BASTEI-LÜBBE-TASCHENBUCH Band 11816
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BASTEI-LÜBBE-TASCHENBUCH Band 11816
© Nymphenburger Verlagshandlung GmbH, München 1986 Lizenzausgabe: Gustav Lübbe Verlag GmbH, Bergisch Gladbach Printed in Germany April 1992 Einbandgestaltung: Roland Winkler Titelillust ration: Mackens-Hassler Druck und Bindung: Ebner Ulm ISBN 3-404-11816-2 Der Preis dieses Bandes versteht sich einschließlich des gesetzlichen Mehrwertsteuer
Inhalt Rückblick anstatt eines Vorworts 7 Noch immer Rückblick 13 Erster Versuch nach Dr. Murphy 18 Der kleine Unterschied 27 Murphy schlägt zu oder Die Augen der Kleopatra 33 Wo ist die Cleo? 39 Aktionen - Reaktionen und die Gedanken eines Katers 43 Transportprobleme und wie man sie nicht löst 48 Sport - Spiel - Entspannung 53 Erziehungsversuche und eine Begegnung die Folgen haben wird . . . 62 Aerobic - heißt die Parole 70 Auch Vampire können lieben 75 Die Nächte der Cleo R. - Ein Sex-Report 81 Von Mäusen und Menschen 95 Habt ihr mich verstanden? 106 Rosco 111 Tischsitten und Unsitten 117 Kater Bubu und der Giftmüll 123
Wie man Fieber mißt oder Die Auswirkungen des Umweltschutzes 128 Und wieder Murphy 132 Der erste Schritt 141 Kinderstuben 149
Rückblick anstatt eines Vorworts Wer sich entschließt, mit einer Katze Heim und Herd - präziser wäre Tisch und Bett - zu teilen, der sollte über eine außerordentlich starke Willenskraft, eine Wohnung, die nur über einen Fahrstuhl zu erreichen ist, und einen gesunden Egoismus verfügen: Denn eine Katze kommt selten allein! Katzen müssen ein ausgezeichnetes Nachrichtensystem aufgebaut haben, wo eine ist, stellt sich bald die zweite ein; wo zwei sind, läßt die dritte nicht lange auf sich warten, etcetera, etcetera . . . Für einen echten Katzennarren gibt es nichts Schlimmeres, als ein kleines, hilfloses Kätzchen, das halbverhungert um Einlaß bittet, seinem Schicksal zu überlassen. Eher wird er der Narr seinen Partner vernachlässigen, seine Schwiegermutter verstoßen, seine Kinder anbrüllen, als diesem zitternden Fellbündel Kost und Logis verweigern. Für mich ist ein Haus ohne Haustiere wie eine Suppe ohne Salz. Sollte meiner Familie diese
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Suppe hin und wieder stark versalzen vorkommen, so läßt sie mich das - gelobt sei ihre Duldsamkeit nur selten fühlen. Mein Haustier-Syndrom kann bis zu meinem fünften Geburtstag zurückverfolgt werden. Damals tauschte ich einen nagelneuen, funkelnden, aber reichlich leblosen Ball gegen einen jungen, verlausten und sehr lebendigen Hund ein. Als ich mit dem Tier zu Hause aufkreuzte, verabreichte mir meine Mutter zuerst eine Tracht Prügel - wegen des Balls - und dann ein Bad - wegen des Ungeziefers. Am nächsten Morgen war der Hund verschwunden; fortgelaufen, wie meine Eltern in seltener Einigkeit erklärten. Was blieb, war meine Sehnsucht nach einem Tier und mein Mißtrauen gegenüber den Sprüchen der Erwachsenen. Meine Willenskraft muß damals noch stark entwicklungsbedürftig gewesen sein, denn es dauerte noch zwei lange Jahre, bis mein Vater, der ständigen Kämpfe müde, aus einem Tierheim einen halbverwilderten, schwarzen Chow mit nach Hause brachte. Der Hund gewöhnte sich nur schwer an uns, sobald er die geringste Chance sah zu entkommen, schlüpf8
te er hinaus und lief über die Felder - auf der Suche nach Kaninchen, seinem früheren Herrn oder der Freiheit. Eines Nachts, nachdem wir erfolglos versucht hatten, ihn wieder einzufangen, erhängte er sich, als sich sein Halsband beim Überspringen eines Zaunes im Draht verfing. Vielleicht wollte er lieber tot als gefangen sein. Es folgten andere Hunde: ein Zwergpudel für meine Mutter, der sich zum Königspudel entwickelte, ein Bernhardiner für meinen Vater, für den jeden Tag Waschschüsseln voller Kuddeln gekocht wurden (noch heute kann ich den süß-sauren Kuddeln, die mancherorts als Spezialität angeboten werden, nichts abgewinnen), ein nervöser Foxterrier, ein dicker, ewig hungriger Spaniel, ein irrer Spitz, der durchdringend kläffte und zum Entzücken der Kinder und zum Entsetzen meiner Mutter jedes Stuhlbein vergewaltigte. Meine erste Katze raubte ich vom Heuboden eines Bauern. Dieser Bauer hatte mir und meiner Freundin je ein Kätzchen versprochen, ohne die Gefühle der Katzenmutter dabei zu berücksichtigen. Als wir auf dem Heuboden erschienen, kratzte und fauchte sie und ver9
teidigte ihre Kinder wie eine Tigerin. Wir lagen viele Stunden auf der Lauer, bis die Alte ihre Jungen für kurze Zeit verließ und es uns gelang, ihre Kinder zu entführen. Zerschunden und zerkratzt kehrten wir von unserem Abenteuer mit unserer Beute heim, legten die Kätzchen in einen Karton und versteckten sie im Keller unseres Hauses, denn meine Mutter hatte sich strikt geweigert, neben den Hunden auch noch eine Katze zu versorgen. Unsere Fütterungsversuche scheiterten kläglich. Die Kleinen waren vielleicht vier oder fünf Wochen alt und lehnten unsere eingeweichten Semmeln ab. Damals gab es überall kleine Flaschen mit „Liebesperlen“ zu kaufen. Wir schnitten ein Loch in den Sauger und versuchten, die Kätzchen mit Milch zu füttern, wenn die Kleinen nicht trinken wollten, schüttelten wir sie und schrien sie an. In unseren Augen waren sie ungezogen, sie wollten nicht fressen, also bestraften wir sie. So hatten wir das gelernt, so wurden auch wir „erzogen“. Unsere ebenso grausamen wie dummen Fütterungsversuche endeten mit dem Tod der Kätzchen. Die Katzen, die viele Jahre später bei uns 10
lebten, waren ältere, erfahrene Tiere, die uns Kindern aus dem Weg gingen, bis wir vernünftig genug waren, sie mit dem nötigen Respekt zu behandeln. In meiner Erinnerung sind alle grau gestreift und heißen Pussy oder Peter. Einer dieser „Peter“ war übrigens eine Dame, das ließ sich nicht länger verheimlichen, als er Mutter wurde. Kurz nach der Geburt der Kleinen wurde Peter überfahren. Diesmal wollte ich, inzwischen zum Teenager gereift, alles richtig machen. Zuerst klapperte ich die Nachbarschaft auf der Suche nach einer Amme ab. Vergebens. Dann stellte ich die richtige Futtermischung aus Kuhmilch, Sahne, Eigelb und Knochenmehl her, reicherte das Ganze mit Vitamin A und D an und sorgte dafür, daß die mutterlosen Kätzchen es warm hatten. Diesmal mußte ich sie auch nicht im Keller verstecken, die ganze Familie kümmerte sich um die Kleinen, dennoch brachten wir nur eines durch. Wir nannten es - zur Erinnerung an die Mutter - wieder Peter, obwohl wir inzwischen den kleinen Unterschied erkannten und wußten, daß es auch diesmal eine „sie“ war. Sie wurde groß und kräftig und bekam zweimal im Jahr mit schönster Regelmäßigkeit 11
Junge, einmal im Kleiderschrank, einmal im Bett meiner Eltern, ein anderes Mal im Vorratskeller, zwischen Apfelmus und Erdbeermarmelade; aber meistens verschwand Peter einfach im Wald hinter dem Haus und stellte uns ihre Sprößlinge erst vor, wenn die Kleinen kräftig genug schienen, die Nähe des Menschen zu ertragen. So war es damals nicht ungewöhnlich, daß wir neben ein oder zwei Hunden auch noch drei erwachsene Katzen plus drei oder vier Katzenbabys beherbergten. Sie kamen und gingen, wir sorgten für ihr leibliches Wohl, spielten mit ihnen, verschenkten einen Teil der Sippschaft, wenn es gar zu viele wurden, und nahmen sie als selbstverständliche, manchmal auch einfach lästige Hausgenossen. Wenn mir allerdings in diesen Jahren jemand prophezeit hätte, daß ich mich zwei fahrzehnte später in eine Katze verlieben würde, hätte ich nur milde gelächelt und mit der Weisheit der Jugend sowohl an des Propheten wie auch an meinem eigenen Verstand gezweifelt!
