengr6Be kein groBes Gewicht haben, werden weiter links als die Frankfurter Rundschau eingesmtt und befinden sich demzufolge auBerhalb des von den tiberregionalen Qualit~itszeimngen aufgespannten politisch-publizistischen Spektrums (Peter 1998). Erstmals analysierte Sch6nbach (1977) mit Hilfe einer Kombination aus quantitativer Inhaltsanalyse und Expertenbefragung die redaktionellen Linien einzelner Medien. In seiner Untersuchung zu Argumenten in der Berichterstattung zur Berlin-Konferenz der S iegerm~ichte konnte er das publizistisch-politische Spektrum best~itigen (ebenda). Weiterhin untersuchte Kepplinger (1985b) die Nachrichten von H6rfunkprogrammen und verglich deren redaktionelle Linien mit denen der Spektrumszeimngen. Zahlreiche Folgeanalysen zu unterschiedlichen Themen der politischen Berichterstattung best~itigten sp~iter die Stabilit~it des Spektrums (u.a. Kepplinger, Brosius, Staab, Linke 1989, 1992; Kepplinger 1994a; Donsbach, Jandura 1999; Spranger 2003). Eilders untersuchte die Kommentare der vier Qualit~itszeimngen und der taz zwischen 1994 und 1998. Sie ordnete die Darstellung der angesprochenen Sachthemen bestimmten politischen Positionen 64 auf einer links-rechts Skala zu (Eilders 2002, 2004: 138ff.). Als links wurden dabei progressive und liberale Positionen, als rechts autorit~ire und konservative Positionen definiert. Auch Eilders best~itigte die Bandbreite des Spektrums: Die taz und die FR siedeln im linken Teil des Spektrums, die SZ etwas links der Mitte, w~ihrend WELT und FAZ sich im rechten Teil des politischen Spektrums befinden (Eilders 2004: 145). Doch zeigte eine Analyse der einzelnen Themen, dass die Auspr~igung der redaktionellen Linien bei einzelnen Themen variieren (Eilders 2002: 33f.). Einen ~ihnlichen Ansatz verfolgte auch Voltmer (1997: 167). Ftir sie ist die redaktionelle Linie eines Mediums ein mehrdimensionales Konstrukt, das sich aus den Positionen der Medien zu zentralen gesellschaftlichen Grundkonflikten 65 ergibt. Diese stabilen Befunde lassen Nr die Berichterstattung tiber die Kleinparteien den Schluss zu, dass in der taz, der FR und der SZ die Tendenz des Mediums st~irker mit der politischen Ausrichttmg von Btindnis 90/Die Grtinen tibereinstimmt als der FDP, da die Btindnisgrtinen weit st~irker im linken Teil des politischen Spektrums verhaftet sind. Da die FDP eine Mittelposition hinsichtlich ihrer politischen Ausrichtung im Parteiensystem einnimmt, hat keine der in die Spektrumsanalyse einbezogenen tiberregionalen Tageszeitungen ausschlieBlich aufgrund der redaktionellen Tendenz eine Affinit~it zur FDP. Vielmehr wird sich die redaktionelle Tendenz indirekt- im Falle der Koalition mit oder Koalitionsaussage zu Gunsten einer der GroBparteien- auf die Berichterstattung tiber die Liberalen auswirken. In einer Koalition mit der SPD w~ire eine positivere Berichterstattung in FR und SZ, in einer Koalition mit den Unionsparteien in FAZ und WELT (press-party-parallelism-effect) 64 Die politischen Positionen wiederum wurden aus den Analysen der Wahlprogramme der Parteien entwickelt (Klingemann, Volkens 1998). 65 Voltmer arbeitet die Konflikte Wohlstand und Verteilung, institutionelle und individuelle Autonomie, kulturelle Identitat, gesellschaftliche Integration und auBere Sicherheit heraus (1997:166ff.).
5.3 Weitere Kriterien der Nachrichtenauswahl
105
zu erwarten. Empirische Evidenzen ~ r diese These liefem die Studien, die mittels eines Intramediavergleichs die Berichterstattung tiber die Kleinparteien untersucht haben. So analysiert Ltiter (2004: 180f.) die redaktionellen Linien der Kommentare der tiberregionalen Tageszeitungen WELT, FAZ, SZ, FR und taz. Dabei zeigt sich, dass die Btindnisgrtinen einerseits in den Medien des links-liberalen Tells des Spektrums (taz, FR, SZ) positiver kommentiert werden als die FDP und andererseits von allen Parteien tiberhaupt die positivste Kommentierung erfahren. Im Gegensatz dazu wird die FDP zwischen 1994 und 1998 in der Berichterstattung der FAZ und der WELT positiver bewertet. 66
5.3.2
Politische Einstellungen von Journalisten
Verschiedene Studien, die sich mit der politischen Selbsteinstufung von Joumalisten besch~iftigen, zeigen, dass Joumalisten st~irker der politischen Linken zuneigen als die Bev61kerung (Donsbach 1993a: 305f.; Kepplinger 1982: 130). Bereits Anfang der 1980er Jahre stellte K6cher fest, dass sich nur ein Drittel der Journalisten in der Mitte des politischen Spektrums einordneten. Als eher links bezeichnete sich die relative Mehrheit von gut 40 Prozent, w~ihrend nur ein Ftinftel angab, rechts von der Mitte zu stehen. Bezaglich der Sympathien far die Parteien schlugen sich diese Einstellungen wie folgt nieder: f_)ber die HNfte der Redakteure sympathisierten mit der SPD, ein Ftinftel mit der FDP und nur ein Siebentel mit den Unionsparteien (K6cher 1985: 48f.). 67 Best~itigt wurden diese Resultate durch eine Reihe von Folgestudien. Donsbach und Patterson (Donsbach 1993a: 305f.)ermittelten in ihrer Joumalistenbefragung 1991, dass nur 43 Prozent der Journalisten den damaligen Regierungsparteien CDU, CSU und FDP zugeneigt waren, w~ihrend 57 Prozent eher mit den Oppositionsparteien SPD und Btindnis 90/Die Grianen sympathisierten. Auch die repr~isentative Journalistenbefragung von Schneider, Sch6nbach und Sttirzebecher 1992/93 (1993: 377) erbrachte das Ergebnis, dass die linken Parteien von den Joumalisten positiver bewertet werden als die FDP bzw. die Unionsparteien. In Anlehnung an die Sympathiefrage aus dem ZDF-Politbarometer wurden die Journalisten gebeten, die Parteien auf einer Skala von-5 bis +5 einzuschatzen. Am negativsten wurden dabei die Parteien an den R~indem des politischen Spektrums bewertet. Ftir die Republikaner wurde ein Wert von -4,3 und flar die PDS von -3,0 festgestellt. Die Werte far die Unionsparteien und die FDP lagen dabei mit-0,9 im negativen Bereich, ~ r die Grtinen, die kurz zuvor bei der Bundestagswahl 1990 an der Sperrklausel in Westdeutschland scheiterten, bei 0,0. Nur far die SPD wurde ein schwach positiver Wert von 0,2 festgestellt. Auch in diesem Fall lassen sich diese Bewertungen auf die N~ihe der Joumalisten zur politischen Linken und Rechten zurtick~hren. Gut vier von zehn (44 Prozent) Befragten sympathisierten mit den Parteien im linken politischen Spektrum, nur 19 Prozent mit FDP und Unionsparteien. 68
Femer liegen Befunde aus der Zeit vor, als die FDP mit der SPD koalierte. So kritisiert Radunski (1983:13 I) die Medienprasenz und positive Darstellung der FDP im Fernsehen im Vorfeld der Bundestagswahl 1980 als Verstol~ der Gleichbehandlung von Regierungs- und Oppositionsparteien im Wahlkampf. 67 Der zu 100 Prozent fehlende Anteil von ca. 1/7 verweigerte die Antwort aufdiese Frage. 68 Gut ein Drittel der Befragten antwortete auf die Frage nicht. 66
106
Ursachen der Darstellung
Auch Weischenberg, L6ffelholz und Scholl (1994: 162) k6nnen in ihrer Studie von 1993 zeigen, dass sich jeder vierte Journalist selbst in der N~ihe der SPD und jeder sechste in der N~ihe von Btindnis 90/Die Grtinen einstutt. Hingegen nahm nur jeder zehnte eine Selbsteinstufung in der N~ihe der Unionsparteien vor. Gut jeder flantte Journalist bezeichnet sich als ,liberal' oder ,neutral'. Ehmig (2000: 135f.) erfasst die politischen Einstellungen der Journalisten aufgrund der zurtickgehenden Antwortbereitschaft auf die bisher verwendeten Fragen und aufgrund der teilweise geringen Aussagekraft (Semantisches Differential zwischen links und rechts) mit einem differenzierterem Fragemodell. Sie kontrastiert das aktuelle politische Denken der Befragten mit deren frfiheren Einstellungen sowie den Einstellungen ihrer Bezugspersonen. AuBerdem wurden die Einstellungen tiber die Zustimmung oder Ablehnung von politischen Forderungen gemessen, die sich eindeutig in linke und rechte Positionen differenzieren lieBen. Hier kann Ehmig zeigen, dass die jtingeren Joumalisten st~irker den linken Positionen zustimmen als die ~ilteren Journalisten, womit sie die These widerlegt, dass sich die Linksorientierung der Joumalisten abschw~icht (ebenda: 140). Der Fakt, dass sich die Mehrheit der Joumalisten links einordnet und dass die Joumalisten insgesamt linker stehen als die deutsche Bev61kerung, ist demnach eine Konstante im politischen Journalismus Deutschlands (ebenda: 36). Was bedeuten diese Ergebnisse ~ r eine Analyse der Berichterstattung tiber FDP und Btindnis 90/Die Grtinen? Eindeutig geht aus den hier vorgestellten Studien hervor, dass die Btindnisgrtinen im Vergleich zur FDP einen Sympathiebonus bei den Joumalisten genieBen. Er l~isst sich zwar nicht so deutlich an der Beantwortung der Frage nach der Partein~ihe (ein Sechstel gab eine Parteiidentifikation mit den Grtinen an, 23 Prozent bezeichneten sich als liberal/neutral) ablesen, doch l~isst er sich aus der Pr/aferenz der Journalisten ftir die politische Linke in Deutschland ableiten. Innerhalb des politischen Spektrums des Parteiensystems stehen Btindnis 90/Die Grtinen klar links vonder SPD, w~ihrend die FDP die Mittelposition einnimmt (Klingemann, Volkens 2001). Zudem weist die Studie von Ehmig (2000:141) nach, dass Journalisten gr6Btenteils mit den Kemforderungen der Grtinen tibereinstimmen. 69 Die politischen Einstellungen von Joumalisten allein stellen jedoch keine Determinante der Nachrichtenauswahl dar, wenn sie aufgrund der Anwendung professioneller F~iterien der Bemfsaustibung in den Hintergrund treten. Dies ist aber im bundesdeutschen Joumalismus weit weniger der Fall als in anderen L~indem. Deutsche Joumalisten verstehen ihren Beruf st~irker als politische Rolle, die es auszuftillen gilt. So stellte K6cher in ihrer Joumalistenbefragung 1981 fest, dass es zu den zentralen Berufsmotiven der Redakteure z~ihlte, dass man sich Dr eigene Werte und Ideale einsetzt, eigene Oberzeugungen mitteilt oder aktiv auf politische Entscheidungen Einfluss nehmen kann. Dabei wird im Vergleich mit britischen Journalisten deutlich, dass die deutschen Joumalisten weniger stark ihre Rolle als neutrale Vermittler betonen (K6cher 1986: 72ff.). Auch Donsbach (1993b: 293) stellte bei der Analyse der Daten einer intemationalen Joumalistenbefragung fest, dass diese Absicht nach politischer Selbstverwirklichung der deutschen Joumalisten im Beruf st/arker ausgepr~igt ist als in anderen L~indem. So geht es den deutschen Joumalisten im Vergleich zu 69 So stimmten je nach Altersgruppe zwischen 74 und 91 Prozent der Aussage zu, dass der Umweltschutz Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen haben soil, zwischen 39 Prozent und 61 Prozent sind der Ansicht, dass die Demokratie auch ohne eine starkere Verteidigung gesichert ist und zwischen 39 Prozent und 48 Prozent waren der Meinung, dass man es Ausl~indem leichter machen sollte in Deutschland zu leben (Ehmig 2000).
5.3 Weitere Kriterien der Nachrichtenauswahl
107
ihren amerikanischen Kollegen bei Parteikonflikten st~irker darum, diese interessant darzustellen und weniger stark darum, deren Ausgang nicht zu beeinflussen und Standpunkte neutral zu vermitteln. Politischen Konflikten r~iumen deutsche Joumalisten einen htiheren Nachrichtenwert ein als amerikanische (ebenda: 294). Dass dieses Rollenverst~indnis die professionellen Kriterien bei der Nachrichtenauswahl der Journalisten tiberlagert, verdeutlichen Studien, die die Selektionsentscheidungen der Joumalisten simulierten. So stellten Kepplinger, Brosius, Staab und Linke (1989) fest, dass gut die H~ilfte der befragten Redakteure bewusst Informationen st~irker betonen wiarden, die den eigenen Ansichten in einem politischen Konflikt entsprechen. Den Zusammenhang zwischen eigener 13berzeugung und der Nachrichtenauswahl konnten auch Patterson und Donsbach zeigen (1996: 462f.). Die Studie von Ehmig (2000: 164) legte jedoch often, dass die Auffassung des Berufes als politische Rolle besonders von den Nteren Journalisten getragen wird und die jtingeren Kohorten ein weit weniger ausgepr~igtes missionarisches Bemfsverst/andnis haben. Eine Kombination aus parteipolitischen Einstellungen der Journalisten und den Befunden der ideologischen Beeinflussung ihrer Nachrichtenauswahl hinsichtlich der Berichterstattung tiber Kleinparteien wtirde eine Bevorzugung von Btindnis 90/Die Grtinen gegentiber der FDP ergeben. Diese Bevorzugung ful3t auf dem gr613eren Anteil an Journalisten mit links-liberaler Einstellung und des im Vergleich zu anderen L~indem st~irken Einflusses der eigenen Meinung auf die Publikationsentscheidung. Dementsprechend mtissten die Zugangschancen von Btindnis 90/Die Grtinen in den Medien gr613er sein als die der FDP (Kleinert 1992: 271).
5.3.3
Redaktionelle Kontrolle
Die redaktionelle Kontrolle ist die M6glichkeit von Seiten der Verlags- oder Gesch~itts~hrung eines Untemehmens, auf die Inhalte entsprechend publizistischen Ziele einzuwirken. Eine internationale Joumalistenbefragung ergab, dass der verlegerische Einfluss nach Ansicht der befragten Joumalisten in Deutschland am geringsten ist. Einen ~ihnlichen Grad an redaktioneller Freiheit lieg sich nur noch in Schweden feststellen. 85 Prozent der Redakteure der tiberregionalen Zeitungen in Deutschland versptirten keinen Druck von Seiten der Gesch~iftsftihmng. Es k/ame zwar vor, dass Artikel ver/indert warden, doch geschehen diese Ver~indemngen mit Blick auf eine h6here joumalistische Qualit~it und zur Ver~inderung der Valenz der Berichterstattung (Donsbach, Wolling 1995: 424ff.). Dieses Ergebnis wird gesttitzt durch Befunde zur inneren Pressefreiheit in Deutschland, aus denen folgt, dass sich aufgrund der geringeren redaktionellen Kontrolle die subjektiven politischen Ziele der Journalisten st/irker in der Nachrichtenauswahl niederschlagen k6nnen.
5.3.4
Kollegenorientierung und Intermedia-A genda-Setting
Die Kollegenorientierung z~ihlt nach Donsbach (2002) zu den psychologischen Faktoren der Nachrichtenentscheidung. Im Vergleich zu anderen Berufen ist die Orientierung an den Berufskollegen im Journalismus besonders intensiv und baut sich auch sehr schnell auf (Kepplinger 2001b: 45f.). Journalisten entscheiden unter dem Druck der Zeit und des tif-
108
Ursachen der Darstellung
fentlich Werdens ihrer Auswahl, tiber welches Ereignis berichtet wird. Zus~itzlich befinden sie sich in einer Situation, in der die Absicherung der eigenen Entscheidung schwer oder gar nicht mOglich ist (Mathes, Czaplicki 1993" 153; Kepplinger 1998: 39). Die Folge einer starken Kollegenorientierung ist eine hohe Konsonanz der Berichterstattung, die auf Themen- und Bewertungsebene beobachtet werden kann (Neidhardt, Eilders, Pfetsch 1998: 4; Noelle-Neumann, Mathes 1987: 406f.). Anhand von Joumalistenbefragungen zu den von ihnen meist genutzten Medien und der Analyse der Erw~ihnung anderer Medien in der Berichterstattung l~isst sich die Bedeutung von Meinung und Arbeit der Kollegen nachweisen. Weischenberg, L6ffelholz und Scholl (1994: 163) bildeten eine Rangfolge der von den Journalisten meist genutzten Medien. Demnach ist der Spiegel das meist beachtete Medium, gut zwei Drittel der Befragten (67 Prozent) gaben an, ihn zu lesen. Diese Rangfolge setzen die Tagesthemen (62 Prozent) und Tagesschau (56 Prozent) fort. Mit der Stiddeutschen Zeitung findet sich die erste Spektrumszeitung an vierter Stelle mit einem Anteil von 44 Prozent. Gut ein Drittel der Journalisten sehen die heute-Nachrichten oder lesen den Stern (37 Prozent); die FAZ wird von 36 und die Zeit von 34 Prozent genutzt. Von geringerer Bedeutung sind die Nachrichtensendungen der privaten Kan~ile (Nennungen zwischen 7 Prozent 20 Prozent) und die restlichen iaberregionalen Tageszeitungen (zwischen 11 Prozent und 25 Prozent). Diese Ergebnisse werden in der aktuellsten Studie zu diesem Thema emeut best~itigt (Reinemann 2003). Donsbach (1993a) erfasste die wichtigsten Bezugspunkte der Journalisten ftir ihre Arbeit, indem er nach den Quellen ~ r den letzten Bericht fragte. Nach dem Angebot der Nachrichtenagenturen, das neun von zehn Journalisten angaben, stellten sich vor allem die Faktoren der Kollegenorientierung als wichtige Bezugspunkte heraus. Zwei Drittel der Befragten nannten die Mitarbeiter in der Redaktion und gut die H~ilfle (56 Prozent) die fiahrenden nationalen Medien. Die Bedeutung letztgenannter Medien wird auch im Zitate-Ranking des MedienTenors sichtbar. Diese Ausz~ihlungen zeigen, dass es vor allem dem Spiegel, der BildZeitung und dem Focus gelingt, Beitr~ige zu verfassen, die von anderen Medien aufgegriffen und zitiert werden. So wurde der Spiegel im Jahr 2003 tiber 1.500 mal in anderen Medien erw~ihnt. Die anderen in den Joumalistenumfragen prominent platzierten Medien reihen sich im Zitate-Ranking allerdings nur auf den hinteren Pl~itzen ein. Die SZ, das ZDF, die FAZ, die ARD und die WELT belegen die Pl~itze acht bis zwOlf (Schatz 2004: 68f.). Neben den Joumalistenbefragungen und der Analyse der Zitationen belegt eine Reihe von Inhaltsanalysen das Konzept der Meinungsffihrermedien. Der Selbstbezug innerhalb des Mediensystems fiihrt zu einem sehr starken Einfluss der Meinungsfiahrermedien auf die Medienagenda. ~mlich dem Zwei-Stufen-Fluss im Opinion-Leader-Konzept (Lazarsfeld, Berelson, Gaudet 1944; Noelle-Neumann 1999) sprechen Mathes und Czaplicki (1993: 156) yon einem Stufenfluss innerhalb des Mediensystems. Dieser Prozess wird in der Literatur als Intermedia-Agenda-Setting oder auch Bandwagon-Tendenz bezeichnet (R6ssler 1997: 32; McCombs, Shaw 1993: 61; Weaver, McCombs, Shaw 1998: 197ff.).
5.3.5
Nachrichtenfaktoren
Eine weitere Determinante der Nachrichtenauswahl stellen die innerhalb der Nachrichtenwerttheorie aufgestellten Nachrichtenfaktoren dar. Diesen Begriff pr~igte bereits Walter
5.3 Weitere Kriterien der Nachrichtenauswahl
109
Lippmann (1922). Die Nachrichtenwerttheorie basiert auf der Annahme, dass die journalistische Selektion aufgrund von Ereignismerkmalen geschieht. Das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein der Nachrichtenfaktoren bestimmt den Wert einer Nachricht. Galtung und Ruge (1965) formulierten als eine yon ftinf Thesen des Zusammenwirkens der Nachrichtenfaktoren die Additivit~itshypothese: Je mehr Nachrichtenfaktoren einem Ereignis inne wohnen, desto grOBer ist dessen Nachrichtenwert und demzufolge dessen Publikationswahrscheinlichkeit. Schulz (1976) hingegen argumentiert, dass die Nachrichtenfaktoren nicht einem Ereignis inne wohnen, sondern vielmehr journalistische Hypothesen an die Wirklichkeit sind, die aufgrund der sozialen Rechtfertigung von Journalisten bei der Nachrichtenauswahl herangezogen werden. Somit muss die Additivit~itshypothese so umformuliert werden, dass je berichtenswerter die Journalisten ein Thema oder ein Ereignis finden, desto gr~iBer dessen Chance auf eine Publikation in den Massenmedien ist (vgl. auch Staab 1990). Die Auswahl der Themen und Ereignisse for die Berichterstattung betreffend, lassen sich zwei M~glichkeiten der Erfassung der abh~ingigen Variablen ableiten: die Dichotomie selektiert/nicht selektiert und den von der Redaktion der Meldung zugeschriebenen Beachtungsgrad. Die meisten Studien verwenden letztere Operationalisierung und untersuchen somit die Heterogenit~it innerhalb der Gruppe der Themen und Ereignisse mit hoher zugeschriebener Bedeutung. Die Inhaltsanalysen der letzten Jahre bringen zum Vorschein, dass der Faktor Negativismus und der Faktor Personalisierung zentrale Nachrichtenfaktoren sind. Aufgrund ihrer Bedeutung wird auf beide Faktoren n~iher eingegangen. Als weitere wichtige Nachrichtenfaktoren in der parteipolitischen Berichterstattung sollen jedoch noch die Reichweite, die Prominenz und die Konsonanz zumindest genannt werden (Gazlig 1999:197). TM
5.3.5.1
Negativismus
Eine dimensionale Analyse, worin genau der Negativismus in der Medienberichterstattung bestehen kann, bringt vier Bereiche hervor. Medien kOnnen a. fiber Ereignisse oder Themen mit negativer Valenz berichten, b. explizit oder implizit die Akteure in der Berichterstattung kritisieren, c. verst~irktfiber Kontroversen und Angriffe des politischen Gegners berichten und d. die Berichterstattung skandalisieren (Donsbach 1999b: 162ff). FOr alle vier Bereiche liegen empirische Evidenzen vor. So zeigen Westerstahl und Johansson (1986: 142), dass bereits seit den 60er Jahren die negative Berichterstattung tiber Ereignisse und Sachverhalte anstieg. Diese sich ver~ndemde Nachrichtenideologie konnte auch Patterson in seiner Langzeitinhaltsanalyse der Wahlkampfberichterstattung in Time und Newsweek in den USA feststellen. Zwischen 1960 und 1992 kehrte sich das Verh~iltnis zwischen positiven und negativen Berichten fiber die Pr~isidentschaftskandidaten urn. Oberwogen 1960 noch die positiven Beitr~ige, waren es 1980, 1988 und 1992 die negativen (Patterson 1993: 20). FOr Deutschland deckten u.a. Kepplinger und WeiBbecker (1991) 7o Kepplinger und Roven (2000) analysierten die Vorhersagekraft bestimmter Nachrichtenfaktoren auf die Nachrichtenauswahl, indem sie den Datensatz einer Vollerhebung bei einer Langzeitinhaltsanalyse in zwei Teildatensatze zerlegten und versuchten, die Nachrichtenauswahl aufgrund der Befunde der Analyse eines der Teildatensatze fOr den zweiten Teildatensatz zu prognostizieren.
110
Ursachen der Darstellung
diesen Trend zur negativeren Darstellung yon Sachverhalten und Ereignissen auf. Die Darstellung der Grtinen in den 80er Jahren in den deutschen Tageszeitungen und Fernsehnachrichten unterliegt gleichfalls dem Trend zum Negativismus, denn wenn die Partei in der Medienberichterstattung erwfihnt wurde, war die Valenz der Berichterstattung meist negativ (Roemheld 1987; Knoche, Lindgens 1990). Die Zunahme der expliziten oder impliziten Kritik an den Akteuren macht Kepplinger in seiner Langzeitinhaltsanalyse tiber die Valenz der Berichterstattung tiber deutsche Politiker deutlich. Zwischen 1951 und 1995 stieg der Anteil der negativen Aussagen tiber deutsche Politiker massiv an, wtihrend bei den positiven und ambivalenten Aussagen nur ein moderater Zusammenhang zu verzeichnen war (Kepplinger 1998:185f.). Dass auch die Berichterstattung tiber Kontroversen und Angriffe auf den politischen Gegner zunimmt, zeigen Studien aus den USA (Jamieson 1993) und Deutschland. Ftir die Wahlkampfberichterstattung in der Bundesrepublik kann festgestellt werden, dass die Medien die von den Parteien betriebene Destruktivitfits- und Angriffsstrategie eher neutralisieren (Donsbach 1999: 171). Knoche (2000: 435f.) weist jedoch ftir die Berichterstattung in den 80er Jahren nach, dass die innerparteiliche Auseinandersetzung bei den Grtinen tiber die Medien verst~irkt wurden, indem Politikern, die Kritik an der Partei tibten oder die innerparteilich stark umstritten waren, erst durch die Medienberichterstattung eine Btihne gegeben wurde. Selbst als diese Politiker keine Ftihrungspositionen innerhalb der Grtinen inne hatten, wurden sie von den Massenmedien und damit vonder Offentlichkeit als Kronzeugen des Zustands der Partei behandelt. Des Weiteren ist eine starke Zunahme der Skandalberichterstattung in den Medien zu verzeichnen. Laut Kepplinger divergieren der Urnfang der Skandalberichterstattung und die tatsfichlich auftretenden Skandale immer mehr (Kepplinger 2001).
5.3.5.2
Personalisierung
Die zunehmende Personalisierung der Berichterstattung tiber Politik kann tiber den Umfang der Darstellung von Politikern sowie tiber ihre Art und Weise aufgezeigt werden. Empirische Daten belegen, dass der Umfang zunimmt und dass pers6nliche, apolitische Merkmale eine bedeutendere Rolle spielen. Die Gruppe der Politiker im Vergleich zu den Akteuren anderer Tr~iger der politischen Willensbildung (Kirchen, Interessensgruppen, Verb~nde) ist in der Medienberichterstattung besonders pr~isent. So stellte Pfetsch (2004: 85) bei der Akteursanalyse der Kommentare der tiberregionalen Tageszeitungen zwischen 1994 und 1998 fest, dass nur 27,5 Prozent aller erw~ihnten Akteure nicht aus Parteien, der Exekutive, Legislative oder Judikative stammten, v~ Bereits im Jahr 1986 war die Politikberichterstattung in den Fernsehnachrichtensendungen und -magazinen yon der Pr~isenz der Spitzenpolitiker der etablierten Parteien im Bundestag geprtigt (Kepplinger et. al 1989c: 56). Zu fihnlichen Befunden gelangten Schrott und Meffert (1994:313ff.) in ihrer Analyse der Wahlkampfberichterstattung vor der Bundestagswahl 1987. Die Berichterstattung tiber die Vertreter der etablierten Parteien nahm einen beachtlichen Anteil an der Gesamtberichterstattung tiber Politik ein. Auch bei der Analyse der Printberichterstattung zeigt sich die umfassende Berichterstattung tiber Politiker. So wurde in regionalen Abonnementzeitungen in zwei von drei Beitr~igen Politiv~AhnlicheBefunde finden sich bei Kepplingeret al. (1989c)und Pfetsch, Volmer(1994)
5.3 Weitere Kriterien der Nachrichtenauswahl
111
ker der im Bundestag etablierten Parteien angesprochen (Pfetsch, Volmer 1994: 523ff.). FOr Klein- und Grol3parteien stellten die Forscher fest, dass der Anteil der Medienpr~isenz der Politiker der Kleinparteien weit unter dem Anteil der Medienpr~isenz der Politiker der GroBparteien liegt (vgl. 4.3.1) und dass sich aufgrund der schmalen personellen Decke der Kleinparteien die Berichterstattung auf wenige Spitzenpolitiker konzentriert. So weist Knoche (2000: 437) aus, dass die Berichterstattung tiber die Grtinen zwischen 1983 und 1989 sehr stark auf Otto Schily und Joschka Fischer abzielte. Mehrere Studien widmeten sich speziell dem Umfang der Berichterstattung tiber die Kanzlerkandidaten. So stellten Wilke und Reinemann fest, dass der Anteil der Berichterstatmng tiber die Kanzlerkandidaten in der heiBen Phase des Wahlkampfes in den tiberregionalen Tageszeitungen zwischen 1949 und 2002 zugenommen hat (Wilke, Reinemann 2000: 86, 2003: 32). FOr den Wahlkampf im Femsehen legen Genz, Sch6nbach und Semetko (2001) fiir die Wahlk~impfe 1990, 1994 und 1998 sowie Schulz und Zeh (2004: 103) far die Wahlk~impfe zwischen 1990 und 2002 gleichgerichtete Resultate vor: Der Anteil der Beitr~ige mit Kandidatenbezug zwischen 1994 und 2002 ist stark gestiegen und in der Berichterstattung im Vorfeld der Bundestagswahlen 1990 und 2002 tibertraf der Anteil an Beitr~igen mit Kandidatenbezug den Anteil an Beitr~igen mit Wahlbezug. Die Chancen der einzelnen Kanzlerkandidaten, sich im Femsehen zu pr~isentieren, stehen dagegen in einem anderen Verh~ilmis. Sowohl hinsichtlich des Vorkommens als auch hinsichtlich der authentischen Prgsentationschancen wurde in allen untersuchten Bundestagswahlk~impfen im Fernsehen ein Kanzlerbonus nachgewiesen, allerdings mit unterschiedlicher Starke. So war der Kanzlerbonus im Bundestagswahlkampf 1990 besonders grog (Caspari, Sch6nbach, Lauf 1999), w~ihrend er in der Berichterstattung im Vorfeld der Bundestagswahl 1998 kaum existierte (Donsbach, Jandura 2003b: 234f.). Um die Art und Weise der Darstellung der Politiker in den Massenmedien zu analysieren, ist bis dato festzuhalten, dass es an einem Standardinsmmaent zur Erfassung dargestellter Pers6nlichkeitsdimensionen der Politiker in den Massenmedien mangelt (Kaase 1994). Die Anzahl der in Inhaltsanalysen erfassten Imagedimensionen liegt zwischen zwei und elf. So unterschied Graber (1972) zwischen den Kategorien pers6nliche Merkmale, Stil und professionelles Image, berufsbezogene F~ihigkeiten und sonstiges. Robinson (1981) erfasste die Berichterstattung tiber die Kandidaten in den Kategorien Kompetenz, Integrit~it, Konsistenz und Qualit~it, Kepplinger operationalisierte die Darstellung von Spitzenpolitikern in mehreren Studien tiber zwei (Person vs. Sachpolitik) bzw. sechs Dimensionen (Pers6nlichkeit, politische F~ihigkeit, politischer Stil, politische Grundhaltung, Sachkompetenz, Verh~ilmis zu Instimtionen) (Dahlem 2001). Wilke und Reinemann (2000: 93ff.) erfassten die Darstellung der Kanzlerkandidaten in den Bundestagswahlkgmpfen nach ftinf Dimensionen (Sachkompetenz/Managerf~ihigkeit, Pers6nliches, AuftretenLAul3eres, Verh~ilmis zu anderen, Grundhalmng). Weaver et al. (1981) differenzierten gar zwischen elf Imagedimensionen. Alle diese Operationalisiemngsvorschl/~ge messen mit mindestens einer Dimension jeweils Pers6nlichkeitsmerkmale des Politikers und seine Sachkompetenz. Ein Oberblick tiber die Ergebnisse dieser Studien zeigt, dass die Pers6nlichkeitsmerkmale in den USA schon in frfihen Studien eine zentrale Rolle spielten (Graber 1972; Weaver et al. 1981; Patterson 1993) und in Deutschland eine zunehmende Bedeutung in der Berichterstattung einnehmen (Kepplinger 1998; Wilke, Reinemann 2000, 2003). Jedoch verweisen Wilke und Reinemann (2000: 178ff.) darauf, dass es bei der Berichterstattung tiber die Kanzler-
112
Ursachen der Darstellung
kandidaten keinen klaren Trend zu einer Zunahme der Darstellung der personenbezogenen Merkmale gebe, sondern dass ein hoher oder niedriger Anteil dieser Dimension von der Kandidatenkonstellation abh~ingig sei.
5.4 Zusammenfassung der Befunde
Ziel des vorliegenden Kapitels war es, empirische Evidenzen for die thematisch eingeschr~inkte und wenig ausgewogene Berichterstattung tiber Kleinparteien auf den Ebenen der Politikherstellung, der Politikdarstellung sowie weiterer journalistischer Kriterien der Nachrichtenauswahl darzustellen. Hinsichtlich der Aktivit~iten der Fraktionen der Kleinparteien im Bundestag kann vor allem aufgrund der Langzeitanalyse der parlamentarischen Aktivit~iten von Kranenpohl festgehalten werden, dass sich sowohl FDP als auch Btindnis 90/Die Granen aktiv am Parlamentsgeschehen beteiligen. Die Fraktionen beider Parteien reiten nicht nur ihre thematischen Steckenpferde, sondern wenden sich mehreren Themenschwerpunkten zu. FOr beide Fraktionen l~isst sich in der Zeit ihrer Parlamentszugehtirigkeit ein Wandel der im Mittelpunkt stehenden Politikfelder nachweisen, wobei sich gerade Btindnis 90/Die Grtinen in jtingerer Zeit neue Themenfelder erschlossen haben (Kranenpohl 1999). Im Ergebnis vergleichender Studien mit der groBen Oppositionspartei SPD wird deutlich, dass Btindnis 90/Die Grtinen eine eigenst~dige und aktivere aber weniger konstruktive Parlamentsstrategie verfolgten (Werner 1993). Die FDP hingegen konnte sich seit 1969 als Regierungspartei thematisch nicht profilieren, da sie ihre Aktivit~iten immer gemeinsam mit dem Koalitionsparmer einbrachte. Als weitere Determinante der Berichterstattung tiber Kleinparteien wurde der Einfluss des Selbstbildes, das Kleinparteien von sich zeichnen, untersucht. Dabei zeigte sich zun~ichst, dass die Selbstdarstellungen der Kleinparteien inhaltlich sehr breit sind. Kleinparteien verkorzen keineswegs ihr thematisches Profil (Knoche 2000; Eilders et al. 2003). Die Befunde der Studien, die in einem weiteren Schritt den Einfluss der Pressearbeit auf die Medienberichterstattung untersucht haben, kamen - unabh~ingig vom Design als Determinations-, Resonanz- oder Strukturvergleichsstudie- zum tibereinstimmenden Ergebnis, dass der Einfluss des PR-Materials auf die Medienberichterstatmng rtickl~iufig ist. Die Medien werden daher immer mehr zum eigenst~indigen Akteur. Dieser Entwicklung versuchen die Parteien entgegenzutreten, indem sie die Selektionsmodalit~iten des Joumalismus adaptieren und selbst personalisierte, den politischen Gegner angreifende Pressemitteilungen herausbringen. Als dritte Determinante ~ r das Medienbild der Kleinparteien wurden weitere Kriterien der Nachrichtenauswahl diskutiel~. Als klarer Befund zeigt sich dabei, dass die Medienberichterstattung tiber FDP und Btindnis 90/Die Grthnen durch die redaktionelle Linie eines Mediums und die politischen Pr~idispositionen der Joumalisten beeinflusst werden kann. So ist zu erwarten, dass die Btindnisgrfinen in Zeitungen mit eher linker Tendenz positiver dargestellt werden als in Zeitungen mit konservativer Tendenz. Femer ist aufgrund der Verteilung der Sympathien der Journalisten zwischen FDP und Btindnis 90/Die Grtinen zu schlieBen, dass die Zugangschancen der Grtinen zu den Medien htiher sind. Auf beide Parteien gleich wirken sich hingegen das Intermedia-Agenda-Setting sowie die Konzentration auf zentrale Nachrichtenfaktoren wie Personalisierung und Negativismus aus.
5.4 Zusammenfassung der Befunde
113
Die Darstellung der Befunde in diesem Kapitel zeigt, dass es eine Vielzahl an Studien gibt, die sich mit Teilaspekten der Beziehung zwischen parlamentarischem Handeln, Selbstdarstellung und medialer Pr~isentation der Kleinparteien auseinandersetzen. Eine umfassende, die genannten Faktoren verbindende Analyse steht bislang allerdings aus. Daher sollen zun~ichst konkrete Annahmen zu den Determinanten der medialen Darstellung von Kleinparteien formuliert werden, ehe dann ein einer eigenen empirischen Studie die Verbindung der Komponenten geprtift werden soil.
6 Hypothesen
Auf der Basis der Diskussion der Ursachen sowie der Art und Weise der Berichterstattung t~ber Kleinparteien k6nnen im Folgenden die Hypothesen abgeleitet werden. Dabei bleibt die Strukmr der Beschreibung der bisherigen Befunde aus dem theoretischen Teil erhalten. Das bedeutet, dass im ersten Komplex alle Hypothesen zur Darstellung der Kleinparteien in den Massenmedien zu finden sind. Ausfahrlich werden der Umfang, die Themen, die Art und Weise sowie die publizistischen Lager bei der Berichterstattung fiber Kleinparteien thematisiert. Im zweiten Komplex finden sich alle Hypothesen zum Einfluss der politischen Offentlichkeitsarbeit der kleinen Parteien auf die Berichterstattung und im dritten Teil werden Zusammenhangsvermutungen zwischen den politischen Aktivitgten der Kleinparteien im Parlament und deren medialer Darstellung aufgestellt. AbschlieBend wird die Stgrke des Einflusses der politischen Offentlichkeitsarbeit und des politischen Handelns auf die Medienberichterstattung diskutiert. In der ersten Hypothesengruppe wird zungchst der Umfang der Berichterstattung tiber Kleinparteien hinterffagt. In der Darstellung der bisherigen Erkennmisse lassen sich zwei kontrgre Positionen hinsichtlich der Einschgtzung des Umfangs der Berichterstattung t~ber Kleinparteien feststellen. Eine Reihe von Studien (Roemheld 1987; Knoche 2000; Knoche, Lindgens 1988) belegen, dass der Umfang der Darstellung der Grfinen im Vergleich zu ihrer politischen Bedeutung zu gering ist. Dem hglt Kepplinger (1989b: 70) entgegen, dass die Publikationschancen politischer Minderheiten im Vergleich zu ihrer politischen Bedeutung fiberdurchschnittlich seien. Aufgrund der Vielzahl der die erste These s~tzenden Befunde wird jedoch folgende Annahme formuliert: HI" Uber Kleinparteien wird im Vergleich zu ihrer politischen Bedeutung zu wenig berichtet. Es ist jedoch sehr wahrscheinlich, dass die Publikationschancen der kleinen Parteien nicht vollstgndig identisch sind. Vielmehr wird mit Blick auf die referierten parteispezifischen Befunde erwartet, dass systematische Unterschiede zu beobachten sind: H2: Die Publikationschancen von Bfindnis 90/Die G~nen sind im Vergleich zu ihrer politischen Bedeutung geringer als die der FDP. Die dritte Hypothese zum Umfang der Berichterstattung fiber Kleinparteien nimmt die Diskussion fiber einen Systemwechsel zu einem medial-prgsidentiellen System (Sarcinelli 2004) auf. Verschiedene Inhaltsanalysen haben gezeigt, dass die Berichterstattung fiber die Kanzlerkandidaten zunimmt und dass der Anteil der Berichterstattung fiber die Kandidaten in den letzten vier Wochen vor der Wahl besonders hoch ist (Wilke, Reinemann 2000, 2003; Schulz, Zeh 2004). Die zentralere Rolle der Personen fiRtrt gleichsam zu einer Schw~chung der Institutionen, in diesem Falle der Parteien (KieBling 2001). Dies trifft im
116
Hypothesen
Besonderen auf die Kleinparteien zu, deren Spitzenpolitiker bislang keine Chance auf eine Kanzlerschaft hatten. Daher wird folgende Hypothese formuliert: H3: Je n~iher der Wahltermin rfickt, desto weniger wird fiber Kleinparteien berichtet. Die zweite Hypothesengruppe beinhaltet Hypothesen zur Art und Weise der medialen Darstellung von Kleinparteien. Kleinparteien sind im politischen System der Bundesrepublik sowohl Programmparteien als auch Funktionsparteien. Sic verfolgen eigene programmatische Ziele und sind bei der Regierungsbildung gleichzeitig das ,,Zfinglein an der Waage". Daher wird geprfift, ob sich die Koalitionsaussagen der Parteien auch in der Berichterstatmng fiber sic niederschlagen. Vermutet wird daher: H4: Ober Kleinparteien wird fiberwiegend im Zusammenhang mit ihrem (potentiellen) Koalitionspartner berichtet. H5: Ober GroBparteien wird st~irker im Zusammenhang mit der anderen GroBpartei berichtet als mit dem potentiellen Koalitionspartner. Eine weitere Entwicklung in der politischen Berichterstattung ist die zunehmende Bedeutung von Personen (Patterson 1993; Wilke, Reinemann 2000). Die Parteien versuchen, ihre politischen Botschaften mit Personen zu verknfipfen, um den Wiedererkennungswert beim W~ihler zu steigem (Sarcinelli 2004: 57). Eine Reihe von Inhaltsanalysen belegt, dass Personen eine immer gr6Ber werdende Rolle bei der Politikdarstellung spielen und dass dies in Deutschland besonders auf die Kanzlerkandidaten zutrifft. Aber auch far die Kleinparteien gibt es dazu Befunde. So stellte Knoche (2000) fest, dass zeitweise in fiber 50 Prozent der Beitr~ige fiber die Grfinen der ,,heimliche Parteivorsitzende" Joschka Fischer vorkam. Neuere Studien zur Wahlkampfberichterstattung belegen die Dominanz der Kanzlerkandidaten in der Berichterstattung. Die Spitzenpolitiker der Kleinparteien folgen abgeschlagen im Ranking der Intensit~it der Berichterstatmng (Krager, Zapf-Schramm 2002). Aus diesen vorliegenden Ergebnissen werden folgende Hypothesen abgeleitet: H6: Die Kanzlerkandidaten sind auch in der Berichterstattung fiber die Kleinparteien die wichtigsten Akteure. H7: Joschka Fischer ist der dominante Politiker in der Berichterstattung fiber Btindnis 90/Die Grtinen. Im dritten Hypothesenbereich stehen die Themen der Berichterstattung fiber Kleinparteien im Mittelpunkt. Generell liisst sich bei der Wahlkampfberichterstatmng ein Strukturwandel bei der Auswahl der Themen der Berichterstattung feststellen. An die Stelle von Sachthemen rfickte der Wahlkampf selbst in den Mittelpunkt. Es wird h~iufiger fiber Wahlchancen, innerparteiliche Auseinandersetzungen, Wahlkampfstrategien oder Wahlumfragen berichtet als fiber Standpunkte der Parteien zu verschiedenen Sachthemen. Diesen Strukmrwandel zeigte Patterson (1993) ~ r die USA. Als Ursache ist die Kommerzialisierung des Fernsehens und der damit einhergehende Wettbewerbsdruck zu sehen (Fallows 1996: 55). Ffir die deutsche Wahlkampfberichterstattung sind solche Entwicklungen tendenziell ebenfalls erkennbar. Jedoch fiberwiegt bis auf die heiBe Phase des Wahlkampfes die sachthemenorientierte Darstellung der Politik (Donsbach 1999b: 161; Wirth, Voigt 1999). Speziell fiir die
Hypothesen
117
Grtinen stellten jedoch Knoche und Lindgens (1988) fest, dass die mediale Darstellung der Partei von den so genannten ,politics'-Themen gepr~igt ist und die Sachthemen der Grtinen eine weit geringere Publikationschance haben als die Sachthemen anderer Parteien. Auch ftir die FDP finden sich Forschungsergebnisse mit selbigem Tenor (Rettich 2002a). Aus diesen vorliegenden Ergebnissen werden folgende Hypothesen abgeleitet" H8" Im Zusammenhang mit Kleinparteien wird tiberwiegend tiber ,politics'-Themen berichtet. H9: In den Femsehnachrichtensendungen spielen ,politics'-Themen eine grtil3ere Rolle als Sachthemen. H10: Der Anteil der Berichterstattung tiber ,politics'-Themen ist bei Kleinparteien htiher als bei Grol3parteien. H11: Die Breite der Sachthemenberichterstattung tiber Kleinparteien ist im Vergleich zu den GroBparteien geringer. Kleinparteien werden in der Medienberichterstattung auf wenige Sachthemen reduziert. Der vierte Hypothesenkomplex zur Darstellung der Kleinparteien in der Medienberichterstattung ist auf die parteipolitische Pr~igung der Politikberichterstattung hin ausgerichtet. Mehrere Studien haben gezeigt, dass Medien eine eindeutige redaktionelle Linie haben und ihre Nachrichten aufgrund dieser ausw~ihlen (Sch~nbach 1977, Kepplinger 1985a). Eine Synchronisation von Nachricht und Kommentar konnten bei der Auswahl der Themen (Eilders 2002), der berichteten Akteure (Hagen 1992) und hinsichtlich der Bewertungen der Akteure (Jandura, GroBmann 2003) festgestellt werden. Auch wenn bislang nur Analysen fi~ die Grol3parteien vorliegen, kann aus den dort getroffenen Unterscheidungen zwischen Regierungs- und Oppositionsparteien Folgendes gefolgert werden" H12: Kleine Parteien finden in den gleichen Medien publizistischen Rtickhalt wie ihre jeweiligen potentiellen Koalitionspartner. Im fiinften Hypothesenkomplex wird der Einfluss der politischen Offentlichkeitsarbeit der Kleinparteien auf deren Berichterstattung untersucht. Studien zur PR-Effizienz konnten mit unterschiedlicher methodischer Herangehensweise in jtingerer Zeit zeigen, dass der Einfluss der politischen PR auf die tiberregionale Politikberichterstattung sehr gering ist. Auf der anderen Seite ergeben Befragungen von Politikvermittlungsexperten, dass deren Einfluss auf die Themensetzung sehr hoch eingesch~itzt wird (Tenscher 2003; Pfetsch 2004). Daher werden folgende Zusammenh~inge angenommen: H13" Die Betonung verschiedener Themendimensionen in den Pressemitteilungen hat keinen Einfluss auf die Berichterstattung tiber Kleinparteien. H14: Die Chance der 13bemahme eigener Themen in die Medienberichterstattung ist bei kleinen Koalitionsparteien h6her als bei kleinen Oppositionsparteien. H15: In der Medienberichterstattung wird die negative, destn~tive Darstellung in den Pressemitteilungen der Kleinparteien neutralisiert. Als zweite Ursache der Berichterstattung tiber Kleinparteien wird in diesem Teil der Einfluss der parlamentarischen Arbeit auf die Berichterstattung untersucht. Analysen der
118
Hypothesen
Quantit~it und der Qualit~it der Medienberichterstattung fiber Kleinparteien haben gezeigt, dass diese den Grogparteien hinsichtlich der Aktivit~it und der thematischen Breite nicht nachstehen. Aus Befragungen von Politikem ist jedoch hervorgegangen, dass sich die Politiker der Kleinparteien bei der Parlamentsberichterstattung von den Journalisten tibergangen fiihlen (Kranenpohl 1999: 234). Des Weiteren wird betont, dass es eine starke Differenz zwischen der Entscheidungspolitik, also der Arbeit im Parlament, und der dargestellten Politik in den Medien gibt (Mai 2003; Marschall 1999). Der Unterschied zwischen Parlamentst~itigkeit und Medienberichterstattung wird von Sarcinelli (2003: 44) als ein Indikator f~r den Wandel vom repr~isentativen zum medial-pr~isidentiellen Regierungssystem angesehen. Folgende Hypothese wird aus dem Forschungsstand abgeleitet: HI6: Die Betonung der Sachthemen in der parlamentarischen Arbeit der Fraktionen der Kleinparteien entspricht nicht der Betonung in der medialen Darstellung der Kleinparteien. H17" Der Zusammenhang zwischen der Themenagenda der parlamentarischen Aktivit~iten und der Themenagenda der Medienberichterstattung ist bei Kleinparteien geringer als bei Grol3parteien.
7
Empirische Studie
Mit den bisherigen empirischen Befunden zur Darstellung der Kleinparteien in den Massenmedien sowie zu deren politischem Handeln und den Selbstdarstellungen als mtigliche Einflussquellen auf das mediale Bild l~isst sich bislang die Frage nicht beantworten, ob es systematische Unterschiede in der Berichterstattung fiber Klein- und GroBpal~eien gibt. Dieser Forschungsfrage wird nun mittels einer eigenen Studie nachgegangen. Im Folgenden werden daher die Untersuchungsanlage sowie die verwendeten Datens~itze beschrieben. In einem zweiten Schritt steht die Darstellung der politisch-simativen Bedingungen im Mittelpunkt.
7.1 Untersuchungsanlage und Datens~itze
7.1.1
Untersuchungsdesign
Ffir die Analyse der Spezifika und Konstanten in der Berichterstattung fiber Kleinparteien ist ein komplexes Untersuchungsdesign ntitig. Um herauszuarbeiten, welche Befunde typisch ~ r Kleinparteien im Allgemeinen, typisch Nr Kleinparteien in einer bestimmten Position oder typisch ~ r speziell eine Kleinpartei sind, muss ein quasi-experimentelles Untersuchungsdesign entworfen werden, das zum einen verschiedene Einflussfaktoren variiert und zum anderen Randbedingungen bezfiglich der Berichterstattung fiber Kleinparteien kontrolliert. Ftir die Konstruktion eines idealtypischen Untersuchungsdesigns mfissen folgende Einflussfaktoren und Randbedingungen vorliegen: (1) Vorhandensein mehrerer Kleinparteien im Parlament: Will man die Charakteristika der Berichterstattung fiber Kleinparteien herausarbeiten, mfissen mindestens zwei Parteien, die diesem Typ zugeh6ren in die Analyse mit einbezogen werden. Wfirde nur eine Partei untersucht, lieBe sich nicht entscheiden, ob die Berichterstattung typisch far die Pal~ei im Speziellen oder typisch far Kleinparteien im Allgemeinen ist. (2) Ausflillen unterschiedlicher Rollen im Parlament durch die Kleinparteien: Die Stellung der Partei im Parlament hat einen zentralen Einfluss auf deren Handlungsm6glichkeiten. Kleinparteien in der Regierung haben gegenfiber oppositionellen Kleinparteien den Vorteil, dass sie die politische Agenda mit ihrem Koalitionspartner aufgrund der Mehrheitsverh~ilmisse setzen k6nnen. Sie haben eine weit grtiBere politisch gestalterische Kraft. Will man Charakteristika der Darstellung von Kleinparteien ermitteln, ist es notwendig, dass die entsprechenden Kleinparteien sowohl die Rolle als Regierungs- als auch die Rolle als Oppositionspartei wahrgenommen haben. Nur so lassen sich Gemeinsamkeiten und Unterscheide aufgrund der Stellung im Parlament bzw. der parteispezifischen Berichterstattung erkennen. Die Minimalanforderung ~ r eine Untersuchung stellen daher zwei Legislaturperioden mit unterschiedlichen Rollen verschiedener Kleinparteien dar.
120
Empirische Studie
(3) Konstanthaltung der politischen Positionen der Kleinparteien auf dem LinksRechts-Spektrum: Eine weitere zentrale Randbedingung eines Vergleichs ist, dass Parteien ihren Platz im ideologischen Spektrum des Parteiensystems beibehalten. Ist dies nicht der Fall, k~nnten Ver~inderungen in der Berichterstattung auch auf eine Anderung der ideologischen Position zurtickzuftihren sein. (4) Konstanthaltung der politisch-situativen Rahmenbedingungen: Ein Vergleich der Berichterstattung zwischen zwei Untersuchungszeitr~iumen ist erst dann m6glich, wenn auch die politische Situation vergleichbar ist, wenn die gleichen Themen die Agenda bestimmen und die gleichen Parteien als Akteure im politischen System auftreten. Ist dies nicht gegeben, liel3e sich die Berichterstattung auf die jeweiligen politisch-situativen Faktoren zurtickftihren. (5) Konstanthaltung des Mediensystems: Die Bedeutung dieser Randbedingung wird ersichtlich, wenn man sich die Ver~inderungen im Umfeld der Einftihrung des dualen Systems im Femsehen betrachtet. So zeigten z.B. Inhaltsanalysen, dass sich Programm und Programminhalte der bereits etablierten 6ffentlich-rechtlichen Sender ge~indert haben. Wtirden solche Ver~inderungen in den Untersuchungszeitraum fallen, wtirde sich die Berichterstattung tiber Kleinparteien auch auf eine Ver~inderung der Nachrichtenideologie zurtickffihren lassen und nicht nur aufunterschiedliche Rollen im politischen System. Nun stellt sich die Frage, ob es jemals eine derartige historische Situation in der Bundesrepublik gegeben hat, die mOglichst alle diese Forderungen des Idealdesigns erffillt. Die erste Randbedingung schr~inkt die in Frage kommenden Zeitpunkte der Untersuchung schon stark ein. In acht Legislaturperioden (1949 bis 1953, 1953 bis 1957, 1957 bis 1961, 1983 bis 1987, 1987 bis 1990, 1990 bis 1994, 1994 bis 1998 und 1998 bis 2002) waren mehrere Kleinparteien im Parlament vertreten. In den frtihen Jahren der Bundesrepublik waren dies neben der FDP die DP, der GB/BHE und die FVP. In allen Legislaturperioden zwischen 1961 und 1983 war von den Kleinparteien einzig die FDP im Parlament vertreten. Erst mit dem Einzug der Grtinen 1983 war die Pluralit~it der Kleinparteien wieder hergestellt. Somit hat sich die Anzahl der ~ r die Untersuchung in Frage kommenden Zeitpunkte schon beim ersten Kriterium von 14 auf acht reduziert (Andersen, Woyke 1995). Die zweite Randbedingung, die an ein ideales Untersuchungsdesign angelegt werden muss, ist die, dass ein und dieselbe Kleinpartei unterschiedliche Rollen im Parlament als Regierungs- und Oppositionspartei eingenommen hat. Nur so ist gew~ihrleistet, dass Aussagen dartiber getroffen werden k6nnen, was ftir Kleinparteien generell, was ftir Kleinparteien in einer bestimmten Rolle oder was speziell ~ r eine Kleinpartei zutrifft. Analysiert man die verblieben acht Bundestagswahlk~impfe, so ist festzustellen, dass ein Rollentausch zwischen der Rolle als Regierungs- und Oppositionspartei bei FDP sowohl in den frtihen Jahren als auch bei den sp~iteren Wahlen stattfand. Die Partei war zwischen 1949 und 1956, 1961 und 1962 und 1983 bis 1998 an der Regierung beteiligt und in den Jahren 1956 bis 1961 und 1998 bis 2002 in der Rolle der Oppositionspartei. Der GB/BHE war in der ersten Legislaturperiode in der Opposition, in der zweiten zwischen 1953 und 1955 teilweise an der Regierung beteiligt. Hingegen war die DP bis zu ihrem Verlust des Fraktionsstatus ausschliel31ich in der Regierung. Somit bleibt festzuhalten, dass in der Frtihphase der Bundesrepublik nur die Berichterstattung tiber Kleinparteien in einer bestimmten Rolle vergleichend analysiert werden kann, nicht a b e r - mit Ausnahme der FDP - die Berichterstattung tiber Kleinparteien in verschiedenen Rollen. Somit eignen sich diese Zeitpunkte f~r die Beantwortung der gestellten Forschungsfrage nicht, da nicht differenziert werden kann, ob
7.1 Untersuchungsanlage und Datensgtze
121
die damalige Berichterstattung typisch far kleine Koalitionsparteien oder typisch ~ r Kleinparteien ist. Auch die spgteren Wahlk~mpfe zwischen 1987 und 1994 eignen sich nicht als Untersuchungszeitpunkte, da zwischen 1983 und 1994 die FDP immer in die Rolle der Regierungspartei und die Grttnen immer die der Oppositionspartei einnahmen. Erst im Ergebnis der Bundestagswahl 1998 fand ein Rollentausch statt, der der Idealbedingung, dass jede Partei einen Wahlkampf einmal vonder Oppositions- und einmal von der Regierungsbank bestritten hat, entspricht. Das bedeutet, dass nach nur zwei Kxiterien nur noch zwei Legislaturperioden ~ r eine solche quasi-experimentelle Situation in Frage kommen. Daher gilt es nun zu p~fen, ob far beide Wahlk/~mpfe auch die anderen Randbedingungen zutreffen. Eine weitere Bedingung ist das Konstanthalten der ideologischen Positionen der Parteien. Diese lassen sich anhand zweier Indikatoren erfassen, zum einen fiber die Befragung der Parlamentarier selbst (Wegels 2005) und zum anderen tiber die Analyse ihrer Wahlprogramme (Klingemann, Volkens 2001). Hinsichtlich der ideologischen Positionierungen zeigt sich, dass sich die Gl~nen mit Ausnahme des Wahlprogramms zur Bundestagswahl 1990 links vonder SPD positionierten, wghrend die FDP zwischen 1987 und 1998 zwischen den beiden grogen Volksparteien stand. Beiden Parteien kann somit eine stabile ideologische Positionierung attestiert werden (ebenda: 525). Diese Randbedingung far das Untersuchungsdesign ist somit erffillt. Die vierte Anforderung, die relative .~mlichkeit der politisch-situativen Randbedingungen, in denen Bundestagswahlen stattfinden, ist fill" die Bundestagswahlen 1998 und 2002 gegeben. In beiden Wahlen war die innen- und augenpolitische Situation der Bundesrepublik stabil. Innenpolitisch sind die wirtschaftlichen Kemdaten vergleichbar. Das Wirtschaftswachstum lag bei 2,8 bzw. 0,2 Prozent, die Arbeitslosenquote bei 12,3 bzw. 10,9 Prozent und die Inflationsrate war ebenfalls/~hnlich (1998 0,9 und 2002 1,4 Prozent). Bez~glich der auBenpolitischen Situation unterschied beide Wahlk/~mpfe die Thematisierung eines augenpolitischen Themas, des m6glichen Irak-Krieges, im Jahr 2002. Jedoch erfolgte diese Thematisierung erst kurz vor der Wahl, so dass man nicht behaupten kann, dass der gesamte Wahlkampf von einem augenpolitischen Thema determiniert war (Kepplinger, R6ssing 2005a" 93). Eine weitere Sondersituation, die den Wahlkampf im Jahr 2002 auszeichnet, ist das Elbehochwasser im August. Jedoch bestimmte dieses Thema nur zwei Wochen die Berichterstattung im Wahlkampf(Kepplinger, R6ssing 2005b: 197).
Abbildung 6."
Idealtypische Untersuchungszeitpunkte K l e i n e Koalitionspartei
K l e i n e Oppositionspartei
1 9 9 4 - 1998
FDP
Bt~ndnis 90/Die Granen
1998 - 2002
Bfindnis 90/Die Grfinen
FDP
Die letzte Randbedingung ist ein konstantes Mediensystem. Es kann festgestellt werden, dass es im Zeitraum zwischen 1994 und 2002 keine zentralen Ver/~nderungen im Medien-
122
Empirische Studie
system gegeben hat. Die Organisationsformen im Mediensektor haben sich nicht ver~ndert. Ferner sind keine reichweitenstarken Sender oder Printmedien hinzugetreten. Hinsichtlich der Kriterien der Nachrichtenauswahl ist ein nichtlinearer Trend zu Gunsten einer st~irkeren Berichterstattung fiber Personen und Parteien zu verzeichnen, der durch die 6konomische Logik der privaten Sender forciert wird (Wilke, Reinemann 2003; Fallows 1996). Dennoch kann auch diese Randbedingung als gegeben angesehen werden. Somit ist festzuhalten, dass die Legislaturperioden 1994 bis 1998 und 1998 bis 2002 in der Geschichte der Bundesrepublik die einzigen vergleichbaren Wahlk~impfe waren, um die Frage nach den Konstanten und Spezifika der Berichterstattung t~ber Kleinparteien valide zu beantworten. In Abbildung 6 wird das quasiexperimentelle Untersuchungsdesign noch einmal grafisch veranschaulicht. Die FDP war in der 13. Legislaturperiode in der Rolle der kleinen Koalitionspartei und wechselte in der 14. Legislaturperiode auf die Regierungsbank. Bei Bt~ndnis 90/Die Grtinen verhielt sich dies genau umgekehrt.
7.1.2
Analysemodel
Studien zur politischen Kommunikation yon Kleinparteien liegen sowohl in der politik- als auch in der kommunikationswissenscha~lichen Forschung vor, wobei ein unterschiedliches Erkenntnisinteresse zu verzeichnen ist. So untersucht die Politikwissenschafl die Programmatik, die Politikfelder und die Offentlichkeitsarbeit von Kleinparteien, deren innerparteiliche Organisation und Willensbildung, innerparteilichen Str6mungen, ihre Herrschaftspositionen sowie ihre Akzeptanz in der Bev61kerung und ihre W~hlerschaft (Raschke 1993; Poguntke 1993,2001; Kranenpohl 1999; Arzheimer, Klein 1999; Falter, Arzheimer 2003). Dagegen wendet sich die Kommunikationswissenschaft der Selbst- und Fremddarstellung der Kleinparteien in den Medien (insbesondere der Grtinen), der Wirkung der Medieninhalte auf die Wahrnehmung der Kleinparteien durch die W~ihler und der Beeinflussbarkeit der Medienagenda durch die Offentlichkeitsarbeit der Kleinparteien zu (Roemheld 1983; Knoche, Lindgens 1988; Kmoche et al. 1992; Knoche 2000; Eilders et al. 2003). Die Einordnung der genannten Forschungsschwerpunkte in die Ebenen des politischen Kommunikationsprozesses macht deutlich, dass sich die politikwissenschaftliche Forschung mit den Politikinhalten der Kleinparteien und der Wahrnehmung der Kleinparteien in der Bev61kerung auseinandersetzt, w~ihrend im Zentrum der kommunikationswissenschaftlichen Forschung die Selbst- und Fremddarstellung der Kleinparteien steht. An dieser Stelle greift diese Arbeit ein, denn sie hat sich zum Ziel gesetzt, beide Perspektiven zu verbinden. Die Fremddarstellung der Kleinparteien in der Medienberichterstattung wird mit deren Selbstdarstellung und mit deren politischem Handeln in Zusammenhang gebracht. Die Ursachen der Darstellung der Kleinparteien werden dabei auf drei Ebenen im Prozess der Politikvermittlung fiberp~ft- auf der der Politikformulierung, der Politikdarstellung und der Politikvermittlung (Schicha, Brosda 2002: 43). Dabei werden zun~ichst die Aktivit~ten auf dem Feld der Politikformulierung analysiert. Anhand der Auswertung der formalen Willensbildungsprozesse wird die Aktivit~it der Fraktionen der Kleinparteien im Vergleich zu den GroBparteien im Parlament bewertet. Hier wird die These fiberpr~ft, ob die Fraktionen der Kleinparteien im Vergleich zu denen der GroBparteien passiver sind und thematisch eingeschr~nkter agieren.
7.1 Untersuchungsanlage und Datens~itze
123
Beim zweiten Analyseschritt richtet sich die Aufmerksamkeit auf die Selbstdarstellungen der Kleinparteien. Eine Analyse ihrer Pressemitteilungen wird zeigen, ob die Thematisierungsvielfalt bei den parlamentarischen Aktivit~iten im Bundestag im PR-Material aufgegriffen wird oder ob sich Kleinparteien thematisch eingeschr~nkter oder breiter darstellen, als ihr politisches Profil tats/achlich ist. Die Medienberichterstattung tiber die Kleinparteien im Vorfeld der Bundestagswahlen 1998 und 2002 gilt es im dritten Analyseschritt zu betrachten. Neben der Bewemmg des quantitativen Anteils der Kleinparteien an der wahlkampfrelevanten Berichterstattung wird dabei auch die Breite des Themenspektrums untersucht, mit dem die Kleinparteien in Verbindung gebracht werden. Daran anschliet3end ist zu kl~iren, ob die Berichterstattung tiber die Kleinparteien mit deren Offentlichkeitsarbeit (IV) und deren parlamentarischen Aktivit~iten im Bundestag (V) korrespondiert oder ob die Medien eine eigenst~indige, von der politischen Realit~it der Parteien abweichende Relevanzzuweisung gegentiber den Parteien vomehmen und ihnen ein eigenes politisches Profil zuweisen (Abbildung 7). Abbildung 7:
Analyseschritte
I. Politisches Handeln ]
W.
III. Mediale J Darstellung
IIb.
.... A
IIa. Presse-und ] Offentlichkeitsarbeit 7.1.3
IV.
Datenmaterial
Um alle Analyseschritte vollziehen zu ktirmen, mtissen Daten unterschiedlicher Herkunft herangezogen werden. Ftir die vorliegende Studie wurden Inhaltsanalysen der formalen parlamentarischen Aktivit~iten der Kleinparteien in der 13. und 14. Legislaturperiode im Bundestag, der Pressemitteilungen der Kleinparteien im Vorfeld der Bundestagswahlen 1998 und 2002 sowie der Medienberichterstattung der wichtigsten deutschen Fernsehnachrichtensendungen und Tageszeitungen vor den Wahlen 1998 und 2002 durchgeftihrt. W~ihrend die parlamentarischen Aktivit~iten der Parteien speziell ftir diese Arbeit erfasst wurden (Prim~iranalyse), wurden die Daten yon Inhaltsanalysen der Pressemitteilungen und der Medieninhalte einer Sekund~irdatenanalyse unterzogen. Diese Datens~itze entstammen einem gemeinsamen Projekt des Instituts ftir Demoskopie Allensbach, des Instituts ftir Publizistik der Universit~it Mainz und des Instituts fiir Kommunikationswissenschaft der TU Dresden zur Analyse der Medienberichterstattung zu den Bundestagswahlen 1998 und 2002 (Noelle-Neumann, Kepplinger, Donsbach 1999b; Noelle-Neumann, Donsbach, Kepplinger 2005). Im Folgenden werden die Datensatze detailliert beschrieben.
