This content was uploaded by our users and we assume good faith they have the permission to share this book. If you own the copyright to this book and it is wrongfully on our website, we offer a simple DMCA procedure to remove your content from our site. Start by pressing the button below!
8.
47 In den Handschriften D koine 0 A ep lat ... syC.P. bo und Marcion gibt es einen Zusatz: KOG~ e:me:v OUK o~8OG't'e: o~ou (D 7!:owu) 71:\Ie:ufLOG't'oe Interpretation erweist sich auch daraus als richtig, dass bei Lukas das Leiden und die Auferstehung im Hinblick auf die Himmelfahrt als eine Einheit gedacht sind. Solche Einheit mag man schon in Lk 24,1 sehen, wo ohne Nennung des Subjekts des Verbs, im Gegensatz zu den parallelen Mt-Mk-Stellen, erzählt wird: TTi ae [L~if TWV Q"IXßßaTcuv 6p&pou ßIX&tCUC; E7t~ TÖ [LV-Yj[L1X ~t..&ov rptPOUQ"IX~ & ~TO([LIJ(Q"IXV &p6>[LIXTIX. Das Subjekt des Verbums befindet sich in Lk 23,55-56, d.h. bei dem Begräbnis J esu 16'6. Aber bei Lk sind das Leiden, der Tod und die Auferstehung nicht bloss nebeneinander in Juxtapositione vereinheitlicht worden, sondern diese Einheit ist durch und durch unter dem Gesichtspunkt der Himmelfahrtstheologie zur Sprache gebracht, d.h. das Leiden Jesu und die Auferstehung sind bei Lukas durch die Erhöhung-Himmelfahrt einheitlich zusammengesezt worden, was sich aus den folgenden Stellen ergeben kann. Gerade in der Mitte der Leidensgeschichte, und zwar beim Verhör Jesu, befindet sich eine wichtige Aussage von der Erhöhung Jesu: Lk 22,69: &7tÖ TOÜ VÜV ae ~Q"TIX~ 0 u[öc; TOÜ &v&P6>7tOU XIX&~[LEVOC; EX aE~~WV T-YjC; auva[LECUC; TOÜ &EOÜ. Durch die Einsetzung des Verbs ~Q"TIX~ statt des markinischen 6~EQ"&E und durch die luk Terminologie der Heilsgeschichte &7tÖ TOI) VÜV ist der Schwerpunkt unserer Menschensohnaussage von dem Kommen '63 So vor allem H. CONZELMANN, op.cit., S. 66f, 124ff; H. FLENDER, Heil und Geschichte in der Theologie des Lukas, S. 98ff; F. SCHÜTZ, op.cit., S. 70-80; G. SCHNEIDER, Verleugung, Verspottung und Verhör Jesu nach Lukas, S. 196ff. '64 H. CONZELMANN, S. 66-86 und 124ff; G. SCHNEIDER, op.cit., S. 196-203; G. LOHFINK, Die Himmelfahrt, S. 262-265. 65 Auch J. DUPONT meint, dass &v&A'lJfLqn~ mit dem Zusatz "Tage" das Leiden, Auferstehung und die Himmelfahrt bedeutet, op.cit. '6'6 Lukas fügt gern ein fehlendes Subjekt im Interesse einer engeren Perikopenverknüpfung ein, vgl. diff Mk 1O,51b und Mk 15,14; diff Mt 18,11.
LK 9,51-56: DIE ABWEISUNG JESU
20
des Menschensohnes in der bevorstehenden Endzeit der WeIt in die Erhöhung Jesu umgesetzt worden '67. Durch diese Akzentverschiebung der Menschensohnaussage erreicht es Lukas, die Leidensgeschichte direkt mit der Himmelfahrtstheologie zu verbinden. Die lukanische Geschichte des leeren Grabes und der Engelszene in Lk 24,4-9 steht terminologisch und strukturistisch eng mit der Himmelfahrtsszene der j\.pg 1,10-12 in Zusammenhang, so dass sich vermuten lässt, dass die Himmelfahrt bei Apg eine Nachbildung der Engelszene in Lk 24,4-9 sein muss, wie G. Lohfink es überzeugenderweise nachgewiesen hat '6,s. Auch in der Emmauserzählung gibt es eine Andeutung der Himmelfahrtsidee: in Lk 24,46 heisst es ouX~ 'TIXU'TIX ~ae~ 7tIX&dv 'TOV xp~cr'TOV XIX~ dcreA&dv d~ 't'~v a6~IXV IXU'TOU. Was bedeutet der Versteil dcreA&dv d~ 'T~V a6~iX'i
IXU'TOU?
Die Doxa bedeutet eine göttliche Wesensart; wenn man sie räumlich mit dem Verb dcreA&e~v verwendet, muss die Wendung auch schon die Himmelfahrt andeuten, da der Himmel der göttliche Wohnort ist '69. Lukas gebraucht a6~IX öfter im Hinblick auf dem Himmel oder auf die Himmelfahrt: Lk 2,14 und 19,37 (die Engel oder die Jünger, jubeln, loben Gott: a6~IX EV u~(cr't'o~~.
In der Apg 7,55 schaut Stephanus eine Vision des erhöhten Herrn in der Herrlichkeit Gottes. Die Stelle läuft literarisch der lukanischen Verklärungsszene Lk 9,32 parallel: (hev[crIX~ d~ 'TOV OUPIXVOV daev a6~IXv &eou XIX~ 'lY)Q'ouv cr 'T W 'T IX EX ae~~wv 'TOU &eou
e
a~IXYP'YJyop'YJQ'(xv't'e~ ae 0 Cl 'J 1" -Y] V 0 6 ~ XIX~ 'TOU~ Mo &vapIX~
e:
r
't'ou~
(juv
e::
cr 1" Cl
1:' Cl
IX V
~
C(u't"ou
aU't'iil.
Stephanus schaut den Erhöhten in der a6~IX Gottes. IPetrus und die mit ihm Anwesenden sehen die Herrlichkeit Jesu. Diese Herrlichkeit ist skher eine Vorwegnahme der Himmelfahrt, was sowohl durch das Gespräch zwischen Moses, Elias und Jesus in v. 31 über seinen bevorstehenden ~~oao~ 70, wie auch durch die Wolke der Himmelfahrt in v. 34 71 erkennbar wird. Auch daraus lässt sich vermuten, dass die Wendung dcreA&dv d~ 'T~V a6~IXv IXU'TOU die Auferstehung nicht für sich alleine, sondern im Hinblick auf die Himmelfahrt bedeutet.
'67 H. CONZELMANN, Die Mitte, S. Tl, A. 2 (im Sinne der ausgebliebenen Parusie}; G. SCHNEIDER, Verleugnung, S. 120; R. SCHNACKENBURG, Gottesherrschaft, S. 186; G. LoHFINK, Himmelfahrt, S. 237. 68 G. LoHFINK, Himmelfahrt, S. 196-98. '69 Vgl. KITTEL, a6~(I(, TWNT 11, S. 250ft'. 70 G. LoHFINK, Himmelfahrt, S. 256: "Wie in Nazareth die dao8oc; Jesu (Apg 13,24) geschah, so vollendet sich in der Himmelfahrt seine ~~o8oc;, Lk 9,31". 71 G. LoHFINK, Himmelfahrt, S. 191-192.
REDAKTION UND INTERPRETATION
21
2) Lk 19,2844: am Ende der Reise J esu Reiseziel ist J erusalem XIXL emwv 't"IXÜ't"1X E7tOpeue't"o g!1-7tpocr&ev &VIXßIXLVWV de;; 'Iepocr6Au!1-lX. (19,28). Unde als er dies gesagt hatte, machte er sich vorwärts auf den Weg und zog nach Jerusalem hinauf. Diese Reisenotiz ist wahrscheinlich redaktionell. Zwar hat Lukas de;; 'Iepocr6Au!1-1X aus der Mk-Tradition übernommen (vgl. Mk 11,1 par Mt 21,1); es findet sich aber im Mk-Einzugsbericht kein einziges Wort von der Wendung E7tOpeue't"o g!1-7tpocr&ev &VIXßIXLVWV. Die Wendung kann mit Lk 19,4 parallel gehen, insofern es nur um eine literarische Ähnlichkeit geht: v.4: v.28:
7tpOaplX!1-WV de;; 't"o g!1-7tpocr&ev &VEß"IJ E7tL crUX0!1-0PEIXV E7tOpeue't"o g!1-7tpocr&ev &VIXßIXLVWV de;; 'Iepocr6Au!1-lX.
