Johann Maier
Die Qumran-Essener: Die Texte vom Toten Meer BandIII: Einführung"Zeitrechnung, Register und Bibliographie...
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Johann Maier
Die Qumran-Essener: Die Texte vom Toten Meer BandIII: Einführung"Zeitrechnung, Register und Bibliographie
Ernst Reinhardt Verlag München Basel
Prof. Dr. theol. Dr. phil. Johann Maier, Dr. theol. h. c., geb. 1933, studierte an den Universitäten Wien, Zürich und Jerusalern und habilitierte sich 1964 an der Universität Wien für das Fach Judaistik. 1964-66 Privatdozent an der PU Berlin, 1966-1995 o. Prof. für Judaistik an der Universität zu Köln. Zahlreiche Veröffentlichungen zur jüdischen Geschichte.
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Die Qumran-Essener : die Texte vom Toten Meer I Johann Maier. - München; Basel: E. Reinh~d~,· NE: Maier, Johann [Hrsg.] , Bd. 3. Einführung, Zeitrechnung, Register und Bibliographie. 1996 (UTB für Wissenschaft: Uni-Taschenbücher; 1916) ISBN 3-8252-l916-X (UTB) ISBN 3-497-01395-1 (E. Reinhardt) NE: UTB für Wissenschaft I Uni-Taschenbücher
© 1996 by Ernst Reinhardt, GmbH & Co, München
Dieses Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne schriftliche Zustimmung der Ernst Reinhardt, GmbH & Co, München, unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfliltigungen, Übersetzungen in andere Sprachen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Einbandgestaltung: Alfred Krugmann, FreiberglNeckar Printed in Germany ISBN 3-8252-19l6-X (UTB-Bestellnummer)
v INHALTSVERZEICHNIS
Vorwort .......................................................................... XI Skizzen .............................................................. , . . . . . . . ... . XIII Skizze 1: Lage der Schrifthöhlen .. . . . . . . . . . . . . . . . . .. . .. .. . . . . . . .. . . . . . . . XIII Skizze 2: Die ausgegrabene Anlage von Khirbet Qumran ......... XIV Skizze 3: Die nähere Umgebung der Anlage ............................ XV I.
Einführung ............................................. ; . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
1. Siedlungsgeographische und archäologische Fakten ............... 1.1 Das Fundgebiet ...................................... ........................ 1.2 Die Rollenfunde, Khirbet Qumran, und das Datierungsproblem ......................................................... 1.3 Die Anlage von Khirbet Qumran ................................. ...... 1.4 'Ayn Feshkha ...................... .......................................... 1.5 Die Textfunde aus den Höhlen ......................................... 1.6 Das Schreibmaterial ....................................................... 1.7 Sprachen und Schrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 1 1 4 6 6 7 8
2.
Die biblischen Texte im Verhältnis zu wichtigen nichtbiblischen Schriften ............................................... , . 9
3, 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6
Zu Inhalt und Form der Texte ........................................ Die Pesharim ............................................................. Biblische Stoffe ..................................................... ,....... Torah und Ordnungen .................................................. Liturgische und poetische Texte; Rituale ........................... Weisheitlich-theologische Texte ...................................... Texte mit eschatologischen Aussagen ...............................
11 11 12 13 16 18 18
4. Der historische Rahmen ................................................ 4.1 Vorbemerkung ........................................................... 4.2 Die Verfassung Israels nach der Torah der priesterlichen Tradition .. .......... . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . .. . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Chronologischer Überblick ............................... :............
19 19
20 22
5.
Die Gemeinschaft hinter den Schriftrollen vom Toten Meer ... 47
6.
Die Qumrantexte und die Essener ................................... 50
VI 7. 7.1 7.2 7.3
Der Kalender . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Jahr I des 6-Jahre-Zyklus ....... ................................. Überblick über die Jahre lI-VI des Zyklus .........................
8.
Die Priester-Dienstabteilungen in ihrem Verhältnis zum Sonnen- und Mondkalender ........................................... Die 4 Gruppen der 24 Priester-Dienstabteilungen und der Jahresfestzyklus ............................................... Dienstabteilungen und der Festzyklus ............................... Festtermine (12), Dienstabteilungen (24), Gruppen (4) ...... ... Vollmond und Neumond zu Beginn und Schluß der Priesterabteilungs-Dienstturnusse .................................... Nach Jahren ...... .......................................................... Nach Priestergruppen ................................................... Verteilung auf die 4 Gruppen ......................................... Gesamtdaten für Voll- und Neumondtermine ....................
8.1 8.2 8.3 8.4 a) b) c) d)
52 52 54 67
87 87 89 94 96 96 98 99 100
9. Die Maßeinheiten der Zeiteinteilung ............................... 9.1 Der Siebener- und Sechserzyklus als Basiseinheit der Zeitrechnung ........................................... : ................. a) Die Siebenereinheit ..... ................ .................. .............. b) Die Sechsereinheit des Priesterdienstturnus ......... ...... ........ c) Zeitmessung und Geschichtsperiodisierung ......... : .............
101
9.2 9.3 9.4 a) b) c) 9.5 9.6 9.7 a) b) c) d) e) f) 9.8
105 109 113 113 114 116 119 123 130 130 131 133 134 135 135 137
Die Jahrwoche und das Sabbaljahr ................................. Jubiläum (Jobelperiode) und Jobeljahr ............................. Hexajubiläum und Heptajubiläum ................................... Das Hexajubiläum ...................................................... Das Heptajubiläum ..................................................... Der Text 4Q319 (in 4Q259) .......................................... Das Dekajubiläum ...................................................... Interkalationsfrage und Endzeittermin ............................. Das Verhältnis zur absoluten Chronologie ........................ Vorbemerkung .......................................................... 490 Jahre ................................................ ................... 390 Jahre ................................................................. Das siebte Jubiläum .................................................... Die Hexajubiläengrenzen ............................................. Die Jobel- und Sabbatjahrzählung .................................. Schlußbemerkung .......................................................
101 101 102 104
VII 10. Übersicht über die zadokidische Welt-Zeitrechnung
140
11. Tabellarische Darstellung der ersten beiden Dekajubiläen des Weltzyklus B: Die Perioden um die Endzeitwende ........ 144
11. Register ................................................................... Stellenregister ..................................................... : . . . . . Wort- und Begriffsregister (Auswahl) .............................. Zahlenangaben ..........................................................
161 161 183 371
III. BibUographie ..................... , ......... : ........................... Abkürzungen '" ................ .......................................... Sammeleditionen ........................................................ Neuere, einigermaßen vollständige Sammelübersetzungen .. , Auswahl-Bibliographie ................................................
378 378 379 381 381
Inhalt Band I (UTB 1862) Vorwort Zur Übersetzung Datierungsfragen Bibel und Offenbarung Zum Kalender Technische Details Sammelausgaben und bibliographische Hinweise Abkürzungen OQ = TEXTE OHNE QUMRANHÖHLEN-NUMMER CD = Damaskusschrift OQGiants = Buch der Giganten OQNJ = Neues Jerusalem OQShir = Sabbatopfer-Gesänge DIE TEXTE AUS DER HÖHLE 1 1QH Hodayot / Hymnenrolle 1QM Milchamah / Kriegsrolle 1QpHab = Habakuk-Kommentar
VIII
1QS = Manual of Discipline / Sektenregel 1Q01 - 1Q19 1Q20 mit 1QGen(esis) Ap(okryphon) 1Q21 - 1Q27 1Q28a = 1QSa Gemeinderegel 1Q28b = 1QSb Benediktionen 1Q29 - 1Q72 DIE TEXTE AUS DER HÖHLE 2 2Q01 - 2Q33 DIE TEXTE AUS DER HÖHLE 3 3Q01 - 3Q14 3Q1S = Kupferrolle DIE TEXTE AUS DER HÖHLE 5 SQ01 - SQ2S DIE TEXTE AUS DER HÖHLE 6 6Q01 - 6Q31 DIE TEXTE AUS DER HÖHLE 7 7Q01 -7Q19 DIE TEXTE AUS DEN HÖHLEN 8-10 8Q01 - 8QOS 9Q 10Q DIE TEXTE AUS DER HÖHLE 11 11Q01 - 11Q04 11QOS = 11QPsa 11Q06 - 11Q12 11Q13 = 11QMelchizedek 11Q14 - 11Q18 11Q19 = 11QTempelrolle (1) 11Q20 = 11QTempelrolle (11) 11Q21 - 11Q2S
IX Inhalt Band 11 (lITB 1863) DIE TEXTE AUS DER HÖHLE 4 4QOl - 4Q127 4Q128 - 4Q160 4Q161 - 4Q165 = Jesaja-Kommentar 4Q166 - 4Q167 = Hosea-Kommentar 4Q168 = Micha-Kommentar 4Q169 = Nachum-Kommentar 4Q170 = Zephanja-Kommentar 4Ql71 = Psalmenkommentar a 4Ql72 4Q173 = Psalmenkommentar b 4Q174 = Florilegium + 4Q175 = Testimonia 4Q176 - 4Q186 4Q196 - 4Q254 4Q255 - 4Q264 = 4QS 4Q265 4Q266 - 4Q273 = 4QD 4Q274 - 4Q283 = Tohorot 4Q284 - 4Q285 4Q286 - 4Q290 = Berakot 4Q291 - 4Q319 4Q320 - 4Q330 = Mishmarot / Kalendertexte 4Q331 - 4Q392 4Q394 - 4Q399 = 4QMMT 4Q400 - 4Q407 = Sabbatopfer-Gesänge 4Q408 - 4Q575
Karlheinz Maller in freundschaftlicher Verbundenheit zum 60. Geburtstag gewidmet
XI VORWORT
Im Jahr 1960 war es noch möglich, die Übersetzung der damals bekannten Texte in einem Band von nur 190 Seiten unterzubringen und in einem zweiten Band zu kommentieren (Die Texte vom Toten Meer, 1-11. München 1960). Heute würde ein solches Verfahren zahlreiche Bände ergeben, und daher wäre nur die Einzelkommentierung größerer Texte wie der Tempelrolle (vgl. UTB 829) oder von literarisch und thematisch zusammengehörigen Textgruppen durchführbar. Hingegen schien es angesichts des unübersichtlich gewordenen Umfangs des Materials sinnvoll, zur vorliegenden deutschen Übersetzung (UTB 1862-1863) einen Zusatzband mit Hilfsmitteln zu bieten, mit denen der Textbestand für den Benützer der Übersetzung leichter zu erschließen ist.
Eine knappe Einführung enthält die wichtigsten Informationen über Fundorte, Funde, Texte und historische Fragen. Da kalendarische . Texte eine große Rolle spielen, wurden ausführliche Tabellen beigefügt, damit man den folgerichtigen Aufbau und die im Endergebnis in sich geschlossene Systematik dieses eindrucksvollen Zeitrechnungsund Weltperiodenentwurfs nachzuvollziehen vermag und so die eigentümlichen theologischen und chronographischen Aspekte der Verbindung zwischen Kalendersystem, Priesterdienst-Einteilung und Zeitrechnungssystem begreift. Was sich daraus an erstaunlichen Ergebnissen für die Chronologie der biblischen Texte, der Zeit des zweiten Tempels und des neutestamentlichen Zeitalters alles ergibt, konnte hier nur mehr angedeutet werden und bedarf weiterer, fachkundiger Untersuchungen. Die Register wurden nicht nach den Seitenzahlen, sondern nach Belegstellen angelegt. Das etwas umständlichere Nachschlagen wird durch andere Vorteile wettgemacht, nicht zuletzt bei der Benützung anderer Übersetzungen und der Textpublikationen. Ein Stellenregister informiert über den Bestand an biblischen und anderen autoritativen Schriften und deren Gewichtigkeit innerhalb der Funde und vermittelt einen Eindruck von der Art und Weise, wie solche Texte verwendet worden sind. Hinsichtlich der Anführung von An" spielungen besteht allerdings ein breiter Ermessensspielraum, der besser im Rahmen einer Textkommentierung erörtert werden kann, daher wurde in dieser Hinsicht eher Zurückhaltung geübt. Das Wortregister zur Übersetzung wurde teilweise als Begriffsregister gestaltet. Man fmdet also an angegebenen Stellen manchmal zwar nicht das betreffende Wort, wohl aber die Sache ..
XII
In die bibliographische Auswahl wurde bewußt auch ältere, inhaltlich inzwischen zwar meist überholte, aber forschungs geschichtlich wichtige Literatur aufgenommen, gelegentlich wurden auch knappe Inhaltshinweise beigefügt. Damit soll in Erinnerung gerufen werden, daß ein Großteil der in der letzten Zeit als sensationell und neu aufgeworfenen Fragen oder Thesen bereits vor Jahren ausführlich diskutiert worden sind. Ein beträchtlicher Teil der neueren Veröffentlichungen konnte nur geschrieben werden, weil ihre Autoren zu wenig gelesen haben. Nun, da Übersetzungen fast aller gefundenen Texte vorliegen, hat jeder die Möglichkeit, sich zu jeder inhaltlichen Frage 'ein eigenes Urteil zu bilden, was mit diesem Band erheblich erleichtert wird. Innsbruck, Dezember 1995
Johann Maier
XIII
SKIZZEN*
Totes Meer
2
o
km Zeichnung: Alexnnder Maurer
Skizze 1: Lage der Schrifthöhlen
• Mit freundlicher Genehmigung des Verlages Herder aus: Hartmut Stegemann, Die Essener. Qumran, Johannes der Täufer und Jesus. Herder/Spektrum Band 4128. Verlag Herder, Freiburg 4. Auflage 1994, S.366-368
XIV Reinigungsbad
Haupteingang
KilchelHou.wirtscbaftsbereich
Inncnbcrcich
lf.~~l-----Töpferei
ZlSIeme (GebetshauslSpeisesaal)
20
o
m
Zeichnung: Alexander Maurer
Skizze 2: Die ausgegrabene Anlage von Khirbet Qumran
xv Hauptfiiedhof
Oobludoder
Qwmmm\
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1q11;{~'\\
a
"
100
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m
Zeichnung: Ale,..ander Maurer
Skizze 3: Die nähere Umgebung der Anlage
1
I. Einführung
1. Siedlungsgeographische und archäologische Fakten
1.1 Das Fundgebiet Am nordwestlichen Teil des Toten Meeres erhebt sich über dem von Jericho aus rasch zu erreichenden Küstenstreifen eine gegliederte Mergelterrasse, in deren Abhängen sich ebenso wie an den darüber liegenden Berghängen zahlreiche Höhlen befInden, die mittlerweilen fast alle untersucht worden sind und nicht selten Spuren einer zumindest zeitweiligen Benutzung aufweisen, was eine Beziehung zum nächstgelegenen Siedlungsort nahelegt. Auf dem südlichsten Ausläufer dieser Terrasse vor dem Wadi Qumrcm befIndet sich nämlich eine lange Zeit unbeachtete, Khirbet Qumrcm genannte Ruinenstätte, südlich davon unterhalb der Terrasse liegt 'Ayn Feshkha (s. 1.4).
1.2 Die Rollenfunde, Khirbet Qumran,.und das Datierungsproblem Schon im Mittelalter sind in der Gegend von Jericho Schriften in Höhlen gefunden worden (s. Kahle; Segert), und es mag sein, daß die Genizakopicn der Damaskusschrift (CD) und des hebräischen Sirachbuches auf derartige Funde zurückgehen. Ob es sich um Funde aus den Höhlen bei der Khirbet Qumran handelte, steht freilich nicht fest. Diese Ruinenstätte liegt auf einem Vorsprung der Mergelterrasse oberhalb des westlichen Ufers des Toten Meeres. Dieses unzugängliche Gebiet wurde lediglich gelegentlich von durchziehenden. Beduinen gestreift, die auch am ehesten Gelegenheit und Interesse hatten, die eine oder andere Höhle aufzusuchen und brauchbar erscheinende Gegenstände mitzunehmen. Daß auch Lederrollen(teile) mit Textmaterial auf diese Weise zweckentfremdet und vernichtet worden sein dürften, kann man ahnen, da die Beduinen erst spät den Verkaufswert alter Schriften erkannt haben. Wieviel davon in Sammlerhände geriet, ist eine weitere, nicht zu beantwortende Frage. Bekannt wurde das Fundgebiet erst, als 1947 Schriftrollen aus der später mit lQ bezeichneten Höhle durch Be~ duinen zum Verkauf angeboten wurden. Nach mancherlei Hin und Her konnten alle diese Texte für den Staat Israel erworben werden, die meisten davon befmden sich daher heute im Israel Museum. Was hingegen in den folgenden Jahren ausgegraben wurde, kam in das RockefeIlerMuseum im damals noch jordanischen Ostjerusalem, bis dieser Bestand durch den Sechstagekrieg von 1967 ebenfalls in i$raelische Hände kam.
2
Die Angebote und Verkaufsvorgänge fielen also ausgerechnet in die Zeit des ersten israelisch-arabischen Krieges und somit in eine für archäologische Unternehmungen äußerst ungünstige Periode. Es waren Mitglieder der Ecole Biblique unter P. Roland de Vaux in Jerusalem, die damals und in den folgenden Jahren das jordanisch kontrollierte Fundgebiet untersuchten, die Höhle 1 entdeckten und 1952 weiteres Textmaterial aus insgesamt 11 Höhlen zutage förderten. Die umständebedingt hastig durchgeführten archäologischen Arbeiten (dazu s. unter de Vaux und Laperrousaz) blieben zu einem guten Teil mangelhaft dokumentiert und ausgewertet, erst neuerdings begann man mit der Publikation und einer Neubearbeitung des Materials (s. unter Donceel und Donceel-Voute). Nachdem man 1952 die Ruinenstätte Khirbet Qumrtm auszugraben begann, schien eine Verbindung zwischen der zutage gekommenen Anlage und den Schriftfunden in einigen der Höhlen in den benachbarten Steilhängen (s. Skizzen) naheliegend. Nur wenige Autoren verwiesen auf die Möglichkeit, daß die Schriftrollen von auswärts in die Höhlen gebracht worden sind (s. unter Rengstorf; Golb), zumal aus paläographischen Gründen eine zeitliche Zuordnung der Handschriften zu den Ausgrabungsbefunden auf der Hand lag. Ein erster Karbon-14-Test bestätigte grob diese Datierung in die Zeit bis spätestens 68 n. Chr., als die Anlage (wahrscheinlich, aber nicht unbedingt) durch die Römer zerstört worden ist. Später befand sich hier ein römischer Militärposten. Manche Autoren bezweifelten diese Frühdatierung und wollten die Texte mit frühen Christen bzw. Judenchristen, mit den Zeloten und mit dem Krieg von 66-70 n. Chr. in Verbindung bringen, andere (Zeitlin) vertraten gar eine Datierung ins Mittelalter. Mittlerweilen sind die palaographischen Kriterien aber derart ausgefeilt worden, daß eine sichere Datierung in einem Spielraum von 20-30 Jahren möglich ist, und auch durch neue, nunmehr viel genauere Karbon-14-Tests (siehe unter: Bonani u.a., Jull u.a.) hat sich die Datierungsfrage klären lassen, obwohl in Sensationspublikationen der letzten Jahre von. Nichtspezialisten der unbegründete Vorwurf einer zu frühen Datierung verbreitet worden ist. Die paläographisch-archäologische Datierung des Textmaterials, das zu einem großen Teil Kopien und nicht Originale darstellt, so daß zwischen Handschriftendatierung und Textabfassungsdatum jeweils unterschieden werden muß, ergibt folgendes Bild (Siglen biblischer Handschriften sind kursiv gesetzt): Einige Handschriften stammen aus relativ früher Zeit (3. - frühes 2. Jh.) und sind daher auf alle Fälle vorqumranisch: 4Q16; 4Q46; 4Q70; 4Q122; 4Q372 Frg. 1; 5Q01. '
3
Eine Anzahl von Handschriften stammt aus dem 2. Jh., herab bis etwa 130 v. Chr.: v lQlsO-; 4Q12; 4Q76; 4Q201; 4Q202; 4Q207; 4Q213214; 4Q216(a); 4Q234; 4Q365; 4Q378;-379; 4Q504. Handschriften aus dem späten 2. bis frühen 1. Jh. v. Chr. (frühhasmonäische Periode): lQS; 4Q11; 4Q22; 4Q45; 4Q119; 4Q120; 4Q123; 4Q124; 4Q125; 4Q156; 4Q208; 4Q318; 4Q409; 4Q448; 4Q502; 4Q503; 4Q512; 4Q515; 4Q529; 4Q534; 4Q540; 4Q541; 4Q542; 5Q02; 5Q13; 5Q14; 6Q04; 6Q08; 7QOl; 7Q02; 11QOl; 11 Q05. Ein beträchtlicher Teil der wichtigen Handschriften stammt aus der Zeit zwischen ca. 75-60 v. Chr. (mittelhasmonäische Periode): lQpHab; 4Q53; 4Q78; 4Q160; 4Q175; 4Q206; 4Q209; 4Q216(b); 4Q223-224; 4Q266; 4Q272; 4Q339; 4Q340; 4Q373; 4Q381; 4Q400; 4Q406; 4Q422; 4Q486; 4Q500; 4Q505; 4Q507; 4Q509; 4Q513; 4Q521; 4Q530; 4Q537; 4Q539; 5Q12; 6Q09; 6QI0; llQ15; llQ20. Stark vertreten sind Handschriften aus den mittleren Jahrzehnten des 1. Jh. v. Chr. (späthasmonäisch-frühherodianische Periode): lQ21; lQ23; lQ24; lQ26; 2Q205; 2Q07; 2Q09; 2QIO; 2Q16; 2QJ7; 2Q18; 2Q20; 2Q22; 2Q24; 2Q26; 3Q07; 3Q08; 4Q74; 4Q80; 4Q121; 3Q05; 4Q157; 4Q158; 4Q159; 4Q162; 4Q164; 4Q165; 4Q169; 4Q170; 4QI71; 4QI72; 4Q173; 4Q174; 4Q176; 4Q179; 4Q182; 4Q183; 4Q184; 4Q185; 4QI96-200; 4Q210; 4Q211; 4Q212; 4Q217; 4Q221; 4Q222; 4Q226; 4Q227; 4Q247; 4Q259; 4Q263; 4Q280; 4Q364-267; 4Q370; 4Q372 Frg. 2; 4Q374; 4Q380; 4Q385; 4Q385A; 4Q391; 4Q394; 4Q395; 4Q398; 4Q405; 4Q407; 4Q484; 4Q485; 4Q493; 4Q495; 4Q496; 4Q497; 4Q501; 4Q506; 4Q514; 4Q538; 4Q559; 5Q15; 5Q20; 5Q22; 5Q23; 5Q24; 6Qll; 8Q02; llQ13. Handschriften aus dem späten 1. Jh. v. und dem frühen 1. Jh. n. Chr. (herodianisch) sind recht zahlreich, haben inhaltlich betrachtet aber mehr reproduktiven Charakter, stellen also v.a. Kopien älterer Texte dar: lQH; lQM; lQ20; lQ32; 2QOI-03; 2Q08; 2Q11; 2Q213; 2Q214; 2Q215; 2Q19; 2Q21; 2Q25; 2Q27; 2Q28; 3QOl; 3Q04; 3Q06; 4Q126; 4Q127; 3Q03; 3Q04; 4Q161; 4Q163: 4Q166; 4Q167; 4Q168; 4Q177; 4Q178; 4Q181; 4Q186; 4Q203; 4Q204; 4Q205; 4Q218; 4Q219; 4Q220; 4Q225; 4Q243; 4Q244; 4Q245; 4Q246; 4Q255-258; 4Q260; 4Q262; 4Q269; 4Q273; 4Q375; 4Q376; 4Q390; 4Q396; 4Q397; 4Q399; 4Q401; 4Q402; 4Q403; 4Q404; 4Q463; 4Q464; 4Q471A; 4Q477; 4Q482; 4Q483; 4Q491; 4Q492; 4Q494; 4Q498; 4Q499; 4Q508; 4Q510; 4Q511; 4Q525; 4Q550; 4Q552; 4Q553; 6Q17; 6Q18; 6Q19; 6Q20; 6Q21; 6Q22; 6Q24; 6Q25; 6Q31; 7Q05 (?); 8QOl; 8Q05; llQll; llQ12; llQ18; llQI9B.
4 Das Material aus dem 1. Jh. zwischen ca. 20 bis 68 n. ehr. (spätherodianisch) ist vergleichsweise mager: 2Q12; 3Q02; 3Q09; 4Q180; 4Q261; 4Q269; 4Q271; 4Q286-290; 4Q488; 4Q489; 4Q490; 4Q516; 5Q03; 5Q04; 5Q05; 5Q06; 5Q07; 5Q09; 5Ql0; 5Qll; 5Q16; 5Q17; 5Q18; 5Q19; 5Q21; 6Q05; 6Q06; 6Qll; 6Q12; 6Q13; 6Q14; 6Q15; 6Q16; 6Q23; 6Q30; 7Q05?; llQ10; llQ17; llQ19A. Es sieht so aus, als sei im Lauf der 2. Hälfte des 1. vorchristlichen Jahrhunderts die literarisch-kreative Zeit der Gruppe zu Ende gegangen, denn in den letzten Perioden wurden vor allem Kopien hergestellt. Die maßgeblichen Texte stammen nach ihrer vermutlichen Abfassungszeit aus der hasmonäischen Periode. Die Jahre zwischen 130-60 v. ehr. bildeten offensichtlich die produktive Blütezeit der Gruppe, die hinter jenen Texten stand, die durch die Jachad-Organisation gekennzeichnet ist. Dies setzt für die makkabäisch-frühhasmonäische Zeit, jedenfalls für die zweite Hälfte des 2. Jh. v. ehr., eine entsprechend kreative Vorgeschichte und für die Spätzeit einen fortschreitenden Niedergang voraus. 1. 3 Die Anlage von Khirbet Qumrtin
Die von allen Seiten gut geschützte Lage des Terrassenvorsprungs in der Nähe von 'Ajn Feshkha mit dessen wirtschaftlichen Möglichkeiten eignete sich vorzüglich für eine Niederlassung zur Sicherung der Wege entlang des Toten Meeres und von da aus auf das judäische Hochland im Westen. Insofern ist die Gegend mit dem beträchtlich weiter südlich gelegenen, allerdings reichlicher mit Wasser versorgten und daher wichtigeren 'En Gedi vergleichbar. Als Schicht I der Grabungen von 1952/55 ergab sich daher auch eine eisenzeitliche Anlage im Zusammenhang mit dem Eingang und dem Turm auf der Nordostseite. Es steht also fest, daß hier eine alte Niederlassung bestand, die von einer gewissen regionalen Bedeutung war und daher auch schwerlich ohne Zustimmung bzw. Duldung durch die jeweils herrschende Obrigkeit bezogen werden konnte. Außerdem ist die relativ geringe Entfernung zur alten Priesterstadt Jericho zu beachten, in deren Umfeld sich auch staatliche Besitzungen und Paläste befanden. Man hat diese geographisch-ökonomischen und historisch-administrativen Umstände nur selten beachtet (für Ausnahmen s.: Bardtke, Rengstorf, Rost) und mit Blick auf eine gewisse "Wüstensymbolik" in manchen Texten vor allem die Wüstenlage betont. Die Wasserzufuhr erfolgte über eine noch weithin gut erhaltene Wasserleitung, die von einer höher im Wadi Qumran errichteten Staumauer aus zur Nordwestseite der Anlage auf der Mergelterrasse
5 führt. Zumindest zur Regenzeit und nach Gewittern im Oberland war eine Auffüllungder Zisternen und Becken in der Anlage gesichert. Außerdem stand im benachbarten 'Ayn Feshkha Süßwasser zur Verfügung. Die große Anlage entstand nicht, wie anfangs vermutet, schon gegen 130 v. Chr., sondern erst gegen 100, also unter dem König Alexander Jannaj - und schwerlich gegen seinen Willen. Sie enthält außer einer zentralen Zisterne mehrere große Wasserbecken (8), in die Treppen hinabführen, alle mit dem vom Nordwesten herführenden Wasserkanal verbunden. In mehreren Hofanlagen sind Wirtschaftseinrichtungen untergebracht, im nordwestlichen Teil am Turm liegt der Hauptkomplex mit Küchenanlage und einem großen (22 x 4,5 m) und einem kleinen Versammlungsraum. In diesem Komplex .gab es zumindest teilweise ein oberes Stockwerk, wahrscheinlich auch eine Schreibstube. Es handelt sich also um eine "multifunktionale" Anlage, die auch Festungscharakter und landwirtschaftliche und gewerbliche Einrichtungen aufweist. Für eine Ansiedlung unter priesterlicher Ägide erstaunlich nahe, nämlich nur gut 50 m von der Ostmauer der Anlage entfernt, beginnt ein größeres Gräberfeld, doch von diesen fast 1000 Gräbern konnten leider nur wenige untersucht werden. Kleinere Friedhöfe befmden sich noch unterhalb des Terrassenniveaus. Die untersuchten Gräber zeigen jedenfalls, daß hier auch Frauen und Kinder bestattet worden sind, ob tatsächlich auf den kleinen Friedhöfen mehr als auf dem großen, müßte dort erst nachgewiesen werden. . Die Frage, ob die Schriftrollenfunde mit der Anlage zusammenhängen, wurde generell bejaht und li,egt aus praktischen Gründen auch nahe, wird neuerdings aber auch wieder bestritten,1 freilich ohne überzeugende Beweise (vgl.: Magness). Auch wenn diese Beziehung nicht zuträfe, kann man aus dem Charakter einer engeren Gruppe von Texten doch erschließen, daß ihre Abfassung auf eine ziemlich geschlossene Gruppe zurückgeht, die natürlich auch über ältere Texte von unterschiedlicher Herkunft verfügt haben dürfte. Unabhängig davon stellt sich freilich die Frage, ob nicht auch andere Gruppen oder Personen Zu einem späteren Zeitpunkt ebenfalls Texte in einzelnen Höhlen untergebracht haben. Der Großteil des Vorhandenen dürfte aber auf Grund der paläographischen Befunde wohl aus einer einzigen Gruppierung stammen, die über eine entsprechende schreibtechnische Einrichtung und Tradition verfügte.
Donceel-Voüte P., "Coenaculum" - La salle a I'etage du locus 30 aKhirbet Qumran sur la mer Morte, in: Banquets d'Orient, Paris 1993,61-86 [plädiert für eine "Villa"].
6
1.4 'Ayn Feshkha
Keine 3 km südlich der Khirbet Qumran gibt es zwischen den hier weit vorspringenden Berghängen des Ras Feshkha und dem Toten Meer ein Süßwasservorkommen, das von früh an genutzt worden ist. Zeitgleich mit der Hauptanlage von Khirbet Qumran gab es hier Wasserbecken, Wirtschaftsgebäude und landwirtschaftliche Anbauflächen (s.: de Vaux; Zeuner). 1.5 Die Textfunde aus den Höhlen Die Höhlen, in denen Schriftrollenreste gefunden wurden, liegen keineswegs alle nahe an der Anlage von Khirbet Qumran (vgl. Skizzen). 3Q liegt im Berghang fast zweieinhalb km entfernt im Norden, llQ nur wenig näher, 1Q und 2Q befmden sich etwas mehr als auf halbem Wege entfernt ebenfalls im Berghang. 6Q liegt abseits durch eine WadiEinmündung getrennt im Südwesten. Die Höhlen lOQ, 4Q und 5Q liegen in den Abhängen des westlich benachbarten Terrassenvorsprungs, und nur die Höhlen 7Q, 8Q und 9Q befmden sich im Süd-Abhang des Terrassenvorsprungs mit der Khirbet Qumran. Die beiden Höhlen mit den am besten erhaltenen Texten, 1Q und l1Q, liegen also erstaunlich weit entfernt, die Höhle 4Q mit dem ursprünglich umfangreichsten Textbestand immerhin nicht in unmittelbarer Nähe. 1Q wurde als erste Höhle (angeblich erst) 1947 durch Beduinen entdeckt, aus ihr stammen die am besten erhaltenen Rollenreste 1Qlsa, 1Qlsb, 1QH, 1QM, 1QpHab und 1QS und Reste von mindestens 72 Rollen. Die Schriftrollen der Höhle 1 sind sorgfältig in Leinen gewikkelt und in Tonkrügen deponiert worden, die allerdings meist durch herabstürzendes Gestein beschädigt wurden, so daß die Rollen nicht ganz unversehrt erhalten bleiben konnten. 2Q wurde 1952 ebenfalls durch Beduinen entdeckt, doch offensichtlich nicht zum ersten Mal, wie Zerstörungs spuren zeigen. Gefunden wurrl.en Re~te von 33 Schriftrollen. 3Q besteht aus einem großen, tiefen Höhlenkomplex, der bereits in früher Zeit bekannt gewesen und benützt worden ist. Auch der durch einen Einsturz abgetrennte Vorderteil, in dem Rollenreste gefunden wurden, ist offensichtlich ,bereits vor der Untersuchung von 1952 betreten und teilweise ausgeraubt worden, möglicherweise bereits im Mittelalter. Die erhaltenen Rollenreste deuten auf mehr als 20 Rollen, die Krugscherben sogar noch auf mehr. Nur für 14 Texte sind Fragmente am Ort erhalten geblieben. Nicht in der Höhle, sondern links am Eingang der Höhle fand man 1952 unter Steinen die sogenannte
7 "Kupferrolle" (3Q15), deren Fundort also aus dem üblichen Rahmen fallt. 4Q wurde ebenfalls 1952 durch Beduinen entdeckt und enthielt die meisten Schriftrollen, die jedoch nur abgelegt, nicht versorgt deponiert worden sind und daher den natürlichen Zerstörungsprozessen ungeschützt ausgesetzt waren. Allerdings ist auch hier bereits früher jemand eingedrungen und hat - wer weiß wieviel - Material mitgenommen, als wertlos verstreut oder vernichtet. Nicht ein einziger von den in dieser Höhle abgelegten ungefähr 600 Texten blieb auch nur einigermaßen vollständig erhalten. . 5Q, 1952 durch die Ausgräber entdeckt, diente wohl vor allem als Wohnhöhle. 6Q, eine recht kleine Höhle, wurde 1952 durch Beduinen entdeckt. Die Rollenreste wurden unberührt, aber stark verrottet aufgefunden, zumal es sich fast nur um Papyrusrollen handelte. 7Q wurde 1955 durch die Ausgräber entdeckt, allerdings ebenfalls in schon weitgehend ausgeraubtem Zustand. Die Reste von 19 feststellbaren Papyrusrollen bestehen meist aus winzigen Fragmentchen und sind überdies schlecht lesbar. Gab es in dieser Höhle überhaupt keine Lederrollen? 8Q wurde 1955 ebenfalls durch die Ausgräber in ähnlichem Zustand wie 7Q angetroffen. 9Q wurde ebenfalls 1955 durch die Ausgräber entdeckt. lOQ liegt nahe an 4Q und 5Q und diente wohl als Wohnhöhle. llQ wurde erst 1956 durch Beduinen in noch unberührtem Zustand entdeckt. Was sie - inzwischen den hohen tIandelswert der Funde kennend - bei dieser Gelegenheit mit sich nahmen, ist Gegenstand von Spekulationen. Das Schicksal der Tempelrolle (llQ19), von der in llQ Reste eines zweiten Exemplars gefunden wurden, beweist jedenfalls, daß durch Beduinen zumindest eine relativ gut erhaltene Rolle vor dem Eintreffen der Archäologen entfernt worden und in den Handel gebracht worden ist. 1.6 Das Schreibmaterial
Man schätzt die Anzahl der ursprünglich in den Höhlen vorhandenen Schriftrollen auf Grund der Reste auf 800-1000, was eine stattliche Bibliothek ausmacht. Nur sieben davon blieben einigermaßen erhalten, vor allem aus der Höhle 4 hingegen nur zum Großteil kleine Fragmente, was in den Sensationspublikationen der letzten Jahre ver-
8 schwiegen worden ist, um den Eindruck zu erwecken, die Publikation wichtiger "Schriftrollen" sei gezielt verzögert oder gar unterbunden worden. Der größte Teil der Texte wurde auf Leder geschrieben; ein kleinerer Teil, aber mindestens 95, auf Papyrus, ein weit billigeres, aber auch viel weniger haltbares Schreibmaterial: lQ70; 4Q69; 4Q120; 4Q127; 4Q163; 4Q223-224; 4Q249-250; 4Q255; 4Q257; 4Q273; 4Q302; 4Q310-311; 4Q324B; 4Q331; 4Q347; 4Q352-353; 4Q358; 4Q361; 4Q382; 4Q384; 4Q391; 4Q398; 4Q432: 4Q465; 4Q478; 4Q482-490; 4Q496-500; 4Q502-503; 4Q505~506; 4Q509; 4Q512; 4Q515-520; 4Q558-559; 6Q03-6Q05; 6Q07; 6Q09-10; 6Q16; 6Q22-31; 7QOl-7Q19; 9Q01. Es fällt auf, daß in der Höhle 7 nur und in der Höhle 6 fast nur Papyri gefunden wurden,. in der Höhle 1 mit den sorgfältig versorgten und daher wohl besonders geschätzten Beständen aber nur kleine Fragmente eines einzigen, nicht identifizierten Textes auf Papyrus. 1. 7 Sprachen und Schrift Von den Texten mit Siglen bzw. Nummern ist der Großteil in hebräischer Sprache und in der damals schon vorherrschenden Schrift geschrieben, welche die Basis für die sogenannte "Quadratschrift" bildet. Die meisten Texte sind also auch für jemanden, der nur biblisches Hebräisch gelernt hat, nach einer gewissen Zeit der Gewöhnung im Originallesbar. ~n
althebräischer Schrift wurde nur ein kleiner Teil geschrieben: 1Q03 (Lev); 2Q05 (Lev); 6QOl (Gen); 6Q02 (Lev); llQOl (Lev); 4Qll (Gen/Ex); 4Q12 (Gen); 4Q22 (Ex); 4Q45 (Dtn); 4Q46 (Dtn); 4QIOl (Hiob); 4Q123 (Josuastoff); 4Q124 (=?); 4Q125 (=?). Ansonsten erscheint in manchen Texten das Tetragramm JHWH (lQ15; 3Q03; 4Q26; 4Q160; 4Q161; 4Ql71; 4Q183; llQ05) und (seltener) die Bezeichnung 'EI für "Gott" (lQ14; lQ27; lQ35; 3Q14; 4Q179; 4Q183; 4Q258; 4Q406; 6Q15; 6Q18) in althebräischer Schrift. Althebräisch geschriebene Wörter und (auch griechische) Buchstaben begegnen im kryptischen Text 4Q186. Welche Rolle der althebräischen Schrift zukommt, ist schwer zu bestimmen. Der - allerdings nur gelegentliche - Gebrauch für das Tetragramm und für das Wort "Gott" deutet zwar auf eine höhere Dignität, ebenso die vorwiegende Verwendung für Texte, die auch im Pen. tateuch enthalten sind, doch bleibt der Stellenwert im Rahmen der Qumran-Schreibertradition unklar und man muß auch mit Texten von außerhalb rechnen (siehe dazu v.a. unter: Tov E.).
