Differentialgeometrie Carsten Ebmeyer Mathematisches Seminar der Landwirtschaftlichen Fakult¨at Universit¨at Bonn Sommer...
71 downloads
744 Views
244KB Size
Report
This content was uploaded by our users and we assume good faith they have the permission to share this book. If you own the copyright to this book and it is wrongfully on our website, we offer a simple DMCA procedure to remove your content from our site. Start by pressing the button below!
Report copyright / DMCA form
Differentialgeometrie Carsten Ebmeyer Mathematisches Seminar der Landwirtschaftlichen Fakult¨at Universit¨at Bonn Sommersemester 2005
Inhaltsverzeichnis 1 Kurven in der Ebene und im Raum 1.1 Parameterdarstellung von Kurven . . . . . . . . . . 1.2 Tangentenvektor und Normalebene . . . . . . . . . 1.3 Kr¨ ummungsvektor und Kr¨ ummung . . . . . . . . . 1.4 Das begleitende Dreibein . . . . . . . . . . . . . . . 1.5 Frenetsche Formeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.6 Geometrische Deutung von Kr¨ ummung und Torsion
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
2 Fl¨ achentheorie 2.1 Fl¨achen im R3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Die erste Fundamentalform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Regelfl¨achen und Torsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1 Regelfl¨achen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2 Torsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Zweite Fundamentalform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5 Normalkr¨ ummung, Hauptkr¨ ummungen . . . . . . . . . . . . 2.5.1 Normalkr¨ ummung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.2 Hauptkr¨ ummungen, Kr¨ ummungslinien . . . . . . . . 2.6 Christoffelsymbole . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.7 Geod¨atische Kr¨ ummung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.8 Geod¨atische Linien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.9 Geod¨atische Linien als k¨ urzeste Verbindung . . . . . . . . . 2.10 Geod¨atische Linien auf Rotationsfl¨achen . . . . . . . . . . . 2.11 Ableitungsgleichungen von Weingarten, Theorema egregium von Gauß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.12 Abbildungen von Fl¨achen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.12.1 Isometrische Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . 2.12.2 Konforme Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
2 . 2 . 5 . 7 . 9 . 12 . 14
. . . . . . . . . . . . . .
15 15 17 20 20 21 22 23 23 24 28 29 32 34 35
. . . .
36 38 38 39
1
Kurven in der Ebene und im Raum
1.1
Parameterdarstellung von Kurven
Eine Kurve im R2 k¨onnen wir in der Form y = f (x) , a ≤ x ≤ b darstellen. 2 2 Die Darstellung ist in dieser Weise oft √ unpraktisch, da z. B.√der Kreis x +y = 2 2 2 2 2 r zwei Funktionen, n¨amlich y = r − x und y = − r − x erfordert. Zweckm¨aßiger ist hier die Parameterdarstellung, die f¨ ur einen Kreis in der x-y-Ebene lautet: x(t) = r cos t , y(t) = r sin t , z(t) = 0
0 ≤ t ≤ 2π 0 ≤ t ≤ 2π
In Vektornotation k¨onnen wir schreiben: x(t) r cos t y(t) = r sin t z(t) 0 Definition: Unter einer Kurve der Klasse C k , k ∈ N im R3 verstehen wir eine k-mal stetig differenzierbare Abbildung γ : I → R3 τ 7→ γ(τ ) von einem Intervall I in den R3 . Wir schreiben auch x1 (τ ) τ 7→ x(τ ) = x2 (τ ) x3 (τ ) mit folgenden Eigenschaften 1. Die Komponentenfunktionen xi (t), i = 1, 2, 3 sind k-mal stetig differenzierbar 2. Die Ableitung x01 (τ ) x0 (τ ) = x02 (τ ) x03 (τ )
ist verschieden vom Nullvektor. Eine Darstellung mit der Eigenschaft 2 wird auch regul¨are Darstellung einer Kurve genannt. Beispiel 1: Ein Kreis mit Radius r und Mittelpunkt (0, 0, 0) hat die Darstellung r cos τ x(τ ) = r sin τ . (1) 0 2
Beispiel 2: Durch
r cos τ x(τ ) = r sin τ hτ wird f¨ ur feste Werte r, h > 0 eine Schraubenlinie definiert. Die Projektion auf die (x1 , x2 )−Ebene ist ein Kreis gem¨aß Gleichung (1). Mit wachsendem Parameter t steigt die x3 Koordinate gleichm¨aßig an. Beispiel 3: Durch die Gleichungen √
t
πτ 2 dτ, 2 0 Z t √ πτ 2 sin x2 (t) = a π dτ, 2 0 x3 (t) = 0 Z
x1 (t) = a π
cos
wird eine Klothoide erkl¨art. Beispiel 4: Die Verbindungsstrecke zwischen zwei Punkten a, b ∈ Rn kann in der Form x(τ ) = a + (b − a)τ, 0≤τ ≤1 parametrisiert werden. Parametertransformationen. Eine Kurve l¨asst sich auf verschiedene Weise in Parameterform darstellen. Es soll nun gek¨art werden, wann zwei Kurven mit verschiedenen Darstellungen als gleich angesehen werden k¨onnen. Zu diesem Zweck machen wir die Definition: Sei x : I → R3 eine Kurve der Klasse C k . Eine Funktion ψ : J → I auf einem Intervall J in das Intervall I heißt Parametertransformation, falls gilt: a) ψ ist k-mal stetig differenzierbar, b) ψ ist bijektiv und c) ψ 0 (σ) 6= 0 f¨ ur alle σ ∈ J. Wir nennen die Transformation i) orientierungserhaltend, falls ψ 0 (σ) > 0, ii) orientierungsumkehrend, falls ψ 0 (σ) < 0 f¨ ur alle σ ∈ J gilt. Durch die Parametertransformation τ = ψ(σ) wird die Kurve x(τ ) u uhrt in ¨bergef¨ ¯ (σ) = x(ψ(σ)) x Es gilt nach der Kettenregel: ¯ 0 (σ) = x0 (ψ(σ))ψ 0 (σ) x ¯ ebenfalls eine regul¨are Darstellung Die Eigenschaft c) garantiert nun, dass x einer Kurve ist. 3
Definition: Zwei Kurven heißen ¨aquivalent, falls sie durch eine orientierungserhaltende Parametertransformation hervorgehen. Bogenl¨ ange einer Kurve Definition: Ist
x1 (τ ) x(τ ) = x2 (τ ) x3 (τ )
eine Kurve, so wird ds =
p x01 (τ )2 + x02 (τ )2 + x03 (τ )2 dτ
Bogenelement genannt. Das Integral Z Z q 02 02 ds := x02 1 + x2 + x3 dτ γ
I
heißt Bogenl¨ange der Kurve. Beispiel 5: Wir berechnen die Bogenl¨ange des Kreises r cos τ x(τ ) = r sin τ , 0 ≤ τ ≤ 2π. 0
(2)
Es gilt:
− sin τ x0 (τ ) = r cos τ , 0
dx(τ ) dτ = r
Z2π und s =
r dτ = 2πr. 0
Beispiel 6: Die Bogenl¨ange der Schraubenlinie r cos τ x(τ ) = r sin τ , 0 ≤ τ ≤ 2π. hτ berechnet sich aus
und |x0 (τ )| =
−r sin τ x0 (τ ) = r cos τ h p √ r2 sin2 τ + r2 cos2 τ + h2 = r2 + h2
F¨ ur eine volle Umdrehung folgt Z2π √ √ s= r2 + h2 dτ = 2π r2 + h2 . 0
Satz 1: Die Bogenl¨ange ist invariant gegen¨ uber Parametertransformationen. Beweis: Ist x : [a, b] → R eine Kurve und ψ : [α, β] → R eine Parametertransformation, so folgt mit der Substitution τ = ψ(σ) Zb a
|x0 (τ )|dτ =
Zβ
|x0 (ψ(σ)) ψ 0 (σ)|dσ =
α
Zβ
|¯ x0 (σ)|dσ.
α
2 4
Bogenl¨ ange als Parameter. Ist x : I → R3 eine Kurve und a ∈ I ein fester Wert, so k¨onnen wir die Bogenl¨ange als Funktion des Parameters τ betrachten. Wir erhalten Zτ s(τ ) =
|x0 (τ 0 )|dτ 0 .
a
Dann gilt wegen des Hauptsatzes der Differential- und Integralrechnung und der Regularit¨atsbedingung: s0 (τ ) = |x0 (τ )| > 0 . Somit ist s(τ ) eine stetig differenzierbare, streng monoton wachsende Funktion mit einer Umkehrfunktion τ = τ (s) mit den gleichen Eigenschaften. Wir setzen ¯ (s) = x(τ (s)). x Es folgt ¯ 0 (s) = x0 (τ (s))τ 0 (s) = x
x0 (τ (s)) x0 (τ (s)) = . |s0 (τ )| |x0 (τ (s))|
Somit kann die Bogenl¨ange als Kurvenparameter verwendet werden. Durch diese Parametertransformation geht eine regul¨are Kurvendarstellung x(τ ) ¯ (s) = x(τ (s)) u stets wieder in eine regul¨are Darstellung x ¨ber, bei der wegen dτ > 0 die Orientierung erhalten bleibt. x(s) heißt nach der Bogenl¨ange ds parametrisiert. Definition: Eine Parameterdarstellung x : I → R3 heißt eine nat¨ urliche Parameterdarstellung einer Kurve, wenn f¨ ur alle τ ∈ I gilt: |x0 (τ )| = 1
(3)
Aus unseren Betrachtungen folgt, dass die Bogenl¨ange s stets als nat¨ urlicher Parameter verwendet werden kann. Bemerkung: 1. Die nat¨ urlichen Parameter einer C 1 -Raumkurve unterscheiden sich (abgesehen von der Orientierung) von der Bogenl¨ange nur durch eine additive Konstante. 2. Wenn s = s1 + const gilt, so wird die Bogenl¨ange s1 von einem anderen Punkt der Kurve aus gemessen.
