M. Muster z R. Zielinski
Bewegung und Gesundheit
M. Muster R. Zielinski
Bewegung und Gesundheit Gesicherte Effekte ...
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M. Muster z R. Zielinski
Bewegung und Gesundheit
M. Muster R. Zielinski
Bewegung und Gesundheit Gesicherte Effekte von kærperlicher Aktivitåt und Ausdauertraining Mit einem Beitrag von
Katharina Meyer
Mit 33 farbigen Abbildungen und 39 Tabellen
Dr. phil. Manfred Muster Fachbereichsleiter Gesundheit Lethnerstraûe 13 85435 Erding Dr. med. Rolf Zielinski Gemeinschaftspraxis fçr Herz- & Gefåûkrankheiten Landgestçtstr. 8 85435 Erding
ISBN 3-7985-1557-3 Steinkopff Verlag, Darmstadt Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet çber abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschçtzt. Die dadurch begrçndeten Rechte, insbesondere die der Ûbersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfåltigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfåltigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulåssig. Sie ist grundsåtzlich vergçtungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Steinkopff Verlag Darmstadt ein Unternehmen von Springer Science+Business Media www.steinkopff.springer.de ° Steinkopff Verlag Darmstadt 2006 Printed in Germany Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wåren und daher von jedermann benutzt werden dçrften. Produkthaftung: Fçr Angaben çber Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewåhr çbernommen werden. Derartige Angaben mçssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit çberprçft werden. Redaktion: Sabine Ibkendanz Herstellung: Klemens Schwind Umschlaggestaltung: Erich Kirchner, Heidelberg Satz: K + V Fotosatz GmbH, Beerfelden SPIN 11552437
85/7231-5 4 3 2 1 0 ± Gedruckt auf såurefreiem Papier
Vorwort
Es gibt viele Bçcher, die den Segen kærperlicher Aktivitåt preisen. Doch was ist von all dem gesichert? Was hålt einer kritischen Betrachtung stand? Das vorliegende Buch geht diesen Fragen nach und bietet einen Ûberblick çber den derzeitigen Kenntnisstand zum Thema ¹Kærperliche Aktivitåtª und ihre Auswirkungen auf die Gesundheit. Wir beziehen dabei die Grundlagen eines aeroben Ausdauertrainings ausdrçcklich mit ein. Schwerpunktmåûig haben wir uns dem Gebiet der Inneren Medizin gewidmet. Themen der Orthopådie inklusive Osteoporose wåren ein eigenes Buch wert gewesen, die Autoren besitzen auf diesem Gebiet jedoch nicht die erforderlichen umfassenden Erfahrungen. Wir freuen uns sehr, dass wir fçr das Kapitel ¹Ausdauertraining bei chronischer Herzinsuffizienzª, das heute im Mittelpunkt des internationalen Forschungsinteresses steht, mit Katharina Meyer eine Autorin finden konnten, die sich seit vielen Jahren aktiv wissenschaftlich mit dieser Thematik auseinander setzt. Um die Gedankengånge vertieft zu verstehen, haben wir uns vorab einige Bemerkungen zu grundlegenden bewegungsphysiologischen Vorgången erlaubt. Die Frage nach gesicherten Erkenntnissen bedeutete fçr uns, dass ein Nachweis in Form einer wissenschaftlichen Studie vorliegen sollte. Wir haben die vielen Untersuchungen, die zu diesem Thema durchgefçhrt wurden, nach den Gesichtspunkten der evidenzbasierten Medizin gewichtet. Prioritåt hatte somit der Evidenzlevel A (es liegen mehrere randomisierte kontrollierte Studien oder deren Metaanalysen vor), gefolgt vom Evidenzlevel B (es liegen nur eine randomisierte oder aber græûere anderweitige Studien vor ± z. B. Kohortenstudien). Als Evidenzlevel C zåhlen Fallkontrollstudien bzw. Expertenmeinungen. Die zahlreichen Literaturverweise sollen nicht nur die Aussagen belegen, sondern auch zu tiefer gehendem Studium Anreiz geben. Zumindest auf die Abstracts kann man leicht çber das
VI
z
Vorwort
Internet zugreifen (z. B. çber die Suchmaschine: www.google. scholar.com). Zunehmend sind auch Volltexte frei zugånglich, kænnen jedoch zumindest gegen einen Obulus bestellt werden. Im Gegensatz zur oben genannten inhaltlichen Beschrånkung, haben wir an anderer Stelle eine Ausweitung vorgenommen: Es war uns besonders wichtig, Anreize zur Umsetzung der Erkenntnisse im Alltag und fçr das Gesundheitswesen zu liefern. Wir haben deshalb jedem Kapitel zusammenfassende Tipps fçr das Training hintangestellt. Erstmals wird in unserem Buch auûerdem versucht, Erkenntnisse der Medizin/Sportmedizin, Sportwissenschaft/Trainingslehre und Gesundheitspsychologie Gewinn bringend zusammenzufçhren. Der zweite Teil des Buches beschåftigt sich daher ausfçhrlicher mit theoretischen und praktischen Trainingsaspekten. Wenn es uns gelingt, nicht nur Ihr wissenschaftliches Interesse zu befriedigen, sondern auch Anreiz zu Bewegung in Alltag und Freizeit zu geben, håtte sich das Buch doppelt gelohnt. Zumindest die beiden Autoren sind in der Zeit, die das Buchschreiben verschlang, nicht nur geistig mit der Thematik umgegangen, sondern haben sich auch praktisch aktiv bewegend damit auseinander gesetzt. Insofern ist ein Teilerfolg schon erreicht. Stellvertretend fçr viele, die uns mit Literatur und Informationen behilflich waren, mæchten wir uns ganz herzlich bei Dr. Beat Knechtle (Schweiz) fçr seine umfangreiche und freundliche Unterstçtzung bedanken. Der Volkshochschule Landkreis Erding e.V. mæchten wir besonders fçr ihre Unterstçtzung danken. Dieses Entgegenkommen versinnbildlicht die mittlerweile groûe Bedeutung, die Volkshochschulen der Gesundheitsbildung in ganz Deutschland zuteil werden lassen. Frau Dr. Ursula Kreusel çbernahm die Durchsicht des Manuskripts. Fçr ihre gewissenhafte, mit Anregungen versehene Arbeit sei ihr ± ebenso wie Frau Angela Deller ± zusåtzlich gedankt. Letztere hatte die entscheidende Idee zu diesem Buch. Erding, im Januar 2006
Manfred Muster Rolf Zielinski
Inhaltsverzeichnis
Teil 1 1
Bewegung und Gesundheit ± lohnt sich das Thema? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lebenserwartung und Mortalitåt . . . . . . . . . . . . . .
3 3
2
Auswege des Menschen aus seiner selbstverschuldeten ¹Sesshaftigkeitª . . . . . . . . .
6
3
Kærperliche Aktivitåt und Ausdauertraining: Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.1
3.1 3.2
Kærperliche Aktivitåt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausdauertraining . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4
Håufige Messmethoden kærperlicher Aktivitåt . .
5
Kærperliche Aktivitåt und Auswirkungen auf die Energiegewinnung . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6
5.1 5.2 5.3 5.4
6
6.1 6.2 6.2.1 6.2.2
Watt (Ergometrie) . . . . . . . . . . . . . . . . . Herzfrequenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maximale Sauerstoffaufnahme und MET Laktatbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . Kalorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vergleich verschiedener Maûeinheiten . .
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Energiebereitstellung durch ATP . . . . . . . . . Resynthese von ATP . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verzahnung der Energiegewinnung . . . . . . . Nachhaltige Effekte eines Ausdauertrainings
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Wirkungen auf Organsysteme . . . . . . . . . . . . . . . Muskulatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Herz-Kreislauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Akute Reaktionen bei kærperlicher Belastung . . . Nachhaltige Adaptationen bei Ausdauerbelastung
. . . .
9 9 9 13 13 13 13 15 15 16 17 17 17 19 23 24 24 26 26 27
VIII
z
Inhaltsverzeichnis
6.3 6.3.1 6.3.2 6.4 6.5 6.5.1 6.5.2 6.5.3 6.5.4 6.6 6.6.1 6.7 6.7.1 6.7.2
7 7.1 7.2 7.3 7.3.1 7.3.2 7.3.3 7.3.4 7.3.5 7.4 7.4.1
Autonomes Nervensystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Akute Reaktionen bei kærperlicher Belastung . . . . Nachhaltige Verånderungen bei Ausdauerbelastung Blut und endokrine Organe . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arterielle und venæse Gefåûe . . . . . . . . . . . . . . . . Anpassungen der Endothelfunktion . . . . . . . . . . . . Fortschreitender Atheroskleroseprozess . . . . . . . . . Auswirkungen auf die Plaquestabilitåt: vulnerable Plaque . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kollateralenbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bronchien und Lunge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Adaptationen bei aerobem Ausdauertraining . . . . . Immunsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verånderungen bei kærperlicher Belastung . . . . . . Trainingsanpassungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Die klassischen kardiovaskulåren Risikofaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Lipidstoffwechselstærungen . . . . . . . . . . Rauchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Typ-2-Diabetes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Insulinresistenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gestærte Glukosetoleranz . . . . . . . . . . . . Primårpråvention durch Bewegung . . . . Therapeutische Effekte . . . . . . . . . . . . . Praktische Hinweise zu speziellen Trainingsproblemen . . . . . . . . . . . . . . . . Hypertonus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wirkungsweise einer Blutdrucksenkung infolge kærperlicher Aktivitåt . . . . . . . . Blutdruckverhalten nach Belastung . . . . Pråvention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Therapeutische Effekte . . . . . . . . . . . . . Adipositas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Definitionen und Ursache . . . . . . . . . . . Wirkungsweise kærperlicher Aktivitåt . . Primårpråvention . . . . . . . . . . . . . . . . . Therapeutische Effekte . . . . . . . . . . . . . Homozystein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
32 32 32 34 38 42 43 43 44 46 47 48 49 51
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53 56 57 58 58 60 61 62
........ ........
63 65
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66 66 66 67 68 68 70 71 72 73
Spezielle Krankheitsbilder . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1 Koronare Herzkrankheit (KHK) . . . . . . . . . . . . . 8.1.1 Kann kærperliche Aktivitåt eine KHK verhindern? 8.1.2 Sekundårprophylaxe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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74 74 74 76
8
. . . . . . . . . .
. . . . . . .
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7.4.2 7.4.3 7.4.4 7.5 7.5.1 7.5.2 7.5.3 7.5.4 7.6
. . . . . . . . . .
. . . . . . .
Inhaltsverzeichnis
8.2 8.2.1 8.2.2 8.2.3 8.2.4 8.3 8.4 8.4.1 8.4.2 8.5 8.6
9 9.1 9.2
Ausdauertraining bei chronischer Herzinsuffizienz (Katharina Meyer) Aerobes Ausdauertraining . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Krafttraining fçr Kraftausdauer und Ausdauerleistungsfåhigkeit . . . . . . . . . . . . . . . Exzentrisches Training ± eine Alternative zum traditionellen Krafttraining . Sicherheit und Ûberwachung . . . . . . . . . . . . . . . . Plætzlicher Herztod beim Sport . . . . . . . . . . . . . . . Schlaganfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Primårpråvention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sekundårpråvention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arterielle Verschlusskrankheit . . . . . . . . . . . . . . . . Krebserkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Gehirngesundheit, Gehirnleistungsfåhigkeit und Psyche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Gehirnfunktionen und -strukturen . . . . . . . . . . . . Aerobe Ausdauerbelastungen und kognitive Leistungsfåhigkeit beim alternden Gehirn . . . . . . . 9.3 Kærperliche Aktivitåt, Psyche und Depression . . . . 9.4 Bewegungsfærderung bei Kleinkindern: Auswirkungen auf Gesundheit, Motorik und Gehirn . . 9.4.1 Koordinatives Training und Gehirnentwicklung . . 9.4.2 Bewegung, råumliches Orientierungsverhalten und Gehirnentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.4.3 Frçhfærderung und -pråvention im Kindergartenalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10
Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
z
78 79 85 89 91 92 94 95 96 96 98 101 101 102 103 104 104 107 109 111
IX
X
z
Inhaltsverzeichnis
Teil 2 1
Trainieren? ± was bedeutet das eigentlich? . . . .
119 120
2
Grundlagen des Ausdauertrainings . . . . . . . . . . .
Einteilungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zeit und kærperliche Energiebereitstellungsprozesse Mitbeteiligung von Kraft oder Schnelligkeit . . . . . Lokale Muskelausdauer ± Allgemeine Ausdauer . . . Dynamische ± statische Ausdauer . . . . . . . . . . . . . Grundlagenausdauer ± spezielle Ausdauer . . . . . . . Intensitåts- und Trainingsbereiche . . . . . . . . . . . . . Formeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Trainingsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dauermethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Intervallmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wiederholungsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wettkampf- oder Kontrollmethode . . . . . . . . . . . . Besonderheiten des Anfångertrainings . . . . . . . . . Trainingsziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Trainingsprinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Methodische Fehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
122 122 122 122 123 123 123 124 124 125 127 127 128 128 129 129 130 132 133
3
Aerobes Ausdauertraining: Sportarten, Vorarbeiten, Begleittraining . . . . . .
135
4
Anfangen und dabei bleiben: gesundheitspsychologische Aspekte . . . . . . . . . .
1.1 2.1 2.1.1 2.1.2 2.1.3 2.1.4 2.1.5 2.2 2.2.1 2.2.2 2.3 2.3.1 2.3.2 2.3.3 2.3.4 2.3.5 2.4 2.5 2.6
4.1 4.2 4.3 4.4
5 5.1 5.1.1 5.1.2 5.1.3 5.1.4 5.1.5
Was Sie zunåchst klåren sollten . . . . . . . . . . . . . . .
Aktuelle Erkenntnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verbesserung der Handlungskontrolle: Die Erdinger Volkshochschulstudie als Beispiel . . . Was Pulsuhren leisten kænnen . . . . . . . . . . . . . . . . Warum Sie jetzt und nicht spåter anfangen sollten
Fitnesstests ± Mæglichkeiten zu Motivation und Selbstkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sportpraktische Testverfahren . . . . . . . . . . Nachbelastungspuls . . . . . . . . . . . . . . . . . . Leistungsquotient . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Herzschlag-Gesamtzahl . . . . . . . . . . . . . . . Morgenpuls-Messungen çber långere Zeit . Produkt: Ruhepuls ´ systolischer Blutdruck
. . . . . .
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. . . . . .
137 138 142 143 144 146 146 146 147 148 148 148
Inhaltsverzeichnis
5.1.6 Schåtzung der maximalen Sauerstoffaufnahmekapazitåt . . . . . . . . . . . . 5.1.7 Standardisierter 2-km-Walking-Test . . . . . . 5.1.8 Fitness-Test von POLAR . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.9 Cooper-12-Minuten-Lauftest . . . . . . . . . . . . 5.2 Sportwissenschaftliche Tests . . . . . . . . . . . . 5.2.1 Unspezifische sportmedizinische Labortests 5.2.2 Spezifische sportmedizinische Labortests . . 5.2.3 Sportartspezifische Labor- und Feldtests . . .
6
. . . . . . . .
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. . . . . . . .
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148 150 150 151 153 153 154 154
Beispiele fçr einen neuen Alltag: Wie sich Training integrieren låsst . . . . . . . . . . .
156
6.1
Kombinationsbeispiele fçr mehr Bewegungsaktivitåt . . . . . . . . . . . . . . . . .
7
Was Training bewirken kann . . . . . . . . . . . . . . . .
162
8
Warum auch Ernåhrung und Entspannung wichtig sind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
164
9
Ausdauersport nach Herzinfarkt: Fragen, Øngste, Hoffnungen . . . . . . . . . . . . . . . .
165
10
Patient und Arzt: ein ¹Verhåltnisª in Bewegung . . . . . . . . . . . . . . .
169
11
Patient und Gesundheitswesen: neue Wege . . . .
172
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
175
Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
201
159
XI
1 Bewegung und Gesundheit ±
lohnt sich das Thema?
Fallen wir mit der Tçr ins Haus: Wir selbst haben uns anhand der Kriterien Lebenserwartung und Sterblichkeit vergewissert, ob der Aufwand an Zeit und Mçhe fçr ein Buch mit diesem Thema lohnend ist. Sie als Leser kænnen es uns gleich tun und anhand dieser Kriterien selbst einschåtzen, ob Sie die Zeit zum Lesen fçr dieses Buch aufbringen wollen. Wir haben zunåchst nach einer Antwort auf die Frage gesucht, ob sich Auswirkungen auf Lebensverlångerung und Sterblichkeit beweisen lassen, Kriterien, in denen sich die Summe aller positiven Effekte von Sport und Bewegung widerspiegeln mçssten ± zahlreiche Kohortenstudien haben sich mit dieser Frage beschåftigt. Als Maû fçr die kærperliche Aktivitåt wurde dabei håufig die Fitness zugrunde gelegt.
1.1 Lebenserwartung und Mortalitåt Jahrelang beobachtete z. B. die Arbeitsgruppe um Sandvik [409] 1960 Månner und untersuchte die Abhångigkeit der Sterblichkeit von der kærperlichen Fitness. Diese wurde mit einem symptomlimitierten Belastungstest gemessen. Nach 16 Jahren zeigte sich: Je besser die Fitness, desto geringer war auch die Sterblichkeit. In der Gruppe mit der besten Fitness starben gerade einmal halb so viele (relatives Risiko: 0,54) wie in der Gruppe mit den schlechtesten Fitnesswerten (Abb. 1). Myers et al. [336] beståtigten diese Ergebnisse in neuerer Zeit mit einem noch græûeren Kollektiv. Sie untersuchten 6213 Månner çber rund 6 Jahre. Sowohl bei Gesunden als auch bei Koronarkranken war die kærperliche Leistungsfåhigkeit ein unabhångiger Vorhersageparameter fçr die Sterblichkeit. Fçr jedes MET1 an zunehmender Leistungsfåhigkeit und Fitness wuchs die Ûberlebenswahrscheinlichkeit um 12%. Øhnliche Effekte lassen sich belegen, wenn die regelmåûige kærperliche Aktivitåt zum Maûstab genommen wird. Schnohr et al. [421] verglichen in der Osterbro-Studie Jogger mit Nichtjoggern (insg. 4658 Månner) und fan1
MET = metabolisches Øquivalent. Siehe auch Kapitel 4.3.
4
z
1 Bewegung und Gesundheit ± lohnt sich das Thema?
Abb. 1. Sterblichkeit und kærperliche Fitness. Kumulative Mortalitåt (hier koronare Mortalitåt, sie machte 53% der Gesamtmortalitåt aus) ± nach Alter und Risikofaktoren korrigiert ± in Abhångigkeit von der Fitness norwegischer Månner. Quartile 1 = Gruppe mit der geringsten Fitness, Quartile 4 = Gruppe mit der græûten Fitness [409]
den heraus, dass kontinuierlich trainierende Jogger eine signifikant niedrigere Sterblichkeitsrate aufwiesen. Ihr relatives Mortalitåtsrisiko lag im Vergleich mit Nichtjoggern (= 100%) bei 37%. Auch Frauen profitieren von der Bewegung. Hu et al. [201] begannen 1976 mit der sog. Nurses' Health Study, einer Kohortenstudie mit 116 654 Frauen, der wir noch æfters begegnen werden. Nach einer Beobachtungszeit von 24 Jahren konnten sie belegen, dass kærperliche Inaktivitåt (Bewegung moderater Intensitåt weniger als 1 h pro Woche) mit einem Anstieg der Mortalitåt um 52% assoziiert war. Die Effekte traten unabhångig von Kærpergewicht und Rauchgewohnheiten auf. Fçr die årztliche Beratung ist die Frage interessant, ob sich eine Verånderung des Lebensstils lohnt? Dem ist so: Blair et al. [49] zeigten bei 9777 Månnern: Diejenigen Teilnehmer, denen es gelang, ihre Fitness zu steigern, wiesen nach insgesamt 10 Jahren eine signifikante Abnahme ihrer Sterblichkeit um 44% auf. Eine Minute einer verbesserten maximalen Leistungsfåhigkeit auf dem Laufband war gleichbedeutend mit einer Senkung der Mortalitåt um 7,9% (p = 0,001). Letztlich bleibt auch kein Spielraum, die Unterschiede mit genetischen Besonderheiten zu erklåren. In einer groû angelegten Zwillingsstudie aus Finnland (The Finnish Twin Cohort Study) konnte bei fast 8000 gleichgeschlechtlichen, çberwiegend eineiigen Zwillingen gezeigt werden, dass der kærperlich aktivere Zwillingspartner eine geringere Sterblichkeit aufwies (±56% bei regelmåûiger Sportausçbung) [253]. Lee u. Skerrett [271] fassten alle vorliegenden Beobachtungsstudien (Evidenzgrad B) zusammen und fanden eine lineare inverse Beziehung zwischen der Dosis kærperlicher Aktivitåt und der Gesamtmortalitåt. Ein wæchentlicher Energieaufwand von 1000 kcal fçhrte zu einer Mortalitåtssenkung von 20±30%. Weitere Studien mçssen die Bedeutung von Intensitåt und Frequenz kærperlicher Aktivitåt klåren.
1.1 Lebenserwartung und Mortalitåt
z
Sind Sie von den Daten çberzeugt2? Wir jedenfalls waren es und beschlossen, dass die Jahre 2003 bis 2005 gut angelegt waren, sich mit dieser Thematik nåher auseinander zu setzen. Wenn Sie jetzt, anstatt weiter zu lesen, ihre Turnschuhe schnçren, sind wir auch zufrieden. Allerdings kænnen wir Ihnen versprechen, dass sich die weitere Beschåftigung mit dem Thema durchaus lohnt.
z! Gute Fitness und regelmåûige kærperliche Aktivitåt senken die Gesamtsterblichkeit
und fçhren somit zu einer Lebensverlångerung. Dies gilt fçr Månner wie Frauen und ist unabhångig von genetischen Faktoren. Auch eine spåtere Verånderung des Lebensstils lohnt sich noch. Je hæher das Ausmaû kærperlicher Aktivitåt, desto deutlicher fållt die Senkung der Mortalitåt aus. Genauere Daten zu einer optimalen Dauer, Intensitåt und Frequenz fehlen.
2
Weitere Belege bei: Williams [509]; McMurray et al. [309]; Hein et al. [177]; Kohl et al. [245]; LaMonte et al. [259]; Kavanagh et al. [221]; Blair et al. [51]; Lakka et al. [258]; Wei et al. [497]; Cheng et al. [85]; Touboul et al. [476]; Goraya et al. [149]; Paffenbarger et al. [364]; Fries et al. [137].
5
2 Ausgang des Menschen aus seiner
selbst verschuldeten ¹Sesshaftigkeitª
Ohne Bewegung ist Leben nicht mæglich. Bewegungsablåufe im Kleinen, nåmlich molekularbiologische und chemische Prozesse, wie im Groûen (z. B. die automatisierten Kontraktionen des Herzens oder die Atmung) sind Voraussetzungen unseres Lebens. Die Summe dieser Energie, welche Lebensprozesse im Ruhezustand benætigen, wird als Grundumsatz bezeichnet. Natçrlich verstehen wir in diesem Buch kærperliche Aktivitåt in einem engeren Sinn: Wir meinen die Bewegungen des Menschen in Alltag und Freizeit und verbinden damit im Lichte der vorliegenden Erkenntnisse gleichzeitig die Hoffnung, zu dem Ausgang des Zeitgenossen aus seiner selbst verschuldeten Sesshaftigkeit beitragen zu kænnen. Aus rein naturwissenschaftlicher Sichtweise låsst sich kærperliche Aktivitåt als muskulår verursachte Bewegungen des Menschen definieren, welche in einer Intensitåt ausgefçhrt werden, die einen Energieanstieg çber den Grundumsatz hinaus zur Folge hat. Ein Rçckblick auf unsere Vorfahren stellt plastisch vor Augen, welches Maû an Bewegung menschengemåû wåre. Die Forschungen aus der Steinzeit legen nahe, dass ein Mensch damals am Tag 40±50 km zurçcklegte. Millionen von Jahren war dies vermutlich so. Es ist deshalb plausibel, dass unsere genetische Ausstattung auf kærperliche Anstrengung hin ausgelegt ist und Trågheit der Gesundheit nicht bekommt. ¹Wir Menschen werden nicht artgerecht gehaltenª, sagte ein bekannter Professor. Bramble [64] beschåftigte sich mit der Evolution des Menschen und betont: ¹Das Rennen machte uns zum Menschen ± zumindest im anatomischen Sinnª. Menschen seien im Vergleich zu Såugetieren zwar schlechte Sprinter, kænnten jedoch im Langlauf durchaus mithalten. Sie bråuchten, gemessen an einer Tagesdistanz, den Vergleich mit Wælfen und Hyånen nicht zu scheuen. Das ergab einen entscheidenden Jagdvorteil. ¹Wir kænnten zu zweit ein Reh tothetzenª, beståtigt der Schriftsteller G. Herburger [182], der mit 72 Jahren noch ein passionierter Langstreckenlåufer ist. Heutzutage sind wir in Gefahr, von der Evolution gestraft zu werden. Erkrankungen wie Diabetes mellitus, Bluthochdruck und erhæhte Blutfettspiegel nehmen in den letzten Jahrzehnten dramatisch zu. Nahezu die Hålfte der deutschen Bevælkerung stirbt an Herz- und Kreislaufkrankheiten. Allein diese Krankheiten sind inzwischen der græûte Kostenfaktor des Gesundheitswesens. Sie verursachten im Jahr 2002 35,4% (= 79 Milliarden
Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten ¹Sesshaftigkeitª
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Euro) der Gesundheitskosten. Als Ursache des Anstiegs wird ein Lebensstil verantwortlich gemacht, der geprågt ist von kærperlicher Inaktivitåt, Fehlernåhrung, Stress und hohen Nikotin- und Alkoholkonsum [Ûbersicht: 512]. Nur knapp die Hålfte der Bevælkerung war 2002±2003 in ihrer Freizeit kærperlich aktiv (Spazierengehen eingeschlossen). Das Ausmaû an Bewegung sank mit Alter und Ûbergewicht. Die Berufsarbeit machte den Hauptanteil an der Gesamtaktivitåt aus [1]. Sir Winston Churchill dient gern als Kronzeuge fçr eine bequeme Lebensweise. Nach dem Geheimnis seines Alters befragt, hatte er geantwortet: ¹No sports, but whiskyª. Wenig bekannt ist, dass er zeitlebens ein begeisterter Sportler war [414]. Offensichtlich ist der ironische Tonfall der Aussage in den Berichten abhanden gekommen. Ausgehend von der Studienlage wird eine regelmåûige sportliche Betåtigung an mindestens 3, besser 5 oder allen Tagen der Woche empfohlen [367]. Dabei sollte man leicht ins Schwitzen geraten und Puls wie Atmung sollten sich leicht steigern. Im Bundesgesundheitssurvey [450] zeigte sich, dass çber alle Altersklassen hinweg gerade einmal 13% aller Deutschen die Voraussetzungen einer ausreichenden kærperlichen Betåtigung erfçllten. Welche dramatischen Risikoreduktionen mit einem verånderten Lebensstil erreichbar sind, wurde uns in der Nurses' Health Study [450] eindrucksvoll vor Augen gefçhrt. An einer hieraus hervorgegangenen Teilstudie nahmen 84 129 Krankenschwestern 14 Jahre lang teil. Das Risiko, einen Herzinfarkt, Schlaganfall oder plætzlichen Herztod zu erleiden, konnte durch gesunde Lebensweise dramatisch (um bis zu 75%) gesenkt werden (Abb. 2).
Abb. 2. Hæhe des Risikos, ein kardiovaskulåres Ereignis zu erleiden, in Abhångigkeit von einem gesunden Lebensstil: Gruppe 1 = Kontrollgruppe mit ¹ungesunderª Lebensweise (keines der Merkmale der Gruppen 2±4, Risiko = 100%); Gruppe 2 = gesunde Ernåhrung: reich an Ballaststoffen, Omega-3-Fettsåuren, ungesåttigten Fettsåuren und Folsåure, arm an Trans-Fettsåuren; die Nahrungsmittel besaûen einen niedrigen glykåmischen Index; Bewegung: moderat bis intensiv und tåglich wenigstens 30 min, kein Nikotin; Gruppe 3 = zusåtzlich normales Gewicht (BMI < 25); Gruppe 4 zusåtzlich måûiger Alkoholgenuss [450]
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2 Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten ¹Sesshaftigkeitª
Dabei werden Sie nach der Lektçre des Buches feststellen, dass ein gesunder Lebensstil nicht mit Askese gleichzusetzen ist, sondern durchaus einen Zuwachs an Lebensfreude und -qualitåt verspricht. Wer kænnte nicht fçr sich Bewegungsarten finden, die Vergnçgen bereiten (Bergwandern? Tanzen?), wer kænnte sich nicht fçr eine schmackhafte ¹Mittelmeerkostª erwårmen (selbst måûiger Alkoholgenuss ist empfohlen), und wer kænnte nicht Ruhe- und Entspannungsformen entdecken, die sein Leben bereichern? Selbstwertgefçhl und Vertrauen in den eigenen Kærper wachsen. Der Alltag wird mit græûerer Energie und Zuversicht bewåltigt, depressive Phasen werden gemildert. Also: Vergessen Sie nicht, nach jedem Kapitel eine Runde im Park einzulegen oder zu tanzen oder zu schwimmen. Nur ein Therapeut mit eigener Erfahrung kann seinem Patienten ein Vorbild sein.
z! Was wçrde passieren, wenn Sie sich jetzt einfach ins Bett legen
und einige Tage nicht mehr aufstehen? Die maximale Sauerstoffaufnahme, das Herzminuten- und Schlagvolumen nehmen ab. Die Ruhe-Herzfrequenz steigt an. Die Græûe der Herzhohlråume sowie die Wandstårke des linken Ventrikels werden kleiner [55]. Die Muskulatur schwindet, und ihre Kraft nimmt ab. Aber auch die Koordinationsfåhigkeit von Bewegungen und die Geschicklichkeit lassen nach. Kalzium wird dem Knochen entzogen, Knochensubstanz wird abgebaut. Die vermehrte osteoklastische Tåtigkeit (Zellen, die den Knochen abbauen) spiegelt sich in den entsprechenden messbaren biochemischen Parametern im Blut. Wasser lagert sich in den unten befindlichen Kærperteilen ein, die Neigung zu Infekten wie Lungenentzçndung nimmt zu. (Die Beobachtungen stçtzen sich auf Ergebnisse der Weltraumforschung und experimenteller Inaktivierung.) Sollten Sie darçber auch noch depressiv werden, wåre es nicht verwunderlich!
3 Kærperliche Aktivitåt
und Ausdauertraining: Definitionen
3.1 Kærperliche Aktivitåt Unter kærperlicher Aktivitåt verstehen wir alle muskulår verursachten Bewegungen des Menschen, welche in einer Intensitåt ausgefçhrt werden, die einen Energieanstieg çber den Grundumsatz hinaus zur Folge hat. Der Begriff ist umfassender als jener des Ausdauertrainings, enthålt er doch alle Bewegungen des Alltags, z. B. wåhrend der Berufsausçbung, der Freizeit, im Haushalt, bei Gartenarbeit, beim Einkaufen, Treppensteigen usw. Es ist dabei von groûem gesundheitlichen Interesse, ob die Integration zeitlich stark begrenzter kærperlicher Aktivitåten in den Alltag, z. B. Treppensteigen, mit dem Rad zur Arbeit fahren, vergleichbare Auswirkungen hat wie långere Trainingseinheiten (z. B. 30 Minuten joggen, eine vergleichbare Gesamtdosis an Aktivitåt vorausgesetzt).
3.2 Ausdauertraining Training ist eine geplante, strukturierte Maûnahme, die mit regelmåûigen Wiederholungen auf die Verbesserung kærperlicher Fitness, Gesundheit oder Lebensfreude zielt. Verbesserungsfåhige Bereiche der Fitness sind die kardiorespiratorische Ausdauer, also die Fåhigkeit des Herz-Kreislauf- und Lungensystems, wåhrend der kærperlichen Aktivitåt Sauerstoff zu liefern, ferner die skelettal-muskulåre Ausdauer, die durch den Stoffwechsel und die Energiebereitstellung in der Muskulatur bestimmt wird. Auûerdem kænnen Kraft und Schnelligkeit trainiert werden sowie die Mischformen von Ausdauer, Kraft und Schnelligkeit (z. B. die Kraftausdauer), die Beweglichkeit und die koordinativen Fåhigkeiten (z. B. råumliche Orientierung, Gleichgewicht, Reaktion). Im Rahmen dieses Buches widmen wir uns speziell der allgemeinen, aeroben, dynamischen Ausdauer. Eine Systematik der verschiedenen Ausdauerformen liefern Hollmann u. Hettinger [188] (Abb. 3).
