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Wie Sie zu Ihrer Seite kommen: Dieses eBuch besteht aus drei Teilen: A. DIPS für DSM-IV: Diagnostisches Interview bei psychischen Störungen: Handbuch B. DIPS für DSM-IV-TR: Diagnostisches Interview bei psychischen Störungen: Interviewleitfaden C. DIPS für DSM-IV: Diagnostisches Interview bei psychischen Störungen: Protokollbogen Im gedruckten Buch hat jeder Teil separate Seitenzahlen. Um Duplikate in den Seitenzahlen des eBuchs zu vermeiden, haben wir mehr Detail zu der Numerierung hinzugefügt. Beispiel: Wenn Sie auf Seite 5 des ersten Teils gehen wollen, geben Sie eine 5 in die “page # / Seitenzahl) ein and drücken “Go / Weiter”. Wenn Sie auf Seite 5 im zweiten Teil gehen wollen, geben Sie 2:5 ein. Dementsprechend benützen Sie 3:5 für Seite 3 im dritten Teil und folgen diesem Muster.
Silvia Schneider, Jürgen Margraf DIPS
Silvia Schneider Jürgen Margraf
DIPS Diagnostisches Interview bei psychischen Störungen
3., vollständig überarbeitete Auflage
123
Professor Dr. Silvia Schneider Universität Basel Fakultät für Psychologie Abteilung Klinische Kinder- und Jugendpsychologie Missionsstr. 60/62 4055 Basel, Schweiz
Professor Dr. Jürgen Margraf Universität Basel Fakultät für Psychologie Abteilung für Klinische Psychologie & Psychotherapie Missionsstr. 60/62 4055 Basel, Schweiz
ISBN-10: 3-540-41362-6 ISBN-13: 978-3-540-41362-2 Springer Medizin Verlag Heidelberg Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, desNachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer Medizin Verlag. Ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.de © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2006 Printed in Germany Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutzgesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Produkthaftung: Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Planung: Dr. Svenja Wahl Projektmanagement: Michael Barton Copy Editing: Anette Alleé, Dinslaken Satz: Fotosatz-Service Köhler, Würzburg SPIN 1065 8685 Gedruckt auf säurefreiem Papier
2126-5 4 3 2 1 0
Silvia Schneider, Tina In-Albon, Jürgen Margraf DIPS für DSM-IV
DIPS für DSM-IV Diagnostisches Interview bei psychischen Störungen
Handbuch
Silvia Schneider, Tina In-Albon, Jürgen Margraf
3., vollständig überarbeitete Auflage
123
Professor Dr. Silvia Schneider Lic. phil. Tina In-Albon Universität Basel, Fakultät für Psychologie, Abteilung Klinische Kinder- und Jugendpsychologie Missionsstr. 60/62, 4055 Basel, Schweiz
Professor Dr. Jürgen Margraf Universität Basel, Fakultät für Psychologie, Abteilung für Klinische Psychologie & Psychotherapie Missionsstr. 60/62, 4055 Basel, Schweiz
ISBN-10: 3-540-41362-6 ISBN-13: 978-3-540-41362-2 Springer Medizin Verlag Heidelberg Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer Medizin Verlag. Ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.de © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2006 Printed in Germany Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutzgesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Produkthaftung: Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Planung: Dr. Svenja Wahl, Heidelberg Projektmanagement: Michael Barton, Heidelberg Copy Editing: Anette Alleé, Dinslaken Satz: Fotosatz-Service Köhler GmbH, Würzburg Umschlag: deblik Berlin SPIN 1065 8685 Gedruckt auf säurefreiem Papier
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V
Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
1
Diagnostik psychischer Störungen mit strukturierten Interviews . . . . . . . . . . . . .
4
2
Entwicklung und Gütekriterien der amerikanischen Originalform (ADIS) . . . . . . .
7
3
Entwicklung und Gütekriterien des DIPS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.1 3.2 3.3 3.3.1 3.3.2
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11 11 11 13 13
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13 14
3.4 3.4.1 3.4.2 3.4.3 3.5 3.5.1 3.5.2 3.5.3 3.5.4 3.5.5 3.5.6
Entwicklung des DIPS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gütekriterien des DIPS für DSM-III-R . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . DIPS für DSM-IV-TR: Was wurde verändert? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anpassung an DSM-IV-TR und ICD-10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufnahme neuer Störungsbilder mit hoher Relevanz für die psychotherapeutische Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Expertenvalidierung der diagnostischen Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . Überarbeitung der Interviewfragen und Ergänzung um therapie- und ätiologierelevante Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gütekriterien der Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Objektivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reliabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Validität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gütekriterien des DIPS für DSM-IV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Retest-Reliabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maße zur Reliabilitätsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Überprüfung der Validität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnisse der Retest-Reliabilität und Validität . . . . . . . . . . . . . . . . . Bestimmung der Fehlerquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Interrater-Reliabilität des F-DIPS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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15 15 15 16 16 16 17 18 19 20 22 23
3.3.3 3.3.4
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4
Durchführung und Auswertung des DIPS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.1 4.2 4.3 4.4 4.4.1 4.4.2 4.5 4.6 4.6.1 4.6.2 4.6.3 4.6.4 4.6.5
Durchführung des DIPS für DSM-IV-TR . Grundregeln zum DIPS . . . . . . . . . . . Vorbereitung der Patienten auf das DIPS Hinweise für das Training . . . . . . . . . . Einführung in das DIPS für DSM-IV-TR . . Praktisches Training . . . . . . . . . . . . . Checklisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . Richtlinien für die Diagnose . . . . . . . . Einschätzung der Achse I . . . . . . . . . . Einschätzung der Achse II . . . . . . . . . Einschätzung der Achse III . . . . . . . . . Einschätzung der Achse IV . . . . . . . . . Einschätzung der Achse V . . . . . . . . .
