Allgemeine Geschäftsbedingungen und Verträge für Unternehmen
Christoph Schmitt • Detlef Ulmer
Allgemeine Geschäftsbedingungen und Verträge für Unternehmen Chancen und Risiken
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Christoph Schmitt Rechtsanwalt Hoffmann Liebs Fritsch & Partner Kaiserswerther Straße 119 40474 Düsseldort, Deutschland
[email protected] Detlef Ulmer Ulmer Ulbricht & Partner Rechtsanwälte & Steuerberater Zingel 33 31134 Hildesheim, Deutschland
[email protected] ISBN 978-3-642-01474-1 e-ISBN 978-3-642-01475-8 DOI 10.1007/978-3-642-01475-8 Springer Heidelberg Dordrecht London New York Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Einbandentwurf: WMXDesign GmbH, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem Papier Springer ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media (www.springer.com)
Vorwort
„Pacta sunt servanda“ – es gilt, was vereinbart wurde – lautet ein Grundsatz, der von deutschen Gerichten längst nicht mehr unbegrenzt akzeptiert wird. Das ist keine sehr neue Entwicklung: Bereits die Urform der Inhaltskontrolle von Verträgen „nach Treu und Glauben“, in § 242 BGB normiert, beschränkte die Verpflichtung des Schuldners darauf, seine Leistung so zu gestalten, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Die technische und wirtschaftliche Expansion im 19./20. und 21. Jahrhundert führte dann dazu, dass nicht mehr einzelne Verträge ausgehandelt wurden, sondern für eine große Anzahl von Verträgen inhaltsgleiche Bedingungen entworfen und vereinbart wurden. Diese Entwicklung, die von der Versicherungswirtschaft ausgehend über die Verkehrsunternehmen und Kreditinstitute alsbald alle Produktions- und Handelsbetriebe sowie das Dienstleistungsgewerbe erfasste und sich inzwischen allgemein durchgesetzt hat, erforderte schon bald eine Kontrolle der Wirksamkeit solcher Bedingungen. In rechtlicher Hinsicht wurden die mit der AGB-Verwendung verbundenen Probleme schon frühzeitig von der Rechtsprechung des Reichsgerichts aufgegriffen, die der Bundesgerichtshof fortgeführt hat. Rechtliche Grundlage waren damals noch die Allgemeinen Vorschriften über sittenwidrige Rechtsgeschäfte im Sinne des § 138 BGB. 1976 wurde das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen im AGBGesetz, das am 01.04.1977 in Kraft trat, geregelt. Die Grundstruktur dieses Gesetzes hat sich auch über seine Novelle von 1996 und die Integration des materiellen AGB-Rechts in das BGB im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung 2002 erhalten. Der persönliche Anwendungsbereich, also die Frage der Anwendung des Gesetzes auf Geschäfte zwischen Unternehmern und Verbrauchern, aber auch zwischen Unternehmern allein, wird geregelt. Der sachliche Anwendungsbereich wird auf solche Vereinbarungen in Verträgen beschränkt, die nicht individuell ausgehandelt sind. Das sind „allgemeine Geschäftsbedingungen“. Diese Definition bedeutet für Verträge zwischen Unternehmern, dass realiter nahezu alle Vereinbarungen Allgemeine Geschäftsbedingungen sind. Denn gewerbliche Tätigkeit erfordert auch ein geschäftliches Know-how, das sich in der Vertragsgestaltung manifestiert und notwendig zu Wiederholungen führt. Im Gesetz werden für Allgemeine Geschäftsbedingungen zunächst die Voraussetzungen für die Einbeziehung in den Vertrag definiert, dann die Maßstäbe für die Kontrolle ihres Inhaltes. Schließlich bestimmt das Gesetz noch die Rechtsfolge, wenn eine Allgemeine Geschäftsbedingung nicht einbezogen und/oder unwirksam ist.
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Vorwort
Im Zuge der Europäisierung des deutschen bürgerlichen Rechts trat und tritt der Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes immer mehr in den Vordergrund und bestimmt die Wertungen des europäisch harmonisierten bürgerlichen Rechts, zu dem auch das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen gehört. So wird heute die Frage nach der Billigkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch bei Verträgen zwischen Unternehmen – teils systemfremd – immer mehr nach Wertungen und Kriterien beurteilt, die aus dem Bereich des Verbraucherschutzes stammen. Die Folge davon ist ein käuferfreundliches Recht, das häufig nicht mit der wahren Interessenlage bei Verträgen zwischen Unternehmern in Einklang zu bringen ist. Es wird deshalb für Unternehmen immer schwieriger, solche Vertragsbedingungen zu gestalten, die einer gerichtlichen Kontrolle Stand halten können. So werden plötzlich Vertragsinhalte verbindlich, die regelmäßig von den Parteien gar nicht gewollt sind, aber dem Verständnis des normativen Gesetzesinhalts des zuständigen Gerichts entsprechen. Aus deutscher Sicht ist dadurch der Grundsatz „pacta sunt servanda“ weitgehend unbedeutend geworden. Die Parteiautonomie, das Recht Verträge so zu schließen, wie es gewollt ist, besteht für den Inhalt nur noch eingeschränkt fort. Sie manifestiert sich eher noch in der Freiheit, den Vertragspartner auszuwählen, also der Abschlussfreiheit. Der Inhalt von Verträgen dient eher der Ermittlung des Willens der Vertragsparteien, um auf diesem Wege das Geschäft entsprechend der Vertragstypologie des Gesetzes möglichst bestimmten gesetzlichen Regeln zu unterwerfen. Das Gesetz gibt Freiraum für autonome Gestaltungen, die nur soweit zulässig sind, wie sie mit dem Leitbild des Gesetzgebers übereinstimmen. Was widerspricht, wird regelmäßig unbillig sein. An dessen Stelle tritt dann die gesetzliche Regelung. Die Regeln, die sich die Partien eigentlich geben wollten, treten dahinter zurück. Daraus hat sich die einerseits resignative, andererseits bedenkliche Bewertung gebildet, mit Verträgen könne man nichts mehr ausrichten, es gelte sowieso das Gesetz, so wie es von der Justiz ausgelegt wird. Diese Grundhaltung hat sich in Deutschland schon soweit verfestigt, dass einerseits Verträge gar nicht mehr richtig gelesen werden. Viele denken: „Es kann ja nichts mehr passieren, das Recht schützt schon. Und wenn ich nichts gesehen habe, so kann ich auch nicht zugestimmt haben und muss in Schutz genommen werden.“ Man vertraut darauf, dass im Prozess eine ungünstige Vereinbarung schon vom Richter nicht akzeptiert werden wird. Eine Risikoanalyse hält man für entbehrlich, weil zuletzt sowieso die Risikoverteilung des Gesetzes gelte. Andererseits wird bereits hinsichtlich dieser Entwicklung zu Recht von einem internationalen Standortnachteil gesprochen. Eine bedenkliche Haltung, die nur deshalb häufig keinen Schaden anrichtet, weil die ganz überwiegende Mehrzahl der Verträge unproblematisch vollzogen wird. Im Streitfall aber ist gerichtliche Hilfe unberechenbar. Außergerichtliche Problemlösungen müssen dem Rechnung tragen. Hierbei ist dann aber im Vorteil, wer die besseren Argumente dafür vorbringen kann, dass seine Klausel vor Gericht Erfolg haben könnte. Unser Buch will, trotz der in ihrer konkreten Anwendung durch die Rechtsprechung schwierigen Rechtsgrundlage in Deutschland, Chancen beschreiben, wirt-
Vorwort
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schaftlich sinnvolle Verträge nicht nur zu schließen, sondern auch durchzusetzen. Denn die Voraussetzung dafür ist die Kenntnis, nach welchen Wertungen und gesetzlichen Regeln über die Wirksamkeit von Klauseln entschieden wird. Dem gilt das Hauptaugenmerk. Einen allgemeinen Ratgeber, der den Anspruch erhebt, gerichtsfeste Allgemeine Geschäftsbedingungen formulieren zu können, soll dieses Buch nicht darstellen. Ein solcher Versuch würde auch notwendig scheitern. Zu komplex sind die Fragen des Einzelfalls. Eine sorgfältige individuelle Rechtsprüfung und AGB-vertragsrechtliche, anwaltliche Vertretung im Falle eines Rechtsstreits um den Bestand von Vertragsklauseln und Rechten hieraus kann und will dieses Buch deshalb auch nicht ersetzen. Das Buch soll nur ein Ratgeber sein, Verträge so zu gestalten, dass sie möglichst auch vor Gerichten Bestand haben, ohne diesem Aspekt den absoluten Vorrang einzuräumen. Die Darstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie orientiert sich an der Wichtigkeit von Klauseln, wie sie sich in der Praxis ergeben hat. Es geht bei der Gestaltung von Verträgen um die Vereinbarung von Verfahren, die die wirtschaftlichen Ziele der Vertragsbeteiligten erreichen sollen. Im Vordergrund steht für den Praktiker deshalb nicht nur, ob eine Klausel „gerichtsfest“ ist. Denn die Abkürzung AGB bedeutet nicht: „Allgemeine Gerichtsbedingungen“, sondern „Allgemeine Geschäftsbedingungen“. Dort, bei der Gestaltung des Geschäfts, muss die Priorität liegen. Das Risiko rechtlicher Unwirksamkeit darf nicht zu Lasten wirtschaftlich notwendiger Vertragsabläufe und Risikoverteilungen die Vertragsgestaltung dominieren. Allerdings ist das Risiko hoch, die Rechtsfolgen unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen sind beträchtlich. Das bietet genügend Anlass, bei der Vertragsgestaltung sehr sorgfältig vorzugehen und den Rationalisierungseffekt einer Klausel gegen das Risiko, dass die Rechtsfolgen der Unwirksamkeit eintreten, sorgfältig abzuwägen. Die komplizierte Rechtslage, die auch dadurch kompliziert geworden ist, dass eine umfangreiche Zeitschriften- und Kommentarliteratur entstanden ist, die sich im Differenzieren überbietet, erleichtert die Aufgabe nicht. Es wird in Frage gestellt und bedenklich hinterfragt, eine Lösung wird meist nicht geboten. Wir haben uns deshalb entschlossen, nur da typisch juristische und dogmatische Diskussionen zu erwähnen, wo es für das Verständnis unvermeidlich ist. Das befreit dieses Buch von dem nur Juristen unvermeidlich erscheinenden Ballast des wissenschaftlichen Apparates und der Inflation von Fußnoten, die sowieso häufig nicht belastbar sind, weil im zu regelnden Einzelfall dann doch Entscheidendes anders ist. Bezugspunkt ist das Gesetz. Deshalb ist es ausführlich und wörtlich im Text zitiert. Bezugspunkt ist weiter die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die – wie zahlreiche gescheiterte Versuche zeigen – nicht hinweg zu diskutieren ist. Ob sie nun gefällt oder auch nicht. Düsseldorf/Göttingen im September 2009
Christoph Schmitt Detlef Ulmer
Inhaltsverzeichnis
Vorwort..................................................................................................................V 1 Übersicht zum deutschen Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen .................................................................................... 1 1.1 Allgemeine Geschäftsbedingungen .......................................................... 2 1.1.1 1.1.2 1.1.3 1.1.4
Vertragsbedingung ........................................................................ 4 Vorformulierte Vertragsbedingung ............................................... 5 Vielzahl von Verträgen.................................................................. 5 Vom Verwender gestellt................................................................ 6
1.2 Individualvertrag vs. Allgemeine Geschäftsbedingung ............................ 7 1.2.1 1.2.2 1.2.3 1.2.4 1.2.5
Im Einzelnen ausgehandelte Bedingungen .................................... 7 Allgemeine Geschäftsbedingungen kraft Anschein..................... 10 Individualverträge kraft Anschein? ............................................. 11 Beweislast für Individualverträge................................................ 11 Fazit ............................................................................................. 13
1.3 Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in den Vertrag ........ 14 1.3.1 Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen im nationalen Rechtsverkehr zwischen Unternehmern .................... 16 1.3.2 Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen im internationalen Rechtsverkehr ..................................................... 18 1.3.3 Einbeziehung und E-Commerce .................................................. 20 1.4 Überraschende Klauseln ......................................................................... 21 1.5 Kollision von Bedingungen. Vorrangsregeln.......................................... 23 1.5.1 Vorrang der Individualabrede...................................................... 23 1.5.2 Kollision von Bedingungen im nationalen Geschäftsverkehr ......................................................................... 24 1.5.3 Kollision allgemeiner Geschäftsbedingungen im internationalen Geschäftsverkehr ................................................ 26 1.6 Billigkeitskontrolle ................................................................................. 28 1.6.1 Klauseln im engeren Sinne und „andere Bestimmungen“ ........... 28 1.6.2 Transparenzgebot ........................................................................ 30 1.6.3 Unbillige Klauseln....................................................................... 34
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Inhaltsverzeichnis
1.6.4 1.6.5 1.6.6 1.6.7
Regelbeispiele des § 307 Abs. 2 BGB ......................................... 35 Bedeutung der Klauselkataloge der §§ 308 und 309 BGB .......... 35 Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ............................ 37 Prüfungsverfahren ....................................................................... 39
1.7 Auslegungsregeln und Umgehungsverbot .............................................. 42 1.7.1 Umgehungsverbot des § 306a BGB............................................. 42 1.7.2 Auslegungsregel des § 305c Abs. 2 BGB .................................... 43 1.8 Rechtsfolgen ........................................................................................... 44 1.8.1 1.8.2 1.8.3 1.8.4 1.8.5 1.8.6 1.8.7
Unwirksamkeit einer Klausel nach § 306 Abs. 1 1. HS BGB ...... 45 Wirksamkeit im Übrigen nach § 306 Abs. 1 2. HS BGB ............. 47 Lückenfüllung durch gesetzliche Vorschriften............................ 47 Lückenfüllung bei unbilliger Klausel durch Auslegung.............. 48 Unwirksamkeit des gesamten Vertrags, § 306 Abs. 3 BGB......... 50 Unterlassungs-, Beseitigungs- und Widerrufsansprüche ............. 51 Schadensersatz wegen der Verwendung unwirksamer Geschäftsbedingungen................................................................. 56 1.8.8 Vorteilabschöpfung ..................................................................... 59 2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln............................................................... 61 2.1 Dauer der Annahme und Leistungsfrist .................................................. 62 2.1.1 2.1.2 2.1.3 2.1.4 2.1.5
Einseitige Bindung des Kunden................................................... 62 Annahmefrist ............................................................................... 63 Leistungsfrist ............................................................................... 64 Beispiele der Rechtsprechung...................................................... 64 Transparenzgebot für Annahme – und Leistungsfrist.................. 65
2.2 Leistungsänderung und Preisanpassung.................................................. 65 2.2.1 Leistungsänderung....................................................................... 66 2.2.2 Preisanpassung ............................................................................ 68 2.2.3 Transparenz von Anpassungsklauseln......................................... 69 2.3 Inkasso: Lastschrifteinzug, Vorfälligkeit................................................ 71 2.3.1 Inkasso, Lastschrifteinzug ........................................................... 71 2.3.2 Erteilung einer Einzugsermächtigung.......................................... 72 2.3.3 Vorfälligkeitsklauseln.................................................................. 72 2.4 Lieferzeit und Lieferverzug .................................................................... 75 2.4.1 2.4.2 2.4.3 2.4.4
Lieferzeitklauseln ........................................................................ 75 Billigkeitsregeln aus dem Gesetz................................................. 78 Typische Konflikte ...................................................................... 81 Lieferverzug ................................................................................ 84
2.5 Zahlungsverzug....................................................................................... 86
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2.6 Eigentumsvorbehaltsklausel ................................................................... 88 2.6.1 2.6.2 2.6.3 2.6.4 2.6.5 2.6.6 2.6.7
Die Gesetzliche Regelung des Eigentumsvorbehalts................... 88 Vereinbarung des einfachen Eigentumsvorbehalts...................... 89 Ausschluss des Eigentumsvorbehalts .......................................... 90 Besondere Formen des Eigentumsvorbehalts .............................. 90 Kollidierende Allgemeine Geschäftsbedingungen ...................... 93 Dinglicher Eigentumsvorbehalt ................................................... 93 Herausgabe der Sache.................................................................. 94
2.7 Gefahrübergang ...................................................................................... 95 2.7.1 Unmittelbare Übergabe................................................................ 95 2.7.2 Versendungskauf ......................................................................... 96 2.8 Ansprüche wegen Mängeln .................................................................... 97 2.8.1 Beschränkung der Ansprüche auf Nacherfüllung ........................ 99 2.8.2 Mängelfristen............................................................................. 104 2.8.3 Ausschluss von Ansprüchen wegen Mängeln ........................... 111 2.9 Haftungsausschluss und Haftungsbegrenzung...................................... 112 2.9.1 Haftungsausschluss bei Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit................................................................................. 115 2.9.2 Freizeichnungen von der Haftung für Sach- und Vermögensschäden.................................................................... 116 2.9.3 Verschulden und Beschaffungsrisiko ........................................ 120 2.9.4 Ausschluss des Rücktrittsrechts................................................. 122 2.9.5 Haftpflicht und Produkthaftpflichtversicherung........................ 122 2.9.6 Transparenz ............................................................................... 124 2.10 Andere haftungsbefreiend wirkende Vereinbarungen .......................... 125 2.10.1 Rücktrittsvorbehalt .................................................................... 126 2.10.2 Verweisung an Dritte................................................................. 126 2.11 Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen und Vertragsstrafe ..... 127 2.11.1 2.11.2 2.11.3 2.11.4 2.11.5 2.11.6
Abgrenzung Pauschale und Vertragsstrafe ................................ 128 Schadenspauschale .................................................................... 128 Vertragsstrafen .......................................................................... 129 Schadensersatz, Erfüllungsanspruch und Vertragsstrafe ........... 131 Kriterien für Billigkeit der Vertragsstrafe ................................. 132 Vertragsstrafe für Geheimhaltungsklauseln – NDA .................. 133
2.12 Regelungen im Recht des Lieferantenregresses.................................... 134 2.12.1 Abbedingen des Rückgriffs in der Kette ................................... 134 2.12.2 Der „angemessene“ Ausgleich .................................................. 136 2.12.3 Umgehung ................................................................................. 137 2.13 Abbedingen der Wareneingangsprüfung .............................................. 138
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2.14 Exportkontrollklauseln.......................................................................... 140 2.15 Kundenschutzklauseln .......................................................................... 141 2.16 Geheimhaltungsklauseln – NDA .......................................................... 142 2.16.1 Gegenstand der Geheimhaltung................................................. 142 2.16.2 Rechtsfolge................................................................................ 144 2.16.3 Dauer ......................................................................................... 145 2.17 Zugangsfiktion...................................................................................... 145 2.18 Lösungsmöglichkeiten vom Vertrag..................................................... 147 2.18.1 Gesetzliche Regelung bei Vorleistungspflicht........................... 147 2.18.2 Vereinbarungen ......................................................................... 148 2.19 Verweisungsklauseln ............................................................................ 151 2.20 Schriftform- und Textformklauseln ...................................................... 152 2.20.1 2.20.2 2.20.3 2.20.4 2.20.5 2.20.6
Textform.................................................................................... 152 Vollständigkeitsklausel.............................................................. 153 Schriftformklausel und Individualabrede .................................. 153 Arten der Schriftformklauseln ................................................... 154 Kriterien der Wirksamkeit ......................................................... 154 Bestandskraft von Schriftformklauseln ..................................... 155
2.21 Gerichtsstandsklauseln.......................................................................... 155 2.21.1 2.21.2 2.21.3 2.21.4
Zulässigkeit ............................................................................... 156 Billigkeit der Vereinbarung nach § 38 Abs. 1 ZPO ................... 157 Fehlen eines deutschen Gerichtsstands...................................... 158 Wegfall oder Unkenntnis deutschen Gerichtsstands.................. 158
2.22 Einseitige Abänderung Allgemeiner Geschäftsbedingungen................ 159 2.22.1 Bezug auf gültige Fassung......................................................... 159 2.22.2 Uneingeschränktes einseitiges Änderungsrecht......................... 159 2.22.3 Spätere Abänderung mit Genehmigungsfrist............................. 160 2.23 Abwehrklauseln .................................................................................... 161 2.23.1 Wirkung der Abwehrklauseln.................................................... 161 2.23.2 Kontrolle der Abwehrklausel..................................................... 162 3 Aktuelle Gerichtsentscheidungen .............................................................. 163 3.1 Verweis auf andere Regelungen in AGB, die nicht abgedruckt sind.... 163 3.2 Garantieverträge ................................................................................... 164 3.3 Mietverträge.......................................................................................... 164 3.4 Sicherung von Gewährleistungsansprüchen ......................................... 166 3.5 Verjährungsverkürzung ........................................................................ 166
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3.6 Werkvertrag .......................................................................................... 167 3.7 Wettbewerbsverbot ............................................................................... 168 3.8 Aufrechnungsverbot ............................................................................. 168 3.9 „Änderungen und Irrtümer vorbehalten“ .............................................. 168 3.10 Transparenzgebot.................................................................................. 169 3.11 Unwirksame Gültigkeitsbefristung von Geschenkgutscheinen............. 169 3.12 Opt-out-Regelung bei einem Rabattsystem .......................................... 169 3.13 Mindeststreitwert in Schiedsklauseln ................................................... 170 3.14 Vertrauensschutz................................................................................... 170 Gesetzestext ....................................................................................................... 171 Ausgewählte Literatur...................................................................................... 181 Index .................................................................................................................. 183
1 Übersicht zum deutschen Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
Das deutsche Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Inhaltskontrolle von Verträgen ist nicht auf alle Vereinbarungen in Verträgen anzuwenden und differenziert außerdem danach, ob Vertragspartner Unternehmer oder Verbraucher sind. In anderen Staaten1 erfolgt die Inhaltskontrolle von Verträgen aufgrund gesetzlicher Vorschriften ohne persönliche oder sachliche Beschränkung. In Deutschland sind nur solche Regelungen in Verträgen, die Allgemeine Geschäftsbedingungen sind, der Kontrolle nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterworfen. Nach § 310 BGB ist der Maßstab für die inhaltliche Kontrolle von Vertragsbestimmungen unterschiedlich, je nachdem, ob die Vertragsbeteiligten Unternehmer oder Verbraucher sind. Für die Anwendung des Rechtes der Allgemeinen Geschäftsbedingungen kommt es deshalb in Deutschland zunächst einmal darauf an, ob die in Rede stehende Vertragsbestimmung eine Allgemeine Geschäftsbedingung ist, und dann – mit nach der Rechtsprechung abnehmender Tiefe – teilweise auch darauf, ob die Vertragsbeteiligten Unternehmer oder Verbraucher sind. § 310 BGB. Anwendungsbereich § 305 Abs. 2 und 3 und die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. §307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in den §§ 308 und 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. […]
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Art. 36 des dänischen Vertragsgesetzes von 1975, Art. 36 des finnischen Vertragsgesetzes von 1982, Art. 36 des schwedischen Vertragsgesetzes von 1976.
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1 Übersicht zum deutschen Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
1.1 Allgemeine Geschäftsbedingungen Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nicht nur solche Klauselwerke, die abstrakt und nicht vertragsbezogen eine Regelung bestimmter Rechtsverhältnisse darstellen. Häufig sind sie als „Allgemeine Vertragsbedingungen“, „Allgemeine Einkaufsbedingungen“ oder „Allgemeine Verkaufsbedingungen“ bezeichnet. Es zeichnet diese Klauselwerke aus, dass sie in gedrängter Fülle abstrakte Sachverhalte regeln wollen. Landläufig hat sich dafür der Begriff „das Kleingedruckte“ eingebürgert. Nicht nur das „Kleingedruckte“ enthält Allgemeine Geschäftsbedingungen Aber nicht nur das Kleingedruckte enthält Allgemeine Geschäftsbedingungen. Ebenso wenig ist alles Kleingedruckte automatisch eine Allgemeine Geschäftsbedingung. Die Erscheinungsform allein rechtfertigt nicht die Qualifikation einer Vertragsbestimmung, einer Klausel, als Allgemeine Geschäftsbedingung. Maßgeblich ist ihr Inhalt. Ist dieser Inhalt ein generell-abstrakter Bestandteil des Vertrages, so handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung. Von Unternehmen standardisiert eingesetzte Vertragsbausteine (wie etwa Gewährleistungsund Haftungsklauseln) und Vertragsmuster (wie etwa Geheimhaltungsvereinbarungen, Handelsvertreter- oder Kooperationsverträge, Rahmen- und Einkaufsvereinbarungen) werden daher – regelmäßig unerkannt und unbeachtet – AGBCharakter aufweisen. § 305 BGB. Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in den Vertrag (1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind. […] Das Gesetz definiert in § 305 BGB als Allgemeine Geschäftsbedingung eine solche Klausel, die für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert ist und von einer Vertragspartei, dem Verwender, der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages gestellt wird. Diese Definition ist anhand des Schutzzwecks des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen auszulegen.
1.1 Allgemeine Geschäftsbedingungen
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Der Schutzzweck dieses Rechts geht dahin, angesichts der fehlenden Richtigkeitsgewähr vorformulierter Vertragsbedingungen den anderen Teil vor solchen Gefahren zu schützen, die sich für ihn daraus ergeben, dass er sich auf diese vorformulierte Klausel unter Verzicht auf ein Aushandeln einlässt2. Ob eine Allgemeine Geschäftsbedingung vorliegt, bestimmt sich nicht nach formalen Kriterien Im Einklang mit dem Schutzzweck des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat der Gesetzgeber formalen Kriterien eine Absage erteilt. In § 305 Abs. 1 Satz 2 BGB ist geregelt, dass es gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrages bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag selbst hat. Es sind die materiellen Elemente, die im Vordergrund stehen. Nicht die Art und Form der Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterwirft sie der Inhaltskontrolle, sondern die durch die einseitige Verwendung bedingte Gefährdung des Vertragsgleichgewichtes. Natürlich wären formale Kriterien einfacher zu handhaben. Die materielle Differenzierung führt zwangsläufig zu einer Unschärfe. Es wird sich häufig als diskussionswürdig erweisen, ob eine Klausel in einem Vertrag für eine Vielzahl von Verträgen bestimmt war, und auch, ob nur eine Vertragspartei diese bei Abschluss des Vertrages gestellt hat. Der Rückgriff auf formale, an der äußeren Erscheinungsform festgemachte Kriterien würde zwar die rechtliche Einordnung erleichtern. Er wäre aber nicht geeignet, solche Klauseln aus der Kontrolle auszusondern, die nur zur einmaligen Verwendung bestimmt waren oder gesondert ausgehandelt wurden. Die äußere Gestaltung gibt zu beiden Fragen keine Auskunft3. Auch hand- oder maschinenschriftliche Texte, sogar handschriftliche Zusätze oder Einträge in einer noch ausfüllungsbedürftigen Vertragsurkunde, können Allgemeine Geschäftsbedingungen sein. Maßgeblich ist, ob sie für eine Vielzahl von Verträgen angedacht und von einer Vertragspartei der anderen bei Abschluss des Vertrages gestellt sind. Eben dieses Verständnis ermöglicht es sogar, auch mündliche Abreden, die eine Partei immer wieder „aus dem Kopf“ als Vertragsbestandteil einführt, als Allgemeine Geschäftsbedingungen zu definieren.
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Damit definiert das deutsche Recht die Schranken der einseitigen Vertragsgestaltung zum Zweck des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und verwirft die Normentheorie, die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen normengleiches Recht sah, das seiner Natur nach auf seine Billigkeit zu kontrollieren wäre. Heute ganz herrschende Meinung, Roloff in Erman, BGB, 12. Aufl., § 305 Rz. 16, Basedow in Münchener Kommentar, BGB, 5. Aufl., § 305 Rz. 28, Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 305 Rz. 34.
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1 Übersicht zum deutschen Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
Maßgeblich ist, ob eine Klausel für eine Vielzahl von Verträgen von einer Vertragspartei der anderen bei Abschluss des Vertrages gestellt ist So qualifizieren sich viel mehr Regelungen als zunächst erwartet als Allgemeine Geschäftsbedingungen. Deshalb gewinnt die negative Abgrenzung in § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB umso höhere Bedeutung. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen danach nämlich nicht vor, wenn und soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind. Auf dieser Grundlage muss die Prüfung, ob eine vereinbarte Klausel eine Allgemeine Geschäftsbedingung ist, unter drei Aspekten erfolgen. 1. Die erste Frage ist, ob diese Klausel für eine Vielzahl von Verträgen bestimmt ist. 2. Dann ist zu prüfen, ob sie von einer Vertragspartei, dem Verwender, der anderen gestellt ist. 3. Schließlich kann die Qualifikation einer Klausel als Allgemeine Geschäftsbedingung noch daran scheitern, dass sie zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt wurde. Vorrangig ist allerdings noch die Frage, ob der Prüfungsgegenstand eine Vertragsbedingung, eine Klausel, ist.
1.1.1 Vertragsbedingung Eine Vertragsbedingung (Klausel) ist eine Regelung, die Vertragsinhalte gestalten soll. Ihre Eignung dafür soll gerade geprüft werden. Sie kann also nicht Voraussetzung für die Prüfung sein. Deshalb sind auch Regelungen, die sich im Ergebnis als unwirksam oder als gar nicht in den Vertrag einbezogen erweisen, zunächst einmal Vertragsbedingungen. Die Qualifikation als Vertragsbedingungen erfordert aber, dass es sich bei der Regelung um einen gewünschten Bestandteil eines zwischen dem Verwender und seinem Vertragspartner abzuschließenden Rechtsgeschäftes handelt. Eine Vertragsbedingung ist eine Regelung, die Vertragsinhalte gestalten soll Folglich werden vorformulierte einseitige Rechtsgeschäfte eigentlich von der Definition „Vertragsbedingungen“ in § 305 BGB ihrer Natur nach grundsätzlich nicht erfasst. Entscheidend ist aber, dass der Verwender bei einseitig von ihm vorformulierten Kundenerklärungen die rechtsgeschäftliche Gestaltungsfreiheit ebenso für sich in Anspruch nimmt wie bei der Ausarbeitung eines Vertragstextes. Er muss daher die Interessen des anderen Teils ebenso berücksichtigen wie derjenige, der einseitig einen Vertragstext ausarbeitet. Das Verständnis dieses Schutzzwecks zwingt dazu, auch einseitige rechtsgeschäftsähnliche Erklärungen auf der Grund-
1.1 Allgemeine Geschäftsbedingungen
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lage einer (Vor-)Formulierung des Empfängers dem Regime des AGB-Rechts zu unterwerfen.
1.1.2 Vorformulierte Vertragsbedingung Vorformuliert sind alle für eine mehrfache Verwendung schriftlich oder in sonstiger Weise aufgezeichneten, fixierten, gespeicherten oder auch nur erinnerten Bedingungen, die vom Verwender selbst oder von einem Dritten entworfen worden sind. Dabei kommt es natürlich nicht darauf an, ob diese als Allgemeine Geschäftsbedingung oder als Standardvertrag bezeichnet werden. Wichtig ist, dass der Formulierende eine Vertragsregelung vorgibt. Vorformuliert ist eine Klausel, die der Verwender mitbringt Wer die Klausel einführt, hat die Formulierungshoheit. Eine Vertragsklausel, die der Verwender in die Vertragsverhandlungen so einbringt, wie er sie inhaltlich vorher überlegt oder sogar ausformuliert hat, ist vorformuliert. Woher der Verwender diese Klausel hat, ist ohne Bedeutung. Sie kann auch aus einem Formularbuch ausgesucht oder einer Datenbank entnommen worden sein.
1.1.3 Vielzahl von Verträgen Das Tatbestandsmerkmal der Vielzahl von Verträgen lässt zwei Definitionen zu. 1. Zum einen ist ein Text, der für eine unbestimmte Zahl künftiger Verwendungen formuliert worden ist, für eine Vielzahl von Verträgen vorgesehen. 2. Zum anderen ist auch ein Text, der für die Verwendung in einer bestimmten Zahl von Verträgen formuliert wurde, für eine Vielzahl vorgesehen. Es scheint aber, als ob die Rechtsprechung auch diese geringe Zugangsschranke zur Inhaltskontrolle beseitigt. Der Bundesgerichtshof hat im Jahr 20054 ausgeführt, dass es bei der Benutzung einer im Allgemeinen und üblicherweise vorformulierten Klausel, deren Inhalt einer dem Berufungsgericht bekannten Klausel entspricht, gar nicht mehr darauf ankommt, dass der Verwender im Einzelfall die Absicht der Mehrfachverwendung hat. Auf dieser Grundlage stellt das Erfordernis der Bestimmung zur Verwendung für eine Vielzahl von Verträgen keine wirksame Schranke gegenüber der Inhaltskontrolle einer Vertragsbedingung mehr dar. Denn die Konsequenz aus der vorgenannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist, dass auch die von einem Dritten für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Bedingungen dann Allgemeine Geschäftsbedingungen sind, wenn sie vom aktuel-
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BGH, Beschl. v. 23.06.2005 – VII ZR 277/04, Neue Zeitschrift für Baurecht 2005, 590.
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1 Übersicht zum deutschen Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
len Verwender nur einmal verwendet wurden und auch nur einmal verwendet werden sollten. Es kommt also nicht darauf an, ob ein bestimmter Verwender mehrfach von einer Vertragsbedingung Gebrauch machen will, sondern darauf, ob von einer bestimmten Vertragsbedingung mehrfach, sei es auch durch verschiedene Personen, Gebrauch gemacht werden soll. Regelmäßig wird im unternehmerischen Verkehr der Versuch unternommen, durch (vorgeblich) ausgehandelte, individuelle Rahmenverträge der immer wiederkehrenden Verwendung einzelner Vertragsklauseln zu entkommen. Dieser Versuch muss aber deshalb zum Scheitern verurteilt sein, weil die Parteien systematisch jeden Ausführungsvertrag zu dem geschlossenen Rahmenvertrag ebenfalls dem Ablaufbild der einmal vereinbarten vertraglichen Regelungen unterwerfen. Diese dienen daher gerade nicht nur für einen Einzelfall, sondern sind systembedingt bereits für eine „Vielzahl“ von Anwendungsfällen vorgesehen. Sowohl der Rahmenvertrag selbst als auch seine unter ihm ablaufenden Ausführungsverträge werden daher regelmäßig AGB-Charakter aufweisen.
1.1.4 Vom Verwender gestellt Auch die Anforderungen an dieses Merkmal sind nicht so hoch. Keinesfalls darf es so verstanden werden, dass nur eine solche Vertragsbedingung gestellt ist, deren Einbeziehung in den Vertrag der Verwender erzwingen kann. Das würde den Schutzzweck des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu sehr einschränken. Denn es geht doch um den Ausgleich des Vorteils, der in der Formulierungsgewalt, nicht in der Durchsetzungsgewalt liegt. Deshalb sind an dieses Erfordernis auch nur geringe Anforderungen zu stellen. Gestellt sind Allgemeine Geschäftsbedingungen, wenn eine Partei von der anderen die Verwendung ihrer vorformulierten Bedingungen – in welcher Form – auch immer verlangt. Gestellt sind Allgemeine Geschäftsbedingungen, wenn eine Partei von der anderen die Verwendung ihrer vorformulierten Bedingungen verlangt Es kann aber auch vorkommen, dass beide Vertragspartner dieselbe Geschäftsbedingung verwenden wollen. Das wird etwa dann der Fall sein, wenn beide vorschlagen, dass für einen Bauvertrag die VOB/B gelten solle oder sich beide auf einen Mustermietvertrag oder etwas Ähnliches beziehen. Dann sind beide Seiten Verwender. Dieser Umstand steht der Anwendung der Vorschriften über die Inhaltskontrolle nach den Regeln über das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht entgegen. Auch in diesen Fällen bedarf die Partei, die letztlich aufgrund der Vereinbarung in Anspruch genommen wird, des Schutzes vor der einseitigen Interessenverfolgung durch den anderen Teil auf der Grundlage der Vereinbarung.
1.2 Individualvertrag vs. Allgemeine Geschäftsbedingung
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1.2 Individualvertrag vs. Allgemeine Geschäftsbedingung Die wichtigste gesetzliche Schranke bei der Anwendung der Inhaltskontrolle nach dem Recht über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist die Abgrenzung der Allgemeinen Geschäftsbedingung gegenüber der Individualvereinbarung. Aber auch darauf ist in praxi wenig Verlass, wie die nachfolgenden Ausführungen zeigen sollen. Individualvereinbarungen unterliegen zwar nicht dem Regime des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Sie werden vielmehr nach dem allgemeinen Recht nur in Fällen schwerer Unbilligkeit mit der Sanktion der Unwirksamkeit belegt, so bei Gesetzwidrigkeit (§ 134 BGB), Sittenwidrigkeit und Wucher (§ 138 BGB) und dann, wenn sie gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßen. Es ist daher offensichtlich, dass Individualvereinbarungen einen größeren Gestaltungsraum lassen als Allgemeine Geschäftsbedingungen. Aber auch auf die Bewertung von Individualverträgen strahlen die Regeln der Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen aus, denn sie werden von der Rechtsprechung zunehmend als „grundlegende Gerechtigkeitserwägungen“ wahrgenommen. Individualvereinbarungen unterliegen nicht direkt dem Regime des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
1.2.1 Im Einzelnen ausgehandelte Bedingungen Eine Individualvereinbarung nach § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB liegt dann vor, wenn alle oder einzelne Vertragsbedingungen zwischen den Parteien im Einzelnen ausgehandelt sind. Dann ist – je nach Umfang des Aushandelns – entweder der ganze Vertrag eine Individualvereinbarung oder die konkret ausgehandelten Klauseln. Aushandeln bedeutet nach langjähriger Rechtsprechungstradition mehr als bloßes Verhandeln. Der Verwender muss vielmehr zunächst den gesetzesfremden Kerninhalt seiner Vertragsbedingung ernsthaft zur Disposition stellen und dem anderen Teil reale Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumen. Der andere Teil muss die reale Möglichkeit haben, den Inhalt der Vertragsbedingungen zu beeinflussen.5
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BGH, Urt. v. 11.12.2003 – VII ZR 31/03, Neue Juristische Wochenschrift 2004, 1454; BGH, Urt. v. 03.11.1999 – VIII ZR 269/98, Neue Juristische Wochenschrift 2000, 1110 (1111); BGH, Urt. v. 09.10.1986 – VII ZR 245/85, NJW-Rechtsprechungs-Report 1987, 144 (145).
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Diese Anforderung hat der Bundesgerichtshof seit 20056 noch weiter verschärft. Über die reine Änderungsbereitschaft hinaus muss über die konkrete Klausel tatsächlich verhandelt werden. Dabei ist zwischen einfachen, überschaubaren Klauseln und mehrgliedrigen Klauseln, in denen viele Elemente enthalten sind, zu unterscheiden. Das Erfordernis der Verhandlung erfordert bei solchen Klauseln, die mehrere selbstständige Elemente enthalten (wie z. B. Vertragsstrafenklauseln), dass über alle diese Elemente verhandelt wird. Auf Grund der in der realen Verhandlungssituation der Wirtschaft gegebenen Verhandlungsabläufe ergibt sich bereits hieraus zwangsläufig das Verdikt, dass die Großzahl der eingesetzten vertraglichen Klauseln AGB-Charakter aufweisen, wenn sie von beiden unternehmerischen Parteien akzeptiert und nicht näher erörtert werden. Trotz Änderungsbereitschaft muss über die Klausel tatsächlich verhandelt werden. Noch problematischer ist die sog. „Belehrungsrechtsprechung“ des Bundesgerichtshofs7. Voraussetzung für ein Aushandeln sei „jedenfalls bei einem nicht ganz leicht verständlichen Text“, dass der Verwender die andere Vertragspartei über den Inhalt und die Tragweite der Vereinbarung belehrt hat oder sonst erkennbar geworden ist, dass der Andere deren Sinn wirklich erfasst hat. Handelt es sich hier auch um eine Entscheidung über einen Vertrag zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer (Bsp.: Partnerschaftsvermittlungsvertrag), so zeigt die Urteilsbegründung des Bundesgerichtshofs zu 2b bb) doch deutlich, dass diese „Belehrungsrechtsprechung“ keine Rechtsprechung ist, die sich auf das Verhältnis zwischen Unternehmer und Verbraucher beschränkt. Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung auf ein Urteil des Oberlandesgerichts Celle8 aus dem Jahr 1976 Bezug genommen. Zu diesem Zeitpunkt galt die Differenzierung von Verbraucher- und Unternehmergeschäften noch nicht. Folgerichtig argumentiert der Bundesgerichtshof auch nicht aus dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes, sondern aus Sicht des Schutzzwecks des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Denn nur durch die Belehrung des Gegners des Verwenders sei gewährleistet, dass der Vertragsinhalt, den der vorformulierte Text ergibt, nicht nur vom Verwender, sondern ebenso vom Vertragspartner in seinen rechtsgeschäftlichen Gestaltungswillen aufgenommen worden ist, also als Ausdruck seiner rechtsgeschäftlichen Selbstbestimmung und Selbstverant6
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BGH, Urt. v. 19.05.2005 – III ZR 437/04, Neue Juristische Wochenschrift 2005, 2543 (2544); BGH, Urt. v. 14.04.2005 – VII ZR 56/04, NJW-Rechtsprechungs-Report 2005, 1040. BGH, Urt. v. 19.05.2005 – III ZR 437/04, Neue Juristische Wochenschrift 2005, 2543 (2544). OLG Celle, Urt. v. 19.12.1975 – 11 U 79/75, Betriebsberater 1976, 1287.
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wortung gewertet werden kann9. Hier wird also der Zweck des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, der Ausgleich der Formulierungsmacht des Verwenders, ohne persönliche Differenzierung nach Unternehmern und Verbrauchern zur Begründung herangezogen. Es ist jedoch weltfremd anzunehmen, dass über alle Klauseln und alle Elemente von Klauseln im unternehmerischen Verkehr verhandelt wird Zwar mögen diese Anforderungen aus rechtlicher Sicht verständlich sein. Im Wirtschaftsleben sind sie schlichtweg nicht zu erfüllen. Regelmäßig werden die Vertragspartner die gegenseitigen Vorschläge überprüfen und dann, soweit sie akzeptabel sind, darüber keine Verhandlung mehr führen. Angesichts der oft bis zu mehrere hundert Seiten umfassenden Wirtschaftsverträge ist die Vorstellung lebensfremd, dass auch über solche Vereinbarungen verhandelt wird, über die man sich einig ist oder die erfahrene Kaufleute für interessengerecht halten. Das gilt noch mehr für die Belehrungsrechtsprechung. Es ist kaum vorstellbar, dass ein Unternehmer den anderen darüber belehren wird, welchen Inhalt die von ihm vorgeschlagenen Vertragsvereinbarungen haben und dann noch hinterfragt, ob sein Vertragspartner das auch verstanden hat. Man mag sich hier nur die skurrile Situation vor Augen halten, in der beide Parteien umfangreich anwaltlich vertreten sind, die ebenfalls unter die „Belehrungsdogmatik“ des Bundesgerichtshofs fallen würde. Mit der Belehrungsrechtsprechung hat der Bundesgerichtshof der Individualvereinbarung im Wirtschaftsleben daher nahezu ein Ende gesetzt. Ein „Aushandeln“ von Vertragsteilen ist wohl nur noch für einzelne – möglichst ausgegliederte – Vertragsklauseln zu erreichen. Die weiteren Anforderungen an den Nachweis einer Individualvereinbarung nach § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB werden nicht mehr von Bedeutung sein. Weder das Erfordernis, dass Vertragsverhandlungen unter Kaufleuten die Aufnahme eines Verhandlungsvermerks erwarten lassen10 noch dass sich das Aushandeln in aller Regel in einer erkennbaren Änderung des Klauseltextes niedergeschlagen haben muss,11 dürfte noch einen Anwendungsbereich haben. Auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass eine Klausel ausnahmsweise dann als ausgehandelt anzusehen ist, wenn dafür ein substanzieller Ausgleich an anderer Stelle erklärt wird oder die andere Vertragspartei nach gründlicher Erörterung von der Sachgerechtigkeit der Regelung überzeugt ist12, dürfte kaum noch zum Tragen kommen, 9
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So schon BGH, Urt. v. 27.03.1991 – IV ZR 90/90, Neue Juristische Wochenschrift 1991, 1678 (1679). OLG Hamburg, Urt. v. 02.11.2004 – 8 U 57/04. BGH, Urt. v. 11.12.2003 – VII ZR 31/03, Neue Juristische Wochenschrift 2004, 1454 (1455). BGH, Urt. v. 27.03.1991 – IV ZR 90/90, Neue Juristische Wochenschrift 1991, 1678 (1679).
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weil es voraussichtlich bereits am Nachweis der notwendigen Belehrung regelmäßig fehlen wird. Dem kann man nicht damit entgegentreten, dass die Belehrungsrechtsprechung nicht für alle Vereinbarungen gelte, sondern nur für solche mit einem „nicht ganz leicht verständlichen“ Text. Um solche Texte wird es sich bei Wirtschaftsverträgen regelmäßig handeln.
1.2.2 Allgemeine Geschäftsbedingungen kraft Anschein Wie bereits dargelegt, ist das äußere Erscheinungsbild eines gedruckten oder sonst vervielfältigten Klauselwerkes nicht Tatbestandsvoraussetzung für das Vorliegen einer Allgemeinen Geschäftsbedingung. Die Rechtsprechung hat jedoch erkannt, dass der erste Anschein eines solchen Erscheinungsbildes dafür spricht, dass so dargestellte Vertragsbedingungen Allgemeine Geschäftsbedingungen sind.13 So genügt eine Partei ihrer Darlegungslast für das Vorliegen Allgemeiner Geschäftsbedingungen bereits dadurch, dass der Vertrag eine inhaltliche Gestaltung hat, die allem Anschein nach für eine mehrfache Verwendung entworfen und von einer Vertragspartei vorgegeben wurde. Formelhafte Klauseln, die nicht auf die individuelle Vertragssituation abgestimmt sind, indizieren stets Allgemeine Geschäftsbedingungen Nach Inhalt und Gestaltung der Bedingungen kann sich, insbesondere bei Standardverträgen, der Anschein der Mehrfachverwendung ergeben. Deutlich wird das immer dann, wenn in Verträgen formelhafte Klauseln zur Regelung typischer Sachverhalte angetroffen werden, die nicht auf die individuelle Vertragssituation abgestimmt sind14. Hierin sind die zahlreichen Fälle einzuordnen, in denen in Unternehmen unreflektiert Altverträge ohne die erforderliche anwaltliche Anpassung zur Grundlage neuer – teils erheblich abweichender – Vertragssituationen gemacht werden. Abgesehen vom Inhalt spricht auch für das Vorliegen einer Allgemeinen Geschäftsbedingung, wenn nach dem äußeren Erscheinungsbild ein gedrucktes oder sonst vervielfältigtes Klauselwerk vorliegt, das in seiner Form den üblichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen, also dem „Kleingedruckten“, entspricht.
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BGH, Urt. v. 14.05.1992 – VII ZR 204/90, Neue Juristische Wochenschrift 1992, 2160 (2162). BGH, Urt. v. 27.11.2003 – VII ZR 53/03, Neue Juristische Wochenschrift 2004, 502 (503).
1.2 Individualvertrag vs. Allgemeine Geschäftsbedingung
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1.2.3 Individualverträge kraft Anschein? In Rahmenverkaufs- und Rahmeneinkaufsverträgen findet man häufig ausfüllungsbedürftige Leerräume, in die dann vertragsbezogene Vereinbarungen eingefügt sind. Ein solches nachträgliches Ändern im Vertragstext ist aber nur dann ein Indiz für individuelles Aushandeln, wenn es sich nicht bloß um unselbstständige Ergänzungen ohne eigenen Regelungsgehalt handelt15. Auch Vereinbarungen in solchen ausfüllungsbedürftigen Leerräumen in Vertragsformularen sind Allgemeine Geschäftsbedingungen, wenn es nur um unselbstständige Ergänzungen geht, z. B. Namen oder Objektbezeichnungen, oder wenn eine Kombination von mehreren vorformulierten Regelungsalternativen vorliegt, diese vorformulierten Alternativen im Vordergrund stehen und jegliche Wahlmöglichkeiten überlagern (z. B. Multiple Choice mit einer Zeile „Sonstiges“). Vereinbarungen mit/in ausfüllungsbedürftigen Leerräumen in Vertragsformularen und mit Änderungen können Allgemeine Geschäftsbedingungen sein Das bedeutet, dass Klauseln mit ausfüllungsbedürftigen Leerräumen nur dann keine AGB sind, wenn der Vertragspartner die freie Stelle nach seiner freien Entscheidung ausfüllen kann und seine Wahl für den Vertrag substanzielle Bedeutung hat. Weil eine nicht geringe Anzahl von Verwendern sich auf den Einwand der Individualabrede beruft, sind die Voraussetzungen an das Aushandeln und damit an das Vorliegen einer Individualabrede von der Rechtsprechung streng gezogen. Es verspricht auch keinen Erfolg, unzulässige Formulierungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch planmäßige, ihrerseits vorformulierte Abweichungen zu ändern. Bietet etwa ein AGB-Verwender in scheinbarem Entgegenkommen seinem Kunden die Streichung einer einzelnen, inhaltlich unangemessenen Klausel an und setzt an deren Stelle eine ebenfalls inhaltlich unangemessene Klausel, die jedoch für den Kunden etwas günstiger ist, so ist damit diese „Individualvereinbarung“ nicht der Inhaltskontrolle nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen entzogen. Auch die Neufassung muss sich dann an den §§ 307 bis 309 BGB messen lassen.
1.2.4 Beweislast für Individualverträge Die Beweislast dafür, dass ein Vertrag insgesamt oder seine Teile Allgemeine Geschäftsbedingungen sind, muss natürlich der tragen, der sich darauf beruft. Angesichts der geringen Anforderungen, die die Rechtsprechung daran stellt (siehe oben), ist dies keine besondere Belastung. Außerdem genügt der Kunde seiner 15
BGH, Urt. v. 26.02.1992 – XII ZR 129/90, Neue Juristische Wochenschrift 1992, 2283 (2285).
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Beweislast bereits mit der Behauptung des Charakters von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, so dass dann den Verwender die sekundäre Vortragslast trifft, er sie also substanziell bestreiten muss16. Der Vertragspartner muss behaupten, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen vorliegen Anders verhält es sich mit dem Nachweis der Individualabrede. Die Individualabrede ist eine Ausnahme, die folglich der beweisen muss, der sich darauf beruft, nämlich der Verwender. Das wird angesichts der nur schwachen Indizfunktion in Ausnahmefällen schwierig. Der Verwender wird den vollen Beweis für das Aushandeln, eine von Kaufleuten weitgehend unverstandene, verschärfte Stufe des Verhandelns, in dem strengen Umfang, den die Rechtsprechung fordert, führen müssen. Dabei muss er noch eine durch Inhalt und Form vorgegebene Vermutung für das Vorliegen Allgemeiner Geschäftsbedingungen entkräften. Der Verwender muss die Voraussetzungen der Individualabrede beweisen Deshalb ist es stets sinnvoll, eine möglichst tief gehende Dokumentation über die Vertragsverhandlungen und ihren Inhalt herzustellen. Denn für ein Aushandeln ist auch bei Vertragsverhandlungen unter Kaufleuten die Aufnahme eines Verhandlungsvermerks zu erwarten17. Außerdem schlägt sich ein Aushandeln in einer erkennbaren Änderung des Textes einer Vertragsklausel nieder18. Dies erfordert, die einzelnen Schritte eines Vertragsschlusses sorgfältig zu dokumentieren. Schreibprogramme für Computer bieten die Möglichkeit, ältere Textversionen abzuspeichern oder in der letzten Version die Änderungen im Laufe der Vertragsverhandlungen darzustellen. Diese Möglichkeiten sollte ein Unternehmer nutzen. Aber auch dabei sollte man nicht aus dem Auge verlieren, dass der Unternehmer für die Ausnahme der Individualvereinbarung die Beweislast trägt und deshalb Zweifel zu seinen Lasten gehen. Diese Überlegung sollte zu großer Sorgfalt veranlassen. Die formularmäßige Bestätigung individueller Abrede hilft nicht Entgegen weitverbreiteter Praxis ist es wenig Erfolg versprechend, in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen selbst oder in einem anderen Dokument durch den Vertragspartner formularmäßig bestätigen zu lassen, dass der Vertrag auf individuell getroffenen Vereinbarungen beruht.