124
Empirische Studie
7.1.3.1
Inhaltsanalyse der parlamentarischen Aktivit~iten
Die Aktivit~iten der Fraktionen der Kleinparteien im Bundestag wurden durch eine Inhaltsanalyse einer Auswahl der von den Fraktionen oder ihren Abgeordneten sowie der jeweiligen Bundesregierung eingebrachten formalen parlamentarischen Vorg~inge erfasst. Um in die Analyse mit aufgenommen zu werden, musste der jeweilige Vorgang im ,,Dokumentations- und Informationssystem fiar Parlamentarische Vorg~inge" ffir die 13. und 14. Legislaturperiode aufgenommen sein. Der angestrebte Vergleich zwischen den Fraktionen der Klein- und Grol3parteien machte es erforderlich, dass alle parlamentarischen Aktivit~iten der Fraktionen der im Bundestag vertretenen Parteien sowie der Bundesregierung analysiert wurden. Folgende parlamentarische Instrumente wurden berticksichtigt: (1) Verlangen auf Abhaltung einer Aktuellen Stunde, (2) Grol3e ,amfragen, (3) Kleine Anfragen, (4) Entschliel3ungsantr~ige, (5) Gesetzesinitiativen aus dem Bundestag (Regierung und Fraktionen), (6) Regierungserkl~irungen, (7) Antr~ige auf die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses und (8) Antr~ige auf die Einsetzung einer Enquete-Kommission. In der 13. Legislaturperiode wurden 3.736 der ausgew~ihlten parlamentarischen Aktivit~iten initiiert, in der 14. Legislaturperiode 3.298, so dass in diese Untersuchung insgesamt 7.034 formale parlamentarische Aktivitaten der Fraktionen der im Bundestag vertretenen Parteien eingehen (Tabelle 5). Tabelle 5." Anzahl erfasster parlamentarischer Aktivit~iten
Kleine Anfragen
13. LP
14. LP
2.070
1.813
Gesetzesentwt~rfe auger Bundestagsinitiativen
772
771
Entschliegungsantrtige
567
384
Aktuelle Stunden
103
141
Groge Anfragen
156
101
Regierungserkl~rungen
46
60
Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses
11
15
Antrag auf Einsetzung einer Enquete-Kommission
11
13
3.736
3.298
Gesamt ill
l llll
ill ill
i
i
i
Nicht erfasst wurden Initiativen aus den Reihen des Bundesrates sowie die mtindlichen und schriftlichen Einzelanfragen der Abgeordneten. Wie im Kapitel 5.1 diskutiert, haben die schriftlichen Fragen einen starken lokalen Bezug und dienen zur St~irkung der Position eines Wahlkreisabgeordneten in seinem Heimatwahlkreis. Die mtindlichen Anfragen der Abgeordneten allerdings werden zunehmend von den Fraktionen gesteuert und dienen zur Vorbereitung des Einsatzes anderer, in der Erhebung erfasster Instrumente (Ismayr 2000: 342ff.). Ftir eine Nichtberficksichtigung der mtindlichen Anfragen sprach die Limitierung der Anzahl der Anfragen pro Parlamentarier, die die Fraktionen der Kleinparteien beim strategischen Einsatz dieses parlamentarischen Instruments benachteiligt, so dass ein direk-
7.1 Untersuchungsanlage und Datens~itze
125
ter Vergleich zwischen den Fraktionen der Klein- und Grogparteien nicht m6glich ist. Des Weiteren wurden nicht mit berticksichtigt: Gesch~iftsordnungsantr~ige, pers6nliche Erkl~irungen, Beschltisse zur Ausschusstiberweisung, zurtickgezogene Antr~ige, Antr~ige in Ausschussberatungen, Vorschl~ige fftr Wahlen im Bundestag und der Inhalt von Debattenbeitr~igen im Bundestagsplenum, weil es sich hierbei um organisatorische bzw. pers6nlich motivierte Aktivit~iten der Parlamentarier handelt. Ftir jede in die Untersuchung einbezogene formale parlamentarische Aktivit~it wurde eine Reihe von Merkmalen erfasst. Neben dem Initiator stellen die Art der parlamentarischen Aktivit~it, die Legislaturperiode sowie die Zuordnung zu verschiedenen Sachgebieten zentrale Variablen dieses Datensatzes dar. Die Sachgebietszuordnung wurde dabei zweifach durchgeffihrt. Einerseits erfolgte sie anhand der Klassifikation Kranenpohls (1999: 67), um die M6glichkeit der Fortschreibung seiner Befunde zu den thematischen Profilen von Btindnis 90/Die Grtinen und der FDP zu wahren. Der Autor unterschied 24 Sachgebiete, die sich an den Ressorts der Bundesregierung orientierten (ebenda). 72 Andererseits wurden die parlamentarischen Aktivit~iten Themenkategorien zugeordnet, die in den Inhaltsanalysen der Berichterstattung im Vorfeld der Bundestagswahlen 1998 und 2002 zum Einsatz kamen (Donsbach, Petersen 1999: 244ff.; Donsbach, Jandura, Petersen 2005: 213ff.), sodass dieselben Themenkategorien bei der Codierung der parlamentarischen Aktivitaten, der Selbstdarstellung der Parteien und der Medienberichterstattung angewendet werden konnten. Insgesamt wurden ft~ die Analyse der 13. Legislamrperiode 16 und ~ r die Analyse der 14. Legislaturperiode 18 Sachthemen erfasst. 73 Jedem dieser Oberthemen waren eine Reihe spezieller Unterthemen zugeordnet. So z~ihlten zum Beispiel unter das Oberthema Arbeitsmarkt Themen wie die Arbeitslosenzahlen, die Lage auf dem Arbeitsmarkt, Mal3nahmen zur Bek~impfung der Arbeitslosigkeit, Ursachen der Arbeitslosigkeit, die Verlagerung der Arbeitspl~itze ins Ausland sowie die Abwanderung Ostdeutscher in die alten Bundesl~inder. Unter dem Oberthema Steuem wurden die Unterthemen Steuerreformen der rot-granen Regierung, 6kologische Steuerreform (allgemein), Mehrwertsteuer, Spitzensteuersatz, Vereinfachung des Steuersystems und Unternehmenssteuem, K6rperschaftssteuer gefasst. TM Die Codieruang der parlamentarischen Aktivit~iten erfolgte zwischen September 2003 und Februar 2004 durch ffinf Codierer. Inter- und Intracoderreliabilit~it wurden an je 20 parlamentarischen Aktivit~iten 0berprtift. Beide Gr613en lagen im akzeptablen Bereich. Die Intercoderreliabilit~itskoeffizienten lagen ~ r die einzelnen Variablen zwischen .86 und 1.00, die Intracoderreliabilit~itskoeffizienten zwischen .90 und .97.
72 Zwischen folgenden Sachgebieten wurde differenziert: Bundestag, Ausw~irtiges, Europa, Deutschland, Finanzen, Wirtschaft, Wirtschaftliche Zusammenarbeit, Vertriebene/Aussiedler, Bau/Wohnung, Emahrung/Landwirtschaft, Arbeit/Soziales, Recht, Inneres, Verkehr, Post/Bundeslander, Gesundheit, Jugend/Familie, Verteidigung, Frauen, Forschung/Technologie, Bildung, Umwelt, Kernenergie. 73 Sachthemen 13. & 14. LP: Arbeitsmarkt, Steuem, Sozialsystem, Risikotechnologien, Europ~iische Integration, Zustand von Staat und Politik, Bundeswehr, Innere Sicherheit, sozialer Zustand des Gemeinwesens, Bildung, Staatsverschuldung, Auslander & Asylanten, Finanzkrise, Europaische Wahrungsunion, sonstige Sachthemen; nur 14. LP: Parteienskandal CDU/SPD, Antisemitismus. 74 Eine genaue Aufz~ihlung der einzelnen Oberthemen und der jeweiligen Unterthemen findet sich im Anhang S.295ff.
126
7.1.4
Empirische Studie
Erfassung der Selbstdarstellung der Parteien
Parteien bedienen sich bei ihrer Presse- und Offentlichkeitsarbeit einer groBen Zahl an verdeckten und offenen Instrumenten. Als Indikator ffir die Selbstdarstellung der Parteien in dieser Studie wurden die Pressemitteilungen gew~ihlt. Im Vergleich zum Hintergrundgespr~ich spricht ffir die Auswahl des Instruments der Pressemitteilung, dass es sich bei i h r wie bei den Pressekonferenzen - u m einen transparenten Kommunikationskanal handelt, der im Vergleich zu den verdeckten Kommunikationskan~ilen vom Forscher relativ leicht erfassbar ist und ffir eine intersubjektiv fiberprtifbare Auswe~ang zur Verffigung steht. Ebenso spricht ffir die Pressemitteilung, dass sie von jedem zweiten aktiven Politikvermittlungsexperten als erfolgsversprechender Kommunikationskanal ffir die Thematisierung angesehen wird (Tenscher 2003: 270). Ein h6herer Zuspruch konnte nur ~ r die Kommunikationskan~ile Pressekonferenz und Hintergrundgespr~ich ausgemacht werden. AuBerdem kann davon ausgegangen werden, dass die zentralen Botschaften der Parteien, die auch fiber andere Kommunikationskan~ile kommuniziert werden, sich in den Pressemitteilungen wieder finden (Miller, Andsager, Riechert 1998:315). SchlieBlich spricht ffir die Verwendung von Pressemitteilungen, dass sie die Basis journalistischer Berichterstattung bilden k6nnen. Einige Studien weisen nach, dass Pressemitteilungen zwar umformuliert oder gekfirzt werden, aber trotz ihrer Bearbeitung ihre grunds~itzliche Aussage in der Medienberichterstattung nicht verlieren (Lang 1980; Wenze12000; Andsager 2000). Kamen in anderen Studien auch Pressemitteilungen der Bundestagsfraktionen der Parteien zum Einsatz (z.B. Eilders et al. 2003; Kepplinger, Maurer 2004), analysiert diese Studie nur Pressemitteilungen der Parteien. Diese Entscheidung begrtindet sich in den Restriktionen, die an die Pressemitteilungen der Bundestagsfraktionen geknfipft sind. Die Bundestagsfraktionen dfirfen mit ihren Ressourcen die Parteien im Wahlkampf nicht unterstfitzen (Braun, Benterbusch 2000). Folglich beziehen sich die Pressemitteilungen der Fraktionen auf die im Bundestag behandelten Sachthemen und nicht auf ,politics'-Themen wie Wahlkampffiihnmg, Kanzlerkandidaten oder innerparteiliche Auseinandersetzungen. Werden sowohl die Pressemitteilungen der Bundespartei als auch die der Bundestagsfraktionen der Parteien in die Analyse einbezogen, so erhalten die sachthemenbezogenen Pressemitteilungen ein h6heres Gewicht. Die Folge w~ire eine 13bersch~itzung des Sachthemenbezuges in den Pressemitteilungen der Parteien. Die Selbstdarstellung der Parteien wurde mittels einer Inhaltsanalyse aller Pressemitteilungen erfasst, die von den Bundesparteien 75 von FDP und Bfindnis 90/Die Grimen im Zeitraum vom 2. Marz bis 26. September 1998 sowie vom 1. April bis zum 21. September 2002 herausgegeben wurden. 76 Wiederum wurden als Benchmark zu den Pressemitteilungender Kleinparteien die Pressemitteilungen der GroBparteien codiert. Es wurden jedoch nur solche Pressemitteilungen berOcksichtigt, die einen politischen Inhalt hatten, in denen also Sachthemen, Parteien oder Kandidaten angesprochen wurden. Ohne Berficksichtigung blieben Pressemitteilungen mit reinem Ankfindigungs- oder Einladungscharakter. Insgesamt konnten so ftir die beiden untersuchten Bundestagswahlk~impfe 1.530 Pressemitteilungen codiert werden. Die meisten Pressemitteilungen wurden von der FDP herausgege75Nicht in die Analyse gingendie PressemitteilungensonstigerLandesparteien, Fraktionender Landtage,Fraktionen des Europaparlaments,parteinaher Stiftungenund Nachwuchsorganisationenein. 76 Diese beiden Zeitr~iumewurden in der noch zu beschreibenden Analyse der Medienberichterstattung als die Zeitrfiumeder Bundestagswahlk~mpfevor den Wahlen 1998und 2002 erfasst.
7.1 Untersuchungsanlage und Datens~itze
127
ben. Ober beide Untersuchungszeitr~iume hinweg ergab die Ausz~ihlung 602 Pressemitteilungen mit politischem Inhalt. Es folgt die SPD mit 446 Pressemitteilungen, gefolgt von den Unionsparteien, auf die 280 Pressemitteilungen zurfickgingen. Mit nur 202 Pressemitteilungen ist Btindnis 90/Die Grfinen die Partei mit den wenigsten inhaltlichen Pressemitteilungen (Tabelle 6). FOr jede Pressemitteilung wurde der Urheber, das Datum, das Vorkommen und die Valenz von Spitzenpolitikern aller Parteien, der Anlass der Vertiffentlichung sowie das Thema codiert. Neben den in der Beschreibung des Datensatzes der parlamentarischen Aktivit~iten erw~ihnten Sachthemen wurden weitere drei ,politics'-Themen verschl0sselt: Kanzlerkandidaten, Parteien sowie der Wahlkampf als solcher. 77 Um den rhetorischen Stil der Pressemitteilungen messen zu ktinnen, wurde des Weiteren erfasst, ob in der Pressemitteilung die Kritik am politischen Gegner oder die Darstellung der eigenen Ziele tiberwiegt und ob Personen oder Sachthemen im Mittelpunkt der Pressemitteilungen standen. Tabelle 6." Anzahl der erfassten Pressemitteilungen FDP
B90/Griine
CDU/CSU
SPD
Gesamt
1998
121
95
150
253
619
2002
481
107
130
193
911
Gesamt
602
202
280
446
1.530
Die Codierung der Pressemitteilungen der Parteien fand im Zusammenhang mit der Codierung der Medienberichterstattung im Vorfeld der Bundestagswahlen 1998 und 2002 statt. Die Pressemitteilungen wurden von Codierem verschltisselt, die auch an der Erfassung der Medienberichterstattung in den Bundestagswahlk~impfen beteiligt waren. FOr beide Inhaltsanalysen der Pressemitteilungen wurde das Qualit~itskriterium der Reliabilitat mittels Intercoder- und Intracoderreliabilit~itstests tiberprtift. Die Intercoderreliabilit~itskoeffizienten ~ r die nicht formalen Variablen lagen zwischen 0,71 und 0,82.
7.1.4.1
Inhaltsanalyse der Medienberichterstattung
Die Analyse der Darstellung der Politik in den Massenmedien beruht auf einem Datensatz, der aus einem Gemeinschaftsprojekt des Instituts ~ r Demoskopie Allensbach, des Instituts for Publizistik der Universit~it Mainz und des Instituts C0r Kommunikationswissenschaft der TU Dresden resultiert (Noelle-Neumann, Kepplinger, Donsbach, 1999; Noelle-Neumann, Donsbach, Kepplinger 2005). Im Vorfeld der Bundestagswahlen 1998 und 2002 wurde in Inhaltsanalysen die Politikberichterstattung der wichtigsten deutschen Nachrichtenmedien erfasst. In der Zeit vom 2. M~irz bis 1. November 1998 und vom 2. April bis zum 21. September 2002 konnte die innenpolitische Berichterstattung von 13 Tageszeitungen, neun Wochenzeitungen und -magazinen und zehn bzw. neun Femsehnachrichtensendungen dokumentiert werden. Dabei wurden die Tageszeitungen nach dem Stichprobenverfahren der 77 Die zu den erwahnten Oberthemen zahlenden Unterthemen finden sich im Anhang S.295ff.
128
Empirische Studie
rollenden Woche codiert, FOr die Femsehberichterstattung wurde 1998 eine Vollerhebung durchge~hrt, im Jahr 2002 allerdings kam auch hier das Stichprobenverfahren der rollenden Woche zum Einsatz. Codiert wurde das Material ~ r den Bundestagswahlkampf 1998 von 49 Codieren und Rir 2002 von 40 Codieren. In beiden Untersuchungen waren es Studierende der Publizistik- und Kommunikationswissenschafl aus Mainz und Dresden. Das Untersuchungsmaterial wurde dem Zufallsprinzip folgend so auf alle Codierer verteilt, dass jeder mehrmals jedes Medium im Untersuchungszeitraum zu bearbeiten hatte. Die Intercoderreliabilit~iten lagen auf Beitragsebene zwischen 0,76 und 0,88, auf der Ebene der einzelnen Kategorien zwischen 0,68 und 1,0. 78 Aus dem Untersuchungsmaterial wurde FOr die vorliegende Studie die Berichterstattung von sieben Fernsehnachrichtensendungen (Tagesschau, Tagesthemen, heute, heutejournal, RTL aktuell, SAT.1-Nachrichten und Pro7-Nachrichten) und ftinf Tageszeitungen (Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), Frankfurter Rundschau (FR), Stiddeutsche Zeitung (SZ), Die WELT und BILD). Alle eben genannten Medien wurden in beiden Inhaltsanalysen erfasst. Sie repr~isentieren die tagesaktuelle Nachrichtenberichterstattung in Deutschland. In diesen zw61f ausgew~ihlten Zeitungen und Fernsehnachrichtensendungen wurden fiber beide Wahlk~impfe insgesamt 17.873 wahlrelevante Beitr~ige 79 erfasst (Tabelle 7). Diese Repr~isentativit~it basiert einerseits auf der Reichweitenst~irke der Femsehnachrichtensendungen und der BILD-Zeitung und andererseits auf der politisch- publizistischen Bedeutung der vier Oberregionalen Qualit~itszeitungen Diese Bedeutung kann an drei Indikatoren deutlich gemacht werden: Medien mit hoher politisch publizistischer Bedeutung werden (1) h~iufig yon anderen Medien zitiert, (2) iJberdurchschnittlich yon Journalisten genutzt und haben (3) einen nachweislichen Einfluss auf Themen und Tendenzen in anderen Medien. Ftir alle drei Indikatoren gibt es eine Vielzahl empirischer Befunde. Im ZitateRanking des Medientenors sind die Qualit~itszeitungen prominent vertreten (Albrecht 2004" 68). Die subjektive Bedeutungseinsch~itzung durch die Joumalisten anderer Medien wird durch eine Reihe yon Journalistenbefragungen belegt (u.a. Reinemann 2003). Ebenfalls zeigen einige Inhaltsanalysen, dass sich Themen, Trends und Valenzen der Berichterstattung tiber Politik zeitverz6gert in anderen Medien niederschlagen (Beger, G~irtner & Mathes 1989: 215; Kepplinger, Donsbach, Brosius & Staab 1986; Boyle 2001). Jeder Beitrag wurde hinsichtlich des Vorkommens und der Bewertung der im Bundestag vertretenen Parteien und deren Spitzenpolitiker untersucht. Weitere Kategorien waren das Thema des Beitrages, welches analog der bereits vorgestellten Themenliste der PRMitteilungen erfasst wurde, die Stilform und die Platzierung des Beitrages. Als rhetorische Mittel wurde die Konstmktivitgt oder Destmktivit~it der Darstellung erfasst, der Sachthemen- oder Personenbezug sowie die Frage, ob ein Sachthema oder ein Wahlkampfthema im Zentrum der Darstellung stand.
Weitere Anmerkungen zur Organisation und Reliabilitat der Inhaltsanalyse finden sich bei Donsbach, Petersen (1999); Maurer, Jandura (2001); Donsbach, Jandura, Petersen (2005). 79 Ftir die Definition des Kriteriums der Relevanz der Beitrage war nicht nur ausschlaggebend, dass der Beitrag Bezug auf die jeweils anstehende Bundestagswahl nahm. Es wurden alle Beitrage erfasst, die Informationen enthielten, die fOr die Wahler wahlentscheidend sein k6nnen. Dies traf auf die Schilderung der realen Lage auf einem Politikfeld genauso zu wie auf die Zuweisung der Kompetenz auf einem Sachgebiet fOr eine Partei (Donsbach, Jandura, Petersen 2005:214). 78
7.2 Untersuchungsgegenstand
129
Tabelle 7." Anzahl der in die Analyse der Medienberichterstattung eingehenden Beitr~ige 1998
2002
gesamt
FAZ
1.016
879
1.895
FR
1.008
969
1.977
SZ
1.139
1.000
2.139
WELT
1.154
1.471
2.625
BILD
699
704
1.403
Tagesschau
974
317
1.291
1.062
315
1.377
955
282
1.237
heute-journal
834
314
1,148
RTL aktuell
706
176
882
Sat. 1-Nachrichten
889
161
1.050
Pro7-Nachrichten
738
111
849
11.174
6.699
17.873
Tagesthemen heute
Gesamt
7.2 Untersuchungsgegenstand Die vorliegende Studie untersucht die parlamentarischen Aktivit~iten von FDP und Btindnis 90/Die Grtinen in der 13. und 14. Legislaturperiode sowie ihre Selbst- und Fremddarstellung in den Bundestagswahlk~impfen 1998 und 2002. Die Konzentration auf beide Bundestagswahlk~impfe erfolgte aufgrund der Tatsache, dass Wahlk~mpfe im Allgemeinen den H6hepunkt des Wettbewerbs der Parteien um die Gunst der W~ihler darstellen. In dieser Zeit wird von Seiten der W~ler aber auch von Seiten der Journalisten intensiver auf die Politik geblickt als in der Legislaturperiode. Daher sollen am Extremen (den Wahlk~impfen) die typischen Entwicklungen der Berichterstattung tiber Kleinparteien in der Mediendemokratie deutlich gemacht werden.
7.2.1
Bundestagswahlkampf 1998
Um die Berichterstatmng tiber die Kleinparteien im Vorfeld der untersuchten Bundestagswahlk~impfe zu verstehen, wird zun~ichst der Verlauf der Wahlkampagnen nachgezeichnet. Der Bundestagswahlkampf der FDP verlief ganz im Zeichen der St~irkung des inhaltlichen Profils der Partei. In den 29 Jahren der Regierungsbeteiligung, in der die FDP zwischen 1969 und 1982 mit der SPD koalierte und seit 1982 ein Btindnis mit den Unionsparteien einging, verwischte das inhaltliche Profil der Partei immer st~irker. Die FDP wurde vonder Bevtilkemng als Mehrheitsbeschaffer far die jeweilige grol3e Partei angesehen und als solche auch gewghlt (Klein, Heinze 2001" 37). WofOr die FDP stand, wussten am Ende die
130
Empirische Studie
wenigsten. 8~ Diese Entwicklung wurde von der FDP mitverschuldet, kommunizierte man doch bei der Bundestagswahl 1994 mit dem Wahlslogan ,,Kinkel w~ihlen, damit Kohl Kanzler bleibt" eine Botschaff, die gerade das Image des Mehrheitsbeschaffers bediente (Roberts 1996: 67). 8] Ziel ~ r den Bundestagswahlkampf 1998 war es, die FDP weg von dem Image der Funktionspartei zu bringen und eher die Wahrnehmung als Programmpartei zu st~irken (Beerfeltz 1997: 7). Die inhaltlichen Schwerpunkte lagen dabei auf den Themen Steuern, Bildung und Freiheit (Briesel 1997: 23). Des Weiteren war eine Abgrenzung zum Koalitionspartner CDU/CSU notwendig, um eine Abkehr vom Image einer reinen Funktionspartei glaubhaft zu machen. Hierin war sich die Ftihrung der FDP jedoch uneinig. W~ihrend Parteivorsitzender Gerhardt und die Bundesminister ~ r eine Fortsetzung der Koalition mit der Union eintraten, sprachen sich andere ftir einen Gang in die Opposition aus, um dort an der Profilbildung der FDP zu arbeiten und ihr ein eigenst~indiges politisches Gesicht zu geben (Bergmann 2002: 195). Diese Uneinigkeit bei der Positionierung der FDP gegentiber der Union zog sich durch den gesamten Wahlkampf. So stellte die FDP auf ihrem Parteitag Ende Juni 1998 in Leipzig medienwirksam fthqf Kemforderungen ~ r m0gliche Koalitionsverhandlungen mit der Union nach der Bundestagswahl auf. Parteivorsitzender Gerhardt verband gar die Abstimmung tiber eine Koalitionsaussage zugunsten der Unionsparteien mit der Vertrauensfrage, bei der er mit 90 Prozent der Stimmen best~itigt wurde (ebenda). Dass Gerhardt zum Mittel der Vertrauensfrage griff, zeigte deutlich, wie umstritten eine Fortsetzung der Koalition in der FDP war. Die Frage der Abgrenzung zur Union war auch entscheidend ~ r die Wahlkampagne der Partei. Bei einer klaren Koalitionsaussage bot sich eine ftir die FDP typische Zweitstimmenkampagne an, da die Anzahl der Stammw~ihler nicht ausreichte, die 5-ProzentHtirde zu tiberwinden. Im Falle einer Alleinstellungsstrategie w~ire eine Zweitstimmenkampagne unsinnig gewesen. Das Ergebnis bei der Landtagswahl in Bayern Anfang September 1998, bei der die FDP nur 1,7 Prozent der Stimmen erlangte, zeigte der Partei deutlich, dass in der W~ihlerschaft die FDP noch als Mehrheitsbeschaffer und nicht als eigenst~indige Programmpartei angesehen wurde. Im Ergebnis dieser Wahl wurde die Zweitstimmenkampagne in den letzten zwei Wochen vor der Bundestagswahl intensiviert (Bergmann 2002: 205). Die Strategie von Btindnis 90/Die Grtinen im Wahlkampf 1998 richtete sich auf die Abl0sung der konservativ-liberalen Regierung. Schon in der Mitte der 13. Wahlperiode wurde dieses Wahlziel ~ r die Bundestagswahl 1998 bei den Grtinen diskutiert. Um als Alternative akzeptiert zu werden, profilierte sich die Partei erfolgreich auf verschiedenen Politikfeldern wie der Haushalts- und Finanzpolitik, die bisher noch nicht mit den Grfinen verkntipft worden waren (Kranenpohl 1999). Bis in die ersten Monate des Jahres 1998 hinein hatte es den Anschein, als ktinnten die GrOnen ihr Wahlergebnis verbessern. In repr~isentativen Bev61kerungsumfragen wurde ihre damalige St~irke mit bis zu 13 Prozent 80 Im Deutschland-Trend vom April 1998 trauten 2 Prozent der Befragten der FDP am ehesten zu, den Wirtschaftsstandort Deutschland sichern zu kOnnen und Arbeitsplfitze zu schaffen. Auf 1 Prozent Zustimmung kam die Partei beim Thema ZukunftsproblemeDeutschland 16sen.(Infratest-dimapDeutschland Trend April 1998: 5) 8xMit einem Ergebnis von 6,9 Prozent bei der Bundestagswahl 1994 lag sie weit hinter demjedoch ausgesprochen guten Resultat bei der Bundestagswahl 1990 (Vorlfinder 1995: 250). Jedoch war das Ergebnis ein Erfolg l~r die FDP, da die Bundestagswahl 1994 in eine Zeit der existentiellen Krise ffir die FDP fiel. Zwischen April 1992 und Februar 1995 gelang der Partei bei 13 aufeinander folgenden Landtagswahlennur bei einer, der Wahl in Hessen, der Sprung iaberdie 5-Prozent-Ht~rde(L6sche, Walter 1996:197).
7.2 Untersuchungsgegenstand
131
angegeben (Infratest-dimap, Deutschland-Trend Januar, Februar 1998). Diese positive Grundstimmung den Grtinen gegentiber ~inderte sich schlagartig mit dem Magdeburger Parteitag im M~irz 1998. Die Kritik konzentrierte sich auf zwei Beschltisse. Einerseits wurde der auBenpolitische Antrag zum SFOR-Einsatz der Bundeswehr in Bosnien abgelehnt und andererseits die Fordertmg nach einem Benzinpreis von 5 DM pro Liter artikuliert (Bergmann 2002: 178f.). Mit der Ablehnung des Antrages, den SFOR-Einsatz in das Wahlprogramm aufzunehmen, stellten sich die Delegierten gegen ein von der Bundestagsfraktion initiiertes politisches Vorhaben. Weniger die Ablehnung dieses einen Beschlusses als die wiederholte Unberechenbarkeit der Basis der Grtinen bei auBenpolitischen Beschltissen wurden dem m6glichen Koalitionspartner hier wieder vor Augen gefiihrt. Sie machte es der Ftihrung der Grtinen schwerer, ihre Regierungsf'~ihigkeit zu demonstrieren. Diese war ihnen von allen Parteien his 1994 auf Bundesebene abgesprochen worden, da gerade die Entscheidungen tiber eine Verl~ingerung des SFOR-Mandats in Bosnien und der Beschluss der NATO-Osterweiterung anstanden. 82 Ftir weit gr6Beres Echo in der Bev61kemng sorgte allerdings die Forderung der Grtinen, den Benzinpreis in den kommenden zehn Jahren auf 5 DM pro Liter zu erhtihen. Dieser VorstoB wurde nicht nur von den Medien, sondern auch von anderen Parteien scharfkritisiert. Die Heftigkeit dieser Kritik ist auch darauf zurtickzufii_hren, dass die Grtinen aufgrund der gtinstigen Ausgangsposition zu Beginn des Wahljahres nicht mehr als kleine Oppositionspartei, sondern vielmehr als potentielle Regierungspartei wahrgenommen wurden (Hoffmann 2002:116). Im Anschluss an den Magdeburger Parteitag sahen sich Btindnis 90/Die Grtinen dagegen einer stetigen Abw~irtsbewegung in den Umfragen ausgesetzt. Bei den Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein und den Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt verlor die Partei gegentiber dem Vorwahlergebnis deutlich. Die Grtinen hatten sich aus einer komfortablen Situation zu Beginn des Wahljahres selbst in das politische Abseits man6vriert (Hoffmann 2000: 255). s3 Jedoch deckten diese Fehler bei der Wahlkampffiahrung auch das strukturelle Defizit der Partei auf. Zum einen war die Kampagnenf'~ihigkeit der Grtinen aufgrund ihrer niedrigen Mitgliederzahl gering und zum anderen konnte die parteiinterne Spaltung in den fundamentalistischen und den realpolitisch orientierten Parteifltigel nur durch die Popularitgt eines Joschka Fischer zusammengehalten werden (Raschke 1998). Mit ihrem Zweitstimmenergebnis von 6,7 Prozent konnten Btindnis 90/Die Grthnen das Wahlergebnis yon 1994 (7,3 Prozent) zwar nicht best~itigen, jedoch reichten die Stimmen, die SPD und Btindnis 90/Die Grtinen auf sich vereinigen konnten, ftir einen Regierungswechsel.
82So waren nach dem MagdeburgerParteitag der Biandnisgriinen nur 8 Prozent der Deutschen der Meinung, dass die Partei uneingeschrankt regierungsfahig sei. Hingegen sprachen 46 Prozent der Deutschen den Grt~nen die Regierungsfahigkeit ab. Selbst von den Anhangem der Griinen wurde der Partei nur eingeschrankt eine Regierungsfahigkeit zugesprochen. Knapp jeder Zweite (46 Prozent) meinte, die Regierungsfahigkeit ware erst nach einer Uberarbeitung des auf dem Parteitag beschlossenen Programms gegeben (Infratest-dimap, DeutschlandTrend April 1998:11) 83 Arzheimer und Klein k6nnen in ihrer Analyse zeigen, dass die Bezinpreisdiskussion die Wahlchancen der Gr~nen insbesondere bei den Personen, die nicht mit den Grunen Forderungenvertraut waren, stark verringert hat (Arzheimer, Klein 1999: 42).
132
7.2.2
Empirische Studie
Bundestagswahlkampf 2002
Der Wechsel an der FDP-Parteispitze von Wolfgang Gerhardt zu Guido Westerwelle bedeutete ftir die FDP eine tiefe Z~isur. Im Gegensatz zu Gerhardt stand Westerwelle far eine Eigenst~digkeit der Partei, die sich in einer ,~quidistanzstrategie zu den beiden grol3en Parteien ~iul3erte. Neben einer inhaltlichen Profilierung im Bundestag, bei der die FDP besonders auf die Themen Wirtschafts- und Finanzpolitik setzte, inszenierte man diese neue Eigenst~indigkeit auch medial (Vorl~inder 2002: 102). ,Projekt 18' nannte sich die Wahlkampfstrategie der FDP bei der Bundestagswahl 2002, eine Strategie mit Bezug auf das erhoffte Wahlergebnis, was gleichzeitig den Anspruch der FDP, eine Volkspartei zu sein, verdeutlichten sollte. Ziel der FDP war eine Emeuerung des Parteiensystems in Deutschland (Jung, Roth 2002: 8). Ohne sie sollte keine Regierungsbildung in Deutschland mehr m6glich sein (Vorl~inder 2003a: 114). Erreicht werden sollte dieses Wahlziel durch die Ansprache breiter W~ihlerschichten und durch die 13berzeugung der ungebundenen Wechselw~ihler (Vorlander 2002:110). Um die n6tige Aufmerksamkeit da~r zu erbringen, erfolgte die Ansprache der W ~ lergruppen tiber einen Event- und Spagwahlkampf. Symbolisch Far diese Strategie standen die Sommerreise Guido Westerwelles mit einem Wohnmobil, dem so genannten ,Guidomobil' durch Deutschland, die Fallschirmsprtinge Jt~gen W. M611emanns und der Auftritt Westerwelles mit den Insignien des ,Projektes 18' auf der Schuhsohle bei Sabine Christiansen (Htitt 2003: 103). Kennzeichen dieser Selbstinszenierung waren femer die Emennung von Cornelia Pieper zur Ministerpr~isidentenkandidatin bei der Landtagswahl in SachsenAnhalt und die Ktir Guido Westerwelles zum Kanzlerkandidaten auf dem FDP-Parteitag in Mannheim, obwohl die Chancen beider FDP-Politiker, diese ,4anter zu erreichen, im Vorfeld der Wahlen als nicht existent angesehen wurden. 84 Programmatisch hatte sich die FDP in ihrer Oppositionszeit jedoch nicht erneuert. Schwerpunkte bildeten immer noch die Rechts-, Wirtschatts-, Bildungs- und Europapolitik (Vorl~inder 2003a: 115). Anf~inglich stellten sich Erfolge dieser Kommunikationsstrategie ein, denn die FDP war in der Medienberichterstattung und in Bev61kemngsumfragen sehr gut aufgestellt. Die Partei war durch ihre guten Landtagswahlergebnisse im Gespr~ich. Auf der Sachthemenseite stand mit der Ver6ffentlichung der PISA-Studie ein zentrales Thema der FDP, die Bildung, auf der Tagesordnung. In repr~isentativen Bevtilkerungsumfragen kam die FDP bei der Sonntagsfrage auf Stimmenanteile bis zu 13 Prozent (Vorl~inder 2003a: 115). Mit der Auseinandersetzung um den Wechsel des nordrhein-westf~ilischen Grtinen-Abgeordneten Karsli zur FDP, der im Vorfeld das Vorgehen der israelischen Armee in Pal~istina mit Nazi-Methoden verglichen hare, ~inderte sich diese positive Stimmung. Der Disput um Karsli zwischen dem Zentralrat der Juden in Deutschland und der FDP, im Speziellen mit Jtirgen W. M611emann, gipfelte am 18. Mai in der J~ul3emng MOllemanns: ,,Ich fiirchte, dass kaum jemand den Antisemiten, die es in Deutschland gibt und die wir bek~impfen mtissen, mehr Zulauf verschafft als Herr Scharon und in Deutschland Herr Friedmann mit seiner intoleranten und gehgssigen Art" (FAZ, 30. Dezember 2002" 7). Da die FDP-Ftihrung nicht entschlossen auf diese Aul3erung M611emanns reagierte, wurde 84 Das Bundesverfassungsgericht stellte bei der Begrtindung der Ablehnung der Verfassungsbeschwerde der FDP wegen der Nichteilnahme Westerwelles am TV-Duell fest, dass der Vorsitzende der FDP ,,keine realistische Aussicht darauf hat, nach der Wahl am 22. September 2002 das Amt des Bundeskanzlers zu tibemehmen" (Pressemitteilung 76/2002 vom 30. August 2002).
7.2 Untersuchungsgegenstand
133
bis in den Juni hinein die Frage diskutiert, wer der eigentliche Parteivorsitzende der FDP sei. 85 Westerwelle wurde in diesem Zusammenhang von vielen Seiten FOhrungsschw~iche vorgeworfen. Erst am 6. Juni gab M~llemann bekannt, dass Karsli nicht l~inger for die FDPFraktion t~itig sein wOrde und entschuldigte sich bei Friedmann ~ r seine VorwOrfe. Eine Woche vor der Wahl, am 16. September, griff MSllemann ohne Absprache mit dem Parteivorstand erneut Scharon und Friedmann an. Er lieB Faltbl~itter in Nordrhein-Westfalen verteilen, in denen er beide kritisierte, was die FDP-Ftihrung als Vertrauensbruch bewertete und M6llemann als Hauptschuldigen t~r das Wahlergebnis hinstellte (Vorl~inder 2003a: 117). Aber nicht nur die M~llemann-Affiire lieB den Rtickhalt der FDP in der Bev61kemng abnehmen. Der Wechsel der Themenagenda von den Themen Wirtschaftslage, Arbeitsmarkt, Steuern, die zu den Schwerpunktthemen der FDP z~ihlten, hin zu den Themen Flut und Irakkonflikt (Brettschneider 2002) schufen eine Atmosph~e in der Bev/51kerung, zu der der vonder FDP ge~hrte SpaB-Wahlkampfnicht passte (Vorl~inder 2003b: 89ff.). Die FDP verfehlte bei der Bundestagswahl 2002 ihr selbst gestecktes Ziel von 18 Prozent weit. Ihr Zweitstimmenanteil lag bei 7,4 Prozent. Trotz Verbesserung des Wahlergebnisses im Vergleich zu 1998 wertete die Partei dieses Ziel vor dem Hintergrund der eigenen hochgesteckten Erwartungen als Niederlage. Als Griande far die Nichtwahl der FDP wurden von den potentiellen FDP-W~ihlem die fehlende Koalitionsaussage (51 Prozent), die .AuBemngen M611emanns kurz vor der Wahl (41 Prozent) sowie das ObermaB an Showelementen gegentiber der emsthaften Politik (37 Prozent) angegeben (K~cher 2004:112f.) Positiv am Wahlergebnis wird herausgestellt, dass die FDP zu einer gesamtdeutschen Partei geworden ist, da sich die Stimmenanteile in Ost- und Westdeutschland angeglichen haben (Vorl~inder 2003a: 119f.). Die Lage von Btindnis 90/Die GrOnen zu Beginn des Wahljahres 2002 war schwierig. Seit ihrer Regierungsbeteiligung in Berlin hatte die Partei tiber die gesamte Legislaturperiode hinweg bei Landtagswahlen Stimmenverluste hinnehmen mtissen. In den Meinungsumfragen lag die Partei bundesweit mit Stimmanteilen zwischen 5 und 6 Prozent sehr nah an der Sperrklausel. Zehn Monate vor der Wahl, im November 2001, meinten 68 Prozent der Deutschen, dass Btindnis 90/Die Grfinen die Zusammenarbeit mit der SPD beenden sollte, da die Partei in der (3ffentlichkeit das Bild vermittle, keine eigenen Akzente in der Regierungspolitik setzen zu ktinnen (Hoffmann 2002: 127). Das Machtverh~ilmis in der Regierung wurde durch SchrSders Satz ,,Es muss klar sein, wer Koch und wer Kellner ist" idealtypisch illustriert (Poguntke 2002:91). In ihrer ersten Legislaturperiode als Regierungspartei auf Bundesebene mussten die Grtinen, die ihre Wurzeln in der Friedensbewegung hatten, dem ersten Kampfeinsatz deutscher Soldaten nach dem zweiten Weltkrieg zustimmen (Rtidiger 2002: 95) und verhandelten um die Wiederaufnahme von Atomtransporten. Somit opferten sie der Regierungsbeteiligung zwei zentrale Bausteine ihrer Oppositionspolitik. Akzente in der Regierungspolitik setzte die Partei dagegen auf der Ebene der Ausl~inder- und Asylpolitik und der Gleichstellung von Mann und Frau (Poguntke 2002b: 140). Die Kampagne der Grtinen zur Bundestagswahl zielte u.a. auf die schwache Kommunikation der Erfolge grtiner Politik. Unter dem Slogan ,,Grtin wirkt" verfolgte die Partei eine Leistungsbilanzstrategie (Stetmer 2003: 55). Dem potentiellen W~ihler der GrOnen 85 So waren im Juni nur 47 Prozent der Deutschen und 54 Prozent der FDP-Anhanger davon t~berzeugt, dass Westerwelle starker den politischen Kurs der FDP bestimmenwtirde als Mt~llemann.Ein Ftinftel sah MOllemann in dieser Position. (Infratest-dimapDeutschland-TrendJuni 2002:16)
134
Empirische Studie
sollte verdeutlicht werden, dass einige Vorhaben, wenn auch mit Abstrichen, in der Legislaturperiode gegentiber der SPD durchgesetzt worden waren (Roth, Jung 2002" 8). Symbolisch steht hierftir der Einstieg in den Ausstieg aus der Atomkraft 86 und die Okosteuer auf Energie. Eine bedeutende Neuerung im Wahlkampf der Grfinen stellte die Konzentration auf Joschka Fischer als Spitzenkandidaten dar. Angetreten mit dem Ziel einer Entpersonalisierung der Politik lockerte die Partei im Bundestagswahlkampf 1994 schon diesen Anspruch, in dem sie auf ihren Wahlplakaten Portraits ihrer wichtigsten Spitzenpolitiker gemeinsam abbilden lieB (Niedermayer 1999: 13). Im Bundestagswahlkampf 2002 war nun erstmals Joschka Fischer allein das Gesicht der Grtinen. Die Partei wollte die Beliebtheit des AuBenministers in der Bev61kemng (und in der Medienberichterstattung) nutzen, um W~ihler an sich zu binden (Stettner 2003: 55). Fischer ffihrte zu diesem Zeitpunkt mit Abstand die Rangliste der beliebtesten Politiker in Deutschland an (ZDF-Politbarometer Juli 2002). Unter diesen strategisch gtinstigen Voraussetzungen brachen die Grtinen mit ihrem Gebot der Entpersonalisierung der Politik. Die zweite Neuemng im Wahlkampf der Grtinen war die starke Betonung der Partei als Funktionspartei. Mit dem Slogan ,,Zweitstimme ist Joschka-Stimme" kam die Rolle als Mehrheitsbeschaffer for eine rot-grtine Koalition deutlich zum Ausdruck. Somit bedienten sich die GrOnen einer Kommunikationsstrategie ~ihnlich der FDP, mit der Folge, dass die programmatische Wahrnehmung der Partei eher verblasste. Im Vergleich zum Bundestagswahlkampf 1998 traten die Granen im Wahlkampf 2002 nicht mit kontrovers diskutierten Forderungen oder Statements in die Offentlichkeit, so dass die Partei im Schatten der Auseinandersetzung der beiden GroBparteien sowie der Diskussion um die FDP stand (Brettschneider 2003). Mit einem Anteil von 8,6 Prozent erzielten die Grtinen damit das beste Wahlergebnis ihrer Geschichte. Unter ihren Stimmen fanden sich auch eine Vielzahl strategischer W~ihler, denen an einer Fortsetzung der rot-grtinen Koalition gelegen war. Je st~irker die Grtinen aus der Wahl hervorgingen wiirden, desto wahrscheinlicher war die Fortsetzung dieses Btindnisses. Aufgrund eines deutlich h6heren Zweitstimmenanteils 1/asst sich das taktische W~ihlen deutlich belegen (Poguntke 2003" 101).
7.2.3
Vergleich der Wahlkampffiihrung
Ein Vergleich der Wahlkampfstrategien der Kleinparteien macht deutlich, dass sowohl FDP als auch Btindnis 90/Die Grtinen als kleiner Koalitionspartner darauf bedacht waren, ihren Anteil an der Regiemngspolitik herauszustellen. Die Darstellung eines eigenen inhaltlichen Profils soll verhindem, dass die Kleinparteien in der Koalition nur tiber die Funktion des Mehrheitsbeschaffers und nicht mit einer eigenen programmatischen Identit~it wahrgenommen werden. Bei dieser Profilierung mtissen die Kleinparteien jedoch Rticksicht auf den groBen Koalitionspartner nehmen, um diesen nicht zu besch~idigen und somit die eigene Herrschaftsposition zu gef~ihrden. Gleichzeitig hoben beide Parteien aber in ihren Wahlk~impfen, die sie aus der Regierungsverantwortung heraus ffihrten, ihre Funktion als Mehrheitsbeschaffer und damit als Teil der Koalition stark hervor. Die FDP hatte eine strategisch 86 Mit dem Ergebnis der Atomausstiegsgesprache zwischen Bundesregierung und Industrie zeigten sich allerdings viele Anhiingerder Grtinen unzufrieden.
7.2 Untersuchungsgegenstand
13 5
gtinstigere Position inne, da sie zwischen den beiden Gro6parteien angesiedelt ist, w~ihrenddessen die Grtinen links vonder SPD stehen und von den Unionsparteien noch nicht als koalitionsf~ihig angesehen werden (Poguntke 1999). Die Wahlk~impfe der FDP und der Grtinen, die aus der Oppositionsrolle gefiJhrt wurden, zeigen, dass beide Parteien gtinstige Ausgangspositionen zu Beginn des Wahlkampfes verspielt haben. Sowohl far Grtine als auch far FDP wurden in Umfragen ein halbes Jahr vor der Wahl Werte von 13 Prozent bei der Zweitstimmenwahlabsicht ausgewiesen. Die Beschltisse der Grtinen auf dem Magdeburger Parteitag 1998 ftihrten neben der Auseinandersetzung mit dem Sachthema Steuem zu einer generellen Debatte tiber die Regierungsf~ihigkeit der Partei. Die FDP gab ihrerseits die gtinstige Ausgangsposition ebenfalls durch die Konzentration der Debatte auf ein parteiintemes Thema und nicht auf die Sachthemen der Partei auf. Somit ist es beiden Kleinparteien im Wahlkampf von der Oppositionsbank aus nicht gelungen, ihre programmatische Kompetenz darzustellen.
8 Ergebnisse
8.1 Parlamentarische Aktivit~iten der Kleinparteien im Bundestag
Die Aktivitgten der Fraktionen der Kleinparteien im Deutschen Bundestag sind ein zentraler Bestandteil der innenpolitischen Ereignislage. Sie beeinflussen die Selektionsentscheidungen der Joumalisten und somit die Darstellung der Kleinparteien in den Massenmedien entscheidend. Demzufolge muss sich eine Untersuchung der Darstellung der Kleinparteien in den Massenmedien auch mit deren politischen Aktivitgten auseinandersetzen. Da das zentrale Entscheidungssystem das Parlament ist, liegt es auf der Hand, den Output der Kleinparteien im Parlament zu analysieren. Um den Beitrag, den die Kleinparteien zu der innenpolitischen Ereignislage erbringen, einsch~tzen zu k6nnen, ist eine Analyse des Gesamtoutputs des Parlaments notwendig. So kann der spezifische Anteil der Leistungen der Kleinparteien im Vergleich zu den GroBparteien deutlich gemacht werden. Da sich die innenpolitische Ereignislage mit Beginn das Wahlkampfes nicht abrupt aufbaut, ~ndert oder in irgendeiner anderen Art und Weise wandelt, ist eine lgngerfristige Untersuchung des Outputs des Parlaments notwendig. Daher werden zungchst die formalen parlamentarischen Aktivitgten der Kleinparteien hinsichtlich ihrer Anzahl, ihrer Themen und der verwendeten parlamentarischen Instrumente der gesamten 13. und 14. Legislaturperiode einer ngheren Betrachtung unterzogen. Wie im Untersuchungsdesign beschrieben, agierte sowohl die FDP-Fraktion als auch die Fraktion von Bt~ndnis 90/Die G~nen je eine Legislaturperiode als die Regierung tragende Fraktion und als Oppositionsfraktion.
8.1.1
Anzahl und Struktur der parlamentarischen Aktivitditen
Eine erste Auszghlung der eingebrachten parlamentarischen Aktivit~iten in den Bundestag zeigt, dass sich die Fraktionen der Kleinparteien in gleichem Umfang an der Parlamentsarbeit beteiligen wie die der Grogparteien. In der 13. Legislamrperiode war die Fraktion von Bt~ndnis 90/Die Grfinen bez%lich ihrer untersuchten parlamentarischen Aktivitgten mit 1.297 Aktivitgten die aktivste. Somit lgsst sich auch ffir die 13. Legislaturperiode die in anderen Studien festgestellte intensive Nutzung der parlamentarischen Aktivitgten durch die Grthnen bestgtigen (Kranenpohl 1999; Schindler 1999; Ismayr 1985, 2000). Die Unionsfraktion folgt mit 710 Initiativen, die SPD-Fraktion reichte 698 und die FDP-Fraktion 670 parlamentarische Aktivitgten ein. Diese Ft~hnmgsrolle hatte die Fraktion von Bt~ndnis 90~ie Grfinen auch in der 14. Legislaturperiode inne. Zwischen 1998 und 2002 gingen im Bundestag 770 Initiativen auf Bt~ndnis 90/Die G~nen zurfick. Ft~ den grogen Koalitionsparmer SPD wurden 755 und fiir
138
Ergebnisse
die Oppositionsfraktionen von FDP und Union 553 bzw. 586 parlamentarische Aktivit~iten gez~ihlt.87 Da jede Fraktion innerhalb des Untersuchungszeitraumes je eine Legislaturperiode in der Opposition und in der Regierungsverantwortung war, ist ein Vergleich tiber beide Legislaturperioden zul~issig. Es zeigt sich, dass die Fraktion von Btindnis 90/Die Grfinen w~ihrend dieses achtj~ihrigen Untersuchungszeitraums mit 2.065 Initiativen mit Abstand die aktivste Fraktion im Bundestag war. Ftir die SPD-Fraktion konnten 1.526 und ffir die Unionsfraktion 1.313 parlamentarische Aktivit~iten gez~ihlt werden. Die Eigenaktivit~iten der FDP-Fraktion mit 1.223 blieben nicht weit hinter denen der Unionsfraktion zu~ck (Tabelle 8). Dieser Befund zeigt, dass die Fraktionen der Kleinparteien hinsichtlich der Quantit~it der parlamentarischen Arbeit sich nicht nur relativ - gemessen an ihrer Fraktionsgr/SBe- sondern auch absolut mit den Fraktionen der beiden Grol3parteien auf der selben Augenh6he befinden. Tabelle 8." Anzahl der von den Fraktionen initiieren parlamentarischen Aktivit~iten FDP
B90/Griine
Union
SPD
13. Legislaturperiode
670
1.295
727
771
14. Legislaturperiode
553
770
586
755
Gesamt
1.223
2.065
1.313
1.526
Um die Ergebnisse beziiglich der Frage nach der Aktivit~it der Kleinparteien gegentiber den Grof3parteien zu interpretieren, muss deren Stellung im Parlament herangezogen werden. Da die Koalitionsfraktionen seit 1969 ihre Initiativen zum gr613ten Teil gemeinsam einbringen 88, sind gravierende Unterschiede zwischen koalierenden Parteien, die auf Aktivit~it oder Passivit~it im Parlament schliegen lassen, nicht zu erwarten. Dies ist in der vorliegenden Studie ebenso nicht der Fall. Die Anzahl der initiierten parlamentarischen Aktivit~iten unterscheiden sich um 57 zwischen FDP und Union in der 13. Legislaturperiode und um 15 zwischen SPD und Btindnis 90/Die Grtinen in der 14. Legislaturperiode. Da es eine derartige Vereinbarung zwischen den Oppositionsfraktionen im Bundestag nicht gibt (Kranenpohl 1999: 132), sind Vergleiche der parlamentarischen Aktivit~iten der Oppositionsfraktionen der h~irtere Indikator, um die Aktivit~it der Kleinparteien gegentiber den Grol3parteien im Parlament klar voneinander abzugrenzen und einer Bewertung unterziehen zu k6nnen. So brachte die Fraktion von Btindnis 90/Die Grtinen in der 13. Legislamrperiode fast doppelt so viele (1,8x) parlamentarische Aktivit~iten in den Bundestag ein 87 Die von den Mehrheitsfraktionen gemeinsam eingebrachten Initiativen sowie die Initiativen, die von der Regierung initiiert wurden, wurden jeweils beiden Mehrheitsfraktionen im Parlament zugeordnet. Diese Zuordnung hebt die Trennung zwischen Exekutive und Teilen der sie kontrollierenden Legislative auf. Diese Entscheidung ist jedoch vor der wahrgenommenen Einheit von Mehrheitsparteien und Regierung durch die B~rger und der Darstellung von Mehrheitsparteien und Regierung in der Medienberichterstattung (Donsbach, Jandura 2003b) zu rechtfertigen. Aufgrund der Mehrfachzuweisung einer Initiative zu den initiierenden Fraktionen ist die Summe der Fraktionsinitiativen h6her als die tatsachlich eingebrachten Initiativen. 88 Dies trifft auf die sozial-liberale Koalition zwischen 1969 und 1982 genau so zu wie auf die CDU/CSU-FDPRegierung 1982-1998 und die rot-grune Regierung 1998-2002.
8.1 Parlamentarische Aktivitgten der Kleinparteien im Bundestag
139
wie die SPD-Fraktion. In der darauf folgenden Legislaturperiode initiierte die oppositionelle FDP-Fraktion nur gering~gig weniger parlamentarische Handlungen als die oppositionelle Unionsfraktion. Diese Zahlen zeigen, dass sich auch die oppositionellen Kleinparteien wie die Fraktionen der GroBparteien aktiv an der parlamentarischen Arbeit im Bundestag beteiligen und sich zumindest in ~ihnlichem U m f a n g - im Fall der Grtinen in st/arkerem U m f a n g - in das Parlament einbringen. Die Fraktionen der Kleinparteien ziehen sich demnach im Parlament nicht auf die Position der Funktionspartei zurtick, sondem bringen eigene programmatische Ziele in den Willensbildungsprozess ein und erfallen somit in hohem Mal3e die im Parteiengesetz fest verankerte Zielfindungsfunktion. Die reinen Ausz~ihlungen der parlamentarischen Aktivit~iten sind zwar ein erster Anhaltspunkt, doch kein hinreichender Indikator da~r, dass jede parlamentarische Handlung einen unterschiedlich grol3en Arbeitsaufwand nach sich zieht. So muss beispielsweise far einem Gesetzesentwurf eine weit intensivere Arbeit aufgewendet werden als bei einer Kleinen Anfrage, bei welcher ,,nur" bis zu drei Fragen zu einem Thema formuliert werden dtirfen (Ismayr 2000). Ftir die Analyse muss die Nutzung der jeweiligen Instrumente durch die Fraktionen von Klein- und GroBparteien genauer betrachtet werden. Da Koalitionsfraktionen ihre parlamentarischen Aktivit~iten haupts/achlich gemeinsam einreichen, ist es nicht verwunderlich, dass deren stmkturelle Zusammensetzung fast identisch ist. Dominierend bei den Eigeninitiativen von Bundesregierung und den die Regierung tragenden Fraktionen sind die Gesetzesentwtirfe. Sie machen gut vier von ftinf parlamentarische Initiativen von Regierung und Mehrheitsffaktionen aus. Weitere 15 Prozent der Initiativen entfallen auf Regiemngserkl~imngen und EntschlieBungsantr~ige. Erwartungsgem~iB spielen die Aktivit~iten, die unter das Fragerecht fallen, keine groBe Rolle (Tabelle 9). GroBe Anfragen werden von den Mehrheitsparteien nur dann eingebracht, wenn sie ihre eigene Politik besonders herausstellen m6chten (Ismayr 2000: 336).
Tabelle 9: Struktur der parlamentarischen Aktivit/~ten der jeweiligen Koalitionsparteien 13. Legislaturperiode
14. Legislaturperiode
FDP
Union
B90/Griine
SPD
Gesetzgebung
84
80
85
81
EntschlieBungsantrage
7
8
2
6
Regierungserkl~irungen
7
6
8
8
Kleine Anfragen
0
3
2
2
GroBe Anfragen
0
2
1
1
Aktuelle Stunden
2
1
2
3
Prozent, Sonstige: Antr~t'ge auf Einsetzung yon Untersuchungsausschiissen und AntrSge auf Einsetzung yon Enquete-Kommissionen
Die Zahl Kleiner Anfragen durch Mehrheitsfraktionen ist in den letzten Legislaturperioden zurfickgegangen: Erstens sind sie nicht fiir die Selbstdarstellung der Fraktionsarbeit ein-
140
Ergebnisse
setzbar, da s i e - im Gegensatz zu Grogen Anfragen- keine Plenardebatte nach sich ziehen (Ismayr 2000: 338) und zweitens bedarf es auf Grund des direkten Kontaktes mit der Verwaltung nicht des formalen Weges einer Kleinen Anfrage, um an entsprechende Informationen zu gelangen. Stellen Mehrheitsfraktionen dennoch Kleine Anfragen, dient dies vorrangig dem Zweck, innerhalb der Koalition nicht mehrheitsf~ihige Themen oder Themen mit lokalem oder regionalem Bezug anzusprechen (Kranenpohl 1999: 123). In der 13. Legislamrperiode nutzte die FDP 14x diesen Weg, Btindnis 90/Die Grianen stellten in der 14. Legislaturperiode 17 Kleine Anfragen (DIP 2005). Eine derartige Strukturgleichheit war far die Oppositionsparteien nicht zu erwarten und ist nicht zu verzeichnen. Die Analyse zeigt, dass die Kleinen Anfragen bei allen untersuchten Oppositionsfraktionen die meistinitiierte parlamentarische Aktivit~it ist. Trotzdem ist die Dominanz der Kleinen Anfrage innerhalb der einzelnen Fraktionen sehr unterschiedlich. So gingen in der 13. Legislaturperiode fast drei Viertel (72 Prozent) der lnitiativen von Btindnis 90/Die Grtinen auf Kleine Anfragen zurtick. Auch die Fraktion der FDP arbeitete in der 14. Legislamrperiode sehr h~iufig mit diesem Instrument: Sechs von zehn Initiativen waren Kleine Anfragen. Bei den Fraktionen der beiden Grogparteien lag der Anteil der Kleinen Anfragen mit 55 Prozent flir die Unionsfraktion (14. LP) und 44 Prozent bei der SPD Fraktion (13. LP) weit niedriger. An zweiter Stelle folgen Entschliel3ungsantr~ige, die zwischen 16 und 22 Prozent der Fraktionsinitiativen ausmachen. Drittwichtigstes Instrument sind die Gesetzesentwtirfe aus den Reihen der Oppositionsfraktionen, die zwar nur wenig Aussicht auf Erfolg haben 89 (Werner 1993" 202). Hierbei zeigt sich, dass besonders die SPD-Fraktion in der 13. Legislaturperiode auf die Einbringung von Gesetzesinitiativen Wert legte. Knapp jede ftinfte Initiative (18 Prozent) war ein Gesetzesentwurf, hingegen betrug dieser Anteil bei Btindnis 90/Die Grtinen nur sechs Prozent. Bei FDP und Union war jede zehnte Initiative ein Gesetzesvorschlag. Weitere Unterschiede in der Bedeutung einzelner parlamentarischer Aktivit~iten finden sich bei den Grogen Anfragen. Ftir die Fraktionen der Grogparteien haben diese innerhalb der Eigeninitiativen einen grNSeren Stellenwert als far die Fraktionen der Kleinparteien. W~ihrend jede zehnte Initiative bei den Grogparteien die Beantragung einer Grogen Anfrage war, lag der Anteil bei den Kleinparteien nur bei 4 Prozent (Tabelle 10). Die besondere Bedeutung der Kleinen Anfragen ~ r Btindnis 90/Die Grtinen wird auch bei der Analyse der Fallzahlen sichtbar. Mit insgesamt 926 Kleinen Anfragen nutzten die Abgeordneten der Fraktion dieses Instrument in Oppositionszeiten knapp dreimal h~iufiger als die Abgeordneten anderer Fraktionen. Dieses Ergebnis steht im Einklang zur Aussage, dass vorrangig die Abgeordneten der Btindnisgrtinen und der PDS im Bundestag von der Kleinen Anti'age Gebrauch machen. Gut vier von ~ n f Kleine Anfragen in der 13. Legislaturperiode wurden von den Parlamentariern dieser beiden Fraktionen gestellt (Ismayr 2000" 340). Der Grund hierflir ist in einem anderen Verst~indnis des Einsatzes von Kleinen Anfragen zu suchen" Politiker von Btindnis 90/Die Grtinen sehen in ihr st~irker eine Demonstration ihrer Bindung an die Parteibasis (Kranenpohl 1999; Ismayr 2000). Auch die meisten Entschliel3ungsantr~ige von Oppositionsfraktionen gehen auf Btindnis 90/Die Grfinen zurfick. Gingen von der Fraktion der Grianen 216 solcher Antr~ige aus, waren es von SPD-Fraktion 185 in der 13. Legislaturperiode. Als die FDP-Fraktion in der
89 Zwischen 1983 und 1998 fanden nur 5 der insgesamt 605 eingereichten Gesetzesentwtirfe der Opposition im Parlament eine Mehrheit. Dies entspricht einer Quote von 0,8 Prozent. (Ismayr 2000: 246)
8.1 Parlamentarische Aktivit~iten der Kleinparteien im Bundestag
141
14. Legislaturperiode auf der Oppositionsbank saB, reichte sie 111 und die Unionsfraktion 93 EntschlieBungsantr~ige ein. Tabelle 10." Struktur der parlamentarischen Aktivit~iten der jeweiligen Oppositionsparteien 13. Legislaturperiode
14.
Legislaturperiode
B90/Griine
SPD
FDP
Union
Kleine Anfragen
72
44
60
55
EntschlieBungsantr~ge
16
22
19
16
Gesetzgebung
6
18
11
10
GroBe Anfragen
4
10
4
10
Aktuelle Stunden
3
5
5
9
Sonstige
0
1
0
0
Prozent, Sonstige: Antr8ge auf Einsetzung yon Untersuchungsausschiissen und AntrOge auf Einsetzung von Enquete-Kom miss ionen
Insgesamt 305 Gesetzesentwtirfe wurden von den untersuchten oppositionellen Fraktionen in der 13. und 14. Legislaturperiode eingebracht, was 20 Prozent aller Gesetzesinitiativen auBerhalb der Bundesratsinitiativen entspricht. Am st~irksten versuchte sich dabei die SPDFraktion wie in den vorangegangenen Legislaturperioden als sachlich-politische Alternative zu den Regierungsparteien im Parlament und in der (3ffentlichkeit zu profilieren (Wemer 1993:202). Von ihr wurden 96 Gesetzesentwtirfe zwischen 1994 und 1998 in den Bundestag eingebracht. Es folgen die Fraktion von Btindnis 90/Die Grtinen mit 82, die FDPFraktion mit 77 und die Unionsfraktion mit 75 Gesetzesinitiativen in der darauf folgenden Legislaturperiode. Diese Zahlen machen deutlich, dass die Fraktion von Btindnis 90~ie Grtinen keineswegs bei der Erarbeitung von Gesetzesentwfirfen den anderen Fraktionen nachsteht, wie es die relative Ausz~ihlung (6 Prozent aller Aktivit~iten) der Fraktionsaktivit~iten zun~ichst vermuten l~isst. Des Weiteren l~isst sich zeigen, dass sich die Anzahl der Gesetzesinitiativen der GrOnen im Vergleich zur zehnten und elften Legislaturperiode 9~ gesteigert hat. So brachten sie in der 10. Legislaturperiode 53 und in der 11. Legislaturperiode 70 Gesetzesinitiativen ins Parlament ein (Kranenpohl 1999:251). Mit einer nochmaligen Steigerung auf o.g. 82 Gesetzesinitiativen kann festgehalten werden, dass die Grtinen in der 13. Legislaturperiode ihre Oppositionsrolle konstruktiver austibten als in den Legislaturperioden zuvor. Sie boten somit in st~irkerem Umfang sachliche Altemativen zur Regierungspolitik. Auch bei den GroBen Anfragen sind deutliche Unterschiede zwischen den Fraktionen der Klein- und GroBparteien zu sehen. Insgesamt nutzten die Fraktionen der GroBparteien das Instrument der GroBen Anfrage weit st~irker zur eigenen Profilbildung. W~ihrend die SPD insgesamt 81 GroBe Anfragen in der 13. Legislaturperiode initiierte, beantragte die Fraktion von BOndnis 90/Die Grtinen nur 48. Das gleiche Bild zeigt sich bei der Analyse 90 Die zwOlfle Legislaturperiode bleibt in dieser Analyse ausgeklammert, da es den Grunen nicht gelungen war, in Fraktionsstarke in den Bundestag einzuziehen.
142
Ergebnisse
der Daten aus der 14. Legislaturperiode. Die Unionsfraktion beantragte 60 Grol3e Anfragen, die FDP nur 23. Ftir Btindnis 90/Die Grtinen kann weiterhin festgehalten werden, dass die Partei in der 13. Legislaturperiode in geringerem Umfang als in der zehnten (86) und elften (67) Legislaturperiode GroBe Anfragen eingereicht hat (Kranenpohl 1999:251). Die M6glichkeit, ein aktuelles Thema auf die Tagesordnung des Bundestages zu setzen und daffir eine Aktuelle Stunde zu beantragen, nutzten in der 13. Legislaturperiode die Fraktionen von SPD und Btindnis 90/Grtine gleichermaBen, die jeweils 37 Aktuelle Stunden beantragten. Hingegen nutzte die FDP-Fraktion dieses Instrument mit 29 A_ntr~igen in der 14. Legislaturperiode weit weniger als die Unionsfraktion, die 52 Aktuelle Stunden beantragte (Tabelle 11). Im Langzeitvergleich kann bei der Fraktion von Btindnis 90/Die Grtinen ein Rtickgang bei der Beantragung Aktueller Stunden festgestellt werden. In der zehnten Legislaturperiode wurde dieses Instrument noch 42 Mal beantragt, in der elften Legislaturperiode gar 60 Mal (Wemer 1993:198).