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3 Kærperliche Aktivitåt und Ausdauertraining: Definitionen
Abb. 3. Die verschiedenen Formen der Ausdauerleistungsfåhigkeit [189]
Nach den Ergebnissen der Sportmedizin kann der ¹allgemeinen, aeroben, dynamischen Ausdauerª die græûte pråventive Wirkung zugesprochen werden; hierzu liegen eine Fçlle von Untersuchungen vor. Folgende Kriterien sind typisch fçr sie [vgl. z. B. 189, s. Seite 292 ff.]: z mehr als 1/6 der Muskulatur wird beansprucht (Bedeutung nicht nur fçr die lokale Muskulatur, sondern fçr das gesamte Herz-Kreislauf-System, s. Kap. 6.1). z Die Energiebereitstellung erfolgt unter Zuhilfenahme von Sauerstoff (aerob, s. Kap. 5.1 Energiegewinnung). z Die Leistung wird in Form von Bewegungarbeit (dynamisch), nicht als Haltearbeit (statisch) erbracht [499]. Frau Katharina Meyer geht im Kapitel ¹Herzinsuffizienzª zusåtzlich auf die Methode des Intervalltrainings (hier çberwiegend ¹allgemeines aerobes dynamisches Ausdauertrainingª) sowie auf verschiedene Formen des dynamischen Krafttrainings3 ein. Statische Krafttrainingsformen (isometrische Muskelanspannung) haben sich in der Vergangenheit als problematisch fçr Herzpatienten herausgestellt [189]. Prinzipiell ist festzustellen, dass eine eindeutige Abgrenzung zwischen den motorischen Hauptbeanspruchungsformen Kraft, Ausdauer und
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Weineck [499] unterscheidet ¹positiv dynamisches Trainingª = çberwindendes oder konzentrisches Training mit Muskelverkçrzung und ¹negativ dynamisches Trainingª = nachgebendes oder exzentrisches Training mit bremsender, verzægernder Muskelarbeit. Als Mischform bzw. Verbindung beider Typen wird das isokinetische (allmåhlicher Ûbergang) und das plyometrische (abrupter Ûbergang) genannt. Dynamisches Krafttraining kann auûerdem als Maximalkraft-, Schnellkraft- oder Kraftausdauertraining praktiziert werden. Weitere Details s. Weineck [499]: 236 ff.
3.2 Ausdauertraining
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Schnelligkeit kaum mæglich ist. Die Ûbergånge zwischen ihnen sind flieûend. Ausgehend von den Erfordernissen der sportlichen Belastungssituationen ergeben sich daher Mischformen wie Kraftausdauer oder Schnelligkeitsausdauer. Weineck [499] unterscheidet bei der Anpassung an konditionell ausgerichtete Belastungen schematisch 3 Adaptationsmæglichkeiten: 1. ¹Adaptation an intensive und kraftbetonte Reize kurzer Dauer (z. B. Maximal- und Schnellkraftleistungen)ª mit Verbesserung der intra- und intermuskulåren Koordination, spåter in der Trainingsfolge Muskelhypertrophie, Erhæhung der alaktazid anaeroben Stoffwechselkapazitåt (energiereiche Phosphate). 2. ¹Adaptationen an intensive, eine hohe laktazide anaerobe Ausdauer erfordernde Reize (z. B. Kraft- und Schnelligkeitsausdauerbelastungen)ª mit Erhæhung der intramuskulåren Glykogenspeicher und der fçr ihren Abbau hier benætigten anaeroben Enzymketten. 3. ¹Adaptationen an extensive, die aerobe Ausdauer erfordernde Reizeª mit der Steigerung der intramuskulåren Glykogen- und Fettspeicher sowie ihrer umsetzenden aeroben Enzyme. Als unspezifische Antwortreaktion zusåtzlich die Verbesserung der leistungslimitierenden Zubringersysteme (Herz-Kreislauf etc.). Das ¹allgemeine aerobe dynamische Ausdauertrainingª fållt nahezu komplett unter den von Weineck genannten 3. Punkt. Es findet gewæhnlich im Rahmen von Sportarten statt, die durch zyklische Bewegungsablåufe gekennzeichnet sind. Charakteristisch fçr diese ist ein mehrmaliges Wiederholen des gleichen Bewegungszyklus ohne zwischengeschaltete Pause. Typisch sind Fortbewegungsarten wie Gehen, Laufen, Radfahren, Schwimmen, Rudern, Eisschnelllaufen, Skilanglauf oder Inlineskating. Die Trainingsbelastungen sind unter diesen Bedingungen optimal zu steuern. Nichtsdestotrotz bieten aber auch azyklische Sportarten wie die groûen Sportspiele (Fuûball, Handball etc.) gute Entwicklungsbedingungen.
Abb. 4. Einteilung der Ausdauer nach Zeit (Dauer) und Energiebereitstellung, nach [340 a]. Beispiele fçr Sprintausdauer bzw. Kraft und Schnelligkeit: 100 m Sprint, Gewichtheben, Wurf etc.; weitere Kriterien: groûe Muskelmasse, explosive Muskeleigenschaften, optimales innermuskulåres Zusammenspiel
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3 Kærperliche Aktivitåt und Ausdauertraining: Definitionen
Ausdauer (allgemein) låsst sich folgendermaûen definieren: ¹Ausdauer ist die Fåhigkeit, eine bestimmte Leistung çber einen mæglichst langen Zeitraum aufrecht erhalten zu kænnenª [304] oder ¹Ausdauer = Ermçdungswiderstandsfåhigkeit + Ermçdungstoleranz (Psyche) + rasche Wiederherstellungsfåhigkeitª [525]. Trainingsmethodisch lassen sich 5 Einteilungskriterien formulieren, um verschiedene Ausdauertypen nåher zu bestimmen und zu untergliedern: z Dauer der Belastung und Art der kærperlichen Energiebereitstellung (vor allem: aerob oder anaerob), z Mitbeteiligung von Kraft oder Schnelligkeit, z Lokale Muskelausdauer oder Allgemeine Ausdauer, z dynamische oder statische Ausdauer, z Grundlagenausdauer oder spezielle Ausdauer (s. Teil II, Kap. 2.1).
4 Håufige Messmethoden
kærperlicher Aktivitåt
Um die Auswirkungen kærperlicher Aktivitåt und Fitness einschåtzen zu kænnen, mçssen objektive Messkriterien Anwendung finden.
4.1 Watt (Ergometrie) Zur Einstufung der kærperlichen Fitness wird håufig ein Belastungstest in Form einer Fahrradergometrie oder eines Laufbandtestes durchgefçhrt. Hæhe (in Watt) und Dauer der Belastbarkeit sowie Herzfrequenz (s. u.) finden Berçcksichtigung. Je hæher und långer die Belastbarkeit ist, desto besser die Fitness.
4.2 Herzfrequenz Die Herzfrequenz steigt wåhrend einer Belastung linear mit zunehmender Sauerstoffaufnahme an. Sie ist bei gut Trainierten auf jeder Belastungsstufe ± mit Ausnahme der Maximalbelastung ± niedriger als bei Untrainierten. Die Intensitåt kærperlicher Aktivitåt kann als relativer Anteil an der maximal erreichbaren Herzfrequenz (Hf max) ausgedrçckt werden. Hier ein Beispiel: Eine moderate Belastung ist bei einer Herzfrequenz von 70±80% Hf max erreicht (Faustformel fçr maximale Herzfrequenz = 220±Lebensalter) (zur Bestimmung der Physical Work Capacity (PWC) sowie weiterer Kriterien: s. Teil II, Kap. 5).
4.3 Maximale Sauerstoffaufnahme und MET Die Sauerstoffaufnahme kann mittels einer Gasanalyse (Atemmaske) wåhrend einer Spiroergometrie bestimmt werden. Im Ruhezustand betrågt sie etwa 3,5 ml O2/kg/min. Kærperliche Aktivitåt erfordert mehr Sauerstoff zur
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4 Håufige Messmethoden kærperlicher Aktivitåt
Energiebereitstellung. Die Sauerstoffaufnahme steigt je nach Trainingszustand auf das 6- bis çber 20fache an. In ihr spiegelt sich integrativ die Transportkapazitåt des Sauerstoffs aus der Atemluft çber das Herz-Kreislauf-System in die Muskelzelle bis zur mitochondrialen Oxidation. Ab einer individuell unterschiedlichen Belastungsstufe ist keine weitere Steigerung mæglich. Die maximale Sauerstoffaufnahmefåhigkeit (VO2max) ist erreicht. Die maximale Sauerstoffaufnahmefåhigkeit wird håufig zur Beurteilung der kærperlichen Fitness eingesetzt. Sie steht primår fçr die Leistungsfåhigkeit wåhrend einer vollen Ausbelastung zwischen 2 und 10 min, also dem Bereich der sog. ¹Mittelzeitausdauerª [525]. Sie ist genetisch vorbestimmt, aber trainierbar und umso hæher, je leistungsfåhiger ein Mensch ist (Ûbersicht: [231]). Die Studien von Kavanagh et al. [221] und LaMonte et al. [259] belegen, dass es sich bei VO2max um ein ¹måchtigesª Vorhersagekriterium bezçglich allgemeiner und Herz-Kreislauf-Sterblichkeit handelt. Die unten beschriebenen Faktoren bestimmen nach Weineck [499] (Abb. 5) die Hæhe der maximalen Sauerstoffaufnahme: Basierend auf der Sauerstoffaufnahme wird håufig ein weiteres Maû fçr die Intensitåt einer kærperlichen Aktivitåt verwendet: das MET (Metabolisches Øquivalent). Ein MET entspricht dem metabolischen Umsatz bei der Sauerstoffaufnahme im Ruhezustand. Entsprechend werden bei Belastungen bis zu 20 MET und mehr erreicht. Als Maû fçr den Gesamtenergieaufwand (= Dosis) wird die Einheit MET mit der Zeit (Belastungsdauer) multipliziert. Eine umfassende Ûbersicht des Energieverbrauchs verschiedenster Tåtigkeiten findet sich bei Ainsworth [13] sowie Fletcher et al. [127].
Abb. 5. Faktoren der Ausdauerleistungsfåhigkeit (VO2max), zusammengestellt nach [499]
4.5 Kalorien
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4.4 Laktatbestimmung Der Laktatspiegel im Blut korreliert eng mit dem intrazellulåren Laktatspiegel und pH-Wert der Muskelzelle [288]. In Ruhe ist die Laktatkonzentration im Blut niedrig. Auch bei moderaten Belastungen befindet sich der Laktatspiegel weiterhin nahezu am Ruhewert (etwa bis 2 mmol/l). Dies gilt bis zur aeroben Schwelle. Soweit findet die Energiebereitstellung fast ausschlieûlich aerob statt (s. Kap. 5.1). Etwa ab einer Intensitåt von 63% VO2max (73% HFmax) [7] erhæht sich der Laktatspiegel proportional zur Belastungsintensitåt, der Bereich der aerob-anaeroben Ûbergangszone ist erreicht. Die Energiebereitstellung findet gemischt aerob-anaerob statt mit Zunahme des anaeroben Anteils bei zunehmender Intensitåt. Wåhrend dieser Phase besteht jedoch immer noch ein Flieûgleichgewicht zwischen Laktatanfall und -abbau, so dass die Laktatkonzentration im Blut zwar mit jeder hæheren Belastungsstufe ansteigt, fçr jede Belastungsstufe jedoch konstant auf dem neuen Niveau bleibt. Dies gilt bis zur sog. anaeroben Schwelle (dabei individuell leicht unterschiedliche Laktatspiegel von ca. 4 mmol/l). Bei weiter ansteigenden Belastungsintensitåten kann der Laktatabbau mit dem -anfall nicht mehr Schritt halten, so dass das Flieûgleichgewicht gestært und selbst bei konstanter Belastung ein çberproportionaler Anstieg des Blutspiegels erfolgt. Dieser Schwellenwert kann nach der Dmax-Methode bestimmt werden [52]. Die Energiegewinnung erfolgt jetzt hauptsåchlich anaerob. Die zunehmende Ûbersåuerung des Muskels zwingt bald zum Abbruch der Belastung. Gleichzeitig steigen jetzt die Plasmakatecholaminspiegel (= Stresshormone) stark an [482]. Die anaerobe Belastungszone gilt deshalb als Risikozone fçr die Auslæsung schwerer Herzrhythmusstærungen. Bei gut Trainierten ist der Laktatspiegel fçr jede Belastungsstufe niedriger als bei Untrainierten. Da der Laktatabbau bei Leistungssportlern beschleunigt ist, liegt die anaerobe Schwelle niedriger als bei Untrainierten. Dennoch ist seine Leistung an dieser Schwelle naturgemåû hæher als beim Untrainierten.
4.5 Kalorien Obwohl durch internationale Vereinbarungen heute das Kilojoule als Energieeinheit maûgeblich ist, hat sich die Berechnung in Kilokalorien (lat.: calor = Wårme) hartnåckig gehalten. Eine Kilokalorie ist diejenige Energiemenge, die notwendig ist, um einen Liter Wasser um 1 8C zu erwårmen. Der Energieverbrauch wåhrend einer Belastung kann in Kalorien ausgedrçckt werden: Eine erwachsene Frau benætigt am Tag im Durchschnitt 2200 kcal, ein Mann 2600 kcal. Fçr mittelschwere, schwere oder Schwerstarbeit werden etwa 600, 1200, 1600 kcal zusåtzlich verbraucht.
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4 Håufige Messmethoden kærperlicher Aktivitåt
4.6 Vergleich verschiedener Maûeinheiten Die verschiedenen Maûeinheiten korrelieren und lassen sich ineinander umrechnen. Zur Beziehung zwischen maximaler Sauerstoffaufnahmekapazitåt und maximaler Herzfrequenz s. Tab. 21 (Teil II, Kap. 2.2). Tabelle 1. Vergleich verschiedener Maûeinheiten bei typischen Belastungen fçr Freizeit- und Gesundheitssportler bei einem angenommenen Kærpergewicht von 70 kg [231] Belastungsintensitåt
MET
z leicht
7,5±11
Joggen (7±8 km/h)
>2200
>11
Laufen (10 km/h)
z sehr schwer
>9
> 150
Walken (langsam, 5±6 km/h)
5 Kærperliche Aktivitåt und Auswirkungen
auf die Energiegewinnung
Muskelkontraktionen entstehen durch teleskopartiges Ineinanderschieben von Eiweiûstrången (Aktin und Myosin), die sich als kleinste Einheiten der Muskelfasern durch Brçckenbildungen vernetzen und verkçrzen. Als dritter Strang hat das Titin die Aufgabe, die elastische Spannung in Ruhe und bei Dehnung des Muskels zu gewåhrleisten (Abb. 6).
5.1 Die Energiebereitstellung durch ATP Der aktive Prozess der Muskelkontraktion erfordert Energie. Sie wird aus der Spaltung von Adenosintriphosphat (ATP) in Adenosindiphosphat (ADP) und einen Phosphatrest gewonnen. Da der ATP-Pool aber rasch erschæpft ist ± seine Vorråte reichen nur fçr 1±3 Muskelkontraktionen ± muss ATP fortwåhrend resynthetisiert werden [Ûbersichtsarbeit: 525]. Hierzu wird das verbliebene ADP auf ± je nach kærperlicher Beanspruchung ± unterschiedlichen Wegen erneut zu ATP zusammengeseztzt (Abb. 7).
5.2 Die Resynthese von ATP Die Resynthese von ATP kann auf aeroben oder anaeroben Pfaden erfolgen. Zur aeroben Resynthese ist Sauerstoff erforderlich. Dies gilt nicht fçr die anaerobe Energiegewinnung. Der Hauptanteil an aerober Energie wird durch Glukoseabbau (aerobe Glykolyse) oder Fettsåurenverbrennung geliefert. Das anaerobe System wiederum kann die ATP-Synthese durch unvollståndigen Glukoseabbau (Nebenprodukt Laktat; anaerobe Glykolyse) oder durch den Kreatin-Shuttle bewerkstelligen (Abb. 8, 9). Der Anteil der einzelnen Prozesse an der Gesamtenergiegewinnung variiert und ist vorwiegend abhångig von der Dauer und Intensitåt einer Belastung.
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5 Kærperliche Aktivitåt und Auswirkungen auf die Energiegewinnung
Abb. 6. Die Muskelkontraktion: Eine Muskelfaser (Muskelzelle) besteht aus einer Vielzahl von Myofibrillen, diese wiederum setzen sich aus zahlreichen an den Z-Streifen aneinandergereihten Sarkomeren zusammen; die Abbildung zeigt das teleskopartige Ineinanderschieben der Myosinund Aktinfilamente, die in der Summe die Muskelkontraktion bewirken; das Titin hat dagegen die Aufgabe, die elastische Spannung zu gewåhrleisten [109]
5.3 Verzahnung der Energiegewinnung
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Abb. 7. Energiegewinnung zur Muskelkontraktion und Resynthese von ATP
Abb. 8. Schema der Energiepfade zur Resynthese von ATP
5.3 Verzahnung der Energiegewinnung Die beschriebenen Energiepfade tragen im Verlauf einer Belastung in unterschiedlichem Ausmaû zur ATP-Resynthese und damit zur Energiegewinnung bei. Zu Beginn einer Belastung bestimmt die Schnelligkeit, mit der eine Energiebereitstellung mæglich ist, den Anteil der verschiedenen Pfade (Abb. 10). Bei långer anhaltender Belastung liefert der aerobe Reysyntheseweg (Glukose-, Glykogen- und Fettsåureoxidierung) den Læwenanteil an Energie. Der Abbau des Muskelglykogens ist anfånglich von groûer Bedeutung, die Speicher sind jedoch rasch geleert. Glukose (aus Leberglykogen, im Serum zirkulierender Glukose und Glukoneogenese) und freie Fettsåuren FF (in Muskel- und Fettzellen) werden danach immer wichtiger. Mit der Dauer der Belastung steigt der Anteil der Fettsåurenverbrennung [307] (Abb. 11).
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5 Kærperliche Aktivitåt und Auswirkungen auf die Energiegewinnung
Abb. 9. Orte und Energiepfade des Leistungsstoffwechsels: ADP = Adenosindiphosphat, ATP = Adenosintriphosphat, KrP = Kreatinphosphat, Kr = Kreatin [351]
Abb. 10. Prozentuale Anteile an der Energiegewinnung bei einem 800-m-Lauf in den ersten 100 s. KP = Kreatinphosphat; ATP = Adenosintriphosphat [109]
5.3 Verzahnung der Energiegewinnung
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Abb. 11. Substratnutzung wåhrend einer Ausdaueranstrengung
Abb. 12. Die Abhångigkeit der Fettoxidation und des Laktatspiegels von der Belastungsintensitåt (in % VO2max) [7]
Mader u. Hollmann [289] zeigten anhand der Leistung eines Eliteruderers in einem Ruderkasten wåhrend eines simulierten Ruderwettkampfes, dass innerhalb der 3 Rennabschnitte Startphase, Streckenphase und Endspurt die beschriebenen Wege der Energiebereitstellung mit extrem unterschiedlichen Anteilen beschritten werden. Innerhalb der ersten 8±12 Sekunden ist bereits der nutzbare Anteil des Kreatinphosphats verbraucht, gleichzeitig steigt die Sauerstoffaufnahme in der ersten Minute auf 75% der VO2max an. In dieser Startphase (0±1:35±1:40 min) werden 53% der Energie auf anaerobem Weg gewonnen, immerhin 47% aber bereits aerob. In der Streckenphase steigt der Anteil der Sauerstoffaufnahme auf 83±84% der VO2max. Die absolut dominante Art der Energiegewinnung ist hier der aerobe Weg. In der Endspurtphase versuchte der Ruderer, die verbliebene anaeroblaktazide Kapazitåt maximal auszuschæpfen, wåhrend auch die Sauerstoff-
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5 Kærperliche Aktivitåt und Auswirkungen auf die Energiegewinnung
aufnahme Maximalwerte erreichte. Nach Noakes [349] kann an der Grenze der aeroben Leistungsfåhigkeit (VO2max) die (anaerobe) Glykolyse maximal ein Defizit von 1,7 l/min (ca. 29%) Sauerstoff kompensieren [vgl. 341]. Der Anteil der Fettsåurenoxidierung variiert und ist abhångig von verschiedenen Faktoren. Zu nennen sind Intensitåt, Dauer der Belastung, kærperliche Fitness, die betriebene Disziplin (die Ergebnisse beim Laufen und Radfahren weichen z. B. von einander ab) und das Geschlecht [486]. Mit zunehmender Intensitåt einer Belastung steigt die Fettverbrennungsrate bis zur aeroben Schwelle an [7], um dann rapide abzustçrzen. Das Maximum liegt bei gesunden Månnern und Frauen im Schnitt bei 48,3Ô0,9% VO2max bzw. 61,5Ô0,6% HFmax [486]. Bei Athleten kann der Wert auf 57±75% VO2max steigen [6, 29, 240, 399, 484]. Bei einer Belastung von rund 90% VO2max ist sie schlieûlich vernachlåssigbar klein (Abb. 12). Romijn [399] konnte zeigen, dass die Fettsåureoxidierung mit der Dauer der Belastung zunimmt. Im Verlauf einer Ausdauerbelastung mittlerer Intensitåt kann deren Anteil bei Abnahme der Glykogenreserven rund 60±70% der Energiegewinnung erreichen [12, 60, 236]. Das Thema kænnte fçr Ûbergewichtige besonders interessant sein, verspricht doch ein Ausdauertraining, das auf eine optimierte Fettsåurenverbrennung ausgerichtet ist, die Mæglichkeit einer verbesserten Gewichtsabnahme (s. Kap. 7.5). Fçr Untrainierte, die das Ziel verfolgen, subkutanes Fett abzubauen, empfiehlt Knechtle [238] lieber eine niedrige Intensitåt von 40±50% ihrer VO2max, die mæglichst lange durchgehalten werden kann. Dazu kommt, dass die maximale Fettsåurenoxidation bei Untrainierten håufig schon in diesem Intensitåtsbereich erreicht wird. Lediglich bei Spitzenbelastungen ist das mitochondriale Oxidationssystem çberfordert und setzt eine gesteigerte Glykolyse mit Laktatbildung in Gang, die jedoch durch Ûbersåuerung der Muskulatur bald zum Abbruch zwingt.
z! Afrikanische Låufer beziehen ihre weithin bekannte Ûberlegenheit (Weltrekorde in
1500 m, 3000 m, Halbmarathon und Marathon) hauptsåchlich aus einer besseren oxidativen Enzymaktivitåt [501], die v.a. eine verbesserte Fettoxidierung ermæglichen. Der Laktatanfall ist damit geringer, da erst spåter auf den anaeroben Abbau zurçckgegriffen werden muss. Beispielsweise war der Laktatspiegel afrikanischer Låufer bei 88% maximaler Belastung um 38% niedriger und die Zitratsynthase-Aktivitåt um 50% hæher als der vergleichbarer weiûer Låufer [187 a]. Saltin et al. [407] fanden bei kenianischen Låufern im Vergleich mit skandinavischen Låufern eine um 20% erhæhte Aktivitåt von HAD (3-Hydroxyacyl-CoA-Dehydrogenase). Durch den niedrigeren Laktatspiegel kænnen sie långer und bei hæheren Belastungen von der Fettsåurenoxidierung profitieren. Ferner ist die Masse ihrer Wadenmuskulatur im Vergleich zu dånischen Låufern um 400 g leichter. 50 zusåtzliche Gramm benætigen 1% mehr Sauerstoff [407].
5.4 Nachhaltige Effekte eines Ausdauertrainings
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5.4 Nachhaltige Effekte eines Ausdauertrainings Die Fåhigkeit des Muskels, ATP durch Resynthese zu bilden, steigert sich. Kontraktionen laufen ækonomischer ab und erfordern weniger ATP-Aufspaltungen und Kreatinphosphat-Abbau. Entsprechend sind oxidativer Glykogenabbau und Laktatsynthese bei einer gegebenen Belastungsstufe vermindert [190]. Die Fåhigkeit des Muskels, zur Energiegewinnung freie Fettsåuren aus den Fettdepots (Triglyzeride) zu aktivieren und Fettsåuren in der Muskelzelle zu oxidieren, nimmt zu. Dies geschieht in erster Linie durch eine schnellere ± und damit vermehrte ± Einschleusung der Fettsåuren in die Mitochondrien [441]. Dadurch muss weniger Glykogen in Leber und Muskulatur abgebaut und verbrannt werden, so dass ein weiterer Spareffekt der Glykogenreserven erzielt wird [229, 236]. Zusåtzlich kommt es zu einer vermehrten Speicherung von Glykogen in der Leber [499]. Der Laktatanfall pro Belastungsstufe wird geringer. Durch zusåtzlich schnelleren Laktatabbau ist der Laktatspiegel fçr jede Belastungsstufe niedriger als beim Untrainierten. Die individuelle anaerobe Schwelle des Trainierten sinkt (bezogen auf den Laktatwert), wåhrend sie ± bezogen auf die Belastungsintensitåt (VO2max, Hfmax) ± steigt. Ausdauertraining verbessert die Regenerationsfåhigkeit nach Belastungen durch schnellere Laktatbeseitigung und die Dauerleistungsfåhigkeit bei submaximalen Belastungen durch niedrigeren Blutlaktatspiegel [499, 525].
z! Kærperliche Aktivitåt fçhrt zu einer Úkonomisierung des Energieumsatzes in der Muskelzelle. Die maximale Fettoxidationsrate nimmt zu, so dass der Trainierende eine intensivere Belastung çber långere Zeit durchhalten kann, ohne durch Ûberforderung einen vermehrten Laktatanfall hervorzurufen und damit in eine vorzeitige Erschæpfung zu geraten. Dies wird unterstçtzt durch eine Optimierung des Laktatanfalles und -abbaus.
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6 Wirkungen auf Organsysteme
In diesem Kapitel beschreiben wir die Auswirkungen regelmåûiger kærperlicher Aktivitåt auf verschiedene Organe und Kærperstrukturen, insbesondere im Hinblick auf die Krankheitspråvention.
6.1 Muskulatur Die Muskulatur spielt bei der Betrachtung der langfristigen Wirkungen aeroben Ausdauertrainings eine zentrale Rolle. Die Adaptationen der Muskeln an gesteigerte Anforderungen verbessern nicht nur die Effektivitåt und Úkonomie der Muskelarbeit selbst, sondern stehen am Anfang ganzer Prozessketten, die andere Organe entscheidend beeinflussen [11]. Ein Paradebeispiel dafçr ist die Umstimmung des autonomen Nervensystems hin zu gesteigerter parasympathischer Aktivitåt. Sie entsteht als Folge eines verånderten Impulsausstroms aus der Muskulatur [231]. Mechano- und Chemorezeptoren in der Muskulatur steuern çber Impulse des autonomen Nervensystems Atmung und Herz-Kreislauf [253]. Die zentralen Schaltstellen sitzen in Bereichen des Hirnstamms und Kleinhirns, wie funktionelle magnetresonanztomographische Untersuchungen zeigten [151]. In einer ersten Anpassungsphase an die Trainingsbelastung kommt es zu einer Umstellung des motorischen Steuerprogramms in Richtung einer Úkonomisierung [341]. Regelmåûiges, långerfristiges Training fçhrt schlieûlich zur Muskelmassenzunahme durch eine vermehrte Zahl von Myofibrillen und Sarkomeren. Ob die Zahl der Muskelzellen wåchst, ist umstritten [375]. Der Anteil an langsameren ST-Muskelfasern (ST = slow twitch, eingeteilt nach Myoglobingehalt und Kontraktionsgeschwindigkeit) nimmt zu. Die Zellen dieser Muskelfasern besitzen groûe Triglyzeridspeicher (Energiesubstrat) und gute oxidative Fåhigkeiten und sind damit fçr Ausdauerbelastungen prådestiniert. Die schnelleren FT-Muskelfasern (fast twitch) dagegen besitzen eine hohe Glykolysekapazitåt (anaerob-laktazider Stoffwechsel) und sind damit fçr kurzfristige schnelle oder schwere Arbeit geeignet [4]. Eine hæhere Kapillardichte und græûere -querschnitte verbessern die Durchblutung [525]. Henriksson [181] beobachtete bei moderatem Training
6.1 Muskulatur
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eine Zunahme ersterer um bis zu 50%, bei trainierten Athleten sogar um 200±300%. Dadurch sinkt der periphere Widerstand [375] ab, was zu einer græûeren Herzauswurfleistung beitragen kann. Ob es sich dabei um echte Gefåûneubildungen handelt, ist umstritten. Hottenrott u. Neumann [193] betrachten eine Úffnung von Reservekapillaren als Ursache dieser Effekte. Prior et al. [380] sprechen dagegen von einer echten Angioneogenese (Kapillarneubildung; s. auch Kap. 6.5.4), wobei durch Remodeling ein Umbau zu Arteriolen mæglich sei. Sie sehen den hauptsåchlichen Stimulus fçr diese Verånderungen in der Gewebshypoxie (dem erniedrigten Sauerstoffdruck im Gewebe wåhrend den Muskelkontraktionen) und håmodynamischen Reizen (vermehrte Wandspannung, Scherstress). Die Anzahl an Mitochondrien bleibt zwar konstant, ihre Græûe und damit die innere Oberflåche der Mitochondrienmembran wåchst jedoch von insgesamt 1,88 m2 (Summe aller Mitochondrien) bei Untrainierten auf z. B. 2,77 m2 bei Ultralangstreckenlåufern [196]. Da dies mit einem 3- bis 4fachen Anstieg der oxidativen mitochondrialen Enzymspiegel einhergeht [181], verwundert es nicht, dass die Zunahme des Mitochondrienvolumens in einem engen Verhåltnis zu der maximalen Sauerstoffaufnahme steht [191]. Die Menge an glykolytischen Enzymen ist dagegen nicht wesentlich veråndert [181]. Beide Enyzmgruppen steigern zusåtzlich ihre Aktivitåt. Weineck [499] sieht die erhæhte energetische Durchsatzkapazitåt als Voraussetzung fçr eine rasche Eliminierung des Laktats. Holloszy [190] betrachtet diese mitochondrialen Verånderungen als ganz wesentliche Voraussetzung fçr eine Verbesserung der Fitness. Durch Training kann jeder ein åhnliches adaptives Mitochondrienwachstum erzielen: Unterschiede zwischen einzelnen Leistungssportlern und Freizeitsportlern in der maximalen Sauerstoffaufnahme und Leistungsfåhigkeit sind vielmehr das Ergebnis unterschiedlicher kardialer Schlagvolumen und Herzminutenvolumen, die zu einem græûeren Anteil genetisch vorgeprågt erscheinen. Die mitochondrialen Verånderungen lassen sich schon nach kurzer Trainingszeit in wenigen Tagen erreichen, die Halbwertszeit ihrer Rçckbildung nach Trainingsende betrågt rund 7 Tage. Intramuskulår (intrazellulår) werden græûere Mengen an Glykogen- und Triglyzeriden gespeichert [4]. Es kommt zu einer Anhebung des Myoglobingehalts, primår in den ST-Muskelfasern [499]. Myoglobin ist ein Eiweiû, das Sauerstoff in der Muskelzelle speichert und z. B. die zu Beginn der Belastung entstehende Sauerstofflçcke verkleinert.
z! Die Muskulatur nimmt durch Training an Masse zu. Kapillåre und arteriolåre Durch-
blutung verbessern sich (s. Kap. 6.5.4). Laut Weineck [499] bedarf es fçr den Effekt der Kapillarisierung eines långerfristigen mindestens halbstçndigen aeroben Ausdauertrainings. Das Mitochondrienvolumen wåchst, die Performance der energetischen Prozesse wird optimiert. In der Summe fçhren diese Adaptationen zu einer besseren Sauerstoffausnçtzung und zur Steigerung der maximalen Sauerstoffaufnahme.