1.2
Tangentenvektor und Normalebene
Definition: Es sei x(s) eine C 1 -Kurve, die nach der Bogenl¨ange parametrisiert ist. Die Ableitung von x(s) nach der Bogenl¨ange t(s) :=
dx(s) ds
heißt Tangentenvektor an die Kurve im Punkt x(s). 5
Lemma 1: Der Tangentenvektor t ist ein Einheitsvektor. Beweis: Dies ergibt sich unmittelbar aus Gleichung (3)
2
Definition: (Tangentengleichung einer Raumkurve). Es sei eine C 1 -Kurve x(s) gegeben. Die Gleichung der Tangente im Kurvenpunkt x(s0 ) lautet y(s) = x(s0 ) + (s − s0 )t(s0 ), s ∈ R.
(4)
Bemerkung: Wir k¨onnen die Tangentengleichung auch in der Form y(s) = x(s0 ) + st(s0 ), s ∈ R.
(5)
Die Gleichung (4) hat jedoch den Vorteil, dass der Ber¨ uhrpunkt x(s0 ) auf der Kurve und auf der Tangente den gleichen Parameterwert s0 haben. Aufgabe 1: Bestimmen Sie die Schnittkurve der Tangenten der Kurve τ x(τ ) = Bτ 2 τ ∈ R Cτ n f¨ ur B, C =const6= 0, n ∈ N mit der x-y-Ebene. L¨ osung: Die Tangentengleichung im Punkt x(τ0 ) lautet 1 τ − ∞ < λ < ∞, τ ∈ R. y(τ ) = x(τ ) + τ t = Bτ 2 + τ 2Bτ n−1 n nCτ Cτ F¨ ur den Schnittpunkt mit der x-y-Ebene muss die dritte Komponente null werden, also Cτ n−1 (τ + λn) = 0. Es folgt τ λ=− . n Die Schnittkurve in der xy-Ebene hat dann die Gleichung τ x τ 1 τ (1 − 1/n) = − = . y Bτ 2 Bτ 2 (1 − 2/n) n 2Bτ Damit ergibt sich als Schnittkurve f¨ ur n = 1 die y-Achse, f¨ ur n = 2 die x-Achse, und f¨ ur n ≥ 3 die Parabel B(1 − 2/n)x2 y= . (1 − 1/n)2 Definition: Als Normalebene der Kurve x im Punkt x(t0 ) wird die Ebene bezeichnet, die den Kurvenpunkt enth¨alt und deren Fl¨achennormale die Richtung von t hat. Der Ortsvektor y der Normalebene kann durch die folgende Gleichung beschrieben werden: hy − x(τ0 ), t(τ0 )i = 0. In der Gleichung kann t durch x0 (τ ) ersetzt werden, da t und x0 (τ ) proportional sind. 6
1.3
Kru ¨ mmungsvektor und Kru ¨ mmung
Definition: Es sei x(s) eine C 2 -Kurve. Der Vektor k :=
d2 x = t0 (s) = x00 (s) ds2
heißt der Kr¨ ummungsvektor der Kurve im Punkt x(s). Die Zahl κ := |k| = |t0 (s)| = |x00 (s)| heißt die Kr¨ ummung der Kurve und die Gr¨oße ρ :=
1 κ
f¨ ur k 6= 0
heißt der Kr¨ ummungsradius. Satz 2: Der Kr¨ ummungsvektor k und der Tangentenvektor t sind zueinander orthogonal. Beweis: Aus hx0 (s), x0 (s)i = 1 folgt mittels Differentiation nach s 2hx0 (s), x00 (s)i = 0, also gilt ht(s), k(s)i = 0.
2
Beispiel 7: Wir berechnen den Kr¨ ummungsvektor eines Kreises in der Ebene r cos τ x(τ ) = r sin τ 0 mit Radius r. Es folgt −r sin τ x0 (τ ) = r cos τ 0
− sin τ x und t = 0 = cos τ . |x | 0 0
Hieraus ergibt sich
− cos τ dt dt dτ dt 1 1 k= = = = − sin τ . ds dτ ds dτ r r 0 Wir erhalten die Kr¨ ummung κ = |k| =
1 r
und den Kr¨ ummungsradius ρ = r.
Satz 3: Eine Kurve ist genau dann eine Gerade, wenn entlang der Kurve κ = 0 gilt. Beweis: Sei die Kurve x = x(s) in nat¨ urlicher Darstellung.
7
1. Ist κ = 0, dann folgt ¨ = t˙ = k = 0, x x˙ = t = a = const mit |a| = |t| = 1, x = s·a+b mit b = const. 2. Ist die Kurve eine Gerade, so gilt: x(s) = s · a + b
mit |a| = 1,
b = const,
dann folgt daraus u ¨berall auf der Geraden x0 (s) = a x00 (s) = k = 0. 2 Der folgende Satz dient dazu, die Kr¨ ummung zu berechnen, auch wenn die Parameterdarstellung nicht die nat¨ urliche Form hat. Satz 4: Es sei x(τ ) die Darstellung einer zweimal stetig differenzierbaren Kurve. Dann gilt: |x0 × x00 | κ = |k| = . (6) |x0 |3 Beweis: Durch eine Parametertransformation τ = τ (s) k¨onnen wir die Bogenl¨ange s als Parameter einf¨ uhren. Wir setzen ¯ (s) = x(τ (s)) x Durch Differentiation folgt: ¯ 0 (s) = x0 (τ (s))τ 0 (s) x ¯ 00 (s) = x00 (τ (s))τ 0 (s)2 + x0 (τ (s))τ 00 (s) x Nun wird das Vektorprodukt berechnet: ¯ 0 (s) × x ¯ 00 (s) = τ 03 (s)(x0 (τ ) × x00 (τ )) x Wegen |x¯0 | = 1 folgt ¯ 00 (τ )| = |x0 (τ )|3 κ. |¯ x0 (τ ) × x L¨osen wir nach κ auf, so folgt die Behauptung unter Ber¨ ucksichtigung von 0 0 |τ ||x (τ )| = 1 gilt. 2 Beispiel 8: Gegeben sei eine ebene Kurve τ x(τ ) = f (τ ) . 0 8
Es soll die Kr¨ ummung berechnet werden. Es gilt: 1 0 0 x 0 = f 0 (τ ) , x 00 = f 00 (τ ) , x 0 × x 00 = 0 , 0 0 f 00 (τ ) also k=
|f 00 (τ )| |x 0 × x 00 | = p 3. |x 0 |3 1 + (f 0 (τ ))2
Satz 5: Eine Kurve x = x(τ ) ist eine Gerade, wenn f¨ ur alle τ die Vektoren x 0 und x 00 . linear abh¨angig sind. Beweis: Sind die Vektoren linear abh¨angig, so folgt x 0 × x 00 = 0 und nach (6) folgt κ = 0 und damit ist die Kurve eine Gerade. Umgekehrt gilt f¨ ur eine Gerade κ = 0, woraus mit Hilfe von (6) die lineare Abh¨angigkeit der beiden Vektoren folgt. 2 Beispiel 9: F¨ ur das Geradenst¨ uck x = a + cos τ b (mit b, a = const) gilt: x 0 = − sin τ b und x 00 = − cos τ b. Somit sind die Vektoren x 0 und x 00 linear abh¨angig.
1.4
Das begleitende Dreibein
Definition: Sei k 6= 0 der Kr¨ ummungsvektor einer zweimal stetig differenzierbaren Kurve im Punkt x(s). Dann heißt der Einheitsvektor n=
k |k|
der Hauptnormalenvektor der Kurve im Punkt x(s). Definition: Es sei x(s) eine nat¨ urliche Darstellung einer zweimal stetig differenzierbaren Kurve. Es sei κ(s) 6= 0. Der Vektor b=t×n heißt Binormalenvektor. Bemerkungen: 1. Es gilt |b| = 1, da t ⊥ n und |t| = |n| = 1. 2. Die Vektoren t, n, b sind Einheitsvektoren und stehen paarweise senkrecht aufeinander, sie bilden das begleitende Dreibein der Kurve. Durch das begleitende Dreibein werden in jedem Kurvenpunkt mit k 6= 0 drei Ebenen festgelegt (der Ortsvektor sei jeweils y). 9
Definition: Die Ebene, welche durch t(s) und n(s) im Kurvenpunkt x(s) einer glatten Kurve aufgespannt wird, heißt Schmiegebene der Kurve im Punkt x(s). Die Ebene, die vom Normalenvektor n und dem Binormalenvektor b aufgespannt wird, heißt Normalebene. Die Ebene, die vom Tangentenvektor t und dem Binormalenvektor b aufgespannt wird, heißt rektifizierende Ebene. F¨ ur die Punkte y der drei Ebenen gilt mit (λ, µ ∈ R): Normalebene: hy − x(s), t(s)i = 0 , y = x(s) + λn + µb , |y − x(s), n, b| = 0 . Schmiegebene: hy − x(s), b(s)i = 0, y = x(s) + λt + µn , |y − x(s), t, n| = 0. Rektifizierende Ebene: hy − x(s), n(s)i = 0, y = x(s) + λt + µb , |y − x(s), t, b| = 0. Dabei kann eine Ebene durch jeweils eine der drei Gleichungen beschrieben werden. Satz 6: Eine ebene Kurve liegt stets in ihrer Schmiegebene. Beweis: Die Kurve liege in einer Ebene durch den Punkt e und werde von den Vektoren c und d aufgespannt. Die Kurve l¨asst sich dann in der Form x(s) = α(s)c + β(s)d + e schreiben. Wir erhalten t = x 0 (s) = α 0 (s)c + β 0 (s)d κn = x 00 (s) = α 00 (s)c + β 00 (s)d
Hieraus folgt f¨ ur den Binormalenvektor b: κb = κ(t × n) = (α 0 β 00 − α 00 β 0 )(c × d) Somit ist b konstant und orthogonal zu der durch c und d aufgespannten Ebene. 2
10
Beispiel 10: Wir berechnen die Schmiegebene der Schraubenlinie mit der Darstellung a cos τ x(τ ) = a sin τ bτ f¨ ur a > 0, b 6= 0 und τ ∈ R. Es folgt
−a sin τ x 0 = a cos τ , b √ √ Wegen |x 0 | = a2 + b2 k¨onnen wir mit τ = s/ a2 + b2 die Bogenl¨ange Parameter einf¨ uhren. Es folgt −a sin τ 1 a cos τ , t = √ a2 + b 2 b cos τ dt 1 a dt sin τ , = = −√ k = 0 ds dτ |x | a2 + b 2 0
(7)
s als
(8)
(9)
Schließlich folgt
− cos τ k n= = − sin τ . |k| 0
(10)
