JURA
Übungen
JURA JURISTISCHE AUSBILDUNG
ÜBUNGEN IM STRAFRECHT herausgegeben von
Professor Professor Professor Professor Professor Professor Professor
Dr. Dr. Dr. Dr. Dr. Dr. Dr.
Dagmar Coester-Waltjen , München Dirk Ehlers, Münster Klaus Geppert, Berlin Jen s Petersen, Potsdam Helmut Satzger, München Friedrich Schoch, Freiburg i. Br. Klaus Schreiber, Bochum
OE GRUYTER
Harro atto Nikolaus Bosch
ÜBUNGEN IM STRAFRECHT 7., neu bearbeitete Auflage
OE GRUYTER
Dr. iur.
Harro Dtto,
Dr. iur.
Nikolaus Bosch,
em. Professor der Universit;!it Bayreuth Professor an der Universität Bayreuth, Lehrstuhl für
Strafrecht I, insbesondere Wirtschaftsstrafrecht und Strafprozessrecht
ISBN
978-389949-706-9 978-389949-707-6
e-ISBN
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ©
2010 Walter
de Gruyter GmbH & Co. KG, Berlin/New York
Druck: AZ Druck und Datentechnik GmbH, Kempten
ß'
Gedruckt auf säurefreiem Papier
Printed in Germany www.degruyter.com
Vorwort zur siebten Auflage übungsbücher und Klausurenkurse haben Konjunktur, ganz anders als in Zeiten, in denen die von
Otto auf den Weg gebrachten ȟbungen im
Strafrecht� in erster Aufla
ge (1974) erschienen sind. Diese Entwicklung ist erfreulich, da Studenten bereits in den ersten Semestern - und natürlich erst recht auf dem Weg zum Examen - »gar nicht genug" Klausurlösungen selbstständig erarbeiten können. Dennoch mag der ein oder andere Student angesichts des vielfaItigen Angebots etwas ratlos sein. So werden vielfach bereits bei den einführenden methodischen Hinweisen gängiger Klausuren kurse Nachweisschlachten über den richtigen Aufbau u.Ä. geschlagen und die Ausdif ferenzierung in zunehmend auch mehrbändigen Werken erweckt den Eindruck, es müsse
für jedes Stadium des Studiums und jede Art der AufgabensteUung ein eigenes
Werk zu Rate gezogen werden. Der vorliegende Band verfolgt ein anderes Konzept, da sich Anfangerklausuren, Fortgeschrittenenflil.le und Klausuren im Staatsexamen zwar sicher im Schwierigkeits grad unterscheiden, die Anforderungen an eine sinnvoUe Schwerpunktsetzung, juris tisch präzise Argumentation und Subsumtion sowie den Aufbau der Klausurlösung aber - trotz einer hoffentlich größeren Milde des Korrektors in den ersten Semestern identisch sind. Um den Studierenden sowohl für Übungen oder Abschluss- als auch Examensklausuren einen kompakten Wegbegleiter an die Hand geben zu können, musste die Vorauflage voUständig überarbeitet werden.
Es wurden vierzehn neue Klausuren aufgenommen sowie die wenigen fortgeführ ten übungsflil.le überarbeitet und ergänzt, auf die Referendarhausarbeit wegen fehlen der Prüfungsrelevanz hingegen verzichtet Neu hinzugekommen ist auch ein eigener Abschnitt zur strafprozessualen Zusatzfrage. Dessen Fallfragen wurden mit den Sach verhalten des vorangegangenen übungsteils verbunden, um den Bearbeiter der typi schen Klausurüberlegung auszusetzen, inwieweit bei der Lösung auf den materieU rechtlichen Teil der Prüfung zurückzugreifen ist. Die beiden ersten Teile zur Metho
dik der Fallbearbeitung und dem »wie� der FallIösung einschließlich der dafür erforderlichen Aufbauschemas sind ergänzt und um zahlreiche Beispiele angereichert worden. Die Einübung der FallIösung
im dritten Teil wurde in DarsteUung und Stoff
vermittlung grundlegend umgestaltet, um dem Ziel eines Klausurbegleiters für alle Semester gerecht werden zu können. Eigenständige Übersichten und Hinweise zur Problemvertiefung bzw. zu abweichenden Lösungsmöglichkeiten ergänzen die ,,Mus terlösung� der Fälle, die
im Sinne des hier verfolgten Konzepts nur nach der erforder im Inhaltverzeichnis
lichen Bearbeitungszeit eingeteilt wurden. Die Benennung der
genannten Tatbestände bei den jeweiligen Fällen ermöglicht dem Benutzer die Aus wahl der Übungsklausuren. Angehängte Definitionen soUen dem übenden eine ge wisse Wiederholungsmöglichkeit bieten, aUerdings soUte deren Nutzen nicht über schätzt werden, da grundlegende Definitionen zwar beherrscht werden müssen, je nach Kontext im konkreten FaU aber durchaus abweichend gefasst bzw. ergänzt wer den müssen. Dies ist gerade Kennzeichen der gegenseitigen Abhängigkeit von Sub sumtion und Auslegung und ein nicht arn FaU erprobtes »herunterleiern" von aus-
Vorwort zur siebten Auflage
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wendig gelerntem Wissen hat alleine noch keinem Kandidaten eine gute Klausur be schert. Die überwiegende Anzahl der Klausuren wurde in übungen, Zwischenprüfungen und Examensklausurenkursen gestellt und später auch erneut in Fallrepetitorien »er probt". Meist wird zwar Kernwissen des Strafrechts bei der Lösung gefordert, Proble me werden aber in ungewohnter Form mit durchweg eher gehobenem Schwierigkeits grad präsentiert, um die Bearbeiter tatsächlich in eine klausurtypische Situation zu versetzen, in der meist kein Abspulen des Standardfalls nach »Schema Fa gefordert ist. Dadurch soll vor allem das erforderlich Problembewusstsein gefördert, Mut zur eigen ständigen Argumentation angeregt und Sicherheit, Ruhe und überlegenheit für die Klausursituation vermittelt werden. Für die ausgezeichnete und äußerst engagierte Hilfe bei der Erstellung und überar beitung dieses übungsbuchs möchte ich meinen Mitarbeitern danken, allen voran Frau Michaela Burk, die alle Fälle und übungshinweise Korrektur gelesen hat und mich bei der Ausarbeitung von vier Fällen tatkräftig unterstützt hat. Fast gleicherma ßen hervorzuheben ist die ideenreiche Mithilfe meines ehemaligen Mitarbeiters Herrn Björn Thiele bei der Neukonzeption des übungsbuchs und meines Mitarbeiters Herrn Tobias Ceffinato bei der kritischen Durchsicht eines Großteils der Fälle. In der frühen Entstehungsphase des Buchs haben sich ebenso Frau Dr. Kathrin Mehler, Frau Dr. Maresa Mertel und Frau Dr. Claudia Wunderlich an der Umgestaltung des übungs buchs beteiligt. Dank schulde ich schließlich meinen Hilfskräften Frau Christine Streufert und Frau Josephine Mücke, die nicht nur viele Obungsnachweise herausge sucht haben, sondern sich auch weitgehend für die Erstellung des Sachregisters ver antwortlich zeichnen, sowie meiner Sekretärin Frau Kerstin Kohl für die Durchsicht der Druckfahnen. Schließlich danke ich Herrn Kollegen Prof. Dr. Dr. h.c. Harro Otto, der mir mit großem "Vorschussvertrauena sein übungsbuch und seine Lehrbücher zur Fortführung überlassen hat und Herrn Dr. Michael Schremmer vom Verlag de Gruyter für das große Verständnis und die Unterstützung bei der grundlegenden Neugestaltung des übungsbuchs. Trotz intensiver Erprobung der hier versammelten übungsfälle kann ein übungs buch nur
im Dialog mit seinen Lesern fortentwickelt und immer weiter verbessert
werden. Ich bin deshalb für Anregungen, Hinweise auf unbedingt aufLunehmende Problemkreise, Kritik und Verbesserungsvorschläge an meine E-Mail-Adresse niko
[email protected] sehr dankbar. Bayreuth, April 2010
Nikolaus Bosch
Inhaltsü bersicht 1. Teil: Die Strafrechtsklausur in der Universitätsausbildung
1. Sachliches: Die Teilnahme an den Obungen und an Semesterabschlussk/ausuren 1. Die Funktion von übungen und Klausuren auf dem Weg zum Examen
2. Die Vorbereitung auf die »Strafrechtsübungen" Il. Methodik der FaUbearbeitung . . . . . . . . . . . . 1. Fallfrage und Erfassen des Sachverhalts . . . . a) Die Fallfrage. . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erfassen des Sachverhalts . . . . . . . . . . . . c) Auslegen des Sachverhalts. . . . . . . . . . . 2. Gliederung des Sachverhalts . . . . . . . . . . . a) Gliederung nach Tatkomplexen . . . . . . . b) Gliederung nach Personen . . . . . . . . . . . c) Wahl des Aufbaus . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Erstellen der Lösungsskizze . . . . . . . . . . a) Bildung von Tatkomplexen . . . . . . . . . . .
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b) Gliederung innerhalb der Tatkomplexe bei mehreren tatbeteiligten Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die zu erörternden Straftatbestände und die Reihenfolge ihrer Priifung .
4. Die Reinschrift des Gutachtens
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a) Schwerpunktsetzung, Sprache und Stil . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gutachtenstil und Subsumtion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Einleitung der Prüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Vergleich und Anwendungsbereich von Gutachten- und Urteilsstil ce) Klärung der Bedeutung eines Tatbestandsmerkmals mittels Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Subsumtion als Vergleich von konkretem und abstraktem Sachverhalt c) Darstellung eines Theorienstreits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Konkurrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IIl. Besondere methodische Hinweise für die A nfertigung von Klausuren und Hausarbeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Die Kla usur
. . . . . . . a) Die Klausursituation . b) Formalien . . . . . 2. Die Hausarbeit . . . . . .
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a) Die Aufgabenstellung b) Die Arbeit mit Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Formalien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Iv. Anleitungsbücher zur Lösung strafrechtlicher Aufgaben und Fallrepetitorien Aufsatze zu Fragen der Klausurmethodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Argumentationshilfen zu einzelnen Problemen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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VIII 2. Teil:
Inhaltsübersicht
Der Aufbau strafrechtlicher FallIösungen
A. Das Aufbauscherna als Denkschema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Das Erfolgsdelikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Das vorsätzliche Begehungsdelikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lI. Das versuchte Erfolgsdelikt . I1I. Das vorsätzliche unechte Unter/assungsdelikt N. Das fahrlässige Begehungsdelikt V. Das fahrlässige unechte Unter/assungsdelikt . . . . . . . . . . . . . C. Besondere Formen der Deliktsverwirklichung . . . . . . . . . . . . . I. Das erfolgsqualifizierte Delikt VorsatzlFahrlässigkeitskombination II. Actio libera in causa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Der Vollrausch, § 323 a . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . N. Die Wahlfeststellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Beteiligungsformen I. Mittäterschaft, mittelbare Täterschaft. Nebentäterschaft . .
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1. Mittäterschaft, § 25 II . . 2. Mittelbare Täterschaft, § 25 I, 2. 3. Nebentäterschaft . . . . . . . . . II. Teilnahme . . . . . . . . . . . . . . 1. Anstiftung . . . . . . . . . . . . 2. Beihilfe . . . . . . . . . . . . . . E. Der zweistufige Deliktsaufbau . . . . .
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1. Ottos Kritik am dreistufigen Deliktsaufbau
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Alt. . . . . . . . . . . . . . . .
2. Am Risikoerhöhungsprinzip orientiertes einheitliches Aufbauscherna
3.
33 34 34 39 42 44 47 47 47 48 49 49 50 51 51 53 54 54 54 54 55 55 56
Teil: Einübung in die FaUbearbeitung
übungsfalll: Tierfreunde in Not . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bearbeitungszeit: 2 Stunden Schwerpunkte: Körperverletzungsdelikte, Sachbeschädigung § 303 I, Recht fertigungsgründe Notwehr § 32, Notstand § 34, Defensivnotstand § 228 BGB, Aggressivnotstand § 904 BGB. .
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Körperverletzung, § 223 I - Fahrlässige Körperverletzung, § 229 - Notwehr, § 32 - Angriff durch Tiere - Angriff durch Unterlassen - Notstand, § 34 Sachbeschädigung, § 303 I - Tiere als Sachen - Defensivnotstand, § 228 BGB - Berücksichtigung von Affektionsinteressen im Rahmen des § 228 BGB Sachbeschädigung, § 303 I - Aggressivnotstand, § 904 BGB.
übungsfall 2: Waldhütte . . . . . Bearbeitungszeit: 2 Stunden Schwerpunkte: Totschlag § 2 1 2 und Totschlag durch Unterlassen §§ 2 12, 13, Aussetzung § 22 1 I Nr. 1 bzw. Nr. 2, Unterlassene Hilfeleistung § 323 c, Nöti.
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gung § 240 I. Mord durch Unterlassen. § 212 I. 211. 13. Aussetzung mit To desfolge. § 221 I Nr. 2. III. Totschlag. §212 I - Abgrenzung zwischen Tun und Unterlassen - Kriterium des Energieeinsatzes - Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit - Totschlag durch Unterlassen. §§ 212 I. 13 - Kausalität: Vermeidbarkeitstheorie vs. Risikover minderungslehre - Garantenste1lung - Aussetzung. § 221 I Nr. l bzw. Nr. 2 Unterlassene Hilfeleistung. §323c - Nötigung. §240 I - Nötigungsmittel: Entwicklung des Gewaltbegriffs - Totschlag durch Unter1assen. §212 I. 13 Garantenste1lung: Rechtliche Qualität des Vorverhaltens - Mord durch Unter lassen. §§212 I. 211. 13 -Auslegung des Merkmals nHeimtücke" -Aussetzung mit Todesfolge. §221 I Nr. 2. ßI. -
Obungsfall3: Geordnete Verhältnisse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bearbeitunpzeit: 2 Stunden Schwerpunkte: Versuchter Mord, Rechtfertigungsgriinde, Fahrlässige Tö tung: Rechtfertigung bei Fahrlässigkeitstaten.
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Versuchter Mord: Arglosigkeit trotz Prügelehe. Rechtfertigung nach § 32 Zu lässigkeit der Präventivnotwehr. nach § 34 alternative Handlungsmöglichkei ten und Interessenabwägung bei Konstellationen des Familientyrannen. ent schuldigender Notstand. § 35 I. Irrtum nach § 35 D. Rücktritt - Fahrlässige Tötung: Rechtfertigung bei Fahrlässigkeitstaten. Bestimmung der Erforder lichkeit, Gebotensein der Notwehr.
Obungsfall4: Das Sprengstoffattentat. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bearbeitungszeit: 2 Stunden Schwerpunkte: Mord und Totschlag in mittelbarer Täterschaft - Herbeifüh ren einer Sprengstoffexplosion in mittelbarer Täterschaft - Anstiftung zum Mord in mittelbarer Täterschaft - Anstiftung zum Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion mit Todesfolge in mittelbarer Täterschaft.
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Totschlag in mittelbarer Täterschaft: Opfer als Werkzeug gegen sich selbst. Abgrenzung error in persona und aberratio ictus -Mord in mittelbarer Täter schaft: Heimtücke. gemeingefahrliche Mittel. Habgier - Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion in mittelbarer Täterschaft. §§ 308 I. 25 I 2. Alt. -Herbei führen einer Sprengstoffexplosion mit Todesfolge in mittelbarer Täterschaft. §§ 308 I. ßI. 25 I 2. Alt. -Anstiftung zum Mord in mittelbarer Täterschaft: er ror in persona des Angestifteten und Strafbarkeit des Anstifters. Strafuegrün dung ( § 28 I) oder Strafschärfung ( § 28 D) - Anstiftung zum Herbeiführen einer SprengstofIexplosion mit Todesfolge in mittelbarer Täterschaft, §§ 308 I. ßI. 25 I 2. Alt 26. .•
Obungsfall5: KofIerfreuden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bearbeitunpzeit: 2 Stunden Schwerpunkte: Versuchte PCandkehr - Diebstahl mit Waffen - Wohnungs einbruch-diebstahl- Raub- Freiheitsberaubung- Hausfriedensbruch.
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Inhaltsübersicht
289 I, 11, 22, 23 I: Wegnahme bei besitzlosen Pfand 288 - Diebstahl mit Waffen, §§ 242 I, 2 44 I Nr. 1a - Wohnungseinbruchsdiebstahl §§ 242 I, 2 44 I Nr. 3 Versuchter Raub, §§ 249 I, 22, 23 I, mittels fortwirkender Gewalt oder Gewalt durch Unterlassen - Freiheitsberaubung, § 239: Schutz der potentiellen Fort bewegungsfreiheit - Hausfriedensbruch, § 123.
Versuchte Pfandkehr, §§
rechten - Vereiteln der Zwangsvollstreckung, §
Obungsfall 6: Pizza mit Allem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bearbeitungszeit: 3 Stunden Schwerpunkte: Straftaten gegen die Ehre, Versuchter Mord §§ 212 I, 211, 22, 23 I, Körperverletzungsdelikte, Versuchter Totschlag und Versuchter Mord in mittelbarer Täterschaft.
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Verleumdung, §
187 - Beleidigung, § 185 - Unwahrheit der behaupteten Tat 185 ff. - Versuchter Mord, §§ 212 I, 211, 22, 23 I - Irrtümliche Annahme einer schweren Beleidigung i.S. v. § 213 1. Alt. -
sache als Voraussetzung des §§
Rücktritt - Abgrenzung zwischen beendetem und unbeendetem Versuch Denkzettelfa1l - Gefahrliche Körperverletzung, §§ Nr.
223 I, 224 I Nr. 2 1. Alt., 5 - Versuchter Totschlag in mittelbarere Täterschaft, §§ 212 I, 22, 23 I, 25
I 2. Alt. - Tatherrschaftslehre vs. Subjektive Theorie - Versuchter Mord i n mittelbarer Täterschaft, §§ 211, 212 I, 22, 23 I, 25 I 2. Alt. - Strafbegründung, § 28 I oder Strafschärfung, § 28 11 - Geflthrliche Körperverletzung in mittelba rer Täterschaft, §§ 223 I, 224 I Nr. 2, Nr. 5, 25 I 2. Alt.
Obungsfa117: Eine Familientragödie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dearbeitunpzeit: 3 Stunden Schwerpunkte: Totschlag, § 212 I, Mord, § 211 und versuchter Mord, §§ 211, 22, 23 I, Gefahrliche Körperverletzung, §§ 223 I, 224 I, Versuchter Schwan gerschaftsabbruch, §§ 218 I, IV, 22, 23 I. Totschlag, §
212 I - objektive Zurechnung: eigenverantwortliches Dazwi
schentreten - subjektiver Tatbestand: Bestrafung bei Alternativvorsatz; Mord,
§ 211; Gefährliche Körperverletzung, §§ 223 I, 224 I 1 Nr. 2, 3, 5; Versuchter 212, 22, 2 3 I; Versuchter Mord, §§ 212, 211, 22, 23 I - objekti
Totschlag, §§
ve Mordmerkma1e: Heimtücke - subjektive Mordmerkmale: Niedrige Be weggründe, Verdeckungsabsicht; Körperverletzung, §§
223 I, 224, 226 I 218 ff. und §§ 223ff. ; Versuchter Schwangerschaftsabbruch, §§ 218 I, IV, 22, 23 I - Verwirklichung des Regelbeispiels § 218 11 Nr.2; Mord, §§ 2 12 I, 211 - objektives Mordmerkma1: Heimtücke bei fehlender
Abgrenzung: §§
Fähigkeit zum Argwohn auf Seiten des Opfers - Rechtswidrigkeit: Rechtfer tigender Notstand, §
34, bei Tötung eines unrettbar Verlorenen und Recht
fertigung aufgrund rechtfertigender PflichtenkoIIision - Schuld: Entschul digender Notstand, §
35, und übergesetzlicher entschuldigender Notstand; 223, 224 - Gef.ihrliches Werkzeug, § 224 I
Gefährliche Körperverletzung, §§ Nr.
2: OP-Besteck.
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Inhaltsübersicht
Obungsfall8: Tankstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bearbeitun&Szeit: 2 Stunden Schwerpunkte: Unterschlagung, § 2461,Betrug, § 263,Diebstahl, § 242.
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Unterschlagung, § 246 I - Objektiver Tatbestand: Anforderungen an die Zu eignungsabsicht i.S. v. § 246; Betrug, § 263; Diebstahl, § 242 I - Objektiver Tatbestand: Benzin als fremde Sache; Betrug § 263 - Täuschungshandlung Vermögensverfügung: Dreiecksbetrug; Unterschlagung, § 2461.
Obungsfall9: Eisen und Draht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . BearbeitunIlSzeit: 3 Stunden Schwerpunkte: Körperverletzung § 223, Körperverletzung mit Todesfolge § 2271,Totschlag durch Unterlassen §§ 212,13,Versuchter Totschlag durch Unterlassen §§ 212, 22, 23 I, 13 I, Versuchter Mord durch Unterlassen §§ 212,211,22,23 I, 13.
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Körperverletzung, § 223 I - Atypischer Kausalverlauf - Eigenverantwortliche Selbstgefiihrdung - Irrtum über den Kausalverlauf - Erlaubnistatbestandsirr tum - Begriff der Tat i. S. v. § 127 StPO - Körperverletzung mit Todesfolge, § 227 I - Eigenverantwortliche Selbstschädigung - Dazwischentreten eines Dritten - Gefahrverwirklichungszusammenbang - Totschlag durch Unterlas sen, §§ 212, 13 - Versuchter Totschlag durch Unterlassen, §§ 212, 22, 23 I, 13 I - Unmittelbares Ansetzen beim Unterlassen - Beendeter und Unbeendeter Versuch beim Unterlassungsdelikt - Verhinderungsbemühung i.R. v. Unter lassungsdelikten - Versuchter Mord durch Unterlassen, §§ 212, 211, 22, 23 I, 13 - Verdeckungsabsicht bei Unterlassen.
Obungsfalll0: Das Jagdschloss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bearbeihm&Szeit: 3 Stunden Schwerpunkte: Versuchter Raub mit Todesfolge §§251, 22, 23, Versuchter schwerer Raub §§250 I, 11, 22, 23, Freiheitsberaubung mit Todesfolge §239 I, IV, Anstiftung zum versuchten Raub mit Todesfolge, §251,22,23,26,An stiftung zur Freiheitsberaubung mit Todesfolge, §§239 I, IV, 26, Räuberi scher Angriff auf Kraftfahrer §316 a, Raub §249 und räuberische Erpres sung §255. Versuchter Raub mit Todesfolge, §§ 251, 22, 23 - Erfolgsqualifizierter Ver such und Rücktritt vom erfolgsqualifizierten Versuch - Versuchter schwerer Raub, §§ 250 I Nr. 1 a, b, 11 Nr. 1 Alt. 2, 22, 23 - Gefahrliches oder sonstiges Werkzeug - Versuchter Bandendiebstahl, §§ 242, 244 I Nr. 2, 22, 23 - Frei heitsberaubung mit Todesfolge, §§ 239 I, IV - Fahrlässige Tötung, § 222 Nötigung, § 240 - Hausfriedensbruch, § 123 - Anstiftung zum versuchten Raub mit Todesfolge, §§ 251, 22, 23, 26 - Kenntnis der die schweren Folge verursachenden Umstände und Leichtfertigkeit - Anstiftung zur Freiheitsbe raubung mit Todesfolge, §§ 239 I, IV, 26 - Fahrlässige Tötung, § 222 - Nicht anzeige von Straftaten, § 138 I Nr. 7 - Räuberischer Angriff auf Kraftfahrer, § 316a - Raub, § 249 - Räuberische Erpressung, § 255 - Beschaffenheit des
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Inhaltsübersicht
abgenötigten Verhaltens - Unbefugter Gebrauch eines Fahruugs, §248b Diebstahl, §242 - Nötigung, §240.
Obungsfallll: Rauschtat ................................. Bearbeitungszeit: 3 Stunden Schwerpunkte: Körperverletzungsdelikte - alkoholbedingter Rauschzustand, Diebstahl § 242, Sachbeschädigung § 303, Trunkenheit im Verkehr § 316, Vollrausch § 323a, Beihilfe zum Vollrausch §§ 323 a, 27. Körperverletzung, §223 - § 20 in alkoholbedingtem Rauschzustand - Actio
230
Iibera in causa - Körperverletzung durch vorangegangenes Sich-Betrinken Fahrlässige Körperverletzung, §229 - Fahrlässige a.1 Absicht rechtswidriger Zueignung: Unfaltigkeit zwischen rechtswidrig und rechtmäßig zu unterscheiden - Unbefugter Gebrauch eines Fahrzeugs, §248b - Sachbeschädigung, §303 - Vorsätzliche Trunkenheit im Verkehr, §316 I Fahrlässige Trunkenheit im Verkehr, §316 II - Vollrausch, §323a I - Beihilfe zum Vollrausch, §§323a 1,27 I - Abgrenzung zur Anstiftung.
Obungsfall12: Feuer und Teufel im Hotel ...................... Bearbeihm�zeit· 3 Stunden Schwerpunkte: Brandstiftungsdelikte, Versicherungsmissbrauch § 265, Ge fährlicher Eingriff in den Straßenverkehr § 315b I Nr. 3, ßI i.V.m. § 315 ßI Nr. 1 b, Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, § 142 I Nr. 1.
249
Brandstiftung, §306 I Nr.1 - Schwere Brandstiftung, §306a I - Ausreichen einer abstrakten Gefahr - Hotel als Wohnung von Menschen dienend - Ge mischt genutzte Gebäude - Schwere Brandstiftung, §306a II - Besonders schwere Brandstiftung, §306b I - Schwere Brandstiftung, §306b 11 NT.1 Besonders schwere Brandstiftung, §306 b II Nr.2 - Restriktive Anwendung der Errnöglichungsabsicht - Fahrlässige Tötung, §222 - Versicherungsmiss brauch, §265 - Gefahrlicher Eingriff in den Straßenverkehr, § 315 I Nr.3,III i.V.m. §31 5 III Nr.1 b - Abgrenzung verkehrsfremder Eingriffe und ver kehrsimmanenter Straßenverkehrsgefährdungen - Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, § 142 I Nr.1 - Tatbestandsirrtum durch Nicht-Bemerken des Unfalls - Nachträgliche Unfallskenntnis.
Obungsfall13: Im Bierzelt fliegen die Fäuste ..................... Bearbeitungszeit: 3 Stunden Schwerpunkte: Gefiihrliche Körperverletzung §§ 223 I, 224 I Nr. 2 Alt. 2, Nr. 5, Körperverletzung mit Todesfolge § 227 I, Beteiligung an einer Schläge rei § 231 I, Landfriedensbruch, § 125 I Nr. 1, Freiheitsberaubung § 239 I, Nö tigung § 240, Totschlag § 212. Gefahrliche Körperverletzung, §§223 I, 224 I Nr.2 Alt.2, NT. 5 - Abgrenzung error in persona und aberratio ictus - Körperverletzung mit Todesfolge, §227
I - Anknüpfungspunkt der schweren Folge - Beteiligung an einer Schlägerei, §231 I - Objektive Stratbarkeitsbedingung - Landfriedensbruch, § 125 I
264
XIII
Inhaltsübersicht Nr.1 - Hausfriedensbruch, §123 I - Freiheitsberaubung, §239 I - Nötigung,
§240 I - Beteiligung an einer Schlägerei, §231 I - Erforderüchkeit der Partei nahme - psychische Mitwirkung - Beteiligung vor und nach Eintritt der schweren Folge - Versuchte gefithrliche Körperverletzung, §§223 I, 224 I Nr.2 Alt. 2, Nr. 5,11.22.23 I - Totschlag, §2 1 2 - Notwehrprovokation - Betei ügung an einer Schlägerei, §231 I - gerechtfertigte Herbeiführung der schwe ren Folge - Täter ist Opfer der schweren Folge.
Obungsfalll4: Skifahrt mit Folgen. ............... .. .. .. .. ... Bearbeitungszeit: 4 Stunden Schwerpunkte: Fahrlässige Körperverletzung - Unfallflucht - Fahrlässige Tö tung - Tötung durch Unterlassen - Unterlassene Hilfeleistung.
291
Fahrlässige Körperverletzung, §229: Sorgfaltsmaßstabsbestimmung - Unfall flucht, §142 - Fahrlässige Tötung, §222: Teilnahme an Selbstgefithrdung oder einverständliche Fremdgef'ahrdung - Totschlag durch Unterlassen, §§2 12, 13: hypothetische Kausalität - Aussetzung, §221 I - Unterlassene Hilfeleistung.
Obungsfalll5: Gams und Bart .................. .. .. .. .. ... Bearbejtunpzejt· 4 Stunden Schwerpunkte: Betrug, Diebstahl, Abgrenzung Raub und räuberische Erpres sung, Beutesicherungsabsicht beim räuberischen Diebstahl, sukzessive Bei hilfe beim DiebstahlJBegüDstigung, § 257.
312
Betrug, §263 - Abgrenzung Trickdiebstahl/Sachbetrug - gelockerter Gewahr sam - Diebstahl §242 I - gelockerter Gewahrsam - räuberischer Diebstahl,
§252 - Beteiligung des Täters
an
der Vortat - Beutesicherungsabsicht - räu
berische Erpressung, §§253, 255 - vis absoluta als taugliches Tatmittel - Ab grenzung räuberische Erpressung/Raub - Dreieckserpressung, Näheverhältnis - Sicherungserpressung - sukzessive Beihilfe zum Diebstahl/Begünstigung,
§257 - psychische Beihilfe - Begünstigung, §257 I - räuberischer Diebstahl in mittelbarer Täterschaft, quaüfikationslos-doloses bzw. absichtslos-doloses Werkzeug - Anstiftung, §26 zur Körperverletzung, §223; Nötigung, §240; Begünstigung §2571.
Obungsfall l6: Reinecke Fuchs und Hase. ........... .. .. .. .. .. . Bearbeitungszeit: 5 Stunden Schwerpunkte: Urkundsdelikte, §§ 267ff., Betrug, § 263: Vollendung, Ver such und Versuch in mittelbarer Täterschaft, Erschleichen von Leistungen, § 265a I, Hausfriedensbruch, § 123 I, Erpressung, § 253 I: Vollendung und Versuch, Versuchte Nötigung, §§ 240 I, III, 22, 23 I, Versuchte Hehlerei durch Nötigung, §§ 259 I, III, 22, 23, Unterschlagung einer anvertrauten Sa che, § 246 I, D, Anstiftung zur Unterschlagung, §§ 246 I, 26; Hehlerei, § 259 I, Geldwäsche, § 261 I. Urkundenfitlschung, §267 I - Urkundsbegriff und zusammengesetzte Urkun de - VerfaIschen: Abgrenzung UrkundenfaIschung, §267 I Alt. 2 und Urkun-
334
Inhaltsübersicht
XIV
denunterdrückung, §274 I Nr.1 Alt. 3; Urkundenbeschädigung, §274 I Nr.1 Alt. 2; Betrug, §263 1 - Vermögensschaden: Dreiecksbetrug; Erschleichen von Leistungen, §265a I; ; Versuchter Betrug in mittelbarer Täterschaft, §§263 I, 22,23 I, 25 I Alt. 2 - Unmittelbares Ansetzen zum Versuch im Rahmen der mittelbaren Täterschaft; Erpressung, §253 I; Versuchte Erpressung, §§253 I, III, 22, 23 1 - Vermögensbegriff - Rücktritt vom Versuch; Unterschlagung ei ner anvertrauten Sache, §246 I, II; Anstiftung zur Unterschlagung, §246 I, 26; Hehlerei, §259 I - Zeitliches Verhältnis von Vortat und Hehlerei.
übungsfalll7: Brandheiße Neuigkeiten aus Auendorf ... .. .. .. .. .. .. Bearbeitun�zeit: 5 Stunden Schwerpunkte: BrandstiftungsdeIikte, Täterschaft, Betrug. Brandstiftung, §306 I Versuchte Brandstiftung - Schwere Brandstiftung,
357
-
§306a - Versuchte Brandstiftung in Mittäterschaft, §§306 I Nr.1 Alt.1,25 11, 22,23 I - Versuchte schwere Brandstiftung in mittelbarer Täterschaft, §§306 I Nr. 1 Alt. 1,25 I Alt. 2,22, 23 I - Fahrlässige Brandstiftung, §306 d I - Verbre chensverabredung, §30 11 - Versuchte mittelbare Täterschaft der Brandstiftung - Brandstiftung durch Unterlassen - Versicherungsmissbrauch, §265 - Ver suchter Mord durch Unterlassen, §§211, 13 I, 22,23 I - Aussetzung, §221 Freiheitsberaubung, §239 I - Versuchter Betrug, §§263 I, 11, 22, 23: Unmittel bares Ansetzen bei Mittäterschaft,Versuch bei vermeintlicher Mittäterschaft.
übungsfall 18: Hans und Prahl ........ . .. .. .. .. . . .. .. .. Bearbeitun�zeit: 5 Stunden Schwerpunkte: StraßenverkehrsdeIikte und UrkundsdeIikte. Urkundenfalschung, §267 - Abgrenzung Beweiszeichen/Kennzeichen - Ab .
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385
sicht beim Merkmal "zur Täuschung im Rechtsverkehr" - Urkundenunterdrü ckung, §274 I Nr.l - Nachteilszufügungsabsicht: ordnungsrechtliche Maß nahmen gegen sich selbst - fahrlässige Geflihrdung des Straßenverkehrs, §315c I, III Nr. 1 - Mitfahrer als Handerer" i.S.d. §3 15 cl - eigenverantwort liche Selbstgefahrdung - Vorsätzliche Trunkenheit im Verkehr, §316 I Gesetzliche Subsidiarität zu §315c - Fahrlässige Körperverletzung, §229 Eigenverantwortliche Selbstgeflihrdung - Einwilligung - Widerstand gegen Vollstreckungsbearnte, §113 I - Türverriegelung und Weiterfahrt als Gewalt Auto als Waffe i.S. d. § 1 13 II Nr.1 - Nötigung, §240 - Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, §142 - Vorsätzliche Trunkenheit im Straßenverkehr, §316 I.
4.
Teil: Die strafprozessuale Zusatzfrage
übersicht: StPO Zusatzfragen Zusatzfrage 1: Tierfreunde in Not. . . . . . . .. .. .. .. .. . ... .. .. .. . Problemschwerpunkte: Strafantrag - Abgrenzung zur Strafanzeige - Strafan tragsverLicht - übergang des Strafantragsrecht auf Angehörige - Privatklage.
403
XV
Inhaltsübersicht
Zusatzfrage 2: Die Waldhütte .. .. .. .. ..................... . Problemschwerpunkte: Ausschließung eines Richters aufgrund eines be
405
stimmten Näheverhältnisses §22 StPO - Ablehnung eines Richters wegen Be fangenheit - Dienstaufsicht über Richter und richterliche Unabhängigkeit.
Zusatzfrage 3: Geordnete Verhältnisse .. ...................... Problemschwerpunkte: Weisungsgebundenheit eines Staatsanwalts - Bindung
408
des Staatsanwalts an höchstrichterliche Rechtsprechung.
Zusatzfrage 4: Das Sprengstoffattentat .. ...................... Problemschwerpunkte: Beweisverwertungsverbot aufgrund der Verletzung
409
der Pflicht zur Belehrung über das Recht der Verteidigerkonsultation - Hinweis auf Stra&nilderung - Fairnessgebot.
Zusatzfrage 5: Kofferfreuden .. ............................ Problemschwerpunkte: Vernehmung des Zeugen vom Hörensagen - Verwer
411
tungsverbot wegen Verstoß gegen die Belehrungspflichten des § 136 StPO Hörfalle.
Zusatzfrage 6: Pizza mit Allem .. .. .. ...................... Problemschwerpunkte: Grenze des zulässigen Verteidigungsverhaltens zur .
413
Strafvereitelung - SteUung des Verteidigers - Recht auf Akteneinsicht.
Zusatzfrage 7: Eine Farnilientragödie . .. ........... ........... Problemschwerpunkte: Voraussetzungen der Untersuchungshaft - Untersu
415
chungshaftverfahren - Fluchtgefahr als Haftgrund - Verdunklungsgefahr als Haftgrund - Rechtsbehelfe gegen die Untersuchungshaft.
Zusatzfrage 8: TanksteUenfall .............................. Problemschwerpunkte: Beweiserhebung - Verlobung als Grund zur Zeugnis
420
verweigerung - Verletzung der Belehrungspflicht - Spontanäußerung und Vernehmungsbegriff.
Zusatzfrage 9: Eisen und Draht. .. .. ........................ Problemschwerpunkte: Akkusationsprinzip - prozessualer Tatbegriff - Nach
42 1
tragsklage.
Zusatzfrage 10: Das Jagdschloss Problemschwerpunkte: private Kenntniserlangung einer Straftat durch einen .
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Staatsanwalt - Befangenheit des Staatsanwalts - Vernehmung des Staatsanwalts als Zeuge.
423
Inhaltsübersicht
XVI
Z usatzfrage 11: Rauschtatfall................ ............... Problemschwerpunkte: Zeugnisverweigerungsrecht - Verwertung einer Aus-
424
sage vor einem Sachverständigen - Zusatztatsachen - Belehrungspflicht durch Sachverständigen - Untersuchung unter Hinzuziehung des Verteidigers. Z usatzfrage 12: Feuer und Teufel im Hotel ....... ...... .. .. ..... Problemschwerpunkte: ProtokoUverlesung - Urkundsbeweis oder Verneh
426
mungsbehelf - Zulässigkeit der Verwertung des Protokolls im Urteil, wenn sich der Zeuge nicht mehr daran erinnern kann - Verjährung als Verfahrens hindernis. Z usatzfrage 13: Im Bierzelt fliegen die Fäuste .................... Problemschwerpunkte: Führt der Verstoß gegen die Belehrungspflicht zu ei-
428
nem Verwertungsverbot - Beschuldigteneigenschaft - rechtswidrige Beweis gewinnung durch Verstoß gegen §§136 12, 163a lV 2 StPO - zeitweises Schweigen. Z usatzfrage 14: Skifahrt mit Folgen. ......................... . Problemschwerpunkte: Durchsuchung ohne richterlichen Durchsuchungsbe-
431
fehl - Statthafter Rechtsbehelf gegen Zwangsmaßnahmen - Anforderungen an die BegrOndung einer Durchsuchungsanordnung. Z usatzfrage 15: Gams und Bart ............................ Problemschwerpunkte: Verwertbarkeit einer Zeugenaussage bei Verletzung .
434
der Belehrungspflicht - späteres Berufen des Zeugens auf sein Auskunftsver weigerungsrecht - Androhung von Zwangsmitteln - Mitbeschuldigter als Zeuge.
Zusatzfrage 16: Reinecke, Fuchs und Hase ...................... Problemschwerpunkte: Anordnung zur Blutentnahme - Anordnungsbefugnis
436
der Polizei - Blutentnahme durch NichtarLt - Beschlagnahme des Führerscheins bei Gefahr im Venug.
Zusatzfrage 17: Brandheiße Neuigkeiten aus Auendorf .............. Problemschwerpunkte: Gesetzliche Verständigung im Strafprozess - Rechts
438
mittelverLicht - unsubstantiiertes Geständnis.
Zusatzfrage 18: Hans und Prahl ............................. Problemschwerpunkte: Nummerus c1ausus der Beweismittel - strafprozessualer Urkundenbegriff - Beweis durch Augenschein.
440
1. Teil:
Die Strafrechtsklausur in der Un iversitätsausbildung
I.
Sachliches: Die Tei lnahme an d e n übungen und a n semesterabschlussklausuren
1.
Die Funktion von Übungen und Klausuren a uf dem weg zum Examen
Strafrechtsübungen und Semesterabschlussklausuren dienen der Kontrolle des Leis tungsstandes, der Einübung der Methodik der Lösung strafrechtlicher Fälle und der Wissens- und Verständniserweiterung. Natürlich haben Studenten vorrangig das Ziel, die unmittelbar vor ihnen liegende Klausur zu bestehen. Idealerweise sollte das Beste hen der Klausur aber lediglich Nebenprodukt, nicht einziges Ziel der übungs- bzw. Klausurteilnahme sein! Bei einem leider vielfach zu beobachtenden .. Abhaken« der Leistungskontrollen während des Studiums wird in scheinbar ökonomischer Arbeits weise nach bestandener Klausur der Kopf für die nächste Hürde, sei es im Zivil- oder öffentlichen Recht, freigeräumt. Tatsächlich sollte aber das größere Ziel nicht aus den Augen verloren werden, die Verinnerlichung des gelernten Stoffs und dessen prob lemorientierte Anwendung. Die zur Klausurlösung erforderliche Subsumtionstechnik ist nötiges Handwerks zeug eines jeden Juristen und ebenso wie das erforderliche materielle Wissen Voraus setzung für eine planvolle Fallbearbeitung. Erfolg in den gebotenen Klausuren setzt al lerdings voraus, dass der Student zu einer Mitarbeit bereit ist, die über das bloße ..Erschlagen« des Scheines hinausgeht. Er sollte nicht nur die Klausuren mitschreiben, die für den Scheinerwerb notwendig sind, sondern sich an der Besprechung der übungsfaLle auch aktiv beteiligen. Der Blick für die Probleme eines Falles und die bei der Bearbeitung erforderliche Schwerpunktsetzung kann nur durch die eigenhändige Lösung und Bearbeitung vieler Fälle geschult werden. Da den Studierenden meist nur eine eng begrenzte Anzahl von Klausuren während des Studiums geboten wird, sind Fallsammlungen ein wichtiges Hilfsmittel zur Vorbe reitung auf das Examen. Es sollte allerdings möglichst effektiv genutzt werden, d. h. der Bearbeiter sollte sich bemühen, die Klausur eigenständig in dem vorgegebene Zeit rahmen zu bewältigen und erst dann mit der Lösung abgleichen. Später kann dann anhand der vorgegebenen Schwerpunktsetzung und Vertiefungshinweisen eine Wie derholung der Problemkreise erfolgen. Um diesen Weg zu unterstützen erfolgt hier bewusst keine Einteilung mehr in Anfanger-, Fortgeschrittenen- und Examensklausu ren, sondern es werden lediglich eine gewisse ThemensteIlung und eine Zeitvorgabe vorgegeben. Abweichend strukturierte Klausurenkurse erwecken den Eindruck, dass unterschiedliche inhaltliche Maßstäbe an Anfangerklausuren und Klausuren in höhe ren Semestern anzulegen sind- Tatsächlich gibt es aber nur .. eine gute Klausurlösung" mit richtiger Schwerpunktsetzung und dem zutreffenden Wechsel von Gutachten und Urteilsstil. Natürlich werden Anfangerklausuren gegebenenfalls sanfter bewertet.