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6.2 Herz-Kreislauf 6.2.1 Akute Reaktionen bei kærperlicher Belastung Die vermehrt erforderliche Resynthese von ATP verlangt unter anderem eine gesteigerte Sauerstoffanflutung in den Mitochondrien. Sauerstoffaufnahme und -transport in die Muskelzelle mçssen beschleunigt werden. Gleichzeitig fallen vermehrt Stoffwechselprodukte an, die es zu entsorgen gilt (z. B. Laktat, CO2). Dies verlangt eine Steigerung des Herzminutenvolumens durch eine Erhæhung von Herzschlagfrequenz und Schlagvolumen. Die muskulåren Kontraktionen pressen das Venensystem aus und vermehren so den Blutrçckfluss zum Herzen (Muskelpumpe). Die Dehnung der Herzkammern trågt zu einer gesteigerten Kontraktilitåt und einem vermehrten Schlagvolumen bei (Frank-Starling-Mechanismus). Die Gefåûe weiten sich, der periphere Widerstand sinkt damit ab. Das Ausmaû der Weitstellung ist geringer als die Erhæhung des Schlagvolumens. Der systolische und mittlere Blutdruck als resultierende Messgræûe steigen an, der diastolische fållt leicht ab [82]. Die arteriovenæse Sauerstoffausbeute aus dem Blut nimmt in den Muskel- und Koronargefåûen zu. Gleichzeitig fçhrt eine erhæhte Atemfrequenz und Atemtiefe zur vermehrten Sauerstoffaufnahme und CO2-Abatmung (s. Kap. 6.6). Ûbersteigt der Sauerstoffbedarf der Muskulatur die Mæglichkeiten der Zufuhr, kann çber kurze Zeit eine anaerobe Energiegewinnung mit Laktatanfall erfolgen.
Abb. 13. Verånderungen von Herz-Kreislauf-Parametern von der Ruhe zur Belastung: Herzfrequenz, Blutdruck, Schlagvolumen, arteriovenæse Sauerstoffdifferenz [99]
6.2 Herz-Kreislauf
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Eine maximale dynamische Belastung fçhrt zu einem 4- bis 6fachen Anstieg des Herzminutenvolumens durch einen 3fachen Anstieg der Herzfrequenz und etwa zweifachen Anstieg des Schlagvolumens [82].
6.2.2 Nachhaltige Adaptationen bei Ausdauerbelastungen Schlagvolumen und Ventrikelsteifigkeit (Compliance) Das Schlagvolumen nimmt sowohl in Ruhe als auch bei Belastungen bis zur maximalen Auslastung zu [130]. Dadurch kommt es trotz niedrigerer Herzfrequenz brutto zu einer Steigerung des Herzzeitvolumens bei gleichzeitiger Úkonomisierung der Herzarbeit. Weitere Voraussetzung dafçr ist der herabgesetzte periphere Widerstand. Es ist fçr das Herz leichter, sein Blut gleichsam in ein erweitertes Schlauchsystem zu pumpen [55]. Ein hohes Schlagvolumen bei hoher Frequenz setzt auch eine gute Ventrikelfçllung voraus (verbesserte diastolische Funktion = Compliance, Relaxation). Ûblicherweise nimmt die Steifigkeit der Muskulatur der linken Herzkammer mit dem Alter zu, so dass sich die Ventrikelfçllung vor allem bei hæheren Frequenzen verschlechtert. Dies kann schlieûlich zu einer diastolischen Herzinsuffizienz fçhren. Arbab-Zadeh et al. [25] konnten bei ålteren, ehemaligen Leistungssportlern (Alter: 70 Jahre) zeigen, dass die Ventrikelsteifigkeit deutlich unter dem einer inaktiven vergleichbaren Altersgruppe lag. Sie war sogar vergleichbar mit den Messergebnissen einer wesentlich jçngeren kærperlich inaktiven Gruppe (durchschn. Alter: 29 Jahre). Herzfrequenz Die Herzfrequenz in Ruhe und wåhrend einer Belastung ist bei Ausdauertrainierten fçr jede Belastungsintensitåt im Durchschnitt niedriger als bei Untrainierten. Die Steigerungsfåhigkeit bis in hæchste Bereiche bleibt jedoch erhalten (HF bei maximaler Auslastung). Levy et al. [275] wiesen in ihrer Studie nach einem intensiven Ausdauertraining von sechs Monaten eine Senkung des Ruhepulses von 5±9 Schlågen nach. Woolf-May et al. [516] verglichen bei insgesamt 56 månnlichen und weiblichen Teilnehmern die Wirkungen verschiedener Walking-Programme und stellten nach 18 Wochen Studiendauer Senkungen des Ruhepulses zwischen 6 und 10 Schlågen fest. Von Ausdauer-Spitzenathleten sind Ruhepulswerte von zum Teil deutlich unter 40 Schlågen bekannt. Diese Herzfrequenzsenkung kann bei einem ausdauerorientierten Training schon bei relativ niedrigen Trainingsintensitåten knapp çber 50±60% der maximalen Herzfrequenz eintreten.
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Eine niedrige Ruheherzfrequenz ist mit einer niedrigeren Gesamt- und kardialen Sterblichkeit verbunden [152, 252, 431]4. Allerdings weisen hohe Frequenzen nicht zwangslåufig auf kardiale Risiken hin, sondern sind teilweise konstitutioneller Natur oder auch Reflex von Stærungen im Muskelstoffwechsel [351]. Andererseits sind niedrige Herzfrequenzen nicht per se gesund. Eine bei kærperlicher Belastung mangelhafte Fåhigkeit zur Herzfrequenzsteigerung (chronotrope Inkompetenz) ist z. B. mit einer erhæhten koronaren und Gesamtmortalitåt verknçpft [263]. Im Einzelfall muss also die klinische Gesamtsituation zur Beurteilung beitragen. Das Produkt aus Herzfrequenz und systolischem Blutdruck korreliert zum myokardialen Sauerstoffverbrauch. Aus der Senkung der Parameter infolge von Ausdauersport låsst sich eine Úkonomisierung der Herzarbeit belegen [128]. Vermehrte Beachtung findet neuerdings die Herzfrequenzerholung. Gemessen wird die Geschwindigkeit, mit der die Herzfrequenz nach einer Belastung zum Ausgangsniveau zurçckkehrt. Sie ist abhångig von der Reaktivierung des parasympathischen Nervensystems am Belastungsende. Eine Verlångerung der Erholungszeit war in der Studie von Cole et al. [93, 94] mit einem erhæhten Sterblichkeitsrisiko verbunden (Abb. 14). Dies beståtigte sich auch bei Patienten, die sich aus gegebenem Grund einem symptomlimitierten Belastungs-EKG unterziehen mussten [347]. Sehr wahrscheinlich handelt es sich damit um einen prognostisch aussagekråftigen Parameter. Im Rahmen eines Ausdauertrainings kommt es zu einer schnelleren Herzfrequenzerholung [205]. Strukturelle Herzverånderungen Der finnische Arzt Henschen prågte 1899 den Begriff des ¹Sportlerherzensª. Er verstand darunter eine Herzvergræûerung, die er bei trainierten Skilanglåufern håufig beobachtete. Heute wird darunter eine harmonische Vergræûerung beider Herzkammern und -vorhæfe sowie eine leichte Muskelhypertrophie (Wandverdickung) verstanden [411]. Es handelt sich dabei um eine prognostisch gutartige Adaptation des Herzens an den vermehrten Leistungsbedarf infolge einer vermehrten Volumenbelastung. Die linke Herzkammer zeigt echokardiographisch eine verbesserte systolische wie diastolische Funktion. Die Herzmuskelzellen wachsen kompensatorisch, die Muskelfasern verlångern sich [107]. Wahrscheinlich durch genetische Einflçsse besteht eine erhebliche individuelle Variabilitåt der Ausprågung. Mindestens 3±5 Stunden Training pro 4
Weitere Ergebnisse bei: Seccareccia et al. [431]; Wannamethee et al. [493], Kannel et al. [217], Jouven et al. [214], Gillum et al. [144]. Studien zu Herzfrequenz bei submaximalen Belastungen oder Herzfrequenzreserve: Sandvik et al. [410]; Cheng et al. [85]; Ekelund et al. [112]; Shalnova et al. [436]; Filipovsky et al. [125].
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Abb. 14. Prognostische Bedeutung der Herzfrequenzerholung nach Belastung: In einer Studie mit 2428 Patienten ohne bekannte Herzerkrankung war ein abnormer Wert fçr die Herzfrequenzerholung ± definiert als Rçckgang von weniger als 12 Schlågen pro min von der Herzfrequenz bei Spitzenbelastung ± mit einem erhæhten Sterblichkeitsrisiko verbunden. Die Punkte repråsentieren das relative Risiko jeder Quintile (Qu. 1 mit der långsten Erholungszeit), bezogen auf die 5. Quintile (mit der schnellsten Herzfrequenzsenkung); die gestrichelten Linien stellen das 95%-Konfidenzintervall dar [93]
Woche sind Voraussetzung fçr die Herausbildung eines Sportlerherzens [107, 231]. Vællig anders einzuschåtzen ist eine Herzvergræûerung und -hypertrophie infolge einer Herzerkrankung. Hierbei handelt es sich um eine Kompensation krankhafter Verhåltnisse mit schlechter Prognose. Im Gegensatz zum Zellwachstum des Sportlerherzens entwickelt sich eine Zellvermehrung (Hyperplasie) mit erheblichen negativen Folgen wie z. B. einer gestærten Kontraktion der Herzmuskelfasern und einer vermehrten Steifigkeit des Herzmuskels mit gestærtem Fçllungsverhalten der linken Herzkammer (diastolische Dysfunktion). Klinisch kommt es zum Bild einer Herzschwåche.
z! Ein nachhaltiges Ausdauertraining moduliert das autonome Nervensystem. Die sympathische Aktivitåt wird reduziert, die parasympathische gesteigert. Die negativen Auswirkungen einer sympathischen Hyperaktivitåt werden dadurch reduziert. Das Blutvolumen steigt bei verbesserter Viskositåt durch Absenkung des Håmatokrits. Muskelmasse des Herzens und Volumen der Herzhohlråume nehmen zu, das Schlagvolumen steigt bei sinkender Frequenz. Peripherer Widerstand und Blutdruck nehmen ab. Die Verånderungen fçhren im Ergebnis zu einer Úkonomisierung der Herzarbeit und einer reduzierten kardialen und Gesamtmortalitåt.
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EKG und Herzrhythmusstærungen Als Folge des strukturellen Herzumbaus und erhæhten Vagotonie-Einflusses kann es nach kontinuierlichem Ausdauertraining zu physiologischen Verånderungen im Ruhe-EKG kommen, die meist harmlos sind, im Einzelfall jedoch von krankhaften Prozessen abgegrenzt werden mçssen (s. Tab. 2). Exakte Aussagen çber die Håufigkeit von Rhythmusstærungen sind wegen der groûen Spontanvariabilitåt schwierig. Entsprechend gehen die Ansichten çber die Pråvalenz ventrikulårer und supraventrikulårer Extrasystolen bei Sportlern und Nichtsportlern auseinander [231, 365, 522]. Auch bei ålteren Athleten, die lebenslang Sport betrieben haben, bestehen uneinheitliche Ergebnisse. Pigozzi et al. [376] fanden bezçglich ventrikulåren Rhythmusstærungen keine Unterschiede zu einem Vergleichskollektiv. Jensen-Urstad et al. [209] berichteten dagegen von håufigen komplexen ventrikulåren wie stårker ausgeprågten bradykarden Rhythmusstærungen bei 9 von 11 ålteren Leistungssportlern. Einigkeit besteht darin, dass Rhythmusstærungen eines gesunden Herzens prognostisch gutartig sind und somit Sport weiter betrieben werden darf [45, 225]. Biffi et al. [45] halten die ventrikulåre Extrasystolie eines Ausdauersportlers håufig fçr die harmlose Folge der beschriebenen kardialen Strukturverånderungen. Als Beleg diente die Tatsache, dass ventrikulåre Extrasystolen nach einer 3-monatigen Trainingspause mit Rçckbildung der physioloTabelle 2. Verånderungen im Ruhe-EKG des trainierten Herzens [231] Rhythmusverånderungen z Sinusbradykardie z Sinusarrhythmie (respiratorisch) z Sinuspausen (> 2 s < 3 s) z wandernder Schrittmacher z AV-junktionaler Ersatzrhythmus z ventrikulårer Ersatzrhythmus z einfache AV-Dissoziation z Parasystolie z ventrikulåre/supraventrikulåre Extrasystolen z AV-Block Grad I z AV-Block Grad II, Typ Mobitz I und Wenckebach
håufig håufig weniger weniger weniger selten weniger selten weniger håufig weniger
Verånderungen des Kammerkomplexes z inkompletter Rechtsschenkelblock z çberhæhte Voltagen der R- und S-Zacken
håufig håufig
Erregungsrçckbildungsverånderungen z ST-Hebungen mit hohen Spitzen z ST-Senkungen mit oder ohne T-Wellen-Verånderungen z biphasische oder terminal negative T-Wellen mit oder ohne ST-Verånderungen
håufig selten selten
håufig håufig håufig håufig håufig håufig
6.2 Herz-Kreislauf
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gischen Hypertrophie seltener auftraten und es wåhrend eines anschlieûenden Beobachtungszeitraums von 8 Jahren zu keinen kardialen Todesfållen kam. Sistiert eine Rhythmusstærung wåhrend der Ergometerbelastung, so handelt es sich in der Regel um ein gesundes Herz. Anders ist es zu betrachten, wenn Extrasystolen unter einer Belastung oder kurz nach Belastungsende gehåuft auftreten oder komplexe Formen wie Couplets oder Salven zu beobachten sind. Dies sollte eine sorgfåltige årztliche Untersuchung nach sich ziehen, um Herzerkrankungen nicht zu çbersehen. Zwei græûere Untersuchungen beschåftigten sich mit der Belastungsextrasystolie. Jouven et al. [213] fanden nach 23 Jahren eine um rund 2,5fach erhæhte Koronarsterblichkeit. Anders bei Frolkis et al. [213]. Bei ihnen beståtigte sich ein erhæhtes koronares Sterberisiko (nach 5 Jahren um 1,5) nur, wenn ventrikulåre Extrasystolen in der frçhen Erholungsphase gehåuft auftraten. Die Autoren interpretieren die Studienergebnisse so, dass die Extrasystolie der frçhen Erholungsphase Zeichen einer abgeschwåchten parasympathischen Reaktivierung am Belastungsende ist. Die Arbeitsgruppe um Heidbuchel [176] untersuchte Hochleistungs-Ausdauersportler mit ventrikulåren Extrasystolen, die die Form eines Linksschenkelblocks aufwiesen. Ihr Ursprungsort befindet sich çberwiegend im rechten Ventrikel. Sie kænnen damit auf eine rechtsventrikulåre Dysplasie hinweisen. War dies der Fall, traten in der Folgezeit gehåuft plætzliche Herztodesfålle auf. Viele Untersucher beobachteten bei Leistungssportlern eine Håufung von Vorhofflimmern [138, 330, 522]. Meist handelt es sich zunåchst um eine paroxysmale Verlaufsform. Hoogsten [191] fand eine Håufung ab einer wæchentlichen Trainingsdauer von 4 h. Bei 50% der betroffenen Sportlern blieb es auch in den folgenden Jahren bei einem intermittierenden Verlauf. Bei 23% kam es zu keinem weiteren Ereignis, bei 17% trat schlieûlich ein permanentes Vorhofflimmern ein.
z! Zahlreiche EKG-Verånderungen treten beim Sportlerherz auf und sind meist physiolo-
gisch, mçssen jedoch im Einzelfall von krankhaften Verånderungen abgegrenzt werden. Auch Rhythmusstærungen sind in der groûen Mehrzahl der Fålle harmloser Natur. Sie sollten jedoch Anlass geben, eine kardiologische Untersuchung durchzufçhren und mittels Echokardiographie, EKG und Ergometrie nach Herzkrankheiten zu suchen. Bei bestimmten Erkrankungen muss auf eine weitere Sportausçbung verzichtet werden. In anderen Fållen kann eine angepasste Belastung weiter durchgefçhrt werden. Im Einzelfall ist eine verantwortliche Abwågung håufig schwierig und muss offen zwischen Sportler und Arzt diskutiert werden.
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6.3 Autonomes Nervensystem 6.3.1 Akute Reaktionen bei kærperlicher Belastung Die Adaptationen des Herz-Kreislauf-Systems werden zum groûen Teil durch das autonome Nervensystem gesteuert. Die ergotropen sympathischen Nervenfasern versetzen den Kærper in die Lage, Leistung zu erbringen: die Herzfrequenz steigt, die Atmung nimmt zu, Atemwege erweitern sich, die Magen-Darm-Gefåûe kontrahieren sich etc. Die trophotropen parasympathischen (oder vagalen) Anteile begçnstigen die Erholungsprozesse: die Herzfrequenz sinkt, die Atmung wird ruhiger, die Bronchien werden enger, die Peristaltik des Magen-Darm-Traktes nimmt zu, die enterale Drçsensekretion steigert sich und vieles mehr. Das Zusammenspiel der Organe bei kærperlicher Aktivitåt ist hochkomplex und wird einerseits zentral, andererseits durch periphere Ergorezeptoren gesteuert. Ein Beispiel fçr die zentrale Steuerung ist die Vorwegnahme einer kommenden Stressanforderung, z. B. in der Phase unmittelbar vor dem Start in einen Wettkampf. Die peripher-muskulåre Steuerung erfolgt mehr reaktiv nach den Anforderungen der Muskelzelle. Mechanische bzw. chemische Ergorezeptoren liefern den Impulsausstrom, der im Kreislaufzentrum zusammen mit Impulsen aus den Baro-, Chemo- und Volumenrezeptoren des Gefåûsystems sowie aus dem Herzen verarbeitet und in neue Befehle umgesetzt wird [327]. Die zentrale Steuerung erfolgt in Bereichen des Hirnstamms und Kleinhirns, wie funktionelle magnetresonanztomographische Untersuchungen zeigten [151]. Im Falle einer kærperlichen Belastung kommt es also zu einer vermehrten Aktivitåt des sympathischen Nervensystems mit entsprechender vermehrter Ausschçttung von Katecholaminen. Die Herzfrequenz steigt im unteren Bereich zwar zunåchst durch eine Abnahme der parasympathischen Aktivitåt an. Bei steigender Intensitåt kommt es im hæheren Frequenzbereich jedoch zur deutlichen Zunahme der sympathischen Stimulierung [433].
6.3.2 Nachhaltige Verånderungen bei Ausdauerbelastungen Von zentraler Bedeutung fçr die gesundheitlichen Auswirkungen eines Ausdauertrainings ist die Stårkung der parasympathischen Aktivitåt bei gleichzeitiger Herabsetzung der sympathischen Aktivitåt [499]. Die Ansprechbarkeit auf sympathische Reize ist gleichzeitig reduziert und bei Belastungen zudem verzægert [107]. Deletåre Folgen einer hohen Sympathikusaktivitåt (s. Tab. 3) treten damit seltener auf. Unter Einnahme von Betablockern, die das sympathische Nervensystem blockieren, sinkt die Sterblichkeit nach Herzinfarkt in einer Metaanalyse mit fast 25 000 Patienten um 27% [132]. Hohe parasympathi-
6.3 Autonomes Nervensystem
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Tabelle 3. Folgen einer Sympathikusçberstimulation [274, 281, 377] Folgen einer verstårkten Sympathikus-Aktivitåt z Rhythmusstærungen z Myokardhypertrophie z metabolische Verånderungen
plætzlicher Herztod Hypertonie Gesamtmortalitåt
Herzinfarkt Plaquerupturen kardiale Mortalitåt
sche Aktivitåt ist dagegen bei Patienten, die einen Herzinfarkt erlitten haben, mit einer reduzierten Mortalitåt assoziiert [235]. Folgende 2 Messmethoden haben sich zur Beurteilung des autonomen Nervensystems vorrangig etabliert: z die Messung der Herzfrequenzvariabilitåt z die Messung der Baroreflexsensitivitåt Schon lange ist bekannt, dass die Herzfrequenz in Ruhe nicht vællig konstant ist, sondern kleine Abweichungen von Schlag zu Schlag aufweist (= Herzfrequenzvariabilitåt, HFV). Fçr jeden leicht nachvollziehbar sind die Schwankungen, die beispielsweise mit der Atmung einhergehen. In Langzeit-EKG-Studien konnten diese kleinen Differenzen im Rhythmus der Herzschlåge registriert und quantifiziert werden. Ewing et al. [120] beobachteten bei einem gesunden Kollektiv in einer Stunde zwischen 150 und 450 Intervallabweichungen çber 50 msec. Kleiger [235] konnte zeigen, dass das Ausmaû der Herzfrequenzvariabilitåt ± çber 24 Stunden betrachtet ± bei jedem Studienteilnehmer von Tag zu Tag konstant war. Damit war der Weg frei, sie als Maû fçr die autonome Funktion zu studieren. Eine normale Herzfrequenzvariabilitåt wird interpretiert als Ausdruck einer ausgeglichenen Interaktion zwischen sympathischem und parasympathischem Nervensystem. Eine Hyperaktivitåt des sympathischen Anteils geht mit einer Einschrånkung der Variabilitåt einher, fçhrt gleichsam zu einer starren, wenig modulierenden Pulsfrequenz. Zahlreiche Messparameter wurden fçr die Langzeit-EKG-Auswertung entwickelt, deren Darstellung den Rahmen des Buches sprengen wçrden. Eine gute Ûbersicht zu dieser Thematik findet sich auf der Website des American College of Cardiology [18]. Tsuji et al [478] zeigten, dass in einer unselektierten gesunden Bevælkerungsgruppe eine verringerte Herzfrequenzvariabilitåt mit einer erhæhten Gesamtsterblichkeit sowie einem erhæhten Risiko kardialer Ereignisse einhergeht. Nach Herzinfarkt erwies sich die gestærte HFV als guter prognostischer Marker sowohl fçr die kardiale [256, 429] als auch fçr die Gesamtmortalitåt [472]. Ausdauertraining verbessert die Herzfrequenzvariabilitåt [204, 275, 472]. Die zugrunde liegende erhæhte parasymphatische Aktivitåt kann nach Meinung der Autoren zu einer verringerten Mortalitåt beitragen (vgl. Bigger [46]).
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6 Wirkungen auf Organsysteme
Abb. 15. Autonome Regulationsmechanismen und Ausdauerleistungsfåhigkeit, nach [499]
Die Baroreflexsensitivitåt drçckt die Fåhigkeit des Kærpers aus, auf Blutdruckschwankungen mit einer gegensteuernden autonomen Aktivitåt zu reagieren. Bislang wurde sie bestimmt, indem das Ausmaû des reaktiven Pulsabfalls nach einer kçnstlich hervorgerufenen Blutdrucksteigerung gemessen wurde. Als ganz neue Methode hat sich in den letzten Jahren die Messung der Heart Rate Turbulence etabliert. Es handelt sich dabei um eine flçchtig vom Baroreflex gesteuerte Oszillation der Herzfrequenz nach Extrasystolen. Solche Extraschlåge rufen flçchtige Verånderungen des Blutdrucks hervor mit charakteristischen postextrasystolischen Schwankungen der Herzfrequenz, die im Langzeit-EKG gemessen werden kænnen [418]. Ist diese Reaktion abgeschwåcht, der Baroreflex also gestært, besteht z. B. ein erhæhtes Mortalitåtsrisiko nach Myokardinfarkt [35]. Dies beståtigen auch Studien, die die Baroreflexsensitivitåt mit herkæmmlichen Methoden gemessen haben [256, 405]. Ausdauertraining verbesserte die Baroreflexsensitivitåt [257] und zeigt damit auch hier seine potenziellen Einflçsse auf eine Senkung der Mortalitåt.
6.4 Blut und endokrine Organe Das absolute Blutvolumen nimmt um 1±2 Liter zu. Da vorrangig das Plasmavolumen wåchst, kommt es ± relativ gesehen ± zu einer Absenkung des Håmatokrits und Håmoglobins. Die Viskositåt des Blutes verbessert sich damit. Dennoch steigt die absolute Erythrozytenzahl, die Sauerstoff-Transportkapazitåt nimmt zu. Auch wird die Gesamtkapazitåt der Puffersysteme
Abb. 16. Ûbersicht çber die Auswirkungen (Herz-Kreislauf) des Ausdauertrainings, nach [439]
6.4 Blut und endokrine Organe z
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6 Wirkungen auf Organsysteme
gesteigert (Bikarbonate, Phosphate, Plasmaproteine). Im Ergebnis verbessert dies die Toleranz von Ausdauertrainierten gegen kærperliche Ermçdung [525]. Wåhrend einer kærperlichen Anstrengung kommt es vorçbergehend zur Zunahme der Thrombozytenzahl und -aktivitåt, so dass das Thromboserisiko steigt. Insbesondere eine hohe Belastungsintensitåt begçnstigt diese Effekte [329, 381]. Bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit stellten Andreotti et al. [24] selbst bei niedrigen kærperlichen Trainingsbelastungen eine vorçbergehende Erhæhung der Verklumpungstendenz der Blutplåttchen fest. Regelmåûiges moderates Training reduziert dagegen die Neigung zur Thrombozytenaggregation [101, 386, 491]. Desgleichen kommt es zu einer Absenkung des Fibrinogen-Spiegels [454, 457]. Die Senkung des Fibrinogenspiegels hat neben der des Håmatokrit-Wertes weitere positive Auswirkungen auf die Viskositåt des Blutes. Die Studienergebnisse bezçglich der Gewebe-Plasminogenaktivator-Aktivitåt (t-PA) differieren. Zusammenfassend låsst sich ein biphasisches Verhalten beobachten. Wåhrend im Laufe einer kærperlichen Belastung die Tendenz zur Gerinnbarkeit und damit die Thrombosegefahr zunehmen kænnen, vermindert langfristiges Ausdauertraining das Thromboserisiko signifikant. Die Katecholaminausschçttung (Adrenalin/Noradrenalin) ist genauso wie der Kortisolspiegel auf jeder Belastungsstufe geringer als bei Untrainierten, kann jedoch andererseits im Falle einer maximalen Belastung in betråchtlichen Mengen gesteigert werden. Eine Aldosteronerschæpfung tritt bei Trainierten kaum auf. Der Thyroxinumsatz ist wåhrend einer Belastung erhæht. Somatotropin wird in Folge einer Trainingsanpassung nachhaltig långere Zeit vermehrt freigesetzt [Ûbersicht: 525]. Neben den Katecholaminen sind weitere Hormone an den akuten Adaptationen beteiligt. Kortisol aus der Nebennierenrinde (NNR) steigert bei kærperlichen Belastungen zusammen mit den Katecholaminen und dem Somatotropin die Fettsåurenfreisetzung aus den Fettdepots. Weiter stimuliert es die Glukoneogenese aus Aminosåuren in der Leber. Das Mineralkortikoid Aldosteron (NNR) sorgt fçr die Aufrechterhaltung eines angemessenen Flçssigkeitsvolumens im Kærper. Das Schilddrçsenhormon Thyroxin færdert die Sauerstoffaufnahme im Gewebe und damit die ATP-Resynthese sowie die Glykogenspaltung und Glukoseaufnahme im Darm. Das Somatotropin aus der Hypophyse steigert neben der schon erwåhnten Lipolyse die Glykogenresynthese. Anatomisch ist håufig eine entsprechende Vergræûerung der genannten endokrinen Organe zu beobachten [525]. Das Gesamtblut- und -flçssigkeitsvolumen wåhrend einer Belastung unterliegt einer komplexen Regulierung durch Flçssigkeitsaufnahme, Nierenausscheidung und Schweiûsekretion. Brutto muss die Elektrolytkonzentration aufrecht gehalten werden. Eine bei långerer Ausdauerbelastung nicht ganz seltene Abweichung ist die Hyponatriåmie, wie sie z. B. bei Marathonlåufen beobachtet wird. Zahlreiche Todesfålle werden auf sie zurçckgefçhrt, zuletzt der einer 28-jåhrigen Låuferin des Boston Marathon 2002 [Ûbersicht: 16]. In der
6.4 Blut und endokrine Organe
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genannten Untersuchung wurde die Inzidenz einer Hyponatriåmie (Na < 135 mmol/l) in einem unselektierten Kollektiv von Teilnehmern am Boston Marathon 2002 auf 13% beziffert. Drei dieser Låufer (0,6%) litten unter einer kritischen Hyponatriåmie (Na < 120 mmol/l), das bedeutete hochgerechnet auf die Gesamtzahl der Teilnehmer am Marathon, dass 90 Låufer in einem gesundheitlich kritischen Zustand am Ziel ankamen. Als hauptsåchliche Ursache wurde eine unangemessen hohe Flçssigkeitsaufnahme wåhrend des Laufes erkannt. Wurden mehr als 3 Liter getrunken, so entstand eine signifikante Korrelation zu gehåuften Hyponatriåmien. Es machte dabei interessanterweise keinen Unterschied, ob reines Wasser oder ein Sportdrink verwendet wurde. Die Autoren fçhren dies darauf zurçck, dass die Natriumkonzentration bei den meisten Sportdrinks weniger als 1/5 der Serumkonzentration betrågt. Die strengste Korrelation zur Hyponatriåmie wies die Gewichtszunahme wåhrend des Laufes auf, die wiederum am besten mit der Flçssigkeitsaufnahme gepaart war (Abb. 17). Untergewicht wie Adipositas waren weitere Prådiktoren einer Hyponatriåmie. Es wird diskutiert, dass die Flçssigkeitsaufnahme bei Untergewichtigen in Relation zum bestehenden Flçssigkeitsvolumen schneller unverhåltnismåûig wird. Bei Ûbergewichtigen kænnte ein verminderter Verlust freien Wassers durch Schweiûsekretion eine Rolle spielen, da das Verhåltnis Kærperoberflåche zu -volumen abnimmt. Wåhrend die allgemeinen Leitlinien bislang reichliches Trinken empfahlen, ist ein Umdenken in Gang gesetzt, nachdem die zitierte Studie publiziert wurde. Die Autoren empfehlen allen Marathonlåufern eine Gewichtskontrolle vor und nach dem Lauf zur Ermittlung des individuell recht unterschiedlichen Flçssigkeitsbedarfs. Es soll wåhrend des Laufens soviel ge-
Abb. 17. Risiko einer Hyponatriåmie (< 135 mmol/l = gesamte Såule) und schweren Hyponatriåmie (< 130 mmol/l = schwarz gefçllter Anteil) in Abhångigkeit vom verånderten Kærpergewicht wåhrend eines Marathonlaufes; die Zahlen çber den Kåsten beziffern die Anzahl der Låufer in der Gruppe; positive Zahlen auf der X-Achse bedeuten eine Gewichtszunahme, negative eine Gewichtsabnahme [16]
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trunken werden, dass das Gewicht vor und nach dem Rennen etwa gleich ist. Andere Autoren [350] nach [16] empfehlen, sich nach dem Durstgefçhl zu richten.
z! Ausdauertraining fçhrt zur Zunahme des Gesamtblutvolumens. Wåhrend Håmatokrit
und Håmoglobin relativ absinken, nehmen die absoluten Werte zu. Die Blutviskositåt sinkt demgemåû ab, zusåtzlich unterstçtzt durch einen verminderten Fibrinogenspiegel. Die Tendenz zur Thrombozytenaggregation nimmt ab. Zahlreiche hormonelle Verånderungen unterstçtzen die Fåhigkeit des Kærpers zur ausdauernden Aktivitåt. Eine nicht seltene Gefahr bildet die Hyponatriåmie. Sie wird hauptsåchlich durch eine zu groûe Flçssigkeitszunahme wåhrend eines långeren Laufes verursacht. Eine Kontrolle des Kærpergewichtes wird empfohlen. Alternativ kann man sich nach dem Durstgefçhl richten.