9
Aramäische Texte (fast 100): 1Q201l QGenAp; lQ21; lQ23; lQ24; lQ32; lQ63-1Q68. 2Q24 und 2Q26; 3Q12; 3Q13; 3Q14. 4Q156; 4Q157; 4Q196-199; 4Q201-207; 4Q212-214; 4Q242-246; 4Q309-31O; 4Q318; 4Q342; 4Q344-348; 4Q455; 4Q359; 4Q488-490; 4Q529-575. In 4Q also insgesamt 72 Texte. 5Q15; 5Q24; 6Q08; 6Q14; 6Q19; 6Q23; 6Q32; llQlO; llQ18. Griechische Texte: 4Q76-4Q82; 4Q1l9-4Q122; 4Q126-127; 7QOl7Q19. Verwendung griechischer einzelner Buchstaben: in 3Q15 und 4Q186.
2. Die biblischen Texte im Verhältnis zu wichtigen nichtbibHschen Schriften Bereits der Bestand der biblischen Textfunde zeigt, daß man für damals nicht unser Bild von "der Bibel" voraussetzen darf, sondern zunächst Text für Text für sicl). betrachten muß. In 4QMMT begegnet freilich erstmals eine dreiteilige Größe, die auch aus dem NT wohl bekannt ist. Der (tatsächliche oder fiktive) Adressat wird in dem Schreiben aufgefordert, die aufgelisteten Praktiken und Auffassungen zu akzeptieren, damit er Einblick gewinne ins "Buch Moses (offensichtlich der Pentateuch) und in die Bücher der Propheten und in Davids Psalmen". Nicht vom richtigen Verständnis dieser Schriften her ergibt sich also die richtige Praxis und Auffassung, sondern prinzipiell umgekehrt: von der richtigen Praxis und Auffassung aus gewinnt man (auf der durch den "Rechtsanweiser" gelegten Basis) den richtigen Einblick in diese biblischen Textkorpora, die man vor allem angeführt hat, wenn man auf eine gemeinsame, formal unstrittige Basis verweisend argumentierte. Der zitierte Passus zeigt also, wie der Weg zur Kanonisierung verlief. Die Schriftautorität wird nach Torahtexten und nichtgesetzlichen Texten klar differenziert, und demgemäß ergeben sich auch hermeneutisch unterschiedliche Verfahrensweisen. Ein Torahtext wird daher nie einer Pesher-Deutung unterzogen2 , in Bezug auf den Inhalt eines nichtgesetzlichen Textes wird nie ein Terminus technicus der Torah-Erteilung (DRSh) bzw. der Torah-Anweisung (~WT) verwendet. 3 Die
2
3
Eine scheinbare Ausnahine enthält llQ13 1I,H. zu Lev 25,13 und Dt 15,2. Doch zeigt eine nähere Betrachtung, daß die Pesher-Deutung sich auf eine "prophetische" Angabe in einem Teil der fraglichen Textpassagen bezieht, nicht auf eine· gesetzliche Sachfrage, die zu entscheiden wäre. Der aUgemeinere Sprachgebrauch und seine Anwendung im Stil der Weisheitsliteratur kann hier außer Betracht bleiben.
10
"Psalmen Davids" galten offensichtlich als prophetisch inspirierte Texte (vgl. 11Q05 Kol. XXVII,2-11). Der Rest der sogenannten Hagiographen liegt nach der Häufigkeit der Handschriften wie der Bezugnahmen auf sie weit hinter einigen nichtbiblischen Texten zurück, die für die Qumrangemeinschaft offensichtlich hohen autoritativen Rang hatten, zumal diese teilweise Torah enthalten. Listen der biblischen Texte frodet man in Kursive im Stellenregister jeweils zu Beginn der einzelnen Schriften. Die Statistik der Häufigkeit der feststellbaren Textexemplare und der einigermaßen deutlichen Bezugnahmen auf biblische Textpassagen zeigt sehr anschaulich, welche Gewichtung den einzelnen Schriften zugemessen worden ist. Das Buch Deuteronomium hatte offensichtlich größte Bedeutung, Jesaja und die Psalmen stechen ebenfalls deutlich hervor. Bei den Bezugnahmen wurden hier allerdings die Texte nicht berücksichtigt, in denen Stoffe verarbeitet wurden, die auch in biblischen Schriften (nicht zuletzt des Pentateuchs) Verwendung gefunden haben. Buch
Exemplare
Bezugnahmen auf EinzelsteIlen
Genesis Exodus Leviticus Numeri Deuteronomium
17 17 (15) 12 07 29
40 38 76 29 110
Jesaja Jeremia Ezechiel Daniel XII Propheten Amos Habakuk Hosea Joel Maleachi Micha Nachum Sacharja Zefanja
20 05 06 07 08 (01)
112 17 20
Psalmen
36 (38)
4 (ohne 1QpHab) 4 17 2 4 13 8 (ohne 4QpNah) 7 2 60
11 Hiob Proverbien
06 02
3 3
losua Richter Samuel Könige Crronik Esra
02 03 04 03 01 (??) 01 (??)
1
Canticum Kohelet Ruth Klagelieder
04 03 04 04
lubiläenbuch OQCd 1QS 1QH Gigantenbuch Henochbücher OQShir 1QM 4QMMT OQNl Tobit 11 QTempelrolle Sirach BuchHHGW/J
16 12 11 (13?) 09 08 07 08 07 06 06 05 02 01 00
7 4
4 1
2 4
3. Zu Inhalt und Form der Texte 3.1 Die Pesharim Für die Bibelwissenschaft waren von Anfang an jene Schriften von besonderem Interesse, in denen biblische Texte "kommentiert" werden, also die sogenannten "Pesher"-Deutungen nichtgesetzlicher, v.a. prophetischer Texte. Sie setzen voraus, daß der wahre Inhalt der Prophetentexte erst durch ihren Peshär offenbar wird, durch Ausdeutungen von Sätzen und Satzteilen, ja sogar einzelnen Ausdrücken ohne Rücksicht auf den Kontext, unter der Voraussetzung, daß sie sich auf
12 die Gegenwart bzw. beginnende Endzeit beziehen. Diese aktualisierende Deutupg ist laut 1QpHab vor allem durch den "Lehrer der Gerechtigkeit" vertreten worden, der damit eine ganz bestimmte literarische-theologische Auslegungstradition begründete. Als solche "Pesharim" sind anzuführen: 1QpHab(akuk); 1Q014 (pMicha); 1Q015 (pZefanja); 1Q016 (pPsalmen); 3Q004/pIsaiah); 4Q161-4Q165 (pIsaiah); 4Q166-4Q167 (pHosea); 4Q168 (pMicha); 4Q169 (pNahum); 4Q170 (pZefanja); 4Q171-4Q173 (pPsalmen); 4Q515 (pIsaiah); 5QOlO (pMaleachi?). Abgesehen davon fmden sich einzelne Pesher-Deutungen auch in anderen Kontexten, zumeist im Zusammenhang mit heils geschichtlichen und eschatologischen Darlegungen, in solchen Zusammenhängen auch zu polemischen Zwecken. 3.2 Biblische Stoffe Eine Reihe von Texten behandelt Stoffe, die auch in biblischen Büchern enthalten sind. Man nimmt generell an, daß es sich dabei um "Paraphrasen" oder Bearbeitungen der biblischen Vorlagen (also um "re-written Bible", "para-biblical texts") handelt, oder man spricht von "apokryphen" und "pseudepigraphischen" Schriften, doch ist diese einseitig biblizistische Einbahnstraße schwerlich realitäts gerecht. Nicht der Text, sondern der Stoff stand zu jener Zeit noch im Mittelpunkt. Die textliche Gestalt wurde erst wichtig, wo infolge von Auseinandersetzungen bestimmte Texte in die Debatte gebracht wurden, um die Argumentation zugunsten der eigenen Position auf eine gemeinsame Basis zu stützen. Biblische Stoffe begegnen in einer Vielzahl von Texten, doch mit kennzeichnenden Schwerpunkten. Unverkennbar ist ein intensives Interesse an der Ur- und Frühgeschichte. Henoch (vgl. außer Henochbüchern 4Q227), Noah und die Flut (4Q534), Abraham, Isaak und Jakob (vgI.4Q225-4Q226), und dazu noch Josef (4Q271; 4Q372) werden genannt. Besonders beliebt waren auch die "priesterlichen Urgestalten" (1Q21; 4Q213-4Q214; 4Q540-4Q548), Levi und dessen Nachkommen bis auf Aaron, natürlich auch Mose (1Q22; 2Q21; 4Q374-375; 4Q376; 4Q385A; 4Q387A; 4Q388A; 4Q389; 4Q390; 4Q549) waren beliebte Themen. Wieweit solche fragmentarischen Texte aus Werken stammen; die umfangreichere Darstellungen enthielten, sei es der Genesis entsprechend wie 1Q20 (1QGenAp) und andere (4Q249; 4Q253-4Q255), oder die sogenannten Pentateuchparaphrasen oder -bearbeitungen (4Q364-4Q368; 4Q422; 4Q422A; 4Q464), ist offen. Eines wird aber doch deutlich: manche dieser Texte enthalten viel mehr Material als die entsprechenden Pentateuchpartien und können nicht einfach als bloße
13 Ergänzungen des auf uns gekommenen Pentateuchtextes abgehandelt werden. Über den Pentateuch hinaus fInden sich Stoffe im Zusammenhang mit Josua (4Q123; 4Q378-4Q379; 5Q09), Samuel (4Q160; 6Q09) und David (2Q22; 4Q373). Auffällig stark vertreten sind ferner Ezechiel- und Danielstoffe. Es sieht so aus, als habe sich das Interesse besonders auf zwei Bereiche konzentriert: a) Stoffe, die sich auch im Pentateuch und im Jubiläenbuch vorfmden und die nicht zuletzt chronographisch-geschichtstheologisch. von Bedeutung sind; dasselbe gilt für Danielstoffe; b) Priester- bzw. kulttheologisch relevante Stoffe. 3.3 Torah und Ordnungen Als "Torah" wurde die. gesamte als verbindlicher Gotteswille geltende gesetzliche Überlieferung bezeichnet, vorzugsweise die mit der Offenbarung durch Mose und durch einen "Propheten wie Mose" (Dt 18,18; Josephus, Ant. IV,216-218) verbundene. Dieser war auf einzigartige Weise berechtigt, als oberster Torah-Erteiler (Doresh) ebenso wie Mose als Moräh Torah verbindlich anzuweisen. Dieses Torahprophetenamt beanspruchte offenbar jener "Lehrer der Gerechtigkeit" (genauer: "Rechts-Anweiser"), dessen Tätigkeit die Anfänge der Qumrangemeinschaft und ihre gesetzliche Tradition auf der Basis eines vorher erfolgten "Bundes schlusses im Lande Damaskus" entscheidend bestimmt hatte. Man war der Überzeugung, daß von seinem Tod an die Torahbestimmungen und Ordnungen in .Geltung bleiben sollten, bis zu dem etwa nach 40 Jahren eintretenden Endtermin wieder ein gesalbter Herrscher, ein gesalbter Hohepriester und ein solcher Prophet entsprechend den Verfassungsvorstellungen dieser priesterlich bestimmten Tradition ihr Amt antreten. Bis dahin wollte die Gemeinschaft auf der vorhandenen, geltenden Gesetzesbasis die notwendigen neuen Regelungen per Mehrheitsbeschluß ergänzen, ohne neue Torah hinzuzufügen, weil der "Lehrer der Gerechtigkeit" als Torahprophet keinen Nachfolger haben konnte: Die hasmonäischen Herrscher wollten dieses Amt nicht erneut besetzen, und die Qumrangemeinschaft für sich verstand sich nicht in dem Sinne als Israel, um die Staatsverfassung ihrer zadokidischen Tradition auf ihre Gemeindeorganisation anzuwenden. Sie meinte vielmehr; Grundelemente ihrer Jachad-Organisation in das wiederhergestellte Israel der Endzeit einbringen zu sollen (vgl. 1Q28a=1QSa), für das ein solches Amt verfassungsmäßig natürlich wieder vorgesehen war (1QS IX,ll). Das bedeutete für die Frühphase der Gemeinschaft ein noch recht fließendes, dynamisches Torahverständnis mit der Möglichkeit neuer Torah-Anweisung durch den "Lehrer", für die späteren Perioden eine Beschränkung auf die Anwen-
14 dung und interpretierende Adaptierung der vorhandenen Torah-Traditionen. Diese letzteren lagen in einem viel weiteren Umfang schriftlich fIxiert vor, als man noch vor wenigen Jahren ahnen konnte, jedenfalls steht fest, daß es geschriebene Torah auch außerhalb des Pentateuchs gab und daß für die Qualität einer Einzelregelung als "Torah" nicht maßgeblich war, ob sie im Pentateuch vorhanden oder von dorther begründet werden konnte. Die geläufIge Annahme, in Qumran habe man die erforderlichen neuen Regelungen durch Interpretation von Pentateuchgesetzen oder mittels Ableitung von solchen geschaffen, trifft nur begrenzt zu, und das in der Regel auch nur für.Themenbereiche, die im Pentateuch ebenfalls massiv vertreten sind. Das Phänomen einer über den Pentateuch hinausgehenden Torahtradition ist nicht erst durch die Qumrab.texte belegt. In Neh 10,35 heißt es in Bezug auf die Holzabgabenordnung: "wie es geschrieben steht in der Torah". Das kann sich auf kein Pentateuchgesetz beziehen, aber im Jubiläenbuch 21,12-14 wird diese Ordnung als gewichtiger Torah-Inhalt bezeugt und in der Tempelrolle llQ19 KoI. 23-25 als solcher ausführlich dargelegt. Als schwierig und undurchsichtig erweist sich die Bestimmung dessen, was jeweils tatsächlich an Torah und an Ordnungen in Geltung war, was - zumindest zunächst - nur in programmatischem Sinne gemeint war, und welche Bedeutung vorhandenen, niedergeschriebenen Traditionenjeweils zugemessen wurde. Im allgemeinen gab es in dieser alten Zeit kein Gesetzbuch, das alle Bereiche oder auch nur Einzelbereiche voll abdeckte. Man schrieb nieder, was entweder unstrittig war und so als gemeinsame Basis dienen konnte, oder was strittig war und einer Untermauerung bedurfte. Beides suchte man offenbarungstheologisch zu legitimieren, indem man derartige Sammlungen in den Heilsgeschichtsablauf einbaute, vorzugsweise im Rahmen der Sinaioffenbarung, im Rahmen späterer Offenbarungen ab. Mose und durch Mose, oder gar schöpfungs geschichtlich, indem man wichtige Regelungen mit der Schöpfungs- und Urgeschichte verknüpfte, wie es z.B. eindrucksvoll im Jubiläenbuch der Fall ist. Was man davon aber jeweils wirklich für aktuell gültig ansah, hing davon ab, wie man "von Zeit zu Zeit" die geltende Torah defInierte, die so als "Offenbares" von der umfassenden und vollkommenen "verborgenen" Offenbarung des Gotteswillens abgehoben wurde. In der Qumrangemeinschilft wurde die jeweils als gültig defInierte Ordnung gegenüber der unwürdigen Außenwelt als ein zu verbergendes und somit internes Geheimwissen behandelt. Die Torah wurde also nie vollständig kodifIziert, wohl aber mit mosaischem Offenbarungsanspruch "fortgeschrieben", für die Praxis aber teilweise thematisch geordnet und schriftlich (in einem Säräk oder Midrash) offIziell fIxiert, wobei die Grenzen zwischen Torah im Sinne der mosai-
15 schen Offenbarungsautorität und Regelungen im Anschluß an sie bzw. im Rahmen der Gemeindeordnung schwer voneinander abzugrenzen sind. Dies erklärt sich wohl daraus, daß die sehr strikt priesterlich geführte Gemeinschaft für alle ihre Ordnungen unbedingten Gehorsam erwartete, insofern also nur im Fall von Sanktionen eventuelle Gradunterschiede von Belang werden konnten . . Unter den gefundenen Texten nehmen jene mit gesetzlichen Inhalten einen erheblichen Raum ein, was anfangs wenig beachtet worden ist, weil man von christlich-theologischen und bibelwissenschaftlichen Gesichtspunkten ausgehend sich in erster Linie für Geschichtsbild, Enderwartung und Bibelauslegung interessiert hat. Erst mit der Publikation der Tempelrolle wurde eindeutig klar, daß es zu jener Zeit geschriebene Torah in Form direkter Gottesrede an Mose gab, die im Pentateuch nicht enthalten ist. Dennoch versuchte man meistens am Konzept der Pentateuchauslegung als vorrangiger Quelle der Qumrantorah festzuhalten, im Grunde unter der Voraussetzung, daß der Pentateuchtext in jedem Fall chronologisch wie nach Autoritätsgrad vorgegeben war, und als ob mit der Endredaktion des Pentateuchs, die doch höchstens drei Jahrhunderte vor den Vorlagen der Qumranschriften stattgefunden haben dürfte, alle anderen gesetzlichen Traditionen verschwunden wären. Man tut so, als wären die Pentateuchgesetze bezüglich des Zeltheiligtums zur Zeit des Mose entstanden und keine Rückprojizierung von Regelungen, die zur Spätzeit des ersten und in der Frühzeit des zweiten Tempels bereits vorhanden waren, und daher nimmt man an, daß neue Regelungen für einen Idealtempel im Sinne von llQ19 erst von den Pentateuchgesetzen für das Zeltheiligtum abgeleitet werden mußten. Dieser realitätsfremde, rein kanontheologischdogmatisch motivierte Ansatz verstellt das Verständnis für die in Wirklichkeit offensichtlich weit dramatischeren Auseinandersetzungen um Torah und Geschichtsdeutung, die damals im Judentum stattgefunden haben, und dies nicht am Schreibtisch von Exegeten, sondern in engstem Zusammenhang mit Fragen der Praxis und mit den gruppenspezifischen und politischen Interessen jener Zeit. Torah und gesetzliche Regelungen froden sich in folgenden Texten: 4 OQCD mit 4Q266-273; 5Q12 und 6Q15; 1QS mit 4QS (4Q255-264); 2Q025; 4Q159; 4Q251; 4Q265; 4Q274-283; 4Q284; 4Q284a; 4Q394399 (MMT); 4Q477; 4Q502; 4Q512-4Q514; 4Q524; 5Q013; llQ19 (Tempelrolle A); llQ20(Tempelrolle B).
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Ihre sachliche Untersuchung ist inzwischen vor allem dank der Arbeiten von . . B8uingarten J. M. und Schiffman L. H.gut vorangekommen.
16 3.4 Liturgische und poetische Texte; Rituale Das litur~ische Material ist von den poetischen Texten schwer abzugrenzen, da die Zweckbestimmung der Texte in der Regel nicht erkennbar ist. So ist z.B. bei 1QH (mit 4Q427-4Q433; 4Q440) nicht klar, ob es sich um religiöse Lyrik und insofern um den poetischen Niederschlag individuellen religiösen Erlebens und Empfmdens handelt, wie es für die "Lehrerlieder" in 1QH gern angenommen wird, oder ob doch Texte mit einem bestimmten Verwendungszweck innerhalb der Gemeinschaftspraxis vorliegen, wofür schon die relativ hohe Anzahl von Fassungen spricht. Ähnliches gilt für 4Q380-4Q381. Bei vielen Textresten läßt sich nicht viel mehr sagen, als daß sie in den erhaltenen Stük:ken liturgisch-poetischen Charakter haben (1Q36-1Q40; 3Q06; 6Q18; 4Q176a; 4Q291; 4Q294-4Q297; 4Q392-4Q393; 4Q441-4Q4S7; 4QS044QS06 + z.T. 4QS09; 4QSlO-4QSll). Unklar ist auch immer noch die Bedeutung der teilweise recht unterschiedlichen Psalmen-Sammlungen, die (wie llQOS; vgl. auch llQll) teilweise auch nichtbiblische Stücke enthalten. Sie hängen wohl mit der kalendarisch organisierten liturgischen Ordnung zusammen, doch bleiben die vorhandenen Lösungsvorschläge im Bereich von Vermutungen. Sicher ist jedoch, daß mit dem Namen Davids eine Fülle von nichtbiblischen Psalmen verbunden wurde (llQOS Kol. XXVII,2-11). Die gelegentlich enthaltenen Angaben weisen aber deutlich auf eine sehr differenzierte liturgische Praxis hin. Neben täglichen Gebeten für die einzelnen Tage der Woche (4QS04) werden auch tägliche Gebete für Abend und Morgen der einzelnen Monatstage (4QS03) genannt, darüber hinaus natürlich noch besondere Gebete für Sabbate und Feste (1Q34; 4QS07-4QS09). Ferner gibt es Sammlungen von Benediktionen (Berakot) für unterschiedliche Anlässe (1Q28b/Sb; 6Q16; 4Q2864Q290; 4Q409; 4Q434a) oder benediktionsartige Dichtungen nach einem Muster bestimmter Psalmen, sogenannte Barkf-najshf-Dichtungen (4Q434; 4Q43S-4Q439), aber auch Fluchformeln (4Q280). Auch Klagedichtungen im Stil der biblischen Klagelieder sind belegt (4Q179; 4QS01). In manchen Texten ist liturgisch-poetisches Material eingestreut (vgl. v.a. 1 QS und 1 QM; ferner 4Q382; 4Q28S), also in literari~ scher Sekundärverwendung erhalten. Auch Reste von Ritualen (1Q29; 4Q276; 4Q414; 4QS02; 4QS12) sind erhalten, wenngleich die Vorgänge wegen des fragmentarischen Zustandes der Texte nicht recht nachvollziehbar sind. Wie bereits oben 5
Siehe dazu Maier J., in: RdQ 14 (56),1990,543-586; Schiffman L. H., in: Levine L. I. (ed.), The Synagogue in Laie Antiquity, Philadelphia 1987,3348, und nun vor allem auch Nitzan B., Qumran Prayer and Rellgious Poetry, Leiden 1994.
17 zur Struktur der Gemeinschaft eIWähnt, hat es auch gruppenspezifische Differenzierungen (nach Priestern, Leviten, Laien) gegeben, so daß mit einem recht komplizierten Gesamtsystem zu rechnen ist, wie es nur im Rahmen einer präsenten, diensthabenden Priesterschaft entstehen und praktiziert werden konnte. Dazu gehören auch die seltsamen "Sabbatopfer-Gesänge" (s. unter OQShir), eine Art Agende für eine ausgesprochene Priester- und Engelpriesterliturgie, die auf feierliche Weise den Ablauf und die Art und Weise des Gesangs beschreiben, die Texte selber aber auslassen. Im großen und ganzen ist dabei jedenfalls zu bedenken, daß liturgisches Gut in der Regel zu den konservativsten Traditionsbestandteilen gehört. Für ältere Herkunft vieler dieser Materialien spricht der teilweise erkennbare "un-qumranische" Charakter der Inhalte und der Terminologie sowie die paläographische Datierung mancher Handschriften. Man muß wohl damit rechnen, daß diese priesterlich geführte Gruppe über eine massive liturgische. Tradition verfügte, die sie mehr oder minder an die Bedürfnisse der lachad-Gemeinschaft angepaßt hat. Inwiefern Gebete, die mit bestimmten Personen verknüpft erscheinen (vgl. 4Q369; 4Q379), als literarische Produkte einzustufen sind oder wenigstens im Grundbestand aus der liturgischen Tradition und Praxis stammen, ist eine offene Frage. Eine enge Verbindung besteht naturgemäß zwischen liturgischer Ordnung, Priesterdienst-Abteilungen und Kultkalender. Angesicht des damaligen Kalenderstreits überrascht es nicht, daß Reste zahlreicher kalendarischer Texte vorliegen (4Q293; 4Q317-4Q330; 4Q337). Zum großen Teil handelte es sich um listenförmige Aufführungen der Sabbate und/oder Festtermine im Rahmen der Jahreseinteilung nach dem verfochtenen Sonnenkalender, aber auch um Listen zur Synchronisierung der Voll- und Neumonddaten mit diesem bzw. mit den Priesterdienst-Zyklen, die ja organisatorisch an Sabbattermine gebunden waren. Manche der kalendarischen Texte notieren allerdings auch historische Daten (4Q322; 4Q323; 4Q324a; 4Q324b). Bemerkenswert ist, daß kaum Hinweise auf eine der pharisäischrabbinischen Praxis entsprechende Shema '-Rezitation und auch kaum Belege für eine Torah- und Prophetenlese-Ordnung im Sinne des später belegten palästinischen oder babylonischen Zyklus vorzufmden sind. Hingegen ist die VeIWendung von Teftllin (Gebetsriemen) durch archäologische Funde und dabei auch Textstücken ebenso wie jene von Mezuzot in beachtlichem Ausmaß bezeugt. Im Detail kann man thematische, kaum jedoch wörtliche Entsprechungen zu Gebetsstücken der späteren synagogalen Liturgie vorfinden. Diese können nicht als Beleg für eine kontinuierliche Entwicklung einer allgemein-jüdischen Gebetsordnung gewertet werden,
18 wie es versucht wurde, es handelt sich vielmehr um .sachbedingte und vor allem anlaß spezifisch begründete Entsprechungen. So gehören zum Morgengebet eben gewisse vorgegebene Themen; mit dem Sonnenaufgang etwa war schon früh die Schöpfungsemeuerungs-Thematik und die Licht-Torah-Erkenntnis-Symbolik verbunden. 3.5Weisheitlich-theologische Texte Eine beachtliche Zahl von Texten wurde als "weisheitlieh" klassifiziert und enthält in der Tat auch derartiges Material. Allerdings ergibt sich oft der Eindruck, daß es sich um theologisch überarbeitetes weisheitliches Material handelt, und in manchen Stücken, deren Text auch mehrfach überliefert ist, findet sich eine ausgesprochen schwierige Diktion, die sich eng mit jener in den sogenannten "Mysteries"-Texten berührt. Der Quellenwert dieser Literatur ist also ein doppelter, einmal als Zeugnis für weisheitliehe Überlieferungen, sodann als Belege für theologisch-spekulative Tendenzen, die häufig um ein "Geheimnis des Gewordenen" (also schöpfungstheologische Geheimnisse) kreisen und einen für die Priestertheologie auch sonst kennzeichnenden, höheren "Erkenntnis" -Anspruch stellen. Zu dieser Gruppe zählen: lQ26 (+4Q423); lQ27; 4Q180-181; 4Q184-4Q185; 4Q299-4Q308; 4Q408; 4Q4110-4Q426; 4Q474-4Q476; 4Q486-4Q487; 4Q525. 3.6 Texte mit eschatologischen Aussagen Relativ wenig umfangreich sind die Zeugnisse eschatologischer Spekulation. Am eindrucksvollsten sind die Tradition über den Verlauf der endzeitlichen Kriege in 1QM und in den entsprechenden Fassungen aus 4Q. Umfangreich waren auch die Darlegungen und Pläne bezüglich des "Neuen Jerusalem" (s. OQNJ), und schließlich bietet noch 1Q28a(Sa) in Ergänzung zu 1QM einige wichtige Hinweise auf die Art und Weise, wie die Jachad-Gemeinschajt sich das endzeitlieh restaurierte Israel vorgestellt hat. Besondere Abhandlungen sind ansonsten selten, wenn man von Belegsammlungen absieht, die mit Pesher-Deutungen verknüpft zeitgeschichtliche Ereignisse deuten und endzeitliche Verhältnisse andeuten. Am bemerkenswertesten sind davon 4Q174 + 4Q177; 4Q178 und 4Q175. Wie diese Schriften tatsächlich aussahen, ist anhand der erhaltenen Fragmente nicht mehr immer feststellbar. So hat sichz. B. gezeigt, daß der sog. "Patriarchensegen" aus 4Q in einen recht umfangreichen Kontext mit Genesis-Stoffen gehört (4Q225). Ob 4Q246 tatsächlich aus einer "Apokalypse" stammt, läßt sich anhand der wenigen Fragmente schwerlich behaupten, dasselbe gilt für 4Q247, 4Q521
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und 4Q552-4Q553. Auch bei 4Q471 ist der Charakter des Textes unklar. Abgesehen davon gibt es eine Fülle von eschatologischen Einzelaussagen und Hinweisen in den Pesharim und in heilsgeschichtstheolo. gisehen Darlegungen, die häufig auch in der Bibel enthaltene Stoffe behandeln. Die Aktualität der Thematik für die Qumran-Gemeinschaft wird auch durch die Zahl der Daniel-Fassungen und Texte mit Danielstoffen bezeugt. 4. Der historische Rahmen
4.1 Vorbemerkung Die gefundenen Texte enthalten nur spärliche Anhaltspunkte für ihre Einordnung in die Geschichte der Zeit, die nach den paläographisch gesicherten Datierungen zur Debatte steht. Dies verleitet, wie eine Durchsicht der Bibliographie zeigt, zu Spekulationen und Hypothesen. Es empfiehlt sich daher, von den konkretesten Anhaltspunkten auszugehen und erst auf dieser Basis Schlußfolgerungen zu versuchen. Ein wichtiger Gesichtspunkt ist dabei das jeweilige Verhältnis zu den rivalisierenden Mächten im Norden (Seleukidenreich) und Süden (Ptolemäerreich), die beide Anspruch auf das phönikisch-südsyrischpalästinische Gebiet erhoben und in JerusalemlJudäa jeweils ihre Parteigänger hatten. Diese wieder verfolgten dabei naturgemäß ihre eigenen Interessen und wechselten gegebenenfalls daher auch die Seite. Was immer damals im Rahmen dieser Nord-Süd-Spannung in Jerusalern geschah, war daher engstens mit internen Auseinandersetzungen und Richtungskämpfen verbunden. Diese waren auch religionspolitischer Natur, wobei die Fronten quer durch die herrschenden Familien gehen konnten, also auch durch die hohepriesterliehe Sippe der zadokidisehen "Oniaden" und der mit ihnen durch Eheschließungen verbundenen "Tobiaden", die wirtschaftlich und politisch dominierende Laiensippe jener Zeit. Als überraschend ergiebige Quellen erweisen sich in diesem Zusammenhang die kalendarischen Texte. Sie erlauben eine verblüffend exakte Rekonstruktion des Verlaufs der exilisch-nachexilischen Periode und vermitteln auch Einblicke in die Vorgeschichte und Geschichte eines Jahrhunderte zurückreichenden innerzadokidischen Konflikts hinsichtlich der Kalenderpraxis. Dieser Befund wird in den Kapiteln 9-11 gesondert dargestellt, ergänzt also die hier gebotene Übersicht in wesentlichen Punkten.
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4.2 Die Verfassung Israels nach der Torah der priesterlichen Tradition Der Pentateuch schildertMose aus dem Stamm Levi als ideale Führungsfigur mit sowohl militärisch-politischer als auch priesterlicher und gesetzesprophetischer Kompetenz. Diese "drei Ämter" des Mose werden mit der Kultgründung am Sinai bereits geteilt: Aaron und in der Folge die "Söhne Aarons" übernehmen die kultisch-priesterliche Kompetenz in erblicher Folge. Mose bleibt weiterhin Anführer der Israeliten und erhält im Zeltheiligtum, das Aaron nur zu den rituellen Terminen betreten darf (Lev 16,2), bei Bedarf laufend Torah-Anweisungen, nicht per normaler Prophetie (durch Träume oder Visionen), sondern auf einzigartige Weise (Num 12,6-8). Den prinzipiellen Herrschaftsanspruch für Levi setzt auch die Einsetzung des J osua insofern voraus, als dieser in Num 27,12-23 durch den Aaron-Sohn Eliezer eingesetzt wird und von Mose seine Anweisungen empfängt. Bemerkenswert ist, daß Josua als geistbegabt hingestellt und daß ihm eine gewisse Torahkompetenz zugeschrieben wird. Dies hängt bereits mit königs rechtlichen Überlieferungen zusammen, in der die richterliche Funktion des Herrschers mit der höchstrichterlich-torah-prophetischen Kompetenz des in Dtn 17-18 als Amtsträger vorgesehenen "Propheten wie Mose" ergänzt wird, so daß beide Amtsträger über eine Torahkompetenz verfügen, die vom Hohepriesteramt so nie ausgesagt wird, mit der aber eine weissagungsprophetische Funktion verbunden worden ist. Dt 18,18 wurde fälschlich nur als Verheißung eines. endzeitlichen Propheten verstanden, der Kontext setzt aber einen Amtsträger voraus. Dementsprechend gibt auch Josephus in Ant IV,218 in seiner Wiedergabe von Dtn 17-18 als Mitglied des Höchstgerichts ausdrücklich "den Propheten" neben Hohepriester und Gerusie an. Ein Torah-Anweiser bzw. "Prophet wie Moses", d.h. von unüberbietbarer Offenbarungs autorität, war somit nach dieser Tradition fester Bestandteil der durch die Torah vorgeschriebenen Verfassung Israels. "Lehrer der Gerechtigkeit", genauer: "Rechtsanweiser" , war also ein Amtstitel und nicht bloß Bezeichnung einer einzigen historischen Gestalt. Das heißt aber nicht notwendigerweise, daß der in der Damaskusschrift B (Kol. XIX-XX) genannte "Lehrer (bzw. Anweiser) der Einung" und der in den Qumrantexten erwähnte "Lehrer der Gerechtigkeit" bzw. "Rechtsanweiser" nicht identisch waren, oder daß man aus anderen Gründen mehr als eine Person hinter den erwähnten Titelträgern vermuten müßte. Der chronologische Rahmen läßt einen einzigen solchen Amtsträger durchaus als plausibel erscheinen, wenn man die verfassungsgeschichtlichen und parteipolitischen Wandlungen in Rechnung stellt. Zwei Krisensituationen heben sich dabei für diesen Amtsträger her-
21 aus: Eine im Vorfeld der sogenannten "hellenistischen Reform", also noch im Rahmen der inner-oniadischen Zwistigkeiten, die in ihrer Verquickung mit der Weltpolitik jener Jahrzehnte alsbald außer Kontrolle gerieten. Eine zweite folgte unter Jonathan Makkabäus nach dessen Annahme der Hohepriesterwürde. Mit ihr schwand nämlich die Hoffnung auf eine Restitution jener Ordnung, in der ein solcher "Rechtsanweiser" seinen Platz gehabt hatte, und seit Simons Triumph von 141 v. Chr. war endgültig nur mehr eine - allerdings nicht als fern erwartete - endzeitliche Restauration zu erhoffen, zumal der letzte, aber amtsenthobene "Rechtsanweiser" , der sogenannte "Lehrer der Gerechtigkeit", inzwischen verstorben war. Während man also in diesem Fall trotz der anzunehmenden Zeitspanne wohl doch eine einzige Person voraussetzen kann, wenn auch nicht. muß, dürfte mit der Bezeichnung "Frevelpriester" doch mehr als ein Hohepriester gemeint sein. 6 Wie sich die in 1 Makk erwähnten Hasidäer zu den "Essenern" und zu der hinter den Qumrantexten stehenden Gemeinschaft verhalten, ist Gegenstand von Vermutungen. Abgesehen von der unbeweisbaren Behauptung eines babylonischen Ursprungs (Murphy O'Connor) oder eines vorübergehenden babylonischen Aufenthalts (Davies Ph. R.) geht es vor allem um die Zuordnung der Grundtexte in CD zu einer Frühphase der "Essenerbewegung", nach der es zur Abspaltung jener Gruppe gekommen ist, die unter dem "Lehrer der Gerechtigkeit" zur Qumrangemeinschaft hinführte. Sicherheit ist diesbezüglich nicht erreichbar, wie das Bild von der Geschichte der Qumrangemeinschaft überhaupt nur lückenhaft und von vielen Fragezeichen begleitet rekonstruiert werden kann. 7 Aus diesem Grund wird hier zur Erleichterung einer eigenen Urteils bildung ein Raster geboten, in dem nur die deutlichen historischen Bezüge eingefügt erscheinen, der aber vor allem deutlich macht, daß es nicht bloß um die Geschichte einer. nur "religiösen" Gruppierung gehen kann.
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Vgl. schon van der Woude, JJS 33,1982,349-359; (Alkimus bis Alexander Jannaj); Garcia Martfnez F., RdQ 14,1989190; Tantlevski I. R., The Two Wicked Priests in the Qumran Habakkuk CommentaIy, Krak6w 1995 (Jonathan und Alexander Jannaj). Siehe den Forschungsüberblick bei CaUaway Ph., The History .. , 1988, und seither v.a. die "Groningen-Hypothese" (Garcia Martfnez F., RdQ 14,1989190).
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22 4.3 Chronologischer Überblick8 Zu den Ereignissen vgl. auch Dari 9-12 und Henoch 83-90. Vor allem aber ist der chronologische Raster im Kap. 11 der Einleitung mit heranzuziehen, der das Bild der Periode so darstellt, wie es der Zeitrechnung der Zadokiden entspricht. Dadurch entsteht teilweise ein ganz anderes Bild von den Ereignissen, die im frühen 2. Jh. v. Chr. zu der sogenannten "hellenistischen Reform" geführt haben. Diese Zuspitzung auf einen Konflikt mit der herrschenden Weltmacht und die Unterstellung hellenisierender Tendenzen bei innenpolitischen Gegnern entsprang zu einem guten Teil der hasmonäischen Propaganda, die sich in den Makkabäerbüchern niedergeschlagen hat. Aus den Qumrantexten ergeben sich andere Akzente, die weit mehr auf interne jüdische und selbst innerzadokidische Spannungen hindeuten. Man wird dies noch genauer prüfen müssen. 'Im folgenden chronologischen Überblick bedeuten die Abkürzungen: HP Hohepriester; FP "Frevelpriester"; LdG "Lehrer der Gerechtigkeit" bzw. "Rechtsanweiser"; LM "LügenmannlLügenprediger". 597 Unterwerfung des Königreiches Judah,durch Nebukadnezar. Deportationen 586 Eroberung Jerusalems und Zerstörung des Tempels. Deportationen 538 Kyrosedikt. Rückkehr- und Tempelbauerlaubnis 516/5 Einweihung des 2. Tempels HP Jaddua zur Zeit Alexanders des Gr. (um 332 v. Chr.)