2
1. Tell: Die Strafrechtsklausur In der universltätsausbildung
Aus dem Umstand, dass hier Fehler und überflüssige Erörterungen leichter verLiehen werden, kann aber keinesfalls auf einen abweichenden inhaltlichen Maßstab geschlos sen werden. Da es nur wenig Sinn macht, zunächst etwas zu lernen was in folgenden Semestern wieder abgewöhnt und als falsch gebrandmarkt wird (nach dem Muster, "schreiben Sie zunächst alle Täterschaftsformen auf', »prüfen Sie auch offensichtlich subsidiäre Tatbestände etc., um zu zeigen,
dass Sie als Anfänger schon subsumieren
können"), wird in diesem übungsbuch der umgekehrte Kurs vorgegeben. Geboten werden Grundprobleme, aber überwiegend in einer ungewohnten, für höhere Semes ter typischen Verpackung. Studierende können die Fälle mit dem üblichen Handwerk zeug lösen, zugleich aber den Blick für Probleme schärfen.
2.
Die vorbereitung auf die "Strafrechtsübungen"
a) Die sinnvolle Teilnahme an einer übung im Strafrecht setzt gründliche Kenntnisse des Sachgebiets voraus, auf das sich die übung erstreckt. Die AnIlingerübung sowie die Abschlussklausuren des ersten Semesters behandeln in erster Linie den Allgemeinen Teil, dessen Problemstellungen vorrangig bei der Prüfung von Körperverletzungs- und Tötungsdelikten erörtert werden. Der Schwerpunkt der Fortgeschrittenenübung liegt in der Regel im Besonderen Teil des Strafrechts. b) Zur Vorbereitung auf Klausuren muss sich der Student aktiv den Lehrstoff an eignen, sich insbesondere frühzeitig nicht nur um den Erwerb materiell-rechtlicher Kenntnisse bemühen, sondern auch die Arbeit an konkreten Fällen und die Technik der Falllösung einüben. Vielfach hat sich
das
Bild von »Vorlesungen" gewandelt. Vor
lesungen werden durch umfangreiche Lehrmaterialien im Internet unterstützt und die Darstellung des Lernstoffs erfolgt nicht nur in den begleitenden übungen fallorientiert und mittels aktiver Einbeziehung der Studierenden. Ein Lernen am Fall ist im Straf recht besonders wichtig. Die Kenntnis dogmatischer Grundstrukturen ist zwar auch hier unabdingbare Grundvoraussetzung einer guten Lösung, diese sind aber letztlich so grob gestrickt, dass nur ein anhand von Fällen erlangtes Grundverständnis die Ein ordnung neuer Sachverhaltskonstellationen erlaubt. Da sich
das
Strafrecht nicht nur
im Allgemeinen Teil, etwa bei der Frage des unmittelbaren Ansetzens beim Versuch, der Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme, der Einordnung von Irrtümern oder der Bestimmung von Fahrlässigkeit aufgrund einer Unzahl denkbarer Fälle im Grunde einer fallorientierten Vergieichstechnik bedient, sollten abstrakte Definitionen der Rechtsbegriffe zwar beherrscht, vor allem aber deren Anwendung an konkreten Fällen eingeübt werden. Wahrscheinlich wird der größere Teil der Studenten, die eine Klau sur nicht bestanden haben, danach resümieren, sie hätten zwar abstrakt alles gewusst, nur im konkreten Fall das Problem nicht gesehen oder nicht einzuordnen vermocht. Auch wenn Sachverhaltsprobleme nicht erlernbar sind, kann zumindest der Blick für sie geschult und die Methodik ihrer Bewältigung eingeübt werden. Studenten sollten deshalb neben der ergänzenden Lektüre eines Lehrbuchs, dem Besuch begleitender übungen, die ebenso wenig wie Vorlesungen lediglich passiv konsumiert werden soll ten, viele Fälle - es können nicht genug sein - aus Fallbüchern und Ausbildungszeit schriften zur Kontrolle des Erlernten nutzen.
11. Methodik der FallbearbeItung
3
11.
Method i k der Fal lbearbeitung
1.
Fallfrage und Erfassen des Sachverhalts
a)
Die Fallfrage
Die Fallbearbeitung beginnt damit,
dass der Bearbeiter den Sachverhalt sorgfaltig -
mindestens zweimal - durchliest. Dabei ist besonders auf die Fragestellung am Schluss des Sachverhalts zu achten, denn die
Fallfrage steckt das fiir den Bearbeiter strafrecht
lich relevante Geschehen ab. Möglich ist es, dass nur nach der Strafbarkeit einer be stimmten Person gefragt wird (Hat A sich strafbar gemacht?). Es kann aber auch
das
strafrechtliche Verhalten mehrerer Personen zu prüfen (Haben A, B und C sich straf bar gemacht?) oder das strafbare Verhalten aller im Sachverhalt genannten Personen umfassend zu würdigen sein (Wie haben sich die Beteiligten strafbar gemacht?). Grundsätzlich ist das Verhalten von Personen, nach deren
Strafbarkeit nicht gefragt
ist oder die nicht mehr bestraft werden können, weil sie zu Tode gekommen sind, nicht zu erörtern. Trotz Beschränkung des zu prüfenden Personenkreises in der Fall frage
kann es natürlich vorkommen, dass eine inzidente Prüfung der Strafbarkeit der
nicht genannten Personen erforderlich ist, weil ihr Verhalten für die Prüfung der Strafbarkeit anderer Personen relevant ist (z. B. wenn eine Teilnahme arn Verhalten eines Verstorbenen in Betracht kommt oder bei der Frage danach, ob ein rechtswidri ger Angriff i. S. v. § 32 II gegeben ist). Teilweise wird empfohlen, beim ersten Lesen die Fallfrage zu ignorieren, damit keine wichtigen Details des Sachverhalts überlesen wer den '. Da in der strafrechtlichen Fallfrage meist ohnehin nur eine Eingrenzung der zu prüfenden Personen, in selteneren Fällen auch der zu prüfenden Tatbestände erfolgt, sollte dieser Empfehlung jedoch nicht Folge geleistet werden. Die Prüfung ausdrück lich ausgeschlossener Tatbestände und Personen wird von Prüfern negativ bewertet, so dass bereits bei der ersten Lektüre der richtige Blickwinkel auf den Sachverhalt ein genommen werden sollte.
b)
Erfassen des Sachverhalts
Um den Sachverhalt vollständig zu erfassen sollte der Bearbeiter bei der zweiten Lek
unterstreichen' Problempunkte vermerken.
türe des Sachverhalts möglichst alle wichtigen Sachverhaltsumstände und gegebenenfalls am Rand der Klausurangabe wichtige Einerseits garantiert dies,
dass der Sachverhalt vollständig erfasst wird, andererseits
dienen am Schluss der Bearbeitungszeit die Unterstreichungen einer erneuten Kon trolle, ob sich wichtige Sachverhaltsangaben auch in der eigenen Lösung wiederfinden. Als Prüfer muss man leider immer wieder mit Erstaunen feststellen, dass zwar Anga ben im Sachverhalt noch unterstrichen wurden, sich
dann aber in der ausformulierten
So Purzke, Juristische Arbeiten, 8. Wenig hilfreich die Empfehlung, Sachverhaltspassagen, die auf unterschiedliche Beteiligte zu treffen, mit verschiedenen Farben zu unterstreichen (so Bell/Jce, Klausurenkurs im Strafrecht I, Rn. 2), da bei komplexen, verschachtelten Sachverhalten der hierfür aufzubringende Zeitauf wand in keiner Relation zu der Gefahr steht, auf diesem Wege den jeweils zu prüfenden Sach verhalt zu verkürzen bzw. falsch zuzuordnen. 1
2
1. Tell: Die Strafrechtsklausur In der universltätsausbildung
4
Lösung keine weiteren Erörterungen hierzu finden (z. B. die Mitnahme eines Stemm eisens bei einem Einbruchdiebstahl, ohne dass dann auf die Werkzeugproblematik bei
§ 244 eingegangen wird, oder das Einschließen des Opfers, ohne dass eine mögliche Gewaltanwendung i. S. v. § 249 erörtert wird etc.). Gut gestellte Klausuren - und da von sollte der Bearbeiter zunächst ausgehen - zeichnen sich dadurch aus, dass der Sachverhalt möglichst wenige ausschmückende Sachverhaltsdetails benennt, die für die Subsumtion nicht erforderlich sind. Natürlich wird der Aufgabensteller einzelne Angaben zu den handelnden Personen auch deshalb machen, um eine plausible Dar stellung zu erreichen. Dennoch sollte sich der Bearbeiter bereits bei der Lektüre des Sachverhalts mit großer Sorgfalt fragen, warum ein bestimm ter Umstand des Sachver halts in der eigenen Lösung keine Rolle spielt
(Verwertung möglichst aller Sachver
haltsangaben). Selbst in Examensklausuren ist allerdings häufiger zu beobachten, dass der Aufga bensteller den Sachverhalt auf Problemkreise ausgerichtet hat, zu denen ein Bearbeiter gar nicht vordringen kann, weil er den Sachverhalt (möglicherweise vertretbar) anders interpretiert. Auch wenn hier die Gefahr nicht von der Hand zu weisen ist,
dass Stu
denten den Sachverhalt mit Blick auf ihnen bekannte und vermeintlich angesprochene Streitfragen "verbiegen" (vor allem bei subjektiven Strafbarkeitsvoraussetzungen häu fig zu beobachten), sollte sich der Bearbeiter immer die Frage stellen, ob nicht ein an deres Verständnis des Sachverhalts den offensichtlich aus Sicht des Prüfers zu erör ternden Problemkreisen besser gerecht wird. Insbesondere in Examensklausuren muss davon abgeraten werden, eine ausformu lierte
Lösungsskizze anzufertigen.
Da die meist sehr umfangreichen Examenskausuren
im Strafrecht eine Vielzahl kleiner und großer Probleme enthalten, sollte die Lösungs skizze auf das zur Orientierung notwendige Mindestmaß beschränkt bleiben. Als Ver gleichsmaßstab
kann die hier jeweils vorangestellte Lösungsskizze dienen, wobei diese
bei mehreren Beteiligten am besten noch durch eine zeichnerische Darstellung des Sachverhalts ergänzt wird, damit etwa Namen und Sachverhaltsumstände richtig zugeordnet werden. Zudem sollte sich der Bearbeiter zumindest Gedanken über die Schwerpunktsetzung machen, d. h. vermerken, an welchen Gliederungspunkten ein Streitstand oder ein Problem vertieft dargestellt werden muss. Bei Hausarbeiten wird vielfach verlangt (dann muss dem natürlich Folge geleistet werden) oder empfohlen, dass der Sachverhalt noch einmal abgetippt wird, damit er vollständig verinnerlicht ist. Da dies meist eher mechanisch geschieht, scheint es mir sinnvoller zu sein, wenn bei Hausarbeiten der Sachverhalt in freier Rede einem Dritten geschildert wird. Ähnlich dem in manchen Bundesländern üblichen Aktenvortrag ist dies die beste Garantie dafür,
dass Lücken und Fehler im Sachverhaltsverständnis of
fengelegt werden.
C)
Auslegen des Sachverhalts
aal Erscheint der
Sachverhalt nicht eindeutig, so ist er von der allgemeinen lebenser
fahrung her auszulegen. Ganz abwegige - abstrakt mögliche - Konstellationen sind nicht zu erörtern, auf sie müsste im Text ausdrücklich verwiesen werden.
11. Methodik der FallbearbeItung
5
Beispiel: Heißt es im Sachverhalt, A lauert B auf. um diesen zu berauben. so wäre eine Erörterung der Frage. ob A schuldunfllh ig ist oder nicht, unvertretbar. - Zwar sagt der Sachverhalt nichts über die Schuld1llhigkeit des A, eine derart vom üblichen abweichende Gegebenheit mUsste je doch ausdrücklich im Text erwähnt werden. Nimmt der Sachverhalt nicht zum Alter der Betei ligten Stellung. ist davon auszugehen. dass Erwachsenenstrafrecht Anwendung findet
Norma1fall aus lückenhaft ist und
Der Bearbeiter sollte bei der Auslegung des Sachverhalts immer vom gehen'. Gewinnt der Bearbeiter den Eindruck, dass der Sachverhalt
Umstände nicht benannt werden. die zur Lösung des Falls bekannt sein müssen. so kann dies unterschiedliche Gründe haben. Häufig wird sich die vermeintliche Lücke aber bei Orientierung am Normalfall im Wege der lebensnahen Auslegung des Sach verhalts schließen lassen. Der Klausurersteller wird vielleicht bestimmte Umstände al lein deshalb nicht anführen. weil er ihr Vorhandensein als selbstverständlich vorausge setzt hat.
Beispiel: In einer Klausurangabe fand sich der Hinweis, A versetzt B einen tödlichen Schlag. Eini ge Bearbeiter interpretierten dies so. dass der Schlag zwar tödlich. der Tod aber (noch) nicht eingetreten war. Ebenso muss vor der bereits angesprochenen Gefahr gewarnt werden. den Sachverhalt "ergänzend
auszulegen".
weil der Bearbeiter ein bestimmtes. vermeintlich unbedingt
zu erörterndes Problem vor Augen hat. Selbst wenn sich die Klausur an eine aktuelle
Entscheidung anlehnt oder ein gegenwärtig besonders diskutiertes Problem aufgreift. wird sie häufig davon abweichen und die eigentliche Leistung wird dann darin beste hen. diese Abweichung zu erkennen und zu würdigen. Die Suche nach einem ver meintlich bekannten Problem im Sachverhalt führt nicht selten in die Irre. bb) In besonderem Maße gelten die aufgezeigten Grundsätze für die Auslegung des Sachverhalts hinsichtlich der Umstände. die für die
subjektive Tatseite von Bedeutung
sind. Finden sich formelhafte Hinweise im Sachverhalt zum Vorsatz des Täters. so sind diese verbindlich und dürfen nicht etwa deshalb in Abrede gestellt werden. weil dem Bearbeiter angesichts der konkreten Tatsituation ein bestimmtes Vorstellungsbild lebensfremd erscheint.
Beispiel: A beschleunigt unvermittelt und flIhrt auf den Polizei beamten p. der sich ihm in den Weg gestellt hatte. mit 50 kmJh zu. A vertraut darauf; dass sich P rechtzeitig durch einen Sprung zur Seite in Sicherheit bringen wird. P konnte nicht mehr rechtzeitig ausweichen und erleidet in folge des ZusammenpraUs tödliche Verletzungen. Hier wirkt zwar die Feststellung im Sachver halt zur subjektiven Tatseite gegebenenfall s lebensfremd. dennoch darf sie nicht im Wege le bensnaher Auslegung anders interpretiert werden. In Fällen. bei denen ein Vorsatz offensichtlich ist. werden sich nicht immer Ausfüh rungen zur subjektiven Tatseite finden. Der Bearbeiter
kann dann aber ohne Weiteres
von einer vorsätzlichen Begehung ausgehen.
Beispiel: A schießt B gezielt in den Kopf. Ein Tötuns-vorsatz ist hier offensichtlich und nicht nä her zu begründen. Nur in den seltenen Fällen einer schlecht formulierten Klausur (z.B. nach ei nem Raubüberfall schießt A auf einen ihn verfolgenden Polizeibeamten und trifft diesen töd lich). in der sich Angaben zur Wollensseite auch nicht implizit dem Sachverhalt entnehmen 3
Vgl. dazu eingehend auch Arzt, Die Strafrechtsk1ausur. 57 ff.
6
1.
Tell: Die Strafrechtsklausur In der universItätsausbIldung
lassen, darf ein .In-Kauf-nehmen" der tödlichen Folge und damit ein entsprechender Tötungs vorsatz nicht unterstellt werden'. Es muss dann von Fahrlässigkeit ausgegangen werden.
Auch in TeilnahmekonsteUationen wird der Sachverhalt zwar regelmäßig Angaben dazu enthalten, ob dem Teilnehmer etwa ein durch den Haupttäter verwirklichtes Mordmerkmal bekannt gewesen ist; dennoch lässt sich auch hier beobachten, dass zu strenge Erwartungen an die Ausführlichkeit des Sachverhalts gerichtet werden. Hin sichtlich der Kenntnis des Teilnehmers von der Haupttat genügt es, wenn diese in ih rer wesentlichen Unrechtsdimension, nicht aber in aUen Einzelheiten erfasst wird. Als ZweifeisfaU kann etwa die Anstiftung eines .Auftragskill ers" zur Tötung angesehen werden, wobei hier im NormalfaU auch eine heimtückische Begehungsweise durch den .Auftragskiller" zum Vorsatzinhalt des Anstifters gerechnet werden kann. Dies zumindest dann, wenn bei Heimtücke kein Vertrauensbruch vorausgesetzt wird. Problematisch sind lediglich die selteneren FäUe, in denen mangels näherer Sach verhaltsangaben die subjektive Tatseite aus der objektiven Gefährlichkeit der konkre ten Begehungsweise erschlossen werden muss. Beispw/ (vgl. auch oben): A beschleunigt unvermittelt und fährt auf den Polizeibeamten P, der sich ihm in den Weg gestellt hatte, mit SO kmfh zu. Angesichts der kurzen Distanz zwischen A und P und dem für P völlig überraschenden Verhalten des A, konnte sich P nur in letzter Sekun de noch durch einen beherzten Hechtsprung in den Straßengraben retten. Hier liegt ein Tö tungsvorsatz und damit eine Strafbarkeit wegen versuchten Totschlags nahe, so dass sich der Be arbeiter damit auseinandersetzen muss, inwieweit gerade bei einem Tötungsdelikt (besonders hohe Hemmschwelle) der Schluss von den objektiven Tatumständen auf das Vorstellungsbild des Täters möglich ist.
Ebenso kann es erforderlich sein, bei bedingtem Vorsatz die nach überwiegender Auf fassung erforderliche Billi gung eines bestimmten Erfolges aus den Gesamturnständen des Sachverhalts zu erschließen. Fahrlässigkeit wird hingegen typischerweise anhand der äußeren Umstände festgesteUt. ce) Bleibt der Sachverhalt auch nach der Auslegung mehrdeutig und führen die un terschiedlichen Deutungen zu verschiedenen rechtlichen Folgerungen, so muss der Bearbeiter eine Alternativentscheidung treffen, d.h. eine Lösung etwa über eine Wahl feststeUung oder die Anwendung des in dubio pro reo-Grundsatzes finden. Insoweit sind die oben angeführten FäUe der ungenauen Sachverhaltsangabe von der Frage ei ner bewusst genannten Sachverhaltsungewissheit zu trennen. In Klausuren wird den Bearbeitern die Unterscheidung meist leicht gemacht, da beispielsweise die erforderli che Anwendung des in dubio pro reo-Grundsatzes oder einer WahifeststeUung durch bestimmte Formulierungen nahe gelegt wird. Beispielsweise zeigen Wendungen wie "es lässt sich nicht klären" bzw nachweisen", dass der AufgabenersteUer bewusst eine Sachverhaltsungewissheit in die Klausur integriert hat. Auch die bewusste Gegenüber steUung von zwei Sachverhaltsalternativen erfordert eine entsprechende Vorgehens weise . •
Beispw/: A findet auf einer Parkbank eine Damenhandtasche. Entweder hat sie die frühere Besit zerin dort vergessen oder sie hat die Handtasche verloren. A nimmt die Handtasche mit, durch•
Vgl. Beulke, Klausurenkurs im Strafrecht I, Rn. 8; Trf1g JA 2002, 2 1 8 .
11. Methodik der FallbearbeItung
7
sucht diese und veräußert den Inhalt. Hier kommt entweder Gewahrsam der früheren BesilUrin (dann gegebenenfalls Diebstahl, § 242 ) oder ein C.ewahrsamsverlust (dann gegebenenfalls Unter schlagung, S 246) in Betracht Aufgrund des Subsidiaritätsverhältnisses zwischen Unterschla gung und Diebstahl kann hier keine Wahlfeststellung erfolgen, sondern nur der in dubio pro reo-Grundsatz angewendet werden. Der in dubio pro rco-Grundsatz greift zwar als Prozess grundsatz vorrangig bei unsicherer Beweislage, hat insoweit aber auch eine materiell-rechtliche Komponente. Die Anwendung des in dubio pro reo-Grundsatzes wird in Klausuren allerdings weit aus weniger häufig gefordert als Studenten diesen tatsächlich annehmen. Dies dürfte auch daran liegen, dass Studenten dazu neigen, durch seine Anwendung rechtlichen Problemen ausweichen zu wollen. Der in dubio pro reo-Grundsatz greift aber nur bei Tatsachen- und nicht bei Rechtszweifeln. Gerade Praktiker reagieren zu Recht un gehalten, wenn deutlich wird, dass ein Bearbeiter wegen vermeintlicher Sachverhalts zweifel einem Klausurproblem durch Anwendung des Prozessgrundsatzes ausweicht. Formulierungen wie "nach dem Sachverhalt steht nicht eindeutig fest" deuten oftmals auf eine entsprechende fehlerhafte Weichenstellung hin. Kann der Bearbeiter aber nicht ausdrücklich anband des Sachverhalts zwei unterschiedliche, sich gegenseitig ausschließende Geschehensabläufe benennen, sollte ihm dies ein klares Warnsignal sein.
In seltenen Fällen wird die Anwendung des in dubio pro reo-Grundsatzes aller dings nicht bereits durch eine bewusste Wahl der Formulierung er.lwungen.
Beispiel: A erschießt eine Katze, die wiederholt Tauben aus seinem Taubenschlag geholt hat. Hier ist es möglich, dass es sich um eine fremde (Eigentümer ist ein Dritter) oder eine derelin quierte KaIU gehandelt hat. - Diese Sachverhaltsalternative ist für die Frage, ob der Tatbestand der Sachbeschädigung gegeben ist ("fremde Sache"), wesentlich. Daher die Alternative: a) Die Katze gchörte einem Dritten. b) Die Katze gehörte niemandem. In diesen Fällen sollte der Bearbeiter nicht vorschnell den in dubio pro rco-Grundsatz heran ziehen, sondern sich sorgfliltig vergewissern, ob der Sachverhalt keiner eindeutigen Auslegung zugänglich ist. Erst wenn dies, wie im angeführten Beispiel, nicht der Fall ist, kann sich der Bear beiter Gedanken üher die rechtliche Erfassung einer Sachverhaltsalternativität machen.
2.
Gliederung des Sachverhalts
Da ausschließlich die Strafbarkeit bestimm ter Personen interessiert, ist allein relevant,
wer durch welches Verhalten welchen StraJtatbestand erfüllt hat.
Um an diese Fragestel
lung sachgerecht heranzukommen, ist der Sachverhalt zu gliedern. Dabei gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten, die gleichberechtigt nebeneinander stehen und für deren Wahl im EinzeIfaII praktische Gesichtspunkte ausschlaggebend sind
al
Gliederung nach Tatkomplexen
Werden in dem zu bearbeitenden Fall mehrere trennbare Sachverhalte geschildert, die bei rechtlich -sozialer Betrachtung eine Einheit zu bilden scheinen, so sind diese ge sondert zu behandeln (Gliederung
nach Tatkomplexen).
Innerhalb der einzelnen Tat
komplexe wird sodann das Verhalten der verschiedenen Personen erörtert. Am Ende des Tatkomplexes werden die Konkurrenzen hinsichtlich der Delikte angesprochen,
1. Tell: Die Strafrechtsklausur In der universltätsausbildung
8
die in dem jeweiligen Tatkomplex. geprüft worden sind, so dass am Schluss der Bear beitung nur noch auf das Konkurrenzverhältnis zwischen den einzelnen Tatkomple xen eingegangen werden muss. Die Tatkomplex.e selbst werden in aller Regel chrono logisch geordnet. Ausnahmsweise muss davon abgewichen werden, beispielsweise wenn auf eine mögliche Teilnehmerstrafbarkeit wegen versuchter Anstiftung erst sachgemäß eingegangen werden kann, wenn feststeht, dass die durch den Täter ausge führte Tat nicht die Tat war, zu der der Anstifter ihn anstiften wollte. b)
Gliederung nach Personen
Erscheint eine Trennung einzelner Handlungsabschnitte nicht sinnvoll, weil sie nicht geeignet ist, den Fall klarer zu gliedern - z. B. es kommt nur eine einzige Handlung oder Unterlassung in Betracht -, oder zieht sich das strafbare Verhalten einer Person wie ein roter Faden durch den Fall, wobei hin und wieder Randfiguren auftauchen, so liegt es näher, zunächst das Verhalten dieser Person zu untersuchen und sodann die Erörterung der anderen Personen anzuschließen (Gliederung nach Personen). Bei der Gliederung nach Personen ist die Person herauszustellen, deren Verhalten geprüft werden soll, sodann das Verhalten selbst und der rechtliche Gesichtspunkt (Straftathe stand), der erörterungswürdig erscheint. Möglich, unter Umständen nötig, ist es auch, mit der Prüfung des Verhaltens einer Person zu beginnen, diese Prüfung zu unterbre chen und später wieder fortzusetzen, so z. B. wenn außer mehreren eigenständigen Ta ten einer Person auch eine Teilnahme dieser Person an Taten anderer Personen in Be tracht kommt (verschachtelter Aufbau). Hier muss zur Wahrung der Grundregel »Täterschaft vor Teilnahme" die Prüfung unterbrochen werden. Abgesehen von SonderfaIlen wird ein Aufbau ausschließlich nach Personen aber nur bei einfach gelagerten Sachverhalten in Betracht kommen. Ansonsten bietet die vorrangige Gliederung nach Tatkomplex.en und innerhalb dieser nach Tatbeteiligten einen besseren Überblick. Zudem lehrt die Erfahrung, dass Bearbeiter den Fall bei ge eigneter Untergliederung in Tatkomplex.e auch meist besser strukturiert haben. c)
Wahl des Aufbaus
Maßgeblich für die Wahl des Aufbaus im Einzelfall sind praktische Gesichtspunkte (Übersichtlichkeit, Möglichkeit besserer Straffung, Zusammengehöriges bleibt zu samm en) . Gerade Studenten der ersten Semester neigen dazu, Aufbaufragen zu über schätzen, vor allem aber nicht den Grund für die Wahl eines bestimmten Standorts der Prüfung zu erkennen. So gibt es zwar nur wenige zwingende Aufbauregeln, auch ein unzweckmäßiger Aufbau kann aber fehlendes Grundverständnis offenbaren. So muss beispielsweise beim Versuch zwingend der subjektive Tatbestand vor dem objek tiven Tatbestand geprüft werden. Schwerer als die formale Missachtung dieser Regel wiegt aber der Umstand, dass der Bearbeiter, wenn er das unmittelbare Ansetzen vor dem Tatentschluss prüft, offenbart, dass ihm das Wesen des Versuchs unbekannt ge blieben ist. Da der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat zu dieser unmittelbar angesetzt haben muss, weiß der Bearbeiter vor Prüfung des subjektiven Tatbestandes weder um welche Tat es sich gehandelt hat, noch wann aus Tätersicht das Rechtsgut
11. Methodik der FallbearbeItung
9
unmittelbar gefliludet war etc. Gleiches gilt etwa auch für die meist sehr negativ zu Buche schlagende Missachtung der Regel, dass der Täter vor dem Teilnehmer zu prü fen ist. Natürlich kann diese Regel formal mit dem Grundsatz der limitierten Akzesso rietät begründet werden, nach dem jede Teilnahme zwingend eine vorsätzlich began gene rechtswidrige Haupttat voraussetzt und deshalb auch bei der Teilnahme deren Vorliegen als erster Prüfungspunkt festgestellt wird. Besser ist es sich aber frühzeitig klarmm achen, dass beispielsweise der Teilnahmevorsatz, die Qualität einer Beihilfe handlung etc. vor Prüfung der Haupttat nicht sinnvoll erörtert werden können. Sofern hingegen in Aufbaufragen unterschiedliche Wege gangbar sind, kann der Bearbeiter regelmäßig mit der Toleranz der Prüfer rechnen. Jedenfalls sollte er niemals mit der Grundregel brechen, dass ein gewählter Aufbau nicht begründet wird. Entsprechende Hinweise sind nicht nur überflüssig, sondern werden regelmäßig negativ bewertet Wer Angst hat, er müsse dem Korrektor seinen Aufbau erklären, sollte die dafür maß gebenden materiell-rechtlichen Erwägungen noch einmal gründlich überdenken. Beispiel: Offensichtlich unzutreffend ist die Erläuterung, dass nach Beteiligten getrennt und A als Tatnächster zuerst gepruft wird. Aber auch der Hinweis, dass vor PrUfung des § 252 festgestellt werden muss, ob ein vollendeter D iebstahl vorliegt, ist regelmäßig Ubertlüssig. Entweder wird in komplizierten Fällen zunächst § 2 42 geprUft oder es erfolgt inzident eine entsprechende Abgren zung. Ebenso wenig darf beispielswe ise bei der PrUfung von Mord und Totschlag begrllndet werden, warum § 2 1 2 als G rundtatbestand vor § 2 1 1 gep rUft wird.
Mit Beginn der Ausarbeitung muss der Bearbeiter aber seine Entscheidung für die eine oder die andere Gliederungsweise getroffen haben, sonst werden seine Ausführungen unübersichtlich. 3.
Erstellen der Lösungsskizze
Nach der gedanklichen Grobgliederung des Sachverhalts empfiehlt es sich, eine Lö sungsskizze zu entwerfen. Bei der Niederschrift dieser Lösungsskizze, die der gedankli chen Klärung der Ausführungen dient, sollte der Bearbeiter sich bereits mit je einem Stichwort entscheiden, ob er einen Straftatbestand bejahen oder ablehnen will und wo erörterungswürdige Probleme stecken, die eingehender dargelegt werden müssen. Gleichwohl sollte versucht werden, diese Skizze kurL und übersichtlich zu halten. Bei Erstellung der Lösungsskizze sind folgende Gliederungsgesichtspunkte zu be achten: a)
Bildung von Tatkomplexen
Bei der Gliederung nach Tatkomplexen sind der Tatkomplex zu nennen, die Person, deren Verhalten geprüft wird, das relevante Verhalten selbst und der rechtliche Ge sichtspunkt (Straftatbestand), der erörterungsbedürftig erscheint. Die jeweiligen Tat komplexe sollen nach allgemeiner Auffassung untechnisch, d. h. unter Vermeidung rechtlicher Begriffe benannt werdenS. Letztlich zwingt der Gutachtenstil hierzu, da Rechtsbegriffe ein Ergebnis vorwegnehmen könnten. Wie viele Tatkomplexe gebildet 5
Vgl. GropengießerlKohler Jura 2003, 277.
10
1.
Teil: Die Strafrechtsklausur i n der universitätsausbildung
werden ist meist eine Frage der ZweckmäßigkeiL Eine Gliederung in Tatkomplexe be legt nicht selten ein entsprechendes Problembewusstsein, beispielsweise wenn nach einem Unfall im Straßenverkehr, die anschließende Flucht in einem eigenen Tatkom plex geprüft und dann auf das entsprechende Unterlassen eingegangen wird. Bearbei ter, die in dieser Konstellation den Einschnitt im Tatablauf nicht erkennen, können nicht sachgerecht auf eine mögliche GarantensteUung aus Ingerenz eingehen. Liegen
materiell-rechtlich mehrere
Taten vor, so werden diese häufig mehreren
Tatkomplexen zugeordnet sein. Andererseits kann eine zu starke Untergliederung auch den Blick für Probleme versteUen, beispielsweise wenn bei einem Diebstahl mit zeitlich später erfolgender Gewaltanwendung durch Untergliederung in zwei Tatkom plexe die mögliche Anwendung der
§§ 249 ff. nicht erkannt wird. Da rechtlich-soziale
Sinneinheiten nicht unnötig auseinandergerissen werden sollten, werden Teilabschnit te des Sachverhalts, die über eine Handlung im juristischen Sinne verbunden sind, re gelmäßig auch in einem gemeinsamen Tatkomplex abgehandelt. Im Einzelfall kann aber auch eine davon abweichende Untergliederung sachgerecht sein und der rechtli che Zusammenhang wird dann erst auf Konkurrenzebene diskutiert.
Beispw/: A begeht einen Einbruchdiebstahl und wendet, als der Hauseigentümer unerwartet er
scheint, Gewalt zur Beutesicherung an. Hier kann sich je nach Sachverhaltswnständen ein zweiter Tatkomplex anbieten, in dem auf die mit der Gewaltanwendung verbundenen Delikte eingegangen wird. Eine Untergliederung ist insbesondere dann erforderlich, wenn die Frage der Vollendung des vorangegangenen Diebstahls oder dessen Abgrenzung zu anderen Delikten (etwa des Betruges) zweifelhaft ist. Geboten ist eine UntergliederungjedenfaUs, wenn zugleich ein Vorsatzwechsel beim Täter vorliegt, er etwa nunmehr Gewalt anwendet, um von dem Hauseigentümer die Zahlenkom bination für den Tresor zu erhalten. In aller Regel werden auch die sukzessive Verwirklichung eines Deliktes oder die ein zelnen
Phasen der Straftatbegehung
vom Vorbereitungs- über das Versuchsstadium
bis zur Deliktvollendung in einem einheitlichen Tatkomplex angesprochen. Hier darf keinesfalls chronologisch aufgebaut werden, vielmehr ist sogleich ein vollendetes De likt zu prüfen. Weicht die eigentliche Tatausführung allerdings von der im Vorberei tungsstadiurn verabredeten Tat ab, wird eine strafbare Verbrechensabrede im An schluss an das nicht verwirklichte Delikt angesprochen. Ebenso werden Delikte in der Beendigungsphase eines Diebstahls in einem eigenständigen Tatkomplex erörtert, wenn beispielsweise bei der Prüfung eines Teilnehmers eine Abgrenzung von sukzessi ver Beihilfe zum Diebstahl und Begünstigung oder Hehlerei zu erfolgen hat.
Beispw/: A hat ein Fahrrad gestohlen und fahrt mit diesem unmittelbar zu seiner in der Nähe
wohnenden Freundin F. Er bittet F, die das Fahrrad bei sich unterstellen soll, um den Verkauf des gestohlenen Fahrrades. In vergleichbaren Konstellationen werden zwei Tatkomplexe, "Die Mitnahme des Fahrrades· und .Die Suche nach geeigneten Kunden", gebildet Natürlich darf auch in den letztgenannten Fäll en durch die Trennung nicht der Grundsatz verletzt werden, dass Täterschaft vor Teilnahme zu prüfen ist. Werden durch eine Handlung mehrere verschiedene Erfolge verursacht, von denen unter schiedliche Rechtsgutsträger betroffen sind, sollten keine unterschiedlichen Tatkom plexe gebildet, sondern nur in der überschrift des jeweiligen Straftatbestandes klarge stellt werden, gegen wen sich die Handlung konkret jeweils gerichtet hat.
11. Methodik der FallbearbeItung
11
Beispiel: A weicht einem Geisterfahrer auf einer Bundesstraße aus, indem er auf den Seitenstrei fen tlihrt Er hat dabei in Kauf genommen, einen Radfahrer R zu verletzen. Selbst wenn das Fahr rad einem anderen Eigentümer E gehören sollte, wäre eine Trennung in die Tatkomple:xe •Ver letzung des R" und .Schaden des E" nicht zweckmäßig", zumal etwa bei einer möglichen Prüfung von § 3 1 5 c o der § 3 1 5 b beide Gefahrerfolge innerhalb eines Deliktes zu prüfen sind.
b)
Gliederung innertlalb der Tatkomplexe bei mehreren tatbeteiligten Personen
Stehen innerhalb eines Tatkomplexes die Verhaltensweisen mehrerer Personen in Fra ge, so ist stets mit dem
Tatnächsten
zu beginnen. Tatnächster ist die Person, die der
Tatausführung am nächsten steht, weil sie die Tat mit eigener Hand ausgeführt hat. Mit ihr muss schon deshalb begonnen werden, weil
nahme zu erörtern
Täterschaft zwingend
vor
Teil
ist. Sodann ist das Verhalten weiterer beteiligter Personen nach
einander zu erörtern. Bei den weiteren Beteiligten kann, soweit ersichtlich nur Beihilfe in Frage kommt, sogleich mit deren Prüfung begonnen werden. Nur wenn die Ab grenzung zur Mittäterschaft problematisch erscheint (ebenso wie beispielsweise zwi schen Anstiftung und mittelbarer Täterschaft), sollte bei dem jeweiligen Tatbeteiligten zunächst eine Prüfung als Mittäter erfolgen (bzw. zunächst
als mittelbarer Täter, wenn
die Abgrenzung zur Anstiftung erforderlich ist). Für Anfängerklausuren wird teilweise ein stufenweises Vorgehen von der stärkeren bis zur schwächsten Beteiligungsform (etwa von mittelbarer Täterschaft bis hin zu Beihilfe) empfohlen7• Tatsächlich sollten sich Studenten eine entsprechende Vorgehensweise erst gar nicht angewöhnen,
da eine
gelungene Schwerpunktsetzung maßgeblichen Einfluss auf die Bewertung einer Klau
sur hat. Wer überflüssiges erörtert, geht damit nicht .auf Numm er sicher", sondern muss bei der .B-Note" deutliche Abstriche hinnehmen. In aller Regel werden die Beteiligung
geprüft.
weiteren Beteiligten auch abgestuft nach dem
Grad ihrer
Eine gemeinsame Prüfung von Beteiligten ist in den seltensten
Fäll en geboten, da dies nur dann in Frage kommt, wenn beispielsweise Mittäter .wie
ein Mann" handeln und die gleichen Handlungen gemeinsam vornehmen (z. B. A und B verprügeln C). Da mehrere Beteiligte jedoch im Regelfall in Klausuren aufgenom men werden, um zusätzliche Probleme zu generieren, dürfte dies die Ausnahme sein. Teilweise wird zwar auch empfohlen, Mittäter bei einem hohen Maß an Arbeitsteilung gemeinsam zu prüfen, da nur so der Sachverhalt sinnvoll zur mittäterschaftlichen Be gehung zusammengesetzt werden könne". Auch in diesem Fall dürfte aber eine ge trennte Prüfung sinnvoller sein,
da auf diesem Wege deutlicher wird, welche Hand
lung dem jeweils anderen mittäterschaftlich zugerechnet werden kann .
Beispiel: A wen det Gewalt an, um B die Wegnahme einer Sache von C zu ermöglichen. Wird mit A begonnen, muss im Rahmen der Wegnahme festgestellt werden, ob ihm diese, da er selbst nichts weggenommen hat, über § 2 5 TI zugerechnet werden kann . Führt die Gewaltanwendung unvorsätz1ich zum Tode des Opfers, kann bei diesem AuJbau
auch besser
dargestellt werden,
So aber &ulke, Klausurenkurs Strafrecht I, Rn. 40. Vgl. Beulke, Klausurenkurs im Strafrecht I, Rn. 33. • Vgl. Safferling JuS 2005, 1 36; RoxinlSchUnemanniffaffke, Klausurenlehre, 22; dagegen zutr. Beulke, Klausurenkurs im Strafrecht I, Rn. 44. 6
7
12
1.
Teil: Die Strafrechtsklausur i n der universitätsausbildung
dass bei § 251 jedem Teilnehmer (eigenständig Todeserfolgs zur Last fallen muss.
zu
prüfende) Leichtfertigkeit hinsichtlich des
Zum Aufbau von Mittäterschaft, mittelbarer Täterschaft und Teilnahme im Einzelnen vgl. 2. Teil D. cl
Die zu erörternden Straftatbestände und die Reihenfolge ihrer prüfung
Das relevante strafrechtliche Verhalten ist umfassend daraufhin zu prüfen, welche Straftatbestände jeweils erfüllt sind. Dabei sind, sofern dies der Bearbeitervermerk nicht ausschließt, auch relevante Tatbestände außerhalb des StGB - z. B. §53 WaffG, § 38 BJagdG, §§ 21 ff. StVG - zu beachten. aal Jeder Straftatbestand, der erwähnenswert erscheint, ist einzeln zu erörtern. Dies gilt in der Regel auch dartn, wenn ein Paragraph mehrere Tatbestandsalternativen ent hält (z.B. § 267: Herstellen einer unechten, VerfaIschen einer echten sowie Gebrauch machen von einer unechten oder verfalschten Urkunde). bb) Welche Straftatbestände vom Bearbeiter zu erörtern sind, kann nicht abstrakt für alle Fälle verbindlich festgelegt werden. Maßgeblich ist hier der Grundsatz, dass je der Straftatbestand zu erörtern ist, der nicht abwegig erscheint und für dessen Vorlie gen im Sachverhalt ein vernünftiger Anhaltspunkt spricht. ce) Die Ausführungen sind stets mit dem Straftatbestand zu beginnen, der am wahrscheinlichsten gegeben ist bzw. besondere Relevanz für die Entscheidung über die Strafbarkeit des Beteiligten besitzt. Kommen bei dieser Vorprüfung mehrere Straftat bestände in Betracht, so ist dem schwersten Delikt grundsätzlich Vorrang zu geben. Dieser gemeinhin mit den Worten »Nicht kleckern, sondern klotzen" umschriebene Prüfungshinweis dient der Schwerpunktbildung. Er sollte allerdings nicht dazu ver führen, die Grenzen von Sachverhaltsabschnitten zu missachten und einen erst in ei nem folgenden Tatkomplex zu prüfenden Tatbestand zu früh anzusprechen. Insbe sondere bei der Prüfung des Mordtatbestandes ist dies immer wieder zu beobachten und führt dann regelmäßig zu Schwierigkeiten, etwa bei der Prüfung der Verde ckungsabsicht. Bei der Reihung der Straftatbestände ist ihr Verhältnis zueinander zu beachten: ( 1 ) Der Grundtatbestand eines Delikts ist vor der Qualifizierung bzw. Privilegie rung zu erörtern, denn diese bauen auf dem Grundtatbestand auf. Beispiel: § 223 im Verhiiltnis zu § 224, § 212 im Verhiiltnis zu § 2 16.