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BGH, Urt. v. 19.06.1996 – VIII ZR 189/95, Wertpapier-Mitteilungen 1996, 2025 (2027). OLG Hamburg, Urt. v. 02.11.2004 – 8 U 57/04. BGH, Urt. v. 11.12.2003 – VII ZR 31/03, Neue Juristische Wochenschrift 2004, 1454 (1455).
1.2 Individualvertrag vs. Allgemeine Geschäftsbedingung
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z. B. „Die Parteien bestätigen mit ihrer Unterschrift die einzelnen Regelungen dieses Vertrages durch gegenseitiges Nachgeben in ihren einzelnen Bestimmungen individuell ausgehandelt zu haben.“ Denn eine solche Bestätigung hat wiederum als vorformulierte, zur mehrfachen Verwendung bestimmte Bestätigungsklausel den Charakter einer Allgemeinen Geschäftsbedingung. Ihr kommt regelmäßig keine beweiserhebliche Bedeutung zu19. Mit Rücksicht auf § 309 Nr. 12 b) BGB20 vermag eine solche Klausel auch die Beweislast des Verwenders dafür, dass die Bedingungen tatsächlich ausgehandelt wurden, nicht umzukehren21. § 309 BGB. Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam: […] 12. (Beweislast) eine Bestimmung, durch die der Verwender die Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragsteils ändert, insbesondere indem er […] b) den anderen Vertragsteil bestimmte Tatsachen bestätigen lässt; […]
1.2.5 Fazit In allen Bereichen ist die wirtschaftsfeindliche, deutliche Tendenz zu beobachten, die privatautonome Gestaltungsfreiheit auch gleichberechtigter und erfahrener kaufmännischer Parteien im Geschäft zwischen Unternehmern zugunsten einer einseitig am Verbraucherschutzgedanken orientierten Rechtsanwendung zurückzudrängen. So werden die Voraussetzungen für den Zugang zur Inhaltskontrolle nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen immer niedriger, die Anforderungen an das Vorliegen und den Nachweis einer Individualvereinbarung immer höher. Es erscheint wenig Erfolg versprechend, sich im Geschäftsverkehr auf die Ausnahme der Individualvereinbarung zu berufen, denn regelmäßig kann man nicht 19 20 21
BGH, Urt. v. 18.11.1982 – VII ZR 305/81, BGHZ 85, 305 (308). Diese Vorschrift gilt über § 310 BGB – dazu später – auch zwischen Unternehmern. BGH, Urt. v. 28.01.1987 – IVa ZR 173/85, BGHZ 99, 374 (377).
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nachweisen, was nicht vorhanden ist! Kein Unternehmer wird für jeden der Verträge, die sein Alltagsgeschäft ausmachen, neue Formulierungen „erfinden“. Vielmehr werden bewährte Formulare und Klauseln verwendet, bewährte Formulierungen wiederholt, und dies alles in durchaus vernünftiger Absicht der Mehrfachverwendung. Die Individualvereinbarung wird also im täglichen Geschäftsverkehr die Ausnahme bleiben. Es mag sein, dass sie für besondere Investitionen oder ungewöhnliche Verträge oder äußerst sensible Bereiche vertraglicher Regelungen (wie etwa Haftungsausschluss- und –begrenzungsklauseln) in Betracht kommen kann. Aber auch dann muss der Unternehmer das Vorliegen der Individualvereinbarung nachweisen. Dabei ist nicht aus den Augen zu verlieren, dass es sich nicht um den Nachweis handelt, dass das gesamte Vertragswerk einmalig ist. Es geht um den Nachweis, dass die einzelne Klausel oder alle Klauseln einzeln individuell ausgehandelt sind. Was nicht verhandelt wurde, bleibt Allgemeine Geschäftsbedingung.
1.3 Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in den Vertrag § 305 Abs. 2 BGB stellt erhebliche Anforderungen an die Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in einen Vertrag zwischen Unternehmer und Verbraucher. Nach § 310 Abs. 1 Satz 1 BGB gelten diese jedoch nicht für Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer verwendet werden. § 305 BGB. Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in den Vertrag […] (2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss 1. die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und 2. der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen, und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.
1.3 Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in den Vertrag
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§ 310 BGB. Anwendungsbereich (1) § 305 Abs. 2 und 3 und die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. […] Die Einbeziehung von Vertragsklauseln in den Vertrag ist mangels besonderer Vorschriften nach allgemeinem Recht zu prüfen. Deshalb bedarf es für die Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern einer rechtsgeschäftlichen Einbeziehungsvereinbarung, welche den Anforderungen der Rechtsprechung entspricht, soweit nicht ein Handelsbrauch besteht. Die Voraussetzungen für eine Einbeziehung von AGB im unternehmerischen Verkehr werden allerdings in der Praxis in einer Großzahl von Fällen nicht erreicht. Dies hat im Streitfall manchmal die dramatische Folge, dass gerade im unternehmerischen Verkehr plötzlich gesetzliche Abwicklungssysteme greifen, die auch auf Grund ihres Haftungsumfangs zu betriebswirtschaftlich nicht kalkulierten Belastungen bis zur Existenzgrenze von Unternehmen führen. Allgemeine Geschäftsbedingungen müssen übereinstimmend gewollt sein Die rechtsgeschäftliche Einbeziehung besteht regelmäßig darin, dass der Verwender im Vertragsangebot ausdrücklich und erkennbar auf seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen verweist und der Vertragspartner das Angebot annimmt, ohne der Einbeziehung zu widersprechen. Dazu bedarf es keiner ausdrücklichen Erklärung. Ob auch die unübersehbare Beifügung eines Abdrucks der AGB im schriftlichen Angebot oder die Wiedergabe auf der Rückseite des Angebotes vom Empfänger des Angebotes als Einbeziehungshinweis verstanden werden, kann im Einzelfall zweifelhaft sein. Auch die Branchenüblichkeit der Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen führt im Regelfall dazu, dass dem Angebot des Verwenders zu entnehmen ist, dass er die Einbeziehung seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen will. Allerdings ist auch hierbei Vorsicht geboten. So sicher die Branchenüblichkeit der Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen für Transport- und Speditionsgeschäfte ist22, kann gleichwohl der Verwender nicht annehmen, dass der womöglich branchenunkundige Angebotsempfänger um den Einbeziehungswunsch des Verwenders weiß. Die Einbeziehung branchenüblicher Allgemeiner Geschäftsbedingungen kann auch daran scheitern, dass der Vertragspartner gleichzeitig auf seine eigenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen hinweist, so dass er zu dem Schluss kommen muss, es gälten nur Letztere. 22
BGH, Urt. v. 03.02.1953 – I ZR 61/52, Neue Juristische Wochenschrift 1953, 541.
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1.3.1 Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen im nationalen Rechtsverkehr zwischen Unternehmern National müssen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen im B2B-Verkehr vor Vertragsschluss nicht vorgelegt oder übergeben werden. Zwischen Unternehmern reicht es aus, erkennbar und deutlich auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu verweisen und die zumutbare Kenntnisnahmemöglichkeit einzuräumen. Dabei ist Vorsicht geboten, wenn die Kenntnisnahmemöglichkeit dadurch eingeräumt wird, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen „ins Internet gestellt“ werden. Vorsicht bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Internet! Das kann zu erheblichen Nachweisschwierigkeiten führen, weil leicht streitig werden kann, welche Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Vertragspartner in welcher Version zu welchem Zeitpunkt wahrgenommen und als Vertragsinhalt verstanden hat. (Letztlich muss der Verwender beweisen, dass der Vertragspartner die „eingestellten AGB“ auf seinem EDV-Equipment auch darstellen konnte.) Zum anderen ermöglicht die Publikation der Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Internet das Aufspüren von fehlerhaften Allgemeinen Geschäftsbedingungen mit Suchmaschinen, was dann – wie später dargelegt wird23 – zu Abmahnungen nach dem UWG und dem UKlG führen kann. Sicher mag hier eine Möglichkeit bestehen, kostengünstig eine zumutbare Kenntnisnahmemöglichkeit einzuräumen, jedoch sind die Gefahren eines solchen Vorgehens dagegen abzuwägen. Entscheidet sich ein Unternehmen dennoch dafür, seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Internet zur Verfügung zu stellen, so ist es ratsam, die Website so zu organisieren, dass ein Nutzer erst dann Zugang zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat, wenn er sich identifiziert hat („geschlossene Benutzergruppe“). Dann lässt sich sowohl der Zeitpunkt als auch der Inhalt seiner Kenntnisnahme feststellen. Suchmaschinen dagegen wird der Zugang erheblich erschwert. Typische Risiken und Fehlerquellen üblicher kaufmännischer Verhaltensweisen Es entspricht „guter“ kaufmännischer Tradition, bei Vertragsverhandlungen unangenehme Themenbereiche wie die Einbeziehung der eigenen oder fremden AGB, insbesondere in Form von allgemeinen Verkaufs- und Einkaufsbedingungen, auszuklammern. Dies schmälert jedoch nicht den unternehmerischen Wunsch diese gleichwohl „durch die Hintertür“ doch noch in das Vertragsverhältnis einzuführen. Ein Risiko und eine Fehlerquelle stellen dabei drei übliche Arten der Versuche der Einbeziehung im Geschäftsverkehr dar, nämlich die „Einbeziehung kraft zeit-
23
Siehe 1.7 dieses Textes.
1.3 Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in den Vertrag
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lich eng nachfolgender Rechtsgeschäfte“ und die „Einbeziehung durch kaufmännisches Bestätigungsschreiben“. Regelmäßig keine Vereinbarung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch vertragliche Einbeziehung bei einem anderen Vertragsschluss Entgegen weit verbreiteter Ansicht ist aus der bloßen Tatsache, dass ein Vertrag ohne Bezugnahme auf Allgemeine Geschäftsbedingungen in engem zeitlichen Zusammenhang mit einem anderen (auch gleichartigen) Vertrag geschlossen wird, der auf der Grundlage Allgemeiner Geschäftsbedingungen zustande gekommen ist, nicht der zweifelsfrei erkennbare Wille des Verwenders herzuleiten, seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch in den zeitlich nachfolgenden Vertrag einzubeziehen24. Vielmehr sind dafür sonstige aussagekräftige Anhaltspunkte, insbesondere Handlungen und Erklärungen der Parteien, erforderlich. Ein solcher Nachweis wird im Einzelfall nicht einfacher sein als der einer originären Einbeziehung. Ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben ersetzt keine Vereinbarung Für eine Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch ein den Vertragsschluss bestätigendes kaufmännisches Schreiben wird man zunächst einen besonders deutlichen Hinweis auf die „nunmehr doch noch“ gewünschte Einbeziehung der Verwender-AGB fordern müssen. Auch für die Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen im kaufmännischen Bestätigungsschreiben gilt der Grundsatz, dass kaufmännische Bestätigungsschreiben nur dann ihre Wirkung entfalten, wenn ihr Inhalt vom Vereinbarten nicht so erheblich abweicht, dass der Absender redlicherweise nicht mit einer Billigung durch den Vertragspartner rechnen kann25. Ein typischer Fall wird dann anzunehmen sein, wenn der bestätigende Unternehmer weiß, dass sein Geschäftspartner regelmäßig eine AGB-Abwehrklausel gegenüber fremden Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendet. Einbeziehung kraft Auftragsbestätigung Hat die Auftragsbestätigung, die auf Allgemeine Geschäftsbedingungen hinweist, gleichzeitig die Funktion einer Annahmeerklärung, sei es aufgrund einer Vereinbarung oder aufgrund des Geschehensablaufes, so ist sie eine Annahmeerklärung unter Erweiterung und/oder Änderung des vom Kunden gegebenen Angebotes. Ein solches neues Angebot kann durch Schweigen nicht angenommen werden26. Dann kommt der Vertrag erst zustande, wenn der Vertragspartner die Leistung entgegennimmt. Tut er dies jedoch bedingungslos, so ist in der Entgegennahme der Leistung nur dann ein stillschweigendes Einverständnis mit den Allgemeinen 24 25 26
BGH, Urt. v. 12.02.1992 – VIII ZR 84/91, BGHZ 117, 190 (197). BGH, Urt. v. 05.05.1982 – VIII ZR 162/81, Neue Juristische Wochenschrift 1982, 1751. BGH, Urt. v. 04.04.1951 – II ZR 52/50, BGHZ 1, 353 (355).
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Geschäftsbedingungen, auf die in der Auftragsbestätigung (Annahmeerklärung) hingewiesen wurde, zu sehen, wenn der Verwender in der Auftragsbestätigung deutlich zum Ausdruck gebracht hat, dass er nur unter seinen Bedingungen zur Leistung bereit ist27. Eine solche Vorgehensweise ist schon deshalb gefährlich, weil sie dem Vertragspartner – bedingt durch die Möglichkeit, den Vertragsschluss durch den Annahmewiderspruch zu negieren – quasi eine neue Entscheidungsmöglichkeit bis zur Vertragsausführung einräumt, ob er an dem Vertrag überhaupt noch festhalten möchte oder nicht.
1.3.2 Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen im internationalen Rechtsverkehr Auch für den kaufmännischen Geschäftsverkehr gilt, dass der Hinweis auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen und natürlich auch diese selbst in einer Sprache vorliegen müssen, auf die sich die Vertragspartner einigen. Das ist zunächst einmal die Verhandlungssprache. Im internationalen kaufmännischen Verkehr ist Englisch als Sprache des internationalen Wirtschaftsverkehrs ausreichend28, was aber nicht ohne weiteres für andere Weltsprachen, z. B. Spanisch, gilt29. Ob die Verwendung einer anderen Sprache als Deutsch für Verträge, über die im Streitfall ein deutsches Gericht zu entscheiden hat, sinnvoll ist, erscheint aber zweifelhaft. Denn § 184 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) bestimmt, dass die Gerichtssprache deutsch ist. Hat ein deutsches Gericht zu entscheiden, ist die Gerichtssprache deutsch Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen müssen – anders als im nationalen Geschäftsverkehr – dem Vertragspartner zwingend vor Vertragsschluss körperlich zugänglich gemacht werden30. Der Bundesgerichtshof begründet dies – wohl realitätsfremd – damit, dass im internationalen grenzüberschreitenden Handel nicht im gleichen Maße wie im nationalen kaufmännischen Verkehr vorausgesetzt werden kann, dass der einzelne Unternehmer sich Kenntnis der fremden Allgemeinen Geschäftsbedingungen verschaffen kann und dies auch verlangt31.
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29 30
31
BGH, Urt. v. 06.04.2000 – IX ZR 122/99, NJW-Rechtsprechungs-Report 2000, 1154 (1155); Basedow in Münchener Kommentar, BGB, 5. Aufl., § 305 Rz. 84. OLG Hamburg, Urt. v. 01.06.1979 – 11 U 32/79, Neue Juristische Wochenschrift 1980, 1232 (1233); OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.12.1993 – 4 U 61/92, Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht 1994, 70. Berger, Zeitschrift für das gesamte Schuldrecht 2004,415 (417) m.w.N. BGH, Urt. v. 31.10.2001 – VIII ZR 60/01, Neue Juristische Wochenschrift 2002, 370 (371); OLG Köln, Beschl. v. 21.12.2005 – 16 U 47/05. BGH, Urt. v. 31.10.2001 – VIII ZR 60/01, Neue Juristische Wochenschrift 2002, 370 (371).
1.3 Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in den Vertrag
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Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen müssen vor Vertragsschluss körperlich zugänglich gemacht werden Diese Rechtsprechung kann erhebliche Folgen haben. Es kann beispielsweise am Eigentumsvorbehalt fehlen, wenn dieser nur in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen Erwähnung findet und letztere nicht in den Vertrag einbezogen wurden. Sind diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen dem Vertragspartner vor Vertragsschluss nicht körperlich zugänglich gemacht worden, so gelten sie nicht. Damit ist mangels Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Verwenders im internationalen Rechtsverkehr ein Eigentumsvorbehalt (soweit er denn dort ansonsten Wirkung entfalten würde) nicht vereinbart. Problematisch ist dabei die Einhaltung der Beweisanforderungen. Schließlich hat der Verwender den Vollbeweis der körperlichen Übergabe eines lesbaren AGB-Exemplars vor Vertragsschluss zu erbringen. Die weithin verwendeten Telefaxempfangsprotokolle oder E-Mail-Empfangsbestätigungen sind hier völlig ungeeignet, weil sie nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung weder den Zugang selbst noch den eines bestimmten Inhaltes und schon gar nicht die Lesbarkeit des übermittelten Textes beweisen. Praxistipp:
Bewährt haben sich demgegenüber sog. Telefaxquittungen mit Lesbarkeitsbestätigungen, welche der potenzielle Vertragspartner nach dem Erhalt des Angebotes rechtsverbindlich unterschrieben zurücksenden sollte.
Für Verträge mit Auslandsberührung gilt deshalb: x Zunächst ist zu prüfen, ob der Vertrag dem deutschen Recht unterliegt32. Denn nur dann gelten die hier dargestellten Bedingungen des deutschen Rechts für die Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen. Ansonsten gilt ausländisches Recht, das hier nicht dargestellt wird. x Sodann ist einem ausländischen Vertragspartner ein verständlicher Hinweis auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen entweder in der Verhandlungssprache oder in einer Sprache, die der Vertragspartner versteht, zu geben. Sicherer ist es, Englisch zu verwenden, das als Welthandelssprache am ehesten anerkannt ist.
32
Diese Frage ist nach den Vorschriften des ersten Unterabschnitts des Fünften Abschnitts „Schuldrecht“ des EGBGB, nach den Art. 27 ff. EGBGB, zu entscheiden. Das CISG ist deutsches Kaufrecht. Gilt es, so hat das Einfluss auf die Frage, ob deutsches Recht für Allgemeine Geschäftsbedingungen anzuwenden ist. Gilt dieses Übereinkommen, das keine Regeln über Allgemeine Geschäftsbedingungen vorsieht, so ist es vorrangig vor den Regeln des deutschen Rechts über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Siehe hierzu auch 1.5.3.
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1 Übersicht zum deutschen Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
x Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen müssen vor Vertragsschluss körperlich übergeben werden. Sie müssen wiederum in der Verhandlungssprache oder einer anderen dem Vertragspartner geläufigen Sprache, sicherheitshalber auf Englisch, abgefasst sein. x Sollte ein deutsches Gericht im Streitfalle in Betracht kommen, so kann es sinnvoll sein, die Verwendung der deutschen Sprache als Verhandlungssprache anzustreben.
1.3.3 Einbeziehung und E-Commerce Hier bestehen bei näherem Hinsehen keine Besonderheiten für die Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen33. Entgegen seiner Stellung im Gesetz ist § 312e BGB nicht nur eine Verbraucherschutzvorschrift. Er gilt auch für Verträge zwischen einem Unternehmer und seinem Kunden, der Unternehmer ist. § 312e Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BGB verpflichtet den Unternehmer, der Vertragsabschlüsse im elektronischen Geschäftsverkehr34 tätigt, auch seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen bei Abschluss des Vertrages in abrufbarer und speicherbarer Form zur Verfügung zu stellen. § 312e BGB. Pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr (1) Bedient sich ein Unternehmer zum Zwecke des Abschlusses eines Vertrags über die Lieferung von Waren oder über die Erbringung von Dienstleistungen eines Tele- oder Mediendienstes (Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr), hat er dem Kunden […] 4. die Möglichkeit zu verschaffen, die Vertragsbestimmungen einschließlich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen bei Vertragsschluss abzurufen und in wiedergabefähiger Form zu speichern. […]
33
34
Grigoleit, Wertpapier-Mitteilungen 2001, 597; Grüneberg in Palandt, BGB, 68. Aufl., § 312e Rz. 2; anders noch: Ulmer, Computer und Recht 2002, 208. Die Vorschrift betrifft nur den elektronischen Geschäftsverkehr, nicht den Austausch von E-Mails über das Internet. Diese werden als Erklärungen unter Abwesenden nach den allgemeinen Regeln der §§ 130 ff. BGB beurteilt.
1.4 Überraschende Klauseln
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Ein Verstoß gegen diese Pflicht35 hindert aber nicht die Einbeziehung, wenn eine andere zumutbare Gelegenheit zur Kenntnisnahme besteht. Auf die Gefahren von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die frei im Internet für jedermann und für elektronische Suchmaschinen zugänglich sind, wurde bereits hingewiesen.
1.4 Überraschende Klauseln Das Gesetz hat für überraschende Klauseln in § 305c Abs. 1 BGB folgende Regelung getroffen: § 305c BGB. Überraschende und mehrdeutige Klauseln (1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil. […] Für solche „überraschenden Klauseln“ ist es ohne Bedeutung, ob alle übrigen Voraussetzungen für ihre Einbeziehung in den Vertrag gegeben sind. Sind sie überraschend, so ist die Rechtsfolge dahin gehend bestimmt, dass sie nicht Inhalt des Vertrages werden. Auf ihren Regelungsgehalt kommt es dabei überhaupt nicht an. Überraschende Klauseln sind unwirksam, selbst wenn sie inhaltlich angemessen sind Diese Regel ist eine Durchbrechung des Grundsatzes, dass jede Partei an ihre Unterschrift unter einem Vertrag gebunden ist. Die Einschränkung dieser Bindung ist gerechtfertigt, weil eine Partei bei Vertragsschluss häufig nicht in der Lage ist, die vom Verwender vorformulierten, oft umfangreichen und abstrakt gefassten Bedingungen sorgfältig durchzulesen, in ihrem Zusammenhang zu erfassen und ihre Auswirkung auf das Rechtsgeschäft richtig einzuschätzen. In diesen Regelungen zeigt sich, dass der Schutzzweck des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die Vertragspartei vor der Formulierungshoheit des Verwenders von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu schützen, nicht nur eine abstrakte juristische Überlegung ist. Sie hat durchaus praktische Bedeutung, die hier, an der Regel über überraschende Klauseln, besonders deutlich zu Tage tritt. 35
Ein Verstoß kann aber eine Pflichtverletzung darstellen, mehr dazu siehe 1.8.6, und Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche auslösen; Grüneberg in Palandt, BGB, 68. Aufl., § 312e Rz. 11.
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1 Übersicht zum deutschen Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
Der Vertragspartner des Verwenders darf darauf vertrauen, dass eine Klausel nicht allzu weit von den bei Rechtsgeschäften gleicher Art üblichen und zu erwartenden Bedingungen abweicht36. Eine Klausel ist ungewöhnlich, wenn der Vertragspartner damit vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht Eine Klausel ist dann ungewöhnlich, wenn sie eine Regelung enthält, die von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht und mit der dieser den Umständen nach vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht. Diese Erwartungen der Vertragspartei des Verwenders werden von den allgemeinen und den besonderen Begleitumständen des Vertragsschlusses bestimmt. Allgemeine Begleitumstände sind der Grad der Abweichung der Klausel vom Gesetz und die für den Geschäftskreis übliche Vertragsgestaltung. Besondere Begleitumstände zur Beurteilung der Frage, ob eine Klausel überraschend ist, sind der Gang und der Inhalt der Vertragsverhandlungen und der äußere Zuschnitt des Vertrages37. Es ist deshalb stets gefährlich, Klauseln in einen Vertrag einzubringen, die wesentlich von dem abweichen, was der Vertragspartner als seine Vorstellungen und Absichten bei den Verhandlungen zum Ausdruck gebracht hat, ohne dass ihm darin widersprochen wurde. Die praktische Konsequenz daraus ist wiederum, dass Verhandlungen protokolliert werden sollten. Mit einer Regelung braucht der Vertragspartner des Verwenders dann nicht zu rechnen, wenn dies vernünftigerweise nicht zu erwarten ist38. Dies ist ein objektiver Maßstab, der im Falle eines Gerichtsverfahrens schwer vorhersehbar ist. Letztlich wird es auf das Verständnis des Richters und auf das Vorbringen der Parteien im Einzelfall ankommen. Aber selbst eine für einen Dritten überraschende Klausel wird dann Vertragsinhalt, wenn der Verhandlungspartner des Verwenders positive Kenntnis von dieser Klausel hat. Die Rechtsprechung hat aber die Voraussetzungen an diesen Ausnahmetatbestand hoch gesetzt. Allein der Umstand, dass ein Vertragswerk durchgelesen und dies in einer Klausel des Vertragswerks bestätigt wurde, reicht wegen des Zwecks des § 305c Abs. 1 BGB, der den Vorteil der Formulierungshoheit ausgleichen will, für den Nachweis der Kenntnis des Regelungsinhaltes nicht aus. Der Überraschungscharakter einer ungewöhnlichen Klausel entfällt nur dann, wenn sie inhaltlich, auch hinsichtlich ihrer Rechtsfolgen, ohne weiteres verständlich ist und drucktechnisch so hervorgehoben ist, dass erwartet werden kann, der Vertragspartner des Verwenders werde von ihr Kenntnis nehmen. Dies gilt wiederum nicht,
36 37 38
BGH, Urt. v. 01.03.1978 – VII ZR 70/77, Neue Juristische Wochenschrift 1978, 1519. BGH, Urt. v. 21.11.1991 – IX ZR 60/91, Betriebsberater 1992, 167 (168). BGH, Urt. v. 30.06.1995 – V ZR 184/94, Betriebsberater 1995, 2186.
1.5 Kollision von Bedingungen. Vorrangsregeln
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wenn der Vertragspartner bei den Verhandlungen ausdrücklich darauf hingewiesen hat, er werde eine solche Klausel nicht akzeptieren.
1.5 Kollision von Bedingungen. Vorrangsregeln Die Kollision von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, insbesondere in Form von allgemeinen Ein- und Verkaufsbedingungen, stellt im unternehmerischen Verkehr eine weitreichende Problematik dar. Häufig kollidieren Individualvereinbarungen und Allgemeine Geschäftsbedingungen in Bezug auf denselben Vertrag, etwa weil die Parteien nachträglich mündlich eine Änderung vereinbart haben, obwohl der Vertrag für Änderungen die Schriftform vorsieht. Immer wieder treten aber auch Fälle auf, in denen beide Vertragspartner alle Voraussetzungen für die Einbeziehung ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen erfüllt haben. Dies führt dann zu einer Kollision von Bedingungen, die nicht nach den Regeln des allgemeinen Rechts – eine vom Angebot abweichende Annahmeerklärung ist ein neues Angebot, das wiederum der Annahme bedarf – geregelt werden kann. Denn das würde zu unbilligen Zufälligkeiten wegen der Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der einen oder der anderen Partei führen. Die Rechtsprechung hat Regeln für die Behandlung der Kollision erarbeitet, die sich unterscheiden je nachdem, ob die Kollision von Bedingungen im nationalen Geschäftsverkehr oder im internationalen Geschäftsverkehr auftritt. Der Vorrang der Individualabrede gilt überall, wo das deutsche BGB anwendbar ist.
1.5.1 Vorrang der Individualabrede Die einfachste Regel für die Kollision von Individualvereinbarung und Allgemeiner Geschäftsbedingung in Bezug auf denselben Vertrag findet sich in § 305b BGB. § 305b BGB. Vorrang der Individualabrede Individuelle Vertragsabreden haben Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Diese Regelung betrifft auf den ersten Blick nur die Frage, welche Abrede gilt. Sie hat jedoch auch für die Anwendbarkeit der Inhaltskontrolle nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen wesentliche Bedeutung. Denn der Vorrang der Individualabrede greift auch gegenüber einer angemessenen Schriftformklausel. Es genügt also, dass individualvertraglich eine abweichende Vereinbarung getroffen wurde, sei es mündlich oder schriftlich. Einer bewussten
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1 Übersicht zum deutschen Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
Aufhebung einer entgegenstehenden Schriftformklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des betroffenen Vertrages bedarf es nicht.39 Es ist daher völlig verfehlt, wenn sich Unternehmen bei Bestehen vertraglicher Schriftformklauseln (welche oft AGB-Charakter haben werden) bei mündlichen Absprachen darauf verlassen, deren Wirksamkeit werde schon an der vorhandenen Schriftformklausel scheitern. Regelmäßig hindert eine Schriftformklausel Individualvereinbarungen nicht Das gilt auch bei der nachträglichen mündlichen Individualvereinbarung über die Änderung von sogenannten qualifizierten Schriftformklauseln in Formularverträgen. Das sind die Klauseln, die für die Änderung der Schriftformklausel wiederum ausdrücklich Schriftform fordern. Die ändernde Individualvereinbarung hat immer Vorrang. Mit der mündlichen Individualvereinbarung wird die in Formularverträgen festgeschriebene Verpflichtung zur schriftlichen Veränderung der Schriftformklausel ebenso ausgehebelt, wie diese selber. Eine mündlich vereinbarte Klausel ist als nachträgliche mündliche Individualvereinbarung gegenüber kollidierenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen selbst mit qualifizierter Schriftformklausel vorrangig40. Ein bewusstes Abweichen von einer Schriftformklausel, deren bewusste Aufhebung also, hat der Bundesgerichtshof lediglich ausnahmsweise dort gefordert, wo von einer sogenannten qualifizierten Schriftformklausel, die überdies individuell vereinbart war, abgewichen wurde. Denn in solchen Fällen finde der Vorrang der Individualvereinbarung keine Anwendung, vielmehr müsse dann erst die Schriftformklausel selbst abgeändert werden, um eine Vereinbarung anders als in schriftlicher Form durch eine Individualabrede ändern zu können41.
1.5.2 Kollision von Bedingungen im nationalen Geschäftsverkehr Auch wenn sich Allgemeine Geschäftsbedingungen widersprechen, bleibt der Vertrag nach § 306 Abs. 1 BGB wirksam. § 306 Abs. 2 BGB bestimmt, dass sich der Inhalt des Vertrages, auch wenn manche Bestimmungen nicht Vertragsbestandteil geworden sind, nach den gesetzlichen Vorschriften richtet. Das gilt auch dann, wenn sich widersprechende Allgemeine Geschäftsbedingungen vorliegen.
39
Ellenberger in Palandt, 68. Aufl., § 125 Rz. 19.
40
OLG Düsseldorf, Urt. v. 01.06.2006 – I-10 U 1/06. BGH, Urt. v. 21.09.2005 – XII ZR 312/02, Neue Juristische Wochenschrift 2006, 138 (139).
41
1.5 Kollision von Bedingungen. Vorrangsregeln
25
§ 306 BGB. Rechtsfolgen bei Nichteinbeziehung und Unwirksamkeit (1) Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam, so bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam. (2) Soweit die Bestimmungen nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam sind, richtet sich der Inhalt des Vertrags nach den gesetzlichen Vorschriften […] Wenn die Parteien trotz der fehlenden Übereinstimmung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen mit der Durchführung des Vertrages beginnen, unterwerfen sie sich damit den gesetzlichen Regelungen. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowohl der einen, als auch der anderen Seite sind nur insoweit von Bedeutung, als sie deckungsgleich sind. Das wird in der Praxis vielleicht bei der Rechtswahl und dem Gerichtsstand der Fall sein; im Übrigen eher nicht. Dies führt häufig dazu, dass sich der Leistungsverpflichtete einem völlig anderen, gesetzlichen Haftungsregime mit unbeschränkter Haftung auch für mittelbare Schäden bei jeder auch leichtesten Fahrlässigkeit ausgesetzt sieht. Eigentumsvorbehalt kann trotz Kollision der Allgemeinen Geschäftsbedingungen dinglich wirksam sein Eine Sonderrolle spielt der Eigentumsvorbehalt. Die Auslegung der Erklärungen der Vertragsparteien kann (nicht muss!) ergeben, dass ein lediglich einfacher (!) Eigentumsvorbehalt trotz Kollision der Allgemeinen Geschäftsbedingungen wirksam ist, wenn dem Vertragspartner des Verwenders bekannt ist, dass der Verwender nur unter Eigentumsvorbehalt liefern will42. Dazu mehr unter 2.6. Die Rechtsverhältnisse bei der Kollision von Bedingungen im nationalen Geschäftsverkehr lassen sich also so zusammenfassen, dass nicht die „Theorie des letzten Wortes“ gilt, sondern das Prinzip der Kongruenzgeltung und das Prinzip der Geltung des Gesetzes, wenn kongruente Allgemeine Geschäftsbedingungen nicht feststellbar sind 43. Denn abweichend von der allgemeinen Auslegungsregelung des § 154 Abs. 1 BGB, wonach, so lange sich die Parteien über alle Punkte eines Vertrages geeinigt haben, über die nach der Erklärung auch nur einer Partei eine Vereinbarung getroffen werden soll, im Zweifel der Vertrag als nicht geschlossen anzusehen ist, soll der Vertragsschluss als solcher nicht daran scheitern, 42 43
BGH, Urt. v. 30.03.1988 – VIII ZR 340/86, BGHZ 104, 129 (137). BGH, Urt. v. 20.03.1985 – VIII ZR 327/83, Neue Juristische Wochenschrift 1985, 1838 (1839), Grüneberg in Palandt, BGB, 68. Aufl., § 305 Rz. 55.
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1 Übersicht zum deutschen Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
dass der Bestand des Vertrages von der Einigung über die Geltung der gegenseitigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen abhängig gemacht wird44. Das gilt jedenfalls dann, wenn das Verhalten der Parteien, insbesondere in Gestalt der späteren Vertragsdurchführung, den Willen erkennen lässt, dass auch für sie vorrangig der Bestand des Vertrages selbst ist. Es gilt das käufer-/bestellerfreundliche Gesetz, wo sich Allgemeine Geschäftsbedingungen widersprechen
1.5.3 Kollision allgemeiner Geschäftsbedingungen im internationalen Geschäftsverkehr Kollidieren Allgemeine Geschäftsbedingungen im internationalen Geschäftsverkehr, so gilt nach herrschender internationaler Meinung, dass jene Allgemeinen Geschäftsbedingungen Vertragsbestandteil werden, die zuletzt eingebracht wurden.45 „Last shot rules“ Dabei gilt natürlich zunächst, dass für beide Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Voraussetzungen einer wirksamen Einbeziehung im Übrigen vorliegen; insbesondere müssen sie in einer geeigneten Sprache abgefasst sein. Ist das gegeben und liegen Allgemeine Geschäftsbedingungen beider Seiten vor, gilt der Grundsatz „last shot rules“. Es gilt die Bedingung, die zuletzt eingebracht wurde. Dies ist naturgemäß eine Faustregel. Im internationalen Geschäftsverkehr sind zunächst komplizierte juristische Vorfragen nach der Geltung des Rechts eines oder beider Vertragsstaaten, auch nach der Geltung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über internationale Warenkaufverträge (CISG) und den Regelungen der Europäischen Verordnung über die gerichtliche Anerkennung und Vollstreckung in Zivil- und Handelssachen46 zu beachten, die in Artikel 23 Abs. 2 Satz 3a die Mindestanforderungen für die Einbeziehung regelt, und die Bedeutung internationaler Handelsbräuche. Die juristischen Probleme des internationalen Privatrechts darzulegen, gehört nicht in den Rahmen dieses Buches. Für den Praktiker ist wichtig, dass er Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die er nicht akzeptieren will, widerspricht.
44
BGH, Urt. v. 26.09.1973 – VIII ZR 106/72, Neue Juristische Wochenschrift 1973, 2106; BGH, Urt. v. 28.06.1990 – IX ZR 107/89, Wertpapier-Mitteilungen 1990, 1671 (1673).
45
Ferrari in Münchener Kommentar, HGB, Art. 19 CISG Rz. 19.
46
EuGVVO, Verordnung (EG), 44/2001 des Rates vom 22.10.2000.
1.5 Kollision von Bedingungen. Vorrangsregeln
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Ungewollten Bedingungen ausdrücklich und nachweisbar widersprechen! Schweigen kann Zustimmung sein! Im internationalen Geschäftsverkehr ist es auch ratsam, nicht darauf zu vertrauen, dass Schweigen auf eine Erklärung als Ablehnung zu verstehen ist. Nur bei Anwendbarkeit deutschen Rechts sind das Zustandekommen des Vertrages und die Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch nach dem deutschen Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch47 zu beurteilen. Das gilt jedoch dann nicht48, wenn es nach den Umständen nicht gerechtfertigt wäre, für die Beurteilung von Vertragsschlüssen deutsches Recht anzuwenden. Dann kann sich die ausländische Partei auf ihr Recht berufen. Und dieses Recht kann die Bedeutung des Schweigens anders interpretieren, nämlich als Annahme des Angebotes. Im Geschäftsverkehr mit dem Ausland ist es daher immer ratsam, eine verbindliche Vereinbarung über das „Schuldstatut“ genannte nationale Recht, das auf den Vertragsschluss anzuwenden ist und das gleichzeitig als sogenanntes „Wirkungsstatut“ auch über das auf den zustande gekommenen Vertrag anwendbare Recht entscheidet, zu treffen. Natürlich erscheint es sinnvoll, die Maßgeblichkeit deutschen Rechts anzustreben, denn dazu gehört auch das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Das gilt auch dann, wenn im grenzüberschreitenden Geschäftsverkehr mit Geschäftspartnern aus einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über das CISG Verträge geschlossen werden. Denn das CISG sieht keine Regelungen für Allgemeine Geschäftsbedingungen vor. Gilt dieses Übereinkommen, so ist es vorrangig vor den Regeln des deutschen Rechts über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Hilfe bieten hier nur Analogien, die im Streitfall jedoch wenig tragfähig sind49. Das CISG sieht keine Regelungen für Allgemeine Geschäftsbedingungen vor Das CISG kann ausgeschlossen werden50. Das kann aber nicht durch die Formel erfolgen, es sei deutsches Recht anwendbar. Bei einem Vertrag zwischen Vertragsparteien aus Mitgliedern des Abkommens über die CISG – und das sind nahezu alle westlichen Staaten – bedeutet die Beschränkung auf Anwendbarkeit deutschen Rechts, dass eben gerade das CISG gilt, denn es ist deutsches Recht51. Vielmehr muss die Abwahl des CISG ausdrücklich erfolgen. Es wird dabei aber zu beachten sein, dass dies möglicherweise für den Vertragspartner des Verwenders überraschend ist. Von anwaltlicher Beraterseite wird auch noch stets zu überlegen sein, ob die Einbeziehung des CSIG nicht die Interessen des Unternehmers besser abzudecken geeignet ist. 47 48 49
Art. 31 Abs. 1 EGBGB. Art. 31 Abs. 2 a.a.O. Schmidt in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., Anhang § 305 BGB Rz. 11.
50
Ferrari in Münchener Kommentar, HGB, CISG Art. 11 Rz. 12.
51
Thorn in Palandt, BGB, 68. Aufl., EGBGB 28 Rz. 8 m.w.N.
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1 Übersicht zum deutschen Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
1.6 Billigkeitskontrolle Sind die Voraussetzungen geklärt, ist eine Vertragsklausel als Allgemeine Geschäftsbedingung qualifiziert und ist sie in den Vertrag einbezogen, so wird ihr Inhalt nach den Vorschriften des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen kontrolliert. Es geht darum, ob die Klausel den Vertragspartner des Verwenders entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Diese Benachteiligung kann durch den Regelungsgehalt der Klausel entstehen, aber auch durch die Formulierung und Gestaltung. Eine Klausel kann – neben dem Unwirksamkeitsverdikt „überraschend“ – x nicht klar und verständlich (intransparent) sein und/oder x eine unbillige Regel zum Inhalt haben. In beiden Fällen ist die Klausel unwirksam, wenn dadurch der Vertragspartner des Verwenders unangemessen benachteiligt wird.
1.6.1 Klauseln im engeren Sinne und „andere Bestimmungen“ Das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen kennt zwei Arten von Klauseln. Klauseln im engeren Sinne, die vom Gesetz auch Klauseln genannt werden, sind solche vertraglichen Vereinbarungen, die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen enthalten. Deren Regelungsinhalt ist der Kontrolle auf Angemessenheit unterworfen. Vom Gesetz abweichende Regeln „Klauseln im engeren Sinne“ sind auf ihren Regelungsgehalt zu kontrollieren Weiter nennt das Gesetz einige Klauseln auch die „anderen Bestimmungen„ in Verträgen. Ihr Inhalt ist, wie es früher in § 8 AGBG für alle Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nicht von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen enthielten, bestimmt war, nicht dem Regime der Kontrolle des Inhaltes Allgemeiner Geschäftsbedingungen unterworfen. Aber Vorsicht: Auch für sie gilt das Gebot der Klarheit und Verständlichkeit. (Erfasst sind daher hier insbesondere die im unternehmerischen Verkehr maßgeblichen Leistungsbeschreibungen und Preisbestimmungen.) Alle Klauseln, sowohl Klauseln im engeren Sinne als auch „andere Bestimmungen“, müssen sich im Rahmen des von der Rechtsprechung stark ausgeweiteten sog. „Transparenzgebotes“ daran messen lassen, ob sie klar und transparent sind. Denn alle Klauseln in Verträgen, die für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind und von einer Vertragspartei der anderen Vertragspartei bei Abschluss des Vertrages gestellt werden, müssen § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. § 307 Abs. 3 BGB genügen, also klar und verständlich sein. Sonst können sie unangemessen benachteiligen und schon deshalb unwirksam sein.
1.6 Billigkeitskontrolle
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§ 307 BGB. Inhaltskontrolle (1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. […] (3) […] Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein. Dieses Transparenzgebot ist ein allgemeines Prinzip der Kontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen. Es beschränkt sich nicht auf solche Bedingungen, die von Rechtsvorschriften abweichen oder diese ergänzen, also nicht auf Allgemeine Geschäftsbedingungen im engeren Sinne, sondern umfasst auch „andere Bestimmungen“, für die ein normativer Kontrollmaßstab fehlt. Das sind insbesondere die Preis- und Leistungsbestimmungen selbst. Dieser eigentliche Kern der Leistungszusage muss ebenso wie jede Klausel in einem Vertrag aus vorformulierten Vertragsbedingungen des Verwenders „klar und verständlich“ sein. Dieses Transparenzgebot gilt deshalb auch, soweit eine Inhaltsprüfung einer Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht stattfinden darf. Dem Transparenzgebot sind sowohl „Klauseln im engeren Sinne“ als auch „andere Bestimmungen“ unterworfen Einen Sonderfall bilden die Klauseln, die das Hauptleistungsversprechen einschränken, verändern oder aushöhlen, es modifizieren oder auch nur näher ausgestalten52. Sie sind auf den ersten Blick zwar „andere Bestimmungen“, weil sie die Leistungszusage betreffen. Tatsächlich wandeln sie aber die aus dieser Leistungszusage folgenden gesetzlichen Pflichten ab. Deshalb sind sie nicht nur auf ihre Transparenz, sondern auch auf ihren Inhalt zu kontrollieren. Die Differenzierung macht im Einzelfall erhebliche Schwierigkeiten. Als Faustregel gilt, dass die wesentlichen Bestandteile des Geschäfts, die „Essentialia negotii“, der Inhaltskontrolle entzogen sind. Denn die Art und Weise, wie die Hauptleistungen zu erbringen sind, ist bereits Gegenstand der gesetzlichen Regelungen, sodass eine diese modifizierende Allgemeine Geschäftsbedingung eine Abweichung oder Abänderung von Rechtsvorschriften darstellen würde, also Allgemeine
52
BGH, Urt. v. 22.11.2000 – IV ZR 235/99, Neue Juristische Wochenschrift 2001, 1132 (1133), Grüneberg in Palandt, BGB, 68. Aufl., § 307 Rz. 55.
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1 Übersicht zum deutschen Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
Geschäftsbedingungen im engeren Sinne. Im Ergebnis ist also nur der eigentliche Kern der Leistungszusage – der bei vielen gesetzlichen Leitbildern nach Maßgabe des nicht zu gefährdenden Vertragszwecks zu ermitteln ist – der Inhaltskontrolle entzogen, nicht die nähere Gestaltung der Erfüllungspflichten.
1.6.2 Transparenzgebot Jede Regelung in einem Vertrag muss klar und verständlich sein. Ist sie das nicht, kann darin eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders zu sehen sein, die die Klausel unwirksam macht. Das wäre etwa der Fall, wenn der Kunde nicht erkennen kann, ob ihm das neueste Modell einer Maschine geschuldet ist oder ob er sich mit dem gleichnamigen Vorgängermodell zufriedengeben muss. Das wirft sofort die Frage auf, für wen eine Regelung klar und verständlich sein muss. Für den Ingenieur wird eine Leistungsbeschreibung anders aussehen, als für den Kaufmann. Die wichtigste Vorfrage für die Anwendung des Transparenzgebotes ist mithin die Frage, auf wessen Verständnis abzustellen ist. Weil nicht immer vorhersehbar ist, an wen sich eine Vertragsklausel richtet – ist sie doch zur Verwendung in einer Vielzahl von Fällen vorgesehen – muss ein Leitbild definiert werden. Abgestellt wird in der extensiven Auslegung der Rechtsprechung auf den rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden, der nicht darüber informiert ist, welche Rechte ihm zustehen. Deshalb verpflichtet das Transparenzgebot den Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die Rechtsposition des anderen Teils so verständlich und klar zu regeln, dass dieser ohne Weiteres in die Lage versetzt wird, eine ihn benachteiligende Wirkung einer Klausel ohne die Einholung von Rechtsrat zu erkennen53. Es kommt auf den Durchschnittskunden an, der nicht darüber informiert ist, welche Rechte ihm zustehen Dieses Erfordernis darf aber den AGB-Verwender auch nicht überfordern. Die Verpflichtung, den Klauselinhalt klar und verständlich zu formulieren, besteht naturgemäß nur im Rahmen des Möglichen54. Allgemeine Maßstäbe lassen sich dazu weder dem deutschen Gesetz noch der diesem zugrunde liegenden Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft55 entnehmen. Das Erfordernis, dass Verträge „in klarer und verständlicher Sprache“ abgefasst sein müssen, sodass der Vertragspartner des Verwenders von allen Vertragsklauseln Kenntnis nehmen kann, sagt noch 53 54
55
BGH, Urt. v. 16.05.2007 – XII ZR 13/05, Neue Juristische Wochenschrift 2007, 2176. BGH, Urt. v. 06.10.2004 – VIII ZR 215/03, Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht 2004, 903 (904). Richtlinie 93/13 EWG des Rates vom 05.04.1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, ABl. L 95/29 vom 21.04.1993.
1.6 Billigkeitskontrolle
31
nichts aus über das Verständnis und die Kompetenz, die vom Vertragspartner des Verwenders erwartet werden kann. Das Erfordernis der Transparenz ist nicht neu. Die Rechtsprechung fordert es bereits seit dem Ende der 80er Jahre und hat dieses Gebot im Rahmen des früheren § 9 Abs. 1 AGBG entwickelt56. So ist es mit Wirkung vom 01.02.2002 in § 307 Abs. 1 Satz 2 mit den Worten normiert: „Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.“57. Eine Antwort auf die Frage, wann das Transparenzgebot verletzt ist und auf wessen Verständnis dabei abzustellen ist, folgt daraus jedoch nicht. Die bereits vor Inkrafttreten der Schuldrechtsmodernisierungsgesetze entwickelten Kriterien der Rechtsprechung58 geben aber einen vernünftigen Ansatz für die Bewertung der Transparenz. Diese muss sich nach den Verständnismöglichkeiten und Erwartungen der typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden Durchschnittskunden richten. Maßgebend ist der typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartende Durchschnittskunde Es ist wichtig und richtig, dass auf „Verträge der geregelten Art“ abgestellt wird und erst in diesem Rahmen auf den zu erwartenden Durchschnittskunden. Es geht also nicht um den flüchtigen Betrachter, sondern um den aufmerksamen und sorgfältigen Teilnehmer am Wirtschaftsverkehr59. Gleichwohl ist von unnötigen Komplizierungen und juristischen Floskeln abzuraten, selbst wenn damit der Kundige nicht überfordert wird. Im unternehmerischen Verkehr genügen wegen der besonderen beruflichen Kenntnisse und Geschäftserfahrung der Vertragspartner häufig etwas geringere Transparenzanforderungen, als im Verkehr mit Verbrauchern. Hier wie dort kommt es jedoch im Einzelfall darauf an, ob der Vertragspartner des Verwenders seine Rechte und Pflichten klar und deutlich dem Text entnehmen kann, denn grundsätzlich steht die Rechtsprechung auf dem durchaus streitbaren Standpunkt, der Unternehmer sei nicht schutzunwürdiger als der Verbraucher. Ist dies nicht möglich, so muss der Verwender die Intransparenz durch individuelle Aufklärung sicherstellen, indem er den Vertragspartner belehrt. Daher kann das auf einer unklaren Klausel beruhende Informationsdefizit durch eine geeigne-
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BGH, Urt. v. 24.11.1988 – III ZR 188/87, BGHZ 106, 42; BGH, Urt. v. 17.01.1989 – XI ZR 54/88, BGHZ 106, 259; BGH, Urt. v. 14.04.1992 – XI ZR 196/91, BGHZ 118, 126. Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001, BGBl. I, 3138 (3144). BGH, Urt. v. 10.07.1990 – XI ZR 275/89, BGHZ 112, 115; BGH, Urt. v. 15.10.1991 – XI ZR 192/90, BGHZ 116, 1. Grüneberg in Palandt, BGB, 68. Aufl., § 307 Rz. 19.
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1 Übersicht zum deutschen Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
te, möglicherweise auch individuelle Aufklärung vor oder bei Vertragsschluss behoben werden. Nach Vertragsschluss kommen Erläuterungen zu spät. Die Anforderungen an die Transparenz einer Klausel können allerdings ihren Zweck konterkarieren. Eine Überspannung der Transparenzanforderungen sollte vermieden werden. Denn Allgemeine Geschäftsbedingungen können ihre Rationalisierungsfunktion nicht mehr erfüllen, wenn sie auch dem Unkundigen verständlich sein wollen, ihn belehren wollen und gleichwohl jede Vereinfachung und kleine Ungenauigkeit ausschließen wollen. Die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen erforderliche Zusammendrängung der Informationen auf einige zentrale Parameter oder den Kern einer Regelung ist auch erforderlich, weil sonst die Gefahr einer „Informationshypertrophie“60 besteht, die dann selber wieder einen Grund für Intransparenz darstellt. Diese Überlegungen lassen sich dahin gehend zusammenfassen, dass das Transparenzgebot den AGB-Verwender nicht überfordern darf. Die Verpflichtung, den Klauselinhalt klar und verständlich zu formulieren, besteht also nur im Rahmen des Möglichen. So ist es beispielsweise in einer Haftungsausschluss- oder -begrenzungsklausel schlichtweg unmöglich, alle zwingenden Haftungstatbestände des deutschen Rechts aufzuführen. Einige Grundfehler, die leicht vermieden werden können Einige Grundfehler finden sich immer wieder in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, obwohl sie recht einfach vermieden werden können. x Das Transparenzgebot verlangt, dass eigenständige Regelungsbereiche in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht unter fremden Überschriften „versteckt“, sondern mit einer eigenen, ausreichend aussagekräftigen Überschrift versehen werden61. x Auch eine Verweisung auf sonstige Vertragsgrundlagen, wie häufig bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendete Kettenverweisung (in AGB wird auf die Anwendbarkeit anderer AGB verwiesen), widerspricht dem Transparenzgebot. Das gilt nicht nur im Verkehr mit Verbrauchern, sondern auch zwischen Unternehmen. Vielmehr sollte eine klare Gliederung verwendet werden, die sich nach dem Ablauf der Vertragsbeziehungen ausrichtet und die Regelungen für den Ablauf der Vertragsbeziehungen nicht an verschiedenen Stellen unterbringt. Es soll allerdings genügen, wenn in der Vertragsurkunde selbst eine Bürgschaft „nach beigefügtem Muster“ verlangt wird, in diesem Muster dann der Verzicht auf Einreden vorgesehen ist62. Ob sich diese Rechtsprechung auch auf weitere präzisie60 61 62
Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 307 Rz. 349. LAG Hamm, Urt. v. 10.09.2004 – 7 Sa 918/04. BGH, Urt. v. 12.02.09 – VII ZR 39/08 – Immobilien- und Baurecht 2009, 199.