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25 25 26 27 27 28 28 29 30 30 31 31 31 32
5
Glossar der wichtigsten mit dem DIPS (für DSM-IV-TR) diagnostizierbaren Störungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
33
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VI
Inhaltsvereichnis
6
Beispielhafte Therapieindikation aus den DIPS-Diagnosen
. . . . . . . . . . . . . . . .
39
7
Übungsfälle zum DIPS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
41
Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
49
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
52
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
55
VII
Vorwort zur 3. Auflage Als im Jahr 1991 das »Diagnostische Interview bei psychischen Störungen (DIPS)« erstmals im Springer-Verlag publiziert wurde, waren wir sehr gespannt darauf, inwieweit es diesem diagnostischen Instrument gelingen würde, Eingang in Praxis und Forschung zu finden. Wir freuen uns daher sehr, dass das DIPS auf gute Akzeptanz gestoßen und ein etabliertes Instrument zur Erfassung psychischer Störungen in Praxis-, Forschungs- und Weiterbildungseinrichtungen geworden ist. Unsere positiven Erfahrungen haben uns dazu ermuntert, das DIPS über die Jahre hinweg Schritt für Schritt auszubauen. Heute stehen verschiedene Versionen des DIPS für unterschiedliche diagnostische Zwecke und Anwendungsbereiche zur Verfügung: Schon bald nach der Etablierung des DIPS wurde das Mini-DIPS (Margraf, 1994) entwickelt, das eine »schnelle« Diagnostik psychischer Störungen bei nur geringem Verlust an Reliabilität und Validität erlaubt. Für die detaillierte Erfassung von Lebenszeitdiagnosen entstand das F-DIPS (Margraf et al., 1996), das vor allem zu Forschungszwecken eingesetzt werden kann. Psychische Störungen des Kindes- und Jugendalters können mit dem Kinder-DIPS (Unnewehr et al., 1995) diagnostiziert werden. Dieses Interview besteht im Unterschied zu den anderen Versionen des DIPS aus zwei Interviewleitfäden: einem Leitfaden zur Befragung der Eltern und einem Leitfaden zur Befragung der Kinder. Durch die Verknüpfung von Eltern- und Kindangaben wird die zuverlässige Erfassung psychischer Störungen in dieser Altersgruppe gewährleistet. Das »Diagnostische Interview bei psychischen Störungen (DIPS)« liegt nun seit 14 Jahren vor. Die Neuauflagen des »Diagnostischen und Statistischen Manuals psychischer Störungen« der Amerikanischen Psychiatrischen Vereinigung (DSM-IV-TR, APA, 2000) und der »Internationalen Klassifikation von Krankheiten« der Weltgesundheitsorganisation (ICD-10, WHO, 1992) machten eine Überarbeitung des DIPS notwendig. Aber auch unsere umfangreichen klinischen Erfahrungen mit dem DIPS in Forschung und Praxis verlangten danach, in eine Neuauflage des DIPS einzufließen. Die dritte, vollständig überarbeitete Auflage des DIPS stellt somit eine Anpassung an die DSM-IV-TR-Kriterien dar, umfasst eine Erweiterung der mit dem DIPS zu diagnostizierenden psychischen Störungen und eine Überarbeitung der diagnostischen Fragen zur Gewährleistung eines flüssigen Interviewverlaufs. Eine detaillierte Beschreibung der Veränderungen im DIPS für DSM-IV-TR findet sich in Kap. 3 des vorliegenden Handbuchs. Wir sind überzeugt davon, dass diese Überarbeitung zu einer weiteren Verbesserung des DIPS geführt hat und sind gespannt darauf, ob das »neue« DIPS an den Erfolg des »alten« DIPS anknüpfen kann und sich in der breiten Anwendung in Forschung und Praxis bewährt. Basel, im Februar 2005
Silvia Schneider Tina In-Albon Jürgen Margraf
1
Einleitung Kliniker und Forscher stehen immer wieder vor der Aufgabe, in möglichst kurzer Zeit die Probleme des Patienten für die weitere Therapieplanung, Gutachten oder die Zusammenstellung einer bestimmten klinischen Gruppe diagnostisch einzuordnen. Die Diagnostik nimmt heute einen bedeutenden Stellenwert bei der praktischen Arbeit klinischer Psychologen ein. Für Psychiater dürfte dies kaum anders sein, und auch in der Forschung liegt die Bedeutung einer sorgfältigen Diagnostik auf der Hand. Durch die immer weiter fortschreitende Differenzierung und Operationalisierung der gängigen Klassifikationssysteme ist die Diagnostik psychischer Störungen deutlich aufwendiger geworden. Dies gewährleistet einerseits eine solidere Diagnostik im Hinblick auf Reliabilität und Validität, bewirkt andererseits aber auch einen erheblichen zeitlichen Mehraufwand. Besonders deutlich wurde diese Entwicklung bei der 3. Auflage des »Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-III)« der American Psychiatric Association (APA, 1980) und der 10. Auflage der »International Classification of Diseases, Injuries and Causes of Death (ICD-10)« der