Karl S. Guthke »Das Geheimnis um B. Traven entdeckt« — und rätselvoller denn je
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Karl ...
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Karl S. Guthke »Das Geheimnis um B. Traven entdeckt« — und rätselvoller denn je
Die Kleine Reihe
Büchergilde
Karl S. Guthke »Das Geheimnis um B. Traven entdeckt« — und rätselvoller denn je
Büchergilde Gutenberg
Frankfurt am Main Wien Olten
Alle Rechte vorbehalten. © Büchergilde Gutenberg, Frankfurt am Main, 1983. Zeichnung des Umschlagbildes Antonieta Figueroa, 1965 (Porträt B. Traven). Ausstattung und Bildredaktion Juergen Seuss, Niddatal bei Frankfurt am Main. Satz und Druck Color- und Werkoffsetdruckerei Richard Wenzel, Goldbach bei Aschaffenburg. Schrift Sorbonne halbfett auf Lichtsatzsystem Berthold ACS 3200. Bindearbeiten Großbuchbinderei Monheim. Printed in Germany 1984. ISBN 3 7632 2877 2. Bildquellen: Seite 13,14 Aus: ›Der Ziegelbrenner‹, 1. Jahr 1917, Heft 1. Seite 17 Ret Marut, Zeichnung von F. W. Seiwert, 1919, nach: F. W. Seiwert, Schriften. Karin Kramer Verlag, Berlin 1978. Seite 21 Polizeiarchiv Düsseldorf, entnommen aus: Rolf Recknagel, B. Traven, Verlag Philipp Reclam jun., Leipzig 1971. Seite 25 Ret Marut, 1915. Aus: Hansjörg Viesel, Literaten an der Wand. Büchergilde Gutenberg, Frankfurt am Main 1980. Seite 39 Aus: ›Der Ziegelbrenner‹, 2. Jahr 1918, Heft 4. Seite 40 Aus: ›Der Ziegelbrenner‹, 3. Jahr 1919, Heft 16/17. Seite 47 Titelblatt der Zeitschrift ›Die Büchergilde‹, 1926, Heft 3. Seite 49 Innentitel der Erstausgabe von ›Das Totenschiff‹, Büchergilde Gutenberg, Berlin 1926. Seite 55 Titelblatt ›Der Ziegelbrenner‹, 3. Jahr 1919, Heft 9 bis 14. Seite 59 Bild B. Traven, ca. 1917, Aus: Neue B. Traven Mitteilungen, Büchergilde Gutenberg, 1978. Seite 63 Initialbuchstaben aus ›Die weiße Rose‹, Büchergilde Gutenberg, Zürich 1942. Darunter Schutzumschlag der Ausgabe der Büchergilde aus dem Jahre 1974 (Entwurf: Juergen Seuss). Seite 68 Aus: ›Die Büchergilde‹, 1929, Nr. 3. Seite 69 Aus: ›Die Büchergilde‹, 1931, Nr. 9. Seite 73 Aus: ›Die Büchergilde‹, 1929, Nr. 10. Seite 77 Aus: ›Die Büchergilde‹, 1930, Nr. 11. Seite 78 Oberes Bild aus: ›Der Karren‹, Büchergilde Gutenberg 1931, unten: Innentitel der Ausgabe der Büchergilde aus dem Jahre 1972 (Entwurf: Hannes Jähn).
Jede Lösung eines Problems ist ein neues Problem. Goethe zu Kanzler von Müller (8. Juni 1821)
Vorwort Ursprünglich für einen projektierten Ergänzungsband zur Werkausgabe B. Traven gedacht, erschien diese Studie 1983 in meinem Buch Erkundungen: Essays zur Literatur von Milton bis Traven (Peter Lang Verlag: New York, Frankfurt, Bern). Für die Erlaubnis zum Wiederabdruck (mit geringfügigen Änderungen) sei dem Verlag auch an dieser Stelle gedankt. Eine englische Kurzfassung wurde im Oktober 1982 auf der Internationalen Traven-Tagung an der Pennsylvania State University vorgetragen. Das Thema ist und bleibt vorerst kontrovers. Ob man je mit Sicherheit erfahren wird, wer Traven »eigentlich« war, steht in den Sternen. Was bekannt ist und was vermutet werden kann, versuche ich in der »Biographie eines Rätsels« darzustellen, an der ich seit einiger Zeit arbeite. Einige hier nur berührte Motive sollen dort weiterverfolgt werden. Harvard University November 1983
Karl S. Guthke
1. SHAKESPEARE verschwindet hinter seinem Werk; als Privatmann — so das Fazit der Psychobiographie von Norman N. Holland — muß er so unbemerkenswert und uninteressant gewesen sein wie die Nachbarn in seinem Provinznest auch, während seine Werke jede Generation ihr Rätsel aufs neue empfinden lassen: Hamlet bleibt die Mona Lisa der Weltliteratur. Faszinierender fast ist der umgekehrte Fall: die Überschattung des Werks durch das Rätsel der Persönlichkeit des Autors. Rimbauds Untertauchen in der abessinischen Wüste wäre für manche ein solcher Fall oder auch T. E. Lawrences Flucht, auf der Höhe seines Ruhms, in die Anonymität der Royal Air Force. Unübertroffen jedoch ist in dieser Hinsicht ›B. Traven‹. Seine Werke sind zwar in Millionenauflagen und in Dutzenden von Sprachen über die ganze Erde verbreitet; mehr im Gespräch als die Romane, deren literaturwissenschaftliche Erkundung noch ganz in den Anfängen steckt, war und ist indessen das Rätsel der Identität ihres Autors — heute mehr denn je. »Das größte literarische Geheimnis dieses Jahrhunderts« hat Paul Theroux ohne Übertreibung am 22. Juni 1980 in der Londoner Times diesen Fall genannt (Seite 44) — den Fall jenes mysteriö-
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sen Verfassers von Werken wie Das Totenschiff (1926), Der Schatz der Sierra Madre (1927) und Ein General kommt aus dem Dschungel, (1940), die bald nach 1945 zu den bedeutendsten Reprisen gehörten, die in deutschen Buchhandlungen auslagen, nachdem die Nationalsozialisten den Verfasser, der in den zwanziger Jahren unter nie geklärten Umständen im mexikanischen Urwald verschwunden war, mit dem Verbot seiner Bücher geehrt hatten. Wer also ist der Geheimnisvolle, der sich auf der Titelseite seiner Bücher B. Traven nannte? Wer der Mann, der — nach wie vor! — als einer der genialsten und erfolgreichsten Mystifikateure der Weltliteratur zu gelten hat, der die Legendenbildung zur hohen Kunst erhob mit seinen mindestens zwei Dutzend Pseudonymen und mehreren ›authentischen‹ Biographien, die sich gegenseitig widersprechen? Wer ist der Mann, der in der englischen Urfassung des Totenschiffs die folgende Passage schrieb — und ausstrich, möglicherweise, weil sie etwas — aber was? — von seinem Geheimnis preisgab?
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»Great men always have some secret as to their personality, always have something to hide as to their past. Not necessary that this secret has to be murder or a holdup. Nevertheless, it is his secret that gives a great man a shade of mystery which is essential for his power over the average1.«
Wer ist der Mann, den keiner kennt und von dem jeder spricht — seit Jahrzehnten, vor allem aber seit einigen neueren Büchern: seit Gerd Heidemanns aufregenden Recherchierabenteuern, die in der Vermutung der Abstammung Travens von Kaiser Wilhelm II. gipfeln 2, seit Jonah Raskins Erlebnisbericht My Search for B. Traven3 und mehr denn je seit der aufsehenerregenden Fernsehsendung der BBC vom 19. Dezember 1978, deren Inhalt 1980 als Buch erschienen ist, das als Abenteuerbericht eines Detektiv-Biographen jedem guten Kriminalroman den Rang abläuft: The Secret of the Sierra Madre. The Man Who Was B. Traven von Will Wyatt4. A Mystery Solved lautete der Titel der britischen Fernsehsendung, aber ›gelöst‹ war das Rätsel der Identität des geheimnisumwitterten großen Unbekannten natürlich schon immer — auf sehr verschiedene Weise: als Jack London, der seinen Selbstmord 1916 eben nur vorgetäuscht haben soll, hat man Traven ›enthüllen‹ zu können geglaubt oder auch als Ambrose Bierce, der 1913 auf
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Nimmerwiedersehen über die mexikanische Grenze ging, als den mexikanischen Staatspräsidenten Adolfe López Mateos und den deutschen Seemann und Abenteurer August Bibeljé, als einen menschenscheuen Leprakranken im mexikanischen Busch und ein multinationales Schriftstellerkollektiv in Honduras, als einen slowenischen Schafhirten und schließlich, wie sich allmählich herumspricht, als den Anarchisten und Herausgeber der Zeitschrift Der Ziegelbrenner (1917 bis 1921), der unter dem falschen Namen Ret Marut an der bayerischen Räterepublik beteiligt war und dann am 1. Mai 1919, von Weißgardisten bereits festgenommen, aus München floh, steckbrieflich gesucht, aber nie wiedergesehen wurde5. Traven = Marut? Eine Gleichung zwar aus zwei Unbekannten, die den Legendenumwobenen in den Kreis um Erich Mühsam, Ernst Toller, Oskar Maria Graf, Eugen Levine und Kurt Eisner rückt, den Kreis, der vor kurzem seine erste zusammenfassende Darstellung gefunden hat in Hansjörg Viesels Literaten an der Wand. Die Münchner Räterepublik und die Schriftsteller (Frankfurt 1980) — eine Identifikation aber doch, die nicht nur weniger phantasievoll ist als die übrigen, sondern heute auch als bewiesen gilt. Unantastbar ist sie vor allem, seit Rolf Recknagels Beiträge zur Biographie des B. Traven (dritte
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›Der Ziegelbrenner‹, 1. Jahr, 1917, Heft 1, Seite 1
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›Der Ziegelbrenner‹, 1. Jahr, 1917, Heft 1, 2. Umschlagseite
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durchgesehene Auflage Leipzig 1982, Erstfassung 1966) die in diese Richtung gehenden Vermutungen Erich Mühsams mit Akribie bestätigt haben und seit die Witwe des 1969 gestorbenen Traven im Los Angeles Times Calendar und sonstwo auf Wunsch des Toten bekannt geben ließ, daß dieser, der sich in seinen letzten Jahren stets als Hal Croves und literarischen Agenten B. Travens ausgegeben hatte, tatsächlich mit Ret Marut identisch gewesen sei6. Diese Enthüllung hat jedoch das Faszinosum der Persönlichkeit nur noch gesteigert: die romantische Vorstellung von der totalen Selbstaufhebung der Persönlichkeit, vom Auswechseln des Ich in radikalem Neuanfang, vom Untertauchen des ›Asphaltliteraten‹ in exotischer Wildnis wurde unwiderstehlich. B. Traven avancierte in den deutschsprachigen Ländern wie auch in Amerika zur Kultfigur nicht nur der ›entfremdeten‹ jungen Generation und der Lehnstuhl-Abenteurer; auch in der ›Heldengalerie‹ des von Peter Glotz und Wolfgang R. Langenbucher herausgegebenen Schüler-Lesebuchs Vorbilder für Deutsche (München und Zürich 1974) nimmt Marut/ Traven einen Ehrenplatz ein. Ja, selbst der Literaturwissenschaftler, den seine malformation professionnelle einem solchen Phänomen gegenüber zur Zurückhaltung programmiert, nimmt teil an dem neuen Mysterium, das sich
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nach der Erledigung des alten Rätselratens durch die Bestätigung der Identität von Marut und Traven auftat. Denn dadurch, daß der vergessene Anarchist, der sich Ret Marut nannte, nun auf einmal am Weltruhm des endlich aus dem Dschungel gekommenen Traven partizipiert, stellt sich um so irritierender die literaturwissenschaftlich-biographische Frage, die weder Recknagel in Leipzig noch die Witwe in Mexico City, Senora Rosa Elena Luján, zu beantworten vermochte: Wer war der Mann, der das Pseudonym Ret Marut wählte? Wer war der Herausgeber des Ziegelbrenners, der erstmalig 1907 unter dem Namen Ret Marut greifbar wird, als er nämlich als Regisseur und herzlich unbedeutender Schauspieler am Stadttheater Essen auftaucht, um dann in den nächsten zehn Jahren auf verschiedenen deutschen Provinzbühnen als jugendlicher Liebhaber aufzutreten? Wer war ›Marut‹ also vor 1907? Götz Ohly, Maruts 1958 gestorbener Freund aus der Ziegelbrenner-Zeit, in dessen Berliner Wohnung Ret Marut 1921 auf der Flucht Unterschlupf fand, hat 1949 lediglich verlauten lassen, daß Marut/Traven »sehr triftige Gründe hat, im Verborgenen zu leben: diese Gründe (die also mit der Beteiligung an der Räterepublik nichts zu tun haben) hatte er schon in München«, und Recknagel, der dies nach Ohlys Originaltext im Münchener Stadtanzeiger7 berich-
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Ret Marut, Zeichnung von F. W. Seiwert, 1919
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tet, fügt 1977 hinzu: er selbst sei Ende 1976 »durch einen Zufall [...] auf die ›Fährte‹ von Marut/Traven geraten«, habe aber die Entscheidung getroffen, »vorerst« nichts darüber zu veröffentlichen. »Denn: RM/BT hatte in der Tat ›triftige Gründe‹, im Schatten des Busches zu bleiben8«. Um so unwiderstehlicher die Frage: Wer war Ret Marut? Das also ist spätestens seit 1969 im genaueren Sinn »das größte literarische Geheimnis dieses Jahrhunderts«. ›Gelöst‹ hat das Rätsel9 der Programmdirektor der BBC, Will Wyatt, in seiner Fernsehsendung und in seinem Buch über den Mann, der B. Traven war. Die — anfechtbare — Antwort ist eine internationale Sensation, nicht zuletzt auch darum, weil man immer noch darüber diskutiert, ob B. Traven in die deutsche Literaturgeschichte gehöre oder in die amerikanische. Bis 1980 schien es in dieser Frage sicherer, auf das amerikanische Pferd zu setzen10. Im Licht von Wyatts Recherchen ändert sich auch das, selbst wenn seine Lösung des Problems nicht die richtige ist. Den Durchbruch zu Wyatts Entdeckung der ›wahren‹ Identität Maruts vermittelte die rezente Freedom of Information-Akte der amerikanischen Regierung. Gemäß den Bestimmungen dieser Gesetzgebung wandte