Dies schließt es allerdings nicht aus, die Prüfung der Qualifikation im Einzelfall in die Prüfung des Grundtatbestandes zu integrieren und diese gemeinsam zu erörtern, wenn ansonsten Probleme im Rahmen des Qualifikationstatbestandes nicht mehr an gesprochen werden könnten, weil bereits der Grundtatbestand verneint wurde. Wäh rend es sich im Normalfall empfiehlt, den Grundtatbestand vollständig, d. h. ein schließlich Rechtswidrigkeit und Schuld, durchzuprüfen, wird eine integrierte Prüfung insbesondere in Fälle n in Frage kommen, in denen ein Rechtfertigungsgrund vorliegt oder ein Rücktritt vom Versuch anzunehmen ist. So kann beispielsweise bei der Prü fung eines versuchten Totschlags, von dem der Täter zurückgetreten ist, dennoch auf Mordmerkmale eingegangen werden, wenn der Sachverhalt insoweit Anlass zu deren
11. Methodik der FallbearbeItung
13
eigenständiger Erörterung bietet. Von dieser Möglichkeit sollte allerdings n ur dann Gebrauch gemacht werden, wenn im Rahmen der Qualifikation problematische Fra gen zu erörtern sind. Ansonsten ist eine übersichtlichere, getrennte Prüfung zu bevor zugen und bei Verneinung des Grundtatbestandes nicht auf die Qualifikation einzu gehen. (2) Die lex specialis ist vor der lex generalis zu prüfen, denn die lex specialis schließt als das engere Gesetz die lex generalis aus.
Beispiel: § 266 b schließt §§ 263, 266 aus. Auch diese Regel gilt wie viele anderen nicht absoluL So bietet es sich etwa an, § 306 vor § 306a zu prüfen, obwohl § 306 kein Grundtatbestand zu § 306 a isL Da ein Gutachten zu fertigen ist, muss die lex generalis gegebenenfalls dennoch ge prüft und erst auf Konkurrenzebene ausgeschieden werden. (3) Straftatbestände, die andere Straftatbestände nach den Regeln der Subsidiarität oder Konsumtion verdrängen, sind vor diesen zu prüfen, da ihnen größeres Gewicht zukommt.
Beispiel: § 145 d nach §§ 1 64, 258, 258 a. - §§ 1 23, 303 nach §§ 242, 243 Abs. 1 Nr. 1 . Ist nach Bejahung eines Tatbestands aufgrund gesetzlich ausdrücklich angeordneter Subsidiarität eine Prüfung des verdrängten Tatbestandes mangels eigenständig zu er örternder Problematik offensichtlich nicht erforderlich, dann genügt ein kurzer Hin weis, dass der betreffende Tatbestand zwar vorliegt, aber im Wege der Subsidiarität verdrängt wird (z. B. Prüfung von § 248 b nach § 242; nach Bejahung von § 249 wird allenfalls § 240 noch angesprochen, § 242 muss aber nicht mehr geprüft werden) . Gleiches gilt im Verhältnis von unechtem und echtem Unterlassungsdelikt (z. B. Prü fung von § 323c nach §§ 2 1 2, 13). Leider findet sich selbst in Musterlösungen im Examen immer wieder die Unsitte, dass Tatbestände, die im Wege der Gesetzeskon kurrenz zurücktreten, dennoch ausführlich geprüft werden (vor allem §§ 223 ff. nach §§ 2 1 2, 2 1 1 , obwohl vollendeter Mord bejaht wurde). Wenig überLeugend ist insoweit vor allem eine Prüfung von § 227 nach § 2 1 2 hinsichtlich ein und derselben Hand lung, da Fahrlässigkeit und Vorsatz sich als aliud gegenseitig ausschließen. Auch Stu dienanfanger sollten frühzeitig eine entsprechende Schwerpunktbildung einüben, denn ob in einer Klausur eine zutreffende Schwerpunktbildung erfolgte, kann sowohl bei Studienanfangern als auch Exarnenskandidaten nur nach einheitlichen Maßstäben bewertet werden. Zudem fallt es deutlich schwerer, sich eine auf »Nummer sicher ge hende" breite Prüfung nebensächlicher Tatbestände abzugewöhnen, als von Anfang an die notwendige Schwerpunktsetzung zu erlernen. (4) Das Vorliegen von Regelbeispielen ist zu prüfen, auch wenn es sich sachlich um StrafLumessungsgründe handelt, die gemeinhin im Gutachten nicht zu erörtern sind. Diese StrafLUmessungsgründe sind jedoch so tatbezogen ausformuliert, dass sich zu ihnen - im Gegensatz zu StrafLUmessungsgründen, die in der Person des Täters liegen - Stellung nehmen lässt. Sie werden bei dem zugehörigen Delikt im Rahmen eines ei genen Abschnitts »Strafe" geprüft.
Beispiel: Prllfung des § 243 im Anschluss an die Erörterung der Schuld im Rahmen von § 242.
14
1.
Teil: Die Strafrechtsklausur i n der universitätsausbildung
4.
Die Reinschrift des Gutachtens
al
Schwerpunktsetzung. Sprache und Stil
aal
Niemals ist eine Fallbearbeitung mit Vorreden zu beginnen.Seien diese nun Erör
terungen zivilrechtlicher Vorfragen oder Darlegungen, warum mit einem bestimmten Straftatbestand begonnen wird und nicht mit einem anderen, oder gar Ausführungen zur Mittäterschaft bzw.zum "Irrtumsproblem schlechthin".Aufbauerwägungen sind zwar richtig, doch dürfen sie ihren Niederschlag nur im Aufbau selbst finden.Ist die ser Aufbau nicht aus sich heraus überzeugend, so helfen Ausführungen zur Berechti gung dieses Aufbaus auch nicht weiter.Alle Vorreden sind vollkommen uninteressant an dieser SteUe und sagen dem Leser gar nichts für die Lösung des Falles.Allein dort, wo z.B.ein bestimmtes Tatbestandsmerkmal, sei es etwa der Begriff "fremd" in § 242 oder sonst ein Begriff, der auf zivilrechtliche Fragen hindeutet, der Klärung bedarf, sind diese Fragen zu erörtern. Bei seinen Ausführungen hat der Bearbeiter zu beachten, dass der praktische Fall weder lediglich "Aufhänger" für irgendwelche theoretischen Erwägungen ist, die dem Bearbeiter anlässlich der Fallbearbeitung in den Sinn kommen, noch dem Korrektor allein an einem Ergebnis gelegen ist, mag es noch so richtig sein.Maßgeblich ist viel mehr, ob man den Ausführungen entnehmen kann, dass der Bearbeiter flihig ist, einen praktischen Fall gründlich und sinnvoU zu einem begründeten Ergebnis zu führen. Mit anderen Worten: Die Bearbeitung hat alles das und nur das zu enthalten, was zur Begründung der Lösung nötig ist.Nicht notwendige Darlegungen, schmückendes Beiwerk, schaden nur.Eine gute Klausurbearbeitung zeichnet sich dadurch aus, dass Probleme nur dort aufgeworfen werden, wo dies durch den Sachverhalt angezeigt ist, und diese auch nur in dem so abgesteckten Rahmen erschöpfend erörtert werden.lei der wird von vielen Bearbeitern viel zu wenig anhand des Sachverhalts argumen tiert (vgl. dazu auch unten b, dd). Infolgedessen enden auch im Examen abstrakt juristische Ausführungen nicht selten mit der FeststeUung "im konkreten Fall kommt es aber darauf gar nicht an, weil ...".Dessen ungeachtet sind natürlich alle relevanten FragesteUungen auch tatsächlich im Gutachten zu klären. Kommen beispielsweise mehrere Rechtfertigungsgründe in Betracht und wurde bereits ein Rechtfertigungs grund bejaht, so ist dennoch auf alternative Möglichkeiten der Rechtfertigung einzu gehen.Falsch wäre es nur, wenn nach festgesteUter Rechtfertigung noch auf die Frage eines möglichen Rücktritts eingegangen würde, denn Strafaufhebungsgründe haben keine unrechtsausschließende Wirkung und sind damit für die gutachterlich aufge worfene Frage nicht mehr von Relevanz. bb) Jeder AufgabensteUer kennt - insbesondere nach der Herausgabe von Haus arbeiten - den Einwand ,,ich habe doch genau das Gleiche wie mein(e) Freund(in) geschrieben, dafür aber viel weniger Punkte bekommen". Bei näherem Hinsehen wird dann aber deutlich, dass sich zwar beide Bearbeiter auf den gleichen Lösungs ansatz geeinigt haben, einer von beiden sich aber juristisch präzise und sprachlich klar ausgedrückt hat, während der andere "schwammig" blieb, unklare Begriftlich
keiten wählte und sprachlich nicht zu überLeugen vermochte. Studenten unter schätzen regelmäßig, wie wichtig es ist, sich
knapp und juristisch exakt auszudrü-
11. Methodik der Fallbearbettung
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cken". Für gute Noten ist nicht nur der Inhalt, sondern auch die Verpackung von wesentlicher Bedeutung. Sofern juristisch fehlerhafte Begrifflichkeiten gewählt wer den, versteht sich das von selbst, etwa der typische Klausurfehler, bei Diebstahl (§ 242) von einer Zueignung zu sprechen, obwohl diese lediglich beabsichtigt gewesen sein muss.Aber auch die grobe Missachtung von Regeln der Zeichensetzung und Recht schreibung oder umgangssprachliche Ausführungen werden viele Korrektoren zu ei ner Bewertung zu Lasten des Bearbeiters bewegen. Wer ironische, vermeintlich hu morvoUe oder überhebliche Formulierungen wählt, wird zumindest riskieren, dass der Korrektor diesen Ausführungen mit besonderer Strenge begegnet. So kann eine An sicht als inkonsequent, widersprüchlich oder nicht schlüssig bezeichnet werden, ohne dass sie gleich als "völlig verfehlt" oder "unvertretbar" gebrandmarkt werden muss. Das Verständnis für den Klausurbearbeiter und seine Ausführungen wird ebenso we nig durch Schachtelsätze oder eine übermäßige Anzahl von ungebräuchlichen Abkür zungen gefördert (z.B. SV statt Sachverhalt oder GTB für Grundtatbestand).Juristi sche Leerformeln (z.B. "das Verhalten ist verwerflich, weil es in höchstem Maße anstößig, ja besonders verachtenswert ist") können eine Aufdeckung der dafür maß gebenden Wertungen und Abwägungen nicht ersetzen. Die Konzentration auf das Wesentliche in einer einfachen und verständlichen Sprache entspricht im übrigen auch den Anforderungen, die später an die Abfassung eines Urteils, eines anwaltlichen Schriftsatzes oder eines Bescheides u.A. gesteUt werden. Sie wird deshalb gerade von Praktikern, die im Examen korrigieren, erwartet Diese Erwartung wird enttäuscht, wenn ein Satz durch den juristisch geschulten Leser mehrfach gelesen werden muss. bl
Gutachtenstil und Subsumtion
Der Bearbeiter hat ein Gutachten anzufertigen, kein Urteil.Das heißt, am Anfang der Ausführungen steht die Erwägung des Bearbeiters, welche Strafrechtsnorm durch das Verhalten einer Person verletzt sein könnte, sodann folgt die Untersuchung, ob die Strafrechtsnorm verletzt wurde, und das Ergebnis der Erörterung. aal Einleitung der prüfung
Die in der Folge zu prüfende Strafnorm wird zunächst in einer überschrift angeführt, die gegebenenfalls um aUe zu prüfenden Alternativen der jeweiligen Strafnorm zu er gänzen ist Die überschrift selbst soUte dem Gesetzeswortlaut und nicht etwa um gangssprachlichen Bezeichnungen entsprechen (z.B.unerlaubtes Entfernen vom Un fallort statt Unfallflucht).Zudem haben auch Be'uichnungen für bestimmte Gruppen der Tatbestandsverwirklichung nichts in der überschrift verloren (z.B. Strafbarkeit wegen "Trickdiebstahls", obwohl es diesen Tatbestand nicht gibt, sondern nur den des Diebstahls, § 242). Um sofort zur Sache zu kommen, empfiehlt es sich sodann, bereits in einem ersten Obersatz k1arzusteUen, welche konkrete Verhaltensweise einer be stimmten, im FaU genannten Person auf ihre Strafbarkeit hin untersucht wird. Dieser Einleitungssatz ist nicht bei jedem Delikt, aber zumindest immer dann erforderlich, 9
Vgl. zu Stilfragen auch M/jUers JuS 2001 , L 65 ff.; Walter, Kleine Stilkunde fttr Juristen, 2002.
16
1.
Teil: Die Strafrechtsklausur i n der Universitätsausbildung
wenn der Bezugspunkt der Strafbarkeitsprüfung klargestellt werden muss (z.B. ein neuer Abschnitt, ein Wechsel der Tathandlung etc. ). Der Einleitungssatz sollte im Laufe der Ausführungen ein wenig varüeren, zum Beispiel: .,A könnte sich des Dieb stahls, § 242, strafbar gemacht haben, indem er B das Portemonnaie aus der Tasche zog." Oder: DEs ist zu prüfen, ob A den Tatbestand des Diebstahls, § 242, erfüllte, in dem er B das Portemonnaie aus der Tasche zog." Oder: .,A zog dem B das Portemon naie aus der Tasche. Damit könnte er den Tatbestand des Diebstahls, § 242, erfüllt ha ben." Oder: DA hat das Portemonnaie B aus der Tasche gezogen, er könnte sich daher wegen eines Diebstahls, § 242, strafbar gemacht haben." Die Bedeutung eines Einleitungssatzes leuchtet vielleicht nicht jedem Studenten unmittelbar ein, da sich bereits aus der überschrift über dem jeweiligen Prüfungsab schnitt der folgende Prüfungsgegenstand ergibt. Ein Einleitungssatz verdeutlicht aber nicht nur dem Prüfer den Prüfungsgegenstand detaillierter als dies die bloße über schrift könnte, auch für den Studenten bietet er noch einmal die Möglichkeit, genau zu überlegen, durch welche Handlung sich der Tatbeteiligte gegenüber wem und zu wessen Lasten bzw. Gunsten strafbar gemacht haben könnte. In Fällen etwa des Drei ecksbetruges ist dies offensichtlich, aber auch bei der Abgrenzung beispielsweise von Trickdiebstahl und Sachbetrug zeigt ein exakt formulierter Einleitungssatz, dass der Bearbeiter die Problematik richtig einordnen kann. Der Student sollte nie aus den Au gen verlieren, dass sein Einleitungssatz den Gegenstand der folgenden Prüfung und Subsumtion festlegt.
Beispiel: A täuscht dem Touristen T vor, er solle ihm seine Kamera überlassen, damit er ihn kurz fotografieren könne. T macht dies und A rennt mit der Kamera weg. Der Einleitungssatz für den Betrug: uA könnte sich dadurch des Betruges strafbar gemacht haben, dass er T vorspie
gelte, er wIlrde ihm die Kamera nach dem Fotografieren zurückgeben." Der Einleitungssatz rur den Diebstahl: uA könnte sich dadurch des Diebstahls strafbar gemacht haben, dass er mit der Kamera davongerannt ist." Beide Sätze zeigen zusamm en, dass der Bearbeiter das Problem durchdrungen hat. Bei Betrug ist der Schaden im Gewahrsamsverlust zu sehen, der durch die Täuschung über den Rückgabewillen verursacht worden sein könnte. Beim letztendlich verwirk lichten Diebstahl wird der Gewabrsamverlust unmittelbar durch Wegrennen des Täters herbei geftlhrt.
Auch Täterschafts- und Versuchsfragen können im Einleitungssatz richtig zugeord net werden, auch wenn die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme niemals abs trakt vorweg erörtert werden darf. Stellt etwa der Villenbesitzer V von ihm vergifteten Bärwurz bereit, weil er hofft, dass Einbrecher, die bereits zuvor aus einer Flasche ge trunken haben, auch diesmal trinken werden, kommt es aber dazu nicht mehr, so könnte der Einleitungssatz heißen: DV könnte sich des versuchten Mordes in mittelba rer Täterschaft strafbar gemacht haben, indem er in der Hoffnung, die Einbrecher würden daraus trinken, eine vergiftete Flasche Bärwurz offen bereitgestellt hat." Da durch wird klargestellt, warum hier in der Folge mittelbare Täterschaft geprüft wird (die Einbrecher sollen als Werkzeug gegen sich selbst trinken) und es wird auch die Handlung des unmittelbaren Ansetzens konkretisiert (genügt bereits Hinstellen der Flasche?).
17
11. Methodik der FallbearbeItung
bb) Vergleich u n d Anwendungsbereich von Gutachten- und Urteilsstil Im
Gutachtenstil wird zunächst die Frage, ob ein bestimmtes Tatbestandsmerkmal er
füllt ist, aufgeworfen ( 1 . ), das Tatbestandsmerkmal definiert
(2.), der Sachverhalt sub
sumiert (3.) und dann das Ergebnis festgesteUt (4.).
Beispw/: A, der den B töten und ihm zuvor Qualen bereiten will , sperrt den B auf dessen Segel boot in der Koje ein und versenkt das Schiff. B ertrinkt jämmerlich. ( 1 . ) A könnte B grausam getötet haben. (2.) Grausam tötet, wer dem Opfer besonders starke Schmerzen oder Qualen körperlicher oder see1ischer Art aus gefühlloser, unbarmherziger Gesinn ung zufügt. Besondere Qualen muss das Opfer erleiden, wenn ihm weit über das zur Tötung erforderliche Mindestmaß Qualen zuge fügt werden. (3.) Indem A den B einem langsamen und bewusst erlebten Tod des Ertrinkens aussetzt, hat er ihm besondere Qualen zugefügt. Da es A darauf ankam, lag auch ein Handeln aus gefühlloser Gesinnung vor. (4.) A hat B grausam getötet Im
Urteilsstil
wird das Ergebnis der überlegungen vorangesteUt
Vergleich von Definition
( 1 . ) und durch einen
(2.) und Sachverhalt (3.) begründet.
Beispw/: Sachverhalt wie oben. ( 1 . ) A hat B grausam getötet (2.) Denn grausam tötet, wer dem Opfer besonders starke Schmerzen oder Qualen kör perlicher oder seelischer Art aus gefühlloser, unbarmherziger Gesinnung zufügt. (3.) A hat B besondere Qualen zugefügt, weil er ihm weit über das zur Tötung erforderliche Mindestmaß Qualen zugefügt hat, indem er B einem langsamen und bewusst erlebten Tod des Ertrinkens aussetzte. Da es ihm darauf ankam, lag auch ein Handeln aus gefühlloser Gesinnung vor. Der Gutachtenstil braucht aber nicht in jedem einzelnen Punkt der Ausführungen durchgehalten zu werden. überaU dort, wo der Bearbeiter einerseits zeigen will , dass er ein Tatbestandsmerkmal oder einen Tatbestand nicht übersehen hat, andererseits je doch die Begründung evident ist, kann der Urteilsstil verwandt werden. Gleiches gilt, wenn für einen Ausschluss der Rechtswidrigkeit oder der Schuld kein Anhaltspunkt im Sachverhalt gegeben ist
Beispw/: A beschmiert das auf einem Plakatständer befindliche Werbeplakat einer politischen Partei mit Teer. A könnte sich einer Sachbeschädigung gemäß § 303 schuldig gemacht haben, indem er das Wer beplakat der Partei beschmierte. Dann müsste er eine fremde Sache beschädigt haben. Das Plakat war eine Sache. Diese Sache war für A auch fremd, denn sie stand im Eigentum der Partei. Beschä digt ist eine Sache, wenn ihre stoffliche Zusammensetzung so verändert wird, dass sie in ihrer be stimmungsmäßigen Funktions- und Gebrauchstlihigkeit beeinträchtigt wird. Das ist hier der Fall, denn die Werbefunktion des Plakates wurde durch die Substanzveränderung beeinträchtigt. Dies war A bewusst, er handelte daher vorsätzlich. - Rechtfertigungsgründe und Schuldausschlie ßungsgründe liegen nicht vor. A hat sich demgemäß einer Sachbeschädigung gemäß § 303 schuldig gemacht. Der geschickte Wechsel von Gutachten- und Urteilsstil zeigt, dass der Bearbeiter Schwerpunkte setzen und diese gewichten kann. Wer hingegen in vöUig unproble matischen Fäll e n, etwa beim Diebstahl die Frage der Beweglichkeit, im Gutachtenstil
18
1.
Teil: Die Strafrechtsklausur i n der universitätsausbildung
erörtert, kann dadurch zumindest im Examen nur das Missfallen des Korrektors her vorrufen. Leider wird hier gerade bei Anfangerklausuren von Korrektoren trotz souve räner Abschichtung des Bearbeiters von Problematischem und Unproblematischem angemerkt, der Bearbeiter habe durch Verwendung eines ergebnisorientierten Stils zu unproblematischen Fragen den Gutachtenstil missachtet. Da ich persönlich weniger Zweifel habe, dass Studenten bis zum Examen den Gutachtenstil beherrschen, als dass sie dort Wesentliches vom Unwesentlichem trennen können, halte ich eine unter schiedliche Bewertung und einen abweichenden Maßstab von Antangerklausuren und Fortgeschrittenen-Klausuren für schädlichlO• Dies betrifft zunächst die Prüfung ein zelner Tatbestandsmerkmale, die gleichberechtigt nebeneinander stehen und von de nen eines offensichtlich nicht erflillt ist (z. B. die Prüfung der Sacheigenschaft bei § 303, wenn die Sache ersichtlich nicht fremd ist oder auch subjektiv die Prüfung des Vorsatzes des Diebstahls, wenn Zueignungsabsicht fehlt). Sofern ein Delikt bei offen sichtlich fehlenden Strafharkeitsvoraussetzungen, etwa bei fehlendem Vorsatz, über haupt noch geprüft wird, sollte der Bearbeiter es tunlichst vermeiden, beispielsweise auf die Voraussetzungen des objektiven Tatbestandes (näher) einzugehen ". Leider wird es auch hier, ebenso wie bei der Prüfung offensichtlich im Konkurrenzwege zu rücktretender Delikte, nicht von jedem Korrektor gleichermaßen akzeptiert, wenn der Bearbeiter im Urteilsstil bereits zu Beginn feststellt, dass das Delikt nicht gegeben ist, weil es offensichtlich am Vorsatz fehlt. Dennoch dürfte es an sich keinem Bearbeiter zum Nachteil gereichen, ganz im Gegenteil müsste dieses Vorgehen als praxisnahe Lösung sogar honoriert werden. Wer sich dennoch unsicher fühlt, kann hier aus nahmsweise einen klärenden Hinweis im Urteilsstil hinzufügen, wenn er das Gefühl haben sollte, ein wichtiges Sachverhaltsproblem ausgegrenzt zu haben (Beispiel: "Auf die umstrittene Frage, ob ( . . . ) war nicht einzugehen, da A offensichtlich unvorsätz lich handelt."). Dadurch sieht der Korrektor einerseits, dass der Bearbeiter ein Prob lem erkannt hat und wird andererseits dazu ge'Lwungen, sich mit der Zulässigkeit des Sprungs auseinandenusetzen. Noch weitaus weniger akzeptiert wird ein Sprung in die Rechtswidrigkeit oder Schuld, etwa wenn wegen einer nach dem Sachverhalt feststehenden psychischen Erkrankung i. S. v. § 20 Schuldunfahigkeit angenommen werden muss. Von einer entsprechenden Vorgehensweise muss deshalb abgeraten werden. ce)
Klärung der Bedeutung eines Tatbestandsmer1cmals mittels Auslegung
Nachdem das jeweilige Tatbestandsmerkmal benannt wurde, wird es definiert, um eine Subsumtion des Sachverhalts unter den so erhaltenen Obersatz zu ermöglichen. Bestehen unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten eines Tatbestandsmerkmals oder ist dessen Anwendung problematisch, so hat der Bearbeiter mittels der gängigen Aus legungsmethoden die Reichweite des Tatbestandsmerkmals zu klären". In der K1au10 11
Zutr. Beulkr, Klausurenkurs im Strafrecht I, Rn. 17; and. etwa Stiebig Jura 2007, 910. Ausführlich zur Problematik des Springens im strafrechtlichen G utachte n Hardlung J uS
1996, 6\Off.; 706 ff.; 807 ff. Vgl. dazu nur KudlichlChristensen JuS 2002, 144; Petersen Jura 2001, \05.
12
11. Methodik der FallbearbeItung
19
sursituation wird der Bearbeiter natürlich meist bereits ein gewisses Vorwissen über die Bedeutung eines Tatbestandsmerkmals haben und dessen Definition kennen. Eine Kenntnis der unterschiedlichen Auslegungsmethoden hilft aber zwnindest bei der Entscheidung eines Theorienstreits, da dann mit ihrer Hilfe Argwnente für den jewei ligen Standpunkt gewonnen werden können. Die Auslegung hat sich zunächst arn Wortlaut der Norm zu orientieren, da dieser die äußerste Grenze zulässiger Auslegung markiert (Art. 1 03 II GG) . Der Wortlaut selbst ist zwar selten genug tatsächlich eine Grenze zulässiger Auslegung, der Bearbeiter kann hier aber, sofern er die Offenheit des Begriffs erkennt, leicht Punkte sammeln, indem er bei Streitfragen sowohl die extensi ve als auch restriktive Form der Wortauslegung darlegt und dann klarstellt, dass nach Art. 103 II GG nicht zwingend die enge Auslegung gewählt werden muss. Er kann dann mittels systematischer, sofern er über ein entsprechendes Wissen über die Ent stehungsgeschichte der Nonn verfügt, auch historischer und vor allem teleologischer Auslegung die Bedeutung des fraglichen Begriffs klären. 1m Rahmen der teleologi schen Auslegung gibt es eine Reihe klassischer Argwnentationsmuster, die dem Bear beiter bei Ungewissheit über die Auslegung einer Norm weiterhelfen können. Zu nächst sollte sich der Bearbeiter Gedanken über das Rechtsgut der jeweiligen Nonn machen, da dessen effektiver Schutz die Einbe-Liehung, aber auch die Ausgrenzung ei nes bestimmten Verhaltens gebieten kann . Typisch ist auch der Wechsel von Täter und Opferperspektive, etwa bei der Diskussion wn die Einbeziehung von Scheinwaf fen in § 250 I Nr. 1 b oder bei der extrem täterfreundlichen Handhabung von § 24, die regelmäßig mit Opferschutzerwägungen gerechtfertigt wird. In den Kreis teleologi scher Argwnente gehört auch das klassische Notwehrargwnent ("der Täter kann nicht gerechtfertigt sein, weil sonst dem Betroffenen das Recht zur Notwehr genommen würde"). Bei jeder Fonn der Auslegung sollte sich der Bearbeiter immer der gegenseitigen Abhängigkeit von Auslegung und Subswntion bewusst sein. Gängige Darstellungen erwecken vielfach den Eindruck, dass zunächst ein Tatbestandsmerkmal mittels Aus legung definiert und dann der Sachverhalt betrachtet werden kann . Die Auslegung ei nes Tatbestandsmerkmals muss aber arn Sachverhalt orientiert sein. Erst in der Folge wird dann mittels gängiger Auslegungsmethoden die Bedeutung des Tatbestands merkmals im Hinblick auf den konkret zu lösenden Fall geklärt und dann dieser mit der Definition verglichen. Beispiel: Soll beispielsweise die Auslegung des Merkmals "Gewalt" im Tatbestand der Nötigung erfolgen, so muss der Sachverhalt des zu lösenden Falles im Auge behalten werden, in dem es etwa darum geht, dass ein Fahrzeugführer durch einen anderen Verkehrsteilnehmer durch dich tes und bedrängendes Auffahren zum Ausweichen genötigt wurde. Es bietet sich deshalb an, zunächst das Tatbestandsmerkmal und vielleicht eine abstrakte Kurroefinition desselben zu be nennen und dann eine am konkreten Sachverhalt orientierte Frage aufzuwerfen, etwa: .Proble matisch ist aber, ob auch dann von Gewalt gesprochen werden kann, wenn der Täter einerseits nur wenig Kraft aufwenden muss ( Drücken des Gaspedals), andererseits das Opfer selbst das Auffahren allenfalls mittelbar körperlich empfindet. Erst jetzt wird konkret geklärt, ob auch psy chisch vermittelte Gewalt für § 240 ausreichen kann . Ebenso hilft die klassische Definition der körperlichen Misshandlung (.üble unangemessene Behandlung, die das körperliche Wohlbefinden mehr als nur unerheblich beeinträchtigt") nicht
1.
20
Teil: Die Strafrechtsklausur In der universitätsausbildung
weiter, wenn etwa geklärt werden soll, ob auch ein Anspucken als Körperverletzung angesehen werden kann .
dd) Subsumtion als vergleich von konkretem und abstraktem Sachverhalt
Die eigentliche Subsumtion vergleicht den im Fall beschriebenen Sachverhalt mit dem im Gesetz beschriebenen Sachverhalt, den der Bearbeiter durch Auslegung geklärt hat. Die Aufgabe des Bearbeiters ist es, darzulegen, ob der im Fall beschriebene Sachverhalt dem im Gesetzeswortlaut erfassten entspricht.
Sachverhalt: A schlägt B mit der Faust ins Gesicht, weil er sich über ihn geärgert hat.
Tatbestand: § 223 I: Wer eine andere Person körperlich misshandelt . . .
Subsumtion: 1. .Wer": der A 2 eine andere Person": den B 3 körperlich misshandelt", d.h. den Körper übel unangemessen behandelt, so dass das körperliche Wohlbefinden oder die körperliche Unversehrtheit nicht unerheblich beeinträchtigt wird. - Ein Faustschlag ins Gesicht ist ein schwerer, übler Eingriff in die körperliche Integrität, der das Wohlbefinden erheblich beeinträchtigt. Ergebnis: A hat den objektiven Tatbestand des § 223 I, 1 . Alt. erfüllt. . •
. •
Bei der Subsumtion ist ein Tatbestandsmerkmal nach dem anderen zu erörtern. Eine
Hitufung der Merkmale führt nur zu Ungenauigkeit und Unübersichtlichkeit. Beispiel: Der Student S nimm t aus der Anatomie den Kopf einer Leiche mit, um ihn zu Hause zu sezieren.
Falsch ist es, bei der Prüfung des Diebstahls die Frage, ob der Kopf eine fremde bewegliche Sa che ist, undifferenziert zu erörtern, denn ob der Kopf eine Sache ist, erscheint bereits problema tisch. Dass diese Sache beweglich ist, lässt sich zwar mit einem kurzen Hinweis klarstellen, hinge gen ist der Nachweis, dass die bewegliche Sache »fremd" ist, recht schwierig zu führen.
Leider wird in Klausuren vielfach ausschließlich mit ergebnisorientierten Floskeln subsumiert, ohne dass ein sachverhaltsbezogener Vergleich erfolgt. Besonders beliebt ist es dabei, statt der gebotenen Begründung schlicht den Sachverhalt zu wiederholen und daraus unmittelbar den Schluss zu ziehen, dass ein bestinuntes Tatbestands merkmal verwirklicht ist. Es ist zwar immer anhand des Sachverhalts zu argumentie ren, dieser kann jedoch eine Begründung nicht ersetzen. Beispiel: A entwendet in einem Selbstbedienungsladen eine Schokoladentafel, indem er sie in sei ne Tasche steckt. Schlecht wäre es, wenn der Bearbeiter nach Definition der Wegnahme und des Gewahrsams nur feststellt, .indem A eine Schokoladentafel in die Tasche steckte, hat er sie weg genommen. Es liegt demnach eine vollendete Wegnahme vor". Gut wäre es, wenn der Bearbeiter anband des Sachverhalts aufzeigt, warum die Wegnahme bereits durch überführung in eine ei gene Gewahrsamssphäre vollendet ist.
Selbst wenn ein Sachverhalt unproblematisch unter ein Tatbestandsmerkmal sub sumiert werden kann, kann im Wege des Urteilsstil eine sachverhaltbezogene Subsum-
21
11. Methodik der FallbearbeItung tion erfolgen (z. B.: »Indem B mittels eines Schlüssels
das Fahrzeug des A zerkratzte.
hat er dieses unproblematisch beschädigt. d. h. dessen Substanz und damit bestim mungsgemäße Funktions- und Gebrauchsfähigkeit mehr als nur unerheblich beein trächtigt).
C)
Darstellung eines Theorienstreits
Sog. Theorienstreitigkeiten (unterschiedliche Ansichten über den Inhalt oder die Grenzen eines Begriffs o. Ä.) sind nur zu erörtern. wenn der »Theorienstreit" für
Lösung
des Falles
erheblich
die
ist. In einem solchen Falle hat der Bearbeiter zunächst
einmal unter Berücksichtigung des Sachverhalts darzulegen. warum aus seiner Sicht ein Problem vorliegt. d. h. er hat aufLuzeigen.
dass es verschiedene Möglichkeiten im
Hinblick auf den Sachverhalt gibt, einen bestimm ten Begriff zu interpretieren. Sodann ist nachzuweisen.
dass die verschiedenen Ansichten im konkreten Fall zu einem unter
schiedlichen Ergebnis kommen. Ist das der Fall, so muss der Bearbeiter Stellung neh men. sich
für eine Meinung entscheiden und seine Ansicht begründen.
Beispiel: A sagt als Zeugin vor Gericht aus. B sei in der Nacht vom 1 0. auf den 1 1 . Mai bei ihr ge wesen. Sie glauht, dass dies der Wahrheit entspreche. während in Wirklichkeit B erst in der Nacht vom 1 1 . auf den 1 2 . Mai bei ihr war. Hätte sie sich ihre Aussage eingehender überlegt, wäre ihr der Irrtum aufgefallen. a) Sieht man eine Aussage als »falschu an. weil sie mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmt (obj. Theorie). so ist die Aussage der A falsch . b) Bestimmt man ufalsch " subjektiv ( suhj. Theorie). so war die Aussage der A nicht falsch. weil sie selber glaubte. die Wahrheit zu sagen. c) Betrachtet man eine Aussage als .falsch". die zustande gekommen ist. weil der Aussagende sein Wissen nicht sorgfltltig überprüft hat (POichttheorie). so war die Aussage der A falsch. da sie nicht sorgfltltig von A überdacht worden war. Da die verschiedenen . Theorien" zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. muss der Bearbei ter dies darlegen und sich mit den verschiedenen Meinungen bei der Begründung seines eigenen lösungsweges auseinandersetzen. Ausgangspunkt ist bei jeder Darstellung aber immer
das Gesetz. so dass das um
strittene Tatbestandsmerkrnal zunächst zu benennen ist. Beispielsweise werden selbst
im Examen in der überschrift die Begriffe des Sachbetruges und des Trickdiebstahls etc. verwendet. als handle es sich dabei um einen eigenen Tatbestand. Bei der Abgren zung von Trickdiebstahl und Sachbetrug geht es um die Frage. ob eine Wegnahme oder eine Vermögensverfügung vorliegt und allein unter diese Merkmale ist zu sub sumieren.
Kommen
bei einer Streitfrage sämtliche Theorien zu
demselben Ergebnis.
so braucht der Verfasser die Theorien nicht im Einzelnen darzulegen. sondern kann nur kurz mitteilen. dass es verschiedene Theorien gibt. die hier aber jeweils zu dem gleichen Ergebnis kommen. Eine Auseinandersetzung ist dann nicht nötig. Daraus folgt: Immer dann. wenn verschiedene Lehrmeinungen. d. h. Rechtsmei nungen. ein unterschiedliches Ergebnis begründen. muss der Verfasser sich für die eine und gegen die andere Meinung entscheiden. - Alternativentscheidungen über Rechtsfragen sind unzulässig! Hat sich der Bearbeiter entschieden. dann darf aufgrund des Gutachtenstils keine weitere Alternativlösung bzw. ein Hilfsgutachten auf Basis der abgelehnten Rechtsauffass ung erfolgen. All enfalls
kann in einem Satz noch ein kurzer
22
1.
Teil: Die Strafrechtsklausur in der Universitätsausbildung
Hinweis gegeben werden. dass auch bei Zugrundelegung der abweichenden Auffas sung aus einem näher bezeichneten Grund eine Strafbarkeit zu verneinen ist (z. B.: nSelbst wenn das Rechtsinstitut des fehlgeschlagenen Versuchs abgelehnt wird. müsste im konkreten Fall zumindest die Freiwilli gkeit des Rücktritts verneint werden. weil der Täter nicht aus autonomen Gründen zurückgetreten ist."). Bei der Entscheidung von Streitfragen verdrängt die eigene, bewusste Stellungnah me die zu1lUlige übernahme irgendwelcher fremder Meinungen. Dieser Stellungnah me kann der Jurist nicht ausweichen. soll er seiner Rolle. soziale Probleme nrichtig" zu entscheiden. gerecht werden. Die eigene Stellungnahme ist sogar weit häufiger erfor derlich als der junge Jurist meint. Da nämlich weder die genauen Umrisse des vom Gesetzgeber in seinen gesetzlichen Vorschriften Gemeinten. noch die in jeder straf rechtlichen ProblemJösung mitschwingenden allgemeinen Prämissen des Strafrechts unstreitig feststehen - geschweige denn immer konsequent verfolgt werden -. kommt es zu erheblichen Auseinandersetzungen über den Inhalt einzelner Normen. über die richtige Auslegung oder Definition einzelner Begriffe oder über die Uberzeugungskraft einer EinzeIfalllösung bei Anwendung dieser Prämissen oder Begriffe. - Bei dieser Au seinandersetzung sieht der Anf'anger sich oft als überfordert an. weil er meint, es werde von ihm erwartet. die Auffassung irgendweJcher mehr oder minder berühmten Auto ritäten zu widerlegen bzw. ihre Unrichtigkeit oder Unvertretbarkeit nachzuweisen. Das jedoch kommt überhaupt nur ausnahmsweise in Betracht. Wichtig ist es. zu er kennen. dass die verschiedenen Auffassungen zur Lösung eines Problems in unter schiedlichen Prämissen. z. B. über die krirninalpolitische Sachgerechtigkeit einer engen oder weiten Auslegung eines Begriffs. begründet sind. Beide Standpunkte sind durch aus vertretbar. Daher kann es nicht um ihre Widerlegung im strengen Sinne gehen. sondern darum. Argumente anzuführen. die aus der Sicht des Bearbeiters für die eine und gegen die andere Ansicht sprechen. Will man bei einer solchen Auseinandersetzung nicht den Boden unter den Füßen verlieren. so ist es wesentlich. zu erkennen. warum es zu der Auseinandersetzung kommt. d. h. wo überhaupt ein Problem liegt und warum es sich dabei um ein Prob lem handelt. Ist dies geschehen. so wird die eigene Stellungnahme und die Entwick lung der abweichenden Lösungsvorschläge zu dem Problem keine Schwierigkeiten be reiten. Allein darauf kommt es an. denn der Jurist soll nicht irgendwelche fremden Meinungen zur Lösung sozialer Probleme auswendig herunterleiern können, sondern seine eigene Meinung überzeugend begründet - in Auseinandersetzung mit etwaigen Gegenmeinungen - vortragen und zur Basis seiner Entscheidung machen. Wenn hier von eigener Begründung gesprochen wird. sollte dies dennoch nicht so verstanden werden. dass der Bearbeiter ein neues. bisher noch nie gehörtes Argument zu einem Rechtsproblem vortragen soll. Ganz im Gegenteil ist der weit verbreitete Tipp. man solle sich das beste Argument für den Schluss der Gegenüberstellung verschiedener Auffass ungen als neigene" Stellungnahme aufheben. mit Vorsicht zu genießen. Da je der Korrektor dieses Argument kennen wird. wirkt es weitaus souveräner. wenn der letztIich entscheidende Aspekt in indirekter. jedenfaJls nicht in nIch" -Form wiederge geben wird und der Bearbeiter etwa darauf hinweist. dass das von der Rechtsprechung vorgebrachte Argument deshalb zu überzeugen vermag. weil es einem bestimmten
11. Methodik der Fallbearbeitung
23
Umstand am besten Rechnung trägt. Dieser Umstand wird dann in eigenen Worten noch ein wenig ausgeführt. Natürlich kann er sich auch einer anderen Meinung anschließen, wenn er diese für richtig hält In seinen eigenen Worten, in denen er dar legt, warum er sich dieser Meinung anschließt, erhält dann seine Entscheidung gleich falls ihre Überzeugungskraft. Dennoch darf nicht verschwiegen werden, dass den jenigen Studenten, der sich einer "m. M.« anschließt oder gar einen so bisher nicht vertretenen Standpunkt beziehen will, immer die Darlegungs- und Beweislast trifft. Er muss regelmäßig zumindest auf den gegebenenfalls abweichenden Standp unkt der Rec htsprech ung eingehen, denn schließlich erfolgt die Rechtsanwendung zumindest in letzter Konsequenz immer durch die Gerichte. d)
Konkurrenzen
Die Fallbearbeitung endet mit dem Abschnitt "Konkurre nzen". Hier hat der Bearbeiter geschlossen darzulegen, welche strafbaren Handlungen von den einzelnen im Fall ge nannten Personen begangen worden sind und wie diese Handlungen im Verhältnis zu einander stehen: Idealkonkurrenz, Realkonkurrenz, Gesetzeskonkurrenz (Konsumtion, Subsidiarität, Spezialität). Es empfiehlt sich zunächst festzustellen, ob der Täter ver schiedene Tatbestände durch eine oder mehrere Handlungen bzw. Unterlassungen ver wirklicht hat. Sodann ist zu prüfen, ob den Delikten jeweils eigenständige Bedeutung zukommt oder ob ein Fall der Gesetzeskonkurrenz vorliegt. Ausführungen zur Strathö he sind unstatthaft. Um über das Strafmaß entscheiden zu können, müsste der Bearbei ter den Täter kennen und sehr viel mehr wissen als der knappe Sachverhalt sagt. In den Übungs- oder Examenssachverhalten begegnen dem Bearbeiter nur fiktive Personen. Gedankliches Prüfungsschema für die Feststellung der Konkurrenzen Die Konkurrenzen sind möglichst früh, d. h. entweder nach Blöcken verwandter Delikte oder nach den einzelnen Handlungskomplexen, zu prüfen. Am Ende wird dann auf die Gesamtkonkurrenzen eingegangen.
prüfungsreihenfolge:
1 . Welche Gesetzesverletzungen liegen vor?