Tabelle 11." Parlamentarischen Aktivit~iten der jeweiligen Oppositionsfraktionen 13. Legislaturperiode
14. Legislaturperiode
B90/Griine
SPD
FDP
Union
Kleine Anfragen
926
336
341
324
EntschliefSungsantrfige
216
185
111
93
Gesetzgebung
82
96
77
75
Grol~e Anfragen
48
81
23
60
Aktuelle Stunden
37
37
29
52
Sonstige
2
3
0
0
Anzahl, Sonstige: Antrdt'ge auf Einsetzung yon Untersuchungsausschassen und Antra'ge auf Emsetzung von Enquete-Kommissionen
Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Fraktionen der Kleinparteien den Fraktionen der GroBparteien in der Frage der Quantit~it der parlamentarischen Aktivit~iten nicht nachstehen. Vielmehr erweist sich die Fraktion von Btindnis 90/Die Grtinen als diejenige, die am intensivsten von den parlamentarischen Instrumenten Gebrauch macht. Dies trifft im Besonderen auf das Stellen Kleiner Anfragen zu. Die FDP-Fraktion ist zwar tiber beide Wahlperioden diejenige, die am wenigsten Aktivit~iten initiierte, doch ist der Abstand zur Unionsfraktion eher als gering zu bewerten.
8.1.2
Politikfelder der Fraktionen der Kleinparteien
Die zweite Dimension der Analyse der politischen Ereignislage sind die Politikfelder, mit denen sich die Fraktionen der Kleinparteien in der 13. und 14. Legislaturperiode im Parlament auseinander setzten. Wiederum wird die Arbeit der Fraktionen der GroBparteien als
8.1 Parlamentarische Aktivit~iten der Kleinparteien im Bundestag
143
Benchmark ~ r die Bewertung der thematischen Breite der Arbeit der Kleinparteien herangezogen. Wie bereits bei der Darstellung der Datens~itze beschrieben, werden die Sachgebiete mit denen sich die Parteien besch~iftigen, anhand von zwei Kategorien erfasst. Zun~ichst wird mittels der Operationalisierung von Kranenpohl (1999: 67) das thematische Profil der Parteien w~ihrend der 13. und 14. Legislaturperiode anhand der zust~indigen Fachressorts beschrieben und mit frfiheren Befunden kontrastiert, ehe die Ergebnisse der Operationalisierung der Studie von Noelle-Neumann, Kepplinger und Donsbach (1999) vorgestellt werden, die einen sp~iteren Vergleich mit den parlamentarischen Aktivit~iten und den Pressemitteilungen erm6glichen sollen.
8.1.2.1
Themenvielfalt der parlamentarischen Aktivit~iten (Fachressort)
Wie in den vorangegangenen Legislaturperioden brachte die FDP-Fraktion auch in der 13. Legislaturperiode den Grogteil ihrer parlamentarischen Aktivit~iten gemeinsam mit der Unionsfraktion ein, so dass eine Profilierung gegentiber dem grogen Koalitionspartner nicht mt~glich war. Thematisch konzentrierte sich die Arbeit der Bundesregierung und der sie tragenden Mehrheitsfraktionen auf die sechs Sachgebiete Recht, Wirtschaft, Arbeit/Soziales, Finanzen, Inneres und Verkehr. Knapp sieben yon zehn (69 Prozent) parlamentarischen Aktivit~iten wurden zu diesen Themen initiiert. Dabei spielten die Rechtspolitik und die Wirtschaftspolitik mit Anteilen von je 14 Prozent eine besondere Rolle. Die anderen vier Themenschwerpunkte 91 erreichten Anteilswerte zwischen 10 und 11 Prozent. In diesen sechs Fachressorts spiegeln sich die zentralen Themen der 13. Legislaturperiode wider. Die Wirtschafts- und Sozialpolitik der Regiemng Kohl war gepr~igt von Antr~igen zur Liberalisierung der Wirtschaft. Symbolisch ~ r diese Bemtihungen sind das ,Btindnis fttr Arbeit' oder das ,Programm Nr mehr Wirtschaft und Besch~iftigung'. In letzterem wurde die Ktirzung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, eine Reformierung der Rentenversicherung und die Anhebung des Schwellenwertes fl~ den Ktindigungsschutz sowie die Abschaffung der Vermtigenssteuer beschlossen. Des Weiteren war die Legislamrperiode yon der die Diskussion um den Europ~iischen Stabilit~itspakt im Vorfeld der Ein~hrung der gemeinsamen europ~iischen W~ihrung bestimmt (Bergmann 2002: 276ff.). Im Vergleich zur Bundesregiertmg und der sie tragenden Fraktionen hatten die Oppositionsfraktionen eine geringere Anzahl thematischer Schwerpunkte in ihrer parlamentarischen Arbeit gesetzt. Die SPD-Fraktion konzentrierte sich auf die Themen Umwelt (13 Prozent), Arbeit/Soziales (12 Prozent) und Finanzen (10 Prozent). Die Fraktion von Btindnis 90/Die Grfinen reichte die meisten parlamentarischen Aktivit~iten zu den Themen Verkehrspolitik, Inneres und Ausw~irtiges ein. Die exponierte Position der Verkehrspolitik l~isst sich tiber die vielen Kleinen Anfragen zu h~iufig regionalen Verkehrsthemen erkl~iren. L~isst man die Kleinen Anfragen unbeachtet 92, verschiebt sich das Themenspektrum der parla91 AIs Themenschwerpunkt werden alle Ressorts definiert, die aufeinen Anteilswert von I0 oder mehr Prozent an alle Aktivitaten kommen. 92 Die Nichtbeachtung der Kleinen Anfragen far die Analyse des Themenspektrums der Parteien ist mt~glich, da dieses Instrument aus unterschiedlichen Motiven heraus eingesetzt wird und nicht in jedem Fall mit dem Willen der Fraktion gleich gesetzt werden kann. Wie in den Kapiteln 5.1 und 5.4 dargestellt, werden Kleine Anfragen gestellt, um die Anbindung zur Basis zu demonstrieren, um Grol~e Anfragen oder Gesetzesentwtirfe vorzubereiten oder um sich in der Fraktion zu profilieren.
144
Ergebnisse
mentarischen Aktivit~iten der Fraktion der Btindnisgranen. Die Verkehrspolitik nimmt dann mit einem Anteil von nur 5 Prozent einen Platz im Mittelfeld des Themenrankings ein. Die anderen eben genannten Sachgebiete bleiben an der Spitze der Aktivit~iten der Granen und werden durch das Gebiet Rechtspolitik erg~inzt. Letzteres fand im Besonderen bei den Gesetzesinitiativen der Bttndnisgrtinen Beachtung. Die Fraktion setzte somit ihren in der elften und zwNften Legislaturperiode begangenen Weg fort, sich Kompetenzen auf anderen, bisher nicht grtinentypischen Politikfeldem zu verschaffen, ohne dabei die Themen aus der Grtindungszeit der Partei aufzugeben (Kranenpohl 1999: 251; Bergmann 2002: 167). Die starke Orientierung auf das Ausw~irtige wird in der Literatur als Vorbereitung Joschka Fischers auf eine m6gliche Vizekanzlerschaft und das damit traditionell verbundene Amt des AuBenministers interpretiert (Hoffmann 2002). Ein Vergleich der Themenagenden der parlamentarischen Aktivit~iten der Kleinparteien macht deutlich, dass sich die FDP-Fraktion in der Koalition mit der Unionsfraktion st~irker mit den Themen Recht, Europa, Wirtschaft, Finanzen, Bundestag, Em~ihrung/Landwirtschaft und Arbeit/Soziales auseinander setzte als die Fraktion von Btindnis 90/Die Grtinen. So wurden die Themen Recht und Europa vonder FDP gut 3x h~iufiger, das Thema Wirtschaft 2,5x h~iufiger und das Thema Finanzen gut 1,7x h~iufiger betont als von den Btindnisgrtinen. Die GrOnen hingegen betonten die Themengebiete Umwelt, Inneres, Ausw~irtiges, Verkehr, Bildung, Jugend/Familie, Verteidigung, Kemenergie und Frauen in ihren parlamentarischen Initiativen stgrker (Tabelle 12). Auch gegentiber der SPD profilierten sich die BtindnisgrOnen auf der Sachthemenebene. Nach dem Wechsel von Btindnis 90/Die Grfinen vonder Oppositions- auf die Regierungsbank in der 14. Legislaturperiode verschoben sich auch die inhaltlichen Schwerpunkte der parlamentarischen Arbeit im Bundestag. Die Themen der gemeinsamen Arbeit mit der Fraktion der SPD und der Bundesregierung konzentrierten sich auf die Bereiche Rechtspolitik (16 Prozent), Arbeits- und Sozialpolitik (15 Prozent), Finanzen (13 Prozent) und Inneres (11 Prozent). Ft~r diese Themen stehen stellvertretend far die 14. Legislamrperiode des Bundestages die ersten beiden Stufen der Steuerreform 1999 und 2000 sowie der Einstieg in die tikologische Steuerreform, bei der die Steuem auf Energietr~iger wie Mineral61, HeizSl, Erdgas aber auch auf Strom angehoben wurden (Raschke 2001: 220ff.), des Weiteren das Aufleben des ,Btindnisses ftir Arbeit' und das Programm gegen Jugendarbeitslosigkeit, die Reform der Bundesanstalt far Arbeit, der Einsatz der Hartz-Kommission, die die Reformen des Arbeitsmarktes ausarbeiten sollte, und die Subvention von Niedriglohnjobs (Blancke, Schmid 2003" 220). Auf der Seite der Sozialpolitik stehen die Erh6hung des Kindergeldes, die Rticknahme des demographischen Faktors bei der Rentenberechnung sowie die Einfiahmng der ,,Riester-Rente" symbolisch far die T~itigkeit der Regierung (Schmidt 2003: 239ff.).
8.1 Parlamentarische Aktivit~iten der Kleinparteien im Bundestag Tabelle 12."
145
Thematische Schwerpunkte von Btindnis 90/Die Grtinen und der FDP in der 13. Legislamrperiode FDP
B90/Griine
Index*
Von der FDP stdirker betont Recht
14
5
307
Europa
2
1
303
Sonstiges
4
1
275
Wirtschaft
14
6
245
Finanzen
10
6
176
Bundestag
0
0
149
Em~hrung/Landwirtschaft
5
3
147
Arbeit/Soziales
11
9
121
Von beiden Fraktionen gleich betont Bau/Wohnung
2
2
109
Bundesl~inder
0
0
100
Post/Rundfunk
2
2
93
Von Bfindnis 90/Die Grfinen starker betont Umwelt
5
6
83
Inneres
10
13
77
Auswfirtiges
6
11
54
Verkehr
10
18
54
Bildung
3
5
53
Jugend/Familie
1
2
32
Verteidigung
2
6
31
Kemenergie
1
3
28
Frauen
0
1
15
Wirtschaftliche Zusammenarbeit
0
2
0
* Indexwert = Anteil des Themenvorkommens in den parlamentarischen Aktivit~ten der FDP/Anteil des Themenvorkommens der parlamentarischen Aktivit~ten von Btindnis 90/Die Grtinen * 100, andere Angaben in Prozent
Die FDP nutze den Gang in die Opposition zur eigenen Profilsch~irfung. Erstmals seit 1969 konnte sie wieder eigene Antr~ige ohne Abstimmung mit dem jeweiligen Koalitionspartner in den Bundestag einbringen und somit das verlorene thematische Profil nach aul3en hin wieder aufbauen. Dabei setzte die Partei besonders in den Bereichen der Finanzpolitik (16 Prozent), der Arbeits- und Sozialpolitik (11 Prozent) sowie der Wirtscha~spolitik (10 Pro-
146
Ergebnisse
zent) Akzente. Analysiert man die Themenagenda wiederum ohne die Kleinen Anfragen, wird eine Konzentration auf das Thema Finanzpolitik noch deutlicher. Knapp jede vierte Initiative (23 Prozent) wurde dann in diesem Politikfeld eingebracht. Tabelle 13."
Thematische Schwerpunkte von Btindnis 90/Die Grtinen und der FDP in der 14. Legislaturperiode FDP
B90/Griine
Repr~isentationsindex*
0
1
388
Europa
1
5
320
Frauen
0
1
194
Recht
8
16
189
Inneres
6
11
177
Arbeit/Soziales
11
15
128
Emfihrung/Landwirtschaft
5
5
109
Verkehr
8
8
93
Finanzen
16
13
85
Wirtschaft
10
8
80
Jugend/Familie
2
2
78
Umwelt
7
4
64
Auswartiges
7
4
62
Kernenergie
3
2
57
Bau/Wohnung
2
1
52
Bildung
4
2
47
Verteidigung
5
2
34
Sonstiges
3
1
27
Wirtschaftliche Zusammenarbeit
1
0
26
Von B~indnis 90/Die Grfinen stdirker betont Post/Rundfunk
Von beiden Fraktionen gleich betont
Von der FDP stdt'rker betont
* Indexwert = Anteil des Themenvorkommens in den parlamentarischen Aktivitfiten der Fraktion von Biandnis 90/ Die Griinen/Anteil des Themenvorkommens in den parlamentarischen Aktivitfiten der FDP * 100, andere Angaben in Prozent
8.1 Parlamentarische Aktivit~iten der Kleinparteien im Bundestag
147
Dass die FDP sich ein eigenst~indiges politisches Profil in der 14. Legislaturperiode mit ihren Antr~igen erarbeitet hat, zeigt sich auch in ihrer Abgrenzung zum langj~ihrigen Koalitionsparmer, den Unionsparteien. Die zentralen Themenbereiche der Unionsffaktion waren die Arbeits- und Sozialpolitik (20 Prozent) sowie die Finanzpolitik (11 Prozent). Intensiver als die Unionsfraktion setzte sich die FDP in ihren Antr~igen mit den Themen Verteidigung, Umwelt, Kernenergie, Finanzen, Bildung, Ausw~irtiges und Wirtschaft auseinander.
8.1.2.2
Thamenvielfalt: Wichtigste Themen im Vorfeld der Bundestagswahlen
Der zweite Indikator zur Messung der Themenvielfalt parlamentarischer Arbeit der Fraktionen von Kleinparteien ist die Verteilung hinsichtlich der ~ r die Bev61kerung wichtigsten Themen, die in repr~isentativen BevOlkemngsbefragungen des Instituts far Demoskopie Allensbach im Vorfeld der Bundestagswahlen 1998 und 2002 ermittelt wurden (Donsbach, Petersen 1999: 246; Donsbach, Jandura, Petersen 2005: 212). Diese Liste beinhaltet Themen, die zu diesen Zeiten in der Bev61kerung h6chste Priorit~iten hatten. Da sie haupts~ichlich innenpolitische Themen enthielt, wurden zum Beispiel die Aktivit~iten auf dem Sachgebiet Ausw~irtiges nicht mit codiert. Themen wie Verkehrspolitik oder Agrarpolitik z~ihlte die Bev61kerung ebenso zu den weniger wichtigen Themen. Daher fand nur der Teil aller codierten parlamentarischen Aktivit~iten in die Analyse Eingang, dessen Themen kompatibel zur Themenliste der Inhaltsanalyse der Medienberichterstattung und der Selbstdarstellungen der Partei waren. 93 Diese 13bereinstimmung traf auf 63 Prozent der Aktivit~iten in der 13. und ~ r 62 Prozent der Aktivit~iten in der 14. Legislaturperiode zu. 94 Basierend auf dieser Themenliste zeigt sich, dass die Themenschwerpunkte der Arbeit der Bundesregierung und der sie tragenden Mehrheitsparteien in der 13. Legislaturperiode bei den Sozialleistungen (21 Prozent), den Risikotechnologien wie Atomkrafl oder Gentechnik (19 Prozent), der Europ~iischen Integration (18 Prozent), hierbei im Besonderen dem Prozess der Osterweiterung, und bei der Inneren Sicherheit (16 Prozent) lagen. Jede zehnte Initiative sprach die Themen Arbeitsmarkt und Steuem an. Auf Seiten von Btindnis 90/Die Grfinen rangierte vor allem das Thema Risikotechnologien und hierbei speziell die Diskussion um das atomare Endlager in Gorleben, die Transporte von radioaktiven Material von Frankreich nach Deutschland und die Frage der Zukunftsf~ihigkeit der Kemenergie an oberster Stelle ihrer parlamentarischen Arbeit. Ein Drittel der erfassten Aktivit~iten setzte sich mit diesen Themen auseinander. Aber auch die Themen Bildung (14 Prozent), Innere Sicherheit (13 Prozent), Ausl~inder (12 Prozent) und Sozialleistungen (10 Prozent) z~ihlten far die Fraktion zu wichtigen Politikfeldern, was wiederum ~ r eine Etablierung der Grtinen auf den nicht grfinentypischen Politikfeldem spricht. Inwieweit sie sich mit der Schwerpunktsetzung auf diese Sachthemen von den anderen untersuchten Fraktionen im Parlament abheben, zeigt ein Vergleich der einzelnen Sachthemenagenden. Intensiver als die Regierung und die sie tragenden Fraktionen und 93 AIs nichtkompatibel erwiesen sich vor allem Aktivitfiten aus den Bereichen Auswfirtiges, Bundestag, Verkehrspolitik und Wirtschaftliche Zusammenarbeit. Eine Liste des Anteils der jeweils kompatiblen Themen ist im Anhang zu finden (Anhang, Tabeile 2: Kompatibilitfit der Themencodierung nach Kriterien Fachressort und ,,wichtigste Themen"). 94 In der 13. LP waren 46 Prozent der Initiativen der Koalition und 36 Prozent der Initiativen der Oppositionsparteien nicht kompatibel zur Themenliste. In der 14. LP betrug diese Quote 39 Prozent bei den Koalitionsfraktionen und 36 Prozent (FDP) bzw. 37 Prozent (Union) bei den Oppositionsfraktionen.
148
Ergebnisse
intensiver als die SPD-Fraktion setzten sich Btindnis 90/Die Grtinen mit den Themen Ausl~inderpolitik, Bundeswehr und Bildung auseinander. So lag der Anteil des Themas Ausl/~nderpolitik gegentiber der Regierung und Mehrheitsfraktionen um 8 Prozentpunkte und gegent~ber der SPD-Fraktion um 5 Prozentpunkte h6her. Beim Thema Bundeswehr waren es jeweils 5 Prozentpunkte und beim Thema Bildung 9 bzw. 2 Prozentpunkte. In geringerem Mage hingegen initiierten die Grtinen Aktivit~iten zu den Themen Sozialleistungen (-11 bzw. -10 Prozentpunkte) und Steuem (-4 bzw. -3 Prozentpunkte). Deutlich st/irker als die Regierung und die Mehrheitsfraktionen und gleich stark wie die SPD-Fraktion magen die Btindnisgrtinen dem Thema Risikotechnologien Bedeutung zu. Hier zeigt sich, dass ein typisches und in der 13. Legislaturperiode wichtiges Thema der Grtinen auch in der SPDFraktion groge Bedeutung hatte. Die SPD profilierte sich beim Thema Arbeitsmarkt, das sie mit Abstand zu allen anderen Fraktionen in den Mittelpunkt ihrer Arbeit stellte. Mit dem Thema Europ~iische Integration hingegen setzten sich Regiemng und Mehrheitsfraktionen weit st~irker als beide Oppositionsparteien auseinander. Bei den anderen erfassten Sachthemen gibt es keine erkennbaren Unterschiede in der Bedeumngszuweisung durch die untersuchten Akteure (Tabelle 14). Es zeigt sich, dass bei der Fraktion von Btindnis 90/Die Grtinen zwar das Thema Risikotechnologien das Wichtigste in der 13. Legislaturperiode war, dennoch hat die Fraktion im Vergleich mit anderen Akteuren im Bundestag ein Alleinstellungsmerkmal bei der Betonung der Themen Ausl~inderpolitik, Bildung und Bundeswehr. Weiterhin ist festzustellen, dass keine monothematische Ausrichtung der Fraktionsarbeit festzustellen ist. Der Vergleich hinsichtlich der Bedeutung der untersuchten Politikfelder zwischen den beteiligten Akteuren macht deutlich, dass die Btindnisgrtinen Schwerpunkte auf verschiedenen Politikfeldem gesetzt haben. Der Befund einer thematischen Weiterentwicklung von Btindnis 90/Die G~nen, den Kranenpohl in seinen Untersuchungen bis zur zw61ften Legislaturperiode feststellte (Kmnenpohl 1999:183), kann hiermit fflr die 13. Legislaturperiode best/~tigt werden. Die parlamentarischen Aktivit/~ten der rot-grfinen Bundesregierung sowie der Mehrheitsfraktionen SPD und Bimdnis 90/Die Grfinen im Bundestag waren in der 14. Legislaturperiode gepr~igt von den Themenbereichen Sozialleistungen (25 Prozent), Risikotechnologien (21 Prozent), Europ~iische Integration (14 Prozent), Steuem (12 Prozent) und Innere Sicherheit (12 Prozent). Die FDP setzte sich in der ersten Legislaturperiode auf der Oppositionsbank seit 1969 besonders mit den Themen Risikotechnologien (24 Prozent), Steuem (12 Prozent) und Sozialleistungen (12 Prozent) auseinander. Der hohe Anteil des eher FDPuntypischen Themas Risikotechnologie geht auf eine Vielzahl von Kleinen Anfragen im Zusammenhang mit den Unterthemenbereichen Zustand der Umwelt und Umweltschutz, Atomenergie und Lebensmittelsicherheit zu~ck, l ~ e r 80 Prozent der Initiativen in diesem Themenbereich resultieren aus Kleinen Anfragen. Ein Gesetzesentwurf, zwei Aktuelle Stunden und drei GroBe Anfi'agen wurden ebenso zu diesem Thema eingereicht.
149
8.1 Parlamentarische Aktivit~iten der Kleinparteien im Bundestag Tabelle 14." Relative Bedeutung von Politikfeldem in der 13. Legislaturperiode Abweichung von Regierung und Mehrheitsfraktionen Absolut (%Pkt.)
Relativ
Abweichung von der groBen Oppositionsfraktion SPD Absolut (%Pkt.)
Relativ
300
Themen mit besonderer Bedeutung fiir Bandnis 90~Die Granen Ausl~nderpolitik
8
300
8
Bildung
9
280
2
117
Bundeswehr
5
350
5
350
0
100
-5
58
174
0
100
Themen mit besonderer Bedeutungfiir SPD Arbeitsmarkt
Themen mit besonderer Bedeutung fi2r Opposition Risikotechnologien
14
Themen mit besonderer Bedeutungfar Regierung Innere Sicherheit
-3
81
6
186
Europfiische Integration
- 15
17
-1
75
Zustand Staat und Politik
-1
67
0
100
Zustand Gemeinwesen
0
100
-1
67
Wirtschaflliche Lage
-1
67
1
200
Euro
-2
33
-1
50
Themen mit gleicher Bedeutungszuweisung
Die Analyse der 6ffentlichkeitswirksamen Aktivit/~ten legt often, dass die FDP-Fraktion sich besonders intensiv mit ihren alten Kemthemen Steuem (24 Prozent), Arbeitsmarkt (15 Prozent) und Innere Sicherheit (15 Prozent) auseinandersetzte. So reichte die FDP-Fraktion in der 14. Legislaturperiode sechs Gesetzesentw~rfe zum Thema Steuem ein und beantragte sieben Aktuelle Stunden, wobei die Kritik an der 6kologischen Steuerreform der rot-gr0nen Bundesregierung im Mittelpunkt stand. Beim Thema Arbeitsmarkt sprach die FDP-Fraktion besonders h~iufig MaBnahmen zur Bek~impfung der Arbeitslosigkeit an und beim Thema Innere Sicherheit setzte sie Akzente beim Schutz der BOrger vor Verbrechen. Das Spezifische in der parlamentarischen Arbeit der FDP erschlieBt sich wiederum nur durch einen Vergleich mit den Schwerpunkten der Regierung und der sie tragenden Mehrheitsfraktionen sowie mit der zweiten Oppositionsfraktion, der Union. St~irker als die erw~ihnten Referenzakteure wurde yon der FDP das Thema Risikotechnologien im Laufe der 14. Legislaturperiode angesprochen. Hier findet sich ein l'.)berhang yon drei Prozentpunkten gegenOber der Koalition und sieben Prozentpunkten gegenOber der Unionsfraktion. Wesentlich geringer setzte sie sich dagegen mit den Themen Innere Sicherheit und Sozialleistungen auseinander, die sowohl yon der Unionsfraktion als auch yon der Koalition gleich
150
Ergebnisse
intensiv behandelt wurden. Beide Oppositionsfraktionen wendeten sich den Themen Arbeitsmarkt und Wirtschaftliche Lage in den parlamentarischen Aktivit/iten st/arker zu als die Regierung, die ihrerseits die Themen Euro und Europ/aische Integration st~irker ansprach. Die gleiche Bedeutung maBen FDP-Fraktion, Unionsfraktion sowie die die Regierung tragenden Fraktionen den Themen Steuem, Bundeswehr, Sozialer Zustand des Gemeinwesens und Zustand von Staat und Politik zu (Tabelle 15).
Tabelle 15." Relative Bedeutung von Politikfeldern in der 14. Legislaturperiode A b w e i c h u n g von R e g i e r u n g und Mehrheitsfraktionen
Absolut (%Pkt.)
A b w e i c h u n g von der groBen Oppositionsfraktion
Relativ
Absolut (%Pkt.)
Relativ
114
7
141
Themen mit besonderer Bedeutungfiir die FDP Risikotechnologie
3
Themen mit besonderer Bedeutungfiir Regierung und Union Innere Sicherheit
-5
58
-5
58
Sozialleistungen
- 13
48
- 11
52
Themen mit besonderer Bedeutung far Opposition Arbeitsmarkt
2
133
-1
89
Wirtschafiliche Lage
2
300
-1
75
Themen mit besonderer Bedeutungffir Regierung Europ~ische integration
-7
50
2
140
Euro
-5
17
0
100
Zustand Staat und Politik
-1
75
-1
75
Zustand Gemeinwesen
-1
0
-2
0
Bundeswehr
1
125
1
125
Steuem
0
100
0
100
Themen mit gleicher Bedeutungszuweisung
................
8.1.3
Zusammenfassung
Ziel dieses Kapitels war es, die parlamentarischen Aktivit~iten der Fraktionen der Kleinparteien zu untersuchen und Gemeinsamkeiten sowie Unterschiede im Vergleich zu den Fraktionen der GroBparteien aber auch im Vergleich zur jeweils anderen Kleinpartei herauszuarbeiten. Als Untersuchungszeitraum wurde ftir die Darstellung der Aktivit~iten der Fraktionen der Kleinparteien die gesamte 13. und 14. Legislaturperiode gew~ihlt. Dadurch ist gew~ihrleistet, dass die Ergebnisse die gesamte parlamentarische Arbeit der Fraktionen der Kleinparteien widerspiegeln und nicht nur deren Arbeit zu bestimmten Zeiten (z.B. im
8.1 Parlamentarische Aktivit~iten der Kleinparteien im Bundestag
151
Wahlkampf) abbilden. Femer wurden die parlamentarischen Aktivit~iten auf der Basis zweier Themenindikatoren tiberpraft, um eventuell auftretende Verzerrungen aufgrund des Abdeckungsfehlers bei der Erfassung der Themen tiber die Themenliste auszuschlieBen. Somit wurden die Befunde der Erfassung der Themen tiber die Themenliste von NoelleNeumann, Kepplinger und Donsbach (1999) durch die Verwendung der Operationalisierung von Kranenpohl (1999: 67) extern validiert. 95 Die Befunde lassen sich wie folgt zusammenfassen: (1) Die Fraktionen der Kleinparteien stehen denen der GroBparteien in der Bandbreite des Einsatzes der parlamentarischen Aktivit~iten nicht nach. Betrachtet man jedoch den Einsatz von GroBen Anfragen in der 13. und 14. Legislaturperiode, so ist anzumerken, dass die oppositionellen GroBparteien sie h~iufiger einsetzten als die Kleinparteien. Bei allen anderen untersuchten Aktivit~iten ist keine Kluft zwischen Klein- und GroBparteien ersichtlich. (2) Btindnis 90/Die Grtinen sind aktiver im Bundestag als die FDP-Fraktion. Ein Vergleich beider Fraktionen zeigt, dass sich die Fraktion von Btindnis 90/Die Grfinen in der Anzahl der von ihnen initiierten parlamentarischen Aktivit~iten weit vonder FDP aber auch von den Fraktionen der Grol3parteien abheben. Besonders charakteristisch ~ r die Grfinen ist dabei die starke Konzentration auf die Kleinen Anffagen, die in Oppositionszeiten tiber 70 Prozent aller untersuchten Drucksachen der Fraktion ausmachten. Diese Dominanz l~isst zwar die relativen Werte der Bedeutung der anderen Aktivit~iten sinken, doch bei der Analyse der absoluten Fallzahlen der Initiativen zeigt sich, dass die Grtinen in allen untersuchten Aktivit~iten die Werte, die ftir die oppositionelle FDP in der 14. Legislaturperiode festgestellt wurden, tibertreffen. (3) Im Vergleich zur zehnten und elften Legislaturperiode ist eine Ver~inderung im parlamentarischen Verst~dnis der Grtinen festzustellen. Die Fraktion tibte in der 13. Legislaturperiode eine konstruktivere Oppositionspolitik aus. Sie brachte mehr Gesetzesentwfirfe ein und drosselte ihre Antr~ige auf die Abhaltung Aktueller Stunden und GroBer Anfragen. Der starke Gebrauch der Kleinen Anfragen als parlamentarisches Instrument blieb davon unbertihrt. (4) Die parlamentarische Arbeit der Kleinparteien im Bundestag ist auch thematisch breit gef~ichert. In der 13. Legislaturperiode setzten sich die Grtinen nur mit einem Thema (Innere Sicherheit) weniger intensiv auseinander als die Koalition und die oppositionelle SPD. Bei der FDP war dies in der 14. Legislaturperiode neben der Inneren Sicherheit noch beim Thema Sozialleistungen der Fall. (5) Kleinparteien profilieren sich thematisch. Im Vergleich zur Koalition und zur zweiten Oppositionspartei behandelten Btindnis 90/Die Grfinen in der 13. Legislaturperiode die Themen Ausl~inderpolitik, Bildung und Bundeswehr intensiver. Die FDP setzte sich mit dem Thema Risikotechnologien am st~irksten auseinander. (6) In der Rolle als Juniorpartner in einer Koalition sind Kleinparteien aufgrund der Konvention des gemeinsamen Einbringens parlamentarischer Vorg~ge stark an den groBen Koalitionsparmer gebunden, was zu einem Verwischen des eigenen politischen Profils fiahren kann. So reichte die FDP zwischen 1969 und 1994 als kleine Koalitionspartei nur 23 95Der Vergleich beider Indikatoren, die fiir die Erfassung der thematischen Breite der parlamentarischenAktivit~iten der Fraktionen der Kleinparteien herangezogenwurden, zeigt, dass auf der Basis beider Indikatoren den Fraktionen der Kleinparteien eine breite inhaltlicheAusrichtungattestiert werden kann.
152
Ergebnisse
eigenst~indige Vorlagen ein. Alle anderen parlamentarischen Aktivit~iten wurden gemeinsam von den jeweiligen Koalitionsfraktionen initiiert (Kranenpohl 1999: 132). Diese Tradition wurde auch unter der rot-grtinen Koalition in der 14. Legislamrperiode fortgesetzt. Die vorliegenden Ergebnisse zeigen, dass die Fraktionen der Kleinparteien sowohl hinsichtlich der Quantitat als auch der Qualitat ihrer parlamentarischen Aktivit~iten in Regierungs- und Oppositionsrolle aktive Teilnehmer am politischen Prozess sind. Kleinparteien sind in ihrer Arbeit keineswegs auf einen Schwerpunkt hin ausgerichtet, sondem bedienen sich eines ~ihnlich breiten Themenspektrums wie die Grol3parteien. Eine thematische Verkt~zung in der Medienberichterstattung aufgrund einer schmaleren parlamentarischen Agenda als die der Grol3parteien kann somit ausgeschlossen werden.
8.2 Die Selbstdarstellung der Kleinparteien Neben den Aktivit~iten der Kleinparteien im Bundestag z~ihlt auch deren Offentlichkeitsarbeit zu m6glichen Ursachen ihres Medienbildes. Als Indikator far die (3ffentlichkeitsarbeit der Parteien wurden deren Pressemitteilungen herangezogen. Diese bilden zwar nur einen Ausschnitt der Aktivit~iten der Parteien ab, doch kOnnen sie als offizielle Verlautbarungen der Parteien angesehen werden (Donsbach, Jandura 2005a: 48f.). Ftir diese Untersuchung interessierten die Themen, die in den Pressemitteilungen im Vorfeld beider untersuchter Wahlk~impfe angesprochen wurden, sowie die rhetorischen Stilmittel der Pressemitteilungen, die die Art und Weise der Kommunikation der Themen erfassen sollen. Die Auswertung beruht auf 1.530 inhaltlichen Pressemitteilungen, die in beiden Bundestagswahlk~impfen von den Unionsparteien, der SPD, Btindnis 90/Die Grfinen und der FDP herausgegeben wurden.
8.2.1
Themen der Pressemitteilungen
Die erfassten Themen lassen sich generell in die Themenbereiche ,policy" und ,politics' differenzieren, die gleichzeitig Gegenstandsbereiche der Politik sind (Patzelt 1993: 22f.). Zu der Gruppe der ,policy'-Themen z~ihlen alle politischen Sachthemen, tiber die im Vorfeld der Bundestagswahlen berichtet wurde. Dies kann zum Beispiel die Arbeitsmarktsituation, das Steuersystem, die Bildungspolitik oder die wirtschaftliche Lage sein. Die Liste der hier erfassten Sachthemen entspricht der Themenliste, die schon bei der Erfassung der Themen der parlamentarischen Aktivit~iten zum Einsatz kam. Insgesamt wurden im Vorfeld der Bundestagswahl 1998 16 und im Vorfeld der Wahl 2002 aufgrund der ver~inderten politischen Ereignislage 18 verschiedene Sachthemen erfasst. 96 Ungeachtet ihrer Stellung als Regierungs- oder Oppositionspartei konzentrierten sich die Kleinparteien in beiden Bundestagswahlk~impfen in ihrer Pressearbeit st~irker auf Sachals auf Wahlkampfthemen. In jeweils drei von vier Pressemitteilungen der FDP im Vorfeld der beiden Bundestagswahlen wurden Sachthemen angesprochen. Bei Btindnis 90/Die Grtinen lag dieser Wert bei 79 Prozent (1998) bzw. 63 Prozent (2002). Ftir Union und SPD ist die Dominanz der Sachthemen gegentiber den Wahlkampfthemen nur in den Pressemitteilungen im Bundestagswahlkampf 2002 nachzuweisen. In drei Viertel (Unionsparteien) 96 Themenliste siehe Anhang S.295ff.
8.2 Die Selbstdarstellung der Kleinparteien
153
bzw. zwei Drittel (SPD) der Selbstdarstellungen wurden Sachthemen angesprochen, in nur 31 Prozent (Union) bzw. 51 Prozent (SPD) wurde der Wahlkampf als solcher als thematisiert. 97 In den Pressemitteilungen vor der Bundestagswahl 1998 stand hingegen das Thema Wahlkampf st~irker im Fokus der Pressearbeit. So wurden in 78 Prozent der Pressemitteilungen der Unionsparteien und in zwei Drittel derer der SPD Kandidaten, Parteien oder der Wahlkampf selbst thematisiert, in 67 Prozent bzw. 63 Prozent hingegen kamen Sachthemen vor. Ober beide Wahlk~impfe hinweg zeigt sich, dass die Pressemitteilungen der FDP im Vorfeld der Bundestagswahl 2002 die grtiBte Sachthemenorientierung aufwiesen. Die Differenz zwischen dem Anteil der ,policy'- und der ,politics'-Themen betr~igt 61 Prozentpunkte, anders ausgedrtickt kamen auf ein Wahlkampfthema in den Pressemitteilungen der FDP vier Sachthemen. Es folgt die Pressearbeit der Unionsparteien 2002 mit einer Differenz von 44 Prozentpunkten, an dritter Stelle die von BOndnis 90/Die Grtinen im Vorfeld der Bundestagswahl 1998 mit einem Unterschied von 31 Prozentpunkten (Tabelle 16). Diese Aufz~ihlung macht deutlich, dass sich gerade die Oppositionsparteien um eine an Sachthemen orientierte Pressearbeit bemtiht haben. Tabelle 16." Anteil von ,politics'- & ,policy'-Themen in den Pressemitteilungen Selbstdarstellungen im Vorfeld der
Selbstdarstellungen im Vorfeld der
Bundestagswahl 1998
Bundestagswahl 2002
,policy'Themen
,politics'Themen
Differenz
,policy'Themen
,politics'Themen
Differenz
FDP
73
54
19
79
18
61
B90/Die Gr~nen
79
48
31
63
41
22
Union
67
78
-11
75
31
44
SPD
63
65
-2
68
51
17
Durchschnitt
71
61
10
71
35
36
P rozent bzw. Prozentpunkte, Fallzahlen zwischen 82 und 481 Pressemitteilungen
Ein Blick auf die Themenagenden der Kleinparteien innerhalb der Sachthemendimension zeigt, dass die thematischen Schwerpunkte der Pressemitteilungen von Btindnis'90/Die GrOnen im Vorfeld der Wahl 1998 auf den Themen Arbeitsmarkt und Steuem lagen. Diese Themen wurden in 34 bzw. 31 Prozent der Pressemitteilungen der Partei angesprochen. Die Dominanz dieser beiden Themen wird deutlich, wenn man sich den Abstand zum drittwichtigsten Sachthema, dem Thema Ausl~inderpolitik, vor Augen h~ilt, das in nur 9 Prozent der Pressemitteilungen angesprochen wurde und hinter dem die Bemtihungen der Partei um eine Reformierung des Staatsangeh6rigkeitsrechts stehen. Mit je 8 Prozent folgten die Themen Sozialabgaben und Risikotechnologien. Alle anderen erfassten Themen erreichten nur Anteile von 5 Prozent oder weniger. Weder die FDP noch die beiden GroBparteien konzentrierten sich in dieser Intensit~it auf nur zwei Sachthemen. So stellten die Unionspar97 Es konnten bis zu drei Themen pro Pressemitteilung codiert werden.
154
Ergebnisse
teien zwar das Thema Arbeitsmarkt ~ihnlich prominent wie die Grtinen in ihren Pressemitteilungen dar, doch wurde dieses Thema in die Themen Steuern und wirtschaftliche Lage eingebettet, die ebenfalls Anteilswerte von tiber 20 Prozent auf sich vereinigen konnten. Ein weiteres Spezifikum der Pressearbeit der Grtinen im Vergleich zu anderen Parteien ist die st~irkere Betonung des Themas Risikotechnologien. W~ihrend jede zwtilfte ihrer Pressemitteilung zu diesem Thema Stellung nahm, betrug der Themenanteil bei den anderen Parteien zwischen zwei und drei Prozent (Tabelle 17). Tabelle 17."
Vergleich der Betonung verschiedener Sachthemen im Vorfeld der Bundestagswahl 1998 Anteil des Themas in den Pressemitteilungen B90/Griine
SPD
Union
FDP
Arbeitsmarkt
34
24
32
20
Steuem
31
14
23
23
Ausl~inder/Asylanten
9
0
2
10
Sozialabgaben
8
7
7
10
Risikotechnologien
8
3
3
2
Zustand Staat und Politik
5
6
4
2
Innere Sicherheit
4
1
9
11
Bundeswehr
4
1
1
2
Zustand Gemeinwesen
4
5
0
0
Staatsverschuldung
3
2
2
0
Bildung
2
7
3
12
Wirtschaflliche Lage
1
4
21
1
Europfiische W~ihrungsunion
1
3
4
5
Europaische Integration
0
7
3
7
Sonstiges
12
15
15
14
Dass die Pressearbeit der FDP thematisch breiter gef~ichert ist, verdeutlicht die Tatsache, dass vier weitere Sachthemen hiiufiger als in jeder zehnten Pressemitteilung angesprochen wurden. Dies sind die Themen Bildung (12 Prozent), Innere Sicherheit (11 Prozent), Sozialabgaben und Ausliinderpolitik (je 10 Prozent). Vergleicht man die Themenagenden beider Koalitionsparteien, so tritt eine thematische Profiliemng der FDP in ihrer Pressearbeit gegentiber der Union, zu Tage, was sie als kleine Koalitionspartei im Bundestag- aufgrund des gemeinsamen Einreichens von parlamentarischen Initiativen- nicht konnte. So betonten die Liberalen die Themen Ausl/inderpolitik, Bildung, Europiiische Integration und Sozialabgaben in ihren Pressemitteilungen st~irker als ihr Koalitionspartner, der wiederum im Vergleich zur FDP die Themen Arbeitsmarkt und wirtschaftliche Lage st/arker in das Zentrum seiner Pressemitteilungen rtickte. So schlossen in den Pressemitteilungen der FDP die Themen Ausl/anderpolitik und Bildung in die zweite Reihe auf, die bei den Unionsparteien
8.2 Die Selbstdarstellung der Kleinparteien
155
eher randst~indige Bedeutung hatten. Die Pressemitteilungen von CDU und CSU waren eindeutig auf die Themen zugeschnitten, die direkt for die tikonomische Entwicklung des Landes von Bedeutung waren. 98 Auch die Analyse der Pressemitteilungen, die im Vorfeld der Bundestagswahl 2002 ver6ffentlicht wurden, zeigt, dass die Kleinparteien in ihrer Pressearbeit nicht monothematisch arbeiteten: Die Pressemitteilungen der FDP besch~iftigten sich vorrangig mit dem Arbeitsmarkt (19 Prozent), der Steuer- und Finanzpolitik (15 Prozent) sowie der wirtschaftlichen Lage (12 Prozent). Bei BOndnis 90/Die Grtinen standen bei den Sachthemen die Themen Risikotechnologien (11 Prozent) und Ausl~inder (11 Prozent) im Mittelpunkt. Auch weisen die Pressemitteilungen der Kleinparteien gewisse Speziflka in ihrer Themenvielfalt auf. Im Vergleich zu den Themenagenden von Union und SPD konzentrierte sich die FDP 0berdurchschnittlich stark auf die Themen RisLkotechnologien, Antisemitismus, die Finanzl~ise, den Zustand von Staat und Politik und die Steuem. Dafiir ~iuBerten sie sich weit weniger zu den Sozialleistungen, der wirtschaftlichen Lage und dem Parteispendenskandal der SPD. In den Pressemitteilungen der Btindnisgrtinen wurden die Themen Risikotechnologien, Ausl~inderpolitik und Innere Sicherheit st~irker betont als bei den GroBparteien. Hingegen fanden die Themen Bildung, wirtschaftliche Lage, Arbeitsmarkt und Sozialleistungen bei den GroBparteien st~irkere Beachtung. Um die Analyse der Themenstruktur in den Pressemitteilungen der Parteien abzuschlieBen, steht ein letzter Vergleich mit der Themenvielfalt in den parlamentarischen Aktivit~iten der Fraktionen der Bundestagsparteien an: Um die Themenvielfalt in den parlamentarischen Aktivit~iten und der Pressemitteilungen der Kleinparteien zu berechnen, wurde jeweils der Quotient aus der Anzahl der angesprochenen Themen an allen Sachthemen ermittelt. Dabei kann der Quotient die Minimalauspr~igung von 0 annehmen, wenn keines der erfassten Sachthemen angesprochen wurde und den Maximalwert von 1, wenn alle erfassten Sachthemen angesprochen wurden. Je n~iher der Wert dem Wert von 1 ist, desto vielf'~iltiger ist das Themenspektrum der parlamentarischen Aktivit~iten und der Pressemitteilungen der Kleinparteien einzusch~itzen. Die Berechnungen zeigen, dass das Themenspektrum der Pressemitteilungen der Kleinparteien im Jahr 1998 gleich vielf~iltig dem Themenspektrum der parlamentarischen Aktivit~iten war. Im Falle der FDP wurden 86 Prozent aller untersuchten Themen in beiden Agenden angesprochen, im Falle der Gr0nen waren es gar 93 Prozent. Im Bundestagswahlkampf 2002 war das Themenspektrum der Kleinparteien in den Pressemitteilungen gar vielf~iltiger als in den parlamentarischen Aktivit~iten. In den Pressemitteilungen der FDP wurden 94 Prozent der Themen angesprochen, in den parlamentarischen Aktivit~iten waren es nur 75 Prozent. FOr die BOndnisgr0nen sind Werte von 75 Prozent far die Pressemitteilungen und 71 Prozent for die parlamentarischen Aktivit~iten festzustellen. Diese Befunde zeigen deutlich auf, dass sich die Kleinparteien in ihren Pressemitteilungen nicht selbst thematisch verktirzen, sondem ein breites thematisches Profil anbieten (Abbildung 8).
vgl. Anhang, Tabelle 3: Themenprofil der sachpolitischen Pressemitteilungen von Union und FDP im Vergleich 1998
98
156
Ergebnisse
Abbildung 8:
8.2.2
Themenvielfalt von Pressemitteilungen und parlamentarischen Aktivit~iten
Kommunikationsstil der Pressemitteilungen
Der zweite Schwerpunkt zur Untersuchung der Selbstdarstellung von Parteien liegt auf der Erfassung der Art und Weise, in der die Parteien ihre Themen kommuniziert haben. Auf den ersten Blick ist es wenig tiberraschend, dass in den Pressemitteilungen die Parteien ihre eigene Politik positiv herausstellen, w~ihrend sie den politischen Gegner kritisieren. Schlief31ich besteht eine zentrale Aufgabe der Parteien-PR darin, Imagebildung zu betreiben und die eigene Partei gegentiber den anderen Parteien positiv zu positionieren. Analysiert man nun die Darstellung der Parteien in ihren Pressemitteilungen, so konnte beobachtet werden, dass alle Parteien das politisch gegnerische Lager stark negativ darstellten. Die Valenzen der Berichterstattung fiber FDP und Unionsparteien in den Pressemitteilungen von Btindnis 90/Die Grtinen waren sowohl 1998 als auch 2002 extrem negativ. Der Saldo aus dem Anteil positiver und dem Anteil negativer Valenzen lag Rir diese Parteien zwischen-92 und- 100 Prozentpunkten. 99 Gleiches gilt Rir die Bewertung von SPD und Bthndnis 90/Die Grtinen in Pressemitteilungen der FDP im Vorfeld der Wahl 1998. Hinsichtlich der Darstellung der jeweiligen GroBpartei im eigenen politischen Lager muss unterschieden werden, ob die Partei schon mit dieser koaliert oder ob eine Koalition erst nach der Wahl beabsichtigt ist. Im Falle einer bereits bestehenden Regierungskoalition wird 99 Ftir die Anwendung eines Saldos des Anteils positiver und negativer Valenzen der Darstellung der Parteien in den Pressemitteilungen spricht, dass dieser- im Gegensatzzum Mittelwert- das AusmaBan Beitrtigen mit positiven bzw. negativenValenzen deutlich macht (Kepplinger, Maurer2001: 168).
8.2 Die Selbstdarstellung der Kleinparteien
157
tiber den Koalitionspartner positiv berichtet. Dies zeigen die Analysen der Pressemitteilungender FDP, in denen im Jahr 1998 fi~r Unionsparteien einen Saldo von +22 Prozentpunkten nachgewiesen werden konnte. Far die SPD wurde in den Pressemitteilungen von Btindnis 90/Die GrOnen im Jahr 2002 ein Valenzsaldo von +72 Prozent festgestellt. Im Falle einer beabsichtigten Koalition hingegen werden die Selbstdarstellung sehr deutlich zur eigenen Profilsch~irfung und Abgrenzung von allen anderen politischen Akteuren benutzt. Obwohl Btindnis 90/Die Grtinen 1998 beabsichtigte, bei einem Wahlerfolg mit der SPD zu koalieren (Bergmann 2002:188), wurde die SPD in gut zwei Dritteln der wertenden Darstellungen in den Pressemitteilungen der Grfinen negativ und nur in knapp einem Viertel positiv dargestellt. Auch ~ r die FDP, die sich im Vorfeld der Wahl 2002 die Koalitionsoption often hielt (Vorl~inder 2002:102f.), kann dies best~itigt werden. Der Saldo zwischen positiv und negativ wertenden Darstellungen lag ~ r die Unionsparteien bei -78 Prozentpunkten und fiir die SPD bei-92 Prozentpunkten (Abbildung 9).
Abbildung 9:
Kritik am politischen Gegner in den Pressemitteilungen
)~mliche Befunde lassen sich fi.ir die Darstellung der Spitzenpolitiker zeigen. So waren die Spitzenpolitiker von FDP und Btindnis 90/Die GrOnen nicht die meist erw~ihnten Politiker in den Pressemitteilungen ihrer Parteien. Vielmehr konzentrierte sich die Pressearbeit der Kleinparteien auf die Kanzlerkandidaten Kohl, Stoiber und Schr~der. In den Pressemitteilungen der FDP war in beiden Wahlk~impfen Gerhard Schr6der der am h~iufigsten angesprochene Politiker. In gut jeder ~nften Pressemitteilung (27 Prozent) im Vorfeld der Wahl 1998 und in jeder siebenten (15 Prozent) im Vorfeld der Wahl 2002 war der Kandidat der SPD pr~isent. Die Valenz far SchrOder war gleichsam negativ. Der Saldo aus dem Anteil positiver und negativer Bewerttmgen betrug-91 bzw.-87 Prozentpunkte. Bei Btindnis
158
Ergebnisse
9 0 ~ i e Grtinen waren die Kanzlerkandidaten der Union die meist angesprochenen Spitzenpolitiker. Helmut Kohl kam 1998 in gut jeder ~nften, Edmund Stoiber im darauf folgenden Bundestagswahlkampf in gut jeder siebenten (15 Prozent) Pressemitteilung der Grtinen vor. Wie in den Pressemitteilungen der FDP wurden die Spitzenpolitiker des gegnerischen politischen Lagers in einem sehr schlechten Licht dargestellt. Der Anteil der negativen Valenzen tiberwog den der positiven um 93 (Kohl) bzw. 100 Prozentpunkte (Stoiber). Die gleichen Befunde lassen sich ffir die Pressemitteilungen der GroBparteien aufzeigen (Donsbach, Jandura 2005a: 62f.) In der Darstellung der eigenen Spitzenpolitiker unterscheiden sich die beiden Kleinparteien erheblich. W~ihrend bei der FDP die Parteivorsitzenden Gerhardt und Westerwelle in 16 Prozent bzw. 14 Prozent der Pressemitteilungen vorkamen, blieben die Grtinen ihrem Grundsatz treu, Politik nicht zu personalisieren, sondem auf Sachthemen und nicht auf K6pfe zu setzen (Kleinert 1992: 14ff.). Im Bundestagswahlkampf 1998 wurde Joschka Fischer in keiner der Pressemitteilungen seiner Partei erw~ihnt~~176 im Wahlkampf 2002 immer hin schon in sieben Prozent, was angesichts des ersten Wahlkampfes der Grtinen, der auf die Person Joschka Fischer zugeschnitten war, wenig ist (SteRner 2003). Unterschiede in der Gestaltung der Pressemitteilungen zwischen Klein- und Grol3parteien fanden sich auch hinsichtlich der Berticksichtigung anderer Parteien in den eigenen Pressemitteilungen. So legten Btindnis 90/Die GrOnen in beiden Wahlk~impfen den geringsten Wert auf die alleinige Darstellung der eigenen Ziele. In nur 15 Prozent (1998) bzw. 8 Prozent (2002) ihrer Selbstdarstellungen kam keine andere Partei vor. Die Strategie der FDP wandelte sich diesbeziJglich zwischen 1998 und 2002. Wahrend 1998 die Partei nur in gut jeder zehnten Pressemitteilung als alleiniger Akteur auftrat, war es 2002 schon jede Dritte (32 Prozent). Ftir die GroBparteien konnten in beiden Wahlk~impfen Werte zwischen 20 Prozent und 33 Prozent festgestellt werden. Bezieht man die Position der Parteien im politischen System in die Analyse mit ein, ist festzustellen, dass die kleinen Koalitionsparteien andere Parteien in ihren Pressemitteilungen h~iufiger erw~ihnen und die eigene Programmatik weniger exklusiv darlegen als die GroB- oder Kleinparteien in der Opposition. Dabei wird tiberwiegend der groBe Koalitionspartner in den Pressemitteilungen berticksichtigt. So erw~ihnte die FDP in 81 Prozent ihrer Pressemitteilungen im Vorfeld der Wahl 1998 die Unionsparteien und Btindnis 90/Die Gr~nen 2002 in 90 Prozent die SPD. Hier zeigt sich, dass die gemeinsame Arbeit im Parlament auch ihren Niederschlag in der Offentlichkeitsarbeit fmdet. Oppositionelle Kleinparteien hingegen berOcksichtigen in ihren Pressemitteilungen ihre potentiellen Koalitionspartner in geringerem Umfang. So kam die SPD in zwei Dritteln der Pressemitteilungen von Biandnis 90/Die GrOnen im Vorfeld der Wahl 1998 und in 45 Prozent der Pressemitteilungen der FDP im Jahr 2002 vor. Die Unionsparteien wurden 2002 in knapp jeder zweiten (47 Prozent) FDP-Pressemitteilung erw~mt. Aus der Kombination der Indikatoren Bewertung und Vorkommen anderer Parteien wird deutlich, dass oppositionelle Kleinparteien mit ihren Pressemitteilungen gegentiber den Regierungsparteien, aber auch gegentiber den Oppositionsparteien ihr Profil st~irken, w~ihrend kleine Koalitionsparteien sich in ihrer Pressearbeit verst~irkt auf den grol3en Koaliloo Neben der offiziellen Wahlkampagne der Grtinen gab es jedoch eine pers0nliche Wahlkampagne Joschka Fischers, die yon seinem engen politischen Umfeld organisiert wurde. Ihre Schwerpunkte lagen auf der Politikvermittlung durch neue Medien und auf einer Bustour durch die Republik (Bergmann 2002:186).
8.2 Die Selbstdarstellung der Kleinparteien
159
tionsparmer bzw. die Arbeit der von ihnen mit getragenen Bundesregierung beziehen. S ie formulieren ihre Pressemitteilungen weniger stark aus der Position der Programmpartei als vielmehr aus der Position der Funktionspartei heraus, um die Rolle als Koalitionsparmer zu betonen. Neben der Darstellung der Themen einer Partei ist ein weiteres Ziel der politischen Offentlichkeitsarbeit die Vermittlung eines positiven Images (Kepplinger, Maurer 2004:116). Es kann aufgrund der Herausstellung der eigenen Leistungen (,,Wir sind besser als die anderen") oder durch die Diskreditierung des politischen Gegners (,,Die anderen sind schlecht") vermittelt werden. Empirische Analysen der Wahlwerbung und der politischen Offentlichkeitsarbeit der letzten Jahre haben gezeigt, dass gerade die Strategie des Diskreditierens im Aufwind ist. Der Anteil dieses ,negative campaigning' nimmt nicht nur in Deutschland zu, sondern ist tiberall dort nachzuweisen, wo amerikanische Wahlkampfpraktiken tibemommen werden (Plasser 2003; Jamieson 1993; Holtz-Bacha 2000). Derartige Tendenzen sind auch in der Pressearbeit der Kleinparteien far die Bundestagswahlk~impfe 1998 und 2002 nachweisbar. So wurde ermittelt, ob in den Pressemitteilungen der Parteien st~irker ihre eigenen Ziele und Vorhaben oder die Kritik an den Vorhaben und L6sungsvorschl~igen anderer Parteien in den Mittelpunkt gestellt wurden. ~~ Die Analyse zeigt, dass der Grad der Destruktivit~it der Pressemitteilungen im Vorfeld der Wahl 1998 zwischen den Parteien keine merklichen Unterschiede aufweist. Jede zweite Pressemitteilung sowohl der Kleinparteien als auch der Grogparteien war aus der Perspektive der Kritik an den L6sungsvorschl~igen des politischen Gegners verfasst. Vier Jahre sp~iter zur Wahl 2002 l~isst sich ein deutlicher Unterschied zwischen Regierungs- und Oppositionsparteien feststellen. W~ihrend bei SPD und Btindnis 90/Die Grtinen wiederum nur jede zweite Pressemitteilung Kritik am politischen Gegner enthNt, ist dies bei FDP und Unionsparteien schon in zwei Dritteln der Pressemitteilungen der Fall (Abbildung 10). Die Zunahme der destruktiven Argumentation in den Pressemitteilungen l~isst sich zweckrational fiber deren gr613ere Chance, in die Medienberichterstattung einzugehen, begrianden. Kepplinger und Maurer (2004: 123) stellten in ihrer Input-Output-Analyse der Pressemitteilungen und der Medienberichterstattung zum Thema Wirtschaft fest, dass Pressemitteilungen, die lediglich die Konzepte einer Partei darstellen, seltener selektiert werden. Hingegen waren destruktiv argumentierende Pressemitteilungen hinsichtlich einer 15bernahme in die Medienberichterstattung am erfolgreichsten. Vor dem Hintergrund der steigenden Politikverdrossenheit durch eine Darstellung von Politik als Konflikt zwischen den Parteien (Capella, Jamieson 1997) f'6rdem jedoch die Parteien dadurch die Entfremdung der BevOlkemng vom politischen System.
~o~ Auszug aus dem Codebuch: Es geht darum, ob das politische Vorhaben einer Partei oder eines Kandidaten im Mittelpunkt steht, oder die Kritik des politischen Gegners (anderes politisches Lager) an einem solchen Vorhaben. Kommt keine Partei oder kein Kandidat vor, so wird 9 codiert. 9 wird auch codiert, wenn eine Partei oder ein Kandidat aus den eigenen Reihen kritisiert wird oder von gesellschafllichen Akteuren (Kirchen, Gewerkschaften). Entscheidend ist, welche politischen Aktionen dargestellt werden, und nicht das, was der Journalist im Beitrag kritisiert. Konstruktivit~it: In dem Beitrag geht es vorrangig um die Ziele einer Partei oder eines Kandidaten aus deren Sicht. Destruktivit~it: In dem Beitrag geht es vorrangig um die Kritik eines Kandidaten oder einer Partei bzw. eines Parteimitglieds an einem anderen Kandidaten oder einer Partei. Auf einer ftinfpoligen Skala wurde der Grad der Konstruktivit~it der Pressemitteilungen erfasst. Der iibersichtlicheren Darstellung wegen, wurden die Extrempunkte der Variablen far die Datenauswertung zusammengefasst.
160
Ergebnisse
Abbildung 10." Destmktivit~it der Argumentation in den Pressemitteilungen
8. 2.3
Zusammenfassung
Ziel dieses Kapitels war es die Selbstdarstellungen der Kleinparteien hinsichtlich ihrer Anzahl, ihrer thematischen Vielfalt und der rhetorischen Strategien, derer sich die Parteien bedienten, zu untersuchen. Dafiir wurden die von den Kleinparteien in den Bundestagswahlk/impfen 1998 und 2002 herausgegebenen Pressemitteilungen analysiert. Die Befunde lassen sich wie folgt zusammenfassen: (1) Ein quantitativer Unterschied in der Pressearbeit zwischen Klein- und Grogparteien ist nicht feststellbar. Vielmehr f'mden sich parteispezifische Differenzen. Die Pressearbeit der FDP war im Vorfeld der Bundestagswahl 2002 besonders aktiv. Von der Partei wurden insgesamt 481 inhaltlich relevante Pressemitteilungen herausgegeben. Die Pressearbeit von Bthndnis 90/Die Grtinen war im Vergleich aller Parteien am wenigsten urnfangreich. (2) Die Pressearbeit der Kleinparteien ist stark an Sachthemen orientiert. In beiden Wahlk/~mpfen tiberwogen in den Pressemitteilungen von FDP und Btindnis 90/Die Grtinen die ,policy'-Themen gegentiber den ,politics'-Themen. (3) Kleinparteien konzentrieren sich in ihrer Pressearbeit nicht nur auf ein Thema. Die Analyse der Sachthemen zeigt, dass Kleinparteien in ihren Pressemitteilungen mehrere Themenschwerpunkte haben. Dabei ist festzustellen, dass die Themenvielfalt der stark angesprochenen Sachthemen bei oppositionellen Kleinparteien geringer ist als bei kleinen Koalitionsparteien.
8.3 Berichterstattung tiber Kleinparteien in den Medien
161
(4) Im Vergleich zur Agenda der parlamentarischen Aktivit~iten der Kleinparteien l~isst sich feststellen, dass die Schwerpunkte der parlamentarischen Initiativen auch in den Pressemitteilungen der Parteien aufgegriffen und kommuniziert werden. Die Themenvielfalt, gemessen tiber den Entropie-Index zwischen parlamentarischen Aktivit~iten und den Selbstdarstellungen der Kleinparteien, ist identisch. Kleinparteien verktirzen demnach ihr parlamentarisches Profil in ihrer Pressearbeit nicht. (5) Oppositionelle Kleinparteien versuchen in ihrer Pressearbeit, ihr eigenes politisches Profil zu sch~irfen, w~ihrend kleine Koalitionsparteien in ihren Selbstdarstellungen den grol3en Koalitionspartner einbeziehen und positiv darstellen. (6) In ihrer Pressearbeit greifen Kleinparteien tiberwiegend den politischen Gegner an. Die Kanzlerkandidaten des jeweils anderen politischen Lagers sind die am h~iufigsten vorkommenden Spitzenpolitiker in den Pressemitteilungen. Deren Bewertung ist stark negativ. Des Weiteren tiberwiegt die Perspektive der Kritik an den Vorhaben des politischen Gegners die Darstellung der eigenen Positionen und Ziele. Diese Befunde sttitzen die Medialisierungshypothese des Verh~ilmisses zwischen Offentlichkeitsarbeit und Joumalismus. Die Parteien greifen somit in ihren Pressemitteilungen die Pr~isentationslogiken des Joumalismus auf (Hoffjann 2001). Dies geht auch deutlich aus den Leitfadeninterviews Kranenpohls mit den Bundestagsabgeordneten hervor (Kranenpohl 1999: 249). Auch die vorliegenden Ergebnisse der Analyse der Pressemiteilungen zeigen, dass die etablierten Kleinparteien sich hinsichtlich der Quantit~it, der inhaltlichen Breite und der rhetorischen Stilmittel der Pressemitteilungen von den Grol3parteien nicht unterscheiden. Vielmehr lassen sich besonders im Fall der Quantit~it der Pressemitteilungen parteispezifische Unterschiede finden. Ferner zeigt sich, dass die Pressemitteilungen der Kleinparteien die Breite des Themenspektrums der parlamentarischen Aktivit~iten widerspiegeln. Eine thematische Verktirzung durch die Konzentration auf wenige Sachthemen findet nicht statt.
8.3 Berichterstattung fiber Kleinparteien in den Medien
Nach der Analyse des politischen Handelns der Kleinparteien in der 13. und 14. Legislaturperiode sowie ihrer Pressearbeit in den Bundestagswahlk~impfen 1998 und 2002 gilt es nun, deren Medienbild zu analysieren. Will man die mediale Darstellung der Kleinparteien beschreiben, kann man sich verschiedener Indikatoren bedienen. Je breiter die Indikatorenauswahl bei der Analyse ist, desto spezifischer lassen sich Aussagen tiber die Berichterstattung treffen. Anhand der Merkmale Quantit~it der Berichterstattung, Art und Weise der Berichterstattung sowie der Analyse publizistischer Lager wird im Folgenden ein facettenreiches Bild der medialen Darstellung der Kleinparteien gezeichnet. Die Analyse wird dabei geleitet vonder 13berprfifung der Hypothesen, die zur Berichterstattung tiber Kleinparteien aufgestellt wurden.
8.3.1
Die Quantitgit der Berichterstattung aber die Kleinparteien
Als erster Indikator zur Beschreibung der Darstellung der Kleinparteien in Bundestagswahlk~impfen wird deren quantitatives Vorkommen in der tagesaktuellen Berichterstattung thematisiert. Hierbei wird von der in Hypothese 1 aufgestellten Annahme ausgegangen,
162
Ergebnisse
dass die Quantit~it der Berichterstattung tiber Kleinparteien nicht deren politischer Bedeutung entspricht. Bei der Analyse der Medienberichterstattung wurde ~ r jeden Beitrag verschlfisselt, ob eine der im Bundestag vertreten Parteien angesprochen und, wenn dies der Fall war, mit welcher Valenz fiber die jeweilige Partei berichtet wurde. ~~ 121berdie Ausz~ihlung der ersten Variablen l~isst sich feststellen, wie groB der Anteil der Berichterstattung fiber die untersuchten Kleinparteien im Vorfeld der analysierten Bundestagswahlen ist. Die Bewertung der medialen Bedeutung der Kleinparteien erfolgt anhand der in Kapitel 4 erarbeiteten VergleichsmaSst~ibe hinsichtlich der Forderung nach einer abgestuften Chancengleichheit der Parteien. Diese Vergleichmal3st~ibe setzen sich zusammen aus (1) dem Wahlergebnis bei der jeweils letzten Bundestagswahl, (2) der Relationen bei der Verteilung der Redezeit im Parlament und (3) den Regelungen zur Vergabe der Anzahl der Werbepl~itze im Offentlich-rechtlichen Rundfunk. Der Zusammenhang zwischen der Quantitbit der Berichterstattung und der politischen Bedeutung der Parteien wird anschliel3end fiber einen Vergleich des Umfanges der Berichterstattung mit den Indikatoren, die die politische Bedeutung erfassen, getestet. Betrachtet man zun~ichst den Umfang der Berichterstattung tiber FDP und Bfindnis 90/ Die Grfinen, wird deutlich, dass die Medien weit weniger fiber sie berichten als fiber die beiden Grol3parteien. W~ihrend die FDP im Vorfeld der Wahl 1998 in 19 Prozent und Bfindnis 90/Die Grfinen in 26 Prozent der wahlrelevanten Beitr~ige in der tagesaktuellen Berichterstattung lo3 vorkamen, wurde fiber die beiden Grol3parteien in mehr als vier von zehn Beitr~igen (42 Prozent Unionsparteien, 43 Prozent SPD) berichtet. Das gleiche Bild ergibt sich bei der Betrachtung der Wahlkampfberichterstattung vor der Wahl 2002. Die FDP wurde erneut in knapp jedem fianften Beitrag (19 Prozent), Bfindnis 90/Die Grttnen in jedem vierten Beitrag (25 Prozent) erw~ihnt. Die Berichterstattung fiber die Gro6parteien war wiederum weit ausffihrlicher. In gut vier von zehn Beitr~igen (42 Prozent) wurde fiber die SPD und in 37 Prozent fiber die Unionsparteien berichtet (Abbildung 11).