Weltgesundheitsorganisation (WHO, 1992). Die nunmehr deutlich gewachsenen Anforderungen an die diagnostische Befunderhebung können mit Hilfe strukturierter Interviews für Kliniker und Forscher erheblich erleichtert werden. Gut strukturierte Leitfäden machen es möglich, in kurzer Zeit die für die Diagnosestellung wichtigsten Informationen zu erheben. Weiterhin beseitigen sie eine der Hauptursachen für mangelnde Reliabilität, nämlich das Stellen sehr unterschiedlicher Fragen (Beck et al., 1962). Darüber hinaus erleichtern strukturierte Interviews die Anwendung der teilweise komplizierten Algorithmen zur Berücksichtigung der Symptome bei der Diagnosestellung. Dies alles hat in den letzten Jahren dazu beigetragen, dass sich strukturierte Interviews in der klinischen Forschung und im klinischen Alltag zunehmend mehr etablieren konnten. Ein Problem für die Akzeptanz liegt allerdings oft in Zweifeln an der Bedeutung der Diagnosen für die praktische Bewältigung psychischer Störungen im klinischen Alltag. Hier nimmt das vorliegende »Diagnostische Interview bei psychischen Störungen (DIPS für DSM-IV-TR)« unter den strukturierten Interviews eine Sonderstellung ein, da es über die rein klassifikatorische Diagnose nach dem DSM-IV-TR hinaus auch therapierelevante Informationen erfasst, die für das Verständnis der Störungen von großer Bedeutung sind und die unmittelbar zur Planung therapeutischer Interventionen herangezogen werden können. Als Beispiel seien neben den anamnestischen Daten und den Einschätzungen zur Schwere der psychosozialen Belastungsfaktoren bzw. zum generellen Anpassungs- und Gesundheitsniveau die Abschnitte zur Agoraphobie oder Sozialphobie aufgeführt. Nach Durchführung des DIPS liegt für diese Störungen eine Angsthierarchie (einschließlich angstmodulierender Bedingungen) vor, aufgrund derer sofort eine Konfrontationsbehandlung konkret geplant werden kann. Das DIPS leistet also eine Kombination aus klassifikatorischer und therapiebezogener Diagnostik psychischer Störungen. Das DIPS stellt eine erweiterte Modifikation des amerikanischen »Anxiety Disorders Interview Schedule for DSM-IV« (ADIS-IV-L, DiNardo et al., 1994) dar. Das DIPS für DSM-IV-TR erfasst die folgenden für den klinischen Bereich wichtigsten psychischen Störungen: 4 Angststörungen: 4 Panikstörung, 4 Agoraphobie mit und ohne Anamnese einer Panikstörung, 4 Soziale Phobie, 4 Spezifische Phobie, 4 Generalisierte Angststörung, 4 Zwangsstörung, 4 Posttraumatische Belastungsstörung, 4 Akute Belastungsstörung; 4 Affektive Störungen: 4 Major Depression,
2
4
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4 4
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Einleitung
4 Dysthyme Störung, 4 Bipolare Störungen; Somatoforme Störungen: 4 Hypochondrie, 4 Somatisierungsstörung, 4 Undifferenzierte somatoforme Störung, 4 Konversionsstörung, 4 Schmerzstörung; Essstörungen: 4 Anorexia Nervosa, 4 Bulimia Nervosa, 4 Binge-Eating-Störung; Schlafstörungen: 4 Primäre Insomnie, 4 Primäre Hypersomnie; Störungen im Zusammenhang mit psychotropen Substanzen: 4 Alkoholmissbrauch, 4 Alkoholabhängigkeit, 4 Alkoholentzug, 4 Substanzmissbrauch, 4 Substanzabhängigkeit, 4 Substanzentzug; Persönlichkeitsstörungen: 4 Borderline-Persönlichkeitsstörung.
Die Diagnosen werden im DIPS nach den Kriterien des DSM-IV-TR vergeben, können aber mit Hilfe einer Tabelle in Diagnosen nach der 10. Auflage der ICD (WHO, 1992) überführt werden. Es erfragt neben den oben aufgeführten Störungskategorien allgemeine klinisch-demographische Daten und enthält Screenings für körperliche Krankheiten, nichtorganische Psychosen, Tabakkonsum, sexuelle Funktionsstörungen sowie für Medikamentengebrauch. Darüber hinaus werden eine psychiatrische Anamnese, eine Familienanamnese psychischer Störungen und die Achsen IV (schwere psychosozialer Belastungsfaktoren) und V (generelles Anpassungs- bzw. Gesundheitsniveau) des DSM-IV-TR erhoben. Wie schon unsere Untersuchungen zur psychometrischen Qualität der ersten Version des DIPS zeigen (7 Kap. 3 sowie Margraf et al., 1991 und Schneider et al., 1992), weist das Interview auch unter »schwierigen« klinischen Bedingungen sehr zufrieden stellende Reliabilitäten und Validitäten auf, obwohl das DIPS als strukturiertes Interview dem Kliniker deutlich mehr Einfluss einräumt als etwa ein Fragebogen oder auch ein voll standardisiertes Interview. Dieser letzte Punkt ist für die Praxis von Bedeutung, in der voll standardisierte Interviews eher auf Ablehnung stoßen. Durch die Möglichkeit, über die vorgegebenen Fragen hinaus gezielt nachzufragen, und die Tatsache, dass in die Kodierung der Antworten der Patienten das klinische Urteil der Interviewer