1.6 Billigkeitskontrolle
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rende Anlagen zu einem Vertrag bezieht, wie Produktblätter und Quittungs- oder Abnahmeformulare, kann allgemein nicht beurteilt werden. Man wird im Einzelfall zu prüfen haben, ob das Vertragskonstrukt und sein Inhalt klar und verständlich sind. x Die Verständlichkeit erfordert, dass sich Regelungen nicht aus dem Zusammenhang ergeben dürfen, sondern im Einzelnen und deutlich erkennbar sein müssen. Regelungsinhalte dürfen nicht versteckt werden, sie müssen so bestimmt sein, dass sich keine Beurteilungsspielräume ergeben, die von dem Ermessen des Verwenders abhängig sind. Deshalb müssen Formulierungen wie „soweit gesetzlich möglich/zulässig“ vermieden werden, weil dies nicht nur die Kenntnis der Gesetzeslage voraussetzt, sondern auch von der Rechtsauffassung des Verwenders abhängig ist. Das gilt auch im Geschäftsverkehr zwischen Kaufleuten. Eine Klausel „soweit dies zulässig ist“ hat für sich genommen keinen verständlichen Inhalt. Auch die Klausel „soweit sich aus zwingendem Recht nichts anderes ergibt“ ist nicht klar und verständlich. x Besondere Fehlerquellen finden sich da, wo der Verwender Bedingungen für den Eintritt einer Rechtsfolge formuliert. Häufig formuliert er diese Bedingungen nach seinem Verständnis, ohne auf die Informations- und Wertungsmöglichkeiten seines Vertragspartners Bezug zu nehmen. Häufig werden Bedingungen auch so ungenau formuliert, dass für den Verwender nicht erkennbar ist, wann diese Bedingung eintritt. Auch bei Fristen wie Lieferfristen, Zahlungsfristen, Annahmefristen u.Ä. kommt es immer wieder zu intransparenten Regelungen. Eine Regelung muss so beschaffen sein, dass ein Durchschnittskunde ohne Schwierigkeiten und ohne rechtliche Beratung in der Lage ist, das Ende einer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgegebenen Frist selbst zu erkennen und zu berechnen63. Bei der üblichen Angabe „in der Regel“ werde zu einem bestimmten Zeitpunkt geliefert, fehlt jeder Anhaltspunkt für ein Fristende. Eine solche Klausel ist intransparent64. 63
64
BGH, Urt. v. 08.12.1984 – VII ZR 227/83, Neue Juristische Wochenschrift 1985, 855 (856). Möglicherweise genügt allerdings die Angabe „circa“, KG Berlin, Beschl. v. 03.04.2007 – 5 W 73/07, Neue Juristische Wochenschrift 2007, 2266 (2267).
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x Ebenso intransparent ist die häufig verwendete Klausel, dass statt der bestellten Ware eine gleichwertige geliefert werden dürfe. Die Bezeichnung „gleichwertig“ ist nicht ausreichend, um zu erkennen, was geliefert werden soll und worauf der Gegner des Verwenders einen Anspruch hat. Erforderlich ist vielmehr im Hinblick auf das Transparenzgebot, dass zunächst deutlich beschrieben wird, was eine gleichwertige Ware ist (Preis/Beschaffenheit/Anmutung etc.) x Darüber hinaus erfordert das Transparenzgebot, dass der Änderungsvorbehalt nicht nur „triftige Gründe“ voraussetzt, sondern im Einzelnen anführt, welche Gründe die Ausübung des einseitigen Leistungsbestimmungsrechts des Verwenders zur Lieferung „gleichwertiger Ware“ ermöglichen sollen65.
1.6.3 Unbillige Klauseln Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen dürfen den Vertragspartner des Verwenders nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Diese Anforderung aus § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB gilt nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Hier geht es also um den Inhalt der Regelung, nicht um ihre Form, ihre Klarheit und ihre Verständlichkeit (Transparenz), die sowieso gegeben sein müssen und von denen zuvor die Rede war. § 307 BGB. Inhaltskontrolle (1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. […] § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist die Generalklausel des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Sie stellt den grundsätzlichen Prüfungsmaßstab für die Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen generalklauselartig fest. 65
BGH, Urt. v. 23.06.2005 – VII ZR 200/04, Neue Juristische Wochenschrift 2005, 3420 (3421).
1.6 Billigkeitskontrolle
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Sie ist eine generelle Schranke der Vertragsgestaltungsfreiheit. Rechtstechnisch ist sie eine Auffangvorschrift, die als materielle Grundnorm den lückenlosen Schutz vor unangemessenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen gewährleistet.
1.6.4 Regelbeispiele des § 307 Abs. 2 BGB Die Generalklausel des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB bedarf der Konkretisierung. Diese erfolgt bereits im 2. Absatz des § 307 BGB. § 307 BGB. Inhaltskontrolle […] (2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung 1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder 2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. […] Beide Tatbestände sind ähnlich weit und unbestimmt wie die Generalklausel selbst und bieten daher wenig Anhaltspunkte für eine echte Konkretisierung.
1.6.5 Bedeutung der Klauselkataloge der §§ 308 und 309 BGB Das Gesetz hat in den §§ 308 und 309 BGB66 unter insgesamt 21 Ziffern Allgemeine Geschäftsbedingungen näher definiert, die nicht wirksam vereinbart werden können67. Diese Vorschriften finden jedoch nach dem Willen des Gesetzgebers in § 310 Abs. 1 BGB keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer verwendet werden. Nur schwer verständlich ist dagegen § 310 Abs. 1 Satz 2 BGB:
66 67
Die Klauselkataloge sind im Anhang abgedruckt. Dabei hat es die verbotenen Klauseln gem. Art. 3 Abs. 3 aus dem Anhang der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 05.04.1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, ABl. L 95/29 vom 21.04.1993 in das deutsche Recht integriert.
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§ 310 BGB. Anwendungsbereich (1) […] §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer [...] verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in den §§ 308 und 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. […] Der Gesetzgeber hat damit eine Verknüpfung hergestellt zwischen den Klauselwerken der §§ 308 und 309 und dem Erfordernis der billigen Gestaltung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zwischen Unternehmer aus § 307 BGB. Nach § 307 BGB kann auch als unwirksame Allgemeine Geschäftsbedingung qualifiziert werden, was ebenfalls nach den §§ 308 und 309 eine solche wäre. Dabei hat der Gesetzgeber durch die Einfügung eines weiteren Zusatzes in § 310 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz BGB („Auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen“) erreichen wollen, dass die geringere Schutzbedürftigkeit von Unternehmen angemessen bewertet wird. Der deutsche Gesetzgeber und das Europäische Parlament wollen, dass die geringere Schutzbedürftigkeit von Unternehmern angemessen bewertet wird. Denn im Geschäft zwischen Unternehmern bestehe kein dem Verbrauchergeschäft vergleichbares Schutzbedürfnis und daher keine Veranlassung, bislang zulässige Allgemeine Geschäftsbedingungen für unzulässig zu erklären. Deshalb soll nun aus dem § 310 BGB folgen, dass beiderseitige Handelsgeschäfte flexibleren Prüfungskriterien unterliegen, als Verbrauchergeschäfte68. Eine solche Differenzierung fordert auch das Europäische Parlament in seiner Entschließung vom 23.03.200669, denn es legt Wert darauf, dass das Grundprinzip der Vertragsfreiheit Beachtung findet. Ob diese Entschließung zum allgemeinen Vertragsrecht eine Grundlage im EG-Vertrag hat, ist fraglich70.
68 69
70
BT-Drs. 14/6857, 17. Entschließung des Europäischen Parlaments zum Europäischen Vertragsrecht und zur Überarbeitung des gemeinschaftlichen Besitzstandes: weiteres Vorgehen (2005/2022) (INI), ABl. C 292 E/109 vom 01.12.2006. Das Allgemeine Vertragsrecht ist nicht Gegenstand des EG-Vertrages. Zu den Zielen des EG-Vertrages gehört nur wirtschaftliche Ziele, so auch der Verbraucherschutz. Eine Rechtssetzungskompetenz für allgemeines Zivilrecht hat die Europäische Gemeinschaft gegenüber ihren Mitgliedstaaten jedenfalls nicht unmittelbar.
1.6 Billigkeitskontrolle
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Die Europäische Kommission trägt dem dadurch Rechnung, dass sie ausdrücklich unter Bezug auf den Verbraucherschutz die Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen reformiert. Dem europäischen Recht jedenfalls ist eine Gleichbehandlung von Verbrauchern und Unternehmern bei der Behandlung Allgemeiner Geschäftsbedingungen nicht ausdrücklich zu entnehmen. Soweit dies erfolgt, ist es zwar auf Bedenken des Europäischen Parlaments gestoßen, jedoch ist vorläufig mangels Rechtsgrundlage ein unmittelbarer Einfluss des europäischen Rechts auf das deutsche Recht nicht zu erwarten.
1.6.6 Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes verflacht das Differenzierungsgebot dagegen ganz erheblich. Im Versäumnisurteil vom 19.09.200771 hat der Bundesgerichtshof Folgendes ausgeführt: Wenn eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen bei ihrer Verwendung gegenüber Verbrauchern unter die Verbotsnormen des § 309 BGB fällt, sei dies ein Indiz dafür, dass sie auch im Falle der Verwendung gegenüber Unternehmern zu einer unangemessenen Benachteiligung führen kann, es sei denn, sie kann wegen der besonderen Interessen und Bedürfnisse des unternehmerischen Geschäftsverkehrs ausnahmsweise als angemessen angesehen werden72. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes verflacht das Differenzierungsgebot erheblich Gegenstand des Streites war die Klausel im Kaufvertrag über ein gebrauchtes Kraftfahrzeug zwischen einem Vertragshändler und einem Unternehmer, wonach das Kraftfahrzeug gekauft wurde „unter Ausschluss jeder Gewährleistung„. Unwirksam war die Klausel, weil sie den Kunden durch Verstoß gegen § 309 Nr. 7 BGB unangemessen benachteiligte73.
71 72
BGH, Urt. v. 19.09.2007 – VIII ZR 141/06, Betriebsberater 2007, 2649 (2650). Im Anschluss an BGH, Urt. v. 08.03.1984 – VII ZR 349/82, BGHZ 90, 273 (278), noch zu § 11 AGBG.
73
Grüneberg in Palandt, BGB, 68. Aufl., § 309 Rz.56.
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§ 309 BGB. Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam […] 7. (Haftungsausschluss bei Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit und bei grobem Verschulden) a) (Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit) ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, die auf einer fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen; b) (Grobes Verschulden) ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für sonstige Schäden, die auf einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen; […] Der Bundesgerichtshof verwendet die Vokabel vom „Gleichschritt“ von AGBVerbotsnormen im Verbraucher- und Unternehmerverkehr. Das entspreche der Rechtslage vor der Neuregelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zum 01.01.2002 durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz in den §§ 305 ff. BGB, wie sich aus der früheren Literatur und Rechtsprechung ergebe74. Mit dieser Entscheidung stellt der Bundesgerichtshof zwar auch klar, dass die Klauselverbote des § 309 BGB – entscheidungserheblich war das Verbot des § 309 Nr. 7 a) und b) BGB – auf Verträge zwischen Unternehmern nicht unmittelbar anwendbar sind. Die Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB jedoch
74
Der Bundesgerichtshof zitiert so: „(vgl. BGHZ 89, 363 [= Neue Juristische Wochenschrift 1984, 1350]; BGHZ 90, 273 [= Neue Juristische Wochenschrift 1984, 1750] [zu § 24 AGBG]; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 307 Rz. 163, 381 ff.; Kieninger in Münchener Kommentar, BGB, 5. Aufl., § 307 Rz. 72; Basedow in Münchener Kommentar, BGB, 10. Aufl., § 310 Rz. 7 ff.; Matusche-Beckmann in Staudinger, BGB, Neubearb. 2004, § 444 Rz. 8; Coester-Waltjen in Staudinger, BGB, Neubearb. 2006, § 309 Nr. 7 Rz. 42).“
1.6 Billigkeitskontrolle
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erfordert, dass die in den Klauselverboten zum Ausdruck kommenden Wertungen berücksichtigt werden75. Bundesgerichtshof fordert „Gleichschritt“ von AGB-Verbotsnormen im Verbraucher- und Unternehmerverkehr Deshalb haben die Klauselverbote im Rahmen der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB Indizwirkung für die Unwirksamkeit der Klausel auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr. Fällt also eine Klausel bei ihrer Verwendung gegenüber Verbrauchern unter eine Verbotsnorm des § 309 BGB, so ist dies ein Indiz dafür, dass sie auch im Falle der Verwendung gegenüber Unternehmern zu einer unangemessenen Benachteiligung führt, es sei denn, sie kann wegen der besonderen Interessen und Bedürfnisse des unternehmerischen Geschäftsverkehrs ausnahmsweise als angemessen angesehen werden. Es gibt keinen Anlass zu der Annahme, dass der vom Bundesgerichtshof geforderte „Gleichschritt“ von AGB-Verbotsnormen, der sich nach seinem Wortlaut auf § 309 BGB bezieht, im Verbraucher- und Unternehmerverkehr nicht auch die Behandlung des § 308 BGB in gleicher Weise erfordert. Diese Rechtsprechung wird sich voraussichtlich nicht ändern. Der Bundesgerichtshof selbst hält an den ihr zugrunde liegenden Wertungen, die bereits zum Gesetz über Allgemeine Geschäftsbedingungen formuliert wurden76, ausdrücklich fest. Die Konsequenz dieser Rechtsprechung ist einerseits, dass eine umfangreiche Beispielsammlung für unangemessene Allgemeine Geschäftsbedingungen zur Verfügung steht. Das ist zu begrüßen und dient der Rechtssicherheit. Andererseits wird aber durch die Vielzahl differenzierter Ge- und Verbote die Vertragsfreiheit unangemessen eingeschränkt.
1.6.7 Prüfungsverfahren Um festzustellen, ob eine Klausel den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben durch ihren Inhalt unangemessen benachteiligt, ist zwar dem Wortlaut des Gesetzes nach nur § 307 BGB heranzuziehen. Diese Vorschrift ist jedoch wenig konkret, sodass sie sich als Ausgangspunkt für eine rechtliche Prüfung nicht gut eignet. Die Prüfung, ob eine Klausel im Geschäftsverkehr mit Unternehmern angemessen und deshalb wirksam ist, sollte in zwei Stufen erfolgen. Zunächst ist festzustellen, ob die Klausel gegen die Verbotskataloge der §§ 308 und 309 BGB verstößt. Genügt sie diesen, sind diese wegen der Üblichkeiten des Handelsverkehrs nicht anwendbar oder fehlt es an einschlägigen Verboten, so ist § 307 BGB zu prüfen. 75 76
BGH, Urt. v. 19.09.2007 – VIII ZR 141/06, Betriebsberater 2007, 2649 (2650). BGH, Urt. v. 08.03.1984 – VII ZR 349/82, BGHZ 90, 273 (278).
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Es ist auch im Geschäftsverkehr mit Unternehmern sinnvoll, zunächst die Klauselverbote der §§ 308 und 309 BGB zu prüfen Obwohl für den privaten Verkehr entwickelt, erscheint es aufgrund der extensiven Rechtsprechung sinnvoll, zunächst die Klauselverbote der §§ 308 und 309 BGB zu prüfen. Denn diese werden vom Gesetzgeber tendenziell als so gefährlich für den Vertragspartner eingeschätzt, dass sie zum Teil unmittelbar unwirksam sind („Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeiten“, § 309 BGB), teilweise der besonderen Aufmerksamkeit desjenigen, der sie anwendet, unterliegen müssen, wobei noch ein zusätzlicher Wertungsspielraum eröffnet wird, indem unbestimmte Rechtsbegriffe wie „unangemessen lang“, „zumutbar“ oder ähnliche77 in § 308 BGB verwendet werden78. Die speziellen Klauselverbote regeln also exemplarisch wichtige Anwendungsfälle, in denen bedeutende Wertungsgrundlagen konkretisiert werden, ein Anspruch auf Vollständigkeit aber nicht erhoben wird. Deshalb haben sie keinen abschließenden Charakter, weshalb es der Generalklausel des § 307 BGB als Auffangvorschrift bedarf. Verstößt eine Klausel im unternehmerischen Geschäftsverkehr gegen eines der Klauselverbote aus den §§ 308, 309, so verstößt sie damit nicht automatisch auch gegen § 307 BGB, ist also nicht zwangsläufig zwischen Unternehmen unwirksam. Jedoch dürfte im Regelfall die Indizwirkung nicht zu widerlegen sein. Deshalb wird die an sich gebotene Prüfung des § 307 BGB erheblich knapper ausfallen können und sich darauf beschränken, ob die gewonnene Erkenntnis mit den Notwendigkeiten des Handelsverkehrs vereinbar ist. Ist sie es, so indiziert der Verstoß gegen eines der Verbote der Klauselkataloge des §§ 308 und 309 BGB den Verstoß gegen § 307 BGB. Fehlt es an einer Vorschrift im Klauselkatalog, so ist § 307 BGB zu prüfen Es kann erforderlich werden, § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB allein zu prüfen. Das wird dann notwendig, wenn ein Verstoß gegen eine der Klauseln der §§ 308 und 309 BGB nicht festgestellt werden konnte, diese wegen der Üblichkeiten des Handelsverkehrs nicht anwendbar waren oder überhaupt eine einschlägige Regel im Klauselkatalog fehlt. Dann kommt es darauf an, ob die Klausel den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Bei der Prüfung der Unangemessenheit einer Klausel allein nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist zweistufig vorzugehen.
77
78
Die praktische Bedeutung dieser Differenzierung ist nicht hoch, zumal auch § 309 BGB Begriffe enthält, die einer wertenden Konkretisierung bedürfen. Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., vor § 307 Rz. 7; Kieninger in Münchener Kommentar, BGB, 5. Aufl., vor § 307 Rz. 5.
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1. In der ersten Stufe ist festzustellen, ob die Klausel zu einer Verschlechterung der Rechtslage des Kunden führt. Dazu bedarf es der Überprüfung der Rechtslage anhand des Gesetzes. Diese Prüfung bedarf im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung intensiver juristischer Arbeit, die hier nicht näher dargestellt werden soll. Für den Unternehmer ist jedoch klar, weshalb er seine Allgemeine Geschäftsbedingung so formuliert. Ihm sind deshalb sein Ziel und auch der Ausgangspunkt klar. Er weiß, welche Rechtsposition er ändern will. Sein Ziel wird die Verbesserung der eigenen Rechtslage sein, was zwangsläufig zunächst zulasten der Situation seines Vertragspartners gehen wird. Die Ermittlung und Beschreibung der materiellen Rechtsgrundlage anhand des Gesetzes soll deshalb hier nicht weiter thematisiert werden. 2. Die zweite Stufe betrachtet die wertende Beurteilung der Angemessenheit oder Unangemessenheit dieser Regelung. Dafür ist eine eingehende Analyse und Abwägung der Interessen der Vertragsparteien unter Berücksichtigung dessen nötig, worauf sich der Vertragspartner des AGB-Verwenders – der Natur des konkreten Vertrages entsprechend steht im Kern die Vertragserfüllung – verlassen können muss. Das ist ein schwieriger Vorgang, der in der Literatur so beschrieben wird: Wenn „die Bestimmung der Schwelle von der an die Abweichung von dem im Leitbild manifestierten angemessenen Interessenausgleich (der ja grundsätzlich nicht der einzig mögliche ist!) nicht mehr hinnehmbar erscheint, ist im Wege einer umfassenden Abwägung der beiderseitigen Interessen unter Berücksichtigung des gesamten Vertragsinhaltes vorzugehen. Für diesen Wertungsakt müssen die einschlägigen Interessen der Parteien identifiziert, gewichtet und – nach Feststellung des Maßes ihrer Beeinträchtigung bzw. Förderung durch die fragliche Klausel – gegeneinander abgewogen werden“79. Diese Beschreibung der Abwägung zeigt bereits deutlich, welche Risiken und Unwägbarkeiten bestehen, wenn der Bestand einer Allgemeinen Geschäftsbedingung durch gerichtliche Kontrolle festgestellt oder verneint werden soll. Sicher ist es richtig, dass die Unterscheidung dieser Teilakte und -elemente bei der Interessenabwägung die Transparenz und die Konturen des Bewertungsvorganges erhöht. Berechenbar und vorhersehbar wird das Ergebnis dadurch nicht immer sein. Im Regelfall wird eine Klausel aber mit einer ihre Verwendung rechtfertigenden Wahrscheinlichkeit Bestand haben, wenn sie nach dem Prüfungsschema, das der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 05.10.200580 dargestellt hat, den Vertragspartner des Verwenders nicht unangemessen benachteiligt. Er folgt dabei dem Schema: 79 80
Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 307 Rz. 102. BGH, Urt. v. 05.11.2005 – VIII ZR 16/05, Neue Juristische Wochenschrift 2006, 47.
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1. Zunächst wird festgestellt, inwieweit die Klausel vom Gesetz, so wie es aktuell zu verstehen ist, abweicht. 2. Dann wird das Interesse des Verwenders an der Allgemeinen Geschäftsbedingung unter Berücksichtigung seiner rechtlichen und wirtschaftlichen Situation dargestellt. 3. Dem wird das Interesse des Gegners des Verwenders an der Beibehaltung der gesetzlichen Regelung gegenübergestellt. 4. Zuletzt werden die beiderseitigen Interessen abgewogen. Der Maßstab dafür sind die Interessen der Vertragsparteien, die so gewertet werden, wie sie das Gesetz nach dem Verständnis des Gerichts bewertet81.
1.7 Auslegungsregeln und Umgehungsverbot Für den Umgang mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen und mit Verhalten, das dieselben Effekte bewirkt wie unwirksame Allgemeine Geschäftsbedingungen gibt das Gesetz in den § 306a BGB (Umgehungsverbot) und in § 305c Abs. 2 BGB (Auslegungs-)Regeln vor.
1.7.1 Umgehungsverbot des § 306a BGB § 306a BGB ist eine wenig beachtete Vorschrift, die aber in Zukunft größere Bedeutung bekommen könnte. Sie erstreckt die Kontrolle des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch auf solche Formen, die keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind, aber die gleiche Wirkung hervorrufen. § 306a BGB. Umgehungsverbot Die Vorschriften dieses Abschnitts finden auch Anwendung, wenn sie durch anderweitige Gestaltungen umgangen werden. Das betrifft insbesondere solche Vereinbarungen, die – abgesehen von der Transparenzkontrolle – nicht der Inhaltskontrolle nach dem §§ 307 – 309 BGB unterliegen. Zu einem typischen Umgehungsfall könnte es sich entwickeln, wenn unangemessene Leistungseinschränkungen in die Leistungsbeschreibung aufgenommen werden82. Diese Möglichkeit wird umso mehr genutzt werden, je mehr normale Klauseln z. B. in Form von Haftungsausschluss oder -beschränkungsklauseln als unwirksam angesehen werden. 81 82
BGH a.a.O., Rz. 7-12. Schmidt in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 306a Rz. 10; Roloff in Erman, BGB, 12. Aufl., § 306a Rz. 4.
1.7 Auslegungsregeln und Umgehungsverbot
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Bekannt sind aber auch bereits die Fälle, in denen Bereichsausnahmen des § 310 Abs. 4 S. 1 BGB zur Vereinbarung unangemessener Bedingungen genutzt werden, indem das Geschäftsziel mehr oder weniger willkürlich in die Form von Vereinssatzungen oder Gesellschaftsverträgen gepresst wird. So wurde die entgeltliche Mitgliedschaft in einem Freizeitklub als Dienstvertrag qualifiziert83 und damit dem Regime der Kontrolle nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterworfen. Möglich ist auch ein Warenabsatz im Kleide eines Gesellschaftsvertrages. Solche Gestaltungen finden dann in § 306a BGB ihre Grenzen84. Der Bundesgerichtshof85 hat es 2005 schließlich ebenso als Umgehung qualifiziert, wenn eine Bank durch interne Anweisungen einen Geschäftsablauf (Gebühr für Lastrückschrift) anordnet, dessen vertragliche Vereinbarung eine unbillige Klausel darstellen würde. In Betracht kommen könnte § 306a BGB auch dann, wenn ein Unternehmer von ihm entworfene Geschäftsbedingungen verbreitet und erwartet, dass diese ihm vom Kunden gestellt werden86.
1.7.2 Auslegungsregel des § 305c Abs. 2 BGB § 305c Abs. 2 BGB enthält eine auf den ersten Blick einfache Regel zur Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Zweifel wirken sich zum Nachteil des Verwenders aus. § 305c BGB. Überraschende und mehrdeutige Klauseln […] (2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders. Das ist aber nur scheinbar eindeutig. Denn zur Erreichung der für den Verwender negativen Rechtsfolge der Unwirksamkeit muss eine Klausel möglichst kundenfeindlich ausgelegt werden. Geht es aber um die Auswirkung einer wirksamen 83
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OLG Frankfurt, Urt. v. 01.11.1983 – 11 U 4/83, Neue Juristische Wochenschrift 1984, 180. Basedow in Münchener Kommentar, BGB, 5. Aufl., § 306a Rz. 3; Grüneberg in Palandt, BGB, 68. Aufl., § 306a Rz. 2; Schmidt in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 306a Rz. 11; a.A. Schlosser-Coester in Staudinger, BGB, 2006, § 306a Rz. 1. BGH, Urt. v. 08.03.2005 – XI ZR 154/04, Neue Juristische Wochenschrift 2005, 1645 (1646) = Wertpapier-Mitteilungen 2005, 874; in der Literatur wird das nicht uneingeschränkt akzeptiert: dazu Schmidt in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 306a Rz. 6 m.w.N. Grüneberg in Palandt, BGB, 68. Aufl., § 306a Rz. 2.
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Klausel auf einen individuellen Vertragsinhalt, so ist sie möglichst kundenfreundlich auszulegen. Dabei muss der grundsätzliche Regelungsgehalt der §§ 307 – 309 BGB beachtet werden87. Die Auslegung sollte sich an den Zielen des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen orientieren und deshalb so erfolgen: 1. Ist die Klausel wirksam? (Kundenfeindliche Auslegung) Lautet das Ergebnis, die Klausel sei unwirksam, so ist nichts auszulegen. 2. Ist die wirksame Klausel eindeutig? Auch dann bestehen keine Zweifel, sodass die Auslegungsregel des § 305c Abs. 2 BGB nicht greift. 3. Ist die Klausel wirksam und mehrdeutig? In diesen Fällen kommt die kundenfreundliche Auslegung zum Zuge. Klauseln, die dem Verwender Rechte geben, sind dann restriktiv auszulegen. Solche, die seine Rechte beschränken, sind erweiternd auszulegen.
1.8 Rechtsfolgen Die Rechtsfolgen der unangemessen benachteiligenden Allgemeinen Geschäftsbedingung sind auch deshalb von besonderer Bedeutung, weil die Beurteilung einer Allgemeinen Geschäftsbedingung als unangemessen benachteiligend nicht sicher vorhersehbar ist. Zu viele Aspekte fließen in die Entscheidung ein. Außerdem verfolgt ein Unternehmer mit seiner Vertragsgestaltung nicht allgemeine rechtliche Ziele, sondern seine eigenen wirtschaftlichen Ziele. Für den Unternehmer stellt sich deshalb nicht primär die Frage, wie seine Allgemeine Geschäftsbedingung in das Rechtssystem eingeordnet werden kann. Für ihn ist von Bedeutung, welcher wirtschaftliche Effekt durch seine Allgemeine Geschäftsbedingung entsteht, wie hoch der Wert dieses wirtschaftlichen Effekts ist und welche Nachteile auch rechtlicher Art er dafür in Kauf nehmen will. Abzuwägen ist also der Rationalisierungseffekt durch eine vertragliche Regelung, möglicherweise auch der dadurch erlangte wirtschaftliche Vorteil, gegen die Folgen der Verwendung dieser Allgemeinen Geschäftsbedingung. Die Folgen einer unwirksamen – oder nicht wirksam einbezogenen – Allgemeinen Geschäftsbedingung sind rechtlich vielfältig und von verschiedener wirtschaftlicher Bedeutung. Sie lassen sich einleitend in vertragsgestaltende und in darüber hinausgehende Ansprüche einteilen. 1. Eine nicht wirksam einbezogene Klausel ist nicht Vertragsbestandteil. Sie entfaltet deshalb keine Regelungswirkung. Das ergibt sich aus der Tatsache, dass es für die Klausel an einem Vertrag fehlt. 87
Grüneberg in Palandt, BGB, 68. Aufl., § 305c Rz. 18-20; Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 305c Rz. 90-92a m.w.N.
1.8 Rechtsfolgen
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Auch überraschende und mehrdeutige Klauseln werden nicht Vertragsbestandteil. Das ist in § 305c Abs. 1 BGB bestimmt. x Rechtsfolge von solchen Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die eine unangemessene Benachteiligung des Verwenders enthalten – sei es, dass sie intransparent sind, sei es, dass sie unbillige Regeln erstellen – ist deren Unwirksamkeit. Das ist in § 307 Abs. 1 BGB ausdrücklich so geregelt. x An die Stelle unwirksamer oder nicht wirksam in den Vertrag einbezogener Klauseln tritt die entsprechende Regelung des Gesetzes. Problematisch wird es aber da, wo Gegenstand der Klausel eine Regelung ist, die nicht von einer einschlägigen gesetzlichen abweicht, etwa bei einer intransparenten Leistungsbeschreibung. Dann muss durch Auslegung erreicht werden, dass der Vertrag so ergänzt wird, dass es für die Parteien zumutbar ist, ihn umzusetzen. Dabei ist allerdings zu vermeiden, dass eine unbillige Klausel durch eine solche mit gleichem Ziel ersetzt wird, die soeben noch zulässig ist. Derartige geltungserhaltende Reduktion ist verboten. x Ist weder mithilfe gesetzlicher Vorschriften noch durch Auslegung eine den Parteien zumutbare Ergänzung des Vertrages zu erreichen, so ist der Vertrag insgesamt unwirksam. 2. Die Verwendung unbilliger Allgemeiner Geschäftsbedingungen hat über den Einfluss auf den Vertrag hinaus weitere Wirkungen. Sie kann x Schadensersatzansprüche auslösen und x Ansprüche auf Unterlassung solchen Verhaltens. Solche Ansprüche können dem Vertragspartner, Wettbewerbern oder Verbänden zustehen.
1.8.1 Unwirksamkeit einer Klausel nach § 306 Abs. 1 1. HS BGB Die Vereinbarung unbilliger Allgemeiner Geschäftsbedingungen, die eine unangemessene Benachteiligung des Verwenders enthalten, führt nach § 306 Abs. 1 BGB dazu, dass solche Klauseln unwirksam sind. § 306 BGB. Rechtsfolgen bei Nichteinbeziehung und Unwirksamkeit (1) Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam, so bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam. […]
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1 Übersicht zum deutschen Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
Die Unwirksamkeit einer Regelung beseitigt naturgemäß den Regelungseffekt, auf den damit abgezielt wird. Der Rationalisierungseffekt wird ebenso untergehen wie der damit angestrebte Vorteil. Diese Rechtsfolge der Unwirksamkeit gilt auch dann, wenn eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen intransparent ist. Auf ihren Inhalt kommt es dann weiter nicht an. Bei dieser Rechtslage drängt sich die Frage auf, wie eine Klausel zu behandeln ist, die insgesamt unwirksam wird. Denn Allgemeine Geschäftsbedingungen umfassen, meist unter einzelnen Gliederungspunkten, z. B. „Sicherheiten“, Regelungen wegen verschiedener Änderungen des gesetzlichen Rechts. So kann etwa das Erfordernis einer selbstschuldnerischen Vertragserfüllungsbürgschaft mit der gleichzeitigen unbilligen88 Forderung nach Verzicht auf die Einreden, die dem Schuldner zustehen und die der Bürge geltend machen kann (nach § 768 Satz 1 BGB: „Der Bürge kann die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend machen.“), verbunden sein. Geschieht dies in einem Satz oder einem Absatz, so stellt sich die Frage, ob der wirksame Teil der Regelung – die Forderung der Bürgschaft – bestehen bleibt und nur der unwirksame Teil – die Forderung nach Verzicht auf die Einreden – wegfällt. Im Regelfall erfasst die Unwirksamkeit die Klausel im Ganzen. Das ergibt sich aus dem Schutzzweck des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Denn dem Verwender soll nicht der Nutzen seiner teilweise unbilligen Klausel möglichst weitgehend dadurch erhalten bleiben, dass der wirksame Teil in seinem Interesse aufrecht erhalten wird89. Das liefe nämlich in der Wirkung auf eine geltungserhaltende Reduktion90 im Interesse des Verwenders hinaus, die mit dem Schutzzweck des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht zu vereinbaren ist. Der Bundesgerichtshof91 hat dann aber im Einklang mit dem Bundesarbeitsgericht eine getrennte Bewertung solcher inhaltlich verbundenen Regeln zugelassen, wenn es sich konzeptionell nicht um eine Einheit der Regeln und damit nicht um nur eine Klausel handelt92 (sog. Blue Pencil Test). Das muss sich darin manifestieren, dass die Verpflichtungen inhaltlich und sprachlich voneinander getrennt sind. Diese Voraussetzung sei z. B. dann erfüllt, wenn sich die Vereinbarung des Einre-
88 89 90
91 92
BGH, Urt. v. 12.02.2009 – VII ZR 39/08, Rz. 16. Grüneberg in Palandt, BGB, 68. Aufl., vor § 307 Rz. 8. Um die es sich nicht handelt: Schmidt in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 306 Rz. 13b. BGH, Urt. v. 12.02.2009 – VII ZR 39/08. Das hat der Bundesgerichtshof schon früher – Urt. v. 04.07.2002 – VII ZR 502/99, BGHZ 151, 229 – da angenommen, wo zur Sicherheit eine Bürgschaft auf erstes Erfordern verlangt wurde. Es bleibe dann bei der Sicherungsvereinbarung durch selbstschuldnerische Bürgschaft, die Vereinbarung der Bürgschaft auf erstes Erfordern sei unwirksam. Weitere Entscheidungen dazu s. Schmidt in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 306 Rz. 13a.
1.8 Rechtsfolgen
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deverzichts nur auf einem Bürgschaftsformular befinde, auf das der Text der Vereinbarung einer selbstschuldnerischen Vertragserfüllungsbürgschaft Bezug nimmt93. Für die Praxis kann daraus nur der stetige Rat abgeleitet werden, von Schachtelsätzen und quasi endlosen Textpassagen Abstand zu nehmen und statt dessen Regelungen sinnvoll und durchnummeriert aufzuteilen.
1.8.2 Wirksamkeit im Übrigen nach § 306 Abs. 1 2. HS BGB Unwirksam ist die unbillige Klausel. Der Vertrag im Übrigen bleibt wirksam. Das rechtfertigt sich aus der Abwägung des hypothetischen Willens der Parteien, die das Rechtsgeschäft durchgeführt wissen wollen, aber auch aus dem Schutzbedürfnis des Kunden, dem regelmäßig mit der Rückabwicklung des Vertrages bei erfolgreicher Beanstandung einer einzelnen Vertragsklausel wenig gedient sein wird. Deshalb erfordert die Schutzfunktion des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zugunsten des Kunden den Fortbestand des von ihm angestrebten Vertrages allerdings ohne die ihm unangemessen benachteiligenden Bestandteile.
1.8.3 Lückenfüllung durch gesetzliche Vorschriften Wenn eine Klausel aus einem Vertrag wegfällt, so verbleibt häufig eine Regelungslücke. Diese Regelungslücke ist nach § 306 Abs. 2 BGB nach den gesetzlichen Vorschriften zu füllen. Das bedeutet, dass anstelle einer weggefallenen Klausel die gesetzliche Regelung tritt. Das zeigt, wie gering die Bedeutung einer „Salvatorischen Klausel“ ist, die häufig in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgefunden wird. Ist dort geregelt, dass bei Unwirksamkeit einer Klausel des Vertrages der Vertrag im Übrigen Bestand haben soll, so ist dies ohne Regelungsgehalt. Denn eben diese Rechtsfolge spricht bereits das Gesetz in § 306 Abs. 2 BGB aus. § 306 BGB. Rechtsfolgen bei Nichteinbeziehung und Unwirksamkeit […] (2) Soweit die Bestimmungen nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam sind, richtet sich der Inhalt des Vertrags nach den gesetzlichen Vorschriften. […]
93
BGH, Urt. v. 12.02.2009 – VII ZR 39/08, Rz. 19, urteilt folgerichtig, dass solches auch nicht intransparent sei.
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1 Übersicht zum deutschen Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
Für den Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist es auch aus diesem Grunde unverzichtbar, die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches und sonstiger Vorschriften, die seinen Vertrag betreffen, zu kennen. Denn nur dann kann er das Risiko einschätzen, das in der Verwendung einer Allgemeinen Geschäftsbedingung liegt. Das wiederum ist Voraussetzung für die Abwägung des Rationalisierungseffekts der Klausel und des Risikos ihrer Verwendung.
1.8.4 Lückenfüllung bei unbilliger Klausel durch Auslegung Bleibt die Suche nach einer gesetzlichen Vorschrift, die an Stelle der unwirksamen Klausel treten kann, erfolglos, so verbleibt eine Regelungslücke. Die muss dann ausgefüllt werden, wenn der Vertrag bei ersatzlosem Wegfall der Klausel nicht mehr interessengerecht ist94. Primär soll sie durch gesetzliche Vorschriften ausgefüllt werden. Fehlt es an ihnen, so ist die ergänzende Vertragsauslegung in engen Grenzen möglich. Die allgemeinen Regeln gelten hier nicht. Die Rechtsnormen über die Ermächtigung des Richters zur Vertragsergänzung und -auslegung, §§ 133, 157 BGB, werden von § 306 Abs. 2 BGB nicht erfasst95. Deshalb sind Rechtsnormen oder Grundsätze, die die Grundlage für eine richterliche Vertragsgestaltung bilden (darunter namentlich die ergänzende Vertragsauslegung und die Vertragsanpassung aufgrund einer Störung der Geschäftsgrundlage, geregelt in § 313 BGB), nicht gesetzliche Vorschriften i.S.d. § 306 Abs. 2 BGB, die zur Ausfüllung der Lücke herangezogen werden könnten. Richterliche Ergänzung planwidrig lückenhafter Verträge, die von der Rechtsprechung auf der Grundlage der Auslegungsvorschrift des § 157 BGB entwickelt worden ist, kommt nur dann in Betracht, wenn sich eine anfängliche Lücke ergibt, die nicht auf den nachträglichen Wegfall einer Allgemeinen Geschäftsbedingung, auf Einziehungs- oder Inhaltskontrollschranken beruht. Dennoch ist im Individualstreit96 um den Inhalt eines Vertrages die Ausfüllung von durch Unwirksamkeit einer Klausel entstandenen Lücken durch ergänzende Vertragsauslegung dann zulässig und im Interesse des Erhalts des Vertrages auch nötig, wenn eine – natürlich vorrangige – Ausfüllung durch dispositives Recht daran scheitert, dass es ein solches Recht – wie etwa bei eigenen Vertragstypen – nicht gibt. In Betracht kommt die ergänzende Vertragsauslegung regelmäßig insbesondere dann,
94 95 96
Grüneberg in Palandt, BGB, 68. Aufl., § 306 Rz. 7. Schmidt in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 306 Rz. 26. Anders bei der Verbandsklage, die sich nicht mit dem Erhalt des Vertrages befasst, sondern mit der abstrakten Eignung einer Klausel zur billigen Regelung.
1.8 Rechtsfolgen
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1. wenn die Unwirksamkeit einer „anderen Bestimmung“ auf einem Verstoß gegen das Transparenzgebot beruht97. Das ist zwingend erforderlich, wenn nach der Ausfüllung einer Lücke, die durch einen Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB entstanden ist, gesucht wird. Denn das Transparenzgebot bezieht sich ausdrücklich auch auf solche Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die keine von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelung betreffen. Diese anderen Bestimmungen, etwa Leistungsbeschreibungen, können ihrer Natur nach nicht durch gesetzliche Vorschriften ersetzt werden. Sie müssen durch vertragsergänzende Auslegung ausgefüllt werden; 2. wenn ein atypisches, gesetzlich nicht geregeltes Schuldverhältnis vorliegt – z. B. Verträge über die Teilhabe an Systemen wie ASP –, was den Rückgriff auf dispositives Recht hindert. Die ergänzende Vertragsauslegung als Instrument der Lückenfüllung setzt weiter voraus, dass die ersatzlose Streichung der unwirksamen Bestimmung keine angemessene, den typischen Interessenausgleich beider Parteien Rechnung tragende Lösung ist.98 Ihr Ergebnis muss aber einen beiderseits angemessenen Interessenausgleich nach der konkreten Natur des geschlossenen Vertrages darstellen. Es darf weder den Verwender, nun in anderer Form, weiter bevorzugen; das wäre eine unzulässige geltungserhaltende Reduktion. Noch darf es den Kunden bevorzugen, denn dafür gäbe es keine vertragliche Grundlage99. Das Ergebnis der Auslegung selbst entspricht so zwangsläufig den Anforderungen an die Billigkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung. Denn die Wertekataloge der §§ 308, 309 BGB und die Grundforderung des § 307 BGB müssen den Maßstab der Auslegung darstellen100. Es wird häufig auf den Sinn und Zweck des Vertrages ankommen, den die Beteiligten deutlich machen sollten. In der Praxis hilfreich dürfte dafür – bei Vermeidung der Gefahr hiermit durch Selbstbeweihräucherung den Haftungsmaßstab zu überhöhen oder ungewollt eine Geschäftsgrundlage in das Vertragsverhältnis einzuziehen – eine Präambel sein. Diese stellt nicht nur eine Auslegungshilfe dar, die hier wie bei der Ausfüllung von nicht auf Gesetzesabweichungen beruhenden Lücken die Interessen der Vertragsparteien für einen Dritten, etwa ein Gericht, das die Auslegung vornimmt, deutlicher macht. 97 98
99
100
Schmidt in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 306 Rz. 34. BGH, Urt. v. 01.02.1984 – VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69 (75) = Neue Juristische Wochenschrift 1984, 1177 (1178). BGH, Urt. v. 12.10.2005 – IV ZR 162/03, Wertpapier-Mitteilungen 2005, 2279 (2285);BGH, Urt. v. 04.07.2002 – VII ZR 502/99, Wertpapier-Mitteilungen 2002, 1876 (1878); a.A. Löwe in Löwe/v. Westphalen/Trinkner, AGBG, 2.Aufl., § 6 Rz. 9, wohl auch BGH, Urt. v. 24.09.1985 – VI ZR 4/84, BGHZ 96, 18 (25). Schmidt in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 306 Rz. 37 m.w.N.
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1 Übersicht zum deutschen Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
Sucht man die Abgrenzung von verbotener geltungserhaltender Reduktion zu erlaubter ergänzender Vertragsauslegung, so bietet sich das Verständnis an, dass geltungserhaltende Reduktion dem Ziel dient, möglichst weitgehend den beabsichtigten Vorteil des Verwenders zu erreichen, während ergänzende Vertragsauslegung einen beiden Seiten angemessenen Interessenausgleich – ausgerichtet an der Natur des Vertrages – anstrebt.
1.8.5 Unwirksamkeit des gesamten Vertrags, § 306 Abs. 3 BGB Der Wegfall einer Klausel betrifft unter Umständen auch den Vertrag als Ganzes. Die Rechtsfolgen der Nichteinbeziehung und der Unwirksamkeit für den Bestand des Vertrages sind für den Regelfall in § 306 Abs. 1 letzter HS BGB festgelegt. Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise nicht Vertragsbestandteil geworden, oder unwirksam, so bleibt im Regelfall der Vertrag im Übrigen wirksam. Eine wichtige, oft verkannte Ausnahme aber bestimmt § 306 Abs. 3 BGB. § 306 BGB. Rechtsfolgen bei Nichteinbeziehung und Unwirksamkeit […] (3) Der Vertrag ist unwirksam, wenn das Festhalten an ihm auch unter Berücksichtigung der nach Absatz 2 vorgesehenen Änderung eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei darstellen würde. Auch ein Vertrag im Ganzen kann unwirksam sein, wenn das Festhalten an ihm auch unter Berücksichtigung einer möglichen Vertragsanpassung durch Lückenfüllung mit Hilfe gesetzlicher Vorschriften oder ausnahmsweise ergänzende Vertragsauslegung für eine der Vertragsparteien eine unzumutbare Härte darstellen würde (§ 306 Abs. 3 BGB). Das ist aber eine absolute Ausnahme. Es müssten ganz besondere Gründe vorliegen, damit diese Vorschrift greift101. Gleichwohl ist die Bestimmung des § 306 Abs. 3 BGB bei der Abfassung salvatorischer Klauseln zu beachten. Bei dieser Bewertung darf auch § 305c Abs. 2 BGB nicht aus den Augen verloren werden. Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen 101
Anders als im Allgemeinen Recht, wo in § 139 BGB eine Unwirksamkeitsvermutung für die übrigen Vertragsteile aufgestellt ist, schreibt § 306 Abs. 1 BGB für den Regelfall den Fortbestand des Rechtsgeschäfts bei ganzem oder teilweisem Nichtgelten von AGB unabhängig vom Parteiwillen vor. Die im deutschen Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen umgesetzte „Klausel-Richtlinie“ vom 05.04.1993, 93/13/EWG (Abl. L 95 v. 21.04.1993, S. 29) kennt die Rechtsfolge der Nichtigkeit des Vertrages insgesamt nicht einmal.
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zu Lasten des Verwenders. Häufig kann deshalb eine gegen den Verwender gerichtete Klauselauslegung die unzumutbare Härte für einen Kunden beseitigen, die Vertragsdurchführung für den weniger schutzwürdigen Verwender der Allgemeinen Geschäftsbedingungen dabei gleichwohl zumutbar bleiben. Die Voraussetzungen für die Unwirksamkeit des Vertrages mit der weitreichenden Rechtsfolge, dass ausgetauschten Leistungen der Rechtsgrund fehlt, werden also selten festgestellt werden können. Ihre Feststellung beruht auf der Abwägung der Interessen der Beteiligten, wobei der Verwender weniger schutzwürdig ist. Um überraschende Ergebnisse solcher Auslegung zu vermeiden – die Wertung wird von Dritten vorgenommen – empfiehlt sich auch hier eine Präambel. Möglicherweise ist es unter den konkreten Umständen eines Einzelfalles auch sinnvoll, solche Klauseln, die der Verwender für unverzichtbar hält, als rechtliche Geschäftsgrundlage zu statuieren. Dabei ist aber zu beachten, dass auch eine solche Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ihrerseits wieder unwirksam sein kann, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.
1.8.6 Unterlassungs-, Beseitigungs- und Widerrufsansprüche Die Verwendung unbilliger und deshalb unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen kann Rechtsunkundige daran hindern, ihnen eigentlich zustehende Rechte geltend zu machen, sowie den redlichen Geschäftsverkehr und den freien Wettbewerb stören. Deshalb gibt die Rechtsordnung zur Vermeidung solcher Störungen Unterlassungsansprüche, normiert im 1. UKlaG – Unterlassungsklagegesetz 2. UWG – Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 3. GWB – Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz) Der Anspruch auf Unterlassung unangemessen benachteiligender Allgemeiner Geschäftsbedingungen nach dem Unterlassungsklagegesetz102 ersetzt heute den Unterlassungsanspruch aus dem (aufgehobenen) AGBG103. § 1 des Unterlassungsklagegesetzes (UKlaG) bestimmt diese Rechtsfolge für den Fall der Verwendung unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen, für den Fall der hier nicht näher zu erörternden Empfehlung der Verwendung solcher Allgemeiner Geschäftsbedingungen für den rechtsgeschäftlichen Verkehr den Widerruf der Empfehlung.
102
103
Gesetz über Unterlassungsklagen bei Verbraucherrechts- und anderen Verstößen vom 27.08.2002, BGBl. I S. 3422, berichtigt S. 4336; Umsetzung der Richtlinie 98/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19.05.1998, ABl. EG 1998 L 166, 51. Vor 2002: § 13 AGBG.
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§ 1 UKlaG. Unterlassungs- und Widerrufsanspruch bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen Wer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Bestimmungen, die nach den §§ 307 bis 309 des Bürgerlichen Gesetzbuches unwirksam sind, verwendet, oder für den rechtsgeschäftlichen Verkehr empfiehlt, kann auf Unterlassung und im Fall des Empfehlens auch auf Widerruf in Anspruch genommen werden. Hier soll nur der Anspruch auf Unterlassung der Verwendung betrachtet werden. Bereits aus dem Gesetz ergibt sich, dass dieser Unterlassungsanspruch nur die Verwendung von zwar wirksam einbezogenen, aber ihrem Inhalt nach unbilligen und deshalb unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingungen betrifft. Denn dieser Anspruch soll, ebenso wie der früher geltende Unterlassungsanspruch aus § 13 AGBG, den Rechtsverkehr von unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingungen freihalten und verhindern, dass sich Rechtsunkundige von der Geltendmachung ihnen zustehender Rechte abhalten lassen, wenn ihnen eine nach den §§ 307 bis 309 BGB unwirksame Klausel entgegengehalten wird104. Der Unterlassungsanspruch steht wegen gegenüber Unternehmern verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen nur den in § 3 Abs. 1 Nr. 2 und 3 UKlaG genannten rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen und den Industrie- und Handelskammern oder den Handwerkskammern zu. § 3 UKlaG. Anspruchsberechtigte Stellen (1) Die in den §§ 1 und 2 bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung und auf Widerruf stehen zu 1. […] [Qualifizierten Verbraucherschutzeinrichtungen] 2. rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen, soweit sie insbesondere nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sind, ihre satzungsgemäßen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen, und, bei Klagen nach § 2, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben und der Anspruch eine Handlung betrifft, die die Interessen ihrer Mitglieder berührt und die geeignet ist, den Wettbewerb nicht unerheblich zu verfälschen;
104
Bassenge in Palandt, BGB, 68. Aufl., UKlaG § 1 Rz. 1.
1.8 Rechtsfolgen
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3. den Industrie- und Handelskammern oder den Handwerkskammern. […] Der Unterlassungsanspruch aus § 1 UKlaG ist kein Individualanspruch, insbesondere kann er nicht von Wettbewerbern geltend gemacht werden. Ihnen dürfen solche Ansprüche auch nicht von den anspruchsberechtigten Stellen abgetreten werden. Das verbietet § 3 Abs. 1 Satz 2 UKlaG. Der Unterlassungsanspruch aus § 8 UWG105 dagegen, der ebenfalls die Unterlassung der Verwendung von unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingungen normiert, steht nach § 8 Abs. 3 UWG auch Mitbewerbern oder qualifizierten Vereinigungen des Verbraucherschutzes zu. § 8 UWG. Beseitigung und Unterlassung (1) Wer eine nach […] unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwiderhandlung gegen § 3 oder § 7 droht. (2) […] (3) Die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu: 1. jedem Mitbewerber; 2. rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen, […] soweit die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt; 3. qualifizierten Einrichtungen […] zum Schutz der Verbraucherinteressen […]; 4. den Industrie- und Handelskammern oder den Handwerkskammern. […]
105
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb in der seit 01.01.2009 gültigen Fassung (BGBl. I 2008, S. 2949).
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1 Übersicht zum deutschen Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
Dieser Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 UWG umfasst auch die Beseitigung einer Störung, die sich weiter auswirkt. Zu unterlassen sind unzulässige (unlautere) „geschäftliche Handlungen“ (§ 3 Abs. 1 UWG)106, die wie folgt definiert werden: § 2 UWG. Definitionen (1) Im Sinne dieses Gesetzes bedeutet 1. „geschäftliche Handlung“ jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt; als Waren gelten auch Grundstücke, als Dienstleistungen auch Rechte und Verpflichtungen; […] Die Verwendung unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist unlauter i.S.v. § 4 Nr. 11 UWG, da sie der gesetzlichen Vorschrift des § 307 BGB zuwiderläuft, indem sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. § 4 UWG. Beispiele unlauterer geschäftlicher Handlungen Unlauter handelt insbesondere, wer […] 11. einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Die §§ 307 bis 309 BGB sind auch dazu bestimmt, im Interesse des Gegners des Verwenders, der Marktteilnehmer ist, das Verhalten im geschäftlichen Verkehr und damit das Marktverhalten zu regeln107. Dies mit Hinblick darauf, dass die Richtlinie 106
107
Entgegen der bisherigen Fassung spricht das Gesetz nicht mehr von unlauteren Wettbewerbshandlungen, sondern nunmehr von unlauteren geschäftlichen Handlungen. So schon früher: KG Berlin, Beschl. v. 25.01.2008 – 5 W 344/07, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht 2008, 930; OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 09.05.2007 – 6 W 61/07, Multimedia und Recht 2007, 603; LG Frankfurt, Urt. v. 08.02.2008 – 3-12 O 157/07 und die hM id Literatur: Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 27.