6.5 Arterielle und venæse Gefåûe ¹Wir sind so alt wie unsere Gefåûeª (Schettler). Das Zitat illustriert prågnant den Umstand, dass Gefåûerkrankungen systemisch sind und gleichzeitig viele Organe des Kærpers bedrohen. So gehen zahlreiche Erkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder die periphere arterielle Verschlusskrankheit zu einem çberwiegenden Anteil auf arterielle Durchblutungsstærungen zurçck. Im Zentrum dieser Systemerkrankung steht ein Gefåûwandprozess, Arteriosklerose oder Atherosklerose genannt, der von einer Lumeneinengung bis zu einem Gefåûverschluss fçhren kann. Die Arteriosklerose wird heute nicht mehr als degenerativer, sondern vielmehr als entzçndlicher und fibroproliferativer Prozess verstanden, der sich als Folge genetischer Prådisposition wie verschiedener beeinflussbarer Risikofaktoren entwickelt [402] (Tab. 4). Am Anfang der arteriosklerotischen Kettenreaktion steht eine Schådigung des Endothels [83, 402, 426]. Diese einlagige Zellschicht kleidet das Tabelle 4. Risikofaktoren der Arteriosklerose [391] Konventionelle Risikofaktoren
neue Risikofaktoren
z z z z z
C-reaktives Protein andere Entzçndungsmarker Homozystein (?) Fibrinogen Lipoprotein (a)
Rauchen Hypertonus (Bluthochdruck) Hyperlipidåmie (LDL-Cholesterin :, HDL-Cholesterin ;) Metabolisches Syndrom, Insulinresistenz, Diabetes Ernåhrungsfaktoren
z mentaler Stress, Depression
6.5 Arterielle und venæse Gefåûe
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gesamte Gefåûsystem aus und wçrde ausgerollt eine Flåche von sechs Tennisplåtzen bedecken. Das Endothel wurde lange Zeit nur als passive Barriere zwischen dem stræmenden Blut und der Gefåûwand verstanden, neuere Untersuchungen zeigten jedoch, dass es sich um ein aktives Organ mit zahlreichen Funktionen handelt. Folgende Aufgaben erfçllt es [66, 282, 248, 490]: z Regulation des vaskulåren Tonus (Gefåûweitstellung) z Regulation der vaskulåren Permeabilitåt (Fluss biologisch aktiver Molekçle und Nåhrstoffe durch die Gefåûwand) z Steuerung der Interaktion zwischen Zellen oder Zellen und Matrix an und innerhalb der Gefåûwand (z. B. antiadhåsive Wirkungen = bremst Thrombozytenaggregation und -adhåsion, Leukozytenadhåsion, Remodeling der Gefåûe, Proliferation glatter Muskelzellen usw.) z Steuerung der Håmostase (Oberflåche kann antithrombotisch wie prothrombotisch reagieren) z Steuerung der Angiogenese (die Endothel-Progenitor-Zellen kænnen neue Blutgefåûe bilden) Mit Hilfe von Botenstoffen (am bedeutendsten ist das Stickstoffmonoxid = NO) steuert es zum Beispiel den Gefåûtonus. Die genannten Risikofaktoren fçhren, teilweise durch oxidativen Stress bedingt, zu einer Funktionsstærung des Endothels. Die Permeabilitåt fçr LDL-Lipoproteine und andere Plasmabestandteile nimmt zu. Diese lagern sich besonders an Gefåûabschnitten, die turbulenten Stræmungen ausgesetzt sind (Gabelungen), und dort in der Intima der Gefåûwand ab. Die Low-Density-Lipoproteine (LDL) werden oxidiert sowie enzymatisch modifiziert und verursachen eine vermehrte Expression von Leukozytenadhåsionsmolekçlen auf dem Endothel. Leukozyten docken vermehrt an und wandern ein (Abb. 18 a).
Abb. 18 a. Die endotheliale Dysfunktion [402]
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Abb. 18 b. Fortschreiten der Arteriosklerose, das Entstehen von Plaques [402]
Abb. 18 c. Ausbildung einer fibræsen Kappe [402]
Abb. 18 d. Die vulnerable Plaque: Ruptur der fibræsen Kappe oder Ulzeration der Plaque fçhren zur Thrombose [402]
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Monozyten wandeln sich in Makrophagen um, die schlieûlich die verånderten LDL-Partikel aufnehmen und sich zu Schaumzellen umformen. Zusammen mit proliferierten glatten Muskelzellen, Fasern und Kalk entsteht eine Plaque (Abb. 18 b). Aktivierte Makrophagen5 schçtten inflammatorische Zytokine und anderweitige Molekçle aus. Die Produktion von Interleukin 6 stimuliert in der Leber (wie z. B. auch das Interleukin 6 viszeraler Fettzellen) Akute-Phase-Proteine (das bekannteste ist das CRP). Die Plaque ist von einer dçnnen fibræsen Kappe bedeckt und weist im Inneren håufig einen nekrotischen Kern auf (Apoptose, Proteolyse infolge der inflammatorischen Prozesse, Abb. 18 c). Die Plaque kann durch Zerstærung (Andauung) der fibræsen Kappe aufbrechen, bewirkt durch Metalloproteinase und andere proteolytische Enzymen der eingewanderten Makrophagen. Der Kontakt des Blutes mit dieser ¹Wundeª setzt die Blutgerinnung in Gang und fçhrt letztendlich zu einer zusåtzlich stenosierenden thrombotischen Ablagerung oder zum Verschluss des Gefåûes (Abb. 18 d). Im Falle einer kærperlichen Belastung kommt es neurohumoral und lokal vermittelt zu folgenden Akutreaktionen: Die Gefåûe in der Muskulatur erweitern sich durch neurohumorale und lokale Einflçsse (metabolisch, Endothelfunktion, s. u.), so dass die Blutzufuhr auf das 4- bis 10fache ansteigt. Im Gegensatz dazu bleibt die Blutzufuhr zum Gehirn konstant, Niere und Magen-Darmtrakt erhalten sogar nur noch halb so viel Blut. Insgesamt wird dadurch eine ækonomische Nutzung des vorhandenen Blutvolumens mit einer Umverteilung in die belastete Muskulatur erreicht [Ûbersicht: 55]. Ûberlastungen durch exzessives Training bergen jedoch auch Gefahren. Eine vermehrte Inzidenz von Beinvenenthrombosen, z. B. durch ausgedehnte Bergtouren oder Subclavia-Thrombosen nach Krafttraining, wird beschrieben. Daneben sind Einklemmungssyndrome (Entrapment) der Arteria poplitea bei Dauerlåufern oder Schåden der A. femoralis superficialis im Adduktorenkanal bekannt [Ûbersicht: 302]. Langfristig fçhrt regelmåûige Ausdauerbelastung zu einer nachhaltigen Gefåûerweiterung sowohl der Arterien als auch der Venen [301]. Dinenno et al. [108] beobachteten bei Ausdauersportlern einen im Vergleich zur Kontrollgruppe um 7% græûeren Innendurchmesser der A. femoralis communis. Dies wurde schon bei moderatem Training erreicht. Der expansive Effekt wird auch als positives Remodeling bezeichnet. Viele Untersuchungen sprechen dafçr, dass es sich dabei um einen physiologischen adaptativen Mechanismus handelt. Marshall et al. [301] ergånzen, dass vor einer ¹Ûberdosis an Dauerbelastungª gewarnt werden mçsse. Gehåuft zu beobachtende Mediadysplasie und Mediasklerose kænnten arteriosklerotischen Spåtfolgen Vorschub leisten. Die Wadenvenencompliance (Volumendehn5
Bei der Aktivierung kænnten zusåtzliche Faktoren, beispielsweise auch Bakterien eine Rolle spielen.
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barkeit) ist bei Trainierten græûer und korreliere mæglicherweise mit der græûeren Inzidenz orthostatischer Synkopen bei Ausdauertrainierten. Gçnstige Effekte eines moderaten Ausdauertrainings sind im Hinblick auf den Arterioskleroseprozess auf mehreren Ebenen zu beobachten.
6.5.1 Anpassungen der Endothelfunktion 6 Die Anpassung des Gefåûlumens an die Erfordernisse der Blutzufuhr und der Aufrechterhaltung eines bestimmten Blutdrucks gehæren zu den wichtigen Aufgaben des Endothels. Die Intaktheit dieser Funktion spiegelt sich in der Fåhigkeit einer Arterie wider, sich auf entsprechende Reize hin zu erweitern. Eine Quantifizierung kann z. B. an einer Armarterie mittels Ultraschall oder an einer Koronararterie (Herzkranzgefåû) mittels Angiographie oder intravaskulårem Ultraschall erfolgen. Dazu wird eine Gefåû erweiternde Substanz appliziert (z. B. Acetylcholin oder Nitroglyzerin) und ihr Effekt gemessen. Schon eine einzelne Trainingseinheit (90 min moderates Gehen) zeigt gçnstige Auswirkungen auf die Endothelfunktion [134]. Regelmåûiges Training verbessert sie bei Untrainierten [205]. Haskell [171] fand beim Vergleich von Ultramarathonlåufern mit gesunden inaktiven Månnern signifikante Unterschiede in der Vasodilatation der Koronararterien nach Nitroglyzeringabe. Eine gestærte Endothelfunktion der Koronargefåûe låsst sich durch Training verbessern. Hambrecht et al. [165] erreichten bei 19 Månnern eine 29%ige Steigerung der koronaren Flussreserve durch ein 4-wæchiges Ausdauertraining (tåglich 10 min bei 80% der maximalen Herzfrequenz). Øhnliche Effekte konnten auch bei einer chronisch stabilen koronaren Herzkrankheit gezeigt werden [161]. Die klinisch nachweisbaren Effekte bleiben aber nicht auf die Koronargefåûe beschrånkt. Die erektile Dysfunktion (Unfåhigkeit zur Erektion des Penis) ist ebenfalls håufig Folge einer gestærten Endothelfunktion der Penisgefåûe. In Verbindung mit einer Gewichtsabnahme konnte auch hier durch Ausdauertraining eine hochsignifikante Besserung verzeichnet werden [117]. Experimente mit Zellkulturen legen nahe, dass kærperliches Training die Konzentration von Stickstoffmonoxid (NO) an der glatten Muskelzelle der Gefåûe erhæht und damit die beschriebenen protektiven Effekte hervorrufen kann. Man nimmt an, dass die intermittierend wirkenden Scherkråfte einer beschleunigten laminaren Blutstræmung wåhrend kærperlicher Anstrengung eine vermehrte Expression der endothelialen NO-Synthase
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Siehe auch die Ûbersichtsartikel [66, 490].
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Abb. 19. Die Wirkungen des kærperlichen Trainings (NO = Stickstoffmonoxid, eNOS = endotheliale Stickstoffmonoxid-Synthase, ACE = Antiotensin-Converting-Enzym)
(eNOS) und deren Phosphorylierung bewirkt. Schlieûlich resultiert ein erhæhter NO-Spiegel durch gesteigerte NO-Produktion sowie Hemmung des NO-Abbaus [160, 206]. Zusåtzlich wird die wandståndige ACE-Expression als potenziell schådigender Faktor um bis zu 50% gehemmt [393] (Abb. 19).
6.5.2 Fortschreitender Atheroskleroseprozess Tierexerimentell gelang der histologische Nachweis eines durch Bewegung reduzierten Arterioskleroseprozesses [337]. An der Gefåûwand der A. carotis låsst sich sonographisch der Arterioskleroseprozess beobachten. Die Gefåûwanddicke (Intima-Media-Dicke = IMD) der Carotis gilt als zuverlåssiger Risikomarker fçr koronare und zerebrovaskulåre Komplikationen [358]. Gut trainierte Menschen haben eine geringere IMD [258]. Eine Verlangsamung der altersçblichen Wanddickenzunahme durch kontinuierliches Training konnte belegt werden [385]. Untersuchungen bei Herzkranzgefåû-Erkrankten liegen von Niebauer et al. [344] und Hambrecht et al. [164] vor. Die Arbeitsgruppen konnten bei Patienten mit nachgewiesenen Koronarstenosen und Angina pectoris eine Verzægerung des Atherosklerose-Prozesses bzw. sogar eine Regression erreichen (Nåheres s. Kap. 8.1.2).
6.5.3 Auswirkungen auf die Plaquestabilitåt: vulnerable Plaque Die Mehrzahl der Herzinfarkte entsteht entsprechend dem beschriebenen Arterioskleroseprozess aus einer Entzçndung der Koronargefåûe (Koronariitis), welche die mehrheitlich eher flachen und nur måûig stenosierenden atherosklerotischen Beete (Plaques) destabilisiert [139, 402]. Auf groûes Interesse stoûen deshalb Entzçndungsmarker im Serum als Maû fçr die Aktivitåt des Entzçndungsprozesses. Einer der bekanntesten
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Marker ist das C-reaktive Protein (CRP). Es handelt sich dabei um ein Serumprotein, das ± in der Leber synthetisiert ± bei akuten wie chronischen entzçndlichen Prozessen vermehrt ausgeschçttet wird. Ein erhæhter Serumspiegel korreliert mit einem erhæhten Risiko, ein koronares Ereignis zu erleben [244]. Ob es sich lediglich um einen Risikomarker oder vielmehr um einen eigenståndigen Risikofaktor, der ursåchlich an der Arteriosklerose beteiligt ist, handelt, ist noch unklar [368]. Erste Pilotstudien sprechen jedenfalls dafçr, dass eine Absenkung des CRP-Spiegels mit einer Reduktion koronarer Ereignisse einhergeht. Ridker et al. [392] und Nissen et al. [348] kommen in ihren randomisierten Studien zum Ergebnis, dass die Absenkung des CRP-Spiegels ein wichtiges Therapieziel in der Behandlung der koronaren Herzkrankheit sein sollte. Abramson u. Vaccarino [5] beschrieben in ihrer Studie eine inverse Beziehung zwischen der Hæhe des CRP-Spiegels und dem Ausmaû der kærperlichen Aktivitåt. Ein 3-monatiges kærperliches Training von Patienten mit einer koronaren Herzerkrankung fçhrte bei Milani et al. [324] zu einer Absenkung des CRP-Spiegels um im Mittel 41% (p = 0,002). Eine gefåûschçtzende Rolle wird auch bestimmten Formen von Zytokinen (kærpereigene Eiweiûe) zugesprochen. Smith, Dykes, Douglas et al. [444] konnten belegen, dass Ausdauertraining deren Spiegel erhæht. Bislang lassen sich gefåhrdete Plaques in vivo nicht identifizieren. Die erwåhnten Befunde machen es allerdings plausibel, dass durch ein regelmåûiges Ausdauertraining eine Stabilisierung solcher vulnerablen Plaques erreicht werden kann. Wåhrend und unmittelbar nach einer kærperlichen Anstrengung kommt es zu einer geringfçgigen Håufung von Myokardinfarkten. Das Risiko, in der 1. Stunde nach einer anstrengenden Tåtigkeit einen Myokardinfarkt zu erleiden, ist z. B. auf das 5,9fache erhæht [328]. Dies wird in erster Linie Rupturen instabiler Plaques zugeschrieben [73]. Mittleman et al. [328] haben gezeigt, dass diese Todesfålle jedoch umso seltener auftreten, je ausdauernder trainiert wird. Dies kænnte im Umkehrschluss als Hinweis darauf gewertet werden, dass regelmåûige kærperliche Aktivitåt eine Stabilisierung vulnerabler Plaques bewirken kann. Weitere Untersuchungen sind hier jedoch notwendig.
6.5.4 Kollateralenbildung Kollateralen stellen bei einem Gefåûverschluss oder einer Gefåûstenose eine Umgehung des Hindernisses her und gewåhrleisten damit die Blutzufuhr im bedrohten Gebiet. Die Aufgabe wird teilweise durch bestehende Gefåûe nach Umformung und Lumenweitung (Remodeling) çbernommen (= Arteriogenese). Daneben kænnen sich vællig neu aussprossende Kapillaren (= Angiogenese) bilden und zu Arteriolen oder Arterien umformen.
6.5 Arterielle und venæse Gefåûe
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Ausdauertraining ist ein starker Stimulus fçr eine Kapillarbildung im Skelettmuskelgewebe (sowohl durch Angiogenese wie Arteriogenese). Wachstumsfaktoren wie z. B. der Vascular endothelial growth factor (VEGF) sind vermehrt nachweisbar. Zur Ausbildung neuer Gefåûe ist ein komplexes Zusammenspiel dieser Faktoren mit ihren Rezeptoren und Angiopoetinen notwendig [380]. Als hauptsåchliche Stimuli fçr diese Prozesse gelten Hypoxie (erniedrigter Sauerstoffdruck im Gewebe wåhrend den Muskelkontraktionen) und håmodynamische Reize (vermehrte Wandspannung, Scherstress). Bezçglich der koronaren Situation ergibt sich kein einheitliches Bild. Tierexperimentelle Studien liefern histologisch den Nachweis einer Kollateralenbildung durch kærperliches Training [92, 412]. Angiographische Studien beim Menschen ergaben dagegen widersprçchliche Aussagen. Belardinelli et al. [43] beschrieb bei 23 Patienten mit ischåmischer Kardiomyopathie eine verbesserte Kollateralisierung, andererseits konnten angiographisch sichtbare Kollateralen in der Heidelberger Regressionsstudie nach einjåhrigem Ausdauertraining nicht nachgewiesen werden [343]. Hambrecht [160] meint dazu, dass die Methodik der Angiographie unter Ruhebedingungen ungeeignet ist, um eine eventuell nur bei kærperlicher Belastung stattfindende Rekrutierung von Kollateralen nachweisen zu kænnen. Neue interessante Befunde liefert die Stammzellforschung. Adams et al. [101] konnten aufzeigen, dass bei Patienten mit koronarer Herzerkrankung eine einzige maximale Belastung, die eine Ischåmie verursacht, zu vermehrter Zirkulation endothelialer Progenitorzellen fçhrt. Auch der VEGFSpiegel war erhæht. Beides war nach nichtischåmischer Belastung und bei Gesunden nicht zu beobachten. Diese Progenitorzellen kænnen sich in kritisch durchbluteten Regionen ansiedeln und eine Gefåûaussprossung einleiten. Die Studiengruppe um Laufs [264] konnte bei 19 Patienten mit stabiler koronarer Herzkrankheit nach einem moderaten 4-wæchigen Training ebenfalls vermehrt zirkulierende endotheliale Progenitorzellen nachweisen.
z! Ausdauersport fçhrt zu einer Dilatation arterieller und venæser Gefåûe. Neben der
gewçnschten physiologischen Adaptation kann dies mæglicherweise bei ¹Ûberdosisª auch zu nachhaltigen degenerativen Gefåûschåden fçhren. Studien zeigen, dass sich die endotheliale Funktion durch regelmåûige kærperliche Aktivitåt signifikant bessern låsst. Gute Ergebnisse wurden schon bei relativ geringer Aktivitåt von tåglich 10 min gesehen. Mit einem hæher dosierten Training låsst sich eine Verlangsamung des Atherosklerose-Prozesses erreichen (etwa 3 h wæchentlich), bei weiterer Trainingssteigerung kann es zum Stillstand oder sogar teilweise zur Rçckbildung von Stenosen kommen (ab etwa 4 h). Mæglicherweise werden vulnerable Plaques durch Ausdauertraining stabiler. Dies muss jedoch noch als spekulativ bezeichnet werden. Auch bezçglich einer Kollateralenbildung besteht noch Forschungsbedarf. Studien sprechen jedoch dafçr, dass eine Rekrutierung funktionell wenig benutzter Gefåûe stattfindet bzw. es sogar zur Neubildung kommen kann.
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6.6 Bronchien und Lunge Aufgabe des bronchopulmonalen Systems wåhrend einer kærperlichen Belastung ist es, eine angemessene Sauerstoffaufnahme sowie CO2-Eliminierung zu gewåhrleisten. Die Atemfrequenz steigt um das 4- bis 5fache an, das Atemzugvolumen gleichzeitig um das 5- bis 7fache. Daraus resultiert eine 20- bis 30fache Steigerung der Minutenventilation. Trotz der verkçrzten Kontaktzeit des Blutes im Kapillarbett kommt es zu einer Zunahme der Sauerstoffausbeute mit entsprechend vermehrter arteriovenæser Sauerstoffdifferenz. Brutto entsteht ein gegençber dem Ruhezustand um 20- bis 25fach erhæhter Sauerstofftransport [55]. Zunåchst steigen bei akuter dynamischer Belastung sowohl Atemfrequenz wie Atemzugvolumen (Tidenhub) an. Erreicht letzteres 50±60% der individuellen Vitalkapazitåt, steigt nur noch die Atemfrequenz an. Das Totraumvolumen wåchst von 200 auf 400 ml. Da sich das Atemzugvolumen gleichzeitig von 500 auf 1500 bis 2000 ml steigert, wird ein græûerer Teil der Lunge in den Gasaustauschprozess einbezogen [207]. Ist mit zunehmender Belastung die oxidative Kapazitåt erschæpft, wird mehr und mehr auf die Glykolyse als Energielieferant zurçckgegriffen (aerobe Schwelle). Die dabei produzierte Milchsåure wird durch Bikarbonat gepuffert. Dadurch fållt neben dem im oxidativen Prozess des Zitronensåurenzyklus entstehenden Kohlenstoffdioxid weiteres CO2 an, das durch vermehrte Ventilation abgeatmet werden muss. Dieser erste Knick in der Beziehungskurve wird spiroergometrisch ventilatorische Schwelle 1 genannt. Bei zunehmender Intensitåt der Belastung findet ein weiterer çberproportionaler Anstieg nåherungsweise an der anaeroben Laktatschwelle statt. Es wird vermutet, dass der abfallende pH-Wert die Atmung zusåtzlich stimuliert. Dieser Punkt heiût auch ventilatorische Schwelle 2 [232] (Abb. 20). Der Tipp, fçr ein gesundes Ausdauertraining so zu laufen, dass man sich nebenbei unterhalten kann, macht sich diese Erfahrungen zunutze. Ist eine zwar gesteigerte, aber insgesamt ruhige Atmung noch mæglich, befindet man sich sicher im aeroben Bereich. Das Einsetzen einer raschen hecheln-
Abb. 20. Zusammenhang zwischen Atemfrequenz und Laktatspiegel; heller Pfeil = ventilatorische Schwelle 1, dunkler Pfeil = ventilatorische Schwelle 2
6.6 Bronchien und Lunge
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den Atmung weist auf den Ûbertritt in den anaeroben laktaziden Bereich hin und kçndigt die baldige Erschæpfung an. Die kardiopulmonalen Anpassungsreaktionen sind eng an Verånderungen in der Muskulatur gebunden, die bislang unzulånglich verstanden werden. Chemorezeptoren in der Muskulatur steuern teilweise die Atmung çber das autonome Nervensystem [353]. Die zentrale Steuerung erfolgt in Bereichen des Hirnstamms und Kleinhirns, wie funktionelle magnetresonanztomographische Untersuchungen zeigten [151].
6.6.1 Adaptationen bei aerobem Ausdauertraining Die Verånderungen der bronchopulmonalen Funktionen durch dynamisches Ausdauertraining sind im Gegensatz zu denen des Herz-KreislaufSystems geringer ausgeprågt. Das ist nicht so verwunderlich, bestehen doch von Natur aus groûe Reservekapazitåten und ist in der Regel die Leistungsfåhigkeit nicht durch das kardiopulmonale System begrenzt [67]. Nur die Leistungsschwimmer scheinen mit einem deutlich vergræûerten Lungenvolumen eine Ausnahme zu bilden [96]. Folgende måûige Verbesserungen werden beschrieben: z Zunahme des Atemminutenvolumens z Vergræûerung der Respirationsflåche (= Flåche der Gas austauschenden Alveolen) z Durchblutungsvermehrung der Lunge, speziell der oberen Lungenlappen [481] z Verbesserung der alveolokapillaren Diffusionskapazitåt (græûere Durchlåssigkeit) z Erweiterung des Lungenkapillarnetzes sowie der Lungenarterien und Venen (= erweiterte Gasaustauschflåche seitens des Blutes) z Stårkung der Atemmuskulatur In der Summe verbessert sich die Atmungsækonomie (d. h. græûere Sauerstoffçbernahme ins Blut aus einer bestimmten Menge eingeatmeter Luft [499, 525]). Kærperliches Training ist auch anerkannter Bestandteil einer Therapie bei Asthma bronchiale. Ziel ist es, çber eine gesteigerte kærperliche Fitness, eine Stårkung der Atemmuskulatur zu erreichen und durch ein gehobenes Selbstvertrauen die Lebensqualitåt zu steigern. Die Cochrane-Gruppe um Ram et al. [384] hat dazu acht randomisierte Studien einer Metaanalyse unterzogen (Stand 1999). Regelmåûiges Training verbesserte dabei signifikant die kardiopulmonale Fitness, gemessen als maximale Sauerstoffaufnahme. Auf die Lungenfunktion in Ruhe bestand kein Einfluss. Kriterien fçr eine Besserung der Lebensqualitåt wurden nicht untersucht.
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z! Anstrengungsasthma
Nicht ganz selten kommt es bei sportlicher Belastung zu Luftnot infolge einer Bronchialverkrampfung, Anstrengungsasthma genannt. Ursache ist ein çberreagierendes (hyperreagibles) Bronchialsystem. Auslæser dieser Bronchialkonstriktion ist eine meist relativ kçhle trockene Luft. Daneben kommt dem Anstieg entzçndlicher Zellen wåhrend der Belastung (Lymphozyten-Aktivierung, vermehrte T- wie B-Zellen-Aktivitåt: [159] Bedeutung zu. Die Produktion von Entzçndungsmediatoren (Histamin, Interleukin, Leukotriene) wird gesteigert. Sport ist jedoch kein eigenståndiger Risikofaktor fçr die Entstehung eines Anstrengungsasthmas, sondern triggert lediglich die abnorme Reizantwort des durch genetische bzw. Umwelteinflçsse (Rauchen! Schadstoffexposition) entstandenen hyperreagiblen Bronchialsystems.
6.7 Immunsystem Das Immunsystem soll kærperfremde potenziell schådliche Strukturen wie fremde Mikroorganismen (z. B. Krankheitserreger) erkennen und zerstæren. Sehr wahrscheinlich trifft dies auch auf Tumorzellen zu. Es rçckt fremden Eindringlingen mit 2 Mechanismen zu Leibe, einer zellulåren Abwehrriege sowie toxischen humoralen Stoffen (in Kærperflçssigkeiten gelæste Substanzen). Die im zeitlichen Ablauf frçheste Reaktion auf eine Antigenexposition ist unspezifischer Natur. Ihre Wirksamkeit hångt weder vom Erreger ab, noch låsst sie sich durch wiederholte Exposition steigern [461]. Die bekanntesten unspezifisch humoral wirksamen Abwehrstoffe sind Proteine der Akute-Phase-Reaktion, Interferone und das Komplementsystem. Auf zellulårer Ebene verleiben sich sog. Fresszellen (Phagozyten) Mikroorganismen und Zelltrçmmer ein. Tråger dieser Phagozytose sind neutrophile Granulozyten und Monozyten. Letztere kænnen sich nach Einwanderung aus der Blutbahn ins Gewebe in Makrophagen umwandeln. Auch die natçrlichen Killerzellen (eine Subpopulation von Lymphozyten) sind sehr wahrscheinlich der unspezifischen Immunantwort zuzurechnen. Diesen natçrlichen Killerzellen gilt besondere Aufmerksamkeit, da sie wesentlich an der Zerstærung von Tumorzellen und Erregern beteiligt sind. Ihr Anteil unter den Lymphozyten im peripheren Blut betrågt 5±20%, man findet sie auch in lymphatischen Organen wie Milz, Knochenmark und Lymphknoten, aber auch in Leber und Lunge. Die zeitlich gestaffelt zweite Reaktionswelle ist spezifisch, d. h. der Kærper fçhrt maûgeschneiderte, dem Antigen angepasste Abwehrmaûnahmen aus. Dazu mçssen ihm die Antigene zunåchst auf der Zelloberflåche von Monozyten/Makrophagen pråsentiert werden. Die Lymphozyten als hauptsåchliche Tråger der spezifischen Immunantwort kænnen die Antigene nur in Verbindung mit kærpereigenen Haupthistokompatibilitåtsantigenen
6.7 Immunsystem
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(MHC = major histocompatibility complex) analysieren. Die Auswahl des MHC-Komplexes bestimmt die Art der Immunantwort. Wird das Antigen mit MCH I pråsentiert, kann es nur von T8-Lymphozyten (Suppressorzytotoxische Lymphozyten) erkannt werden, die eine zellståndige zytotoxische Reaktion einleiten. Eine Pråsentation mit MCH II aktiviert die sog. T4-Lymphozyten (Helferzellen). Sie differenzieren sich in der Folge in Plasmazellen, die humorale Antikærper produzieren, welche sich wiederum an das pråsentierte Antigen binden und dieses zerstæren. Zytokine (Interleukine, Tumornekrosefaktor-alpha, Interferone) werden von Immunzellen und Gewebezellen synthetisiert und docken an die Rezeptoren anderer Immunzellen an. Sie greifen als Signalçbermittler auf vielfåltige Weise in das Immungeschehen ein [444].
6.7.1 Verånderungen bei kærperlicher Belastung Wenige Sekunden nach Beginn einer kærperlichen Belastung steigt die Zahl von T- und B-Lymphozyten sowie Granulozyten und Monozyten einschlieûlich der natçrlichen Killerzellen an [38, 137, 224, 369]. Dieser rasche Anstieg kann nur durch eine Umverteilung aus dem Ruhepool (z. B. Lymphknoten, Milz, Knochenmark) in die Blutbahn erreicht werden [140]. Nach Beendigung einer intensiven Anstrengung gehen die Populationen verschiedene Wege: Wåhrend Granulozyten und Monozyten weiter zahlreich pråsent sind, stçrzt die Lymphozytenpopulation auf Spiegel unter dem Anfangsniveau ab (T-Lymphozyten unter 60%, Killerzellen unter 40%). Die erniedrigten Killerzell-Spiegel kænnen çber viele Stunden bestehen bleiben. 1±3 h nach Belastung erreichen die T-Zellen ihr Minimum, das gleichzeitig von einer beeintråchtigten Funktionsweise begleitet ist. Auch die Phagozytosefåhigkeit zeigte sich reduziert [345] (Abb. 21).
Abb. 21. Kærperliche Aktivitåt und Auswirkung auf Lymhpozytenpopulationen im zeitlichen Verlauf [38]
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6 Wirkungen auf Organsysteme
Es wird angenommen, dass neuroimmune Interaktionen fçr die Effekte verantwortlich sind. Beispielsweise triggern die Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin den raschen Anstieg der Leukozyten [369, 371]. Kortison, das erst nach wenigstens 2 h voll wirksam ist, wird fçr die verzægerte Lymphopenie wie verlångerte Neutrozytosis verantwortlich gemacht. Die Rollen der Sexualhormone, des b-Endorphins und Zytokins im Zusammenspiel der Zellfraktionen werden noch diskutiert [369]. Fçr die Abwehr von Atemwegsinfektionen spielt die sekretorische Immunabwehr mittels Immunglobulin A (IgA) der Schleimhåute eine entscheidende Rolle [284]. Die Studiengruppe um Mçns [335] konnte zeigen, dass die IgA-Sekretion nach einem 31-km-Lauf um 70% reduziert ist. IgAAbfålle fanden auch Tomasi [474] und Mackinnon et al. [286] nach Skilanglauf bei Leistungssportlern bzw. nach 2-stçndigem anstrengenden Radfahren. Mackinnon et al. [286] belegten an einer kleinen Gruppe von EliteSquash- und Hockeysportlern, dass diese IgA-Sekretionsstærungen Vorlåufer von Atemwegsinfekten sind. Peters und Bateman [374] verglichen die Infekthåufigkeit bei 150 Marathonlåufern nach einem Wettkampf mit einer Kontrollgruppe. 33,3% der Låufer erlitten Infektionen der oberen Atemwege gegençber 15,3% der Kontrollgruppe. Am meisten gefåhrdet waren schnelle Låufer, langsame dagegen hatten so wenig Infekte wie Nichtlåufer. Bei 2311 Teilnehmern des Los Angeles Marathons wurde die Infekthåufigkeit in der Vorbereitungsphase und nach dem Marathonlauf untersucht. Bei einem Trainingsumfang von weniger als 32 km pro Woche traten am seltensten Atemwegsinfekte auf. Jenseits einer 96-km-Laufleistung pro Woche verdoppelte sich die Rate. 1828 Marathonlåufer hatten in der Vorbereitungsphase mit noch reduziertem Laufpensum keinen Infekt, davon jedoch 12,9% in der Woche nach dem Lauf. In einer åhnlich gut trainierten Kontrollgruppe, die am Marathonlauf nicht teilnahm, traten nur bei 2,2% Atemwegsinfekte in dieser Woche auf [346]. Die verminderte Immunantwort nach groûer Belastung kann auch dem Herzmuskel zum Verhångnis werden. Reys u. Lerner [388] infizierten Måuse mit Coxsackie-Viren B-3 und zwangen sie, in warmem Wasser zu schwimmen. Ein Virusnachweis im Herzmuskel gelang bei ihnen signifikant håufiger als in der nicht schwimmenden Kontrollgruppe. Auch beim Menschen wird angenommen, dass auf diese Weise Herzmuskelentzçndungen, teils mit bleibenden Schåden einer eingeschrånkten Muskelkontraktion, begçnstigt werden. Zusammenfassend sprechen diese und weitere Studienergebnisse fçr eine vorçbergehende Schwåchung des Immunsystems nach stark erschæpfenden Anstrengungen [Ûbersichtsarbeit: 38].
6.7 Immunsystem
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z! Aus diesem Grund wird bei Infektionen mit Zeichen einer Beteiligung des ganzen
Kærpers (Fieber, Abgeschlagenheit, Lymphknotenschwellungen) von Sport abgeraten. Mit Sport sollte erst mehrere Tage nach Entfieberung wieder begonnen werden. Liegen lediglich isolierte Symptome (vom Hals aufwårts) wie z. B. Schnupfen vor, ohne dass Allgemeinsymptome bestehen, sind leichtere kærperliche Belastungen erlaubt [19]. Im Zweifelsfall sollte ein Arzt zu Rate gezogen werden.
