Das bietet Ihnen die CDROM
Ablaufschemata Für die Vorbereitung der Wahl ist es von größter Wichtigkeit, Ter mine und Fristen genau im Blick zu haben. Auf der CD finden Sie alle Schritte übersichtlich dargestellt.
Über 25 Arbeitshilfen, Formulare und Vorlagen Wahlausschreiben, Stimmzettel u.v.m – die CD bietet Ihnen alle be nötigten Wahlunterlagen, die sich ganz einfach in die Textverar beitung übernehmen, ausdrucken, speichern oder weiterverarbeiten lassen.
Gesetze und Wahlordnung Die Wahlordnung muss zur Einsichtnahmen ausgehängt werden. Sie können die Datei dazu einfach ausdrucken! Weiterhin finden Sie hier das BetrVG und weitere Gesetze zum Nachlesen.
Über 160 Urteile Lesen Sie nach in über 160 Urteilen des Bundesarbeitsgericht und der Landesarbeitsgerichte.
Bibliographische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National bibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
ISBN 3448068071
BestellNr. 041360004
© 2005, Rudolf Haufe Verlag GmbH & Co. KG Niederlassung München Redaktionsanschrift: Postfach, 82142 Planegg Hausanschrift: Fraunhoferstraße 5, 82152 Planegg Telefon: (089) 895 170 Telefax: (089) 895 17290 www.haufe.de
[email protected] Lektorat: Ulrich Leinz Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe (einschließlich Mikrokopie) sowie die Auswertung durch Datenbanken, vorbehalten. DesktopPublishing: Peter Böke, Berlin Umschlag: HERMANNKIENLE, Simone Kienle, Stuttgart Druck: BoschDruck GmbH, 84030 Ergolding Zur Herstellung dieses Buches wurde alterungsbeständiges Papier verwendet.
Betriebsratswahlen leicht gemacht Ein Leitfaden für Arbeitgeber, Beschäftigte, Wahlvorstand und Betriebsräte
Dietmar Heise Dr. Philip Merten
Haufe Mediengruppe Freiburg · Berlin · München · Würzburg · Zürich
Inhaltsverzeichnis
Das bietet Ihnen dieses Buch
11
Teil I Chronologische Darstellung einer Betriebsratswahl
13
1 Der Zeitpunkt der Betriebsratswahlen 1.1 Die regelmäßigen Betriebsratswahlen 1.1.1 Die zu spät eingeleitete Betriebsratswahl 1.1.2 Die zu früh eingeleitete Betriebsratswahl 1.1.3 Die Koordination mit den Wahlen zum Sprecherausschuss 1.2 Außerordentliche Betriebsratswahl 1.2.1 Allgemeines 1.2.2 Die einzelnen Tatbestände 1.3 Weiterführung der Geschäfte bei außerordentlicher Betriebsratswahl
15 15 16 16
2 Reguläres Wahlverfahren oder vereinfachtes Wahlverfahren? 2.1 Welches Wahlverfahren ist einschlägig? 2.1.1 Betrieb mit bereits bestehendem Betriebsrat 2.1.2 Betriebe ohne Betriebsrat 2.2 Wahlmöglichkeit in Betrieben bis 100 Arbeitnehmern 3 Die Vorbereitung der regulären Wahl 3.1 Die Bestellung des Wahlvorstands 3.1.1 Zeitpunkt der Bestellung 3.1.2 Der Akt der Bestellung 3.1.3 Zusammensetzung des Wahlvorstands 3.1.4 Bestellung durch Arbeitsgericht oder Gesamt/ Konzernbetriebsrat
4
17 17 17 19 23 25 25 25 27 28 30 30 30 30 31 34
Inhaltsverzeichnis
3.1.5 Sonderfall: Betriebsratsloser Betrieb 3.1.6 Die rechtliche Stellung der Wahlvorstandsmitglieder 3.1.7 Beginn und Beendigung des Wahlvorstandsamts Die Maßnahmen des Wahlvorstands bis zur Einleitung der Wahl 3.2.1 Die erste Sitzung des Wahlvorstands 3.2.2 Allgemeine Regeln für die erste und weitere Sitzungen des Wahlvorstands 3.2.3 Welche Aufgaben stehen an?
34
4 Von der Einleitung der Wahl bis zum Wahltag 4.1 Einleitung der Wahl / Erlass des Wahlausschreibens 4.1.1 Allgemeines zur Einleitung der Wahl 4.1.2 Der Inhalt des Wahlausschreibens 4.1.3 Berichtigung oder Ergänzung des Wahlausschreibens 4.2 Nach Erlass des Wahlausschreibens bis zum Wahltag 4.2.1 Korrekturen der Wählerliste 4.2.2 Einreichung der Wahlvorschläge 4.2.3 Entgegennahme der Vorschlagslisten 4.2.4 Prüfung und Beanstandung der Vorschlagslisten 4.2.5 Sonderfall: Innerhalb der Frist von § 6 Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 2 Satz 1 WOBetrVG sind keine gültigen Wahlvorschläge eingereicht worden 4.2.6 Bekanntmachung der Vorschlagslisten 4.2.7 Vorbereitung der Wahlhandlung
48 48 48 50
3.2
5 Die Wahl und die Aufgaben nach der Wahl 5.1 Die verschiedenen Varianten der Wahl 5.1.1 Verhältniswahl, Wahlverfahren bei mehreren Vorschlagslisten 5.1.2 Mehrheitswahl, Wahlverfahren bei nur einer Vorschlagsliste 5.2 Briefwahl 5.3 Aufgaben nach der Wahl 5.3.1 Mitteilung an weitere Beteiligte 5.3.2 Einberufung der konstituierenden Sitzung des Betriebsrats
37 37 38 38 38 39
56 56 57 62 66 67
70 71 72 74 74 75 82 84 87 87 87
5
Inhaltsverzeichnis
5.3.3 Aufbewahrung der Wahlakten
89
6 Die Wahl im vereinfachten Wahlverfahren 90 6.1 Allgemeines 90 6.2 Einstufiges vereinfachtes Wahlverfahren 93 6.2.1 Die Vorbereitung der vereinfachten einstufigen Wahl 93 6.2.2 Von der Einleitung der vereinfachten einstufigen Wahl bis zum Wahltag 99 6.2.3 Die Wahl und Aufgaben nach der Wahl 109 6.3 Zweistufiges vereinfachtes Wahlverfahren 114 6.3.1 Die Vorbereitung der vereinfachten zweistufigen Wahl 114 6.3.2 Die erste Wahlversammlung 118 6.3.3 Aufgaben zwischen erster und zweiter Wahlversammlung 123 6.3.4 Die zweite Wahlversammlung und Aufgaben nach der Wahl 125
6
7 Die Wahlanfechtung 7.1 Allgemeines 7.2 Wahlanfechtung 7.2.1 Verstoß gegen Vorschriften über das Wahlrecht 7.2.2 Verstoß gegen Vorschriften der Wählbarkeit 7.2.3 Verstöße gegen Vorschriften gegen das Wahlverfahren 7.2.4 Anfechtungsverfahren 7.2.5 Anfechtungsfrist 7.2.6 Inhalt des Antrags 7.2.7 Anfechtungsgegner 7.3 Nichtigkeit der Betriebsratswahlen 7.3.1 Allgemeines 7.3.2 Nichtigkeitsgründe 7.3.3 Folgen der Nichtigkeit
126 126 127 127 128 129 131 132 132 133 133 133 133 135
8 Die Kosten der Wahl
136
Inhaltsverzeichnis
Teil II Wörterbuch der Betriebsratswahl Amtszeit des Betriebsrats Anfechtung der Betriebsratswahl Angestellter Annahme oder Ablehnung der Wahl Arbeiter Arbeitgeber Arbeitnehmer Arbeitsausfall Ausländer Auszubildender Beauftragter der Gewerkschaften Beeinflussung der Wahl Behinderung der Wahl Bekanntgabe des Ergebnisses Benachrichtigung der Gewählten Berufsausbildungsverhältnis Betrieb Betriebsadresse des Wahlvorstands Betriebsteil Betriebsversammlung zur Bestellung des Wahlvorstands Briefwahl d’Hondt’sches Verfahren Einleitung der Betriebsratswahl Einspruch gegen die Wählerliste Ermittlung der Gewählten Ersatzmitglied Freiwilligkeitsprinzip Fristberechnung Geschäftsordnung des Wahlvorstands Geschlecht des Arbeitnehmers Gewerkschaft Größe des Betriebsrats Grundsätze der Wahl Heimarbeiter
137 138 142 142 144 148 149 151 158 160 162 162 164 167 169 169 170 172 177 178 182 185 190 191 193 197 197 204 205 207 207 211 213 216 219
7
Inhaltsverzeichnis
Kleinbetrieb Kleinstbetrieb Konzern Kosten der Wahl Leiharbeitnehmer Leitender Angestellter Listenvertreter Listenwahl Mehrheitswahl Nichtigkeit der Betriebsratswahl Niederschrift über die Betriebsratswahl Persönlichkeitswahl Sitzverteilung Sofort Sprecherausschuss Stimmabgabe allgemein Stimmabgabe, eine Vorschlagsliste Stimmabgabe, mehrere Vorschlagslisten Stimmabgabe, nachträgliche schriftliche Stimmabgabe, vereinfachtes Wahlverfahren Stimmauszählung Stimmzettel allgemein Stimmzettel, eine Vorschlagsliste bzw. Wahl im vereinfachten Wahlverfahren Stimmzettel, mehrere Vorschlagslisten Straftaten Unternehmen Unverzüglich Urne Vereinfachtes Wahlverfahren Verhältniswahl Vermittler Verteilung der Betriebsratssitze Vorgeschaltetes Kontrollverfahren Vorschlagsliste Wahlakte Wahlausschreiben, reguläres Wahlverfahren Wahlausschreiben, vereinfachtes Wahlverfahren Wählbarkeit
8
221 221 222 224 227 230 237 238 238 242 244 245 246 246 246 249 252 253 253 257 258 260 260 261 261 261 263 263 264 264 269 270 271 271 277 282 285 298
Inhaltsverzeichnis
Wahlberechtigung Wählerliste Wählerliste, vereinfachtes Wahlverfahren Wahlhelfer Wahlniederschrift Wahlrecht Wahlumschlag Wahlurne Wahlverfahren Wahlversammlung Wahlvorschlag Wahlvorstand Zahl der Betriebsratsmitglieder Zeitarbeitnehmer Zeitpunkt der Betriebsratswahl Zuordnung der leitenden Angestellten Stichwortverzeichnis
302 304 307 308 308 309 309 309 310 311 314 324 330 330 330 332 337
9
Vorwort Die Betriebsratswahlen laufen seit der Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes im Sommer 2001 sowie der Neufassung der Wahlordnung zum Betriebsverfassungsgesetz im November 2001 unter stark veränderten Regeln ab. Heute wie früher zeigt zudem ein Blick in das Betriebsverfassungsgesetz, dass dort nur Bruchstücke der gesamten Wahl geregelt sind. Eine Rechtsverordnung, die Wahlordnung, fügt die fehlenden Stücke in die Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes ein. Die Versuche des Gesetzgebers, die Betriebsratswahl einfacher zu gestalten, sind misslungen. Stattdessen wurde Rechtsunsicherheit verstärkt, was sich auch an der Vielzahl der höchstrichterlichen Entscheidungen seit Erscheinen der Vorauflage zu den letzten regelmäßigen Betriebsratswahlen widerspiegelt. Dieser Band führt auf verschiedenen Wegen durch das Regelungsdickicht zu der (Neu-)Wahl des Betriebsrats: Eine systematische Einführung, in die ein Ablaufschema eingearbeitet ist, zieht so knapp wie möglich eine rote Linie durch die Betriebsratswahl, an der sich Wahlvorstand, Arbeitgeber und andere Interessierte durch das Wahlverfahren arbeiten können. Ein ABC der Betriebsratswahl erläutert über 90 Begriffe, die im Rahmen der Betriebsratswahl auftauchen, mit Beispielen und Berechnungsmustern. Schließlich erleichtern Formulare und eine Zusammenstellung der aushangpflichtigen Vorschriften die praktische Durchführung der Wahl. Die gleichzeitig mit den Betriebsratswahlen stattfindenden Sprecherausschusswahlen der leitenden Angestellten weisen einige Parallelen zu den Betriebsratswahlen auf. Auch diese Wahlen geschlossen zu beschreiben hätte den Umfang des Werkes gesprengt. Angesichts des einfacher gestalteten Verfahrens haben wir uns darauf beschränkt, die Grundlinien unter den einschlägigen Stichworten nachzuziehen. Berlin und Solingen, im September 2005
10
Dietmar Heise und Dr. Philip Merten
Das bietet Ihnen dieses Buch
Chronologische Beschreibung der Wahlen Der folgende Text schildert in chronologischer Abfolge die Stationen einer Betriebsratswahl. Wer sich mit einer Betriebsratswahl zu befassen hat, kann sich mit seiner Hilfe einen guten Überblick verschaffen. In die chronologische Beschreibung ist ein schematisierter (und daher nicht immer detaillierter) Ablaufplan eingearbeitet. Dieser Einleitung folgt zunächst eine grobe Übersicht über die einzelnen Teile der Betriebsratswahl einschließlich der jeweils mindestens einzukalkulierenden Zeiten. Unmittelbar vor den Kapiteln 3 bis 5 finden sich sodann eingehendere Schemata. Diese bilden – zusammen genommen – den gesamten Verlauf der Betriebsratswahl ab. Die einzelnen Stationen der Betriebsratswahl sind auf zwei verschiedene Weisen verbunden: entweder mit Pfeilen, die ein wenig über das Ziel hinausdeuten, oder mit schwarzen Linien. Die Pfeile markieren – wie jeweils angegeben – Mindestfristen; sie sollten in der Planung eher großzügig bemessen werden, damit Verzögerungen nicht später zu Bedrängnis führt. Die schwarzen Linien hingegen signalisieren feststehende oder Höchstfristen; sie bedeuten also: zügiges Handeln ist erforderlich. Viele Maßnahmen können innerhalb eines recht langen Zeitraumes ergriffen werden; in den Schemata tauchen sie dann erst spät auf. Die Schemata sollten aus diesem Grund stets vorausschauend betrachtet werden. Links in den Plänen wird jeweils auf die Seite verwiesen, auf der der auf gleicher Höhe abgebildete Vorgang beschrieben ist.
11
Das bietet Ihnen dieses Buch
Wörterbuch der Betriebsratswahl
Achtung Frist!
12
Im zweiten Teil des Buches befindet sich ein „Wörterbuch der Betriebsratswahl“. Auf der Suche nach weiteren Detailinformationen können dort bestimmte Stichwörter gezielt nachgeschlagen werden. Sie sind im Text mit folgendem Symbol gekennzeichnet: Stichwort. Betriebsratswahlen laufen zeitlich sehr gestrafft ab. Eine Reihe von Terminen und Höchstfristen ist zu beachten. Im folgenden Text sind solche wichtigen Daten durch einen Hinweis „Achtung Frist!“ in der Randspalte markiert.
Teil I
Chronologische Darstellung einer Betriebsratswahl
14
1
Der Zeitpunkt der Betriebsratswahlen
Zu Beginn einer jeden Betriebsratswahl stellt sich die Frage nach dem Zeitpunkt: Wann soll gewählt werden? Das Betriebsverfassungsgesetz unterscheidet in § 13 zwischen regelmäßigen und außerordentlichen Betriebsratswahlen. Bei den regelmäßigen (turnusmäßigen) Wahlen ist der Zeitraum, in dem die Stimmabgabe stattzufinden hat, gesetzlich festgelegt, während eine außerordentliche Betriebsratswahl nur (und immer) dann stattfindet, wenn ganz bestimmte Voraussetzungen vorliegen. (Siehe auch Zeitpunkt der Betriebsratswahlen.)
1.1
Die regelmäßigen Betriebsratswahlen
Die regelmäßigen Betriebsratswahlen finden alle vier Jahre in der Zeit vom 1. März bis 31. Mai statt (§ 13 Abs. 1 BetrVG). Dieser VierJahres-Rhythmus führt nach den Betriebsratswahlen in 2006 zu weiteren Wahljahren in 2010, 2014 … Der gesetzlich festgelegte Zeitraum (zwischen dem 1. März und dem 31. Mai) fixiert den Tag (oder die Tage) der Stimmabgabe. Er gilt also nur für den Wahlakt selbst. Die Wahlvorbereitungen, insbesondere die Bestimmung des Wahlvorstands und dessen erste Maßnahmen zur Einleitung der Wahl, können bereits vor dem 1. März erfolgen. Eine genauere Bestimmung des Zeitplans hängt von dem Termin ab, an dem die Amtszeit des alten Betriebsrats (s. § 21 BetrVG) endet (Amtszeit des Betriebsrats). Spätestens 10 Wochen vor diesem Datum hat der Betriebsrat den Wahlvorstand, dem die Vorbereitung und Durchführung der Wahl obliegt, zu bestellen. Spätestens sechs Wochen vor dem (ggf. ersten) Tag der Stimmabgabe erlässt der Wahlvorstand ein Wahlausschreiben; der (ggf. erste) Tag der Stimmabgabe soll spätestens eine Woche vor dem Tag liegen, an
Achtung Frist!
Achtung Frist!
Achtung Frist!
15
1
Der Zeitpunkt der Betriebsratswahlen
dem die Amtszeit des Betriebsrats endet. Damit liegt ein flexibles System vor, das in der Regel immer nur bestimmte Zeiträume (bis zu einem letztmöglichen Termin) für die einzelnen Stationen der Wahl vorsieht (siehe auch Fristberechnung). Beispiel: Tag der Beendigung der Amtszeit: 10. April 2006 (Montag); Bestel lung des Wahlvorstands bis spätestens 30. Januar 2006 (Montag) – spätestens 10 Wochen vorher. Da die Bestellung selbstverständlich auch schon zu einem früheren Zeitpunkt möglich ist, sollte sie in weniger einfach gelagerten Fällen sinnvollerweise – um einen zu ge drängten Zeitplan zu vermeiden – auch früher (im Beispielsfall etwa bereits Mitte Januar) erfolgen.
1.1.1
Die zu spät eingeleitete Betriebsratswahl
Wird die Wahl sehr spät eingeleitet und findet infolgedessen der Wahltag nach dem 31. Mai statt, so kann die Wahl trotz des Gesetzesverstoßes in aller Regel als wirksam angesehen werden. Nach § 13 Abs. 2 Nr. 6 kann nämlich außerhalb des genannten Zeitraums ein Betriebsrat gewählt werden, wenn im Betrieb ein Betriebsrat nicht besteht. Dies ist nach dem 31. Mai aber regelmäßig der Fall, da nach § 21 Satz 3 BetrVG mit dem Ablauf dieses Termins die Amtszeit des bisherigen Betriebsrats spätestens endet. Aus der ursprünglich geplanten regelmäßigen Betriebsratswahl wird so eine zulässige außerordentliche Betriebsratswahl.
1.1.2
Die zu früh eingeleitete Betriebsratswahl
Indessen ist eine regelmäßige Betriebsratswahl, bei der der Tag der Stimmabgabe vor dem 1. März des regelmäßigen Wahljahres liegt, in aller Regel nichtig (BAG v. 11.4.1978, AP Nr. 8 zu § 19 BetrVG 1972). Es liegt ein grober und offensichtlicher Verstoß gegen die wesentlichen Grundsätze des gesetzlichen Wahlrechts vor. Zu prüfen ist allerdings, ob für die Wahl die Voraussetzungen für eine außerordentliche Betriebsratswahl nach § 13 Abs. 2 BetrVG (s. unter 2., S. 17; Zeitpunkt der Betriebsratswahl) in Betracht kommen. Lagen die Voraussetzungen einer der dort genannten Fälle vor, so ist die Wahl wirk-
16
Außerordentliche Betriebsratswahl
1
sam. Kam eine dieser Varianten wenigstens ernsthaft in Betracht, so ist die Wahl nur anfechtbar (Wahlanfechtung), auch wenn die Voraussetzungen letztlich rechtlich nicht gegeben waren. Denkbar ist zudem, dass Neuwahlen nach § 21a BetrVG wegen Untergang eines Betriebs erforderlich geworden sind.
1.1.3
Die Koordination mit den Wahlen zum Sprecherausschuss
§ 13 Abs. 1 Satz 2 BetrVG und § 5 Abs. 1 Satz 2 Sprecherausschussgesetz (SprAuG) bestimmen, dass die regelmäßigen Betriebsratswahlen zeitgleich mit den regelmäßigen Wahlen des Sprecherausschussgesetzes einzuleiten sind (Sprecherausschuss). Aus § 3 Abs. 1 Satz 2 der Wahlordnung zum Betriebsverfassungsgesetz (WOBetrVG) ergibt sich, dass unter „Einleitung“ der Erlass des Wahlausschreibens durch den Wahlvorstand zu verstehen ist (Einleitung der Betriebsratswahl). Der jeweilig weitere Ablauf der Wahl kann zeitlich wieder auseinanderfallen. So können beispielsweise für die Betriebsratswahl und die Sprecherausschusswahl verschiedene Wahltage bestimmt werden. Sinn und Zweck der zeitgleichen Einleitung ist, dass die Einordnung der Arbeitnehmer zur Gruppe der leitenden Angestellten (§ 5 Abs. 3 BetrVG) zu einem bestimmten Zeitpunkt eindeutig festgestellt werden soll.
1.2 1.2.1
Achtung Frist!
Außerordentliche Betriebsratswahl Allgemeines
Achtung: Die folgenden Informationen sind nur für den seltenen Fall einer außerordentlichen Betriebsratswahl von Belang. Liegt keiner der unten genannten sechs Ausnahmetatbestände vor, geht es also um die ganz normalen regelmäßigen Betriebsratswahlen, können die nächsten Seiten bis zum Kapitel 2 übersprungen werden.
17
1
Der Zeitpunkt der Betriebsratswahlen
Unter bestimmten Voraussetzungen können außerhalb des regelmäßigen Turnus Betriebsratswahlen abgehalten werden. Das Gesetz nennt in § 13 Abs. 2 BetrVG sechs Fallgruppen: • die wesentliche Änderung der Zahl der Beschäftigten im Betrieb (Nr. 1) • das Sinken der Gesamtzahl der Betriebsratsmitglieder unter die vorgeschriebene Zahl (Nr. 2). • den Rücktritt des Betriebsrats (Nr. 3) • die erfolgreiche Anfechtung der Betriebsratswahl (Nr. 4) • die Auflösung des Betriebsrats durch gerichtliche Entscheidung (Nr. 5) • das Nichtbestehen eines Betriebsrats (Nr. 6).
Achtung Frist!
18
Die gesetzliche Regelung der Tatbestände einer außerordentlichen Betriebsratswahl ist abschließend. Eine solche Wahl darf nur durchgeführt werden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. Ein bereits im Amt befindlicher Betriebsrat kann daher nicht abgewählt werden. Hat eine außerordentliche Betriebsratswahl stattgefunden, so ist der Betriebsrat in dem auf die Wahl folgenden nächsten Zeitraum der regelmäßigen Betriebsratswahl neu zu wählen (§ 13 Abs. 3 Satz 1 BetrVG). Der außerordentlich gewählte Betriebsrat wird daher in aller Regel für einen kürzeren Zeitraum im Amt sein, bis das regelmäßige Wahljahr (2006, 2010,…) erreicht ist. Hat die Amtszeit des außerordentlich gewählten Betriebsrats aber bis zum 1. März des regelmäßigen Wahljahres noch nicht ein Jahr betragen, so ist der Betriebsrat in dem übernächsten Zeitraum der regelmäßigen Betriebsratswahlen neu zu wählen (§ 13 Abs. 3 Satz 2 BetrVG). Seine Amtszeit kann in dieser Fallkonstellation bis zu fünf Jahre betragen. Auf diese Weise stellt das Gesetz sicher, dass spätestens ab dem übernächsten Zeitraum wieder regelmäßige Betriebsratswahlen in den gesetzlich vorgegebenen Zeiträumen stattfinden können. Ein dauerhaftes Ausscheren eines Betriebes aus dem für alle geltenden und konkret festgelegten Vier-Jahres-Rhythmus (Wahljahre 2006, 2010 etc.) wird so verhindert.
Außerordentliche Betriebsratswahl
1.2.2
1
Die einzelnen Tatbestände
Zu den Tatbeständen der außerordentlichen Betriebsratswahl im einzelnen: 1.2.2.1
§ 13 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG, wesentliche Änderung der Zahl der Beschäftigten
Eine außerordentliche Betriebsratswahl findet statt, wenn mit Ablauf von 24 Monaten, vom Tage der Wahl an gerechnet, die Zahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer um die Hälfte, mindestens aber um 50, gestiegen oder gesunken ist. Entscheidend ist die Zahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer. Die Veränderung der Belegschaftsstärke muss eine doppelte Voraussetzung erfüllen: Die Zahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer muss um die Hälfte gestiegen oder gesunken sein, und dabei muss es sich um mindestens 50 Arbeitnehmer handeln.
Achtung Frist!
Beispiel: Hat ein Betrieb am Wahltag 80 regelmäßig beschäftigte Arbeitneh mer und sind am Stichtag 24 Monate seit dem Tag der Wahl 122 regelmäßig beschäftigte Arbeitnehmer betriebsangehörig (plus 42 – also Steigerung um mehr als 50 v.H. der Ausgangsbelegschaft), so ist die Anzahl der Arbeitnehmer zwar um mehr als die Hälfte gestie gen. Da die erforderliche Zahl von mindestens 50 aber nicht erreicht wurde, finden keine Neuwahlen statt.
Die Überprüfung und ggf. Neuwahl findet innerhalb der Amtszeit eines Betriebsrats nur einmal nach 24 Monaten statt. Spätere oder frühere Änderungen der Zahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer sind bedeutungslos. Zur Bestimmung des Stichtags ist der Wahltag bzw. bei mehreren Wahltagen der letzte Wahltag entscheidend (Fristberechnung).
Achtung Frist!
Beispiel: Fällt der letzte Wahltag auf den 31. März, so kommt es auf die Zahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer mit Ablauf des 31. März des übernächsten Jahres, und zwar ein Sekundenbruchteil nach 24.00 Uhr, an. Nicht mitgezählt werden diejenigen, die zum 31. März aus dem Betrieb ausscheiden; ebenso wenig diejenigen, die sich erst im Laufe des 1. April bewerben, sofort eingestellt werden
19
1
Der Zeitpunkt der Betriebsratswahlen
und sofort mit der Arbeit anfangen. Mitgezählt werden hingegen diejenigen Arbeitnehmer, die den Arbeitsvertrag vor dem Ablauf des 31. März bereits geschlossen haben und mit denen vereinbart wurde, dass Arbeitsbeginn der 1. April ist – unabhängig davon, ob sie um 0.00 Uhr oder erst um 7.00 Uhr im Betrieb zu erscheinen haben.
Nach dem Gesetzeswortlaut kommt es zudem auf die „regelmäßig Beschäftigten“ Arbeitnehmer an. Nicht mitgezählt werden daher lediglich vorübergehend Beschäftigte, z.B. saisonbedingt eingestellte Aushilfskräfte, sofern ihrer Tätigkeit kein Dauerarbeitsplatz zugrunde liegt. Keine Berücksichtigung finden auch Personen, die – zuvor arbeitslos – zur Vertretung eines Arbeitnehmers, der sich beruflich weiterbildet, befristet eingestellt werden (§ 231 Abs. 2 SGB III). Tritt der beschriebene Fall der Belegschaftsänderung ein, so führt der Betriebsrat zunächst seine Geschäfte fort und bestellt den Wahlvorstand (siehe unten 3). 1.2.2.2
§ 13 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG, Sinken der Gesamtzahl der Betriebsratsmitglieder unter die vorgeschriebene Zahl
§ 13 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG sieht Neuwahlen vor, wenn die Gesamtzahl der Betriebsratsmitglieder nach Eintreten sämtlicher Ersatzmitglieder unter die gesetzlich vorgeschriebene Zahl gesunken ist. Die gesetzlich vorgeschriebene Mindestmitgliederzahl ergibt sich aus § 9 BetrVG (Größe des Betriebsrats). Ein solcher Fall kann eintreten, wenn eine entsprechende Zahl von Betriebsratsmitgliedern und Ersatzmitgliedern aus dem Betrieb ausscheidet oder ihr Amt niederlegt. Ein kurzzeitiges Absinken der Mitgliederzahl, etwa weil einzelne Betriebsratsmitglieder vorübergehend an der Ausübung des Amts verhindert sind (z.B. wegen Krankheit, Urlaub etc.), reicht nicht aus. Neuwahlen sind auch erforderlich, wenn sich gleichzeitig mit dem Absinken der Mitgliederzahl auch die Belegschaftsstärke verringert hat und die verkleinerte Gesamtzahl der Betriebsratsmitglieder der für die verringerte Belegschaftsstärke vorgeschriebenen Zahl der Betriebsratsmitglieder bei einer Neuwahl entsprechen würde. Die Verringerung der Arbeitnehmerzahl ist also bei § 13 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG (anders als bei Nr. 1) nicht von Bedeutung. Abzuhalten sind Neuwahlen erst, wenn die Gesamtzahl der Betriebsratsmitglieder nach dem Eintreten sämtlicher Ersatzmitglieder unter
20
Außerordentliche Betriebsratswahl
1
die vorgeschriebene Zahl gesunken ist. Dabei sind auch Ersatzmitglieder zu berücksichtigen, die bei einer Verhältniswahl auf einer anderen Liste gewählt worden sind als das ausgeschiedene Mitglied. Ferner kann auch auf Ersatzmitglieder des anderen Geschlechts zurückgegriffen werden. Ist also für das Minderheitsgeschlecht kein Ersatzmitglied mehr vorhanden, so ist auf die Ersatzmitglieder des Geschlechts in der Mehrheit zurückzugreifen. Werden Neuwahlen auf diese Weise erforderlich, so führt der Betriebsrat dennoch seine Geschäfte fort und bestellt den Wahlvorstand (siehe unten 3). 1.2.2.3
§ 13 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG, Rücktritt des Betriebsrats
Hat der bisherige Betriebsrat mit der Mehrheit seiner Mitglieder seinen Rücktritt beschlossen, so sind Neuwahlen anzusetzen. Erforderlich ist ein (Rücktritts-)Beschluss, der von der Mehrheit der gesetzlichen Mitglieder des Betriebsrats gefasst worden sein muss. Es genügt daher nicht die Mehrheit der bei der Beschlussfassung anwesenden Mitglieder. Vielmehr müssen mehr als die Hälfte der Betriebsräte für den Rücktritt stimmen, die die Sollgröße des Gremiums bilden (Größe des Betriebsrats). Beispiel: Bei einem neunköpfigen Betriebsrat sind in der Sitzung sieben Mit glieder anwesend. Vier stimmen für den Rücktritt. Dies ist zwar die Mehrheit der anwesenden Mitglieder. Die für den Rücktrittsbeschluss erforderliche Mehrheit wäre aber erst mit fünf JaStimmen erreicht. Der Rücktritt wurde also nicht beschlossen.
Tritt der Betriebsrat zurück, so bestellt er den Wahlvorstand und führt seine Geschäfte bis zur Wahl des neuen Betriebsrats fort (s. unter 3). Die Gründe für den Rücktritt sind unerheblich. Der Rücktrittsbeschluss ist im Hinblick auf seine Gründe gerichtlich nicht überprüfbar. Allerdings sind die Grenzen der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 2 Abs. 1 BetrVG) und der Sittenwidrigkeit zu beachten. Willkürliche Rücktrittsbeschlüsse zur Erzwingung von Neuwahlen können unter Umständen (z.B. wenn sie mehrfach und kurz hintereinander auftreten und erkennbar wird, dass es allein um die Schädigung des Arbeitgebers über dessen Kostentragungspflicht geht)
21
1
Der Zeitpunkt der Betriebsratswahlen
Schadensersatzansprüche gegen die beteiligten Betriebsratsmitglieder nach sich ziehen. Von dem Rücktritt ist die so genannte Amtsniederlegung zu unterscheiden. Der mit der erforderlichen Mehrheit gefasste Rücktrittsbeschluss beendet das Amt des Betriebsrats hinsichtlich aller seiner Mitglieder (und Ersatzmitglieder). Die Amtsniederlegung betrifft hingegen nur das Betriebsratsmitglied persönlich, welches sein Amt niedergelegt hat. In diesem Falle rückt ein Ersatzmitglied nach. Überwiegend wird davon ausgegangen, dass auch ein aus einer Person bestehender Betriebsrat entsprechend § 13 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG zurücktreten kann. Da es ihm alternativ möglich ist sein Amt niederzulegen, muss seine Erklärung ausgelegt werden. Ein Rücktritt liegt vor, wenn das Amt selbst beendet und möglicherweise Neuwahlen veranlasst werden sollen; nur sein Amt wird der Betriebsrat hingegen niederlegen wollen, wenn er selbst (z.B. aus persönlichen Gründen) nicht mehr amtieren will, also der Ersatzmann zum Zuge kommen soll. Im Zweifel wird nur die zweite Variante gewollt sein. 1.2.2.4
§ 13 Abs. 2 Nr. 4, erfolgreiche Anfechtung der Betriebsratswahl
Eine Neuwahl des Betriebsrats findet auch statt, wenn die vorhergehende Betriebsratswahl gemäß § 19 BetrVG mit Erfolg angefochten worden ist. Von einer „erfolgreichen“ Anfechtung kann gesprochen werden, wenn das Arbeitsgericht die Betriebsratswahl für unwirksam erklärt (Wahlanfechtung). Maßgeblicher Zeitpunkt ist der Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses. Es muss aber die gesamte Betriebsratswahl angefochten sein. Die Anfechtung der Wahl eines einzelnen Betriebsratsmitglieds führt dagegen nicht zu Neuwahlen. Nach erfolgreicher und rechtskräftiger Wahlanfechtung besteht kein Betriebsrat mehr (siehe unten 1.3). Die Neuwahlen müssten nach diesem Zeitpunkt durch die Wahl eines Wahlvorstandes in einer Betriebsversammlung initiiert werden.
22
Weiterführung der Geschäfte bei außerordentlicher Betriebsratswahl
1.2.2.5
1
§ 13 Abs. 2 Nr. 5, Auflösung durch gerichtliche Entscheidung
Hier ist der Fall angesprochen, dass das Gericht durch Beschluss gemäß § 23 Abs. 1 BetrVG den Betriebsrat wegen grober Verletzung der gesetzlichen Pflichten auflöst. Mit der Rechtskraft des Beschlusses ist das Betriebsratsamt beendet. Die Neuwahlen müssten nach diesem Zeitpunkt durch die Wahl eines Wahlvorstandes in einer Betriebsversammlung initiiert werden (siehe auch unten 3). 1.2.2.6
§ 13 Abs. 2 Nr. 6, Nichtbestehen eines Betriebsrats
Ein Betriebsrat kann jederzeit gewählt werden, wenn in dem betreffenden Betrieb ein Betriebsrat noch nicht besteht. Die Bildung des Betriebsrats unterliegt dem Freiwilligkeitsprinzip. Es bleibt den Arbeitnehmern überlassen, ob sie von der Möglichkeit der Bildung eines Betriebsrats Gebrauch machen wollen. Ein gesetzlicher Zwang besteht nicht. Voraussetzung für die Wahl ist, dass es sich um einen betriebsratsfähigen Betrieb (§ 1 BetrVG) handelt (Betrieb). Die Gründe dafür, warum ein Betriebsrat im Betrieb nicht besteht, sind ohne Bedeutung. Die Wahl nach § 13 Abs. 2 Nr. 6 BetrVG kann also stattfinden, wenn für den Betrieb ein Betriebsrat noch nie gewählt worden ist oder bei Nichtigkeit einer Betriebsratswahl, ferner bei Ablauf des Betriebsratsamtes durch Wegfall der Betriebsidentität (etwa einer Zusammenlegung von Betrieben) – siehe dazu auch § 21a und § 21b BetrVG -, bei Beendigung der Amtszeit des Betriebsrat und Fehlen einer Neuwahl innerhalb des in § 13 Abs. 1 BetrVG bestimmten Zeitraums und ferner bei Amtsniederlegung aller Betriebsratsmitglieder und der Ersatzmitglieder.
1.3
Weiterführung der Geschäfte bei außerordentlicher Betriebsratswahl
Findet eine außerordentliche Betriebsratswahl nach § 13 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 BetrVG statt, so führt nach § 22 BetrVG der alte Betriebsrat die Geschäfte weiter, bis der neue Betriebsrat gewählt und das Wahlergebnis bekannt gegeben ist. Mit der Bekanntgabe des Wahlergebnisses (Bekanntgabe des Ergebnisses) endet das Amt des bisherigen Be-
23
1
Der Zeitpunkt der Betriebsratswahlen
triebsrats. Die Weiterführung der Geschäfte obliegt auch im Falle des § 13 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG einem zahlenmäßig dezimierten Betriebsrat und im Fall des § 13 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG dem zurückgetretenen Betriebsrat. In den übrigen Fällen des § 13 Abs. 2 (Nr. 4 bis 6) BetrVG kommt die Weiterführung der Geschäfte nicht in Betracht; es existiert dann also kein Betriebsrat. Wünschen die Arbeitnehmer weiterhin eine Vertretung, so ist gem. § 17 Abs. 1 BetrVG vorrangig der Gesamtbetriebsrat oder der Konzernbetriebsrat zur Initiierung einer Betriebsratswahl durch Bestellung eines Wahlvorstands berufen. Bestehen derartige Gremien nicht oder bleiben sie untätig, so erfolgt die Wahl eines Wahlvorstandes in einer Betriebsversammlung, siehe § 17 Abs. 2 und 3 BetrVG. Unter Umständen wird ein Wahlvorstand auf Antrag vom Arbeitsgericht bestellt, § 17 Abs. 4 BetrVG. Entsteht Streit über den zulässigen Zeitpunkt einer Betriebsratswahl oder die Zulässigkeit einer außerordentlichen Betriebsratswahl, so kann das Arbeitsgericht angerufen werden. Es entscheidet im so genannten Beschlussverfahren (§ 2a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 i.V.m. §§ 80 ff. Arbeitsgerichtsgesetz, ArbGG).
24
2 2.1
Reguläres Wahlverfahren oder vereinfachtes Wahlverfahren? Welches Wahlverfahren ist einschlägig?
Seit der Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes im Jahre 2001 gibt es zwei grundsätzlich verschiedene Wahlverfahren. Neben dem herkömmlichen regulären Wahlverfahren ist für so genannte Kleinbetriebe (mit in der Regel fünf bis 50 wahlberechtigten Arbeitnehmern) ein „vereinfachtes Wahlverfahren“ (zwingend, d.h. ohne Wahlrecht) vorgesehen. Da sich diese beiden Wahlverfahren erheblich unterscheiden, muss möglichst früh darüber Klarheit bestehen, nach welchem Verfahren gewählt wird. Hier sind zwei Fälle zu unterscheiden: Der Betrieb, in dem bereits ein Betriebsrat besteht, (s. unter 2.1.1) und der Betrieb, in dem erstmals ein Betriebsrat gewählt wird (s. unter 2.1.2). Für die Definition des Kleinbetriebs im Sinne des § 14a BetrVG ist auf die Anzahl der Wahlberechtigten abzustellen (siehe dazu Wahlberechtigung). Mit dem Begriff "in der Regel" (§ 14a Abs. 1 S. 1 BetrVG) verbindet der Gesetzgeber eine regelmäßige Beschäftigtenzahl des Betriebs in Abgrenzung zu einer vorübergehenden. Hierbei ist sowohl ein Rückblick in die Vergangenheit als auch eine Einschätzung der zukünftigen Entwicklung vorzunehmen. Dabei kommt es auf den im größten Teil des Jahres bestehenden Zustand an. So sind beispielsweise Aushilfskräfte nur dann mitzuzählen, wenn und soweit eine bestimmte Anzahl regelmäßig beschäftigt wird.
2.1.1
Betrieb mit bereits bestehendem Betriebsrat
Besteht in einem Betrieb bereits ein Betriebsrat, so hat dieser den Wahlvorstand für die Neuwahlen zu bestellen. Da in § 17a Nr. 1 und 2 BetrVG die Regelungen zur Bestellung des Wahlvorstands für die vereinfachte Wahl insbesondere hinsichtlich der Fristen modifiziert
25
2
Reguläres Wahlverfahren oder vereinfachtes Wahlverfahren?
werden, muss sich schon der bestehende (Alt-) Betriebsrat Gedanken darüber machen, ob der Betrieb als Kleinbetrieb im vereinfachten Wahlverfahren wählen wird oder nicht. Bestehen Zweifel, weil die Zahl der in der Regel wahlberechtigten Arbeitnehmer um den Schwellenwert von fünfzig liegt, sollte tunlichst die Frist des § 16 Abs. 1 S. 1 BetrVG (Bestellung des Wahlvorstands spätestens 10 Wochen vor Ablauf der Amtszeit) eingehalten werden, auch wenn sich die Frist im Falle des Kleinbetriebs (auf vier Wochen) verkürzen würde, § 17a Nr. 1 BetrVG. Der so eingesetzte Wahlvorstand leitet die Wahl unverzüglich ein, indem er zunächst die Wählerliste aufstellt. Als nächster Schritt folgt der Erlass des Wahlausschreibens. (Näheres dazu in Kapitel 4 und 5) Zu diesem Zeitpunkt muss - wegen der unterschiedlichen Ausgestaltung des Wahlausschreibens je nach Wahlverfahren – festgesetzt werden, ob regulär oder nach vereinfachtem Wahlverfahren gewählt wird. Diese Entscheidung fällt also der Wahlvorstand auf der Grundlage der zu diesem Zeitpunkt gesicherten Erkenntnisse über die Zahl der in der Regel wahlberechtigten Arbeitnehmer. Entscheidender Zeitpunkt ist der Erlass des Wahlausschreibens. Auch wenn sich später herausstellt, dass sich die Zahl ändert, hat dies keinen Einfluss mehr auf das eingeschlagene Wahlverfahren. Beispiel: Zum Zeitpunkt der Ausfertigung des Wahlausschreibens nach Auf stellung der Wählerliste sind im Betrieb in der Regel 48 Arbeitneh mer beschäftigt. Noch vor dem Wahltag werden im Betrieb drei neue dauerhafte Stellen geschaffen und mit neuen Arbeitnehmern besetzt. Es bleibt beim vereinfachten Wahlverfahren, obwohl die Voraussetzung des § 14a Abs. 1 (bis 50 wahlberechtigte Arbeitneh mer) formell nicht mehr erfüllt ist. Beispiel: Zum Zeitpunkt der Ausfertigung des Wahlausschreibens nach Auf stellung der Wählerliste sind im Betrieb in der Regel 52 Arbeitneh mer beschäftigt. Der Betriebsrat hat Kenntnis davon, dass innerhalb der nächsten Tage – jedenfalls vor dem Wahltag fünf Mitarbeiter voraussichtlich ausscheiden und diese Stellen nicht wiederbesetzt werden. Dennoch ist auf den Zeitpunkt des Erlasses des Wahlaus
26
Welches Wahlverfahren ist einschlägig?
2
schreibens abzustellen. Der Wahlvorstand hat daher – soweit keine Vereinbarung mit dem Arbeitgeber bezüglich eines vereinfachten Wahlverfahrens gem. § 14a Abs. 5 BetrVG getroffen wurde – das reguläre Wahlverfahren einzuleiten.
2.1.2
Betriebe ohne Betriebsrat
Betriebe ohne Betriebsrat können auf verschiedenen Wegen zu einem Wahlvorstand kommen. Vorrangig bestellt der Gesamtbetriebsrat oder, wenn ein solcher nicht besteht, der Konzernbetriebsrat einen Wahlvorstand. Die Entscheidung, ob nach regulärem oder vereinfachtem Wahlverfahren zu wählen ist, trifft der so eingesetzte Wahlvorstand nach den oben genannten Grundsätzen. Der Gesamtbetriebsrat bzw. Konzernbetriebsrat sollte in Grenzfällen (um die 50 Arbeitnehmer) von der Möglichkeit der Erhöhung der Wahlvorstandsmitglieder (§ 16 Abs. 1 Satz 2 BetrVG) tunlichst Abstand nehmen, weil diese Möglichkeit in Kleinbetrieben nicht gegeben ist (s. § 17a Nr. 2). In der Regel wird es ohnehin an der Erforderlichkeit für die Erhöhung der Wahlvorstandsmitglieder fehlen. Fehlt es indes an einem Gesamtbetriebsrat bzw. an einem Konzernbetriebsrat oder bleiben diese Gremien untätig, so können drei wahlberechtigte Arbeitnehmer zu einer Versammlung einladen, auf der der Wahlvorstand mit der Mehrheit der anwesenden Arbeitnehmer gewählt wird. Hier gibt es allerdings ein Problem: In Kleinbetrieben ist diese Versammlung eine Wahlversammlung (§ 17a Nr. 3 S. 1 BetrVG), wohingegen im Übrigen eine Betriebsversammlung einzuberufen ist. Der Unterschied: An der Betriebsversammlung nehmen sämtliche Arbeitnehmer des Betriebs teil, während an der Wahlversammlung nach § 17a Nr. 3 S. 1 BetrVG lediglich die wahlberechtigten Arbeitnehmer des Betriebs teilnehmen dürfen. Dies lässt sich aus § 14a Abs. 4 BetrVG ableiten. Die drei einladenden Arbeitnehmer müssen also in einer Prognoseentscheidung festlegen, ob der Betrieb ein Kleinbetrieb ist (dann Wahlversammlung) oder nicht (dann Betriebsversammlung). Dies haben Sie nach bestem Wissen zu tun. Der Arbeitgeber sollte dabei Hilfestellung leisten. Erweist sich später die Entscheidung als falsch, hat dies keine Konsequenzen. Für den so
27
2
Reguläres Wahlverfahren oder vereinfachtes Wahlverfahren?
eingesetzten Wahlvorstand gelten dann die unter 2.1.1 dargelegten Grundsätze. Wird das Arbeitsgericht nach § 17 Abs. 4 BetrVG (ggf. in Verbindung mit § 17a Nr. 4 BetrVG) tätig und setzt auf Antrag einen Wahlvorstand ein, gelten bezüglich der Entscheidung reguläres/vereinfachtes Wahlverfahren für diesen Wahlvorstand ebenfalls die unter 2.1.1 genannten Grundsätze.
2.2
Wahlmöglichkeit in Betrieben bis 100 Arbeitnehmern
In Betrieben mit in der Regel 51 bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der nach den Regeln für die reguläre Wahl eingesetzte Wahlvorstand die Möglichkeit, mit dem Arbeitgeber die Anwendung des vereinfachten Wahlverfahrens zu vereinbaren, § 14a Abs. 5 BetrVG. Näheres zu dieser Vereinbarung siehe unter 3.2.3.2.)
28
29
3
Die Vorbereitung der regulären Wahl
Nachdem nunmehr der Zeitpunkt der Betriebsratswahl bestimmt werden kann, stellt sich die Frage, welche konkreten Schritte von der Vorbereitung über die Durchführung bis hin zur Nachbereitung der Wahl zu unternehmen sind. Das folgende Kapitel führt weitgehend in chronologischer Abfolge die einzelnen Schritte zur Vorbereitung der regulären Wahl auf. Die Besonderheiten der vereinfachten Wahl werden in Kapitel 6 geschildert.
3.1
Die Bestellung des Wahlvorstands
Das zentrale Gremium bei den Betriebsratswahlen ist der Wahlvorstand. Ihm obliegen nahezu alle Aufgaben bei der Durchführung. Aus diesem Grunde steht am Anfang jeder Betriebsratswahl die Bestellung des Wahlvorstands.
3.1.1 Achtung Frist!
Zeitpunkt der Bestellung
In Betrieben, in denen bereits ein Betriebsrat vorhanden ist, bestellt dieser spätestens zehn Wochen vor Ablauf seiner Amtszeit den Wahlvorstand. Wann die regelmäßige Amtszeit endet, ergibt sich aus § 21 BetrVG (siehe auch Amtszeit des Betriebsrats). Die gesetzliche Frist ist eine Mindestfrist, so dass die Bestellung eines Wahlvorstandes ohne weiteres auch früher erfolgen kann. Dies ist sogar ratsam, wenn die ordnungsgemäße Vorbereitung der Wahl schwierig und zeitaufwendig zu sein scheint.
3.1.2
Der Akt der Bestellung
In der Regel wird der Wahlvorstand durch den Betriebsrat bestellt (§ 16 Abs. 1 Satz 1 BetrVG). Ein bestimmtes Verfahren dazu ist vom
30
Die Bestellung des Wahlvorstands
3
Gesetz nicht vorgegeben. Möglicherweise finden sich in der Geschäftsordnung des Betriebsrats besondere Vorschriften für die Bestellung des Wahlvorstands. Ist dies der Fall, so sind diese zu beachten. Fehlt es hingegen an einer Sonderregelung, gelten die allgemeinen Regeln des § 33 BetrVG für Betriebsratsbeschlüsse bei laufenden Geschäften. D.h.: Ein Beschluss ist in einer Sitzung durch Mehrheitsentscheid zu fällen. Dabei kommt es auf die Mehrheit der Stimmen der anwesenden Mitglieder an. Bei Stimmengleichheit ist ein Antrag abgelehnt. (Zur Beschlussfähigkeit siehe § 33 Abs. 2 BetrVG.) Über die folgenden Fragen ist zu beschließen: • Soll überhaupt ein Wahlvorstand eingesetzt werden? (siehe auch Freiwilligkeitsprinzip) • Wie viele Personen sollen ihm als Mitglieder angehören? • Welche Personen sollen ihm als Mitglieder angehören? • Wer soll Vorsitzender des Wahlvorstands werden? • Sollen Ersatzmitglieder bestellt werden? (Das ist zu empfehlen.) • Welche Personen sollen zu Ersatzmitgliedern bestellt werden? Dabei steht es im Belieben des Betriebsrats, ob er alle zu entscheidenden Fragen in einem Beschluss zusammenfasst oder jeweils getrennte Beschlüsse fassen will. Zur (personellen) Zusammensetzung des Wahlvorstands s. u. 3.1.3 Da kein Arbeitnehmer verpflichtet ist, das ihm angetragene Amt anzunehmen, muss die Zustimmung der Betroffenen eingeholt werden. Erst dann ist der Wahlvorstand wirksam bestellt.
3.1.3 3.1.3.1
Zusammensetzung des Wahlvorstands Anzahl der Wahlvorstandsmitglieder
Der Wahlvorstand besteht aus drei aktiv Wahlberechtigten. Der Betriebsrat (oder die Betriebsversammlung) bestellt einen von ihnen zum Vorsitzenden. Nach § 16 Abs. 1 Satz 2 BetrVG kann der Betriebsrat die Zahl der Wahlvorstandsmitglieder erhöhen, wenn dies zur ordnungsgemäßen Durchführung der Wahl erforderlich ist. Der Wahlvorstand muss aber in jedem Fall aus einer ungeraden Zahl von Mitgliedern bestehen. Der Betriebsrat hat die Mitgliederzahl im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens zu bestimmen. Dabei kommt es we-
31
3
Die Vorbereitung der regulären Wahl
sentlich auf die betrieblichen Verhältnisse an. Werden aufgrund der Größe oder der Beschaffenheit des Betriebes mehrere Wahllokale eingerichtet, ist dies für die Zahl der Wahlvorstandsmitglieder von erheblicher Bedeutung. Nach § 12 Abs. 2 WOBetrVG müssen nämlich immer mindestens zwei Mitglieder des Wahlvorstands im Wahlraum anwesend sein, sofern nicht Wahlhelfer bestellt sind (in diesem Fall genügt die Anwesenheit eines stimmberechtigten Mitglieds des Wahlvorstands und eines Wahlhelfers). Ist der Arbeitgeber mit der Entscheidung des Betriebsrats über die Zahl der Wahlvorstandsmitglieder nicht einverstanden, so kann er dies im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren angreifen. Da der Betriebsrat auch hier das Wohl des Betriebs im Auge haben muss, sollte er von vornherein eine maßvolle Entscheidung treffen. 3.1.3.2
Wer darf Wahlvorstand werden?
Nur die im Betrieb (aktiv) Wahlberechtigten (Wahlberechtigung) dürfen Wahlvorstand werden. Dabei ist auf den Zeitpunkt der Bestellung abzustellen. Ausnahmslos jeder Wahlberechtigte kann zum Wahlvorstand bestellt werden. Also auch noch amtierende Betriebsratsmitglieder, potentielle Wahlbewerber und Unterzeichner von Wahlvorschlägen (Wahlvorschlag) sind geeignete Kandidaten. Besteht ein Ein-Personen-Betriebsrat, spricht auch nichts dagegen, dass sich dieser selbst zum Wahlvorstand bestellt. Werden andere als wahlberechtigte betriebsangehörige Arbeitnehmer in den Wahlvorstand berufen, so kann das zur Anfechtbarkeit der Betriebsratswahl führen. Als Wahlvorstand ist man auch später nicht gehindert, sich um einen Sitz im Betriebsrat zu bewerben oder Wahlvorschläge durch Unterzeichnung zu stützen. In der Praxis empfiehlt es sich, bei der Zusammensetzung des Wahlvorstands ein gewisses Fingerspitzengefühl zu beweisen. So sollte der Betriebsrat vorher schon abklären, ob die ins Auge gefassten Personen zu der Übernahme des Amtes ggf. bereit sind. Ferner hat der Betriebsrat bei seinen Entscheidungen gem. § 2 Abs. 1 BetrVG auch das Wohl des Betriebs im Auge zu behalten. Aus diesem Grunde sollten diejenigen, deren Arbeitskraft zum Zeitpunkt der Vorbereitung und Durchführung der Betriebsratswahlen für den Betrieb unverzichtbar
32
Die Bestellung des Wahlvorstands
3
ist, möglichst von der zusätzlichen Belastung durch das Wahlvorstandsamt verschont bleiben. Auch wenn es gesetzlich nicht vorgegeben ist, kann die Abstimmung mit dem Arbeitgeber, ob und ggf. wie der Einsatz bestimmter Personen als Mitglieder des Wahlvorstands organisatorisch aufgefangen werden kann, empfehlenswert sein. Eine solche Kooperation gehört vielfach schon zum „guten Ton“. 3.1.3.3
Ausgewogene Zusammensetzung des Wahlvorstands
In Betrieben mit weiblichen und männlichen Arbeitnehmern sollen gemäß § 16 Abs. 1 Satz 5 BetrVG dem Wahlvorstand Frauen und Männer angehören. Das Gesetz schreibt dies zwar nicht zwingend vor (es heißt „soll“ und nicht „muss“); von der Regel darf aber nicht ohne guten Grund abgewichen werden. Sind die Wahlberechtigten eines Geschlechts nicht bereit zur Übernahme des Amts, entfällt diese Regel ohnehin (siehe auch Geschlecht des Arbeitnehmers). Zusätzlich können die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften einen dem Betrieb angehörenden Beauftragten als nicht stimmberechtigtes Mitglied in den Wahlvorstand entsenden, sofern nicht bereits ein stimmberechtigtes Wahlvorstandsmitglied dieser Gewerkschaft angehört (Gewerkschaft), § 16 Abs. 1 S. 6 BetrVG. Die Prüfung der Voraussetzungen im Falle einer Entsendung obliegt dem Wahlvorstand selbst. Die Entsendung eines betriebsfremden Vertreters der Gewerkschaft ist nicht zulässig. Etwas anderes kann gelten, wenn der Wahlvorstand durch das Arbeitsgericht bestellt wird (dazu sogleich unten). In diesem Fall können für Betriebe mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern auch Mitglieder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft, die nicht Arbeitnehmer des Betriebs sind, zu Mitgliedern des Wahlvorstands bestellt werden, wenn dies zur ordnungsgemäßen Durchführung der Wahl erforderlich ist (§ 16 Abs. 2 Satz 3 BetrVG) (Beauftragter der Gewerkschaften). 3.1.3.4
Ersatzmitglieder des Wahlvorstands
Die Bestellung von Ersatzmitgliedern des Wahlvorstands ist zwar nicht zwingend vorgesehen, empfiehlt sich aber für den reibungslosen Ablauf. Nach § 16 Abs. 1 Satz 4 BetrVG kann das Ersatzmitglied für den Fall der „Verhinderung“ eines Mitglieds des Wahlvorstands bestellt werden. Eine derartige „Verhinderung“ liegt nicht vor, wenn ein
33
3
Die Vorbereitung der regulären Wahl
bestelltes Mitglied die Übernahme des Amtes von vornherein ablehnt. Insoweit hat der Betriebsrat ein neues Mitglied zu bestellen. Der Betriebsrat muss den Wahlvorstand um weitere Mitglieder ergänzen, wenn dieser unter die gesetzlich vorgesehene Mitgliederzahl von drei Wahlberechtigten absinkt oder wenn Ersatzmitglieder nicht bestellt worden oder bereits nachgerückt sind.
3.1.4 3.1.4.1 Achtung Frist!
Bestellung durch Arbeitsgericht oder Gesamt/ Konzernbetriebsrat Arbeitsgerichtliche Bestellung
Hat der Betriebsrat spätestens acht Wochen vor Ablauf seiner Amtszeit noch keinen Wahlvorstand eingesetzt, so bestellt ihn auf Antrag von mindestens drei wahlberechtigten Arbeitnehmern des Betriebs oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft das Arbeitsgericht mit den gleichen Konsequenzen wie bei einer Bestellung durch den Betriebsrat selbst, § 16 Abs. 2 BetrVG. Der Betriebsrat kann die versäumte Bestellung noch bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Arbeitsgerichts nachholen. Das Arbeitsgericht entscheidet im Beschlussverfahren (§§ 2a, 80 ff. ArbGG). Der Arbeitgeber hat keine Antragsbefugnis. 3.1.4.2
Bestellung durch den Gesamtbetriebsrat bzw. durch den Konzernbetriebsrat
Besteht acht Wochen vor Ablauf der Amtszeit des Betriebsrats kein Wahlvorstand, so kann auch der Gesamtbetriebsrat oder, falls ein solcher nicht besteht, der Konzernbetriebsrat den Wahlvorstand bestellen. Dafür gelten (z.B. hinsichtlich der Zahl der Wahlvorstandsmitglieder oder der Bestellung von Ersatzmitgliedern) die gleichen Grundsätze wie für die Bestellung durch den (Alt-)Betriebsrat. Die Bestellungskompetenz tritt neben das arbeitsgerichtliche Bestellungsverfahren. So lange das Arbeitsgericht nicht rechtskräftig entschieden hat, können Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat tätig werden. Sonderfall: Betriebsratsloser Betrieb
34
Die Bestellung des Wahlvorstands
3.1.4.3
3
Vorrang der Bestellung durch den Gesamtbetriebsrat bzw. den Konzernbetriebsrat
Mit dem Gesetz zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes vom 23. Juli 2001 (BGBl. I, Seite 1852) wurden dem Gesamtbetriebsrat oder falls ein Gesamtbetriebsrat nicht existiert - dem Konzernbetriebsrat ein Vorrang für die Bestellung des Wahlvorstands in betriebsratslosen Betrieben gewährt, § 17 Abs. 1 BetrVG und § 17 Abs. 2 Satz 1 BetrVG erster Halbsatz. Gesamt- oder Konzernbetriebsrat haben dieselben Aufgaben und Befugnisse, die § 16 Abs. 1 BetrVG dem amtierenden Betriebsrat bei der Bestellung des Wahlvorstandes gewährt. Sie können insbesondere die Zahl der Wahlvorstandsmitglieder erhöhen, wenn dies zur ordnungsgemäßen Durchführung der Wahl erforderlich ist. Sie können ferner Ersatzmitglieder bestellen. Der Konzernbetriebsrat kommt aber nur zum Einsatz, wenn ein Gesamtbetriebsrat nicht besteht. Existiert indes ein Gesamtbetriebsrat, hat der Konzernbetriebsrat keine Zuständigkeit für diese Angelegenheit. In einem durch diese Gremien bestellten Wahlvorstand kann auch jede im Betrieb vertretene Gewerkschaft einen betriebsangehörigen Beauftragten als nicht stimmberechtigtes Mitglied entsenden, sofern ihr nicht ein ordentliches Wahlvorstandsmitglied angehört (§ 17 Abs. 1 Satz 2 BetrVG , § 16 Abs. 1 Satz 6 BetrVG ). Da der Gesetzgeber Gesamt- bzw. Konzernbetriebsrat diese Aufgabe ausdrücklich zugewiesen hat, muss der Arbeitgeber es dulden, wenn die Mitglieder dieser Gremien die betriebsratslosen Betriebe des Unternehmens oder Konzerns aufsuchen, um bei den einzelnen Arbeitnehmern die Bereitschaft zur Übernahme des Wahlvorstandsamts auszuloten. Im Übrigen haben sich die Vertreter dieser Gremien streng neutral zu verhalten. Insbesondere haben sie kein Mandat dafür, bei ihrem Besuch im betriebsratslosen Betrieb Wahlvorschläge (etwa Listen) zu initiieren oder gar dafür Werbung zu machen. Diese strenge Neutralitätspflicht ergibt sich letztlich daraus, dass die Vertreter dieser Gremien Betriebsfremde bleiben und derartige Aktivitäten von ihrem Amt und insbesondere von der durch § 17 Abs. 1 BetrVG zugewiesenen Aufgabe nicht gedeckt ist. Geschützt wird die unbeeinflusste Wahl des Betriebsrats neben § 20 Abs. 2 BetrVG auch in der Strafvorschrift des § 119 BetrVG, der bei überzogenen Aktivi-
35
3
Die Vorbereitung der regulären Wahl
täten des Gesamt- bzw. Konzernbetriebsrats unter Umständen anwendbar sein kann. 3.1.4.4
Bestellung in einer Betriebsversammlung
Bestehen weder Gesamtbetriebsrat noch Konzernbetriebsrat oder bleiben diese Gremien bezüglich der Bestellung eines Wahlvorstandes untätig, so wird der Wahlvorstand gemäß § 17 Abs. 2 BetrVG in einer Betriebsversammlung von der Mehrheit der anwesenden Arbeitnehmer gewählt. Zu einer solchen Betriebsversammlung können nach § 17 Abs. 3 BetrVG mindestens drei wahlberechtigte Arbeitnehmer des Betriebs oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft einladen. Aus der Einladung muss neben Zeit und Ort auch der Zweck der Versammlung (Wahl des Wahlvorstands) deutlich hervorgehen. Die Einladenden können Vorschläge für die Zusammensetzung des Wahlvorstands machen. Die Wahl des Wahlvorstands auf der Betriebsversammlung ist nichtig, wenn eine ausreichende Bekanntmachung gegenüber allen Arbeitnehmern des Betriebs unterblieben ist. Für die Wahl des Wahlvorstands in der Betriebsversammlung gibt es keine genauere gesetzliche Festlegung. Die Wahl kann geheim oder in offener Abstimmung erfolgen. Gewählt wird mit der einfachen Stimmenmehrheit der anwesenden Arbeitnehmer. Nach überwiegender Ansicht kommt es auf die Mehrheit der Stimmen der anwesenden Arbeitnehmer, nicht auf die Mehrheit der abgegebenen Stimmen an. Daher ist es erforderlich, die Zahl der teilnehmenden Arbeitnehmer vor der Wahl festzustellen. Auf die ordnungsgemäße Mitgliederzahl und Zusammensetzung des Wahlvorstands ist zu achten. 3.1.4.5
Bestellung durch das Arbeitsgericht
Findet trotz Einladung keine Betriebsversammlung statt oder wählt die Betriebsversammlung keinen Wahlvorstand, so bestellt ihn das Arbeitsgericht auf Antrag von mindestens drei wahlberechtigten Arbeitnehmern oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft (§ 17 Abs. 4 Satz 1 BetrVG). Das heißt im Ergebnis, dass die drei wahlberechtigten Arbeitnehmer oder die im Betrieb vertretene Gewerkschaft die Bestellung des Wahlvorstands in jedem Falle durchsetzen kann, auch wenn im Übrigen in der Belegschaft kein Interesse an einer Betriebsratswahl besteht.
36
Die Bestellung des Wahlvorstands
3.1.5
3
Die rechtliche Stellung der Wahlvorstandsmitglieder
Die Mitglieder des Wahlvorstands genießen aufgrund ihres betriebsverfassungsrechtlichen Amtes eine besondere rechtliche Stellung (Wahlvorstand). Ihr Amt ist als Ehrenamt unentgeltlich zu führen. Nach § 20 Abs. 2 BetrVG wäre eine zusätzliche Vergütung durch den Arbeitgeber unzulässig. Während ihrer Tätigkeit behalten die betriebsangehörigen Mitglieder des Wahlvorstands ihren Anspruch auf das volle Arbeitsentgelt, § 20 Abs. 3 BetrVG (Arbeitsausfall). Dabei sind die betroffenen Arbeitnehmer so zu stellen, wie sie gestanden hätten, wenn sie das Amt des Wahlvorstandsmitglieds nicht übernommen hätten. Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts (AP Nr. 1 zu § 24 Bundespersonalvertretungsgesetz) sind auch Vergütungen für Überstunden zu leisten, welche im Einzelfall angefallen wären, selbst wenn es sich nicht um regelmäßige Überstunden handelt. Grundsätzlich hat das Wahlvorstandsmitglied seine Tätigkeiten während der Arbeitszeit auszuführen. Ist eine Amtsausübung ausnahmsweise außerhalb der Arbeitszeit notwendig, so wird von der überwiegenden Ansicht eine analoge Anwendung von § 37 Abs. 3 BetrVG befürwortet. Danach ist Freizeitausgleich oder Mehrarbeitsvergütung zu gewähren. Werden vom Arbeitsgericht betriebsfremde Gewerkschaftsmitglieder eingesetzt (§§ 16 Abs. 2 Satz 3, 17 Abs. 4 S. 2 BetrVG), so erhalten diese vom Arbeitgeber keine Vergütung. Von besonderer Bedeutung ist, dass die Mitglieder des Wahlvorstands einen besonderen Kündigungsschutz gemäß § 15 Abs. 3 KSchG, § 103 BetrVG genießen (siehe auch Wahlvorstand).
3.1.6
Beginn und Beendigung des Wahlvorstandsamts
Das Amt des Wahlvorstandsmitglieds beginnt nach der Bestellung eines Arbeitnehmers zum Wahlvorstand mit der Annahme des Amtes. Lehnt der Arbeitnehmer die Übernahme des Amtes ab – ein Grund für die Ablehnung braucht von ihm nicht genannt zu werden –, so liegt eine Amtsübernahme von vornherein nicht vor. Das jeweilige Bestellungsorgan (Betriebsrat oder Betriebsversammlung) muss dann auf einen anderen Arbeitnehmer zurückgreifen.
37
3
Die Vorbereitung der regulären Wahl
Das Amt endet in der Regel, wenn die Aufgaben des Wahlvorstands vollständig erledigt sind. Überwiegend wird auf den Zeitpunkt der Einberufung der konstituierenden Sitzung des Betriebsrats abgestellt. Der Vorsitzende des Wahlvorstands hat aber gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2 BetrVG die konstituierende Sitzung des Betriebsrats zu leiten, bis der Betriebsrat aus seiner Mitte seinerseits einen Wahlleiter für die interne Wahl des Betriebsratsvorsitzenden bestellt hat. Der Vorsitzende des Wahlvorstands bleibt also bis zu dieser Bestellung im Amt.
3.2
3.2.1 Achtung: Kein Zeitauf schub!
Die Maßnahmen des Wahlvorstands bis zur Einleitung der Wahl Die erste Sitzung des Wahlvorstands
Ist der Wahlvorstand ordnungsgemäß bestellt, so hat der Vorsitzende diesen zu einer ersten Sitzung einzuladen. Der Vorsitzende hat dies ohne Zeitaufschub, unverzüglich – das heißt: ohne schuldhaftes Zögern –, zu tun. Dem Vorsitzenden obliegt zudem die Leitung der Sitzung sowie die Vertretung des Wahlvorstands nach außen. Der Wahlvorstand kann sich eine schriftliche Geschäftsordnung (Geschäftsordnung des Wahlvorstands) geben (§ 1 Abs. 2 WOBetrVG). Dies erscheint nur sinnvoll in zahlenmäßig großen Wahlvorständen oder wenn auf eine Geschäftsordnung früherer Wahlvorstände zurückgegriffen werden kann. Die erste Sitzung des Wahlvorstands findet zweckmäßigerweise in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers statt. Sie ist in der Regel während der Arbeitszeit durchzuführen. Es empfiehlt sich, dass der Vorsitzende eine Tagesordnung entwirft und zuvor (bestenfalls mit der Einladung) an die Mitglieder des Wahlvorstands verteilt.
3.2.2
Allgemeine Regeln für die erste und weitere Sitzungen des Wahlvorstands
Für die Sitzung und deren Verlauf sind nur wenige Regeln festgelegt. Im Übrigen ist die Gestaltung frei. Die Regeln sind: Sollte der Wahl-
38
Die Maßnahmen des Wahlvorstands bis zur Einleitung der Wahl
3
vorstand einen Beschluss fassen müssen, so kommt dieser mit einfacher Stimmenmehrheit der stimmberechtigten Mitglieder zustande (§ 1 Abs. 3 Satz 1 WOBetrVG; dazu auch Wahlvorstand). Ferner ist über jede Sitzung des Wahlvorstands eine Niederschrift aufzunehmen, die mindestens den Wortlaut der gefassten Beschlüsse enthält. Diese Niederschrift ist allerdings nur ein Beweismittel, keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die gefassten Beschlüsse. Sinnvollerweise sollte die Niederschrift aber darüber hinaus die nach der ersten Sitzung einzuleitenden Maßnahmen bereits protokollieren. Die Niederschrift ist vom Vorsitzenden und einem weiteren stimmberechtigten Mitglied des Wahlvorstandes zu unterzeichnen (§ 1 Abs. 3 Satz 3 WOBetrVG).
3.2.3 3.2.3.1
Welche Aufgaben stehen an? Festlegung des Bereichs, in dem gewählt werden soll
In der Praxis hat es sich bewährt, wenn als erster Tagesordnungspunkt die Festlegung des Bereichs, in dem gewählt werden soll, erfolgt. Der Wahlvorstand muss sich dann insbesondere um die Zuordnung der Betriebsteile und Kleinstbetriebe im Sinne von § 4 BetrVG im Klaren sein (vgl. dazu Betrieb, Betriebsteil, Kleinstbetrieb). Diese Zuordnung ist für die Betriebsratsfähigkeit des Betriebs und insbesondere auch für die Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder von Bedeutung. Seit der Reform des Betriebsverfassungsgesetzes im Jahre 2001 ist § 4 Abs. 1 S. 2 BetrVG zu beachten. Danach können Arbeitnehmer eines Betriebsteils, in dem kein eigener Betriebsrat besteht, mit Stimmenmehrheit beschließen, dass sie an der Wahl des Betriebsrats im Hauptbetrieb teilnehmen. Damit wird es den Arbeitnehmern in einem verselbstständigten Betriebsteil an die Hand gegeben, durch einfache Abstimmung an der Bildung und Wahl des Betriebsrats im Hauptbetrieb teilzunehmen. Eines Tarifvertrages nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG bzw. einer Betriebsvereinbarung nach § 3 Abs. 2 BetrVG i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG bedarf es nicht. Durch den Verweis in § 4 Abs. 1 S. 2, letzter Halbsatz BetrVG auf § 3 Abs. 3 S. 2 BetrVG wird zur Sicherung einer gewissen demokratischen Legitimation die
39
3
Die Vorbereitung der regulären Wahl
Zustimmung der Arbeitnehmerschaft in dem betreffenden Betriebsteil verlangt, denn es müssen mindestens drei wahlberechtigte Arbeitnehmer oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft eine entsprechende Abstimmung beantragen. Die Abstimmung kann darüber hinaus allerdings auch vom Betriebsrat des Hauptbetriebs veranlasst werden, § 4 Abs. 1 S. 3 BetrVG. Nach § 4 Abs. 1 S. 3 BetrVG ist der entsprechende Zuordnungsbeschluss dem Betriebsrat des Hauptbetriebes zu dem nach § 16 BetrVG maßgeblichen Zeitpunkt für die Bestellung des Wahlvorstandes (d.h. spätestens zehn Wochen vor Ablauf seiner Amtszeit) mitzuteilen, damit die entsprechende Zuordnung bei der Wahlvorbereitung noch berücksichtigt werden kann. Zu spät mitgeteilte Beschlüsse können erst bei der nächsten Betriebsratswahl berücksichtigt werden und bleiben für die anstehende Betriebsratswahl ohne Bedeutung. Die einmal getroffene Zuordnung zum Hauptbetrieb bleibt solange bestehen, wie sie von den Arbeitnehmern des Betriebsteils nicht widerrufen wird, § 4 Abs. 1 S. 4 BetrVG. Der Widerruf der Zuordnung ist jedoch, was durch die Verweisung auf die Sätze 2 und 3 klargestellt wird, erst mit Wirkung zur nächsten regelmäßigen Betriebsratswahl wieder möglich, wenn die Mitteilung rechtzeitig erfolgt ist. Ein solcher Zuordnungsbeschluss scheidet jedoch dann aus, wenn in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung nach § 3 Abs. 1 BetrVG oder § 3 Abs. 2 BetrVG eine andere Zuordnung des Betriebsteils bereits geregelt ist. Entsprechende Regelungen haben Vorrang. Ist zweifelhaft, ob eine betriebsratsfähige Organisationseinheit vorliegt (ob etwa ein Kleinstbetrieb dem Betrieb als Hauptbetrieb zuzuordnen ist, § 4 Abs. 2 BetrVG, oder ob ein Betriebsteil selbständig oder dem Hauptbetrieb zuzuordnen ist), so können der Arbeitgeber, jeder beteiligte Betriebsrat, jeder beteiligte Wahlvorstand oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft vor der Wahl eine Entscheidung des Arbeitsgerichts beantragen (§ 18 Abs. 2 BetrVG). Hat der Wahlvorstand vor der Entscheidung des Gerichts den Betrieb anders abgegrenzt als das Gericht, ist die Wahl abzubrechen. Wurde der Wahlvorstand in Übereinstimmung mit der gerichtlichen Betriebsabgrenzung bestellt oder gewählt, hat er eine neue Wahl einzuleiten; andernfalls endet sein Amt mit der (rechtskräftigen) gerichtlichen Entscheidung. Wird die Wahl hingegen entgegen der objektiv
40
Die Maßnahmen des Wahlvorstands bis zur Einleitung der Wahl
3
richtigen Zuordnung vorgenommen, so droht die Unwirksamkeit. Das Gericht sollte bei Uneinigkeit in echten Zweifelsfällen möglichst frühzeitig bemüht werden, damit die Wahl nicht wiederholt werden muss. 3.2.3.2
Entscheidung über vereinfachtes Wahlverfahren in Betrieben zwischen in der Regel 51 und 100 Wahlberechtigten und Vereinbarung mit Arbeitgeber
In der ersten Sitzung des Wahlvorstands muss mit der Aufstellung der Wählerliste (dazu 3.2.3.3) auch ermittelt werden, ob der Betrieb in der Regel (dazu siehe oben unter 2.1) 51 bis 100 wahlberechtigte (siehe Wahlberechtigung) Arbeitnehmer hat. Für diesen Fall bietet nämlich § 14a Abs. 5 BetrVG die Option, über eine Vereinbarung mit dem Arbeitgeber zum vereinfachten Wahlverfahren zu wechseln. Diesbezüglich könnte der Arbeitgeber auf den Wahlvorstand zukommen oder der Wahlvorstand wird seinerseits aktiv. Es empfiehlt sich in jedem Falle frühzeitig eine Klärung herbeizuführen. Wird keine Einigung erzielt, bleibt es beim regulären Verfahren. Die Vereinbarung zwischen Wahlvorstand und Arbeitgeber ist also freiwillig und nicht erzwingbar. Der Gesetzgeber hat es versäumt klarzustellen, wie weit die Bindungswirkung einer Vereinbarung zwischen Wahlvorstand und Arbeitgeber reicht. Insbesondere hat der Gesetzgeber die Vereinbarung nicht einer Regelungsabrede oder Betriebsvereinbarung im Sinne des § 77 BetrVG gleichgestellt. Er hat dem Wahlvorstand auch keine begrenzte Rechts- oder Geschäftsfähigkeit vergleichbar dem Betriebsrat eingeräumt. Dies hätte im Übrigen auch zu Wertungswidersprüchen geführt. Denn die gleiche Möglichkeit, eine Vereinbarung über ein vereinfachtes Wahlverfahren zu treffen hat der Gesetzgeber auch für den Wahlvorstand der Jugendund Auszubildendenvertretung vorgesehen (§ 63 Abs. 5 BetrVG). Schon der Jugend- und Auszubildendenvertretung selbst wird aber allgemein die Fähigkeit abgesprochen, Vereinbarungen zu treffen. Mangels anderer Anhaltspunkte gilt dies daher auch für den Wahlvorstand für die Jugend- und Auszubildendenvertretung. Mangels Rechts- und Geschäftsfähigkeit des Wahlvorstandes für die Betriebsratswahl können die Vereinbarungen nach § 14 Abs. 5 BetrVG keine (wirksamen) Rechtsgeschäfte sein. Sie sind allenfalls
41
3
Die Vorbereitung der regulären Wahl
geschäftsähnliche Handlungen. Ihre Bindungswirkung ist am Sinn und Zweck der Norm zu orientieren. Arbeitgeber und Wahlvorstand sollen für die Belegschaft die möglicherweise einfachere und schnellere Wahl des Betriebsrates ermöglichen. Genauso wie die Vereinbarung bis zur Durchführung der Wahl (Stimmabgabe) getroffen werden kann, kann sie in der gleichen Zeit auch widerrufen werden. Mit Beendigung der Stimmabgabe ist die Vereinbarung weder durch den Wahlvorstand noch durch den Arbeitgeber widerrufbar. 3.2.3.3
Aufstellung der Wählerliste
a) Allgemeines Zu den weiteren wichtigen Aufgaben des Wahlvorstands gehört die Aufstellung der Wählerliste. Auf dieser sind – für jede Betriebsratswahl neu – die (aktuellen) Wahlberechtigten getrennt nach Geschlechtern aufzulisten (§ 2 Abs. 1 Satz 1 WOBetrVG). Hierauf hat der Wahlvorstand größtmögliche Sorgfalt zu verwenden, da die Wählerliste formelle Grundlage für die Ausübung des (aktiven und passiven) Wahlrechts ist (§ 2 Abs. 3 Satz 1 WOBetrVG: „Das aktive und passive Wahlrecht steht nur Arbeitnehmern zu, die in die Wählerliste eingetragen sind.“) Da gem. § 7 Abs. 2 BetrVG auch Leiharbeitnehmer wahlberechtigt sind, wenn sie länger als drei Monate im Betrieb eingesetzt werden (Näheres unter Leiharbeitnehmer), sind sie ebenfalls in die Wählerliste einzutragen. Hier gibt es allerdings eine Besonderheit: Gem. § 2 Abs. 1 Satz 3 WOBetrVG sind die nach § 14 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes nicht passiv Wahlberechtigten (siehe auch § 2 Abs. 3 Satz 2 WOBetrVG: „Wahlberechtigten Leiharbeitnehmern im Sinne des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes steht nur das aktive Wahlrecht zu.“) in der Wählerliste auszuweisen. Für diese Personengruppe ist die Wählbarkeit ausgeschlossen. Durch die Kennzeichnung in der Wählerliste soll sichergestellt werden, dass diese Personen nicht als Bewerber aufgestellt werden. Von diesem Ausschluss werden aber nur Leiharbeitnehmer erfasst, die unter das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz fallen (z.B. Leiharbeitnehmer von einer Zeitarbeitsfirma). Nicht erfasst werden echte Leiharbeitnehmer im Rahmen einer Konzernleihe. Bei ihnen hängt die Wählbarkeit davon ab, ob die Voraussetzungen des § 8 BetrVG erfüllt sind, Wählbar-
42
Die Maßnahmen des Wahlvorstands bis zur Einleitung der Wahl
3
keit. Leiharbeitnehmer, die nach dieser Prüfung tatsächlich nur wählen können aber nicht wählbar sind, sind also auf der Liste entsprechend auszuweisen, § 2 Abs. 1 S. 3 WOBetrVG. Die Aufnahme in die Wählerliste ist zwar nur eine formelle Voraussetzung für die Ausübung des Wahlrechts (das Wahlrecht selbst bleibt davon unberührt; BAG, AP Nr. 1 zu § 5 BetrVG 1972). Aber fehlt es daran, so wird der Betroffene an der Urne nicht zum Zuge kommen können. Er hat dann zwar juristisch gesehen noch das (materielle) Wahlrecht, kann es aber – mangels Eintragung in die Wählerliste – nicht ausüben. Umgekehrt gilt: Wird ein Arbeitnehmer zu Unrecht in die Wählerliste aufgenommen, kann er am Wahlakt nicht gehindert werden. Es bleibt juristisch gesehen aber dabei, dass dann jemand gewählt hat, der materiell kein Wahlrecht hatte (s. zum ganzen: Wahlrecht). Die Folge dieser Fehler: Werden bestimmte Arbeitnehmer zu Unrecht in die Wählerliste aufgenommen oder nicht aufgenommen, so begründet dies unter den Voraussetzungen des § 19 BetrVG die Anfechtung des Betriebsratswahl (Wahlanfechtung). Diese Regelung formalisiert das Verfahren. Am Wahltag soll nur noch die Wählerliste darüber entscheiden, ob jemand an der Abstimmung teilnehmen darf oder nicht. So werden Schwierigkeiten und Diskussionen am Tag der Wahl vermieden und ein reibungsloser Ablauf sichergestellt. § 2 Abs. 1 Satz 1 WOBetrVG verfügt, dass die Liste der Wahlberechtigten (Wählerliste) getrennt nach Geschlechtern aufzustellen ist. Jeder einzelne Wahlberechtigte soll mit Familiennamen, Vornamen, Geburtsdatum, der entsprechenden Geschlechtszugehörigkeit und innerhalb der Geschlechtsgruppe in alphabetischer Reihenfolge aufgeführt werden, § 2 Abs. 1 Satz 2 WOBetrVG. In der Praxis erscheint es sinnvoll, durch eine kleine Angabe hinter dem Namen kenntlich zu machen, ob der Betreffende selbst auch wählbar ist (so genanntes „passives“ Wahlrecht, Wählbarkeit). Die Wählbarkeit fehlt zum Beispiel den Leiharbeitnehmern nach § 14 Abs. 2 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes. Sie müssen in jedem Fall in der Wählerliste als nicht passiv wahlberechtigt ausgewiesen werden, § 2 Abs. 1 S. 2 WOBetrVG, s.o. Nach § 2 Abs. 2 WOBetrVG hat der Arbeitgeber dem Wahlvorstand alle für die Anfertigung der Wählerliste erforderlichen Auskünfte zu
43
3
Die Vorbereitung der regulären Wahl
erteilen und die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Es könnte sich daher als sinnvoll erweisen, wenn der Vorsitzende des Wahlvorstands schon vor der Einberufung der ersten Sitzung diese Unterlagen beim Arbeitgeber abruft.
Achtung Frist!
Achtung Frist!
44
b) Besonderes Verfahren bei der Zuordnung leitender Angestellter Die leitenden Angestellten wählen eine eigene Vertretung gemäß § 1 Sprecherausschussgesetz (SprAuG) (leitender Angestellter; Sprecherausschuss). Sie sind zum Betriebsrat nicht wahlberechtigt. Es gehört zu den Aufgaben des Wahlausschusses, eine Abgrenzung und Abstimmung hinsichtlich dieses Personenkreises herbeizuführen (s. dazu leitender Angestellter; Arbeitnehmer). Der Wahlvorstand des Betriebsrats und der Wahlvorstand des Sprecherausschusses haben sich unverzüglich nach Aufstellung der Wählerlisten, spätestens jedoch zwei Wochen vor Einleitung der Wahlen, gegenseitig darüber zu unterrichten, welche Angestellten sie den leitenden Angestellten zugeordnet haben. (Dies gilt natürlich nur, wenn sich die leitenden Angestellten dazu entschlossen haben, einen Sprecherausschuss zu wählen. Ist dies nicht der Fall, hat der Wahlvorstand für die Wahl zum Betriebsrat die Abgrenzung zu der Gruppe der leitenden Angestellten alleine vorzunehmen.) Fehlen für die konkrete Zuordnung bestimmte Informationen, so hat der Arbeitgeber die Wahlvorstände (oder ggf. nur den einen vorhandenen Wahlvorstand) zu unterstützen (Arbeitgeber). Soweit zwischen den Wahlvorständen kein Einvernehmen über die Zuordnung besteht, haben sie in einer gemeinsamen Sitzung eine Einigung zu versuchen (§ 18a Abs. 1 BetrVG). Gemäß dieser Einigung sind die Angestellten entsprechend ihrer Zuordnung in die jeweiligen Wählerlisten einzutragen. Kommt eine Einigung nicht zustande, hat ein Vermittler spätestens eine Woche vor Einleitung der Wahlen erneut eine Verständigung der Wahlvorstände über die Zuordnung zu versuchen. Die Person des Vermittlers wird von den Wahlvorständen gemeinsam bestimmt. Es muss sich dabei entweder um den Arbeitgeber oder einen Beschäftigten des Betriebs oder eines anderen Betriebs des Unternehmens oder Konzerns handeln. Kommt eine Einigung über die Person des Vermittlers nicht zustande, so schlagen die Wahlvorstände je eine Person
Die Maßnahmen des Wahlvorstands bis zur Einleitung der Wahl
3
als Vermittler vor; durch Los wird entschieden, wer als Vermittler tätig wird. Die Zuordnung im Verfahren nach § 18a BetrVG ist für die Wahlen verbindlich. Über die Wahl hinaus entfaltet das Zuordnungsverfahren keine Wirkung. Der Rechtsweg wird durch die Zuordnung nicht ausgeschlossen, § 18a Abs. 5 Satz 1 BetrVG. Ist bereits vor der Wahl einmal rechtskräftig festgestellt worden, ob ein Arbeitnehmer leitender Angestellter ist, so ist diese Feststellung für die Wahl maßgeblich und verdrängt anderweitige im Zuordnungsverfahren getroffene Feststellungen. Die Wählerlisten sind ggf. entsprechend der gerichtlichen Entscheidung zu berichtigen. Die Aufstellung der Wählerliste wird häufig nicht bereits in der ersten Sitzung des Wahlvorstands gelingen. Es empfiehlt sich aber, bereits in der ersten Sitzung die Problempunkte zu sondieren. Für die kommenden Tage sollten dann die Aufgaben innerhalb des Wahlvorstands verteilt werden. 3.2.3.4
Weitere Punkte
Die folgenden Punkte können bereits auf der Tagesordnung der ersten Sitzung stehen. Die Klärung der meisten Punkte ist jedenfalls bis zum Erlass des Wahlausschreibens (s. Kapitel 4.1) ratsam, wenn nicht erforderlich. • Die Festlegung des Tags oder der Tage der Stimmabgabe. • Das Datum, an dem das Wahlausschreiben erlassen und ausgehängt wird. (Spätestens sechs Wochen vor dem ersten Tag der Stimmabgabe ist das Wahlausschreiben zu erlassen. Das ist der Zeitpunkt, zu dem die Wahl offiziell eingeleitet ist, § 3 Abs. 1 WOBetrVG; Einleitung der Betriebsratswahl). • Neben dem Termin auch der Ort, an dem mit der Einleitung der Wahl die Wählerliste (ohne die Geburtsdaten, § 2 Abs. 4 S. 2 WOBetrVG) und ein Abdruck der Wahlordnung (bis zum Abschluss der Stimmabgabe) an geeigneter Stelle zur Einsicht ausgelegt werden sollen (§§ 2 Abs. 4, 3 Abs. 1 WOBetrVG). (Zur Nutzung der betrieblichen Informations- und Kommunikationstechnik siehe 4.1.1 am Ende.) • Ferner können Vorabstimmungen zum Erlass des Wahlausschreibens – insbesondere zum Ort, wo das Wahlausschreiben ausgelegt
Achtung Frist!
45
3
Die Vorbereitung der regulären Wahl
●
46
werden soll – erfolgen. (Zur Nutzung der betrieblichen Informations- und Kommunikationstechnik als Alternative zum physischen Auslegen siehe 4.1.1 am Ende.) Auch die weiteren im Wahlausschreiben erforderlichen Angaben (siehe 4.1.2) bedürfen der vorherigen Klärung.
47
4
Von der Einleitung der Wahl bis zum Wahltag
Bis zu der Einleitung der Wahl ist das Verfahren auf eine zügige Durchführung angelegt. Alle Maßnahmen sind sobald wie möglich zu ergreifen. Dieses ändert sich mit der Einleitung der Wahl. Von nun an hat der Wahlvorstand eine Reihe von Fristen zu beachten.
4.1
4.1.1 Achtung: Unverzüglich! Achtung Frist!
48
Einleitung der Wahl / Erlass des Wahlausschreibens Allgemeines zur Einleitung der Wahl
Nach § 18 Abs. 1 Satz 1 BetrVG hat der Wahlvorstand die Wahl unverzüglich einzuleiten. Unverzüglich bedeutet ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB). Spätestens sechs Wochen vor dem ersten Tag der Stimmabgabe erlässt der Wahlvorstand ein Wahlausschreiben, das vom Vorsitzenden und von mindestens einem weiteren stimmberechtigten Mitglied des Wahlvorstands zu unterschreiben ist, § 3 Abs. 1 S. 1 WOBetrVG. Mit diesem Erlass gilt die Betriebsratswahl als eingeleitet. Am Tage seines Erlasses muss eine Abschrift oder ein Abdruck des Wahlausschreibens (ohne die Geburtsdaten) an einer oder mehreren geeigneten, den Wahlberechtigten zugänglichen Stellen vom Wahlvorstand ausgehängt und in gut lesbarem Zustand bis zum letzten Tag der Stimmabgabe erhalten werden (§ 3 Abs. 4 S. 1 WOBetrVG). (Zur Nutzung der betrieblichen Informations- und Kommunikationstechnik s.u.). Wird das Wahlausschreiben für eine Betriebsratswahl in einem Betrieb mit vielen Betriebsstätten in Deutschland durch Aushang nach § 3 Abs 4 Satz 2 WOBetrVG bekannt gemacht, muss grundsätzlich in jeder Betriebsstätte ein Abdruck des Wahlausschreibens ausgehängt wer-
Einleitung der Wahl / Erlass des Wahlausschreibens
4
den. Andernfalls ist die Wahl nach § 19 Abs 1 BetrVG anfechtbar, so das Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 5.5.2004, 7 ABR 44/03. Das Betriebsverfassungsgesetz und die Wahlordnung enthalten zwar keine ausdrückliche Regelung darüber, ob bei Betrieben mit mehreren räumlich von einander getrennten Betriebsstätten in jeder Betriebsstätte ein Abdruck des Wahlausschreibens auszuhängen ist oder ob der Aushang in einer Betriebsstätte oder in mehreren größeren Betriebsstätten genügt. § 3 Abs. 4 Satz 1 WO bestimmt aber, dass das Wahlausschreiben an Stellen ausgehängt wird, die den Wahlberechtigten zugänglich sind. Daraus sowie aus Sinn und Zweck der Regelungen über das Wahlausschreiben und dessen Bekanntmachung leitet das Bundesarbeitsgericht ab, dass grundsätzlich ein Aushang in allen Betriebsstätten erforderlich ist, in denen Wahlberechtigte beschäftigt sind. Anderweitige Informationen über die bevorstehende Wahl können den Aushang nicht ersetzen. Der Umstand, dass der Wahlvorstand die Wahlausschreiben in einem gut lesbaren Zustand halten muss und dies in verschiedenen Betriebsstätten schwieriger sein könnte, entbindet ihn nicht von dieser Pflicht. Bei der zeitlichen Planung sollte der Wahlvorstand beachten, dass der erste Tag der Stimmabgabe spätestens eine Woche vor dem Tag liegen soll, an dem die Amtszeit des alten Betriebsrats abläuft (Amtszeit des Betriebsrats). Ferner müssen am Tage der Bekanntmachung des Wahlausschreibens auch ein Abdruck der Wählerliste und ein Abdruck der Wahlordnung (bis zum Abschluss der Stimmabgabe) an geeigneter Stelle zur Einsicht ausgelegt werden (§§ 2 Abs. 4, 3 Abs. 1 WOBetrVG). (Zur Nutzung der betrieblichen Informations- und Kommunikationstechnik s.u.) Die Arbeitnehmer sollen Gelegenheit zur Einsichtnahme erhalten, um die Richtigkeit der Angaben in der Wählerliste überprüfen zu können. Da die Auslegung des Abdrucks der Wählerliste (das Original behält der Wahlvorstand bei sich) und des Abdrucks des Wahlordnungstextes am Tage des Erlasses des Wahlausschreibens erfolgen muss, gelten dafür die selben Fristen, nämlich: spätestens sechs Wochen vor dem ersten Tag der Stimmabgabe. Der Gesetzgeber hat bezüglich der Auslegungspflichten der Wahlordnung, der Wählerliste und des Wahlausschreibens auf den verstärkten
Achtung Frist!
Achtung Frist!
49
4
Von der Einleitung der Wahl bis zum Wahltag
Einzug der Informations- und Kommunikationstechnologie in den Betrieben reagiert. Nach §§ 2 Abs. 4 S. 3 u. 4, 3 Abs. 4 S. 2 und 3 WOBetrVG ist es möglich, den Abdruck der Wählerliste, die Wahlordnung und das Wahlausschreiben mittels der im Betrieb vorhandenen Informations- und Kommunikationstechnik bekannt zu machen. So können die Dokumente in einer druckbaren Version ins Intranet gestellt werden oder per E-Mail an alle User versendet werden. Diese Form der Bekanntmachung steht aber unter einer besonderen Voraussetzung, wenn sie nicht ergänzend zur Papierform sondern ausschließlich verwendet wird. Sie genügt im letztgenannten Fall nur dann den Anforderungen, wenn alle Arbeitnehmer von der Bekanntmachung Kenntnis erlangen können und Vorkehrungen getroffen werden, dass Änderungen der Bekanntmachung nur vom Wahlvorstand vorgenommen werden können, §§ 2 Abs. 4 S. 4, 3 Abs. 4 S. 3 WOBetrVG. Bestehen daran Zweifel, sollte auf das physische Auslegen an geeigneter Stelle nicht verzichtet werden.
4.1.2
Der Inhalt des Wahlausschreibens
Der Inhalt des Wahlausschreibens ist gesetzlich im Katalog des § 3 Abs. 2 WOBetrVG vorgegeben. Anhand der folgenden Aufzählung und unter Verwendung des beiliegenden Musters kann sein Inhalt für den konkreten Einzelfall leichter erarbeitet werden. Das Wahlausschreiben muss folgende Angaben enthalten: • Das Datum seines Erlasses. Das Datum des Erlasses muss mit dem Tag übereinstimmen, an dem das Wahlausschreiben ausgehängt oder in elektronischer Form veröffentlicht (dazu s.o. 4.1.1) wurde. Erfolgen in größeren Betrieben auf Beschluss des Wahlvorstands mehrere Aushänge, so bestimmt sich der Zeitpunkt des Erlasses nach dem letzten Aushang. Stimmen der Tag des Aushangs und der im Wahlausschreiben angegebene Tag des Erlasses nicht überein, so ist der Tag des Aushangs allein maßgebend und das Wahlausschreiben entsprechend zu korrigieren. Die Angabe einer Uhrzeit ist nicht erforderlich. • Die Bestimmung des Ortes, an dem die Wählerliste und ein Text der Wahlordnung BetrVG (WOBetrVG) ausliegen.
50
Einleitung der Wahl / Erlass des Wahlausschreibens
•
•
Den Hinweis, dass nur Arbeitnehmer wählen oder gewählt werden können, die in die Wählerliste eingetragen sind, und dass Einsprüche gegen die Wählerliste nur vor Ablauf von zwei Wochen seit dem Erlass des Wahlausschreibens schriftlich beim Wahlvorstand eingelegt werden können. Dabei ist der letzte Tag der Frist anzugeben. Der letzte Tag der Einspruchsfrist errechnet sich gemäß § 187 Abs. 1 BGB i.V.m. § 41 WOBetrVG. Die Zwei-Wochen-Frist beginnt am Tage nach dem Erlass des Wahlausschreibens. Sie endet mit Ablauf des zwei Wochen später liegenden gleichen Wochentags, an dem das Wahlausschreiben erlassen worden ist. Ist der letzte Tag der Frist ein Sonn- oder Feiertag oder ein Sonnabend, so tritt an die Stelle dieses Tages der nächste Werktag. Der Ablauf der Einspruchsfrist kann nach der Rechtsprechung am letzten Tag der Zwei-Wochen-Frist uhrzeitgemäß festgesetzt werden (BAG, BB 1978, 254). Das Ende der Frist darf aber nicht vor dem Dienstende der überwiegenden Mehrheit der Arbeitnehmer des Betriebs liegen. Beispielsweise könnte auf das Ende der Dienststunden des Wahlvorstands oder auf das Ende der betriebsüblichen Arbeitszeit abgestellt werden, es könnte trotz länger laufenden Betriebs aber nicht 12.00 Uhr als Ende der Frist bestimmt werden. (Vgl. auch Fristberechnung.) Den Anteil der Geschlechter und den Hinweis, dass das Geschlecht in der Minderheit mindestens entsprechend seinem zahlenmäßigen Verhältnis vertreten sein muss, wenn der Betriebsrat mindestens aus drei Mitgliedern besteht (§ 15 Abs. 2 BetrVG). (Geschlecht des Arbeitnehmers). Der Anteil der Geschlechter kann prozentual oder in absoluten Zahlen erfolgen. Möglich ist auch eine kombinierte Information.