323-281: Seleukos I Ptolemäus 11. Soter 323-(305)-283 Ant XII, 119f.: Privilegien f. Juden in KleinasienlSyrien HP Onias (Chonjah/Jochanan) I: ca. 300 v. Chr. (ant XI,347)
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Zu gewissen Problemen der Chronologie siehe Bringmann K. Hellenistische Reform und Religionsverfolgung in Judäa, Göttingen (Abh. Ak. d. Wiss. in Göttingen, phil.bist. Kl. 1ll/132) 1983,11-28: Die Quellen geben die Jahreszahlen nach der Zählung der Seleukidenära an, ihnen fügt v.a. 1 Makk gelegentlich hebräische Monatsdaten bei. Dabei rechnete man die Seleukidenära aber nicht nach mesopotamischer Praxis vom Frilhjahrsdatum 311, sondern von einem Anfang im Herbst 312 v. Chr. an, woraus sich eine Korrektur traditioneller Datierungen ergibt, z.B. 168 statt 167 für den Beginn der Religionsverfolgung und 165 Ende statt 164 für die Wiedereinweihung des Tempels.
23 312 Herbst: Jahr 1 der seleukidischen Ära im Westen ab 617 Okt. 311 Frühjahr: Jahr 1 der seleukidischen Zählung im Osten ab 2/3 Apr. = 1. Nisan) Herbst: Jahr 2 der seleukidischen Zählung im Westen 312 Ptolemäischer Sieg bei Gaza Ant XII,9: Viele Juden zogen wegen der Großzügigkeit des Ptolemäus nach Ägypten. So auch ein archiereus Ezekias (Josephus, c.Ap 1,187 nach Hekataios von Abdera); Ant XII,10: Streitigkeiten mit Samaritanern: Konkurrenz der Heiligtümer in Jerusalem und am Garizim 301-198: Ptolemäische Herrschaft trotz seleukidischen Anspruchs HP Simon I. b. Onias I (Ant XII,43.157) HP Eleazar, Bruder Simons I. . Ptolemäus IL Philadelphus: 283-246/5 Ant XII,l1 - 118 nach Aristeasbrief: Septuaginta-Übersetzung 281-261: Antiochus 1 274-271: 1. syr.-äg. Krieg 261-246: Antiochus 11 260-253: 2. syr.-äg. Krieg seleukid. Erfolge HP Manasse, Onkel Eleazars (Ant XII,157) Ptolemäus 111. Euergetes: 246-221 246-225: Seleukos 11 246-241: 3. syr.-äg. Krieg - Ptolemäische Erfolge HP Onias 11 b. Simon. Ant XII,157 225-223: Seleukos 111 PtoleIDäus IV. Philopator: 221-204 223-187: Antiochus III 221-217: 4. syr.-äg. Krieg 217: Seleukidischer Sieg bei Raphia Ant XII, 158f.: Tributverweigerung des HP Onias: Krise Ant XII, 160: Palastrevolte des Tobiaden Joseph Tobiaden übernehmen Steuerwesen Ant XII, 180: Joseph mit 2000 Soldaten ausgerüstet
24 Ant XII,186: Nichtenehe des Joseph; Sohn Hyrkan Hyrkans Konfrontation mit Vater und Brüdern
HP Simon 11 b. Onias 11 (Ant XII,224)/Jochanan (Sir 50,1) Ant XII,228f.: Nach Josephs Tod Zwist unter Söhnen: Ältere Brüder bekämpfen den proptolemäischen Hyrkan Bevö lkerung gespalten: 9 HP Simon und die Mehrheit mit den Brüdern proseleukidisch Hyrkan ins Ostjordanland verdrängt Ptolemäus V. Epiphanes: 204-181/0 202-195: 5. syr.-äg. Krieg 200 seleukidischer Sieg bei Paneion 201 Abzug der Ägypter aus Koilesyrien 20112 Winter: Wiedereroberung und erneuter Abzug der Ptolemäer Exodus judäischer Parteigänger
Begleitumstände des Herrschaftswechsels (Quellen A-C)10: A. Inschrift von Hefzibah: 11 Schriftliche Fixierung (katagraphe) der Rechtsverhältnisse in den seleukidisch eroberten Gebieten 1.) 199/8 Katagraphe in Koilesyrien und Phönizien la) Schreiben des Königs an Kleon Ib) Eingabe des Strategen und Erzpriesters Ptolemaios an den König 2. 199/8? Befreiung der privilegierten Besitzungen von Heeresleistungen 2a) Schreiben des Königs an Kleon 2b) Eingabe des Strategen und Erzpriesters Ptolemaios an den König 3. 196/5: Beschwerde des Strategen und Erzpriesters Ptolemaios 3a) Schreiben des Königs an Marysas (Lysanias?) und an 3b) Heliodor (oder andere) 4.) 196/5: Vorgang-Aufzeichnung 4a) Schreiben des Königs an Ptolemaios und 4b) Schreiben des Königs an Kleon (und Heliodor) B. Polybius, 16,39,4 in Jos ant XII,136ff. 9
Hieronymus in Dan 11,14 (MPL XXV,562): In Judäa gab es damals 2 Parteien, die einen waren Parteigänger des Antiochus, die anderen des Ptolemaios. 10 Fischer Th., Seleukiden und Makkabäer. Beiträge zur Seleukidengeschichte und zu den politischen Ereignissen in Judäa während der 1. Hälfte des 2. Jahrhunderts v. ehr., Bochum 1980. 11 Fischer Th., Zur Seleukideninschrift von Hefzibah, ZEP 33,1979,131-138; Ders., Seleukiden ... H.
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c. Ant XII,138-144: Schreiben des Königs an Ptolemaios betr. Status von Judäa/Jerusalem (ohne Datierung)12 1.) Anerkennung der geleisteten Hilfe beim Machtwechsel 2.) Privilegierung des Tempels bzw. Kultpersonals 2a) Für Opfer 2b) Ausbau des Tempels. 13 Für Baumaterial Abgabenbefreiung. 3.) Selbstverwaltung: . 3a) Anerkennung der "väterlichen" Verfassung bzw. Gesetze. 14 3b) Befreiung von Kopfsteuer, Kranz- und Salzsteuer für Mitglieder der Gerusie, Priester, Schriftgelehrte des Heiligtums und für Leviten (hieropsaltm) 3c) Abgabenerlaß für Jerusalem für 3 Jahre voll, danach auf 1/3 des Tributes 4. Repatriierung zuvor deportierter bzw. versklavter Judäer Worin bestanden "die väterlichen Gesetze"? Man dachte vor allem an den Pentateuch, doch die vage Formel der Privilegien besagt nichts über den konkreten Inhalt, und mit dem Pentateuch allein ist ohnedies kein Gemeinwesen in ausreichender Weise zu organisieren. Daß es dllmals auch zu Regelungen kam, die nicht durch Pentateuchvorschriften abgedeckt werden, bezeugt Josephus: (1) Ant XII,145: Eintrittsverbot für Fremde in den heiligen Bezirk, den Juden nur in rituellem Zustand betreten dürfen, «wie es nach ihrem väterlichen Gesetz Brauch iSD>.1 5 (2) Ant XII,146: «Noch ist es gestattet in die Stadt Pferdefleisch hinein zu bringen, (Fleisch) von Maultieren, von wilden oder zahmen Eseln, Leoparden und Füchsen und Hasen, und überhaupt von allen den für die Juden verbotenen Tieren; noch ist es gestattet, ihre Häute hineinzubringen, noch in der Stadt eines von diesen (Tieren) zu halten. Nur die schon für die Vorfahren als Opfer üblichen (Tiere), von denen man auch Gott erfolgreich darbringen soll, dürfen sie verwenden. Wer von diesen etwas übertritt, zahle den Priestern dreitausend Silberdrachmen.» Das Verbot des Imports von unreinen Tieren bzw. deren Häute in
12 Dazu s. Lit. bei Fischer, Seleukiden ... 3f. 13 Vollendung (von bereits begonnenen?) Tempelbaumaßnahmen; vgI. Ant XII,141 und Sir 50,lff. 14 VgI. zuvor AntXI,338 und AntXII,150; später: AntXm,245. 15 Nach Bell V,194 und 227 bezieht sich dies auf den sog. Tempelberg von 500 x 500 Ellen.
26 die Stadt des Heiligtums wird in der Tempelrolle 11Q19 Kol. 47,6ff. rituell begriindet strikter formuliert: «Keine Haut eines reinen Tieres, das sie schlachten (8) in ihren Städten, dürfen sie in sie (Stadt des Heiligtums) bringen; in ihren Städten sollen sie damit ihre Arbeiten ausführen entsprechend all ihren Bedürfnissen, aber zur Stadt ineines Heiligtums dürfen sie sie nicht bringen, (10) denn wie ihr Fleisch, so sei (auch) ihre Reinheit (gewertet), und sie sollen nicht die Stadt verunreinigen, in deren (11) Mitte ich meinen Namen und mein Heiligtum einwohnen lasse. Vielmehr bringen sie mit den Häuten (der Tiere), die sie im Heiligtum (12) geschlachtet haben, ihren Wein und ihr Öl und all (13) ihre Nahrungsmittel zur Stadt meines Heiligtums, daß sie nicht mein Heiligtum unrein machen mit den Häuten ihrer profanen (14) Schlachtungen ... » Dies deutet darauf hin, daß im Zuge des. Herrschaftswechsels in Jerusalem eine konservativ-zadokidische Linie mit strikten Reinheits- und Heiligkeitsauffassungen zum Zug kam, die nicht nur religiös-kultisch, sondern auch wirtschaftlich von Belang war. So konnte konkret im Fall der Tierhäute eine solche Monopolisierung nur den Interessen der Tempelpriesterschaft zustatten kommen. Der Annahme einer im Vorfeld geplanten und beim Herrschaftswechsel durchgesetzten "Wende" in der Religionspolitik entspricht .auch eine Angabe in CD I: «(1) Und nun hört < auf mich>, alle Kenner von Recht und begreift die Taten (2) Gottes, denn.Streit hat Er mit allem Fleisch und Gericht übt Er an allen Seinen Verächtern! (3) Denn als sie untreu geworden, da sie Ihn verließen, verbarg Er Sein Antlitz vor Israel und vor Seinem Heiligtum (4) und übergab sie dem Schwert. Doch als Er gedachte des Bundes mit Altvordern, ließ Er übrig einen Rest (5) für Israel und übergab sie nicht der Vernichtung. Und zum Zornesende, an Jahren dreihundert (6) und neunzig nachdem Er sie preisgegeben in die Hand Nebtikadnezars, des Königs von Babel, (7) suchte Er sie heim. Da sproßte aus Israel und aus Aaron eine Pflanzwurzel auf, um in Besitz zu nehmen (8) Sein Land und sich gütlich zu tun am Gut Seines Fruchtlands. Und sie sahen ein ihre Verschuldung und erkannten, daß (9) sie schuldige Menschen waren,
27 doch waren sie wie Blinde und Weg Tastende über (10) zwanzig Jahre hindurch. Dann16 merkte Gott auf ihre Taten, weil sie mit ganzem Herzen Ihn befragten, (11) und Er ließ für sie aufstehen einen (!) Gerechtigkeits-Anweiser, sie zu führen auf Seines Herzens Weg. [(leer)] Und er gab bekannt (12) für spätere Generationen, was Er getan in einer letzten Generation an einer Gemeinde von Treulosen (13) das sind Abweichler vom Weg. Das ist die Zeit, über die geschrieben steht (Hos 4,16): Wie eine störrische Kuh, (14) so ist Israel störrisch. Als nämlich, der Spottmensch auftrat, der Israel darträufelte 015) Lügenwasser und sie irreführte in wegloses Tohu, um zu erniedrigen ewige Höhen, abzuweichen (16) von Gerechtigkeitspfaden und zu verrücken eine Grenze, welche gesetzt hatten Altvordre in ihrem Erbteil, daß (17) ihnen anhaften die Flüche Seines Bundes, um sie auszuliefern dem Schwert, welches Bundesrache vollstreckt (18), weil sie "Glattes" anwiesen und Täuschungen wählten, ausspähten (19) nach Breschen und den schönen Hals 17 wählten. Sie sprachen gerecht einen Frevler und verurteilten einen Gerechten, (20) übertraten Bund und brachen Gesetz. 18 Sie rotteten sich gegen eines Gerechten Seele zusammen und all die vollkommen (21) Wandelnden verabscheute ihre Seele. Sie verfolgten sie bis aufs Schwert und freuten sich über viel Volk. Da entbrannte (der) Zorn (11,1) Gottes gegen ihre Gemeinde, zu verheeren all ihre Menge und ihre Taten zu Unreinheit vor Ihm.» 16 Das Folgende selZt Pesher-Deunmgen aus Hos 4 und 10 voraus. 17 Hos10,l1. 18 Vgl. 4Q390 Frg. 1,8.
28 Die Angabe der 390 Jahre stimmt in etwa mit jener von sieben Jobelperioden im folgenden Text von 4Q390 überein. Er erwähnt eine positiv gewertete Rechtsreform (Offenbarung!) und dann einen Abfall innerhalb der 7. Jobelperiode nach der "Verwüstung des Landes" (ca. 247/236-197/186 v. Chr.):1 9 4Q390 Prg. 1: «(16 [ -- ] (2) [Und] .. [... ] wieder [.... ] Söhne Aar[ons ... ] siebzig Jahre2 [ -- ] (3) und die Söhne Aaronswerden über sie herrschen. Doch werden sie nicht wandeln [in] meinen We[gen,] die ich euch anbefehle, (4) was du unter ihnen bezeugen sollst, und werden ebenfalls tun, was böse ist in meinen Augen, wie es die Israeliten getan haben (5) in den früheren Tagen ihrer Königsherrschaft, ausgenommen jene, die als erste heraufziehen werden aus dem Land ihres Exils, um aufzubauen (6) das Heiligtum. Und ich werde zu ihnen sprechen und will ihnen ein Gebot übermitteln, damit sie einsehen all das, (7) was sie und ihre Väter verlassen haben. Und ist diese Generation vergangen,in der siebten Jobelperiode (8) der Verwüstung des Landes, werden sie (wieder) vergessen Anordnung und Pestterrnin, Sabbat und Bund21 , werden alles brechen und tun, (9) was böse ist in meinen Augen. Daher werde ich mein Antlitz vor ihnen verbergen, sie in die Hände ihrer Feinde ausliefern und ich übergebe sie (10) dem Schwert. Doch will ich {von ihnen}22 Entronnene übriglassen, da[mit] sie nicht v[ern]ich[tet werden] durch meinen Zorn [und] durch das Verbergen [meines Angesichts] (11) vor ihnen. Dann werden Engel der Anfe[ind]ungen (maslemol) herrschen über sie und [........... und sie werden] wieder .. [.. (?)] (12) und tun, [was vor mir] böse ist, und sie werden wandeln in der Verst[ocktheit ihres Herzens.]» Zumindest in den letzten Dezennien der ptolemäischen Zeit haben in dieser Sicht in JerusalemlJudäa torah-widrige Verhältnisse geherrscht, deren Beseitigung sich eine bestimmte Richtung - mit dem Hohepriester Simon? - von der sich abzeichnenden seleukidischen Eroberung ver19 Die Chronologie paßt auch in etwa zu jener des Josephus in Ant Xm,3011Bell 1,70, sofern man den Fehler in Rechnung stellt, daß dort ExiIsbeginn und ExiIsende verwechselt wurden. Die Priestertradition vermochte dank ihrer genealogischen Überlieferungen den fraglichen Zeitraum besser zu definieren als später die rabbinische Laientradition. Das schließt aber nicht einen Symbolwert der verwendeten Zahlen aus, man fühlte sich durch ihn ja in der Bewertung der Geschichie bestätigt. 20 ExiIszeit, vgI. Jer 25,llf.; 28,10; Ant XI,I; XX,232. Die Zahl hängt aber eigentlich wohl mit der Tempelweihe 516/15 und mit Hohepriesteramtsperioden-Zählungen zusammen. 21 Beschneidung? VgI. auch CD 1,20. 22 Über der Zeile nachgetragen.
29 sprach. Es ist anzunehmen, daß diese Partei, die dann auch bei der Eroberung Jerusalems aktiv Hilfe leistete, bereits im Vorfeld des Machtwechsels mit dem Seleukidenhof entsprechende Bedingungen ausgehandelt hat, jedenfalls war sie in den Jahren danach imstande, bestimmte Regelungen durchzusetzen. 390 Jahre nach der Eroberung Judäas durch Nebukadnezar erfolgte also eine "Umkehr" im Sinne konservativ-zadokidischer Tradition, wenngleich noch keine eindeutige Klarheit über diesen Kurs herrschte. Aber 20 Jahre später, also ca. 177 v. Chr., trat ein "GerechtigkeitsAnweiser" sein Amt an, der mit seinen Torah-Anweisungen und Geschichtsdeutungen eine Konfrontation heraufbeschwor, die einen Kurswechsel einleitete, in deren Folge "Abtrünnige" die Oberhand gewannen. Dies paßt sehr gut zu den Ereignissen, die über die Geschehnisse in JerusalemlJuda in den Jahren vor und nach dem Herrschaftsantritt Antiochus IV. bekannt sind. Die Analyse kalendarischer Texte in Hinblick auf ihre chronographische Relevanz unten in den Kapiteln 9-11 bestätigt diese Hinweise. 196 Vertrag zwischen Seleukiden und Ptolemäern 193 v.Chr. Jos. Ant XII,154f.: Antiochus III. schenkt seiner Tochter Kleopatra die Einkünfte aus Koilesyrien, Samaria, Judäa und . Phönizien zur Hochzeit mit Ptolemäus Epiphanes(204/3-181). Das bedeutete für Judäa/Jerusalem eine prekäre Balance-Situation zwischen den beiden Großmächten und Unsicherheit in der religionspolitischen Orientierung (CD I). 188 Das römische Friedensdiktat von Apamea bewirkte mit enormen Reparationsforderungen in der Folgezeit einen hohen seleukidischen Finanzbedarf Ant XII 156: Samaritanische Aktionen gegen Judäa Ant XII,235: Tod des Ptolemäus V. Epiphanes (181/0 v.Chr.) Ptolemaios VI. Philometor (minderjährig): 181-145 187-175: Seleukos.IV Soter Ant XII,224: Tod des Joseph und Tod des HP Onias Konfrontation zwischen den Söhnen Josephs HP Onias III b. Simon Ant XII,225: Gesandtschaft von Areios, König von Sparta
177/6 Nach (s. oben) CD I: 20 Jahre nach den 390 Jahren seit Nebukadnezars Eroberung Judas erfolgte der Amtsantritt eines "TorahAnweisers" in strikt konservativ-zadokidischer Torah-Tradition
30 mit dem Anspruch auf inspirierte Geschichts- und Prophetendeutung. In der Folge kam es zu Auseinandersetzungen in der hohepriesterlichen Sippe, nicht zuletzt aus wirtschaftlichen Gründen (2 Makk 3,4), und zu einer Konfrontation mit den Tobiaden, die am Seleukidenhof Rückhalt suchten. Onias III. wurde mit proptolemäischen Tendenzen in Verbindung gebracht, die er zu der Zeit offenbar gar nicht geteilt hat. Er wurde am Hof aber wohl für Vorgänge in Jerusalem verantwortlich gemacht, die auch Reichsinteressen betrafen, also in erster Linie die Staatseinkünfte. Möglicherweise hat damals eine extrem-zadokidische Refonn stattgefunden, deren Kalenderordnung fatale Folgen für die Wirtschaft und für den Status der Tempelprovinz zu haben drohte und unverzüglich erbitterten Widerstand auslöste (vgl. unten 9.2). 176ff.: Ptolemäische Bemühungen um Koilesyrien Intrigen in Jerusalem 2 Makk 3: Tempelverwalter Simon denunziert den HP bei Hof. Heliodor-Episode 2 Makk 3,10: Depositen des pro-ptolemäischen Tobiaden Hyrkan am Jerusalemer Tempel! 2 Makk 4,1-4: Intrigen des Tempelverwalters Simon HP Onias zu König Seleukos IV., der wird aber ennordet. Jetzt (oder erst später?): Exodus der konservativ-zadokidischen, noch proseleukidischen Elite ins "Land Damaskus" und "Bund im Lande Damaskus" zwische,n konservativen Zadokiden unter einem "Rechtsanweiser" und mehreren Gruppierungen 175-164: Antiochus IV. Epiphanes. Ant XII,235 1 Makk 1,10: Herrschaftsantritt 137 seI. Ära Zum Herrschaftsbeginn ptolemäische Stönnanöver HP Jesus b. SimonlJason: 175-173/2 Ant XII,237: Tod des HP Onias: "und Antiochus gab die HPWürde seinem jüngsten Bruder Jesus", weil der Sohn des Onias noch ein Kind war. 2 Makk 4,33 aber: Onias in Daphne bei Antiochien im Exil 2 Makk 4,7ff. aber: Jason erkaufte sich das HP-Amt 2 Makk 4,lOff.: Jason führte hellenistische Sitten ein HP Onias b. Simon/Menelaos: 173/2-163/2. Ant XII,238f.
31 Ant XII,238: Antiochus erzürnt über Jesus/Jason;23 ernennt dessen jüngsten Bruder Onias/Menelaos zum. HP 2 Makle 4,23ff. aber: Menelaos = Bruder des Tempelverwalters Simon (2 Makle 3,4)24; erschlich sich das HP-Amt durch Steuerzusagen Scheitern der proptolemäischen Partei in Judäa Ant XII,236: Selbstmord Hyrkans Antiochus konfisziert Hyrkans Besitzungen.Ant XII,236 Jetzt (oder schon früher?): Exodus der konservativ-zadokidischen, proseleukidischen Elite ins "Land Damaskus" - mit Onias III.? "Bund im Lande Damaskus" zwischen konservativen Zadokiden unter einem "Rechtsanweiser" und anderen "Torahtreuen" Gruppierungen? Ant XII,239f.: Bürgerkrieg des Jesus/Jason gegen Onias/Menelaos Volk geteilt: Tobiaden mit Menelaos (proseleukidisch), Mehrheit mit Jason (proptolemäisch) In 2 Makle 4,10ff. Jason als hellenisierender Abtrünniger25 Ant XII,240 - XIII,214 = nach 1 Makle 1,14 - 13,42 Ant XII,242-245 (aus griech. Quellen); vgll Makle 1,17-19 171 Ägyptenfeldzug Antiochus d. IV. (1 Makle 1,17-19) Bell 1,31f.: Machtkampf unter den jüdischen Notabien: Onias, "einer der Hohepriester", veIjagt die Tobiaden Ant XII,240: Menelaos und Tobiaden wurden verdrängt, wenden sich an König Antiochus um Unterstützung; Angebot einer Verfassungs- und Rechtsreform: angeblich, "um die väterlichen Gesetze zu verlassen und die hellenische Verfassung" zu erhalten Ant XII,241: Gymnasion Bau-Plan Chirurgische Beschneidungsbeseitigung26 Preisgabe der traditionellen Lebensweise 171/70 Tempelberaubungen durch Menelaos. Protest durch Onias 111 170 (?) 2 Makle 4, 33-38: Ermordung des Onias 111. an dessen Asylort in Daphne auf Betreiben des Menelaos
23
Dafür muß es einen schwerwiegenden politisch relevanten Anlaß gegeben haben. Also eine proptolemäische Tendenz? 24 "Vom Stamm Benjamin"! 25 2 Makle ist als makkabäische Propagandaschrift daran interessiert, das Ansehen der letzten Hohepriester zu mindern. 26 Entfernung des Bundeszeichens, insofern demonstrativer Bundesbruch.
32 2 Makle 4,43-50: Gerusie klagt Menelaos beim König an Menelaos rechtfertigt sich in Tyrus vor Antiochus IV. Unruhe in Jerusalem 170 Herbst; 1 Makle 1,20: Tempelplünderung 143 seI. Ära 170/169 Antiochus besiegt erneut Ptolemäus VI. 169/8 2 Makle 5,uf.: Aufruhr in Jerusalem 2 Makle 5,5: Gerüchte Tod des Antiochus a) Jason scheitert gegen Menelaos 27 b) Unruhen in Judäa (u. a. Makkabäer: 2 Makk 5,27) Römisches Ultimatum an Antiochus N. (s .. Polybius XXIX,27) 168 im Herbst: Feldzug gegen Judäa und Eroberung Jerusalems (1 Makk 1,29; Ant XII,246f.; 2 Makle 5,11-20) Ant XII,247ff.; 2 Makk 5,21: Tempelschatzraub
1 Makk 1,54: Tempelentweihung am 15. (25.) Kislew 145 seI.
Ära Verfolgungen (2 Makk 5,22ff.); Besatzungsregime und Ansiedlung Fremder in Jerusalem 2 Makle 5,27: Rückzug des Judas Makleabäus ins Gebirge Bell 1,34ff.; Ant XII,253; 2 Makk 6-7: Religionsverfolgung
Makkabäeraufstand Mattathias Makkabäus: Ant XII,265ff.; 1 Makk 2 Ant XII ,272-276; 1 Makk 1,40f.: Entscheidung für Verteidigung am Sabbat28 ; vgl. pharisäisch-rabbinisches Prinzip: Lebensrettung verdrängt Sabbatruhe. Nach CD VI,8 darf aber z.B. ein Ertrinkender am Sabbat nicht gerettet werden, laut 1QM 11,6.8 wird sogar in ganzen Sabbagahren nicht gekämpft, also wohl auch nicht am Sabbat. Die Entscheidung zur Verteidigung am Sabbat markiert wahrscheinlich einen Bruch innerhalb der antiseleukidischen Front. Erleichternde gesetzliche Entscheidungen der Art werden in Qumrantexten als "Anweisungen von Glattheiten" gerügt. 1 Makle 2,42ff.: «Danach versammelte sich zu ihnen eine Schar von Hasidäern, tapfere Männer aus Israel, alles solche, die sich willig der Torah widmeten, (43) und alle, die vor dem Unheil flohen, gesellten sich ihnen bei und verstärkten sie. (44) Und sie brachten so eine
27 28
2 Makle 5,8: Jason floh schließlich nach Ägypten. Herr M. D., The Problem ofWar on the Sabbat in the Second Temple and the Talmudic Periods, Tarbiz 20,1960/1,242-256.314-340
33 Heerschar zusammen und schlugen die Sünder in ihrem Zorn und die gottlosen Männer in ihrem Grimm.» 1 Makk 2,43ff.: Erfolge der Aufständischen. Zerstörung fremder Kultstätten, Zwangs beschneidungen. 167/6: 1 Makk 2,70: Tod des Mattathias 146 seI. Ära
167-160: Judas Makkabäus führt den Aufstand (1 Makk 3-9; Ant XII,285-430; 2 Makk 8-15) 167 Judas siegt bei Beth Horon 166 Persienfeldzug des Antiochus IV.: 1 Makk 3,37: 147 seI. Ära 165 Judas behauptet sich militärisch 1 Makk 3,38 - 4,25 Judas besiegt Lysias: 1 Makk 4,26-35 (1 Makk 4,28: 148 seI. Ära) Lysias vermittelt 165 Herbst (traditionell 164): Widerruf der Kultreform und der Verfolgungsmaßnahmen vgl. 1 Makk 6,11f. Amnestieangebot durch Lysias an Gerusie Ablehnung des Angebots durch die Makkabäer 165 Feldzug des Lysias gegen Judas scheitert; 2 Makk 13,1: 149 seI. Ära 165 Eroberung Jerusalems (außer der Akra) durch Judas 1 Makk 4,36-61
165 (traditionell: 164) am 25. Kislew: Tempel-Neuweihe 29 1 Makk 4,42-59 (4,52: am 25. des 9. Monats, das war der Monat Kislew des Jahres 148; vgl. 2 Makk 1,18; 10,5); Ant XII,316326; 2 Makk 10. 1 Makk 4,46 erwähnt das ritualgesetzliche Problem der entweihtenlverunreinigten Altarsteine: «(45) Sie (die gesetzestreuen Priester) rissen den Altar ab (46) und deponierten die Steine am Tempelberg an einem geeigneten Ort, bis ein Prophet aufstehen (sein Amt antreten) würde, der ihnen anweisen würde, was damit geschehen solle.» Dies ist kein Weissage-Prophet, sondern ein Torah-Anweiser im Sinne des "Propheten wie Mose" von Dt 18,18. Zur Zeit der Tempelneuweihe war dieses Amt also nicht besetzt. Lebte zu der Zeit der "Rechts-Anweiser" noch, der laut CD I um 177 aufgetreten war, dann hatte er sein 29
Zur Datierung vg\. Bringmann K.• a.a.O. 25f.
34 Amt vor oder während der "Reform" verloren und erhielt es auch unter Judas Makkabäus nicht wieder. Also war zwischen den Makkabäern und den konservativen Zadokiden unter dem LdG bereits ein Bruch eingetreten. Siege und Eroberungen der Makkabäer 1 Makk 5 164 Nov.lDez.: Tod des Antiochus IV.30 1 Makk 6,16: 149 seI. Ära. Vgl. 2 Makk 10,9 (2 Makk 10,28 allerdings vor der Tempelreinigung erwähnt.) 164/3 - 162 Antiochus V.
163 Belagerung der seleukidischen Akra in Jerusalem. 1 Makk 6,20: 150 seI. Ära 163 Sommer: Niederlage des Judas bei Beth Sacharja. Revolte des Philippus 1 Friedensangebot des Lysias an Judas "Hasidäer" für Frieden: Bedingung: legitimer Hohepriester 1 Makk 46,49.53: Sabbagahr 150 seI. 163/2 HP Menelaos abgesetzt Ant XIII,382-385: Hinrichtung des Menelaos (vgl. 2 Makk 13,1-8) HP Alkimus/Jaqimus: 163-160 (?) Ant XX,386f.: Alkimus zum HP ernannt; vgl. 2 Makk 14,3 Ant XII,387f.: Onias IV. floh nach der Ermordung seines Onkels Menelaos und der Ernennung des Alkimus zu Ptolemaios VI. und gründete später den Leontopolis-Tempel (Ant XIII,62ff;)
162: Thronprätendent Demetrius entkommt aus Rom. Polybius XXXI,l1; Ant XII,389; 1 Makk 7,1-3 (151 seI. Ära; vgl. 2 Makk 14,1-4) Antiochus V. getötet 162-150: Demetrius I. Soter 1 Makk 7 ,5ff.: Abtrünnige und HP Alkimus bei Demetrius
30
Im Monat Kislimu des seI. Jahres 148 (nach Frühlingsjahresanfang gezählt). Diese Datierung ist durch eine babylonische Quelle wohl gesichert. Vgl. Schaumberger J., Die neue SeleukidenIiste BM 35 603 und die makkabäische Chronologie, Biblica 37,1955,423435. 1 Makk 6,16 aber: schon 149 seI. Ära, weil nach Herbsljahresanfang gezählt.
35 1 Makk 7,8: Demetrius sichert Alkimus das HP-Amt zu Alkimus mit Bacchides gegen Judas Makkabäus 1 Makk 7,12: «Es versammelte sich aber zu Alkimus und Bacchides eine Gruppe von Schriftgelehrten, um Recht zu suchen. (7,13) Und zwar waren die Hasidäer die ersten unter den Israeliten, die mit ihnen Frieden suchten, (7,14) denn sie meinten: "Es ist ja ein Priester von den Söhnen Aarons mit den Truppen gekommen, der wird uns nichts antun". (7,15) Und der redete auch freundliche Worte mit ihnen und schwur ihnen: "Wir werden euch und euren Freunden nicht Böses anzutun trachten." (7,16) Nachdem sie ihm dann vertrauten, ließ er sechzig von ihnen festnehmen und tötete sie '" » Gegen-HP Judas Makkabäus? Ant XII,434: Tod nach 3 Jahren als HP. Fand also die Ant XII,414 erwähnte Ausrufung durch das "Volk" bereits in Konkurrenz zu Alkimus statt? Judas·. hätte unter den herrschenden Umständen bis zu seinem Tod kaum Gelegenheit gehabt, sein HP-Amt am Tempel zu Jerusalem auszuüben. Alkimus erobert mit seleukidischer Hilfe Juda/Jerusalem. 1 Makk 7,18-22 Seleukidische Thronwirren Erneuter makkabäischer Widerstand gegen Alkimus. 1 Makk 7,23ff. 161 im Friihjahr: Feldzug unter Nikanor gescheitert. 1 Makk (1 Makk 7,32.49: 13. Adar 151 seI.. Ära "Nikanortag"; vgl. 2 Makk 14f.)31 161 im Sommer: Gesandtschaft Judas nach Rom. 1 Makk 8,lff. Tod des Alkimos? - s. unten zu 160 v. ehr.! Ant XII,413: Tod des HP Alkimos nach 4 (!) Jahren Amtsausübung als Straffolge für Niederreißen einer Abgrenzungsmauer im Heiligtum. 1 Makk 9,54 (s. unten) aber: Alkimos befahl im 2. Monat 160 innerhalb des heiligen Tempelbereichs eine Abgrenzungsmauereinzilreißen, "zerstörte die Maßnahmen der Propheten", wurde gelähmt und starb. 31
Zur Datierung in 161 statt traditionell 160 v.
ehr. s. Bringmann K., a.8.0. 25.
36 Die Maßnahme des Alkimus widerspricht dem Konzept der Tempelrolle (llQ19) mit ihren architektonisch-massiven Abgrenzungen der Heiligkeitsbereiche. Unter Alkimos erfolgte also sicher keine Restauration der konservativ-zadokidischen Linie und daher auch keine Wiedereinsetzung des "Rechtsanweisers" (LdG), er entspricht eher dem Typus eines FP. HP Judas Makkabäus?? - Ant XII,434: Tod (160) nach 3 Jahren als HP Ant XII,414: Judas nach dem Tod des Alkimus durchs Volk zum HP eingesetzt; vgl. auch Ant XII,419.434 160 Feldzug des Bacchides. 1 Makk 9; Ant XII,420ff. Niederlage und Tod des Judas 32 . 1 Makk 9,3: 1. Monat (Nisan März/April) 152 seI. Ära
=
Herrschaft der "Abtrünnigen". Verfolgungen. 1 Makk 9,23f.; Ant XIII,Hf.: 1 Makk 9,27: Betrübnis wie "nicht mehr, seit ihnen ein Prophet erschienen war" 160 Tod des Alkimus? (s. oben) - 1 Makk 9,54: Im 2. Monat 153 seI. Ära. Ant XII,413: Tod des HP Alkimos nach 4 Jahren Amtsausübung 7 Jahre Intersacerdotium zwischen dem Tod des Alkimos und HP Jonathan: Ant XX,237: LdG als HP im Intersacerdotium??33
160/59-142 Jonathan Makkabäus. 1 Makk 9,23 -12,53; Ant XIII,1-212
Ant XIII,5f.; 1 Makk 9,28-31: Aufständische wählen Jonathan als Nachfolger des Judas als Anführer Ant XIII,12f.: Angriff des Bacchides am Sabbat schlägt fehl Ant XIII,27ff: Zweites Scheitern des Bacchides und Kurswechsel Ant XIII,3H.; 1 Makk 9,70ff.: Friedensschluß 1 Makk 9,73: Jonathan in Michmas:· «Da fmg Jonathan an, dem Volk Recht zu sprechen und bewirkte, daß die Gottlosen aus Israel verschwanden.»
32 Ant xn,434: Tod nach 3 Jahren als HP, was sich auf die elWähnte Ausrufung durch das "Volk" beziehen dürfte. S. oben zu 162 n. ehr. 33 Gängige Annahine. Es gibt dafür aber keinerlei Hinweis in den Quellen. In dieser Zeit hätte in Jerusalem auch kein HP dieser Richtung amtieren können, ein Intersacerdotium ist also glaubhaft.
37 153/152 Thronprätendent Alexander Balas gegen Demetrius.
1 Makk 10,1: 160 seI. Ära Ant XIII,36ff.l1 Makk 1O,2ff.: Wettstreit der Rivalen um Jonathans Hilfe. Jonathan in Jerusalem HP Jonathan: 152-142 1 Makk 10,20/Ant XIII,45f.: Jonathan durch Kronprätendent Alexander Balas zum HP ernannt. Jonathan wird meistens mit dem PP identifiziert, der in 1QpHab als Gegenspieler des LdG genannt wird34 und nach Ansicht mancher diesen aus dem Amt verdrängt hat. 152 1 Makk 10,21: Jonathan amtiert unverzüglich im 7. Monat zum Laubhüttenfest (21.-27. Sept., also noch 160 seI. Ära)35 als HP. Ant XIII,45f.: nach vier Jahren (!) Intersacerdotium seit dem Tod des Judas Makkabäus; vgl. unten zum Tod des Jonathan. Ant XIII,47ff.: Demetrius überbietet Alexander; Jonathan unterstützt dennoch den letzteren.
150 Niederlage und Tod des Demetrius Ant XIII,62ff.: Onias IV. gründet unter Ptolemäus Philometor den Leontopolis-Tempel - eine Konsequenz aus Annahme der HPWürde durch Jonathan, mit der die Hoffnung auf eine eventuelle Restaurierung der alten zadokidisch-oniadischen Ordnung scheiterte. 150-145: Alexander Balas Verschwägerung mit Ptolemäus Philometor/KIeopatra. 1 Makk 101,57: 162 seI. Ära Ehrungen und Aufträge für Jonathan 147 Demetrius 11. gegen Alexander Balas 1. Makk 10,67: 165 seI. Ära Sieg des Jonathan gegen ApolloniuslAlexander Balas 146-116: Ptolemäus VII Euergetes Physkon 145 Tod des Alexander Balas - Tod des Ptolemäus Philometor.
34 Es muß aber nicht überall nur er gemeint sein, denn nicht alle Vorgänge müssen im selben Zeitraum angesetzt werden. Der Verfasser von 1QpHab wollte keinen geschichtlichen Verlauf aulZeichnen, sondern bestimmte zeitgeschichtlichheilsgeschichtlich als relevant erachtete Begebenheiten als Erftlllung prophetischer Vomersagen hinstellen. 35 Siehe Bringmann K., 8.a.0. 25.