Es liegt die Wahrscheinlichkeit nahe, dass der v. 28 redaktionell ist. Nun scheint sich hinter dieser Reisenotiz eine Himmelfahrtsidee zu verbergen. Obwohl die Wendung &VIXßIXLVW de;; 'Iepocr6AU!1-1X an und für sich keinen Himmelfahrtsgedanken ausdrückt, kann sie doch nach dem luk Kontext die Himmelfahrt andeuten, was im Folgenden klar wird. Das Verb &VIXßIXLVW ist für Lukas auch eine der verschiedenen Himmelfahrtsterminologien, vgl. Apg 2,34: ou yiXp LlIXULa &VEß"IJ de;; 't"oue;; OUpIXVOUe;; (vgl. Ri 13,20 XIXL &VEß"IJ 0 rlyyeAoe;; XUPLOU EV 't"TI tpAOYL 712. Der Himmelfahrtsort ist für Lukas Jerusalern oder die Gegend von Bethanien, welches sowohl bei 19,29 (freilich aus der !Mk-Tradition) wie auch 24,50 (~we;; 7tpOe;; BIX&IXVLIXV) vorkommt. Lk 19,29 beginnt mit einem einleitenden Partizip XIXL d7twV 't"IXÜ't"IX. Dieses Partizip verbindet den Einzugsbericht unmittelbar mit dem vorangehenden Gleichnis von den anvertrauten .Pfunden 19, 11-27, wobei aber gerade auf die Himmelfahrt angespielt wird. Die Himmelfahrtstheologie kommt aber noch deutlicher im folgenden Vers zum Ausdruck: Lk 19,38. Am Abhang des ölberges beim Einzug in den Tempel 73 fing die ganze Menge der Jünger an, voll Freude mit lauter Stimme Gott zu loben und zu rufen: "Gesegnet sei der Kommende, der König, im Namen des Herrn. Im Himmel Friede und -Lichtherrlichkeit in den Höhen", Lk 19,38: EV OUPIXVcj) dp~v"IJ XIXL M~IX EV ÜIjJLcr't"O~e;; H. (Vgl. Unterschied zu Mt-Mk). Hier ist eh. Burger teilweise zuzustimmen, der durch seine Untersuchung zu dem Schluss kam, dass nach Lukas, im Unterschied zu Mt, Jesus als der verheissene Sohn Davids erst inthronisiert wird, wenn er durch seine Entrückung zur Rechten Gottes erhöht wird 75. Die Einsetzung Jesu Ibid., S. 172. Lukas lässt Jesus nicht die Stadt Jerusalem betreten, sondern direkt in den Tempel gehen, so H. CONZELMANN, Mitte, S. 68, auch F_ SCHÜTZ, Der leidende Christus, S_ 76. 74 So J.H. DAVIEs, The Purpose of the Central SectiOIli of St. Lukes' Gospel, S. 163169: "v. 38b anticipates his ascended glory. v. 38b is only archieved at the ascension"; auch H. FLENDER, Heil und Geschichte, S. 85-86 und S. 96; H. CONZELMANN, Die Mitte, S. 185: "V. 38b lässt den transzendenten Charakter der Herrschaft und die künftige Erhöhung erscheinen". 75 Ch. BURGER, Jesus als Davidssohn, S. 107-123, über Lk 19,28-40, S. 112-114; allerdings kann er noch nicht zwischen der Auferstehung und Erhöhung bei Lukas unterscheiden. T2
7·3
LK 9',51-56: DIE ABWEISUNG JESU
22
in die davidische Königsherrschaft erfolgt mit seiner Erhöhung und Himmelfahrt. Dieses luk Verständnis der Davidssohnschaft J esu . wird besonders klar bei Apg 2,33-36, wo Lukas den 'Psalm 110,1 durch die Entrückung Jesu interpretiert 7'6. Damit erhellt sich der Grund des Verfahrens von Lk, warum Jesus mit der Herrlichkeit in der Höhe gehuldigt wird. Jesus wird nach der Verheissung an David erst dann der König, wenn er erhöht und in den Himmel entrückt wird. Der luk Gebrauch von ßIX(HAEO
:2
3
34
LK
9,57-62:
DIE NACHFOLGE
H. Literarische Analyse 1) Vergleich mit der matthäischen Nachfolge
Die ersten zwei Dialoge über die Nachfolge Jesu (Lk 9,57-60) hat Lukas aus der Q-Tradition übernommen, was der Mt-Text Mt 8,19b-22 genau zeigt. Es gibt aber zwischen Mt und Lk einige Differenze, Durch die Untersuchung von Mt, 8,19b-22 sind H. J. Held und G. Bornkamm aus hinreichenden Gründen zum folgenden Ergebnis gekommen 5, das auch in unserer Arbeit als gültig vorausgesetzt werden kann: Mt 8,18-19a ist redaktionell, sowie 'Ypot!J.!J.IlC:'t"EUC; v. 19 und ~'t"EP0C; 't"WV !J.ot&'Y)'t"wv v. 21. Die Anrede ~t~OC(J)(otAE könnte traditionell sein, was aber nicht sicher ist.
2) Analyse des lukanischen Einleitungsverses v. 57a: Xot~
1tOPEUO!J.&Veuv otu't"wv tv 't"1j
o~cj>
e:l1tEV 't"tC; 1tpOC; otlh6v
11
i) Das Verb 1tOpEUO!J.ott ist bei Lk sehr beliebt (vgl. oben, S. 9). Was die grammatikalische Konstruktion betrifft, gebraucht Lukas oft den Genitiv absolut in Q und in den Einführungsversen zu Q, Lk 3,15; 6,48; 11,14.29 7 • Auch bei der Wiedergabe des Mk~Stoffes verwendet er den Genitiv absolut im Unterschied zu Mk 18. ü) tv 't"1j o~cj>: Lukas gibt oft dieses Substantiv aus der Mk-Q Tradition wieder. Aber er lässt es auch häufig weg. a) Das Wort o~6c;, welches in Korpora der Erzählung bzw. der Rede vorhanden ist, bewahrt Lukas in seiner Wiedergabe. So z.B. in der Perikope über den Täufer in Lk 3,4 = Mt 3,3 (Zitat Is 40); 3,5 (Zitat Is 40) vgl. Mk 1,2.3; auch Lk 7,27 = Mt 11,10 (Zitat Mal 3,1), in der Kindheitsgeschichte über den Täufer Lk 1,76.79. Im Gleichnis vom Acker Lk 8,5 = Mt 13,4 = Mk 4,4 und seine Interpretation Lk 8,12 = Mt 13,19 = Mk 4,15; in der Aussendung der Zwölf Lk 9,3 = Mt 10,10 = Mk 6,8; bei der Blindenheilung Lk 18,35 Mt 20,30 Mk 10,46, und "Weg Gottes" bei der Frage der Gegner Lk 20,21 = Mt 22,16 = Mk 12,14. b) Lukas schiebt Gleichnisse bzw. Reden Jesu, in denen die M6c; vorhanden ist, in den Reisebericht hinein; so das Gleichnis vom barmherzigen Samariter 10,31; das Gleichnis vom dringlichen Bitten 11,6; Reden über die Versöhnung 12,58 = Mt 5,25; das Gleichnis vom Abendmahl 14,23 (vgl. Mt 22,7.10); die Aussendung 10,4. c) Lukas gibt dieses Wort wieder, wenn es für seine Theologie des Reiseberichtes wichtig ist: so Lk 19,36 = Mk 11,8 (Mt 21,8) beim Einzug in Jerusalem, und 24,32.35 im Emmausbericht.
=
=
lj H.J. HELD, Matthäus als Interpret der Wundergeschichten, in überlieferung und Auslegung im Matthäusevangelium, Neukirehen 1963, S. 190; G. BORNKAMM, ibid., S. 50-51. 18 Für unsere Leseart. p45.75 NBC e sy bo usw. Es gibt eine andere Leseart: e:yEVE't'O Be:: Koine AW A pm lat; XotL e:yEV'r't'O: D cp it. Diese Variante sind sekundär. 7 Lk 3,15 (Einleitung) 7tpoaBox(;)v't'o 0 'I"f)O"ou6. 53 M. DIBELIUS, Formgeschichte, S, 161, zitiert solche Chrie noch bei sechs Gleichnissen. Lk 10,29; 12,13; 14,15; 15,1; 18,9; 19,11. 54 Vgl. HAWlKINS, Horae, S. 17 und S. 37. H. CADBURY, The Style and Literary Method, S. 146, mit Beleg im Vergleich des Lk mit Mt und Mk. fi5 H.F.D. SPARKS, The Partiality of Luke for 3 and its Bearing on ·the Original Q, JTS 37 (1936) 41-45, 56 Mit "Hand" als Objekt: Lk 20,19; 21,12 und Apg 5,18; 21,27 und 5,18. Ausser bei der letzten Stelle wird auch ,tTCt gebraucht.
ANALYSE
43
Das Verb ßA€nW ist auch bei Lk vielfach belegt: 14x je in Lk und Apg. Er setzt es oft in seine Vorlage ein 57. Die beiden Stellen Lk 9,61-62 und 17,31 sind inhaltlich einander ähnlich: Lk 9,62 ist eine prophetische Mahnung 5S für die Nachfolge im Gottesreich und steht nach dem Menschensohnanspruch; Lk 17,31 ist auch eine prophetische Mahnung für den Jünger am Tag des Menschensohnes 59. Sowohl in Lk 9,62 wie auch bei 17,31 fordert Jesus, ohne Verzögerung zur Nachfolge oder beim Kommen des Menschensohnes, sofort bereit zu sein. Damit liegt die Vermutung nahe, dass Lukas bei der Bildung von v. 61-62 ein Traditionsstück von Lk 17,31 (d.h. Mk 13,15) mit Rücksicht auf Lk 9,59-60 umgebildet hat. vi) Wie öfter erwähnt, steht v. 61-62 im Zusammenhang mit der Szene der Berufung von Elisha durch Elias (lKg 19,19-21). Die dahinter spielende Eliaschristologie, welche bei Lk typisch ist, weist auch auf die Hand des Lukas in der Bildung von v. 61-62. Aber wie kann ein Dialog auf einmal mit Lk 17,31 und 1Kg 19-21 in Beziehung stehen? Die Frage wird später ausgeführt. Ergebnis zu v. 61-62: Der dritte Dialog v. 61-62 ist durch Lukas aus einem Traditionsstück von Lk 17,31 in Analogie mit Lk 9,59-60 in Anlclang an die Berufung des Elisha durch Elias gebildet worden.
Zusammenfassung der literarischen Analyse der Nachfolgeperikop'e: Folgende Verse sind redaktionell: die Perikopeneinleitung v. 57a; die Einführu,ngsverse von den v. 58.59.60; die Partizipwendung von v. 59 &'n€A.&6vTL; dei zweite Teil der Antwort Jesu von v. 60: (ju ae: &.n€A&cilv; die Verse 61-62 in dem oben erwähnten Sinne. Alles andere ist strikt traditionell. III. Analyse der Struktur >Die Einheit v. 57-62 besteht aus drei Dialogen über "Nachfolgen" mit je dem gleichen Wort &.XOAOU&€~V. Nur das zweite &.XOAOU&€~V drückt sich im Imperativ aus, und ihm folgen noch zwei andere Imperative &rp€~e:xoc ... Mk 10,32:
~crocv ~e
tv -r7i o~0
...
Dort bei Lk 18,28 wird die Folge klargestellt, die sich aus der Nachfolge ergibt, d.h. der Verzicht auf alle Verbindungen mit den Verwandten um der Basileia willen (nur bei Lk e:~ve:xe:v -r~e; ßocmAdoce; -r013 &e:013 v. 29). Unmittelbar danach (ohne Unterbrechung) weissagt Jesus ihnen das Leiden des Menschensohnes v. 31. Sofort nach dem Menschensohnspruch bei Lk 9,58 folgen noch zwei Dialoge über die Nachfolge v. 59-62, wobei es ebenfalls um den Verzicht auf die Familienbindung um der Basileia willen geht. Sowohl bei Lk 9,57-62 wie auch bei Lk 18,24-34 handelt es sich deshalb um das gleiche Thema. Die Bedeutung des Spruches des heimatlosen Menschensohnes in Lk 9,58 mit seinem Kontext der Nachfolge wird sich darum erst durch die Leidensankündigung des Menschensohnes gegen Ende des Reiseberichtes 18,3lf in voUem Masse verdeutlichen.