1.8 Rechtsfolgen
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2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken – die im UWG in das deutsche Recht umgesetzt ist – gemäß Art. 2 lit. d RL nicht nur Verhaltensweisen, die unmittelbar mit der Absatzförderung, sondern auch solche, die unmittelbar mit der Lieferung zusammenhängen, erfasst, unabhängig davon, ob die in Rede stehende AGBKlausel auf den Vertragsschluss oder die Vertragsabwicklung gerichtet ist. Es kommt also nicht primär auf den Schutz des Kunden an, sondern auf den Schutz der Lauterkeit des Wettbewerbs. Regelmäßig dürften aber beide Rechtsgüter betroffen sein. Zwar gelten die Regelungen der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken unmittelbar nur für den Verbraucherverkehr. Sie haben jedoch auch Indizwirkung für den B2B-Verkehr. Zudem sollen die §§ 307 ff. BGB auch vom gesamten Wirtschaftsverkehr solche Nachteile abwenden, die durch einen nicht funktionierenden, unlauteren Klauselverkehr drohen. Richtigerweise stellen daher auch im unternehmerischen Verkehr unzulässige AGB einen wettbewerbswidrigen Tatbestand nach § 4 Nr. 11 UWG und gegebenenfalls auch nach § 4 Nr. 2 UWG dar. Der Unterlassungsanspruch nach dem UWG dürfte in der Praxis wirksamer sein als der nach dem Unterlassungsklagegesetz. Denn nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG steht dieser Unterlassungsanspruch jedem Mitbewerber zu108. Missbrauch beugt nur § 8 Abs. 4 UWG vor, der den Anspruch versagt, wenn die Rechtsverfolgung „vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen.“ Übereinstimmend erleichtert ist die Anspruchsdurchsetzung für Ansprüche nach dem Unterlassungsklagegesetz und dem UWG. Auf das Verfahren nach dem Unterlassungsklagegesetz sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung, aber auch die Vorschriften des § 12 Abs. 1, 2 und 4 des UWG anzuwenden. Diese machen es leicht, eine einstweilige Verfügung zu erlangen, ohne die ansonsten nach §§ 935 und 940 BGB erforderliche Eilbedürftigkeit darzulegen. Diese wird vermutet. Beide Gesetze erfordern jedoch zuvor eine Abmahnung, deren Einzelheiten in § 12 Abs. 1 UWG geregelt sind. Neben diesen Unterlassungsansprüchen könnte, wenn der Verwender einer unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingung Adressat der §§ 19/20 GWB oder des Artikel 82 EGV ist, auch ein Unterlassungsanspruch oder ein Schadensersatzanspruch aus § 33 GWB in Betracht kommen. Wegen der Komplexität der Anspruchsvoraussetzungen, die ihren Ursprung in kartellrechtlichen Fragen zur
108
Aufl., § 4 Rz. 11.156 sowie Köhler, Neue Juristische Wochenschrift 2008, 177 (179), noch mit durch die neue Rechtslage überholten Einschränkungen: OLG Hamburg, Beschl. v. 13.11.2006 – 5 W 162/06, Neue Juristische Wochenschrift 2007, 2264; KG Berlin, Beschl. v. 03.04.2007 – 5 W 73/07, Neue Juristische Wochenschrift 2007, 2266 (2267). Daneben steht er natürlich auch den Berechtigten für Ansprüche aus dem Unterlassungsklagegesetz zu.
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Marktstärke hat, soll dieser Anspruch hier nur kurz erwähnt werden. Grob umrissen setzt er voraus, dass ein marktstarkes Unternehmen von einem anderen unter Missbrauch seiner Marktmacht unangemessene Geschäftsbedingungen fordert. Die Rechtsfolgen umfassen unter anderem den Anspruch auf Unterlassung und Beseitigung und sind in § 33 GWB geregelt.
1.8.7 Schadensersatz wegen der Verwendung unwirksamer Geschäftsbedingungen Die Verwendung unzulässiger und damit unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen kann Schaden anrichten. Ihre Feststellung kann zu Rechtsberatungskosten führen, Vertragsverhandlungen können sich als unnütz erweisen, vor allem aber kann sich der Vertragspartner des Verwenders selbst dadurch schädigen, dass er von der Durchsetzung ihm eigentlich zustehender Rechte wegen einer unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingung absieht. Diese Schadensersatzansprüche werden im Regelfall zu beziffern sein. Sie verjähren erst in der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren, soweit sie aus dem UWG folgen binnen sechs Monaten gem. § 11 UWG. Die Verjährungsfrist beginnt aber gem. § 199 BGB/11 UWG erst, wenn nicht nur der Anspruch entstanden ist, sondern auch noch der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Das bedeutet, dass dann, wenn langjährig befolgte Allgemeine Geschäftsbedingungen als unwirksam erkannt werden, der gesamte, mindestens aber der in den letzten zehn Jahren109 entstandene Schaden noch geltend gemacht werden kann. Schadensersatzansprüche stehen nur Individuen zu. Verbände erleiden durch Fehlverhalten keinen Schaden. Schadensersatzansprüche können daraus folgen, 1. dass der Verwender die ihm obliegende Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Kunden nicht beachtet hat (§§ 280, 241 BGB), 2. dass die Interessen des Wettbewerbers im geschäftlichen Verkehr unlauter beeinträchtigt werden (§ 9 UWG), 3. dass der freie Wettbewerb gestört wird (§ 33 Abs. 3 u. 4 GWB). Gemeinsam ist diesen Ansprüchen, dass sie ein Verschulden voraussetzen. Der Verwender wird deshalb nur schadensersatzpflichtig, wenn er die Unwirksamkeit seiner Allgemeinen Geschäftsbedingung erkannt hat oder erkennen musste. Letzteres wird man im Geschäftsverkehr regelmäßig nur dann verneinen können, wenn der Verwender entweder selbst rechtskundig ist und darlegen kann, dass er mit der Unwirksamkeit nicht rechnen konnte oder sich von einem Rechtskundigen hat beraten lassen, der die Wirksamkeit der AGB-Regelung kundgetan hat. 109
Vgl. § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB, § 11 Abs. 3 UWG.
1.8 Rechtsfolgen
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Hat grundsätzlich derjenige, der Schadensersatz haben will, auch das Verschulden vorzutragen und wenn nötig zu beweisen, so hilft ihm hier bei dem wichtigsten Anspruch, dem Schadensersatzanspruch nach §§ 280, 241 BGB, die schwer widerlegbare Verschuldensvermutung des § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB. Der Schuldner des Schadensersatzanspruches muss also darlegen und beweisen, dass ihn kein Verschulden an der Verwendung der unwirksamen, oder nicht wirksam einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingung trifft. Diese Entscheidung wird nach den Umständen des Einzelfalls getroffen werden müssen. Es würde die Ansprüche überziehen, wollte man von jedem Unternehmer verlangen, dass er sich über die rechtliche Bewertung jeder Vertragsgestaltung von einem Rechtsanwalt beraten lässt. Man wird aber dann von einem Unternehmer verlangen können, dass er sich Rat holt, wenn er Anlass zu Zweifeln an der Wirksamkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung hat. Das dürfte insbesondere dann der Fall sein, wenn die von ihm formulierte Vertragsklausel die Interessen des Vertragspartners erkennbar nicht berücksichtigt, oder die vorgeschlagene Regelung von dem abweicht, worauf der Vertragspartner bei der Vertragsabwicklung nach der Natur des Rechtsgeschäftes im Kern vertrauen darf. In solchen Fällen dürfte es aber auch reichen, den Vertragspartner auf die Zweifel an der Wirksamkeit und auf Bedenken gegen die Durchführbarkeit des Vertrages hinzuweisen. Das muss allerdings so geschehen, dass der Vertragspartner des Verwenders dies auch versteht und die Klausel hinnimmt, von der der Verwender nicht bereit ist, abzuweichen110. § 280 Abs. 1 BGB bestimmt, dass derjenige, der eine Pflicht aus einem Schuldverhältnis verletzt, dem anderen den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen hat, wenn er nicht nachweisen kann, dass er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. § 280 BGB. Schadensersatz wegen Pflichtverletzung (1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. […] § 241 Abs. 2 BGB bestimmt, dass ein Schuldverhältnis nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichtet.
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Ansonsten könnte aus der bedenklichen Klausel eine Individualvereinbarung werden. Wegen der Einzelheiten wird auf Ziffer 1.2 verwiesen.
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1 Übersicht zum deutschen Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
§ 241 BGB. Pflichten aus dem Schuldverhältnis (1) […] (2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten. Werden unwirksame Allgemeine Geschäftsbedingungen bei der Vertragsabwicklung befolgt, so kann das den Vertragspartner schädigen. Denn er verzichtet häufig auf ihn günstiger stellende gesetzliche Rechte. Der Unterschied seiner wirtschaftlichen Situation ist dann der durch die unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingungen hervorgerufene Schaden. Ein Schuldverhältnis, das zur Rücksichtnahme verpflichtet, beginnt bereits mit der Aufnahme der Verhandlungen über einen Vertrag, bei dessen Anbahnung oder ähnlichen geschäftlichen Kontakten (§ 311 Abs. 2 Nr. 1-3 BGB). § 311 BGB. Rechtsgeschäftliche und rechtsgeschäftsähnliche Schuldverhältnisse (1) […] (2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch 1. die Aufnahme von Vertragsverhandlungen, 2. die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder 3. ähnliche geschäftliche Kontakte. […] Das Fordern von unwirksamen Klauseln verstößt gegen diese bestehende Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme bei der Vertragsanbahnung und verpflichtet daher bereits den Verwender der unzulässigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen zum Schadensersatz (früher wegen „culpa in contrahendo“). Dieser Schadensersatzanspruch tritt neben den Erfüllungsanspruch, wenn der Vertrag nicht sowieso an § 306 Abs. 3 BGB wegen Unzumutbarkeit gescheitert ist. Der Schadensersatzanspruch kann nach zutreffender Ansicht auf Ersatz von Rechtsberatungskosten oder auf Rückforderung der aufgrund von unwirksamen Klauseln er-
1.8 Rechtsfolgen
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brachten Vorleistungen gerichtet sein111. Als Schaden kann aber auch der Vermögensnachteil in Betracht kommen, der dadurch entsteht, dass ein Interessent ein günstiges verbindliches Angebot nicht annimmt, weil er irrig eine ihn vom Vertragsschluss abhaltende unwirksame Klausel für wirksam hält. Schadensersatz wegen unlauteren Wettbewerbs. Schadensersatz kann auch aus dem Gesichtspunkt des unlauteren Wettbewerbs geschuldet sein. Die Voraussetzungen sind bereits oben zum Unterlassungsanspruch nach dem UWG beschrieben. Hinzu muss kommen, dass der Verwender vorsätzlich oder fahrlässig die unwirksamen Klauseln im Geschäftsverkehr verwendet. § 9 UWG. Schadensersatz Wer vorsätzlich oder fahrlässig eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, ist den Mitbewerbern zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. […] Der Schaden dürfte sich im Wesentlichen ebenso darstellen, wie der aus § 280 BGB zu ersetzende Schaden. Hinzu kommt der Schaden, der dadurch entsteht, dass der unlauter Handelnde einen Wettbewerbsvorteil erlangt, etwa einen höheren Marktanteil durch die Klausel selbst oder einen darauf beruhenden Kalkulationsvorteil. Hier wird aber häufig der Nachweis schwierig sein. Schadensersatz nach dem GWB wird durch § 33 Abs. 3 GWB bei vorsätzlichem oder fahrlässigem Verstoß gegen Vorschriften des Kartellrechts gewährt. Die Voraussetzungen sind ansonsten die des bereits oben erörterten Unterlassungsanspruchs. Dem Vertragspartner kommt die Erleichterung des § 33 Abs. 4 GWB bei „follow on Klagen“ zugute, welche die Rechtskraftwirkung der Feststellung eines Kartellrechtsverstoßes auf den Individualprozess wegen Schadensersatzes erstreckt.
1.8.8 Vorteilabschöpfung Das GWB in § 34 und das UWG in § 10 sehen vor, dass der wirtschaftliche Vorteil von unlauteren und den Wettbewerb störenden Handlungen abgeschöpft werden kann. Diese Ansprüche werden selten in Betracht kommen und sollen deshalb hier nur kurz genannt werden. Den Anspruch nach dem GWB kann die Kartellbehörde geltend machen. Darauf sind erfüllte Schadensersatzansprüche und Geldbußen anzurechnen.
111
Grüneberg in Palandt, BGB, 68. Aufl., vor § 307 Rz. 14.
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1 Übersicht zum deutschen Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
Der Anspruch nach dem UWG steht denen zu, die zur Unterlassungsklage berechtigt sind. Er setzt erhebliche Nachweisanstrengungen und Rechtsverfolgungsaufwand voraus. Regelmäßig wird ein Unternehmen einen Anspruch auf Vorteilabschöpfung nur geltend machen, wenn dieses Vorgehen unvermeidlich ist, um Marktnachteile zu beseitigen. Denn der wirtschaftliche Vorteil steht dem klagenden Unternehmen nicht zu, das Prozessrisiko muss es aber tragen. Der Anspruch geht nämlich auf Abführung des Gewinns an den Bundeshaushalt. Auch hier sind Zahlungen an den Staat oder an Dritte wegen der unlauteren Handlung anzurechnen.
2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
Einige Klauseln werden im Geschäftsverkehr mehr verwendet als andere. Ihnen wird von den Verwendern der größere Rationalisierungseffekt beigelegt. Natürlich sind Klauseln in Verträgen abhängig davon, in welcher Branche und unter welchen Umständen gehandelt wird. Allein daraus verbietet sich eine umfassende, jede denkbare Benutzung von Klauseln erfassende Darstellung. Diese würde unübersichtlich und entspräche nicht dem Zweck dieses Buches. Nicht die Vollständigkeitsdarstellung und die Beschreibung eines abstrakten Systems hat die Auswahl der „wichtigen Klauseln“ bestimmt, sondern die Praxisrelevanz, so wie sie aus Beratungen und Mandaten erkennbar geworden ist. Die Unterscheidung zwischen Klauseln, die zwischen Unternehmern verwendet werden und solchen, die zwischen Unternehmern und Verbrauchern verwendet werden, wird nicht starr und strikt beachtet. Denn die Rechtsprechung sieht die Klauseln aus den Klauselkatalogen der § 308 BGB, der Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeiten enthält, und § 309 BGB, der Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeiten enthält, nahezu durchgängig als Indiz für die Unbilligkeit nach § 307 BGB an. Regelmäßig wird also derjenige, der gegen die Klauselverbote aus den §§ 308 und 309 BGB verstößt, damit seinen Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Aus diesem Gesichtspunkt erscheint es sinnvoller, eine einheitliche Darstellung der wichtigen Klauseln vorzunehmen und da, wo Vorschriften ausschließlich zum Verbraucherschutz, also zu Klauseln zwischen Unternehmer und Verbraucher dargestellt werden, dies deutlich zu machen. So sind die einzelnen Klauselgruppen derart erläutert, dass der Leser die Wertung selbst vornehmen kann und sich die Frage, um die es im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Kern immer geht, ob nämlich die von ihm gewählte und vorgegebene Formulierung seinen Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt, an Hand genereller Wertungssysteme beantworten kann. Neben der Benachteiligung durch den Inhalt von Klauseln geht es vor allem auch um die Benachteiligung durch die fehlende Transparenz von Klauseln. Die Anforderungen an die Transparenz, also die Klarheit und Verständlichkeit von Vertragsklauseln, richtet sich nach ihrem Gegenstand. Deshalb wird das Gebot der Transparenz nicht in einem weiteren112 eigenen Abschnitt, sondern unter Bezug
112
S. 1.6.2.
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2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
auf die zu regelnden Sachverhalte, also die einzelnen wichtigen Klauseln, dargestellt. Trotzdem soll hier noch einmal daran erinnert werden, dass das Gebot, Regelungen klar und verständlich darzustellen (Transparenzgebot), nicht nur bei solchen Vertragsklauseln gilt, die von dispositivem Recht abweichen. Nicht nur diese Klauseln im engeren Sinne müssen klar und verständlich sein, sondern auch solche Regelungen, die keinen Bezug zum dispositiven Recht haben, also Allgemeine Geschäftsbedingungen im Weiteren Sinne sind.
2.1 Dauer der Annahme und Leistungsfrist Den Kontrollmaßstab liefert § 308 Nr. 1 BGB, der Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeiten enthält. Unwirksam ist eine Bestimmung, durch die sich der Verwender unangemessene oder nicht hinreichend bestimmte Fristen für die Annahme oder Ablehnung eines Angebotes, oder für die Erbringung einer Leistung vorbehält. § 308 BGB. Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist insbesondere unwirksam 1. (Annahme- und Leistungsfrist) eine Bestimmung, durch die sich der Verwender unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Fristen für die Annahme oder Ablehnung eines Angebots oder die Erbringung einer Leistung vorbehält […] Typische unwirksame Bestimmungen sind die, die eine unbestimmte, zu lange oder einseitige Bindung an den angegebenen Antrag auf Abschluss eines Vertrages, oder eine zu lange oder zu unbestimmte Dauer der Annahmefrist für die Annahme dieses Antrages bestimmen.
2.1.1 Einseitige Bindung des Kunden Bei der Prüfung, ob Unangemessenheit vorliegt, ist eine Interessenabwägung erforderlich. Eine einseitige Bindung des Vertragspartners wird grundsätzlich eine unangemessene Benachteiligung darstellen. Unwirksam sind daher Klauseln wie „Auftrag ist unwiderruflich“ „An das Angebot hält sich der Kunde sechs Monate gebunden“ „Wir können den Antrag des Kunden jederzeit annehmen“
2.1 Dauer der Annahme und Leistungsfrist
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2.1.2 Annahmefrist Nach § 147 Abs. 2 BGB, muss ein Vertragsangebot bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, in welchem der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf. § 147 BGB. Annahmefrist […] (2) Der einem Abwesenden gemachte Antrag kann nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, in welchem der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf. Eine konkrete Annahmefrist bei Verträgen über einfache Güter von mehr als zwei Wochen, bei höherwertigen Gütern von mehr als vier Wochen, wird im Normalfall daher unangemessen sein. Geschäfte, die im elektronischen Geschäftsverkehr abgeschlossen werden, bedingen im Regelfall eine kürzere Bindungsfrist. Denn es ist der Sinn des elektronischen Geschäftsverkehrs, den Geschäftsablauf nachhaltig zu beschleunigen. Deshalb bestimmt § 312e Abs. 1 Nr. 3 BGB, dass der Zugang einer Bestellung unverzüglich auf elektronischem Wege zu bestätigen ist. § 312e BGB. Pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr (1) Bedient sich ein Unternehmer zum Zwecke des Abschlusses eines Vertrags über die Lieferung von Waren oder über die Erbringung von Dienstleistungen eines Tele- oder Mediendienstes (Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr), hat er dem Kunden […] 3. den Zugang von dessen Bestellung unverzüglich auf elektronischem Wege zu bestätigen […] Diese Forderung nach Beschleunigung macht nur dann einen Sinn, wenn der Besteller aus dem unverzüglichen Agieren des Anbieters auch den Schluss ziehen darf, dass dieser sich schneller als üblich zu dem Angebot äußern wird. Diese Erwartung rechtfertigt sich auch daraus, dass gewöhnlich die Annahmeerklärung eine elektronisch generierte Erklärung ist, die ohne Überlegungszeit und menschliches Zutun unmittelbar aus dem System des Bestellmediums folgt. Deshalb dürfte in diesen Fällen die Annahmefrist entsprechend § 147 Abs. 2 BGB, wonach die Annahme nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden kann, in welchem der
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2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf, auf eine deutlich kürzere Frist verkürzen.
2.1.3 Leistungsfrist Auch Leistungszeitklauseln, die eine Leistungsfrist, nach deren Ablauf die Fälligkeit erst eintreten soll, regeln, sind unter dem Gesichtspunkt auf ihre Billigkeit zu prüfen, ob die Dauer unbestimmt oder zu lang ist. Typische Beispiele für solche Leistungszeitklauseln sind Klauseln wie „Unsere Lieferverpflichtung entsteht x Wochen nach Fertigstellung/Vertragsschluss.“ Solche Fristen können gegebenenfalls nach § 307 BGB unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens aus § 308 Nr. 1 BGB dann unwirksam sein, wenn die gegenseitige Interessenabwägung ergibt, dass der Vertragspartner des Verwenders unangemessen benachteiligt wird.
2.1.4 Beispiele der Rechtsprechung Es gibt Beispiele in der Rechtsprechung zu Annahmefristen ebenso wie zu Leistungsfristen. Zulässige Annahmefristen haben Gerichte z.B. in folgenden Fällen angenommen: x Alltagsgeschäft: 14 Tage113 x Kfz-Neuwagen: 4 Wochen114 x Gebrauchtwagen: 10 Tage115 x Darlehensvertrag: 1 Monat116 x Lebensversicherung: 6 Wochen117 Auch zu den Leistungsfristen118 liegen Entscheidungen vor:
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116 117
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OLG Naumburg, Urt. v. 19.08.1997 – 11 U 31/96, Monatsschrift für Deutsches Recht 1998, 854. BGH, Urt. v. 13.12.1989 – VIII ZR 94/89, BGHZ 109, 359. OLG Köln, Urt. v. 27.05.1993 – 12 U 141/92, NJW-Rechtsprechungs-Report 1993, 1404. BGH, Urt. v. 24.03.1988 – III ZR 21/87, Neue Juristische Wochenschrift 1988, 2106. OLG Hamm, Urt. v. 12.07.1985 – 20 U 205/85, NJW-Rechtsprechungs-Report 1986, 388. Zu Lieferzeitklauseln: 2.4.1.
2.2 Leistungsänderung und Preisanpassung
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x Kfz-Neuwagen: 6 Wochen119 x Möbel: 3 Wochen120
2.1.5 Transparenzgebot für Annahme – und Leistungsfrist Ein weiterer Aspekt, der zu beachten ist, ist das Transparenzgebot. Wenn für den Vertragspartner des Verwenders nicht zu erkennen ist, wann eine Ware hergestellt ist, gelegentlich auch der Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht sicher zu definieren ist und deshalb nicht klar und eindeutig erkennbar ist, wann er gebunden ist und wann die Fälligkeit eintritt, so kann die Vereinbarung von Annahme- und Leistungsfrist wegen fehlender Transparenz unwirksam sein.
2.2 Leistungsänderung und Preisanpassung Es ist häufig notwendig, einen Vorbehalt wegen der Änderung der Leistung und der Notwendigkeit zur Preisanpassung in einen Vertrag zu integrieren. Das muss nicht von dem Streben nach einseitigem Vorteil geprägt sein. Denn Leistungen, die der Unternehmer zu erbringen sich verpflichtet, erfordern häufig Vorleistungen Dritter, die von diesen geändert werden können. Preise können sich je nach Laufzeit des Vertrages durch Änderungen des Marktes verändern. Ein Vertrag sollte sinnvollerweise so gestaltet sein, dass beide Einflüsse aufgefangen werden können, ohne dass der Vertrag undurchführbar wird, für eine der Seiten eine unzumutbare Belastung darstellt oder wirtschaftlich in der Sackgasse der Rückabwicklung enden muss. Dieses Recht, unter bestimmten Umständen einseitig ein Abweichen von den vereinbarten Leistungen verlangen zu können, besteht nur in engen Grenzen. Es muss ein plausibler Grund für die Leistungsänderung erkennbar sein. Dieser Grund muss der Billigkeit entsprechen. Mehr dazu später unter dem Stichwort Transparenz. Der Gewinnmaximierung über einseitige Preisänderungsrechte hat der Bundesgerichtshof in einer Vielzahl von Entscheidungen eine Absage erteilt. Mit Urteil vom 21.09.2005121 hat der Bundesgerichtshof noch einmal bestätigt, dass es auch im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen unzulässig ist, über die Abwälzung konkreter Kostensteigerungen hinaus den zunächst vereinbarten Preis ohne jede Begrenzung anpassen zu können und hierdurch einen zusätzlichen Gewinn erzielen zu können. Diesen Nachteil sieht der Bundesgerichtshof schon dann als ver-
119 120
BGH, Urt. v. 27.09.2000 – VIII ZR 155/99, Neue Juristische Wochenschrift 2001, 292. OLG Hamm, Urt. v. 13.06.1986 – 20 U 285/85, NJW-Rechtsprechungs-Report 1987, 311.
121
BGH, Urt. v. 21.09.2005 – VIII ZR 38/05, NJW-Rechtsprechungs-Report 2005, 1717.
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2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
wirklicht an, wenn die Preisanpassungsklausel die Erhöhung nur an betriebsinterne Berechnungsgrößen (Gestehungskosten) knüpft. Erforderlich ist vielmehr eine Gewichtung der einzelnen Kostenelemente und die Sicherstellung, dass der Erhöhung eines oder auch mehrerer Kostenfaktoren nicht das Absinken anderer Kostenpositionen gegenübersteht. Mit seinem Urteil vom 11.10.2007122 hat der Bundesgerichtshof versucht, zu präzisieren, wenngleich zum Geschäftsverkehr zwischen Unternehmer und Verbraucher ausgeführt: „Eine Leistungsanpassungsklausel verstößt wegen Unzumutbarkeit gegen § 308 Abs. 4 BGB, soweit die möglichen Leistungsänderungen für den Kunden nicht vorhersehbar sind.“ Darüber hinaus ist eine Preisanpassungsklausel gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, wenn sie es dem Verwender ermöglicht, nicht nur eine Gewinnschmälerung zu vermeiden, sondern einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen. Diese Überlegungen sind die Grundlage der Überprüfung von Leistungsänderung und Preisanpassung der getroffenen Regel auf Billigkeit.
2.2.1 Leistungsänderung Für Verträge zwischen Unternehmern und Verbrauchern regelt § 308 Nr. 4 BGB die Billigkeit des Änderungsvorbehalts. § 308 BGB. Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist insbesondere unwirksam […] 4. (Änderungsvorbehalt) die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist; […] Hier wird eine Interessenabwägung gefordert, deren Ergebnis die Beantwortung der Frage ist, ob die Klausel für den anderen Vertragsteil zumutbar ist.
122
BGH, Urt. v. 11.10.2007 – III ZR 63/07, NJW-Rechtsprechungs-Report 2008, 134 (135).
2.2 Leistungsänderung und Preisanpassung
67
Unwirksam sind deshalb alle Klauseln, die eine wesentliche Verschiebung des Äquivalenzverhältnisses, also des Gleichgewichts und der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung, zu Lasten des Vertragspartners bewirken. Für zulässig hat die Rechtsprechung im Jahre 1987123 das Abstellen auf „handelsübliche Abweichungen“ gehalten. Ob dies heute noch so gilt, erscheint eher zweifelhaft, denn für den Vertragspartner des Verwenders ist nicht zu erkennen, was handelsübliche Abweichungen sind. Für ihn ist eine solche Klausel deshalb kaum klar und verständlich und wohl nicht mit dem Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB zu vereinbaren. Allgemein hat die Interessenabwägung zur Zumutbarkeit unter den folgenden beiden Gesichtspunkten zu erfolgen: x Für den Vertragspartner hat die ordnungsgemäße Vertragserfüllung generell Vorrang. Er darf durch die Abänderung möglichst keine Nachteile erleiden. x Für den Verwender muss ein anerkennungswürdiges Bedürfnis zur Leistungsänderung festgestellt werden. Das kann jedenfalls nicht allein in seinem Profitinteresse liegen. Die Umstände, die zur Leistungsänderung geführt haben, dürfen bei Vertragsschluss noch nicht vorhersehbar gewesen sein (sog. Unternehmerisches Prognoserisiko), was häufig dann der Fall ist, wenn der Verwender selbst berechtigte Änderungen eines Herstellers oder Vorlieferanten hinnehmen muss. Im Verkehr zwischen Unternehmern ist der Rechtsgedanke aus § 308 Nr. 4 BGB grundsätzlich ebenfalls anzuwenden. Änderungsvorbehalte sind nur zulässig, wo sie zumutbar sind. Das wird da der Fall sein, wo es sich um handelsübliche Mengen und Qualitätstoleranzen handelt. Unwirksam sind deshalb Regelungen, die dem Verwender das Recht geben, die Handelsspanne, Rabatte und Boni abzuändern124. Denn Zweck der Anpassung darf nicht die einseitige Profitmaximierung sein. Dagegen dürfte die Notwendigkeit, bei Dauerschuldverhältnissen zur Anpassung an die sich ändernden Verhältnisse im Rahmen des Angemessenen auch Leistungsänderungen vorzunehmen, nicht bestritten werden können125.
123
124 125
BGH, Urt. v. 11.03.1987 – VIII ZR 203/86, Neue Juristische Wochenschrift 1987, 1886. BGH, Urt. v. 12.01.1994 – VIII ZR 165/92, BGHZ 124, 351 (362). BGH, Urt. v. 26.11.1984 – VIII ZR 214/83, BGHZ 93, 29 (47).
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2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
2.2.2 Preisanpassung Auch hier folgt die Wertung zunächst aus den Regeln über Verträge zwischen Unternehmern und Verbrauchern. § 309 Nr. 1 BGB erklärt eine Abweichung von dispositivem Recht in Allgemeinen Geschäftsbedingungen für unwirksam, ohne dass eine gesonderte Wertung erfolgen muss, wenn Preiserhöhungen kurzfristig gefordert werden. Eine Bestimmung, welche die Erhöhung des Entgelts für Waren oder Leistungen vorsieht, die innerhalb von vier Monaten nach Vertragsschluss geliefert oder erbracht werden sollen, ist unwirksam. Anderes gilt nur für Waren und Leistungen, die im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen geliefert oder erbracht werden. § 309 BGB. Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam 1. (Kurzfristige Preiserhöhungen) eine Bestimmung, welche die Erhöhung des Entgelts für Waren oder Leistungen vorsieht, die innerhalb von vier Monaten nach Vertragsabschluss geliefert oder erbracht werden sollen; dies gilt nicht bei Waren oder Leistungen, die im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen geliefert oder erbracht werden; […] § 309 Nr. 1 BGB gilt für jede Form der Entgelterhöhung und für alle entgeltlichen Geschäfte. Die 4-Monats-Frist gilt ab Vertragsschluss für die vom Verwender zu erbringende Hauptleistung, für die das Entgelt geschuldet ist. § 309 Nr. 1 BGB gilt jedoch nicht für Dauerschuldverhältnisse im klassischen Sinne, also für den Darlehens-126 oder den Sukzessivlieferungsvertrag, bei dem im Laufe einer vereinbarten Zeit immer wieder Leistungen erbracht werden127. Diese Privilegierung gilt jedoch nur für echte Dauerschuldverhältnisse. Sie darf deshalb nicht bei Miet- und Versicherungsverträgen, die auf kurze Zeit angelegt sind (z. B. Hotelzimmer, Mietwagen, Transportversicherung), angewendet werden. Diese sind nicht als Dauerschuldverhältnisse im Sinne des § 309 Nr. 1 letzter Halbsatz BGB einzuordnen.
126
127
BGH, Urt. v. 29.10.1985 – X ZR 12/85, NJW-Rechtsprechungs-Report 1986, 211 (212). OLG Köln, Urt. v. 13.07.1998 – 16 U 2/98, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis 1999, 21 (22).
2.2 Leistungsänderung und Preisanpassung
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Preisanpassungsklauseln in Verträgen zwischen Unternehmern sind nach § 307 BGB zu beurteilen. Dabei ist wieder die Regelung in § 309 Nr. 1 BGB ein Indiz für die Unbilligkeit der Vereinbarung auch zwischen Unternehmern. Andererseits ist § 307 BGB auch auf Verträge zwischen Unternehmern und Verbrauchern anzuwenden. § 307 BGB fordert für jede Art entgeltlicher Verträge eine Billigkeit der Bestimmung. Das bedeutet, dass Dauerschuldverhältnisse jeder Art ebenso wie Grundstückskaufverträge, die in den Klauselverboten der §§ 308 und 309 BGB nicht erwähnt sind, wegen der Auffangwirkung des § 307 BGB der Billigkeit entsprechen müssen. Unter eben diese Auffangregel fallen auch die nach § 309 Nr. 1 BGB erlaubten Preiserhöhungen für Waren und Leistungen, die nach längerer Frist als vier Monate nach Vertragsschluss geliefert oder erbracht werden. Es kann also im Einzelfall durchaus sein, dass die 4-Monatsfrist des § 309 Nr. 1 BGB überschritten wird, gleichwohl aber eine Preisanpassung unbillig sein kann. Das wird etwa dann der Fall sein, wenn die Preiserhöhung nur zum Zwecke der Profitmaximierung erfolgt, ohne dass ein anderes schützenswertes wirtschaftliches Interesse ersichtlich ist.
2.2.3 Transparenz von Anpassungsklauseln Aus § 307 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB folgt auch die Notwendigkeit, Klauseln transparent zu gestalten. Sucht man nähere Kriterien zur Inhaltskontrolle von Preisanpassungsklauseln, so findet man sie bei dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Verträge zwischen Unternehmern und Verbrauchern. Diese haben bekanntlich Indizwirkung auf die Frage der Billigkeit von Klauseln in Verträgen zwischen Unternehmern. Kriterien der Prüfung der Transparenz gegenüber Verbrauchern sind, ob Grund und Umfang der Preisanpassung für den Vertragspartner erkennbar und nachvollziehbar sind. Die Preisanpassung darf den Gewinnanteil des Verwenders nicht erhöhen, folglich nur Änderungen der Gestehungskosten (Weitergabe von Lohnund Materialkosten oder Ausgleich des Wertverfalls der Gegenleistung) berücksichtigen. Das Gebot, Klauseln, die auf eine einseitige Leistungsänderung gerichtet sind, klar und verständlich zu fassen, zwingt also zu zwei Konsequenzen. 1. Aus der Klausel muss sich ergeben, unter welchen Voraussetzungen der Verwender eine Leistungsanpassung einseitig verlangen kann. Frühere Rechtsprechung128 dürfte demgegenüber nicht mehr tragfähig sein. Es mag sein, dass in Zeiten, in denen das Transparenzgebot noch nicht galt, zwischen Unternehmern Preisanpassungsklauseln auch möglich waren, wenn die Erhöhungsgründe oder Erhöhungskriterien nicht angegeben wurden. Heute dürfte das nicht mehr vertretbar sein. 128
BGH, Urt. v. 27.09.1984 – X ZR 12/84, BGHZ 92, 200 (203); BGH, Urt. v. 16.01.1985 – VIII ZR 153/83, BGHZ 93, 252 (256).
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2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
2. Der Umfang der Änderung muss ebenso deutlich werden wie die letztlich geschuldete Leistung. Einige Klauselbeispiele zeigen, welche zum Teil üblichen Klauseln den Anforderungen an die Transparenz nicht genügen und deshalb unbillig und damit unwirksam sind. „Grundlage der Bauausführung ist die Baubeschreibung. Änderungen der Bauausführung, der Material- bzw. Baustoffauswahl, soweit sie gleichwertig sind, bleiben vorbehalten.“ Der Bundesgerichtshof hat eine solche Klausel für unwirksam gehalten, weil das Kriterium der Gleichwertigkeit nicht ausreichend ist129. Denn es ist im Hinblick auf das Transparenzgebot erforderlich, dass der Änderungsvorbehalt jeweils triftige Gründe anführt, welche für die Ausübung des einseitigen Leistungsbestimmungsrechts des Verwenders maßgeblich sein sollen und wenn gleichzeitig die Voraussetzungen der Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts und die Interessen des Kunden hinreichend berücksichtigt werden. Dies ist nicht in klarer und verständlicher Weise in dem Klauselbeispiel geschehen. So bleibt schon offen, ob „Gleichwertigkeit“ im Sinne von Material, Wertigkeit oder wirtschaftlichem Wert gemeint ist. Solche Klauseln, die ohne Differenzierung derart pauschal Leistungsänderungen vorsehen, sind schon deshalb unwirksam, weil sie nicht transparent, also nicht klar und verständlich hinsichtlich ihrer Voraussetzungen und Wirkungen sind. Deshalb sind Preisfestsetzungsklauseln und Tagespreisklauseln, etwa folgende Klauseln, unwirksam130. „Der zurzeit gültige Preis kann vom Verwender angepasst werden, wenn Änderungen des Einstandspreises und/oder Kosten eintreten.“ „Die gültigen Verkaufspreise ergeben sich aus den jederzeit zugänglichen Preislisten.“ „Der Verwender ist berechtigt, den Preis zu ändern, wenn Preisänderungen durch die Vorlieferanten erfolgen. Änderungen des Preises werden dem Kunden mitgeteilt131.“ Umfang und Wirkung dieser Klauseln sind dem Vertragspartner des Verwenders nicht klar und verständlich. Insbesondere ist nicht zu erkennen, im welchem Umfang der Preis geändert werden darf. Abzuraten ist auch von Klauseln wie
129 130 131
BGH, Urt. v. 23.06.2005 – VII ZR 200/04, Neue Juristische Wochenschrift 2005, 3420. BGH, Urt. v. 07.10.1981 – VIII ZR 229/80, BGHZ 82, 21 (24). OLG Köln, Urt. v. 13.01.2006 – 6 U 148/05.
2.3 Inkasso: Lastschrifteinzug, Vorfälligkeit
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„Der Verwender behält sich das Recht vor, den Inhalt dieser AGB oder der jeweiligen Leistungsbeschreibungen/Preislisten und sonstige Sondervereinbarungen anzupassen, soweit dies dem Kunden zumutbar ist132.“ Eine solche Klausel lässt weder die Voraussetzungen, noch die Folgen der angestrebten Preiserhöhung erkennen. Sie ist intransparent und verstößt nicht nur gegen § 308 Nr. 4 BGB. Sie ist auch nicht mit dem allgemeinen Billigkeitsgebot des § 307 BGB zu vereinbaren, denn irgendwelche Gründe, hier auf der Grundlage von im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten oder Gebräuchen dafür, einen Vertrag zwischen Unternehmern anders zu werten, als einen solchen zwischen Unternehmern und Verbrauchern, sind nicht zu erkennen.
2.3 Inkasso: Lastschrifteinzug, Vorfälligkeit Zum Inkasso werden häufig zwei Regelungen in Klauseln Allgemeiner Geschäftsbedingungen gefasst: 1. Als Zahlungsmodalität strebt der Geldgläubiger Zahlung im Wege des Lastschrifteinzuges an. 2. Bei Ratenzahlungen wird häufig die Vorfälligkeit vereinbart, also dass das Ratenzahlungsrecht des Kunden – und damit die Stundung – unter bestimmten Umständen entfallen kann.
2.3.1 Inkasso, Lastschrifteinzug Die Wirksamkeit von Klauseln bezüglich des Lastschriftverfahrens richtet sich allein nach § 307 BGB. Die Klauselkataloge der §§ 308 bis 309 BGB enthalten dazu keine Vorschriften. Wirksam sind nur solche Verpflichtungen, die dem Kunden die Herrschaft über den endgültigen Verbleib des eingezogenen Betrages zumindest für eine Zeit belassen, in der er die Zahlung rückgängig machen kann, um so wegen eigener Gegenrechte ein Zurückbehaltungsrecht wirksam werden zu lassen. Deshalb ist die Verpflichtung zur Zahlung im Abbuchungsverfahren grundsätzlich für unwirksam gehalten worden133. Unter bestimmten Umständen wirksam ist hingegen die Verpflichtung zur Erteilung einer Einzugsermächtigung134, weil der
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OLG Frankfurt, Urt. v. 08.02.2007 – 1 U 184/06, Neue Juristische Online-Zeitschrift, 2007, 1767 (1768). OLG Brandenburg, Urt. v. 03.04.2002 – 7 U 185/01 u. 198/01, NJW-RechtsprechungsReport 2002, 1640. BGH, Urt. v. 10.01.1996 – XII ZR 271/94, Neue Juristische Wochenschrift 1996, 988.
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2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
Schuldner gegenüber seiner Bank wirksam der Abbuchung widersprechen kann. Eine Klausel, die den Vertragspartner des Verwenders zur Erteilung einer Einzugsermächtigung verpflichtet, kann also nur dann wirksam sein, wenn sie x ihm zwischen Zugang der Rechnung und Einzug vom Konto eine Frist von fünf Werktagen zur Prüfung der Rechnung belässt135; x er zudem das Recht hat, der Belastung zu widersprechen136. Auf dieser Grundlage hat das Oberlandesgericht Düsseldorf137 die Klausel „Die Rechnungsbeträge werden per Lastschrift vom Konto des Kunden eingezogen. Bei Nichterteilung oder Widerruf der Einzugsermächtigung durch den Kunden erhebt der Verwender ein Zusatzentgelt für administrative Abwicklung nach der jeweils gültigen Preisliste.“ für zulässig gehalten. Denn der Kunde wird einerseits nicht zur Teilnahme am Lastschriftverfahren gezwungen, andererseits wird sein sechswöchiges Widerrufsrecht gegenüber seiner Bank nicht eingeschränkt.
2.3.2 Erteilung einer Einzugsermächtigung Folgerichtig hat der Bundesgerichtshof am 29.05.2008 entschieden, dass Verbraucher grundsätzlich formularmäßig zur Erteilung einer Einzugsermächtigung verpflichtet werden dürfen. Unangemessen ist dagegen die Verpflichtung zur Teilnahme am Abbuchungsauftragsverfahren138. Es gibt keinen Grund, das nicht auch im Geschäftsverkehr von Unternehmern so zu sehen.
2.3.3 Vorfälligkeitsklauseln Auch für Vorfälligkeitsklauseln gibt es kein Klauselverbot aus den Klauselkatalogen der §§ 308 und 309 BGB. Vorfälligkeitsklauseln haben keinen Vertragsstrafencharakter und fallen daher nicht unter § 309 Nr. 6 BGB. Auch ihre Wirksamkeit richtet sich, wie die von Klauseln über Abbuchungsverfahren, allein nach § 307 BGB139. 135
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BGH, Urt. v. 23.01.2003 – III ZR 54/02, Neue Juristische Wochenschrift 2003, 1237 (1238). OLG Brandenburg, Urt. v. 12.05.2004 – 7 U 165/03, Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht 2004, 905. OLG Düsseldorf, Urt. v. 31.10.1996 – 6 U 206/95, NJW-Rechtsprechungs-Report 1997, 374 (377). BGH, Urt. v. 29.05.2008 – III ZR 330/07, Neue Juristische Wochenschrift 2008, 2495. BGH, Urt. v. 19.09.1985 – III ZR 213/83, BGHZ 95, 362 (372).
2.3 Inkasso: Lastschrifteinzug, Vorfälligkeit
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Vorfälligkeitsklauseln sind Bestimmungen, nach denen das Ratenzahlungsrecht des Kunden, das anderweitig eingeräumt wurde, entfallen kann. Voraussetzungen zur Wirksamkeit einer solchen Vorfälligkeitsklausel sind x der Eintritt der Vorfälligkeit ist auf schwerwiegende Vertragsverletzung beschränkt140, x die Klausel ist unanwendbar, wenn der Ratenschuldner den Zahlungsrückstand nicht zu vertreten hat141. Das gilt auch im kaufmännischen Verkehr142. Bei Geschäften zwischen Unternehmern und Verbrauchern ist zusätzlich die Regel des § 498 BGB zur Gesamtfälligstellung bei Teilzahlungsdarlehen zu beachten. Mit der grundsätzlichen Zulässigkeit von Vorfälligkeitsklauseln kann es aber nicht sein Bewenden haben. Der Inhalt der Regelung einer Vorfälligkeitsklausel im Einzelnen darf bei der Bewertung aber nicht aus den Augen verloren werden. Nur schwerwiegende Vertragsverstöße berechtigen zu der Vorfälligkeit von an sich gestundeten Leistungen. Die Vorfälligkeit bewirkt einen starken Eingriff in das Vertragsgefüge und muss deshalb die Ausnahme bleiben. Dem muss auch die Formulierung von Vorfälligkeitsklauseln entsprechen. Auf dieser Grundlage hat das Oberlandesgericht Düsseldorf143 die Klausel „Im Falle des Zahlungsverzugs oder der Gefährdung der Zahlungsforderung des Verwenders wegen einer Verschlechterung der Kreditwürdigkeit des Kunden ist der Verwender berechtigt, sämtliche Forderungen sofort fällig zu stellen.“ für unwirksam gehalten. Denn der Verwender sei anderweitig genug geschützt. Er könne bei Zahlungsverzug Verzugsschaden und Verzugszinsen geltend machen. Ihm stehe auch ein vertragliches außerordentliches Kündigungsrecht zu, wenn der Kunde mit zwei Raten in Verzug kommt. Das wirft aber sogleich die Frage auf, ob man nicht besser das vertragliche Kündigungsrecht weglässt, um in den Genuss einer Vorfälligkeitsklausel zu kommen. Fehlt es an dem außerordentlichen Kündigungsrecht bei Verzug mit zwei Raten, ist also ein solches nicht vertraglich vereinbart, so könnte die Bewertung anders aussehen. Dann könnte, wenn der Unternehmer nicht bereits gemäß § 321 BGB und/oder § 314 BGB, die nachstehend abgedruckt sind, als genügend geschützt gilt, eine Vorfälligkeitsklausel wirksam vereinbart werden. 140 141
142 143
OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.02.1997 – 6 U 49/96, Betriebsberater 1997, 699. BGH, Urt. v. 19.06.1985 – VIII ZR 238/84, Neue Juristische Wochenschrift 1985, 2329 (2330). BGH, Urt. v. 30.10.1985 – VIII ZR 251/84, BGHZ 96, 182 (192). OLG Düsseldorf, Urt. v. 31.10.1996 – 6 U 206/95, NJW-Rechtsprechungs-Report 1997, 374 (376).
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2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
§ 321 BGB. Unsicherheitseinrede (1) Wer aus einem gegenseitigen Vertrag vorzuleisten verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung verweigern, wenn nach Abschluss des Vertrags erkennbar wird, dass sein Anspruch auf die Gegenleistung durch mangelnde Leistungsfähigkeit des anderen Teils gefährdet wird. […] § 314 BGB. Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund (1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. […] Der Schutz dieser Gesetze ist eher gering. Der Verzicht auf die vertragliche Vereinbarung eines außerordentlichen Kündigungsrechts bei Verzug mit zwei Raten erscheint dadurch nicht aufgewogen. 1. § 321 BGB gibt keinen Schutz des Sachleistungsschuldners nach Erfüllung seiner Leistungspflicht. Dann greift § 321 BGB nicht mehr, weil es hier nicht um ein Leistungsverweigerungsrecht des Vorleistungspflichtigen geht. Er hat seine Leistung bereits vollbracht, ein Zurückbehaltungsrecht nutzt ihm nichts mehr. 2. Die „Kündigung aus wichtigem Grunde“ aus § 314 BGB setzt einen wichtigen Grund und regelmäßig vorherige Abmahnung voraus. Dieser wichtige Grund kann den Gegenstand eines Rechtsstreites bilden, vor dessen Erledigung der Schuldner leistungsunfähig wird. Denn Voraussetzung für die Kündigung aus wichtigem Grunde ist, dass dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung nicht zugemutet werden kann. Dass einem Unternehmer die Verwendung einer Vorfälligkeitsklausel versagt werden kann, weil ihm ein solches gesetzliches Recht zusteht, dessen Voraussetzungen schwer nachweisbar sind, erscheint ohne weiteres nicht billig. Der Umgang der Rechtsprechung damit kann nicht sicher vorhergesagt werden.
2.4 Lieferzeit und Lieferverzug
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Ein Unternehmer wird regelmäßig besser beraten sein, ein an leicht nachweisbaren objektiven Tatbestandsmerkmalen (zwei Raten in Verzug) festgemachtes, außerordentliches Kündigungsrecht zu vereinbaren und dafür notfalls auf die Vorfälligkeitsklausel zu verzichten. Er kann sich auch entscheiden, das Kündigungsrecht bei Verzug mit zwei Raten in den Vertrag aufzunehmen und das Risiko einer unwirksamen Vorfälligkeitsklausel hinzunehmen. Die Vorfälligkeit ist im Gesetz nicht geregelt, so dass bei Unwirksamkeit der Vorfälligkeitsklausel keine gesetzliche Regelung an deren Stelle in das Vertragsverhältnis eingebracht wird. Die Vorfälligkeitsklausel fällt vielmehr ersatzlos weg. Der Unternehmer, der sie verwendet hat, steht also in Bezug auf das konkrete Vertragsverhältnis144 nicht schlechter da, als derjenige, der eine solche Klausel nicht eingebracht hat, soweit man etwaige Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche insbesondere nach UWG außer Betracht lässt. Ob diese weiteren Rechtsfolgen unwirksamer Klauseln, Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche es für einen Unternehmer sinnvoller erscheinen lassen, auf die Verwendung einer möglicherweise unwirksamen Vorfälligkeitsklausel zu verzichten, wird im Einzelfall zu prüfen sein und kann abstrakt nicht beantwortet werden.
2.4 Lieferzeit und Lieferverzug Die Lieferzeit und der Lieferverzug gehören zueinander und bedingen einander. Ist die Lieferzeit länger, so tritt der Verzug später ein. Denn die Lieferzeit bestimmt die Fälligkeit, die die Voraussetzung für den Verzug ist.
2.4.1 Lieferzeitklauseln Ausgangspunkt der Überlegung, wie eine Lieferzeitklausel, die die Fälligkeit der Sachleistung herbeiführt, gestaltet sein sollte, ist der § 271 BGB. Dieser enthält die gesetzliche Regelung und den Auslegungsmaßstab für den Fall, dass eine Leistungszeit nicht bestimmt wurde und regelt den Vorrang von Vereinbarungen. § 271 BGB. Leistungszeit (1) Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken.
144
Auf die weiteren Rechtsfolgen – Verbandsklagen, Unterlassung, Schadensersatz etc. – unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen, die oben zu 1.8.5. bis 1.8.8. dargestellt sind, sei jedoch hingewiesen.