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sich Wyatt (wie kurz vorher schon Raskin, der ihn auf diese Spur wies) an das amerikanische Außenministerium mit der Bitte um Einsicht in die Akte Marut/Travens, der ja immer seine amerikanische Staatsbürgerschaft behauptet hatte. Zunächst geht aus dieser Akte hervor: der Schauspieler Marut, der 1912 der Polizei in Düsseldorf auf einer Meldekarte für Ausländer seinen Geburtsort als San Franzisko und seine Staatsangehörigkeit als »England« angegeben hatte (bei Kriegsausbruch zu »Amerika« geändert11), hat sich 1915 beim Gesundheitsamt in San Franzisko um eine Kopie seiner Geburtsurkunde bemüht — vergeblich, da alle Geburtsurkunden 1906 beim Erdbeben verbrannten12; im März 1917 beantragte er beim amerikanischen Vizekonsul in München einen amerikanischen Paß (Geburtsort San Franzisko) — vergeblich, da der mit starkem Akzent Englisch Sprechende den Beamten nicht von seiner behaupteten Nationalität zu überzeugen vermochte (Wyatt, Seite 272); ebenso erging es ihm im April 1917 bei einem nochmaligen Versuch (Geburtsort San Franzisko) in Holland13. Auf des Rätsels ›Lösung‹ führt ein weiterer Versuch Maruts, im Winter 1923/24, sich amerikanische Papiere zu besorgen, diesmal über die amerikanische Vertretung in London, die sich daraufhin mit der Bitte um In-
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struktionen nach Washington wandte (Wyatt, Seite 273274). Ein Brief vom 22. Januar 1924 von Boylston A. Beal von der amerikanischen Botschaft in London an Norman Armour, den Mitarbeiter eines Unterstaatssekretärs im amerikanischen State Department, berichtet in dieser Angelegenheit: Der angebliche Amerikaner Ret Marut, der behaupte, 1882 in San Franzisko geboren zu sein, und in London mit »kommunistischen Kreisen« Verbindung habe, befände sich in Brixton im Gefängnis wegen Verletzung der Ausländermeldepflicht. Er habe mittlerweile »bekannt« (confessed), sein wahrer Name sei Herman(n) Otto Albert Max Feige, 1882 in Schwiebus, Deutschland, als Sohn einer Fabrikarbeiterin (mill hand) und eines Töpfers (potter) geboren. Er sei im Sommer 1923 auf der Durchreise nach Kanada nach England gekommen, dann wegen unzureichender Papiere aus Kanada nach England zurückgeschickt worden. Nachforschungen der deutschen politischen Polizei in Berlin und Schwiebus seien ergebnislos verlaufen. Dennoch habe der Häftling eine derart gute Ortskenntnis bewiesen, daß es offensichtlich sei, daß er irgendwelche Beziehungen zu Schwiebus gehabt habe14. Ein Photo Maruts, das Beal beilegte und auf dem er eine Ähnlichkeit mit »a well-known German« wahrnehmen zu können glaubte (mit Kaiser Wilhelm?), ist in der amerika-
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Identitätskarte von Ret Marut
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nischen Ausgabe von Wyatts Buch als Nr. 30 wiedergegeben; weitere Photos (die keineswegs an Wilhelm II. erinnern) machte Wyatt im englischen Innenministerium ausfindig (Nr. 26, 27). Andere Unterlagen des englischen Home Office, die sowohl Raskin (Seite 243) wie Wyatt mitteilen (Seiten 210, 276, 278), ergeben: Zur gleichen Zeit, in England also, bediente Marut sich der Pseudonyme Adolf Rudolf Feige, Albert Otto Wienecke, Barker und Arnolds. (Die Kühnheit, englische Namen zu wählen, muß auf eine gewisse Beherrschung der englischen Sprache deuten.) Der Ausgang der Geschichte im Licht der Londoner Dokumente: am 15. Februar 1924 wird Marut aus dem Gefängnis entlassen, noch 1924, vielleicht im April, verläßt er England, und zwar nach Auskunft des Innenministeriums an Raskin als »fireman«, als Schiffsheizer 15 — wie sein Double Gerard Gales im Totenschiff, das Traven ja selbst 1926 in der Büchergilde, der Hauszeitschrift seines Verlags, als selbsterlebt bezeichnet hat16. Und 1924 (im Juni/Juli, meint Wyatt [Seite 356]) geht Marut in Mexiko an Land. Aber war es Otto Feige, der so nach Mexiko kam? Für Wyatt steht das fest. Es gelang ihm nämlich in seiner abenteuerlichen Suche nach dem Unbekann-
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ten, im Geburtsregister von Schwiebus, dem heutigen Swiebodzin in Polen, festzustellen, daß dort am 23. Februar 1882 tatsächlich ein Hermann Albert Otto Macksymilian geboren wurde, zwei Tage vor dem von Marut auf dem Düsseldorfer Meldeschein und auch sonst17 als das eigene angegebenen Geburtsdatum, und zwar als uneheliches Kind der Fabrikarbeiterin Hormina Wienecke [!]. Der Vater, der das Kind drei Monate nach der Geburt anerkannte und die Mutter heiratete, war Adolf Rudolf [!] Feige (Seiten 300, 306), von Beruf Töpfer in einer Ziegelei, also auch Ziegelmacher, ›Ziegelbrenner‹ (S. 310)! Das Geburtsregister wies Wyatt schließlich noch auf die Spur eines dreizehn Jahre jüngeren Bruders Otto Feiges, den er in Wallensen, Niedersachsen, interviewte. Der Bruder (und eine 1893 geborene Schwester) bestätigten die Existenz eines 1882 geborenen Bruders Otto, wußten aber wenig über ihn, hauptsächlich dies: er habe die sechs ersten Jahre seines Lebens bei den Großeltern mütterlicherseits in Schwiebus verbracht, sei ein guter Schüler gewesen, habe aber nicht, wie er wollte, Theologie studieren können18, sondern in Schwiebus Schlosserei gelernt, sei 1902-1904 Soldat gewesen, anschließend eine Zeitlang bei seinen Eltern in Wallensen, wo er als politischer Agitator Anstoß erregt und um 1904/05 die Familie verlassen habe. Das
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einzige, was man noch von ihm gehört habe, sei »after the First World War« ein Brief aus London gewesen, in dem er mitteilte, die britischen Behörden würden ihn aus England ausweisen (Seiten 318, 335). Photographien von Marut (London 1923) und Traven (Mexiko 1924 ff.) erkannten beide Geschwister als die ihres verschollenen Bruders (Seiten 322/323). Sie selbst konnten mit einem etwa 1902 aufgenommenen Profilphoto ihres Bruders Otto aufwarten (Wyatt, Nr. 37). Ein perfekter Beweis der Gleichung Feige = Marut/Traven? »The full life of this extraordinary man now stands revealed« (Seite 5) — oder doch nicht? Die Beweiskraft von Photographien muß Ansichtssache bleiben. Zwischen dem letzten Photo Otto Feiges und den Londoner Photos Maruts (ein früheres von Marut, von 1912, ist sehr undeutlich, Nr. 10) liegen mehr als zwanzig Jahre. Wie die Geschwister darauf 1978 ihren Bruder erkennen wollen, den sie also mehr als siebzig Jahre lang nicht zu Gesicht bekommen haben, zuletzt als neun- beziehungsweise elfjährige Kinder, muß problematisch bleiben. Natürlich erwarteten sie, daß die Photos, die Wyatt ihnen vorlegte, die ihres Bruders seien19. Über die von Wyatt behauptete Identität Maruts und Feiges wußten die Geschwister nichts: nicht, daß er Schauspieler, nicht, daß er
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Ret Marut, 1915 (nach einer alten Fotografie)
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Journalist war. Streng genommen, hat Wyatt höchstens bewiesen, daß ein Otto Feige aus Schwiebus 1923/24 in London war, und auch dies nur, wenn man voraussetzt, daß es mit dessen Brief aus England an die Familie Feige seine Richtigkeit hat: daß dieser nicht irgendwann »nach dem Ersten Weltkrieg« (Genaueres sagten die Geschwister nicht) abgeschickt wurde, sondern, wie Wyatt ohne weiteres annimmt (Seite 335), im Frühjahr 1924, und daß es der seit 1904/05 verschollene Otto Feige war, der ihn, als erstes Lebenszeichen nach zwanzig Jahren, an seine Familie schrieb — er und nicht Ret Marut (der 1948, damals als Senor Torsvan in Acapulco lebend, einen eigenen, im Namen ›Travens‹ getippten Brief aus London an die mexikanische Zeitschrift Mañana schicken ließ, als deren Reporter Luis Spota ›Torsvans‹ Identität mit ›Traven‹ enthüllte: der Brief, der rasch als mexikanisches Produkt erwiesen wurde, besagte, daß der Schreiber, ›Traven‹, in London lebe und mit ›Torsvan‹ nicht identisch sei)20. Sollte der Meister-Mystifikateur Marut/Traven 1923/24 einen ähnlichen Trick versucht haben? Also: ganz genau genommen, kann Wyatt nur beweisen, daß Ret Marut sich 1924 als Otto Feige ausgab. Ob er dieser wirklich gewesen ist, ist eine andere Frage. Wyatt meint: ja; und die Besprechungen von Wyatt Buch
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haben seine Indizien-These (Marut = Feige) großenteils anerkannt21. Aber man kann sich zum advocatus diaboli machen. Zunächst: Wyatt druckt aus den Beständen des amerikanischen Außenministeriums einen bisher noch nicht erwähnten weiteren Antrag Maruts auf amerikanische Papiere. Im März 1924, kaum aus der Haft entlassen, richtete er in London ein Gesuch an die dortige amerikanische Botschaft; in einem (nicht eigenhändigen, vermutlich diktierten) Lebenslauf gab er sich dabei, wie so oft vorher, wieder als 1882 in San Franzisko geborenen Amerikaner namens Ret Marut aus: Schiffsjunge und Seemann vom 10. Lebensjahr an, seit 1901 in Deutschland und Österreich, Sprachstudium, Schauspieler seit 1907, 1912 in Danzig, 1912 bis 1915 in Düsseldorf, 1915 bis 1919 in München, dann die Odyssee durch Westeuropa, nach Kanada, zurück nach England, Festnahme dort im November 1923, Entlassung aus dem Gefängnis Brixton am 15. Februar 1924 (Seiten 281/282). Die Angaben über die Zeit von 1907 an entsprechen also den über Marut bekannt gewordenen Tatsachen, wenn Marut sich in dem Lebenslauf begreiflicherweise auch nicht als den Herausgeber des Ziegelbrenners ausweist. Aber was die Vorgeschichte angeht: warum gibt er sich jetzt nicht als Otto Feige zu er-
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kennen, wenn er der tatsächlich war? Natürlich ging es ihm darum, die Ausreise nach den U.S.A. zu ermöglichen. Aber wäre das dem gerade als der Deutsche Otto Feige entlassenen Sträfling nach so vielen fehlgeschlagenen Versuchen, sich als Amerikaner auszugeben, nicht besser als Deutschen geglückt, also wenn er sich auch jetzt zu dem den Briten ›eingestandenen‹ Namen (und der damit gegebenen deutschen Staatsangehörigkeit) bekannt hätte? Wie dem auch sei: das Gesuch von 1924 wurde jedenfalls ebenso abgelehnt wie das von 1917 (Seite 284). Das Schlußwort dazu spricht der genannte Botschaftsbeamte Boylston Beal im Jahre 1926: obwohl man Maruts Identität mit Otto Feige angenommen habe, sei seine Identität nicht zweifelsfrei ermittelt: »his identity has never been absolutely established« (Wyatt, Seite 285). Also: vielleicht hat Marut sich in London lediglich als Otto Feige aus Schwiebus ausgegeben, um seine wahre Identität zu verheimlichen? Warum soll Marut in seinem ›Bekenntnis‹ überhaupt die Wahrheit gesagt haben? Wyatt meint — und das ist nur eine unbegründete Vermutung (a guess, Seite 314) —, daß Marut mit der englischen Polizei einen ›Kuhhandel‹ geschlossen habe: er sage die Wahrheit und die Londoner Polizei deportiere ihn daraufhin nicht nach