2.
Sind die verschiedenen Gesetzesverletzungen durch eine Handlung verwirk licht worden? Eine Handlung liegt vor bei: a) Handlung im natürlichen Sinne b) Dauerdelikt, z.B.
§123
c) mehraktiges Delikt, z. B. Herstellen und absichtsgernäßes Gebrauchmachen von einer Urkunde d) natürliche Handlungseinheit e) tatbestandliche Bewertungseinheit (Grenzen str.)
3.
Liegt ein Fall der Handlungseinheit vor? (Wenn nein, zu 4.) a) Liegt ein Fallder Gesetzeskonkurrenz vor (auch unechte Konkurrenz)? aal Spezialität (Fall des spezielleren Gesetzes) •
soweit lex spezialis, Z. B. Qualifikation zu Grundtatbestand
1.
24
Teil: Die Strafrechts klausur in der universitätsausbildung
• str. bei mehrfacher Qualifizierung, z. B. §223, 224, 226 bb) Subsidiarität • z. B. Durchgangsdelikte wie § 223 zu §2 1 2, abstrakte zu konkreten Geflihrdungsdelikten, verselbstständigte strafbare Vorbereitungs handlung zu voUendeter Haupttat. ce) Konsumtion, d. h. auch mitbestrafte Begleittat (z. B. §243 I Nr. 1 und § 303, str.) b) Die verbleibenden Delikte stehen in Idealkonkurrenz (Tateinheit) zuein ander ( §52). • entweder gleichartige Idealkonkurrenz (durch eine Handlung dasselbe Strafgesetz mehrfach verletzt) oder ungleichartige Idealkonkurrenz (durch eine Handlung mehrere Strafgesetze verletzt) Insbesondere auch: wenn sich ein Delikt mit einem Teilakt eines anderen mehraktigen De likts überschneidet (z.B. Körperverletzung als Gewalt i. s. v. §249) bei Klanunerwirkung, d.h. wenn zwei selbstständige Delikte in ihren je weiligen Ausführungshandlungen mit einer dritten annähernd gleich wertigen Tat zur Handlungseinheit verbunden werden; für Gleichwertig keit konkrete Betrachtungsweise entscheidend. u. U. auch bei überschneidung mit Dauerdelikt, wenn die Tatbestands handlung des anderen Deliktes auch der Aufrechterhaltung des Dauerzu standes dient. 4. Ansonsten liegt ein Fall der Handlungsmehrheit vor. a) Liegt Gesetzeskonkurrenz vor? bei mitbestrafter Vortat (Konsumtion, Unrechtsgehalt des früheren Tuns von späterer Handlung umfasst) bei mitbestrafter Nachtat (Konsumtion, kein selbstständiger Unwertge halt, z. B. Verwertung der Beute) b) Die übrigen Delikte bzw. Deliktsblöcke stehen in Realkonkurrenz (Tat mehrheit) zueinander ( §53) Auch hier Unterscheidung gleichartige und ungleichartige Realkonkurrenz. •
•
•
•
•
111. Besondere methodische H i nweise für die
Anfertigung von Klausuren und Hausarbeiten 1.
Die Klausur
a)
Die Klausursituation
In der Klausur soU der Bearbeiter zeigen, dass er in der Lage ist, eine juristische Prob lematik in beschränkter Zeit zu erfassen, zu lösen und darzusteUen. Das wesentliche Problem dieser Aufgabe ist das Zeitproblem. Wer zunächst eine voUständige Niederschrift ins »Unreine" anfertigt, kommt zwangsläufig in Zeitnot. Schlechte Schrift, Auslassungen und eine unvoUständige Reinschrift sind die Folge.
25
111. Besondere methodische Hinweise
Wer sogleich nach kurzem Blick mit der »Reinschrift« beginnt, endet nicht besser. Flickwerk, Ergänzungen. Durchstreichungen, Widersprüche, kurz das Ergebnis eines gedanklichen Durcheinanders, sind unumgänglich. Richtig hingegen ist es, etwa 'I, der zur Verfügung stehenden Zeit (bei Examens klausuren natürlich weniger) zur Anfertigung einer Lösungsskizze zu benutzen. In dieser Lösungsskizze sind die Gedanken nach Personen und Handlungsabschnitten zu ordnen, die zu erörternden Paragraphen auttunehmen und die wesentlichen Proble me zu benennen sowie zu gewichten. Teilweise wird auch vorgeschlagen, in Stichwor ten festzuhalten, welche Argumente für die jeweilige Lösung sprechen, tatsächlich dürfte dafür jedoch meistens die Zeit fehlen. Es genügt, wenn der Bearbeiter die Kon sequenzen seiner Entscheidung für den weiteren Lösungsgang durchspielt und den zur Streitentscheidung etc. erforderlichen Aufwand gewichtet und festhält, damit später keine Zeitnot auftritt. Gerade im Examen lässt sich immer wieder beobachten, dass zu Beginn viel zu ausführlich gearbeitet wird, der Gesetzestext sinnlos wiederholt wird (z. B. "dann müsste A in der Absicht rechtswidriger Zueignung eine fremde bewegliche Sache weggenommen haben") und bei jedem Tatbestandsmerkmal im Gutachtenstil die Frage nach seiner Auslegung aufgeworfen wird. Ab der Mitte geht dem Bearbeiter dann die Zeit aus und Probleme werden nur noch angerissen bzw. die Konkurrenzen etc. meist gar nicht mehr erörtert. Hier hilft nur eine klare Schwerpunktsetzung in der Lösungsskizze (etwa mit Ausrufezeichen). Für die Konkurrenzen soUte sich der Bear beiter am Schluss auf aUe Fälle noch einige Minuten übrig lassen (sofern diese nicht ohnehin in den einzelnen Tatkomplexen bereits abgehandelt sind) und dann ein Ge samtergebnis formulieren, denn wie bei einem guten Wein bleibt dem Korrektor "der Abgang" bei seiner Bewertung im Gedächtnis. Im Einzelnen vgl. dazu die Lösungsskizze n im 3. Teil.
b)
Formalien
Die Arbeit hat auf dem Deckblatt den Namen, die Studienanschrift und die Semester zahl des Bearbeiters zu enthalten. Weiter ist die übung, in deren Rahmen die Arbeit ge schrieben wird, genau zu kennzeichnen und anzugeben, bei wem diese belegt ist, z. B.: Friedrich Müller Frankengutstr. 1 2 95447 Bayreuth 2. Semester
Obung im Strafrecht für Fortgeschrittene bei Prof Dr. X. SS 1. Klausur Diesen Angaben folgt das Gutachten. Es empfiehlt sich, ein entsprechendes Deckblatt bereits zur Klausur mitzubringen. Dadurch spart der Bearbeiter Zeit. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass Stil und Sprache der Ausführungen korrekt, klar und knapp zu halten sind, die Schrift lesbar sein muss. Es ist darauf zu achten.
1.
26
Teil: Die Strafrechtsklausur in der Universitätsausbildung
dass ein hinreichender Rand für Korrekturen gelasse n wird (mindestens '/3 des Bo gens). Es empfiehlt sich, die Seiten nur einseitig zu beschreiben, denn für den FaJI, dass der Bearbeiter größere Änderungen vornehmen will , lassen sich umso leichter ganze Seiten austauschen. Die Seiten sind fortlaufend zu nummerieren. Eine Gliederung ist der Ausarbeitung nicht voranzustellen. Das bedeutet aber nicht, dass eine Gliederung überflüssig ist. Mit der sorgfliltigen gedanklichen Gliederung des Sachverhalts beginnt vielmehr die Arbeit an der Klausur. Sie ist Voraussetzung jeder ordentlichen Klausur. - Ist die gedankliche Gliederung erfolgt, so ist eine Lösungsskiz ze zu entwerfen. 2.
Die Hausarbeit
al
Die Aufgabenstellung
Hinsichtlich der Aufgabenstellung unterscheidet sich die Hausarbeit von einer Klausur nicht in der Art, sondern im Umfang und in der Gründlichkeit sowie der Pflicht, an dere Ansichten möglichst umfassend zu belegen". Die bei Hausarbeiten meist vorge gebene Seitenbegrenzung sollte schon deshalb eingehalten werden, weil der Aufgaben steller diese bewusst gewählt hat, um zu verdeutlichen, welchen Seitenwnfang er bei richtiger Schwerpunktsetzung für angemessen erachtet. Wer die Seitenzahl überschrei tet oder mittels unterschiedlichster nFormatierungen" meint, die Seitenbegrenzung umgehen zu können, wird meist nicht nur wegen des Formalverstoßes Punkte abge-LO gen bekommen, sondern vor aJIem deshalb, weil er damit zugleich zeigt, dass er Prob leme nicht gewichten kann . Auch wenn Studenten dies häufig nicht wahrhaben wol len: wer die vorgegebene Seitenzahl überschreitet prüft meist Tatbestände oder Probleme, die gar nicht oder nicht in diesem Umfang anzusprechen waren. Ansonsten ist an eine Hausarbeit genauso heranzugehen wie an eine Klausur: Den Beginn stellt die gedankliche Gliederung dar, die in der Lösungsskizze ihren unmittelbaren Nieder schlag findet. Die Lösungsskizze sollte der Bearbeiter hier ruhig mit Hilfe eines lehr buchs oder eines Kommentars anfertigen. Dabei wird er bereits die wesentlichen Problempunkte erkennen und bemerken, zu welchen rechtlichen Problemen eine Ver tiefung in der Literatur nötig ist. Nach Anfertigung der Lösungsskizze ist die genaue überarbeitung der Lösung mit der Literatur zu empfehlen, wobei sehr wesentlich ist, darLustellen, warum ein be stimmtes Problem vorliegt, wie Lehre und Rechtsprechung die Lösung sehen (mit den zugehörigen Primän:itaten! ), und sodann in kritischer Auseinandersetzung mit den vorgefundenen Auffass ungen die eigene Meinung aufLuzeigen und zu begründen. Die bloße Bezugnahme auf die herrschende Meinung oder auf andere Autoritäten genügt nicht. - Auch wenn der Bearbeiter sich einer anderen Meinung anschließt, muss er mit eigenen Worten begründen, warum er dies tut. Es ist dringend davor zu warnen, die Literaturarbeit zu beginnen, bevor die Lö sungsskizze vollständig fertig ist. Vor dem ziellosen Exzerpieren und Fotokopieren in der Seminarbibliothek kann nicht eindringlich genug gewarnt werden. Zu den Formalien der Hausarbeit vgI. vor allem Scheffler Jura 1994, 549 0'.; Dietrich Jura 1998, 142; Putzke, Juristische Arbeiten erfolgreich schreiben, 1 1 0'., 34 0'.
13
111. Besondere methodische Hinweise
b)
27
Die Arbeit mit Uteratur
Im Gegensatz zur Klausur. in der der Bearbeiter die Probleme und möglich erschei nende Problemlösungen nur darstellt und seine Entscheidung mit eigenen Argumen ten begründet. ist in der Hausarbeit eine Auseinandersetzung mit den in Lehre und Rechtsprechung vorgeschlagenen Problemlösungswegen notwendig. Die verschiede nen in Lehre und Rechtsprechung vertretenen Ansichten sind zu belegen. und zwar möglichst umfassend Selbstverständlichkeiten. die sich insbesondere bereits aus dem Gesetzeswortlaut ergeben. bedürfen jedoch keines weiteren Nachweises. Wichtig ist es. dass der Bearbeiter sich nicht mit den Literaturnachweisen in Lehrbü chern und Kommentaren begnügt. sondern selbst zur Primärliteratur (Entscheidungen. Monographien. Aufsätze) greift. da dort die Auseinandersetzung im RegelfaU wesentlich breiter geboten wird als in den u. U. kurzen Hinweisen eines Lehrbuches und Kommen tars. deren Hinweise als Verweisungen auf weiterführende Literatur zu verstehen sind. Bei Hausarbeiten sollten möglichst die neuesten Auflagen zitiert werden. nur bei Wechsel des Bearbeiters in einem Kommentar kann u. U. der Hinweis auf eine ältere Auflage geboten sein. Sofern die neueste Auflage in manchen Bibliotheken angesichts knapper Mittel nicht zur Ausarbeitung in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen. sollte sie zumindest vor Abgabe der Arbeit zur Kontrolle herangezogen werden. Beim Zitieren ist zu beachten: aa) Zitate sind nur bei Rechtsfragen sinnvoll. - Falsch: A hätte den Erfolg vorherse hen können (BGHSt 24. 215). Der BGH hat sich nicht mit dem im Fall genannten A beschäftigt. bb) Die Zitate müssen so genau sein. dass der Leser die Fundstelle ohne Schwierig keiten finden kann Davon abgesehen hat der Bearbeiter bei der konkreten Zitation zwar einen gewissen Spielraum. sie sollte aber immer einheitlich erfolgen. cc) Wörtliche Zitate sind möglichst zu vermeiden. Sie sind allein angebracht. wenn es auf den Wortlaut der zitierten Stelle ankommt. In einem solchen Falle ist das wört liche Zitat in Anführungszeichen zu setzen. -
.
Im Einzelnen vgl. dazu die Hausarbeiten im 3. Teil.
C)
Formalien
Auch die Hausarbeit enthält zunächst die Personalien des Bearbeiters. die Kennzeich nung der übung und den Text des Falles. Es folgen sodann die Gliederung. das Litera turverleichnis. das Gutachten und die Unterschrift. Während Gliederung und Lite raturveruichnis üblicherweise mit römischen Ziffern durchnummeriert werden. beginnt der Textteil in arabischen Ziffern mit nS. 1 ". Die DIN A 4 Blätter sind nur ein seitig zu beschreiben. Ein Abkürlungsverleichnis wird nicht aufgenommen. da gängi ge Abkürlungen ( und nur die sollten verwendet werden) dem Leser bekannt sind. Bei Monographien kann auf eine abgekürzte Zitierweise im Literaturverzeichnis unter dem jeweiligen Titel hingewiesen werden. aa) Die Gliederung soll dem Leser auf einen Blick erkenntlich machen. unter wel chen rechtlichen Gesichtspunkten (§§) und auf welchen Seiten seiner Arbeit der Bear-
1.
28
Teil: Die Strafrechtsklausur in der universitätsausbildung
beiter die Strafbarkeit welcher Personen aufgrund welcher Verhaltensweisen geprüft hat. Enthält die Gliederung weniger, so ist nichts mit ihr anzufangen, so z. B. wenn in einem Fall, in dem A verschiedene Handlungen vorgenommen hat, lediglich die über schrift "Strafbare Handlungen des A" und sodann ein Dutzend Paragraphen zu finden sind. Enthält die Gliederung zu viele Detailinformationen, z. B. eine voUständige Auf gliederung des erörterten obj. Tatbestandes, so wird sie zu umfangreich und nimm t die Ergebnisse vorweg. Eine zu weitgehende Untergliederung schadet auch im Textteil, da nur wesentliche Gedankenschritte eine eigene überschrift erhalten soUen. Darüber hinaus soUte der Bearbeiter kontrollieren, dass alle im Text verwendeten Gliederungs punkte auch in der Gliederung selbst auftauchen müssen. Bei der Gliederung soUte zudem beachtet werden, dass jede eigene Gliederungsebene zumindest zwei gleich geordnete Gliederungspunkte beinhalten und ein logisches Über- und Unterord nungsverhältnis beachtet werden muss. Wird beispielsweise im Rahmen der Rechts widrigkeit nur der Rechtfertigungsgrund der Notwehr geprüft, dann erhält nur die Ebene der Rechtswidrigkeit ein eigenes Gliederungszeichen, nicht aber der Rechtferti gungsgrund der Notwehr, da kein gleichrangig zu prüfender anderer Rechtfertigungs grund folgt Die Gliederungsebenen werden durch eine Kombination aus Buchstaben sowie römischen und arabischen Ziffern bezeichnet [A. I. 1. a) aal ( 1 ) ] . Mehr als sechs bis sieben Gliederungsebenen soUten aus Gründen der übersichtlichkeit vermieden werden. bb) Im Literaturverzeichnis ist nur diejenige Literatur anzugeben, die der Bearbeiter in seinem Gutachten zitiert, und zwar voUständig,
P handelte auch rechtswidrig. 3.
Schuld
P handelte auch subjektiv sorgfaltswidrig bei subjektiver Vorhersehbarkeit des einge tretenen Verletzungserfolges. 4.
Ergebnis
P hat sich wegen fahrlässiger Körperverletzung an W strafbar gemacht.
IV. Vorsätzliche Trun ken heit im straßenverkehr nach § 31 6 I StGBIO P hat sich weiterhin wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Straßenverkehr gemäß § 316 I strafbar gemacht (s. schon oben, Fn. 7).
Dritter Tatkomplex: Das verriegeln der Fahrertüre und die Flucht vor V Aufbauhinweis: Eine Gliederung in drei (bzw. vier Tatkomplexe, wenn auch die
Fahrt
nach dem Unfall bis zur Kontrolle als Tatkomplex angesehen wird) ist zwar sachlich nahe liegende, dennoch ist eine abweichende Gliederung (etwa in zwei Tatkomplexe) nicht als Fehler anzusehen, da die konkurrenzrechtliche Betrachtung der Trunkenbeitsfahrt nicht unproblematisch ist und sich die hier vorgeschlagenen Tatkomplexe zudem mit dem Ge brauch der geflllschten Urkunde (scheinbar) llberschneiden.
9
Die Problematik einer Einwilligung könnte auch an dieser Stelle diskutiert werden. Gleichgo.1tig, ob der Bearbeiter bei § 315 c Auffassung b) gefolgt ist und damit § 316 bis zum Abbremsen subsidiär ist, muss hinsichtlich P das ansonsten subsidiäre Delikt des § 316 StGB er neut angesprochen werden. Dies deshalb, weil § 316 zwar ein Dauerdelikt ist, bei Fahrtunter brechung und neuem Entschluss zur \Veiterfahrt (vor allem nach einem Unfu1I), eine neue Tat gegeben ist. Dagegen unterbrechen kurzfristige Fahrtpausen bei einheitlichem Fahrtziel die Handlungseinheit nicht. 10
397
übungsfall 18: Hans und Prahl
I.
strafbarkeit wegen widerstand gegen Voll streckungsbeamte, § 1 1 31, 11
P könnte sich dadurch. dass er die Fahrertüre verriegelte und weiterfuhr. obwohl V versuchte. die Fabrertüre zur öffnen. des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte strafbar gemacht haben.
1.
Objektiver Tatbestand
a) V ist als Verkehrspolizist Amtsträger und zur Vornahme der Diensthandlungen des Anhaltens. der Verkehrskontrolle und der Ermittlung wegen Verdachts der Trunken heitsfahrt berechtigt gewesen. b) P müsste entweder mit Gewalt Widerstand geleistet griffen haben
( 1 . Alt.) oder V tätlich ange
(2. Alt.).
aal Problematisch ist. ob das Verriegeln der Fahrertüre und die Weiterfabrt, ob wohl V an der Türe zerrte und deshalb einen kurLen Ruck an der Hand verspürte. als Widerstandsleisten mit Gewalt angesehen werden können. Widerstandleisten erfor dert eine aktive Tätigkeit, die die Durchführung einer Maßnabme verhindern oder erschweren soll. Rein passiver Widerstand genügt nicht. P müsste hier zudem mit Gewalt Widerstand geleistet haben. Erforderlich dafür ist ein körperlich wirkender Zwang. d. h. eine durch tätiges Handeln gegen die Person des Vollstreckenden gerich tete Kraftäußerung. Nach einer Auffassung soU dies bereits dann anzunehmen sein. wenn lediglich die FahrLeugtüren von innen verriegelt und dadurch eine Kontrolle des Fahrzeugführers unmöglich wird. weil so ein körperlich wirkendes Hindernis bereitet werde. Selbst wenn man diese Auffassung als zu weitgehend ansieht, stellt zumindest der körperlich wirkende Zwang. die Fabrertüre infolge der Weiterfahrt loszulassen. Gewalt und damit Widerstandleisten im Sinne der Norm
dar".
bb) P könnte zudem einen tätlichen Angriff auf V verübt haben. Dieser umfasst jede in feindseliger Absicht unmittelbar auf den Körper des Betroffenen zielende Ein wirkung ohne Rücksicht auf den Eintritt eines Körperverletzungserfolges. Da die Ein wirkung nicht unmittelbar auf den Körper des V be"Logen war. ist dieses Tatbestands merkmal nicht
erfüllt.
c) Die Vollstreckungshandlung war rechtmäßig. Zwar wird man auch die Eröff nung des Tatvorwurfs etwa bei vorläufiger Festnabme zu den wesentlichen Förm lichkeiten rechnen müssen. deren Fehlen nach dem strafrechtlichen Rechtrnäßigkeits begriff eine Diensthandlung rechtswidrig machen. Hier wird man jedoch davon auszugehen haben. dass P dem durch seine überstürLte Flucht zuvor kam.
2.
Subjektiver Tatbestand
F handelte wissentlich und wollte auch. dass die Vollstreckung der Diensthandlung vereitelt wird.
11
A. A. vertretbar.
398
3. Tei l: Einübung in die Fallbearbeitung
Strafzumessungsregel des § 11311 Nr. 1
3.
P könnte die Tat mittels einer Waffe begangen haben, weil er das Auto zur Flucht nutzte. Problematisch ist, ob das Auto als Waffe anzusehen iSL Nach einer Auffassung ist im Interesse eines möglichst weitgehenden Schutzes von rechtmäßigen Dienst handlungen (und der diese ausführenden Beamten) davon auszugehen, dass der Be griff der nWaffe" in § 113 im untechnischen Sinne verstanden werden muss und jedes gefahrliche Mittel umfasst, mit dem Widerstand geleistet werden soll. Im vorliegenden Fall muss § 113 11 jedoch in jedem Fall abgelehnt werden, da durch das KfZ die Ge fahrlichkeit des Widerstandsleistens nicht erhöht werden sollte.
Ergebnis
4.
F i.1: strafbar wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, § 113 I I. AlL
v. Strafbarkeit wegen Nötigung gemäß § 240 StGB Die Nötigung ist subsidiär zu § 113 StGB und tritt damit zurück '2• Exkurs:
Rückgriff auf § 240 bei Drohung mit einem empfindlichen Übel?
I. Ausgangspunkt § 1 13, der gegenüber § 240 eine Privilegierung darstellt, verdrängt grundsätzlich als lex specialis den allgemeineren § 240. § 1 13 enthält jedoch nur die Variante der Drohung mit Gewalt, nicht aber die der Drohung mit einem empfindlichen
Übel.
2.e.A.:
Ein Rückgriff ist grundsätzlich zulässig, dem Täter muss dann allerdings § 1 1 3
III, IV analog zugute kommen, zudem darf der Strafrahmen des § 1 1 3 nicht überschritten werden. Begründung: Auch ein Vollstreckungsbeamter verdient Schutz gegen Nötigung. Ein spezielleres Gesetz kann ein allgemeines nur
dann
verdrängen, wenn dessen
Anwendungsbereich eröffnet isL
3. a.A.:
Den Rückgriff zuzulassen verkennt die Eigenständigkeit des § 1 13 gegenüber § 240, dessen privilegierende Wirkung nicht konterkariert werden darf. § 240 enthält einen höheren Strafrahmen, soll aber hier bei der milderen Begehungsva riante grundsätzlich zur Anwendung kommen, wo § 1 13 gerade den Bürger we gen der gegenüber Vollstreckungsbeamten bestehenden psychischen Zwangslage bevorzugen will.
Obersichtsliteratur: Hil/enkamp, 40 Probleme StrafR BT, 9. Problem.
12
Wer oben Gewalt abgelehnt hat, muss darauf eingehen, ob ein Rückgriff auf
§ 240 StGB
möglich ist, wenn die Gewalt nicht die geforderte Intensität aufweist (Privilcgierungsfunktion des
§ 113).
399
übungsfall18: Hans und Prahl
VI. Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, § 1 42 I Nr. 1 '3 § 142 scheidet aus, da kein Unfall im Straßenverkehr vorliegt. Unfall ist jedes plötzli che Ereignis, das mit dem Straßenverkehr und seinen Gefahren ursächlich zusam menhängt und zu einem nicht völlig belanglosen Personen- oder Sachschaden führt. Hier kam es jedoch nach dem eindeutigen Sachverhalt zu keinem Personenschaden.
IV. Vorsätzliche Trunkenheit im straßenverkehr nach § 31 6 I" P hat sich weiterhin wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Straßenverkehr nach § 316 I strafbar gemacht.
Gesamtkonkurrenzen : P hat sich strafbar gemacht wegen Urkundenfalschung, § 267 I 3. Fall in Tatmehrheit zu tateinheitlich mit § 31 5 c begangenem § 229, in Tatmehrheit zu lateinheitlich mit
§ 1131, I. Alt. begangenem § 3161. Hinweis: Auch eine Verklammerung durch den Gebrauch der Urkunde und damit als Endergebnis lediglich § 267 in Tateinheit mit § 315c I Nr. la, m Nr. 1, § 229, § 113 I 1. AlL ist vertretbar.
D. Definitionen Urkunde
ist jede verkörperte Gedankenerklärung (Perpetuierungsfunktion), die zum Beweis im Rechtsverkehr geeignet und bestimmt ist (Beweisfunktion), und den AussteUer erkennen lässt (Garantiefunktion).
echt
ist die Urkunde, wenn sie den wirklichen AussteUer (den Erklärenden) erkennen lässt.
Beweiszeichen
sind nach der Rspr. in den Urkundenbegriff einbezogene Zeichen, die nach Gesetz, Herkommen oder Vereinbarung der Beteiligten erkennbar eine Gedankenäußerung des Urhebers darsteUen, bestimmt und geeignet sind, für sich oder mit Hilfe anderer Auslegungsmittel Beweis im Rechtsverkehr zu erbringen und mit einem Gegenstand fest verbunden sind.
13
Muss nicht angesprochen werden. § 3 1 6 muss nach den oben angeführten Erwägungen nach der Flucht vor der KontroUe er neut angesprochen werden. 14
3. Teil: Einübung In die FallbearbeItung
400 Kennzeichen
sind keine Urkunden und dienen lediglich Ordnungsoder Unterscheidungsaufgaben oder geben eine Herkunft an.
zusammengesetzte Urkunde
ist gegeben, wenn eine verkörperte Gedankenerklärung mit ihrem Bezugsobjekt räumlich fest zu einer Beweisrnitteleinbeit derart verbunden ist, dass beide zusammen einen einbeitlichen Beweis- und Erklärungsinbalt in sich vereinigen.
Gesamturkunde
entsteht, wenn mehrere Einzelurkunden in dauerhafter Form so zu einem einbeitlichen Ganzen verbunden werden, dass sie über ihre Einzelbestandteilehinaus einen selbständigen, für sich bestehenden Erklärungsinhalt aufweisen und nach Gesetz, Herkommen oder Vereinbarung der Beteiligten dazu bestimmt sind, ein erschöpfendes Bild über einen bestimmten Kreis fortwährender Rechtsbeziehungen zu vermitteln.
verflilschen
ist jede (unbefugte, nachträgliche) Veränderung der Beweisrichtung und des gedanklichen Inhalts einer echten Urkunde, so dass diese nach dem Eingriff etwas anderes zum Ausdruck bringt als vorher. Es muss der Anschein erweckt werden, dass die Urkunde von vornberein den ihr nachträglich beigelegten Inhalt gehabt und dass der AussteUer die urkundliche Erklärung von Anfang an in der jetzt vorliegenden Form abgegeben habe.
gebrauchen
ist gegeben, wenn die Urkunde selbst und nicht nur ihre schlichte Abschrift oder Ablichtung dem zu Täuschenden in der Weise zugänglich gemacht wird, dass er die Möglichkeit zur Kenntnisnahme hat.
Handeln zur Täuschung im Rechtsverkehr
liegt vor, wenn jemand einen anderen über die Echtheit der Urkunde zu täuschen sucht und ihn dadurch zu einem rechtserheblichen Verhalten veranlassen
will. vernichten
ist die völlige Beseitigung der beweiserheblichen Substanz.
beschädigen unterdrücken
ist bei Beeinträchtigung des Beweiswertes gegeben. liegt in jeder Handlung, durch die dem Beweisführungsberechtigten die Benutzung des Beweismittels dauernd oder zeitweilig entzogen oder vorenthalten wird.
401
übungsfall18: Hans und Prahl
"gehören"
i. S. d. § 274 meint nicht die (dinglichen) Eigentumsverhältnisse, sondern das Recht, die Urkunde oder technische AufLeichnung zum Beweis zu gebrauchen.
Führen eines Fahrzeugs im Straßenverkehr
ist gegeben, wenn jemand ein Fahrzeug alIein- oder mitverantwortlich in Bewegung setzt oder es unter Handhabung seiner technischen Vorrichtungen während der Fahrbewegung durch den öffentlichen Verkehrsraum lenkL
Fahruntüchtigkeit
liegt vor, wenn die Gesamtleistungsfahigkeit eines Kraftfabrers durch Enthernmung sowie infolge geistig-seelischer oder körperlicher LeistungsausfaI.le so weit herabgesetzt ist, dass er nicht mehr flihig ist, sein FahrLeug im Straßenverkehr eine längere Strecke sicher zu führen.
absolute Fabruntüchtigkeit
ist bei einer BAK von 1, 1%0 gegeben, aber auch dann , wenn der Kraftfahrer eine Alkoholmenge
im Körper
hat, die zu einer BAK von 1,1%0 führt
relative Fahruntüchtigkeit
kommt ab 0,3%0 in Betracht, wenn der Grenzwert von 1,10/00 nicht erreicht oder nicht nachgewiesen ist und bestimmte Ausfallerscheinungen den Schluss auf eine alkoholbedingte Fabrunsicherheit zulassen.
Vollstreckungshandlung
ist jede Tätigkeit der dazu berufenen Organe, die zur Regelung eines Einzelfalles auf die VoUziehung der in
§ 113 I genannten Rechtsnormen oder Hoheitsakte gerichtet ist, also der Verwirklichung des notfalls im Zwangswege durchzusetzenden Staatswillens dient.
Widerstand leisten
ist jede aktive Tätigkeit, die die Durchführung der Vollstreckungsmaßnahrne verhindern oder erschweren soll.
tätlicher Angriff
ist jede in feindseliger Absicht unmittelbar auf den Körper des Betroffenen zielende Einwirkung ohne Rücksicht auf den Erfolg.
Gewalt
ist hier (anders als bei § 240) die durch tätiges Handeln gegen die Person des Vollstreckenden gerichtete Kraftäußerung mit körperlicher Zwangswirkung; rein passiver Widerstand genügt nicht.
Waffe
ist eine Waffe
im technischen Sinn, also nur solche
gebrauchsbereiten Werkzeuge, die nach der Art ihrer Anfertigung nicht nur geeignet, sondern auch allgemein dazu bestimmt sind, Menschen durch ihre me-
3. Teil: Einübung In die FallbearbeItung
402
chanische oder chemische Wirkung körperlich zu verletzen.
Verkehrsunfall
ist jedes zumindest für einen der Beteiligten plötzli che, mit dem Straßenverkehr und seinen Gefahren ursächlich zusanunenhängende Ereignis, das einen nicht völlig belanglosen Personen- oder Sachschaden zur Folge hat.
zusatzfrage 1 : Tierfreunde In Not
403
Die strafprozessuale zusatzfrage Die strafprozessuale Zusatzfrage wird von vielen Examenskandidaten eher stiefmütter lich behandelt. Dabei sollte nicht unterschätzt werden, dass gerade für die
im
ersten
Staatsexamen korrigierenden Praktiker ein prozessuales Grundverständnis und eine vollständige Bearbeitung Kennzeichen eines für den weiteren Berufsweg gut gerüsteten
ruristen sind. Zwar beschränkt sich die Zusatzfrage meist auf wenige und immer gleiche Problembereiche. Dennoch sollte sich zumindest ein ehrgeiziger Absolvent nicht auf gängige »Kur.lfassungen" des strafprozessualen Basiswissens verlassen, auch wenn diese in der Not einer zu kur.l geratenen Examensvorbereitung eine wertvolle Hilfe sein kön nen. ' Allzu oft muss man als Korrektor standardisierte und nicht auf den konkreten Fall zugeschnittene Ausführungen, etwa über den viel zu häufig herangezogenen Unmittel barkeitsgrundsatz, lesen. Auch bei der strafprozessualen Zusatzfrage geht es aber nicht darum, Ballastwissen zu den strafprozessualen Prozessmaximen abzuwerfen. Vielmehr ist auch hier in einem zweckmäßigen Aufbau nur auf die gestellte Frage einzugehen. Frei schwebende Ausführungen zu Prozessmaximen, Abwägungen mit einem unklar abge grenzten Strafverfolgungsinteresse oder verfassungsrechtlich angeblich vorgegebene Grundentscheidungen sind schon deshalb verfehlt, weil keine Prozessmaxime absolute Geltung beansprucht, sondern die Strafprozessordnung ein abgestimmtes System mit sich gegenseitig beschränkenden Grundsätzen darstellt. Ausgangspunkt aller Überle gungen sollte deshalb auch hier stets die gesetzliche Regelung selbst sein. Obwohl die Vollständigkeit der Bearbeitung ein wesentliches Bewertungskriterium ist und gerade in der Schlussphase der Klausurbearbeitung häufig nicht mehr in der gebote nen Tiefe gearbeitet wird, ist der weitverbreitete Tipp, mit der strafprozessualen Zusatz frage zu beginnen,' mit Vorsicht zu genießen. Meist knüpft diese an die Darstellung des Sachverhalts an, setzt etwa auch die Kenntnis des Ergebnisses der Strafbarkeitsprüfung voraus (z. B. beim prozessualen Tatbegriff oder der möglichen Beteiligung, die zu einem Auskunfts- oder Eidesverweigerungsrecht führen kann). Die vorliegende Darstellung er gänzt deshalb bewuss t die Sachverhalte der im ersten Teil zusammengefassten Klausuren, wodurch bei den vier- und fünfstündigen Klausuren meist »Examensniveau" erreicht wird. Diese Zusammenfassung erfolgte in einem eigenen Block, um eine komprimierte Wiederholung zu ennöglichen, ohne dass hier jedoch der Anspruch erhoben werden
kann, eine umfassende Darstellung examensrelevanter Problemkreise liefern zu können.
zusatzfrage 1 : Tierfreunde in Not Ratlos (R) hat zunächst keinen Strafantrag gestellt. Unmittelbar nach der Tat erklärt er vielmehr gegenüber seinem Freund Hase (H), er verLichte auf einen Strafantrag, wolle aber nie wieder etwas mit ihm zu tun haben. 1
Etwa die weit verbreitete Vorbereitung all ein anband der JuS-Beilage 2007 , 1 ff. von
mann.
2 Vgl. nur die taktischen Hinweise von eingeschränkt werden.
Norouzi
Mur
JuS 2007 , 990, die allerdings sogleich wieder
404
4. Teil: Die strafprozessuale Zusatzfrage
a) R stellt nach zwei Wochen trotz seines Verzichts einen Strafantrag, die Staatsan waltschaft stellt das Verfahren aber dennoch ein. Welche Möglichkeiten hat R? Kann er auch gegen die Entscheidung der Staatsanwaltschaft Rechtsmittel einlegen? b) In Abwandlung zu a) kommt R zwei Wochen nach der Tat bei einem Verkehrs unfall zu Tode, ohne einen Strafantrag gestellt zu haben. Seine Ehefrau Erika stellt nunmehr Strafantrag. Liegt ein wirksamer Strafantrag vor?
Lösung: Kurzüberblick: Strafantrag Der Strafantrag ist von einer Strafanzeige zu unterscheiden. Die Strafanzeige ist eine bloße Wissenserklärung, d. h. die Mitteilung eines Sachverhalts, der auf eine Straftat hindeutet (vgI. § 1 58 I StPO). Ein Strafantrag beinhaltet hingegen eine Willenserklärung und ist auszulegen. Es muss ein Begehren nach Strafverfolgung deutlich werden (vgI. § 158 II StPO). Die meisten Delikte sind Offizialdelikte, d.. h. sie werden von Amts wegen ver folgt und ein Anzeigeerstatter kann den Fortgang des Verfahrens nicht durch Rücknahme seiner Anzeige beeinflussen. Bei den Antragsdelikten fehlt hingegen bei fehlendem Antrag nach Ablauf der Antragsfrist eine Prozessvoraussetzung und die Staatsanwaltschaft muss das Verfahren einstellen (Prozessvoraussetzun
gen sind Umstände, die so schwer wiegen, dass von ihrem Vorliegen die ZuIäs sigkeit des Verfahrens und damit das Ergehen eines Sachurteils abhängt). Er mittlungsmaßnahmen sind allerdings auch bei Antragsdelikten ohne Vor liegen eines Strafantrages zulässig. Unterschieden werden reine Antragsdelikte und relative Antragsdelikte. Bei reinen oder absoluten Antragsdelikten
(z. B. § 123) muss bei Fehlen eines Strafan
trags das Verfahren eingestellt werden. Bei relativen Antragsdelikten (z. B. §§ 223, 229, 230; §§ 242, 246, 248a) ist der fehlende Strafantrag unbeachtlich, wenn die StA "wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschrei ten von Amts wegen für geboten hält".
Prüfungsfolge Strafantrag
Wer kann Antrag stellen: Verletzter (§ 77 I), IL U. Angehörige (§ 77 II), Wo ist der Antrag zu stellen: bei Gericht, StA oder Polizei (§ 158 II StPO),
Wie ist der Antrag zu stellen: schriftlich oder zu Protokoll (§ 158 II StPO), Wie lange kann der Antrag gestellt werden: § 77 b I, Wie oft: nur einmal (§ 77 d I). a) Da sich H nur nach § 229 strafbar gemacht hat, setzt eine Strafverfolgung gern. § 230 I grundsätzlich einen Strafantrag des Verletzten voraus, es sei denn die Strafver folgungsbehörde bejaht ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung ( sog. relatives Antragsdelikt). Fehlt ein Strafantrag und das öffentliche Interesse an der Strafverfol gung, dann muss die Staatsanwaltschaft das Verfahren nach § 170 II StPO wegen Feh lens einer Prozessvoraussetzung einstellen.
Zusatzfrage 2: Die Waldhütte
405
Damit R noch einen Strafantrag stellen konnte, dürfte das Antragsrecht nicht be reits erloschen sein . Ein Erlöschen könnte hier deshalb in Frage kommen, weil R ge genüber H auf einen Strafantrag nverLichtet" hat. Der VerLicht ist gesetzlich nicht ge regelt, § 77d lässt sich jedoch entnehmen, dass ein VerLicht auch vor Ablauf der An tragsfrist möglich sein muss, da es andernfalls wenig sinnvoll erscheint, dass der Verletzte zunächst einen Strafantrag stellen müsste, um diesen dann rechtsverbindlich nach § 77d zurücknehmen zu können. Der VerLicht muss aber in einer § 1 58 StPO entsprechenden Form gegenüber einer Stelle erfolgen, die sich im staatlichen Bereich mit der Straftat zu befassen hat, d. h. gegenüber der Staatsanwaltschaft oder dem Ge richt. Nach wenn auch umstrittener Auffassung' kann hingegen aus Gründen der Rechtssicherheit ein unmittelbar nach der Tat gegenüber dem Täter ausgesprochener VerLicht das Antragsrecht nicht beseitigen. R konnte damit noch wirksam einen Straf antrag stellen. Da es sich bei § 229 aber nach § 374 I Nr. 4 StPO um ein Privatklagede ükt handelt, ist die Staatsanwaltschaft dennoch nicht verpflichtet, stets Anklage zu er heben. Sie prüft vielmehr, ob ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht (§ 376 StPO, vgl. Nr. 86 ß, 233 RiStBV) . Da die Staatsanwaltschaft hier das Verfahren eingestellt hat, hat sie das öffentliche Interesse verneint (eine Einstellung erfolgt dann nach § 1 70 ß StPO wegen Vorliegen eines Verfahrenshindernisses) und R auf den Pri vatklageweg verwiesen. Gegen die Einstellung hat der Antragsteller lediglich die Mög lichkeit der Gegenvorstellung oder Dienstaufsichtsbeschwerde. Ein Klageerzwingungs verfahren ist hingegen nach § 1 72 ß 3 StPO gerade ausgeschlossen. Auch ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach §§ 23 ff. EGGVG ist unzulässig. Die Interessen des R sind insoweit ausreichend dadurch gewahrt, dass dieser die Möglichkeit hat, Privat klage zu erheben. b) Einen Antrag kann zunächst nur der Verletzte der Straftat, d. h. im vorliegenden Fall R, stellen (§ 77 I). Da R verstorben ist, kommt es darauf an, ob sein Antragsrecht auf seine Angehörigen nach § 77 11 übergegangen ist. Nach § 77 ß geht das Antragsrecht aber nur in den gesetzlich bestimmten Fällen auf die Ehefrau des Verletzten über, in § 230 I 2 ist aber lediglich für die Fäll e der vorsätzlichen Körperverletzung ein übergang des An tragsrechts vorgesehen. Es fehlt damit an einem wirksamen Strafantrag.
zusatzfrage 2: Die waldh ütte Frage 1 In der Hauptverhandlung gegen Fred lehnt sein Verteidiger den beisitzenden Richter Ratlos (R) ab, weil dieser den Haftbefehl seines in Untersuchungshaft sitzenden Man danten unterschrieben hat. Wird das Ablehnungsgesuch Erfolg haben?