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2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
(2) Ist eine Zeit bestimmt, so ist im Zweifel anzunehmen, dass der Gläubiger die Leistung nicht vor dieser Zeit verlangen, der Schuldner aber sie vorher bewirken kann. In dieser Vorschrift ist bestimmt, dass dann, wenn eine Zeit für die Leistung weder bestimmt, noch aus den Umständen zu entnehmen ist, der Gläubiger die Leistung sofort verlangen kann, der Schuldner sie sofort zu bewirken hat. Die gesetzliche Regelung ist jedoch gemessen an den Notwendigkeiten des Wirtschaftsverkehrs häufig nicht interessengerecht. 1. Bei § 271 Abs. 1 BGB kann es daher oft nicht bleiben. Regelmäßig besteht die wirtschaftliche Notwendigkeit, eine abweichende Zeit für die Leistung zu bestimmen. Denn normalerweise kann der Schuldner eine Sachleistung nur dann sofort erbringen, wenn er die Sache bereits zur Verfügung und lieferbereit hat. Das wird bei einem Industrieprodukt – zumal in Zeiten von just in time Zulieferungen und kostenminimierter Lagerlogistik – nur selten der Fall sein. Deshalb muss eine abweichende Zeit für die Leistung bestimmt werden. 2. § 271 Abs. 2 BGB ist ebenfalls oft nicht interessengerecht. Häufig ist die Entgegennahme der Leistung von einer Tätigkeit oder Mitwirkung des Gläubigers abhängig. Auf diese muss er sich einstellen, diese muss er vorbereiten können. Das ist dann kaum möglich, wenn er nicht weiß, wann die Leistung erbracht wird. Es besteht dann für den Gläubiger der Sachleistung die Gefahr, in Annahmeverzug zu geraten. Der Gläubiger der Sachleistung wird aber zu überlegen haben, ob ihm die Regelung des § 299 BGB genügen kann. § 299 BGB. Vorübergehende Annahmeverhinderung Ist die Leistungszeit nicht bestimmt oder ist der Schuldner berechtigt, vor der bestimmten Zeit zu leisten, so kommt der Gläubiger nicht dadurch in Verzug, dass er vorübergehend an der Annahme der angebotenen Leistung verhindert ist, es sei denn, dass der Schuldner ihm die Leistung eine angemessene Zeit vorher angekündigt hat. Wenn der Schuldner berechtigt ist, vor der bestimmten Zeit zu leisten, kommt der Gläubiger nicht dadurch in Annahmeverzug, dass er vorübergehend an der Annahme der angebotenen Leistung verhindert ist. Etwas anderes gilt dann, wenn der Schuldner ihm die Leistung eine angemessene Zeit vorher angekündigt hat. Auf diese Weise ist der Gläubiger durch das Gesetz weitgehend vor den Folgen der Annahmepflicht zu einem Zeitpunkt nach Wahl des Schuldners geschützt. In der Praxis herrscht das Verständnis, dass sowohl im Interesse des Gläubigers als auch des Schuldners regelmäßig die Vereinbarung einer Leistungszeit getroffen
2.4 Lieferzeit und Lieferverzug
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werden sollte. Das ist leicht zu bewerkstelligen und beide Seiten können sich auf die getroffene Regelung verlassen. In der Praxis wird deshalb regelmäßig eine solche Abrede getroffen. Zweckmäßig wird in Verträgen die Liefer- und Leistungsfrist zur Leistungsbeschreibung gezogen. Die Liefer- und Leistungsfrist stellt ihrer Natur nach keine Abweichung vom dispositiven Gesetzesrecht dar, denn das Gesetz lässt sowohl im § 271 als auch im § 299 BGB zu, eine Leistungszeit zu vereinbaren. Deren Vereinbarung ist nicht Gegenstand der gesetzlichen Regelung. Letztere betrifft nur den Fall, dass eine Leistungszeit nicht vereinbart ist, und die Frage, welche Rechtsfolgen aus der Vereinbarung einer Leistungszeit herzuleiten sind. Das bedeutet, dass die Vereinbarung einer Leistungszeit keine Allgemeine Geschäftsbedingung im engeren Sinne, also keine Abweichung vom dispositiven Gesetzesrecht darstellt. Sie ist vielmehr eine „andere Bestimmung“ i.S.d. § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB, also eine Allgemeine Geschäftsbedingung im weiteren Sinne, die der Transparenzkontrolle zugänglich ist. Jedwede Anwendung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingung setzt jedoch voraus, dass es sich nicht um eine Individualabrede handelt, die nach § 305 BGB Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat. Die Wertung von Lieferzeitklauseln ist wiederum dem § 308 und § 309 BGB zu entnehmen, die indiziell für die Billigkeit von Klauseln im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen sind. § 308 BGB. Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist insbesondere unwirksam 1. (Annahme- und Leistungsfrist) eine Bestimmung, durch die sich der Verwender unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Fristen für die Annahme oder Ablehnung eines Angebots oder die Erbringung einer Leistung vorbehält […] Eine Bestimmung, durch die sich der Verwender unangemessen lange oder nicht ausreichend bestimmte Fristen für die Annahme oder Ablehnung eines Angebotes oder die Erbringung einer Leistung vorbehält, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam. Bezüglich der Länge der Fristen wird auf die Ausführungen oben zu 3.1.3. verwiesen. Soweit Fristen unbestimmt sind, können sie auch nicht wirksam sein. So verstößt die Klausel „Eine Übergabe an den Paketdienst erfolgt in der Regel etwa ein bis zwei Tage nach Zahlungseingang.“ gegen § 308 Nr. 1 BGB. Das Kammergericht145 hat die Verwendung 145
KG Berlin, Beschl. v. 03.04.2007 – 5 W 73/07, Neue Juristische Wochenschrift 2007, 2266 (2267).
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2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
„in der Regel“ als nicht hinreichend bestimmt angesehen. Ein Durchschnittskunde kann nämlich ohne Schwierigkeiten und ohne rechtliche Beratung nicht erkennen, welche vorgegebene Lieferfrist nun gelten soll. Ein Ende des vereinbarten Lieferzeitraums ist aber für den Kunden von hohem Interesse, da er sich auf die Belieferung einstellen will. Wann ein Regelfall vorliegt, und wann ein Ausnahmefall, ist der Klausel auch nicht zu entnehmen. Wann das Fristende im „Ausnahmefall“ sein soll, ist überdies nicht zu erkennen. Etwas anderes kann deshalb – außerhalb von Branchen mit gefestigtem „Handelsbrauch(verständnis) – auch nicht für die Angabe „ca.“ gelten. Eine Ausnahme gilt da, wo Verträge Widerrufs- und Rückgabefristen aus dem Verbraucherschutz beinhalten. Deren Ablauf darf nach § 308 Nr. 1 BGB zur Voraussetzung für den Ablauf der Leistungsfrist gemacht werden. Es erscheint vertretbar, dass dies nicht nur für gesetzliche Rücktrittsfristen gilt, sondern auch für vertraglich vereinbarte. Nur diese dürften im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen in Betracht kommen.
2.4.2 Billigkeitsregeln aus dem Gesetz Bei der Bestimmung von Lieferzeiten sind einige Vorschriften der Klauselkataloge der §§ 308, 309 BGB und § 307 BGB besonders zu beachten. § 308 BGB. Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist insbesondere unwirksam 1. (Annahme- und Leistungsfrist) eine Bestimmung, durch die sich der Verwender unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Fristen für die Annahme oder Ablehnung eines Angebots oder die Erbringung einer Leistung vorbehält; ausgenommen hiervon ist der Vorbehalt, erst nach Ablauf der Widerrufs- oder Rückgabefrist nach § 355 Abs. 1 und 2 und § 356 zu leisten; 2. (Nachfrist) eine Bestimmung, durch die sich der Verwender für die von ihm zu bewirkende Leistung abweichend von Rechtsvorschriften eine unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Nachfrist vorbehält; […] Nicht nur eine Klausel, die die eigentliche Leistungsfrist unangemessen oder unsicher erkennbar bestimmt, ist unwirksam, sondern auch eine Bestimmung, durch
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die sich der Verwender für die von ihm zu bewirkende Leistung abweichend von Rechtsvorschriften eine unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Nachfrist vorbehält. § 308 BGB. Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist insbesondere unwirksam […] 3. (Rücktrittsvorbehalt) die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, sich ohne sachlich gerechtfertigten und im Vertrag angegebenen Grund von seiner Leistungspflicht zu lösen; dies gilt nicht für Dauerschuldverhältnisse; […] Ebenfalls unwirksam ist die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, sich ohne sachlich gerechtfertigten oder im Vertrag angegebenen Grund von seiner Leistungspflicht zu lösen. Darunter fallen nahezu alle Selbstbelieferungsklauseln und Lieferfähigkeitsklauseln. Denn auf die Lieferfähigkeit und die Absicherung des Bezugsrisikos durch den Vertragspartner muss der Vertragspartner im unternehmerischen Verkehr vertrauen können. Im Einzelfall, wenn für den Vertragspartner die Bedingungen klar und verständlich aus der Klausel zu entnehmen sind und diese Bedingungen die Lösung des Verwenders aus dem Vertrag rechtfertigen können, dürfte eine solche Lösungsklausel ausnahmsweise keine unangemessene Benachteiligung darstellen. Klauseln über Lösungsvorbehalte und beliebig lange Lieferzeiten haben auch die Wirkung einer Haftungsfreizeichnung. Sie müssen sich auch an § 309 Nr. 7b 1. Halbsatz BGB messen lassen. § 309 BGB. Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam […] 7. (Haftungsausschluss bei Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit und bei grobem Verschulden) […]
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2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
b) (Grobes Verschulden) ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für sonstige Schäden, die auf einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen; […] Klauseln über unangemessen lange oder unbestimmte Lieferfristen sowie über Lösungsrechte des Verwenders stellen gelegentlich eine verdeckte Freizeichnung von der Haftung des Verwenders für die Einhaltung der angemessenen Lieferzeit dar – auch für Fälle des groben Verschuldens, in denen der Verkäufer an dem Geschäft nicht mehr interessiert ist und sich nicht darum kümmert, es erfüllen zu können, etwa wegen gestiegener Rohstoffpreise. Der Schutz des § 309 Nr. 7 b) 1. Halbsatz BGB, der solche Freizeichnungen verbietet, liefe leer, wenn infolge lange hinausgeschobener oder unbestimmter Fälligkeit der Kunde den Verwender nicht in Verzug setzen und gegebenenfalls die Verzugsfolgen wie Schadensersatz und Rücktrittsrecht nicht auslösen könnte. Zu beachten ist aber auch § 309 Nr. 8 a) 1. Halbsatz BGB: § 309 BGB. Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam […] 8. (Sonstige Haftungsausschlüsse bei Pflichtverletzung) a) (Ausschluss des Rechts, sich vom Vertrag zu lösen) eine Bestimmung, die bei einer vom Verwender zu vertretenden, nicht in einem Mangel der Kaufsache oder des Werks bestehenden Pflichtverletzung das Recht des anderen Vertragsteils, sich vom Vertrag zu lösen, ausschließt oder einschränkt; […] Klauseln über unangemessen lange oder unbestimmte Lieferfristen sowie über Lösungsrechte des Verwenders können nämlich auch dazu führen, dass der Verwender nicht in Verzug kommt, was ihm den Rücktritt vom Vertrag gem. § 323 BGB wegen Verzuges erschweren oder vereiteln könnte. Das ist nicht im Einklang mit § 309 Nr. 8 BGB.
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Neben diesen Unwerturteilen aus den mittelbar anwendbaren Katalogen der §§ 308, 309 BGB kommt auch die Unwirksamkeit unmittelbar aus § 307 BGB in Betracht. § 307 BGB. Inhaltskontrolle (1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie [...] unangemessen benachteiligen. […] (2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung 1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder […] Eine Klausel, die eine verbindlich zugesagte Lieferzeit für (befristet oder dauernd) unverbindlich erklärt bzw. modifiziert, verstößt gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, weil sie mit dem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Dieser wesentliche Grundgedanke ist der aus § 305b BGB: Individuelle Vertragsabreden, wie die Beschreibungen der Leistung und der Leistungszeit durch Individualvertrag, haben Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Klauseln wie „...unsere Lieferfristen sind stets unverbindlich“ sind daher stets unwirksam.
2.4.3 Typische Konflikte Das führt zu Überlegungen über folgende typische Konflikte: Vereinbarung ungewisser Lieferzeit ist nötig Die Sachlage oder das Gebot kaufmännischer Vorsicht erfordern gelegentlich eine längere oder eine im Voraus nicht genau bestimmte Lieferzeit. Dann bleibt nur die Möglichkeit, eine Individualabrede zu treffen, statt die ungewisse Lieferzeit in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu verbergen. „Disclaimer“ stellen keine wirksamen Allgemeinen Vertragsbedingungen dar. Gelingt es nicht, wirksam eine angemessene Leistungszeit zu vereinbaren, so gilt die gesetzliche Regelung. Das bestimmt § 306 Abs. 2 BGB. § 271 BGB lässt
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2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
es gelten, dass die Leistungszeit aus den Umständen des Vertrages entnommen werden kann. Aus den Umständen eines Vertrages, nach denen der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen zur Sachleistung verpflichtet ist, lässt sich der Schluss ziehen, dass er die Sachleistung dann zu erbringen hat, wenn er es kann, andererseits aber auch das Interesse des Empfängers der Sachleistung zu berücksichtigen ist. Der Verwender befindet sich also in der Situation desjenigen, der gemäß § 315 BGB nach billigem Ermessen die Leistung zu bestimmen hat. § 315 BGB. Bestimmung der Leistung durch eine Partei (1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist. (2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teile. (3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird. Fehlt es also an einer Vereinbarung der Leistungszeit, so ist diese nach billigem Ermessen zu treffen, gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB gegebenenfalls durch ein Urteil. Diese Situation ist naturgemäß derart rechtsunsicher, dass sie im kaufmännischen Verkehr dadurch vermieden werden sollte, dass Lieferzeitklauseln wirksam getroffen werden oder Individualvereinbarungen umfassend ohne spätere Einschränkungen im „Kleingedruckten“ gestaltet werden sollten. Schnelle Lieferung ist nicht sicher Häufig sind in Verträgen zwischen Unternehmern Lieferzeitklauseln wie „prompt“ „umgehend“ „baldmöglichst“ anzutreffen. Sie sollen den Eindruck erwecken, es werde schnell geliefert. Im Kern sind diese aber nichts anderes als die Zuweisung der Bestimmung der Leistungszeit an den Schuldner, was wiederum gemäß § 315 BGB durch diesen nach billigem Ermessen zu erfolgen hat. Nur solche Lieferzeitklauseln, die dieser Überprüfung standhalten, sind auch solche, die der Billigkeitsüberprüfung nach § 307 BGB standhalten.
2.4 Lieferzeit und Lieferverzug
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Allerdings müssen solche Klauseln auch transparent sein. Es muss auch bei Verwendung derart unbestimmter Zeitangaben aus dem Gesamttext der Klausel „klar und verständlich“ der Zeitpunkt zumindest mit der Sicherheit zu erkennen sein, die der Empfänger erwarten kann, um sich auf die Annahme vorzubereiten. Sonst könnte eine Klausel, die unbestimmte zeitliche Angaben verwendet, schon deshalb unbillig gem. § 307 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB sein. Sind die üblichen Formulierungen brauchbar? Es empfiehlt sich, bei der Formulierung von abstrakten Leistungsfristen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu bedenken, ob diese nicht verzichtbar sind und vielmehr durch eine ausdrückliche Vereinbarung bei der Beschreibung der geschuldeten Leistung ersetzt werden sollten, die den Vorzug der Individualabrede haben kann. Eine Klausel wie „Lieferzeit unverbindlich“ ist jedenfalls – wie oben bereits dargestellt – unbrauchbar. Sie ist so undifferenziert, dass sie nach § 307 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB unwirksam ist. Denn sie ist nicht klar und verständlich. Der Zeitpunkt der Lieferzeit ist für den Vertragspartner des Verwenders nicht zu erkennen. Unangemessen kurze Leistungsfristen in Einkaufsbedingungen sind ebenfalls unwirksam, weil sie gegen § 307 Abs. 1 BGB verstoßen. Denn sie sind unbillig. Eine besondere Rolle spielen Selbstbelieferungs- und Lieferfähigkeitsklauseln. Diese sind wirksam, wenn der Vorbehalt der Selbstbelieferung oder der Lieferfähigkeit eine übliche und interessengerechte Risikoabsicherung zugunsten des Verwenders verkörpert146. Aber auch eine solche Selbstbelieferungs- und Lieferfähigkeitsklausel bedarf einer sorgfältigen Formulierung. Die häufig anzutreffende Selbstbelieferungsklausel „Der Vertrag versteht sich vorbehaltlich richtiger und rechtzeitiger Selbstbelieferung des Lieferanten.“ genügt den Anforderungen nicht147. Vielmehr wäre ausdrücklich zu erwähnen, dass der Lieferant die Pflicht zur kongruenten Eindeckung erfüllt und kein Beschaffungsrisiko übernommen hat. Dies kann allerdings nicht durch den einfachen „Disclaimer“ – der Lieferant hat kein Beschaffungsrisiko übernommen – erfolgen. Vielmehr muss sich aus dem Vertrag ergeben, dass kein Beschaffungsrisiko über146
147
BGH, Urt. v. 12.01.1994 – VIII ZR 165/92, BGHZ 124, 351 (359, 361); OLG München, Urt. v. 12.10.1983 – 7 U 1805/83, Wertpapier-Mitteilungen 1985, 362 (363). Vgl. BGH, Urt. v. 18.10.1989 – VIII ZR 274/88, Wertpapier-Mitteilungen 1990, 107 (108).
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2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
nommen wurde. Wer nämlich in einem Vertrag die Möglichkeit der Beschaffung, sei es ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten, dem Vertragspartner als sicher, möglicherweise sogar garantiert, hinstellt, kann diese Verpflichtung nicht durch den Vorbehalt der Selbstbelieferung wieder außer Kraft setzen. Dabei wird zu beachten sein, dass teilweise vertreten wird, das Beschaffungsrisiko werde schon dann übernommen, wenn der Unternehmer sich verpflichte, eine nur der Gattung nach bestimmte Sache (z. B. einen Standardstuhl) zu liefern.
2.4.4 Lieferverzug Das Gesetz regelt die Voraussetzungen für Verzug, soweit es den Lieferverzug betrifft, in § 286 Abs. 1, 2 und 4 BGB. § 286 BGB. Verzug des Schuldners (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritte der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung steht die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich. (2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn 1. für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, 2. der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, 3. der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, 4. aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist. (3) […] (4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstandes unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat. Indiziell für die Billigkeit der Regelungen im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen sind auch hier die Regeln des Geschäftsverkehrs zwischen Unternehmern und Verbrauchern zum Lieferverzug. Auf den Verzug bezieht sich die Vorschrift des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen in § 309 Nr. 4 BGB.
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§ 309 BGB. Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam […] 4. (Mahnung, Fristsetzung) eine Bestimmung, durch die der Verwender von der gesetzlichen Obliegenheit freigestellt wird, den anderen Vertragsteil zu mahnen oder ihm eine Frist für die Leistung oder Nacherfüllung zu setzen; […] In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist eine Bestimmung, durch die der Verwender von der gesetzlichen Obliegenheit freigestellt wird, den anderen Vertragsteil zu mahnen oder ihm eine Frist für die Leistung oder Nacherfüllung zu setzen, unwirksam. Oftmals wird sie auch nicht nötig sein, weil das Gesetz in § 286 Abs. 2 BGB genügend Ausnahmen zulässt, um der individuellen Situation entsprechend vorzugehen. Die Regeln der §§ 308 und 309 BGB, die ihrem Wortlaut nach für Geschäfte zwischen Unternehmern und Verbrauchern gelten, sind indiziell für die Unwirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen gem. § 307 BGB. Denn sie sprechen ein Unwerturteil aus, das auch zwischen Unternehmern gilt, wenn sich nicht aus den im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuchen ausnahmsweise eine andere Bewertung ergibt. Weiter ist der Zusammenhang von Lieferzeit, Rücktrittsrecht und Verzug zu beachten. Durch Klauseln über unangemessen lange oder unbestimmte Lieferfristen kann der Kunde den Verwender der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht in Verzug setzen und folglich keine Verzugsfolgen geltend machen. Da aber der Verwender vorzeitig leisten darf, wie § 271 Abs. 2 BGB bestimmt, kann sich der Kunde auf den Leistungszeitpunkt nicht in angemessenen zeitlichen Grenzen einrichten und läuft deshalb Gefahr, Pflichten bei der Annahme der Leistung zu versäumen. Deshalb ist die Länge der Lieferfrist für den Lieferverzug von erheblicher Bedeutung. Die wichtigsten Konsequenzen sind: x Der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen kann sich, weil § 308 Nr. 1 BGB dies verbietet, nicht durch unangemessen lange oder unbestimmte Lieferfristen davor schützen, in Lieferverzug zu geraten. x § 308 Nr. 2 BGB lässt grundsätzlich die Bestimmung einer Nachfristsetzung auch dann zu, wenn das Gesetz eine solche nicht vorsieht. Eine solche Nachfrist muss jedoch angemessen lang und hinreichend bestimmt sein. Der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen kann also die Wirkungen des Lieferverzuges nicht dadurch aushebeln, dass er seinen
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2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
Gläubiger verpflichtet, ihm eine unangemessen lange Nachfrist zu setzen, innerhalb der er dann die Leistung noch bewirken kann. Anhaltspunkte für die Angemessenheit einer Nachfrist sind folgende Überlegungen: Grundsätzlich wird die Nachfrist kürzer sein als die eigentliche Leistungsfrist. Je länger die Leistungsfrist ist, desto kürzer darf die Nachfrist sein, denn der Schuldner hatte hinreichend Gelegenheit, seine Leistung zu erbringen. Im Vordergrund steht bei dieser Bemessung das Interesse des Gläubigers. Bestimmt dagegen der Gläubiger, der nicht Verwender ist, eine unangemessene Nachfrist, so wird dadurch ohne weiteres eine angemessene Frist in Lauf gesetzt. Vielmehr entfällt das Erfordernis der Nachfristsetzung insgesamt. x Die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, sich ohne sachlich gerechtfertigten oder im Vertrag angegebenen Grund von seiner Leistungspflicht zu lösen, ist nach § 308 Nr. 3 BGB unwirksam. So kann der Eintritt des Verzuges nicht verhindert werden. Der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen kann sich also auch nicht auf diesem Wege für den Fall des Lieferverzuges von seiner Haftung freizeichnen. In diesen Zusammenhang gehören auch Überlegungen zu Vertragsstrafe und Schadenspauschalierung bei Verzug sowie zur Haftungsbegrenzung, also zur Regelung von Rechtsfolgen bei Eintritt von Lieferverzug. Diese werden an anderer Stelle zusammengefasst behandelt.
2.5 Zahlungsverzug Der Zahlungsverzug spielt eine besondere Rolle, weil zu seinen Rechtsfolgen die Verzinsungspflicht aus § 288 BGB gehört. § 288 BGB. Verzugszinsen (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen acht Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen. (4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
2.5 Zahlungsverzug
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Der Zinssatz bei Verzug innerhalb von Unternehmensgeschäften ist mit 8 % über dem Basiszinssatz erheblich und von wirtschaftlichem Interesse. Die Höhe des gesetzlichen Verzugszinses lässt es nicht angeraten erscheinen, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ohne Weiteres einen noch höheren Zins zu vereinbaren. Soweit dem Unternehmer ein höherer Zinsschaden entsteht, kann er sowieso nach § 288 Abs. 4 BGB geltend gemacht werden. Ein höherer Zins erweckt leicht den Eindruck einer Vertragsstrafe, die dann wegen unangemessener Höhe unwirksam wäre. Die Voraussetzungen des Zahlungsverzugs sind zunächst die des Verzugs gem. § 286 Abs. 1, 2 und 4. Insbesondere ist regelmäßig eine Mahnung nötig. Darüber hinaus gilt § 286 Abs. 3 BGB. § 286 BGB. Verzug des Schuldners […] (3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug. […] Hier gibt das Gesetz dem Gläubiger Rechte, die er in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht vereinbaren könnte. Der Verzug tritt x 30 Tage nach Rechnungszugang x spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung ein. Bei dieser Gesetzeslage wird häufig eine Konstruktion in Allgemeinen Geschäftsbedingungen mit (unzulässigen) Zugangsfiktionen für Rechnung oder Mahnung überflüssig. Es wird häufig genügen, den Erhalt der Gegenleistung vom Kunden quittieren zu lassen (Lieferschein) und dann 30 Tage abzuwarten. Der Zinsverlust in der Zwischenzeit ist unter Kaufleuten durch § 353 HGB, der sowieso Fälligkeitszinsen, gem. § 352 Abs. 2 in Höhe von 5 % bei Handelsgeschäften gewährt, erträglich. Es erscheint aus der Sicht des Geldgläubigers fraglich, ob zum Zahlungsverzug in Verträgen zwischen Unternehmern überhaupt Vereinbarungen getroffen werden sollten, weil regelmäßig das Gesetz genügt. Aus der Sicht des Geldschuldners dürften schwer schützenswerte Gründe zu erkennen sein, die eine Abweichung vom Gesetz erfordern.
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2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
2.6 Eigentumsvorbehaltsklausel Eine der wichtigsten Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen besagt, dass das Eigentum bis zur vollständigen Bezahlung des Kaufpreises beim Verkäufer bleibt.
2.6.1 Die Gesetzliche Regelung des Eigentumsvorbehalts Hier ist durch § 449 BGB mit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz zum 01.01.2002 eine neue gesetzliche Situation eingetreten, an der sich Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen messen lassen müssen. § 449 BGB. Eigentumsvorbehalt (1) Hat sich der Verkäufer einer beweglichen Sache das Eigentum bis zur Zahlung des Kaufpreises vorbehalten, so ist im Zweifel anzunehmen, dass das Eigentum unter der aufschiebenden Bedingung vollständiger Zahlung des Kaufpreises übertragen wird (Eigentumsvorbehalt). (2) Auf Grund des Eigentumsvorbehalts kann der Verkäufer die Sache nur herausverlangen, wenn er vom Vertrag zurückgetreten ist. (3) Die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts ist nichtig, soweit der Eigentumsübergang davon abhängig gemacht wird, dass der Käufer Forderungen eines Dritten, insbesondere eines mit dem Verkäufer verbundenen Unternehmens, erfüllt. § 449 Abs. 1 BGB entspricht dem früheren § 455 Abs. 1 1. Hs BGB. Zum Eigentumswechsel selbst bleibt es bei der bekannten Regel, dass im Zweifel anzunehmen ist, dass das Eigentum unter der aufschiebenden Bedingung vollständiger Zahlung des Kaufpreises übertragen werden soll. Anders als früher in § 455 Abs. 1 2. Hs BGB geregelt, folgt aus der Veräußerung der Sache unter Eigentumsvorbehalt aber nicht mehr, dass der Verkäufer zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt ist, wenn der Käufer mit der Zahlung in Verzug kommt148. In § 449 Abs. 2 BGB ist bestimmt, dass der Verkäufer die Sache nur herausverlangen kann, wenn er vom Vertrag zurückgetreten ist. Damit wird das Recht des Vorbehaltseigentümers aus § 985 BGB auf den Fall des Rücktritts vom Vertrag beschränkt. Dies ist nicht neu, sondern bestätigt die Rechtsprechung des
148
Diese Regel ist durch die Vereinfachung des Rücktritts nach einfacher Fristsetzung im Falle des Verzuges, vgl. § 323 BGB, nicht mehr nötig.
2.6 Eigentumsvorbehaltsklausel
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Bundesgerichtshofs zu § 455 BGB, der früher die Regelungen des Eigentumsvorbehaltes enthielt149. Nach § 449 Abs. 3 BGB ist die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehaltes nichtig, soweit der Eigentumsübergang davon abhängig gemacht wird, dass der Käufer Forderungen eines Dritten, insbesondere eines mit dem Verkäufer verbundenen Unternehmens erfüllt (Konzerneigentumsvorbehalt). Ein solcher Eigentumsvorbehalt ist verboten und unmittelbar nichtig, sei es in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, sei es in Individualvereinbarungen. Davon zu unterscheiden ist aber der Eigentumsvorbehalt wegen Verpflichtungen von mit dem Käufer verbundenen Dritten gegenüber dem Verkäufer. Der fällt nicht unter das Verbot des § 449 Abs. 3 BGB § 449 BGB ist abdingbares Recht. Lediglich im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern und Verbrauchern gelten Einschränkungen. § 503 Abs. 2 Satz 4 BGB bestimmt, dass bei Teilzahlungsverkäufen jede Rücknahme der Kaufsache durch den Verkäufer zugleich als Rücktritt vom Vertrag anzusehen ist. Dies ist jedoch eine typische Verbraucherschutzvorschrift, die auf den Umgang mit dem Eigentumsvorbehalt im unternehmerischen Geschäftsverkehr keine unmittelbare Auswirkung hat.
2.6.2 Vereinbarung des einfachen Eigentumsvorbehalts Vereinbarungen zum Eigentumsvorbehalt können auch durch Allgemeine Geschäftsbedingungen, dann im Rahmen der Kontrolle der Billigkeit aus § 307 BGB im unternehmerischen Geschäftsverkehr, gestaltet werden. Die §§ 308 und 309 BGB enthalten keine einschlägigen Regeln. Die Vereinbarung zumindest eines einfachen Eigentumsvorbehalts ist ein zwingendes Gebot kaufmännischer Vorsicht und Sorgfalt. Denn der Eigentumsvorbehalt stellt nach allgemeinem Verständnis ein angemessenes und übliches Sicherungsmittel im Warenkreditgeschäft dar und ist deshalb seiner Natur nach grundsätzlich mit § 307 BGB vereinbar. Die übliche Lieferung „gegen Rechnung“ ist ihrer Natur nach nämlich nichts anderes als ein Warenkreditgeschäft. Sie umfasst den Verzicht des Sachschuldners auf sein Zurückbehaltungsrecht aus § 273 BGB. Der Eigentumsvorbehalt ersetzt die Sicherungsfunktion dieses Rechts. Dieser Sicherungsfunktion geschuldet sind auch Verhaltenspflichten des Vorbehaltskäufers, die ihm durch Allgemeine Geschäftsbedingungen auferlegt werden können. So begegnet es grundsätzlich keinen Bedenken, wenn der Vorbehaltskäufer im zum Wert der Sache wirtschaftlichen und vernünftigen Umfang verpflichtet wird,
149
Putzo in Palandt, BGB, 61. Aufl., § 455 Rz. 27 unter Bezug auf BGH, Urt. v. 01.07.1970 – VIII ZR 24/69, BGHZ 54, 214.
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2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
x die Sache pfleglich zu behandeln, x den Lieferanten über Verbleib und Zustand der Sache zu informieren, x die Sache gegen Verlust, Untergang oder Beschädigung zu versichern. Ungeachtet dessen, wer den Verlust, Untergang oder die Beschädigung der Vorbehaltsware verschuldet hat, stellt das einen wirtschaftlichen Nachteil für den Verkäufer dar. Denn der Eigentumsvorbehalt ist seine einzige Sicherung für den Sachkredit. Deshalb erscheint es sinnvoll, auch Regelungen über eine Versicherungspflicht der Vorbehaltsware und über den Verbleib der Ansprüche aus einer solchen Versicherung zu treffen, ungeachtet wessen Risiko versichert wird. Es erscheint regelmäßig auch nicht unangemessen, dem Vorbehaltskäufer die Kosten der Versicherung aufzuerlegen, denn er hat auch den Vorteil des Warenkredits.
2.6.3 Ausschluss des Eigentumsvorbehalts In Einkaufsbedingungen wird gelegentlich der Eigentumsvorbehalt ausgeschlossen. Das geschieht durch Klauseln wie „Unmittelbar mit der Übergabe wird die Ware Eigentum des Käufers.“ Eine solche Klausel ist nicht willkürlich. Vielmehr kann ein Käufer durchaus ein Interesse daran haben, nicht mit Sorgfaltspflichten im Bezug auf das Vorbehaltsgut belastet zu werden. Das kann nämlich eine wesentliche wirtschaftliche Belastung darstellen, insbesondere dann, wenn eine Vielzahl von Vorbehalts-Lieferanten vorhanden sind. Dahinter kann sogar das Sicherungsinteresse des Lieferanten zurückstehen, sodass die Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen wirksam sein kann150. Regelmäßig ist das aber nicht sicher151, es sei denn, dem ist in anderer Weise, etwa durch Vertragserfüllungsbürgschaft, genügt.
2.6.4 Besondere Formen des Eigentumsvorbehalts Eigentumsvorbehalte können mit verschiedener Reichweite vereinbart werden. Denn der einfache Eigentumsvorbehalt schützt nicht vor dem Verlust des Eigentums, insbesondere wenn x ein Dritter kraft guten Glaubens das Eigentum des Veräußernden erwirbt, § 932 BGB, 150
151
BGH, Urt. v. 29.10.1980 – VIII ZR 262/79, BGHZ 78, 305 (307) = Neue Juristische Wochenschrift 1981, 280 (281). BGH, Urt. v. 05.05.1982 – VIII ZR 162/81, Neue Juristische Wochenschrift 1982, 1751 lässt die Frage offen.
2.6 Eigentumsvorbehaltsklausel
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x ein Dritter kraft guten Glaubens die Verfügungsbefugnis des Veräußernden erwirbt, § 366 HGB, x die Sache verarbeitet, verbunden oder vermischt wird, §§ 946, 947 Abs. 2 bis 948 und § 950 BGB. Wer durch solche Ereignisse das Eigentum ganz oder teilweise verliert erwirbt gleichzeitig einen Ersatzanspruch (§ 951 BGB). Im Geschäftsleben haben sich daher weitere Spielarten des Eigentumsvorbehalts entwickelt, die auch in der Rechtsordnung anerkannt sind. Der Eigentumsvorbehalt kann mit unterschiedlicher Wirkung und Reichweite vereinbart werden. x Der einfache Eigentumsvorbehalt erstreckt sich lediglich auf die verkaufte unter Eigentumsvorbehalt übereignete Sache und erlischt durch Zahlung des Kaufpreises. x Der weitergeleitete Eigentumsvorbehalt liegt vor, wenn der Käufer sich dem Verkäufer gegenüber verpflichtet, die unter Eigentumsvorbehalt gekaufte Sache nur in der Weise weiter zu übereignen, dass der Verkäufer dennoch weiterhin Vorbehaltseigentümer bleibt. Eine solche Verfügungsbeschränkung hätte nach § 137 BGB jedoch keine Wirkung gegenüber dem Dritten, sondern würde allenfalls gegen einen solchen weitergeleiteten Eigentumsvorbehalt verstoßen und den Käufer Schadensersatzpflichten aussetzen. Sie ist deshalb in der Praxis ungebräuchlich und verstößt außerdem bei vertraglich vorausgesetztem Weiterkauf, was in der Regel zwischen Unternehmern anzunehmen ist, gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB152. Zur Sicherung des Erstverkäufers ist dafür der verlängerte Eigentumsvorbehalt sinnvoll. x Nachgeschalteter Eigentumsvorbehalt liegt vor, wenn der Käufer, ohne den Eigentumsvorbehalt offen zu legen, die Sache unter eigenem Eigentumsvorbehalt weiterverkauft. Das ist besonders im Zwischenhandel üblich. Dies kann mit dem ersten Verkäufer vereinbart werden und wird dann regelmäßig mit einer Vorausabtretung verbunden. Auch eine solche Verfügungsbeschränkung hat gegenüber dem Dritten keine Wirkung, sondern kann allenfalls Schadensersatzansprüche auslösen. x Verlängerter Eigentumsvorbehalt ist ein übliches Sicherungsmittel. Er liegt vor, wenn Verkäufer und Käufer vereinbaren, dass an Stelle des Eigentumsvorbehaltes, wenn dieser etwa durch Weiterveräußerung, Verbindung, Verarbeitung etc., erlischt, die neue Sache oder die aus dem das 152
BGH, Urt. v. 04.03.1991 – II ZR 36/90, Neue Juristische Wochenschrift 1991, 2285 (2286).
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2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
Eigentum vernichtenden Vorgang entstehende Forderung treten soll. Das bedeutet gleichzeitig die Einwilligung zur Weiterveräußerung und eine Vorausabtretung. x Kontokorrentvorbehalt, ein erweiterter Eigentumsvorbehalt, liegt vor, wenn der Eigentumsvorbehalt nicht schon dann erlischt, wenn der Kaufpreis der Vorbehaltssache selbst gezahlt ist, sondern erst dann, wenn alle Forderungen des Verkäufers – aber nur des Verkäufers selbst, nicht mit ihm verbundener Dritter (§449 Abs. 3 BGB) – beglichen sind. Dieser Kontokorrentvorbehalt ist vor allem aufgrund von Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen üblich und grundsätzlich zulässig. Er entspricht den im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und wird unter Unternehmen als angemessen und billig bewertet. Dabei ist aber zu beachten, dass der Eigentumsvorbehalt in dem Zeitpunkt, in dem ein Forderungsausgleich erfolgt, erlischt und nicht wieder auflebt153. Hinzu kommt, dass eine Übersicherung auftreten kann, die, wenn sie in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht mit einer Freigabeklausel berücksichtigt ist, zu der Unwirksamkeit des Kontokorrentvorbehaltes gemäß § 307 Abs. 1 BGB154 führen kann. Das stellt eine erhebliche Gefahr dar, denn es bleibt bei dem Kaufvertrag im Übrigen, ein Eigentumsvorbehalt ist jedoch nicht vereinbart. Dem kann man auch nicht dadurch abhelfen, dass man die Allgemeine Geschäftsbedingung versucht, dahin gehend auszulegen, dass jedenfalls ein einfacher Eigentumsvorbehalt fortgelten soll, der der Billigkeit entspricht und deshalb wirksam hätte vereinbart werden können. Eine solche Auslegung, die zur Reduktion einer Klausel auf ihren wirksamen Kern, mithin zu einer geltungserhaltenden Reduktion führt, ist im deutschen Recht unzulässig155. Hinzu kommt, dass die Sicherung des Käufers einen so wesentlichen Teil des Vertrages darstellen kann, dass durch ihren Wegfall nicht nur eine Lücke im Vertrag entsteht, sondern der gesamte Vertrag nach § 306 Abs. 3 BGB unwirksam wird. Denn ein Vertrag wird dann unwirksam, wenn das Festhalten an ihm auch unter Berücksichtigung der nach Abs. 2 vorgesehenen Änderung eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei darstellen würde. Das könnte auch für den nunmehr zur ungesicherten Lieferung auf Kredit verpflichteten Verkäufer und Verwender der unzulässigen und deshalb unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingung „Kontokorrentvorbehalt“ der Fall sein.
153
154 155
BGH, Urt. v. 09.02.1994 – VIII ZR 176/92, Neue Juristische Wochenschrift 1994, 1154. BGH, aaO. Schmidt in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 306 Rz. 14.
2.6 Eigentumsvorbehaltsklausel
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2.6.5 Kollidierende Allgemeine Geschäftsbedingungen Für kollidierende Allgemeine Geschäftsbedingungen als Bestandteile des schuldrechtlichen Vertrags gibt es keine Besonderheiten. Stehen einer Klausel „Eigentumsvorbehalt“ entweder eine Abwehrklausel wie „Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nicht akzeptiert.“ „Es gelten nur unsere Allgemeinen Geschäftsbedingungen.“ oder eine den Eigentumsvorbehalt ausschließende Klausel „Unmittelbar mit der Übergabe wird die Ware Eigentum des Käufers.“ entgegen, so wird der Eigentumsvorbehalt nicht Inhalt des schuldrechtlichen Vertrages. Das ist bereits oben zu 1.5.2 dargelegt.
2.6.6 Dinglicher Eigentumsvorbehalt Eine Besonderheit ist hier zu beachten. Der Eigentumsvorbehalt kann trotz Kollision der Allgemeinen Geschäftsbedingungen dinglich wirksam sein. Die Auslegung der Erklärungen der Vertragsparteien kann ergeben, dass ein Eigentumsvorbehalt trotz Kollision der Allgemeinen Geschäftsbedingungen wirksam ist, wenn dem Vertragspartner des Verwenders bekannt ist, dass der Verwender nur unter Eigentumsvorbehalt liefern will156. Das wird verständlich, wenn man sich die Regel zum Erwerb des Eigentums an Sachen vor Augen führt. § 929 BGB. Einigung und Übergabe Zur Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache ist erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Erwerber übergibt und beide darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll. Ist der Erwerber im Besitze der Sache, so genügt die Einigung über den Übergang des Eigentums. Zum Eigentumserwerb gehört also immer eine Einigung über die Rechtsfolge, dass das Eigentum übergehen soll. Diese Erklärung bewirkt die Erfüllung der schuldrechtlichen Pflicht zur Übereignung. Erst diese Erklärung bewirkt den Eigentumserwerb. Wird sie unter der Bedingung der Bezahlung des Kaufpreises ab-
156
BGH, Urt. v. 30.03.1988 – VIII ZR 340/86, BGHZ 104, 129 (137); Schmidt in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., Anh. § 310 Rz. 733.
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2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
gegeben, so bleibt das Eigentum solange beim Verkäufer, bis die Bedingung eingetreten ist. Die Erklärung, nur unter Eigentumsvorbehalt liefern zu wollen, kann jederzeit, also selbst noch nach Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages abgegeben werden. Denn sie ist nicht Gegenstand dieses Vertrages und der sich darauf beziehende Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Deshalb steht dem wirksamen Eigentumserwerb entgegen, dass der zur Übereignung Verpflichtete nur unter der Bedingung der Bezahlung des Kaufpreises die Sache übereignet. Diese bedingte Übereignung wird nur dann nicht als Erfüllung des schuldrechtlichen Vertrages gelten können, wenn ein Eigentumsvorbehalt (s.o. 2.5.4.) wirksam ausgeschlossen ist. Das wird aber selten der Fall sein. Ansonsten rechtfertigt sich der Eigentumsvorbehalt schuldrechtlich aus dem Zurückbehaltungsrecht, das § 273 BGB gibt.
2.6.7 Herausgabe der Sache § 449 Abs. 2 BGB macht das Herausgabeverlangen vom vorangegangenen Rücktritt vom Vertrag abhängig. Es mag sein, dass sich im Einzelfall aus Gewohnheiten und Gebräuchen des Handelsverkehrs ergeben könnte, dass eine davon abweichende Regelung billig ist. Zunächst erscheint die gesetzliche Regelung jedoch sinnvoll. Ohne dass dafür ein vernünftiger Grund erkennbar ist, der die Interessen beider Vertragsparteien hinreichend berücksichtigt, besteht die Gefahr, dass eine Klausel wie „Der Käufer hat die Ware herauszugeben, wenn er mit der Kaufpreiszahlung in Verzug gerät.“ in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam ist. Denn die Klausel, dass der Lieferant die Vorbehaltsware bei Zahlungsverzug oder sonstigem Vertragsverstoß des Kunden ohne Rücktritt vom Vertrag herausverlangen oder wegnehmen darf, ist im Hinblick auf § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB bedenklich. Ein solches Rückholrecht weicht bei fortbestehendem Vertrag von der gesetzlichen Regelung ab und es ist regelmäßig unangemessen, trotz der Rücknahme den Kunden am Vertrag festzuhalten und ihm, abweichend von der Natur des auf Warenkredit geschlossenen Vertrages, die Pflicht zur Vorleistung des Kaufpreises aufzubürden. Dieses Ungleichgewicht wird auch nicht beseitigt, wenn bestimmt ist, dass der Vorbehaltslieferant die Kaufsache dem Käufer wieder zu übergeben hat, sobald dieser seinen Vertragsverstoß beseitigt hat. Denn es ist gerade Sinn und Zweck des Vorbehaltskaufes, dem Käufer schon Gebrauch und Nutzung der Kaufsache zu gewähren, so lange der Kaufpreis noch kreditiert ist. Dem Sicherungsbedürfnis des Verkäufers, das darauf gerichtet ist, dass die Sache nicht (weiter) verschlechtert wird oder untergeht, kann zudem durch Verhaltensregeln wie Erhaltungs- und Pflegepflichten sowie durch Sachversicherungen genügt werden.
2.7 Gefahrübergang
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2.7 Gefahrübergang Für die Abwicklung jedes Vertrages ist von Bedeutung, wer das Risiko für den Bestand der zu leistenden Sache trägt. Das Interesse jeder Vertragspartei besteht darin, dieses Risiko möglichst lange der anderen aufzubürden. Das Gesetz macht die Verpflichtung, das Risiko des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung von der Herrschaft über die Sache abhängig.
2.7.1 Unmittelbare Übergabe Wird die Sache unmittelbar vom Verkäufer dem Käufer übergeben, ohne dass ein Dritter den Transport übernimmt, so geht nach § 446 BGB mit der Übergabe der verkauften Sache auch die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung auf den Käufer über. Ungeachtet der Sachherrschaft gilt dies allerdings auch dann, wenn der Käufer in Verzug mit seiner Verpflichtung zur Annahme der Kaufsache ist (§ 446 Satz 2 BGB). § 446 BGB. Gefahr- und Lastenübergang Mit der Übergabe der verkauften Sache geht die Gefahr des zufälligen Unterganges und der zufälligen Verschlechterung auf den Käufer über. Von der Übergabe an gebühren dem Käufer die Nutzungen und trägt er die Lasten der Sache. Der Übergabe steht es gleich, wenn der Käufer im Verzug der Annahme ist. Wo diese Übergabe zu erfolgen hat ergibt sich daraus, wo der Erfüllungsort ist. § 269 BGB. Leistungsort (1) Ist ein Ort für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen, insbesondere aus der Natur des Schuldverhältnisses, zu entnehmen, so hat die Leistung an dem Orte zu erfolgen, an welchem der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz hatte. (2) Ist die Verbindlichkeit im Gewerbebetriebe des Schuldners entstanden, so tritt, wenn der Schuldner seine gewerbliche Niederlassung an einem anderen Orte hatte, der Ort der Niederlassung an die Stelle des Wohnsitzes. […] Der Erfüllungsort ist mangels abweichender Vereinbarung der Wohnsitz oder die Niederlassung des Schuldners (§ 269 Abs. 1 und 2 BGB), also des Verkäufers für seine Übereignungs- und Übergabepflicht. Dort hat er die verkaufte Sache nur zur
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2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
Abholung bereitzustellen, wenn Versendung nicht vereinbart ist, der Käufer hat sie abzuholen. Dort und so erfolgt die Übergabe. Die Regel des § 446 BGB ist aber dispositives Recht, sie ist also abdingbar157. Der Gefahrübergang kann verlegt, vorgezogen oder verschoben werden158. Er kann also von bestimmten tatsächlichen Erfordernissen abhängig gemacht werden159, kann aber auch für Sachmängel, die vor Gefahrübergang entstanden sind, ausgeschlossen werden160. Für von § 446 BGB abweichende Regelungen gibt es Grenzen. Das Vorziehen des Gefahrübergangs auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses verletzt das zwingende Recht des Käufers aus § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB auf die Lieferung einer mangelfreien Kaufsache161. Eine Klausel dieser Wirkung wäre mit § 307 Abs. 1 i.V.m. § 307 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB nicht zu vereinbaren.
2.7.2 Versendungskauf Die gesetzliche Regelung für den Fall der unmittelbaren Übergabe der Kaufsache wird in § 447 BGB durch eine Regelung ergänzt, die die Gefahrtragung in dem Fall betrifft, dass der Verkäufer die Kaufsache durch einen Spediteur liefern lässt. Voraussetzung ist, dass der Käufer sich an einem anderen Ort, als dem Erfüllungsort – s.o. – befindet, also an einem anderen Ort als dem, an dem der Verkäufer die Sache nach dem Vertrag zu übergeben hat. Die Versendung an eben diesen anderen Ort muss der Käufer verlangt haben. § 447 BGB. Gefahrübergang beim Versendungskauf (1) Versendet der Verkäufer auf Verlangen des Käufers die verkaufte Sache nach einem anderen Ort als dem Erfüllungsort, so geht die Gefahr auf den Käufer über, sobald der Verkäufer die Sache dem Spediteur, dem Frachtführer oder der sonst zur Ausführung der Versendung bestimmten Person oder Anstalt ausgeliefert hat. […]
157 158 159
160 161
Schmidt in Prütting, BGB, 2. Aufl., § 446 Rz. 6. BGH, Urt. v. 29.01.1982 – V ZR 73/81, Neue Juristische Wochenschrift 1982, 1278. Bei allen solchen von § 446 BGB abweichenden Regelungen ist ein etwa bestehender Formzwang für den zugrunde liegenden Kaufvertrag, zum Beispiel § 311b Abs. 1 BGB, der die notarielle Beurkundung von Verträgen über Grundstücke erfordert, auch zu beachten. Weidenkaff in Palandt, BGB, 68. Aufl., § 446 Rz. 3. Schmidt in Prütting, BGB, 2. Aufl., § 446 Rz. 6.
2.8 Ansprüche wegen Mängeln
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Nach § 447 Abs. 1 BGB geht die Gefahr auf den Käufer über, sobald der Verkäufer die Sache dem Spediteur, oder einer zur Ausführung der Versendung bestimmten Person ausgeliefert hat. § 447 bewirkt so im Ergebnis, dass der Käufer das Transportrisiko und damit die Gefahr der zufälligen Verschlechterung oder des zufälligen Untergangs der Kaufsache zu tragen hat, denn die Durchführung der Versendung ist nicht ein eigenes Geschäft des Verkäufers. Sie stellt sich als eines des Käufers dar, der seine Abholungsverpflichtung durch die Versendung ersetzt wissen will. Auch § 447 BGB ist nach herrschender Lehre zwischen Unternehmern uneingeschränkt abdingbar. Das gilt voraussichtlich nur nicht für den Verbrauchsgüterkauf, bei dem nach § 475 Abs. 1 BGB abweichende Vereinbarungen zum Nachteil des Verbrauchers unwirksam sind, wozu auch162 Vereinbarungen zur Regelung der Gefahrtragung beim Versendungskauf angehören können, wenn sie den Verbraucher benachteiligen163.
2.8 Ansprüche wegen Mängeln Es ist regelmäßig das Ziel von Lieferanten, ihre Verpflichtung zur Haftung wegen Sach- oder Rechtsmängel möglichst weit einzuschränken. Die Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit des § 309 BGB beschreiben jene Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zwischen Unternehmern und Verbrauchern164, die unwirksam sind. Dieselben Wertungen gelten, soweit dem nicht besondere Gründe entgegenstehen, auch für Geschäfte zwischen Unternehmern. In Allgemeinen Geschäftsbedingungen können gem. § 309 BGB bestimmte Vereinbarungen im Hinblick auf Ansprüche wegen Mängeln nicht wirksam getroffen werden: § 309 BGB. Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam […] 8. (Sonstige Haftungsausschlüsse bei Pflichtverletzung) […]
162 163 164
So BGH, Urt. v. 16.07.2003 – VIII ZR 302/02, Neue Juristische Wochenschrift 2003, 3341, a.A. Lorenz in Münchener Kommentar, BGB, 5. Aufl., § 475 Rz. 32. Das wird durch § 474 Abs. 2 BGB, der bestimmt, dass § 447 BGB auf den Verbrauchsgüterkauf keine Anwendung findet, nicht ausgeschlossen. Tatbestände, die aus den bereits mehrfach dargestellten Gründen die Wertung der Billigkeit von Regelungen zwischen Unternehmern indizieren.
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2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
b) (Mängel) eine Bestimmung, durch die bei Verträgen über Lieferungen neu hergestellter Sachen und über Werkleistungen aa) (Ausschluss und Verweisung auf Dritte) die Ansprüche gegen den Verwender wegen eines Mangels insgesamt oder bezüglich einzelner Teile ausgeschlossen, auf die Einräumung von Ansprüchen gegen Dritte beschränkt oder von der vorherigen gerichtlichen Inanspruchnahme Dritter abhängig gemacht werden; […] x Der Ausschluss von Ansprüchen gegen den Verwender wegen eines Mangels und die Verweisung auf Dritte. bb) (Beschränkung auf Nacherfüllung) die Ansprüche gegen den Verwender insgesamt oder bezüglich einzelner Teile auf ein Recht auf Nacherfüllung beschränkt werden, sofern dem anderen Vertragsteil nicht ausdrücklich das Recht vorbehalten wird, bei Fehlschlagen der Nacherfüllung zu mindern oder, wenn nicht eine Bauleistung Gegenstand der Mängelhaftung ist, nach seiner Wahl vom Vertrag zurückzutreten; x Die Beschränkung der Ansprüche auf Nacherfüllung, wenn nicht Minderung und Rücktritt möglich sind. cc) (Aufwendungen bei Nacherfüllung) die Verpflichtung des Verwenders ausgeschlossen oder beschränkt wird, die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten, zu tragen; x Die Verpflichtung des Vertragspartners des Verwenders, Aufwendungen bei Nacherfüllung selbst zu tragen. dd) (Vorenthalten der Nacherfüllung) der Verwender die Nacherfüllung von der vorherigen Zahlung des vollständigen Entgelts oder eines unter Berücksichtigung des Mangels unverhältnismäßig hohen Teils des Entgelts abhängig macht;
2.8 Ansprüche wegen Mängeln
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x Das Vorenthalten der Nacherfüllung bis zur vollständigen oder unverhältnismäßigen Zahlung des Entgelts. ee) (Ausschlussfrist für Mängelanzeige) der Verwender dem anderen Vertragsteil für die Anzeige nicht offensichtlicher Mängel eine Ausschlussfrist setzt, die kürzer ist als die nach dem Doppelbuchstaben ff zulässige Frist; x Eine Ausschlussfrist für die Mängelanzeige, die kürzer ist, als die Verjährungsfrist, die durch zulässige vertragliche Erleichterung der Verjährung (Verkürzung der Verjährung) erreicht werden kann. ff) (Erleichterung der Verjährung) die Verjährung von Ansprüchen gegen den Verwender wegen eines Mangels in den Fällen des § 438 Abs. 1 Nr. 2 und des § 634a Abs. 1 Nr. 2 erleichtert oder in den sonstigen Fällen eine weniger als ein Jahr betragende Verjährungsfrist ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn erreicht wird; x Erleichterung der Verjährung ist die Verkürzung der Verjährung, sei es durch die Kürzung der Frist oder verkürzend wirkende Vereinbarungen über ihren Beginn und/oder ihr Ende. Die Erleichterung der Verjährung bei Bauwerken überhaupt165 ist unzulässig – außer durch die vollständige Vereinbarung der VOB/B – und die für andere Waren auf weniger als ein Jahr ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn166.