4 Achtung Frist!
Beispiel: „Von den insgesamt 200 Wahlberechtigten sind 150 Frauen (75 %) und 50 Männer (25 %).“ •
Die Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder (§ 9 BetrVG) (Näheres dazu auch unter Größe des Betriebsrats) sowie die auf
51
4
Von der Einleitung der Wahl bis zum Wahltag
das Geschlecht in der Minderheit entfallenden Mindestsitze im Betriebsrat (§ 15 Abs. 2 BetrVG). Die Feststellung der Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder und ihrer Verteilung auf die Geschlechter (Geschlecht des Arbeitnehmers) gehört zur vorbereitenden Tätigkeit des Wahlvorstands. Der Wahlvorstand hat also zunächst vor Erlass des Wahlausschreibens anhand von § 9 BetrVG die Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder zu ermitteln. Danach besteht der Betriebsrat in Betrieben mit in der Regel 5
bis
20
wahlber. ArbeitN aus
einer Person,
21
bis
50
wahlber. ArbeitN aus
drei Mitgliedern, fünf Mitgliedern,
51
bis
100
wahlber. ArbeitN aus
101
bis
200
Arbeitnehmern aus
sieben Mitgliedern,
201
bis
400
Arbeitnehmern aus
neun Mitgliedern,
401
bis
700
Arbeitnehmern aus
elf Mitgliedern,
701
bis
1.000
Arbeitnehmern aus
13 Mitgliedern,
1.001
bis
1.500
Arbeitnehmern aus
15 Mitgliedern,
1.501
bis
2.000
Arbeitnehmern aus
17 Mitgliedern.
2.001
bis
2.500
Arbeitnehmern aus
19 Mitgliedern.
2.501
bis
3.000
Arbeitnehmern aus
21 Mitgliedern.
3.001
bis
3.500
Arbeitnehmern aus
23 Mitgliedern.
3.501
bis
4.000
Arbeitnehmern aus
25 Mitgliedern.
4.001
bis
4.500
Arbeitnehmern aus
27 Mitgliedern,
4.501
bis
5.000
Arbeitnehmern aus
29 Mitgliedern.
5.001
bis
6.000
Arbeitnehmern aus
31 Mitgliedern.
6.001
bis
7.000
Arbeitnehmern aus
33 Mitgliedern,
7.001
bis
9.000
Arbeitnehmern aus
35 Mitgliedern.
In Betrieben mit mehr als 9.000 Arbeitnehmern erhöht sich die Zahl der Mit glieder des Betriebsrats für angefangene weitere 3.000 Arbeitnehmer um zwei Mitglieder. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bestimmung der Anzahl der Arbeit nehmer ist der Tag des Erlasses (Aushang) des Wahlausschreibens. Zu beachten ist, dass es bei kleineren Betrieben auf die Zahl der Wahlberechtigten ankommt, während bei Betrieben mit mehr als 100 Wahlberechtigten die Zahl der Arbeit nehmer schlechthin maßgebend ist (Größe des Betriebsrats). Die Bestimmung der Mindestsitze des Geschlechts in der Minderheit richtet sich nach § 5 der Wahlordnung. Das Verfahren ist unter dem Stichwort Ge schlecht des Arbeitnehmers beschrieben.
52
Einleitung der Wahl / Erlass des Wahlausschreibens
•
•
•
•
•
Die Mindestzahl von Arbeitnehmern, von denen ein Wahlvorschlag unterzeichnet sein muss. Die Mindestzahl der Arbeitnehmer, die zur Unterzeichnung eines Wahlvorschlags der Arbeitnehmer erforderlich ist, ergibt sich aus § 14 Abs. 4 BetrVG. Danach muss der Wahlvorschlag der Arbeitnehmer von mindestens 1/20 der Wahlberechtigten jedoch von mindestens drei Wahlberechtigten unterzeichnet sein. In jedem Fall genügt allerdings die Unterzeichnung durch 50 wahlberechtigte Arbeitnehmer. Der Wahlvorstand muss die genauen Zahlen nach Maßgabe der konkreten betrieblichen Verhältnisse angeben. Es genügt nicht der Hinweis auf die Art ihrer Berechnung. Zu den Folgen einer falschen Berechnung s.u. unter 4.1.3. Dass der Wahlvorschlag einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft von zwei Beauftragten unterzeichnet sein muss. Der Hinweis, dass der Wahlvorschlag einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft von zwei Beauftragten unterzeichnet sein muss, gibt die gesetzliche Regelung in § 14 Abs. 5 BetrVG wieder. Dass Wahlvorschläge vor Ablauf von zwei Wochen seit dem Erlass des Wahlausschreibens beim Wahlvorstand, wenn mehr als drei Betriebsratsmitglieder zu wählen sind, in Form von Vorschlagslisten einzureichen sind; der letzte Tag der Frist ist anzugeben. Die Fristen zur Einreichung von Wahlvorschlägen und deren Form (Vorschlagslisten) sind im Wahlausschreiben konkret und wörtlich niederzulegen (siehe auch Fristberechnung). Da die Vorschlagslisten gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 WOBetrVG von den wahlberechtigten Arbeitnehmern im regulären Wahlverfahren vor Ablauf von zwei Wochen seit Erlass des Wahlausschreibens beim Wahlvorstand einzureichen sind, fällt das Fristende in aller Regel mit der Frist zur Einlegung von Einsprüchen gegen die Richtigkeit der Wählerliste zusammen. Zusätzlich könnte an diesem Punkt darauf hingewiesen werden, dass sich kein Arbeitnehmer auf mehr als einer Vorschlagsliste bewerben kann (§ 6 Abs. 7 WOBetrVG). Dass die Stimmabgabe an die Wahlvorschläge gebunden ist und dass nur solche Wahlvorschläge berücksichtigt werden dürfen, die fristgerecht eingereicht werden.
4
Achtung Frist!
53
4
Von der Einleitung der Wahl bis zum Wahltag
• •
54
Eine bloße Verweisung auf die Bestimmungen der Wahlordnung genügt hier nicht. Die Bestimmung des Orts, an dem Wahlvorschläge bis zum Abschluss der Stimmabgabe aushängen. Ort, Tag und Zeit der Stimmabgabe sowie die Betriebsteile und Kleinstbetriebe, für die schriftliche Stimmabgabe (§ 24 Abs. 3 WOBetrVG) beschlossen ist. Ort, Tag und Zeit der Stimmabgabe hat der Wahlvorstand bereits bei seinen vorbereitenden Sitzungen festgelegt. Die Stimmabgabe kann ggf. auf mehrere Tage erstreckt werden. Aus § 20 Abs. 3 Satz 2 BetrVG wird abgeleitet, dass die Stimmabgabe während der Arbeitszeit erfolgen kann und in der Regel auch muss. Die Zeit der Stimmabgabe muss jedoch nicht mit der gesamten betrieblichen Arbeitszeit deckungsgleich sein. Es können auch, insbesondere wenn betriebliche Belange dies erfordern, bestimmte Stunden als Wahlstunden eingerichtet werden. Dabei ist aber zu beachten, dass allen Wahlberechtigten die Ausübung ihres Wahlrechts ermöglicht wird. So sind beispielsweise Schichtdienste so zu berücksichtigen, dass den Arbeitnehmern in ihrer Schicht die Wahl möglich ist. Ist der Wahltermin erst einmal im Wahlausschreiben festgesetzt worden, kann er grundsätzlich nicht mehr ohne Aufhebung des gesamten Wahlausschreibens geändert werden. Falls also der Wahltermin verlegt werden muss, ist die Wahl neu auszuschreiben. Die angegebene Zeit für die Stimmabgabe kann nachträglich nur unter engen Voraussetzungen geändert werden. Möglich ist eine förmliche Änderung des Wahlausschreibens in bezug auf die Wahlstunden innerhalb des gleichbleibenden Wahltags oder bezüglich eines Wahllokals, wenn zwingende betriebliche Gründe dafür vorliegen und die Veränderung noch rechtzeitig vor dem Wahltermin so bekannt gemacht wird, dass alle Wahlberechtigten davon Kenntnis nehmen können, so dass im Ergebnis keine Einschränkung des Wahlrechts eintritt. Das Bundesarbeitsgericht hat es ferner einmal für zulässig gehalten, dass im ursprünglichen Wahlausschreiben die fehlende Angabe des Ortes des Wahllokals (oder der Zeit der Wahlstunden am Wahltag) noch ergänzt werden kann. Das eröffnet die Möglichkeit, dass bezüglich Ort und Uhrzeit der Stimmabgabe diese Angaben im Wahlausschreiben
Einleitung der Wahl / Erlass des Wahlausschreibens
•
●
4
aus sachlichen Gründen noch fehlen können. Der Wahlvorstand kann sich also auf den Hinweis beschränken, dass diese Angaben in gleicher Weise wie das Wahlausschreiben durch Aushang bekannt gemacht werden, sofern dies dann auch rechtzeitig geschieht. Den Ort, an dem Einsprüche, Wahlvorschläge und sonstige Erklärungen gegenüber dem Wahlvorstand abzugeben sind (Betriebsadresse des Wahlvorstands). Die hier angesprochene „Betriebsadresse des Wahlvorstands“ ist von den betrieblichen Umständen abhängig. Hat der Wahlvorstand in kleineren Betrieben kein eigenes Arbeitszimmer, so kann beispielsweise der Arbeitsplatz des Vorsitzenden als Betriebsadresse bestimmt werden. Zweckmäßig ist dann, den Namen des Vorsitzenden sowie seine regelmäßigen Dienststunden anzugeben. Den Ort, den Tag und die Zeit der öffentlichen Stimmauszählung; Achtung: Der Inhalt des Wahlausschreiben ändert sich, wenn ein ein bzw. dreiköpfiger Betriebsrat im vereinfachten Wahlverfahren gewählt wird (Betriebe zwischen 5 und 50 in der Regel wahlberechtigten Arbeitnehmer) oder wenn das vereinfachte Wahlverfahren in Betrie ben zwischen 51 und 100 in der Regel wahlberechtigten Arbeitneh mern zwischen Arbeitgeber und Wahlvorstand vereinbart wird. In diesen Fällen lesen Sie bitte Kapitel 6.
Nach § 3 Abs. 3 WOBetrVG kann das Wahlausschreiben den Hinweis enthalten, dass bei der Aufstellung von Wahlvorschlägen die einzelnen Organisationsbereiche und die verschiedenen Beschäftigungsarten berücksichtigt werden sollen. Damit ist gemeint, dass die Besetzung des Betriebsrats ausgewogen unter Repräsentierung der Arbeitnehmer in den genannten Bereichen sein sollte. Es steht im Ermessen des Wahlvorstands, ob dieser Hinweis letztlich gegeben wird. Er wird vor allem bei größeren Betrieben in Betracht kommen.
55
4
Von der Einleitung der Wahl bis zum Wahltag
4.1.3
Berichtigung oder Ergänzung des Wahlausschreibens
Welche Folgen zieht es nach sich, wenn die Zahl der Betriebsratsmitglieder oder die Mindestsitze des Minderheitsgeschlechts (Geschlecht des Arbeitnehmers) falsch berechnet worden ist? Grundsätzlich kommt eine Berichtigung (oder Ergänzung) des Wahlausschreibens dann in Betracht, wenn der Wählerwille nicht über eine Einschränkung des Wahlrechts der Wahlberechtigten beeinflusst wird und das Wahlverfahren noch ordnungsgemäß ablaufen kann. Zu unterscheiden sind die Fälle, in denen falsche Zahlen dadurch zustande kamen, dass irrtümlich bestimmte Arbeitnehmer bei der Berechnung berücksichtigt oder nicht berücksichtigt wurden, und Fälle einfacher Rechenfehler. Für den erstgenannten Fall bedeutet das: Eine Berichtigung ist solange zulässig, wie noch keine Wahlvorschläge eingereicht worden sind. (Danach kommt nur noch eine Neuverkündung in Betracht.) Gegen die Berichtigung von Rechenfehlern bestehen dann keine Bedenken, wenn der Wahlvorstand für das Einreichen von Wahlvorschlägen eine angemessene Nachfrist setzt. Als angemessen wird die Frist von einer Woche angesehen. Ist unklar, ob eine Berichtigung oder Ergänzung der Wahlausschreibung vorgenommen werden darf, sollte im Zweifel ein Neuerlass des Wahlausschreibens erfolgen.
4.2
Nach Erlass des Wahlausschreibens bis zum Wahltag
Nach Erlass des Wahlausschreibens laufen im Wesentlichen zwei Prozesse parallel nebeneinander ab: • Korrekturen bei der Wählerliste durch Einspruch gegen die Wählerliste (§ 4 WOBetrVG). • Das Einreichen der Wahlvorschläge nebst der Prüfung der Vorschlagslisten, der Beseitigung von Mängeln und der Bekanntmachung der gültigen Vorschlagslisten.
56
Nach Erlass des Wahlausschreibens bis zum Wahltag
4.2.1 4.2.1.1
4
Korrekturen der Wählerliste Einsprüche gegen die Wählerliste
Nach § 4 Abs. 1 WOBetrVG können gegen die Richtigkeit der Wählerliste (zur Aufstellung der Wählerliste auch oben 3.2.3.3) mit Wirksamkeit für die Betriebsratswahl nur vor Ablauf von zwei Wochen seit Erlass des Wahlausschreibens beim Wahlvorstand schriftlich Einsprüche eingelegt werden (Einspruch gegen die Wählerliste). Die Richtigkeit ist betroffen, wenn nicht wahlberechtigte Arbeitnehmer in die Wählerliste aufgenommen worden sind oder wahlberechtigte Arbeitnehmer in der Wählerliste fehlen. Die Wählerliste ist ferner unrichtig, wenn Arbeitnehmer dem falschen Geschlecht zugeordnet worden sind – etwa bei zweideutigen Vornahmen. Die Richtigkeit ist auch betroffen, wenn die Wählerliste unzutreffende oder unzulässige Angaben enthält. Auch Schreibfehler bezüglich des Namens oder Vornamens können beanstandet werden. Unzulässig sind Einsprüche gegen andere Maßnahmen des Wahlvorstands im Zusammenhang mit der Wählerliste.
Achtung Frist!
a) Der Kreis der Einspruchsberechtigten Der Kreis der Einspruchsberechtigten ist weit gefasst. Im Prinzip ist jeder Arbeitnehmer einspruchsberechtigt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer eigene Rechte geltend macht oder ob er beanstandet, dass andere Arbeitnehmer nicht oder zu Unrecht in die Wählerliste aufgenommen worden sind. Das Bundesarbeitsgericht geht offenbar davon aus, dass allein den Arbeitnehmern das Einspruchsrecht zusteht. Andere Beteiligte wie etwa der Arbeitgeber oder die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften sind nach der Rechtsprechung nicht einspruchsberechtigt. Im Hinblick auf eine möglicherweise drohende Wahlanfechtung sollte der Wahlvorstand Einwänden des Arbeitgebers oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft dennoch nachgehen und die Wählerliste ggf. berichtigen. b) Einspruchsfrist Für die Einsprüche ist gemäß § 4 Abs. 1 WOBetrVG eine Ausschlussfrist vorgesehen. Danach müssen die Einsprüche vor Ablauf von zwei
Achtung Frist!
57
4
Von der Einleitung der Wahl bis zum Wahltag
Wochen seit Erlass des Wahlausschreibens beim Wahlvorstand eingelegt werden. Die Frist beginnt nach Ablauf des Tages, an dem das Wahlausschreiben erlassen worden ist, und endet nach Ablauf von zwei Wochen am gleichen Wochentag. (Fristberechnung) c) Form des Einspruchs Der Einspruch ist schriftlich beim Wahlvorstand einzulegen. Derjenige, der den Einspruch einlegt, muss ihn unterschreiben. Er darf auf die telegraphische Übermittlung oder auf die Übermittlung durch Telefax zurückgreifen. Der Einspruch kann auch per E-Mail eingelegt werden; allerdings genügt nicht eine „normale“ E-Mail. Vielmehr muss die E-Mail mit einer elektronischen Signatur versehen werden, die dem Signaturgesetz genügt (§ 126 Abs. 3 BGB, § 126a BGB). Diese Form der Signatur dürfte in den meisten Firmennetzen zurzeit noch nicht vorgesehen sein. Wird dem Wahlvorstand ein mündlicher Einspruch entgegengebracht, so hat dieser auf den Schriftformzwang hinzuweisen. Der Einspruchsführer muss genau vortragen, was er rügen will. Nur so kann der Wahlvorstand die Berechtigung der Rüge prüfen. Eine weitere Begründung des Einspruchs muss nicht vorgebracht werden. Die Einspruchsschrift ist an dem als Betriebsadresse angegebenen Ort (Betriebsadresse des Wahlvorstands) beim Wahlvorstand einzureichen. Sie kann aber auch dem Wahlvorstandsvorsitzenden oder einem anderen empfangsberechtigten Mitglied des Wahlvorstands persönlich ausgehändigt werden.
Achtung Frist!
58
d) Sonderfall des Einspruchs gegen die Zuordnung zur Gruppe der leitenden Angestellten nach § 18a BetrVG Ein Einspruch kann nicht darauf gestützt werden, dass die Zuordnung der leitenden Angestellten nach § 18a BetrVG fehlerhaft erfolgt sei. Dies gilt nur dann nicht, wenn die Wahlvorstände (für die Betriebsratswahl und die Sprecherausschusswahl) die Zuordnung übereinstimmend für offensichtlich fehlerhaft halten. Wird ein solcher Einspruch für begründet erachtet, so ist die Wählerliste zu berichtigen. Die Entscheidung des Wahlvorstands ist dem Arbeitnehmer, der den Einspruch eingelegt hat, unverzüglich schriftlich mitzuteilen. Die Entscheidung muss dem Arbeitnehmer spätestens am Tage vor Beginn der Stimmabgabe zugehen.
Nach Erlass des Wahlausschreibens bis zum Wahltag
4.2.1.2
4
Die Entscheidung des Wahlvorstands
Der Wahlvorstand hat über die Einsprüche unverzüglich zu entscheiden. Das bedeutet, dass die Entscheidung ohne schuldhafte Verzögerung zu erfolgen hat. Er darf sich aber die nötige Zeit zur tatsächlichen und rechtlichen Prüfung nehmen. Für die Entscheidung über den Einspruch muss eine Sitzung einberufen werden. Dort wird über den Einspruch ein Beschluss mit einfacher Stimmenmehrheit der stimmberechtigten Mitglieder gefasst. Dieser Beschluss ist wie jeder Beschluss des Wahlvorstands im Wortlaut in der Sitzungsniederschrift aufzunehmen. Die Entscheidung ist ferner schriftlich abzufassen, vom Vorsitzenden des Wahlvorstands zu unterschreiben und dem Einspruchsführer zuzustellen. Der Einspruchsführer muss vor Beginn der Stimmabgabe Klarheit haben. Deshalb muss ihm spätestens am Tage vor Beginn der Stimmabgabe die Entscheidung des Wahlvorstands zugehen. Auch hier reicht eine telegraphische Übermittlung aus. Gleiches gilt für die Übermittlung durch Telefax. Die Entscheidung kann wie der Einspruch auch per E-Mail an den Einspruchsführer geschickt werden; allerdings genügt auch hier nicht eine „normale“ E-Mail. Vielmehr muss die E-Mail mit einer elektronischen Signatur (grds. des Vorsitzenden des Wahlvorstands) versehen werden, die dem Signaturgesetz genügt (§ 126 Abs. 3 BGB, § 126a BGB). Diese Form der Signatur dürfte in den meisten Firmennetzen zurzeit noch nicht vorgesehen sein. In der Regel aber wird das Schreiben an den Arbeitnehmer persönlich (gegen Empfangsbestätigung) im Betrieb erfolgen. Auch wenn der Wahlvorstand seine Entscheidung nicht begründen muss, ist es doch zweckmäßig, dem Einspruchsführer die tragenden Gründe mitzuteilen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Einspruch zurückgewiesen wird. Wird der Einspruch für begründet gehalten, so muss die Wählerliste entsprechend berichtigt werden (§ 4 Abs. 2 Satz 4 WOBetrVG). Es ist darauf zu achten, dass jedes ausgelegte und auch jedes in der Hand des Wahlvorstands verbleibende Exemplar zu berichtigen ist. Die Berichtigung muss spätestens am Tage vor dem Beginn der Stimmabgabe erfolgt sein.
Achtung Frist!
59
4
Von der Einleitung der Wahl bis zum Wahltag
4.2.1.3
Rechtsschutz der betroffenen Arbeitnehmer gegen die Entscheidung des Wahlvorstands
Es stellt sich die Frage, welche Maßnahmen der Arbeitnehmer ergreifen kann, wenn sein Einspruch als unbegründet zurückgewiesen wurde, er sich aber dennoch im Recht wähnt. Nach heute unstreitiger Auffassung in Literatur und Rechtsprechung können einzelne Maßnahmen und Entscheidungen des Wahlvorstands bereits vor Abschluss des Wahlverfahrens gesondert, und ohne dass die Voraussetzungen der Wahlanfechtung erfüllt sein müssen, vor den Arbeitsgerichten angegriffen werden. Man spricht von einem so genannten „vorgeschalteten Kontrollverfahren“ (Vorgeschaltetes Kontrollverfahren). Der Einspruchsführer, aber auch jeder andere Antragsberechtigte wegen dieses Einspruchsfalles, kann vor dem Arbeitsgericht beantragen, den Wahlvorstand zu verpflichten, die Wählerliste in bestimmter Weise zu berichtigen. Das Arbeitsgericht entscheidet auf Antrag im Beschlussverfahren. Der Arbeitnehmer muss sich an das Arbeitsgericht wenden, in dessen Bezirk der Betrieb liegt. Der Antrag ist schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle zu stellen. Der Antrag an das Arbeitsgericht beeinflusst das Wahlverfahren nicht. Erst der Beschluss des Arbeitsgerichts kann Wirkungen zeigen. Daher ist – gerade wenn es um die Wählerliste geht – der einstweilige Rechtsschutz besonders wichtig. Mittels einstweiliger Verfügung kommen theoretisch die Aussetzung der Wahl bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache sowie die sofortige Erfüllung des im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Leistungsanspruchs (so genannte Leistungsverfügung) in Betracht. Die Eilbedürftigkeit als Verfügungsgrund ist regelmäßig gegeben. 4.2.1.4 Achtung Frist!
60
Weitere Prüfungspflichten des Wahlvorstands in bezug auf die Wahlliste nach Ablauf der Einspruchsfrist
Nach Ablauf der Einspruchsfrist (zwei Wochen nach Erlass des Wahlausschreibens) ist das Thema Wahlliste aber noch nicht vollständig erledigt. Nach § 4 Abs. 3 WOBetrVG soll der Wahlvorstand die Wählerliste nochmals auf ihre Vollständigkeit hin überprüfen. Im übrigen kann nach Ablauf der Einspruchsfrist die Wählerliste nur bei Schreibfehlern, offenbaren Unrichtigkeiten, in Erledigung rechtzeitig eingelegter Einsprüche, bei Eintritt eines wahlberechtigten Arbeit-
Nach Erlass des Wahlausschreibens bis zum Wahltag
nehmers in den Betrieb oder bei Ausscheiden aus dem Betrieb bis zum Tage vor dem Beginn der Stimmabgabe berichtigt oder ergänzt werden, § 4 Abs. 3 S. 2 WOBetrVG. Die Vollständigkeitsüberprüfung des Wahlvorstands ist zwar als Soll-Vorschrift formuliert, hat aber dennoch eine besondere Bedeutung. Der Wahlvorstand hat sozusagen von Amts wegen zu überprüfen, ob die Wählerliste alle wahlberechtigten Arbeitnehmer des Betriebs enthält. Schließlich hängt von der Aufnahme in die Wählerliste die Ausübung des Wahlrechts ab (§ 2 Abs. 3 S. 1 WOBetrVG, Wahlrecht). Ferner hat der Wahlvorstand von Amts wegen Schreibfehler (etwa unrichtige Namensangaben) ebenso zu berichtigen wie offenbare Unrichtigkeiten (z.B. die Streichung verstorbener Kollegen; Streichung eines Arbeitnehmers, der zwischenzeitlich aus dem Betrieb ausgeschieden ist; Aufnahme eines Arbeitnehmers, wenn das Arbeitsgericht eine diesbezügliche einstweilige Verfügung erlassen hat). Von einer „offenbaren Unrichtigkeit“ ist immer dann auszugehen, wenn der Wahlvorstand über eine bestimmte Sach- oder Rechtslage keine Zweifel hat. Offenbare Unrichtigkeiten sind auch dann gegeben, wenn der Wahlvorstand durch rechtskräftigen Beschluss oder einstweilige Verfügung des Arbeitsgerichts verpflichtet worden ist, einen Arbeitnehmer in die Wählerliste aufzunehmen oder zu streichen. Gleiches gilt, wenn im Statusverfahren (Zuordnung der leitenden Angestellten) eine rechtskräftige Entscheidung ergeht, die der Eintragung in der Wählerliste entgegensteht. Die Wählerliste muss auch geändert werden, wenn ein wahlberechtigter Arbeitnehmer in den Betrieb eingetreten oder ausgeschieden ist. Selbstverständlich hat der Wahlvorstand die Wählerliste auch dann zu berichtigen, wenn er fristgerecht eingelegten Einsprüchen stattgegeben hat. Endgültig unabänderbar wird die Wählerliste mit Anbruch des Tages der Stimmabgabe. Am Wahltag selbst können also keine Veränderungen der Wählerliste mehr vorgenommen werden. So soll Manipulationen und Missbrauch vorgebeugt werden. Änderungen der Wählerliste am Wahltag begründen die Anfechtbarkeit der Wahl nach § 19 Abs. 1 BetrVG. Wird die Wahl aufgrund einer fehlerhaften Wählerliste durchgeführt, so ist sie wegen dieses Verstoßes anfechtbar, wenn dadurch das Wahlergebnis beeinflusst werden konnte (Wahlanfechtung).
4
Achtung Frist!
61
4
Von der Einleitung der Wahl bis zum Wahltag
4.2.2
Einreichung der Wahlvorschläge
Die Wahl des Betriebsrats erfolgt zwingend auf der Grundlage von Wahlvorschlägen (§ 14 Abs. 3 BetrVG; Wahlvorschlag). 4.2.2.1
Der Kreis der Vorschlagsberechtigten
Vorschlagsberechtigt sind alle aktiv wahlberechtigten Arbeitnehmer des Betriebs (Wahlberechtigung). Das bedeutet, dass auch die Mitglieder des amtierenden Betriebsrats und des Wahlvorstands, sofern sie wahlberechtigte Arbeitnehmer des Betriebs sind, Wahlvorschläge unterzeichnen dürfen, obwohl den Letztgenannten gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 WOBetrVG die Prüfung der Wahlvorschläge obliegt. Der damit verbundene mögliche Interessengegensatz wird allgemein als zu gering angesehen, als dass er eine Beschränkung der wahlberechtigten Mitglieder des Wahlvorstands bei der Einflussnahme auf die Zusammensetzung des Betriebsrats rechtfertigen könnte. Neben den aktiv wahlberechtigten Arbeitnehmern sind auch die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften berechtigt, Wahlvorschläge zur Wahl des Betriebsrats zu machen. Der Wahlvorstand hat den Vorschlag darauf zu prüfen, ob er von einer Gewerkschaft eingereicht wurde, die im Betrieb vertreten ist (siehe dazu Gewerkschaft). Jede im Betrieb vertretene Gewerkschaft kann einen, aber auch nur einen Wahlvorschlag einreichen. Die Gewerkschaften sind bei der Wahl der von ihnen zu benennenden betrieblichen Kandidaten frei. Sie benötigen aber die schriftliche Zustimmung des Vorgeschlagenen. Im Übrigen gelten für die Wahlvorschläge der im Betrieb vertretenen Gewerkschaft die allgemeinen Vorschriften über die Einreichungsfrist, Form und Inhalt, Gültigkeit und Bekanntmachung entsprechend. Der Wahlvorschlag ist nach § 14 Abs. 5 BetrVG von zwei Beauftragten der Gewerkschaft zu unterzeichnen. Wer die Beauftragten der Gewerkschaft sind, entscheidet jede Gewerkschaft selbst. Die gewerkschaftlichen Vorschläge bedürfen zu ihrer Gültigkeit allerdings nicht wie andere Wahlvorschläge der Unterzeichnung durch eine Mindestzahl wahlberechtigter Arbeitnehmer des Betriebs. Finden sich aber neben der Unterzeichnung durch zwei Gewerkschaftsbeauftragte noch Stützunterschriften aus dem Kreise der Wahlberechtigten, so ist dies unschädlich. Auch ein gemeinsamer Wahlvorschlag durch wahlbe-
62
Nach Erlass des Wahlausschreibens bis zum Wahltag
4
rechtigte Arbeitnehmer und Gewerkschaft ist möglich, wenn dieser sowohl durch zwei Gewerkschaftsbeauftragte als auch durch Wahlberechtigte in der festgelegten Mindestzahl unterzeichnet ist. (Das Verbot der Verbindung von Vorschlagslisten – § 6 Abs. 6 WOBetrVG – wird dadurch nicht berührt.) 4.2.2.2
Anforderungen an den Wahlvorschlag
Jede Vorschlagsliste soll mindestens doppelt so viele Bewerber aufweisen, wie in dem Wahlvorgang Betriebsratsmitglieder zu wählen sind (§ 6 Abs. 2 WOBetrVG). Dies ist aber nur eine „Soll-Vorschrift“, was bedeutet, dass sie zwar nicht zwingend ist, von ihr aber nur aus besonderen Gründen abgewichen werden sollte. Es berührt also die Gültigkeit einer Vorschlagsliste nicht, wenn sie weniger Kandidaten aufweist. Sie ist auch gültig, wenn weniger Kandidaten benannt sind, als Betriebsratsmitglieder oder Gruppenvertreter zu wählen sind. Gültig wäre sogar eine Liste mit nur einem einzigen Bewerber. Da gemäß § 25 Abs. 2 BetrVG die Ersatzmitglieder unter Berücksichtigung des Geschlechterproporzes aus den nicht gewählten Kandidaten der Vorschlagslisten entnommen werden und nur bei einer entsprechend hohen Anzahl von Ersatzkandidaten die sonst gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG drohende Neuwahl des Betriebsrats verhindert werden kann, liegt es im allgemeinen Interesse, möglichst entsprechend der Sollvorschrift des § 6 Abs. 2 WOBetrVG doppelt so viele Bewerber auf die Vorschlagslisten zu setzen wie Betriebsratssitze vorhanden sind. Allerdings kann nach § 6 Abs. 7 WOBetrVG ein Bewerber nur auf einer Vorschlagsliste vorgeschlagen werden. (Zu dem Fall, dass ein Name auf mehreren Vorschlagslisten aufgeführt ist, siehe unten.) Die Vorschlagslisten müssen nach § 6 Abs. 3 Satz 1 WOBetrVG die benannten Bewerber in erkennbarer Reihenfolge unter fortlaufender Nummer aufführen, da die Reihenfolge bei der Verhältniswahl die spätere Sitzverteilung bestimmt. Die Reihenfolge der Bewerber spielt nur dann keine Rolle, wenn diese in Mehrheitswahl gewählt werden, was im regulären Wahlverfahren dann der Fall ist, wenn nur eine Liste eingereicht wurde. Hier kommt es für die Wahl der Kandidaten nicht auf ihre Rangstelle auf dem Vorschlag, sondern auf die erreichte Stimmenzahl an, §§ 20 bis 23 WOBetrVG. Im Übrigen ist eine Liste ungültig, wenn die Bewerber auf der Vorschlagsliste nicht in erkenn-
63
4
Von der Einleitung der Wahl bis zum Wahltag
barer Reihenfolge aufgeführt worden sind. Die Reihenfolge kann und sollte auch durch eine fortlaufende Nummerierung kenntlich gemacht werden. Neben der erkennbaren Reihenfolge wird ferner verlangt, dass die Bewerber in der näher bestimmten Weise (fortlaufende Nummer, Familienname, Vorname und Art der Beschäftigung im Betrieb) bezeichnet werden. Die Bewerber sollen für die Wähler so identifizierbar gemacht werden. Weitere Hinzufügungen, die dem Identifikationszweck dienen, sind also zulässig. (Denkbar sind Lichtbilder der Kandidaten oder Ortsangaben bei Namensgleichheit, nicht aber persönliche Angaben, die nichts mit der Identifizierbarkeit zu tun haben wie etwa: Angaben über Familienstand, Kinderzahl, Gewerkschafts- oder Religionszugehörigkeiten, Vereinszugehörigkeiten, Parteizugehörigkeiten usw.). Zu beachten ist weiter, dass unter jedem Wahlvorschlag eine Mindestzahl von Unterschriften abgegeben werden muss. Diese Mindestzahl (Unterschriftenquorum) muss bereits im Wahlausschreiben konkret ausgewiesen sein. Jeder Wahlberechtigte kann nur einer Liste durch seine Unterschrift die Unterstützung zukommen lassen. § 6 Abs. 6 Satz 1 WOBetrVG verfügt, dass die Unterschrift eines Wahlberechtigten nur auf einer Vorschlagsliste zählen kann. Hat ein Wahlberechtigter mehrere Vorschlagslisten unterschrieben, so muss der Wahlvorstand dies beanstanden (Näheres dazu siehe unter 4.2.4). Die Unterschrift muss durch den Arbeitnehmer persönlich geleistet worden sein, so dass eine Vertretung nicht zulässig ist. Eine Ausnahme dürfte für Behinderte gelten: § 12 Abs. 4 WOBetrVG gestattet bei der Stimmabgabe eine Unterstützung des Wahlberechtigten durch eine Person seines Vertrauens, wenn der Wahlberechtigte infolge seiner Behinderung bei der Stimmabgabe beeinträchtigt ist. Begründet wird dies vom Verordnungsgeber damit, dass auch Behinderte ihr Wahlrecht ausüben können sollen (Begründung zu § 14 des Entwurfs einer Wahlordnung). Eine entsprechende Regelung fehlt hinsichtlich der Stützunterschriften (vgl. § 12 Abs. 4 WOBetrVG). Die Interessenlage ist aber gleich, und dem Verordnungsgeber kann nicht unterstellt werden, dass er den Plan hatte, Wahlgleichheit für Behinderte nur bei der Stimmabgabe herzustellen. Analog § 12 Abs. 4 WOBetrVG können Wahlberechtigte folglich auch Stützunterschriften durch Personen
64
Nach Erlass des Wahlausschreibens bis zum Wahltag
4
ihres Vertrauens leisten, wenn sie infolge ihrer Behinderung bei der Abgabe der Stützunterschriften beeinträchtigt sind. Die Gültigkeit eines eingereichten Wahlvorschlags wird nicht dadurch berührt, dass ein Unterzeichner seine Unterschrift zurückzieht, § 8 Abs. 1 Satz 2 WOBetrVG. Allerdings darf nachträglich keine Streichung auf der Liste selbst vorgenommen werden. Der Wahlvorschlag ist stets ein gemeinsamer Vorschlag aller Unterzeichner. Das bedeutet, dass die Liste in unveränderter Form von allen Unterzeichnern getragen werden muss. Die Vorschlagslisten sind von den wahlberechtigten Arbeitnehmern vor Ablauf von zwei Wochen seit Erlass des Wahlausschreibens beim Wahlvorstand einzureichen. Die schriftliche Zustimmung der aufgestellten Bewerber zur Aufnahme in die Liste ist beizufügen (§ 6 Abs. 3 Satz 2 WOBetrVG). Sie kann auch durch die Unterschrift auf der Liste gegeben werden. Zum Teil wird in der Kommentarliteratur zu den Betriebsratswahlen gefordert, es müsse dabei deutlich werden, dass es sich nicht lediglich um eine reine Stützunterschrift handelt, oder es müsse zumindest unzweifelhaft klar sein, dass die Unterschrift zwei Funktionen (als Stützunterschrift und als Zustimmung) erfüllt. Diese Klärung sollte in der Praxis sicherheitshalber angestrebt werden. 4.2.2.3
Die Listenvertreter
Nach § 6 Abs. 4 WOBetrVG sind so genannte Listenvertreter vorgesehen. Der Wahlvorstand soll einen Ansprechpartner erhalten, an den er sich mit den die Vorschlagsliste betreffenden Fragen und Beanstandungen wenden kann, ohne alle Unterzeichner des Wahlvorschlags auf einmal hinzuziehen zu müssen. Die Bestimmung dient der Vereinfachung und Beschleunigung. Die Unterzeichner können gemeinsam einen Listenvertreter benennen – entweder ausdrücklich auf der Liste vermerkt oder in einem beigefügten Begleitschreiben. Listenvertreter kann aber nur einer aus dem Kreise der Unterzeichner sein. Ist kein Listenvertreter benannt worden, so gilt derjenige als Vertreter, der die Liste an räumlich erster Stelle unterzeichnet hat, bei einer Gewerkschaftsliste der an erster Stelle unterzeichnende Beauftragte. Der Listenvertreter hat gewissermaßen die gesetzliche Vertretungsmacht für alle Listenunterzeichner und ist daher berechtigt und
65
4
Von der Einleitung der Wahl bis zum Wahltag
verpflichtet, dem Wahlvorstand gegenüber die zur Beseitigung von Anständen erforderlichen Erklärungen abzugeben sowie Erklärungen und Entscheidungen des Wahlvorstands entgegenzunehmen. Er muss dafür nicht mehr die Zustimmung der anderen Unterzeichner der Vorschlagsliste einholen. Seine Vertretungsmacht steht auch nicht mehr zur Disposition der Unterzeichner.
4.2.3
Entgegennahme der Vorschlagslisten
§ 7 WOBetrVG regelt die Prüfung der Vorschlagslisten. Nach Abs. 1 hat der Wahlvorstand dem Überbringer der Vorschlagsliste oder, falls die Vorschlagsliste auf eine andere Weise eingereicht wird, dem Listenvertreter den Zeitpunkt der Einreichung schriftlich zu bestätigen. Diese Bestätigung ist ohne Rücksicht auf ein Verlangen des Einreichers auszustellen. Sie ist schriftlich abzufassen und zu unterschreiben. Diese schriftliche Bestätigung dient Beweiszwecken. Die Wirksamkeit der Vorschlagsliste hängt von ihr nicht ab. Die eingereichten Vorschlagslisten sind zunächst zu kennzeichnen. Sind sie bereits von den Einreichenden mit einem Kennwort versehen, so ist dieses im weiteren Verfahren zu verwenden. Fehlt eine Kennzeichnung, so ist die Liste vom Wahlvorstand mit Namen und Vornamen der beiden in ihr an erster Stelle benannten Bewerber zu bezeichnen, nicht mit einem anderen Kennwort. Die Einreichenden sind bei der Wahl der Kennworte grundsätzlich frei. Sie können beliebige Begriffe, Namen oder auch Phantasieworte wählen. Die Kennworte dürfen aber keine Hinweise auf politische Parteien enthalten. Ferner dürfen auch nicht solche Bezeichnungen gewählt werden, durch die Kandidaten oder Einreicher anderer Listen diffamiert werden könnten. Ebenso sind grob anstößige Kennworte abzulehnen. Gebräuchliche Abkürzungen, z.B. von Gewerkschaften, deren Bedeutung allgemein als bekannt vorausgesetzt werden darf, sind zulässig. Wichtig ist, dass jede Verwechselungsgefahr zwischen mehreren Kennworten und jede Irreführung der Wähler vermieden wird. Ist das Kennwort aus irgendeinem Grunde zu beanstanden, muss der Wahlvorstand beim Listenvertreter auf ein anderes Kennwort drängen. Wird auf die Beanstandung hin kein anderes Kennwort angegeben, ist die Liste mit
66
Nach Erlass des Wahlausschreibens bis zum Wahltag
4
den Namen des auf ihr an erster Stelle Benannten zu bezeichnen. (S. zum ganzen auch Vorschlagsliste.)
4.2.4
Prüfung und Beanstandung der Vorschlagslisten
Der Wahlvorstand hat die Vorschlagsliste nach ihrem Eingang unverzüglich darauf zu prüfen, ob sie den vorgeschriebenen Erfordernissen entspricht (§ 7 Abs. 2 Satz 2 WOBetrVG). Diese Prüfung sollte möglichst binnen einer Frist von zwei Arbeitstagen erfolgen. Die Frist darf jedoch überschritten werden, wenn die Verzögerung nicht verschuldet ist, etwa weil man sich hinsichtlich der Wählbarkeit der Bewerber oder der Wahlberechtigung der Unterzeichner noch erkundigen muss, oder weil der Wahlvorstand dem Verdacht der Ungültigkeit einer Vorschlagsliste (wegen der Erscheinungsform – etwa Überklebungen, Streichungen oder sonstige manipulative Veränderungen) zunächst nachgehen muss. Die Prüfung kann theoretisch zu drei Ergebnissen führen: • Die Vorschlagsliste ist gültig, • die Vorschlagsliste leidet an einem unheilbaren Mangel nach § 8 Abs. 1 WOBetrVG, • die Vorschlagsliste leidet an einem heilbaren Mangel im Sinne von § 8 Abs. 2 WOBetrVG. 4.2.4.1
Achtung Frist!
Unheilbare Mängel nach § 8 Abs. 1 WOBetrVG
Unheilbare Mängel sind gegeben bei Vorschlagslisten, • die nicht fristgerecht eingereicht worden sind, • auf denen die Bewerber nicht in erkennbarer Reihenfolge aufgeführt sind, • die bei der Einreichung nicht die erforderliche Zahl von Unterschriften aufweisen. Zum dritten Punkt: Die Rücknahme von Unterschriften auf einer eingereichten Vorschlagsliste beeinträchtigt deren Gültigkeit nicht (siehe aber 4.2.4.2 dritter Gliederungspunkt). Bei der Prüfung der Zahl der erforderlichen Unterschriften kann sich aber noch eine Besonderheit ergeben: Nach § 6 Abs. 5 S. 1 WOBetrVG zählt die Unterschrift eines Wahlberechtigten nur auf einer Vorschlagsliste.
67
4 Achtung Frist!
Von der Einleitung der Wahl bis zum Wahltag
Hat ein Wahlberechtigter mehrere Vorschlagslisten unterzeichnet, so hat er auf Aufforderung des Wahlvorstands binnen einer ihm gesetzten angemessenen Frist, spätestens jedoch vor Ablauf von drei Arbeitstagen, zu erklären, welche Unterschrift er aufrechterhält. Unterbleibt die fristgerechte Erklärung, so wird sein Name auf der zuerst eingereichten Vorschlagsliste gezählt und auf den übrigen Listen gestrichen. Sind mehrere Vorschlagslisten, die von demselben Wahlberechtigten unterschrieben sind, gleichzeitig eingereicht worden, so entscheidet das Los darüber, auf welcher Vorschlagsliste die Unterschrift gilt. Stellt der Wahlvorstand einen unheilbaren Mangel fest, so hat er dies dem Listenvertreter unverzüglich schriftlich unter Angabe der Gründe mitzuteilen. In diesen Fällen ist besondere Eile geboten, weil den Unterzeichnern (jedenfalls in den Fällen des § 8 Abs. 1 Nr. 2 und 3 WOBetrVG) nach Möglichkeit die Gelegenheit gegeben werden muss, vor Ablauf der Einreichungsfrist eine neue, den Beanstandungen Rechnung tragende Vorschlagsliste einzureichen. Die Frist des § 6 Abs. 1 Satz 2, wonach die Vorschlagslisten von den wahlberechtigten Arbeitnehmern vor Ablauf von zwei Wochen seit Erlass des Wahlausschreibens beim Wahlvorstand einzureichen sind, kann aber nicht verlängert werden. 4.2.4.2
Heilbare Mängel nach § 8 Abs. 2 WOBetrVG
Heilbare Mängel der Vorschlagsliste im Sinne von § 8 Abs. 2 WOBetrVG liegen vor, wenn • auf den Vorschlagslisten die Bewerber nicht in der in § 6 Abs. 3 WOBetrVG bestimmten Weise bezeichnet sind (d.h. in erkennbarer Reihenfolge unter fortlaufender Nummer und unter Angabe von Familienname, Vorname, Geburtsdatum und Art der Beschäftigung im Betrieb), • wenn die schriftliche Zustimmung der Bewerber zur Aufnahme in die Vorschlagsliste nicht vorliegt oder • wenn die Vorschlagsliste infolge von Streichungen gemäß § 6 Abs. 5 WOBetrVG nicht mehr die erforderliche Zahl von Unterschriften aufweist.
68
Nach Erlass des Wahlausschreibens bis zum Wahltag
In diesen Fällen hat der Wahlvorstand die Beanstandung dem Listenvertreter ebenfalls unverzüglich schriftlich mitzuteilen. Zugleich hat er darauf hinzuweisen, dass die Mängel binnen einer Frist von drei Arbeitstagen seit Mitteilung der Beanstandung beseitigt werden müssen, wenn die Vorschlagsliste nicht ungültig werden soll. Diese Nachfrist läuft unabhängig davon, ob die allgemeine Einreichungsfrist (zwei Wochen) zwischenzeitlich abgelaufen ist. Zur Nachfrist von drei Arbeitstagen: Der Tag der Mitteilung wird nicht mitgerechnet, die Frist beginnt mit dem nächsten Arbeitstag. Sie läuft in vollem Umfang auch für Wahlvorschläge, die erst am letzten Tag der Einreichungsfrist rechtzeitig eingehen. Dies gilt selbst dann, wenn der Wahlvorstand dem Listenvertreter die Beanstandung erst nach Ablauf der Einreichungsfrist mitteilt (Fristberechnung). Aus Beweisgründen empfiehlt sich folgendes Procedere: Der Wahlvorstand gibt dem Listenvertreter allenfalls eine Kopie der ergänzungsbedürftigen Vorschlagsliste, nicht jedoch das Original zurück. Er wirkt auf die Mängelbeseitigung hin. So kann beweismäßig gewährleistet werden, dass später – etwa im vorgeschalteten Kontrollverfahren oder in einem Wahlanfechtungsverfahren – eine Nachprüfbarkeit der Liste auf ihre Gültigkeit möglich bleibt. Auf diese Weise kann zudem sichergestellt werden, dass nachträglich noch festgestellt werden kann, ob es sich bei den nachgereichten Unterlagen wirklich um eine Mängelbeseitigung oder um einen ungültigen neuen Wahlvorschlag gehandelt hat. Werden die beanstandeten Mängel nicht fristgemäß behoben, hat der Wahlvorstand die Ungültigkeit der Liste festzustellen und auch davon den Listenvertreter unverzüglich zu unterrichten. Versäumt der Wahlvorstand eine Beanstandung, so ist die mangelhafte Vorschlagsliste nicht ungültig. Denn die Wahlordnung sieht in § 8 Abs. 2 eine Beanstandung des Wahlvorstandes ausdrücklich als Unwirksamkeitsvoraussetzung vor. Die Liste wird dann zwar vom Wahlvorstand als gültig zu behandeln sein, allerdings liegt zugleich ein Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften im Sinne der Wahlanfechtungsvorschrift des § 19 Abs. 1 BetrVG vor. Maßgeblich für die Anfechtbarkeit ist dann die Kausalität des Wahlverfahrens für das Wahlergebnis (Wahlanfechtung).
4 Achtung Frist!
69
4
Von der Einleitung der Wahl bis zum Wahltag
4.2.4.3
Weitere gesetzlich nicht geregelte Mängel
§ 8 WOBetrVG regelt die Ungültigkeit von Vorschlagslisten nicht abschließend. So sind andere Ungültigkeitsgründe denkbar wie beispielsweise die inhaltliche Veränderung (Streichung oder Ergänzung) vor der Einreichung ohne Einverständnis der Unterzeichner oder die Nennung eines nicht wählbaren Kandidaten auf einer Vorschlagsliste. Stellt der Wahlvorstand solche Mängel fest, so hat er ebenfalls den Listenvertreter unverzüglich unter Angabe der Gründe zu unterrichten. Eine Nachfristsetzung zur Mängelbeseitigung kommt nicht in Betracht. Die Liste ist ungültig und muss in gültiger Form und mit gültigem Inhalt erneut eingereicht werden. Denkbar ist auch, dass bei Einreichung einer Vorschlagsliste ein Bewerber aufgeführt wird, der am Wahltag nicht wählbar ist. Nach herrschender Meinung ist ein solcher Wahlvorschlag ungültig. Verliert ein Bewerber aber nach Einreichung der Vorschlagsliste die Wählbarkeit überraschend, z.B. indem er aus dem Betrieb ausscheidet oder gestorben ist, so hat der Wahlvorstand das Recht, den Bewerber zu streichen und die Liste im Übrigen als gültig zu behandeln. In der Literatur werden als weitere andere Ungültigkeitsgründe etwa genannt: die Vorlage einer Vorschlagsliste von einer Vereinigung, die nicht Gewerkschaft ist oder von einer Gewerkschaft, die nicht im Betrieb vertreten ist (siehe dazu Gewerkschaft).
4.2.5
Achtung Nachfrist!
70
Sonderfall: Innerhalb der Frist von § 6 Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 2 Satz 1 WOBetrVG sind keine gültigen Wahlvorschläge eingereicht worden
Sind innerhalb der zweiwöchigen Vorschlagsfrist des § 6 Abs. 1 Satz 2 WOBetrVG keine gültigen Wahlvorschläge eingereicht worden, so hat dies der Wahlvorstand sofort in der gleichen Weise bekannt zu machen wie das Wahlausschreiben. Ferner hat er eine Nachfrist von einer Woche für die Einreichung von Vorschlagslisten zu setzen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 WOBetrVG). In der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen, dass die Wahl nur stattfinden kann, wenn innerhalb der Nachfrist mindestens eine gültige Vorschlagsliste eingereicht worden ist (§ 9 Abs. 1 Satz 2 WOBetrVG). Auf
Nach Erlass des Wahlausschreibens bis zum Wahltag
4
den Ablauf der Nachfrist ist genau hinzuweisen. Sie beträgt eine Woche, wird in Gang gesetzt durch die Bekanntmachung des Wahlvorstands und endet mit Ablauf des Wochentags, der in seiner Benennung dem Wochentag entspricht, an dem die Bekanntmachung ausgehängt worden ist (Fristberechnung). Wird die Nachfrist z.B. an einem Montag bekannt gemacht, so endet sie mit Ablauf des Montags in der folgenden Woche. Eine zuvor unter Versäumung der Frist eingereichte Liste braucht innerhalb der Nachfrist nicht erneut eingereicht zu werden. Sie ist jetzt als gültig zu behandeln, auch wenn sie zwischen Fristablauf und Beginn der Nachfrist eingereicht worden ist. Nach Ablauf der Nachfrist kann kein gültiger Wahlvorschlag mehr eingereicht werden. Wird trotz Bekanntmachung und Nachfristsetzung keine einzige gültige Vorschlagsliste fristgerecht eingereicht, hat der Wahlvorstand sofort bekannt zu machen, dass die Wahl nicht stattfindet. In diesen Fällen ist das Amt des Wahlvorstands mit dieser abschließenden Mitteilung erloschen. Durch Bestellung eines neuen Wahlvorstands kann später jedoch ein neues Wahlverfahren begonnen werden, wenn es wieder zu einer Initiative kommen sollte. Insofern kann auch ohne Rechtsverlust getestet werden, ob man nicht ohne Betriebsratsgremium auskommt (siehe auch Freiwilligkeit).
4.2.6
Bekanntmachung der Vorschlagslisten
Sobald die Fristen für die Einreichung der Vorschlagslisten abgelaufen sind und das Prüfungsverfahren abgeschlossen ist, ermittelt der Wahlvorstand durch das Los die Reihenfolge der Ordnungsnummern, die den eingereichten Vorschlagslisten zugeteilt werden (Liste 1, Liste 2 usw.). Bei dieser Losentscheidung können die Listenvertreter anwesend sein. Sie sind zur Auslosung rechtzeitig zu laden. Der Tag der Auslosung soll so bestimmt sein, dass die Listenvertreter diesen Termin den betrieblichen Verhältnissen entsprechend ohne weiteres wahrnehmen können. Eine Anwesenheitspflicht besteht indes nicht. Bei Arbeitsversäumnis ist das Arbeitsentgelt fortzuzahlen. Der Losentscheid hat in einer Sitzung des Wahlvorstands zu erfolgen.
71
4 Achtung Frist!
Von der Einleitung der Wahl bis zum Wahltag
Das Ergebnis des Losentscheids ist in der Sitzungsniederschrift festzuhalten. Nach § 10 Abs. 2 WOBetrVG hat der Wahlvorstand spätestens eine Woche vor Beginn der Stimmabgabe die als gültig anerkannten Vorschlagslisten bis zum Abschluss der Stimmabgabe in gleicher Weise bekannt zu machen wie das Wahlausschreiben. Eine frühzeitige Bekanntmachung ist empfehlenswert. Sie ermöglicht die zügige Orientierung der Wählerschaft. Bei der Wochenfrist ist der Tag der Bekanntmachung mitzuzählen. Ist z.B. der erste Tag der Stimmabgabe auf einen Donnerstag festgesetzt, muss die Bekanntmachung spätestens am Mittwoch der vorhergehenden Woche erfolgt sein (Fristberechnung). Da die Wahlordnung vorschreibt, die Vorschlagslisten bis zum Abschluss der Stimmabgabe in gleicher Weise bekannt zu machen wie das Wahlausschreiben, müssen diese in vollständiger Form, d.h. unter Angabe ihrer Ordnungsnummern und ihrer Kennworte, ausgehängt werden. Sind einige Vorschlagslisten mit Lichtbildern der Kandidaten eingereicht worden, andere Listen aber nicht, so dürfen wegen des Verbots der Wahlbeeinflussung die Lichtbilder nicht mit ausgehängt werden. Die Unterzeichner werden nicht bekannt gemacht, da sie nicht zum Inhalt des Wahlvorschlags gehören.
4.2.7 Achtung Frist!
Achtung Frist!
72
Vorbereitung der Wahlhandlung
Rechtzeitig vor dem Tag der Stimmabgabe hat der Wahlvorstand die eigentliche Wahlhandlung vorzubereiten. Dazu gehört u.a. das Anfertigen der Stimmzettel und Wahlumschläge, die Versendung der Unterlagen für die schriftliche Stimmabgabe, die Beschaffung der Wahlurnen, die Einrichtung der Wahllokale oder des Wahllokals sowie die Bestellung von Wahlhelfern. Alle diese Schritte sollten in den vorbereitenden Sitzungen des Wahlvorstands abgeklärt worden sein. Der Tag vor der Stimmabgabe ist der letzte Tag für Mitteilungen von Entscheidungen über die Einsprüche gegen die Wählerliste. Am Wahltag selbst kann die Wählerliste nicht mehr geändert werden (siehe oben 4.2.1.4).
73
5 5.1
Die Wahl und die Aufgaben nach der Wahl Die verschiedenen Varianten der Wahl
Für das reguläre Wahlverfahren kennt die Wahlordnung zwei Varianten: • Verhältniswahl (oder auch „Listenwahl“ im Gegensatz zur „Personenwahl“) – s.u. unter 5.1.1. In den §§ 11 bis 19 WOBetrVG wird geregelt, wie das Wahlverfahren (von der Stimmabgabe ab) durchzuführen ist, wenn für die Wahl mehrere als gültig anerkannte Vorschlagslisten eingereicht worden sind. • Mehrheitswahl (bzw. „Personenwahl“ im Gegensatz zu „Listenwahl“) – s.u. 5.1.2. In den §§ 21 bis 23 WOBetrVG ist der Fall geregelt, dass nur eine gültige Vorschlagsliste eingereicht worden ist. Dann wird abweichend vom vorgenannten Fall keine Verhältniswahl (Listenwahl) durchgeführt, weil diese ja voraussetzen würde, dass mehrere Vorschlagslisten eingereicht wurden. Es wird daher nach den Regeln der Mehrheitswahl gewählt. Zur Briefwahl und zu den Voraussetzungen der schriftlichen Stimmabgabe vgl. die §§ 24 bis 26 der WOBetrVG sowie unter Stimmabgabe, allgemein. Achtung: Im Folgenden werden die beiden Varianten nacheinander dargestellt. Dabei werden im Abschnitt zur Listenwahl auch alle allgemeinen Informationen zum Wahlverfahren gegeben. Im nachfolgenden Ka pitel zur Mehrheitswahl werden nur noch die Besonderheiten ge schildert, die sich gegenüber der Verhältniswahl ergeben. Zu den allgemeinen Grundsätzen der Wahl siehe unter Grundsätze der Wahl.
74
Die verschiedenen Varianten der Wahl
5.1.1 5.1.1.1
5
Verhältniswahl, Wahlverfahren bei mehreren Vorschlagslisten Die Stimmabgabe
a) Stimmzettel und Wahlumschläge Stehen mehrere Vorschlagslisten zur Auswahl, kann der Wähler seine Stimme nur für eine der als gültig anerkannten Listen abgeben. Die Stimmabgabe erfolgt durch Abgabe von Stimmzetteln in den hierfür bestimmten Umschlägen (Wahlumschlägen) (vgl. Stimmzettel, allgemein und Stimmzettel, mehrere Vorschlagslisten). § 11 Abs. 2 WOBetrVG bestimmt, dass auf den Stimmzetteln die Vorschlagslisten nach der Reihenfolgen der Ordnungsnummern sowie unter Angabe der beiden an erster Stelle benannten Bewerber mit Familiennamen, Vornamen und der Art der Beschäftigung im Betrieb untereinander aufzuführen sind. Bei Listen, die mit Kennworten versehen sind, ist auch das Kennwort anzugeben. Die Stimmzettel für die Betriebsratswahl müssen sämtlich die gleiche Größe, Farbe, Beschaffenheit und Beschriftung haben. Gleiches gilt für die Wahlumschläge (Wahlumschlag). Bei der äußeren Gestaltung der Stimmzettel ist auf Neutralität und Praktikabilität zu achten: Jede Differenzierung in den Angaben zu den einzelnen Vorschlagslisten, wie etwa die Hervorhebung eines der „Ankreuz-Kreise“ oder des Kennworts, hat zu unterbleiben. Auch muss das Verfahren der Kennzeichnung jedem Wähler verständlich sein. Es kann demnach zwar auch eine andere Kennzeichnung als Ankreuzen ermöglicht werden, etwa die Schwärzung oder Lochung bestimmter Stellen (z.B. zur Unterstützung der Auszählung durch EDV). Dieses Verfahren darf aber nicht wesentlich schwieriger als das Ankreuzen ausgestaltet werden. Die Stimmabgabe erfolgt durch Ankreuzen der gewählten Liste an der im Stimmzettel hierfür vorgesehenen Stelle (z.B. ein neben die einzelne Liste gedruckter Kreis). Macht der Wähler auf andere Weise die gewählte Liste kenntlich, so ist die Stimmabgabe gültig, sofern sich der Wählerwille unzweifelhaft feststellen lässt. Hat ein Wähler seinen Stimmzettel verschrieben oder diesen oder seinen Wahlumschlag versehentlich unbrauchbar gemacht, so ist ihm
75
5
Die Wahl und die Aufgaben nach der Wahl
auf Verlangen gegen Rückgabe der unbrauchbaren Wahlunterlagen ein neuer Stimmzettel (ggf. auch ein neuer Wahlumschlag) auszuhändigen. Die unbrauchbaren Unterlagen sind vom Wahlvorstand einzuziehen und unverzüglich in Gegenwart des Wählers zu vernichten. Die Kennzeichnung der Stimmzettel hat durch den Wähler persönlich zu erfolgen. Eine Stellvertretung ist nicht zulässig. Wer an der Stimmabgabe im Betrieb verhindert ist, kann seine Stimme schriftlich abgeben (zur Briefwahl siehe unten 5.2 und unter Briefwahl). § 11 Abs. 4 WOBetrVG bestimmt, dass Stimmzettel, • die mit einem besonderen Merkmal versehen sind oder • aus denen sich der Wille des Wählers nicht unzweifelhaft ergibt oder • die andere Angaben als die in Abs. 1 genannten Vorschlagslisten, einen Zusatz oder sonstige Änderungen enthalten, ungültig sind. Über die Gültigkeit der Stimmzettel entscheidet der Wahlvorstand durch Beschluss. b) Wahlraum und Wahlurne Der Wahlvorstand hat geeignete Vorkehrungen für die unbeobachtete Ausfüllung des Stimmzettels im Wahlraum zu treffen und für die Bereitstellung einer Wahlurne oder mehrerer Wahlurnen zu sorgen, § 12 Abs. 1 Satz 1 WOBetrVG. Dies entspricht dem Grundsatz der Geheimhaltung, der bei der Wahl strikt zu befolgen ist (Grundsätze der Wahl). Ein Verstoß gegen das Gebot der geheimen Wahl (§ 14 Abs. 1 BetrVG) kann die Anfechtbarkeit nach § 19 BetrVG begründen. (Auch in diesem Zusammenhang ist jedoch das so genannte Kausalitätserfordernis – d.h. die Änderung oder Beeinflussung des Wahlergebnisses erscheint möglich - genau zu beachten; s. dazu auch Wahlanfechtung.) Der Wähler muss den Wahlakt persönlich und unbeobachtet vollziehen können. Dies kann z.B. dadurch geschehen, dass Wahlkabinen aufgestellt werden oder Wandschirme oder Trennwände einen ähnlichen Effekt erzielen. Möglich ist auch, einen Nebenraum für die Stimmabgabe zu nutzen. Dieser muss von mindestens zwei stimmberechtigten Mitgliedern des Wahlvorstands beobachtet werden können, zudem darf es keinen weiteren, unbeobachteten Zugang geben.
76
Die verschiedenen Varianten der Wahl
5
Für das Ankreuzen der Stimmzettel ist geeignetes Schreibmaterial zur Verfügung zu stellen. Benutzen Wähler ihren eigenen Kugelschreiber, ist dies unschädlich. Während der Wahl müssen immer mindestens zwei stimmberechtigte Mitglieder des Wahlvorstands im Wahlraum anwesend sein. Sind Wahlhelfer bestellt, so genügt die Anwesenheit eines stimmberechtigten Mitglieds des Wahlvorstands und eines Wahlhelfers. Nach Abschluss des Wahlakts gibt der Wähler einem stimmberechtigten Mitglied des Wahlvorstands seinen Namen an. Das Wahlvorstandsmitglied vermerkt die Stimmabgabe in der Wählerliste. Nun wirft der Wähler den Wahlumschlag, in den der Stimmzettel eingelegt ist, in die Wahlurne. Die Wahlurne muss vom Wahlvorstand unter ständiger Beobachtung bleiben und so eingerichtet sein, dass die eingeworfenen Wahlumschläge nicht herausgenommen werden können, ohne dass die Urne geöffnet wird. Sind mehrere Wahllokale eingerichtet, so muss durch geeignete Maßnahmen (z.B. Einrichtung von Stimmbezirken für bestimmte Arbeitnehmergruppen oder Betriebsabteilungen; Ausgabe von Wahlscheinen) die Möglichkeit mehrfacher Stimmabgabe ausgeschlossen werden. Für behinderte Mitarbeiter sind Sonderregelungen in § 12 Abs. 4 WOBetrVG getroffen. Siehe zu dem ganzen auch Stimmabgabe, allgemein; Stimmabgabe, mehrere Vorschlagslisten. Während des Wahlgangs dürfen die Wahlurnen nicht unbeaufsichtigt bleiben. Wird die Stimmzählung nicht unmittelbar nach Beendigung der Wahl durchgeführt, so müssen gemäß § 12 Abs. 5 WOBetrVG der Einwurfschlitz und das Schloss der Wahlurne spätestens nach Abschluss der Stimmabgabe versiegelt werden. Dies gilt auch für jede Unterbrechung des Wahlgangs, da nur so sichergestellt ist, dass nicht unzulässigerweise weitere Stimmzettel in die Wahlurne geworfen bzw. aus ihr entnommen werden können. Unterbleibt die erforderliche Versiegelung, so kann das sogar zur Nichtigkeit der Wahl führen. Bei der Technik der Versiegelung ist der Wahlvorstand in der Wahl der Mittel relativ frei. Es genügt beispielsweise, wenn die Öffnung zugeklebt wird und der Klebestreifen von anwesenden Wahlvorstandsmitgliedern oder Wahlhelfern individuell gekennzeichnet, gesiegelt und unterschrieben wird. Das setzt aber voraus, dass der Klebestreifen nicht ohne Beschädigung zu entfernen ist. Textilklebeband ist daher
77
5
Die Wahl und die Aufgaben nach der Wahl
in der Regel ungeeignet. Zwischen mehreren Wahltagen und bis zum Beginn der Stimmauszählung sind die Wahlurnen selbst sicherzustellen. Wird die Versiegelung zur Stimmauszählung oder zum Fortgang der Wahl beseitigt, so hat der Wahlvorstand zuvor deren Unversehrtheit festzustellen. 5.1.1.2
Achtung Frist!
Ende der Wahl; Stimmenzählung
Die Stimmabgabe ist abgeschlossen, wenn die im Wahlausschreiben festgesetzte Zeit abgelaufen ist. Zu diesem Zeitpunkt ist die Wahl beendet, und die Stimmenzählung kann beginnen. Sind für die Stimmabgabe mehrere Tage vorgesehen, ist sie am letzten Tage mit dem Ende des vorgesehenen Zeitraums abgeschlossen. Nach § 13 WOBetrVG hat unverzüglich nach Abschluss der Wahl der Wahlvorstand öffentlich die Auszählung der Stimmen vorzunehmen. (Vgl. auch § 18 Abs. 3 Satz 1 BetrVG). Da die unverzügliche Stimmenauszählung vorgeschrieben ist, müssen die Stimmen in der Regel spätestens an dem auf den letzten Wahltag folgenden Arbeitstag ausgezählt sein. Der Wahlvorstand hat die Auszählung der Stimmen öffentlich vorzunehmen. Dabei kann der Wahlvorstand Wahlhelfer zu seiner Unterstützung bei der Stimmenauszählung heranziehen. a) Öffentliche Sitzung Die gesamte Sitzung, in der die Auszählung vorgenommen wird, ist „öffentlich“. Gemeint ist die Betriebsöffentlichkeit. Dazu rechnen alle Arbeitnehmer des Betriebs ohne Rücksicht auf ihre Wahlberechtigung und der Arbeitgeber. Auch die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften gehören ausnahmsweise dazu, weil ihnen bei der Betriebsratswahl ausdrücklich (etwa bei der Möglichkeit, eigene Wahlvorschläge einzureichen) eine Unterstützungsfunktion zukommt. Sonstige Betriebsfremde einschließlich der Vertreter von Presse, Rundfunk und Fernsehen haben kein Zutrittsrecht. Ort und Zeit der Sitzung müssen vorher betriebsöffentlich bekannt gemacht werden. Das kann und sollte zweckmäßigerweise schon im Wahlausschreiben geschehen. Aber auch eine spätere Bekanntmachung, etwa auch am Wahltag selbst, schadet nicht.
78
Die verschiedenen Varianten der Wahl
5
b) Öffnung der Wahlurnen In der öffentlichen Sitzung werden die bis dahin verschlossenen Wahlurnen geöffnet. Die Stimmzettel werden aus den Wahlumschlägen entnommen, auf ihre Gültigkeit hin überprüft und schließlich ausgezählt (Stimmenauszählung). Es erfolgt die Auswertung (Berechnung und Verteilung der Sitze) und die Ermittlung der zu Betriebsratsmitgliedern gewählten Personen, deren Namen noch in der Sitzung mündlich bekannt gegeben werden (Ermittlung der Gewählten). Schließlich hat der Wahlvorstand durch Beschluss seiner stimmberechtigten Mitglieder die Feststellungen über das Wahlergebnis und die Zwischenergebnisse zu treffen, die dann in einem Protokoll festzuhalten sind (Wahlniederschrift). Ist diese Wahlniederschrift vom Vorsitzenden und einem weiteren stimmberechtigten Mitglied des Wahlvorstands unterschrieben, so ist damit das vorläufige Wahlergebnis festgestellt und die öffentliche Sitzung des Wahlvorstands beendet. c) Stimmenzählung Bei der Vorgehensweise der Stimmenauszählung hat der Wahlvorstand ein gewisses Ermessen. Es steht ihm z.B. frei, jeden aus dem Wahlumschlag entnommenen Wahlzettel zunächst zu prüfen und erst dann einer Auszählung zuzuführen. Es kann aber auch jeder einzelne Stimmzettel zunächst nach den auf ihm angekreuzten Listen zugeordnet und erst später geprüft werden. Befinden sich mehrere Stimmzettel in einem Wahlumschlag, so gilt: Stimmen sie vollständig überein, so wird einer von ihnen gezählt; sonst sind alle als ungültig zu behandeln (§ 14 Abs. 2 WOBetrVG). § 15 WOBetrVG regelt die Verteilung der Sitze (auch unter Berücksichtigung des Geschlechterproporzes, s. § 15 Abs. 5 WOBetrVG). Der Verordnungsgeber hat sich bei der Sitzverteilung für das so genannte d’Hondt’sche Höchstzahlverfahren entschieden (d’Hondt’sches Verfahren). In § 15 WOBetrVG wird die Handhabung dieses Verfahrens festgelegt. Ein Beispiel findet sich unter Stichwort „d’Hondt’sches Verfahren“. Für den Fall, dass sich unter den Bewerbern, die nach der Stimmenverteilung auf die Vorschlagslisten vorne liegen, nicht die erforderliche Anzahl von Angehörigen des Geschlechts in der Minderheit (§ 15
79
5
Die Wahl und die Aufgaben nach der Wahl
Abs. 2 BetrVG) befinden, trifft § 15 Abs. 5 WOBetrVG eine Sonderregelung. Ein Beispiel dazu findet sich unter Geschlecht des Arbeitnehmers. Zur Verfassungsmäßigkeit: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 16. März 2005 - 7 ABR 40/04 sowie LAG Köln, Beschluss vom 13. Oktober 2003 – 2 TaBV 1/03; das LAG Köln hält anders als das BAG die Vorschrift des § 15 Abs. 2 BetrVG für verfassungswidrig und hat die Frage dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt. 5.1.1.3
Wahlniederschrift
Die Wahlniederschrift ist die schriftliche Feststellung des Wahlergebnisses. Der Inhalt ergibt sich aus § 16 Abs. 1 WOBetrVG. Festzustellen sind: • die Gesamtzahl der abgegebenen Wahlumschläge und die Zahl der abgegebenen gültigen Stimmen; • die jeder Liste zugefallenen Stimmenzahlen; • die berechneten Höchstzahlen; • die Verteilung der berechneten Höchstzahlen auf die Listen; • die Zahl der ungültigen Stimmen; • die Namen der in den Betriebsrat gewählten Bewerber; • ggf. besondere während der Betriebsratswahl eingetretene Zwischenfälle oder sonstige Ereignisse. Der letztgenannte Punkt wird in der Literatur als ein gesetzgeberisches Redaktionsversehen angesehen. Von der gesetzlichen Bestimmung in § 18 Abs. 3 Satz 1 BetrVG sei diese Vorschrift nicht gedeckt. Danach sei nur das Ergebnis der Stimmauszählung in der Niederschrift festzustellen. Besondere Vorkommnisse während des gesamten Wahlverfahrens gehörten nicht in diesen Zusammenhang. Trotzdem sollte vorsichtshalber der letzte Punkt auch in die Wahlniederschrift aufgenommen werden, wenn es dazu Anlass gibt. Die Wahlniederschrift ist von den stimmberechtigten Mitgliedern des Wahlvorstands mit ihrem gesamten Inhalt zu beschließen und vom Vorsitzenden des Wahlausschusses sowie von mindestens einem weiteren stimmberechtigten Mitglied zu unterschreiben, § 16 Abs. 2 WOBetrVG.
80
Die verschiedenen Varianten der Wahl
5.1.1.4
5
Benachrichtigung der Gewählten nach § 17 WOBetrVG
Nach § 17 WOBetrVG hat der Wahlvorstand die als Betriebsratsmitglieder gewählten Arbeitnehmer unverzüglich schriftlich von ihrer Wahl zu benachrichtigen (Benachrichtigung der Gewählten). Erklärt der Gewählte nicht binnen drei Arbeitstagen nach Zugang der Benachrichtigung dem Wahlvorstand, dass er die Wahl ablehne, so gilt die Wahl als angenommen (Annahme der Wahl). Eine Pflicht für den Gewählten zur Annahme der Wahl besteht nicht. Die angesprochene Drei-Tages-Frist beginnt am Tage nach dem Zugang der Benachrichtigung. Sie endet mit Ablauf des dritten Arbeitstages (Fristberechnung). Die Ablehnungserklärung ist an die Betriebsadresse des Wahlvorstands zu richten. Für die Einhaltung der Frist sind auch hier ggf. die vom Wahlvorstand angegebenen Dienststunden zu beachten. Hat der Gewählte die Wahl fristgerecht abgelehnt, so gilt er als nicht gewählt. Lehnt ein Gewählter die Wahl ab, so gilt folgenden Grundregel: An seine Stelle tritt der in derselben Vorschlagsliste in der Reihenfolge nach ihm benannte, nicht gewählte Bewerber. Enthält die Vorschlagsliste keine weiteren Kandidaten mehr, so ist der nächstfolgende Kandidat aus einer anderen Vorschlagsliste zu entnehmen. Dabei ist auf diejenige Liste zurückzugreifen, auf die nach den Grundsätzen der Verhältniswahl der nächste Sitz entfallen würde. Der nachrückende Kandidat ist von Anfang an als gewählt anzusehen. Für den Fall, dass durch die Ablehnung der Wahl das Minderheitsgeschlecht nicht mehr die ihm zustehenden Mindestsitze nach § 15 Abs. 2 BetrVG haben würde (zur Ermittlung siehe Geschlecht des Arbeitnehmers), weil der nach der oben dargelegten Grundregel nachrückende Bewerber dem anderen Geschlecht angehört, gilt eine Sonderregel (§ 17 Abs. 2 S. 2 WOBetrVG): An die Stelle des ablehnenden Bewerbers aus dem Minderheitsgeschlecht tritt der in der selben Vorschlagsliste in der Reihenfolge nach ihm benannte, nicht gewählte Bewerber desselben Geschlechts. Ist die Liste erschöpft, ist der nächstfolgende Kandidat des Minderheitsgeschlechts aus einer anderen Vorschlagsliste zu entnehmen. Dabei ist erneut auf diejenige Liste zurückzugreifen, auf die nach den Grundsätzen der Verhältniswahl der nächste Sitz entfallen würde. Enthält diese keinen Kandidaten des
Achtung Frist!
81
5
Die Wahl und die Aufgaben nach der Wahl
Minderheitsgeschlechts mehr oder ist sie ihrerseits erschöpft, ist die nächste Liste zu berücksichtigen, auf die ein Sitz entfallen wäre, usw. Findet sich letztlich auf allen Listen kein Kandidat des Minderheitsgeschlechts mehr, rückt nach der oben dargelegten Grundregel ein Vertreter des Mehrheitsgeschlechts nach. (Beispiele siehe unter Annahme oder Ablehnung der Wahl) 5.1.1.5
Bekanntmachung der Gewählten, Behandlung der Wahlakten
Sobald die Namen der Betriebsratsmitglieder endgültig feststehen, hat der Wahlvorstand sie durch zweiwöchigen Aushang in der gleichen Weise bekannt zu machen wie das Wahlausschreiben. Je eine Abschrift der Wahlniederschrift ist dem Arbeitgeber und den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften unverzüglich zu übersenden (siehe § 18 WOBetrVG). Die Wahlakten hat der Wahlvorstand an den Betriebsrat auszuhändigen. Der Betriebsrat hat sie nach § 19 WOBetrVG mindestens bis zur Beendigung seiner Amtszeit aufzubewahren (Wahlakte). Für den Arbeitgeber, die Arbeitnehmer sowie für jede im Betrieb vertretene Gewerkschaft besteht ein Einsichtsrecht in die Wahlakten, da die in ihnen enthaltenen Vorgänge für eine Anfechtung der Wahl nach § 19 BetrVG von Bedeutung sein können. Dieses Recht ist bis zur Aushändigung der Wahlakten gegenüber dem Wahlvorstand, danach gegenüber dem Betriebsrat geltend zu machen.
5.1.2
Mehrheitswahl, Wahlverfahren bei nur einer Vorschlagsliste
Die §§ 20 bis 23 WOBetrVG enthalten besondere Vorschriften für den Fall, dass für die Wahl nur eine gültige Vorschlagsliste eingereicht wurde. Der Wähler kann dann seine Stimme nur für solche Bewerber abgeben, die in dieser Vorschlagsliste aufgeführt sind. In diesem Fall findet die Wahl nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl statt. Auf dem Stimmzettel sind die Bewerber unter Angabe von Familienname, Vorname und Art der Beschäftigung in der Reihenfolge aufzuführen, in der sie auf der Vorschlagsliste benannt sind (Stimmzettel, eine Vorschlagsliste). Der Wähler kennzeichnet die von ihm gewählten Bewerber durch Ankreuzen an der hierfür im Stimmzettel
82
Die verschiedenen Varianten der Wahl
5
vorgesehenen Stelle. Er darf nicht mehr Bewerber ankreuzen, als Betriebsratsmitglieder zu wählen sind. Die Mehrheitswahl ist Personenwahl. Der Wähler wählt also nicht eine Liste, sondern nur einzelne Kandidaten. Jeder Wähler hat so viele Stimmen, wie Betriebsratsmitglieder zu wählen sind (Stimmabgabe, eine Vorschlagsliste). Kreuzt der Wähler mehr Kandidaten an, als Betriebsratsmitglieder zu wählen sind, so ist die Stimmabgabe wegen Mehrdeutigkeit bzw. Unklarheit ungültig. Unbenommen bleibt es dem Wähler hingegen, weniger Bewerber anzukreuzen als er Stimmen hat. Der Wähler kann allerdings nicht mehrere seiner Stimmen auf einen Bewerber vereinigen. Eine Stimmhäufung ist also nicht möglich. Sie wird als die Abgabe einer Stimme gedeutet. Nach Öffnung der -->Wahlurne entnimmt der Wahlvorstand die Stimmzettel den Wahlumschlägen und stellt die auf jeden Bewerber entfallenen Stimmen zusammen. Auch bei Mehrheitswahl findet die Stimmenauszählung unverzüglich und nach Abschluss der Wahl in öffentlicher Sitzung des Wahlvorstands statt. Insoweit gilt das oben Gesagte. Die Ermittlung der Gewählten ergibt sich aus § 22 WOBetrVG. Gewählt sind die Bewerber, die die meisten Stimmen erhalten haben (Mehrheitswahl). Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los, § 22 Abs. 3 WOBetrVG. Um den Geschlechterproporz zu wahren, werden zunächst die dem Geschlecht in der Minderheit zustehenden Mindestsitze (§ 15 Abs. 2 BetrVG, zur Ermittlung siehe Geschlecht des Arbeitnehmers) verteilt. Die Mindestsitze werden mit den Bewerbern dieses Geschlechts mit den jeweils höchsten auf sie entfallenden Stimmenzahlen besetzt. Sodann erfolgt die Verteilung der weiteren Sitze. Diese werden mit Bewerbern – unabhängig vom Geschlecht – in der Reihenfolge der jeweils höchsten auf sie entfallenden Stimmenzahlen besetzt. Haben sich weniger Angehörige des Minderheitsgeschlechts zur Wahl gestellt oder sind weniger Bewerber dieses Geschlechts gewählt worden (Kandidaten mit „0“ Stimmen gelten als nicht gewählt), als ihm Mindestsitze zustehen, so sind die aus diesem Grunde nicht von Bewerbern des Minderheitsgeschlechts zu besetzenden Sitze nach den allgemeinen Grundsätzen der Mehrheitswahl auf die gewählten Bewerber mit den jeweils meisten Stimmen zu verteilen. Ein Beispiel findet sich unter Mehrheitswahl.
83
5
Die Wahl und die Aufgaben nach der Wahl
Bezüglich der Wahlniederschrift gelten im Wesentlichen die obengenannten Grundsätze. Zusätzlich sind jedoch die jedem Bewerber zufallenden Stimmenzahlen festzuhalten. Sodann gelten für die Benachrichtigung der Gewählten und die Bekanntmachung der Gewählten wieder die gleichen Grundsätze wie oben. Lehnt ein Gewählter die Wahl ab, so tritt an seine Stelle der nicht gewählte Bewerber mit der nächsthöchsten Stimmenzahl (Grundregel). Für den Fall, dass durch die Ablehnung das Minderheitsgeschlecht nicht mehr die garantierten Mindestsitze erhalten würde, gibt es eine Sonderregelung (§ 23 Abs. 2 S. 2 WOBetrVG): An die Stelle des Ablehnenden tritt der (eigentlich) nicht gewählte Bewerber desselben Geschlechts mit der nächsthöchsten Stimmenzahl, § 23 Abs. 2 S. 3 WOBetrVG. Sollte kein Bewerber des Minderheitsgeschlechts mehr vorhanden sein (Kandidaten mit „0“ Stimmen sind ebenfalls nicht zu berücksichtigen), gilt die Grundregel. (Beispiele siehe unter Annahme oder Ablehnung der Wahl)
5.2
Briefwahl
In den §§ 24 bis 26 der WOBetrVG ist die schriftliche Stimmabgabe (Briefwahl) geregelt. Die Briefwahl ist bei den eigentlichen Betriebsratswahlen nur unter eingeschränkten Voraussetzungen möglich. Nach § 24 Abs. 1 WOBetrVG ist die Briefwahl nur dann zulässig, wenn ein wahlberechtigter Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Wahl wegen Abwesenheit vom Betrieb verhindert ist, seine Stimme persönlich abzugeben. Die in § 24 Abs. 1 WOBetrVG genannten Briefwahlunterlagen hat der Wahlvorstand in diesem Fall auf Verlangen des Arbeitnehmers auszuhändigen oder zu übersenden. Der Arbeitnehmer erhält dann: • das Wahlausschreiben, • die Vorschlagslisten, • den Stimmzettel und den Wahlumschlag, • eine vorgedruckte, vom Wähler abzugebende Erklärung, in der dieser gegenüber dem Wahlvorstand versichert, dass er den Stimmzettel persönlich gekennzeichnet hat, und
84
Briefwahl
•
5
einen größeren Freiumschlag, der die Anschrift des Wahlvorstands und als Absender den Namen und die Anschrift des Wahlberechtigten sowie den Vermerk „Schriftliche Stimmabgabe“ trägt.
Der Wahlvorstand soll dem Wähler ferner ein Merkblatt über die Art und Weise der schriftlichen Stimmabgabe aushändigen oder übersenden. Darin ist auf die Vorschrift des § 25 S. 1 WOBetrVG hinzuweisen, wonach der Wähler seine Stimme in der Weise abgibt, dass er • den Stimmzettel unbeobachtet persönlich kennzeichnet und in dem Wahlumschlag verschließt, • die vorgedruckte Erklärung unter Angabe des Ortes und des Datums unterschreibt und • den Wahlumschlag und die unterschriebene vorgedruckte Erklärung in dem Freiumschlag verschließt und diesen so rechtzeitig an den Wahlvorstand absendet oder übergibt, dass er vor Abschluss der Stimmabgabe vorliegt. Zu den Besonderheiten bei der Briefwahl bei behinderten Mitarbeitern siehe Briefwahl. Die Aushändigung oder Übersendung der Unterlagen hat der Wahlvorstand in der Wählerliste zu vermerken. Dadurch soll ausgeschlossen werden, dass der mit Wahlunterlagen versorgte Arbeitnehmer zugleich beim Urnengang seine Stimme ein zweites Mal abgibt. In § 24 WOBetrVG sind ferner zwei weitere Fälle genannt, in denen der Betriebsrat von Amts wegen bestimmten Arbeitnehmern die Briefwahl ermöglichen muss. Dies ist der Fall, • wenn der Wahlvorstand weiß, dass bestimmte Arbeitnehmer nach der Eigenart des Beschäftigungsverhältnisses während der Zeit der Stimmabgabe vom Betrieb abwesend sein werden (z.B. im Außendienst, mit Telearbeit oder in Heimarbeit Beschäftigte) • wenn der Wahlvorstand für Betriebsteile oder Kleinstbetriebe, die räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt sind, beschlossen hat, dass dort eine schriftliche Stimmabgabe zu erfolgen hat (§ 24 Abs. 3 WOBetrVG).
85
5
Achtung Frist!
86
Die Wahl und die Aufgaben nach der Wahl
In beiden Fällen erhalten die Wahlberechtigten die oben bezeichneten Unterlagen, ohne dass es eines Verlangens des Wahlberechtigten bedarf. Liegt ein Fall der Briefwahl vor, sind die Wahlunterlagen dem Arbeitnehmer möglichst noch vor Beginn seiner Abwesenheit persönlich auszuhändigen. Ist dies nicht möglich, müssen die Wahlunterlagen per Post versandt werden. Die Übermittlung der Wahlunterlagen sollte nach Möglichkeit am Tag der Bekanntgabe der als gültig anerkannten Vorschlagslisten (§ 10 Abs. 2 WOBetrVG) oder alsbald danach erfolgen. Wegen der Missbrauchsgefahr sollten die Wahlunterlagen möglichst nicht durch Boten überbracht werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich bei den Boten selbst um wahlberechtigte Arbeitnehmer handelt. Die durch die Briefwahl entstehenden Kosten, wie Herstellungskosten der Wahlunterlagen, Porto, Fahrtkosten usw., sind Wahlkosten, die der Arbeitgeber nach § 20 Abs. 2 Satz 1 BetrVG tragen muss, soweit sie notwendig und verhältnismäßig sind; Kosten der Wahl. In § 26 der WOBetrVG ist das Verfahren bei der Stimmabgabe in bezug auf die Briefwahl geregelt. Der Wahlvorstand darf die eingegangenen Rückumschläge erst unmittelbar vor Abschluss der Stimmabgabe öffnen und die Wahlumschläge entnehmen. Bis dahin hat er die Freiumschläge ungeöffnet zu sammeln und aufzubewahren. Die aus den Rückumschlägen entnommenen Wahlumschläge legt der Wahlvorstand nach Vermerk der Stimmabgabe in der Wählerliste ungeöffnet in die Wahlurne. Zuvor hat er geprüft, ob der Freiumschlag verschlossen war, die Erklärung nach § 25 S. 1 Nr. 2 WOBetrVG vorhanden und unterschrieben und der Wahlumschlag selbst nicht gekennzeichnet ist. Hält die Briefwahl dieser Prüfung nicht stand, darf der Wahlumschlag nicht in die Wahlurne gelegt werden. Der Wahlvorstand hat dann die Ungültigkeit der Stimmabgabe zu beschließen und die Briefwahlunterlagen zu den Wahlakten (Wahlakte) zu nehmen. Zu den verspätet eingegangenen Briefumschlägen bestimmt § 26 Abs. 2 WOBetrVG, dass der Wahlvorstand diese mit einem Vermerk über den Zeitpunkt des Eingangs ungeöffnet zu den Wahlunterlagen zu nehmen hat. Die Briefumschläge sind einen Monat nach Bekanntgabe
Aufgaben nach der Wahl
5
des Wahlergebnisses ungeöffnet zu vernichten, wenn die Wahl nicht angefochten worden ist.
5.3 5.3.1
Aufgaben nach der Wahl Mitteilung an weitere Beteiligte
Der Wahlvorstand hat nach Ablauf der Wahl noch einige wenige Aufgaben. So hat er nach § 18 Satz 2 WOBetrVG je eine Abschrift der Wahlniederschrift (§ 16 WOBetrVG) dem Arbeitgeber und den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften unverzüglich zu übersenden.
5.3.2
Einberufung der konstituierenden Sitzung des Betriebsrats
Ferner hat er nach § 29 Abs. 1 BetrVG vor Ablauf einer Woche nach dem Wahltag die gewählten Mitglieder des Betriebsrats zu einer konstituierenden Sitzung einzuberufen. In dieser Sitzung hat die Wahl des Vorsitzenden und des stellvertretenden Vorsitzenden des Betriebsrats stattzufinden. Der Vorsitzende des Wahlvorstands leitet diese Sitzung, bis der Betriebsrat aus seiner Mitte einen Wahlleiter bestellt hat. Sind bei der Ladung zu dieser konstituierenden Sitzung ordentliche Mitglieder des Betriebsrats verhindert, so sind jeweils die Ersatzmitglieder in der Reihenfolge zu laden, die sich aus § 25 Abs. 2 BetrVG ergibt (Ersatzmitglied). Dabei ist der Geschlechterproporz zu beachten. Bei der ersten, so genannten konstituierenden Sitzung des Betriebsrats ist folgendes zu beachten: Die konstituierende Sitzung ist auch dann einzuberufen, wenn die Wahl angefochten wurde. Es ist umstritten, ob innerhalb der Wochenfrist die bloße Einberufung oder auch die Sitzung selbst stattzufinden hat. Sicherer ist es in jedem Falle, die konstituierende Sitzung selbst bereits spätestens eine Woche nach dem (letzten) Wahltag abzuhalten. Die konstituierende Sitzung ist auch dann rechtzeitig einzuberufen, wenn die Amtszeit des bisherigen Betriebsrats noch nicht abgelaufen ist. Der neue Betriebsrat kann sich also bereits konstituieren, auch wenn seine Amtszeit erst mit Ablauf der Amtszeit des bisherigen Be-
Achtung Frist!
Achtung Frist!
87
5
Die Wahl und die Aufgaben nach der Wahl
triebsrats beginnt (§ 21 Satz 2 BetrVG). Die Durchführung der konstituierenden Sitzung noch während der Amtszeit des bisherigen Betriebsrats wird auch durchaus als sinnvoll erachtet, weil damit etwa bei einem Wechsel des Betriebsratsvorsitzenden rechtzeitig eine Unterrichtung des neuen Vorsitzenden über die laufenden Vorgänge erfolgen kann. Die Übergabe von Akten oder anderen Unterlagen an den neuen Betriebsrat ist allerdings erst mit Amtsbeginn zulässig. Zum Wahlleiter für die Wahl des Vorsitzenden und seines Stellvertreters kann nur eines der frisch gewählten Betriebsratsmitglieder bestellt werden. Vorschlagsberechtigt sind die Betriebsratsmitglieder selbst. Zum Wahlleiter gewählt ist, wer die meisten Stimmen erhalten hat. Der Vorsitzende des Wahlvorstands gibt das Wahlergebnis bekannt. Damit endet sein Recht, die Sitzung zu leiten. Falls er nicht selbst ein Betriebsratsmitglied geworden ist, hat er nunmehr den Sitzungsraum zu verlassen. Die Leitung der Sitzung übernimmt dann der soeben gewählte Wahlleiter. Er muss dann die Wahl des Vorsitzenden des Betriebsrats und seines Stellvertreters durchführen. Zu dieser Wahl ergibt sich Näheres aus § 26 Abs. 1 BetrVG. Die Wahl hat aus „der Mitte des Betriebsrats“ zu erfolgen. An ihr dürfen nur Mitglieder des Betriebsrats teilnehmen. Das Gesetz gibt darüber hinaus keine weiteren Vorschriften über das Wahlverfahren. Der Betriebsrat kann die Grundsätze für die Durchführung der Wahl beschließen (z.B. ob sie geheim oder offen erfolgen soll). Umstritten ist, ob das Verlangen eines einzelnen Betriebsratsmitglieds genügt, die Wahl geheim durchzuführen. Wir meinen, einem solchen Verlangen sollte Rechnung getragen werden – schon im Hinblick auf die künftige vertrauensvolle Zusammenarbeit der Betriebsratsmitglieder untereinander. Für die Wahl des Vorsitzenden und Stellvertreters sind in aller Regel zwei getrennte Wahlgänge aller Betriebsratsmitglieder durchzuführen. Gewählt ist, wer die meisten Stimmen erhalten hat. Bei Stimmengleichheit kann auf Antrag eines Betriebsratsmitglieds die Wahl wiederholt werden. (Zu einer Pattsituation kann es beispielsweise kommen, wenn es Enthaltungen gibt.) Kommt es erneut zu einer Pattsituation, so wird in aller Regel vorgeschlagen, dass das Los entscheiden soll. Vereinzelt wird vertreten, zu einem Losentscheid dürfe es nur kommen, wenn dies bereits vor der Wahl durch einen
88
Aufgaben nach der Wahl
5
entsprechenden Beschluss festgelegt worden wäre. Es erscheint sinnvoll, bereits vor der Wahl einen derartigen Beschluss zu fassen. Über die konstituierende Sitzung ist eine Niederschrift aufzunehmen. Darin sind die Namen der Gewählten und die Stimmenzahl aufzuführen.
5.3.3
Aufbewahrung der Wahlakten
Gemäß § 19 der WOBetrVG hat der Betriebsrat die Wahlakten mindestens bis zur Beendigung seiner Amtszeit aufzubewahren (Wahlakte). Die Unterlagen sind vom Wahlvorstand an den neuen Betriebsrat auszuhändigen. Die ausliegenden und aushängenden Schriftstücke sind vom Wahlvorstand wieder einzusammeln. Dabei ist der Tag der Abnahme zu vermerken. Die Bekanntmachung der gewählten Bewerber ist nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist des § 18 Satz 1 WOBetrVG vom Betriebsrat abzunehmen.
89
6 6.1
Die Wahl im vereinfachten Wahlverfahren Allgemeines
Für Betriebe in der Größe von in der Regel 5 bis 50 wahlberechtigten Arbeitnehmern sieht § 14a BetrVG eine so genanntes vereinfachtes Wahlverfahren zwingend vor. In Betrieben mit in der Regel 51 bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern können der Wahlvorstand und der Arbeitgeber vereinbaren, dass die Betriebsratswahl in dem vereinfachten Verfahren durchgeführt werden soll (§ 14a Abs. 5 BetrVG). Wer auch immer die Wahl einleitet (bestehender Betriebsrat, Gesamt-, Konzernbetriebsrat, Arbeitnehmer, Gewerkschaft oder Arbeitsgericht), sollte wegen der schon von Anfang an bestehenden Unterschiede zum regulären Wahlverfahren klären, welches Wahlverfahren einzuhalten ist (vgl. dazu schon oben Kapitel 3). Das vereinfachte Wahlverfahren wird in zwei Versionen durchgeführt. Welche einschlägig ist, hängt von der Art der Einleitung ab: • Wird die Betriebsratswahl über die Bestellung des Wahlvorstandes durch den (amtierenden) Betriebsrat, durch den Gesamt- oder Konzernbetriebsrat oder durch das Arbeitsgericht eingeleitet, so findet das einstufige vereinfachte Wahlverfahren Anwendung (§ 14a Abs. 3 BetrVG, siehe dazu unten 2). Das einstufige Verfahren ist ferner einschlägig, wenn Wahlvorstand und Arbeitgeber dies in Betrieben mit 51 bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern vereinbaren (§ 37 WOBetrVG). Das einstufige Wahlverfahren wird künftig der Normalfall sein. Ein Sonderfall ist vom Gesetz ungenau geregelt, nämlich die Einleitung durch arbeitsgerichtlichen Beschluss. Das Betriebsverfassungsgesetz verweist diesen Fall nur auf den Weg über das einstufige Verfahren, wenn das Arbeitsgericht „nach § 17a Nr. 4“ BetrVG den Wahlvorstand bestellt (§ 14a Abs. 3 Satz 1 BetrVG); gemeint ist damit der Fall, dass trotz Einladung zur Wahlver-
90
Allgemeines
•
6
sammlung zwecks Wahl eines Wahlvorstandes diese Wahlversammlung nicht stattfindet. Demnach scheint das zweistufige Verfahren anwendbar zu sein, wenn das Arbeitsgericht den Wahlvorstand wegen Säumnis des Betriebsrats bei der Bestellung des Wahlvorstandes auf Antrag bestellt (§ 17a Nr. 1 BetrVG, § 16 Abs. 2 BetrVG). In diesem Fall wäre aber das zweistufige Verfahren unsinnig, da der Wahlvorstand kraft gerichtlicher Bestellung bereits existiert und seine Bestellung in der dafür vorgesehenen ersten Wahlversammlung des zweistufigen Verfahrens also nicht mehr vorgenommen werden kann und muss. Analog § 14a Abs. 3 BetrVG ist daher auch für diesen Fall das einstufige Wahlverfahren einschlägig. Wird die Betriebsratswahl dadurch eingeleitet, dass mindestens drei wahlberechtigte Arbeitnehmer oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft zu einer Wahlversammlung einladen, so findet das zweistufige vereinfachte Wahlverfahren Anwendung (§ 14a Abs. 1 BetrVG, § 17 Abs. 2 und 3 BetrVG). Dieses Verfahren greift nur ein, wenn im Betrieb weder ein Betriebsrat besteht noch ein Gesamt- oder Konzernbetriebsrat zuständig ist. Das zweistufige Verfahren kommt also grundsätzlich nur bei der erstmaligen Wahl des Betriebsrat zur Anwendung, und dann auch nur, wenn Gesamt- oder Konzernbetriebsrat nicht bestehen oder nicht in angemessener Zeit tätig werden. Zum zweistufigen Verfahren siehe Kapitel 3)
91
6
92
Die Wahl im vereinfachten Wahlverfahren
Einstufiges vereinfachtes Wahlverfahren
6.2
6
Einstufiges vereinfachtes Wahlverfahren
Das einstufige vereinfachte Wahlverfahren findet statt, wenn der Wahlvorstand durch • den amtierenden Betriebsrat gebildet wird, • den Gesamtbetriebsrat oder, wenn es einen solchen nicht gibt, durch Konzernbetriebsrat eingesetzt wird, • das Arbeitsgericht den Wahlvorstand durch gerichtlichen Beschluss einsetzt oder wenn • Arbeitgeber und Wahlvorstand in Betrieben mit in der Regel zwischen 51 und 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern das vereinfachte Wahlverfahren vereinbaren (dazu näher oben Kapitel 2 (unter 2.3.2)). Ohne Bedeutung ist dabei, ob bereits ein Betriebsrat besteht oder ob auf diese Weise erstmals ein Betriebsrat gewählt werden soll. Das einstufige vereinfachte Wahlverfahren kommt hingegen nicht in Betracht, wenn die Wahl auf Einladung von mindestens drei wahlberechtigten Arbeitnehmern oder auf Veranlassung einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft durchgeführt werden soll. Das vereinfachte Wahlverfahren ist damit vor allem das einschlägige Wahlverfahren, wenn bereits ein Betriebsrat besteht.
6.2.1
Die Vorbereitung der vereinfachten einstufigen Wahl
Für die Vorbereitung der Wahl ist zunächst ausschlaggebend, wann die Betriebsratswahl stattzufinden hat. Hinsichtlich des Zeitpunkts der Wahl gelten die allgemeinen Regeln (siehe Kapitel 2). Die ersten Schritte bei der vereinfachten einstufigen Wahl sind die Bestellung des Wahlvorstands und die vorbereitenden Maßnahmen, die der Wahlvorstand bis zum Erlass des Wahlausschreibens zu ergreifen hat.