Frage 2 Nachdem das Revisionsgericht bereits mehrere Urteile des R wegen ungenügender Autklärung des Sachverhalts aufgehoben hatte, ermahnte ihn der Gerichtspräsident als 3
Vgl. Cierniak. in: Meyer-Goßner StPO § 158 StPO, Rdn. 18; BGH NJW 1957, 1368.
4. Teil : Die strafprozessuale Zusatzfrage
406
Dienstvorgesetzter, diesmal vorsichtiger zu sein und Beweisaufnahmen auch in Zu kunft sorgfitltiger durchzuflihren. War die Ermahnung zulässig (auf § 26 11 DRiG wird hingewiesen)? § 26 DRiG
( 1 ) Der Richter untersteht einer Dienstaufsicht nur, soweit nicht seine Unabhängigkeit beeinträchtigt wird (2) Die Dienstaufsicht umfaßt vorbehaltlich des Absatzes 1 auch die Befugnis, die ordnungswidrige Art der Ausführung eines Amtsgeschäfts vorLuhaiten und zu ord nungsgemäßer, unverLögerter Erledigung der Amtsgeschäfte zu ermahnen.
Lösung: Kurzüberbliclc Ausschließung und Ablehnung des
Kraft Gesetzes ist ein Richter ausgeschlossen
Richters
(§ 22 StPO) bei bestimmten Nähe
verhältnissen oder Vorbefassung. Als befangen (§ 24 StPO) kann ein Richter in einem in §§ 25ff. StPO näher ge regelten Verfahren abgelehnt werden. Revisionsrechtlich wird das Verfahren dadurch abgesichert, dass die Mitwir kung eines gesetzlich ausgeschlossenen oder eines nach einer Ablehnung zu Un recht weiter mitwirkenden Richters grundsätzlich einen absoluten RevisioDS grund darstellt (vgl. § 338 Nr. 1 -4 StPO). In formeller Hinsicht ist § 27 StPO zu beachten: Es entscheidet das Gericht, dem der abgelehnte Richter angehört, ohne dessen Mitwirkung. Anders ist dies hin gegen, wenn das Ablehnungsgesuch aus einem der in § 26 a I StPO genannten Gründe verworfen wird (es werden weder GrÜDde zur Ablehnung noch Mittel der Glaubhafbnachung genannt, vgl. § 26a 11 1 StPO).
Formelle Voraussetzungen: a) Ordnungsgemäßes Ablehnungsgesuch das bei dem Gericht anzubringen ist, dem der abzulehnende Richter angehört. b) Rechtzeitigkeit der Ablehnung (§ 25 D
StPO), d h. unverzüglich bzw. "ohne
schuldhaftes Zögern". c) Glaubhafbnachung (§ 26 11 StPO) Weitere Obersicbtsliteratur: Kreke1er, NJW 198 1, 1633ff.; Voormann, NStZ 1985, 444ff.;
Benda, NJW 2000, 3620 ff. Aus der Rechtsprechung: BGH NStZ 1991, 346.
Frage 1 a) Ein Ablehnungsantrag gegen R könnte zunächst auf §§ 23, 24 I Alt. 1 StPO gestützt werden, wenn R als Richter durch die Unterzeichnung des Haftbefehls kraft Gesetzes von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen ist. Nach § 23 I StPO ist ein Rich-
Zusatzfrage 2: Die WaldhOtte
407
ter kraft Gesetzes ausgeschlossen, wenn er bei einer Entscheidung in einem niedrige ren Rechtszug mitgewirkt hat. Die Entscheidung über U-Haft ist aber keine Entschei dung in einem niedrigeren, sondern in demselben Rechtszug. § 23 I StPO ist als Aus nahmevorschrift eng auszulegen und nur auf Fälle der Vorbefassung in einer anderen Instanz anzuwenden.
b) Ein Ablehnungsantrag könnte aber vielleicht wegen Besorgnis der Befangenheit nach § 24 I 2. Alt. StPO erfolgen. Ein entsprechender Ablehnungsantrag muss gestellt werden, bevor die Vernehmung des Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse beginnt. Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen (§ 24 ß StPO). Die Besorgnis der Befangenheit liegt vor, wenn ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln. ' Nach fast einhellig vertretener Auf fassung geht die stPO aber, wie § 23 11 StPO als Ausnahmevorschrift im Umkehr schluss zeigt, davon aus, dass eine richterliche Tätigkeit, die der Mitwirkung als erken nender Richter vorausgeht, in der Sache keine Befangenheit begrOndet.5 Als Ausnah mevorschrift verträgt § 23 11 StPO keine ausdehnende Auslegung und kann damit auch nicht über § 24 11 StPO indirekt erweitert werden. Dass eine richterliche Vorbe fassung keine Befangenheit per se begründet, zeigt auch § 203 StPO, da der Richter be reits über die Zulassung zur Hauptverhandlung entscheidet, für die hinreichender Tatverdacht vorausgesetzt wird." Allgemein wird davon ausgegangen, dass ein ver ständiger Angeklagter wisse, dass ein Richter sein Urteil erst auf der Grundlage dessen bildet, was er in der Hauptverhandlung erllihrt. Eine Ablehnung wegen Befangen heit könnte damit nur dann erfolgen, wenn die Begründung des Haftbefehls selbst ge eignet wäre (etwa aufgrund einseitig befangener Abfassung), Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters hervorzurufen.7 Dies ist hier aber nicht der Fall. Auch wenn es äußerst zweifelhaft erscheint, dass ein Richter, der bereits die Voraussetzun gen der U-Haft und damit dringenden Tatverdacht bejaht hat, vöUig unvoreinge nommen gegenüber dem Angeklagten ist, muss die Grundentscheidung des Gesetzge bers hingenommen werden und ein Befangenheitsantrag des Verteidigers wird erfolg los bleiben.
Frage 2 Nach § 26 11 DRiG erfasst die Dienstaufsicht auch die Befugnis, dem Richter die ord nungswidrige Art der Ausführung eines Amtsgeschäfts vorzuhalten und ihn zu einer ordnungsgemäßen, unverLÖgerten Erledigung der Amtsgeschäfte zu ermahnen. Die Dienstaufsicht darf aber infolge des Grundsatzes der sachlichen Unabhängig keit des Richters (vgl. Art. 97 I GG) nie in den Kernbereich richterlicher Tätigkeit ein-
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Vgl. BVerfGE 88, 1 (4). Vgl. BGHSt 9, 194, 233. 6 Zur Mitwirkung am Eröffnungsbeschluss vgl. auch BVerfGE 30, 1 49; BGH b. Pfeiffer Miebach NStZ 1987, 2 2 1 . 7 Vgl. etwa BGHSt 24, 336. 5
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4. Tell: Die strafprozessuale Zusatzfrage
greifen, d. h. der Dienstaufsicht nicht zugänglich ist der Inhalt einer Entscheidung, Anordnung oder Regelung (die unmittelbare Spruchtätigkeit). Zum unantastbaren Kernbereich im weiteren Sinne gehören auch die den richterlichen Spruch vorberei tenden und ihn zustande bringenden Sach- und Verfahrensentscheidungen, z. B. die Vernehmung von Zeugen, die Erhebung des Sachbeweises und die Beweiswürdigung. Der Ermahnung zugänglich sind lediglich die äußere Form der Erledigung des richter lichen Geschäfts sowie die Sicherung eines ordnungsgemäßen Geschäftsablaufs. Nach dem BGH sollen allerdings auch offensichtliche, jedem Zweifel entrückte Fehlgriffe
im
Kernbereich der richterlichen Tätigkeit der Ermahnung zugänglich sein. Die zutref fende Gegenansicht verweist insoweit auf die ausschließliche Möglichkeit einer Kor rektur durch die Rechtsprechung (Instanzenzug, Disziplinarverfahren, Richterankla ge). Im konkreten Fall kann dies aber dahingestellt bleiben, da die Anordnung und Durchführung einer Beweisaufnahme, also die Frage, ob und in welcher Form Beweise zu erheben sind, zum Kernbereich richterlicher Tätigkeit gehört. Weil vorliegend kein Ausnahmefall gegeben ist, war die Ermahnung unzulässig.
zusatzfrage 3: Geordnete Verhältnisse Staatsanwalt Grün (G) kam nach Abschluss der Ermittlungen zu dem Ergebnis, dass sich Amicelli (A) nicht stratbar gemacht habe und das Verfuhren einzustellen sei. Als sein Vorgesetzter, Oberstaatsanwalt SchwarL (S), ihn anwies, gleichwohl Anklage zu erheben, wandte G ein, er könne dies nicht mit seinem Gewissen vereinbaren und sei außerdem als Justizorgan nicht weisungsgebunden. a) Was kann Oberstaatsanwalt S tun? b) Unterstellt, der BGH hätte in vergleichbaren Fällen eine Stratbarkeit der A be jaht, wäre G dann verpflichtet, Anklage zu erheben?
Lösung: a)
Grundsätzlich hat nach § 146 GVG Staatsanwalt G den Weisungen seines Vorge
setzten S (vgl. § 147 GVG) Folge zu leisten. Dienstliche Anweisungen dürfen sowohl generelle Anordnungen über den Dienstbetrieb als auch Anordnungen für die Be handlung eines Einzelfalls beinhalten. Seine Grenze findet das bestehende Weisungs recht bei rechtswidrigen Weisungen, bei denen keine Pflicht zur Ausführung besteht.' Ebenso muss ein Staatsanwalt Weisungen mit stratbarem Inhalt und Menschenwürde verletzendem Charakter nicht befolgen. Nach umstrittener Auffassung soll zudem keine Pflicht bestehen, Weisungen wider die persönliche überzeugung zu befolgen, da der übergeordnete Staatsanwalt die Möglichkeit der Devolution oder Substitution hat
(§ 1 45 I GVG) und damit ein Zwang zur Weisungsbefolgung unverhältnismäßig ist' Der Dienstvorgesetzte wird damit die Sache hier selbst übernehmen und gegebenen falls die Amtsgeschäfte einem anderen StA übertragen müssen. Auch wenn A im Er-
I 9
Vgl. auch § 63 " BBG; z. B. auch WeisWlgen, die das Legalitätsprinzip nicht beachten. Vgl. Krey, NStZ 1985, 145ff.; Maier ZRP 2003, 387 ff.
409
Zusatzfrage 4: Das Sprengstoffattentat
gebnis freizusprechen ist, hindert dies S nicht, Anklage zu erheben, wenn er eine ande re Rechtsauffassung hierLu vertritt.
b) Ob ein Staatsanwalt bei der Anklageerhebung
an
eine höchstrichterliche Recht
sprechung gebunden ist, ist äußerst umstritten. ' · Der BGH hat eine entsprechende Verpflichtung aufgrund des Gewaltenteilungsgrundsatzes und des Legalitätsprin zips bejaht und die Pflicht zur Wahrung der Einheit der Rechtsanwendung be tont. 11 Eine Bindung besteht zudem auch für die weisungsberechtigte Instanz
(§ 147 GVG). Nach einer anderen Ansicht besteht eine Bindung nur bei gefestigter Rechtspre chung. Als Argument dient ein Vergleich mit § 12 1 D GVG. Teilweise wird eine ein geschränkte Bindung aus Gründen des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit befurwortet und es werden deshalb gewichtige Gründe für ein Abweichen verlangt. Von einer dritten Ansicht wird hingegen betont, dass keine Bindung besteht. Verwiesen wird auf die Stellung, Funktion und Rolle der Staatsanwaltschaft: So verankere etwa § 150 GVG die Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaft. Der Staats anwalt sei als Organ der Rechtspflege zu Wahrheit und Gerechtigkeit verpflichtet. Notwendige Basis hierfür sei eine eigenverantwortlich gewonnene Rechtsüberzeu gung. Für letztere Ansicht könnte zudem sprechen, dass umgekehrt auch eine An klagerhebung zulässig ist, wenn die Gerichte ein bestimmtes Verhalten in vergleich baren Fällen für straflos erachten. Dennoch ist im Ergebnis der Ansicht der Rechtsprechung zu folgen. Die Rolle der Staatsanwaltschaft ist ohnehin schon vielfach der Rolle der Rechtsprechung angenähert, da sie über Einstellungen, aber auch den meist nur richterlich abge segneten Strafbefehl faktisch richterliche Aufgaben wahrnimmt. Zumindest die Auslegung der Strafgesetze sollte damit Kernaufgabe der Gerichte bleiben. Vor liegend ist G deshalb verpflichtet, Anklage zu erheben.
zusatzfrage 4: Das sprengstoffattentat Bei der ersten polizeilichen Beschuldigtenvemehmung erklärte der vorläufig festge nommene X nach Belehrung und Eröffnung des Tatvorwurfs zunächst, er werde nicht aussagen, sondern einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauf tragen. Der Polizeibeamte P weist unbeirrt darauf hin, dass ein Geständnis die Mög lichkeit der Strafmilderung eröffne, X solle doch sein Gewissen erleichtern. X erklärte sich nunmehr zur Aussage über den Tatvorwurf bereit, wünschte aber zuvor eine Be sprechung mit Rechtsanwalt R. Die über den deutschen Rechtsanwaltszentra1ruf er mittelte Mobiltelefonnummer des R erwies sich als nicht vergeben. X erklärte darauf hin, er verzichte auf einen Anwalt und werde zur Sache aussagen. X wurde nicht auf einen vor Ort bestehenden Anwaltsnotdienst hingewiesen. Darf ein Geständnis des X verwertet werden?
10 11
Vgl. auch Munnallll JuS-Beilage 2007, Vgl. nur BGHSt 1 5 , 155.
I m. w. N.
4. Tell: Die strafprozessuale Zusatzfrage
410
Lösung: a) Die Aussage könnte unverwertbar sein, weil X nach der gescheiterten Kontaktauf nahme mit dem Rechtsanwalt seiner Wahl nicht auf den örtlichen Anwaltsnotdienst hingewiesen worden ist.12 Ein Beweisverwertungsverbot könnte sich insoweit aus der Verletzung der Pflicht zur Belehrung über das Recht der Verteidigerkonsultation nach § 1 36 I 2 StPO bzw. einer Beeinträchtigung des u. a. aus Art. 6 III Iit. c EMRK abzulei tenden Rechts auf konkrete und wirksame Verteidigung sowie des Anspruchs auf ein faires Verfahren nach Art. 20 III i. V. m. Art 2 I GG ergeben. Grundsätzlich hat die fehlerhafte oder unterlassene Belehrung über das Recht auf einen Verteidiger ein Ver wertungsverbot bezüglich der erlangten Aussage zur Folge. Da der erforderliche Hin weis auf das Recht zur Konsultation eines Verteidigers erfolgt war, stellt sich vor allem das Problem, welche erweiterten Hilfs- und Hinweispflichten den Vernehrnungsbearn ten zum Schutze der Beschuldigten obliegen. Für ein Verwertungsverbot trotz erfolg ter Belehrung im konkreten Fall kann angeführt werden, dass das Recht zur Verteidi gerkonsultation in engem Zusammenhang mit der Aussagefreiheit des Beschuldigten steht. Gemäß §§ 1 36 I 2, 163a IV 2 StPO muss der Beschuldigte bei seiner (ersten) Vernehmung nicht nur über sein Schweigerecht, sondern zugleich über das Recht auf Zuziehung eines Verteidigers nach § 137 I 1 StPO belehrt werden, da gerade bei der praktisch äußerst bedeutsamen ersten Vernehmung des Beschuldigten die wesentli chen Weichen für den weiteren Verfahrensablauf gestellt werden. Der Beschuldigte bedarf insbesondere hinsichtlich der Frage, ob er sich durch Schweigen oder Reden verteidigen soU, der Beratung mit einem Verteidiger. b) Im Einzelfall erfordert deshalb der Grundsatz des fairen Verfuhrens eine ergän zende Inpflichtnahme der vernehmenden Beamten, wenn der Beschuldigte ohne eine HilfesteUung der Beamten seine Rechte nicht wahrnehmen kann . Ergänzend zur Be lehrung nach § 1 36 I 2 StPO ist ihm "erste Hilfe" bei der Verwirklichung seines Kon sultationsrechts zu leisten, wenn er selbst nicht in der Lage ist, den Kontakt zu einem Verteidiger herLusteUen. So kann es beispielsweise unter dem Gesichtspunkt des Rechts auf effektive Verteidigung nicht genügen, einem sprachunkundigen Beschul digten kommentarlos das Branchenbuch einer Großstadt zu überreichen, da diese "Scheinaktivität" den Beschuldigten letztlich nur von der Erfolglosigkeit seiner Bemü hungen, einen Verteidiger zu erlangen, übeT"Leugen soU. In bestimmten FäDen wird deshalb unmittelbar aus dem Fairnessgebot auch eine Pflicht abzuleiten sein, den Beschuldigten auf einen örtlichen Anwaltsnotdienst hin zuweisen. Der BGH hat dies erwogen, wenn der Beschuldigte einen Verteidiger ver langt hatte und die Vernehmung ohne vorangegangene Konsultation eines Verteidi gers fortgesetzt wurde. Eine generelle Hinweispflicht hat der BGH all erdings wegen fehlender gesetzlicher Verpflichtung hierzu abgelehnt. Ist der Versuch gescheitert, mit einem durch den Beschuldigten benannten auswärtigen Verteidiger Kontakt aufLU nehmen, dann sind die Polizeibeamten nach Auffassung des BGH nicht verpflichtet, auf einen bestehenden Anwaltsnotdienst hinzuweisen, wenn der Beschuldigte nach
12
Zu einer iIhnlichen FallkonsteUation ,'gI. auch BGH NStZ 2006, 114.
Zusatzfrage 5: Kofferfreuden
41 1
Scheitern des Kontaktversuchs auf einen Verteidigerbeistand verzichtet hat. Im Schrifttum wird teilweise nach Misslingen einer gewünschten Kontaktaufnahme mit einem Verteidiger eine erneute Belehrung über das Recht zur Hinzuziehung eines Ver teidigers verlangt. Dieser Verstoß würde aber dann nach den in der Rechtsprechung herausgebildeten Grundsätzen im konkreten Fall kein Verwertungsverbot begründen, da X sein Recht auf Hinzuziehung eines Verteidigers kannte. " Seine Aussage würde dann trotz eines möglichen Verstoßes gegen das Faimessgebot nicht nach § 337 StPO auf einem Verstoß gegen die Hinweispflicht beruhen, da nicht die Verletzung der ge nannten Pflicht, sondern die eigenverantwortliche Entscheidung des Beschuldigten, ohne Verteidigerbeistand auszusagen, für die Aussage kausal geworden ist.
c) Im konkreten Fall besteht allerdings die Besonderheit, dass der vernehmende Po Iizeibeamte den Beschuldigten unter Hinweis auf sein Gewissen und eine mögliche Strafmilderung zur Aussage überredet hat. Entgegen der Auffassung der Rechtspre chung müssen Polizeibeamte wegen der besonderen Ausnahmesituation, die eine Be schuldigtenvernehmung für den Betroffenen darstellt, den Wunsch des Beschuldigten, Kontakt zu einem Verteidiger aufzunehmen, respektieren und dürfen die Verneh mung nicht gegen seinen Willen fortsetzen. Die Abbruchpflicht ist unmittelbar aus dem Wesen des nemo tenetur-Grundsatzes sowie der Funktion der Belehrungsvor schriften abzuleiten, die nicht dadurch entwertet werden dürfen, dass den PoJizeibe amten die Möglichkeit eröffnet wird, die vorangegangene Belehrung durch widerspre chende Hinweise auf eine mögliche Strafmilderung zu entwerten. Insbesondere darf der Beschuldigte nicht zu weiteren Angaben gedrängt werden, bevor er die Gelegen heit zur (telefonischen) Rücksprache mit einem Verteidiger gehaht hat. Will der Be schuldigte die Vernehmung fortsetzen, so muss er dies ausdrücklich und unmissver ständlich auch ohne Hinzuziehung eines Verteidigers verlangen. Die Vernehmung
darf somit auch nicht mittelbar über die Vernehmung des vernehmenden PoJizeibe amten in den Strafprozess eingeführt und verwertet werden.
zusatzfrage 5: Kofferfreuden In der ersten polizeilichen Beschuldigtenvernehmung erklärte Seber (S) nach Eröff nung des Tatvorwurfs, sie habe die Tat nicht begangen. Die Polizei hatte S verdächtigt, da S gegenüber V erklärt hatte, V werde schon noch sehen, was sie von der Ansich nahme des Koffers hahe. Der vernehmende PoJizeibeamte P veranlasst deshalb einige Tage später ein Telefonat zwischen S und V. P hörte das Gespräch, in dem S sich be lastet, an einem Zweithörer mit. In der Hauptverhandlung schweigt S. Darf P als Zeu ge über das vernommen werden, was er am Telefon gehört hat?
Lösung: a)
Äußert sich ein Beschuldigter in der Hauptverhandlung nicht zur Sache, so kann
dennoch eine frühere Aussage des Beschuldigten in die Hauptverhandlung eingeführt
13
Ohersichtsliteratur zu Beweisverwertungsverbote Meyer-Mews JuS 2004, 39 0'.
412
4 . Tell : Die strafprozess u ale Zusatzfrage
werden. Eine dem § 252 StPO entsprechende Vorschrift, aus der sich ein umfassendes Verwertungsverbot ableiten ließe, besteht für die Beschuldigtenvemehmung nicht. Auch § 250 S. 2 StPO steht einer Vernehmung des P nicht entgegen. § 250 StPO ver bietet entsprechend seinem Wortlaut nur, einen Zeugenbeweis durch einen Urkunds beweis zu ersetzen. Ein weiter reichender Grundsatz, dass stets das tatnächste Beweis mittel zu benutzen ist, ist § 250 StPO nicht zu entnehmen. Deshalb verbietet § 250 StPO auch nicht die Vernehmung des Zeugen vom Hörensagen. Auch der Zeuge vom Hörensagen soll nur über seine eigene Wahrnehmung berichten. Er ist daher unmit telbarer und nicht nur mittelbarer Zeuge. b) Es könnte allerdings ein Verwertungsverbot wegen Verstoß gegen die Beleh rungspflichten des § 1 36 StPO bestehen, weil V auf Veranlassung des P die S ausge horcht hat und P dieses Gespräch mithörte, ohne S vorher über ihr Recht, die Aussage zu verweigern, belehrt zu haben. § 136 StPO be-Lieht sich allerdings nur auf Verneh mungen." Zum Begriff der Vernehmung i. S. der Strafprozessordnung gehört nach h.A., die einen sog. formellen Vemehmungsbegriff vertritt, dass der Vemehmende der Auskunftsperson in amtlicher Funktion gegenübertritt und in dieser Eigenschaft von ihr eine Auskunft (,.Aussage") verlangt. '5 Eine Erweiterung des Begriffs der Verneh mung in dem Sinne, dass hierLu alle Äußerungen des Beschuldigten gehören, welche ein StrafverfoIgungsorgan direkt oder indirekt herbeigeführt hat, soll dem Gesetz nicht zu entnehmen sein (so aber der zutreffende materielle Vernehmungsbegriff) . Ein er weiterter Begriff würde überdies nach h.A. seine einheitliche Interpretation für die verschiedenen Vorschriften der Strafprozessordnung in Frage stellen. Die h. A. be fürchtet vor allem, dass ein materieller Vemehmungsbegriff auch auf Äußerungen an gewendet werden muss, die ein Verdeckter ErmittIer im Rahmen seiner Tätigkeit beim Beschuldigten hervorgerufen hat. Damit müssten auch Verdeckte ErmittIer einen Tat verdächtigen nach § 136 I 2 StPO belehren, obwohl ihnen die §§ 1 l 0 a ff. StPO das Auftreten unter einer Legende gerade deshalb gestatten, um unerkannt einen Tat nachweis erbringen zu können. Auch eine analoge Anwendung von § 1 36 I 2 StPO scheidet nach h.A. aus. Sinn und Zweck des § 136 StPO sei es nicht, dem Tatverdäch tigen zu Bewusstsein zu bringen, dass er von einer Amtsperson oder einer mit den Ermittlungsbehörden zusammenarbeitenden Privatperson befragt wird. Die Beleh rung soll vielmehr sicherstellen, dass der Beschuldigte nicht irrtümlich eine Aussage pflicht annimmt, weil er durch einen Richter, Staatsanwalt oder Polizeibeamten in amtlicher Eigenschaft befragt wird. Dieser Sinn der Regelung wird nicht verletzt, wenn eine Privatperson, sei es auch auf Veranlassung der Ermittlungsbehörden, den Tatver dächtigen in ein Gespräch über den Tatvorwurf verwickelt und er sich absichtsgernäß selbst belastet. Schließlich wisse der Beschuldigte, dass er sich einem beliebigen Dritten gegenüber nicht zu äußern braucht. Ebenso wenig liege in der Veranlassung einer Privatperson zu einem selbstbelas tenden Gespräch mit dem Tatverdächtigen ein Verstoß gegen die unmittelbar oder entsprechend angewandte Regelung der §§ 1 3 6 a, 163 a StPO. Eine verbotene Täu14 15
Zur HörfaUe vgl. den Beschluss des Großen Senats BGHSt 42, 1 39. Vgl. zum Vernehmungsbegriff Mosbacher JuS 2006, 39ft'.
Zusatzfrage 6: Pizza mit Allem
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schung i . S . dieser Vorschrift liegt nicht schon darin, dass der Betroffene über den Um stand der Beweiserheblichkeit der Gesprächssituation im Unklaren gelassen wird Das gilt auch insoweit, als bei einer verdeckten ErmittIungsmaßnahme die Tatsache der polizeilichen Initiative und Beteiligung verschwiegen wird. P und V haben den Irrtum der S hierüber nicht erregt, d. h. hervorgerufen, oder seine Aufklärung unterbunden (nunterhalten"), sondern sich lediglich den Umstand zunutze gemacht, dass S allge mein die Möglichkeit eines polizeilichen Mithörens bei einem privaten Telefonge spräch I. nicht in Betracht gezogen hat. Die Ausnutzung eines bereits bestehenden Irr tums (bloßes Verschweigen einer Tatsache) stellt keine Täuschung i.S. d. § 1 36a StPO dar, sondern ist als erlaubte List zu qualifizieren. Nach herrschender Inhaltsbestimmung des nemo tenetur-Grundsatzes kommt ebenso wenig ein Verstoß gegen diesen Prozessgrundsatz in Betracht, so dass auch ein selbstständiges Beweisverwertungsverbot ausscheiden muss. Dieser Grundsatz soll nur die Freiheit vor Zwang zur Aussage oder zur Mitwirkung am Strafverfahren schützen, während die Freiheit von Irrtum nicht in den Anwendungsbereich dieses Grundsatzes fallen soll. Auch wenn diese Auffass ung unzutreffend ist und der nemo tenetur Grundsatz nach prozesssystematischer Auslegung nur die Gewährleistung eines selbst bestimmten Aussageverhaltens vor Augen haben kann, könnte eine Verwertung den noch bereits auf Basis der h. A. wegen der Nähe zu einem Verstoß gegen den nemo te netur-Grundsatz und den Grundsatz des fairen Verfahrens unzulässig sein. Im Hin blick darauf, dass der Beschuldigte nicht alle Umstände kennt, die für seine Entscheidung, ob er sich äußern will oder nicht, von Bedeutung sind, präferiert der BGH und die wohl h. L. zu Unrecht eine Abwägungslösung. Der heimliche Einsatz pri vater Personen mittels einer Hörfall e soll nur dann zulässig sein und zu keinem Be weisverwertungsverbot führen, wenn es sich bei der den Gegenstand der Verfolgung bildenden Tat um eine Straftat von erheblicher Bedeutung handelt und wenn der Ein satz anderer ErmittIungsmethoden erheblich weniger Erfolg versprechend oder we sentlich erschwert wäre. Für die Beantwortung der Frage, wann eine Straftat von er heblicher Bedeutung vorliegt, werden die Kataloge in §§ 98 a, lOOa, l lO a StPO heran gezogen. Da S vorliegend wohl keinen (versuchten) Raub und damit keine Katalogtat gem. § lOOa 11 Nr. 1 lit. k StPO begangen hat, ist von keiner Straftat von erheblicher Bedeutung auszugehen. Demnach wurde vorliegend gegen rechtsstaatliche Grundsätze verstoßen und die Angaben der S am Telefon gegenüber V können nicht durch Ver nehmung des P in die Hauptverhandlung eingeführt werden.
zusatzfrage 6: Pizza mit Allem C wird wegen der Behauptung gegenüber p, A habe ein Verhältnis mit der Frau des p, vor dem Schwurgericht angeklagt. Sein Pflichtverteidiger V rät C, er solle in der Hauptverhandlung behaupten, er sei aufgrund des Verhaltens von A davon ausgegan gen, dass dieser tatsächlich ein Verhältnis mit F habe. Nur so könne sich C auch erklä ren, dass A sich mit einer Flasche Champagner auf den Weg zu F gemacht habe und 16
Näheres zur überwachung der Telekommunikation Fezer, NStZ 2003, 625 0'.
4. Tell: Die strafprozessuale Zusatzfrage
414
sich vorher noch erkundigt habe, ob P noch lange abwesend sei. Da sich diese Einlas sung des C, die er, wie von V vorgeschlagen, abgegeben hat, nicht widerlegen lässt, wird C freigesprochen. a) Durfte V dem C ein entsprechendes Aussageverhalten empfehlen? b) Darf V dem C nach Vermerk des Abschlusses der Ermittlungen durch die Staats anwaltschaft die Akten in Kopie überlassen oder ihn zumindest von der Anordnung einer Telefonüberwachung in Kenntnis setzen, die sich aus den Akten ergibt?
Lösung: a) Problematisch ist, ob sich das Verhalten des V noch im Rahmen des prozessual Zulässigen gehalten oder ob er hier bereits die Grenze zur Strafvereitelung (§ 258) überschritten hat. § 258 ist insoweit wenig ergiebig, da sich die Grenze, wann eine un zulässige Vereitelungshandlung vorliegt, nicht aus § 258 ergibt. § 258 verweist auf das Prozessrecht, d.h. alles was prozessual zulässig ist, kann keine Strafvereitelung sein (akzessorische Betrachtung). Da das Prozessrecht aber ebenso unergiebig ist, wird man auf die allgemeine Diskussion zurückgeworfen, welche Stellung der Verteidiger hat. Wenn er lediglich ein einseitiger Interessenvertreter des Beschuldigten ist, würden seine Rechte entsprechend den Grenzen des zulässigen Verteidigungsverhaltens des Beschuldigten bestimmt. Da dieser Lügen darf (unabhängig von der str. Frage, ob es ein Recht auf Lüge gibt) und die LUge sogar gegebenenfalls eine zur Verteidigung er forderliche Belastung Dritter durch Abstreiten eines Sachverhalts rechtfertigen kann , hängt die prozessuale Zulässigkeit des Verteidigerverhaltens von dessen Rechtsstellung ab. Die h. M. geht davon aus, dass der Verteidiger gleichberechtigtes Organ der Rechts pflege neben StA und Gericht ist. " Der Verteidiger kann deshalb u. U. auch unabhän gig vom Mandanten, d. h. aus eigenem Recht und auch gegen den Willen des Mandan ten tätig werden. Der Verteidiger nimmt damit auch öffentliche (nicht staatliche) Funktionen wahr (vgl. auch § 1 BRAO ) . Er garantiert über diese Funktion eine rechts staatliche Strafrechtspflege und dient gerade über den Grundsatz der Waffengleichheit auch der Wahrheitsfindung. Sonst wäre auch das Gericht leichter gezwungen, seine weitgehend neutrale Rolle aufzugeben und dem Beschuldigten zu Hilfe zu kommen. Die h. 1. betont allerdings sehr stark, dass der Verteidiger über die Einhaltung aller Verfahrensvorschriften zu wachen habe und nimmt dabei auch gewisse Abstriche an einer effektiven Verteidigung in Kauf. Deshalb vertritt die sog. eingeschränkte Organtheorie'8 die Auffassung, dass der Verteidiger die Effektivität der Rechtspflege nur in einem Kembereich zu gewährleis ten hat. Der Verteidiger darf i. d. S. vor alle m nicht lügen. Nach der sog. Parteiinteressentheorie besteht hingegen keine Organeigenschaft des Verteidigers, dieser ist lediglich ein reiner Parteiinteressenvertreter. Der Beschuldigte bestimmt seine Interessen autonom und diese sind ohne Berücksichtigung öffentlicher Interessen durch den Verteidiger zu vertreten. Er nimmt keine öffentlichen Interessen 17 1.
Zur RechtssteUung des Verteidigers grundlegend BVerfG, NStZ 2004, 259. Näheres hierzu Pa"lus NStZ 1992, 305 ff.; Dornach NStZ 1 995, 57ff.
Zusatzfrage 7: Eine FamIlIentragödie
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wahr, sondern ist n ur a n die Weisungen des Vertragspartners gebunden, d a n ur so Waffengleichheit und das erforderliche Vertrauensverhältnis gewährleistet werden
kann . Zweck der Verteidigung ist i. d. S. nur die Beseitigung von Autonomiedefiziten, nicht aber die Sicherung rechtsstaatlicher Strafverfolgung. Da der Verteidiger nur Par teiinteressenvertreter ist, darf er auch lügen und gegebenenfalls Beweisquellen trüben. Nach der sog. Vertragstheorie muss sich der Verteidiger zwar grundsätzlich nach sei nem Mandanten richten, ihm bleibt aber der Rückgriff auf Mittel der Lüge versperrt. Mit den letzten beiden ModeUen lässt sich aDerdings das Institut der Pflichtverteidi gung kaum vereinbaren, da sie auch gegen den Willen des Beschuldigten erfolgt. Für die h.A. spricht vor aDem, dass insbesondere die Wahrheitspflicht des Verteidigers seine Glaubwürdigkeit sichert (ein "Recht auf Lüge" ist insoweit bereits sprachlich wi dersprüchlich) und die erforderliche Basis für die im Gegenzug gewährten Sonder rechte bildet (z. B. Akteineinsicht etc.). Dem Verteidiger ist es damit im Grundsatz verboten, Lügen für den Angeklagten zu erfinden und ihm zur Lüge zu raten. Ande rerseits darf der Verteidiger dem Angeklagten durchaus Verteidigungsmöglichkeiten aufLeigen, ihm dabei nur nicht eine bestimmte Lüge in den Mund legen. Hier ist die Grenze jedoch eindeutig überschritten.
b) Ein Recht auf Akteineinsicht könnte sich aus § 147 StPO ergeben. Aktenein sichtsberechtigt ist nach § 147 StPO aber nur der Verteidiger, nicht der Beschuldigte. Der Verteidiger darf die Akten einsehen (Abs. 1) und mitnehmen (Abs. 4). Der Be schuldigte hat lediglich einen Informationsanspruch u. a. aus Art. 6 I, In EMRK (Aus künfte und Abschriften aus den Akten, § 147 VII StPO) . Dennoch darf ein Verteidig ter dem Beschuldigten sogar die komplette Akte in Kopie geben. Der Verteidiger ist zur Information i. d. R. auch verpflichtet. Ein eigenständiges Recht, selbst in die Akten Einsicht zu nehmen, hat der Beschuldigte aber nicht und daher darf V es C auch nicht gewähren (Grund hiefür ist die Angst vor einer Aktenbeschädigung durch den Be schuldigten). Deshalb ist dem Beschuldigten auch ein Pflichtverteidiger zu bestellen, wenn er sich ohne Akteneinsicht nicht verteidigen kann (Ausnahme in Bagatellen, dann ausnahmsweise Recht zur Einsicht). Sehr str. ist darüber hinausgehend, ob der Beschuldigte vom Verteidiger auch über Maßnahmen mit notwendigem Oberra schungseffekt informiert werden darf, wenn sich diese aus den Akten ergeben (wie hier über die Anordnung einer Telefonüberwachung). Die wohl h. M. lehnt ein Recht des Beschuldigten auf Information durch den Verteidiger ab, wenn eine Gefahrdung des Untersuchungszwecks eintreten kann. Nach a. A. fäUt die schlichte Information über solche Maßnahmen in den Risikobereich der Staatsanwaltschaft, da diese den Akteninhalt freigegeben hat (§ 147 11 StPO) . Der Verteidiger darf nach dieser Auffas sung lediglich nicht dazu raten, einen anderen Anschluss zu benutzen, da dies nicht von seiner SteUung als Verteidiger gedeckt ist.
zusatzfrage 7 : Eine Fam ilientragödie Drechsler (D) ist 63 Jahre alt, verheiratet und lebt mit seiner Ehefrau in einem kleinen Einfamilienhaus. Er bezieht ein nicht aDzu üppig bemessenes Gehalt als Geschäftsfüh rer und wird in Zukunft von einer vergleichbaren Privatrente leben. Der zuständige
4. Teil : Die strafprozessuale Zusatzfrage
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Ennittlungsrichter E erlässt gegen D auf Antrag der Staatsanwaltschaft einen Haftbe fehl. Er begründet den Haftbefehl damit. dass D bisher nicht gestanden habe und bei fehlendem Geständnis der Haftgrund der Verdtmkelungsgefahr vorliege. Zudem be gründe in Fällen besonders hoher Straferwartung. wie insbesondere wegen hoher Mindeststrafe und erforderlicher Generalprävention bei Mord. bereits die Straferwar tung allein in der Regel die Fluchtgefahr. Bei der erforderlichen Einzelfallprüfung be dürfe es zur Begründung der Fluchtgefahr keines weiteren Nachweises zusätzlich zur Straferwartung hinzutretender Umstände. sondern umgekehrt nur der Prüfung. ob in besonders gelagerten Ausnahmefällen die indizierte Fluchtgefahr ausgeschlossen wer den kann. Zudem begründe der zusätzlich im Raume stehende Vorwurf der Steuer hinterziehung Verdtmkelungsgefahr. Im übrigen sei bei bestimmten Straftaten ohne hin kein Haftgrund erforderlich.
Frage 1 Kann mit dieser Begründung Untersuchungshaft angeordnet werden?
Frage 2 Welche Rechtsbehelfe hat D hiergegen und welche formellen Voraussetzungen haben diese?
Lösung: übersicht: Untersuchungshaft Die Untersuchungshaft beinhaltet den schwersten Eingriff im Ermittlungsverfah ren. Insoweit ist insbesondere zu beachten. dass ftlr den Betroffenen die Un schuldsvermutung streitet. die seinen Freiheitsanspruch bekräftigt. Das mit der U-Haft verbundene Sonderopfer kann nur durch überwiegende Interessen des Gemeinwohls gerechtfertigt werden. A. Voraussetzungen:
I. Dringender Tatverdacht: Definition: Nach dem aktuellen Stand der Ermittlungen besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit. dass der Beschuldigte Täter oder Teilnehmer einer strafba ren Handlung ist. Dringender Tatverdacht ist zwar stärker als hinreichender Tatverdacht (vgI. § 170 I StPO). in der Praxis muss ein entsprechendes Urteil aber meist auf einer schmaleren Basis der Ermittlungsergebnisse getroffen wer den. Deshalb kann nicht auf eine Verurteilungswahrscheinlichkeit abgestellt werden. da auch in einem sehr frühen Stadium des Verfahrens die Anordnung von U-Haft möglich sein muss. § 170 I StPO (Wahrscheinlichkeit späterer Ver urteilung) kann also zu Beginn des Verfahrens gegebenenfalls noch zu verneinen sein während ein dringender Tatverdacht i.S.v. § 1 12 StPO bereits bejaht wer den muss . ,
zusatzfrage
7:
Eine Familientragödie
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11. Haftgrund 1. Flucht, Fluchtgefahr (§ 1 1 2 11 Nr. 1, 2 StPO) a) Flucht Wohnungsaufgabe oder ins Ausland abgesetzt, so dass der Flüchtige für die Ennittlungsbehörden und Gerichte unerreichbar und ihrem Zugriff we gen der zu erwartenden Strafvollstreckung entzogen ist. Verborgen Untertauchen, etwa unangemeldet oder unter falschem Namen an einem unbekannten Ort leben, um sich dem Verfahren zu entziehen. b) Fluchtgefahr ist gesetzlich definiert (§ 1 12 11 Nr. 2 StPO), wobei die sie be gründenden Tatsachen nur mit einer Wahrscheinlichkeit vorliegen müssen, die einem dringenden Tatverdacht entspricht. Es müssen aber Tatsachen und nicht bloße Vennutungen bestehen. Beispielskriterien: Hohe Straferwartung und durch die Tat hoher Schaden verur sacht, keine familiären Bindungen, arbeitslos mit schlechten finanziellen Ver hältnissen und gute Kontakte ins Ausland. In der Praxis wird eine Fluchtgefahr entgegen den gesetzlichen Vorgaben häufig allein aus der zu erwartenden hohen Freiheitsstrafe abgeleitet. Bei Straftaten mit geringer Straferwartung sind die zusätzlichen Anforderungen des § 1 13 11 StPO zu beachten. 2. Verdunkelungsgefahr (§ 1 1 2 II Nr. 3 StPO) Wenn aufgrund bestimmter Tatsachen das Verhalten des Beschuldigten den Ver dacht nahelegt, dass der Beschuldigte in prozessordnungswidriger, unlauterer Weise auf sachliche oder persönliche Beweismittel einwirkt und dadurch die Er mittlung der Wahrheit gefahrdet (z. B. Zeugen bedroht oder Akten vernichtet). Die Verdunkelungshandlungen müssen objektiv geeignet sein, die Ermittlung der Wahrheit zu erschweren, wobei § 112 11 Nr. 3 StPO einen abschließenden Kata log relevanter Verdunkelungshandlungen enthält. 3. Kapitaldelikte (§ 1 12 III StPO) Nach dem Wortlaut ist scheinbar kein Haftgrund erforderlich, es wäre aber un verhältnismäßig, wenn allein wegen der Schwere der Tat V-Haft angeordnet würde (Unschuldsvennutung). Es muss wenigstens eine geringe Gefahr der Flucht oder Verdunkelung bestehen, auch wenn keine konkreten Tatsachen hier für erforderlich sind. Sehr problematisch ist, dass bei diesem Haftgrund tatsäch lich auch auf die Erregung der Bevölkerung Rücksicht genommen wird (»Mörder laufen frei herum"). 4. Wiederholungsgefahr (§ 1 1 2 a StPO) Hierbei handelt es sich eigentlich um einen systern&emden Haftgrund, da prä ventiv-polizeiliche Erwägungen den Ausschlag geben. Zweck ist der Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten besonders gefahrlicher Täter. Unterscheidung: Bei den Anlasstaten nach Nr. 1 genügt schon eine einmalige Verfehlung, bei den Anlass taten nach Nr. 2 bedarf es der wiederholten und fort gesetzten Begehung (mindestens zweimal durch rechtlich selbstständige Hand lungen). =
=
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4. Teil : Die strafprozessuale Zusatzfrage
B. Formelles Verfahren: I. Einleitung im Ermittlungsverfahren auf Antrag der StA, nach Anklageerhe bung nach Anhörung der StA. Zuständig für den Erlass ist der Richter (Richtervorbehalt [Art. 1 04 11 1 GG» . Vor Erhebung der öffentlichen Klage: Richter beim AG, in dessen Bezirk der Ge richtsstand begründet ist oder der Beschuldigte sich aufhält (§ 125 I StPO) Danach: Gericht der Hauptsache § 125 11 StPO
Voll�ung Sache der StA (§ 36 II StPO) 11. Form: Schriftlicher Haftbefehl mit dem Wortlaut des § 1 14 I, Inhalt 11, III StPO
III. Ablauf: 1 . Dem Beschuldigten ist der Haftbefehl zu eröffnen (§ 1 14 a StPO) und ein An gehöriger oder eine Vertrauensperson ist zu benachrichtigen (§ 1 14b StPO).