38 1 Makk 11,19: 167 seI. Ära 145-139/8( + 129-126/5): Demetrius 11. Nikator Ant XIII,12lff.: Jonathan belagert die seleukidische Akra von Jerusalem, Demetrius 11. bestätigt Jonathan trotzdem Revolte des Tryphon zugunstendes minderjährigen Antiochus VI. 145-142/1: Antiochus VI. Epiphanes Jonathan unterstützt Demetrius. Kriegszüge bis Antiochien; Eroberungen Ant XIII,145ff.: Erfolgreicher Frontwechsel des Jonathan. Eroberungen in Palästina unter Jonathan und Simon Makkabäus. Sieg Jonathans über Demetrius in Galiläa 144 Vertrag Jonathans mit Sparta und Rom (Ant XIII,163ff.) Ant XIII,171-173: 3 Religiöse Parteien in Judäa: Pharisäer, Sadduzäer, Essener (vgl. Bell 11,119-166) Feldzüge des Jonathan gegen Demetrius (Ant XIII, 174ff.); Ausbau . der Macht in Palästina/Jerusalem 143-130: Usurpator Tryphon 143 Ant XIII,19lf.: Tryphon nimmt Jonathan gefangen Ant XIII,20111 Makk 13,lff.: Simon Makkabäus zum Anführer und Nachfolger ausgerufen 143 (Anfang): Jonathan durch Tryphon getötet (Ant XIII,208f.) Ant XIII,212: Starb als HP nach 4 Jahren als Vorsteher (prostas) des Volkes;36 Ant XX,238: 7 Jahre als HP. 37 Antiochus VI. durch Tryphon getötet
HP Simon Makkabäus: 143-134 (Ant XIII,213-229; 1 Makk 13-16) 143 Einsetzung zum Nachfolger Jonathans durch Volksversammlung Bestätigung durch Demetrius Vertragsemeuerung mit Rom und Sparta
36
Offenbar seit der Bestätigung durch Demetrius, die eine politische Aufwernmg mit sich brachte. Vgl. auch oben zu 152 v. ehr.: Laut Ant Xm,45f. Ernennung nach vier Jahren (I) Intersacerdotium nach dem Tod des Judas Makkabäus. Offenbar sind also Prostasie und HP-Würde z. T. verwechselt worden. 37 Seit der offlZieUen Herrschaftsübernahme durch Alexander BaJas, nicht seit der Ernennung durch diesen, denn dies ergäbe (mit nicht voUen Jahren) 10 Jahre.
39 142/1 Belagerung und Kapitulation der seleukidischen Akra: 1 Makk 13,49-52 (1 Makk 13,51: 23. des 2. Monats 171 seI. Ära) Demetrius während seines Medienfeldzugs gefangen 141 de facto-Souveränität Judäas - Ant XIII,I: Simon "Ethnarch" 1 Makk 13,42: "Großer Hohepriester, Strategos und Hegoumenos der Juden" in Urkundendatierungen seit 170 seI. Ära Ant XIII,216-218: Volksversammlung; Beschluß und Ausführung zur Abtragung des Akra-Hügels 1 Makk 14,25-49 Urkunde eines Volksbeschlusses vom 18. Elul (im Sept. 141) 172 seI. Ära 1 Makk 14,4lff.: Simon soll «Hegoumenos, Hohepriester auf immer bis zum Auftreten eines verläßlichen Propheten, (42) und über sie Strategos sein .. , (47) Und Simon akzeptierte es und war bereit, als Hohepriester zu amtieren, Strategos zu sein und Ethnarch (!) der Juden und der Priester und allen vorzustehen (prostatesal).» Die Einschränkung "bis zum Auftreten eines verläßlichen Propheten" setzt wie 1 Makk 4,46 im Fall der Altarsteine von 164 voraus, daß zu der Zeit kein Torah-Anweiser ("Prophet wie Mose") im Amt war. Trotz dieser einschränkenden Konzession einer eventuellen Restauration der alten Verfassung war damit die durch Jonathans AnDahme des HP-Amtes bereits vollzogene Abwendung von den zadokidischconiadischen Restaurationsbestrebungen verfassungsrechtlich festgeschrieben. Der LdG hat dieses Jahr schwerlich mehr erlebt. Seine Anhänger hofften von da an auf eine nicht mehr feme eschatologische Wiederherstellung der traditionellen Verfassung. 139/8-129: Antiochus VII. Sidetes. Ant XIII,225-227; 1 Makk 15,10: ab 174 seI. Ära Feldzug gegen Judäa gescheitert Simon erneuert den Vertrag mit Rom 135 Ermordung des Simon durch seinen Schwiegersohn Ant XIII,228; 1 Makk 16,14: Shebat 177 seI. Ära HP Johannes Hyrkan 1.: 135-104 (Ant XIII,230-300) 133/132 Belagerung Jerusalems durch Antiochus VII. Kapitulation Johannes Hyrkans Aufstellung eines Söldnerheeres Ant XIII,249ff.: Heerfolge im Feldzug gegen die Parther Tod des Antiochus VII.
129-126/5: wieder Demetrius 11. Nikator
40 Expansionspolitik Johannes Hyrkans Ant XIII,254ff.: Eroberung syrischer Städte; Zerstörung des Tempels auf dem Garizim Ant XIII,257f.: Unterwerfung und Zwangsjudaisierung der Edomiter Ant XIII,259ff. Erneuerung des Bündnisses mit Rom und Annäherung an Ägypten 126 Alexander Zebinas stürzt mit ptolemäischer Hilfe Demetrius 11 Joh. Hyrkan kooperiert mit Alexander Alexander rallt im Kampf mit Demetrius-Sohn Antiochus 125-96: Antiochus VIII. Gryphos / (113-95): Antiochus IX. Kyzikenos Joh. Hyrkan nützt Thronstreit für unabhängige Politik Ant XIII,275ff.: Belagerung und Zerstörung Samarias Bell 1;67: Revolte (stasis) gegen Johannes Hyrkan; vgl. (abgeschwächt) Ant XIII,299 (stasis) AntXIII,288ff.: Konflikt wegen Forderung eines Eleazar nach Ämtertrennung während eines Banketts für pharisäische Gäste 38 Ant XIII, 293ff.: Innenpolitischer Wechsel Joh. Hyrkans vom propharisäischen Kurs zugunsten der "Saddukaioi" unter Jonathan. Rechtsreform. 39 Die "Sadduzäer" waren offenbar Zadokiden,40 die sich mit den MakkabäernlHasmonäern arrangiert hatten, aber teilweise altzadokidische Traditionen weiterpflegten, worin sie der Qumrangemeinschaft trotz politisch anderer Orientierung nahestanden. Johannes Hyrkan als Prophet: Ant XIII,282f. 322: HP Johannes Hyrkan als Weissage-Prophet Ant XIII,299ff.: 3 Ämter vereint: Herrschaft (arche) des Volkes, hohepriesterliche Würde und Prophetie ( so auch Bell 1,299). Josephus betont, daß es sich um Weissagungsprophetie handelte. Gemeint war in der hasmonäischen Propaganda aber wohl, daß Johannes Hyrkan die drei Ämter des Mose vereinte, also Hohepriester, Regent und "TorahAnweiser" im Sinne der mosaischen Torahprophetie sei. Diese Propaganda sollte wohl der wiederaufgebrochenen Verfassungsdiskussion begegnen und stellte einen einzigartigen Anspruch: Johannes Hyrkan nicht nur u.a. als "Prophet wie Mose", sondern geradezu als zweiter Mose! 38 bQidd 88a verbindet die Szene mit Alexander Jannaj. 39 Vgl. auch mMa'aser Sheni V,15; mSotab IX,lO. 40 Die hebräische Bezeichnung wäre wie in späteren rabbinischen Texten: r;:a(d)diiqfm, offenbar von Außenstehenden geprägt und von bne r;:ad6q ("Söhne Zadoks") abgeleitet.
41 HP König Aristobul I.: 104-103 (Ant XIII,301-319) Ant XIII,301: Königswürde 481 (Bell. 1,70: 471) Jahre nach babyion. Exil '(richtig wohl: seit Exilsbeginn 586 v. Chr.) Ant XIII,311ff.: Prophet "Judas, Essener der Abstammung nach"
HP König A1exander Jannaj: 103-76 (Ant XIII, 320-404; Bell 1,85106) Ant XIII,323: Läßt einen rivalisierenden Bruder ermorden, schont aber seinen unpolitischen Bruder (Ant XIV, 71: Absalom)
A. 103-95: Erfolgsperiode 103 Eroberungen im Küstengebiet dank seleukidischer Wirren. 41 Wechselhafte Kämpfe mit Ptolemäus Lathyrus, Allianz mit Kleopatra Alexander Jannaj erobert Gebiete im Ostjordanland, 1011100 v. Chr. Gaza und andere Küstenstädte
Gegen 100: Gründung der Anlage von KhUbet Qumran42 4Q448: Gebet für den König Jonathan! 96 Tod des Antiochus VIII. Gryphos. Seleukidische Thronwirren 96-88: Demetrius III. Theos Philopator Soter 96 Kyrene römische Provinz! B. 95-83 Krisenperiode und Bürgerkrieg Ant XIII,372-373: (Bell 1,88: Revolte!) Aufruhr am Laubhüttenfest: Alexander Jannaj amtiert als HP. Angeblich 6000 Tote. Errichtung einer Abgrenzung um den Priesterhof Bell 1,90/Ant XIII,375: Niederlage gegen Araberkönig Obedas Bell 1,91ff.lAnt XIII,376: Volksaufstand und Bürgerkrieg in Judäa: 50000 Opfer in 7 Jahren 88 ca. Bell 1,92ff.lAnt XIII,376bff.: Demetrius III. von Aufständischen zu Hilfe gerufen Niederlage Alexander Jannajs Frontwechsel jüdischer Verbündeter, Abzug des Demetrius
Van't Dack E. - Clatysse W. - Cohen G. - Quaegebeur J. - Winnicki J. K., The JUdean-Syrian-Egyptian Conflict of 103-101 B.C. A multilingual dossier concerning a 'war of sceptres'. BruxeUes 1989 42 Zu beachten ist. daß aus der Zeit Alexander Jannajs auch die meisten (143) Münzen gefunden wurden.
41
42 Fortsetzung des Aufstandes gegen Alexander Jannaj Niederschlagung des Aufstandes Bell 1,97f./Ant XIII,380f.: Der König ließ 800 gefangene Aufständische in Jerusalem während eines Gelages kreuzigen. Massenflucht von Gegnern. Auf dieses Ereignis bezieht sich zweifellos auch 4Qp169 Frg. 4+3 Kol. i (zu Nah 2,12-14), wo der König als "Zorneslöwe " bezeichnet wird. Gerügt wird aber wohl nicht die Anwendung dieser Todesstrafe überhaupt, sondern nur die ungeziemende Art und Weise der Massenexekution als Mittel der Belustigung. Diese Todesstrafe ("Ans Holz hängen bis er stirbt") ist nämlich in der Tempelrolle (l1Q19) Kol. LIV,6-13 ~us~cklich für Verrat am Volk vorgesehen. C. 83-69 Armenische Oberhoheit ~3-76 Neue Expansionsphase Antipater Statthalter von Idumäa
Königin Salome Alexandra 76-67 (Bell 1,107-119; Ant XIII,40S-432) HP Hyrkan 11.: 76-40 - propharisäisch Pharisäische Vorherrschaft Gegenpartei unter Prinz Aristobul 67 Erkrankung der Königin. Aufstand Aristobuls Tod der Königin Ant XIV,4-7/Bell 1,120-122: HP Hyrkan 11 versucht, König zu werden \';\4Q322 Frg. 2 (und 4Q324b Frg. 1 ü) erwähnt den hebräischen Namen (Sh eZom9yon) der Königin und Hyrkan (11.) als "König"
B,~rgerkrieg und Kapitulation Hyrkans
WKönig Aristobul 11.:
67-63 (gest. 49 v. Chr.) Ant XIV,97;
XX,242f.
Ant XIV,8ff./Bell 1,123-126: Antipater mit Hyrkan im Bündnis mit dem Nabatäerkönig Aretas erfolgreich Aristobul im Tempel während des Passahfestes belagert Onias der Regenbeter wegen Gebetsverweigerung getötet (Ant XIV ,22-24) 64 Syrien römische Provinz Bell I; 128f.: Aemilius Scaurus interveniert, als Schiedsrichter
43
63
angerufen, in Jerusalem für Aristobul. Dieser gewinnt die Oberhand 4Q324a Frg. 2 eiWähnt eine Gewalttat des 'MJUWS (= Aemilius?) Antipater und Hyrkan flüchten zu Pompeius nach Syrien Pompeius marschiert in Judäa ein und verhandelt mit Aristobul Kriegsvorbereitungen Aristobuls Pompeius belagert und erobert Jerusalem (Bell I, 14lff./Ant XIV,58ff.) Pompeius betritt den Tempel (Bell 1,152; Ant XIV,71f.)
HP Hyrkan 63-40: Bell 1,153; Ant XIV,73 Territoriale Neuordnung durch Pompeius Judäa verkleinert Unterprovinz der Provinz Syria Antipater militärisch-politisch maßgebend Aristobul als Gefangener in Rom
Ant XIV,82ff.: Aufstand des Aristobulsohnes Alexander Gabinius, Statthalter von Syrien (57-55), greift ein Kapitulation Alexanders Wiedereinsetzung Hyrkans in Jerusalem Verwaltungsreform: 5 Gerichtsdistrikte Bell I, 169/Ant XIV,91: Wieder "aristokratische" Regierun~sform! Bell I, 17lff./Ant XIII,92ff.: Flucht und vergebliche Revolte Aristobuls 55
Bell 1,176ff./Ant XIV,100ff. Partherfeldzug Revolte Alexanders. Sieg des Gabinius am Tabor
54-53: Crassus Statthalter in Syrien: Bell 1,179/ Ant XIV, 105-109: Tempelraub des Crassus in Jerusalem zur Finanzierung des Partherfeldzugs; Crassus fällt 53(-51) Cassius wehrt Partherinvasion ab BellI,180/Ant XIV,119f.: Niederschlagung einer Revolte des Aristobulanhängers Peitholaos in Judäa 49-44: Caesar Bell I, 183ff./Ant XIV, 123ff. Caesar entläßt Aristobul und betraut ihn mit Aufgaben gegen Pompeius, dieser läßt Aristobul vergiften und dessen Sohn Alexander hinrichten Antipater (und Hyrkan 11) unterstützen Caesar in Ägypten Aristobulsohn Antigonus appelliert vergeblich an Caesar
44
47 HP Hyrkan 11. Ethnarch (z.T. sogar: "König") der Juden (Ant XIV,191.196.200.209.211.226) Bell I, 199/Ant XIV,143: Antipater Epitropos von Judäa Aufstieg der Söhne des Antipater Phasael und Herodes Bell 1,209/Ant XIV,158ff.: Herodes grausam gegen Rebellen unter Hiskia in Galiläa. Machtprobe: Herodes vor Gericht auf römische Weisung freigesprochen 42/1 Marcus Antonius ernennt Phasael und Herodes zu Tetrarchen trotz judäischer Klagen gegen die beiden 40
Marcus Antonius bestätigt Hyrkan 11 als HP und Ethnarch (Ant XIV,306)
40
Parthereinfall. Hyrkan 11. abgesetzt und deportiert. Bell 1,273/Ant XIV,330ff.
HP König Mattathias Antigonus: 40-37, der letzte Hasmonäerherrscher 40 Herodes durch den Senat in Rom zum König ernannt: Bell 1,285/Ant XIII,385 37 Eroberung Jerusalems durch Herodes
Kö~ig Herodes der Große: 37-4 v. ehr. HP Ananel: 37-35 v. ehr. Ant XV,22 HP Aristobul III.: 35/34 v. ehr. Ant XV,39.41; XX,248 31 v. ehr. Erdbeben. Anlage von Khirbet Qumrt2n beschädigt. Brandspuren 31 v.-14 n.ehr.: Augustus Augustus bestätigt Herodes. Bell 1,392/Ant XV,195 Ant XV ,373-379 Prophetie des Esseners Manaemus HP Ananel34 - ca. 27 v. ehr. Ant XV,56 HP Jesus b. Phabes ca. 27-23 v. ehr. Ant XV,322 HP Simon b. Boethos 23-6 v. ehr. Ant XV,322 20 v. ehr.: Tempelbaubeginn Ant XV,374ff. (Bell 1,401: 23 v. ehr.)
HP Matthias b. TheophiIus 6-4 v. ehr. Ant XVII, 164. 166f. 4 v. ehr: Aufruhr wegen des Goldenen Adlers am Tempeltor
45
HP Joazar b. Boethos 4 v. Chr. Ant XVII,15 4 v. Chr.: Tod des Herodes - Aufteilung des Erbes durch Rom: Nordosten: 4 v. - 34 n. Chr.: Herodes Philippus 37-44 n. Chr.: Herodes Agrippa Galiläa/Peräa: 4 v. - 39 n. Chr.: Herodes Antipas Johannes d. Täufer (Thiering: = LdG) 4 v. - 6 n.Chr.: Archelaos (Ethnarch) von Judäa
HP Eleazar b. Boethos 4/3 Judäa: v. Chr. Ant XVII,339 HP Joseph b. Se 3 v. Chr. Ant XVII,341 HP Joazar b. Boethos 5-6 n. Chr. Ant XVII,339; XVIII,3 6 n. -41 n.Chr.: Römische Verwaltung unter der Provinz Syria 6-9 n. Chr.: Prokurator Coponius Bell 11,118: Revolte des Galiläers (Ant XVIII,3: Gaulaniters) Judas. Gründung der "Vierten jüdischen Philosophie", der Zelotenbewegung; vgl. Ant XVIII,23-25
HP Ananus b. Seth 6-15 n. Chr. Ant XVIII,34 9-12 n. Chr.: Prokurator Marcus Ambibulus 12-15 n. Chr.: Annius Rufus Prokurator 14-37 n. Chr.: Kaiser Tiberius 15-26: Valerius Gratus Prokurator Neuer, bescheidener Teilaufbau der Anlage von Khirbet Qumran HP Ismael b. Phabes 15/16 Ant XVIII,34 HP Eleazar b. Ananus ca. 16 Ant XVIII,34 HP Simon b. Kamit ca. 16/17 Ant XVIII,34-35 HP Josef Kaiphas ca. 17-37 Ant XVIII,35.95 26-36 n. Chr.: Pontius Pilatus Präfekt in Judäa Jesus von Nazareth 35-39 Vitellius Statthalter der Provinz Syria
HP Jonathan b. Ananus 37. Ant XVIII,95 HP Theophilus b. Ananus 37-41. AntXVIII,123 37-41 n. Chr.: Kaiser Gaius Caligula 39-44 Herodes Agrippa I. Nachfolger des HerodesAntipas
46 König Herodes Agrippa I.: 41-44 n. Chr. HP Simon b. Boethos Kantheras 41-42 v. Chr. Ant XIX,297.312 41-54 n. Chr.: Kaiser Claudius HP Matthias b. Ananus 42-44. Ant XIX,312.316.342 40-41 Krise wegen Caligulas Befehl zur Aufstellung einer Kaiserstatue im Tempel HP Elionaios b. Kantheras 44-? Ant XIX,342 HP ?-46 Kantheras? Ant XX,16 44-66 n. ehr.: Prokuratoren in Judäa 44-46 n. Chr.: Cuspius Fadus Prokurator Herodes Agrippa 11 erhält das Recht zur Ernennung der Hohepriester in Jerusalem HP Josefb. Kam(n)i 46-48. Ant XX,16.103 46-48 n. Chr.: Tiberius Alexander (Neffe des Philo von Alexandrien) Prokurator Kreuzigung der Söhne des Rebellen Judas Galiläus HP Ananus b. Nebedäus 48/49 v. Chr. Ant XX,103 48-49 n. Chr.: Ventidius Cumanus Prokurator 49 Tod des Herodes von Chalkis. Nachfolger: Herodes Agrippa 11 49-60 n. Chr.: Tiberius Claudius Felix Prokurator HP Jonathan (?) 49 v. Chr. ermordet. Ant XX,162 53 n. Chr.: Herodes Agrippa 11 von Chalkis erhält die Tetrarchie des Philippus 54-68 n. Chr.: Kaiser Nero 54 n. Chr.: Erweiterung der Herrschaft Agrippas 58 n. Chr.: Festnahme des Paulus HP Ismael b. Phabes 59-61. Konflikte. Ant XX,179 60-62 n. Chr.: Porcius Festus Prokurator Sikarier-Terror 60/61 ÜbersteIlung des Paulus nach Rom HP Josef b. Simon Kabi 61/62 v. Chr. Ant XX,196-197 Tod des Porcius Festus, Ernennung des Albinus HP Ananus b. Ananus 62 v. Chr. Ant XX,197-203 62 n. Chr.: Hohepriester Ananus läßt den "Herrenbruder" Jakobus [Eisenman: = LdG.] steinigen und wird amtsenthoben 62-64 n. Chr.: Lucceius Albinus Prokurator HP Jesus b. Damnäus 62-? v. Chr. Ant XX,203
47
HP Jesus b. Gamliel? ?-64 v. Chr. AD.t XX,223 64-66 n. Chr.: Gessius Florus Prokurator HP Matthias b. Theophilus 64-66 n. Chr. Ant XX,223 64 n. Chr.: Erste Christenverfolgung in Rom 66 n. Chr.: Unruhen in Cäsarea 66-70/74 n. ehr.: Judäisch-römischer Krieg Zelotenterror 68 n, Chr.: Zerstörung der Anlage von Khirbet Qumran. 69-79 n. Chr.: Kaiser Vespasian 70 n. Chr.: Eroberung Jerusalems durch Titus. Zerstörung des 2. Tempels 73-74 n. Chr.: Aushebung der letzten Widerstands nester in der Wüste Juda und Eroberung der Festung Masada 5. Die Gemeinschaft hinter den Schriftrollen vom Toten Meer Eine Anzahl von Texten weist terminologisch und inhaltlich so starke Ähnlichkeiten auf, daß man ihre Abfassung wohl einer ziemlich geschlossenen Gruppierung zuschreiben muß. Es handelt sich vor allem um die großen, gut erhaltenen Rollen 1QS (mit 1Q28a/Sa) , 1QH und 1QM,.alle mit ihren Paralleltexten bzw. Varianten in 4Q. CD hingegen enthält zwar mancherlei organisatorische, rechtliche und inhaltliche Entsprechungen, dürfte aber im Grundbestand auf eine Gruppierung in einem früheren Stadium zurückgehen. Nach geläufiger Annahme ist CD zwar später als 1QS angesetzt worden, doch dies widerspricht nun dem Befund der paläographischen Datierung 4Q-Handschrtlten (4Q266-4Q273) zu CD (v.a. 4Q266: 100-60 v. Chr.). CD wurde aber, wie die Zahl der Exemplare zeigt, in der Qumrangemeinschaft hoch geschätzt und. offensichtlich wohl auch als Rechtsquelle verwertet. Was aus den Gruppen geworden ist, auf die dieser CD-Grundbestand zUrückgeht, bleibt offen, vielleicht handelt es sich um jene "Essener" , die Josephus als verheirateten Zweig bezeichnet hat. Kennzeichnend für diese Gemeinschaft hinter den Qumranschriften im engeren Sinne war eine Organisationsform und Lebensweise, die man als Jachad bezeichnete. Sie wurde aus naheliegenden, aber unzutreffenden Gründen gern mit mönchischer Lebensordnung verglichen und auch gleichgesetzt, doch enthält kein Qumrantext eine Forderung nach Ehelosigkeit oder nach Besitzverzicht. Wie schon L. Rost festgestellt hat, handelt es sich vielmehr um ein priesterliches Organisationsmodell, das in formaler Hinsicht ÄhnliChkeiten mit hellenistischen Kultvereinen (Bardtke, Weinfeld) aufweist. Die Texte selber zeigen,
48 daß priesterlich-rituelle Gesichtspunkte ausschlaggebend waren, wie man sie für das diensthabende Kultpersonal am Tempel voraussetzte: Temporäre sexuelle Enthaltung und rituell strikt im Sinne einer rigorosen Reinheitspraxis reglementierte Behandlung der "heiligen" Nahrungsmittel und Bereiche. Auch sprechen einige Indizien dafür, daß es innerhalb dieser Gruppe einen Kern "heiliger Männer" gab, der seinen Dienst als Ersatzkultdienst zur Sühne für das Volk und Land betrachtete und (wohl turnusmäßig)43 einen entsprechenden Kultersatzdienst aufrecht erhielt. Es sieht so aus, als sei diese Jachad-Gemeinschaft anfangs als Zentrum einer Gruppierung gebildet worden, aber im Lauf der Zeit eine Verengung und Radikalisierung des Denkens erfolgt, die darin gipfelte, daß man von ganz Israel die bedingungslose "Umkehr" zu dieser Lebensforni erwartete und' kompromißlos zwischen sich als "Lichtsöhnen" und den anderen als "Finsternissöhnen" unterschied. Folgerichtig tauchen in lQ28a(Sa), einem Entwurf für das Israel der Endzeit, Jachad-Merkmale auf. Für das priesterliche Selbstverständnis war die Annahme maßgebend, daß ein Priester während des Dienstvollzugs an heiliger Stätte funktional dasselbe tut, was ein Engel-Diener der Gottheit vor dem Thron Gottes ausführt: Beide vollziehen Kultdienst und daher sind Priester insofern ebenfalls Engel, eine Ansicht, die keineswegs auf die Qumrangruppe beschränkt war. Das ergab auch ein besonders markantes Menschenbild (s. Lichtenberger H., Studien ... 1980): ein hohes Maß an Selbstbewußtsein, das Gefühl eines· Jachad bzw. einer Dienstgemeinschaft mit Engeln und "Geistern der Erkenntnis". Demgegenüber treten erwählungstheologische Motive im Blick auf "Israel" in solchen Kontexten völlig zurück, sie kommen in Texten zum Zug, die auch für Laien bestimmt waren. Dasselbe gilt für die Auferstehungshoffnung. Wer bereits mit Engeln Gemeinschaft hat, zeigt dafür nur begrenzt Interesse, daher überwiegen in priesterlich geprägten Kontexten Aussagen, die einen ohnedies bereits "erhöhten" Status und insofern eine ewige Lebensform betreffen (s. Puech E., La croyance ... 1993). Andrerseits wird betont herausgestellt, daß dieser erhöhte Status nur Gottes Gnade zu verdanken ist, als Mensch an sich wird der Einzelne nämlich als hinfälliges "Lehmgebilde" und als em von Verkehrtheiten gekennzeichneter Charakter in gezieltem Kontrast zum erwähnten "Hoheitsbewußtsein" schroff abgewertet. Der Mensch steht in einer kontinuierlichen Auseinandersetzung zwischen gottgemäßen Geistern des Lichts und gottwidrigen Mächten der Finsternis, die auch im Men43
Niemand kann ständig in riblell "reinem" Zustand verbleiben.
49 schen selbst ringen, doch helfen die guten Geister den "Söhnen des Lichts", die am Ende durch Gottes Geist endgültig gereinigt werden, während die Mächte der Finsternis und die "Söhne der Finsternis", zu denen auch die "Frevler am Bunde" zählen, ausgetilgt werden. In dieser priesterlich-theologischen Tradition spielte laut llQ13 auch Melchizedek als himmlischer Repräsentant der Kultpriesterschaft eine besondere Rolle (llQ13). Er überhöht die ebenfalls hochstilisierten heilsgeschichtlichen Priestergestalten Levi, Qehat, Amram, Aaron, Pinchas und Zadok als eine Art Verkörperung und urzeitliche himmlische Repräsentanz aller priesterlich-Ievitischen Anspruche und Würden. Diese Art der eschatologischen Erwartung steht in einer gewissen Spannung zu der in den Texten ebenfalls vertretenen traditionellen Restaurationshoffnung. 1QM schildert die Kriege des endzeitlich wiederhergestellten Israel, allerdings fast im Sinne einer liturgischen Agende mit vorbestimmten Abläufen und Stationen. lQs28a (Sa) beschreibt ebenfalls die endzeitliche Gemeinde Israels unter dem gesalbten Hohepriester und dem gesalbten Herrscher, der erste als Priesterhaupt und Haupt der "ganzen Gemeinde Israels", daher mit Vorrang gegenüber dem zweiten, dem Haupt der Laienisraeliten. Diese "Gesalbten" (die Übersetzung "Messiasse" ist irreführend) sind eher Figuren der traditionellen Verfassungstradition und nicht so sehr "Heilsbringer", wie gern unterstellt wird. Die teilweise doch recht divergierenden eschatologischen Motive sind von den Qumranleuten zwar ansatzweise spekulativ gezielt systematisiert und ausgeglichen worden, doch kann von einer besonderen Tendenz zur Produktion von "Apokalypsen" kaum die Rede sein. Für eine Gruppe, die in relativ akuter Endzeiterwartung lebte, war dies wohl nur ein sekundäres Anliegen. Die vorhandenen Ansätze zur Systematisierung, v.a. im kunstvoll aufgebauten Lehrtraktat lQS III,13 - IV,26, beweisen aber, daß ein Bedürfnis zur Systematisierung der religiösen Grundanschauungen und des Weltbildes vorhanden war. Die Fähigkeit dazu war in der priesterlichen Tradition insofern vorgegeben, als man hier kosmologisch-kalendarische Wissensstoffe schon längst zu einem Weltbild verknüpft hatte, in dem das "Geheimnis des Gewordenen" als Gegenstand der Einsicht und Erkenntnis einen hohen Stellenwert hatte, wie aus den weisheitlich-theologischen Texten ersichtlich ist und auch durch einschlägige Texte vorqumranischen Ursprungs bezeugt wird, vor allem durch die Henochschriften und durch das Jubiläenbuch. Das erhaltene liturgisch-poetische Material (s. oben) entspricht diesem "anthropologischen" Befund vollauf. In Texten, die offensichtlich reine Priesterliturgie repräsentieren, dominiert das feierliche Gotteslob ohne Bezug auf Israel. Nicht einmal die Bezeichnung Gottes mit dem Tetragramm spielt dabei eine Rolle. In anderen Gebeten und Dichtun-
50
gen, die für einen weiteren Kreis bestimmt sind, begegnen hingegen die Motive, die man auch sonst in Zeugnissen aus endzeitlich orientierten Gruppenjener Zeit finden kann, u.a. auch im frühen Christentum. Die lachad-Gemeinschaft war laut lQS (und dazugehörigen Texten) straff organisiert und ließ neue Mitglieder, die zur "Umkehr" bereit waren, stufenweise in zwei Etappen innerhalb von zwei Jahren und nach gründlichen Beurteilungen zur "Reinheit" der Vollmitglieder (rabbfm) zu und stellte jährlich die Rangordnung der Mitglieder je nach "Geist und Taten" neu fest. Verstöße gegen die geltenden Regeln W'lrden je nach Gewicht geahndet, teils mit Entzug "reiner" Nahrung, de facto Nahrungsentzug, dazu z.T. gleichzeitig befristetem Ausschluß, in schweren Fällen mit endgültigem Ausschluß. Für "Vollmitglieder" waren Organisationseinheiten vorgesehen, deren kleinste, die Zehnergruppe, ausdrücklich erwähnt wird. Wie schon in CD VI wird in lQS V vorausgesetzt, daß jede Zehnergruppe unter der Leitung eines priesterlichen Chefs steht, daß in jeder Zehnergruppe ein (natürlich priesterlicher) Torah-Erteiler Tag und Nacht zur Verfügung zu stehen hat, und daß bestimmte rituelle Entscheidungen (in Aussatzfragen) in jedem Fall durch einen Priester proklamiert werden müssen.
6. Die Qumrantexte und die Essener Von früh an hat man in der Forschung die teilweise frappanten Ähnlichkeiten zu den antiken Berichten über die sogenannten Essäer/Essener registriert und in der Regel eine mehr oder minder eindeutige Identiflzierung vorgenommen. Allerdings fehlte es auch nicht an kritischen Einwänden, da außer den zutreffenden Parallelen auch Unstimmigkeiten zu verzeichnen sind. Auf eine neue Basis wurde die Diskussion aber erst gestellt, nachdem R. Bergmeier die umfangreiche Beschreibung der Essäer/Essener bei Flavius Josephus auf ihre Quellen untersuchte und feststellte, daß Josephus eine Anzahl von wenigstens vier Quellen benutzt und kombiniert hat, die ihrerseits zum guten Teil bereits hellenistisch-jüdisch gefärbte Darstellungen von Gruppen mit ähnlichen Bezeichnungen (Essäer, Essener) waren. Vor allem handelte es sich um Darstellungen nach dem Muster und den Idealen hellenistischer Philosophenschulen. In zwei dieser Quellen fmden sich die markantesten Entsprechungen zu Inhalten von CD und lQS, doch weisen manche Unterschiede darauf hin, daß hinter diesen "Essäem" und "Essenem" zwar ähnlich strukturierte und organisierte, aber nicht unbedingt mit der Qumrangemeinschaft identische Gruppen standen. Die Palette der Gruppenbildungen war offensichtlich auch auf dieser priesterlich beherrschten Seite recht bunt. Somit empflehlt es sich, sowohl die Essenerquellen wie die Qumrantexte zunächst für sich auszuwerten und
51 nur unter Berücksichtigung der beschriebenen Situation zur wechselseitigen Ergänzung heranzuziehen. Dies umso mehr, als sich inhaltlich-theologisch doch erhebliche Differenzen ergeben. Die Qumrangemeinschaft war nicht nur priesterlich, sondern auch stark endzeitlich orientiert und von ausgesprochen militanter Mentalität, die Essäer/Essener wurden aber als ausgesprochen pazifistisch beschrieben. Letzteres mag der hellenistisch gefärbten und für nichtjüdisches Publikum bestimmten Darstellung zuzuschreiben sein, zeigt aber auf markante Weise, daß eine schlichte Übertragung der Essener-Nachrichten auf die Qumrangemeinschaft nicht am Platz ist und hinter dem EssenerbiId ein komplizierterer Sachverhalt vermutet werden mUß, in dessen Rahmen die Qumrangemeinschaft nur einen von mehreren Faktoren darstellte.
52
7. Der Kalender 7.1 Vorbemerkung In Ergänzung zu den Überblickstabellen in Band I (UTB 1862) S. XVII-XVIII wird im folgenden der volle Kalender eines Jahres mit den 24Priester-Dienstabteilungsnamen und eine Übersichts darstellung des Sechsjahreszyklus geboten. 44 .,.Das Sonnenjahr beginnt in allen seinen Quartalen nicht mit einem T;rgl (Sonntag) der Woche, wie der priesterliche Dienstturnus, sondern mit einem Mittwoch (4. Tag der Schöpfungswoche - Erschaffung der Gt:stirne!), im Jahr I ].md wieder im Jahr IV und VII bei Vollmond, und die Quartale enden mit einem Zusatztag (31.) an einem Dienstag. Im ~ahmen der Quartalseinteilung ergibt sich allerdings eine symmetrische Struktur für die Position der Sabbate, indem der 7. Sabbat des Quartals, in den Sabbatopfergesängen (s. OQShir) entsprechend hervorgehoben, das Quartal mit seinen 13 Sabbaten teilt. Das Gesamtsystem, das Sonnen-und Mondlauf aufeinander abstimmt, ist in sich schlüssig und eindrucksvoll symmetrisch. Die Abweichung vom natürlichen Jahreslauf hat "man als Symptom für die zunehmende Verderbnis der Menschen gedeutet, die sich auf die Naturordnung störend auswirkt, aber auch auszugleichen verstanden. 45 Der Mondkalender mußte hingegen, um dem natürlichen Jahreslauf zu entsprechen, vergleichsweise kompliziert und unter Verzicht auf derartige Symmetrie gestaltet werden. Abgesehen von wechselnd 29 und 30 Tagen pro Monat sind in bestimmten Abständen Zusatztage erforderlich, und alle drei Jahre ist ein Schaltmonat von 30 Tagen (Adar 11) notwendig, und dies sieben Mal innerhalb von Zyklen zu 18 bzw. 19 Jahren. Die 24 Priester-Dienstabteilungen (1 ehr 24)46 können mit ihrer Wochenturnus-Einteilung, die sich an die Sabbate anschließt, das Sonnenkalenderjahr mit seinen 52 Sabbaten nicht so ausfüllen, daß der Neujahrstag einen Dienstantrittstag (Sonntag) darstellt. Die Wocheneinteilung fügt sich also nicht mit einem Wochenbeginn in diese Jahreseinteilung und ihre Monatseinteilung ein. Daher verschieben sich in den folgenden Jahren die Turnusse, bis nach 6 Jahren wieder die Ausgangslage eintritt. Das siebte Jahr zählt dann wieder als erstes Jahr des
44 Zur Kalenderfrage in einem chronologisch weiteren Rahmen s. unter: Albani M., Astronomie ... 1994, und Chyutin M., The War ... 1993. 45 Dazu siehe die kalendarischen Studien von Gleßmer U. und zum Überblick die Tabelle bei Albani M., Astronomie ... 1994,368. 46 Vgl. Josephus, Ant Vll,365·367; Vita § 1; siehe im einzelnen unten unter Kap. 8.