Noch immer Rückblick Jung verheiratet’ und vom Land in die Großstadt verpflanzt, stellte ich schon nach kurzer Zeit fest: Mir fehlte etwas. Nicht etwa, daß ich Heimweh gehabt hätte, ich war ganz im Gegenteil froh, der Kindheit und dem Elternhaus endlich entflohen und herrlich erwachsen zu sein, auch ließen mir mein junger Ehemann, mein ebenso junger Haushalt und ein anstrengender Job kaum Zeit für nostalgische Gefühle. Was mir fehlte, war ganz einfach das Gewimmel unserer Haustiere. An eine Katze oder einen Hund durften wir nicht denken, noch heute wundert es mich, daß der Hausverwalter uns überhaupt gestattete, ein Kind zu bekommen und gegen die strengen Regeln der geheiligten Hausordnung - kein Lärm, wie auch immer geartet, nach 22.00 Uhr - aufzuziehen! Doch auch als mein Sohn lautstark und emsig herumwimmelte, fehlten mir die Viecher. Wir versuchten es mit einem Aquarium, indes, die rechte Verbundenheit zwischen uns und den
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Guppys wollte sich nicht einstellen. Dann überraschte mich mein Mann mit einem Sittichpärchen. Die Vögel machten einen immensen Lärm, verstreuten Futter und Federn mit nie erlahmender Energie und dachten gar nicht daran, zahm zu werden, waren sie sich doch selbst genug. Durch eine Unachtsamkeit entflogen sie eines Tages, als wir sie auf den Balkon in die Sonne trugen. Ich sah ihnen nach, zwei kleiner werdende Punkte gegen das Blau des Himmels, lauttschilpend und endlich frei, und mir wurde bewußt, was wir Tieren antun, die, zum Fliegen geboren, ihr Leben in einem engen Käfig fristen müssen. Nach dieser Erkenntnis hätte ich den Fischen am liebsten gleich ebenso die Freiheit gegeben, nur ist das bei Warmwasserfischen in unseren Breiten nicht so einfach, und da auch selten alle auf einmal das Zeitliche segnen, es sei denn durch Krankheit oder Vernachlässigung, existiert das Aquarium noch heute nach zwanzig Jahren und einigen Umzügen -, wirkt sehr dekorativ und fasziniert vor allem unsere Katzen. Als wir für uns drei - unser Sohn war inzwi-
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schen vier Jahre geworden - eine größere Wohnung suchten, lautete unsere erste Frage: Dürfen wir Haustiere . . .? Wir durften. Gesegnet sei unsere Vermieterin. Die Frage „Hund oder Katze?“ war schnell geklärt. Zwar lag die Wohnung inmitten einer Waldsiedlung, kinderfreundlich und verkehrsarm, jedoch im ersten Stock. Somit war einer Katze der freie Zugang verwehrt, und das Tier nur in der Wohnung zu halten, lehnten und lehnen wir ab. Diesen nächtlichen Jäger zum Schmusetierchen, gefangen zwischen Küche und Wohnzimmer, zu degradieren, ist nicht nach unserem Geschmack. Nun gehen da allerdings die Meinungen auseinander, so empfiehlt ein amerikanischer Katzendoktor, eine Katze ausschließlich in der Wohnung zu halten. Das Tier sei dort vor allen Gefahren geschützt und könne ohne weiteres achtzehn Jahre alt werden. Das erinnert mich an die Geschichte von dem Mann, der von seinem Arzt wissen will, was er tun könne, um neunzig Jahre alt zu werden. Auf Befragen des Arztes erklärt der Mann, nicht zu rauchen, nicht zu trinken und noch nie etwas mit Frauen gehabt zu haben. 15
„Wozu, um alles in der Welt“, fragt ihn da der weise Medizinmann, „wollen Sie denn dann überhaupt neunzig Jahre werden?“ Kurz nach unserem Umzug wurde Rosco, ein zimtfarbener Chow-Chow, unser neuer Hausgenosse. Er hatte das Aussehen eines Löwen, aber sein Gemüt war sanft. Er liebte alle Katzen und Hunde, wenn auch seine Liebe nur selten erwidert wurde, spielte mit zahmen Kaninchen und Meerschweinchen, und mehr. als einmal fand er verletzte Vögel, die er zart beschnupperte, ohne ihnen auch nur ein Federchen zu krümmen. Er starb als alter Herr unter Schmerzen, weil der Tierarzt ihn wegen eines bevorstehenden Feiertags nicht einschläfern wollte. Aber das ist eine andere Geschichte. Als Rosco dreizehn Jahre alt geworden war und sich bei ihm die ersten rheumatischen Beschwerden einstellten, zogen wir wieder einmal um, diesmal in ein Haus mit Garten. So blieb ihm durch einen glücklichen Zufall im Alter das Treppensteigen erspart. Seit Jahren hatte mein Mann davon geträumt, sollte es uns einmal gelingen, ein Haus mit Garten zu 16
Katze Ausschau halten. Nun, dieses ergattern, so würde er unverzüglich nach einer Haus war wie geschaffen für Katzen. Ein dicht bewachsener Garten mit Bäumen zum Klettern und Büschen zum Verstecken, zwei überdachte Terrassen, die Schutz vor Regen und Kälte boten und viel Platz für uns alle. Also beschlossen Mutter und Sohn, unserem Haushaltsvorstand ein Kätzchen zum Geburtstag zu schenken. Mehr oder weniger diplomatisch versuchten wir, herauszufinden, was für ein Kätzchen ihm denn das liebste wäre, und wie das manchmal so ist mit der Verwirklichung alter Sehnsüchte, es stellte sich heraus, daß ihm das liebste Kätzchen gar kein Kätzchen wäre! Die Straße vor dem Haus sei zu befahren, der Hund zu alt, um sich an eine Katze im Haus zu gewöhnen, die Frage, wohin mit dem Tier, wenn wir in Urlaub führen, noch ungeklärt. Also, sprach der Hausherr, keine Katze.
Erster Versuch nach Seit ich von Dr. Murphy durch sein Buch „Die Macht deines Unterbewußtseins“ dahingehend informiert wurde, daß nichts, angefangen von einer Top-Karriere bis hin zum Lottogewinn, unmöglich ist, sofern man besagtem Unterbewußtsein vertraut und seine Wünsche energisch genug artikuliert, führte ich lange, bisher erfolglose Gespräche mit meinem eigenen Unterbewußtsein. Mag sein, daß meine diesbezüglichen Wünsche etwas ausgefallen oder die Zeit noch nicht reif ist, bisher ist es mir noch nicht einmal gelungen, auf diesem esoterischen Wege ein Wildlederkostüm zu erhalten. Ab sofort ersetzte ich also das Wildlederkostüm durch ein Kätzchen, und zwar ein schwarzes. Jetzt wird sich ja herausstellen, wessen Wort hier mehr Gewicht hat, das des Hausherrn oder Dr. Murphys! Ich nehme an, mein Unterbewußtsein ist noch etwas ungeübt, denn das Kätzchen, das schon nach wenigen Versuchen eintraf, war nicht schwarz, sondern grau gestromert.
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Es kam, angelockt durch Schalen mit Milch, die wir für den Hausigel im Garten aufgestellt hatten, war scheu, struppig und abgemagert und entschloß sich, nachdem es vierzehn Tage lang Haus, ;Garten und Hund inspiziert hatte, zu bleiben. Und wie es blieb. Waren wir bis dahin der Meinung gewesen, eine Katze sei ein freies Individuum und nur glücklich, wenn sie durch Wald und Feld streifen könne, so schien dieser Kater entschieden anderer Ansicht. Er zog an einem Samstag ein und verließ sein neues Heim erstmalig, als ich ihn eine Woche später mit sanfter Gewalt dazu drängte, frische Luft zu schnappen. Zuerst hat es uns unendliche Geduld gekostet, ihn dazu zu bewegen, Stufe für Stufe die Veranda hochzukommen und sein Futter in unserer Nähe zu fressen, jetzt kostet es uns Geduld und Überredung, ihn für kurze Zeit aus dem Haus zu bekommen. Der kleine Kater war, als wir ihn zum ersten Mal sahen, extrem vorsichtig, verwildert und ständig auf der Hut. Wie wir später erfuhren, hatte er mit acht anderen Katzen bei einer alten Dame gelebt, die Monate davor ins Altersheim gezogen war und die Tiere sich selbst 19