2. Der Beschuldigte ist dem Richter unverzüglich vorzuführen und zu verneh men (§§ 1 15, 126 I 1 StPO). Spätestens am nächsten Tag muss der Haftrichter (§ 1 15 11 StPO) belehren und vernehmen (§ 1 1 5 11, III StPO; § 136 StPO ist bei der ersten Vernehmung zu beachten) . IV. Entscheidungsmöglichkeiten: Zu entscheiden ist, ob der Haftbefehl aufrecht zu erhalten ist (dann Belehrung § 1 1 5 IV StPO), außer Vollzug gesetzt (§ 1 1 6 StPO) oder aufgehoben (§ 120 StPO) wird.
Weitere Obersichtsliteratur: Huber JuS 2009, 994 ff.: Micha/elc NJW 2010, 17ff.: Parisrger NStZ 1986, 2 1 1 ff.: PaeffKen NStZ 2002, 79: den. NStZ 2004, 77 ff.
Frage 1 a) Problematisch ist zunächst, ob der Haftbefehl wegen fehlenden Geständnisses und hoher Straferwartung auf den Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 112 11 Nr. 2 StPO) ge stützt werden kann . Fluchtgefahr besteht grundsätzlich, wenn Umstände des Falles es wahrscheinlicher erscheinen lassen, dass sich der Beschuldigte dem Verfahren ent zieht, als dass er sich dafür bereithält Auf ein fehlendes Ge.iändnis kann die Annahme von Fluchtgefahr und damit der Haftbefehl nicht gestützt werden. Dieser Umstand ist nicht geeignet, Verdunkelungsgefahr zu begründen, da der Beschuldigte nicht ver pflichtet ist, sich zur Sache einzulassen (nemo tenetur-Grundsatz). In der Praxis wird allerdings gerade dieser Haftgrund häufig missbraucht, da andererseits ein Geständnis in der Regel dazu führt, dass Verdunkelungsgefahr verneint wird. Ein Geständnis ist aber insofern problematisch, als es widerrufen werden kann und dessen Beweiswert gerade unter dem Druck der U-Haft zweifelhaft ist. Die Höhe der Straferwartung kann ebenso wenig alleine entscheidend sein, sondern erst in Verbindung mit weiteren Umständen die Fluchtgefahr begründen. Nach der Rechu1'rechung ist sie zwar nur ein Indiz für bestehende Anreize zur Flucht, je höher aber die Straferwartung ist, umso weniger Gewicht soll auf weitere Umstände zu legen
Zusatzfrage 7: Eine FamIlIentragödie
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sein. S o nehmen einige Gerichte wohl im Einklang mit der h . M . an, dass bei sehr ho her Straferwartung nur in AusnahmefäUen auf zusätzliche Umstände eingegangen werden muss. Dadurch wird aber de facto eine Fluchtvermutung aufgestellt, mittels derer die Beweislast umgekehrt und damit die Unschuldsvermutung verletzt wird. Ein entsprechender Erfahrungssatz kann jedenfaUs nicht für alle Fäll e gleichermaßen pos tuliert werden und gerade im vorliegenden Fall (mittleres Einkommen, fester Wohn sitz, Familie, Alter etc.) erscheint die Annahme von Fluchtgefahr trotz des hohen Al ters zweifelhaft. b) Der Vorwurf der SteuerhinterLiehung könnte Verdunkelungsgefahr nahelegen, da diese Straftat gerade im betrieblichen Bereich per se auf Irreführung und Verschlei erung (z. B. in der Bilanz) angelegt ist. Verdunkelungsgefahr liegt vor, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen das Verhalten des Beschuldigten den Verdacht nahelegt, dass der Beschuldigte in prozessordnungswidriger, unlauterer Weise auf sachliche oder persönliche Beweismittel einwirkt und dadurch die Ermittlung der Wahrheit geflihr dei- Die Tatsachen müssen nicht feststehen, es genügt dieselbe Wahrscheinlichkeit wie beim Tatverdacht und den anderen Haftgründen (d. h. eine hohe Wahrscheinlichkeit und damit dringender Tatverdacht). Sehr umstr. ist allerdings, ob allein aus der ver folgten Tat, wenn diese ihrer Natur nach auf Irreführung und Verschleierung angelegt ist (z. B. Betrug, Bestechung, gewerbsmäßige Hehlerei, Urkundenllilschung, organi sierte Kriminalität) auf Verdunkelungsgefahr geschlossen werden darf. Dagegen spricht aber die strikte Trennung von Haftgrund und dringendem Tatverdacht, die aufgegeben würde, wenn der Haftgrund aus dem Tatverdacht geschlossen wird. Es würde damit ein gesetzeswidriger Haftgrund der Tatbegehung geschaffen. c) Wenn der anordnende Richter ausführt, hier bedürfe es ohnehin keines Haft grundes, so nimmt er auf § 112 III StPO Be"LUg (es steht nach der Rechtsprechung der Vorwurf des Mordes im Raum). Für bestimmte Taten lässt § 112 III StPO dem Wort laut nach Anordnung der U-Haft auch zu, wenn kein Haftgrund vorliegt. Die Vor schrift verstößt damit offensichtlich gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, der es verbietet, gegen einen Tatverdächtigen, bei dem weder Flucht- noch Verdunkelungs oder Wiederholungsgefahr vorliegt, einen Haftbefehl zu erlassen. Deshalb ist eine ver fassungskonforme Auslegung von Abs. 3 geboten. Dieser dient eher als DBeweiser leichterung" für die ansonsten erforderlichen Haftgründe, so dass diese also nicht zwingend mit bestimmten Tatsachen belegt sein müssen und nicht so strengen Anfor derungen unterliegen. Da im Fall aber keine Anhaltspunkte für Flucht- oder Verdun kelungs- oder Wiederholungsgefahr bestehen, wäre die allein auf § 1 12 III StPO ge stützte U-Haft unverhältnismäßig.
Frage 2 D hat zunächst auf Antrag (§ 1 17 StPO), der jederuit erhoben werden kann , die Mög lichkeit der Haftprüfung. Der Antrag führt zur richterlichen Prüfung, ob der Haftbe helf auttuheben oder der Vollzug auszusetzen ist. Ein Anspruch auf mündliche Ver handlung besteht nur nach Ablauf von zwei Monaten nach der letzten mündlichen Verhandlung und wenn die U-Haft drei Monate gedauert hat (§ 1 18 III StPO). Von
4. Tell : Die strafprozess u ale Zusatzfrage
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Amts wegen erfolgt die Haftprüfung nach drei Monaten (§ 1 1 7 V StPO) und nach sechs Monaten durch das OLG (§ 1 2 1 StPO). Das Rechtsmittel der Haftbeschwerde i s t subsidiär (§ 1 1 7 11 1 StPO) un d wird nicht neben einer Haftprüfung durchgeführt. Eine Haftbeschwerde kann nur einmal gegen einen Haftbefehl eingelegt werden. Wie bei jeder Beschwerde gegen richterliche Ent scheidungen kann der Richter abhelfen oder dem Beschwerdegericht vorlegen (§ 306 StPO). Beschwerdegericht ist die Strafkammer, gegen deren Entscheidung die weitere Beschwerde an das OLG zulässig ist (§ 3 1 0 StPO). Bei einem Antrag auf Haftverscho nung besteht eine Zuständigkeit nach § 1 26 StPO.
zusatzfrage 8: Tan kstellenfall Bei der Auswertung der Videoaufzeichnung über den Tankvorgang ist das Kennzei chen des Kraftfahrze ugs des Anton (A) erkennbar. Der hiervon in Kenntnis gesetzte Polizeibearnte Paul (P) begibt sich deshalb zur Wohnadresse des sogleich ermittelten Halters des Fahrleugs. Die Türe wird von Veronika (V), der Freundin von A, geöffnet. A hatte ihr zuvor von dem Geschehen an der Tankstelle erzählt, so dass V beim An blick des Polizisten erschrickt und spontan ausruft: nWusste ich doch, dass das nicht gut gehen kann ! Jede Tankstelle hat heute eine überwachungskarnera". Als P interes siert nachfragt, macht V keine weiteren Angaben. A erklärt hingegen, er habe an der Kasse völlig vergessen, dass er noch die Bezahlung des Tankvorgangs schuldet. Als die Staatsanwaltschaft sich später um eine Vernehmung der V bemüht, erklärt diese, sie habe sich zwischenzeitlich mit A verlobt und verweigere die Aussage. Kann die Äuße
rung der V gegenüber P, die vor ihrer Verlobung mit A erfolgte, im Strafverfahren ge
gen A verwertet werden, wenn A gegen einen aufgrund seiner Tat ergangenen Strafbe fehl form- und fristgerecht Einspruch eingelegt hat und es sich tatsächlich um ein ernsthaftes Verlöbnis handelt?
Lösung: Nach dem form- und fristgerecht eingelegten Einspruch (vgl. §§ 410, 4 1 1 I 1 StPO) findet eine normale Hauptverhandlung statt (§ 4 1 1 I 2 StPO). Der Strafrichter wird sich deshalb überlegen, ob er die Angaben der V gegenüber P in die Hauptverhand lung einführen und im Urteil verwerten kann. Gemäß § 244 11 StPO hat das Gericht zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme auf alle Tatsachen zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind. Diese Ptlicht besteht jedoch nicht, wenn die Beweiserhebung unzulässig ist. Hier könnte dies möglicherweise deshalb der Fall sein, weil zwischen A und V ein Verlöbnis besteht (vgl. § 244 III 1 StPO). Eine Verlob te darf nach § 52 I Nr.
3 StPO das Zeugnis verweigern. Macht Sie davon Gebrauch,
dann darf eine frühere Aussage nicht verwertet werden. Beispielsweise darf ihre Aussa ge nicht verlesen werden (vgl. § 252 StPO) und auch nicht über die Vernehmung der nicht richterlichen Vernehmungspersonen in die Hauptverhandlung eingeführt wer den. § 252 StPO wird umfassend ausgelegt, da ein bloßes Verlesungsverbot neben
zusatzfrage
9:
Elsen und Draht
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§ 250 S. 2 StPO überflüssig wäre. Eine Ausnahme besteht insoweit nur für die richter liche Vernehmung des Zeugnisverweigerungsberechtigten. Nach § 52 III StPO sind die zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigten Perso nen vor jeder Vernehmung über ihr Zeugnisverweigerungsrecht zu belehren. Wird die Belehrungspflicht verletzt (gilt über §§ 1 6 l a I 2, 163 III 1 StPO auch für Vernehmun gen durch Polizei und StA), so muss wegen des Schutzzwecks des § 52 StPO (»scho nende Rücksicht auf die Familienbande") die Aussage unverwertbar sein. Dass das Verlöbnis erst zwischenzeitlich erfolgte, spielt angesichts des aufge"Leigten Schutz zwecks für die Reichweite des Zeugnisverweigerungsrechts keine Rolle. Natürlich gilt auch hier die Einschränkung, dass das Fehlen der Belehrung ursächlich für die Aussa ge des Zeugen gewesen sein musste. Hätte V ihr Zeugnisverweigerungsrecht gekannt und auch bei Belehrung ausgesagt, dann beruht die Aussage nicht auf dem Verstoß gegen § 52 III StPo. Problematisch ist aUerdings, ob V überhaupt vor der Hauptver handlung vernommen worden ist, da sie ungefragt Angaben über P gemacht hat, sich das Zeugnisverweigerungsrecht ebenso wie die dazugehörige Belehrungspflicht aber im Grundsatz nur auf Vernehmungen erstreckt. So genannte Spontanäußerungen, die ein Zeuge vor oder außerhalb einer Vernehmung (etwa bei der Bitte nach behördli chem Einschreiten) spontan und aus freien Stücken getätigt hat, sind dem Schutzbe reich des § 252 StPO entzogen. Eine Ausnahme wird insoweit nur für die FäUe ange nommen, in denen eine von den Strafverfolgungsbehörden geschaffene Verneh mungssituation vorliegt. Dann unterfaUen auch ungefragt-spontane und aus freien Stücken gemachte Äußerungen dem Schutzbereich des § 252 StPO (sog. informatori sche Befragungen). Das Schutzbedürfnis des Zeugen soll in diesen nicht förmlichen Vernehmungen sogar noch größer sein als bei förmlicher Vernehmung. " Die Aussage der V ist damit trotz nicht bestehender Zwangslage vom Schutzzweck des § 252 StPO erfasst.
zusatzfrage 9: Eisen und Draht Während der Hauptverhandlung stellt sich heraus, dass Eisen (E) die Draht durch Be trug zur Eingehung eines Abonnements veranlassen wollte. a) Unter welcher Voraussetzung kann der versuchte Betrug mit abgeurteilt werden? b) Ändert sich die Beurteilung, wenn sich herausstellt, dass E auch in zwei weiteren FäUen durch Betrug den Abschluss eines Abonnements herbeigeführt hat?
Lösung: a) Das Gericht kann nur über die Tat urteilen, die auch angeklagt ist. Nach dem An klagegrundsatz bzw. Akkusationsprinzip (vgl. auch §§ 1 5 1 , 1 55, 264 I StPO) 20 ist Ge19 Tatsächlich ist diese Rechtsprechung unsystematisch und widersprüchlich, vor allem weil für den Beschuldigten mit genau gegenläufiger Begründung bei informatorischen Befragungen ein Schutzbedürfnis verneint wird; vgl. auch Zusatzfrage FalI l3. 2 0 Vgl. hierzu Huber juS 2008, 779ff.; Munnann jus-Beilage 2007, 2 ff.; MunnannlGrassmann JuS-Beilage 200 1 , 3ff.
422
4. Tell: Die strafprozessuale Zusatzfrage
genstand der Urteilsfindung die in der Anklage be'Leichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt. Es müsste sich damit bei der Körperverletzungs handlung und der Betrugshandlung um ein und dieselbe prozessuale Tat handeln. Die Tat im prozessualen Sinne2 1 ist von der Tat im materiell-rechtlichen Sinne zu unter scheiden. Der prozessuale Tatbegriff kennzeichnet den in der Anklageschrift (§ 200 StPO) umrissenen einheitlichen geschichtlichen Lebensvorgang, innerhalb dessen der Beschuldigte einen oder mehrere Straftatbestände verwirklicht haben soll. Damit wird bei Tateinheit meist von einer prozessualen Tat auszugehen sein. Hier führt zwar nicht dieselbe Handlung zu Betrug (§ 263) und zur Körperverletzung (§ 223), so dass mate riell-rechtlich wahrscheinlich von Tatmehrheit (§ 53) auszugehen ist. Indem aber Tat ort, Tatzeit (nicht aber die Angriffsrichtung) vergleichbar sind und eine Trennung als »unnatürliche Aufspaltung eines einheitlichen Lebensvorgangs empfunden wÜfde"22 liegt eine prozessuale Tat vor. Eine Verurteilung auch wegen versuchten Betrugs ist grundsätzlich auch ohne erneute Anklage möglich. Da in der Anklage aber allein die Körperverletzung mit Todesfolge angeführt ist, nun aber auch wegen Betruges verurteilt werden kann , muss auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes (§ 265 I StPO) hingewiesen werden. E ist vor Verurtei lung wegen versuchten Betrugs auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes hinzuweisen, um ihm so eine sachgerechte Verteidigung zu ermöglichen. b) Die zwei vorangegangenen Betrugstaten stehen in materiell-rechtlicher Tat mehrheit (§ 53). Dies ist zwar lediglich ein Indiz für das Vorliegen verschiedener pro zessualer Taten, da aber auch Tatort, Tatzeit und Tatobjekt unterschiedlich sind und eine Verknüpfung über eine rechtliche Bewertungseinheit nicht erkennbar ist, liegen mehrere prozessuale Taten vor. Eine andere Beurteilung könnte allenfalls dann in Frage kommen, wenn bei gewerbs- oder gewohnheitsmäßig begangenen Straftaten eine Bewertungseinheit angenommen wird. Da der Betrug selbst an die Täuschung anknüpft, sind die verschiedenen Betrugstaten aber sachlich-rechtlich und verfah rensrechtlich selbständige Taten.2' Der in der Anklage beschriebene Lebenssachver halt umfasst damit nicht die vorangegangenen Betrugsflille . Es besteht deshalb ledig lich die Möglichkeit der Nachtragsklage (§ 266 StPO). Diese kann mündlich in der Hauptverhandlung durch die StA erhoben werden (§ 266 11 1 StPO), wobei das Ge richt zuständig sein und die Nachtragsklage durch Beschluss in das Verfahren einbe zogen werden muss (§ 266 I StPO). Zudem muss der Angeklagte zustimmen und ihm muss Gelegenheit zur Verteidigung gegeben werden (§ 266 I, 11 StPO). Damit ist nur bei Vorliegen der Voraussetzungen einer Nachtragsklage auch eine Verurteilung we gen der zwei vorangegangenen Betrugsfalle möglich.
21
Nähere Ausführung zum prozessualen Tatbegriff vgl. Ranft JuS 2003, 4 1 7 ff. Zum prozessualen Tatbegriff vgL Fahl JuS 1 999, 903; Geppert Jura 1 980, 204; Pfeil)"er JA 1 987, 105; Tiedemann{Walter Jura 2002, 708. 23 Vgl. Engelhardt, in: KK-StPO, § 264 StPO Rdn. 2 1 3; anders der BGH für einen Pali des Sub ventionsbetrugs bei sukzess iver Tatausführung zur Erreichung eines einheitlichen Erfolgs, vgl. BGH NStZ 2007, 578; ergänzend BGHSt 48, 331 (343 ); 49, 177. 22
Zusatzfrage 10: Das Jagdschloss
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zusatzfrage 1 0: Das Jagdschloss In der Dorfkneipe erzählt Pech (P) am Abend seiner Freundin Vogel von dem schrecklichen Geschehen im Waldschloss. Am Nebentisch sitzt der befreundete Staats anwalt S. der gerade mit Dritten eine Runde Schafkopf spielt. S belauscht zufallig das Gespräch. leitet aber kein Ermittlungsverfahren ein, um seinem Freund P ein Strafver fahren zu ersparen. a) Hätte S dienstlich tätig werden müssen? b) S belauscht das Gespräch und leitet tatsächlich ein Ermittlungsverfahren ein. In der Hauptverhandlung möchte P den S als befangen ablehnen. da dieser immer hinter seiner Freundin Vogel Dhergewesen" ist. Kann P einen Befangenheitsantrag stellen? c) In der Hauptverhandlung wird Staatsanwalt S als Zeuge über das Gespräch ver nommen. Auf was hat der Richter zu achten?
Lösung: a) Die Staatsanwaltschaft ( und die Polizei) muss bei jeder amtlichen Kenntniserlan gung tätig werden, wenn ein Anfangsverdacht besteht (vgl. §§ 1 60. 1 63 StPO. § 183 GVG). Bei privater Kenntniserlangung wie hier lehnt eine Auffassung eine Geltung des Legalitätsprinzips ab. da dies zum Schutz der Privatsphäre des Staatsanwalts erforder lich seP4 Nach wohl h. M. besteht hingegen bei privater Kenntniserlangung (mit der Folge der Möglichkeit einer Strafbarkeit wegen Strafvereitelung §§ 258 80 1 3 ) nur dann eine Ermittlungspflicht. wenn durch Art und Umfang der Straftat Belange der Öffent lichkeit und der Volksgesamtheit in besonderem Maße berührt werden.25 Abzustellen soll dabei nicht nur auf die Schwere der Tat sein. sondern auch auf den Bezug zur Pri vatsphäre des Staatsanwalts und die Gefahren. die bei Nichteinschreiten für die Allge meinheit bestehen. Der vorliegende Fall zeigt. dass diese Ansicht letztlich zu wenig be stimmten Ergebnissen führt. Es dürfte deshalb der Rechtssicherheit dienen. wenn eine pflicht nur bei Verbrechen bzw. den Katalogtaten des § 138 bejaht wird, wie dies eine Mindermeinung annimmt. Damit müsste S hier zumindest wegen der räuberischen Erpressung Ermittlungen aufnehmen. b) Ob ein Staatsanwalt als befangen abgelehnt werden kann. ist äußerst umstrit ten. 26 Teilweise wird eine analoge Anwendung von § 24 StPO befürwortet. Ein Be dürfnis hierfür dürfte hinsichtlich bestimmter Entscheidungen im Ermittlungsverfah ren (im Gegensatz zur Hauptverhandlung) kaum in Abrede gestellt werden können. etwa bei der Einstellung des Verfahrens oder bei bestimmten Zwangsmitteln. Die Maßstäbe für die Beurteilung der Befangenheit können allerdings auch nach dieser Auffass ung bei Richtern und Staatsanwälten nicht gleich sein. Ebenso stellt sich das Problem. wer in entsprechender Anwendung von § 27 StPO über den Befangenheits antrag entscheiden soll (Konflikt mit § 1 45 GVG). 24 25 26
Näheres zu dieser Problematik WIJIf/ JuS 200 1 . 478 ff.
VgI. auch BVerfG JZ 2004. 303. VgI. Joos NJW 1 98 1 . 100ff.; Hilgettdorf StV 1 996. SO ff.; zu § 23 EGGVG abL BGH NJW
1 980. 845; zur Revision vgl. BGH NStZ 1991. 595.
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4. Tell: Die strafprozessuale Zusatzfrage
In Fällen, in denen ein Richter kraft Gesetzes von der weiteren Mitwirkung ausge
schlossen ist, ninunt eine einschränkende Ansicht eine entsprechende Anwendung der
§§ 22, 23 StPO an. Sie bejaht mit der Folge von § 337 bzw. § 338 Nr. 2, 5 einen Aus schluss des Staatsanwalts, wegen dessen Pflicht zur Objektivität. Nach der über.leugenden h. M. kann ein befangener Staatsanwalt hingegen nur über § 145 GVG abgelöst werden. Die Verfahrensbeteiligten können dies lediglich an regen, haben jedoch kein Recht auf Ersetzung. Unterbleibt die Ablösung, so steUt dies weder einen Verfahrensfehler nach §§ 337, 338 StPO dar, noch besteht eine Anfech tungsmöglichkeit nach §§ 23 ff. EGGVG. Eine Befangenheitsregelung widerspricht der gesetzlichen Konzeption und kann damit nur durch den Gesetzgeber eingeführt wer den.
c) Tritt ein Staatsanwalt in demselben Verfahren als Zeuge und als Vertreter der Anklage auf, so kann die bloße Benennung als Zeuge oder eine sachbe".lOgene Frage des Verteidigers noch nicht zum Ausschluss des Staatsanwalts führen, da sonst eine Ver fahrenstorpedierung durch die Verteidigung möglich ist. Der BGH hält darüber hin aus eine weitere Mitwirkung des Staatsanwalts für zulässig, wenn durch Hinzuziehung eines weiteren Staatsanwalts dafür Sorge getragen ist, dass er nicht seine eigene Aussa ge würdigen muss und wenn er nur über Vorgänge aussagen muss, die sich aus seiner dienstlichen Befass ung mit der Sache ergeben. Ansonsten kann durchaus ein Verfah rensverstoß nach § 337 StPO vorliegen, der bei Beruhen des Urteils auf diesem zur Aufhebung des Urteils führt. Hier wird demnach ein Ausschluss des S aus dem Ver fahren angenommen werden müssen.
zusatzfrage 1 1 : Rauschtatfall Anton (A) hat nur wenige Tage nach den Vorfa.I.len wieder einmal zu viel getrunken, ohne aUerdings schuldunflihig gewesen zu sein. Er hat bei seiner Rückkehr seine Frau Erika (E) so verprugelt, dass diese mehrere Knochenbruche erlitt. Ein Nachbar, der Schreie in der Nachbarwohnung vernommen hatte, benachrichtigte die Polizei und der zuständige Staatsanwalt besteUte einen Sachverständigen (S), um die Verletzungen der E und mögliche Spätfolgen für eine eventueUe Hauptverhandlung zu klären. Bei der Untersuchung durch S er.läh.lt E, dass A sie bereits sehr oft geschlagen hat und auch diesmal für die Verletzungen verantwortlich sei. In der Hauptverhandlung macht E nach erstmaliger Belehrung von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch. a) Können die Angaben der E vor S im Urteil verwertet werden? b) Für A wird wegen seiner Alkoholsucht mit seiner EinwiUigung eine psychologi sche Untersuchung durch einen Sachverständigen angeordnet. Dem Sachverständigen (S) er.lählt A, ohne zuvor durch diesen über sein Aussageverweigerungsrecht belehrt worden zu sein, von bisher unentdeckt gebliebenen Körperverletzungshandlungen ge genüber E. Ansonsten hat A auch in der Hauptverhandlung jede Aussage verweigert.
Kann eine Aussage des S über die Taten des A im Urteil verwertet werden, wenn A der Verwertung im Anschluss an die Vernehmung des S widerspricht? c) Könnte A eine Anwesenheit seines Verteidigers bei der Exploration er.lwingen, wenn S dem widerspricht, weil er so keine vernünftige Untersuchung durchführen kann ?
Zusatzfrage 1 1 : Rauschtatfall
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Lösung: a) Macht ein Zeuge nach der Untersuchung, wie hier E, von einem Zeugnisverweige rungsrecht Gebrauch, dann darf auch eine vor dem Sachverständigen erfolgte Aussage nicht verwertet werdenP Dies folgt aus § 252 StPO der es in einem umfassenden Sinn untersagt, die Aussage eines Zeugen, der erst in der Hauptverhandlung von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch macht, in die Hauptverhandlung einzuführen. 28 Eine Ausnahme wird hiervon lediglich für die Verwertung richterlicher Vernehmun gen gemacht. Dies gilt aber gerade nicht für "Vernehmungen" durch einen Sachver ständigen über Zusatztatsachen, die dieser vom Zeugen selbst nach dessen richterli cher Belehrung erfahren hat. Die Rechtsprechung sieht dies aber anders hinsichtlich der Befundtatsachen, die nach Auffas sung des BGH in jedem Fall verwertbar sein sol len29• Damit kommt es darauf an, ob es sich bei den Angaben der E um Befund- oder Zusatztatsachen handelt. Da die Tatsachen, die E dem S mitteilte, genauso gut durch das Gericht hätten fest gestellt werden können, handelt es sich nicht um Befundtatsachen, sondern um so ge nannte Zusatztatsachen. Die Zusatztatsachen sind nicht Bestandteil des Sachverständi gengutachtens sondern werden im Wege des Zeugenbeweises in das Strafverfahren eingeführt, d. h. der Sachverständige wird über diese Tatsachen vernommen. Bei den Zusatztatsachen ist der Schutzzweck der Rücksichtnahme auf die familiäre Situation aber ebenso betroffen wie bei vorangegangener Vernehmung durch die Polizei und Staatsanwaltschaft. Die Aussage der E vor dem Sachverständigen ist deshalb unver wertbar. Zusatz: Bei fehlender Zeugnisverweigerung dürfen die von E geäußerten Tatsa chen über eine Vernehmung des Sachverständigen als Zeuge vom Hörensagen in die Hauptverhandlung eingeführt werden. Sie müssen eingeführt werden und dürfen nicht einfach dem Sachverständigengutachten entnommen werden, da sie nur unter den Verfahrenssicherungen der Hauptverhandlung gewonnen werden dürfen (Fragerecht, Beweiswürdigung etc.). Das Gericht muss sich dennoch zu nächst um eine Vernehmung der Zeugin E bemühen und darf lediglich, wenn E nicht das Zeugnis verweigert, ergänzend den S als Zeuge vom Hörensagen ver nehmen (z.B. wenn E in der Hauptverhandlung erklärt, A habe keine Gewalt an gewendet, darf S als Zeuge vernommen werden, um die Glaubwürdigkeit der Aussage der E zu überprüfen). b) S ist als Sachverständiger nicht zu einer Vernehmung des Beschuldigten befugt, da dies den Strafverfolgungsbehörden vorbehalten ist. Selbst wenn er den psychischen Zustand des Beschuldigten zu beurteilen hat und deshalb Gespräche mit dem Be schuldigten führt, sind diese sog. Explorationen keine Vernehmungen. Str. ist aber, ob der Sachverständige (als Gehilfe des Gerichts) dennoch den Beschuldigten analog 27 21 29
Vgl. auch BGHSt 46, 1 89 (193). Weiterführende literatur: Volk JuS 2001, 1 30 ff.; Mosbacher JuS 2008, 688 ff. Vgl. BGHSt 36, 2 1 7 (219).
4. Tell: Die strafprozessuale Zusatzfrage
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§ 1 36 StPO über seine Aussagefreiheit belehren muss. Die h.A. lehnt dies zu Recht ab, weil die Belehrungsptlicht durch den Sachverständigen nicht erfüllt werden kann (an ders bei zeugnisverweigerungsberechtigten Zeugen, vgL § 81 c ID 2 HS 2 i. V. m. § 52 ID StPO, wobei auch bei diesen nicht der Sachverständige, sondern derjenige belehrt, der die Untersuchung angeordnet hat).'· Im vorliegenden Fall kann S demnach als Zeuge vom Hörensagen vernommen werden. Auch für S gilt das Verbot der Verwen dung verbotener Vernehmungsmethoden nach § 1 36 a StPo. Die hierfür erforderliche Schwelle bei Täuschungen ist jedoch nicht allein deshalb erreicht, weil A sich vielleicht aufgrund des zu dem Sachverständigen im Gespräch gefassten Vertrauens getäuscht fühlt." Zusatz: Vorzugswilrdig erscheint m. E. die Ansicht, dass Zusatztatsachen bei Befragung durch einen Sachverständigen einem selbständigen Beweisverwer tungsverbot unterliegen, vgI.
Bosch, JA 2008, 662 (664).
c) Die fachliche Durchführung der Untersuchung ist allein Sache des Sachverständi gen; er hat hinsichtlich der Informationsbeschaffung und der Methodenwahl weitge hend freie Hand und das Gericht darf ibm keine Weisungen erteilen, auf welchem Weg er das Gutachten zu erarbeiten hat. Wenn der Sachverständige eine Verfalschung des Ergebnisses der Exploration bei Anwesenheit dritter Personen (hier des Verteidi gers) befürchtet, bewegt er sich im Bereich seiner Fachkompetenz. Es gibt keinen wis senschaftlichen Standard, der die Anwesenheit Dritter bei Schuldfahigkeits- und Prognosegutachten vorsieht. Ebenso wenig führt nach dem BGH das Recht des Be schuldigten, sich in jeder Lage des Verfahrens anwaltlicher Hilfe zu bedienen, zu ei nem Anwesenheitsrecht des Verteidigers bei der Exploration durch einen Sachver ständigen, der mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt ist. Die Strafprozessord nung sieht ein Anwesenheitsrecht nicht vor. Auch wenn die Exploration unter Umständen in Abhängigkeit von dem Gutachtenauftrag vemehmungsähnliche Ele mente haben kann , ist sie mit den Vernehmungen von Polizei, StA und Gericht nicht gleichzusetzen. Wenn der Beschuldigte sich nur in Anwesenheit seines Verteidigers untersuchen lassen will, muss er in den Fäll en, in denen - wie hier - die Untersuchung eine freiwill ige Mitwirkung des Beschuldigten voraussetzt, damit rechnen, dass seine Begutachtung ggf. nur auf einer schmaleren Basis von Befunden erfolgen wird.
zusatzfrage 1 2 : Feuer und Teufel im Hotel Der Polizeibeamte Peter (P) sagte in der Hauptverhandlung als Zeuge aus, was Feuer (F) ibm bei der polizeilichen Vernehmung angegeben hatte. Die Aussage des P gab die Angaben des Angeklagten in Grundzügen richtig wieder, enthielt aber einige Lücken. Der Vorsitzende hielt ibm darauthin den Teil des polizeilichen Protokolls, über den er aussagen sollte, durch Verlesen vor. P ergänzte jetzt seine Aussage und erklärte, dass er 30 31
Vgl. hierzu: Schwaben NStZ 2002 , 288 ff.; Murmann/Gra5Smann JuS-Beilage 200! , 3 ff. Vgl. Weigend Jura 2002, 203 ff.
zusatzfrage 1 2 : Feuer und Teufel im Hotel
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sich nunmehr auch an die zunächst nicht erwähnten Umstände genau erinnere. Der Verteidiger rügte dieses Vorgehen. a) War die Protokollverlesung zulässig? b) Wie ist der Fall zu beurteilen, wenn P sich nicht mehr an das erinnern konnte, was der Angeklagte gesagt hatte und nur erklärte, der Angeklagte habe seine Aussage genauso gemacht, wie er sie im Protokoll festgehalten habe? P blieb auch bei dieser Aussage, nachdem der Vorsitzende das von P aufgenommene Protokoll verlesen hatte. Darf der Inhalt des Protokolls im Wege des Zeugen- oder Urkundenbeweises als Ur teilsgrundlage verwertet werden? c) In dem Verfahren werden auch die Versicherungsunterlagen des F überprüft und der Richter R stellt fest, dass F bereits mehrfach einen Versicherungsbetrug be gangen hat. Die Staatsanwaltschaft erhebt mit Zustimmung des Beschuldigten ord nungsgemäß Nachtragsanklage, R ist sich aber nicht sicher, ob die Taten nicht bereits verjährt sind. Kann R aus der Hauptverhandlung bei der Versicherung anrufen, um diese Frage zu klären. d) Wie ist zu entscheiden, wenn sich die Frage der Verjährung nicht zweifelsfrei feststellen lässt?
Lösung: a) Die Verlesung ist nicht nach § 253 StPO gestattet, da diese Vorschrift nicht den Vorhalt an Verhörspersonen regelt." Auch soweit die StPO aber eine Verlesung nicht gestattet, ist es nach h. A. zulässig, im Rahmen der Vernehmung von Zeugen, Ange klagten und Sachverständigen diesen aus früheren Vernehmungsprotokollen zum Zwecke des Vorhalts auszugsweise vOr'Luiesen. Hierbei handle es sich nicht um einen Urkundsbeweis, sondern um einen Vernehmungsbehelf, der nicht von den §§ 25 1 ff. StPO erfasst seL 33 Der Unmittelbarkeitsgrundsatz soll dadurch nicht verletzt sein, da Urteilsgrundlage nicht das vorgelesene Vernehmungsprotokoll werde, sondern allein die Reaktion des Befragten auf den Vorhalt. Diese Auffassung ist nicht unproblema tisch, da es nicht nur für den Richter, sondern vor allem für Schöffen schwierig sein dürfte, den vorgelesenen Inhalt von dessen Bestätigung durch den Zeugen zu unter scheiden. b) Erklärt der Zeuge wie hier trotz Vorhalts aus dem Protokoll, dass er sich nicht mehr an die Aussage des Angeklagten erinnern könne, dann darf der Inhalt des Proto kolls nicht im Urteil verwertet werden". Ansonsten würden u.a. die durch § 254 StPO gezogenen Grenzen zwischen Urkunds- und Zeugenbeweis verschoben. Überdies könnten auch Missverständnisse, die gerade bei den nicht immer hinreichend zuver lässig erstellten polizeilichen Protokollen auftreten, nicht hinreichend beseitigt wer den. Nach § 254 StPO können nur richterliche Protokolle "zum Zwecke der Beweis aufnahme über ein Geständnis" verlesen werden.
32 33 34
Zu einer vergleichbaren Fallgestaltung vgl. BGHSt 3 , 281. Vgl. BGHSt 34, 23 1 ; W�mpner NStZ 1983, 293 ff. Vgl. BGHSt 14, 3 \ 0.
428
4. Tell: Die strafprozessuale Zusatzfrage
c) Bei der Verjährung wird auf eine Strafverfolgung verLichtet, weil die Tat schwie rig aufzuklären und eine Verfolgung der StrafLwecke nur eingeschränkt sinnvoll ist. Die Verjährung wird damit nach heute h.A. nicht mehr als rein materielles Rechtsin stitut, sondern als Verfahrenshindernis angesehen (sowohl prozessuale als auch mate riell-rechtliche Elemente). Eine Klärung durch Telefonanruf wäre nicht möglich, wenn für den Nachweis von Prozessvoraussetzungen das Strengbeweisverfahren und die hierfür maßgebenden Grundsätze (Mündüchkeitsprinzip etc. ) gelten würden. Die Prüfung der Prozessvoraussetzungen ist aber im Freibeweisverfahren möglich und es besteht keine Bindung an die gesetzlich vorgesehenen Beweismittel.
d) Grundsätzlich gilt der in dubio pro reo-Grundsatz nur für Tatsachen, welche die Schuld- und Strafrage betreffen. Dass der Grundsatz in dubio pro reo für die Feststel lung eines Verfahrenshindernisses gilt, könnte deshalb angenommen werden, weil eine Prozessvoraussetzung vorliegt, wenn es sich um einen schwerwiegenden Umstand handelt, von dem die Zulässigkeit des gesamten Verfahrens abhängt. Der BGH hebt aber hervor, dass die Geltung des in dubio pro reo-Grundsatzes für jede einzelne Pro zessvoraussetzung jeweils neu zu prüfen sei. Da aber die Verjährung dem materiellen Recht sehr nahe steht, gilt der in dubio pro reo-Grundsatz für diese Prozessvorausset zung. Vorauszusetzen ist allerdings, dass Zweifel über tatsächliche Umstände beste hen, die für die Verjährungsfrage von Bedeutung sind. 35
zusatzfrage 1 3: Im Bierzelt fliegen die Fäuste Im Ausgangsfall hat T erkannt, dass er U, den er mit V verwechselt hat, mit dem ge worfenen Maßkrug töten kann. Er hat dies jedoch bilügend in Kauf genommen. Im Anschluss an die Prügelei kommt Kriminalkommissar K in das BierLelt und befragt einige der dort verbliebenen etwas mehr als fünfLig Personen, ob sie berichten könn ten, wer an dem Kampfgeschehen beteiligt war und wie es zu dem Todesfall gekom men ist. Auch T ist unter den befragten Personen und während K noch fragt, ob er denn etwas beobachten konnte, platzt es aus T heraus: "Herr Kommissar, ich hab' den Krug geworfen!". T wird daraufhin von K ohne Belehrung über sein Schweigerecht vorläufig festgenommen und mit dem Dienstwagen zur Kriminalpolizei verbracht. Auf der Fahrt dorthin befragt K den T, was er sich denn bei dem Wurf gedacht habe. T erklärt, er habe den Tod des Opfers bilügend in Kauf genommen. In der Kriminalpoli zei angekommen wird T nunmehr über sein Schweigerecht belehrt und soll im An schluss förmlich vernommen werden. T verweigert nun jede Aussage. In der Haupt verhandlung behauptet T, er habe zu keinem Zeitpunkt daran gedacht, dass sein Wurf tödliche Folgen haben könnte. K wird über die Angaben des T im Bienelt und im Dienstfahrzeug vernommen und seine Angaben im Urteil verwertet. T's Verteidiger weist in seinem Schlussplädoyer darauf hin, dass die Angaben unverwertbar sein müs sen.
35
Vgl. zum Ganzen BGHSt 1 8 , 274 (278 f.h 47 , 1 38 ( 1 47).
Zusatzfrage 13: Im Bierzelt fliegen die Fäuste
429
Frage 1 Erfolgte die Verwertung zu Recht?
Frage 2 Wenn T im BierLelt, aber auch sonst im Ermittlungsverfahren stets geschwiegen hätte und erst in der Hauptverhandlung bestritten hätte, vorsätzlich gehandelt zu haben, dürfte dies zu seinen Lasten gewürdigt werden?
Lösung: a) War T bereits bei der Frage im Bierzelt Beschuldigter und seine Befragung damit eine Beschuldigtenvernehmung, dann hätte er zu diesem Zeitpunkt als Beschuldigter nach §§ 136 I 2, 1 63 a IV 2 StPO über seine Rechte belehrt werden müssen. Ob der Verstoß gegen diese Belehrungspflicht zu einem Verwertungsverbot führt, war zwischen dem BGH und dem Schrifttum lange Zeit umstritten.'· Die Rechtspre chung ging früher davon aus, dass § 1 36 I 2 StPO eine bloße Ordnungsvorschrift sei (Argument auch ein Umkehrschluss aus § 1 3 6 a III 2 StPO) . Nach heute gefestigter Rechtsprechung dient die Belehrungspflicht des § 1 3 6 I 2 StPO aber dem Schutz des Beschuldigten und ein Verstoß dagegen ist auch von einigem Gewicht (Abwägungs lehre), so dass ein Beweisverwertungsverbot anzunehmen ist. Dies ergibt sich auch aus einem VergIeich mit dem Verstoß gegen die Belehrungspflicht nach § 243 V 1 StPO in der Hauptverhandlung. Bei diesem Verstoß besteht unstreitig ein Verwertungsver bot." Der Beschuldigte ist aber bei der ersten Vernehmung durch die Polizei, vergli chen mit den Verhältnissen in der Hauptverhandlung, in größerem Maße der Gefahr ausgesetzt, sich unbedacht selbst zu belasten. Während er sich auf sein Aussageverhal ten in der Hauptverhandlung in Ruhe vorbereiten kann , überdies in der Hauptver handlung oft einen Verteidiger zur Seite hat, trifft die erste Vernehmung durch die Polizei den Beschuldigten meist unvorbereitet.