93
6
Die Wahl im vereinfachten Wahlverfahren
6.2.1.1
Die Bestellung des Wahlvorstands
a) Allgemeines Erster Akt einer Betriebsratswahl ist generell die Bestellung des Wahlvorstands. Es gelten unterschiedliche Bedingungen in Abhängigkeit davon, wer den Wahlvorstand bestellt (s.u. c bis e). In jedem Fall wird ein Arbeitnehmer nur dann Wahlvorstand, wenn er eine Bestellung annimmt. Formvorschriften sind dafür nicht erforderlich, eine schriftliche Erklärung empfiehlt sich dennoch. Das Amt endet mit Erledigung aller Aufgaben des Wahlvorstands. Jedes Mitglied kann vorher auch sein Amt niederlegen; wurden keine Ersatzmitglieder bestellt, muss das Bestellungsorgan (Betriebsrat, Gesamt/Konzernbetriebsrat, Arbeitsgericht) ein neues Mitglied bestellen. b) Zusammensetzung Zu bestellen sind drei Mitglieder des Wahlvorstands, ein Mitglied hat der Betriebsrat als Vorsitzenden zu bestimmen. Im vereinfachten Wahlverfahren hat der Betriebsrat anders als im regulären Verfahren nicht die Möglichkeit, eine andere Größe des Wahlvorstandes durch Bestellung weiterer Mitglieder vorzusehen. Denn die entsprechende Gestattungsnorm des § 16 Abs. 1 Satz 2 BetrVG ist nicht anwendbar (§ 17a Nr. 2 BetrVG). Der Wahlvorstand besteht auch aus drei Mitgliedern, wenn der Betriebsrat nur aus einer Person besteht (Betriebe mit bis zu 20 Wahlberechtigten). Nur in einem Fall kann der Wahlvorstand aus mehr als drei Mitgliedern bestehen, nämlich wenn in einem Betrieb mit in der Regel 51 bis 100 Wahlberechtigten eine Wahl unter Bestellung eines größeren Wahlvorstands initiiert wird und dieser Wahlvorstand mit dem Arbeitgeber das vereinfachte Wahlverfahren vereinbart. In diesem Ausnahmefall bleibt der größere Wahlvorstand im Amt. Ersatzmitglieder können bestellt werden (§§ 17a, 16 Abs. 1 Satz 4 BetrVG). Mitglied des Wahlvorstands können nur wahlberechtigte Arbeitnehmer werden. Darüber hinaus bestehen keine Einschränkungen. Bestellt werden können auch Betriebsratsmitglieder, oder Arbeitnehmer, die für ein Betriebsratsamt kandidieren wollen. Der Betriebsrat hat aber nach § 2 Abs. 1 BetrVG auch bei der Bestellung des Wahlvorstands das Wohl des Betriebes im Auge zu behalten. Er sollte sich
94
Einstufiges vereinfachtes Wahlverfahren
6
daher mit dem Arbeitgeber verständigen, da auf den Wahlvorstand innerhalb kurzer Zeit eine Fülle zusätzlicher Aufgaben zukommen. In Betrieben mit männlichen und weiblichen Arbeitnehmern sollen beide Geschlechter dem Wahlvorstand angehören, §§ 17a, 16 Abs. 1 Satz 5 BetrVG. Eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft kann zusätzlich einen dem Betrieb angehörenden Beauftragten als nicht stimmberechtigtes Mitglied in den Wahlvorstand entsenden, wenn ihr nicht ohnehin ein Mitglied des Wahlvorstands angehört, §§ 17a, 16 Abs. 1 Satz 6 BetrVG. c) Bestellung durch den Betriebsrat Besteht im Betrieb bereits ein Betriebsrat, so kommt zunächst ihm die Aufgabe zu, einen Wahlvorstand zu bestellen. Die Bestellung kann kurzfristiger vorgenommen werden als bei der regulären Wahl. Der Betriebsrat hat Zeit bis vier Wochen vor Ablauf seiner Amtszeit (zum Ende der Amtszeit siehe Amtszeit des Betriebsrats). Hat der Betrieb um 50 Beschäftigte, so sollte der Betriebsrat den Wahlvorstand vorsichtshalber mindestens 10 Wochen vor Ablauf seiner Amtszeit bestellen (also die Frist für die Bestellung des Wahlvorstands für das reguläre Wahlverfahren einhalten). Denn in diesem Fall muss der Wahlvorstand zunächst klären, ob überhaupt das vereinfachte Wahlverfahren zur Anwendung kommt. Wenn nicht, hat er die Vorbereitungen für die reguläre Wahl zu treffen (siehe dazu Kapitel 3). Verfahrensregeln zur Bestellung existieren nicht. Besteht der Betriebsrat aus mehr als einem Mitglied, ist ein Beschluss nach § 33 BetrVG zu fassen (vgl. auch Kapitel 3.1.2). d) Bestellung durch Gesamt- oder Konzernbetriebsrat Der Wahlvorstand kann in Betrieben mit bis zu 50 Wahlberechtigten wie auch in größeren Betrieben in zwei Fällen durch den Gesamtoder Konzernbetriebsrat bestellt werden, nämlich wenn • der amtierende Betriebsrat die Bestellung des Wahlvorstands nicht spätestens drei Wochen vor Ablauf der Amtszeit vornimmt oder • bislang kein Betriebsrat besteht.
Achtung Frist!
Achtung Frist!
Achtung Frist!
95
6
Die Wahl im vereinfachten Wahlverfahren
In Betracht kommt die Bestellung durch Gesamt- oder Konzernbetriebsrat natürlich nur, wenn der Betrieb zu einem Unternehmen mit mehreren Betrieben oder zu einem Konzern gehört. Im Unternehmen muss es einen Gesamtbetriebsrat oder im Konzern einen Konzernbetriebsrat geben, der für den Betrieb zuständig ist (§§ 50 Abs. 1, 58 Abs. 1 BetrVG). Der Konzernbetriebsrat darf dabei nur aktiv werden, wenn kein zuständiger Gesamtbetriebsrat besteht(§§ 17a, 17 Abs. 1 BetrVG). Besteht ein Gesamtbetriebsrat, wird er aber nicht aktiv, so bleibt nur die Bestellung über das Arbeitsgericht. Achtung Frist!
e) Bestellung durch das Arbeitsgericht Hat der amtierende Betriebsrat spätestens 3 Wochen vor Ende seiner Amtszeit noch keinen Wahlvorstand eingesetzt, so kann die Bestellung durch das Arbeitsgericht beantragt werden. Den Antrag können mindestens drei wahlberechtigte Arbeitnehmer oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft stellen (§§ 17a, 16 Abs. 2 BetrVG). Bis zur rechtskräftigen Bestellung durch das Arbeitsgericht kann auch der Betriebsrat noch den Wahlvorstand bestellen. Die arbeitsgerichtliche Bestellung des Wahlvorstands ist auch möglich, wenn trotz Einladung zu einer Wahlversammlung zur Wahl eines Wahlvorstands (= zweistufiges Verfahren!) die Wahl ausbleibt, entweder weil die Wahlversammlung nicht stattfindet oder in ihr keine Wahl erfolgt (§§ 17a Nr. 4, 17 Abs. 4 BetrVG). Auch wenn in diesem Fall ein zweistufiges vereinfachtes Wahlverfahren eingeleitet wurde, finden ab Bestellung des Wahlvorstands durch das Arbeitsgericht die Regeln über das einstufige vereinfachte Wahlverfahren Anwendung (vgl. § 14a Abs. 3 Satz 1 BetrVG). f) Stellung der Wahlvorstandsmitglieder Das Amt des Wahlvorstands ist ein Ehrenamt. Eine Vergütung wird nicht gezahlt, der Wahlvorstand hat aber Anspruch auf Fortzahlung der ihm als Arbeitnehmer zustehenden Vergütung (§ 20 Abs. 3 BetrVG, weiter dazu siehe Kapitel 3.1.6). Auch im vereinfachten Wahlverfahren genießt der Wahlvorstand besonderen Kündigungsschutz nach §§ 15 Abs. 3 KSchG, 103 BetrVG.
96
Einstufiges vereinfachtes Wahlverfahren
6.2.1.2
6
Die Maßnahmen des Wahlvorstands bis zur Einleitung der Wahl
Nach ordnungsgemäßer Bestellung hat der Vorsitzende den Wahlvorstand unverzüglich zu seiner ersten Sitzung zu laden (vgl. § 18 Abs. 1 BetrVG). Die Sitzung findet grundsätzlich während der Arbeitszeit und zweckmäßigerweise in den Räumen des Arbeitgebers statt. Regeln für die erste und auch die Folgesitzungen bestehen kaum. Es ist lediglich darauf zu achten, dass Entscheidungen durch (Mehrheits-) Beschlüsse getroffen werden und dass jede Sitzung protokolliert wird; das Protokoll ist vom Vorsitzenden und einem weiteren Mitglied zu erstellen, es muss mindestens den Wortlaut der gefassten Beschlüsse enthalten.
Achtung: Unverzüglich!
a) Prüfung des Bereichs, in dem gewählt werden soll Wie bei der regelmäßigen Wahl empfiehlt es sich für den Wahlvorstand, zu Beginn seiner Arbeit zu prüfen, welche Bereiche und Unternehmensteile zu dem Betrieb gehören, in dem gewählt werden soll. Insbesondere sollte untersucht werden, ob sich die Betriebsratswahl auf Betriebsteile oder Kleinstbetriebe im Sinne des § 4 BetrVG erstreckt. b) Aufstellung der Wählerliste Unverzüglich und frühzeitig hat der Wahlvorstand die Wählerliste aufzustellen (§ 18 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, § 36 Abs. 1 i.V.m. § 2 WOBetrVG). Dabei hat der Wahlvorstand größtmögliche Sorgfalt anzuwenden. Denn die Aufnahme in die Wählerliste entscheidet faktisch über das Wahlrecht der Arbeitnehmer, weil die Wahlberechtigung bei der Wahl anhand dieser Liste geprüft wird. Fehler der Wählerliste können zur Anfechtung der Betriebsratswahl (Wahlanfechtung) führen. Der Arbeitgeber hat dem Wahlvorstand alle für die Anfertigung der Wählerliste erforderlichen Auskünfte zu erteilen und die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen, § 36 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 2 Abs. 2 WOBetrVG. Besteht in dem Betrieb auch ein Sprecherausschuss, so ist für die Zuordnung der Arbeitnehmer zu den leitenden Angestellten das Verfahren nach § 18a BetrVG durchzuführen. Sprecherausschüsse werden in Betrieben mit bis zu 50 Wahlberechtigten allerdings selten bestehen; das dürfte nur bei Konzernholdingbetrieben vereinzelt der Fall sein.
Achtung: Unverzüglich!
97
6
Die Wahl im vereinfachten Wahlverfahren
c) Bestimmung der Mindestsitze des Minderheitsgeschlechts Besteht der Betriebsrat aus mehr als einem Mitglied, so muss der Wahlvorstand die Zahl der Mindestsitze des Geschlechts bestimmen, das sich in der Minderheit befindet (§§ 36 Abs. 4, 32, 5 WOBetrVG). Zum Verfahren Geschlecht des Arbeitnehmers. d) Entscheidung über nachträgliche schriftliche Stimmabgabe Zählen Kleinstbetriebe oder Betriebsteile zum Betrieb, die räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt liegen, so sollte der Wahlvorstand frühzeitig entscheiden, ob dort die nachträgliche schriftliche Stimmabgabe erfolgen soll (§§ 36 Abs. 4, 35 Abs. 1 Satz 3, 24 Abs. 3 WOBetrVG, dazu Stimmabgabe, nachträgliche schriftliche).
Achtung Frist!
98
e) Festlegung der Wahlversammlung Als weitere Vorbereitung sollte der Wahlvorstand festlegen, wann und wo die Wahlversammlung stattfinden soll. Grundsätzlich findet die Wahlversammlung während der Arbeitszeit statt, § 44 Abs. 1 BetrVG. Soweit möglich soll die Wahlversammlung im Betrieb stattfinden. Für den Termin der Wahlversammlung bestehen nur Vorgaben, wenn ein Betriebsrat besteht, also keine erstmalige Wahl ansteht. In diesem Fall soll der letzte Tag der Stimmabgabe eine Woche vor dem Tag liegen, an dem die Amtszeit des Betriebsrates endet (§ 36 Abs. 2 Satz 2 WOBetrVG). Eine genaue Bestimmung ist damit indes nicht möglich. Denn der letzte Tag der Stimmabgabe ist nicht zwingend gleichbedeutend mit dem Tag der Wahlversammlung. Wird eine nachträgliche schriftliche Stimmabgabe (Stimmabgabe, nachrägliche schriftliche) erforderlich, so liegt der letzte Tag der Stimmabgabe auf dem letzten Tag für die nachträgliche Stimmabgabe. Für den Wahlvorstand ist häufig nicht absehbar, ob eine nachträgliche schriftliche Stimmabgabe überhaupt erforderlich wird. Ferner ist nicht absehbar, welche Frist für eine nachträgliche schriftliche Stimmabgabe festgelegt werden muss. Vorsichtshalber sollte mindestens eine Woche veranschlagt werden, Damit sollte die Wahlversammlung möglichst zwei Wochen vor Ende der Amtszeit des Betriebsrats liegen. Zu beachten ist allerdings auch, dass Wahlvorschläge spätestens eine Woche vor der Wahlversammlung eingereicht werden müssen (§ 36 Abs. 5 Satz 1 WOBetrVG). Für die Aufstellung der Wahlvorschläge
Einstufiges vereinfachtes Wahlverfahren
6
sollte den Wahlberechtigten mindestens eine Woche ab Erlass des Wahlausschreibens gegeben werden, so dass zwischen Erlass des Wahlausschreibens und Wahlversammlung wiederum zwei Wochen liegen sollten. Insgesamt wäre daher eine Zeitspanne von vier Wochen zwischen Erlass des Wahlausschreibens und Ende der Amtszeit des Betriebsrats vonnöten. Steht sie nicht mehr zur Verfügung, sollte die Wahlversammlung auf einen Termin gelegt werden, der weniger als zwei Wochen vor dem Ende der Amtszeit des Betriebsrats liegt. Die Anordnung des § 36 Abs. 2 Satz 2 WOBetrVG, die eine Zeitspanne von einer Woche zwischen letztem Tag der Stimmabgabe und Ende der Amtszeit des Betriebsrats festlegt, ist eine Sollvorschrift. Kann sie nicht eingehalten werden, so treten keine Folgen ein. Insbesondere ist die Betriebsratswahl deswegen nicht anfechtbar. f) Vorbereitung des Wahlausschreibens Auch die weiteren Angaben für das Wahlausschreiben müssen vorbereitet werden. Insbesondere gilt das für Ort und Art der Bekanntgabe des Wahlausschreibens.
6.2.2 6.2.2.1
Von der Einleitung der vereinfachten einstufigen Wahl bis zum Wahltag Einleitung der Wahl/Erlass des Wahlausschreibens
Auch im vereinfachten Wahlverfahren kommt dem Erlass des Wahlausschreibens besondere Bedeutung zu. Mit ihm gilt die Betriebsratswahl als eingeleitet (§ 36 Abs. 2 WOBetrVG). Für den Erlass des Wahlausschreibens gibt es nur wenige Vorschriften. Vor allem ist (neben dem Inhalt) festgelegt, dass der Wahlvorstand das Wahlausschreiben unverzüglich nach seiner Bestellung erlassen muss. Der Zeitdruck ist im vereinfachten Verfahren viel höher als im regulären Verfahren. Das gilt besonders, wenn ein Betriebsrat besteht, dessen Amtszeit abläuft. Denn zwischen Erlass des Wahlausschreibens und Ende der Amtszeit sollte nicht nur die Wahlversammlung liegen, sondern ab Erlass des Wahlausschreibens muss der Belegschaft noch genügend Zeit verbleiben, Wahlvorschläge einzureichen (dazu oben, 6.2.1.2 e).
Achtung: Unverzüglich!
99
6
Die Wahl im vereinfachten Wahlverfahren
Das Wahlausschreiben wird durch seine Veröffentlichung erlassen. Der normale Weg ist der Aushang an mindestens einer Stelle im Betrieb. Ergänzend kann das Wahlausschreiben auch über die betriebliche Informations- und Kommunikationstechnik bekannt gemacht werden. Ausschließlich über die Informations- und Kommunikationstechnik und ohne Aushang ist die Bekanntmachung nur möglich, wenn sichergestellt ist, dass alle Arbeitnehmer erreicht und Änderungen nur durch den Wahlvorstand vorgenommen werden können (§ 36 Abs.1 Satz 3 i.V.m. § 2 Abs. 4 WOBetrVG). 6.2.2.2
Inhalt des Wahlausschreibens
Der Inhalt des Wahlausschreibens ergibt sich aus § 36 Abs. 3 WOBetrVG und § 36 Abs. 3 WOBetrVG. Das Wahlausschreiben hat zu informieren über (nähreres siehe Wahlausschreiben, vereinfachtes einstufiges Wahlverfahren): • das Datum seines Erlasses, § 36 Abs. 3 WOBetrVG, § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 WOBetrVG • den Ort der Auslage von Wählerliste und Wahlordnung, § 36 Abs. 3 WOBetrVG, § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 WOBetrVG • das Wahlrecht der Arbeitnehmer, § 36 Abs. 3 WOBetrVG, § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 WOBetrVG • den Anteil der Geschlechter, § 36 Abs. 3 WOBetrVG, § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 WOBetrVG • die Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder und die Mindestsitze für Minderheitsgeschlecht, § 36 Abs. 3 WOBetrVG, § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 WOBetrVG • die Mindestzahl von Unterstützungsunterschriften für einen Wahlvorschlag, § 36 Abs. 3 WOBetrVG, § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 WOBetrVG • die Wahlvorschläge der Gewerkschaften, § 36 Abs. 3 WOBetrVG, § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 WOBetrVG • die Regeln und Fristen zur Einreichung der Wahlvorschläge, § 36 Abs. 3 WOBetrVG, § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 8 WOBetrVG • die Wahl nach Wahlvorschlägen, § 36 Abs. 3 WOBetrVG, § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 9 WOBetrVG • den Aushang der Wahlvorschläge, § 36 Abs. 3 WOBetrVG, § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 10 WOBetrVG
100
Einstufiges vereinfachtes Wahlverfahren
• • •
• •
6
Ort, Tag und Zeit der Wahlversammlung zur Betriebsratswahl, § 36 Abs. 3 WOBetrVG, § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 11 WOBetrVG die Möglichkeit zur nachträglichen schriftlichen Stimmabgabe, § 36 Abs. 3 WOBetrVG, § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 12 WOBetrVG Ort, Tag und Zeit der nachträglichen schriftlichen Stimmabgabe und Betriebsteile und Kleinstbetriebe, für die die nachträgliche schriftliche Stimmabgabe beschlossen wurde, § 36 Abs. 3 WOBetrVG, § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 13 WOBetrVG die Betriebsadresse des Wahlvorstands, § 36 Abs. 3 WOBetrVG, § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 14 WOBetrVG Ort, Tag und Zeit der öffentlichen Stimmenauszählung, § 36 Abs. 3 WOBetrVG, § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 15 WOBetrVG
Die Vorgaben für den Inhalt des Wahlausschreibens stellen keine zwingende Begrenzung dar. Der Wahlvorstand kann weitere Empfehlungen und Hinweise zu dem Ablauf der Wahl oder zu den Wahlvorschlägen aufnehmen. 6.2.2.3
Berichtigung oder Ergänzung des Wahlausschreibens
Im vereinfachten Wahlverfahren ist schon durch den normalen Verfahrensablauf möglich, dass die Angaben des Wahlausschreibens korrekturbedürftig sind. Das betrifft die nachträgliche schriftliche Stimmabgabe, die noch drei Tage vor dem Tag der Wahlversammlung zur Wahl des Betriebsrats beantragt werden kann. Geschieht dies, muss auch der Termin zur Stimmauszählung neu bestimmt werden. Ort, Tag und Zeit der nachträglichen schriftlichen Stimmabgabe (also Abgabefrist und Adresse/Abgabeort) sowie der Termin zur öffentlichen Stimmauszählung sind in gleicher Weise wie das Wahlausschreiben (dazu oben 6.2.2.1) bekannt zu machen. 6.2.2.4
Einsprüche gegen die Richtigkeit der Wählerliste
Für den Einspruch gegen die Wählerliste gelten grundsätzlich die Regeln für das reguläre Wahlverfahren entsprechend, siehe auch. Kapitel 5, 2.1.1, (§§ 36 Abs.1 Satz 3, 30 Abs. 2 Satz 2 WOBetrVG). Einsprüche gegen die Wählerliste können allerdings nur vor Ablauf von drei Tagen ab Erlass der Wählerliste beim Wahlvorstand schriftlich eingelegt werden, §§ 36 Abs.1 Satz 3, 30 Abs. 2 Satz 1 WOBetrVG. Damit ist auch für die Arbeitnehmer Eile geboten, die Wäh-
Achtung Frist!
101
6
Die Wahl im vereinfachten Wahlverfahren
lerliste sofort nach Bekanntmachung zu prüfen. Denn in die Fristberechnung werden alle Tage eingerechnet, nicht nur Arbeitstage (vgl. § 41 WOBetrVG). Der Arbeitgeber sollte daher auch aus eigenem Interesse noch am Tag des Aushangs von sich aus prüfen, ob die Wählerliste richtig ist. 6.2.2.5
Wahlvorschläge
Im vereinfachten Wahlverfahren wird aufgrund von Wahlvorschlägen gewählt (§§ 36 Abs. 5, 33 Abs. 1 Satz 1 WOBetrVG). Diese Regel ist Ausfluss des Prinzips der Personenwahl: Während die Wähler in der regulären Wahl unter Vorschlagslisten mit je mehreren Wahlbewerbern auswählen, werden im vereinfachten Wahlverfahren die einzelnen Wahlbewerber und damit die einzelnen Betriebsratssitze unmittelbar vom Wähler bestimmt. Die Wahlvorschläge für das vereinfachte einstufige Wahlverfahren sind zu §14 BetrVG, §14a BetrVG in §36 Abs.5 WOBetrVG ergänzend geregelt. § 36 Abs. 5 WOBetrVG verweist weithin auf die Regeln für das reguläre Wahlverfahren und legt nur die Besonderheiten fest. Zu den Wahlvorschlägen vertiefend Wahlvorschlag. a) Aufstellung, Inhalt der Wahlvorschläge Aufgestellt werden dürfen die Wahlvorschläge von allen wahlberechtigten Arbeitnehmern und den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften (§ 14 Abs. 3 BetrVG). Die Wahlvorschläge sind immer schriftlich aufzustellen und einzureichen, § 36 Abs. 5 Satz 1 WOBetrVG. b) Wahlbewerber Jeder Wahlvorschlag soll mindestens doppelt so viele Bewerber aufweisen, wie Betriebsratsmitglieder zu wählen sind (§ 36 Abs. 5 Satz 2 WOBetrVG, § 6 Abs. 2 WOBetrVG). Die Kandidaten sind in dem Wahlvorschlag in erkennbarer Reihenfolge unter fortlaufender Nummer und unter Angabe von Familienname, Vorname, Geburtsdatum und Art der Beschäftigung im Betrieb aufzuführen (§ 36 Abs. 5 Satz 2 WOBetrVG, § 6 Abs. 2 WOBetrVG). c) Zustimmung des vorgeschlagenen Bewerbers Niemand kann gegen seinen Willen zur Kandidatur gezwungen werden. Deshalb muss der Bewerber seiner Aufnahme in den Wahlvorschlag zustimmen.
102
Einstufiges vereinfachtes Wahlverfahren
Wird der Wahlvorschlag dem Wahlvorstand eingereicht, sind die schriftlichen Zustimmungserklärungen der Wahlbewerber beizufügen. Beanstandet der Wahlvorstand nach Prüfung des Wahlvorschlags eine fehlende Unterschrift (§ 36 Abs. 5 Satz 2 WOBetrVG, § 8 Abs. 2 WOBetrVG), so kann die Zustimmung (nach umstrittener Auffassung in der Literatur, s. dazu Wahlvorschlag) bis zum Ende der Frist für die Einreichung von Wahlvorschlägen nachgereicht werden, auch wenn sich aus den zitierten Bestimmungen etwas anderes zu ergeben scheint. Vorsichtshalber empfiehlt es sich, die Drei-Tages-Frist zur Behebung von Mängeln der Wahlvorschläge möglichst einzuhalten.
6 Achtung Frist!
Achtung Frist!
d) Kandidatur auf mehreren Vorschlägen Im vereinfachten Wahlverfahren werden die Kandidaten auf dem Stimmzettel einzeln aufgeführt (§ 36 Abs. 4 WOBetrVG, § 34 Abs. 1 WOBetrVG). Daher hätte es keinerlei Auswirkungen, ob ein Kandidat auf einem oder auf mehreren Wahlvorschlägen genannt wird. Anders als bei der Wahl nach Vorschlagslisten ist im vereinfachten Verfahren eine Mehrfachkandidatur zulässig, § 36 Abs. 5 Satz 2 WOBetrVG verweist nicht auf die entsprechende Verbotsnorm des § 6 Abs. 7 WOBetrVG. e) Stützunterschriften bei Wahlvorschlägen von Wahlberechtigten Wahlvorschläge, die von Wahlberechtigten errichtet werden, müssen von einer gewissen Anzahl Wahlberechtigter unterschrieben sein (Stützunterschriften). Die Anzahl richtet sich nach der Beschäftigtenzahl: Grundsätzlich muss jeder Wahlvorschlag mindestens von 1/20 der Wahlberechtigten unterzeichnet sein. Als Mindestzahl sind jedoch zwei Unterschriften festgelegt (§ 14 Abs. 4 WOBetrVG). Aus der Quote ergibt sich damit folgende Staffelung von Mindestunterschriften: 5 bis 40 Wahlberechtigte zwei Unterschriften, 41 bis 60 Wahlberechtigte drei Unterschriften, 61 bis 100 Wahlberechtigte fünf Unterschriften. Die Unterschriften müssen die Person des Arbeitnehmers erkennen lassen, um die Prüfung der Wahlberechtigung und die Prüfung doppelter Unterschriften zu ermöglichen. Nicht alle Unterschriften müs-
103
6
Die Wahl im vereinfachten Wahlverfahren
sen auf einem Exemplar des Wahlvorschlags geleistet werden. Möglich ist es vielmehr, einen Wahlvorschlag in mehreren Exemplaren durch die Belegschaft laufen zu lassen und so Unterschriften zu sammeln. Setzt sich ein Wahlvorschlag samt der Unterschriftenliste aus mehreren Blättern zusammen, so müssen diese fest verbunden und gegen eine Trennung gesichert sein. Die Stützunterschriften sind grundsätzlich persönlich vom Wahlberechtigten zu leisten. Vertretung ist unzulässig. Eine Ausnahme dürfte für Behinderte gelten: Denn für die eigentliche Stimmabgabe gestatten § 36 Abs. 4 WOBetrVG, § 34 Abs. 1 Satz 4 WOBetrVG, § 12 Abs. 4 WOBetrVG eine Unterstützung des Wahlberechtigten durch eine Person seines Vertrauens, wenn der Wahlberechtigte infolge seiner Behinderung bei der Stimmabgabe beeinträchtigt ist. Eine solche Regelung fehlt hinsichtlich der Stützunterschriften (vgl. § 12 Abs. 4 WOBetrVG), die Regelung ist aber analog anzuwenden (dazu Wahlvorschlag). Achtung Frist!
Achtung: Unverzüglich!
104
d) Unterstützung mehrerer Vorschläge Ein Arbeitnehmer darf nur einen Wahlvorschlag durch seine Unterschrift stützen, § 6 Abs. 5 WOBetrVG. Hat ein Wahlberechtigter mehrere Wahlvorschläge unterschrieben, hat er auf Aufforderung des Wahlvorstands vor Ablauf von drei Arbeitstagen zu erklären, welche der Unterschriften er aufrechterhält; der Wahlvorstand kann auch eine kürzere Frist setzen, wenn dies angemessen ist (eine längere aber nicht). Die Frist (auch die Drei-Tages-Frist) darf allerdings nicht die Frist zur Einreichung der Wahlvorschläge (s.o.) überschreiten, § 36 Abs. 5 Satz 2 WOBetrVG. Wird ein Wahlvorschlag am letzten Tag der Einreichungsfrist eingereicht, so muss sich der Wahlberechtigte ohne besondere Frist unverzüglich (§ 121 BGB) erklären. Gibt der Wahlberechtigte keine Erklärung ab, so wird sein Name – anders als bei den Zustimmungserklärungen der Wahlbewerber, s.o. – auf dem zuerst eingereichten Wahlvorschlag gezählt und auf den übrigen gestrichen. Dies gilt auch, wenn der Wahlberechtigte erklärt, er nehme alle Unterschriften zurück. Bei gleichzeitiger Einreichung mehrerer Wahlvorschläge entscheidet das Los darüber, auf welchem Wahlvorschlag
Einstufiges vereinfachtes Wahlverfahren
6
die Unterschrift gilt (§ 36 Abs. 5 Satz 2 WOBetrVG, § 6 Abs. 5 S. 3 WOBetrVG). e) Wahlvorschläge der Gewerkschaften Wahlvorschläge der Gewerkschaften müssen von zwei Beauftragten der Gewerkschaft unterzeichnet sein (§ 14 Abs. 5 BetrVG, § 27 Abs. 2 WOBetrVG). § 36 Abs. 5 WOBetrVG enthält anders als § 33 Abs. 2 Satz 2 WOBetrVG für das zweistufige vereinfachte Wahlverfahren keine Verweisung auf § 27 WOBetrVG. Ohne eine Anwendung der Regeln des § 27 WOBetrVG ergäben sich aber unsinnige systematische Verwerfungen. Es ist davon auszugehen, dass der Verordnungsgeber den Verweis planwidrig unterlassen hat, § 27 WOBetrVG ist analog anzuwenden. Damit gelten die Regeln für das reguläre Wahlverfahren entsprechend. f) Vertreter Für jeden Wahlvorschlag muss es wie im regulären Verfahren einen Vertreter geben (§ 36 Abs. 5 Satz 2 WOBetrVG, § 6 Abs. 4 WOBetrVG). Vertreter kann nur ein Arbeitnehmer sein, der den betreffenden Vorschlag auch unterzeichnet hat (näher dazu s. Wahlvorschlag. g) Kennwort Der Wahlvorschlag darf mit einem Kennwort versehen werden. Auch Gewerkschaftsnamen sind zulässig, soweit sie angesichts der vorgeschlagenen Kandidaten zutreffen. Wird der Wahlvorschlag ohne Kennwort eingereicht, so bezeichnet ihn der Wahlvorstand mit den Familien- und Vornamen der ersten beiden Kandidaten, § 36 Abs. 5 Satz 2 WOBetrVG, § 7 Abs. 2 WOBetrVG. 6.2.2.6
Einreichung der Wahlvorschläge, Prüfung
Die Wahlvorschläge können bei dem Wahlvorstand bis eine Woche vor der Wahlversammlung zur Wahl des Betriebsrats eingereicht werden, (§ 14a Abs. 3 Satz 2 BetrVG, § 36 Abs. 1 Satz 1 WOBetrVG). Nach Einreichung hat der Wahlvorstand dem Überbringer oder – wenn sie nicht persönlich überbracht wird – nachträglich dem Vertreter den Eingang des Wahlvorschlags schriftlich zu bestätigen, (§ 36 Abs. 5 Satz 2 WOBetrVG, § 7 Abs. 1 WOBetrVG).
Achtung Frist!
105
6 Achtung: Unverzüglich!
Achtung: Unverzüglich!
106
Die Wahl im vereinfachten Wahlverfahren
Unverzüglich (§ 121 BGB), möglichst innerhalb von zwei Arbeitstagen nach Eingang des Wahlvorschlags, hat der Wahlvorstand den Wahlvorschlag zu überprüfen, (§ 36 Abs. 5 Satz 2 WOBetrVG, § 7 Abs. 2 WOBetrVG). Bei unheilbaren Mängeln hat er unmittelbar die Ungültigkeit des Wahlvorschlags festzustellen. Unheilbare Mängel sind • die Einreichung nach Ablauf der Einreichungsfrist, • die Anführung der Bewerber auf dem Wahlvorschlag ohne erkennbare Reihenfolge; kraft der Verweisung des § 36 Abs. 5 Satz 2 WOBetrVG gilt diese Bestimmung grundsätzlich, ihre Bedeutung im vereinfachten Wahlverfahren ist aber sehr zweifelhaft, siehe Wahlvorschlag, • die Nichterreichung der erforderlichen Anzahl an Stützunterschriften – die nachträgliche Rücknahme von Unterschriften nach Einreichung ist unschädlich, siehe oben. Neben den vorgenannten unheilbaren Mängeln (§ 36 Abs. 5 Satz 2 WOBetrVG, § 8 Abs. 1 WOBetrVG) hat der Wahlvorstand die Wahlvorschläge auch auf heilbare Mängel zu prüfen (§ 36 Abs. 5 Satz 2 WOBetrVG, § 8 Abs. 2 WOBetrVG). Treten solche auf, so hat der Wahlvorstand sie gegenüber dem Vertreter zu beanstanden. Die Mängel sind innerhalb einer Frist von drei Arbeitstagen zu beseitigen; diese Frist kann der Wahlvorstand weder verkürzen noch verlängern. Die Drei-Tages-Frist darf allerdings nicht die Frist zur Einreichung der Wahlvorschläge überschreiten, § 36 Abs. 5 Satz 2 WOBetrVG. Beanstandet der Wahlvorstand innerhalb von drei Tagen vor Ablauf der Einreichungsfrist oder später einen Mangel, so muss dieser nach Ablauf der Frist für die Einreichung der Wahlvorschläge ohne besondere Frist unverzüglich (§ 121 BGB) geheilt werden (dazu Wahlvorschlag). Heilbare Mängel sind insbesondere: • die fehlende Angabe der im Wahlvorschlag anzugebenden Daten bei den einzelnen Wahlbewerbern, soweit damit nicht ein unheilbarer Mangel vorliegt, • die fehlende schriftliche Zustimmung der in dem Wahlvorschlag genannten Bewerber und
Einstufiges vereinfachtes Wahlverfahren
•
6
die Unterschreitung der Mindestunterschriftenzahl infolge Streichung einzelner Unterschriften wegen doppelter Unterschriftsleistung.
Treten Beanstandungen auf, so darf der Wahlvorstand den Originalwahlvorschlag nicht wieder herausgeben. Erforderlichenfalls sollte also eine Kopie an den Vertreter gegeben werden. Geht innerhalb der Einreichungsfrist beim Wahlvorstand überhaupt kein Wahlvorschlag ein, so findet die Betriebsratswahl nicht statt. Anders als bei der regulären Wahl wird im vereinfachten Wahlverfahren keine Nachfrist gesetzt. Der Wahlvorstand hat folglich in gleicher Weise wie das Wahlausschreiben bekannt zu machen, dass keine Wahl stattfindet § 36 Abs. 6 WOBetrVG. 6.2.2.7
Bekanntgabe der Wahlvorschläge
Nach Ablauf der Mindestfrist zur Einreichung der Wahlvorschläge hat der Wahlvorstand die als gültig anerkannten Wahlvorschläge genau so wie das Wahlausschreiben bekannt zu machen. Diese Bekanntmachung hat er bis zum Abschluss der Stimmabgabe aufrechtzuerhalten (§ 36 Abs. 5 Satz 3 WOBetrVG). 6.2.2.8
Antrag auf nachträgliche schriftliche Stimmabgabe
Bis spätestens drei Tage vor der Wahlversammlung zur Wahl des Betriebsrats können Wahlberechtigte, die an der Wahlversammlung nicht teilnehmen können, beim Wahlvorstand die nachträgliche schriftliche Stimmabgabe beantragen, §§ 36 Abs. 4, 35 As. 1 Satz 1 WOBetrVG. Eine besondere Form ist nicht vorgeschrieben, Schriftoder Textform ist zu Nachweiszwecken zu empfehlen. Der Wahlberechtigte muss bei seinem Antrag den Grund für die Abwesenheit nennen. Es genügt nicht, lediglich zu behaupten, der Arbeitnehmer werde voraussichtlich abwesend sein. Aus den gleichen Gründen wie im Briefwahlverfahren der regulären Wahl kann der Wahlvorstand aber auch verpflichtet sein, die Wahlunterlagen von sich aus zu versenden (§ 35 Abs. 1 Satz 3, § 24 WOBetrVG). Dies ist der Fall, wenn • der Wahlvorstand weiß, dass bestimmte Arbeitnehmer nach der Eigenart des Beschäftigungsverhältnisses während der Zeit der Stimmabgabe vom Betrieb abwesend sein werden oder
Achtung Frist!
107
6
Die Wahl im vereinfachten Wahlverfahren
•
wenn der Wahlvorstand für Betriebsteile oder Kleinstbetriebe, die räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt sind, beschlossen hat, dass dort eine schriftliche Stimmabgabe zu erfolgen hat.
Wird nachträgliche schriftliche Stimmabgabe erforderlich, hat der Wahlvorstand dem Wahlberechtigten folgende Unterlagen auszuhändigen oder zuzusenden: • das Wahlausschreiben einschließlich des bekannt gemachten Termins für die öffentliche Stimmauszählung als Frist für die nachträgliche schriftliche Stimmabgabe, • die Vorschlagslisten, • den Stimmzettel und den Wahlumschlag, • eine vorgedruckte, vom Wähler abzugebende Erklärung, in der dieser gegenüber dem Wahlvorstand versichert, dass er den Stimmzettel persönlich gekennzeichnet hat, und • einen größeren Freiumschlag, der die Anschrift des Wahlvorstands und als Absender den Namen und die Anschrift des Wahlberechtigten sowie den Vermerk „Schriftliche Stimmabgabe“ trägt. Der Wahlvorstand soll dem Wähler ferner ein Merkblatt über die Art und Weise der schriftlichen Stimmabgabe aushändigen oder übersenden. Zum Inhalt siehe Stimmabgabe, nachträgliche schriftliche. Die Übersendung oder Aushändigung der Unterlagen hat der Wahlvorstand auf der Wählerliste zu vermerken, §§ 36 Abs. 4, 35 Abs. 1 Satz 3, 24 Abs. 1 Satz 3 WOBetrVG. Für behinderte Wähler gelten die entsprechenden Erleichterungen wie bei der Briefwahl im regulären Wahlverfahren. Sie dürfen sich durch eine Person ihres Vertrauens unterstützen lassen, wenn sie infolge ihrer Behinderung bei der Stimmabgabe beeinträchtigt sind (§§ 36 Abs. 4 WOBetrVG, § 34 Abs. 1 Satz 4 WOBetrVG, § 12 Abs. 4 WOBetrVG). Näheres dazu Stimmabgabe, vereinfachtes Wahlverfahren. Der Wahlvorstand muss eine Frist bestimmen, innerhalb derer die Wahlunterlagen an den Wahlvorstand zurückgesandt werden müssen.. Gleichzeitig hat er die unmittelbar folgende öffentliche Stimmenauszählung im Betrieb in gleicher Weise wie das Wahlausschreiben bekannt zu machen (Ort, Tag, Zeit, §§ 36 Abs. 4, 35 Abs. 2 WO-
108
Einstufiges vereinfachtes Wahlverfahren
6
BetrVG). Bei der Festlegung der Frist hat der Wahlvorstand Rücksicht auf die Umstände zu nehmen, die die nachträgliche schriftliche Stimmabgabe erforderlich machen. 6.2.2.9
Weitere Vorbereitungsmaßnahmen
Vor der Wahlversammlung hat der Wahlvorstand schließlich deren Ablauf vorzubereiten. Er muss dazu Wählerlisten erstellen, in denen die Stimmabgabe der Wahlberechtigten vermerkt wird (vgl. §§ 36 Abs. 4, 34 Abs. 1 Satz 4, 12 Abs. 3 WOBetrVG). Weiter muss er sicherstellen, dass die Stimmabgabe geheim (§ 14 Abs. 1 BetrVG) stattfinden kann. Dazu bedarf es Vorkehrungen für die unbeobachtete Kennzeichnung der Stimmzettel (Tisch, Sichtschutz) und einer Wahlurne. Für die Stimmzettel müssen einheitliche Wahlumschläge (§§ 36 Abs. 4, 34 Abs. 1 Satz 4, 11 Abs. 2 WOBetrVG) beschafft werden. Schließlich müssen die Stimmzettel selbst erstellt werden. Auf ihnen sind die Wahlbewerber von den gültigen Wahlvorschlägen zu übernehmen und in alphabetischer Reihenfolge – also ohne Rücksicht auf eine Reihenfolge in den Wahlvorschlägen – unter Angabe von Familienname, Vorname und Art der Beschäftigung im Betrieb aufzuführen. Im übrigen gelten dieselben Regeln wie für die reguläre Wahl. Auf den Stimmzetteln darf angegeben werden, wie viele Bewerber gewählt werden und damit auch angekreuzt werden dürfen.
6.2.3
Die Wahl und Aufgaben nach der Wahl
Die Wahl des Betriebsrats findet nach dem einstufigen vereinfachten Wahlverfahren auf einer Wahlversammlung statt. Der Begriff wurde eigens für das vereinfachte Wahlverfahren neu in das Betriebsverfassungsgesetz eingeführt, s. §§ 14a, 17a BetrVG. Über die Wahlversammlung selbst gibt es nur wenige Bestimmungen. 6.2.3.1
Zeitpunkt und Ort der Wahlversammlung, Verdienstausfall
Die Wahlversammlung findet während der Arbeitszeit statt, soweit nicht die Eigenart des Betriebs eine andere Regelung zwingend erfordert (§ 44 Abs.1 Satz 1 BetrVG). Ausschlag gibt die betriebliche Ar-
109
6
Die Wahl im vereinfachten Wahlverfahren
beitszeit; kein Arbeitnehmer kann verlangen, dass eine Wahlversammlung während seiner persönlichen Arbeitszeit stattfindet. Außerhalb der betrieblichen Arbeitszeit hat die Wahlversammlung stattzufinden, wenn dies durch besondere Umstände in der technischen Organisation des Betriebs begründet ist. Die Wahlversammlung soll im Regelfall im Betrieb stattfinden. Der Verdienstausfall während der Zeit der Teilnahme einschließlich etwaiger Wegezeiten ist zu vergüten, § 44 Abs. 1 Satz 2 und 3 BetrVG. 6.2.3.2
Teilnahmeberechtigung
Weder im Betriebsverfassungsgesetz noch in der Wahlordnung ist geregelt, wer an der Wahlversammlung teilnehmen darf. Unklar ist demzufolge, ob alle Arbeitnehmer des Betriebs oder nur die wahlberechtigten Arbeitnehmer ein Teilnahmerecht haben. Für das reguläre Wahlverfahren belässt es § 17 BetrVG bei dem Begriff „Betriebsversammlung“. Betriebsversammlung meint die Betriebsversammlung im Sinne der §§ 42 ff. BetrVG. Der Unterschied zur Wahlversammlung lässt sich aus § 14a Abs. 4 BetrVG schließen. Während auf der Betriebsversammlung alle Arbeitnehmer unabhängig von ihrer Wahlberechtigung teilnahmeberechtigt sind, scheinen § 14a BetrVG, § 17a BetrVG eine Wahlversammlung im Auge zu haben, an der nur die wahlberechtigten Arbeitnehmer des Betriebs teilnehmen dürfen. Der Austausch der Begriffe würde sonst vor allem in § 17a Nr. 3 und 4 BetrVG keinerlei Sinn ergeben. Außerdem ist Gegenstand der Wahlversammlung einzig die Wahl des Betriebsrats. Die Teilnahme nicht wahlberechtigter Arbeitnehmer an der Betriebsratswahl ist nicht erforderlich, macht sie sogar anfechtbar. Nicht geregelt ist auch, ob der Arbeitgeber teilnehmen darf. Für die Betriebsversammlung zur Wahl des Wahlvorstands im regulären Verfahren ist das anerkannt. Da der Arbeitgeber häufig über den Ablauf des Wahlverfahrens beraten kann, dürfte die Teilnahme auch an der Wahlversammlung zulässig sein, zumindest wenn der Wahlvorstand den Arbeitgeber einlädt. Beauftragte der im Betrieb vertretenen Gewerkschaften haben ebenfalls ein Teilnahmerecht. Dies gilt jedenfalls, wenn sie nicht bereits einen Beauftragten als nicht stimmberechtigtes Mitglied in den Wahlvorstand entsandt haben nach § 16 Abs. 1 Satz 6 BetrVG.
110
Einstufiges vereinfachtes Wahlverfahren
6.2.3.3
6
Wahl
Die Wahl findet auch in der Wahlversammlung geheim und schriftlich statt. Eine Betriebsratswahl durch offene Abstimmung ist nicht gestattet. Die eigentliche Stimmabgabe entspricht der der regulären Wahl. Auf den Stimmzetteln kann jeder Wahlberechtigte so viele Bewerber ankreuzen, wie Betriebsratssitze zu besetzen sind. Gewählt werden kann nur während der Wahlversammlung, mit deren Ende ist die Wahl beendet, wenn keine nachträgliche schriftliche Stimmabgabe stattfindet. 6.2.3.4
Stimmauszählung und weiteres Verfahren
Findet keine nachträgliche schriftliche Stimmabgabe statt, dann hat der Wahlvorstand unverzüglich nach Abschluss der Wahl die Wahlurne zu öffnen und die Stimmen öffentlich auszuzählen. Wenn keine besonderen Gründe auftreten, muss der Wahlvorstand also unmittelbar am Ende der Wahlversammlung überleiten zu der Stimmauszählung, ohne dass die Teilnehmer der Wahlversammlung auseinandergehen müssen. Über die Stimmauszählung hat der Wahlvorstand eine Wahlniederschrift anzufertigen. Die Regeln für die reguläre Wahl für die Stimmenzählung, die Wahlniederschrift bei der Wahl nach dem Mehrheitswahlrecht, die Benachrichtigung der Gewählten, deren Bekanntgabe, die Behandlung der Wahlakten sowie die Aufgaben nach der Wahl gelten entsprechend. Ist nur eine Person als Betriebsrat zu wählen, ist der Kandidat mit den meisten Stimmen gewählt. Eine Geschlechterquote ist nicht anzuwenden. Sind hingegen mehrere Betriebsratsmitglieder zu wählen, so sind die Gewählten genauso zu ermitteln wie bei der Mehrheitswahl im regulären Verfahren. 6.2.3.5
Achtung Frist!
Verfahren bei nachträglicher schriftlicher Stimmabgabe
Findet eine nachträgliche schriftliche Stimmabgabe statt, so muss der Wahlvorstand bis zu deren Ende die Wahlurne versiegeln und aufbewahren (§§ 36 Abs. 4, 34 Abs. 2 WOBetrVG). Unmittelbar nach Ablauf der Frist für die nachträgliche schriftliche Stimmabgabe öffnet der Wahlvorstand die bis dahin eingegangenen Wahlbriefe in einer öffentlichen Sitzung (§ 35 Abs. 3 WOBetrVG). Bis zu diesem Zeit-
111
6
Die Wahl im vereinfachten Wahlverfahren
punkt hat er die Freiumschläge ungeöffnet zu sammeln und aufzubewahren. Die aus den Rückumschlägen entnommenen Wahlumschläge legt der Wahlvorstand nach Vermerk der Stimmabgabe in der Wählerliste ungeöffnet in die Wahlurne (§ 35 Abs. 3 Satz 2 WOBetrVG). Zuvor hat er geprüft, ob der Freiumschlag verschlossen, die Erklärung nach § 25 Satz 1 Nr. 2 WOBetrVG vorhanden und unterschrieben und der Wahlumschlag selbst nicht gekennzeichnet ist. Hält die Briefwahl dieser Prüfung nicht stand, darf der Wahlumschlag nicht in die Wahlurne gelegt werden. Er ist dann zu den Wahlakten zu nehmen. Daran anschließend öffnet der Wahlvorstand die Wahlurne und nimmt die öffentliche Stimmauszählung vor. Anders als bei der Briefwahl im regulären Wahlverfahren fehlt eine Regelung, wie mit verspätet eingehenden Wahlbriefen zu verfahren ist. Der gleichen Interessenlage ist durch eine analoge Anwendung des § 26 Abs. 2 WOBetrVG Rechnung zu tragen. Verspätet eingegangene Briefwahlumschläge hat der Wahlvorstand demzufolge mit einem Vermerk über den Zeitpunkt des Eingangs ungeöffnet zu den Wahlunterlagen zu nehmen. Die Briefumschläge sind einen Monat nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses ungeöffnet zu vernichten, wenn die Wahl nicht angefochten worden ist.
112
113
6
Die Wahl im vereinfachten Wahlverfahren
6.3
Zweistufiges vereinfachtes Wahlverfahren
Das zweistufige vereinfachte Wahlverfahren findet nur Anwendung, wenn entweder mindestens drei wahlberechtigte Arbeitnehmer oder aber eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft eine Betriebsratswahl über eine Wahlversammlung initiieren, § 14a Abs. 1 und 3 BetrVG, § 28 Abs. 1 Satz 1 WOBetrVG). Die Wahlordnung regelt dieses Verfahren in den §§ 28 bis 35 ausführlich und das einstufige vereinfachte Wahlverfahren in § 36 WOBetrVG nur ergänzend. Damit suggeriert sie, das zweistufige vereinfachte Wahlverfahren sei der Normalfall. Schon die vorstehende Aufzählung des Anwendungsbereichs zeigt aber, dass das einstufige vereinfachte Wahlverfahren der Normalfall in der betrieblichen Praxis sein wird. Das zweistufige vereinfachte Wahlverfahren ist gekennzeichnet durch zwei Wahlversammlungen, in denen die Betriebsratswahl ganz überwiegend vorbereitet und durchgeführt wird. Das Verfahren wird in der betrieblichen Praxis große Schwierigkeiten bereiten. Dies liegt in der großen Verdichtung des Verfahrens, die wesentliche Teile in der ersten Wahlversammlung zusammenballt. In dieser Versammlung müssen die Verantwortlichen größte Sorgfalt walten lassen, soll nicht gleich eine ganze Reihe von Gründen für die Wahlanfechtung gelegt werden.
6.3.1 6.3.1.1
Die Vorbereitung der vereinfachten zweistufigen Wahl Einladung zur ersten Wahlversammlung
Die Betriebsratswahl wird im zweistufigen vereinfachten Wahlverfahren durch eine Einladung zur (ersten) Wahlversammlung in Gang gesetzt, in der zunächst der Wahlvorstand gewählt wird. a) „einladende Stelle“ Einladen können (mindestens) drei wahlberechtigte Arbeitnehmer des Betriebs oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft (§§ 17a, 16 Abs. 3 BetrVG, 28 Abs. 1 Satz 1 WOBetrVG). Die Einladenden werden von der Wahlordnung als „einladende Stelle“ bezeichnet (§ 28 Abs. 1 Satz 1 WOBetrVG). Laden Arbeitnehmer
114
Zweistufiges vereinfachtes Wahlverfahren
6
ein, so bilden sie gemeinsam die „einladende Stelle“. Die „einladende Stelle“ und ihre Position ist im Gesetz nicht weiter geregelt. Ihr kommt daher jedenfalls keine eigene Rechtspersönlichkeit zu. Sie kann keine Verträge schließen oder andere Rechtsgeschäfte tätigen. Die aktive Rolle ist nach Aushang der Einladung zur ersten Wahlversammlung sehr begrenzt. Sie kann nur noch eigene Wahlvorschläge machen (§ 28 Abs. 1 Satz 1 WOBetrVG) und wird im Zweifel die erste Wahlversammlung leiten, bis ein Versammlungsleiter bestellt und dann der Wahlvorstand gewählt wurde. Sollen ihr gegenüber Erklärungen abgegeben werden, so genügt es jedenfalls, wenn die Erklärung einem zur Wahlversammlung einladenden Wahlberechtigten gegenüber abgegeben wird. Insofern kann nichts strengeres gelten als gegenüber dem Betriebsrat (s. § 26 Abs. 2 Satz 2 BetrVG). Lädt eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft ein, so ist sie die einladende Stelle, nicht die handelnden Gewerkschaftsbeauftragten oder -mitarbeiter. b) Inhalt der Einladung Die Einladung muss folgende Hinweise enthalten (§ 28 Abs. 1 Satz 5 WOBetrVG): • Ort, Tag und Zeit der Wahlversammlung zur Wahl des Wahlvorstands (Buchst. a), • Wahlvorschläge zur Wahl des Betriebsrats können bis zum Ende der Wahlversammlung zur Wahl des Wahlvorstands gemacht werden (Buchst. b), • Wahlvorschläge der Arbeitnehmer zur Wahl des Betriebsrats müssen mindestens von einem Zwanzigstel der Wahlberechtigten, mindestens jedoch von drei Wahlberechtigten unterzeichnet sein; in Betrieben mit in der Regel bis zu zwanzig Wahlberechtigten reicht die Unterschrift durch zwei Wahlberechtigte (Buchst. c), • Wahlvorschläge zur Wahl des Betriebsrats, die erst in der Wahlversammlung zur Wahl des Wahlvorstands gemacht werden, bedürfen nicht der Schriftform. c) Bekanntmachung der Einladung Die Einladung muss an geeigneten Stellen im Betrieb ausgehängt werden (§ 28 Abs. 1 Satz 3 WOBetrVG). Geeignet sind Stellen, an denen zu erwarten ist, dass alle Arbeitnehmer regelmäßig - werktäglich – Bekanntmachungen zur Kenntnis nehmen. Der Aushang kann
115
6
Die Wahl im vereinfachten Wahlverfahren
durch eine Bekanntmachung über die im Betrieb vorhandenen Informations- und Kommunikationstechniken ergänzt werden (§ 28 Abs. 1 Satz 4 WOBetrVG). Es ist auch möglich, ausschließlich über diese Kommunikationstechnik einzuladen; dann muss aber sichergestellt sein, dass alle Arbeitnehmer von der Einladung Kenntnis erlangen können, und es muss sichergestellt sein, dass Änderungen der Bekanntmachung nur von der einladenden Stelle vorgenommen werden können (§ 28 Abs. 1 Satz 4 BetrVG i.V.m. § 2 Abs. 4 Satz 4 WOBetrVG).
Achtung Frist!
d) Zeitpunkt Das zweistufige vereinfachte Wahlverfahren findet nur statt, wenn noch kein Betriebsrat besteht. Damit kann das Wahlverfahren jederzeit initiiert werden. Die Einladung muss aber rechtzeitig bekannt gemacht werden. Dazu muss die Einladung mindestens sieben Tage vor dem Tag der Wahlversammlung bekannt gemacht werden (§ 28 Abs. 1 Satz 2 WOBetrVG). Die Frist wird bei einer Bekanntmachung durch Aushang ab dem Tag des Aushangs nach §§ 41 WOBetrVG, 186 ff. BGB berechnet (Fristberechnung), bei Bekanntmachung durch EDV ab Zugang bei allen (also dem letzten) Arbeitnehmern des Betriebs. Die Einladungsfrist ist strikt einzuhalten. Andernfalls wird die Betriebsratswahl anfechtbar, § 19 BetrVG. 6.3.1.2
Achtung: Unverzüglich!
116
Unterlagen für die Erstellung der Wählerliste
Unverzüglich nach Aushang der Einladung zur Wahlversammlung (oder nach Bekanntgabe mittels EDV) hat der Arbeitgeber die Unterlagen zusammenzustellen, die der Wahlvorstand zur Fertigung der Wählerliste benötigt (§ 28 Abs. 2 WOBetrVG). Voraussetzung für die Pflicht ist zunächst, dass der Arbeitgeber von der Einladung zur Wahlversammlung erfährt. Von diesem Zeitpunkt an darf er nicht mehr zögern. Zu den Unterlagen gehören die Informationen, die Bestandteil der Wählerliste werden. Der Arbeitgeber darf die Unterlagen auch seinerseits so zusammenstellen, dass sie einer Wählerliste bereits entsprechen. Die Unterlagen hat der Arbeitgeber in einen Umschlag zu schließen und diesen dann zu versiegeln. Mit „Versiegelung“ ist gemeint, dass
Zweistufiges vereinfachtes Wahlverfahren
6
der Arbeitgeber den Umschlag so verschließen muss, dass eine (unbefugte!) Öffnung durch die einladende Stelle erkennbar wird. Neben einem echten Siegel kommt ein sicherer Verschluss durch Kleber und eine Markierung des Verschlusses durch Unterschrift oder sonstige Zeichen in Betracht. Es kommt darauf an, dass die Zeichnung bei Öffnung des Umschlages zerstört wird und nicht mit wenig Aufwand durch neuerliches Schließen wiederhergestellt werden kann. Den versiegelten Umschlag hat der Arbeitgeber der einladenden Stelle zu übergeben. Haben mindestens drei Wahlberechtigte eingeladen, so genügt die Übergabe an einen von ihnen, s.o. 3.1.1. einladende Stelle. 6.3.1.3
Wahlvorschläge vor Beginn der ersten Wahlversammlung?
Anders als im einstufigen Verfahren besagen § 14a Abs. 2 BetrVG, § 33 Abs. 1 Satz 3 WOBetrVG, dass Wahlvorschläge, die in der (ersten) Wahlversammlung gemacht werden, nicht der Schriftform bedürfen. Daraus ergibt sich, dass es auch Wahlvorschläge gibt, die der Schriftform bedürfen (sonst hätte es heißen müssen: „Wahlvorschläge bedürfen nicht der Schriftform“). Dies müssen Wahlvorschläge sein, die vor der Wahlversammlung gemacht werden. Die Reichweite dieser Regelung ist äußerst zweifelhaft. Das Verb „gemacht“ ist unscharf. Es passt nicht in die Systematik juristisch relevanter Erklärungen. Regelungsbedürftig sind an sich nur die Abgabe und Zugang der Erklärung und ihr Inhalt zu jener Zeit (neben Erklärendem und Adressat). Unerheblich ist, wann Erklärungen angefertigt werden. Für Wahlvorschläge würde das bedeuten, dass mit „gemacht“ Abgabe und Zugang des Wahlvorschlags gemeint sind. Damit müsste der Wahlvorschlag auch vor der Wahlversammlung abgegeben werden können. Fraglich ist dann, wer der Adressat der Erklärung ist. Der Wahlvorstand wird erst in der ersten Wahlversammlung gewählt. Die Wahlordnung sieht indes ausdrücklich schon vor der Wahl des Wahlvorstands weitere Vorbereitungshandlungen vor, nämlich die Zusammenstellung der Unterlagen für die Wählerliste. Der Arbeitgeber hat die Unterlagen in einem versiegelten Umschlag an die einladende Stelle zu übergeben; diese hat die Unterlagen dann dem gewählten Wahlvorstand auszuhändigen. Parallel dazu ist die einladende Stelle
117
6
Die Wahl im vereinfachten Wahlverfahren
verpflichtet, die Wahlvorschläge von wahlberechtigten Arbeitnehmern in versiegelten Umschlägen entgegenzunehmen und bis zur Wahl des Wahlvorstands zu verwahren. Sobald die Wahl stattgefunden hat, hat die einladende Stelle die eingegangenen Wahlvorschläge mit den Unterlagen zur Erstellung der Wählerliste an den Wahlvorstand zu übergeben. Erst der Wahlvorstand darf die Umschläge mit den Wahlvorschlägen öffnen. Unterschlägt die einladende Stelle Wahlvorschläge, ist die Wahl anfechtbar. Die Übergabe des Wahlvorschlags an die einladende Stelle sollte aus Beweisgründen quittiert werden. Zu der Bestätigung dürfte die einladende Stelle analog § 33 Abs. 3 Satz 1 WOBetrVG, § 7 Abs. 1 WOBetrVG verpflichtet sein. In der Literatur wird allerdings auch die Auffassung vertreten, Wahlvorschläge dürften nur in der Wahlversammlung abgegeben werden. Vor der Wahlversammlung „gemacht“ heiße nur, dass die vorbereitenden Arbeiten (Erstellung des Wahlvorschlags, Einholung der Zustimmung der Wahlbewerber, Einholung von Stützunterschriften) vor der Wahlversammlung erledigt werden können und dann der Schriftform bedürfen. Auch wenn die Gesetzessystematik gegen diese Lösung spricht (s.o.), sollte sie sicherheitshalber möglichst beachtet werden, solange keine klärende Rechtsprechung existiert. Wenn einem Unterstützer des Wahlvorschlags die Teilnahme an der ersten Wahlversammlung möglich ist sollte der Wahlvorschlag also trotz schriftlicher Aufstellung vor der Wahlversammlung erst in der Wahlversammlung dem Wahlvorstand übergeben werden.
6.3.2
Die erste Wahlversammlung
Die erste Wahlversammlung dient zur nahezu umfassenden Vorbereitung der eigentlichen Betriebsratswahl. 6.3.2.1
Zeitpunkt und Ort der Wahlversammlung, Verdienstausfall
Die (erste) Wahlversammlung zur Wahl des Wahlvorstandes findet wie die (einzige) Wahlversammlung im einstufigen vereinfachten Wahlverfahren während der Arbeitszeit statt, soweit nicht die Eigenart des Betriebs eine andere Regelung zwingend erfordert (§ 44 Abs.1 Satz 1 BetrVG; dazu oben 6.2.3.1 sowie Wahlversammlung).
118
Zweistufiges vereinfachtes Wahlverfahren
6
Auch die erste Wahlversammlung im zweistufigen vereinfachten Wahlverfahren soll im Regelfall im Betrieb stattfinden. Der Verdienstausfall während der Zeit der Teilnahme einschließlich etwaiger Wegezeiten ist zu vergüten, § 44 Abs. 1 Satz 2 und 3 BetrVG. 6.3.2.2
Teilnahmeberechtigung
Weder im Betriebsverfassungsgesetz noch in der Wahlordnung ist geregelt, wer an der Wahlversammlung teilnehmen darf. Unklar ist demzufolge, ob alle Arbeitnehmer des Betriebs oder nur die wahlberechtigten Arbeitnehmer ein Teilnahmerecht haben. Für das reguläre Wahlverfahren belässt es § 17 BetrVG bei dem Begriff „Betriebsversammlung“. Betriebsversammlung meint die Betriebsversammlung im Sinne der §§ 42 ff. BetrVG. Der Unterschied zur Wahlversammlung lässt sich aus § 14a Abs. 4 BetrVG schließen. Während auf der Betriebsversammlung alle Arbeitnehmer unabhängig von ihrer Wahlberechtigung teilnahmeberechtigt sind, scheinen § 14a BetrVG, § 17a BetrVG eine Wahlversammlung im Auge zu haben, an der nur die wahlberechtigten Arbeitnehmer des Betriebs teilnehmen dürfen. Der Austausch der Begriffe würde sonst vor allem in § 17a Nr. 3 und 4 BetrVG keinerlei Sinn ergeben. Außerdem ist Gegenstand der Wahlversammlung einzig die Wahl des Betriebsrats. Auf der anderen Seite wird über die Wahlberechtigung im zweistufigen Verfahren erst auf der ersten Wahlversammlung entschieden. Solange keine richtungweisenden Rechtsprechung vorliegt, sollte die Teilnahme nicht wahlberechtigter Arbeitnehmer zumindest an der ersten Wahlversammlung bis zur Aufstellung und Bekanntgabe der Wählerliste keinen Anfechtungsgrund darstellen und damit hingenommen werden können. Nicht geregelt ist auch, ob der Arbeitgeber teilnehmen darf. Für die Betriebsversammlung zur Wahl des Wahlvorstands im regulären Verfahren ist das anerkannt. Da der Arbeitgeber häufig über den Ablauf des Wahlverfahrens beraten kann, dürfte die Teilnahme auch an der Wahlversammlung zulässig sein, zumindest wenn der Wahlvorstand den Arbeitgeber einlädt. Für die erste Wahlversammlung im zweistufigen vereinfachten Wahlverfahren gilt dies besonders, da der Wahlvorstand erst auf dieser Wahlversammlung die Wählerliste er-
119
6
Die Wahl im vereinfachten Wahlverfahren
stellt und möglicherweise daher weiterer Aufklärung durch den Arbeitgeber bedarf. Beauftragte der im Betrieb vertretenen Gewerkschaften haben ebenfalls ein Teilnahmerecht. Dies gilt jedenfalls, wenn sie nicht bereits einen Beauftragten als nicht stimmberechtigtes Mitglied in den Wahlvorstand entsandt haben nach § 16 Abs. 1 Satz 6 BetrVG. 6.3.2.3
Gegenstand
Auf der (ersten) Wahlversammlung zur Wahl des Wahlvorstandes ist nicht nur der Wahlvorstand zu wählen. Vielmehr ist ein umfangreiches Programm zu bewältigen: • Wahl des Wahlvorstands und Wahl des Vorsitzenden des Wahlvorstands, § 29 WOBetrVG Wer bis zur Wahl des Wahlvorstands die Wahlversammlung leitet, ist nicht geregelt. Dies können die Einladenden übernehmen. Die Wahlversammlung kann aber auch einen anderen Versammlungsleiter bestimmen. • Zuordnung von Betriebsteilen und Kleinstbetrieben Gegebenenfalls hat der Wahlvorstand über die Zuordnung von Betriebsteilen oder Kleinstbetrieben zu entscheiden, xxx s. zum regulären Wahlverfahren oben Kapitel 4, 2.3.1. • Erstellung der Wählerliste, § 30 Abs. 1 Satz 3 WOBetrVG Sodann hat der Wahlvorstand aus den ihm ausgehändigten Unterlagen des Arbeitgebers (§ 28 Abs. 2 WOBetrVG, § 30 Abs. 1 Satz 4 WOBetrVG) die Wählerliste zu erstellen. Er kann in der Wahlversammlung auch den Arbeitgeber oder einen Vertreter um Unterstützung bitten. • Nachträgliche schriftliche Stimmabgabe, §§ 35 Abs. 1 Satz 3, 24 Abs. 3 WOBetrVG Gehören Betriebsteile oder Kleinstbetriebe zum Betrieb (s.o., s. dazu auch Briefwahl), die räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt sind, so hat der Wahlvorstand ferner zu entscheiden, ob dort grundsätzlich die nachträgliche schriftliche Stimmabgabe vorgenommen werden soll. • Sitzverteilung für das Minderheitsgeschlecht, § 32 WOBetrVG
120
Zweistufiges vereinfachtes Wahlverfahren
• • •
•
•
Ferner hat der Wahlvorstand die Sitzverteilung für die Mindestsitze des Minderheitsgeschlechts zu ermitteln, wenn der Betriebsrat aus mindestens drei Mitgliedern besteht. Das Wahlausschreiben ist vorzubereiten und zu erlassen, § 31 Abs. 1 WOBetrVG. Der Wahlvorstand hat zur Einreichung von Wahlvorschlägen aufzufordern. Abgabe von Wahlvorschlägen Wahlvorschläge, die dem Wahlvorstand nicht schon von der einladenden Stelle übergeben wurden (s.o. 6.3.1.3), können nur noch in der Wahlversammlung aufgestellt und dem Wahlvorstand zur Kenntnis gebracht werden. Solche Wahlvorschläge bedürfen nicht mehr der Schriftform (§ 33 Abs. 1 Satz 3 WOBetrVG). Sie müssen im übrigen den gleichen Anforderungen entsprechen wie Wahlvorschläge im einstufigen vereinfachten Wahlverfahren (s.o. 6.2.2.5). Sie können damit von Wahlberechtigten auf Zuruf erfolgen; der Wahlvorstand muss dann auf der Wahlversammlung prüfen, ob die hinreichende Zahl an Wahlberechtigten den Wahlvorschlag unterstützt. Mündliche Wahlvorschläge und Person sowie Zahl der Unterstützer sind im Protokoll festzuhalten, das der Wahlvorstand über die Wahlversammlung zu erstellen hat. Prüfung der Wahlvorschläge, § 33 Abs. 2 WOBetrVG Der Wahlvorstand muss alle Wahlvorschläge unmittelbar nach Einreichung in der Wahlversammlung prüfen und behebbare Mängel beanstanden, vgl. § 33 Abs. 2 und 3 WOBetrVG. Hinsichtlich des Umfangs der Mängelprüfung und –beanstandung gelten die Regeln wie im einstufigen vereinfachten Wahlverfahren (dazu oben 6.2.2.6). Beseitigung von Mängeln der Wahlvorschläge, (§ 33 Absätze 2 und 3 WOBetrVG) Etwaige Mängel der Wahlvorschläge sind noch in der Wahlversammlung zu beseitigen. Mit Abschluss der Wahlversammlung werden beanstandete Wahlvorschläge, deren Mängel nicht behoben wurden, ungültig.
6
Achtung: Unmittelbar danach!
Achtung!
121
6
Die Wahl im vereinfachten Wahlverfahren
6.3.2.4
Inhalt des zu erlassenden Wahlausschreibens
Das Wahlausschreiben, das der Wahlvorstand noch in der ersten Wahlversammlung anzufertigen und zu erlassen hat, entspricht dem für das einstufige vereinfachte Wahlverfahren und dem für die reguläre Wahl. Es kommen nur geringfügige Abweichungen vor (§ 31 Abs. 1 Satz 2 WOBetrVG). Das Wahlausschreiben muss informieren über: • das Datum seines Erlasses, § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 WOBetrVG, • den Ort der Auslage von Wählerliste und Wahlordnung, § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 WOBetrVG • das Wahlrecht der Arbeitnehmer, § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 WOBetrVG • den Anteil der Geschlechter, § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 WOBetrVG • die Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder und die Mindestsitze für Minderheitsgeschlecht, § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 WOBetrVG • die Mindestzahl von Unterstützungsunterschriften für Wahlvorschlag und deren Form einschließlich des Hinweises, dass Wahlvorschläge, die erst in der Wahlversammlung zur Wahl des Wahlvorstandes gemacht werden, der Schriftform nicht bedürfen, § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 WOBetrVG • die Wahlvorschläge der Gewerkschaften, § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 WOBetrVG • die Einreichung der Wahlvorschläge, § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 8 WOBetrVG einschließlich des Hinweises, dass Wahlvorschläge vor Abschluss der ersten Wahlversammlung beim Wahlvorstand einzureichen sind; da das Wahlausschreiben erst in dieser Versammlung erlassen wird, erscheint ein mündlicher Hinweis in der Wahlversammlung bedeutend wichtiger als die Erwähnung im Wahlausschreiben. • die Wahl nach Wahlvorschlägen, § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 9 WOBetrVG • den Aushang der Wahlvorschläge, § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 10 WOBetrVG • Ort, Tag und Zeit der Wahlversammlung zur Betriebsratswahl, § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 11 WOBetrVG
122
Zweistufiges vereinfachtes Wahlverfahren
• •
• •
6
Die Möglichkeit zur nachträglichen schriftlichen Stimmabgabe, § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 12 WOBetrVG Ort, Tag und Zeit der nachträglichen schriftlichen Stimmabgabe und Betriebsteile und Kleinstbetriebe, für die die nachträgliche schriftliche Stimmabgabe beschlossen wurde, § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 13 WOBetrVG Die Betriebsadresse des Wahlvorstands, § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 14 WOBetrVG Ort, Tag und Zeit der öffentlichen Stimmenauszählung, § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 15 WOBetrVG
Ausführlich zum Inhalt des Wahlausschreibens siehe Wahlausschreiben, vereinfachtes zweistufiges Wahlverfahren. Die Vorgaben für den Inhalt des Wahlausschreibens stellen keine zwingende Begrenzung dar. Der Wahlvorstand kann weitere Empfehlungen und Hinweise zu dem Ablauf der Wahl oder zu den Wahlvorschlägen aufnehmen.
6.3.3
Aufgaben zwischen erster und zweiter Wahlversammlung
In der Woche zwischen Ende der ersten Wahlversammlung zur Wahl eines Wahlvorstandes (s.o. 6.3.2) und der zweiten Wahlversammlung zur Wahl des Betriebsrates (s.u. 6.3.4) fallen für den Wahlvorstand nur wenige Aufgaben an: 6.3.3.1
Bekanntgabe von Wahlausschreiben und Wählerliste
Wurden Wahlausschreiben und Wählerliste nicht schon während der Wahlversammlung an geeigneten Orten oder ergänzend/ausschließlich über EDV bekannt gemacht, so hat dies unverzüglich nach Ende der Wahlversammlung zu geschehen. Es gelten die gleichen Regeln wie im einstufigen vereinfachten Wahlverfahren (s.o. 6.2.2.1). 6.3.3.2
Absage der Wahl
Wird bis zum Ende der ersten Wahlversammlung kein einziger gültiger Wahlvorschlag eingereicht, so findet die Betriebsratswahl nicht statt. Anders als bei der regulären Wahl wird im zweistufigen wie im
123
6
Die Wahl im vereinfachten Wahlverfahren
einstufigen (s.o. 6.2.2.6. a.E.) vereinfachten Wahlverfahren keine Nachfrist gesetzt. Der Wahlvorstand hat folglich in gleicher Weise wie das Wahlausschreiben bekannt zu machen, dass keine Wahl stattfindet § 33 Abs. 5 WOBetrVG. 6.3.3.3 Achtung Frist!
Einsprüche gegen die Wählerliste
Wie im einstufigen vereinfachten Wahlverfahren können Einsprüche gegen die Richtigkeit der Wählerliste nur vor Ablauf von drei Tagen seit Erlass des Wahlausschreibens, also seit der ersten Wahlversammlung, beim Wahlvorstand schriftlich eingelegt werden. Es gelten die Regeln wie im einstufigen Verfahren, s. dazu oben 6.2.2.4, siehe auch Einspruch gegen die Wählerliste. 6.3.3.4
Antrag auf nachträgliche schriftliche Stimmabgabe
Wahlberechtigte, die an der (zweiten) Wahlversammlung zur Wahl des Betriebsrats nicht teilnehmen können, können wie im einstufigen vereinfachten Wahlverfahren die nachträgliche schriftliche Stimmabgabe beantragen. Aus den gleichen Gründen wie im einstufigen Verfahren und wie im Briefwahlverfahren der regulären Wahl kann der Wahlvorstand auch verpflichtet sein, die Wahlunterlagen von sich aus zu versenden (§ 35 Abs. 1 Satz 3, § 24 WOBetrVG). Dies ist der Fall, wenn • der Wahlvorstand weiß, dass bestimmte Arbeitnehmer nach der Eigenart des Beschäftigungsverhältnisses während der Zeit der Stimmabgabe vom Betrieb abwesend sein werden oder • wenn der Wahlvorstand für Betriebsteile oder Kleinstbetriebe, die räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt sind, beschlossen hat, dass dort eine schriftliche Stimmabgabe zu erfolgen hat. • In beiden Fällen hat der Wahlvorstand die Unterlagen für die nachträgliche schriftliche Stimmabgabe vorzubereiten und dem Wahlberechtigten zu übergeben oder zu übersenden. Dies hat er in der Wählerliste zu vermerken. Es gelten dieselben Regeln wie für das einstufige vereinfachte Wahlverfahren, dazu siehe oben 6.2.2.8.
124
Zweistufiges vereinfachtes Wahlverfahren
6.3.4
6
Die zweite Wahlversammlung und Aufgaben nach der Wahl
Der Ablauf der (zweiten) Wahlversammlung zur Wahl des Betriebsrats und die Aufgaben des Wahlvorstandes nach dieser Wahlversammlung einschließlich der Abwicklung der nachträglichen schriftlichen Stimmabgabe entsprechen denen im einstufigen vereinfachten Wahlverfahren. Siehe dazu oben 6.2.3.
125
7 7.1
Die Wahlanfechtung Allgemeines
§ 19 BetrVG regelt die Anfechtung der Betriebsratswahl. Die Regeln der Wahlanfechtung gelten auch für die Anfechtung der Jugend- und Auszubildendenvertretung, § 63 Abs. 2 Satz 2 BetrVG. Die Regeln der Wahlanfechtung gelten hingegen nicht für die Bildung von Betriebsratsausschüssen, für die Bildung des Gesamt- und Konzernbetriebsrates sowie der Gesamtjugend- und Auszubildendenvertretung. All diese Gremien werden nicht durch Wahl, sondern durch Beschluss bestellt. Diese Beschlüsse sind nach allgemeinen Regeln anfechtbar. Anfechtbare Betriebsratswahlen sind wirksam, so lange durch Gericht nicht die Unwirksamkeit festgestellt ist. Nicht gesetzlich geregelt ist der darüber hinausgehende Fall, dass die Betriebsratswahl per se nichtig ist. Die Regeln für die Nichtigkeit der Betriebsratswahl wurden vielmehr von Rechtsprechung und Wissenschaft entwickelt. Die Voraussetzungen für die Anfechtung einer Betriebsratswahl sind in § 19 Abs. 1 BetrVG geregelt. Es muss ein Verstoß gegen wesentliche Vorschriften • über das Wahlrecht, • die Wählbarkeit oder • das Wahlverfahren vorliegen. Außerdem muss möglich sein, dass das Wahlergebnis durch den Verstoß geändert oder beeinflusst wurde. Nach dem Gesetz besteht die Anfechtungsmöglichkeit nur, wenn gegen Vorschriften über das Wahlverfahren, die Wählbarkeit oder das Wahlrecht verstoßen wird, die wesentlich sind. Nicht jeder Verfahrensverstoß führt daher zur Anfechtbarkeit der Betriebsratswahl. Das Betriebsverfassungsgesetz und die Wahlordnung zum Betriebsverfassungsgesetz stufen selbst schon die Verfahrensvorschriften ab in so genannte Muss- und Soll-Vorschriften. Die Muss-Vorschriften sind
126
Wahlanfechtung
7
zwingende Wahlvorschriften, während Soll-Vorschriften nur mit geringerer Intensität ihrer Verbindlichkeit ausgestattet sind. Damit ergibt sich schon als Grundsatz, dass nur Muss-Vorschriften (Indiz: "muss", "hat", "sind") zu den wesentlichen Vorschriften zählen können (vgl. BAG, Beschluss vom 14. September 1998, 7 ABR 93/87, DB 1998, Seite 50). Die Betriebsratswahl ist nicht anfechtbar, wenn durch den Verstoß gegen die wesentliche Wahlvorschrift das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Es kommt dabei nicht darauf an, ob das Wahlergebnis tatsächlich beeinflusst wurde. Entscheidend ist vielmehr, ob bei einer hypothetischen Betrachtungsweise eine Wahl ohne den Verstoß unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zwingend zu demselben Wahlergebnis geführt hätte (BAG, Beschluss vom 6. Dezember 2000, 7 ABR 34/99, DB 2001, Seite 1422). Danach wäre eine Betriebsratswahl beispielsweise nicht anfechtbar, wenn ein nicht wahlberechtigter Arbeitnehmer mitgewählt hat oder ein wahlberechtigter Arbeitnehmer nicht mitwählen durfte, die Mehrheitsverhältnisse aber so deutlich sind, dass es auf einzelne Stimmen nicht mehr ankam. Die Wahlanfechtung entfällt mangels Kausalität auch dann, wenn der Fehler durch den Wahlvorstand berichtigt werden kann und auch berichtigt wird. Dies kann aber nach herrschender Meinung nur bis zum Tage vor dem Beginn der Stimmabgabe durch Beschluss des Wahlvorstandes erfolgen (Nachweise bei Fitting, Betriebsverfassungsgesetz, 22. Auflage 2004, § 19 Rz. 23).
7.2 7.2.1
Wahlanfechtung Verstoß gegen Vorschriften über das Wahlrecht
Die Anfechtung der Betriebsratswahl wegen Verstößen gegen wesentliche Vorschriften des Wahlrechtes bezieht sich auf die Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes, die die Wahlberechtigung regeln (§ 7 BetrVG). Gegen das Wahlrecht kann verstoßen werden, wenn ein Wahlberechtigter nicht zur Wahl zugelassen wird oder wenn nicht wahlberechtigte Personen wählen. Die Anfechtbarkeit der Wahl ist
127
7
Die Wahlanfechtung
allerdings eingeschränkt, wenn es um die Frage geht, ob ein Arbeitnehmer richtigerweise den leitenden Angestellten zugeordnet bzw. nicht zugeordnet wurde. § 18a Abs. 5 Satz 3 beschränkt die Wahlanfechtung in diesem Fall auf Fälle, in denen die Zuordnung offensichtlich fehlerhaft vorgenommen wurde. Soweit anfechtungsberechtigte Arbeitnehmer allerdings Einspruch gegen die Wählerliste nach § 4 WOBetrVG erheben konnten, dies aber nicht getan haben, können sie die Betriebsratswahl hinterher deshalb nicht mehr anfechten (LAG Frankfurt, Beschluss vom 27. Januar 1976, 5 TaBV 38/75, BB 1976, Seite 1271, Fitting, Betriebsverfassungsgesetz, 22. Auflage 2004, § 19 Rz. 14, str. Das Bundesarbeitsgericht - Beschluß vom 14.11.2001, 7 ABR 40/00, hat diese Frage weiterhin offengelassen, weist aber darauf hin, dass jedenfalls eine Anfechtung aus anderen Gründen noch möglich ist.). Diese Einschränkung gilt nicht für die Wahlanfechtung durch eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft (BAG, Beschluss vom 25. Juni 1974, 1 ABR 68/73, DB 1974, Seite 2115) und auch nicht für die Wahlanfechtung durch den Arbeitgeber.
7.2.2
Verstoß gegen Vorschriften der Wählbarkeit
Gegen die Vorschriften über die Wählbarkeit wird verstoßen, wenn jemand in den Betriebsrat gewählt wird, der nicht wählbar ist. Die Wählbarkeit richtet sich nach § 8 BetrVG. Ein Verstoß liegt also vor, wenn der Gewählte überhaupt noch nicht wahlberechtigt ist, noch nicht sechs Monate dem Betrieb angehört oder nicht die Fähigkeit besitzt, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen. Die Wahlanfechtung kann allerdings nicht mehr auf die fehlende Wählbarkeit gestützt werden, wenn der Mangel bis zur letzten gerichtlichen Tatsachenverhandlung behoben wurde (vgl. BAG, Beschluss vom 7. Juli 1954, 1 ABR 6/54, SAE 1955, Seite 140). Die Wahlanfechtung ist nach § 18a Abs. 5 Satz 3 BetrVG auch dann eingeschränkt, wenn die richtige Zuordnung eines Arbeitnehmers zu den leitenden Angestellten in Frage steht. Die Wahlanfechtung ist in diesem Fall nur möglich, wenn die Zuordnung offensichtlich fehlerhaft war.
128
Wahlanfechtung
7.2.3
7
Verstöße gegen Vorschriften gegen das Wahlverfahren
Das Wahlverfahren wird in den §§ 9 bis 18 BetrVG und § 20 BetrVG sowie in der Wahlordnung zum BetrVG geregelt. Auch bei Verstößen gegen diese Bestimmungen ist eine Wahlanfechtung nur möglich, wenn gegen wesentliche der genannten Vorschriften verstoßen wird. Viele mögliche Fehler im Wahlverfahren können berichtigt werden. Wurde der Fehler so rechtzeitig berichtigt, dass die Wahl noch ordnungsgemäß ablaufen kann, entfällt das Recht zur Wahlanfechtung. Beispiele für Wahlanfechtung wegen Verstoß gegen wesentliche Verfahrensvorschriften: Beispiele: • nicht ordnungsgemäße Zusammensetzung des Wahlvorstandes (BAG, Beschluss vom 14. September 1988, 7 ABR 93/87, DB 1989, Seite 50; LAG Hessen, Beschluss vom 6. Februar 2003, 9 TaBV 96/03, NZARR 2004, Seite 27 f.), • Wahl des Wahlausschusses durch falsches Gremium (BAG, Be schluss v. 21.07.2004 7 ABR 57/03), • Wahlausschreiben enthält falsche Angaben über die Wählbar keitsvoraussetzungen (BAG, Beschluss vom 20. Juli 1982, 1 ABR 19/81, DB 1982, Seite 2087), • keine Information von Ausländern in für sie verständlicher Sprache (BAG, Beschluss vom 13. Oktober 2004, 7 ABR 5/04, BB 2005, Seite 500), • Verkennung des Betriebsbegriffs durch den Wahlvorstand (BAG, Beschluss vom 17. Januar 1978, 1 ABR 71/76, DB 1978, Seite 1133), • Angabe einer falschen Zahl zu wählender Betriebsratsmitglieder (BAG, Beschluss vom 12. Oktober 1976, 1 ABR 14/76, DB 1977, Seite 212), • Gewährung von Einsicht in Wählerliste nur drei Stunden vormit tags in einem Betrieb, in dem auch nachmittags gearbeitet wird (LAG Köln, Beschluss vom 16. Januar 1991, 2 TaBV 37/90, LAGE § 19 BetrVG Nr. 11), • Zurückweisung eines ordnungsgemäßen Wahlvorschlags durch Wahlvorstand (LAG Hamm, EZA § 19 BetrVG Nr. 9), • falsche Berechnung der Frist für die Einreichung von Wahlvor
129
7
Die Wahlanfechtung
•
•
•
•
•
•
•
130
schlägen (BAG, Beschluss vom 9. Dezember 1992, 7 ABR 27/92, DB 1993, Seite 2084), uneinheitlich gestaltete Stimmzettel entgegen § 11 Abs. 2 WO BetrVG (BAG, Beschluss vom 14. Januar 1969, 1 ABR 14/68, DB 1969, Seite 664), Gestattung der Briefwahl über die Fälle des § 24 WOBetrVG hin aus (BAG, Beschluss vom 27. Januar 1993, 7 ABR 37/92, DB 1993, Seite 2030), Einsichtnahme Anderer als des Wahlvorstandes oder der Wahl helfer in die mit Stimmabgabevermerken versehene Wählerliste, insbesondere durch Wahlbewerber (BAG, Beschluss vom 6. De zember 2000, 7 ABR 34/99, DB 2001, Seite 1422), keine öffentliche Bekanntmachung von Ort und Zeitpunkt der Stimmauszählung im Betrieb (BAG, Beschluss vom 15. November 2000, 7 ABR 53/99, DB 2001, Seite 1152), nicht mindestens ein Mitglied des Wahlvorstandes ist bei der Stimmenauszählung anwesend (LAG Berlin, Beschluss vom 16. November 1987, 12 TaBV 6/87, DB 1988, Seite 504), Stimmenauszählung teilweise außerhalb des bekannt gemachten Auszählungsraumes in geschlossenem Raum, der nur auf Klingel zeichen geöffnet wird (LAG Berlin, Beschluss vom 16. November 1987, 12 TaBV 6/87, DB 1988, Seite 504). Fehlerhafte Berechnung der Zahl der Betriebsratsmitglieder (§ 9 BetrVG), weil z.B. nicht betriebsangehörige Arbeitnehmer mitbe rücksichtigt wurden. (BAG, Beschluß vom 21.7.2004, 7 ABR 38/03) Die Voraussetzungen der Betriebsangehörigkeit erfüllen die im Zuge eines Dienst oder Werkvertrags tätigen Arbeitneh mer eines dritten Unternehmers nicht. Diese haben keine arbeits vertragliche Beziehung zur antragstellenden Arbeitgeberin. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Erfüllungsgehilfen eines Dienst oder Werkunternehmers überhaupt zur Arbeitsleitung ü berlassene Arbeitnehmer iSd. § 7 Satz 2 BetrVG sind. Denn auch in diesem Fall wären sie bei der für die Anzahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder maßgeblichen Belegschaftsstärke nach § 9 BetrVG nicht zu berücksichtigen. Es fehlt die arbeitsvertragliche Beziehung zum Inhaber des Betriebes. Ein derartiger Verstoß ge gen § 9 BetrVG ist regelmäßig für den Wahlausgang relevant und berechtigt damit zur Anfechtung.
Wahlanfechtung
7.2.4
7
Anfechtungsverfahren
Die Wahlanfechtung findet auf Antrag beim Arbeitsgericht im Beschlussverfahren statt (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 ArbGG, §§ 80 ff. ArbGG). Ausschließlich zuständig ist das Arbeitsgericht am Sitz des Betriebes, § 82 ArbGG. Wird die Wahl erfolgreich angefochten, so erklärt das Arbeitsgericht entweder die gesamte Wahl oder aber nur die Feststellung des Wahlergebnisses für ungültig. Wird die Ungültigkeit der Wahl festgestellt, so müssen Neuwahlen stattfinden. Wurde vom Wahlvorstand lediglich das Wahlergebnis unrichtig festgestellt und kann der Verstoß durch eine Korrektur des Wahlergebnisses behoben werden, stellt das Arbeitsgericht das richtige Wahlergebnis fest, ohne dass Neuwahlen stattfinden müssen. In beiden Fällen entfaltet der (rechtskräftige) Beschluss des Arbeitsgerichts rechtsgestaltende Wirkung (vgl. insgesamt BAG, Beschluss vom 29. Mai 1991, 7 ABR 67/90, DB 1992, Seite 46). Der fehlerhaft gewählte Betriebsrat verliert also nicht rückwirkend sein Amt; Handlungen und Vereinbarungen des Betriebsrates bis zur Rechtskraft der Wahlanfechtungsentscheidung bleiben wirksam (vgl. BAG, Beschluss vom 13. März 1991, 7 ABR 5/90, DB 1991, Seite 2495). Die Wahlanfechtung kann zunächst von (mindestens) drei wahlberechtigten Arbeitnehmern des Betriebs beantragt werden. Die Wahlberechtigung der Arbeitnehmer muss im Zeitpunkt der Wahl gegeben sein. Scheiden die Arbeitnehmer später aus dem Betrieb aus, so erlischt die Anfechtungsberechtigung nicht. Scheiden allerdings Arbeitnehmer, die den Antrag tragen, aus dem Betrieb aus und hat die Fehlerhaftigkeit der Wahl für keinen der ausgeschiedenen Arbeitnehmer gegenwärtig oder künftig Auswirkungen, so entfällt für sie das Rechtschutzbedürfnis für die weitere Durchführung des Anfechtungsverfahrens (BAG, Beschluss vom 15. Februar 1989, 7 ABR 9/88, DB 1989, Seite 2626). Fällt auf diese Weise ein anfechtungsberechtigter Arbeitnehmer aus und wird die Wahlanfechtung infolgedessen nicht mehr von mindestens drei Arbeitnehmern getragen, so kann kein anderer Arbeitnehmer an die Stelle des Ausgeschiedenen treten (BAG, Beschluss vom 12. Februar 1985, 1 ABR 11/84, DB 1985, Seite 1799).
131
7
Die Wahlanfechtung
Ferner kann jede im Betrieb vertretene Gewerkschaft die Betriebsratswahl anfechten. Die Gewerkschaft muss jedoch noch bis zum Termin der letzten mündlichen Verhandlung im Betrieb vertreten sein, also mindestens einen Arbeitnehmer repräsentieren (BAG, Beschluss vom 21. November 1975, 1 ABR 12/75, BB 1977, Seite 249, BAG, Beschluss vom 10.11.2004, 7 ABR 19/04; Näheres unter Gewerkschaft). Anfechtungsberechtigt ist ausschließlich der Arbeitgeber, in dessen Betrieb die Betriebsratswahl stattgefunden hat. Wird der Betrieb von einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts betrieben, dann ist nur die BGB-Gesellschaft, nicht aber jeder einzelne Gesellschafter für sich anfechtungsberechtigt (BAG, Beschluss vom 28. November 1977, 1 ABR 36/76, DB 1978, Seite 643).
7.2.5
Anfechtungsfrist
Die Anfechtung muss innerhalb von zwei Wochen ab dem Tag der Bekanntgabe des Wahlergebnisses beim Arbeitsgericht erhoben werden. Die Fristberechnung richtet sich nach § 187 Abs. 1 BGB, § 188 Abs. 2 BGB. Die Frist beginnt erst zu laufen, wenn das Wahlergebnis ordnungsgemäß bekannt gegeben ist. Dies ist durch Bekanntmachung der Namen der Gewählten mittels Aushang in gleicher Weise wie bei dem Wahlausschreiben erforderlich, § 18 WOBetrVG. Der Anfechtungsantrag muss fristgerecht beim Arbeitsgericht eingehen. Nicht erforderlich ist, dass der Antrag innerhalb der Frist auch dem Betriebsrat zugeht. Wird die Anfechtungsfrist versäumt, so wird die Betriebsratswahl außer im Fall der Nichtigkeit - unangreifbar, eine Berufung auf die Anfechtbarkeit ist für die Zukunft dann ausgeschlossen.
7.2.6
Inhalt des Antrags
Will der/wollen die Antragsteller geltend machen, die Wahl des Betriebsrates oder eines einzelnen Betriebsratsmitgliedes sei unrichtig erfolgt, so muss beantragt werden, die Wahl für unwirksam zu erklären. Soll hingegen nur festgestellt werden, dass dem Wahlvorstand bei der Feststellung des Wahlergebnisses ein Fehler unterlaufen ist, so
132
Nichtigkeit der Betriebsratswahlen
7
muss die Feststellung des richtigen Wahlergebnisses beantragt werden. Der Antragsteller muss nicht insgesamt schlüssige Tatsachen vortragen. Es genügt, wenn er einen "betriebsverfassungsrechtlich erheblichen Tatbestand" vorträgt. Er muss also Tatsachen vortragen, aus denen sich möglicherweise die Anfechtung der Betriebsratswahl rechtfertigen kann (BAG, Beschluss vom 24. Mai 1965, 1 ABR 1/65, SAE 1966, Seite 20).
7.2.7
Anfechtungsgegner
Die Anfechtung richtet sich gegen den Betriebsrat, dessen Bestand oder Zusammensetzung durch die angefochtene Wahl in Frage gestellt wird. Sind in Haupt- und Nebenbetrieb jeweils getrennte Wahlen durchgeführt worden und soll mit der Wahlanfechtung geltend gemacht werden, es habe ein gemeinsamer Betrieb im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 BetrVG und § 1 Abs. 2 BetrVG vorgelegen, so muss die Wahlanfechtung gegen beide Betriebsratsgremien gerichtet werden. Soll die Anfechtung auf die Wahl eines einzelnen Betriebsratsmitglieds beschränkt werden, ist auch nur dieses Betriebsratsmitglied Anfechtungsgegner.
7.3 7.3.1
Nichtigkeit der Betriebsratswahlen Allgemeines
Allgemein anerkannt ist, dass es neben der Anfechtbarkeit den Fall der Nichtigkeit der Betriebsratswahl gibt. Die Nichtigkeit der Betriebsratswahl führt dazu, dass auch ohne gerichtliche Geltendmachung durch Wahlanfechtung ein Betriebsrat wirksam nicht gewählt wurde.
7.3.2
Nichtigkeitsgründe
Die Betriebsratswahl ist nur dann nichtig, wenn gegen wesentliche Grundsätze des Wahlrechts in einem so hohen Maße verstoßen wor-
133
7
Die Wahlanfechtung
den ist, dass nicht einmal der Anschein einer gesetzmäßigen Wahl vorliegt (BAG, Beschluss vom 19.11.2003, 7 ABR 24/03, BAG, Beschluss vom 29. April 1998, 7 ABR 42/97, NZA 1998, Seite 1133). Es muss also ein grober und offensichtlicher Verstoß gegen wesentliche gesetzliche Wahlregeln vorliegen. Dies ist aus Sicht desjenigen zu beurteilen, dem der Wahlvorgang selbst bekannt und der mit den Betriebsinterna vertraut ist (BAG, Beschluss vom 24. Januar 1964, 1 ABR14/63, DB 1964, Seite 589). Beispiele: • Betriebsratswahl in einem nicht betriebsratsfähigen Betrieb (z.B. BAG, Beschluss vom 29. April 1998, 7 ABR 42/97, NZA 1998, Seite 1133), • Bildung des Betriebsrats in einer Betriebsversammlung spontan durch Zuruf (BAG, Urteil vom 12. Oktober 1961, 5 AZR 423/60, DB 1962, Seite 70), • offensichtliche oder willkürliche Verkennung des Betriebsbegriffs (BAG, Beschluss vom 11. April 1978, 6 ABR 22/77, DB 1978, Seite 1452), u.U. auch nach einer gerichtlichen Entscheidung in einem vorausgegangenen Verfahren nach § 18 Abs. 2 BetrVG (BAG, Beschluss vom 19. November 2003, 7 ABR 25/03, SAE 2004, 204), • Wahl eines Betriebsrates für einen Betriebsteil, für den bereits ein Betriebsrat gewählt und jene Wahl nicht angefochten wor den ist (BAG, Beschluss vom 11. April 1978, 6 ABR 22/77, DB 1978, Seite 1452).
Führen Verstöße gegen Wahlvorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes und der Wahlordnung 2001 jeder für sich genommen nicht zur Nichtigkeit der Wahl, kann sich auch aus einer Gesamtwürdigung der einzelnen Verstöße nicht ergeben, dass die Betriebsratswahl nichtig ist (so jetzt das Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 19.11.2003, 7 ABR 24/03 unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung von BAG 27. April 1976 - 1 AZR 482/75 - AP BetrVG 1972 § 19 Nr 4 = EzA BetrVG 1972 § 19 Nr 8). Insgesamt scheint der zuständige 7. Senat des Bundesarbeitsgerichts mit der Annahme der Nichtigkeit allgemein zur Zurückhaltung zu tendieren.
134
Nichtigkeit der Betriebsratswahlen
7.3.3
7
Folgen der Nichtigkeit
Bei nichtiger Betriebsratswahl wurde der Betriebsrat nicht wirksam gewählt. Dies gilt rückwirkend vom ersten Tag seiner Wahl an. Damit sind alle Handlungen des Betriebsrates rechtsunwirksam. Seine Mitglieder genießen nicht den Kündigungsschutz nach § 15 KSchG und § 103 BetrVG (vgl. BAG, Urteil vom 7. Mai 1986, 2 AZR 349/85, DB 1996, Seite 1883 zur nichtigen Bestellung eines Wahlvorstandes). Auf die Nichtigkeit der Betriebsratswahl kann sich Jedermann zu jeder Zeit berufen. Dies gilt auch für den Arbeitgeber. Einen Vertrauensschutz zu Gunsten eines aus einer nichtigen Wahl hervorgegangenen Betriebsrates gibt es nicht (BAG, Urteil vom 27. April 1976, 1 AZR 482/75, AP Nr. 4 zu § 19 BetrVG 1972). Die Nichtigkeit kann als Vorfrage in jedem Verfahren oder selbständig auf dem Wege eines arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens geltend gemacht werden.
135
8
Die Kosten der Wahl
Der Arbeitgeber trägt gemäß § 20 Abs. 3 BetrVG die Kosten der Betriebsratswahl. Die Kosten müssen für die Betriebsratswahl erforderlich gewesen sein. Dazu zählen in aller Regel die Kosten für die Erstellung der Wahlunterlagen, Urnen, die Geschäftsführung des Wahlvorstands, notwendige Reisen der Wahlvorstandsmitglieder, Überlassung von Räumen und Arbeitsgeräten, Lohnausfall bei der Wahl, ebenso für die notwendige Arbeitsversäumnis bei vor der Wahl durchzuführenden Abstimmungen (etwa nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG). Weitere Beispiele und Ausführungen zu dem Thema finden sich unter dem Stichwort Kosten der Wahl. Soweit es um die Frage des Arbeitsausfalls und der Gehaltsfortzahlung geht, gibt das Stichwort Arbeitsausfall weiterführende Hinweise.