überlassen mußte. Seit dieser Zeit lebte der kleine Kater also von in Milch eingeweichtem Brot, das mitleidige Nachbarn ihm und den anderen Katzen ab und zu hingestellt hatten. Nun hat er also ein neues Heim und das Zigeunerleben gründlich satt. Er schläft und schläft und steht nur auf, wenn er hungrig ist oder ihn ein dringendes Bedürfnis in Richtung Katzenklo treibt. Da er nach Ladenschluß bei uns seßhaft wurde, haben wir eine große Pflanz- , schale, ursprünglich zur Anzucht von Petunien gekauft, zum Katzenklo umfunktioniert. Als wir ihn das erste Mal in die mit Torf gefüllte Schale stellten, machte er sich stocksteif und sah uns ausgesprochen angewidert an. Er sprang sofort unverrichteter Dinge wieder heraus und begab sich auf die Suche nach einem Schlafplatz. Nun weiß jeder vernünftige Mensch, daß Katzen nie, nie, nie ins Bett gehören, und genau dahin lenkte er seine Schritte. Wir boten ihm einen mit Handtüchern ausgelegten Karton an, er lehnte ab. Sobald die Geschäfte wieder geöffnet hatten, kaufte der Hausherr ihm einen viel zu teuren Weidenkorb, er lehnte abermals ab. Schließlich akzeptierte er das daunengepolsterte Sofa in unse20
rem Schlafzimmer, ich hoffe, meine Tante, die uns dieses schöne alte Stück überlassen hat, wird es nie erfahren! Seit der Zeit schlafen wir übrigens bei geöffneter Schlafzimmertür, damit Stromer, so nannten wir ihn der Streifen und des Charakters wegen, kommen und gehen kann, wie es ihm beliebt. Doch zurück zum Hygieneproblem. Wir sahen, in dieser Hinsicht, schon einiges auf uns zukommen, fürchteten um unsere Teppiche und den Duft von Sauberkeit und Frische, als unser neuer Hausgenosse nach ausgedehntem Mittagsschläfchen zielstrebig in Richtung Hauswirtschaftsraum entschwand und dort unter dem Beifallsgemurmel der ganzen Familie den Dingen im Katzenklo freien Lauf ließ, als hätte er nie anderes im Sinn gehabt! Der Torf war ziemlich ungeeignet, da er die Eigenschaft besitzt, erstmal auf der frischen Pfütze zu schwimmen. Das mögen Katzen gar nicht, die ihr Geschäft gerne sorgfältig verscharren möchten. Wir wechselten ihn daher gegen eine handelsübliche Katzenstreu aus. Wenn sich Katzenhalter beschweren, daß ihre Katzen nicht sauber sind, so liegt das meistens daran, daß das Kistchen nicht sauber genug ge21
halten wird. Wir inspizieren es mehrmals täglich und entfernen die feuchten Stellen mit einer Schaufel; einmal in der Woche wird es dann gründlich gereinigt, aber nicht mit salmiakhaltigen Reinigungsmitteln, das „stinkt“ den Katzen! In einem Katzenbuch las ich von den Schwierigkeiten, die eine „Katzenmutter“ damit hatte, einen zugelaufenen Kater zur Sauberkeit zu erziehen. Der kleine Kerl schiß jedesmal auf den Teppich, obwohl sie ihn nach jeder Mahlzeit vor die Tür trug. Das muß ein kluges Kerlchen gewesen sein, denn draußen war es Winter und somit bitterkalt. Wem würde es wohl gefallen, bei jedem Wetter draußen sein „Geschäft“ verrichten zu müssen? Abgesehen davon ziehe ich es vor, nicht darauf achten zu müssen, wann unsere Katzen ein inneres Rühren erfaßt, und die Terrassentür oder ein Fenster ständig offenzuhalten ist, zumal im Winter, auch nicht jedermanns Geschmack. Ein Katzenklo ist also für Mensch und Tier die bequemste Lösung, um Unfälle im Haus zu vermeiden, und wenn es saubergehalten wird, riecht es auch nicht im ganzen Haus „nach Katze“. 22
Nachdem Stromer sicher ist, daß ihm niemand mehr seinen Platz im Haus streitig macht, verläßt er das Haus wieder, um ein normales Katzenleben zu führen. Er frißt riesige Mengen und ist überhaupt nicht wählerisch. Das gibt sich allerdings mit der Zeit. Jetzt legt er mehr Wert auf Qualität als auf Quantität. Von den Mengen, die er anfangs vertilgt hat, hätte er eigentlich fett werden müssen, aber sein Nachholbedürfnis und die Bewegung im Freien haben das wohl verhindert. Morgens, wenn er von seinen nächtlichen Streifzügen heimkehrt, will er nur ein Schälchen Milch, mit Wasser verdünnt; seine erste „richtige“ Mahlzeit nimmt er dann gegen Mittag, manchmal erscheint er auch noch zum Abendessen. Für Vitamintabletten, die laut Hersteller alle Katzen lieben, zeigt er nur Verachtung, und rohe Leber ist ihm ein Greuel. Während seiner häuslichen Perioden liebt er es, an unserem Abendessen teilzunehmen. Er sitzt dann auf der Eckbank, er bettelt nicht, er versucht nicht auf den Tisch zu springen, er sitzt nur dezent da und geruht, ab und zu ein Häppchen Käse, ein Stückchen Schinken aus der Hand des Hausherrn zu empfangen, der uns dabei Vor23
träge über die Erziehung von Katzen im allgemeinen und Stromer im besonderen hält und auf die Schädlichkeit des Fütterns bei Tisch verweist. Die Häuslichkeit unseres Stromers ist jedoch nur von kurzer Dauer, schon im Herbst nimmt er seine ausgedehnten Streifzüge wieder auf, läßt sich manchmal tagelang nicht sehen, kehrt im Morgengrauen heim und schläft dafür ununterbrochen mehrere Stunden, wenn es draußen zu kalt oder zu naß ist. Anfangs halte ich ihm lange Vorträge, wenn er mich wieder mal zwei Tagein Unruhe versetzt hat. Ich sage ihm dann: ,Hör’ mal, du könntest ruhig nach Hause kommen. Woher soll ich wissen, daß du nicht überfahren worden bist oder auf dem Weg in irgendein Versuchslabor? Es gibt schlechte Menschen, das solltest du doch wissen! Er lächelt milde und ein wenig arrogant: ,Ich weiß, aber ich bin ein freier Kater, ich habe fünf Monate ohne deine Fürsorge überstanden. Das müßtest du doch wissen!’ ,Aber du mußt doch Hunger haben?’ ,Nun, es gibt Mäuse’, gibt er etwas gereizt zur Antwort. ,Wir Katzen sind berühmte Mäuse 24
Fänger. Außerdem komme ich ja, wenn ich Hunger habe, wie du bemerkt haben dürftest.’ ,Ich mache mir aber Sorgen, draußen lauern Gefahren. Da gibt es Hunde, die nicht so gutmütig wie Rosco sind, es gibt Autos, giftstreuende Nachbarn, Verrückte, die mit ihrem Luftgewehr herumballern. Wenigstens einmal am Tag könntest du dich blicken lassen.’ Er schließt gelangweilt die Augen: ,Das Leben ist nun mal gefährlich. Du kannst ja auch einen Autounfall haben. Verbiete ich dir deshalb das Autofahren?’ Er gähnt herzhaft und teilt mir so mit, was er von unserem Gespräch hält. Da gebe ich es auf. Immerhin bringe ich ihn soweit, daß er kommt, wenn ich nach ihm pfeife - falls ihm danach ist -, und manchmal gestattet er mir, ihn zu kraulen. Er bietet mir dann seine Kehle dar und läßt ein leises, ein sehr leises Röcheln hören. ,Warum schnurrst du nicht’, frage ich ihn dann. ,Dir geht’s doch gut. Du hältst auch nie den Schwanz hoch, fühlst du dich nicht wohl? Ich habe gelesen, nur Wildkatzen halten ihren Schwanz waagrecht. Bist du etwa eine Wildkatze?’
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,Papperlapapp’, sagt er und sieht mich mit seinen gelbgrünen Augen an. ,Du mußt nicht alles glauben, was du liest. Ich bin mitnichten eine Wildkatze, sondern eine normale, grau gestromerte Hauskatze, und wenn ich röchle, wie du dich auszudrücken beliebst, dann bedeutet das, daß ich mich sehr wohl fühle.’ Das Thema ist ihm peinlich, ich merke es wohl. Er nimmt meine Hand zwischen die Vorderpfoten, rollt sich auf den Rücken und tritt mich mit den Hinterpfoten. Dabei beißt er mich, ganz behutsam und zart. Das ist seine Art, Zuneigung zu zeigen. Armes Kerlchen, du kannst nicht richtig schmusen und nicht katzengerecht schnurren, du kannst nicht einmal spielen. Wenn wir dir einen Tennisball vor die Füße rollen lassen, versteckst du dich unter dem Sofa, und wenn wir einen Tischtennisball hüpfen lassen, siehst du uns an, als fürchtest du um unseren Verstand. Deine Kindheit muß schrecklich gewesen sein. Aber das sage ich ihm nicht, das denke ich nur, ich weiß, wie empfindlich er ist.