53
nächsten Zyklus. Der eigentliche Anfang des Priesterdienst-Zykluswar auch, wie bemerkt, nicht an den Jahresanfang und somit an die Abteilung Gamul (nach 2 Chr. 24 die xxii) gebunden, welche die Woche abdeckt, die sich im Jahr I und VII über den Jahreswechsel erstreckt und im Rahmen der Sonnenjahrrechnung als erste Abteilung genannt wird. Für den eigentlichen Beginn des Zyklus waren zwei Kriterien maßgebend, ein kalendarisch entscheidender Neumondtermin und der Kulminationspunkt der hohepriesterlichen Amtsausübung am Jom Kippur. Der Dienst in der Woche mit dem 10. Tishri (Jom-Kippur) ist im Jahr I wie im Jahr VII (Brachjahr) der Abteilung Jehojarib vorbehalten; Dasselbe geschieht im großen Zyklus von 7 x 7 Jahren des Jubiläums, wenn im Jahr 49/50 (Jobeljahr) und dann wieder nach der siebten Jobelperiode die Ausgangslage erneut eintritt. 47 Dieser Umstand dürfte die Spitzenposition der Abteilung Jehojaribs in 1 Chr. 24 begründen, die also mit einem System der Priesterklasseneinteilung zusammenhängt, die auf dieses Kalender- und Zeitrechnungssystem abgestimmt ist und eine entsprechende Rangfolge von 4 Priestergruppen (A-D) zu je 6 Abteilungen impliziert (s. unten in Kap. 8).48 Die Abteilung Jehojarib tritt also ihren Dienst im Jahr I (und wieder VII) wegen des Jom Kippur bereits nach dem ersten Sabbat des zweiten Halbjahres an, und auch in den folgenden Jahren des Zyklus verbleibt diese Woche der Gruppe Jehojaribs (s. unten Kap. 8). Der Dienstantritt der zweiten Ab~ teilung Jeda 'jah, der ersten Abteilung der zweiten Gruppe, erfolgt (im Jahr I) am Sonntag, den 12. VII., an einem Neumondtermin, also am l. Tishri des Mondkalenders. Die Abteilung Jehojarib wurde also dem eigentlichen Zyklus beginn vorgeschaltet. Nach dem Reform-Mondkalender müßte Jehojarib, um im Jahr I in der Woche des Jom Kippur zu dienen, in diesem System zwei Wochen vorrücken. Damit würde Jehojaribs Position zwar behauptet, aber die Gruppe und Abteilung Jeda 'jah ihre prominente Ppsition,mit der ersten Woche des Mondjahres als ihrer ersten Dienstwoche einbüßen. Ein solches Vorrücken im Zyklus wäre praktisch aber sowieso kaum durchführbar gewesen, daher blieb es beim Übergang zum Mondkalender beim bestehenden Turnus. Ist also für einen Wochentag die zugehörige Priester-Dienstabteilung und eine Jahreszahl bekannt, ergibt sich anhand dieses Systems und der bekannten Sabbat- und Jobeljahre (die dabei nach dem 47 Siehe dazJl Albani M., Astronomie und Schöpfungsglaube ... 1994,284ff., und die dort angegebene Literatur" (v.a. GJeßmer U.). Ferner siehe dort auf Seite 368 die Tabelle für 7 x 7 Jobelperioden. 48 Die priesterliche Position der Hasmonäer, die sich dieser Abteilung zurechneten, erscheint so gesehen in einem giinstigeren Licht, als meist angenommen wird. Auch die bei Josephus in Vita § 1 zu findende Hervorhebung der Abteilung Jehojaribs entspricht also den historischen Tatsachen.
54 Sonnenkalender gerechnet werden müssen!) das Gerüst für eine Chronologie, das im Rahmen einer Zeittafel mit tabellarischer Synchronisierung der bekannten Kalender- und Zeitrechnungs systeme ungemein nützlich sein könnte. In der kalendarischen Tradition, die in den Qumrantexten, im äth. Henoch und im Jubiläenbuch bezeugt ist, orientierte man sich also für die Monatseinteilung (a 30 Monaten), die Quartalseinteilung (mit 1 Zusatztag) und für den Festzyklus am Sonnenjahr. Den Kultdienst-Turnus band man zu Beginn des Zyklus an den Mondlauf, ließ den Zyklus also an einem Neumond beginnen, da die Turnusse aber auf 7-Tage-W 0chen .verteilt und somit an die Sabbate gebunden waren, ergab sich auch bei dem an das Sonnenjahr angepaßten Mondkalender eine Diskrepanz zur Monats- und Jahreseinteilung, die nur dank Interkalationen in den entsprechenden Zyklen aufgehoben wird. Die Qumrangemeinschaft verfocht also nicht etwa exklusiv den Sonnenkalender, sie kombinierte ihn entsprechend einer offenkundig älteren Tradition mit dem rangmäßig allerdings nachgeordneten Mondkalender, nach dem sich die an die .Sabbate gebundene DienstturnusEiriteilung für das Kultpersonal richtete, die auch in 1 Chr 24 und dann noch bei Josephusund in der rabbinischen Tradition bezeugt ist. Daher synchronisierte man in Qumran den Mondkalender auch mit Hilfe umfangreicher Listen mit dem Sonnenkalender (4Q320-330). Die beiden Systeme kommen aber im Rahmen von Siebenjahreszyklen und Jubiläenbzw. Jobelperioden (49/50-Jahreszyklen) zur Deckung. Bei der Erstellung eines einzigen Kalenders stellte sich natürlich die Frage, woran man sich vorzugsweise orientieren soll, am Mond- oder amSonneniauf. Aber beide sind in der Schöpfung im wahren Sinne des Wortes maßgebend, und daher richtete man· sich· in bestimmten Bereiphen eben nach dem einen oder anderen System und suchte im übrigen die beiden zu harmonisieren. In der Fachliteratur wurde für Qumran die Kalenderfrage oft fIi1schlich als exklusive Alternative zwischen Sonnen- und Mondkalender dargestellt. Der neue, kompliziertere Befund paßt aber zu dem, was auch aus verwandten frühjüdischen Schriften, vor· allem aus dem Buch der Jubiläen und dem astronomischen Henochbuch (äthHen 72-82) zu erheben ist. 49 7.2 Das Jahr I des 6-Jahre-Zyklus A-DIl-6 = Gruppe und Rang in der Gruppe; i-xxix = Reihenfolge nach 1 Chr 24; OVollmond *Neumond; kursiv: Monclmonat mit SabbatDaten. 49
Dazu und zum kalendarischen System auf seinem antiken Hintergrund siehe v. a. Albani M., Astronomie und Schöpfungsglaube ... 1994.
55 QUARTAL 1: NISAN Monat 1: Nisan Tele'/Widder (Jahr I: B/6 xxii Gamul) 001 50 NEUJAHRSFEST 01 0 Mi 002 WEIHFEST I 02 02 Do 03 003 WEIHFEST II 03 Fr 04 004 04 Sa
(Adar)
14 15 16 17
.....................................................................................
05 06 07 08 09 10 11
So Mo Di Mi Do Fr Sa
Jahr I: C/6 xxiii Delajah 05 005 WEIHFEST 06 006 WEIHFEST 07 007 WEIHFEST 08 WEIHFEST 008 09 WEIHFEST 009 10 WEIHFEST 010 02 02 11 011
.... " .......
"."
12 13 14 15 16
Jahr I: D/6 xxiv Ma'azjah 12 012 13 013 14 013 PASSAH 15 MAZZOT I 015 16 016 MAZZOT II
So Mo Di Mi Do
III IV V VI VII VIII
18 19 20 21 22 23 24
................................................................................ 25 26 27 28 29
--------------------------------------------- Ni san 17* 'Fr 18 Sa
03
03
17 18
017 018
MAZZOT III
01
.................................................................................................... 19 20 21 22 23 24 25
So Mo Di Mi Do Fr Sa
Jahr I: A/l i Jehojarib 19 019 MAZZOT IV 20 020 MAZZOT V 21 021 MAZZOT VI 22 MAZZOT VII 022 23 023 24 024 04 04 25 025
26 27 28 29 30 0
So Mo Di Mi Do
Jahr I: B/l 11 Jeda'jah 26 026 01 53 Omer 27 027 02 28 028 03 29 04 029 30 030 05
02 03 04 05 06 07 08
............................ .. ......................................................................
50 Tag im Jahr. 51 Sabbat im Quartal. 52 Sabbat im Jahr. 53 Zählung der FilnfZige1]>eriode.
09 10 11
12 13 0
56 Monat 2: 'Ijjar 01 Fr 02 Sa 05 05
ShorlStier 31 32
031 032
06 07
Passah 14 15
.............................................................................................. Jahr I: Cl1 iii Charim 03 04 05 06 07 08 09
So Mo Di Mi Do Fr Sa
06
06
33 34 35 36 37 38 39
033 034 035 036 037 038 039
08 09 10 11
12 13 14
Omer 16 17 18 19 20 21 22
.......................................................................................... Jahr I: nIl iv Se -orim 10 11 12 13 14 15 16
So Mo Di Mi Do Fr Sa
07
07
40 41 42 43 44 45 46
040 041 042 043 044 045 046
15 16 17 18 19 20 21
23 24 25 26 27 28 29
........................................................................................... --------------------------------------------- Ijjar
Jahr I: A/2 v Malkijah 17* 18 19 20 21 22 23
So Mo Di Mi Do Fr Sa
08
08
47 48 49 50 51 52 53
047 048 049 050 051 052 053
22 23 24 25 26 27 28
01 02 03 04 05 06 07
........................................................................................... Jahr I: B/2 vi Mijamin 24 25 26 27 28 29 30 0
So Mo Di Mi Do Fr Sa
09
09
54 55 56 57 58 59 60
054 055 056 057 058 059 060
29 30 31 32 33 34 35
08 09 10 11 12 13 14 0
57 Monat 3: Siwan Te '&mim/Zwillinge Jahr I: C/2 vii Haqq0'i' 61 061 36 01 So 62 062 37 02 Mo 63 063 38 03 Di 64 064 39 04 Mi 65 065 40 05 Do. 66 066 41 06 Fr 67 067 42 07 Sa 10 10
15 16 17 18 19 20 21
.................................................................................................. 08 09 10 11 12 13 14
So Mo Di Mi Do Fr Sa
Jahr I: D/2 viii 68 69 70 71
11
11
72 73 74
'Abijah 068 43 069 44 070 45 071 46 072 47 073 48 074 49
22 23 24 25 26 28 29
...................................................................................................... Jahr I: A/3 ix Jeshu a 15 So 75 075 50/1 WOCHENFEST --------------------------------------------- Siwan 76 076 16* Mo 02 01 17 Di 077 03 02 77 78 18 Mi 078 04 03 79 079 05 04 19 Do 80 080 06 05 20 Fr 21 Sa 12 12 81 081 07 06
................................................................................................... So Mo Di Mi Do Fr Sa
Jahr I: B/3 x Shekanjah 82 082 08 83 083 09 84 084 10 85 085 11 86 086 12 87 087 13 13 13 88 088 14
29 0 So 30 Mo 31 Di
Jahr I: C/3 xi 'E1jashib 89 089 15 90 090 16 91 091 17
22 23 24 25 26 27 28
Woahenfest 07 08 09 10 11
12 13
14 0 15 16
58 JAHR I QUARTAL 2: TAMMUZ Monat 4: Tammuz SARTAN/KREBS 01 092 01 Mi 02 093 02 Da 03 Fr 03 094 01 04 095 04 Sa 14
18 19 20 21
17 18 19 20
..... . ................................................ . ................................. ': '.,
05 So 06 Mo 07 Di 08 Mi 09 ,Do 10 Fr 11 Sa
'
Jahr I: D/3 xii Jaqim 05 096 06 097 07 098 08 099 09 100 10 101 15 02 11 102
22 23 24 25 26 27 28
21 22 23 24 25 26 27
.. -.... ':............................................................................................. :
12 13
14
Sb Mo, Di
Jahr I: A/4 xiii 12 13 14
Chuppah 103 29 30 104 105 31
~.~------------------------------------------
15* 16 17 18
Mi Do Fr Sa
16
03
15 16 17 18
106 107 108 109
32 33 34 35
28 29 30 Tanunuz 01 02 03 04
/.; .,xxii Gamul Jahr 1 Omer Jahr 2 Neujahr/Weihfest 1-11 Jahr 1 Sukkot I-III
ili Charim J ' .Gruppe C: iii Charim mit: vü Haqqoc,:; xi 'Eljashib; Bilgah; xix Petachjah; ·.i,li) xxiii Delajah Jahr 1 Weihfest III-VIII Jahr 2 Ölfest/Holzfest I-VII ~t; Jahr 1 Sukkot IV-VIII ic
'
0/f'(
iv. Se'orim Gruppe D: iv Se' orim mit: viii 'Abijah; xii Jaqim; xvi 'Immer; xx Jechezqe 'I; . xxiv Ma' azjah Jahr 2 PassahiMazzot I-III Jahr 4 Weinfest Jahr 2 Holzfest VI/Gedenktag
91 v
vi
vü
Malkijah . Gruppe A: i Jehojarib mit: ix Jeshua'; xlii Chuppah; xvli Chezir; xxi Jakin Jahr 2 Mazzot IV-VII Jahr 6 Wochenfest Jahr 2 Jom Kippur Mijamin Gruppe B: li Jeda 'jah mit: x Shekanjah; xiv Jesheb'ab; xvili Happiggeg; xxü Gamul Jahr 2 Omer Jahr 3 Neujahr/Weihfest 1-11 Jahr 2 Sukkot I-III Haqqo~
Gruppe C: ili Charim mit: xi 'Eljashib; xv Bilgah; xix Petachjah; xxiii Delajah Jahr 3 Weihfest III-VIII Jahr 3 ÖlfestlHolzfest I-V Jahr 2 Sukkot IV-VIII vüi 'Abijah Gruppe D: iv Se' orim mit: xii Jaqim; xvi 'Immer; xx Jechezqe'l; xxiv 'Abijah Jahr 3 PassahiMazzot I-III Jahr 5 Weinfest Jahr 2 Holzfest VI/Gedenktag ix
Jeshua' Gruppe A: i Jehojarib mit: v Malkijah; xlii Chuppah; xvli Chezir; xxi Jakin Jahr 3 Mazzot II1-VII Jahr 1 Wochenfest Jahr 3 Jom Kippur
x
Shekanjah Gruppe B: li Jeda 'jah mit: vi Mijamin; xiv Jesheb'ab; xvili Happiggeg; xxü Gamul Jahr 3 Omer Jahr 4 Neujahr/Weihfest 1-11 Jahr 3 Sukkot I-I1I
92
xi
'Eljashib Gruppe C: üi Charim mit: vii Haqqoc; xv Bilgah; xix Petachjah; xxiii Delajah Jahr 4 Ölfest/Holzfest VI Jahr 4 Weihfest III-VIII Jahr 3 Sukkot IV-VIII
xii Jaqim Gruppe D: iv Se' orim mit: vüi 'Abijah; xvi 'Immer; xx Jechezqe'l; xxiv Ma'azjah Jahr 4 Passah/Mazzot I-III Jahr 6 Weinfest Jahr 4 Holzfest VI/Gedenktag xiii Chuppah Gruppe A: i Jehojarib mit: v Malkijah; ix Jeshua'; xvüi Chezir; xxi Jakin Jahr 4 Mazzot III-VII Jahr 2 Wochenfest Jahr 4 Jom Kippur
xiv Jesheb'ab Gruppe B: ii Jeda 'jah mit: vi Mijamin; x Shekanjah; xvüi HappicceC; xxii Gamul Jahr 5 NeujahrlWeihfest 1-11 Jahr 4 Omer Jahr 4 Sukkot I-I1I
xv
Bllgah Gruppe C: üi Charim mit: vii Haqqoc; xi 'Eljashib; xix Petachjah; xxiii Delajah Jahr 5 Ölfest/Holzfest I-V Jahr 5 Weihfest III-VIII Jahr 4 Sukkot IV-VIII
xvi 'Immer Gruppe iv Se' orim mit: vüi 'Abijah; xii Jaqim; xx Jechezqe'l; xxiv Ma' azjah Jahr 5 PassahiMazzot I-III Jahr 1 Weinfest Jahr 5 Holzfest VI/Gedenktag
93
xvü Chezir Gruppe A: i Jehojarib; mit: v Malkijah; ix Jeshua'; xiii Chuppah; xxi Jakin; Jahr 5: Mazzot IV-VII Jahr 3 Wochenfest Jahr 5 Jom Kippur xviü
Happi~~e~
Gruppe B: ii Jeda 'jah mit: vi Mijamin; x Shekanjah; xiv Jesheb'ab; xxii Gamul Jahr 5 Omer Jahr 6 NeujahrlWeihfest 1-11 Jahr 5 Sukkot I-III xix Petachjah Gruppe C: iii Charim mit: vii Haqqoc; xi 'Eljashib; xv Bilgah; xxiii Delajah Jahr 6 Ölfest/Holzfest I-V Jahr 6 Weihfest III-VIII Jahr 5 Sukkot IV-VIII xx
Jechezqe'l Gruppe D: iv Se' orim mit: viii 'Abijah; xii Jaqim; xvi 'Immer; xxiv Ma' azjah Jahr 6 PassahiMazzot I-III Jahr 2 Weinfest Jahr 6 Holzfest VI. Gedenktag
xxi Jakin Gruppe A: i Jehojarib mit: v Malkijah; ix Jeshua'; xiii Chuppah; xvii Chezir Jahr 6 Mazzot IV-VII Jahr 4 Wochenfest Jahr 6 Jom Kippur
xxii Gamul Gruppe B: ii Jeda 'jah mit vi Mijamin; x Shekanjah; xviii HappicceC; xiv Jesheb'ab Jahr 6 Omer Jahr 1 NeujahrlWeihfest 1-11 Jahr 6 Sukkot I-III
94
xxiii Delajah Gruppe iii Charim mit: vü Haqqoc; xi 'Eljashib; xv Bilgah; xix Petachjah Jahr 1 Weihfest III-VIII Jahr 1 ÖlfestlHolzfest I-V Jahr 6 Sukkot N-VIII xxiv Ma' azjah Gruppe: iv Se' orim mit viii 'Abijah; xii Jaqim; xvi 'Immer; xx Jechezqe'l Jahr 1 Passah/Mazzot 1-111 Jahr 3 Weinfest Jahr 1 Holzfest VI 8.3 Festtermine (12), Dienstabteilungen (24), Gruppen (4) Fest
Jahr
Dienstabteilung
1 2 3 4 5 6
Gruppe B - Jeda 'jah xxii Gamul Jeda 'jah ü vi Mijamin Shekanjah x xiv Jesheb'ab xviii HappicceC
1 2 3 4 5 6
Gruppe C - Charim Delajah xxiü iii Charim vü Haqqoc 'Eljashib xi xv Bilgah Petachjah xix
1 2 3 4 5 6
Gruppe D - Se' orim xxiv Ma 'azjah Se'orim iv vili 'Abijah xü Jaqim xvi 'Immer xx Jechezqe' I
1. NeujahrlWeihfest 1-11:
2. Weihfest III-VIII:
3. Passah/Mazzot 1-11:
95 4. Mazzot N-VII: 1 2 3 4 5 6 5.0mer: 1 2 3
4 5 6 6. Wochenfest: 1 2 3 4 5 6 7. Weinfest:
Gruppe A - Jehojarib Jehojarib i Malkijah v Jeshua ix Chuppah xiii Chezir xvii Jakin xxi Gruppe B - Jeda 'jah Jeda 'jah ii vi Mijamin Shekanjah x Jesheb'ab xiv xviii Happi~ce~ xxii Gamul Gruppe A ix xiii xvii xxi v
- Jehojarib Jeshua Chuppah Chezir Jakin Jehojarib Malkijah
1 2 3 4 5 6
Gruppe D - Se' orim xvi 'Immer Jechezqe'el xx Ma'azjah xxiv Se'orim iv viii 'Abijah xii Jaqim
1 2 3 4 5 6
Gruppe C - Charim xxiii Delajah iii Charim vii Haqqo~ xi 'Eljashib xv Bilgah Petachjah xix
1 2
Gruppe D - Se' orim xxiv Ma'azjah Se'orim iv
8. Öl-/Holzfest I-V:
9. Holzfest VI. Gedenktag:
96 'Abijah Jaqim 'Immer Jechezqe' 1
3 4 5 6
vili xü xvi xx
1 2 3 4 5 6
Gruppe A - Jehojarib Jehojarib Malkijah v Jeshua ix Chuppah xili Chezir xvü Jakin xxi
1 2 3 4 5 6
Gruppe B - Jeda 'jah Jeda'jah ü Mijamin vi Shekanjah x xiv Jesheb'ab xvili Happi««e« Gamul xxü
1 2 3 4 5 6
Gruppe C - Charim Charim ili vü Haqqo« 'Eljashib xi xv Bilgah Petachjah xix Delajah xxiü
10. Jom Kippur:
11. Sukkot I-III:
12. Sukkot IV-VIII:
8.4 Vollmond (0) und Neumond (*) zu Beginn und Schluß der Priesterabteilungs-Diensttumusse a) Nach Jahren Jahr I *So 17.02. Malkijah
Mijamin 30.02.Sao
°S029.03. Eljashib Jakin
14.06.Sa*
*So 12.07. Jeda 'jah Charim 25.07.Sa o Happi««e« 09 .11.Sa * °So 22.12. Jehojarib
97 Jahr 11 Chezir
18.04.Sao
°So 17.05. Gamul 'Abijah 02.08.Sa* *So 01.9. Chuppah
. Jahr III °So 10.02. Jaqun *So 24.05. Charim
Jesheb'ab 14.09.Sao Malkijah 28.12.Sa*
Se'orim 07.06.Sa o
°So 05.07. Jeshua' Petachjah 21.09.Sa* *So 19.10. Ma'azjah
Jahr IV . °So 17.02. Chezlf
°So 12.07. Jesheb'ab
Jehojarib 02. l1.Sa o
Happü.cec 30.02. 'Sao Jeshua' 14.06. Sa* Bilgah 25.07. Sao Mijamin 09.11. Sa *
°So 22.12. Chuppah , . Jahr V *So 05.04. Se onm °So 17.05. Shekanjah *So 01.09. Jehojarib
Jahr VI , . °So 10.02. Ma aZJah *So 24.05. Bilgah
Malkijah 18.04.Sao Jeda 'jah 14.9. Sao Chezir 28.12. Sa*
'Immer 07.06. Sa o
°So 05.07. Jakin Haqqoc 21.09.Sa* *So 19.10. Jaqim
98 b) Nach Priestergruppen A i Jehojarib A i Jehojarib A v Malkijab
A ix Jeshua' A xiii Chuppah A xiii Chuppah A xvü Chezir
A xxi Jakin B ü Jeda'jah B x Shekanjah B xii Jaqim B xiv Jesheb'ab
Bxxü Gamul C ili Charim C xi Eljashib
Cxv Bilgah
°So 22.12. I A i Jehojarib *So 01.09. V *So 17.02. I A v Malkijah A v Malkijah °So 05.07. III , A ix Jeshua *So 01.09. 11 °So 22.12. IV A xvü Chezir °So 17.02. IV A xv Chezir A xxi Jakin °So 05.07. VI *So 12.07. I B vi Mijamin °So 17.05. V °So 10.02. III B xiv Jesheb'ab °So 12.07. IV B xvili Happü.'te't B xvili Happi't'te't °So 17.05. 11 C üi Charim *So 24.05. III C vü Haqqo't °So 29.03. I C xv Bilgah *So 24.05. VI C xix Petachjah
D iv Se'orim *So 05.04. V D vili 'Abijah D xü Jaqim *So 19.10. VI D xvi 'Immer D xxiv Ma'azjah *So 19.10. III D xxiv Ma'azjah °So 10.02. VI
02.11.Sa o III
28.12.Sa* 11 18.04.Sa o V 14.06. Sa* IV 18.04. Sa o 11 2'8.12. Sa* V 14.06. Sa* I
30.02. Sao I 14.09. Sa o 11 09.11. Sa * I 30.02. Sa o IV 25.07. Sa o I 21.09. Sa* VI 25.07. Sa o IV 21.09. Sa* III 07.06. Sao III
D iv Se'orim
02.08. Sa* 11 07.06. Sa o VI
99 c) Verteilung auf die 4 Gruppen Die Verteilung dieser Termine auf die 4 Gruppen entspricht der Rangfolge in 1 Chr 24 und in den Qumrantexten. Und auch hierbei fällt ins Auge, daß die Gruppe Jehojarib deutlich an der Spitze rangiert und dabei die Abteilung Jehojarib eine einzigartige Konstellation aufweist. Der besondere Rang dieser Gruppe, der im Verhältnis zum Festzyklus mit dem Tag VII von Passah/Mazzot, dem Wochenfest (Weizenerstlings- und Bundesschluß- bzw. Torahoffenbarungsfest) und Jom Kippur zutage tritt, wird also auch im Verhältnis zu den Mondlaufdaten deutlich.
Ai Aii Aix
Jehojarib Malkijah Jeshua ' A.xiii Chuppah A xvii Chezir Axxi Jakin
Bii B vi Bx B xiv B xviii B xxii
Jeda 'jah Mijamin Shekanjah Jesheb'ab Happü.'te't GamuI
Ciii C cii Cxi C xv C xix C xxiii
Charim Haqqo't 'Eljashib Bilgah Petachjah Delajah
Anfang
Ende
0
*
0
1
1 1
1 1
1 1 1 1
1 1
1
1 1
1 1
1 1
1 1 1 1
1
1
1
1
1 1
1
0
1
1
0
0
Summe
*
1 0
3 3 2 2 3 2 15 3 1 1 2 2 1 10
2 1 1 2 1 0 7
D iv Se'orim D viii 'Abijah Dxii Jaqim
1
1 1
1
2 1 1
100
D xvi 'Immer D xx Jechezqe' I D xxiv Ma' azjah
1 0 1 1
o
1
o
0
o 2 7
d) Gesamtdaten für Voll- und Neumondtermine Beginn
Ende . Summe
A: 5° B: 4° C: 1° D: 1° 11°
2* 1* 2* 3* S*
7 4° 5 4° 3 2° 4 2° 19 12°
4* 2* 2* 1* 9*
Summe Gesamt S 9° + SO + 6
4 3 21
6* = 3* = 3° + 4* = 3° + 4* = 17*= 23°
15 11 07 07 40
101 9. Die Maßeinheiten der Zeiteinteilung
9.1 Der Siebener- und Sechserzyklus als Basiseinheit der Zeitrechnung a) Die Siebenereinheit Die konstitutive Grundzahl der Zeiteinteilung ist in diesem Rahmen die Zahl 7. Dies ist keine Besonderheit der israelitisch-jüdischen Tradition, denn Siebenheiten spielten auch in der Umwelt 'des antiken Israel und Judentums eine maßgebliche kalendarische Rolle;60 es handelt sich um eine kosmologische Größenordnung. Das Besondere der jüdischen Siebentagewoche, der Sabbatwoche, besteht darin, daß sie vom Sonntag auf den Samstag als dem siebten Tag und Ruhetag h4l abgestellt ist. Im zadokidischen Zeitordnungssystem dient der erste bzw. siebte Wochentag aber nicht als Ausgangspunkt der kalendarischen Zeitzählung, denn der Neujahrstag fällt nach dem zadokidischen Kalender auf den 4. Tag der Woche, den Mittwoch,entsprechend der Erschaffung der Gestirne in der Schöpfungswoche. Die reine Zeiteinteilung und die kalendarische Tagezählung differieren insofern um drei Tage. Das Jahr beginnt also am 1. I. nicht mit einer Woche und folglich auch nicht mit dem Dienstantritt einer Priesterabteilung. Und da die Monate· des Sonnenkalenders gleichmäßig 3Q Tage (die Quartalsschlußmonate haben allerdings einen Zusatztag) zählen, gilt dies auch für die Monatsdaten; der Monatsanfang stellt nicht einen Wochenanfang dar. In Texten, die den Kalender mit 364 Tagen voraussetzen, wie etwa das Jubiläenbuch,61 darf folglich "Monatsbeginn" nicht mit "Neumond" übersetzt werden, sonst ergibt sich ein heilloser Widerspruch zu dem im Text vorausgesetzten Festkalender .62 Die Sabbat-Woche hat auch als kombinierte Einheit von 6 Werktagen und dem Sabbat als 7. Tag eine grundlegende Berechnungsfunktion: Sechs Einheiten plus eine Zusatzeinheit ergeben die Siebenereinheit. Dies gilt für alle Ebenen von Siebenereinheiten wie Jahrwochen (7 Jahre), Jubiläen (7 x 7 = 49 Jahre, und Heptajubiläen (7 x 49 = 343 Siehe schon: Hehn J., Siebenzahl und Sabbat bei den Babyloniem und im Alten Testsment, Leipzig 1907 (Neudruck 1968); Pape M. H. - Röllig W., Wörterbuch der Mythologie, I12,263. Weitere Belege bei Albani M., Astronomie und Schöpfungsglaube, Neukirchen 1995 (s. Register "Siebenzahl"). 61 So in Kai11ZSch E., Die Apokryphen und Pseudepigraphen des Alten Testsments Bd. 11, Tübingen 1900 (1921), Nachdruck Dannstadt 1962, und K. Berger, Das Jubiläenbuch, Göttingen (JSHRZ W3) 1981; Charlesworth J. C., Tbe OId Testsment Apocl}'pha voL 11, Garden City 1985. 62 Richtig bei VanderKam J. C., Tbe Book of Jubilees, vol. 11 Louvain 1989, und Sacchi P. etc., Apocrifi deI Antico Testsmento, Torino 1989.
60
102
Jahre). Auf diesen höheren Ebenen erhalten die aus 6 + 1 Einheiten bestehenden "Wochenperioden" in Verbindung mit der Geschichtsperiodisierung eine zusätzliche, chronographische Bedeutung. Aber schon auf der schlichten Siebener-Ebene weist der scheinbar rein numerische Sachverhalt eine theologische und kultgeschichtliche Relevanz ersten Ranges auf. Beginnt man die Zeiteinteilung mit dem 1. Schöpfungstag, ist zwar erst der 7. Tag der Sabbat. Die Besonderheit des Sabbat besteht aber in dieser Sicht darin, daß der Tag 1 (Sonntag) als erster Tag nach einem virtuellen Sabbat (als Jahr 0) betrachtet werden kann, was jeden späteren Sabbat als Wiederkehr eines präexistenten Sabbat erscheinen läßt. Und natürlich symbolisiert der Sabbat als siebter Tag der Schöpfungswoche zugleich die Vollendung der Schöpfung. In diesem Sinne hat nicht nur der Sabbat, sondern auch die Priesterdienst-Einteilung gegenüber der am Gestimslauf orientierten Jahresund Monatseinteilung dieses Systems schöpfungsgeschichtlich gesehen einen Vorrang. 63 Von geschichtstheologischem Belang wird dies auf der Ebene der hohen Siebenereinheiten, auf denen hohe Siebenerperioden (ein Jubiläum oder Heptajubiläum) der Position des Sabbattages in der Woche entsprechend zu einem berechneten Geschichtsendtermin in Beziehung gesetzt werden und diesen sogar "überdauern", weil unterschiedlich lang deflnierte Perioden sich überschneiden. Es gibt in dieser Sichtweise also geschichts-transzendierende Zeit: vor, nach und im Grunde über der Weltgeschichte. In der späteren jüdischen Tradition wirkt dieses Grundkonzept nach, wenn von "Dieser Welt" und von der "Kommenden Welt" die Rede ist, sofern dabei nicht einfach zwei sukzessive Geschichtsperioden oder eine bloße Fortsetzung der Weltzeit in die Ewigkeit gemeint ist, sondern ein allzeit präsenter Äon jenseits von Raum und Zeit, ebensowenig zu deflnieren wie die Gottheit selbst. Und es ist gerade diese "Kommende Welt", nicht etwa die "messianische Zeit", die mit der traditionellen Sabbatsymbollk verbunden ist. b) Die Sechsereinheit des Priesterdienstturnus Wie oben ausführlich dargelegt wurde und auch in den folgenden Tabellen wieder zutagetritt, waren die 24 Priesterdienst-Abteilungen in 4 Gruppen (A-D) zu je 6 Abteilungen (1-6) eingeteilt. Auf der Wochenebene dient eine Abteilung 6 Tage und wechselt am 7. Tag, der als 1. Diensttag der folgenden Abteilung zählt. In den Folgejahren fällt daher dieser 7.11. Tag kontinuierlich zurück, bis mit dem 7. Jahr wieder die 63
Siehe Albani M., Astronomie und Schöpfungsglaube, Neukirchen 1995, S. 273ff., der vOlWeg den mesopotamischen Hintergrund darsteUt.
103 Ausgangslage eintritt. Dieses Phänomen wiederholt sich auf den höheren Siebenerebenen. Das heißt aber, daß man durch diese Art der Einfügung von Priesterdienst-Sechsertumussenin die Sabbatstruktur automatisch zur Konstruktion höherer Sechser- und Siebenereinheiten veranlaßt wurde und somit über das Kalendersystem zu einem Zeitrechnungssystem mit entsprechenden Periodenlängen gelangte: 7 Jahre, 49 Jahre, 294 Jahre, 343 Jahre und 490 Jahre. Und da sich das Phänomen der Diensttumus-Verschiebung innerhalb dieser Zyklen auf höherer Ebene wiederholt, war es möglich, die Jahre, Jahrwochen, Jubiläen, Hexajubiläen (294 Jahre = 6 Jubiläen), Heptajubiläen (343 Jahre = 7 Jubiläen) und Dekajubiläen (490 Jahre = 10 Jubiläen) nach den Namen jener Priesterabteilung zu benennen, die jeweils zum Periodenbeginn am Jahreswechsel Dienst hätte. Das sind stets die Abteilungen der Gruppe B in der Folge B6, BI, B2, B3, B4 und B5. Auf diese Weise wurde die kultdienst-organisatorische Zeiteinteilung zu einer kulttheologisch untermauerten Geschichtsperiodisierung ausgebaut. Konsequent durchgeführt, errechnete man von der eigenen Periode und ihrer Kultdienstordnung als Basis ausgehend anhand von Daten der Tradition die ganze Vorgeschichte und brachte sie in dieses Schema, konnte aber auf die gleiche Weise auch vorausrechnen und somit die gesamte Weltzeitchronologie entwerfen. Unter den bisher bekannten Beispielen der Weltchronographie64 stellt dieses System wohl das imposanteste dar, weil es in sich völlig schlüssig ist und mit dem Jahreskalender von 364 Tagen noch den großen Vorteil einer fIxen Position von Wochen- und Monatstagen aufweist. Die Zahlen 296, 343 und 490 sind nicht nur hinsichtlich der Zeitrechnung von Interesse, sie sind auch metrologisch von Belang, es handelt sich um das Verhältnis 6 zu 7 zu 10. Es ist schwerlich ein Zufall, daß die Westmauer der herodianischen Tempeleinfassung 490 m lang ist, das ganze Rechteck, das bei einem Neubau auch der Ostmauer entstanden wäre, 490 x 294 m (10 zu 6) ausgemacht hätte, was in Ellen unterschiedlicher Länge eben auch runde Zahlen ergibt. Die Sakralarchitektur orientierte sich auch unter König Herodes noch an kosmologisch vorgegebenen und daher nicht nur chronographisch relevanten Daten. 65
64 65
Vgl. zum Überblick: Finegan 1., Handbook of Biblieal Chronology, Prineeton 1964. Hier auch weitere Literatur. Maier J., The Arehiteetural History of the Temple in Jerusalem in the Light of the Temple SeroU, in: BrookeG. J. (ed.), Temple SeroU Studies, Sheffield 1989,23-62.