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Deutschland (wo Marut, als Hochverräter steckbrieflich gesucht, mit Recht für sein Leben zu fürchten hatte), setze ihn vielmehr auf freien Fuß. (Die Polizei hätte dabei falsch gespielt: Maruts ›Bekenntnis‹, er sei Otto Feige und also Deutscher, wurde an die amerikanische Botschaft [Boylston Beal] weitergegeben, die daraufhin sein Paßgesuch, in dem er sich als gebürtigen Amerikaner ausgab, ablehnte.) Dieser ›Kuhhandel‹ ist indessen reine Spekulation, und nicht einmal schlüssige. Zunächst: derartige ausländische Häftlinge auf freien Fuß zu setzen und bis zu ihrer Abreise aus England zu überwachen, war damals (aus Kostengründen) gang und gäbe, wie Wyatt selbst eruiert hat (Seite 215). Ferner: was soll Marut sich von einem Bekenntnis der Wahrheit über seine Herkunft versprochen haben, wenn diese Wahrheit doch irgendein (von Wyatt nicht ermittelter) ›Dreck am Stecken‹ gewesen sein muß, der ihn schon spätestens 1907 zwang, sich in das Pseudonym Ret Marut zu flüchten: »triftige Gründe«, seine Vergangenheit zu verheimlichen, soll Marut nach Ohly und Recknagel schon in München gehabt haben (siehe oben Seite 18). Die soll er der nichtsahnenden Polizei preisgegeben haben? Davon abgesehen: wie kann von einem ›Kuhhandel‹ die Rede sein, wenn die deutsche Polizei doch Wyatt zufolge (Seiten 275, 277) die Angabe Maruts, er sei
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Otto Feige, nicht verifizieren konnte: sie meldete nach London, ein Otto Feige ließe sich in Schwiebus nicht [mehr?!] nachweisen. So mußte es den englischen Behörden scheinen, Marut habe gelogen mit seinem Bekenntnis zu ›Otto Feige‹. Hätte er sich zu einem falschen Namen bekannt, meint Wyatt, dann hätten die Engländer ihn nach Deutschland zurückgeschickt: ein falscher Name mußte ›Feige‹ den Behörden tatsächlich scheinen — und sie ließen ihn frei! Hier stimmt etwas nicht an Wyatts Logik. Ist es nicht wahrscheinlicher, daß ›Otto Feige‹ ein geborgter Name‹ gewesen ist, der Name einer anderen, wirklichen Person? Wyatts Antwort: Marut war in der Lage, den Beruf der Eltern Otto Feiges anzugeben, und er benutzte den Mädchennamen von Otto Feiges Mutter (mit dessen Vornamen) sowie den vollen Namen, einschließlich beider Vornamen von Otto Feiges Vater als Decknamen — Beweis (für Wyatt), daß es sich nur um Maruts eigene Eltern habe handeln können, nicht etwa um die eines B ekannten oder Verwandten, denn woher sollte er solches Detailwissen über die Familienangelegenheiten anderer haben und so lange im Gedächtnis behalten (Seiten 301, 307, 312)? Es ist nicht einzusehen, warum das nicht möglich sein sollte — nämlich in den kleinstädtischen Verhältnissen von Schwiebus, das am Jahrhundertende 8.000 bis
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9.000 Einwohner zählte22. Und nichts sieht dem habituellen Identitätsverschleierer Marut/Traven, dem Meister des Bluffs und Doppelbluffs, ähnlicher, als daß er sich biographische Einzelheiten über einen ›sicheren‹ Doppelgänger, noch dazu über einen ihm (weil blutsverwandt?) halbwegs ähnlich sehenden, gemerkt und daß er dessen Identität in einer Zwangslage auch wirklich angenommen haben sollte — wozu es dann auch gehörte, daß er im Namen dieses seit zwei Jahrzehnten für seine Eltern verschollenen Otto Feige 1924 einen Brief an dessen Familie in Wallensen schriebe (vermutlich, wie später regelmäßig, tippte) — in der Hoffnung eben, daß die Familie Feige der nachforschenden Polizei bestätigen würde: jawohl, sie hätten einen Sohn namens Otto in London. Denn mit solcher Finte wäre die behauptete Marut/Feige-Identität als jene Wahrheit bestätigt, die (Wyatts Theorie vom Kuhhandel zufolge) den Londoner Häftling vor der Deportation nach Deutschland gerettet hätte. Bestärkt wird man in der Annahme, es habe sich bei dem ›Bekenntnis‹, Otto Feige zu sein, um ein falsches Alibi gehandelt, vielleicht auch durch die Tatsache, daß Maruts Angaben ja nicht ganz übereinstimmen mit den im Schwiebuser Standesamt ermittelten: Marut weiß die Vornamen Feiges anzugeben, aber in einer mit dem Geburtsregister nicht über-
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einstimmenden Reihenfolge; das von Marut ›immer‹ (Wyatt, Seite 300) als das seine angegebene Geburtsdatum differiert um zwei Tage von dem des authentischen Otto Feige; der Beruf des Vaters wird nicht genau angegeben (potter = Ziegeleiarbeiter, ›Ziegelbrenner‹?).
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2. Damit ist nicht gesagt, daß Wyatts Entdekkung ganz und gar in die Irre führe. Sie hat ihren Wert darin, daß sie nach Schwiebus führt. Der amerikanische Botschaftsbeamte Boylston Beal betonte in seinem Schreiben aus London an seinen Washingtoner Vorgesetzten, der angebliche Otto Feige, der unter dem Namen Marut in Haft sei, müsse mit den Schwiebuser Verhältnissen gut vertraut sein (well acquainted). Wenn jemand solche Angaben wie Marut über einen authentischen Feige machen kann, dürfte er in Schwiebus aufgewachsen sein. (Als Schauspieler war Marut dort nicht nachweisbar.) Kann sein, daß Otto Feige ein verschollener Verwandter oder Mitschüler oder sonstiger Jugendbekannter Maruts war — und aus diesem Grunde in der Lage, alle Vornamen Feiges und dessen Vaters zu kennen und darüber hinaus den Mädchennamen von dessen Mutter, die ebenfalls aus Schwiebus stammte und bei deren Eltern (Wienecke) der junge Otto Feige in Schwiebus aufwuchs. (Weniger wahrscheinlich, aber nicht unmöglich wäre, daß Marut diese Spezialkenntnisse in Wallensen erworben hätte.) Schließlich: Schwiebus liegt an der Peripherie jenes deutsch-polnischen Mischungsgebiets (Zentrum:
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Posen), das nach dem Ersten Weltkrieg polnisch wurde: die Stadt lag nur etwa 14 Meilen innerhalb der Grenze des damaligen Nachkriegsdeutschland23. Marut/Traven war mit diesen Bevölkerungs- und Nationalitätsproblemen vertraut; sie interessierten den Ziegelbrenner, und: ist es ein Zufall, daß die zweite Hauptgestalt des Totenschiffs (geschrieben seit etwa 1924) ein aus Posen gebürtiger Seemann namens Stanislaw ist, der als Opfer der Grenzund Nationalitätsverschiebungen nach dem Ersten Weltkrieg staatenlos und ausweislos wird, zur Non-Person wie Marut selbst in London 1924? Stanislaw, der als Teenager unter ›geborgtem‹ Namen seine Heimat verließ, sich lieber umbringen als nach Deutschland zurückgehen will und in seiner Jugend Coopers Lederstrumpf-Geschichten las wie Ret Marut auch einer Ziegelbrenner-Stelle zufolge, die wenige Zeilen später auf die deutsch-polnische Nationalitätsproblematik zu sprechen kommt?24 All das heißt nicht, daß Marut Otto Feige war, wohl aber: daß er mit den Lebensverhältnissen des authentischen Feige gut vertraut war, und dies aller Wahrscheinlichkeit nach von früh an. Statt der Identität Feige/ Marut wäre durch Wyatts Entdeckung mithin die Identität Maruts als eines Deutschen, in Deutschland Aufgewachsenen bestätigt! Das wäre aber ein Ergebnis von einiger
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Bedeutung für unser Verständnis des Traven-Geheimnisses. Warum? Weil dann bestätigt wäre, daß Deutsch seine Muttersprache war. Denn die Frage der Muttersprache Marut/Travens ist tatsächlich die Schlüsselfrage des ›greatest literary mystery of this century‹. Hier muß etwas weiter ausgeholt werden. Ret Marut, wie sich der Unbekannte spätestens seit 1907 nennt, war ein Pseudonym. Die »triftigen Gründe« zur Flucht in dieses Inkognito kennen wir nicht, weil Marut/Traven sie auch im hohen Alter nicht preisgab. Sie können damit zu tun haben, daß Marut, wie er im Ziegelbrenner durchblicken läßt25, 1905 und 1907 politisch auf extrem linker Seite ›subversiv‹ tätig gewesen ist. Was immer die Gründe: zur Marut-Maske des Unbekannten gehört die amerikanische Geburt, und damit die amerikanische Jugend (Aufenthalt in deutschsprachigen Ländern erst seit 1901). Diese amerikanische Herkunft (aus dem 1906, wie jeder Zeitungsleser wissen mußte, total eingeäscherten San Franzisko, wo keine Zivilakten vorhanden sein konnten) gehört ebenso zur Camouflage wie der seit 1907 geführte Name Ret Marut. Wenn jetzt Wyatts Recherchen die Ansicht bestätigen, daß der Unbekannte, der sich so nannte, deutscher Herkunft war, aus Schwiebus oder Umgebung, woraus weiter folgt, daß er mit
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Deutsch als Muttersprache aufwuchs, dann ist es entschieden schlecht bestellt um den Wahrheitsanspruch der Behauptung Maruts, er sei in den U.S.A. aufgewachsen. Diese amerikanische Herkunft und damit die englische Muttersprache, die für manche durch Anglizismen in seinen deutschsprachigen Romanen bestätigt wird, wird zwar weithin für gegeben gehalten26. Amerikanische Herkunft und englische Muttersprache werden jedoch auch dadurch — also ohne Wyatts Spurensicherung und schon längst vorher — eher unwahrscheinlich, daß Marut/Traven in der mexikanischen Zeit immer wieder daran festgehalten hat, seinen Geburtsort aber (weil er damals die Identität mit Ret Marut abstritt) von San Franzisko nach Chicago verlegte und das Geburtsdatum vom 25. Februar 1882 auf den 5. März oder auch den 3. Mai 1890, und zwar selbst in offiziellen Dokumenten wie zum Beispiel in seinem Paß27. (Auch diese Angaben ließen sich nicht verifizieren, obwohl in Chicago [Cook County] die Zivilstandsakten nicht verbrannt waren28.) Dieser Behauptung der amerikanischen Herkunft entsprechend, hat Traven denn auch regelmäßig abgestritten, aus Deutschland zu stammen, deutsch-amerikanische Eltern zu haben, mit Deutsch als Muttersprache aufgewachsen zu sein, ja: überhaupt Deutsch zu können, und dies, als man ihn deutsche Sätze
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tippend überrascht29. Das also scheint per contrarium auf die deutsche Herkunft und Muttersprache zu deuten. In Mexiko hatte er ja allen Grund, die Fährte zurück zu dem zum Tode verurteilten Ret Marut zu vertuschen: rechtsradikale Gruppen übten in den zwanziger, dreißiger Jahren in Mexiko ihre blutige Geheimjustiz. Bedenkenswert ist in diesem Zusammenhang auch, daß Traven von ca. 1950 an in Neuauflagen seiner Bücher alle Hinweise auf Deutschland, die autobiographisch gedeutet werden könnten, eliminiert hat30: die Entdeckung, daß er unter falschen Angaben zur mexikanischen Einreise und Staatsbürgerschaft gekommen sei, hätte ihm im Land seiner Wahl erhebliche Schwierigkeiten bereiten können. Deutsch soll er in seiner mexikanischen Zeit, wenn er nicht überhaupt leugnete, die Sprache sprechen zu können, »mit gewolltem Akzent« gesprochen haben31. In die gleiche Richtung (deutsche Herkunft und deutsche Muttersprache) weist auch die Tatsache, daß Travens eigene englische Übersetzungen seiner Romane, die er in den dreißiger Jahren dem Verleger Alfred Knopf schickte, in so »deutschem« Englisch abgefaßt waren, daß der Redakteur Bernard Smith sie durchgreifend bearbeiten mußte, bevor sie in die Druckerei gehen konnten32. Des weiteren weist in die Richtung eines deutschen statt amerikanischen Backgrounds der
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vielfach bezeugte Umstand, daß Marut/Traven (in der Münchner Zeit und in den mexikanischen Jahren) mit starkem, unverkennbar deutschen Akzent Englisch sprach33. (Wäre das von einem in Amerika aufgewachsenen Deutsch-Amerikaner wohl zu erwarten?) Maruts ShelleyÜbersetzungen im Ziegelbrenner, stelle ich fest, enthalten denn auch Fehler, die man von einem in Amerika großgewordenen Autor nicht erwarten würde (murder = Mörder, starve = sterben)34. Umgekehrt weist das Deutsch des Ziegelbrenners und der frühen Erzählungen Maruts tatsächlich nicht jene Anglizismen auf, die man dort hat sehen wollen und als Bestätigung des amerikanischen Backgrounds gewertet hat35. Das Deutsch des Ziegelbrenners und der Erzählungen aus der vormexikanischen Zeit ist nicht das eines Deutsch-Amerikaners. Maruts Englisch dürfte damals allenfalls Schulenglisch gewesen sein. Deutsche Schulbücher fand Recknagel 1976 in Travens Haus in Mexico City: »Deutsche Lesebücher zur Literatur (für den Schulgebrauch um die Jahrhundert ende)«, dazu ein Dictionary of American Slang und ein Dictionary of Sea Terms (Seiten 11, 209). Die Vertrautheit mit nordamerikanischen Verhältnissen, die Traven in manchen seiner Romane durchblicken läßt, deutet nicht auf profunde Sachkenntnis aus erster Hand36.