1600 Ähnlich O. GLOMBITZA, Die christologische Aussage des Lukas in seiner Gestaltung der drei Nachfolgeworte, Lukas IX 57-62, NT 13 (1971} S. 18. 61 VgI. GRUNDMANN, Fragen der Komposition des lukanischen Reiseberichtes, ZNW 50 (1959) S. 252-270, betont das Bild des Wandernden. 62 H.E. TÖDT, Menschensohn, S. 114.
46
LK
9,57-62:
DIE NACHFOLGE
11. Der zweite Dialog Bei der Interpretation des zweiten Dialoges werden zwei Probleme behandelt: 1) Die Nachfolge als Reise zur Verkündigung der Basileia Gottes; denn, der Nachfolgeruf Jesu wird mit dem Befehl der Verkündigung der Basileia gleichgesetzt. 2) Weil die Basileiafrage hier schon am Anfang des Reiseberichtes vorkommt, muss diese Frage zusammen mit LeidenTod-Erhöhung (Kap. I) das wichtigste Thema des Reiseberichtes sein; es empfiehlt sich deshalb bereits zum Ende des Reiseberichtes hinüberzublicken, wie Lukas am Ende des Reiseberichtes mit diesem Thema verfahren ist.
1) Die Nachfolge als Verkündigungsreise Im Fo.lgenden wird das Verständnis des Lukas vom Begriff der Nachfolge im Zusammenhang der Verkündigung der Basileia v. 59-60 untersucht. Um die Nachfolgeaufforderung Jesu nach Lk tiefer zu verstehen, ist auf zwei redaktio.nelle Vers teile v. 57a und v. 60b Rücksicht zu nehmen. Es besteht kein Zweifel, dass Lukas die Nachfolgeauffo.rderung Jesu im Sinne des Befehls der Verkündigung der Basileia verstanden hat. Das ist der erste Anhaltspunkt zum lukanischen Begriff der Nachfo.lge J esu. Der Dialog zwischen Jesus und dem Ano.nymen (7tpÖ'; he:pov v. 59) über die Nachfolge ist als ein Ereignis auf dem Weg während der Reise dargestellt 7tope:uoflevwv au'f:wv ev 'f:?j oaifJ. Die Nachfo.lge hat also. mit der luk Wegtermino.lo.gie etwas zu tun. Das ist der zweite Anhaltspunkt. Aus dem ersten und zweiten Anhaltspunkt ergibt sich, dass die Nachfolge bei Lk durch die Reise der Basileiaverkündigung zum Ausdruck kommt. Die Nachfo.lgeperikope dient damit zur Einleitung der Aussendung der Zweiundsiebzig Lk 10,lff, wie Kommentatoren zu no.tieren pflegen 63 • Es ist no.ch näher zu betrachten, i) wie die Nachfo.lge bei Lk unter dem Gesichtspunkt des Weges bzw. der Reise verstanden wird (im Zusammenhang mit v. 57a), und ii) wie die Nachfolge als Reise oder Weg mit der Verkündigung im Zusammenhang steht (v. 57a und 60b). 1
i) Die Nachfo.lge nach der Weg-Theo.logie: Der enge Zusammenhang der Nachfo.lge mit "Weg-Theologie" bei Lk bestätigt sich auch dadurch, dass die Nachfo.lgeperikope durch zwei Aussendungen mit je gleicher Fo.rmel eingeklammert wird M: 9,52: 10,1:
xd xaL
&7tecr'f:e:~Ae:V &7tecr'f:e:~Ae:V
&yyeAou,; 7tpÖ 7tpocr6mou au'f:ou. au'f:ou,; &v,x Mo 7tpÖ 7tpocr6mou aU'f:Ou.
Diese Aussendungsformel hat Lukas nach der Weg-Theologie verstanden, wie es unten betrachtet wird 65. Die Aus sendungs formel 9,52 und 10,1 1&3 So z.B. LAGRANGE, Luc, z.St., ,,11 sembre que le Sauveur pense deja a la mission des disciples". 64 Auch H. ZIMMERMAN, Christus Nachfolgen, TGI 53 (1963) S. 254; und in Neutestamentliche Methodenlehre, Stuttgart, 1%6, S. 121. 65 Th. ABRIS, Suivre Jesus, evolution d'un theme biblique dans les Evangiles sy-
REDAKTION UND INTERPRETATION
47
scheint ursprünglich für Johannes den Täufer verwendet worden zu sein, worauf Mt 11,10 par Lk 7,27 hinweist. Es empfiehlt sich deshalb, zuerst die lukanische "Wegidee" in der Perikope über Johannes den Täufer kurz anzuschauen. a) Die klassische Stelle dafür ist Lk 3,4-6 (Zitat von Is 40,3-5), wo man auch die Redaktionsarbeit des Lukas sehen kann. Dort wird Johannes der Täufer als Vorläufer und Wegbereiter des Herrn dargestellt: v. 4 "Bereitet den Weg des Herrn und macht gerade seine ,Pfade" hO~[L&O'()(:t'e: Tf)'i OaO'i XUPLoU, e:u.&dlX~ 7tO~e:L"t'e: "t'tt.~ "t'plßou~ IXU"t'OU. Um die christologische Interpretation zu erleichtern '66, ·ersetzt Lukas mit den anderen beiden Synoptikern den Genitiv von LXX ,,"t'ou .&e:ou ~[LW'i" durch das Personalpronomen IXU"t'OU. über die beiden Synoptiker hinaus aber setzt Lukas das Zitat von Isaias bis Is 40,6 hin fort. Wichtig ist dabei eine kleine Änderung durch Lukas: LXX ,
I 7t1X'i"t'1X "t'tt. Q'XOA~tt. d~ e:u.&dlX'i XlXt ~ "t'pIXXe:LIX d~ 7te:allX
XIX~
"
e:Q'''t'IX~
Lukas \
XIX~
"
e:Q'''t'IX~
"t'tt. Q'XOA~tt. e:1~ e:u.&dlX~ XlXt IXt "t'pIXXdlX~ e:1~ oaoo~ Ae:lIX~
Der Ersatz von 7te:l~llX durch oaoo~ AdlX~ veranlasst zwei andere Änderungen: e:u.&dlX'i - e:U.&dlX~, ~ "t'plXXdlX - IXt "t'PIXXdIX1. Dieser Änderung scheint die luk Absicht zugrunde zu liegen, die beiden Adjektive e:u.&u~ und "t'PIXXu~ mit oaou~ in Verbindung zu bringen 67; denn, wenn Lukas 7te:allX durch oaou~ ersetzt, tritt die Klammerung des agnzen Isaiaszitates durch "Weg" ein. Die Struktur des von Lk neu bearbeiteten Zitates ist dann A B B' A'.
A
hO~[L&Q'IX"t'e:
"t' ~ V 0 a 0 'i xuplou e: u .& e: l IX ~ 7tme:L"t'e: "t'tt.~ "t'p[ßou~ IXU"t'OU XlXt ~Q'''t'IX~ "t'tt. Q'XOA~tt. d~ e: u .& e: [ IX ~ XlXt IXt "t'PIXXe:LIX~ e:1~ 0 a 0 0 ~ AdlX~
B B' A'
Der Weg, den der Täufer Johannes vorbereitet, ist der Weg Jesu, welcher aber zweifacherweise verstanden wird: der Weg Jesu, den Jesus selbst geht, oder der Weg Jesu, den sein Volk gehen muss. Lukas scheint an beide Bedeutungen zu denken, wie es Lk 1,17, 1,76 und Apg 13,24 andeuten (vgl. unten). Weil die Tätigkeit des Johannes zeitlich vor Jesus liegt, kann gesagt werden, dass er den 'Weg des Herrn, den Jesus geht, vorbereitet. Weil der Täufer für den kommenden Herrn das Volk zur Busse auffordert, ß&7t"t'~Q'[L1X [Le:"t'IX'iollXC;;, bereitet er den Weg des Herrn, den sein Volk gehen muss. Der Weg im zweiten ISinne ist ein innerer Vorgang, ein christliches Leben 88. noptiques, ETI.. (1966) S. 510-511, hat vielleicht diesen Sachverhalt nicht recht gesehen, wenn er gegen H. Zimmermann der Nachfolgeperikope bei Lk das missionarische Anliegen absprechen will. 66 Vgl. MICHAELIS, öa6c;, TWNT V, S. 70. 61 Lagrange hat teilweise Recht, wenn er übersetzt: "les chemins sinueux dieviendront (une voie) droite". Er zieht aber leider den Singular dem Plural e:ö.s-docc; vor, 68 Lk 3,4-6 macht klar, dass der Weg Jesu in der Zeit Jesu bei Lk nicht so exkl1.lr
48
LK
9,57-62: DIE NACHFOLGE
b) Wichtige Stellen über den Täufer als Vorläufer sind noch Lk1, 17.76 und Apg 13,24: Lk 1,17:
xod OC:UTOe; 7tP0E:AE:ucrE:TOC:~ tvwmov OC:UTO;) '" XUpLep AOC:OV XOC:TE:crxeuom[LEvov 7tp07tOpE:ucr7J yap tvwmov XUPLOU hOL[LOCcrOC:L oaoue; OC:UTO;) 7tP0X"Y)PU~OC:VTOe; 'Iwocvvou 7tpO 7tpocrW7tOU T:;je; dcr6aou OC:UTO;) ßOC7tTLcr[LOC: [LE:TOC:VOLoc:e; 7tOC:VTt TC;> Aoc:C;>. hm[Loccroc:~
Lk 1,76: Apg 13,24:
Beim Vergleich dieser Stellen fallen ins Auge die Verba komposita mit dem Praefix 7tp6: 7tPOE:AE:ucrE:TOC:L, 7tP07t0PE:ucr7J, 7tP0X"Y)pU~OC:VTOe;. Johannes ein Wegbereiter (hOL[LOCcrOC:L oaoue; oc:UT. 1,76), und zwar: der Wegbereiter als Vorläufer des Herrn. Wie schon gesehen, sind die Jünger in Lk 9,52; 10,1 und in dem Reisebericht auch Wegvorbereiter Jesu. Obwohl Lukas wie bei dem Vorläufer, Lk 7,27, die gleiche Aussendungsf0'rmel mit <x'7tEcrTE:LAE:V 7tpO 7tpocrW7tOU OC:UTO;) für die Jünger Jesu verwendet (9,52 und 10,1), sind sie doch nicht Vorläufer. Die Aussendungsformel in 9,52 und 10,1 dient zum Rahmen der Nachfolgeperikope. Obgleich die Jünger den Weg Jesu bereiten (hOL[LOCcrOC:L OC:UTc;> 9,52), sind sie "Nachfolger", die ihrem Herrn folgen (&XOAOU&E:L [LOL). Lukas gebraucht nie ein Verbum kompositum mitPraefix 7tp6 für die Jünger Jesu, obwohl er für sie die Wendung 7tpO 7tpocrW7tOU ()(1ho;) anwenden kann. Johannes der Täufer, wenn er auch Jesus "vorläuft", wurde für seine Aufgabe als Vorbereiter des Weges Jesu von Gott selbst gesandt, Lk 7,27: &7tOcrTEAAw ••.• Auch die Boten Jesu werden von ihrem Herrn Jesus ausgesandt, 9,52.10.1. Nicht die Nachfolger ergreifen die Initiative zur Nachfolge; sie sind von Jesus selbst zur Nachfolge auserwählt. ii) Nachfolge als Verkündigungs reise
Die Verkündigungs tätigkeit des Vorläufers ist durch das Verb 7tpox'Y)flUcrcrE:LV ausgedrückt (Apg 13,24). Der Inhalt seiner Verkündigung ist die Aufforderung der Taufe zur Umkehr (ßOC7tTLcr[LOC: [LE:TOC:VOLoc:e; Apg 13,24, vgl. Lk 3,3 par Mk 1,4). Die Aufforderung Jesu zur Nachfolge erfüllt sich durch die Verkündigung Lk 9,60 cru ae: &7tE:A&ci>v aLOCYYE:AAE:, und zwar durch die Verkündigung der Basileia Gottes. Wie die Tätigkeit des Vorläufers die Verkündigung der Metanoia ist, S0' wird die Verkündigung der Basileia Gottes bei Lk die Aufgabe der Nachfolger Jesu '69. Wie bereits oben gesehen (Kap. I, B, III, 3-4), betont Lukas die Idee siv im räumlichen Sinne verstanden werden kann, wie Sch. Brown oder O. Betz meint, vgl. Sch. BROWN, Apostasy, S. 132ff. 69 Ob die Verkündigung auch dem Täufer lohannes gilt, ist umstritten. H. Conzelmann nimmt das Wort e:Ullyye:A[~e:'t'O in Lk 3,18 nur in dem einfachen Sinne von "predigen", wie auch P. STUHLMACHER, Das Paulinische Evangelium I, Vorgeschichte, FRLANT 95, Göttingen, 1968, S. 216, 229. Dagegen W. WINK, lohn the Baptist in the -Gospel Tradition, S. 52-53: "The Christianization of lohn", "The prototype of the Christian evangelist". Dazu Lk 16,16, vgl. W.G. KÜMMEL, Das Gesetz und die Propheten gehen bis lohannes in Lukas 16,16 im Zusammenhang der heilsgeschichtlichen Theo· logie der Lukasschriften, in "Verborum Veritas", Festschrift für G. Stählin, Wuppertal, 1970, S. 89-102.