104 c) Zeitmessung lind Geschichtsperiodisierung Es gibt somit zwei Zeitbegriffe und Zeiteinteilungssysteme, die aber durch die Siebener-Grundeinheit verbunden sind. Der eine Zeitbegriff wird von der jahres-kalendarischen Definition abgesetzt und ihr schöpfungstheologisch vorgeordnet, der andere ist mit einem durch Sonnenund Mondlauf bestimmten, kalendarischen Zeitmessungssystem verbunden. Die kultische Institution der in die Siebenereinheiten eingebauten Priesterdienstzyklen verbindet die beiden durch Koinzidenzen im Rahmen übergeordneter Siebenereinheiten, wobei es (dank Interkalation in jedem 3. Jahr) auch zu Synchronismen zwischen den mondlauforientierten und den sonnenlauforientierten Jahreseinheiten bzw. Jahrwocheneinheiten kommt. Die kosmologische bzw. schöpfungstheologische Verankerung der Kultdienstordnung konnte kaum eindrucksvoller zum Ausdruck gebracht werden. Damit ist aber auch völlig klar, wieso man gerade 24 Priesterabteilungen mit4 Gruppen zu je 6 Abteilungen eingerichtet hat und daß es auf der Basis dieses Kalendersystems gerade nicht 26 Priesterabteilungen geben konnte, wie auf Grund von 1QM 11 zunächst irrtümlich angenommen worden ist, sondern nur 2 x 26 Dienstturnusse im Jahr. Das Faszinierende an der so simpel erscheinenden Relation zwischen kultdienstlichen Sechserzyklen und kosmologischen Siebenerzyklen ist der bereits erwähnte Umstand, daß auf den höheren Ebenen der Zeiteinteilung - rechnerisch - Koinzidenzen zwischen Sonnenkalenderdaten und Mondkalenderdaten auftreten, weil im Siebenjahreszyklus nach dem 1. Jahr im jeweils 3. Jahr infolge einer Interkalation des Mondjahres durch einen zusätzlichen Mondmonat (Adar 11) das Mondjahr mit dem Sonnenjahr gleichgeschaltet werden kann, ohne daß der kontinuierliche Lauf der Priesterdienstzyklen beeinträchtigt wird. Auch innerhalb eines 6-Jubiläenzyklus zu 294 Jahren ergibt sich ein kalendarischer Ausgleich: die jahreszeitliche Verschiebung infolge der unterschiedlichen Jahreslängen von 364 und 365,25 Tagen wird aufgehoben: 292 x 1,25 = 365,00. Diese Restauration des Urzustandes nach 6 Jobelperioden wird durch eine Jobelperiode gekrönt - und erreicht ein Heptajubiläum mit 343 Jahren (s. u.). Man war sich also dieser'Tatsache wohl (wenn auch nicht unbedingt ganz genau der Differenz 1,25) bewußt. Nicht bloß die 365 Lebensjahre Henochs sprechen dafür, denn im Buch der Jubiläen Kap. 3,21 wird behauptet, Henoch habe nach der Geburt Methusalas 6 Jubiläen = 294 Jahre bei den Engeln verbracht und dort kalendarische und chronographische Offenbarungen empfangen. Für die Umrechnung in unseren Kalender bedeutet dies, daß man mit jedem Hexajubiläum (296 Jahre) 1 Jahr abzuziehen hat, von 588
105 Jahren 2 - wie eben im Fall der 586 Jahre v. Chr. mit der Tempelzerstörung: Es sind 588 Jahre von 364 Tagen. Und bei all dem werden die Priesterdienst-Turnusse von 6 Tagen (mit dem 7. Tag als 1. Tag des folgenden Turnus) samt den Namen ihrer Abteilungen in ihrer Turnusfolge auf die höheren Ebenen übertragen und so in die Siebenerzyklen der jeweiligen Ebene integriert. Die~ ser letzte Umstand zwang dazu, bei jeder Erwägung von Interkalationsmöglichkeiten (zum periodischen Ausgleich der Jahreslängen von 364 und 365,25 Tagen) die Kontinuität der Priesterdienstzyklen ebenso wie die Sabbatstruktur vorrangig zu wahren, da man diese in der ewigen Zeitordnung verankert wußte und sie daher als unveränderlich galten. Es war von daher gesehen nicht möglich, daß eine solche Interkalation, die ohne Rücksicht auf die Priesterdienstzyklen leicht möglich gewesen wäre, praktiziert werden konnte. 9.2 Die Jahrwoche und das Sabbatjahr Die Jahrwoche zu 6 Jahren mit dem Sabbatjahr als Abschluß .stellt die eigentlich konstitutive Siebener-Grundeinheit der mit Jahren rechnenden Zeiteinteilung dar. Dabei versteht es sich von selbst, daß das Sabbatjahr als siebtes Jahr mit dem 1. I. des siebten Jahres, also am 1. Nisan und somit im Frühjahr beginnt. Diese Tatsache ist sowohl sozialgeschichtlich als auch für die chronologische Auswertung und Bewertung von Angaben über Sabbatjahre von großer Bedeutung. Es geht hier nicht um das Alter und die tatsächliche Geschichte dieser Institution in früher Zeit. Da aber die einschlägigen Qumrantexte dem Sabbatjahr eine hohe Bedeutung beimessen und in frühjüdischen Texten wiederholt von Sabbatjahren die Rede ist, was für die Chronologie eine gewisse Rolle spielt (s. Kap. 11), ist hier auf den Beitrag zu verweisen, den die Qumrantexte zu dieser Frage leisten können. Die biblischen Belege geben über das Sabbatjahr ja nicht in eindeutiger Weise Auskunft, daher wurde das Thema in der Forschung auch recht kontrovers diskutiert, was hier aber nicht rekapituliert werden kann und soll. Hier gilt es nur, gewisse Diskrepanzen aufzuzeigen, die offenbar auf eine alte Diskussion über die Ansetzung des Sabbatjahrbeginns zurückzuführen sind. Das "Sabbatjahr" wird Ex 23,10-11 expressis verbis in Analogie zur Woche mit 6 Arbeitstagen und dem Sabbat als Tag der Arbeitsruhe als siebentes Jahr definiert, an dem ebenfalls Arbeitsruhe gilt: Sechs Jahre sät und erntet man, im siebenten Jahr beides nicht; den Ertrag des siebten Jahres sollen Arme essen, weil sie ja keine Vorräte haben, den Rest das Wild fressen. Hier gibt es im Sabbatjahr eine Ernte, die nicht geerntet werden darf, aber den Armen überlassen bleibt, was dem
106 Sabbatjahr eine soziale Funktion zuweist. 66 Die Aussaat fmdet also vor dem Sabbatjahrbeginn statt, und das ist nur bei Frühjahrsbeginn (s. unten) möglich. Hingegen gibt es nach Lev 25,5 einen verbotenen Nachwuchs nach einer vorausgesetzten Ernte (nach dem 1. Nisan), was eher auf Herbstbeginn hindeutet, aber auch rituell verstanden werden kann: was im Sabbatjahr wächst, ist tabuisiert; und dieser Nachwuchs soll den von der Natur dafür primär vorgegebenen Verbrauchern, den Tieren, verbleiben. Die Konsequenz ist, daß für die Armen im Sabbatjahr keine Ernte zur Verfügung steht, und daß sie sich mit dem nicht sonderlich üppigen Nachwuchs vom VoIjahr her begnügen müssen. Lev 25 erwähnt die Armen gar nicht direkt, definiert jedoch v. 6 den Adressaten der Vorschrift als Besitzer und Haushaltsvorstand. Der Schluß in Lev 25,5-6 ist zweideutig. Ein synoptischer Vergleich der beiden Gesetzestexte zeigt deutlich, daß die Leviticus-Fassung des Gesetzes nicht konsistent ist und daß die so unterschiedliche Formulierung der beiden Fassungen und im Fall von Lev 25 auch die recht umständliche und umfangreiche Ausführung einen konkreten Grund gehabt haben muß: eine Diskussion um den Herbst- oder Frühlingsanfang des Sabbatjahres. 67 Für die folgende wörtliche Übersetzung wurden v.a. wegen der Exoduspassage Wörter (wie "Jahrzeit" statt "Jahr") gewählt, die wie die entsprechenden hebräischen Wörter Feminina sind, um Eigenart und Zweideutigkeit des hebräischen Wortlauts zu bewahren. Ex 23,10-11
(,Sechs Jahr(zeit)e(n) spllst du besäen deine Landerde
und einbringen ihre Ertragsfrucht,
Lev 25,2-8 «Wenn du zum Land kommst, das ich euch gebe, dann ruhe das Land eine Arbeitsruhe für. JHWH. Sechs Jahr(zeit)e(n) sollst du besäen dein Feld und sechs Jahr(zeit)e(n) sollst du beschneiden deinen Weinberg und einbringen ihre Ertragsfrucht. (5) Den Nachwuchs deines Schnitts sollst du nicht schneiden und die Trauben
66 Vgl. R. North, The Biblical Jubilee and Social Refonn, Scripture 4,1951,323-335. 67 Leider ist für die Leviticuspassage kein Qunirantext erhalten.
107 deines unbeschnittenen (Rebbestands) sollst du nicht lesen. 68 Eine Ruhejahrzeit soll die Landerde haben, (6) und es diene die Woche(nfechsung)69 der Landerde euch zum Essen, für dich, und für deinen Knecht und für deine Magd und für deinen Beisaßen, die (alle) bei dir wohnen. (11) und die siebte, du sollst sie auslassen und sie70 lassen und es sollen sie essen die Armen deines Volkes, und ihren Rest esse das Wildgetier .
(6) Und für dein Vieh und für das Wildgetier , welches auf deiner Landerde, diene all ihr71 Ertrag zum Essen.»
Desgleichen verfahre mit deinem Weinberg und mit deinem Ölbaum» Daß man sich der Problematik einer solchen Vorschrift bewußt war und daß es Diskussionen gab, wird im weiteren Verlauf von Lev 25,19ff. deutlich. Nicht nur, daß betont auf die Verbindlichkeit des Gesetzes verwiesen wird, es wird ausdrücklich ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Gesetzespraxis und Fruchtbarkeit des Landes unterstellt: Bei korrekter Torahpraxis wird laut Lev 25,21 das Land im 68 Das setzt eine Ernte vor dem Sabbagahrbeginn (also Herbstbeginn) voraus. 69 s/uzbbat /uz- 'aröt; - meist im Sinne von "Ruhezeit des Landes" übersetzt; doch s/uzbbat heißt auch "Woche", und hier ist der Jahrwochenertrag bzw. die Ernte zu Beginn des 6. Jahres gemeint, von dem man für das Sabbatjahr Vorräte ansammeln muß, um davon leben zu können. 70 Die Ertragsfrucht dieses Jahres. 71 Der Ertrag des Sabbagahres, der nicht geerntet werden darf! Dann ist Frühjahranfang vorausgesetzt. Bezieht man fbfl 'ah auf den Nachwuchs und Wildwuchs, wäre Herbstanfang vorauszusetzen.
108
sechsten Jahr einer JahIwoche einen Ernteertrag erbringen, der für di-ei Jahre bis zu einer neuen Ernte reicht, die laut Lev 25,22 eben erst im neunten Jahr eintritt, weil erst im achten gesät wurde. Bei Herbstbeginn fällt aber nur eine Aussaat und Ernte aus, und die Aussaat im "Winter" des Folgejahres stände bereits im selben Jahr zur Verfügung. Bei Frühjahrsbeginn sind drei Ernteerträge nötig, um die Zeit bis zur nächsten Ernte zu überbrücken, denn die erste Aussaat nach dem Sabbatjahr erfolgt erst gegen Ende des "achten" Jahres. In der Regel wird bei der Ansetzung der quellenmäßig bezeugten Sabbatjahre mit dem Herbstbeginn gerechnet, und zwar nach mRHI,l, was de facto den späteren jüdischen Kalender mit dem Jahresbeginn im Herbst voraussetzt. Beginnt das Sabbatjahr im Herbst, fallen die betroffene Aussaatund Erntezeit in die Sabbatjahrmitte. Man geht mit dem letzten Ernteertrag in das Sabbatjahr und sät und erntet nur je einmal nicht. So stellte auch Josephus Ant m,281 das Sabbatjahr vor, wenn er formulierte: « ••• jedes siebte Jahr gab er (Mose) dem Land Ruhe von Pflügen und Pflanzen, wie er seinem Volk jeden siebten Tag Ruhe von seiner Arbeit vorgeschrieben hat. Was von selber aus der Erde wächst, ist allen gemein, die es gebrauchen wollen, ob gleichstämmig oder fremdstämmig, keinem wird es verwehrt.» Beginnt aber das Sabbatjahr im Frühjahr, fällt die Ernte im Jahr selbst und nach dem Sabbatjahr aus,und man muß in diesem folgenden Jahr von dem leben, was wild wächst. Man muß eine verbotene und eine ausgefallene Ernte verkraften und überbrücken. Das ist ökono~ misch und sozial unzumutbar hart und auf längere Zeit unerträglich, denn auch Mißernten waren nicht selten und das Verlustrisiko bei einer längeren Lagerung war sehr groß. Doch wie im Fall der Sabbatheiligung die zadokidisch-essenische Tradition keine Rücksicht auf vitale Lebensinteressen nahm, so offensichtlich auch im Fall des Sabbatjahres: Der Grund dieser Härte lag darin, daß man die dahinterstehende sonnen-kalendarische Ordnung für die Ordnung der Schöpfung hielt und ihr alles unterwerfen wollte. Dazu paßt auch folgender Umstand. Ein Kalenderwechsel mit Verlegung des Jahresanfangs hatte nicht bloß enorme Vorteile für die Bevölkerung, sondern auch für das Kultpersonal, dem ja von diesem zusätzlichen Jahresertrag die vorgeschriebenen Abgaben zustehen. Die extrem-zadokidische Ordnung traf also auch die priesterliche Kaste empfmdlich, eine Reform mit dem Ziel ihrer Abschaffung wäre daher auch für Priester durchaus verlockend gewesen. Das läßt die "Reform" vor 175 v. ehr. in einem anderen Licht erscheinen. Die Einführung des mondlauforientierten Reformkalenders bedeutete nur nebenbei auch eine Angleichung an die seleukidische Praxis und Zeitrechnung (mit Herbstjahresanfang im westlichen Reichsteil), es
109 handelte sich wohl eher um eine ökonomisch bedingte Refonn, die auch von Teilen der Priesterschaft im schlichten Eigeninteresse durchaus begriillt werden konnte. Die Konflikte zwischen Onias, Jason, Menelaos und den Makkabäern müssen auch von der Seite aus bedacht werden. Die Vorteile der Kalenderrefonn waren nämlich ökonomisch derart evident, daß sich auch die Makkabäer· eine Rückkehr zur extrem-zadokidischen Praxis gar· nicht mehr leisten konnten, zumal die Sabbatjahre nicht nur volkswirtschaftlich, sondern auch militärisch - logistisch und taktisch - von großem Gewicht waren. Nach extrem-zadokidischer Regelung durfte nämlich am Sabbat und in Sabbatjahren (s. lQM 11) auch nicht gekämpft werden .. Die Makkabäer haben sich in dem Punkt aus triftigen realpolitischen Gründen von der rigorosen Vorschrift getrennt und die Selbstverteidigung am Sabbat eingeführt (s. oben fu IV ,2). Sie werden sich in Bezug auf die Sabbaljahre kaum anders verhalten haben.' Nur nebenbei sei hier auf zwei weitere Sechser- bzw. Siebenereinheiten verwiesen, die dem Muster der Sabbatwoche folgen: Nach 6 Jahren Dienst ist nach Ex 21,2 ein hebräischer Sklave zum 7. Jahr frei. Und Dt 15,1-10 soll alle 7 Jahre ein Schuldenerlaß für Israeliten ausgerufen werden, wie die Brachjahrpraxis des Sabbatjahres shemittah genannt, aber nicht ausdrücklich mit dem Sabbatjahr kalendarisch identifiziert; Neh 5,1-13 schildert zwar einen Schuldenerlaß-Beschluß, erwähnt aber weder ein siebtes Jahr noch den Begriff der shemittah; Neh 10,32b hingegen erwähnt Abgabenverzicht und Schuldenerlaß als siebenjährliche gesetzliche Verpflichtung. Die dadurch aufgeworfenen Fragen sind in diesem Zusammenhang jedoch zweitrangig. 9.3 Jubiläum (Jobelperiode) und Jobeljahr72 Die Jobelperiode umfaßt 7 x 7 shabbetot jamfm (Jahrwochen an Zeit) = 49 Jahre. So ausdrücklich Lev 25,8. Das folgende ist etwas kryptisch: «Und du sollst einen Schofarhornlänn hindurchgehen lassen im siebten Monat, am 10. des Monats; am jom ha-kippurfm/ Versöhnungstag 73 sollt ihr hindurchgehen lassen einen Schofarlänn in eurem ganzen Land. (10) Und ihr sollt die Jahrzeit der fünfzig Jahre heiligen und eine Freilassung ausrufen im Lande für alle ihre Bewoh-
72
Zur S,ache siehe G. Robinson, Das Jobeljahr, in: D8Idels D. R. u.a. (Hrsg.), Ernten, was man' sät. Festschrift für Klaus Koch zu seinem 65. Geburtstag, Neuldrchen-Vluyn 1991,471494 und die Literatur dort. 73 Mit dieser PräzIsIerung wird sichergestellt, daß der Sonnenkalender mit dem Anfang am 1. NIsail gemeint Ist.
110 ner; einjobel soll sie für euch sein, und ihr sollt jeder zu seinem Besitz zurückkehren (vgl. Num 36,4) und ihr sollt jeder (sofern versklavt) zu seiner Sippe zurückkehren. (11) Ein jobel soll sie - die Jahrzeit der fünfzig Jahre - für euch sein: Ihr sollt nicht aussäen und ihr sollt ihren Nachwuchs nicht schneiden und ihr sollt ihre unbeschnittenen (Rebbestände) nicht lesen. (12) Denn einjobel ist sie, heilig soll sie für euch sein; von dem Feld sollt ihr seine(n) Frucht(ertrag) essen.» Wieso fünfzig, wenn es in Wirklichkeit 49 Jahre sind? Doch wohl, weil noch vor dem Jahresende des 364-Tagekalenders nach dem Jom Kippur, mit dem ersten Neumond im Tishri am Sonntag, den 12. Tishri, das nächste Mondjahr beginnt. Sabbat- und Jobeljahre waren, wie es die Praxis erfordert, im Grunde mondlauforientierte Institutionen mit Herbstjahresanfang. Ihre Unterordnung unter das 364-Tage-Jahr mit Frühlingsanfang war eine schöpfungstheologisch motivierte Forderung ohne Rücksicht auf die verheerenden praktischen Folgen in Form von Ernteausfli11en. Der Streit darüber scheint in biblische, jedenfalls exilischfrühnachexilische Zeit zurückzureichen. Josephus formuliert in Ant III 282-283 unmittelbar im Anschluß an den oben zitierten Passus über das Sabbatjahr so: «Dies ist auch nach der.siebten Siebenerwoche anzuwenden: das sind im ganzen fünfzig Jahre; von denen das fünfzigste von den Hebräern iobelos genannt wird, in welchem Schuldner von ihren Schulden befreit (!) und die Versklavten freigelassen werden, die gleichstämmig sind und als Übertreter eines. der Gesetze zum Sklavenstand gezwungen wurden, indem sie nicht Zum Tode verurteilt worden sind ... (im folgenden eine Beschreibung.der Erbbesitz-Restitution).» Die Unterschiede sind deutlich; sie sind aber rechts geschichtlich zu erklären und nicht auf anachronistische Weise (kanontheologisch voreingenommen) primär als exegetisches Ergebnis zu sehen. Kopfzerbrechen bereitete immer schon die Betonung der fünfzig Jahre. Wörtlich genommen hieße das: Wird zwischen jobel im Sinne von Jobelperiode bzw. Jubiläum (Jahr 1-49) und jobel als Jobeljahr (:Jahr.50 und insofern "Jubiläum" im engeren Sinn) unterschieden, so mit der fragwürdigen Konsequenz, daß nach dem Sabbatjahr am Ende der Jobelperiode das erste Jahr der folgenden Jobelperiode ebenfalls als Brachjahr gilt. Und wenn darin auch das Selbstgewachsene allen zur Verfügung stehen soll, ergibt sich im konkreten Fall selbst bei Herbstjahresanfang eine ökonomisch äußerst prekäre Lage, bei Frühlingsanfang aber eine Katastrophe, denn nach drei bis vier ausgefallenen Erntim wären wohl nur mehr wenige Observanten am Leben gewesen. Eine solche Situation ist auch aus politischen Gründen undenkbar: Kein Herrscher hätte über ein periodisches Brachjahr (mit einem Ernteausfall bei Sabbatjahrbeginn im Herbst) hinaus eine derart lange Unterbre-
111 chung der weitgehend durch die Jahresernten erbrachten Tribut- bzw. Abgabenleistungen geduldet. Ein Versuch, etwas derartig realitätsfernes durchzusetzen, konnte eigentlich nur in Verbindung mit einer entsprechenden Endzeitberechnung ins Auge gefaßt werden, nämlich in der Annahme, in einer vorletzten oder gar letzten Jobelperiode vor der errechneten Endzeitwende zu leben. Die eschatologische Symbolik der Freilassung (deror) war in der Tat schon friih (Jes 61,2) so geläufig, daß sie auch noch später in der jüdischen Endzeiterwartung einen festen Platz behielt. Das gilt auch hinsichtlich der Restitution der Landerbbesitzverhältnisse. In diesem Zusammenhang erschien auch bedeutsam, daß zwischen der Exilierung nach Babel 586 v. Chr. und der Rückkehr 537 eine Jobelperiode lag (vgl. Dan 9,25). Einschlägige Qumrantextelassen aber nicht erkennen; daß man das Jobeljahr tatsächlich .als 50. Jahr nach den abgeschlossenen sieben JahrWochen, als 1. Jahr nach dem letzten Sabbatjahr der Jobelperiode, gezählt hat. Das letzte Sabbatjahr schließt die Jahrwoche ab, wie der Sabbat als 7. Tag die Woche; das Jobeljahr signalisiert einen Neuanfang, die Vorwegnahme von Neuem und gleichzeitig die Wiederkehr eines Anfangs, und insofern hat es auch restaurative Bedeutung. Eine andere, für den Kontext hier entscheidende Funktion des Jubiläums ist die einer Basisperiode für die Geschichtsperiodisierung. Wie das Jubiläenbuch deutlich vor Augen führt, verwendete man gerade in dieser zadokidischen Tradition das Jubiläum zu diesem Zweck und damit auch als Datierungsmittel; die formale Zeiteinteilung wird damit zur Geschichtsperiodisierung, das J obeljahr zum Beginn einer neuen Ära mit gleichzeitig restaurativem Charakter. Ereignisse, die in ein Sabbatjahr oder in ein 1. Jahr der neuen Jobelperiode fallen, haben daher ein besonderes Gewicht. Man kann dies anhand des Jubiläenbuches nachvollziehen: Die Sabbatjahre mit ihrem Sabbatcharakter bleiben bis auf negative Daten ereignisfrei, auf das erste Jahr einer Jahrwoche fallen wichtige Daten, auf das erste Jahr einer Jobelperiode wenige, aber markante Daten.
112
Jahr
Jo- Jahrbel woche
----- ---I 7
0007 0196 0197 0392 0930 0980 1268
J5
VII 1
1954 1960
J40
J42
===== ---2010 2108
J42 J44
2157
J45
2303 2450 2451
VII 7 I 1 VII 7 VII 7
J51
So 17. ii: Schlange So 01. iv: Vertreibung aus Eden Kain heiratet Awana: Henoch I geb. Erster Stadtbau Kenan heiratet Mualelet Jub 4,31: Kains Tod ================ Ende Dekajubiläum 02 Jub 7,1 Noah pflanzt Wein; 1QGenAp XII,12
VII 1 Jub 13,8: 1. 1.: Altar von Bethel. = 1QGenAp XIX, 7ff ',: "Heiliger Berg 1 " VII 7 Jub 3/1QGenAp XIX: Pharao läßt Sarah entführen Bau von Tanais (Zoan) in Ägypten 1QGenAP XX,34: Lot heiratet Ägypterin ================ Ende Dekajubiläum 04 VII 1 Gen 221 ================ Dekajubiläum 05 I 1 Jub 19,1: Abraham für 2 JW in Hebron I 1 Jub 24,21ff: Isaak am 1- 1- in Beersheba. Offenbarung und Verheißung Wiederaufbau des Abrahamaltars; Opfer. Brunnen mit "lebendigem Wassern. Philisterverfluchung. I 1 Jub 35: 1.01.: Rebekkas Testament und Tod VII 7 Jub 47,1: Amram aus Kanaan nach Ägypten VII 7 Jub 50,4: 40 Jahre seit Exodus Ende Dekajubiläum 05 Dekajubiläum 06 I 1 Landnahmebeginn
Nun ist die Jobelperiode als Siebenereinheit auch ein in sichgeschlossener Priesterdienstzyklus von sieben Jahrwochen, in denen der Dienstzyklus sich schließt, Die eigentlichen Sechserzyklen erreichen mit 8 X 6 Jahren 48 Jahre, das 49, Jahr schließt ab.
113
Fügt man auf der nächst höheren Ebene 7 Jobelperioden zu einem Zyklus von 343 Jahren (einem Heptajubiläum) zusammen (s. unten), kann jedes der sieben Jubiläen nach den Priesterdienstabteilungen be-. nannt werden, die zum Beginn am Jahreswechsel Dienst haben: J1 = Jobel Gamul(B6). J2 = Jobel Jeda 'jah (BI) etc., und dann 17 wieder Gamul. 9.4 Hexajubiläum und Heptajubiläum a) Das Hexajubiläum 6 Jobelperioden (6x49) ergeben 294 Tage, das sind 42 Jahrwochen, die durch 7 abschließende Jahrwochen (1 Jobelperiode) zu einer Siebenereinheit von Jubiläen (Heptajubiläum) aufgefüllt werden. Diese Sechsereinheit hat, wie oben bereits einleitend (10,1) bemerkt, eine besondere kalendarische Bedeutung: Mit dem Jahr 47 der 6. Jobelperiode erreicht das Heptajubiläum das Jahr 292, nach dem sich die jahreszeitliche Differenz zwischen 364-Tage-Jahr und 365,25Tage-Jahr ausgleicht. De facto könnte das Jahr 293 eine Schaltjahrfunktion erfüllen, man könnte hier leicht die fortlaufende Jahreszählung seit der Schöpfung auf die Zahl der Normaljahre bringen, wenn man (analog zum Verfahren beim Priesterdienst-Wochenzyklus den 7. Tag) hier das letzte Jahr als erste Teileinheit der folgenden Periode zählte. Aber wozu? Es war ja relativ einfach, nach jedem solchen Hexajubiläum ein Jahr abzuziehen, um auf die Zahl der Normaljahre zu kommen, sofern daran ein Interesse bestand. Aber selbst für den Fall, daß man sich der Differenz von 1,25 Tagen exakt bewußt gewesen wäre, hätte man den rechnerisch genauen Ausgleich einem übergeordneten Interesse opfern müssen: Mit 292 oder gar 293 war im Gesamtsystem nicht rechenbar, erst 294 paßt ins System! Die Zyklen zu 294 Jahren (Hexajubiläen) dienen einer kultgeschichtlich orientierten Geschichtsperiodisierung. Schließlich wird an solchen Zäsuren die Wiederherstellung der Harmonie zwischen den beiden Jahrtypen erreicht und ein neuer Anfang für die Priesterdienstturnusse gesetzt, denn in diesem Hexajubiläenzyklus erreichen die nach den Priesterdienstabteilungen benannten Jahreszyklen wieder ihren Ausgangspunkt. Das Hexajubiläum ist die maßgebliche Großeinheit der kultgeschichtlich orientierten Geschichtsperiodisierung. Folgerichtig erscheint, wie schon erwähnt, am Beginn des Kultbetriebs am salomonischen Tempel eine solche Periodenzäsur. Es gibt noch eine höhere Ebene mit 4 Sechserzyklen: Nach jeweils 6 Hexajubiläen stellt sich mit dem jeweils 7. (also Anfang Hexajubiläum 1, 7, 13, 19, 25) die Ausgangsposition der Dienstzyklen wieder voll her, nicht nur den Abteilungen nach, sondern auch im Sinne der
114 Dienstturnusse i-vi. Diese 4. Großperioden beginnen jeweils mit i 1 B 6 (Gamul) und decken insgesamt 144 Jubiläen ab. b) Das Heptajubiläum Auch auf der Heptajubiläenebene verschieben sich die virtuellen siebten Einheiten der Dienstzyklen gegenüber den in den Jobelperioden fest positionierten Sabbauahren und erreichen wie in der Jahrwoche erst mit Ende des 7. Jubiläums ihre Ausgangsposition. Das Hexajubiläum wird also entsprechend der Jahrwochenebene und Jubiläenebene durch eine abschließende Siebenereinheit, hier 1 Jubiläum, auf sieben Jubiläen mit 343 Tagen aufgefüllt. Sieben Jobelperioden ergeben also einen großen Jobelzyklus, ein "Heptajubiläum" zu 343 Jahren. Sieben solche Heptajubiläen erreichen .240 Uahre , zehn erstrecken sich auf 3430 Jahre . .Innerhalb des Heptajubiläums fallen das siebte und zugleich 1. Priesterdienstzyklusjahr im Sinne des in den Siebenerzyklus eingebauten Sechsjahre-Dienstzyklus an bestimmten Terminen mit einem Sabl?atjahr (shemittah) zusammen, und zwar nach dem 1. Sabbatjahr jedes 42. Jahr, im ersten und letzten Jubiläum also zum Jubiläumsabschluß . .Das sind Jahre, an deren Jahreswechsel die Abteilung Gamul (B 6) Dienst hat, was bedeutet, daß die Abteilung Jehojarib in der Woche des 'om Kippur dient und die Abteilung Jeda 'jah den neuen Jahres-DienstzykJ.u~ mit dem Neumond am 12. Tishri (1. VII.) beginnt. Genau da~ischen liegen Jahre, an deren Jahreswechsel die Priesterabteilung Shekanjah (83) Dienst hat. Diese Koinzidenzen der SiebeneIjahre werden im fragmentarischen Text 4Q419 (in 4Q259) im einzelnen für eine .~hl von Jubiläen erwähnt. Und zwar im Rahmen der Markierung Jel1er Jahrwochen durch das Wort 'Ot (Zeichen), deren Anfangsjahre als jeweils 3. (vom 1. an) mit Vollmond beginnen, wie bereits im Rahmen der Jahrwochendarstellung zu sehen ist (s. oben Kap. 7.2-3). Solche ·.Jlfhrwochen-Vollmondtermine fallen folglich alternierend auf Dienst~rnusse der Abteilungen Gamul und Shekanjah. Von diesen Textfragmenten aus war es unter Beiziehung weiterer Texte über Kalenderdaten ~nd Priesterdienstzyklen möglich, einen ganzen Heptajubiläenzyklus ~l'akt zu rekonstruieren, und letztlich den Text sogar einem bestimmten Dekajubiläenzyklus zuzuordnen (s. unten Kap. 11). Der Zyklus von 343 Jahren enthält 7 Jubiläen mit insgesamt 49 Jahrwochen und stellt wieder einen Groß zyklus der Priesterturnus-Einteilung dar. Insofern handelt es sich ebenfalls um ein kultgeschichtliches Einteilungsverfahren, das in dem Maß chronologisch relevant wird, als eine solche Periodengrenze tatsächlich mit einer kultisch begründeten Zäsur zusammenfällt. Das ist in der Tat der Fall, wie die
115 chronologische Tabelle unten (in Kap. 10) beweist: mit Abschluß des 49. Jubiläums endet mit dem Jahr 2401 ein Zyklus von 7 Heptajubiläen. Im folgenden 50. Jubiläum kommt es laut Jubiläenbuch im Jahr 3 der 2. Jahrwoche zum Exodus und zur Kultgründung am Sinai, und die restlichen 40 Jahre führen an die Grenze des äußersten heiligen Bereichs in kultisch-ritueller Sicht, zum heiligen Land. Die Landnahme erfolgt schon in der neuen Ära (51. Jubiläum), die nach einem anderen Periodisierungsansatz, nämlich als Dekajubiläum zu 490 Jahren, definiert ist. Das 49. Jubiläum stellt also das Bindeglied bzw. die Übergangsperiode zwischen zwei unterschiedlich motivierten und berechneten Geschichtszyklen dar, hier zwischen dem 7. Hexajubiläum und dem 5. Dekajubiläum. Die nächste kultgeschichtlich relevante Heptajubiläengrenze ergibt sich nach 3 weiteren Heptajubiläen, mit dem Ende des Jahres 3430, am Ende des 70. Jubiläums, d.h. am Ende des 10. Heptajubiläums und zugleich des 7. Dekajubiläums. Diese markante Zäsur schließt eine Art Weltzeitzyklus ab und fällt mit der Zerstörung des 1. Tempels und der Exilierung zusammen, wie unten anhand der Wochenapokalypse des äth. Henochbuches noch gezeigt wird. Das 11. Heptajubiläum endet mit dem Jahr 3773 bzw. dem 77. Jubiläum schon mit dem Jahr 343 nach dem Ende der Periode des 1. Tempels, etwa 244 v. Chr: Chronographisch besonders bemerkenswert ist nun, daß in das 8. Dekajubiläum außer der Heptajubiläumsgrenze des Jahres 3773 noch symmetrisch zwei Hexajubiläumsgrenzen fallen: zwischen den Jubiläen 72 und 78 liegt (wie im Dekajubiläum 2 und 5) eine 294-Jahr-Periode, deren Grenzen den Kalenderausgleich markieren. Man darf verinuten, daß diese Periode zwischen ca. 489/8 und 197 v. Chr. als Basis für die Errechnung des ganzen Systems gedient hat. In ihr wurde die eigentümliche Priesterdienstordnung geschaffen, die in Anlehnung an die Sabbatfolge zu der Ausbildung von längeren Zyklen geführt hat, mit denen sich automatisch eine Zeitperiodisierung auf höheren Ebenen ergab. Der Gedanke, solche durch die Priesterabteilungen definierten Zyklen zurückzuverfolgen, bis die aus der Tradition bekannten Daten der Ur- und Frühgeschichte mit eingeschlossen und somit die Schöpfungswoche erreicht wird, lag von da an eigentlich nahe. Das Heptajubiläum 12 führt über die eschatologische Zäsur des Jahres 3920 hinaus in die Ära des "Schwertes", in der es nach der Wochenapokalypse des äth. Henochbuches auch zu einem neuen, dritten Tempel kommen soll. Und wieder ergibt sich eine Koinzidenz von besonderer Art: Das Heptajubiläum 12 endet im Jahr 4116, nach 84 Jubiläen, zugleich mit dem Hexajubiläum 14, 686 Jahre nach der Zerstörung des 1. Tempels, etwa 98 n. Chr. Nach diesem System könnte dies eine kultgeschichtliche Zäsur bedeuten, die möglicherweise mit der
116 Erwartung eines dritten Tempels zu verbinden ist. Wie überbrückt man eine solche tempellose Zeit über die Endzeitwende hinaus? Die Qumranleute wußten mit ihrer Konzeption der lachad-Lebensweise und deren Sühnefunktion darauf durchaus eine Antwort. c) Der Text 4Q319 (in 4Q259) Wie im Jahrwochenzyklus und Jubiläenzyklus deutlich gemacht, dienen Drei-Jahres-Abstände als Termine für die Interkalation des Mondjahres durch einen zweiten Monat Adar. Aber auch das Verhältnis zum Jahr mit 365,25 Tagen ist mit dem 6-Jubiläenzyklus von 294 Jahren verbunden, weil sich hier die Differenz wieder schließt und somit systemimmanent von selbst erledigt. Dies wird auf noch höherer Ebene bei 10 x 294 (2940 Jahre = 60 Jubiläen) von eminenter, weil nicht bloß kalendarischer Bedeutung. Diese Jahre mit Mondkalenderschaltungen werden in 4Q319 für die einzelnen Jubiläen einer Großperiode markiert: Es sind Jahresanfänge, die auf einen Vollmondtermin fallen und schon dadurch besonders hervorgehoben sind. Der Text74 listet nun diese Termine für eine Anzahl ,von Jubiläen auf. Die Liste führt zuerst das jeweilige Jahr innerhalb der Jahrwoche an (z. B.: "im Jahr 4"), verweist dann durch das Wort "Zeichen" auf den Vollmondtermin und verbindet damit den Namen sl~r Priesterabteilung, die am Jahresanfang Dienst hat, .alternierend ::'Zeichen Gamul" (86) und "Zeichen Shekanjah" (83). Im Zusammenhang mit einem Sabbatjahr (8rachjahrlsh emittah), wird die Position des "Zeichens" in Relation dazu angegeben, entweder "im Brachjahrlshemittah" oder "nach dem Brachjahr shemittah". Für jedes Jubiljium wird dann die Summe der "Zeichen" genannt: 17 ergeben sich für qas 1., 4. und 7. Jubiläum, 16 für jedes der jeweils dazwischenliegend,en Jubiläen. Zählt man auch die Sabbatjahre auf diese Weise - jedes 3. ",ab, ergeben sich auch auf der Ebene des Heptajubiläums 17 Termine, eier 17. am Schluß des 7. Jubiläums. Auffällig ist, wie man erstaunt vermerkt hat, daß das Fragment von 4Q319 KoI. V zwar offensichtlich den unteren Teil des vierten Jubiläums betrifft (weil die Fortsetzung zum fünften Jubiläum paßt, nicht aber zum zweiten), aber am Ende vom "zweiten" Jubiläum die Rede
74.' Die vorläufige Rekonstruktion des Textes mit ihren Ergänzungen ist wie auch die Übersetzung in UTB 1863 an manchen Stellen zu revidieren. Die Bedeutung der "Zeichen" und ihre alternierende Anzahl (16/17) war nämlich zur Zeit der Textrekonstruktion noch ebensowenig bekannt wie die genaue Rotation der PriesterdienstnJmusse im Rahmen des Sechsjahreszyklus innerhalb einer Jahiwoche.
117 ist. Dies paßte nicht ins Bild des auf dieser Basis von U. Gleßmer75 rekonstruierten Heptajubiläums. Dafür bietet sich eine Lösungsmöglichkeit an. Die innerhalb des rekonstruierten Heptajubiläums als Jubiläum IV bezeichnete Jobelperiode könnte nämlich tatsächlich das Jubiläum III eines Zyklus sein, der eben nicht mit einem Gamul-Jubiläum beginnt, sondern mit einem Mijamim (82) - Jubiläum. Dafür spricht auch, daß in KoI. VII am Ende 16 Zeichen erwähnt sind, was keinesfalls das Jubiläum VII des hier.rekonstruierten Heptajubiläums sein kann, denn das zählt wie das· erste natürlich 17 Zeichen. Was in der KoI. VII als Jubiläum sieben bezeichnet wird, ist kein Gamul-Jubiläum, wie die Ergänzung am Anfang unterstellt. Fixpunkt ist die Angabe der 17 Zeichen, die nur für das 1., 4. und 7. Jubiläum zutreffen; um welches von beiden es sich dabei handelt, ergibt sich aus den Einzelangaben danach: nur im Jubiläum 5 erscheint zum 3. Jahr der 1. Jahrwoche das Zeichen Shekenajas. Somit stellt sich die Lage so dar, daß das Jubiläum III des Heptajubiläums als Jubiläum I des in 4Q319 tatsächlich zugrundeliegenden Zyklus gezählt worden ist. Jub. in 4Q319
Jub. im Heptajubiläum (I) (11)
I 11 III IV V VI VII
75
Fehlt KoI. V Zeichen: 17 KoI. V-VI Zeichen: 1[6] KoI. VI Mitte Zeichen: 16 KoI. VI unten Zeichen: [17] Kol. VII oben Zeichen: 1[7] KoI. VII unten Zeichen: 16
III IV V
VI VII
11
G1eßmer U., Der 364-Tage-Kalender und die Sabbatslruktur seiner SchaInmgen in ihrer Bedeunmg für den Kult, in: Daniels D. R. u.a. (Hrsg.), Ernten, was man sät. Festschrift für Klaus Koch zu seinem 65. Geburtstag, Neukirchen-Vluyn 1991,379398; Gleßmer U., Investigation ofthe Otot-text(4Q319) and Questions about Methodology, in: Wise M. O. etc. (eds.), Methods of Investigation of the Dead Sea Scrolls and the Khirbet Qumran Site, New York 1994, 429440. Dazu nun speziell: Albani M., Astronontie und Schöpfungsglaube, Neukirchen 1995,284ff.
118 Folglich ist zu fragen, wann eine Situation eintritt, in der ein Heptajubiläum ·2 Jubiläen nach dem Beginn einer anderen Periode beginnt, so daß dort das Jubiläum 3 innerhalb dieser Periode als Jubiläum 1 gezählt werden kann. Eine solche Situation tritt ,zyklisch tatllächlich so ein, wenn man die Zyklenbildung weiterführt, und zwar im Rahmen einer Periodisierung der Gesamtgeschichte in Zyklen zu 294 (Hexajubiläen), 343 (Heptajubiläen) und 490 (Dekajubiläen) Jahren. Das Verhältnis zwischen Jubiläenfolge, Hepta- und Dekajubiläen sieht schematisch wie folgt aus, wobei sich die Angaben auf das jeweilige Periodenende beziehen und sich zyklisch wiederholen. Zuvor empfiehlt sich aber ein Blick auf die chronologische Gesamttabelle im folgenden Kapitel 10. Heptajubil;
JubiI.
01 (11)
07
Differenz
JubiI.