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Die letzte Seite in »Der Ziegelbrenner‹, 2.Jahr, 1918, Heft 3
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Aufruf aus »Der Ziegelbrenner‹, 3. Jahr, 1919, Heft 16/17
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Die Wahrscheinlichkeit einer deutschen statt amerikanischen Herkunft Travens zu etablieren, ist aus folgendem Grund wichtig: Travens Romane weisen im Gegensatz zum Ziegelbrenner samt und sonders sprachlich-stilistische Anglizismen auf, »böse Amerikanismen«37, etwa »Zahldreck« im Schatz der Sierra Madre (paydirt = goldstaubhaltiger Sand). Wie läßt sich das erklären? Hier muß unterschieden werden zwischen den früheren und den späteren Romanen. Die früheren wären die bald nach der Ankunft in Mexiko (Sommer 1924 nach Wyatts Ermittlungen) an deutsche Verleger geschickten Texte: Die Baumwollpflücker (Juni/Juli 1925 im Vorwärts), Das Totenschiff (April 1926), Der Wobbly (= Erweiterung der Baumwollpflücker, 1926), ferner gewisse kurze Erzählungen in deutschen Zeitschriften 1925/27 (Teile der Sammlung Der Busch von 1928), allenfalls noch Der Schatz der Sierra Madre (1927) der Sammlung und eventuell Die Brücke im Dschungel (1927 im Vorwärts; 1929) und schließlich Die Weiße Rose (1929). Die späteren wären hauptsächlich die Caoba-Serie der dreißiger Jahre. Für die früheren (die zum Teil den Erzähler Gerard Gales einführen) hat man seit Max Schmids Aufsatzreihe im Zürcher Tages-Anzeiger (2. November 1963 bis 4. Januar 1964) die sogenannte Erlebnisträger-Hypothese zur Er-
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klärung herangezogen, die die Anglizismen der Texte plausibel machen soll: unmöglich habe Marut in so kurzer Zeit jene intime Vertrautheit mit Mexiko erwerben und alle die Erfahrungen machen können, die die Werke voraussetzen, und auch noch in seinen Werken gestalten können: er müsse folglich die Manuskripte eines anderen in die Hand bekommen haben, die er — flüchtig und eventuell ohne Wörterbuch — aus dem Englischen übersetzte und dann von 1925 an als sein Werk erscheinen ließ, allenfalls mit eigenen Zusätzen und Änderungen38. Über diese Erlebnisträger-Hypothese gleich mehr. Zuvor ist die Frage zu beantworten: Wie erklären sich dann die Anglizismen in den späteren (durchweg nicht von Gerard Gales erzählten) Romanen, für die man nie einen Erlebnisträger bemüht hat? Wenn Traven seine Jugend in Amerika verbracht hat, ist die Antwort leicht: Die von Traven immer behauptete englische Muttersprache dränge einfach wieder durch in den Anglizismen39. In dem Fall aber kann die ganze Erlebnisträger-Hypothese in sich zusammenfallen: nahe läge dann ja die Vermutung, daß der deutschschreibende Amerikaner nicht erst in den späten, sondern schon in den frühen Romanen die Sprachen etwas durcheinanderbekam40. Gegen diese Eliminierung des Erlebnisträgers spricht aber: 1. weder im Ziegel-
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brenner noch in den Romanen selbst schreibt Traven Deutsch-Amerikanisch, wie es aus jener Zeit gut belegt ist (es fehlen Archaismen und Korruption durch Dialekt), und 2. die Herkunft aus Nordamerika (ob nun aus ›rein‹- oder ›deutsch‹-amerikanischen Kreisen) bleibt nach allem Gesagten dubios. Wenn also, wie höchst wahrscheinlich, die behauptete englische Muttersprache und die behauptete amerikanische Biographie nicht auf Tatsachen beruhen, wenn also, wie die bisherigen Ausführungen plausibel machen, Traven (ob er nun Otto Feige war oder nicht) keine amerikanische Jugend gehabt hat, dann müssen die Anglizismen auf andere Weise in die späten Romane gekommen sein: nicht durch die amerikanische Muttersprache und nicht durch den Erlebnisträger. Hat man diese Weise aber einmal bestimmt, dann ist es wiederum nicht unlogisch anzunehmen, daß die gleichen Anglizismen auf dieselbe Weise in die frühen Romane gelangten — ohne Erlebnisträger auch hier.
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3. Dies ist, wie angedeutet, das zentrale TravenProblem — heute mehr denn je. Aus England hört man, daß sich ein Erlebnisträger gemeldet habe, der (im Ernst?!) der ›wahre Traven‹ sein will. Solche Ansprüche (ob finanziell oder nicht) sind ja bereits früher erhoben worden: von Capt'n Bilbo und der Witwe August Bibeljes etwa oder von dem deutsch-mexikanischen Rechtsanwalt Ewald Hess in Chiapas41 und von den vielen anderen, über die die BT-Mitteilungen zu Travens Lebzeiten öfters berichteten42. Beunruhigender als solches Auftauchen von angeblichen Ur- und Mit-Autoren (warum sollte sich ein Autor nicht auf mündliche Berichte anderer stützen oder sogar auf gewisses von anderen gesammeltes Background-Material?) ist aber dies: daß ausgerechnet das aufsehenerregende Buch von Wyatt der ErlebnisträgerHypothese, von einem wirklichen ›Gerard Gales‹ etwa, neuen Auftrieb gegeben hat. Ausgerechnet — denn Wyatt selbst sieht in seinem Kapitel ›Was There Another Man?‹ sogar in den Anglizismen keinen Anlaß für diese Hypothese; allerdings gibt Wyatt zu, kein Deutsch zu können — womit seine Kompetenz in dieser Frage grundsätzlich unzureichend ist, wie er selbst einräumt (Seite 248). So ist al-
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so sein Ergebnis genauer dies, daß er die »romantische« Hypothese von dem »andern« nicht »widerlegen« könne (Seite 242) — die Hypothese, die Michael Baumann und Max Schmid (im B. Traven-Buch) gerade 1976 wieder zur Geltung gebracht hatten und auch nach Wyatts Buch noch vertreten beziehungsweise nicht widerrufen haben. Trotz Wyatts Zweifel oder vermutlich: wegen seiner Unfähigkeit zur Widerlegung haben mehrere Rezensenten seines Buches die Hypothese eines englischsprachigen, genauer: amerikanischen Mit-Verfassers oder gar alleinigen Urhebers der Erstfassungen, dem Traven sie sogar »entwendet« haben soll43, wiederbelebt: Richard Gott (Punch, 18. Juni 1980, Seite 982), Nicolas Walter (Spectator, 21.Juni 1980, Seite 17) sowie ein Anonymus in der Zeitschrift Publishers' Weekly (20.Juni 1980, Seite 78). Gründe gibt keiner der Rezensenten an. Impliziert sind solche Gründe aber gerade in Wyatts Ergebnissen, jedenfalls auf den ersten Blick (auf den zweiten schon nicht mehr). Denn da sich das Argument für die ErlebnisträgerHypothese primär auf Marut/Travens Zeitmangel (zu kurze Zeit in Mexiko vor Erscheinen der Mexiko-Bücher) stützt, so steht durch Wyatts (und Raskins) Ermittlung von Maruts vorher ungeahntem Aufenthalt in London 1923/24 jetzt fest, daß Marut nicht vor Mitte 1924 in Mexiko ange-
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kommen sein kann, während die Hauptvertreter der Erlebnisträger-Hypothese noch mit seiner Ankunft in Mexiko »early in 1923« oder doch 1923 gerechnet hatten44. Nun also hätte Marut noch viel weniger Zeit gehabt, seine seit Mitte 1925 in Deutschland erschienenen Romane und Erzählungen selbst zu schreiben und (zuvor) zu ›erleben‹. Um so hastiger also hätte er aus dem Englischen übersetzt. Dagegen ist nun zwar sofort geltend zu machen: der von Gales erzählte Roman Das Totenschiff (der in Westeuropa und auf See spielt, überdies die Paß-, Pseudonym- und Staatenlosigkeitsproblematik Maruts thematisiert, zum Teil auch in den von Marut auf seiner Flucht berührten Ländern), muß, soweit ›erlebt‹, von Marut ›erlebt‹ und bereits vor seiner Ankunft in Mexiko ›erlebt‹ sein und kann damals, vor dem Sommer 1924, bereits fertiggestellt gewesen sein: dieser Roman aber weist (1926) dieselben Anglizismen auf wie die Mexiko-Romane! Kamen sie also ohne Erlebnisträger in den See-Roman, warum dann nicht auch in die Mexiko-Romane? Was aber in den Mexiko-Romanen und -Erzählungen steht, muß nicht alles auch vom Verfasser ›erlebt‹ sein (und noch dazu in entsprechender Zeitspanne), und die Verweise in ihnen auf Mexiko vor 1924 müssen nicht beweisen, daß der Autor selbst
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Titelblatt der Mitgliederzeitschrift ›Die Büchergilde‹, 1926, Heft 3
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damals schon in Mexiko war. Wenn der Erzähler Gales sagt, er habe »viele Jahre« in Mexiko gelebt, so muß das nicht heißen, daß dies vom Verfasser gilt45; und Beschreibung historischer Ereignisse setzt nicht Augenzeugenschaft voraus46. Die Rückverweise schließlich in Marut/ Travens Reisebericht Land des Frühlings (1928), die Baumann zitiert (Seite 31), sind nicht derart formuliert, daß der Verfasser unmißverständlich seine eigene Anwesenheit am beschriebenen Ort vor 1924 behauptet. Die Vorstellung von literarischer Produktion, die solche Augenzeugenschaft voraussetzt, und dann noch die zum Erleben und Schreiben nötigen Zeitspannen kalkuliert47, wird nicht allenthalben geteilt. Und sollte es im Zusammenhang nicht auch zu denken geben, daß der Gedanke an einen ›Mitarbeiter‹ Travens — von diesem selbst ausgeht! Als nämlich im Jahre 1948 der erwähnte mexikanische Journalist Luis Spota ›Torsvan‹ mit der Unterstellung, er sei Traven, in die Enge trieb, soll Spotas Bericht in Mañana (7. August 1948) zufolge dieser Torsvan (Travens offizieller Name in Mexiko) gesagt haben: er sei sicher, Traven habe seine Bücher nicht allein geschrieben, Traven habe wenig von dem, was er beschreibe, gesehen, habe sich auf Berichte anderer gestützt (ob englischsprachige Texte, sagte er nicht). Das ist also eine Ausflucht, eine Mystifikation
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Innentitel der Erstausgabe. Büchergilde Gutenberg, Berlin 1926
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und Finte, in der Absicht ausgesprochen, sich selbst aus der Klemme zu ziehen48. Der Begründer der Erlebnisträger-Hypothese, Max Schmid, zitiert diese Äußerung selbst49: enthielte sie die Wahrheit, hätte Torsvan sie in der beschriebenen Situation nie getan! Vor allem aber: ein zweiter Blick auf Wyatts Entdeckung des etwa neunmonatigen England-Aufenthalts Maruts, der vorher völlig unvermutet war, bereitet der Erlebnisträger-Hypothese erhebliche Schwierigkeiten — in einer Weise, die Wyatt bei seinen fehlenden Deutschkenntnissen selbst nicht ahnen kann. Nämlich so: wenn das Zeit-Argument für diese Hypothese nicht so wichtig ist, wie gemeint worden ist, dann bleibt nur das Argument der Anglizismen: müssen sie durch einen Erlebnisträger in Marut/Travens Prosa gekommen sein? Eine andere Möglichkeit, ihr Vorhandensein zu erklären, haben wir bereits stark angezweifelt: die englische Muttersprache Marut/Travens. Eine weitere: die von Wyatt vermutete, der Autor habe die Anglizismen absichtlich eingestreut, um seiner Prosa amerikanisches Kolorit zu geben (Seite 248), kann allenfalls für englische Phrasen wie »Well« und »Good-bye«, für Fachausdrücke wie Driller und Tooldresser sowie für manche Amerikanern in den Mund gelegte Gesprächspartien gelten (wofür ihm das in seinem Nach-
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laß gefundene Dictionary of American Slang und das Dictionary of Sea Terms nützlich waren50). Nicht aber kann diese Erklärung gelten für die gleichen Anglizismen im Mund von Indios und Kreolen; und erst recht nicht erklärt sind mit Wyatts Gedanken die ›unbewußt‹ (unabsichtlich) wirkenden, schwer durchsichtigen unscheinbareren, auch in die Syntax eindringenden Anglizismen, die nur dem linguistischen Fachmann erkennbar sind, wie »ich war zwei mit einem Kakaofarmer« (Brücke, Seite 25), »für eine lange Zeit« (Schatz, Seite 138), »dich die Ratten auffressen lebendig« (Karren, Seite 206), »wo werden Sie denn verlangt? Was haben Sie denn ausgefressen?« (verlangt, »wanted«, statt »polizeilich gesucht«, Totenschiff, Seite 181). Übrigens hat Traven ja in den späteren Ausgaben auch manche, aber längst nicht alle offensichtlichen Anglizismen eingedeutscht, was zur These der absichtlichen Anglisierung nicht passen will: »ich strollte am Hafen entlang« (Totenschiff, 1926, Seite 43) wird 1958 in der Ausgabe des Krüger-Verlags: »ich strolchte« (Seite 42)51. Gibt es also eine andere Möglichkeit, die Anglizismen zu erklären, ohne sie zum Grundstein einer Erlebnisträger-Hypothese zu machen? Eine Möglichkeit, die die Erlebnisträger-Hypothese völlig unnötig macht? Wie, wenn Marut/ Traven, in Deutschland polizeilich gesucht, seit seinem