Der kleine Unterschied Seit wir einen Kater haben, rät uns jeder, ihn kastrieren zu lassen. Auch der Tierarzt, zu dem wir ihn bringen, weil Stromer geimpft werden muß (freier Kater oder nicht). „Was hat der arme Kerl dann noch vom Leben?“ unterbreche ich vorlaut die Erklärungen des Arztes, und der sieht mich daraufhin an, als vermute er bei mir gleich mehrere lockere Schrauben gleichzeitig. Er hält uns einen langen Vortrag über die unkontrollierte Katzenvermehrung und das Elend dieser Katzenkinder, wobei ich ihm voll zustimmen muß. „Nur“, überlege ich laut, „in unserer weiteren Nachbarschaft gibt es ungefähr sieben Kater und höchstens zwei Kätzinnen. Wenn jetzt fünf dieser Kater, einschließlich unseres Stromers, kastriert werden, bleiben immer noch genug übrig, die dann im Vollbesitz ihrer Manneskraft die Damen schwängern können. Somit wäre das dann - im wahrsten Sinne des Wortes - für die Katz. Wäre es da nicht sinn-
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voller, die Katzen sterilisieren zu lassen, falls Nachwuchs unerwünscht?“ „Kastrieren“ - klärt der Arzt mich auf. „Auch bei Katzen sagt man ,kastrieren’, da es sich nicht um eine Sterilisation, sondern um eine ; Ovariektomie handelt.“ Aha, ich lasse mich gerne aufklären, verstanden hab ich es trotzdem nicht. Dann fügt er noch hinzu: „Nur gut, daß nicht alle so denken wie Sie!“ (Gut fürs Geschäft oder für die Kater - das ist hier die Frage?) Jetzt versucht er, mich bei meiner Hausfrauenehre zu packen. Ein unkastrierter Kater markiert überall im Haus - und das stinkt bestialisch. Er übertreibt. Stromer hat, seit er bei uns ist, erst zweimal markiert, davon einmal, als er das Haus sozusagen „in Besitz nahm“. Beide Male konnte ich den Schaden beheben, allerdings fand ich die Quelle des Gestanks in einem Fall erst nach zwei Tagen. Zugegeben, es roch sehr streng, aber was sind schon zwei Tage Geruchsbelästigung im Jahr gegen den Verlust seiner Libido für immer? Stromer lauscht unserem Gespräch aufmerksam. Ich zwinkere ihm zu, und es sieht so aus, als ob er sich entspanne. 28
„Er wird als Kater dauernd in Kämpfe verwickelt werden und mit Verletzungen nach Hause kommen“, warnt der Tierarzt, „das wird Sie eine Menge Geld kosten.“ Diesmal zwinkert Stromer mir zu. Ich bin sicher, das heißt: Manchmal sind auch die anderen verletzt, ich bin ganz gut in Form. Findest du nicht, daß ein bißchen Kampf ab und zu zum Katerleben gehört? Ich finde das auch. Außerdem vertrauen wir beide der Heilkraft der Natur. Der Tierarzt schüttelt den Kopfüber so viel Unverstand und entläßt uns unkastriert. ,Bist du zufrieden’, frage ich Stromer im Auto. Er röchelt dezent. Wir hätten den Mund nicht so voll nehmen sollen, heißt es doch: Hochmut kommt vor dem Fall. Schon ein paar Tage später sitzt ein völlig verstörter Kater vor der Terrassentür. Als ich ihn hereinlasse, maunzt er kläglich und schleicht - ein Bild des Jammers - gebrochen an mir vorbei. Stufe für Stufe quält er sich im Zeitlupentempo die Treppe zur Galerie hoch. Äußerlich ist ihm nichts anzusehen, aber er bewegt sich, als ob er große Schmerzen hätte. Ich versuche, ihn abzutasten, aber sobald ich ihn 29
berühre, klagt er laut. In meiner Angst fällt mir nichts Besseres ein, als ihn mit einem Handtuch warm einzuhüllen, dann rufe ich den Tierarzt an. Er teilt meine Befürchtung, das Tier könne innere Verletzungen haben und gibt mir einen Termin. Als mein Mann eine halbe Stunde später eintrifft, um uns zum Arzt zu fahren, sitzt Stromer noch immer bewegungslos unterm Handtuch. Wie bekommt man ein Tier mit inneren Verletzungen in die Tasche, ohne ihm dabei wehzutun? Sobald wir uns ihm nähern, wirft er uns einen leidvollen Blick zu und dreht sich langsam, Zentimeter um Zentimeter um, bis er uns den Rücken zudreht. Wir versuchen es von der anderen Seite. Wieder dieser leidvolle Blick, und wieder dreht er sich, samt Handtuch, um 180°. Wenn wir nicht soviel Angst um ihn hätten, wäre das schon sehr komisch anzusehen. Schließlich packen wir ihn kurzentschlossen mit dem Handtuch und setzen ihn in die Tasche. Diesmal klagt er nur noch matt und leise. Der Arzt tastet ihn vorsichtig ab. Nichts, keine Verletzungen, soweit er das feststellen kann. Dann hebt er ihm zum. Fiebermessen den 30
Schwanz. Stromer schreit schmerzgepeinigt auf. Da haben wir es, an der Unterseite des Schwanzes klafft eine blutverkrustete Wunde. »Typische Bißverletzung“, sagt der Tierarzt. »Solche Wunden trägt der Unterlegene meistens davon.“ Irre ich mich, oder grinst der Doktor dabei? Stromer sieht durch mich hindurch, bei der anschließenden Antibiotikaspritze zuckt er nicht einmal. Diesmal schweigen wir beide, was soll man dazu noch sagen? Zu Hause springt er aus der Tasche, als wäre nichts geschehen und eilt unverzüglich in Richtung Katzenklo. Ich eile hinterher, um zu sehen, ob sein Stuhl nicht vielleicht doch blutig ist, man weiß ja nie, Tierärzte sind auch nicht unfehlbar, und das ganze Benehmen des Katers ließ doch eher an innere Verletzungen denken als an einen simplen Biß. Vor dem Hauswirtschaftsraum steht an der Wand ein Schuhregal, durch einen Vorhang abgedeckt. Dort macht mein Kater halt, verschwindet mit einem Satz hinter dem Vorhang und taucht erst Stunden später wieder auf, um etwas zu trinken. Er wird noch zwei Tage hinter dem Vorhang hausen, verborgen vor mir und meinen indis31
kreten Fragen. - Selbstverständlich denke ich nicht daran, ihn zu fragen, ob er dort etwa seine Schande zu verbergen trachtet. Auch ein Kater hat schließlich seine Intimsphäre!
Murphy schlägt zu oder Die Augen der Kleopatra Um die Weihnachtszeit erklärt mein Unterbewußtsein, jetzt genug geübt zu haben und überrascht mich mit dem fertigen Produkt. »Schwarz“, sagt meine Kollegin am Telefon. „Mit einem weißen Schwanzspitzchen. Ein süßes Kätzchen. Es saß vor meiner Tür und weinte. So ein liebes, kleines Ding. Sie wollten doch schon immer ein schwarzes Kätzchen . . .“ »Nein“, antwortete ich fest und bestimmt. Auf gar keinen Fall. Jetzt habe ich schon ein Graugestromertes und außerdem den Hund. Das genügt mir. Es tut mir leid, aber ich kann Ihnen das Kätzchen nicht abnehmen.“ Aber“, sagt meine Kollegin, „ich kann es nicht behalten, ich hab doch schon drei Katzen. Da muß ich es eben ins Tierheim geben, und die können sich vor Katzen kaum noch retten. Wahrscheinlich werden die es einschläfern.“ »Wir werden es uns nochmal überlegen“, sage
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ich, schon weniger bestimmt und verfluche mein Unterbewußtsein samt Dr. Murphy. Und dann überlegen wir. Bei uns geht es demokratisch zu. Beim Frühstück am nächsten Morgen sagt jeder seine Meinung und die ist einhellig: Wir brauchen keine weitere Katze. Unsere Nachbarin hat versprochen, eine Katze zu hüten, nicht zwei. Unser Hund leidet schon an dieser einen, er liebt Stromer, aber Stromer beachtet ihn nicht einmal. Schlimmer noch, sobald sich der Hund, vor Freude winselnd, dem Kater nähert, holt Stromer herzlos und gezielt aus und gibt ihm eins auf die Nase. (Einwurf der Hausfrau: Das täte ein kleines Kätzchen sicher nicht). Wie auch immer wir sind alle einstimmig dagegen, und damit sich kein Familienmitglied überredet fühlen muß, beschließen wir, die soeben gefällte Entscheidung noch in schriftlicher und geheimer Form zu dokumentieren. Es werden Zettel verteilt, auf denen mit; ja ‘für eine weitere Katze und mit ,Nein ‘ gegen das arme Waisenkind gestimmt werden kann. Die anschließende Auszählung ergibt dreimal ja“. Keine Enthaltung, keine Nein-Stimme. So ist das bei uns. 34
Wir schreiten unverzüglich zur Adoption. Entgegen anderslautenden Gerüchten war es bei mir keine Liebe auf den ersten Blick. Wie sich herausstellen wird, ist das Kätzchen für ein kleines Kätzchen schon ein bißchen zu groß und für ein schwarzes entschieden zu weiß. Nicht nur die süße weiße Schwanzspitze, auch der Bauch und die Kehle sind weiß, ebenso ist da sehr viel weiß im Gesicht und an den Vorderpfötchen und hinten sieht es aus, als trüge es verrutschte weiße Kniestrümpfe. Der Kopf ist zu klein für den Körper und die Beine sind zu lang. Während ich das Tier betrachte, grolle ich für einen Moment meinem Unterbewußtsein, aber was soll es, ich wollte schließlich schon immer eine schwarze Katze (eine kleine, wuschelige, kugelrunde allerdings), diese ist immerhin fast schwarz, und eine Schönheitskönigin habe ich nun mal nicht in Auftrag gegeben. „Ach, sie ist so süß“, sagt meine Kollegin und wischt sich heimlich eine Träne weg. „Am liebsten würde ich sie gar nicht mehr hergeben!“ Nun gut, ich bin schließlich kein Unmensch. Wenn sie so an dem Tierchen hängt, an mir soll’s nicht liegen. 35
Aber da hat sie mir schon ihr Katzenkkörbchen mitsamt der Katze in die Hand gedrückt, und mein freundliches Angebot geht im Abschiedsschmerz unter. Auf der Heimfahrt halte ich den Korb, aus dem, eine zarte, herzzerreißende Klage tönt, auf dem Schoß. Ach Kätzchen, was tut man dir an! Da hast du nun ein neues Heim gesucht und ein schönes, altes Bauernhaus mit drei Katzen gefunden, mit der einen, dem Moritz, der dir so ähnlich sieht, hast du gerade noch gespielt; und da fängt man dich, verfrachtet dich in einen Korb und setzt dich in ein fremdes Auto. „Katze“, sage ich, „du wirst es bei uns gut haben. Wir haben den besten Hund der Welt, der dich beschützen wird, und einen würdevollen, etwas gestörten Kater, mit dem du spielen kannst. Hör ‘auf zu weinen, es zerreißt mir das Herz!“ Sie hört nicht auf und versucht verzweifelt, mit der kleinen weißen Pfote den Korb zu öffnen. Um sie zu trösten, will ich sie durch das Korbgeflecht hindurch streicheln, da fährt sie ihre Krallen aus und fügt dem Finger der Kidnapperin einen blutigen Kratzer zu. Du hast ja recht! Wehr’ dich nur, ich würde 36
mich an deiner Stelle auch wehren. Eines muß ich dir allerdings sagen: Im Katzenkorb per Auto entführt zu werden, ist nicht das Schlimmste. Manche Leute halten sich für Tierfreunde und transportieren ihre Katze in einem verschnürten Karton auf dem Fahrrad, noch dazu über holprige Feldwege - und dann rutscht der Karton auch noch runter, weil er nicht einmal ordentlich befestigt war. Hab ich selbst gelesen! Oder ein anderer Fall: Da hat jemand eine Katze in einem Blechbehälter auf dem Motorrad transportiert. Das arme Tier ist durch die Schüttelei fast wahnsinnig geworden. Was sagst du jetzt? Sie sagt gar nichts. Was soll sie auch sagen; einen Gefangenen tröstet es wenig, wenn er hört, daß andere noch schlechter dran sind. Sie preßt ihre Nase gegen den Korb und sieht mich an - ich sehe die Katze an, und da muß es wohl geschehen sein! Weiße Pfötchen sind eigentlich viel hübscher als schwarze, und die Zeichnung im Gesicht ist bezaubernd. Wie eine kleine Flamme zieht sie sich zwischen den Augen zur Stirn hoch. Türkis sind die Augen und weiß die Schnurrhaare, weiß die feinen Haarspitzen über den Augen, die mich 37
an die Fühler eines Schmetterlings erinnern. Die Nase ist rosa, die Ballen der Pfoten sind rosa, bis auf einen, der hat einen schwarzen Fleck, als wäre sie in Teer getreten. „Hübsche Katze, kleine Süße“, sage ich. Sie sieht mich mit rätselhaften Augen an und gestattet mir, ein herausgestrecktes Pfötchen zu streicheln. Königin mit den verwirrenden Augen, wir werden dich Cleo nennen!