Dekajubiläum
07 03 10
01 (11)
20
02
30
03
40
04
50
05
60
06
70
07
04 02
14
06 01 03 04
21
28 02 05
05
35 05
02 06 07
42 49 01
06 08
56 04
03 09
63
10
70
07
119 Die Abstände zwischen einem Dekajubiläumsende und einem Heptajubiläumsende betragen (s. die fettgedruckten Ziffern) nacheinander: 4, 1,5, 2,6 und 3 Jubiläen. Die Differenz von 2 Jubiläen ergibt sich zwischen dem Ende des Dekajubiläums 04 und dem Beginn des Heptajubiläums 06 und betrifft also die Jubiläen 41 und 42. 4Q319 listete offenbar die 10 Jubiläen innerhalb des Dekajubiläums 05 auf. Allem Anschein hat nach man solche Listen für sämtliche Ebenen, Jahr, Jahrwoche, Jubiläum, Hepta- und Dekajubiläum erstellt und sich so der Richtigkeit und Stimmigkeit des Systems vergewissert. 4Q319 betrifft also ein Deka- und nicht ein Heptajubiläum, doch dies beeinträchtigt die Rekonstruktion des 343-Jahres-Zyklus in keiner Weise. Aufflillig ist auch, daß in KoI. I zwar 17 "Zeichen" gezählt werden, also das 17. Zeichen am letzten Sabbatjahr der Jobelperiode auch, aber nur 2 Zeichen als auf ein Sabbat- bzw. Brachjahr fallend; das 17. Zeichen - Shekanjah - bleibt insofern unberücksichtigt und wird für die nächste Jobelperiode als Anfang angeführt; danach kommt Gamul im 3. Jahr der 1. Jahrwoche. So gesehen schließt das 49. Jahr zwar die Jobelperiode ab, wie es im Text auch heißt, geht aber zugleich der folgenden Jobelperiode als Einführung voran, um von da aus im neuen Jobel weiter zu zählen. 9.5 Das Dekajubiläum Wie eben im Zusammenhang mit dem Heptajubiläum schon erwähnt, nahm man auch eine Periodisierung zu je 10 Jubiläen a 490 Jahren = 70 Jahrwochen vor. Dieses Dekajubiläum ist weit mehr bekannt geworden als die kosmologisch-kultgeschichtlich fundierte, priesterlichspekulative Hexa- .und Heptajubiläenzählung. Die Periodisierung zu 490 Jahren ist in der biblisch-jüdischen Geschichtsüberlieferung (vgI. Dan 9,lf.24) und von daher auch in der christlichen Chronographie recht geläufig. Dan 9,24 spricht von 70 "Wochen" in diesem Sinne: 10 Jubiläen zu je 7 Jahrwochen = 70 Jahrwochen = 490 Jahre; es liegt wie in der Wochenapokalypse des Henochbuches die Vorstellung zugrunde, daß die Periode nach der Zerstörung des 1. Tempels ein Dekajubiläum darstellt. 76 Dan 9,25 bezieht sich auf die erste Jobelperiode von 586 bis zur Heimkehr nach dem Edikt des ("gesalbten") Perserkönigs Kyros. 77 Wie gewichtig diese Jobelzäsur erschien, zeigt auch die
76 77
Dazu s. zuletzt Koch K., Sabbatstruktur·der Geschichte, ZAW 95,1983,403430. Es bleiben danach 63 Jahtwochen bis zur Periodengrenze. Was im Danielbuch darauf im Zusammenhang mit den 62 Jahtwochen folgt, bedarf von diesem Hintergrund her einer erneuten kritischen Untersuchung auf ursprünglichen Sinn und sekundäre Bearbeitung und Reinterpretation, was für die Datierung des Danielbuches in der uns
120 Datierung Dan 10,1. Die Aktualität der Danielstoffe für die zadokidisehe Tradition hatte - ebenso wie das intensive Interesse an den Pentateuchstoffen - wohl eine vorrangig chronographische Ursache. Die Dekajubiläumseinteilung liegt also auch der sogenannten "Wochenapokalypse" des äth. Henochbuches (Hen 93+91,1-12) zugrunde, wo knappe inhaltliche Angaben Hinweise auf einigermaßen datierbare Ereignisse enthalten. In der sogenannten Tierapokalypse Hen 85-9078 werden diese Ereignisse viel umfangreicher und sehr farbig beschrieben, aber nur vage im Sinn einer Visionenfolge periodisiert, und die 70 Jahrwochen begegnen als 70 "Hirten".79 Im Unterschied zur Wochenapokalypse, die mit Henochs Epoche beginnt, setzt die Tierapokalypse schon mit Adam ein. Ansonsten lassen sich die Inhalte mühelos den Dekajubiläen der "Wochenapokalypse" zuordnen und in den Raster einfügen, der durch die Jubiläenzählung des Jubiläenbuches vorgegeben ist und nun dank der kalendarischen Qumrantexte konsequent ausgearbeitet werden kann. Wochenapokalypse
01 02 03 04
Adam Engelfall Henoch. Wahrheit Gewalt. 1. Ende. Noah. Bund Ende: Erwählung /"Pflanzung". Abraham Ende: Gesichte. Bund. Wohnung
Tierapokalypse Hen 85,13ff. Hen 85,86,lff. Hen 87-88 Hen 89,lff. Hen 89, 11ff. Hen 89, 14ff.
bekannten Gestalt Konsequenzen haben dürfte. Jedenfalls führen die 62 Jaluwochen nicht auf die Zeit der Eroberung Jerusalems durch Judas Makkabäus. Zählt man sie von 586 an, kommt man in die Zeit des Jonathan Makkabäus. Eine Jaluwoche später, ca. 147/6 v. Chr., würde das Jubiläum 79 enden, von dem an nur noch 1 Jubiläum bis zur endzeitlichen Wende am Ende des 8. Dekajubiläums um 9817 v. Chr. bleibt. Erfolgte also die Überarbeitung und Reinterpretation, aus der die erhaltene Textgestalt hervorgegangen ist und die auf die Ereignisse zwischen 168-164 v. Chr. zielte, erst danach - in Unkenntnis oder mit bewußter Ignorierung der zadokidischen Zeitrechnung? Denn eines ist klar: Dan 9,26 spricht noch von einer Tempelzerstörung und einer "Flut", dazwischen einer Zeit der Kriege (Wochenapokalypse: "des Schwertes"), also von einer eschatologischen Periodengrenze im Sinne der Dekajubiläeneinteilung, also 98 v.Chr. Auch Dan 12,7 fiihrtmit 1 Jubiläum, 2 Jaluwochen und 1/2 Jaluwoche = 66,5 Jaltre von 164 auf 9817 v. Chr. als einem schon vorausberechneten Temlin. 78 Für ein Qumranfragment s. Milik J. T., Tbe Books of Enoch, Oxford 1976,35lf. und dazu 248-258. 79 VanderKam J. C., Enoch and the Growth of an Apocalyptic Imagination, Washington 1984,161ff.; MüUer K., Studien zur jüdischen Apokalyptik, Stuttgart 1991 ,58ff. 136ff.
121 05 06 07
08 09 10
Ende: Tempelbau für einen 'alam. Blindheit. Elias. Tempelzerstörung. Exilierung (!) Rückkehr und Tempelbau Abtrünnigkeit Teilumkehr , "Pflanzung" neuer Abfall, Kämpfe Schwert. Neuer Tempel Völkergericht etc. Engelgericht
Hen 89,50 Hen 89,51ff. Hen 89,72ff. Hen 90,6f. Hen 90,8ff. Hen 90,19
Es handelt sich um eine Folge von Einheiten zu 490 = 7 x 70 Jahren, die am ehesten als Heptaden oder Dekaden geordnet werden können. Der Text dieser "Wochena~okalypse" ist in aramäischer Gestalt in Qumranfragmenten bezeugt, 0 wurde wiederholt behandelt und braucht hier nicht detailliert diskutiert zu werden,81 da es vorläufig nur um die chronographische Struktur und um die Ereignisfolge geht. Diese eindrucksvolle chronographische Struktur nach Sechser- und SiebenerEinheiten ist anhand der Übersichtstabelle in Kap. 10 leicht nachvollziehbar. Bei Berücksichtigung eines Dekajubiläums vorweg und im Einklang mit der Jubiläenbuch-Chronologie fallt der Beginn der Landnahme ins 51. Jubiläum, wobei - wie oben schon hervorgehoben c das 50. Jubiläum mit Exodus, Sinai und Wüstenwanderung eine Übergangsphase zwischen 7. Hexajubiläum und 6. Dekajubiläum darstellt. Kultgeschichtlich springt ins Auge, daß mit 1960 das 4. Dekajubiläum schließt. Die kultgeschichtliche Bedeutung dieser Periodengrenze wird aber erst deutlich, wenn man beachtet, daß eine Jahrwoche zuvor, am 1. I. 1954, Abraham ins Land Kanaan gelangt und den Altar von Bethel erbaut (Jub 13,8; 1QGenAp XIX,ff.) haben soll. Und dazu paßt natürlich, daß man im System auch die 6 (bzw. 7) Jahre Bauzeit für den 1. Tempel (gemäß 1 Kön 6,38) vor den Beginn des Dekajubiläums 6 angesetzt hat. Beachtlich ist die geringe Einschätzung der Kultgründung am Sinai, sie fallt auch nicht auf eine Hexajubiläengrenze. Das Dekajubiläum 6 endet mit dem Tempelbau Salomos, die Kultaufnahme gehört somit an
80 Milik J. T., The Books of Enoch, Oxford 1976,360-364; VgI. Black M., The Book of Enoch, Leiden 1985,287ff. 81 Für zulelZts. v.a.: Koch K., SabbatstruIctur der Geschichte, ZAW 95,1983,403430 (S. 405ff.); VanderKam J. C., Enoch and the Growth of an Apocalyptic Imagination, Washington 1984,145ff.; Müller K., Srudien zur jüdischen Apokalyptik, Sruttgart 1991,75ff.; Garcla Martfnez F., Qumran and Apocalyptic, Leiden 1992,79ff.
122 den Anfang des 7. Dekajubiläums, das mit Tempelzerstörung und Exilierung endet, womit das Jubiläum 70 mit 3430 Jahren abschließt. Diese Terminierung war für die Ersteller des Systems durch das Verständnis der 70 Jahre in Jer 25,12 als einer Einheit von 7 Jahrwochen = 1 Jubiläum vorgegeben: Das Jahr 538/37 galt bereits früh (Esr 1,1; 2 Chr 36,22) als Jobeljahr (vgl. auch oben zu Dan 9,25 und 10,1 und s. Jos. c.Ap I 154). Diese Terminierung war ein Angelpunkt des chronologischen Systems der Zadokiden, die auf diese Weise ihre eigene 490-Jahre-Epoche in das schematisch errechnete Gesamtsystem eingebaut haben, und zwar mit einem Effekt, der ihnen den Atem geraubt haben dürfte. Für die historisch-wissenschaftliche Chronologie ist dabei besonders wichtig, daß auf diese Weise die Jubiläenfolge und damit die Sabbatjahrfolge nicht nur zurückkonstruiert, s'ondern für die ganze Folgezeit festgelegt wurde, insbesondere aber die kalenderunabhängige Sabbatfolg~. Das ist von weitreichender Bedeutung für die Chronologie der exilisch-nachexilischen Epoche insgesamt, wie weiter unten noch (largelegt wird. Entgegen der Annahme einer recht punktuellen Endzeiterwartung zeigt die Behandlung der Endperioden in den Henochapokalypsen, daß eine eschatologische Wende noch keinen Abschied von der Geschichte "bedeutete, sondern den Übergang in endzeitliche Perioden. Die nachexilische Zeit wird in beiden Texten gleich kritisch beurteilt. Der Makkabäeraufstand bedeutet mitnichten die Vollendung; erst mit dem Ein,greifen Gottes erfolgt eine Wende. In der ersten Endperiode erhalten die Frommen das "Schwert", erfolgt expressis verbis die Beseitigung ;des 2. Tempels und sein Ersatz durch einen neuen und größeren, in dem nach vollbrachten Endzeitkriegen das Schwert deponiert wird. ijeide Texte spiegeln ein im Wesentlichen identisches und gleich bew~rtetes Szenarium des Geschichtslaufs und der Endzeitereignisse. Vor allem aber erweist sich die Terminierung der Endgeschichtswende vom 8. zum 9. Dekajubiläum als eine zwar festliegende Endperiodengrenze, .{iie,gewiß auch einen entsprechenden Handlungsdruck bewirkte, aber keineswegs als eine punktuelle Endkatastrophe. Der Handlungsdruck Wllrvielleicht gerade deshalb umso größer, denn in der ersten Endzeitperiode (des "Schwertes") geht es ja zunächst um die endzeitlichen .Kriege und um einen neuen Tempel. Dies erklärt eine Eigenart der politisch-militärischen Verhaltensmuster in den jüdischen Kriegen dieser Epoche. Es erWeist sich häufig ein eigentümliches Ineinander von ~s9hatologischer Spannung und unrealistischen Erwartungen einerseits und knallharten, realistischen Maßnahmen andrerseits. Mit dem Dekajubiläum 10 folgt eine Völkergerichtsperiode, sie endet mit dem Jahr 4900 nach 100 Jubiläen; das 11. endet im Jahr 5390 mit dem Engelgericht, überschreitet also die Menschheitsgeschichte. Fährt man im Sinne
123 der Systematik: des Systems fort, kommt man im Jahr 6860 nach 140 Jubiläen zugleich mit einem 14. Dekajubiläum zu einer Art Vollendung der Zeiten, doch nicht zu einem Endpunkt der Zeit, denn dieses Jahr fällt nicht mit einer Hexajubiläumsgrenzezusammen, diese wird erst jenseits dieser Zäsur mit dem Jahr 7056 nach 144 Jubiläen (4 Hexajubiläen-Großzyklen) erreicht. Die Zeit endet nicht mit der Geschichte .. 9.6 Interkalationsfrage und Endzeittermin U. Gleßmer hat in Entsprechung zur Tatsache, daß auch jedes 3. (d.h. jedes 4. und 6.) Jahr eines Jahrwochenzyklus einen Schalt-Mondmonat (Adar 11) erhält, auf Interkalationstermine zum Ausgleich der Differenz zwischen 364-Tage-Jahr und natürlichem Jahr von 365,25 Tagen geschlossen.8 2 Er wollte die "Zeichen" in 4Q319 als Hinweise auf eine Interkalationspraxis mit dem Ziel des periodischen Ausgleichs zwischen diesen beiden um 1,25 Tage differierenden Jahrestypen verstehen, wobei er dies auf der Ebene der Jobelperiode mit ihren Jahrwochen ins Auge faßte. Doch haben diese "Zeichen" - s. oben - unabhängig von dieser Art von Interkalation ihren guten Sinn, nämlich in Bezug zur Mondjahrinterkalation in jedem 3. Jahr. Und dazu stimmen auch die Zahlenangaben für die Zeichen: 16 oder 17, je nach Jubiläum. Gleßmers Regel (a.a.O. S. 397) lautete: "Immer, wenn ein sechstes Jahr innerhalb eines Sabbatjahrzyklus ein Gamul- oder Schechanjah-Jahr ist, dann wird es um eine Woche verlängert, es sei denn, es fällt in einen Erlaßjahrzyklus oder folgt nach einem Erlaßjahrzyklus. " Damit würde mit so eingefügten 12 Schaltwochen die jahreszeitliche Verschiebung mit ziemlicher Präzision korrigiert. Zu der Zeit lagen allerdings noch nicht alle vorhandenen Textfragmente für 4Q319 vor. Der Gedanke an Schaltwochen hätte etwas für.sich, wenn man die Priesterdienst-Zyklenfolge durch sie nicht unterbrechen müßte. Da diese aber an die Sabbatfolge gebunden ist und darüber hinaus das Jahr zu 364 Tagen stets so betont wird, hat man die an sich leicht organisierbare Interkalationsmöglichkeit durch das eigene System ausgeschlossen. Gerade 4Q319 dokumentiert ja deutlich die Kontinuität der Priesterdienstturnusse über die Jubiläengrenzen hinaus, im ursprünglichen Umfang sogar für ein Dekajubiläum! Auch die anderen vorhandenen und gerade seit Gleßmers Aufsatz neu bekannt gewordenen Texte lassen für kein Jahr im Dienstzyklus irgendeine interkalatorische Maßnahme im Blick auf das 82
Gleßmer U., Der 364-Tage-Kalender und die Sabbatstruktnr seiner Schaltungen in ihrer Bedeutung für den Kult, in: Daniels D. R. u.a. (Hrsg.), Ernten, was man sät. Festschrift für Klaus Koch zu seinem 65. Geburtstag, Neukirchen-Vluyn 1991,379398. .
124 365;25-Tage-Jahr erkennen. Diese wären doch auffällig genug, um eher angeführt zu werden als andere, selbstverständliche Koinzidenzen wie z.B. Priesterdiensttermine und Sabbate. Und diese Fehlanzeige gilt nicht zuletzt für die synchronistischen Texte mit Angaben über Mondphasentermine. Somit weisen die bis jetzt bekannten Texte die kontinuierliche und regelmäßige Folge der Priesterdienstzyklen als feststehend aus. Das schließt die Einfügung von Schaltwochen - wie und wann auch immer - wohl aus. Auf solche Schwierigkeiten hat M. Albani bereits verwiesen und die Frage letztlich offen gelassen, obschon er eine Interkalation annehmen mÖchte. 83 Die Differenz zwischen den beiden Jahrlängen konnte unter diesen Bedingungen also gar nicht durch Interkalation bereinigt werden. Man mußte schon die volle Zeit von 292/294 Jahren auslaufen lassen, bis sich die kalendarischen Daten wieder mit den jahreszeitlichen Gegebenheiten an einem SupeIjobel deckten. Wenn aber dieses kalendarische Problem der Zadokiden nicht kalendarisch zu bereinigen war, ist zu fragen, ob und wann es als solches überhaupt akut bzw. bewußt werden konnte. Das fordert eine historische Erklärung, und die hat weitreichende Konsequenzen. Abgesehen von der jahreszeitlichen Problematik bestand eigentlich kein praktischer Bedarf für eine Interkalation. Der 364-Tage-Kalender funktioniert als bloßes Zeitrechnungs- und Diensteinteilungsschema ja klaglos, und das Verhältnis zum Jahr mit 365,25 Tagen Länge wird im Zyklus von 6 Jubiläen mit 294 Jahren mit ziemlicher Präzision erledigt. Dieser Umstand war nun, wie oben dargelegt, für die Periodisierung im Großen von großer Tragweite und ist überdies auch historisch von verblüffendem Gewicht. Warum hat man denn nicht in früher Zeit einen Interkalationsmodus gewählt, um das 364-Tage-Jahr in regelmäßigen Abständen an den natürlichen Jahreslauf anzugleichen? Offenbar doch, weil zu der Zeit noch kein Bedarf danach bestand, da man diesen Kalender zunächst nicht für eine jahreszeitlich relevante Zeiteinteilung benutzte, sondern für die, Organisation der Priesterdienstzyklen, woraus, sich eine übergreifende ,Zeiteinteilung und Geschichtsperiodisierung ergab. Der 364Tage-Kalender hatte also vorrangig kultdienst-organisatorische und chronographische Bedeutung. In diesem Zusammenhang bestätigt sich die zuletzt auch von M. Albani wieder vertretene Ansicht, daß ein mehr oder minder adaptierter Sonnenkalender zum Programm der Exilsheimkehrer gehörte. 84
83 Albani M., Astronomie und Schöpfungsglaube, Neukirchen 1995,292ff. 84 Albani M., Astronomie und Schöpfungsglaube, Neukirchen 1995, insbesondere 278f.
125 Daraus ergab sich in der Folgezeit, im Lauf der Erarbeitung des Gesamtsystems, aber eine Art Systemzwang, den man beim Nachvollzug der Gesamtkonstruktion sehr wohl begreifen kann. Man muß folglich darriit rechnen, daß damals im Lauf der Zeit - mit dem Fortschritt der Systematisierung - sich auch die Tendenz verstärkte, möglichst alles einzuordnen, weil man von der absoluten Richtigkeit der entdeckten Ordnung völlig überzeugt war. Zu den Dat~n, die man ab damals einzuordnen bestrebt war, gehörten die Feste im Jahreslauf, und zwar auch die jahreszeitlich gebundenen. Das Jubiläenbuch bezeugt ein intensives Bemühen um die vorsinaitische, ja schöpfungs geschichtliche Verankerung der Feste und ihrer Termine im Schema des 364-Tage-Kalenders. Das spiegelt eine ent. sprechend intensive Diskussion, in der vor allem die Frage eine Rolle spielt, ob für Feste eine Orientierung am Mondlauf als angemessen gelten kann. Nun ist der agrarische 50-Tage-Periodenzyklus der Erstlingsfeste ein altes, schlichtes System für sich und als solches nicht an das errechnete Sonnenjahr von 360 oder in unserem Fall an den um 4 Quartalszusatztage ergänzten Jahreskalender gebunden. Dieser Zyklus war an die Saat- und Emtezeiten gebunden. Wie alt der agrarische Fünfziger-Zyklus auch sein mag,85 sein Anfang war für die agrarische Praxis leichter an einem Neumond zu terminieren als an Solstitien, die man ja nicht so einfach beobachten kann. Aber die Zahl 50 bzw. 49 war durch die 7x7-Einheit im sonnenorientierten Kalender nun einmal eine so markante Größe, daß sich die fixierte Einbindung der Erstlingsfest-Periodenvon selbst empfahl, sobald der Systemzwang wirksam wurde. Allem Anschein nach hat man sich also unter dem Eindruck der immanenten Stimmigkeit des beschriebenen Grundsystems - gewissermaßen allS kalendarisch-dogmatischen Gründen - irgendwann dazu gezwungen gefühlt, auch die Erstlingsfeste an die Sonnenkalendertermine zu binden und zu "unbeweglichen" Festen zu machen. Erst von dieser Maßnahme an begann sich die Differenz zwischen 364 und 365,25 Tagen, die man im Rahmen der 294-Jahres-Zyklen zeitrechnungsmäßig leicht verkraften konnte, auf die Alltagspraxis auszuwirken und erst nun konnte der Bedarf für eine angemessene Interkalation zu einem regelmäßigen Ausgleich der Differenz spürbar werden. Schließlich schlägt diese Differenz hinsichtlich jahreszeitlich gebundener Feste ja bald zu Buch: Innerhalb eines Jubiläums in nicht mehr vertretbarer Form, nach 40 Tagen schon eine Erstlingsfestperiode! 85 Morgenstern J., The Calendar of tbe Book of Jubilees, its Origin and Character, VT 5,1955,34-76.
126 Theoretisch konnte man dieses Phänomen zwar damit begründen, daß durch die Sünde eben eine Unordnung im Naturlauf bewirkt worden sei, der Kalender aber stimine (vgl. Hen80,2ff.; Jub 6,34ff.), doch löst dies kein praktisches Problem dieser Art. Wer einen solchen Kalender durchhalten wollte, mußte in geraunier Zeit entweder auf die Erstlingsfeste verzichten oder sie aus' dem Sonnenjahr-Festzyklus lösen und anders - also am Mondlauf - orientieren. Dieses Dilemma ist bereits diskutiert worden, und zwar durch K. G. Kuhn und R. T. Beckwith, deren Argumentation von M. Albani einer lcritischen Behandlung unterzogen wurde. 86 Beide hatten das offensichtliche Fehlen einer Interkalation - wenn auch auf unterschiedliche Weise - aus der Eschatologie der Essener bzw. ihrer Vorläufer zu erklären versucht. Albanis Einwände sind vor allem kalendarischer Natur; er hebt zudem mit Recht das praktische Dilemma hervor, das mit einer melujährigen Kalenderanwendung ohne Interkalation im Blick auf die jahreszeitliche Verschiebung eintreten mußte, vermochte allerdings eine praktikable Interkalation trotz Hinweis auf U. Gleßmers Bemühungen nicht nachzuweisen. Dieser Sachverhalt hat Konsequenzen: Obwohl der Sonnenkalender als solcher alt ist und engstens mit der ebenfalls älteren Priesterdienstordnung zusammenhängt, kann seine problematischste Komponente, der im Sonnenjahr ftxierte Erstlingsfestzyklus, im System eingebunden nie über längere Zeit praktiziert worden sein. Der Kalender mit 364 Tagen ist also erst relativ spät zu einembestiminten Zeitpunkt erstmals (oder nach einem früheren Versuch wieder) durch die Komponenten ergänzt worden, die ihn innerhalb einer gewissen Zeit ad absurdwn führen mußten. Man tat das wohl in der Annahme, daß dieses in sich rechnerisch so stimmige System nicht nur der Schöpfungs ordnung entspricht, sondern einer die Geschichte transzendierenden Zeitordnung überhaupt. Das Buch der Jubiläen propagiert eindringlich die Fixierung der Peste im primär solar orientierten Kalendersystem. Aber es erwähnt auffälligerweise nie ein Ölfest und Weinfest, obwohl es ein ErstgenUßfest im 4. Jahr nach Noahs Rebenpflanzung zum 1. I. (Neujahr = 1. Nisan) nach der Lese im 7. Monat des Vorjahres anführt, also Weinerzeugung nach ritueller Torahvorschrift voraussetzt. Spiegelt dies nicht eine Situation, in der man den letzten Schritt zur totalen Systematisierung noch nicht vollzogen hatte? Wohl eher als eine spätere, in der man sich zu einer Konzession gezwungen sah. Man hat also zunächst darum ringen müssen, wobei Gerstenerstlingstermin und Weizenerstlingstermin wegen der Bindung an das Mazzotfest und Wochenfest vor 86, Albani M., Astronomie und Schöpfungsglaube, Neukirchen 1995, 108ff.; hier weitere Angaben.
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rangig ins System gefesselt wurden. Das deutet auf eine längere propagandistische Vorbereitung, auf einen schon länger schwelenden Konflikt, und auf eine stufenweise Durchsetzung der Anliegen hin. In der Tat paßt dies gut ins Bild, das CD I von der fraglichen Zeit zeichnet: Nach einer noch nicht eindeutig so kompromißlosen konservativ-zadokidischen Reform in der Übergangszeit vor und nach 200 v. Chr:kam man 20 Jahre später unter dem sogenannten "Lehrer der Gerechtigkeit" wegen der akut werdenden Endzeitphase zu dem Schluß, daß nur eine total systemkonforme Einordnung aller Termine in die göttliche Zeitordnung der Schöpfungs ordnung entspricht, und daß faktische Unstimmigkeiten, die durch die menschliche Sünde hervorgerufen worden sind, nur durch strengste Beachtung der systemgemäßen Normen wieder ausgeräumt werden können. Das praktische Problem, das Albani mit Recht hervorgehoben hat, wäre so gesehen erst in einer Krisensituation akut geworden, und bevor sich die Folgen im Alltag und in der öffentlichen Praxis wirklich verheerend bemerkbar machen konnten, war das Unternehmen auch schon gescheitert - in den Vorgängen vor und nach der Thronbesteigung Antiochus IV. Dieses Szenarium einer extrem-zadokidischen Reform, auf die in geraumer Zeit. eine Gegenreform mit Kalenderwechsel erfolgte, fügt sich sehr gut in die Beschreibung der Geschichte ein, die CD I und 4Q390, aber auch die oben angeführten Henochapokalypsen bieten: Man wertete die nachexilische Zeit seit der Generation der ersten Heimkehrerwelle von 53817 als Zeit der Abtrünnigkeit und Verirrung bis zu einer Zeit der "Umkehr" und einer darauf folgenden "Offenbarung". Als Folge dessen kam es zu einem Konflikt, zum Abfall einstiger Verbündeter, und schließlich zu einer heillosen Konfrontation. Es ergibt sich also, daß im Zusammenhang mit dem Herrschaftswechsel um und nach 200 v. Chr. unter dem Eindruck der berechenbar gewordenen Endzeit Verfechter des extrem-zadokidischen Flügels die Gunst der Stunde nützten und unter Antiochus III. eine Wendung zu ihren Gunsten durchsetzten. Innerhalb von 20 Jahren führte der immense Systemzwang angesichts der fortschreitenden vorletzten Jobelperiode des letzten Dekajubiläums zu einer Radikalisierung, zur kompromißlosen Durchsetzung aller durch das System bedingten Elemente: Einbindung der jahreszeitlich abhängigen Erstlingsfeste in den ftxierten Festzyklus des Sonnenkalenders, Sabbatjahrbeginn mit Beginn des Sonnenjahres im Frühling. Schon binnen weniger Jahre mußte die Realitätsferne und sozial-ökonomische Unerträglichkeit dieser kalendarischen Systematik einen fundamentalen Dissens selbst innerhalb der
128 Priesterschaft heraufbeschwören, der von der gleichzeitig virulenten Frage der außenpolitischen Orientierung zwischen Seleukiden und Ptolemäern mitbestimmt wurde. Aber es ging gewiß nicht von vornherein um eine Frage der Hellenisierung oder Torahtreue. Für den weiteren Verlauf der Krise gilt wohl, daß die extrem-zadokidische Ordnung sozial-ökonomisch untragbar war und bei einem solchen wirtschaftlichen Risiko sicher nicht bloß in der Landbevölkerung, sondern selbst unter den großteils völlig von kultischen Abgaben abhängigen Priestern ihre Gegner haben mußte. Ihnen war gewiß jeder Zadokide aus vornehmer Priestergruppe als Hohepriester recht, der in dieser Frage ihren Interessen entsprach. Dazu kommt noch das politische Risiko eines solchen Abenteuers, denn politische und wirtschaftliche Stabilität mußte durch regelmäßige Entrichtung der Tributleistungen erkauft werden. Die Haltung der "Hasidaioi" zu Alkimus würde dieser Konstellation durchaus entsprechen, aber - prinzipiell gilt das auch für jeden Hasmonäer. Die extrem-zadokidische Richtung stand in jedem Fall auf verlorenem Posten und konnte nur mehr auf die endzeitliche Wende hoffen - richtiger gesagt: damit rechnen, daß mit dem Hinschwinden der Restjobelperioden diese Probleme eschatologisch gelöst würden und daß die kompromißlose "Umkehr" zur einzig richtigen Torah-Ordnung nicht nur zu dieser determinierten Vollendung der Geschichte führen, sondern auch bewirken kann, daß der offensichtlich nicht mehr nonngerechte Naturlauf wieder in die prästabilisierte Hannonie der ewigen Zeitordnung dinrastet. Kein Wunder, daß man angesichts der erwarteten Geschichtswende zahlreiche tabellarische Texte verfaßte, um die behaupteten Daten und Koinzidenzen aufzulisten und nachzuweisen, und sich so selber zu ver- . gewissem. Waren also diese Leute so unbegreiflich verbohrt, daß sie die Realität aus Systemzwang heraus negierten? Man braucht nicht die Endzeiterwartung allein als Grund dafür anzuführen. Es sollte auch viel ~päter noch vorkommen, daß Autoritäten sich in einer selbstverursachttlll Mixtur aus dogmatischem Systemzwang und verabsolutierten Weltbildelementen so verhedderten, daß sie zu Ähnlichem imstande waren und anderen keine Wahl ließen, als leise zu sagen: "Und sie bewegt sich doch!" Die Überzeugungskraft und die eschatologische Brisanz dieser auf dem sonnenorientierten Kalender beruhenden Zeitrechnung in ihrer Verbindung mit den Kultdienstordnungszyklen und mit der Einbindung der relevanten Lunardaten war sicher beträchtlich. Daher ist kaum denkbar, daß dergleichen keine Korrekturen auf der Gegenseite provoziert hat. In diesen Zusammenhang passen Wirken und Werk des Eupolemus, den Judas Makkabäus wahrscheinlich als Emissär nach Rom entsandte und der in den Jahren danach eine schriftstellerische Tätigkeit
129 entwickelte, die, wie die erhaltenen Fragmente andeuten, auf eine Gesamtrevision der biblisch-jüdischen Geschichte und der ihr zugrundeliegenden Zeitrechnung hinauslief. B.-Z. Wacholder hat mit guten Gründen die manchmal bezweifelte Authentizität der Fragmente verfochten und Texte, Person und Werk auf ihrem diesem historischen Hintergrund behandelt. 87 Eupolemus war' möglicherweise ein führender Ideologe jener refonnzadokidischen' Richtung, die sich mit den Makkabäern arrangiert hatte. War etwa er der "Lügenmann" , der nach Meinung der Qumrantradition das Volk irregeführt und dem "Lehrer der Gerechtigkeit" abspenstig gemacht hat? Eupolemus datierte das Jahr 158/7 v. ehr. als Jahr 5149 nach der Schöpfung und schuf damit im Rahmen einer an der Schöpfungswoche orientierten sechs bzw. sieben Millennien zählenden Weltdauer einen erheblichen geschichtlichen . Spielraum vor dem so zu errechnenden Eschaton. 88 Die Makkabäer/Hasmonäer waren zu sehr den Erfordernissen der Realität verpflichtet, um der radikal-zadokidischen Richtung noch einmal zum Zug zu verhelfen. Der Konflikt dauerte also an und yrreichte unter Jonathan Makkabäus einen neuen dramatischen Höhepunkt, weil durch seine Annahme des Hohepriesteramtes die oniadischen Zadokiden endgültig ausgetrickst waren. Von nun an setzte eine Revision der Torahtraditionen und der Geschichtsauffassung ein, die zwar in maßgeblichen Kreisen noch zadokidische Linien weiterführte, aber den neuen Bedingungen anpaßte. Allerdings kam anfangs der Laienschaft angesichts ihrer militärischen Bedeutung ein recht großes Gewicht zu. Die verbliebenen zadokidischen Normen, die durch die später "Sadduzäer" genannten zadokidischen Bundesgenossen der Hasmonäer in gemäßigter Form weiter vertreten wurden, drohten daher gegenüber den später als "pharisäisch" bezeichneten Tendenzen zu unterliegen. Erst als die Hasmonäer dieses laizistische Machtpotential aus Eigeninteresse reduzieren wollten und dies durch den Übergang zum Söldnerheerwesen unter Johannes Hyrkan auch zustandebrachten, kam die sadduzäische Linie politisch vorübergehend mehr zum Zug. In diesem Zusammenhang dürfte unter Alexander Jannajs frühen Regierungsjahren eine Situation eingetreten sein, in der die in die Opposition verdrängten extremen Zadokiden mit ihrem Anhang ebenfalls Morgenluft witterten und sich mit dem' König zumindest vorübergehend arrangierten. Daß die Anhängerschaft des damals schon geraume Zeit verstorbenen "Lehrers der Gerechtigkeit" die Anlage von Khirbet Qumran er87 Wacholder B.-Z., Eupolemus, Cincinnati 1974. 88 Wacholder B.-Z., Eupolemus, Cincinnati 1974,22ff.: Elia; chronographische Endzeitberechnungen. 97ff. bibI. Chronologie.
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richten konnten, spricht für diese Annahme. Alexander Jannajs Position und Haltung war laut Josephus in seinen jungen Jahren eine eigentümliche gewesen, aber alsbald erwies er sich als unermüdlicher Feldherr. Konnte man in den frühen und im allgemeinen erfolgreichen Feldzügen des neuen Königs nicht ein Vorspiel für jene kriegerischen Ereignisse sehen, die in dem folgenden Dekajubiläum einsetzen sollten, wenn den Erwählten ein "Schwert" übergeben wird? Warum der Lehreranhang zu der Zeit aus Jerusalem oder anderen Orten dorthin nach Qumran ging, muß einen zwingenden Grund gehabt haben, der nicht primär im Verhältnis zu den Hasmonäem lag. Die Lösung dürfte in der Zeitrechnung dieser Leute liegen, auf Grund der sie für die nächste Zukunft mit der endzeitlichen Wende und mit dem Ende des 2.· Tempels rechnen konnten, den sie ohnedies schon geraume Zeit für verunreinigt und entweiht betrachtet hatten. Und nicht zuletzt hatten sie gewiß ein vitales Interesse daran, ihr Schrifttum in die neue Ära hinüberzuretten.H. Stegemann nimmt an,89 daß die Anlage von Khirbef Qumran vorrangig der Handschriftenproduktion diente, was ins Bild paßt. Das wirft aber die Frage auf, ob .man nicht angesichts des nahen Endzeittermins von vornherein und laufend Handschriften in den eigens dafür adaptierten Höhlen hinterlegt hat, und keineswegs nur und erst beim Ausbruch des Krieges von 66-70 n. Chr., als man offensichtlich hastig und daher auf technisch unzulängliche Weise noch alles das in Höhlen deponierte, was man damals zur Hand hatte. 9.7 Das Verhältnis zur absoluten Chronologie a) Vorbemerkung Anhand der erhaltenen kalendarischen Texte aus Qumran ist es möglich,die gesamte in der zadokidischen Zeitrechnung veranschlagte Dauer des Geschichtslaufs (s. Kap. 10) chronologisch-kalendarisch Jahr für Jahr mit Wochen- und Monatstagen, Sabbaten, Festen, Vollund Neumonden und den entsprechenden Siebenerzyklen .auf höheren Ebenen im Rahmen dieser Periodisierung aufzuführen und mit den da~ zugehörigen bekannten Ereignissen zu verbinden. Man braucht nur in den Raster, wie er in Kap. 11 für zwei Dekajubiläen vor Augen geführt wird, zu jedem Jahr den Jahreskalender einzufügen. Dabei kommt der Sabbatfolge eine im Blick auf die absolute Chronologie unersetzliche Bedeutung zu, denn die Sabbatfolge - und die mit ihr verbundene Priesterdienstzyklenfolge - bleibt unabhängig vom Ka89 StegemaonH., Qumran, Die Essener, Qumran, Johannes der Täufer und Jesus, Freiburg i. Br. (Spektrum 4128) 19944 ,193.
131 lendersystem konstant, und es bedarf nur eines synchronistisch abgesichert datierbaren Sabbats, um alle davon direkt oder indirekt abhängigen Daten zur absoluten Chronologie in Beziehung zu setzen. Nun ist es zwar auf Grund mancher Angaben möglich, einzelne Perioden in diesem Gesamtsystem rilit bestimmten Ereignissen zu verbinden, doch ist dies für die chronologische Fixierung im Verhältnis zur uns geläufigen Chronologie nicht ausreichend, da man deren Datierungen für damals nicht ohne weiteres zugrundelegen kann. Angaben über die Dauer der Zeit des ersten und des zweiten Tempels verhelfen aber zu einer gewissen Klarheit über die damalige Vorstellung von der zeitlichen Erstreckung dieser Perioden, da es sich um Dekajubiläen zu 490 Jahren handelt, die als heilsgeschichtstheologisch konstitutive Geschichtsperioden verstanden wurden. Die Bedeutung der Siebenereinheiten für die Strukturierung der Geschichte wurde wiederholt behandelt. 90 Doch die Möglichkeiten, die sich auf der Basis der kalendarischen Qumrantexte bieten, sind für eine Verbindung mit der absoluten Chronologie weit ergiebiger als alle bisherigen Anhaltspunkte. Diese kalendarischen Qumrantexte bieten zunächst die Möglichkeit, eine Reihe von Hinweisen zu bündeln und so einen relativ massiv begründeten Endzeitbeginn ausfmdig zu machen, nämlich in etwa für das Jahr 98 v. Chr. b) 490 Jahre Die Angabe von 490 Jahren, also eines Dekajubiläums mit 70 Jahrwoehen, ist für heilsgeschichtstheologisch relevante Geschichtszäsuren so geläufig, daß diese· Form des Periodendenkens für das Geschichtsbewußtsein der damaligen Zeit als konstitutiv anzusetzen ist. Dies um so mehr, als es sich nicht nur um eine spekulativ angesetzte Zeitspanne handelt, sondern auch durch einige tatsächliche Daten gestützt werden konnte. 91 Dabei hat man von der so angesetzten Dauer der Zeit der 1. Tempelperiode auf eine gleiche Folgeperiode geschlossen, mit der man bereits die Endgeschichtswende zu erreichen hoffte. Insgesamt gilt für das Gesamtschema, daß es vorzugsweise kultgeschichtlich fixiert ist, wie das Jubiläenbuch es auch detailliei:t vorführt. Kultgeschichtliche Zäsuren wie Noahs Altarbau, Altarbauten der Patriarchen, v.a. der Altarbau in Bethel durch Abraham beim Eintreffen im
90 Siehe vor allem Koch K., SabbalBtruktur der Geschichte. Die sogenannte Zehnwochenapokalypse und das Ringen um die alttestamentlichen Chronologien im späten Israelitennun, ZAW 95,1983,403430; Albani M., Astronomie und Schöpfungsglaube, Neukirchen 1994,443ff. 91 Siehe die Angaben bei K. Koch a.a.O.