6.7.2 Trainingsanpassungen In einer randomisierten kontrollierten Studie mit 30 ålteren Frauen zeigte sich bei moderatem Trainingsumfang eine verminderte Infektanfålligkeit und eine verbesserte Funktion natçrlicher Killerzellen im Vergleich mit einer untrainierten Gruppe [345]. Zahlreiche Arbeiten [223, 370, 440, 515] zeigen, dass ein moderates Training die Funktion der natçrlichen Killerzellen, der zirkulierenden T- und B-Lymphozyten, und der Monozyten/Makrophagen verbessert. Diese Effekte kænnten in der Lage sein, die Håufigkeit einiger Infektionen und wahrscheinlich bestimmter Krebsarten zu senken [375]. Aus den vorliegenden epidemiologischen Untersuchungen wurde das Modell einer j-færmigen Beziehung zwischen Trainingsintensitåt und Atemwegsinfekten entwickelt. Regelmåûige moderate kærperliche Belastung verbessert die Immunabwehr. Bei hoher erschæpfender Intensitåt tritt eine vorçbergehende Schwåchung des Immunsystems ein (Abb. 22).
Abb. 22. Relatives Risiko von Atemwegsinfektionen in Abhångigkeit von kærperlicher Aktivitåt [38]
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6 Wirkungen auf Organsysteme
z! Als Schlussfolgerung fçr die praktische Anwendung empfehlen Baum u. Liesen [38]
moderates kærperliches Training zur Verbesserung der Immunabwehr. Dies gilt auch fçr Menschen mit erhæhter Infektanfålligkeit. Unter moderat versteht der Autor ein Laufpensum von 15±25 km in der Woche oder åhnliche Anstrengungen in anderen Ausdauersportarten. Eine Laktatkonzentration von 2,5±3 mmol/l soll nicht çberschritten werden. Als Richtwert gibt er eine entsprechende Herzfrequenz zwischen 110 und 140 Schlågen pro Minute an. Erschæpfende Belastungen sollten in Grenzen gehalten werden. Eine ausreichende Regenerationszeit sollte beachtet werden, nach intensiven Anstrengungen betrågt diese mindestens 48 h.
7 Die klassischen
kardiovaskulåren Risikofaktoren
Zahlreiche Faktoren, die ein erhæhtes Risiko frçhzeitiger Atherosklerose und Herzinfarkte darstellen, sind bekannt. Genetische Einflçsse und Alter sind zweifellos wichtige Risikofaktoren, wir kænnen sie jedoch nicht veråndern. Die genetischen Auswirkungen erweisen sich aber als nicht so einflussreich, wenn sie durch die im Folgenden genannten Risikofaktoren bereinigt werden. Das liegt daran, dass die genetischen Konstanten gleichfalls an der Ausprågung der Risikofaktoren beteiligt sind und sich somit auch darin spiegeln. Fçr die Pråvention von græûter Bedeutung sind die beeinflussbaren und somit vermeidbaren oder reduzierbaren Gefahren. Als die bedeutsamsten Bereiche, die es zu analysieren gilt, werden genannt: Lipidverånderungen, Rauchen, Diabetes mellitus, Hypertonus, Adipositas, psychosozialer Stress, Ernåhrung, kærperliche Aktivitåt und Alkoholkonsum. Unter Berçcksichtigung dieser 9 Faktoren gelang es in der Interheart-Studie [521] 90,4% der Myokardinfarkte vorherzusagen. Die Daten (15 152 Teilnehmer mit Herzinfarkt, 14 820 Teilnehmer einer herzgesunden Kontrollgruppe) wurden weltweit erhoben und zeigten sich çber alle Lånder hinweg (52 Lånder aller Erdteile), sowohl bei Månnern wie Frauen und in allen ethnischen Gruppen als vergleichbar bedeutsam. Folgende quantitative Risikoerhæhungen bzw. -minderungen, einen Herzinfarkt zu erleiden, wurden festgestellt: Der græûte Risikofaktor weltweit war das Verhåltnis von Apolipoprotein B zu Apolipoprotein A1. Es erwies sich als bester Parameter zur Beurteilung des Lipidstoffwechsels. Als groûer praktischer Vorteil dieser Werte gilt, dass die Teilnehmer zum Labortest nicht nçchtern sein mçssen. Das Apolipoprotein A1 ist ein Strukturprotein des ¹schçtzendenª HDL-Cholesterins. Bei Apolipoprotein B handelt es sich um ein Strukturprotein, das im ¹schlechtenª LDL-Cholesterin und auch VLDL, IDL und Lp(a) enthalten ist. Der Quotient ist also am ehesten mit dem in Deutschland meist verwandten LDL/HDL-Quotienten vergleichbar. Ein hoher Quotient bedeutet also einen eher hohen LDL-Cholesterinspiegel und eher niedrigen HDL-Cholesterin-Spiegel. Schon an zweiter Stelle der negativen Hitliste stand Rauchen. Bei einem tåglichen Konsum von 1 bis 5 Zigaretten stieg das Risiko eines Herzinfarktes um 38% (RR 1,38) und bei 40 Zigaretten um rund 900% (RR 9,2). Das Ergebnis zeigt, dass selbst 5 Zigaretten tåglich noch ungçnstige Folgen auf-
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7 Die klassischen kardiovaskulåren Risikofaktoren
Tabelle 5. Die 9 bedeutendsten Risikofaktoren und ihr Einfluss auf das Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden. z. B. 3,25 bedeutet, dass das Risiko eines Patienten mit ungçnstigem Lipidspiegel, einen Herzinfarkt zu erleiden, auf das 3,25fache erhæht ist [521] Risikofaktor 7 z z z z z z z z z z z
Apo B/Apo A1 8 ± (s. Text) Rauchen Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) Hypertonus (Bluthochdruck) abdominelle Adipositas (s. Text) psychosozialer Stress tåglicher Genuss von Gemçse und Obst kærperliche Aktivitåt Alkoholgenuss alles kombiniert Extreme
relatives Risiko nach Bereinigung aller çbrigen Risikofaktoren 3,25 2,87 2,37 1,91 1,62 2,67 0,70 0,86 0,91 129,2 333,7
weisen. Damit kann z. B. der positive Effekt einer Aspirineinnahme zunichte gemacht werden. Andererseits konnte demonstriert werden, dass sich schon eine Reduktion des Zigarettenkonsums lohnt, wenn ein vælliges Aufgeben von Rauchen nicht realisierbar ist. Die Halbierung der Zigarettenmenge bedeutete ca. eine Halbierung des Risikos. Alle Arten des Tabakkonsums (filterlose oder Filterzigaretten, Zigarren, Pfeifenrauchen, Kautabak) erwiesen sich als schådlich. Die abdominelle Form der Adipositas war bedeutsamer als der BodyMass-Index. Es wird deshalb empfohlen, kçnftig die Umfangmessungen zu verwenden. (Nåheres zu den hier stichwortartig aufgefçhrten Ergebnissen und Gedanken findet sich in den anschlieûenden Kapiteln.) Psychosozialer Stress war in etwa so schådlich wie Rauchen. Die Anamnese wurde durch standardisierte Fragebægen erhoben. Untersucht wurden Stress in der Arbeit, zuhause, finanzieller Stress, belastende Lebensereignisse, Depression und die Fåhigkeit, Lebensumstånde aktiv zu gestalten. Tåglicher Genuss von Obst (¹an apple a day keeps age awayª) und Gemçse, kærperliche Aktivitåt und Alkoholgenuss brachten dagegen eine Risikominderung mit sich. Als kærperlich aktiv galten Teilnehmer, wenn sie mehr als 4 Stunden pro Woche eine mittel- (Walking, Radfahren, Gartenarbeit) oder hochgradige (Joggen, Fuûball, kråftiges Schwimmen) anstrengende Tåtigkeit ausfçhrten. 7 8
5 Gruppen. Verglichen wird die beste mit der schlechtesten Gruppe und daraus das relative Risiko berechnet. Entspricht in etwa dem Verhåltnis LDL/HDL-Cholesterin.
Die klassischen kardiovaskulåren Risikofaktoren
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Vorsicht ist bei einer Empfehlung zum Alkoholgenuss geboten. Sie kann nur individuell erfolgen und muss neben den kulturellen Gepflogenheiten berçcksichtigen, dass mit zunehmendem Konsum die Gefahr anderer Erkrankungen wie bestimmter Krebsarten, Leberzirrhose, Alkoholabhångigkeit und von Verkehrsunfållen und das Risiko einer Abhångigkeit entstehen. Als vorrangiges Therapieziel bei gestærtem Lipidstoffwechsel galt lange Zeit eine Absenkung des LDL-Cholesterins. Die zusåtzliche Beachtung von HDL-Cholesterin und Triglyzeriden wurde erstmalig im 3. Bericht des amerikanischen National Cholesterol Education Programs (NCEP) 2001 [338] empfohlen. Die Verånderungen sind meist Teil eines Metabolischen Syndroms. Unter einem Metabolischen Syndrom wird eine Reihe håufig kombiniert auftretender Befunde zusammengefasst, die in der Summe ein wesentlich hæheres koronares Risiko ergeben, als dies bei einer reinen Addition der einzelnen Risiken zu erwarten wåre [28]. Nach ATP III [338] handelt es sich im Einzelnen um: 1. abdominale Adipositas (Kriterien: s. Kap. 7.5) 2. erhæhte Triglyzeride (³ 150 mg%) 3. erniedrigtes HDL-Cholesterin (Månner < 40 mg%, Frauen < 50 mg%) 4. Hypertonus (³ 130/³ 85 mmHg) 5. erhæhter Nçchternblutzucker (³ 110 mg%) Liegen 3 der 5 Kriterien vor, kann die Diagnose eines Metabolischen Syndroms gestellt werden. Grundy [156] erwåhnt zusåtzlich Verånderungen der Blutgerinnung und Entzçndungsparameter als wesentliche Bestandteile. Gemeinsame Wurzel der beschriebenen Verånderungen ist die metabolisch aktive viszerale Fettzelle (s. Kap. 7.5). In den folgenden Kapiteln werden akute und chronische Effekte eines kærperlichen Ausdauertrainings auf diese klassischen, aber auch auf neuere Risikofaktoren beschrieben und der Frage nach der notwendigen Intensitåt bzw. Dosis eines Trainings nachgegangen. Die ¹German Cardiovascular Prevention Studyª (çber 10 000 weibliche und månnliche Teilnehmer) zeigte dazu, dass schon leichte kærperliche Aktivitåten signifikante Auswirkungen auf das kardio-vaskulåre Risikoprofil insgesamt besitzen, andererseits verdeutlichte sie laut Mensink et al. [311] aber auch, dass gesundheitliche Vorteile mit steigendem zeitlichen Trainingsumfang und zunehmender Intensitåt einhergehen.
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7 Die klassischen kardiovaskulåren Risikofaktoren
7.1 Lipidstoffwechselstærungen Eine nachhaltige Absenkung des LDL-Cholesterins um 1% bzw. ein Anstieg des HDL-Cholesterin-Spiegels um 1 mg% geht mit einer Risikoreduktion einer Koronaren Herzkrankheit (KHK) von 2 bis 3% einher [342, 399]. Eine einzelne auûergewæhnliche Belastung wie ein Triple-Ultra-Triathlon (11,4 km Schwimmen, 540 km Radfahren und 126,6 km Laufen) kann zu einem akuten Abfall des Cholesterins um 31%, des LDL-Cholesterins um 35% und auch des HDL-Cholesterins um 24% fçhren. Die Triglyzeride steigen als Zeichen der peripheren Lipolyse um 42% an [241]. Nachhaltige Effekte eines Trainings auf die Lipidsituation waren lange Zeit umstritten. Leon u. Sanchez veræffentlichten 2001 eine Metaanalyse von 51 Interventionsstudien, die sich mit den Auswirkungen eines mindestens 12-wæchigen aeroben Ausdauertrainings befassten [273]. Die Ergebnisse sind in Abb. 23 dargestellt. Aussagen çber eine Dosis-Wirkungs-Beziehung waren nicht mæglich. Die positive Reaktion der Lipidspiegel wurde unabhångig von Alter, Geschlecht und ethnischer Zugehærigkeit (begrenzte Datenlage) erreicht. Als wesentliche Ursache der in den Studien teilweise recht unterschiedlichen Reaktionen auf Ausdauertraining werden genetische Faktoren angesehen [390]. Als typischer Effekt eines kærperlichen Trainings gilt der Anstieg des schçtzenden HDL-Cholesterins. Dies ist schon bei moderatem Trainingsumfang (1200±1600 kcal pro Woche) zu erzielen [66]. Je umfangreicher die wæchentliche Ausdauerbelastung jedoch ist, desto mehr steigen die HDLWerte [169, 383, 506, 520]. Bei einer kalorienreduzierten Diåt mit beschrånkter Aufnahme gesåttigter Fettsåuren kommt es håufig neben dem erwçnschten Abfall des LDLCholesterins gleichzeitig zu einer unerwçnschten Reduktion des HDL-Cholesterins. Ein regelmåûiges Ausdauertraining kann in dieser Situation den HDL-Abfall mildern oder verhindern [273].
Abb. 23. Verånderungen von Gesamtcholesterin (TC), LDL-Cholesterin (LDL-C), HDL-Cholesterin (HDL-C) und Triglyzeride (TG) in Abhångigkeit von einem aeroben Ausdauertraining (4700 Teilnehmer); die Ergebnisse waren signifikant mit Ausnahme des TC-Abfalls [273]
7.2 Rauchen
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Die Arbeitsgruppe um Katzmarzyk [220] prçfte die Wirksamkeit des Ausdauertrainings auf die Pråvalenz eines Metabolischen Syndroms. 16,9% TeilnehmerInnen der Heritage Family Study wiesen die Kriterien eines Metabolischen Syndroms auf [338]. Die Pråvalenz konnte nach 20-wæchigem Ausdauertraining um rund 30% gesenkt werden. Orchard et al. [360] fanden in einer Gruppe mit gestærter Glukosetoleranz in 53% ein Metabolisches Syndrom. Auch sie konnten eine Senkung von Inzidenz und Pråvalenz durch Lebensstilmodifikationen (Gewicht, Bewegung) nachweisen (s. Teil I, Kap. 7.3.2). Kraus et al. [251] untersuchten zusåtzlich bestimmte Subgruppen-Lipide (atherogene small LDL-Partikel 9, atheroprotektive groûe HDL-Partikel und groûe VLDL-Partikel, die eine engere Korrelation zu kardiovaskulåren Risiken haben als die klassischen Lipidprofile). Seine Arbeitsgruppe konnte zeigen, dass sich Ausdauertraining unabhångig von einer Gewichtsabnahme auf die genannten Subgruppen gçnstig auswirkt. Eine zweite Analyse galt der Frage der richtigen Trainingsdosis. Die Gesamtdauer des wæchentlichen Trainings war dabei bedeutsamer als die Intensitåt. Die besten Effekte allerdings erzielte die Probandengruppe mit der hæchsten Trainingsdauer und -intensitåt (30,7±33 km Jogging, VO2max 65±80%). Nur hier zeigte sich eine signifikante Erhæhung des HDL-Spiegels und Senkung des LDL-Spiegels, wichtige Wirkungen auf die Konzentration der LDL- und VLDL-Partikel und eine gestiegene durchschnittliche Græûe der LDL- und HDL-Partikel.
z! Die Studien zeigen, dass schon moderate Belastungen von 1200±1600 kcal/Woche
zu einer Erhæhung des HDL-Cholesterins fçhren kænnen. Die Effekte lassen sich durch einen græûeren Trainingsumfang steigern. Sehr wahrscheinlich ist die wæchentliche Gesamtdauer eines Trainings bedeutsamer als die Intensitåt. Ein fçr die Senkung des LDL-Cholesterins und vor allem der risikoreichen Subgruppen-Lipide optimales Ausdauertraining muss relativ umfangreich sein. Als optimal gilt z. B. Joggen einer Gesamtstrecke von 31±33 km pro Woche. Will man, bezogen auf das Gesamt-Lipidprofil, die besten Effekte erzielen, muss eine wæchentliche Trainingsleistung græûerer Dauer und Intensitåt durchgefçhrt werden.
7.2 Rauchen Fast 5 Millionen vorzeitige Todesfålle wurden weltweit im Jahr 2000 dem Konto Nikotinschåden zugeschrieben [122]. Damit ist Rauchen die græûte vermeidbare Ursache von Todesfållen in den USA [296]. Als wichtigste Todesursachen im Zusammenhang mit Rauchen werden die atherosklerotischen Erkrankungen (Herzinfarkt, Hirninfarkt, Arterielle Verschlusskrank9
Kleine, besonders aggressiv wirkende LDL-Partikel.
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heit), Bronchialkarzinome und die chronisch obstruktive Bronchitis aufgefçhrt [122]. Zahlreiche weitere negative Auswirkungen sind jedoch bekannt [387]. Zahlreiche Programme unterstçtzen den Patienten in seinem Vorhaben, das Rauchen aufzugeben. Kærperliches Training als Teil eines verånderten Lebensstils kann dazu einen Beitrag leisten. Marcus et al. [295] kamen in ihrer Studie zu dem Ergebnis, dass anstrengendes kærperliches Training, kombiniert mit einem kognitiven Verhaltenstraining, den kurz- und långerfristigen Verzicht auf das Rauchen bei Frauen erleichtert. In einer Cochrane-Metaanalyse [483] erwies sich allerdings kærperliches Training in Verbindung mit einem Entwæhnungsprogramm in nur 1 von 8 kontrollierten randomisierten Studien, die bis 2002 durchgefçhrt wurden, als hilfreich.
7.3 Typ-2-Diabetes 8% der europåischen Bevælkerung leiden an einem Typ-2-Diabetes. Die Tendenz ist steigend [524]. Ursachen sind sowohl genetische wie Umweltfaktoren [121]. Unter den Umwelt- und Verhaltensfaktoren, welche die Erkrankung begçnstigen, sind kærperliche Inaktivitåt, falsche Ernåhrung (hyperkalorisch, fettreich, Fastfood) und Ûbergewicht an erster Stelle zu nennen [437]. Heutzutage wird z. B. in Amerika eine gestærte Glukosetoleranz (Vorstadium eines Diabetes) schon im Kindes- und Jugendlichenalter håufiger beobachtet [443]. Die Gefahr einer akuten Stoffwechselentgleisung eines Diabetes mit dem Eintreten eines Komas spielt heute nur noch eine untergeordnete Rolle. Umso gefçrchteter sind die mikro- und makrovaskulåren Langzeitschåden der Erkrankung wie die koronare Herzkrankheit, der Schlaganfall, arterielle Verschlusskrankheiten der Beine mit dem Risiko einer Amputation sowie die dialysepflichtige Niereninsuffizienz.
7.3.1 Insulinresistenz Eine herabgesetzte Insulinsensitivitåt (vermehrte Insulinresistenz) und damit -wirkung an der Zelle gilt als zentraler Stærfaktor sowohl fçr die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes als auch zahlreicher anderer Erkrankungen (Tab. 6). In der Folge steigt das kardiovaskulåre Risiko deutlich an. Bei der Suche nach mæglichen Ursachen erscheinen die viszeralen Fettzellen in neuem Licht, da sie mit zahlreichen Botenstoffen vielfach in den Stoffwechsel eingreifen (s. Kap. 7.5) und die Insulinsensitivtåt herabsetzen kænnen. Folge der Stærung ist eine kompensatorische Anhebung des Insulinspiegels durch vermehrte Ausschçttung aus der Bauchspeicheldrçse, die u. a. wiederum ungçnstige Auswirkungen auf den Fettstoffwechsel (Metabo-
7.3 Typ-2-Diabetes
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Tabelle 6. Folgen einer vermehrten Insulinresistenz (modifiziert nach [491]) Insulin : Beta-Zellfunktion ; viszerales Fett : subkutanes Fett ?
Nçchtern-Blutzucker : freie Fettsåuren : Triglyzeride : postprandialer Blutzucker : HDL-Cholesterin ; HbA1c : Small-Dense-LDL : Lipidoxidation :
Blutdruck : Gerinnung : Entzçndungsparameter : Adhåsionsmolekçle :
Abb. 24. Die Glukoseaufnahme in die Zelle. Insulin dockt an den Insulinrezeptor der Zelle an. Signale weisen den Glukosetransportern den Weg zur Zellmembran, wo sie Glukosemolekçle aufnehmen und zu den Mitochondrien transportieren
lisches Syndrom) wie den Blutdruck hat [Ûbersicht: 180]. Erkrankungen wie Diabetes, Hypertonus und Herzinfarkt treten deshalb håufig gemeinsam auf. Die fçr die Energiegewinnung in der Muskelzelle notwendige Glukose wird mit Hilfe von Glukosetransportern (der wichtigste ist GLUT4) durch die Zellwand in das Zellinnere geschleust (Abb. 24). Die Verlegung (Translokation) der Transporter an die Zellmembran geschieht auf einem insulinabhångigen sowie einem insulinunabhångigen Weg. Der insulinabhångige Pfad wird durch das Andocken des Hormons Insulin an sog. Insulinrezeptoren auf der Auûenseite der Zellmembran angeregt. Dadurch werden im Zellinneren Proteine als Signalçbertråger aktiviert, die zum genannten Translokationseffekt der Transporter fçhren. Entwickelt sich eine Resistenz (Funktionsminderung) des Insulinrezeptors, sinkt die Wirksamkeit des Insulins auf bis zu 40% [77]. Glukose kann nicht mehr vollståndig in die Muskelzelle aufgenommen werden und steht damit in geringerem Umfang fçr die Energie liefernde Oxidation oder zur Speicherung als Glykogen zur Verfçgung. Zunåchst versucht der Kærper, die Funktionsstærung der Insulinrezeptoren durch eine Erhæhung des Insulinspiegels auszugleichen. Dies gelingt in gewissem Maûe, bis sich die Insulinproduktion der Bauchspeicheldrçse durch die permanente Ûberforde-
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rung erschæpft. Dann håuft sich Glukose im Blut an, ein Diabetes mellitus Typ 2 mit erhæhten Blutzuckerspiegeln entsteht [180]. Die Ursache der vermehrten Insulinresistenz wird gegenwårtig am ehesten in einer Stærung der Signalçbertragungskette gesehen (= Insulinsignaling; Review: [22]). Die Konzentration an GLUT4-Transportern ist nicht vermindert, nur die Translokation zur Zellwand zeigt sich als Folge der gestærten Signalgebung eingeschrånkt. Schon eine einzelne Trainingseinheit von 30±60 min mit 60±70% VO2max weist einen sofortigen gçnstigen Effekt auf die Insulinresistenz und den Blutzuckerspiegel bei Typ-2-Diabetikern auf. Dieser Effekt ist sofort nach der Belastung bis 20 h danach messbar [86]. Ein regelmåûiges moderates Ausdauertraining fçhrt auch nachhaltig zu einer signifikanten Verbesserung der Insulin-Sensitivitåt [306]. Ein solcher Effekt konnte ebenfalls durch Krafttraining bewirkt werden [116]. Als mæglicher Mechanismus wurde eine vermehrte GLUT4-Expression und verbesserte Aktivierung der Glykogen-Synthase (Umbau der Glukose zur Speicherform Glykogen) nachgewiesen [86]. Ob auch eine bessere Signal vermittelte Translokation stattfindet, ist unbekannt [180]. Houmard et al. [195] konnten in ihrer Studie bei çbergewichtigen, sonst jedoch gesunden untrainierten Teilnehmern aufzeigen, dass fçr die Effekte in erster Linie die wæchentliche Gesamttrainingsdauer und weniger die Intensitåt verantwortlich ist (Evidenzlevel B).
7.3.2 Gestærte Glukosetoleranz Im Ergebnis fçhrt die Insulinresistenz zu einem verånderten Glukosestoffwechsel. Da die Insulinwirkung an der Zelle gestært ist, kann die anfallende Glukosemenge nicht mehr angemessen verstoffwechselt werden. Diese sog. gestærte Glukosetoleranz gilt als Vorstufe des Diabetes mellitus, die jeder Typ-2-Erkrankte zunåchst durchlåuft. Sie ist definiert durch einen erhæhten Blutzuckerspiegel im Serum zwischen 140 und < 200 mg% (³ 200 mg% = manifester Diabetes), gemessen 2 Stunden nach Verabreichung von 75 g Glukose (Glukosebelastungstest). Damit kann eine zahlenmåûig begrenzte Hochrisikogruppe identifiziert und çber die allgemeinen Gesundheitsempfehlungen fçr die breite Bevælkerung hinaus gezielt intensiv behandelt werden kann [141]. So lieû sich in einer schwedischen Interventionsstudie [116] das deutlich erhæhte Sterblichkeitsrisiko von Månnern mit gestærter Glukosetoleranz durch ein Pråventionsprogramm 10 auf das Niveau der Normalbevælkerung reduzieren. Die von Orchard et al. [360] publizierte Studie (The Diabetes Prevention Program Randomized Trial) belegt, dass eine Lebensstilmodifikation bei Menschen mit gestærter Glukosetoleranz Inzidenz wie Pråvalenz eines Metabolischen Syndroms verringern (Evidenzlevel B). Dazu wurde eine Ge10
Maûnahmen im Bereich Ernåhrungsumstellung und kærperliches Training.
7.3 Typ-2-Diabetes
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wichtsabnahme von mindestens 7% durch eine unterkalorische fettarme Kost angestrebt und mindestens 150 min pro Woche eine moderate Bewegung (rasches Walken) durchgefçhrt. 53% der Teilnehmer wiesen zu Beginn ein Metabolisches Syndrom auf. Wåhrend die Pråvalenz in der Kontrollgruppe im Laufe von 3 Jahren von 55 auf 61% stieg, konnte in der Experimentalgruppe ein Rçckgang von 51 auf 43% verzeichnet werden. Die jåhrliche Inzidenz neuer Metabolischer Syndrome sank durch Lebensstilverånderungen um 41%. Eine mit Metformin behandelte parallel gefçhrte Gruppe schnitt schlechter ab. Der Rçckgang Metabolischer Syndrome korreliert mit dem KHK-Risiko.
7.3.3 Primårpråvention durch Bewegung Epidemiologische Daten wiesen schon frçhzeitig darauf hin, dass Bevælkerungen im Wandel zu modernen Industriegesellschaften einen Zuwachs an diabetischen Neuerkrankungen verzeichneten [500]. Es wurde bald vermutet, dass dies unter anderem auf den sich ausbreitenden Bewegungsmangel zurçckzufçhren ist. Querschnittsstudien und Kohortenstudien konnten bald darauf Korrelationen zwischen kærperlicher Inaktivitåt und Typ-2-Diabetes beståtigen [Ûbersicht: 22]. So entwickelten Menschen [118, 283], die regelmåûig walkten oder gar anstrengenderen kærperlichen Aktivitåten nachgingen, seltener einen Diabetes Typ 2. Helmrich et al. [179] zeigten, dass durch Ausdauertraining eine Risikominderung um 6% je 500 kcal Energieverbrauch pro Woche mæglich ist. Die positive Wirkung war bei Hochrisiko-Probanden noch ausgeprågter. Es kommt offensichtlich auf den Gesamtenergieverbrauch an. Ob dieser durch intensive kçrzere oder moderate langfristigere Belastungen erreicht wird, scheint nicht von Bedeutung [198]. Es existieren nur wenige randomisierte kontrollierte Interventionsstudien. Eine vielversprechende Untersuchung wurde in Da Quing in China durchgefçhrt [366]. 577 Personen mit Glukoseintoleranz wurden randomisiert auf 4 Gruppen çber 6 Jahre beobachtet und die Auswirkungen eines Bewegungsprogramms und einer Diåt (meist einem tåglichen 20-minçtigen raschen Walken entsprechend) geprçft (Abb. 25). In den folgenden Jahren wurden 2 weitere randomisierte Interventionsstudien gestartet, in die wiederum Personen mit einer gestærten Glukosetoleranz aufgenommen wurden. Die Experimentalgruppen mussten ihren Lebensstil komplett veråndern, nicht nur im Hinblick auf vermehrte kærperliche Aktivitåt, sondern sie wurden auch mit dem Ziel einer Gewichtsabnahme und adåquaten Ernåhrung einem strukturierten Programm zugefçhrt. Die Arbeitsgruppe um Tuomilehto [479] fand bei den 522 Teilnehmern nach 4 Jahren eine Risikoreduktion um 58%. Desgleichen Knowler [243]: ebenso 58% bei 3234 Personen. Diese war hæher als bei einer mitgefçhrten medikamentæs (Metformin) behandelten Gruppe (±31%).
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7 Die klassischen kardiovaskulåren Risikofaktoren
Abb. 25. Entwicklung eines Typ-2-Diabetes: Kumulative Inzidenz in Prozent in 6 Jahren; Gruppe A: reines Bewegungsprogramm, B: reine Diåt, C: Bewegung plus Diåt, D: Kontrollgruppe. Die Gruppen mit Bewegung und/oder Diåt entwickelten signifikant seltener einen Diabetes als die Kontrollgruppe [366]
Bei einem von 7 Teilnehmern konnte damit eine Diabetes-Erkrankung verhindert werden.
7.3.4 Therapeutische Effekte Gçnstige Auswirkungen auf Laborparameter waren schon frçh bekannt [420]. Boule et al. [63] fassten mehrere kontrollierte Studien in einer Metaanalyse zusammen (Evidenzlevel A). Der HBA1c-Wert als Maû fçr die Gçte einer Stoffwechseleinstellung bei Diabetes-Erkrankten konnte in den Trainingsgruppen im Mittel um absolut 0,7% gesenkt werden. Dies entspricht in der Græûenordnung dem, was sonst mit Medikamenten erreichbar ist. Die meisten Studien belegen, dass bei Trainierenden eine bessere Glukosekontrolle mæglich ist. Gçnstige Effekte konnten maximal bis 72 h nach einer kærperlichen Belastung beobachtet werden. Deshalb wird mindestens alle 2±3 Tage eine Trainingseinheit empfohlen [Ûbersicht: 22]. Studien mit klinischen Endpunkten wie Sterblichkeit, Herzinfarkt und Schlaganfall erbrachten weitere ermutigende Ergebnisse. Eine Kohortenstudie von Gregg et al. [153] zeigte bei knapp 2900 erwachsenen Diabetikern, dass mit kærperlicher Aktivitåt eine Senkung der Gesamtsterblichkeit um 39% und der Herz-Kreislauf-Sterblichkeit um 34% mæglich war 11. Die klinischen Effekte sind abhångig von der wæchentlichen Dauer der kærperlichen Aktivitåt [200] (Abb. 26).
11
Siehe auch Wei et al. [497].