2.8.1 Beschränkung der Ansprüche auf Nacherfüllung In Verträgen zwischen Unternehmern war die Beschränkung der Ansprüche wegen Mängeln gegen den Verwender insgesamt oder bezüglich einzelner Teile auf ein Recht auf Nachbesserung üblich. Seit dem 01.01.2002167 ist diese früher allgemein als unproblematisch angesehene Klausel nicht mehr so einfach und selbstverständlich. Denn § 439 Abs. 1 165 166
167
Ausnahme: Vereinbarung der VOB/B insgesamt, § 310 Abs. 1 Satz 3 BGB. Der gesetzliche Verjährungsbeginn für Warenlieferung und Werkleistungen ist die Übergabe bzw. Abnahme. Bei nicht körperlichen Werkleistungen, allerdings auch bei Arglist des Verwenders, ist es nach § 199 BGB der Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Kunde von dem Anspruch und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder grob fahrlässig nicht erlangt hat. Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes.
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2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
BGB bestimmt für den Kaufvertrag, dass der Käufer auch das Recht hat, wegen eines Sach- und/oder Rechtsmangels Nachlieferung einer neuen Kaufsache zu verlangen. § 439 BGB. Nacherfüllung (1) Der Käufer kann als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen. […] Der Käufer allein hat das Recht zu wählen, wie diese Nacherfüllung zu geschehen hat. Der Käufer kann als Nacherfüllung seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen. Dieses Wahlrecht des Käufers zwischen Nachbesserung und Ersatzlieferung ist in Verbrauchsgüterkaufverträgen zweifellos nicht abdingbar. Dem steht zumindest § 475 Abs. 1 BGB, der jede nachteilige Abweichung von § 439 BGB für den Unternehmer für wirkungslos erklärt, entgegen. Ob das Wahlrecht zur Art der Nacherfüllung in Verträgen zwischen Unternehmern durch Allgemeine Geschäftsbedingungen dem Verkäufer übertragen werden kann168, ist nicht unproblematisch. Immerhin folgt dieses Wahlrecht aus der dem deutschen europäisch harmonisierten Recht zugrunde liegenden Richtlinie169, die zur Grundlage der Regelung des Kaufvertrages allgemein im deutschen Recht, also auch für Kaufverträge zwischen Unternehmern gemacht wurde. Außerdem lag den Beratungen zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz 170 eine Regelung vor, wonach der Verkäufer die Wahl zwischen Nachlieferung und Nachbesserung haben sollte. Der Gesetzgeber hat sich ausdrücklich dagegen entschieden, denn der Verkäufer sei derjenige, der mit der Lieferung einer mangelhaften Sache seine Pflichten aus dem Kaufvertrag bereits verletzt habe. Deshalb sei es legitim, zunächst den Käufer entscheiden zu lassen, auf welche Weise das Vertragsziel der Lieferung einer mangelfreien Sache doch noch erreicht werden kann. Bei dieser Sachlage ist es gerechtfertigt, hinter der Zuweisung des Wahlrechts zwischen Nachbesserung und Nachlieferung an den Käufer eine fundamentale, die Billigkeit prägende Entscheidung des Gesetzgebers zu sehen. Es erscheint deshalb wahrscheinlicher, dass auch die Rechtsprechung die Übertragung des Wahlrechts zwischen Nachbesserung und Nachlieferung auf den 168
169 170
Dies ist im Werkvertragsrecht sowieso der Fall und kann dort nicht als unbillig angesehen werden, § 635 Abs. 1 BGB. Richtlinie 99/44/EG Verbrauchsgüterkauf, Art. 3 Abs. 3 Satz 1. BT-Drs. 14/6040 vom 14.05.2001, S. 231 Abs. 2.
2.8 Ansprüche wegen Mängeln
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Verkäufer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen als unbillig und den Käufer benachteiligenden, damit also unwirksam ansehen wird. Es wird häufig aber nicht nötig sein, zum Wahlrecht des Käufers eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung anzustreben. Dem Wahlrecht wird nämlich dadurch die Schärfe genommen, dass das Gesetz in § 439 Abs. 2 BGB dem Verkäufer dann ein Recht auf Verweigerung der vom Käufer gewählten Art der Nacherfüllung zuweist, wenn diese für ihn nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten möglich ist. § 439 BGB. Nacherfüllung […] (3) Der Verkäufer kann die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung unbeschadet […] verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Dabei sind insbesondere x der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, x die Bedeutung des Mangels und x die Frage zu berücksichtigen, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte. Der Anspruch des Käufers beschränkt sich in diesem Fall auf die andere Art der Nacherfüllung […]. Dabei sind der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels und die Frage zu berücksichtigen, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden kann. Angesichts der gesetzlichen Regelung stellt sich die Frage, ob es lohnend ist, das Risiko einer unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingung einzugehen. Eine weitere Schwierigkeit der Gestaltung von Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die die Ansprüche wegen Mängeln auf das Recht zur Nachbesserung beschränken sollen, ist, dass für den Fall des Fehlschlagens der Nacherfüllung eine Regelung gefunden werden muss. Das mag noch einigermaßen darstellbar sein. § 309 Nr. 8 b) bb) BGB verlangt, dass dem anderen Vertragsteil das Recht vorbehalten wird, bei Fehlschlagen der Nacherfüllung zu mindern oder vom Vertrag zurückzutreten.
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2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
§ 309 BGB. Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam […] 8. (Sonstige Haftungsausschlüsse bei Pflichtverletzung) […] b) (Mängel) eine Bestimmung, durch die bei Verträgen über Lieferungen neu hergestellter Sachen und über Werkleistungen […] bb) (Beschränkung auf Nacherfüllung) die Ansprüche gegen den Verwender insgesamt oder bezüglich einzelner Teile auf ein Recht auf Nacherfüllung beschränkt werden, sofern dem anderen Vertragsteil nicht ausdrücklich das Recht vorbehalten wird, bei Fehlschlagen der Nacherfüllung zu mindern oder, wenn nicht eine Bauleistung Gegenstand der Mängelhaftung ist, nach seiner Wahl vom Vertrag zurückzutreten; […] Erforderlich ist aber auch, die anderen Fälle zu regeln, in denen die Nachbesserung nicht zum Erfolg führt. Die Verweigerung der Nacherfüllung nach § 439 Abs. 3 BGB ist ebenso zu regeln wie die Fälle, in denen die Nacherfüllung überhaupt unzumutbar oder unmöglich ist. All dies muss in der Klausel, die die Ansprüche des Vertragspartners des Verwenders bei Mängeln auf das Nachbesserungsrecht beschränkt, klar und verständlich dargestellt werden. Die praktische Konsequenz daraus ist, dass die Regelungsalternativen der §§ 440 und 636 BGB für Kauf- und/oder Werkvertrag darzustellen wären. § 440 BGB. Besondere Bestimmungen für Rücktritt und Schadensersatz Außer in den Fällen des § 281 Abs. 2 und des § 323 Abs. 2 bedarf es der Fristsetzung auch dann nicht, wenn der Verkäufer beide Arten der Nacherfüllung gemäß § 439 Abs. 3 verweigert oder wenn die dem Käufer zustehende Art der Nacherfüllung fehlgeschlagen oder ihm unzumutbar ist. Eine Nachbesserung gilt nach dem erfolglosen zweiten Versuch als fehlgeschlagen, wenn sich nicht insbesondere aus der Art der Sache oder des Mangels oder den sonstigen Umständen etwas anderes ergibt.
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§ 636 BGB. Besondere Bestimmungen für Rücktritt und Schadensersatz Außer in den Fällen der §§ 281 Abs. 2 und 323 Abs. 2 bedarf es der Fristsetzung auch dann nicht, wenn der Unternehmer die Nacherfüllung gemäß § 635 Abs. 3 verweigert oder wenn die Nacherfüllung fehlgeschlagen oder dem Besteller unzumutbar ist. Beide Vorschriften, deren Anwendbarkeit auch noch differenziert werden muss, nehmen Bezug auf die §§ 281 Abs. 2 BGB und 323 Abs. 2 BGB. Auch deren Tatbestandsmerkmale müssten sich deshalb in einer Klausel Allgemeiner Geschäftsbedingungen, die die Ansprüche auf Nacherfüllung beschränkt, so wieder finden, dass für den Vertragspartner des Verwenders klar und unmissverständlich zu erkennen ist, welche Rechte er in welcher konkreten Situation hat. Insgesamt erscheint es außerordentlich schwierig, in transparenter und gleichzeitig billiger Weise die Ansprüche des Vertragspartners des Verwenders bei Mängeln auf Nachleistung, sei es durch Nachbesserung oder Nachlieferung, sei es nach Wahl des Käufers oder des Verkäufers, zu beschränken. Angesichts der gegenüber der Zeit vor dem 01.01.2002 geänderten Rechtslage wird man zu bedenken haben, ob solche Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen überhaupt noch sinnvoll sind. Bestand früher die Notwendigkeit, einem unmittelbar drohenden Wandlungs-, Minderungs- oder Schadensersatzbegehren beim Kaufvertrag entgegenzutreten, so ist dies heute nicht mehr nötig. § 437 BGB beschränkt die Rechte des Käufers und § 634 BGB die des Bestellers beim Werkvertrag bei Mängeln sowieso zunächst auf den Nacherfüllungsanspruch. § 437 BGB. Rechte des Käufers bei Mängeln Ist die Sache mangelhaft, kann der Käufer, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist, 1. nach § 439 Nacherfüllung verlangen, […] § 634 BGB. Rechte des Bestellers bei Mängeln Ist das Werk mangelhaft, kann der Besteller, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist, 1. nach § 635 Nacherfüllung verlangen […] § 439 BGB, dessen Absatz 3 den wirtschaftlichen Bedürfnissen des Verkäufers dadurch Rechnung trägt, dass er die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung
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2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
verweigern darf, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist, berücksichtigt die Interessen des Verkäufers. Im Werkvertragsrecht regelt § 635 den Konflikt. § 635 BGB. Nacherfüllung (1) Verlangt der Besteller Nacherfüllung, so kann der Unternehmer nach seiner Wahl den Mangel beseitigen oder ein neues Werk herstellen. (2) […] (3) Der Unternehmer kann die Nacherfüllung […] verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. […] § 635 BGB gibt dem Besteller das Wahlrecht zwischen Mängelbeseitigung und Neuherstellung. Er regelt auch den Konflikt, dass die Nacherfüllung durch den Werkunternehmer unwirtschaftlich ist. Der Weg zu weitergehenden Rechten auf Schadensersatz statt der Leistung oder Rücktritt wird erst dann eröffnet, wenn die Nachbesserung fehlgeschlagen ist. Das ergibt sich aus den oben abgedruckten §§ 440 und 636 BGB. Es wird also häufig auch sachgerecht sein, bei der Regelung, die das Gesetz vorgibt, zu bleiben. Diese ist verlässlich und nicht der Inhaltskontrolle nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterworfen171.
2.8.2 Mängelfristen Bei der Geltendmachung von Ansprüchen wegen Mängeln sind zwei Arten von Fristen von Bedeutung: x Die eine betrifft die Frist, binnen derer Ansprüche wegen Mängeln geltend zu machen sind, und x die andere betrifft die Frist, binnen derer solche Ansprüche verjähren. Die Frist zur Geltendmachung von Mängeln bei Verträgen zwischen Unternehmern, die auch Kaufleute sind172, muss gemäß § 377 HGB beachtet werden.
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Es ist jedoch davon abzuraten, die gesetzliche Regelung in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu schreiben. Dann erreicht sie eine andere Qualität und unterliegt der Auslegungsregel des § 305c Abs. 2 BGB. Das wird regelmäßig der Fall sein und soll hier nicht weiter differenziert werden.
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§ 377 HGB (1) Ist der Kauf für beide Teile ein Handelsgeschäft, so hat der Käufer die Ware unverzüglich nach der Ablieferung durch den Verkäufer, soweit dies nach ordnungsmäßigem Geschäftsgang tunlich ist, zu untersuchen und, wenn sich ein Mangel zeigt, dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu machen. (2) Unterläßt der Käufer die Anzeige, so gilt die Ware als genehmigt, es sei denn, daß es sich um einen Mangel handelt, der bei der Untersuchung nicht erkennbar war (3) Zeigt sich später ein solcher Mangel, so muß die Anzeige unverzüglich nach der Entdeckung gemacht werden; anderenfalls gilt die Ware auch in Ansehung dieses Mangels als genehmigt. […] Danach haben die Mängelanzeige und die Mängelrüge ohne schuldhaftes Zögern zu erfolgen. Ist der Kauf für beide Teile ein Handelsgeschäft, so hat der Käufer die Ware außerdem unverzüglich nach der Ablieferung durch den Verkäufer, soweit dies nach ordnungsgemäßem Geschäftsgang tunlich ist, zu untersuchen und, wenn sich ein Mangel zeigt, dem Verkäufer unverzüglich hiervon Anzeige zu machen173. Zeigt sich ein solcher Mangel nach der Untersuchung, so muss die Anzeige unverzüglich nach der Entdeckung gemacht werden. Mit Ausnahme des Falls, dass der Verkäufer einen Mangel arglistig verschwiegen hat, erlöschen Ansprüche im Falle eines nicht rechtzeitig angezeigten Mangels. Die Ware gilt dann auch in Ansehung dieses Mangels als genehmigt. Eine Verschärfung dieser Regel ist kaum möglich. Klauseln, die für die Geltendmachung von Mängeln in allgemeinen Verkaufsbedingungen eine unbillig kurze Rügefrist von weniger als acht Tagen vorsehen, scheitern als unangemessene Benachteiligung an § 307 BGB. Auch solchen – im Wirtschaftsverkehr durchaus sinnvollen Klauseln –, die als Wirksamkeitserfordernis die Schriftform vorsehen, „Die Rüge hat als Wirksamkeitsvoraussetzung schriftlich zu erfolgen.“ hat die Rechtsprechung die Gefolgschaft versagt. Sinnvoll und wahrscheinlich wirksam können je nach Gesamtgestaltung jedoch vertragliche Klauseln sein, welche die Pflichtendichte des Erwerbers nicht unbillig erhöhen, aber den Veräußerer billigerweise schützen, wie:
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Ob die Untersuchungspflicht dadurch umgangen werden kann, dass die Wareneingangskontrolle dem Lieferanten übertragen wird, soll an anderer Stelle erörtert werden.
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2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
„Bei Anlieferung erkennbare Mängel müssen zudem dem Transportunternehmen gegenüber gerügt und die Aufnahme der Mängel von diesem veranlasst werden. Mängelrügen müssen eine nach Kräften zu detaillierende Beschreibung des Mangels enthalten. Eine nicht fristgerechte Rüge schließt jeglichen Anspruch des Kunden aus.“ „Mit Beginn der Verarbeitung, Bearbeitung, Verbindung oder Vermischung mit anderen Sachen, gilt die gelieferte Ware als vertragsgemäß vom Kunden genehmigt. Entsprechendes gilt im Falle der Weiterversendung vom ursprünglichen Bestimmungsort.“ „Sonstige Pflichtverletzungen sind vor der Geltendmachung weiterer Rechte vom Kunden unverzüglich unter Setzung einer angemessenen Abhilfefrist schriftlich abzumahnen.“ „Unsere Haftung für Pflichtverletzungen wegen Sachmängeln ist ausgeschlossen, soweit Mängel und damit zusammenhängende Schäden nicht nachweisbar auf fehlerhaftem Material, fehlerhafter Konstruktion oder mangelhafter Ausführung oder mangelhafter Montageanleitung beruhen. Insbesondere ist die Gewährleistung und Haftung ausgeschlossen für die Folgen fehlerhafter Benutzung (insbesondere bei nicht dem Stande der Technik entsprechender Montage oder Montage entgegen der Montageanleitung) oder natürlicher Abnutzung der Ware, übermäßigem Einsatz oder ungeeignete Betriebsmittel sowie die Folgen physischer, chemischer oder elektrischer Einflüsse, die nicht den vorgesehenen, durchschnittlichen Standardeinflüssen entsprechen.“ „Etwaige Rückgriffsansprüche des Kunden im Fall der Weiterveräußerung der Ware bestehen gegen uns nur insoweit, als der Kunde mit seinem Abnehmer keine über die gesetzlichen Mängelansprüche hinausgehenden Vereinbarungen getroffen hat.“ Außerdem gilt für Ansprüche wegen Mängeln eine Verjährungsfrist. Diese ist in § 438 BGB für die Verjährung der Mängelansprüche beim Kaufvertrag und im § 634a BGB für die Ansprüche beim Werkvertrag geregelt. § 438 BGB. Verjährung der Mängelansprüche (1) Die […] Ansprüche verjähren 1. in 30 Jahren, wenn der Mangel a) in einem dinglichen Recht eines Dritten, auf Grund dessen Herausgabe der Kaufsache verlangt werden kann, oder
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b) in einem sonstigen Recht, das im Grundbuch eingetragen ist, besteht, 2. in fünf Jahren a) bei einem Bauwerk und b) bei einer Sache, die entsprechend ihrer üblichen Verwendungsweise für ein Bauwerk verwendet worden ist und dessen Mangelhaftigkeit verursacht hat, und 3. im Übrigen in zwei Jahren. […] § 634a BGB. Verjährung der Mängelansprüche (1) Die […] Ansprüche verjähren 1. vorbehaltlich der Nummer 2 in zwei Jahren bei einem Werk, dessen Erfolg in der Herstellung, Wartung oder Veränderung einer Sache oder in der Erbringung von Planungs- oder Überwachungsleistungen hierfür besteht, 2. in fünf Jahren bei einem Bauwerk und einem Werk, dessen Erfolg in der Erbringung von Planungs- oder Überwachungsleistungen hierfür besteht, und 3. im Übrigen in der regelmäßigen Verjährungsfrist. […] Die Verjährungsfrist für Ansprüche wegen Mängeln soll häufig durch Allgemeine Geschäftsbedingungen geändert werden. Dem Käufer liegt an einer längeren Frist, dem Verkäufer an einer kürzeren Frist. Den Rahmen für die Gestaltung liefert § 309 Nr. 8 b) ff) BGB. § 309 BGB. Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam […] 8. (Sonstige Haftungsausschlüsse bei Pflichtverletzung) […]
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b) (Mängel) eine Bestimmung, durch die bei Verträgen über Lieferungen neu hergestellter Sachen und über Werkleistungen […] ff) (Erleichterung der Verjährung) die Verjährung von Ansprüchen gegen den Verwender wegen eines Mangels in den Fällen der §§ 438 Abs. 1 Nr. 2, 634a Abs. 1 Nr. 1 erleichtert oder in den sonstigen Fällen eine weniger als ein Jahr betragenden Verjährungsfrist ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn erreicht wird; […] Diese Vorschrift indiziert die Billigkeit auch für nach dem § 307 Abs. 1 BGB zu beurteilenden Klauseln in Verträgen zwischen Unternehmern. Die Erleichterung der Verjährung durch Verkürzung der Fristen bringt erhebliche Probleme mit sich. Es mag sein, dass die Verkürzung selbst im Rahmen des § 309 Nr. 8 b) ff) BGB noch nicht problematisch ist. Es dürfte der Billigkeit entsprechen, die Fristen im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen entsprechend den Regeln des § 309 8 b) ff) BGB zu verkürzen. Danach ist es möglich, die Verjährung von Ansprüchen auf die Dauer von mindestens einem Jahr bei Neulieferung von Sachen oder bei Werkleistungen zu verkürzen. § 309 Nr. 8 b) ff) BGB enthält jedoch keine Regel für die Verjährungsfrist bei gebrauchten Sachen174. Das bedeutet für den Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen jedoch nicht, dass hier ein vollständiger Ausschluss der Gewährleistungsfrist zulässig sein muss. Mit dem Versäumnisurteil vom 19.09.2007175 hat der Bundesgerichtshof eine vorformulierte Vertragsbestimmung über den Ausschluss jeder Gewährleistung als unbillig und damit unwirksam nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB bewertet. Im Hinblick auf die Erleichterung der Verjährung lässt die dargestellte Entscheidung den Schluss zu, dass dann, wenn die Verkürzung der Verjährung tatsächlich zu einem Ausschluss von Ansprüchen wegen Mängeln führt, eine solche nicht zulässig ist. Auch die Erleichterung der Verjährung darf nicht im Ergebnis dazu führen, dass Ansprüche wegen Mängeln ausgeschlossen sind. Ob wirtschaftlich ein Bedürfnis besteht, durch Verkürzung der Verjährung den Verkäufer noch besser zu stellen, als ihn § 377 HGB sowieso schon stellt, ist eine Frage, die im Einzelfall zu 174
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Für Verbrauchsgüterkäufe ist dies nicht problematisch. § 475 Abs. 2 BGB bestimmt, dass in diesen Fällen die Verjährungsfrist mindestens ein Jahr betragen muss. BGH, Urt. v. 19.09.2007 – VIII ZR 141/06, Neue Juristische Wochenschrift 2007, 3774.
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beantworten ist. Regelmäßig wird das Interesse des Verkäufers durch § 377 HGB hinreichend gewahrt bleiben, sodass sich weitergehende Erleichterungen der Verjährung häufig als nicht notwendig erweisen dürften. § 309 Nr. 8 b) ff) BGB betrifft nur die Erleichterung der Verjährung, nicht die Erschwernis der Verjährung, wie sie in Einkaufsbedingungen häufig angestrebt wird. Der Bundesgerichtshof176 hält jedoch einseitig zugunsten des Verwenders von Allgemeinen Geschäftsbedingungen von der gesetzlichen Regelung abweichende Verjährungserschwernisse, für die ein besonderer Grund im Interesse auch des Vertragspartners des Verwenders, dem bei der Abwägung der Vorrang gebührt, nicht zu erkennen ist, für unbillig und gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB für unwirksam. Deshalb halten der Inhaltskontrolle folgende Klauseln nicht Stand: „Für im Wege der Nachlieferung durch den Lieferanten neu gelieferte oder nachgebesserte Teile beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.“ Das würde entgegen der Funktion der Verjährung von Ansprüchen wegen Mängeln zu einer die gesetzlichen Möglichkeiten weit übersteigenden Perpetuierung von Ansprüchen wegen Mängeln führen. Es mag sein, dass in einer Nachlieferung ein den Neubeginn der Verjährung auslösendes Anerkenntnis i.S.d. § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB zu sehen ist. Dann beginnt aber nicht wegen der Eigenschaften des Gegenstandes der Nachlieferung die Verjährung neu zu laufen, sondern nur wegen des durch diese Nachlieferung beseitigten Mangels. Die dargestellte Klausel schießt darüber weit hinaus. „Es wird vermutet, dass ein Mangel bereits zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorhanden war, wenn seit Gefahrübergang nicht mehr als zwölf Monate vergangen sind.“ Diese Allgemeine Geschäftsbedingung übernimmt die Struktur des § 476 BGB, der eine Beweislastumkehr für das Vorhandensein eines Sachmangels bei Gefahrübergang innerhalb von sechs Monaten beim Verbrauchsgüterkauf bestimmt. § 476 BGB. Beweislastumkehr Zeigt sich innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang ein Sachmangel, so wird vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar.
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BGH, Urt. v. 05.10.2005 – VIII ZR 16/05, Neue Juristische Wochenschrift 2006, 47.
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Ob eine solche Regelung abstrakt in Einklang mit der Untersuchungspflicht des § 377 HGB zu bringen ist, braucht nicht näher untersucht zu werden. Es liegt jedoch nahe, dass die auf Verbrauchsgüterkäufe zugeschnittene Regel des § 476 BGB leer läuft, wenn der im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen geltende § 377 HGB befolgt wird. Hat nämlich die Untersuchung unverzüglich stattgefunden, so wird ein bei Gefahrübergang vorhandener Mangel bekannt. Die Annahme, er sei gleichwohl bei Gefahrübergang nicht vorhanden gewesen, ist so fernliegend, dass die Beweislast für das Fehlen des Mangels bei Gefahrübergang aus dem Gesichtspunkt des ersten Anscheins sowieso der Verkäufer zu tragen hat. Ein praktischer Nutzen für die dargestellte, überdies wohl unwirksame Klausel ist nicht recht erkennbar. „In dringenden Fällen sind wir auch berechtigt, die Mängel auf Kosten des Lieferanten selbst zu beseitigen, beseitigen zu lassen, oder Ersatz zu beschaffen.“ Diese Klausel ist nicht transparent. Für den Vertragspartner des Verwenders ist nicht zu erkennen, was ein dringender Fall sein soll. Möglicherweise können hier Definitionen, die auf wiederum bezifferte oder am Lieferwert ausgerichtete Schadenshöhen abstellen, aber weiterhelfen. Sie ist auch nicht billig, denn es ist nicht zu erkennen, wie ein Dritter den Mangel schneller beseitigen können soll, als der Lieferant. Weil sie überdies das Nacherfüllungsrecht des Verkäufers, das eine tragende Säule der Ansprüche wegen Mängeln ist, beseitigt, ist sie auch inhaltlich nicht billig und daher gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. „Die Verjährung unserer Mängelansprüche beträgt im Falle von Rechtsmängeln zehn Jahre nach Lieferung.“ Diese Klausel belastet den Vertragspartner des Verwenders ohne erkennbaren vernünftigen Grund übermäßig. Sie ist unbillig und unwirksam. „Der Lieferant ist verpflichtet, uns auf Anforderung seine Vorlieferanten mitzuteilen und diese durch uns genehmigen zu lassen sowie deren Qualifikation nachzuweisen.“ Diese Regelung ist unbillig, denn sie belastet den Lieferanten, der hier Vertragspartner des Verwenders ist, unangemessen. Der Lieferant hat ein Interesse daran, seine Vorlieferanten geheim zu halten. Weil er für die Qualität der Lieferung haftet, bedarf er auch keiner Genehmigung hinsichtlich der Qualifikation seiner Vorlieferanten und muss diese deshalb auch nicht nachweisen. Der Erwerber hat weder ein schützenswertes Interesse an Kenntnissen über die Belieferung seines Lieferanten, noch an der Qualifikation dieser Vorlieferanten.
2.8 Ansprüche wegen Mängeln
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Der Bundesgerichtshof177 hat dagegen folgende Klausel für in Einkaufsbedingungen wirksam gehalten: „Falls keine abweichende Vereinbarung geschlossen wurde, beträgt die Verjährung für Mängelansprüche 36 Monate ab Gefahrübergang.“ Der Bundesgerichtshof hatte sich bereits früher, vor dem 01.01.2002 zum damals geltenden alten BGB mit der Frage der Verlängerung der Gewährleistungsfrist auf 36 Monate befasst und diese für unbillig erklärt178. Damals betrug die gesetzliche Verjährungsfrist, von der mit der Allgemeinen Geschäftsbedingung abgewichen wurde, gemäß § 477 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. jedoch nur sechs Monate. Die Verlängerung auf 36 Monate war derart gravierend, dass sie unbillig erschien. Heute hingegen beträgt die gesetzliche Verjährungsfrist gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 2 BGB179 zwei Jahre. Außerdem wurde im Gesetzgebungsverfahren auf der Grundlage der Verbrauchsgüterkaufrichtlinien der EG auch die dort vorgesehene Höchstfrist von 36 Monaten diskutiert, dann aber entschied sich der Gesetzgeber für die 2-Jahresfrist des geltenden deutschen Rechts. Letztlich deshalb hält der Bundesgerichtshof heute die Verlängerung der Verjährungsfrist für Ansprüche wegen Mängeln auf 36 Monate für angemessen.
2.8.3 Ausschluss von Ansprüchen wegen Mängeln Häufig wird über Klauseln, die Ansprüche wegen Mängeln dem Grunde nach einschränken sollen, versucht, die Haftung wegen Verschleißes, der innerhalb der Frist der Verjährung von Ansprüchen wegen Mängeln auftritt, einzuschränken. Dies erfolgt durch Klauseln wie: „Wir haften nicht für Mängel, die nach mehr als 10.000 Betriebsstunden auftreten.“ Es erscheint nicht sinnvoll, solche Einschränkungen in Klauseln über die Haftung für Mängel aufzunehmen. Richtiger ist es, die Verschleißfestigkeit zum Gegenstand der Leistungsbeschreibung zu machen und dadurch zu verhindern, dass ein bei vertragsgemäßem Gebrauch vereinbarter Verschleiß überhaupt einen Mangel darstellen kann. Ist es eine Eigenschaft der Ware, nach einer bestimmten Anzahl von Betriebsvorgängen nicht mehr die vertraglich vereinbarten Eigenschaften aufzuweisen, so ist auch dieses eine Eigenschaft der Sache, die Gegenstand ihrer Beschreibung sein muss. Erweckt die Beschreibung des Pro177 178 179
BGH, a.a.O. BGH, Urt. v. 17.01.1990 – VIII ZR 292/88, BGHZ 110, 88 (92). Hier handelt es sich um Einkaufsbedingungen eines Baumarktes.
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2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
duktes den Anschein, es sei zumindest während des Laufes der Verjährung von Ansprüchen wegen Mängeln vertragsgemäß, so ist die nachfolgende Einschränkung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen über Ansprüche wegen Mängel zumindest intransparent, voraussichtlich auch überraschend, letztlich also unwirksam. Der Beurteilung von Klauseln, die Ansprüche wegen Mängeln ausschließen oder einschränken sollen, wird an dieser Stelle weiter kein besonderer Raum gewidmet. Das gesamte neue Schuldrecht steht unter dem Regime des Pflichtenkonzepts. Dieses wird durchgängig beachtet, es findet auch in dem oben dargestellten § 437 BGB (Ansprüche wegen Mängeln bei Kaufvertrag) sowie in § 634 BGB (Ansprüche wegen Mängeln beim Werkvertrag) Beachtung und praktische Bedeutung. Die Lieferung mangelhafter Gegenstände oder die mangelhafte Werkleistung stellen Pflichtverletzungen dar, die grundsätzlich nicht anders zu bewerten sind, als andere Pflichtverletzungen, etwa Verzug oder die Verletzung von Rücksichtnahmepflichten. Die zu beachtenden Pflichten folgen aus § 241 BGB. § 241 BGB. Pflichten aus dem Schuldverhältnis (1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen. (2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten. Zum einen ist der Gläubiger aufgrund des Vertrages berechtigt, von dem Schuldner die vereinbarte Leistung zu fordern. Zum anderen kann das Schuldverhältnis aber auch nach seinem Inhalt zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten. Der Vertrag ist die Basis für die Pflicht, mangelfrei zu liefern. Die mit der Freizeichnung von Ansprüchen wegen Pflichtverletzungen, besonders durch Schlechtleistung, zusammenhängenden Rechtsfragen werden deshalb nicht im Zusammenhang mit dem Ausschluss und der Einschränkung von Ansprüchen wegen Mängeln erörtert, die nur einen Teil der in Frage kommenden Pflichtverletzungen darstellen, sondern im nachfolgenden Kapitel.
2.9 Haftungsausschluss und Haftungsbegrenzung Das Haftungssystem des BGB auf der Grundlage des Pflichtenkonzepts ist streng. Die Verletzung einer Vertragserfüllungs- oder einer Rücksichtnahmepflicht führt nach §§ 280, 281 BGB auch bei einfachster Fahrlässigkeit und auch für mittelbare Schäden zu einer der Höhe nach unbeschränkten Schadensersatzpflicht. Zu ersetzen ist der durch die Pflichtverletzung entstandene Schaden des Verletzten.
2.9 Haftungsausschluss und Haftungsbegrenzung
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§ 280 BGB. Schadensersatz wegen Pflichtverletzung (1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) […] (3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen. Darüber hinaus wird, auszulösen durch einfache Fristsetzung180, die Haftung bei Lieferung mangelhafter Ware auf Schadensersatz statt der primär geschuldeten Leistung181 gem. § 281 BGB gehaftet. § 281 BGB. Schadensersatz statt der Leistung wegen nicht oder nicht wie geschuldet erbrachter Leistung (1) Soweit der Schuldner die fällige Leistung nicht oder nicht wie geschuldet erbringt, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat. […] So wird der gesamte Schaden, den die Pflichtverletzung verursacht hat, ausgeglichen. Von § 280 BGB wird der Schaden erfasst, der durch Erfüllung oder Nacherfüllung nicht beseitigt werden kann. Das ist regelmäßig der Schaden an den Rechtsgütern des Verletzten (Beispiel: defekter Gastank führt zu Explosion). Der kann auch nicht mehr vermieden werden. Deshalb bedarf es dafür auch keiner Fristsetzung. Von § 281 BGB wird der Schaden erfasst, der dadurch entsteht, dass die Erfüllung oder Nacherfüllung nicht erfolgt und nach Fristsetzung auch nicht mehr erbracht werden darf (Beispiel: neuer Gastank muss gekauft werden). Dabei schützt das Erfordernis, dass Schadensersatz nur geschuldet wird, wenn den Schädigenden ein Verschulden trifft, wenig. § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB gibt dem Schuldner zwar die Möglichkeit, darzulegen, dass er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Das dürfte regelmäßig aber kaum möglich sein. Denn auch die Verschuldensregelung in § 276 BGB hat sich durch das Pflichtenkonzept geändert. Die Pflichten folgen aus dem Vertrag oder aus dem individu180 181
Ohne jede Nachfristandrohung. Unter Ausschluss des Anspruchs auf Primärleistung gemäß § 281 Abs. 4 BGB.
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ellen Schuldverhältnis, dem die Rücksichtnahmeverpflichtung entspringt. Damit sind Pflichtenkonzept und Schuldmaßstab aus der jeweiligen vertraglichen Vereinbarung zu entnehmen. Dabei kommt es darauf an, wie sich diese Vereinbarung dem Beurteilenden darstellt. Insoweit ist auch vor der üblichen kaufmännischen Gewohnheit, sich in Vertragspräambeln als besonders zuverlässiger und qualifizierter Lieferant zu generieren, ausdrücklich zu warnen. Das verschärft nämlich regelmäßig den Haftungsmaßstab. Über Vorsatz und Fahrlässigkeit in Bezug auf die konkrete Pflichtverletzung hat der Schuldner immer auch die erfolglose Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos (§§ 444 BGB und 639 BGB) zu vertreten. Davon kann er sich unter keinen Umständen freizeichnen, weil das Gesetz dies verbietet. § 444 BGB. Haftungsausschluss Auf eine Vereinbarung, durch welche die Rechte des Käufers wegen eines Mangels ausgeschlossen oder beschränkt werden, kann sich der Verkäufer nicht berufen, soweit er den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat. § 639 BGB. Haftungsausschluss Auf eine Vereinbarung, durch welche die Rechte des Bestellers wegen eines Mangels ausgeschlossen oder beschränkt werden, kann sich der Unternehmer nicht berufen, soweit er den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit des Werkes übernommen hat. So sehr das Bedürfnis nach Haftungsbegrenzung und Haftungsausschluss angesichts dieser Sachlage auf der Hand liegt, so wenig sind effektive Möglichkeiten dafür zu erkennen. Aus unternehmerischer Sicht des Leistungsverpflichteten wünschenswerten einzelnen Klauseln wie etwa „Wir haften nicht, mit der Ausnahme des Falles der Arglist und des Vorsatzes und der Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit.“ „Die Haftung für leichte Fahrlässigkeit ist mit Ausnahme der Verletzung von Kardinalpflichten ausgeschlossen.“ „Wir haften nicht für mittelbare Schäden.“ „Unsere Haftung ist auf den Deckungsumfang unserer Betriebshaftpflichtversicherung beschränkt.“ „In jedem Fall haften wir je Schadensfall höchstens in Höhe des Auftragswertes.“
2.9 Haftungsausschluss und Haftungsbegrenzung
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wird die zwischenzeitlich differenzierte Rechtsprechung durch die Feststellung einer nach § 307 BGB auch im unternehmerischen Verkehr unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners in solchen Fällen die Gefolgschaft versagen. Natürlich wird man zunächst an eine Individualabrede denken können. Die Beschränkung von Haftungen, auch der Haftungsausschluss, sind durch Individualabreden im Rahmen der §§ 134, 138, 242 BGB grundsätzlich möglich182.
2.9.1 Haftungsausschluss bei Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit Bei Haftungsausschluss und Haftungsbegrenzung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen dagegen ist neben § 307 BGB immer § 309 Nr. 7 BGB zu beachten. Danach ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ein Haftungsausschluss bei Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit und bei grobem Verschulden stets (d.h. auch bei solchen Geschäften, die eine derartige Verletzung der Natur nach ausschließen) unwirksam. § 309 BGB. Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam […] 7. (Haftungsausschluss bei Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit und bei grobem Verschulden) a) (Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit) ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, die auf einer fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen; […] Somit ist ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, die auf einer fahrlässi-
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Auf die Schwierigkeit, im gewerbsmäßigen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern eine Individualabrede feststellen zu können, ist bereits an anderer Stelle ausführlich hingewiesen worden.
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gen Pflichtverletzung des Verwenders oder einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen, unzulässig. Das – dem Wortlaut nach für den Geschäftsverkehr zwischen einem Unternehmer und Verbraucher – enthaltene Unwerturteil gilt auch im Rahmen der Klauselkontrolle von Verträgen zwischen Unternehmern. Die Konsequenz daraus ist, dass jede Klausel, die zu einer Haftungsbeschränkung führt183, immer solche Ansprüche, die auf Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit beruhen, ausnehmen muss 184. Es kommt nicht darauf an, ob ein solcher Schaden wahrscheinlich oder überhaupt möglich ist.
2.9.2 Freizeichnungen von der Haftung für Sach- und Vermögensschäden Aber nicht nur die Freizeichnung von Haftungen für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit sind unwirksam, sondern auch Freizeichnungen von der Haftung für Sach- und Vermögensschäden. § 309 Nr. 7 b) BGB regelt die Wirksamkeit solcher Vereinbarungen. § 309 BGB. Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam […] 7. (Haftungsausschluss bei Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit und bei grobem Verschulden) […] b) (Grobes Verschulden) ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für sonstige Schäden, die auf einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen; […]
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Also auch die Erleichterung der Verjährung. Das gilt für sämtliche Freizeichnungen von solcher Haftung, auch für die Freizeichnung von der Schadensersatzpflicht aus unerlaubter Handlung.
2.9 Haftungsausschluss und Haftungsbegrenzung
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Ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für andere Schäden als aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, die auf einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen, sind unwirksam185. Hinzu kommt die Unwirksamkeit von Haftungsbeschränkungen für leichte Fahrlässigkeit bei Verletzung von Kardinalpflichten, die die Rechtsprechung186 entwickelt hat. Danach lassen sich zunächst zwei Kernaussagen treffen. Eine Haftungsfreizeichnung darf nicht zur Aushöhlung von vertragswesentlichen Rechtspositionen des Vertragspartners des Verwenders führen, also nicht zur Einschränkung von Rechten, die ihm der Vertrag nach Inhalt und Zweck gerade zu gewähren hat. Das folgt aus § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB187. Es stellt nämlich eine unangemessene Benachteiligung dar, wenn der Schuldner seine primären Erfüllungspflichten schuldhaft verletzt, sodass der Gläubiger auf die Sekundäransprüche, also Schadensersatz, ausweichen muss und ihm dies durch eine Haftungsfreizeichnung unmöglich gemacht würde. Das wäre eine Störung des Äquivalenzinteresses des zugrunde liegenden Vertrages, die sich mit dessen Natur nicht vereinbaren lässt. Für die Beschränkung von Ansprüchen wegen der Lieferung einer mangelhaften Sache oder eines mangelhaften Werkes gilt, dass die §§ 437, 634 BGB zu Schadensersatzansprüchen führen können. § 281 Abs. 1 Satz 3 BGB bestimmt dies allerdings nur für erhebliche Pflichtverletzungen, sodass schon nach dem Gesetzeswortlaut Schadensersatz statt der ganzen Leistung dann ausgeschlossen ist, wenn eine Pflichtverletzung unerheblich ist. Darüber setzt sich jedoch der Rechtsfolgenverweis in § 437 und § 634 BGB hinweg. Der daraus zu ziehende Schluss lautet: Die Verletzung der Pflicht zur Lieferung einer mangelfreien Sache oder eines mangelfreien Werkes ist immer erheblich, wenn dem Sachgläubiger das Recht zusteht, Schadensersatz statt der Leistung zu fordern. Das bedeutet, dass entgegenstehende Freizeichnungs- oder Begrenzungsklauseln an § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB scheitern. Daraus folgt die zweite Kernaussage, dass der Klauselverwender nicht von Verpflichtungen befreit werden darf, deren Erfüllung die ordnungsgemäße Durch185
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Gemäß § 309 Nr. 7 letzter Halbsatz gibt es eine Bereichsausnahme. Die Bestimmungen des § 309 Nr. 7 a) und Nr. 7 b) sind nicht anwendbar für Haftungsbeschränkungen in den nach Maßgabe des Personenbeförderungsgesetzes genehmigten Beförderungsbedingungen und Tarifvorschriften der Straßenbahnen, O-Busse und Kraftfahrzeuge im Linienverkehr, soweit sie nicht zum Nachteil des Fahrgastes von der Verordnung über die Allgemeinen Beförderungsbedingungen für den Straßenbahn- und O-Bus-Verkehr sowie den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen vom 27.02.1970 abweichen; § 309 Nr. 7 b) BGB gilt auch nicht für Haftungsbeschränkungen für staatlich genehmigte Lotterie- und Spielverträge. Zuletzt BGH, Urt. v. 05.12.2006 – X ZR 165/03, Neue Juristische Wochenschrift 2007, 997 (998). Dies gilt auch für Verträge zwischen Unternehmern und Verbrauchern, weil § 307 BGB darauf ohne Weiteres anzuwenden ist.
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2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
führung des Vertrages gerade erst ermöglicht und auf deren Einhaltung der Vertragspartner regelmäßig vertraut und vertrauen darf. So wurde schon vor der Schuldrechtsreform die Pflicht zur mangelfreien Lieferung eines Neuwagens als eine solche wesentliche Vertragspflicht angesehen, die nicht eingeschränkt werden darf188. Weil alle Pflichten eines Vertrages wesentliche Pflichten sein können, soweit sie für die Erreichung des Vertragszwecks oder für die ordnungsgemäße Erfüllung notwendig sind, kommt auch in allen diesen Fällen die Unwirksamkeit von Haftungsausschlüssen und Haftungsbeschränkungen gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB in Betracht. Deshalb ist der Schluss zulässig, dass die Abbedingung des Schadensersatzes statt der Leistung nach § 281 BGB nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB durch Allgemeine Geschäftsbedingungen unwirksam ist189. Der Schadensersatz für Schäden, die durch Mängel verursacht wurden, gehört in das durch die Reform des Schuldrechts geschaffene Pflichtenkonzept. Der Schadensersatz statt der Leistung sichert dann, wenn der Schuldner seine primären Erfüllungspflichten schuldhaft verletzt, das Äquivalenzinteresse des Gläubigers. Er wird durch den Schadensersatz statt der Leistung so gestellt, als wenn er die Leistung erhalten hätte. An die Stelle der geschuldeten Leistung, die zweifelsfrei wesentlicher Inhalt des Rechtsgeschäfts ist, tritt bei Vorliegen der Voraussetzungen der Schadensersatz statt der Leistung gemäß § 281 BGB. Die Verpflichtung dazu ist deshalb eine wesentliche Pflicht, die sich aus der Natur des Vertrages ergibt. Wird sie eingeschränkt, so wird die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet, denn der wirtschaftliche Zweck, zu dessen Ausgleich der Schadensersatz statt der Leistung dienen soll, wird durch den Ausschluss dieses Schadensersatzanspruches vereitelt. Die Verpflichtung zum Schadensersatz statt der Leistung ist deshalb mehr als die Sanktion einer Pflichtverletzung. Sie ist etwas anderes als Schadensersatzansprüche für Mängelfolgeschäden, die der Bundesgerichtshof früher190 für abdingbar gehalten hat. Das gilt für alle Tatbestände, die zu einem Schadensersatz statt der Leistung führen. Dazu gehören die erheblichen Pflichtverletzungen, an die, wie dargestellt, kein zu strenger Maßstab gelegt werden darf. Darunter fallen alle Pflichten, deren Erfüllung dem Vertrag das Gepräge geben und auf die der Kunde vertrauen darf. Das sind insbesondere die Austauschpflichten aus Kauf- und Werkvertrag und die Pflichten, eine mangelfreie Sache bzw. ein mangelfreies Werk zu liefern.
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BGH, Urt. v. 27.09.2000 – VIII ZR 155/99, Neue Juristische Wochenschrift 2001, 292 (302). Christensen in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 309 Nr. 7 Rz. 38; v. Westphalen, AGB, Nr. 10 Freizeichnungsklausel Rz. 51; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 307 Rz. 292; a.A. Roloff in Ermann, BGB, 12. Aufl., § 309 Rz. 74, Grüneberg in Palandt, BGB, 68. Aufl., § 309 Rz. 44. BGH, Urt. v. 25.02.1981 – VIII ZR 35/80, Neue Juristische Wochenschrift 1981, 1501 (1502).
2.9 Haftungsausschluss und Haftungsbegrenzung
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Wegen der Verletzung sonstiger Pflichten gemäß § 241 Abs. 2 BGB ist regelmäßig nur Schadensersatz gemäß § 280 BGB geschuldet. Erreicht die Verletzung sonstiger Pflichten jedoch ein unzumutbares Ausmaß, so kann der Gläubiger auch Schadensersatz statt der Leistung verlangen. § 282 BGB. Schadensersatz statt der Leistung wegen Verletzung einer Pflicht nach § 241 Abs. 2 Verletzt der Schuldner eine Pflicht nach § 241 Abs. 2, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn ihm die Leistung durch den Schuldner nicht mehr zuzumuten ist. Dieses Recht gibt ihm § 282 BGB. Dieses Recht, dessen Voraussetzung eine erhebliche Pflichtverletzung ist, kann nicht ausgeschlossen werden191. Denn das wäre unbillig, weil es den Vertragspartner des Verwenders gerade bei einer besonders schwerwiegenden Pflichtverletzung teilweise rechtlos stellen würde. Die Formulierung eines Ausschlusses von Schadensersatzansprüchen wegen Verletzung einer Rücksichtnahmepflicht gem. § 241 Abs. 1 BGB würde es deshalb immer erfordern, den Fall des § 282 BGB, die unzumutbare Pflichtverletzung, auszunehmen. § 275 BGB. Ausschluss der Leistungspflicht (1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist. (2) Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht. Bei der Bestimmung der dem Schuldner zuzumutenden Anstrengungen ist auch zu berücksichtigen, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat. (3) Der Schuldner kann die Leistung ferner verweigern, wenn er die Leistung persönlich zu erbringen hat und sie ihm unter Abwägung des seiner Leistung entgegenstehenden Hindernisses mit dem Leistungsinteresse des Gläubigers nicht zugemutet werden kann. (4) Die Rechte des Gläubigers bestimmen sich nach den §§ 280, 283 bis 285, 311a und 326.
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Das hat natürlich auch Konsequenzen für den Ausschluss des Schadensersatzes wegen Pflichtverletzung, sei es eine Pflicht aus § 241 Abs. 1 oder § 241 Abs. 2 BGB.
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2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
Bei dem Ausschluss der Leistungspflicht gemäß dem § 275 BGB (früher: Unmöglichkeit) kann die gesetzliche Folge des Schadensersatzes gem. § 275 Abs. 4 BGB ebenfalls nicht ausgeschlossen werden. Diese dient dem Leistungsinteresse des Gläubigers. Dafür einen Ausgleich zu erhalten, wenn der Schuldner der Leistungspflicht nicht nachkommen kann, obwohl er sie versprochen hat, weil die Leistung objektiv (§ 275 Abs. BGB), wirtschaftlich (§ 275 Abs. 2 BGB) oder persönlich (§ 275 Abs. 3 BGB) unmöglich ist, stellt eine wesentliche Verpflichtung dar. Auch der Ausschluss des Verzugsschadens ist unzulässig192, wenn es gerade auf den vereinbarten Liefertermin ankommt. § 280 BGB. Schadensersatz wegen Pflichtverletzung […] (2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen. […] In anderen Fällen könnten Haftungsbegrenzungsklauseln, die sich auf den Verspätungsschaden allein beziehen, zulässig sein. Denn regelmäßig rechnet der Gläubiger der Leistung auch damit, dass der Schuldner nicht pünktlich leistet. Dadurch tritt kein Nachteil im Hinblick auf die vereinbarten, austauschbaren Vertragsleistungen selber ein, sondern nur ein Nachteil für das sonstige Vermögen des Gläubigers. Dieser Nachteil ist dann nicht so wesentlich, wenn der Gläubiger sehr rasch die Möglichkeit hat, durch Fristsetzung den Anspruch auf Ersatz des Schadens statt der Erfüllung zu mobilisieren193. Das wird aber im Einzelfall, bezogen auf den typischerweise eintretenden und in der Klausel zu begrenzenden Schaden, zu überprüfen sein.
2.9.3 Verschulden und Beschaffungsrisiko Durch das Pflichtenkonzept, das durch die Schuldrechtsmodernisierung seit dem 01.01.2002 das bürgerliche Recht regiert, ist auch der Verschuldensmaßstab nach § 276 BGB berührt. Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garan192
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BGH, Urt. v. 27.09.2000 – VIII ZR 155/99, Neue Juristische Wochenschrift 2001, 292 (294); BGH, Urt. v. 12.01.1994 – VIII ZR 165/92, Neue Juristische Wochenschrift 1994, 1060 (1063). So schon zum alten Recht BGH, Urt. v. 27.09.2000 – VIII ZR 155/99, Neue Juristische Wochenschrift 2001, 291 (295).
2.9 Haftungsausschluss und Haftungsbegrenzung
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tie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Von Bedeutung sind hier die Stufen der Fahrlässigkeit und der Maßstab des Verschuldens. Wegen des Vorsatzes genügt der Hinweis, dass sowieso die Haftung wegen Vorsatzes dem Schuldner nach § 276 Abs. 3 BGB im Voraus nicht erlassen werden kann. Anders als vor dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz ist der Maßstab kein abstrakt-normativer. Der Umfang der Haftung ergibt sich vielmehr regelmäßig aus dem Inhalt des Schuldverhältnisses. Dieses liefert auch den Schuldmaßstab. Daher verschiebt sich die Wertung von einem gesetzlichen Leitbild zur Natur des Vertrages, die aus der jeweiligen Parteiabrede folgt. Denn der Schuldner haftet für Pflichtverletzungen. Pflichten werden gemäß § 241 BGB durch Verträge oder gemäß § 311 BGB durch anderes Verhalten des Schuldners, jedenfalls durch individuelle Geschehensabläufe definiert. Damit liefert der in Rede stehende Vertrag auch den Maßstab zur Unterscheidung zwischen einfacher und grober Fahrlässigkeit. Deshalb lässt sich eine allgemeine Aussage darüber, wann ein Verhalten einfaches Verschulden darstellt und wann von einem groben Verschulden gesprochen werden muss, nicht abstrakt treffen. Das hat Konsequenzen für die Formulierung einer Klausel über den Haftungsausschluss bei der Verletzung einer nicht erheblichen Pflicht durch einfaches Verschulden. Denn diese Formulierung muss auf den Einzelfall bezogen klar und verständlich sein, gleichwohl aber für eine Vielzahl von Fällen, für die die Haftungsausschlussklausel bestimmt ist, geeignet sein. Darüber hinaus wird ein Verschulden des Schuldners dann vermutet, wenn er eine Garantie oder ein Beschaffungsrisiko übernommen hat. Letzteres wird regelmäßig bei Kaufverträgen anzunehmen sein, da das Leitbild des Kaufvertrages die Gattungsschuld ist. Bei einer solchen Schuld ist davon auszugehen, dass der Schuldner sich die Leistung jederzeit aus der Gattung, für die vermutet wird, dass sie unbegrenzt zur Verfügung steht, beschaffen kann. Wer sich zur Leistung einer der Gattung nach bestimmten Sache (Pkw bestimmten Typs, Maschine bestimmten Typs) verpflichtet, übernimmt damit auch das Risiko, diese zu beschaffen. Dieses Risiko kann nur dadurch abgemildert werden, dass bereits bei der Leistungsbeschreibung klargestellt wird, dass nicht eine Sache aus der Gattung geschuldet wird, sondern dass der Schuldner aus seinem Vorrat liefern soll. Das gilt etwa bei Holz von einem bestimmten Lagerplatz, Bier von einer bestimmten Brauerei, Waren aus einer bestimmten Schiffsladung oder Produktion. Diese Gestaltung ist aber keine Frage von Freizeichnung von Haftung, sondern eine Frage der Leistungsbeschreibung. Hier wird erst die Pflicht definiert. Deshalb gehören solche Vereinbarungen in die Beschreibung der Leistung. Sie sind zwar von der Wirkung her Freizeichnungsklauseln, fallen aber nicht unter die Kontrolle solcher Klauseln. Soweit die Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos verletzt wird, ist die Freizeichnung davon ausgeschlossen. Das folgt bereits aus dem Ge-
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2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
setz, nämlich für den Kaufvertrag aus dem § 444 BGB und für den Werkvertrag aus dem § 639 BGB. Vor der unreflektierten Verwendung von vertraglichen Erklärungen wie „Dieser Vertrag dient der störungsfreien Zulieferung des Gutes […] zur Produktion des Bestellers.“ „Dieser Vertrag dient der uneingeschränkten Sicherung der Produktion des Bestellers.“ „Dieser Vertrag dient der Sicherung der Belieferung des Bestellers mit [...].“ ist daher ausdrücklich zu warnen.