132 verheißenen Land und dann wieder durch Jakob sind maßgebliche Daten,92 und dann die Landnahme, aber nicht so sehr Exodus und Sinaibund. Der Kultbeginn am 1. Tempel, mit dem die in der ewigen Zeit verankerte und durch David vor-organisierte Priesterdienstordnung zur praktischen Anwendung kommt (2940), stellt eine besondere Zäsur dar, das Ende des 1. Tempels mit dem Jahr 3430 eine noch gewichtigere. Setzt man voraus, daß die Tempelzerstörung auf das Jahr VIII7 der Jobelperiode 70 im Jahr 3430 angesetzt worden ist, wäre dies nach unserer geläufigsten Berechnung 586 v.Chr. Nun ergibt 586-490 zwar 96, doch die 490 Jahren sind ja 364-Tage-Jahre, davon ist für 296 Jahre 1 volles Jahr abzuziehen und für den Rest von 196 Jahren = 4 Jubiläen sind 2 X 30-Tage-Monate pro Jubiläum abzuziehen, also 8 Monate; das ergibt 97 und 8 Monate, fast 98 v. Chr. Man geht man in der Regel von ca. August 586v. Chr. aus und auch die jüdische Tradition diitiert die Zerstörung - beider Tempel! auf den gleichen Tag und Monat, den 9. bzw. 10. Ab, der nach dem lunisolaren und daher auch traditionellen jüdischen Kalender eben in etwa auf Juli/August fallt. Da diese Datierung bereits Josephus erwähnt hat, dürfte ihr eine ältere Berechnung zugrunde liegen,die aber eigentlich auf dem 364-Tage-Kalender beruhte. Im übrigen sieht es ganz so aus, als würde sich (nach einem Sabbatjahr für 69170 n. Chr.) in der Tat für 70/1 n. Chr. ein Mijamin-Jahr ergeben, wenn man die Zadokidenzeitrechnung mit ihren Dienstzyklen verfolgt. 93 In 2 Kön 25,8-9 wird der 7. Tag des 5. Monats des 19. Regierungsjahres Nebukadnezars genannt, in der Parallele Jer 52,12 ist es .der 10, des Monats. Es fallt auf,daß in 2 Chr 36,17ff. kein Datum genannt wird, obwohl der Chronist an dieser Periodengrenze interessiert gewesen sein mußte, weil er (2 Chr 36,21-23) im Blick auf das Kyrosedikt und die Heimkehr deutlich bemüht war, dieses Ereignis als Zäsur und Erfüllung von Jer 25 festzulegen. Nun ist der 5. Monat bei
92
Vgl. dazu: Schwartz J., Jubilees, Belhel and Ihe Temple of Jacob, HUCA 56,1985,63-85. 9:5 Nach dem 364-Tage-Kalender rallt der 9. Ab im Jahr III (Mijamin) des Zyklus auf den Sabbat, nach dem die Abteilung Jehojarib ihren Turnus·antritt. Nach dem Mondkalender fiele der 9. Ab dieses Jahres III auf den 2. des SonnenIcalendermonats, ebenfalls ein Sabbat, aber der, nach dem die Abteilung Ma' azjah den Dienst antritt. Diese KonsteUation ergibt sich erneut in den folgenden Siebenerzyklen. Nach Josephus BeU VI,251 erfolgte der Brand des 2. Tempels im Jahr 70 n. Chr. am tO. des Monats Lous, laut Dio Cassius LXVI,7,2 an Kronou hemera; bTa'anit 29a datiert die TempeIzerstörung auf den 9. Ab, zum Sabbatausgang, also eigentlich ebenfaUs am 10. Ab, und die Abteilung Jojarib soU Dienst gehabt haben. Man müßte also das Jahr 70 n. Chr. mit einem derartigen Jahr (einem Mijamin-Jahr) identifIZieren können. Das scheint in der Tat möglich zu sein (s. die TabeUe in Kap. 11).
133 Frühlingsjahresanfang zwar der Monat Ab und etwa August, aber dies gilt nicht so nach dem 364-Tage-Kalender. Für den ist ja die durch die Differenz zwischen dem 364-Tage-Jahr und dem Normaljahr von 365,25 Tagen verursachte jahreszeitliche Rotation zu berücksichtigen, die innerhalb einer 294-Jahr-Periode stattfmdet. Eine solche Hexajubiläengrenze schließt (s~ die Tabelle Kap. 10) das Jubiläum 66 ab, so daß 4 Jobelperioden mit je 2 Monaten Verschiebung gegenüber dem längeren Normaljahr eingetreten wären, also 8 Monate, das heillt: 4 Monate vor dem erneuten Ausgleich, und der April fiele in etwa auf den 9. Monat, der August als 5. Monat des 19. Regierungsjahres Nebukadnezars an den Anfang von 3430. Von dieser Annahme aus ergäbe sich allerdings ein erstaunlich exakter Befund für die folgende Epoche, während man heute meist voraussetzt, daß in hellenistisch-römischer Zeit vom Zeitverlauf der persischen Periode kein zutreffendes Bild mehr vorhanden war. In der Priestertradition war ein genaues Bild davon aber nicht nur dank der wohl peinlich genau geführten Genealogien vorhanden, sondern - noch präziser - dank dieses Zeitrechnungssystems möglich, und zwar mit den Sabbaten und (zurückprojizierten) Priesterdienstzyklen als Rückgrat der Berechnung. Sicher ist, daß man die Exilsdauer als eine Jobelperiode angesetzt und folglich 538/7 als Abschluß· und Anfang einer Jobelperiode gerechnet hat. 94 Die 490-Jahr-Periode ist im Sinne des Chronisten in erster Linie von da aus und unter Berücksichtigung der sonstigen Angaben über Jobel- und Sabbatjahre abzustecken. Die Abgrenzung der Perioden zu 490 Jahren führt folglich kurz vor das Jahr 98 v. Chr. (98/7) als einer solchen Epochengrenze, die auch noch exakter berechnet werden kann. c) 390 Jahre Einen gewissen Anhaltspunkt bietet CD I mit den 390 Jahren, die seit der Zeit vergangen sein sollen, als Israel in die Hand Nebukadnezars gegeben wurde. Aber von wann an wurde gezählt? Setzt man das geläufigste Datum, 586 v. Chr., als Ausgangspunkt an, führen die 390 Jahre mit Berücksichtigung der Jahreslängendifferenz ungefahr auf das Jahr 197 v. Chr., und die folgenden 20 Jahre der Unsicherheit von CD I bis zum Auftreten eines "Lehrers der Gerechtigkeit" erreichen das Jahr 177 v. Chr .. Nun sind die 390 Jahre (welcher Jahreslänge?) aber durch Ezechieis datierten Offenbarungsempfang im 5. Jahr der Exilierung Jojachims in Ez 4,5.10 vorgegeben, und das kann bedeuten, daß man die 94
2 ehr 36,22 und &r 1,1; vgl. Dan 9,25f.
134 Jahre der Schuldabbüßung von der Eroberung Judas im Jahr 597 an gerechnet.hat. In diesem Fall kommt man mit Beriicksichtigung der JahreDifferenz bis auf etwa 208 v. Chr. und mit den folgenden 20 Jahren auf 188 v. Chr. ' In CD XX wird zuvor eine Übergangsperiode von 40 Jahren nach dem Tod des Lehrers der Gerechtigkeit (CD XX) gerechnet; das wäre nach obiger Rechnung ab 586 v. Chr. von ca. 138/7 v. Chr. an, ab 597 v. Chr. gerechnet von 147 v. Chr. an. Hier lag (s. die Tabelle Kap. 11) eine Jobelperiodengrenze. Davor blieben noch 40 Jahre für die Zeit des "Lehrers der Gerechtigkeit". Diese letzte Berechnung ist nicht neu. Sie wurde u.a. 1963 auch schon von G. Jeremias behandelt,95 nur war es damals wegen der noch unbekannten Kalendertexte aus 4Q nicht möglich, den kalendarischchronologischen Hintergrund der 490-Jahres-Perioden zu erkennen. Zudem wirkte etwas verwirrend, daß rabbinische Texte 410 Jahre für die Zeit des 1. Tempels veranschlagen. Vor allem ist es nicht zwingend, für den Anfang der Zählung der 390 Jahre eine Periodengrenze anzunehmen, denn Ezechiel nennt ein Datum, das man ungeachtet des Symbolwerts der Zahl zunächst als ernst gemeinte Angabe betrachten soll.96 Welches von beiden Daten man auch als Ausgangspunkt im Auge gehabt haben mag, beide Berechnungen führen in die Zeit, die sich auch anhand der bisher erörterten Angaben abgezeichnet hat, und 586 v. Chr. als Ausgangspunkt paßt sogar genau dazu. d) Das siebte Jubiläum In 4Q390 wird angedeutet, daß im 7. Jubiläum seit der Verwüstung des Landes ein akutes Stadium eintrat. Nach der Exilsheimkehrergeneration, die noch eine spezielle Gebotsoffenbarung empfmg, herrschte Abtriinnigkeit, und nun, im 7. Jubiläum, «vergessen sie (wieder) Anordnung und Festtermin, Sabbat und Bund, brechen alles und tun, was böse ist in meinen Augen.» Von wann an sind aber diese Jubiläen zu zählen? Ausgangspunkt könnte zwar die Zerstörung des 1. Tempels sein, dann handelte es sich um das Jubiläum 77 (ca. 293-244 v. Chr.), aber man kann "seit der Verwüstung" auch im Sinne von "seit der Zeitspanne der Verwüstung" (also seit ca. 538/7 v. Chr.), verstehen, und da die Exilsheimkehrer im Text noch positiv gewertet werden, ist diese zweite Interpretation die näherliegende. Dann handelt es sich um das Jubiläum 78 (ca. 244-197). Heillt das, daß bereits damals ein Kalender95 Ieremias G., Der Lehrer der Gerechtigkeit, Göttingen 1963,157f. 96 So auch Wacholder B.-Z., The Dawn ofQumran, Cincinnati 1983,179-180.
135 streit ausgebrochen war, der nicht in extrem-zadokidischem Sinn entschieden worden ist, und daß erst mit und nach dem Herrschaftswechsel nach 200 v. Chr. die Frage wieder zur Debatte gestellt wurde? Der Text belegt jedenfalls, daß es sich um einen schön längere Zeit schwelenden innerzadokidischen Konflikt gehandelt hat. e) Die Hexajubiläengrenzen Wie oben in 9.4 dargelegt, kommt den 294-Jahre-Perioden eine ganz besondere kalendarische Bedeutung und Symbolik zu. Am Ende von 10 solchen Perioden (Jahr 2940 = 60 Jubiläen) ist der 1. Tempel fertiggestellt. Das 11. Hexajubiläum zum Jahr 3234 (Ende Jubiläum 66) rallt in die Königszeit, das Ende des 12. fallt im Jahr 3528 mit dem Ende des Jubiläums 72 zusammen, 2 Jubiläen (98 Jahre) nach der Tempelzerstörung, und dann wird mit dem Jahr 3822, mit dem 13. Hexajubiläum (d.h.: 1 Jubiläum nach dem Ende des 11. Heptajubiläums), das 78. Jubiläum beendet. Das Hexajubiläum 13 ist also im Dekajubiläum 8 symmetrisch eingebettet, mit je 2 Jubiläen davor und danach, und es beginnt den dritten Großzyklus von sechs Hexajubiläen, in dem die ganze Turnusordnung wieder von neuem beginnt, nämlich mit i 1 B6 (s. die Tabelle Kap. 11). Dieses bemerkenswerte Hexajubiläum erstreckte sich etwa zwischen 488-195 v. Chr. und bildete wahrscheinlich die Ausgangsbasis für die gesamte Konstruktion. In dieser Zeit entstand ja jene Priesterdienstordnung, die in der Chronik bezeugt ist und auch den Qumrantexten zugrunde liegt, und sobald diese einmal kalendarisch so eingebaut war, daß sich die höheren Siebenerzyklen abzuzeichnen begannen, konnte konsequent sowohl zuiiick- wie vorwärtsgerechnet werden. Von 196 v. Chr. an sind nur mehr 2 Jubiläen bis zur endzeitlichen Wende an der Dekajubiläumsgrenze, die auf ca. 98 anzusetzen ist. Das heißt möglicherweise, daß gegen 245 v. Chr. das Gesamtsystem im Wesentlichen fertig war und man in der Folge unter dem teilweise zwingenden Eindruck des Erreichten daran ging, die Konsequenzen zu ziehen, womit sich ein Konflikt abzuzeichnen begann, der akut werden mußte, sobald diese Konsequenzen auch praktischer Natur wurden. t) Die Jobel- und Sabbatjahrzählung
Die exakte Ansetzung der Sabbatjahre ist in der Forschung umstritten, da die Angaben des Josephus nicht ganz klar formuliert sind. Sie erfolgen nämlich nur nebenbei im Zusammenhang von Schilderungen militärischer Ereignisse. Dabei wird nicht immer klar, ob das betreffende Sabbatjahr Ursache eines Proviantmangels war, ob es unmittelbar zu
136 der Zeit eintrat, oder ob es erst drohte - und damit nach den Kriegsverwüstungen und HungeIjahren keine Ernte zu erwarten wäre. Dazu kommt, daß diese Probleme aus der Sicht von Belagernden und Belagerten noch unterschiedlich gewertet werden können. Die Versuche, eine feste Folge von Sabbatjahren auf der Basis der Angaben in 1 Makk und bei Josephus zu rekonstruieren, differieren daher auch verständlicherweise. Wenn man Herbstanfang voraussetzen kann, fallen Saat und Ernte innerhalb des Sabbatjahres je 1mal aus. Der Ernteausfall schlägt aber je nach dem Datum und Stand der militärischen Operationen und auch bei Belagernden und Belagerten unter Umständen unterschiedlich lang zu Buch. Der wichtigste und präziseste Text für eine solche Situation betrifft die Jahre 164-163 v. Chr.; diese Situation sei daher hier als Beispiel für die Schwierigkeiten einer näheren Fixierung angeführt. Antiochus IV. starb im Dez. 164, das ist das Jahr 149 der seleukidischen Ära' (im Westen mit Herbstanfang). Der junge Antiochus V. Eupator wurde Nachfolger und Lysias begann einen Feldzug gegen Judäa (2 Makk 13,1) noch 149 seI. (= 163 bis Herbst). Nach 1 Makk 6,51 ergab sich Bet Zur dem Lysias in Anbetracht eines Sabbatjahres. Judas Makkabäus belagerte indes die seleukidische Akra in Jerusalem. (Ant XII 363) im Jahr 150 seI. = 163 Herbst bis 162 Herbst. Lysias zog nach dem Fall Bet Zurs gegen Jerusalem. Nach Ant XII 378 belagerte das seleukidische Heer Jerusalems Tempelstadt, dabei ergab sich Proviantmangel in der Stadt und bei den Belagerern. Trotz dieser detaillierten Angaben ist schwierig zu entscheiden, wann der für die jeweilige Seite und ihre Vorratshaltung maßgebende Ernteausfall anzusetzen ist. In der Regel wurde 163/2 vorgezogen, und die anderen Belege wurden analog behandelt, wobei allerdings immer die umstrittene Frage eine Rolle spielte, ob die Jahre der seleukidischen Ära mit Frühlingsanfang oder Herbstanfang anzusetzen sind. 97 Inzwischen ist aber wohl gesichert, daß im Westen des Reiches der Herbstanfang vorauszusetzen ist, also in etwa wie beim jüdischen Jahr des späteren Kalenders. Ein Anhaltspunkt für die Ansetzung der Jobeljahre fmdet sich in einer Tradition, die für das System maßgeschneidert war: Das Jahr der Heimkehr unter Kyros wurde, wie oben erwähnt, schon früh als Jobelereignis verstanden, daher ist mit 538/7 v. Chr. eine Jobelperiodengrenze anzusetzen, was sich tatsächlich ausgeht. Ferner sind auch die Angaben über den Kultbeginn und Tempelbau mit zu beachten:
97 Vgl. zu den Schwierigkeiten die Ausführungen von N orth R., Maccabean Sabbath Years, Biblica 34,1953,501-515.
137 Esr 1,1 und 2 Chr 36,22: 1. Jahr des Kyros: Gott weckt den Geist des Kyros, damit die Prophetie des Jeremia erfüllt werde. Edikt und 1. Heimkehrerwelle Vor Beginn des 7. Monats ( = Tishri!): Altarbau, Esr 3,1: dann Sukkotfest Opferdienstbeginn am 1. VII (Gedenktag!) Esr 3,6: 2. Jahr des Kyros Monat 11 = Tempelbaubeginn Esr 3,8: Esr 6,15: Vollendung des Tempelbaus: Im 6. Jahr des Darius am 3. Tag des (11) Adar Tempeleinweihung/Dienstbeginn 1.1. des neuen Jahres (Monat I = Nisan), folglich darauf: Esr 6,19: Passahfest am 14. I. Die Tempelweihe, die auf das Jahr 516/15 v. Chr. angesetzt wird, trifft nach der Qumran-Chronologie auf eine kalendarische Zäsur, auf die Wende vom Jahr 70 zum Jahr 71 des Dekajubiläums, auf das Ende der Jahrwoche 3 des 72. Jubiläums (s. die Tabelle Kap. 11). Das Jahr 70 ist ein Sabbatjahr (111,7), so daß man den 1. Nisan, den Anfang des Folgejahres, als Beginn des Kultbetriebes ansetzen kann. Diese Koinzidenz ist ein gewichtiger Hinweis, nicht zuletzt auch wegen des Jahresanfangs am 1. Nisan, nach dem im Qumrankalender ja auch unmittelbar das Weihfest folgt. Und es sei daran erinnert, daß Kultbeginn-Termine auch im Jubiläenbuch gern mit dem 1. I. (Nisan) verbunden werden, was interessante Aspekte für das eigentümliche Verhältnis in der Textüberlieferung von 1 Kön 6,1.37 und 1 Kön 8,65-66 im Vergleich mit LXX und 2 Chr 3,1 bzw. 2Chr 7,8-10 ergibt. Josephus hat sich in Ant VIII,123 klar auf das Sukkotfest als das folgende Fest festgelegt und so in Kauf genommen, daß zwischen den beiden Festperioden in dem Fall der Jom Kippur gelegen hätte. Rechnet man zur Feststellung der Relation zwischen den Zeitraumvorstellungen von 538/7 v. Chr. an einfach die Jobelperioden und Sabbatjahre weiter, wie sie in der tabellarischen Übersicht in Kap. 11 aufscheinen, ergibt sich, daß diese ungefähren Jahreszahlen zumindest in etwa zu dem durch die nichtqumranischen Quellen belegten Befund bezüglich der Sabbatjahre passen, wenn man die jeweils unterschiedliche Situation einkalkuliert. Eine erneute Untersuchung wäre jedenfalls am Platz. 9.8 Schlußbemerkung Mit all dem ist nur die Spitze eines Eisbergs anstehender Fragen und Überraschungen im Blick auf chronologische Angaben in der Bibel und
138
in anderen jüdischen Quellen aufgezeigt. Was man als Leser in den Qumrantexten zu überblättern geneigt ist, weil solch stereotyp-langweilige Listen lediglich für kalendarische Spezialisten von Interesse zu sein scheinen, erweist sich genauer besehen· als eine ergiebige historischchronographische Quelle und als ein erstaunlich effektives Hilfsmittel zum Verständnis vieler anderer Texte und Angaben. Nicht zuletzt gewähren sie einen überraschenden Einblick in das Zeit- und Geschichtsverständnis der Menschen, die dieses System hervorgebracht haben und sich davon in ihrem Handeln bestimmen ließen, und zwar zuletzt mit jener unerbittlichen Konsequenz, die der Systematik des voll ausgebauten Systems entsprach. Es trifft natürlich zu, daß dies auf einer immensen Gelehrtenarbeit und Wissenstradition vieler Jahre aufbaute uI).d in gewissem Sinne elitären Charakter hatte. Das gilt aber nicht für die Grundlagen des Systems, das einen Schematismus von Periodisierungen darstellt, der auch von weniger Gebildeten nachvollzogen werden konnte. Man kann wohl noch weitergehen und voraussetzen, daß die Faszination der inneren Stimmigkeit und die zahlreichen Entsprechungen in der biblischen und außerbiblischen Tradition die Grundlagen dieses Systems als evident zutreffend erscheinen ließen und daher auch das allgemeine Zeit- und Geschichtsverständnis entscheidend mitgeprägt haben, wenn auch nicht in der hier bezeugten extremen und totalen Systematisierung. Es war eben diese Verabs 0 lutierung , der verbissene. Versuch, alles dem System unterzuordnen, der diesem schließlich zum Verhängnis wurde. Aber das Scheitern der extrem-zadokidischen Reform - an der eigenen Kompromißlosigkeit, an konkreten Gegebenheiten und v.a. an den Folgen für die vitalen Interessen vieler Betroffener - traf zwar die Auswüchse der totalen Systematisierung, aber nicht unbedingt die Grundlagen des Systems, das ja an die Sabbatfolge und Priesterdienstorganisation gebunden war. Für die Verwaltungspraxis und für die Wirtschaft ergab die Anwendung des kombinierten jüdischen lunisolaren Kalenders erhebliche - positive - Folgen. Das Grundschema einer auf der Zahl Sieben fußenden Periodisierung der Geschichte wurde damit aber innerhalb des kulttheologischen Denkens nicht in Frage gestellt. Wie weit und wie lange der Zadokidenkalender als kulttheologisch begründetes Zeitrechnungssystem für nichtpriesterliche Kreise nachvollziehbar blieb, ist eine andere Frage; es scheint sich alsbald nur mehr um ausgesprochen priesterliche Wissenstradition gehandelt zu haben, deren Nachleben noch da und dort bis ins Mittelalter hinein angedeutet erscheint. Das Rückgrat blieb auch dafür die fortlaufende Zählung der Priesterdienstturnusse und Priesterdienstzyklen, die ja noch für einige Jahrhunderte nach der Zerstörung des zweiten Tempels gut bezeugt ist. Für die Laien entfiel der hohe Stellenwert der Dienst-Sechserzyklen
139 im Rahmen derSiebenereinheiten und daher lag - abgesehen von der
noch einigermaßen leicht nachvollziehbaren Periodisierung nach 490Jahres-Zyklen - eine andere, einfachere Einteilung an, die Einteilung der Weltgeschichte nach Millennien im· Sinne der Schöpfungswoche und im übrigen nach Exilsperioden und später Tempelperioden.
140
10. Übersicht über die zadokidische Welt-Zeitrechnung
Auf Grund dieser V oraussetzungen ergibt sich für das Gesamtsystem folgender Überblick anband von Jubiläen, Hexa-, Hepta- und (fett) Dekajubiläen. Kursiv sind die Perioden zu 294 Jahren bzw. 6 Jubiläen (Hexajubiläen) markiert, die den kalendarischen Ausgleich und Neuanfang ergeben. Verblüffend ist der Befund für die exilisch-nachexilische Periode in jedem Fall, obschon die hier (mit 1 Jahr Differenz nach 294 und 2 nach 588 Jahren) ungefähr angegebenen Jahreszahlen nach der Zählung v. und n. ehr. (rechts außen) erst noch exakt berechnet werden müßten. JUbi-IHexa-1 Dekaläum jubi- jubiläum läum
H.epta- I Jahr jubiläum 343
49
01
001 002 003 004 005 006 007
294
Daten nach Jubiläenbuch und Henochbüchern
490
Weltzeit A
0294 0343 0392 0441 0490
I
02
0686
015 016 017 018 019
0882 0980 03
1029
008 009 010
011 012 013 014
0539 0588
01 -
01 02
He- - noch bei Engeln Entrückung Henochs, Tod Adams und Kains
020
I
02
021 022 023
-=1~1~7~6_+~0~2~4--
04
1372 1421 1470
-
__ 04 _ _
Noah-Söhne Sintflut
025 026 027 028
I
029 030
05
03
I---------------------------------
141
05
031 032 033 034 035
1715 1764
Weltteilung
036 037 038 039 040
1960
06
I------I-;~~--I 06
07
I
-I
2058
I
042
2107 2156
043 044
2205
045
2254 2303 2352 2401
046 047 048 049
Abraham geb. Abrahams BethelAltar ------------- (Jub Kap. 13) I I Bethel-Bund Abrahams 07 Abrahams Tod 04
I
Bethel-Bund Jakobs/Levis Tod Isaaks. Jakob' n. Ägypten Geburt des Mose Mose in Midian
08
--------------------I 2450 I 050
05
- -------------
2744
051 052 053 054 055 056
2940
057 058 059 060
2646 08
09
3087
3234
10
3430
1
I
Exodus/Sinai/ Wüstenzug Landnahme
09
10
06
Ende: 1. Tempelbau
061 062 063 064 065 066 067 068 069 070
11
-
07
Tempel zerstörung 586/5 v.ehr. =========== Ende Weltzeit A
142
=============
Jahr 3431 3479 3528 3577 3626 3675 3724 3773
11
071 072 073 074 075 076 077
-
-------1-;;"-'-';;-3871 I 079 3920
080
3969 4018 4067 4116
081 082 083 084
12
-
13-
I
08
14
I
_I
I
14
I
15
0539 0588 0637 0686
4459
I I
091
1039
4704 4802
1 096 098
1274 1372
4410
-
13
I
0392 0441 0490
------------
-------------
12
0001 0049 0098 0147 0196 0245 0294 0343
090
09
1
099 100
537/6 v.ehr.
342 v.ehr. 293 v.Chr. 196/5 v.Chr. 147/6 098/7 v.Chr. "Sohwert"/ 3. Tempel 049 v.Chr. 001 v./n.ehr. 097/8 n.Chr.
0980
--------------------------------
4851 4900
Weltzeit B
Völkergericht
1421 1470
10
Engelgericht 4998 1 102 5145
15
5292 5390 16 --17 ---
1
5488 5586 5831 5880
_17_
108 110
11
112
2058
~
19
119
~
12
20
_18_ _ -..21.1.L1~ _21 __ 6370 130 13 _1_9_ _
6468 -22..!L
I 132 -
~
6762 6860
20
1960
23 - -
1
2450 2744 2940
I
_22__
138 140 - -
I
14
3430
=============
I
7056
I
144
24
Ende Weltzeit B
143 Bei voller Ausführung des Schemas reicht der Weltzyklus B bis zum Jahr 6860, so daß sich 140 Jubiläen bzw. 14 Dekajubiläen zu 490 Jahren insgesamt an Weltzeit ergeben. Ist dies das Ende der Schöpfungsgeschichte und ist danach jener "Tag der Schöpfung" anzusetzen, der in llQ XXIX,8-10 als Termin für einen von Gott selbst erbauten Tempel genannt wird? War also ein vierter Tempel vorgesehen? Der dritte ist ja jener neue Tempel, der in der Wochenapokalypse für das noch durchaus innergeschichtliche, wenn auch endzeitliche 9. Dekajubiläum angesetzt ist. Dabei wurde zuvor eine Beseitigung des zweiten Tempels vorausgesetzt, der in diesen Texten einen recht geringen Stellenwert hat. Nach Hen 90,28ff. wird "jenes alte Haus eingewickelt" und seine Bestandteile. werden im Süden des Landes deponiert; dann bringt der "Herr der Schafe" ein neues Haus an die Stelle des alten neu und viel größer. Dahinter steht eine Art Dekadenztheorie. Der zweite WeltzeitzykIus beginnt an sich schon schlecht, mit dem Exil. Dieses wäre nach den Vorgängen im Weltzeitzyklus A eher für eine Schlußperiode zu erwarten, weil von Fremden bzw. Bösen verursacht. Die oben erwähnten kultgeschichtlich relevanten Datierungen zeigen, daß in der Tat eine Diskrepanz beabsichtigt ist: die Kultgründung des 2. Tempels wird auf diese Weise rangmäßig deutlich von den früheren Kultgründungen abgerückt. Daß man den zweiten Tempel gegenüber dem salomonischen Heiligtum als inferior ansah, ist ein früh geläufiger Topos; auch Hen 89,50 spricht im Zusammenhang mit dem ersten von einem "vollen Tisch", während laut Hen 85,73 "unreines Brot" auf dem Tisch des zweiten war. Zu diesem Trend passen Idealisierungen des salomonischen Tempels, wie sie bei Eupolemus und bei Josephus vorzufmden sind. Ist nun der Tempel der Tempelrolle, dessen Beschreibung sich als Inhalt der Torah vom Sinai präsentiert und so den historischen 1. und 2. Tempel als.unzulänglich hinstellt, im Blick auf diesen Tempel des 9. Dekajubiläums und ein ideales Neues Jerusalem (OQNJ) konzipiert worden? Das würde zumindest in diesem Punkt der Ansicht B. Wacholders entsprechen. 98 Noch deutlicher wird, wenn auch auf z.T. andere Weise, dessen Konzept eines "Chronomessianism" in diesem Rahmen auf alle Fälle für die zadokidische Zeitrechnungstradition bestätigt. 99 .
98 Wacholder B., The Dawn ofQumran, Cincinnati1983. 99 Wacholder B.-Z., Chronomessianism. The Timing ofMessianic Movements and the CaIendar of Sabbatical Years, HUCA 46,1975,201-218; Ders.,The Date of the Eschaton in the Book of Jubilees: A Commentary on Jub. 49,22 -50,5; CD 1,1-10, and 16,2-3, HUCA 56,1985,87'101.
144 11. Tabellarische Darstellung der ersten beiden Dekajubiläen des Weltzyklus B: Die Perioden um die Endzeitwende 4Q319 behandelt in erster Linie das Verhältnis zwischen Dienstzyklen und Sabbatjahrzyklen, und in diesem Rahmen vollzieht der Text auch eine Synchronisation mit Monddaten, wie es auf unterer Einheitenebene auch in 4Q292 oder 4Q323 geschieht. U. Gleßmer und M. Albani haben diese Interpretation von 4Q319 zuletzt behandelt, und letzterer hat in seiner Wiedergabe der Übersichtstabelle auf der Basis inzwischen publizierter Texte über Priesterdienstturnusse auch die Vollmonde verzeichnet. 1OO Allerdings gehört 4Q319 wohl nicht zu einem Heptajubiläum, sondern zu einem ganz bestimmten Dekajubiläum, was für die Rekonstruktion des Heptajubiläums zwar keine Rolle spielt, aber es für hier sinnvoll erscheinen ließ, die Tabelle mindestens auf ein Dekajubiläum auszudehnen. Ansonsten wurde das Grundschema der 1-seitigen Übersichtstabelle von Gleßmer und Albani übernommen. Zugefügt sind auch gesondert durchlaufende Zählungen für Jubiläenjahre, Jahrwochen und laufende Jahre für Hepta- und Dekajubiläen. Das soll den Nachvollzug erleichtern, aber auch die geschichtstheologische Bedeutung dieses Systems vor Augen führen, das eine auf Siebenereinheiten gründende Zeiteinteilung mit einer Kultdiensteinteilung kombiniert und diese so kosmologischJschöpfungstheologisch untermauert. Diese Tabelle ist außerdem nicht für beliebige Perioden dieser Art konzipiert, sondern als chronologischer Raster für das Dekajubiläum 8 (die Periode des zweiten Tempels) und 09 (erste Endzeitepoche) angelegt. Vorweg sind die ersten 4 Jubiläen des Hexajubiläums 12 zu fmden, das mit seinen Priesterdienstzyklen ja über die Dekajubiläengrenze 2 Jubiläen in das 8. Dekajubiläum hineinreicht. Man kann in diese Tabelle entsprechende Daten eintragen, und man kann diesen Raster auch noch detailliert ausbauen, indem man für jedes Jahr die Jahreskalendereinteilung einfügt und damit für die Periode einen kompletten Raster der Zeitlaufvorstellung dieser Leute erhält. In einem solchen, voll ausgeführten Rahmen wäre es möglich, die Differenz zwischen 264-Tage-Jahr und 365,25-Tage-Jahr im jeweiligen Zyklus ganz genau anzuzeigen, den später offIziell gewordenen jüdischen Mond-Sonnenkalender zu berücksichtigen und auch die seleukidische Zeitrechnung präzis einzusetzen und zu synchronisieren. Für die genaue Berechnung der Jobeljahre und Sabbatjahre nach unserem Normaljahr müßte die so jeweils erreichte Differenz beachtet 100 Albani M., Astronomie und Schöpfungsglaube, Neukirchen 1995,368.
145 werden. Die im folgenden angegebenen Jahreszahlen nach der Zählung v. ehr. sind nur als ungefähre Orientierungsmarken zur vorläufigen Prüfung des Systems und als Anreiz zu weiteren, genaueren Untersuchungen zu verwenden. Allerdings kann davon ausgegangen werden, daß das Jahr 1 des Dekajubiläum~ als Jahr 1 nach der Tempelzerstörung anzusetzen ist, da laut Wochenapokalypse die Zerstörung noch davor erfolgt, und daß 537 v. ehr. (s. oben) als ein Jobeljahr gegolten hat. In den Tabellen bezeichnen: i-vi 1-6 = Dienstzyklen und Dienstturnus B 1-6: Priester-Dienstabteilungen zum Jahreswechsel: Gruppe B (1. Jeda 'jah, 2. Mijamin, 3. Shekanjah, 4. Jesheb'ab, 5. Happic;c;ec;, 6. Gamul); I-VII 1-7 = Jahrwochen mit Jahr 1-7; ### Sabbatjahr; 0 = Vollmond zu Jahresbeginn; o +B6: "Zeichen Gamul"; 0 +B3: "Zeichen Shekanjah"; Links außen: Jahre im Jubiläum; Rechts: (ab 49) Jahr im Hexa- und Dekajubiläum; JW = Jahrwoche (Ende); Rechts außen: Jahr seit Schöpfung, durchgehende Jahreszählung (ab 490); teilweise mit ungefährem Jahr v. und n. ehr. Vorweg: Hexajubiläen 01-11 mit Priesterdienstturnus-Angaben.
146 Hexajubil~um
01 (Großzyklus I): 1 B 6 Hexajubiläum 07 (Großzyklus 11): i 1 B 6 Hexajubiläum 08: i
1.
ii
B 6
Hexajubiläum 09: iii 1
B 6
Hexajubiläum 10: iv 1 B 6 Jubiläum 60: Happiyye y
6 B 5 1,1 iv 6 B 5 VII,7 2940 1. Tempelbau ----------------------------------------Hexajubiläum 11 Jubiläum 61: Gamul
ii
1 1
v
i
B 6 B 6
1,1 VII,7
2941 2989
Jubiläum 66: Happiyye y iii 6 B 5 1,1 6
v
B 5
Hexajubiläum 12: Jubiläum 67: Gamul vi 1 B 6 B 6 Jubiläum 68: Jeda'jah ii 2 B 1 iv 2 B 1 Jubiläum 69: Mijamin iv 3 B 2 vi 3 B 2 Jubiläum 70: Shekanjah vi 4 B 3 49 0 i i 4 B 3 ### 1.1.
1
2990 3234
VII,7
I 1 VII 7
001 049
3235 3283
I 1 VII 7
050 098
3332
I 1 VII 7
099 147
3381
I
148 196
3430=586/5 v.ehr.
1
VII 7
147 ==========================================?= Weltzeit B Heptajubiläum 11/Dekajubiläum 08: Exilisch-nachexil. Zeit Jubiläum 71: Jesheh'ah 3431=585/4 v.Chr. I 1 197 01 ii 5 B 4 I 2 02 ii 6 B 5 198 iii 1 6 I 3 199 B 03° iii 2 B 1 I 4 04 200 iii 3 B 2 I 5 05 201 I 6 202 06° iii 4 B 3 07 iii 5 B 4 ### I 7 203 JW 01 08 I! 1 204 iii 6 B 5 I! 2 205 09° iv 1 B 6 2 B I! 3 206 10 iv 1 I! 4 207 11 iv 3 B 2 11 5 208 12° iv 4 B 3 13 I! 6 209 iv 5 B 4 14 iv 6 B 5 ### II 7 210 JW 02 150 v 1 B 6 II! 1 211 2 B 1 II! 2 16 v 212 3 B 2 II! 3 17 v 213 180 v 4 B 3 II! 4 214 19 v 5 B 4 II! 5 215 20 v 6 B 5 II! 6 216 217 JW 03 21° vi 1 B 6 ### III 7 22 IV 1 218 vi 2 B 1 IV 2 23 vi 3 B 2 219 IV 3 220 24° vi 4 B 3 25 IV 4 vi 5 B 4 221 IV 5 26 vi 6 B 5 222 1 B 6 IV 6 223 27° i 2 B 1 ### IV 7 28 i 224 JW 04 29 i 3 B 2 V 1 225 4 B 3 V 2 226 30° i 5 B 4 31 i V 3 227 32 i 6 B 5 V 4 228 1 V ii 5 229 B 6 33° 34 V ii 2 B 1 6 230 35 ii 3 B 2 ### V 7 231 JW 05 VI 1 232 36° ii 4 B 3 37 ii 5 B 4 VI 2 233 38 ii 6 B 5 VI 3 234 VI 4 235 39° iii 1 B 6 40 iii 2 B 1 VI 5 236 41 iii 3 B 2 VI 6 237 420 iii 4 B 3 ### VI 7 238 JW 06 VI! 1 43 iii 5 B 4 239 44 iii 6 B 5 VI! 2 240 VII 3 241 45° iv 1 B 6 46 iv 2 B 1 VI! 4 242 47 iv 3 B 2 VI! 5 243 iv 4 B 3 VI! 6 244 48° iv 5 B 4 ### VII 7 49 245 JW 07 3479=537/6 v.Chr.
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Jubiläum 72: Happi