mit eingeht, hat sich das DIPS auch für Praktiker als akzeptabel gezeigt. Auch die bereits erwähnte Tatsache, dass das DIPS therapierelevante Informationen erfasst, dürfte hierzu beigetragen haben. Das DIPS wendet sich demnach an einen Anwenderkreis, der aus den in Forschung und Praxis tätigen Psychologen, Psychiatern und Angehörigen der Nachbardisziplinen besteht. Die detaillierte Darstellung des diagnostischen Vorgehens und der Diagnosekriterien sowie die Übungsfälle und das Glossar psychischer Störungen unterstützten und vereinfachen die korrekte Verwendung des Interviews und machen es darüber hinaus auch für Studenten der erwähnten Fächer geeignet. Im ersten Kapitel des vorliegenden Handbuchs möchten wir zunächst auf die jüngsten Entwicklungen in der Diagnostik psychischer Störungen mit strukturierten Interviews eingehen. Kap. 2 und 3 beschäftigen sich mit den wichtigsten Änderungen in der neuen Auflage des DIPS für DSM-IV-TR sowie den psychometrischen Gütekriterien der amerikanischen Originalversion und des DIPS. Danach folgen eine Anweisung
3
Einleitung
zur praktischen Durchführung und Auswertung des DIPS (Kap. 4) sowie ein kurzes Glossar der im DIPS erfassten psychischen Störungen (Kap. 5). In Kap. 6 sind Übungsfälle zum DIPS aufgeführt, die dem Diagnostiker die Möglichkeit bieten, sein diagnostisches Wissen zu überprüfen. Bevor wir nun im Einzelnen das DIPS vorstellen werden, möchten wir noch zwei Anmerkungen machen. Dies betrifft zum einen die verwendete Geschlechtsform in dem vorliegenden Buch. Leider gibt es nach unserer Ansicht bisher keine gute Lösung für dieses Problem. Wir entschieden uns, die männliche Form zu verwenden, da uns das gleichzeitige Nennen der weiblichen und männlichen Form zu aufwendig erschien und unserer Meinung nach das Lesen erschwert. Zum anderen möchten wir an dieser Stelle darauf aufmerksam machen, dass die Entwicklung und Überprüfung eines diagnostischen Instrumentes mit dem Anspruch und Umfang des DIPS nicht ohne die Hilfe und Unterstützung anderer Personen und Einrichtungen möglich wäre, denen wir an dieser Stelle danken möchten. Die Herausgeber danken insbesondere PD Dr. Ernst Hermann, dem leitenden Psychologen der Klinik Meissenberg AG (Psychiatrische und psychotherapeutische Spezialklinik für Frauen), Prof. Dr. Franz Müller-Spahn, dem ärztlichen Direktor der Universitären Psychiatrischen Klinik (UPK) Basel, Dr. Klaus Bader, Leiter der Verhaltenstherapie-Ambulanz der UPK Basel und Herrn Dipl.-Psych. Sascha Wendler der Nexus Klinik in Baden-Baden für ihre Unterstützung unserer Studien zur Überprüfung der Reliabilität und Validität des DIPS für DSM-TR-IV. Besonderer Dank gilt hierbei auch den Interviewerinnen, Patienten und Probanden, die untersucht wurden.
1
1 Diagnostik psychischer Störungen mit strukturierten Interviews Nach vielen Jahren heftiger Kritik an der klassifikatorischen Diagnostik psychischer Störungen, insbesondere aufgrund mangelnder Reliabilität der Diagnosen, kann zwischen den verschiedenen Standpunkten eine Konvergenz in Richtung der Optimierung des wissenschaftlichen und praktischen Nutzens festgestellt werden (Baumann, 1990). Vor allem zwei Entwicklungen waren für die weitgehende Akzeptanz der klassifikatorischen Diagnostik in der klinischen Psychologie von Bedeutung. Zum einen verbesserten methodische Neuerungen, wie die Einführung der operationalisierten Diagnostik, und strukturierte Interviews die Qualität der Diagnosen deutlich. Zum anderen wurden große Fortschritte bei den Therapieverfahren für psychische Störungen erzielt, was bewirkte, dass die Diagnosen auch tatsächlich zu therapeutischen Konsequenzen führen können. Die mangelnde Operationalisierung der diagnostischen Kategorien früherer Versionen des DSM oder ICD waren maßgeblich für den eher schlechten Zustand der klassifikatorischen Diagnostik verantwortlich. Erst durch die Einführung expliziter diagnostischer Kriterien im DSM-III (APA, 1980) und der Forschungskriterien des ICD-10 (WHO, 1992) wurde es möglich, im Rahmen standardisierter Befunderhebung mittels genau ausformulierter Fragen die Antworten des Patienten direkt zur Diagnosestellung zu verwenden. Die Entwicklung strukturierter und standardisierter Interviews war eine der wichtigsten Veränderungen des diagnostischen Vorgehens im Bereich psychischer Störungen in den letzten Jahrzehnten. Durch die damit verbundene Beseitigung bedeutender Fehlerquellen wurden wichtige Voraussetzungen für eine deutliche Steigerung der Reliabilität und indirekt auch der Validität klassifikatorischer Diagnosen geschaffen (Wittchen et al., 1988). Dem Kliniker bieten strukturierte und standardisierte Interviews eine wesentliche