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Aufenthalt in England 1923/24 versucht hätte, in die englische Sprache unterzutauchen, zunächst auch auf Englisch zu schreiben versucht hätte, dann aber zum Deutschen als Schreibsprache zurückkehrte — in das dann aus seiner Sprechsprache, die das Englische weiterhin bleibt, seine eigenen Anglizismen eindringen? Diese Lösung wird durch eine Reihe von Umständen wahrscheinlich, die größtenteils erst neuerdings bekannt geworden sind. Dabei ist im Auge zu behalten, daß die Erlebnisträger-Hypothese nie ›dokumentiert‹ worden ist, wie ihr nachdrücklichster Vertreter, Michael Baumann, selbst zugibt (Seite 33). 1. Bereits der Ziegelbrenner-Herausgeber und -Verfasser konnte Englisch, wenn auch nicht sehr gut (Shelley-Übersetzungen). Möglich, daß er es im Interesse seines amerikanischen Alibis gelernt hat; möglich aber auch, und das nicht ausschließend, daß er bereits lange vor der Ziegelbrenner-Zeit eine gewisse Vertrautheit mit der englischen Sprache erworben hat. Im Ziegelbrenner äußert er 1917, er habe »im Ausland gelebt«, und zwar in England und Amerika (I: l, Seite 1), er kenne Macaulay »im Urtext« (Seite 13); 1919: er »habe beinahe alle Länder der Erde kennen gelernt und in vielen nichtdeutschen Ländern viele, viele Jahre gelebt« (III: 15, Seite 6). Wenn
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Marut Otto Feige war, kämen für diese Auslandsaufenthalte die Jahre 1904 bis 1907 in Frage, über die wir nichts wissen. Plausibel ist in jedem Fall, daß Marut vor seinem ersten Auftauchen 1907 zur See gefahren ist, wie der in London deponierte Lebenslauf behauptet; im Ziegelbrenner läßt er durchblicken, ihm sei der »Wörterschatz des Hafenviertels von Rio« nicht unbekannt (II: 4, Seite 80; Rio nennt Marut 1924 zweimal in dem von Wyatt entdeckten Lebenslauf), Asienerfahrung behauptet er im Ziegelbrenner ebenfalls (II: 5-8, Seite 131), manche andere Stellen deuten auf Reisen in Schottland, Amerika, am Nil52. Aber ob Seemann oder nicht: durch den jetzt ins Licht getretenen Englandaufenthalt (1923/24) werden sich seine Englischkenntnisse erheblich verbessert haben. Seit 1923 wird Marut kaum mehr Deutsch gesprochen haben, in Mexiko umgibt ihn die englische Sprache (siehe unten Seite 56). Was ist plausibler, als daß sich sein Deutsch verschlechtert (worüber sich Goss so verwundert53) und daß sich Anglizismen in die seit 1925 erscheinenden TravenWerke einschleichen? Ein besonders sorgsamer Stilist war Marut/Traven ja nie; krasse grammatische und syntaktische Fehler, die sich als Flüchtigkeiten beim Schreiben oder Korrigieren erklären lassen, finden sich fast überall in seinen Romanen. Und die Geldnot und die qual-
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vollen Umstände, unter denen diese ersten Traven-Werke im tropischen Urwald entstanden, boten kaum eine Ermunterung zu sprachlicher Pingeligkeit und stilistischer Feinarbeit: »Schreiben in diesen Ländern, wenn man nicht in einem modernen Hotel wohnen kann, sondern in Barakken oder Hütten wohnen muß, das ist die Hölle. Nicht nur das Hirn, nein ebensosehr die von Mosquitos und anderem Höllengelichter zerstochenen und blutenden Hände und Beine und Backen rebellieren gegen den Schreiber und gegen das Zusammenhalten des Gedankengefüges und der notwendigen Farbengebilde54.« Das Deutsch des Ziegelbrenners hingegen und der frühen Erzählungen Maruts aus seiner deutschen Zeit ist zwar manchmal holprig, aber — wie gesagt — ohne einwandfrei als solche zu identifizierende Anglizismen. Baumann (Seite 26) findet Anglizismen im Ziegelbrenner, die aber — so muß der Germanist urteilen — nicht als solche zu reklamieren sind, mit einer einzigen möglichen Ausnahme: »Ich habe [...] kein Wort zu jemand davon erzählt«: wenn man das als deutsches Äquivalent von »I have not told a word of it to anyone« auffaßt, sieht es nach Anglizismus aus, nicht aber, wenn man an die ebensogute englische Entsprechung denkt: »I did not tell anybody a word of it«. Solange dies also der einzige bisher nachge-
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›Der Ziegelbrenner‹, 3.Jahr, 1919, Heft 9 bis 14
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wiesene mögliche Anglizismus im frühen Werk bleibt, wird man eher ein Versehen des Druckers oder eine Flüchtigkeit Maruts (Interferenz von erzählen/sagen) annehmen. (Eventuell auch ein Dialekt-Relikt? Baumann [Seite 28] weist die gleiche Konstruktion in einem frühen Roman nach.) Eindeutige Anglizismen finden sich erst in Maruts nach-deutscher Zeit, als er in die englische Sprachambiance eintaucht. 2. In Mexiko war der englische Spracheinfluß auf Marut/Travens Deutsch nicht abgestoppt. Auch wenn man nicht jeder Äußerung Travens über seine mexikanischen Anfänge Glauben schenkt, so wissen wir doch, daß er in den ersten Jahren hauptsächlich in englischsprachigen Kreisen (Erdölgesellschaften) gelebt hat, vermutlich auch Kontakt mit dem Kreis der dortigen ›Wobblies‹ (Gewerkschaft der ›Industrial Workers of the World‹) gehabt hat, amerikanischen Anarchisten und radikalen Syndikalisten, deren führender Kopf Linn A. E. Gale war, der bis 1921 in Mexico City Gale's International Monthly for Revolutionary Communism veröffentlicht hatte55. Dies wäre offensichtlich ein weiterer Anstoß für die Anglizismen in Travens deutschen Romanen, um so mehr, als sich ja manche der frühen Mexiko-Romane um Exil-Amerikaner drehen, Die Baumwollpflücker sogar um einen Wobbly, eben
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Gales, den amerikanischen Ich-Erzähler mehrerer Travenscher Romane. Anhaltspunkte dafür, daß Marut/Traven im mexikanischen Exil den Wunsch gehabt hätte, Deutsch zu sprechen, gibt es nicht, wohl aber dafür, daß ›Torsvan‹, wie er sich damals offiziell nannte, sich (außer eben in seinen unter dem Pseudonym B. Traven verfaßten Romanmanuskripten) von allem Deutschen distanziert haben dürfte, wodurch wiederum eine gewisse sprachlich-stilistische Unsicherheit verständlich wird, die unter anderem zu seinen Anglizismen führt. Im Tampicoer Tagebuch von 1924 fand Raskin die mysteriöse, aber entschlüsselbare Notiz »The Bavarian of Munich is dead«, die er wohl richtig deutet als Hinweis auf den ›Tod‹ Ret Maruts (der kurz vor seiner Abreise aus Europa eine Postkarte an Erich Mühsam geschickt haben soll, mit der Nachricht, er werde, sobald er an Bord gehe, »aufgehört [haben] zu existieren« 56. Warum habe er nicht ›Marut is dead‹ geschrieben, fragt Raskin, und antwortet einleuchtend: wahrscheinlich aus demselben Grund, aus dem er sein Tagebuch auf Englisch führte; er wollte sich in Mexiko nicht als den von der bayerischen Polizei steckbrieflich gesuchten, in absentia zum Tode verurteilten politischen Flüchtling zu erkennen geben (Seite 79). Bis zu seinem Tode hat der ›Amerikaner‹
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Torsvan/Traven selbst ja seine Identität mit dem Deutschen Marut dementiert. Hinzu kommt, daß Marut, der Deutschland nach 1919, wohl um 1922/23, nach jahrelanger Existenz im Untergrund, verläßt, schon seit 1918, vor allem aber seit der Ermordung Kurt Eisners (1920), damals selbst schon auf der Flucht, von der derzeitigen deutschen Barbarei so angewidert ist, daß er »zu den Buschnegern« auswandern will; »könnte ich doch nur ein fremdstämmiger werden, um keine Blutsgemeinschaft mit diesem neuen Deutschland mehr zu besitzen«57. Aus diesem Affekt also lassen sich die erwähnten späteren Äußerungen Travens verstehen, er könne weder der Abstammung noch der Staatszugehörigkeit nach als Deutscher bezeichnet werden58. Beflügelt durch die skizzierte psychologische und lebenspraktische Notwendigkeit (Ressentiment gegen Deutschland, Furcht vor der Entdekkung) hat Marut/Traven schon in London und dann in Mexiko angefangen, Englisch zu schreiben; Anglizismen in seinem Deutsch erklären sich aus diesem Eintauchen ins Englische, zumal viele frühe Werke aus dem eigenen Englisch ins Deutsche übersetzt sind (vergleiche unten Seite 64). Doch zuvor ein Blick auf Travens Englisch: ist es als das Englisch eines Deutschen zu erkennen?
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B. Traven, ca. 1917 (nach einer alten Fotografie)
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3. Durch die Nachforschungen Wyatts (Seite 190) und Raskins (Seiten 75 bis 78) wissen wir, daß Marut/Traven von 1924 bis 1929 Tagebücher in englischer Sprache geführt hat (Abbildung Nr. 15 bei Wyatt). Wyatt und Raskin veröffentlichen Auszüge daraus, die zweierlei erkennen lassen: 1. Marut/Traven hat die in seinen Romanen erscheinende Erlebnissubstanz (mexikanischer Dschungel, Zwangsarbeitsverhältnisse in den montérias, Ausbeutung der Indianer auf den fincas, indianische Sozialverhältnisse, Vagabundenleben, Rebellion im Busch, Baumwollpflücker, Ölcamps) selbst besessen, wie er ja oft, zum Beispiel in seinem Brief an Ernst Preczang vom 5. August 1925, behauptet hat: »Zweifellos vieles erlebt? Zwanzig Bände im Brockhaus-Lexicon-Format sind zu wenig, um einen Teil zu veröffentlichen«, und 1928: »In allen meinen Arbeiten ist so viel von mir, von meinem Fleisch und Blut«59. 2. Sein Englisch ist zwar gut, verrät aber durch gewisse Germanismen den Deutschsprachigen — Sprachsymbiose auch hier. Das Tagebuch von 1924/ 25 habe ich eingesehen; es bestätigt diesen Befund. 4. Im Nachlaß Travens in Mexico City befinden sich Fragmente unveröffentlichter englischsprachiger Aufsatz-Typoskripte aus der Zeit von 1925/1926, in die Marut/Traven eigenhändig Germanismen (und anderes)
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hineinkorrigiert hat — wieder Spuren der Sprachsymbiose also wie in den englischen Tagebüchern. Übrigens enthält einer dieser Texte die Wörter »flimsy« und »bulky«, die in Travens Deutsch als seine bevorzugten Anglizismen wiederkehren: »flimsig« und »bulkig«. Vor allem aber sind diese Typoskripte einer der greifbarsten Beweise dafür, daß Traven in seiner frühsten mexikanischen Zeit versucht, sich als englischsprachiger Schriftsteller zu etablieren, wie er selbst damals und später behauptet hat, ohne damit viel Glauben zu finden. In die unmittelbare thematische Nähe des Totenschiffs gehört, nebenbei bemerkt, ein englisches Typoskript aus dem Jahre 1926, das von der Volstead-Akte spricht — wie das Totenschiff im selben Jahr (Seite 25). Übrigens hat Traven ja auch manche Erzählung überhaupt nur auf Englisch geschrieben60, und englischsprachige Skizzen für Erzählungen finden sich im Nachlaß. 5. Vereinzelt kommen in Travens deutschen Romanen ganze englische Sätze vor, die Äußerungen amerikanischer Romanfiguren oder amerikanische Zeitungsmeldungen, geflügelte Worte oder ähnliches darstellen sollen. Dieses Englisch entspricht indessen ebensowenig wie das der Tagebücher und der Aufsatz-Typoskripte der Idiomatik eines mit Englisch aufgewachsenen Ameri-
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kaners (oder Engländers), wie sie die Erlebnisträger-Hypothese in der Version von Goss61, Schmid62 und Baumann63 unbedingt erfordern würde zur Erklärung der Anglizismen in Travens (späten) Original-Romanen. Diese sprachlichen Merkwürdigkeiten lassen sich jedoch leicht verstehen, wenn man sie aus der Interferenz des Deutschen entschlüsselt. In der Weißen Rose, dem zum Teil unter Amerikanern spielenden Roman von 1929, der zugleich die meisten Anglizismen und Schludrigkeiten aller Art aufweist, begegnen dem Leser Kuriositäten wie die Sensationsmeldung »President of big Corporation seen with dancer of the Vanity Theatre only with stockings on« (statt »with only stockings on«, deutsch: nur mit Strümpfen bekleidet) oder der Wahlspruch auf dem Schreibtisch des amerikanischen Erdölmagnaten: »Smile, work, and give the poor« (statt »to the poor«)64. 6. Zeigen sich die Spuren der deutsch-englischen Sprachsymbiose in den bisher herangezogenen Texten als Germanismen im Englischen, so ist jetzt der umgekehrte Fall zu belegen: daß aus derselben Symbiose, aus dem Eintauchen des Deutschsprachigen ins Englische, auch die Anglizismen zu erklären sind. Traven hat mehrfach schriftlich behauptet, er habe seine frühen Traven-Romane zuerst auf Englisch
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Oben: Initialbuchstaben aus ›Die weiße Rose‹, 1942. Unten: Schutzumschlag der Ausgabe von 1974 (beides Büchergilde Gutenberg)