102 Auszug aus dem Codebuch: Unter der Tendenz eines Beitrags wird verstanden, welchen Eindruck der gesamte Beitrag von einer Partei oder einem Politiker hinterlasst. Dieser Eindruck kann die Folge von expliziten Werturteilender Joumalisten oder anderer zitierter Quellen sein. Ausschlaggebend ist der Eindruck, den ein Durchschnittsleser/-zuschauer nach dem Lesen/Ansehen des ganzen Beitrags erh~ilt. Ffir die Verschlfisselung der Tendenz wird eine fanfteilige Skala verwendet, deren Extrempunkte ,,eindeutig positiv" und ,,eindeutig negativ" bedeuten. Die Werte dazwischen dienen der Abstufung des Eindrucks von der Tendenz. Ist keine Tendenz erkennbar, wird die 9 verschliasselt. 1o3 Der Begriff tagesaktuelle Berichterstattung ist in dieser Arbeit definiert als aggregierter Mittelwert aus den Anteilen der Berichterstattung eines jeden untersuchten Mediums. Wie in der Beschreibung der Inhaltsanalyse der Medienberichterstattung deutlich gemacht, wurde die BILD-Zeitung und die Fernsehnachrichtensendungen aufgrund ihrer Reichweite und die vier Qualitatszeitungen aufgrund ihrer politisch-publizistischen Bedeutung in die Untersuchung aufgenommen. Da die Beitragszahlen far die einzelnen Medien stark variieren (2002: zwischen 111 (Pro 7 Nachrichten) und 1491 (Welt)), garantiert die Aggregation auf Medienebene, dass jede ausgewahlte Untersuchungseinheit mit dem gleichen Gewicht in den Wert far die tagesaktuelle Berichterstattung eingeht und dieser Wert nicht in Richtung der Untersuchungseinheiten mit hoher Fallzahl verzerrt wird. Da diese Arbeit das Ziel hat, Medieninhalte zu beschreiben, wurde auf eine Gewichtung der Untersuchungseinheiten mit deren Reichweite verzichtet. Dieses Verfahren findet bei Wirkungsanalysen seine Berechtigung.
8.3 Berichterstattung tiber Kleinparteien in den Medien
163
Abbildung 11." Quantit~it der Berichterstattung tiber Kleinparteien
Deutliche Diskrepanzen treten auf der Ebene einzelner Medien in Bezug auf die Einbeziehung der kleinen Parteien in die Berichterstatmng auf. In den vier Spektrumszeitungen spielten FDP und Btindnis 90/Die Grfinen eine weit bedeutendere Rolle als in der Berichterstattung der B ILD-Zeitung und der Fernsehnachrichten. Die Ausz~ihlung ~ r Btindnis 90/Die Grtinen zeigte, dass die Anteile der Berichterstattung in beiden Wahlk~impfen in den Qualit~itszeitungen zwischen 30 und 50 Prozent tiber dem Durchschnitt ~ r die gesamte tagesaktuelle Berichterstattung lagen. Im Bundestagswahlkampf 1998 war generell keine quantitative Bevorzugung der Partei in der Berichterstattung einer der Qualit~itszeitungen auszumachen. Dagegen berichteten im Wahljahr 2002 FR und SZ im Vergleich zu FAZ und WELT h~iufiger tiber die Btindnisgrfinen. Die Pr~isenz der Grtinen in der BILD-Zeitung entsprach in der Wahlkampfberichterstatmng 1998 mit 19 Prozent dem Durchschnittswert far die tagesaktuelle Berichterstattung. Hingegen wurde die Partei im Wahljahr 2002 nur unterdurchschnittlich berficksichtigt. In 18 Prozent der wahlkampfrelevanten Beitr~ige der B ILD-Zeitung kamen die Grtinen vor. In der Berichterstattung der Fernsehnachrichten werden Btindnis 90/Die Grthnen generell unterdurchschnittlich erw~ihnt. Speziell trifft dies auf die Berichterstattung von Sat. 1 und Pro7 zu. So fand die Partei in den Pro7-Nachrichten im Vorfeld der Wahl 1998 nur in jedem zw6lften und im Vorfeld der Wahl 2002 nur in jedem zehnten Beitrag Berficksichtigung. In der Wahlkampfberichterstattung von Sat.1 kamen die Grtinen in jedem siebten (1998) bzw. knapp jedem fanften Beitrag vor (Abbildung 12). TM
104 Die Anzahl der Beitrage pro Medium findet sich im Anhang, Tabelle 4: Anzahl der codierten Beitrage der Medienberichterstattung tiber FDP und Biindnis 90/Die Grfinen.
164
Ergebnisse
Abbildung 12: Relative Medienpr~isenz von Btindnis 90/Die Granen
Far die Berichterstattung tiber die FDP zeigt sich das gleiche Muster. Wiederum sind es die iiberregionalen Tageszeitungen, bei denen eine tiberdurchschnittliche Pr~isenz ersichtlich ist. Der Anteil der Berichterstattung Uber die FDP lag hier tiber beide Wahlk~mpfe hinweg zwischen 30 und 45 Prozent tiber dem Durchschnittswert. Wie bei Btindnis 90/Die Grtinen war die Berichterstattung tiber die FDP im Wahlkampf 1998 in allen tiberregionalen Tageszeimngen gleich stark, wfihrend im Vorfeld der Bundestagswahl 2002 tiber die Partei die FAZ und die WELT aus~hrlicher berichteten. Die Prfisenz der FDP in der B ILD-Zeimng war im Vergleich der beiden untersuchten Wahlkfimpfe im Jahr 2002 ebenfalls niedriger. W~ihrend ein Berichterstattungsanteil von 19 Prozent im Jahr 1998 noch genau dem Durchschnitt der tagesaktuellen Berichterstattung entsprach, erreichte die FDP im Wahljahr 2002 nur noch einen Anteil von 14 Prozent, was einer Abweichung yon gut einem Viertel vom Durchschnitt entspricht. Auch bei der Berichterstattung tiber die FDP tritt eine hohe Diskrepanz zwischen dem Anteil des Vorkommens der Partei in den wahlrelevanten Beitrfigen der Qualitfitszeitungen und der Femsehnachrichten auf. Ahnlich wie bei den Grtinen sind es die Pro7-Nachrichten, die der Partei in beiden Wahlk~mpfen die geringste Aufmerksamkeit schenkten. In nur 12 Prozent bzw. 13 Prozent der wahlkampfrelevanten Beitr~ige wurde die FDP angesprochen. Far die Sat.1 Nachrichten ist eine weit unterdurchschnittliche Berichterstattung tiber die FDP ~ r den Wahlkampf 1998 nachzuweisen (Abbildung 13). ~~ ~o5vgl. Anhang, Tabelle 5: Anteil der Berichterstattungt~berFDP und Bt~ndnis90/Die Grt~nen
8.3 Berichterstattung tiber Kleinparteien in den Medien
165
Abbildung 13: Relative Medienprfisenz der FDP
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die untersuchten Medien tiber die Grtinen in beiden Wahlkampfen umfangreicher als tiber die FDP berichteten, ungeachtet der Position als Oppositions- oder als Regierungspartei. Dies gilt, wenn auch auf unterschiedlichem Niveau, sowohl fiir die vier Qualittitszeitungen als auch ftir die Fernsehnachrichtensendungen und die BILD-Zeitung. ~~ Beim Intermediavergleich zeigt sich, dass das quantitative Niveau der Berichterstattung tiber die Kleinparteien je nach Mediengattung unterschiedlich ist. Sowohl FDP als auch Btindnis 90/Die GrOnen weisen eine starkere Prtisenz in der Berichterstattung der vier Qualitfitszeitungen als in der Berichterstattung der BILD-Zeitung und den Fernsehnachrichten auf. Ftir die Berichterstattung der BILD-Zeitung kann festgehalten werden, dass die Kleinparteien eine deutlich geringere Bedeutung im Jahr 2002 im Vergleich zu 1998 hatten. ~~ Dieser Bedeutungsverlust zeigt sich jedoch nur im geringen MaBe bei den beiden GroBparteien. ~~ Daraus folgt eine relative Abnahme der Relevanz der Kleinparteien in der Berichterstattung vor der Wahl 2002.
106vgl. Anhang, Tabelle 5: Anteil der Berichterstattung fiber FDP und Btindnis 90/Die Grtinen 1o7 Inwieweit dieser R0ckgang ein Trend ist oder eine Besonderheit der Berichterstattung in einem der beiden untersuchten Wahlk~mpfe,kann mit diesem Design nicht gekl~irtwerden. ~o8 In beiden Bundestagswahlkfimpfen berichtete die BILD-Zeitung leicht unterdurchschnittlich tiber die beiden GroBparteien. In der Wahlkampfberichterstattung 1998 lag der ermittelte Umfang der Berichterstattung um 10 Prozentpunkte unter dem Mittelwert, im Wahlkampf2002 lag er um ein F0nftel unter dem aggregierten Mittelwert.
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Ergebnisse
Ein klarer quantitativer Nachteil in der Prfisenz in den Fernsehnachrichten der privaten Programme zeigte sich jeweils far die kleine Koalitionspartei. Im Vorfeld der Bundestagswahl 1998 wurde unterdurchschnittlich fiber die FDP, im Vorfeld der Wahl 2002 unterdurchschnittlich fiber die Granen berichtet, und zwar in den Fernsehnachrichtensendungen von RTL, Sat. 1 und Pro7. Bei der jeweils oppositionellen Kleinpartei lag die Quantitfit der Berichterstattung nahe dem Durchschnitt. 1~ Eine weiter reichende Interpretation der Publikationschancen von Kleinparteien in den Medien als die, dass fiber Kleinparteien in allen untersuchten Medien in geringerem Mal3 berichtet wird als fiber Grol3parteien und dass in diesem Sinne die Medien unisono den Kleinparteien einen geringeren Stellenwert zuweisen, ist mit einem Intermedia- bzw. Intramediavergleich nicht m6glich (Best 2000: 52). Eine Aussage fiber die Angemessenheit der Berichterstattung kann nur fiber einen Vergleich mit externen Realit~tsindikatoren erfolgen, die den Stellenwert der Kleinparteien im politischen System erfassen. Solch ein Vergleich ist jedoch nur dann m6glich, wenn Indikatoren verfagbar sind, die die Bedeutung der Kleinparteien im politischen System hinreichend und aussagekrfiftig beschreiben (Kepplinger 1993: 122). HierNr bieten sich im Falle der Kleinparteien verschiedene Perspektiven zur Bestimmung ihres Stellenwerts im politischen System an. Ffir die Forderung nach Gleichbehandlung von Klein- und Grol3parteien k6nnte das Grundrecht auf Chancengleichheit der Parteien herangezogen werden. Dieses Grundrecht ergibt sich einerseits aus der Freiheit der Parteigrandung und andererseits aus dem Prinzip des Parteienpluralismus in der freiheitlichen Demokratie der Bundesrepublik (BVerfGE 6, 273). Eine Einschrfinkung erffihrt dieser Gleichheitsgrundsatz durch die 5-Prozent-Sperrklausel im Bundeswahlgesetz, durch bestimmte Unterschriftenquoren bei der Einreichung von Wahlvorschltigen, bei der Ungleichbehandlung von Mitgliedsbeitrfigen und Spenden im Steuerrecht sowie bei der Wahlkampfkostenerstattung als auch bei der Vergabe von Sendepl~itzen far Wahlwerbung im tiffentlich-rechtlichen Rundfunk. Daher spricht man von einer ,,abgestuften Chancengleichheit" (Koch 2002: 697f.). Diese der Chancengleichheit inh~rente Abstufung begrandet sich darin, dass der Gesetzgeber nicht verpflichtet ist, vorgefundene, auf der unterschiedlichen Strukmr der Parteien beruhende Verschiedenheiten auszugleichen. Eine formale Gleichbehandlung aller Parteien br~chte eine Verffilschung mit sich, da beim Wfahler der Anschein erweckt wiarde, dass alle Parteien bei der politischen Willensbildung das gleiche Gewicht haben. Von Arnim (1984: 87) spricht in diesem Zusammenhang yon der Prtimierung des Misserfolges durch den Gesetzgeber, da bei einer formalen Gleichbehandlung unabhfingig vom W~ihlerzuspruch allen Parteien von staatlicher Seite dieselben Leistungen zugesprochen wiarden. Diese Einschrfinkung der formalen Chancengleichheit wurde vom Bundesverfassungsgericht in Hinblick auf eine Handlungs- und Entscheidungsfreiheit des Parlaments gebilligt (Koch 2002: 696). 1~~Dieser Argumentationslinie folgend ist keine formale Gleichbehandlung der Klein- und Grol3parteien in der parteipolitischen Berichterstattung in den Medien zu erwarten. Realit~itsindikatoren far die abgestufte Chancengleichheit der Kleinparteien lassen sich nun aus drei Perspektiven finden: 109vgl. Anhang, Tabelle 6: Relationen der Berichterstattungzwischen den Parteien ~o Es soil damit verhindert werden, dass sich die Volksvertretung in viele kleine Gruppen aufspaltet. Ziel war es, stabile Mehrheiten im Parlament zu schaffen, die zur Bildung handlungsfahiger Regierungen beitragen sollen (BVerfGE 1,208). Des Weiteren sollten sich die bisherigen und nach den Wahlen voraussichtlichen Machtverhaltnisse zwischen den Parteien widerspiegeln.
8.3 Berichterstattung tiber Kleinparteien in den Medien 1. 2. 3.
167
aus der Perspektive der Bedeutungszuweisung durch den Souverfin kann das Wahlergebnis herangezogen werden, aus der Perspektive der Parteien selbst kommen zwischenparteiliche Vereinbarungen in Betracht und aus der Perspektive der geschaffenen allgemein verbindlichen Regeln in der Gesellschaft w~re die Rechtssprechung zur abgestuften Chancengleichheit anzufahren.
Ftir den Stellenwert, den die BevNkerung und somit der Souver~in, den Kleinparteien einrtiumt, gibt es weiche und harte Indikatoren. Die Frage nach der Akzeptanz des gem~iBigten Pluralismus kann zu den weichen Indikatoren gez~ihlt werden. Ober 70 Prozent der Deutschen finden es gut, dass es neben den beiden GroBparteien CDU und SPD noch weitere Parteien im Parlament gibt (Noelle-Neumann, K6cher 2002" 599). Diese hohe Akzeptanz der Kleinparteien schl~igt sich auch in deren Bedeutungszuweisung durch die BevNkerung bei Bundestagswahlen nieder, dem h~irtesten Indikator far den politischen Stellenwert aus Perspektive der BevNkerung TM,weil den Parteien durch das Wahlergebnis Herrschaftspositionen auf Zeit zugeschrieben werden. Der Anteil der Stimmen, den die GroBparteien auf sich vereinen konnten, ist seit 1980 stetig zurtickgegangen. FOr die beiden untersuchten Bundestagswahlk~impfe wird die Bedeutung far die Kleinparteien aus der Perspektive der Wtihler als Verhfiltnis des Zweitstimmenanteils far GroB- und Kleinparteien bei den jeweils vorangegangenen Bundestagswahlen 1994 und 1998 definiert. Bei der Bundestagswahl 1994 erreichten FDP und Btindnisgrtine zusammen 13 Prozent der Stimmen, SPD und CDU/CSU 77,8 Prozent. Bei der Wahl 1998 betrug der Stimmenanteil yon Klein- und GroBparteien 12,9 Prozent bzw. 76 Prozent. ~2 Diese Zahlen zeigen, dass die GroBparteien in beiden Wahlen sechsmal mehr Stimmen auf sich vereinigen konnten als die Kleinparteien. 113 Die zweite Perspektive zur Bemessung des Stellenwerts der Kleinparteien ist deren Behandlung durch die Grol3parteien. Indikatoren dafar sind zwischenfraktionelle Vereinbarungen fiber die Verteilung von Ressourcen wie zum Beispiel der Vergabe von Pltitzen in Ausschtissen oder die Bemessung der Redezeit im Parlament. Misst man den Stellenwert der Kleinparteien vor dem Hintergrund der Verteilung der Redezeit bei Bundestagsdebatten, also der Mtiglichkeit, sich im Plenum des zentralen Entscheidungsorgans zu ~uBern, zeigt sich, dass hier den Fraktionen der Kleinparteien ein grOBerer Stellenwert eingerfiumt wird als durch die BevNkerung. Die Redezeit wird zu Beginn einer jeden Legislaturperiode neu ausgehandelt. Die im Bundestag vertretenen Parteien haben sich auf eine qualifizierte, weil nicht dem Verhtiltnis des Wahlergebnisses entsprechende, Ungleichbehandlung von Klein- und GroBparteien versttindigt. So war in der 14. Legislaturperiode die Redezeit, die
~Jl Die Schwache dieses Indikators ist, dass er aufgrund der M0glichkeit des strategischen Wahlens nicht eindeutig den R0ck.halt der Partei in der BevNkerung messen kann. So fahrt das Bundesverfassungsgericht im Zusammenhang mit der Bedeutung der Kleinstparteien for das politische System an, dass deren Rt~ckhaltin der Bev01kerung aufgrund des Wahlrechts nicht adaquat widergespiegelt wird (BVerfG 2, BvE 1/02 vom 26.10.2004 ). Gleiches trifft auf die Kleinparteien zu. Da es jedoch keinen besseren Indikator far die Beschreibung des ROckhalts der Parteien in der BevNkerung gibt, wird auf das Wahlergebnis zurOckgegriffen. 1~2Wahlergebnis 1994: SPD: 36,4%; Bandnis 90/Grt~ne:6,2 Prozent, CDU/CSU: 41,4 Prozent, FDP: 6,9% Wahlergebnis 1998: SPD: 40,9%, Btindnis 90/G~ne: 6,9 Prozent, CDU/CSU: 35,1%, FDP: 6,2 Prozent. ~3 Kritiker eines Proporzverfahrens fahren an, dass mit der Bezugnahme auf den frfiheren W~lerzuspruch der Wettbewerbsvorsprung der etablierten Parteien verfestigt und in Folge dessen die Offenheit des politischen Prozesses far neue Parteien zumindest eingeschranktwird (Ipsen 2002: 40ff.).
168
Ergebnisse
so genannte ,,Bonner Stunde ''ll4, wie folgt aufgeteilt: 35 Minuten standen der Koalition zu, 21 Minuten der CDU/CSU Fraktion, sieben Minuten der FDP und fanf Minuten der PDS 1~5 (Ismayr 2000:316f.). Hieraus ergibt sich ein Verh~iltnis zwischen den oppositionellen Fraktionen der GroB- und Kleinparteien von drei zu eins. Als dritter MaBstab kann die Rechtssprechung hinsichtlich der politischen Chancengleichheit der Parteien herangezogen werden. Relevante Urteile finden sich in den Bereichen Wahlrecht, Parteienverbot, Wahlwerbung und Parteienfinanzierung (KiBlinger 1998: 10). Far die Differenzierung zwischen Klein- und GroBparteien sind im Besonderen die Regelungen aus dem Bereich der Wahlwerbung, im Speziellen der Verteilung der Sendeplfitze far Wahlwerbung im ~Sffentlich-rechtlichen Rundfunk, einschlfigig. Schon 1957 wurde durch das Bundesverfassungsgericht die formale Chancengleichheit bei der far die Parteien kostenlosen Wahlwerbung im ~3ffentlich-rechtlichen Rundfunk aufgehoben und durch eine abgestufte Chancengleichheit ersetzt (Holtz-Bacha 2000: 69). Begrtindet wird diese Abstufung mit der bisherigen und der voraussichtlichen unterschiedlich starken Bedeutung der etablierten Parteien, die den Biargem so deutlich gemacht werden soll. Die Intention dieser MaBnahme ist die Verhinderung einer Fragmentierung des Parteiensystems und somit einer zu groBen Parteienvielfalt im Parlament (Koch 2002' 697). 116 Bei der Vergabe der Sendplfitze im t~ffentlich-rechtlichen Rundfunk kommt e s - ~ihnlich wie bei der Verteilung der Redezeit der ,,Bonner Stunde" - zu einer qualifizierten Ungleichbehandlung von Klein- und GroBparteien. Der Zuweisungsschliassel berOcksichtigt dabei die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Hamburg, die besagt, dass nur durch Wiederholung ein Werbeeffekt zu erzielen sei (Holtz-Bacha 2000: 69). Somit wurde eine Mindestanzahl von zwei Sendepl~itzen far jede Partei festgesetzt, die sich zumindest mit einem Landeslistenvorschlag zur Wahl stellt. Eine stfirkere Beracksichtigung der GroBparteien gegentiber Klein- und Kleinstparteien ist durch einen Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts beschrtinkt. Es wurde festgestellt, dass die Werbung der GroBparteien nicht das Vier- bis Ftinffache der Werbung der kleinsten Partei tiberschreiten darf, damit die Werbung der Kleinstparteien auch die Chance hat, unter der Vielzahl der Parteienwerbung aufzufallen (Hesse 1994: 355). Als dritter Faktor far den Schltissel zur Sendeplatzvergabe ffillt Paragraph 5 Absatz 1 des Parteiengesetzes ins Gewicht. Er legt fest, dass Parteien, die in Fraktionsstfirke im Bundestag vertreten sind, mindestens die Htilfte der Leistungen far andere Parteien in Anspruch nehmen k6nnen. ~7 Beriacksichtigt man diese drei Punkte, so ergibt sich ein Verteilungsschliissel von je acht Sendepltitzen far die GroBparteien CDU und SPD, je vier Sendepl~tze far die Kleinparteien FDP, Btindnis 90/Die Granen und CSU ~18 und je zwei Sendepltitze Nr die anderen sich zur Wahl stellenden Kleinstparteien. 114 Die ,,Bonner Stunde" ist die Bezeichnung for den exakten Schlt~ssel der Verteilung der Redezeit bei Bundestagsdebatten, um die Chancengleichheitvon Oppositionund Regierung zu wahren (Ismayr2000:316). 115Die Redezeit der Regierungsmitglieder wird dabei vom Kontingent der Koalitionsfraktionen abgezogen, die der Bundesratsmitglieder vom Kontingentihrerjeweiligen Partei. 116Das BVerfGE forderte, dass ,,die besondere Bedeutung der Parteien, durch deren Gegen- und Miteinanderwirken die bisherige Entwicklung entscheidend gepragt worden ist und deren mehr oder minder groBer Einfluss auf die staatliche Willensbildung voraussichtlich die weitere Entwicklung bestimmen wird, der Aktivbt~rgerschaft auch bei der Wahlwerbung im Rundfunk durch eine Abstufung der Sendezeiten vor Augen gefohrt und vergegenw~igt wird" (BVerfGE 14, 121 (136). 117 w Abs.1 Parteiengesetz: ,,FOr eine Partei, die im Bundestag vertreten ist, muss der Umfang der Gewahrung mindestens halb so groBwie fOrjede andere Partei sein." ~8 Da die CSU mit einer eigenen Landesliste an Bundestagswahlen teilnimmt und in Fraktionsstarke in den Bundestag einzieht, wird sie bei der Vergabe von Sendepltttzen als Kleinpartei behandelt.
8.3 Berichterstattung tiber Kleinparteien in den Medien
169
Das Verh~iltnis der Verteilung der Sendezeit ftir Wahlwerbung im 6ffentlich-rechtlichen Rundfunk zwischen den Kleinparteien FDP und Btindnis 90/Die G~nen gegentiber der SPD betr~igt somit 1:2, wfihrend es gegent~ber den Unionsparteien 1:2,5 betr~igt. I19 Ein Vergleich der drei Indikatoren, die den Stellenwert der Kleinparteien gegent~ber den Grol3parteien erfassen, zeigt, dass die Wfihler den Kleinparteien die geringste Bedeutung zumessen. Gegent~ber diesem direktproportionalen Vergleichsmal3stab wird die abgestufte Chancengleichheit der Parteien bei den Indikatoren Redezeit im Bundestag und Verteilung der Sendplfitze der Wahlwerbespots im 6ffentlich-rechtlichen Rundfunk als qualifizierte Ungleichbehandlung angesehen. Kleinparteien wird im Vergleich zu GrofSparteien eine geringere Beachtung zuteil, die jedoch im Vergleich zu dem in Form ihres Wahlergebnisses yon den Biargern zugewiesenen Stellenwert t~berproportional ist (Tabelle 18). FiJr den Vergleich der Quantitfit der Berichterstattung mit den Indikatoren for die politische Bedeutung der Parteien wurden die Anteilswerte des Vorkommens der Parteien in der Medienberichterstattung ebenfalls ins Verhfiltnis gesetzt. Basierend auf der Auszfihlung des Vorkommens der Klein- und Grol3parteien in der Medienberichterstattung leitet sich ab, dass auf einen Beitrag, in dem eine Kleinpartei erwfihnt wurde, 1998 ca. 1,9 Beitrfige und 2002 1,8 Beitrfige mit Erwahnung einer Grol3partei ver6ffentlicht wurden. Das bedeutet, dass Kleinparteien im Vergleich zu den Grol3parteien eine t~berproportionale Prfisenz in der Medienberichterstattung haben. Die Bedeutungsrelationen zwischen Klein- und Grol3parteien bei allen drei entwickelten Vergleichsmaf3stfiben sind ~ r die Kleinparteien jeweils ungt~nstiger als die Relationen der Medienberichterstattung in den Wahlkfimpfen 1998 und 2002.12~ Die Zugangschancen der Kleinparteien zur Medienberichterstattung sind somit besser als die Zugangschancen zu kostenlosen Wahlwerbespots im 6ffentlich-rechtlichen Rundfunk, der engsten Auslegung TM der abgestuften Chancengleichheit. Dieser Befund trifft sowohl auf die Darstellung der Kleinparteien in den Qualitfitszeitungen als auch in der B ILD-Zeitung und in den Femsehnachrichten zu. Besonders in den vier t~berregionalen Qualitfitszeitungen wurde im Vergleich zu den Grof3parteien besonders hfiufig iaber die Kleinparteien berichtet. Hier betrugen die Relationen 1:1,8 bzw. 1:1,7. Da~ber hinaus zeigt die Analyse der einzelnen Sender, dass die Publikationschancen der Kleinparteien im Vergleich zu den Grol3parteien in allen untersuchten Medien besser sind als die Relationen des strengsten Vergleichsmal3stabes. 122 Damit ist die Hypothese, dass tiber Kleinparteien im Hinblick auf ihren politischen Stellenwert berichtet wird, falsifiziert.
~19Die Klage der SPD wegen einer Bevorzugungder Unionsparteien durch die Einbeziehung der CSU als eigenstfindige Par~ei wurde vom Bundesverwaltungsgericht 1986 abgewiesen. Im Urteil wurde festgestellt, dass es legitim sei, dass eine Partei, die nur in einem Bundesland antritt, bundesweit ihre Wahlwerbungausstrahlen kann (Holtz-Bacha 2000: 69). ~2oDiese Aussage l~st sich auch ~r die Berechnung des ,worst case' bei der Verteilung der Fehlertoleranz aufrecht erhalten. 121Eng im Sinne der grOBtmOglichenAnn~emng an die absolute Chancengleichheit der Parteien im politischen Wettbewerb (Kiel31ing2001). 122vgl. Anhang, Tabelle 4: Anzahl der codierten Beitr/ige der Medienberichterstattung tiber FDP und B0ndnis 90/Die Grtinen
170
Ergebnisse
Tabelle 1 8: Bedeutung der Kleinparteien im Vergleich zu GrofSparteien Kleinparteien : GroBparteien 1998
2002
Letztes Wahlergebnis
1 : 6,0
1 : 5,9
Verteilung der Redezeit im Bundestag
1 : 3,0
1 : 3,0
Rechtliche Abstufungen
1:2,25
1:2,25
Medienberichterstattung
1:1,9
1:1,8
,
8.3.2
i
i
i
i
i
Publikationschancen der einzelnen Parteien
Hypothese zwei besagt, dass die Publikationschancen vor dem Hintergrund der politischen Bedeutung fOr Btindnis 90/Die G~nen schlechter sind als fOr die FDP. Um sie zu testen, wurde die Berichterstattung tiber jede einzelne Kleinpartei mit den Indikatoren ftir die politische Bedeutung der Partei gegentiber ihrem Konkurrenten verglichen. FDP und Btindnis 90/Die G~nen unterscheiden sich in ihrem Stellenwert kaum, denn sowohl bei dem Zweitstimmenanteil und der Vergabe der Redezeit im Bundestag als auch bei der Vergabe der Wahlwerbespots werden beide Parteien gleich behandelt. Aufgrund ihrer geringen Unterschiede im Wfihlerzuspruch (Zweitstimme) betrfigt die Relation von FDP zu Btindnis 90/Die G~nen for das Wahljahr 1998 1,1:1 und for das Wahljahr 2002 1:1,1. Im Gegensatz dazu zeigt die Untersuchung der Medienberichterstattung, dass in beiden Wahlk~impfen weit mehr Beitrage tiber die G~nen als tiber die FDP ver6ffentlicht wurden. So kamen die Grtinen in beiden Wahlk~impfen in jedem vierten Beitrag vor, die FDP nur in jedem ftinften. Auf jeden Beitrag mit FDP-Erwfihnung kamen somit 1,4 (1998) bzw. 1,3 Beitrtige (2002), in denen die Btindnisgrtinen angesprochen wurden. Die Analyse auf Ebene der einzelnen Untersuchungseinheiten zeigt, dass die Medienprfisenz der Grtinen im Vergleich zur FDP 1998 in der Berichterstattung der Pro7-Nachrichten, von RTL-aktuell und den Tagesthemen und im Jahr 2002 in der Berichterstattung des heute-journals, der SZ und der FR besonders hoch war (Abbildung 14). Die Werte belegen eine doppelte Begtinstigung von Btindnis 90/Die Grtinen in der Wahlkampfberichterstattung. Der Partei wird zum einen im Vergleich zum direkten Kontrahenten FDP und zum anderen im Vergleich zu den GroBparteien eine tiberdurchschnittliche Medienprfisenz eingerfiumt. So wurden in der Wahlkampfberichterstattung im Vorfeld der Wahl 2002 auf einen Beitrag mit FDPErwfihnung 2,2 Beitr~ige mit Erwfihnung der SPD publiziert, bei den Grtinen betrug dieses Verhfiltnis nur 1:1,7.123 Diese Ergebnisse zur Quantitfit der Berichterstattung tiber Klein- und GroBparteien belegen besonders am Beispiel fOr Btindnis 90/Die Grtinen die Annahme Kepplingers, dass es zu einer nicht realit~itsgerechten Bevorzugung von Minderheiten in den Medien kommt (Kepplinger 1989a: 70). Als Grund FOr diese Privilegierung ~hrt Kepplinger an, dass die Journalisten Sichtweisen yon Minderheiten tibernehmen, zu denen sie eine Affinit~it besfiBen (ebenda). Wie schon dargestellt, zeigte sich in Journalistenbefragungen diese stfirkere 123vgl. Anhang, Tabelle 6: Relationen der Berichterstattungzwischen den Parteien
8.3 Berichterstattung tiber Kleinparteien in den Medien
171
Affinit~it der Journalisten gegentiber Btindnis 90/Die Grtinen und der geringere Zuspruch gegentiber der FDP. Ober das gesamte politische Spektrum des Parteiensystems betrachtet, ist die politische Selbsteinstufung der Journalisten im Vergleich zu der der BevOlkemng nach links verschoben. Es gibt also mehr Journalisten, die mit SPD und Btindnis 90/Die Grtinen sympathisieren als Journalisten, die sich den Unionsparteien oder der FDP nahe stehend beschreiben. Diese Linksverschiebung in der Quantitfit der tiberregionalen Tagesberichterstattung wird auch bei der Analyse der Berichterstattung fiber die Grogparteien deutlich. Hier zeigt sich, dass tiber die SPD als Oppositionspartei im Vorfeld der Bundestagswahl 1998 genauso h~iufig wie tiber die Unionsparteien berichtet wurde. In der Wahlkampfberichterstattung 2002 war die SPD als Regierungspartei prfisenter als die Unionsparteien.
Abbildung 14: Relationen der Medienpr~isenz zwischen Btindnis 90/Grtine und FDP
Somit muss die Hypothese zurtickgewiesen werden. Btindnis 90/Die Grtinen haben nicht die schlechteren, sondern die besseren Publikationschancen gegentiber der FDP. Diese Aussage hat sowohl ftir den Wahlkampf, den die Partei aus der Opposition ftihrte, als auch fiir den vonder Regierungsbank aus Geltung. Die FDP hat den Kampf um die dritte Kraft (Neu 2001) zumindest in der Medienberichterstatmng im Vorfeld der beiden Bundestagswahlen verloren. Nachdem der Wahlkampf als Ganzes analysiert wurde, wird nun auf die Dynamik der Berichterstattung tiber Kleinparteien im Bundestagswahlkampf fokussiert. Hypothese drei stellt die Behauptung auf, dass die zunehmende Konzentration auf die Spitzenkandidaten zum Wahltag hin die Sichtbarkeit der Kleinparteien zurtickgehen l~isst. Um diese Hypothe-
172
Ergebnisse
se zu testen, vmrde gemessen, wie oft die Kleinparteien in der Berichterstattung pro Monat vorkommen. In Abhfingigkeit von den Ereignissen und Themen im Wahlkampf variiert der Anteil der Kleinparteien in der Berichterstattung stark. So erreichte die FDP im Mai 1998 und im Juli 2002 mit einem Berichterstattungsanteil yon jeweils I3 Prozent ihre niedrigsten, im Juni und September 1998 mit 29 Prozent ihre h~Schsten Prfisenzwerte in der tagesaktuellen Berichterstattung. Bei Bt~ndnis 90/Die G~nen lag diese Amplitude zwischen 15 Prozent im Mai 1998 und 31 Prozent im August 2002. Gleichzeitig ist far beide Parteien und far beide Wahlkfimpfe festzustellen, dass der Anteil der Berichterstattung zum Wahltag hin ansteigt (FDP 1998, 2002, Grthne 1998) bzw. von einem hohen Niveau nur leicht sinkt (Grane 2002) (Abbildung 15).
Abbildung 15: Monatliches Vorkommen der Kleinparteien in der tagesaktuellen Berichterstattung
Quelle: Projekte Kampa I/II, n=273-539 Beitrfige pro Monat (1998), n=1.368-1.896 Beitrfige pro Monat (2002)
Auch relativ zum Vorkommen der Grogparteien in der Berichterstattung kann kein Rackgang in der Medienpr~senz der Kleinparteien festgestellt werden. Die Ergebnisse zeigen, dass die Publikationschancen der Kleinparteien vor allem in der ersten H~lfte des Wahlkampfes im Vergleich zu den Grogparteien sehr gut sind, wfihrenddessen im Juli und August stfirker aber SPD und Unionsparteien berichtet wird. In der ,heigen Phase des Wahlkampfes' entsprechen die Relationen zwischen der Berichterstattung t~ber Grog- und Kleinparteien in etwa dem Wert, der far den gesamten Wahlkampf festgestellt wurde. So wich die Differenz zwischen dem Anteil der Berichterstattung t~ber mindestens eine Kleinpartei
8.3 Berichterstattung tiber Kleinparteien in den Medien
173
und dem Anteil der Berichterstattung tiber mindestens eine Grogpartei im M~rz und Juni 1998 um 7 Prozentpunkte vom Durchschnitt aber den Wahlkampf zugunsten der Kleinparteien ab, im Jahr 2002 in den Monaten April und Mai um 8 bzw. 3 Prozentpunkte. Hingegen waren im Juli und August die Grol3parteien prfisenter. Der hierfar festgestellte lJberhang lag bei 4 bzw. 5 Prozentpunkten. Somit muss die Hypothese zurackgewiesen werden. Auch wenn die Medien sich st~rker in ihrer Wahlkampfberichterstattung auf die Kanzlerkandidaten konzentrieren, verlieren die Kleinparteien nicht an Medienpr~.senz. Der von Sarcinelli beschriebene Wandel von einer repr~sentativen zu einer medial-pr~sidentiellen Demokratie, der zwangslfiufig mit einem Rtickgang der Berichterstattung aber Kleinparteien und der Konzentration der Berichterstattung auf die Kanzlerkandidaten und ihre Parteien einhergeht, kann nicht best~tigt werden. Die Medienpr~senz der Kleinparteien geht zum Wahltag hin nicht zurack.
8.3.3
Art und Weise der Berichterstattung
Die Quantitfit der Berichterstattung ist nur die eine Seite der Medaille. Zwar k6nnen Studien zeigen, dass die Medienprfisenz mit dem Wahlerfolg der Parteien korreliert (Kurzwara 2001), doch stellt die Art und Weise der Berichterstattung die bedeutendere Gr~Sge far das Publikumsbild aber den jeweiligen Akteur dar (Lopez-Escobar, Llamas, McCombs 1998). In der vorliegenden Studie wurde die Art und Weise der Berichterstattung aus vier B lickwinkeln erfasst. Der akteursorientierte Blickwinkel (1) lenkt die Aufmerksamkeit auf die Frage, mit welchen weiteren parteipolitischen Akteuren die Kleinparteien in der Berichterstatmng vorkommen und welche Rolle die Spitzenpolitiker in der Berichterstattung tiber die Kleinparteien spielen. Die Analysen auf der Themenebene (2) sollen kl~ren, tiber welche Sachgebiete im Zusammenhang mit den Kleinparteien berichtet wurde bzw. mit welchen sie in der Medienberichterstattung verbunden wurden. Da die bloge Analyse der Berichterstattung im Zusammenhang mit einem Thema nichts tiber den Tenor dieser aussagt, wird darauf aufbauend analysiert, mit welchen Valenzen (3) die Kleinparteien in den Medien dargestellt wurden. AbschlieBend steht die Frage im Mittelpunkt, in welchen Medien (4) die Kleinparteien ihren publizistischen Rackhalt finden.
8.3.3.1
Akteursperspektive
Hypothese vier postuliert, dass tiber Kleinparteien tiberwiegend in Zusammenhang mit ihren Koalitionsparmern berichtet wird. Um diese Hypothese zu testen, wurde ausgezfihlt, ob weitere Parteien im Zusammenhang mit der Berichterstattung aber eine Kleinpartei in einem Beitrag erwfihnt wurden und wenn dies der Fall war, um welche es sich handelte. Die Analyse zeigte, dass tiber Kleinparteien in Regierungsverantwortung am h~ufigsten im Zusammenhang mit anderen Akteuren berichtet wird. Sowohl bei der Berichterstattung tiber die FDP im Vorfeld der Bundestagswahl 1998 als auch bei der Berichterstattung tiber Btindnis 90/Die Granen im Vorfeld der Wahl 2002 wurden in 93 Prozent der Beitrfige weitere Parteien im Beitrag erw~hnt. Der Anteil der Beitrfige, in denen oppositionelle Kleinparteien im Zusammenhang mit anderen Akteuren vorkamen, liegt signifikant niedri-
174
Ergebnisse
ger. Im Fall der Berichterstattung tiber die Grfinen wurden 1998 in 87 Prozent, im Fall der FDP 2002 nur in 81 Prozent der Beitrtige andere Akteure erwtihnt. Das heiBt andererseits, dass die Bfindnis 90/Die Granen in jedem siebten Beitrag, in dem fiber sie berichtet wurde und die FDP in jedem Nnften der sie erw~ihnenden Beitrtige der alleinige Akteur war. Der Anteil der FDP an Exklusivberichterstattung lag somit im Bereich der Grol3parteien (Abbildung 16). Dieser Wert ist jedoch auf die Berichterstattung zum Zeitpunkt der M611emann-Affiire zurackzu~hren. 124
Abbildung 16: Exklusivberichterstattung fiber die Parteien
Aus den Befunden beider Wahlkfimpfe lfisst sich schlieBen, dass die fi~r die 6ffentliche Wahrnehmung eines eigenen Profils einer Partei so wichtige exklusive Darstellung ~ r Kleinparteien, die an einer Regierungskoalition beteiligt sind, am geringsten ist. Ober Kleinparteien in der Oppositionsrolle wird in der Medienberichterstattung hfiufiger ohne weiteren Akteur berichtet. Wenn Uber Kleinparteien im Zusammenhang mit anderen Parteien berichtet wird, dann ist der (potentielle) Koalitionspartner der dominierende Akteur. F~r die Berichterstattung t~ber die FDP im Bundestagswahlkampf 1998 kann gezeigt werden, dass in 87 Prozent aller Beitrfige, in der sie Erwfihnung fand, auch tiber die Unionsparteien berichtet wurde. Mit 124So kam die FDP im Mai 2002 in 34 Prozent und im Juni 2002 in 27 Prozent der Beitrage, in denen t~ber sie berichtet wurde, als alleiniger Akteur vor. In den anderen Monaten lagen diese Werte zwischen 7 Prozent (April) und 14 Prozent (September).
8.3 Berichterstattung fiber Kleinparteien in den Medien
175
Abstand folgen die SPD (64 Prozent) und Bfindnis 90/Die Grfinen (47 Prozent). Auch die Beitr~ige, in denen fiber Bfindnis 90/Die Grfinen berichtet wurde, waren vor allem davon gekennzeichnet, dass auch der potentielle Koalitionspartner SPD Erwfahnung fand. In vier von fanf Beitr~gen war dies der Fall. Dagegen kamen die Unionsparteien nur in gut jedem zweiten Beitrag (53 Prozent), die FDP in fast jedem dritten Beitrag (34 Prozent) vor. Ffir die Bundestagswahl 2002 waren die Koalitionen im Vorfeld der Wahl nicht so eindeutig zu definieren, wie es noch 1998 der Fall war. Ursache hierfar war die Haltung der FDP, ohne Koalitionsaussage in die Wahlen zu gehen, die die Partei auch bis zum Wahltag durchhielt. Bei Bfindnis 90/Die Granen fand sich das beschriebene Muster aus dem Wahlkampf 1998 wieder. Es dominierte die gemeinsame Berichterstattung mit der SPD. In 86 Prozent aller Beitrfige, in denen die Partei vorkam, wurde auch fiber die SPD berichtet. Eine gemeinsame Berichterstattung mit den Unionsparteien erfolgte in zwei Drittel, mit der FDP in 42 Prozent aller Beitrfige. Die Auswertung der Beitrtige mit FDPBeteiligung zeigt, dass die Strategie der ,~quidistanz zu den beiden GroBparteien zumindest far den Indikator des gemeinsamen Vorkommens mit anderen Parteien in der Berichterstattung Erfolg hatte. Es gab keinen dominanten Referenzakteur in der FDP-Berichterstattung. In gut zwei Drittel der Beitrfige kamen Unionsparteien (69 Prozent) sowie die SPD (68 Prozent) vor. In gut jedem zweiten Beitrag (56 Prozent) wurde Bfindnis 90/Die Granen erwtihnt (Tabelle 19). Somit kann Hypothese vier verifiziert werden.
Tabelle 19." Akteurskonstellationen in der Berichterstattung fiber Kleinparteien illl
SPD
BUndnis90/ Die GrOnen FDP
Union
B90/Griine
FDP
1998
80
53
-
34
2002
86
66
-
42
1998
64
87
47
-
68
69
56
-
2002 ii
llll
ii
ii
ii
i
Prozent, Fallzahlen: 1998: B90/Grtine: 2.459, FDP 2.390; 2002: B90/Grane: 1.971, FDP" 1.505Beitr~ge Hypothese fanf stellt die Annahme auf, dass die Berichterstattung fiber die Grogparteien vom Konkurrenzverhfiltnis zwischen Unionsparteien und SPD gepr/~gt ist und dass somit im fiberwiegenden Teil der Beitr~ge beide GroBparteien gemeinsam vorkommen. Die Auszfihlung der Akteurskonstellationen in der Medienberichterstattung fiber die Grogparteien macht deutlich, dass die jeweils andere Grogpartei der wichtigste Referenzakteur ist und die (potentiellen) kleinen Koalitionspartner auf der zweiten Stufe in dieser Hierarchie stehen. So wurde in der Berichterstattung im Vorfeld der Wahlen 1998 in 59 Prozent der Beitr~ge, in denen die SPD vorkam, auch die Union erw~hnt und in 61 Prozent der Beitr/~ge, in denen die Union genannt wurde, wurde auch die SPD als institutioneller Akteur verschlfisselt. Far 2002 sind diese Befunde noch deutlicher. In gut zwei Dritteln der Beitr~ge aber die SPD wurden auch die Unionsparteien und gar in drei Viertel (75 Prozent) der Beitr~ge fiber die Unionsparteien die SPD erwfihnt. Demgegenfiber wurde im Zusammenhang mit der SPD-Berichterstattung nur in 51 Prozent (1998) bzw. 54 Prozent (2002) der Beitrfige auch fiber Bfindnis 90/Die Grfinen berichtet. Ffir die Unionsparteien kann dieses Berichter-
176
Ergebnisse
stattungsmuster nur fiir 1998 bestfitigt werden. In 40 Prozent der Beitr~ge tiber die Unionsparteien kam die FDP, in 34 Prozent Btindnis 90/Die Granen vor. Ftir die Berichterstattung im Wahljahr 2002 wurde h~ufiger tiber Btindnis 90/Die Grtinen als tiber die FDP berichtet (54 Prozent zu 32 Prozent). Somit wurden die Unionsparteien in der Berichterstattung nur in geringem Umfang mit der FDP in Zusammenhang gebracht (Tabelle 20). Damit ist Hypothese 5 verifiziert. Tabelle 20." Akteurskonstellationen in der Berichterstattung tiber Grol3parteien SPD
Union
B90/Griine
FDP
1998
-
59
51
34
2002
-
66
54
35
1998
61
-
34
40
75
-
54
32
SPD
Union 2002 l llll
IHI
Prozent, Fallzahlen: 1998: SPD: 4.460;Union 5.033; 2002' SPD: 4.559, Union: 3.944 Beitrage
Insgesamt wird deutlich, dass das Vorkommen yon Kleinparteien in den Medien durch eine gemeinsame Berichterstattung mit den (potentiellen) grol3en Koalitionspartnern gepr~gt ist. Durch den h6heren Anteil an exklusiver Berichterstattung wird oppositionellen Kleinparteien eine st~irkere Profilierung in der 6ffentlichen Wahrnehmung ermOglicht als kleinen Koalitionsparteien. Hier besteht die Gefahr, dass das Profil der jeweils an der Regierung beteiligten Kleinpartei- ~ihnlich wie bei der Einbringung parlamentarischer Aktivit~ten durch die die Regierung tragenden Fraktionen- nur ungentigend dargestellt wird und zunehmend verwischt, was schlieBlich dazu fuhrt, dass diese Partei als Funktionspartei, als Mehrheitsbeschaffer des grol3en Koalitionspartners ohne eigenes Profil dargestellt und letztendlich in der Bev61kerung auch so wahrgenommen wird (L6sche, Falter 1996; Klein, Heinze 2001).
8.3.3.2
Personalisierung der Berichterstattung
Die zunehmende Personalisierung in der Wahlkampfberichterstattung und vor allem die Konzentration der Berichterstattung auf die Kanzlerkandidaten (Brettschneider 2002; Wilke, Reinemann 2000) schl~igt sich auch in der Berichterstattung fiber die Kleinparteien nieder. In Hypothese sechs wird daher angenommen, dass aufgrund ihrer zentralen Rolle in der allgemeinen politischen (Wahl-)Berichterstattung die Kanzlerkandidaten auch in der Berichterstattung tiber die Kleinparteien die zentralen Akteure sind. Dart~ber hinaus wird untersucht, ob die Berichterstattung t~ber Btindnis 90/Die Granen eng mit der Berichterstattung tiber Joschka Fischer verbunden ist. In diesem Zusammenhang wird Hypothese sieben getestet, die besagt, dass Joschka Fischer weiterhin der meistberichtete Akteur bei der Darstellung von Btindnis 90/Die Granen ist.
8.3 Berichterstattung tiber Kleinparteien in den Medien
177
In der vorliegenden Studie wurde das Vorkommen und die Bewertung der Spitzenpolitiker der im Bundestag vertretenen Parteien erfasst. ~25Die Auswertung der Variablen zeigt, dass die Kanzlerkandidaten der beiden Grol3parteien nicht nur in der gesamten Wahlkampfberichterstattung die dominierenden Akteure sind, sondem auch in der Berichterstattung mit Beteiligung einer Kleinpartei am h~iufigsten erw~hnt werden. ~26 Dies ist nicht verwunderlich, da tiber die Kleinparteien- wie eben festgestellt- zumeist im Zusammenhang mit ihren jeweiligen (potentiellen) Koalitionspartnem berichtet wird. Die Spitzenpolitiker der Kleinparteien folgen in der Rangfolge der Intensit~it der Berichterstattung den Kanzlerkandidaten mit Abstand. Die ~hrenden FDP-Politiker Wolfgang Gerhardt (damaliger Parteivorsitzende) und Guido Westerwelle (damaliger Generalsekret~ir) wurden nur in 16 Prozent bzw. 14 Prozent der Beitr~ige, in der ihre Partei vorkam, erw~ihnt und belegten damit im Ranking die Pl~itze drei und vier. 127 Auch in der Berichterstattung tiber die Btindnisgrfinen wurden die Spitzenpolitiker der Partei weit weniger erw~ihnt als die Kanzlerkandidaten. So kam Fischer nur in etwa halb so vielen Beitr~igen mit Gr~nen-Beteiligung (19 Prozent) vor wie der Kanzlerkandidat der SPD (38 Prozent). Jtirgen Trittin wurde nur in knapp jedem siebten Beitrag (14 Prozent) tiber die G~nen erw~ihnt.~28 Die Dominanz der Kanzlerkandidaten in der Berichterstattung tiber Kleinparteien findet sich im Fall der Btindnisgrtinen auch in der Berichterstattung im Vorfeld der Wahl 2002 wieder. In 45 Prozent der Beitr~ige mit G~nen-Beteiligung kam Kanzler Schr~der, in 39 Prozent Herausforderer Stoiber vor. Erst mit reichlichem Abstand folgte an dritter Stelle der ,heimliche Parteivorsitzende' Joschka Fischer. Der Berichterstattungsanteil von 17 Prozent zeigt, dass die Bedeutung Fischers in der Medienberichterstattung tiber die Grtinen sich im Vergleich zu der Berichterstattung bei der vorhergehenden Bundestagswahl nur marginal ver~inderte. Mit Anteilen von 6 bzw. 4 Prozent traten die Bundesminister Trittin und Ktinast in der Wahlkampfberichterstattung im Vergleich zur Berichterstattung im Vorfeld der Wahl 1998 kaum in Erscheinung. Die Grtinen legten somit den Fokus der Medienberichterstattung auf die Person Joschka Fischers (Goergen 2003). In der Berichterstattung tiber die FDP 2002 hingegen wurde die Dominanz der Kanzlerkandidaten der beiden GroBparteien durch eine ~mlich intensive Berichterstattung tiber Guido Westerwelle gebrochen. In vier von zehn Beitr~igen mit FDP-Beteiligungen kamen Schr~der (43 Prozent), Stoiber (39 Prozent) und Westerwelle (38 Prozent) vor. M611emann belegte mit einem Anteil von 31 Prozent den vierten Platz im Politiker-Ranking. Im Vergleich zu 1998 bedeutet dies eine starke Zunahme der Medienpr~isenz der FDPSpitzenpolitiker. Der Anteil der Pr~isenz der Parteispitzen in der Berichterstattung hat sich mehr als verdoppelt. Auffallend ist, dass besonders in der Berichterstattung tiber die FDP in den Nachrichtensendungen und -magazinen der 6ffentlich-rechtlichen Sender (mit Ausnahme der heute-Sendung) Guido Westerwelle eine sehr zentrale Position zugesprochen bekam. Der Parteivorsitzende der FDP fand in 61 Prozent der Berichte der Tagesschau, in 125 vgl. Anhang, Tabelle 7: Vorkommen von Spitzenpolitikem in der Berichterstattung fiber FDP und BUndnis 90/Die Grianen 126 So kam Bundeskanzler Kohl in der Berichterstattung im Vorfeld der Bundestagswahl 1998 mit FDPBeteiligung in gut jedem dritten Beitrag (35 Prozent) vor, SchrOder nur in jedem vierten Beitrag (25 Prozent). In den Beitrfigen mit Berichterstattung t~ber Bt~ndnis 90/Die Grtinen fand SchrOder in 35 Prozent, Kohl in 31 Prozent Erw~ihnung. 127Das Vorkommen des damaligen Vizekanzlers Kinkel wurde in der Inhaltsanalyse nicht erfasst. 1z8 Die Prfisenz der restlichen erfassten Spitzenpolitiker ist im Anhang, Tabelle 7: Vorkommen von Spitzenpolitikern in der Berichterstattung Uber FDP und Bt~ndnis 90/Die G~nen nachzulesen.
178
Ergebnisse
55 Prozent der Beitrgge im heute-joumal und in knapp jedem zweiten Beitrag mit FDPBezug (48 Prozent) in den Tagesthemen Erw~hnung. Dass sich das Erreichen dieses angestrebten Ziels der Wahlkampffahrung for die Partei trotzdem nicht auszahlte, h ~ g t eng mit den Valenzen der Berichterstatmng zusammen: So wurde im Vergleich mit allen erfassten Spitzenpolitikem in der Berichterstattung mit FDP-Beteiligung tiber MNlemann und Westerwelle am negativsten berichtet. Der Saldo aus positiven und negativen Beitr~igen lag far MNlemann bei-81 Prozentpunkten, ~ r Westerwelle bei-16 Prozentpunkten. Im Vergleich dazu wurde tiber den Kanzler ausgewogen (+/- 0 PP) und tiber den Unionskandidaten leicht negativ berichtet (-7 PP). Die Berichterstattung fiber die FDP im Vorfeld der Bundestagswahl 2002 zeigt, dass die Spitzenpolitiker der Kleinparteien in der Medienberichterstattung ~hnlich prominent dargestellt werden k0nnen wie die Kanzlerkandidaten. Diese prominente Darstellung der Spitzenpolitiker der FDP begrtindet sich jedoch mit der Berichterstattung tiber den Konflikt um den l~ertritt des Grtinen-Abgeordneten Karsli in die FDP-Fraktion in NRW. Wurde Westerwelle bis zum 23. April 2002129 n u r in 23 Prozent der Beitr~ige mit FDP-Erw~ihnung angesprochen, war dies nach dem 23. April 2002 nunmehr in 40 Prozent der Beitr~ige der Fall. Die gleiche Entwicklung lgsst sich far die Berichterstattung tiber Jtirgen W. M611emann zeigen (12 Prozent vs. 33 Prozent). Die Berichterstattung tiber einen innerparteilichen Konflikt und nicht die tiber Sachthemen ~hrte folglich zur starken Pr~isenz der Spitzenpolitiker der FDP. Hypothese sechs ist damit falsifiziert. Hypothese sieben hingegen kann best~itigt werden. Ein Vergleich mit anderen Spitzenpolitikern der Grtinen wie Jtirgen Trittin (1998 & 2002) und Renate Ktinast (2002) verdeutlicht, dass Joschka Fischer weiterhin der Politiker der Granen ist, der am h~iufigsten im Zusammenhang mit der Grtinen-Berichterstatmng erwghnt wird. In knapp jedem flintten Beitrag, in dem die Btindnisg~nen Notiz finden, kommt auch Fischer vor. Gleichzeitig zeigt dieses Ergebnis aber auch, dass die Konzentration auf den ,,Medienstar" der Granen in der Berichterstattung im Vergleich zu den 80er-Jahren zurtickgegangen ist. In 17 Prozent der Beitr~ige von und tiber die Grtinen erschien auch Fischer namentlich. Dieser Anteil in der Berichterstattung ist weit geringer als die Anteilswerte zwischen 30 und 50 Prozent aus den 80er-Jahren (Knoche 2000). Am st~irksten ist Fischer in der Granen-Berichterstatmng in den Femsehnachrichtensenduangen von RTL (32 Prozent), Sat.1 (26 Prozent) sowie dem heute-journal (21 Prozent) und am wenigsten in Berichten von Pro7-Nachrichten (9 Prozent), der BILD-Zeitung (12 Prozent) und der Tagesschau (12 Prozent) pr~isent.
8.3.3.3
Themen der Berichterstattung tiber Kleinparteien
Von entscheidender Bedeutung fiir das Medienimage von FDP und Btindnis 90/Die Grtinen sind weiterhin die Themen, mit denen die Parteien in Verbindung gebracht werden. Ftir jeden Beitrag konnten in der durchgefiihrten Inhaltsanalyse bis zu drei Themen erfasst werden. Im Durchschnitt wurden im Untersuchungszeitraum 1998 1,9 und im Untersuchungszeitraum 2002 1,6 Themen pro Beitrag codiert. Der Entropie-Index drtickt die Themenvielfalt der Berichterstatmng aus, indem er den Anteil der im Zusammenhang mit der jeweiligen Kleinpartei berichteten Themen an allen codierten Themen erfasst. Je st~irker sich der Entropie-Wert der Ausprtigung 1 ann~ihert, desto vielf~iltiger wird tiber die jeweilige Kleinpartei berichtet. Far die Berichterstatmng 129Tag der Anktindigung Karslis, die Grtinen-Fraktion zu verlassen und in die FDP-Fraktion in NRW zu wechseln.
8.3 Berichterstattung tiber Kleinparteien in den Medien
179
fiber die FDP im Bundestagswahlkampf 1998 wurde fiber alle ausgew~ihlten 12 Medien der tagesaktuellen Berichterstattung hinweg ein Wert von 0,95 und fttr Bfindnis 90/Die Grtinen von 0,89 festgestellt, t'tir die Berichterstatmng im Bundestagswahlkampf 2002 dagegen von 0,72 bzw. 0,83.13~ Diese Ergebnisse zeigen, dass die Berichterstattung fiber kleine Koalitionsparteien vielf~iltiger ist als fiber kleine Oppositionsparteien (Abbildung 17).
Abbildung 17." Themenvielfalt in der Berichterstattung fiber kleine Regiertmgs- und kleine Oppositionsparteien
Bei der Analyse der inneren Vielfalt der Berichterstattung in den einzelnen Medien zeigt sich, dass die fiberregionalen Qualit~itszeitungen fiber beide W~ihlk~impfe hinweg das breiteste Themenspektrum bei der Berichterstattung fiber Kleinparteien aufweisen. FR und FAZ berichteten in beiden Wahlk~impfen im Zusammenhang mit der Darstellung der Kleinparteien fiber (fast) alle codierten Themen. Die Entropiewerte ~ r diese beiden Zeitungen liegen zwischen 0,9 und dem Idealwert 1. Thematisch etwas eingeschr~inkter informierten SZ und WELT, ffir die Werte zwischen 0,83 und 1 berechnet wurden. Auffiillig Nr die Berichterstattung beider Zeitungen ist, dass die kleine Koalitionspartei jeweils thematisch vielf~iltiger dargestellt wurde. Eine umfassende thematische Darstellung der Kleinparteien fiber beide Wahlk~impfe kann ffir die anderen untersuchten Medien nicht festgestellt werden. Dies trifft sowohl auf ~3o Der Riickgang des Entropie-Wertes in der Berichterstattung im Vorfeld der Wahl 2002 lasst sich damit erklaren, dass die Spendenskandale von CDU und SPD als Sachthemen definiert wurden und eine Berichterstattung t~ber die Kleinparteien zu diesem Thema nicht stattfand.
180
Ergebnisse
die Berichterstattung der BILD-Zeitung und der privaten Programme zu als auch auf die Berichterstattung der 6ffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen und-magazine. Letztere berichteten zwar im Bundestagswahlkampf 1998 genauso vielf~iltig wie die Qualit~itszeitungen fiber die Kleinparteien, jedoch l~isst die Berichterstattung im Vorfeld der Wahl 2002 zu wfinschen tibrig. So wurde in der heute-Sendung und dem heute-journal im Zusammenhang mit Darstellung der FDP nur fiber zwei Drittel der zu codierenden Themen berichtet. Die Darstellung der Grfinen ist hingegen vielf~iltiger. Hier liegt die Bandbreite der EntropieWerte zwischen 0,7 und 0,95. W~ihrend die Kleinparteien in den Fernsehnachrichtensendungen der privaten Programme im Bundestagswahlkampf 1998 thematisch ~ihnlich breit wie in den tiffentlichrechtlichen Sendern dargestellt wurden, fallen sie bei der Darstellung von FDP und Bfindnis 90/Grfine im Bundestagswahlkampf 2002 ab. In ihrer Themenbreite sehr begrenzt blieben die Pro7-Nachrichten mit Entropie-Werten von jeweils 0,3. Dies zeigt, dass in den Pro7-Nachrichten nicht nur die wenigsten wahlrelevanten Informationen geboten wurden, sondern dass diese auch thematisch stark verknappt waren. 131 Der Entropie-Index l~isst jedoch nur eine grobe Aussage zu, ob fiber Kleinparteien thematisch vielf~iltig berichtet wird. Er berficksichtigt nicht die Quantit~it der Berichterstattung fiber die jeweiligen Themen, sondern erfasst nur dichotom, ob oder ob nicht berichtet wird. Um zu genaueren Aussagen tiber die Thematisierungsvielfalt in der Berichterstattung fiber Kleinparteien zu gelangen, mtissen weitere Untersuchungen zur Quantit~it der Berichterstattung fiber ein jedes Thema durchgefiahrt werden. Eine erste grobe Analyse stellt dabei die Differenzierung zwischen den Themendimensionen der ,politics'- und der ,policy'Themen dar. Hypothese acht behauptet, dass fiber Kleinparteien st~irker aus der Perspektive der ,politics'-Themen berichtet wird als fiber Grol3parteien. Um die Hypothese zu prtifen, wurden die erfassten Themen den jeweiligen Themendimensionen, den Sachthemen (,policy'Themen) und der Thematisierung des Wahlkampfes (,politics'-Themen), zugeordnet. 132 Kamen im Beitrag Themen beider Bereiche vor, wurden diese bei der Auswertung auch ft~ beide Themendimensionen berficksichtigt. Somit addieren sich die Anteile beider Themendimensionen nicht zu 100 Prozent auf.133 Die Bedeutung der Berichterstattung fiber den Wahlkampf aus der Perspektive der Kandidaten, der Parteien und der Wahlkampffaahmng l~isst sich auf zwei verschiedenen Wegen erfassen: fiber deren absoluten Anteil an der Gesamtberichterstattung oder fiber das Verh~iltnis beider Themendimensionen. Fttr den Hypothesentest wurden beide Indikatoren verwendet, da die Vorteile des einen lndikators die Nachteile des anderen jeweils aufwiegen. 134
131 Die genauen Entropiewerte pro Medium und Partei finden sich im Anhang, Tabelle 8: Entropie-Index der Berichterstattung tiber die Kleinparteien ~3z politics-Themen: Kandidaten, Parteien, Wahlkampf, policy-Themen: Arbeitsmarkt, Steuern, Sozialsystem, Risikotechnologien, Europ~iische Integration, Zustand von Staat und Politik, Bundeswehr, Innere Sicherheit, sozialer Zustand des Gemeinwesens, Bildung, Staatsverschuldung, Ausl~inder/Asylanten, Finanzkrise, Europ~iische W~ihrungsunion, sonstige Sachthemen; nur 2002: Parteienskandal CDU/SPD, Antisemitismus. 133 Mehrfachnennungen sind somit m0glich. In jedem ftinften Beitrag (1998:19 Prozent; 2002:20 Prozent) wurde sowohl ein politics- als auch ein policy- Thema angesprochen. 134 Die Darstellung der absoluten Anteilswerte hat den Vorteil, dass der Umfang der Berichterstattung aus der Perspektive der politics-Themen deutlich wird. Da jedoch in einem Beitrag sowohl politics- als auch policyThemen codiert werden konnten, macht dieser Wert die Relation zwischen beiden Themendimensionen nicht
8.3 Berichterstattung tiber Kleinparteien in den Medien
181
Bei der Ausz~ihlung des Anteils der ,politics'-Themen an der Berichterstattung tiber die einzelnen Parteien zeigt sich, dass es keine Unterschiede hinsichtlich der Struktur der Medienberichterstattung zwischen Klein- und GroBparteien gibt. Vielmehr ist die Stellung der Parteien im politischen System entscheidend far deren mediale Pr~isentation. Die Berichterstattung tiber die Oppositionsparteien war im Vorfeld der beiden Bundestagswahlen st~irker von ,politics'-Themen gepr~igt als die Berichterstattung tiber die Regierungsparteien. So standen die Partei, der Wahlkampf und die Spitzenkandidaten in drei Viertel der Beitr~ige tiber die oppositionellen Kleinparteien im Zentrum der Berichterstattung (Btindnis 90/Die Grtinen 1998:76 Prozent; FDP 2002:71 Prozent). Ftir die GroBparteien wurden zum Vergleich Anteile von 73 Prozent (SPD 1998) und 58 Prozent (Union 2002) festgestellt. Setzt man den Anteil beider Themendimensionen ins Verh~ilmis, so kristallisiert sich heraus, dass nicht nur tiber Kleinparteien sondern im Allgemeinen tiber Oppositionsparteien tiberdurchschnittlich aus der Perspektive von Kandidaten, Parteien und Wahlkampf, also den ,politics'-Themen, berichtet wird. So weist das Verh~ilmis zwischen dem Anteil der Beitr~ige, in denen Wahlkampfthemen und in denen Sachthemen verschltisselt wurden, bei den Oppositionsparteien- mit Ausnahme der Unionsparteien in der Berichterstattung im Vorfeld der Wahl 2 0 0 2 - stets hOhere Werte zu Gunsten der Wahlkampfthemen aus. So kamen in der Berichterstattung tiber die Btindnisgrtinen und die SPD in der Berichterstattung tiber den Bundestagswahlkampf 1998 auf einen Sachthemenbeitrag knapp 1,6 bzw. 1,5 Beitr~ige, in denen ein Wahlkampfthema codiert wurde. Ftir die Regierungsparteien betrugen diese Koeffizienten nur je 1,2, was fl~ eine relativ umfangreiche Sachthemenberichterstattung spricht. In der Berichterstattung im Vorfeld der Bundestagswahl 2002 findet sich das gleiche Muster. Ober die Oppositionsparteien und in diesem Fall im Besonderen tiber die FDP wurde st~irker aus der Perspektive des Wahlkampfes als Thema berichtet als tiber die Koalitionsparteien. Auf eine Sachthemencodierung im Zusammenhang mit der Berichterstattung tiber die FDP entfielen 1,2 Beitr~ige, in denen Kandidaten, Wahlkampf~hrung oder die Partei selbst thematisiert wurde. Bei den anderen drei untersuchten Parteien tiberwog die Darstellung im Zusammenhang mit Sachthemen, wobei die Regierungsparteien noch st~irker tiber Sachthemen dargestellt wurden als die oppositionelle Union (Koeffizient: 0,89). Der Befund der st~irkeren Berichterstattung im Zusammenhang mit Sachthemen Risst sich mit der zentralen Position der Regierung und der sie tragenden Parteien im politischen System erkRiren. Wie die Auswertung der in den Bundestag eingebrachten Gesetzesinitiativen und vor allem der verabschiedeten Gesetze zeigt, sind Regierung und Mehrheitsfi'aktionen die dominanten Akteure. Die Hypothese acht ist somit falsifiziert. Nicht generell Kleinparteien werden st~irker aus der Perspektive der Wahlkampf~hrung, Kandidaten und Parteien dargestellt, sondern die Oppositionsparteien im Allgemeinen (Tabelle 21).
deutlich. Diese Relation wird nur tiber den zweiten Indikator ersichtlich. Jedoch lasst sichaus dem Verhaltnis beider Themendimensionen allein deren absolutes Vorkommen nicht eindeutig bestimmen.