REDAKTION UND INTERPRETATION
49
des räumlichen Zusammenseins der Jünger mit Jesus. Dieses Zusammensein hat als ein bildhafter Ausdruck der geistlichen Ausdauer in der Treue gegen den Herrn zu gelten. Die Treue in der Nachfolge aber kommt zum Ausdruck in der Verkündigung der Basileia und durch den Abbruch der menschiichen und natürlichen Verbindung mit Vater oder Sohn (Lk 9,60). Wenn Lukas die Nachfolge mit der Basileiaverkündigung identifiziert, muss die Naohfolge (Hinterhergehen) sicher nicht nur im räumlichen Sinne verstanden werden; die Nachfolge Jesu ist deshalb zum vergeistigten und erweiterten Sinne hin offen 70. Aber für Lukas scheint das Wort axoAou&dv zum Ausdruck der Verkündigungs tätigkeit nicht sehr passend zu sein; denn Lukas gebraucht das Wort "Nachfolgen" niemals in der Apg im Sinne der Christusnachfolge. Die Nachfolgeszene in Lk 9,57-62 ist als ein Ereignis auf dem Weg nach Jerusalem l.v 't"7i oil<j> dargestellt. Gerade in diesem Punkt scheint sich die luk Lösung der Problematik des Begriffes von axoAou&dv zu finden. Lukas gebraucht das Nachfolgen Jesu in der Apg nicht, er will aber die Kontinuität der geistlichen Nachfolge Jesu durch die oi)6t;- Verkündigung in der Missionsreise ausdrücken. Im Folgenden werden dafür nur zwei Beispiele aus der Apg zitiert. a) Nach Apg 13,6ff trafen Barnabas und Pauluseinen jüdischen Magier, der die Aktivität der beiden Missionare verhindern wollte, damit der Prokonsul nicht zum Glauben geführt würde. Dabei macht Paulus dem Magier den Vorwurf, dass er die Wege des Herrn zu verkehren versuche, v. 10. Weil dieser Vers teil mit v. 8c parallel steht, werden die beiden verglichen:
v. 8: ~"I]'t"(;)v il t rJ. (j 't" P ~ Y; rJ. t 't"ov Av&u7trJ.'t"ov a7to 't"~t; 7tl(j't"e:{Ut; v. 10: ou 7trJ.u(j'(] il t rJ. (j 't" P ~ Cf> {U V 't"oct; oilout; xup(ou 't"oct; e:u&drJ.t;. Die Wege des Herrn bedeuten die Ausbreitung des Glaubens durch die Verkündigung der Missionare, welche sich konkret durch Bekehrung des Prokonsults realisiert. Wegen der Parallelität von v. 10 mit v. 8 dürfte klar sein, dass die Wege des Herrn nicht nur die Wege sind, die das Wort Gottes (v. 7) geht, sondern auch ein innerer Vorgang (Bekehrung) in den Menschen, die den Weg des Herrn gehen 71. Hier erinnert sich Lukas wahrscheinlich an Lk 3,4-5 72 • Wie der Vorläufer bereiten die Missionare Dazu vor allem H. ZIMMERMANN, Christus nachfolgen, S. 241-255. 6~6: ~v oMv konnte Lukas leicht bilden, weil er das Verbot zur Rüstung für den Weg (dc:; Ty)'" oa6v) bereits in der Mk-Tradition gelesen hat (vgl. Lk 9,3 und Mk 6,8). Das Verbot des Grusses könnte auch an das Verbot des Grusses für Gehazi durch Elisha erinnern (4Kö 4,29)27. JedenfaLls findet man bei dem Verbot des Grusses eine Entsprechung in der vorangehenden Nachfolgetheologie Lk 9,61-62 28 : es dient zur Fortsetzung des Gedankens der Nachfolge ohne Aufschub um der Basileia willen. Es ist aber zuzugestehen, dass das Grussverbot aus der vorluk Tradition entnommen worden sein kann:29 •
:23 Unsere Analyse dieses (v. 2b4) und des nächsten (v. 5-7) Abschnittes wird im Druck nicht mehr wiedergegeben. Die Ergebnisse sind mit denen Untersuchungen von J. Schm~d und H. Schürmann (unten) identisch. :24 J. SCHMID, Matthäus und Lukas (BStu 23/24), Freiburg, 1930, S. 260-266; H. SCHÜRMANN, Jesu Abschiedsrede Lk 22,21-38 (NtlAbh 20,5) Münster, 1957, S. 118-119; idem, Mt 1O,5b-6 und die Vorgeschichte des synoptischen Aussendungsberichtes, in Neutestamentliche Aufsätze (Fs. J. Schmid) Regensburg, 1963, S. 2700. 25 SCHLATIER, Lukas, S. 276, erke=t den lukanischen Stil an, lasst es trotzdem zu Q gehören. :2'6 Sonst Mt 5,42; Mk 2X. Lukas, ausser hier, noch in 1,40 und Apg 5x. Die Häufigkeit bei der Apg ist für seinen Charakter natürlich. 27 So T.W. MANSON, Sayings, S. 257. 28 Vgl. G.G. GAMBA, La Portata universalista, S. 26. '29 Vgl. H. SCHÜRMANN, Sprachliche Reminiszenzen, S. 121, N. 16. Für ihn ist dagegen das matthäische &mtcicr"l)cr.&e: eine Nachbildung von Q (Lk v. 4b) und Lk ursprünglicher (nicht unmöglich !).