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verfaßt, dann ins Deutsche übersetzt, nachdem es ihm nicht gelang, sie bei amerikanischen Verlagen unterzubringen. Die Werke, die er dabei namentlich nennt, sind: Das Totenschiff, Die Brücke im Dschungel, Die Baumwollpflücker (Teil 1) sowie die meisten Novellen der Sammlung Der Busch, darin besonders ›Der Nachtbesuch im Busch‹ 65. Wie alles, was Traven über sich und seine Werke geäußert hat, ist natürlich auch diese Information mit höflichem Zweifel aufgenommen worden, von Baumann etwa (Seite xv) und noch von Wyatt (Seite 68)66. An sich aber ist es durchaus einleuchtend, psychologisch und praktisch, daß Marut, in Deutschland steckbrieflich gesucht, sich schon in London und dann in Mexiko als englischsprachiger Schriftsteller (mit nicht-deutschen Sujets) zu etablieren versucht und übrigens auch die sprachlose Sprache der Photographie, die er um 1925 in Mexiko studierte, zu seinem Publikationsmedium zu machen hofft. 1980 teilte Raskin in seinem Buch My Search for B. Traven denn auch tatsächlich mit, er habe die handschriftliche englische Urfassung und die englischen Entwürfe des Totenschiffs im Haus Travens in der Calle Mississippi unter einem Stoß alter archäologischer Bücher entdeckt (Kapitel 17). Ich selbst habe diesen Text, den Traven seiner Witwe zufolge im Gefängnis in Brixton schrieb, im Sommer 1981 mit der
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deutschen Fassung von 1926 verglichen und einwandfrei festgestellt: erstens, daß die Handschrift die Marut/Travens ist, und zweitens, daß es sich nicht etwa um die Übersetzung der deutschen Fassung ins Englische handelt, die Traven 1933/34 für die New Yorker Ausgabe anfertigte (da Raskin die deutsche Fassung gar nicht erwähnt, könnte man dies argwöhnen), sondern um den Urtext in statu nascendi, den Text also, den Marut/Traven dann, wie er am 18. November 1929 rückblickend an die Büchergilde Gutenberg schrieb, 1925 in Mexiko »auf einen Ruck [...] in Deutsch umschrieb«67. Das Englisch ist nicht schlecht, aber das eines Deutschen, es wimmelt von grammatischen und orthographischen Fehlern und Germanismen wie »troll your way«, »show window«, »deadsick«, »water was not to have«, »to pell off carefully all the paints«, »a chapter by itself« usw. Der darauf basierende deutsche Text von 1926 (der manche englische Stellen unverändert übernimmt und übersetzt wie »Black gang. Schwarze Bande«, Seite 104) ist teils Übersetzung, teils Kürzung, teils Erweiterung. Anglizismen schleichen sich überall ein. Wo der Text Übersetzung ist, lassen sich diese zweifelsfrei als Übersetzungsfehler oder -flüchtigkeit nachweisen, etwa: »Der ganze Rahmen« des Schiffs (Seite 92) — »frame« im Original, »anzeichnen« (Seite 105) statt
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anmustern — »sign on« im Original, »rotblütiger amerikanischer Junge« (Seite 14) — »red blood[ed] American boy«, der »einfachste Weg, um mich los zu werden« (Seite 22) — »the quiekest way to dispose of me« usw. Marut/Traven, was könnte natürlicher sein, wird Opfer der Sprachsymbiose, die jeder Auslandsdeutsche kennt, ob er ihr verfällt oder nicht. Damit ist einleuchtend: ein Erlebnisträger ist unnötig zur Erklärung der Anglizismen vielfacher Art im Totenschiff (und in den anderen ursprünglich englisch geschriebenen Romanen); die Anglizismen im sonst idiomatischen deutschen Text sind genauso Travens eigene wie die Germanismen in seinem Englisch; und das gilt ebenfalls für die späteren Romane, die gleich deutsch geschrieben wurden, aber derselben sprachsymbiotischen Situation entstammen: von dem deutsch geschriebenen Karren gibt es im Nachlaß sogar ein englisches Expose, das das frühste Stadium repräsentiert. Schließlich kommen im Totenschiff ja auch in den Passagen Anglizismen vor, die bei der Bearbeitung des englischen Textes 1925/26 neu hinzukamen, also von vornherein deutsch formuliert wurden. 7. Als unbewußte Anglizismen zu verdächtigende Wörter und Wendungen sowie englische Einsprengsel enthalten nicht nur die Romane, sondern auch die
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Briefe, die B. Traven seit 1925 vor allem an die Büchergilde Gutenberg und ihren Lektor, Ernst Preczang, schickte, wie auch die gelegentlichen knappen Äußerungen zum eigenen Werk, die in der (heute kaum erreichbaren) Verlagszeitschrift Die Büchergilde gedruckt wurden. Mit einem aus den Romanen vielfach bekannten »Yesser!« (Yes, sir) beschließt Traven seinen Brief vom 5. August 1925 an Preczang68. Dort kommt auf derselben Seite auch die merkwürdige Formulierung vor: solange seine aus Mexiko abgeschickten Manuskripte nicht zum Druck angenommen seien, seien sie »schlafendes Gut« — etwa dem englischen Fachausdruck »sleeping partner« (stiller Teilhaber) nachgebildet? Am 11. Oktober 1925 schreibt Traven an Preczang: die Regierung sei »hier nicht so lauwarm [...] als manche sogenannte Arbeiterregierung in Europa« (nach dem englischen »not ... as«?69). An den Schweizer Volkshochschuldozenten Charlot Strasser schreibt er 1929, diesem sei die Darstellung der amerikanischen Arbeiterbewegung (in seinen gedruckten Vorlesungen) vorzüglich gelungen, »bei weitem besser, als es erwartet werden möchte«... (»far better than might be expected«). Er, Traven, sei gebürtiger Amerikaner nicht-deutscher Abstammung, schreibe zwar »sehr vieles in Deutsch« 70, doch mehr als die Hälfte »zuerst in Englisch, weil es ihm leich-
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Traven äußert sich über sein Buch ›Die Brücke im Dschungels 1929
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Mitteilung B. Travens an die Mitglieder der Büchergilde, 1931
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ter fällt, schwierige Ideenverbindungen und verwickelte Dialoge erst in Englisch niederzuschreiben«, woraufhin er die Werke nennt, die er zuerst »in Englisch« verfaßt habe71. Strasser zitiert anschließend an den Druck dieses Briefes auch eine Äußerung Travens, wo es heißt, der Autor wolle nicht »im breiten Licht stehen« (Seite 195) — »in broad (day) light«? Eine Fundgrube sind in dieser Hinsicht die zahlreichen unveröffentlichten Briefe Travens an Ernst Preczang aus den zwanziger Jahren, die mir die Büchergilde Gutenberg zugänglich machte. Zunächst erscheinen hier gelegentlich englische Wörter und Wendungen wie »die Pickers« (2. September 1925), »and this is the truth, sir, can't help it« (14. September 1925), »Reproducer« (2. Dezember 1926), »Irrigation« (2. Dezember 1926), »Appelsauce« (in der Bedeutung von »Unsinn«, 20.Januar 1927), »Gasolin« (7. Mai 1927). Auf der Grenze zum Anglizismus steht dann schon »Boecke« (»bucks«=Dollars, 20. Dezember 1926). Deutsch formuliert, aber englisch gedacht sind Wörter und Wendungen wie die folgenden; sie wirken wie aus dem Englischen übersetzt: »Ich muss sagen, wie ich fuehle« (8. August 1925), »dass ich Ihnen von allen Leuten zuerst den Roman uebergebe« (10. September 1925), »Das bringt mich zu einer anderen Bemerkung ihn Ihrem Brie-
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fe« (14. September 1925), »Bitte, nehmen Sie meine Worte nicht hart« (9. November 1925), »Scheck, der auf eine Bank in Deutschland gezogen ist« (19. November 1925), »In Victoria [...] war Schnee hier zwei Stunden« (18. Januar 1926), »Passagierboot« (9. Februar 1926), »Mitte Mai reiste ich hier ab fuer meine Expedition nach [...] Chiapas« (8. August 1926), »Die Wahrheit zu sagen ...« (5. März 1927), »Manche Bilder lassen sich durch entsprechendes Trimmen oder wie man drueben wohl sagt, Beschneiden, mehr auf einen bestimmten Inhalt konzentrieren« (22. März 1927), »Registrierte Briefe« (27. März 1927), »Meinung« (im Sinne von »Bedeutung«, 5. April 1927), »Der allgemeine Leser«, die »Endung« einer Novelle (7. Mai 1927), usw. usw. Mit Absicht werden diese Beispiele aus frühen Briefen gegeben (erfahrungsgemäß stellen sich Anglizismen bereits in relativ kurzer Zeit ein). Zu den Anglizismen in der Büchergilde: 1926 erschien hier der Aufsatz »Mein Roman Das Totenschiff«, in dem statt des deutschen »Visum« das englische »Visa« (Singular) vorkommt: »ohne Paß, ohne Visa, ohne Geburtsurkunde, ohne polizeiliches Führungszeugnis, ohne Ehescheidungsdokument, ohne Heiratslizenz« [auch dies ist wohl ein Anglizismus] (Seite 35). In demselben Aufsatz heißt es über den amerikanischen Arbeiter, er bilde sich
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nur ein, freier zu sein als der deutsche; »infolge der etwas besseren Lebensweise, die er führt — glaubt, zu führen — ist er versklavter als der deutsche Arbeiter« (Seite 36). 1929 spricht Traven in der Büchergilde von »zehn Billionen Dollar« (Seite 150), womit sicher zehn Milliarden gemeint sind (englisch »billion« = Milliarde), ebenfalls von »vierzigtausend Dollar im Durchschnitt« (Seite 153): englische Wortstellung (»forty thousand dollars on the average«). Schließlich 1930 in derselben Zeitschrift: die Herde »durchkreuzt einen Fluß« (Seite 24, englisch »crosses«) usw. Übrigens streut er hier in seinen Berichten über die amerikanischen Erdölgesellschaften Wörter ein wie Derrick, Rig, aufriggen, drillen, Bailer, Truckster72. Sehr viel stärker interferiert das Englische — das Traven während seiner ganzen mexikanischen Zeit, als er kaum mehr Deutsch spricht und hört, bewußt und kontinuierlich neubelebt, in den dreißiger Jahren auch auf häufigen Amerika-Reisen aufgefrischt73 und noch in den sechziger Jahren fließend gesprochen hat — in Travens Briefen aus den dreißiger Jahren74. Noch 1957 schreibt er in den BT-Mitteilungen (Seite 184) einen seiner häufigsten Anglizismen: »Vertwistung«. All dies ist also ein Indiz dafür, daß die Anglizismen auch ohne Erlebnisträger in Travens Romane gekommen sein können. Schließlich erscheinen sie ja
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Aus der Mitgliederzeitschrift »Die Büchergilde‹, 1929, Nr. 10
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noch in dem erst 1958 veröffentlichten neuen Schluß der Erzählung ›Nachtbesuch im Busch‹ 75 und in der 1951 geschriebenen Wahrhaft blutigen Geschichte‹76. Im Rückblick auf die genannten sieben Faktoren ist klar: die deutsch-englische Sprachsymbiose hinterläßt ihre Spuren in Travens Deutsch (als Anglizismen) wie auch in Travens Englisch (als Germanismen). Die Erlebnisträger-Hypothese wird damit unnötig. Aber um sie vollends als Produkt gelehrter Phantasie zu überführen, ist noch einmal auf das germanisierte Englisch in Travens Tagebüchern, Aufsatz-Typoskripten und englischen Einsprengseln in den deutschen Romanen zurückzukommen. Solches Englisch dürfte an das der von Traven in den dreißiger Jahren aus dem Deutschen übersetzten amerikanischen Romanfassungen erinnern, die er an den Verlag Alfred Knopf schickte. Es schließt einen englischsprachigen Erlebnisträger, dessen Manuskripte Traven ins Deutsche übersetzt haben soll, ebenso wie einen in Amerika aufgewachsenen Marut aus — es sei denn einen, der selbst nur schlechtes, germanisiertes Englisch konnte. Zu retten wäre die Erlebnisträger-Hypothese angesichts dieser Ungelenkigkeiten im Englischen allenfalls in einer höchst abenteuerlichen, ebenfalls ›undokumentier-
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ten‹, das heißt rein spekulativen Version, die Baumann als Alternativ-Möglichkeit zur Sprache gebracht hat in dem zweifellos gediegensten Buch über Traven, das bisher erschienen ist. Diese Version der Erlebnisträger-Hypothese lautet: der Ur-Verfasser war ein in Mexiko lebender (natürlich nie ermittelter) Deutsch-Amerikaner, vielleicht ein Wobbly, der seine Manuskripte deutsch schrieb, nämlich in einem Deutsch, das, wie die Anglizismen ausweisen, durch sein Englisch korrumpiert war (wobei im Hinblick auf die genannten Fälle von ungelenkigem oder gar falschem Englisch präzisiert werden müßte: in einem Deutsch, das durch sein seinerseits nicht perfektes Englisch korrumpiert war). Diese anglisierten deutschen Texte eines Deutsch-Amerikaners hätte Marut/Traven dann eben höchstens redigiert, sicher mit eigenen Zusätzen (etwa ideologischen Partien) versehen und als sein eigenes Werk ausgegeben77. Wobei hinzukäme, daß Marut/Traven für Baumann und andere englischsprachig (wohl in Amerika) aufgewachsen war, aber in nach-Münchner Zeit in seiner englischen Muttersprache nicht mehr firm war78. Kann diese Version der Hypothese überzeugen? Sie beruht auf der — zugegebenermaßen völlig unbewiesenen -Konstellation: deutsch-amerikanischer Erlebnisträger, deutsch-amerikanischer Ausbeuter von dessen