182
Ergebnisse
Tabelle 21." AnteiI an Beitr~igen mit ,politics'- & ,policy'-Themen in den Medien Wahlkampf 1998
Wahlkampf 2002
,politics'Themen
,policy'Themen
Index*
,politics'Themen
,policy'Themen
Index*
FDP
65
55
1,18
71
59
1,20
Unionsparteien
65
54
1,20
58
67
0,87
B 90/Grt~ne
76
49
1,55
56
71
0,79
SPD
73
49
1,49
53
70
0,76
Durchschnitt
70
52
1,35
60
67
0,89
*Verh~iltnis ,politics'- und ,policy'-Themen Prozent, Fallzahlen zwischen 1.519 und 4.559 (2002) und 2.390 und 5.033 Beitrfige (1998)
Zieht man einen Vergleich fiber beide Bundestagswahlen, so war die Berichterstattung fiber den Wahlkampf 1998 st~irker von ,politics'-Themen gepr~igt als die im Vorfeld der Wahl 2002. Sowohl fiber die Regierungs- als auch fiber die Oppositionsparteien wurde anteilig mehr fiber den Wahlkampf als fiber Sachthemen ver6ffentlicht (Tabelle 21). Somit l~isst sich die von Patterson (1993" 58) fi~ die USA festgestellte Entwicklung einer permanenten Zunahme der Berichterstattung aus der Perspektive der ,politics'-Themen in diesem Fall fOr Deutschland nicht nachzeichnen. Die Aussagekraft der vorliegenden Ergebnisse wird jedoch durch die geringe Anzahl von Messzeitpunkten (n = 2) eingeschr~inkt. Jedoch zeigte schon die Langzeitstudie von Wilke und Reinemann zur Berichterstattung tiber die Kanzlerkandidaten, dass in der deutschen Wahlkampfberichterstattung eine lineare Zunahme der Berichterstattung aus der ,politics'-Perspektive nicht ersichtlich ist (Wilke, Reinemann 2000:171 ff.). Aufbauend auf der Argumentation Fallows, dass die Berichterstattung aus der Perspektive der ,politics'-Themen aufgrund der steten Kommerzialisierung des Fernsehens zunimmt (Fallows 1996), wird in Hypothese neun die Annahme formuliert, dass die Fernsehnachrichtensendungen der privaten Sender im Gegensatz zu denen der 6ffentlichrechtlichen Sender und der Berichterstattung der Qualit~itszeimngen die Kleinparteien st~irker aus der Perspektive des Wahlkampfes und seiner Rituale pr~isentieren. Als Indikator ~ r die umfangreichere Darstellung ausder Perspektive des Wahlkampfes in der Berichterstattung fiber Kleinparteien wurde das Verh~ilmis zwischen ,politics'- und ,policy'-Themen gew~lt. Je h6her der Indexwert ist, desto grt~ger ist auch der 121berhang der Berichterstattung aus der Perspektive des Wahlkampfes im Vergleich zu den Sachthemen. Die Datenanalyse ergab, dass fi~ beide Kleinparteien sowohl im Bundestagswahlkampf 1998 als auch 2002 in den Fernsehnachrichtensendungen der privaten Programme sowie in der Berichterstattung der BILD-Zeitung der gr6gte l)berhang von ,politics'-Themen gegenfiber Sachthemen festzustellen ist. Auf ein Sachthema in der FDP-Berichterstattung im Vorfeld der Bundestagswahl 1998 kamen in den privaten Femsehnachrichten 1,6 Beitrgge, in der BILD-Zeitung 1,5 Beitrgge, in den 6ffentlich-rechtlichen Programmen 1,2 Beitr~.ge und in den Qualit~itszeitungen 1,1 Beitrgge, in denen Kandidaten, die Wahlkampf~hrung oder die Partei selbst im Mittelpunkt standen. In der Berichterstattung fiber die Bfindnisgrfinen ist
183
8.3 Berichterstattung tiber Kleinparteien in den Medien
dieses Verh~iltnis noch st~irker zu Gunsten der ,politics'-Themen verschoben. Hier kamen auf einen Beitrag mit Sachthemencodierung 2,1 Beitr~ige in der BILD-Zeitung und 1,9 Beitr~ige in den Nachrichtensendungen der Privaten tiber den Wahlkampf, die Parteien oder die Kandidaten. Das gleiche Muster findet sich in der Berichterstattung im Vorfeld der Wahl 2002. BILD-Zeitung und Nachrichten der privaten Fernsehprogramme legen bei der Darstellung der Parteien besonderen Wert auf das so genannte ,,Game-Schema" (Patterson 1993:51), mit dem eine Berichterstatmng aus der Perspektive der Erfolgsaussichten der Parteien bzw. der Strategien der Wahlkampffiahrung gemeint ist. Eine Angleichung der Qualit~itszeitungen oder der Nachrichtensendungen und -magazine der tiffentlichrechtlichen Sender an die dem ,,Game-Schema" unterliegenden Kriterien der Themenauswahl ist nicht zu verzeichnen (Tabelle 22). 135 Hypothese neun ist somit verifiziert" Die BILD-Zeitung sowie die Fernsehnachrichtensendungen der Privaten stellen die Rituale des Wahlkampfes in ihrer Berichterstattung tiber Kleinparteien st~irker in den Mittelpunkt als die Qualit~itszeitungen und die 6ffentlichrechtlichen Fernsehsender. Tabelle 22." Verh~iltnis der ,politics'- & ,policy'-Themen in der Berichterstattung Wahlkampf 1998
Wahlkampf 2002
FDP
B90/Griine
FDP
Griine
Private Programme
1,6
1,9
1,4
0,8
BILD
1,5
2,1
2,4
0,9
Off.-rechtl. Programme
1,2
1,7
1,0
0,7
Qualitatszeitungen
1,1
1,7
1,2
0,8
Verhdiltnis ,politics' und ,policy '-Themen (QuotienO Fallzahlen zwischen 1.519 und 4.559 (2002) und 2.390 und 5.033 Beitrdige (1998)
Im Falle der FDP Risst sich der hohe Anteil der ,politics'-Themen in der Berichterstattung im Vorfeld der Bundestagswahl 1998 vor allem auf die Thematisierung von Auseinandersetzungen innerhalb der Partei, die Thematisierung der Wahlkampffiihmng und weniger auf die Auseinandersetzung mit den Kanzlerkandidaten zurfick~hren. In 40 Prozent der Beitr~ige wurde die Partei und in 37 Prozent die Wahlkampf~hrung und nur in 14 Prozent die Kanzlerkandidaten als Thema verschltisselt. Die starke Betonung der Themen Partei und Wahlkampffdhmng l~isst sich auf die Berichterstattung tiber die internen Streitigkeiten zwischen dem damaligen Parteivorsitzenden Gerhardt und den Bundesministern auf der einen Seite und dem Generalsekret~ir Westerwelle auf der anderen Seite tiber die Positionierung der FDP gegentiber dem groBen Koalitionsparmer zurtick~hren. Westerwelle sah die Zukunft der FDP nicht in der Anpassung an den groBen Koalitionsparmer, sondern in der J35 Die starkere Betonung des Wahlkampfes als Thema der Berichterstattung in der BILD-Zeitung und in den Nachrichtensendungen der Privaten lasst sich auch filr die GroBparteien nachzeichnen. Sowohl SPD als auch Unionsparteien wurden im Vorfeld beider Bundestagswahlen hier starker aus der ,politics'-Dimension dargestellt als in den Nachrichtensendungen und-magazinen der 6ffentlich-rechtlichen Sender bzw. in den Qualitatszeitungen.
184
Ergebnisse
Schaffung eines eigenst~indigen Profils, das die Liberalen von den anderen Parteien abgrenzt (Bergmann 2002: 195ff.). Dieser Konflikt zog sich durch den gesamten Bundestagswahlkampf und ~iul3erte sich auch in einer schlingemden Wahlkampfstrategie, die zunachst die FDP als Partner der Union kommunizierte und nach dem schlechten Abschneiden bei der Landtagswahl in Bayem im September 1998 (1,7 Prozent) zu einer Alleinstellungsstrategie wechselte (ebenda: 204ff.). In jedem siebten Beitrag (15 Prozent), in dem die FDP erw~ihnt wurde, war die Partei selbst das Thema, in weiteren 14 Prozent wurde das Verh~ilmis zwischen den Unionsparteien und der FDP thematisiert. Die Wahlkampfberichterstattung tiber Btindnis 90/Die Grtinen war 1998 noch st~irker als die der FDP von den ,politics'-Themen dominiert. In gut jedem zweiten Beitrag war die Partei (54 Prozent), in 46 Prozent die Wahlkampf~hrung und in 14 Prozent die Kanzlerkandidaten Thema der Berichterstattung. Die starke Konzentration auf die ,politics'Themen l~isst sich mit der hohen Fluktuation der Ftihrungspolitiker im Vorstand der Partei als auch mit dem strukturellen Aufbau der Partei, der den einzelnen Gliedern weitgehende Autonomie zugesteht, erkl~iren (Raschke 1993). Beide Komponenten trugen dazu bei, dass die Grtinen zu einer schwer einzusch~itzenden politischen GrOfSe wurden und zwar gerade dann, wenn es um grundlegende Sachentscheidungen ging. Letzteres wurde unter anderem bei der Ablehnung des aul3enpolitischen Antrages zum SFOR-Einsatz der Bundeswehr auf dem Magdeburger Parteitag deutlich. Die Basis lehnte mit einer Stimme Mehrheit einen vonder Bundestagsffaktion eingebrachten Antrag zur Verl~ingerung des Mandats auf dem Balkan ab. Im Anschluss wurde die Frage aufgeworfen, ob die GrOnen tiberhaupt regierungsf~ihig seien (Bergmann 2002:178ff.). Femer zeigte das in der (3ffentlichkeit ausgetragene Ringen zwischen dem fundamentalistischen und dem realpolitischen Fltigel, dass die Partei noch nicht gefestigt war. In der Wahlkampfberichterstattung tiber die FDP im Vorfeld der Bundestagswahl 2002 waren unter den ,politics'-Themen die Wahlkampf~hrung der FDP mit einem Anteil von 43 Prozent sowie die innerparteilichen Konflikte und Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit den )i,ul3erungen Jtirgen W. M~llemanns gegentiber Friedmann und Scharon mit einem Anteil von 42 Prozent die zentralen Themen der Berichterstattung. Obwohl Westerwelle vonder Partei zum Kanzlerkandidaten ausgerufen wurde, waren die Kandidaten nur in 8 Prozent der Beitr~ige mit FDP-Beteiligung ein Thema. Jedoch hatte die Berichterstattung tiber diese Themen ffir die Partei nur einen begrenzten Nutzen. Der Saldo aus positiven und negativen Beitragen war ftir die Themen Kandidaten und Partei mit-39 Prozentpunkten und -33 Prozentpunkten stark negativ. Gem~il3igt negativ war hingegen die Valenz der Berichterstattung, wenn es um die Wahlkampf~hrung der Partei ging. Hier betr~igt der Saldo -12 Prozentpunkte. Auff~illig sind die starken Schwankungen bei der Bewertung letztgenannten Themas. W~ihrend der Saldo im April mit +62 Prozentpunkten sehr positiv ist, kehrt er sich im Mai und Juni mit Werten von-35 und -44 Prozentpunkten in das andere Extrem. 136 Dies zeigt, dass die Neuerung des SpaBwahlkampfes- ~ihnlich wie im Falle der Kampa 1998 - von den Joumalisten zun~ichst positiv aufgenommen wurde (Donsbach 1999b). Bei Btindnis 90/Die GrOnen war die Wahlkampfl~hrung ebenfalls das dominante Thema, schlieBlich wurde er in jedem dritten Beitrag, in dem die Partei Erw~ihnung fand, thematisiert. Es folgte mit 24 Prozent die Partei selbst als Thema. ~ l i c h wie bei der FDP 136Die weiteren Monatssalden sind: Juli +8 Prozentpunkte, August -10 Prozentpunkte, September -5 Prozentpunkte
8.3 Berichterstattung tiber Kleinparteien in den Medien
185
spielte das Thema Kanzlerkandidaten innerhalb der ,politics'-Themen mit einem Anteil von 9 Prozent eine eher untergeordnete Rolle. Auch die Grtinen konnten von der Berichterstattung tiber diese Themen nicht profitieren. Der Saldo der Berichterstattung war far die Themen Kandidaten (-29 PP), Partei (-13 PP) und Wahlkampffdhmng (-21) negativ (Tabelle 23). Der Vergleich der Berichterstattung tiber FDP und Btindnis 90/Die Grtinen zeigt, dass sich die Struktur der Berichterstattung tiber den Wahlkampf als Thema bei der FDP nicht ver~indert hat. Die Themen Wahlkampf~hrung und Partei haben ungef~ihr den gleichen Anteil an der Gesamtberichterstattung tiber die Partei. Hingegen ist ~ r Btindnis 90/Die Grtinen festzustellen, dass die Berichterstattung tiber die Partei um die H~ilfte und die Thematisierung der Wahlkarnpfffihrung um ein Drittel zu~ckgegangen sind. Insgesamt spielt die Thematisierung der Kanzlerkandidaten in der Berichterstattung tiber Kleinparteien in beiden Wahlk~impfen nur eine untergeordnete Rolle. Im Vergleich zu den GroBparteien zeigt sich jedoch nur l~r oppositionelle Kleinparteien eine starkere Betonung der ,politics'Themen nicht aber ffir kleine Koalitionsparteien. So war der Anteil der Thernatisierung des Wahlkampfes 1998 bei der FDP mit 65 Prozent genau so hoch wie bei den Unionsparteien und niedriger als bei der SPD (73 Prozent). Im Falle der G~nen lasst sich gleiches ~ r die Berichterstattung im Jahr 2002 zeigen. Mit einem Anteil von 54 Prozent ,politics-Themen' lag der Wert genau so hoch wie ftir die SPD und unter dem ftir die Unionsparteien (59 Prozent). Hypothese zehn ist somit falsifiziert. Tabelle 23."
Anteil der einzelnen ,politics'-Themen in der parteipolitischen Berichterstattung Wahlkampf 1998
Wahlkampf 2002
FDP
B90/Griine
FDP
Griine
Private Programme
1,6
1,9
1,4
0,8
BILD
1,5
2,1
2,4
0,9
Off.-rechtl. Programme
1,2
1,7
1,0
0,7
Qual it~itszeitungen
1,1
1,7
1,2
0,8
Verhdiltnis ,politics' und ,policy '-Themen (QuotienO Fallzahlen zwischen 1.519 und 4.559 ('2002) und 2.390 und 5.033 Beitra'ge (1998)
Was die Bev61kerung tiber die Positionen der Kleinparteien zu einer Vielzahl von Sachthemen aus den Medien entnehmen konnte, wird im Folgenden diskutiert. Aufgrund des Forschungsstandes zur Berichterstattung tiber die Grtinen wurde die Hypothese aufgestellt, dass Kleinparteien thematisch enger dargestellt werden als GroBparteien. Die der Auswertung zu Grunde liegende Themenliste umfasst insgesamt 16 Sachthemen, die nach inhaltlichen Kriterien zusammengestellt wurden. Aufgrund der politischen Lage konnte die Themenliste fiar die Analyse der Berichterstattung irn Vorfeld der Wahlen 1998 und 2002 nicht konstant gehalten werden. Die existierende Themenliste wurde ftir die Analyse der Berichterstattung 2002 um die drei Themen Antisemitismus, Parteispendenskandale der CDU und der SPD erweitert und um ein Thema, Europ~iische W~ihrungsunion, reduziert.
186
Ergebnisse
Ftir die Auswertuang der Sachthemenberichterstattung stehen zwei M/Sglichkeiten der Prozentuierung zur Verfiigung: Zum einen kann auf der Grundlage aller Beitr~ige mit Beteiligung einer Partei mit Sachthemencodierung und zum anderen auf Grundlage s~imtlicher Beitr~ige mit Beteiligung einer Partei prozentuiert werden. Ftir die Anwendung letzterer Variante spricht, dass neben dem Verh~ilmis der Sachthemen untereinander auch der Anteil der Sachthemen an der Gesamtberichterstattung fiber eine Partei dargestellt werden kann. Dieses Vorgehen wurde far die folgende Analyse angewendet.
Abbildung 18." Sachthemenprofil der FDP in den Medien
Besonders h~iufig wuxden in der Berichterstattung mit FDP-Beteiligung im Vorfeld der Bundestagswahl 1998 die Themen Arbeitsmarkt (9 Prozent), Steuern (8 Prozent), Ausl~inder und Asylanten (8 Prozent) sowie Innere Sicherheit (7 Prozent) angesprochen. Die Berichterstattung im Vorfeld der Bundestagswahl 2002 war hingegen auf der Sachthemenebene gepr~igt von den Themen Antisemitismus (13 Prozent) und Zustand von Staat und Politik (8 Prozent), bei dem vor allem die Glaubwardigkeit von Politikern als Thema verschltisselt wurde. Hier spiegelt sich vorrangig die publizistische Auseinandersetzung mit der MOllemann-Affiire und deren Folgen wider. Andere Sachthemen kamen im Zusammenhang mit der FDP-Berichterstattung faktisch nicht vor. Die FDP war in der Berichterstattung bezaglich der zentralen Sachthemen des Wahlkampfes eine eher gesichtslose Partei. Nur in jedem 20. Beitrag mit FDP-Beteiligung wurden die Themen Arbeitsmarkt oder Steuern angespro-
8.3 Berichterstattung tiber Kleinparteien in den Medien
187
chen. Ftir alle weiteren Sachthemen wurden Werte von unter 5 Prozent gemessen (Abbildung 18). 137 Btindnis 90/Die Grfinen wurden in der Berichterstattung zum Bundestagswahlkampf 1998 am h~iufigsten mit den Themen Steuern (12 Prozent), Risikotechnologien (8 Prozent), Innere Sicherheit (6 Prozent) und Arbeitsmarkt (5 Prozent) in Verbindung gebracht. In diesen Themen spiegeln sich die zentralen Themen der Grtinen im Vorfeld der Wahl 1998 wider, die Auseinandersetzung mit dem 5 DM Benzinpreisbeschluss sowie der Protest gegen die Atommtilltransporte ins atomare Endlager nach Gorleben. Die Berichterstattung tiber die Btindnisgrtinen im Vorfeld der Bundestagswahl 2002 war hingegen thematisch breiter. Neben dem schon im Zusammenhang mit der FDP angesprochenen Thema Zustand von Staat und Politik wurden die Themen Risikotechnologien (8 Prozent), Arbeitsmarkt (7 Prozent), Bundeswehr (7 Prozent) und Steuern (6 Prozent) in der Berichterstattung tiber die Grfinen besonders betont (Abbildung 19).
Abbildung 19." Sachthemenprofil von Btindnis 90/Die G~nen in den Medien
137 Wie sehr die Diskussion um den Beitritt des ehemaligen Grfinen-Landtagsabgeordneten in NordrheinWestfalen, Jamal Karsli, und die Antisemitismusvorwiirfe M011emanns gegen Michel Friedmann das Bild der FDP in den Medien veranderten, macht ein Vergleich der Berichterstattung vor und nach den Aul3erungen M011emanns gegentiber Friedman im Mai 2002 deutlich. So war der Anteil der Sachthemen an der Gesamtberichterstattung tiber die FDP zwischen April und Mitte Mai vergleichbar mit dem Anteil der Sachthemenberichterstattung tiber andere Parteien. Das Themenspektrum der Berichterstattung tiber die FDP war insgesamt breiter und die Valenz der Berichterstattung tiber die FDP war weit positiver. Zwischen April und Mitte Mai wurden tiber die FDP mehr positive als negative Beitrage ver0ffentlicht, was keiner anderen Partei im Wahlkampf gelang.
188
Ergebnisse
Die Darstellung der Themen, mit denen die Kleinparteien am h~iufigsten in der Berichterstattung in Zusammenhang gebracht wurden, illustriert deutlich, welche Themen im Mittelpunkt der Berichterstattung fiber FDP und Bfindnis 90/Die Grfinen standen. Jedoch sind Aussagen fiber eine Ober- oder Unterbetonung bestimmter Themen nur mit Hilfe eines Vergleichs der Berichterstattung mit der fiber GroBparteien m6glich. Daher wurde der Anteil eines jeden Sachthemas in der Berichterstattung einer jeden Kleinpartei mit dem durchschnittlichen Vorkommen des Themas in der Berichterstattung tiber die GroBparteien in Beziehung gesetzt. Der dazu gebildete Indexwert gibt schlieBlich darfiber Auskuanft, wie stark die Berichterstattung fiber das jeweilige Sachthema differiert. Indexwerte fiber 100 bedeuten, dass das jeweilige Thema im Zusammenhang mit der Darstellung der jeweiligen Kleinpartei st~irker betont wurde, Indexwerte unter 100 zeigen an, dass das jeweilige Thema in der Berichterstattung tiber die GroBparteien eine st~irkere Rolle spielte. ~38 Zur besseren Anschaulichkeit wurden die Indexwerte kategorisiert. Werte bis 90 wurden in die Gruppe der unterdurchschnittlichen, Indexwerte zwischen 90 und 110 in die durchschnittlichen und Indexwerte fiber 110 in die Gruppe der fiberdurchschnittlichen Berichterstattung zusammengefasst. 139 Wie schon bei der Ausz~ihlung des Anteils an ,politics'-Themen in der Berichterstattung zeigt sich ebenfalls auf der Ebene einzelner Sachthemen, dass nicht die Berichterstattung fiber Kleinparteien generell thematisch eingeschr~inkter ist als die fiber GroBparteien, sondem dass dies nur auf oppositionelle Kleinparteien zutrifft. Die Berichterstattung tiber kleine Koalitionsparteien ist thematisch ~ihnlich breit wie die fiber die GroBparteien. So kann ffir die FDP-Berichterstattung im Vorfeld der Bundestagswahl 1998 festgehalten werden, dass nur die Berichterstattung fiber die Sachthemen Risikotechnologien, Europ~iische W~ihrungsunion und Finanzlwise unterdurchschnittlich ist. 0berdurchschnittliche Aufmerksamkeit erhielten die sechs Themen Ausl~inderpolitik, Wirtschaftliche Lage, Arbeitsmarkt, Europ~iische Integration, Innere Sicherheit und Sozialabgaben. Ober die verbleibenden fiJnf Themen wurde in gleichem Umfang wie bei den GroBparteien berichtet. .~nliche Strukturen weist die Berichterstattung fiber Bfindnis 90/Die Grfinen im Vorfeld der Bundestagswahl 2002 auf: So findet sich von den 17 erhobenen Sachthemen lediglich bei ffinf Themen eine im Vergleich zu den GroBparteien unterdurchschnittliche Berichterstattung. Zu diesen Themen geh6ren die Ausl~inderpolitik, Sozialabgaben, Bildung sowie die Parteispendenskandale der beiden GroBparteien. Oberdurchschnittlich wurde dagegen fiber die ~ n f Sachthemen Risikotechnologien, Zustand von Staat und Politik, Antisemitismus, Europ~iische Integration sowie Arbeitsmarkt berichtet. Bei den verbleibenden sieben Themen war keine Abweichung in der Intensit~it der Berichterstattung gegenfiber den GroBparteien ersichtlich. Eine deutliche thematische Einschr~inkung charakterisiert hingegen die Berichterstatrang fiber oppositionelle Kleinparteien. So war der Anteil der Berichterstattung tiber Bfindnis 90/Die Grfinen im Vorfeld der Bundestagswahl 1998 bei sieben der 15 codierten Sach138Ftir die Unterschiedsinterpretation wurden nur signifikante Unterschiede (p< 0,05) zwischen den Anteilen der jeweiligen Sachthemen an der Berichterstattung tiber eine Partei erfasst. Aufgrund der Amplitude der Fehlertoleranz k0nnen Unterschiede nur als signifikant gelten, wenn eine Differenz von 2 Prozentpunkten zwischen den Werten zu verzeichnen ist. 139Die Bestimmung der Grenzwerte geschah aus rein heuristischen Zwecken. Als Grenzen fur eine durchschnittliche Berichterstattung wurde eine 10prozentige Ober- oder Unterschreitung des ermittelten statistischen Durchschnittswerts zugelassen. Jede Abweichung tiber der 10 Prozentmarke wurde als tiberdurchschnittliche bzw. unterdurchschnittliche Berichterstattungdefiniert.
8.3 Berichterstatmng tiber Kleinparteien in den Medien
189
themen unterdurchschnittlich und nur bei zwei Themen (Risikotechnologien und Steuem) tiberdurchschnittlich. Bei den verbleibenden Themen konnte eine durchschnittliche Berichterstattung festgestellt werden. Noch st~irker eingegrenzt war die Berichterstattung tiber die FDP im Vorfeld der Bundestagswahl 2002. Bei 14 von 17 Sachthemen lag der Anteil dieser Themen an der FDP-Berichterstattung unter dem Durchschnitt der GroBparteien. Nur bei den Themen Antisemitismus und Zustand von Staat und Politik konnte eine tiberdurchschnittliche Berichterstatmng gemessen werden, beim Thema Steuern entsprach der Anteil der Berichterstattung dem der GroBparteien (Abbildung 20). Die Hypothese muss somit als falsifiziert gelten: Die thematische Breite in der Berichterstattung ist nicht abh~ingig von der Gr6Be der Partei, sondern von ihrer Stellung im System. Die Daten belegen deutlich, dass kleine Koalitionsparteien hinsichtlich der Sachthemenberichterstattung den Grogparteien nicht nachstehen, w~ihrend die thematische Breite bei oppositionellen Kleinparteien stark eingeschr~inkt ist. Gleichzeitig k6nnen die Befunde von Knoche und Lindgens (1993) zur thematisch eingeschr~inkten Darstellung von Btindnis 90/Die Grtinen gesttitzt werden, da zum Untersuchungszeitpunkt beider Autoren die Granen die einzige oppositionelle Kleinpartei im politischen System der Bundesrepublik waren. Die Interpretation des Zusammenhangs zwischen dem Grad der Etablierung einer Partei im politischen System und der Sachthemenberichterstattung muss jedoch zurtickgewiesen werden. Die vorliegende Studie zeigt, dass die thematisch eingeschr~inkte Berichterstattuang fiir zwei unterschiedliche etablierte oppositionelle Kleinparteien zutreffend ist.
Abbildung 20: Anteil der Themen mit unterdurchschnittlicher Berichterstattung
190
Ergebnisse
Femer ergab die Auswermng, dass es im Zusammenhang mit der Berichterstattung tiber Kleinparteien typische Themen far eine jede Partei gibt. So wurde das Thema Risikotechnologien in der Berichterstattung tiber Bttndnis 90/Die Grtinen sowohl in deren Oppositions- als auch in ihren Regierungszeit tiberdurchschnittlich berichtet, bei der FDP wurde die Finanzkompetenz der Partei bei Thema Steuem in beiden Wahlk~impfen tiberdurchschnittlich betont.
8.3.4
Valenzen der Sachthemenberichterstattung
Neben der Bandbreite der berichteten Themen ist fiir das 6ffentliche Bild der Kleinparteien zentral, welchen Eindruck die Medienberichterstattung fiber sie beim durchschnittlichen Leser bzw. Femsehzuschauer hinterl~isst. Um diese Frage zu beantworten, wurde die Valenz der Darstellung der Kleinparteien generell und themenspezifisch ausgez~ihlt. Zun~ichst l~isst sich fiber alle Beitr~ige mit codierten Bewertungen feststellen, dass es keine Benachteiligung der Kleinparteien gegentiber den GroBparteien hinsichtlich der Valenz der Medienberichterstattung fiber sie gibt. Befunde, wie zum Beispiel zur negativen Darstellung der Grtinen in den 80er Jahren (Roemheld 1987), k6nnen nicht best~itigt werden. Dennoch wurden im Bundestagswahlkampf 1998 mehr negative als positive Beitr~ige fiber die Kleinparteien publiziert. Das Valenzsaldo fiir die FDP betrug-17 Prozentpunkte, fiJr die Grtinen -16 Prozentpunkte. Im Vergleich dazu konnte fiir die Unionsparteien eine noch schlechtere Berichterstattung (-24 Prozentpunkte) und fiJr die SPD eine leicht positive Berichterstattung (+5 Prozentpunkte) festgestellt werden. Auch vor der Bundestagswahl 2002 wurden tiber die Kleinparteien hinsichtlich der Valenz nicht negativer berichtet als tiber die GroBparteien ab. Das positivste Medienbild hinterlieB die Union, tiber die nur etwas mehr negative als positive Beitr~ige publiziert wurden (-6 Prozentpunkte). Mit einem Saldo von- 13 Prozentpunkten belegen die Btindnisgrtinen in diesem Ranking den zweiten Platz, gefolgt von der SPD mit einem Wert von -23 Prozentpunkten. l/lber die FDP wurde im Vorfeld der Bundestagswahl 2002 am negativsten berichtet. Bei den Liberalen tiberstieg der Anteil der negativen Beitr~ige den der positiven um 27 Prozentpurnkte. Im Vergleich beider Wahlk~npfe war die Valenz der Darstellung der Bthndnisgrtinen ungef~ihr gleich, die FDP wurde hingegen 2002 negativer als 1998 dargestellt. Die Auswertung der themenspezifischen Valenz der Darstellung der Kleinparteien bei Sachthemen zeigt, dass es fiir FDP und Btindnis 90/Die Grtinen in beiden Wahlk~impfen jeweils Themen gibt, bei denen die Parteien tiberdurchschnittlich positiv bzw. negativ dargestellt werden. Zu den Themen mit positivem Medienecho for die FDP z~ihlen Bundeswehr, Bildungspolitik, Innere Sicherheit, Steuern und Arbeitsmarkt. Bei den Bttndnisgrtinen trifft dies auf die Themen Risikotechnologien, Innere Sicherheit und Ausl~inderpolitik zu. Bei all diesen Themen lagen die Valenzen der Berichterstattung weit tiber dem Durchschnitt der Partei. Ein eher schlechtes Medienecho erh~ilt die FDP hingegen bei den Themen Staatsverschuldung und Risikotechnologien. Die Grtinen wurden in beiden Wahlk~impfen im Zusammenhang mit den Themen Bundeswehr und wirtschaftliche Lage tiberdurchschnittlich negativ dargestellt. Bei allen anderen Themenbereichen ist tiber beide Wahlk~impfe keine konstant positive oder negative Darstellung der Kleinparteien zu verzeichnen.
8.3 Berichterstattung tiber Kleinparteien in den Medien
191
Es zeigt sich, dass die Valenz der Darstellung bei denen ~ r die jeweilige Partei typischen Themen auch positiv ist. Bei den Btindnisgrtinen trifft dies auf das Thema Risikotechnologien, bei der FDP auf das Thema Steuern zu. Aufgrund der unterschiedlichen Intensit~it der Berichterstattung tiber diese typischen Themen wurde das Medienbild der Grtinen st~irker vonder positiven Berichterstattung tiber die Risikotechnologien gepragt als das Medienbild der FDP durch die Berichterstattung tiber das Thema Steuern.
8.3.5
Publizistische Lager
Dass Kleinparteien in den gleichen Medien den publizistischen Rtickhalt finden wie ihre potentiellen grofSen Koalitionsparmer, postuliert Hypothese zwtilf. Laut mehreren Studien kann davon ausgegangen werden, dass in der WELT und der FAZ tiber die Unionsparteien, in der FR und der SZ tiber die SPD positiver berichtet wird (Kepplinger 1985a, Eilders 2004). Eine Positioniemng zu Gunsten einer Partei kann entweder offen oder verdeckt geschehen. Zu der offenen Form der Begtinstigung z~ihlt beispielsweise eine direkte Wahlempfehlung an die Leser, wie dies die Financial Times Deutschland gut eine Woche vor der Bundestagswahl 2002 tat 14~und eine im Vergleich zu den anderen Parteien positivere Darstellung der Partei in den Kommentaren (Ltiter 2004). Zu den verdeckten M6glichkeiten z~ihlen u.a. eine positivere Valenz der Darstellung der Partei im redaktionellen Teil, eine umfassendere und thematisch breitere Darstellung eines Akteurs, das Betonen von Wahlchancen (Donsbach, Weisbach 2005) oder eine umfangreichere bildliche Darstellung (Rettich 2002c: 10f.). Von diesen verdeckten MOglichkeiten der Auspr~igung einer redaktionellen Linie auf die Medieninhalte lassen sich mit dem vorliegenden Datensatz die st~irkere Beracksichtigung der Partei und ihrer Spitzenpolitiker in der Berichterstattung, die im Vergleich zu anderen Medien positivere Valenz der Berichterstattung tiber eine Partei in den Nachrichten sowie eine gtinstigere, vielf~iltigere Themenauswahl tiberprtifen.
8.3.5.1
Kommentierung
Anhand der Abweichung vom empirisch ermittelten Mittelwert der Valenzen der Kommentierung von FDP und Btindnis 90/Die Grtinen, der anhand der Kommentierung der vier tiberregionalen Qualit~itszeimngen ermittelt wird (Sch6nbach 1977, Kepplinger 1985a), wurde die Richtung der Kommentare for eine jede Tageszeitung festgestellt. Sowohl in der Berichterstattung vor der Bundestagswahl 1998 als auch in der Wahlkampfberichterstattung 2002 stellten die BILD-Zeitung, die WELT und die FAZ in ihren Kommentaren die FDP positiver dar als Btindnis 90/Die Grtinen. Hingegen fanden die Grtinen ihren publizistischen Rtickhalt in beiden Wahlk~impfen bei der FR und der SZ. Somit k6nnen die Befunde der Kommentaranalyse der tiberregionalen Tageszeitungen zwischen 1994 und 1998 von Ltiter best~itigt werden (Ltiter 2004:181). Gleich lautende Ergebnisse k6nnen far die Kommentierung der Spitzenpolitiker der Kleinparteien festgehalten werden. Wolfgang Gerhardt und Guido Westerwelle wurden von der BILD-Zeitung, der WELT und der FAZ tiberdurchschnittlich positiv bewertet, w~ihrend 14o Die FTD ver0ffentlichte in ihrer Ausgabe am 16. September eine klare Wahlempfehlung for die Union. Alle anderen Meinungsf0hrermedien lehnten dieses Vorgehen ab.
192
Ergebnisse
Joschka Fischer besonders gut in der FR und der SZ dargestellt wurde. Hypothese zw61f kann somit fi~r die Kommentare best~itigt werden (Abbildung 21).
Abbildung 21" Redaktionelle Linie der tiberregionalen Politikberichterstattung Abweichung vom Standardmaf5in den Kommentarenin Skalenpunkten Abweichungzu Gunsten derFDP
0,7 0,5
0,5
// -0,3 -0,5
-0,5 Abweichungzu GunstenvonBiindnis90/Die Griinen
SZ FR Quelle" ProjektKampaII, n=3.476 (2002)
FAZ
WELT
BILD
Eine ausgepr/agte Kommentarlinie im Fernsehen fand sich nur bei den Nachrichtenmagazinen der 6ffentlich-rechtlichen Sender. Sowohl in den Tagesthemen als auch im heutejournal wurde im Wahlkampf 1998 die FDP positiver in den Kommentaren dargestellt als die Grtinen. Aufgrund der geringen Fallzahl liegen keine aussagekr~iftigen Befunde vor, die auf eine Kommentierung in den Femsehnachrichtensendungen zugunsten einer der Kleinparteien im Vorfeld der Bundestagswah12002 schliel3en lassen wfirden. TM Ob und inwieweit die FDP oder Btindnis 90/Die Grtinen indirekt von einer Zeitung oder einer Femsehnachrichtensendung publizistisch unterstOtzt wurden, erf~ihrt man bei der Betrachtung der Indikatoren fiir die verdeckte Positionierung der Medien gegentiber den Kleinparteien. Um die Aussagekraft einer eindeutigen Positionierung gegentiber einer der Kleinparteien im redaktionellen Teil auf eine breite empirische Basis zu stellen, wurden mehrere Indikatoren untersucht. Dabei wird zum Teil auf Befunde zurtickgegriffen, die in der bisherigen Analyse der Berichterstattung schon eine Rolle spielten, hier jedoch in einem anderen Kontext interpretiert werden mtissen.
141In den Tagesthemen, in denen die meisten Kommentaremit Beteiligung der Kleinparteien ausgestrahlt wurden, wurden sechs Kommentare mit Vorkommen der Griinen und sieben Kommentare mit Beteiligung der FDP gesendet.
8.3 Berichterstattung tiber Kleinparteien in den Medien
8.3.5.2
193
Medienpr~isenz der KIeinparteien
Hinsichtlich des Vorkommens der Kleinparteien in der Berichterstattung wurde schon festgestellt, dass es eine deutliche Diskrepanz in der parteipolitischen Berichterstattung der vier Qualit~itszeitungen und der Fernsehnachrichtensendungen sowie der BILD-Zeitung gibt (Kap. 8.3.1). Daher wird nicht das absolute, sondern das relative Vorkommen im Vergleich zur anderen Kleinpartei als Indikator ~ r eine tiber- bzw. unter-durchschnittliche Berichterstattung innerhalb einer Untersuchungseinheit herangezogen. Auf einen Beitrag mit FDPErw~mung kamen in der Wahlkampfberichterstattung 1998 1,3 Beitr~ige und in der Wahlkampfberichterstattung im Vorfeld der Wahl 2002 1,4 Beitr~ige mit Erw~ihnung von Btindnis 90/Die Grtinen. Ftir ein jedes Medium wurde wiederum die Relation der Anteile der Berichterstattung beider Kleinparteien ermittelt. Die Indexwerte wurden in drei Gruppen kategorisiert: Eine ausgewogene Berichterstattung tiber FDP und Btindnisgr~e war dann gegeben, wenn der tiber alle Medien errechnete Durchschnittswert bis zu 10 Prozentpunkte tiber- bzw. unterschritten wurde. Gr6f3ere Abweichungen nach oben werden als tiberdurchschnittliche Berichterstattung tiber die Grtinen, gr6f3ere Abweichungen nach unten werden als tiberdurchschnittliche Berichterstattung ~ r die FDP interpretiert. Im Vorfeld der Bundestagswahl 1998 wurde Btindnis 90/Die G~nen eine tiberdurchschnittliche Medienpr~isenz im Vergleich zur FDP in den Nachrichten von RTL-aktuell und den Tagesthemen einger~iumt, l)berdurchschnittlich h~iufig tiber die FDP wurde in allen tiberregionalen Qualit~itszeitungen, der B ILD-Zeitung und der Tagesschau berichtet. Im Vorfeld der Bundestagswahl 2002 waren die Btindnisgrtinen gegentiber der FDP pr~isenter in den Nachrichtensendungen u_nd-magazinen des ZDF sowie der SZ und der FR. Hingegen berichteten die WELT, die Tagesthemen, die Sat.l-Nachrichten und die Pro7Nachrichten tiberdurchschnittlich tiber die FDP. Diese Auswertung zeigt, dass nur die WELT in beiden Wahlk~impfen eine der beiden Kleinparteien in der Medienberichterstattung bevorzugte. Sowohl in Zeiten der Regierungsbeteiligung als auch in Oppositionszeiten wurde der FDP im Vergleich zu den Btindnisgr~en hier eine tiberdurchschnittliche Medienpr~isenz einger~iumt. Eine Pr~iferenz ~ r die jeweilige Oppositionspartei im Umfang der Berichterstattung l~isst sich bei den Pro7-Nachrichten und den Tagesthemen feststellen, w~ihrend die FR und die SZ jeweils intensiver als der Durchschnitt tiber die kleine Regierungspartei berichteten (Tabelle 24).
194
Ergebnisse
Tabelle 24." Relationen der Medienpr~isenz zwischen Btindnis 90/Die G r e e n und FDP Wahlkampf 1998
Wahlkampf 2002
Oberdurchschnittliche Berichterstattung fiber Bfindnis 90~Die Gr~nen
Pro7-Nachrichten
1,89
heute-journal
1,54
RTL aktuell
1,74
FR
1,53
Tagesthemen
1,51
SZ
1,46
heute
1,41
Durchschnittliche Berichterstattung
heute-j ournal
1,43
Tagesschau
1,33
heute
1,42
BILD
1,31
Sat. 1-Nachrichten
1,38
RTL aktuell
1,27
FAZ
1,22
Uberdurchschnittliche Berichterstattung ~ber FDP
FR
1,29
WELT
1,16
BILD
1,26
Tagesthemen
1,16
FAZ
1,23
Sat. 1- Nachricht.
1,03
WELT
1,22
Pro7-Nachrichten
0,79
SZ
1,21
Tagesschau
1,12
Fallzahlen zwischen 11 und 464 Beitr~t'gen, genaue Anzahl der Beitr~t'gepro Medium siehe Anhang C, Tabelle 10
8.3.5.3
Bewertung der Berichterstattung tiber Kleinparteien
Ein zweiter Indikator, um eine versteckte Positionierung zu Gunsten einer Kleinpartei zu identifizieren, ist die Valenz der Berichterstattung tiber die Kleinparteien in der Nachrichtenauswahl. Das Standardmag von Sch/Snbach (1977) liefert ffir die Messung der Valenz die Grundlage ftir einen VergleichsmaBstab. Dieses empirische MaB for eine ausgewogene Berichterstattung definiert sich tiber das aggregierte Mittel der Valenz der Darstellung der Kleinparteien in den vier tiberregionalen Tageszeitungen, die das Kontinuum der politischen Standpunkte in Deutschland abdecken (Kepplinger 1998). Die Abweichungen von diesem Standardmal3 werden als Verzerrungen der Berichterstattung zu Gunsten oder zu Ungunsten des jeweiligen Akteurs intel~retiert. In beiden Wahlk~impfen wurde tiber die FDP in der BILD-Zeitung, der FAZ und der heute-Sendung im Vergleich zum Standardmaf3 der Berichterstattung in den Nachrichten positiver berichtet wurde als fiber die BtindnisgrOnen. Dagegen waren die Nachrichten tiber die Grtinen in der Berichterstattung von RTL-aktuell und FR in beiden Wahlk~impfen posi-
8.3 Berichterstattung fiber Kleinparteien in den Medien
195
tiver. In den Nachrichten von Sat. 1 und den Tagesthemen wurde die jeweilige oppositionelle Kleinpartei t~berdurchschnittlich positiv dargestellt. Alle anderen Medien wichen mit ihrer Berichterstattung wenig bis gar nicht vom Standardmag ab, sie berichteten ausgewogen tiber FDP und Bthndnis 90/Die Grfinen (Abbildung 22).
Abbildung 22: Abweichung dem Standardmag bei der Nachrichtenauswahl
Andere Studien zur Verzerrung in der Nachrichtenauswahl haben gezeigt, dass bei der Berichterstattung yon BILD-Zeitung und FAZ ebenfalls eine Verzerrung zugunsten der Unionsparteien feststellbar ist. Zu erwarten ist somit, dass diese beiden Zeitungen publizistisch auch die der Grogpartei nahe stehender Kleinpartei, in diesem Fall die FDP, untersttitzen. Gleiches gilt far die Berichterstattung in der FR und den RTL-Nachrichten. Auch bei diesen Medien ist bekannt, dass sie einen Bias in der Nachrichtenauswahl zu Gunsten der SPD aufweisen (Donsbach 1999b; Kepplinger 1985a, 1998). Die vorliegenden Ergebnisse zeigen, dass dies auch fiir den Koalitionsparmer der SPD, die Grtinen bzw. 1998 fiir den potentiellen Koalitionspartner der Unionsparteien, der FDP gilt. Somit kann von einer Berichterstattung zu Gunsten eines bestimmten politischen Lagers (rot-grtin bzw. schwarzgelb) ausgegangen werden. Ebenfalls best~itigt sich der Befund, dass die WELT bei der Nachrichtenauswahl nicht mehr die Speerspitze des konservativen Lagers ist, sondem einer expliziten Kommentierung zugunsten des konservativen Lagers eine ausgewogene Nachrichtenauswahl gegentiberstellt (Jandura, Grol3mann 2003:210). Somit folgt die Berichterstattung der WELT dem Grundsatz der Trennung von Nachricht und Meinung stgrker als die anderen tiberregionalen Zeitungen (Sch6nbach 1977, Kepplinger 1985a) (Abbildung 22).
196
8.3.5.4
Ergebnisse
Themenauswahl
Medien k6nnen sich gegentiber Parteien positionieren, wenn sie die Wahrnehmung der Partei ffir die Btirger durch eine thematisch eingegrenzte Berichterstattung einschr~inken. So soll als weiterer Indikator der inhaltliche Kontext der Darstellung der Kleinparteien in der Medienberichterstattung tiberprtift werden. Gemessen am Entropie-Index ist die Themenvielfalt der Berichterstattung zum Bundestagswahlkampf 1998 tiber die FDP in den RTL-Nachrichten und der BILD-Zeitung h6her als die tiber die Grfinen, w~ihrend in den Pro7-Nachrichten die Grtinen mit mehr Themen in Zusammenhang gebracht wurden als die FDP. Bei allen anderen untersuchten Medien gab es keine oder nur sehr geringe Unterschiede hinsichtlich der Themenvielfalt der Berichterstattung tiber beide Parteien. Im Wahlkampf 2002 ver~inderte sich dieses Bild: Die BILD-Zeitung, die Tagesschau, die WELT sowie das heute-journal und die Sat.1Nachrichten berichteten thematisch breiter tiber die Btindnisgrfinen als tiber die FDP. Uber beide Wahlk~impfe hinweg gab es kein Medium, welches eine der beiden Parteien in Bezug auf die inhaltliche Vielfalt seiner Berichterstattung bevorzugte.
Abbildung 23." Vielfaltsvergleich der Berichterstattung fiber Kleinparteien
Als einziges Medium berichtete die BILD-Zeitung fiber die jeweilige kleine Koalitionspartei thematisch breiter als fiber die kleine Oppositionspartei. Bei Tagesthemen, FAZ, FR,
8.3 Berichterstattung tiber Kleinparteien in den Medien
197
heute-Nachrichten und der SZ sind nur marginale Differenzen hinsichtlich der thematischen Vielfalt der Berichterstattung tiber beide Kleinparteien zu verzeichnen. Pro7-Nachrichten, RTL-aktuell, WELT, heute-journal und Sat.l-Nachrichten berichteten zu einem Zeitpunkt tiber eine Kleinpartei thematisch breiter und schr~inkten somit die Wahrnehmungsm6glichkeit der jeweils anderen Kleinpartei ffir den Btirger stark ein (Abbildung 23).
8.3.5.5
Fazit
Ziel der vorliegenden Analyse war es, die offene, aber auch die verdeckte Positionierung der untersuchten Medien gegentiber den Kleinparteien herauszuarbeiten. Ftir die offene Parteinahme wurde die Kommentierung und ftir die versteckte Unterstfitzung wurden die Medienpr~isenz, die Valenz sowie die Themenvielfalt der Berichterstattung tiber Kleinparteien als Indikatoren herangezogen. Es zeigte sich, dass sich die Medien unterschiedlich zu den Kleinparteien positionierten und dadurch mit ihrer differierenden Berichterstattung die Wahmehmung yon FDP und Btindnis 90/Die Grtinen beim W~ihler einschr~inkten. Was die FDP betrifft, so favorisierten nicht nur die FAZ und die WELT sie gegentiber den Grtinen in den Kommentaren, sondern sie hatte im Allgemeinen zus~itzlich eine h6here Medienpr~isenz als die Grtinen und wurde insgesamt positiver dargestellt. Nicht so deutlich schlug sich die positive Positionierung gegentiber den Grtinen in den Kommentaren in der Berichterstattung tiber die Partei in der FR und der SZ nieder. In beiden Zeitungen war die jeweilige kleine Koalitionspartei in der Berichterstattung pr~isenter als die kleine Oppositionspartei. Hinsichtlich der Valenzen der Darstellung der Btindnisgrtinen in den Nachrichten zeigte sich nur in der FR eine Bevorzugung der Partei gegentiber der FDP, in der SZ war die Nachrichtenauswahl hingegen ausgewogen. Auch bei der B ILD-Zeitung war eine direkte und indirekte positive Positionierung gegentiber der FDP erkennbar. Dies traf vorrangig auf die Wahlkampfberichterstattung zur Bundestagswahl 1998 zu, bei der alle vier Indikatoren eine Positionierung zu Gunsten der FDP aufwiesen. In der Berichterstattung im Vorfeld der Wahl 2002 waren nur die Valenzen der Darstellung der FDP tiberdurchschnittlich positiv. Bei den untersuchten Fernsehnachrichtensendungen zeigte sich ein weniger klares Bild bezfiglich einer versteckten Positionierung gegentiber einer der Kleinparteien: Als einzige Nachrichtensendung untersttitzen die RTL-Nachrichten die Btindnisgri;men in beiden Wahlk~impfen. Die Tagesthemen und die Sat. 1 Nachrichten berichteten insgesamt positiver jeweils tiber die kleine Oppositions- als fiber die kleine Koalitionspartei. Bei Tagesschau und heute-Sendung verhielt sich dies genau umgekehrt: Hier wurde die jeweilige Koalitionspartei etwas positiver dargestelIt als die kleine Oppositionspartei. Somit l~isst sich fi~r die Nachrichtensendungen der 6ffentlich-rechtlichen Programme eine gouvemementale Orientierung aufzeigen (Tabelle 25). 142 Hypothese 12 ist somit auch ffir die verdeckte Positionierung gegentiber den Kleinparteien verifiziert.
142 Diese gouvernementale Orientierung zeigt sich auch gegentiber den GroBparteien. In der Berichterstattung zum Bundestagswahlkampf 1998 stellten die genannten Sendungen die Unionsparteien positiver dar als die SPD, in der Wahlkampfberichterstattung 2002 die SPD.
198
Ergebnisse
Tabelle 25." Direkte und indirekte Positionierung der Medien gegentiber den Kleinparteien
FAZ
FR
SZ
WELT
BILD
Tagesschau
Kommentar
Vorkommen
Valenzen
Themenvielfalt
FDP
FDP
FDP
gleich
2002
FDP
gleich
FDP
gleich
1998
B90/Griane
FDP
B90/Grtine
gleich
2002
B90/G~ne
B90/Grtine
B90/Grtine
gleich
1998
B90/Grtine
FDP
gleich
gleich
2002
B90/Grtine
B90/G~ne
gleich
gleich
1998
FDP
FDP
FDP
gleich
2002
FDP
FDP
FDP
B90/Grfine
1998
FDP
FDP
FDP
FDP
2002
FDP
gleich
FDP
B90/GrUne
FDP
gleich
gleich
k.A.
gleich
gleich
B90/G~ne
B90/Gr~ne
B90/Grtine
gleich
k.A.
FDP
FDP
gleich
gleich
FDP
gleich
k.A.
B90/Griane
FDP
gleich
gleich
gleich
gleich
B90/G~ne
gleich
B90/G~ne
B90/Griane
B90/Grfine
FDP
1998
1998 2002
Tagesthemen
1998 2002
heute
1998 2002
heute-journal
1998 2002
RTL aktuell
1998 2002
Sat. 1-Nachrichten
k.A.
1998 2002
Pro7-Nachrichten
k.A.
k.A.
1998 2002
k.A.
gleich
B90/G~ne
gleich
gleich
B 90/Grtine
gleich
FDP
FDP
B90/Griane
B90/G~ne
gleich
FDP
FDP
gleich
gleich
k.A.: keine Aussage mOglich
8.4 Ursachen der Darstellung: Selbstdarsteilung Bis hierhin wurde beschrieben, wie Kleinparteien im Parlament gehandelt haben, wie sie sich selbst prasentiert haben und wie sie in der Medienberichterstattung dargestellt wurden. In den n~ichsten Schritten sollen diese drei Analyseperspektiven miteinander verkntipft werden. Es gilt zu analysieren, inwieweit es den Parteien gelungen ist, ihr Medienbild tiber ihr politisches Handeln oder ihre Selbstdarstellungen zu beeinflussen. Daftir werden im
8.4 Ursachen der Darstellung: Selbstdarstellung
199
Folgenden Strukmrvergleiche zwischen den Pressemitteilungen der Kleinparteien und dem Medienbild sowie zwischen den parlamentarischen Aktivit~iten der Fraktionen der Kleinparteien und deren Medienbild durchgeffihrt. Entgegen der bisherigen Reihenfolge der Darstellung beginnt die Analyse mit dem Einfluss der Pressemitteilungen auf die Berichterstattung als Indikator far das PR-Material und wird mit dem Vergleich der Inhalte der parlamentarischen Aktivit~iten fortgesetzt. Aufbauend auf die jfingeren Befunde zum Einfluss der PR auf die Medienberichterstattung wurde Hypothese 13 formuliert, die besagt, dass die Themenprofile der Selbstdarstellungen der Parteien stark von dem Themenprofil der Medienberichterstattung abweichen. Um diese Behauptung zu testen, wurden die Themenagenden der Pressemitteilungen beider Parteien aus beiden Wahlk~impfen mit der Medienagenda verglichen. ~43 In einem ersten Analyseschritt wurde dabei fiberprfift, ob die Quantit~it der Pressearbeit sich im Umfang der Berichterstattung fiber die Partei in den Massenmedien niederschl~igt. Daftir wurde der Anteil der jeweiligen Partei an allen herausgegebenen Pressemitteilungen mit dem Anteil an der Medienberichterstattung ins VerhNmis gesetzt. Es zeigte sich, dass der Umfang der Pressearbeit nicht proportional in eine mediale Sichtbarkeit der Parteien umgesetzt wird. Diese Erfahnmg mussten im Besonderen die SPD im Bundestagswahlkampf 1998 und die FDP im Bundestagswahlkampf 2002 machen. Die SPD sandte 1998 mit 253 Pressemitteilungen 41 Prozent aller codierten Pressemitteilungen der vier untersuchten Parteien aus und wurde in den Medien nur um einen Prozentpunkt h~iufiger berichtet als die CDU, die nur 150 Pressemitteilungen (24 Prozent) verbreitete. Im Bundestagswahlkampf 2002 war die Pressearbeit der FDP besonders intensiv. Mit 481 Pressemitteilungen wurden allein vonder FDP fiber die H~ilfte (53 Prozent) aller Pressemitteilungen der vier untersuchten Parteien verschickt. Im Ranking der medialen Pr~isenz belegte die Partei mit einem Anteil von 19 Prozent nur den vierten Platz. Ffir Btindnis 90/Die Grfinen aber auch for die Unionsparteien l~isst sich fiir beide Wahlk~impfe zeigen, dass deren mediale Pr~isenz gewichtiger ist als deren Anteil an der Pressearbeit der vier etablierten Parteien (Tabelle 26).
8.4.1
,policy'- und ,politics'-Themen
Jedoch l~isst sich der Erfolg der PR nicht allein an der H~iufigkeit der Berichterstatmng festmachen. Vielmehr zeigt sich der Erfolg der Presse- und (3ffentlichkeitsarbeit an einer Kombination der Kriterien H~iufigkeit, Kontext und Valenz der Berichterstattung. An den Auspr~igungen dieser drei Kriterien l~isst sich ablesen, ob es einer Partei gelungen ist, die ihr wichtigen Themen in den Medien so zu platzieren, dass ihre zentralen Botschaften den W~ihler erreichen. In einer ersten vergleichenden Analyse von Pressemitteilungen und Medienberichterstattung wird der prozentuale Anteil der beiden Themendimensionen- ,politics'-Themen und ,policy'-Themen- miteinander verglichen. Indexwerte unter 100 bedeuten einen niedrigeren Anteil der jeweiligen Themendimension in den Pressemitteilungen und Indexwerte fiber 100 einen hOheren Anteil der jeweiligen Themendimension in der Medienberichterstattung. Generell l~isst sich feststellen, dass die Medien in ihrer Berichterstattung die ,politics'-Dimension- mit Ausnahme der Pressearbeit der Unionsparteien vor der Bundestags143 Dieser Vergleich wurde dadurch ermOglicht, dass die verwendete Themenkategorie bei der Codierung der Pressemitteilungen und der Medienagenda identisch war.
200
Ergebnisse
wahl 1998 - st~irker betonten. Dies traf vor allem auf die Berichterstattung fiber die kleinen Oppositionsparteien zu. Im Vorfeld der Wahl 1998 wurde far die Bfindnisgrfinen ein Indexwert von 150 festgestellt, was bedeutet, dass die Partei in den Medien 1,5 mal mehr im Kontext von Themen wie Wahlkampfffihrung, innerparteiliche Auseinandersetzungen oder Kanzlerkandidaten angesprochen wurde als sie dies in den Pressemitteilungen selbst tat. Bei der FDP betrug der Indexwert im Vorfeld der Wahl 2002 gar 430. Die Indexwerte ffir die kleinen Koalitionsparteien hingegen sind mit 124 (FDP, 1998) und 129 (Bfindnis 90/Die Grfinen, 2002) niedriger. Bei den GroBparteien zeigt sich diese klare Differenzierung zwischen Oppositions- und Regiemngsparteien nicht. So l~isst sich far die SPD ~ r beide Wahlk~impfe zeigen, dass der Anteil der Beitr~ige in der Berichterstattung, die das Ritual des Wahlkampfes thematisieren, nur gering~gig ht~her ist als in den Pressemitteilungen. Hingegen wurden die Unionsparteien im Wahlkampf 1998 in geringerem MaB aus der Perspektive der ,politics'-Themen in der Medienberichterstattung dargestellt, w~ihrend 2002 der Anteil dieser Themendimension im Vergleich zu den Pressemitteilungen fast doppelt so groB war. Somit l~isst sich der Befund von Knoche und Lindgens (1990) for die Grfinen auf die Darstellung etablierter oppositioneller Kleinparteien erweitern: kleine Oppositionsparteien werden im Vergleich zu ihrer Pressearbeit st~irker in Zusammenhang mit den Themen Kandidaten, Partei und Wahlkampf~hrung dargestellt als kleine und groBe Koalitionsparteien sowie groBe Oppositionspal~eien.
Tabelle 26." Intensit~it der Pressearbeit und der Medienberichterstattung fiber die Parteien Pressemitteilungen
Presse-
Medienbericht-
Index Medienprfi-
mitteilungen
erstattung
senz*
Union
150
24
42
173
Wahlkampf 1998
SPD
253
41
43
105
FDP
121
20
19
97
B90/Grtine
95
15
26
169
Union
130
14
37
259
SPD
193
21
42
198
FDP
481
53
19
36
B90/Grtine
107
12
25
213
Wahlkampf 2002
Anzahl, *Index = Anteil an der Medienberichterstattung/ Anteil an den Pressemitteilungen * 100
Dementsprechend ist auch der Anteil der Sachthemen in der Berichterstattung fiber die Parteien generell niedriger als in ihren Pressemitteilungen. Wiedemm sind es die kleinen Oppositionsparteien, bei denen die Unterreprgsentation der Sachthemen am grtiBten ist. So erreichen die G~nen 1998 nur einen Indexwert von 62, far die FDP wurde 2002 ein In-
8.4 Ursachen der Darstellung: Selbstdarstellung
201
dexwert von 67 festgestellt. Diese Befunde zeigen, dass eine vonder Auseinandersetzung mit Sachthemen gepr~igte Kommunikationskulmr in der Pressearbeit der oppositionellen Kleinparteien nicht von den Medien fibernommen wird. Oppositionelle Kleinparteien werden st~irker aus der Perspektive der Funktionspartei als aus der der Programmpartei dargestellt. Muster in der Berichterstattung tiber kleine Koalitionsparteien oder Grogparteien zeigten sich nicht. Die st~irkste Ann~iherung an den Anteil der Sachthemenberichterstattung der Pressemitteilungen wiesen die Koalitionsparteien SPD und Bfindnis 90/Grfine im Vorfeld der Wahl 2002 auf. Die Grfinen erreichten mit einem Indexwert von 94 ein fast ausgeglichenes Verh~ilmis, die SPD wurde nur geringffigig weniger mit Sachthemen in Verbindung gebracht. Die Befunde far die Bundestagswahl 1998 lassen jedoch nicht den Schluss zu, dass es den Koalitionsparteien am ehesten gelingt, ihre Kommunikationsstruktur auf die Medienberichterstattung zu fibertragen. Weder far die Berichterstattung tiber Unionsparteien noch fiber die FDP kann gegenfiber der SPD far den Bundestagswahlkampf 1998 eine st~irkere Ann~ihemng an die Struktur der Pressemitteilungen festgestellt werden. Vielmehr ist fiber beide Wahlk~impfe festzustellen, dass die SPD die Partei ist, bei der sich die Struktur der Medienberichterstattung und die der Pressemitteilungen am ~ihnlichsten sind (Tabelle 27). Tabelle 27."
,policy'- und ,politics'-Themen in Pressemitteilungen und Medienberichterstattung ,policy'-Themen
Pressemitteilungen
, politics'-The men Pressemit-
Medien*
Index**
teilungen
Medien*
Index**
Wahlkampf 1998 Union
67
50
75
78
67
86
SPD
63
47
75
65
73
112
FDP
73
51
70
54
67
124
B90/Griine
79
49
62
48
76
158
Union
75
53
71
31
61
197
SPD
68
54
79
51
56
110
Wahlkampf 2002
FDP
79
53
67
18
74
411
B90/Grt~ne
63
59
94
41
53
129
Prozent, * aggregierter Mittelwert aber alle zwOlf Untersuchungseinheiten **Index = Anteil an der Medienberichterstattung/Anteil an den Pressemitteilungen * 100
13ber den Strukturvergleich zwischen Pressemitteilungen und Medienberichterstattung allein ktinnen keine Aussagen fiber die Qualitlit der Berichterstattung fiber die Parteien abgeleitet werden. Schlief31ich sind die Medien nicht verpflichtet, sich in ihrer Berichterstattung an den Vorgaben der Parteien-PR zu orientieren (Donsbach, Jandura 2005a). Jedoch
202
Ergebnisse
zeigen die erheblichen Unterschiede bei der lJbemahme der Kommunikationssmaktur der Pressemitteilungen durch die Medienberichterstattung, dass sich besonders die SPD auf die Anforderungen der Medien nach der Betonung der ,politics'-Themen, d.h. der Darstellung des Wahlkampfes als Wettkampf (Patterson 1993) eingestellt hat. Die SPD ist die einzige Partei, die im Vorfeld beider Wahlk~impfe grol3en Wert auf die Darstellung der Themen Kandidaten, Wahlkampfftihmng und Partei legte. Eine Konzentration der Pressearbeit auf Sachthemen, die mit einer geringen Beachtung des Wahlkampfes als Thema einhergeht, ftihrt nicht automatisch zu einer sachthemenorientierten Darstellung der jeweiligen Partei. Dies belegen die Beispiele der FDP und der Unionsparteien im Jahr 2002 und das von Btindnis 90/Die Grtinen im Jahr 1998 eindeutig. Hypothese 13 ist somit verifiziert. Die Ansprache bestimmter Themendimensionen in den Pressemitteilungen hat keinen Einfluss auf die Struktur der Berichterstattung.