·64
LK
10,1-16; DIE AUSSENDUNG DER ZWEIUNDSIEBZIG JÜNGER
3) v. 5-7
Lukas unterscheidet v. 5-11 in scharf getrennter Formulierung zwei Themen, nämlich Grussform (Hausmission) und Stadtmission, die bei Mt ineinander verwoben werden 30: v. 5-7 beim Eintritt in ein Haus ist der zentrale Gedanke der des "Grusses": dp~v1J 'Ti;) o'ixcp 'T01hi;); v. 8-11 bei der eigentlichen Mission (Stadtmission) ist die Verkündigung der Nähe der Basileia Gottes mit Krankenheilung das zentrale Thema. Bei Mt sind, wie erwähnt, der Gruss beim Eintritt in ein Haus und das Ziel der Stadtmission völlig miteinander verschmolzen worden. In diesem Fall ist die luk Wiedergabe sicher ursprünglicher. Denn man könnte zwei verschiedene Sachen (Gruss und Verkündigung) leicht miteinander verschmelzen, das Gegenteil aber ist schwieriger, künstlich und forciert. Die überlieferung, in welcher die Verkündigung der Nähe der Basileia das Kernstück der Mission bildet, wie bei Lk, ist sioher ursprünglicher als diejenige, in welcher der Gross sein Zentrum ist 31, obgleich bei Mt der Gruss messianisches Heil bedeutet 32. Dass die in v. 5-7 vorliegenden Elemente auch im Einzelnen bei Lk ursprünglicher ist, haben J. Schmid und H. Schürmann gut bewiesen. Man darf hier darum ihre Ergebnisse voraussetzen .3a. 4) v. 8-11
In diesem Abschnitt können nur drei Momente als sekundär gelten: die Vorschrift über das Essen, die Reihenfolge der Krankenheilung-Basileia-Verkündigung und tq;>'{)fLOCi;; in v. 9. i) tcr&lE:'TE: 'Tel 7tllPll'TL&EfLE:Vll ufL~v Das Verb 7tllPll'Tl&1JfLL kommt bei Lk 5x vor 34. Im Sinne von "jemandem das Essen vorsetzen, darbringen" verwendet Lukas es auch in Lk 11, 6 S und Apg 16,34. Diese Wendung ist geläufig, vgl. 1K 10,27 35 • Vers 8 ist mit v. 7a gcr&oV'TE:i;; xlll 7tlVOV'TE:i;; 'Tel 7tllP' lltm';)V parallel. Ob die Anweisung über das Essen in v. 8b (Apodosis) sekundär aus v. 7a nachgebildet wurde, ist schwer zu entscheiden 3'6. Auch wenn diese Anweisung über das Trinken v. 8b vorlukanisch ist, ist sie jedenfalls sekundär. Denn, a) "Essen im Haus" ist natürlicher als "Essen in der Stadt"; b) das Wort "Essen" gleich Diesen Unterschied betont H. SCHÜRMANN, Mt 10,5b-6 (Untersuchungen S. 147). So auch F. HAHN, Das Verständnis der Mission, S. 35-36. 3'2 Die Bedeutung des Friedensgrusses bei Lk ist im Hinblick auf Lk 10,9 (die Verkündigung der Basileia) zu verstehen; vgl. F. HAHN, Das Verständnis der Mission, S. 35: "Solcher Friedensgruss steht bei den Boten Jesu nun aber unter dem Vorzeichen der Aussage der Gottesherrschaft und erhält von dO'I't Sinn und Kraft". 33 Vgl. die oben (24) zitierten Arbeiten beider Autoren. 34 Lk 9,16 par Mk 6,41 diff Mt; 11,6 S; 12,48 Sv; 23,46 S und Apg 4x. 35 Hat Lk 10,8 etwas zu tun mit dem Problem der Verunreinigung durch Speisen in den heidnischen Ländern (vgl. lKor 10,27)? Th. ZAHN, Lk, S. 415; HOLZMANN, Synoptiker, S. 358; EASTON, Lk, S. 160; HAucK, Lk, S. 140; J.M. CREED, Lk, S. 145; E. CHARPENTIER, L'Evangile. Lc 17,11-19. L'Etranger appeIe au salut, AssSeign 67 (1967) S. 42, A. 1; M. HENGEL, Die Ursprünge der christlichen Mission, NTS 18 (1971-2) 36. 36 EASTON, Lk, S. 160, hält die Apodosis von v. 8 "Trinken" für eine luk Nachbildung von v. 7a; vgl. HOLzMANN, Lk, S. 358. 30
l!1
ANALYSE
65
nach dem Eintritt in eine Stadt ist zu überraschend. Natürlicher wäre es, gleich naoh dem Eintritt in die Stadt die Basileia Gottes zu verkündigen. ii) v. 9: Die Krankenheilung mit der Venkündigung der Basileia Gottes. Das Adjektiv OCcr&EV~C; ist hapax bei Lk 37 , aber in Apg gebraucht Lk es 3 X: Apg 4,9; 5,15.16. Apg 5,15 kann eine Erinnerung an M1[O'''t'IXV''t'IX~ '67. Im Unterschied zum Verb AlXfLß&vouO'~v bei Mk-Mt verwendet Lukas das Verb ~exov"t'IX~, welches als Terminus der Missionssprache damals im Umlauf war, vgl. Lk 18,17; Apg 7,38; 8,14; 11,1 und 17,11 ,68. In diesem Gleichnis ist das Hören eine Vorbedingung zur Aufnahme des WÜ; hat einen technisch-kalendarischen Sinn, sekundär wohl auch den der kultischen Observanz". 1216 Vgl. R. SNEED, op.cit., S. 377.
REDAKTION UND INTERPRETATION
89
b) Falls das Wort 1tOCPOC"~P'Y)cnc; die Gesetzesbeachtung bedeutet, entspricht der Sinn des ganzen Kontextes (17,11-21) der Theologie der beiden Perikopen von Heilung und Gleichnissen (Lk 13,10-21 und 14,1-24), da es in der Heilung der zehn Aussätzigen nicht um die physische Heilung und um die Gesetzesbeachtung geht (Lk 17,14: Zeigt euch den Priestern!), es vielmehr darauf ankommt, dass das Heil Gottes über die Grenze der jüdischen Kultgemeinschaft hinausgeht und die Erkenntnis Gottes auch die Fremden erreicht: v. 18 0 &.AAOYEV~C; oÖ"OC;; v. 19: ~ 1t[O""LC; O"ou O"EO"wxEv O"E.
Daraus kann man die Bedeutung der Antwort Jesu bei 17,20 gemäss der luk Redaktion auslegen: oux ~PXE"OCL ~ ßOCO"LAdoc "OU &EOU fLE"a 1tIXPOC"'Y)P~O"EWC;: die Herrschaft Gottes kommt nicht mit der buchstäblichen Gesetzesbeabachtung. Von da aus wird der Sinn von 21a aufgeklärt: oua€: epoucnv, taot> (;)aE ~ eXE~: das Logion legt Gewicht darauf, dass die Gottesherrschaft nicht lokal eingeschränkt ist. Im Hinblick auf die Heilung der zehn Aussätzigen und 1tOCPOC"~P"l)cnc; bedeutet das Logion, dass die Gottesherrschaft nicht auf das Judentum (Repräsentant der Gesetzesbeachtung) eingeschränkt ist, 'Sondern darüber hinaus auch im Heidentum verwirklicht wird, d.h. dass die Gottesherrschaft universal ist. Das wäre die Bedeutung von v. 21a. v) Schliesslich kann der umstrittene Vers 21b interpretiert werden: taot> yap 127 ~ ßoccnAdoc '"'OU &EOU ev"oc; UfLWV EO"nv. Es gibt etwa drei Auslegungen für die Wendung ev-roc; UfLWV 128 • Wenn der Vers 21b mit Rücksicht auf den Kontext vv. 20-21a und auf die Heilung des fremden Aussätzigen ausgelegt wird, muss die Wendung folgenderweise bedeuten: ev"oc; ufLwV ist "schon mitten unter euch", insofern die Gottesherrschaf.t schon in Jesu Wirken gegenwärtig ist 129, welches z.B. durch die Krankenheilung und durch den Zuspruch des Heils zum Fremdling zum Ausdruck kommt.
127 Die Wendung tl>00 yocp ist lukanisoh: im NT kommt sie nur in Lk 1,44.48; 2,10; 6,23; 17,21; Apg 9,11 und 2 Kor 7,11 vor. Vgl. HAWKINS, Horae, S. 19.41. 128 11:'I't"o~ 6{LwV a) "in euch, inwendig in euch". diese alte Meinung vertritt erneut W. GRUNDMANN, Lk, S. 340; vgl. auch Thomasevangelium, Logion 3,113. b) "mitten unter euch": B. NOACK, op.cit.; H.W. KÜMMEL, V'erheissung, S. 29, in dem Sinne, "dass die Gottesherrschaft in Jesus und den um seine Person sich zeigenden Ereignissen der Gegenwart im voraus wirksam gewoI1den ist". Andere Vertreter dieser Meinung, vgl. bei ihm Anmerkung 54; auch R. SCHNACKENBURG, Gottes Herrschaft, S. 93; G. Voss, Die Christologie, S. 33. c) "in der Hand von", "zur Verfügung von": C.H. ROBERT, The Kingdom of Heaven, Lk 17,21, HarvTR 41 (1948) 1-8, und A. RÜSTOW, 11:'I't"o~ U{Lwv 11:00't"~v. Zur Deutung von Lukas 17,20-21, ZNW 51 (1960) 197·227, besonders S. 214-217 mit Belegen aus der griechischen Literatur (Xenophon usw.) und aus P. Oxy . .129 Es gibt eine Auslegung von "mitten unter euch" mit einer Nuancierung: die Gottesherrschaft ist (im futuristischen Sinne) dann mit einem Schlag "plötzlich" unter euch: z.B. R. BULTMANN, Tradition, S. 128; die Vertreter dieser Meinung, vgl. KÜMMEL, op,cit., S. 28, A. 53, und auch W.H. BARTSCH, Wachet aber zu jeder Zeit. Entwurf einer Auslegung des Lukasevangeliums, Hamburg-Bergstedt, 1963, S. 114-115 (das Präsens = ein prophetisches Perfekt).
90
LK
10,1-16:
DIE AUSSENDUNG DER ZWEIUNDSIEBZIG JÜNGER
5) Das Nahekommen und die Unbegrenztheit der Basileia in Lk 10, 9.11
In der Verkündigungs formel bei ,Lk 10,9 ~yy~xev erp' üfLocc;; ~ ßIXm)..dIX 't"ou -&zou bezieht sich "erp' üfLocc;;" besonders auf die Kranken, Schwachen und Verstossenen 't"ouc;; ev whri &cr-&zve'Lc;; (vgl. 2). Durch den kleinen Einschub erp' üfLocc;; erklärt Lukas, zu wem speziell die Basileia Gottes gekommen ist: sie kommt zu den Kranken, Schwachen und Verstossenen. Diesen theologischen Gedanken verdeutlicht er dUI'ch Lk 11,20 und 17,21, welche beide die überlegenheit und Unbegrenztheit der Basileia Gottes, die Universalität der Herrschaft Gottes zum Ausdruck bringen. Wenn diese Formel den gleichen theologischen Gedanken wie bei Lk 11,20 und 17,21 ausdrückt, könnte die Frage beantwortet werden, warum Lukas diese Formel nicht in der Aussendung der Zwölf verwandt hat, sondern erst hier im Reisebericht; denn die Formel ist bei Lk 10,9; 11,20 und 17,21 für die Idee des universalen Heiles, für die Theologie der Unbegrenztheit der Herrschaft Gottes reserviert, welche auch für die Aufnahme der Fremdvölker offen ist. Aber warum nimmt Lukas gerade diese Formel für das universale Heil auf? Gibt es einen sachlichen Zusammenhang des universalen Heils, speziell der Bekehrung der Heidenvölker, mit dem Gedanken der Nähe der Basileia Gottes ~yy~xev? Hier könnte eine Vermutung gewagt werden. Unmittelbar vor der Himmelfahrt gibt der Herr den Jüngern den Auftrag, in seinem Namen unter allen Völkern die Metanoia zu verkünden, Lk 24, 27, wobei diese Verkündigung unter allen Völkern als 'Erfüllung der alttestamentlichen Weissagung angesehen wird: 0 {) 't" cu c;; Y ~ Y P IX 7t" 't" IX ~ 7t"IX,s,e'Lv 't"ov Xp~cr't"6v ... XIXl. x 1) p u X -& 1j v IX ~ hl. 't"
'Das Verb U7tOO"'TPECPW ist lukanisch; denn es kommt bei Lk 22X und bei Apg 11 X vor, aber sonst niemals bei den anderen Synoptikern und im NT nur noch 3X9. Ausser Apg 13,34 wird es als blosse Bemerkung zum Itinerar verwendepo. Lukas setllt es oft in seine Vorlage ein 11. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass der Evangelist nach der Aussendung der Zwölf auch dieses Verb für das markinische Verb O"uVOC"(O\I'TIltL eingesetzt '," " ., ~, , -"OO"Ilt E7tO, h a t : Lk 9,a: 10 XIltL" U7tOO"'TPE't'IltV'TE~ OL' Ilt7tOO"'TOI\OL OL1j"(1jO"IltV'TO IltU'T
OV6[LCX't'L [Lou e[Le aeXe:'t'CXL xcxl. 8~ &.v e[Le ae~'Y]'t'cxL aeXe:'t'CXt 't'ov &.7toO''t'd'Acxv't'& [Le:. 0 &xoowv o[Lwv e[Lou &XOOe:L, xcxl. 0 &&e:'t'wv o[Lii~ e[Le &..&e:'t'e:'L, 0 ae e[Le &&e:'t'wv &.&e:'t'e:'L 't'ov &7toO''t'd'Acxv't'& [Le:.