7.3 Typ-2-Diabetes
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Abb. 26. Inverse Beziehung zwischen dem Risiko eines Diabetikers, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden und der Dauer kærperlicher Ativitåt pro Woche. Dargestellt ist das relative Risiko in %, bezogen auf eine inaktive Gruppe A (= 100%). Dauer der wæchentlichen Aktivitåt: Gruppe A: 0±2 h, B: 2±4 h, C: 4±7 h; D: > 7 h [200]
7.3.5 Praktische Hinweise zu speziellen Trainingsproblemen Håufigkeit, Intensitåt und Dauer Da der Effekt auf den Blutglukosespiegel einer einzelnen Trainingseinheit wie beschrieben maximal 72 h anhålt, sollte ein regelmåûiges Ausdauertraining mæglichst alle 2±3 Tage erfolgen, wenn nicht an 5 oder allen Tagen der Woche. Insbesondere insulinabhångigen Diabetikern wird ein tågliches Training empfohlen, da durch die Regelmåûigkeit die Insulindosierung erleichtert wird. Desgleichen gilt fçr Adipæse, da sie so leichter die zur Gewichtsreduktion erforderlichen Kalorienzahlen erreichen. Die meisten gçnstigen Stoffwechseleffekte waren schon bei einer niedrigen bis mittelgradigen Intensitåt zu beobachten (40±70% VO2max = 60±80% HF max). Dabei kænnen die Ûbungen angenehmer und mit græûerer dauerhafter Erfolgsquote durchgefçhrt werden. Gelenk- und Fuûschåden werden eher vermieden. Patienten mit einer Stærung des autonomen Nervensystems (autonome Neuropathie) kænnen die Herzfrequenz jedoch nicht als Maûstab der Intensitåt ihres Trainings nehmen. Mægliche Risiken und Komplikationen Nachdem ein Typ-2-Diabetes zahlreiche andere Krankheiten nach sich ziehen kann, und je nach Folgeschåden eine individuelle Trainingsanpassung erfolgen sollte, wird vor Aufnahme eines Ûbungsprogramms eine årztliche Untersuchung mit einer auf den einzelnen zugeschnittenen Beratung empfohlen. Folgende Fragen sollten dabei geklårt werden: z Wie ist die Einstellung des Blutzuckers? Die Muskulatur nçtzt Glukose als Energielieferant. Wåhrend eines moderaten Trainings steigt die Glukoseauf-
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7 Die klassischen kardiovaskulåren Risikofaktoren
nahme in der Muskulatur um 2±3 mg/kg Kærpergewicht und min an, das sind bei einem 70 kg schweren Mann 8,4±12,6 g/h. Bei intensiver Belastung nimmt der Glukose-Uptake um 5±6 mg/kg ´ min zu (21±25,2 g/h bei 70 kg Kærpergewicht) [495]. Ein çbermåûiger Abfall des Blutzuckerspiegels mit dem Risiko einer Hypoglykåmie 12 sollte vermieden werden. Eine relevante Gefahr besteht vorwiegend bei Patienten, die mit Medikamenten (z. B. Sulfonylharnstoffe oder Insulin) behandelt werden. Vor Aufnahme eines Trainings ist es fçr diese Patientengruppe ratsam, sich individuell årztlich çber Dosisanpassungen bzw. zeitliche Abstånde der Einnahme bzw. Injektion zur Belastung beraten zu lassen. Dies ist umso einfacher und besser mæglich, wenn die Blutzuckerwerte vor und nach einer Belastung bekannt sind. Es wird deshalb empfohlen, die entsprechenden Blutzuckerwerte selbst zu messen. Bei Blutzuckerspiegel çber 250 mg% sollte ein Training wegen einer mæglichen Stoffwechselverschlechterung verschoben werden. Insulin sollte nicht an den Extremitåten injiziert werden, die vorwiegend bei der Sportausçbung belastet sind. Dies kann zu einer beschleunigten Resorption fçhren. Beim Laufen z. B. sollte Insulin in den Arm oder Bauch injiziert werden [247], beim Tennisspielen eher im Bauchbereich. Um eine beschleunigte Resorption zu vermeiden, sollte die letzte Insulininjektion 60±90 min vor Beginn einer kærperlichen Belastung zurçckliegen [308]. z Gibt es Komplikationen? Erkrankungen der Herzkranzgefåûe, der Beinarterien verlangen eine Anpassung der Belastung. Eine periphere Neuropathie 13 mit Gefçhlsverlust an den Fçûen erhæht das Risiko von Verletzungen oder Infektionen. Sportarten wie Radfahren oder Schwimmen werden in diesem Fall bevorzugt empfohlen. Ein gutes Schuhwerk schçtzt. Tågliche Kontrollen der Fçûe auf Verletzungen kænnen rechtzeitig Infektionen und weitere Schåden vermeiden helfen. Bei autonomer Neuropathie sollte darauf hingewiesen werden, dass die Pulskontrolle kein verlåsslicher Maûstab der Belastungsintensitåt ist. Ist eine Nierenbeteiligung bekannt, sollte vor allem eine zu hohe Blutdrucksteigerung unter Belastung auf Werte von 180±200 und mehr vermieden werden. Bei fortgeschrittener Erkrankung wird nur noch eine leichte Belastung empfohlen. Bei diabetischer Retinopathie 14 gelten noch strengere Einschrånkungen. Hier sollten allenfalls leichte Belastungen mit einem Blutdruckanstieg von 20±30 mmHg ausgefçhrt werden [22].
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Unterzuckerung. Symptome: Heiûhunger, Schwåcheanfall, kann bis zur Bewusstlosigkeit gehen. Bei Diabetes håufige Erkrankung der sensiblen Nervenfasern der Beine mit Missempfindungen und Gefçhlsverlust. Das Verletzungsrisiko ist dabei hoch, weil Schmerzen als Warnsymptom nicht mehr wahrgenommen werden. Erkrankung des Augenhintergrundes infolge einer Schådigung der Netzhautgefåûe. Gefahr einer Einblutung mit Erblindung.
7.4 Hypertonus
z
z! Pråvalenz und Inzidenz eines Metabolischen Syndroms kænnen bei Menschen mit ge-
stærter Glukosetoleranz durch Lebensstilverånderungen verringert werden. Vermehrte kærperliche Aktivitåt ist auch in der Primår- und Sekundårpråventon des Typ-2-Diabetes von Nutzen. Es besteht eine annåhernd lineare Beziehung zwischen Energieverbrauch und Risikominderung. Auch hierbei scheint die Intensitåt einer Anstrengung von untergeordneter Bedeutung. Da die Auswirkungen auf die Glukosetoleranz nur 72 h zu beobachten sind, sollte mindestens alle 2±3 Tage, wenn nicht tåglich geçbt werden. Jeder Typ-2-Diabetiker sollte ein måûiges bis moderates aerobes Ausdauertraining von kumulativ mindestens 1000 kcal pro Woche ausfçhren. Dieses sollte durch ein abgerundetes Krafttraining Ergånzung finden, um Muskelkraft wie Kærperbau zu beeinflussen [22]. Zusåtzliche Muskelmasse erhæht auûerdem den Grundumsatz. Wegen den beschriebenen Risiken sollte vor Trainingsaufnahme eine årztliche Untersuchung und Beratung stattfinden. Zu Beginn des Trainings sollte die Dauer 10±15 min nicht çberschreiten. Mit zunehmender Ûbung kann die Trainingsdauer allmåhlich auf 30 min tåglich gesteigert werden. Eine Aufteilung in drei Einheiten zu 10 min ist mæglich. Patienten, die eine Gewichtsreduzierung anstreben, sollten sich nahezu 60 min tåglich bewegen.
7.4 Hypertonus Mehr als die Hålfte der deutschen Bevælkerung zwischen 35 und 64 Jahren leidet an einem Bluthochdruck [514]. Dies hat eine erhæhte Belastung der Arterien sowie vermehrte Druckarbeit fçr das Herz zur Folge und fçhrt zu erhæhter Sterblichkeit und Krankheitshåufigkeit. Typische Folgeerkrankungen sind: Schlaganfall, Herzinfarkt, Herzschwåche, Durchblutungsstærungen der Beine, Einschrånkung der Nierenfunktion, Schåden am Augenhintergrund, Aneurysmen der Aorta, Aortenklappenfehler, Herzrhythmusstærungen und vaskulåre Demenz. Die Blutdruckwerte werden folgendermaûen klassifiziert: Tabelle 7. Klassifizierung der Blutdruckwerte [119] systolischer Druck (mmHg)
diastolischer Druck (mmHg)
z optimal z normal z hochnormal
< 120 120±129 130±139
und und oder
< 80 80±84 85±89
z Hypertonus
³ 140
oder
³ 90
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7 Die klassischen kardiovaskulåren Risikofaktoren
Nach der Studie von Vasan et al. [485] gibt es keinen Schwellenwert fçr den Anstieg des kardiovaskulåren Risikos. Vielmehr zeigte sich eine kontinuierliche Korrelation zwischen Blutdruckhæhe und Erkrankungsrisiko auch schon bei Werten zwischen 120 und 140 mmHg (normaler und hochnormaler Bereich). Aus diesem Grund bezeichnet die amerikanische Hochdruckliga diesen Bereich inzwischen als Pråhypertonus.
7.4.1 Wirkungsweise einer Blutdrucksenkung infolge kærperlicher Aktivitåt Ausdauertraining fçhrt zu einer Zunahme des Arteriendurchmessers sowie einer optimierten Dehnbarkeit der Gefåûwand. Die neurohumoralen Verånderungen im Sinne einer vermehrten parasympathischen Aktivitåt wurden an anderer Stelle schon beschrieben. Brown [68] zeigte, dass auch lokal eine verminderte sympathische Stimulation besteht und dass bei regelmåûiger Belastung eine verminderte Norepinephrin-Freisetzung an den Synapsen eine Gefåûweitstellung bewirkt. Diese wird durch eine Steigerung der Stickstoffmonoxidfreisetzung noch unterstçtzt. Da sich der Blutdruck aus dem Verhåltnis von Schlagvolumen des Herzens und totalem peripheren Gefåûwiderstand ergibt, tritt in der Konsequenz eine Blutdruckabsenkung ein [22].
7.4.2 Blutdruckverhalten nach Belastung Vor rund 40 Jahren beobachteten Kraul et al. [250], dass der Blutdruck nach Beendigung einer kærperlichen Anstrengung unter den Ausgangswert absinkt. In neuerer Zeit beståtigten dies Studien unter Verwendung von Langzeitblutdruckmessungen. Der Blutdruck reduzierte sich nach Beendigung eines aeroben Ausdauertrainings im Mittel um 5 mmHg. Diese Effekte konnten mehrere Stunden anhalten. Die dazu erforderliche Trainingsintensitåt war mit 40% VO2max eher niedrig [21, 373, 400].
7.4.3 Pråvention Regelmåûige kærperliche Aktivitåt kann die Entstehung von Bluthochdruck verhindern [48]. Personen mit niedrigem Fitnessgrad hatten ein hæheres Risiko, einen Hypertonus zu entwickeln (RR 1,52). Die Arbeitsgruppe um Paffenbarger et al. [362] kam zu dem Ergebnis, dass nur anstrengende sportliche Betåtigungen vor Bluthochdruck schçtzen. Dies wird jedoch nicht von allen Autoren so gesehen. Bei Hayashi et al. [173] ergab schon ein tåglicher Fuûmarsch von mehr als 20 Minuten eine signifikante Reduktion der Hypertonus-Inzidenz (RR = 0,71; p = 0,02, NNT = 26). Bei Frauen konnten diese Effekte nicht nachgewiesen werden [21].
7.4 Hypertonus
z
7.4.4 Therapeutische Effekte Es existieren mehrere groûe Metaanalysen randomisierter Studien, die sich mit der Blutdruckabsenkung durch kærperliche Belastung bei Hochdruckkranken befassen (Abb. 30). In einer Ûbersicht des American College of Sports Medicine [21] wird ferner eine noch nicht veræffentlichte Metaanalyse vorab zitiert, die Studien auf der Basis von Langzeitmessungen auswertet (C in Abb. 27). Die Ergebnisse von Langzeitblutdruckmessungen sind zuverlåssiger und korrelieren besser mit der Inzidenz einer KHK als Einzelblutdruckmessungen [487]. Ûbereinstimmend konnte in diesen Metaanalysen eine signifikante Blutdruckabsenkung belegt werden (Evidenzgrad A). Auch der Belastungsblutdruck (submaximale Belastung) låsst sich im Mittel von 180 mmHg um 7 mmHg senken (8 randomisierte kontrollierte Studien [22], D in Abb. 30). Diese Effekte waren bei einem isometrisch orientierten Krafttraining nicht zu beobachten [517]. Eine interessante Beobachtung machte die Studiengruppe um Rinder [395] bei 28 ålteren Hochdruckpatienten. Eine medikamentæse Behandlung des Hypertonus mit Hydrochlorothiazid (einem Diuretikum) fçhrte zu einer doppelt so starken systolischen Blutdrucksenkung wie die in der Vergleichsgruppe durchgefçhrte Therapie mit Ausdauertraining (im Mittel 26,6 vs. 11,5 mmHg), die Rçckbildung der Linksherzhypertrophie erfolgte jedoch in beiden Gruppen in gleichem Ausmaû, die Besserung der Insulinsensitivitåt und Sauerstoffaufnahme war sogar ausschlieûlich in der Bewegungsgruppe zu beobachten. Die Autoren folgern, dass Ausdauertraining zwar den Blutdruck nicht so ausgeprågt senkt wie Medikamente, die metabolischen Effekte jedoch çberlegen sind und deshalb die pråventive Wirkung nicht notwendigerweise schlechter ist.
Abb. 27. Ausmaû einer durch Training erreichbaren Blutdrucksenkung in mmHg: A = Metaanalyse [503]; B = Metaanalyse [210]; C = Metaanalyse [21]; D = Belastungsblutdruck [21]
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7 Die klassischen kardiovaskulåren Risikofaktoren
z! Regelmåûiges moderates Ausdauertraining fçhrt zu einer Blutdruckabsenkung und
kann zur Therapie des Hypertonus eingesetzt werden. Gegebenenfalls låsst sich ein Absenken der Medikamentendosis erreichen. Bei Menschen mit hochnormalem Blutdruck besteht schon ein erhæhtes kardiovaskulåres Risiko, eine medikamentæse Therapie ist jedoch noch nicht indiziert. Hier ist ein Trainingsprogramm Therapie der Wahl. Immer sollten Lebensstilmodifikationen wie Gewichtsabnahme, Kochsalzrestriktion, Einschrånkung des Alkoholkonsums, Umstellung der Kost auf gemçse-, obstreiche und fettarme Produkte (sog. DASH-Diåt) diese Maûnahme ergånzen.
7.5 Adipositas 7.5.1 Definitionen und Ursache Ein erheblicher Anteil der Bevælkerung hat Gewichtsprobleme. So waren z. B. 2003 in Bayern 2/3 der Månner und rund die Hålfte der Frauen çbergewichtig oder adipæs [1]. Dies hat zahlreiche gesundheitliche Risiken zur Folge. Adipositas bedeutet einen vermehrten Fettgehalt des Kærpers. Dieser kann nur unter groûem Aufwand, z. B. mit der Dual-Photon-Absorptiometrie (DXA) direkt gemessen werden. Deshalb wurden verschiedene Faustformeln entwickelt, um auf einfache Weise eine Annåherung zu erreichen. Weltweit am meisten wird heute der Body-Mass-Index verwendet. Sowohl fçr Månner als auch fçr Frauen zeigte sich in Kohortenstudien die Brauchbarkeit des Messwertes, es liess sich eine deutliche, fast lineare Abhångigkeit der Gesamtsterblichkeit vom Body-Mass-Index nachweisen [14]. Øhnliche Beziehungen zeigten sich bei kardiovaskulåren und Krebstodesfållen [201]. Die abdominelle Fettverteilung (auch ¹Apfelformª genannt) kommt håufiger bei Månnern vor und geht mit einem wesentlich hæheren kardiovaskulåren Risiko einher als die weibliche Form der Fettverteilung um die Hçften (sog. ¹Birnenformª) [157]. Neuere Studien schlagen deshalb vor, den BMI-Index durch den Bauch-Hçft-Quotienten zu ersetzen [521]. Tabelle 8. Gesundheitliche Risiken von Ûbergewicht und Adipositas [172] z z z z z z z
Eingeschrånkte Lebenserwartung negative psychosoziale Verånderungen Herzinfarkt Herzschwåche Schlaganfall Krebserkrankungen Diabetes mellitus
z z z z z z z
Hypertonus Hyperlipidåmie Schlafapnoe Gelenksarthrosen Gallensteine Fettleber Periodenunregelmåûigkeiten
7.5 Adipositas
z
Tabelle 9. Definitionen von Ûbergewicht und Adipositas [267, 504]. Beispiel fçr die BMI-Berechnung: ein 70 kg schwerer und 1,80 m groûer Mann hat einen BMI von 70 : (1,8 ´ 1,8) = 21,6 kg/m2 z BMI (Body-Mass-Index) = Gewicht in kg : (Kærpergræûe in m)2 ³ 25 = Ûbergewicht (Pråadipositas); ³ 30 = Adipositas z Bauchumfang bei Månnern: ³ 102 cm, bei Frauen: ³ 88 cm 15
Im Gegensatz zu frçheren Vorstellungen begreifen wir heute die viszeralen Fettzellen als aktives endokrines Organ, das neben den freien Fettsåuren zahlreiche Botenstoffe (Adipokine) wie Adiponektin, Leptin, Tumornekrosefaktor-alpha und Interleukin-6 aussendet [124]. 15 Die Adipokine tragen sehr wahrscheinlich entscheidend zur Entwicklung eines gestærten Glukosestoffwechsels bei. Interleukin-6 (IL-6), Tumornekrosefaktor-alpha (TNF-alpha) und Resistin verschlechtern die Insulinsensitivitåt (Fasshauer et al. [124]). Adiponektin hat einen gegenlåufigen Effekt. Es fçhrt zu einer Verbesserung der Insulinresistenz [467]. Bezeichnenderweise ist die Produktion von Adiponektin im viszeralen Gewebe deutlich niedriger als im subkutanen Fettgewebe. Mehrere Studien belegen die bei Adipositas herabgesetzten Adiponektin-Spiegel. Zusåtzlich sind erhæhte entzçndliche und prothrombotische Aktivitåten sowie eine vermehrte Sympathikotonus-Aktivitåt zu beobachten [215]. Ein 6-monatiges Training fçhrte zu keiner signifikanten Verånderung des Adiponektin-Spiegels, obwohl sich die Insulinsensitivitåt verbesserte (+98%, p < 0,05). Dagegen konnten die Spiegel durch eine gleichzeitige Gewichtsabnahme deutlich angehoben werden (+281%, Insulinsensitivitåt +432%) [203]. Ursache der Adipositas ist in der Regel eine gestærte Energiebilanz (Differenz zwischen Energieaufnahme und Energieverbrauch), modifiziert durch genetische Faktoren 16. Die fortwåhrende Gewichtszunahme der Bevælkerung in den Konsumgesellschaften legt nahe, dass hauptsåchlich Verhaltens- und Umwelteinflçsse verantwortlich sind. Der Anteil genetischer Faktoren ist schwer abzuschåtzen, wird jedoch z. B. von Bouchard et al. auf rund 40% beziffert [62]. Dies beinhaltet Unterschiede im Grundumsatz, in den thermischen Effekten der Nahrung und unterschiedlicher Kalorienbedarf bei kærperlicher Aktivitåt. In Zwillingsstudien konnten die unterschiedlichen Auswirkungen çberkalorischer wie auch unterkalorischer Er15 16
Erhæhtes metabolisches Risiko bei Månnern ab ³ 94 cm, Frauen ab ³ 80 cm. Als weitere Ursachen werden genannt: ± Essstærungen (z. B. Binge Eating Disorder) ± Endokrine Erkrankungen (z. B. Hypothyreose, Cushing-Syndrom) ± Medikamente (z. B. manche Antidepressiva, Neuroleptika, Antidiabetika, Glukokortikoide, Betablocker) ± Andere Ursachen (z. B. Immobilisierung, Schwangerschaft, bestimmte Operationen, Nikotinverzicht). Nach [172].
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7 Die klassischen kardiovaskulåren Risikofaktoren
nåhrung in Abhångigkeit von genetischen Faktoren beståtigt werden [61]. Ca. 430 Gene auf mutmaûlich allen Chromosomen mit Ausnahme des Y-Chromosoms werden mit der Adipositas in Verbindung gebracht [448].
7.5.2 Wirkungsweise kærperlicher Aktivitåt Der Energieverbrauch steigt wåhrend kærperlicher Aktivitåt an. Die Muskulatur arbeitet jedoch åuûerst ækonomisch mit gutem Wirkungsgrad und verbraucht entsprechend wenig Kalorien. Somit gelingt es nach den unten aufgefçhrten Berechnungsbeispielen erst mit rund 19 h Walken, 1 kg Fettgewebe (ca. 9450 Verbrennungskalorien) abzubauen. Steter Tropfen hæhlt jedoch auch den ¹Bauchª: Tågliches Walken von 30 min kænnte in einem Jahr zu einem Gewichtsverlust von rund 9±10 kg fçhren, immer vorausgesetzt, der Mehrbedarf wird nicht durch Essen ausgeglichen. Bei entsprechender Fitness kænnen natçrlich hæhere Verbrauchswerte erreicht werden (moderne Pulsuhren kænnen hier genauere Angaben liefern). Radfahren mit hæherem Tempo und in bergigem Gelånde kann im Extremfall (Beispiel: ¹Tour de Franceª) mit tåglich çber 9000 kcal veranschlagt werden. Dies verwundert wenig, wenn man bedenkt, dass beim rund 40-minçtigen Anstieg nach Alpes d'Huez im Mittel 440 Watt Leistung erbracht wurden (ZDF Sportstudio 23. 4. 2005). Ein wichtiger Effekt zeigt sich im Aufbau von Muskelmasse. Da Muskelgewebe metabolisch aktiver ist als Fettgewebe und mehr Kalorien verbraucht, steigt der Grundumsatz damit an. Dieser vermehrte Energieverbrauch macht sich sowohl in Ruhe- wie bei Belastungsphasen bemerkbar. Gut Trainierte verbrauchen somit von Haus aus mehr Kalorien. Es gibt noch nicht gesicherte Daten, dass Intervallbelastungen einen stårkeren Abbau des Subkutanfettgewebes nach sich ziehen als kontinuierliche Belastungen [Review bei: 237, 290, 456, 477]. Ausdauer- wie Krafttraining [297] verhindern den gefçrchteten Muskelabbau, der im Rahmen von strengen Fastenprogrammen auftritt [249]. Ein Absinken des Grundumsatzes ± es wird mit der Dauer der Diåt immer schwieriger abzunehmen ± låsst sich vermeiden [110]. Tabelle 10. Kalorienverbrauch bei verschiedenen Aktivitåten in 1 h (bezogen auf eine 70 kg schwere Person) [232] Beispiele
kcal/h
Beispiele
kcal/h
z z z z
200±250 250 300 450±550
z z z z
600 600 550±600 700±750
Hausarbeiten Gymnastik Walken (langsam = 5±6 km/h Walken (schnell = 7±7,5 km/h
Radfahren (flott = > 20 km/h) Schwimmen Joggen (7±8 km/h) Laufen (10 km/h)
7.5 Adipositas
z
Bei regelmåûiger sportlicher Betåtigung verringert sich in der Regel auch der Appetit. Da einige Zeit vor dem Training und wåhrend des Sports nicht gegessen werden soll, verlångert sich die nahrungsfreie Zeitspanne. Insbesondere fçr Langeweile- und Frustesser bieten sich die frçhen Abendstunden fçr Sportausçbung an. Adipæse brauchen beim Trainieren Geduld. Ihre metabolischen Vorgånge sind in typischer Weise veråndert: Typ-I-Muskelfasern, die vermehrt Fettsåure oxidieren, kommen seltener vor, die Fettsåureoxidation ist zusåtzlich gehemmt und entsprechend die maximale Fettsåureoxidationsrate vermindert, die intrazellulåre Fettmenge in der Muskulatur nimmt zu und fçhrt wahrscheinlich auch zu einer wachsenden Insulinresistenz [Review: 239]. So wird es also eine gewisse Zeit benætigen, bis diese ungçnstigen metabolischen Verånderungen umgekehrt werden kænnen und der volle Trainingseffekt erreicht wird.
7.5.3 Primårpråvention Adipositas korreliert in der Regel zu reduzierter kærperlicher Aktivitåt. Ûber 15 000 Månner und Frauen in 15 Mitgliedsstaaten der Europåischen Union wurden zu ihrem Bewegungsverhalten befragt. Eine Adipositas trat bei geringer kærperlicher Aktivitåt doppelt so håufig auf (Evidenzlevel C) (Martinez-Gonzales [305]). Williamson et al. [510] untersuchten 1993 in einer Kohortenstudie 3515 Månner und 5810 Frauen zwischen 25 und 74 Jahren çber 10 Jahre. Auch hier korrespondierte geringe kærperliche Aktivitåt mit einer çberdurchschnittlichen Gewichtszunahme. ¹Bewegungsfauleª Månner und Frauen hatten ein 3,1fach bzw. 3,8fach græûeres Risiko, adipæs zu werden. Vergleichbare Daten lieferte die Multiple Risk Factor Intervention Trial (MRFIT) und der Canada Fitness Survey [65] (Evidenzlevel B) . Mit der Bedeutung genetischer Einflçsse beschåftigte sich die Arbeitsgruppe um Samaras [408]. 970 gesunde weibliche Zwillinge im Alter von 39±70 Jahren (BMI 16±44) wurden untersucht und die Einflçsse kærperlicher Aktivitåt auf das Fettgewebsvolumen (gemessen durch Dual-PhotonAbsorptiometrie) ermittelt. Das Ausmaû kærperlicher Aktivitåt korrelierte eng mit der Gesamtfettmenge und mit der abdominalen Fettmenge. Bei unterschiedlich aktiven Zwillingen zeigte sich, dass trotz gleicher genetischer Ausstattung kærperliche Aktivitåt Vorteile aufwies. 1±2 h moderates Ausdauertraining in der Woche brachte einen signifikanten Gewichtsunterschied von 1±1,4 kg mit sich. Ein 6-monatiges Ausdauertraining mittlerer Intensitåt fçhrte bei normalgewichtigen Frauen zu einer Reduktion des Kærperfettes um 6% [473]. Das Training wirkte sich jedoch noch stårker auf das viszerale Fettgewebe aus. Hier betrug die mittels Magnetresonanztomographie gemessene Reduktion 25%. Die konventionellen Messgræûen håtten dies nicht gezeigt. Gewicht, BMI und Bauch-Hçft-Quotient blieben dabei unbeeinflusst.
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7 Die klassischen kardiovaskulåren Risikofaktoren
7.5.4 Therapeutische Effekte Ross et al. [403] veræffentlichten 2000 eine randomisierte Interventionsstudie, in der sie die Auswirkungen kærperlicher Aktivitåt auf Gewicht und Insulinresistenz bei Adipæsen untersuchten. Ein umfangreiches Trainingsprogramm bewirkte nach 3 Monaten einen Gewichtsverlust durch Abnahme von Gesamt- wie abdominellem Fett. Die Insulinresistenz besserte sich. Måûiges Training fçhrte dagegen zu keinem Gewichtsverlust, aber dennoch zu einer Reduktion des viszeralen Fettes. Auch bei Despres et al. [106] kam es in erster Linie zu einer Reduktion des viszeralen Fettes. Schon rasches beståndiges Walken war wirksam. Nach 1 Jahr kam in der Untersuchung von Irwin et al. [208] eine signifikante Gewichtsabnahme von durchschnittlich 1,4 kg zustande. Das Ausmaû der Gewichtsabnahme korrelierte mit der Dauer des Walkens. Eine Kombination aus Ausdauertraining, Krafttraining und Diåt ist besonders wirksam. Damit konnte im Vergleich zu den Einzelmaûnahmen die effektivste Fettreduktion herbeigefçhrt werden [297]. Auch die groûe Metaanalyse (493 Studien) von Miller et al. [325] beståtigt, dass eine Gewichtsreduktion mit einer Kombination aus Diåt und Bewegung am besten zu erzielen und am nachhaltigsten zu sichern ist. Selbst wenn es durch Bewegung nicht gelingt, eine Gewichtsreduktion zu erreichen, wird die Mortalitåt gesenkt. In jeder Gewichtsklasse war sie signifikant niedriger, wenn die Teinehmerinnen walkten, joggten oder sich anderweitig bewegten. Der negative Effekt des Ûbergewichts lieû sich allerdings nicht vollståndig ausgleichen [201].
z! Regelmåûige kærperliche Aktivitåt beugt Ûbergewicht vor. Sie trågt zur Gewichts-
reduktion bei Adipositas bei, indem Gesamtfett und viszerales Fett reduziert wird. Muskulatur wird aufgebaut und verbessert die metabolische Situation. Die Fettsåureoxidationsrate steigt an. Am wirksamsten ist eine Kombination aus Ausdauertraining, Krafttraining und Diåt. Der Grundumsatz bleibt auch bei strengeren Diåten konstant. Selbst wenn damit keine Gewichtsreduktion gelingt, sinkt die Mortalitåt ab. Intervallbelastungen kænnten einen vermehrten Abbau des Subkutanfettgewebes bewirken. Lieber intensiv und kurz oder moderat und lang trainieren? Walken, Radfahren, Schwimmen und Skilanglauf werden wegen der Schonung von Gelenken fçr Adipose als besonders geeignet angesehen. Ist es nun fçr eine optimale Gewichtsabnahme wirksamer, mæglichst schnell und kurz oder langsam und weit zu laufen oder zu walken? Nehmen wir eine 70 kg schwere Frau: Sie verbraucht beim raschen Laufen (10 km/h) 12 kcal/min. Hålt sie dies 20 min durch, verbrennt sie insgesamt 240 kcal. Walkt sie dagegen zçgig mit 7 km/h, benætigt sie natçrlich weniger, nåmlich 7,5 kcal/min, kann dieses Tempo jedoch 40 min aufrecht halten und kommt somit auf einen hæheren Gesamtverbrauch von insgesamt 300 kcal.
7.6 Homozystein
z
Fçr die Fettsåureverbrennung gilt folgende Ûberlegung: Die maximale Fettsåureoxidation findet bei gut trainierten Sportlern auf einer Belastungsstufe von 65±75% VO2max statt. Bei Adipæsen liegt dieser Wert niedriger. Mehrere Studien siedeln die maximale Fettsåurenverbrennung hier bei 40±50% VO2max an (entspricht etwa 60±65% HFmax; Ûbersicht: [239]). Es dçrfte also fçr Adipæse von Vorteil sein, in diesem eher niedrigen Intensitåtsbereich zu trainieren. Sie benætigen Geduld, bis die gestærten Stoffwechselvorgånge sich einpendeln.
7.6 Homozystein Homozystein ist eine intermediåre Aminosåure auf dem Syntheseweg von der essenziellen Aminosåure Methionin zu Zystin, Zystein und Taurin. Diese Aminosåuren sind wichtige Bausteine von Strukturproteinen und Enzymen. Die Bedeutung des Homozysteins als Risikofaktor oder Risikomarker ist noch nicht vællig geklårt. Schon långer ist bekannt, dass Menschen mit einem Gendefekt in Enzymen des Methioninstoffwechsels (meist Cystathionin-b-Synthase) hohe Homozysteinspiegel aufweisen kænnen und unter anderem sehr frçhzeitig an atherosklerotischen und thrombotischen Erkrankungen leiden. Die sehr seltene Erkrankung (1 : 250 000) wird als Homozysteinurie bezeichnet. Davon abzugrenzen sind måûige bis mittelgradige Spiegelerhæhungen, die bei 5±7% der Bevælkerung vorkommen. Sie sind in der Regel auf Mutationen im Enzym MTHFR (Methylen-TetrahydrofolatReduktase) oder auf einen durch falsche Ernåhrung erworbenen Mangel an Folsåure, Vitamin B6 und B12 zurçckzufçhren, die als Kofaktoren im Homozysteinstoffwechsel dienen [228, 526]. Auch bei diesen geringeren Homozysteinspiegelerhæhungen wurden håufiger Herzinfarkte, Schlaganfålle und Venenthrombosen beobachtet. Frçhere Fallkontrollstudien haben das Risiko eher çberschåtzt. Eine Metaanalyse prospektiver Studien zeigte eine deutlich schwåchere Assoziation [228]. Es wird betont, dass die Kausalitåt erst bewiesen ist, wenn gençgend Interventionsstudien vorliegen. Dies ist bislang nicht der Fall. Toole et al. [475] konnten in einer randomisierten Doppelblindstudie bei Patienten nach Schlaganfall keinen Benefit einer homozysteinsenkenden Therapie mit Folsåure, Vitamin B6 und B12 nachweisen, halten allerdings noch weitere und långere Studien fçr notwendig. Nur wenige Studien beschåftigten sich bislang mit den Effekten eines Ausdauertrainings auf den Homozysteinspiegel [184, 385, 518]. Zusammenfassend zeigt sich einheitlich ein Homozysteinanstieg als Effekt einer akuten Belastung. Die Auswirkungen eines långerfristigen Trainings sind dagegen schwieriger abzuschåtzen. Es gibt Hinweise, dass es bei Risikogruppen zu einer Senkung des Homozysteins kommen kann. Weitere Untersuchungen sind notwendig, um die Effekte sicher einordnen zu kænnen.