8.4.2
Sachthemen und Valenzen der Selbstdarstellung der Kleinparteien
Die Unterrepr~isentation der Sachthemen in der Berichterstattung wirft gleichsam die Frage auf, welche der Sachthemen, die in den Pressemitteilungen der Parteien angesprochen wurden, in der Medienberichterstattung aufgegriffen wurden. TM In Hypothese 14 wird die Vermutung aufgestellt, dass kleine Koalitionsparteien eine gr613ere Chance haben, mit ihren Themen in die Medienberichterstattung zu kommen als kleine Oppositionsparteien. Dieser Themenvergleich kann einerseits tiber eine Korrelation der Themenagenden der Pressemitteilungen und der Medienberichterstattung durchgeftihrt werden, andererseits zeigt der Saldo aus dem Anteil eines jeden Sachthemas in Pressemitteilung und Medienberichterstattung, ob das Thema aus Sicht der Partei in den Medien unterbetont, tiberbetont oder der Parteien-PR entsprechend behandelt wurde. Beide Verfahren sollen zur Anwendung kommen. 145 Die Basis des Agendenvergleichs bildet jeweils der Anteil eines jeden der 16 (1998) bzw. 18 (2002) Sachthemen an allen Pressemitteilungen einer Partei und an der Medienberichterstattung, in denen tiber Sachthemen berichtet wurde. 146 Die st~irksten Zusammenh~inge zwischen den Themenagenden der Pressemitteilungen und der Medienberichterstattung auf der Sachthemenebene finden sich jeweils bei den kleinen Koalitionsparteien. Im Bundestagswahlkampf 1998 konnte ~ r die FDP ein Zusammenhang von r = 0,77"*, ftir Btindnis 90/Die Grtinen im darauf folgenden Wahlkampf von r = 0,80* festgestellt werden. Ftir die jeweilige grol3e Koalitionspartei sind die Zusammenh~inge geringer (Union 1998: r = 0,69**; SPD 2002: r = 0 , 5 7 * ) . 147 Hingegen finden sich zwischen den kleinen und grol3en Oppositionsparteien nur minimale Unterschiede hinsichtlich der lJbemahme der Struktur der Sachthemen der Pressemitteilungen in die Medienberichterstattung. Die Analyse tiber die jeweiligen politischen Lager zeigt ftir den Bundestagswahlkampf 2002, dass sich die Themenstruktur der Pressemitteilungen der Koalitionsparteien (gemittelt r = 0.68) st~irker in der Medienberichterstattung findet als die Themen144 Die politics-Themen bleiben ffir diese weitere Analyse unberiacksichtigt. ~45 Der Vorteil der Korrelationsanalyse liegt im Agendenvergleich t~ber alle untersuchten Sachthemen. Der Korrelationskoeffizient gibt als abstrakter Wert an, wie fihnlich beide Agenden sind. Als Nachteil dieses Verfahrens muss der hohe Abstraktionsgrad angesehen werden. Aus dem Korrelationskoeffizient wird nicht deutlich, welches der Themen fiber- oder unterreprfisentiert wurde. Dies ermOglicht jedoch der Saldenvergleich. 146Anteilswerte finden sich im Anhang Tabelle 9. 147, p< 0.05; ** p< 0.001
8.4 Ursachen der Darstellung" Selbstdarstellung
203
struktur der Oppositionsparteien (r = 0.51). Dieses Ergebnis reiht sich in die Befunde von Reiser (1994) und Mathes und Rudolph (1991) ein, die ~ r die Bundestagswahlen 1987 und 1990 ebenfalls eine st~irkere 13bereinstimmung der Themenagenden der Offentlichkeitsarbeit und der Medienberichterstattung fiber die Regierungsparteien feststellten. Die Ursache da~r liegt wohl im Initiativ-Privileg der Regierung und der sie tragenden Parteien, was zu einer st~irkeren Berficksichtigung der Themen in der Medienberichterstattung ~hrt. Ffir die Berichterstattung im Bundestagswahlkampf 1998 kann jedoch diese Dominanz der Regierungsparteien beim Setzen der Themenagenda nicht festgestellt werden. Die gemittelten Korrelationskoeffizienten ~ r Unionsparteien und FDP sowie SPD und Bfindnis 90/Grtine unterscheiden sich nur marginal (0.73 vs. 0.67) (Tabelle 30). Dieser Befund kann dahingehend interpretiert werden, dass zum einen die Stellung der Parteien im Parlament nicht die Ursache far eine st~irkere oder geringere Berficksichtigung der Themen der Offentlichkeitsarbeit in der Medienberichtung ist (Donsbach, Jandura 2005a: 54). Diese Interpretation wfirde jedoch im Gegensatz zu den eben referierten Befunden der Strukturvergleiche mehrerer Wahlk~impfe stehen. Demnach k6nnte das Resultat von 1998 ein Sonderfall sein: ein Beleg daftir, dass es der rot-grfinen Opposition im Bundestagswahlkampf 1998 gelang, auf gleicher Augenh6he wie die Koalition Themen in der Medienberichterstattung zu setzen (Donsbach 1999a: 70ff.). Tabelle 28." Repr~isentation der Sachthemen in allen Medien 1998 Einzeln Unionsparteien
2002 Gemittelt
.69'*
Einzeln .49'
.73 FDP
.77**
SPD
.64**
B90/GrOne
.70"*
Gemittelt .51
.52* .57* .67
.68 .80*
Korrelationskoeffizienten der Themenagenden yon PR und Medienberichterstattung
Der zweite Weg, die Themenbetonung in Pressemitteilungen und Medienberichterstattung zu vergleichen, ist die so genannte Balance-Analyse. Im Gegensatz zur Korrelationsanalyse wird hierbei deutlich, welche Themen der (3ffentlichkeitsarbeit von FDP und Bfindnis 90/Die Grfinen in beiden Wahlk~impfen fiber- bzw. unterbetont wurden. Um dies zu ermitteln, wurden zun~ichst die Themenanteile des Vorkommens einzelner Themen in den Pressemitteilungen und in der Medienberichterstattung miteinander in Beziehung gesetzt und anschliel3end die Valenz der Darstellung der Parteien bei diesen Themen n~iher betrachtet. Wie die Korrelationsanalyse schon zeigte, stimmte die Betonung verschiedener Sachthemen in Selbstdarstellung und Fremddarstellung in der Wahlkampfberichterstattung 1998 bei der FDP st~irker fiberein als bei den Bfindnisgrfinen. So nahmen die Themen Innere Sicherheit und Ausl~inderpolitik, die in den Pressemitteilungen eine mittlere Bedeutung aufwiesen, sowie die Themen Bundeswehr und Zustand von Staat und Politik den gleichen Stellenwert in der Medienberichterstattung tiber die FDP ein wie in den Pressemitteilungen. Bei den Bfindnisgrfinen traf dies nur auf ein Randthema der Kampagne, die Europ~iische Integration, zu. Ein etwas st~irkeres Gewicht gegenfiber den Pressemitteilungen hatten in der Medienberichterstattung tiber die FDP die Themen Finanzkrise, Zustand von Staat und
204
Ergebnisse
Politik, die wirtschaftliche Lage und die Risikotechnologien. Alle diese Themen spielten jedoch in der Pressearbeit der FDP nur eine untergeordnete Rolle mit Anteilswerten bis zu 3 Prozent und wurden etwas st~irker in den Medien in Zusammenhang mit der Partei berichtet. Die grN3ten Differenzen zwischen Pressemitteilungen und Medienberichterstattung gab es bei den Themen Partei, WahlkampfRihnmg und Kandidaten. Diese wurden in der Medienberichterstattung tiber die FDP weit h~iufiger angesprochen als in den Pressemitteilungen der Partei. Das Saldo der Themenanteile in Berichterstattung und in der Pressearbeit betr~igt fiir das Thema Parteien +41 Prozentpunkte, far das Thema WahlkampfRihrung +12 Prozentpunkte und ftir das Thema Kandidaten +7 Prozentpunkte. Weit weniger als in den Pressemitteilungen der Partei wurden die Themen Sozialer Zustand, Steuern, Arbeitsmarkt und Bildung in den Medien mit der FDP in Verbindung gebracht. Ftir das Thema Steuern betr~igt der Saldo aus Anteil der Medienberichterstattung und Anteil in den Pressemitteilungen -15 Prozentpunkte, beim Thema Bildung -11 Prozentpunkte und beim Thema Arbeitsmarkt-11 Prozentpunkte. W~ihrend trotz dieser Relevanzunterschiede die Themen Steuem und Arbeitsmarkt noch die meistberichteten im Zusammenhang mit der FDP blieben, wurde dem Thema Bildung von den Medien keine Bedeutung zugeschrieben. Nur jeder 50. Beitrag, in dem tiber FDP als Akteur im Zusammenhang mit Sachthemen berichtet wurde, beinhaltete dieses Thema (Abbildung 24). 148
Abbildung 24." Ober- und Unterrepr~isentation der Themen in der Medienberichterstattung tiber die FDP im Vorfeld der Wahl 1998 Parteien Wahlkampff0hrung Kandidaten Risikotechnologien Wirtschaffiiche Lage Finanzkrise Zustand yon Staat/Politik Bundeswehr Innere Sicherheit Ausl~nder/Asylanten Europ. W~ihrungsunion Europ. Integration Sozialabgaben/-leistungen Sonstige Sachthemen Arbeitsmarkt Bildung Steuern Sozialer Zustand
Prozentpunkte 41
12 ~7 12 I2 I2 0 0 in den
-3 I
in der
Pressemitteilungen
-3I -3I
Medienberiehterstattung
sttirker betont
starker betont
-4
-5 I -7 -11 -ll -15 -40
-20
0
20
40
Quelle: Projekt Kampa I, n=97 (Pressemitteilungen), n=2.390 (Beitrage) Lesebeispiel: Die Differenz zwischen dem Anteil des Themas Wahlkampff0hrung in der Medienberichterstattung und den Pressemitteilungen der FDP betrtigt 7 Prozentpunkte. ~48 Die vollst~indige Thement~bersicht findet sich im Anhang, Tabelle 10: Vergleich Themenagenden der Pressemitteilungen und der Berichterstattung fiber Biindnis 90/G~ne im Bundestagswahlkampf 1998
8.4 Ursachen der Darstellung: Selbstdarstellung
205
Noch drastischer ist die Unterrepr~isentation der wichtigsten Themen der Grtinen im Wahlkampf 1998. Die Bedeutungszuweisung der in der Kampagne der Bthndnisgrtinen wichtigen Themenfelder Arbeitsmarkt, Steuern, Ausl~inderpolitik und Sozialabgaben unterscheidet sich deutlich zwischen Pressemitteilungen und Medienberichterstattung. Das Saldo zwischen den jeweiligen Anteilen betr~igt far das Thema Arbeitsmarkt -29 Prozentpunkte, far das Thema Steuern -16 Prozentpunkte, ftir das Thema Ausl~inderpolitik -7 und das Thema Sozialabgaben-6 Prozentpunkte. Das bedeutet, dass die Medien die Schwerpunktsetzung der Grtinen ignorierten. Von den wichtigsten drei Themen in den Pressemitteilungen der Grfinen spielte nur das Thema Steuern in der Medienberichterstattung eine Rolle. Das Thema Arbeitsmarkt belegte im Relevanzranking der Sachthemen der Berichterstattung tiber die Grtinen mit einem Anteil von 11 Prozent den vierten Platz. Die den Grfinen wichtigen Themen Sozialleistungen und Bildung wurden eher nicht in den Medien mit der Partei in Verbindung gebracht, denn nur 4 bzw. 1 Prozent der Beitr~ige mit Sachthemen setzen sich damit auseinander.
Abbildung 25." 13ber- und unterbetonte Themen in der Medienberichterstatmng tiber Btindnis 90/Die Grtinen Parteien Wahlkampff'uhrung Kandidaten Europ. Integration Innere Sicherheit Europ. Wfihrungsunion Wirtschaftliche Lage Risikotechnologien Bundeswehr Bildung Finanzkrise Zustand von Staat/Politik Sozialer Zustand Sonstige Sachthemen Sozialabgaben/-leistungen Auslfinder/Asylanten Steuem Arbeitsmarkt -60
Prozentpunkte 53 23 ~ 1 0
I1 I1 I1 0 0
in den
Pressemitteilungen
-11 -11 -2 II
starker betont
in der
Medienberiehterstattung starker betont
-2 II -3 II -3 II -6 -7
-18 -29 -40
-20
0
20
40
60
Quelle: Projekt Kampa II, n=82 (Pressemitteilungen), n=2.459 (Beitrage)
Femer wurde kein Sachthema in der Medienberichterstattung stgrkerer betont als in den Pressemitteilungen der Btindnisgrthnen. Bei der Mehrheit der Themen entspricht die Beachtung in der Medienberichterstattung ungefahr der in den Pressemitteilungen. Darunter sind die f~r die G~nen zentralen Themen Risikotechnologien, in dem die Diskussionen um den Ausstieg aus der Atomkraft und die Atommtilltransporte eingegangen sind, und Innere
206
Ergebnisse
Sicherheit. Auch das Thema Bundeswehr, das im Zusammenhang mit der Friedenspolitik zu einem der wichtigsten Themen der G r e e n in den Anfangsjahren der Partei z~ihlte, wurde im Bundestagswahlkampf 1998 in den Medien ungef~ihr genau so stark betont wie in der Pressearbeit der Partei. Es wird daher deutlich, dass die Profilierung der GrOnen auf nichtgrtinen typischen Politikfeldern wie Wirtschaft und Arbeitsmarkt (Kranenpohl 1999; Bergmann 2002) von den Medien nicht aufgenommen wurde. Die starke Konzentration auf das Steuerthema l~isst sich mit der Reaktion auf den 5-DM-Beschluss auf dem Magdeburger Parteitag erkl~iren (Abbildung 25). Allerdings wird die l~emahme der Bedeutung verschiedener Themen der Pressemitteilungen durch die Medien ~ r die Parteien nur dann tats~ichlich zum Erfolg, wenn sie auch in der Berichterstattung positiv dargestellt werden. Dies war bei den ,politics'-Themen bei keiner der beiden Parteien der Fall. Der Saldo aus dem Anteil positiver und negativer Bewertungen der Parteien im Zusammenhang mit den Themen Kandidaten, Parteien und Wahlkampf~hrung war negativ. Bei der FDP betrug die mittlere Valenz dieser drei Themenbereiche -21 Prozentpunkte, bei den Grtinen gar-30 Prozentpunkte. Auch bei den Sachthemen ist eine negative Darstellung in den Medien ersichtlich. Die Darstellung der Themen, die in den Pressemitteilungen von FDP und Btindnis 90/Die Grtinen die gr6Bte Beachtung fanden, war in den Medien deutlich negativ. Der Aufwand ftir die gesamte PR-Arbeit, die ja vordergrtindig zum Ziel hat, eine Partei in der 6ffentlichen Meinung mit Hilfe der Medien positiv zu positionieren, blieb auf den ersten Blick ohne Erfolg. So betrug der Saldo aus dem Anteil der positiven und negativen Bewertungen bei der FDP im Bundestagswahlkampf 1998 beim Thema Steuem -12 Prozent, beim Thema Arbeitsmarkt-8 Prozentpunkte. Allein beim Thema Bildung kann ein positiver Saldo von +16 Prozentpunkten festgestellt werden. Dieses positive Ergebnis wird aber dadurch relativiert, dass das Thema nur in zwei Prozent der Sachthemenbeitr~ige mit FDP-Beteiligung vorkam. Beim zentralen Thema von Btindnis 90/Die Grtinen, dem Arbeitsmarkt, war die Valenz der Darstellung der Partei mit- 14 Prozentpunkten genau so negativ wie die des zweitwichtigsten und meistberichteten Themas Steuern mit -32 Prozentpunkten. Moderat negativ wurden die Gr0nen hingegen beim drittwichtigsten Thema Sozialleistungen (-5 Prozentpunkte) dargestellt. Dieses Thema spielte jedoch in der Berichterstattung keine Rolle. Diese negative Darstellung in den Medien relativiert sich jedoch, vergleicht man die Valenz der Darstellung der Kleinparteien bei ihren zentralen Themen und bei weniger zentralen Themen in den Pressemitteilungen. Mit Ausnahme der Valenz der Darstellung der BtindnisgrOnen beim Thema Risikotechnologien (+6%Pkt.) ist die Bewertung der Darstellung der Parteien bei letzt genannten Themen noch negativer. Die Valenzsalden liegen zwischen -15 und -52 Prozentpunkten. Insofem kann die moderat negative Darstellung von FDP und Btindnisgrtinen bei in der PR stark betonten Themen durchaus eine Folge der intensiven Auseinandersetzungen mit diesen Themen sein. Zu gleichem Ergebnis kam Mtiller (2005) in seiner Input-Output-Analyse zur Pressearbeit und zur Darstellung des Dresdner Oberbtirgermeisters Ingolf RoBberg in den lokalen Tageszeitungen. Die Befunde der Analysen zum Bundestagswahlkampf 2002 stellen sich wie folgt dar: Die 0bereinstimmung der Betonung der Sachthemen in den Pressemitteilungen und der Medienberichterstattung war bei der kleinen Koalitionspartei Btindnis 90/Die Grtinen gr6Ber als bei der kleinen Oppositionspartei FDP. So war die Relevanzzuschreibung von Parteien-PR und Medienberichterstattung in Hinsicht auf die Sachthemenberichterstattung tiber Btindnis 90/Die Grtinen von den Themen Bildung, Innere Sicherheit, Steuem, Europ/iische
8.4 Ursachen der Darstellung: Selbstdarstellung
207
Integration, Parteispendenskandal der SPD und Sozialer Zustand des Gemeinwesens ~ihnlich. Bei der FDP traf dies auf die Themen Bildung, Risikotechnologien, Innere Sicherheit, Staatsverschuldung, Ausl~inderpolitik, die Parteienskandale der beiden grol3en Parteien und Sozialer Zustand des Gemeinwesens zu. Alle diese Themen hatten jedoch nur eine niedrige bis mittlere Bedeutung 149 in den Themenagenden der Pressemitteilungen der Kleinparteien. Im Vergleich zu den Pressemitteilungen der Grtinen berichteten die Medien st~irker tiber die Themen Parteispendenskandal CDU (+4%Pkt), Wirtschattliche Lage (+4%Pkt), Staatsverschuldung (+4%Pkt), Arbeitsmarkt (+4%Pkt), Bundeswehr (+5%Pkt), Sozialabgaben/Sozialleismngen (+6%Pkt) und Zustand von Staat und Politik (+13%Pkt) intensiver. Hierin zeigt sich, dass Btindnis 90/Die Grtinen den zentralen Themen des Wahlkampfes Arbeitsmarkt und Wirtschaftliche Lage, bei denen die Regierung Schr6der von der Opposition stark angegriffen wurde, in ihren Selbstdarstellungen aus dem Weg ging und eher auf die Darstellung der eigenen Erfolge in der Regierungspolitik (,,Grfin wirkt") setzte. So ist es nicht verwunderlich, dass die Politikfelder, auf denen sich die Grtinen in der Regierung etabliert haben, auch st~irker in den Pressemitteilungen der Partei angesprochen wurden als in der Medienberichterstattung. Dies trifff auf die Themen Ausl~inderpolitik (-13%Pkt) und Risikotechnologien (-7%Pkt) zu. Aber auch mit dem im Zusammenhang der MtillemannAff~ire diskutierten Thema Antisemitismus nahmen die Grtinen in ihren Pressemitteilungen st~irker Stellung als sie in der Berichterstattung zu Wort kamen (-9%Pkt). Sie griffen in ihrer Pressearbeit somit direkt ihren Kontrahenten beim Kampf um die dritte Kraft im Parteiensystem an. 150 Ftir die FDP ist festzustellen, dass das zentrale Thema der Kampagne, der Standort Deutschland, in den Pressemitteilungen eine grtil3ere Rolle spielte als in der Medienberichterstattung. Die Relevanzzuweisung der Themen Arbeitsmarkt (-12%Pkt), Steuem (6%Pkt), Sozialabgaben (-5%Pkt) und Wirtschaftliche Lage (-3%Pkt) war durch die Medien geringer als durch die Parteien-PR. Im Gegenzug betonten die Medien in der Darstellung der FDP im Zusammenhang mit Sachthemen die Themen Antisemitismus (+13 %Pkt) und Zustand von Staat und Politik (+ 11%Pkt) st~irker.TM Vergleicht man die Valenzen der Berichterstattung tiber die verschiedenen Sachthemen, offenbaren sich Konstanten und Unterschiede im Vergleich zum Bundestagswahlkampf 1998. Eine gewisse Konstanz findet sich in den Valenzen der Darstellungen der Parteien bei den Themen, die in den Medien eine st~irkere Betonung als in den Pressemitteilungen erfahren haben. Die Kleinparteien werden bei diesen Themen deutlich negativer dargestellt als bei den Top-Themen der Pressearbeit. So betr~igt der Saldo positiver und negativer Valenzen der Darstellung der Btindnisgrtinen bei den Themen Arbeitsmarkt -46 Prozentpunkte, wirtschaffliche Lage-44 Prozentpunkte, Parteispendenskandal CDU-31 Prozentpunkte und beim Thema Bundeswehr-31 Prozentpunkte. Bei der FDP betrifft dies die Themen Antisemitismus (-69 %Pkt) und den Zustand von Staat und Politik (-47 PP). Fth- die FDP kann als weitere Konstante festgehalten werden, dass die Valenz der Darstellung der Partei bei den Top-Themen der Kampagne zwar nicht positiv, aber im Vergleich zu den eben erw~ihnten Themen weniger negativ war. So betrug das Valenzsaldo beim 149Anteilswerte zwischen 1 bis 9 Prozent. 15o Die vollstandige Themenfbersicht findet sich im Anhang, Tabelle 13: Vergleich Themenagenden der Pressemitteilungen und der Berichterstattung fiber Bfndnis 90/G~ne im Bundestagswahlkampf 2002. ~5~ Die vollstandige Themenfbersicht findet sich im Anhang, Tabelle: 12 Vergleich der Themenagenden der Pressemitteilungen und der Berichterstattung fiber die FDP im Bundestagswahlkampf 2002.
208
Ergebnisse
Thema Steuem - 14 Prozentpunkte, beim Thema Sozialabgaben/Sozialleistungen - 13 Prozentpunkte und war beim Thema Arbeitsmarkt ausgewogen bei +/-0 Prozentpunkten. Hingegen zeigte die Berichterstattung tiber die Btindnisgrtinen 2002 im Unterschied zu den Analysen der Berichterstattung im Vorfeld der Wahl 1998, dass eine starke Betonung von Sachthemen eine positive Darstellung der Partei in den Medien zur Folge haben kann. So betrug der Valenzsaldo beim Thema Ausl~inderpolitik +15 Prozentpumkte, beim Thema Risikotechnologien +27 Prozentpunkte und beim Thema Antisemitismus +37 Prozentpunkte (Abbildung 26). Hypothese 14 ist somit falsifiziert. Kleine Koalitionsparteien haben keine gr613eren Chancen mit ihren Themen in die Berichterstattung zu kommen als kleine Oppositionsparteien. Die Medien sind bei der Themensetzung ein eigenst/andiger Akteur.
Abbildung 26." Valenz der Berichterstattung tiber stark und wenig betonte Themen in den Pressemitteilungen der Kleinparteien Saldo des Anteils positiver und negativer Beitr~ge in Prozentpunkten
Von Griinen in PM stark betont
Antisemitismus
37
Risikotechnologien
25
Ausl~inderpolitik
~ 1 5
Von FDP in PM stark betont
-14~
Steuern Sozialabgaben/-leistungen
-13 m
Arbeitsmarkt Von Griinen in PM wenig betont Arbeitsmarkt
-46
Wirtschaffiiche Lage
-44
Bundeswehr
-31
Von FDP in PM wenig betont Antisemitismus Zustand von Staat und Politik -100
-69 -49 -50
0
50
100
Quelle: Projekt Kampa II, n=588 (Pressemitteilungen), n=3.476 (Beitr~ige) Lesebeispiel: Die Grfinen wurden im Zusammenhang mit der Berichterstattung fiber das von ihnen in den Pressemitteilungen stark betonte Thema Risikotechnologien positiv dargestellt.
8. 4.3
Kommunikationsstile
Hinsichtlich der 13bemahme von Kommunikationsstilen in die Medienberichterstattung wird in Hypothese 15 angenommen, dass die destruktive, negative Darstellung in den Pressemitteilungen durch die Medien neutralisiert wird. Die Analyse der Selbstdarstellungen der Parteien zeigte, dass diese stark negativ waren. So dominierte in 49 Prozent der Pressemitteilungen von Btindnis 90/Die Grtinen im Vorfeld der Wahl 1998 und in 54 Prozent im Vorfeld der Wahl 2002 die Kritik am politischen Gegner. Die Darstellung der eigenen
8.4 Ursachen der Darstellung: Selbstdarstellung
209
Ziele und Vorhaben stand dem nach. Bei der FDP war dieser Trend zur Destruktivit~it in der politischen Kommunikation noch st~irker ausgepr~igt. In gut jeder zweiten Pressemitteilung im Vorfeld der Wahl 1998 und in gut zwei von drei Pressemitteilungen im Vorfeld der Wahl 2002 wurden die politischen Ziele der Gegner vorrangig diskreditiert. Die politische Rhetorik der FDP bestand in einem Frontalangriff auf Rot-Grtin. Diese Kommunikationsstrategie der Parteien wurde von den Medien in unterschiedlichem Mal3e adaptiert. Ft~ die Berichterstattung im Bundestagswahlkampf 1998 l~isst sich eine ~ihnlich starke Betonung der Kritik an den Konzepten der Kleinparteien erkennen. Dabei zeigte sich, dass die desmaktive Argumentation vor allem in den Femsehnachrichtensendungen und -magazinen betont wurde. Dies gilt sowohl ffar die Berichterstattung tiber die FDP als auch tiber die Bttndnisgrtinen (Tabelle 29).
Tabelle 29." Anteil destruktiver Argumentation in den Pressemitteilungen und den Medien Pressemitteilun-
gen
Medien
Qualit[its-
zeitungen
Zeitung
BILD-
Off.-rechti. Fernsehnachrichten
Private Fernsehnachrichten
Gesamt
Wahlkampf 1998 FDP
54
51
48
44
55
54
B90/Griine
49
45
42
33
49
51
FDP
66
30
29
30
29
39
B90/Grtine
54
30
30
49
24
29
Wahlkampf 2002
Prozent
Hingegen wandelte sich der Arguxnentationsstil in der Berichterstattung zur Bundestagswahl 2002. W/ihrend bei den Parteien der Anteil der destruktiven Pressemitteilungen stieg, ging er in den Medien zurtick. ,~mlich wie bei den GroBparteien (vgl. Donsbach, Jandura 2005a) tibten die Medien in ihrer Berichterstattung einen neutralisierenden Einfluss aus. In knapp jedem zweiten Beitrag tiber die Btindnisgrtinen und die FDP (je 48 Prozent), in dem es um die Parteien ging, wurden diese in der Berichterstattung im Bundestagswahlkampf 2002 konstruktiv dargestellt, nur in drei von zehn Beitr~igen hingegen destruktiv. Dabei zeigt sich, dass in den wenigen FNlen, in denen tiber die FDP im Zusammenhang mit Sachthemen berichtet wurde, diese in den Nachrichtensendungen der Privaten destruktiver dargestellt wurden als in den anderen Medien. Kritik an den Zielen der Grtinen wurde hingegen vor allem yon der BILD-Zeitung getibt. Diese Befunde zeigen, dass in der tiberregionalen Tagesberichterstattung die Argumentationslinien der Kleinparteien in beiden Wahlk/impfen unterschiedlich aufgenommen wurden. W~ihrend die Medien im Bundestagswahlkampf 1998 die destruktive Darstellung der Parteien tibernahmen und in manchen F~illen gar noch tibertrafen, tibten sie im Bundestagswahlkampf 2002 eine neutralisierende Funktion in der Berichterstattung aus. Das erstgenannte Ergebnis korrespondiert dabei mit den Befunden aus den USA. Jamieson, Wald-
210
Ergebnisse
mann und Sherr (2000) zeigten, dass sich die amerikanischen Medien aus den Selbstdarstellungen der Akteure vor allem die Angriffe auf den politischen Gegner herausgreifen. In ihrer Studie verglichen sie die Inhalte von Reden, Interviews und Wahlwerbespots von Pr~isidentschaftskandidaten mit der Berichterstattung dartiber. Die Befunde von 2002 lassen eher den Schluss zu, dass die untersuchten Medien einen eher neutralisierenden Einfluss auf die Berichterstattung tiber die Ziele der Parteien nehmen. Gleiches Ergebnis wurde schon in Zusammenhang mit der Darstellung s~ichsischer Landespolitik sowie der Darstellung lokaler Politik gefunden (Donsbach, Wenzel 2002, Mfiller 2005). Diese Ergebnisse reihen sich in die Befunde der Langzeitanalyse von Wilke und Reinemann (2000) ein, die feststellten, dass der zunehmende Negativismus in der Politikberichterstattung fiber die Kanzlerkandidaten kein linearer Trend ist, sondern die Berichterstattung auch von situativen, wahlkampfspezifischen Eigenschaften abh~ingig ist. Somit l~isst sich Hypothese 15 nur mr den Wahlkampf 2002, aber nicht ftir den Wahlkampf 1998 best~itigen und muss somit zurOckgewiesen werden.
8. 4.4
Fazit
In diesem Kapitel wurden die Themenagenden der Pressemitteilungen der Parteien mit denen der Berichterstattung fiber die Kleinparteien verglichen. Die Befunde lassen sich in folgenden Punkten zusammenfassen: (1) Die Pr~isenz der Parteien in der tagesaktuellen Berichterstattung ist unabh~ingig von der Quantit~it der Pressearbeit. Dies zeigen besonders deutlich die Beispiele der SPD und der FDP. Die gr6Beren Aktivit~iten in der Pressearbeit zahlten sich nicht in einer im Vergleich zu den anderen Parteien umfangreicheren Berichterstattung aus. (2) Eine an Sachthemen orientierte Pressearbeit der Parteien hat keinen Einfluss auf eine umfangreiche, thematisch breite Darstellung der Parteien in der Medienberichterstattung. Am Beispiel der oppositionellen Kleinparteien wird deutlich, dass sich in der Medienberichterstattung die Relationen zwischen ,policy'- und ,politics'-Themen der Pressemitteilungen umkehrten. Obwohl beide oppositionelle Kleinparteien in ihrer Pressearbeit fiberwiegend Sachthemen ansprachen, wurden fiber sie haupts~ichlich im Zusammenhang mit den Themen W a h l k a m p f ~ g , innerparteiliche Auseinandersetzungen und Kanzlerkandidaten berichtet. (3) Dennoch haben bei der Sachthemenberichterstattung kleine Koalitionsparteien die besseren Chancen darauf, dass ihre Sachthemen in der Medienberichterstattung fibemommen werden. Ffir groBe Koalitionsparteien konnte dies nicht festgestellt werden. Im Vergleich zu kleinen Regierungsparteien ist die Chance der l]bemahme der Themenstruktur aus den Pressemitteilungen bei kleinen Oppositionsparteien geringer, unterscheidet sich aber nicht vonder Chance groBer Oppositionsparteien. (4) Medien setzen in ihrer Berichterstattung eigene Akzente bei der Darstellung von Kleinparteien im Zusammenhang mit Sachthemen. Die jeweils wichtigsten Themen der Pressemitteilungen der Kleinparteien wurden in ihrer Bedeutung durch die Medienberichterstattung abgeschw~icht. (5) Mit Ausnahme der Grfinen im Bundestagswahlkampf 2002 war die Valenz der Berichterstattung der Kleinparteien im Zusammenhang mit den wichtigsten Themen der Pressemitteilungen moderat negativ. Hingegen wurden Kleinparteien bei Themen, die in den
8.5 Ursache II: Parlamentst/itigkeit der Kleinparteien
211
Pressemitteilungen nur unterdurchschnittlich Erw~ihnung fanden, stark negativ bewertet. Daraus l~isst sich ableiten, dass eine Thematisierung in Pressemitteilungen die Valenz der Berichterstattung verbessert. (6) Hinsichtlich der 13bemahme der rhetorischen Designs der Pressemitteilungen in die Berichterstattung zeigen sich kontr~ire Befunde. W~ihrend die Medien die desmaktive Argumentationslinie der Kleinparteien im Vorfeld der Bundestagswahl 1998 tibemahmen, hatten sie vier Jahre sp~iter eine Neutralisationsfunktion inne. Sie schw~ichten sowohl die negative Darstellung der Parteien und Politiker des jeweils anderen politischen Lagers als auch die positive Darstellung des eigenen politischen Lagers ab. Der Vergleich zwischen den Pressemitteilungen und der Medienberichterstattung tiber Kleinparteien schafft weitere empirische Evidenzen da~r, dass der Einfluss der PR der Parteien auf die politische Berichterstattung in Bundestagswahlk~impfen sehr gering ist. Er reiht sich in die jtingeren Befunde zur PR-Effizienz von Eilders et al. (2003), Kepplinger und Maurer (2004) und FrOhlich und Rtidiger (2004) ein. Die Quantit/it der Pressemitteilungen und deren Themengestaltung haben keinen bzw. nur einen geringen Einfluss auf die Berichterstattung. Allein das Beispiel der Grtinen im Bundestagswahlkampf 2002 zeigt, dass eine 13bemahme der wichtigsten Themen der Pressearbeit in die Medienberichterstattung verbunden mit einer positiven Darstellung der Partei im Zusammenhang mit diesen Themen m6glich ist. Den Btindnisgrtinen ist es anscheinend gelungen, die Misserfolge der Regierung Schr6der allein der SPD anzulasten und sich auf ihren Politikfeldern Risikotechnologien und Ausl/anderpolitik zu etablieren (Roth, Jung 2002: 8). Der Slogan der Partei zur Bundestagswahl 2002 ,,Grtin wirkt" ist somit auch I~r die PR der Partei zutreffend. Dass die Grtinen damit ein Sonderfall sind, best/atigt die Analyse zum Einfluss der Pressemitteilungen der GroBparteien auf deren Medienberichterstattung, die weder fft~ SPD noch ~ r die Unionsparteien eindeutige Hinweise ffir die lJbemahme der Parteienagenda in die Medien ergab (Donsbach, Jandura 2005a: 62). Der Vergleich von Selbst- und Fremddarstellung zeigt, dass die Medienberichterstattung nicht von der politischen PR der Parteien determiniert wird. Vielmehr wird deutlich, dass die Medien selbst dartiber entscheiden, tiber welches Thema in welchem Umfang berichtet wird. Beztiglich der Valenz der Darstellung der Parteien zeigt sich jedoch, dass bei intensiv behandelten Themen in den Pressemitteilungen die Darstellung der Parteien im Vergleich zu den wenig behandelten Themen positiver ist. Das bedeutet jedoch nur in den wenigsten F/allen, dass eher positive als negative Beitr/ige tiber eine Partei in Zusammenhang mit diesen Themen publiziert werden.
8.5 Ursache II: Parlamentst[itigkeit der Kleinparteien Kritiker des Einsatzes der Pressemitteilungen als Indikator fiir die Themensetzung durch die Parteien argumentieren, dass in den Pressemitteilungen die Positionen der Parteien zu zentralen Themen der Kampagne angesprochen werden, w/ahrend die Medienberichterstattung st/arker die tagespolitische Ereignislage aufgreit't. Des Weiteren wird betont, dass Pressemitteilungen eben nur ein Instrument der (3ffentlichkeitsarbeit sind (Tenscher 2003). Diese Kritik am Vergleich der Pressearbeit der Parteien mit der Medienberichterstattung aufgreifend, wurde als weiterer Indikator der politischen T/atigkeit der Kleinparteien das Handeln ihrer Fraktionen im Bundestag im Vorfeld der Bundestagswahlen 1998 und 2002 untersucht. Aufbauend auf den Forschungsstand zur medialen Darstellung der Parlaments-
2 12
Ergebnisse
t~itigkeit wird in Hypothese 16 die Behauptung aufgestellt, dass die Betonung der Sachthemen in der parlamentarischen Arbeit der Fraktionen der Kleinparteien nicht mit deren medialer Darstellung auf Sachthemenebene fibereinstimmt. Gem~iB Hypothese 17 soll zudem getestet werden, inwieweit die Befunde der eben formulierten Annahme ein Spezifikum der Berichterstattung fiber Kleinparteien sind oder ob dies auch ~ r GroBparteien zutrifff. Zur Prtifung der Hypothesen werden die Quantit~it und die Themenstruktur der parlamentarischen Aktivit~iten der Kleinparteien mit der der Medienberichterstattung in den Bundestagswahlk~impfen 1998 und 2002 verglichen. Der thematische Vergleich basiert wie beim Vergleich mit den Pressemitteilungen der Kleinparteien auf den weitgehend identischen Themenvariablen bei der Erhebung der parlamentarischen Aktivit~iten und der Medienberichterstattung. ~52
8.5.1
Einschr~inkungdes Datenmaterials
Ftir die Beschreibung der Parlamentst~itigkeit der Kleinparteien wurden bislang alle von ihnen initiierten oder mitgetragenen Aktivit~iten innerhalb der 13. und 14. Legislaturperiode untersucht. Der Untersuchungszeitraum wurde so breit gew~ihlt, um aussagekr~iftige Ergebnisse ~ r die Aktivit~iten der Kleinparteien innerhalb der gesamten Legislaturperiode und nicht nur flir die Zeit vor der n~ichsten Bundestagswahl zu erhalten. Beim Vergleich der Themenagenden der Berichterstattung fiber die Kleinparteien im Bundestagswahlkampf und der der parlamentarischen Handlungen muss der Zeitraum der Untersuchung der Parlamentst~itigkeit jedoch eingeschr~inkt werden, damit beim Vergleich keine Artefakte entstehen. 153 Um dem unterschiedlichen Charakter und den differierenden Bearbeitungszyklen der erfassten parlamentarischen Aktivit~iten gerecht zu werden, wird kein einheitlicher, sondern ein gestaffelter Untersuchungszeitraum far die Parlamentst~itigkeit festgelegt, der sich an den Reaktionen auf die jeweilige Initiative orientiert. 154 Aufgrund der Unmittelbarkeit von Initiative und Handeln im Parlament wird ~ r Regiemngserkl~imngen, Aktuelle Stunden und Entschliegungsantr~ige derselbe Untersuchungszeitraum angelegt wie ftir die Medienberichterstattung. Bei Kleinen Anfragen betr~igt die Frist der Beantwortung durch die Bundesregierung zwei Wochen (w 104 Abs. 2 GOBT). Dass diese Frist aufgrund der Vielzahl der Kleinen Anfragen nicht eingehalten werden kann, zeigt zum einen die Befragung der Bundestagsabgeordneten von Engelke (2004: 65), nach der die Abgeordneten durchschnittlich nach 20,5 Tagen eine Antwort bekamen. Zum anderen zeigt die Ausz~ihlung der Kleinen Anfragen im parlamentarischen Dokumentationssystem, dass die Frist von 14 Tagen zwischen Fragestellung und Beantwortung durch die Bundesregierung h~iufig tiberschritten wird. Daher werden alle Kleinen Anffagen in den Agendenvergleich mit aufgenommen, die im Untersuchungszeitraum der Medienberichterstattung gestellt bzw. von der Bundesregierung beantwortet wurden. Eine Frist wie bei den Kleinen Anfragen ist ftir die Beantwortung einer Grogen Anffage nicht festgesetzt. In der Gesch~iftsordnung im Bundestag wird nur darauf verwiesen, dass nach 152Die Themenvariablensind im Anhang S. 295ff zusammengestellt. ~53So ist es zum Beispiel nicht plausibel, dass eine KleineAnfrage aus dem Dezember 1998sich in der Medienberichterstattung im Vorfeldder Wahl2002 niederschl~igt. 154Der Zeitraum ist deshalb nur eine Orientierung, weil die Fristen, die zur Beantwortungder jeweiligen Initiativen gesetztsind, selten eingehaltenwerden(Ismayr2000: 334; Engelke2004).
8.5 Ursache II: Parlamentst~itigkeit der Kleinparteien
213
Eingang der Antwort der Bundesregierung auf Verlangen einer Fraktion oder 5 Prozent der Mitglieder des Bundestages das Thema auf die Tagesordnung einer Bundestagsdebatte gesetzt wird (GOBT w 101). Insofem werden alle GroBen Anfragen berticksichtigt, die im Untersuchungszeitraum eingebracht, beantwortet oder im Bundestag debattiert wurden. ~55 Hinsichtlich der Gesetzesinitiativen werden alle Entwtirfe der Fraktionen des Bundestags oder der Regierung berticksichtigt, die im Untersuchungszeitraum initiiert wurden oder deren zweite bzw. dritte Lesung im Untersuchungszeitraum stattfand. Ebenso wird die Arbeit aller Untersuchungsausschtisse und Enquete-Kommissionen berticksichtigt, die im Untersuchungszeitraum aktiv waren.
8.5.2
Vergleichder Themenagenden
Insgesamt konnten in der 13. Legislamrperiode 390 parlamentarische Aktivit~iten der Fraktionen der vier untersuchten Parteien identifiziert werden, die zwischen dem 1. M~irz 1998 und dem 27. September 1998 initiiert oder in Folge einer Initiative behandelt wurden 156 und dem Themenkatalog der Inhaltsanalysen der Pressemitteilungen und der Medienberichterstattung entsprachen. 157 Ftir die 14. Legislamrperiode ergab die Ausz~lung, dass zwischen dem 1. April und dem 21. September 2002 289 relevante lnitiativen ins Parlament eingebracht bzw. die Reaktionen auf Initiativen den Fraktionen zugestellt wurden. 158 ,g,_hnlich der Analyse des Niederschlags von Pressemitteilungen in der Medienberichterstattung zeigt sich auch bei der Analyse der parlamentarischen lnitiativen, dass sich die Aktivit~it einer Fraktion bzw. der Bundesregierung und der sie tragenden Mehrheitsfraktionen nicht proportional auf deren mediale Sichtbarkeit auswirkt. W~ihrend die Fraktion von Btindnis 90/Die Grtinen im Vorfeld der Bundestagswahl 1998 im Parlament im Vergleich zur SPD-Fraktion die aktivere war (118 zu 78 Initiativen), wurde fiber die SPD Fraktion in der parteipolitischen Medienberichterstatmng deutlich h~iufiger berichtet (63 zu 35 Prozent). Auch fftr die Berichterstattung im Bundestagswahlkampf 2002 kann die geringere Berticksichtigung der kleinen Oppositionsfraktion in der Medienberichterstattung festgestellt werden. Aus dem Vergleich des Anteils der parlamentarischen Initiativen an der Parlamentst~itigkeit und des Anteils am Vorkommen in der parteipolitischen Medienberichterstattung wird deutlich, dass tiber die Unionsparteien h~iufiger berichtet wurde (Indexwert: 238) als tiber die FDP (Indexwert: 183) (Tabelle 30).
155Auch hier ist gewahrleistet, dass Groge Anfragen, die vor dem Untersuchungszeitraum gestellt wurden, aber im Untersuchungszeitraum beantwortet wurden, berficksichtigt sind. ~56 Dazu zahlen die zweite bzw. dritte Lesung von Gesetzesentwiirfen, Antworten bzw. Debatten zu Grogen Anfragen und Antworten auf Kleine Anfragen. 157Die Kompatibilitatsquote der Themen von parlamentarischen Aktivitaten und der Themen der Medienberichterstattung lag bei 66 bzw. 68 Prozent und somit im Bereich der Werte, die mr die gesamte Legislaturperiode jeweils festgestellt wurden. 158 Die gemeinsam eingebrachten Initiativen der Koalitionsfraktionen sowie der Bundesregierung wurden sowohl 1998 als auch 2002 beiden Koalitionsparteien zugeordnet. Somit unterscheidet sich die Anzahl der eingebrachten Initiativen vonder Basis der Prozentuierung.
214
Ergebnisse
Tabelle 30." Aktivit~it im Parlament und Berichterstattungsintensit~it in den Medien Parlamentarische Aktivit~iten
Parteipolitische Medienberichterstattung
Index Medienpriisenz*
FDP
27
34
126
B90/Gr0ne
26
35
135
SPD
17
63
371
Union
30
72
240
FDP
18
33
183
B90/GrOne
28
42
150
SPD
28
71
254
Union
26
62
238
Wahlkampf 1998
Wahlkampf 2 002
Anteile *Anteil an der Medienberichterstattung/Anteil an den Parlamentarischen Aktivitditen xl O0
Die Ungleichbehandlung von GroB- und Kleinparteien 1/isst sich auch for die Koalitionsparteien feststellen. Obwohl die parlamentarischen Aktivitaten von beiden Koalitionsparteien gemeinsam ins Parlament eingebracht und die Aktivit~iten der Bundesregierung beiden Parteien zugerechnet wurden, unterscheidet sich der Umfang der Berichterstattung tiber kleine und groBe Koalitionsfraktionen erheblich. Sowohl tiber die Unionsparteien (1998) als auch tiber die SPD (2002) wurde weit umfassender berichtet als tiber ihre kleinen Koalitionsparmer FDP und Btindnis 90/Die Grtinen. Somit bleibt festzuhalten, dass sich die Aktivit~it der Fraktionen der Parteien im Parlament nicht auf deren Berichterstattungsh/aufigkeit auswirkt. Dies triftt in gleichem MaBe auf oppositionelle wie auf koalierende Kleinparteien zu. Nachdem gezeigt wurde, dass die Quantit~it der parlamentarischen Initiativen keinen Einfluss auf den Umfang der Berichterstattung zu haben scheint, wird im Folgenden zu kl/iren sein, ob sich die Themenagenden der Fraktionen der Parteien im Parlament in der Medienberichterstattung wieder finden. Der Vergleich wird ~ihnlich der Analyse der Obereinstimmung der Themenagenden auf zweierlei Art und Weise durchgeftihrt: Einerseits wird der Zusammenhang mittels der Korrelation der Anteilswerte eines jeden Themas bei den parlamentarischen Initiativen und in der Medienberichterstattung gemessen. Andererseits soll das Saldo der jeweiligen Prozentanteile eines Themas in beiden Agenden zeigen, welche Sachthemen in der Medienberichterstattung tiber- bzw. unterbetont wurden. Grundlage der Analyse bilden dieselben 16 bzw. 18 Sachthemen, mit denen die Themen der parlamentarischen Initiativen, der Pressemitteilungen und der Medienberichterstattung erfasst wurden. Die Korrelationsanalyse zwischen Medienberichterstattung und parlamentarischen Aktivit~iten zeigt, dass die Medien in ihrer Berichterstattung den Sachthemen eine vOllig andere Relevanz zuweisen als die Fraktionen der Parteien in ihren parlamentarischen Aktivit/~-
8.5 Ursache II" Parlamentst~itigkeit der Kleinparteien
215
ten. Die meisten Korrelationskoeffizienten bewegen sich nahe 0. Am gr6Bten ist der Zusammenhang zwischen den parlamentarischen Aktivit~iten der Btindnisgrtinen im Vorfeld der Bundestagswahl 1998 und der Sachthemenberichterstattung tiber die Partei (r= 0.24; p> 0.05). Weder Regierungs- noch Oppositionsparteien gelang es somit, mit den Themen ihrer parlamentarischen Aktivit~iten im Wahlkampf in die Medien zu gelangen. Daraus leitet sich ab, dass die von den Medien vermittelte Politik nur sehr eingeschr~inkt etwas mit der Parlamentswirklichkeit zu tun hat (Schtittemeyer 1999: 445). Welche Themen in den parlamentarischen Aktivit~iten der Fraktionen der Kleinparteien st~irker, schw~icher oder genauso betont wurden wie in den Medien wird bei der themenbezogenen Analyse deutlich. So lag der Fokus der Berichterstattung tiber die FDP gegentiber den parlamentarischen Aktivit~iten der Bundestagsfraktion im Bundestagswahlkampf 1998 weit st~irker auf den Themen Arbeitsmarkt (+ 14 PP), Ausl~derpolitik (+ 13 PP) und Steuern (+6 PP). Weit weniger konzentrierte sich hingegen die Berichterstattung auf die Themen Europ~iische Integration (-18 PP), Risikotechnologien (-16 PP) und Sozialleistungen (-6 PP), obwohl gerade bei diesen Themen die Gesetzesinitiativen der Regierung Kohl sowie der sie tragenden Bundestagsffaktionen besonders hoch waren.
Abbildung 27." Unterschiedliche Betonung der Sachthemen in der parlamentarischen T~itigkeit der Fraktion von Btindnis 9 0 ~ i e Grtinen und der Medienberichterstattung tiber die Partei Prozentpunkte 24
Steuern Sonstige Themen Arbeitsmarkt
I4
Zustand yon Staat~olitik
I3 I2 I2
Europ. W~hrungsunion Wirtschaftliche Lage Staatsverschuldung Innere Sicherheit
in den
in der
0
parlamentarisehen Aktivit~iten starker betont
-2 I
Sozialleistungen
-2
Europ. Intergration
-2
Zustand d. Gemeinwesens
-2
Ausl~nderpolitik
-6
Bundeswehr
Medienberichterstattung stfirker betont
1 1 1
I
-8
-11
Bildung Risikotechnologien -40
-20
0
20
40
Quelle: Projekt Kampa I, n=145 (parlamentarische Aktivit~ten), n=2.459 (Beitrage)
Im Fall der oppositionellen Kleinpartei Btindnis 90/Die Grtinen rangierte 1998 das Thema Steuem in der Medienberichterstattung weit vom. W~ihrend nur 3 Prozent der parlamentari-
216
Ergebnisse
schen Aktivit~iten der Fraktion sich damit auseinandersetzten, wurde in 27 Prozent der Beitr~ige tiber die Grtinen dieses Thema erw~ihnt. Dass diese Betonung des Themas Steuem den Grtinen im Wahlkampf aufgrund der Negativberichterstattung allerdings nichts niatzte, wurde bereits schon diskutiert. Des Weiteren wurde wie bei der FDP das Thema Arbeitsmarkt (+6%Pkt) in den Medien st~irker be~cksichtigt. Eine st~irkere Beachtung in der Parlamentst~itigkeit der Fraktion hingegen fanden die Themen Ausl~inder (-6%Pkt), Bundeswehr (-8%Pkt), Bildung (-11%Pkt) und Risikotechnologien (-13%Pkt). Gerade bei den Themen Ausl~inder und Risikotechnologien versuchten sich die Grtinen mit 6ffentlichkeitswirksamen Initiativen wie Gesetzesentwfirfen und Aktuellen Stunden im Vorfeld der Wahl zu profilieren. Diese Profilbildung wurde von den Medien jedoch nicht tibernommen (Abbildung 27). 159 Auch vier Jahre sp~iter und nach dem Wechsel auf die Regierungsbank gelang es Btindnis 90/Die Grtinen nicht, die Themen ihrer parlamentarischen Initiativen in die Medienberichterstattung tiber die Partei zu tiberNhren. Die thematischen Schwerpunkte der parlamentarischen Aktivit~iten der Regierung Schr6der und der sie tragenden Fraktionen wurden in der Medienberichterstattung tiber die Btindnisgrfinen nur am Rande angesprochen. Die Salden der Themenanteile von Medienberichterstattung und parlamentarischen Aktivit~iten sind durchweg negativ. Der gr6Bte Unterschied l~isst sich beim Thema Innere Sicherheit feststellen, das in 27 Prozent der parlamentarischen Initiativen, aber nur in 6 Prozent der Medienberichterstattung tiber die Partei angesprochen wurde. Ebenfalls groBe Betonungsunterschiede sind beim Thema Risikotechnologien zu verzeichnen. Gut jede vierte parlamentarische Initiative geht auf dieses Thema zurtick, w~ihrend der Anteil der Berichterstattung in Beitr~igen mit Sachthemenbezug nur bei 12 Prozent liegt. Die Differenz zwischen Medienberichterstattung und Anteil an den parlamentarischen Aktivit~iten liegt beim drittwichtigsten Thema Europ~iische Integration bei-13 Prozentpunkten, beim viertwichtigsten Thema Sozialabgaben, Sozialleistungen bei-11 Prozentpunkten. Hingegen wurden in der Medienberichterstattung im Vorfeld der Bundestagswahl 2002 die Themen Antisemitismus (+5%Pkt), Ausl~inder (+6%Pkt), Bundeswehr (+7%Pkt), Arbeitsmarkt (+8%Pkt) sowie Zustand von Staat und Politik (+ 10%Pkt) verst~irkt angesprochen. Auch ftir die Berichterstattung tiber die FDP 2002 gilt, dass sich die Themen, mit denen sich die Fraktion der Partei im Parlament im Besonderen auseinander gesetzt hat, nur randst~indig in den Medien wieder linden. So wird in nur 6 Prozent der ohnehin wenigen Beitr~ige mit Sachthemenbezug das wichtigste Thema der parlamentarischen Initiativen, die Risikotechnologien, erw~ihnt, gar nur in drei Prozent das zweitwichtigste Thema Sozialleistungen. Die Relevanzzuweisung der n~ichst wichtigen Themen der Parlamentst~itigkeit Arbeitsmarkt und Steuem hingegen wird von den Medien tibemommen. Beide Themen werden sowohl in jeder zehnten parlamentarischen Aktivit~it als auch in jedem zehnten Beitrag mit Sachthemenbezug angesprochen. Im Vergleich zur Parlamentst~itigkeit betonen die Medien die Themen Zustand von Staat und Politik sowie Antisemitismus besonders stark. In jedem siebten Beitrag wird die Glaubwiardigkeit von Politikern angesprochen, jeder vierte Beitrag mit Sachthemenbezug thernatisiert die Vorwtirfe M611emanns an Scharon und Friedmann (Abbildung 28). Generell l~isst sich feststellen, dass die Themen der Parlamentst~itigkeit sowohl oppositioneller als auch koalierender Kleinparteien kaum vonder Medienberichterstattung aufge159 vgl. Anhang, Tabelle 15: Anteil der Sachthemen in den parlamentarischen Aktivitfiten der Kleinparteien und der Sachthemenberichterstattung im Zusammenhang mit den Kleinparteien 1998.
8.5 Ursache II: Parlamentst~itigkeit der Kleinparteien
217
nommen werden. Gerade bei den wichtigsten Themen der parlamentarischen Initiativen von FDP und Bfindnis 90/Die Gr~nen in beiden Legislaturperioden ist das Medienecho besonders gering. Dies wirkt sich auf die Valenz der Darstellung der Kleinparteien in den Massenmedien besonders nachteilig aus, ist doch die Valenz der Berichterstattung fiber FDP und Bfindnisgrfine bei Themen, denen sich beide Kleinparteien im Parlament besonders annehmen, positiver als die durchschnittliche Valenz der Darstellung der Parteien.
Abbildung 28." Themenagenden der parlamentarischen Aktivit~iten und der Sachthemenberichterstattung t~ber die FDP im Jahr 2002 im Vergleich Prozentpunkte Antisemitismus Zustand von Staat und Politik Sonstige Sachthemen Bundeswehr Auslfinder/Asylanten Parteispendenskandal CDU Parteispendenskandal SPD Finanzkrise Europ~ische Integration Arbeitsmarkt Steuern Bildung Wirtschaffiiche Lage Innere Sicherheit Sozialer Zustand Sozialleistungen Risikotechnologien
25
~
I
6
113 112 112 n2 112 in den
parlamentarisehen Aktivit~ten stfirker betont
in der
-1|
Medienberichterstattung
-1 | -2 |
starker betont
-2 n -2 | -3 m -4 m
-18 -40
-20
0
20
40
Quelle: Projekt Kampa II, n=66 (parlamentarische Aktivit~ten), n=1.505 Beitrage
Unabh~ngig von den Themenschwerpunkten der Fraktionen der Kleinparteien werden FDP und Bthadnis 90/Die Grfinen in der Medienberichterstattung st~irker mit anderen Sachthemen in Verbindung gebracht. Dies waren im Bundestagswahlkampf 1998 die zentralen Wahlkampfthemen Arbeitsmarkt und Steuem und im Fall der koalierenden FDP das Thema Ausl~nderpolitik. Die Berichterstattung fiber die FDP im Bundestagswahlkampf 2002 war auch auf der Sachthemenebene vonder MOllemann-Aff~re und dem Umgang der FDP mit dem Thema Antisemitismus sowie dem Thema Zustand von Staat und Politik gepr~igt. Letzteres Thema spielte auch in der Berichterstattung fiber die Grthaen eine wichtige Rolle. Zus~itzlich wurde die Partei h~iufiger mit dem Thema Arbeitsmarkt und Bundeswehr in Verbindung gebracht. Bei der Betrachtung aller diesen Themen f~illt ins Auge, dass die Valenz der Berichterstattung fiber die jeweilige Kleinpartei negativer ist als die Valenz der durchschnittlichen Berichterstattung.
218
Ergebnisse
Sowohl der Agendenvergleich fiber die Korrelationsanalyse als auch auf Themenebene hat gezeigt, dass Parlamentsrealitgt und mediale Realitgt stark differieren. Die Bttrger erfahren t~ber die Massenmedien nicht, mit welchen Themen sich Kleinparteien im Parlament, dem Zentrum des politischen Diskurses in der Demokratie, auseinandersetzen, also welche Themenschwerpunkte FDP und Bt~ndnis 90/Die G~nen in ihrer tgglichen Parlamentsarbeit haben. Vielmehr werden die Kleinparteien im Zusammenhang mit Sachthemen dargestellt, zu denen sie nur begrenzt aktiv sind. Hinsichtlich der Valenz der Darstellung der Kleinparteien in den Medien ist zu beobachten, dass diese bei ihren parlamentarischen Schwerpunktthemen positiver dargestellt werden. Dass der Unterschied zwischen Parlamentsrealitgt und medialer Realit~it kein Spezifikum far Kleinparteien ist, zeigen die Auswertungen fiir die Fraktionen der Grogparteien. Wie bei den Kleinparteien spielen auch hier die wichtigsten Themen der parlamentarischen Arbeit in der Medienberichterstattung eine untergeordnete Rolle. Die der SPD im Vorfeld der Bundestagswahl 1998 wichtigen Themen Bildung, Sozialleistungen und Risikotechnologien fanden genauso wenig ein mediales Echo wie die den Unionsparteien wichtigen Themen Europ~iische Integration, Risikotechnologien und Sozialleistungen. Hingegen wurden beide Parteien wie die Kleinparteien am stgrksten mit den Themen Steuem und Arbeitsmarkt in Zusammenhang gebracht (Abbildung 29).
Abbildung 29: Differenzen der Themenagenden der Grol3parteien 1998
8.5 Ursache II: Parlamentst~itigkeit der Kleinparteien
219
Gleiches l~isst sich ffir die Berichterstattung fiber den Bundestagswahlkampf 2002 zeigen. Die zentralen Themen der parlamentarischen Initiativen, die die SPD-Fraktion sowie die Bundesregierung initiierten, fanden sich nur in geringerem Umfang in der Berichterstatttmg wieder. So wurde fiber das wichtigste Sachthema Innere Sicherheit, das in jeder vierten Initiative angesprochen wurde, in nur 4 Prozent der Beitr~ige fiber die SPD mit Sachthemenbezug berichtet. Die Differenz zwischen dem Anteil der Berichterstatmng und dem Anteil in den parlamentarischen Initiativen Nr das zweitwichtigste Thema Risikotechnologien betrug -20 Prozentpunkte, for das drittwichtigste Thema Steuern-12 Prozentpunkte. Hingegen wurden die Themen Arbeitsmarkt, Zustand von Staat und Politik sowie der Parteispendenskandal der SPD in den Medien st~irker hervorgehoben. Auch in der Berichterstattung fiber die Unionsparteien orientierten sich die Medien nicht an deren Parlamentst~itigkeit im Berichterstatmngszeitraum. So wurden die zentralen Themen der Parlamentst~itigkeit der Unionsfraktionen Steuem, Risikotechnologien und Sozialleistungen in den Medien nur unterdurchschnittlich wieder gegeben, w~ihrend die Themen Arbeitsmarkt, Bundeswehr und Parteispendenskandal der CDU st~irker betont wurden. Hypothese 19 ist somit verifiziert. Der geringe Niederschlag der Themen der Parlamentst~itigkeit in der Medienberichterstattung ist kein Spezifikum der Kleinparteien, sondem kann fiir alle Parteien festgestellt werden. Das zentrale politische Entscheidungsorgan in der Bundesrepublik Deutschland hat dementsprechend keine Themensetzungsfunktion fiir die Massenmedien. Es ist eine ,,Nebenbfihne" im Prozess der politischen Kommunikation (Sarcinelli 2003" 44).
8.5.3
Fazit
In diesem Kapitel wurde untersucht, inwieweit sich die Themenagenda der Parlamentst~itigkeit der Kleinparteien auf die Inhalte der Berichterstattung fiber Kleinparteien auswirkt. Folgende Schlussfolgerungen k6nnen aus den Resultaten gezogen werden: (1) Die parlamentarische Realit~it wird in den Medien nicht widergespiegelt. Entscheidungspolitik und die dargestellte Politik driften auseinander. Der Wettbewerb um mediale Aufmerksamkeit verselbst~indigt sich gegenfiber dem politischen Entscheidungshandeln. Die Medien kommen ihrer im Input-Output-Modell von Easton vorgegebenen Aufgabe, der Kommunikation des parlamentarischen Outputs, nicht nach ,and tragen demzufolge auch nicht zur Aufrechterhaltung und St~irkung des politischen Systems bei (Easton 1965). Der Wandel zur Mediokratie wird demzufolge mit einer Abnahme der Legitimit~it des politischen Systems einhergehen (Sarcinelli 2003:44). (2) Kleinparteien werden in der Medienberichterstattung bei Themen, mit denen sie sich im Parlament aktiv und umfangreich auseinandersetzen, positiver dargestellt als bei Themen, die weniger im Fokus der Politikformuliemngsaktivit~iten stehen. (3) Das Divergieren von Entscheidungspolitik und dargestellter Politik ist kein Spezifikum der Kleinparteien. Vielmehr zeigt sich, dass es alle Parteien schwer haben, ihre im Parlament aufgebrachten Themen und Lt~sungsvorschl~ige von Problemen einem breiten Publikum zug~inglich zu machen.
220
Ergebnisse
8.6 Politisches Handeln, Selbstdarstellung und Fremddarstellung Nachdem der Zusammenhang zwischen Quantit~it und Inhalt der parlamentarischen Aktivit~iten und der Medienberichterstattung sowie zwischen den Selbstdarstellungen und der Medienberichterstattung jeweils bivariat analysiert wurden, gilt es abschliefSend die Frage zu kl~iren, ob es m6glich ist, die einzelnen Sachthemen nach ihren jeweiligen Anteilen in den drei Themenagenden zu typologisieren und damit bestimmte Muster aufzudecken. Mittels einer Clusteranalyse werden die in der Datenanalyse gefundenen Konstellationen des Verh~ilmisses zwischen den drei Themenagenden auf derartige Muster hin untersucht. Der Vorteil der Clusteranalyse ist hierbei, dass Objekte mit gleichen Eigenschaften in eine Gruppe zusammengefasst werden. Um Verteilungseffekte aufgrund des unterschiedlich starken Vorkommens der Themen in den drei Agenden bei der Zuordnung zu den Clustem zu verhindem, wurden die Variabeln, die die Themenagenden erfassten, pro Partei und Bundestagswahlkampf im Vorfeld z-transformiert. Diese Standardisierung ist m6glich, weil das Vorkommen eines jeden Themas rationalskaliert als Anteil an der Gesamtberichterstatmng erfasst wurde. 16~Im Ergebnis dieser Datenmodifikation entsteht ein Datensatz, in dem das Thema pro Partei und Wahlkampf den Fall bildet. Bei zwei Parteien, zwei Wahlk~impfen und 16 bzw. 18 Sachthemen verffigt der Datensatz demnach tiber 68 verschiedene F~ille der Zusammensetzung der drei Themenagenden. Im Ergebnis der Clusteranalyse werden sechs empirische Konstellationen des Verh~iltnisses zwischen den drei Themenagenden deutlich, wobei sich 85 Prozent der 68 untersuchten F~ille auf zwei Cluster verteilen. Am h~iufigsten tritt die Konstellation derselben Bedeutungszuweisung eines einzelnen Themas in den parlamentarischen Aktivit~iten, den Pressemitteilungen und der Medienberichterstattung auf. Sowohl bei Btindnis 90/Die Grtinen als auch bei der FDP betrifft dies in beiden untersuchten Wahlk~impfen jeweils die so genannten Randthemen, die Themen mit einer unterdurchschnittlichen Berticksichtigung in den drei Agenden. Keines dieser Themen tiberschreitet in den drei Sachthemenagenden einen Anteilswert von 4 Prozent. Insgesamt lassen sich 61 Prozent der untersuchten 68 F~ille diesem Cluster zuweisen (Abbildung 30). Dieser Befund l~isst den Schluss zu, dass die Bedeumngseinstufung bei weder von den Parteien noch von den Medien in den Vordergrund gertickten Themen gleich ist. Themen, die von den Akteuren weder im parlamentarischen Handeln noch in den Selbstdarstellungen thematisiert werden, werden in der Medienberichterstattung auch nicht aufgegriffen. Das zweitgrOSte Cluster mit einem Anteil von 25 Prozent bilden die Themen, bei denen eine hohe Aktivit~it in den parlamentarischen Aktivit~iten, aber ein geringer Niederschlag in den Pressemitteilungen und in der Medienberichterstattung zu finden ist. Dies trifft auf insgesamt 15 Themen zu. 161 Hieran wird deutlich, dass sich die Auseinandersetzung mit Sachthemen im Parlament nicht zwangslO.ufig auf die Bedeumngseinsch~itzung des jeweiligen Themas in der Pressearbeit im Vorfeld von Wahlk~impfen sowie in der Berichterstattung niederschl~igt. Dieser Befund zeigt erneut, dass es kein Automatismus ist, 160Die drei Themenagendenwerdenjeweils im Anhang, Tabelle 16 und 17 dargestellt. 161FDP Bundestagswahlkampf1998:_Europ~iischeIntegration,Risikotechnologien,Sozialleistungen Gr0ne Bundestagswahlkampf1998:Arbeitsmarkt,Bildung,Bundeswehr,Innere Sicherheit FDP Bundestagswahlkampf2002: Risikotechnologien,Sozialleistungen,Steuern Gr0ne Bundestagswahlkampf2002:Europ~iischeIntegration,InnereSicherheit, Sozialleistungen,Steuern
8.6 Politisches Handeln, Selbstdarstellung und Fremddarstellung
221
dass die Agenda des Parlaments zwangsl~iufig in der Medienberichterstattung wieder zu finden ist, wenn die PR der Parteien nicht untersttitzend wirkt. Die Behandlung des Themas Innere Sicherheit bei der FDP im Bundestagswahlkampf 1998 sowie die des Themas Risikotechnologien durch die Grtinen in beiden Bundestagswahlk~impfen haben gemein, dass beide Themen eine zentrale Rolle in den parlamentarischen Initiativen der Parteien spielten und dass sie in den Pressemitteilungen der Parteien und in der Medienberichterstattung in zweiter Reihe standen. Beide Themen bilden ein eigenes drittes Cluster, das im Vergleich zu den eben beschriebenen Konstellationen zeigt, dass eine hohe parlamentarische Aktivit~it in Zusammenhang mit einer moderaten Betonung in der Pressearbeit zu einer st~irkeren Selektion der Themen bei der Nachrichtenauswahl ffihren kann. Die PR hat in diesem Zusammenhang eine Thematisierungsfunktion inne, die vom Fakt gesttitzt wird, dass es sich um etablierte Themen der Kleinparteien handelt. Im Gegensatz dazu vereint Cluster 4 die Themen, die zwar in der Parlamentst~itigkeit kaum Beachtung fanden, in den Pressemitteilungen der Parteien jedoch sehr stark betont wurden und eine umfangreiche Medienberichterstattung aufwiesen. Diese Eigenschaften weisen bei der FDP die Themen Arbeitsmarkt und Steuem und bei den Grtinen das Thema Arbeitsmarkt im Wahlkampf 1998 auf. Auch diese Befunde sprechen ftir eine Thematisierungsfunktion der PR. Kleinparteien sind in der Lage, fiber ihre Pressearbeit Themen eine gr613ere Bedeutung beizumessen als sie es im Parlament haben.