Die Gleichung der Schmiegebene bei festem τ lautet |y − x(s), t, n| = 0. Also gilt: y1 − a cos τ y2 − a sin τ y3 − bτ −a sin τ = 0. a cos τ b − cos τ − sin τ 0 Multipliziert man die letzte Zeile mit a und subtrahiert sie von der ersten, erh¨alt man y y y − bτ 1 2 3 −a sin τ a cos τ = 0. b − cos τ − sin τ 0 Satz 7: Der Binormalenvektor b(s) ist entlang einer Kurve genau dann konstant, wenn eine ebene Kurve vorliegt. Beweis: 1. Sei x eine ebene Kurve. Laut Satz 6 ist b der Normalenvektor der Ebene, in der die Kurve liegt. 2. Es sei b = const. Dann liegen t und n stets in ein und derselben Ebene, in der auch die Kurve liegt. Insbesondere folgt hb, x 0 i = 0. 11
Hieraus folgt hb, xi = 0 und wir sehen, dass die Kurve in einer Ebene liegt, die orthogonal zum Binormalenvektor b ist. 2
1.5
Frenetsche Formeln
Sei x(s) Kurve in nat¨ urlicher Darstellung und x00 (s) 6= 0. Dann gilt: t = x 0 (s), κn = x 00 (s), b = t × n. F¨ ur einen Moment setzen wir v1 = t, v2 = n, v3 = b und machen den Ansatz vi0
=
3 X
aik vk ,
i = 1, 2, 3
k=1
Durch skalare Multiplikation mit vk folgt wegen der Orthogonalit¨at der drei Vektoren hvi0 , vk i = aik Die Orthogonalit¨atsbedingung hvi , vk i = 0
liefert:
hvi0 , vk i + hvi , vk0 i = 0 . Hieraus folgt: aik = −aki . Insgesamt gibt es somit drei unbekannte Koeffizienten a12 , a13 , a23 . Mit der Beziehung t0 = κ · n folgt v10 = κ · v2 und wir erhalten a12 = −a21 = κ, a13 = −a31 = 0. Somit sind alle Koeffizienten mit Ausnahme von a23 = −a32 bestimmt. Definition: Die Gr¨oße w = hv20 , v3 i = hn 0 , bi heißt Torsion oder Windung der Kurve. Auf diese Weise erhalten wir den Zusammenhang zwischen den Gr¨oßen t = v1 , n = v2 , b = v3 und ihren Ableitungen nach der Bogenl¨ange s. 12
Formeln von Frenet t0 = κn , 0 n = −κt +wb , 0 b = −wn . Satz 8: Eine Kurve ist genau dann eben, wenn f¨ ur alle s gilt: w(s) = 0 Beweis: Mit Hilfe der dritten Frenetschen Formel folgt, dass w(s) = 0 genau dann gilt, wenn b = const gilt. Mit Hilfe von Satz 7 folgt nun die Behauptung. 2 Berechnung der Torsion 1. F¨ ur eine Kurve in nat¨ urlicher Darstellung folgt x0 x00 x000 x0 × x00 h(x0 × x00 ), x000 i
= = = = =
t, t0 = κn , κ0 n + κn 0 = κ0 n + κ(−κt + wb) , κb , κ2 w = |x00 |2 w .
Hieraus folgt f¨ ur die Torsion: w=
|x0 , x00 , x000 | . |x00 |2
(11)
2. F¨ ur eine Kurve in allgemeiner Darstellung x(τ ) f¨ uhren wir τ = τ (s) als Funktion der Bogenl¨ange und setzen: x ¯(s) = x(τ (s)) Zur Anwendung von Gleichung (11) auf x ¯ bilden wir x ¯0 (s) x ¯00 (s) x ¯000 (s) |¯ x0 , x ¯00 , x ¯000 |
= = = =
x0 τ 0 , x00 τ 02 + x0 τ 00 , x000 τ 03 + 3τ 0 τ 00 x00 + x0 τ 000 , τ 06 |x0 , x00 , x000 |.
Mit Hilfe von Satz 4 folgt unter Ber¨ ucksichtigung von τ 0 |x0 | = 1 w=
|¯ x0 , x ¯00 , x ¯000 | |x0 , x00 , x000 | 06 |x0 , x00 , x000 | = τ = 0 κ2 κ2 |x × x00 |2
Satz 9: Es sei x(τ ) die Darstellung einer dreimal stetig differenzierbaren Kurve und x00 (τ ) 6= 0. Dann gilt: w=
|x0 , x00 , x000 | |x0 × x00 |2 13
(12)
1.6
Geometrische Deutung von Kru ¨ mmung und Torsion
Mit Hilfe des Satzes von Taylor folgt: x(s) = x(0) + sx0 (0) +
s2 00 s3 x (0) + x000 (0) + O(s4 ) . 2 6
Mit den Beziehungen f¨ ur die Ableitung des Ortsvektors und den Frenetschen Formeln folgt: x0 = t , x00 = κn , x000 = κ0 n + κn 0 = κ0 n + κ(−κt + wb) . Hieraus erhalten wir x(s) = (s −
s2 κ0 s3 κw 3 κ2 3 s )t + ( κ + )n + s b + O(s4 ) . 6 2 6 6
F¨ uhren wir ein neues Koordinatensystem ein durch x(s) = ξ1 t + ξ2 n + ξ3 b, so folgt die kanonische Darstellung der Kurve: κ2 2 s ), 6 κ κ0 s = s2 ( + ), 2 6 κw = s3 . 6
ξ1 = s(1 − ξ2 ξ3
1. N¨aherung : Kurve l¨auft in Richtung der Tangente 2. N¨aherung : Kurve verl¨auft in der Ebene von Tangente und Normale (Schmiegebene) Wir sehen, dass die Kr¨ ummung κ die Abweichung von der Tangente bestimmt. Duch die Torsion w wird der Abstand von der Schmiegebene beschrieben. F¨ ur den Kurvenverlauf erhalten wir als Grobdarstellung: ξ1 = s, κ 2 ξ2 = s, 2 κw 3 ξ3 = s. 6
14
2 2.1
Fl¨ achentheorie Fl¨ achen im R3
Definition: Sei G ein Gebiet im R2 , d. h. eine offene und zusammenh¨angende Menge. Eine Abbildung X : G → R3
x1 (u1 , u2 ) (u1 , u2 ) → 7 X(u1 , u2 ) = x2 (u1 , u2 ) x3 (u1 , u2 ) heißt Parameterdarstellung einer Fl¨ache der Klasse C k , falls die Komponentenfunktionen x1 (u1 , u2 ), x2 (u1 , u2 ), x3 (u1 , u2 ) k-mal stetig differenzierbar sind und gilt: ∂X ∂X × 2 6= 0. (1) 1 ∂u ∂u Definition: Die Kurven u1 7→ X(u1 , u2 ) heißen u1 -Linien, die Kurven u2 7→ X(u1 , u2 ) heißen u2 -Linien. Die Ableitungsvektoren X1 := Xu1 =
∂X ∂X und X2 := Xu2 = 1 ∂u ∂u2
heißen Tangentialvektoren. Beispiel 1: Eine Kugelfl¨ache kann durch die Parameterdarstellung x1 = r cos u1 cos u2 , x2 = r sin u1 cos u2 , x3 = r sin u2 . beschrieben werden. Die u1 -Linien mit u2 = const. werden hier als Breitenkreise bezeichnet. Die u2 -Linien mit u1 = const. heißen Meridiane. Es gilt x21 + x22 + x23 = r2 Beispiel 2: Eine Ebene in Parameterdarstellung ist gegeben durch X = u1 a + u2 b + c Die Bedingung (1) ist genau dann erf¨ ullt, wenn a × b 6= 0 gilt. Beispiel 3: Ein Drehkegel ist gegeben durch X(u1 , u2 ) = (u1 cos u2 , u1 sin u2 , au1 ) Die u1 -Linien u2 = const sind Geraden durch den Nullpunkt, w¨ahrend die u2 -Linien Kreise parallel zur x1 , x2 -Ebene bilden.
15
Im Folgenden verwenden wir die Kuzschreibweise X1 := Xu1 =
∂X ∂X 2 = und X := X 2 u ∂u1 ∂u2
Diese Vektoren spannen die Tangentialebene auf: y(q 1 , q 2 ) = X + q 1 Xu1 + q 2 Xu2 Eine Kurve in der Fl¨ache k¨onnen wir durch ihre Koordinaten beschreiben: u1 = u1 (t), u2 = u2 (t) Die Parameterdarstellung der Kurve im R3 lautet dann: x(t) = X(u1 (t), u2 (t)) Die Tangente an die Kurve ist gegeben durch: ¯0 = x
∂X du1 ∂X du2 + 2 ∂u1 dt ∂u dt
Der Tangentenvektor ist Linearkombination der Tangentialvektoren X1 und X2 , d. h. er liegt in der Tangentialebene. Definition: Der Normalenvektor ist definiert durch N=
Xu1 × Xu2 . |Xu1 × Xu2 |
Beispiel 4: Die Kugelfl¨ache
r cos u1 cos u2 X = r sin u1 cos u2 r sin u2 hat die Tangentialvektoren
−r sin u1 cos u2 X1 = r cos u1 cos u2 0 und
−r cos u1 sin u2 X2 = −r sin u1 sin u2 r cos u2
F¨ ur die Richtung des Normalenvektors ergibt sich cos u1 cos u1 cos u2 = r2 cos u2 sin u1 sin u1 cos u2 X1 ×X2 = r2 sin u2 sin2 u1 cos u2 sin u2 + cos2 u1 cos u2 sin u2 Definition: Die Vektoren X1 , X2 , N . werden Dreibein der Fl¨ache genannt. 16
Es gelten die Beziehungen hX1 , Ni = hX2 , Ni = 0 . w¨ahrend im Allgemeinen hX1 , X2 i = 6 0 gilt. Definition: ui = ui (¯ u1 , u¯2 ), i = 1, 2 heißt eine zul¨assige Parametertransformation, falls die Fumktionen ui mit ihren zugeh¨origen Umkehrfunktionen k-mal stetig differenzierbar sind und gilt: ∂u1 ∂u1 ∂(ui ) ∂ u¯1 ∂ u¯2 = 6= 0. ∂(¯ ur ) ∂u2 ∂u2 1 2 ∂ u¯ ∂ u¯ In den neuen Koordinaten lautet die Fl¨ache X = X(u1 (¯ u1 , u¯2 ); u2 (¯ u1 , u¯2 )). Daraus folgt Xr =
∂X ∂ui = X i ∂ u¯r ∂ u¯r
Summationskonvention: Tritt ein Index auf (einmal als oberer und einmal als unterer), so wird u ¨ber diesen Index summiert. X1 × X2 = Xi
∂ui ∂uj ∂(ui ) × X = X × X j 1 2 ∂ u¯1 ∂ u¯2 ∂(¯ uk )
i
∂(u ) Dabei bezeichnet ∂(¯ die Funktionaldeterminante. uk ) Der Normalenvektor ist invariant (bis auf das Vorzeichen) gegen¨ uber Parametertransformationen.