73
8 Spezielle Krankheitsbilder
8.1 Koronare Herzkrankheit (KHK) 8.1.1 Kann kærperliche Aktivitåt eine KHK verhindern? Schon in den 80er Jahren gab es frçhe Hinweise: Von rund 18 000 månnlichen Bçroangestellten hatten in einer Studie die kærperlich aktiveren Teilnehmer nur knapp halb so oft eine koronare Herzkrankheit entwickelt [331]. Mehrere epidemiologischen Untersuchungen beståtigen diese Assoziation 17 bis in die neuere Zeit. Paffenbarger et al. [361] z. B. fanden bei knapp 17 000 Absolventen der Harvard Universitåt bei gesteigerter kærperlicher Aktivitåt eine Reduktion kardiovaskulårer Ereignisse. Dies galt in gleicher Weise fçr Frauen [394]. Schon 1±2 Trainingseinheiten pro Woche fçhrten zu einer ca. 30%igen Abnahme des KHK-Risikos [27]. Eine Ûbersicht çber die vorliegenden groûen Studien findet sich bei Lee u. Paffenbarger [269]. Tanasescu et al. [468] schlossen 44 452 Månner in ihre Studie ein. 1700 neue Herzinfarkte oder kardiovaskulåre Todesfålle ereigneten sich in rund 10 Jahren. Folgende Korrelationen lieûen sich errechnen (s. Tab. 11). Bemerkenswerter Weise war auch Krafttraining wirksam. Welcher Trainingsumfang kann solche Effekte erzielen? Sind mehrere kleine Ûbungseinheiten pro Tag långeren Trainingseinheiten vergleichbar? Tabelle 11. Risikoreduktionen schwerer kardiovaskulårer Ereignisse in Abhångigkeit von Art sowie Dauer der kærperlichen Aktivitåt [468] Art der Bewegung (pro Woche)
Risikoreduktion in %
z Laufen ³ 1 h z Gewichtheben ³ 30 min z Rudern ³ 1 h z Rasches Walken ³ 3,5 h (30 min tåglich)
42 23 18 18
17
[44] Metaanalyse; [399] Honolulu Heart Program mit 8006 Teilnehmern [269]
8.1 Koronare Herzkrankheit (KHK
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Das koronare Risiko der schon erwåhnten 17 000 Harvard-Absolventen war ab einem Bewegungsumfang von wæchentlich 2000 kcal signifikant geringer. Inaktive erlitten 64% håufiger eine 1. Herzattacke im Studienzeitraum [361]. Fletcher et al. [128] zeigten, dass eine inverse Beziehung zwischen Umfang der kærperlichen Aktivitåt und Gesamt- wie koronarer Mortalitåt ungefåhr zwischen 700 bis 2000 kcal/Woche besteht. Rasches Walken von 2,5 h/Woche reduzierte das Risiko koronarer Ereignisse bei Frauen um rund 30%. Der Gesamtumfang des Trainings (METxh) korrelierte zur Risikosenkung. Eine Steigerung allein der Intensitåt hatte keinen zusåtzlichen Vorteil [294]. In der Studie von Williams [507] mit rund 8000 Joggern reduzierte ein umfangreiches Laufpensum von 64 km/Woche die KHK Inzidenz çber 10 Jahre im Vergleich zur Kontrollgruppe um 30%. Die Kontrollgruppe lief ¹nurª 16 km. Die Ergebnisse der genannten Studien zeigen, dass es in erster Linie auf den Gesamtkalorienverbrauch pro Woche ankommt. Die Deutsche Gesellschaft fçr Kardiologie [146] errechnete aus den vorliegenden Studien in ihrem Positionspapier eine Risikominderung von 15%/1,5 h måûig intensiver Bewegung pro Woche. Einige Indizien kænnten jedoch fçr eine weitere positive Wirkung hæherer Trainingsintensitåt (z. B. Lauf- oder Fahrtempo) sprechen. Die oben genannte Studie von Tanasescu et al. [468] weist z. B. einen deutlichen Vorsprung des Laufens im Vergleich mit dem Walken auf (bei allerdings sehr ungenauer Angabe des Trainingsumfangs). Lee u. Paffenbarger [269] berichten, dass bei etwa der Hålfte aller betreffenden Studien durch hæhere Intensitåten eine bessere KHK-Risikoreduktion erreicht wurde als durch moderate. Andere Autoren dagegen fanden keine Unterschiede [Ûbersichtsarbeit: 269]. Eine interessante Untersuchung legte Williams 1998 [508] vor: Er verglich bei 7059 Månnern und 1837 Frauen die Auswirkungen eines hæheren mit denen eines niedrigeren Lauf-Tempos auf die KHK-Risikofaktoren. Der Gesamtenergieverbrauch war weitgehend identisch (ermittelt anhand Laufdistanz). Folgende Risikofaktoren verbesserten sich bei hæherer Intensitåt im Vergleich: Blutdruck, Triglyzeride, Quotient: Gesamtcholesterin/HDL, Body-Mass-Index, Umfånge von Bauch, Hçfte und Brust. Im Vergleich mit der Wirkung der Laufdistanz hatte die Laufgeschwindigkeit einen 13,3fach græûeren Effekt auf den systolischen Blutdruck, einen 2,8fachen auf den diastolischen sowie einen 4,7fachen auf den Bauchumfang bei Månnern und eine 5,7fache Wirkung auf den systolischen Blutdruck bei Frauen. Andererseits besaû die Laufdistanz im Vergleich mit der Laufgeschwindigkeit eine 6-mal hæhere Wirkung auf das HDL-Cholesterin bei beiden Geschlechtern. Williams gelangt zu dem Schluss, dass die Trainingsintensitåt eine hæhere protektive Wirkung als der Trainingsumfang allein besitzen kænnte. Er sieht allerdings die Notwendigkeit diesbezçglicher klinischer Studien. Intensitåt und Umfang kænnten auf unterschiedliche KHK-Risikofaktoren zielen.
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8 Spezielle Krankheitsbilder
Von groûer praktischer Bedeutung war die Untersuchung von Lee et al. [270]. Sie belegten: Ûbungseinheiten von 15 min waren in derselben Weise protektiv wie solche von 30 oder 45 min Dauer, sofern ein vergleichbarer wæchentlicher Energieverbrauch eingehalten wurde. Dies ist insofern bedeutsam, als die Empfehlungen, håufiger kleinere Bewegungseinheiten wie Treppensteigen oder Radfahren (Arbeit, Einkaufen) in den Alltag einzubauen, eine wissenschaftliche Grundlage erhalten. Fçr die Primårpråvention wird aus vielen solcher Studien zusammenfassend der Schluss gezogen, dass 30 min Bewegung pro Tag gut und mehr besser ist [36]. 30 min kærperliche Aktivitåt tåglich erzielen brauchbare Effekte auf das KHK-Risiko. Der bekannte britische Epidemiologe Goeffrey Rose fçhrte in seinem klassischen Text ¹The Strategy of Preventive Medicine? aus, dass mehr erreicht ist, wenn breite Bevælkerungskreise ihr Gesundheitsverhalten måûig verbessern, als wenn ein kleiner Kreis groûe Verånderungen vollzieht [zitiert nach Bassuk und Manson 2003].
8.1.2 Sekundårprophylaxe Die Cochrane Library veræffentlichte 2004 eine Metaanalyse aller randomisierten kontrollierten Studien bis 1998, die die Auswirkungen kærperlicher Aktivitåt auf Månner und Frauen mit klinisch manifester KHK untersuchten. Alle hatten einen Herzinfarkt durchgemacht, waren einer aortokoronaren Bypass-Operation oder einer Ballondilatation unterzogen worden oder litten unter Angina pectoris infolge einer angiographisch nachgewiesenen koronaren Herzkrankheit. Bei den insgesamt 7683 in die Studie eingeschlossenen Patienten zeigte sich, dass durch kærperliche Aktivitåt eine Reduktion der Gesamtmortalitåt um 27% und der kardialen Mortalitåt um 31% erreicht werden kann. Kein signifikanter Einfluss fand sich auf die Håufigkeit nicht tædlicher Herzinfarkte [212]. Patienten mit einer gleichzeitigen Herzschwåche unterliegen græûeren Einschrånkungen beim kærperlichen Training und mçssen gesondert betrachtet werden (s. Kap. 8.2). Laut Fletcher et al. [128] hatten selbst Teilnehmer, die erst nach einem Herzinfarkt mit Ausdauertraining begannen, signifikant hæhere Ûberlebensraten [352, 357, 494]. Selbst erholsame Aktivitåten von 4 und mehr Stunden am Wochenende (gemeint waren damit Gartenarbeit oder Gehen von mind. 40 min) gingen mit einer signifikanten Reduzierung der Gesamtund kardialen Mortalitåt (hier um 42%) einher [451]. Niebauer et al. [344] konnten mit angiographisch erhobenen Daten bei 113 Månnern mit Koronarstenosen und stabiler Angina pectoris belegen, dass kærperliche Aktivitåt in Verbindung mit einer fettarmen Kost den Atherosklerose-Prozess signifikant verzægert, stoppt bzw. sogar zur Rçckbildung bringt. Je langfristiger ein Training angelegt war, desto geringere Trainingsumfånge waren notwendig, um die Effekte zu erreichen (Tab. 12). Eine stårkere Kollateralenbildung war nur bei Progression der Koronarstenosen zu be-
8.1 Koronare Herzkrankheit (KHK
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obachten. In einer Multivariatanalyse zeigte sich die kærperliche Aktivitåt als entscheidender Parameter fçr die Verånderungen. Die Arbeitsgruppe um Hambrecht veræffentlichte 2004 eine vielbeachtete Interventionsstudie [164 a]. Sie verglichen bei Koronarkranken mit stabiler Angina pectoris die Effektivitåt eines Ausdauertrainings im Vergleich zu einer interventionellen Behandlung mit Ballondilatation und Stenting 18. Die 101 Månner der Trainingsgruppe mussten ein Jahr lang tåglich 20 min Radfahren. Dies war genauso erfolgreich bezçglich harter kardialer Endpunkte (Schlaganfall, Herzinfarkt) wie die Katheterintervention. Ein ereignisfreies Ûberleben war in der Bewegungsgruppe sogar håufiger (88% gegençber 70%, p = 0,023). Die errechneten Kosten der Behandlung waren in der Bewegungsgruppe deutlich niedriger.
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z Kærperliche Aktivitåt mindert das Risiko, eine KHK zu entwickeln, um bis zu 40% (evtl. mehr). Effekte sind schon ab einem wæchentlichen Ûbungsumfang von 700 kcal zu erreichen. Eine Steigerung des Kalorienverbrauchs bewirkt græûere Risikominderungen. Dies ist bis zu 4000 kcal belegt [507]. z 1 Jahr moderates aerobes Training stoppt die Progression von Koronarstenosen ab einem wæchentlichen Trainingsumfang von durchschnittlich 1500 kcal. Ab im Mittel 2200 kcal kann es zur Regression kommen. Nach jahrelangem Training sind solche Effekte schon mit geringeren Trainingsumfången zu erreichen (nach 6 Jahren bei 1250 bzw. 1800 kcal/Woche = 4 h moderates Training). z Auch niedrige Intensitåten (z. B. zçgiges Walking) erbringen deutliche Wirkungen. Deshalb: Alltagsaktivitåten (Treppensteigen, Gartenarbeit etc.) steigern! z Vergleichbare Effekte sind auch bei Aufteilung des Gesamtenergieverbrauchs in kurze Einheiten von 15 min zu erzielen. z Sinnvoll sind Aktivitåten måûiger- bis mittelgradiger Intensitåt çber 30±45 min 4bis 5-mal in der Woche oder sogar tåglich. z Eine Ergånzung durch ein Muskelkrafttraining wirkt sich zusåtzlich gçnstig aus. Vor der Aufnahme eines Ausdauertrainings sollten Koronarkranke eine individuelle Untersuchung und Beratung von ihrem Hausarzt oder Kardiologen erhalten. Es sollten keine Herzinsuffizienz, keine belastungsausgelæsten Durchblutungsstærungen und keine komplexen Rhythmusstærungen der Herzkammern (> Lown IVa) vorhanden sein [160]. Um dies zu belegen, ist die Durchfçhrung eines Belastungs-EKGs, eines Langzeit-EKGs und einer Ultraschalluntersuchung des Herzens notwendig. Dabei soll die obere Pulsgrenze, bis zu der eine Belastung durchgefçhrt werden kann, festgelegt werden. Fçr Patienten, bei denen eine Herzschwåche besteht, gelten weitere Einschrånkungen, çber die wir im nåchsten Kapitel berichten. Wegen den genau eingehaltenen Belastungsstufen hat sich ein Heimergometer bewåhrt.
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Dabei wird eine Engstelle in den Koronargefåûen mittels eines Ballons an der Katheterspitze aufgedehnt und in der Regel durch Einsetzen eines Stents offen gehalten.
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Tabelle 12. Durchschnittlicher Trainings-Energieaufwand pro Woche und Auswirkungen auf den Atheroskleroseprozess, * [344], ** [164], *** in beiden Publikationen Atheroskleroseprozess
z Progression z Stopp z Regression
Durchschnittlicher Energieaufwand pro Woche (kcal) nach 1 Jahr
nach 6 Jahren
1000 ** 1500 *** 2200 ***
1250 * 1250 * 1800 * (4 h moderates Training)
8.2 Ausdauertraining bei chronischer Herzinsuffizienz Katharina Meyer Chronische Herzinsuffizienz fçhrt infolge eines reduzierten Herzzeitvolumens, kærperlicher Schonung und Apoptose (vorprogrammierter Zelltod) zu unerwçnschten Verånderungen in Struktur und Funktion der Skelettmuskulatur. Diese Verånderungen schlieûen das System der energiereichen Phosphate, die oxidative Kapazitåt und die Muskelstruktur und -masse ein [9, 111, 163, 293, 326, 359, 462]. Darçber hinaus zeigen chronisch herzinsuffiziente Patienten eine Verminderung der peripheren Durchblutung, welche zum einen auf eine erhæhte Vasokonstriktion infolge eines gesteigerten Sympathikotonus, zum anderen auf eine eingeschrånkte Fåhigkeit zur flussabhångigen arteriellen Dilatation infolge endothelialer Dysfunktion und eingeschrånkter NO-Bildung zurçckgeht [161, 165, 193]. Diese Verånderungen sind mit einer eingeschrånkten muskulåren Leistungsfåhigkeit und kardiovaskulåren Belastungstoleranz verbunden [90, 163, 315, 359, 489]. Die Dysfunktion der Skelettmuskulatur determiniert mehr als 50% der Varianz der Belastungsintoleranz von herzinsuffizienten Patienten [87], und die Peak-Sauerstoffaufnahme sowie Muskelmasse und Muskelkraft erwiesen sich als unabhångige Prådiktoren der Leistungsfåhigkeit und Prognose [9, 91, 168, 202, 336, 489]. Damit ist nicht die Herzleistung als solche die primåre leistungslimitierende Græûe, sondern es ist die periphere Muskulatur in Bezug auf ihre Masse und ihre Kapazitåt in Håmodynamik und Energiestoffwechsel. Seit nunmehr 20 Jahren hat die Wissenschaft belegt, dass viele der peripheren Verånderungen teilweise reversibel sind. Dem kærperlichen Training kommt dabei eine Schlçsselfunktion zu [8, 42, 43, 89, 161±163, 222, 227, 230, 315, 320, 505]. Diese Kenntnis fçhrte dazu, dass heute das aerobe Ausdauertraining wie auch das Kraft- bzw. Muskelaufbautraining einen festen Platz im Therapieregime der stabilen chronischen Herzinsuffizienz haben. Jede Empfehlung fçr ein kærperliches Training sollte unter Berçcksichtigung des individuellen klinischen Bildes eines Patienten, der Ergebnisse
8.2 Ausdauertraining bei chronischer Herzinsuffizienz
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seiner diagnostischen Spiroergometrie sowie individueller Belastungsreaktionen im Training erfolgen. Zusåtzlich sollten die individuelle Medikation, das Risikofaktorenprofil, Verhaltenscharakteristika und persænliche Ziele sowie Trainingspråferenzen eines Patienten berçcksichtigt werden. Ein systematisches und individualisiertes Ausdauertraining schlieût die Wahl der angemessenen Ausdauersportarten, die Intensitåt, Dauer, Håufigkeit und Steigerung einer Trainingsbelastung ein. Wåhrend des Trainings hångt die kardiovaskulåre Beanspruchung u. a. von der gewåhlten Belastungsart (z. B. Gehen, Joggen, Radfahren, Schwimmen), von der Belastungsmethode (Dauer- oder Intervallmethode), der Græûe der einbezogenen Muskelmasse sowie der Intensitåt und Dauer einer Trainingsbelastung ab.
8.2.1 Aerobes Ausdauertraining Belastungsarten Die relativ geringe kardiale Belastungstoleranz bei Herzinsuffizienz erlaubt die Ausçbung von nur wenigen Ausdauersportarten. Das Fahrradergometertraining ist eine prioritåre Belastungsart. Es ermæglicht ein Belasten selbst auf sehr niedriger Stufe, eine genaue Dosierung und Reproduzierbarkeit einer verordneten bzw. tolerierten Belastung sowie eine kontinuierliche Ûberwachung von Herzfrequenz, Herzrhythmus und Blutdruck. Zudem hat es sich als ideal fçr die Anwendung der Intervallmethode erwiesen (s. u.). Eine genaue Ûbertragung einer im Fahrradergometertraining tolerierten Belastung in das Radfahren im Freien ist wegen umgebungsbedingter Einflçsse auf das kardiovaskulåre System wie z. B. Gegenwind und Steigungen nur eingeschrånkt mæglich. Radfahren auf der Ebene bei geringer Geschwindigkeit (12 km/h) entspricht bereits einem Sauerstoffbedarf von ca. 1000 ml/min bzw. einer Belastung von ca. 60 Watt [20]. Dies macht deutlich, dass Radfahren im Freien nur jenen Patienten empfohlen werden sollte, die eine entsprechende kardiale Belastbarkeit aufweisen bzw. der NYHAKlasse II angehæren. Gehen und Joggen erfolgt çberwiegend mit isotonen Muskelkontraktionen (d. h. die Muskelspannung bleibt weitgehend konstant, wåhrend sich die Långe des Muskels bei konstantem Widerstand åndert). Somit fçhren beide Bewegungsarten bei einer gegebenen Sauerstoffaufnahme zu einem relativ geringeren Anstieg des mittleren arteriellen Blutdruckes als andere Ausdauersportarten, was theoretisch bedeutet, dass damit auch die Nachlast des linken Ventrikels geringer ist. Joggen in einem Tempo von 80 m/ min ermæglicht gerade noch eine motorisch angenehme Laufbewegung. Da dieses langsame Tempo jedoch bereits einem Sauerstoffverbrauch von ca. 1200 ml/min bzw. einer Belastung von > 1 W/kg Kærpergewicht entspricht, gilt Joggen als nicht empfehlenswerte Ausdauersportart fçr herzinsuffiziente Patienten [498]. Anders ist dies beim Gehtraining, das fçr eine groûe Belastungsbreite geeignet ist. Ein Gehtraining mit Geschwindigkeiten von < 50 m/min kann
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selbst von Patienten mit sehr geringer Belastbarkeit durchfçhrt werden, da es lediglich 650 ml/min Sauerstoffverbrauch bzw. einer Belastung von etwa 0,3 W/kg Kærpergewicht entspricht [131]. Dagegen erfordert ein hohes Gehtempo von z. B. 100 m/min einen Sauerstoffverbrauch von 900±1000 ml/ min und bedarf somit einer kardialen Belastbarkeit von 0,8±0,9 W/kg Kærpergewicht [20, 498]. Schwimmen ist traditionell eine Trainingsform fçr Herzpatienten mit guter kardialer Belastbarkeit. Bei Patienten im Zustand nach schwerem Myokardinfarkt bzw. mit kompensierter Herzinsuffizienz besteht dagegen bislang Zurçckhaltung bei der Verordnung von Schwimmen. Ein Grund fçr diese Zurçckhaltung ist die Befçrchtung einer pathologischen Volumenund Druckbelastung, die auf der Kenntnis der zentral-håmodynamischen Reaktionen wåhrend Immersion und Schwimmen bei Gesunden angenommen wird. Wåhrend halstiefer Immersion bewirkt eine Wassersåule von 100 cm einen Druck von 76 mmHg auf die Kærperoberflåche. Wåhrend des Schwimmens wird ± je nach Kærperlage ± ein Druck von 40±60 mmHg auf die Kærperoberflåche angenommen. Dieser Druck bewirkt eine Kompression der oberflåchlichen Venen, insbesondere die der unteren Extremitåten und des Abdomens, mit der Folge einer Blutvolumenverschiebung in Richtung Thorax und Herz. Bei Gesunden fçhrte Immersion bis zum Beckenkamm zu keiner signifikanten Blutvolumenverschiebung. Bei Immersion bis zum Hals wurde jedoch eine Zunahme des zentralen Blutvolumens von bis zu 700 ml beobachtet [26, 396]. Zwischen 180 und 240 ml dieses Volumens gingen zulasten des Herzens, was mit einer Vergræûerung beider Vorhæfe und Ventrikel einherging [260, 396]. Die Planimetrie der postero-antero-Flåche des Herzens wåhrend der Diastole zeigt eine durchschnittliche Zunahme des Herzvolumens von 30% innerhalb von nur 6 sec [397]. Bei Patienten im Zustand nach schwerem Myokardinfarkt vor 6±10 Wochen fçhrte halstiefe Immersion in aufrechter Kærperposition zu pathologischen mittleren Pulmonalarteriendrucken und Pulmonalkapillardrucken [69, 71], was auf eine hohe Volumenbelastung des linken Ventrikels hinweist [70]. Bei langsamem Schwimmen mit einem Tempo zwischen 20 und 25 m/min wurden hæhere Pulmonalarterien- und Pulmonalkapillardrucke gemessen als bei einer Fahrradergometrie im Liegen mit einer Belastung von 100 Watt [69]. Bei Patienten mit kompensierter Herzinsuffizienz (NYHA III) zeigte sich wåhrend halstiefer Immersion eine Abnahme bzw. eine ausbleibende Steigerung des Schlagvolumens, was ein Hinweis auf eine linksventrikulåre Volumençberlastung ist [313]. Trotz dieser akuten Verschlechterung der zentral-håmodynamischen Situation wåhrend Immersion fçhlten sich die Patienten çberwiegend wohl. Eine Erklårung hierfçr kænnte die weniger stark abfallende gemischtvenæse Sauerstoffsåttigung beim Schwimmen im Vergleich zur Fahrradergometer-Belastung sein [69]. Die Ergebnisse zeigen, dass bei Patienten im Zustand nach schwerem Myokardinfarkt bzw. mit måûig bis schwerer Herzinsuffizienz eine halstiefe Immersion vorçbergehend patholo-
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gische kardiale Reaktionen hervorrufen kann. Diese Beobachtungen liefern allerdings keinen Beweis dafçr, dass eine wiederholte Immersion, z. B. bei regelmåûigem Schwimmtraining oder långerfristiger Wassertherapie, zu einem Remodeling des linken Ventrikels mit chronischer Funktionsverschlechterung fçhrt. Die bei den untersuchten Patienten beobachteten pathologischen Druckwerte in Pulmonalarterie bzw. Pulmonalkapillare sowie der Schlagvolumenabfall erlauben folgende Postulate [313]: z Trotz akuter håmodynamischer Verschlechterung bleibt das subjektive Wohlbefinden vieler Patienten gut; diese Beobachtung unterstreicht, dass ein Wohlgefçhl im Wasser keine Garantie dafçr ist, dass der linke Ventrikel die Volumenbelastung wåhrend Immersion toleriert. z Dekompensierte Herzinsuffizienz ist eine absolute Kontraindikation fçr Immersion und Schwimmen. z Patienten mit schwerem Myokardinfarkt bzw. måûiger bis schwerer Herzinsuffizienz, die eine flache Schlafposition tolerieren, kænnen Wannenbåder (z. B.: balneotherapeutische Båder) in halbsitzender Position bei einer Eintauchtiefe bis zur Sternumspitze nehmen. z Aktive Wassertherapie (z. B. Krankengymnastik wegen orthopådischer Probleme) kann Patienten mit schwerem Myokardinfarkt bzw. mit Herzinsuffizienz im NYHA-Stadium-III erlaubt werden, sofern diese Therapie bei aufrechter Kærperposition erfolgt und die Eintauchtiefe das Xiphoid nicht çbersteigt. Ausdauertraining: Intervall- oder Dauermethode? Die Suche nach einer Mæglichkeit, die periphere Muskulatur von Herzpatienten mit geringer Belastungstoleranz durch hæhere Trainingsreize belasten zu kænnen als im herkæmmlichen Dauertraining ± und zwar ohne eine græûere kardiovaskulåre Belastung zu provozieren ± fçhrte zur Entwicklung der Intervalltrainingsmethode fçr das Rehabilitationstraining. Die 1. Trainingsstudie, welche die Effekte von Intervall- und herkæmmlicher Dauermethode verglich, erfolgte mit Koronarpatienten, die nach koronarer Bypassoperation eine starke muskulåre Leistungsschwåche aufwiesen. Hier fçhrte ein 4-wæchiges aerobes Fahrradergometertraining nach der Intervallmethode im Vergleich zu einem Training nach der Dauermethode (åhnliche submaximale Belastungsstufe) zu einer signifikant stårkeren Zunahme der maximalen Leistungsfåhigkeit sowie zur Abnahme des Blutlaktates und des Druck-Frequenz-Produktes [317]. Auch bei herzinsuffizienten Patienten fçhrte Intervalltraining zu einer stårkeren Leistungsverbesserung als Dauertraining [340]. Herzinsuffiziente Patienten mit sehr geringer Ausgangsleistungsfåhigkeit (ca. 50% der PeakVO2) erreichten nach nur 3 Wochen Intervall-Fahrradergometertraining eine Steigerung der Sauerstoffaufnahme an der ventilatorischen Schwelle um durchschnittlich 24% und eine Steigerung der Peak-Sauerstoffaufnahme um durchschnittlich 20% [320]. Zwar wurden in Trainingsstudien, die die Dauermethode anwendeten, vergleichbare Leistungsverbesserungen berichtet,
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jedoch erst nach sehr viel långeren Trainingsperioden von im Mittel 20 Wochen [42, 43, 89, 163, 222, 227, 505]. Beide Belastungsmethoden fçhrten zu einer Verbesserung der NYHA-Klasse [318, 505], aber nach Intervalltraining berichteten auffallend viele Patienten immer wieder çber das Empfinden einer ¹stårkerenª Muskelkraft und Fåhigkeit, kraftbetonte Belastungen wie z. B. das Treppensteigen leichter bewåltigen zu kænnen. Die Intervallmethode bietet fçr eine individuelle Anwendung verschiedene Mæglichkeiten: In der Praxis haben sich fçr das Fahrradergometertraining Belastungsreize in wiederholter Folge von jeweils 30 sec Dauer und nachfolgende Erholungsphasen von jeweils 60 sec Dauer bewåhrt. Fçr die Belastungsphasen empfiehlt sich eine Intensitåt von 50% der maximalen Kurzzeitleistung aus einem spezifischen Test, dem Steilen Rampentest (s. u.). Alternativ kænnen auch andere Kombinationen von Belastungs-/Erholungsphasen gewåhlt werden, z. B. 15 s/60 s oder 10 s/60 s. Aufgrund der kçrzeren Belastungsphasen ist es mæglich, die Belastungsintensitåt auf 70 bzw. 80% der maximalen Kurzzeitleistung hinaufzusetzen [318]. In den Erholungsphasen empfiehlt sich ein Weitertreten mit 10 bis 20 W, was praktisch einem Leerlauf entspricht [319]. Wåhrend der 3 ersten Belastungsphasen sollte die Belastung sukzessive auf jenes Niveau gesteigert werden, das der Patient fçr die nachfolgenden Belastungsintervall beibehålt. In Abhångigkeit von der Långe der einzelnen Belastungs- zu Erholungsphasen erfolgen innerhalb eines 15-minçtigen Ergometertrainings etwa 10±12 Belastungsintervalle [319] (Abb. 28). Bei einem 15-minçtigen Fahrradergometer-Intervalltraining im 30/60 sModus fçr Belastungs- und Erholungsphasen wurden die kardiovaskulåren Reaktionen mit jenen aus einem 15-minçtigen konventionellen Dauertraining bei einer Belastungsintensitåt von 75% der Peak-Sauerstoffaufnahme
Abb. 28. Schema des Steilen Rampentestes und des Intervalltrainings: 50% der maximalen Kurzzeitleistung aus dem Steilen Rampentest werden als Belastungsintensitåt in den IntervallBelastungsphasen angewendet
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verglichen, wobei die durchschnittliche Gesamtbelastung im Intervall- und Dauertraining åhnlich war. Obwohl die absoluten Belastungsreize im Intervalltraining erheblich hæher waren als im Dauertraining, erwies sich im Intervalltraining die kardiale Belastung (Druck-Frequenz-Produkt) als signifikant niedriger, ebenso die Plasma-Katecholamine und das subjektive Belastungsempfinden [314]. Das Blutlaktat stieg hingegen wåhrend Intervalltraining signifikant stårker als im Dauertraining, was die wesentlich stårkere Beanspruchung der Beinmuskulatur bzw. ihres Energiestoffwechsels bei Intervallbelastung objektiviert. Die linksventrikulåre Ejektionsfraktion stieg in Intervall- und Dauertraining signifikant und in einem vergleichbaren Ausmaû an [314]. Die dargestellten Ergebnisse zeigen, dass die Intervallmethode intensivere Belastungsreize auf die periphere Muskulatur erlaubt als die konventionelle Dauermethode, ohne jedoch den linken Ventrikel stårker zu belasten. Aus diesem Grunde empfiehlt sich das Intervalltraining insbesondere fçr Patienten mit stabiler chronischer Herzinsuffizienz bzw. generell fçr Herzpatienten mit niedriger kardialer Belastungstoleranz bzw. muskulårer Leistungsfåhigkeit. Obwohl die Intervallmethode vorrangig im Fahrradergometertraining angewandt wird, ist sie ebenso fçr ein Gehtraining, z. B. auf dem Laufband, geeignet. In diesem Fall hat sich ein Modus von 60/60 s fçr Belastungsund Erholungsphasen bewåhrt. Wåhrend der Belastungsphasen wird das Gehtempo nach jener Herzfrequenz gestaltet, die ein Patient wåhrend des Fahrradergometer-Intervalltrainings tolerierte. Wåhrend der Erholungsphasen sollte der Patient so langsam wie mæglich weitergehen [321]. z Bestimmung des Intervalltrainings mittels des Steilen Rampentests. Die Belastung fçr die Intervallbelastungsphasen im Fahrradergometertraining wird mittels eines trainingsspezifischen Steilen Rampentests bestimmt (Abb. 28) [319]. Dieser Test ermæglicht die Ermittlung der sog. maximalen Kurzzeitleistung eines Patienten, welche sich auf seine Ausdauerkapazitåt und seine dynamische Muskelkraft stçtzt. Beide Leistungskomponenten werden auch im Intervalltraining beansprucht. Im Steilen Rampentest treten die herzinsuffizienten Patienten in den ersten 3 min bei 10 bis 20 W. Danach wird die Belastung alle 10 sec um 25 W gesteigert. Aufgrund dieser raschen Belastungssteigerung sind viele Patienten muskulår in der Lage, innerhalb einer Belastungstestdauer von 60±80 sec zwischen 150 und 200 W zu leisten. In den allermeisten Fållen wird der Test durch die Beinmuskulatur limitiert. Obwohl die maximale Kurzzeit-Leistung das 2- bis 3fache jener Leistung ausmacht, die ein Patient in einer çblichen diagnostischen Fahrradergometrie (z. B. Steigerung um 10 W/min) erbringen kann, waren kardiopulmonale Messwerte wie Herzfrequenz, Blutdruck und respiratorischer Quotient (das Verhåltnis von O2-Aufnahme zu CO2-Abgabe) am Ende beider Tests vergleichbar [319]. Kardiovaskulåre Komplikationen im Zusammenhang mit dem Steilen Rampentest wurden bislang nicht beobachtet bzw. berichtet.