Die Formel in 9,48 ist positiv (aeXe:'t'CXL), bei 10,16 ist sie sinngemäss negativ (&&e:'t'e:'L). Unter der Voraussetzung, dass die beiden Logien eine Dublette sind, darf man auch die nachstehenden Verse vergleichen: 9,49: 10,17:
'EmO''t'&'t'cx, äao[Lev 't'LVCX ev 't'ci> OV6[LCX't'L O'ou exß&'AAoV't'CX acxL[L6vLCX. KOPLe: xcxl. 't'eX: acxL[L6vLCX 07to't'&0'0'e:'t'CXL ~[L'Lv ev 't'ci> OV6[LCX't'L O'ou.
REDAKTION UND INTERPRETATION
IU
Nun ist Lk 9,49 eine Wiedergabe von Mk 9,38, ist also vorlukanisch. Damit bestätigt sich nochmals die Redaktionalität von Lk 10,17. Wie schon gesehen, ist 10,17 eine Nachbildung vom Logion v. 20 (A, II, 1). Aber dabei hat Lukas sicher Rücksicht auf 9,49 genommen. Wie gesehen, ist der Kontext 9,49-50 (par Mk 9,38-40) nach dem Vorbild eines alttestamentlichen Textes gebildet worden, und zwar nach Num 11,26-30 (Kap. III, B, II, 1). Wir wissen auch, dass der Numerus 72 der Jünger {Lk 10,1 und 10,17) ebenfalls von diesem Num 11,24-30 beeinflusst zu sein scheint. Somit kann die Redaktionsgeschichte der Komposition von 10,17-20, besonders von v. 17, verfolgt werden: bei der Komposition der Rückkehr der 72 Jünger erinnerte sich Lukas daran, dass das Schlusslogion der Aussendungsrede 10,16 eine Dublette von der bereits niedergeschriebenen Jüngerbelehrung 9,48 ist 93, und dass es sich in dieser Jüngerbelehrung um den erfolgreichen Exorzismus eines gewissen Mannes handelt, der aber nicht zur Jüngergruppe Jesu gehörten. Darum kam er auf die Idee, einen Bericht über die erfolgreichen Exorzismen der Jünger Jesu niederzuschreiben. Er sah dabei wahrscheinlich auch den alttestamentlichen Hintergrund von jenem fremden Exorzisten in Num 11,26-30, in dessen Kontext von den 70 Ältesten Israels die Rede ist. Er fand dann ein passendes Logion in der Tradition (10,20), das nicht nur den erfolgreichen Exorzismus der Jünger voraussetzt (v. 20a), sondern auch uns Num 11,26 ins Gedächtnis ruft, wonach die Namen beider ausserhalb des Zeltes prophezeienden Männer im Bundesbuch eingeschrieben stehen, wie das Einschreiben der Jüngernamen im Himmel nach Logion v. 20 (Kap. III, B, H, 1). So verwendet er es in dem Bericht über die Rückkehr der Jünger. Um aber dieses Logion und die Aussendungsperikope zu verbinden, baute er einen Verbindugsvers v. 17 auf, welchen er nach dem Vorbild dieses Logions v. 20 und zugleich mit Rücksicht auf 9,48 gestaltet hat, damit klar ersichtlich wird, dass es auch für die Jünger J esu einen erfolgreichen Exorzismus geben hat.
H. Das Logion v. 19 Aber diesen erfolgreichen Exorzismus der Jünger nimmt Lukas nicht einfach als den von der Kraft der Jünger vollzogenen Exorzismus, sondern als die Dämonenaustreibung, die durch die vom Herrn übertragene Vollmacht erfolgte. In der literarischen Analyse wurde festgestellt, dass das Logion v. 19 ganz durch die von Dt 8,15 stammende jüdische Redeweise bedingt ist (Schlange-Skorpion; Identifizierung von Schlange-Skorpion mit Feinden; Schlange-Skorpion als Schädlinge, die als Hauptnamen der Dämonen gelten mazz'ik'im &.~(XE'i:V). Daraus ergab sich, dass Lukas dieses Logion der judenchristlichen überlieferung entnommen hat. Es ist aber noch eine quellenkritische Frage zu stellen, nämlich in welchem Kontext der Jesus93 Zwischen Lk 10,16 und 9,48 gibt es nur einen kurzen Abstand. Der Grund für die Dublette besteht also. nicht in der Vergesslichkeit des Lukas, vgl. H. SCHÜRMANN, Die Dubletten im Lukasevangelium, in "Trad. Untersuchungen", S. 277, Anm. 43.
112
LK
10,17-20: DIE RÜCKKEHR DER ZWEIUNDSIEBZIG
überlieferung dieses Logion vorhanden gewesen ist, oder aus welchem Kontext der Evangelientradition Lukas dieses Logion hierher eingefügt hat. Zwar nimmt man gewöhnlich an, dass das Logion quellenkritisch zum Sondergut gehöre, oder dass es isoliert existiert habe, fragt aber dabei nicht weiter. In der markinischen Tradition findet sich die übertragung der Vollmacht über die Dämonen an die Jünger in der Rede der Aussendung der Zwölf: Mk 6,7 ~~U~ou CXUTOI:. ev T<J) OV6[LIXT[ [Lot> alX~[L6v~1X hßIXAoumv. T~V l~ot>Q"[lXv TOU 7tIXTdv e7t&vw I)cpewv XIXL Q"XOp7t[wv XIXL l7tL 7tocmv T~V MVIX[L~v TOU ex.&pou, XIXL XIXL oOatv ü[LOCC; 00 [L~ &.a~x~Q"e~ (XIXL ev TIX'i:C; x~pmv) :11(;0 I)cpe~c; &.pouQ"~v, x&v &lXv&m[L6v Tt 7t[wmv , \ ß'I\IX-rrJ' ',I. OU, [L'lJ\ IXUTOUC;
Lk 1O,17b steht dem Mk 16,17a parallel. Bei Mk richtet sich die Rede Jesu an die Gläubigen (Q"'lJ[Le'i: ( at TO'i:C; mQ"TeüQ"IXQ"~v TIXUTIX 7tIXPlXxot>&~Q"e~); bei Lk wendet sich der Bericht, d.h. die Rede der Jünger, an Jesus. In beiden Fällen wird der Exorzismus im Namen Jesu vollzogen. In Mk 16, 18a wird das Zeichen für den Glaubenden sehr materialisiert: ohne Schaden Gift zu trinken und Schlangen in den Händen zu tragen 1'Ül. Bei Lk 10,19 ist die Vollmacht über die Schlangen und Skorpione durch einen epexegetischen Zusatz 102 XIXL hL 7tOCOW ~v MVIX[L~v TOU ex.&pou vergeistigt 103. Nun nimmt F. Hahn Mk 16,15-18 als "ein selbständiges und relativ altes Zeugnis" an 104. Er meint, dass dieser Markustext (Deutero-Mk) in seinem Aufbau ein älteres Stadium als die matthäische Formulierung vom Schluss des Mt-Evangeliums erkennen lasse. Ob dies zutrifft, sei hier dahingestellt lJ05. Jedenfalls könnte man wegen der Parallelität zwischen Lk 10,17.19 und Mk 16,17a.18a nicht absolut leugnen, dass das Redaktionsverfahren von Lk in diesen Versen von einer gemeinsamen Tradition von Mk 1'6,15-18 beeinflusst worden sein kann, zumal sich sowohl die Aussendung der 72 Jünger als auch der Missionsbefehl von Mk 16,15 auf die Weltrnission richten. R. BULTMANN, Die Tradition, S. 170. Die Leseart C L X Ll gr. etc. 101 Man sucht das hiesige Motiv in Is 11,8 und versucht im Sinne John 14,12 zu verstehen, so z.B. E. LOHMEYER, M~kus, S. 363; J. SCHMID, Mk, S. 312. 10:2 Nicht im Sinne der luk Redaktion. Diesen Zusatz braucht man nicht zur luk Redaktion gehören zu lassen, gegen G. BAUMBACH, op.cit., S. 181-182. 103 Gegen J. SCHMID, Lk, S. 187c 188. l!04 F. HAHN, Das Verständnis der Miss,ion im Neuen Testament, op.cit., S. 53-54. 105 Gegen F. HAHN, vgl. H. KASTING, Die Anfänge der urchristlichen Mission, (BEvT 55), München, 1969, S. 40, A. 39. 99
100
116
LK
10,17-20:
DIE RÜCKKEHR DER ZWEIUNDSIEBZIG
Es j;st deshalb nicht überrasohend, wenn die Verse 17a und 19 gerade in dem urchristlichen Hymnus von des Erhöhung J esu sehr ähnlich dargestellt werden, wonach der Herr durch seine Erhöhung endgültig über die feindliche Macht als Sieger besungen wird. Es wird klarer sein, wenn die Verse 17a und 19 (immer zusammen) in Vergleich mit Ph 2,10 106 gesetzt werden: Lk 10,19: Lk 10,17: Ph 2,10:
KUpLE, XOI:t -rOt; 801:LfLOVLOI: U7to-racrcrE-rOl:L ufL'i:v l.v -rcl> ÖVOfLOI:-r[ crou ... l.~oucr[OI:V -roü 7tOl:-rE'i:V •.• bd -r~v MVOI:fLLV -roG l.X&poü. \ , rvOI: l.v -rcl> ÖVOfLOI:-rL 'lYJcroü 7tiiv yovu xafL~71 l.7tOUPOl:V[WV XOI:L E7tL, \ ',I, YELWV XOI:L XOI:-rOl:X'lTOVL'!'V •.•