2.2
Die erste Fundamentalform
Wir betrachten die Fl¨ache X = X(u1 , u2 ) mit dem Differential dX := Xi dui = X1 du1 + X2 du2 und eine Fl¨achenkurve x(t) = X(u1 (t), u2 (t)) x0 (t) = Xi ui0 2
hx0 , x0 i = hX1 , X1 i(u10 )2 + 2hX1 , X2 iu10 u20 + hX2 , X2 i(u20 ) . Somit erhalten wir f¨ ur das Bogenelement X hXi , Xk iui0 uk0 dt2 . ds2 = |x0 |2 dt2 = i,k
17
und die Bogenl¨ange ergibt sich zu Zt s(t) =
|x0 (τ )|dτ .
t0
Die Gleichung dui = ui0 dt liefert ds2 = gik dui duk , wobei wir die Gr¨oßen gik = hXi , Xk i eingef¨ uhrt haben. Definition: Die quadratische Form ds2 = gik dui duk heißt erste Grundform, erste Fundamentalform oder metrische Grundform der Fl¨achentheorie. ds2 = hdX, dXi ≥ 0 Es gilt sogar das >-Zeichen, da |dX| = 6 0, sonst w¨aren X1 und X2 linear abh¨angig (was wir bei der Fl¨achendefinition ausgeschlossen hatten). Die Kenntnis der gik erlaubt nicht nur L¨angenmessung, sondern auch Messung von Winkeln und Fl¨achen. Wir stellen uns vor, dass wir die Fl¨achenkoordinaten um du1 bzw. du2 ¨andern. Der Fl¨achenpunkt ¨andert sich ¨ dann um X1 du1 bzw. um X2 du2 . Die beiden Anderungsvektoren spannen ein Parallelogramm auf. Wegen g := = = =
det(gik ) 2 g11 g22 − g12 |X1 |2 |X2 |2 − hX1 , X2 i2 hX1 × X2 , X1 × X2 i > 0
k¨onnen wir den Fl¨acheninhalt auch mit Hilfe der Determinante g der ersten Fundamentalform ausdr¨ ucken. Definition: Der Ausdruck dF = |X1 × X2 |du1 du2 =
√
g du1 du2
wird Fl¨achenelement genannt. Das Fl¨achenelement liefert den Fl¨acheninhalt des Parallelogramms, das von ¨ den beiden Anderungsvektoren aufgespannt wird. Der Fl¨acheninhalt einer Fl¨ache ergibt sich zu Z Z √ F = g du1 du2 G
18
Wir betrachten nun zwei Fl¨achenkurven ui = f i (t) , ui = hi (t) die dann als Raumkurven die Darstellung xf (t) = X(f 1 (t), f 2 (t)) xh (t) = X(h1 (t), h2 (t)) besitzen. Der Winkel γ zwischen beiden Kurven ist gleich dem Winkel zwischen den Tangentenvektoren. Auf diese Weise erhalten wir hx0f , x0h i hXi f i0 , Xk hk0 i p = |x0h | · |x0h | Xi Xk f i0 f k0 Xl Xm hl0 hm0 gik f i0 hk0 = p gik f i0 f k0 glm hl0 hm0
cos γ =
Invarianz bei Parametertransformationen F¨ uhren Fl¨achenkoordinaten u ¨ber die Transformation
wir
neue
ui = ui (¯ u1 , u¯2 ) ein, so erhalten wir als Koeffizienten der ersten Grundform g¯ik = hXi , Xk i ∂ul ∂um = hXl i , Xm k i ∂ u¯ ∂ u¯ ∂ul ∂um = hXl , Xm i i k ∂ u¯ ∂ u¯ l ∂u ∂um = glm i k ∂ u¯ ∂ u¯ Um die erste Fundamentalform wieder mit Hilfe von dui auszudr¨ ucken, berechnen wir d¯ u
i
d¯ uk
∂ u¯i j = du , ∂uj ∂ u¯k n = du ∂un
und erhalten ∂ul ∂um ∂ u¯i ∂ u¯k j n du du ∂ u¯i ∂ u¯k ∂uj ∂un = glm δjl δnm duj dun
g¯ik d¯ ui d¯ uk = glm
= gjn duj dun Es folgt, dass die erste Grundform invariant gegen¨ uber Parametertransformationen ist. 19
2.3 2.3.1
Regelfl¨ achen und Torsen Regelfl¨ achen
Regelfl¨achen sind Fl¨achen, die durch Bewegung einer Geraden entstehen. Definition: Sind u1 7→ y(u1 ) eine Kurve und z(u1 ) Vektoren im R3 mit y0 × z 6= 0,
(2)
dann heißt die Fl¨ache X(u1 , u2 ) = y(u1 ) + u2 z(u1 ) Regefl¨ache. In jedem Punkt der Kurve y(u1 ) ist eine erzeugende Gerade u2 7→ y(u1 ) + u2 z(u1 ) angeheftet. Die Tangentenvektoren Xu1 = y0 (u1 ) + u2 z0 (u1 ) und Xu2 = z(u1 ) haben das Kreuzprodukt Xu1 × Xu2 = y0 × z + u2 z0 × z, das heißt f¨ ur betragskleine u2 ist wegen (2) die Regularit¨atsbedingung f¨ ur Fl¨achen erf¨ ullt. erf¨ ullt. Beispiel 5: (Kegel) Alle Erzeugenden eines allgemeinen Kegels gehen durch einen Punkt X(u1 , u2 ) = u2 z(u1 ) + y0 , wobei die Kegelspitze durch den Punkt y0 gebildet wird. Beispiel 6: (Allgemeiner Zylinder) Alle Erzeugenden sind bei einem allgemeinen Zylinder parallel und gehen durch eine Kurve y(u1 ). Die Gleichung lautet X(u1 , u2 ) = y(u1 ) + u2 z Beispiel 7: (Tangentenfl¨ache) Die Erzeugenden bestehen aus den Tangenten einer festen Raumkurve. X(u1 , u2 ) = y(u1 ) + u2 y0 (u1 ) u1 sei Bogenl¨ange, b der Binormalenvektor Xu1 × Xu2 = (y0 + u2 y00 ) × y0 = −u2 κb Fl¨ache ist l¨angs der Kurve singul¨ar. Man spricht daher von einer Gratlinie. Normalenvektor N(u1 , u2 ) = ±b(u1 ) 20
2.3.2
Torsen
Definition: Eine Regelfl¨ache heißt Torse, wenn alle Punkte einer Erzeugenden die gleiche Tangentialebene haben. Beispiel 8: Tangentenfl¨achen sind Torsen (der Normalenvektor h¨angt nicht von u2 ab). Beispiel 9: Bei einer Zylinderfl¨ache X(u1 , u2 ) = y(u1 ) + u2 z ist der Normalenvektor durch die Gleichung Xu1 × Xu2 = y0 (u1 ) × z gegeben. Auch hier h¨angt der Normalenvektor nicht von u2 ab, also sind Zylinderfl¨achen ebenfalls Torsen. Beispiel 10: Bei Kegelfl¨achen X(u1 , u2 ) = y0 + u2 z(u1 ) h¨angt die Richtung des Normalenvektors Xu1 × Xu2 = u2 z0 × z nur von u1 ab, also sind Kegelfl¨achen Torsen. Satz 1: Eine Regelfl¨ache X(u1 , u2 ) = y(u1 ) + u2 z(u1 ) ist genau dann Torse, wenn |y0 , z, z0 | = 0
(3)
gilt, d. h. y0 , z, z0 linear abh¨angig sind. Beweis: Die Tangentialebene im Punkt mit den Fl¨achenkoordinaten u1 , u2 wird von den Vektoren Xu1 = y0 (u1 ) + u2 z0 (u1 ) und Xu2 = z(u1 ) aufgespannt. Damit die Tangentialebene im Punkt (u1 , 0) gleich der im Punkt (u1 , u2 ) ist, muss z0 eine Linearkombination von y0 und z sein, d. h. die drei Vektoren y0 , z und z0 m¨ ussen linear abh¨angig sein. Umgekehrt folgt aus der linearen Abh¨angigkeit, dass f¨ ur festes u1 alle Tangentialebenen gleich sind. 2 Bemerkung: 1. Man kann zeigen: Torsen sind entweder Kegel-, Zylinder- oder Tangentenfl¨achen. 2. Es gibt Regelfl¨achen, die keine Torsen sind, wie das einschalige Hyperboloid oder die Wendelfl¨ache. 21
2.4
Zweite Fundamentalform
Wir m¨ochten nun das Verhalten einer Fl¨ache in der Umgebung eines Fl¨achenpunktes untersuchen. Insbesondere sind wir daran interessiert, wie die Fl¨ache von ihrer Tangentialebene abweicht. Mit der Taylorentwicklung erhalten wir unter Beachtung der Summationskonvention 1 X(u1 + du1 , u2 + du2 ) = X(u1 , u2 ) + Xi dui + Xik dui duk + O(|du|3 ) 2 Dabei haben wir
∂2X ∂ui ∂uk gesetzt. Die beiden ersten Terme auf der rechten Seite der Taylorentwicklung spiegeln das Verhalten der Tangentialebene wieder, w¨ahrend der quadratische Term die Abweichung von der Tangentialebene zeigt. Wir definieren Lik := hN, Xik i Xik =
Definition: Die Lik heißen die zweiten Fundamentalgr¨oßen, die quadratische Form II := Lik dui duk heißt zweite Fundamentalform. Aus den Betrachtungen folgt, dass abgesehen von Termen h¨oherer als zweiter Ordnung und einem Faktor 1/2 durch die zweite Fundamentalform die Abweichung einer Fl¨ache von der Tangentialebene beschrieben wird. Denn Multiplikation der Taylorentwicklung mit N liefert (N ist orthogonal zu Xi ) 1 II = hX(u1 + du1 , u2 + du2 ) − X(u1 , u2 ), N i + O(|du|3 ). 2 Bemerkung: Die zweite Fundamentalform ist invariant gegen¨ uber orientierungserhaltenden Parametertransformationen. Definition: Wir definieren L := L11 L22 − L212 . Falls L < 0 im Punkt X(u1 , u2 ), heißt die Fl¨ache hyperbolisch gekr¨ ummt in 1 2 1 2 X(u , u ). Dann heißt X(u , u ) ein hyperbolischer Fl¨achenpunkt. Falls L = 0, heißt die Fl¨ache parabolisch gekr¨ ummt in X(u1 , u2 ). Falls L > 0, heißt die Fl¨ache elliptisch gekr¨ ummt in X(u1 , u2 ). Beispiel 11: Kreiszylinder: cos u1 X(u1 , u2 ) = sin u1 , u2
0 ≤ u1 ≤ 2π,
22
−∞ < u2 < ∞.