Wo ist die Cleo? Rosco begrüßt uns zuerst, er trottet herbei, beschnüffelt den fremden Korb und ist irritiert, als der Korb faucht. Stromer, inzwischen am Ort des Geschehens eingetroffen, steckt vorsichtig den Kopf in den Korb und bekommt von einer weißen Pfote eins auf die Nase. Das ist die Wende: Hat der Kater bisher jeden Annäherungsversuch des Hundes fauchend zurückgewiesen, so wird er von nun an niemals mehr die Pfote gegen ihn erheben. Eine heimliche Allianz? Beide, Hund und Kater, beschließen, das Ding in dem Korb vorläufig zu ignorieren und lassen sich in respektvoller Entfernung nieder. Vorsichtig kommt Cleo heraus. Schritt für Schritt, fast schleift ihr Bauch auf dem Boden, ertastet, erfühlt und erschnuppert sie sich die neue Umgebung. Nach zwei Stunden ist sie schon ganz munter, hat gefressen, ein wenig Milch geschlabbert, Stromer aus dem Haus geeben und die Rosen in der Vase entblättert.
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Nach drei Stunden hat sie den Hausherrn dazu gebracht, anbetend vor ihr zu knien und ihr Nase mit seinem Bart zu kitzeln, bis der Sohn des Hauses ihn unsanft zur Seite schubst, um seine Rechte an der Katze geltend zu machen. Nach vier Stunden ist sie weg. Wo ist die Cleo?, Das wird von nun an die bei uns am häufigsten gehörte Frage sein. Cleo bleibt verschwunden. Wir suchen jeden Winkel ab. Bilanz der Suchaktion um 8.00 Uhr abends: ein seit Monaten vermißter Tennisschuh, zwei T-Shirts, ein Anorak, der meinem Sohn angeblich in der Schule gestohlen wurde, ein Buch aus der Leihbibliothek, mehrfach angemahnt, diverse Kugelschreiber und die Reservebrille des Hausherrn. Von Cleo keine Spur. „Deine Freunde haben vorhin die Haustür geöffnet, ohne die Tür zur Diele vorher zu schließen. Hundertmal hab ich euch das schon gesagt. Wenn die Tiere zur Haustür rauslaufen, können sie überfahren werden. Sicher ist Cleo mit rausgeschlüpft, und jetzt ist sie weg. Jeder Idiot weiß, daß man eine Katze erstmal ans Haus gewöhnen muß, bevor man sie rausläßt. Die findet nie mehr heim“, klage ich meinen Sohn an. 40
Meine Freunde machen die Tür immer zu, du plärrst ihnen ja oft genug die Ohren voll, aber du warst vorhin erst im Keller und hast die Tür zum Heizraum offen gelassen“, kontert mein Sohn lautstark. Also alle Mann in den Heizungskeller. Nichts. Keine Spur von Cleo. Hast du nicht vorhin Holz geholt und dabei die Terrassentür offengelassen“, frage ich schon leicht erschöpft den Hausherrn. „Ich schließe immer die Tür, wenn ich in den Garten gehe“, antwortet er gereizt. „Du schließt die Tür, da lache ich ja! Erst gestern hast du die Terrassentür die ganze Nacht offengelassen. Wenn ich das gewußt hätte, kein Auge hätte ich zugetan - und morgens war es eiskalt. Dabei redest du immer von Energiesparen!“ „Schrei mich nicht so an“, brüllt der Hausherr. (Wenn das so weitergeht, werden wir uns am Ende noch streiten.) »Wenn ihr hier weiter so rumschreit“, sagt unser Sohn, »werdet ihr sie auch nicht finden.“ Und bevor wir jetzt vereint über ihn herfallen können, hebt er mahnend den Zeigefinger. Pst, ich hör was!“ 41
Die Eltern sehen sich vielsagend an. Wie kann ausgerechnet er, dessen Ohren durch die Phonstärke seiner Lautsprecherboxen schon längst geschädigt sind, etwas hören? Trotzdem halten wir den Atem an: Tatsächlich, da brummt doch was. Wie ein Kinderkreisel, stetig und laut. Der Gehörgeschädigte macht zielstrebig zwei Schritte in Richtung Spültisch, zieht die erste Schublade auf, die zweite, die Eltern tippen sich gleichzeitig an die Stirn und sagen in Stereo: „Du spinnst ja“, als er die dritte öffnet und da liegt sie, zwischen Gurkenhobel und Kochlöffeln, unsere Prinzessin, unser Watteflöckchen und schnurrt und schnurrt und schnurrt. Ach Cleo, du bist wirklich süß.
Aktionen - Reaktionen und die Gedanken eines Katers Nachdem wir herausgefunden haben, auf welch dunklen Wegen Cleo es fertiggebracht hat, in die Schublade zu kriechen, sollen ihr diese vernagelt, verbrettert und verschraubt werden, denn hinter der glatten Front einer modernen Einbauküche verbergen sich Zu- und Abläufe, Schläuche und Elektrokabel, die vor den scharfen Zähnen einer Katze besser geschützt werden sollten. Das macht größere handwerkliche Eingriffe nötig, und bis diese beendet sind, können wir Cleo von der Schublade sowieso nicht fernkalten. Um zu verhindern, daß sie wieder von hinten in die Lade kriecht, ziehen wir die Schublade etwas heraus. Jetzt kann sie auf dem normalen“ Weg in die Schublade springen und bleibt dem Kabelsalat dahinter hoffentlich fern. Wenn wir dann noch die Lade etwas auspolstern, hat unsere Katze ein feines Bett, von dem aus sie alles beobachten kann, Zuflucht nehmen kann, falls der Hund zudring-
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lich wird oder der Kater zur Verfolgung ansetzt (falls sie ihn mal wieder hinterrücks überfallen hat) oder Fremde die Wohnung betreten. Die Hausfrau stößt sich zwar jedes Mal die Knie, wenn sie in der Küche hantiert, aber, das darf man nicht so eng sehen. Während Stromer sich von Cleo vorwiegend belästigt fühlt, ist der Hund ihr verfallen. Er folgt ihr winselnd durchs ganze Haus, läßt sie an seinen Freßnapf, sie darf mit seinem Schwanz spielen, auf seiner Decke liegen, aber wenn er ihr dann mit der Zunge über die Nase fahren will, ehrt sie ihre Krallen aus. Die Lage zur Zeit ist folgende: Rosco liebt Cleo, aber Cleo liebt Stromer, Stromer jedoch liebt weder Rosco noch Cleo. Er läßt ihr zwar beim Fressen den Vortritt, aber wenn sie sich aus dem Hinterhalt auf ihn stürzt, beide Pfoten um seinen Hals legt und ihn umzuwerfen versucht, reagiert er sehr unwirsch. Sie wirft sich vor ihm auf den Rücken, ihr weißer Bauch leuchtet, sie hat zwei Dutzend Beinchen, die in der Luft rudern und mindestens drei Schwänzchen, die ihm um die Nase wedeln. Sie kickt ihm einen Tennisball zu, hangelt vor ihm wie ein kleiner Affe um alle Stuhlbeine herum, sie 44
rast auf ihn zu, stoppt kurz vor dem Zusammenstoß geschickt ab und springt mit allen vier Beinen gleichzeitig in die Luft. Sie überfällt ihn von hinten, von vorne und von der Seite, er sieht ihr nur verdrossen zu und läßt sich von ihrem Charme nicht im geringsten beeindrucken. Das geht so weit, daß er nicht einmal im selben Raum mit ihr schlafen will. Sobald sie hereinkommt, steht er auf und verschwindet in den Garten. ,Blöder Kater’, sage ich zu ihm, ,du wirst noch mal froh sein, wenn sie dich beachtet. Warte nur, wenn der Sommer kommt. Dann ist sie eine junge Dame. Da möchtest du dann, aber sie möchte dich nicht mehr, wenn du jetzt so stur bist.’ ,Sie ist eine Nervensäge, ihr dauerndes Geschnurre macht mich ganz krank. Die schnurrt ja schon, wenn man sie nur anguckt. Und dann immer das alberne Geschmuse und wie sie ihren Schwanz trägt, wie einen Pfadfinderwimpel. Lächerlich!’ Aha, daher weht der Wind. Armer Stromer, er ist also eifersüchtig. Deshalb bleibt er jetzt abends immer enger weg, obwohl es draußen schneit und der Wind die Äste von den Bäumen schlägt.