In Ph 2,10 ist der Genitiv ,,'I'YJcroü" bei "l.v -rcl> ÖvofLOI:n" des Possessiv Genitiv: in dem Namen Jesu, den er, Jesus, hat. Der Name, den Jesus erworben hat, ist zweifellos "der Herr" Kupw~. Vor dem Namen Kupw~ beugt sich jedes Knie, der Himmlischen und Irdischen und Unterirdischen. In Lk 10,17 ist die Wendung E.V -rcl> övofLOI:-r[ crou gleicherweise zu interpretieren: -ro 15vofLOI: crou ist Kupw~. Deswegen setzt Lukas die Anrede bei. Weil der Name -ro 15vofLOI: mit dem Genitiv des zweiten Personalnomens eingeführt wird, muss der Name Kupw~ auch durch die Anrede KUpLE ersetzt werden. Nach dem urchristlichen Glauben müssen die Dämonen (ob sie himmlisch, irdisch oder unterirdisch sind, ist gleichgültig) vor dem Namen KUPLE sich beugen: K U P L E, XOI:t -rOt; 801:LfLOVLOI: u7to-racrcrE-rOl:L E.V -rcl> ÖVO[LOI:-rL K u p [ ° u. Dem Schema des Reiseberichtes nach findet sich der Exorzismus der Jünger, während sie auf dem Weg nach Jerusalern sind, zum Ort der Himmelfahrt. Man kann deshalb leicht verstehen, warum die Ausdrücke von Lk 10,17.19 (immer zwei Verse zusammen betrachtet) dem vorpaulinischen Hymnus Ph 2,10 oder Deuteromarkusschluss 16,15ss sO' nahe stehen. Die Dämonenunterwerfung im Namen des Herrn könnte also wie eine Vorwegnahme dessen sein, was eigentlich nach der Himmelfahrt und Erhöhung Jesu geschehen wird. Die Unterwerfung der dämonischen Macht infolge der Erhöhung Jesu wird auch in dem anderen urchristlichen Hymnus 1Ptr 3,18.22 klar zum Ausdruck gebracht 1'07: l!0'6 Als eine Einleitung zu den recht komplizierten Problemen über Ph 2,5-11 und den bisherigen Lösungen, vgl. R.R. MARTIN, Carmen Christi: Philippians 11,5-11 in Recent Interpretation and in the Setting of Early Christian Worship, Cambridge, 1967. J. JEREMIAS, in Studia Paulina, S. 152-154, nimmt die Wörter t7\"OUPIlG'I[W'I XllGt tmye;[w'I XllGt XIlG't"IlGX'&O'l[W'I wegen des ParaHelismus membrorum als einen paulinischen Zusatz an. Dieselbe Meinung vertreten G. FRIDRICH, Der Brief an die Philipper, NTD (1962), S. 111; R.P. MARTIN, op.cit., S. 35,36-37; E. KÄSEMANN, Kritische Analyse von Phil 2,5-11, in "Exegetische Versuche und Besinnung", 1,3. Aufl., Göttingen 1964, S. 85: "Einschub". Aber wenn es auch ein Einschub wäre, würde sich der Sinn des Verses kaum ändern: Jesus als Kosmokrator allen Wesens, d.h. Sieger der himmlischen, dämonischen Wesen. 107 In IPtr 3,18-22 scheinen zwei Hymnen zu stehen: der eine ist ein alter christologischer Hymnus v. 18 und v, 22, der andere eine Instruktion über den Baptismus für die Katechumenen v. 19 und v. 20,21. Vgl. dazu W.J. DALTON, Christ's Prodamation to the Spirits (Analecta BibIica 23), Roma, 1965, S. 97ff.
REDAKTION UND INTERPRETATION
(0 xpLO"'t"6e;)
117
&IXvIX't"Der Geheimnischarakter der Offenbarung der Person J esu wird von Lk nicht nur durch ein Wortspiel &7t~Xpu\jJ()(~-&7tE:x&A.u\jJ()(~ (v. 21), sondern auch durch eine Wendung X()(-r' U3[()(v (v. 23) stark betont. Der Gebrauch dieser Wendung zeigt wie wichtig die Perikope 10,21-24 für die luk Theologie ist; denn Lukas hat, wie schon gesehen, diese Wendung X()(-r' U~[()(V (mit X()(-ra: fL6v()(~) nur in den wichtigen Offenbarungs szenen verwendet, die unserer Perikope parallel stehen: Lk 9,10 und 18. Hier werden die Offenbarungsempfänger ausdrücklich fL()(.&'Y]-rd genannt v. 23, die Jesu Kommen vorbereitet haben v. 1. Sie wurden vom Herrn als selig fL()(x&pw~ gepriesen, weil ihre Augen die Person J esu erkannt haben. Zwar bezieht sich der Relativsatz & ßMm;-rE auch auf den Erfolg im Exorzismus und auf das Bekanntsein bei Gott (v. 17-20), jedenfalls aber muss das "Was" des Sehens letztlich die Person J esu sein, weil der Erfolg im Exorzismus zur Anerkennung und zum Bekenntnis Jesu als xüpw~ v. 17 geführt hat. Wie schon gesehen, betont Lukas das Thema von "Augen-Sehen" durch eine redaktionelle Auslassung von ,jOhren-Hören" (vgl. Mt 13,16). Was die Jünger gesehen haben, ist, dass Jesus der Kyrios der erhöht-werdende König ist, dem auch die himmlischen und satanischen Mächte untertan sind (vgl. ,Phil 2,11 etc.). Diesen messianischen König wonten die Propheten und Könige des Alten Bundes sehen, aber nur die Boten J esu haben ihn sehen können. Deshalb sind sie fL()(x&pw~, weil die eschatologisch-messianische Hoffnung des Alten Bundes in den Boten des Neuen Bundes erfüllt worden ist. Es lässt sich vermuten, dass hinter der luk Theologie bzw. hinter der luk Redaktionsarbeit der Missionsperikope, d.i. Anfang des Reiseberichtes Lk 9,51-10,24 das sog. Revelations-Schema der urchristlichen Missionspredigt stehen mag (wie etwa lKor 2,6ff; Kol 1,26f; Eph 3,4-7.8-11 und Rom 16,25f) 102.
fizieren, vgl. R. SCHNACKENBURG, Mk 9,33-50, in "Synoptische Studien für Wikenhauser", S. 184-206, besonders S. 189; K.G. REPLOH, Markus - Lehrer der Gemeinde, Stuttgart, 1969, S. 140-148; H. SCHÜRMANN, Lk, S. 576. Vgl. LEGASSE, op.oit., 203ff. liJ2 Vgl. N.A. DAHL, Formgeschichtliche Beobachtungen zur Christusverkündigung, Ntl. Studien für R. Bultmann, BZNW 21 (1957) 4-5.
141
REDAKTION UND INTERPRETATION
3) Rückblick auf die Perikope der ersten Aussendung Lk 9 Um das Thema der Offenbarung und des Sehens in Lk 10,21-24 tiefer zu begreifen, wO'llen wir einen Blick auf die PerikO'pe der ersten Aussendung (Lk 9,7-9,21) werfen. Wie schO'n gesehen, gipfelt das Thema der zweiten Aussendung in der Offenbarung und dem Sehen des SO'hnes: 't"~~ tcrWJ 0 ut6~. In der ersten Aussendungsperikope bildet das Petrusbekenntnis Lk 9,20 den Höhepunkt: 't"ov xp~cr't"ov 't"OU .&EOU. Das Bekenntnis des Petrus ist bei Lk wie bei den anderen Synoptikern durch die doppelte Frage Jesu nach seiner PersO'n eingefügt, Lk 9,18: 't"~v~ [LE ot ~XAm Myoumv e:Iv~~ (Mt.Mk ot &v.&pw7tod und v. 20: ÜfLEr:~ ae 't"(v~ fLE MYE"t"E elv~~. Für Lk ist aber diese "Frage" besO'nders wichtig, denn die Meinung der Leute über die Person Jesu, ob er JO'hannes O'der Elias etc. sei, hat eine Parallele in Lk 9,7-9. Diese Parallelsetzung hat Lukas aus der MkTradition übernommen (Mk 6,14-16 und 8,27-30). Dadurch wird die ganze PerikO'pe Lk 9,7-21 eingeklammert. Aber im Unterschied --zu Mk-Mt setzt Lukas eine "Frage" des Herodes nach der Person Jesu die kleine Einheit ein, Lk 9,9: "t"(~ aE tcrnv oi)'t"o~ 7tEP~ oi) <X.xouw "t"m~u"t"~ (vgl. Lk 23,8). Wie Lukas in Lk 10,23 den Terminus des Geheimnisses x~"t"' ta(~v gebraucht hat, verwendet er ihn auch in der ersten Aussendungsperikope Lk 9,10b. 18, d.h. vO'r der BrO'tvermehrung und vor dem Petrusbekenntnis (x~"t"' ta(~v
m
- x~"t"a fL6v~~).
Wie die Zwölf nach der Aussendung und mit der Verkündigung der Basileia GO'ttes (in Lk 9,2) zur Offenbarung und Erkenntnis der Person Jesu geführt wurden (beim Petrusbekenntnis), und zwar durch das BrO'twunder, sO' gelangen auch nach ihrer Aussendung die 72 Jünger in der Verkündigung der "Nähe" der Basileia Gottes (Lk 10,9.11) zur Offenbarung und Erkenntnis der Person Jesu 00,21-24) 1,03, und zwar durch die Dämonenaustreibung. Dort offenbart sich Jesus ihnen als 0 xp~cr"t"o~ "t"OU .&EOU (9,20) nach der Frage 't"~v~ fLE e:Iv~~ (9,18.20), hier offenbart sich der Herr als der Sohn des Vaters mit einer indirekten Frage "t"(~ tcr"t"~v 0 ut6~ (man braucht nicht eine Sinnverschiedenheit beider Fragen in den Vordergrund zu stellen). An diese doppelte Offenbarung der ,person Jesu gegenüber seinen Jüngern erinnert sich Lukas wahrscheinlich auch in der Mitte der Leidensgeschichte. Das Bekenntnis des Petrus schliesst sich an die erste Leidensankündigung an, was ein Partizip des Verb d7twV in Lk 9,22 zeigt, durch welches sich das Petrusbekenntnis und die Leidensankündigung eng aneinander knüpfen. Der Reisebericht, innerhalb dessen die Offenbarungsrede steht, zielt auf die PassiO'n und Erhöhung. Es ist deshalb erlaubt, die 1.'03 A.M. DENIS, Vinv:estiture de la fonction apostolique par "Apocalypse", RB 64 (1957) 499-500, nimmt an, dass das Petrusbekenntnis-Jesuverheissung in Mt 16,17-1S auf die gleiche Traditionslinie von Mt 11,25-27 (mit Gal 1,13-15) fällt. Obwohl seine Hypothese, dass Matth in seiner Gestaltung von Mt 16,17-18a vom Galaterbrief beeinflusst worden sei, ganz fraglich ist, ist sein Aufmerken auf das enge Verhältnis des. Petrusbekenntnisses mit Mt 11,25-27 richtig. 1'04 Diese Antwort Jesu in v. 67 und 68 ist wahrscheinlich aus der johanneischen Tradition Jo 1O,24f entnommen. Vgl. dazu G. SCHNEIDER, Verleugnung, op.cit., S. 57, 6S-69 und 113-115.