Zur AbgrenzIlD8= Das Gesetz verwendet den Begriff des Beschuldigten häufig als Oberbegriff auch für den Angeschuldisten (Beschuldigter nach Anklageerhe bung, § 157 StPO) und den AngeIdllßlen (Beschuldigter nach Eröffnung des Hauptverfahrens, § 157 StPO). Die objektive Lage allein, die Stärke des Verdachts, macht den Verdächtigen (vgI. auch
§ 60 Nr. 2 StPO) allerdings noch nicht zu einem Beschuldigten. Auch wenn bei den fünfzig anwesenden Personen jeweils eine Beteiligung an der Schlägerei wahrschein lich sein mag, muss K nicht vorsorglich alle Anwesenden belehren. Die Rolle als Beschuldigter wird erst bei subjektivem Entschluss, einem Willensakt der Strafver folgungsbehörden (Inkulpationsakt) , zugewiesen. Beschuldigter ist damit der Tat verdächtige, gegen den ein Verfahren als Beschuldigter betrieben wird. Bei der 36 37
Vgl. auch: Kiehl NJW 1993, 501 ff.; Hecker NJW 1997, 1833ff. Zu dieser Problematik M05bacher JuS 2007, 724 ff.
430
4. Tell : Die strafprozess u ale Zusatzfrage
Entscheidung besteht ein Beurteilungsspielraum, der aber bei Überschreitung ein Verwertungsverbot nach sich ziehen kann (die Rechtsprechung spricht teilweise von Ermessen, tatsächlich liegt aber ein Beurteilungsspielraum vor, da es nicht um die Rechtsfolgenseite, sondern um die Frage der Anwendungsvoraussetzungen geht). überwiegend wird zumindest betont, dass die Begründung der Beschuldigtenstellung auch konkludent erfolgen kann (Rechtsgedanke des § 397 I AO) . Die Parallele zu § 397 I AO ist allerdings nichtssagend, da im Steuerstrafverfahren wegen der abwei chenden Verfahrensstruktur eine formelle Festlegung der Beschuldigtenstellung durch einen äußerlich erkennbaren Akt zwangsläufig erfolgt. Nach einer m. M. soll schließ lich all ein das Vorliegen eines objektiven Tatverdachts entscheidend sein. Dagegen spricht aber § 60 Nr. 2 StPO, nach dem es auch den verdächtigen Zeugen gibt. Im vor liegenden Fall lag aber auch noch kein entsprechender Anfangsverdacht hinsichtlich T objektiv vor. Hier liegt bei Befragung sämtlicher Festzeltbesucher zunächst lediglich eine informatorische Befragung vor, die noch nicht als belehrungspflichtige Beschul digtenvernehmung angesehen wird. Auch eine pauschale Belehrung nach § 55 11 StPO wird in vergleichbaren Konstellationen von der h. M. abgelehnt, auch wenn im kon kreten Fall einige der mehr als 50 anwesenden Personen als Tatverdächtige in Frage kommen. Die Polizei darf insoweit so lange fragen, bis sich der Verdacht in eine be stimmte Richtung konkretisiert hat. Außerhalb von Vernehmungen erfolgen nach der Rechtsprechung zudem auch sog. Spontanäußerungen (ohne Befragung), hinsichtlich derer auch keine Belehrungspflicht besteht. Nach zutreffender Ansicht müssen all er dings auch Angaben in einer informatorischen Befragung einem selbstständigen Be weisverwertungsverbot unterworfen werden.'· Die weit überwiegend vertretene Ge genauffassung verkennt, dass hier gerade nicht auf ein unselbstständiges, von einem Belehrungsverstoß abhängiges Beweisverwertungsverbot39, sondern auf ein unmittel bar aus der Funktion und verfassungsrechtlichen Fundierung des nemo tenetur Grundsatzes abzuleitendes selbständiges Beweisverwertungsverbot abzustellen ist. b) Anders sieht dies auch die h. M. hinsichtlich der gezielten Befragung des T durch K im Dienstwagen, da hier der Verdacht gegen T auch subjektiv bereits konkretisiert war. Die Belehrungspflicht besteht zwar nur im Rahmen einer Beschuldigtenverneh mung und nicht bei einer lediglich informatorischen Befragung, etwa der am Tatort anwesenden Personen; die Beschuldigteneigenschaft L S. d. § 136 StPO ist aber gege ben, wenn gegen den Betroffenen Tatverdacht besteht und Maßnahmen ergriffen wer den, die erkennbar darauf abzielen, gegen ihn wegen einer Straftat vOrLugehen. Eine rechtswidrige Beweisgewinnung durch Verstoß gegen §§ 1 36 I 2, 1 6 3 a IV 2 StPO ist damit gegeben. Die unterbliebene Belehrung über das Recht zu schweigen'· macht die Aussage damit unverwertbar und K darf nicht als Zeuge über die Angaben des T im DienstfahrLeUg vernommen werden.
31 Vgl. dazu ausführlich B05Ch Aspekte des nemo-tenetur-Grundsatzes aus strafprozessualer Sicht, 1998. 39 Siehe auch Meyer-Mews JuS 2004 , 39 0'. • Vgl. MaUer-Chrislmann JuS 2002, 1 1 00 0'.
zusatzfrage 14: Skifahrt mit Folgen
431
c) Nach Auffassung des BGH ist die Aussage auch verwertbar, wenn der Verteidiger des Angeklagten der Verwertung der früheren Aussage in der Hauptverhandlung nicht rechtzeitig (§ 257 StPO) widersprochen hat (sog. Widerspruchslösung). " Der Wider spruch muss also spätestens in der Erklärung enthalten sein, die der Angeklagte oder sein Verteidiger im Anschluss an diejenige Beweiserhebung abgibt, die sich auf den Inhalt der ohne Belehrung gemachten Aussage bezieht. Diese Einschränkung des Ver wertungsverbotes beschneidet nach Auffassung des BGH die Rechte des Angeklagten nicht in unangemessener Weise, sondern entspricht der besonderen Verantwortung des Verteidigers und seiner Fähigkeit, Belehrungsmängel auf.lUdecken und zu erken nen, ob die Berufung auf das Verwertungsverbot einer sinn vollen Verteidigung dient. Lediglich für den Fall, dass der Angeklagte in der Hauptverhandlung keinen Verteidi ger hat, gilt die genannte Einschränkung nur, wenn der Angeklagte vom Vorsitzenden belehrt worden ist, dass er der Verwertung seiner früheren Aussagen widersprechen kann . Der über die Möglichkeit des Widerspruchs belehrte Angeklagte steht insoweit dem verteidigten Angeklagten gleich. Da hier ein Widerspruch erst im Schlussplädoyer erfolgt, wäre die Aussage nach Auffassung des BGH verwertbar. Diese Rechtsprechung ist nicht etwa deshalb abzulehnen, weil sie mit der Stellung des Verteidigers nicht ver einbar wäre (insoweit z.T. widersprüchlich die Vertreter der [eingeschränkten] Or gantheorie), vielmehr verträgt sich eine entsprechende »Obliegenheit" nicht mit We sen und Funktion des nemo tenetur-Grundsatzes.
Frage 2 Hier liegt ein sog. zeitweises Schweigen vor. Der Beschuldigte schweigt im Ermitt lungsverfahren und bringt Entlastungsbehauptungen erst in der Hauptverhandlung vor. Nach dem BGH" darf dies bei der Beweiswürdigung nicht negativ gewertet wer den, da sonst der Beschuldigte bereits bei der polizeilichen Vernehmung zur Aussage gezwungen wäre, um die negativen Folgen im Rahmen der Beweiswürdigung zu ver meiden." Zudem kann das Schweigen vor der Polizei viele Gründe haben, die keines wegs ein Schuldindiz beinhalten müssen. Sonst müsste zudem auch die Belehrungs pflicht des § 1 36 I 2 StPO den Hinweis auf nachteilige Folgen des Schweigens vor der Polizei mit wnfassen. Anders sieht dies die Rechtsprechung und h. L. lediglich für den hier nicht vorliegenden Fall des teilweisen Schweigens, d. h. des Schweigens zu einzel nen Fragen bzw. der lückenhaften Aussage."
zusatzfrage 1 4: Skifahrt mit Folgen Die gesuchten Skier wurden bei Baltbasar (B) im Rahmen einer Durchsuchung der Wohnung und der zugehörigen Garage gefunden. Angeordnet wurde die Durchsu chung durch die Ermittlungsbeamten der Staatsanwaltschaft, die allerdings zu Un.1
Vgl. auch BGH NStZ 2004, 389. BGHSt 20, 281 ff.; 38, 305. oll Vgl. auch: Miebach NStZ 2000, 234 ff. .. Vgl. BGHSt 20, 298 aber auch BGHSt 4S, 367.
012
4. Tell : Die strafprozessuale Zusatzfrage
432
recht Gefahr im VerLug angenommen und deshalb auf einen richterlichen Durchsu chungsbefehl verLichtet haben. a} Kann B die durchgeführte Durchsuchungsanordnung gerichtlich überprüfen las sen? b} Bei der Durchsuchung wird auch noch eine gestohlene Stereoanlage gefunden. Was wird der durchsuchende Beamte machen? c} Gegen B läuft bereits ein Strafverfahren wegen SteuerhinterLiehung. Während der Durchsuchung wird ein
30 Seiten umfassendes Schriftstück mit der überschrift
"Komplex: Steuerhinterziehung" gefunden, in dem sich B mit den gegen ihn erhobe nen strafrechtlichen Vorwürfen auseinandersetzte. Dem Schreiben war ein Anschrei ben an Rechtsanwalt X angeheftet, in dem er diesen bat, ihn zu verteidigen. Wäre eine Beschlagnahme des Schriftstücks rechtmäßig?
Lösung: a} B möchte hier gegen eine Durchsuchung vorgehen, die ohne richterlichen Durch § 105 StPO) durch Ermittlungsbeamte der Staatsanwaltschaft nach § 102 StPO angeordnet wurde. Lange Zeit war umstr., welcher Rechtsbehelf ge
suchungsbefehl (vgl.
gen Zwangsmaßnahmen im Ermittlungsverfahren, insbesondere gegen durch Vollzug erledigte Zwangsmaßnahmen, zu ergreifen ist." Teilweise wurde sogar behauptet, die Gefahreinschätzung werde durch die Strafverfolgungsbehörden eigenverantwortlich getroffen. Zumindest sei nur eine eingeschränkte überprüfung möglich, da die Ver folgungsbehörden ihre Entscheidung nur nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen haben. Das BVerfG hat aber zu Recht betont, dass insbesondere die Durchsuchungs voraussetzung der Gefahr im Verzug in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht voll ständig überprüft werden können. Jeder nicht der richterlichen Kontrolle unterliegen de Spielraum würde die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Eilkompetenz erwei tern und damit den Schutz der Grundrechte schwächen.
Uberskht: Statthafter Rechtsbehelfgegen Zwangsmaßnahmen a) Gegen die Zwangsmaßnahme selbst Bei Anordnung durch den Richter: § 304 StPO Bei Anordnung durch Polizei oder Staatsanwaltschaft: § 98 D 2 StPO oder § 98 D 2 StPO analog b) Gegen die Art und Weise der Durchführung Bei Anordnung durch den Richter: § 98 D 2 StPO oder § 98 D 2 StPO analog Bei Anordnung durch Polizei oder Staatsanwaltschaft: § 98 11 2 StPO oder § 98 D 2 StPO analog Gegen die Entscheidung des Ermittlungsrichters beim Amtsgericht (§ 98 D 2 StPO) ist gegebenenfalls die Beschwerde an das Landgericht statthaft (§ 304 StPO).
45
Klärend insoweit BVerfGE 96, 44.
zusatzfrage 14: Skifahrt mit Folgen
433
c) Nach Erledigung der Zwangsmaßnahme besonderes Rechtsschutzbedürfnis erforderlich: - schwerwiegende Grundrechtsbeeinträchtigung - Wiederholungsgefahr - Rehabilitationsinteresse - Vorbereitung von Amtshaftungsansprüchen
Weitere Obersichtsliteratur: Laser NStZ 2001, 1 20 ff.; MaIler-Christmann JuS 2000, 1 65 Ir.;
Keiser JA 200 1 , 662 0'.; SinKeImtein NStZ 2009, 481 0'. Zwischenzeitlich ist geklärt, dass gegen Anordnungen durch die Polizei oder die
19 IV GG garantierten § 98 II 2 StPO analog (nicht §§ 23, 28 Abs. 1
Staatsanwaltschaft wegen des grundgesetzlich durch Art. Rechtsschutzes ein Rechtsbehelf nach
4 EGGVG) zu gewähren ist Über diesen entscheidet zunächst der Ermittlungs (§ 98 II 2 StPO) und, sofern B auch gegen dessen Entscheidung Beschwerde nach § 304 StPO einlegt, das Landgericht als große Strafkammer (§§ 76 I, 73 I GVG) .
Satz
richter
D a sich die Durchsuchung durch den Vollzug erledigt hat ( nicht die Beschlagnahme bzw. SichersteUung der Skier), bedarf es eines besonderen Rechtsschutzbedürfnisses, damit B die FeststeUung der Rechtswidrigkeit beantragen kann . Die Maßnahme selbst kann zwar weder verhindert noch aufgehoben werden, da dies aber gerade beim VoU zug von Zwangsmaßnahmen nicht selten der Fall ist, bedarf es aufgrund der Rechts schutzgarantie des Art.
19 IV GG bei Vorliegen eines besonderen FeststeUungsinteres
ses der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes durch nachträgliche FeststeUung der Rechtswidrigkeit der Maßnahme. Hier ergibt sich ein besonderes FeststeUungs- bzw. Rechtsschutzbedürfnis bereits aus der besonderen Grundrechtsrelevanz bei Eingriffen in die verfassungsrechtlich geschützte Wohnung (vgl. auch Art.
13 II GG). Da damit
ein Fe�isteUungsinteresse besteht und mangels Gefahr im Verzug der Rechtsbehelf auch begründet ist, wird der Ermittlungsrichter die Rechtswidrigkeit der Durchsu chungsanordnung feststeUen.
Exkurs: Anforderungen an die Begründung der Durchsuchungsanordnung Gefahr im Verzug muss mit Tatsachen begründet werden, die auf den Einzelfall bezogen sind. Reine Spekulationen, hypothetische Erwägungen oder lediglich auf kriminalistische AUtagserfahrun g gestützte faUunabhängige Vermutungen genügen nicht.
Zudem leitet das BVerfG aus grundgesetzlichen Wertungen zu Recht ein 00kumentationsgebot ab: Q
Die Entscheidungssituation des handelnden Beamten kann nur einge
schätzt werden, wenn sie in den Akten entsprechend dokumentiert ist, d. h. die bedeutsamen Erkenntnisse und Annahmen müssen in den Ermittlungsakten niedergelegt werden (z. B. die Umstände, aus denen sich die Gefahr des Beweis mittelverlustes ergibt). Weitere Obersichtsliteratur: Schoreit NStZ 1999, 173 0'.; Gusy StV 2002, 1 53; AmelunK
NStZ 2001 , 337; Osrendorf/BrlJninK, JuS 2001, 1063.
4. Tell: Die strafprozessuale Zusatzfrage
434
b) Bei der Stereoanlage handelt es sich um einen so genannten Zufallsfund. Zufalls funde sind Gegenstände, die in keiner Beziehung zu der Untersuchung stehen, die aber auf Begehung einer anderen Tat hindeuten und nach § 108 StPO einstweilig in Beschlag genommen werden dürfen (§ 1 08 StPO soU vermeiden, dass Beamte die Au gen vor Straftatbegehung verschließen müssen, nur weil die Durchsuchungsanord nung ihrer Funktion nicht gerecht werden konnte).'· § 1 08 StPO greift natürlich nicht, wenn ein Beschlagnahmeverbot besteht oder wenn Beamte gezielt nach den Ge genständen gesucht haben, da dann kein ZufuUsfund vorliegt. Beides ist hier aber nicht der FaU. Der Beamte wird die Stereoanlage damit einstweilig in Beschlag nehmen. c) Gern. § 97 I Nr. I, 11 1 StPO unterliegen schriftliche Mitteilungen zwischen Be schuldigtem und seinem Verteidiger nicht der Beschlagnahme, soweit sie sich in des sen Gewahrsam befinden. Dies soU auch eine Umgehung des Zeugnisverweigerungs rechts des Verteidigers nach § 53 I I Nr. 2 StPO verhindern. Zwar muss sich die Sache nach dem Wortlaut im Gewahrsam des Verteidigers befinden, im Hinblick auf die später in Kraft getretene Vorschrift des § 148 StPO (freier Verkehr zum Verteidiger) wird die Vorschrift aber weiter ausgelegt und erfasst auch noch nicht abgesandte Mit teilungen des Beschuldigten. Zudem gebietet es das aus Art. 6 m EMRK, Art 2 I, 20 m GG herLuleitende Gebot der effektiven Verteidigung des Beschuldigten, dass in er weiternder Auslegung des § 97 I StPO auch Schriftstücke des Beschuldigten unver wertbar sein müssen, die dieser zu seiner Verteidigung angefertigt hat (auch Ausfluss des Grundsatzes, dass der Beschuldigte sich nicht selbst zu belasten braucht). Gerade in komplizierten Verfuhren muss der Beschuldigte seine Verteidigung schriftlich vor bereiten können.
zusatzfrage 1 5 : Gams und Bart Dass Bart (B) möglicher Weise an der Tat der Gams (G) beteiligt war, ist zunächst nicht bekannt. Im Rahmen der Hauptverhandlung gegen G vernimmt der Richter R den B und belehrt ihn nicht über ein mögliches Auskunftsverweigerungsrecht, obwohl er vermutet, dass B den E nicht zufall ig angerempelt hat. B belastet nicht nur sich, sondern auch G, indem er die Absprache zwischen ihr und ihm offenbart. a) Kann die Aussage des B verwertet werden? b) Kann die Aussage in einem später folgenden Verfahren gegen B verwertet wer den? c) Wie ist der FaU zu beurteilen, wenn B zunächst als Zeuge ordnungsgemäß be lehrt wird, dann aber im selben Verfahren die Aussage verweigert und später zum Be schuldigten wird. Ist eine Verwertung dann zulässig? d) Nachdem G rechtskräftig verurteilt wird, obwohl sie stets bestritten hat, B zum Anrempeln möglicher Verfolger aufgefordert zu haben, soU sie in einem Verfahren ge gen B als Zeugin darüber aussagen. Kann sie die Auskunft verweigern?
46
Vgl. auch: KrekeJer NStZ 1987, 1 99 ff. ; Schwabenbauer NJW 2009, 3207 ff.
Zusatzfrage 1 5 : Gams und Bart
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e) Wenn das Verfahren gegen B und G zunächst gemeinsam geführt, dann aber ge gen B abgetrennt worden wäre, könnte dann B trotz seiner BeschuldigtensteIlung in einem anderen Verfahren als Zeuge im Verfabren gegen G vernommen werden?
Lösung: a) Problematisch ist, welche Auswirkung es auf die Verwertbarkeit einer Zeugenaussa ge zu Lasten des Beschuldigten hat, wenn ein Zeuge über ein ihm zustehendes Aus kunftsverweigerungsrecht nicht belehrt wurde. Gemäß § 55 I StPO kann ein Zeuge die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihn selbst oder einen An gehörigen der Gefahr aussetzen würde, strafrechtlich belangt zu werden. § 55 StPO gewährt ein Auskunftsverweigerungsrecht beschränkt auf einzelne Fragen und kann zu einem umfassenden Auskunftsverweigerungsrecht erstarken, wenn jede Frage zur Belastung des Zeugen führen würde. 47 Hierüber muss der Zeuge nach § 55 11 StPO be lehrt werden. Vorliegend wurde diese Belehrungspflicht verletzt, d. h. es stellt sich die Frage, ob die Aussage dennoch zu Lasten des G verwertet werden darf. Nach einer teilweise vertretenen Auffass ung soll ein Verwertungsverbot anzuneh men sein, da § 55 StPO auch das Interesse des Angeklagten an einer konfliktfreien und deshalb wahrheitsgemäßen Zeugenaussage schützen soll (wer sein Auskunftsverweige rungsrecht nicht kennt wird eher lügen, um sich nicht selbst zu belasten). Nach der h. M.'8 besteht hingegen kein Verwertungsverbot, da § 55 I StPO allein den Zeugen vor einer Selbstbelastung oder einer Belastung naber Angehöriger schützen will, der Rechtskreis des Angeklagten damit aber nicht berührt ist (sog. Rechtskreistheorie des BGH") .
b) Wird der Zeuge nach Selbstbelastung selbst zum Angeklagten, dann darf die unbe lehrt erfolgte Aussage in einem anderen Verfahren nicht zu seinen Lasten verwertet wer den (§ 55 StPO will Zeugen gerade vor Selbstbelastung schützen) . Eine Ausnabme ist nach der Rechtsprechung lediglich für die Fälle anzuerkennen, in denen der Beschuldig te
der Verwertung seiner früheren Zeugenaussage nicht rechtzeitig widerspricht.
c) Wenn der Zeuge zunächst nach ordnungsgemäßer Belehrung aussagt, sich später aber im selben Verfahren auf sein Auskunftsverweigerungsrecht beruft, ist die Lösung umstritten. Die h. M. steht aber auf dem Standpunkt, dass die Aussage ohne Weiteres verwertet werden kann, da § 252 StPO nur den Fall eines Zeugnisverweigerungsrechts erfasst und auch der Schutzzweck keine analoge Anwendung gebieteL Mit der Aussage hat der Zeuge wirksam auf seinen Schutz durch § 55 StPO verzichtet, so dass die Aus sage gegen den Beschuldigten verwendet werden darf. Es ist dann die Vernehmung der früheren Verhörperson zulässig.
d) Wenn nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens der nunmehr in die Zeu genrolle versetzte ehemalige Beschuldigte nicht die Auskunft verweigern kann, ist er gegebenenfalls unter Androhung von Zwangsmitteln (vgl. § 70 StPO) verpflichtet, von seinem Leugnen in dem gegen ihn geführten Verfahren abzurücken. Das BVerfG ist
.., Vgl. auch Rinio JuS 2008, 6OOff.; FUmumn JuS 2004, 303 ff. .. BGHSt GrS 1 1 , 2 1 3 ff. •9 Eine Zusammenfassung der Kritik an der Rechtskreistheorie bei Fezer JuS 1 978, 325 ff.
4. Tell: Die strafprozessuale Zusatzfrage
436
dennoch in einer unsystematischen und widersprüchlichen Rechtsprechung der Auf fassung, dass weder Art. 2 I, 1 I GG noch sonstige Verfassungsnormen es gebieten, dem Zeugen ein Auskunftsverweigerungsrecht zuzubilligen, selbst wenn die Gerichte die frühere Einlassung als widerlegt erachtet haben. Nach rechtskräftigem Verfahrens abschluss bestünde keine Gefahr der Strafverfolgung und damit keine seelische Zwangslage mehr, vor der § 55 StPO schützen will. Die früheren Feststellungen des verurteilenden Gerichts erwachsen nicht in Rechtskraft, so dass von dem Zeugen nach Auffassung des BVerfG nichts Unzumutbares verlangt wird, wenn er bei seiner frühe ren Aussage bleiben möchte, weil er diese für wahr hält. e) Mitbeschuldigte können in derselben Sache (d. h. bei Verbindung der Verfahren, §§ 2, 3, 237 StPO) nicht Zeuge sein.'" Problematisch ist aUerdings, ob auch nach einer Verfahrenstrennung ein entsprechendes Verbot besteht. Rechtsprechung und h. L. ver treten einen formellen Beschuldigtenbegriff. Grundsätzlich ist aUein entscheidend, ob der Betroffene in derselben Sache Beschuldigter ist. Dies gilt nach der Rechtsprechung selbst dann , wenn die Verfahren nur vorübergehend abgetrennt werden und ein frü herer Mitangeklagter als Zeuge lediglich zu Sachen gehört werden soll, die mit der ihm vorgeworfenen Tat in keinem Zusammenhang stehen. Auch nach Auffassung der Rechtsprechung ist aber keine Vernehmung bzgl. gemeinschaftlicher Taten zulässig, da sonst der Beschuldigte Zeuge in eigener Sache wäre. Nach materieller Betrach tungsweise soll ohnehin jeder Verdächtige einer Tat im prozessualen Sinne ohne Rücksicht auf seine VerfahrenssteUung im konkreten Verfahren Beschuldigter sein. Auch wenn dafür sprechen mag, dass es nicht ins Belieben der Strafverfolgungsorgane gestellt werden darf, welche Rechte ein Betroffener hat, so dürfte dennoch eine mate rielle Betrachtungsweise mit den §§ 55, 60 StPO unvereinbar sein.
zusatzfrage 1 6 : Reinecke, Fuchs und Hase Reinecke (R) und Hase verbringen noch den restlichen Tag zusanunen in mehreren Cafes und Gaststätten. Als R die Heimfahrt mit seinem Fahr.leug antritt, hat er eine BAK von 1 ,6 Promille erreicht. Er wird bereits nach kur.ler Zeit durch den Polizeibe amten P gestoppt, weil er Schlangenlinien fahrt. R weigert sich, in ein Atemalkohol messgerät zu blasen. Darauthin wird R in das örtliche Krankenhaus zur Blutentnahme verbracht, jedoch verweigert er auch diese. P hat nicht versucht, eine richterliche An ordnung zur Blutentnahme zu erlangen, da er davon ausgeht, zu so fortgeschrittener Stunde niemanden mehr bei Gericht erreichen zu können. Unter Anwendung unmit telbaren Zwangs wird R Blut entnommen und die aufge-.teigte BAK festgestellt. Auch der SichersteIlung seines Führerscheins widerspricht R. P beschlagnahmt diesen des halb, obwohl R vorbringt, er benötige den Führerschein noch für seine Heimfahrt. a) War die Anordnung der Blutentnahme rechtmäßig und darf ihr Ergebnis ver wertet werden, wenn der Entnehmende - von P und R unerkannt - ein Krankenpfle ger war? b) Durfte der Führerschein des R beschlagnahmt werden? 50
Vgl. hierzu auch Prittwitz NStZ 1986, 64 ff.
Zusatzfrage 16: Reinecke. Fuchs und Hase
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Lösung: a) Die Anordnung der Blutentnahme könnte auf § 81 a StPO gestützt werden. Dazu müsste R zunächst Beschuldigter sein, d.h. es müssten zureichende tatsächliche An haltspunkte i. S.d. § 152 11 StPO für das Vorliegen einer Straftat nach § 3 1 6 und ein entsprechender Inkulpationsakt der Strafverfolgungsbehörden gegeben sein. Beides liegt hier vor. Die Entnahme einer Blutprobe wird in § 8 1 a I 2 StPO explizit als zuläs sige zwangsweise körperliche Untersuchung genannt und sie ist auch regelmäßig eine verhältnismäßige Maßnahme, vor allem weil kein weniger schwerwiegender Eingriff zur Verfügung steht. So verstößt nach - wenn auch abzulehnender h. M. - eine zwangsweise Atemalkoholprobe (unabhängig von ihrem vielleicht eingeschränkten Beweiswert) gegen das nemo tenetur-Prinzip. Den Beschuldigten treffen nach h. M. keine "aktiven" Mitwirkungspflichten, sondern lediglich passive Duldungspflichten und auch § 8 1 a StPO statuiert nur die Pflicht, den Körper als Augenscheinsobjekt zur Verfügung zu stellen. Fraglich ist allerdings, ob
im
vorliegenden Fall eine Anordnungsbefugnis der Poli
zei bestand Grundsätzlich ist eine Anordnung durch den Richter erforderlich (§ 81 a
11 1 . HS StPO). Nur bei "Gefährdung des Untersuchungserfolgs" besteht eine Anord nungsbefugnis der Staatsanwaltschaft und ihrer Ermittlungspersonen. Hier war die Polizei gegebenenfalls Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft (§ 1 52 I, 11 GVG i. V. m. der entsprechenden VO ). Problematisch ist aber, ob Gefahr im Verzug bestand Nach zutreffender Auffas sung besteht bei Blutentnahmen zur Feststellung der BAK trotz Möglichkeit der Rück rechnung stets Gefahr im Verzug, da hier eine größere Genauigkeit erreicht werden kann, je tatnäher die Blutentnahme erfolgt. Die überwiegend vertretene Gegenauffas sung betont hingegen, dass der Polizeibeamte zumindest versuchen muss, den zustän digen Richter zu erreichen, was sicherlich angesichts eines entsprechenden Bereit schaftsdienstes meist möglich sein wird Dies ist aber aus den oben genannten Grün den abzulehnen, zumal eine richterliche Anordnung dann angesichts der Art und Eile
der Anordnung zum bloßen Formalismus wird.5 1
Ob eine Verwertung allerdings zulässig ist, wenn die Entnahme durch einen Kran kenpfleger erfolgt, erscheint zweifelhaft, da die Vornahme des Eingriffs nur durch ei nen approbierten Arzt zulässig ist. Sowohl nach der Abwägungslehre als auch bei einer dieser ohnehin immanenten Schutzzweckbetrachtung muss festgehalten werden, dass das Erfordernis der Untersuchung durch einen approbierten Ara lediglich eine fach gerechte Vornahme sicherstellen soll, um die Gesundheit des Beschuldigten zu schüt zen. Damit ist bei einer Verwertung weder der Schutzzweck des Arztvorbehalts betrof fen, noch bedarf es deshalb einer Abwägung mit den entgegenstehenden Strafverfol gungsinteressen, die hier überwiegen würden. Die Blutprobe ist damit verwertbar.
b) Rechtsgrundlage für die Beschlagnahme des Führerscheins des R sind §§ 94 I, 11, III; 1 1 1 a StPO, sofern der Führerschein der Einziehung gern. § 1 1 1 a l StPO i. V. m. § 69 StGB unterliegt. Zunächst bestehen dringende Gründe für die Annahme des späteren
51
Vgl. auch: Fidcenscher/Dingelsladl, NStZ 2009, 124 0'.; Krumm ZRP 2009, 7 1 .
4. Tell: Die strafprozessuale Zusatzfrage
438
Entzugs der Fahrerlaubnis gern. § 69 II Nr. 2, da ein Verdacht der Tatbegehung nach § 3 1 6 besteht. Es muss eine Beschlagnahme erfolgen, da R der Sicherstellung wider spricht. Anordnungsbefugnis zur Beschlagnahme gern. § 98 I 1 StPO besteht für die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen allerdings nur bei Gefahr im Verzug. Gefahr im Verzug besteht bei Beschlagnahme, wenn ihr Zweck durch Hinzuwarten ge fuhrdet würde.52 Nach einer Ansicht ist Beschlagnahmezweck lediglich die Einziehungs- oder Beweis mittelsicherstellung, dieser Zweck könnte aber auch nach Abwarten der richterlichen Entscheidung noch erreicht werden, so dass Gefahr im Verzug zu verneinen wäre. 53 Nach zutreffender Ansicht auch des BGH soll § 1 1 1 a StPO sicherstellen, dass ver kehrsuntaugliche Fahrer nicht weiter am Verkehr teilnehmen. Gefahr im Verzug liegt damit vor, wenn die Gefahr besteht, der Kraftfahrer werde ohne die Abnahme des Führerscheins weitere Trunkenheitsfahrten unternehmen oder sonst Verkehrsvor schriften in schwerwiegender Weise verletzen. Da R hier noch nach Hause fahren will , liegt eine entsprechende Gefahrenlage vor und es besteht eine Anordnungsbefugnis nach § 98 I StPO.
zusatzfrage 1 7 : Brand heiße Neuigkeiten aus Auendorf In dem Strafverfahren gegen Bock (B) stellt sich heraus, dass der Vorwurf der Brand stiftung nicht einfach aufzuklären ist. Es kommt deshalb zwischen B und dem Gericht zu einer formell ordnungsgemäßen Verständigung. Diese sieht vor, dass B lediglich wegen versuchten Mordes durch Unterlassen zu einer Freiheitsstrafe von vier bis zu sieben Jahren verurteilt wird, wenn er ein Geständnis ablegt. B bekennt sich in einem "schlanken" Geständnis ohne weitere Tatdetails zu benennen zur Tatbegehung. D as Gericht verzichtet u. a. auf die Einholung von Sachverständigengutachten und die Vernehmung von Zeugen und verurteilt B zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren. B ist sauer darüber, dass das Gericht ihn so hart bestraft, und legt Rechtsmittel ein. a) Welche grundsätzlichen Bedenken bestanden gegen die gesetzliche Einführung der Verständigung? b) Kann B erfolgreich die Fehlerhaftigkeit des Verfahrens rugen?
Lösung: a) Gegen Verständigungen wird vorrangig das Legalitätsprinzip ins Feld geführt. Es besteht eine nicht disponible Pflicht der Strafverfolgungsorgane zur Sachverhaltserfor schung, die vor allem im Hauptverfahren auch im Untersuchungsgrundsatz (§ 244 n StPO) ihren Ausdruck findet. Ein solcher Handel mit der Gerechtigkeit verträgt sich nicht mit dem Modell eines gerade nicht konsensualen Verfahrensmodells. Das Ge richt hat im übrigen als Ausfluss des Untersuchungsgrundsatzes auch die Glaubwür digkeit eines Geständnisses zu überprüfen, gerade darauf wird aber bei einem "deal"
52 53
Vgl. BGHSt 22 , 385. Vgl. OLG Köln, NJW 68, 666.
Zusatzfrage 17: BrandheiBe Neuigkeiten aus Auendorf
439
meist verzichtet. Absprachen beeinträchtigen darüber hinaus auch die Unschuldsver mutung, gegebenenfalls den in dubio pro reo-Grundsatz. da das Gericht Zweifel re gelmäßig unterdrückt. Oftmals wird auch Druck auf den Angeklagten ausgeübt, in dem ihm etwa die sog. "Sanktionsschere" vor Augen geführt wird, so dass zumindest eine Beeinträchtigung des nemo tenetur-Grundsatzes zu befürchten ist. Schlägt die Absprache fehl, lässt sich dies trotz Unverwertbarkeit eines Geständnisses kaum noch korrigieren, da einerseits das Gericht dem bestreitenden Angeklagten nicht mehr glauben wird, andererseits häufig auch ein qualifiziertes Geständnis verlangt wird, des sen Unverwertbarkeit keine Fernwirkung entfalten kann Auch der Schuldgrundsatz wird durch Absprachen beeinträchtigt, da aufgrund des Geständnisses eine pauschale Strafmilderung zugesprochen wird, die sich auch im Rahmen der sog. Spielraumtheo rie nicht rechtfertigen lässt." Zwar lässt etwa § 46 eine Strafmilderung aufgrund eines Geständnisses zu, die theoretische Begründung dieses strafmildernd berücksichtigten sog. "Nachtatverhaltens" steht aber noch aus. Daneben sind gegebenenfalls auch das ÖffentIichkeits- , Mündlichkeits- und Unmittelbarkeitsprinzip beeinträchtigt, da Ab sprachen meist außerhalb der Hauptverhandlung "vorverhandelt" werden. Als Auf fangbecken für die genannten Erwägungen wird auch der fair trial-Grundsatz genannt, der hier wohl vor allem unter dem Aspekt der "Waffe ngleichheit" betroffen sein kann .
.
Die insgesamt inkonsequente gesetzJiche Neuregelung der Verständigung in § 257 c StPO versucht offenbar die "Quadratur des Kreises", da die angeführten Kritikpunkte bei der Regelung berücksichtigt wurden, obwohl sich die genannten Prinzipien nicht mit einem konsensualen Verfahrenstyp vereinbaren lassen. 55 b) Der vorliegende Fall verdeutlicht die bestehenden Schwierigkeiten, da gemäß §§ 257c I 2, 244 D StPO die gerichtliche AufkJärungspflicht unberührt bleiben soll Da ohnehin ein RechtsmittelverLicht in der Verständigung unwirksam ist (§ 302 I 2 StPO), kann B damit ohne Weiteres eine Autklärungsrüge erheben, mit der er geltend macht, dass das Gericht seine Aufklärungspflicht verletzt hat. Indem vorliegend auf die Erhebung weiterer Beweise verzichtet wurde und der Angeklagte ein sog. un substantiiertes Geständnis abgelegt hat, ist die Autklärungspflicht des Gerichts un zweifelhaft verletzt. Der BGH hat zu Recht für eine Absprache ein qualifiziertes Geständnis verlangt,56 da nur so - wenn überhaupt - die Glaubwürdigkeit eines Ge ständnisses überprüft und dem Autklärungsgrundsatz Rechnung getragen werden kann. Zudem ist es gem. § 257 c ID 2 StPO zwar zulässig, eine Ober- und Untergrenze der Strafbarkeit anzugeben, der Schuldspruch selbst darf aber nach § 257 c 11 2 StPO nicht Gegenstand einer Verständigung sein. Hier wurde auch dieser Grundsatz ver letzt, da von der Verfolgung der Brandstiftung abgesehen wird. Eine darauf gestützte Sachrüge erscheint allerdings unbegründet, da der Angeklagte hierdurch nicht belastet wird. Dass der Angeklagte natürlich davon ausgehen wird, dass das Gericht sich an die vereinbarte Strafrahmenuntergrenze hält, ist selbstverständlich, warum sollte es auch
54 55
Vgl. BriJgeJmallll JuS 2002, 903; Meier JuS 2005, 769. Vgl. auch MomsenlMoldenhauer JA 2002, 415; Nisller JuS 2009, 916; SchUnemallll ZRP 2009,
104.
56
BGH NJW 2005, 1440.
4. Tell : Die strafprozess u ale Zusatzfrage
440
nach oben abweichen, wenn nach dem Geständnis eine milde Strafe noch als schul dangemesse n angesehen wird. Die Tatsache, dass im Gesetz die Vereinbarung eines Spielraums zugelassen wird, dient nur der Verdeckung des Umstandes, dass die Ver einbarung einer ganz bestimm ten Strafe nicht mit dem derLeitigen Strafverfahrensty pus vereinbar ist. Insoweit wird zwar die Verständigung über eine Strafunter- und Obergrenze geboten sein, sofern diese nicht zu weit voneinander abweichen. Wählt das Gericht aber die Strafrahmenobergrenze, ist dies zumindest begründungsbedürf tig, wenn nicht die allgemeine Sachrüge wegen Verletzung des Schuldgrundsatzes be gründet sein soll.
zusatzfrage 1 8: Hans und Prahl Durch Auswertung einer Radarmessung stellt sich heraus, dass P bereits auf dem Weg zum Biergarten an einer unübersichtlichen Stelle deutlich zu schnell gefahren ist und dadurch ein entgegenkommendes Fahrzeug gefährdet hat. Zur Klärung des Vorwurfs einer Gefährdung des Straßenverkehrs wird das anIässlich der Geschwindigkeitskon trolle mittels Radarmessung angefertigte Lichtbild, das weitere Zahlen enthält, durch alle Prozessbeteiligten in Augenschein genommen. Die auf der Radaraufnahme festge haltene Ziffernreihe (die Ziffernreihe beginnt mit der gemessenen Geschwindigkeit, es folgt vierstellig das Datum und sechsstellig die genaue Uhrzeit) wird nicht verlesen. Könnte P in einem möglichen Rechtsmittel rügen, dass das Beweismittel fehlerhaft in die Hauptverhandlung eingeführt wurde, wenn er wegen des oben aufgezeigten Ver stoßes auch wegen § 3 1 5 c I Nr. 2 d) verurteilt wird und sich das Urteil dabei maßgeb lich auf das Lichtbild stützt?
Lösung: p könnte die Einführung des Lichtbildes in die Hauptverhandlung und seine Verwer tung im Urteil rügen, wenn sie fehlerhaft erfolgten.57 Für das Beweisrecht ist
im Straf
verfahren der sog. numerus dausus der Beweismittel zu beachten. Das Gericht in der Hauptverhandlung muss alle Beweistatsachen, die die Schuld- oder Straffolgenfrage betreffen, im Wege des Strengbeweises, d. h. nur mit den gesetzlich bestimmten Be weismitteln (Zeugen, Sachverständige, Urkunden und Augenschein) und nur nach den strengen Regeln der §§ 249 ff. StPO, feststellen. Urkunden sind im Grundsatz zu verlesen, während etwa Lichtbilder in Augenschein genommen werden. Fraglich ist deshalb, ob es sich hier wegen der Ziffernfolge auf dem Lichtbild um eine Urkunde gehandelt hat, die gegebenenfalls verlesen werden müsste.
a) Für den strafprozessualen Urkundenbegriff (vgI. § 249 StPO) ist der verlesbare Gedankeninhalt maßgebend. Es muss sich also immer um Schrlftträger handeln, de nen als solches ein allgemeinverständlicher oder jedenfalls durch Auslegung zu ermit telnder Gedankeninhalt zu eigen ist Wortvertretende Beweiszeichen fallen mangels Verlesbarkeit nicht unter den strafprozessualen Urkundsbegriff, der in diesem Punkt
57
Zum Fall vgl. auch BayOblG StV 2002, 645.