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,Meinst du nicht, du könntest ein bißchen kooperativer sein. Sie ist doch noch ein Baby, gebe ich zu bedenken. ,Ein Baby? Das ganze Haus stellt sie auf den Kopf. Alles dreht sich nur noch um sie. >Wo ist die Cleo?< heißt es von früh bis spät. Sie ist doch wirklich zu blöde. Dauernd läßt sie sich irgendwo einsperren: Im Schrank, im Bett, im Bad, sogar in den Eisschrank wollte sie reinkriechen! Und dann immer das Gepiepe, als ob sie ein Vogel wäre. Kann sie denn nicht anständig miauen, wie alle anderen Katzen auch? >Cleo, mach mal Piep< heißt es von morgens bis abends. Piep . . .’ Er schüttelt sich voller Verachtung. ,Sie kann eben noch nicht miauen. Sie übt doch schon!’ ,Ha, üben. Wie klingt das denn. Miiii, wie das Quietschen einer dicken Maus. Und dann die Putzerei den ganzen Tag. >Seidenfellchen< hast du gestern zu ihr gesagt. Seidenfellchen . . .’ ,Also, wenn du dich ein bißchen mehr putzen würdest, könnte das nicht schaden. Du siehst ziemlich struppig aus, und deine Pfoten sind auch nicht die saubersten’, ermahne ich ihn. 46
,Wozu?’ Seine Schnurrbarthaare zittern empört, ,Ihr laßt mich ja doch nicht in euer Bett!’ ,Eine Katze gehört nicht ins Bett’, sage ich. ,Ach, das ist mir allerdings neu! Wer war das denn gestern nacht in eurem Bett? Sie hat die ganze Nacht bei euch geschlafen, und morgens hat sie euch die Nasen geleckt. Das hätte ich mir mal erlauben sollen!’ Dieses Gespräch beginnt einen ungünstigen Verlauf zu nehmen. Ich kraule ihn hinter den Ohren. ,Du hast einen schönen Kopf, sage ich, um ihn zu besänftigen und weil es die reine Wahrheit ist. ,Wie ein Luchs siehst du aus, wenn du wütend bist.’ ,So, findest du?’ Er schließt die Augen genießerisch. Fast meine ich, ein leises Röcheln zu hören. Da läßt uns ein lautes Klirren aus unserer Zweisamkeit aufschrecken. Stromer springt unter den Tisch und ich ins Schlafzimmer. Da liegt er, mein schöner Römer, ein Erbstück von meiner Großmutter; der Topf mit den Azaleen ist auch umgekippt, und inmitten blauer Scherben und roter Azaleenblüten sitzt unsere kleine Ratte und putzt sich. Ach Cleo . . . 47
Transportprobleme und wie man sie nicht löst Ein Tierarztbesuch ist wieder mal fällig, beide Katzen sollen geimpft werden, bei Cleo ist der Wurm - genauer der Bandwurm - drin, und Rosco braucht etwas gegen Rheuma. Wo Cleo steckt, weißlich nicht; sie schläft seit ein paar Tagen auf dem Garderobenschrank. Wir haben ihr den von Stromer verschmähten Weidenkorb auf den Schrank gestellt, sie findet den Korb herrlich solange er auf dem Schrank steht; stellen wir ihn an einen „vernünftigen“ Platz, beachtet sie ihn genauso wenig wie der ursprüngliche Besitzer. Rosco liegt, obwohl es 2° unter Null hat, auf der Terrasse, und zwar nicht auf seiner Decke unterm Dach, sondern im Freien im Schnee! Das wird seinem Rheuma gut tun. Aber da es ein hoffnungsloses Unterfangen ist, einen Chow dazu bewegen zu wollen, ins Haus zu kommen, wenn er die Luft draußen besser findet, versuche ich es erst gar nicht. Stromer ist heute den ganzen Tag noch nicht aufgetaucht. Ich
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pfeife und klappere laut mit seinem Futternäpfchen (manchmal habe ich damit Erfolg). Das Transportproblem habe ich perfekt gelöst: Stromer kommt in die Tasche, die kennt er schon vom letzten Mal, Rosco wie immer hinter die Rücksitze des Simca auf die Ladeflä che, da kann er rausgucken und liegt bequem. Cleo nehme ich am besten auf den Arm, sie ist ja noch so klein und wird bestimmt kein Theater machen. So werden wir die Fahrt zum Arzt, der seine Praxis in der nächsten Stadt hat, sicher meistern. Gott sei Dank, da kommt Stromer endlich, und dann kommt auch schon das Herrchen all dieser Tiere. Das war perfektes Timing. Stromer läßt sich ohne Protest in die Tasche setzen, aber Cleo will nicht auf meinem Arm bleiben. »Ich steck’ die Kleine in meinen Mantel“, schlägt unser Familienoberhaupt vor. Da steckt sie ohnehin jeden Abend. Wenn wir mit unserem Hund unsere Abendrunde drehen, krabbelt Cleo in den Lammfellmantel meines Mannes. Da sitzt sie dann, nur das Köpfchen sieht heraus, und sobald die Scheinwerfer eines Autos vor uns aufblenden, taucht sie unter. „Gefährlich“, sage ich dann laut und 49
stoße ein warnendes Zischen aus. Nur gut, daß uns um diese Zeit kein Nachbar begegnet! Auf diese Weise hat die Katze frische Luft und lernt die Gegend kennen, argumentieren wir, denn allein rauslassen wollen wir sie noch nicht der Straße wegen. Man reißt gerade jetzt bei uns im Dorf die Hauptstraße auf, und die Umleitung führt leider direkt an unserem Haus vorbei. Für ein halbes Jahr bekommt so unsere verhältnismäßig ruhige Straße Autobahncharakter. Die Idee mit dem Mantel ist also nicht so abwegig. Aber was ist, wenn wir plötzlich bremsen müssen und mein Mann gegen das Steuer geschleudert würde? Das geht also nicht, lieber stecke ich Cleo in meine Jacke. Nur, meine Jacke ist eben nicht sein Mantel. Schon nach zwei Minuten wird sie unruhig und will raus. Während ich sie zu halten versuche, gelingt es Stromer, sich aus der Tasche zu befreien. Also gut, dann kommt eben Cleo in die Tasche und Stromer auf meinen Schoß. Ich habe alle Hände voll zu tun. Stromer sitzt jetzt friedlich auf meinem Schoß, aber Cleo schreit in der Tasche wie am Spieß. Nur Verrückte können auf die Idee kommen, 50
mit drei Tieren gleichzeitig zum Tierarzt zu fahren! Also Tasche auf, Cleo raus. Jetzt wird auch noch der Hund unruhig und bläst mir seinen feuchten Atem ins Genick. Stromer sieht fasziniert aus dem Fenster. ,Soviel Autos und die Leuchtreklamen.’ Unser Kater vom Lande ist sichtlich beeindruckt. Er scheint keinerlei Fluchtversuche vorzubereiten, also lasse ich ihn behutsam los und greife mir Cleo, die gerade im Begriff ist, dem Fahrer auf den Kopf zu klettern. Jesus, wir sind ja wohl bescheuert. Gleich morgen kaufe ich noch eine Tasche, und dann wird mit Cleo trainiert, damit sie sich dran gewöhnt. Überhaupt lasse ich dieser Katze viel zu viel durchgehen, schließlich ist sie schon zwölf Wochen alt und kein Baby mehr. „Rosco, setz dich, du sabberst mich ganz voll!“ Sind wir denn noch nicht da? Ausgerechnet heute ist die Straße gesperrt, also heißt es, die Umleitung durch die Altstadt fahren. Noch eine Kurve und noch eine Kurve durch die engen Gäßchen: den Hund wirft es hinten um, ‘Warum setzt er sich auch nicht! »Wenn wir da sind, gehe ich zuerst mit dem
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Hund rein, du wartest solang mit den Katzen im Auto. Wenn der Hund fertig ist, bring ich ihn wieder her und hole dich und die Katzen. Du steckst dann Stromer wieder in die Tasche, und ich halte die Cleo!“ „Aye, aye, Sir“, sage ich erschöpft und hindere Cleo daran, auf die Vordersitze zu entweichen. Noch zwei Kurven, den Hund haut es noch mal um, dann sind wir endlich da. Während ich links Stromer halte und rechts Cleo, öffnet der Fahrer blitzschnell die Tür und springt heraus. Mir ist ganz flau im Magen, ich vertrage das Autofahren auf dem Rücksitz nun mal nicht besonders, speziell in den Kurven... Es stellt sich heraus, daß ich nicht der einzige Beifahrer mit einem empfindlichen Magen bin, Stromer hat auch so seine Probleme! Wie praktisch, daß ich ihn erst vor einer halben Stunde gefüttert habe, so ist das, was sich jetzt in einem Schwall über meine Pelzjacke, den hinteren Sitz und den Türgriff ergießt, wenigstens noch verhältnismäßig frisch! Ach Stromer . . .