2.9.4 Ausschluss des Rücktrittsrechts Auch das Recht auf Rücktritt vom Vertrag kann nicht durch eine Allgemeine Geschäftsbedingung ausgeschlossen werden. Hier kommt es zwar nicht auf Verschulden an, jedoch ist § 323 BGB mit der Rechtsfolge des Rücktritts ebenfalls in das Pflichtenkonzept des bürgerlichen Rechts integriert und ein wesentlicher Bestandteil zur Rückabwicklung fehlgeschlagener Verträge. Der Gläubiger soll sich von einem Vertrag, der nicht mehr Erfolg versprechend ist, weil der Schuldner die Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß erbringt, lösen können. Dieses Rücktrittsrecht besteht sowieso nur dann, wenn die Pflichtverletzung erheblich ist. § 323 Abs. 5 BGB bestimmt dies so und nennt als einen Fall der Erheblichkeit, dass der Gläubiger auch an einer Teilleistung kein Interesse mehr hat. Weil das Rücktrittsrecht sowieso eine wesentliche Pflichtverletzung voraussetzt und für den Fall der Verletzung einer solchen Pflicht aus den dargestellten Gründen der Ausschluss des Rechts nicht möglich ist, kommt ein Ausschluss des Rücktrittsrechts gemäß § 323 BGB durch Allgemeine Geschäftsbedingungen nicht in Betracht.
2.9.5 Haftpflicht und Produkthaftpflichtversicherung Häufig ist der Schuldner in der Lage, sich durch den üblicherweise vorhandenen Deckungsschutz einer Haftpflicht- oder Produkthaftpflichtversicherung zur Abdeckung eines durch die Pflichtverletzung verursachten Sachschadens wirtschaftlich frei zu halten194. Problematisch wird es für den Schuldner da, wo seine Versicherung nicht mehr ausreicht, weil der eingetretene Sach- oder Vermögensschaden außerhalb des versicherten Bereiches liegt. In diesen Fällen wird der Schuldner häufig versuchen, dem Gläubiger seinen Versicherungsanspruch als Alternative zum Schadensersatz unter Freizeichnung vom Schadensersatz zu überlassen. Das 194
v. Westpfahlen, AGB, Nr. 10 Freizeichnungsklausel Rz. 86.
2.9 Haftungsausschluss und Haftungsbegrenzung
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kann aber nur dann Erfolg haben, wenn dem Vertragspartner des Verwenders Versicherungssumme und Versicherungsbedingungen bekannt gemacht werden. Darüber hinaus darf es nicht zu einer Leistungsfreiheit des Schuldners bei Leistungsfreiheit des Versicherers führen und muss derart formuliert werden, dass die Regelung klar und verständlich ist. Inhaltlich muss eine solche Klausel eine unbedingte Haftung des Verwenders vorsehen, nur der Höhe nach auf die Versicherungssumme beschränkt. Ob das auch dann wirksam ist, wenn der Versicherungsanspruch nicht ausreicht, den Schaden des Vertragspartners des Verwenders abzudecken, ist zweifelhaft195. Es versteht sich außerdem, vgl. oben 2.9.1 und 2, von selbst, dass eine solche Haftungsbegrenzungsklausel auch nur unter Beachtung der Regeln des § 309 Nr. 7 BGB wirksam sein kann. In die Überlegung zur Notwendigkeit einer Beschränkung der Haftung der Höhe nach auf die Versicherungssumme sollte § 254 Abs. 2 BGB einbezogen werden. § 254 BGB. Mitverschulden (1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. (2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung. Der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen wird schon aus eigenem Interesse seine Haftpflichtversicherung so bemessen haben, dass die Schäden, deren Eintritt er kannte, eingeschlossen sind. Auf andere wahrscheinliche Schäden wird ihn regelmäßig sein Versicherer hingewiesen haben. Für Schäden, die der Höhe nach die Versicherungssumme überschreiten, wird er also voraussichtlich nur dann haften müssen, wenn er „auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam“ gemacht wurde, die er „weder kannte noch kennen musste“. Wird er aber aufmerksam gemacht, so ist das der seltene Anlass für eine individuelle Ver-
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A.A. v. Westphalen, AGB, Nr. 10 Freizeichnungsklausel Rz. 86.
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2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
einbarung, die dann ohne das Regime des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen geschlossen werden kann.
2.9.6 Transparenz Haftungsfreizeichnungsklauseln sind also nur bei einfachem Verschulden und Verletzung nicht vertragswesentlicher Pflichten zulässig. Die rechtliche Situation, nämlich die Freizeichnungsmöglichkeit für die Verletzung von nicht wesentlichen Vertragspflichten, führte früher zu folgender Standardklausel: „Jedoch haftet der Unternehmer nur für den aus einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Vertragsverletzung resultierenden Schaden, soweit es sich nicht um die Haftung für die Verletzung von Kardinalpflichten handelt.“ Das ist nach neuerer Rechtsprechung so nicht mehr wirksam. Denn es verstößt gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB196. Der Vertragspartner des Verwenders kann den Unterschied zwischen der Verletzung einer Kardinalpflicht (einer wesentlichen Vertragspflicht) und der Verletzung sonstiger Vertragspflichten häufig nicht erkennen, weil er damit nicht vertraut ist. Eine solche Regelung ist deshalb weder klar noch eindeutig formuliert. Nichts anderes gilt nunmehr auch für die Verwendung des synonymen Begriffes „wesentliche Vertragspflicht“ statt „Kardinalpflicht“, der inhaltlich deckungsgleich ist. Abhilfe könnte eine konkrete Aufzählung aller Kardinalpflichten schaffen. Das würde aber wiederum zu einer solchen Stofffülle führen, dass es an Klarheit und Verständlichkeit fehlt. Da eine konkrete Aufzählung von Kardinalpflichten praktisch nicht abschließend möglich ist, sollte deshalb eine abstrakte Erläuterung des Begriffs „Kardinalpflicht“, so wie dieser von der Rechtsprechung definiert wird, erfolgen. In Frage käme hier etwa folgende Formulierung: „Wesentliche Vertragspflichten sind solche Verpflichtungen, die vertragswesentliche Rechtspositionen des Bestellers schützen, die ihm der Vertrag nach seinem Inhalt und Zweck gerade zu gewähren hat. Wesentlich sind ferner solche Vertragspflichten, deren Erfüllung die ordnungsgemäße Durchführung des Vertrages überhaupt erst ermöglicht und auf deren Einhaltung der Besteller regelmäßig vertraut und vertrauen darf.“ Einen ebenfalls erheblichen Formulierungsaufwand erfordert die Verweisung des Vertragspartners des Verwenders auf die Betriebshaftpflichtversicherung oder die
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BGH, Urt. v. 20.07.2005 – VIII ZR 121/04, NJW-Rechtsprechungs-Report 2005, 1496 (1505).
2.10 Andere haftungsbefreiend wirkende Vereinbarungen
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Produkthaftpflichtversicherung des Verwenders. In Betracht käme hier etwa folgende Formulierung: „Unsere Haftung ist mit Ausnahme des Vorsatzes, der Arglist, der Verletzung von Leib, Leben oder Körper, oder der Übernahme einer Beschaffenheitsgarantie oder des Beschaffungsrisikos und sonstiger gesetzlich zwingender abweichender Haftungssummen der Höhe nach insgesamt beschränkt auf den Deckungsumfang unserer Betriebshaftpflichtversicherung. Die Versicherungssumme beträgt derzeit für Personen- und Sachschäden ……….. EUR, für Vermögensschäden ……….. EUR. Auf Anforderung des Kunden stellen wir diesem unentgeltlich eine Kopie unserer diesbezüglichen Versicherungspolice zur Verfügung. Wir verpflichten uns im Falle der Leistungsfreiheit des Versicherers (z. B. durch Obliegenheitsverstöße unsererseits, Jahresmaximierung, etc.), mit eigenen Leistungen dem Kunden gegenüber einzustehen, jedoch mit Ausnahme des Falles vorsätzlichen Handelns, der Arglist, der Verletzung von Leib, Leben oder Körper, oder der Übernahme einer Beschaffenheitsgarantie oder des Beschaffungsrisikos und gesetzlich zwingender abweichender Haftungshöhen lediglich bis zu einer Höchstsumme von ……………. EUR. Eine weitergehende Haftung ist ausgeschlossen.“ Es mag sein, dass eine solche Klausel hinreichend klar und verständlich ist. Auf dieser Grundlage bleibt jedoch noch die Frage, ob mit der konkreten Versicherungssumme der typische Durchschnittsschaden abgedeckt ist. Das wird im Einzelfall zu prüfen sein. Genügt die Versicherungssumme nicht zur Abdeckung des typischen Durchschnittsschadens, so ist die Klausel, ungeachtet dessen, ob sie transparent ist oder nicht, schon deshalb unwirksam gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, denn sie benachteiligt den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen, wenn er auf eine zu geringe Versicherungssumme verwiesen werden soll. Allerdings sollte hierbei auch an § 254 BGB und die Pflicht des Kunden, auf ungewöhnliche Schäden hinzuweisen, gedacht werden.
2.10 Andere haftungsbefreiend wirkende Vereinbarungen Ähnlich wie die Verweisung auf die Versicherung des Verwenders wirkt die Verweisung des Gläubigers auf Ansprüche gegen Dritte. Auch ein Rücktrittsvorbehalt ermöglicht die Erklärung des Rücktritts dann, wenn zu ersetzender Schaden droht. Beides ist deshalb auch nicht uneingeschränkt möglich.
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2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
2.10.1 Rücktrittsvorbehalt § 308 Nr. 3 BGB bestimmt für den Rücktrittsvorbehalt im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern und Verbrauchern, aus den bekannten Gründen auch indiziell für die Unwirksamkeit von Vereinbarungen im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern, dass Vertragsbedingungen unwirksam sind, die dem Verwender das Recht geben, sich ohne sachlich gerechtfertigten und im Vertrag angegebenen Grund von seiner Leistungspflicht zu lösen. § 308 BGB. Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist insbesondere unwirksam […] 3. (Rücktrittsvorbehalt) die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, sich ohne sachlich gerechtfertigten und im Vertrag angegebenen Grund von seiner Leistungspflicht zu lösen […] Dieses Verbot bezieht sich auf jede Möglichkeit, sich vom Vertrag zu lösen, sei es durch Verfallklauseln, Widerrufsvorbehalte, Anfechtungsvorbehalte, Befreiungsvorbehalte, auflösende Bedingungen und Kündigungsrechte197. Es stellt nämlich eine unangemessene Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB dar, wenn ein allgemeiner Rücktrittsvorbehalt dazu führt, dass sich der Handelsverkehr nicht mehr in zuverlässiger Weise auf die Erfüllung durch den Verwender verlassen kann198.
2.10.2 Verweisung an Dritte Nach § 309 Nr. 8 b) aa) BGB ist die Verweisung des Gläubigers auf Dritte wegen eines Mangels bei Verträgen über Lieferung neu hergestellter Sach- und Werkleistungen unwirksam.
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Natürlich nicht bei Dauerschuldverhältnissen. OLG Köln, Urt. v. 28.02.1997 – 19 U 194/95, NJW-Rechtsprechungs-Report 1998, 926.
2.11 Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen und Vertragsstrafe
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§ 309 BGB. Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam […] 8. (Sonstige Haftungsausschlüsse bei Pflichtverletzung) […] b) (Mängel) eine Bestimmung, durch die bei Verträgen über Lieferungen neu hergestellter Sachen und über Werkleistungen aa) (Ausschluss und Verweisung auf Dritte) die Ansprüche gegen den Verwender wegen eines Mangels insgesamt oder bezüglich einzelner Teile ausgeschlossen, auf die Einräumung von Ansprüchen gegen Dritte beschränkt oder von der vorherigen gerichtlichen Inanspruchnahme Dritter abhängig gemacht werden; […] Auch im kaufmännischen Geschäftsverkehr sind Verweisungsklauseln regelmäßig nach § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB unwirksam, da Ansprüche bei Mängeln auch für Unternehmer so wesentlich für die Vertragsabwicklung sind, dass der teilweise oder vollständige Ausschluss die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet199. Die Unangemessenheit der Verweisung auf Dritte im Geschäftsverkehr ergibt sich aus der Überwälzung des Insolvenzrisikos. Dieses Insolvenzrisiko wirkt sich als Prozesskostenrisiko auch dann aus, wenn dem Gläubiger des Verwenders eine Vorausklage gegen Dritte bei subsidiärer Einstandspflicht des Verwenders zugemutet wird.
2.11 Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen und Vertragsstrafe Die Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen – die Vereinbarung zur Höhe eines noch nicht entstandenen Schadens und die Vereinbarung einer Vertragsstrafe, also die Verpflichtung zur Zahlung bei Eintritt oder Fehlen einer Bedingung – in Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat mehrere Funktionen. Zum einen dient
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BGH, Urt. v. 12.01.1994 – VIII ZR 165/92, BGHZ 124, 351 (363).
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2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
sie dem Rationalisierungsinteresse, weil sie den Vertragsparteien das konkrete finanzielle Risiko einer Vertragsverletzung verdeutlicht und damit auf vertragskonformes Verhalten hinwirken kann. Zum anderen vermeiden beide langwierige Streitigkeiten über die Höhe eines entstandenen Schadens und Kosten für die Ermittlung des Schadens. Der Gläubiger des Schadensersatzanspruches muss seine wirtschaftlichen Verhältnisse nicht darlegen, wenn er einen Vermögensschaden geltend macht.
2.11.1 Abgrenzung Pauschale und Vertragsstrafe Die Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen muss gegenüber der gesondert behandelten Vertragsstrafe abgegrenzt werden. Lässt die Klausel erkennen, dass die Parteien einen Schadensersatz regeln wollen, so liegt ein Fall des pauschalierten Schadensersatzes vor. Ist die Vereinbarung jedoch eher als Zwangsmittel für den Schuldner und Möglichkeit einer erleichterten Schadloshaltung für den Gläubiger bei erfolgloser Ausübung dieses Zwangsmittels einzuordnen, so handelt es sich um eine Vertragsstrafe.
2.11.2 Schadenspauschale Bei der Vereinbarung einer Schadenspauschale ist § 309 Nr. 5 BGB zu beachten. § 309 BGB. Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam […] 5. (Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen) die Vereinbarung eines pauschalierten Anspruchs des Verwenders auf Schadensersatz oder Ersatz einer Wertminderung, wenn a) die Pauschale den in den geregelten Fällen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden oder die gewöhnlich eintretende Wertminderung übersteigt oder b) dem anderen Vertragsteil nicht ausdrücklich der Nachweis gestattet wird, ein Schaden oder eine Wertminderung sei überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger als die Pauschale; […]
2.11 Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen und Vertragsstrafe
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Die Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen setzt voraus, dass es dem Grunde nach einen Schadensersatzanspruch gibt. Die Pauschalierung von Ansprüchen, die dem Verwender nicht zustehen, ist unwirksam. So ist der Zeitaufwand eines Klägers zur Vorbereitung eines Klageverfahrens kein ersatzfähiger Schadensposten, sodass er auch nicht Gegenstand der Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen werden kann. Dies gilt auch im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen. § 309 Nr. 5 b) BGB gibt eine Indizwirkung dahin ab, dass die ausdrückliche Gestattung des Nachweises eines geringeren Schadens dem Gebot redlichen Umgangs mit jedwedem Vertragspartner zuzurechnen ist200.
2.11.3 Vertragsstrafen Vertragsstrafen sollen die Einhaltung vertraglicher wie auch gesetzlicher Pflichten sichern201. Alle Arten der Vertragsstrafen haben die doppelte Zielrichtung, sowohl Druckmittel zur vertragsgerechten Leistungserfüllung zu sein als auch den Weg erleichterter Schadloshaltung bei Vertragsverletzungen zu ebnen202. Deshalb sind Vertragsstrafevereinbarungen – ungeachtet der fantasievollen Namen wie „Schadensersatz“, „Abstand“ oder „Reugeld“, die dafür verwendet werden – normierte Zahlungsverpflichtungen des Kunden bei Eintritt bestimmter Ereignisse oder bei Ausbleiben vom Kunden garantierter Ereignisse, die eine Verpflichtung zur Zahlung eines bestimmten Geldbetrages auslösen. Im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern und Verbrauchern sind nach § 309 Nr. 6 BGB die Vereinbarungen von Vertragsstrafen für den Fall der Nichtabnahme oder verspäteten Abnahme der Leistung, des Zahlungsverzugs oder für den Fall, dass der andere Vertragsteil sich vom Vertrag löst, unwirksam. Hier dürfte der Grundsatz, dass die Klauselwerke der §§ 308 und 309 eine Indizwirkung für die Unbilligkeit entsprechender Vereinbarungen zwischen Unternehmern haben, nicht gelten. Der Geschäftsverkehr mit Unternehmern bedarf nicht des Schutzes des § 309 Nr. 6 BGB. Diese Risiken können von Unternehmern eingeschätzt und getragen werden. Sie vor dem Risiko von Vertragsstrafen für Annahmeverzug, Zahlungsverzug und Lösung vom Vertrag zu schützen, ist nicht nötig203. Für die Wirksamkeit von Vereinbarungen von Vertragsstrafen gilt § 307 BGB.
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Mit der Pauschalierung scheidet mit Ausnahme existenzieller Schäden die Möglichkeit, einen höheren Schaden geltend zu machen, aus. Im Zweifel gilt die Pauschale als Bindung des Schadensersatzgläubigers. Das ergibt die Auslegung zu seinen Lasten gemäß § 305c Abs. 2 BGB. BGH, Urt. v. 28.01.1993 – I ZR 294/90, Neue Juristische Wochenschrift 1993, 1786 (1787). BGH, Urt. v. 23.01.2003 – VII ZR 210/01, Neue Juristische Wochenschrift 2003, 1805 (1807). BGH, Urt. v. 12.03.2003 – XII ZR 18/00, BGHZ 154, 171 (183).
130
2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
Zu beachten ist die gesetzliche Regelung in § 339 BGB. § 339 BGB. Verwirkung der Vertragsstrafe Verspricht der Schuldner dem Gläubiger für den Fall, dass er seine Verbindlichkeit nicht oder nicht in gehöriger Weise erfüllt, die Zahlung einer Geldsumme als Strafe, so ist die Strafe verwirkt, wenn er in Verzug kommt. Besteht die geschuldete Leistung in einem Unterlassen, so tritt die Verwirkung mit der Zuwiderhandlung ein. Aus § 339 BGB folgt, dass die Verwirkung einer Vertragsstrafe Verschulden voraussetzt. Verspricht nämlich der Schuldner dem Gläubiger für den Fall, dass er eine Verpflichtung nicht oder nicht in gehöriger Weise erfüllt, die Zahlung einer Geldsumme als Strafe, so ist die Strafe erst dann verwirkt, wenn er in Verzug kommt. Verzug setzt aber nach § 286 Abs. 4 BGB („Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstandes unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.“) Verschulden voraus. Damit scheidet regelmäßig die verschuldensunabhängige Vertragsstrafe aus. Soweit der Bundesgerichtshof204 eine verschuldensunabhängige Strafklausel im Einzelfall zugelassen hat, sah er ungewöhnlich gewichtige Interessen des Verwenders205. Regelmäßig ist das Verständnis richtig, dass eine Vertragsstrafe nur dann wirksam vereinbart werden kann, wenn der Schuldner die vertragsstrafenbewehrte Pflicht schuldhaft verletzt. So reduziert sich die Überprüfung der Vertragsstrafen im Wesentlichen auf zwei Fragen, nämlich auf die Frage nach der Angemessenheit ihrer Höhe und die Möglichkeit der Anrechnung der Vertragsstrafe auf durch dieselbe Handlung herbeigeführten Schadensersatzansprüche. Strafklauseln sind nur wirksam, wenn die in ihnen bestimmte Höhe der Strafe in einem sachgerechten Verhältnis zur Bedeutung des Vertragsverstoßes für den Verwender steht206. Das bedeutet, dass die Höhe der Vertragsstrafe auch Bezug nimmt auf die mit der Vertragsstrafe bedrohte Verletzung und so bemessen ist, dass sie etwa dem entspricht, was der Schuldner ohne Vertragsverstoß zu erbrin-
204 205
206
BGH, Urt. v. 20.03.2003 – I ZR 225/00, Wertpapier-Mitteilungen 2004, 132 (138). BGH, Urt. v. 26.05.1999 – VIII ZR 102/98, BGHZ 141, 391 bei verschuldensunabhängigen Strafen in Privatisierungsverträgen der Treuhandanstalt für Beschäftigungs- und Investitionszusagen. BGH, Urt. v. 03.04.1998 – V ZR 6/97, Neue Juristische Wochenschrift 1998, 2600 (2602); BGH, Urt. v. 23.01.2003 – VII ZR 210/01, Neue Juristische Wochenschrift 2003, 1805 (1808).
2.11 Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen und Vertragsstrafe
131
gen gehabt hätte207. Die Vertragsstrafe darf nicht zur Bereicherung des Verwenders führen, sonst ist sie unwirksam. Sie muss eine angemessene Obergrenze ausweisen. Diese ist in der Rechtsprechung für Bauverträge mit inzwischen 5 % der Auftragssumme208 definiert. Maßstab dafür ist der durchschnittliche Gewinn in der Baubranche. Die Vertragsstrafe darf diesen Betrag nicht überschreiten. Im Übrigen wird der Vertrag, aus dem sich die Pflichten ergeben, deren Verletzung eine Vertragsstrafe zur Folge hat, den Maßstab setzen. Von den im unternehmerischen Verkehr oft verwendeten „Fantasiestrafen“ im regelmäßig hohen sechs- bis siebenstelligen Bereich ist daher besser Abstand zu nehmen. Sie haben keine Wirkung. Allenfalls provozieren sie Abmahnungen und Schadensersatzansprüche gegen den Verwender.
2.11.4 Schadensersatz, Erfüllungsanspruch und Vertragsstrafe Neben der Vertragsstrafe kann ein Schadensersatzanspruch entstehen. Dann sind jedoch die Ansprüche zu verrechnen. Eine Kumulation von Vertragsstrafe und Schadensersatz ist im Allgemeinen auch im kaufmännischen Verkehr zu missbilligen209. Das fordert § 340 Abs. 2 BGB. § 340 BGB. Strafversprechen für Nichterfüllung (1) Hat der Schuldner die Strafe für den Fall versprochen, dass er seine Verbindlichkeit nicht erfüllt, so kann der Gläubiger die verwirkte Strafe statt der Erfüllung verlangen. Erklärt der Gläubiger dem Schuldner, dass er die Strafe verlange, so ist der Anspruch auf Erfüllung ausgeschlossen. 2) Steht dem Gläubiger ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu, so kann er die verwirkte Strafe als Mindestbetrag des Schadens verlangen. Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen. Denn mit dem Ausschluss des Schadensersatzes neben der Vertragsstrafe wird die gesetzliche Bestimmung des § 340 BGB, dass neben dem Anspruch auf Vertragsstrafe nur noch der „weitere Schaden“ geltend gemacht werden kann, ausgehebelt. Abweichend von § 340 BGB ausnahmsweise zulässig ist aus besonderen Gründen aber die Kumulation in Automatenaufstell- und Bierbezugsverträgen.
207
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209
BGH, Urt. v. 03.04.1998 – V ZR 6/97, Neue Juristische Wochenschrift 1998, 2600 (2602). BGH, Urt. v. 23.01.2003 – VII ZR 210/01, Neue Juristische Wochenschrift 2003, 1805 (1808). BGH, Urt. v. 21.11.1991 – I ZR 87/90, Neue Juristische Wochenschrift 1985, 1096 (1097) für einen Handelsvertretervertrag.
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2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
Denn so kann sich der Verwender gegen das Abschalten seiner und das Aufstellen fremder Automaten bzw. gegen den Bezug fremden Biers sichern210. Es ist auch zu erwarten, dass eine Vertragsstrafe für Nichterfüllung, die den Ausschluss des Erfüllungsanspruchs bei Geltendmachung der Strafe umgehen will, nicht wirksam vereinbart werden kann. Dafür ist auch kein Anwendungsbereich erkennbar. Erfüllt der Schuldner später, so fallen die Bedingungen für die Vertragsstrafe wieder weg.
2.11.5 Kriterien für Billigkeit der Vertragsstrafe Das bedeutet, dass die Kriterien des Gesetzes beachtet werden müssen. Von Bedeutung sind hier besonders die §§ 341 und 343 BGB. § 341 BGB. Strafversprechen für nicht gehörige Erfüllung (1) Hat der Schuldner die Strafe für den Fall versprochen, dass er seine Verbindlichkeit nicht in gehöriger Weise, insbesondere nicht zu der bestimmten Zeit erfüllt, so kann der Gläubiger die verwirkte Strafe neben der Erfüllung verlangen. (2) Steht dem Gläubiger ein Anspruch auf Schadensersatz wegen der nicht gehörigen Erfüllung zu, so finden die Vorschriften des § 340 Abs. 2 Anwendung. (3) Nimmt der Gläubiger die Erfüllung an, so kann er die Strafe nur verlangen, wenn er sich das Recht dazu bei der Annahme vorbehält. § 343 BGB. Herabsetzung der Strafe (1) Ist eine verwirkte Strafe unverhältnismäßig hoch, so kann sie auf Antrag des Schuldners durch Urteil auf den angemessenen Betrag herabgesetzt werden. Bei der Beurteilung der Angemessenheit ist jedes berechtigte Interesse des Gläubigers, nicht bloß das Vermögensinteresse, in Betracht zu ziehen. Nach der Entrichtung der Strafe ist die Herabsetzung ausgeschlossen. […] Zusammenfassend sollten mindestens folgende Voraussetzungen vorliegen müssen, um eine Vertragsstrafe in Allgemeinen Geschäftsbedingungen wirksam werden zu lassen:
210
Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 309 Nr. 5 Rz. 29.
2.11 Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen und Vertragsstrafe
133
x Die Vertragsstrafe muss durchschnittlich schadenstypisch sein. Maßgeblich ist branchentypischer Durchschnittsschaden211. x Entsprechend § 309 Nr. 5 BGB muss auch die Vertragsstrafe wegen des auch in ihr liegenden Pauschalierungselementes dem Vertragspartner des Verwenders den Nachweis eröffnen, dass der Schaden überhaupt nicht, oder wesentlich niedriger entstanden ist. x Die Vertragsstrafe muss nach oben hin begrenzt sein212. x Die Vertragsstrafe darf nicht mit einem Schadensersatzanspruch kumuliert werden. x Die Vertragsstrafe muss im Einklang mit den gesetzlichen Regelungen über Vertragsstrafen stehen, insbesondere darf auch der Vorbehalt nach § 341 Abs. 3 BGB nicht abbedungen werden. Eben dies gilt auch für den Anspruch auf Herabsetzung der Strafe nach § 343 BGB. Allerdings dürfte es dann regelmäßig schon an der wirksamen Vereinbarung der Vertragsstrafe fehlen. x Der Verzicht auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhanges ist regelmäßig unbillig213, denn er ist mit einem wesentlichen Grundgedanken des Vertragsstrafenrechts nicht zu vereinbaren und stellt deshalb eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders i.S.d. § 307 BGB dar. Von Bedeutung ist das besonders da, wo wiederkehrende Verletzungshandlungen häufig sind.
2.11.6 Vertragsstrafe für Geheimhaltungsklauseln – NDA Bei Vertragsstrafen im Rahmen von Geheimhaltungsklauseln (NDA214) – über deren Gestaltung später mehr – ist oft die Berufung auf den Fortsetzungszusammenhang ausgeschlossen. So kann die Vertragsstrafe empfindlicher gestaltet werden, weil jeder Verstoß gegen die Geheimhaltungspflicht gesondert geahndet werden kann. Dieser uneingeschränkte Verzicht auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhangs ist im Rahmen einer Individualvereinbarung grundsätzlich zulässig und verbindlich, als Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen jedoch mit wesentlichen Grundgedanken des Vertragsstrafenrechts nicht zu vereinbaren
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213 214
BGH, Urt. v. 21.12.1995 – VII ZR 286/94, Neue Juristische Wochenschrift 1996, 1209 (1210). BGH, Urt. v. 12.01.1994 – VIII ZR 165/92, Neue Juristische Wochenschrift 1994, 1060 (1064). BGH, Urt. v. 10.12.1992 – I ZR 186/90, BGHZ 121, 13 (19). Non Disclosure Agreement.
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2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
und stellt im Ergebnis durch die unkalkulierbar hohe Vertragsstrafe eine unangemessene Benachteiligung des zur Geheimhaltung Verpflichteten i.S.d. § 307 BGB dar215. Die Höhe der Vertragsstrafe muss an dem Gewicht des Vertragsverstoßes durch Offenbarung von Geheimnissen orientiert werden. Dabei kommt es darauf an, wie die Folgen für den Gläubiger der Geheimhaltungsvereinbarung sind. Anhaltspunkt für die Abwägung bietet ein Urteil der Arbeitsgerichtsbarkeit216. Von einer unangemessen hoch angesetzten Vertragsstrafe ist auszugehen, wenn nach der Abwägung der beiderseitigen Interessen feststeht, dass die Sanktion außer Verhältnis zum Gewicht des Vertragsverstoßes und dessen Folgen für die Vertragspartner steht.
2.12 Regelungen im Recht des Lieferantenregresses Das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz hat in § 478 BGB eine Regelung in das deutsche Zivilrecht eingeführt, die bisher unbekannt war. Im Interesse des Verbrauchers wird dort geregelt, dass derjenige, der Ansprüche eines Verbrauchers wegen Mängeln erfüllt hat, Erstattung seiner dafür erbrachten Aufwendungen von seinem Lieferanten verlangen kann. Der Lieferant wiederum kann sich an seinen Vorlieferanten halten. So erfolgt ein Rückgriff in der Lieferkette, bis letztlich – bei ununterbrochener Kette – der Produzent oder Importeur in die Europäische Gemeinschaft den Aufwand für die Befriedigung des Verbrauchers bei Ansprüchen wegen Mängeln übernimmt. Diese Regel wirft eine Vielzahl von Einzelfragen217 zum Verbraucherschutz und zur Konformität mit der zugrunde liegenden Verbrauchsgüterkaufrichtlinie auf, die im Rahmen dieser Darstellung jedoch nicht erörtert werden sollen218.
2.12.1 Abbedingen des Rückgriffs in der Kette Für die Vertragsgestaltung ist § 478 Abs. 4 BGB wichtig. Den Rückgriffsanspruch kann der Lieferant gegenüber seinem Kunden nur dann abbedingen, wenn er diesem einen „gleichwertigen Ausgleich“ einräumt.
215 216 217
218
BGH, Urt. v. 10.12.1992 – I ZR 186/90, BGHZ 121, 13 (19). LAG Hamm, Urt. v. 03.11.2006 – 7 Sa 1232/06. Besonders wichtig erscheinen drei Fragen: Was geschieht, wenn die „Kette“ durch Insolvenz eines Lieferanten unterbrochen ist? Was geschieht, wenn der Verkäufer im Vertrauen auf den Rückgriff dem Verbraucher zu viel leistet? Wer haftet für Werbeaussagen eines einzelnen Lieferanten in der Kette? Es bleibt auch abzuwarten, ob nicht alsbald Änderungen des Gesetzes bei der Umsetzung der bereits angekündigten neuen Verbraucherschutzrichtlinie – Entwurf: 20089/0196 CD; KOM(2008)614 endg. vom 08.10.08 (eur-lex.europa.eu/de/index.htm zu finden) – ergehen.
2.12 Regelungen im Recht des Lieferantenregresses
135
Eine Besonderheit gilt allerdings nach § 478 Abs. 4 Satz 2 BGB für den Ausschluss oder die Beschränkung des Anspruchs auf Schadensersatz. § 478 BGB. Rückgriff des Unternehmers […] (4) Auf eine vor Mitteilung eines Mangels an den Lieferanten getroffene Vereinbarung, die zum Nachteil des Unternehmers von den §§ 433 bis 435, 437, 439 bis 443, sowie von den Absätzen 1 bis 3 und von § 479 abweicht, kann sich der Lieferant nicht berufen, wenn dem Rückgriffsgläubiger kein gleichwertiger Ausgleich eingeräumt wird. Satz 1 gilt unbeschadet des § 307 nicht für den Ausschluss oder die Beschränkung des Anspruchs auf Schadensersatz. Die in Satz 1 bezeichneten Vorschriften finden auch Anwendung, wenn sie durch anderweitige Gestaltungen umgangen werden. § 478 Abs. 4 Satz 2 BGB erleichtert nur scheinbar den Ausschluss oder die Beschränkung des Anspruchs auf Schadensersatz. Er ist nur ein Hinweis, dass nicht die besondere Regel des § 478 Abs. 4 Satz 1 BGB gilt, sondern das allgemeine Recht. Daraus folgt: Der Ausschluss des Anspruches auf Schadensersatz dürfte mit § 307 BGB nicht vereinbar sein, wie bereits oben dargestellt. Denn nur durch den Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung erhält der Sachgläubiger sein Äquivalenzinteresse. Dem trägt auch § 478 Abs. 4 Satz 2 BGB Rechnung. Der angemessene Ausgleich kann den Ausschluss von Schadensersatz nicht rechtfertigen. Die Möglichkeit des Ausschlusses von Schadensersatz gilt nur im Rahmen des § 307 BGB219. Nur im Rahmen der Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen kann der Lieferant den Unternehmer auf einen Anspruch auf Schadensersatz, mit oder ohne gleichwertigen Ausgleich, beschränken. Solche Fälle sind bisher nicht bekannt geworden. Es erscheint aber zweifelhaft, ob im Rahmen des § 307 BGB, also im Rahmen des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die Beschränkung von Ansprüchen wegen Mängeln auf verschuldete Mängel – das bringt die Beschränkung auf Schadensersatz mit sich – reduziert werden kann. Denn die Ansprüche wegen Mängeln auf Nachleistung und Rücktritt setzen kein Verschulden voraus, Ansprüche wegen Schadensersatz schon. Deshalb stellt die Reduktion der Ansprüche des Unternehmers gegen den Lieferanten auf Schadensersatzansprüche eine unangemessene Benachteiligung dar, denn sie ist weder mit dem wesentli-
219
Für Individualvereinbarung gilt das zwar nicht. Dort mag der Ausschluss von Schadensersatzansprüchen möglich sein. Regelmäßig wird man aber in den hier in Rede stehenden Regelungsverhältnissen, die Geschäfte zwar zwischen Unternehmern, aber über Konsumgüter betreffen, keine Individualverträge (s. o.) feststellen können.
136
2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
chen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, zu vereinbaren, noch entspricht sie wesentlichen Rechten und Pflichten aus dem Kaufvertrag.
2.12.2 Der „angemessene“ Ausgleich So stellt sich dann wesentlich die Frage, was der angemessene Ausgleich für den vollständigen Ausschluss des Lieferantenregresses sein kann. Ausgangspunkt ist dabei, dass die Regelung des § 478 Abs. 4 Satz 1 BGB jede Vereinbarung verbietet, die die Rechtsstellung des Regress suchenden Lieferanten verschlechtert, wenn kein gleichwertiger Ausgleich eingeräumt wird. Der gleichwertige Ausgleich muss sich also an der Verschlechterung der Rechtsstellung des Unternehmers orientieren. Der angemessene Ausgleich wäre sinnlos, wenn man verlangen wollte, es müsse Ausgleich für das geleistet werden, was im Einzelfall geschuldet wäre. Dies liefe nämlich wiederum auf den Regressanspruch, der gerade ausgeschlossen werden soll, hinaus. Ausgangspunkt der Überlegung zur Höhe des angemessenen Ausgleichs muss deshalb der Durchschnitt der Höhe der Ansprüche, die ausgeschlossen werden sollen, sein. Auf dieser Basis können nur Prozentsätze vom Umsatz, die kalkulatorisch dem zu erwartenden Aufwand entsprechen, einen gleichwertigen Ausgleich darstellen. Das entspricht auch dem Vorgehen in der Praxis. Bei der Bezifferung ist jedoch Vorsicht geboten. Der Vertragspartner des Verwenders der Klausel über den Ausschluss des Lieferantenregress ist nicht in der Lage, zu erkennen, welcher Aufwand durch diese Klausel erspart wird. Das müsste im Streitfall der Verwender vortragen. Entscheidungen von höheren Gerichten zu diesen Fragestellungen liegen bisher nicht vor. Die Praxis hat sich jedoch für Nachlässe in der Größenordnung von 2 bis 3 % des Warenwertes entschieden. Es ist eine wirtschaftliche Frage, die hier nicht beantwortet werden kann, ob tatsächlich ein so hoher Aufwand durch den Lieferantenregress durchschnittlich bei normalem Lauf der Dinge zu erwarten ist. Die Rechtslage bleibt unsicher. Wegen der größeren Praxisnähe wäre allerdings die Rechtsprechung gut beraten, sich an den kaufmännischen Wertungen zu orientieren. Dennoch sollte ein Ausschluss des Lieferantenregresses vereinbart werden, wenn man mit Konsumgütern handelt. Es bringt erhebliche Vorteile. 1. Der Ausschluss des Lieferantenregresses vermeidet den Streit über Zweifelsfragen zum Inhalt des § 478 BGB, die noch nicht von der Rechtsprechung beantwortet sind: x Was geschieht, wenn die „Kette“ durch Insolvenz eines Lieferanten unterbrochen ist? x Was geschieht, wenn der Verkäufer im Vertrauen auf den Rückgriff dem Verbraucher zu viel leistet? x Wer haftet für Werbeaussagen eines einzelnen Lieferanten in der Kette?
2.12 Regelungen im Recht des Lieferantenregresses
137
2. Auch schwierige tatsächliche Unklarheiten werden vermieden. Es muss nicht aufgeklärt werden, ob möglicherweise der Unternehmer durch unsachgemäße Behandlung der Sache oder der Ansprüche des Verbrauchers wegen Mängeln den Schaden erhöht hat. 3. Schadensersatzanspruch wegen eines untypisch hohen Schadens wird vermieden. So wird die Schutzlücke im § 254 Abs. 2 für den Lieferanten unerheblich. Der § 254 Abs. 2 BGB, wonach der Gläubiger (hier: der Verbraucher) seinen unmittelbaren Vertragspartner (hier: den Verkäufer) auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam machen muss, wirkt nämlich nicht zugunsten des zweiten oder späteren Lieferanten in der Kette. Diese Vorteile werden aber mit dem Nachteil eines angemessenen Ausgleichs erkauft. Verlässlich sind solche Regelungen dennoch nicht. Denn es bestehen erhebliche Unsicherheiten im Hinblick auf die konkreten Bezugsgrößen für die notwendigen Vergleichswerte zur Festsetzung des Rabatts als Ausgleich für den Ausschluss des Lieferantenregresses220. Deshalb finden sich auch in der Praxis in Konditionenempfehlungen von Branchen und Verbänden kaum Hinweise. Vielleicht wird der angemessene Ausgleich mit 2 – 3 % des Warenwertes zu großzügig bemessen. Jedoch erscheint es sinnvoll, den Nachlass höher als den zu erwartenden Aufwand ohne die Ausschlussklausel zu bemessen, um den Vorschriften für den Ausschluss des Lieferantenregresses zu genügen. Der Vorteil, rechtlichen Unwägbarkeiten wegen der Wirksamkeit der Klausel weniger ausgesetzt zu sein, ist eben zu erkaufen. Dennoch: Der Lieferantenregress wird so kalkulierbarer.
2.12.3 Umgehung § 478 Abs. 4 Satz 3 BGB bestimmt das Erfordernis des gleichwertigen Ausgleichs zur Wirksamkeit des Ausschlusses des Rückgriffsanspruches auch für Umgehungen durch anderweitige Gestaltungen. Hier kommt zunächst in Betracht, den Geschäftsablauf so zu organisieren, dass ein Rückgriff im Lieferantenregress ohne besondere Vereinbarung praktisch ausgeschlossen ist. Das stellt keinen Ausschluss des Lieferantenregresses i.S.d. § 478 Abs. 4 BGB dar. Ein typisches Verfahren besteht darin, andere Haftungssysteme, die den Regress des § 478 BGB erübrigen, wie die direkte Herstellergarantie einzuführen.
220
Christensen in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., Anh. § 310 Rz. 450.
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2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
Zulässig ist es sicher auch, den Händler in angemessener Form221 zu verpflichten, Vorkehrungen für eine möglichst kostengünstige Nacherfüllung zu treffen, wie z. B. Callcenter oder Spezialwerkzeuge. Dies stellt in der wirtschaftlichen Wirkung eine Einschränkung des Lieferantenregresses dar, werden doch Ansprüche wegen sekundärer Mängelrechte wie Schadensersatz statt der Leistung und Rücktritt vom Vertrag vermieden. Gleichwohl ist es keine Vereinbarung i.S.d. § 478 Abs. 4 BGB. Sicher unzulässig ist die Vereinbarung des CISG (UN-Kaufrecht), wenn jeder Auslandsbezug fehlt, nur weil dieses Recht Lieferantenregress nicht kennt. Die Vereinbarung des UN-Kaufrechts zur Vermeidung des Lieferantenregresses ist ein unzulässiger Ausschluss ohne angemessenen Ausgleich.
2.13 Abbedingen der Wareneingangsprüfung Moderner Wirtschaftsverkehr und just-in-time Zulieferung, ebenso InlineFertigung, setzen qualitative und abgestimmte Warenausgangskontrollen beim Lieferanten voraus. Dem Besteller fehlen im modernen Wirtschaftsleben, in dem sich Hersteller immer mehr zu „Baukastenproduzenten“ entwickeln, die nur noch Endmontage und Vermarktung übernehmen, oft das Know-how, das Personal und die Zeit, eine Wareneingangskontrolle durchzuführen. Häufig ist die Wareneingangskontrolle durch den Besteller wegen der an Effektivität orientierten Abläufe im Unternehmen schlicht faktisch ausgeschlossen. Dem steht die für vergangene Zeiten sicherlich sinnvolle Forderung des § 377 HGB entgegen, dass der Besteller zum Erhalt seiner Mängelrechte die Ware unverzüglich nach Erhalt zu untersuchen hat. § 377 HGB (1) Ist der Kauf für beide Teile ein Handelsgeschäft, so hat der Käufer die Ware unverzüglich nach der Ablieferung durch den Verkäufer, soweit dies nach ordnungsmäßigem Geschäftsgang tunlich ist, zu untersuchen und, wenn sich ein Mangel zeigt, dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu machen. (2) Unterläßt der Käufer die Anzeige, so gilt die Ware als genehmigt, es sei denn, daß es sich um einen Mangel handelt, der bei der Untersuchung nicht erkennbar war. […]
221
Die kartellrechtliche Situation, besonders die Vertikal-VO 2790/1999 wird gelegentlich zu beachten sein. Im Einzelfall kann durch solche Vereinbarungen eine Marktstörung durch Marktabschottung entstehen.
2.13 Abbedingen der Wareneingangsprüfung
139
Unverzüglich bedeutet gemäß § 121 BGB, dass die Untersuchung ohne schuldhaftes Zögern zu erfolgen hat. Der Besteller hat daher mit fachmännischer Sorgfalt zu untersuchen, wobei allerdings häufig Stichproben entsprechend dem tatsächlichen Einsatzzweck genügen. Im Einzelnen bleibt diese Darstellung dem Handelsrecht, das hier nicht näher erörtert wird, überlassen. Zusammenfassend lässt sich aber sagen, dass sich der Besteller nicht mit bloßen Vermutungen zufrieden geben darf und überdies jeden einzelnen Mangel zu rügen hat. Die ältere Rechtsprechung222, die sich noch nicht mit den heute üblichen Qualitätssicherungsvereinbarungen befassen musste, hat das Abbedingen der Wareneingangsprüfung für unwirksam nach § 9 AGBG, dem heute der § 307 BGB entspricht, erklärt. In Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Handelskauf sei ein Abbedingen der unverzüglichen Untersuchungs- und Rügepflicht auch bei offenen Mängeln mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbar. Dieses Verständnis genügt aber den Anforderungen des Wirtschaftslebens heute erkennbar nicht mehr. Eine Anwendung des § 307 BGB auf eine solche Klausel, die die Wareneingangsprüfung erlässt, muss bei der Frage der Billigkeit ansetzen. Es wird zwar im Einzelfall sorgfältig zu prüfen sein, ob die Regelung auch im Interesse des Vertragspartners des Verwenders der Billigkeit entspricht. Haben beide jedoch ihr Unternehmen im Hinblick auf eine Fertigungsweise, die eine Wareneingangskontrolle durch den Käufer nahezu oder gänzlich unmöglich macht, organisiert, so würde es eher der Billigkeit widersprechen, wenn der Käufer, der dazu gar nicht oder nur zu unwirtschaftlichen Bedingungen in der Lage ist, die Wareneingangsprüfung durchführen müsste, um den Buchstaben des § 377 HGB zu genügen. Denn man darf nicht vergessen, dass zwar das Abbedingen der Wareneingangsprüfung vom wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung über den Handelskauf im HGB abweicht. Nach § 307 Abs. 2 BGB stellt dies aber nur im Zweifel eine unangemessene Benachteiligung dar. Zu prüfen ist zunächst nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, ob eine solche Klausel den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben tatsächlich unangemessen benachteiligt. Das wird bei sorgfältiger Darlegung des Einzelfalls häufig nicht festgestellt. Wird so eine Regelung über Mängelansprüche getroffen, sprechen heute erhebliche Gründe für eine AGB-rechtliche Zulässigkeit, wenn die Klausel das Risiko angemessen und sachbezogen verteilt223. Zielt die Klausel jedoch darauf ab, auch die deliktischen Kontrollpflichten des Bestellers auf den Lieferanten zu verlagern, muss dieser zur Erhaltung von Versicherungsschutz dafür Sorge tragen, dass der Ausschlusstatbestand von § 4
222
223
BGH, Urt. v. 22.05.1985 – VIII ZR 140/84, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis 1985, 1204. v. Westphalen in Produkthaftungshandbuch, 2. Aufl., § 17 Rz. 61; v. Westphalen, Allgemeine Einkaufsbedingungen, 4. Aufl., S. 126.
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2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
Abs. 1 AHB (Allgemeine Haftpflichtversicherungsbedingungen) im Rahmen der Betriebs- und Produkthaftpflichtversicherung abbedungen wird. § 4 Abs. 1 Nr. 1 der AHB bestimmt nämlich, dass Haftpflichtansprüche, soweit sie aufgrund Vertrags- oder besonderer Zusagen über den Umfang der gesetzlichen Haftpflicht des Versicherungsnehmers hinausgehen, vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind. Verpflichtet sich also der Lieferant, auch im Hinblick auf deliktische Ansprüche gegen den Käufer für diesen die Produkte zu kontrollieren, so entsteht der Haftpflichtanspruch aus einem Vertrag. Das Ergebnis ist, dass der Käufer späteren Haftpflichtansprüchen Dritter ausgesetzt ist und sich für diese aufgrund der Verlagerung der Kontrollpflichten beim Verkäufer schadlos halten kann. Der Verkäufer kann aber die typischen Haftpflichtschäden, um die es hier geht, wegen des Haftungsausschlusses aus § 4 Abs. 1 Nr. 1 AHB nicht bei seiner eigenen Betriebs- und Produkthaftpflichtversicherung geltend machen. Das Ergebnis der Verlagerung deliktischer Kontrollpflichten ist damit wirtschaftlich, dass die Haftpflichtversicherer beider Vertragsparteien von der Leistungspflicht frei werden. Es erscheint sinnvoller, die Kontrollpflicht über die Übernahme der Untersuchungs- und Rügepflicht aus § 377 HGB ausdrücklich auszuschließen, um den Versicherungsanspruch bei Haftung für Ansprüche, die aufgrund gesetzlicher Bestimmungen entstehen, nicht zu gefährden. An solchen Überlegungen scheitert regelmäßig die AGB-rechtliche Verlagerung der Warenkontrolle im Hinblick auf die deliktischen Kontrollpflichten des Käufers224.
2.14 Exportkontrollklauseln Exportkontrollklauseln werden häufig in Kaufverträgen verwendet. Es erscheint jedoch zweifelhaft, ob das sinnvoll ist und ob solche Klauseln überhaupt nötig sind. Sinn und Zweck von Exportkontrollklauseln ist der Schutz des Lieferanten. Seine Verpflichtung, die Exportkontrolle sicherzustellen, soll abgesichert werden. Er soll einen Freistellungsanspruch von Schäden erhalten, die ihm dadurch entstehen, dass der Käufer seine gesetzlichen Pflichten nicht erfüllt hat. Beispielhaft seien hier die beim Export zu beachtenden Regelungen der Ausfuhrkontrollgesetzgebung deutschen Rechts, der Ausfuhrkontrollgesetzgebung des Europäischen Rechts und die diversen Blacklists des US-Embargos erwähnt. Diese den Verkäufer verpflichtenden gesetzlichen Regelungen bestehen ungeachtet der vertraglichen Regelungen zwischen den Parteien. Soweit daraus Pflichten für den Käufer entstehen, treffen diese ihn sowieso, ohne dass es einer vertraglichen Vereinbarung bedarf. Pflichten aus Gesetzen und gesetzesgleichen 224
Steckler, Betriebsberater 1993, 1225; v. Westphalen, Allgemeine Einkaufsbedingungen, 4. Aufl. S. 126.
2.15 Kundenschutzklauseln
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Regelungen brauchen in Verträgen nicht nochmals begründet zu werden. Sie gelten sowieso. Es bleibt als Regelungsgegenstand die Frage, welche Rechtsfolgen greifen, wenn der Käufer gegen Schutzvorschriften zugunsten des Verkäufers verstößt. Dies können Strafen und Verhaltenspflichten sein. Für den Ersatz des dadurch beim Verkäufer entstehenden Schadens bedarf es in den meisten Fällen keiner vertraglichen Regelung. Nach § 241 Abs. 2 BGB verpflichtet das Schuldverhältnis sowieso jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte an Rechtsgütern und Interessen des anderen Teils. Dazu gehört sicher auch die Einhaltung von Vorschriften über die Exportkontrolle im Interesse des Vertragspartners. Die Rechtsfolge eines Verstoßes gegen die Rücksichtnahmepflicht ist Schadensersatz, der dann bereits aus dem Gesetz, nämlich aus § 280 BGB, geschuldet wird. Sinnvoller als eine Exportkontrollklausel könnte der Hinweis auf bestehende Gesetze und gesetzesähnliche Regeln sein, die den Verkäufer für das Verhalten des Käufers verantwortlich machen. Dabei sollte aber im Interesse der Transparenz von eigenen Formulierungsversuchen Abstand genommen werden. Der Hinweis auf die auch an den Käufer adressierten gesetzlichen Bestimmungen unter Branchenkundigen reicht voraussichtlich aus, dem Käufer den Erfolg zu verwehren, wenn er sich entsprechend § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB darauf berufen will, dass er ein den Verkäufer schädigendes Verhalten nicht zu vertreten hatte.
2.15 Kundenschutzklauseln Durch eine Kundenschutzklausel will der Verwender verhindern, dass ein von ihm eingeschalteter Subunternehmer nach Beendigung seiner Tätigkeit zu ihm in der Weise in Konkurrenz tritt, dass er einen der Auftraggeber als Kunden abwirbt, zu dem er selbst nur aufgrund seiner Einschaltung als Subunternehmer durch den Verwender Verbindung gewinnen konnte. Für diese Situation bieten die Klauselwerke der §§ 308 und 309 BGB keinen Anhalt. Denn sie sind ursprünglich für Geschäfte zwischen Unternehmern und Verbrauchern oder zwischen Verbrauchern bestimmt, bei denen diese Problemstellung nicht auftritt. Als Prüfungsmaßstab verbleibt daher nur § 307 BGB. Eine entsprechende Kundenschutzklausel muss so beschaffen sein, dass sie den Vertragspartner des Verwenders nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Das Oberlandesgericht Köln225 hat eine Kundenschutzklausel dann für wirksam gehalten, wenn sie in zeitlicher und gegenständlicher Hinsicht ein anerkennenswertes Bedürfnis des Verwenders zum Ausdruck bringt, zu verhindern, dass ein von ihm eingeschalteter Subunternehmer nach Beendigung seiner Tätigkeit zu ihm in der Weise in Konkurrenz tritt, dass er einen Auftraggeber abwirbt. 225
OLG Köln, Urt. v. 15.05.1998 – 19 U 25/98.