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z Intensitåtsempfehlung fçr ein Ausdauertraining in der Dauermethode. Zur Vorgabe der Intensitåt eines aeroben Ausdauertrainings werden vorrangig 3 Parameter genutzt. Dies sind die Sauerstoffaufnahme, die Trainingsherzfrequenz und die subjektive Belastung. Ihre Anwendung erfolgte jedoch in einer groûen Variabilitåt [232]. Fçr die Dosierung mittels Sauerstoffaufnahme wurden Intensitåten von 40±80% der Peak-Sauerstoffaufnahme erfolgreich angewandt [42, 43, 159, 222, 230] und dementsprechend in Richtlinien empfohlen [17, 48]. Die individuelle Wahl des Prozentsatzes hångt u. a. von der initialen Belastungstoleranz, vom Trainingszustand und der Trainingsphase eines Patienten ab. Die Vorgabe der Belastungsintensitåt durch die Herzfrequenz basiert auf einer weitgehend linearen Beziehung zwischen Herzfrequenz und Sauerstoffaufnahme bei gesteigerter Belastung. In Trainingsstudien mit herzinsuffizienten Patienten wurden Trainingsintensitåten z. B. von 60±80% der Herzfrequenzreserve [75, 227, 505] oder 60±80% der Peak-Herzfrequenz angegeben [8, 89]. Solche Trainingsherzfrequenz-Empfehlungen berçcksichtigen jedoch nicht die gestærte Kraft-Frequenz-Beziehung der Myokardfunktion eines insuffizienten Herzens [170, 332]. Da sich eine medikamentæse Langzeitsenkung der Herzfrequenz (welche mit einer Verånderung der diastolischen Funktion und des myokardialen Metabolismus in Zusammenhang steht) von Bedeutung fçr die myokardiale Erholung gezeigt hat [23], impliziert dies ± theoretisch gesehen ±, dass eine mæglichst niedrige Trainingsherzfrequenz fçr herzinsuffiziente Patienten gçnstig ist. Bei gesunden Personen korrelierten Trainingsintensitåten zwischen 40 und 80% der Peak-Sauerstoffaufnahme mit subjektiven Belastungswerten zwischen 12 und 15 (d. h. zwischen ¹leichtª und ¹måûig-schwerª) auf der Borg-Skala (minimaler Wert = 6 [sehr, sehr leicht], maximaler Wert = 20 [sehr, sehr schwer]). Einige Studien zeigen, dass herzinsuffiziente Patienten Belastungsintensitåten bei einem Wert von 13 (¹måssig anstrengendª) gut tolerierten [222]. Da jedoch erfahrungsgemåû viele Patienten eine Trainingsbelastung nicht zuverlåssig einzuschåtzen vermægen, sollte das subjektive Belastungsempfinden lediglich als ergånzendes Kriterium zur Trainingsdosierung herangezogen werden. z Dauer und Håufigkeit des Ausdauertrainings. Als Determinanten einer Trainingsbelastung stehen Intensitåt, Dauer und Håufigkeit in enger Beziehung. Dass heiût, in Bezug auf die Effektivitåt des Trainings kann eine geringe Intensitåt z. T. kompensiert werden, indem die Trainingshåufigkeit erhæht oder einzelne Trainingseinheiten verlångert werden. Trainingsstudien zeigen eine groûe Variabilitåt bezçglich angewendeter Dauer und Håufigkeit eines Ausdauertrainings. Sie reichen von 10±60 min pro Session bzw. von 3±7 Trainingseinheiten pro Woche [41, 43, 127, 230, 320, 505]. Die zu wåhlende Dauer und Håufigkeit eines Trainings und die spåtere Steigerung dieser Parameter hångt vom klinischen und funktionellen Zustand eines Patienten sowie von seiner Belastungsanpassung im Laufe einer Trainingsphase ab.
8.2 Ausdauertraining bei chronischer Herzinsuffizienz
z
Fçr Patienten mit einer geringen Belastungstoleranz von < 3 Mets (was 25±40 W entspricht) kænnen mehrere kurze Belastungseinheiten von jeweils 10 min pro Tag empfehlenswert sein. Fçr Patienten mit einer guten Belastungstoleranz von 3±5 Mets (entsprechend 40±80 W) scheinen dagegen 1±2 Trainingsbelastungen pro Tag von jeweils 20 min angemessen zu sein. Fçr Patienten mit einer hohen Belastungstoleranz von > 5 Mets werden 3±5 Trainingseinheiten pro Woche von jeweils 30 min empfohlen [20, 312]. z Dynamik der Trainingsanpassungen. In Bezug auf die Dynamik von Trainingsanpassungen innerhalb eines 52-wæchigen Trainings wurden erste Verbesserungen nach 4 Wochen berichtet. Die maximal erreichte Verbesserung der kardiopulmonalen Leistungsfåhigkeit stellte sich zwischen 16 und 24 Wochen ein; danach kam es zu einem Plateau der untersuchten Parameter [222].
8.2.2 Krafttraining fçr Kraftausdauer und Ausdauerleistungsfåhigkeit Chronische Herzinsuffizienz geht mit einer Abnahme der Muskelmasse und Muskelkraft einher. Die Muskelmasse und Arbeitsmuskulatur erklåren zu einem hohen Prozentsatz die Varianz der Belastungsintoleranz und Prognose von herzinsuffizienten Patienten [202, 489]. Dies legt die Einbeziehung eines Muskelaufbautrainings oder Krafttrainings in das Trainingsprogramm von herzinsuffizienten Patienten nahe. Da die chronische Herzinsuffizienz eine progrediente Erkrankung ist (die 5-Jahres-Mortalitåt liegt bei 50%: [174], kann ein deutlicher Muskelaufbau ± wie etwa im Leistungsoder Breitensport ± nicht das Ziel eines Krafttrainings sein. Vielmehr geht es darum, den Verlust an Muskelmasse aufzuhalten bzw. zu verzægern, der durch die mit der chronischen Herzinsuffizienz einhergehenden neurohumoralen und håmodynamischen Verånderungen sowie durch kærperliche Schonung frçher oder spåter unweigerlich zu erwarten ist. Aufgrund der indizierten Methodik (Tab. 13) ist das primåre Ziel dieses Krafttrainings die Verbesserung der dynamischen Kraft und Kraftausdauer. Bis Mitte der 90er Jahre wurde die Anwendung eines Krafttrainings bei Herzinsuffizienz kategorisch abgelehnt. Die Begrçndung lag zum einen in den hohen Blutdruckwerten, die bei gesunden Sportlern wåhrend Kraftbelastung gemessen wurden [307]. Zum anderen lag sie in den pathologischen kardiovaskulåren Reaktionen, die herzinsuffiziente Patienten wåhrend isometrischer Haltearbeit (Handgrip) çber > 3 min bei einer Kontraktionsintensitåt von nur 30% der maximalen Kontraktionskraft (MVC) zeigten: einen markanten Anstieg des systemischen Gefåûwiderstandes, die Abnahme der linksventrikulåren Ejektionsfraktion und des Schlagarbeit-Index des linken Ventrikels [114, 166, 233]. Solche Reaktionen zeigen klar eine akute Ûberlastung des linken Ventrikels wåhrend der isometrischen Kraftbelastung. Die Einstellung gegençber dem Krafttraining mit herzinsuffizienten Patienten verånderte sich, nachdem håmodynamische Messungen wåhrend dy-
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8 Spezielle Krankheitsbilder
Tabelle 13. Dosierungskriterien fçr ein Krafttraining bei kompensierter chronischer Herzinsuffizienz Kardiovaskulåre Belastung ist abhångig von
Dosierungsempfehlungen in der Literatur
z Art der Muskelarbeit (statisch ± dynamisch) z Kontraktionsintensitåt
dynamisch
z Dauer der Belastungsphasen z Verhåltnis Belastung:Erholung z Anzahl der Ûbungsstationen bzw. Ûbungssets z Anzahl der Wiederholungen pro Set z Geschwindigkeit pro Muskelkontraktion z Græûe der belasteten Muskelmasse a
50±60% 1RM (MVC) (initial 40±50% 1RM [MVC]) a ³ 60 s ³1:2 4±6, 1±2 6±10 6 sec einbeinig ? beidbeinig ? Oberkærper ?. . .
1 RM = 1 Repetition Maximum; MVC = Maximum Voluntary Contraction
namischer Kraftbelastung mit herzinsuffizienten Patienten vorlagen. Die wesentlichen Ergebnisse von 4 wegweisenden Studien werden im Folgenden aufgefçhrt. In der Studie von Cheetham et al. [84] wurden Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz (NYHA II, III und III±IV) çber jeweils 100 sec bei jeweils 25 Wiederholungen durch Biceps-curl and beidbeinige Beinpresse-Arbeit mit 40% MVC belastet. Zusåtzlich fçhrten die Patienten eine submaximale Fahrradergometrie durch. Als relevante Ergebnisse sind hervorzuheben: 1. Kraftbelastungen mit Oberkærper bzw. Unterkærper fçhrten zu niedrigeren Herzfrequenzen als eine submaximale Fahrradergometrie. 2. Der mittlere arterielle Blutdruck erwies sich fçr beide Kraftbelastungen und Fahrradergometrie vergleichbar. 3. Nicht nur bei der Fahrradergometrie, sondern auch bei Kraftbelastung setzte mit Abfall des Schlagvolumens ein Anstieg der Herzfrequenz ein und fçhrte zur Erhæhung des Herzzeitvolumens. In Mc Kelvie's Studie [309] wurde einbeinige Arbeit an der Beinpresse mit 2 Sets von je 10 bei einer Kontraktionsintensitåt von 70% 1 RM (1-RepititionMaximum) durchgefçhrt und mit einer stufenweise gesteigerten Fahrradergometrie verglichen. Bei Kraftbelastung zeigten die herzinsuffizienten Patienten niedrigere Werte fçr Herzfrequenz und Druck-Frequenz-Produkt als wåhrend der Fahrradergometrie bei einer Intensitåt von 70% der PeakSauerstoffaufnahme. Die Messwerte fçr die linksventrikulåre Ejektionsfraktion sowie die diastolischen und systolischen Volumina des linken Ventrikels waren bei Kraftbelastung vergleichbar mit jenen bei Fahrradergometrie. Die erste invasive Untersuchung der zentralen Håmodynamik (Rechtsherzkatheter) wåhrend dynamischer Kraftbelastung (beidbeinige Beinpresse, je-
8.2 Ausdauertraining bei chronischer Herzinsuffizienz
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weils 4 Sets von Arbeits- und Erholungsphasen çber jeweils 60 s/120 s, pro Arbeitsphase 12 Wiederholungen, Kontraktionsintensitåt von 60 und 80% MVC) wurde von Meyer et al. [316] durchgefçhrt. Die Patienten befanden sich im NYHA-Stadium II und III und wiesen eine linksventrikulåre Ejektionsfraktion von 26 Ô 3% auf. Relevante Ergebnisse waren: Selbst bei Kontraktionsintensitåten von 80% MVC fiel wåhrend der Belastung der systemische Gefåûwiderstand signifikant ab. Das Ausmaû dieses Abfalls war bei der Belastung mit 80% MVC relativ græûer als bei der Belastung mit 60% MVC. Ein interessanter Parameter, welcher die akute Toleranz der Kraftbelastung durch den linken Ventrikel darstellt, ist der Schlagarbeit-Index. Er integriert die Vorlast (gemessen durch den diastolischen Pulmonalarteriendruck), die Nachlast (gemessen durch den mittleren arteriellen Blutdruck) und die Kontraktilitåt (gemessen durch das Schlagvolumen). Wåhrend der Kraftbelastung mit 80% MVC stieg der Schlagarbeit-Index in einem geringen, aber signifikanten Maûe. Der Anstieg fiel ebenfalls relativ græûer aus als bei der 60%-Belastung. Diese Ergebnisse zeigen eine gesteigerte linksventrikulåre Funktion wåhrend dynamischer Kraftbelastung. In der Studie von Karlsdottir et al. [218] wurden echokardiographische Messungen bei chronisch herzinsuffizienten Patienten (NYHA II/III; mittlere Ejektionsfraktion 35 Ô 5%) erhoben, wåhrend sie an der Beinpresse, Schulterpresse und am Biceps-curl trainierten (Sets mit jeweils 10 Wiederholungen, Kontraktionsintensitåt 60±70% 1 RM). Ferner erfolgten echokardiographische Messungen wåhrend einer 12-minçtigen Steady-State-Fahrradergometerbelastung mit einer Intensitåt von 90% der ventilatorischen Schwelle. Zum Vergleich unterzogen sich auch klinisch stabile Koronarpatienten mit leichter linksventrikulårer Dysfunktion (LVEF 56 Ô 8%) sowie gesunde Probanden dem gleichen Belastungs- und Untersuchungsprocedere. Die wesentlichen Ergebnisse sind: Bei herzinsuffizienten Patienten stieg wåhrend submaximaler Ergometerbelastung die linksventrikulåre Ejektionsfraktion von durchschnittlich 35 auf 42%, wåhrend sie bei der Kraftbelastung an Beinpresse, Schulterpresse und Bicepscurl unveråndert blieb (zwischen 38±35%). Die Reaktionen der Ejektionsfraktion lieû somit keine signifikante Verschlechterung der linksventrikulåren Funktion von der Ruhe zur Belastung erkennen. Im Vergleich zu den Koronarpatienten und Gesunden lagen bei den herzinsuffizienten Patienten die absoluten Ejektionsfraktionen zwar deutlich niedriger, jedoch verånderten sich die Ejektionsfraktionen wåhrend Kraftbelastungen und Fahrradergometrie bei den Patienten und Probanden in vergleichbarer Weise. Diese Ergebnisse zeigen, dass im Gegensatz zur statischen Kraftbelastung (s. o.) die dynamische Kraftbelastung durch rhythmische Abfolge von submaximalen Muskelkontraktionen dazu beitrågt, den venæsen Rçckfluss aufrecht zu erhalten, den systemischen Widerstand zu senken, den Blutfluss in der peripheren Muskulatur aufrecht und die Nachlast des linken Ventrikels in tolerablen Grenzen zu halten. Hiermit verbunden ist die gute Toleranz dynamischer Kraftbelastung durch Patienten mit klinisch stabiler Herzinsuffizienz.
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8 Spezielle Krankheitsbilder
z Dosierung eines Krafttrainings. Wie ist ein solches Krafttraining zu dosieren? In der Literatur finden sich zwar Hinweise auf eine Vielzahl von Dosierungskriterien, jedoch existiert kein Goldstandard. Die Anwendung dieser Dosierungskriterien sowie ihre Kombination (Tab. 13) kann bei Patienten mit unterschiedlicher Pathologie der Herzinsuffizienz, unterschiedlicher Belastungstoleranz und unterschiedlichem Trainingsstatus zu sehr unterschiedlichen kardiovaskulåren Belastungen fçhren. Der empfohlene Weg fçr eine individuell adåquate Zusammenstellung von Dosierungskriterien fçr ein Krafttraining sollte ganz pragmatisch nach dem Grundsatz erfolgen: Niedrig beginnen, langsam steigern. Studien haben gezeigt, dass Patienten mit stabiler chronischer Herzinsuffizienz rhythmische Kraftbelastungen zumutbar sind, wenn initial die Kontraktionsintensitåt niedrig ist, kleine Muskelgruppen belastet, die Belastungsphasen kurz sowie die Anzahl der Wiederholungen niedrig gehalten werden und das Belastungs-/Pausenverhåltnis bei 1 : 2 oder græûer festgelegt wird (Tab. 13). z Interventionsstudien zum Krafttraining bei Herzinsuffizienz. Gegenwårtig existieren 11 Studien (Tab. 14), die bei N = 242 herzinsuffizienten Patienten (mittleres Alter 60 Jahre; mittlere Ejektionsfraktion 26% und Range zwischen 11 und 36%; NYHA-Stadium II und III, in einer Studie N = 12 Patienten mit NYHA III-IV) unterschiedliche Methoden eines Krafttrainings anwendeten. In 8 Studien wurde ein kombiniertes Ausdauer- und Krafttraining und in 3 Studien ausschlieûlich Krafttraining durchgefçhrt. Das Krafttraining erfolgte durch Belastung weniger lokaler Muskelgruppen wie auch durch segmentales Training im Rahmen eines Zirkeltrainings. Ûberwiegend wurden Kontraktionsintensitåten von 50±80% 1 RM gewåhlt. Wåhrend durchschnittlicher Trainingsperioden von 12 Wochen (Range 8±24 Wochen) absolvierten die Patienten in allen Studien drei Trainingseinheiten pro Woche. Als Ergebnis zeigte sich zusammenfassend eine Zunahme der maximalen Kraft in Græûenordnungen zwischen 15 und 40% der Ausgangskraft sowie eine Verbesserung der Belastungszeit und Peak-Sauerstoffaufnahme von 10±18%. In Bezug auf diese Ergebnisse lieûen sich keine Unterschiede fçr ein kombiniertes Ausdauer- und Krafttraining vs. Krafttraining allein erkennen. In 9 Studien wurden weder wåhrend des Trainings noch in den Stunden danach kardiovaskulåre Zwischenfålle, zunehmende Symptome der Herzinsuffizienz oder die Notwendigkeit fçr eine Erhæhung der Medikation beobachtet. In 3 Studien wurde jeweils eines der folgenden Ereignisse berichtet: Vorhofflimmern [291], Wassereinlagerung [480] sowie ein plætzlicher Herztod zu Hause 3 Tage nach dem letzten Training [435]. Diese Rate negativer Ereignisse entspricht jener, die auch im Rahmen von Trainingsprogrammen ohne Krafttraining beobachtet wurde. Aufgrund des gegenwårtigen Wissensstandes kann somit davon ausgegangen werden, dass Krafttraining bei Herzinsuffizienz als nicht weniger sicher als ein aerobes Ausdauertraining ist.
8.2 Ausdauertraining bei chronischer Herzinsuffizienz
z
Tabelle 14. Trainingsstudien zum Krafttraining bei kompensierter chronischer Herzinsuffizienz Referenz
Kraft-plus aerobes Conraads et al. [95] Delagardelle et al. [104] Barnard et al. [33] Maiorana et al. [292] Oka et al. [356] Adams et al. [9] Hare et al. [167]
Ausdauertraining 27
Trainingsdauer (Wochen)
Kontraktions-intensitåt
50% 1RM a
29
I±II 16 und III±IV 2,7Ô0,5 24
25 26
± I±III
8 8
60±80% 1RM 55±65% 1RM
25 24 26
II±III ± II±III
12 8 8
28 m/11 w
±
27
2,4Ô0,5
12
Pu et al. [382] Tyni-Lenn et al. [480]
36 30
2,2Ô0,1 II±III
10 8
Durchschnitt
26
II±III
12
Magnusson et al. [291] Krafttraining Selig et al. [435]
a
Linksventrikulåre NYHAEjektionsfraktion Stadium (%)
8/8
60±80% 1RM
75% 1RM 60±80% 1RM 30±60 s/Set, Intensitåt niedrig 80% 1RM
30 s/Set, Intensitåt måûig 80% 1RM 2 ´ 25 Wiederholungen, Subjektive Belastung: 13 auf Borg-Skala 50±80% 1RM
1 RM = 1 Repetition Maximum
8.2.3 Exzentrisches Training ± eine Alternative zum traditionellen Krafttraining Wenn sich ein Muskel bei Kontraktion verlångert (exzentrische Kontraktion), ist er fåhig, eine signifikant græûere Kraft zu generieren als bei Kontraktionen mit Muskelverkçrzung (konzentrische Kontraktion). Viele Belastungen des tåglichen Lebens fordern sowohl konzentrische als auch exzentrische Muskelarbeit. Zum Beispiel arbeiten die Oberschenkelmuskeln beim Treppen-Hinabgehen, Bergabgehen oder beim Hinsetzen exzentrisch, beim Treppen- oder Bergaufgehen und beim Aufstehen aus dem Sitz hingegen konzentrisch. Junge gesunde Månner konnten wåhrend des exzentrischen Fahrradergometertrainings (d. h. bei Abbremsung des Widerstandes der Pedalen) eine
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8 Spezielle Krankheitsbilder
um das 5- bis 7fach græûere Kraft in der belasteten Muskulatur generieren als bei konzentrischer, den Widerstand çberwindender Fahrradergometerarbeit. Unerwartet zeigte sich, dass bei dieser exzentrischen Belastung nicht nur die metabolische Beanspruchung vergleichbar war, sondern auch Herzfrequenz und Blutdruck nicht hæher anstiegen als bei der konzentrischen Arbeit [261, 262]. Da das Ausmaû der trainingsbedingten Muskelmassen- und Kraftzunahme eine Funktion der wåhrend des Trainings generierten Muskelkraft ist, resultierten 8 Wochen dieses exzentrischen Ergometertrainings in einer signifikanten Zunahme des Muskelfaserquerschnitts und der maximalen isometrischen Kraft der Knieextensoren. Håufig çbersteigt das Ausmaû der Verbesserungen, die durch exzentrisches Training erreicht werden, jene Verbesserungen, die durch ein traditionelles Krafttraining von vergleichbarer Dauer zu erzielen sind [261]. Wie sind Muskeln fåhig, solch hohe Kråfte bei geringem metabolischem Bedarf und geringer Herzkreislaufbeanspruchung aufzubringen? Im Vergleich zu konzentrischer Muskelarbeit ist der Energiebedarf wåhrend exzentrischer Muskelarbeit relativ geringer, da hierbei die Muskulatur Bremsarbeit statt Ûberwindungsarbeit leistet [47, 261, 262, 278]. Bei exzentrischer Muskelarbeit çbersteigt die Kraft, die auf den Muskel wirkt, zu jeder Zeit jene Kraft, die vom Muskel generiert wird. Die Folge ist, dass der Muskel wåhrend der Verlångerung bei der exzentrischen Kontraktion mechanische Energie als sog. ¹Recoilª-Energie absorbiert. Diese wird teilweise an den Muskel zurçckgegeben, wenn dieser sich innerhalb eines Dehnungs-Verkçrzungs-Zyklus konzentrisch kontrahiert [278]. Bevor exzentrisches Training fçr kardiovaskulåre Patienten empfohlen werden kann, ist die Beanspruchung des Herz-Kreislauf-Systems und Stoffwechsels bei exzentrischer Muskelarbeit zu untersuchen. Koronarpatienten mit leicht reduzierter linksventrikulårer Funktion (LVEF 57 Ô 7%) entwickelten in einem vergleichenden exzentrischen und konzentrischen 20-minçtigen Fahrradergometertraining (Intensitåt 60% peak VO2) exzentrisch eine 3,6fach hæhere muskulåre Leistung. Der mittlere arterielle Blutdruck, der systemische Gefåûwiderstand, Pulmonalkapillardruck und der Herzindex blieben im Durchschnitt im Bereich physiologischer Werte. Zudem waren diese Werte vergleichbar mit jenen bei konzentrischer Belastung. Ein 8-wæchiges Trainingsprogramm fçhrte bei keinem der teilnehmenden Patienten zu einer Verschlechterung der linksventrikulåren Funktion [322]. Diese Ergebnisse weisen auf eine Dissoziation zwischen muskulårer Kraftentwicklung und kardiovaskulårer Beanspruchung wåhrend exzentrischer Muskelarbeit hin. Leider stehen fçr herzinsuffiziente Patienten Toleranz- und Interventionsstudien noch aus. Jedoch scheint aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse bei Gesunden und Koronarpatienten das exzentrische Muskeltraining theoretisch auch fçr herzinsuffiziente Patienten eine weitere Methode zu sein, um dem Krafttraining åhnliche oder aber noch hæhere Belastungsreize auf die periphere Muskulatur zu setzen und dabei die kardiovaskulåre Beanspruchung gering zu halten. Bis spezifische Trainingsgeråte (wie z. B. exzentrische Fahrradergometer) kommerziell zur
8.2 Ausdauertraining bei chronischer Herzinsuffizienz
z
Verfçgung stehen, kann exzentrisches Muskeltraining konventionell durchgefçhrt werden, z. B. durch Sit-downs, Bergab- oder Treppeabgehen.
8.2.4 Sicherheit und Ûberwachung Die in Richtlinien festgelegten Kontraindikationen fçr ein kærperliches Training sowie die Kriterien fçr den Abbruch eines Trainings bei akuter klinischer Verschlechterung [118] sind die Basis fçr ein sicheres und erfolgreiches Training. Herzinsuffiziente Patienten sollten ein Trainingsprogramm grundsåtzlich unter fachkundiger Anleitung und Ûberwachung beginnen. Erst bei adåquaten Reaktionen wåhrend eines mindestens 3-monatigen çberwachten Trainings kann dieses nach und nach durch ein Heimtraining ergånzt werden. Im çberwachten Training sind Herzfrequenz, Blutdruck und Herzrhythmus zu kontrollieren, das subjektive Wohlbefinden zu erfragen, und vor und nach Training sowie ggf. auch wåhrend des Trainings ist die Auskultation von Herz und Lunge vorzunehmen (Tab. 15). Eine Trainingsbelastung ist zu modifizieren bzw. abzubrechen, wenn unter gesteigerter Trainingsbelastung der Blutdruck akut um mehr als 10 mmHg abfållt, bedeutsame Atemnot auftritt (³ 14 auf Borg-Skala), sich ein 3. Herzton oder pulmonale Rasselgeråusche unter Belastung entwickeln und bedeutsame Herzrhythmusstærungen, thorakale Beschwerden oder allgemeine Erschæpfung auftreten [118]. Sowohl im çberwachten Training als Tabelle 15. Sicherheitskriterien fçr ein kærperliches Training bei chronischer Herzinsuffizienz Vor Training
Wåhrend Training
Im Vergleich zum letzten Training . . . z Verånderung des Kærpergewichtes?
Monitoring von . . .
Nach Training
z Herzfrequenz und Herz- z Auskultation von Herz rhythmus (kontinuierlich) und Lunge (3. Herzton? Rasselgeråusche?) z Auskultation von Herz u. Lunge z Blutdruck z Allgemeines Wohlbefinden? (3. Herzton? Rasselgeråusche?) (einmal bis mehrmals) Symptome? z Periphere Údeme? z Patientenschåtzung von Dyspnoe und Muskelermçdung (Borgskala) z Pråsenz von anderen z Akute Ønderungen in Beschwerden? Herzfrequenz, Herzrhythmus, (thorakale Beschwerden, Blutdruck? Schwindel, . . .) z Ggf. Auskultation von Herz z Ønderung in allgemeinem und Lunge Wohlbefinden? (Entwicklung 3. Herzton? Symptomatik? Rasselgeråusche?)
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8 Spezielle Krankheitsbilder
auch im Heimtraining sind Inhalt und Dosierung des Trainings sowie Herz-Kreislauf-Reaktionen als Monitoringgrundlage fçr den betreuenden Arzt zu protokollieren.
z! Kærperliches Ausdauertraining gilt heute als integraler Bestandteil des Therapieregi-
mes von Patienten mit klinisch stabiler chronischer Herzinsuffizienz. Die Methodik des Ausdauertrainings ist der aktuellen klinischen Situation und der Belastungstoleranz eines Patienten individuell anzupassen. Die primår empfohlenen Belastungsarten sind Geh- und Fahrradergometertraining. Dabei ermæglicht die Intervallmethode relativ hæhere Belastungsreize auf die periphere Muskulatur als die kontinuierliche Dauermethode, ohne kardiovaskulår stårker zu beanspruchen. Die Intensitåt, Dauer und Håufigkeit des Trainings ist im Rahmen der Empfehlungen in der Literatur individuell zu wåhlen und zu gestalten. Das aerobe Ausdauertraining sollte durch dynamische Kraftbelastungen ergånzt werden; es trågt çber den Erhalt bzw. die Verbesserung der Muskelkraft und -masse zur Kraftausdauer und Ausdauerleistungsfåhigkeit bei.
8.3 Plætzlicher Herztod beim Sport ¹Sport ist Mordª ist ein beliebter Spruch. In ihm spiegeln sich die Erfahrungen spektakulårer Todesfålle, die sich zwar sehr selten, aber mit umso græûerer Publizitåt wåhrend der Sportausçbung ereignen. Eine unter 1 Million Frauen und 5 bis 8 unter 1 Million Månnern mçssen çbers Jahr damit rechnen, wåhrend des Sports einen plætzlichen Tod zu erleiden [245]. Da es bei den Sportlern ¹gesundeª und leistungsfåhige Menschen in der Regel vællig unerwartet trifft, erregt dies natçrlich ± von der persænlichen Tragik abgesehen ± auch groûe æffentliche Aufmerksamkeit. Die Weltrekordhalterin çber 100 m, Florence Griffith-Joyner, die Leichtathletin Birgit Dressel (Siebenkåmpferin), der Eiskunstlåufer Heiko Fischer, der Hammerwerfer Uwe Beyer, die Fuûballer Bruno Pezzey und Axel Jçptner, sie alle starben mit Ausnahme von Griffith-Joyner an Herzversagen. Als plætzlicher Herztod gilt dabei jedes kardiale Ereignis, das innerhalb einer Stunde zum Tod fçhrt [147]. Eine Autopsie von Florence Griffith-Joyner belegte, dass bei ihr ein Anfallsleiden als Folge eines Hirntumors die Ursache des Todesfalls war [406]. Maron et al. [299] verfolgten zwischen 1976 und 1994 insgesamt 215 413 Marathonlåufer. In dieser Zeit kam es zu 4 Todesfållen, einer Rate von 0,002% entsprechend. 3 Todesfålle traten unmittelbar wåhrend des Laufens auf, einer unmittelbar hinterher. Ursachen waren in 3 Fållen atherosklerotische Verengungen der Herzkranzgefåûe und einmal ein anomaler Abgang eines Koronargefåûes. Solche Ereignisse treten damit so selten auf, dass die Autoren eine routinemåûige årztliche Untersuchung als nicht gerechtfertigt bzw. praktikabel ansehen.
8.3 Plætzlicher Herztod beim Sport
z
Es stellt sich die Frage, ob die sportliche Anstrengung solche Ereignisse triggert, sie also unter kærperlicher Belastung håufiger als in Ruhe auftreten und ob sie durch kontinuierliches Ausdauertraining vermeidbar sind. Mit diesen Problemen beschåftigte sich die Arbeitsgruppe um Albert [15]. Im Rahmen der Physicians' Health Study wurden 22 071 Ørzte (ausschlieûlich Månner) im Alter von 40±84 Jahren beobachtet. 122 plætzliche Herztodesfålle traten in 12 Jahren auf. 17 davon ereigneten sich wåhrend einer anstrengenden kærperlichen Aktivitåt 19, sechs unmittelbar danach (innerhalb 30 min). Das Risiko, wåhrend einer moderaten kærperlichen Aktivitåt zu versterben war also auf das fast 17fache erhæht. Die Håufigkeit des Plætzlichen Herztodes korrelierte mit zunehmendem Alter, Rauchen, Diabetes und Hypertonus. Regelmåûiger Fischkonsum und Alkoholgenuss zeigten dagegen einen pråventiven Effekt. Im Vergleich zu Untrainierten betrug das Risiko, wåhrend der Sportausçbung zu versterben, bei trainierten Teilnehmern nur 15%. Dennoch verblieb ein kleines Restrisiko. Dies steht scheinbar im Widerspruch zu den zahlreichen Studien, die eine Senkung der kardialen wie der Gesamtmortalitåt belegen. Wenige haben sich jedoch speziell mit dem plætzlichen Herztod beschåftigt, in den meisten Studien wurden dagegen alle auf das Herz bezogenen Todesfålle oder çberhaupt alle Todesfålle aus jedweder Ursache berçcksichtigt. Die gçnstigen Gesamteffekte des Sports çbertreffen offensichtlich die wenigen negativen Ereignisse bei Weitem. Plætzliche Herztodesfålle (unabhångig von kærperlicher Aktivitåt) ereignen sich håufiger in den Morgenstunden zwischen 7 und 11 Uhr [333]. Sie unterliegen damit einem biologischen Rhythmus, der u. a. von der Balance zwischen sympathischem und parasympathischem Nervensystem abhången dçrfte [40]. Somit stellt sich die Frage, ob ein Training in den Morgenstunden riskanter ist. Albert et al. [15] konnten in ihrer Studie keine tageszeitlichen Unterschiede finden. Als mægliche Ursachen der tragischen Ereignisse werden Fehlsteuerungen im sympathischen Nervensystem und Plaquerupturen diskutiert. Sportliche Anstrengungen aktivieren die sympathischen Elemente des autonomen Nervensystems und dåmpfen den parasympathischen Anteil [372]. Dies kann das Entstehen von Kammerflimmern begçnstigen. Desgleichen kann die mechanische Belastung der Gefåûwånde durch die vermehrte Blutstræmung unter erhæhtem Druck zu Plaquerupturen fçhren [73]. Maron [300] sieht bei 80% der çber 35-Jåhrigen eine KHK als Ursache. Bei Jçngeren wurden bei Autopsien ganz unterschiedliche Erkrankungen gefunden [298] (Tab. 16). Insbesondere die Myokarditis hat groûe Bedeutung fçr die pråventive Beratung ± gilt es doch, wåhrend eines fieberhaften Infektes, der manchmal unbemekt mit einer Herzmuskelentzçndung einhergehen kann, auf Sport 19
Jogging, Tennis 68%; andere Sportarten 25%; schwere Gartenarbeit oder håusliche Reparaturarbeiten (7%).
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8 Spezielle Krankheitsbilder
Tabelle 16. Ursachen des plætzlichen Herztodes beim Sport [298] Herzkrankheiten
%
z Hypertrophe Kardiomyopathie und unklare Linkshypertrophie z Commotio cordis z Koronare Anomalie z Myokarditis z Aortenaneurysma, rupturiert (Marfan) z Arrhythmogene rechtsventrikulåre Kardiomyopathie z Koronare Muskelbrçcken z Aortenklappenstenose z Koronare Herzkrankheit z Andere: z. B. QT-Syndrom, dilatative Kardiomyopathie
33,9 19,9 13,7 5,2 3,1 2,8 2,8 2,6 2,6