Hilfe, die umfangreichen und teilweise komplizierten Kriterien der klassifikatorischen Diagnostik besser zu erlernen und anzuwenden. Heute ist es in der klinischen Forschung kaum noch möglich, Studien in internationalen Fachzeitschriften zu publizieren, ohne die Probanden mit Hilfe eines strukturierten Interviews untersucht zu haben. Dies mag mit dazu beigetragen haben, dass eine Vielzahl solcher Interviews entwickelt wurden. Diese Entwicklung ist jedoch nicht völlig problemlos, da die Verfahren oft unkritisch angewendet wurden. Wie Wittchen et al. (1988) in einer Übersichtsarbeit feststellten, sind bei vielen durchaus gebräuchlichen Instrumenten Reliabilität und Validität nicht hinreichend oder oft sogar gar nicht überprüft worden. Im Folgenden soll ein kurzer Überblick über die bekanntesten strukturierten und standardisierten Interviews gegeben werden (s. auch Schneider & Margraf, 2002a). Bei standardisierten Verfahren zur Befunderhebung bei der Diagnostik psychischer Störungen lassen sich mindestens drei Gruppen unterscheiden: 4 Checklisten, 4 strukturierte Interviews und 4 standardisierte Interviews (Wittchen & Unland, 1991). Eine Zusammenstellung deutschsprachiger Verfahren gibt die folgende Übersicht. Dabei wurden solche Instrumente berücksichtigt, die nicht nur auf eine einzelne Störungsgruppe beschränkt sind (z. B. nur Essstörungen). Da Checklisten wie etwa das »AMDP-System« (Arbeitsgemeinschaft für Methodik und Dokumentation in der Psychiatrie, 1997) oder die »Internationalen Diagnose-Checklisten für ICD-10 (IDCL)« (Hiller et al., 1995) lediglich Auflistungen von einzelnen Symptomen bzw. der Diagnosekriterien enthalten, nicht aber das konkrete diagnostische Vorgehen (z. B. Frageformulierung, Reihenfolge der Fragen) festlegen, sind sie vor allem für die Erstellung einer »schnellen« Diagnose im Sinne eines Screenings geeignet. Nach Wittchen und Unland (1991) dürften jedoch Reliabilität und damit Validität der mit diesem Verfahrenstyp gewonnenen Diagnosen stark von dem Training der Kliniker und der Homogenität der Patientengruppen abhängen. Darüber hinaus bieten sie keinen Schutz gegen das Problem der »Bestätigungsdiagnostik«, d. h. der Gefahr, dass wir dazu neigen, uns rasch Hypothesen zu bilden, die wir dann möglichst bestätigen wollen. Aus diesen Gründen werden Checklisten-Verfahren hier nicht weiter besprochen.
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Diagnostik psychischer Störungen mit strukturierten Interviews
Standardisierte deutschsprachige Verfahren zur Diagnostik psychischer Störungen (Auswahl). (Zit. nach Schneider & Margraf, 2002) 4 Checklisten 4 IDCL: Internationale Diagnose-Checklisten für ICD-10 (Hiller et al., 1995) 4 IDCL-P: Internationale Diagnose-Checklisten für Persönlichkeitsstörungen (Bronisch et al., 1995) 4 AMDP: Manual zur Dokumentation psychiatrischer Befunde (Arbeitsgemeinschaft für Methodik und Dokumentation in der Psychiatrie, 1997) 4 Strukturierte Interviews 4 SKID-1: Strukturiertes Klinisches Interview für DSM-IV, Achse-I (Wittchen et al., 1997) 4 SKID-II: Strukturiertes Klinisches Interview für DSM-IV, Achse-II (Fydrich et al., 1997) 4 DIPS für DSM-IV-TR: Diagnostisches Interview bei psychischen Störungen für DSM-IV-TR (Schneider & Margraf, 2005) 4 Kinder-DIPS: Diagnostisches Interview bei psychischen Störungen im Kindes- und Jugendalter (Unnewehr et al., 1995; Schneider et al. [in Vorbereitung]). 4 Mini-DIPS: Diagnostisches Kurzinterview bei psychischen Störungen (Margraf, 1994) 4 Standardisierte Interviews 4 CIDI: Composite International Diagnostic Interview (Wittchen und Semler, 1990) 4 DIA-X: Diagnostisches Expertensystem für ICD-10 und DSM-IV (Wittchen & Pfister, 1997)
Strukturierte Interviews erfassen anhand eines vorstrukturierten Leitfadens die für die Diagnostik notwendigen Informationen. Dabei sind der Wortlaut der Fragen, deren Reihenfolge, Sprungregeln zum Auslassen von Fragen und Antwortkategorien im Leitfaden vorgegeben. Dem Kliniker bleibt bei den strukturierten Interviews ein Variationsspielraum erhalten, in den sein klinisches Urteil mit einfließen soll. Hierbei besteht zwar die Gefahr einer Verminderung der Reliabilität, gleichzeitig bietet dies aber auch die Möglichkeit, wichtige Beobachtungen des Klinikers, die vielleicht im Widerspruch zu den Antworten des Patienten stehen, zu berücksichtigen. Im deutschen Sprachraum stehen zur Zeit folgende strukturierte Interviews zur Verfügung: 4 »Strukturiertes Klinisches Interview für DSM-IV, Achse I (SKID-I)« (Wittchen et al., 1997), 4 »Strukturiertes Klinisches Interview für DSM-IV, Achse II (SKID-II)« (Fydrich et al., 1997), 4 »Diagnostisches Interview bei psychischen