136
Teil II
Wörterbuch der Betriebsratswahl
A
Amtszeit des Betriebsrats
Amtszeit des Betriebsrats § 21 BetrVG enthält Vorschriften zur Amtszeit des Betriebsrats. Nach Satz 1 beträgt die regelmäßige Amtszeit vier Jahre. Für den Beginn der Amtszeit ist entscheidend, ob in dem Betrieb ein Betriebsrat bereits besteht oder nicht. Bei bestehendem Betriebsrat beginnt die Amtszeit des neuen Betriebsrats mit Ablauf der Amtszeit des alten Betriebsrats. Da die Amtszeit aber spätestens am 31. Mai des Jahres endet, in dem die regelmäßigen Betriebsratswahlen stattfinden, beginnt die Amtszeit des neuen Betriebsrats spätestens mit Ablauf des 31. Mai. Hat der Betrieb bislang noch keinen Betriebsrat gehabt oder besteht aus anderen Gründen derzeit kein Betriebsrat im Betrieb, so beginnt die Amtszeit des gewählten Betriebsrats mit der Bekanntgabe des Wahlergebnisses. Zur Dauer der Amtszeit in diesen Fällen siehe Teil 1, unter 1.2.1. Die regelmäßige Dauer der Amtszeit des Betriebsrats beträgt genau vier Jahre. Nur ausnahmsweise kann ein Betriebsrat über diesen Zeitraum hinaus die Geschäfte noch weiter führen. Nach § 22 BetrVG i.V.m. den Fällen des § 13 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 BetrVG kann der Betriebsrat die Geschäfte weiterführen, bis der neue Betriebsrat gewählt und das Wahlergebnis bekannt gegeben ist (zu diesen Ausnahmefällen siehe Teil I, unter 1.2.2.1 bis 1.2.2.3). In folgenden Fallkonstellationen kann ein vorzeitiges Ende der Amtszeit angezeigt sein: • Fall des § 13 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG: Wenn mit Ablauf von 24 Monaten, vom Tage der Wahl an gerechnet, die Zahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer um die Hälfte, mindestens aber um 50, gestiegen oder gesunken ist, ist ein neuer Betriebsrat zu wählen. (Zur konkreten Berechnung siehe das Beispiel in Teil I, Kapitel 1.2.2.1.) Die Amtszeit des alten Betriebsrats endet mit Bekanntgabe des Wahlergebnisses des neuen Betriebsrates. • Fall des § 13 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG: Wenn die Gesamtzahl der Betriebsratsmitglieder nach Eintreten sämtlicher Ersatzmitglieder unter die vorgeschriebene Zahl der Betriebsratsmitglieder gesun-
138
Amtszeit des Betriebsrats
•
•
•
•
A
ken ist, ist ebenfalls ein neuer Betriebsrat zu wählen. Die Amtszeit des alten Betriebsrats endet dann wiederum mit Bekanntgabe des Wahlergebnisses des neuen Betriebsrats. Fall des § 13 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG: Wenn der Betriebsrat mit der Mehrheit seiner Mitglieder seinen Rücktritt beschlossen hat, ist ebenfalls eine Neuwahl einzuleiten. Auch hier endet die Amtszeit des zurückgetretenen Betriebsrats faktisch erst mit der Bekanntgabe des Wahlergebnisses des neuen gewählten Betriebsrats, spätestens aber mit dem Ablauf derjenigen Amtszeit, die ohne den Rücktrittsbeschluss dem Betriebsrat zugestanden hätte. Fälle des § 13 Abs. 2 Nr. 4 und 5 BetrVG: Die Amtszeit des Betriebsrats endet ferner vorzeitig nach erfolgreicher Anfechtung der Betriebsratswahl (§ 13 Abs. 2 Nr. 4) und nach Auflösung des Betriebsrats durch einen gerichtlichen Beschluss gemäß § 23 Abs. 1 BetrVG (§ 13 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG). In beiden Fällen endet die Amtszeit mit Rechtskraft des arbeitsgerichtlichen Beschlusses. Die Weiterführung der Geschäfte bis zur Neuwahl des neuen Betriebsrats ist nicht vorgesehen. Fälle des § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BetrVG: Tritt ein Tarifvertrag (oder ggf. eine Betriebsvereinbarung, s. § 3 Abs. 2 BetrVG) über die Errichtung einer abweichenden Vertretungsstruktur der Arbeitnehmer nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BetrVG in Kraft, hängt die Amtszeit des Betriebsrats gemäß § 3 Abs. 4 BetrVG davon ab, ob im Tarifvertrag (oder ggf. in der Betriebsvereinbarung) Bestimmungen zum Wahlzeitpunkt getroffen wurden. Fehlt es an einer Bestimmung des Wahlzeitpunkts, ist die abweichende Vertretungsstruktur erst bei der nächsten regelmäßigen Betriebsratswahl anzuwenden, es sei denn, es besteht kein Betriebsrat oder es ist aus anderen Gründen eine Neuwahl des Betriebsrats erforderlich, § 3 Abs. 4 S. 1 BetrVG. Die Amtszeit der „alten“ Betriebsräte bliebe also in aller Regel unberührt. Ist aber ein abweichender Wahlzeitpunkt im Tarifvertrag (ggf. in der Betriebsvereinbarung) vorgesehen, so endet die Amtszeit bestehender Betriebsräte, die durch die abweichende Strukturierung entfallen, mit Bekanntgabe des Wahlergebnisses der neu gewählten Gremien, § 3 Abs. 4 S. 2 BetrVG. Fall des § 24 BetrVG: Die Vorschrift regelt die Frage, wann die Mitgliedschaft im Betriebsrat erlischt. Sollte es dazu kommen, dass
139
A
Amtszeit des Betriebsrats
•
•
140
das Amt aller Betriebsratsmitglieder einschließlich der Ersatzmitglieder nach § 24 BetrVG erloschen ist, endet auch in diesem Fall die Amtszeit des Betriebsrats. Das Ende der Amtszeit tritt dann mit Ausscheiden des letzten Betriebsratsmitglieds sofort und endgültig ein. Auch hier kommt eine Weiterführung der Geschäfte nicht in Betracht. Da in diesen Fällen ohnehin bereits der Tatbestand des § 13 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG eingetreten sein wird, ist der Erlöschensgrund insbesondere dann von Bedeutung, wenn sich der geschrumpfte Betriebsrat in der Phase der Weiterführung der Geschäfte befindet. Fälle der §§ 1, 118 Abs. 2, 130 BetrVG: Auch für den Fall, dass die Gesamtzahl der in der Regel ständig beschäftigten wahlberechtigten Arbeitnehmer unter fünf sinkt, endet die Amtszeit des Betriebsrats. Die Betriebsratsfähigkeit des Betriebes ist nicht bloß eine Voraussetzung für die Wahl des Betriebsrats, sondern bestimmt gleichzeitig den Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes. Ihr Wegfall führt zur sofortigen Beendigung des Betriebsratsamtes (siehe auch GK-BetrVG, Wiese, § 21 Anm. 37 mit weiteren Nachweisen). Entsprechendes gilt, wenn ein Betrieb aus sonstigen Gründen aus dem Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes ausscheidet. Dies ist denkbar, wenn der Betrieb z.B. von einer karitativen oder erzieherischen Einrichtung einer Religionsgemeinschaft fortgeführt wird (§ 118 Abs. 2 BetrVG) oder auf eine Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts übergeht (§ 130 BetrVG). Zur Frage, was mit Betriebsratsgremien bei Umorganisation von Betrieben und Unternehmen geschieht, findet sich eine gesetzliche Regelung in § 21a BetrVG. Für den Fall der Betriebsspaltung ist vorgesehen, dass der bisherige Betriebsrat im Amt bleibt und für die bislang zugeordneten Betriebsteile, soweit es sich dabei noch um betriebsratsfähige Einheiten handelt (s. § 1 Abs. 1 BetrVG), die Geschäfte weiterführt. Dies gilt nur dann nicht, wenn der abgespaltene Betriebsteil in einen Betrieb eingegliedert wird, in dem ein Betriebsrat besteht. Dann ist ja eine Vertretung der Arbeitnehmer durch den Betriebsrat der „übernehmenden Einheit“ sichergestellt. Fehlt es aber daran, nimmt der Betriebsrat des gespaltenen Betriebs im Wege des Übergangsmandats die Vertretung
Amtszeit des Betriebsrats
•
A
wahr. Er hat in den abgespaltenen Betriebsteilen unverzüglich Wahlvorstände zu bestellen. Das Übergangsmandat endet, sobald ein neuer Betriebsrat gewählt worden ist (Bekanntgabe des Wahlergebnisses). Es kann maximal 6 Monate andauern. Diese Höchstfrist für das Übergangsmandat kann durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung um weitere sechs Monate verlängert werden. Werden Betriebe oder Betriebsteile zu einem Betrieb zusammengefasst, so nimmt der Betriebsrat des nach der Zahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer größten Betriebs oder Betriebsteils das Übergangsmandat wahr, § 21a Abs. 2 BetrVG. Auch für diesen Fall gilt das Gebot, unverzüglich einen Wahlvorstand zu bestellen. Ebenso gelten die Höchstfristen von 6 Monaten (verlängerbar um weitere 6 Monate durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung) für das Übergangsmandat. § 21a Abs. 3 BetrVG stellt klar, dass diese Regelungen auch gelten, wenn die Spaltung oder Zusammenlegung von Betrieben und Betriebsteilen im Zusammenhang mit einer Betriebsveräußerung oder einer Umwandlung nach dem Umwandlungsgesetz erfolgt. Inhaltlich ist das Übergangsmandat stets ein Vollmandat. Es ist nicht auf bestimmte Angelegenheiten beschränkt. Geht ein Betrieb durch Stillegung, Spaltung oder Zusammenlegung unter, so bleibt dessen Betriebsrat so lange im Amt, wie dies zur Wahrnehmung der damit im Zusammenhang stehenden Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte erforderlich ist, § 21b BetrVG. In inhaltlicher Hinsicht dient das Restmandat nur der Verwirklichung der Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte im Zusammenhang mit der Betriebsstilllegung, -spaltung oder zusammenlegung. Das Mandat ist also – anders als das Übergangsmandat des § 21a BetrVG (dort Vollmandat) - auf Abwicklungsangelegenheiten beschränkt, insbesondere im Hinblick auf die Ausübung der Beteiligungsrechte nach §§ 111 ff. BetrVG. Es ist indes – wiederum anders als das Übergangsmandat nach § 21a BetrVG (dort in der Regel 6 Monate) - zeitlich nicht beschränkt. Es ist vielmehr zweckbefristet im Hinblick auf die wahrzunehmenden Aufgaben nach §§ 111 ff. BetrVG .
141
A
Anfechtung der Betriebsratswahl
Im Übrigen wird die Amtszeit des Betriebsrats nicht durch etwaige Konkurs- oder Vergleichsverfahren berührt. Auch Arbeitskämpfe beeinflussen die Amtszeit des Betriebsrats nicht. Weiterführende/Verwandte Stichwörter: Ersatzmitglieder
Anfechtung der Betriebsratswahl Wahlanfechtung
Angestellter Die frühere Gruppenbildung des Betriebsverfassungsgesetzes mit der Unterteilung Arbeiter/Angestellte wurde mit der Betriebsverfassungsnovelle 2001 aufgegeben. § 6 BetrVG, der die Unterteilung zum Gegenstand hatte, wurde gestrichen. Die Unterscheidung lebt allerdings noch in § 5 BetrVG weiter. Bedeutung kommt ihr nur noch für die Frage zu, ob ein Arbeitnehmer den leitenden Angestellten zuzurechnen ist. In der Rechtsprechung hat sich eine fünfstufige Prüfung herausgebildet. Von einer Prüfungsstufe kann nur dann in die nächste übergegangen werden, wenn eine Zuordnung auf der vorigen nicht möglich ist. Übt der Arbeitnehmer gemischte Tätigkeiten aus, die teilweise für die Angestellteneigenschaft, zum anderen Teil aber für die Arbeitereigenschaft sprechen, so kommt es darauf an, welche Tätigkeit überwiegt. Die fünf Prüfungsstufen sind: 1. Entspricht die Tätigkeit einer in § 133 Absatz 2 SGB VI aufgezählten? Dies sind – Angestellte in leitender Stellung, – technische Angestellte im Betrieb, Büro oder Verwaltung, Werkmeister und andere Angestellte in einer ähnlich gehobenen oder höheren Stellung, – Büroangestellte, soweit sie nicht ausschließlich mit Botengängen, Reinigung, Aufräumung und ähnlichen Arbeiten beschäftigt werden, einschließlich der in einem anerkannten Büroausbildungsberuf Auszubildenden und der Werkstattschreiber,
142
Angestellter
–
– – –
–
A
Handlungsgehilfen und andere Angestellte für kaufmännische Dienste, auch wenn der Gegenstand des Unternehmens kein Handelsgewerbe ist, Gehilfen und Praktikanten in Apotheken, Bühnenmitglieder und Musiker ohne Rücksicht auf den Kunstwert ihrer Leistungen, Angestellte in Berufen der Erziehung, des Unterrichts, der Fürsorge, der Kranken- und Wohlfahrtspflege, folgendes Personal der Schifffahrt: Schiffsführer, Offiziere des Decksdienstes und Maschinendienstes, Schiffsärzte, Funkoffiziere, Zahlmeister, Verwalter und Verwaltungsassistenten sowie die in einer ähnlich gehobenen oder höheren Stellung befindlichen Mitglieder der Schiffsbesatzung von Binnenschiffen oder deutschen Seeschiffen, Bordpersonal der Zivilluftfahrt.
2. In Ergänzung zum ersten Schritt kann der Frage nachgegangen werden: Entspricht die Tätigkeit einer solchen im so genannten Berufsgruppenverzeichnis aufgeführten Tätigkeit (Bestimmungen der Berufsgruppen der Angestelltenversicherung vom 8.3.1924, RGBl. I S. 274, vom 4.2.1927, RGBl. I S. 58, und vom 15.7.1927, RGBl. I S. 222)? Trotz seines Alters von über siebzig Jahren wird das Verzeichnis noch angewendet. Die Berufsbezeichnungen sind folglich teilweise veraltet, andere, später entstandene Berufsgruppen, sind noch überhaupt nicht enthalten. In der Praxis spielt dieser Schritt allerdings keine Rolle mehr. 3. Falls auch nach dem zweiten Schritt eine Einstufung nicht möglich ist: Wird der Arbeitnehmer in einer Berufsgruppe beschäftigt, die nach der Verkehrsanschauung, also der Natur der vereinbarten und ausgeübten Tätigkeit, zu den Angestelltenberufen gerechnet wird? 4. Bringt auch die dritte Stufe kein Ergebnis, so ist zu fragen: Leistet der Arbeitnehmer vorwiegend kaufmännische, büromäßige oder sonst geistig geprägte Arbeit, oder leistet er vorwiegend körperlich geprägte, also Muskelarbeit? 5. Ist nach allen vorangegangenen Schritten eine Klassifizierung nicht möglich, so entscheidet der übereinstimmende Wille von
143
A
Annahme oder Ablehnung der Wahl
Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Dieses Kriterium bietet kaum noch eine praktikable Abgrenzung, zumal ein übereinstimmender Wille nicht immer festzustellen ist. In der Praxis dürften nahezu alle Fälle mit den Kriterien der vorstehenden Stufen ausreichend sicher zu beurteilen sein. Weiterführende/Verwandte Stichwörter: leitender Angestellter
Annahme oder Ablehnung der Wahl Nach § 17 Abs. 1 der Wahlordnung hat der Wahlvorstand die als Betriebsratsmitglieder gewählten Arbeitnehmer unverzüglich schriftlich von ihrer Wahl zu benachrichtigen. Für den Gewählten besteht keine Pflicht zur Annahme der Wahl. Er kann die Ablehnung nach dem Zugang der schriftlichen Benachrichtigung innerhalb von drei Arbeitstagen wirksam erklären. Die Ablehnungserklärung ist an die Betriebs-adresse des Wahlvorstands zu richten. Die Regeln des § 17 Abs. 1 WOBetrVG gelten über die Verweisungen der § 23 Abs. 1 Satz 2 WOBetrVG (reguläres Wahlverfahren, Mehrheitswahl), § 34 Abs. 3 Satz WOBetrVG (zweistufiges vereinfachtes Wahlverfahren) und § 36 Abs. 4 WOBetrVG (einstufiges vereinfachtes Wahlverfahren) für alle Wahlverfahren der Wahlordnung. Erklärt sich der Gewählte nicht oder geht seine Ablehnungserklärung erst nach Ablauf der dreitägigen Frist dem Wahlvorstand zu, so gilt die Wahl als angenommen. Von diesem Zeitpunkt an können die Gewählten vom Wahlvorstand bekannt gemacht werden. Eine verspätet zugegangene Ablehnungserklärung kann nicht in eine Niederlegung des Betriebsratsamts umgedeutet werden. Will der Gewählte aber sein Amt niederlegen, so muss er den formellen Weg wählen: Er hat seine Amtsniederlegung gegenüber dem gewählten Betriebsrat zu Händen des Vorsitzenden erneut zu erklären. Dies ist erst möglich, wenn sich der neue Betriebsrat in der konstituierenden Sitzung etabliert hat. Aus diesem Grunde ist der Gewählte auch unabhängig von der Erklärung der Amtsniederlegung zur konstituierenden Sitzung zu laden.
144
Annahme oder Ablehnung der Wahl
A
Lehnt ein gewählter Vertreter die Annahme der Wahl ab, so kann dies verschiedene Folgen haben, je nachdem, in welchem Wahlmodus gewählt wurde: • Für den Fall, dass es mehrere Vorschlagslisten bei der Wahl gab und nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt wurde (reguläres Wahlverfahren bei mehreren gültigen Vorschlagslisten), tritt an die Stelle desjenigen, der sein Amt abgelehnt hat, derjenige, der in derselben Vorschlagsliste in der Reihenfolge nach ihm benannt wurde (§ 17 Abs. 2 WOBetrVG). Für den Fall, dass durch die Ablehnung der Wahl das Minderheitsgeschlecht nicht mehr die ihm zustehenden Mindestsitze nach § 15 Abs. 2 BetrVG haben würde (zur Ermittlung siehe Geschlecht des Arbeitnehmers), weil der nach der oben dargelegten Grundregel nachrückende Bewerber dem anderen Geschlecht angehört, gilt eine Sonderregel (§ 17 Abs. 2 S. 2 und 3 WOBetrVG): An die Stelle des ablehnenden Bewerbers aus dem Minderheitsgeschlecht tritt der in der selben Vorschlagsliste in der Reihenfolge nach ihm benannte, nicht gewählte Bewerber desselben Geschlechts. Ist die Liste erschöpft, ist der nächstfolgende Kandidat des Minderheitsgeschlechts aus einer anderen Vorschlagsliste zu entnehmen. Dabei ist erneut auf diejenige Liste zurückzugreifen, auf die nach den Grundsätzen der Verhältniswahl der nächste Sitz entfallen würde. Enthält diese keinen Kandidaten des Minderheitsgeschlechts mehr oder ist sie ihrerseits erschöpft, ist die nächste Liste zu berücksichtigen, auf die ein Sitz entfallen wäre, usw. Findet sich letztlich auf allen Listen kein Kandidat des Minderheitsgeschlechts mehr, rückt nach der oben dargelegten Grundregel ein Vertreter des Mehrheitsgeschlechts nach. Beispiel: Von 110 Wahlberechtigten im Betrieb sind 40 Frauen. Demnach ste hen den Frauen 2 der insgesamt 7 Betriebsratssitze als Mindestsitze zu (s. Geschlecht des Arbeitnehmers). Das Wahlergebnis sah wie folgt aus (*= gewählt; durchgestrichen = lehnt Wahl ab): Liste 1 (60 Stimmen)
Liste 2 (30 Stimmen)
Liste 3 (20 Stimmen)
Herr A
(60) *
Frau I
(30) *
Herr P
(20) *
Frau B
(30) *
Herr J
(15) *
Frau Q
(10)
145
A
Annahme oder Ablehnung der Wahl
Herr C
(20) *
Herr K
(10)
Herr R
(6,7)
Herr D
(15) *
Herr L
(7,5)
Herr S
(5)
(6)
Frau T
(4)
Herr F
(12)
Herr M
Herr G
(10)
Herr N
Herr U
Frau H
(8,6) *
Herr O
Herr V Herr X
(Zu den Grundsätzen der Sitzverteilung bei der Verhältniswahl siehe d’ Hondt’sches Verfahren und Verhältniswahl.) Für die ablehnende Frau B kommt Frau H zum Zuge. Sie ist in der Vorschlagsliste des ablehnenden Bewerbers die nächstbenannte des Minderheitsgeschlechts. Abwandlung: Liste 1 (60 Stimmen)
Liste 2 (30 Stimmen)
Liste 3 (20 Stimmen)
Herr A
(60) *
Frau I
(30) *
Herr P
Frau B
(30) *
Herr J
(15) *
Frau Q
(10) ?
Herr C
(20) *
Herr K
(10)
Herr R
(6,7)
Herr D
(15) *
Herr L
(7,5)
Herr S
(5)
Herr F
(12)
Frau M
(6) ?
Frau T
(4)
Herr G
(10)
Herr N
Herr U
Herr H
(8,6)
Herr O
Herr V
(20) *
Herr X
Für die ablehnende Frau B kann kein Kandidat der Liste 1 nachrücken, da dort keine Frauen mehr vorhanden sind. Dann ist dem Grundsatz nach auf die Liste zurückzugreifen, auf die nach den Grundsätzen der Verhält niswahl der nächste Sitz entfallen würde. Sowohl die nächste zu berück sichtigende Höchstzahl der Liste 2 als auch der Liste 3 ist (10). In diesem Fall muss zwischen Liste 2 und 3 gelost werden, da beide Listen noch nicht berücksichtigte Vertreterinnen des Minderheitsgeschlechts enthal ten. Fällt das Los auf Liste 2, rückt Frau M nach, fällt das Los auf Liste 3, rückt Frau Q nach. Es spielt keine Rolle, dass auf Frau Q eine höhere Höchstzahl entfallen ist als auf Frau M. •
146
Gab es nur eine Vorschlagsliste im regulären Wahlverfahren oder wurden im vereinfachten Wahlverfahren mehrere Betriebsratsmitglieder nach den dort stets anwendbaren Grundsätzen der Mehrheitswahl gewählt, so bestimmt § 23 Abs. 2 WOBetrVG (ggf. in Verbindung mit § 34 Abs. 5 WOBetrVG), dass an Stelle des ab-
Annahme oder Ablehnung der Wahl
A
lehnenden Bewerbers der nicht gewählte Bewerber mit der nächsthöchsten Stimmenzahl als gewählt gilt. Für den Fall, dass durch die Ablehnung das Minderheitsgeschlecht nicht mehr die garantierten Mindestsitze erhalten würde, gibt es eine Sonderregelung (§ 23 Abs. 2 S. 2 WOBetrVG): An die Stelle des Ablehnenden tritt der (eigentlich) nicht gewählte Bewerber desselben Geschlechts mit der nächsthöchsten Stimmenzahl. Sollte kein Bewerber des Minderheitsgeschlechts mehr vorhanden sein (Kandidaten mit „0“ Stimmen sind ebenfalls nicht zu berücksichtigen), gilt die Grundregel: Der Sitz geht auf die nichtgewählte Person des anderen Geschlechts mit der nächsthöchsten Stimmenzahl über, § 23 Abs. 2 S. 3 WOBetrVG. Beispiel: Von 120 Wahlberechtigten im Betrieb sind 40 Frauen. Demnach ste hen den Frauen 2 der insgesamt 7 Betriebsratssitze als Mindestsitze zu (s. Geschlecht des Arbeitnehmers). Es wurde nur eine Liste ein gereicht. Das Wahlergebnis sieht wie folgt aus (*= gewählt; durch gestrichen = lehnt ab): Bewerber Frau A
Stimmen *
Herr B Herr C
120 50
*
Herr D
120 70
Herr F
*
Frau G
*
1
Frau H
*
19
Herr I
*
100
Herr J
*
120
*
120
Frau K Herr L
120
0
(Zu den Grundsätzen der Sitzverteilung bei der Mehrheitswahl siehe Mehrheitswahl.) Für Frau H, die die Wahl ablehnt, rückt Frau G nach. Abwandlung:
147
A
Arbeiter
Bewerber Frau A
Stimmen *
Herr B Herr C
120 50
*
120
Herr D
*
70
Herr F
*
120
Frau G
0
Frau H
*
20
Herr I
*
100
Herr J
*
120
*
120
Frau K Herr L
0
Für die ablehnende Frau H kann keine andere Frau nachrücken, da auf Frau G und Frau K keine einzige Stimme entfallen ist. Sie sind damit nicht gewählt und kommen für das „Nachrücken“ nicht in Betracht. Da mit fällt der Sitz dem anderen Geschlecht zu, § 23 Abs. 2 S. 3 WOBetrVG. Es rückt Herr D nach. •
Wurde nur ein Betriebsratsmitglied gewählt, so bestimmt § 34 Abs. 4 Satz 2 BetrVG, dass für den Fall der Ablehnung der Wahl an die Stelle des ablehnenden der nicht gewählte Bewerber mit der nächsthöchsten Stimmenzahl tritt.
Weiterführende/Verwandte Stichwörter: --Bekanntgabe des Ergebnisses, Benachrichtigung der Gewählten, Ersatzmitglied
Arbeiter Das Betriebsverfassungsgesetz hat die Unterscheidung zwischen Arbeitern und Angestellten aufgegeben. Ohne Anlass und Bedeutung werden die früheren Gruppen Arbeiter und Angestellte als Untergruppen der Arbeitnehmer nur noch in § 5 Abs. 1 BetrVG genannt. Die Gruppe der Angestellten hat nur noch zur Bestimmung der leitenden Angestellten Bedeutung.
148
Arbeitgeber
A
Arbeitgeber Der Begriff „Arbeitgeber“ wird nirgends definiert. In den meisten Fällen steht auch nicht in Frage, wer Arbeitgeber ist. Im Regelfall ist es der sich aus dem Arbeitsvertrag ergebende Vertragspartner der Arbeitnehmer. Mit Rücksicht auf die Aufgaben der Betriebsverfassung, das Zusammenleben im Betrieb zu organisieren, wird der Arbeitgeberbegriff in der Betriebsverfassung weiter gefasst. Arbeitgeber ist, wer die betriebliche Organisations- und Leitungsmacht inne hat. Das ist der Inhaber des Betriebs. Betriebsinhaber und folglich Arbeitgeber im Sinne der Betriebsverfassung können eine einzelne (natürliche) Person, mehrere Personen (Gesellschaft bürgerlichen Rechts, oHG, KG) sein oder auch eine so genannte juristische Person (z.B. Aktiengesellschaft, GmbH, eingetragener Verein, eingetragene Genossenschaft). Die Leitung des Betriebs kann vom Inhaber auf andere Personen (z.B. Werksleiter) delegiert werden. Jene – oder bei weiterer Delegation z.B. auf den Personalleiter auch dieser – sind in der Praxis der Ansprechpartner für Arbeitnehmer, Betriebsrat, Wahlvorstand oder andere an der Betriebsratswahl Beteiligte. Kommt es aber zum Rechtsstreit, so steht auf der Arbeitgeberseite der Betriebsinhaber. Im Rahmen der Betriebsratswahl hat der Arbeitgeber folgende Rechte und Pflichten: • Er hat dem Wahlvorstand alle für die Anfertigung der Wählerliste erforderlichen Auskünfte zu erteilen und die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen, § 2 Abs. 2 Satz 1 WOBetrVG. Der Wahlvorstand muss feststellen können, wer Arbeitnehmer, in der Hauptsache für den Betrieb beschäftigter Heimarbeiter, im Berufsausbildungsverhältnis Beschäftigter oder leitender Angestellter ist. Ferner sind Informationen für die Prüfung der Voraussetzungen der Wählbarkeit und Wahlberechtigung erforderlich. • Er kann mit dem Arbeitnehmer in Betrieben mit mehr als 50 und höchstens 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern eine Vereinbarung über die Durchführung der vereinfachten Betriebsratswahl statt der regulären treffen.
149
A
Arbeitgeber
•
•
• •
•
•
• • •
•
150
Er kann die Entscheidung des Arbeitsgerichts beantragen, wenn zweifelhaft ist, ob eine betriebsratsfähige Organisationseinheit vorliegt (z.B. bei einer zweifelhaften Zuordnung eines Betriebsteils oder Kleinstbetriebs zum Hauptbetrieb), § 18 Abs. 2 BetrVG. Er hat den Wahlvorstand bei der Feststellung der leitenden Angestellten generell zu unterstützen, § 2 Abs. 2 Satz 2 WOBetrVG. Er kann zum Vermittler bei der Zuordnung der leitenden Angestellten bestellt werden, § 18a Abs. 3 Satz 2 BetrVG. Er hat einen (anderen) Vermittler im Rahmen der Zuordnung der leitenden Angestellten auf Verlangen zu unterstützen, insbesondere die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen, § 18a Abs. 2 Satz 2 BetrVG. Bleibt der Vermittlungsversuch erfolglos, so hat sich der Vermittler vor einer Zuordnung der leitenden Angestellten mit dem Arbeitgeber zu beraten, § 18a Abs. 2 Satz 3 BetrVG. Der Arbeitgeber hat Anspruch auf unverzügliche Übersendung einer Abschrift der Niederschrift über die Betriebsratswahl, § 18 S. 2 BetrVG sowie §§ 23 Abs. 1, 34 Abs. 3 S. 2 , 36 Abs. 4 WOBetrVG, die letztlich auf § 18 S. 2 WOBetrVG verweisen. Eine Behinderung oder Beeinflussung der Wahl ist ihm verboten, § 20 Abs. 1 und 2, § 119 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Er hat die Kosten der Wahl zu tragen, § 20 Abs. 3 BetrVG. Er hat den Mitgliedern des Wahlvorstands und möglichen Vermittlern bei der Zuordnung der leitenden Angestellten das Arbeitsentgelt fortzuzahlen, soweit für erforderliche Tätigkeiten Arbeitszeit versäumt wird. Ebenso hat der Arbeitgeber Arbeitnehmern das Arbeitsentgelt für Zeiten fortzuzahlen, die durch die Ausübung des Wahlrechts versäumt wird, § 20 Abs. 3 BetrVG (Arbeitsausfall). „Arbeitgeber“ ist insofern nicht der Betriebsinhaber, sondern nur jeweils der Vertragspartner des Arbeitnehmers, der das Arbeitsentgelt auch für die normale Arbeitsleistung schuldet. Er kann die Betriebsratswahl vor dem Arbeitsgericht anfechten, § 19 BetrVG (Wahlanfechtung).
Arbeitnehmer
A
Arbeitnehmer Der Betriebsrat ist die Vertretung der Arbeitnehmer. Demzufolge ist der Begriff „Arbeitnehmer“ der zentrale Dreh- und Angelpunkt. Auch die Betriebsratswahlen sind auf die Arbeitnehmer zugeschnitten. Eine Beschreibung des Arbeitnehmerbegriffs findet sich in § 5 Abs. 1 BetrVG. Dort heißt es allerdings nur, dass Arbeitnehmer die Arbeiter und Angestellten einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten sind, unabhängig davon, ob sie im Außendienst oder mit Telearbeit beschäftigt werden. Ferner gelten auch die in Heimarbeit Beschäftigten als Arbeitnehmer, wenn sie in der Hauptsache für den Betrieb arbeiten. Die den Arbeitern und den Angestellten gemeinsam zugrunde liegenden Arbeitnehmerkriterien werden nicht konkretisiert. Es gelten die allgemeinen Kriterien. Tipp: Als Faustregel für die Praxis kann bei der Beurteilung zunächst da von ausgegangen werden, dass diejenigen, für die der Arbeitgeber Steuern und Sozialabgaben abführt, Arbeitnehmer sind. Letztlich entscheidend ist aber die Beurteilung nach dem folgenden Prü fungsschema. Eine falsche Beurteilung kann dazu führen, dass die Betriebsratswahl insgesamt anfechtbar ist. In Zweifelsfällen muss daher eine gründliche Prüfung vorgenommen werden.
Arbeitnehmer ist, wer 1. aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages 2. in abhängiger Stellung 3. Dienste gegen Entgelt für einen anderen zu leisten verpflichtet ist. Zu 1: Privatrechtlicher Vertrag Zwischen dem Arbeitgeber und dem Beschäftigten muss ein Vertrag bestehen, der Arbeitsvertrag. Ein solcher Vertrag braucht nicht schriftlich abgeschlossen zu sein. (Für die Frage der Arbeitnehmereigenschaft ist die Einhaltung der Formvorschriften zwar nicht von Bedeutung, das Nachweisgesetz schreibt aber die schriftliche Fixierung der wesentlichen Inhalte eines Arbeitsvertrags vor.) Eine mündliche Absprache genügt ebenso wie eine stillschweigende Übereinkunft, die aber selten zustande kommen dürfte. Unschädlich ist, wenn der Vertrag unwirksam ist, beispielsweise weil ein Minderjähriger
151
A
Arbeitnehmer
ohne Zustimmung seiner Eltern tätig wurde oder weil der Vertrag angefochten wurde. Kein privatrechtlicher Vertrag liegt bei der Beschäftigung der Beamten im Rahmen ihres Beamtenverhältnisses vor. Auch bei anderem Tätigwerden aufgrund hoheitlicher Anordnung liegt regelmäßig kein privatrechtlicher Vertrag zugrunde. Natürlich kann der Beamte in seiner Freizeit auch als Arbeitnehmer in einer Nebentätigkeit aktiv werden. Ebenfalls kein privatrechtlicher Vertrag liegt einer Tätigkeit aufgrund familienrechtlicher Verpflichtung zugrunde. Helfen Ehegatte oder Kinder im Betrieb des anderen Ehegatten mit, so werden sie dadurch allein nicht zu Arbeitnehmern. Allerdings ist nicht ausgeschlossen, dass Arbeitsverträge zwischen Familienangehörigen geschlossen werden. Selbst in diesem Fall sind bestimmte Familienangehörige aber kraft gesetzlicher Anordnung in § 5 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG nicht als Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsrechtes zu behandeln, s.u. Leiharbeitnehmer stehen in arbeitsrechtlicher Beziehung nur zu dem verleihenden Unternehmen. Für sie ist in § 7 S. 2 BetrVG seit der Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes im Sommer 2001 zwar erstmals unter gewissen Voraussetzungen (siehe Leiharbeitnehmer) das aktive Wahlrecht vorgesehen. Das ändert nichts daran, dass sie stets Arbeitnehmer des Verleihers (z.B. des Zeitarbeitsunternehmens) bleiben. Zur Frage, ob die Leiharbeitnehmer bei den Schwellenwerten und Grenzzahlen des Betriebsverfassungsgesetzes mitzählen (etwa bei der Ermittlung der Betriebsratsgröße) siehe unter Leiharbeitnehmer. Zur Frage der Abgrenzung von Leiharbeitnehmern zu Fremdfirmenmitarbeitern siehe ebenfalls unter Leiharbeitnehmer. Erst recht sind diejenigen Personen keine Arbeitnehmer, die aufgrund eines Werk- oder Dienstvertrages ihres Arbeitgebers im Betrieb dessen Vertragspartners tätig werden (BAG, Beschluss v. 21.07.2004 - 7 ABR 38/03). Zu 2: in abhängiger Stellung Erforderlich ist persönliche Abhängigkeit (BAG, Beschluss v. 30.10.1991, 7 ABR 19/91). Eine rein wirtschaftliche Abhängigkeit genügt nicht. Persönliche Abhängigkeit liegt vor, wenn der Mitarbei-
152
Arbeitnehmer
A
ter seine Dienste im Rahmen einer vom Arbeitgeber bestimmten Arbeitsorganisation zu erbringen hat; der Arbeitgeber muss also die Vorgaben für den Einsatz des Arbeitnehmers gesetzt haben, oder er muss dies zumindest können und dürfen. Ob das der Fall ist, muss in jedem Fall anhand der konkreten Ausgestaltung geprüft werden. Dabei kommt es weniger auf die Bezeichnung im Vertrag an. Ist im Vertrag von einer Tätigkeit als freier Mitarbeiter die Rede, so handelt es sich dennoch um ein Arbeitsverhältnis, wenn sich dessen Charakter aus der tatsächlichen Ausgestaltung und praktischen Durchführung des Vertrages ergibt. Indizien für eine persönliche Abhängigkeit sind vor allem: • Eingliederung in fremden Produktionsbereich. Der Mitarbeiter ist in einen fremden Bereich eingegliedert, wenn seine Arbeit Teil der Gesamtarbeit des Betriebes ist. • Weisungsbefugnis des Arbeitgebers. Diese liegt vor, wenn der Arbeitgeber Ort, Zeit und konkreten Gegenstand der vom Mitarbeiter zu verrichtenden Arbeit im Rahmen der vertraglichen Abmachungen bestimmen kann. Der mögliche Umfang der Weisungsbefugnis hängt auch von der Art der zu verrichtenden Tätigkeit ab. Beispiel: Einem angestellten Arzt wird der Arbeitgeber von der Natur der Sache her weit weniger Weisungen erteilen können als einem Arbeiter am Fließband. Dennoch kann auch der Arzt Arbeitnehmer sein. Kann der Mitarbeiter seine Arbeit völlig selbständig durchführen, so spricht dies eher gegen die Arbeitnehmereigenschaft. • Bindung an bestimmte Arbeitszeiten: Muss der Mitarbeiter bestimmte Arbeitszeiten einhalten, so spricht dies eher für den Arbeitnehmerstatus. In der heutigen Zeit flexibler Arbeitszeitformen kann allerdings nicht mit Sicherheit aus einer freien Zeiteinteilung geschlossen werden, der Mitarbeiter sei Selbständiger und nicht Arbeitnehmer. • Inanspruchnahme der ganzen Arbeitskraft des Mitarbeiters. Umgekehrt kann natürlich nicht ohne weiteres von Teilzeitarbeit auf Selbständigkeit des Mitarbeiters geschlossen werden. Ist aber die Aufnahme von anderweitigen Tätigkeiten uneingeschränkt
153
A
Arbeitnehmer
•
•
zulässig, so ist das ein erhebliches Indiz für Selbständigkeit und gegen die Arbeitnehmereigenschaft. Regelmäßige Berichtspflicht Eine solche Pflicht kann ein Indiz für die persönliche Abhängigkeit sein. Abführung von Lohnsteuer und Sozialabgaben Führt der Arbeitgeber Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge ab, so spricht dies dafür, dass beide Parteien von abhängiger Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis ausgehen.
Zu 3: Dienste gegen Entgelt für einen anderen Arbeitnehmer ist, wer Arbeitsleistung – also „nur“ eine Tätigkeit – schuldet und auch wegen der Tätigkeit zumindest das Grundentgelt erhält. Worin diese Arbeitsleistung liegt, ist unerheblich. Sie kann von einfachen Arbeiten bis hin zu komplexen, nur durch Spezialisten zu verrichtende reichen. Durch die Verpflichtung zur Arbeitsleistung wird der Arbeitsvertrag von anderen Verträgen abgegrenzt. Beispiel: Ein im Friseursalon beschäftigter Friseur schuldet seinem Arbeitge ber nur die Tätigkeit des Haarschneidens während der vereinbarten Arbeitszeit. Er erhält seinen Monatsgrundlohn unabhängig davon, wie vielen Kunden er die Haare geschnitten oder welchen Umsatz er erarbeitet hat. Für missratene Frisuren kann sein (Grund)Lohn grundsätzlich nicht gekürzt werden. Er ist Arbeitnehmer. Im Verhält nis zum Kunden schuldet der Friseursalon hingegen das Ergebnis, nämlich einen handwerksgerechten Haarschnitt. Der Kunde schließt mit dem Friseur folglich einen Werkvertrag.
Kraft Gesetzes gelten folgende Personen nicht als Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsrechtes: Sie sind häufig schon nach dem allgemeinen Arbeitsrecht nicht Arbeitnehmer. Selbst wenn dies ausnahmsweise der Fall wäre, greift die ausdrückliche Herausnahme aus dem Arbeitnehmerbegriff. • Organmitglieder von juristischen Personen (§ 5 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG). Das sind beispielsweise die Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften und eingetragenen Vereinen und die (echten) Geschäftsführer der GmbH (nicht jedoch höhere Angestellte, die den Titel „Geschäftsführer“ verliehen bekommen; zu den leiten-
154
Arbeitnehmer
•
•
•
•
•
A
den Angestellten s.u.). Diese Personen gelten selbst dann nicht als Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsrechts, wenn sie neben ihrer Organtätigkeit noch zusätzlich in einem Arbeitsverhältnis zu „ihrer“ Gesellschaft stehen. Gesellschafter einer oHG, KG, Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einer anderen Personengesellschaft, die Eignerin des Betriebs ist. Sind die Gesellschafter aber von Vertretung und Geschäftsführung ausgeschlossen und damit nur kapitalmäßig an der Gesellschaft beteiligt, so können sie Arbeitnehmer sein, wenn sie aufgrund eines entsprechenden Vertrages im Betrieb tätig werden (§ 5 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG). Personen, die vorwiegend aus karitativen oder religiösen Beweggründen beschäftigt werden. Beispiele: Mönche, Diakonissen, Ordensschwestern, DRK-Schwestern. Andere Krankenschwestern können hingegen Arbeitnehmer sein (§ 5 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG). Personen, deren Beschäftigung vorwiegend zu ihrer Heilung, Wiedereingewöhnung, sittlichen Besserung oder Erziehung dient (§ 5 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG). Beispiele: Beschäftigung Kranker, Körperbehinderter, Süchtiger aus arbeitstherapeutischen Gründen; Beschäftigung zur Wiedereingliederung nach § 74 SGB V; Beschäftigung Strafgefangener (Ausnahme: „freies Beschäftigungsverhältnis“ nach § 39 Strafvollzugsgesetz); Beschäftigung Schwerbehinderter in Behindertenwerkstatt kann je nach Umständen auch vorwiegend zum Erwerb stattfinden und damit als Arbeitsverhältnis zu klassifizieren sein. Ehegatten, Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte ersten Grades, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Arbeitgeber leben (§ 5 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG). Verwandte und Verschwägerte ersten Grades sind: (eheliche und nichteheliche) Kinder des Arbeitgebers und deren Ehegatten, Eltern des Arbeitgebers, Eltern und Kinder des Ehegatten. Der Begriff „Lebenspartner“ wurde durch das Gesetz zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften: Lebenspartnerschaften vom 16. Februar 2001 (BGBl. I S. 266) eingefügt. Partner solcher Lebensgemeinschaften zählen nun nicht mehr zu den Arbeitnehmern des Betriebs. Ebenfalls grundsätzlich von der Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes ausgeschlossen und folglich nicht an den Betriebs-
155
A
Arbeitnehmer
ratswahlen beteiligt sind die Leitenden Angestellten, § 5 Abs. 3 BetrVG. In der Rechtsprechung wurden im Einzelfall als Arbeitnehmer angesehen z.B. • Außenrequisiteur (BAG, Urteil v. 2.6.1976, 5 AZR 131/75) • Bühnen- und Szenenbildner (BAG, Urteil v. 3.10.1975, 5 AZR 445/74) • Chefarzt (BAG, Urteil v. 27.7.1961, 2 AZR 255/60) • Croupier (BAG, Urteil v. 30.6.1966, 5 AZR 256/65) • Fernsehreporter (BAG, Urteil v. 8.6.1967, 5 AZR 461/66) • Fleischbeschau-Tierärzte (BSG, Entscheidung v. 24.11.1967, 3 RK 3/65) • Fotomodell (BSG, Entscheidung v. 12.12.1990, 11 RAr 73/90) • Franchisenehmer mit starken, engen Bindungen (LSG Berlin, Entscheidung v. 27.10.1993, L 9 Kr 35/92) • Nachrichtensprecher (BAG, Urteil v. 28.6.1973, 5 AZR 19/73) • Handelsagent (BAG, Urteil v. 20.4.1964, 5 AZR 278/63) • Hausverwalter (BSG, Entscheidung v. 18.11.1980, 12 RK 76/79) • Lehrer, haupt- und nebenberuflich (BAG, Beschluss v. 30.10.1991, 7 ABR 19/91), nicht in jedem Fall: Volkshochschuldozent (BAG, Urteil v. 24.6.1992, 5 AZR 384/91); (BAG, Urteil v. 23.9.1981, 5 AZR 284/78) • Lektor zur Herausgabe einer Buchreihe, siehe auch unten (BAG, Urteil v. 27.3.1991, 5 AZR 194/90) • Musiker im Nebenberuf, auch Orchestermusiker (BFH, Urteil v. 7.5.1980, 5 AZR 293/78) • Pharmaberater (LAG Hamm, Urteil v. 5.10.1989, 16 Sa 762/89) • Piloten (BAG, Urteil v. 16.3.1994, 5 AZR 447/92) • Propagandisten im Kaufhaus (BGH, Entscheidung v. 11.3.82, I ZR 27/80) • Rentenauszahlhilfe (BAG, Urteil vom 21.10.1965, 5 AZR 146/65) • ständig beschäftigte Reporter und Rundfunksprecher (BAG, Urteil vom 7.5.1980, 5 AZR 293/78) • Stundenbuchhalter (BAG, Urteil v. 9.2.1967, 5 AZR 320/66) • Versicherungsvertreter (BAG, Urteil v. 21.1.1966, 3 AZR 183/65)
156
Arbeitnehmer
• • • •
A
Werbesprecher (ArbG Bochum, Entscheidung v. 6.8.1969, 1 Ra 404/69) Wirtschaftsberater (LAG Bremen, Urteil v. 26.10.1955, Sa 113/55) Zeitungsausträger (BAG, Beschluss v. 29.3.1974, 1 ABR 27/73) Zeitungskorrespondent und -redakteur (BAG, Urteil v. 19.6.1970, 3 AZR 402/69)
Verneint wurde die Arbeitnehmereigenschaft von der Rechtsprechung hingegen bei • Bereitschaftsarzt für Blutproben (BSG, Entscheidung v. 22.2.1973, 2 R 4 110/71) • Bezirksstellen-Lottoleiter (BSG, Entscheidung v. 1.12.1977, 12/3/12 RK 39/74) • Volkshochschuldozent (BAG, Urteil v. 23.9.1981, 5 AZR 284/78) • Repetitoren (LAG Hamm, Urteil v. 22.8.1989, 11 Sa 24/89) • Lektor, der frei über die Arbeitszeit verfügt (BAG, Urteil v. 27.3. 1991, 5 AZR 194/90) • Lotsen (BGH, Entscheidung v. 28.9.1972, II ZR 6/71) • Steuerberater-Hilfskraft, die nebenberuflich zu Hause tätig war (LAG Berlin, Urteil v. 4.7.1989, 3 AZR 756/87) • Synchronsprecher im Rundfunk (SG Hamburg, Entscheidung v. 6.12.1991, 21 KR 306/90) • Tankstelleninhaber (BSG, Entscheidung v.11.8.1999, 3 RK 57/63) • Toilettenpächter (LAG Düsseldorf, Urteil v. 21.3.1957, 2 Sa 22/57) • Versicherungsmitarbeiter ohne Rechenschaftspflichten (LAG Düsseldorf, Beschluss v. 6.3.1991, 4 TaBV 119/90) • Psychologen in Behindertenfürsorge mit erheblicher Zeitsouveränität (BAG, Urteil v. 9.9.1981, 5 AZR 477/79) Achtung: Zu beachten ist, dass die vorstehenden Beispiele jeweils unter Ab wägung aller konkreten Umstände des Einzelfalles entschieden wur den. Die abstrakte Nennung an dieser Stelle kann nur einen sehr groben Anhalt geben, die Bewertung kann in anderen Fällen auch jeweils anders ausfallen.
157
A
Arbeitsausfall
Weiterführende/Verwandte Stichwörter: Leiharbeitnehmer Angestellter, Arbeiter, Berufsausbildungsverhältnis, Heimarbeiter, Leitender Angestellter, Minderheiten
Arbeitsausfall Kommt es zu Arbeitsausfällen während der Betriebsratswahl, so stellt sich die Frage, inwieweit der Arbeitgeber berechtigt ist, das Arbeitsentgelt zu mindern. § 20 Abs. 3 Satz 2 sieht vor, dass bei Versäumnis von Arbeitszeit, die zur Ausübung des Wahlrechts, zur Betätigung im Wahlvorstand oder zur Tätigkeit als Vermittler (§ 18a BetrVG) erforderlich ist, der Arbeitgeber nicht berechtigt ist, das Arbeitsentgelt zu mindern. Für die Entgeltfortzahlung ist jedoch maßgeblich, dass die jeweilige Arbeitsversäumnis dem Grunde und dem Umfang nach erforderlich ist. Für die einzelnen Beteiligten gilt folgendes: • Wahlvorstandsmitglieder: Die Arbeitsversäumnis, die durch die Betätigung im Wahlvorstand entsteht, führt zur Entgeltfortzahlung, wenn sie erforderlich ist. Im Rahmen dieser Erforderlichkeit sind Wahlvorstandsmitglieder von ihren beruflichen Tätigkeiten zu befreien. Eine allgemeine Freistellung von Wahlvorstandsmitgliedern ist indes nicht erforderlich (Dietz/Richardi, BetrVG, § 20 Anm. 31; GK-BetrVG, Kreutz, § 20 Anm. 58). Maßgeblich für die Erforderlichkeit ist, ob unter Berücksichtigung des Grundsatzes der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 2 Abs. 1 BetrVG) bei gewissenhafter Abwägung aller Umstände und damit auch der betrieblichen Belange im Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Arbeitsbefreiung diese zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Aufgaben des Betriebsrats für erforderlich gehalten werden durfte. Maßgebend ist das Urteil eines vernünftigen Dritten (siehe BAG, Urteil v. 8.3.1957, 1 AZR 113/55; Urteil vom 6.7.1962, 1 AZR 488/60; Beschluss v. 1.3.1963, 1 ABR 3/62). • Wahlhelfer: Zur Betätigung „im Wahlvorstand“ gehört auch die Tätigkeit von Wahlhelfern. Wer also als Wahlhelfer vom Wahlvorstand nach § 1 Abs. 2 S. 2 WOBetrVG zur Unterstützung bei der Durchführung der Stimmabgabe und bei der Stimmauszäh-
158
Arbeitsausfall
•
•
•
A
lung herangezogen wurde, erhält für die Zeit während dieser Tätigkeit sein Entgelt wie gewohnt fortgezahlt. Auch hier ist der Arbeitgeber also nicht berechtigt, das Entgelt zu kürzen, sofern der Einsatz erforderlich war. Vermittler nach § 18a BetrVG: Wer als Vermittler nach § 18a BetrVG eingesetzt wird, erhält ebenfalls sein Entgelt für den während dieser Zeit entstehenden Arbeitsausfall fortgezahlt. Auch die Vermittlertätigkeit sollte grundsätzlich während der Arbeitszeit stattfinden. Es ist möglich, dass der Vermittler einem anderen Betrieb eines anderen Konzernunternehmens angehört (vgl. § 18a Abs. 3 Satz 2 BetrVG). Der Entgeltfortzahlungsanspruch richtet sich auch in diesen Fällen immer gegen den Arbeitgeber des Vermittlers. Wahlberechtigte (während der Ausübung des Wahlrechts): Jeder Arbeitnehmer muss grundsätzlich die Möglichkeit haben, ohne Einkommenseinbußen seine Stimme abzugeben. Findet daher (wie in aller Regel) die Stimmabgabe am Wahltag während der Arbeitszeit statt, so ist die notwendige Arbeitsversäumnis als erforderlich einzustufen. Dementsprechend ist das Arbeitsentgelt weiterzuzahlen. In kleineren Betrieben kann es auch zumutbar sein, die Stimme in den Pausen bzw. vor Beginn oder nach dem Ende der Arbeitszeit (z.B. in einem Wahllokal am Werkstor) abzugeben. Der Arbeitgeber hat ein berechtigtes Interesse an einem möglichst ungestörten Betriebsablauf. Die Arbeitnehmer dürfen daher nicht ohne weiteres zur Stimmabgabe ihren Arbeitsplatz verlassen, sondern sollten sich in betriebsüblicher Weise beim Vorgesetzten abmelden. Das Entgelt bei erforderlicher Arbeitsversäumnis ist für die Teilnahme an einer die Wahl vorbereitenden Betriebsversammlung nach § 17 Abs. 3 BetrVG (vgl. § 44 Abs. 1 BetrVG) oder an einer Wahlversammlung nach § 17a Nr. 3 BetrVG fortzuzahlen. Gleiches gilt für Zeiten des Arbeitsausfalls, die für die Einladung und Organisation dieser Versammlungen im Vorfeld aufgewandt werden. Listenvertreter: Dem Listenvertreter entsteht in der Regel kein notwendiges Arbeitsversäumnis. Ausnahme: Teilnahme des Lis-
159
A
Ausländer
•
tenvertreters beim Losentscheid über die Reihenfolge der Ordnungsnummern (§ 10 Abs. 1 WOBetrVG). Betätigung als Wahlbewerber: Hier wird nur ausnahmsweise die Versäumung von Arbeitszeit erforderlich z.B. bei der Überbringung einer Vorschlagsliste gegenüber dem Wahlvorstand (§ 7 Abs. 1 WOBetrVG). Die Sammlung von Stützunterschriften ist hingegen nicht während der Arbeitszeit erforderlich (LAG Berlin, Beschluss v. 9.1.1979, 3 TaBV 6/78; LAG Hamm, Beschluss v. 6.2.1980, 3 TaBV 79/79). Ebenfalls nicht erforderlich während der Arbeitszeit ist die Vorstellung eines Wahlbewerbers bei Belegschaftsmitgliedern einer Außenstelle (ArbG Düsseldorf, Entscheidung v. 21.7.1981, 1 Ca 2201/81). Ganz allgemein besteht kein Anspruch auf bezahlte Freistellung für die Wahlwerbung der Wahlbewerber.
Weder für Wahlbewerber noch für Wähler ist die Teilnahme an der öffentlichen Stimmenauszählung nach der Wahl (§ 13 WOBetrVG) in der Arbeitszeit erforderlich (so LAG Schleswig-Holstein, Urteil v. 26.7.1989, 3 Sa 228/89). Weiterführende/Verwandte Stichwörter: Kosten der Wahl, Wahlvorstand
Ausländer Das Betriebsverfassungsrecht unterscheidet nicht nach der Staatsangehörigkeit. Ausländische und staatenlose Arbeitnehmer haben folglich die gleichen Rechte und Pflichten wie deutsche. Insbesondere sind sie in gleicher Weise wahlberechtigt und wählbar wie Deutsche. Auch im Ausland beschäftigte Arbeitnehmer, die dort nicht in eine feste Betriebsorganisation eingebunden sind (z.B. Monteure), bleiben als dem Heimatbetrieb zuzuordnende Arbeitnehmer wahlberechtigt und wählbar. Für die Betriebsratswahl ordnet § 2 Abs. 5 WOBetrVG an, der Wahlvorstand solle dafür sorgen, dass ausländische Arbeitnehmer, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, vor der Einleitung der Wahl über Wahlverfahren, Aufstellung der Wählerliste und der
160
Ausländer
A
Vorschlagslisten, Wahlvorgang und Stimmabgabe in geeigneter Weise unterrichtet werden sollen. Wie der Wahlvorstand dies bewerkstelligt, liegt in seinem Ermessen. Es genügt beispielsweise, wenn er das Wahlausschreiben auch in der Sprache der ausländischen Arbeitnehmer bekannt macht. Statt dessen kann er Merkblätter herausgeben. Eine kostenträchtige Versammlung der ausländischen Mitarbeiter unter Hinzuziehung von Dolmetschern kommt nur in Betracht, wenn dieser Weg aus besonderen Gründen zur Information der Ausländer erforderlich ist. In § 2 Abs. 5 WOBetrVG heißt es, dass der Wahlvorstand die ausländischen Arbeitnehmer informieren soll, nicht muss. „Soll“ ist schwächer als „muss“, allerdings stärker als „kann“. In Anlehnung an die in anderen Gesetzen übliche Verwendung bedeutet „soll“, dass der Spielraum für den Wahlvorstand eng ist. Die Unterrichtung ist Pflicht, wenn nicht besondere Umstände sie entbehrlich machen. Das Bundesarbeitsgericht (Beschluss vom 13.10.2004, 7 ABR 5/04) hat festgestellt, dass es einen Anfechtungsgrund darstellt, wenn die ausländischen Arbeitnehmer bei unterbliebener Information nicht die erforderlichen Kenntnisse hatten, um sich an der Betriebsratswahl zu beteiligen (Wahlanfechtung). Der Wahlvorstand dürfe nicht schon von der Information in den einschlägigen Fremdsprachen absehen, wenn sich die ausländischen Kollegen in ihrer tägliche Arbeit hinreichend verständigen können. Es komme vielmehr darauf an, ob die Deutschkenntnisse ausreichen, um die zum Teil komplizierten Wahlvorschriften und den Inhalt eines Wahlausschreibens verstehen zu können“ (so wörtlich das BAG). Im Zweifelsfall müsse der Wahlvorstand von unzureichenden Deutschkenntnissen ausgehen. Bei der Regelung in § 2 Abs. 5 WOBetrVG handele es sich trotz der Ausgestaltung als Soll-Vorschrift um eine wesentliche Vorschrift über das Wahlverfahren iSv. § 19 Abs. 1 BetrVG, deren Verletzung zur Anfechtung der Betriebsratswahl berechtigt. Es empfiehlt sich daher für den Wahlvorstand, die Unterrichtung der ausländischen Arbeitnehmer in einer ihnen verständlichen Sprache vorzunehmen, wenn jene nicht nahezu einwandfrei deutsch sprechen können.
161
A
Auszubildender
Auszubildender Berufsausbildungsverhältnis
Beauftragter der Gewerkschaften Die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften haben das Recht, ein zusätzliches, nicht stimmberechtigtes Mitglied in den Wahlvorstand zu entsenden, sofern diesem kein stimmberechtigtes Gewerkschaftsmitglied angehört (§ 16 Abs. 1 Satz 6 BetrVG). Hier ist die Reihenfolge zu beachten: Das Entsenderecht der Gewerkschaften setzt voraus, dass der Wahlvorstand zunächst bestellt oder durch die Betriebsversammlung gewählt worden ist. Sodann ist zu prüfen, ob nicht eines der stimmberechtigten Mitglieder des Wahlvorstands bereits Mitglied der Gewerkschaft ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob das Mitglied Funktionsträger der Gewerkschaft ist – die reine Mitgliedschaft in der Gewerkschaft reicht aus. Erst wenn dies nicht der Fall ist, entsteht das Entsenderecht. Den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften steht es frei, ob sie davon Gebrauch machen. Die Gewerkschaften müssen nicht darauf hingewiesen werden, dass dieses Recht besteht. Die Gewerkschaften müssen von sich aus initiativ werden. Sie haben ggf. dem Vorsitzenden des Wahlvorstands mitzuteilen, welche Person sie als nicht stimmberechtigtes Mitglied in den Wahlvorstand entsenden wollen. Mit Zugang dieser Erklärung gehört die Person dem Wahlvorstand an und ist entsprechend zu den Sitzungen zu laden. Sitzungen, die vor Zugang dieser Erklärung ohne das entsandte Mitglied durchgeführt wurden, gelten weiterhin als ordnungsgemäß zusammengesetzt. Zur Wahrnehmung des Entsenderechts haben die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften ein begrenztes Zugangsrecht zum Betrieb, um etwa einen Arbeitnehmer für die Entsendung in den Wahlvorstand zu gewinnen. Denn sie können nur einen Betriebsangehörigen in den Wahlvorstand entsenden. Bei dem Entsandten muss es sich also um einen wahlberechtigten Arbeitnehmer des Betriebs handeln. Streitig ist, ob die Person aus dem Kreise der Mitglieder der Gewerkschaften
162
Beauftragter der Gewerkschaften
B
stammen muss oder ob auch Nichtmitglieder entsandt werden können. (Dafür GK-BetrVG, Kreutz, § 16 Anm. 46, dagegen Engels/Natter, BB 89, Beilage Nr. 8, S. 1, 20; Heither, NZA 90, Beilage Nr. 1, S. 11, 14). Der Wortlaut des Gesetzes scheint mehr dafür zu sprechen, dass nur Gewerkschaftsmitglieder als Beauftragte bestellt werden können. Schließlich besteht das Entsenderecht ja nicht, wenn bereits ein Gewerkschaftsmitglied im Wahlvorstand sitzt. Jede Gewerkschaft kann nur ein zusätzliches Mitglied in den Wahlvorstand entsenden. Die Bestimmung von Ersatzmitgliedern ist nicht möglich. Ist der Vertreter verhindert, kann die Gewerkschaft keinen zweiten Vertreter ins Rennen schicken. Der Wahlvorstand hat im Falle der Bestellung zu prüfen, ob die Bestellung ordnungsgemäß erfolgt ist. Streitigkeiten zwischen Wahlvorstand und der entsendenden Gewerkschaft entscheidet vor Abschluss der Wahl das Arbeitsgericht auf Antrag im Beschlussverfahren. Das entsandte Mitglied ist ein vollwertiges Mitglied des Wahlvorstands hat aber kein Stimmrecht. Es kann ferner nicht mitwirken, wenn die Wahlordnung ausdrücklich die Tätigkeit stimmberechtigter Mitglieder des Wahlvorstands vorschreibt. Darunter fallen die folgenden Aufgaben: • Abstimmung über die Beschlussfassung, § 1 Abs. 3 Satz 1 WOBetrVG. • Unterzeichnung der Niederschrift über eine Sitzung des Wahlvorstands, § 1 Abs. 3 Satz 3 WOBetrVG. • Unterschrift unter das Wahlausschreiben, § 3 Abs. 1 Satz 1 WOBetrVG. • Anwesenheit während der Wahl im Wahlraum, § 12 Abs. 2 WOBetrVG. • Unterzeichnung der Wahlniederschrift, § 16 Abs. 2 WOBetrVG. Außerdem zählen die entsandten Mitglieder des Wahlvorstands auch nicht mit, wenn es um Mindestanforderungen an den Wahlvorstand geht, z.B. bei der Zusammensetzung (§ 16 Abs. 1 Satz 3 BetrVG – ungerade Zahl). Auch zählen sie bei der Beurteilung der Beschlussfähigkeit des Wahlvorstands nicht mit. Haben entsandte Mitglieder widerrechtlich an Beschlüssen mitgewirkt, so sind die entsprechenden Beschlüsse unwirksam.
163
B
Beeinflussung der Wahl
Im Übrigen genießen die entsandten Gewerkschaftsbeauftragten als Mitglieder des Wahlvorstands sämtliche Schutzrechte (z.B. den besonderen Kündigungsschutz oder den Anspruch auf Entgeltfortzahlung für den erforderlichen Arbeitsausfall). Weiterführende/Verwandte Stichwörter: Wahlvorstand
Beeinflussung der Wahl § 20 Abs. 2 BetrVG verbietet, die Wahl durch das Zufügen oder auch nur das Androhen von Nachteilen zu beeinflussen. Ebenso ist die Beeinflussung durch das Gewähren oder Versprechen von Vorteilen verboten. Das Verbot richtet sich an jeden, also insbesondere auch an den Arbeitgeber, die Arbeitnehmer, die Gewerkschaften und ihre Beauftragten sowie den Betriebsrat (vgl. ArbG Frankfurt, Entscheidung v. 12.4.1972, BV 2/72; ArbG Berlin, Entscheidung v. 3.4.1974, 10 BVGa 3/74). Verboten ist die Beeinflussung unabhängig davon, ob der Handelnde von dieser Wirkung Kenntnis hat – eine strafrechtliche Verfolgung ist allerdings nur unter engeren Voraussetzungen möglich, s.u. Es kommt auch nicht darauf an, ob es sich um materielle oder immaterielle Vor- oder Nachteile handelt. Das Verbot hängt ferner nicht davon ab, ob der Erfolg tatsächlich eintritt (Stege/Weinspach, § 20 BetrVG Rn. 5). Unzulässig sind beispielsweise • die Einflussnahme auf das passive oder aktive Wahlrecht des Arbeitnehmers durch Zufügung oder Androhung von Nachteilen – auf seine Entscheidung also, sich zur Wahl zu stellen oder dies zu unterlassen, § 20 Abs. 1 BetrVG; • der Stimmenkauf. Dies ist das Versprechen oder bereits das Gewähren von Vorteilen für eine gewünschte Stimmabgabe. • Kündigungen oder Versetzungen sowie bereits deren Androhung, wenn damit die Wahl beeinflusst werden soll. Beispiel: Ein Arbeitnehmer verweigert die Unterschrift unter eine vom Arbeitgeber vorgelegte Erklärung, dass die Arbeitnehmer des Betriebs keinen Betriebsrat wollen; eine in unmittelbarem zeitlichen Zusammen-
164
Beeinflussung der Wahl
•
•
•
•
•
B
hang dazu ausgesprochene Kündigung verstößt gegen § 20 BetrVG und ist nichtig (ArbG München, Entscheidung v. 26.5.1987, 15 Ca 3024/87); beeinflussende Gestaltungen des Stimmzettels. Beispiele: Ausdruck der anzukreuzenden Kreise auf dem Stimmzettel in merklich unterschiedlicher Stärke (BAG, Beschluss v. 14.1.1969, 1 ABR 14/68), Werbung für bestimmte Stimmabgabe auf Stimmzettel (ArbG Wetzlar, Entscheidung v. 5.3.1975, 2 BVGa 1/75); Wahlpropaganda durch den Arbeitgeber; ebenso durch die Gewerkschaft, wenn diese auf ihre Mitglieder – im Extremfall unter Androhung des Ausschlusses – einwirkt, Listen konkurrierender Gewerkschaften oder anderer politischer Gruppen nicht zu unterstützen, wenn diese nicht die Gewerkschaft oder die satzungsmäßigen Zielsetzungen offen bekämpfen (BGH, Entscheidung v. 13.6.1966, II ZR 130/64; weniger streng das BAG, das Maßnahmen bei Unterstützung anderer Gewerkschaften oder politischer Gruppen für zulässig erachtet, BAG, Beschluss v. 2.12.1960, 1 ABR 20/59); die sächliche oder finanzielle Unterstützung einer Kandidatengruppe bei der Erstellung einer Wahlzeitung (BAG, Beschluss v. 4.12.1986, 6 ABR 48/85); verunglimpfende oder ehrverletzende Werbung ebenso wie solche, die Unwahrheiten verbreitet oder die Belegschaft im Betrieb aufhetzt (BAG, Urteil v. 13.10.1977, 2 AZR 387/76). Solches Verhalten kann unter Umständen sogar die außerordentliche Kündigung des Arbeitnehmers rechtfertigen; eine erhebliche Behinderung von Wahlwerbung, wenn diese zulässigerweise durch Arbeitnehmer oder Arbeitnehmergruppierungen stattfindet.
Als zulässig wurde hingegen angesehen, wenn • der Arbeitgeber (fehlgehend) darauf hinweist, dass Wahlrecht gleichbedeutend mit Wahlpflicht ist (BAG,Beschluss v. 2.2.1962, 1 ABR 5/61); • der Arbeitgeber an Arbeitnehmer in Form einer Meinungsäußerung schreibt, dass sie leitende Angestellte im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG und damit nicht stimmberechtigt seien (LAG Hamm,
165
B
Beeinflussung der Wahl
•
•
Beschluss v. 27.4.1072, 8 BVTa 5/72; LAG Baden-Württemberg, Beschluss v. 31.5.1972, 4 TaBV 1/72); Arbeitnehmer oder Gruppierungen Wahlwerbung in zulässiger Weise (vgl. oben) betreiben. Dazu gehören Verteilung von Handzetteln oder Flugblättern mit Wahlempfehlungen, wenn deren Inhalt nicht unzulässig ist (LAG Hamm, Beschluss v. 12.2.1976, 8 TaBV 90/75). Betriebsablaufstörungen durch die Verteilung sind grundsätzlich zu vermeiden. Daher sollte die Verteilung in erster Linie in Pausen oder nach Arbeitsende stattfinden; die Gewerkschaft die übliche Wahlpropaganda unterstützt.
Folgen einer unzulässigen Beeinflussung der Wahl können sein: • Der Täter macht sich strafbar und kann mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft werden. Die Strafbarkeit setzt anders als das Verbot an sich (s.o.) voraus, dass der Täter vorsätzlich gehandelt hat. Vorsatz bedeutet, dass der Täter die Folgen der Tat erkennt und sie will oder sie zumindest bei der Einflussnahme billigend in Kauf nimmt. Die Tat kann nur auf Antrag des Betriebsrats, des Gesamtbetriebsrats, des Konzernbetriebsrats, der Bordvertretung, des Seebetriebsrats, des Wahlvorstands, des Unternehmers oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft verfolgt werden, § 119 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 BetrVG. • In aller Regel führt die Wahlbeeinflussung zu der Anfechtbarkeit der Wahl (Wahlanfechtung). • Nichtig dürfte die Wahl nur in krassen Ausnahmefällen sein, wenn nämlich von dem Anschein einer Wahl überhaupt nicht mehr gesprochen werden kann (BAG, Beschluss v. 8.3.1957, 1 ABR 5/55). • Kündigungen und andere Maßnahmen zur Wahlbeeinflussung sind nichtig (Fitting/Kaiser/Heither/Engels, § 20 BetrVG Rn. 26). • Entsteht dem von der Beeinflussung Betroffenen ein Schaden, so ist dieser bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Verursachung zu ersetzen. Weiterführende/Verwandte Stichwörter: Behinderung der Wahl; Wahlanfechtung
166
Behinderung der Wahl
B
Behinderung der Wahl § 20 Abs. 1 BetrVG verbietet die Behinderung der Betriebsratswahl. Das Verbot richtet sich an jeden, also insbesondere auch an den Arbeitgeber, die Arbeitnehmer, die Gewerkschaften und ihre Beauftragten sowie den Betriebsrat (ArbG Frankfurt, Entscheidung v. 12.4.1972, 2 BV 2/72; ArbG Berlin, Entscheidung v. 3.4.1974, BVGa 3/74). Vor Behinderung geschützt ist die Wahl in ihrem ganzen Verlauf einschließlich der Bestellung oder der Wahl des Wahlvorstands und der Vorbereitung der Wahl durch den Wahlvorstand. Der Schutz erstreckt sich über alle mit der Wahl zusammenhängenden oder ihr dienenden Handlungen und Geschäfte. Verboten ist die Behinderung unabhängig davon, ob der Handelnde von dieser Wirkung Kenntnis hat – eine strafrechtliche Verfolgung ist allerdings nur unter engeren Voraussetzungen möglich, s.u. Untersagt sind beispielsweise • jede Erschwerung der Bestellung des Wahlvorstands, • jede Behinderung seiner Tätigkeit; unter das Verbot fällt auch eine Weigerung des Arbeitgebers, die notwendigen Sachmittel wie Wahlzettel, Wahlumschläge oder Wahlurne und die notwendigen Räume für die Wahl zu stellen (AG Detmold, Entscheidung v. 28.4.1978, 4 Ns 7 LS/2 553/77); ferner liegt eine Behinderung in der Nichtbeschaffung der zur Wahl erforderlichen Unterlagen (Arbeitnehmerliste, Adressen der wahlberechtigten Arbeitnehmer), die zu beschaffen der Arbeitgeber verpflichtet ist (LAG Baden-Württemberg, Beschluss v. 30.10.1992, 1 TaBV 2/92); zu den Pflichten des Arbeitgebers Arbeitgeber; • Vernichtung von Wahlvorschlägen, • die Behinderung der Wahlwerbung, soweit diese sich im Rahmen des Zulässigen hält (Sammeln von Unterschriften, persönliche Vorstellung bei Belegschaftsmitgliedern – Freistellung von der Arbeit kann der Arbeitnehmer im Regelfall allerdings nicht verlangen (vgl. auch LAG Berlin, Beschluss v. 9.1.1979, 3 TaBV 6/78; ArbG Düsseldorf, Entscheidung v. 21.7.1981, 1 Ca 2201/81), • die Behinderung beim Betreten des Wahllokals, • Behinderungen bei der Stimmabgabe,
167
B
Behinderung der Wahl
•
Fälschung oder Unterschlagung von Wahlzetteln.
Regelmäßig ist es hingegen nicht als unzulässige Behinderung anzusehen, wenn von bestehenden Rechten Gebrauch gemacht wird und diese nicht nur zur Behinderung instrumentalisiert werden. So ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, eine zusätzliche Betriebsversammlung nach § 43 Abs. 1 Satz 4 BetrVG zur Vorstellung der Kandidaten einberufen zu lassen. Folgen einer unzulässigen Behinderung der Wahl können sein: • Der Täter macht sich strafbar und kann mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft werden. Die Strafbarkeit setzt anders als das Verbot an sich (s.o.) voraus, dass der Täter vorsätzlich gehandelt hat. Vorsatz bedeutet, dass der Täter die Folgen der Tat erkennt und sie will oder sie zumindest bei der Einflussnahme billigend in Kauf nimmt. Die Tat kann nur auf Antrag des Betriebsrats, des Gesamtbetriebsrats, des Konzernbetriebsrats, der Bordvertretung, des Seebetriebsrats, des Wahlvorstands, des Unternehmers oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft verfolgt werden, § 119 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 BetrVG. • In aller Regel führt die Wahlbehinderung zu der Anfechtbarkeit der Wahl (Wahlanfechtung). • Nichtig dürfte die Wahl nur in krassen Ausnahmefällen sein, wenn nämlich von dem Anschein einer Wahl überhaupt nicht mehr gesprochen werden kann (BAG, Beschluss v. 8.3.1957, 1 Abr 5 /55). • Kündigungen und andere Maßnahmen zur Wahlbehinderung sind nichtig (Fitting/Kaiser/Heither/Engels, § 20 BetrVG Rn. 26). • Entsteht dem von der Behinderung Betroffenen ein Schaden, so ist der Schaden bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Verursachung zu ersetzen. Weiterführende/Verwandte Stichwörter: Beeinflussung der Wahl; Wahlanfechtung
168
Bekanntgabe des Ergebnisses
B
Bekanntgabe des Ergebnisses Unverzüglich nach Abschluss der Wahl (ggf. nach Ablauf der Frist für die nachträgliche schriftliche Stimmabgabe im vereinfachten Wahlverfahren, s. § 35 Abs. 3 WOBetrVG) nimmt der Wahlvorstand öffentlich die Auszählung der Stimmen vor, stellt deren Ergebnis in einer Niederschrift fest und gibt es den Arbeitnehmern des Betriebs bekannt (§ 18 Abs. 3 Satz 1 BetrVG). Die Bekanntmachung erfolgt durch Aushänge an dafür geeigneten Stellen im Betrieb, § 18 WOBetrVG. Mit der Bekanntmachung des endgültigen Wahlergebnisses ist das Wahlverfahren beendet. Der Zeitpunkt der Bekanntmachung ist maßgeblich für den Lauf der Wahlanfechtungsfrist nach § 19 Abs. 2 S. 2 BetrVG. Bei mehreren Aushängen ist auf den Zeitpunkt des letzten Aushangs abzustellen. Die Aushänge müssen mindestens zwei Wochen lang in gut lesbarem Zustand im Betrieb verbleiben. Weiterführende/Verwandte Stichwörter: Benachrichtigung der Gewählten, Stimmenauszählung, Wahlvorstand, Wahlanfechtung
Benachrichtigung der Gewählten Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 der WOBetrVG hat der Wahlvorstand die als Betriebsratsmitglieder gewählten Arbeitnehmer unverzüglich schriftlich von ihrer Wahl zu benachrichtigen. Diese Vorschrift gilt für alle Arten der Wahl – also gemäß § 23 Abs. 1 auch für Wahlverfahren bei nur einer Vorschlagsliste und gemäß § 34 Abs. 3 bzw. § 36 Abs. 4 WOBetrVG auch für die Wahl im vereinfachten Wahlverfahren. Die Anordnung „unverzüglich“ bezieht sich auf den Zeitpunkt, in dem das Wahlergebnis in die Wahlniederschrift aufgenommen wurde. Die Benachrichtigung hat nur die Bedeutung, den Gewählten von seiner Wahl in Kenntnis zu setzen. War der Gewählte bei der öffentlichen Stimmauszählung nach § 13 WOBetrVG (bzw. § 20 Abs. 3, § 34 Abs. 3, § 35 Abs. 3, § 36 Abs. 4) anwesend und hat dort bereits die Annahme der Wahl gegenüber dem Wahlvorstand erklärt, so kann auf eine schriftliche Benachrichtigung verzichtet werden.
169
B
Berufsausbildungsverhältnis
Sollte der Wahlvorstand irrtümlicherweise eine falsche, nicht gewählte Person benachrichtigen, so ist dem keine rechtliche Bedeutung beizumessen. Es kommt vielmehr auf den tatsächlichen Ausgang der Wahl an. Eine Benachrichtigung der Ersatzmitglieder ist nicht erforderlich. Weiterführende/Verwandte Stichwörter: Bekanntgabe des Ergebnisses, Annahme der Wahl
Berufsausbildungsverhältnis Zu den Arbeitnehmern werden auch die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten gerechnet, § 5 Abs. 1 BetrVG. Dieser Begriff ist nicht gleichbedeutend mit dem der Auszubildenden in § 3 Berufsbildungsgesetz. Die Wortwahl des Betriebsverfassungsgesetzes soll signalisieren, dass ein weiterer Personenkreis als nur die Auszubildenden erfasst wird. Unter folgenden Voraussetzungen liegt eine Beschäftigung zur Berufsausbildung vor: • Der Beschäftigung muss wie beim Arbeitnehmer ein privatrechtlicher Vertrag zwischen dem Arbeitgeber und dem Beschäftigten zugrunde liegen. Das ist beispielsweise nicht der Fall, wenn die Beschäftigung aufgrund einer hoheitlichen Verfügung erfolgt. Der Vertrag bedarf nicht der Schriftform. Es genügen auch mündliche Absprachen und sogar Verhaltensweisen, die auf den Vertragsschluss hindeuten (so genanntes schlüssiges Verhalten; BAG, Urteil v. 7.7.1993, 5 AZR 488/92). Aber auch eine Zuweisung durch das Arbeitsamt und Abreden des Arbeitgebers mit dem Arbeitsamt hindern nicht zwingend, dass eine vertragliche Abrede mit dem Arbeitnehmer zustande kommt. In solchen Fällen bedarf es der genauen Prüfung, wie Arbeitgeber und Beschäftigter das Rechtsverhältnis ausgestaltet wissen wollen. Im Zweifel wird dies aus der Handhabung in der täglichen Praxis zu erschließen sein. • „Zur Berufsausbildung“ meint, alle Maßnahmen, die auf betrieblicher Ebene berufliche Kenntnisse und Fertigkeiten oder Fähigkei-
170
Berufsausbildungsverhältnis
•
•
B
ten vermitteln. Neben den Auszubildenden nach dem Berufsbildungsgesetz werden kurzfristige Bildungsmaßnahmen für Praktikanten (BAG, Beschluss v. 30.10.1991, 7 ABR 11/91) ebenso erfasst wie Volontäre, Umschüler, Anlernlinge, Krankenpflegeschüler und Teilnehmer an firmeneigenen internen Ausbildungsmaßnahmen (BAG, Beschluss v. 3.10.1989, 1 ABR 68/88). Zu unterscheiden sind die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten von den zur Wiedereingewöhnung in das Berufsleben Beschäftigten, deren Zugehörigkeit zum Kreis der Arbeitnehmer in § 5 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG ausdrücklich ausgeschlossen wurde (siehe auch Arbeitnehmer). Personen fallen unter diese Bestimmung und sind daher kraft Gesetzes keine Arbeitnehmer, wenn die Beschäftigung vorwiegend als Mittel zur Behebung eines gestörten Verhältnisses zu geregelter Erwerbsarbeit eingesetzt wird und nicht vorwiegend der Vermittlung beruflicher Kenntnisse und Fähigkeiten dient (BAG, Beschluss v. 25.10.1989, 7 ABR 1/88). Die Zurechnung der Ausbildungsverhältnisse zu den Arbeitnehmern rechtfertigt sich nur, wenn eine gewisse Nähe zu den eigentlichen Arbeitnehmern besteht. Das BAG fordert daher in jüngster Rechtsprechung, dass die Beschäftigten im Rahmen eines arbeitstechnischen Zwecks eines Produktions- oder Dienstleistungsbetriebs ausgebildet werden und sie deshalb wie die sonstigen Arbeitnehmer in den Betrieb eingegliedert sind (BAG, Beschluss v. 21.7.1993, 7 ABR 35/92; Beschluss v. 26.1.1994, 7 ABR 13/92) , vgl. dazu Arbeitnehmer. Dies ist insbesondere nicht der Fall, wenn Betriebszweck selbst die Ausbildung der in Frage stehenden Beschäftigten ist. Auszubildende in Ausbildungsbetrieben rechnen daher in der Regel ebenso wenig zu den „zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten“ im Sinne des § 5 BetrVG wie berufliche Rehabilitanden in entsprechenden Betrieben (BAG , Beschluss v. 26.1.1994, 7 ABR 13/92) – anders ist in solchen Betrieben nur zu entscheiden, wenn die Beschäftigten zu Tätigkeiten ausgebildet werden, die auch Arbeitnehmer des Betriebs im Rahmen ihrer Arbeitsaufgabe wahrnehmen, wenn also die Auszubildenden als „eigener Nachwuchs“ herangezogen werden. Beispiel: Ein Ausbildungsbetrieb bildet in Lehrwerkstätten zu den Berufen in der Metallindustrie aus. Ein Auszubildender in der Lehrwerkstätte ist
171
B
Betrieb
nicht „zu seiner Berufsausbildung beschäftigt“ im Sinne des BetrVG – ein Auszubildender in der Buchhaltung, der nach Ende der Ausbildung von der Abteilung übernommen werden soll, ist „zu seiner Berufsausbildung beschäftigt“. Die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten werden ebenso wie die Arbeitnehmer entweder der Gruppe der Arbeiter oder der Angestellten zugeordnet. Bei ihnen ist auf die künftige Tätigkeit abzustellen, zu der sie ausgebildet werden. Im übrigen folgt die Klassifizierung den für die Arbeitnehmer geltenden Regeln (Angestellter, Arbeiter). Weiterführende/Verwandte Stichwörter: Angestellter, Arbeiter, Arbeitnehmer, Gruppe, Minderheit
Betrieb Der Betrieb ist diejenige Einheit des Unternehmens, die für die wesentlichen Teile des Betriebsverfassungsrechtes maßgeblich ist. Auch die Betriebsratswahl orientiert sich an der Einheit Betrieb. Trotz dieser Bedeutung enthält das Betriebsverfassungsgesetz keine Umschreibung des Begriffes. Diese musste vielmehr von Rechtsprechung und Literatur entwickelt werden. Der weithin gebräuchliche und damit auch für die Praxis maßgebende Betriebsbegriff fordert eine „organisatorische Einheit, innerhalb derer ein Arbeitgeber allein oder mit seinen Arbeitnehmern mit Hilfe von sächlichen und immateriellen Mitteln bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt, die sich nicht in der Befriedigung des Eigenbedarfs erstrecken“ (BAG, Beschluss v. 29.5.1991, 7 ABR 67/90). Dieser recht komplizierte Begriff setzt sich aus folgenden Elementen zusammen: • Zusammenfassung von Betriebsmitteln. Der Arbeitgeber muss materielle und/oder immaterielle Betriebsmittel zusammengefasst haben. In der Praxis ist dieses Element in den meisten Fällen unproblematisch. Denn die Menge oder die Zusammensetzung dieser Betriebsmittel ist nicht entscheidend. Zu den Betriebsmitteln können sowohl Grundstücke, Maschinen oder Geräte als auch eine Geschäfts- oder Produktidee oder Patente gehören. Nach der Begriffsbestimmung kommt es nicht darauf an, ob Arbeitnehmer
172
Betrieb
•
•
B
in der Einheit versammelt sind. Betriebsratswahlen sind aber in solchen Einheiten undenkbar, zu denen nicht auch Arbeitnehmer gehören. Verfolgung eines oder mehrerer arbeitstechnischer Zwecke. Die Einheit an Betriebsmitteln, die „Betrieb“ genannt wird, muss arbeitstechnische Zwecke verfolgen. Nicht erforderlich ist, dass wirtschaftliche oder ideelle Zwecke verfolgt werden. Dies ist vielmehr Gegenstand des Unternehmensbegriffs (Unternehmen). Welche arbeitstechnischen Zwecke verfolgt werden, ist unerheblich. Zweck kann sowohl eine bestimmte Produktion (z.B. Fertigung von Computerchips, Druckhaus) oder auch eine Dienstleistung (z.B. Ladengeschäft, Hauptverwaltung eines Industrieunternehmens) sein. In einem Betrieb muss auch nicht nur ein arbeitstechnischer Zweck verfolgt werden. Die Einheit kann durchaus mehrere Zwecke verfolgen, ohne die Eigenschaft als einheitlicher Betrieb zu verlieren. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn Produktion und Verwaltung zusammengefasst und auch die nachfolgend beschriebenen Voraussetzungen des Betriebsbegriffs erfüllt sind. Der arbeitstechnische Zweck oder die arbeitstechnischen Zwecke müssen fortgesetzt verfolgt werden. Die Definition verlangt damit eine gewisse Dauer der Zweckverfolgung. Es muss eine gewisse Kontinuität gewahrt sein. Nicht erforderlich ist aber, dass eine sehr lang bemessene oder gar unbestimmte Zeit vorgesehen ist. Auch Saison- oder Kampagnearbeiten kann im Rahmen eines Betriebs im betriebsverfassungsrechtlichen Sinne nachgegangen werden. Im Verlaufe der Zeit ist auch nicht jede Änderung des arbeitstechnischen Zweckes schädlich. Wird aber eine völlige Umorientierung unter Änderung der Organisation und womöglich unter dem Wechsel eines erheblichen Teils der Belegschaft vorgenommen, so wechselt die Identität des Betriebes. Die Folge ist dann, dass das Amt des alten Betriebsrates wegen Untergang des alten Betriebs endet und in der neuen Einheit ein neuer Betriebsrat zu wählen ist. (Siehe zum Restmandats des Betriebsrats in diesen Fällen § 21b BetrVG.)
173
B
Betrieb
•
174
Bei einer Stillegung des Betriebes für eine unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne endet ebenfalls die Identität des Betriebes. (Siehe zum Restmandats des Betriebsrats in diesen Fällen § 21b BetrVG.) Anders verhält es sich im Fall eines Betriebsübergangs, der in § 613a BGB geregelt ist. Von einem Betriebsübergang ist die Rede, wenn der Betrieb als solcher bestehen bleibt und nur von einem Inhaber auf einen anderen übertragen wird. In einem solchen Fall bleibt die Identität des Betriebes erhalten. Das gleiche gilt, wenn ein Betrieb unter Beibehaltung seines Zweckes, der Betriebsmittel und der Arbeitnehmer räumlich verlegt wird und dabei im wesentlichen erhalten bleibt. Auch in einem solchen Fall bleibt ein etwa gewählter Betriebsrat im Amt. (Siehe allerdings für den Fall der Spaltung oder Zusammenlegung von Betrieben § 21a BetrVG, der gemäß § 21a Abs. 3 auch für die Spaltung und Zusammenlegung im Zusammenhang mit einer Betriebsveräußerung gilt.) Organisatorische Einheit. Die organisatorische Einheit ist das wesentliche Kriterium zur Bestimmung und Abgrenzung des Betriebes im betriebsverfassungsrechtlichen Sinne. Nach den vorstehend aufgezählten Kriterien bleibt nämlich noch unklar, ob eine Abteilung, die eigenständige Zwecke verfolgt, ein eigener Betrieb im betriebsverfassungsrechtlichen Sinne ist oder ob als Betrieb eine Betriebsstätte oder gar mehrere Betriebsstätten zusammen anzusehen sind. Mit der einheitlichen Organisation ist die einheitliche Leitung der Einheit gemeint. Mit Blick auf die Aufgaben des Betriebsverfassungsgesetzes kommt es nicht auf die wirtschaftliche oder kaufmännische Leitung und ebenso wenig auf die technische Leitung an. Es entscheidet vielmehr, auf welcher Ebene die Leitung mit Blick auf die Aspekte liegt, die der betrieblichen Mitbestimmung unterliegen. Mit anderen Worten kommt es darauf an, wo die Arbeitgeberfunktionen im Bereich der personellen und sozialen Mitbestimmung ausgeübt werden. Dies sind z.B. Fragen der Arbeitsorganisation und der Arbeitszeitgestaltung (Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage), Fragen der Gestaltung von Entgeltsystemen oder beispielsweise auch der Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmern.
Betrieb
B
Selbstverständlich müssen nicht ausnahmslos alle Personalentscheidungen in dieser Einheit getroffen werden. Für den Betriebsbegriff ist es unschädlich, wenn einzelne Entscheidungen auf höherer oder niedrigerer Ebene getroffen werden. Es kommt auf den Kern der Aufgaben an. Unschädlich ist es auch, wenn die Leitungsfunktionen zum Teil auf der Grundlage von Weisungen einer übergeordneten Stelle erfolgen. Werden beispielsweise Produktionsstätten und angegliederte Verwaltung unter einheitlicher Personalleitung geführt, so sind beide als ein einziger Betrieb im betriebsverfassungsrechtlichen Sinne zu sehen. Die Ergebnisse bleiben gleich, wenn Verwaltung und Produktion bei sonst gleicher Lage räumlich voneinander getrennt sind. Anders verhält es sich, wenn für Produktion und Verwaltung je eine eigene Personalleitung existiert. In einem solchen Fall liegen betriebsverfassungsrechtlich gesehen zwei Betriebe vor, selbst wenn beide Einheiten in einem Gebäude untergebracht sind. Es ist also durchaus möglich, dass mehrere räumlich getrennte Produktionsstätten oder Dienstleistungseinheiten gemeinsam einen Betrieb im betriebsverfassungsrechtlichen Sinn bilden. Wird allerdings ein gewisser Grad überschritten, dann betrachtet das Betriebsverfassungsgesetz den Betriebsteil als eigenen Betrieb, siehe § 4 Abs. 1 BetrVG. Allerdings können die Arbeitnehmer eines solchen Betriebsteils – sofern dort kein eigener Betriebsrat besteht – mit Stimmenmehrheit formlos beschließen, an der Wahl des Betriebsrats im Hauptbetrieb teilzunehmen, § 4 Abs. 1 S. 2 BetrVG. Diese Abstimmung kann auch vom Betriebsrat des Hauptbetriebs veranlasst werden, § 4 Abs. 1 S. 3 BetrVG. Kleinstbetriebe, die an sich selbständig sind aber die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 BetrVG nicht erfüllen, sind dem Hauptbetrieb zuzuordnen, § 4 Abs. 2 BetrVG. Auch in einem Gebäude zusammengelegte Einheiten können je für sich einen Betrieb bilden. In aller Regel wird der Betrieb dort seine Grenzen finden, wo die Inhaberschaft in rechtlicher Hinsicht endet. Wenn eine Betriebsstätte auf zwei Inhaber – seien dies Einzelpersonen oder so genannte juristische Personen (z.B. Aktiengesellschaft, GmbH, Vereine) –so aufgeteilt ist, dass jedem Inhaber Teile zuzuord-
175
B
Betrieb
nen sind (nicht: Teilinhaberschaft des ungeteilten Betriebs), so bestehen betriebsverfassungsrechtlich gesehen zwei Betriebe. Denn jeder Inhaber wird im Regelfall für seine Arbeitnehmerschaft die betriebsverfassungsrechtlich relevanten Personalleitungsfunktionen ausüben. Ein einheitlicher Betrieb im betriebsverfassungsrechtlichen Sinn, der auch nur einen Betriebsrat zu wählen hat, liegt jedoch vor, wenn verschiedene Unternehmen einen einheitlichen Betrieb unter einheitlicher Leitung bilden. Lenkt also ein für beide Unternehmen zuständiger einheitlicher Leitungsapparat alle Arbeitnehmer der beteiligten Unternehmen, so liegt trotz rechtlicher Trennung für das Betriebsverfassungsrecht ein einheitlicher Betrieb vor. Dafür genügt aber weder eine faktische unternehmerische Zusammenarbeit beider Unternehmen, noch die Personenidentität aller oder einiger Inhaber oder Gesellschafter der betroffenen Unternehmen. Ebenso wenig genügen Vereinbarungen, die zu einer gesellschaftsrechtlichen Verbindung der betroffenen Unternehmen in einem Konzern führen. Die Vereinbarung und die tatsächliche Durchführung dieser Vereinbarung müssen sich vielmehr auf die Personalmaßnahmen beziehen, die eine Beteiligung der Arbeitnehmervertreter nach dem Betriebsverfassungsgesetz vorsehen. Das im Jahre 2001 reformierte Betriebsverfassungsgesetz hat aber für die Frage des Vorliegens eines gemeinsamen Betriebs mehrerer Unternehmen die Darlegungs- und Beweislast durch eine gesetzliche Vermutung in § 1 Abs. 2 BetrVG neu gestaltet. Nach dessen Nr. 1 wird ein gemeinsamer Betrieb vermutet, wenn zur Verfolgung arbeitstechnischer Zwecke die Betriebsmittel sowie die Arbeitnehmer von den Unternehmen gemeinsam eingesetzt werden. Die beteiligten Unternehmer können diese Vermutung entkräften, wenn sie darlegen und ggf. beweisen, dass es dennoch an einem gemeinsamen Leitungsapparat fehlt. Entscheidend bleiben also die oben dargestellten Grundsätze. Nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG wird ein gemeinsamer Betrieb zudem vermutet, wenn die Spaltung eines Unternehmens zur Folge hat, dass von einem Betrieb ein oder mehrere Betriebsteile einem an der Spaltung beteiligten anderen Unternehmen zugeordnet werden, ohne dass sich dabei die Organisation des betroffenen Betriebs wesentlich ändert. Auch diese Vermutung ist durch den Nachweis, dass es an einem
176
Betriebsadresse des Wahlvorstands
B
gemeinsamen Leitungsapparat fehlt, widerlegbar. Auch hier bleiben die oben dargestellten Grundsätze entscheidend. Betriebsratswahlen finden in einem Betrieb statt, wenn mindestens fünf Arbeitnehmer wahlberechtigt und davon mindestens drei wählbar sind, § 1 BetrVG. Für die Ermittlung der Zahlen und auch die weitere Durchführung der Betriebsratswahl sind unter Umständen Betriebsteile nicht, Kleinstbetriebe hingegen doch dem Betrieb hinzuzurechnen (s. die entsprechenden Stichworte). Weiterführende/Verwandte Stichwörter: Betriebsteil, Konzern, Unternehmen
Betriebsadresse des Wahlvorstands Die Betriebsadresse des Wahlvorstands ist in §§ 3 Abs. 2 Nr. 12, 31 Abs. 1 Nr. 14 WOBetrVG für das reguläre und das vereinfachte Wahlverfahren gleichlautend gesetzlich definiert als der Ort, an dem Einsprüche, Wahlvorschläge und sonstige Erklärungen gegenüber dem Wahlvorstand abzugeben sind. Der Wahlvorstand hat seine Betriebsadresse selbst zu bestimmen. In Betracht kommt beispielsweise ein regelmäßig besetztes Arbeitszimmer oder der Arbeitsplatz des Vorsitzenden aber auch eine andere feste Stelle. Der Wahlvorstand kann ferner Dienststunden einrichten, in denen er zur Entgegennahme von schriftlichen Erklärungen bereit ist. Ferner kann an der Betriebsadresse des Wahlvorstands auch eine Einrichtung zur Entgegennahme von Erklärungen angebracht werden (z.B. Briefkasten, Postfach etc.). Die Einrichtung einer Betriebsadresse des Wahlvorstands soll vor allem den Zugang von Erklärungen, die gegenüber dem Wahlvorstand abgegeben werden müssen, erleichtern. Das hat insbesondere für die Einhaltung und den Lauf von Fristen eine Bedeutung. Grundsätzlich können Erklärungen wirksam nur gegenüber dem Vorsitzenden des Wahlvorstands oder seinem Stellvertreter abgegeben werden. Allerdings gibt es die Möglichkeit, durch einen Beschluss des Wahlvorstands oder über eine Geschäftsordnung des Wahlvor-
177
B
Betriebsteil
stands auch andere Mitglieder des Wahlvorstands dazu zu ermächtigen, Erklärungen wirksam anzunehmen. Derjenige, der eine Erklärung abgeben will, hat aber seine Pflicht bereits getan, wenn er unter regelmäßigen Umständen damit rechnen kann, dass ein Empfangsberechtigter des Wahlvorstands rechtzeitig Kenntnis von seiner Erklärung nehmen kann. Ist der als Betriebsadresse benannte Ort nicht mit einem Empfangsberechtigten besetzt, so kann die Erklärung doch noch rechtzeitig sein, wenn sie rechtzeitig mit der Möglichkeit der Kenntnisnahme an diesen Ort gelangt ist.
Betriebsteil Grundsätzlich kann eine Betriebsratswahl nur in Betrieben im betriebsverfassungsrechtlichen Sinne (Betrieb) stattfinden. Das Betriebsverfassungsgesetz kennt aber Sonderregelungen für Kleinstbetriebe und Betriebsteile. Letztere gelten nach § 4 Satz 1 BetrVG als selbständige Betriebe, wenn sie die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 S. 1 BetrVG erfüllen und räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt oder durch Aufgabenbereich und Organisation eigenständig sind. Sie bleiben dem Hauptbetrieb zugeordnet, wenn sie diese Voraussetzungen nicht erfüllen. Wie auch der Begriff des Betriebes selbst ist der des Betriebsteils im Betriebsverfassungsgesetz nicht definiert. Schon der Name sagt aber, dass es sich um einen Teil einer organisatorischen Einheit, einen Teil eines Betriebs im betriebsverfassungsrechtlichen Sinne handeln muss. Die Rechtsprechung hat zudem gefordert, dass es sich um eine Betriebsstätte handelt, die im Hinblick auf die Zahl der in ihr beschäftigten Arbeitnehmer von einiger Bedeutung und gegenüber dem (restlichen) Hauptbetrieb deutlich abgrenzbar ist (BAG, BB 1960, 1326). Beispiele: • Kfz-Werkstätte einer Spedition, • Schlosserei eines Metallbetriebes, • Verwaltung eines Produktionsbetriebes, • zentral gelenkte Filialen im Handel oder bei Banken und Versicherungen.