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Material. Die Konstellation wirkt äußerst konstruiert, um so mehr, als ihr nach der obigen Darstellung die Stütze fehlt, daß Marut ursprünglich englischsprachig gewesen sei und in der Ziegelbrenner-Zeit anglisiertes Deutsch geschrieben habe. Ferner: irgendein konkretes Indiz für die Überlegenheit dieser Version der Erlebnisträger-Hypothese über die andere (englischsprachige Urmanuskripte des ›anderen‹) ist nicht beigebracht worden. Denn ob die Anglizismen, einschließlich des englischen Satzbaus im Deutschen, die natürlich auch für Baumann ein entscheidender Gesichtspunkt sind, durch Übersetzung aus dem Englischen ins Deutsche gekommen sind oder ob sie bereits in ›deutschen‹ Urmanuskripten eines Unbekannten standen, läßt sich ohne einen Blick in solche Manuskripte schlechterdings nicht entscheiden, auch dann nicht, wenn man auf eindeutige Fehlübersetzungen (verursacht etwa durch ein Mißverständnis idiomatischer englischer Ausdrücke) verweisen könnte. Denn diese könnten ja auch daher rühren, daß der spekulativ postulierte DeutschAmerikaner, indem er ›deutsch‹ schreibt, ›englisch‹ denkt und vorformuliert und dann falsch, das heißt: zu wörtlich ins Deutsche überträgt, wie etwa wenn es — für einen deutschen Leser eher sinnlos — in Der Karren (1931) heißt: »Freilich münzten sie ihre Worte nicht« (Seite 189, eng-
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Werbeseite in der Mitgliederzeitschrift »Die Büchergilde‹, 1930, Nr. 11
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Oben: aus der Erstausgabe ›Der Karren‹, 1931. Unten: Innentitel, 1972
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lisch: »they did not mince their words«= sie nahmen kein Blatt vor den Mund). Ist die ›deutsch-amerikanische‹ Version der Erlebnisträger-Hypothese also der ›englischsprachigen‹ nicht überlegen, so hat sie mit dieser doch das gemeinsam, daß sie durch dasselbe Argument in die Enge getrieben wird wie diese: wenn die Anglizismen auf einen ›anderen‹ zurückgehen sollen, diesem aber nur die UrUrheberschaft der frühen Romane zugeschrieben wird, dann bleibt es doch merkwürdig, daß dieselben Anglizismen auch in den späteren, nie eines Erlebnisträgers verdächtigten Romanen erscheinen, von den Briefen und den Büchergilde-Aufsätzen ganz zu schweigen! (Zumal die englische Muttersprache Marut/Travens, die auch das erklären könnte79, eben ihrerseits mehr als zweifelhaft ist.) Das entscheidende Argument gegen die eine wie die andere Version der Erlebnisträger-Hypothese ist jedoch dies: es gibt ein Werk Marut/Travens, das kein Roman ist, sondern ein ethnologisch-sozialwissenschaftlicher Reisebericht über die 1926 von dem mexikanischen Archäologen Enrique Juan Palacios geleitete Expedition in den südmexikanischen Staat Chiapas. Außer mexikanischen und amerikanischen Wissenschaftlern nahm an dieser Forschungsreise nachweislich Marut teil, und zwar unter dem Namen Torsvan. Dieser stark mit vielseitigen,
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typisch Marut/Travenschen Reflexionen durchsetzte sehr persönliche Erlebnisbericht ist das Land des Frühlings (1928, bisher noch nicht auf Englisch erschienen). Er enthält zahlreiche durch Begleittext erläuterte Photographien, deren Originale Recknagel im Nachlaß fand80, aus dem er auch erstmalig ein Gruppenbild der Expeditionsteilnehmer veröffentlichte (Seite 242), das Torsvan/ Traven deutlich erkennbar zeigt. Dessen damaliger indianischer Bursche erinnerte sich, von Heidemann interviewt, noch in den sechziger Jahren daran, daß Senor Torsvan auf jener Expedition jeden Abend die Erlebnisse und Resultate des Tages aufgeschrieben habe81. Daß Traven das Land des Frühlings nicht selbst verfaßt habe, abgesehen allenfalls von der Benutzung von mündlichen Erzählungen Fremder, ist schlechterdings undenkbar82. Der Text von Land des Frühlings weist nun aber dieselben Anglizismen auf wie die Romane B. Travens und seine Briefe und Büchergilde-Aufsätze! Gleichgültig, ob Traven recht hat mit seiner Angabe von 1929, »der größte Teil« von Land des Frühlings sei ursprünglich »in Englisch« abgefaßt gewesen83 — unanfechtbar bleibt die Logik des Arguments: wenn die Anglizismen ohne Hilfestellung eines Erlebnisträgers in dieses Buch gelangt sind, dann dürften sie auf demselben ›direkten‹ Wege in die gleichzeitigen Romane
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gelangt sein. So hat die Auffassung, daß Marut die unter dem Namen B. Traven gedruckten Romane und Erzählungen selbst verfaßt hat, die bessere Chance. Ob er dabei mündliche Berichte anderer irgendwie benutzt hat, muß der Natur der Sache nach kontrovers bleiben, ist aber in jedem Fall ohne gravierende Bedeutung für die Autorschaftsfrage. Ob etwa der deutsch-mexikanische Rechtsanwalt Ewald Hess aus Chiapas, der nach Behauptung seines Sohnes Traven 1926 (erst!) solche Mitteilungen gemacht und darüber hinaus auch einiges aus seinen Erzählungen für Traven schriftlich fixiert haben soll, was Traven dann zu Hess' Ärger in seinen späteren (!) Romanen verwendet habe — das muß unklar bleiben und mit Zweifel aufgenommen werden, zumal Hess seine eigenen Aufzeichnungen aus Zorn über Traven — verbrannt haben soll84! Der Sohn Hess will in Travens Romanen einerseits die Formulierungen seines Vaters wiedererkannt haben, gibt aber andererseits zu, sein Vater habe mit Traven deutsch gesprochen und er selber verstünde kein Wort Deutsch85.
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4. Fazit: Auf der Basis der bisher ans Licht gekommenen Indizien erweisen sich beide Versionen der Erlebnisträger-Hypothese in dem Maße als weniger schlüssig, in dem die alternative Erklärung überzeugender wirkt. Die in der nach-Marutschen Zeit für Travens Stil (innerhalb und außerhalb der Romane) charakteristischen Anglizismen rühren, so sei das Ergebnis zusammengefaßt, statt von einem totgeschwiegenen Mit-Autor (soweit sie nicht mit Absicht eingestreut wurden) plausibler von Travens eigener sprachsymbiotischer Situation her — und von seiner Flüchtigkeit im Produzieren, die Fertigmachen offenbar nicht für künstlerisch hielt. Natürlich hätte der Autor, der (in englischsprachiger Ambiance) in manchen Passagen eines Romans, wie schon im Ziegelbrenner, perfektes Deutsch schreibt, manche seiner englisch gedachten, deutsch-englisch formulierten Wendungen (Anglizismen) — im selben Roman, etwa der Weißen Rose — entdeckt und berichtigt, wenn er sich — immer — die Zeit zur genauen Durchsicht genommen hätte. Das aber war nicht Travens Art: so blieben Anglizismen, Inkonsequenzen wie zum Beispiel »bei Telephon« und »am Telephon« auf derselben Seite in der Weißen Rose (1929, Seite
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38) und sonstige (nicht durch Interferenz des Englischen zu erklärende) Flüchtigkeiten, ja Inkorrektheiten grammatischer und syntaktischer Art stehen86. Wenn tatsächlich etwas »faul« gewesen wäre, wenn Traven seine Texte einem Amerikaner oder Deutsch-Amerikaner »gestohlen« hätte — hätte er sich dann nicht die geringe Mühe gemacht, die offensichtlichsten Spuren zu verwischen, also krasse Anglizismen wie »vertwistet« (Karren, Seite 165) und »nicht mehr so lodernd [...] wie die Stunde bevor« (Brücke, Seite 74) berichtigt beziehungsweise überhaupt nicht erst in sein Deutsch gelangen lassen? Im Gegenteil: daß die Anglizismen zum festen Sprachbesitz Marut/Travens wurden, geht auch daraus hervor, daß bestimmte derartige Wendungen bei ihm oft wiederkehren — als sein im Exil erworbenes Eigentum, als Stilsignaturen gleichsam: »lernen« statt erfahren, »feuern« statt hinauswerfen, »wissen« statt kennen/können, »auf der sicheren Seite«, Partizipialkonstruktionen wie »nicht wissend, daß ...«, »flimsig«, »bulkig«, »für hundert Jahre« usw. »Vertwistung« erscheint, wie gesagt, noch 1957 in den BT-Mitteilungen (Seite 184). Ist damit das Rätsel des Legendenumwobenen gelöst?
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Nur zum Teil. Offen bleiben muß die Frage, ob Marut/Traven wirklich Otto Feige war (was, wie gesagt, hier stark bezweifelt wird) und warum er in dem Decknamen Marut Schutz suchte. Daß der Autor in seiner mexikanischen Zeit das Inkognito wahrte und besonders die Spuren zurück nach Deutschland, zur deutschen Muttersprache und vor allem zu Marut verwischte87 (obwohl doch klar war, daß seine Romane zuerst in idiomatischem Deutsch und erst dann in unidiomatischem Englisch erschienen)88, daß er sogar noch in den frühen sechziger Jahren, als der Stern-Reporter ihm auf der Spur war, eines Nachts Dokumente aus seinen Marut-Tagen im Kamin verbrannte89 — das ist verständlich. Er wurde in Deutschland nach dem 1. Mai 1919 polizeilich gesucht; die mexikanischen Einwanderungsbehörden hätten Schwierigkeiten machen können, wenn seine falschen Angaben zur Person ans Tageslicht gekommen wären; politische Gegner hätten den Münchner Linksradikalen aufstöbern, deportieren oder ermorden lassen können; in späterer Zeit mögen kommerzielle Gründe an der Weiterführung der publicityfördernden Mystifikation beteiligt gewesen sein. Auch philosophische Gründe, wie Traven sie schon 1929 Charlot Strasser (Seite 196) und noch 1966 Judy Stone (Seite 55) angegeben hat, mögen mitgespielt haben, also die
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Ablehnung des Persönlichkeits- und Autoritätenkults, die er auch in der Zeitschrift Die Büchergilde auszusprechen pflegte. Unbeantwortet bleibt aber auch dann noch die Frage, warum der Mann, der in Mexiko den nom de plume Traven wählte, ob er nun Otto Feige war oder nicht, schon spätestens 1907 in das Pseudonym Marut flüchtete (und bereits in seiner Ziegelbrenner-Zeit ins Namenlose unterzutauchen suchte)90. Aus kriminellen Gründen? Aus psychischen oder gar psychotischen, die vielleicht mit seiner wohl nicht zu bezweifelnden Illegitimität in Zusammenhang zu bringen wären? Selbst wenn (was ich für undenkbar halte) der Unbekannte tatsächlich der unehelich geborene Otto Feige gewesen sein sollte — Adolf Rudolf Feige, 1882 80 Meilen von Schwiebus entfernt wohnhaft, wurde erst drei Monate nach der Geburt aktenkundig, als er die Vaterschaft anerkannte und die Mutter heiratete —, wäre damit die sensationellste Legende über die Herkunft Marut/Travens noch nicht unbedingt als undenkbar entlarvt: daß Ret Marut der Sohn des Kronprinzen, des späteren Kaisers Wilhelm II., gewesen sei, dem er angeblich ähnlich sah und der in der fraglichen Zeit öfters in der Umgebung (50-80 Meilen) von Schwiebus war91. Die Herkunft von Wilhelm II. oder doch von einem Hohenzollern hat Traven
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selbst in seiner mexikanischen Zeit offenbar mehr als nur angedeutet. In Travens Arbeitszimmer befand sich ein Bild des Kaisers, und ein ›Gotha‹ fand sich auch ...92 Traven hat sein Geheimnis mit ins Grab genommen. Das von Wyatt ›gelöste‹ Rätsel weist uns nur um so tiefer ins Geheimnis hinein. Sein Reiz ist heute lebendiger als je zuvor.
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Anmerkungen 1. Nach dem Erstabdruck bei Jonah Raskin, My Search for B. Traven, New York 1980, Seite 114. 2. Stern, 7. Mai 1967; vervollständigt als Buch: Postlagernd Tampico. Die abenteuerliche Suche nach B. Traven, München 1977. 3. Siehe Anmerkung 1. 4. Garden City, N. Y., 1980, und London 1980 (The Man Who Was B. Traven). Vergleiche auch Wyatts Einführung zu Marut/Traven, To The Honorable Miss S... and Other Stories, Westport, Conn., 1981. 5. Vergleiche Der Ziegelbrenner (Reprint Zürich 1967), III: 18-19 (1919), 14-20. 6. Los Angeles Times Calendar, 13. April 1969, Seite 12. 7. Münchener Stadtanzeiger, 25. Februar 1949, Seite 4 (anonym). 8. Beiträge zur Biographie des B. Traven, Berlin 1977, Seite 372. In der neusten Ausgabe, Leipzig 1982, fehlt diese Angabe. Seitenhinweise beziehen sich auf die Ausgabe von 1977. 9. So auch Paul Theroux, Times (London), 22. Juni 1980, Seite 44, und der Observer, 22. Juni 1980, Seite 29; auch Paul L. Berman, The New Republic, 28. Februar 1981, Seite 24, und viele andere Rezensenten. 10. Michael L. Baumann, B. Traven. An Introduction, Albuquerque, N.M., 1976; Donald O. Chankin, Anonymity and Death. The Fiction of B. Traven, University Park, Pa., 1975.