Es folgt
− sin u1 X1 = cos u1 , 0 − cos u1 X11 = − sin u1 , 0
0 X2 = 0 , 1 0 0 , X12 = 0
L11 = X11 N = −1,
L12 = 0,
cos u1 N = sin u1 , 0 0 0 . X22 = 0 L22 = 0.
Also gilt L = 0, die Fl¨ache besteht nur aus parabolischen Punkten. Die zweite Fundamentalform lautet II = −(du1 )2 = 0.
2.5 2.5.1
Normalkru ¨ mmung, Hauptkru ¨ mmungen Normalkru ¨ mmung
Im Folgenden geht es um die Kr¨ ummung von Kurven auf Fl¨achen. Sei x(τ ) = 1 2 X(u (τ ), u (τ )) eine Fl¨achenkurve mit Kr¨ ummungsvektor k. Dann heißt κn := hk, Ni die Normalkr¨ ummung der Kurve, wobei N der Normalenvektor der Fl¨ache ist. Bemerkung κn h¨angt nicht von der Orientierung der Kurve ab, weil k unabh¨angig davon ist. Aber κn h¨angt von der Orientierung von N ab. Satz 1: Es gilt L11 du1 du1 + 2L12 du1 du2 + L22 du2 du2 II = . κn = hk, Ni = I g11 du1 dul + 2g12 du1 du2 + g22 du2 du2 Beweis: Es gilt 2 d2 d 1 2 = hk, Ni = x(τ ), N = X(u (τ ), u (τ )), N ds2 ds2 ds dui Xik dui duk d2 ui = Xi ,N = , N + hX , Ni i ds ds (ds)2 ds2 II Lij dui duj = = . I gkl duk dul
κn
2 Bemerkung: 1. κn ist invariant gegen¨ uber orientierungserhaltenden Parametertransformationen, weil I und II das sind.
23
2. Sei du1 6= 0, dann liefert k¨ urzen durch (du1 )2 2
κn =
2
du du 2 L11 + 2L12 du 1 + L22 ( du1 ) 2
2
g11 + 2g12 du + g22 ( du )2 du1 du1 2
. 2
du du Also h¨angt κn nur von u1 , u2 und du 1 ab. Nun ist hier du1 die Richtung des Tangentenvektors der Kurve. Also gilt folgender Satz:
Satz 2:(Meusnier) Alle Kurven auf einer Fl¨ache, die in einem Punkt dieselbe Tangente haben, besitzen dort dieselbe Normalkr¨ ummung. Bemerkung: Es gilt k = κn, wobei κ die Kr¨ ummung der Kurve und n der Hauptnormalenvektor sind. Wegen |n| = |N| = 1 folgt κn = hκn, Ni = κ cos α , wobei α der Winkel zwischen n und N ist. Das liefert κn κ= . cos α Also h¨angt die Kr¨ ummung der Fl¨achenkurve im betrachteten Punkt nur ab von du2 i) der Richtung des Tangetenvektors, also von du 1; ii) vom Winkel α (= Winkel zwischen n und N). Deshalb folgt: Alle Fl¨achenkurven durch X(u10 , u20 ) mit der gleichen Schmiegebene (aufgespannt von t und n) haben in X(u10 , u20 ) dieselbe Kr¨ ummung κ. Beispiel 12: Auf dem Kreiszylinder cos u1 X(u1 , u2 ) = sin u1 , 0 ≤ u1 ≤ 2π, u2
−∞ < u2 < ∞
sei durch u2 = 3u1 eine Fl¨achenkurve festgelegt. Wir besimmen κn : 2
κn =
2
+ L22 ( du )2 L11 + 2L12 du du1 du1 2
2
g11 + 2g12 du + g22 ( du )2 du1 du1
.
2
du Wegen u2 = 3u1 folgt du 1 = 3. Ferner ist g11 = g22 = 1, L11 = −1 und g12 = L12 = L22 = 0. Also gilt κn = −1 . 10
2.5.2
Hauptkru ¨ mmungen, Kru ¨ mmungslinien 2
Die Normalkr¨ ummung κn h¨angt ab von u1 , u2 und du (du1 6= 0). Sei ein du1 Punkt auf der Fl¨ache gew¨ahlt. Dann h¨angt κn nur noch von der Richtung 2 λ := du ab: du1 L11 + 2L12 λ + L22 λ2 κn = κn (λ) = . g11 + 2g12 λ + g22 λ2 Entweder ist κn konstant, oder κn hat ein Maximun und ein Mininmum. 24
Definition: Sei in einem Fl¨achenpunkt X(u10 , u20 ) die Normalkr¨ ummung rich1 2 tungsunabh¨angig. Dann heißt X(u0 , u0 ) ein Nabelpunkt. Beispiele: Die Ebene und die Sph¨are bestehen nur aus Nabelpunkten. Bei einem Rotationsparaboloid ist der Pol ein Nabelpunkt. Satz 3: Sei X(u1 , u2 ) fest gew¨ahlt und kein Nabelpunkt. Dann gibt es genau eine Richtung in der Tangentialebene, so dass κn maximal wird, sowie genau eine Richtung, so dass κn minimal wird. Definition: Seien u1 , u2 fest gew¨ahlt und λ eine beliebige Richtung in der Tangentialebene. Dann heißen κ1 := max κn (λ) und κ2 := min κn (λ) λ
λ
die Hauptkr¨ ummungen der Fl¨ache im Punkt X(u1 , u2 ). Die zugeh¨origen Richtungen λ1 , λ2 heißen Hauptkr¨ ummungsrichtungen in X(u1 , u2 ). Bemerkung: 1. Falls X(u1 , u2 ) kein Nabelpunkt ist, sind die Hauptkr¨ ummungsrichtungen orthogonal (Beweis Satz 4 unten). 2. Falls X(u1 , u2 ) ein Nabelpunkt ist, gilt κ1 = κ2 . Dann ist jede Richtung eine Hauptkr¨ ummungsrichtung. Definition: Eine Fl¨achenkurve, bei der in jedem ihrer Punkte die Richtung der Tangente eine Hauptkr¨ ummungsrichtung ist, heißt Kr¨ ummungslinie. Differentialgleichung der Kru ¨ mmungslinien: Wir bestimmen die ExL11 +2L12 λ+L22 λ2 trema von κn (λ) = g11 +2g12 λ+g22 λ2 . Es gilt κ0n (λ) =
1 (g11 + 2g12 λ + g22 λ2 )(2L12 + 2λL22 ) µ2 1 − 2 (L11 + 2L12 λ + L22 λ2 )(2g12 + 2λg22 ) µ
mit µ = g11 + 2g12 λ + g22 λ2 . Wegen µ 6= 0 ist κ0n (λ) = 0, falls pλ2 + qλ + r = 0 mit p = (g12 L22 − g22 L12 ) ,
q = (g11 L22 − g22 L11 ) ,
r = (g11 L12 − g12 L11 ) .
Wir setzen in der Gleichung pλ2 + qλ + r = 0 du2 du1
f¨ ur λ ein und multiplizieren mit (du1 )2 . Es folgt
(g12 L22 −g22 L12 )(du2 )2 +(g11 L22 −g22 L11 )du1 du2 +(g11 L12 −g12 L11 )(du1 )2 = 0. 25
Dies ist die Differentialgleichung der Kr¨ ummunglinien. Sie l¨aßt sich schreiben als (du2 )2 −du1 du2 (du1 )2 g11 g12 g22 = 0 . L11 L12 L22 2
2
u Falls keine Nabelpunkte vorliegen, gibt es genau zwei L¨osungen du und d˜ . du1 d˜ u1 Durch jeden Punkt der Fl¨ache gehen dann genau zwei Kr¨ ummunglinien.
Beispiel 13: Die Fl¨ache
ρ cos φ X(ρ, φ) = ρ sin φ f (ρ)
mit ρ > 0 ,
0 ≤ φ ≤ 2π
ist eine Rotationsf¨ache. Berechnung der Kr¨ ummungslinien: cos φ −sinφ −f 0 cos φ ρ X1 = sin φ , X2 = ρ cos φ , N = √ −f 0 sin φ , g f0 0 1 g = 1 + (f 0 )2 , X11
0 = 0 , f 00
X12
− sin φ = cos φ , 0
X22
cos φ = −ρ sin φ . 0
Es gilt g12 = 0 und L12 = 0. Also lautet die Differentialgleichung der Kr¨ ummunglinien (g11 L22 − g22 L11 )dρ dφ = 0
(4)
Die Klammer ist nie null, falls kein Nabelpunkt vorliegt, denn die Klammer L11 −g11 ist die Determinante von und das Gleichungssystem L22 −g22 L11 −g11 x =0 L22 −g22 y hat genau dann eine nichttriviale L¨osung, falls gilt: y y L11 = g11 und L22 = g22 . x x Wegen L12 = 0 = g12 bedeutet dies: Im betrachteten Punkt gilt f¨ ur alle Richtungen II = c I mit der Konstanten c = xy . Dies gilt nur in Nabelpunkten. Falls kein Nabelpunkt vorliegt, folgt aus (4) dρ = 0
oder
dφ = 0.