Abbildung 30." Clusterverteilung der Themenkonstellationen der drei Agenden Prozent
70 61 60 50 40 30
25
20
3
2
Cluster 5
Cluster 6
0
Cluster 1 Cluster 2 Basis: n= 68 Themenkonstellationen
Cluster 3
Cluster 4
222
Ergebnisse
Die beiden verbliebenen Cluster sind nur mit je einem Thema besetzt. Sie stellen Sonderf~ille der Themenkonstellationen in den drei Agenden dar. Zum einen ware hierbei das Thema Antisemitismus zu nennen, das in den parlamentarischen Aktivit~iten der FDP keine und in deren Pressemitteilungen nur eine untergeordnete Rolle spielte, aber das zentrale Sachthema in der Berichterstattung tiber die Partei im Bundestagswahlkampf 2002 war. Der zweite Fall betrifft das Thema Steuem und ganz speziell den 5-DM-Beschluss auf dem Magdeburger Parteitag der Grfinen 1998. Im Vorfeld der Bundestagswahl 1998 bet-rug sein Anteil an parlamentarischen Aktivit~iten der Partei drei Prozent. Allerdings versuchten die Grtinen die negativen Reaktionen auf den Beschluss mit einer intensiven Thematisierung in ihren Pressemitteilungen mit einem Anteil von 40 Prozent- also mehr als dreizehn Mal so viel - ihr Steuerkonzept der (3ffentlichkeit vorzustellen. Das Medien-Echo war sehr stark. Die Grfinen wurden in 27 Prozent der Beitr~ige mit Sachthemenbezug mit dem Thema Steuern in Verbindung gebracht. Beide F~ille stehen far misslungene Dethematisierungsversuche der Parteien. Den Btindnisgrfinen gelang es nicht, eine politische Absichtserkl~imng mit verheerendem Medienecho far die Partei durch die Erkl~imng des eigenen Steuerkonzepts vonder Agenda zu nehmen. Die FDP scheiterte an ihrer nicht vorhandenen Kompetenz, parteiinterne Machtk~impfe im Wahlkampf schnell und effizient zu 16sen, so dass der innere Zustand der Partei tiber Wochen ein Thema in der Berichterstattung blieb. Zusammenfassend l~isst sich folgendes bezfiglich des Zusammenhangs der drei Sachthemenagenden feststellen: (1) Randst~indige Themen der parlamentarischen Aktivit~iten und der Pressemitteilungen der Parteien finden in den Medien ebenfalls nur eine geringe Aufmerksamkeit. Einzige Ausnahme bildet das Thema Antisemitismus in der Berichterstattung tiber die FDP, da dieses Thema zur Skandalisierung der Partei verwendet wurde. Die Konsonanz der Berichterstattung in den verschiedenen Medien macht deutlich, dass die Joumalisten in dem Thema einen Referenzframe far die Berichterstattung tiber die FDP sahen (Kepplinger 2001). (2) Die zentralen Themen der parlamentarischen Aktivit~iten der Fraktionen der Kleinparteien spiegeln sich in deren medialer Darstellung nicht proportional wieder. (3) Wichtige Themen der parlamentarischen Aktivitaten, die durch die Pressemiteilungen der Parteien nicht untersttitzt werden, finden in der Medienberichterstattung nur geringe Beachtung. Hingegen ~hrt eine zus~itzliche Betonung von wichtigen Themen der parlamentarischen Aktivit~iten durch die Pressearbeit der Partei zu einer gr613eren Gewichtung in der Medienberichterstattung. (4) Durch die Betonung eines einzelnen Themas in den Pressemitteilungen kann dessen Aufmerksamkeit im Vergleich zu den parlamentarischen Aktivit~iten gesteigert werden.
9
Kritik an der vorliegenden Studie
Auch wenn Forscher bei der Durchftihrung ihrer Studien gr613te Sorgfalt walten lassen, sind Fehler nicht g~inzlich auszuschliel3en und mtissen Kompromisse eingegangen werden, um die Realisierbarkeit zu gew~ihrleisten. Dabei befinden sie sich in einem Abw~igungsprozess zwischen dem objektiv Gewtinschten und dem subjektiv Durchfiihrbaren. Im Falle der hier vorliegenden Kombination von Prim~ir- und Sekund~irdaten heil3t das beispielsweise, dass bei der Erhebung der Daten Fehler auftreten k6nnen oder die Verkntipfung mit Fremddaten Einschr~tkungen zur Folge haben kann. Beide Bereiche sollen im Folgenden kritisch betrachtet werden.
9.1 Anmerkungen zur Datenerhebung Unzul~inglichkeiten der Messung k6nnen in unterschiedlichen Bereichen beobachtet werden, die im Folgenden anhand einer Analogie zur Fehlertypologie, die ursprtinglich for die standardisierte Bet~agung entwickelt wurde, beschrieben und auf die Inhaltsanalyse allgemein sowie die vorliegenden Messungen speziell tibertragen werden. Eine von Groves (1987) entwickelte Systematik unterscheidet Fehler, die durch das Messen entstehen, von denen, die sich aus dem Nichtmessen ergeben. Quellen von Messfehlern sind neben dem Fragebogen der Interviewer, der Befragte und der Befragungsmodus; Fehler durch das Nichtmessen entstehen durch Abdeckungs- und Stichprobenfehler und durch die Informationsverweigerung (non-response) seitens des Befragten. Diese Fehlertypologie l~isst sich gut auf die Inhaltsanalyse tibertragen (Abbildung 31). Als Fehler durch Messen sind dann Fehler zu verstehen, die sich aus der Auswahl, Definition und Beschreibung der Kategorien ergeben (Fehler des Instvaments), Fehler, die durch die Codierer entstehen (Codiererfehler) und Fehler, die mit den Gegebenheiten des gew~ihlten Modus zusammenh~ingen (Modusfehler). Analog zu den Kriterien von Groves entstehen auch bei der Inhaltsanalyse Fehler durch Nichtmessen durch Fehlspezifikationen der Grundgesamtheit (Abdeckungsfehler) und durch das Arbeiten mit Stichproben (Stichprobenfehler), zus~itzlich aber auch durch das Nicht-Vorliegen und damit die Nichtcodierbarkeit von Analyseeinheiten (non-coding). 162
Fehler durch Messen
Mehr als alles andere entscheidet die Gtite des Messinstruments tiber die Qualit~it der zu erhebenden Daten. Fehler, die an dieser Stelle gemacht werden, sind kaum zu kompensie162Noncodingstellt eine Analogiezur far die Befragung,nicht aber for die Inhaltsanalyserelevanten Fehlerquelle non-response dar. Die vierte von Groves genannte Fehlerquelle des Befragten ist auf die Inhaltsanalyseaufgrund deren nichtreaktivenCharaktersnicht zu 0bertragen.
224
Kritik an der vorliegenden Studie
ren. Insbesondere die Auswahl und Definition der Kategorien des Codebuches sollten bei einer kritischen Analyse von Inhaltsanalysen hinterfragt werden. Hinsichtlich der vorliegenden Erhebungen mtissen vier Kritikpunkte angesprochen werden. Aufgrund der Art der Messung des Vorkommens von Akteuren in den Codierungen der Pressemitteilungen und Medieninhalte ist es nicht m6glich zu rekonstruieren, welcher Stellenwert Parteien oder deren Personal im Beitrag beigemessen wurde. Das Vorkommen der Parteien wurde dichotom (kommt vor/kommt nicht vor) erfasst, nicht aber tiber eine mehrstufige, das relative Ausmal3 der Berichterstattung quantifizierende Variable. Somit kann innerhalb eines Beitrags, in dem mehrere Parteien genannt wurden 163, nicht unterschieden werden, ob tiber alle Parteien in gleichem Umfang berichtet oder vielleicht eine nt~ am Rande erw~ihnt wurde. Gerade t~r den Vergleich der Berichterstattung tiber Kleinund Grogparteien im Vorfeld von Bundestagswahlen w~ire es natfirlich von Interesse gewesen, bemessen zu k~nnen, ob innerhalb eines Beitrags Klein- und Grol3parteien die gleiche Beachtung zuteil wurde. Ftir die vorliegende Analyse musste jedoch auf eine genauere Unterscheidung verzichtet und auf die etwas krude Vorkommensvariable zurtickgegriffen werden. Ftir Folgestudien allerdings empfiehlt sich eine feinere Erfassung.
Abbildung 31: Fehlertypologie bei Inhaltsanalysen
I
Fehlerarten
I
....
Fehlerquellen durch Messen
]
I Fehlerquellen durch Nichtmessen ]
.3 ,-1Erhebunzsinstrument
,] Abdeckun•sfehler
"l Codierer
I
~ Stich0robenfehler
"l Erhebunjzsmodus
[
~ Noncodinz
I
Neben der fehlenden Bemessung des Stellenwerts eines Akteurs innerhalb eines Beitrages ist es zudem nicht m6glich, eine eindeutige Zuordnung von Akteuren und Berichtsgegenst~inden zu treffen. So konnten zwar ~ r jeden Beitrag bis zu drei Themen verschltisselt werden, eine akteursindividuelle Erfassung fand jedoch nicht statt. Somit bleibt ungekl~irt, ob bzgl. der im Beitrag angesprochenen Themen die Sichtweisen aller Parteien geschildert wurden oder ob verschiedene Themen auch mit unterschiedlichen Akteuren verkntipft wur-
163 So wurden in der Wahlkampfberichterstattung im Vorfeld der Bundestagswahlen 1998 und 2002 in jeweils zwei Drittel der Beitrage (65 Prozent bzw. 66 Prozent) die Parteien als Akteure aufwiesen, mindestens zwei Parteien erwahnt.
9.1 Anmerkungen zur Datenerhebung
225
den. 164 Den vorliegenden Analysen liegt daher mangels zus~itzlicher Indikatoren die vereinfachende Annahme zugrunde, dass bei der Nennung mehrerer Themen und mehrerer Parteien auch jeweils gegenseitige Beztige hergestellt wurden. In Folgestudien sollte das Vorkommen einer Partei auf Themenebene mit verschltisselt werden, um eine exakte Zuordnung zu erm6glichen. Eine weitere Gruppe von Kategorien birgt ebenfalls ein Risiko des Einschr~inkens der Aussagekratt der Befunde. Auf der Ebene der Akteure wurden neben den Parteien auch das Vorkommen deren Spitzenpolitiker erfasst. W~ihrend das Aufstellen der Parteienliste unter Anwendung des Kriteriums der parlamentarischen Repr~isentation problemlos war, erfolgte die Auswahl der in die Analyse einbezogenen Politiker u.a. mit Blick auf die Gr6Be der Partei. So wurden far die GroBparteien sechs und t'tir die Kleinparteien 1998 zwei und 2002 drei Politiker codiert. Ftir die Btindnisgrtinen wurden Jtirgen Trittin, Joschka Fischer und 2002 auch Renate Ktinast, ~ r die FDP Guido Westerwelle, Jtirgen M611emann und 2002 auch Wolfgang Gerhardt analysiert. Diese Auswahl ist jedoch sehr selektiv und folgt keiner einheitlichen Linie, was die Stellung der ausgew~ihlten Politiker innerhalb der Partei bzw. der Position in der Exekutive betrifft. Zudem ist der Fokus auf drei Personen je kleiner Partei recht eng. Betrachtet man allerdings die Struktur der Berichterstattung tiber das politische Spitzenpersonal, wird schnell deutlich, dass die mit Abstand am meisten berichteten Personen die beiden Kanzlerkandidaten sind. W~ihrend bspw. 2002 SchrOder in jedem dritten (35 Prozent) und Stoiber in jeden vierten (28 Prozenten) Beitrag Erw~ihnung fanden, bewegen sich bis auf Westerwelles Wert (10 Prozent) die aller anderen im klar einstelligen Bereich. Es ist daher anzunehmen, dass obwohl eine umfassendere Erfassung wtinschenswert gewesen w~ire, auch far die zus~itzlich aufgenommenen Politiker nur geringe Vorkommenswerte h~itten ausgewiesen werden k6nnen. Als vierte Schw~iche des Instruments muss das Fehlen von Informationen zur authentischen Darstellung der Spitzenpolitiker von FDP und Btindnis 90/Die Grtinen angesprochen werden. Es wurde nicht erfasst, ob die Politiker in Bildern und Nachrichtenfilmen vorkamen bzw. ob ihnen die M6glichkeit einger~iumt wurde, sich mit O-T6nen zu ~iuBem. Demzufolge kann die Frage, inwiefern Kleinparteien auch visuell und/oder mit eigenen Worten berichtet wurden, nicht gekl~irt werden. Das ist besonders hinsichtlich neuerer Befunde bedauerlich, die eine wachsende Bedeutung nonverbaler Aspekte der Darstellung yon Politikem nachgewiesen haben (Kepplinger, Maurer 2005, Petersen, Jandura 2004). Messfehler entstehen aber nicht nur durch den das Messinstrument erarbeitenden Forscher, sondern auch - zumindest wenn diesbeziiglich keine Personalunion vorliegt - dt~ch die Codierer. Diese k6nnen ein- und dasselbe Material unterschiedlich verschltisseln (Reliabilit~it), zwar alle gleich, aber anders als vom Forscher intendiert codieren (Validit~it), unbewusst verzerren, indem pers6nliche Merkmale Einfluss auf die Codierung nehmen, oder bewusst die Codierung beeinflussen, indem sie bei der Codierung f'~ilschen. Zur Sicherung der Reliabilit~it wurden die Codierer bei jeder der sechs Erhebungen (Parlamentaria, Pressemitteilungen, Medienberichterstattung) intensiven Codiererschulungen unterzogen. Nachfolgend wurde anhand einer Parallelcodierung yon 28 parlamentarischen Aktivit~iten, 13 Pressemitteilungen und 13 Medienberichten getestet, ob tibereinstimmende Ergebnisse erzielt wurden, die Messung also intercoderreliabel ist. Ftir die Co~64 In jedem vierten codierten Beitrag im Untersuchungsmaterial des Jahres 2002 wurden mehrere Themen und mehrere Parteien in einem Beitrag angesprochen. In Beitragen mit Beteiligung der FDP traf dies auf 49 Prozent der Beitrage zu, in denen mit Beteiligung der B0ndnisgrtinen gar auf 54 Prozent.
226
Kritik an der vorliegenden Studie
dierung der parlamentarischen Aktivit~iten wurden Koeffizienten zwischen 0,92 und 0,96 ermittelt, flu" Pressemitteilungen Werte zwischen 0,69 und 0,78 und far die Medienberichterstattung Werte zwischen 0,76 und 0,88 (vgl. auch Donsbach, Jandura, Petersen 2005: 218). 165 Im Verlaufe der Erhebung wurde mittels einer Wiederholungscodierung die Intracoderreliablitit~it ermittelt, die ebenfalls zufrieden stellende Werte aufwies. Somit kann l~r alle drei Codierungen festgehalten werden, dass es zwar keine vollst~indige l~lbereinstimmung zwischen den Codierern gab, aber dass sich die Abweichungen vom Idealmag im wissenschaftlich akzeptablen Bereich befinden (vgl. FrOh 1991:173 f.). Die Validit~it der Codierung ist dann gef~ihrdet, wenn die Codierer anders als vom Forscher intendiert codieren. Die oben genannten Testverfahren sind leider ungeeignet, um diese Fehlerquelle aufzudecken, weil sie auf Basis tibereinstimmender Codierungen auch dann hohe Werte ausweisen warden, wenn systematisch abweichend von den Vorgaben des Forschers verschlasselt wird. Zur Sicherung der Gfiltigkeit wurde daher darauf geachtet, dass die projektverantwortlichen Mitarbeiter regelmNSig in die Codierung einbezogen und deren Ergebnisse mit denen der anderen Codierer verglichen wurden. Eine unbewusste Verzerrung der Befunde kann durch Codierermerkmale hervorgerufen werden. Daher wurde im Rahmen der Studie zur 1998er Bundestagswahl gepr~ft, ob die politischen Pr~idispositionen der Codierer einen signifikanten Einfluss auf die Codierung haben. So w~ire es denkbar gewesen, dass Inhalte, die der eigenen Meinung entsprechen, positiver bzw. im Sinne einer Strategie zur Vermeidung des eben genannten Effektes negativer codiert werden. Eine entsprechende Feldstudie zeigte jedoch, dasses zu keinen Einfltissen der politischen Pr~idispositionen der Codierer auf das Codierverhalten kam (Maurer, Jandt~a 2001:191 ff.). Trotzdem wurde darauf geachtet, dass, wie in der Methodenliteratur gefordert (vgl. bspw. Merten, Grogmann 1996), Codierer mit unterschiedlichen politischen Ansichten rekrutiert wurden. Eine bewusste Verzerrung der Messung durch FNschungen seitens der Codierer schliel31ich kann leider weder ausgeschlossen noch bemessen werden, wobei durch eine engmaschige Kontrolle der Codierer und Plausibilit~itsanalysen seitens der Forscher versucht wurde, diese Fehlerquelle auszuschalten. Als dritte Messfehlerkategorie wurden modusbedingte Fehler genannt. Im Vergleich der u.a. personalaufwendigen und damit teuren und bei grogen Datenmengen langfristigen konventionellen Inhaltsanalyse gewinnt die computergesttitzte Inhaltsanalyse immer mehr an Bedeutung. Die Vorteile dieses Verfahrens liegen auf der Hand. Personelle Ressourcen sind nur noch fiar die Erstellung des Codebuches und der Zuweisung der zu codierenden Beitr~ige bereitzustellen, die Codierung hingegen wird vom Computer in Sekundenschnelle durchgefiahrt. Der Faktor Mensch wird bei der Codierung ausgeschaltet, die Reliabilit~it ist immer gegeben, da sich der Computer beim Codieren an die ihm vorgegebenen Skripte h~ilt. Einzig die Validit~it der Untersuchung muss noch tiberprtift werden. Alle Voraussetzungen ffir ein zeitnahes Vorliegen der Ergebnisse sind gegeben. Es stellt sich daher die Frage, warum fiar die vorliegende Studie kein computergesttitztes Verfahren zur Anwendung kam, insbesondere wenn - wie eben geschehen - das mit Ressourcenknappheit begrtindete Fehlen zus~itzlicher Daten kritisiert wurde. Diesbeztiglich muss zur Kenntnis genommen werden, dass computergesttitzte Inhaltsanalysen zumeist noch auf so genannten 165 Das Minimum gibt jeweils den schlechtesten, das Maximum den besten Intercoderreliabilit~itswert fi~r die Analysen der parlamentarischen Aktivitaten, der Pressemitteilungen und der Medienberichterstattung in den Jahren 1998 und 2002 an.
9.1 Anmerkungen zur Datenerhebung
227
Einwortcodierungen basieren, was das Erfassen von Kontexten erschwert oder gar verhindert. Des Weiteren ist es schwierig, Valenzen der Darstellung auf Beitragsebene oder sprachliche Stilmittel wie Ironie oder H~ime zu codieren. Daher war und ist der Einsatz der computergesttitzten Inhaltsanalyse noch recht beschr~kt (Geis 2001: 320) und konnte die Nachteile, die sich far das vorliegende Forschungsvorhaben ergeben h/itten, nicht durch dessen Vorteile kompensieren. Deshalb wurde in allen drei Inhaltsanalysen die konventionelle Codiemng angewendet.
Fehler durch Nichtmessen
Nicht nur durch den Vorgang des Messens, auch durch das Nichterheben von Daten entstehen Fehler. Decken sich Ziel- und Untersuchungspopulation nicht, werden also Teile der Grundgesamtheit von vornherein aus der Untersuchung ausgeschlossen, liegt ein Abdeckungsfehler vor. Dieser Fehlertyp kommt in der Inhaltsanalyse recht h~iufig vor, denn oftmals gleicht die Zahl der Analyseeinheiten, tiber die man gem Aussagen treffen wtirde, nicht der, tiber die man Aussagen treffen kann. Auf allen drei Untersuchungsstufen konnten Differenzen zwischen der Ziel- und der Untersuchungspopulation nicht umgangen werden. So wurden von den 15 Instrumenten des parlamentarischen Handelns nur acht in die Analyse eingeschlossen. 166 Die einbezogenen parlamentarischen Aktivit~iten stellen damit keine Vollerhebung aller formalen Mtiglichkeiten der politischen Willensbildung im Parlament dar, repr~isentieren jedoch nach Ansicht des Autors die zentralen Instrumente. Auch hinsichtlich der Selbstdarstellung der Parteien wurde die Untersuchungs- enger als die Zielpopulation gefasst. Obwohl eine Vielzahl von Instrumenten zum Einsatz gebracht wird, bildeten einzig die Pressemitteilungen der Parteien die Grundlage der Analyse, womit bspw. verdeckte Kan~ile systematisch ausgeschlossen bleiben. Aufgrund des fltichtigen bzw. von Augenstehenden schwer oder nicht nachvollziehbaren Charakters derselben musste von einer Analyse abgesehen werden. Am deutlichsten tritt der Abdeckungsfehler jedoch bei der Medienberichterstattung zu Tage. Auch wenn es prinzipiell das Ziel der Untersuchung war, Aussagen tiber die Politikberichterstattung deutscher Medien zu treffen, macht es die Vielfalt im Mediensystem der BRD unm6glich, alle Nachrichtenmedien zu untersuchen. Um zu einer handhabbaren Zahl an Untersuchungseinheiten zu kommen, wurden die Medien nach ihrer politischpublizistischen Bedeutung und nach ihrer Reichweite ausgew~ihlt. Eine hohe politischpublizistische Bedeutung haben diejenigen Medien, die mit ihrer Berichterstattung Themen und Frames setzen und dadurch einen hohen gesellschaftlichen Einfluss bekommen. Sie sind anhand dreier Indikatoren identifizierbar: Sie werden von anderen Medien h~iufig zitiert, Joumalisten weisen ihnen ftir die eigene Arbeit eine hohe Bedeutung zu und sie haben determinieren die Themensetzung und Valenzen der Berichterstattung anderer Medien (intermedi~ires Agenda-Setting). Beim Reichweitenkriterium wurden pro einbezogene Mediengattung die Medien mit der h6chsten Verbreitung (Leser- bzw. Seherzahlen) ausge~66 Einbezogen wurden Verlangen zur Abhaltung einer Aktuellen Stunde, GroBe Anfragen, Kleine Anfragen, EntschlieBungsantrage, Gesetzesinitiativen aus dem Bundestag (Regierung und Fraktionen), Regierungserklamngen, Antr~ge auf die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses sowie Antrage auf die Einsetzung einer EnqueteKommission. Nicht einbezogen wurden mt~ndliche und schriflliche Einzelanfragen, Geschaftsordnungsantr~ige, persOnliche Erklarungen, Beschlt~sse zur Ausschussiaberweisung, zur~ckgezogene Antrage, Antrage in Ausschussberatungen, Vorschlage fiar Wahlen im Bundestag und der Inhalt von Debattenbeitragen im Bundestagsplenum.
228
Kritik an der vorliegenden Studie
w~ihlt und somit abgesichert, dass die publikumswirksamsten Nachrichtenmedien untersucht werden. In dem Projekt, aus dem die Daten stammen, wurden beide Auswahlverfahren kombiniert angewendet. Die Femsehnachrichtensendungen und die BILD-Zeitung wurden aufgrund ihrer Reichweite ausgew~ihlt, die Spektrumszeitungen aufgrund ihrer publizistischen Bedeutung im Mediensystem (Tabelle 31).
Tabelle 31." Auswahlkriterien fi.ir Medienstichproben
Medium
Indikator 2: Subjektive
LpA* 2002/GfK
Indikator 1" Zitate-Ranking**
FAZ
0,90 Mio.
6.
sehr hoch
Meinungs~hrermedium
WELT
0,52 Mio.
2.
sehr hoch
Meinungs~hrermedium
SZ
1,14 Mio.
4.
sehr hoch
Meinungsftihrermedium
FR
0,43 Mio.
7.
sehr hoch
Meinungs~hrermedium
BILD
11,53 Mio.
1.
sehr hoch
kein Befund
Tagesschau
9,62 Mio.
1.
sehr hoch
kein Befund
Tagesthemen
2,25 Mio.
sehr hoch
kein Befund
heute
5,17 Mio.
sehr hoch
kein Befund
heute journal
3,70 Mio.
sehr hoch
kein Befund
RTL aktuell
3,89 Mio.
mittel
kein Befund
Sat. 1-Nachrichten
1,73 Mio.
niedrig
kein Befund
Pro7-Nachrichten
1,13 Mio.
niedrig
kein Befund
Bedeutung
2.
Indikator 3: Intermedia-Agenda-Setting
* LpA Tageszeitungen: vgl. MA 2002 Roter Berichtsband Pressemedien, Reichweite Fernsehnachrichtensendungen und-magazine (vgl. Darschin, Gerhards 2003: 164) ** getrennt nach Tageszeitungen und Fernsehnachrichtensendungen
Zweifel an der These, die ausgew~ihlten Medien st~den stellvertretend ftir die Gesamtberichterstattung in Deutschland, mtissen trotzdem ernst genommen werden. Einige Studien zeigen, dass die analysierten Medien in mehrerlei Hinsicht Besonderheiten aufweisen (vgl. bspw. Jandura 2003; Rettich 1998b). Im Falle der Printmedien ist noch auf eine weitere Einschr~inkung zu verweisen, die ebenfalls in den Bereich des Abdeckungsfehlers f'~illt. Anders als bei den Nachrichtensendungen, die von den Codierern in G ~ z e geschaut und nach relevanten Inhalten durchsucht wurden, galt Nr Zeitungen eine Einschr~inkung. Aus forschungstikonomischen Grtinden wurde ein Zugriffskriterium ~67 gew~ihlt, dass u.a. die Suche nach wahlrelevanten Beitr~igen auf die erste Seite, die Meinungsseiten und den innenpolitischen Teil beschr~inkte. Das heil3t, dass Beitr~ige, die in anderen Teilen der Zeitung wie bspw. dem Feuilleton oder dem 167Die Liste der Zugriffskriterien ist im Anhang S. 289ffzu finden.
9.1 Anmerkungen zur Datenerhebung
229
Wirtschaftsteil erschienen, von der Analyse ausgeschlossen blieben. Diese Entscheidung ist mit Blick auf die Zeitungsgestaltung und den Lesegewohnheiten der Zeitungsnutzer (vgl. Noelle-Neumann, K6cher 2002: 395) zu rechtfertigen. Trotzdem ist auch hier eine mangelnde Abdeckung einzur~iumen. Offensichtlicher als der Abdeckungsfehler ist allerdings der Fehler, der sich aus dem Arbeiten mit Stichproben ergibt. Jede Studie, die auf einer Teilerhebung basiert, muss eine gewisse Unsch~irfe ihrer Ergebnisse in Kauf nehmen. Paradox ist allerdings, dass, obwohl man ob der Materialftille bei Inhaltsanalysen schon fast von einem Zwang zur Stichprobenbildung sprechen kann, das Problem des daraus resultierenden Fehlers im Gegensatz zur Befragung bislang kaum Beachtung gefunden hat (Jandura, Jandura 2004). Das gr613te Problem bei der Ziehung von Stichproben bei Inhaltsanalysen- so auch bei der vorliegenden Medieninhaltsanalyse- ist, dass das der Stichprobenbildung zu Grunde liegende Kriterium der Analyseeinheit der Untersuchung entsprechen muss. Stichproben bei Bev61kerungsumfragen gentigen diesem Anspruch. Hier sind Erhebungs-, Aussage- und Untersuchungseinheit identisch (Noelle-Neumann, Petersen 2000). Stichproben bei Inhaltsanalysen hingegen lassen die geforderte Kriteriumsidentit~it sehr oft vermissen (Lauf, Berens 2003: 456). Bei der vorliegenden Studie wurde f~r die Zeitungsberichterstatmng in beiden Wahlk~impfen und bei der Fernsehberichterstattung im 2002er Wahlkampf das Verfahren der ktinstlichen W o c h e - in Speziellen der rollenden Woche - angewendet. In den geraden Wochen der Feldzeit wurden die Ausgaben und Sendungen des Montags, des Mittwochs, des Freitags und des Sonntags codiert, in den ungeraden Wochen die des Dienstags, des Donnerstags und des Samstags. Es wurde also keine Zufallsauswahl der Beitr~ige, sondern eine der Ausgaben getroffen, aus denen dann alle wahlrelevanten Artikel in die Stichprobe aufgenommen wurden. Dieses Verfahren ist bei der Stichprobenbildung ~ r Inhaltsanalysen g~ingig, muss aber als eine Klumpenauswahl betrachtet werden. Dieser lastet das Problem des Klumpungsfehlers an, der u.U. den Fehler einfacher Zufallsauswahlen um ein Vielfaches tibersteigt. Somit besteht die Gefahr, dass gefundene Unterschiede als signifikant betrachtet werden, die es gar nicht sind (Btiltken 1976: 318; Jandura, Jandura, Kuhlmann 2005). Aus diesem Grund wurde unter Anwendung des Formelapparates zur Berechnung des Klumpungseffekts ftir jeden Befund individuell geprtift, ob signifikante Abweichungen vorliegen. Damit ist sichergestellt, dass die in der Arbeit ausgewiesenen Differenzen auch wirklich als solche bezeichnet werden ktinnen. Schliel31ich muss noch der Fehler angesprochen werden, der sich aus dem Nichtvorliegen von Material, das Bestandteil der Nettostichprobe ist, ergibt. Da nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Ausf~ille stichprobenneutral sind, ziehen fehlende Beitr~ige, die zwar analysiert werden mtissten, jedoch nicht codiert werden konnten, einen noncodingFehler nach sich. Dieser konnte aufgrund des vollst~indigen Vorliegens aller Dokumente far die Analyse des parlamentarischen Handelns ausgeschlossen werden, nicht aber ft~ die Untersuchungen der Pressemitteilungen und der Medienberichterstattung. In beiden F~illen lagen trotz intensiver Bemtihungen nicht alle Beitr~ige zur Analyse vor, sodass hier Verzerrungen nicht per se ausgeschlossen werden k6nnen. Allerdings ist der Anteil der fehlenden Inhalte am Gesamtvolumen marginal. 168 168 So fehlen mr den Wahlkampf 1998 nur 7 Pressemitteilungen (2 der CDU/CSU bzw. 5 der SPD) und 8 iaber den gesamten Untersuchungszeitraum verteilte Nachrichtensendungen; mr 2002 lag das Untersuchungsmaterial vollstfindig vor.
230
Kritik an der vorliegenden Studie
9.2 Anmerkungen zur Datenanalyse
Ein m6glicher Kritikpunkt, der die Verwertung der gewonnen Daten betrifft, soll abschlieBend thematisiert werden. Es kSnnte eingewandt werden, dass Grundlage aller vergleichend getroffenen Aussagen ein aggregiertes GegenOberstellen der drei analysierten Themenagenden bildet und damit der dynamische Charakter des Prozesses der Nachrichtenentstehung vemachl~ssigt wird. Sicherlich kann die vorliegende Arbeit eine Kausalkette, die mit dem parlamentarischen Handeln beginnt, sich t~ber die Pressemitteilungen fortsetzt und schlieBlich in einer bestimmten Berichterstattung resultiert, nicht nachweisen. Hierft~ w~re entweder ein anderes Design (Input-Output-Analyse) oder eine andere Auswertungsstrategie (Zeitreihenanalyse) notwendig gewesen. Gegen eine Input-Output-Analyse sprach, dass die Medieninhaltsdaten sekund~ranalysiert wurden, also bereits vorlagen und in der Urstudie kein derartiger Abgleich mit Quellen der Berichterstattung vorgesehen war. Die Daten h~tten auch nicht im gew~schten Umfang neu erhoben werden k~nnen, weil der immense Mehraufwand mit B lick auf das intendierte dreistufige Vorgehen nicht zu bew~ltigen gewesen w~re. Sicherlich w~re es von h~chstem Interesse gewesen zu erfahren, welcher Anteil der Medienberichterstattung direkt auf parlamentarisches Handeln und/oder die ()ffentlichkeitsarbeit der Parteien zur~ckgegangen ist, jedoch musste hier der eingangs angesprochene Kompromiss zwischen Gew~nschtem und Machbaren zu Gunsten des letzteren ausfallen. Gegen eine zeitreihenanalytische Vorgehensweise sprach, dass die Medieninhaltsdaten auf Stichproben beruhten und damit keine kontinuierliche Abbildung gew~hrleistet war. Eine Aggregation der Daten auf Wochenbasis w~re ebenso keine Alternative gewesen, weil dann der Analyse nur noch 25 Messzeitpunkte zugrunde gelegen h~tten. Die Forderung nach Kausalaussagen- so verst~ndlich und spannend sie i s t - missachtet ohnehin den Forschungshintergrund der Arbeit. Es war nicht Ziel, Wirkungszusammenh~nge zwischen parlamentarischen Aktivit~ten, Pressemitteilungen und der Medienberichterstattung nachzuweisen. Vielmehr sollte beschrieben werden, ob die Wahrnehmungsoptionen der Kleinparteien, die die Medien den Bfirgem gew~hren, realit~tsad~quat sind, d.h. ob den W~hlern ein realistisches Bild der politischen Aktivit~ten von BOndnis 90/Die Gr~nen und der FDP pr~sentiert wird oder ob sich die mediale Darstellung vom Handeln bzw. der Selbstsicht der Parteien unterscheidet. FOr diese Perspektive ist es sekund~r, was der Anlass einer bestimmten Berichterstattung war und wann diese erfolgte. Vielmehr ist es wichtig, dass dem Bt~rger von den Medien die M~glichkeit einger~umt wird, das Handeln der Partei in der in der Realit~t vorhandenen Breite und Intensit~t wahrzunehmen.
10 Fazit und Ausblick
Die vorliegende Arbeit hat sich umfassend der Medienberichterstattung tiber Kleinparteien gewidmet. Neben einer theoretischen Auseinandersetzung mit der Rolle und Funktion kleiner Parteien im politischen System Deutschlands und den Anforderungen, die sich aus der Mediatisierung der Politik ergeben, sollte anhand einer empirischen Studie das Medienbild von Btindnis 90/Die Granen und FDP analysiert und ein Vergleich mit dem parlamentarischen Handeln bzw. der Selbstdarstellung der jeweiligen Fraktionen erm6glicht werden. Durch den Einbezug der GroBparteien CDU/CSU und SPD und das sich mit den Wahlk~impfen 1998 und 2002 ergebende quasi-experimentelle Design konnte eine differenzierte Auseinandersetzung mit dem Untersuchungsgegenstand erfolgen. Die Vielzahl der referierten Befunde der eigenen Untersuchung sollen nun zu einem fihnfsmfig hierarchisch gegliederten Aussagensystem verdichtet werden. Hierin linden sowohl die Ergebnisse zum parlamentarischen Handeln als auch zur Selbstdarstellung und zur Medienberichterstattung der Parteien Eingang. Auf der obersten Hierarchiestufe werden alle Befunde zusammengefasst, die ftir politische Parteien insgesamt, also ffir GroB- und Kleinparteien gleichermaBen Gtiltigkeit besitzen. Befunde, die fiir beide Kleinparteien ohne Einschr~inkungen hinsichtlich deren Stellung im Parlament gelten, finden sich auf n~ichst tieferer Hierarchiestufe. Deuten Befunde auf Spezifika von Kleinparteien in Abhgngigkeit ihrer parlamentarischen Funktion hin, werden diese in die dritte Hierarchiestufe eingeordnet. Befunde werden der vierten Smfe zugewiesen, wenn sie speziell nur far eine der beiden Kleinparteien ungeachtet ihrer politischer Stellung Gtiltigkeit haben, und auf der niedrigsten Smfe finden sich die Ergebnisse, die nur fi~r jeweils eine der beiden Kleinparteien zu einem speziellen Zeitpunkt zutrafen und damit situationsspezifisch sind.
Befunde 1. Ebene Eine Reihe von Ergebnissen besitzt for alle vier untersuchten Parteien Gtiltigkeit. Als Konstanten des parlamentarischen Handelns, der Selbstdarstellung und der Medienberichterstattung k6nnen festgehalten werden: 1. 2. 3. 4.
Parlamentarische Realit~it wird in der Medienberichterstattung nicht widergespiegelt. Entscheidungspolitik und dargestellte Politik dritten auseinander. Themen wie Kandidaten, Parteien, Wahlkampfstrategien nehmen in der Berichterstattung eine sehr groBe Bedeumng ein. Die Kanzlerkandidaten sind die meistgenannten Politiker in der Berichterstattung tiber die Parteien. Die Pr~isenz der Parteien in den Massenmedien ist unabh~ingig vonder Quantit~it der Pressearbeit.
232
Fazit und Ausblick 5. 6.
7. 8.
Die thematische Struktur der Pressemitteilungen findet sich nicht in der Medienberichterstattung wieder. Die Parteien nutzen ihre Pressemitteilungen fi3r den Angriff auf den politischen Gegner. S ie gugem sich t~berwiegend negativ fiber den Kanzlerkandidaten des jeweils anderen politischen Lagers und kritisieren die politischen Vorhaben anderer stgrker als sie ihre eigenen Positionen darstellen. Hinsichtlich der Vielfalt der Themen der parlamentarischen Aktivitgten gibt es keinen Unterschied zwischen den Fraktionen der Klein- und der Grol3parteien. Die Bundestagsfraktionen aller vier untersuchten Parteien bringen sich aktiv in das Parlament ein und bearbeiten ein breites Themenspektrum.
Betrachtet man die Aufstellung der parteit~bergreifend gt~ltigen Befunde, wird deutlich, dass sie die diskutierte Annahme einer Entwicklung zur Mediendemokratie statzen. Zwar spielen die Parteien bei der Politikdarstellung als Akteure noch immer die zentrale Rolle, doch wird auf zwei Ebenen die Aush6hlung ihrer Position sichtbar: Erstens wird die Macht der Parteigremien und somit auch die Macht des inhaltlichen Diskurses um Positionen der Partei durch die Konzentration auf charismatische Spitzenpolitiker reduziert, denen eine Medienlegitimitgt zugesprochen wird (Meyer 2002: 13; Sarcinelli 2004" 56). Zweitens zeigt sich, dass die Parteien nicht mehr in der Lage sind, die Themen der Medienberichterstattung zu bestimmen, denn die parlamentarische Realit~.t- also die Themen, mit denen sich die Parteien tatsgchlich auseinandersetzen- weicht stark vonder medialen und somit auch vom Bt~rger fiir authentisch gehaltenen Realit~it ab. Die Medien begreifen sich immer stgrker als eigenstgndiger Akteur und s c h r ~ e n somit den Handlungsspielraum der Parteien beziiglich der Thematisierung stark ein (Jarren 2001" 16). Diese von den Politikem der Parteien beklagte und far gefghrlich erachtete Entwicklung (Wegels 2005:18) wird aber nicht nur von den Medien, sondern auch von den Parteien selbst forciert, indem sie in ihren Pressemitteilungen die Selektionsmechanismen der Medien antizipieren. Dabei dominieren die Kritik am politischen Gegner und die Negativdarstellung seiner Politiker die parteibezogenen Selbstdarstellungen so stark, dass die Medien, denen der steigende Negativismus vorgeworfen wird, fast gegensgtzlich dazu als Neutralisierungsinstanzen wirken. Der kurzfristige instrumentelle Nutzen dieser Form der Selbstdarstellung wird h6her angesiedelt als die langfristigen Folgen. Wie Experimente zeigen, ~hrt gerade eine solche Berichterstattung zu negativeren Einstellungen der Bt~rger gegent~ber der Politik (Capella, Jamieson 1997; Maurer 2003). Parteien werden durch die Konzentration der Darstellung auf Konflikte und Streitpunkte als austauschbare Institutionen wahrgenommen und infolge dessen mit immer weniger Vertrauen ausgestattet (Lichter, Noyes 1995; Patzelt 2005). Bringt man dies in Zusammenhang mit den stetig sinkenden Mitgliederzahlen der Parteien, wird deutlich, dass fiber einen Spiralprozess die Macht der Medien immer weiter steigt, weil die Parteien ihr medienunabh~ingiges Wurzelwerk in der Gesellschaft verlieren und damit die Chance vergeben, ihre Themen eigenstgndig zu kommunizieren und um Unterstatzung fiir getroffene Entscheidungen zu werben.
10 Fazit und Ausblick
233
Befunde 2. Ebene Eine Reihe von Befunden lassen sich zwar nicht auf alle, wohl aber auf die Kleinparteien verallgemeinem. Diese Ergebnisse, die fiir Btindnis 90/Die Grtinen und die FDP jeweils zu beiden Analysezeitpunkten galten, d.h. unabh~ingig davon, ob die Parteien in Regierungsverantwortung oder in der Opposition waren, umfassen die folgenden Aspekte: 1.
l]ber Kleinparteien wird absolut betrachtet weniger berichtet als fiber GroBparteien.
o
.
o
,
.
.
,
,
10.
11.
12.
13.
In der Berichterstattung in den Femsehnachrichtensendungen und der B ILDZeitung wird fiber Kleinparteien in weit geringerem Umfang berichtet als in den Qualit~itszeitungen. Die Bedeutung der Kleinparteien in der Berichterstattung nimmt zum Wahltag hin nicht ab. Im Vergleich zu den MaBst~iben, die an die ,abgestufte Chancengleichheit' der Parteien angelegt werden, wird fiber Kleinparteien tiberproportional berichtet. Die Kleinparteien finden in den gleichen Medien publizistischen Rfickhalt wie ihre (potentiellen) groBen Koalitionspartner. Uber kleine Parteien im Falle einer Koalitionsaussage wird tiberwiegend im Zusammenhang mit ihrem potentiellen Koalitionspartner berichtet. Uber Kleinparteien finden sich im Vergleich zu GroBparteien weniger Beitr~ige, in denen sie als alleiniger Akteur vorkommen. In der Pressearbeit der Kleinparteien im Vorfeld der Bundestagswahlen stehen jeweils die Sachthemen deutlich im Mittelpunkt. Der Wahlkampf als Thema wurde in weit weniger Pressethemen angesprochen. Kleinparteien bedienen auch in ihren Pressemitteilungen ein breites inhaltliches Spektrum. Sie konzentrieren sich nicht aufwenige Sachthemen. Die Valenz der Berichterstattung bei den in den Pressemitteilungen stark angesprochenen Themen ist positiver als bei Themen, die nicht im Zentrum der Pressemitteilungen standen. Die Valenz der Berichterstattung t~ber Themen, mit denen sich die Fraktionen der Kleinparteien im Parlament intensiv auseinandersetzten, ist positiver als bei Themen, mit denen sich die Fraktionen der Kleinparteien weniger intensiv auseinandersetzen. Die Bedeutungszuweisung in parlamentarischen Aktivit/iten der Kleinparteien, ihren Pressemitteilungen und der Medienberichterstattung ist bei randst~indigen Themen gleich. Zentrale Themen einer Partei, die durch die Pressearbeit nicht untersttitzt werden, f'mden in der Medienberichterstattung nur eine geringe Beachtung. Hingegen f0hrt die zus/itzliche Betonung zentraler Themen in den Pressemitteilungen zu einer erh6hten Berichterstattung.
Die zentrale Position der Massenmedien im Prozess der Politikvermittlung fOhrt zwangs1/~ufig zur Frage, ob die politische Chancengleichheit ~ r die Kleinparteien auch in der Medienberichterstattung gewahrt ist. Die vorliegende Analyse zeigt zun/~chst, dass die untersuchten Massenmedien den Kleinparteien gr6Bere Publikationschancen gew/~hren als nach
234
Fazit und Ausblick
den Richtlinien der abgestuften Chancengleichheit eigentlich ,notwendig' w~ire. Von einer Medienblockade, wie sie die Grttnen in den 1980er Jahren erfahren haben (Knoche, Lindgens 1988), kann jedoch keine Rede mehr sein. Dies gilt ~ r alle untersuchten Medien, auch wenn die parteipolitische Berichterstattung in der BILD-Zeitung ein anderes Niveau aufweist als die der tiberregionalen Qualit~itszeitungen. Selbst zu Zeiten des Wahlkampfes, der durch eine Fokussierung auf die beiden Spitzenkandidaten der GroBparteien gekennzeichnet ist, kommen die kleinen Parteien im Verh~ilmis zu ihrer politischen Bedeutung tiberdurchschnittlich h~iufig in der Berichterstattung vor. Diese Aussage l~isst sich allerdings nicht auf die Darstellung sachpolitischer inhalte tibertragen. Hier werden die kleinen Partner im Vergleich zu den groBen Parteien benachteiligt. Daraus folgt, dass Altemativvorschl~ige der Kleinparteien zur L/Ssung politischer Probleme schwerer zum W~ihler durchdringen und sich somit innerhalb des ,,W~ihlermarktes" ein Wettbewerbsnachteil ft~ die Kleinparteien ergibt. Dem W~ihler wird im Vergleich zu den anderen im Wettbewerb befindlichen Parteien ein unvollst~indiges Bild geliefert. Dies ist insbesondere mit Blick auf Studien prek~ir, die einen Zusammenhang zwischen Medien- und Publikumsagenden nachgewiesen haben. So ist belegt, dass in den 1980era die Grtinen gem~iB des Priorit~itenmodells tiberwiegend mit den Themen in Zusammenhang gebracht wurden, mit denen sie in der Berichterstattung vertreten waren. Die mediale Verktirzung der Partei auf ihre aus der Grtindungszeit stammenden Themen Okologie und Friedenspolitik hatte zur Folge, dass die Kompetenzen der Partei nur auf diesem Gebiet gesehen wurden (Knoche et. al 1992:13 If.). Auch kurz vor der Wahl 1998 verbanden die Deutschen mit den Grtinen wiederum nur die Themen, mit denen sie in der Medienberichterstattung - und nicht etwa im Bundestag - pr~isent waren, also Umweltschutz, Erhtihung der Benzinpreise und Ausbau regenerativer Energien (Allensbacher Archiv, IfD Umfrage 6053). Somit minimiert die thematisch eingegrenzte mediale Berichterstattung tiber Kleinparteien deren Mt~glichkeiten, in Herrschaftspositionen von Morgen zu gelangen, was als ein eklatanter VerstoB gegen das Prinzip der Startgleichheit im politischen Wettbewerb um W~ihlerstimmen bewertet werden muss (KieBling 1998:16). Der Versuch der Kleinparteien, die eigenen Themen tiber politische PR auf die Agenda der Medien zu setzen, erwies sich als wenig erfolgreich. Die Medien konzentrierten sich st~irker als die Kleinparteien auf die Berichterstattung tiber ,politics'-Themen und tibernahmen in der Sachthemenberichterstattung auch nicht die von den Parteien gesetzte Agenda. Als einziger Erfolg l~isst sich festhalten, dass sich eine intensive Pressearbeit in einer weniger negativen Berichterstattung niederschlug.
Befunde 3. Ebene Weitere Ergebnisse f ~ Kleinparteien sind parteitibergreifend, jedoch in Abg~gigkeit von der Stellung der Parteien im Parlament, gtiltig. So konnten ftir FDP und Btindnis 90/Die Grtinen als Regierungsparteien bzw. als Oppositionsparteien folgende Befunde aufgedeckt werden: Ober kleine Koalitionsparteien wird thematisch breiter berichtet als tiber kleine Oppositionsparteien.
10 Fazit und Ausblick 2.
3. 4.
5.
6.
7.
8. 9.
235
Der Anteil der Sachthemenberichterstattung ist bei kleinen Regierungsparteien grN3er als bei kleinen Oppositionsparteien. Dieses Muster wurde bei den groBen Parteien nicht gefunden. Kleine Koalitionsparteien haben in den Selbstdarstellungen eine gr613ere thematische Breite als kleine Oppositionsparteien. Der Zusammenhang zwischen der Themenagenda der Selbstdarstellung und der der Medienberichterstattung ist bei Koalitionspal~eien stgrker als bei Oppositionsparteien. Kleine Koalitionsparteien sind in ihrer politischen Arbeit im Parlament an den Koalitionsparmer gebunden. Das gemeinsame Einreichen von Initiativen in den Bundestag fiihrt zum Verwischen des politischen Profils der Kleinparteien. Kleine Koalitionsparteien werden nur in sehr geringem Mal3 als eigenstgndige politische Akteure in den Medien dargestellt. Zumeist wird t~ber sie im Zusammenhang mit ihrem groBen Koalitionspartner berichtet, ein eigenes Profil wird den Bt~rgem kaum kommuniziert. Oppositionelle Kleinparteien sch~rfen in ihrer Pressearbeit ihr politisches Profil, wghrend koalierende Kleinparteien stark den grogen Koalitionspartner mit in die Pressemitteilungen einbeziehen. Kleine Parteien mit Koalitionsaussage erwghnen in ihren Selbstdarstellungen den potentiellen Koalitionsparmer am h~ufigsten. Kleine Parteien spielen in den Selbstdarstellungen ihrer potentiellen groBen Koalitionspartner eine geringere Rolle als die jeweils andere Grol3partei.
Es wird deutlich, dass der eben beschriebene Verstol3 gegen die Chancengleichheit im Wettbewerb um Wghlerstimmen im Besonderen ~ r oppositionelle Kleinparteien gilt. Ungeachtet ihres parlamentarischen Engagements und ihrer thematischen Breite in den Selbstdarstellungen wurde von FDP und Bt~ndnis'90/Die Granen in ihrer Oppositionszeit ein stark verzerrtes Bild gezeichnet. In beiden Fgllen dominierte die Darstellung des Wahlkampfes selbst die Berichterstattung, obwohl beide Parteien einen stark sachthemenbezogenen Wahlkampf fiihrten. Mit Blick auf die bereits in den 80er Jahren festgestellten Befunde zu den Glqinen (Knoche, Lindgens 1988) verdichten sich somit die Anzeichen dafar, dass diese Art des medialen Umgangs mit Kleinparteien allgemein gt~ltig und systemimmanent ist. FOr kleine Koalitionsparteien hingegen kann festgestellt werden, dass sie zwar eine thematisch breitere Pr~senz in den Medien haben, sich jedoch von ihrem groBen Koalitionsparmer stgrker emanzipieren mt~ssen. Es besteht die Gefahr fiir kleine Koalitionsparteien, dass ihr thematisches Profil nicht nur in der Medienberichterstattung verschwimmt. Sie bef'mden sich in babylonischer Gefangenschaft ihres Koalitionspartners, was sich darin zeigt, dass sie erst mit ihm gemeinsam Vorlagen im Parlament einreichen, ihm dann in den eigenen Pressemitteilungen eine zentrale Rolle einr~.umen und schliel31ich in der Medienberichterstattung vomehmlich mit ihm gekoppelt dargestellt werden. Dieser Preis fttr die Beteiligung an der Macht lohnt sich ft~ Kleinparteien so lange, wie eine Koalition Bestand h a t - wird sie gel6st, haben die Juniorpartner aber das Nachsehen. Diese Erfahrung musste die FDP 1998 machen, nachdem durch die christlich-liberale Koalition das inhaltliche Profil der Partei stark verwischt worden war, und emeut im Jahr 2004, als ihr gerade einmal 20
236
Fazit und Ausblick
Prozent der Deutschen ein eigenst~indiges Profil zugestanden (Allensbacher Archiv, lid Umfrage 7056).
Befunde 4. Ebene Das quasi-experimentelle Design l~isst es weiterhin zu, Befunde herauszuarbeiten, die zu beiden Untersuchungszeitpunkten speziell ft~ eine Kleinpartei zutrafen. Die vierte Systematisierungsebene weist die gefundenen Spezifika jeder der beiden Kleinparteien aus. Ftir BOndnis 90/Die Grtinen sind folgende Resultate allein charakteristisch: 1.
2.
3. 4.
5.
Die Fraktion von Btindnis 90/Die Grtinen setzte im Vergleich zu allen anderen untersuchten Fraktionen die untersuchten parlamentarischen Instrumente am h~iufigsten ein. Die Btindnisgrtinen waren hinsichtlich der Anzahl der eingebrachten parlamentarischen Aktivit~iten in der Oppositionszeit aktiver als in Zeiten der Regierungsbeteiligung. Btindnis 90/Die Grtinen gaben in beiden untersuchten Bundestagswahlk~impfen im Vergleich zu anderen Parteien am wenigsten Pressemitteilungen heraus. Ober Btindnis 90/Die Grtinen wird in gr6Berem Umfang berichtet als tiber die FDP, obwohl beide Parteien in ihrer politischen Bedeutung als gleich einzusch~itzen sind. Joschka Fischer spielt in der Medienberichterstattung eine weit bedeutendere Rolle als in der Selbstdarstellung der Partei. Allerdings ist seine Position in der Medienberichterstattung nicht mehr so dominant wie in den 80er Jahren.
Allein charakteristisch ~ r die FDP sind folgende Befunde: 1.
2. 3.
Die Medienpr~isenz der FDP steht hinter der der Unionsparteien, der SPD und von B~dnis 90/Die Grtinen zurtick. Die FDP wird somit im S inne des Indikators des Umfangs der Berichterstattung nur als vierte Kraft im Pal~eiensystem dargestellt. Die FDP war hinsichtlich der Anzahl der eingebrachten parlamentarischen Aktivit~iten in der Oppositionszeit passiver als in Zeiten der Regierungsbeteiligung. In der Medienberichterstattung tiber die FDP wurden im Vergleich zu den Btindnisgrtinen jeweils zwei Spitzenpolitiker besonders herausgestellt (1998: Gerhardt und Westerwelle, 2002: Westerwelle und M611emann)
Das Beispiel der Btindnisgr~nen zeigt, dass die Quantit~it der Pressearbeit nicht im direkten Zusammenhang mit der Pr~isenz in den Medien steht. Obwohl die Grtinen die wenigsten Pressemitteilungen verfasst hatten, wurde tiber sie umfangreicher berichtet als tiber die FDP. Dieser Fakt kann zum einen hinsichtlich der PR-Effizienz diskutiert werden, zum anderen sagt er etwas tiber die Chancengleichheit zweier Kleinparteien in der Medienberichterstattung aus. Obwohl die politische Bedeutung beider Parteien gleich ist, wird den Grtinen in der Medienberichterstattung eine st~irkere Bedeutung zugewiesen als den Freien Demokraten. Diese umfangreiche Medienberichterstatmng ist ein Indikator da~r, dass sich
10 Fazit und Ausblick
237
die Btindnisgrianen im Parteiensystem etabliert haben und nicht mehr an der medialen 5Prozent-Htirde scheitern (Knoche, Lindgens 1988). Inzwischen muss man schon von einer Begtinstigung der Partei gegentiber der FDP sprechen, die ihrerseits scheinbar den Kampf um die dritte Position zumindest in der Medienberichterstattung verloren hat. Eine konstante Gr6Be in der Berichterstattung fiber die Btindnisgrtinen stellt Joschka Fischer dar, der seit den 1980er Jahren das Gesicht der Grtinen in den Medien ist. Andere Spitzenpolitiker der Partei haben ein bei Weitem geringeres Medienecho. Diese Konzentration auf eine zentrale Person in der Medienberichterstattung findet sich bei der FDP nicht. In beiden Wahlk~impfen hatte die Partei keine zentrale Leitfigur. Der Wahlkampf 1998 war gepr~igt vonder parteiinternen Auseinandersetzung zwischen dem damaligen Vorsitzendem Gerhardt und seinem Generalsekret~r Westerwelle, der Wahlkampf 2002 von der Frage, ob Westerwelle oder M611emann die Geschicke der Partei lenke. In beiden Wahlk~impfen hinterlieB die FDP somit beim Mediennutzer nicht den Eindruck, dass sie als Partei geschlossen das Ziel verfolgt, so gut wie mOglich bei den Wahlen abzuschneiden. Diese vermittelte Geschlossenheit jedoch ist eine zentrale Determinante des Wahlerfolges von Parteien. Hinsichtlich der parlamentarischen Arbeit zeigt sich, dass die FDP die Arbeit in der Opposition nach 29 Jahren in der Regierung ohne Probleme wieder aufnahm. Zwar war die FDP-Fraktion ftir weniger Initiativen als zu Regierungszeiten verantwortlich, doch zeigte der Vergleich mit der CDU/CSU-Fraktion, dass die FDP eine aktive und konstruktive Oppositionspolitik im Bundestag betrieb. Ebenfalls aktiv und konstruktiver als in den vorherigen Legislaturperioden tibten die Granen in der 13. Legislaturperiode ihre Oppositionsrolle aus. Somit reihen sich diese Befunde nahtlos an die von Kranenpohl getroffene Feststellung an, dass erfolgreiche Kleinparteien im Parlament aktiv sind (Kranenpohl 1999).
Befunde 5. Ebene Alle Befunde, die bislang den Systematisierungsebenen nicht zugeordnet werden konnten, sind Befunde, die ~ r eine bestimmte Kleinpartei zu einem bestimmten Zeitpunkt festgestellt wurden. Sie lassen sich folglich in die Rubrik der situationsspezifischen Befunde einordnen. So ist seitens der Btindnisgr~nen festzuhalten" 1. 2. 3.
Die Oppositionsarbeit der Fraktion von BOndnis 90/Die GrOnen war w~ihrend der 13. Legislaturperiode konstruktiver als in den Legislaturperioden zuvor. Die Kleine Anfrage ist ihr Instrument mit dem h~iufigsten Gebrauch in der Oppositionszeit. Die Kampagne der BOndnisgrtmen konzentrierte sich erstmals im Bundestagswahlkampf 2002 auf Joschka Fischer.
FOr die FDP hingegen zeigt sich Folgendes: Die fehlende Koalitionsaussage spiegelte sich in der Berichterstattung im Vorfeld der Bundestagswahl 2002 wider. Keine der beiden groBen Parteien war der dominierende Referenzakteur.
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Fazit und Ausblick 2. 3. 4.
Im Jahr 2002 gab es keinen signifikanten Zusammenhang zwischen den Themenagenden Selbstdarstellung und der Medienberichterstattung. In der Berichterstattung tiber die FDP im Vorfeld der Bundestagswahl 2002 erreichte Guido Westerwelle eine ~ihnliche Pr~isenz wie die Kanzlerkandidaten. Die thematische Vielfalt der Berichterstattung tiber die FDP vor der Bundestagswahl 2002 ist aufgrund der von Mtillemann angestoBenen AntisemitismusDiskussion und dem Umgang der Partei mit diesem Thema weit geringer als die der Berichterstattung tiber die anderen Parteien.
Die Befimde zur Parlamentsarbeit der Fraktion von Btindnis 90/Die G~nen schreiben das T~itigkeitsprofil der Fraktion in Oppositionszeiten fort. Sie sind nur den situationsspezifischen Befunden zugeordnet, weil die Grtinen innerhalb des Untersuchungszeitraums nur eine Legislaml~eriode die Oppositionsrolle aus~llten. Eine Neuemng hingegen stellte 2002 die Konzentration der Kampagne auf Joschka Fischer als Spitzenkandidat dar. Hier zeigt sich, dass sich die Btindnisgrtinen den g~ingigen Kommunikationsstilen der anderen etablierten Parteien hinsichtlich des Herausstellens eines Spitzenpolitikers angepasst haben. Die Partei tibemimmt somit ein Element der professionalisierten Wahlkampfftihrung- die Zuspitzung der Kampagne auf eine Person. Inwieweit sich diese Personalisierungsstrategie bei der Partei etabliert, werden die n~ichsten Wahlk~impfe zeigen. Dass die meisten Befunde, die for die FDP far einen Zeitpunkt zutreffen, auf den Bundestagswahlkampf 2002 zurtickzufiihren sind, macht die Einzigartigkeit der Wahlkampfstrategie der Partei (,,Projekt 18") deutlich. W~ihrend die Pr~isenzsteigerung von Westerwelle sowie der Niederschlag der ,~quidistanzstrategie zu beiden GroBparteien im Medienbild der Partei wohl kalkuliert waren (Goergen 2003), brachte die von MNlemann angestoBene Antisemitismus-Diskussion das Bild der FDP ins Wanken. Der Fokus der Berichterstatttmg auf die M611emann-Aff~ire und die Wahlkampf~hrung vermittelten, dass sich die Partei haupts~ichlich mit sich selbst und ihren neuen, in den USA erprobten Wahlkampfstrategien besch~ittigt. Die sachpolitische Auseinandersetzung innerhalb der FDP, ihre parlamentarische Arbeit und die Vielzahl von Pressemitteilungen zu sachpolitischen Themen drangen nicht in die Berichterstattung durch. Dies hatte fatale Folgen ftir die Einsch~itzung der FDP unter den Bt~gem kurz vor der Wahl 2002. Die Begriffe Show, gute Laune und jugendliches Auftreten standen weit st~irker im Bewusstsein der W~ihler als die Reformkrafl und die F~ihigkeiten der Partei oder das Vertrauen in sie. 169 Der Wahlkampf 2002 ist ein Beispiel da~r, dass die Vermittlung einer Wahlkampfstrategie bzw. eines Lebensgefiihls die Vermittlung von politischer Substanz nicht ersetzen kann (IfD-Umfrage 7028, August/September 2002). Welche Schlussfolgerungen lassen sich far die Existenz von Kleinparteien in einer Mediendemokratie aus der vorliegenden Studie ziehen? Eine eindeutige Prognose hinsichtlich eines weiteren Bestehens oder Verschwindens l~isst sich nur schwer abgeben, spielen hierbei ja noch weitaus mehr Faktoren zusammen als im Rahmen der Arbeit betrachtet (Horst 2001). Sehr wohl lassen sich aber Chancen und Gefahren ableiten, die ft~ Kleinpar169 Gut sechs von zehn Wahlem (62 Prozent) assoziierten einen Monat vor der Wahl die FDP mit dem Begriff ,,Show", gut jeder Zweite (53 Prozent) brachte die Partei mit dem Begriff ,,Gute Laune" in Zusammenhang, 48 Prozent nannten ,,Reformen" und nur gut jeder Ft~nfle brachte der FDP Vertrauen entgegen (IfD-Umfrage 7028, August/September 2002).
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teien in einer Mediendemokratie heutiger Pr~gung bestehen. Zu den Chancen z~len dabei .A.nderungen, die sich aus einer wandelnden Bereitschaft, Mitglied einer politischen Partei zu werden, ergeben und dem Rt~ckgang fester Parteibindungen; zu den Gefahren zghlen hingegen die schwache Stammwghlerschaft und eine wachsende Abh~ngigkeit von flnanziellen Mitteln. Schwerer zuzuordnen ist die wachsende Mediendependenz der Kleinparteien.