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11. Recknagel, Seiten 52-53. 12. Wyatt, New Yorker Ausgabe, Seite 267. Auf diese Ausgabe beziehen sich im folgenden alle Seitenverweise nach Hinweisen auf Wyatt; in denkbaren Zweifelsfällen ist noch ›Wyatt‹ hinzugefügt. 13 Raskin, Seite 242. 14 »Well acquainted with that town which makes it apparent that he has had some connection there« (Wyatt, Seite 275). 15. Entlassung: Wyatt, Seiten 215, 282; Abreise: Raskin, Seite 243; Wyatt, Seiten 211, 356 (April). 16. Der Büchergilde-Text ist wiederabgedruckt in Das B. Traven-Buch, herausgegeben von Johannes Beck und anderen, Reinbek 1976, Seite 148; doch vergleiche Wyatt, Seite 338. 17. Raskin, Seite 242. 18. Vergleiche Der Ziegelbrenner, III: 9-14 (1919), 89. 19. Wyatt gibt das auf Seite 323 selbst zu 20. Wyatt, Seite 156. 21. Eine Ausnahme (ohne Angabe von Gründen allerdings) ist der Leserbrief von Nicolas Walter an das Times Literary Supplement vom 1. Januar 1982, Seite 13. Ebenso Baumann, »B. Traven«, Dict. of Lit. Biogr., IX: 3 (1981), 103. 22. La Grande Encyclopédie (1901); Brockhaus (1898); Handbuch über den Königlich Preußischen Hof und Staat, Berlin 1897, 1902. 23. Wyatt, Seite 304. 24. Cooper: The Death Ship, New York: Knopf, 1934 (= Collier Books, 1969), Seite 187; Der Ziegelbrenner, II:
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5-8 (1918), 136. Vergleiche Das Totenschiff (1926), Seite 183: »Indianerund Seegeschichten« statt Cooper. Polen: Der Ziegelbrenner, II: 4 (1918), 83; II: 5-8 (1918), 150; III: 9-14 (1919), 80; III: 16-17 (1919), 1. Judy Stone berichtet, Croves/Traven habe ihr anvertraut, Das Totenschiff sei eigentlich nicht »über« die Hauptgestalt, sondern über Stanislaw, der »a real person« gewesen sei (The Mystery of B. Traven, Los Altos, Cal.: Kaufmann, 1977, Seiten 62, 72). Wahrscheinlich scheint mir, daß Stanislaw Otto Feige ist. Das Urbild Stanislaws habe Traven das Leben gerettet: Traven zu R. E. Luján nach deren mündlicher Mitteilung. 25. III: 18-19 (1919), 10. 26. Chankin, Seite 111; Baumann, Seite 28; Recknagel, Seite 292, denkt an den Besuch einer amerikanischen Schule. 27. Vergleiche das Faksimile des Passes bei Recknagel, Seite 313, der Identitätskarte ebenda, Seite 314, der Todesurkunde im Neudruck der BT-Mitteilungen, Berlin 1978, Seite 4, einen Brief von 1938 bei Recknagel, Seite 346, Angaben im Testament bei Recknagel, Seite 367. (Recknagel optiert einerseits für die deutsche Muttersprache Travens, Seiten 57, 372, glaubt andererseits an die »Kindheit vermutlich im Ausland« und die »amerikanische Schule«, Seiten 58, 292.) Weitere Zeugnisse für Travens Behauptung, in Amerika, ohne deutsche Muttersprache, aufgewachsen zu sein: BT-Mitteilungen, Seiten 29-31, 66-67, 174-177; Charlot Strasser, Arbeiterdichtung, Zürich 1930, Seite 193; Raskin, Seite 79; Wyatt, Seite 184 und Abbildung Nr. 22 (späterer
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Paß); Texas Quaterly, VI: 4 (1963), 206 (Brief an Harry W. Schwartz von 1937); Charles Robert Humphrey, Dissertation Abstracts International, XXVII (1967), 3049 A (Mitteilung Travens). 28. Vergleiche das amtliche Auskunftsformular bei Recknagel, Seite 368 29. Wyatt, Seite 173 30. Recknagel, Seiten 172, 232, 245, 344-345. 31. Recknagel, Seite 341. 32. Baumann, Seite 15-16. 33. Los Angeles Times Calendar, 13. April 1969, Seite 12; Wyatt, Seiten 82, 175, 272; Heidemann, Seiten 103, 247; Recknagel, Seiten 18, 369; Stone, Seite 3; weitere Zeugnisse bringt Baumann, Seite 167, Anmerkung 4. Kurios für einen nicht in Deutschland aufgewachsenen Amerikaner wäre auch der Hinweis im Ziegelbrenner, er habe in »der Quarta« Cooper gelesen (II: 58 [1918], 136). Die Angabe, daß Marut »fließend Deutsch mit leichtem Akzent« gesprochen habe (Recknagel, Seite 76), stammt von der 1912 geborenen unehelichen Tochter Maruts, Irene Zielke. Da Marut sich schon 1914 von der Mutter trennte, das Kind bei der Mutter blieb und Marut seit 1918 nicht mehr von sich hören ließ (Recknagel, Seiten 73-79), muß diese Auskunft auf die Mutter, Elfriede Zielke, zurückgehen, wie Wyatt denn auch berichtet in seiner Paraphrase eines Interviews eines deutschen Journalisten mit Elfriede Zielke (Seite 222). Ist Heidemann gemeint? In Heidemanns Buch (Seiten 198-207) fehlt die Nachricht über den »Ak-
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zent«. Auf jeden Fall ist die Nachricht dubios. Ist überhaupt englischer Akzent gemeint? Oder etwa Dialekt? Der Ziegelbrenner, I: l (1917), 7-8; II: 4 (1918), 73-77. Dort auch allerlei andere Schnitzer. Baumann, Seiten 26-27. Das kann jeder Amerikaner der betreffenden Generation bestätigen. Vergleiche auch Wyatt, Seite 41. Kurt Tucholsky, Panter, Tiger und andere, Berlin 1960, Seite 48. Schmid jetzt in Das B. Traven-Buch, Seiten 119-145; wiederaufgegriffen von Baumann, Seiten 29-34. Nicht alle von Baumann genannten Anglizismen sind tatsächlich als solche zu verstehen; manche sind niederdeutsche Ausdrücke, wenn auch nicht alle, die Recknagel (insgeheim gegen Baumann polemisierend?), Seiten 19, 209 und 217 nennt. Manche sind auch einfach heute veraltetes Deutsch. Vergleiche Baumann, Dict. of Lit. Biogr., IX: 3 (1981), 103. Baumann, Seiten 88-89 sowie 28. George Woodcock, Times Literary Supplement, 27. August 1976, Seite 1053. Vergleiche Heidemann, Postlagernd Tampico. Neudruck, Seiten 59, 65, 72, 92, 139-140, 149, 170171, 183, 206-209. Times (London), 19. Juni 1980, Seite 18. Baumann, Seite 30; Schmid, Das B. Traven-Buch, Seite 134; Robert Goss nach Wyatt, Seite 98; vergleiche Recknagel, Seite 442. Wie Baumann ohne weiteres annimmt (Seite 31). Wie Baumann ebenfalls voraussetzt (Seite 32). Nur ei-
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47. 48. 49. 50. 51.
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ne einzige solche historische Erzählung kommt überhaupt in Frage: »Eine wahrhaft blutige Geschichte«; sie spielt 1915. Judy Stone vermutet auf Grund ihrer Unterhaltungen mit Traven, die Erzählung habe ihre Existenz überhaupt nur der Absicht zu verdanken, daß Traven die damals besonders aufdringlichen biographischen Spürhunde in den Glauben wiegen wollte, er sei schon 1915 in Mexiko gewesen (Seite 69). Die Erzählung erschien zuerst 1955; ihr eigener Text weist sie als 1951 geschrieben aus, was ›ungewöhnlich‹ ist (Erzählungen, Zürich: Limmat, 1968, II, 371). Die ganze Caoba-Serie spielt natürlich zur Zeit der unmittelbaren Vorgeschichte der mexikanischen Revolution von 1910-1911, doch vermeidet Traven dort eine exakte historische Festlegung außer, allenfalls, im letzten Band der Reihe. Baumann, Seite 30. So auch Wyatt, Seite 242. Das B. Traven-Buch, Seite 144. Recknagel, Seiten 11, 209, 292. Vergleiche Baumann, Dict. of Lit. Biogr., IX: 3 (1981), 103: »Many of the idiomatic and syntactic errors were 'Germanized' in later editions«. Vergleiche auch Anmerkung 64. Vergleiche Recknagel, Seiten 58-59. Wyatt, Seite 100. Traven an Ernst Preczang, 5. August 1925 (Bücher voll guten Geistes, Frankfurt 1964, Seite 21). Vergleiche Recknagel, Seiten 154-155. Heidemann, Seite 225.
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57. Der Ziegelbrenner, II: 4 (1918), 81; IV: 23-25 (1920), 39. 58. Im Ziegelbrenner (II: 4 [1918], 89) hatte Marut seine »unverfälscht germanische Abstammung« behauptet! 59. Bücher voll guten Geistes, Seite 23 (vergleiche Seiten 24-25) und Recknagel, Seite 171. Ähnlich BT-Mitteilungen, Seiten 27, 29, 67, 94 (mit Auszügen aus früheren Äußerungen). 60. Erzählungen, II, 370, vergleiche Seite 368. 61. Nach Wyatt, Seite 99. 62. Das B. Traven-Buch, Seiten 135-136, ohne Maruts amerikanische Herkunft zu behaupten. 63. Siehe Anmerkung 10 und 39. 64. Berlin 1929, Seiten 48, 37. Vergleiche »Wie Sie auf solchen Cabbage kommen« (Der Wobbly, 1926, Seite 183) — 1962 in der Rowohlt-Ausgabe verbessert zu »Kohl« (Die Baumwollpflücker, Seite 157). 65. Brief an Strasser (1929) in dessen Arbeiterdichtung (siehe Anmerkung 27), Seite 193; Brief an Preczang, 5. August 1925 (Bücher voll guten Geistes, Seite 20); Brief an Preczang, 18. November 1929 (Recknagel, Seite 27); Brief an Herbert Klein 1936 (Baumann, Seite 31); BT-Mitteilungen, Seite 185. Plausibel wird durch solche Übersetzung aus dem (eigenen) Englisch das Mißverständnis um Schwein/ Hund in »Nachtbesuch im Busch«, das im Text selbst durch den Hinweis auf die leicht verwechselbaren englischen Wörter erläutert wird: hog und dog. 66. Recknagel erweckt den Eindruck, er halte eines der beiden 1919 bei Maruts Freundin Irene Mermet be-
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67. 68. 69. 70.
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schlagnahmten englischen Buchmanuskripte (Der Ziegelbrenner, III: 18-19 [1919], 1) für die Urfassung des Totenschiffs, das Marut dann 1919/23 noch einmal (auf deutsch?) geschrieben habe (Seite 18 und Anmerkung 979). Dafür gibt es nicht den Schatten eines Beweises. Recknagel, Seite 27. Bücher voll guten Geistes, Seite 23. Ebenda, Seite 25. Der Duden anerkennt »in Deutsch/deutsch« für »auf Deutsch/deutsch« erst nach dem letzten Krieg. Daß es vermutlich aus dem Englischen eingemeindet wurde, mag dadurch plausibel werden, daß es im Leipziger Duden nicht legalisiert ist. Charlot Strasser, Arbeiterdichtung, Seiten 191, 193. Die Büchergilde, 1929, Seiten 151-153. Raskin, Seiten 74, 162. Abgedruckt in der Einleitung des Neudrucks der BTMitteilungen, besonders Seiten 9, 12, 14. Vergleiche auch Briefe an Preczang und B. Dressler in der Zeitung Volksrecht, 20. Juli 1967, Beilage »Kulturspiegel«. Erzählungen, II, 322-330. Ebenda, II, 88-93. Baumann, Seiten 84-85, 88. Aufgegeben ist diese Version offenbar in Baumanns Traven-Biographie im Dict. of Lit. Biogr., IX: 3 (1981), 103. Baumann (siehe Anmerkung 10), Seite 28. Ebenda, Seiten 88-89. Recknagel, Seite 12. Heidemann, Postlagernd Tampico, Seite 274, vgl. 277.
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82. Baumann setzt auch für das Land des Frühlings einen Erlebnisträger an (Seite 31), Schmid offenbar auch (B. Traven-Buch, Seiten 144, 145). 83. Strasser (siehe Anmerkung 27), Seite 193. 84. BT-Mitteilungen, Seite 183. 85. Heidemann, Seiten 264-267. 86. Totenschiff, 1926, Seite 75; Schatz, 1927, Seiten 148, 200; Karren, 1931, Seiten 14, 230. Brücke, Seite 169 (»Amerikaner durch Geburt«), Seite 170 (»geborener Deutscher«). 87. Noch in den BT-Mitteilungen, Seiten 132, 169-170, 182, 184, 240-243. 88. Zuerst nachgewiesen von Hubert Jannach, ›B.Traven — An American or German Author?‹ German Quarterly, XXXVI (1963), 459-468. Die vielen nur im Deutschen sinnvollen Wortspiele sind ein weiteres Indiz für die Priorität der deutschen Fassungen, etwa die lange Passage um ein Wortspiel in Ein General kommt aus dem Dschungel, Kap. 10, Abschn. 2. Die englischen Fassungen sind z.T. mehr Bearbeitung als Übersetzung. 89. Wyatt, Seite 185. Nach Senora Luján: 1963. 90. II: 4 (1918), 84. 91. Wyatt, Seiten 337-338. 92. Raskin, Seiten 47-50; Wyatt, Seiten 93-94, 250-263. Traven, The Kidnapped Saint and Other Stories, hrsg. v. Rosa Elena Luján und Mina und H. Arthur Klein, New York 1975, Seite XI.0. Señora Luján zeigte mir einen Brief Travens an Esperanza López Mateos, in dem er spielerisch auf den Verdacht der Abstammung von einer dynastischen Familie eingeht.
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Senora R. E. Luján bin ich zu großem Dank verbunden für ihre Gastfreundschaft und die Bereitwilligkeit, mit der sie mir den Traven-Nachlaß zugänglich gemacht hat.
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