Die Kr¨ ummunglinien sind also die Linien ρ = const und die Linien φ = const. Die Linien φ = const heißen Meridiane, die Linien ρ = const heißen Breitenkreise. Also sind bei einer Rotationsfl¨ache die Meridiane und Breitenkreise die Kr¨ ummunglinien. 26
Satz 4: Sei X(u1 , u2 ) kein Nabelpunkt. Dann sind die beiden Kr¨ ummungs1 2 linien, die durch den Punkt X(u , u ) gehen, orthogonal. Beweis: Die Kr¨ ummungslinien seinen die Parameterlinien der Fl¨ache. Also 1 ist die Linie u = c Kr¨ ummunglinie. Aus u1 = c folgt du1 = 0. Somit lautet die Dgl der Kr¨ ummungslinien (g12 L22 − g22 L12 )(du2 )2 = 0 . Wegen du2 6= 0 folgt L22 g12 − g22 L12 = 0 . Analog folgt f¨ ur die Linie u2 = c dann du2 = 0 und L11 g12 − g11 L12 = 0 . Diese beiden Gleichungen als Gleichungssystem geschrieben lauten L22 −g22 g12 = 0. L11 −g11 L12 Wegen Det 6= 0 (kein Nabelpunkt, siehe Bsp. zuvor) muss g12 = L12 = 0 gelten. Aus g12 = 0 folgt, dass die Parameterlinien orthogonal sind. Weil die Parameterlinien die Kr¨ ummungslinien sind, folgt die Behauptung. 2 Definition: Die Zahl K :=
L g
heißt Gaußsche Kr¨ ummung, die Zahl 1 (L11 g22 + L22 g11 − 2g12 L12 ) 2g
H := heißt mittlere Kr¨ ummung.
Bemerkung: Man kann zeigen: K = κ1 κ2 und H = 21 (κ1 + κ2 ). Bemerkung: Ein Fl¨achenpunkt ist ein • elliptischer Punkt, falls K > 0, • parabolischer Punkt, falls K = 0, • hyperbolischer Punkt, falls K < 0. Geometrische Deutung: F¨ uhren wir neue Koordinaten in Richtung der Hauptkr¨ ummungen ein, so l¨asst sich die Fl¨ache lokal durch 1 z = (κ1 (v 1 )2 + κ2 (v 2 )2 ) 2 beschreiben. Dabei bedeutet z den Abstand von der Tangentialebene. In einem elliptischen Punkt haben die Hauptkr¨ ummungen gleiches Vorzeichen und die zweite Fundamentalform ist positiv definit. In der Umgebung eines 27
solchen Punktes liegt die Fl¨ache auf einer Seite der Tangentialebene. Lokal sieht die Fl¨ache ¨ahnlich wie ein Paraboloid aus. F¨ ur parabolische Punkte ist eine Hauptk¨ ummumg gleich null und die Fl¨ache sieht ¨ahnlich wie eine Zylinderfl¨ache aus. F¨ ur hyperbolische Punkte haben die Hauptkr¨ ummungen unterschiedliches Vorzeichen und die Fl¨ache hat lokal die Form eines Hyperboloids. Satz 5: Eine Regelfl¨ache ist genau dann Torse, wenn in allen Fl¨achenpunkten f¨ ur die Gauß’sche Kr¨ ummung K = 0 gilt. Beweis: Sei y(s) eine regul¨are Kurve, |y0 | = |z| = 1 und F(s, λ) = y(s) + λ z(s). Wir finden X1 = t + λz0 ,
X2 = z ,
X11 = t0 + λz00 ,
X1 × X2 = t × z + λz0 × z , X12 = z0 ,
X22 = 0 .
Daraus folgt L22 = 0, also L = −L212 ≤ 0 . Ferner gilt 1 1 L12 = X12 √ (X1 × X2 ) = √ ([z0 , t, z] + λ [z0 , z0 , z]) . | {z } g g =0
Also ist K=
−L212 L = g g
genau dann null, wenn L12 null ist, also [z0 , t, z] null ist. Genau dann ist F eine Torse. 2
2.6
Christoffelsymbole
Zerlegt man die zweiten Ableitungen Xik der Fl¨achenvektoren in einen tangentialen und einen normalen Anteil, erh¨alt man die Ableitungsgleichung von Gauß: Xik = Γrik Xr + Lik N. Die Koeffizienten Γrik (1 ≤ i, k, r ≤ 2) heißen Christoffelsymbole zweiter Art. Um diese Gr¨oßen zu berechnen, multiplizieren wir die Ableitungsgleichung mit Xl und erhalten hXik , Xl i = Γrik hXr , Xl i = Γrik grl := Γik|l Definition: Die Gr¨oßen Γik|l = Γrik grl heißen Christoffelsymbole 1.Art. 28
Die Christoffelsymbole (erster und zweiter Art) sind wegen Xik = Xki symmetrisch in den beiden ersten unteren Indizes. Aus gik = hXi , Xk i folgt durch Differenzieren: ∂gik = hXil , Xk i + hXi , Xkl i = Γil|k + Γkl|i . ∂ul Durch Vertauschen der Indizes folgen die Gleichungen ∂gik = Γil|k + Γkl|i ∂ul ∂glk = Γli|k + Γki|l ∂ui ∂gil = Γik|l + Γlk|i ∂uk Wegen der Symmetrie folgt Γik|l
1 = 2
∂gil ∂gik ∂glk − + ∂uk ∂ul ∂ui
Mit g ik bezeichnen wir die inverse Matrix zu gik . Es gilt: 11 12 1 g g g22 −g12 = g 21 g 22 g −g12 g11 Es folgt g lr Γjk|l = g lr Γijk gil = Γijk δir = Γrjk und damit ergibt sich Γrik
g lr = 2
∂gil ∂gik ∂glk − + ∂uk ∂ul ∂ui
Die Gr¨oßen auf der rechten Seite h¨angen nur von den metrischen Gr¨oßen gik ab. Es zeigt sich, dass die Christoffelsymbole bereits bei Kenntnis der ersten Fundamentalform berechnet werden k¨onnen. Satz 1: Die Christoffelsymbole sind Gr¨oßen der inneren Geometrie, d. h. sie sind durch die gik und ihre Ableitungen bestimmt.
2.7
Geod¨ atische Kru ¨ mmung
Sei x(s) = X(u1 (s), u2 (s)) eine nach der Bogenl¨ange parametrisierte Fl¨achenkurve. Sei t der Tangentenvektor von x. Dann bilden die drei Vektoren t, N, (N × t) eine Orthonormalbasis. Der Kr¨ ummungsvektor k der Kurve l¨aßt sich bez¨ uglich dieser Basis darstellen: k = a1 t + a2 N + a3 (N × t) . Berechnung der Koeffizienten a1 , a2 , a3 : 29
i) Aus k⊥t folgt a1 = 0 . ii) Multiplizieren mit N liefert a2 = hk, Ni = κn
(=Normalkr¨ ummung).
iii) Multiplizieren mit N × t liefert a3 = hk, N × ti = [k, N, t] = hN, t × ki. Definition: Sei x(τ ) = X(u1 (τ ), u2 (τ )) eine Fl¨achenkurve mit Tangentenvektor t und Kr¨ ummungsvektor k. Die Zahl κg := hN, t × ki =
1 hN, x0 × x00 i |x0 |3
heißt geod¨atische Kr¨ ummung. Folgerung: i) Es gilt k = κn N + κg (N × t). ii) Sei κ die Kr¨ ummung der Fl¨achenkurve und α der Winkel zwischen N und k. Es gilt κn = κ cos α , κg = κ sin α κ2g + κ2n = κ2 . iii) κg ist invariant gegen¨ uber orientierungserhaltenden Parametertransformationen. Beispiel 14: Geod¨atische Kr¨ ummung der Kurve z = φ2 auf der Fl¨ache R cos φ X(φ, z) = R sin φ . z Wir berechnen κg = |x10 |3 hN, x0 × x00 i . Es gilt −R sin φ −R cos φ 2R cos φ + 2φR sin φ x0 = R cos φ , x00 = −R sin φ , x0 ×x00 = −2φR cos φ + 2R sin φ , 2φ 2 R2 cos φ p 2R N = sin φ , |x0 | = R2 + 4φ2 , κg = p 3 . R2 + 4φ2 0 Lemma 1: Sei x(τ ) = X(u1 (τ ), u2 (τ )) eine Fl¨achenkurve. Dann gilt √ κg = g{(Γ2ik u˙ i u˙ k + u¨2 )u˙ 1 − (Γ1ik u˙ i u˙ k + u¨1 )u˙ 2 } wobei u˙ i =
0
dui ds
die Ableitung nach der Bogenl¨ange ist; bzw. √ g 0 0 0 0 00 0 00 0 κg = 0 {(Γ2ik ui uk + u2 )u1 − (Γ1ik ui uk + u1 )u2 } , |x |
wobei ui =
dui dτ
die Ableitung nach τ ist. 30
(5)
Beweis: Berechnung von k: Es ist t=
d ∂X dui X(u1 (s), u2 (s)) = = Xi u˙ i ds ∂ui ds
(6)
und d d t = [Xi (u1 (s), u2 (s)) u˙ i (s)] , ds ds d j = [Xij u (s)] u˙ i (s) + Xi u¨i ds = Xij u˙ i u˙ j + Xi u¨i .
k =
Mit den Ableitungsgleichungen von Gauß Xij = Γkij Xk + Lij N folgt k = (Γkij Xk + Lij N)u˙ i u˙ j + Xk u¨k = Xk (Γkij u˙ i u˙ j + u¨k ) + NLij u˙ i u˙ j .
(7)
Berechnung von N × t: Es gilt (a × b) × c = −ha, b · ci + hb, c · ai f¨ ur beliebige Vektoren a, b, c, d ∈ R3 . Wir verwenden N = (6) und erhalten
√1 (X1 × X2 ) g
1 N × t = √ (X1 × X2 ) × Xm u˙ m g m u˙ = √ (X2 g1m − X1 g2m ) . g
und
(8) (9)
Mit (7) und (9) finden wir κg = hk, N × ti u˙ m = √ (Γkij u˙ i u˙ j + u¨k ){g2k g1m − g1k g2m } . g Ferner gilt {g2k g1m − g1k g2m } =
0 f¨ ur k = m −g f¨ ur k = 1, m = 2 . g f¨ ur k = 2, m = 1 2
Satz 1: Die geod¨atische Kr¨ ummung ist eine innergeometrische Gr¨oße.