Sport - Spiel - Entspannung Nichts ist gemütlicher und entspannender, als ein Regentag mit Katzen im Haus! Das Feuer knistert, ich lümmle auf dem Sofa, neben mir ein dampfender Glühwein, und unter meinem Rock schnurrt Cleo. Lange Röcke sind ihre Leidenschaft. Sobald die Hausfrau oder eine Freundin der Hausfrau sich, in einen langen Rock gehüllt, niederläßt, ist Cleo auch schon drunter. Und ganz im Vertrauen - es gibt kaum etwas Zärtlicheres unterm Rock als ein seidiges, schnurrendes Kätzchen! Bei jeder ihrer sanften Bewegungen kitzeln ihre Schnurrhaare meine Kniekehlen und ab und zu fährt eine rauhe Zunge mir zärtlich über die Haut. Nach einer halben Stunde ist mein rechtes Bein eingeschlafen, eine Verlagerung desselben quittiert Cleo mit einem unwilligen Maunzen. Na, dann eben nicht. Irgendein Heiliger soll sogar den Zipfel seines Mantels abgeschnitten haben, um eine schlafende Katze nicht zu stören, da werde ich ja wohl ein eingeschlafenes Bein ertragen können.
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Stromer schläft im Sessel, Bauch nach oben, Kopf angewinkelt. Er würde nie unter Röcke kriechen, auch nicht unter Hemden, abgezogene Bettücher, auf dem Fußboden deponierte Lederjacken unserer Pseudo-Rocker (ich werde nie begreifen, warum alle unsere jugendlichen Besucher ihre Lederjacken auf den Boden schmeißen - es muß sich um einen geheimen Stammes-Ritus handeln. Neulich habe ich sie in Panik versetzt, als ich ihre Jacken und Helme einsammelte und in den Garderobenschrank trug. Sie waren zwei Stunden lang ratlos, bis sie auf die verblüffende Idee kamen, dort nachzusehen, wo man normalerweise seine Kleidung ablegt!). Cleo hingegen liebt solche Verstecke, deshalb kreischt unsere gesamte Familie jedesmal „Achtung, die Katze“, falls ein Nicht-Eingeweihter gedenkt, sich auf einer Decke oder einem Kissen niederzulassen. Am allerliebsten sind ihr große Plastiktüten. Kaum liegt eine Tüte auf dem Boden, schon ist die Katze drin. Und dann erleben wir das Phänomen der wandernden Tüte. Sie pirscht sich im Schutz dieser Tüte, wie ein Krebs in seinem Haus, an Rosco heran. Dann fährt eine Pfote 54
aus der Tüte und krallt sich in die Mähne unseres Löwen oder zieht ihn blitzschnell am Schwanz. Rosco läßt diese Überfälle mit Gelassenheit über sich ergehen, nur die Nase hält er etwas höher, er weiß, warum. Wenn das Tütenspiel seinen Reiz verloren hat; spielt Cleo mit mir „Verstecken“. Zuerst verstecke ich mich, möglichst hinter einer Tür, dann rufe ich laut - selbstverständlich in der Katzensprache brrrytt mit langem R, ich kann das schon recht gut! Meine Familie wundert sich. Cleo schleicht lautlos näher, bis sie vor meinem Versteck steht. Jetzt komme ich (mit Gequietsche) heraus. Sie erschrickt so, daß sie mit allen vier Beinen gleichzeitig in die Luft springt. Nun muß sie sich verstecken. Ich rufe, und sie antwortet mir, damit ich die Richtung erkenne. Sobald ich in der Nähe ihres Versteckes bin, wird sie mucksmäuschenstill. Jetzt ist sie dran. Kaum habe ich sie gefunden, springt sie fauchend aus ihrem Versteck, und ich falle selbstverständlich vor Schreck um und stehe erst wieder auf, wenn sie mir die Nase leckt. Das ist ein herrliches Spiel, nur hält sich Cleo manchmal nicht an die Spielregeln. Wir haben vereinbart, daß wir uns immer 55
abwechselnd verstecken und nicht aufgeben, bevor wir den anderen gefunden haben. Sie hingegen findet es besser, wenn ich mich drei. mal hintereinander verstecke, und es ist auch schon vorgekommen, daß sie mich in meinem Versteck schmoren ließ und seelenruhig in die Küche schlendert, um ihren Freßnapf zu inspizieren. Ihr Lieblingsspiel heißt „Frauchen bewegen“ und ist ebenso simpel wie wirkungsvoll. Man benötigt hierzu eine ca. zwölf Wochen alte Katze, eine leicht gestreßte, berufstätige Hausfrau, Alter unerheblich, und eine möglichst große, unübersichtliche Wohnung. Günstig sind außerdem: Schrankwände, hinter die eine Katze nicht kriechen soll, Blumenfenster mit Yukkas, kleine Palmen o.ä. (Hauptsache, sie haben einen Stamm, an dem man hochklettern kann) Hifi-Türme, in denen man sich zwischen die Verkabelung legen kann, Blumenvasen mit möglichst viel Wasser, die man umkippen kann und die dann den Teppichboden möglichst gleichmäßig durchfeuchten, Porzellan, je teurer, desto besser, das man vorsichtig bis zum Tischrand schiebt und dann, mit einem letzten, schwungvollen Touch 56
abstürzen läßt, blühende Topfpflanzen, die man Blüte für Blüte fein säuberlich abzupft, wertvolle Bildbände, am geeignetsten sind ausgeliehene, in die man seine Krallen schlägt, rupfenbespannte Wände, an denen man hochklettern kann - der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Das Spiel beginnt man am besten im Blumenfester. Cleo klettert - die Pflanze neigt sich und fällt um. Die Hausfrau eilt herbei, richtet die Pflanze wieder auf, staubt das Sofa ab, entfernt die abgebrochenen Blätter und wackelt drohend mit dem Zeigefinger. ,Nein, nein, Cleo, das darfst du nicht!’ Cleo sieht mich mit großen Augen an und scheint zerknirscht. Ich drehe mich um - die Katze klettert, die Pflanze fällt. Mein energisches ,Nein’ verfehlt auch diesmal seine Wirkung nicht. Ich drehe mich um - die Katze klettert . . . Sie schafft das bis zu zehn Mal hintereinander, ohne die geringsten Ermüdungserscheinungen zu zeigen. Als ich die Pflanzen festbinde, klettert die Katze nicht mehr. Wozu auch? Ohne den Umfalleffekt ist das Spiel schließlich sinnlos geworden. Jetzt verschwindet sie im Hifi-Turm. Nach 57
einer halben Stunde Turmrücken unter As. sistenz meines Sohnes ist die Katze draußen. Sie schüttelt sich die Staubflocken aus den Ohren, putzt sich zierlich die Vorderpfötchen und lauscht interessiert unserem gemeinsamen Vortrag über die Gefährlichkeit elektrischer Kabel. Mutter und Sohn drehen sich um - die Katze sitzt im Turm . . . Auch das ist ein sehr befriedigendes Spiel! Als wir uns eines Abends entschließen, statt Cleos Programm zur Abwechslung mal das Fernseh-Programm über uns ergehen zu lassen, sehen wir uns schon während der Tagesschau gezwungen, die Schrankwand abzubauen, weil unser Watteflöckchen, die kleine Ratte, es fertiggebracht hat, sich am Fernseher vorbei hinter die Schrankwand zu quetschen und nicht mehr rauskommen will. Da erinnern wir uns in unserer Verzweiflung einer Übung aus den Anfängen unseres Ehelebens. Damals fing unser hoffnungsvoller Sprößling gerade an, auf unsicheren Beinen die Wohnung zu erforschen. Also taten wir das Naheliegendste, wir begaben uns auf sein Niveau und spähten so, auf allen Vieren krabbelnd, in kindgerechter Höhe nach verletzungsver 58
dächtigen Kinderfallen. - Diesmal betrachten wir die Wohnung also mit den Augen einer Katze, dazu müssen wir zwar nicht auf allen Vieren krabbeln, stellen aber fest, daß es leichter ist, einem Kleinkind Gefahren aus dem Weg zu räumen, als eine kleine Katze daran zu hindern, gefährliche Verstecke zu entdecken. Damals wie heute sind größere Umbauten erforderlich. Als wir schwitzend und fluchend alle Ritzen und Spalten verstopft haben und erschöpft nach einer Zigarette greifen, reißt uns ein zartes „Miiii“ aus den Sesseln. Wo ist die Cleo? Wo kann sie schon sein, mault unser Sohn. Eingemauert, zugestopft - hinter der Schrankwand gefangen. Daß der Hausherr an dieser Stelle laut und vernehmlich „Scheiß-Katze“ sagt, wird ihm lange nicht verziehen! Aber sonst sind unsere Katzen sehr pflegeleicht. Niemals verlangen sie, bei Wind und Wetter mit uns Gassi zu gehen, wie das Rosco tut. Sie fressen alles - sofern es ihnen schmeckt bam liebsten Thunfisch in Öl auf dem Sofa). Es soll ja Leute geben, deren Katzen rohes Rinderhack und Krabben bevorzugen, unsere würden das auch, nur bekommen sie es nicht 59
(oder nur an hohen Feiertagen). Sollten wir je zu den vom Glück Begünstigten gehören, die sich von King-crab-legs, Riesen-Gambas und zart geräuchertem Lachs ernähren können, wird auch für unsere Katzen derart Kulinarisches abfallen. Bis es jedoch so weit ist, müssen sie mit Dosenfutter und zwischendurch mal etwas Trockenfutter, damit der Zahnstein keine Chance hat, vorliebnehmen. Katzen sind auch sehr prestigefördernd. Während ich früher, erzählte mir ein Besucher beiläufig von seiner wirklich eleganten Ledergarnitur, nachdem er einen Blick auf unsere alten Cordmöbel geworfen hatte, die Augen verschämt niederschlug und etwas von einer unvorhergesehenen Autoreparatur und dem Finanzamt, das uns noch ruiniert, murmelte, so kann ich heute meinen Kopf stolz erheben und frech behaupten: „Wir hätten uns ja letzte Woche auch fast eine Ledergarnitur gekauft, aber solange die Katzen so klein sind . . .“ Bis vor zwei Jahren sagte ich immer: „. . . solange unser Sohn so klein ist. . .“, das war mir so in Fleisch und Blut übergegangen, daß ich zuerst den leicht verstörten Blick eines anwesenden Ehepaares nicht zu deuten wußte, 60
dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Soeben hatte mein Sohn, 185 cm groß und in schwarzes Leder geschweißt, den Kopf durch die Tür gesteckt und „Hi“ gesagt!