178
Betriebsteil
B
Der Unterschied des Betriebsteils zum Betrieb liegt darin, dass der Betriebsteil keine vollständige eigenständige Organisation hat, sondern die Leitungsmacht in den für das Betriebsverfassungsrecht relevanten Fragen der Arbeitsorganisation für den Betriebsteil und andere Teile gemeinsam im Hauptbetrieb ausgeübt wird. Erforderlich und genügend ist ein Mindestmaß an organisatorischer Selbstständigkeit gegenüber dem Hauptbetrieb; es reicht aus, dass in der organisatorischen Einheit überhaupt eine den Einsatz der Arbeitnehmer bestimmende Leitung institutionalisiert ist, die Weisungsrechte des Arbeitgebers ausübt (BAG, Beschluss v. 21.07.2004 - 7 ABR 57/03). Die Zuständigkeit für Einstellungen, Entlassungen, Lohnbuchhaltung, meist auch kaufmännischen Fragen liegt beim Hauptbetrieb; ferner wird mit dem Betriebsteil ein Zweck verfolgt, der dem Zweck des gesamten Betriebes ein- oder untergeordnet ist und innerhalb des gesamten Betriebes verfolgt wird (vgl. BAG, Beschluss v. 23.9.1982, 6 ABR 42/81). Betriebsverfassungsrechtlich und damit auch für die Betriebsratswahlen wird der Betriebsteil im Normalfall zu dem Hauptbetrieb gerechnet. Beide zusammen bilden den Betrieb, in dem auch einheitliche Betriebsratswahlen stattfinden. § 4 Satz 1 BetrVG regelt die Voraussetzungen, unter denen ausnahmsweise ein Betriebsteil als eigenständiger Betrieb behandelt wird. Bedingungen hierfür sind: • Der Betriebsteil muss die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 S. 1 BetrVG erfüllen. Das bedeutet: In ihm müssen mindestens fünf wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt sein, von denen mindestens drei auch wählbar sind. Zusätzlich muss der Betriebsteil • entweder räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt liegen • oder durch Aufgabenbereich und Organisation eigenständig sein. Der Betriebsteil muss also in jedem Fall die Voraussetzungen des § 1 BetrVG erfüllen, hinzutreten muss alternativ eine der anderen beiden Voraussetzungen. Für die räumlich weite Entfernung kommt es darauf an, ob trotz dieser Entfernung eine lebendige Betriebsgemeinschaft zwischen Hauptbetrieb und Betriebsteil besteht und dem Betriebsrat des Hauptbetriebes eine ordnungsgemäße Betreuung der Arbeitnehmer
179
B
Betriebsteil
der Betriebsteile möglich ist; dann wird der Betriebsteil nicht als eigenständiger Betrieb behandelt. Bei der Beurteilung der Frage kommt es also nicht allein auf die objektive geographische Entfernung an. Auch die Verkehrsverhältnisse spielen eine Rolle. Beispiele für räumlich weite Entfernung sind: • 28 km und mehrmaliges Umsteigen zwischen Autobussen oder anderen Verkehrsmitteln (BAG, Beschluss v. 23.9.1960, 1 ABR 9/59), • 50 km bei zahlreichen Ortsdurchfahrten, • 41 km mit Fahrzeiten zwischen 50 und 70 Minuten. Keine weite Entfernung wurde angenommen bei • 10 km und guten Verkehrsbedingungen (BAG, Beschluss v. 5.6.1964, 1 ABR 11/63), • 20 km und täglicher Werksverkehr (LAG München, Entscheidung v. 28.9.1953, 6/53 I), • 22 km über Autobahn (LAG Hamburg, Beschluss v. 1.11.1982, 2 TaBV 8/82) bis hin zu • 70 km (BAG, Beschluss v. 24.9.1968, 1 ABR 4/68); • sehr weitgehend LAG Düsseldorf (Beschluss v. 1.12.1995, 10 TaBV 19/95) in einem besonders gelegenen Fall, bei dem Auslieferungslager in Hamburg, Hannover, Kassel, Frankfurt und Stuttgart dem Stammbetrieb zugerechnet wurden. Die vorgenannten Beispiele können wiederum nur grobe Anhaltspunkte wiedergeben, zumal sich die Bedingungen und Möglichkeiten des Straßen-, Schienen- und Luftverkehrs im Laufe der Zeit stark gewandelt haben. In der zweiten Alternative wird der Betriebsteil als Betrieb behandelt, wenn er sowohl einen eigenständigen Aufgabenbereich als auch eine eigenständige Organisation hat. Der eigenständige Aufgabenbereich setzt Aufgaben voraus, die deutlich von dem sonstigen Betrieb abgrenzbar sind, die sich also im Verhältnis zum restlichen Betrieb verselbständigt haben. Bei der Beurteilung dieser Frage sind sämtliche Umstände zu berücksichtigen, Richtlinien können daher nicht gegeben werden. Die Rechtsprechung stellt hohe Anforderungen. Selbst die Übertragung von Handlungsvollmachten auf den Filialleiter einschließlich der Übertragung eigenverantwortlicher Tätigkeit und
180
Betriebsteil
B
Personalverantwortung genügen im Einzelfall nicht (LAG BadenWürttemberg, Beschluss v. 12.2.1993, 15 TaBV 12/92). Eigenständige Organisation bedeutet vor allem Leitung des Betriebsteils. Der wesentliche Kern von Arbeitgeberfunktionen, die der Mitbestimmung unterliegen, muss in dem Betriebsteil verankert sein. Das Weisungsrecht des Arbeitgebers muss also im Betriebsteil ausgeübt werden (vgl. BAG, Beschluss v. 21.07.2004 - 7 ABR 57/03). Der Betriebsteil muss folglich schon fast ein eigener Betrieb sein. Die Zuordnung des Betriebsteils zum Hauptbetrieb kann durch einen Tarifvertrag (unter gewissen Umständen auch durch eine Betriebsvereinbarung) abweichend von dem Ergebnis der vorher beschriebenen Bewertung vorgenommen werden, § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BetrVG. Ist zweifelhaft, ob ein Betriebsteil dem Hauptbetrieb zuzuordnen ist, so können der Arbeitgeber, jeder beteiligte Betriebsrat, jeder beteiligte Wahlvorstand und jede im Betrieb vertretene Gewerkschaft vor der Wahl eine Entscheidung des Arbeitsgerichts über diese Zweifelsfrage herbeiführen. Ein solches Verfahren unterbricht jedoch nicht den Lauf der Betriebsratswahl. Es empfiehlt sich daher, im Streitfall möglichst frühzeitig beim Arbeitsgericht die Feststellung zu beantragen. Ergeht eine Entscheidung vor Abschluss des Wahlverfahrens, so bindet sie. Geht die laufende Wahl von einer anderen Zuordnung aus, ist sie abzubrechen und ein neues Wahlverfahren einzuleiten. Ergibt sich nach Abschluss des Wahlverfahrens, dass unrichtigerweise ein unselbständiger Betriebsteil nicht an der Betriebsratswahl zum Hauptbetrieb teilgenommen hat, so ist dessen Wahl nur anfechtbar, nicht nichtig; der Betriebsrat des Hauptbetriebs ist – wenn seine Wahl nicht angefochten wurde – nicht für den nicht an der Wahl beteiligten Betriebsteil zuständig (BAG, Urteil vom 03.06.2004 - 2 AZR 577/03). Wurde in dem Betrieb ein Betriebsrat, so endet dessen Amt; ob der Betriebsrate im Hauptbetrieb nunmehr zuständig wird, ist nach vorstehendem Urteil sehr fraglich (zur Frage, ob dort dann Neuwahlen durchzuführen sind, Zeitpunkt der Betriebsratswahl). Wird hingegen festgestellt, dass ein Betriebsteil selbständig ist, so wird der Betriebsrat des Hauptbetriebes unzuständig; der Betriebsteil wird betriebsratlos, im Hauptbetrieb sind unter Umständen Neuwahlen einzuleiten (dazu Zeitpunkt der Betriebsratswahl).
181
B
Betriebsversammlung zur Bestellung des Wahlvorstands
Eine wichtige Neuerung ergibt sich aufgrund der Betriebsverfassungsrechtsnovelle des Jahres 2001: Die Arbeitnehmer eines selbständigen Betriebsteils können – sofern dort kein eigener Betriebsrat besteht – mit Stimmenmehrheit formlos beschließen, an der Wahl des Betriebsrats im Hauptbetrieb teilzunehmen, § 4 Abs. 1 S. 2 BetrVG. Die Abstimmung kann von mindestens drei wahlberechtigten Arbeitnehmern des Unternehmens oder von einer im Unternehmen vertretenen Gewerkschaft veranlasst werden. Diese Abstimmung kann ferner auch vom Betriebsrat des Hauptbetriebs veranlasst werden, § 4 Abs. 1 S. 3 BetrVG. Der Beschluss ist dem Betriebsrat des Hauptbetriebs spätestens 10 Wochen vor seiner Amtszeit mitzuteilen. Der Beschluss kann auch widerrufen werden – siehe § 4 Abs. 1 S. 5 BetrVG. Die Zuordnung eines Betriebsteils zum Hauptbetrieb wirkt sich wie folgt auf die Betriebsratswahl aus: • Ein künftiger Betriebsrat soll sich möglichst aus Arbeitnehmern der Organisationsbereiche zusammensetzen (§ 15 Abs. 1 BetrVG). Der Appell richtet sich an alle, die vorschlagsberechtigt sind (Wahlvorschlag, Vorschlagsliste). Darauf soll im Wahlausschreiben hingewiesen werden (Wahlausschreiben). • Für räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernte Betriebsteile, die dem Hauptbetrieb zugeordnet werden, kann der Wahlvorstand schriftliche Stimmabgabe beschließen, § 24 Abs. 3 Satz 1 WOBetrVG. • Eine unrichtige Zuordnung eines Betriebsteiles führt nicht zur Nichtigkeit der Betriebsratswahl (BAG, Beschluss v. 3.12.1985, 1 ABR 29/84). Hingegen ist eine Anfechtung der Betriebsratswahl gerechtfertigt. Weiterführende/Verwandte Stichwörter: Betrieb, Konzern, Kleinstbetrieb, Unternehmen
Betriebsversammlung zur Bestellung des Wahlvorstands In einem betriebsratslosen Betrieb wird der Wahlvorstand gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 BetrVG vorrangig durch den Gesamtbetriebsrat oder,
182
Betriebsversammlung zur Bestellung des Wahlvorstands
B
falls ein solcher nicht besteht, durch den Konzernbetriebsrat bestellt. Nur dann, wenn derartige Gremien nicht bestehen oder die Bestellung eines Wahlvorstands unterlassen, wird in einer Betriebsversammlung von der Mehrheit der anwesenden Arbeitnehmer ein Wahlvorstand gewählt, § 17 Abs. 2 BetrVG. Zu den Besonderheiten in Kleinbetrieben, die nach den Grundsätzen der vereinfachten Wahl wählen, siehe § 17a Nr. 3 BetrVG und das Stichwort Wahlversammlung. Grundsätzlich gilt für Kleinbetriebe auch das hier gesagte, nur dass statt eine Betriebsversammlung eine Wahlversammlung einzuberufen ist. Der Unterschied: Zu einer Betriebsversammlung werden alle Arbeitnehmer des Betriebs eingeladen, bei der Wahlversammlung beschränkt sich der Teilnehmerkreis auf die wahlberechtigten Arbeitnehmer; Wahlberechtigung. Zu einer Betriebsversammlung im Sinne des § 17 Abs. 2 BetrVG können nach § 17 Abs. 3 BetrVG mindestens drei wahlberechtigte Arbeitnehmer des Betriebs oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft einladen. Auch der Arbeitgeber kann zur Betriebsversammlung einladen, wenn im Betrieb kein Betriebsrat besteht (BAG AP Nr. 1 zu § 17 BetrVG 1972). Aus der Einladung muss neben Zeit und Ort auch der Zweck der Versammlung (Wahl des Wahlvorstands) deutlich hervorgehen. Ansonsten gelten keine Form- oder Fristvorschriften. Die Einladenden können Vorschläge für die Zusammensetzung des Wahlvorstands machen. Die Wahl des Wahlvorstands auf der Betriebsversammlung ist nichtig, wenn eine ausreichende Bekanntmachung gegenüber allen Arbeitnehmern des Betriebs unterblieben ist. Will eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft einladen, so genügt es nicht, dass dem Arbeitgeber Einladungsschreiben zur Weiterleitung an die einzelnen Arbeitnehmer übergeben werden, wenn dieser sie nicht weiterleitet (BAG, Urteil v. 7.5.1986, 2 AZR 349/85). Für die Wahl des Wahlvorstands in der Betriebsversammlung gibt es keine genaue gesetzliche Festlegung. Die Wahl kann geheim oder in offener Abstimmung erfolgen. Gewählt wird mit der einfachen Stimmenmehrheit der anwesenden Arbeitnehmer. Nach überwiegender Ansicht kommt es auf die Mehrheit der Stimmen der anwesenden Arbeitnehmer, nicht auf die Mehrheit der abgegebenen Stimmen an (GK-BetrVG Kreutz, § 17 Anm. 33; Richardi, BetrVG, § 17 Anm. 19). Daher ist es erforderlich, die Zahl der teilnehmenden Arbeitnehmer
183
B
Betriebsversammlung zur Bestellung des Wahlvorstands
vor der Wahl festzustellen, denn zur Wahl jedes einzelnen Mitglieds ist die positive Mehrheit der an der Betriebsversammlung teilnehmenden Arbeitnehmer erforderlich. Die Mehrheit der abgegebenen Stimmen genügt definitiv nicht. Aus diesem Grunde kann es auch zweckmäßig sein, zuvor einen Versammlungsleiter zu bestimmen oder gar förmlich zu wählen. Auf die ordnungsgemäße Mitgliederzahl und Zusammensetzung des Wahlvorstands ist bei der Wahl zu achten. Teilnahmeberechtigt an einer solchen Betriebsversammlung sind – anders als bei der Wahlversammlung in Kleinbetrieben - alle Arbeitnehmer des Betriebs – unabhängig von ihrer Wahlberechtigung. Ausgenommen sind nur diejenigen, die nach § 5 Abs. 2 nicht als Arbeitnehmer im Sinne des BetrVG gelten und die leitenden Angestellten nach § 5 Abs. 3 BetrVG. Stimmberechtigt sind alle teilnahmeberechtigten Arbeitnehmer, die am Versammlungsort anwesend sind. Der Abstimmungsmodus ist grundsätzlich frei zu bestimmen. Es kann also durch Handaufheben oder durch Stimmzettel gewählt werden. Es ist nur derjenige gewählt, der die Stimmen der Mehrheit aller anwesenden Arbeitnehmer erreicht. Gewählt sind die Bewerber in der Reihenfolge der höchsten Stimmenzahlen. Beispiel: In der Betriebsversammlung sind 100 Arbeitnehmer anwesend. Zur Wahl stellen sich A, B, C und D. Zu wählen ist ein dreiköpfiger Wahl vorstand. Zunächst stellt sich A den Anwesenden zur Wahl. Er erhält 80 Stimmen. Sodann stellt sich B zur Wahl, er erhält 70 Stimmen. Schließlich stellen sich C und danach D zur Wahl. Sie erhalten je weils 60 und 65 Stimmen. Damit haben alle das Erfordernis, nämlich die Mehrheit der Stimmen der anwesenden Arbeitnehmer, erfüllt. Gewählt sind dann in der Reihenfolge der höchsten Stimmenzahlen A, B und D.
Zu beachten ist, dass gem. § 17 Abs. 2 S. 1 2. Halbsatz i.V.m. § 16 Abs. 1 S. 5 BetrVG in Betrieben mit weiblichen und männlichen Arbeitnehmern dem Wahlvorstand Frauen und Männer angehören sollen. Diese Vorschrift ist ein gesetzgeberischer Fingerzeig. Sie ist aber letztlich nicht verbindlich (keine „muss“-Vorschrift). Im Beispiel oben
184
Briefwahl
B
bleiben A, B und D gewählt, auch wenn sie alles Frauen sind und C ein Mann. Der Wahlvorstand ist bestellt, wenn die Gewählten die Annahme der Wahl erklären. Sie sind vom Versammlungsleiter zu befragen. Findet trotz Einladung keine Betriebsversammlung statt oder wählt die Betriebsversammlung keinen Wahlvorstand, so bestellt ihn das Arbeitsgericht auf Antrag von mindestens drei wahlberechtigten Arbeitnehmern oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft (§ 17 Abs. 4 BetrVG). Weiterführende/Verwandte Stichwörter: Wahlvorstand; Wahlversammlung
Briefwahl Die Wahlordnung des BetrVG sieht in den §§ 24 bis 26 auch die schriftliche Stimmabgabe (Briefwahl) vor. Allerdings haben die Arbeitnehmer kein Wahlrecht zwischen der normalen Stimmabgabe und der Briefwahl. Eine Briefwahl aus Bequemlichkeitsgründen ist nicht vorgesehen. Die Briefwahl ist nur zulässig, wenn ein wahlberechtigter Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Wahl wegen Abwesenheit vom Betrieb verhindert ist, seine Stimme persönlich abzugeben. Nur wenn dies der Fall ist, kann der Arbeitnehmer vom Wahlvorstand verlangen, ihm die Briefwahlunterlagen auszuhändigen oder zu übersenden. Der Arbeitnehmer muss bei seinem Antrag den Grund für die Abwesenheit nennen. Er hat also sein Verlangen nach Briefwahl zu begründen. Daher genügt es nicht, dass er lediglich behauptet, er werde voraussichtlich abwesend sein. Es steht im Ermessen des Wahlvorstands, ob dieser den angegebenen Grund überprüfen will. Ausreichende Gründe können sein: dienstliche Gründe (wie etwa die Pflicht, am Wahltag Arbeiten außerhalb des Betriebs verrichten zu müssen), persönliche Gründe (Krankheit, Schwangerschaft, Urlaub etc.). Der betroffene Arbeitnehmer muss selbst dafür sorgen, dass er die Briefwahlunterlagen rechtzeitig verlangt. Der Antrag ist formlos, er kann also mündlich oder schriftlich an den Wahlvorstand gerichtet
185
B
Briefwahl
werden. Bei mündlicher Übermittlung wird dem Wahlvorstand empfohlen, einen kurzen Aktenvermerk darüber zu fertigen. Die Briefwahl findet also grundsätzlich nur auf Antrag des Arbeitnehmers statt. Der Wahlvorstand sollte es daher unterlassen, auf Arbeitnehmer Einfluss zu nehmen, von denen er vermutet, dass diese möglicherweise am Wahltag nicht anwesend seien. Die Briefwahl darf nicht aufgedrängt werden. Es gibt aber zwei Fälle, in denen der Wahlvorstand von Amts wegen bestimmten Arbeitnehmern die Briefwahl ermöglichen muss. Dies ist der Fall, • wenn der Wahlvorstand weiß, dass bestimmte Arbeitnehmer nach der Eigenart des Beschäftigungsverhältnisses während der Zeit der Stimmabgabe vom Betrieb abwesend sein werden oder • wenn der Wahlvorstand für Betriebsteile oder Kleinstbetriebe, die räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt sind, beschlossen hat, dass dort eine schriftliche Stimmabgabe zu erfolgen hat. In diesen beiden Fällen erhalten die Wahlberechtigten die Briefwahlunterlagen, ohne dass es eines Verlangens des einzelnen bedürfte. Von einer Abwesenheit wegen der „Eigenart“ des Beschäftigungsverhältnisses ist dann auszugehen, wenn der betreffende Arbeitnehmer aufgrund seines Beschäftigungsverhältnisses regelmäßig oder überwiegend nicht im Betrieb anwesend ist. § 24 Abs. 2 WOBetrVG nennt hier als Beispiele insbesondere im Außendienst oder mit Telearbeit Beschäftigte sowie in Heimarbeit Beschäftigte. Zu den Außendienstlern zählen Montagearbeiter, die ständig außerhalb des Betriebs beschäftigt sind, oder Reisende, die ständig im Außendienst tätig werden, oder auch Leiharbeitnehmer, die ganz überwiegend in Entleihbetrieben beschäftigt sind. Der Wahlvorstand hat ausreichend Kenntnis von solchen Tätigkeiten, wenn er (ggf. auch nur der Vorsitzende) die Umstände und Tatsachen kennt, aus denen sich die Zuordnung ergeben kann. Der Wahlvorstand hat die Möglichkeit, vor Erlass des Wahlausschreibens zu beschließen, dass in räumlich weit entfernten unselbständigen Betriebsteilen oder Kleinstbetrieben mittels Briefwahl gewählt wird. Er kann allerdings nicht die Briefwahl für den gesamten Betrieb
186
Briefwahl
B
beschließen. Von einer räumlich weiten Entfernung vom Hauptbetrieb ist auszugehen, wenn es den Arbeitnehmern von Betriebsteilen und Kleinstbetrieben nicht zumutbar ist, im Hauptbetrieb ihre Stimme persönlich bei der Urnenwahl abzugeben. Dabei ist auch zu beachten, dass der Arbeitgeber nach § 20 Abs. 3 BetrVG die dafür anfallenden Kosten zu tragen hätte. Die entstehenden Kosten müssen aber erforderlich sein, d.h., dass stets kostensparendere Wege zu prüfen sind. Die Rechtsprechung hat die räumliche Entfernung zumeist bei einer Entfernung von mindestens 50 bis 70 Kilometern angenommen. Bei kürzeren Entfernungen müssen erschwerte Verkehrsbedingungen hinzukommen, etwa weil Arbeitnehmer mehrmals umsteigen müssen und dadurch der Zeitaufwand erheblich steigt, vgl. die Übersicht bei Betriebsteil. Folgende Unterlagen hat der Wahlvorstand den zur Briefwahl berechtigten Arbeitnehmern auszuhändigen oder zu übersenden: • das Wahlausschreiben, • die Vorschlagslisten, • den Stimmzettel und den Wahlumschlag, • eine vorgedruckte, vom Wähler abzugebende Erklärung, in der dieser gegenüber dem Wahlvorstand versichert, dass er den Stimmzettel persönlich gekennzeichnet hat, und • einen größeren Freiumschlag, der die Anschrift des Wahlvorstands und als Absender den Namen und die Anschrift des Wahlberechtigten sowie den Vermerk „Schriftliche Stimmabgabe“ trägt. Der Wahlvorstand soll dem Wähler ferner ein Merkblatt über die Art und Weise der schriftlichen Stimmabgabe aushändigen oder übersenden. Darin ist auf die Vorschrift des § 25 WOBetrVG hinzuweisen, wonach der Wähler seine Stimme in der Weise abgibt, dass er • den Stimmzettel unbeobachtet persönlich kennzeichnet und in dem Wahlumschlag verschließt, • die vorgedruckte Erklärung unter Angabe des Ortes und des Datums unterschreibt und • den Wahlumschlag und die unterschriebene vorgedruckte Erklärung in dem Freiumschlag verschließt und diesen so rechtzeitig an
187
B
Briefwahl
den Wahlvorstand absendet oder übergibt, dass er vor Abschluss der Stimmabgabe vorliegt. Ein behinderter Wähler kann unter den Voraussetzungen des § 12 Abs. 4 WOBetrVG die vorgenannten Tätigkeiten durch eine Person seines Vertrauens verrichten lassen. § 12 Abs. 4 WOBetrVG bestimmt, dass dem Wahlvorstand davon Mitteilung gemacht werden muss. Zudem sind Wahlbewerber, Mitglieder des Wahlvorstands und Wahlhelfer als Vertrauenspersonen ausgeschlossen. Der Umfang der Hilfeleistung richtet sich allein nach den Wünschen des behinderten Wählers. Die Vertrauensperson ist zur Geheimhaltung der im Zusammenhang mit der Hilfestellung erlangten Kenntnisse verpflichtet. Die Aushändigung oder Übersendung der Wahlunterlagen hat der Wahlvorstand in der Wählerliste zu vermerken. Dadurch soll ausgeschlossen werden, dass der mit Wahlunterlagen versorgte Arbeitnehmer zugleich beim Urnengang seine Stimme ein zweites Mal abgibt. Die oben genannten Hinweise, wie der Wähler bei der Stimmabgabe zu verfahren hat, müssen strikt eingehalten werden. Die Stimmabgabe wird grundsätzlich dann ungültig, wenn die Gefahr der Wahlfälschung besteht. Dies ist der Fall, wenn etwa der Freiumschlag nicht verschlossen wurde oder wenn die vorgedruckte Erklärung, in der der Arbeitnehmer gegenüber dem Wahlvorstand versichert, dass er den Stimmzettel persönlich gekennzeichnet hat, fehlt oder nicht unterzeichnet ist. In diesen Fällen darf die ungültige Stimmabgabe nicht mit den Stimmzetteln in die Wahlurne gelegt werden. Sie ist vielmehr zur Zählung nicht zuzulassen und in den Wahlakten abzuheften. Fehler, die nicht die Gefahr der Wahlfälschung nach sich ziehen, beeinträchtigen die Gültigkeit der Stimmabgabe hingegen nicht. Ist beispielsweise lediglich der Wahlumschlag unverschlossen geblieben, ist die Gefahr der Wahlfälschung nicht gegeben, sofern nur der Freiumschlag, in dem sich der Wahlumschlag befunden hat, verschlossen war. In § 26 der WOBetrVG ist das Verfahren bei der Stimmabgabe in Bezug auf die Briefwahl geregelt. Der Wahlvorstand darf die eingegangenen Rückumschläge erst unmittelbar vor Abschluss der Stimmabgabe öffnen und die Wahlumschläge entnehmen. Bis zu diesem
188
Briefwahl
B
Zeitpunkt hat er die Freiumschläge ungeöffnet zu sammeln und aufzubewahren. Die aus den Rückumschlägen entnommenen Wahlumschläge legt der Wahlvorstand nach Vermerk der Stimmabgabe in der Wählerliste ungeöffnet in die Wahlurne. Zuvor hat er geprüft, ob der Freiumschlag verschlossen war, die Erklärung nach § 25 S. 1 Nr. 2 WOBetrVG vorhanden und unterschrieben und der Wahlumschlag selbst nicht gekennzeichnet ist. Hält die Briefwahl dieser Prüfung nicht stand, darf der Wahlumschlag nicht in die Wahlurne gelegt werden. Er ist dann zu den Wahlakten zu nehmen. Die Öffnung der Freiumschläge ist Aufgabe des Wahlvorstands. Sie darf nicht von den Wahlhelfern vorgenommen werden. Die Bearbeitung der rechtzeitig eingegangenen Wahlbriefe sollte unmittelbar vor Abschluss der Stimmabgabe in der öffentlichen Sitzung erfolgen. Es ist unschädlich, wenn diese Prüfung und Bearbeitung der Wahlbriefe sich über den offiziellen Zeitpunkt des Endes der Stimmabgabe erstreckt. Unverzichtbar ist nur das Erfordernis, dass die Wahlumschläge vor Beginn der Auszählung in die Wahlurnen gelegt werden müssen (GK-BetrVG Kreutz, § 28 WO Anm. 4). Achtung: Keinesfalls dürfen den Wahlumschlägen vor Beginn der Stimmaus zählung die Stimmzettel entnommen werden.
Zu verspätet eingegangenen Briefwahlumschlägen bestimmt § 26 Abs. 2 WOBetrVG, dass der Wahlvorstand diese mit einem Vermerk über den Zeitpunkt des Eingangs ungeöffnet zu den Wahlunterlagen zu nehmen hat. Die Briefumschläge sind einen Monat nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses ungeöffnet zu vernichten, wenn die Wahl nicht angefochten worden ist. Achtung: Eine besondere Art der Briefwahl ist die nachträgliche schriftliche Stimmabgabe im vereinfachten Wahlverfahren, § 35 WOBetrVG. Siehe dazu Stimmabgabe, nachträgliche schriftliche.
Weiterführende/Verwandte Stichwörter: Stimmabgabe, allgemein Stimmabgabe, die nachträgliche schriftliche
189
D
d’Hondt’sches Verfahren
d’Hondt’sches Verfahren Bei der Betriebsratswahl können zwei Wahlsysteme Anwendung finden: Verhältniswahl und Mehrheitswahl. Das d’Hondt’sche Verfahren kommt bei der Verhältniswahl zur Anwendung. Bei der Mehrheitswahl spielt es keine Rolle. Die Grundsätze der Mehrheitswahl finden Anwendungen in folgenden Fällen: • Im vereinfachten Wahlverfahren, d.h. bei der Wahl von nur einem Betriebsratsmitglied oder von drei Betriebsratsmitgliedern oder • in Betrieben zwischen 51 und 100 Arbeitnehmern, für den Fall dass eine Vereinbarung über das vereinfachte Wahlverfahren zustande kommt oder • für den Fall, dass regulär gewählt wird, aber nur eine Vorschlagsliste eingereicht wurde. Die Grundsätze der Verhältniswahl gelten hingegen in allen anderen Fällen, d.h. bei der regulären Wahl, wenn mehrere gültige Vorschlagslisten eingereicht wurden. Bei der Stimmauszählung in der Verhältniswahl wird das d’Hondt’sche Höchstzahlensystem angewandt. Es ist beschrieben in § 15 WOBetrVG. Ein weiterer Anwendungsfall für das d’Hondt’sche Höchstzahlensystem ist die Bestimmung der Mindestsitze für das Geschlecht in der Minderheit. Siehe dazu § 5 WOBetrVG und das Beispiel unter dem Stichwort Geschlecht des Arbeitnehmers. In den §§ 5 Abs. 1 und 2 sowie 15 Abs. 1 und 2 WOBetrVG wird für die beiden vorgenannten Fälle vorgeschrieben, wie die Verhältniswahl durchzuführen ist. In den beiden Bestimmungen wird das so genannte Höchstzahlverfahren nach d’Hondt angeordnet. Im Folgenden soll das Verfahren anhand der Stimmauszählung bei der Verhältniswahl, § 15 WOBetrVG erläutert werden. Folgende Schritte werden danach durchlaufen: • Zunächst werden die Vorschlagslisten nebeneinander gestellt. • Ihnen werden die auf sie entfallenden Stimmenzahlen zugeordnet. • Die Zahlen werden reihenweise jeweils durch 1, 2, 3, 4, u.s.w. geteilt. • Die Betriebsratssitze werden in der Reihenfolge der so ermittelten Zahlen verteilt, ausgehend von der höchsten Zahl.
190
Einleitung der Betriebsratswahl
•
D
Werden für den letzten zu vergebenden Sitz mehrere gleich hohe Zahlen ermittelt, so entscheidet das Los. Beispiel: 136 Stimmen verteilen sich wie folgt: Vorschlagsliste 1 = 80, Vor schlagsliste 2 = 40, Vorschlagsliste 3 = 16. 7 Betriebsratssitze sind darauf zu verteilen. Daraus ergibt sich folgende Zahlenkolonne: Liste 1 (80 Stimmen)
Liste 2 (40 Stimmen)
Liste 3 (16 Stimmen)
(80) *
(40) *
(16) ?
(40) *
(20) *
(8)
(26,7) *
(13,3)
(5,3)
(20) *
(10)
(4)
(16) ?
(8)
(3,2)
Die Höchstzahlen sind der Reihe nach: 80 / 40 (2x) / 26,7 / 20 (2x) / 16 (2x). Die Liste 1 erhält nach dieser Rechnung 4 Sitze für die Höchstzahlen 80 / 40 / 26,7 / 20 die Liste 2 2 Sitze für die Höchstzahlen 40 und 20. Für den siebten Sitz kommen sowohl die Liste 1 als auch Liste 3 jeweils mit der Höchstzahl 16 in Betracht. Zwischen ihnen ist zu losen.
Weiterführende/Verwandte Stichwörter:Minderheiten, Mehrheitswahl Verhältniswahl Geschlecht des Arbeitnehmers
Einleitung der Betriebsratswahl Nach § 18 Abs. 1 Satz 1 BetrVG hat der Wahlvorstand die Wahl unverzüglich einzuleiten. Dies geschieht durch Erlass des Wahlausschreibens, § 3 Abs. 1 Satz 2 WOBetrVG. Mit seinem Erlass gilt die Betriebsratswahl als eingeleitet. Kommt der Wahlvorstand der Verpflichtung zur Einleitung der Wahl nicht nach, so ersetzt ihn das Arbeitsgericht auf Antrag des Betriebsrats oder von mindestens drei wahlberechtigten Arbeitnehmern oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft, § 18 Abs. 1 S. 2 BetrVG. Die Ersetzung kann nur durch das Arbeitsgericht erfolgen; weder der Betriebsrat noch der Arbeitgeber noch eine Betriebsversammlung
191
E
Einleitung der Betriebsratswahl
können den Wahlvorstand abberufen oder abwählen. Das Arbeitsgericht ist indes verpflichtet, den Wahlvorstand zu ersetzen, wenn dies ordnungsgemäß beantragt wurde und die Voraussetzungen für die Ersetzung vorliegen. Die Ersetzung kommt nur in Betracht, wenn der Wahlvorstand einer seiner Verpflichtungen nicht nachgekommen ist. Die Verpflichtungen ergeben sich aus § 18 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, wonach der Wahlvorstand • die Wahl unverzüglich einzuleiten, • sie durchzuführen und • das Wahlergebnis festzustellen hat. Bleibt der Wahlvorstand also bezüglich einer dieser Pflichten untätig oder säumig, muss das Arbeitsgericht dem Ersetzungsersuchen stattgeben, ohne dass ein Ermessens- oder Beurteilungsspielraum verbleiben würde. Mit anderen Worten: Schon beim Vorliegen der objektiven Voraussetzungen (Untätigkeit oder Versäumnis bezüglich einer der Pflichten) wird das Gericht die Ersetzung durchführen. Der bisherige Wahlvorstand wird dann seines Amtes enthoben, und sogleich werden die Mitglieder des neuen Wahlvorstands bestellt. Die Ersetzung trifft immer den gesamten Wahlvorstand, einzelne Mitglieder können nicht ersetzt werden. Es ist aber möglich, dass bestimmte Mitglieder des abberufenen Wahlvorstands wieder in den neuen Wahlvorstand bestellt werden, wenn nach der Überzeugung des Gerichts das Verhalten dieser Personen im alten Wahlvorstand nicht zu beanstanden war. Ist der Antrag vor Gericht gestellt, kann der Wahlvorstand seine Abberufung nicht mehr verhindern, selbst wenn er die vorher versäumten Handlungen noch nachzuholen versucht. Der Zeitpunkt der Einleitung der Wahl kann auch bedeutsam sein für die Wählbarkeit der Arbeitnehmer, wenn sich der Betrieb noch in der Gründungsphase befindet. § 8 Abs. 2 BetrVG bestimmt, dass in einem Betrieb, der weniger als sechs Monate besteht, besondere Regeln für die Wählbarkeit gelten. Abweichend von dem Grundsatz, dass nur derjenige wählbar ist, der sechs Monate dem Betrieb angehört hat, wird hier bestimmt, dass diejenigen Arbeitnehmer wählbar sind, die bei der Einleitung der Betriebsratswahl im Betrieb beschäftigt sind und die übrigen Voraussetzungen für die Wählbarkeit erfüllen.
192
Einspruch gegen die Wählerliste
E
Weiterführende/Verwandte Stichwörter: Wahlvorstand, Wählbarkeit
Einspruch gegen die Wählerliste Einsprüche können nur gegen die Richtigkeit der Wählerlisten eingelegt werden. Diese ist betroffen, wenn nicht wahlberechtigte Arbeitnehmer in die Wählerliste aufgenommen worden sind oder wahlberechtigte Arbeitnehmer in der Wählerliste fehlen. Auch unzutreffende oder unzulässige Angaben in der Wählerliste sind ein Einspruchsgrund. Grundsätzlich ist jeder Arbeitnehmer einspruchsberechtigt. Es ist nicht erforderlich, dass der Einspruch einlegende Arbeitnehmer unmittelbar von der Unrichtigkeit der Wählerliste betroffen ist (allgemeine Meinung, z.B. Fitting, § 4 WOBetrVG, Rn. 2; Richardi, BetrVG, § 4 WOBetrVG Anm. 4). Andere Beteiligte wie etwa der Arbeitgeber oder die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften sind nicht einspruchsberechtigt (BAG, Beschluss v. 29.3.1974, 1 ABR 27/73; Beschluss v. 25.6.1974, 1 ABR 68/73: Keine Einspruchsberechtigung der im Betrieb vertretenen Gewerkschaften; BAG, Beschluss v. 11.3.1975, 1 ABR 77/74: Keine Einspruchsberechtigung des Arbeitgebers). Im Hinblick auf eine möglicherweise drohende Wahlanfechtung sollte der Wahlvorstand Einwänden des Arbeitgebers oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft dennoch nachgehen und die Wählerliste ggf. berichtigen. Für die Einsprüche ist gemäß § 4 Abs. 1 WOBetrVG eine Ausschlussfrist vorgesehen. Das bedeutet, dass die Einsprüche vor Ablauf von zwei Wochen seit Erlass des Wahlausschreibens beim Wahlvorstand eingelegt werden müssen. Im vereinfachten Wahlverfahren können Einsprüche nur vor Ablauf von drei Tagen ab Erlass der Wählerliste beim Wahlvorstand schriftlich eingelegt werden, §§ 30 Abs. 2, 36 Abs. 1 Satz 3 WOBetrVG. Zu spät eingelegte Einsprüche müssen nicht mehr berücksichtigt werden. Da der Wahlvorstand aber auch noch nach Ablauf der Einspruchsfrist die Wählerliste nochmals auf ihre Vollständigkeit hin überprüfen soll, ist es angebracht, auch zu spät eingelegten Einsprüchen noch nachzugehen.
193
E
Einspruch gegen die Wählerliste
Der Einspruch ist schriftlich beim Wahlvorstand einzulegen. Derjenige, der den Einspruch einlegt, muss ihn unterschreiben. Er darf auf die telegraphische Übermittlung oder auf die Übermittlung durch Telefax zurückgreifen (GK-BetrVG, Kreutz/Oetker, § 4 WOBetrVG, Anm. 7 m.w.N.). Der Einspruch kann auch per E-Mail eingelegt werden; allerdings genügt nicht eine „normale“ E-Mail. Vielmehr muss die E-Mail mit einer elektronischen Signatur versehen werden, die dem Signaturgesetz genügt (§ 126 Abs. 3 BGB, § 126a BGB). Diese Form der Signatur dürfte in den meisten Firmennetzen zurzeit noch nicht vorgesehen sein. Wird dem Wahlvorstand ein mündlicher Einspruch entgegengebracht, so hat dieser auf den Schriftformzwang hinzuweisen. Der Einspruchsführer muss genau vortragen, was er rügen will. Nur so kann der Wahlvorstand die Berechtigung der Rüge prüfen. Eine weitere Begründung des Einspruchs muss nicht vorgebracht werden. Die Einspruchsschrift ist an dem als Betriebsadresse angegebenen Ort (Betriebsadresse des Wahlvorstands) beim Wahlvorstand einzureichen. Sie kann aber auch dem Wahlvorstandsvorsitzenden oder einem anderen empfangsberechtigten Mitglied des Wahlvorstands persönlich ausgehändigt werden. Der Einspruch kann nicht darauf gestützt werden, dass die Zuordnung der leitenden Angestellten nach § 18a BetrVG fehlerhaft erfolgt sei. Dies gilt nur dann nicht, wenn die Wahlvorstände (für die Betriebsratswahl und die Sprecherausschusswahl) die Zuordnung übereinstimmend für offensichtlich fehlerhaft halten. Wird ein solcher Einspruch für begründet erachtet, so ist die Wählerliste zu berichtigen. Die Entscheidung des Wahlvorstands ist dem Arbeitnehmer, der den Einspruch eingelegt hat, unverzüglich schriftlich mitzuteilen. Die Entscheidung muss dem Arbeitnehmer spätestens am Tage vor Beginn der Stimmabgabe zugehen. Der Wahlvorstand hat über die Einsprüche unverzüglich zu entscheiden. Er darf sich aber die nötige Zeit zur tatsächlichen und rechtlichen Prüfung nehmen. Zur Entscheidung über den Einspruch muss eine Sitzung einberufen werden. Dort wird über den Einspruch beraten und schließlich abgestimmt. Der Beschluss muss mit einfacher Stimmenmehrheit der stimmberechtigten Mitglieder gefasst
194
Einspruch gegen die Wählerliste
E
werden. Er ist wie jeder Beschluss des Wahlvorstands in der Sitzungsniederschrift aufzunehmen. Ferner ist die Entscheidung schriftlich abzufassen, vom Vorsitzenden des Wahlvorstands zu unterzeichnen und dem Einspruchsführer zuzustellen. Wichtig ist, dass der Einspruchsführer noch vor Beginn der Stimmabgabe Klarheit über das Schicksal seines Einspruchs erhält. Deshalb muss ihm spätestens am Tage vor Beginn der Stimmabgabe die Entscheidung des Wahlvorstands zugehen. Telegraphische Übermittlung oder Übermittlung durch Telefax reichen aus (GK-BetrVG, Kreutz/Oetker § 4 WOBetrVG Anm. 8 m.w.N.); per E-Mail dürfte die Übermittlung der Entscheidung in gleicher Weise zulässig sein wie der Einspruch selbst, s.o. Es empfiehlt sich aber, das Schreiben an den Arbeitnehmer persönlich (gegen Empfangsbestätigung) im Betrieb zu überreichen. Schließlich ist auch der Postweg möglich. Auch wenn der Wahlvorstand seine Entscheidung nicht begründen muss, ist es doch zweckmäßig, dem Einspruchsführer die tragenden Gründe mitzuteilen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Einspruch zurückgewiesen wird. Wird der Einspruch für begründet gehalten, so muss die Wählerliste entsprechend berichtigt werden (§ 4 Abs. 2 Satz 4 WOBetrVG). Es ist darauf zu achten, dass jedes ausgelegte und auch jedes in der Hand des Wahlvorstands verbleibende Exemplar zu berichtigen ist. Die Berichtigung muss spätestens am Tage vor dem Beginn der Stimmabgabe erfolgt sein. Der betroffene Arbeitnehmer kann gegen die Entscheidung des Wahlvorstands Rechtsschutz erlangen, wenn sein Einspruch zurückgewiesen wird. Dies kann bereits vor Abschluss des Wahlverfahrens erfolgen. Man spricht von einem so genannten „vorgeschalteten Kontrollverfahren“ (vorgeschaltetes Kontrollverfahren). Der Wahlvorstand hat noch weitere Prüfungspflichten in Bezug auf die Wählerliste, auch wenn die zweiwöchige Einspruchsfrist bereits abgelaufen ist. Nach § 4 Abs. 3 WOBetrVG soll der Wahlvorstand die Wählerliste nochmals auf ihre Vollständigkeit hin überprüfen. Abgesehen von dieser Vollständigkeitsprüfung kann nach Ablauf der Einspruchsfrist die Wählerliste nur bei Schreibfehlern, offenbaren Unrichtigkeiten, in Erledigung rechtzeitig eingelegter Einsprüche oder bei Eintritt eines Arbeitnehmers in den Betrieb bis zum Tage vor dem Beginn der Stimmabgabe berichtigt oder ergänzt werden.
195
E
Einspruch gegen die Wählerliste
So hat der Wahlvorstand von Amts wegen Schreibfehler (etwa unrichtige Namensangaben) ebenso zu berichtigen wie offenbare Unrichtigkeiten: • Streichung verstorbener Kollegen, • Streichung eines Arbeitnehmers, der zwischenzeitlich aus dem Betrieb ausgeschieden ist, • Aufnahme eines Arbeitnehmers, wenn das Arbeitsgericht eine diesbezügliche einstweilige Verfügung erlassen hat, • Aufnahme von neu eingetretenen wahlberechtigten Arbeitnehmern. Ferner kommt die Berichtigung von Amts wegen in Betracht in folgenden Fällen: • Der Wahlvorstand hat über eine bestimmte Sach- und Rechtslage keine Zweifel. • Der Wahlvorstand ist durch rechtskräftigen Beschluss oder einstweilige Verfügung des Arbeitsgerichts verpflichtet worden, einen Arbeitnehmer in die Wählerliste aufzunehmen oder zu streichen. • Im Statusverfahren um die Stellung als leitender Angestellter ist eine rechtskräftige Entscheidung ergangen, die der Eintragung in der Wählerliste entgegensteht. • Ein neuer Arbeitnehmer ist in den Betrieb eingetreten. • Der Wahlvorstand hat fristgerecht eingelegten Einsprüchen stattgegeben. Endgültig unabänderbar wird die Wählerliste mit Anbruch des Tages der Stimmabgabe. Am Wahltag selbst können also keine Veränderungen in der Wählerliste mehr vorgenommen werden. So soll Manipulationen und Missbrauch vorgebeugt werden. Änderungen der Wählerliste am Wahltag begründen die Anfechtbarkeit der Wahl nach § 19 Abs. 1 BetrVG (Wahlanfechtung). Wird die Wahl aufgrund einer fehlerhaften Wählerliste durchgeführt, so ist sie wegen dieses Verstoßes anfechtbar, wenn dadurch das Wahlergebnis beeinflusst werden könnte. Weiterführende/Verwandte Stichwörter: vorgeschaltetes Kontrollverfahren; Wählerliste
196
Ermittlung der Gewählten
E
Ermittlung der Gewählten Mehrheitswahl Verhältniswahl (dort Beispiel!)
Ersatzmitglied Das Betriebsverfassungsgesetz hat in § 25 ausführliche Regelungen zu den Ersatzmitgliedern des Betriebsrats aufgenommen. Nach § 25 Abs. 1 kommen Ersatzmitglieder in zwei Fällen zum Einsatz: • Wenn ein Mitglied des Betriebsrats ausscheidet, rückt ein Ersatzmitglied nach. • Wenn ein Mitglied des Betriebsrats zeitweilig verhindert ist, so ist ein Ersatzmitglied zur Stellvertretung berufen. Damit stellen sich grundsätzlich zwei Fragen: 1. Wie ist zu bestimmen, wer Ersatzmitglied ist? 2. Unter welchen Voraussetzungen kommt das Ersatzmitglied zum Einsatz? Zunächst zur ersten Frage: In welcher Reihenfolge die Ersatzmitglieder zum Einsatz kommen (Nachrücken oder Stellvertretung), ist in § 25 Abs. 2 BetrVG geregelt. Bei der Bestimmung des Ersatzmitglieds muss beachtet werden, in welchem Wahlmodus (Verhältniswahl oder Mehrheitswahl) gewählt wurde. Für alle denkbaren Fallgruppen gilt aber grundsätzlich: • Im Zeitpunkt des Nachrückens muss die Wählbarkeit des Ersatzmitglieds noch vorliegen (das ist z.B. nicht mehr der Fall, wenn das Ersatzmitglied mittlerweile in den Status des leitenden Angestellten aufgerückt ist.) • Der Geschlechterproporz ist zu wahren; § 15 Abs. 2 BetrVG ist zu berücksichtigen. Für die Bestimmung der Reihenfolge des Nachrückens kommt es, wie bereits erwähnt, darauf an, in welchem Modus die Wahl durchgeführt wurde: Fallgruppe 1: Verhältniswahl Hier ist zu beachten, dass die Stimmen auf Listen entfallen sind. Bei einer derartigen Listenwahl sind also nicht die Personen gewählt wor-
197
E
Ersatzmitglied
den. Jeder Liste bleibt daher die Zahl der auf sie entfallenden Sitze auch beim Nachrücken von Ersatzmitgliedern möglichst erhalten. Scheidet daher ein auf der Liste gewähltes Mitglied aus oder ist es verhindert, so rückt von dieser Liste der nächste nicht gewählte Bewerber nach. Allerdings dürfen durch das Nachrücken dem Minderheitsgeschlecht nicht seine in § 15 Abs. 2 BetrVG garantierten Mindestsitze (zur Bestimmung siehe § 5 WOBetrVG und zur Bestimmung sowie der Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung Geschlecht des Arbeitnehmers) verloren gehen. Wenn die Liste erschöpft ist, weil z.B. nicht genügend Bewerber aufgeführt waren oder weil einige der aufgeführten Bewerber aus dem Betrieb ausgeschieden sind oder ihre Wählbarkeit verloren haben oder nur noch Vertreter des Mehrheitsgeschlechts vorhanden sind und das Nachrücken zur Folge hätte, dass der Geschlechterproporz nicht mehr gewahrt ist, gilt folgendes: Das Ersatzmitglied ist dann derjenigen Vorschlagsliste zu entnehmen, auf die nach den Grundsätzen der Verhältniswahl der nächste Sitz entfallen wäre, wenn es noch einen zu verteilen gegeben hätte. Unerheblich ist, ob diese Liste bereits durch ein Mitglied im Betriebsrat vertreten ist. Erst wenn alle Mitglieder der Liste bereits berücksichtigt sind oder keine Bewerber des gegebenenfalls wegen des Geschlechterproporzes erforderlichen Minderheitsgeschlechts aufweisen, ist auf eine andere Liste überzugehen. Beispiel: Von 110 Wahlberechtigten im Betrieb sind 40 Frauen. Demnach ste hen den Frauen 2 der insgesamt 7 Betriebsratssitze als Mindestsitze zu (s. Geschlecht des Arbeitnehmers). Das Wahlergebnis sah wie folgt aus (*= Betriebsratsmitglied; durchgestrichen = ausgeschieden oder zeitweilig verhindert): Liste 1 (60 Stimmen)
198
Liste 2 (30 Stimmen)
Liste 3 (20 Stimmen)
Herr A
(60) *
Frau I
(30) *
Herr P
(20) *
Frau B
(30) *
Herr J
(15) *
Frau Q
(10)
Herr C
(20) *
Herr K
(10)
Herr R
(6,7)
Herr D
(15) *
Herr L
(7,5)
Herr S
(5)
Ersatzmitglied
Herr F
(12)
Herr M
Herr G
(10)
Herr N
(6)
Frau T Herr U
Frau H
(8,6) *
Herr O
Herr V
E
(4)
Herr X
(Zu den Grundsätzen der Sitzverteilung bei der Verhältniswahl siehe d’ Hondt’sches Verfahren und Verhältniswahl.) Für die ausgeschiedene oder zeitweilig verhinderte Frau B kommt Frau H zum Zuge. Zur Wahrung des Geschlechterproporzes ist das Nachrücken einer Frau erforderlich. Frau H ist in der Vorschlagsliste des zu ersetzenden Mitglieds die Nächst benannte des Minderheitsgeschlechts. Abwandlung: Liste 1 (60 Stimmen)
Liste 2 (30 Stimmen)
Liste 3 (20 Stimmen)
Herr A
(60) *
Frau I
(30) *
Herr P
Frau B
(30) *
Herr J
(15) *
Frau Q
(10) ?
Herr C
(20) *
Herr K
(10)
Herr R
(6,7)
Herr D
(15) *
Herr L
(7,5)
Herr S
(5)
Herr F
(12)
Frau M
(6) ?
Frau T
(4)
Herr G
(10)
Herr N
Herr U
Herr H
(8,6)
Herr O
Herr V
(20) *
Herr X
Für die ausgeschiedene oder zeitweilig verhinderte Frau B kann keiner aus der Liste 1 Ersatzmitglied werden, da dort keine Frauen mehr vorhan den sind. Zur Wahrung des Geschlechterproporzes ist das Nachrücken einer Frau aber erforderlich. Dann ist dem Grundsatz nach auf die Liste zurückzugreifen, auf die nach den Grundsätzen der Verhältniswahl der nächste Sitz entfallen würde. Sowohl die nächste zu berücksichtigende Höchstzahl der Liste 2 als auch der Liste 3 ist (10). In diesem Fall muss zwischen Liste 2 und 3 gelost werden, da beide Listen noch nicht amtie rende Vertreterinnen des Minderheitsgeschlechts enthalten. Fällt das Los auf Liste 2, rückt Frau M nach, fällt das Los auf Liste 3, rückt Frau Q nach. Es spielt keine Rolle, dass auf Frau Q eine höhere Höchstzahl ent fallen ist als auf Frau M.
Fallgruppe 2: Mehrheitswahl Wurde nach den Grundsätzend der Mehrheitswahl (also im vereinfachten Wahlverfahren oder im regulären Wahlverfahren bei nur
199
E
Ersatzmitglied
einer gültigen Vorschlagsliste) gewählt, tritt als Ersatzmitglied derjenige ein, der die nächsthöhere Stimmenzahl erreicht hat (§ 25 Abs. 2 Satz 3 BetrVG). Wahlbewerber, die keine einzige Stimme erhalten haben, sind nicht zu berücksichtigen. Auch hier ist darauf zu achten, dass der Geschlechterproporz gewahrt bleibt und dem Minderheitsgeschlecht die garantierten Mindestsitze erhalten bleiben (§ 15 Abs. 2 BetrVG, § 5 WOBetrVG; Geschlecht des Arbeitnehmers). Beispiel: Von 120 Wahlberechtigten im Betrieb sind 40 Frauen. Demnach ste hen den Frauen 2 der insgesamt 7 Betriebsratssitze als Mindestsitze zu (s. Geschlecht des Arbeitnehmers). Zur Wahl wurde nur eine Liste eingereicht. Das Wahlergebnis sah wie folgt aus (*= Betriebs ratsmitglied; durchgestrichen = ausgeschieden oder zeitweilig ver hindert): Stimmen Frau A Herr B Herr C Herr D Herr F Frau G Frau H Herr I Herr J Frau K Herr L
* * * * * * * *
120 50 120 70 120 1 19 100 120 0 120
(Zu den Grundsätzen der Sitzverteilung bei der Mehrheitswahl siehe Mehrheitswahl.) Für Frau H, die ausgeschieden ist oder zeitweilig ver hindert ist, rückt Frau G nach. Abwandlung: Bewerber Stimmen Frau A Herr B
200
*
120 50
Ersatzmitglied
Herr C Herr D Herr F Frau G Frau H Herr I Herr J Frau K Herr L
* * * * * * *
E
120 70 120 0 20 100 120 0 120
Für die ausgeschiedene Frau H kann keine andere Frau nachrücken, da auf Frau G und Frau K keine einzige Stimme entfallen ist. Damit fällt der Sitz dem anderen Geschlecht zu. Es rückt Herr D nach.
Ersatzmitglieder bei „Ein-Person-Betriebsräten“ werden - abweichend zur Rechtslage vor der Betriebsverfassungsrechtsnovelle des Jahres 2001 – nun nicht mehr in einem getrennten Wahlgang gewählt. Die Vorschrift des § 14 Abs. 4 S. 2 BetrVG alter Fassung ist ersatzlos weggefallen. Das Ersatzmitglied wird nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl bestimmt. Der Geschlechterproporz spielt keine Rolle. Unter welchen Voraussetzungen kommt das Ersatzmitglied zum Einsatz? Voraussetzung für das Nachrücken eines Ersatzmitglieds ist, dass ein Betriebsratsmitglied ausscheidet. Gemeint ist das endgültige Ausscheiden. Die Vorschrift gilt nicht: • beim Ablauf der Amtszeit, • bei Anfechtung der Wahl, wenn das Arbeitsgericht die Wahl insgesamt für ungültig erklärt hat, • bei Auflösung des Betriebsrats durch Beschluss des Arbeitsgerichts. Ein Ersatzmitglied übernimmt das Amt des Betriebsrats stellvertretend, wenn dieser zeitweilig verhindert ist, d.h. wenn er aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen seine amtliche Funktion nicht ausüben kann (BAG, Urteil v. 13.7.1978, 2 AZR 717/76). Ist ein Betriebsratsmitglied krank, so ist in der Regel auch von seiner Amtsunfähig-
201
E
Ersatzmitglied
keit auszugehen. In der Regel liegt also auch dann eine zeitweilige Verhinderung vor, wenn ein Betriebsratsmitglied sich krank gemeldet hat und der Arbeit fernbleibt. Eine zeitweilige Verhinderung liegt beispielsweise vor bei: • Urlaub, • Sonderurlaub, • Elternzeit, • Beschäftigungsverbot für werdende Mütter und Wöchnerinnen, • Krankheiten, • Kuren, • längerer auswärtiger Arbeit, • Dienstreisen, • Ableistung des Wehrdienstes oder des Zivilersatzdienstes, • Teilnahme an einer Schulungs- oder Bildungsveranstaltung gemäß § 37 Abs. 6 und 7 BetrVG und • sonstige Unabkömmlichkeit im Betrieb. • Ein Betriebsratsmitglied ist ferner dann teilweise verhindert, an einer Betriebsratssitzung teilzunehmen, wenn dort über dessen eigene Angelegenheiten beraten und entschieden wird (BAG, Urteil v. 13.7.1978, 2 AZR 717/76). Beispiel: Entscheidung des Betriebsrats über die Zustimmung nach § 103 zu einer außerordentlichen Kündigung des Betriebsratsmitglieds.
Ein Betriebsratsmitglied ist auch verhindert, wenn ihm mit Zustimmung des Betriebsrats (§ 103 Abs. 1 BetrVG) fristlos (§ 15 Abs. 1 KSchG) oder auch ordentlich gekündigt wurde. Das gekündigte Betriebsratsmitglied ist dann bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Arbeitsgerichts über die außerordentliche oder ordentliche Kündigung an der Amtsausübung verhindert. (Vgl. dazu die Nachweise bei GK-BetrVG, Wiese, § 25 Rn. 37; zur ordentlichen Kündigung: BAG, Beschluß vom 10.11.2004, 7 ABR 12/04: Der Ungewissheit über den Ausgang des Kündigungsschutzverfahrens werde dadurch Rechnung getragen, dass das Betriebsratsmitglied bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens an der Ausübung seines Amtes verhindert ist. In diesem Fall trete das Ersatzmitglied nach § 25 Abs. 1 Satz 2 BetrVG
202
Ersatzmitglied
E
vorübergehend in das Amt ein (BAG 14. Mai 1997 - 7 ABR 26/96 - AP BetrVG 1972 § 8 Nr. 6). Stelle sich nach der Wahl die Unwirksamkeit der Kündigung heraus, entfalle der Hinderungsgrund. Das gewählte Betriebsratsmitglied könne sein Betriebsratsamt ausüben. Wird dagegen die Kündigungsschutzklage abgewiesen, erlischt die Mitgliedschaft im Betriebsrat nach § 24 Nr. 3 BetrVG. Das Ersatzmitglied rückt dann endgültig gem. § 25 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nach.) Entsprechendes gilt, wenn ein Arbeitnehmer, dem gekündigt worden ist, in den Betriebsrat gewählt und nicht weiterbeschäftigt wird. In diesem Falle ist der Arbeitnehmer nach seiner Wahl bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsverfahrens an der Amtsausübung gehindert. Er wird durch ein Ersatzmitglied vertreten (so BAG, Beschluss v. 14.5.1997, 7 ABR 26/96). Dagegen ist ein Betriebsratsmitglied wegen seiner Teilnahme an einem Arbeitskampf nicht „vorübergehend“ an der Amtsausübung verhindert (Wiese, NZA 84, S. 378 m.w.N.). Achtung: Eine gewillkürte Stellvertretung, ohne dass dies objektiv erforderlich ist, ist unzulässig (BAG, EzA § 15 KSchG n.F. Nr. 36).
Sind die Voraussetzungen für das Nachrücken gegeben, so rückt das Ersatzmitglied sofort kraft Gesetzes in den Betriebsrat nach. Ein Beschluss oder ein sonstiger Rechtsakt ist nicht nötig. Ist das Ersatzmitglied nicht zur Übernahme des Amtes bereit, kann es dieses sofort wieder niederlegen. Der Betriebsratsvorsitzende sollte im Hinblick darauf das Ersatzmitglied von einem Vertretungsfall umgehend unterrichten. Ebenfalls hat der Betriebsratsvorsitzende den Arbeitgeber von jeder ihm bekannten Verhinderung des Betriebsratsmitglieds und über die Person des nachrückenden Ersatzmitglieds unverzüglich zu unterrichten. Ist das eigentliche Ersatzmitglied selbst beispielsweise wegen Urlaubs zeitweilig verhindert, dann rückt seinerseits das nächste Ersatzmitglied für die Dauer seiner Verhinderung nach. Ist die Verhinderung behoben (kommt beispielsweise das erste Ersatzmitglied aus dem Urlaub wieder zurück), so übernimmt es wieder das Amt.
203
F
Freiwilligkeitsprinzip
War ein Ersatzmitglied zunächst nur als Stellvertreter berufen, um eine zeitweilige Verhinderung eines Betriebsratsmitglieds zu überbrücken, und scheidet anschließend ein anderes Betriebsratsmitglied derselben Gruppe endgültig aus dem Betriebsrat aus, so rückt der bisherige Stellvertreter anstelle des ausgeschiedenen in den Betriebsrat endgültig nach, und das nächstberufene Ersatzmitglied übernimmt die Stellvertretung des verhinderten Betriebsratsmitglieds. Dieser Vorrang des „ersten Ersatzmitglieds“ gilt auch, wenn mehrere Betriebsratsmitglieder derselben Liste gleichzeitig jedoch unterschiedlich lange zeitweilig verhindert sind. Es kommt also nie der Fall vor, dass ein nachrangiges Ersatzmitglied vor einem vorrangigen Ersatzmitglied ein Betriebsratsamt in Vertretung (oder endgültig nachgerückt) ausübt. Endgültig nachgerückte Ersatzmitglieder erwerben die volle Rechtsstellung von Betriebsratsmitgliedern. Ersatzmitglieder, die nur für ein zeitweilig verhindertes Betriebsratsmitglied einspringen, erlangen die besondere Rechtsstellung als Betriebsratsmitglied nur vom Zeitpunkt der Vertretung an, beschränkt auf die Dauer der Stellvertretung. Das zeitweilig vertretene ordentliche Betriebsratsmitglied behält während der Zeit seiner Verhinderung die persönliche Rechtsstellung als Betriebsratsmitglied. Weiterführende/Verwandte Stichwörter: d’Hondt’sches Verfahren, Mehrheitswahl, Verhältniswahl
Freiwilligkeitsprinzip Das Freiwilligkeitsprinzip im Betriebsverfassungsrecht bedeutet, dass die Errichtung bzw. Wahl eines Betriebsrats den Arbeitnehmern des Betriebs frei steht. Die „Freiwilligkeit“ bezieht sich aber nicht auf den Arbeitgeber! Er hat keine Wahlmöglichkeit. Wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für die Errichtung eines Betriebsrats vorliegen, kann der Arbeitgeber den Wünschen seiner Beschäftigten nach einem Betriebsrat rechtlich nichts entgegensetzen. Besonders in kleinen und mittleren innovativen Firmen und auch bei Neugründungen ist zu beobachten, dass sich außerhalb des Betriebs-
204
Fristberechnung
F
verfassungsgesetzes neue Formen der Arbeitnehmerbeteiligung auf freiwilliger Basis ausgebildet haben. Vielfach können eine fortschrittliche Unternehmenskultur und die freiwillige Einbindung der betroffenen Arbeitnehmer in die Entscheidungen einen Betriebsrat überflüssig machen. Diese Beteiligungsformen sind nicht selten dem gesetzlichen System überlegen, weil sie auf die Bedürfnisse der Arbeitnehmer und die Anforderungen des Betriebs besser zugeschnitten sind, indem die täglichen Probleme unbürokratisch und schnell durch gut ausgeprägte Kommunikationsstrukturen gelöst werden. Hier ist das Freiwilligkeitsprinzip von großer Bedeutung, denn schließlich kann ein Betriebsrat nicht völlig gegen die Arbeitnehmer des Betriebs und nicht völlig ohne ihre Mitwirkung errichtet werden.
Fristberechnung Die Wahlvorschriften enthalten eine große Zahl an Fristen. Soweit sie nicht auf unverzüglich oder auf sofort lauten, sind nach § 41 WOBetrVG die Bestimmungen der §§ 186 bis 193 BGB anzuwenden. Das bedeutet: • Der Fristbeginn wird danach unterschieden, ob er auf den Beginn eines Tages einerseits (§ 187 Abs. 2 BGB) oder auf ein in den Tag fallendes Ereignis oder einen in den Lauf eines Tages fallenden Zeitpunkt andererseits (§ 187 Abs. 1 BGB) abstellt. Im ersten Fall wird der erste Tag der Frist bei der Berechnung mitgezählt, im zweiten Fall hingegen nicht – der Fristlauf beginnt dann erst am folgenden Tag (bei Fristen nach Arbeitstagen: am folgenden Arbeitstag). • Das Ende der Frist wird unterschiedlich je nachdem berechnet, ob die Dauer der Frist in Tagen oder in Wochen/Monaten/(auch: Jahren) angegeben ist. Generell gilt: Fällt das Ende der Frist, innerhalb derer eine Handlung vorzunehmen oder eine Erklärung abzugeben war, auf einen Sonntag (nicht: Sonnabend!) oder einen staatlich anerkannten Feiertag am Erklärungs-/Handlungsort (siehe z.B. Betriebsadresse des Wahlvorstands), so läuft die Frist erst am nächsten Werktag ab (§ 193
205
F
Fristberechnung
BGB). Diese Verlängerung gilt nicht, soweit am letzten Tag weder eine Handlung vorzunehmen noch eine Erklärung abzugeben ist (beispielsweise Stichtag zur Ermittlung der Beschäftigtenzahl nach 24 Monaten wegen Neuwahl des Betriebsrats, § 13 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG, Zeitpunkt der Betriebsratswahl). Sie ist ferner nicht erforderlich, wenn die Frist nach Arbeitstagen berechnet wird: Während Werktage immer die Tage von Montag bis einschließlich Sonnabend sind, werden als Arbeitstage nur und genau die Tage betrachtet, an denen die ganz überwiegende Mehrzahl der Belegschaft regelmäßig der Arbeit im Betrieb nachgeht. Während in Betrieben mit vollkontinuierlichen Schichten auch die Sonn- und Feiertage mitgerechnet werden, an denen im normalen Umfang gearbeitet wird, werden sonst Sonn- und Feiertage und zusätzlich sogar z.B. Samstage nicht mitgerechnet, wenn der Betrieb an diesen Tagen überwiegend stillsteht. Für die Berechnung der Frist gilt im übrigen: • Ist das Ende nach Tagen bestimmt, endet die Frist mit Ende des letzten Tages der Frist (§ 188 Abs. 1 BGB). • Ist das Ende hingegen nach Wochen oder Monaten angegeben, so endet die Frist mit Ablauf des Tages, der durch seine Benennung oder Zahl im Kalender dem Tag entspricht, in den das Ereignis gefallen war (§ 188 Abs. 2 BGB). Voraussetzung hierfür ist, dass die Frist wegen eines Ereignisses oder eines Zeitpunkts zu laufen begann, das in den Tag fällt. Beispiel: Ab Aushang des Wahlausschreibens (im Laufe eines Tages) beginnt u.a. die Frist für die Einreichung von Vorschlagslisten. Wurde das Wahlausschreiben dienstags erlassen, so endet die Frist am Dienstag Abend zwei Wochen später.
Beginnt der Fristlauf hingegen am Beginn eines Tages (§ 187 Abs. 2 BGB, s.o.), so endet die Frist mit Ende des Tages, welcher dem Tag vor der Dienstleistung nach Ende der Warteperiode entspricht (§ 188 Abs. 1 BGB).
206
Geschäftsordnung des Wahlvorstands
G
Geschäftsordnung des Wahlvorstands Der Wahlvorstand kann sich eine Geschäftsordnung geben. Dies empfiehlt sich in größeren Betrieben oder wenn auf eine Geschäftsordnung eines früheren Wahlvorstand zurückgegriffen werden kann. Die Mitglieder des Wahlvorstands müssen mit Stimmenmehrheit die Geschäftsordnung beschließen. Der Wahlvorstand kann indes nicht dazu verpflichtet werden, sich eine Geschäftsordnung zu geben. Die Geschäftsordnung ist schriftlich niederzulegen. Sie regelt das bei der Geschäftsführung des Wahlvorstands von ihm einzuhaltende Verfahren. Sie kann insoweit jede Frage zum Gegenstand haben, die mit der Geschäftsführung irgendwie zusammenhängt. Allerdings können durch die Geschäftsordnung nicht die zwingenden gesetzlichen Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes und der Wahlordnung BetrVG modifiziert oder umgangen werden. Werden gesetzliche Bestimmungen in die Geschäftsordnung übernommen, was zur Klarstellung empfohlen werden kann, so hat dies keine rechtliche Bedeutung. Die Geschäftsordnung des Wahlvorstands kann keinesfalls durch eine Betriebsvereinbarung geregelt werden. Der Wahlvorstand muss auch nicht alle denkbaren, mit der Geschäftsführung zusammenhängenden Fragen in der Geschäftsordnung regeln. Vielmehr gilt es eher zu vermeiden, die Arbeit zu sehr zu bürokratisieren. Die Geschäftsordnung hat nur interne Bedeutung für den Wahlvorstand. Sie bewirkt sozusagen eine Selbstbindung bei der Geschäftsführung. Da sie nicht auf Dritte (z.B. Arbeitgeber oder Arbeitnehmer) wirkt, kann der Wahlvorstand im konkreten Fall auch mit der Mehrheit seiner Stimmen von ihr abweichen oder sie ändern. Die Geschäftsordnung gilt nur für die Dauer der Amtszeit des Wahlvorstands, der sie erlassen hat.
Geschlecht des Arbeitnehmers Das Betriebsverfassungsgesetz sorgt in zwei Regelungen zur Zusammensetzung des Betriebsrats, § 15 Abs. 2 BetrVG, und zur Zusammensetzung des Wahlvorstands, § 16 Abs. 1 S. 5 BetrVG, dafür, dass
207
G
Geschlecht des Arbeitnehmers
möglichst beide Geschlechter (Frauen und Männer) in den entsprechenden Gremien vertreten sind. Nach § 15 Abs. 2 BetrVG muss das Geschlecht, das in der Belegschaft in der Minderheit ist, mindestens entsprechend seinem zahlenmäßigen Verhältnis im Betriebsrat vertreten sein, wenn der Betriebsrat aus mindestens drei Mitgliedern besteht. In § 5 WOBetrVG wird das Verfahren zur Bestimmung der Mindestsitze beschrieben. Dieses Verfahren gilt sowohl für die reguläre als auch für die vereinfachte Betriebsratswahl (§§ 32, 36 Abs. 4 WOBetrVG). Folgende Schritte sind zu durchlaufen: Der Wahlvorstand stellt auf der Basis der am Tage des Erlasses des Wahlausschreibens im Betrieb beschäftigten Frauen und Männer die Mindestsitze nach dem d’Hondt’schen Verfahren fest. Die Wahlordnung spricht von den „beschäftigten“ Frauen und Männern. Nach dem Zweck und Sinnzusammenhang dürfte auf die gem. § 7 BetrVG Wahlberechtigten abzustellen sein. Zu ermitteln ist also die Gesamtzahl aller im Betrieb Wahlberechtigten und der jeweilige Anteil der Geschlechter. Sodann ist das d’Hondt’sche Verfahren anzuwenden. Beispiel: 120 wahlberechtigte Arbeitnehmer am Tag des Erlasses der Wahl ordnung, davon 80 Frauen und 40 Männer. Die Männer sind also das Minderheitsgeschlecht. Insgesamt besteht der zu wählende Be triebsrat aus 7 Mitgliedern (s. § 9 BetrVG). Aus der Anwendung des d’Hondt’schen Verfahrens ergibt sich folgende Zahlenkolonne: Frauen
Männer (80) *
(40) *
(40) *
(20) *
(26,7) *
(13,3)
(20) *
(10)
(16) *
(8)
Auf die Frauen entfallen fünf Höchstzahlen (80; 40; 26,7; 20, 16); auf die Männer entfallen zwei Höchstzahlen (40; 20). Den Männern stehen daher nach § 15 Abs. 2 BetrVG mindestens zwei Sitze zu. Ein
208
Geschlecht des Arbeitnehmers
G
Betriebsrat, der ausschließlich aus Männern bestehen würde, wäre danach zulässig, da die „Überrepräsentation“ des Minderheitsgeschlechts nicht ausgeschlossen ist. Für den Fall, dass die niedrigste Höchstzahl auf beide Geschlechter zugleich entfällt, entscheidet das Los darüber, welchem Geschlecht der Sitz zufällt. Diese Entscheidung ist für die gesamte Wahl verbindlich. Beispiel: 96 wahlberechtigte Arbeitnehmer am Tag des Erlasses der Wahl ordnung, davon 80 Frauen und 16 Männer. Die Männer sind also das Minderheitsgeschlecht. Insgesamt besteht der zu wählende Be triebsrat aus 5 Mitgliedern (s. § 9 BetrVG). Aus der Anwendung des d’Hondt’schen Verfahrens ergibt sich folgende Zahlenkolonne: Frauen
Männer (80) *
(16) ?
(40) *
(8)
(26,7) *
(5,3)
(20) *
(4)
(16) ?
(3,2)
Auf die Frauen entfallen die Höchstzahlen 80; 40; 26,7 und 20. Die nächste Höchstzahl entfällt gleichermaßen auf die Frauen wie die Män ner, nämlich 16. Bezüglich dieses 5. Sitzes wird gelost. Gewinnen die Frauen, wird dem Minderheitsgeschlecht der Männer kein Sitz als Min destsitz garantiert. Damit würde § 15 Abs. 2 BetrVG ohne Bedeutung bleiben. § 15 Abs. 2 BetrVG kann auch rechnerisch leer laufen, z.B. wenn in Abwandlung des obigen Beispiels 81 Frauen und 15 Männer im Betrieb vorhanden wären: Frauen
Männer (81) *
(15)
(40,5) *
(7,5)
(27) *
(5)
(20,3) *
(3,75)
(16,2) *
(3,)
209
G
Geschlecht des Arbeitnehmers
In diesem Fall wäre den Männern als Minderheitsgeschlecht kein Sitz garantiert.
Für den Fall, dass sich das Minderheitsgeschlecht nicht bestimmen lässt (im Betrieb sind zum Zeitpunkt des Wahlausschreibens exakt so viele wahlberechtigte Frauen wie Männer vorhanden), wird keiner Geschlechtergruppe eine Anzahl von Mindestsitzen garantiert. Bei der Sitzverteilung können dann die Regelungen dazu ignoriert werden. Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Beschluss vom 16. März 2005 - 7 ABR 40/04 ausdrücklich klargestellt, dass die Regelungen zur Geschlechterqoute verfassungskonform sind. Die in § 15 Abs. 2 BetrVG getroffene Anordnung, dass das im Betrieb vertretene Minderheitsgeschlecht entsprechend seinem zahlenmäßigen Verhältnis im Betriebsrat vertreten sein muss, und der in § 15 Abs. 5 Nr. 2 WOBetrVG vorgesehene Listensprung (siehe dazu unter Verhältniswahl) verstießen weder gegen den nach Art. 3 Abs. 1 GG bestehenden Grundsatz der Gleichheit der Wahl, noch werde dadurch in unzulässiger Weise in die durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistete Tarifautonomie eingegriffen. Zuvor schon, nämlich mit Beschluss vom 13. Oktober 2003 – 2 TaBV 1/03 hat das LAG Köln allerdings § 15 Abs. 2 BetrVG für verfassungswidrig gehalten und diese Frage dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Das LAG sieht in § 15 Abs. 2 BetrVG eine mehrfache Verletzung der Grundsätze der formalen Wahlgleichheit (Art. 28 Abs. 1 Satz2, 38 Abs. 1 Satz 1 GG), die das BVerfG früher schon auf Betriebsratswahlen übertragen hatte. Diese Vorlage wird durch das Urteil des BAG nicht tangiert, eine Entscheidung des BVerfG steht also in Kürze an. Nach § 16 Abs. 1 S. 5 BetrVG sollen in Betrieben mit weiblichen und männlichen Arbeitnehmern dem Wahlvorstand Frauen und Männer angehören. Diese Vorschrift hat nur empfehlenden Charakter und richtet sich in erster Linie an den Betriebsrat, der den Wahlvorstand zu bestellen hat. Auch sie setzt ferner voraus, dass Arbeitnehmer der sich in der Minderheit befindlichen Geschlechtsgruppe sich für die Aufgabe des Wahlvorstands bereit finden. Das Geschlecht des Arbeitnehmers spielt entsprechend der oben dargestellten Berechnung der Minderheitssitze auch bei der konkreten Verteilung der Betriebsratssitze nach der Wahl eine Rolle. Hier be-
210
Gewerkschaft
G
stimmt die Wahlordnung in § 15 Abs. 5 (Verhältniswahl) und § 22 BetrVG (Mehrheitswahl; ebenso für das vereinfachte Wahlverfahren: § 34 Abs. 5 und § 36 Abs. 4, die auf § 22 verweisen) ein Verfahren zur Verteilung der Sitze. Beispiele dazu finden sich unter Mehrheitswahl und Verhältniswahl. Weiterführende/Verwandte Stichwörter: d’Hondt’sches Verfahren, Mehrheitswahl, Verhältniswahl
Gewerkschaft Die Gewerkschaften haben bei der Betriebsratswahl gewisse Rechte, hauptsächlich in Hilfs- und Unterstützungsfunktionen. Dafür müssen aber zwei Voraussetzungen erfüllt sein: 1. Die Gewerkschaft muss die Anforderungen erfüllen, die nach der Rechtsprechung des BAG an eine (tariffähige) Gewerkschaft gestellt werden, einschließlich der Anforderungen an Durchsetzungskraft gegenüber dem sozialen Gegenspieler und Leistungsvermögen. 2. Es muss sich um eine „im Betrieb vertretene“ Gewerkschaft handeln. Zu 1: Die erste Voraussetzung ist erfüllt, wenn die Gewerkschaft bestimmten Mindestanforderungen genügt. Das Bundesarbeitsgericht formuliert diese Anforderungen wie folgt: „Die Arbeitnehmervereinigung muss sich als satzungsmäßige Aufgabe die Wahrnehmung der Interessen ihrer Mitglieder in ihrer Eigenschaft als Arbeitnehmer gesetzt haben und willens sein, Tarifverträge abzuschließen. Sie muss frei gebildet, gegnerfrei, unabhängig und auf überbetrieblicher Grundlage organisiert sein und das geltende Tarifrecht als verbindlich anerkennen. Sie muss weiter ihre Aufgabe als Tarifpartner sinnvoll erfüllen können. Dazu gehören einmal Durchsetzungskraft gegenüber dem sozialen Gegenspieler, zum anderen aber auch Leistungsfähigkeit der Organisation.“ (BAG, Beschlüsse v. 16.1.1990, 1 ABR 10/89 und 1 ABR 93/88). Unter diesen Gewerkschaftsbegriff fallen mit Sicherheit alle DGBGewerkschaften, sofern sie die Befugnis zum Abschluss von Tarifver-
211
G
Gewerkschaft
trägen haben. Bei den Gewerkschaften, die Mitglied des Christlichen Gewerkschaftsbundes Deutschland (CGB) sind, wird die Gewerkschaftseigenschaft häufig von den konkurrierenden DGBGewerkschaften in Zweifel gezogen. Im Einzelfall muss daher hier geprüft werden, ob nicht die Gerichte bereits rechtskräftig für oder gegen die Gewerkschaftseigenschaft der jeweiligen Christlichen Gewerkschaft entschieden haben. Im Zweifel sollte die Gewerkschaftseigenschaft bejaht werden, denn die hohen Anforderungen an die Arbeitnehmervereinigung im Hinblick auf Durchsetzungskraft gegenüber dem sozialen Gegenspieler mag zwar mit Blick auf die Koalitionsrechte des Tarifvertragsrechts eine Rechtfertigung finden. Was die gewerkschaftlichen Unterstützungsfunktionen in der Betriebsverfassung angehen, sind diese Merkmale aber weniger relevant. Hier können auch Gewerkschaften, die sich noch im Aufbau befinden, durchaus schon ein geeignetes Tätigkeitsfeld finden. Die großzügigere Auslegung ist im Lichte der grundgesetzlich garantierten Koalitionsfreiheit geboten. Zu 2: Im Betrieb vertreten ist eine Gewerkschaft dann, wenn ihr mindestens ein Arbeitnehmer des Betriebs als Mitglied angehört und dieser nach der Satzung nicht offensichtlich zu Unrecht als Mitglied aufgenommen wurde. Den letztgenannten Punkt hat das Bundesarbeitsgericht (Beschluß vom 10.11.2004, 7 ABR 19/04) so erläutert: Eine Mißnräuchliche Aufnahme eines Mitglieds liegt vor, wenn der Arbeitnehmer von der Gewerkschaft als Mitglied aufgenommen wurde, obwohl er die nach der Satzung erforderlichen Voraussetzungen dafür offenkundig und zweifelsfrei nicht erfüllt. Das Tätigwerden der Gewerkschaft für dieses Mitglied ist dann von ihrer eigenen, in Ausübung der Koalitionsfreiheit erlassenen Satzung offensichtlich nicht gedeckt. Die Wahrnehmung auf dieser Mitgliedschaft beruhender gewerkschaftlicher Befugnisse in dem Betrieb des Arbeitgebers ist in diesem Fall auch unter Berücksichtigung der der Gewerkschaft nach Art. 9 Abs. 3 GG zustehenden Rechte nicht schützenswert. Aus einer mutwilligen Missachtung der eigenen Satzung kann die Gewerkschaft keine Rechte herleiten. Die positive Feststellung der Tarifzuständigkeit der Gewerkschaft für den Betrieb oder das Unternehmen des Arbeitgebers ist allerdings dazu nicht erforderlich (so Bundesarbeitsgericht, Beschluß vom
212
Größe des Betriebsrats
G
10.11.2004, 7 ABR 19/04). Andererseits reicht die Tarifzuständigkeit für das Vertretensein einer Gewerkschaft im Betrieb allein nicht aus (BAG 25. März 1992 - 7 ABR 65/90; Bundesarbeitsgericht, Beschluß vom 10.11.2004, 7 ABR 19/04). Unerheblich ist, ob dieser Arbeitnehmer wahlberechtigt ist. Maßgeblicher Stichtag ist jeweils der Zeitpunkt, an dem die Gewerkschaft ihrer Rechte ausüben will. Beispiel: Will die Gewerkschaft von ihrem Recht nach § 14 Abs. 3 BetrVG Gebrauch machen und einen Wahlvorschlag einreichen, so kommt es auf den Zeitpunkt der Einreichung des Wahlvorschlags an, nicht auf den Zeitpunkt des Wahltags. Der Wahlvorstand muss ggf. prüfen, ob die Voraussetzungen „eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft“ vor liegen. Der Wahlvorstand ist dazu berechtigt, Nachforschungen an zustellen und sich in Zweifelsfällen die erforderlichen Unterlagen vorlegen zu lassen.
Im Zweifel muss die Gewerkschaft den Beweis dafür antreten, dass sie im Betrieb vertreten ist. Dies geschieht am einfachsten durch namentliche Nennung des Arbeitnehmers, der Mitglied der Gewerkschaft ist. Das BAG lässt aber auch die Vernehmung eines Gewerkschaftssekretärs, der den Namen nicht zu nennen braucht, oder die Vorlage einer notariellen „Tatsachenbescheinigung“ genügen, die lediglich festhält, dass eine Person, deren Personalien in einem Umschlag beim Notar hinterlegt sind, einem bestimmten Betrieb und einer bestimmten Gewerkschaft angehört (BAG, Beschluss v. 25.3.1992, 7 ABR 65/90). Von dieser Art der Beweisführung sollte aber nur dann Gebrauch gemacht werden, wenn die begründete Befürchtung besteht, bei namentlicher Nennung würden die namentlich genannten Mitglieder dadurch berufliche Nachteile erleiden.
Größe des Betriebsrats Die Größe des Betriebsrats richtet sich nach der Zahl der Arbeitnehmer (§ 9 BetrVG). Mitgerechnet werden die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten (Berufsausbildungsverhältnis) und die
213
G
Größe des Betriebsrats
Heimarbeiter. Nicht mitgerechnet werden hingegen die leitenden Angestellten. Eine offene Frage ist derzeit, inwieweit die im Betrieb beschäftigten Leiharbeitnehmer mitzählen, siehe dazu weiter unten. Entscheidender Zeitpunkt für die Berechnung ist zunächst der Tag des Erlasses des Wahlausschreibens (Einleitung der Betriebsratswahl). Künftige, sich aufgrund konkreter Entscheidungen abzeichnende Entwicklungen und ihre Auswirkungen auf die Beschäftigung müssen in Rechnung gestellt werden (BAG, Beschluss v. 25.11.1992, 7 ABR 7/92). Andere Entwicklungen bleiben für die Größe des Betriebsrats unberücksichtigt. Sinkt allerdings die Zahl der Arbeitnehmer unter die Mindestzahl des § 1 BetrVG, werden also künftig weniger als fünf Arbeitnehmer regelmäßig beschäftigt, so ist die Wahl unverzüglich abzubrechen. Es kommt auf die Zahl der regelmäßig im Betrieb Beschäftigten an. Werden Aushilfen regelmäßig auf einem Arbeitsplatz eingesetzt, so wird je eine für einen Arbeitsplatz gezählt, auch wenn immer wieder andere Personen eingestellt werden. Das BAG hat angenommen, dass Aushilfen in diesem Fall für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten beschäftigt werden müssen (BAG, Beschluss v. 29.5.1991, 7 ABR 27/90). Werden Aushilfen für länger ausfallende Arbeitnehmer beschäftigt, die aber weiter in einem Arbeitsverhältnis stehen, so werden sie für die Ermittlung der Zahl der Arbeitnehmer mitgerechnet; der nicht arbeitende Arbeitnehmer (z.B. im Mutterschutz oder Erziehungsurlaub) wird für die Feststellung der Arbeitnehmerzahl hingegen nicht berücksichtigt – andernfalls würde die Aushilfe zu einer Verdoppelung der Arbeitsplätze führen. Die Arbeitnehmer müssen zu dem Betriebsinhaber in einem Arbeitsverhältnis stehen; nicht mitgezählt werden deshalb die beim Entleiher beschäftigten Personen, die als Selbständige tätig sind und Mitarbeiter von Fremdfirmen, die aufgrund eines Dienst-, Geschäftsbesorgungs- oder Werkvertrags des Arbeitgebers mit der Fremdfirma tätig sind. In Grenzfällen räumt die Rechtsprechung dem Wahlvorstand einen Beurteilungsspielraum ein (BAG, Beschluss v. 25.11.1992, 7 ABR 7/92). Leiharbeitnehmer müssten nach den vorgenannten Grundsätzen eigentlich ebenfalls nicht mitzählen, denn sie sind keine Arbeitnehmer nach der allgemeinen Definition des § 5 BetrVG, weil es an einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber fehlt (so Konzen RdA 2001, S. 76,
214
Größe des Betriebsrats
G
83, zustimmend Hanau, NJW 2001 S. 2513, 2515). Diesem Personenkreis ist in § 7 BetrVG zwar ausnahmsweise unter bestimmten Voraussetzungen die Wahlberechtigung eingeräumt. Das ersetzt aber nicht die grundsätzlich fehlende Arbeitnehmereigenschaft im Verhältnis zum entleihenden Arbeitgeber. Dennoch könnte sich die Auffassung durchsetzen, die Leiharbeitnehmer bei der Schwellenwertermittlung zu berücksichtigen. Allerdings dürften dann Leiharbeitnehmer, die nach § 7 S. 2 BetrVG nicht wahlberechtigt sind, weil sie (voraussichtlich) nicht länger als drei Monate im Betrieb beschäftigt sind, bei den ersten drei Stufen (bis 100 AN) auf keinen Fall mitzählen, denn hier wird ausdrücklich auf die „wahlberechtigten“ abgestellt. Darüber hinaus zählen sie allenfalls dann, wenn ihre Funktion innerhalb der Betriebsorganisation regelmäßig („in der Regel“) ausgefüllt wird, d.h. wenn bei normaler Geschäftstätigkeit die Stelle stets besetzt ist, unabhängig davon, ob es sich um einen Mitarbeiter der Stammbelegschaft oder um einen Leiharbeitnehmer handelt. Letztere Einschränkung gilt gleichermaßen für Leiharbeitnehmer, die nach § 7 S. 2 BetrVG die Wahlberechtigung haben. Gezählt werden alle Arbeitnehmer voll als eine Person; das gilt auch für Teilzeitbeschäftigte, die nicht etwa zeitanteilig gezählt werden. Zu achten ist darauf, dass bei kleineren Betrieben die Zahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer (wb ArbN) ausschlaggebend ist, sonst die Gesamtzahl der Arbeitnehmer (ArbN). Folgende Zahlenstaffel gilt: wahlberechtigte Arbeitnehmer
Anzahl der Betriebsratsmitglieder
5 bis 20
1
21 bis 50
3
51 bis 100
5
101 bis 200
7
201 bis 400
9
401 bis 700
11
701 bis 1.000
13
1.001 bis 1500
15
1.501 bis 2.000
17
2.001 bis 2.500
19
215
G
Grundsätze der Wahl
2.501 bis 3.000
21
3.001 bis 3.500
23
3.501 bis 4.000
25
4.001 bis 4.500
27
4.501 bis 5.000
29
5.001 bis 6.000
31
6.001 bis 7.000
33
7.001 bis 9.000
35
Haben die Betriebe mehr als 9.000 Arbeitnehmer, so erhöht sich die Zahl der Betriebsratsmitglieder für je angefangene 3.000 Arbeitnehmer um je 2 Mitglieder. Bei 9.001 bis 12.000 Arbeitnehmern hat der Betriebsrat also 37 Mitglieder, bei 12.001 bis 15.000 Arbeitnehmern 39 Mitglieder u.s.w. Reicht die Zahl der wählbaren Arbeitnehmer nicht für einen Betriebsrat in der eigentlich vorgeschriebenen Größe, so ist auf die nächstniedrigere Zahl zurückzugehen (§ 11 BetrVG). Gleiches gilt, wenn sich nicht genügend Wahlbewerber zur Verfügung stellen. Gibt es indes nicht genügend Bewerber des Minderheitsgeschlechts zur Besetzung der Mindestsitze nach § 15 Abs. 2 BetrVG, fallen diese Sitze dem Mehrheitsgeschlecht zu. Setzt der Wahlvorstand eine unzutreffende Zahl an Betriebsratsmitgliedern fest, so kann der Arbeitgeber mittels einstweiliger Verfügung, die er beim Arbeitsgericht beantragen kann, die Durchführung der Wahl auf dieser Grundlage verhindern.
Grundsätze der Wahl Die Betriebsratswahl unterliegt den für alle demokratische Wahlen geltenden Wahlgrundsätzen. Zwei Grundsätze sind in § 14 Abs. 1 BetrVG ausdrücklich genannt, nämlich die der geheimen und der unmittelbaren Wahl. Obwohl nicht ausdrücklich niedergelegt, hat die Betriebsratswahl auch allgemein, gleich und frei zu sein. Die Grundsätze bedeuten im einzelnen: • Geheime Wahl.
216
Grundsätze der Wahl
•
•
G
Das Gesetz verlangt, dass jeder Arbeitnehmer unbeobachtet und für sich allein die Wahl vornehmen kann. Eine offene Wahl beispielsweise in einer Betriebsversammlung ist damit ausgeschlossen. Das Wahlgeheimnis gebietet auch, dass jeder Wahlberechtigte seinen Stimmzettel persönlich ausfüllt. Zu den Besonderheiten bei behinderten Mitarbeitern s.u. letzter Absatz. Konkretisiert wird das Wahlgeheimnis durch § 12 WOBetrVG. So hat der Wahlvorstand nach § 12 Abs. 1 WOBetrVG geeignete Vorkehrungen für die unbeobachtete Kennzeichnung der Stimmzettel in dem Wahlraum zu treffen. Gibt es im Wahllokal einen Nebenraum, zu dem Dritte nicht unbeobachtet Zugang finden, so kann dieser als Wahlraum genutzt werden. Sonst müssen Trennwände im Wahlraum selbst aufgestellt werden. Zu den Vorkehrungen gehört auch, dass gebrauchsfertige Schreibutensilien bereitliegen, so dass der Arbeitnehmer die Wahl nicht auf der Suche nach solchen unterbrechen muss. Das Geheimnis der Wahl wird auch durch die Verpflichtung in § 12 Abs. 1 WOBetrVG konkretisiert und geschützt, dass eine oder mehrere Wahlurnen bereitzustellen sind, die vom Wahlvorstand verschlossen und so hergerichtet sein müssen, dass eingeworfene Wahlumschläge nicht herausgenommen werden können, bis die Urne geöffnet wird (Wahlurne). Unmittelbare Wahl. Dieser Wahlgrundsatz bedeutet, dass die Arbeitnehmer direkt die Betriebsräte zu wählen haben. Es dürfen nicht wie beispielsweise bei den amerikanischen Präsidentenwahlen Wahlmänner dazwischengeschaltet werden, die von den Arbeitnehmern gewählt werden und ihrerseits erst den Betriebsrat wählen. Allgemeine Wahl. Der Grundsatz der Allgemeinheit besagt, dass alle wahlberechtigten Arbeitnehmer zur Wahl zugelassen sind und keiner von ihr ausgeschlossen werden darf. Dieser Grundsatz wird vom Betriebsverfassungsgesetz als selbstverständlich vorausgesetzt und daher nicht besonders erwähnt. Seiner Sicherung dienen die in der Wahlordnung des Betriebsverfassungsgesetzes festgelegten Bestimmungen zur Aufstellung der Wählerliste und insbesondere § 4 Abs. 3 WOBetrVG, wonach der Wahlvorstand auch nach Ablauf
217
G
Grundsätze der Wahl
•
•
der Frist für Einsprüche gegen die Wählerliste deren Vollständigkeit noch einmal überprüfen soll. Das Prinzip der Allgemeinheit der Wahl wird ferner durch die Anordnung in der gleichen Norm gesichert, dass wahlberechtigte Arbeitnehmer, die bis zum Tage vor dem Beginn der Stimmabgabe in den Betrieb eingestellt werden oder ausscheiden, noch nachträglich in die Liste aufzunehmen bzw. zu streichen sind. Gleiche Wahl. Der ebenfalls ungeschriebene, von dem Betriebsverfassungsgesetz vorausgesetzte Grundsatz der Wahlgleichheit besagt, dass jeder wahlberechtigte Arbeitnehmer nur eine Stimme hat und dass jede Stimme mit der gleichen Wertigkeit zählt. Hieraus folgt beispielsweise, dass ein Teilzeitbeschäftigter genau so eine Stimme hat wie ein Vollzeitbeschäftigter. Hinsichtlich der Auswirkungen einer Stimme können sich bei der Betriebsratswahl im Hinblick auf die Mindestsitze des Minderheitsgeschlechts Unterschiede ergeben. Hier kann es sein, dass Stimmen, die auf einen Vertreter des Minderheitsgeschlechts entfallen mehr Gewicht haben als andere Stimmen. Diese geringfügige Ungleichheit hat der Gesetzgeber aber offenbar bewusst hingenommen, um den Betriebsrat gemessen an seiner Aufgabe, die Belegschaft zu repräsentieren, möglichst ausgewogen unter Schutz des Minderheitsgeschlechts zu besetzen. Freie Wahl. Die Freiheit der Wahl wird in besonderem Maße geschützt. Eine (Beeinflussung) der Wahl ist sogar strafbar (Straftaten).
§ 14 Abs. 2 legt als weiteren Wahlgrundsatz fest, dass im regulären Wahlverfahren die Grundsätze der Verhältniswahl gelten. Die Grundsätze der Mehrheitswahl finden nur Anwendung, wenn nur ein Wahlvorschlag eingereicht wurde oder wenn der Betriebsrat im vereinfachten Wahlverfahren nach § 14a BetrVG zu wählen ist. Besonderheiten gelten für behinderte Mitarbeiter: Sie können gem. § 12 Abs. 4 WOBetrVG eine Vertrauensperson bestimmen, die ihnen bei der Stimmabgabe behilflich sein darf. Dies ist dem Wahlvorstand mitzuteilen. Wahlbewerber, Mitglieder des Wahlvorstands sowie Wahlhelfer dürfen nicht als Vertrauenspersonen zur Hilfestellung
218
Heimarbeiter
H
herangezogen werden. Der Umfang der Hilfestellung wird allein von den Wünschen des behinderten Wahlberechtigten bestimmt. Das gemeinsame Aufsuchen der Wahlkabine bzw. Wahlzelle wird ausdrücklich von der Wahlordnung zugelassen. Die Vertrauensperson wird zudem von der Wahlordnung ausdrücklich zur Geheimhaltung aller Kenntnisse verpflichtet, die sie bei der Hilfestellung zum Wahlakt erlangt, § 12 Abs. 4 S. 4 WOBetrVG. Das Vorstehende gilt auch für den Fall, dass der Wähler des Lesens unkundig ist, § 12 Abs. 4 S. 5 WOBetrVG. Weiterführende/Verwandte Stichwörter: d’Hondt’sches Verfahren, Mehrheitswahl, Verhältniswahl
Heimarbeiter An Betriebsratswahlen zu beteiligen sind die Arbeitnehmer, so das Betriebsverfassungsgesetz. (Zum Arbeitnehmerbegriff siehe das entsprechende Stichwort Arbeitnehmer.) Dem Betriebsverfassungsgesetz liegt hingegen ein erweiterter Arbeitnehmerbegriff zugrunde. Denn den Arbeitnehmern werden die in Heimarbeit Beschäftigten hinzugerechnet, wenn sie in der Hauptsache für den Betrieb arbeiten, das stellt § 5 Abs. 1 S. 2 BetrVG klar. Die Eintragung oder Nichteintragung eines Beschäftigten in die Wählerliste setzt also folgendes abgestuftes Prüfungsverfahren voraus: 1. Ist der Beschäftigte Arbeitnehmer? 2. Ist der Beschäftigte Heimarbeiter im Sinne des Heimarbeitsgesetzes? − Wenn nein: Ende der Prüfung, keine Berücksichtigung des Beschäftigten bei den Betriebsratswahlen − Wenn ja: Eintragung in die Wählerliste Wer „in Heimarbeit beschäftigt“ ist, regelt das Heimarbeitsgesetz (HAG). Nach § 1 Abs. 1 HAG sind • Heimarbeiter und • Hausgewerbetreibende zu den in Heimarbeit Beschäftigten zu rechnen.
219
H
Heimarbeiter
Zu 1: Heimarbeiter ist nach § 2 Abs. 1 HAG, wer in selbst gewählter Arbeitsstätte (das kann die eigene Wohnung ebenso sein wie eine andere Arbeitsstätte) allein oder mit seinen im Haushalt lebenden Familienangehörigen im Auftrag von Gewerbetreibenden (Unternehmen) oder Zwischenmeistern (Vermittler, die die Arbeit vom Unternehmen an Heimarbeiter weiterreichen) erwerbsmäßig arbeitet. Die Verwertung der Arbeitsergebnisse muss dem Gewerbetreibenden (Unternehmen) überlassen bleiben. Vom Arbeitnehmer unterscheidet sich der Heimarbeiter durch seine (relative) Selbständigkeit. Insbesondere ist der Heimarbeiter nicht in die Arbeitsorganisation des auftraggebenden Unternehmens eingebunden, sondern kann seine Arbeit selbst organisieren und seine Arbeitszeiten selbst bestimmen. Er hat dem Unternehmen nur (gegen Entgelt) das Arbeitsergebnis abzuliefern. Zu 2: Hausgewerbetreibende sind ähnlich den Heimarbeitern tätig. Sie unterscheiden sich in drei Aspekten von ihnen: • Sie können neben den im Haushalt lebenden Familienangehörigen auch andere Hilfskräfte oder ihrerseits Heimarbeiter beschäftigen, jedoch nicht mehr als zwei. • Hausgewerbetreibender ist nur, wer sich mit der Herstellung, Bearbeitung oder Verpackung von Waren beschäftigt, nicht jedoch mit anderen Dienstleistungen. • Der Hausgewerbetreibende muss selbst wesentlich am Stück mitarbeiten. Als Arbeitnehmer des Betriebes werden vom Betriebsverfassungsgesetz nur die Heimarbeiter selbst und die Hausgewerbetreibenden selbst behandelt. Deren Hilfen rechnen nicht mit hinzu. Als Arbeitnehmer werden nur solche in Heimarbeit Beschäftigte betrachtet, die in der Hauptsache für den Betrieb arbeiten. Das Übergewicht der gesamten Tätigkeit muss jeweils für den in Frage stehenden Betrieb erbracht werden. Unschädlich ist damit, wenn die in Heimarbeit Beschäftigten auch für andere Betriebe oder Unternehmen tätig sind. Lässt sich jedoch nicht ermitteln, dass überwiegend für einen der verschiedenen Betriebe gearbeitet wird, so sind die Heimarbeiter oder Hausgewerbetreibenden keinem Betrieb zuzuordnen.
220
Kleinbetrieb
K
Weiterführende/Verwandte Stichwörter: Angestellter, Arbeiter, Arbeitnehmer
Kleinbetrieb Für Kleinbetriebe sieht das Betriebsverfassungsgesetz teilweise eigene Regeln für das Wahlverfahren vor. §§ 14a, 17a BetrVG legen für Betriebe mit in der Regel fünf bis fünfzig wahlberechtigten Arbeitnehmern ein vereinfachtes Wahlverfahren fest. Die Bestimmung, wie viele Arbeitnehmer in der Regel im Betrieb beschäftigt werden, erfolgt in gleicher Weise wie bei der Bestimmung der Größe des Betriebsrats. Für die Entscheidung, ob das vereinfachte Wahlverfahren Anwendung findet, kommt es nur auf die Zahl der Arbeitnehmer mit Wahlberechtigung an. Weiterführende/Verwandte Stichwörter: vereinfachtes Wahlverfahren, Größe des Betriebsrats.