31
2.8
Geod¨ atische Linien
Definition: Eine Fl¨achenkurve heißt geod¨atische Linie, falls κg = 0 gilt. Satz 1: Geod¨atische Linien sind durch das Differentialgleichungssystem ur00 + Γrjk uj 0 uk0 = 0, r = 1, 2
(10)
charakterisiert. Beweis: Setzen wir κg = 0 in Gleichung (5), so folgt die Behauptung.
2
Satz 2: Von jedem Punkt einer Fl¨ache geht in jeder Fl¨achenrichtung genau eine geod¨atische Linie aus. Beweis: O. B. d. A. k¨onnen wir u1 = u2 = 0 annehmen. Wir geben eine Fl¨achenrichtung durch v = v i Xi vor mit hv, vi = gik v i v k = 1 Nach dem Existenz- und Eindeutigkeitssatz f¨ ur gew¨ohnliche Differentialgleichungen ist das System von zwei Differentialgleichungen zweiter Ordnung bei diesen Anfangsbedingungen eindeutig l¨osbar. Wir behaupten, dass durch s die Bogenl¨ange gegeben ist. Um das zu zeigen, setzen wir f (s) = gik (u1 (s), u2 (s))ui0 uk0 Es gilt f (0) = 1. Durch Differentiation erhalten wir f 0 (s) =
∂gik j 0 i0 k0 u u u + gkr ur00 uk0 + gik ui00 uk0 ∂uj
Ber¨ ucksichtigen wir nun die Beziehung ∂gik = Γij|k + Γkj|i = gkr Γrij + gir Γrkj , j ∂u so erhalten wir nach Einsetzen und Umnummerierung der Indizes f 0 (s) = gkr Γrij ui0 uj 0 + ur00 uk0 + gir Γrkj uj 0 uk0 + ur00 ui0 = 0 Hieraus folgt f (s) = 1.
2
Beispiel 15: Wir bestimmen die geod¨atischen Linien in der Ebene 1 u 1 2 u2 . X(u , u ) = 0 F¨ ur die Tangentialvektoren erhalten wir 1 0 0 1 . X1 = , X2 = 0 0 32
Da alle gij konstant sind, folgt f¨ ur die Christoffelsymbole Γik|l = 0, also Γlik = 0 f¨ ur beliebige Indizes i, k, l. Die Differentialgleichung (10) der geod¨atischen Linien liefert u¨1 = 0, u¨2 = 0. Die L¨osungen sind u1 = a s + c und u2 = bs + d mit Konstanten a, b, c, d, wobei a2 + b2 = 1 gelten soll, damit die Parametrisierung nach der Bogenl¨ange erfolgt. Dies sind Geraden in der Ebene. Beispiel 16: Um die geod¨atischen Linien der Zylinderfl¨ache R cos φ X(φ, z) = R sin φ z zu berechnen, bilden wir die Tangentialvektoren −R sin φ 0 R cos φ 0 X1 = , X2 = 0 1 und bekommen
(gij ) =
R2 0 0 1
.
Weil alle gij konstant sind, sind die Christoffelsymbole null. Die Differentialgleichung der geod¨atischen Linien lautet wie im Fall der Ebene u¨1 = 0, u¨2 = 0. Die L¨osungen sind u1 = as + c und u2 = bs + d, wobei a2 + b2 = 1 gelten soll. Wir unterscheiden zwei F¨alle 1. Wenn a = 0 gilt, folgt φ = u1 = const. In diesem Fall erhalten wir Geraden die parallel zur Zylinderachse sind als L¨osungen. 2. Im Fall a 6= 0 folgt z = u2 = αu1 + β. Das sind die Kurven
R cos φ 0 X(u1 , u2 (u1 )) = X(u1 , αu1 + β) = R sin φ + 0 , αφ β also Schraubenlinien. 33
2.9
Geod¨ atische Linien als ku ¨ rzeste Verbindung
Gegeben seien zwei Punkte auf einer Fl¨achenkurve ui (t0 ): ui (t0 ) , ui (t1 ) Wir stellen die Frage, wann eine Fl¨achenkurve k¨ urzeste Verbindung zwischen den Punkten ist. Zur L¨osung des Problems betrachten wir die Variationsmethode. Sei v i (t) so gew¨ahlt, dass v i (t0 ) = ui (t1 ) = 0 gilt. Wir betrachten die Kurven ui (t) + v i (t) und nehmen an, dass t die Bogenl¨ange bei = 0 darstellt. Es gilt: ds2 = gik (u1 + u1 , u2 + u2 )(ui0 + ui0 )(uk0 + uk0 ) Wir setzen
Zt1 L() =
Zt1 ds =
t0
wdt , t0
wobei nach Vorraussetzung w = 1 bei = 0 gilt. Notwendige Bedingung f¨ ur 0 ein Minimum ist L (0) = 0. 0
Zt1
1 2w
L (0) =
∂gik i0 k0 j i0 k0 u u v + 2gik v u dt ∂uj
t0
Partielle Integration liefert 1 L0 (0) = 2
Zt1
∂gik i0 k0 d(gij ui0 ) u u − 2 ∂uj dt
v j dt
t0
Da die Funktionen v j beliebig gew¨ahlt werden k¨onnen, folgt: 1 ∂gik i0 k0 d(gij ui0 ) u u − =0 2 ∂uj dt oder
1 ∂gik i0 k0 ∂gij k0 i u u − k u u − grj ur00 = 0 . j 2 ∂u ∂u Durch Symmetrisierung des zweiten Terms folgt 1 ∂gik ∂gij ∂gkj − k − ui0 uk0 − grj ur00 = 0 2 ∂uj ∂u ∂ui und somit grj ur00 + Γik|j ui0 uk0 = 0 oder ul00 + Γlik ui0 uk0 = 0
34
2.10
Geod¨ atische Linien auf Rotationsfl¨ achen
Wir betrachten eine Rotationsf¨ache
f (z) cos φ X(z, φ) = f (z) sin φ z
Um die Christoffelsymbole zu berechnen, bilden wir die Tangentialvektoren 0 f (z) cos φ −f (z) sin φ X1 = f 0 (z) sin φ , X2 = f (z) cos φ 1 0 und bekommen f¨ ur die Koeffizienten der metrischen Fundamentalform 1 + f 0 (z)2 0 (gij ) = . 0 f (z)2 Zur Berechnung der Christoffelsymbole bilden wir 00 f (z) cos φ −f 0 (z) sin φ X11 (z, φ) = f 00 (z) sin φ , X12 (z, φ) = f 0 (z) cos φ , 0 0 −f (z) cos φ X22 (z, φ) = −f (z) sin φ . 0 Da die Tangentialvektoren zueinander orthogonal sind, erhalten wir f¨ ur die zum zweiten Vektor geh¨orenden Christoffelsymbole hX11 , X2 i = 0, hX1 , X1 i hX12 , X2 i = = f 0 (z)f (z), hX1 , X1 i hX22 , X2 i = =0 hX1 , X1 i
Γ211 = Γ212 Γ211
F¨ ur die Differentialgleichung der geod¨atischen Linie folgt d2 φ f 0 (z) dφ dz + 2 =0 dt2 f (z) dt dt Multiplikation mit f (z)2 liefert d d2 φ dφ dz 2 dφ f (z) = 2 + 2f 0 (z)f (z) =0 dt dt dt dt dt Es folgt, dass f (z)2
dφ = const. dt 35
Satz 1:(Clairaut) Der Kosinus des Winkels einer geod¨atischen Linie auf einer Rotationsfl¨ache mit einem Breitenkreis ist umgekehrt propotional zum Abstand r = f (z) des Punktes zur Rotationsachse. Beweis: F¨ ur den Winkel zwischen geod¨atischer Linie mit der Richtung 0 z φ0 folgt cos γ =
√
g22
dφ dφ = f (z) . dt dt 2
2.11
Ableitungsgleichungen von Weingarten, Theorema egregium von Gauß
¨ Ahnlich wie wir bei den Ableitungsgleichungen von Gauß die zweiten Ableitungen der Fl¨achenvektoren in einen tangentialen und normalen Anteil zerlegt haben, zerlegen wir nun die Ableitungen des Normalenvektors Ni Satz 1: (Ableitungsgleichung von Weingarten) Es gilt Ni = −Li k Xk , wobei Li k = Lij g jk gesetzt wird. Beweis:Wir machen den Ansatz Ni = bi k Xk + ci N Durch skalare Multiplikation mit N folgt wegen hN, Ni = 1 und hN, Ni i = 0 die Gleichung ci = 0. Skalare Muliplikation mit Xj liefert hNi , Xj i = −Lij = bi k gkj Hieraus folgt die Behauptung.
2
Differentiation der Ableitungsgleichung von Gauß liefert ∂Γrik ∂Lik Xr + Γlik Xlj + N + Lik Nj j ∂u ∂uj ∂Γrik ∂Lik = Xr + Γlik Γrlj Xr + Ljl N − Lik Lj r Xr + N j j ∂u ∂u r ∂Γik ∂Lik l r r = + Γ Γ − L L X + + Γlik Ljl N ik j r ik lj j j ∂u ∂u
Xikj =
36
Vertauschung von k und j liefert wegen Xikj = Xijk : r ∂Γij ∂Lij l r r l + Γij Γlk − Lij Lk Xr + + Γij Lkl N Xikj = ∂uk ∂uk Wegen der linearen Unabh¨angigkeit von X1 , X2 , N erhalten wir die Gleichungen von Mainardi-Codazzi ∂Lik ∂Lij − + Γlik Ljl − Γlij Lkl = 0 ∂uj ∂uk und die Gleichungen von Gauß r Rikj − (Lik Lj r − Lij Lk r ) = 0,
wenn wir die nachfolgende Definition beachten. Definition: Die Gr¨oßen r Rikj
∂Γrij ∂Γrik l r = + Γik Γlj − − Γlij Γrlk l k ∂u ∂u
werden Riemanscher Kr¨ ummungstensor genannt. Da auf der rechten Seite nur Gr¨oßen vorkommen, die von der ersten Funr damentalform abh¨angen folgt, dass Rikj eine Gr¨oße der inneren Geometrie ist. Mit Lj r = Ljl g rl Lk r = Lkl g rl und den Gleichungen von Gauß folgt: r = (Lik Ljl − Lij Lkl )g rl Rikj
oder r = Lik Ljm − Lij Lkm gmr Rikj
F¨ ur i = k = 1, j = m = 2 folgt: r g2r R112 = L11 L22 − L212 = L
und K=
L g2r r = R g g 112
Satz 2: Die Gaußsche Kr¨ ummung ist eine Gr¨oße der inneren Geometrie.