Störungen, DIPS für DSM-IV-TR« (Schneider & Margraf, 2005), 4 »Diagnostisches Interview bei psychischen Störungen im Kindes- und Jugendalter (Kinder-DIPS)« (Unnewehr et al., 1995; Schneider et al. (in Vorbereitung). Eine Sonderrolle unter den strukturierten Interviews nimmt das Mini-DIPS (Margraf, 1994) ein. Das MiniDIPS dient der raschen, überblickartigen Erfassung der für den psychotherapeutischen Bereich wichtigsten psychischen Störungen nach den Kriterien des DSM-IV und der ICD-10. Der wesentliche Unterschied zu den oben genannten Interviews liegt in der außerordentlichen Kürze der Durchführung (Dauer ca. 30 Minuten), die durch eine Reihe methodischer Neuerungen möglich wurde, ohne dass ein inakzeptabler Qualitätsverlust hinsichtlich Reliabilität und Validität in Kauf genommen werden musste. Insbesondere für erfahrene Diagnostiker, die mit den Diagnosekriterien des DSM und der ICD vertraut sind, stellt es ein Hilfsmittel zur raschen Diagnose dar, die ähnlich sicher sein kann wie die mit einem ausführlichen Interview erstellte Diagnose. Für Anfänger oder besonders eilige Diagnostiker erlaubt das Mini-DIPS Screening-Diagnosen, die zwar weniger sicher sind als etwa die Diagnosen mit einem der oben erwähnten Interviews, die aber dennoch deutlich genauer als Diagnosen auf der Grundlage einer völlig unstandardisierten Befunderhebung sind. Standardisierte Interviews lassen dem Kliniker im Unterschied zu strukturierten Interviews keinen Beurteilungsfreiraum mehr. Hier sind alle Schritte der Datenerhebung und der Auswertungsprozedur stan-
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Diagnostik psychischer Störungen mit strukturierten Interviews
dardisiert. Es werden ausschließlich die Antworten der Patienten kodiert. Das Zusammenfügen von Symptomen und Syndromen zur Diagnose ist durch explizite Algorithmen vorgegeben und kann somit auch durch Computer erfolgen. Dieses Ausmaß an Standardisierung gewährleistet eine Maximierung der Objektivität und Reliabilität, doch stößt sie im klinischen Alltag auf wenig Akzeptanz. Kritisch ist hierzu auch anzumerken, dass bei dieser Art der Datenerfassung Fehlerquellen wie Antworttendenzen oder widersprüchliche Angaben des Patienten nicht berücksichtigt werden. Dadurch kann es unter Umständen zu einer erheblichen Validitätsminderung der Diagnosen kommen. Um dies zu prüfen, wäre eine Prüfung der Übereinstimmung von standardisierten und strukturierten Interviews notwendig. Solche Studien liegen jedoch bis heute noch nicht vor. Zu den standardisierten Interviews zählen: 4 das »Expertensystem zur Diagnostik psychischer Störungen (DIA-X)« (Wittchen & Pfister, 1997), 4 die Münchner modifizierte Version des »Composite International Diagnostic Interview (CIDI)« nach DSM-IV und 4 die deutsche Übersetzung des CIDI nach DSM-III in der Version der Weltgesundheitsorganisation (Wittchen & Semler, 1990). Die Reliabilität der im deutschen Sprachraum vorliegenden Verfahren zur standardisierten Befunderhebung wurde inzwischen in einer Reihe von Studien empirisch gesichert (IDCL: Hiller et al., 1995, SKID für DSMIII-R: Wittchen et al., 1991, DIPS: Schneider et al., 1992; Keller, 2000, vgl. auch den Übersichtsartikel von Wittchen & Unland, 1991). Insgesamt sind strukturierte und standardisierte Interviews neben der reliablen und validen Diagnostik sehr ökonomische und anwenderfreundliche Verfahren, mit deren Hilfe Kliniker in vergleichsweise kurzer Zeit eine solide diagnostische Befunderhebung durchführen können. Dennoch leiden diese Verfahren immer noch unter einer mangelnden Akzeptanz im klinischen Bereich. Dies mag zum Teil an dem starken Ausmaß der Formalisierung und Strukturierung liegen. Eine weitere Erklärung kann darin gesehen werden, dass eine rein klassifikatorische Diagnostik oft für die praktische klinische Arbeit noch nicht ausreicht, vor allem wenn es sich um psychotherapeutische Maßnahmen handelt (Schulte & Wittchen, 1988a, b). Die meisten bisher vorliegenden Verfahren wie das »Strukturierte Klinische Interview für DSM-IV (SKID-I)« (Wittchen et al., 1997) oder die »Internationalen Diagnosen-Checklisten (IDCL)« (Hiller et al., 1995) liefern »nur« eine Diagnose nach dem DSM-IV oder der ICD-10, nicht aber darüber hinausgehende Informationen für die Therapieplanung. In der Praxis geht es aber zumeist nicht nur um die reine Diagnostik, sondern auch um die Behandlung der Störungen, und daher sind dort die therapiebezogenen Daten besonders wichtig. Wie bereits erwähnt, werden im DIPS über die rein kategoriale Diagnostik hinaus auch Daten zur Entstehung und zum Verlauf der betreffenden psychischen Störung sowie Informationen für die Therapieplanung erhoben.