441
zusatzfrage 18: Hans und Prahl
enger als der strafrechtliche ist (demgegenüber verlangt der strafprozessuale Urkunds begriff nicht notwendig die Erkennbarkeit eines AussteUers).
b) Wirkt ein Schriftstück aber nicht durch seinen gedanklichen Inhalt auf die rich terliche überzeugungsbildung ein, sondern geht es lediglich um das äußere Erschei nungsbild des Gegenstandes, handelt es sich um ein Augenscheinsobjekt. Der Beweis durch Augenschein ist die sinnliche Wahrnehmung durch Sehen, Hören, Befühlen, Schmecken oder Riechen; Augenscheinsobjekte wirken aUein durch ihre Existenz, Lage oder Beschaffenheit auf die richterliche Überzeugungsbildung.'8 Typische Au genscheinsobjekte sind Lichtbilder und Radarfotos. Erklärungsbedürftig ist aUerdings die auf der Radaraufnahme festgehaltene Ziffernreihe. ließe sich der gedankliche In halt aUein durch Verlesen erfassen, handelte es sich strafprozessual um einen Urkun denbeweis. Erscheinen die Ziffernfolgen in ihrer optischen Anordnung - wie vorlie gend - als wortvertretende Symbole, die der Entschlüsselung bedürfen, handelt es sich aber um einen Augenscheinsbeweis, so dass das Gericht das Radarfoto samt abfotogra fierter Geschwindigkeitsmessung und aUen anderen Zeichen/Symbolen zu Recht Wege des Augenscheinsbeweises in das Beweisgebäude eingeführt hat.
Hinweis: Die Verfahrensrllge würde im Übrigen auch an der .Beruhens"-Frage scheitern. Denn selbst bei verfahrensfehlerhafter Einführung des Radarfotos in die Hauptverhand lung würde das Urteil i. S. von § 337 StPO nicht darauf beruhen " Da dem polizeilichen Messbeamten das Foto in der Hauptverhandlung zur Erläuterung der Ziffemreibe vor gehalten werden muss und er dessen Inhalt in seine Zeugenaussage aufnimmt, wäre das Urteil auch bei Verlesung der Ziffernfolge nicht anders ausgefallen. .
51
Vgl. hierzu BGHSt 18, 51 ff.
.
im
paragrafenverzeichnis §§ StGB 11 22 1 , 327 12 92, 1 42 72, 75, 83 , 85, 190, 201 , 299, 358, 359, 13 368, 370 16 1 1 0, 231 , 239, 267 , 271 24 1 17 18 87, 222, 268 20 23 1 , 236, 242, 244 , 395 21 233, 245 22 92, 105, 122, 1 30, 133 , 1 37, 142, 1 56, 1 69, 201 , 2 1 1 , 280, 349, 358, 364, 371 92, 105, 122, 130, 133 , 1 37, 142, 1 56, 23 1 69, 201 , 2 1 1 , 280, 349, 358 , 364, 371 24 92, 99, 1 26, 161, 166, 190, 348 25 1 07, 1 1 1 , 1 20, 137, 1 50, 235, 270, 313, 328, 342 , 362, 364, 378 1 08, 1 1 4 , 1 38, 156, 2 1 1 , 248 , 304, 350 26 232, 247 , 3 1 3, 324, 326 27 1 08, 1 16 28 29 1 19 305, 310, 358, 367 30 59, 61, 68 , 92, 101, 190, 266 32 59, 68, 72, 8 1 , 92 34 35 92, 98, 174, 395 49 98, 1 1 8 52 1 6 1 , 247 , 288, 314, 332, 336, 354, 359 1 88, 336, 354, 359 53 60 266, 287 250, 262 , 387, 397 1 13 123 1 23, 133 , 2 1 1 , 265, 273, 335 , 341 125 265, 272 1 25 1 36 1 38 211 251, 261 , 292, 387, 399 142 293, 302 , 304 153 1 54 293, 304 , 306, 310 160 293, 303 , 305, 306 161 304 1 85 1 37 187 1 37 211 72, 85, 87 , 92, 107, 1 1 1 , 1 16, 1 37, 1 42, 1 54, 161 , 164, 167, 372 7 1 , 73, 82 , 83, 92, 100, 107, 137, 142, 212 1 50, 156, 161, 191, 201 , 266, 28 1 , 293, 299, 359, 371 213 1 37, 145 , 153 218 161, 169 221 72, 78, 87, 207, 293, 359, 374 222 92, 100, 200, 2 1 1 , 250, 292
223 224 226 227 229 230 23 1 239 240 24 1 242 243 244 246 248b 249 250 251 252 253 255 257 258 259 261 263 265 265 a 267 274 288 289 303 303 c 306 306 a 306 b 306 c 306 d 308 315 b 315c 316 323 a 323 c
59, 60, 1 37, 161 , 165, 175, 190, 23 1 , 237 , 246, 265 , 323 137 , 156, 161 , 165, 175, 265, 280 161 , 254 190, 197, 265 , 268, 269 59, 61 , 231, 237, 292, 294 , 386, 395 60, 63, 239 265 , 269, 275 , 285, 286 123 , 1 32, 133, 2 1 1 , 265 , 359, 375 72, 80, 92, 105, 2 1 1 , 250, 265, 313 , 323 , 335, 387 , 398 92, 105 122 , 1 25, 127 , 178, 183 , 2 1 1 , 23 1 , 239, 240, 246, 313 , 3 1 6, 324 123, 1 29 122 , 1 27, 2 1 1 178, 307, 335, 350 212, 231 , 242, 313, 317 1 23, 129, 1 30, 2 1 1 211 211 3 1 3, 318 , 322, 328 3 1 3, 319, 322, 335, 345 2 1 1 , 313 , 3 1 9, 322 293, 306, 3 1 0, 313, 327 293, 306, 307, 414 293, 308 , 325, 335, 349, 352 325, 354 1 78, 182 , 3 1 2, 3 14, 335, 339, 376, 378, 381 250, 259, 358, 370 335, 340, 345 335, 336, 386 335, 339, 386, 390, 391 1 22, 125 , 1 26 1 22, 125 , 1 26 60, 63, 66, 107, 1 12, 1 34, 231, 242, 248 232, 246 250, 251 , 358, 359, 366, 367 250, 252 , 358, 362, 363, 364, 365 250, 255 , 358 250, 257 365, 366, 370 1 07, 1 1 2 , 1 20 25 1 , 260 386, 392 23 1 , 242 , 244, 246, 386, 395, 396, 399 49, 232, 244 , 245, 246 72, 79, 82 , 87, 293, 359, 375
444 Art. GG 271 1 434 2 433 13 19 433 271 , 434 20 407 97 19, 236, 238, 262 103 104 418 §§ Stp() 406, 424 22 407, 424 23 24 406, 407, 423 406 25 406 26 423 27 36 418 48 302 420, 42 1 52 53 422 430, 435 55 60 429, 436 66 e 303 68 303 438 69 435 70 77 404 77b 404 77 d 404 8 1 e 426 8 1 a 437 97 434 98 a 4 1 3 98 432 , 433 , 438 l00a 4 1 3 1 02 432 1 05 432 1 08 434 412 1 10 1 10 a 4 1 3 l 1 1 a 437 1 12 4 1 6, 417, 4 1 8 1 12 a 4 1 7 1 14 a 4 1 8 418 1 16 4 1 9, 420 117 1 18 419 420 121 1 25 418 420 1 26 127 1 90, 195 4 1 0, 412, 4 1 8, 426, 429, 430, 431 136
paragrafenverzeichnis 1 36a 137 1 47 148 151 152 155 157 158 160 161 a 1 63 a 1 63 1 70 1 72 200 203 243 244 249 250 252 253 254 257 257 e 264 265 266 302 304 310 316 316 337 338 374 376 410 411
4 1 3 , 426, 429 410 415 434 421 437 421 429 404 423 421 4 1 0, 412, 429, 430 421 , 423 404 , 416 405 422 407 429 420, 438, 439 440 4 1 2 , 42 1 4 1 2 , 420, 425, 435 427 427 431 439 421 422 422 439 432 , 433 420 437 438 4 1 1 , 424 424 405 405 420 420
§§ BGB 90 a 64 228 60, 65, 69 562 1 24 562 b 1 25 562 a 1 25 60, 67, 69 904 1 257 1 25 §§ StvG 24a 243
paragrafenverzeichnis
445
§§ OWiG 300 14
§§ JGG 3 395
§§ StVO 295 I
§§ GVG
§§ ZPO 1 24 811 §§ WG 377, 378 81
73 76 121 145 146 147 1 50 183
433 433 409 408, 423, 424 408 408, 409 409 423
Stichwortverzeichnis Aberratio ictus 109, 120, 235 Abgestuftes Notwehrrecht 283 Abgrenzung - beendeter/unbeendeter Versuch 93, 146 - TunlUnterlassen 73 Ablehnung - eines Richters 406 - eines Staatsanwalts 423 Ablehnungsgesuch 406 407 Absatzerfolg 309 Absatzhilfe 309 Absehen von Strafe 287 Absetzen 309 Absicht rechtwidriger Zueignung 342 Absichtslos-doloses Werkzeug 328, 332 Absichtsprovokation 104, 282 Abstiftung 222 Abstraktes Gefl!hrdungsdelikt 252, 271 Abwägungslehre 437 Abwägungslösung 4 1 3 Actio illicita in causa 282 Actio libera in causa 48, 234, 244, 248 - fahrlässige Alie 238 Adäquanzurteil 360 Affekt 233 Affektionsinteresse 65, 69 Aggressivnotstand 67 Akkusationsprinzip 421 Alternativvorsatz 163, 1 76 Androhung von Zwangsmittel 435 Aneignung 240 Aneignungsabsicht 317 Aneignungstheorie 180 Aneignungstheorie 180 Anfangsverdacht 423 Angeklagter 429 Angeschuldigter 429 Angriff 61, 70, 106, 208 - gegenwärtig 6 1 , 70, 95 f., 106, 208 - rechtswidrig 61, 70, 1 06, 208 - durch Tiere 62 - durch Unterlassen 62 - mehrerer 270, 289 Animus auctoris 330, 342 Animus Formel 328 Animus lehre 330 Animus socü 342 Ankaufshehlerei 309 Anklageschrift 422 Anstifterhandlung 351 ,
Anstiftung 54, 1 1 3, 1 1 9, 1 5 1 , 1 56, 223, 248, 367 - Bestimmen 1 1 3, 1 2 1 - Anstiftervorsatz 1 14, 248 Antragsrecht 405 Anvertrauen 355 Äquivalenztheorie 108, 208 Arglosigkeit 89, 121, 1 55, 1 59, 1 64 Auf frischer Tat 328 Autbauschemata 33 ff. - vorsätzliches Begehungsdelikt 34 - Rechtfertigungsgründe 38 f - versuchte Erfolgsdelikte 40 - vorsätzliches unechtes Unterlassungsdelikt 42 - fahrlässiges Begehungsdelikt 44 - fahrlässiges unechtes Unterlassungsdelikt 47 - Mittäterschaft 5 1 - Teilnahme 54 Augenscheinsobjekt 337, 437 AusdehnungsmodeU 234 Auskunftsverweigerungsrecht 435 Auslegungsmethoden 18 - Wortlautargument 19 - systematische Auslegung 19 - historische Auslegung 19 - teleologische Auslegung 19 - grammatikalisches Argument 64 AusnahmemodeU 234 Aussage eines Sachverständigen 425 Aussagefreiheit 410, 426 Aussagetheorie 303 Aussagezwang 413 Ausschließung eines Richters 406 Ausschluss des Notwehrrechts 104 - Absichtsprovokation 1 04, 282 Aussetzung 78, 207, 301, 374 - hilflose lage 78, 89, 207, 374, 383 - Imstichlassen 79, 89, 207, 374, 383 - mit Todesfolge 87 - Versetzen 89 Autonome Handlung 258 Autonome Motive 93, 149 Bandendiebstahl 219 - versucht 2 1 9 Bedrohung 1 05 Beendeter Versuch 93, 1 46 Beendigung 325, 327
448 Befangenheit 406 , 407 - eines Staatsanwalts 423 - eines Richters 406 Befriedetes Besitztum 273, 289 Befugnistheorie 185, 340 Befundtatsachen 425 Begünstigung 307, 324, 327 Behauptung 1 39, 140, 1 58 Beihilfe 54, 324 , 325 , 327 - psychische 325 - sukzessive 324 , 327 Beisichftlhren 2 1 8 Belehrungspflicht 410, 4 1 2 , 421 , 429, 435 - durch Sachverständigen 425 Beleidigung 140, 1 58 irrtllmlich schwere Beleidigung 144 schwere Beleidigung 158 Berauschende Mittel 243 Bereicherungsabsicht 382 Berufshelfer 258 Berufstypische Gefährdung 258 Beschädigung 70, 134 , 390, 400 Beschlagnahmeverbot 434 Beschuldigteneigenschaft 430 Beschuldigtenvemehmung 410, 4 1 2 Beschützergarant 77, 88 Besitzerhaltungsabsicht 329 Bestimmen 1 1 3, 1 2 1 Beteiligung an einer Schlägerei 269, 274, 277 , 284 , 286 , 289 Beteiligungsformen 50 - Mittäterschaft 51 - mittelbare Täterschaft 53 , 108, 109, 1 1 1 , 1 1 3 , 151 , 153 , 156, 332 - Nebentäterschaft 54 - Anstiftung 54, 1 1 3, 1 19, 1 5 1 , 1 56, 248 , 367 - Beilhilfe 54, 324 , 325, 327 Betrug 182 , 3 1 4 , 339, 376 - Täuschung 182 , 1 84, 188 , 314, 332 , 339, 376 - Irrtum 182 , 1 85, 188, 339, 376 - Vennögensverftlgung 182 , 1 85, 188, 315 , 321 , 339, 379 - Dreiec.ksbetrug 1 85 , 340 - Verfilgungsbewusstsein 186, 315 - Vermögensschaden 186, 188, 339 - Versuchter 378 Beutesicherungsabsicht 3 1 9 Beweis durch Augenschein 440 Beweisaufnahme 420 Beweiserhebung 421 Beweisfunktion 388
StIchwortverzeichnis Beweismitteleinheit 337 Beweisverwertungsverbot 4 1 0, 4 1 2, 4 1 3 , 429 BeweiswOrdigung 407 Beweiszeichen 399 Bindung des Staatsanwalts 408 Blutalkoholkonzentration 233 , 394 Blutentnahme 437 Brandstiftung 252 , 360 - Schwere Brandstiftung 254, 362, 363, 365 - Besonders schwere Brandstiftung 254 , 255 - Mit Todesfolge 257 - Durch Unterlassen 368 - Versuchte 360 - Fahrlässige 365 , 370 Conditio-sine-qua-non Formel
162
Dauergefahr 222 Deal 438 Defektzustand 152 , 234 Defensivnotstand 65 , 69 Deliktsverwirklichung 47ff - Vorsatz/Fahrlässigkeitskombination 47 - Actio libera in causa 48 - Vollrausch 49 - Wahlfeststellung 49 Denkzettel-Fälle 148 Diebstahl 1 27 , 183 , 239, 240, 3 1 6 - mi t Waffe n 1 27 - Wohnungseinbruchsdiebstahl 1 27 - Bandendiebstahl 219 - Zueignungsabsicht 1 28 - Wegnahme 124, 130, 1 35 , 183 Dienstaufsicht über Richter 406 Dienstaufsichtsbeschwerde 405 Disziplinarverfahren 408 Dokumentationsgebot 433 Doppelter Gehilfenvorsatz 326 Dreiec.ksbetrug 185, 340 Dreiec.kserpressung 321 Dringender Tatverdacht 4 1 6, 4 1 9 Drittbereicherung 310, 377 Drittbesitzerhaltungsabsicht 328 Drittzueignungstlille 3 1 9 Drohung 346, 355 Durchsuchungsanordnung 432 , 433 Eigenverantwortliche Selbstgefährdung 192, 193 , 297 , 395 Eigenverantwortliches Dazwischentreten 162 Eigenverantwortlichkeit 259
stichwortverzeichnis Einbrechen 127, 1 34 Einbringungspfandrecht 1 24 Eindringen 133 , 229, 289 Eingeschränkte Organthcorie 4 1 4 Einheit der Rechtsanwendung 409 Einheit der Rechtsordnung 320 Einheitstäterbegriff 370 Einrichtungen 340, 355 Einschränkung der Notwehr 1 03 - geringftlgige Eingriffe 103 - extremes Missverhältnis 103 - Angriffe von Kindern 103 - Angriffevon nahestehenden Personen 103 - Provokationsßlle 104 - Folterßlle 104 Einsperren 132 , 134 , 382 , 273 Einspruch 420 Einwilligung 367 , 394 Einwirkungsmöglichkeiten 3 1 6 EinzeJaktsthcorie 93 , 146 - modifIZierte 146 EinzeJlösung 343 , 379 Enteignung 240 Enteignungskomponente 3 1 7 Enteignungsthcorie 180 Entlastungsbehauptungen 431 Entschuldigender Notstand 1 74 Entwidmung 253 Erfassen des Sachverhalts 3 Erfolgsdelikte 34 - vorsätzliches 34 - versuchtes 39 Erfolgsqualifikation 212 , 2 1 4 , 220 Erfolgsverwirklichung 348 Erforderlichkeit - i. R. d Rechtfertigung 70, 97, 106 , 1 72, 208 - der Hilfeleistung 79, 89 - Bestimmung der Erforderlichkeit 102 Erfüllungsgehilfe 377 Erklärungsinhalt 337 Erlaubnistatbcstandsirrtum 143, 364 Ermächtigungstheorie 1 85 , 340 Ermittlungsbehörden 4 1 2 Ermittlungsmethoden 4 1 3 Ermittlungspflicht 423 Ermöglichungsahsicht 256 Erpressung 345 - versuchte Erpressung 346 Error in persona 109 , 121 , 235 , 267 - des Angestifteten 1 14 Erschleichen 341 , 355 Erschleichen von Leistungen 340 Exk1usivitätsverhältnis 3 1 5
449 Fahrlässige Körperverletzung 6 1 , 237, 294 Fahrlässige Tötung 200, 220, 297 Fahrlässiger Falscheid 304 Fahrlässiges Bcgehungsdelikt 44 Fahrlässiges unechtes Unter1assungsdelikt 47 Fahrlässigkeitsschuld 295 Fahruntüchtigkeit 243 , 392 , 401 - absolute 243, 392 , 401 - relative 243 , 392 , 40 1 Fairnessgebot 4 1 0 FaUbearbeitung 1 , 3 ff, 33 ff. Fallfrage 3 Falschaussage 302 , 304 Familientyrannenfall 91 Fehlgcschlagener Versuch 98 , 1 06, 1 59 Festnahmerccht 195 - prozessuale Tat 196 Feststellungen 296 Feststellungsverzicht 296 Fluchtgefahr 417 Freiheitsberauhung 132 , 273, 375 - Einsperren 1 32 , 1 34, 382 , 273 - Fortbewcgungsfreiheit 133 - versuchte 220 - mit Todesfolge 375 - durch Unter1assen Freiwilligkeit 93 , 149, 1 59 - autonome Motive 93 , 1 49 Fremdgeflthrdung 287 - einverständliche 297, 395 Fremdschädigungsdclikt 320 Fllhren eines KIZ 401 Garantenstellung 76, 84 , 301 - Bcschützcrgarant 77 , 88 - Oberwachungsgarant 77, 88 - aus Ingerenz 84, 88 , 201 - Obhuts- und Beistandspflichten 89 Garantiefunktion 387 Gebäude 1 29, 251 , 360, 363 - das der Wohnung von Menschen dient 363 , 365 , 384 Gebotcnheit 103 - der Verteidigung 103 Gebrauchen 389, 400 Gebrauchsrccht 124 Gedankenerklärung 336, 388 Gefahr 70, 81 , 89, 96, 106 - nicht anders abwendbar 89 - gegenwärtig 70, 81 , 96, 106 Gefahr im Verzug 437 Geflthrdung des Straßenverkehrs 392
450 Gefährdungserfolg 394 Gefährdungstheorie 160, 1 80 Gefahrengemeinschaft 88 Gefährliche Körperverletzung 147, 1 56, 1 65, 1 75, 266, 280 - Waffe 1 49, 1 56, 159 - lebensgefährdende Behandlung 150, 1 59, 267, 288 - hinterlistiger überfall 150, 1 59 Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr 260 Gefährliches Werkzeug 127, 2 1 7, 219, 267, 288 Gefahrzusammenhang 258 Gehilfe 332 Geldwäsche 354 Gemeingefährliche Mittel 1 1 1 , 1 2 1 Gesamtbetrachtungslehre 9 3 , 146 Gesamtlösung 343, 380 Gesamtsaldierung 346, 377 Gesamturkunde 400 Gesundheitsschädigung 60, 70, 159, 366, 374 Gewahrsam 127, 134, 183, 239 - Gelockerter Gewahrsam 239, 315 - Gewahrsamsbruch 239 Gewahrsamswechsel 324 Gewahrsamswill e 1 27 Gewalt 80, 89, 129, 228, 40 I - klassischer Gewaltbegriff 80 - moderner Gewaltbegriff 81 - physische Zwangswirkung 129 - fortwirkende Gewalt 1 30 - durch Unterlassen 130 - vis absoluta 2 1 3 Gewaltenteilungsgrundsatz 409 Gewerbegehilfe 310 Glaubhaftrnach ung 406 Gliederung des Sachverhalts 7 - nach Tatkomplexen 7, 9 - nach Personen 8 Gruppendynantik 276 Gutachtensti! 14, 1 5, 17 - Obersatz 1 5 Habgier 87, 89, 1 1 2, 1 2 1 Haftbefehl 405 Haftprtlfung 420 Haupttat 324 Hauptverhandlung 407, 420 Hausarbeiten 24ff - Aufgabenste11ung 26 - Literatur 27 - Formalien 27
StIchwortverzeichnis Hausfriedensbruch 1 33, 221, 273 - Wohnung 133, 135 - Eindringen 1 33, 289, 229 - Strafantrag 1 34 Hehlerei 308, 349, 352 HeimtOcke 85, 89, 93, 1 06, 1 1 1 , 1 2 1 , 155, 1 59, 164, 167 - Arglosigkeit 89, 94, 1 2 1 , ISS, 1 59, 164, 372 - Wehrlosigkeit 89, 121, 1 55, 159, 1 64, 372 - Vertrauensbruch 85, 94, 165 - feindliche Willensrichtung 93, 155 Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion 1 12 - in mittelbarer Täterschaft 1 1 3 - mit Todesfolge 1 1 3 - Anstiftung 120, 1 56 Herbeiführung einer schweren Folge 285 Hilfeleisten 327, 332 Hilflose Lage 78, 89, 207, 374, 383 Hinterlistiger überfall 1 50, 159 Historische Auslegung 19 Hörfalle 412 Idealkonkurrenz 288 Identitätstäuschung 389 Imstichlassen 79, 89, 207, 374, 383 In Brand setzen 251, 263, 360, 363, 364, 378, 383 - durch Unterlassen 369 In dubio mitius 50 In dubio pro reo Grundsatz 7, 245, 279, 428, 439 Individualrechtsgut 394 Informationsanspruch 415 Informatorische Befragung 42 1 Ingerenz 84, 88, 201 Innere Willensrichtung 3 1 5 Instanzenzug 408 Interessenabwägung 82, 97 Irrtum 98 - Ober einen Entschuldigungsgrund 98 - Vermeidbarkeit des Irrtums 98 - Ober den Kausalverlauf 109, 1 2 1 , 1 93, 235, 366 - Aberratio ictus 1 09, 1 20, 236 - Motivirrtum 109 - Erlaubnistatbestandsirrtum 1 43, 364 Kapitaldelikte 4 1 7 Kausalität 108, 280 - Äquivalenztheorie 108, 1 70, 191, 208, 294 - Conditio sine qua non Formel 1 62
stichwortverzeichnis
451
- Atypischer Kausalverlauf 1 92 - Quasi-Kausalität 200 - Hypothetische Kausalität 300 Kausalitätskriterium 73 Kennzeichen 400 Kembereich richterlicher Tätigkeit 407 Klageerzwingungsverfahren 405 Klausurbearbeitung 24 ff - Formalien 25 Koinzidenzprinzip 234 Konkrete Gefahr 393 Konkrete Leibesgefahr 392 Konkurrenzen 23 - Idealkonkurrenz 23, 24 - Realkonkurrenz 23, 24 - Geset2cskonkurrenz 23, 24 Konkurrenzlösung 322 Körperliche Misshandlung 60, 70, 149, 1 59, 208, 266 Körperverletzung 60, 70, 149, 169, 191, 232 - Körperliche Missh andlung 60, 1 49, 159, 191, 208, 232 - Gesundheitsschädi gun g 60, 149, 1 59, 1 9 1 , 208, 232 - fahrlässige Körperverletzung 61, 237 - gefllh rliche Körperverletzung 147, 1 56, 165, 1 75, 266, 280 - schwere Körperverletzung 1 76 - mit Todesfolge 1 97, 268 Kraftfahrzeugftlhrer 229 Kriterium des Energieeinsatzes 73 Kriterium des fortwirkenden Gefllhrlichkeitsmoments 276
- Lösungsskizze 4, 9 - Auslegen des Sachverhalts 4 - Gliederung des Sachverhalts 7 - Darstellung eines Theorienstrcits 21 - Konkurrenzen 23 Mitbeschuldigter als Zeuge 435 Mitfahrer 393 Mittäterschaft 51 Mittelbare Täterschaft 53, 108, 109, 1 1 1 , 1 1 3, 151, 153, 1 56, 332 - Tatherrschaft 109 Mittel-Zweck Relation 274 Mord 85, 89, 92, 93, 106, 1 1 1 , 1 1 3, 1 1 6, 1 18, 121, 1 42, 153, 1 55, 1 58, 164, 1 70 - durch Unter1assen 85, 205, 372 - Heimtücke 85, 93, 106, 1 1 1, 1 2 1 , 159, 1 64, 167, 372 - Habgier 87, 89, 1 12, 1 2 1 , 373 - Niedrige Beweggründe 87, 89, 1 16, 121, 142, 1 53, 155, 1 58, 168, 374 - Gemeingefllhrliche Mittel 1 1 1 , 121, 373 - versuchter Mord 92, 142, 153, 167, 205 - in mittelbarer Täterschaft 1 1 1, 1 53 - Anstiftung zum Mord 1 1 3 - Strafbegrlln dunglStrafschärfung 1 16, 153 - täterbezogene Mordmerkmale 1 18, 1 2 1 , 155 - tatbezogene Mordmerkmale 1 18, 121 - Verdeckungsabsicht 1 68, 205, 300, 373 - grausam 372 Motivirrtum 1 09 Mündlichkeitsprinzip 428 MutmaßJiche Einwilligung 1 72
lagertheorie 340 landfriedensbruch 272 -gewalttätiger 272 lebensgefllhrdende Behandlung 1 50, 1 59 legalitätsprinzip 409 lehre vom normativen Näheverhältnis 1 85 leichtfertigkeit 222, 228, 263 letalitätstheorie 2 1 3 limitierte Akzessorietät 9 lösungsskizze 4, 9
Nachteilszuftlgungsabsicht 391 Nachtragsklage 422 Näheverhältnis 321, 406 Natllrliche Verbundenheit 88 Nebentäterschaft 54 Negativsaldo 346 Nemo tendur Grundsatz 4 1 1 , 4 1 3, 43 1, 437 Nichtanzeige von Straftaten 223 Nichterweislichkeit 270 Niedrige Beweggründe 87, 89, 1 16, 1 2 1 , 142, 153, 1 55, 168 Nothilfe 172 Nötigung SO, 89, 1 05, 22 1 , 274, 398 - Gewalt 80 Nötigungserfolg 321 Notstand 63, 68, 8 1 , 1 72 - Gefahr 81, 89, 96, 106 - Interessenabwägung 82, 97, 172 - Erforderlichkeit siehe dort
Manifestationstheorie 1 79 - weite 1 79 - enge ISO Meineid 304, 306 Menschenmenge 272, 289 Methodik der Fallbearbeitung 3 ff - FaUfrage 3 - Erfassen des Sachverhalts 3
452 Notwehr 61, 68, 95, 101, 194 - Angriff 6 1 , 70, 95, 106, 208 - Gebotenheit 103 - Verteidigungswille 105 - Präventivnotwehr 95 - bei Fabr1ässigkeitstaten 101 - Einschränkung d. Notwehrrechts 103 - Ausschluss d. Notwehrrechts 104 - Notwehrprovokation 104, 282 Notwehrprovokation 104 - Schutzwehr 105 - Trutzwehr 105 Nummerus c1ausus der Beweismittel 440 Nutznießungspfandrecht 124 Obersatz 15 Obhuts- und Beistandspflichten 89 Objektive Sorgfaltspflicht 6 1 , 70, 100, 198, 215, 238, 295, 297, 365 Objektive Zurechenbarkeit 84, 89, 1 62, 192, 198, 208, 297 - Eigenverantwortliches Dazwischentreten 162, 198 - Atypischer Kausalverlauf 192 - Eigenverantwortlich Selbstge&hrdung 192 Organ der Rechtspflege 409 Parteünteressentheorie 414 Perpetuierungsfunktion 309, 387 Personenidentität 377 Pfandkehr 124 - Wegnahme 124 - Plllndungsverbot 124 - besitzloses Pfandrecht 124 - Strafantrag 126 - Versuchte Pfandkehr 123 Pfandrecht 1 24 Plllndungsverbot 124 Pflichttheorie 303 Pflichtwidrigkeitszusarnmenhang 297, 365 Potentielle Fortbewegungsfreiheit 132 Präventivnotwehr 95 Private Kenntniserlangung eines Staatsanwalts 423 Privatklage 405 PromiJlegrenzen 243 Protokollverlesung 427 Provokation 144 Prozessmaxime 403, 413 Prozcsssystematische Auslegung 413 Prozessuale Tat 196 Psychische Beihilfe 325 Psychische Mitwirkungshandlung 278
StIchwortverzeichnis Qualifikationslos-doloses Werkzeug 328, 332 Raub 129, 2 1 2, 224 - Gewalt gegen eine Person 1 29, 1 35 - versuchter Raub 1 30, 2 12, 216 - unmittelbares Ansetzen beim versuchten Raub 1 3 1 , 221 - mit Todesfolge 212, 221 - schwerer Raub 216 Räuberische Erpressung 225, 3 1 9 Räuberischer Angriff a uf Kraftfahrer 224 Räuberischer Diebstahl 3 1 8, 328 Rauschtat 246, 270 Rauschzustand 245 Recht auf Akteneinsicht 414, 415 Recht auf Lüge 414 Rechtfertigung 38, 68 - Notwehr 61, 68, 95, 194 - Notstand 63, 68, 172 - Defensiver Notstand 65 - Aggressiver Notstand 67 - bei Fahr1ässigkeitstaten 101 - mutmaßliche Einwilligung 172 - derTötungeines unrettbarVeriorenen 172 - Festnahmerecht 195 Rechtsbehelfe - gegen Zwangsmaßnahmen 432 - gegen Untersuchungshaft 417 Rechtsbewährungsprinzip 62 Rechtsmittel 404 RechtsmitteiverLicht 439 Rechtspflegedelikt 391 Regelbeispiel 129 Rein faktische Nähetheorie 1 85 Relatives Antragsdelikt 404 Repräsentantenhaftung 377 Restitutionsvereitelung 307 Rcvisionsgericht 405 Richteranklage 408 Richterliche Unabhängigkeit 406 Richterlicher Durchsuchungsbefehl 432 Risikoerhöhungsprinzip 56, 57 Risikoverminderungslehre 75, 299 Rüek!ritt 98, 126, 1 45, 167, 203, 2 1 5 - fehlgeschlagener Versuch 98, 145, 159 - unbeendeter Versuch 93, 1 45 - beendeter Versuch 93, 145 - Aufgabe der weiteren Tatausfithrung 93 - Freiwilligkeit 93, 149, 159 - DenkzettelJlllle 148 - beim Unterlassungsdelikt 201 - vom erfoigsqualifizierten Versuch 2 1 5
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StIchwortverzeichnis Sachbeschädigung 63, 66, 10.7, 1 12, 1 34 - Tiere als Sachen 64 - Beschädigung 70., 1 34 - Zerstörung 70. - in mittelbarer Täterschaft 1 1 2, 1 1 9 - Anstiftung 1 1 9 - Strafantrag 1 34 Sachbetrug 3 1 4 Sachen 70 - Fremd 1 34, 183 Sachherrschaft 316, 327 Sachverhaltsauslegung 4 Sachverhaltsungewissheit 6 Schlägerei 269, 289 Schuld 174 - entschuldigender Notstand 174 Schuldgrundsatz 246 Schuldunfähigkeit 233, 234, 237, 394 Schuldvorverlagerungstheorie 234 Schutzwehr 283 Schwangerschaftsabbruch 1 69 - versuchter Schwangerschaftsabbruch 169 - in besonders schwerem Fall 1 70. Schweigen 430. Schwere Gesundheitsschädigung 254, 263 Schwere Körperverletzung 1 76 Schwerpunkt der Vorwerlbarkeit 73 Schwerpunkt der Vorwerlbarkeit 368 Schwerpunktsetzung 1 , 1 4 Selbstbelastung 435 Selbstschädigungsdelikt 320. Sicherheitsvorkehrungen 341 Sicherungserpressung 322 Spontanäußerung 42 1 Sprache 1 4 Spruchtätigkeit 407 Stellung des Verteidigers 4 1 4 Steuerhinterziehung 4 1 9 Strafantrag 63, 1 26, 1 34, 341 , 40.3 Strafantragsverzicht 40.5 Strafanzeige 404 Strafausschließungsgrund 307 Stralbarkeitsbedingung 246, 270, 271 Stralbegründung 1 16, 1 53 Strafmilderung 98, 4 \ 0, 4 1 1 Strafprozessuale Zusatzfrage 40.3 ff. Strafprozessualer Urkundenbegriff 440. Strafschärfung 1 1 6, 1 53 Strafvereitei ung 306, 4 1 4 Strafverfolgung 345, 40.5 Strafzumessung 143, 1 53, 398 Straßenverkehr 392 Subjektive Sorgfaltswidrigkeit 239, 295, 365
Subsidiaritätsklausel 227, 3 1 7, 341 Subsumtionstechnik 1, 1 5, 20. Sukzessive Beihilfe 324, 327 Systematische Auslegung 19 Tat im prozessualen Sinne 422, 436 Tatbestandsannex 246 Tatbestandsausschließendes Einverständnis 132 Tatbestandslösung 235, 322 Tatbestandsspezifischer Gefahrzusammenhang 1 99, 214 Tatbezogene Mordmerkmale 1 18, 1 2 1 Tateinheit 273, 354 Tatentschluss 93, \06, 142 Täterbezogene Mordmerkmale 1 1 8, 1 2 1 , 155 Tatherrschaft 10.9, 1 5 1 - Tatherrschaftslehre 1 5 1 , 329, 379 - subjektive Theorie 1 5 1 , 152 Tatkomplexe 7, 9 Tätlicher Angriff 397, 401 Tatmehrheit 354 Tatmittler 364 Tatplantheorie 1 46 Tatsachen 1 38, 1 57 - ehrenrührige Tatsache 1 39 - unwahre Tatsache 1 39, 1 40, 1 4 1 , 157 Teilnahme 54 - Anstiftung 54, 1 \ 3 - Beihilfe 54, 324, 325, 327 Telefono.berwachung 4 1 5 Teleologische Auslegung 19 Theorienstreit 21 Tiere als Sachen 64 Totschlag 73, 82, 108, I SO., 1 62, 1 66, 281 - durch Unterlassen 75, 84, 20.0, 20.1 , 299 - in mittelbarer Täterschaft \08, I SO. - versuchter Totschlag 166, 20.1 , 371 Trickdiebstahl 3 1 4 Trunkenheit im Straßenverkehr 392, 395, 396, 399 T rutzwehr 283 übergang des Strafantragsrecht 405 überwachergarant 77, 88 Umstiftung 222 Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaft 40.9 Unbeendeter Versuch 93 Unbefugter Gebrauch eines Fahrzeugs 227, 242 Unerkann te Gutgläubigkeit 30.5
454 Unerlaubtes Entfernen vom Unfall ort 261 , 296, 399 - berechtigtes 262 - entschuldigtes 262 Unfall 263 Unfallbeteiligte 296 Unglücksfall 79, 89, 301 Unmittelbares Ansetzen 94, 1 26, 131, 143, 1 53, 166, 2 1 4, 36 1, 364, 379 - beim Unterlassungsdelikt 20 I, 202 - L R. d. mittelbaren Täterschaft 343 Unmittelbarkeit 3 1 5 Unmittelbarkeitsgrundsatz 427 Unrechtsbewusstsein 241 Unsubstaniliertes Geständnis 439 Untauglieber Versueb 1 28 Unterdrücken 390, 400 Unterlassene Hilfeleistung 79, 82, 87, 301, 375 - Unglücksfall 79, 89 - Hilfeleistung 79, 82, 302 - Erforderliebkcit 79, 82, 89 Unterlass ungsdelikt 42 ff, 368 - vorsätzliebes uneebtes 42 - fahrlässiges unechtes 47 Unterschlagung 1 79, 187, 307, 351 - Zueignungshandlung 1 79, 1 87, 188 Untersuebungshaft 405, 4 1 6 Urkunde 337, 355, 388, 399 - zusamm engesetzte 337, 355, 388, 400 - echte 399 Urkunden�gung 339 Urkundenflilsebung 336, 337, 387 Urkundenunterdrückung 337, 390, 391 Urkundsbcweis 427 Urteilstil 1 7 Verbrechensverabredung 366 Verbreiten 158 Verdeckter Ermittler 4 1 2 Verdeckungsabsiebt 168, 1 76, 205, 209, 256, 300 - beim Unterlassen 206 Verdunkelungsgefahr 4 1 7, 4 1 9 Vereiteln der ZwangsvoUstreckung 1 26 Verfahrenshindemis 405 Verflilsebung 337, 355, 388, 400 Verfilgungsbewusstsein 1 86, 3 1 5 Verhältnismäßigkcit 158 Verhinderung einer Sebliebtung 275 Verjährung als Verfahrenshindernis 428 Verkehrssieberungspftiebt 88 Verkehrsteilnehmer 391
StIchwortverzeichnis Verkehrsunfall 296, 402 Verkörperte Gedankcnerldärung 336 Verleitung zum Meineid 305, 306 Verlesungsverbot 420 Verleumdung 138, 1 39, 140 - Tatsaebenäußerung138 - Behauptung 139 Vermeidbarkeit 98, 1 06 Vermeidbarkeitstheorie 75, 299 Vermieterpfandreebt 124 Verminderte Sebuldflllügkeit 233, 394 Vermögenshegriff 346f. - juristischer 346 - wirtschaftlieber 346 - juristisch-ökonomischer 347 - pcrsonaler 347 Vermögensgefliludungsdelikl 296 Vermögensverfilgung 1 82, 185, 188, 315, 32 1, 339, 379 Vernehmung des Staatsanwalts 423 Vernehmungsbegriff 4 1 2 - formeller 4 1 2 - materiellcr 4 1 5 Verniebten 390, 391, 400 Versebaffen 309 Versebaffun gsakt 350 Versieberungsmissbraueb 257, 259 Versieberungsmissbraueb dureb Unterlassen 370 370 Verständigung im Strafprozess 438 Versueb 39, 40, 92, 1 42, 153, 166, 2 1 5, 2 19, 380 - Tatentsebluss 93, 106, 142 - unmittelbares Ansetzen 94, 1 53 - fehlgeseblagcner Versueb 98, 145, 1 59, 209, 2 1 5 - unheendeter Versueb 93, 146, 209, 2 1 5, 371 - beendeter Versueb 93, 146, 371 - untauglieber Versueb 128 - erfolgsqualifizierter Versueb 2 1 2, 2 15, 268 Verteidigerkonsultation 4 1 0 Verteidigungsbandlung 100 Verteidigungsverhalten 414 Verteidigungswille 105 Verwerflichkeit 355 Verwertbarkeit cincr Zcugcnaussage 435 Vis ahsoluta 2 1 3, 220, 224, 225, 319 Vollendete Absatzhilfc 3 1 1 Vollendung 325, 327 Vollrausch 49, 247
stichwortverzeichnis Vollstreckungshandlung 397, 401 Vorbereitungshandlung 238, 379 Vorsatz 163 - Alternativvorsatz 1 63, 1 76 - Gellihrdungsvorsatz 2 1 9 - Eventualvorsatz 224 - Dolus directus 1. Grades 232, 327 - Dolus directus 2. Grades 327 Vorsatz/Fahrlässigkeitskombination 47, 366 Vorsätzlicbes Begcbungsdelikt 34 Vorsätzlicbes unecbtes Unterlassungsdelikt 42 Vorsatzloses Werkzeug 365, 376 Vorspiegelung 314 Vorstellungsbild 314 Vorverhalten 84 Waffe 149, 1 56, 159 Wahlfeststellung 49 Wahrheitstheorie 303 - objektive 303 - subjektive 303 Wegnahme 124, 1 30, 135, 183 - Gewahrsam 1 27, 135, 183 - L S. d § 289 SIGB 1 24 - bei besitzlosen Pfandrecbten 1 24 Wehrlosigkeit 89, 121, I SS, 159, 1 64 Weisungsgebundenheit eines Staatsanwalts 408 Werturteile 1 38, 1 57
455 Wider besseres Wissen 158 Widersprucbslösung 431 Widerstand gegen Vollstreckungsbcamte 397, 401 Wiederholungsgefahr 417 Willensausscbließende Gewalt 3 1 9 Willensfreiheit 277 Wohnung 1 27, 133, 1 35, 253 Wortlautargument 19 Zerstörung 70 Zeuge 302 - vom Hörensagen 412, 426 Zeugenbcweis 427 Zeugnisverweigerungsrecbt 420, 425 Zueignen 355 Zueignungsabsicbt 1 28, 135, 240 Zueignungshandlung 1 79, 188 Zueignungswille 309 ZufaUsfund 434 Zugangssperren 341 Zur Ausfllhrung der Tat 1 28, 1 29 Zur Täuscbung im Recbtsverkehr 389, 400 Zurecbenbarkeit 84, 89, 192 - objektiv 84, 89, 1 92 ZurOckbehaitungsrecbt 1 24 Zusatztatsacben 425 Zutritt 340, 355 Zweistufiger Deliktsautbau 55