37
2.12
Abbildungen von Fl¨ achen
Seien F = X0 (u1 , u2 ) und F ∗ = X1 (u1∗ , u2∗ ) zwei Fl¨achenst¨ ucke. Sei φ : F → F∗ X0 (u1 , u2 ) 7→ X1 (u1∗ , u2∗ ) eine bijektive Abilldung (Bijektiv bedeutet, zu jedem Punkt X0 (u1 , u2 ) ∈ F gibt es genau einen Bildpunkt X1 (u1∗ , u2∗ ) ∈ F ∗ ). Weil u1∗ und u2∗ Funktionen von u1 und u2 sind, gibt es eine Parametrisierung X2 (u1 , u2 ) von F ∗ mit X2 (u1 , u2 ) = X1 (u1∗ (u1 , u2 ), u2∗ (u1 , u2 )). Also lassen sich die Fl¨ache F = X0 (u1 , u2 ) und die Bildfl¨ache F ∗ = φ(X0 (u1 , u2 )) = X2 (u1 , u2 ) auf die gleichen Parameter beziehen. Beispiel 17: Seien 0 < u1 < π, 0 < u2 < 1, 1 u cos u1 F = X(u1 , u2 ) = u2 , F ∗ = X∗ (u1 , u2 ) = sin u1 0 u2 und φ(X(u1 , u2 )) = X∗ (u1 , u2 ). F ist ein Ebenenst¨ uck, F ∗ ein St¨ uck auf einem Kreiszylinder. Die u1 Linien von F werden auf die Breitenkreise abgebildet, die u2 -Linien auf die Meridiane. Insbesondere werden Gerden in F auf Schraubenlinien abgebildet, also geod¨atische Linien auf geod¨atische Linien! Ferner gilt f¨ ur die Metrikkoeffizienten gij von F und gij∗ von F ∗ in allen Punkten 1 0 (gij ) = = (gij∗ ). 0 1 2.12.1
Isometrische Abbildungen
Definition: Eine bijektive Abbildung φ : F → F ∗ heißt isometrisch oder l¨angentreu, wenn f¨ ur jede Kurve x auf F das zugh¨orige Bild x∗ auf F ∗ dieselbe L¨ange wie x hat. Satz 3: Sei F ein Fl¨achenst¨ uck mit Metrikkoeffizienten gij und erster Fundamentalform I. Ferner sei F ∗ ein Fl¨achenst¨ uck mit Metrikkoeffizienten gij∗ und erster Fundamentalform I ∗ . Eine bijektive Abbildung φ : F → F ∗ ist genau dann isometrisch, wenn in allen Punkten I = I∗
bzw.
gij = gij∗
f¨ ur 1 ≤ i, j ≤ 2 gilt. Beweis: Seien F und F ∗ durch gleiche Parameter aufeinander bezogen. Sei x(t) = X(u1 (t), u2 (t)), t0 ≤ t ≤ t1 , eine Fl¨achenkurve auf F und x∗ (t) = X∗ (u1 (t), u2 (t)) die Bildkurve auf F ∗ . F¨ ur die Bogenl¨angen Zt1 √
∗
∗
∗
Zt1 √
Idt und s = s (x ) =
s = s(x) =
t0
t0
38
I ∗ dt
folgt s = s∗
⇔
I = I ∗. 2
Bemerkung: Biegungsinvariante bleiben bei isometrischen Abbildungen erhalten (weil gij = gij∗ gilt). Somit werden geod¨atische Linien auf geod¨atische Linien abgebildet, denn κg ist biegungsinvariant. Aber Kr¨ ummungslinien werden nicht auf Kr¨ ummungslinien abgebildet, denn κn ist nicht biegungsinvariant. Satz 4: Eine Fl¨ache, die sich isometrisch in die Ebene abbilden l¨asst, ist eine Torse. Beweis: Die Fl¨achenst¨ ucke F und F ∗ seien isometrisch und auf die gleichen u1 Parameter bezogen. Ferner sei F = u2 ein Ebenenst¨ uck. Dann gilt 0 1 0 (gij ) = = (gij∗ ). Also sind alle Christoffelsymbole null, also R1221 = 0 1 0. F¨ ur die Gaußsche Kr¨ ummung folgt: K=
R1221 = 0. g
Da K eine Biegungsinvariante ist, gilt K ∗ = K = 0 auf F ∗ . Somit ist F ∗ eine Torse. 2 Bemerkung: Es gilt auch die Umkehrung des Satzes: Jede Torse l¨asst sich isometrisch in die Ebene abbilden. Satz 5: Die Kugelfl¨ache l¨asst sich nicht isometrisch in die Ebene abbilden. Beweis: F¨ ur die Ebene gilt K = 0, f¨ ur die Kugelfl¨ache K = R12 > 0. Unter einer isometrischen Abbildung muss K aber invariant bleiben. 2 2.12.2
Konforme Abbildungen
Definition: Eine bijektive Abbildung φ : F → F ∗ heißt konform oder winkeltreu, wenn der Schnittwinkel zweier beliebiger Kurven auf F , die sich in einem Punkt P0 schneiden, gleich dem Schnittwinkel der Bildkurven auf F ∗ im Punkt P0∗ ist. 1 u u2 Darstellung der Ebene. Die Abbildung φ : Beispiel 18: Sei X = 0 1 2 1 2 X(u , u ) 7→ X(5u , 5u ) ist konform. Bemerkung: Isometrische Abbildungen sind konform. (Dies folgt z.B. aus dem nachfolgenden Satz) 39
Satz 6: Eine Abbildung φ : F → F ∗ ist genau dann konform, wenn eine Funktion λ(u1 , u2 ) > 0 existiert, so dass in allen Punkten I ∗ = λI
bzw.
gij∗ = λgij ,
1 ≤ i, j ≤ 2,
gilt. Beweis: Seien x1 (t) = X(u1 (t), u2 (t)) und x2 (t) = X(v 1 (t), v 2 (t)) zwei Fl¨achenkurven. Die Tangentenvektoren im Schnittpunkt seien T1 = Xi
dui dt
und T2 = Xk
dv k , dt
dui dt
und T2∗ = X∗k
die im Bildpunkt seien T1∗ = X∗i
dv k . dt
∗ a) Sei gik = λgik . Dann folgt
gik dui dv k T1 T2 p cos γ = =p |T1 ||T2 | gij dui duj gkl dv k dv l ∗ λgik dui dv k gik dui dv k p q = p = p ∗ λgij dui duj λgkl dv k dv l gij∗ dui duj gkl dv k dv l T1∗ T2∗ = cos γ ∗ |T1∗ ||T2∗ | ⇒ γ = γ∗. =
b) Sei φ konform und 0 ≤ γ ≤ π. Es gilt s |T1 × T2 | |T1 |2 |T2 |2 − (T1 T2 )2 p = = 1 − cos2 γ = sin γ. |T1 |2 |T2 |2 |T1 ||T2 | Ferner gilt 1 2 dui du dv − du2 dv 1 dv k |T1 × T2 | = Xi × Xk = |X1 × X2 | dt dt dt dt 1 2 √ du dv − du2 dv 1 = g . dt dt Es folgt √
g |du1 dv 2 − du2 dv 1 | |T1 ||T2 | √ ∗ g ∗ = sin γ = ∗ ∗ |du1 dv 2 − du2 dv 1 |, |T1 ||T2 |
sin γ =
also
r |T1 ||T2 | = r
F¨ ur T1 = T2 folgt I =
g ∗ ∗ |T ||T |. g∗ 1 2
g ∗ I . g∗
2 40
Lemma 2: Sei φ : F → F ∗ konform und es gelte I ∗ = λI f¨ ur konstantes λ. Dann bildet φ Geod¨aten auf Geod¨aten ab. Beweis: F¨ ur eine geod¨atische Linie auf F gilt Γkij u˙ i u˙ j + u¨k = 0,
k = 1, 2.
Sind beide Fl¨achen auf gleiche Parameter bezogen, so gilt auf F ∗ (Γkij )∗ u˙ i u˙ j + u¨k = 0,
k = 1, 2.
Die Behauptung folgt, falls Γkij = (Γkij )∗ ist. Es gilt gij∗ = λgij ,
(g ij )∗ =
1 ij g , λ
also 1 km ∗ ∗ ∗ ∗ (g ) (gjm,i + gmi,j − gij,m ) 2 1 g km = λ(gjm,i + gmi,j − gij,m ) = Γkij . 2 λ
(Γkij )∗ =
2 Bemerkung: Sei
u1 F ∗ = u2 0 die Ebene und φ : F → F ∗ eine konforme Abbildung. Dann gilt I ∗ = (du1 )2 + (du2 )2 , also I = λ(u1 , u2 )[(du1 )2 + (du2 )2 ] (11) Es ist immer m¨oglich, eine kleine Umgebung eines Punktes einer beliebigen Fl¨ache so zu parametrisieren, dass (11) erf¨ ullt ist. Deshalb gilt: Jedes hinreichend kleine St¨ uck einer beliebigen Fl¨ache ist konform auf ein Ebenenst¨ uck abbildbar. Insbesondere gibt es vielf¨altige konforme Abbildungen der Kugelfl¨ache in die Ebene, zum Beispiel die stereographische Projektion.
Literatur [1] B. Klotzek. Einf¨ uhrung in die Differentialgeometrie, Band I und II in einem Band. Harri Deutsch Verlag, Frankfurt/Main, 3. Auflage, 1997. [2] W. Sch¨one. Differentialgeometrie. Teubner Verlag, Leipzig, 5. Auflage, 1990. [3] V. W¨ unsch. Differentialgeometrie. Teubner Verlag, Leipzig, 1997.
41