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2 Entwicklung und Gütekriterien der amerikanischen Originalform (ADIS) Bevor das DIPS für DSM-IV-TR in Kap. 3 genauer vorgestellt wird, soll im Folgenden kurz auf die Entwicklung und die Gütekriterien der amerikanischen Originalversion »Anxiety Disorders Interview Schedule (ADIS)» eingegangen werden. Das ADIS wurde am Center for Stress and Anxiety Disorders an der State University of New York in Albany entwickelt. Eine Arbeitsgruppe um David Barlow stand 1981 vor dem Problem, für ihre Forschung ebenso wie für ihre klinische Arbeit möglichst effektiv diagnostische Informationen zu sammeln. Sie begann mit der Erstellung eines detaillierten strukturierten Interviews für Angststörungen. Das ADIS wurde nicht nur für die Differenzialdiagnose der Angststörungen nach dem Diagnostischen und Statistischen Manual der Amerikanischen Psychiatrischen Vereinigung (DSM-III, APA 1980) entwickelt, sondern sollte darüber hinaus für die Behandlung bedeutsame Daten liefern. Im ADIS geben Informationen zur Entstehung und zum Verlauf der Probleme, zu situativen und kognitiven Einflussfaktoren sowie detaillierte Skalen zur Einschätzung der Symptome eine Datenbasis für die Untersuchung und Behandlung der klinischen Charakteristika der Störungskategorien. Da Ängste häufig mit Depressionen einhergehen, wurde auch eine gründliche Diagnostik depressiver Symptome und ihrer Beziehung zu Angstsymptomen in das Interview aufgenommen. Weiterhin ermöglichte das ADIS die Diagnose von Manien, Zyklothymien und Somatoformen Störungen sowie »Screenings« für Substanzabhängigkeiten und Psychosen. Obwohl die Mitarbeiter des Centers for Stress and Anxiety Disorders viele der Fragen selber entwickelten, wurden auch manche Items aus früheren Interviewverfahren adaptiert (vor allem aus dem »Schedule for Affective Disorders and Schizophrenia, SADS«, Endicott & Spitzer 1978, und dem »Present State Examination, PSE«, Wing et al., 1974). Im Gegensatz zu vielen anderen neu entwickelten strukturierten Interviews hatte die erste Version des ADIS (Di Nardo et al., 1983; revidierte Fassung ADIS-R, DiNardo & Barlow, 1988) in den USA rasch eine weite Verbreitung in Forschung und Praxis gefunden. Aufgrund der fortlaufend gesammelten Erfahrungen wurde das ADIS in den vergangenen Jahren mehrfach revidiert. Die letzte Version (ADIS-IV-L, DiNardo, Brown & Barlow, 1994) machte das Interview nicht nur voll kompatibel mit dem DSM-IV, sondern beinhaltet auch wesentliche klinisch relevante Erweiterungen. Im Vergleich zur älteren Version (ADIS-R) wird im ADIS-IV-L ein breiteres Spektrum von psychischen Störungen (z. B. Alkoholabhängigkeit) erfragt sowie Lebenszeitdiagnosen explizit erfasst. Da es eines der Hauptziele der Autoren war, für spätere deskriptive Studien so viel detaillierte Informationen wie möglich zu sammeln, gibt es wenig »Vorentscheidungsfragen«, die zum vorschnellen Auslassen größerer Teile des Interviews führen könnten. Deshalb wird von Schlüsselkriterien einzelner Störungsbereiche ein dimensionales Rating erfragt, unabhängig davon, ob eine formale DSM-IV-Diagnose in Betracht gezogen wird. Dies betrifft folgende Bereiche: 4 Soziale Phobie (Angst und Vermeidungsratings von 13 sozialen Situationen), 4 Generalisierte Angststörung (Ratings von Häufigkeit und Unkontrollierbarkeit der Sorgen in 8 Bereichen), 4 Zwangsstörung (Ratings von Belastung, Widerstand und Häufigkeit von 9 Bereichen der Zwangsgedanken und Häufigkeit von 6 Bereichen der Zwangshandlungen), 4 Spezifische Phobie (Ratings von Angst und Vermeidung von 17 Objekten gemäß den 5 Typen der DSMIV (Tier-Typus, Umwelt-Typus, Blut-/Spritzen-/Verletzungs-Typus, situativer Typus, anderer Typus). 4 Des Weiteren werden die Symptome der Major Depression und der Dysthymen Störung immer erfragt. Für jede aktuelle und Lebenszeitdiagnose ordnet der Interviewer einen klinischen Schweregrad von 0 bis 8 (CSR = »clinical severity rating«) zu. Der CSR gibt die Beeinträchtigung und Belastung im Zusammenhang mit der Störung an (0= gar keine Beeinträchtigung/Belastung bis 8= sehr schwere Beeinträchtigung/Belastung).
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Entwicklung und Gütekriterien der amerikanischen Originalform (ADIS)
Bei gleichzeitiger Erfüllung der Diagnosekriterien für mehrere Störungen trifft der Diagnostiker aufgrund von Schwere und Funktionsbeeinträchtigung eine Unterscheidung zwischen einer primären und einer sekundären Störung. Der zeitliche Zusammenhang zwischen den Störungen wird erfragt und trägt oft dazu bei, ihre Unabhängigkeit voneinander zu etablieren, ist aber für sich allein nicht hinreichend für die Bestimmung der Unterscheidung zwischen primären und sekundären Störungen. Es wird nicht angenommen, dass die länger vorhandene Störung notwendigerweise das primäre Problem darstellt, es sei denn, die »jüngere» Störung kann als Teil der »älteren« aufgefasst werden. Gegenwärtige klinische Diagnosen, welche nicht als Primärdiagnose aufgefasst werden, werden als zusätzliche Diagnosen beschrieben. Die Zahl der maximal zu vergebenden sekundären Diagnosen ist nicht begrenzt. Auf diese Weise können die