Kleinstbetrieb Der Begriff „Kleinstbetrieb“ ist durch die Novelle des Betriebsverfassungsgesetzes im Jahre 2001 in das Gesetz aufgenommen worden. Gemeint sind Betriebe, die zwar einerseits den Betriebsbegriff erfüllen (s. Betrieb) aber andererseits nicht die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 S. 1 BetrVG (mindestens fünf ständig wahlberechtigte Arbeitnehmer, von denen drei wählbar sind) erfüllen. Für derartige Einheiten wird in § 4 Abs. 2 BetrVG verfügt, dass sie dem Hauptbetrieb zuzuordnen sind. Der Wahlvorstand des Hauptbetriebs hat gem. § 24 Abs. 3 WOBetrVG die Möglichkeit, die schriftliche Stimmabgabe für die Arbeitnehmer des Kleinstbetriebs zu beschließen, wenn dieser räumlich weit vom Hauptbetrieb entfern ist. Dieser Beschluss ist im Wahlausschreiben kundzutun, §§ 3 Abs. 1 Nr. 11, 31 Abs. 1 Nr. 13 WOBetrVG. Das Gesetz definiert im übrigen nicht den Begriff des „Hauptbetriebs“. Hier können durchaus Unklarheiten bestehen:
221
K
Konzern
Beispiel: Ein Unternehmen hat drei Betriebe. Einen Produktionsbetrieb in Köln mit 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern; eine Vertriebsstelle in Dormagen mit 4 wahlberechtigten Arbeitnehmern (ca. 20 km nörd lich des Kölner Betriebs) sowie einen weiteren Produktionsbetrieb mit 155 Arbeitnehmern in Düsseldorf (ca. 20 km nördlich des Dor magener Betriebs). Angenommen die Vertriebsstelle in Dormagen sei aufgrund ihrer Eigenständigkeit ein echter Kleinstbetrieb im Sinne des § 4 Abs. 2 BetrVG. Dann stellt sich die Frage, ob der Kölner oder der Düsseldorfer Betrieb als Hauptbetrieb anzusehen ist. Lösung: Abzustellen ist nach Sinn und Zweck der Norm darauf, wo der Dormagener Betrieb am ehesten arbeitstechnisch eingebunden ist. Bleibt dieses Kriterium unentschieden, so ist danach zu entschei den, welcher Hauptbetriebsrat die Betreuung der Dormagener Kolle gen am besten bewerkstelligen könnte. Dabei spielen Kommunikati onswege und Verkehrsanbindung die wesentliche Rolle. Im Bei spielsfall könnte auch diese Frage unentschieden bleiben. Dann könnte äußerst hilfsweise auf die Größe des fraglichen Hauptbe triebs abgestellt werden. Hauptbetrieb wäre dann Düsseldorf.
Konzern Die Zugehörigkeit eines Unternehmens zu einem Konzern kann auch Auswirkungen bei der Betriebsratswahl haben. Denn die Wählbarkeit von Arbeitnehmern nach § 8 Abs. 1 BetrVG setzt eine Betriebszugehörigkeit von mindestens sechs Monaten voraus, auf die eine unmittelbar vorausgehende Beschäftigung in einem anderen Betrieb desselben Konzerns angerechnet werden kann. Das Betriebsverfassungsgesetz kennt keinen eigenen Konzernbegriff, sondern verweist auf § 18 Abs. 1 Aktiengesetz. Das Aktienrecht regelt zwei Formen des Konzerns, nämlich den so genannten Gleichordnungs- und den Unterordnungskonzern. Der Gleichordnungskonzern, bei dem mehrere Unternehmen nicht voneinander abhängig sind, ist in § 18 Abs. 2 Aktiengesetz enthalten, auf den § 8 Abs. 1 BetrVG nicht verweist. Damit können Beschäftigungszeiten in einem anderen Unternehmen eines Gleichordnungskonzerns nicht auf die Mindestbeschäftigungszeit des § 8 Abs. 1 BetrVG angerechnet wer-
222
Konzern
K
den. Es muss ein so genannter Unterordnungskonzern nach § 18 Abs. 1 Aktiengesetz vorliegen. Dies ist unter folgenden Konditionen der Fall: • Herrschendes und abhängiges Unternehmen. § 18 Abs. 1 Aktiengesetz verlangt, dass ein oder mehrere Unternehmen von einem anderen (dem herrschenden Unternehmen) abhängig sind. Wann dies der Fall ist, sagt § 17 Aktiengesetz: Das herrschende Unternehmen muss unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss auf das oder die rechtlich selbständigen abhängigen Unternehmen ausüben können. Es genügt somit die Möglichkeit der Einflussnahme. Der Einfluss muss auch nicht unmittelbar möglich sein, sondern mittelbare Einflussnahme genügt. Für den Hauptfall der möglichen Einflussnahme wird nach § 17 Abs. 2 Aktiengesetz die Abhängigkeit vermutet, nämlich wenn das eine Unternehmen im Mehrheitsbesitz des anderen steht. Mehrheitsbesitz kann sich nach § 16 Aktiengesetz sowohl aus der Mehrheit der Anteile als auch aus der Mehrheit der Stimmrechte ergeben. An eine Widerlegung der Vermutung nach § 17 Abs. 2 Aktiengesetz werden hohe Anforderungen gestellt. Das Mehrheitsunternehmen muss – beispielsweise durch Ausschluss des Mehrheitsstimmrechtes – auf gewisse Dauer nicht einmal die Möglichkeit der Einflussnahme haben. • Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung. Einen Konzern bilden das eine oder mehrere abhängige Unternehmen und das herrschende Unternehmen, wenn das oder die abhängigen Unternehmen unter der einheitlichen Leitung des herrschenden Unternehmens zusammengefasst sind. Die einheitliche Leitung kann sich aus einer Mehrheitsbeteiligung, aus einer so genannten Eingliederung, aus Vertrag und aus einer faktischen Abhängigkeit ergeben. Zur Mehrheitsbeteiligung siehe oben. Die Eingliederung ist in §§ 319 ff. Aktiengesetz beschrieben. Sie ist nur möglich bei Aktiengesellschaften; alle Aktien der eingegliederten Gesellschaften müssen der Hauptgesellschaft gehören. Folge ist, dass das eingegliederte Unternehmen nach Abschluss des Eingliederungsverfahrens sehr weitgehend vom Hauptunternehmen abhängig ist. Der Vertragskonzern kann auf einem Beherrschungsund Gewinnabführungsvertrag nach § 291 Aktiengesetz beruhen,
223
K
Kosten der Wahl
auf dessen Grundlage die Leitung eines Unternehmens einem anderen Unternehmen unterstellt und von dessen Weisungen abhängig gemacht wird (§ 308 Aktiengesetz). Ein faktischer Konzern ist gegeben, wenn ohne eine vertragliche Abmachung zwischen beiden Unternehmen dennoch die Gleichschaltung der Unternehmensleitungen auf andere Weise gesichert ist. Für die Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung enthält § 18 Abs. 1 Aktiengesetz zwei gesetzliche Vermutungen. Bei Vorliegen eines Beherrschungsvertrages oder bei einer Eingliederung einer Aktiengesellschaft in eine andere wird die tatsächliche Einflussnahme des herrschenden Unternehmens unwiderleglich vermutet. Bei einer Abhängigkeit im Sinne des § 17 Aktiengesetz (siehe oben) wird ein Konzern widerleglich vermutet. Die abgestuften Vermutungsregelungen haben daher zur Folge, dass im Falle einer Mehrheitsbeteiligung eines Unternehmens an einem anderen zunächst einmal der für § 8 BetrVG erforderliche Unterordnungskonzern gesetzlich vermutet wird.
Kosten der Wahl Nach § 20 Abs. 3 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber die Kosten der Wahl zu tragen. Zu unterscheiden sind die eigentlichen Kosten der Wahl (dazu im Folgenden) und die Kosten, die dadurch entstehen, dass der Arbeitgeber nicht berechtigt ist, den im Zusammenhang mit der Wahl entstehenden Arbeitsausfall auf das Arbeitsentgelt anzurechnen (§ 20 Abs. 3 Satz 2 BetrVG). Zum letzteren siehe Stichwort Arbeitsausfall. Die Kostentragungspflicht erstreckt sich auf Sachkosten und persönliche Kosten. Grundsätzlich muss es sich aber um Kosten der Wahl handeln. Dazu zählen: • Kosten für die Bestellung des Wahlvorstands • Kosten der Einladung und Durchführung einer Betriebsversammlung bzw. Wahlversammlung zur Wahl des Wahlvorstands gemäß §§ 17, 17a BetrVG
224
Kosten der Wahl
•
• •
•
K
Kosten für die Abstimmung in Betriebsteilen gemäß § 4 Abs. 1 S. 2 BetrVG über die Frage der Teilnahme an der Wahl im Hauptbetrieb die gesamten Kosten für alle Tätigkeiten des Wahlvorstands die Kosten (nicht mutwilliger) gerichtlicher Verfahren zur Klärung von Streitfragen im Zusammenhang mit der Wahl (BAG, Beschluss v. 8.4.1992, 7 ABR 56/91) – sogar solche, die nicht dem Arbeitgeber oder dem Betriebsrat entstehen, sondern einer Gewerkschaft (BAG Beschluß vom 16.4.2003, 7 ABR 29/02). die Kosten einer (nicht mutwilligen) Wahlanfechtung durch alle Wahlanfechtungsberechtigten (auch durch mindestens drei wahlberechtigte Arbeitnehmer und die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften (BAG Beschluß v. 16.4.2003, 7 ABR 29/02).
Folgende Kosten können dem Arbeitgeber nicht auferlegt werden: • alle Kosten des Wahlkampfs • Kosten für Wahlwerbung • Kosten für die Kandidatenvorstellung • Kosten für Rechtsstreitigkeiten wegen unzulässiger Wahlpropaganda • finanzielle Zuwendungen an Arbeitnehmergruppen oder Wahlbewerber aller Art • nicht notwendige oder unverhältnismäßige Kosten, wie z.B. Druckkosten, die sich daraus ergeben, dass der Wahlvorstand einem Drittunternehmer den Auftrag gibt, die Wahlvorschlagslisten mit den Lichtbildern der Wahlbewerber in Plakatform zu drucken (BAG, Beschluss v. 3.12.1987, 6 ABR 79/85). Im Einzelnen kann es sich bei den Kosten um Sachkosten oder persönliche Kosten handeln. Zu den Sachkosten zählen insbesondere Sachmittel für die Geschäftsführung des Wahlvorstands wie z.B. Schreibmaterial, Schreibmaschine, Aktenordner, Telefon sowie Sachmittel für die Durchführung der Wahl, wie beispielsweise Stimmzettel, Wahlumschläge, Wahlurnen, Wahlkabinen, Abdrucke der Vorschlagslisten, Briefmarken für Briefwahlfreiumschläge. Ferner trägt der Arbeitgeber Kosten
225
K
Kosten der Wahl
für die notwendige Benutzung von Räumlichkeiten (einschließlich Beleuchtung, Beheizung und Einrichtung). Der Arbeitgeber hat die entsprechenden Sachmittel in erster Linie in natura zur Verfügung zu stellen. Nur wenn der Arbeitgeber die beantragten und erforderlichen Sachmittel nicht oder nicht rechtzeitig beschafft und zur Verfügung stellt, darf der Wahlvorstand oder andere Berechtigte das Notwendige im eigenen Namen für Rechnung des Arbeitgebers beschaffen. Die Auslagen sind zu erstatten, und der Arbeitgeber hat die Mitglieder des Wahlvorstands ggf. von Ansprüchen Dritter freizustellen. Wichtig ist aber auch hier, dass der Wahlvorstand nur solche Kosten verursachen darf, die wirklich notwendig sind. Stellt der Arbeitgeber beispielsweise eine Schreibmaschine zur Verfügung, so darf der Wahlvorstand für die Schreibarbeiten keinen Computer kaufen. Ferner sollte der Wahlvorstand (oder andere Berechtigte) die Sachmittel immer zunächst beim Arbeitgeber beantragen, damit dieser seinen Möglichkeiten entsprechend eine kostengünstige Lösung herbeiführen kann. Der Arbeitgeber hat auch die erforderlichen persönlichen Kosten zu tragen, die namentlich den befassten Wahlvorstandsmitgliedern, Wahlhelfern und dem Vermittler nach § 18a BetrVG entstehen. Hierzu zählen: • Kosten für Reisen mit öffentlichen Verkehrsmitteln, die allein im Rahmen der Vorbereitung und Durchführung der Wahl entstanden sind, • Kosten für den eigenen Pkw für obengenannte Reisen (Erstattung in betriebsüblicher Weise, z.B. „km-Pauschale“), • Ersatz der bei unmittelbarer Wahlvorstandstätigkeit erlittenen Sachschäden (für Personenschäden greift die Unfallversicherung ein) (BAG, Beschluss v. 3.3.1983, 6 ABR 4/80 fordert allerdings einschränkend, dass das Wahlvorstandsmitglied nach den Umständen des Einzelfalls die Benutzung des eigenen Pkw für erforderlich halten konnte („erforderliches Risiko“) oder der Arbeitgeber dies gewünscht hat.), • Kosten für die Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung über die Wahlvorschriften und die Einleitung der Durchführung einer Betriebsratswahl sind nur ausnahmsweise zu übernehmen, wenn die Teilnahme unbedingt erforderlich war, etwa weil das einzelne
226
Leiharbeitnehmer
•
L
Wahlvorstandsmitglied keinen ausreichenden Kenntnisstand über diese Angelegenheiten besitzt. Den nicht ausreichenden Kenntnisstand hat grundsätzlich das betreffende Wahlvorstandsmitglied darzulegen. Dies dürfte nur erstmals berufenen Mitgliedern gelingen. Kosten eines arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens im Zusammenhang mit der Betriebsratswahl (Kosten der Beauftragung eines Rechtsanwalts, wenn erforderlich und verhältnismäßig). Die Rechtsverfolgung darf nicht offensichtlich aussichtslos sein, und es muss sich schon um eine schwierige Sach- und Rechtslage handeln, bevor ein Rechtsanwalt beauftragt werden kann. Die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers entfällt nicht deswegen, weil die Kosten nicht dem Wahlvorstand, sondern einer Gewerkschaft entstanden sind (so das BAG, Beschluß vom 16.4.2003, 7 ABR 29/02 für die der Gewerkschaft entstandenen Kosten zur arbeitsgerichtlichen Klärung der Frage der Teilnahme eines Gewerkschaftsvertreters an der Stimmauszählung).
Weiterführende/Verwandte Stichworte: Arbeitsausfall
Leiharbeitnehmer Seit der Novelle des Betriebsverfassungsgesetzes im Jahre 2001 sind auch Leiharbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen wahlberechtigt. Leiharbeitnehmer umschreibt das Gesetz als „Arbeitnehmer eines anderen Arbeitgebers“ die „zur Arbeitsleistung“ überlassen werden. Das setzt voraus, dass sie im Einsatzbetrieb derart eingegliedert sind, dass sie dem Direktionsrecht des dortigen Arbeitgebers unterliegen. Diese Voraussetzung dürfte vor allem für Leiharbeitnehmer im Sinne des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) zutreffen, für die allerdings § 14 Abs. 2 Satz 1 AÜG gilt mit der Folge, dass ihnen das passive Wahlrecht (das Recht, als Betriebsrat gewählt zu werden) nicht zusteht. Von diesem Ausschluss bezüglich der Wählbarkeit werden unmittelbar aber nur Leiharbeitnehmer erfasst, die unter das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz fallen (z.B. Leiharbeitnehmer von einer Zeitarbeitsfirma). Das Bundesarbeitsgericht
227
L
Leiharbeitnehmer
schließt die Wählbarkeit allerdings auch für Mitarbeiter aus, die im Wege der Konzernleihe (§ 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG) oder völlig außerhalb der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung (z. B. aufgrund eines Personalgestellungsvertrags zur Arbeitsleistung überlassene Arbeitnehmer) beschäftigt werden (BAG, Beschluss v. 10.3.2004, 7 ABR 36/03; BAG, Beschluss v. 10.03.2004 - 7 ABR 49/03; BAG, Beschluss v. 20.04.2005 - 7 ABR 20/04).. Leiharbeitnehmer, die nach dieser Prüfung tatsächlich nur wählen können, aber nicht wählbar sind, sind auf der Liste entsprechend auszuweisen, § 2 Abs. 1 S. 2 WOBetrVG. Beispiel: Der Arbeitsvertrag des Arbeitnehmers besteht mit der Konzernmut ter, der Einsatz erfolgt aber ganz überwiegend bei einer Konzern tochter und der Arbeitnehmer untersteht weisungsabhängig den leitenden Angestellten des Tochterunternehmens. Dieser Arbeitneh mer ist unter den Voraussetzungen des § 7 S. 2 BetrVG wahlberech tigt, ist aber nicht wählbar.
Leiharbeitnehmer und andere Arbeitnehmer eines anderen Arbeitgebers, die nach § 7 Satz 2 BetrVG unter Umständen wahlberechtigt sind, zählen nach richtiger Auffassung (BAG, Beschluss v. 10.3.2004, 7 ABR 36/03; Konzen, RdA 2001, S. 76, 83, zustimmend Hanau, NJW 2001 S. 2513, 2515) bei allen Zähl- und Schwellenwerten (§ 1 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, § 9 BetrVG, § 13 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG, § 14a Abs. 1 BetrVG, § 14a Abs. 5 BetrVG, § 28 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, § 28a Abs. 1 Satz 1, § 38 Abs. 1 BetrVG, § 92a Abs. 2 Satz 2 BetrVG, § 95 Abs. 2 Satz 1 BetrVG, § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, § 106 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, § 110 Abs. 1 BetrVG, § 111 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, § 111 Abs. 1 Satz 2 BetrVG, § 112a Abs. 1 BetrVG) grundsätzlich nicht mit. Das gilt unabhängig davon, ob die jeweilige Norm auf die „wahlberechtigten“ Arbeitnehmer abstellt oder nicht. Diese Personen sind nämlich nicht Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes. Das ergibt sich aus § 5 BetrVG, der Leiharbeitnehmer und ähnliche Personen nicht in den Arbeitnehmerbegriff des Betriebsverfassungsgesetzes mit aufnimmt. Hätte der Gesetzgeber ein anderes Ergebnis gewollt, hätte die zentrale Definitionsnorm des § 5 BetrVG geändert werden müsse. § 5 BetrVG stellt indes unverändert auf die arbeitsvertragliche Bindung zwischen Arbeitgeber des Betriebs und Arbeitnehmer ab. Den-
228
Leiharbeitnehmer
L
noch ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass derzeit völlig offen ist, welchen Weg die Arbeitsgerichtsbarkeit in dieser Frage einschlagen wird. Im Zweifel müssen die Risiken einer Fehleinschätzung gegenüber den jeweiligen Auswirkungen gegeneinander abgewogen werden. Eine allgemeine Empfehlung ist daher nicht möglich. Voraussetzung für die Wahlberechtigung ist, dass die betreffende Person „länger als drei Monate im Betrieb eingesetzt wird“. Das bedeutet, dass zum Zeitpunkt der Betriebsratswahl (Tag der Stimmabgabe) feststeht oder prognostiziert werden kann, dass die fragliche Person drei Monate im wählenden Betrieb eingesetzt wird. Diese Kriterien sind schon bei der Aufstellung der Wählerliste heranzuziehen. Täuscht sich der Wahlvorstand aber bei der Aufstellung der Wählerliste, kann er aufgrund der obligatorischen Überprüfung der Wählerliste gem. § 4 Abs. 3 WOBetrVG – nach Ablauf der Einspruchsfrist (2 Wochen nach Erlass) – die Wählerliste aufgrund neuerer Erkenntnisse über den Einsatz des betreffenden Leiharbeitnehmers korrigieren. Ändern sich die Gegebenheiten später noch, kommt es auf die Erkenntnisse am Tag vor dem Wahltag (letzte Möglichkeit zur Änderung der Wählerliste) an. Denn bis zum Tage vor dem Beginn der Stimmabgabe kann der Wahlvorstand die Wählerliste bei offenbaren Unrichtigkeiten noch berichtigen. Die fragliche Aufnahme bzw. Nichtaufnahme des Leiharbeitnehmers muss aber offenbar unrichtig sein. Fehlt es an der nötigen Klarheit, bleibt die Wählerliste unverändert. Bei der Entscheidung, ob die Voraussetzungen des mindestens dreimonatigen Einsatzes gegeben sind, ist in der Regel von der Vertragslage auszugehen. Hat der Arbeitgeber mit dem Verleiher einen Vertrag über einen Leiharbeitnehmer abgeschlossen, der einen längeren Zeitraum als drei Monate erfasst und ist nach dem normalen Lauf der Dinge zu erwarten, dass innerhalb dieses Zeitraums weder die Person des Leiharbeitnehmer wechselt noch sich der Betrieb als Einsatzort ändert, so ist die Voraussetzung in aller Regel erfüllt. Fehlt es an derartigen vertraglichen Indizien, so ist auf den Grund des Einsatzes (Vertretung, Hilfe bei Auftragsspitzen, Projektarbeit o.ä.) abzustellen und daraus die vermutliche Einsatzdauer zu prognostizieren. Im übrigen ist stets auf den aktuellen Einsatz der Person abzustellen. Zu-
229
L
Leitender Angestellter
rückliegende Einsätze – auch wenn dazwischen nur kurze Zeiträume liegen – sind nicht mitzurechnen. Nicht erfasst werden von der Vorschrift so genannte FremdfirmenArbeitnehmer. Für sie ist charakteristisch, dass sie auch während ihres Einsatzes im fremden Unternehmen den Weisungen ihres Arbeitgebers unterliegen. Häufig liegt der Tätigkeit ein Werkvertrag zwischen beiden Firmen zugrunde. Soweit sich Führungskräfte an die Fremdfirmen-Arbeitnehmer direkt wenden, ist zu unterscheiden, ob ihnen gegenüber lediglich die Rechte des Auftraggebers gegenüber dem Werkunternehmer gelten gemacht werden, oder ob nicht doch eine Weisungsabhängigkeit und damit verdeckte Leiharbeit vorliegt.
Leitender Angestellter Leitende Angestellte haben im Betriebsverfassungsrecht eine besondere Position inne. Dies rührt von ihren Aufgaben her, die sie sehr nah an den Unternehmer oder – bei den Kapitalgesellschaften – an den Vorstand oder die GmbH-Geschäftsführer heranrückt. § 5 Abs. 3 Satz 1 BetrVG ordnet aus diesem Grunde an, dass das Betriebsverfassungsgesetz (soweit nicht ausdrücklich bestimmt) auf leitende Angestellte keine Anwendung findet. Insbesondere repräsentiert der Betriebsrat die leitenden Angestellten nicht. Die leitenden Angestellten sind bei den Betriebsratswahlen weder wahlberechtigt, noch können sie selbst gewählt werden. Unter Umständen können sie dafür ihr eigenes Gremium bilden, nämlich den Sprecherausschuss. Das Betriebsverfassungsgesetz enthält eine Definition des leitenden Angestellten. Aus ihr geht – ebenso wie aus dem Namen selbst – hervor, dass leitende Angestellte Arbeitnehmer sind. Vorstände für Aktiengesellschaften oder Geschäftsführer von GmbHs sind beispielsweise keine Arbeitnehmer und demzufolge nicht leitende Angestellte. Die Frage, ob eine Person leitender Angestellter ist, stellt sich erst, wenn die Arbeitnehmereigenschaft geprüft und bejaht wurde. Das Gesetz geht bei der Beschreibung des leitenden Angestellten zweistufig vor. • Zunächst gibt es in § 5 Abs. 3 Satz 2 BetrVG die Voraussetzung wieder, unter denen eine Person leitender Angestellter ist.
230
Leitender Angestellter
•
L
Unter § 5 Abs. 4 BetrVG werden sodann für Zweifelsfälle Auslegungsregeln bereitgehalten.
Leitender Angestellter ist nach § 5 Abs. 3 Satz 2 BetrVG, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb 1. zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist oder 2. Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist oder 3. regelmäßig sonstige, für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder des Betriebs bedeutsamen Aufgaben wahrnimmt. Die jetzige Gesetzesfassung des Begriffs des leitenden Angestellten ist seit dem 1.1.1989 in Kraft. Gegenüber der davor geltenden Fassung wurden zum Teil erhebliche Änderungen vorgenommen. Gerichtsentscheidungen über den Status eines Angestellten, die Fälle vor diesem Zeitpunkt betreffen, können daher nicht immer unbesehen übernommen werden. Die oben unter Nr. 1 bis 3 skizzierten Aufgaben muss ein leitender Angestellter sowohl nach Arbeitsvertrag als auch nach konkreter Ausgestaltung der Tätigkeit im Unternehmen oder Betrieb haben. Es genügt nicht, dass die in Frage stehende Person sich die Aufgaben vertragswidrig anmaßt, ebenso wenig genügt die vertragliche Einräumung von Rechten, die dem Angestellten in der Praxis doch nicht zugestanden werden. Die charakterisierenden Aufgaben kann der Angestellte sowohl unternehmens- als auch betriebsweit haben. Damit wird klargestellt, dass Aufgaben im Betrieb genügen, sie nicht für den gesamten Bereich des Unternehmens eingeräumt sein müssen. Zu 1: Berechtigung zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern Leitender Angestellter nach dieser Variante des § 5 Abs. 3 Satz 2 BetrVG ist nur, wer sowohl zur selbständigen Einstellung als auch zur Entlassung von Arbeitnehmern befugt ist. Eine der beiden Befugnisse reicht nicht. Auf der anderen Seite dürfte unschädlich sein, wenn der
231
L
Leitender Angestellter
in Frage stehende Angestellte die Einstellungen und Entlassungen in Zusammenarbeit mit der Personalabteilung vornimmt. Denn in der Praxis wird diese im Großteil der Fälle zu beteiligen sein, so dass diese Variante der Definition bei einer anderen Sichtweise kaum praktische Relevanz hätte. Die Aufgaben müssen allerdings so verteilt sein, dass die Personalabteilung mehr oder weniger vollziehendes Organ nach Anweisung des in Frage stehenden Angestellten ist (vgl. LAG Hamm, Beschluss v. 16.12.1977, 3 TaBV 50/77). Hingegen reicht weder die „schlichte Vorgesetztenstellung“ (BAG, Beschluss v. 23.1.1986, 6 ABR 51/81), noch der Umstand, dass die Einstellungsbefugnis lediglich im Außenverhältnis zu dem einzustellenden Dritten besteht, intern hingegen die Aufgaben und Befugnisse anderweitig verteilt sind (BAG, Urteil v. 11.3.1982, 6 AZR 136/79). Die Einstellungs- und Entlassungsbefugnis muss sich auf Arbeitnehmer beziehen; die Befugnis zum Abschluss von Verträgen mit selbständigen oder freien Mitarbeitern genügt nicht (BAG, Beschluss v. 27.10.1078, 1 ABR 27/77); in einem solchen Fall kann die Einstufung als leitender Angestellter allenfalls nach den anderen beiden Varianten stattfinden. Zu 2: Generalvollmacht oder Prokura, die auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist Leitende Angestellte sind zum einen Prokuristen. Gemeint ist die Prokura nach dem Handelsgesetzbuch. Ihr gleichgestellt sind Generalbevollmächtigte. Die Gleichstellung zeigt, dass der Generalbevollmächtigte mindestens die gleichen Befugnisse haben muss wie ein Prokurist. Das heißt, er muss grundsätzlich zu allen gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen (mit Ausnahme der Grundstückveräußerung oder –belastung) ermächtigt sein, die der gewöhnliche Geschäftsbetrieb mit sich bringt (vgl. § 49 HGB). Beschränkungen, die zulässigerweise mit Außenwirkung für die Prokura vorgenommen werden, sind sowohl für die Prokura als auch für die Generalvollmacht zur Begründung der Eigenschaft „leitender Angestellter“ unschädlich. Zulässig ist einerseits, dass die Prokura für eine Niederlassung (für einen Betrieb) des Unternehmens beschränkt wird, wenn dieser unter eigenem Namen betrieben wird. Ferner ist für § 5 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG unschädlich, wenn der Proku-
232
Leitender Angestellter
L
rist oder Generalbevollmächtigte nicht allein, sondern nur gemeinsam mit anderen zeichnen darf. Generalvollmacht oder Prokura dürfen im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend sein. Zu den leitenden Angestellten gehören also nicht so genannte „Titularprokuristen“, die nach außen zwar unter der Bezeichnung „Prokurist“ auftreten dürfen, von ihrem Arbeitgeber aber nur die Gestattung zu unbedeutenden Geschäften für das Unternehmen haben. Die Stellung des in Frage stehenden Arbeitnehmers muss sich für das so genannte Außenverhältnis und das so genannte Innenverhältnis jedoch nicht decken. Im Außenverhältnis gegenüber Geschäftspartnern muss die weite Verpflichtungsermächtigung gegeben sein (siehe oben). In der internen Aufgabenverteilung dürfen dem Prokuristen oder Generalbevollmächtigten aber erhebliche Beschränkungen auferlegt sein. Ihm müssen nicht lediglich unbedeutende Aufgabenbereiche verbleiben. Er muss mit anderen Worten bedeutende unternehmerische Leitungsaufgaben wahrnehmen (BAG, Beschluss v. 11.1.1995, 7 ABR 33/94). Zu 3: Regelmäßige Wahrnehmung sonstiger Aufgaben, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn dabei entweder die Entscheidungen im wesentlichen frei von Weisungen getroffen oder sie maßgeblich beeinflusst werden. § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG enthält eine Generalklausel zur Bestimmung des leitenden Angestellten. Nach ihr muss die gesamte Tätigkeit des in Frage stehenden Angestellten ins Auge gefasst und danach beurteilt werden, ob bedeutsame unternehmerische Aufgaben bei erheblichem Entscheidungsspielraum wahrgenommen werden. Unschädlich ist nach der Bestimmung, wenn Vorgaben insbesondere aufgrund von Rechtsvorschriften, Plänen oder Richtlinien ergehen oder wenn die Person mit anderen leitenden Angestellten zusammenzuarbeiten hat. In Betracht kommt ein breites Spektrum von Aufgaben, nämlich sowohl wirtschaftliche oder technische als auch kaufmännische, organisatorische oder wissenschaftliche Führungsaufgaben (BAG, Beschluss v. 1.6.1976, 1 ABR 118/74).
233
L
Leitender Angestellter
Die dabei anstehenden Entscheidungen muss der Betroffene zumindest maßgeblich beeinflussen, wenn er sie nicht selbst trifft. Beurteilungskriterien für den maßgeblichen Einfluss können sowohl Entscheidungsfreiheit, Entscheidungsvorbereitung, Entscheidungsvorwegnahme, Entscheidungskontrolle, Eigenverantwortung, Unternehmerfunktion, Arbeitgeberfunktion gegenüber der anderen Belegschaft und die Position im Rahmen von Verhandlungen mit dem Betriebsrat sein (BAG, Beschluss v. 19.11.1974, 1 ABR 20/73). Wichtig ist der eigene Entscheidungsspielraum. Wie weit er gehen muss, hängt jeweils von den Umständen im Einzelfall ab. Kriterien sind die Größe und Struktur des Unternehmens, die Unternehmensorganisation (zentral/dezentral), die Delegationsstufe/Führungsebene, auf der der Angestellte Führungsfunktionen in Stab oder Linie wahrnimmt, sowie der Grad, in dem er in Pläne, Richtlinien, Genehmigungsvorbehalte und Rechenschaftspflichten eingebunden ist (BAG, Beschluss v. 23.1.1986, 6 ABR 51/81). Es reicht also nicht aus, wenn der Arbeitnehmer lediglich mit der Bearbeitung einer wichtigen Aufgabe betraut ist, ebenso wenig reicht es aus, wenn Aufgaben und Entscheidungen lediglich nach außen „verkauft“ werden. Die Aufgaben müssen zudem für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebes von Bedeutung sein. Konkrete Anhaltspunkte für dieses Merkmal lassen sich nicht geben. Erforderlich ist, dass dem Angestellten ein nicht unerheblicher Teil der unternehmerischen Aufgaben im Unternehmen oder im Betrieb zufällt. Die Auswirkungen für die Entscheidungen müssen im Betrieb oder im Unternehmen zumindest irgendwie spürbar sein. Das Gesetz verlangt ferner, dass dem Angestellten diese Aufgaben mit Blick auf besondere Erfahrungen und Kenntnisse übertragen worden sind. Eine spezielle Ausbildung – wie etwa ein Studium – ist nicht erforderlich. Es müssen nur irgendwie geartete Kenntnisse oder Fähigkeiten sein, die über die für einen „normalen“ Angestellten erforderlichen hinaus gehen. Allgemein ist davon auszugehen, dass ein Angestellter, der die obengenannten besonderen, unternehmerischen Aufgaben übertragen bekommen hat, hierzu auch geeignet ist (BAG, Beschluss v. 9.12.1975, 1 ABR 80/73). Einer besonderen Prüfung dieses Merkmals bedarf es daher im Regelfall nicht.
234
Leitender Angestellter
L
Schließlich ist Voraussetzung, dass ein Angestellter die vorbeschriebenen Aufgaben regelmäßig wahrnehmen muss, um leitender Angestellter zu sein. Damit wird ausgeschlossen, dass Angestellte, die nur gelegentlich Führungsaufgaben wahrnehmen, zu leitenden Angestellten werden. „Regelmäßig“ heißt aber nicht, dass der Angestellte ausschließlich solche Tätigkeiten wahrnehmen muss. Es wird nicht einmal gefordert, dass die vorbeschriebenen Aufgaben die gesamte Tätigkeit des Angestellten deutlich prägen. Demzufolge ist unschädlich, wenn ein Angestellter neben unternehmerischen Aufgaben auch in spürbarer Zahl einfache, routinemäßige Aufgaben erfüllt. Dies wird gerade in kleineren Unternehmen häufig der Fall sein. Das Merkmal „regelmäßig“ wird besonders häufig bei Stellvertretern von leitenden Angestellten in Frage stehen. „Regelmäßig“ heißt zwar nicht, dass der Angestellte dauernd unternehmerische Aufgaben wahrnehmen muss. Eine vorübergehende, gelegentliche oder kurzfristige Vertretung reicht aber nicht aus (BAG, Beschluss v. 23.1.1986, 6 ABR 22/82). Es genügt also insbesondere nicht, wenn der Stellvertreter nur während der urlaubsbedingten Abwesenheit des leitenden Angestellten dessen Aufgaben wahrnimmt, im übrigen aber mit eventuellen Kollegen gemeinsam und in gleicher Weise die Aufgaben eines „einfachen“ Angestellten erfüllt. In einer Probezeit kann ein Angestellter ohne weiteres bereits leitender Angestellter sein. Dies ist allerdings nicht der Fall, wenn ihm nach der vertraglichen Regelung die unternehmerischen Aufgaben und Kompetenzen erst nach Beendigung der Probezeit zufallen. Die vorstehend beschriebenen Kriterien des § 5 Abs. 3 BetrVG zur Abgrenzung der leitenden Angestellten enthalten ersichtlich viele „weiche“ Kriterien, die eine messerscharfe Zuordnung nicht immer leicht machen werden. Die Arbeitsgerichte bis hin zum Bundesarbeitsgericht hatten daher bereits einige Fälle zu entscheiden, bei denen es fast immer um Leiter einzelner Abteilungen ging. In der Kommentarliteratur zu § 5 Abs. 3 BetrVG findet sich oftmals eine Liste dieser Entscheidungen. Sie ist allerdings in der Praxis wenig hilfreich. Denn die Funktion und Funktionsebene, auf der der Angestellte beschäftigt wird, ist – wie oben beschrieben – allenfalls ein Kriterium bei der vielschichtigen Prüfung nach § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG. Oh-
235
L
Leitender Angestellter
ne Kenntnis der konkreten Aufgaben und Tätigkeiten des jeweiligen Angestellten sind Gerichtsentscheidungen nicht auf den jeweils zu beurteilenden Fall übertragbar. Der Gesetzgeber selbst hat in Kenntnis der Schwierigkeit bei der Abgrenzung in § 5 Abs. 4 BetrVG vier Hilfskriterien genannt, die in Zweifelsfällen weiterhelfen sollen. Für die endgültige Klassifizierung von Angestellten – ggf. durch die Arbeitsgerichte – können diese vier Kriterien nicht zu einer von § 5 Abs. 3 BetrVG abweichenden Bewertung führen. Jene ist in diesem Fall vorrangig. Für die Praxis bieten sie aber verschiedene Anhaltspunkte für eine schnellere Einordnung. Nach § 5 Abs. 4 BetrVG ist im Zweifel leitender Angestellter im Sinne des § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG, wer 1. aus Anlass der letzten Wahl des Betriebsrats, des Sprecherausschusses oder von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer oder durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung den leitenden Angestellten zugeordnet worden ist – dies Kriterium kann selbstverständlich nur gelten, wenn nicht die Aufgaben des betreffenden Angestellten in der Zwischenzeit reduziert oder sonst verändert wurden – oder 2. der Angestellte einer Leitungsebene angehört, auf der in dem Unternehmen überwiegend leitende Angestellte vertreten sind – überwiegend heißt dabei mehr als die Hälfte – oder 3. ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das für leitende Angestellte in dem Unternehmen üblich ist, – maßgeblich ist das gesamte Jahresarbeitsentgelt einschließlich aller Vergütungen und Sachleistungen außer Aufwendungsersatz, soweit die Leistungen über mehrere Jahre hinweg mit einiger Regelmäßigkeit erbracht werden. Die Höhe kann dabei schwanken, ein Angestellter wird jedoch nicht in einem Jahr zum leitenden Angestellten, in dem er eine außerordentlich hohe einmalige Vergütung für Arbeitnehmererfindungen erhält. Mangels gesetzlicher Festlegung empfiehlt es sich, das vergangene Jahr als Vergleichszeitraum zu nehmen, da allein hierfür konkrete Daten feststehen (sich deutlich abzeichnende Veränderungen im laufenden Jahr müssen aber berücksichtigt werden).
236
Listenvertreter
L
Als Vergleichsmaßstab kann sowohl der Durchschnitt aller sicher als leitend festgestellter Angestellter ebenso wie der einer bestimmten Funktionsgruppe herangezogen werden. Durch die Durchschnittsbildung wird es auch nicht erforderlich, dem Betriebsrat die Bezüge einzelner Personen offenzulegen, was häufig nicht das Einverständnis der Betroffenen finden wird. (Falls auch bei der Anwendung der Nr. 3 noch Zweifel bleiben:) ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das das Dreifache der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch überschreitet. Dieses Kriterium ist ein letzter „Rettungsanker“. Er kommt nur in Betracht, wenn die vorigen Kriterien, insbesondere Nr. 3 nicht zu einer klaren Abgrenzung führen. Dies wird wohl nur dann der Fall sein, wenn es entweder keine eindeutig als leitende Angestellte zu klassifizierenden Personen im Unternehmen gibt oder wenn das Entgelt bei nur weniger leitenden Angestellten sehr stark variiert. Der Grenzwert für 2005 beträgt (wie schon für 2004) für die alten Bundesländer einschließlich West-Berlin 86.940,- EUR, für die neuen Bundesländer einschließlich Ost-Berlin 73.080,- EUR. Gerät die Zuordnung eines Angestellten zu den leitenden Angestellten in Streit, so kann dies gerichtlich geklärt werden; besteht ein Sprecherausschuss, so ist zudem ein besonderes Zuordnungsverfahren vorgesehen. Zu beidem Zuordnung zu leitenden Angestellten.
Listenvertreter Im regulären Wahlverfahren erfolgt die Wahl aufgrund von Vorschlagslisten. Die Wahlordnung sieht in § 6 Abs. 4 vor, dass zu jeder dieser Vorschlagslisten ein so genannter Listenvertreter zugeordnet wird. Listenvertreter kann nur ein Arbeitnehmer sein, der die betreffende Liste auch unterzeichnet hat. Der Listenvertreter dient dem Wahlvorstand als Ansprechpartner für alle die Vorschlagsliste betreffenden Fragen und Beanstandungen. Wer Listenvertreter wird, können in erster Linie die Unterzeichner des Wahlvorschlags bestimmen. Sie können gegenüber dem Wahlvorstand einen Listenvertreter benennen – entweder ausdrücklich auf der Liste vermerkt oder in einem
237
L
Listenwahl
beigefügten Begleitschreiben. Haben die Unterzeichner bei Einreichung der Vorschlagsliste noch keinen Listenvertreter benannt, so kann dies noch nachgeholt werden. Fehlt es an einer ausdrücklichen Benennung, so gilt derjenige als Listenvertreter, der die Liste an räumlich erster Stelle unterzeichnet hat. Auch die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften haben das Recht, Vorschlagslisten einzureichen. Der Wahlvorschlag einer Gewerkschaft muss nach § 27 Abs. 2 WOBetrVG von zwei Beauftragten der Gewerkschaft unterzeichnet sein. § 27 Abs. 3 WOBetrVG bestimmt, dass der an erster Stelle unterzeichnete Beauftragte als Listenvertreter gilt. Die Gewerkschaft hat aber die Möglichkeit, einen Arbeitnehmer des Betriebs, der Mitglied der Gewerkschaft ist, als Listenvertreter zu benennen (§ 27 Abs. 3 Satz 2 WOBetrVG). Der Listenvertreter hat die gesetzliche Vertretungsmacht für alle Listenunterzeichner und ist daher berechtigt und verpflichtet, dem Wahlvorstand gegenüber die zur Beseitigung von Beanstandungen erforderlichen Erklärungen abzugeben sowie Erklärungen und Entscheidungen des Wahlvorstands entgegenzunehmen. Er braucht dafür nicht mehr die Zustimmung der anderen Unterzeichner der Vorschlagsliste einzuholen. Ist der Listenvertreter erst einmal benannt, kann er nicht mehr seines Amtes enthoben werden. Allerdings sind die Befugnisse des Listenvertreters auch beschränkt. Er ist nur Ansprechpartner des Wahlvorstands, kann aber nicht von sich aus über das Schicksal der Vorschlagsliste entscheiden. So ist er beispielsweise nicht zur Rücknahme der Liste berechtigt. Weiterführende/Verwandte Stichwörter: Vorschlagsliste
Listenwahl Verhältniswahl
Mehrheitswahl Die Mehrheitswahl ist Personenwahl. Jeder Wähler hat so viele Stimmen, wie Betriebsratsmitglieder zu wählen sind. Er wählt also nicht
238
Mehrheitswahl
M
eine Liste, sondern nur einzelne Kandidaten. Der Wähler darf nicht mehr Bewerber ankreuzen, als Betriebsratsmitglieder zu wählen sind. Kreuzt er zu viele Bewerber an, ist die Stimmabgabe wegen Mehrdeutigkeit bzw. Unklarheit ungültig. Zulässig ist es hingegen, weniger Bewerber anzukreuzen als möglich. Der Wähler kann nicht mehrere Stimmen auf einen Bewerber vereinigen. Eine Stimmhäufung ist also nicht möglich. Die Betriebsratswahl findet in zwei Fällen als Mehrheitswahl statt, nämlich wenn • im regulären Wahlverfahren nur eine gültige Vorschlagsliste abgegeben wurde oder • im vereinfachten Wahlverfahren gewählt wird; in diesem Fall findet die Mehrheitswahl immer statt. Werden hingegen im regulären Wahlverfahren mehrere gültige Vorschlagslisten abgegeben, so findet die Verhältniswahl statt. Für die Mehrheitswahl im regulären Wahlverfahren einerseits und im vereinfachten Wahlverfahren andererseits ergeben sich nur wenige Unterschiede. Die Vergabe der Betriebsratssitze unterscheidet sich vielmehr danach, ob mehrere Betriebsratssitze oder nur ein Sitz zu besetzen sind: Wahl mehrerer Betriebsratsmitglieder Nach Öffnung der Wahlurne entnimmt der Wahlvorstand die Stimmzettel den Wahlumschlägen und stellt die auf jeden Bewerber entfallenen Stimmen zusammen. Die Ermittlung der Gewählten ergibt sich für das reguläre Wahlverfahren unmittelbar aus § 22 WOBetrVG, für das vereinfachte Wahlverfahren aus der vorgenannten Norm über die Verweisungen in § 36 Abs. 4 WOBetrVG, § 34 Abs. 5 WOBetrVG. Die Feststellung des Wahlergebnisses vollzieht sich in folgenden Schritten: 1. Zunächst wird die Zahl der Mindestsitze des Minderheitsgeschlechts festgestellt (dazu Sitzverteilung). 2. Die auf das Minderheitsgeschlecht entfallenden Mindestsitze werden zuerst verteilt. Hierzu werden die der Zahl der Mindestsitze entsprechenden Sitze der Reihe nach auf die Bewerber des Minderheitsgeschlechts mit den meisten errungenen Stimmen unter
239
M
Mehrheitswahl
Auslassung von Bewerbern des Mehrheitsgeschlechts verteilt. Haben sich weniger Angehörige des Minderheitsgeschlechts zur Wahl gestellt oder sind weniger Bewerber dieses Geschlechts gewählt worden als ihm Mindestsitze zustehen (Kandidaten mit „0“ Stimmen gelten als nicht gewählt), so sind die nicht von Bewerbern des Minderheitsgeschlechts zu besetzenden Sitze nach Schritt 3 zu verteilen. 3. Nach der Verteilung der Mindestsitze des Minderheitsgeschlechts werden die verbleibenden Sitze an die Bewerber beider Geschlechter mit den meisten errungenen Stimmen verteilt, die keinen Sitz nach Schritt 2 erhalten haben. Rücksicht auf das Geschlecht wird nicht mehr genommen. Sitze können also sowohl Vertreter des Mehrheits- als auch des Minderheitsgeschlechts bekommen. Beispiel: Der Betrieb hat 40 Wahlberechtigte, 25 Männer und 15 Frauen. Der Betriebsrat besteht aus drei Mitgliedern. Die Frauen haben als Min derheitsgeschlecht nach § 5 WOBetrVG einen Mindestsitz. Kandidiert haben die Arbeitnehmer A, B, C und D sowie die Arbeitnehmerinnen E und F. Die Wahl ergab folgendes Ergebnis: A: 30, B: 25, C: 20, D: 15, E: 18, F: 12. Zunächst wird der Mindestsitz für die Frauen verteilt. E als Arbeit nehmerin mit den meisten Stimmen erhält den Sitz. Sodann werden die verbleibenden zwei Sitze auf die Bewerber mit den zwei höchsten Stimmen verteilt. Dies sind A und B. Gewählt sind folglich A, B und E.
Die dreistufige Sitzverteilung führt dazu, dass das Minderheitsgeschlecht den Betriebsrat dominieren kann. Nach der Feststellung der Gewählten hat der Wahlvorstand die als Betriebsratsmitglieder gewählten Arbeitnehmer unverzüglich schriftlich von ihrer Wahl zu benachrichtigen. Erklärt ein Gewählter nicht binnen drei Arbeitstagen nach Zugang der Benachrichtigung dem Wahlvorstand, dass er die Wahl ablehne, so gilt die Wahl als angenommen. Eine Pflicht für den Gewählten zur Annahme der Wahl besteht nicht. Die angesprochene Drei-Tages-Frist beginnt am Tage nach dem Zugang der Benachrichtigung. Sie endet mit Ablauf des
240
Mehrheitswahl
M
dritten Arbeitstages. Die Ablehnungserklärung ist an die Betriebsadresse des Wahlvorstands zu richten. Für die Einhaltung der Frist sind auch hier ggf. die vom Wahlvorstand angegebenen Dienststunden zu beachten. Hat der Gewählte die Wahl fristgerecht abgelehnt, so gilt er als nicht gewählt (§§ 17, 23 Abs. 1, 34 Abs. 3, 36 Abs. 4 WOBetrVG). Lehnt ein Gewählter die Wahl ab, so tritt an seine Stelle der nicht gewählte Bewerber mit der nächsthöchsten Stimmenzahl ohne Rücksicht auf das Geschlecht (Grundregel). Für den Fall, dass durch die Ablehnung das Minderheitsgeschlecht nicht mehr die garantierten Mindestsitze erhalten würde, gibt es eine Sonderregelung (§§ 23 Abs. 2 Satz 2, 34 Abs. 5, 36 Abs. 4 WOBetrVG): An die Stelle des Ablehnenden tritt der (eigentlich) nicht gewählte Bewerber desselben Geschlechts mit der nächsthöchsten Stimmenzahl, § 23 Abs. 2 S. 3 WOBetrVG. Sollte kein Bewerber des Minderheitsgeschlechts mehr vorhanden sein (Kandidaten mit „0“ Stimmen sind ebenfalls nicht zu berücksichtigen), gilt die Grundregel. Wahl eines einköpfigen Betriebsrats Bei der Wahl eines einköpfigen Betriebsrats kommt es zu einer einfachen Bestimmung der Gewählten: • Gewählt ist, wer die meisten Stimmen erhalten hat. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los. • Die nicht gewählten Bewerber, die wenigstens eine Stimme erhalten haben, sind Ersatzmitglieder in der Reihenfolge der erreichten Stimmenzahl.. • Eine Mindestgeschlechterquote gibt es in diesem Fall nicht, § 15 Abs. 2 BetrVG. Auch die bis zum Erlass der aktuellen Wahlordnung geltende getrennte Wahl von Betriebsrat und Ersatzmitglied entfällt. Nach der Feststellung der Gewählten hat der Wahlvorstand den gewählten Kandidaten unverzüglich schriftlich von seiner Wahl zu benachrichtigen. Erklärt der Gewählte nicht binnen drei Arbeitstagen nach Zugang der Benachrichtigung dem Wahlvorstand, dass er die Wahl ablehne, so gilt die Wahl als angenommen. Eine Pflicht zur Annahme der Wahl besteht nicht. Die angesprochene Drei-TagesFrist beginnt am Tage nach dem Zugang der Benachrichtigung. Sie endet mit Ablauf des dritten Arbeitstages. Die Ablehnungserklärung
241
N
Nichtigkeit der Betriebsratswahl
ist an die Betriebsadresse des Wahlvorstands zu richten. Für die Einhaltung der Frist sind auch hier ggf. die vom Wahlvorstand angegebenen Dienststunden zu beachten. Hat der Gewählte die Wahl fristgerecht abgelehnt, so gilt er als nicht gewählt (§§ 17, 23 Abs. 1, 34 Abs. 3, 36 Abs. 4 WOBetrVG). Lehnt der gewählte Betriebsrat die Wahl ab, so tritt an seine Stelle der nächste nicht gewählte Bewerber in der Reihenfolge der erreichten Stimmen ohne Rücksicht auf das Geschlecht. Hinsichtlich der unterschiedlichen Ausgestaltung der Stimmzettel sowie der Handhabung der Briefwahl einerseits und der nachträglichen Stimmabgabe andererseits siehe Stimmabgabe, eine Vorschlagsliste und Stimmabgabe, vereinfachtes Wahlverfahren. Weiterführende/Verwandte Stichwörter: Grundsätze der Wahl, Verhältniswahl
Nichtigkeit der Betriebsratswahl Fehler, die im Verlaufe der Betriebsratswahl auftreten, führen in aller Regel allenfalls zu der vom Gesetz vorgesehenen Rechtsfolge, nämlich der Wahlanfechtung nach § 19 BetrVG. Nur in krassen Ausnahmefällen kann die schärfere Folge der Nichtigkeit der Betriebsratswahl eintreten. Dies ist bei besonders groben und offensichtlichen Verstößen gegen die gesetzlichen Wahlregeln der Fall. Die allgemeinen Grundsätze jeder ordnungsgemäßen Wahl müssen aber in einem solchen Maße verletzt sein, dass selbst der Anschein einer Wahl nicht mehr vorliegt (BAG, Beschluss v. 29.4.1998, 7 ABR 42/97). Auch die Häufung von Verstößen gegen wesentliche Wahlvorschriften, die je für sich lediglich die Anfechtbarkeit der Wahl rechtfertigen würde, kann nach einer Auffassung, die in weiten Teilen der Literatur – und früher vom BAG (z.B. Beschluss v. 27.4.1976 - 1 AZR 482/75) – vertreten wurde, zur Wahlnichtigkeit führen; in diesem Fall ist eine Gesamtwürdigung aller Verstöße vorzunehmen. Allerdings hat das BAG nunmehr seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben und lehnt eine summarische Betrachtung ab: verschiedene Verstöße, die je für sich nicht zur Nichtigkeit der Wahl führen, können zusammengenommen
242
Nichtigkeit der Betriebsratswahl
N
auch nicht zu diesem Ergebnis führen (BAG, Beschluss v. 19.11.2003 7 ABR 24/03). Liegen solche gravierenden Verstöße vor, so kommt es nicht darauf an, ob das Wahlergebnis ohne die Verstöße anders ausgefallen wäre. Wird die Nichtigkeit der Wahl festgestellt, so hat dies bis zur Wahl rückwirkende Kraft. Es wird so verfahren, als hätte der Betriebsrat nie bestanden. Seine Handlungen einschließlich abgeschlossener Betriebsvereinbarungen sind unwirksam. Die Betriebsratsmitglieder genießen nicht den Kündigungsschutz nach §§ 15 KSchG und 103 BetrVG, sondern lediglich den als Wahlbewerber nach § 15 KSchG. War allerdings der Nichtigkeitsgrund auch schon bei Erstellung der Vorschlagslisten gegeben, entfällt auch der Kündigungsschutz als Wahlbewerber (vgl. BAG, Urteil v. 26.09.1996, 2 AZR 528/95 zum Entfall des Kündigungsschutzes schon bei der Kandidatur eines nicht wählbaren Wahlbewerbers, also einem Fehler, der nicht einmal zur Nichtigkeit der Wahl reicht). Die Nichtigkeit der Betriebsratswahl kann sowohl von einzelnen Arbeitnehmern als auch von Gewerkschaft und Arbeitgeber geltend gemacht werden. Die Geltendmachung ist nicht an Fristen gebunden. Bei zu langem Warten in Kenntnis der möglichen Nichtigkeit droht aber der Einwand der Verwirkung. Die Geltendmachung der Nichtigkeit ist auch nicht an ein bestimmtes Verfahren gebunden. Sie kann in jedem gerichtlichen Verfahren als Vorfrage geklärt werden, sie kann aber auch in einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren abstrakt geklärt werden. Auch in einem Wahlanfechtungsverfahren kann die Nichtigkeit der Wahl geprüft werden. Beispiele für Nichtigkeitsgründe: • Betriebsratswahl in einem nicht betriebsratsfähigen Betrieb (BAG, Beschluss v. 29.4.1998, 7 ABR 42/97); • Bildung des Betriebsrats in einer Betriebsversammlung spontan durch Zuruf (BAG, Urteil v. 12.10.1961, 5 AZR 423/60, BB 62, 48); • offensichtliche oder willkürliche Verkennung des Betriebsbegriffs (BAG, Beschluss v. 11.4.1978, 6 ABR 22/77, AP Nr. 8 zu § 19 BetrVG 1972), u.U. auch nach einer gerichtlichen Entscheidung in einem vorausgegangenen Verfahren nach § 18 Abs. 2 BetrVG (BAG, Beschluss v. 19. November 2003, 7 ABR 25/03);
243
N
Niederschrift über die Betriebsratswahl
•
• •
Wahl eines Betriebsrats für einen Betriebsteil, für den bereits ein Betriebsrat gewählt und dessen Wahl nicht angefochten worden ist (BAG, Beschluss v. 11.4.1978, 6 ABR 22/77, AP Nr. 8 zu § 19 BetrVG 1972); Wahl einer Person zum Betriebsrat, die offensichtlich kein Arbeitnehmer des Betriebs ist; Vorzeitige, vor Abschluss des Wahlgangs und unter Ausschluss der Öffentlichkeit erfolgte Öffnung der Wahlurne und anschließende nichtöffentliche Stimmenauszählung.
Niederschrift über die Betriebsratswahl Nach § 16 WOBetrVG ist nach Feststellung des Wahlergebnisses eine Wahlniederschrift zu erstellen. Dies hat in der öffentlichen Sitzung der Stimmauszählung zu geschehen. Da die Niederschrift vom (gesamten) Wahlvorstand zu erstellen ist, sollte sie von einem oder mehreren Mitgliedern des Wahlvorstands vorbereitet werden; der Inhalt ist dann vom Wahlvorstand durch Beschluss seiner stimmberechtigten Mitglieder festzustellen. Schließlich muss die Niederschrift vom Vorsitzenden und von mindestens einem weiteren stimmberechtigten Mitglied des Wahlvorstands unterschrieben werden (§ 16 Abs. 2 WOBetrVG); unterbleibt die Unterschrift oder unterschreiben nicht mindestens die angegebenen Personen, so liegt keine (ordnungsgemäße) Niederschrift vor. Die Niederschrift legt das Ergebnis nicht verbindlich fest. Insbesondere im Fall einer Wahlanfechtung entscheiden die in den Wahlakten befindlichen Stimmzettel und die auf deren Grundlage vorgenommene Ermittlung des Wahlergebnisses. Aus diesem Grund darf die Niederschrift auch nachträglich berichtigt werden. Offensichtliche Unrichtigkeiten wie Schreib- oder Rechenfehler können ohne weiteres korrigiert werden; im übrigen ist ein Beschluss des Wahlvorstands über die Berichtigung erforderlich, auch sollten die Unterzeichner die Berichtigung nochmals abzeichnen. Unterbleibt die Niederschrift ganz, so hat das keine Folgen. Eine Wahlanfechtung kann darauf nicht gestützt werden, da die Anfertigung der Wahlniederschrift keinen Einfluss mehr auf den Ausgang der Wahl haben kann.
244
Persönlichkeitswah
N
Der notwendige Inhalt der Wahlniederschrift hängt teilweise davon ab, ob eine Verhältniswahl oder eine Mehrheitswahl durchgeführt wurde. Bei der Verhältniswahl muss die Niederschrift folgende Angaben enthalten: 1. die Gesamtzahl der abgegebenen Wahlumschläge und die Zahl der abgegebenen gültigen Stimmen; 2. die jeder Liste zugefallenen Stimmenzahlen; 3. die berechneten Höchstzahlen; 4. die Verteilung der berechneten Höchstzahlen auf die Listen; 5. die Zahl der ungültigen Stimmen; 6. die Namen der in den Betriebsrat gewählten Bewerber; 7. gegebenenfalls besondere während der Betriebsratswahl eingetretene Zwischenfälle oder sonstige Ereignisse. Bei der Mehrheitswahl hat die Niederschrift folgenden notwendigen Inhalt: 1. die Gesamtzahl der abgegebenen Wahlumschläge und die Zahl der abgegebenen gültigen Stimmen; 2. die jedem Bewerber zugefallenen Stimmenzahlen 3. die Zahl der ungültigen Stimmen; 4. die Namen der in den Betriebsrat gewählten Bewerber; 5. gegebenenfalls besondere während der Betriebsratswahl eingetretene Zwischenfälle oder sonstige Ereignisse. Weiterführende/Verwandte Stichwörter: Stimmenauszählung, unverzüglich, Wahlvorstand
Persönlichkeitswahl Mehrheitswahl
245
S
Sitzverteilung
Sitzverteilung Vor der Wahl ist nach Ermittlung der Größe des Betriebsrats zu ermitteln, wie viele Betriebsratssitze auf die Geschlechtergruppen entfallen. Dazu Geschlecht des Arbeitnehmers. Nach der Wahl hat der Wahlvorstand festzustellen, welche Kandidaten konkret einen Sitz im Betriebsrat erhalten haben. Dazu gemeinsame Wahl, Verhältniswahl, Mehrheitswahl.
Sofort Bei wenigen Maßnahmen im Rahmen der Betriebsratswahl wird angeordnet, dass sie „sofort“ vorzunehmen seien. Dieser Begriff zwingt zu noch weit größerer Eile als der Begriff „unverzüglich“. „Sofort“ verbietet jeden Aufschub. Keine – auch nicht entschuldbare – Verzögerungen dürfen auftreten. Dies erklärt, dass diese höchste Stufe der Eile insbesondere dort angeordnet wird, wo ein Überlegen oder eine Rücksprache überhaupt nicht erforderlich ist. Wird innerhalb der Einreichungsfrist und der gesetzten Nachfrist nicht ein einziger gültiger Wahlvorschlag eingereicht, so hat der Wahlvorstand sofort bekanntzumachen, dass der Wahlgang nicht stattfindet (§ 9 Abs. 2 WOBetrVG). Weiterführende/Verwandte Stichwörter: Unverzüglich
Sprecherausschuss Der Sprecherausschuss ist die Vertretung der leitenden Angestellten, geregelt im Gesetz über Sprecherausschüsse der leitenden Angestellten (SprAuG). Er hat allerdings bei weitem nicht so umfangreiche Beteiligungsrechte wie der Betriebsrat. Insbesondere eine erzwingbare Mitbestimmung wie die des Betriebsrats kennt das Sprecherausschussgesetz nicht. Die Wahlen sind ergänzend zu §§ 3 ff. SprAuG in der Wahlordnung zum SprAuG geregelt.
246
Sprecherausschuss
S
Die Errichtung und Organisation des Sprecherausschusses haben einige Parallelen zum Betriebsrat. Zusammengefasst gelten für die Bildung des Sprecherausschusses folgende Regeln: • Gebildet werden kann ein Sprecherausschuss in Betrieben mit mindestens zehn leitenden Angestellten (§ 1 Abs. 1 SprAuG). Um die Bildung des Sprecherausschusses zu erleichtern, gelten leitende Angestellte eines Betriebes mit in der Regel weniger als zehn leitenden Angestellten als leitende Angestellte des räumlich nächstgelegenen Betriebs desselben Unternehmens, der die erforderliche Größe erreicht. Außerdem kann – anders als beim Betriebsrat – auf Unternehmensebene anstelle des Sprecherausschusses ein Unternehmenssprecherausschuss gewählt werden, wenn dies die Mehrheit der mindestens zehn unternehmensweit vorhandenen leitenden Angestellten verlangt (§ 20 Abs. 1 SprAuG, §§ 34 ff. WOSprAuG) – dieser ist vom Gesamtsprecherausschuss zu unterscheiden, der parallel zum Gesamtbetriebsrat zwar auch auf Unternehmensebene gebildet wird, allerdings auch wie der Gesamtbetriebsrat durch Entsendung von Mitgliedern der einzelnen Betriebsvertretungen. • Die regelmäßigen Wahlen finden parallel zu den Betriebsratswahlen statt. Da die Abläufe weitgehend parallel ablaufen, ist ein ähnlicher Zeitbedarf einzuplanen. Außerhalb dieses Zeitraums finden Sprecherausschusswahlen aus den gleichen Gründen statt wie Betriebsratswahlen (§ 5 SprAuG, Zeitpunkt der Betriebsratswahl). • Wahlberechtigt sind alle leitenden Angestellten des Betriebs. Wählbar sind alle leitenden Angestellten mit sechsmonatiger Zugehörigkeit zum Betrieb oder zu anderen Betrieben des Unternehmens oder des Konzerns; nicht wählbar sind allerdings ergänzend zu den Ausschlüssen der Wählbarkeit beim Betriebsrat leitende Angestellte, die Verhandlungspartner des Sprecherausschusses sind oder die nach §§ 6 Abs. 2 MitbestG 1976, 105 Abs. 1 AktG auch nicht in den Aufsichtsrat zu wählen sind. Voraussetzung für aktives und passives Wahlrecht ist ebenfalls die Eintragung in die Wählerliste, § 2 Abs. 3 WOSprAuG. • Der Sprecherausschuss besteht ab 10/21/101/301 leitenden Angestellten aus einem/drei/fünf/sieben leitenden Angestellten, § 4 SprAuG.
247
S
Sprecherausschuss
• •
•
•
•
•
•
248
Zur Amtszeit vgl. Amtszeit des Betriebsrats, § 5 Abs. 4 SprAuG. Die Bestellung des Wahlvorstands entspricht der für die Betriebsratswahlen (§ 7 SprAuG, vgl. Wahlvorstand). Die Frist ist also zehn Wochen vor Ablauf der Amtszeit des amtierenden Sprecherausschusses. Besonderheiten: Die Gewerkschaften haben kein Initiativrecht. Besteht bisher kein Sprecherausschuss, ist zuerst und unverzüglich eine Abstimmung über die Einrichtung zu organisieren (§ 7 Abs. 2 Satz 3 und 4 SprAuG, §§ 26 ff. WOSprAuG). Der Wahlvorstand kann sich eine Geschäftsordnung geben und Wahlhelfer bestellen, § 1 Abs. 2 WOSprAuG. Auch der Sprecherausschuss-Wahlvorstand hat eine Wählerliste zu erstellen, die Zuordnung der leitenden Angestellten ist mit dem Betriebsrats-Wahlvorstand abzustimmen (§§ 2 WOSprAuG, 18a BetrVG). Zu den Einsprüchen gegen die Wählerliste Einspruch gegen die Wählerliste. Es gelten die gleichen Wahlgrundsätze wie bei der Betriebsratswahl (§ 6 SprAuG, vgl. Grundsätze der Wahl). Bei Wahl mehrerer Personen aufgrund von mehreren Vorschlagslisten ist Verhältniswahl durchzuführen, sonst Mehrheitswahl.. Allerdings sieht das Sprecherausschussgesetz keine zwingende Geschlechterquote vor, s. § 4 Abs. 2 SprAuG. Die Besonderheiten des Wahlverfahrens aufgrund der Geschlechterquote (siehe insbesondere Geschlecht des Arbeitnehmers) gelten daher nicht. Auch die Regeln über das Wahlausschreiben gelten entsprechend, soweit nicht die beim Sprecherausschuss entfallende Unterscheidung Arbeiter-Angestellte und die entfallende Gewerkschaftsbeteiligung angesprochen sind, § 3 WOSprAuG. Für Wahlvorschläge gelten grundsätzlich die gleichen Regeln bei den Betriebsratswahlen, allerdings haben die Gewerkschaften kein Vorschlagsrecht (§ 6 Abs. 4 SprAuG, § 5 ff. WOSprAuG, vgl. Wahlvorschlag, Vorschlagsliste). Auch das weitere Wahlverfahren ist an das für Betriebsratswahlen angelehnt (vgl. insbesondere Stimmzettel, Wahlurne, Stimmabgabe, Briefwahl, Stimmauszählung, d’Hondt’sches Verfahren, Niederschrift über die Betriebsratswahl, Bekanntgabe des Ergebnisses, Benachrichtigung der
Stimmabgabe allgemein
• • •
•
S
Gewählten, Annahme oder Ablehnung der Wahl, Wahlakten). Zu Ersatzmitgliedern siehe § 10 SprAuG, vgl. Ersatzmitglieder. Beeinflussung oder Behinderung der Wahl ist strafbar (§ 8 Abs. 2 SprAuG, vgl. Straftaten). Die Kosten der Wahl trägt der Arbeitgeber (§ 8 Abs. 3 SprAuG, vgl. Kosten der Wahl, Arbeitsausfall). Anspruch auf Freistellung für Schulungsveranstaltungen haben die Mitglieder des Wahlvorstands für die Sprecherausschusswahl in keinem Fall. Zur Wahlanfechtung vgl. Wahlanfechtung. Die Gewerkschaften sind allerdings nicht anfechtungsberechtigt, § 8 Abs. 1 SprAuG.
Weiterführende/Verwandte Stichwörter: leitender Angestellter, Vermittler, Zuordnung der leitenden Angestellten
Stimmabgabe allgemein Die Stimmabgabe ist die eigentliche Wahlhandlung der Arbeitnehmer. Der Termin für sie soll so gelegt sein, dass der erste Tag der Stimmabgabe spätestens eine Woche vor Ablauf der Amtszeit des Betriebsrats liegt (§ 3 Abs. 1 Satz 3 WOBetrVG). Diese Vorschrift ist allerdings nur eine „Soll-Vorschrift“. Ist es dem Wahlvorstand aus organisatorischen Gründen nicht möglich, diese Zeitschiene einzuhalten, so darf der (erste) Wahltag auch auf einen späteren Tag gelegt werden. Die allgemeinen Regeln der Stimmabgabe finden sich in § 11 WOBetrVG für die Stimmabgabe bei der regulären Wahl, wenn mehrere gültige Vorschlagslisten eingereicht wurden. § 11 WO gilt weitgehend entsprechend für die reguläre Wahl bei nur einer Vorschlagsliste, siehe § 20 WOBetrVG sowie für das vereinfachte Wahlverfahren, § 34 Abs. 1 WOBetrVG, § 36 Abs. 4 WOBetrVG. Diese allgemeinen Regeln sind folgend beschrieben. Zu den Besonderheiten Stimmabgabe, eine Vorschlagsliste, Stimmabgabe, mehrere Vorschlagslisten und Stimmabgabe, vereinfachtes Wahlverfahren. Zur schriftlichen Stimmabgabe im regulären Wahlverfahren (§§ 26 ff. WOBetrVG) Briefwahl. Zur nachträglichen schriftlichen Stimmabgabe im ver-
249
S
Stimmabgabe allgemein
einfachten Wahlverfahren s. Stimmabgabe, nachträgliche schriftliche. Der Wahlvorstand hat in Vorbereitung der Stimmabgabe die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen. Insbesondere sind Wahlurne(n), Stimmzettel und Wahlumschläge zu besorgen. Ferner muss der Wahlvorstand Vorkehrungen für die unbeobachtete Bezeichnung der Stimmzettel im Wahlraum treffen, damit das Wahlgeheimnis gewahrt werden kann (§ 12 Abs. 1 WOBetrVG, Grundsätze der Wahl). Während der gesamten Stimmabgabe müssen immer mindestens zwei stimmberechtigte Mitglieder des Wahlvorstands anwesend sein, wenn nicht Wahlhelfer bestellt sind. In diesem Fall genügt es, wenn sich ein Mitglied des Wahlvorstands und ein Wahlhelfer dauernd im Wahllokal aufhalten (§ 12 Abs. 2 WOBetrVG). Daraus ergibt sich, dass im Betrieb höchstens so viele Wahllokale eingerichtet werden können, wie es Mitglieder des Wahlvorstands gibt. Auch aus diesem Grund kann auch eine größere (ungerade) Zahl an Mitgliedern des Wahlvorstands bestellt werden als drei (§ 16 Abs. 1 Satz 2 BetrVG). Die Abstimmung selbst erfolgt persönlich durch – unbeobachtetes – Markieren des Stimmzettels durch den Wähler (dazu Stimmabgabe, eine Vorschlagsliste, Stimmabgabe, mehrere Vorschlagslisten). Sodann wird der Stimmzettel vom Wähler in den Wahlumschlag eingelegt. Bei der Stimmabgabe darf der Wähler Stimmzettel nicht mit besonderen Merkmalen kennzeichnen oder mit zusätzlichen Anmerkungen oder neuen Kandidaten versehen. Auch muss er den Stimmzettel so markieren, dass sich sein Wille unzweifelhaft ergibt (§ 11 Abs. 4 WOBetrVG). Hält sich der Wähler nicht an die Vorgaben, so wird der Stimmzettel ungültig. Ungültig ist auch ein Stimmzettel, der nicht im Wahlumschlag abgegeben wird; solche Stimmabgabe muss der Wahlvorstand zurückweisen. Über die Gültigkeit eines Stimmzettels entscheidet der Wahlvorstand durch Beschluss seiner stimmberechtigten Mitglieder. Behinderte Mitarbeiter können gem. § 12 Abs. 4 WOBetrVG eine Vertrauensperson bestimmen, die ihr bei der Stimmabgabe behilflich sein darf. Dies ist dem Wahlvorstand mitzuteilen. Wahlbewerber, Mitglieder des Wahlvorstands sowie Wahlhelfer dürfen nicht als Ver-
250
Stimmabgabe allgemein
S
trauenspersonen zur Hilfestellung herangezogen werden. Der Umfang der Hilfestellung wird allein von den Wünschen des behinderten Wahlberechtigten bestimmt. Das gemeinsame Aufsuchen der Wahlkabine bzw. Wahlzelle wird ausdrücklich von der Wahlordnung zugelassen. Die Vertrauensperson wird zudem von der Wahlordnung ausdrücklich zur Geheimhaltung aller Kenntnisse verpflichtet, die sie bei der Hilfestellung zum Wahlakt erlangt, § 12 Abs. 4 S. 4 WOBetrVG. Das Vorstehende gilt auch für den Fall, dass der Wähler des Lesens unkundig ist, § 12 Abs. 4 S. 5 WOBetrVG. Nach Abschluss des Wahlakts gibt der Wähler einem stimmberechtigten Mitglied des Wahlvorstands seinen Namen an. Das Wahlvorstandsmitglied vermerkt die Stimmabgabe in der Wählerliste. Nun wirft der Wähler den Wahlumschlag, in den der Stimmzettel eingelegt ist, in die Wahlurne. Die Wahlurne muss vom Wahlvorstand unter ständiger Beobachtung bleiben und so eingerichtet sein, dass die eingeworfenen Wahlumschläge nicht herausgenommen werden können, ohne dass die Urne geöffnet wird. Damit – insbesondere mit dem Eintrag in die Wählerliste - soll verhindert werden, dass der Wähler mehrmals zur Stimmabgabe erscheint. Sind mehrere Wahllokale eingerichtet, so muss der Wahlvorstand verhindern, dass ein Wähler in mehreren Lokalen nacheinander wählt. Das kann beispielsweise dadurch geschehen, dass festgelegt wird, wo welcher Wähler zu wählen hat (z.B. Arbeitnehmer der Abteilung X in Wahllokal X usw. oder Arbeitnehmer von A-C in Wahllokal 1, D-G in Lokal 2 usw.), oder dadurch, dass jeder Wähler einen Wahlschein erhält, der bei der Wahl abzugeben ist – in diesem Fall muss sichergestellt sein, dass ein Wähler auch nach Verlust des Wahlscheins noch wählen kann – etwa, indem zur Wahl einerseits Vorlage von Wahlschein und Personalausweis gleichzeitig erforderlich ist und andererseits ein Wahllokal für Wähler ohne Wahlschein vorgeschrieben wird, von dem aus vor der Stimmabgabe geklärt wird, dass der Wähler nicht andernorts bereits gewählt hat oder später wählen kann. Unmittelbar vor Abschluss der Stimmabgabe im regulären Wahlverfahren öffnet der Wahlvorstand die bis zu diesem Zeitpunkt eingegangenen Freiumschläge der Briefwahl, entnimmt und prüft die Erklärungen und legt – nach Vermerk der Stimmabgabe in der Wählerliste - den Wahlumschlag (ungeöffnet) in die Wahlurne.
251
S
Stimmabgabe, eine Vorschlagsliste
Unmittelbar nach Ende der Stimmabgabe sollte der Wahlvorstand mit der Stimmauszählung beginnen. Ist das nicht möglich, so ist die Urne bis zur Auszählung zu versiegeln (§ 12 Abs. 5 WOBetrVG). Dies geschieht, indem der Einwurfschlitz so verschlossen wird, dass unentdeckte Manipulationen nach Abschluss der Wahl ausgeschlossen werden. Dies kann beispielsweise durch Zukleben mit einem Klebestreifen geschehen, der nicht mehr ohne Beschädigung abgerissen werden kann und mit Unterschrift mehrerer Mitglieder des Wahlvorstands (über den Klebestreifen) versehen ist. Weiterführende/Verwandte Stichwörter: Briefwahl, Stimmabgabe, eine Vorschlagsliste, Stimmabgabe mehrere Vorschlagslisten, Stimmabgabe, nachträgliche schriftliche, Stimmabgabe, vereinfachtes Wahlverfahren, Stimmauszählung, Stimmzettel, allgemein, Wahlhelfer, Wahlurne
Stimmabgabe, eine Vorschlagsliste Wird bei der Verhältniswahl nur eine Vorschlagsliste eingereicht, so werden auf dem Stimmzettel die Namen der auf dieser Liste genannten Bewerber aufgeführt (Stimmzettel, eine Vorschlagsliste). Der Wähler kennzeichnet dann die Kandidaten, die er wählen will. Der Arbeitnehmer darf allerdings weniger Kandidaten ankreuzen als er Stimmen hat (§ 20 Abs. 3 WOBetrVG). Kreuzt er mehr an, wird der Stimmzettel ungültig. Ebenso wird der Stimmzettel ungültig, wenn der Wähler Personen auf dem Stimmzettel notiert und wählt, die nicht aufgeführt sind. Der Wähler kann jedem Kandidaten nur eine Stimme geben. Versieht er einen Kandidaten mit mehreren Kreuzen, so wird dieser dennoch nur mit einer Stimme gewertet. Weiterführende/Verwandte Stichwörter: Stimmabgabe, allgemein, Stimmzettel, eine Vorschlagsliste
252
Stimmabgabe, mehrere Vorschlagslisten
S
Stimmabgabe, mehrere Vorschlagslisten Werden bei der regulären Wahl mehrere Vorschlagslisten auf dem Stimmzettel angeführt (Stimmzettel, mehrere Vorschlagslisten), so kann der Arbeitnehmer seine Stimme nur für eine der auf dem Stimmzettel genannten Vorschlagslisten durch Ankreuzen an der vorgesehenen Stelle abgeben (§ 11 Abs. 1 und 3 WOBetrVG). Der Stimmzettel wird ungültig, wenn mehrere Listen angekreuzt werden. Ebenso wird der Stimmzettel ungültig, wenn vermerkt wird, dass bestimmte Kandidaten aus der Liste nicht gewählt werden sollen oder dass weitere Kandidaten vorgeschlagen werden. Weiterführende/Verwandte Stichwörter: Stimmabgabe, allgemein, Stimmzettel, mehrere Vorschlagslisten
Stimmabgabe, nachträgliche schriftliche Im vereinfachten Wahlverfahren gelten für die schriftliche Stimmabgabe besondere Bestimmungen. Sowohl im einstufigen als auch im zweistufigen vereinfachten Wahlverfahren kann die schriftliche Abstimmung nach der Wahlversammlung stattfinden. Voraussetzung ist aber im Grundsatz parallel zur Briefwahl im regulären Wahlverfahren (Briefwahl), dass der Wahlberechtigte an der Wahlversammlung zur Wahl des Betriebsrats nicht teilnehmen kann, um die Stimme persönlich abzugeben. Der Wahlberechtigte muss die nachträgliche schriftliche Stimmabgabe spätestens drei Tage vor dem Tag der Wahlversammlung bei dem Wahlvorstand beantragen. Eine besondere Form ist nicht vorgeschrieben, Schrift- oder Textform ist zu Nachweiszwecken zu empfehlen. Der Wahlberechtigte muss bei seinem Antrag den Grund für die Abwesenheit nennen. Es genügt nicht, lediglich zu behaupten, der Arbeitnehmer werde voraussichtlich abwesend sein. Es steht im Ermessen des Wahlvorstands, ob dieser den angegebenen Grund überprüfen will. Ausreichende Gründe können sein: dienstliche Gründe (wie etwa die Pflicht, am Wahltag Arbeiten außerhalb des Betriebs verrichten zu müssen), persönliche Gründe (Krankheit, Schwangerschaft, Urlaub etc.).
253
S
Stimmabgabe, nachträgliche schriftliche
Der Wahlvorstand kann aber auch verpflichtet sein, die Wahlunterlagen von Amts wegen zu versenden (§§ 35 Abs. 1 Satz 3, 24 WOBetrVG). Dies ist der Fall, • wenn der Wahlvorstand weiß, dass bestimmte Arbeitnehmer nach der Eigenart des Beschäftigungsverhältnisses während der Wahlversammlung nicht im Betrieb sein werden oder • wenn der Wahlvorstand für Betriebsteile oder Kleinstbetriebe, die räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt sind, beschlossen hat, dass dort eine nachträgliche schriftliche Stimmabgabe zu erfolgen hat. Von einer räumlich weiten Entfernung vom Hauptbetrieb ist auszugehen, wenn es den Arbeitnehmern von Betriebsteilen und Kleinstbetrieben nicht zumutbar ist, im Hauptbetrieb ihre Stimme persönlich bei der Urnenwahl abzugeben. Von einer Abwesenheit wegen der „Eigenart“ des Beschäftigungsverhältnisses ist dann auszugehen, wenn der betreffende Arbeitnehmer aufgrund seines Beschäftigungsverhältnisses regelmäßig oder überwiegend nicht im Betrieb anwesend ist. § 24 Abs. 2 WOBetrVG nennt hier als Beispiele insbesondere im Außendienst oder mit Telearbeit sowie in Heimarbeit Beschäftigte. Zu den Außendienstlern zählen Montagearbeiter, die ständig außerhalb des Betriebs beschäftigt sind, oder Reisende, die ständig im Außendienst tätig werden, oder auch Leiharbeitnehmer, die ganz überwiegend in Entleihbetrieben beschäftigt sind. Der Wahlvorstand hat ausreichend Kenntnis von solchen Tätigkeiten, wenn er (ggf. auch nur der Vorsitzende) die Umstände und Tatsachen kennt, aus denen sich die Zuordnung ergeben kann. Wird zulässigerweise die nachträgliche schriftliche Stimmabgabe beantragt, muss der Wahlvorstand eine Frist bestimmen, innerhalb derer die Wahlunterlagen an den Wahlvorstand zurückgesandt werden müssen. Gleichzeitig hat er die unmittelbar folgende öffentliche Stimmenauszählung im Betrieb in gleicher Weise wie das Wahlausschreiben bekannt zu machen (Ort, Tag, Zeit, § 35 Abs. 2 WOBetrVG). Bei der Festlegung der Frist hat der Wahlvorstand Rücksicht auf die Umstände zu nehmen, die die nachträgliche schriftliche Stimmabgabe erforderlich machen. Folgende Unterlagen hat der Wahlvorstand den zur nachträglichen schriftlichen Stimmabgabe berechtigten Arbeitnehmern auszuhändi-
254
Stimmabgabe, nachträgliche schriftliche
S
gen oder zu übersenden (§§ 35 Abs. 1 Satz 3 WOBetrVG, 24 Abs. 1 WOBetrVG): • das Wahlausschreiben einschließlich des bekannt gemachten Termins für die öffentliche Stimmauszählung als Frist für die nachträgliche schriftliche Stimmabgabe, • die Vorschlagslisten, • den Stimmzettel und den Wahlumschlag, • eine vorgedruckte, vom Wähler abzugebende Erklärung, in der dieser gegenüber dem Wahlvorstand versichert, dass er den Stimmzettel persönlich gekennzeichnet hat, und • einen größeren Freiumschlag, der die Anschrift des Wahlvorstands und als Absender den Namen und die Anschrift des Wahlberechtigten sowie den Vermerk „Schriftliche Stimmabgabe“ trägt. Der Wahlvorstand soll dem Wähler ferner ein Merkblatt über die Art und Weise der schriftlichen Stimmabgabe aushändigen oder übersenden. Darin ist auf die Vorschrift des § 25 WOBetrVG hinzuweisen, wonach der Wähler seine Stimme in der Weise abgibt, dass er • den Stimmzettel unbeobachtet persönlich kennzeichnet und in dem Wahlumschlag verschließt, • die vorgedruckte Erklärung unter Angabe des Ortes und des Datums unterschreibt und • den Wahlumschlag und die unterschriebene vorgedruckte Erklärung in dem Freiumschlag verschließt und diesen so rechtzeitig an den Wahlvorstand absendet oder übergibt, dass er vor Ablauf der Frist zur nachträgliche schriftlichen Stimmabgabe vorliegt. Die Aushändigung oder Übersendung der Wahlunterlagen hat der Wahlvorstand in der Wählerliste zu vermerken. Dadurch soll ausgeschlossen werden, dass der mit Wahlunterlagen versorgte Arbeitnehmer zugleich beim Urnengang seine Stimme ein zweites Mal abgibt. Ein behinderter Wähler kann unter den Voraussetzungen des § 12 Abs. 4 WOBetrVG die erforderlichen Tätigkeiten bei der Wahlhandlung (s.o.) durch eine Person seines Vertrauens verrichten lassen (Stimmabgabe, allgemein). Unmittelbar nach Ablauf der Frist für die nachträgliche schriftliche Stimmabgabe öffnet der Wahlvorstand die bis dahin eingegangenen
255
S
Stimmabgabe, nachträgliche schriftliche
Wahlbriefe in einer öffentlichen Sitzung (§ 35 Abs. 3 WOBetrVG). Im Regelfall ist dies die öffentliche Sitzung, in der anschließend alle Stimmen ausgezählt werden. Bis zu diesem Zeitpunkt hat er die Freiumschläge ungeöffnet zu sammeln und aufzubewahren. Sodann hat der Wahlvorstand ohne Öffnung der Wahlumschläge mit den Stimmzetteln Fehler der Stimmabgabe zu prüfen. Die Stimmabgabe ist wie bei der Briefwahl im regulären Wahlverfahren grundsätzlich dann ungültig, wenn die Gefahr der Wahlfälschung besteht. Dies ist der Fall, wenn etwa der Freiumschlag nicht verschlossen oder gekennzeichnet wurde oder wenn die vorgedruckte Erklärung, in der der Arbeitnehmer gegenüber dem Wahlvorstand versichert, dass er den Stimmzettel persönlich gekennzeichnet hat, fehlt oder nicht unterzeichnet ist. In diesen Fällen darf die ungültige Stimmabgabe nicht mit den Stimmzetteln in die Wahlurne gelegt werden. Sie ist vielmehr zur Zählung nicht zuzulassen und zu den Wahlakten zu nehmen. Fehler, die nicht die Gefahr der Wahlfälschung nach sich ziehen, beeinträchtigen die Gültigkeit der Stimmabgabe hingegen nicht. Ist beispielsweise lediglich der Wahlumschlag unverschlossen geblieben, ist die Gefahr der Wahlfälschung nicht gegeben, sofern nur der Freiumschlag, in dem sich der Wahlumschlag befunden hat, verschlossen war. Die aus den Rückumschlägen entnommenen fehlerfreien Wahlumschläge legt der Wahlvorstand nach Vermerk der Stimmabgabe in der Wählerliste ungeöffnet in die Wahlurne (§ 35 Abs. 3 WOBetrVG). Die Öffnung der Freiumschläge ist Aufgabe des Wahlvorstands. Sie darf nicht von den Wahlhelfern vorgenommen werden. Erst wenn alle Wahlumschläge der nachträglichen schriftlichen Stimmabgabe in die Wahlurne eingeworfen wurden, kann die Stimmauszählung beginnen. Anders als bei der Briefwahl im regulären Wahlverfahren fehlt eine Regelung, wie mit verspätet eingehenden Wahlbriefen zu verfahren ist. Der gleichen Interessenlage ist durch eine analoge Anwendung des § 26 Abs. 2 WOBetrVG Rechnung zu tragen. Verspätet eingegangene Briefwahlumschlägen hat der Wahlvorstand demzufolge mit einem Vermerk über den Zeitpunkt des Eingangs ungeöffnet zu den Wahlunterlagen zu nehmen. Die Briefumschläge sind einen Monat nach
256
Stimmabgabe, vereinfachtes Wahlverfahren
S
Bekanntgabe des Wahlergebnisses ungeöffnet zu vernichten, wenn die Wahl nicht angefochten worden ist. Weiterführende/Verwandte Stichwörter: Stimmabgabe, allgemein, Briefwahl
Stimmabgabe, vereinfachtes Wahlverfahren Bei der vereinfachten Wahl ist die Stimmabgabe für das zweistufige Verfahren, in dem der Wahlvorstand auf einer ersten Wahlversammlung gewählt wird, und für das einstufige Verfahren, in dem der Wahlvorstand vom Betriebsrat, vom Gesamt- oder Konzernbetriebsrat oder vom Arbeitsgericht bestellt wird, gleich geregelt (§§ 34, 36 Abs. 4 WOBetrVG mit Verweis auf § 34 WOBetrVG). Wird nach dem vereinfachten Wahlverfahren gewählt, so findet eine Mehrheitswahl statt (§ 14 Abs. 2 BetrVG). Das hat zur Folge, dass alle auf der Vorschlagsliste angegebenen Bewerber auf dem Stimmzettel unter Angabe von Familiennamen, Vorname und Art der Beschäftigung im Betrieb aufzuführen sind (Stimmzettel, eine Vorschlagsliste bzw. Wahl im vereinfachten Wahlverfahren). Bei der Wahl haben die Wähler so viele Stimmen, wie Betriebsratssitze zu vergeben sind. Die Wähler können auch weniger Stimmen vergeben, sie können aber nicht einem Bewerber mehrere Stimmen geben („Kumulieren“). Die Abstimmung selbst erfolgt auch im vereinfachten Wahlverfahren persönlich durch – unbeobachtetes – Markieren des Stimmzettels durch den Wähler. Sodann wird der Stimmzettel vom Wähler in den Wahlumschlag eingelegt. Eine Betriebsratswahl durch Handaufheben in der Wahlversammlung ist nicht gestattet. Weiterführende/Verwandte Stichwörter: Stimmabgabe, allgemein, Stimmabgabe, nachträgliche schriftliche, Stimmzettel, eine Vorschlagsliste bzw. Wahl im vereinfachten Wahlverfahren
257
S
Stimmauszählung
Stimmauszählung Nach Abschluss der Wahl hat der Wahlvorstand unverzüglich die Auszählung der Stimmen vorzunehmen und das sich ergebende Wahlergebnis bekannt zugeben, § 13 WOBetrVG. Der gesamte Ablauf hat öffentlich stattzufinden. Die Stimmauszählung soll alsbald nach dem Ende der Stimmabgabe beginnen. Andererseits darf sie keinesfalls bereits während der Stimmabgabe begonnen werden. Kann sie nicht unmittelbar im Anschluss an das Ende der Stimmabgabe starten, so ist die Wahlurne für die Zwischenzeit zu versiegeln (Wahlurne). Die Öffnung der Wahlurne und die Stimmenzählung haben öffentlich zu erfolgen. Ort und Zeit der Auszählung müssen deshalb unter Hinweis auf die Öffentlichkeit bekannt gemacht werden. „Öffentlich“ heißt im Fall der Betriebsratswahlen betriebsöffentlich. Es muss nicht jeder Bürger Zutritt zu dem Auszählungsraum haben, sondern nur die Arbeitnehmer des Betriebs. Ob auch Gewerkschaften ein Teilnahmerecht haben, ist in der Literatur umstritten. Teilnehmen dürften wohl die nach § 16 Abs. 1 Satz 5 BetrVG in den Wahlvorstand entsandten und nicht stimmberechtigten betriebsangehörigen Beauftragten der Gewerkschaften. In anderen Fällen sollte je nach Einzelfall entschieden werden. Angesichts der ungeklärten Rechtslage sollte der Arbeitgeber bei seiner Entscheidung einerseits das Risiko abwägen, dass die Betriebsratswahl möglicherweise erfolgreich angefochten werden kann, andererseits aber möglicherweise durch Gewerkschaftsvertreter erhebliche Störungen und Unruhe im Betrieb verursacht werden können. Die Öffentlichkeit ist gewahrt, wenn die Stimmauszählung in den Räumen der EDV-Abteilung und auch wegen anderweitiger Auslastung der EDV-Anlage in den frühen Morgenstunden stattfindet. Die Arbeitnehmer müssen jedoch Zutritt haben, ein Zutritt nur auf Klingelzeichen hin soll nicht genügen (LAG Berlin, DB 88, 504). Die Öffentlichkeit der Stimmauszählung gebietet nicht, dass theoretisch alle Arbeitnehmer des Betriebes Platz finden müssen. Arbeitnehmer, die der Stimmauszählung beiwohnen möchten, haben keinen Anspruch auf bezahlte Freistellung. § 20 Abs. 3 BetrVG erfasst
258
Stimmauszählung
S
diesen Fall nicht. Insbesondere zählt die Teilnahme nicht mehr zur Ausübung des Wahlrechts. In der öffentlichen Sitzung entnimmt der Wahlvorstand nach Öffnung der Wahlurne die Stimmzettel den Wahlumschlägen und zählt die auf jede Vorschlagsliste (Verhältniswahl, siehe § 14 WOBetrVG) oder auf jeden Bewerber entfallenden Stimmen (Mehrheitswahl, siehe § 21 WOBetrVG, zur Mehrheitswahl im vereinfachten Wahlverfahren: §§ 34 Abs. 3 S. 2, 36 Abs. 4 WOBetrVG) zusammen. Bei der Stimmenzählung darf sich der Wahlvorstand einer EDV-Anlage bedienen (siehe auch oben). Gleichzeitig mit der Zählung der Stimmen hat der Wahlvorstand die Gültigkeit der Stimmzettel zu prüfen, das gilt für alle Wahlarten, siehe §§ 14 Abs. 1, 21 2. Halbsatz, 34 Abs. 3 S. 2, 36 Abs. 4 WOBetrVG. Über die Gültigkeit entscheidet er dabei durch Mehrheitsbeschluss seiner stimmberechtigten Mitglieder. Um jederzeit Beschlüsse fassen zu können, ist es erforderlich, dass der Wahlvorstand an der gesamten Stimmauszählung vollständig teilnimmt. Ungültige Stimmzettel (Stimmabgabe allgemein) sollte der Wahlvorstand getrennt sammeln. Beschlüsse über die Gültigkeit der Stimmzettel kann der Wahlvorstand nur während der Sitzung fassen. Der Beschluss ist in die Wahlniederschrift aufzunehmen. Spätere Änderungen sind nur bei offensichtlicher Unrichtigkeit (z.B. Schreibfehler, Rechenfehler) korrigierbar. Findet der Wahlvorstand in einem Wahlumschlag mehrere gekennzeichnete Stimmzettel, so werden sie als eine Stimme gezählt, wenn sie vollständig übereinstimmen; anderenfalls sind alle enthaltenen Stimmzettel als ungültig zu behandeln (§§ 14 Abs. 2, 21 2. Halbsatz, 34 Abs. 3 S. 2, 36 Abs. 4 WOBetrVG). Befinden sich in dem Wahlumschlag mehrere Stimmzettel, ist aber nur einer gekennzeichnet, so wird dieser gewertet. Weiterführende/Verwandte Stichwörter: Unverzüglich, Wahlhelfer, Wahlvorstand
259
S
Stimmzettel allgemein
Stimmzettel allgemein Die Stimmabgabe bei der Betriebsratswahl findet geheim statt (Grundsätze der Wahl). Deshalb hat der Wahlvorstand Stimmzettel und Wahlumschläge zur Verfügung zu stellen. Nicht nur Wahlumschläge, sondern auch Stimmzettel müssen zwingend gleich sein, um Manipulationen zu vermeiden. Die Stimmzettel selbst müssen durchgängig für alle Listen oder Kandidaten ebenfalls in sich einheitlich gestaltet sein. Schon wenn der für das Ankreuzen vorgesehene Stimmkreis bei einem Kandidaten oder bei einer Liste stärker gedruckt ist als bei anderen, wird die Wahl anfechtbar (BAG, Beschluss vom 14.1.1969, 1 ABR 14/68). Beim Ausfüllen der Stimmzettel muss sich der Arbeitnehmer auf die Kundgabe seines Abstimmungswillens beschränken (Stimmabgabe).
Stimmzettel, eine Vorschlagsliste bzw. Wahl im vereinfachten Wahlverfahren Wird insgesamt nur eine gültige Vorschlagsliste eingereicht oder wird nach dem vereinfachten Wahlverfahren gewählt, so findet eine Mehrheitswahl statt. Das hat zur Folge, dass alle auf der Vorschlagsliste angegebenen Bewerber auf dem Stimmzettel unter Angabe von Familiennamen, Vorname und Art der Beschäftigung im Betrieb aufzuführen sind. Wenn im Falle der regulären Wahl nur eine Vorschlagsliste eingereicht wurde, ist die Reihenfolge der Vorschlagsliste für den Stimmzettel zwingend (§ 20 Abs. 2 WOBetrVG). Im Falle der Mehrheitswahl im vereinfachten Wahlverfahren sind die Kandidaten zwingend in der alphabetischen Reihenfolge aufzuführen, § 34 Abs. 1 S. 2 WOBetrVG. Auf dem Stimmzettel darf (und sollte) der Hinweis abgedruckt werden, wie viele Stimmen der Arbeitnehmer hat und unter welchen Umständen der Stimmzettel ungültig wird (Stimmabgabe, eine Vorschlagsliste). Wie immer müssen alle Stimmzettel die gleiche Größe, Farbe, Beschaffenheit, Beschriftung aufweisen (Stimmzettel allgemein).
260
Stimmzettel, mehrere Vorschlagslisten
S
Stimmzettel, mehrere Vorschlagslisten Sind bei der regulären Wahl mehrere Vorschlagslisten eingegangen, so werden auf den Stimmzetteln die Vorschlagslisten aufgeführt. Auf den Stimmzetteln sind die Vorschlagslisten nach der Reihenfolge der nach Einreichung aller Vorschlagslisten vom Wahlvorstand vergebenen Ordnungsnummer (Vorschlagslisten) sowie unter Angabe der beiden an erster Stelle benannten Bewerber mit Familiennamen, Vornamen, Art der Beschäftigung im Betrieb untereinander aufzuführen. Bei Listen, die mit Kennworten versehen sind (Vorschlagsliste), ist auch das Kennwort anzugeben (§ 11 Abs. 2 WOBetrVG). Auf dem Stimmzettel darf (und sollte) der Hinweis abgedruckt werden, dass der Wähler nur eine Stimme hat, er folglich nur eine Liste ankreuzen darf, und unter welchen Umständen der Stimmzettel ungültig wird (Stimmabgabe, mehrere Vorschlagslisten). Die Stimmzettel müssen die gleiche Größe, Farbe, Beschaffenheit und Beschriftung aufweisen (Stimmzettel allgemein).