Von dem von den GroBparteien beklagten Mitgliederschwund, der insbesondere die SPD betrifft, sind die Kleinparteien bislang verschont geblieben. Die Mitgliederzahlen der FDP sind seit Mitte der 1990er-Jahre stabil und die der Granen steigen sogar leicht an (Niedermayer 2003b). Somit lgsst sich eine gerichtete Konvergenz erkennen, im Laufe derer der Unterstfitzungsbonus der GroB- gegent~ber den Kleinparteien verringert wird. Freilich kann eine derartige absolute Verminderung der Partizipation der BevOlkemng auch aus Sicht der Kleinparteien nicht wthnschenswert sein, selbst wenn ihnen dies relativ betrachtet Vorteile brgchte. Daher streben alle Parteien danach, durch innerparteiliche Vergnderungen der Kommunikations- und Organisationsstruktur der schleichenden Entkopplung vom Staatsvolk entgegenzutreten. So wird versucht, in offenen (d.h. Nichtmitgliedern zuggnglichen) Diskussionsforen gesellschaftliche Probleme schneller aufzunehmen und in den politischen Entscheidungsprozess einzubinden. Anhand einer solchen Ausdehnung in den vorpolitischen Raum soll die gesellschaffiiche Vielfalt besser erfasst und die Interessen gesellschaftlicher Gruppen, die dt~ch die Parteien nicht mehr erreicht werden, in die politische Willensbildung integriert werden. Auch die diversen Online-Aktivitgten, deren Ziele sowohl eine Steigerung der Mitgliedschaftsattraktivitgt, eine Effizienzerht~hung der Kommunikation zwischen Parteifahrung und Basis als auch eine Erh6hung der Mobilisierung der Mitglieder sind, seien an dieser Stelle erwghnt (Marschall 2001). Im Kern geht es also darum, die Abschotmng der parteiinternen Kommunikation aufzuweichen. Empirische Studien zeigen, dass diese neuen Beteiligungsformen durch die Parteimitglieder durchaus begr~Bt werden und die Bindung an die Partei stgrken (Veen, Neu 1995" 9; KieBling 2001" 32). Da Kleinparteien solche Umorientierungen jedoch deutlich leichter fallen bzw. im Falle der Grthnen, die seit ihrer Grandung 1980 direktdemokratische Elemente pflegen, gar nicht in dem angesprochenen MaBe n6tig haben, gereicht ihnen das verglichen mit den GroBparteien zum Vorteil. In Kombination mit einer ohnehin jt~ngeren Mitgliederstruktur sind Kleinparteien damit kampagnenffihiger. Auch aus den racklgufigen Parteibindungen, die wiederum fiberproportional die GroBparteien treffen, ktinnen die Kleinparteien Nutzen ziehen. Die weit verbreitete Meinung, die Identifikation mit einer Partei sei ein Sozialisationseffekt und damit schwer beeinflussbar, muss sich neueren Befunden stellen, die die Stabilitgt politischer Einstellung anzweifeln (Schmitt-Beck, Weick 2001; Kepplinger, Maurer 2005). Mittlerweile wird der Anteil der Wghler ohne Parteiidentifikation mit knapp 50 Prozent angegeben (Brunner, Graf, Neu 2001). Ft~r die Kleinparteien bedeutet dies, dass sie auch aus dem Wghlerpotential sch6pfen kOnnen, das frthher auf andere Parteien festgelegt war. Dass Kleinparteien tatsgchlich von der gestiegenen Volatilitgt profitieren, zeigt ein Blick auf die Wahlergebnisse der GroBparteien bei den letzten Bundestagswahlen. Vereinigten Union und SPD bei den Bundestagswahlen 1972 und 1976 noch fiber 90 Prozent der abgegebenen Stimmen auf sich, betrug dieser Anteil bei den beiden letzten Bundestagswahlen nur noch 76 bzw. 77 Prozent. Dass heiBt, dass jede vierte Stimme Klein- und Kleinstparteien gegeben wird (Holtmann 2004: 221). Diese beiden Punkte sprechen daflir, dass durch die Entwicklung hin zur Mediende-
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mokratie die Startgleichheit im Ringen um die W~ihlerstimmen im politischen Wettbewerb st~irker als je zuvor gegeben ist. Als eine Gefahr ftir die Kleinparteien in der Mediendemokratie ist hingegen die Konzentration der Parteien aber auch der Medien auf wenige Spitzenpolitiker zu sehen. Kleinparteien verftigen aufgrund ihrer geringeren Mitgliederzahl und ihrer geringeren Anzahl an Mandaten tiber eine weit dtinnere Personaldecke als Grol3parteien, in denen sich das politische Spitzenpersonal schon in hohen Amtern auf Landesebene bew~ihren kann. Insofern sind Kleinparteien st~irker auf ihre wenigen Ftihrungsperstinlichkeiten angewiesen, weil sie nur schwer ersetzbar sind. Eine weitere Gefahr liegt in der steigenden Volatilit~it der W~ihler. Kleinparteien ktinnen zwar auch vom sich wandelnden W~ihlerwillen profitieren, doch mtissen sie darauf bedacht sein, ein Stammw~ihlerpotential zu halten, das zumindest nahe an der 5-ProzentHtirde liegt. Als Indikator ftir die Stammw~ihler der Kleinparteien wird sehr h~iufig der Anteil an Erstimmen verwendet. Hier zeigt sich, dass es der FDP gelungen ist, ihren Erststimmenanteil zwischen 1998 und 2002 von 3,0 Prozent auf 5,8 Prozent zu erhOhen. Bei den Grtinen blieb das Erststimmenergebnis stabil: 1998 betrug es 5,0 und vier Jahre sp~iter 5,6 Prozent, d.h. dass sowohl FDP als Btindnis 90/Die Grtinen tiber ein W~ihlerpotential ver~gen, das zurzeit bei einer durchschnittlichen Wahlbeteiligung die Sperrklausel knapp tibertrifft (K6cher 2004:114f.). Auch die zunehmende Bedeutung des Finanzbudgets ~ r die Wahlkampagnen stellt eine Gefahr far die Kleinparteien dar. Wie die Befragungen der verantwortlichen Wahlkampfmanager der Parteien zeigen, tiffnet sich in den letzten Jahren die Schere zwischen den finanzkr~iftigen GrofSparteien und den mit eher beschr~inkten Mitteln hantierenden Kleinparteien immer weiter (Mtiller, M.G. 2002b). Aufgrund ihrer finanziellen Ausstattung werden die GrofSparteien in Zukunft umfangreich Sendepl~itze fttr Wahlwerbespots im Femsehen kaufen und somit in der 6ffentlichen Wahrnehmung weit pr~isenter sein als die Kleinparteien, die sich ihrerseits gegen den Werbedruck von Union und SPD behaupten mtissen, um tiberhaupt/Sffentlich wahrgenommen zu werden. Die zunehmende Bedeutung der Medienberichterstattung kann weder eindeutig zu den Chancen noch zu den Gefahren far Kleinparteien gerechnet werden. Die tiffentliche Sichtbarkeit tiber Massenmedien hat fl~ Kleinparteien aufgrund ihrer strukturellen Differenzen verglichen mit den GrofSparteien eine besondere Bedeutung. Dabei bestehen die kurzfristigen Wirkungen der Massenmedien im Vorfeld von Wahlen nicht in einer direkten Ver~inderung oder Herausbildung von politischen Einstellungen der W~ihler, sondern vielmehr in der Herstellung ,politischer Realit~it' in den K6pfen der Bevtilkerung. Auf die kurzfristigen Faktoren der Wahlentscheidung (Themen- und Kandidaten-Orientierung) haben die Medien insofern einen Einfluss, als dass sie zum einen die Themenagenda in den Ktipfen der Bevtilkemng setzen (Agenda-Setting) und damit zum anderen die Bewemmgskriterien bestimmen, die ftir die Wahlentscheidung der W~ihler relevant sind (Priming) (Brettschneider 2002). Die vorliegende Studie verdeutlicht, dass Kleinparteien gegentiber den Grol3parteien in der Medienberichterstattung benachteiligt werden. Dies gilt nicht ftir den Umfang, jedoch far die thematische Breite der Berichterstattung. Gerade ~ r oppositionelle Kleinparteien konnte gezeigt werden, dass sie tiberwiegend aus der Perspektive der Wahlkampfthemen und weniger mit ihren Sachthemen dargestellt werden. Die Relevanz der Darstellung dieser
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Parteien far den Btirger sinkt demnach. Auf der anderen Seite kann eine positive Darstellung einer Kleinpartei die Aufmerksamkeit der W~ihler auf sie lenken. Somit stellt die mediale Pr~isentation der Kleinparteien im Falle einer positiven Darstellung eine groBe Chance, im Falle einer negativen Darstellung eine groBe Gefahr t~r den Wahlerfolg von Kleinparteien dar. Die Entscheidung tiber das Medienbild der Kleinparteien liegt jedoch nur begrenzt in deren H~inden. Die vorliegende Studie konnte belegen, dass trotz der thematischen Vielfalt in den parlamentarischen Aktivit~iten und der Vielfalt in den Selbstdarstellungen die Kleinparteien im Zusammenhang mit wenigen Sachthemen medial dargestellt werden. Dem Btirger wird somit nur ein eingeschr~inktes Bild von den Kleinparteien geliefert, das jedoch seine Wahlentscheidung bestimmt.
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Anhang
Tabellen
Analyse der parlamentarischen Aktivitditen Tabelle 1" E i n b e z o g e n e p a r l a m e n t a r i s c h e Aktivit~iten in der 13. u n d 14. L e g i s l a t u r p e r i o d e Anzahl analysierter parlamentarischer Aktivitiiten
Anteile an allen analysierten parlamentarischen Aktivitiiten
13. LP
14. LP
13. LP
13. LP
Kleine Anfragen
2070
1813
55,4
55
Gesetzesentwtirfe auger Bundesratsinitiativen
772
771
20,7
23,4
Entschliegungsantr~ige
567
384
15,2
11,6
Aktuelle Stunden
103
141
2,8
4,3
Groge Anfragen
156
101
4,2
3,1
Regierungserklfirun gen
46
60
1,2
1,8
Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses
11
15
0,3
0,5
Antrag auf Einsetzung einer Enquetekommision
11
13
0,3
0,4
268 Tabelle 2."
Anhang Kompatibilit~it der Themencodiemng nach den Kriterien Fachressort und ,,wichtigste Themen" 14. Legislaturperiode
13. Legislaturperiode Bundesl/~nder
100
Bundestag
100
Europa
100
Bundeslfinder
100
Kemenergie
100
Umwelt
97
Umwelt
98
Kemenergie
96
Bildung
96
Bildung
96
Arbeit/Soziales
87
Arbeit/Soziales
90
Inneres
82
Europa
86
Verteidigung
74
Inneres
83
Finanzen
73
Verteidigung
83
Em/ihrung/Landwirtschaft
70
Finanzen
75
Jugend/Familie
70
Jugend/Familie
71
Recht
60
Em/~hrung~andwirtschaft
68
Wirtschaft
46
Bau/Wohnung
66
Frauen
42
Wirtschaft
58
Bau/Wohnung
41
Frauen
56
Post/Rundfunk
35
Recht
55
Auswfirtiges
34
Ausw~rtiges
41
Bundestag
33
Wirt. Zusammenarbeit
37
Verkehr
27
Verkehr
30
Wirt. Zusammenarbeit
26
Post/Rundfunk
5
Gesamt
63
Gesamt
62
in Prozent
Anhang
269
Analyse der Selbstdarstellung der Parteien
Tabelle 3:
Themenprofil der sachpolitischen Pressemitteilungen von Union und FDP im Vergleich 1998
FDP
Union
Verhiiltnis*
Ausliinder/Asylanten
10
2
493
Bildung
12
3
369
Europiiische Integration
7
3
197
Sozialabgaben
10
7
148
Bundeswehr
2
I
123
Europiiische Wahrungsunion
5
4
123
Innere S icherheit
11
9
114
Steuern
23
23
101
Zustand Gemeinwesen
0
0
100
Sonstiges
14
15
95
Arbeitsmarkt
20
32
62
Risikotechnologien
2
3
62
Zustand Staat und Politik
2
4
41
Wirtschafiliche Lage
1
21
4
Staatsverschuldung
0
2
0
Angaben in Prozent und Prozentpunkten, Basis: n = 97 (FDP) und n = 127 (Union), * Themenanteil in Pressemitteilungen der FDP/Themenanteil in Pressemitteilungen der Union* 100
270
Anhang
Berichterstattung in den Medien Tabelle 4."
Anzahl der Beitr~ige in der Medienberichterstattung tiber FDP und Btindnis 90/Die Grtinen FDP 1998 Anzahl
FDP 2002 Anteil
Anteil
FAZ
266
26
246
28
FR
266
24
238
25
SZ
289
24
245
25
WELT
309
25
399
27
B iid
146
19
99
14
Tagesschau
194
18
49
15
Tagesthemen
193
16
61
19
heute
198
18
44
16
heute-joumal
155
16
50
16
RTL aktuell
139
17
30
17
SAT 1 Nachrichten
133
14
30
19
Pro 7 Nachrichten
102
12
14
13
2390
19
1505
Gesamt
Biindnis 90/Die Griinen 1998
Biindnis 9 0 / D i e Griinen 2002
Anzahl
Anteil
Anzahl
Anteil
FAZ
301
32
301
34
FR
257
31
364
38
SZ
293
30
357
36
WELT
326
31
464
32
Bild
141
24
130
18
Tagesschau
160
20
65
21
Tagesthemen
205
24
71
23
heute
196
26
62
22
heute-journal
144
23
77
25
RTL aktuell
163
29
38
22
SAT 1 Nachrichten
151
19
31
19
Pro 7 Nachrichten
122
24
11
10
2459
26
1971
25
Gesamt i
Anzahl
ill HllllIHll
Anhang Tabelle 5."
271 Anteile der Berichterstattung tiber FDP und Btindnis 90/Die Grtinen
1998
FDP
B90/Griine
Differenz
FAZ
26
32
-6
FR
24
31
-7
SZ
24
30
-6
WELT
25
31
-6
Bild
19
24
-5
Tagesschau
18
20
-2
Tagesthemen
16
24
-8
heute
18
26
-8
heute-journal
16
23
-7
RTL aktuell
17
29
- 12
SAT 1 Nachrichten
14
19
-5
Pro 7 Nachrichten
12
24
-12
Gesamt
19
26
-7
2002
FDP
B90/Griine
Differenz
FAZ
28
34
-6
FR
25
38
-13
SZ
25
36
-11
WELT
27
32
-5
B ild
14
18
-4
Tagesschau
15
21
-6
Tagesthemen
19
23
-4
heute
16
22
-6
heute-journal
16
25
-9
RTL aktuell
17
22
-5
SAT 1 Nachrichten
19
19
0
Pro 7 Nachrichten
13
10
3
Gesamt
19
25
-6
Angabe in Prozent, Basis: 1998: n = 2.390 (FDP) und n= 2.459 (B90/Grtine), 2002: n = 1.505 8FDP) und n= 1.971 (B90/Gr0ne).
272
Tabelle 6:
Anhang R e l a t i o n e n der B e r i c h t e r s t a t t u n g z w i s c h e n den P a r t e i e n
1998
Griine vs. FDP
Union vs. FDP
SPD vs. FDP
Union vs. Griine
SPD vs. Griine
FAZ
1,2
1,9
2,0
1,6
1,6
FR
1,3
2,1
2,0
1,6
1,6
SZ
1,2
2,0
2,0
1,7
1,7
WELT
1,2
1,9
2,0
1,6
1,7
Bild
1,3
2,0
2,0
1,6
1,6
Tagesschau
1,1
2,1
1,9
1,8
1,7
Tagesthemen
1,5
2,4
2,4
1,6
1,6
heute
1,4
2,1
2,3
1,5
1,6
heute-j ournal
1,4
2,3
2,6
1,6
1,8
RTL aktuell
1,7
2,4
2,8
1,4
1,6
SAT 1 Nachrichten
1,4
2,7
2,5
2,0
1,8
Pro 7 Nachrichten
1,9
3,0
3,1
1,6
1,6
Gesamt
1,4
2,2
2,3
1,6
1,7
2002
Griine vs. FDP
Union vs. FDP
S P D vs. FDP
Union vs. Griine
S P D vs. Griine
FAZ
1,2
1,7
2,0
1,4
1,6
FR
1,5
1,9
2,3
1,2
1,5
SZ
1,5
2,0
2,2
1,4
1,5
WELT
1,2
1,6
1,9
1,4
1,6
Bild
1,3
1,7
2,4
1,3
1,8
Tagesschau
1,3
2,1
2,3
1,6
1,7
Tagesthemen
1,2
1,9
2,2
1,6
1,9
heute
1,4
2,1
2,2
1,5
1,5
heute-j oumal
1,5
2,1
2,5
1,3
1,6
RTL aktuell
1,3
1,9
2,0
1,5
1,6
SAT 1 Nachrichten
1,0
1,9
1,9
1,8
1,9
Pro 7 Nachrichten
0,8
2,0
2,1
2,5
2,7
Gesamt
1,3
1,9
2,2
1,6
1,7
Anteil der Berichterstattung t~ber erste Partei/Anteil der Beri'chterstattung t~ber zweite Partei Basis: 1998:n=2.390 (FDP), n=2.459 (B90/Grt~ne), n=5.033 (SPD) und n=4.460 (Union), 2002:n=1.505 (FDP), n=1.971 (B90/Grt~ne), n=4.556 (SPD) und n=2.827 (Union).
Anhang Tabelle 7."
273 Vorkommen von Spitzenpolitikern in der Berichterstattung tiber FDP und Btindnis 90/Die Grtinen
Anteile in der Berichterstattung tiber die FDP in Prozent 2002
1998
H. Kohl
35
G. Schr6der
43
G. SchrOder
25
E. Stoiber
39
W. Gerhardt
16
G. Westerwelle
38
W. Sch~iuble
16
J.W. MOllemann
31
G. Westerwelle
14
J. Fischer
13
O. Lafontaine
11
F. Mtintefering
10
T. Waigel
10
A. Merkel
8
J. Fischer
7
O. Schily
5
E. Stoiber
6
H. Eichel
5
J. Trittin
5
R. Ktinast
3
J. M611emann
4
G. Beckstein
3
G. Gysi
3
G. Gysi
3
H. Geisler
2
L. Meyer
3
J. Trittin
2
P. Pau
1
274
Anhang
Anteile in der Berichterstattung tiber die Btindnis 90/Die Grtinen in Prozent 1998
2002
G. Schr0der
35
G. Schr0der
45
H. Kohl
31
E. Stoiber
39
J. Fischer
19
J. Fischer
17
J. Trittin
14
G. Westerwelle
15
O. Lafontaine
13
J.W. M011emann
9
W. Schauble
12
F. Mtintefering
9
W. Gerhardt
7
A. Merkel
8
G. Westerwelle
7
O. Schily
7
T. Waigel
7
H. Eichel
6
E. Stoiber
4
R. K tinast
6
G. Gysi
3
G. Gysi
4
J. M011emann
2
J. Trittin
4
H. Geisler
1
G. Beckstein
3
L. Meyer
2
P. Pau
1
Angaben in Prozent, Basis: 1998:n=2.390 (FDP) und 2.459 (B90/GrOne), 2002:n=1.505 (FDP) und n=1.971 (B90/Grilne)
Anhang
Tabelle 8."
275 Entrophie-Index der Berichterstattung tiber Kleinparteien 1998
2002
FDP
B90/Griine
FDP
B90/Griine
FR
1,00
0,94
0,95
1,00
SZ
0,89
0,83
0,95
1,00
FAZ
1,00
0,94
0,90
0,95
WELT
0,94
0,89
0,85
1,00
BILD
0,94
0,72
0,70
0,85
Tagesschau
1,00
0,94
0,75
0,90
Tagesthemen
0,94
1,0
0,85
0,85
heute
0,94
0,89
0,65
0,70
heute-journal
0,94
0,94
0,65
0,95
RTL-Aktuell
1,00
0,72
0,60
0,65
Sat.l-18.30 Uhr
0,94
0,94
0,45
0,75
PRO7-Nachrichten
0,83
0,94
0,30
0,30
Gesamt
0,95
0,89
0,72
0,83
Basis: 1998:n=2.390 (FDP) und n=2.459 (B90/Grilne), 2002:n=1.505 (FDP) und n=1.971 (B90/Grt~ne).
276
Anhang
Tabelle 9." Relationen von ,,politics" und ,,policy"-Themen illl
ii
~
ii
1998
FDP
B90/Griine
Union
SPD
FAZ
1,23
1,41
1,34
1,46
FR
0,83
1,03
0,97
1,01
SZ
1,13
1,29
1,10
1,27
WELT
1,35
1,53
1,40
1,44
Bild
1,49
1,76
1,55
1,80
Tagesschau
1,09
1,56
1,10
1,34
Tagesthemen
1,36
1,87
1,46
1,67
heute
1,36
1,75
1,53
1,69
heute-joumal
1,18
1,28
1,34
1,54
RTL aktuell
1,77
2,06
1,52
1,99
SAT 1 Nachrichten
1,48
1,81
1,70
2,06
Pro 7 Nachrichten
1,71
1,54
1,43
1,74
Gesamt
1,33
1,57
1,37
1,58
2002
FDP
B90/Griine
Union
SPD
FAZ
1,33
0,95
0,98
0,89
FR
1,06
0,81
0,88
0,81
SZ
1,13
0,73
0,87
0,74
WELT
1,72
1,13
1,29
1,19
Bild
2,73
1,18
1,61
1,24
Tagesschau
1,42
0,86
0,76
0,66
Tagesthemen
1,16
0,74
0,75
0,67
heute
1,41
0,97
0,88
0,81
heute-journal
1,19
0,80
1,06
0,84
RTL aktuell
2,00
1,30
1,46
1,29
SAT 1 Nachrichten
1,21
0,73
1,69
1,23
Pro 7 Nachrichten
1,33
0,71
2,56
1,43
L i
iJl
illlllll
Gesamt 1,47 0,91 1,23 0,98 Basis: 1998:n=2.390 (FDP), n=2.459 (B90/Grt~ne), n=4.460 (Union) und n=5.033 (SPD), 2002:n=1.505 (FDP), n=1.971 (B90/Grfine), n=2.827 (Union) und n=4.556 (SPD).
Anhang
277
Vergleich der Selbstdarstellungen mit der Medienberichterstattung
Tabelle 1O:
Vergleich der Themenagenden der Pressemitteilungen von und der B e r i c h t e r s t a t t u n g tiber die F D P 1998 in Prozent
Pressemitteilungen
Medienberichterstattung
Differenz*
Parteien
0
41
41
Wahlkampff'tihrung
26
38
12
Kandidaten
8
15
7
Risikotechnologien
2
4
2
Wirtschaftliche Lage
1
3
2
Finanzkrise
0
2
2
Zustand von Staat und Politik
2
2
0
Bundeswehr
2
2
0
Auslfinder/Asylanten
10
7
-3
Europ~ische W~ihrungsunion
5
2
-3
Innere Sicherheit
11
8
-3
Europ~iische Integration
7
3
-4
Sozialabgaben/Sozialleistungen
10
5
-5
Sonstige Sachthemen
14
7
-7
Arbeitsmarkt
20
9
- 11
Bildung
12
I
-11
Steuern
23
8
-15
Sozialer Zustand
20
1
- 19
Summe Sachthemen
139
64
Summe Wahlkampfthemen
34
94
Verh~lmis**
409
70
* Differenz des Anteils in der Medienberichterstattung und des Anteils des jeweiligen Themas in den Pressemitteilungen ** Summe der Anteile der Sachthemen/Summe der Anteile der Wahlkampfthemen* 100 Basis: n= 97 (Pressemitteilungen) und n=2.390 (Berichterstattung).
278
Anhang
Vergleich der Themenagenden der Pressemitteilungen von und der
Tabelle 11"
B e r i c h t e r s t a t t u n g tiber B t i n d n i s 9 0 / D i e G r O n e n 1998 in Prozent
Medienberichterstattung
Differenz*
1
54
53
Wahlkampf~hrung
24
47
23
Kandidaten
4
14
10
Europfiische Integration
0
1
1
Innere Sicherheit
4
5
1
Europ~iische W~ihrungsunion
1
2
1
Wirtschaftliche Lage
1
1
0
Risikotechnologien
8
8
0
Bundeswehr
4
3
-1
Bildung
2
1
-1
Finanzkrise
3
1
-2
Zustand von Staat und Politik
5
3
-2
Sozialer Zustand
4
1
-3
Sonstige Sachthemen
12
9
-3
Pressemitteilungen Parteien
Sozialabgaben/Sozialleistungen
8
2
-6
Auslfinder/Asylanten
10
3
-7
Steuern
30
12
-18
Arbeitsmarkt
34
5
-29
Summe Sachthemen
126
57
Summe Wahlkampfthemen
29
115
Verhfilmis
434
50
* Differenz des Anteils in der Medienberichterstattung und des Anteils des jeweiligen Themas in den Pressemitteilungen ** Summe der Anteile der Sachthemen/Summe der Anteile der Wahlkampfthemen* 100 Basis: n=82 (Pressemitteilungen) und n= 2.459 (Berichterstattung).
Anhang
279 Vergleich der Themenagenden der Pressemitteilungen von und der Berichterstatmng tiber die FDP 2002
Tabelle 1O:
in Prozent
Pressemitteilungen
Medienberichterstattung
Differenz*
Parteien
19
43
24
Wahlkampffiahrung
17
40
23
Antisemitismus
5
16
11
Kandidaten
1
10
9
Zustand von Staat und Politik
4
11
7
Bundeswehr
2
4
2
Sozialabgaben/Sozialleistungen
0
2
2
Sozialer Zustand
0
0
0
Parteispendenskandal CDU
1
I
0
Parteispendenskandal SPD
1
I
0
Innere S icherheit
2
1
-1
Ausl~nder/Asylanten
3
2
-1
Finanzkrise
3
1
-2
Sonstige Sachthemen
14
12
-2
Europaische Integration
2
0
-2
Bildung
4
2
-2
Risikotechnologien
6
2
-4
Wirtschaftliche Lage
7
2
-5
Steuern
12
3
-9
Arbeitsmarkt
19
6
- 13
Summe Sachthemen
85
66
Summe Wahlkampfthemen
37
93
Verhalmis**
230
70
* Differenz des Anteils in der Medienberichterstattung und des Anteils des jeweiligen Themas in den Pressemitteilungen ** Summe der Anteile der Sachthemen/Summe der Anteile der Wahlkampfthemen* 100 Basis: n=481 (Pressemitteilungen) und n= 1.505 (Berichterstattung).
280
Anhang
Tabelle 13."
Vergleich der Themenagenden der Pressemitteilungen und der B e r i c h t e r s t a t t u n g tiber B t i n d n i s 9 0 / D i e G r t i n e n 2 0 0 2 in Prozent
Pressemitteilungen
Medienberichterstattung
Differenz*
Wahlkampffiihrung
24
34
10
Kandidaten
0
10
10
Zustand von Staat und Politik
1
9
8
Bundeswehr
0
6
6
Sozialabgaben/Sozialleistungen
0
4
4
Arbeitsmarkt
4
8
4
Wirtschaftliche Lage
1
4
3
Parteispendenskandal CDU
0
3
3
Finanzkrise
0
2
2
Parteispendenskandal SPD
0
I
1
Sozialer Zustand
0
0
0
Europ~iische Integration
1
1
0
Steuern
6
5
-1
Innere Sicherheit
4
3
-I
Bildung
3
2
-1
Antisemitismus
5
3
-2
Sonstige Sachthemen
19
16
-3
Risikotechnologien
11
6
-5
Auslfinder/Asylanten
11
2
-9
Parteien
40
21
- 19
Summe Sachthemen
66
76
Summe Wahlkampfthemen
64
64
Verh/iltnis**
103
118
*Differenz des Anteils in der Medienberichterstattung und des Anteils des jeweiligen Themas in den Pressemitteilungen **Summe der Anteile der Sachthemen/Summe der Anteile der Wahlkampfthemen* 100 Basis: n=107 (Pressemitteilungen) und n=1.971 (Berichterstattung).
Anhang
281
Vergleich der parlamentarischen Aktivitgiten mit der Medienberichterstattung
Tabelle 15:
Vergleich der parlamentarischen Aktivit~iten und der Sachthemenberichterstattung fiber Bfindnis 90/Die Grfinen
1998
Parlamentarische A ktivit~ite n
Medienberic hterstattu ng
Differenz*
Steuern
3
27
24
Arbeitsmarkt
7
11
4
Zustand von Staat und Politik
3
6
3
Europ~tische Wghrungsunion
1
3
2
Wirtschaftliche Lage
0
2
2
Staatsverschuldung
2
2
0
Innere Sicherheit
13
11
-2
Sozialleistungen
6
4
-2
Europ~ische Intrgration
4
2
-2
Sozialer Zustand des Gemeinwes
3
1
-2
Ausl~inder
13
7
-6
Bundeswehr
14
6
-8
Bildung
12
1
-11
Risikotechnologien
30
17
-13
282
Anhang
2002
Parlamentarische Aktivit/iten
Medienberichterstattung
Differenz*
Zustand von Staat und Politik
3
13
10
Arbeitsmarkt
3
11
8
Bundeswehr
3
10
7
Ausl~nder/Asylanten
0
6
6
Antisemitismus
0
5
5
Wirtschaftliche Lage
3
6
3
Parteispendenskandal CDU
0
3
3
Parteispendenskandal SPD
0
1
1
Sozialer Zustand
1
1
0
Finanzkrise
5
4
-1
Steuern
12
9
-3
Bildung
5
0
-5
Sozialleistungen
17
6
- 11
Europ~ische Integration
16
3
- 13
Risikotechnologien
26
12
- 14
Innere S icherheit
27
6
-21
* Differenz des Anteils in der Medienberichterstattung und des Anteils des jeweiligen Themas in den parlamentarischen Aktivitaten; Angaben in Prozent und Prozentpunkten Basis: B90/Grtine: n = 145 (parl. Aktivit~iten) und n=2.459 (Berichterstattung), FDP: n=108 (parl. Aktivit~iten) und n=2.390 (Berichterstattung).
Anhang Tabelle 15:
283 Vergleich der parlamentarischen Aktivit~iten und der Sachthemen-berichterstattung tiber die FDP
1998
Parlamentarische A ktivit~ite n
Medienberic h te rsta ttu ng
Differenz*
Arbeitsmarkt
4
18
14
Auslander
1
14
13
Steuern
9
15
6
Wirtschaftliche Lage
0
6
6
Sozialer Zustand des Gemeinwes
0
3
3
Zustand von Staat und Politik
3
4
1
Staatsverschuldung
2
3
1
Europaische W~hrungsunion
4
4
0
Bundeswehr
4
3
-1
Innere Sicherheit
19
15
-4
Bildung
7
2
-5
Sozialleistungen
15
9
-6
Risikotechnologien
24
8
- 16
Europaische Intrgration
23
5
- 18
284
Anhang
2002
Parlamentarische Aktivit/iten
Medienberichterstattung
Differenz*
Antisemitismus
0
25
25
Zustand von Staat und Politik
0
16
16
Bundeswehr
6
8
2
Ausl~inder/Asylanten
2
4
2
Parteispendenskandal CDU
0
2
2
Parteispendenskandal SPD
0
2
2
Finanzkrise
4
3
-1
Europ~ische Integration
2
1
-1
Arbeitsmarkt
12
10
-2
Steuem
10
8
-2
Bildung
6
4
-2
Wirtschaftliche Lage
8
5
-3
Innere Sicherheit
6
2
-4
Sozialer Zustand
6
1
-5
Sozialleistungen
20
3
- 17
Risikotechnologien
24
6
- 18
* Differenz des Anteils in der Medienberichterstattung und des Anteils des jeweiligen Themas in den parlamentarischen Aktivit~ten; Angaben in Prozent und Prozentpunkten Basis: B90/Grtine: n=91 (parl. Aktivitfiten) und n=1.971 (Berichterstattung), FDP: n=57 (parl. Aktivitfiten) und n=1.505 (Berichterstattung).
Anhang
285
Parlamentarische Aktivit~iten, Pressemitteilungen und Medienberichterstattung Tabelle 16:
Themenagenden der parlamentarischen Aktivit~iten, der Pressemitteilungen und der Medienberichterstattung tiber Btindnis 90/Die Grtinen 1998
Parlamentarische Aktivitiiten
Pressemitteilungen
Medienberichterstattung
Steuern
3
40
27
Risikotechnologien
30
11
17
Arbeitsmarkt
7
44
11
Innere Sicherheit
13
5
11
Ausl~nder
13
12
7
Bundeswehr
14
5
6
Zustand von Staat und Politik
3
7
6
Sozialleistungen
6
11
4
Europ~iische W/ihrungsunion
1
1
3
Europ/~ische Intrgration
4
0
2
Staatsverschuldung
2
4
2
Wirtschaftliche Lage
0
1
2
Bildung
12
3
1
Sozialer Zustand des Gemeinwes
3
5
1
286
Anhang
2002
Aktivit~iten
Pressemitteilungen
Medienberichterstattung
Zustand von Staat und Politik
3
0
13
Risikotechnologien
26
19
12
Arbeitsmarkt
3
7
11
Bundeswehr
3
5
10
Parlamentarische
Steuern
12
9
9
Innere S icherheit
27
7
6
Sozialleistungen
17
0
6
Ausl~nder/Asylanten
0
19
6
Wirtschaftliche Lage
3
2
6
Antisemitismus
0
14
5
Finanzkrise
5
0
4
Europ~ische Integration
16
2
3
Parteispendenskandal CDU
0
0
3
Parteispendenskandal SPD
0
0
Sozialer Zustand
1
0
Bildung
5
2
1 1 0 iJll
Angaben in Prozent, Basis: 1998:n=145 (parl. Aktivitfiten), n=82 (Pressemitteilung) und n=2.459 (Berichterstattung), 2002:n=91 (parl. Aktivit~iten), n=107 (Pressemitteilung) und n=1.971 (Berichterstattung).
Anhang Tabelle 17."
287 Themenagenden der parlamentarischen Aktivit~iten, der Pressemitteilungen und der Medienberichterstattung tiber Btindnis 90/Die Grtinen 1998
Parlamentarische Aktivit~iten
Pressemitteilungen
Medienberichterstattung
Arbeitsmarkt
4
28
18
Steuern
9
33
15
Innere S icherheit
19
15
15
Ausl~nder
1
14
14
Sozialleistungen
15
14
9
Risikotechnologien
24
2
8
Wirtschafiliche Lage
0
1
6
Europ~iische Intrgration
23
9
5
Europ~iische W~ihrungsunion
4
7
4
Zustand von Staat und Politik
3
2
4
Bundeswehr
4
2
3
Sozialer Zustand des Gemeinwes
0
0
3
Staatsverschuldung
2
0
3
B ildung
7
17
2
288
Anhang
2002
Parlamen tarische Aktivitiiten
Pressemitteilungen
Medienberichterstattung
Antisemitismus
0
6
25
Zustand von Staat und Politik
0
5
16
Arbeitsmarkt
12
22
10
Steuern
10
14
8
Bundeswehr
6
10
8
Risikotechnologien
24
6
6
Wirtschaftliche Lage
8
8
5
Ausl~nder/Asylanten
2
3
4
Bildung
6
5
4
Sozialleistungen
20
8
3
Finanzkrise
4
3
3
Innere S icherheit
6
2
2
Parteispendenskandal CDU
0
1
2
Parteispendenskandal SPD
0
1
2
Europfiische Integration
2
3
1
Sozialer Zustand
6
0
1
Angaben in Prozent, Basis: 1998:n=108 (parl. Aktivit~iten), n=97 (Pressemitteilung) und n=2.390 (Berichterstattung), 2002:n=66 (parl. Aktivitfiten), n=481 (Pressemitteilung) und n=1.505 (Berichterstattung).
Anhang
289
Instrumente
1. Zugriffskriterien der drei Inhaltsanalysen 1.1 Parlamentarische Aktivit~ten
Im Sach- und Sprechregister sind alle Aktionen im Bundestag und ihre Fundstellen in den Plenarprotokollen und Drucksachenlisten verzeichnet. Das Thema wird durch eine kurze 121berschrift umrissen. Im Folgenden findet sich eine Ubersicht des Fundortes der parlamentarischen Handlung.
1.2 Pressemitteilungen
Codiert werden Pressemitteilungen, die eines der unten aufget'ahrten Themen betreffen (Zugriffskriterien). Geht aus der 121berschrift der Pressemitteilung nicht eindeutig hervor, ob eines der unten genannten Zugriffskriterien zutrifft, so werden die ersten beiden Abs~tze der Pressemitteilung angelesen. Falls kein Zugriffskriterium zutreffend ist, so wird im Feld 'Thema 1' mit 999 verschlfisselt. Kanzlerkandidaten Beitrgge, bei denen es um die Kanzlerkandidaten von CDU/CSU und SPD, Kohl und Schr0der geht. Parteien Beitrgge fiber folgende Parteien: CDU, CSU, SPD, FDP, Bfindnis 90 / Die Granen, PDS, DVU, NPD, Die Republikaner. Codiert wird nur, wenn die Parteien tatsgchlich Gegenstand des Beitrags sind, und nicht nur nebenbei erwghnt werden. Parteienbezogene Berichterstatrang auf Landesebene wird dann codiert, wenn in dem Bericht ein Bezug zur Bundespolitik hergestellt wird. Arbeitsmarkt Beitrgge, bei denen es um den Zustand des Arbeitsmarktes (Arbeitslosigkeit, Arbeitsplgtze), die Ursachen der Arbeitslosigkeit oder Magnahmen zu deren Bekgmpfung geht. Steuem und Abgaben Beitrgge fiber die gegenwgrtige und zukfinttige Belastung der Bfirger und Untemehmen, auch Steuerreform. Sozialsystem Codiert werden Beitrgge fiber die Renten-, Kranken-, Pflegeversicherung, die Sozialhilfe und andere Sozialleismngen. Nicht codiert werden Berichte fiber Einzelschicksale, es sei denn, die oben genannten allgemeinen Aspekte werden angesprochen.
290
Anhang
Staatsverschuldung, Finanzkrise Beitr~ige tiber die Finanzierbarkeit der Offentlichen Haushalte, den Offentlichen Schuldenstand, bestehende oder vermutete Haushaltslticher oder Steuersch~itzungen. Standort Deutschland, einschlieglich Wirtschaftsentwicklung Beitr~ige tiber den Zustand der Volkswirtschaft (z. B. Bruttosozialprodukt, WirtschaPtswachstum, usw.) und Rahmenbedingungen ~ r wirtschaftliches Handeln und Investitionen. Innere Sicherheit Beitr~ige tiber die allgemeine Sicherheit der Btirger, die Effizienz der Sicherheitskr~itte, die Leismngsf~ihigkeit der Strafverfolgung und des Strafvollzugs. Nicht codiert werden Beitr~ige tiber einzelne Verbrechen, es sein denn, die eben genannten allgemeinen Aspekte werden angesprochen. Menschenvemrsachte Risiken Beitr~ige tiber den Zustand der Umwelt (Zustand von Luft, Wasser, W~ildem etc.), sowie der Lebensmittel- und Arzneimittelsicherheit (z. B. BSE), Risiken durch Kemenergie in Deutschland oder mit direktem Bezug zu Deutschland. Nicht codiert werden Beitr~ige tiber einzelne Umweltsch~iden, Naturkatastrophen, Epidemien. Ausl~inder, Asylanten, doppelte Staatsbtirgerschaft Beitr~ige, in denen der Anteil oder die Integration der Ausl~inder in Deutschland, bzw. einzelnen deutschen St~idten problematisiert wird (auch doppelte Staatsbtirgerschaft), sowie Beitr~ige, in denen es um die Zahl und die Behandlung von Asylanten geht. Nicht codiert werden Beitrage tiber einzelne F~ille, es sei denn, die allgemeinen Aspekte werden angesprochen. Euro, europ~iische Zentralbank Beitr~ige, in denen es um die Kriterien ~ r den Euro, die erwartete Stabilit~it der W~ihrung, wirtschaffiiche und soziale Folgen der Euro-Einfiahmng und die Beitrittsf~ihigkeit oder Beitrittswilligkeit einzelner EU-L~inder geht. Nicht codiert werden reine Sachinformationen (z. B. Datum der Ein~hrung, Gestaltung der Geldscheine, Umstellungsverfahren). Europ~iische Integration Beitr~ige, in denen der Zustand der europNschen Integration, die Ausweitung der EU (in den Bereichen Recht, innere Sicherheit, Gesellschaft, Landwirtschaft etc.), das VerhNtnis der EU-L~inder untereinander und die besondere Rolle Deutschlands in der EU angesprochen werden. Deutschlands Stellung in der Welt, UNO, NATO, Btindnisverpflichtungen Beitr~ige tiber die Stellung Deutschlands innerhalb der UNO (z. B. st~indiger S itz Deutschlands im Sicherheitsrat) und seine Btindnisverpflichtungen (z. B. Milit~ireins~itze der NATO).
Anhang
291
Innere Einheit Beitr~ige tiber die Angleichung der Lebensverh~ilmisse in West- und Ostdeutschland (z.B. Angleichung der L~hne) oder das VerhNmis der West- und Ostdeutschen untereinander. Rechts-/Linksradikalismus Beitr~ige, in denen die Aktivit~iten von Links- oder Rechtsradikalen in Deutschland als Symptom far den Zustand der Gesellschaft oder staatlicher Einrichtungen beschrieben werden. Nicht codiert werden Berichte tiber einzelne Aktivit~iten Links- oder Rechtsradikaler, bei denen kein genereller Bezug zum Problem des Radikalismus hergestellt wird. Innovationskraft Beitr/~ge tiber die Leismngsfghigkeit des Bildungssystems, der privaten und 6ffentlichen Forschung und die Wettbewerbsfghigkeit deutscher Wissenschaft und Forschung im internationalen Vergleich. Zustand von Staat und Politik Beitr~ige fiber Parteien, Politiker, politische Einrichtungen, Regierung, Parlament (z. B. Politikverdrossenheit, Glaubwtirdigkeit von Politikem). Sozialer Zustand des Gemeinwesens Beitr~ige tiber den humanen Charakter der Gesellschaft (z. B. Soziale K~ilte, Gerechtigkeit, Ungleichheit, ,,Neue Armut"). Nicht codiert werden Berichte tiber Einzelf~ille.
1.3 Medienberichterstattung Codiert werden Beitr~ige, die eines der unten aufgefiRtrten Themen betreffen (Zugriffskriterien). Dabei ist folgendermagen vorzugehen: Bei Zeitungen und Wochenzeitungen werden die Artikel zumindest angelesen, um anhand der 121berschrift und des Leads (erster Absatz) zu entscheiden, ob ein Zugriffskriterium er~llt wird. Bei Magazinen wird anhand des Inhaltsverzeichnisses beurteilt, ob ein Artikel vermutlich von mindestens einem der Zugriffskriterien erfasst wird. Scheint ein Artikel nach dem Inhaltsverzeichnis auf ein Zugriffskriterium zu passen, so wird er angelesen, um die Vermutung zu tiberprtifen. Bei Femseh- und H6rfunkbeitr~igen ist der Berichtsanfang ausschlaggebend. Erfasst werden nur Beitr~ige, in denen die unten genannten Themen im Mittelpunkt stehen. Die Kandidaten und Parteien sind Themen im Sinne dieser Vorgehensweise. Erfasst werden z.B. Beitr~ige, in denen die Rolle der Gewerkschaften im Wahlkampf oder die Bedeutung von Streiks ~ r den Wirtschaftsstandort Deutschland explizit behandelt werden. Nicht erfast werden z.B. Beitr~ige fiber die Struktur der Gewerkschatten oder fiber Tarifverhandlungen ohne explizite Beztige zu einem der in der Liste genannten Themen. Bei allen Themen muss es um Geschehnisse oder Sachverhalte in Deutschland gehen, oder um solche, bei denen ein Bezug zu Deutschland im Vordergrund steht. Kanzlerkandidaten Beitr~ige, bei denen es um die Kanzlerkandidaten von CDU/CSU und SPD, Kohl/Stoiber und Schr6der geht.
292
Anhang
Parteien Beitr/~ge fiber folgende Parteien: CDU, CSU, SPD,FDP, Bfindnis 90 / Die Grthnen, PDS, DVU, NPD, Die Republikaner Codiert wird nur, wenn die Parteien tats/~chlich Gegenstand des Beitrags sind, und nicht nur nebenbei erw/~hnt werden. Parteienbezogene Berichterstattung auf Landesebene wird dann codiert, wenn in dem Bericht ein Bezug zur Bundespolitik hergestellt wird. Arbeitsmarkt Beitr/~ge, bei denen es um den Zustand des Arbeitsmarktes (Arbeitslosigkeit, Arbeitspl/~tze), die Ursachen der Arbeitslosigkeit oder Magnahmen zu deren Bek/~mpfung geht. Steuem und Abgaben Beitr~ige fiber die gegenw~irtige und zukttnftige Belastung der Bttrger und Untemehmen, auch Steuerreform. Sozialsystem Codiert werden Beitr~ige fiber die Renten-, Kranken-, Pflegeversicherung, die Sozialhilfe und andere Sozialleismngen. Nicht codiert werden Berichte fiber Einzelschicksale, es sei denn, die oben genannten allgemeinen Aspekte werden angesprochen. Staatsverschuldung, Finanzlwise Beitrgge fiber die Finanzierbarkeit der Offentlichen Haushalte, den Offentlichen Schuldenstand, bestehende oder vermutete Haushaltsl6cher oder Steuersch/~tzungen. Standort Deutschland, einschlieglich Wirtschaftsentwicklung Beitr~ige fiber den Zustand der Volkswirtschaft (z. B. Bruttosozialprodukt, Wirtschattswachstum, usw.) und Rahmenbedingungen fiir wirtschaftliches Handeln und Investitionen. Innere Sicherheit Beitr/~ge fiber die allgemeine Sicherheit der Bfirger, die Effizienz der Sicherheitskr/~fte, die Leistungsfghigkeit der Strafverfolgung und des Strafvollzugs. Nicht codiert werden Beitr/~ge fiber einzelne Verbrechen, es sein denn, die eben genannten allgemeinen Aspekte werden angesprochen. Menschenverursachte Risiken Beitr~ige fiber den Zustand der Umwelt (Zustand von Luft, Wasser, WNdem etc.), sowie der Lebensmittel- und Arzneimittelsicherheit (z. B. BSE), Risiken durch Kemenergie in Deutschland oder mit direktem Bezug zu Deutschland. Nicht codiert werden Beitr~ige fiber einzelne Umweltsch~iden, Naturkatastrophen, Epidemien. Ausl/~nder, Asylanten, doppelte Staatsbfirgerschaft Beitr/~ge, in denen der Anteil oder die Integration der Ausl/~nder in Deutschland, bzw. einzelnen deutschen Stgdten problematisiert wird (auch doppelte Staatsbfirgerschaft), sowie Beitr/~ge, in denen es um die Zahl und die Behandlung von Asylanten geht. Nicht codiert werden Beitr/~ge fiber einzelne F/~lle, es sei denn, die allgemeinen Aspekte werden angesprochen.
Anhang
293
Euro, europ~iische Zentralbank Beitr~ige, in denen es um die Kriterien ~ r den Euro, die erwartete Stabilit~it der W~ihrung, wirtschafUiche und soziale Folgen der Euro-Einfiahnmg und die Beitrittsf~ihigkeit oder Beitrittswilligkeit einzelner EU-L~inder geht. Nicht codiert werden reine Sachinformationen (z. B. Datum der Ein~hrung, Gestaltung der Geldscheine, Umstellungsverfahren). Europ~iische Integration Beitr~ige, in denen der Zustand der europ~iischen Integration, die Ausweitung der EU (in den Bereichen Recht, innere Sicherheit, Gesellschaft, Landwirtschaft etc.), das Verh~ilmis der EU-L~inder untereinander und die besondere Rolle Deutschlands in der EU angesprochen werden. Deutschlands Stellung in der Welt, UNO, NATO, Btindnisverpflichtungen Beitr~ige tiber die Stellung Deutschlands innerhalb der UNO (z. B. st~indiger Sitz Deutschlands im Sicherheitsrat) und seine Btindnisverpflichtungen (z. B. Milit~ireins~itze der NATO). Innere Einheit Beitr~ige tiber die Angleichung der Lebensverh~ilmisse in West- und Ostdeutschland (z.B. Angleichung der L6hne) oder das Verh~ilmis der West- und Ostdeutschen untereinander. Rechts-/Linksradikalismus Beitr~ige, in denen die Aktivit~iten von Links- oder Rechtsradikalen in Deutschland als Symptom ~ r den Zustand der Gesellschaft oder staatlicher Einrichtungen beschrieben werden. Nicht codiert werden Berichte tiber einzelne Aktivit~iten Links- oder Rechtsradikaler, bei denen kein genereller Bezug zum Problem des Radikalismus hergestellt wird. Innovationskraft Beitr~ige tiber die Leistungsf~ihigkeit des Bildungssystems, der privaten und 6ffentlichen Forschung und die Wettbewerbsf~ihigkeit deutscher Wissenschaft und Forschung im internationalen Vergleich. Zustand von Staat und Politik Beitr~ige tiber Parteien, Politiker, politische Einrichtungen, Regierung, Parlament (z. B. Politikverdrossenheit, Glaubwtirdigkeit von Politikern). Sozialer Zustand des Gemeinwesens Beitr~ige tiber den humanen Charakter der Gesellschaft (z. B. Soziale K~ilte, Gerechtigkeit, Ungleichheit, ,,Neue Armut"). Nicht codiert werden Berichte tiber Einzelf~ille.
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Anhang
2. Untersuchungseinheiten der Inhaltsanalysen 2.1 Parlamentarische Aktivitgten Parlamentarische Aktivit~iten der Fraktionen von SPD, Union, FDP und Btindnis 90/Die Grtinen sowie der PDS 2.2 Pressemitteilungen Pressemitteilungen der Bundeszentralen der Parteien, FDP, SPD, CDU, CSU, Btindnis 90/Grfine sowie der PDS 2.3 Medienberichterstattung Printmedien 9 Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) 9 Frankfurter Rundschau (FR) 9 Stiddeutsche Zeitung (SZ) 9 WELT 9 Bild Untersuchte Ressorts der Tageszeitungen Untersucht werden bei allen Zeitungen der tiberregionale Politik- und Nachrichtenteil, sowie die nachstehend aufgefahrten Ressorts. Nicht erfasst werden alle alleinstehenden Statistiken und Grafiken, sowie Pressestimmen und Leserbriefe. Ausnahme: Statistiken und Grafiken mit Wahlprognosen, Wahlumfragen, Wahlergebnissen und ~hnlichen Daten die den Zugriffskriterien entsprechen, werden verschltisselt. Die Grafiken gelten dabei nicht als Bilder, sondem ihre inhaltlichen Informationen werden wie Text verschltisselt. Frankfurter Allgemeine Zeimng: Frankfurter Rundschau:
Stiddeutsche Zeitung: WELT: BILD:
Zeitgeschehen. Aus dem Ausland, Die Seite Drei, Aus dem Inland, Nachrichten, Berichte, alle Sonderseiten tiber aktuelle Themen. Themen des Tages, Die Seite Drei, Meinungsseite. Die Seite Drei, Forum, Welt im Gespr~ich. komplett
Femsehsendungen Tagesschau (ARD) Tagesthemen (ARD) heute (ZDF) heute-journal (ZDF) RTL aktuell Sat. 1-Nachrichten Pro7-Nachrichten Beim Fernsehen werden alle Nachrichtenbeitrgge untersucht, gleich in welcher Pr~.sentationsform sie vorkommen.
Anhang
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3. Kategorien der Inhaltsanalysen In allen drei Inhaltsanalysen erfasste Kategorien Thema des Berichtsgegenstands Unter Thema wird der Bereich verstanden, zu dem der Gegenstand der parlamentarischen Aktivitgt geh6rt. B is zu drei Themen k6nnen codiert werden. Erfasste Sachthemen der Inhaltsanalyse: Arbeitsmarkt 9 Arbeitslosenzahlen / Lage auf dem Arbeitsmarkt 9 MaBnahmen zur Bek~impfung der Arbeitslosigkeit / Schaffung von Arbeitspl~itzen 9 Ursachen der Arbeitslosigkeit 9 Verlagerung von Arbeitspl~itzen ins Ausland 9 Ausbildungspl~itze Steuem 9 Scheitem der Steuerreform 9 6kologische Steuerreform (allgemein) 9 5-Mark-Benzinpreisbeschlug der Grthnen 9 Mehrwertsteuer 9 Spitzensteuersatz 9 Vereinfachung des Steuersystems 9 Steuerflucht ins Ausland Sozialabgaben / Sozialleistungen 9 Sozialhilfe 9 Rente / Absicherung im Alter ( l i d Frage 25 b) 9 Krankenversicherung / Schutz vor Krankheitsfolgen (IfD Frage 25 c) 9 Pflegeversicherung 9 Arbeitslosengeld 9 Kindergeld / Familienf'6rderung 9 Lohnfortzahlung im Krankheitsfall Staatsverschuldung / Finanzkrise 9 L6cher im Bundeshaushalt 9 L6cher in den L~inderhaushalten 9 Schuldenstand der Bundesrepublik 9 Schuldenstand der L~inder 9 SparmaBnahmen/-zw~inge Standort Deutschland 9 Wirtschaftslage 9 Bruttosozialprodukt 9 L6hne
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Anhang Urlaub Subventionen Verlagerung von Investitionen ins Ausland Fusionen / Kooperationen / 10bemahmen von U n t e r n e h m e n Preisstabilit/it Gewerkschaft / Streik
Innere Sicherheit 9 Sicherheit der Bttrger allgemein / Schutz vor Verbrechen 9 Effizienz der Sicherheitskr~ifte 9 Effizienz des Strafvollzugs 9 GroBer Lauschangriff 9 private Sicherheitsdienste / Btirgerwehr 9 Polizeieins~itze bei Demonstrationen 9 Abschiebung ausl/indischer Straft~iter 9 Resozialisierung von Kriminellen Menschenverursachte Risiken 9 Atomenergie allgemein 9 Castor-Transporte 9 Gentechnik 9 Zustand der U m w e l t / Umweltschutz 9 Lebensmittelsicherheit (z.B. BSE) 9 Arzneimittelsicherheit 9 Ozonloch 9 Treibhauseffekt Ausl/inder/Asylanten 9 Zahl der A u s l ~ d e r 9 Integration von Ausl/indem 9 doppelte Staatsbiirgerschaft 9 Zahl der Asylanten 9 Behandlung von Asylanten (Abschiebepraxis etc.)
Euro 9 Stabilit~tsRriterien 9 Stabilit~t des Euro 9 Folgen der E u r o - E i n ~ h m n g 9 Beitrittsf~higkeit einzelner L~nder 9 Beitrittswilligkeit einzelner Lgnder 9 Europgische Zentralbank allgemein 9 Vorsitz der EuropNschen Zentralbank
Anhang Europfiische Integration 9 Rolle Deutschlands in der EU 9 Zustand der europ~iischen Integration 9 Ausweitung der EU aufweitere Bereiche (Recht, Innere Sicherheit usw.) 9 Aufnahme weiterer Mitglieder Deutschlands Stellung in der Welt 9 st~indiger Sitz Deutschlands im Sicherheitsrat 9 Auslandseinsfitze der Bundeswehr 9 NATO-Osterweiterung Innere Einheit 9 Verh~iltnis der Ost- und Westdeutschen zueinander 9 Angleichung der Lebensverh~iltnisse (z.B. L6hne) Rechtsradikalismus 9 rechtsradikale Anschl~ige/Gewalttaten 9 sonstige rechtsradikale Aktivit~iten (Versammlungen/Demonstrationen etc.) 9 Ursachen ~ r rechtsradikale Gewalt 9 MafSnahmen gegen rechtsradikale Gewalt 9 Wahlerfolge rechtsradikaler Parteien 9 NS-Vergangenheit im Zusammenhang mit Rechtsradikalismus Linksradikalismus 9 linksradikale Gewalttaten 9 sonstige linksradikale Aktivitfiten (Versammlungen/Demonstrationen etc.) 9 Ursachen ftir linksradikale Gewalt 9 MaBnahmen gegen linksradikale Gewalt 9 DDR-Vergangenheit im Zusammenhang mit Linksradikalismus Innovationskraft 9 Qualit~it der Ausbildung an den Schulen 9 Qualit~it der Ausbildung an den Universit~iten 9 Wettbewerbsf~ihigkeit von Wissenschaft und Forschung 9 Innovationskraft der Untemehmen 9 Hochschulrahmengesetz / Studiengebtihren 9 BAf'6G und andere Ausbildungshilfen Zustand von Staat und Politik 9 Fur&tionsf~ihigkeit des politischen Systems/der Demokratie 9 Stabilit~it der Demokratie 9 Leistungsf~ihigkeit politischer Institutionen (Bundestag etc.) 9 Leistungsf~ihigkeit politischer Akteure (Politiker) 9 Glaubwiirdigkeit von Politikem (auch Vertrauen in Politiker) 9 Rolle von Btirgerinitiativen
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Sozialer Zustand des Gemeinwesens 9 ungleiche Verteilung der Einkommen 9 Gleichgtiltigkeit gegentiber Bedtirftigen (soziale K~ilte) 9 Ellenbogenmentalit~it der Gesellschaft (Egoismus) Flut (nur 2002) Augenpolitik (nur parlamentarische Aktivit~iten) Nur Berichterstattung im Zusammenhang mit Kanzlerkandidaten und anderen politischen Themen. Die reine Darstellung der Ereignisse wurde nicht mit erfasst. Sonstiges (nur Pressemitteilungen und Medienberichterstattung) 9 sonstige politische Themen (Augenpolitik, Landespolitik) Wird nur codiert, wenn Zugriffskriterium Kohl/Stoiber oder Schr6der er~llt ist! 9 sonstige unpolitische Themen (Kultur, Sport, Unf~ille, Katastrophen) Wird nur codiert, wenn Zugriffskriterium Kohl/Stoiber oder Schr6der er~llt ist! Kandidaten 9 Kohl 9 Stoiber 9 Schr6der Parteien 9 Union (gemeinsam) 9 CDU 9 CSU 9 SPD 9 FDP 9 Btindnis 90/Die Grtinen 9 PDS 9 DVU 9 Die Republikaner (REP) Wahlkampf 9 Mediatisierung des Wahlkampfes 9 Wahlkampfstrategien / Wahlprogramme 9 Wahlwerbung 9 Spin Doctors / Wahlkampfmanager der Parteien 9 Auftritte der Kandidaten Stoiber und Schr6der in Talkshows (nur 2002) 9 speziell: Auftritte in ,,Femsehduellen" (nur 2002) 9 Wahlausgang, W~ihlerstimmung (nur 2002) Des Weiteren wurden die formalen Kategorien Datum, Codierernummer und Beitragsnummer in allen drei Erhebungen verschlt~sselt
Anhang
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3.2 In Pressemitteilungen und Medienberichterstattung erfasste Kategorien Themenunabh~ingige Merkmale Die nachfolgenden Kategorien werden nur verschltisselt, wenn der Beitrag auch oder ausschlieBlich die folgenden Parteien oder deren Spitzenpolitiker behandelt: CDU, CSU, FDP, SPD, PDS, Btindnis 90/Grtine, NPD, DVU und Republikaner. Dabei kann es auch m6glich sein, dass der Beitrag gleichzeitig einzelne politische Sachthemen behandelt. Diese werden weiter unten verschltisselt. Bei den Kategorien handelt es sich um Merkmale des ganzen Artikels, d.h. es muss - so weit dies m6glich i s t - ein Gesamteindruck codiert werden, wie ihn ein durchschnittlicher Leser bzw. Zuschauer nach dem Lesen//Xmsehen des ganzen Beitrags erhNt. Tendenz der Politiker- / Parteidarstellung Unter der Tendenz eines Beitrags wird verstanden, welchen Eindruck der gesamte Beitrag von einer Partei oder einem Politiker hinterl~isst. Dieser Eindruck kann die Folge von expliziten Werturteilen der Joumalisten sein, oder auch die Konsequenz der neutralen Darstellung negativer Sachverhalte. Ausschlaggebend ist der Eindruck, den ein Durchschnittsleser / -zuschauer nach dem Lesen / Ansehen des ganzen Beitrags erh~ilt. Ftir die Verschltisselung der Tendenz wird eine ~nfteilige Skala verwendet, deren Extrempunkte ,,eindeutig positiv" und ,,eindeutig negativ" bedeuten. Die Werte dazwischen dienen der Abstufung des Eindrucks vonder Tendenz. Ist keine Tendenz erkennbar, wird die 9 verschltisselt: Parteien: CDU CDU Union (wird nur verschltisselt, wenn sich die Urteile nicht sinnvoll auf CDU-CSU zurtick~hren lassen (Restkategorie)); FDP, SPD, Btindnis 90/Die Grtinen, PDS, DVU, Schill-Partei, NPD, REP Politiker H. Kohl, E. Stoiber, W. Sch~iuble A. Merkel, H. GeiBler, L. Sp~ith, T. Waigel, G. Beckstein, L. Meyer, W. Gerhardt, G. Westerwelle, J. M611emann, G. Schr~der, H. Eichel O. Lafontaine, O. Schily, J. Fischer, F. Mtintefering, J. Trittin, J. Fischer, G. Gysi, R. Ktinast, P. Pau
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Beitragsschwerpunkt: Sachthema vs. Wahlkampf Hier geht es darum, ob ein Beitrag eher Sachthemen der politischen Auseinandersetzung oder eher den Wahlkampf als solchen behandelt. Sachthema: Der Beitrag behandelt vorrangig das, was Parteien oder Spitzenpolitiker inhaltlich tun wollen oder sachlich tun. Wahlkampf: Der Beitrag behandelt vorrangig das Vorgehen der Parteien und Spitzenpolitiker im Wahlkampf. Dies ist auch dann zu verschltisseln, wenn Sachthemen so dargestellt werden, als ob sie zu Wahlkampfzwecken dienten. 1 eindeutig sachthemenorientiert 2 eher sachthemenorientiert 3 gleichgewichtig / nicht entscheidbar 4 eher wahlkampforientiert 5 eindeutig wahlkampforientiert 9 nicht relevant / anderes Thema
Personalisierung der Kandidatendarstellung Unter Personalisierung wird verstanden, wie personenorientiert ein Beitrag ist. Die Personalisierung wird nur codiert f~r Beitr~ige, in denen Spitzenpolitiker vorkommen, ftir die auch Tendenz codiert wird (siehe oben). Kommt keiner dieser Politiker vor, wird 9 codiert. Personalisierter Beitrag: Im Mittelpunkt des Beitrages steht die Person, nicht die Sachpolitik eines Politikers. Sachthema: Im Mittelpunkt des Beitrages steht die Sachpolitik eines Politikers, nicht seine Person. 1 eindeutig sachpolitikorientiert 2 eher sachpolitikorientiert 3 nicht entscheidbar / gleichgewichtig 4 eher personenorientiert 5 eindeutig personenorientiert 9 Politiker nicht genannt Bsp.: Beitrag tiber Charakterst/~rken und -schw~ichen Gerhard Schr6ders als Person: 5 zu codieren. Beitrag tiber Schr6ders Haltung zum Euro: 1 zu codieren.
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Konstruktivitgt vs. Destmktivit~it der Kandidaten- / Parteiendarstellung Es geht darum, ob das politische Vorhaben einer Partei oder eines Kandidaten im Mittelpunkt steht, oder die Kritik des politischen Gegners (anderes politisches Lager) an einem solchen Vorhaben. Kommt keine Partei oder kein Kandidat vor, so wird 9 codiert. 9 wird auch codiert, wenn eine Partei oder ein Kandidat aus den eigenen Reihen kritisiert wird oder von gesellschaftlichen Akteuren (Kirchen, Gewerkschatten). Entscheidend ist, welche politischen Aktionen dargestellt werden, und nicht das, was der Journalist im Beitrag kritisiert. Konstmktivit/~t: In dem Beitrag geht es vorrangig um die Ziele einer Partei oder eines Kandidaten aus deren S icht. Destruktivitgt: In dem Beitrag geht es vorrangig um die Kritik eines Kandidaten oder einer Partei bzw. eines Parteimitglieds an einem anderen Kandidaten oder einer Partei. 1 eindeutig konstruktiv 2 eher konstruktiv 3 nicht entscheidbar / sowohl als auch 4 eher destruktiv 5 eindeutig destruktiv 9 kommt nicht vor 3.3 Ausschliel31ich in parlamentarischen Aktivit/~ten erfasste Kategorien Legislaturperiode In dieser Kategorie wird die Legislaturperiode erfasst, in der die parlamentarische Aktivit~t stattfand. 1 - 13. Legislaturperiode: 1994 - 1998 2 - 14. Legislaturperiode: 1998 - 2002
Parlamentarische Aktivitgten In dieser Kategorie wird verschltisselt, um welche parlamentarische Aktivit~it es sich handelt. " Gesetzesentwurf 9 Regiemngserkl/~rung 9 Antworten auf Anfragen 9 mandliche und schriftliche Anfragen 9 )i.ndemngsantr/~ge 9 Gesetzesentwt~rfe 9 selbst/~ndige Sachantr/~ge 9 Entschliegungsantr/~ge 9 Groge Anfrage 9 Kleine Anfragen 9 Beantragung Aktueller Stunden 9 Beschlussempfehlungen 9 Beschlussfassung
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Initiator der Parlamentarischen Aktion In dieser Kategorie wird verschltisselt, wer der Akteur, wird der Initiator der parlamentarischen Handlung ist. 9 Regierung allgemein 9 Opposition allgemein ohne PDS 9 Opposition allgemein mit PDS 9 CDU/CSU-Fraktion 9 SPD-Fraktion 9 FDP-Fraktion 9 B90/Grtine-Fraktion 9 PDS-Fraktion/Gruppe 9 Einzelner Abgeordneter der CDU/CSU 9 Einzelner Abgeordneter der SPD 9 Einzelner Abgeordneter v o n d e r FDP 9 Einzelner Abgeordneter von B90/Grtine 9 Einzelner Abgeordneter der PDS 9 Fraktionstibergreifende Gruppe von Parlamentariern 9 Initiative des Altestenrates des Bundestages
3.4 Ausschliefllich in Pressemitteilungen erfasste Kategorien Urheber der Pressemitteilung In dieser Kategorie wird der Urgeber der Pressemitteilung erfasst. 9 CDU 9 CSU 9 FDP 9 SPD 9 Bfindnis 90/Die Gr~nen 9 PDS
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3.5 Ausschliel31ich in den Medien erfasste Kategorie n Quelle Festgehalten wird, ob es sich um einen Eigenbericht, oder einen Agenturbeitrag handelt. Die Quelle kann namentlich genannt oder durch Karzel kenntlich gemacht sein. Sie kann am Anfang oder am Ende eines Artikels genannt sein. 00 Keine Angabe 10 dpa (Deutsche Presse-Agentur) 11 vwd (Vereinigte Wirtschaftsdienste) 12 AFP (Agence France Presse) 13 AP (Associated Press) 14 Reuters 15 UP, UPI (United Press International) 16 Andere Agentur 17 Mehrere Agenturen / Mehrere Quellen 20 Eigener Bericht 99 Sonstiges Stilform Die Zuordnung zu den verschiedenen Stilformen erfolgt in der Regel aufgrund der Kennzeichnung durch die Redaktion. Eine derartige Kennzeichnung kann durch die Nennung der Stilform in der Artikelt~berschrifl, in einer Unter- oder Zwischent~berschritt oder durch eine besondere Schrift~pe fttr Text oder 121berschrifl erfolgen. Bei Femsehsendungen werden. 1 Nachricht, Bericht: Vollst~ndig oder zumindest t~berwiegend tatsachenbetonter Beitrag. 2 Reportage, Feature: Beitrag mit subjektiver F~rbung durch Einsch~tzungen, Wertungen des Autors. 3 Kommentar, Glosse: Vollst~ndig oder zumindest t~berwiegend wertender Beitrag, der auch als solcher redaktionell kenntlich gemacht ist. 4 Interviews und Dokumentationen: Dokumentationen sind Beitr~ge, die I. als Dokumentation gekennzeichnet sind, 2. Positionen politischer Akteure weitgehend ungekarzt und unkommentiert im Wortlaut wiedergeben oder 3.nausschlieglich dokumentarische, z.B. chronologische Abrisse der Ereignisse enthalten.