Komorbiditätsmuster erfasst werden, die oft erst eine genaue Beschreibung des vollständigen klinischen Bildes des einzelnen Patienten erlauben. Da manche Patienten zwei verschiedene Störungen aufweisen, die aber gleichermaßen schwer sind und normale Funktionen beeinträchtigen, können auch zwei primäre Diagnosen gegeben werden. Auch in diesen Fällen sind darüber hinaus sekundäre Diagnosen möglich. Auf der anderen Seite kommt es vor, dass Symptome, die die diagnostischen Kriterien für eine bestimmte Angststörung erfüllen würden, eindeutig Teil einer anderen Angststörung sind. Zum Beispiel vermeiden viele Agoraphobiker mit Angstanfällen Höhen oder enge Räume in einer Weise, die den DSM-IV-TR-Kriterien für eine »Spezifische Phobie« genügen würde. Wenn aber diese Situationen nur gefürchtet und vermieden werden, weil dort im Falle eines plötzlichen Angstanfalls die Flucht schwierig wäre, dann wird nur die Diagnose Panikstörung mit Agoraphobie gegeben und keine zusätzliche Diagnose einer Spezifischen Phobie gestellt. In gleicher Weise erleben viele Phobiker oder Zwangspatienten bei der Konfrontation mit spezifischen phobischen Objekten oder Zwangsgedanken Angstanfälle. Wenn solche Angstanfälle aber nur bei Konfrontation mit diesen Reizen auftreten, wird keine Panikstörung diagnostiziert, auch wenn sonst alle Diagnosekriterien erfüllt sind. Wenn die Schlüsselkriterien einer psychischen Störung erfüllt werden, jedoch die Beeinträchtigung/Belastung für eine klinische Diagnose nach DSM-IVTR nicht schwerwiegend genug ist, wird eine subklinische Diagnose (CSR 1-3) vergeben. Zusammenfassend gilt für die Behandlung von Komorbiditätsproblemen im ADIS-IV-L: Wenn eine Störung eindeutig als Teil einer anderen angesehen werden kann, wird die subsumierte Störung weder diagnostiziert noch als sekundäre Störung aufgefasst. Wenn zwei voneinander unabhängige Störungen vorliegen, wird festgestellt, welche Störung die primäre ist. Zu diesem Zweck werden der relative Schweregrad und das Ausmaß der Beeinträchtigung und Belastung herangezogen, statt die Entscheidung einfach aufgrund zeitlicher Beziehungen oder anderer hierarchischer Annahmen zu treffen. Das ADIS-IV-L ist demnach nicht für die Anwendung durch Laien entworfen, sondern setzt eine klinische Schulung und ein Mindestmaß an Erfahrung mit psychischen Störungen voraus (7 Hinweise für das Training Abschn. 4.4). Überprüfungen der amerikanischen Originalversion (Di Nardo et al., 1993; Brown et al., 2001) belegen, dass die Diagnostik psychischer Störungen mit diesem Verfahren effektiv, reliabel und valide ist. Es ist daher nicht überraschend, dass das Interview weltweit in vielen bedeutenden klinischen und Forschungseinrichtungen routinemäßig angewendet wird. In einer ersten Studie wurden 60 aufeinander folgend aufgenommene Patienten am Center for Stress and Anxiety Disorders (Albany, New York) von zwei unabhängigen Diagnostikern im Abstand von mehreren Wochen interviewt. Der zweite Interviewer war nicht informiert über das Ergebnis des ersten Interviews. In der Terminologie von Wittchen und Semler (1986) handelte es sich also um die Bestimmung der Test-Retest-Reliabilität. Die diagnostische Übereinstimmung wurde sehr streng definiert als eine exakte Entsprechung der primären Diagnose der beiden Interviewer. So gab es z. B. mehrere Fälle, in denen beide Interviewer zu den Diagnosen Agoraphobie und soziale Phobie kamen, aber einmal der Agoraphobie und das andere Mal der Sozialen Phobie den primären Status zubilligten. Bei der Berechnung der Kappa-Koeffizienten für die einzelnen diagnostischen Kategorien wurden diese Fälle als Nichtübereinstimmung gewertet. Die Kappa-Koeffizienten der ersten Retest-Reliabilitätsstudie mit dem ADIS für DSM-III-Kriterien (DiNardo et al., 1983) sind in . Tab. 2.1 aufgeführt. Dort sind auch die Ergebnisse mit dem ADIS-R anhand der DSM-III-R-Kriterien dargestellt sowie die Test-Retest-Reliabilitäten mit der jetzigen Version des ADIS-IV-L anhand der DSM-IV-Kriterien (Brown et al., 2001). Einschränkend
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Entwicklung und Gütekriterien der amerikanischen Originalform (ADIS)
. Tabelle 2.1. Test-Retest-Reliabilität der Angst- und depressiven Störungen im ADIS, ADIS-R und ADIS-IV-L (Kappa-Koeffizienten)
Diagnose (DSM-IV-TR)
DiNardo et al., 1983 (ADIS, n=60)
DiNardo et al., 1988 (ADIS-R, n=154)
DiNardo et al., 1993 (ADIS-R (DSM-III-R, n=267)
Brown et al., 2001 (ADIS-IV-L, n=362)
Panikstörung mit Agoraphobiea
.85
.90
.72
.77
Panikstörung ohne Agoraphobieb
.69
.86
Soziale Phobie
.77
.86
.79
.77
Spezifische Phobie
–
.92
.82
.86
Generalisierte Angststörung
.47
.50
.57
.67
Zwangsstörung
.66
.87
.80
.85
Major Depression
.57
.67
.65
Dysthymie
.22
a
Panikstörung mit Agoraphobie entsprach im DSM-III der Agoraphobie mit Panikanfällen, im DSM-III-R dem Paniksyndrom mit Agoraphobie. b Panikstörung ohne Agoraphobie entsprach im DSM-III der Panikstörung, im DSM-III-R dem Paniksyndrom ohne Agoraphobie. Interpretation von Kappa-Werten (Mannuzza et al., 1989): sehr gute Übereinstimmung (k≥.75), gute Übereinstimmung (k≥.60–.74), akzeptable Übereinstimmung (k≥.40–.59), schlechte Übereinstimmung (k