Straftaten Beeinflussung der Wahl, Behinderung der Wahl
Unternehmen Die Begriffe Betrieb und Unternehmen sind im Betriebsverfassungsrecht nicht gleichbedeutend. Während der Betrieb als die Einheit verstanden wird, mit der ein bestimmter arbeitstechnischer Zweck verfolgt wird, wird unter Unternehmen diejenige organisatorische Einheit verstanden, mit der ein wirtschaftlicher oder ideeller Zweck (durch den Unternehmer) verfolgt wird (BAG, Urteil v. 5.3.1987, 2 AZR 623/85). Der Unternehmensbegriff ist mit dem Abstellen auf die wirtschaftlichen oder ideellen Zwecke weiter als der Betriebsbegriff. Ein Unternehmen kann aus mehreren Betrieben bestehen, es ist aber genauso möglich, dass nur ein Betrieb zum Unternehmen gehört. Seltener werden sich mehrere Unternehmen einen
261
U
Unternehmen
Betrieb teilen (dazu Betrieb). Umfang und Grenzen eines Unternehmens sind oftmals leicht festzustellen. Denn grundsätzlich wird das Unternehmen gleichgesetzt mit seinem Rechtsträger, also seinem Inhaber. Ist dies eine Gesellschaft, so zählen genau diejenigen Betriebe zu einem Unternehmen, deren Inhaber die Gesellschaft ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob es sich um eine Kapitalgesellschaft (z.B. Aktiengesellschaft, GmbH, eingetragene Genossenschaft, Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, Kommanditgesellschaft auf Aktien), einen Verein (eingetragener oder nicht eingetragener) oder um eine so genannte Personengesellschaft (OHG, KG, BGB-Gesellschaft) handelt. Soweit die Inhaberschaft eines solchen juristischen Gebildes reicht, geht das Unternehmen. Sind mehrere Gesellschaften zu einem Konzern zusammengefasst, so wird dadurch die Reichweite des Unternehmens nicht ausgeweitet. Schwieriger ist die Bestimmung des Unternehmensumfangs, wenn Inhaber (nicht bloß Geschäftsführer!) eine einzelne Person ist. Denn Einzelpersonen können mehrere Unternehmen führen. Bei Einzelpersonen ist darauf zu achten, ob die verschiedenen Organisationseinheiten verschiedene wirtschaftliche Zwecke verfolgen (Beispiel: Eine Einzelperson betreibt in organisatorischer Trennung gleichzeitig eine Drogerie und eine Bäckerei mit verschiedenen Filialen – selbst wenn die Filialen eigenständige Betriebe sein sollten, bilden Drogerie und Bäckerei getrennte Unternehmen; beachte: Würden beide Einheiten von ein und derselben GmbH getragen, so läge hingegen nur ein einheitliches Unternehmen der GmbH vor). Auswirkungen des Unternehmensbegriffs: Für die --<Wählbarkeit müssen die Beschäftigten eine Betriebszugehörigkeit von mindestens sechs Monaten aufweisen. Auf diese Zeit werden Beschäftigungszeiten angerechnet, die der Arbeitnehmer in einem anderen Betrieb desselben Unternehmens oder Konzerns zurückgelegt hat. In einem Unternehmen mit mehreren Betrieben können sich Besonderheiten auch bei der Bestellung des Wahlvorstandes ergeben. Besteht in einem solchen Betrieb noch kein Betriebsrat oder bestellt der Betriebsrat nicht innerhalb der vorgegebenen Frist einen Wahlvorstand, so kann der Gesamtbetriebsrat aktiv werden (§§ 16 Abs. 3, 17 Abs. 1, 17a BetrVG). Näher dazu Wahlvorstand.
262
Unverzüglich
U
Weiterführende/Verwandte Stichwörter: Betrieb, Konzern
Unverzüglich Für verschiedene Handlungen im Laufe des Wahlverfahrens ordnen Betriebsverfassungsgesetz und Wahlordnung die unverzügliche Vornahme an. Mit „unverzüglich“ ist ein Zeitrahmen gemeint, der in § 121 Abs. 1 BGB definiert ist. Unverzüglich heißt danach ohne schuldhaftes Zögern. Das bedeutet: Die betreffende Handlung muss zwar so schnell wie irgend möglich vorgenommen werden. Wenn aber aus bestimmten Gründen ein Zuwarten als erforderlich erscheint, so darf die dafür angemessene Zeit verstreichen. Wie lange zugewartet werden darf, kann nicht generell gesagt werden. Dies hängt zum einen von dem Zusammenhang ab, in dem die unverzügliche Vornahme der Handlung angeordnet wird, zum anderen von den Umständen im Betrieb. In kleinen Betrieben dürften im Regelfall allenfalls Verzögerungen von Stunden zulässig sein, in größeren Betrieben von wenigen Tagen. § 7 Abs. 2 Satz 2 WOBetrVG ordnet an, dass der Wahlvorstand die Vorschlagsliste unverzüglich, möglichst binnen einer Frist von zwei Arbeitstagen nach ihrem Eingang zu prüfen und ggf. zu beanstanden hat. Hier gibt der Zusatz „möglichst innerhalb von zwei Tagen“ einen Richtwert an, der im Regelfall nicht überschritten werden darf. Nur bei außerordentlichen Konstellationen ist ein Zuwarten von mehr als zwei Tagen noch als „unverzügliche Handlung“ zu betrachten. Neben dem Begriff „unverzüglich“ kennt die Rechtsordnung auch den Begriff „sofort“. „Sofort“ ist noch strikter als „unverzüglich“, zwingt zu noch größerer Eile. Weiterführende/Verwandte Stichwörter: Sofort
Urne Wahlurne
263
V
Vereinfachtes Wahlverfahren
Vereinfachtes Wahlverfahren In Betrieben mit in der Regel 5 bis 50 wahlberechtigten Arbeitnehmern findet statt des regulären Wahlverfahren ein vereinfachtes Wahlverfahren statt (§ 14a BetrVG). Der Ablauf unterscheidet sich danach, ob der Wahlvorstand durch Betriebsrat, Gesamt- oder Konzernbetriebsrat oder Arbeitsgericht einerseits bestellt wird (einstufiges vereinfachtes Wahlverfahren) oder ob der Wahlvorstand andererseits auf Einladung von Arbeitnehmern oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft in einer Wahlversammlung gewählt wird (zweistufiges vereinfachtes Wahlverfahren). Durch Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Wahlvorstand kann das vereinfachte Wahlverfahren auch in Betrieben mit in der Regel 51 bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern für anwendbar erklärt werden, § 14a Abs. 5 BetrVG. Es wird dann stets in der Form des einstufigen vereinfachten Wahlverfahrens weitergeführt, § 37 WOBetrVG. Das vereinfachte Wahlverfahren ist entgegen seiner Benennung sehr komplex und birgt einige Risiken. Es ist sehr gründlich vorzubereiten. Ausführliche Beschreibung in Teil 1, Chronologische Darstellung, Kapitel G.
Verhältniswahl Für die Betriebsratswahl sind zwei unterschiedliche Wahlverfahren vorgesehen, nämlich die Mehrheitswahl und die Verhältniswahl. Die Verhältniswahl findet in allen Fällen der regulären Wahl (also nicht im vereinfachten Wahlverfahren) statt, bei der mehr als eine gültige Vorschlagsliste eingereicht wurde. Bei der Verhältniswahl ergibt sich folgender Weg für die Ermittlung der gewählten Betriebsratsmitglieder: • Anhand der Arbeitnehmerzahlen werden die Größe des Betriebsrates und die Anzahl der Mindestsitze des Minderheitsgeschlechts (Geschlecht des Arbeitnehmers) ermittelt. • Nach dem d’Hondt’schen Verfahren wird ermittelt, wie viele Betriebsratssitze auf die einzelnen Vorschlagslisten entfallen. Da-
264
Verhältniswahl
•
•
•
●
V
bei werden den Listen Höchstzahlen zugeordnet (siehe Beispiele unten). Jede Vorschlagsliste erhält so viele Mitgliedersitze zugeteilt, wie Höchstzahlen auf sie entfallen. Entfällt die niedrigste in Betracht kommende Höchstzahl auf mehrere Vorschlagslisten zugleich, so entscheidet das Los darüber, welcher Vorschlagsliste dieser Sitz zufällt. Wenn eine Liste weniger Bewerber enthält, als Höchstzahlen (und damit Sitze) auf sie entfallen, so gehen die überschüssigen Sitze auf die anderen Listen über, und zwar auf diejenigen mit den folgenden Höchstzahlen. Innerhalb der Vorschlagslisten werden die Sitze nach der Rangfolge der Kandidatenbenennung in der Liste verteilt (§ 15 Abs. 4 WOBetrVG). Wenn nach dem Durchlauf des vorgenannten Verteilungsverfahrens nicht die erforderliche Anzahl der Kanditaten des Minderheitsgeschlechts einen Sitz erhalten haben, ist ein Korrekturverfahren zu durchlaufen, welches in § 15 Abs. 5 WOBetrVG beschrieben ist. Siehe dazu die folgenden Beispiele. Beispiel: Von 110 Wahlberechtigten im Betrieb sind 40 Frauen. Demnach ste hen den Frauen 2 der insgesamt 7 Betriebsratssitze als Mindestsitze zu (s. Geschlecht des Arbeitnehmers). Das Wahlergebnis sah wie folgt aus: Auf Liste 1 entfallen 60, auf Liste 2 30 und auf Liste 3 20 Stimmen. Nach dem d’Hondt’schen Verfahren werden nun Zahlen reihen aufgestellt. Dabei sind die auf die jeweilige Liste entfallenden Stimmenzahlen der Reihe nach durch 1, 2, 3, 4, 5 usw. zu teilen. Durch diesen Rechenschritt ergeben sich die so genannten Höchst zahlen. Diese Höchstzahlen werden sodann den konkreten Bewer bern auf den Listen zugeordnet. Entscheiden ist dabei die Reihenfol ge innerhalb der einzelnen Vorschlagslisten. Im Beispiel wird z.B. davon ausgegangen, dass Herr A den ersten Listenplatz auf Liste 1 erhalten hat, dort also als erster benannt wurde, Frau Q den zweiten Platz der Liste 3 innehat etc.
265
V
Verhältniswahl
Liste 1 (60 Stimmen)
Liste 2 (30 Stimmen)
Liste 3 (20 Stimmen)
Herr A
(60) *
Frau I
(30) *
Herr P
(20) *
Frau B
(30) *
Herr J
(15) *
Frau Q
(10)
Herr C
(20) *
Herr K
(10)
Herr R
(6,7)
Herr D
(15) *
Herr L
(7,5)
Herr S
(5)
Herr F
(12)
Herr M
(6)
Frau T
(4)
Herr G
(10)
Herr N
Herr U
Frau H
(8,6)
Herr O
Herr V Herr X
Die Verteilung der Sitze erfolgt nun auf der Grundlage der zugewiesenen Höchstzahlen. Zu berücksichtigen wären Herr A, Frau B, Herr C, Herr D, Frau I, Herr J und Herr P. Sodann erfolgt die Kontrolle, ob dem Minder heitsgeschlecht die ihm zustehenden Mindestsitze zuteil wurden. Da hier die Frauen als Minderheitsgeschlecht zwei Sitze innehaben (Frau B und Frau I), ist kein Korrekturverfahren einzuleiten. Die oben genannten sind gewählt (*=gewählt). Abwandlung: Liste 1 (60 Stimmen)
Liste 2 (30 Stimmen)
Liste 3 (20 Stimmen)
Herr A (60) *
Frau I (30) *
Herr P (20) *
Herr B (30) *
Herr J (15) (x)
Frau Q (10)
Herr C (20) *
Herr K (10)
Herr R (6,7)
Herr D (15)..(x)
Herr L (7,5)
Herr S (5)
Herr F (12)
Herr M (6)
Frau T (4)
Herr G (10)
Herr N
Herr U
Frau H (8,6)
Herr O
Herr V Herr X
Hier wären nach den Höchstzahlen die Herren A, B, C, D, J und P sowie Frau I zu berücksichtigen. Damit würden dem Minderheitsgeschlecht we niger Sitze (nämlich nur einer) zuteil, als garantiert sind (nämlich 2). In diesem Fall ist das Korrekturverfahren des § 15 Abs. 5 WOBetrVG zu durchlaufen. § 15 Abs. 5 Nr. 1 WOBetrVG sieht vor, dass an die Stelle des auf der Vorschlagsliste mit der niedrigsten Höchstzahl benannten Bewer bers des Mehrheitsgeschlechts, der in derselben Vorschlagsliste in der Reihenfolge nach ihm benannte nicht berücksichtigte Vertreter des Min
266
Verhältniswahl
V
derheitsgeschlechts nachrückt. Im Beispielsfall gibt es aber eine Beson derheit: Die niedrigste berücksichtigte Höchstzahl, die (15) ist zweimal vergeben worden, nämlich für Liste 1 und Liste 2 (zugewiesen den Herren D und J). Aus diesem Grund muss zunächst gelost werden, welcher der beiden Herren seinen Sitz verliert. Angenommen Herr D verliert das Losverfahren und damit seinen Sitz, dann gilt folgendes: Es tritt an seine Stelle die nächste nicht berücksich tigte Frau in seiner Liste, also Frau H. Gewählt sind dann die Herren A, B, C, J, P sowie die Frauen I und H. Angenommen Herr J verliert das Wahlverfahren, dann müsste er durch die nächste Frau seiner Liste ersetzt werden. Die Liste 2 hat aber keine weiteren Bewerberinnen mehr. Dann gilt: Der Sitz geht auf die Vor schlagsliste mit der folgenden noch nicht berücksichtigten Höchstzahl über, sofern dort noch Bewerber des Minderheitsgeschlechts vorhanden sind (§ 15 Abs. 5 Nr. 2 S. 1 WOBetrVG). Die Liste mit der nächsten nicht berücksichtigten Höchstzahl ist Liste 1 (die (12), die auf Herrn F entfällt). Die nächste weibliche Bewerberin auf der Liste 1 ist Frau H. Gewählt sind demnach die Herren A, B, C, D, P sowie die Frauen I und H Abwandlung: Liste 1 (60 Stimmen)
Liste 2 (30 Stimmen)
Liste 3 (20 Stimmen)
Herr A
(60) *
Herr I
(30) *
Herr P
(20) *
Herr B
(30) *
Frau J
(15)..*
Herr Q
(10)
Herr C
(20) *
Herr K
(10)
Herr R
(6,7)
Herr D
(15)..(x)
Herr L
(7,5)
Herr S
(5)
Herr F
(12)
Frau M
(6) ?
Frau T
(4)..?
Herr G
(10)
Herr N
Herr U
Herr H
(8,6)
Herr O
Herr V Herr X
Hier fällt nach der Höchstzahlenverteilung nur ein Sitz an das Minder heitsgeschlecht (Frau J der Liste 2). Es müsste noch ein weiterer Sitz an die Frauen fallen. Der männliche Bewerber mit der niedrigsten Höchst zahl ist Herr D. Er müsste seinen Sitz zugunsten der nächstbenannten Frau seiner Liste abgeben. Die Liste 1 hat jedoch keine (weiteren) weibli chen Bewerber. Es ist daher auf die Liste mit der folgenden nicht berück sichtigten Höchstzahl zurückzugreifen. Sowohl Liste 2 als auch Liste 3 haben als nächste nicht berücksichtigte Höchstzahl die (10) (zugeordnet sowohl Herrn Q als auch Herrn K. Es ist also zunächst zwischen Liste 2
267
V
Verhältniswahl
und 3 zu losen, da beide Listen im folgenden noch weibliche Bewerber aufweisen (§ 15 Abs. 5 Nr. 2 S. 2 WOBetrVG). Fällt das Los auf Liste 2, wird Herr D durch Frau M ersetzt, fällt das Los auf Liste 3 rückt für Herrn D Frau T nach. Abwandlung: Liste 1 (60 Stimmen)
Liste 2 (30 Stimmen)
Liste 3 (20 Stimmen)
Herr A
(60) *
Herr I
(30) *
Herr P
(20) *
Herr B
(30) *
Herr J
(15) (x)
Herr Q
(10)
Herr C
(20) *
Herr K
(10)
Herr R
(6,7)
Herr D
(15)..(x)
Herr L
(7,5)
Herr S
(5)
(6) *
Herr T
(4)
Herr F
(12)
Frau M
Herr G
(10)
Herr N
Herr U
Herr H
(8,6)
Herr O
Herr V Herr X
Hier sind nach der Höchtzahlenverteilung zunächst nur Männer berück sichtigt. Es müssten den Frauen als Minderheitsgeschlecht zwei Min destsitze zugewiesen werden. Herr D und Herr J müssten dafür ihre Sitze abgeben, da sie über die niedrigste Höchstzahl verfügen. Da beide die gleiche Höchstzahl (15) zugewiesen bekamen, ist durch Losentscheid zu bestimmen, wer als erster seinen Sitz zugunsten des Minderheitsge schlechts abgeben muss. Angenommen es trifft Herrn D, so ist mangels weiblichen Bewerbers in Liste 1 (und auch Liste 3) auf Frau M in Liste 2 zurückzugreifen. Herr J indes würde seinen Sitz behalten, da dann die Regel des § 15 Abs. 5 Nr. 5 WOBetrVG greift, wonach der Sitz mangels weiterer Bewerber des Min derheitsgeschlechts bei der Liste verbleibt, die zuletzt ihren Sitz nach § 15 Abs. 5 Nr. 1 WOBetrVG zugunsten des Geschlechts in der Minderheit hätte abgeben müssen. Das wäre Liste 2. Somit verbleibt Herrn J der Sitz. Angenommen das Los trifft Herrn J, so rückt für ihn nach § 15 Abs. 1 WOBetrVG Frau M nach. Herr D indes kann durch keinen weiblichen Be werber mehr ersetzt werden. Ihm verbleibt der Sitz. (Es ist eine redaktio nelle Ungenauigkeit der Wahlordnung in § 15 Abs. 5 Nr. 5, dass sie in diesem Falle verfügt, der Sitz verbleibe bei der Vorschlagsliste, die zuletzt ihren Sitz zugunsten des Geschlechts in der Minderheit „nach Nummer 1“ hätte abgeben müssen. Diese Voraussetzung würde im Beispielsfall auf die Liste 1 gerade nicht zutreffen, da dort mangels eigener weiblicher Bewerber § 15 Abs. 5 Nr. 2 WOBetrVG zum Zuge gekommen wäre.)
268
Vermittler
V
Weiterführende/Verwandte Stichwörter: d’Hondt’sches Verfahren, Grundsätze der Wahl, Mehrheitswahl
Vermittler Kann sich der Wahlvorstand für die Betriebsratswahl mit demjenigen für die Sprecherausschusswahl (Sprecherausschuss) oder mit dem Sprecherausschuss nicht über die Zuordnung der leitenden Angestellten einigen, so ist ein Vermittler einzuschalten (§ 18a Abs. 2 BetrVG). Dies hat so rechtzeitig zu geschehen, dass der Vermittler spätestens eine Woche vor der Wahl eine erneute Verständigung der Wahlvorstände versuchen kann. Der Vermittler ist für das gesamte Zuordnungsverfahren der anstehenden Wahl und für alle streitigen Fälle einheitlich und nur einmal zu bestellen. Die Person des Vermittlers (auf die sich die Wahlvorstände einigen müssen) kann – anders als der Vorsitzende der Einigungsstelle – nicht beliebig sein (§ 18a Abs. 3 BetrVG). In Betracht kommt nur entweder ein Beschäftigter des Betriebs oder eines anderen Betriebs des Unternehmens oder Konzerns oder aber der Arbeitgeber. Der Arbeitgeber ist der Inhaber des Unternehmens, wenn dies eine Einzelperson ist. Bei Personengesellschaften sind die einzelnen Gesellschafter Arbeitgeber, so dass sie als Vermittler in Betracht kommen. Bei juristischen Personen (Aktiengesellschaft, GmbH, Verein usw.) sind dies die gesetzlichen Vertreter (Vorstand, Geschäftsführer usw.). Die leitenden Angestellten, die in den Führungsebenen unterhalb der Vorstands- bzw. Geschäftsführungsebene Arbeitgeberfunktionen ausüben, sind schon als Arbeitnehmer geeignete Vermittlerpersonen. Wegen Parteilichkeit können die Wahlvorstände von Betriebsratsund Sprecherausschusswahl nicht die Position des Vermittlers einnehmen. Genauso wenig können Betriebsräte und Mitglieder des Sprecherausschusses benannt werden. Auch kann ein Beauftragter einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft oder ein Angestellter des Arbeitgeberverbandes nicht zum Vermittler bestellt werden. Können sich die Wahlvorstände nicht auf die Person des Vermittlers einigen, so hat jede Seite einen vorzuschlagen; entschieden wird dann durch Los (§ 18a Abs. 3 Satz 3 BetrVG). Ein Losentscheid ist selbstverständ-
269
V
Verteilung der Betriebsratssitze
lich nicht erforderlich, wenn nur einer der beiden Vorstände einen Vermittler vorschlägt. Eine Pflicht für die vorgeschlagenen Personen, die Vermittlungstätigkeit zu übernehmen, besteht nicht. Sie besteht insbesondere auch nicht aus arbeits- oder dienstvertraglichen Treuepflichten. Der Vermittler spielt bei dem weiteren Zuordnungsverfahren dann die wesentliche Rolle (im einzelnen dazu Zuordnung der leitenden Angestellten). Bei der Tätigkeit ist der Vermittler nicht an Weisungen gebunden. Gegen Beeinflussungen wird er durch das allgemeine Verbot der Beeinflussung der Wahl und der Behinderung der Wahl geschützt. Der Vermittler ist seinerseits verpflichtet, über die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse und die sonstigen vertraulichen Angelegenheiten wie die Einzelheiten der ihm bekannt gewordenen Arbeitsverträge Stillschweigen zu bewahren. Dies ergibt sich aus einer analogen Anwendung des § 79 Abs. 2 BetrVG (Hromadka, Sprecherausschussgesetz, § 18a BetrVG Rn. 17). Das Vermittleramt ist ein Ehrenamt. Eine Vergütung ist nicht vorgesehen. Ausgefallene Arbeitszeit darf aber nicht zu Kürzungen des Entgelts führen (Arbeitsausfall). Notwendige Aufwendungen sind ihm zu erstatten (Kosten der Wahl). Weiterführende/Verwandte Stichwörter: leitender Angestellter, Zuordnung der leitenden Angestellten
Verteilung der Betriebsratssitze Die Verteilung der Betriebsratssitze wird unter verschiedenen anderen Stichwörtern erläutert, siehe Mehrheitswahl, Verhältniswahl und Vereinfachtes Wahlverfahren. Eine Übersicht über die Grundregeln wird gegeben unter Grundsätze der Wahl. Weiterführende/Verwandte Stichwörter: d’Hondsches Verfahren Geschlecht des Arbeitnehmers
270
Vorgeschaltetes Kontrollverfahren
V
Vorgeschaltetes Kontrollverfahren Fehler im Laufe des Wahlverfahrens können im Wege der Wahlanfechtung der gerichtlichen Kontrolle zugeführt werden, § 19 BetrVG. Nachteil dieses Verfahrens ist, dass es erst nach Ende der Betriebsratswahl angestrengt werden kann. Nach Rechtsprechung (BAG, Beschluss v. 15.12.1972, 1 ABR 8/72) und Literatur müssen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit diesem Verfahren aber nicht zufrieden geben. Sie können schon während des Wahlverfahrens die gerichtliche Kontrolle einzelner Maßnahmen beantragen. Hierfür sind nicht etwa die engen Voraussetzungen der Wahlanfechtung erforderlich. Als Verfahrensgegenstand kommen beispielsweise Meinungsverschiedenheiten über die Größe des Betriebsrats, über das aktive oder passive Wahlrecht (Wahlberechtigung, Wählbarkeit), ebenso über die Anerkennung eines Wahlvorschlags in Betracht. Der Antragsteller muss sich an das Arbeitsgericht wenden, in dessen Bezirk der Betrieb liegt. Der Antrag kann schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle des örtlich zuständigen Arbeitsgerichts gestellt werden. Er muss darauf gerichtet sein, den Wahlvorstand zur Unterlassung einer einzelnen Handlung (oder zur Vornahme einer Handlung) zu verpflichten. Das Arbeitsgericht entscheidet diesen Antrag im Beschlussverfahren. Der Antrag selbst an das Arbeitsgericht beeinflusst das Wahlverfahren noch nicht. Spürbar kann erst eine endgültige Entscheidung der Arbeitsgerichte (auch in höherer Instanz) sein. Mittels einstweiliger Verfügung kommen die Aussetzung der Wahl bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache sowie die sofortige Erfüllung des im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Leistungsanspruchs (so genannte Leistungsverfügung) in Betracht. Die Eilbedürftigkeit als Verfügungsgrund ist regelmäßig gegeben.
Vorschlagsliste Als Vorschlagsliste werden von der Wahlordnung zum Betriebsverfassungsgesetz diejenigen Wahlvorschläge bezeichnet, die bei der
271
V
Vorschlagsliste
regulären Wahl einzureichen sind. Für Vorschlagslisten gelten folgende Regeln: • Alle wahlberechtigten Arbeitnehmer und die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften dürfen Vorschlagslisten erstellen (§ 14 Abs. 3 BetrVG). • Die Vorschlagslisten sind bei dem Wahlvorstand innerhalb von zwei Wochen ab Erlass des Wahlausschreibens – also ab Einleitung der Betriebsratswahl – einzureichen (§ 6 Abs. 1 Satz 2 WOBetrVG). Geht überhaupt keine Vorschlagsliste ein, so hat der Wahlvorstand dies in gleicher Weise wie das Wahlausschreiben bekannt zumachen und eine Nachfrist von einer Woche ab Bekanntmachung für die Einreichung von Vorschlagslisten zu setzen. In dieser Bekanntmachung muss der Wahlvorstand darauf hinweisen, dass die Betriebsratswahl nur stattfinden kann, wenn innerhalb der Nachfrist mindestens ein gültiger Wahlvorschlag eingereicht wird (§ 9 Abs. 1 WOBetrVG). Wird in diesen Fällen auch in der Nachfrist kein Wahlvorschlag eingereicht, so hat der Wahlvorstand die Betriebsratswahl sofort abzubrechen und bekanntzugeben, dass keine Wahl stattfindet. • Jede Vorschlagsliste soll mindestens doppelt so viele Bewerber aufweisen, wie in dem Wahlvorgang Betriebsratsmitglieder zu wählen sind (§ 6 Abs. 2 WOBetrVG). Diese Mindestzahl ist eine reine Ordnungsvorschrift („soll“). Wenn sich auf der Vorschlagsliste weniger Kandidaten befinden, so führt dies nicht etwa zur Ungültigkeit des Vorschlags. Selbst wenn weniger Kandidaten als zu wählende Betriebsratsmitglieder genannt werden, ist das unschädlich. Wenn der Wahlvorstand eine solche Liste dennoch nicht zur Wahl zulassen sollte, so kann die Betriebsratswahl anschließend mit Erfolg angefochten werden. Die Kandidaten sind in der Vorschlagsliste in erkennbarer Reihenfolge unter fortlaufender Nummer und unter Angabe von Familienname, Vorname, Geburtsdatum und Art der Beschäftigung im Betrieb aufzuführen. Vorschlagslisten, die die Reihenfolge nicht erkennbar werden lassen, sind ungültig (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 WOBetrVG). Hingegen dürften das Fehlen der Berufsangabe, fehlerhafte (aber berichtigungsfähige) Angaben der Namen und
272
Vorschlagsliste
•
V
des Geburtsdatums im Regelfall nicht zu einer Anfechtbarkeit der Wahl führen. Die Vorschlagslisten müssen von einer gewissen Anzahl Wahlberechtigter unterschrieben sein (Stützunterschriften). Die Anzahl richtet sich nach der Beschäftigtenzahl. rundsätzlich muss jede Vorschlagsliste mindestens von 1/20 der Wahlberechtigten unterzeichnet sein. Als Mindestzahl sind jedoch drei Unterschriften festgelegt. In jedem Fall genügt die Unterzeichnung durch 50 wahlberechtigte Arbeitnehmer. Aus der Quote ergibt sich folgende Staffelung von Mindestunterschriften: bis 60 Wahlberechtigte drei Unterschriften, bis 80 Wahlberechtigte vier Unterschriften, bis 100 fünf Unterschriften usw. Für die Zahlenstaffel gibt es auch eine Höchstgrenze: Jedenfalls genügt die Unterschrift durch 50 wahlberechtigte Gruppenangehörige. Ab 981 Wahlberechtigten greift folglich diese Mindestzahl (vgl. insgesamt dazu § 14 Abs. 4 BetrVG). Die Unterschriften müssen die Person des Arbeitnehmers erkennen lassen, um die Prüfung der Wahlberechtigung und die Prüfung doppelter Unterschriften zu ermöglichen. Nicht alle Unterschriften müssen auf einem Exemplar der Vorschlagsliste geleistet werden. Möglich ist es vielmehr, eine Vorschlagsliste in mehreren Exemplaren durch die Belegschaft laufen zu lassen und so Unterschriften zu sammeln. Setzt sich eine Vorschlagsliste samt der Unterschriftenliste aus mehreren Blättern zusammen, so müssen diese fest verbunden und gegen eine Trennung gesichert sein (LAG Hamm, Beschluss v. 24.5.2002 - 10 TaBV 63/02). Die Stützunterschriften sind grundsätzlich persönlich vom Wahlberechtigten zu leisten. Vertretung ist unzulässig. Eine Ausnahme dürfte für Behinderte gelten: Denn für die eigentliche Stimmabgabe gestattet § 12 Abs. 4 WOBetrVG eine Unterstützung des Wahlberechtigten durch eine Person seines Vertrauens, wenn der Wahlberechtigte infolge seiner Behinderung bei der Stimmabgabe beeinträchtigt ist. Begründet wird dies vom Verordnungsgeber damit, dass auch Behinderte ihr Wahlrecht ausüben können sollen (Begründung zu § 14 des Entwurfs einer Wahlordnung). Eine solche Regelung fehlt hinsichtlich der Stützunterschriften (vgl. § 12 Abs. 4 WOBetrVG); die Interessenlage ist aber gleich, und dem
273
V
Vorschlagsliste
• • •
274
Verordnungsgeber kann nicht unterstellt werden, dass er den Plan hatte, Wahlgleichheit für Behinderte nur bei der Stimmabgabe herzustellen. In analoger Anwendung des § 12 Abs. 4 WOBetrVG können Wahlberechtigte folglich auch Stützunterschriften durch Personen ihres Vertrauens leisten, wenn sie durch ihre Behinderung in der Ableistung der Stützunterschrift behindert sind. Bis zur Einreichung der Vorschlagsliste beim Wahlvorstand können die Unterschriften zurückgenommen werden. Sie sind auf dem Vorschlag zu streichen. Wird dadurch die Mindestzahl unterschritten, müssen weitere Unterschriften beigebracht werden. Unterschriften, die nach Einreichung der Vorschlagsliste zurückgezogen werden, berühren die Gültigkeit der Vorschlagsliste nicht mehr. Die Rücknahme kann durch eine Erklärung gegenüber dem Wahlvorstand vorgenommen werden. Eine andere Folge tritt ein, wenn ein Arbeitnehmer mehrere Wahlvorschläge durch seine Unterschrift stützt. Dies ist unzulässig, § 6 Abs. 5 WOBetrVG. In einem solchen Fall hat der Wahlberechtigte auf Aufforderung des Wahlvorstands vor Ablauf von drei Arbeitstagen zu erklären, welche der Unterschriften er aufrechterhält; der Wahlvorstand kann auch eine kürzere Frist setzen, wenn dies angemessen ist (eine längere aber nicht). Gibt der Wahlberechtigte die Erklärung nicht ab, so wird sein Name nur auf der zuerst eingereichten Vorschlagsliste gezählt und auf den übrigen gestrichen. Das gilt auch, wenn der Wahlberechtigte erklärt, er nehme alle Unterschriften zurück. Bei gleichzeitiger Einreichung mehrerer Vorschlagslisten entscheidet das Los darüber, auf welcher Vorschlagsliste die Unterschrift gilt (§ 6 Abs. 5 S. 3 WOBetrVG). Vorschlagslisten der Gewerkschaften müssen von zwei Beauftragten der Gewerkschaft unterzeichnet sein (§§ 14 Abs. 5 BetrVG, 27 Abs. 2 WOBetrVG). Eine Verbindung von mehreren Vorschlagslisten ist unzulässig, § 6 Abs. 6 WOBetrVG. Für jede Vorschlagsliste muss es einen Listenvertreter geben. Der Vorschlagsliste sind die schriftlichen Zustimmungserklärungen der Wahlbewerber beizufügen. Die Zustimmungserklärung muss spätestens zum Ablauf der Einreichungsfrist vorliegen. Der
Vorschlagsliste
•
•
•
•
•
V
Wahlvorstand kann bei Prüfung der Vorschlagslisten eine Nachfrist setzen. Aus dem Wahlvorschlag muss sich ergeben, ob die Unterschrift eines Wahlbewerbers als Zustimmungserklärung zu dem Vorschlag seiner Kandidatur oder als Unterstützungsunterschrift zur Erreichung der Mindestquote (siehe oben) gemeint ist. Die Vorschlagslisten sollten insoweit Klarheit möglichst durch zwei verschiedene Rubriken und eine optische Trennung schaffen. Ein Kandidat kann jeweils nur auf einer Vorschlagsliste vorgeschlagen werden. Taucht sein Name ohne seine Zustimmung auf mehreren auf, so ist der Name dort jeweils zu streichen. Taucht er mit Zustimmung des Wahlberechtigten mehrfach auf, so hat der Wahlvorstand den betreffenden Kandidaten zur Erklärung aufzufordern, welche Bewerbung er aufrechterhält. Er hat eine Erklärungsfrist von drei Arbeitstagen. Erklärt sich der Bewerber in dieser Frist nicht, so ist sein Name – anders als bei den Stützunterschriften – auf allen Vorschlagslisten zu streichen (§ 6 Abs. 7 WOBetrVG). Nach Einreichung hat der Wahlvorstand dem Überbringer oder – wenn sie nicht persönlich überbracht wird – nachträglich dem Listenvertreter den Eingang der Vorschlagsliste schriftlich zu bestätigen. Die Vorschlagsliste darf mit einem Kennwort versehen werden. Auch Gewerkschaftsnamen sind zulässig, soweit sie angesichts der vorgeschlagenen Kandidaten zutreffen. Wird die Vorschlagsliste ohne Kennwort eingereicht, so bezeichnet sie der Wahlvorstand mit den Familien- und Vornamen der ersten beiden Kandidaten, § 7 Abs. 2 WOBetrVG. Unverzüglich, möglichst innerhalb von zwei Arbeitstagen nach Eingang der Vorschlagsliste, ist diese vom Wahlvorstand zu überprüfen. Bei unheilbaren Mängeln hat er unmittelbar die Ungültigkeit der Vorschlagsliste festzustellen. Treten Beanstandungen auf, so darf der Wahlvorstand die Originalvorschlagsliste nicht wieder herausgeben. Denn diese kann im Falle einer Wahlanfechtung bedeutsam werden. Erforderlichenfalls sollte also eine Kopie an den Listenvertreter gegeben werden. Der Wahlvorstand kann seine Entscheidung über die Gültigkeit eines Wahlvorstandes jedenfalls
275
V
Vorschlagsliste
•
•
•
276
dann korrigieren, wenn dadurch Wahlanfechtungsgründe wegfallen und die Wochenfrist des § 10 Abs. 2 WOBetrVG gewahrt bleibt (LAG Nürnberg, Beschluss vom 13.03.2002 - 2 TaBV 13/02). Unheilbare Mängel sind: − Nennung nicht wählbarer Kandidaten (LAG Frankfurt, Beschluss v. 14.7.1988, 12 TaBV 140/87), − verspätet eingereichte Vorschlagsliste, − die Anführung der Bewerber auf dem Wahlvorschlag in nicht erkennbarer Reihenfolge, − die Nichterreichung der erforderlichen Anzahl an Unterschriften – die nachträgliche Rücknahme von Unterschriften nach Einreichung ist unschädlich, siehe oben. Neben den vorgenannten unheilbaren Mängeln (§ 8 Abs. 1 WOBetrVG) hat der Wahlvorstand die Vorschlagslisten auch auf heilbare Mängel zu prüfen (§ 8 Abs. 2 WOBetrVG). Treten solche auf, so hat der Wahlvorstand sie gegenüber dem Listenvertreter zu beanstanden. Die Mängel sind innerhalb einer Frist von drei Arbeitstagen zu beseitigen; diese Frist kann der Wahlvorstand weder verkürzen noch verlängern. Heilbare Mängel sind insbesondere: − die fehlende Angabe der obengenannten Daten bei den einzelnen Wahlbewerbern, − die fehlende schriftliche Zustimmung der in der Vorschlagsliste genannten Bewerber und − die Unterschreitung der Mindestunterschriftenzahl infolge Streichung einzelner Unterschriften wegen doppelter Unterschriftsleistung (siehe oben), − die Rücknahme von Unterschriften nach Einreichung der Vorschlagsliste ist aber unschädlich (siehe oben). Nach Ablauf der Einreichungsfristen ermittelt der Wahlvorstand durch Los die Reihenfolge der eingereichten und gültigen Vorschlagslisten und nummeriert sie durch (Liste 1, Liste 2 usw.). Die Listenvertreter sind rechtzeitig vor der Losentscheidung hierzu einzuladen (§ 10 Abs. 1 WOBetrVG). Spätestens eine Woche vor Beginn der Stimmabgabe hat der Wahlvorstand die als gültig anerkannten Vorschlagslisten genau
Wahlakte
W
so wie das Wahlausschreiben bekannt zu machen. Diese Bekanntmachung hat er bis zum Abschluss der Stimmabgabe aufrechtzuerhalten (§ 10 Abs. 2 WOBetrVG). Weiterführende/Verwandte Stichwörter: Ersatzmitglied, Gewerkschaft, Mehrheitswahl, Verhältniswahl, Wahlvorschlag
Wahlakte Zu den Wahlakten rechnen alle Wahlunterlagen im weitesten Sinne. Zu ihnen gehören u.a. • gültige und ungültige Stimmzettel, • Sitzungsniederschrift des Wahlvorstands, • Schriftwechsel des Wahlvorstands, • die Niederschrift über das Wahlergebnis, • die (wieder abgenommenen) Aushänge einschließlich • des Wahlausschreibens und • ggf. Bekanntmachungen über Fristverlängerungen für die Einreichung von Wahlvorschlägen nach §§ 9 WOBetrVG sowie • ggf. Bekanntmachung der gültigen Wahlvorschläge nach § 10 WOBetrVG, • Berechnungszettel usw. Der Wahlvorstand hat die gesamten Wahlakten nach der konstituierenden Sitzung dem Vorsitzenden des Betriebsrates zwecks Aufbewahrung auszuhändigen. Der Vorsitzende des Betriebsrats hat die Wahlakten dann mindestens bis zur Beendigung seiner Amtszeit aufzubewahren. Gehen nach Übergabe der Wahlakten an den Betriebsrat noch Wahlbriefe von Briefwählern ein, so sind auch diese dem neu gewählten Betriebsrat zur Verfügung zu stellen. Anders als die restlichen Wahlunterlagen sind die ungültigen Wahlbriefe allerdings einen Monat nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses ungeöffnet zu vernichten, wenn nicht die Wahl angefochten wurde (vgl. § 26 Abs. 2 WOBetrVG). Die Wahlakten sollen aufgehoben werden als Beweismaterial bei einer Anfechtung der Betriebsratswahl und auch bei einer (grundsätzlich nicht fristgebundenen) Nichtigkeitsbehauptung (Nichtigkeit der
277
W
Wahlanfechtung
Betriebsratswahl). Wegen des Beweiswertes wird in der Literatur auch Arbeitnehmern, Arbeitgebern und jeder im Betrieb vertretenen Gewerkschaft ein Einsichtsrecht in die Wahlunterlagen eingeräumt.
Wahlanfechtung Fehler in irgendeiner Phase des Wahlverfahrens führen nur ausnahmsweise automatisch zur Nichtigkeit der Wahl. Im Regelfall bleibt die Betriebsratswahl wirksam und kann nur durch das in § 19 BetrVG geregelte Verfahren, die Wahlanfechtung, beseitigt werden. Zur Wahlanfechtung bedarf es 1. eines Anfechtungsgrundes, 2. der Anfechtungsberechtigung und 3. der Einhaltung einer Anfechtungsfrist. Zu 1: Anfechtungsgründe § 19 Abs. 1 BetrVG verlangt als Anfechtungsgrund, dass gegen Vorschriften des Wahlrechts, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist. Zur Anfechtung berechtigen aber nur Verstöße gegen wesentliche Vorschriften. Zudem darf keine Berichtigung erfolgt sein, und es darf sich nicht herausstellen, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis weder geändert noch beeinflusst werden konnte. Als wesentliche Vorschriften, gegen die verstoßen werden kann, kommen die „Muss-Vorschriften“ des BetrVG sowie der Wahlordnung in Betracht (BAG, Beschluss v. 14.9.1998, 7 ABR 93/87). Verstöße gegen „Soll-Vorschriften“ genügen in aller Regel nicht (BAG, Beschluss v. 13.10.2004, 7 ABR 5/04); „Soll-Vorschriften“ sind solche, in denen das gesetzliche Verbot lediglich mit einem Soll ausgedrückt wird, wie beispielsweise § 15 Abs. 1 BetrVG („der Betriebsrat soll sich möglichst aus Arbeitnehmern …“). Soll-Vorschriften sind jedoch als wesentliche Wahlvorschriften anzusehen, wenn sie elementare Grundprinzipien der Betriebsratswahl enthalten oder tragende Grundsätze des Betriebsverfassungsrechts berühren und deshalb von ihrer Zwecksetzung her als wesentlich einzustufen sind (BAG, Beschluss v. 13.10.2004, 7 ABR 5/04).
278
Wahlanfechtung
W
Beispiel: Informationspflicht gegenüber Ausländern nach § 2 Abs. 5 WOBetrVG.
Die Wahlanfechtung kann ferner nicht erfolgreich betrieben werden, wenn der Verstoß gegen die Vorschriften in der Zwischenzeit berichtigt worden ist. Hat sich der Wahlvorstand beispielsweise bei der Verteilung der Sitze verrechnet, wird dieser Fehler aber nachträglich richtiggestellt, so entfällt der Anfechtungsgrund. Voraussetzung ist, dass – sofern noch weitere Schritte folgen – das Wahlverfahren ohne Beeinträchtigung des Wahlrechtes weiter ablaufen kann. Die Rechtsprechung verfährt mit der Berichtigung zuweilen großzügig. Beispiel: Erscheint es infolge Teilnahme nicht wahlberechtigter Arbeitnehmer an der Betriebsratswahl als möglich, dass das an letzter Stelle gewählte Betriebsratsmitglied bei regulärem Verlauf nicht gewählt worden wäre, sondern das Ersatzmitglied mit höchster Stimmenzahl, so tritt Heilung ein, wenn das zuletzt gewählte Betriebsratsmitglied ausscheidet und an seine Stelle das Ersatzmitglied nachrückt (LAG Hamm, Beschluss v. 11.5.1979, 3 TaBV 9/79). Erforderlich ist für den Anfechtungsgrund schließlich, ob ohne den Verstoß das Wahlergebnis objektiv anders hätte ausfallen können (BAG, Beschluss v. 6.12.2000, 7 ABR 34/99). Die Möglichkeit der Wahlbeeinflussung durch den Verstoß genügt folglich. Kein Anfechtungsgrund besteht beispielsweise, wenn zwei nicht wahlberechtigte Arbeitnehmer an der Betriebsratswahl teilgenommen haben, beide die Liste x gewählt haben und aus der Liste x auch ohne diese beiden Stimmen die gleiche Anzahl Kandidaten in den Betriebsrat gewählt worden wären. Unterbleibt eine Wahlanfechtung, so hat der Betriebsrat alle ihm zustehenden Beteiligungsrechte (BAG, Beschluss v. 27.6.1995). Die Liste der Beispiele aus der Rechtsprechung für mögliche Anfechtungsgründe ist bereits sehr lang (siehe ausführliche Nachweise bei Stege/Weinspach, BetrVG, § 19 Rn. 7 ff.). Als Verstöße kommen insbesondere in Betracht: • Verstoß gegen das Wahlrecht: Zulassung von nicht wahlberechtigten Personen (z.B. leitende Angestellte, LAG Düsseldorf, Entscheidung v. 7.1.1958, 3 BTVa 3/57); Nichtzulassung von wahlbe-
279
W
Wahlanfechtung
•
•
280
rechtigten Arbeitnehmern (BAG, Urteil v. 14.2.1974, 5 AZR 298/73); unrichtige Wählerliste (BAG, Beschluss v. 5.3.1974, 1 ABR 19/73). Verstöße gegen die Wählbarkeit: Wahl eines Arbeitnehmers, der das 18. Lebensjahr oder die Wartezeit von sechs Monaten noch nicht vollendet hat (BAG, Beschluss v. 7.7.1954, 1 ABR 6/54); Wahl eines dem Betrieb nicht zugehörigen Arbeitnehmers (BAG, Urteil v. 15.2.1978, 5 AZR 739/76). Verstöße gegen das Wahlverfahren: Nicht ordnungsgemäße Zusammensetzung des Wahlvorstandes (BAG, Beschluss v. 14.9.1988, 7 ABR 93/87, BB 89, 496 sowie LAG Hessen, Beschluss v. 6.2.2003, 9 TaBV 96/02); Wahl des Wahlausschusses durch falsches Gremium (BAG, Beschluss v. 21.07.2004 - 7 ABR 57/03); Wahlausschreiben enthält falsche Angaben über die Wählbarkeitsvoraussetzungen (BAG, Beschluss v. 20.7.1982, 1 ABR 19/81, BB 83, 832; vgl. auch BAG, Beschluss v. 21.07.2004 - 7 ABR 57/03); keine Information von Ausländern in für sie verständlicher Sprache (BAG, Beschluss v. 13.10.2004, 7 ABR 5/04); Verkennung des Betriebsbegriffs durch den Wahlvorstand (BAG, Beschluss v. 17.1.1978, 1 ABR 71/76, BB 78, 962) – wurden in einem einheitlichen Betrieb unter Verkennung der Situation verschiedene Betriebsräte gewählt, so ist die Wahl aller Betriebsräte anzufechten (BAG, Beschluss v. 14.11.2001 - 7 ABR 40/00); Angabe einer zu großen Zahl zu wählender Betriebsratsmitglieder im Wahlausschreiben (BAG, Beschluss v. 12.10.1976, 1 ABR 14/76, BB 77, 244); Gewährung von Einsicht in Wählerliste nur drei Stunden vormittags in einem Betrieb, in dem auch nachts gearbeitet wird (LAG Köln, Beschluss v. 16.1.1991, 2 TaBV 37/90, LAGE § 19 BetrVG Nr. 11); Zurückweisung eines ordnungsgemäßen Wahlvorschlags durch Wahlvorstand (LAG Hamm, Beschluss v. 7.7.1976, 3 TaBV 20/76, EzA § 19 BetrVG Nr. 9); falsche Berechnung der Frist für Einreichung von Wahlvorschlägen (BAG, Beschluss v. 9.12.1992, 7 ABR 27/92, BB 93, 1217); unterschiedliche Gestaltung der Stimmzettel entgegen § 11 Abs. 2 WOBetrVG (BAG, Beschluss v. 14.1.1969, 1 ABR 14/68, BB 69, 490); Briefwahl über die Fälle des § 24 WOBetrVG hinaus (BAG, Beschluss v. 27.1.1993, 7 ABR 37/92, DB 93, 2030); bei Stimmenauszählung ist
Wahlanfechtung
W
nicht ständig mindestens ein Mitglied des Wahlvorstandes anwesend (LAG Berlin, Beschluss v. 16.11.1987, 12 TaBV 6/87, DB 88, 504); Verstoß gegen den Grundsatz der Öffentlichkeit der Stimmenauszählung (LAG Berlin wie zuvor). Zu 2: Anfechtungsberechtigung Den Antrag auf Wahlanfechtung können beim Arbeitsgericht einreichen: • Drei wahlberechtigte Arbeitnehmer. Nimmt auch nur einer im Laufe des Verfahrens in erster Instanz seinen Antrag zurück, so wird die Anfechtung unzulässig; in den höheren Instanzen ist dies nur noch mit Zustimmung der übrigen Beteiligten möglich. Eine Übernahme durch andere Arbeitnehmer des Betriebs ist nicht möglich. Arbeitnehmer, die den Einspruch gegen die Wählerliste nach § 4 WOBetrVG versäumt haben, können auf die Fehlerhaftigkeit der Wählerliste eine Wahlanfechtung nicht mehr stützen (Einspruch gegen die Wählerliste). • Jede im Betrieb vertretene Gewerkschaft und • der Arbeitgeber. Da die beiden Letztgenannten nicht zuvor nach § 4 WOBetrVG Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste erheben können, ist eine diesbezügliche Wahlanfechtung nicht ausgeschlossen. Zu 3: Anfechtungsfrist. Die Anfechtungsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit der Bekanntmachung des Wahlergebnisses. Zur Berechnung Fristberechnung. Wird das Wahlergebnis an verschiedenen Stellen im Betrieb ausgehängt, so ist der Tag des letzten Aushangs maßgeblich. Wenn überhaupt kein ordnungsgemäßer Aushang des Wahlergebnisses vorgenommen wird, so beginnt die Frist auch nicht zu laufen – eine Wahlanfechtung ist dann auch noch erhebliche Zeit nach der Wahl möglich. Es sollte dennoch nicht aus taktischen Gründen über Gebühr gewartet werden mit einer Wahlanfechtung, denn nach Ablauf einer nicht näher festgelegten Zeit, die aber nicht länger als ein Jahr dauern dürfte, wird die Anfechtung der Wahl verwirkt sein. Wird die Betriebsratswahl erfolgreich angefochten, so führt das zur Ungültigkeit der Wahl. Der Betriebsrat muss neu gewählt werden.
281
W
Wahlausschreiben, reguläres Wahlverfahren
Das Wahlverfahren ist von Anfang an mit einer Bestellung eines neuen Wahlvorstandes neu durchzuführen. Maßnahmen, die der Betriebsrat bis zur rechtskräftigen Wahlanfechtung durchgeführt hat, bleiben hingegen wirksam (BAG, Beschluss v. 13.9.1984, 6 ABR 43/83). Weiterführende/Verwandte Stichwörter: vorgeschaltetes Kontrollverfahren
Wahlausschreiben, reguläres Wahlverfahren Mit dem Wahlausschreiben wird der Belegschaft der wesentliche Ablauf der Betriebsratswahlen erläutert. Ihnen werden auch Orte und Zeiten bestimmter Ereignisse und laufende Fristen mitgeteilt. Der Erlass setzt zunächst voraus, dass der Vorsitzende und mindestens ein weiteres stimmberechtigtes Mitglied des Wahlvorstands das Original unterschreiben. Der Erlass setzt auch den Aushang oder die Auslegung des Wahlausschreibens voraus. Erst mit diesem Bekanntmachungsakt ist das Wahlausschreiben erlassen. Wenn es die betrieblichen Gegebenheiten erforderlich machen, so können auch mehrere Kopien des Wahlausschreibens ausgehängt oder ausgelegt werden; wird das Wahlausschreiben für eine Betriebsratswahl in einem Betrieb mit vielen Betriebsstätten in Deutschland durch Aushang nach § 3 Abs 4 Satz 2 WOBetrVG bekannt gemacht, muss grundsätzlich in jeder Betriebsstätte ein Abdruck des Wahlausschreibens ausgehängt werden, soll nicht die Wahl nach § 19 Abs 1 BetrVG anfechtbar sein (BAG, Beschluss v. 5.5.2004, 7 ABR 44/03). Das Wahlausschreiben ist in einem solchen Falle erst dann „erlassen“, wenn die letzte der vorgesehenen Kopien ausgehängt ist. Von diesem Ereignis an ist die Betriebsratswahl eingeleitet (§ 3 Abs. 1 WOBetrVG). Der Erlass des Wahlausschreibens hat spätestens sechs Wochen vor dem ersten Tag der Stimmabgabe stattzufinden. Hat sich der Wahlvorstand mit der Erarbeitung des Wahlausschreibens verspätet, so kann die Sechswochenfrist keinesfalls unterschritten werden. Viel-
282
Wahlausschreiben, reguläres Wahlverfahren
W
mehr ist ein neuer Wahltermin so festzulegen, dass die Sechswochenfrist eingehalten werden kann. Das Wahlausschreiben hat an den Aushangstellen bis zum letzten Tag der Stimmabgabe in gut lesbarem Zustand zu verbleiben. Sollte die Lesbarkeit während des Wahlverfahrens leiden, so ist der Wahlvorstand gehalten, anstelle des schadhaften Exemplars eine neue Kopie des Wahlausschreibens auszuhängen. Für Ausländer muss sichergestellt sein, dass diese den Inhalt des Wahlausschreibens wahrnehmen und verstehen können. Ergänzend kann das Wahlausschreiben mittels der im Betrieb vorhandenen Informations- und Kommunikationstechnologie bekannt gemacht werden, § 3 Abs. 4 S. 2 WOBetrVG. Die Bekanntmachung ausschließlich in elektronischer Form ist indes nur zulässig, wenn alle Arbeitnehmer von der Bekanntmachung Kenntnis erlangen können und Vorkehrungen getroffen werden, dass Änderungen der nur vom Wahlvorstand vorgenommen werden können, § 3 Abs. 4 S. 3 WOBetrVG i.V.m. § 2 Abs. 4 S. 4 WOBetrVG. Der Zeitpunkt des Erlasses des Wahlausschreibens hat Bedeutung für die Größe des Betriebsrats ebenso wie für die Berechnung der Mindestsitze des Minderheitsgeschlechts. Schließlich wirkt sich der Erlass des Wahlausschreibens auf den Lauf einiger Fristen aus. Ab Erlass des Wahlausschreibens laufen die Einreichungsfristen der Wahlvorschläge, die Frist für die Abstimmung über eine anderweitige Verteilung der Betriebsratssitze und schließlich die Einspruchsfrist gegen die Wählerliste. § 3 Abs. 2 WOBetrVG legt fest, welchen Inhalt das Wahlausschreiben haben muss: • das Datum seines Erlasses (siehe oben); • die Bestimmung des Ortes, an welchem die Wählerliste und die Wahlordnung zum Betriebsverfassungsgesetz ausliegen; • dass nur Arbeitnehmer wählen oder gewählt werden können, die in die Wählerliste eingetragen sind, und dass Einsprüche gegen die Wählerliste nur vor Ablauf von zwei Wochen seit dem Erlass des Wahlausschreibens schriftlich beim Wahlvorstand eingelegt werden können; der Wahlvorstand hat diese Frist zu errechnen (Fristberechnung) und den letzten Tag der Frist im Wahlausschreiben ebenfalls anzugeben;
283
W
Wahlausschreiben, reguläres Wahlverfahren
•
•
•
•
•
• • • • •
284
den Anteil der Geschlechter (Geschlecht des Arbeitnehmers) und den Hinweis, dass das Geschlecht in der Minderheit im Betriebsrat mindestens entsprechend seinem zahlenmäßigen Verhältnis vertreten sein muss, wenn der Betriebsrat aus mindestens drei Mitgliedern besteht; die Zahl der Betriebsratsmitglieder (Größe des Betriebsrats) und die auf das Minderheitsgeschlecht entfallenden Mindestsitze im Betriebsrat; die Mindestzahl von Arbeitnehmern, von denen ein Wahlvorschlag unterzeichnet sein muss und dass der Wahlvorschlag einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft von zwei Beauftragten unterzeichnet sein muss; dass Wahlvorschläge vor Ablauf von zwei Wochen seit dem Erlass des Wahlausschreibens beim Wahlvorstand, in Form von Vorschlagslisten einzureichen sind (wenn mehr als drei Betriebsratsmitglieder zu wählen sind); der letzte Tag der Frist ist vom Wahlvorstand zu errechnen (Fristberechnung) und anzugeben; dass die Stimmabgabe an die Wahlvorschläge gebunden ist und dass nur solche Wahlvorschläge berücksichtigt werden dürfen, die fristgerecht eingereicht worden sind; die Bestimmung des Ortes oder der Orte, an denen Wahlvorschläge bis zum Abschluss der Stimmabgabe aushängen; Ort, Tag und Zeit der Stimmabgabe sowie die Betriebsteile und Kleinstbetriebe, für die Briefwahl beschlossen worden ist, die Betriebsadresse des Wahlvorstands. Ort, Tag und Zeit der öffentlichen Stimmauszählung; Sofern es nach Größe, Eigenart oder Zusammensetzung der Arbeitnehmerschaft zweckmäßig ist, soll der Wahlvorstand schließlich darauf hinweisen, dass bei der Aufstellung von Wahlvorschlägen die einzelnen Organisationsbereiche und verschiedenen Beschäftigungsarten bei der Zusammensetzung der Kandidaten berücksichtigt werden sollen. Unterbleibt dieser Hinweis oder entspricht der gewählte Betriebsrat dem nicht, so begründet dies nicht die Anfechtbarkeit der Wahl.
Wahlausschreiben, vereinfachtes einstufiges Wahlverfahren
W
In welchem Umfang Wahlausschreiben nach ihrem Erlass korrigiert werden dürfen, ist nicht vollends geklärt. Einerseits dürften offenbare Unrichtigkeiten des Wahlausschreibens wie beispielsweise erkennbare Schreibfehler jederzeit berichtigt werden können. Andererseits dürfte eine Berichtigung oder Ergänzung des Wahlausschreibens jedenfalls dann unzulässig sein, wenn sich die Arbeitnehmer in ihrem Wahlverhalten – auch hinsichtlich ihrer Wahlvorschläge – hierauf nicht mehr einstellen können und daher eine Beeinträchtigung der Wahl unter Zugrundelegung einer objektiven Betrachtung als möglich erscheint. In einem solchen Fall muss das Wahlausschreiben neu erlassen werden. Die vom Wahlausschreiben abhängigen Fristen (siehe oben) sind am neuen Wahlausschreiben orientiert neu zu errechnen. In den dazwischen liegenden Fällen sollten die Umstände des Einzelfalls genau abgewogen werden. Erscheint eine Beeinflussung der Wahl als möglich und kündigt sich bereits in dieser Phase eine Wahlanfechtung an, so sollte vorsichtshalber das Wahlausschreiben in seiner neuen, korrigierten oder ergänzten Fassung erneut ausgeschrieben werden. Weiterführende/Verwandte Stichwörter: Wahlauschreiben, vereinfachtes Wahlverfahren Einleitung der Wahl
Wahlausschreiben, vereinfachtes einstufiges Wahlverfahren Im vereinfachten einstufigen Wahlverfahren hat der Wahlvorstand das Wahlausschreiben unverzüglich nach seiner Bestellung zu erlassen (§ 18 Abs. 1 BetrVG, § 36 Abs. 2 WOBetrVG). Mit Erlass des Wahlausschreibens ist die Betriebsratswahl eingeleitet. Das Wahlausschreiben ist vom Vorsitzenden und von mindestens einem weiteren stimmberechtigten Mitglied des Wahlvorstands zu unterschreiben, § 36 Abs. 2 S. 1 WOBetrVG. Am Tage seines Erlasses muss eine Abschrift oder ein Abdruck des Wahlausschreibens (ohne die Geburtsdaten) an einer oder mehreren geeigneten, den Wahlberechtigten zugänglichen Stellen vom Wahlvorstand ausgehängt und in gut lesbarem Zustand bis zum letzten Tag
285
W
Wahlausschreiben, vereinfachtes einstufiges Wahlverfahren
der Stimmabgabe erhalten werden (§§ 36 Abs. 3 Satz 2, 31 Abs. 2 WOBetrVG). Mit der Bekanntmachung des Wahlausschreibens müssen ein Abdruck der Wählerliste und ein Abdruck der Wahlordnung an geeigneter Stelle zur Einsicht ausgelegt werden (vgl. §§ 36 Abs. 3, 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 WOBetrVG). Ergänzend kann das Wahlausschreiben mittels der im Betrieb vorhandenen Informations- und Kommunikationstechnologie bekannt gemacht werden, § 3 Abs. 4 S. 2 WOBetrVG. Die Bekanntmachung ausschließlich in elektronischer Form ist indes nur zulässig, wenn alle Arbeitnehmer von der Bekanntmachung Kenntnis erlangen können und Vorkehrungen getroffen werden, dass Änderungen nur vom Wahlvorstand vorgenommen werden können, § 3 Abs. 4 S. 3 WOBetrVG i.V.m. § 2 Abs. 4 S. 4 WOBetrVG. Der Inhalt des Wahlausschreibens ist gesetzlich vorgegeben, § 3 Abs. 2 WOBetrVG. Das Wahlausschreiben muss folgende Angaben enthalten: • Datum seines Erlasses, §§ 36 Abs. 3, 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 WOBetrVG Das Datum des Erlasses muss mit dem Tag übereinstimmen, an dem das Wahlausschreiben ausgehängt oder in elektronischer Form veröffentlicht wurde. Hat der Wahlvorstand wegen der Größe der Betriebe mehrfache Aushänge beschlossen, so bestimmt sich der Zeitpunkt des Erlasses nach dem letzten Aushang. Die Angabe einer Uhrzeit ist nicht erforderlich. • Ort der Auslage von Wählerliste und Wahlordnung, §§ 36 Abs. 3, 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 WOBetrVG Der Ort, an dem die Wählerliste und ein Text der Wahlordnung BetrVG (WOBetrVG) ausliegen, muss im Wahlausschreiben bekannt gemacht werden. Wird das Wahlausschreiben ergänzend oder ausschließlich in elektronischer Form bekannt gemacht, so ist anzugeben, wo und wie von der Wählerliste und der Wahlordnung Kenntnis genommen werden kann. • Wahlrecht der Arbeitnehmer, §§ 36 Abs. 3, 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 WOBetrVG − Aufzunehmen ist auch ein Hinweis, dass nur Arbeitnehmer wählen oder gewählt werden können, die in die Wählerliste eingetragen sind, und dass Einsprüche gegen die Wählerliste
286
Wahlausschreiben, vereinfachtes einstufiges Wahlverfahren
W
nur vor Ablauf von drei Tagen seit dem Erlass des Wahlausschreibens schriftlich beim Wahlvorstand eingelegt werden können. Dabei ist der letzte Tag der Frist anzugeben. − Der letzte Tag der Einspruchsfrist errechnet sich gemäß § 187 Abs. 1 BGB i.V.m. § 41 WOBetrVG. Die Drei-Tages-Frist beginnt am Tage nach dem Erlass des Wahlausschreibens. Sie endet mit Ablauf des dritten Tages nach dem Erlass des Wahlausschreibens. Ist der letzte Tag der Frist ein Sonn- oder Feiertag oder ein Sonnabend, so tritt an die Stelle dieses Tages der nächste Werktag. Der Ablauf der Einspruchsfrist kann am letzten Tag der Drei-Tages-Frist uhrzeitgemäß festgesetzt werden. Das Ende der Frist darf aber nicht vor dem Dienstende der überwiegenden Mehrheit der Arbeitnehmer des Betriebs liegen. Beispiel: Für das Ende der Einspruchsfrist könnte auf das Ende der Dienst stunden des Wahlvorstands oder auf das Ende der betriebsüblichen Arbeitszeit abgestellt werden, es könnte trotz länger laufenden Be triebs aber nicht 12.00 Uhr als Ende der Frist bestimmt werden. •
Anteil der Geschlechter, §§ 36 Abs. 3, 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 WOBetrVG Anzugeben ist auch der Anteil der Geschlechter. Er ist mit dem Hinweis zu verbinden, dass das Geschlecht in der Minderheit mindestens entsprechend seinem zahlenmäßigen Verhältnis vertreten sein muss, wenn der Betriebsrat mindestens aus drei Mitgliedern besteht (vgl. § 15 Abs. 2 BetrVG). Der Anteil der Geschlechter kann prozentual oder in absoluten Zahlen erfolgen. Möglich ist auch eine kombinierte Information. Beispiel: „Von den insgesamt 40 Wahlberechtigten sind 30 Frauen (75%) und 10 Männer (25%).“
•
Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder und Mindestsitze für Minderheitsgeschlecht, §§ 36 Abs. 3, 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 WOBetrVG
287
W
Wahlausschreiben, vereinfachtes einstufiges Wahlverfahren
•
•
•
•
288
− Die Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder ergibt sich aus § 9 BetrVG. Anzugeben sind auch die auf das Geschlecht in der Minderheit entfallenden Mindestsitze im Betriebsrat (vgl. § 15 Abs. 2 BetrVG, § 32 WOBetrVG). − Die Feststellung der Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder und ihrer Verteilung auf die Geschlechter (siehe auch Sitzverteilung) gehört zur vorbereitenden Tätigkeit des Wahlvorstands. Der Wahlvorstand hat also zunächst vor Erlass des Wahlausschreibens anhand von § 9 BetrVG die Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder zu ermitteln. Mindestzahl von Unterstützungsunterschriften für Wahlvorschlag, §§ 36 Abs. 3, 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 WOBetrVG − Die Mindestzahl der Arbeitnehmer, die zur Unterzeichnung eines Wahlvorschlags (s. Wahlvorschlag) der Arbeitnehmer erforderlich ist, ergibt sich aus § 14 Abs. 4 BetrVG. Danach muss der Wahlvorschlag der Arbeitnehmer von mindestens 1/20 der Wahlberechtigten, wiederum mindestens jedoch von drei Wahlberechtigten unterzeichnet sein. In Betrieben mit in der Regel bis zu 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern genügen zwei Unterstützer. − Der Wahlvorstand muss die genauen Zahlen nach Maßgabe der konkreten betrieblichen Verhältnisse angeben. Es genügt nicht der Hinweis auf die Art ihrer Berechnung. Wahlvorschläge der Gewerkschaften, §§ 36 Abs. 3, 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 WOBetrVG Der im Wahlausschreiben erforderliche Hinweis, dass der Wahlvorschlag einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft von zwei Beauftragten unterzeichnet sein muss, gibt die gesetzliche Regelung in § 14 Abs. 5 BetrVG wieder. Einreichung der Wahlvorschläge, §§ 36 Abs. 3, 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 8 WOBetrVG Hinzuweisen ist auch darauf, dass Wahlvorschläge spätestens eine Woche vor dem Tag der Wahlversammlung zur Wahl des Betriebsrats beim Wahlvorstand einzureichen sind. Der letzte Tag der Frist ist auszurechnen und konkret anzugeben. Wahl nach Wahlvorschlägen, §§ 36 Abs. 3, 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 9 WOBetrVG
Wahlausschreiben, vereinfachtes einstufiges Wahlverfahren
•
•
W
− Anzugeben ist ferner, dass die Stimmabgabe an die Wahlvorschläge gebunden ist und dass nur solche Wahlvorschläge berücksichtigt werden dürfen, die fristgerecht eingereicht sind. − Eine bloße Verweisung auf die Bestimmungen der Wahlordnung genügt nicht. Aushang der Wahlvorschläge, §§ 36 Abs. 3, 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 10 WOBetrVG Anzugeben ist auch der vom Wahlvorstand festgelegte Ort, an dem Wahlvorschläge bis zum Abschluss der Stimmabgabe aushängen. Ort, Tag und Zeit der Wahlversammlung zur Betriebsratswahl, §§ 36 Abs. 3, 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 11 WOBetrVG − Ort, Tag und Zeit der Stimmabgabe (Wahlversammlung) hat der Wahlvorstand bereits bei seinen vorbereitenden Sitzungen festgelegt. Er muss dabei berücksichtigen, dass • Wahlvorschläge nur bis eine Woche vor der Wahlversammlung abgegeben werden können, • eine angemessene Zeit für die Aufstellung von Wahlvorschlägen verbleibt , • nach der Wahlversammlung genügend Zeit für die nachträgliche schriftliche Stimmabgabe verbleibt (mindestens eine Woche empfehlenswert) und • zwischen letztem Wahltag (schriftliche Stimmabgabe) und Ende der Amtszeit des amtierenden Betriebsrats eine Woche liegen soll (§ 36 Abs. 2 Satz 3 WOBetrVG). − Der Wahlort ist grundsätzlich im Wahlausschreiben anzugeben. Allerdings kann das Wahlausschreiben ausnahmsweise noch geändert werden, wenn zwingende betriebliche Gründe dafür vorliegen. Die Veränderung muss dann noch rechtzeitig vor dem Wahltermin so bekannt gemacht werden, dass alle Wahlberechtigten davon Kenntnis nehmen können. − Ist der Tag der Wahl erst einmal im Wahlausschreiben festgesetzt worden, kann er grundsätzlich nicht mehr ohne Aufhebung des gesamten Wahlausschreibens geändert werden. Falls also der Wahltermin verlegt werden muss, ist die Wahl neu auszuschreiben.
289
W
Wahlausschreiben, vereinfachtes einstufiges Wahlverfahren
•
•
290
− Die Wahlversammlung findet während der Arbeitszeit statt, soweit nicht die Eigenart des Betriebs eine andere Regelung zwingend erforderlich macht, § 44 Abs. 1 Satz 1 BetrVG. Die Wahlversammlung muss sich selbstverständlich jedoch nicht über die gesamte betriebliche Arbeitszeit erstrecken. Bei der Festlegung ist aber zu beachten, dass allen Wahlberechtigten die Ausübung ihres Wahlrechts ermöglicht wird. Insbesondere bei Schichtbetrieben rechtfertigt es die Eigenart des Betriebs, dass die Wahlversammlung nicht für alle Arbeitnehmer in ihrer Schicht liegt. Die angegebene Zeit für die Wahlversammlung kann nachträglich nur unter engen Voraussetzungen geändert werden. Möglich ist dies nur, wenn zwingende betriebliche Gründe dafür vorliegen und die Veränderung noch rechtzeitig vor dem Wahltermin so bekannt gemacht wird, dass alle Wahlberechtigten davon Kenntnis nehmen können. Möglichkeit zur nachträglichen schriftlichen Stimmabgabe, §§ 36 Abs. 3, 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 12 WOBetrVG Wahlberechtigte, die an der Wahlversammlung zur Wahl des Betriebsrats nicht teilnehmen können, haben Gelegenheit zur nachträglichen schriftliche Stimmabgabe (§§ 36 Abs. 4, 35 WOBetrVG), Stimmabgabe. Dies ist ebenso anzugeben wie die Frist für das entsprechende Verlangen. Die Wahlberechtigten müssen die nachträgliche schriftlich Stimmabgabe spätestens drei Tage vor dem Tag der Wahlversammlung beantragen. Dies ist unter Angabe des letzten Tages anzugeben. Ort, Tag und Zeit der nachträglichen schriftlichen Stimmabgabe und Betriebsteile und Kleinstbetriebe, für die die nachträgliche schriftliche Stimmabgabe beschlossen wurde, §§ 36 Abs. 3, 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 13 WOBetrVG − Das Wahlausschreiben muss nach dieser Vorschrift Ort, Tag und Zeit der nachträglichen schriftlichen Stimmabgabe angeben. Diese Regel erweckt ebenso wie § 35 Abs. 2 WOBetrVG den Anschein, als müssten die Wahlunterlagen zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgegeben werden. Dies würde den Zweck dieser Regelung, auch abwesenden Arbeitnehmern die Wahl zu ermöglichen, konterkarieren. Die Wahlbriefe müssen vielmehr so abgesendet werden,
Wahlausschreiben, vereinfachtes einstufiges Wahlverfahren
•
•
W
dass sie mit Fristablauf beim Wahlvorstand vorliegen (vgl. auch § 35 Abs. 3 Satz 1 WOBetrVG). Unter dem Ort der Stimmabgabe ist die Adresse zu verstehen, an die die Wahlbriefe gesendet werden müssen. Dies wird in der Regel die Betriebsadresse des Wahlvorstands sein. − Im Wahlausschreiben muss ferner bekannt gemacht werden, für welche Betriebsteile und Kleinstbetriebe der Wahlvorstand die schriftliche Stimmabgabe nach §§ 36 Abs. 4, 35 Abs. 1 Satz 3, 24 Abs. 3 WOBetrVG beschlossen hat. Betriebsadresse des Wahlvorstands, §§ 36 Abs. 3, 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 14 WOBetrVG − Anzugeben ist der Ort, an dem Einsprüche, Wahlvorschläge und sonstige Erklärungen gegenüber dem Wahlvorstand abzugeben sind. Dieser Ort wird als Betriebsadresse des Wahlvorstands bezeichnet. − Die Betriebsadresse des Wahlvorstands ist von den betrieblichen Umständen abhängig. Hat der Wahlvorstand in kleineren Betrieben kein eigenes Arbeitszimmer, so kann beispielsweise der Arbeitsplatz des Vorsitzenden als Betriebsadresse bestimmt werden. Zweckmäßig ist dann, den Namen des Vorsitzenden sowie seine regelmäßigen Dienststunden anzugeben. Ort, Tag und Zeit der öffentlichen Stimmenauszählung, §§ 36 Abs. 3, 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 15 WOBetrVG Anzugeben sind ferner Ort, Tag und Zeit der Stimmenauszählung.
Weitere Hinweise: Die Vorgaben für den Inhalt des Wahlausschreibens stellen keine zwingende Begrenzung dar. Der Wahlvorstand kann weitere Empfehlungen und Hinweise zu dem Ablauf der Wahl oder zu den Wahlvorschlägen aufnehmen. Grundsätzlich ist eine Berichtigung des Wahlausschreibens wie im regulären Wahlverfahren möglich, dazu 2.1.2.
291
W
Wahlausschreiben, vereinfachtes zweistufiges Wahlverfahren
Wahlausschreiben, vereinfachtes zweistufiges Wahlverfahren Im vereinfachten zweistufigen Wahlverfahren hat der Wahlvorstand das Wahlausschreiben in der ersten Wahlversammlung zu erlassen, in der er zuvor erst gewählt wurde (§ 31 Abs. 1 Satz 1 WOBetrVG). Mit Erlass des Wahlausschreibens ist die Betriebsratswahl eingeleitet. Das Wahlausschreiben ist vom Vorsitzenden und von mindestens einem weiteren stimmberechtigten Mitglied des Wahlvorstands zu unterschreiben, § 31 Abs. 1 S. 1 WOBetrVG. Am Tage seines Erlasses muss eine Abschrift oder ein Abdruck des Wahlausschreibens (ohne die Geburtsdaten) an einer oder mehreren geeigneten, den Wahlberechtigten zugänglichen Stellen vom Wahlvorstand ausgehängt und in gut lesbarem Zustand bis zum letzten Tag der Stimmabgabe erhalten werden (§ 31 Abs. 2 WOBetrVG); bei mehreren Betriebsteilen ist der Aushang in jedem Betriebsteil erforderlich (BAG, Beschluss v. 5.5.2004, 7 ABR 44/03). Mit der Bekanntmachung des Wahlausschreibens müssen ein Abdruck der Wählerliste und ein Abdruck der Wahlordnung an geeigneter Stelle zur Einsicht ausgelegt werden (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 WOBetrVG). Ergänzend kann das Wahlausschreiben mittels der im Betrieb vorhandenen Informations- und Kommunikationstechnologie bekannt gemacht werden, § 3 Abs. 4 S. 2 WOBetrVG. Die Bekanntmachung ausschließlich in elektronischer Form ist indes nur zulässig, wenn alle Arbeitnehmer von der Bekanntmachung Kenntnis erlangen können und Vorkehrungen getroffen werden, dass Änderungen nur vom Wahlvorstand vorgenommen werden können, § 3 Abs. 4 S. 3 WOBetrVG i.V.m. § 2 Abs. 4 S. 4 WOBetrVG. Der Inhalt des Wahlausschreibens ist gesetzlich vorgegeben, § 31 Abs. 1 WOBetrVG. Das Wahlausschreiben muss folgende Angaben enthalten: • Datum seines Erlasses, § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 WOBetrVG Das Datum des Erlasses muss mit dem Tag übereinstimmen, an dem das Wahlausschreiben ausgehängt oder in elektronischer Form veröffentlicht wurde. Hat der Wahlvorstand wegen der Größe der Betriebe mehrfache Aushänge beschlossen, so bestimmt
292
Wahlausschreiben, vereinfachtes zweistufiges Wahlverfahren
•
•
W
sich der Zeitpunkt des Erlasses nach dem letzten Aushang. Die Angabe einer Uhrzeit ist nicht erforderlich. Ort der Auslage von Wählerliste und Wahlordnung, § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 WOBetrVG Der Ort, an dem die Wählerliste und ein Text der Wahlordnung BetrVG (WOBetrVG) ausliegen, muss im Wahlausschreiben bekannt gemacht werden. Wird das Wahlausschreiben ergänzend oder ausschließlich in elektronischer Form bekannt gemacht, so ist anzugeben, wo und wie von der Wählerliste und der Wahlordnung Kenntnis genommen werden kann. Wahlrecht der Arbeitnehmer, § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 WOBetrVG − Aufzunehmen ist auch ein Hinweis, dass nur Arbeitnehmer wählen oder gewählt werden können, die in die Wählerliste eingetragen sind, und dass Einsprüche gegen die Wählerliste nur vor Ablauf von drei Tagen seit dem Erlass des Wahlausschreibens schriftlich beim Wahlvorstand eingelegt werden können. Dabei ist der letzte Tag der Frist anzugeben. − Der letzte Tag der Einspruchsfrist errechnet sich gemäß § 187 Abs. 1 BGB i.V.m. § 41 WOBetrVG. Die Drei-Tages-Frist beginnt am Tage nach dem Erlass des Wahlausschreibens. Sie endet mit Ablauf des dritten Tages nach dem Erlass des Wahlausschreibens. Ist der letzte Tag der Frist ein Sonn- oder Feiertag oder ein Sonnabend, so tritt an die Stelle dieses Tages der nächste Werktag. Der Ablauf der Einspruchsfrist kann am letzten Tag der Drei-Tages-Frist uhrzeitgemäß festgesetzt werden. Das Ende der Frist darf aber nicht vor dem Dienstende der überwiegenden Mehrheit der Arbeitnehmer des Betriebs liegen. Beispiel: Für das Ende der Einspruchsfrist könnte auf das Ende der Dienst stunden des Wahlvorstands oder auf das Ende der betriebsüblichen Arbeitszeit abgestellt werden, es könnte trotz länger laufenden Be triebs aber nicht 12.00 Uhr als Ende der Frist bestimmt werden.
•
Anteil der Geschlechter, § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 WOBetrVG Anzugeben ist auch der Anteil der Geschlechter. Er ist mit dem Hinweis zu verbinden, dass das Geschlecht in der Minderheit
293
W
Wahlausschreiben, vereinfachtes zweistufiges Wahlverfahren
mindestens entsprechend seinem zahlenmäßigen Verhältnis vertreten sein muss, wenn der Betriebsrat mindestens aus drei Mitgliedern besteht (vgl. § 15 Abs. 2 BetrVG). Der Anteil der Geschlechter kann prozentual oder in absoluten Zahlen erfolgen. Möglich ist auch eine kombinierte Information. Beispiel: „Von den insgesamt 40 Wahlberechtigten sind 30 Frauen (75%) und 10 Männer (25%).“ •
•
294
Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder und Mindestsitze für Minderheitsgeschlecht, § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 WOBetrVG − Die Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder ergibt sich aus § 9 BetrVG. Anzugeben ist auch die auf das Geschlecht in der Minderheit entfallenden Mindestsitze im Betriebsrat (vgl. § 15 Abs. 2 BetrVG, § 32 WOBetrVG). − Die Feststellung der Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder und ihrer Verteilung auf die Geschlechter (siehe auch Sitzverteilung) gehört zur vorbereitenden Tätigkeit des Wahlvorstands. Der Wahlvorstand hat also zunächst vor Erlass des Wahlausschreibens anhand von § 9 BetrVG die Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder zu ermitteln. Mindestzahl von Unterstützungsunterschriften für Wahlvorschlag und Form, § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 WOBetrVG − Die Mindestzahl der Arbeitnehmer, die zur Unterzeichnung eines Wahlvorschlags (s. Wahlvorschlag) der Arbeitnehmer erforderlich ist, ergibt sich aus § 14 Abs. 4 BetrVG. Danach muss der Wahlvorschlag der Arbeitnehmer von mindestens 1/20 der Wahlberechtigten, wiederum mindestens jedoch von drei Wahlberechtigten unterzeichnet sein. In Betrieben mit in der Regel bis zu 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern genügen zwei Unterstützer. − Der Wahlvorstand muss die genauen Zahlen nach Maßgabe der konkreten betrieblichen Verhältnisse angeben. Es genügt nicht der Hinweis auf die Art ihrer Berechnung. − Ferner muss angegeben werden, dass Wahlvorschläge, die erst in der Wahlversammlung gemacht werden nicht der Schrift-
Wahlausschreiben, vereinfachtes zweistufiges Wahlverfahren
•
•
•
•
•
W
form bedürfen. Insbesondere die Unterstützung des Wahlvorschlags kann mündlich oder durch Handzeichen geschehen. Wahlvorschläge der Gewerkschaften, § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 WOBetrVG Der im Wahlausschreiben erforderliche Hinweis, dass der Wahlvorschlag einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft von zwei Beauftragten unterzeichnet sein muss, gibt die gesetzliche Regelung in § 14 Abs. 5 BetrVG wieder. Einreichung der Wahlvorschläge, § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 8 WOBetrVG Hinzuweisen ist auch darauf, dass Wahlvorschläge vor Abschluss der ersten Wahlversammlung beim Wahlvorstand einzureichen sind. Wahl nach Wahlvorschlägen, § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 9 WOBetrVG − Anzugeben ist ferner, dass die Stimmabgabe an die Wahlvorschläge gebunden ist und dass nur solche Wahlvorschläge berücksichtigt werden dürfen, die fristgerecht eingereicht sind (also bis zum Ende der Wahlversammlung, in der das Wahlausschreiben erstellt und erlassen wurde). − Eine bloße Verweisung auf die Bestimmungen der Wahlordnung genügt nicht. Aushang der Wahlvorschläge, § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 10 WOBetrVG Anzugeben ist auch der vom Wahlvorstand festgelegte Ort, an dem Wahlvorschläge bis zum Abschluss der Stimmabgabe aushängen. Ort, Tag und Zeit der Wahlversammlung zur Betriebsratswahl, § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 11 WOBetrVG − Der Wahlort ist grundsätzlich im Wahlausschreiben anzugeben. Allerdings kann das Wahlausschreiben ausnahmsweise insofern noch geändert werden, wenn zwingende betriebliche Gründe dafür vorliegen. Die Veränderung muss dann noch rechtzeitig vor dem Wahltermin so bekannt gemacht werden, dass alle Wahlberechtigten davon Kenntnis nehmen können. − Der Tag der Wahl ist gesetzlich festgelegt. § 14a Abs. 1 Satz 3 BetrVG bestimmt, dass die Wahlversammlung zur Wahl des
295
W
Wahlausschreiben, vereinfachtes zweistufiges Wahlverfahren
•
•
296
Betriebsrats eine Woche nach der Wahlversammlung zur Wahl des Wahlvorstands stattfindet. Abweichungen sind nicht zulässig. − Die Wahlversammlung findet während der Arbeitszeit statt, soweit nicht die Eigenart des Betriebs eine andere Regelung zwingend erforderlich macht, § 44 Abs. 1 Satz 1 BetrVG. Die Wahlversammlung muss sich selbstverständlich jedoch nicht über die gesamte betriebliche Arbeitszeit erstrecken.. Bei der Festlegung ist aber zu beachten, dass allen Wahlberechtigten die Ausübung ihres Wahlrechts ermöglicht wird. Insbesondere bei Schichtbetrieben rechtfertigt es die Eigenart des Betriebs, dass die Wahlversammlung nicht für alle Arbeitnehmer in ihrer Schicht liegt. Die angegebene Zeit für die Wahlversammlung kann nachträglich nur unter engen Voraussetzungen geändert werden. Möglich ist dies nur, wenn zwingende betriebliche Gründe dafür vorliegen und die Veränderung noch rechtzeitig vor dem Wahltermin so bekannt gemacht wird, dass alle Wahlberechtigten davon Kenntnis nehmen können. Möglichkeit zur nachträglichen schriftlichen Stimmabgabe, § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 12 WOBetrVG Wahlberechtigte, die an der Wahlversammlung zur Wahl des Betriebsrats nicht teilnehmen können, haben Gelegenheit zur nachträglichen schriftliche Stimmabgabe (§ 35 WOBetrVG), Stimmabgabe. Dies ist ebenso anzugeben wie die Frist für das entsprechende Verlangen. Die Wahlberechtigten müssen die nachträgliche schriftlich Stimmabgabe spätestens drei Tage vor dem Tag der Wahlversammlung beantragen. Dies ist unter Angabe des letzten Tages anzugeben. Ort, Tag und Zeit der nachträglichen schriftlichen Stimmabgabe und Betriebsteile und Kleinstbetriebe, für die die nachträgliche schriftliche Stimmabgabe beschlossen wurde, § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 13 WOBetrVG − Das Wahlausschreiben muss nach dieser Vorschrift Ort, Tag und Zeit der nachträglichen schriftlichen Stimmabgabe angeben. Diese Regel erweckt ebenso wie § 35 Abs. 2 WOBetrVG den Anschein, als müssten die Wahlunterlagen zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgegeben
Wahlausschreiben, vereinfachtes zweistufiges Wahlverfahren
•
•
W
werden. Dies würde den Zweck dieser Regelung, auch abwesenden Arbeitnehmern die Wahl zu ermöglichen, konterkarieren. Die Wahlbriefe müssen vielmehr so abgesendet werden, dass sie mit Fristablauf beim Wahlvorstand vorliegen (vgl. auch § 35 Abs. 3 Satz 1 WOBetrVG). Unter dem Ort der Stimmabgabe ist die Adresse zu verstehen, an die die Wahlbriefe gesendet werden müssen. Dies wird in der Regel die Betriebsadresse des Wahlvorstands sein. − Im Wahlausschreiben muss ferner bekannt gemacht werden, für welche Betriebsteile und Kleinstbetriebe der Wahlvorstand die schriftliche Stimmabgabe nach § 35 Abs. 1 Satz 3 WOBetrVG, § 24 Abs. 3 WOBetrVG beschlossen hat. Betriebsadresse des Wahlvorstands, § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 14 WOBetrVG − Anzugeben ist der Ort, an dem Einsprüche, Wahlvorschläge und sonstige Erklärungen gegenüber dem Wahlvorstand abzugeben sind. Dieser Ort wird als Betriebsadresse des Wahlvorstands bezeichnet. − Die Betriebsadresse des Wahlvorstands ist von den betrieblichen Umständen abhängig. Hat der Wahlvorstand in kleineren Betrieben kein eigenes Arbeitszimmer, so kann beispielsweise der Arbeitsplatz des Vorsitzenden als Betriebsadresse bestimmt werden. Zweckmäßig ist dann, den Namen des Vorsitzenden sowie seine regelmäßigen Dienststunden anzugeben. Ort, Tag und Zeit der öffentlichen Stimmenauszählung, § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 15 WOBetrVG Anzugeben sind ferner Ort, Tag und Zeit der Stimmenauszählung.
Weitere Hinweise: Die Vorgaben für den Inhalt des Wahlausschreibens stellen keine zwingende Begrenzung dar. Der Wahlvorstand kann weitere Empfehlungen und Hinweise zu dem Ablauf der Wahl oder zu den Wahlvorschlägen aufnehmen. Grundsätzlich kann das Wahlausschreiben dann berichtigt oder ergänzt werden, wenn der Wählerwille nicht über eine Einschränkung des Wahlrechts der Wahlberechtigten beeinflusst wird und das Wahlverfahren noch ordnungsgemäß ablaufen kann.
297
W
Wählbarkeit
Wurde die Zahl der Betriebsratsmitglieder oder die Mindestsitze des Minderheitsgeschlechts falsch ermittelt, ist eine Berichtigung nur in der ersten Wahlversammlung möglich. Denn nur bis zum Ende der Wahlversammlung können Wahlvorschläge eingereicht werden. Gegebenenfalls muss die Wahlversammlung verlängert werden.
Wählbarkeit Mit „Wählbarkeit“ ist die Eigenschaft gemeint, für ein Betriebsratsamt kandidieren und auch gewählt werden zu können. Die Voraussetzungen der Wählbarkeit sind in § 8 BetrVG festgelegt. Im Normalfall sind dies: • Wahlberechtigung. Zunächst einmal muss die Person sämtliche Voraussetzungen für die Wahlberechtigung erfüllen. Es muss sich folglich vor allem um einen Arbeitnehmer oder einen qualifizierten Heimarbeiter handeln. Der Arbeitnehmer darf kein leitender Angestellter sein. Gekündigte Arbeitnehmer sind zunächst bis Ablauf der Kündigungsfrist wählbar. Die Rechtsprechung hat aber in Anlehnung an die überwiegende Literaturmeinung auch anerkannt, dass ein außerordentlich und fristlos gekündigter Arbeitnehmer dann wählbar ist, wenn über die Berechtigung der fristlosen Kündigung noch vor dem Arbeitsgericht gestritten wird. Entsprechendes hat das BAG auch bei einem ordentlich gekündigten Arbeitnehmer entschieden: Er bleibt wählbar bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens, auch wenn er nach Ablauf der Kündigungsfrist nicht weiterbeschäftigt wird. Nach Ablauf der Kündigungsfrist ist der Arbeitnehmer jedoch im Falle seiner Wahl an der Ausübung des Betriebsratsamtes gehindert und wird durch ein Ersatzmitglied vertreten, wenn er nicht aufgrund eines Weiterbeschäftigungsanspruches weiterbeschäftigt wird. Wird die Wirksamkeit der Kündigung rechtskräftig festgestellt, dann entfällt nach Ansicht der Rechtsprechung die Wählbarkeit rückwirkend, das Ersatzmitglied rückt nach (BAG, Beschluss vom 10. November 2004 – 7 ABR 12/04).
298
Wählbarkeit
W
Auch Mitglieder des Wahlvorstands sind wählbare Arbeitnehmer. Es genügt, wenn der Arbeitnehmer die Voraussetzungen der Wählbarkeit am letzten Wahltag erlangt. Wird ein zu diesem Zeitpunkt noch nicht volljähriger Arbeitnehmer gewählt, so ist dieser Mangel der Wahl geheilt, wenn der Arbeitnehmer bis zum letzten Tag der mündlichen Verhandlung einer Wahlanfechtung das 18. Lebensjahr vollendet (BAG, Beschluss v. 7.7.1954, 1 ABR 6/54). Für Leiharbeitnehmer ist zu beachten, dass ihre Wählbarkeit zunächst auch davon abhängt, ob sie überhaupt die Voraussetzungen der Wahlberechtigung gem. § 7 S. 2 BetrVG erfüllen, siehe Leiharbeitnehmer. Die meisten „normalen“ Leiharbeitnehmer sind aber in der Regel nicht wählbar, das ergibt sich unmittelbar und direkt aus § 14 Abs. 2 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG). Das Bundesarbeitsgericht wendet diese Vorschrift entsprechend für Mitarbeiter an, die im Wege der Konzernleihe (§ 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG) oder völlig außerhalb der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung (z. B. aufgrund eines Personalgestellungsvertrags zur Arbeitsleistung überlassene Arbeitnehmer) beschäftigt werden (BAG, Beschluss v. 10.3.2004, 7 ABR 36/03; BAG, Beschluss v. 20.04.2005 - 7 ABR 20/04). Ihnen steht damit ebenfalls kein passives Wahlrecht im Entleiherbetrieb zu. Gekündigte Arbeitnehmer sind zunächst bis Ablauf der Kündigungsfrist wählbar. Die Rechtsprechung hat aber in Anlehnung an die überwiegende Literaturmeinung auch anerkannt, dass ein außerordentlich und fristlos gekündigter Arbeitnehmer dann wählbar ist, wenn über die Berechtigung der fristlosen Kündigung noch vor dem Arbeitsgericht gestritten wird (BAG, Beschluss v. 12.10.1976, 1 ABR 1/76). Entsprechendes gilt bei einem ordentlich gekündigten Arbeitnehmer (so das LAG Hamm, Beschluss v. 6.5.2002, 10 TaBV 53/02 und jetzt auch das BAG, Beschluss vom 10.11.2004 – 7 ABR 12/04). Dabei soll es keine Rolle spielen, dass das aktive Wahlrecht möglicherweise nicht gegeben ist (BAG, Beschluss vom 10.11.2004 – 7 ABR 12/04; LAG Hamm, Beschluss v. 6.5.2002, 10 TaBV 53/02; allgemein zum aktiven Wahlrecht eines gekündigten Arbeitnehmers s. § 7 Rn. 15). Bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsverfahrens ist der Arbeitnehmer jedoch im Falle seiner Wahl an der Ausübung des Betriebsratsamtes gehindert und wird durch ein Ersatzmitglied vertreten, wenn er nicht aufgrund eines Weiterbeschäftigungsanspruchs
299
W
Wählbarkeit
weiterbeschäftigt wird. Wird die Wirksamkeit der Kündigung rechtskräftig festgestellt, dann entfällt nach Ansicht der Rechtsprechung die Wählbarkeit rückwirkend, das Ersatzmitglied rückt endgültig nach. Während des Wahlverfahrens soll der gekündigte Arbeitnehmer berechtigt sein, zum Zwecke der Wahlwerbung den Betrieb - zumindest zeitweise - zu betreten (so das LAG Hamm, Beschluss v. 6.5.2002, 10 TaBV 53/02). • Betriebszugehörigkeit von mindestens sechs Monaten. Der Arbeitnehmer muss spätestens am letzten Tag der Stimmabgabe sechs Monate dem Betrieb angehören. Gerechnet wird nicht vom Tag des Vertragsschlusses an, sondern vom Tag der vereinbarten Arbeitsaufnahme. Beispiel: Der Arbeitnehmer schließt den Arbeitsvertrag am 14.10.2005, Arbeitsbeginn soll am 1.12.2005 sein. Finden die Betriebsratswahlen am 27.4.2006 statt, so erreicht der Arbeitnehmer die Mindestbetriebszugehörigkeitszeit nicht. Der Arbeitnehmer muss nicht während der gesamten Zeit die Voraussetzungen der Wahlberechtigung erfüllen. Er muss also insbesondere nicht schon mindestens sechs Monate das 18. Lebensjahr vollendet haben. Unschädlich ist auch, wenn der Arbeitnehmer teilweise wegen seiner Zuordnung zu den leitenden Angestellten nicht wahlberechtigt war. Erforderlich ist die Zugehörigkeit zum Betrieb. Wechselte die Inhaberschaft des Betriebes (insbesondere durch Betriebsübergang nach § 613a BGB), so wird damit der Lauf der Sechsmonatsfrist nicht unterbrochen. Ohne Auswirkung auf die Wartezeit ist ferner, wenn die Tätigkeit des Arbeitnehmers kurzzeitig infolge von Krankheit, Arbeitskampf, Urlaub oder ähnlichem unterbrochen wird. Dauert die Zeit der Nichtbeschäftigung hingegen länger, ist der Arbeitnehmer mit anderen Worten nicht sechs Monate im Betrieb tätig, so kann nicht von einer sechsmonatigen Betriebszugehörigkeit ausgegangen werden. Denn Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist, dass zum Betriebsrat nur gewählt werden soll, wer die Verhältnisse im Betrieb kennt. Arbeitnehmer in Erziehungsurlaub sind daher nicht wählbar. Auf der anderen Seite wird keine bestimmte Intensität gefordert. Wählbar sind daher nach allgemeinen Regeln auch Teilzeitbeschäftigte, sogar geringfügig Beschäftigte.
300
Wählbarkeit
W
Kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung werden auf die Betriebszugehörigkeit auch solche Zeiten angerechnet, in denen der Arbeitnehmer einem anderen Betrieb desselben Unternehmens oder desselben Konzerns angehört hat (§ 8 Abs. 1 Satz 2 BetrVG). Besteht der Betrieb, in dem Betriebsratswahlen stattfinden, noch nicht sechs Monate, so ist keinerlei Zeit der Betriebszugehörigkeit erforderlich. Wählbar sind dann alle Arbeitnehmer, die bei der Einleitung der Betriebsratswahl im Betrieb beschäftigt sind und die übrigen Voraussetzungen für die Wählbarkeit erfüllen (§ 8 Abs. 2 BetrVG). Dies gilt auch, wenn der neue Betrieb durch Ausgliederung eines Betriebsteils aus einem anderen Betrieb entsteht. Umgekehrt ist eine sechsmonatige Betriebszugehörigkeit nicht entbehrlich, wenn Arbeitnehmer mit einem Betrieb oder Betriebsteil in einen anderen Betrieb eingegliedert werden. • Kein Verlust der Wählbarkeit infolge strafgerichtlicher Verurteilung. Nicht wählbar ist ein Arbeitnehmer, der am letzten Tag der Stimmabgabe nach einer Verurteilung in einem Strafverfahren nicht mehr die Fähigkeit besitzt, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen. Nach § 45 Abs. 1 StGB ist dies automatisch die Rechtsfolge, wenn ein Arbeitnehmer wegen eines Verbrechens zu einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt wird. Der Arbeitnehmer verliert dann für die Dauer von fünf Jahren nach Rechtskraft des Strafurteils die Wählbarkeit. In bestimmten Fällen kann ein Strafgericht diese Rechtsfolge auch bei anderen Delikten aussprechen (§ 45 Abs. 2 StGB). Ist gegen einen ausländischen Arbeitnehmer im Ausland ein entsprechendes Urteil ergangen, das nicht im Widerspruch zu deutschen Rechtsgrundsätzen steht, so führt dies auch zu einem Verlust der Wählbarkeit. Ein Verlust der Wählbarkeit tritt nicht ein, wenn ein Arbeitnehmer in der Vergangenheit nach § 23 Abs. 1 BetrVG durch Beschluss des Arbeitsgerichts aus dem Betriebsrat ausgeschlossen worden ist; anderes dürfte gelten, wenn die Neuwahl des Betriebsrats gerade aus diesem Grunde erforderlich wird. • Eintragung in die Wählerliste.
301
W
Wahlberechtigung
Wählbar ist schließlich nur derjenige Arbeitnehmer, der in die Wählerliste aufgenommen ist (§ 2 Abs. 3 WOBetrVG). Gewählt werden kann natürlich auch nur ein Arbeitnehmer, der auf einer gültigen Vorschlagsliste als Kandidat genannt ist (§ 6 WOBetrVG). Weiterführende/Verwandte Stichwörter: Wahlrecht
Wahlberechtigung Mit dem Begriff „Wahlberechtigung“ ist das aktive Wahlrecht gemeint, also das Recht, an der Abstimmung über die Betriebsratswahl teilzunehmen. Das aktive Wahlrecht hat Auswirkungen auf andere Bestimmungen zum Wahlverfahren. Zunächst einmal setzt die Betriebsratsfähigkeit eines Betriebes das Vorhandensein von mindestens fünf wahlberechtigten Arbeitnehmern voraus (§ 1 BetrVG). Etliche Mitwirkungsrechte im Lauf der Wahl knüpfen an die Wahlberechtigung der Arbeitnehmer schließlich auch in kleineren Betrieben die Größe des Betriebsrats an. Die Voraussetzungen der Wahlberechtigung sind: • Arbeitnehmereigenschaft. Wahlberechtigt ist nur, wer Arbeitnehmer im Betrieb ist. Das Arbeitsverhältnis muss grundsätzlich zum Betriebsinhaber bestehen. Zu den Arbeitnehmern sind aber auch diejenigen zu rechnen, die aufgrund eines so genannten faktischen Arbeitsverhältnisses (insbesondere: Beschäftigung aufgrund eines unwirksam abgeschlossenen Arbeitsvertrages) beschäftigt werden. • Für die Wahlberechtigung kommt es nicht darauf an, dass der Arbeitnehmer am Stichtag (letzter Tag der Stimmabgabe) den Arbeitsvertrag geschlossen hat. Maßgeblich ist vielmehr der Beginn des Arbeitsverhältnisses, also die vereinbarte Arbeitsaufnahme. Beispiel: Der Arbeitnehmer hat den Arbeitsvertrag am 15. April geschlossen, er soll seine Arbeit am 4. Mai aufnehmen. Ist letzter Tag der Stimm abgabe der 30. April, so ist er nicht wahlberechtigt.