142
LK
10,21-24:
DIE OFFENBARUNG UND AUGENÖFFNUNG
doppelte Offenbarung der Person Jesu je nach der Aussendung der Jünger im Lichte der Leidensgeschichte zu betrachten. Im Unterschied zu MkMt bringt Lukas die zweimalige Frage der Hohenpriester und Schriftgelehrten über die Person Jesu in Lk 22,67 und v. 70: e:L 0'0 d 0 XpLO'TO~, e:btov ~fL~v; 0'0 o\)v d 0 uto~ TOU &e:ou. Die erste Frage entspricht dem Bekenntnis des ,Petrus in 9,20: TOV XPLO'TOV TOU &e:ou und die zweite Frage vom Synedrium der Offenbarungsrede in 10,22 T[~ EO'TLV 0 ut6~. In beiden Fragen der Passionsgeschichte antwortet Jesus nicht direkt (vgl. 22,67: Mv üfL~v e:'lmu, ou fL-f) 7nO'Te:UO''Y)Te: und v. 70: üfLe:~~ Mye:Te: 8TL EYW e:LfLL) 104. Man könnte vermuten, dass es Lukas hier mit der gleichen Sorge um die Bewahrung des Geheimnisses der Person Jesu geht wie bei der Frage des Herodes (9,9 und 23,8) und bei 10, 21ff, wonach die Offenbarung der Person Jesu nur den v'Y)7t[m~ und nicht den Klugen und Weisen zuteil wird. 4) Ausblick auf das Ende des Reiseberichtes
Wir wenden uns jetzt dem Endabschnitt des Reiseberichtes zu. Wichtig ist die Frage, ob ein gleiches Thema nicht nur am Anfang des Reiseberichtes, sondern auch am Ende desselben in Erscheinung tritt; denn ein gleiches Thema, das am Anfang eines Abschnittes und am Ende desselben auftaucht, gilt sicher als ein wesentliches für diesen Abschnitt. In der Tat entwickelt Lukas am Ende des Reiseberichtes (Lk 18,35 - 19,44) folgende Gedanken: Die Erkenntnis der Person Jesu wird nur den Unmündigen V'Y)7t[OL~ zuteil - Unmündige bekennen als Jünger durch die Vorbereitung seines Kommens J esus als den Herrn der Basileia - die Augen der v'Y)7t[(Uv erkennen, wer Jesus bzw. wer der "Sohn" ist T[~ EO'TLV 0 ut6~. Hier werden diese Themen in drei Abschnitten untersucht: a) Blindenheilung Lk 18,35-43; b) Der Zachäusbericht Lk 19,1-10; c) Der Einzug in Jerusalem Lk 19,28-44. a) nie Blindenheilung Lk 18,35-43: Bei einer Blindenheilung, die Lukas aus der Mk-Tradition übernommen hat 105 - alle luk Differenzen von Mk können als luk Redaktion nachgewiesen werden m & - , lässt Lukas den Blinden eine Frage stellen 105 Zu den verschiedenen Meinungen über die quellenkritische Frage: vgl, A. FUCHS, Sprachliche Untersuchungen zu Matthäus und Lukas. Ein Beitrag zur Quellenkritik (Anal. BibI. 49) Roma, 1971, S. 18-37. Er stellt das Panorama des heutigen Standes der Diskussion seit dem 19. Jahrhundert dar. Ergänzend ist noch die Hypothese von E. SCHWEIZER, Eine hebräisierende Sonderquelle des Lukas, TZBas 6 (1950) 161-195, besonders S. 175; er rechnet mit der Möglichkeit, dass die luk Blindenheilung zu einer schriftlich fixierten hebräisierenden Sonderquelle gehöre. Zu ergänzen sind zwei neue Literaturen: T. SCHRAMM, Der Markus-Stoff bei Lukas (Society NTS mono graph series 14), Cambridge, 1971, S. 143-145, und Ch. BURGER, Jesus als Davidssohn. Eine traditionsgeschichtliche Untersuchung, FRLANT 98, 1970, S. 42-46, 59-63, 72-77. Die beiden Autoren sind für Mk-Tradition bei dieser luk Perikope. 1'0'6 tye:VE:'t"o al: tv 't"cJl + Infinitiv: lukanisch, vgl. Lk 9,51. Das Verb t1:1t"OCL't"e:c.> kann als lukanisch gelten, denn es findet sich im NT nur noch in Lk 16,3. Das Verb &1t"OCyye:AAc.> v. 37 (vgl. Mt 8X, davon 1 Zitat; Mk 3x; Lk 11x und Apg 17x). Lukas setzt es neu in Q oder Mk ein: Lk 7,18 in Q; Lk 8,47 vgl. Mk 5,33. Wenn er es in Q oder Mk vorhanden findet, gibt er es wieder: Lk 7,22 par Mt 11,4; Lk 8,34
REDAKTION UND INTERPRETATION
14l
in v. 36: E7tUV.&OCVe:'ro 'rL d'Y) 'roiho; der Satz ist lukanisch unä redaktio~ nell 107 • Weil er blind ist, kann er nicht fragen "wer ist er?", sondern nur "was ist das?". Entsprechend der Mk-Tradition ruft der Blinde den Kommenden zweimal mit der Anrede ('I'Y)O"ou) ute: LlIXULa an (v. 38,39). In übereinstimmung mit Mk setzt Lukas den Anruf von "Davidssohn" vor die Bitte um Erbarmen 108. Er ruft ihn ein drittes Mal an, diesmal aber mit der Anrede xup~e:. Mit dieser Anrede bittet er ihn um das Sehenkönnen, v. 41 xup~e:, tVIX &VIXßAE~W. Markus schreibt die Anrede PIXßßOV~ (Mk 10,51). Die Anrede xup~e: hier bei Lk scheint redaktionell zu sein, falls Lukas nicht par Mt 5,14; Lk 24,9 par Mt 28,8. Durch dieses Verb ersetzt er andere Verben, die in Mk vorhanden sind: Lk 8,20 vgl. Mk 3,32 (AeyouO"~v); Lk 8,36 vgl. Mk 5,16 (~kYlY~O"lXv'I"o); Lk 9,36 vgl. Mk 9,9. Sonst in Sv (Lk 13,1 - die Perikopeneinleitung - ist also vermutlich luk; Lk 14,21 Sv), Ergebnis: der Gebrauch des Verbums ist hier lukanisch. [)as Verb 7t"IXP€PXOfLlX~ v. 37 (vgl. Mt 7x; Mk 4x; Lk 8x; Apg 3X) Lk 11,42 in der par-Stelle Mt &rp~XIX'I"e:; Lk 12,37 S; 15,29 S; 16,17 par Mt 5,18; 17,7 S; 18,38; 21,32.33 par Mk-Mt. Er gibt das Verb stets aus der Tradition wieder: Lk 16,17 par Mt 5,18; Lk 21,32.33 par Mk-Mt; er verwendet es 3x in S: Lk 12,37; 15,29 und 17,7; er ersetzt ein anderes WOort durch dieses Verb: Lk 11,42 vgl. Mt 23,23 (&rp~XIX'I"e:). Ferner, bei seiner Wiedergabe der Tradition hat er es nie gestrichen, wenn er einen Satz, der dieses Verb hat, aus. der TraditiOon aufgenommen hat. Das Verb 7t"poocyw v. 39 in Lk nur hier; aber in Apg 4X; vgl. Mt 6x und Mk 5X. Aber Mt 2,9 und 21,31 gehören zu MtS; die ganze Perikope von Mt 14,22 par Mk 6,45 nimmt Lukas nicht auf. Mk 14,28 par Mt 26,32 und Mk 16,7 par Mt 28,7 sind für die Theolog"1e von Lk nicht passend, darum schreibt er dieses Verb nicht. Den ganzen Vers von Mk 11,9 par Mt 21,9 hat Lukas umgestaltet. Daraus ergibt sich, dass Lukas keine besondere Abneigung gegen das Verb hat. Da er es auch in Apg 4x verwendet, ist das Wort als lukanisch zu beurteilen. Das Verb myocw v. 39 ist lukanisch. Unter den Evangelisten verwendet er es allein: Lk 9,36 (Schlussvers mit &7t"lXyyeAAw); 18,39; 20,26 (Schlussvers, ist alsOo lukanisch) und Apg 3X. Das Verb ßoocw v. 38 vgl. Mt 1 + 1 Zitat; Mk 1 + 1 Zitat; Lk 3 + 1 Zitat; Apg 3X. Das Verb f:yyt~e~v v. 40 ist lukanisch: vgl. Mt 7X; Mk 3x; JOo OX; Lk 18X; Apg 6x; auch in Lk 19,37 gleiche Wendung wie bei 18,40 (Genitiv Absolutus): f:yyto"lXv'l"o~ a~ IXO'l"OÜ. Die Wendung O"'I"IX&d09. Die Bitte mit der Anrede XUP~E zeigt den Glauben des Blinden :11'0, wie Jesus ihm bestätigt in v. 42 ,,~7t[cr'T~C;; crou dcrcuxev crE". Im Unterschied zu Mk (\)7tOCYE) antwortet der kommende Herr mit dem Befehlswort "av&.ßAEY;OV". Erst auf den Ruf XUP~E heilt Jesus ihn durch ein Befehlswort "av&.ßAEY;OV'. Ausser Lk 18,38.39 bezeichnet Lukas Jesus niemals als Sohn Davids. weil er in Jesus, dem König, mehr sieht als die natürliche Herkunft 111. Darum heilt Jesus nach Lukas den Blinden erst bei der Anrede XUP~E Es ist hier nicht ausgeschlossen, einen strukturisierten Dialog zwischen dem Blinden und J esus zu hören: XUP~E ~voc avocßMy;cu xat 0 '11)0'013