Erziehungsversuche und eine Begegnung, die Folgen haben wird... Ein kühler Sommer oder ein milder Winter, laut Kalender ist es allerdings Januar. Nur richte ich mich schon lange nicht mehr nach dem Kalender sondern nach der Birke hinterm Haus: Sind die kahlen Äste zu sehen, muß Winter sein, sehe ich grüne Blätter, haben wir vermutlich Sommer. Cleo nutzt den wärmsten Winter seit hundert Jahren zu Ausflügen auf den Balkon. Dort sitzt sie in der Clematis und besieht sich die Gänseblümchen auf der Wiese. Auf dem Balkon blüht der Margeritenstock, die im Herbst gesetzten Tulpen sprießen, die Schlüsselblumen treiben frische Blätter, und unsere Katze treibt es aus dem Haus. Wir gewöhnen sie Schritt für Schritt an die Freiheit, mit Herzklopfen auf beiden Seiten! Der Garten wird entdeckt. Ihr Bauch schleift auf dem Boden, ihre rosige Nase zuckt aufgeregt, so schleicht sie über die Plattenwege.
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Alles ist gefährlich“. Motorengeräusche, besonders Lastwagen und Motorräder, lassen sie blitzschnell kehrtmachen. Wie ein geölter Blitz saust sie die Verandastufen hoch, als vom Nachbargarten her Stimmen zu hören sind. Stromer hat es sich auf der Steinbank bequem gemacht und blinzelt in die Wintersonne. Als Cleo mutiger wird und sich durch den Zaun zum Nachbargrundstück schlängeln will, ist der Kater mit einem Satz hinter ihr und versetzt ihr mit der Pfote zwei schnelle Hiebe. Wir glauben an einen Zufall, aber da, schon wieder: Sobald die kleine Katze das Grundstück verlassen möchte, ist Stromer bei ihr und treibt sie zurück. Nach einiger Zeit glaubt er wohl, sein Erziehungsprogramm beenden zu können und trollt sich fort, seine Jagdgründe zu inspizieren. Cleo sieht ihm nach, folgt ihm aber nicht. Hat sie’s begriffen? Auf der Straße unterhalb der Gartenmauer tuckert ein Mofa heran. Ich zische „gefährlich“, und Cleo duckt sich sofort. Dann raschelt es im Gebüsch, und ein riesiger schwarzer Kater taucht auf. Ohne uns eines Blickes zu würdigen, stolziert er über den Rasen. Cleo stutzt, dann rennt sie hinterher.
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Mein Unterbewußtsein gibt ein kurzes Signal: ,roger - piep - schwarzer Kater - rabenschwarz wie bestellt!’ Ich erteile ihm sofort Redeverbot. ,Unsinn’, sage ich zu Murphy (ich nenne mein Unterbewußtsein „Murphy“, des Urhebers und der Kürze wegen den Dr. lasse ich weg, weil wir sehr intim, wenn auch nicht immer einer Meinung sind), ,jetzt ist es zu spät. Das hättest du dir früher überlegen müssen!’ Dieser Kater ist zwar schwarz, aber bestimmt nicht auf der Suche nach einer Bleibe. Er steht gut im Futter, sein Fell glänzt. Eine Narbe hat er auf der Nase, sicher ein wilder Kämpfer. Der Gedanke muß Cleo auch gerade gekommen sein, denn als der Kater sich unwillig umdreht, um zu sehen, wer da hinter ihm herstolpert, wirft sie sich vorsichtshalber auf den Rücken und zeigt ihm ihren weißen Bauch: Sieh her ich bin ja noch sooo klein! Er glaubt es ihr und schreitet würdevoll davon. Ab sofort findet jeden Morgen der gleiche Kampf statt. Cleo, einmal die Freiheit gekostet habend, will raus, ich möchte, daß sie in, Hause bleibt, weil ich ins Büro muß. Also schließen wir einen Kompromiß: Solange wir 64
frühstücken, darf sie raus, wenn mich die Arbeit ruft, muß sie rein. Wie so viele Kompromisse ist auch dieser in der Praxis schlecht durchführbar, denn der Garten ist groß und Cleo flink. ,Laß sie draußen“, sagt der Hausherr. »Sie ist doch noch so klein“, jammere ich. Und außerdem hat sich das Wetter endlich entschlossen, jahreszeitgemäß zu agieren. Es schneit. Ich sehe Cleo zu, wie sie die Flocken fängt, kleine Schneekugeln vor sich herschiebt, wie ein Kind, das mit Schneebällen spielt. Natürlich wird sie genauso naß dabei wie ein Kind und wird genauso frieren. Also spielen wir jeden Morgen „fang die Katze“. Der Trick dabei ist, sie solange durch den Garten zu jagen, bis sie auf die Birke klettert. Und da steht dann der Hausherr und pflückt sie behutsam vom Stamm. Es funktioniert fast immer, aber nicht sofort, also kommen wir fast jeden Morgen zu spät ins Büro. Dann haben wir eine geniale Idee. Die oberen Äste der Birke hängen genau vor unserem Balkon. Wir ziehen einen Ast noch ein Stück herüber, binden ihn an der Balkonbrüstung fest, legen die kleine Leiter, die vor Jahren am Etagenbett unseres Sohnes den Einstieg erleichterte, 65
über den Ast und zurren sie fest. Voila, jetzt kann die Katze jederzeit über die Birke auf den überdachten Balkon, wo es auch im Winter nie sehr kalt wird, der Südlage und der Holzverschalung wegen. Außerdem baue ich ihr ein Haus aus einer Apfelsinenkiste, sehr.. komfortabel, innen und außen mit Teppich.; boden ausgeschlagen. Stromer sieht interessiert zu, wie ich mir auf die Finger klopfe. ,Wozu denn das?’ ,Das wird ein Haus für Cleo, damit sie es schön warm hat!’ Er blinzelt entzückt: ,Heißt das, diese dumme Katze muß jetzt draußen wohnen?’ ,Aber, aber! Das ist ein Schutzhäuschen, ich stelle es auf den Balkon. Da soll sie rein, wenn es mal sehr kalt ist und sie nicht ins Haus kann. Du darfst es ja auch benutzen. Warum kommst du eigentlich nie über die Birke ins Haus? Cleo hat das gleich begriffen!’ ,Wozu? Ich komme doch viel bequemer über die Terrasse ins Haus!’ ,Da pfeift der Wind aber um die Ecke. Außerdem kommen da auch große Kater aus der Nachbarschaft hin. 66
,Nicht, wenn ich da bin’, sagt er und besieht sich seine Krallen. ,Außerdem, dieser zimtfarbene Bär, den ihr Rosco nennt, liegt ja auch da.’ - ,Der hat auch ein dickes Fell. Er kommt aus China und liebt die Kälte’, belehre ich ihn. ,So?’ sagt er. China interessiert ihn nicht. Dann macht er einen Vorschlag: ,Wie wäre es denn mit einer Katzentür, da müßte ich meine Stimme nicht so strapazieren, bis ihr mich hört und mir aufmacht?’ ,Geht leider nicht’, sage ich, ,die Türen nach draußen sind alle aus Glas, außerdem haben wir das Haus nur gemietet. Wir können da nicht einfach Löcher in die Türen schneiden!’ ,Naja’, sagt er, ,ich weiß sowieso, wann ihr normalerweise nach Hause kommt und richte mich danach. Ich höre dann das Garagentor zuschlagen, und dein wirklich nervtötendes Pfeifen kann man ja auch kaum überhören!’ ,Wenn das so ist, warum kommst du dann nicht gleich, wenn ich pfeife?’ wage ich zu fragen. Mir ist eben nicht immer danach. Deine Cleo kommt ja auch nicht gleich. ‘ ,Das stimmt, aber sie antwortet mir wenigstens. Da weiß ich, sie ist in der Nähe.’ 67
,Das nennst du antworten? Dieses komische ,brrrytt’? Wie ein bescheuerter Kanarie! Ich bin mal gespannt, ob die überhaupt noch mal lernt, richtig zu miauen . . . ‘ ,Mir gefällt ihr >brrryttmein Vögelchen< sagt! Das ist beinahe so schlimm Wie dein ewiges >Mäuseschwänzchen, MausileinMausilein< nicht mal vom Kater gefressen wird, wenn sie frisch gebürstet herumstolziert!’ ,Du könntest dich auch mal wieder bürsten lassen’, sage ich zu ihm. Er sieht mich entsetzt an: ,Schon wieder?’ ,Was heißt hier >schon wieder