302
Wahlberechtigung
W
Wahlberechtigt sind alle Arbeitnehmer ohne Rücksicht auf den Umfang ihrer Arbeitspflicht. Auch teilzeitbeschäftigte und geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer sind wahlberechtigt. Wird mit Aushilfskräften hingegen jeweils nur bei Gelegenheit ein Arbeitsvertrag geschlossen, so sind sie zwischen zwei Arbeitsverhältnissen nicht Arbeitnehmer und damit nicht wahlberechtigt. Leiharbeitnehmer sind seit der Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes im Jahre 2001 unter bestimmten Voraussetzungen ausnahmsweise wahlberechtigt. Siehe dazu Leiharbeitnehmer. § 7 BetrVG stellt lediglich auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses ab. Wahlberechtigt sind daher auch solche Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis ruht. Auch während des Wehrdienstes, einer Wehrübung, während des zivilen Ersatzdienstes oder während der Mutterschutzfrist und eines anschließenden Erziehungsurlaubs bleiben die Arbeitnehmer wahlberechtigt und können demzufolge an der Betriebsratswahl teilnehmen. Mittlerweile hat das Bundesarbeitsgericht die Wahlberechtigung von ABM-Kräften bejaht, Beschluss vom 13.10.2004 – 7 ABR 6/04. Diese Kräfte zählen damit auch bei der Ermittlung der Betriebsratsgröße mit. Gekündigte Arbeitnehmer können während des Laufs der Kündigungsfrist auch dann an der Wahl teilnehmen, wenn sie von der Arbeit freigestellt sind. Nach dem Ablauf der Kündigungsfrist oder nach einer außerordentlichen Kündigung haben die Arbeitnehmer hingegen nur noch das Wahlrecht, wenn sie aufgrund des Weiterbeschäftigungsanspruchs vom Arbeitgeber weiterbeschäftigt werden, so ausdrücklich das Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 10.11.2004 – 7 ABR 12/04. Die Erhebung der Kündigungsschutzklage allein vermag die Wahlberechtigung nicht zu schaffen. • Vollendung des 18. Lebensjahres. Der Arbeitnehmer muss nach § 7 BetrVG spätestens am letzten Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet haben, also seinen 18. Geburtstag haben. Dies gilt auch für Leiharbeitnehmer. • Eintragung in die Wählerliste. Der Arbeitnehmer muss in die Wählerliste eingetragen sein, wenn er seine Stimme abgeben will. Ist er seiner Ansicht nach zu Unrecht nicht eingetragen, so muss er Einspruch gegen die Wählerliste einlegen. Der Wahlvorstand hat die Wählerliste auch
303
W
Wählerliste
nach Aushang und nach Ablauf der Einspruchsfrist bis spätestens zum letzten Tage vor dem Beginn der Stimmabgabe zu ergänzen, wenn Arbeitnehmer noch in den Betrieb eintreten. Die Wählerliste schafft aber keinesfalls ein sonst nicht bestehendes Wahlrecht. Ist also eine Person zu Unrecht eingetragen – etwa, weil sie nicht Arbeitnehmer des Betriebs ist – so ist die Person nicht infolge der Eintragung in die Wählerliste wahlberechtigt. Weiterführende/Verwandte Stichwörter: Wählbarkeit
Wählerliste Grundlage für die Betriebsratswahl ist eine Liste aller wahlberechtigten Arbeitnehmer, Wählerliste genannt (§ 2 Abs. 1 Satz 1 WOBetrVG). Die Wählerliste hat mehrfach entscheidende Bedeutung für die Betriebsratswahl. Sowohl die Wahlberechtigung nach § 7 BetrVG als auch die Wählbarkeit nach § 8 BetrVG sind abhängig von der Eintragung des betreffenden Arbeitnehmers in die Wählerliste (§ 2 Abs. 3 WOBetrVG). Die besondere Bedeutung der Wählerliste kommt auch darin zum Ausdruck, dass Fehler bei der Anfertigung und der Auslegung des Abdrucks der Wählerliste im allgemeinen die Wahlanfechtung nach § 19 BetrVG rechtfertigen können. Der Wahlvorstand sollte daher alsbald nach seiner Bestellung mit der Anfertigung der Wählerliste beginnen und größte Sorgfalt hierauf verwenden. Die Wählerliste ist getrennt nach den Geschlechtern der Wahlberechtigten zu erstellen, § 2 Abs. 1 Satz 1 WOBetrVG. Die Wahlberechtigten sollen schließlich mit Familienname, Vorname und Geburtsdatum in alphabetischer Reihenfolge aufgeführt werden, § 2 Abs. 1 Satz 2 WOBetrVG. Die Einhaltung dieser Vorgaben ist nicht zwingende Voraussetzung für die Ordnungsgemäßheit der Wählerliste. Da jedoch die Identifizierbarkeit der einzelnen Arbeitnehmer gewährleistet sein muss, wird auf Familien- und Vorname wohl nie, auf das Geburtsdatum selten und nur in kleineren Betrieben verzichtet werden können. Die alphabetische Reihenfolge dient der Kontrollierbarkeit der Liste, damit die betroffenen Arbeitnehmer ggf.
304
Wählerliste
W
rechtzeitig Einspruch einlegen können. Auf die alphabetische Reihenfolge darf daher nicht verzichtet werden, wenn dadurch eine unübersichtliche Unordnung in der Reihenfolge der Wähler entsteht. Eine andere Reihenfolge beispielsweise nach Personal- oder Schichtnummer ist jedoch ohne weiteres zulässig. Wahlberechtigten Leiharbeitnehmern im Sinne des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes steht nur das aktive Wahlrecht zu, § 7 Satz 2 BetrVG. Das passive Wahlrecht, also die Wählbarkeit wird durch § 14 Abs. 2 AÜG ausgeschlossen. Von diesem Ausschluss werden aber nur Leiharbeitnehmer erfasst, die unter das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz fallen (z.B. Leiharbeitnehmer von einer Zeitarbeitsfirma). Nicht erfasst werden echte Leiharbeitnehmer im Rahmen einer Konzernleihe. Bei ihnen hängt die Wählbarkeit davon ab, ob die Voraussetzungen des § 8 BetrVG erfüllt sind. Leiharbeitnehmer, die nach dieser Prüfung tatsächlich nur wählen können aber nicht wählbar sind, sind auf der Liste entsprechend auszuweisen, § 2 Abs. 1 S. 2 WOBetrVG. Im übrigen wird von der Wahlordnung nicht gefordert, dass bei jedem wahlberechtigten Arbeitnehmer angegeben wird, ob er auch wählbar ist. Eine solche Angabe macht eine Wählerliste auf der anderen Seite aber nicht fehlerhaft. Sie ist im Gegenteil empfehlenswert, weil die Arbeitnehmer dann ohne weiteres erkennen können, wen sie zur Betriebsratswahl als Kandidaten vorschlagen können. Aus Gründen der Einfachheit kann es sich in manchen Betrieben empfehlen, statt der wählbaren diejenigen Arbeitnehmer zu kennzeichnen, die gerade nicht wählbar sind. Den Arbeitgeber trifft nach § 2 Abs. 2 WOBetrVG die Pflicht, dem Wahlvorstand alle für die Anfertigung der Wählerliste erforderlichen Auskünfte zu erteilen und die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. „In erforderlichem Umfang“ heißt, dass alle diejenigen Unterlagen und Auskünfte zu liefern sind, die der Wahlvorstand für die Aufstellung der Wählerliste benötigt. Dies sind insbesondere die Angaben, wer Arbeitnehmer ist – soweit dies nicht ohne weiteres und ohne erheblichen Aufwand vom Wahlvorstand festgestellt werden kann –, und darüber hinaus die obengenannten Angaben zu den einzelnen Arbeitnehmern. Diese Verpflichtung kann gerichtlich – ggf. auch mit einstweiliger Verfügung – durchgesetzt werden; im übrigen
305
W
Wählerliste
kann sich der Arbeitgeber wegen Behinderung der Wahl strafbar machen. Nach Anfertigung der Wählerliste hat der Wahlvorstand ab der Einleitung der Wahl einen Abdruck der Wählerliste (einschließlich eines Abdrucks der Wahlordnung zum Betriebsverfassungsgesetz) bis zum Abschluss der Stimmabgabe an geeigneter Stelle im Betrieb zur Einsichtnahme auszulegen. Dieser Abdruck der Wählerliste soll die Geburtsdaten der Wahlberechtigten nicht enthalten (§ 2 Abs. 4 Satz 2 WOBetrVG). Grund für diese Einschränkung ist ein meist vorrangiges Interesse der Arbeitnehmer an der Geheimhaltung ihrer persönlichen Daten. Ohne weiteres zulässig ist es, an verschiedenen Stellen des Betriebes mehrere Abdrucke der Wählerliste auszuhängen oder auszulegen. Ergänzend kann der Abdruck der Wählerliste (und auch die Wahlordnung) mittels der im Betrieb vorhandenen Informations- und Kommunikationstechnologie bekannt gemacht werden, § 2 Abs. 4 S. 3 WOBetrVG. Die Bekanntmachung ausschließlich in elektronischer Form ist indes nur zulässig, wenn alle Arbeitnehmer von der Bekanntmachung Kenntnis erlangen können und Vorkehrungen getroffen werden, dass Änderungen der Bekanntmachung nur vom Wahlvorstand vorgenommen werden können, § 2 Abs. 4 S. 4 WOBetrVG. Ausländische Arbeitnehmer, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, sollen vor der Einleitung der Wahl nicht nur über die Wählerliste, sondern auch über das Wahlverfahren, Vorschlagslisten, den Wahlvorgang und die Stimmabgabe in geeigneter Weise unterrichtet werden (§ 2 Abs. 5 WOBetrVG). Wie dies geschehen soll, unterliegt dem Ermessen des Wahlvorstandes. Er kann ein Merkblatt in der gebotenen Sprache aushängen oder sich eines Dolmetschers bedienen. Leitende Angestellte sind bei der Betriebsratswahl weder aktiv noch passiv wahlberechtigt, § 5 Abs. 3 BetrVG. Für die Feststellung, wer zu den leitenden Angestellten gehört, ist das Verfahren für die Zuordnung der leitenden Angestellten nach § 18a BetrVG einzuhalten. Wegen der Schwierigkeit der Abgrenzung der Arbeitnehmer von den leitenden Angestellten wird in § 2 Abs. 2 WOBetrVG zur Klarstellung der vorgenannten Pflicht ausdrücklich angeordnet, dass der Arbeitge-
306
Wählerliste, vereinfachtes Wahlverfahren
W
ber den Wahlvorstand insbesondere bei der Beurteilung der Frage zu unterstützen hat, ob Arbeitnehmer zu den leitenden Angestellten zu rechnen sind. Weiterführende/Verwandte Stichwörter: Ausländer, Wahlvorstand, Wählerliste, vereinfachtes Wahlverfahren
Wählerliste, vereinfachtes Wahlverfahren Grundsätzlich gelten für die Wählerliste im vereinfachten Verfahren die allgemeinen Regeln Wählerliste (§§ 30 Abs. 1, 36 Abs. 1 Satz 3 WOBetrVG). Für das zweistufige vereinfachte Wahlverfahren gelten allerdings folgende weitere Besonderheiten. Die Wählerliste wird vom Wahlvorstand in der ersten Wahlversammlung unverzüglich nach seiner Wahl erstellt, § 30 Abs. 1 Satz 3 WOBetrVG. Vor der Wahlversammlung hat der Arbeitgeber Vorbereitungen zu treffen: Der Arbeitgeber muss die Unterlagen zur Erstellung der Wählerliste bereits unverzüglich nach Einladung zur ersten Wahlversammlung erstellen und sie in einem versiegelten Umschlag der einladenden Stelle übergeben (§ 28 Abs. 2 WOBetrVG). Die einladende Stelle übergibt sie dem gewählten Wahlvorstand, § 30 Abs. 1 Satz 4 WOBetrVG. Damit kann aber nicht gewährleistet werden, dass nicht bei der Erstellung der Wählerliste Zweifel auftreten. Der Arbeitgeber oder ein Vertreter sollte sich daher möglichst während der ersten Wahlversammlung bereit halten, um Zweifelsfragen in der Wahlversammlung klären zu können. In § 30 Abs.1 Satz 6 WOBetrVG fehlt der Verweis auf § 2 Abs. 5 WOBetrVG. Ob der Verordnungsgeber damit wirklich die Unterrichtung der ausländischen Arbeitnehmer für verzichtbar hält, ist angesichts der Ausweitung des § 80 Abs.1 Nr. 7 BetrVG durch die Betriebsverfassungsnovelle aus dem Juli 2001 sehr zweifelhaft. Der Wahlvorstand sollte sich unabhängig von der geschriebenen Regelung um entsprechende Unterrichtung kümmern.
307
W
Wahlhelfer
Wahlhelfer § 1 Abs. 2 Satz 2 WOBetrVG bestimmt, dass der Wahlvorstand wahlberechtigte Arbeitnehmer als Wahlhelfer zu seiner Unterstützung bei der Durchführung der Stimmabgabe und bei der Stimmenauszählung heranziehen kann. Bestimmungen über die Zahl und den Zeitpunkt der Heranziehung existieren nicht. Beides orientiert sich an der Zweckmäßigkeit. Hinsichtlich des Zeitpunkts der Heranziehung bestehen keine Beschränkungen. Der Wahlvorstand kann also bereits alsbald nach seiner Bestellung beginnen, geeignete Personen zu suchen und sie als Wahlhelfer heranzuziehen. Die Zahl der heranzuziehenden Wahlhelfer sollte sich nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten richten. Je nach Größe und Anzahl der Wahllokale kann die Zahl schwanken. Wahlhelfer bedürfen keiner weiteren Qualifikation. Sie müssen lediglich Arbeitnehmer des Betriebs und als solche wahlberechtigt sein. Zu Wahlhelfern können auch wahlberechtigte gewerkschaftsangehörige Arbeitnehmer bestellt werden. Auch nicht stimmberechtigte Mitglieder des Wahlvorstands (Wahlvorstand) können Wahlhelfer werden. Eine Verpflichtung zur Annahme des Wahlhelferamtes besteht nicht. Wahlhelfer können die Aufgabe haben, den Wahlvorstand bei der Durchführung der Stimmabgabe und auch bei der Stimmenauszählung zu unterstützen. Entscheidungen im Rahmen des Wahlverfahrens (z.B. über Gültigkeit von Stimmzetteln) können sie nicht treffen. Insofern muss der Wahlvorstand aktiv werden. Wahlhelfer gehören nicht zum Wahlvorstand. Der besondere Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 3 KSchG und § 103 BetrVG kommt ihnen nicht zu. Mittelbar wird die Tätigkeit der Wahlhelfer aber durch das Verbot der Behinderung und der Benachteiligung der Wahl geschützt. Zum Arbeitsausfall der Wahlhelfer Arbeitsausfall.
Wahlniederschrift Niederschrift über die Betriebsratswahl
308
Wahlrecht
W
Wahlrecht Der Begriff „Wahlrecht“ ist ein Oberbegriff, der an verschiedener Stelle im Betriebsverfassungsgesetz (z.B. § 19 Abs. 1) und in der Wahlordnung zum Betriebsverfassungsgesetz (z.B. § 2 Abs. 3) erwähnt ist. Zu unterscheiden sind das aktive Wahlrecht, die Wahlberechtigung, und das passive Wahlrecht, die Wählbarkeit.
Wahlumschlag Der Wahlumschlag gehört zu den Wahlunterlagen. Bei der Stimmabgabe hat der Arbeitnehmer nach der Kennzeichnung des Stimmzettels diesen in den Wahlumschlag zu stecken (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 2 WOBetrVG). Dieses Verfahren dient der Einhaltung des Wahlgeheimnisses (Grundsätze der Wahl). Den Wahlumschlag mit eingelegtem Stimmzettel hat der Wahlberechtigte unter Angabe seines Namens und nach erfolgtem Vermerk der Stimmabgabe in der Wählerliste in die Wahlurne einzuwerfen. (§ 12 Abs. 3 WOBetrVG). Der Zweck des Wahlgeheimnisses verlangt, dass die Wahlumschläge in Größe, Farbe, Beschaffenheit und Beschriftung einheitlich sind (§ 11 Abs. 2 Satz 2 und 3 WOBetrVG).
Wahlurne Die Wahlurne dient der Sammlung der bei der Betriebsratswahl abgegebenen Stimmen. Zur Wahrung des Wahlgeheimnisses (Grundsätze der Wahl) sind gewisse Anforderungen an die Beschaffenheit erforderlich. So muss die Wahlurne zunächst aus einem festen Material wie Kunststoff, Holz oder festem Karton bestehen. Die Wahlurne muss ringsherum verschlossen sein, also auch einen Deckel haben. Ein offener Korb genügt den Anforderungen nicht. Im Deckel muss ein Schlitz zum Einwurf der Wahlumschläge vorhanden sein. Einmal eingeworfene Wahlumschläge dürfen nicht wieder herausnehmbar sein. Entsprechend ist auch der Einwurfschlitz zu gestalten.
309
W
Wahlverfahren
Ob eine oder mehrere Wahlurnen verwendet werden, kann grundsätzlich im Einzelfall danach entschieden werden, wie ein reibungsloser Wahlvorgang gewährleistet wird. Vor Beginn der Stimmabgabe hat sich der Wahlvorstand zu vergewissern, dass die Wahlurne leer ist. Er hat sie dann zu verschließen und zweckmäßigerweise auch alle Deckel mit Ausnahme des Einwurfschlitzes zu versiegeln. Während des Wahlgangs dürfen die Wahlurnen nicht unbeaufsichtigt bleiben; sie dürfen auch nicht während des Wahlgangs geöffnet werden, um etwa vorzeitig mit der Stimmauszählung zu beginnen. Unmittelbar vor dem Abschluss der Stimmabgabe im regulären Wahlverfahren öffnet der Wahlvorstand in öffentlicher Sitzung die bis dahin eingegangenen Freiumschläge der Briefwahl und entnimmt ihnen die Wahlumschläge und die vorgedruckten Erklärungen. Bei ordnungsgemäßer Stimmabgabe wirft der Wahlvorstand nach Vermerk der Stimmabgabe den Wahlumschlag ungeöffnet in die Wahlurne ein. Nach Abschluss der Stimmabgabe sind auch die Einwurfschlitze zu versiegeln, wenn die Stimmenauszählung nicht unmittelbar nach Beendigung der Wahl durchgeführt wird (§ 12 Abs. 5 WOBetrVG). Die versiegelte Urne ist bis zur Stimmauszählung vom Wahlvorstand unter Verschluss zu nehmen. Zu den Besonderheiten im vereinfachten Wahlverfahren siehe dort.
Wahlverfahren Das Wahlverfahren für die Betriebsratswahl ist sehr komplex. Eine chronologische Darstellung samt Ablaufschemata findet sich in Teil 1 dieses Buches. Erster Akt ist regelmäßig die Bestellung oder Wahl eines Wahlvorstands. Dieser hat bis zur Einleitung der Betriebsratswahl umfangreiche Vorbereitungsarbeiten zu leisten, die sich bis zur Stimmabgabe fortsetzen. Anschließend hat der Wahlvorstand noch die Stimmauszählung einschließlich der Feststellung des Ergebnisses und schließlich die Einberufung des neuen Betriebsrats zur konstituierenden Sitzung zu bewerkstelligen.
310
Wahlversammlung
W
Wahlversammlung Die Betriebsversammlungen anlässlich der Betriebsratswahlen im vereinfachten Wahlverfahren heißen Wahlversammlung (§ 14a BetrVG, § 17a BetrVG). Die Wahlversammlungen finden während der Arbeitszeit statt, soweit nicht die Eigenart des Betriebs eine andere Regelung zwingend erfordert (§ 44 Abs.1 Satz 1 BetrVG). Ausschlag gibt die betriebliche Arbeitszeit; kein Arbeitnehmer kann verlangen, dass eine Wahlversammlung während seiner persönlichen Arbeitszeit stattfindet. Außerhalb der betrieblichen Arbeitszeit haben die Wahlversammlungen stattzufinden, wenn dies durch besondere Umstände in der technischen Organisation des Betriebs begründet. Hierzu zählen auch erheblicher Produktionsausfall oder in Dienstleistungsbetrieben Umsatzeinbußen. In Einzelhandelsbetrieben müssen die Wahlversammlungen in umsatzschwachen Zeiten abgehalten werden. Die Wahlversammlungen sollen im Regelfall im Betrieb stattfinden. Der Verdienstausfall während der Zeit der Teilnahme einschließlich etwaiger Wegezeiten ist zu vergüten, § 44 Abs. 1 Satz 2 und 3 BetrVG. Weder im Betriebsverfassungsgesetz noch in der Wahlordnung ist geregelt, wer an der Wahlversammlung teilnehmen darf. Unklar ist demzufolge, ob alle Arbeitnehmer des Betriebs oder nur die wahlberechtigten ein Teilnahmerecht haben. Der Begriff „Wahlversammlung“ wird durch § 14a BetrVG und § 17a BetrVG neu eingeführt, während früher und auch künftig in § 17 BetrVG der Begriff Betriebsversammlung verwendet wird. Betriebsversammlung meint die Betriebsversammlung im Sinne der §§ 42 ff. BetrVG. Der Unterschied zur Wahlversammlung lässt sich aus § 14a Abs. 4 BetrVG schließen. Während auf der Betriebsversammlung alle Arbeitnehmer unabhängig von ihrer Wahlberechtigung teilnahmeberechtigt sind, scheinen § 14a BetrVG, § 17a BetrVG eine Wahlversammlung im Auge zu haben, an der nur die wahlberechtigten Arbeitnehmer des Betriebs teilnehmen dürfen. Der Austausch der Begriffe würde sonst vor allem in § 17a Nr. 3 und 4 BetrVG keinerlei Sinn ergeben. Außerdem ist Gegenstand der einzigen Wahlversammlung im einstufigen Verfahren und der zweiten Wahlversammlung im zweistufigen Verfahren einzig die Wahl des Betriebsrats, s.o. Die Teilnahme nicht wahlberechtigter
311
W
Wahlversammlung
Arbeitnehmer an der Betriebsratswahl erschiene sehr zweifelhaft. Auf der anderen Seite wird über die Wahlberechtigung im zweistufigen Verfahren erst auf der ersten Wahlversammlung entschieden. Solange keine richtungweisenden Rechtsprechung vorliegt, sollte die Teilnahme nicht wahlberechtigter Arbeitnehmer zumindest an der ersten Wahlversammlung bis zur Aufstellung und Bekanntgabe der Wählerliste keinen Anfechtungsgrund darstellen und damit hingenommen werden können. Der Arbeitgeber kann zumindest an der ersten Wahlversammlung teilnehmen. Dort ist unter Umständen seine Teilnahme zur Unterstützung bei der Erstellung der Wählerliste sogar erforderlich. Beauftragte der im Betrieb vertretenen Gewerkschaften haben ein Teilnahmerecht. Dies gilt jedenfalls, wenn sie nicht bereits einen Beauftragten als nicht stimmberechtigtes Mitglied in den Wahlvorstand entsandt haben nach § 16 Abs. 1 Satz 6 BetrVG. Der Gegenstand der Wahlversammlung unterscheidet sich nach den verschiedenen Wahlverfahren. 1. Zweistufiges vereinfachtes Wahlverfahren – Im zweistufigen vereinfachten Wahlverfahren sind zwei Wahlversammlungen vorgesehen, § 14a Abs. 1 BetrVG. – Die erste Wahlversammlung dient zur nahezu umfassenden Vorbereitung der eigentlichen Betriebsratswahl. Sie findet mindestens 7 Tage nach der Einladung statt. In ihr sind folgende Aufgaben zu erledigen: – Wahl des Wahlvorstands und Wahl des Vorsitzenden des Wahlvorstands, § 29 WOBetrVG. Wer bis zur Wahl des Wahlvorstands die Wahlversammlung leitet, ist nicht geregelt. Dies können die Einladenden übernehmen. Die Wahlversammlung kann aber auch einen anderen Versammlungsleiter bestimmen. – Gegebenenfalls hat der Wahlvorstand über die Zuordnung von Betriebsteilen oder Kleinstbetrieben zu entscheiden, vergleiche § 4 BetrVG. – Sodann hat der Wahlvorstand aus den ihm ausgehändigten Unterlagen des Arbeitgebers (§§ 28 Abs. 2, 30 Abs. 1 Satz 4 WOBetrVG) die Wählerliste zu erstellen, § 30 Abs. 1 Satz 3 WOBetrVG (Wählerliste, vereinfachtes Wahlverfahren). Er kann in
312
Wahlversammlung
W
der Wahlversammlung auch den Arbeitgeber oder einen Vertreter um Unterstützung bitten. – Ferner hat der Wahlvorstand die Sitzverteilung für die Mindestsitze des Minderheitsgeschlechts zu ermitteln, wenn der Betriebsrat aus mindestens drei Mitgliedern besteht, § 32 WOBetrVG. – Das Wahlausschreiben ist vorzubereiten und zu erlassen, § 31 Abs. 1 WOBetrVG (Wahlausschreiben, vereinfachtes Wahlverfahren). – Der Wahlvorstand hat zur Einreichung von Wahlvorschlägen aufzufordern und die eingereichten Wahlvorschläge zu prüfen, bei Mängeln zu beanstanden (§ 33 Absätze 1 bis 3 WOBetrVG). – Etwaige Mängel der Wahlvorschläge sind in der Wahlversammlung zu beseitigen (§ 33 Absätze 2 und 3 WOBetrVG). – In der zweiten Wahlversammlung findet die Wahl des Betriebsrats statt. Die Wahl wird im Wege der Mehrheitswahl durchgeführt. – Findet eine nachträgliche schriftliche Stimmabgabe (Stimmabgabe, nachträgliche schriftliche) statt, so hat der Wahlvorstand am Ende der zweiten Wahlversammlung die Wahlurne zu versiegeln und bis zum Termin der öffentlichen Stimmenauszählung zu verwahren (§ 34 Abs. 2 WOBetrVG). – Findet hingegen keine nachträgliche schriftliche Stimmabgabe statt, so hat der Wahlvorstand unverzüglich (§ 121 BGB) nach Abschluss der Wahl die öffentliche Auszählung der Stimmen vorzunehmen (§ 34 Abs. 3 WOBetrVG). Das führt im Regelfall dazu, dass die Stimmenauszählung am Ende der zweiten Wahlversammlung nach Schluss der Abstimmung vorzunehmen ist. Bei der Auszählung ist die Gültigkeit der Stimmen zu prüfen; befinden sich mehrere Stimmzettel in einem Wahlumschlag, so sind sie nur dann gültig, wenn sie vollständig übereinstimmen – gezählt wird dann nur ein Stimmzettel. Nach Abschluss der Auszählung hat der Wahlvorstand das Wahlergebnis bekannt zu geben. Über die Stimmenauszählung hat er eine Niederschrift aufzustellen, siehe Mehrheitswahl. 2. Einstufiges vereinfachtes Wahlverfahren – Beim einstufigen vereinfachten Wahlverfahren findet die umfassende Vorbereitung ohne Wahlversammlung statt. In der einzigen Wahlversammlung wird der Betriebsrat gewählt. Der Gegenstand
313
W
Wahlvorschlag
der Wahlversammlung entspricht vollständig dem der zweiten Wahlversammlung im zweistufigen vereinfachten Wahlverfahren, s.o. Weiterführende/Verwandte Stichwörter: Betriebsversammlung zur Bestellung des Wahlvorstands
Wahlvorschlag Die Vorschläge für Kandidaten zur Betriebsratswahl werden im Gesetz und in der Wahlordnung unterschiedlich bezeichnet. Im Gesetz gibt es nur die einheitliche Bezeichnung „Wahlvorschlag“ (§ 14 Abs. 3 und 4 BetrVG, § 14a Abs. 2 und Abs. 3 Satz 2 WOBetrVG). Die Wahlordnung unterschiedet zwischen Wahlvorschlag und Vorschlagsliste (insbes. §§ 6, 33 WOBetrVG). Als Wahlvorschlag im Sinne der Wahlordnung werden nur Wahlvorschläge betrachtet, die bei der vereinfachten Wahl einzureichen sind. Dabei ist unerheblich, ob ein, drei oder ausnahmsweise (§§ 14a Abs. 5, 9 BetrVG) fünf Betriebsratsmitglieder zu wählen sind. Die folgenden Erläuterungen befassen sich ausschließlich mit Wahlvorschlägen für das vereinfachte Wahlverfahren. Die Wahlvorschläge sind für das einstufige und das zweistufige vereinfachte Wahlverfahren in Einzelheiten unterschiedlich geregelt. 1. Einstufiges vereinfachtes Wahlverfahren • Alle wahlberechtigten Arbeitnehmer (Wahlberechtigung) und die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften dürfen Wahlvorschläge erstellen (§ 14 Abs. 3 BetrVG). • Die Wahlvorschläge sind immer schriftlich aufzustellen und einzureichen, § 36 Abs. 5 Satz 1 WOBetrVG. • Jeder Wahlvorschlag soll mindestens doppelt so viele Bewerber aufweisen, wie Betriebsratsmitglieder zu wählen sind (§§ 36 Abs. 5 Satz 2, 6 Abs. 2 WOBetrVG, Zahl der Betriebsratsmitglieder). Diese Mindestzahl ist eine reine Ordnungsvorschrift („soll“). Wenn sich auf dem Wahlvorschlag weniger Kandidaten befinden, so führt dies nicht etwa zur Ungültigkeit des Vorschlags. Wenn der Wahlvorstand einen solchen Wahlvorschlag dennoch nicht
314
Wahlvorschlag
•
•
W
zur Wahl zulassen sollte, so kann die Betriebsratswahl anschließend mit Erfolg angefochten werden. Die Kandidaten sind in dem Wahlvorschlag nach der Verweisungskette der Wahlordnung in erkennbarer Reihenfolge unter fortlaufender Nummer und unter Angabe von Familienname, Vorname, Geburtsdatum und Art der Beschäftigung im Betrieb aufzuführen (§§ 36 Abs. 5 Satz 2, 6 Abs. 2 WOBetrVG). Wahlvorschläge, die die Reihenfolge nicht erkennbar werden lassen, wären ungültig (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 WOBetrVG). Das ergibt indes bei Wahlvorschlägen anders als bei Vorschlagslisten keinen Sinn, denn die Wahlbewerber werden auf den Stimmzetteln ohnehin ohne Rücksicht auf eine Reihenfolge in den Wahlvorschlägen in alphabetischer Folge aufgeführt (§§ 36 Abs. 4, 33 Abs. 1 Satz 2 WOBetrVG). Das spricht dafür, Wahlvorschläge ohne erkennbare Reihenfolge entgegen §§ 36 Abs. 5 Satz 2, 8 Abs. 1 Nr. 2 WOBetrVG nicht als ungültig zu betrachten (teleologische Reduktion). Solange keine Rechtsprechung zu dieser Frage vorliegt, sollte jedoch vorsichtshalber eine Reihenfolge auf den Wahlvorschlägen vorgegeben werden. Jedenfalls dürften das Fehlen der Berufsangabe, fehlerhafte (aber berichtigungsfähige) Angaben der Namen und des Geburtsdatums im Regelfall nicht zu einem Fehler führen, der die Wahl anfechtbar macht.. Niemand kann gegen seinen Willen zur Kandidatur gezwungen werden, die Zustimmung des Bewerbers ist Voraussetzung für die Aufnahme in den Wahlvorschlag. Sie muss spätestens zum Ablauf der Einreichungsfrist vorliegen. Wird der Wahlvorschlag dem Wahlvorstand eingereicht, sind die schriftlichen Zustimmungserklärungen der Wahlbewerber beizufügen. Nach Einreichung des Wahlvorschlags hat der Wahlvorstand ihn zu prüfen. Beanstandet er eine fehlende Unterschrift (§ 36 Abs. 5 Satz 2, 8 Abs. 2 WOBetrVG), so muss die Unterschrift grundsätzlich innerhalb der Nachfrist von drei Arbeitstagen nachgereicht werden; diese Nachfrist darf keinesfalls die Einreichungsfrist für die Wahlvorschläge (eine Woche vor Wahlversammlung zur Wahl des Betriebsrats, § 14a Abs. 3 Satz 2 BetrVG) überschreiten. Umstritten ist, ob die Zustimmungserklärung auch noch nach Ablauf der Drei-Tages-Frist bis zum Ablauf der Einrei-
315
W
Wahlvorschlag
•
•
•
•
•
316
chungsfrist nachgereicht werden kann (bejahend Richardi, Betriebsverfassungsgesetz, 7. Auflage 1998, § 6 WOBetrVG Rz. 13, verneinend Fitting/Kaiser/Heither/Engels, Betriebsverfassungsgesetz, 20. Auflage 2000, § 6 Rz. 9). Eine Mindestzahl an Wahlbewerbern ist für den Wahlvorschlag nicht vorgeschrieben, s.o.. Für die Gültigkeit des Vorschlags hat es keine Auswirkungen, ob der einzelne Bewerber wirksam aufgenommen wurde. Der Aufklärungsbedarf ist also nicht dringend. Dies spricht dafür, dass die Zustimmung tatsächlich bis zum Ende der Frist für die Einreichung von Wahlvorschlägen nachgereicht werden kann. Vorsichtshalber empfiehlt sich aber, die Drei-Tages-Frist möglichst einzuhalten. Aus dem Wahlvorschlag muss sich ergeben, ob die Unterschrift eines Wahlbewerbers als Zustimmungserklärung zu dem Vorschlag seiner Kandidatur oder als Unterstützungsunterschrift zur Erreichung der Mindestquote (s.u.) gemeint ist. Die Wahlvorschläge sollten insoweit Klarheit möglichst durch zwei verschiedene Rubriken und eine optische Trennung schaffen. Im vereinfachten Wahlverfahren werden die Kandidaten auf dem Stimmzettel einzeln aufgeführt (§§ 36 Abs. 4, 34 Abs. 1 WOBetrVG). Daher hätte es keinerlei Auswirkungen, ob ein Kandidat auf einem oder auf mehreren Wahlvorschlägen genannt wird. Anders als bei der Wahl nach Vorschlagslisten ist im vereinfachten Verfahren eine Mehrfachkandidatur zulässig, § 36 Abs. 5 Satz 2 WOBetrVG verweist nicht auf die entsprechende Verbotsnorm des § 6 Abs. 7 WOBetrVG. Wahlvorschläge, die von Wahlberechtigten errichtet werden, müssen von einer gewissen Anzahl Wahlberechtigter unterschrieben sein (Stützunterschriften). Die Anzahl richtet sich nach der Beschäftigtenzahl: Grundsätzlich muss jeder Wahlvorschlag mindestens von 1/20 der Wahlberechtigten unterzeichnet sein. Als Mindestzahl sind jedoch zwei Unterschriften festgelegt (§ 14 Abs. 4 WOBetrVG). Aus der Quote ergibt sich damit folgende Staffelung von Mindestunterschriften: − 5 bis 40 Wahlberechtigte zwei Unterschriften, − 41 bis 60 Wahlberechtigte drei Unterschriften,
Wahlvorschlag
•
•
•
•
•
W
− 61 bis 100 Wahlberechtigte fünf Unterschriften. Die Unterschriften müssen die Person des Arbeitnehmers erkennen lassen, um die Prüfung der Wahlberechtigung und die Prüfung doppelter Unterschriften zu ermöglichen. Nicht alle Unterschriften müssen auf einem Exemplar des Wahlvorschlags geleistet werden. Möglich ist es vielmehr, einen Wahlvorschlag in mehreren Exemplaren durch die Belegschaft laufen zu lassen und so Unterschriften zu sammeln. Setzt sich ein Wahlvorschlag samt der Unterschriftenliste aus mehreren Blättern zusammen, so müssen diese fest verbunden und gegen eine Trennung gesichert sein (LAG Hamm, Beschluss v. 24.5.2002 - 10 TaBV 63/02). Die Stützunterschriften sind grundsätzlich persönlich vom Wahlberechtigten zu leisten. Vertretung ist unzulässig. Eine Ausnahme dürfte für Behinderte gelten: Denn für die eigentliche Stimmabgabe gestatten §§ 36 Abs. 4, 34 Abs. 1 Satz 4, 12 Abs. 4 WOBetrVG eine Unterstützung des Wahlberechtigten durch eine Person seines Vertrauens, wenn der Wahlberechtigte infolge seiner Behinderung bei der Stimmabgabe beeinträchtigt ist. Eine solche Regelung fehlt hinsichtlich der Stützunterschriften; es erscheint zweifelhaft, ob der Verordnungsgeber Wahlgleichheit für Behinderte nur bei der Stimmabgabe herstellen wollte. In analoger Anwendung des § 12 Abs. 4 WOBetrVG können Wahlberechtigte folglich auch Stützunterschriften durch Personen ihres Vertrauens leisten, wenn sie durch ihre Behinderung in der Ableistung der Stützunterschrift behindert sind. Bis zur Einreichung des Wahlvorschlags beim Wahlvorstand können die Unterschriften zurückgenommen werden. Sie sind auf dem Vorschlag zu streichen. Wird dadurch die Mindestzahl unterschritten, müssen weitere Unterschriften beigebracht werden. Unterschriften, die nach Einreichung des Wahlvorschlags zurückgezogen werden, berühren die Gültigkeit des Wahlvorschlags nicht mehr, §§ 36 Abs. 5 Satz 2, 8 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 WOBetrVG. Ein Arbeitnehmer darf nur einen Wahlvorschlag durch seine Unterschrift stützen. Die Stützung mehrerer Vorschläge ist unzulässig, § 6 Abs. 5 WOBetrVG. In einem solchen Fall hat der Wahlberechtigte auf Aufforderung des Wahlvorstands vor Ablauf von drei Arbeitstagen zu erklären, welche der Unterschriften er aufrechter-
317
W
Wahlvorschlag
•
•
•
318
hält; der Wahlvorstand kann auch eine kürzere Frist setzen, wenn dies angemessen ist (eine längere aber nicht). Die Frist (auch die Drei-Tages-Frist) darf allerdings nicht die Frist zur Einreichung der Wahlvorschläge überschreiten, § 36 Abs. 5 Satz 2 WOBetrVG. Damit stellt sich die Frage, ob und wenn ja innerhalb welcher Frist die Erklärung gegenüber dem Wahlvorstand noch abgegeben werden kann, wenn ein Wahlvorschlag erst gegen Fristende abgegeben und die mehrfache Unterstützung erst dann offenbar wird. Der Verweis des § 36 Abs. 5 Satz 2 WOBetrVG auf § 6 Abs. 5 WOBetrVG auch für diesen Fall zeigt, dass der Wahlvorschlag nicht sofort ungültig sein soll. Das spricht dafür, dass die Erklärung ohne besondere Frist unverzüglich (§ 121 BGB) abgegeben werden muss. Gibt der Wahlberechtigte die Erklärung nicht ab, so wird sein Name – anders als bei den Zustimmungserklärungen der Wahlbewerber, s.o.– auf dem zuerst eingereichten Wahlvorschlag gezählt und auf den übrigen gestrichen. Dies gilt auch, wenn der Wahlberechtigte erklärt, er nehme alle Unterschriften zurück (Fitting/Kaiser/Heither/Engels, Betriebsverfassungsgesetz, 20. Auflage 2000, § 8 WOBetrVG Rz. 2). Bei gleichzeitiger Einreichung mehrerer Wahlvorschläge entscheidet das Los darüber, auf welchem Wahlvorschlag die Unterschrift gilt (§§ 36 Abs. 5 Satz 2, 6 Abs. 5 S. 3 WOBetrVG). Wahlvorschläge der Gewerkschaften müssen von zwei Beauftragten der Gewerkschaft unterzeichnet sein (§§ 14 Abs. 5 BetrVG, 27 Abs. 2 WOBetrVG). § 36 Abs. 5 WOBetrVG enthält anders als § 33 Abs. 2 Satz 2 WOBetrVG für das zweistufige vereinfachte Wahlverfahren keine Verweisung auf § 27 WOBetrVG. Ohne eine Anwendung der Regeln des § 27 WOBetrVG ergäben sich aber unsinnige systematische Verwerfungen. Es ist davon auszugehen, dass der Verordnungsgeber den Verweis planwidrig unterlassen hat, § 27 WOBetrVG ist analog anzuwenden. Für jeden Wahlvorschlag muss es einen Vertreter geben (§§ 36 Abs. 5 Satz 2, 6 Abs. 4 WOBetrVG). Vertreter kann nur ein Arbeitnehmer sein, der den betreffenden Vorschlag auch unterzeichnet hat. Der Vertreter dient dem Wahlvorstand als Ansprechpartner für alle den Wahlvorschlag betreffenden Fragen und Beanstandungen.
Wahlvorschlag
•
•
•
•
W
Wer Vertreter wird, können in erster Linie die Unterzeichner des Wahlvorschlags bestimmen. Sie können gegenüber dem Wahlvorstand einen Vertreter benennen – entweder ausdrücklich auf dem Vorschlag vermerkt oder in einem beigefügten Begleitschreiben. Haben die Unterzeichner bei Einreichung des Wahlvorschlags noch keinen Vertreter benannt, so kann dies noch nachgeholt werden. Fehlt es an einer ausdrücklichen Benennung, so gilt derjenige als Vertreter, der den Vorschlag an räumlich erster Stelle unterzeichnet hat. Für Gewerkschaftsvorschläge gelten Besonderheiten: Der Gewerkschaftsbeauftragte, der den Wahlvorschlag an erster Stelle unterzeichnet hat, analog § 27 Abs. 3 WOBetrVG als Vertreter. Die Gewerkschaft hat die Möglichkeit, stattdessen einen Arbeitnehmer des Betriebs, der Mitglied der Gewerkschaft ist, als Vertreter zu benennen (§ 27 Abs. 3 Satz 2 WOBetrVG analog). Der Vertreter hat gesetzliche Vertretungsmacht für alle Unterzeichner des Wahlvorschlags und ist daher berechtigt und verpflichtet, dem Wahlvorstand gegenüber die zur Beseitigung von Beanstandungen erforderlichen Erklärungen abzugeben sowie Erklärungen und Entscheidungen des Wahlvorstands entgegenzunehmen. Er braucht dafür nicht mehr die Zustimmung der anderen Unterzeichner des Wahlvorschlags einzuholen. Ist der Vertreter erst einmal benannt, kann er nicht mehr seines Amtes enthoben werden. Allerdings sind die Befugnisse des Vertreters auch beschränkt. Er ist nur Ansprechpartner des Wahlvorstands, kann aber nicht von sich aus über das Schicksal des Wahlvorschlags entscheiden. So ist er beispielsweise nicht zur Rücknahme des Vorschlags berechtigt. Der Wahlvorschlag darf mit einem Kennwort versehen werden. Auch Gewerkschaftsnamen sind zulässig, soweit sie angesichts der vorgeschlagenen Kandidaten zutreffen. Wird der Wahlvorschlag ohne Kennwort eingereicht, so bezeichnet sie der Wahlvorstand mit den Familien- und Vornamen der ersten beiden Kandidaten, §§ 36 Abs. 5 Satz 2, 7 Abs. 2 WOBetrVG. Die Wahlvorschläge können bei dem Wahlvorstand bis eine Woche vor der Wahlversammlung zur Wahl des Betriebsrats einge-
319
W
Wahlvorschlag
•
•
•
•
320
reicht werden, (§§ 14a Abs. 3 Satz 2 BetrVG, 36 Abs. 1 Satz 1 WOBetrVG). Nach Einreichung hat der Wahlvorstand dem Überbringer oder – wenn sie nicht persönlich überbracht wird – nachträglich dem Vertreter den Eingang des Wahlvorschlags schriftlich zu bestätigen, (§§ 36 Abs. 5 Satz 2, 7 Abs. 1 WOBetrVG). Der Wahlvorstand hat den Wahlvorschlag unverzüglich (§ 121 BGB), möglichst innerhalb von zwei Arbeitstagen nach Eingang des Wahlvorschlags, zu überprüfen, (§§ 36 Abs. 5 Satz 2, 7 Abs. 2 WOBetrVG). Bei unheilbaren Mängeln hat er unmittelbar die Ungültigkeit des Wahlvorschlags festzustellen. Unheilbare Mängel sind: − Nennung nicht wählbarer Kandidaten (LAG Frankfurt, Beschluss v. 14.7. 1988 ,12 TaBV 140/87), − Einreichung nach Ablauf der Einreichungsfrist, − Anführung der Bewerber auf dem Wahlvorschlag ohne erkennbare Reihenfolge; kraft der Verweisung des § 36 Abs. 5 Satz 2 WOBetrVG gilt diese Bestimmung grundsätzlich, ihre Bedeutung im vereinfachten Wahlverfahren ist aber sehr zweifelhaft, s.o. − Nichterreichung der erforderlichen Anzahl an Stützunterschriften – die nachträgliche Rücknahme von Unterschriften nach Einreichung ist unschädlich. Neben den vorgenannten unheilbaren Mängeln (§§ 36 Abs. 5 Satz 2, 8 Abs. 1 WOBetrVG) hat der Wahlvorstand die Wahlvorschläge auch auf heilbare Mängel zu prüfen (§§ 36 Abs. 5 Satz 2, 8 Abs. 2 WOBetrVG). Treten solche auf, so hat der Wahlvorstand sie gegenüber dem Vertreter zu beanstanden. Die Mängel sind innerhalb einer Frist von drei Arbeitstagen zu beseitigen; diese Frist kann der Wahlvorstand weder verkürzen noch verlängern. Die Drei-Tages-Frist darf allerdings nicht die Frist zur Einreichung der Wahlvorschläge überschreiten, § 36 Abs. 5 Satz 2 WOBetrVG. Damit stellt sich die Frage, ob und wenn ja innerhalb welcher Frist ein beanstandeter Mangel noch behoben werden kann. Der Verweis des § 36 Abs. 5 Satz 2 WOBetrVG auf § 8 Abs. 2 WOBetrVG auch in diesem Fall zeigt, dass der Wahlvorschlag nicht sofort un-
Wahlvorschlag
•
•
•
•
•
W
gültig sein soll. Das spricht dafür, dass der Mangel ohne besondere Frist unverzüglich (§ 121 BGB) geheilt werden muss. Heilbare Mängel sind insbesondere: − die fehlende Angabe der obengenannten Daten der einzelnen Wahlbewerber, soweit damit nicht ein unheilbarer Mangel vorliegt, − die fehlende schriftliche Zustimmung der in dem Wahlvorschlag genannten Bewerber und − die Unterschreitung der Mindestunterschriftenzahl infolge Streichung einzelner Unterschriften wegen doppelter Unterschriftsleistung, − die Rücknahme von Unterschriften nach Einreichung des Wahlvorschlags ist aber unschädlich (s. bereits oben). Treten Beanstandungen auf, so darf der Wahlvorstand den Originalwahlvorschlag nicht wieder herausgeben. Denn dieser kann im Falle einer Wahlanfechtung bedeutsam werden. Erforderlichenfalls sollte also eine Kopie an den Vertreter gegeben werden. Nach Ablauf der Einreichungsfrist reiht der Wahlvorstand die vorgeschlagenen Bewerber bei der Erstellung der Stimmzettel in alphabetischer Folge auf, §§ 36 Abs. 4, 34 Abs. 1 WOBetrVG. Nach Ablauf der Mindestfrist zur Einreichung der Wahlvorschläge hat der Wahlvorstand die als gültig anerkannten Wahlvorschläge genau so wie das Wahlausschreiben bekannt zu machen. Diese Bekanntmachung hat er bis zum Abschluss der Stimmabgabe aufrechtzuerhalten (§ 36 Abs. 5 Satz 3 WOBetrVG). Geht innerhalb der Einreichungsfrist beim Wahlvorstand überhaupt kein Wahlvorschlag ein, so findet die Betriebsratswahl nicht statt. Anders als bei der regulären Wahl wird im vereinfachten Wahlverfahren keine Nachfrist gesetzt. Der Wahlvorstand hat folglich in gleicher Weise wie das Wahlausschreiben bekannt zu machen, dass keine Wahl stattfindet § 36 Abs. 6 WOBetrVG.
2. Zweistufiges vereinfachtes Wahlverfahren • Die Wahlvorschläge für das zweistufige vereinfachte Wahlverfahren entsprechen grundsätzlich denen für das einstufige Verfahren. Die folgende Beschreibung beschränkt sich daher auf die Unterschiede.
321
W
Wahlvorschlag
•
•
•
322
Anders als im einstufigen Verfahren besagen § 14a Abs. 2 BetrVG, § 33 Abs. 1 Satz 3 WOBetrVG hinsichtlich der Form, dass Wahlvorschläge, die in der (ersten) Wahlversammlung gemacht werden, nicht der Schriftform bedürfen. Sie dürfen also mündlich abgegeben werden. Aus der Formulierung der beiden vorgenannten Bestimmungen ergibt sich ferner, dass es auch Wahlvorschläge gibt, die der Schriftform bedürfen (sonst hätte es heißen müssen: „Wahlvorschläge bedürfen nicht der Schriftform“). Dies müssen Wahlvorschläge sein, die vor der Wahlversammlung gemacht werden. Die Reichweite dieser Regelung ist äußerst zweifelhaft. Das Verb „gemacht“ ist unscharf. Es passt nicht in die Systematik juristisch relevanter Erklärungen. Regelungsbedürftig sind an sich nur die Abgabe und Zugang der Erklärung und ihr Inhalt zu jener Zeit (neben Erklärendem und Adressat). Unerheblich ist, wann Erklärungen angefertigt werden. Für Wahlvorschläge würde das bedeuten, dass mit „gemacht“ Abgabe und Zugang des Wahlvorschlags gemeint sind. Damit müsste der Wahlvorschlag auch vor der Wahlversammlung abgegeben werden können. Fraglich ist dann, wer der Adressat der Erklärung ist. Der Wahlvorstand wird erst in der ersten Wahlversammlung gewählt. Die Wahlordnung sieht indes ausdrücklich schon vor der Wahl des Wahlvorstands weitere Vorbereitungshandlungen vor, nämlich die Zusammenstellung der Unterlagen für die Wählerliste. Der Arbeitgeber hat diese in einem versiegelten Umschlag an diejenigen zu übergeben, die zu der Wahlversammlung eingeladen haben (§ 28 Abs. 2 WOBetrVG). Die einladende Stelle ist verpflichtet, die eingegangenen Wahlvorschläge mit den Unterlagen zur Erstellung der Wählerliste an den Wahlvorstand zu übergeben, sobald dieser gewählt wurde. Erst der Wahlvorstand darf den Umschlag öffnen. Unterschlägt die einladende Stelle Wahlvorschläge, ist die Wahl anfechtbar. Die Übergabe des Wahlvorschlags an die einladende Stelle sollte aus Beweisgründen quittiert werden. Zu der Bestätigung dürfte die einladende Stelle analog § 33 Abs. 3 Satz 1 WOBetrVG, § 7 Abs. 1 WOBetrVG verpflichtet sein. In der Literatur wird allerdings auch die Auffassung vertreten, Wahlvorschläge dürften nur in der Wahlversammlung abgegeben
Wahlvorschlag
• •
•
• •
W
werden. Vor der Wahlversammlung „gemacht“ heiße nur, dass die vorbereitenden Arbeiten (Erstellung des Wahlvorschlags, Einholung der Zustimmung der Wahlbewerber, Einholung von Stützunterschriften) vor der Wahlversammlung erledigt werden können und dann der Schriftform bedürfen. Auch wenn die Gesetzessystematik gegen diese Lösung spricht (s.o.), sollte sie sicherheitshalber möglichst beachtet werden, solange keine klärende Rechtsprechung existiert. Wenn einem Unterstützer des Wahlvorschlags die Teilnahme an der ersten Wahlversammlung möglich ist sollte der Wahlvorschlag also trotz schriftlicher Aufstellung vor der Wahlversammlung erst in der Wahlversammlung dem Wahlvorstand übergeben werden. Für die Wahlbewerber auf Wahlvorschlägen gelten im wesentlichen die gleichen Regeln wie im einstufigen Verfahren. Die Regeln für die Zustimmungserklärung gelten grundsätzlich entsprechend (§ 33 Abs. 2 Satz 1 WOBetrVG). Allerdings muss die Zustimmung des Bewerbers zum Vorschlag spätestens in der ersten Wahlversammlung erklärt werden, § 33 Abs. 3 Satz 2 WOBetrVG. Eine Kandidatur auf mehreren Wahlvorschlägen ist wie im einstufigen Verfahren möglich, wird aber insbesondere bei der Abgabe von Wahlvorschlägen in der Wahlversammlung wohl selten der Fall sein. Wie im einstufigen Verfahren müssen die Wahlvorschläge von einer Mindestzahl von Wahlberechtigten unterstützt werden. Allerdings müssen die Stützungserklärungen in der Wahlversammlung nicht schriftlich abgegeben werden (§§ 14a Abs. 2 BetrVG, 33 Abs. 1 Satz 2 WOBetrVG). Zuruf oder Handzeichen genügen. Der Wahlvorstand muss die Stützung protokollieren. Denn die Unterstützung mehrerer Vorschläge ist auch in dem zweistufigen Verfahren keinem Arbeitnehmer gestattet. Geschieht dies doch, muss der Wahlvorstand den betroffenen Wahlberechtigten noch in der ersten Wahlversammlung zur Erklärung auffordern, welchen Vorschlag er unterstützt. Der Wahlberechtigte kann sich auch nur bis zum Ende der Wahlversammlung erklären (§ 33 Abs. 2 Satz 2 WOBetrVG).
323
W
Wahlvorstand
•
•
•
•
Im Betrieb vertretene Gewerkschaften können wie im einstufigen Verfahren Vorschläge abgeben. Auch deren Vorschläge bedürfen nicht der Schriftform, wenn sie in der Wahlversammlung abgegeben werden (§ 33 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 3 WOBetrVG). Wahlvorschläge können nur bis zum Ende der ersten Wahlversammlung eingereicht werden, § 14a Abs. 2 BetrVG, § 33 Abs. 1 Satz 2 WOBetrVG. Sie sind vom Wahlvorstand noch in der Wahlversammlung auf Mängel zu prüfen, nur in der ersten Wahlversammlung können die Mängel behoben werden, § 33 Abs. 3 Satz 2 WOBetrVG. Unmittelbar nach Abschluss der Wahlversammlung hat der Wahlvorstand die als gültig anerkannten Wahlvorschläge bekannt zu machen, § 33 Abs. 4 WOBetrVG. Diese Bekanntmachung ist bis zum Abschluss der Stimmabgabe (Ende zweite Wahlversammlung oder Ablauf der Frist für nachträgliche schriftliche Stimmabgabe, siehe Stimmabgabe) aufrecht zu erhalten. Wird bis zum Ende der Wahlversammlung kein gültiger Wahlvorschlag eingereicht, gibt der Wahlvorstand in gleicher Weise wie bei der Bekanntgabe des Wahlausschreibens bekannt, dass keine Betriebsratswahl stattfindet (§ 33 Abs. 5 WOBetrVG).
Wahlvorstand Der Wahlvorstand spielt in den Betriebsratswahlen die zentrale Rolle. Er hat die gesamte Betriebsratswahl zu steuern und zu leiten. Der gesamte Ablauf ist ausführlich dargestellt in Teil 1, Chronologische Darstellung einer Betriebsratswahl. Zusammenfassend gilt folgendes: • Bestellung: Besteht bereits ein Betriebsrat, so sehen §§ 16, 17a BetrVG folgendes vor: − Spätestens zehn Wochen vor Ablauf seiner Amtszeit hat der Betriebsrat einen Wahlvorstand zu bestellen; soweit zwingend das vereinfachte Wahlverfahren gilt: spätestens vier Wochen vor Ablauf der Amtszeit. − Besteht acht Wochen (vereinfachtes Wahlverfahren: drei Wochen) vor Ablauf der Amtszeit noch kein Betriebsrat, so kann
324
Wahlvorstand
•
W
er vom Arbeitsgericht auf Antrag bestellt werden. Antragsberechtigt sind mindestens drei wahlberechtigte Arbeitnehmer und jede im Betrieb vertretene Gewerkschaft. In dem Antrag an das Arbeitsgericht können Vorschläge für die Personen unterbreitet werden. − In gleicher Frist (acht/drei Wochen vor Ablauf der Amtszeit) kann ein im Unternehmen bestehender Gesamtbetriebsrat – oder wenn ein solcher nicht besteht, ein im Konzern bestehender Konzernbetriebsrat den Wahlvorstand bestellen. Besteht im Betrieb bisher kein Betriebsrat, so gilt folgendes (§§ 17, 17a BetrVG): − Zunächst kann ein Gesamtbetriebsrat den Wahlvorstand bestellen, wenn im Unternehmen, zu dem der Betrieb gehört, ein Gesamtbetriebsrat besteht. − Besteht kein Gesamtbetriebsrat, gehören Betrieb und das Unternehmen aber zu einem Konzern, für den ein Konzernbetriebsrat gebildet werden, kann der Konzernbetriebsrat zunächst den Wahlvorstand bestellen. − Erst wenn weder Gesamt- noch Konzernbetriebsrat bestehen oder wenn beide nicht zuständig sind: Mindestens drei wahlberechtigte Arbeitnehmer des Betriebs oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft können zu einer Betriebsversammlung (vereinfachtes Wahlverfahren: Wahlversammlung) einladen und auch gleichzeitig Vorschläge für die Zusammensetzung des Wahlvorstands machen. In der Betriebsversammlung wird der Wahlvorstand von der Mehrheit der anwesenden Arbeitnehmer gewählt. Es besteht kein Quorum für die Teilnahme an der Wahl. Beispiel für einen Extremfall: Drei von 100 Arbeitnehmern laden ein zu einer Betriebsversammlung zur Wahl eines Wahlvorstands; es erscheinen nur die drei einladenden Arbeitnehmer in der Betriebsversammlung; die drei wählen sich einstimmig zum Wahlvorstand: Ein Wahlvorstand wurde wirksam gewählt. − Wenn trotz der Einladung keine Betriebsversammlung stattfindet oder die Betriebsversammlung keinen Wahlvorstand wählt, so kann wiederum auf Antrag das Arbeitsgericht den Wahlvorstand bestellen. Antragsberechtigt sind wie oben min-
325
W
Wahlvorstand
•
• •
•
•
326
destens drei wahlberechtigte Arbeitnehmer oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft. Zusammensetzung des Wahlvorstands unabhängig vom Weg der Bildung (s.o.).:. Der Wahlvorstand besteht grundsätzlich aus drei wahlberechtigten Arbeitnehmern (oder Heimarbeitern). Einer von ihnen ist der Vorsitzende. Wer Vorsitzender wird, wird bereits bei der Bestellung oder bei der Wahl festgelegt, § 16 Abs. 1 Satz 1 BetrVG. Nur für die reguläre Wahl, nicht für das vereinfachte Wahlverfahren gilt ergänzend: Wenn es zur ordnungsgemäßen Durchführung der Wahl erforderlich ist, kann der bestellende Betriebsrat (oder die Betriebsversammlung oder das Arbeitsgericht) eine größere Zahl festlegen, die jedoch immer ungerade sein muss (§ 16 Abs. 1 Satz 2 BetrVG). Für jedes Mitglied des Wahlvorstands kann ein Ersatzmitglied für den Verhinderungsfall bestellt werden, § 16 Abs. 1 Satz 4 BetrVG. Im Gegensatz zur „Muss-Vorschrift“ hinsichtlich der Zusammensetzung des Betriebsrats nach Geschlechterproporz (§ 15 Abs. 2 BetrVG) wird durch eine „Soll-Vorschrift“ angeordnet, dass in Betrieben mit weiblichen und männlichen Arbeitnehmern auch im Wahlvorstand beide Geschlechter vertreten sein sollen (§ 16 Abs. 1 Satz 5 BetrVG). Zusätzlich zu den (grundsätzlich) drei stimmberechtigten Mitgliedern des Wahlvorstands kann jede im Betrieb vertretene Gewerkschaft einen betriebsangehörigen Beauftragten in den Wahlvorstand entsenden, wenn diesem nicht ohnehin ein Mitglied der Gewerkschaft angehört. Dieser zusätzliche Beauftragte kann im Wahlvorstand allerdings nur beratend teilnehmen. Bei Abstimmungen hat er kein Stimmrecht (§ 16 Abs. 1 Satz 7 BetrVG). Eine Besonderheit für die Zusammensetzung gilt in allen Fällen, in denen das Arbeitsgericht den Wahlvorstand bestellt: In Betrieben mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern kann das Arbeitsgericht auch Mitglieder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft in den Wahlvorstand bestellen, die nicht Arbeitnehmer im Betrieb sind. Voraussetzung ist, dass dies zur ordnungsgemäßen Durchführung der Betriebsratswahl erforderlich ist. Das Merkmal „Erforderlichkeit“ ist allerdings eng auszulegen. Es dürfte nur zu bejahen sein, wenn nicht mindestens drei
Wahlvorstand
•
W
wahlberechtigte Arbeitnehmer des Betriebs zur Übernahme des Amtes bereit oder in der Lage sind (Stege/Weinspach, BetrVG, § 16 Rn. 4). Rechte und Pflichten des Wahlvorstands. Der Wahlvorstand hat von seiner Bestellung oder Wahl an das gesamte Wahlverfahren vorschriftsmäßig und zügig durchzuführen (insgesamt siehe Teil 1, Chronologische Darstellung einer Betriebsratswahl). − Prüfung, ob richtiger Verfahrensweg (reguläre Wahl oder vereinfachtes Wahlverfahren) geplant ist. − ausländische Arbeitnehmer, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, über Wahlverfahren, Aufstellung der Wählerund Vorschlagslisten, Wahlvorgang und Stimmabgabe in geeigneter Weise (in größeren Betrieben z.B. durch Aushang) zu unterrichten (Ausländer); − zu beschließen, ob er sich eine schriftliche Geschäftsordnung geben will (§ 1 Abs. 2 Satz 1 WOBetrVG) und ob er Wahlhelfer bestellen will (§ 1 Abs. 2 Satz 2 WOBetrVG) – Wahlhelfer kann er allerdings auch noch nach Erlass des Wahlausschreibens bis einen Tag vor der Stimmabgabe bestellen; − die Wählerlisten nach §§ 2 Abs. 1, 30 Abs. 1, 36 Abs. 1 WOBetrVG aufzustellen; − die Zuordnung der leitenden Angestellten vorzunehmen; − die Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder festzustellen (Größe des Betriebsrats); − die Mindestsitze des Minderheitsgeschlechts zu errechnen (§§ 5, 32, 36 Abs. 4 WOBetrVG); − zu errechnen, von wie vielen Arbeitnehmern ein Wahlvorschlag zu unterstützen ist; − zu beschließen, wann und wo Wahlvorschläge einzureichen sind und wo sie ausgelegt werden sollen; − zu beschließen, ob für Betriebsteile und Kleinstbetriebe, die räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt sind, schriftliche Stimmabgabe erfolgen soll (Briefwahl, § 24 Abs. 3 WOBetrVG, vereinfachtes Wahlverfahren: Stimmabgabe, nachträgliche schriftliche, § 35 WOBetrVG); − Ort, Tag und Zeit der Stimmabgabe festzulegen (Stimmabgabe allgemein), sowie
327
W
Wahlvorstand
•
•
•
328
− das Wahlausschreiben zu erstellen und auszuhängen, also die Einleitung der Betriebsratswahl zu betreiben. Nach Erlass des Wahlausschreibens hat der Wahlvorstand − Einsprüche gegen die Richtigkeit der Wählerliste zu entscheiden (Einspruch gegen die Wählerliste); − Wahlvorschläge entgegenzunehmen und zu prüfen sowie − Stimmzettel, Wahlumschläge und Wahlurnen zu beschaffen und die weiteren Maßnahmen zur Vorbereitung sowie Überwachung der Stimmabgabe durchzuführen. Nach Durchführung der Wahl hat der Wahlvorstand in öffentlicher Auszählung das Ergebnis zu ermitteln (Stimmauszählung), die Verteilung der Betriebsratssitze zu errechnen sowie das Wahlergebnis bekannt zu geben. Er hat ferner die Wahlniederschrift anzufertigen und eine Abschrift dem Arbeitgeber und den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften zu übergeben. Schließlich hat er die konstituierende Sitzung des Betriebsrates einzuberufen, diese auch bis zur Bestellung eines Wahlleiters zur Wahl des Vorsitzenden zu leiten und schließlich die Wahlakten an den Betriebsrat herauszugeben. Das Amt des Wahlvorstands ist ein Ehrenamt. Eine zusätzliche Vergütung bekommen die Mitglieder des Wahlvorstands nicht (§ 20 Abs. 2 BetrVG). Jedoch hat der Arbeitgeber die dem Wahlvorstand durch sein Amt entstehenden Kosten und Aufwendungen zu ersetzen. Dies gilt jedoch wie bei der Betriebsratstätigkeit nur für die erforderlichen Kosten. Zu der Kostentragungspflicht gehört es auch, die Mitglieder des Wahlvorstands von Ansprüchen Dritter freizustellen, soweit dies erforderlich ist. Auch Kosten arbeitsgerichtlicher Beschlussverfahren, die im Laufe des Wahlverfahrens erforderlich werden, hat der Arbeitgeber zu tragen. Die Arbeitszeit, die die Mitglieder des Wahlvorstands infolge ihrer Tätigkeit versäumen, hat der Arbeitgeber abzugelten (Arbeitsausfall). Umstritten ist, ob Mitglieder des Wahlvorstands Freizeitausgleich für außerhalb der Arbeitszeit verrichtete Tätigkeiten zu bekommen haben. Die wohl überwiegende Ansicht in der Literatur spricht sich mit einer analogen Anwendung des § 37 Abs. 3 BetrVG dafür aus (a.A. z.B. Hess/Schlochauer/Glaubitz, § 20 BetrVG Anm. 45).
Wahlvorstand
•
•
•
W
Nach Ansicht des BAG hat der Wahlvorstand auch Anspruch auf Teilnahme an Schulungsveranstaltungen, wenn diese für seine Tätigkeit erforderlich sind (BAG, Urteil v. 7.6.1984, 6 AZR 3/82). Die Erforderlichkeit orientiert sich am konkreten Wissensstand des einzelnen Wahlvorstandsmitglieds. Erstmals berufene Wahlvorstandsmitglieder, die auch sonst wenig Kenntnisse vom Betriebsverfassungsrecht haben, dürften demnach eher Schulungen bekommen können als erfahrene Wahlvorstandsmitglieder oder Betriebsratsmitglieder. Mitglieder des Wahlvorstands genießen wie Betriebsratsmitglieder Kündigungsschutz nach § 15 KSchG. Dieser reicht vom Zeitpunkt ihrer Bestellung bis zu sechs Monate nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses. In dieser Zeit ist eine ordentliche fristgemäße Kündigung unzulässig. In der Zeit zwischen Bestellung und Bekanntgabe des Wahlergebnisses ist darüber hinaus selbst eine außerordentliche Kündigung von der Zustimmung des Betriebsrats abhängig (§§ 15 Abs. 2 KSchG, 103 BetrVG). Besteht in dem Betrieb kein Betriebsrat, so muss der Arbeitgeber die Zustimmung durch das Arbeitsgericht ersetzen lassen (BAG, Urteil v. 12.8.1976, 2 AZR 303/75). Eine dem Wahlvorstand nach der Bestellung zugegangene Kündigung ist auch unwirksam, wenn sie vor der Bestellung abgeschickt wurde. Kosten eines Wahlvorstandsmitglieds zur Verteidigung gegen eine Kündigung sind keine Kosten aus der Tätigkeit des Wahlvorstands und demzufolge nicht vom Arbeitgeber zu tragen. Sitzungen des Wahlvorstands. Der Wahlvorstand kann zur Erledigung seiner Aufgaben und zur Vorbereitung weiterer Maßnahmen Sitzungen abhalten. Auch die Beschlüsse sind in Sitzungen zu fassen. Wie beim Betriebsrat ist eine Beschlussfassung im Umlaufverfahren unzulässig. Über die Sitzungen des Wahlvorstands ist eine Niederschrift zu erstellen, die vom Vorsitzenden und einem weiteren stimmberechtigten Mitglied des Wahlvorstands zu unterzeichnen ist (§ 1 Abs. 3 Satz 2 und 3 WOBetrVG). Die Sitzungen sind grundsätzlich nicht öffentlich. Soweit dies erforderlich ist, können vom Wahlvorstand aber andere Personen zu den Sitzungen hinzugezogen werden.
329
Z
Zahl der Betriebsratsmitglieder
•
Beschlussfassung. Beschlüsse des Wahlvorstands sind mit einfacher Stimmenmehrheit seiner stimmberechtigten Mitglieder zu fassen (§ 1 Abs. 3 Satz 1 WOBetrVG). Besteht der Wahlvorstand aus drei stimmberechtigten Mitgliedern, so genügt also die Befürwortung von zwei Mitgliedern. Für die Beschlussfähigkeit ist nicht erforderlich, dass alle Mitglieder des Wahlvorstands anwesend sein müssen. Jedoch müssen alle zu der Sitzung eingeladen worden sein. Beauftragte der Gewerkschaften sind nicht stimmberechtigt. Die Beschlüsse und ihr Inhalt sind in der Sitzungsniederschrift festzuhalten.
Weiterführende/Verwandte Stichwörter: Einleitung der Wahl, Betriebsadresse des Wahlvorstands
Zahl der Betriebsratsmitglieder Größe des Betriebsrats
Zeitarbeitnehmer Leiharbeitnehmer
Zeitpunkt der Betriebsratswahl Der Betriebsrat ist nur in den Fällen zu wählen, die in § 13 BetrVG genannt sind. Zu unterscheiden sind die regelmäßigen und die außerordentlichen Betriebsratswahlen. • Ordentliche (turnusmäßige) Wahlen. Die nächsten regelmäßigen Betriebsratswahlen finden in der Zeit vom 1. März bis 31. Mai 2002 statt (§ 13 Abs. 1 BetrVG). Innerhalb dieses Zeitraums muss die eigentliche Wahl, also die Stimmabgabe liegen. Wahlvorbereitungen und auch die nach der Wahl notwendigen Maßnahmen können außerhalb diese Zeiträume liegen. Mit Rücksicht auf die aufwändigen Vorbereitungen der Betriebsratswahl empfiehlt es sich sogar, auch den Wahlvorstand bereits deutlich vor dieser Zeit zu bestellen (dazu Wahlvorstand). Der genaue Zeitpunkt der
330
Zeitpunkt der Betriebsratswahl
•
•
•
Z
Betriebsratswahl sollte am Ende der Amtszeit des Betriebsrats ausgerichtet werden. Auch die Mindestfrist für die Bestellung des Wahlvorstands orientiert sich hieran. Zehn Wochen vor Ablauf der Amtszeit hat der Betriebsrat spätestens den Wahlvorstand zu bestellen, im vereinfachten Wahlverfahren: vier Wochen. Wird die Wahl zu spät eingeleitet und findet der Wahltag daher nach dem 31. Mai statt, so kann die Wahl trotzdem in aller Regel wirksam sein, da nach Ende der Amtszeit des alten Betriebsrats sonst ein betriebsratsloser Zustand herrscht und für diesen Fall außerordentliche Wahlen außerhalb der Zeit zwischen 1. März und 31. Mai statthaft sind (§ 13 Abs. 2 Nr. 6 BetrVG, siehe unten). Regelmäßige Betriebsratswahlen vor dem 1. März sind hingegen in aller Regel nichtig (BAG, Urteil v. 9.4.1991, 1 AZR 488/90), wenn nicht die Voraussetzungen für eine außerordentliche Betriebsratswahl nach § 13 Abs. 2 BetrVG (siehe unten) gegeben sind. Kommen diese Varianten zumindest auf den ersten Blick ernsthaft in Betracht, so dürfte statt der Nichtigkeit nur die Anfechtbarkeit der Betriebsratswahl gegeben sein (Wahlanfechtung). In der Zeit zwischen dem 1.3. und 31.5.2002 finden ausnahmsweise keine Betriebsratswahlen statt, wenn die Amtszeit des Betriebsrats am 1. März 2002 noch nicht ein Jahr betragen hat. Dies ist der Fall, wenn die Amtszeit des amtierenden Betriebsrats frühestens mit Bekanntgabe des Wahlergebnisses am 28. Februar 1997 begonnen hat (vgl. § 21BetrVG, Amtszeit des Betriebsrats). In diesem Fall finden die nächsten Betriebsratswahlen erst in der Zeit vom 1. März bis 31. Mai 2002 statt (§ 13 Abs. 3 Satz 2 BetrVG). In allen anderen Fällen findet in der Zeit vom 1. März bis 31. Mai 2002 auch dann eine Wahl statt, wenn der letzte Betriebsrat nach dem letzten regelmäßigen Wahltermin, also nach dem 31. Mai 1998, gewählt wurde. Außerordentliche Betriebsratswahl. Außerhalb der Zeit vom 1. März bis 31. Mai 2002 sind die nächsten Betriebsratswahlen abzuhalten, wenn − mit Ablauf von 24 Monaten ab dem Tag der Betriebsratswahl die Zahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer um die Hälfte – mindestens 50 – gestiegen oder gesunken ist,
331
Z
Zuordnung der leitenden Angestellten
•
− die Gesamtzahl der Betriebsratsmitglieder nach Eintreten sämtlicher Ersatzmitglieder unter die vorgeschriebene Zahl der Betriebsratsmitglieder (Größe des Betriebsrats) gesunken ist, − der Betriebsrat mit der Mehrheit seiner Mitglieder seinen Rücktritt beschlossen hat, − die Betriebsratswahl mit Erfolg angefochten worden ist (Wahlanfechtung), − der Betriebsrat durch eine gerichtliche Entscheidung aufgelöst ist oder − im Betrieb ein Betriebsrat nicht besteht. Diese in § 13 Abs. 2 BetrVG geregelten Fälle markieren also Betriebsratswahlen in Ausnahmefällen. Zu ihnen eingehend im Teil 1 – Chronologische Darstellung einer Betriebsratswahl – Kapitel 2. Zeitgleich mit der regelmäßigen Betriebsratswahl sind die Wahlen zum Sprecherausschuss einzuleiten. Zu anderen Zeiten finden hingegen die Wahlen der Jugend- und Auszubildendenvertretung (alle zwei Jahre zwischen 1.10. und 30.11., auch 2002) und der Schwerbehindertenvertretung (alle vier Jahre vom 1.10. bis 30.11.) statt.
Zuordnung der leitenden Angestellten Die Zuordnung eines Angestellten zu den leitenden Angestellten in Vorbereitung der Betriebsratswahlen nimmt grundsätzlich der Betriebsrat vor. Diese einseitige Maßnahme kann in zweierlei Hinsicht der Kontrolle unterliegen: 1. Im Falle von Streitigkeiten über die Zuordnung kann eine Entscheidung des Arbeitsgerichts beantragt werden – Statusverfahren; 2. besteht ein Sprecherausschuss der leitenden Angestellten oder wird er gleichzeitig mit dem Betriebsrat gewählt, so ist in § 18a BetrVG ein besonderes Zuordnungsverfahren vorgesehen. Zu 1: Statusverfahren Entsteht Streit über die Zuordnung eines Angestellten zu den leitenden Angestellten oder umgekehrt über die Feststellung, dass der Angestellte kein leitender sei, so kann eine Entscheidung durch das Ar-
332
Zuordnung der leitenden Angestellten
Z
beitsgericht im Beschlussverfahren nach § 2a ArbGG beantragt werden. Dieses so genannte Statusverfahren wird auch nicht ausgeschlossen, wenn das besondere Zuordnungsverfahren nach § 18a BetrVG (dazu unter 2.) durchzuführen ist, § 18a Abs. 5 BetrVG. Antragsberechtigt sind der Arbeitgeber, der betroffene Arbeitnehmer und auch der Betriebsrat. Letzterer kann nur als Betriebsrat insgesamt den Antrag stellen, unzulässig ist die gerichtliche Klärung von Streitigkeiten innerhalb des Betriebsrats auf Antrag einzelner Mitglieder gegen andere. Der Antrag ist jederzeit möglich. Insbesondere muss auch nicht der Ausgang des besonderen Zuordnungsverfahrens nach § 18a BetrVG abgewartet werden. Alle Antragsberechtigten können also während des Laufs jenes Verfahrens oder auch schon vor der Einleitung die gerichtliche Feststellung des Status beantragen. Der Status eines Angestellten kann ebenso aber in einem wegen anderer Rechtsfragen geführten Urteilsverfahren geklärt werden (z.B. in einem Kündigungsschutzverfahren oder in einem Streit um Rechte oder Pflichten aus einer Betriebsvereinbarung). Eine solche Entscheidung wirkt aber nur für und gegen die an diesem Verfahren Beteiligten (in der Regel Arbeitgeber und betroffener Angestellter), nicht jedoch gegenüber einem nicht am Verfahren beteiligten Betriebsrat. Bei der gerichtlichen Klärung des Status des Angestellten gelten zwar an sich die allgemeinen Darlegungs- und Beweisregeln. Allerdings ist der Arbeitgeber insbesondere in Statusverfahren wegen seiner besonderen Sachnähe und Erkenntnismöglichkeit gehalten, die für die Abgrenzung notwendigen Informationen zur Verfügung zu stellen. Zu 2: Zuordnungsverfahren nach § 18a BetrVG Der Betriebsrat ist der Repräsentant der Arbeitnehmer – mit Ausnahme der leitenden Angestellten. Für letztere besteht sei 1989 die Möglichkeit, gesetzlich geregelte Sprecherausschüsse zu wählen. Besteht ein solcher Sprecherausschuss oder ist zumindest der Wahlvorstand für die Wahl eines solchen bestellt, so ist der Bedarf einer Abgrenzung von Angestellten einerseits und leitenden Angestellten andererseits zur Vermeidung von Doppelvertretungen von besonderer Bedeutung. § 18a BetrVG trägt dem Rechnung durch Einrichtung eines speziellen Zuordnungsverfahrens. Werden die Wahlen zum Sprecherausschuss und Betriebsrat zeitgleich eingeleitet – das ist der
333
Z
Zuordnung der leitenden Angestellten
Regelfall –, dann sind an dem Zuordnungsverfahren die beiden Wahlvorstände beteiligt. Besonderheit des Sprecherausschussgesetzes ist, dass anstelle eines (Betriebs-) Sprecherausschusses ein Unternehmenssprecherausschuss für alle Betriebe gemeinsam gewählt werden kann. Ist dies der Fall, so tritt der Unternehmensausschuss für jeden Betrieb getrennt dem jeweiligen Wahlvorstand gegenüber; Verhandlungspartner wird nicht etwa der Gesamtbetriebsrat. Werden die Wahlen nicht gleichzeitig durchgeführt, so muss der Wahlvorstand für die Betriebsratswahl den Sprecherausschuss (bei Sprecherausschusswahlen: jener Wahlvorstand den Betriebsrat) entsprechend den nachstehenden Regeln beteiligen. Kommt es zwischen beiden Gremien zu keiner einvernehmlichen Zuordnung, so hat der Sprecherausschuss (bei Sprecherausschusswahlen: der Betriebsrat) Mitglieder zu nennen, die anstelle des Wahlvorstands an dem Zuordnungsverfahren teilnehmen. In Vorbereitung der Betriebsratswahlen hat der Wahlvorstand zunächst intern zu beraten, welche Angestellten er den leitenden Angestellten zuordnet. Unverzüglich nach Aufstellung der Wählerlisten hat er den Sprecherausschuss bzw. den dafür bestehenden Wahlvorstand über die Zuordnung zu unterrichten. Spätestens hat die Unterrichtung zwei Wochen vor Einleitung der Wahlen, also vor Erlass des Wahlausschreibens zu erfolgen. Mit dieser Frist wird sichergestellt, dass für die Durchführung des Zuordnungsverfahrens mindestens zwei Wochen zur Verfügung stehen. Bei Durchführung des Zuordnungsverfahrens hat der Arbeitgeber die Wahlvorstände durch Auskünfte und Unterlagen zu unterstützen, § 2 Abs. 2 WOBetrVG. Einigen sich beide Wahlvorstände, so können die Wählerlisten dementsprechend erstellt und ausgehängt werden. Soweit kein Einvernehmen besteht, haben die Wahlvorstände die Einigung in einer gemeinsamen Sitzung zu versuchen (§ 18a Abs. 1 Satz 2 BetrVG). Diese gemeinsame Sitzung hat wiederum spätestens eine Woche vor Einleitung der Wahl stattzufinden. Gelingt den Wahlvorständen auch in der gemeinsamen Sitzung keine Einigung, so ist spätestens eine Woche vor Einleitung der Wahlen ein Vermittler einzuschalten. Der Vermittler hat zu versuchen, dass ein Einvernehmen zwischen beiden Wahlvorständen hergestellt wird. Besondere Verfahrensvor-
334
Zuordnung der leitenden Angestellten
Z
schriften dafür existieren nicht. Der Vermittler hat sich über alle für die Beurteilung der Abgrenzungsfragen relevanten Umstände zu informieren und ein Bild zu machen. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Vermittler auf Verlangen dabei zu unterstützen. Insbesondere muss er erforderliche Auskünfte erteilen und erforderliche Unterlagen zur Verfügung stellen (§ 18a Abs. 2 Satz 2 BetrVG). Welche Auskünfte und Unterlagen erforderlich sind, richtet sich nach dem konkreten Fall. Grundsätzlich dürften Anstellungsverträge und Funktionsbeschreibungen erforderlich sein. Der Vermittler hat sodann die Abgrenzung zunächst anhand der in § 5 Abs. 3 BetrVG genannten Kriterien zu prüfen (zu den Kriterien leitender Angestellter). Erst wenn ihm auf dieser Grundlage eine Vermittlung nicht gelingt, kann er auf die Kriterien des § 5 Abs. 4 BetrVG zurückgreifen (dazu auch leitender Angestellter). Für eine Beurteilung der Bandbreite des Entgelts der leitenden Angestellten nach § 5 Abs. 4 Nr. 3 BetrVG dürfte im Regelfall die Auskunft des Arbeitgebers genügen, welche Bandbreite die Gehälter der leitenden Angestellten haben und dass das Gehalt des betreffenden Angestellten innerhalb dieser Bandbreite liegt. Für eine Abgrenzung des leitenden Angestellten nach § 5 Abs. 4 Nr. 4 BetrVG (Gesamtjahreseinkommen höher als das Dreifache der Bezugsgrenze nach § 18 SGB IV, dazu auch leitender Angestellter) ist lediglich die Erklärung des Arbeitgebers erforderlich, dass das Gehalt des Angestellten oberhalb jener Grenze liegt (Stege/Weinspach, § 18a BetrVG Rn. 8; teilweise wird in der Literatur allerdings erforderlichenfalls das Recht auf vollständige Information zugestanden). Kann auch der Vermittler kein Einvernehmen zwischen beiden Wahlvorständen herbeiführen, so hat er sich zunächst mit dem Arbeitgeber über den Fall zu beraten. Anschließend entscheidet er selbst und alleine über die Zuordnung. An Weisungen ist er weder seitens eines Wahlvorstandes noch seitens des Betriebsrates, des Sprecherausschusses oder des Arbeitgebers gebunden. Der betroffene leitende Angestellte ist entsprechend der Zuordnung durch den Vermittler in die Wählerliste einzutragen. Der Vermittler sollte mit Rücksicht auf die Eintragung in die Wählerlisten das Verfahren zügig durchführen und möglichst vor Erlass des Wahlausschreibens seine Entscheidungen treffen. Ggf. sollten die Wahlvorstände den Vermittler zur Eile anhalten. Nur ausnahmsweise dürfte das Wahlausschreiben ohne
335
Z
Zuordnung der leitenden Angestellten
Entscheidung des Vermittlers samt Wählerliste erlassen werden. Geschieht dies, so ist die Anfechtung der Betriebsratswahl oder diejenige der Sprecherausschusswahl nicht nach § 18a Abs. 5 Satz 2 BetrVG ausgeschlossen. Das Zuordnungsverfahren nach § 18a BetrVG schließt ein arbeitsgerichtliches Statusverfahren nicht aus (dazu oben zu 1.). Wird noch vor Durchführung der Wahlen rechtskräftig in einem Statusverfahren festgestellt, ob ein Angestellter den leitenden Angestellten zuzuordnen ist, so bindet die Entscheidung auch bei einer abweichenden Entscheidung des Vermittlers. Dies wird durch § 18a Abs. 5 BetrVG ausdrücklich klargestellt, in dem festgeschrieben wird, dass durch das Zuordnungsverfahren der Rechtsweg nicht ausgeschlossen sei. Es ist allen Anfechtungsberechtigten (dazu oben zu 1.) daher möglich, nach Entscheidung des Vermittlers das Arbeitsgericht anzurufen. Zur Überprüfung durch das Arbeitsgericht kann nicht nur das Ergebnis einer Zuordnung gestellt werden, sondern auch die Ordnungsgemäßheit des Verfahrensablaufs. Das Arbeitsgericht entscheidet in beiden Fällen im Beschlussverfahren. Hingegen kann eine Wahlanfechtung grundsätzlich nicht darauf gestützt werden, dass entweder beide Wahlvorstände oder aber der Vermittler eine Zuordnung unrichtig vorgenommen haben (§ 18a Abs. 5 Satz 2 BetrVG). Dieser Ausschluss der Wahlanfechtung greift allerdings nicht, wenn die Zuordnung offensichtlich fehlerhaft war (§ 18a Abs. 5 Satz 3 BetrVG). Ein solcher Fall liegt beispielsweise vor, wenn ein Angestellter ohne Rücksicht auf die in § 5 Abs. 3 und 4 BetrVG genannten Kriterien, also willkürlich als leitender Angestellter eingestuft wurde. Die offensichtliche Fehlerhaftigkeit liegt auch vor, wenn während des Wahlverfahrens durch rechtskräftige Gerichtsentscheidung eine anderweitige Zuordnung festgestellt wurde. Auch schwere Verfahrensmängel im Ablauf des Zuordnungsverfahrens können die offensichtliche Fehlerhaftigkeit der Zuordnung begründen. Die eingeschränkte Kontrolle von Zuordnungen erstreckt sich auch auf Wahlvorstände selbst. Auch sie können – selbst auf Einspruch eines Arbeitnehmers hin – die Wählerliste nicht mehr so abändern, dass von einer Zuordnungsentscheidung abgewichen wird (§ 4 Abs. 2 WOBetrVG).
336
Stichwortverzeichnis
Ablehnung der Wahl 81, 144 Aktives Wahlrecht 302 Amtsniederlegung 22 Amtszeit des Betriebsrats 138 Anfechtungsfrist 132, 281 Anfechtungsgegner 133 Anfechtungsverfahren 131, 278 Angestellter 142 Annahme der Wahl 144 Anzahl der in der Regel Beschäftigten 25 Anzahl der Wahlvorstandsmitglieder 31 Arbeiter 142, 148 Arbeitgeber 149 Rechte und Pflichten 149 Arbeitnehmer 151, 302 Arbeitsausfall 158 Arbeitsgericht, Bestellung des Wahlvorstands im vereinfachten Wahlverfahren 96 Arbeitsvertrag 151 Auflösung des Betriebsrats 139 Aufstellung der Wählerliste 42 Aushilfskräfte 20 Ausländer 160 Außerordentliche Betriebsratswahl 331 außerordentlichen Betriebsratswahl 17 Auszubildende 170
Behinderung der Wahl 167 Bekanntmachung der Gewählten 82 Benachrichtigung der Gewählten 81, 144, 169 Berichtigung von Rechenfehlern 56 Berufsausbildungsverhältnis Siehe Auszubildende Bestellung des Wahlvorstands 30, 31 Bestellung des Wahlvorstands in einer Betriebsversammlung 36, 182 Betrieb 172 Begriff 172 Betriebsteil Siehe Betriebsteil gemeinsamer Siehe gemeinsamer Betrieb Betrieb ohne Betriebsrat 27 Betriebsadresse 177 Betriebsrat Größe Siehe Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder Betriebsratswahl Freiwilligkeit 204 Betriebsspaltung 140 Betriebsteil 39, 178 Betriebsveräußerung 141 Betriebsversammlung 27, 182 Briefwahl 84, 185 d’Hondt’sche Höchstzahlverfahren 79, 190
Beauftragter der Gewerkschaften 162 Beeinflussung der Wahl 164
337
Stichwortverzeichnis
Ehegatte 155 Einberufung der konstituierenden Sitzung des Betriebsrats 87 Einleitung der Wahl 48, 191 Einsprüche gegen die Wählerliste 57, 193 Entsenderecht Siehe Beauftragter der Gewerkschaften Ergebnis der Wahl 169 Ersatzmitglied 22, 197 Ersatzmitglieder des Wahlvorstands 33 Freiwilligkeitsprinzip 23 gemeinsamer Betrieb 176 Gesamt oder Konzernbetriebsrat, Bestellung des Wahlvorstands im vereinfachten Wahlverfahren 95 Geschäftsführer 154 Geschäftsordnung 207 Geschlecht des Arbeitnehmers 207 Geschlechterproporz 207 Geschlechterproporzes 79 Gesellschafter 155 Gewerkschaft 211 Gewerkschaftsbeauftragter Siehe Beauftragter der Gewerkschaften Hausgewerbetreibende 220 Heimarbeiter 219 Informations und Kommunikationstechnologie 50 Kleinbetrieb 25, 221 Kleinstbetrieb 40, 221 Kleinstbetriebe Briefwahl 186 nachträgliche schriftliche Stimmabgabe 254 Konkurs 142 Konzern 222
338
Kosten der Wahl 136, 224 Kündigung Beeinflussung der Wahl 164 Kündigungsschutz 37 Lebenspartner 155 Leiharbeitnehmer 42, 152, 227 Leitende Angestellte Statusverfahren 332 Zuordnung 332 Leitende Angestellte, Zuordnung 44 leitende Angestellten Einsprüche gegen die Wählerliste 194 Leitende Angestellter 230 leitenden Angestellte 44 Listenvertreter 65, 237 Arbeitsversäumnis 159 Listenwahl 74 Siehe Verhältniswahl Mehrheitswahl 74, 82, 238 Nachrücker 145, 197 einköpfiger Betriebsrat 148 Mehrheitswahl 146 Verhältniswahl 145 Nachteilen Androhung oder Zufügung Siehe Beeinflussung der Wahl Nachträgliche schriftliche Stimmabgabe 98, 107 Nachträgliche schriftlicher Stimmabgabe 111 Neuwahl 19, 22 Neuwahlen 20 Nichtigkeit der Betriebsratswahl 242 Nichtigkeit der Betriebsratswahl, Folgen 135 Nichtigkeit der Betriebsratswahlen 133 Nichtigkeitsgründe 133 Niederschrift Siehe Wahlniederschrift
Stichwortverzeichnis
Öffentliche Sitzung 78 Organmitglied 154
Stützunterschriften 64, 273 Tarifvertrag 139
Passives Wahlrecht 298 Personenwahl 74 Siehe Mehrheitswahl Persönlichkeitswahl Siehe Mehrheitswahl Prokurist 231 Regelmäßige Betriebsratswahlen 330 regelmäßigen Betriebsratswahlen 15 Restmandat 141 Rücktritt des Betriebsrats 21, 139 Sachkosten Siehe Kosten der Wahl schriftliche Stimmabgabe reguläres Wahlverfahren Siehe Briefwahl Sitzverteilung Verteilung der Sitze 246 Sofort 246 Sprecherausschuss 17, 246 Statusverfahren 332 Stillegung des Betriebes 174 Stimmabgabe 249 eine Vorschlagsliste 252 mehrere Vorschlagslisten 253 nachträgliche schriftliche 253 schriftliche Siehe Briefwahl vereinfachtes Wahlverfahren 257 Stimmabgabe, Verhältniswahl 75 Stimmauszählung 258 Stimmenauszählung, Mehrheitswahl 83 Stimmenkauf Siehe Beeinflussung der Wahl Stimmenzählung 78, 79 Stimmzettel 260 eine Vorschlagsliste 260 mehrere Vorschlagslisten 261 vereinfachtes Wahlverfahren 260
Übergangsmandat 141 Umorganisation von Betrieben und Unternehmen 140 Umstrukturierung von Betrieben und Unternehmen 140 Umwandlung von Unternehmen 141 Untergang des Betriebs 141 Unternehmen 261 Unverzüglich 263 Vereinbarung zwischen Wahlvorstand und Arbeitgeber über das vereinfachte Wahlverfahren 41 vereinfachtes Wahlverfahren Stimmabgabe 257 Vereinfachtes Wahlverfahren 90, 264 Vereinfachtes Wahlverfahren, Einleitung der Wahl 99 Vereinfachtes Wahlverfahren, Einreichung der Wahlvorschläge, Prüfung 105 Vereinfachtes Wahlverfahren, einstufiges 93 Vereinfachtes Wahlverfahren, einstufiges, Bestellung des Wahlvorstands 94 Vereinfachtes Wahlverfahren, Erlass des Wahlausschreibens 99 Vereinfachtes Wahlverfahren, Inhalt des Wahlausschreibens 100 Vereinfachtes Wahlverfahren, Stimmauszählung und weiteres Verfahren 111 Vereinfachtes Wahlverfahren, Stützunterschriften 103 Vereinfachtes Wahlverfahren, Wahlvorschläge 102, 314
339
Stichwortverzeichnis
Vergleichsverfahren 142 Verhältniswahl 74, 75, 264 d'Hondtsches Verfahren 190 Vermittler 44, 269 Arbeitsversäumnis 159 Versäumnis von Arbeitszeit 158 Verschwägerter 155 Versetzung Beeinflussung der Wahl 164 Verteilung der Sitze 79, 246 Verwandter 155 Vorgeschaltetes Kontrollverfahren 60, 195, 271 Vorschlagslisten 271 Einreichung 272 Prüfung und Beanstandung 275 Stützunterschriften 273 Vorschlagslisten, Bekanntmachung 71 Vorschlagslisten, Prüfung und Beanstandung 67 Vorstandsmitglied 154 Wahlakten 82, 277 Wahlakten, Aufbewahrung 89 Wahlanfechtung 126, 278 Anfechtungsfrist Siehe Anfechtungsfrist Anfechtungsgegner Siehe Anfechtungsgegner Anfechtungsverfahren Siehe Anfechtungsverfahren Wahlausschreiben Berichtigung oder Ergänzung 285 Berichtigung und Ergänzung zweistufige vereinfachte Wahl 297 Inhalt 283 Inhalt bei vereinfachter zweistufiger Wahl 292 reguläres Wahlverfahren 282 vereinfachte einstufige Wahl 286 vereinfachtes einstufiges Wahlverfahren 285
340
vereinfachtes zweistufiges
Wahlverfahren 292 Wahlausschreiben, Berichtigung oder Ergänzung 56 Wahlausschreiben, Inhalt 50 Wählbarkeit Siehe Passives Wahlrecht Wahlbeeinflussung Siehe Beeinflussung der Wahl Wahlberechtigung Siehe aktives Wahlrecht Wahlbewerber Arbeitsversäumnis 160 Wähler Arbeitsversäumnis 159 Wählerliste 42, 57, 304 Einsprüche Siehe Einsprüche gegen die Wählerliste vereinfachtes Wahlverfahren 307 Wählerliste, vereinfachtes Wahlverfahren 97 Wahlgrundsätze 216 Wahlhelfer 308 Arbeitsversäumnis 158 Wahlniederschrift 80, 244 Mehrheitswahl 245 Verhältniswahl 245 Wahlniederschrift, Mehrheitswahl 84 Wahlpropaganda Beeinflussung der Wahl 165 Wahlrecht 309 aktives Siehe Aktives Wahlrecht passives Siehe Passives Wahlrecht Wahlumschlag 309 Wahlurne 309 Öffnung 310 Wahlurne, Öffnung 78 Wahlverfahren 25, 310 Wahlverfahren, Auswahl 41 Wahlverfahren, Wahlmöglichkeit in Betrieben mit in der Regel 51 bis
Stichwortverzeichnis
100 wahlberechtigten Arbeitnehmern 28 Wahlversammlung 27, 109, 311 vereinfachtes einstufiges Wahlverfahren 313 vereinfachtes zweistufiges Wahlverfahren 312 Wahlversammlung, vereinfachtes einstufiges Wahlverfahren 98 Wahlvorschlag Siehe vereinfachtes Wahlverfahren Wahlvorschläge 314 reguläre Wahl Siehe Vorschlagslisten vereinfachte einstufige Wahl 314 vereinfachte zweistufige Wahl 321 Wahlvorschläge, Einreichung 62 Wahlvorschläge, fehlende Einreichung von 70 Wahlvorschläge, Vorschlagsberechtigte 62 Wahlvorstand 324 Arbeitsversäumnis 158 Beschlüsse 329 Bestellung 324 Ehrenamt 328 Geschäftsordnung 207 Sitzungen 329 Zusammensetzung 326 Wahlvorstand, arbeitsgerichtliche Bestellung 34 Wahlvorstand, Aufgaben 38 Wahlvorstand, Bestellung durch den Gesamt oder Konzernbetriebsrat 34 Wahlvorstand, Bestellung im betriebsratsloser Betrieb 34 Wahlvorstand, Sitzungen 38 Wahlvorstandsmitglied, Beginn und Ende des Amts 37 Wahlvorstandsmitglieder 37 Entgeltfortzahlung 328 Kündigungsschutz 329
Schulungsveranstaltungen 329 Wahlvorstandsmitglieder 326 Wahlvorstandsmitglieder, Entgeltfortzahlung 37 Wahlwerbung Behinderung 165 Weiterführung der Geschäfte 24 Wiedereingliederung 155
Zahl der Wahlvorstandsmitglieder 31 Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder 51, 213 Zeitarbeitnehmer Siehe Leiharbeitnehmer Zeitpunkt der Betriebsratswahl Siehe Außerordentliche Betriebsratswahl Siehe Regelmäßige Betriebsratswahlen Zuordnung der Betriebsteile und Kleinstbetriebe 39 Zuordnung der leitenden Angestellten Siehe leitende Angestellte, Zuordnung Vermittler 269 Zusammenfassung von Betrieben/Betriebsteilen 141 Zusammensetzung des Wahlvorstands 31, 33 Zweistufiges vereinfachtes Wahlverfahren 114 Zweistufiges vereinfachtes Wahlverfahren, Absage der Wahl 123 Zweistufiges vereinfachtes Wahlverfahren, Aufgaben zwischen erster und zweiter Wahlversammlung 123 Zweistufiges vereinfachtes Wahlverfahren, Einladung zur ersten Wahlversammlung 114
341
Stichwortverzeichnis
Zweistufiges vereinfachtes Wahlverfahren, erste Wahlversammlung 118 Zweistufiges vereinfachtes Wahlverfahren, erste Wahlversammlung, Inhalt der Einladung 115 Zweistufiges vereinfachtes Wahlverfahren, Nachträgliche schriftliche Stimmabgabe 124
342
Zweistufiges vereinfachtes Wahlverfahren, Unterlagen für die Erstellung der Wählerliste 116 Zweistufiges vereinfachtes Wahlverfahren, Wahlvorschläge vor Beginn der ersten Wahlversammlung? 117 Zweistufiges vereinfachtes Wahlverfahren, zweite Wahlversammlung 125