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2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
Auch der Bundesgerichtshof hat226 eine Kundenschutzklausel für wirksam gehalten, durch die ein Subunternehmer für zwei Jahre daran gehindert wird, mit den ihm durch den Hauptauftragnehmer vermittelten Kunden unter Ausschluss des Hauptauftragnehmers in unmittelbare Vertragsbeziehungen zu treten. Eine solche Vereinbarung ist sogar ohne Vereinbarung einer Karenzentschädigung wirksam. Man könnte denken, dass eine solche Vereinbarung auch in Vertriebsverträgen wirksam ist, weil die vorhandene Konstellation zwischen Subunternehmer und Hauptauftragnehmer der des Absatzmittlers entspricht. Allerdings fehlt hierzu eine explizite Rechtsprechung. Die Interessenlage dürfte ähnlich sein, sodass eine solche Klausel, die die Interessen des Vertragspartners des Verwenders angemessen berücksichtigt und das auch deutlich macht, gute Aussichten haben dürfte, wirksam zu sein.
2.16 Geheimhaltungsklauseln – NDA Geheimhaltungsklauseln sind in der Regel Allgemeine Geschäftsbedingungen. Sie werden kaum für jedes Geschäft neu entworfen. Der Prüfungsmaßstab ist deshalb formell zunächst § 305c BGB, der überraschende Klauseln verbietet. Denn die Geheimhaltung ist nicht die Regel. Auch die üblichen Einzelheiten von Geschäften dürfen Dritten genannt werden. Eine Geheimhaltungsklausel darf deshalb nicht in einem Klauselwerk versteckt werden, soll sie nicht gemäß § 305c BGB ohnehin deshalb unwirksam sein. Es ist vielmehr nötig, sie deutlich zu machen, in Klauselwerken am besten mit einer eigenen Überschrift zu versehen.
2.16.1 Gegenstand der Geheimhaltung Eine Geheimhaltungsklausel, die den Vertragspartner des Verwenders verpflichtet, alles was er im Zusammenhang mit seinem Kontakt mit dem Verwender, im Bereich der Vertragsverhandlungen, des Vertragsschlusses und der Vertragsausführung erfahren hat, geheim zu halten, ist eine unangemessene Benachteiligung entgegen den Geboten von Treu und Glauben. Denn zumindest insoweit, als die Weitergabe der geheim zu haltenden Informationen an Dritte, etwa Subunternehmer, für die Vertragsabwicklung zwingend erforderlich ist, muss eine Ausnahme vereinbart werden. Aber auch wegen weiterer Informationen dürfte die Verpflichtung zur Geheimhaltung ohne Nutzen für den Verwender sein und nur dessen Vertragspartner unnötig belasten.
226
BGH, Urt. v. 30.11.2004 – X ZR 109/02.
2.16 Geheimhaltungsklauseln – NDA
143
1. Es gibt es kein Interesse des Verwenders an der Geheimhaltung von solchen Informationen, die nicht geheimhaltungsbedürftig sind, weil sie zum Zeitpunkt der Offenbarung x allgemein bekannt, x veröffentlicht, x zum allgemeinen Fachwissen gehören und/oder x allgemeiner Stand der Technik sind. 2. Auszunehmen sind außerdem die Tatsachen, die der zur Geheimhaltung verpflichteten Partei individuell bereits bekannt waren. 3. Ebenso muss die Geheimhaltungspflicht entfallen, wenn Informationen nach dem Zeitpunkt der Offenbarung an den Schweigepflichtigen allgemein bekannt werden, ohne dass ein die Geheimhaltungsvereinbarung verletzendes Zutun des Geheimhaltungspflichtigen dazu beigetragen hat, oder 4. Informationen der zur Geheimhaltung verpflichteten Partei von Dritten individuell bekannt gemacht werden, ohne dass diese Dritten eine Geheimhaltungsverpflichtung hinsichtlich der vertraulichen Informationen verletzten. 5. Schließlich besteht kein Bedürfnis nach einer Geheimhaltung, sodass sie nicht vereinbart werden kann, wenn nach dem Zeitpunkt der Offenbarung der Geheimnisse diese von der zur Geheimhaltung verpflichteten Partei selbstständig und unabhängig von den vertraulichen Informationen erkannt oder entwickelt werden 6. oder von der an der Geheimhaltung berechtigten Partei in der Öffentlichkeit offenbart werden bzw. aufgrund zwingender gesetzlicher Vorschriften offenbart werden müssen. Wegen der Schwierigkeit transparenter Formulierung wird die Lösung deshalb häufig im Abstellen auf das „Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis“ gesucht. Allerdings gibt es im Rechtskreis der Bundesrepublik Deutschland keine gesetzliche Definition des Begriffs der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. § 17 UWG. Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen (1) Wer als eine bei einem Unternehmen beschäftigte Person ein Geschäftsoder Betriebsgeheimnis […] Die Rechtsprechung zu § 17 UWG ist unübersichtlich und lässt sich nicht auf einen klaren, allgemein verbindlichen Begriff reduzieren. Das Gesetz nennt nur den
144
2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
Begriff, ohne ihn näher zu erläutern. Sie lässt sich grob zusammenfassen: Nach der Rechtsprechung zu § 17 UWG sind alle geheimen Daten eines Unternehmens, die sich auf seinen Zustand und sein Marktverhalten beziehen, Geschäftsgeheimnisse. Betriebsgeheimnisse, eine besondere Form von Geschäftsgeheimnissen, sind alle technischen Daten eines Unternehmens. Verwendet man diesen Begriff, so ist auch hier zu beachten: Nicht in Bezug auf alle diese Informationen besteht ein Interesse an der Geheimhaltung. Die technischen Daten eines Unternehmens können auch weniger schützenswert sein, weil sie etwa allgemein bekannter Stand der Technik sind. Deshalb erscheint das Abstellen auf den Begriff „Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse“ keine Lösung. Es müssen Ausnahmen in die Formulierung eingeführt werden, die aber Probleme im Hinblick auf die Klarheit und Verständlichkeit aufwerfen.
2.16.2 Rechtsfolge Für die Verletzung muss eine Sanktion gefunden werden. Schadensersatz wäre sowieso aus dem Gesetz gegeben, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 17 UWG. Es empfiehlt sich nicht, ihn durch vertragliche Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen einzuführen, die dann anders als das Gesetz nicht objektiv, sondern nach § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders ausgelegt werden muss. Die bereits an anderer Stelle erörterte Problematik der Vertragsstrafen in Klauseln von Allgemeinen Geschäftsbedingungen bleibt. Zur Vertragsstrafenproblematik bei standardisierten Geheimhaltungsklauseln hat das Oberlandesgericht München227 über die Klausel „Für jeden Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot und die Geheimhaltungspflicht unter Ausschluss des Fortsetzungszusammenhanges ist eine Vertragsstrafe zu entrichten. Des Weiteren sind entsprechende Vertragsstrafenregelungen mit den eigenen Mitarbeitern zu treffen.“ entschieden. Eine solche Vertragsstrafenklausel ist gemäß § 307 BGB unwirksam, weil der Verwender der Klausel missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne die Interessen des Vertragspartners von vornherein hinreichend zu berücksichtigen. Die Billigkeitsprüfung kann deshalb nur zur Unwirksamkeit einer solchen Klausel führen. Das folgt – außer aus Gründen im Zusammenhang mit der notwendigen Einschränkung von Geheimhaltungsklauseln – aus der Überlegung, dass das hier geregelte Vertragsstrafenversprechen verschuldensunabhängig ist. Eine solche Regelung ist aber nur dann zulässig, wenn gewichtige Umstände vorliegen, 227
OLG München, Urt. v. 26.06.2002 – 7 U 5730/01.
2.17 Zugangsfiktion
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die die Vertragsstrafenregelung trotz der Abweichung von dem Verschuldenserfordernis des § 339 BGB mit Recht und Billigkeit noch vereinbar erscheinen lassen228. So etwas ist aber eine absolute Ausnahme. Ähnliches gilt im Hinblick auf den Verzicht auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhanges, worauf an anderer Stelle229 schon eingegangen wurde.
2.16.3 Dauer Schließlich ist die Dauer einer Geheimhaltungspflicht von Bedeutung. Diese kann nicht unbegrenzt gefordert werden, weil dadurch der Geheimhaltungspflichtige in seiner Marktentfaltung gehindert würde. Deshalb ist darauf zu achten, dass die Geheimhaltungspflicht nicht zu einem faktischen Wettbewerbsverbot führt. Solches kann nicht nur aus dem Inhalt folgen, sondern auch aus der Dauer der Geheimhaltungspflicht. Eine Geheimhaltungspflicht von zwei Jahren wird man allerdings grundsätzlich als zulässig ansehen können.
2.17 Zugangsfiktion Geht es darum, ob der Vertragspartner eine Erklärung erhalten hat, so trägt die Beweislast für den Zugang dieser Erklärung der Erklärende. Dafür gibt es keine Beweiserleichterung, keinen Anscheinsbeweis. Der Zugang ist naturgemäß schwieriger zu beweisen als die Absendung, die ja im eigenen Herrschafts- und Kontrollbereich stattfindet. Eine typische Allgemeine Geschäftsbedingung ist deshalb „Die Erklärung gilt drei Tage nach der Absendung als zugegangen.“ Das widerspricht aber der gesetzlichen Regelung, so dass allein dies den Verdacht rechtfertigt, es könne unbillig und unwirksam sein. Für die Billigkeit im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern und Verbrauchern ist in § 308 Nr. 6 BGB eine auch für den Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern indizielle Regel getroffen. § 308 BGB. Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist insbesondere unwirksam […]
228
229
BGH, Urt. v. 26.05.1999 – VIII ZR 102-98, Neue Juristische Wochenschrift 1999, 2662 (2663). Siehe Kapitel 2.11.
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2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
6. (Fiktion des Zugangs) eine Bestimmung, die vorsieht, dass eine Erklärung des Verwenders von besonderer Bedeutung dem anderen Vertragsteil als zugegangen gilt; […] Danach ist eine Bestimmung unwirksam, die vorsieht, dass eine Erklärung des Verwenders von besonderer Bedeutung mit Absendung dem anderen Vertragsteil als zugegangen gilt, etwa: „Alle Erklärungen des Verkäufers gelten drei Tage nach Aufgabe zur Post als zugegangen.“ Denn die Hürde, es müsse sich um eine Erklärung des Verwenders von besonderer Bedeutung handeln, ist nicht hoch. Dazu gehören alle Erklärungen, die einen Nachteil von gewissem Gewicht bewirken und deshalb als solche von besonderer Bedeutung angesehen werden. Das ist aber in der Regel zu bejahen bei Kündigungen, Rücktrittserklärungen, Fristsetzungen und Mängelrügen, regelmäßig daher eben wegen Allem, weshalb eine solche Fiktion Sinn machen könnte. Der Anwendungsbereich erfasst alle Erklärungen des Verwenders, nicht nur rechtsgeschäftliche und geschäftsähnliche Erklärungen. Eine weitere Begrenzung der Zugangsfiktion im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern und Verbrauchern ergibt sich aus § 309 Nr. 12 a) BGB, wonach eine Bestimmung, durch die der Verwender die Beweislast zum Nachteil der anderen Vertragspartei ändert, unwirksam ist. § 309 BGB. Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam […] 12. (Beweislast) eine Bestimmung, durch die der Verwender die Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragsteils ändert, insbesondere indem er a) diesem die Beweislast für Umstände auferlegt, die im Verantwortungsbereich des Verwenders liegen […] Eine Zugangsfiktion, wenn der tatsächliche Zugang als Voraussetzung für das Wirksamwerden einer Erklärung des Verwenders durch ein anderes Ereignis, etwa die Absendung der Erklärung, ersetzt wird, stellt im Ergebnis eine Beweislast-
2.18 Lösungsmöglichkeiten vom Vertrag
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klausel dar. Sie ändert nämlich die Beweislast für den Zugang. Sinn und Zweck der Vorschrift ergibt aber, dass damit naturgemäß nur alle Erklärungen gemeint sind, die für den Vertragspartner mit nachteiligen Rechtsfolgen verbunden sind. Solche Erklärungen haben bekanntlich besondere Bedeutung230. Zugangsfiktionen wegen anderen Erklärungen, die für den Vertragspartner nicht mit nachteiligen Rechtsfolgen verbunden sind, sind zwar der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB unterworfen, jedoch verbleiben dafür nur sehr unproblematische Klauseln, denn die Rechtsprechung legt den Begriff der Erklärung von besonderer Bedeutung sehr weit aus. Jeder rechtliche Nachteil für den Kunden genügt. Im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen gelten diese Grundsätze in abgeschwächter Form. Auch der Unternehmer wird aber im Regelfall unangemessen benachteiligt, wenn eine Erklärung des Verwenders von besonderer Bedeutung fiktiv als zugegangen gelten soll231. Zu beachten ist hier aber, dass für die kaufmännische Mängelrüge, die nach § 377 Abs. 4 HGB die Rechte des Käufers erhalten soll, die rechtzeitige Absendung der Anzeige genügt. Eine Vereinbarung dazu ist nicht nötig.
2.18 Lösungsmöglichkeiten vom Vertrag Wenn ein Vertrag fehlzuschlagen droht, sei es, dass der Verwender befürchtet, seine Leistungspflicht nicht erfüllen zu können, sei es, dass er befürchtet, sein Vertragspartner werde seine Leistungspflicht nicht erfüllen, so liegt es nahe, eine Möglichkeit zu vereinbaren, den Vertrag nicht durchzuführen. Der Verwender wird dann das Ziel verfolgen, sich einseitig – möglichst ohne besonderen Grund („quasi für alle Fälle“) – durch Erklärung oder andere Handlungen vom Vertrag zu lösen.
2.18.1 Gesetzliche Regelung bei Vorleistungspflicht Die Notwendigkeit, sich vom Vertrag zu lösen, ergibt sich dringender in den Fällen, in denen derjenige, der den Vertrag nicht mehr durchgeführt wissen will, zur Vorleistung verpflichtet ist, dabei jedoch Anlass zur Vermutung entsteht, der andere werde seine Zahlungspflichten nicht erfüllen. Diesen Konflikt hat das Gesetz in § 321 BGB geregelt.
230
231
Herrschende Meinung, Schmidt in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 308 Nr. 6 Rz. 8. Z.B. OLG Hamburg, Urt. v. 21.12.1984 – 14 U 209/83, Wertpapier-Mittelungen 1986, 383 (385).
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2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
§ 321 BGB. Unsicherheitseinrede (1) Wer aus einem gegenseitigen Vertrag vorzuleisten verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung verweigern, wenn nach Abschluss des Vertrags erkennbar wird, dass sein Anspruch auf die Gegenleistung durch mangelnde Leistungsfähigkeit des anderen Teils gefährdet wird. Das Leistungsverweigerungsrecht entfällt, wenn die Gegenleistung bewirkt oder Sicherheit für sie geleistet wird. (2) Der Vorleistungspflichtige kann eine angemessene Frist bestimmen, in welcher der andere Teil Zug um Zug gegen die Leistung nach seiner Wahl die Gegenleistung zu bewirken oder Sicherheit zu leisten hat. Nach erfolglosem Ablauf der Frist kann der Vorleistungspflichtige vom Vertrag zurücktreten. […] Wenn nach dem Abschluss des Vertrages erkennbar wird, dass der Anspruch auf die Gegenleistung durch mangelnde Leistungsfähigkeit des anderen Teils gefährdet wird, so kann der Vorleistungspflichtige die Leistung verweigern. Das ergibt sich bereits aus dem Gesetz und bedarf nicht der Vereinbarung eines Rücktrittsvorbehalts. Der Vorleistungspflichtige kann eine angemessene Frist bestimmen, in welcher der andere Teil Zug um Zug gegen die Leistung nach seiner Wahl die Gegenleistung zu bewirken oder Sicherheit zu leisten hat. Bleibt diese Frist erfolglos, so kann sich der Vorleistungspflichtige vom Vertrag dadurch lösen, dass er zurücktritt. Diese gesetzliche Regel erübrigt viele Allgemeine Geschäftsbedingungen, die eben den Konflikt regeln wollen. Allgemeine Geschäftsbedingungen oder Vereinbarungen, die im Ergebnis denselben Inhalt wie die gesetzliche Regelung des § 321 BGB haben, sind überflüssig und sollten vermieden werden. Denn auch hier würde die Allgemeine Geschäftsbedingung zum Nachteil (§ 305c Abs. 2 BGB) des Verwenders ausgelegt, was bedeutet, dass er mehr Schwierigkeiten hat, die Voraussetzungen seiner Rechte nachzuweisen. Denn wollte er sich auf das Gesetz berufen, so sind die Tatbestandsmerkmale objektiv festzustellen.
2.18.2 Vereinbarungen § 308 Nr. 3 BGB bestimmt, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen in Verträgen zwischen Unternehmern und Verbrauchern unwirksam sind, die dem Verwender das Recht geben, sich ohne sachlich gerechtfertigten oder im Vertrag angegebenen Grund von seiner Leistungspflicht zu lösen.
2.18 Lösungsmöglichkeiten vom Vertrag
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§ 308 BGB. Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist insbesondere unwirksam […] 3. (Rücktrittsvorbehalt) die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, sich ohne sachlich gerechtfertigten und im Vertrag angegebenen Grund von seiner Leistungspflicht zu lösen; dies gilt nicht für Dauerschuldverhältnisse; […] Diese Regel bezieht sich auf jede Möglichkeit, sich vom Vertrag zu lösen. Darunter fallen unabhängig von ihrer Bezeichnung x Verfallklauseln x Widerrufsvorbehalte x Anfechtungsvorbehalte x Befreiungsvorbehalte x auflösende Bedingungen x Kündigungsrechte. Allerdings fallen darunter nicht die Lösungsrechte bei Dauerschuldverhältnissen, zu denen auch Versicherungs-, Darlehens- und Geschäftsbesorgungsverträge gerechnet werden. Einbezogen sind aber Sukzessivlieferungsverträge und Wiederkehrschuldverhältnisse, wie sie regelmäßig beim Bezug von Strom, Gas und Wasser gelten. Daraus lässt sich aber keine weitergehende Analogie herleiten. Allein der Umstand, dass Leistungen in Teilen oder Raten zu erbringen sind, macht diese Leistungen nicht zu Dauerschuldverhältnissen232. Auf den kaufmännischen Verkehr ist die Unbilligkeit indizierende Vorschrift des § 308 Nr. 3 BGB nicht direkt zu übertragen. Gerade hier sind jedoch häufig Rücktrittsmöglichkeiten in Form von Selbstbelieferungsklauseln, Vorratsklauseln, Lieferfähigkeitsklauseln und anderen Leistungsvorbehalten zu finden. Diese stellen dann eine unangemessene Benachteiligung dar, wenn sie den Rücktritt des Verwenders von Verträgen ermöglichen, auf die sich der Vertragspartner des
232
Schmidt in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 308 Nr. 3 Rz. 17 m.w.N.
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2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
Verwenders verlassen können muss und auf deren zuverlässige Erfüllung er vertrauen darf233. Vorsicht ist geboten, die Lösungsmöglichkeit vom Vertrag leichtfertig an einen sachlich gerechtfertigten Grund aus der Sicht des Verwenders zu knüpfen. Auszugehen ist dabei nämlich von dem Grundsatz, dass die versprochene Leistung erbracht werden muss und den Verwender die Haftung für Pflichtverletzung trifft. Es ist deshalb eine Ausnahme, wenn ein Grund vorliegt, der diesem dem Verwender obliegenden Vertragsrisiko abhilft und dennoch angemessen ist. In Betracht kommen hier allenfalls wesentliche Umstände, die sich ohne Einflussmöglichkeit des Verwenders ergeben haben. Auch in der Sphäre des Kunden liegende Gründe können ein Festhalten am Vertrag unzumutbar machen. Der Unternehmer, der solche Klauseln einzuführen erwägt, wird jedoch zu bedenken haben, ob nicht bereits die gesetzliche Möglichkeit des § 313 BGB genügt. § 313 BGB. Störung der Geschäftsgrundlage (1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. (2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen. (3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung. Das Gesetz bestimmt nämlich, dass dann, wenn sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrages geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien auf der Grundlage der veränderten Umstände den Vertrag nicht oder nur anderen Inhalts geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, der Vertrag angepasst werden kann, um wieder zu einer gerechteren Risikoverteilung zu kommen. Wenn dies nicht möglich ist, soll der be-
233
OLG Köln, Urt. v. 28.02.1997 – 19 U 194/95, NJW-Rechtsprechungs-Report 1998, 926.
2.19 Verweisungsklauseln
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nachteiligte Teil zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt sein. Diese Regelung zur „Störung der Geschäftsgrundlage“ dürfte in nahezu allen Fällen, in denen eine Rücktrittsklausel nicht unbillig ist, ausreichen. Häufig wird also eine vertragliche Vereinbarung nicht nötig sein. Sie kann sich sogar zum Nachteil des Verwenders auswirken, weil für sie § 305c Abs. 2 BGB („Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.“) gilt.
2.19 Verweisungsklauseln Eine Verweisungsklausel verweist den Vertragspartner des Verwenders bei Ansprüchen insbesondere wegen Mängeln auf Dritte. Derartige Klauseln werden deshalb immer beliebter, weil der moderne Komponentenhersteller versuchen wird, die Verantwortlichkeit direkt auf den Subunternehmer zu verlagern, der die mangelhafte Komponente für das Endprodukt zugeliefert hat. Im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern und Verbrauchern ist ein solcher Verweis gemäß § 309 Nr. 8 b) aa) BGB unwirksam. § 309 BGB. Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam […] 8. (Sonstige Haftungsausschlüsse bei Pflichtverletzung) […] b) (Mängel) eine Bestimmung, durch die bei Verträgen über Lieferungen neu hergestellter Sachen und über Werkleistungen aa) (Ausschluss und Verweisung auf Dritte) die Ansprüche gegen den Verwender wegen eines Mangels insgesamt oder bezüglich einzelner Teile ausgeschlossen, auf die Einräumung von Ansprüchen gegen Dritte beschränkt oder von der vorherigen gerichtlichen Inanspruchnahme Dritter abhängig gemacht werden; […] Der Verwender darf Ansprüche wegen Mängeln insgesamt oder bezüglich einzelner Teile gegen sich selbst nicht ausschließen und stattdessen Ansprüche gegen Dritte
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2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
einräumen, oder Ansprüche gegen sich selbst von der vorherigen gerichtlichen Inanspruchnahme Dritter abhängig machen. Solche Verweisungsklauseln sind regelmäßig auch im kaufmännischen Geschäftsverkehr unwirksam234. Ansprüche bei Mängeln sind auch für Unternehmer so wesentlich und für die Vertragsabwicklung so bedeutend, dass der mit der Verweisung verbundene teilweise oder vollständige Ausschluss die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet235. Denn so werden wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, derart eingeschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. Das ist ein Regelfall der Unbilligkeit wegen Erfüllung des Tatbestands des § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB, weil die Klausel „wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.“ Die Gefährdung des Vertragszwecks ergibt sich daraus, dass der Vertragspartner des Verwenders auf einen Dritten und damit auch auf dessen Insolvenzrisiko verwiesen wird, ohne eine Möglichkeit zu haben, dieses zu prüfen, aus der Prüfung Konsequenzen zu ziehen und gegebenenfalls Absicherungen vor Vertragsschluss zu veranlassen. Die Übertragung anderer Pflichten des Verwenders gegenüber seinem Vertragspartner aus dem Vertrag auf Dritte ist eher unüblich. Für ihre Bewertung dürfte aber ebenso gelten, dass der mit der Verweisung verbundene teilweise oder vollständige Ausschluss die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet.
2.20 Schriftform- und Textformklauseln Bisher sind am weitesten solche Klauseln verbreitet, die die Wirksamkeit von Vereinbarungen von der Schriftform abhängig machen. Aber auch die Textform wird zunehmend vereinbart.
2.20.1 Textform Seit dem Formanpassungsgesetz236, mithin seit dem Jahr 2001, sind neue Formen eingeführt worden, nämlich insbesondere die Textform und die elektronische Form. Die Textform hat Popularität erreicht. Sie ist eine besondere Art der Schriftform. § 126b BGB regelt diese Form.
234 235 236
BGH, Urt. v. 12.01.1994 – VIII ZR 165/92, BGHZ 124, 351 (363). BGH, aaO. Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr vom 13.07.2001, BGBl. I S. 2001.
2.20 Schriftform- und Textformklauseln
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§ 126b BGB. Textform Ist durch Gesetz Textform vorgeschrieben, so muss die Erklärung in einer Urkunde oder auf andere zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeignete Weise abgegeben, die Person des Erklärenden genannt und der Abschluss der Erklärung durch Nachbildung der Namensunterschrift oder anders erkennbar gemacht werden. Soweit ersichtlich gibt es für die Vereinbarung der Textform jedoch keine anderen Regeln, als für die Vereinbarung anderer Schriftformen. Weil sich die Rechtsprechung bisher nur auf die Schriftformklausel bezieht, wird die Textformklausel nicht besonders dargestellt.
2.20.2 Vollständigkeitsklausel Häufig zu Verwechslungen mit der Schriftformklausel führt die Vollständigkeitsklausel. Die Vollständigkeitsklausel, die etwa lauten kann: „Weitere Vereinbarungen sind nicht getroffen und mündliche Zusagen nicht abgegeben.“ will die Vermutung der Vollständigkeit eines schriftlichen Vertrages herbeiführen. Sie ist, wenn sie nicht überraschend oder intransparent ist, meist nicht unbillig. Sie ist aber keine Schriftformklausel.
2.20.3 Schriftformklausel und Individualabrede Die Schriftformklausel ist nicht unproblematisch. Das Bundesarbeitsgericht237 hat eine auf den ersten Blick unproblematische Schriftformklausel für unwirksam gehalten. Die Schriftformklausel lautete: „Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages sind, auch wenn sie bereits mündlich getroffen wurden, nur wirksam, wenn sie schriftlich festgelegt und von beiden Parteien unterzeichnet worden sind. Dies gilt auch für den Verzicht auf das Schriftformerfordernis.“ Anlass dafür war nicht etwa der Inhalt dieser Schriftformklausel oder deren Darstellungsweise, sondern für unbillig hielt das Bundesarbeitsgericht, dass eine solche Klausel entgegen dem Wortlaut des § 305b BGB, der den Vorrang der Indivi-
237
BAG, Urt. v. 20.05.2008 – 9 AZR 382/07, Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht 2008, 1233.
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2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
dualabrede gegenüber Allgemeinen Geschäftsbedingungen bestimmt, den Eindruck erweckt, dass solche mündlichen Individualabreden unwirksam wären. § 305b BGB. Vorrang der Individualabrede Individuelle Vertragsabreden haben Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Diese Bedenken lassen sich gegenüber jeder Schriftformklausel formulieren. Derzeit ist für Verträge im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern allerdings eine solche Tendenz der Rechtsprechung noch nicht festzustellen. Vielmehr gilt hier, dass Kaufleute ihren Geschäftsbetrieb grundsätzlich auf die Führung schriftlicher Unterlagen einrichten, so dass sie mit dem Umgang mit Dokumenten vertraut sind und die rechtlichen Regeln, auch die des § 305b BGB, dafür kennen. Gleichwohl bleibt ein Risiko, dass eine Schriftformklausel, auf die ein Unternehmensablauf abgestimmt wird, letztlich für unwirksam erklärt werden könnte.
2.20.4 Arten der Schriftformklauseln Verbreitet sind die einfache Schriftformklausel und die qualifizierte Schriftformklausel, auch doppelte Schriftformklausel. Erstere unterstellt Vereinbarungen der Notwendigkeit der Schriftform, zweitere auch die Änderung solcher Vereinbarungen der Notwendigkeit der Schriftform. Insbesondere die doppelte Schriftformklausel kann zu weit gefasst sein und dann als unbillig angesehen werden müssen.
2.20.5 Kriterien der Wirksamkeit Eine Vorschrift findet sich in den Klauselwerken nicht. Zu beachten sind deshalb die Regeln des § 305b BGB, der den Vorrang individueller Vertragsabreden vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen bestimmt und die allgemeine Billigkeitsregelung des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Dabei ist insbesondere die Wirkung einer Schriftformklausel nicht zu unterschätzen. Durch eine solche Schriftformklausel kann auch erstrebt werden, nachträglich eine zuvor getroffene Individualabrede für unverbindlich zu erklären. Das ist aber unwirksam, weil es letztlich eine unwirksame Freizeichnung von einer wirksam erteilten vertraglichen Verpflichtung darstellt und die Schutzvorschrift des § 305 BGB über den Vorrang der individuellen Vertragsabrede unwirksam machen will. Angemessen sind aber Schriftformklauseln, die der Beweisführung dienen sollen. Denn solche kennt auch das Gesetz. Eine solche war der aus anderen Gründen aufgehobene § 34 GWB a.F., der ausdrücklich bestimmte, dass Zweck der Schriftform die Beweisführung sei. Auch die analoge Geltung des § 85 Satz 1 HGB, der
2.21 Gerichtsstandsklauseln
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die Schriftform im Handelsvertretervertrag vorschreibt für Vertragshändlerverträge, ist eine solche Schriftform, die der Beweisführung dienen soll. Das Interesse der beteiligten Parteien an Klarheit steht hier stark im Vordergrund. Ein einseitiges Interesse an der Feststellung der Wahrheit nur zugunsten des Verwenders ist nicht feststellbar, zumal es kein schützenswertes Interesse des Vertragspartners des Verwenders an der Vertuschung der tatsächlichen Geschehensabläufe gibt. Die Konsequenz aus diesen Überlegungen ist, dass regelmäßig eine Schriftformklausel zur Beweisführung der Billigkeit entsprechen wird. Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass diese Schriftformklausel jederzeit durch eine auch mündliche Individualabrede aufgehoben werden kann, was dann im Zweifelsfall zur Notwendigkeit der Beweisaufnahme im Rechtsstreit über die mündliche Aufhebung der Vereinbarung führen würde.
2.20.6 Bestandskraft von Schriftformklauseln Der Bestand von Schriftformklauseln unterliegt dem Regime der vorrangigen Individualvereinbarung, auch der nachträglichen Individualvereinbarung und der konkludenten Aufhebung der Schriftformvereinbarung. Einigen sich die Parteien nämlich entgegen dem Schriftformerfordernis in mündlicher Vereinbarung über eine Änderung oder Ergänzung des Vertrages, so heben sie damit gleichzeitig schlüssig die zuvor getroffene Schriftformvereinbarung auf. Die Konsequenz ist, dass die Parteien somit durch spätere Vertragsänderungen, die nur mündlich vorgenommen werden, nicht nur den Vertrag ändern, sondern auch die Schriftformklausel aufheben. Daran ändert auch eine Vereinbarung, dass die Schriftform nur schriftlich aufgehoben werden kann, nichts, weil diese Klausel ebenfalls der Individualvereinbarung nachrangig ist.
2.21 Gerichtsstandsklauseln Gerichtsstand i.S.d. § 12 ZPO ist der Ort des zuständigen Gerichts, meist also das „Gericht, bei dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat“, das „für alle gegen sie zu erhebenden Klagen zuständig“ ist. Neben diesem allgemeinen Gerichtsstand kennt die Zivilprozessordnung eine Vielzahl ausschließlicher Gerichtsstände und besonderer Gerichtsstände, die in den §§ 12 bis 37 ZPO geregelt sind. Die Vereinbarung eines Gerichtsstands nach dem Entstehen der Streitigkeit ist unproblematisch. Gerichtsstandsvereinbarungen sind zulässig, wenn sie nach dem Entstehen der Streitigkeit getroffen werden. Das kann schon seiner Natur nach nicht durch Allgemeine Geschäftsbedingungen erfolgen. Eine Klausel bei Vertragsschluss bezieht sich notwendig auf den Fall des späteren Entstehens einer Streitigkeit, es handelt sich also um eine Vereinbarung vor dem Entstehen der Streitigkeit.
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2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
2.21.1 Zulässigkeit Es ist im Interesse eines Unternehmers, den Gerichtsstand möglichst schon vor Entstehen des Streitfalls so festzulegen, dass er für ihn bequem erreichbar ist. Die Zivilprozessordnung lässt solche Gerichtsstandvereinbarungen zu, aber nur dann, wenn diese Vereinbarung für die Beteiligten zumutbar ist. Deshalb bestimmt § 38 ZPO, dass ein an sich unzuständiges Gericht nur durch ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung der Parteien zuständig wird, wenn diese Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen sind. § 38 ZPO. Zugelassene Gerichtsstandsvereinbarung (1) Ein an sich unzuständiges Gericht des ersten Rechtszuges wird durch ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung der Parteien zuständig, wenn die Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen sind. (2) Die Zuständigkeit eines Gerichts des ersten Rechtszuges kann ferner vereinbart werden, wenn mindestens eine der Vertragsparteien keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland hat. Die Vereinbarung muss schriftlich abgeschlossen oder, falls sie mündlich getroffen wird, schriftlich bestätigt werden. Hat eine der Parteien einen inländischen allgemeinen Gerichtsstand, so kann für das Inland nur ein Gericht gewählt werden, bei dem diese Partei ihren allgemeinen Gerichtsstand hat oder ein besonderer Gerichtsstand begründet ist. (3) Im Übrigen ist eine Gerichtsstandsvereinbarung nur zulässig, wenn sie ausdrücklich und schriftlich 1. nach dem Entstehen der Streitigkeit oder 2. für den Fall geschlossen wird, dass die im Klageweg in Anspruch zu nehmende Partei nach Vertragsschluss ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes verlegt oder ihr Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht bekannt ist. Daraus folgt, dass eine Gerichtsstandsvereinbarung vor Entstehen des Streits sowieso ohne weiteres nur zwischen Unternehmern zulässig ist. Aber auch diese können nicht frei und unkontrolliert den Gerichtsstand bestimmen.
2.21 Gerichtsstandsklauseln
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2.21.2 Billigkeit der Vereinbarung nach § 38 Abs. 1 ZPO Gerichtsstandsklauseln müssen transparent sein. Unwirksam ist natürlich auch eine Klausel, die es dem Verwender freistellt, den Gerichtsstand nach Belieben zu wählen, da es dieser Klausel entgegen § 307 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB an Transparenz fehlt. Sie ist nicht klar und bestimmt. Inhaltlich sind also Gerichtsstandsklauseln an § 38 ZPO zu orientieren, wenn sie nicht unbillig sein sollen. Hat der Gerichtsstand keinen Bezug zu einer der Parteien, so wird damit der Sinn der Gerichtsstandsregeln der Zivilprozessordnung verfehlt, so dass die Klausel deshalb unbillig ist238. Lässt sich die Gerichtsstandsklausel so interpretieren, dass sie auch für andere als Unternehmer gilt, so ist sie ebenfalls regelmäßig insgesamt unwirksam239. Auch wenn die Klausel nicht in einer der Verhandlungssprachen abgefasst ist, ist sie nicht wirksam240. Sie müssen schriftlich abgeschlossen werden, oder, falls sie mündlich getroffen werden, schriftlich bestätigt werden. Das fordert § 38 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Deshalb müssen sie im individuellen Vertragstext erwähnt werden, es muss auf sie hingewiesen werden in einer der Vertragssprachen. Wer eine Gerichtsstandsklausel verfasst, sollte prüfen, ob für das Rechtsverhältnis, das durch den abzuschließenden Vertrag begründet werden soll, eine ausschließliche Zuständigkeit besteht. Dann macht es keinen Sinn, eine Gerichtsstandsvereinbarung zu treffen. Sie ist schon aus Gründen des Prozessrechts unwirksam. Die in Frage kommenden ausschließlichen Gerichtsstände sind insbesondere die dinglichen Gerichtsstände aus den §§ 24 bis 26 ZPO, § 29a ZPO, der einen ausschließlichen Gerichtsstand für Miet- und Pachträume bestimmt, der besondere Gerichtsstand für Haustürgeschäfte aus § 29c ZPO sowie der ausschließliche Gerichtsstand bei falschen, irreführenden oder unterlassenen öffentlichen Kapitalmarktinformationen aus § 32b ZPO. Ist ein solcher ausschließlicher Gerichtsstand – oder gar ein anderer Gerichtszug wie bei kartellrechtlichen Fragen – nicht erkennbar, so steht einer Gerichtsstandsvereinbarung nichts mehr im Wege. Vorsorglich sollte diese jedoch dahin gehend eingeschränkt werden, dass sie nur gegenüber Kaufleuten gilt. Von einer Beschränkung auf die Wirksamkeit gegenüber Unternehmern ist abzuraten, weil der Unternehmerbegriff des § 14 BGB erheblich weiter ist, als der des Kaufmannes i.S.d. § 38 ZPO. Unternehmer i.S.d. § 14 BGB sind nämlich auch Freiberufler, 238
239
240
LG Konstanz, Beschl. v. 23.06.1983 – 3 HO 31/38, Betriebsberater 1983, 1372; OLG Karlsruhe, Urt. v. 30.12.1981 – 14 U 4/81, Neue Juristische Wochenschrift 1982, 1950. LG Karlsruhe, Beschl. v. 29.04.1996 – O 60/96 KfH II, Monatsschrift für Deutsches Recht 1997, 29, abweichend: OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 03.02.1998 – 5 U 267/96, Monatsschrift für Deutsches Recht 1998, 664. Baumbach, ZPO, 66. Aufl., § 38 Rz. 11.
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2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
berufsmäßige Betreuer, Handwerker und Landwirte, Kleingewerbetreibende, die nicht im Handelsregister eingetragen sind, und andere, die in der Absicht auf Gewinnerzielung gewerblich tätig werden. Für diese und ähnliche Gruppen kann sich im Zweifelsfall ergeben, dass sie nicht Kaufmann i.S.d. Handelsgesetzbuches sind. Die Zivilprozessordnung nimmt aber für die Erlaubnis zur Gerichtsstandsvereinbarung auf „Kaufleute“ Bezug, nicht auf die Differenzierung zwischen Unternehmern und Verbrauchern, die Referenz des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist.
2.21.3 Fehlen eines deutschen Gerichtsstands Die Zuständigkeit eines Gerichts des ersten Rechtszuges kann ferner nach § 38 Abs. 2 ZPO vereinbart werden, wenn mindestens eine der Vertragsparteien keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland hat. Die Vereinbarung muss schriftlich abgeschlossen oder, falls sie mündlich getroffen wird, schriftlich bestätigt werden. Ob hier eine Kontrolle nach dem deutschen Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen eingreift, hängt davon ab, ob sich aus den Regeln des Internationalen Privatrechts (IPR), dessen Erörterung den Rahmen der vorliegenden Darstellung sprengen würde, oder aus einer Vereinbarung der Parteien ergibt, dass deutsches Recht für den Vertrag gilt. Bedenken gegen eine Gerichtsstandsklausel, die der gesetzlichen Vorschrift Rechnung trägt und auch den oben zu 2.21.2 dargestellten Forderungen an die Billigkeit entspricht, bestehen nicht.
2.21.4 Wegfall oder Unkenntnis deutschen Gerichtsstands Eine Besonderheit bietet § 38 Abs. 3 Nr. 2 ZPO für den Fall, dass eine Vertragspartei aus der Bundesrepublik Deutschland wegzieht oder im Zeitpunkt der Klageerhebung unbekannt ist, wo ihr Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt ist. In diesen Fällen gilt ohne weiteres das deutsche Recht. Das Prozessrecht erlaubt die Vereinbarung eines Gerichtsstands. Eine entsprechende Gerichtsstandsklausel ist zulässig und muss sich an den in 2.21.2 dargestellten Kriterien messen lassen. Die Bedeutung dieser Vorschrift im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen dürfte äußerst gering sein. Im Übrigen beschränkt sie sich auf die Fälle, in denen kein ausschließlicher Gerichtsstand241 besteht. Eine Klausel über den Gerichtsstand für den Fall des Umzugs ins Ausland oder den Fall, dass der Aufenthalt zum Zeitpunkt der Klageerhebung nicht bekannt ist, müsste, um dem Gebot der Klarheit zu entsprechen, die Fälle ausnehmen, in denen ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist. Das würde zu einer außerordentlich komplexen, umfangreichen und der Gefahr der Intransparenz ausgesetzten Klausel führen.
241
Diese prozessuale Besonderheit soll hier nicht besonders erörtert werden.
2.22 Einseitige Abänderung Allgemeiner Geschäftsbedingungen
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2.22 Einseitige Abänderung Allgemeiner Geschäftsbedingungen Häufig möchte der Verwender erreichen, dass seine jeweils aktuellen Allgemeinen Geschäftsbedingungen gelten.
2.22.1 Bezug auf gültige Fassung Mancher Verwender will das Problem pauschal lösen, indem er abstrakt regelt, dass immer seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen in der jeweils aktuellen Fassung gelten. Dafür verwendet er in Angeboten oder Annahmeerklärungen üblicherweise Formulierungen wie „Es gelten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen in ihrer jeweils gültigen Fassung.“ Das stellt bereits einen Verstoß gegen § 305 Abs. 2 BGB dar, weil gar nicht deutlich wird, um welche Regeln es sich handelt, darüber auch nur schwer Klarheit zu erlangen ist und letztlich nicht zu erkennen ist, womit sich der Vertragspartner des Verwenders einverstanden erklären soll. Schließlich ist auch unklar, ob die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses oder die zum Zeitpunkt einer Anwendung der Allgemeinen Geschäftsbedingung gültigen gemeint sind.
2.22.2 Uneingeschränktes einseitiges Änderungsrecht Werden dagegen von vornherein wirksame Allgemeine Geschäftsbedingungen in einer konkreten Fassung vereinbart, so verstößt ein uneingeschränktes, einseitiges Änderungsrecht, etwa für den Fall einer neuen Version der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu deren Geltung, gegen § 307 BGB. Denn hier gebraucht der Verwender völlig unkontrolliert seine Formulierungshoheit. Klauseln, die den Verwender zur Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ohne Einverständnis seines Vertragspartners berechtigen, sind nur dann wirksam, wenn sie das Recht zur Anpassung der Bedingungen auf das nachträgliche Entstehen von Äquivalenzstörungen und Regelungslücken beschränken und inhaltlich so bestimmt sind, dass sie dem Transparenzgebot genügen242. Eine solche Klausel dem Transparenzgebot genügend zu gestalten, dürfte außerordentlich schwierig sein. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes betraf auch noch die Zeit vor der gesetzlichen Normierung des Transparenzgebotes in den § 307 Abs. 1 Satz 2 und § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB. Das nachträgliche Entstehen von Äquivalenzstörungen müsste klar und verständlich dargestellt werden, die daraus entstehenden Regelungslücken erkennbar und kalkulierbar sein. 242
BGH, Urt. v. 17.03.1999 – IV ZR 218/97, Betriebsberater 1999, 1183.
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2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
2.22.3 Spätere Abänderung mit Genehmigungsfrist Üblich sind Klauseln, nach denen eine schriftlich, in Textform oder elektronisch mitgeteilte Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Vertragsbestandteil werden soll, wenn der Vertragspartner des Verwenders nicht binnen einer angemessenen Frist (die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken sehen sechs Wochen nach Mitteilung vor) widerspricht. Im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern und Verbrauchern ist diese Genehmigungsfiktion mit § 308 Nr. 5 BGB vereinbar, wenn der Verwender sich in der Änderungsklausel verpflichtet, den Kunden bei Beginn der Frist auf die Bedeutung von dessen Verhalten besonders hinzuweisen. § 308 BGB. Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist insbesondere unwirksam […] 5. (Fingierte Erklärungen) eine Bestimmung, wonach eine Erklärung des Vertragspartners des Verwenders bei Vornahme oder Unterlassung einer bestimmten Handlung als von ihm abgegeben oder nicht abgegeben gilt, es sei denn, dass a) dem Vertragspartner eine angemessene Frist zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung eingeräumt ist und b) der Verwender sich verpflichtet, den Vertragspartner bei Beginn der Frist auf die vorgesehene Bedeutung seines Verhaltens besonders hinzuweisen; […] Dies gilt auch, wenn die Genehmigungsfiktion Vertragsänderungen umfasst243. Hat der Verwender seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen zugunsten des Kunden geändert, muss er Altkunden bei Verhandlungen über Vertragsverlängerungen darauf hinweisen, dass er inzwischen in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine günstigere Situation vorsieht. Unterlässt er dies, so wird er wegen eines Verstoßes aus § 241 Satz 2 i.V.m. § 280 BGB auf Schadensersatz haften, im Wege der Naturalrestitution gemäß § 249 BGB also so zu behandeln sein, als wäre die neue Fassung Vertragsinhalt244. 243 244
Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 305 Rz. 165. Noch zum Verschulden bei Vertragsabschluss, c.i.c.: BGH, Urt. v. 23.09.1981 – IVa ZR 160/80, Neue Juristische Wochenschrift 1982, 926.
2.23 Abwehrklauseln
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Auch im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern ist die vertragliche Einbeziehung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen in ihrer jeweils geltenden Fassung aus den dargestellten Gründen nicht anwendbar. § 308 Nr. 5 BGB bietet keine allgemeine Richtlinie, weil Unternehmer fingierte Erklärungen in größerem Umfang, wie bereits dargestellt, hinnehmen müssen. Maßstab der Inhaltskontrolle ist deshalb allein die Billigkeit aus § 307 Abs. 1 BGB. Folglich ist entscheidend bei einer einseitigen Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingung, ob an einer Genehmigungsfiktion angesichts ihrer Anknüpfungspunkte und Rechtsfolgen ein sachlich anzuerkennendes Interesse des Verwenders besteht. Das setzt eine doppelte Prüfung voraus. x Ist die neue Bedingung angemessen? x Ist die Änderung angemessen? Letzteres ist anhand der Vorfrage zu beurteilen, wie sich die Situation des Vertragspartners des Verwenders vor und nach der Änderung darstellt und ob diese Veränderung aus der Sicht des Vertragspartners des Verwenders interessengemäß ist.
2.23 Abwehrklauseln Abwehrklauseln sind eigentlich keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen, sollen aber dennoch hier erwähnt werden, denn sie sind für die Vertragsgestaltung von erheblicher Bedeutung.
2.23.1 Wirkung der Abwehrklauseln Häufig erklären Unternehmen in Angeboten oder ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen, dass sie mit der Vereinbarung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen ihres Vertragspartners unter keinen Umständen einverstanden sind. Hat ein Unternehmer in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen wirksam eine solche allgemein gefasste Abwehrklausel aufgenommen, so scheitert die Einbeziehung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Vertragspartners an dieser Klausel. Denn sie macht deutlich, dass der Verwender der Abwehrklausel nicht mit der Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der anderen Vertragspartei einverstanden ist. Dann wird eine Allgemeine Geschäftsbedingung wegen § 305 Abs. 2 letzter Halbsatz BGB nicht in den Vertrag einbezogen, mithin nicht Gegenstand des Vertrages245. 245
Weil dies auch für den einfachen schuldrechtlichen Eigentumsvorbehalt gilt, vgl. Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 305 Rz. 196 und hier „dinglicher Eigentumsvorbehalt“ (Kapitel 2.6.6.), sollte ein Unternehmer nicht nur seiner eigenen Abwehrklausel Aufmerksamkeit schenken, sondern Verträge auch gründlich darauf durchsehen, ob eine Abwehrklausel seines Vertragspartners zu finden ist.
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2 Schwerpunkte: Wichtige Klauseln
Unwirksam bleibt die Abwehrklausel aber notwendig da, wo ein Eigentumsvorbehalt nicht auf einer schuldrechtlichen Vereinbarung beruht, sondern die dingliche Einigung betrifft. Denn dieser Eigentumsvorbehalt, das ist oben zu 2.5.7. näher dargestellt, wirkt unabhängig von Vertragsklauseln.
2.23.2 Kontrolle der Abwehrklausel Inhaltlich kann eine solche Abwehrklausel nicht kontrolliert werden. Sie unterliegt jedoch der Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 Satz 2 BGB. Außerdem darf sie nicht überraschend sein. Abgesehen von Unwirksamkeit wegen der Gestaltung der Klausel dürfte sie jedoch regelmäßig wirksam sein und dazu führen, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Vertragspartners nicht Vertragsbestandteil werden können.
3 Aktuelle Gerichtsentscheidungen
In diesem Teil werden neuere Gerichtsentscheidungen zu einzelnen Klauseln dargestellt. Der Abschnitt erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit, sondern folgt, wie diese gesamte Darstellung, Schwerpunkten, wie sie sich aus der Beratungspraxis der Autoren ergeben haben. Die Gerichtsentscheidungen lassen in ihrer Zusammenstellung den Trend erkennen, die Wirkung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zugunsten der Geltung des Gesetzes zurückzudrängen. Das war auch Ziel der Schuldrechtsmodernisierung. Denn vor dieser hatte das AGB-Gesetz in weiten Bereichen die Funktion übernommen, die eigentlich das BGB haben sollte. Es war zum legislativen Anker für zahlreiche Rechtsbereiche geworden, die nur durch die Kontrolle der Allgemeinen Geschäftsbedingungen noch von der Legislative beherrscht wurden. Diese Wertungen sind nach dem Verständnis des Gesetzgebers in das aktuelle, modernisierte Schuldrecht übernommen worden246. Damit wird vom Gesetzgeber und, wie die nachstehenden Entscheidungen zeigen, auch von der Rechtsprechung die Notwendigkeit der Wirksamkeit Allgemeiner Geschäftsbedingungen eher als gering eingeschätzt. Denn heute soll das Gesetz genügen, dass nach § 306 Abs. 2 BGB dann gilt, wenn eine Allgemeine Geschäftsbedingung nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam ist. Dieser strikte Vorrang des Gesetzes auch gegenüber Vereinbarungen führt da zu Unzuträglichkeiten, wo das Gesetz Konfliktsituationen nicht bedacht und deshalb nicht geregelt hat. Es scheint, dies gilt insbesondere im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern. Dies m ag man beklagen, geht es jedoch um den Bestand von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, so macht es keinen Sinn, die Überlegungen der Gerichte nicht ernst zu nehmen.
3.1 Verweis auf andere Regelungen in AGB, die nicht abgedruckt sind Der Bundesgerichtshof hat entschieden247, dass für eine Einbeziehung in den Verbraucherverkehr ein solcher Verweis nur dann ausreichend ist, wenn der Ver246 247
Däubler-Gmelin, Neue Juristische Wochenschrift 2001, 2281. BGH, Urt. v. 19.01.2005 – XII ZR 107/01, Neue Juristische Wochenschrift 2005, 1183 (1184).
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3 Aktuelle Gerichtsentscheidungen
wender mit Sicherheit erwarten kann, dass die nicht mit abgedruckten AGB dem Kunden bereits bekannt sind, weil keiner in der Branche ohne Kenntnis dieser zusätzlichen Bedingungen tätig werden würde. Es erscheint kaum zweifelhaft, dass dieser Grundgedanke auch auf die Bewertung der Billigkeit nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB bei Verträgen zwischen Unternehmern übertragen würde.
3.2 Garantieverträge Im Jahre 2005 hat der Bundesgerichtshof248 entschieden, dass es einen Verstoß gegen das Transparenzgebot darstellt, wenn Gesellschafter über den Umfang einer übernommenen Garantieverpflichtung im Unklaren bleiben. Das gilt insbesondere dann, wenn der Gesellschafter nicht erkennen kann, ob er selbst dann zur Zahlung aus der Garantie – bei Nichterfüllung der Zahlungsverpflichtung des Franchisenehmers – in Anspruch genommen werden kann, wenn ihm gegenüber dem Franchisegeber Gegenrechte zustehen, etwa, weil die Zahlungsverpflichtungen der Gesellschaft selbst als Franchisenehmerin nicht entstanden oder entfallen sind. Es stellt nach einem Urteil aus dem Jahre 2007249 auch einen Verstoß gegen das Verbot unangemessener Benachteiligung dar, wenn in einer Reparaturkostengarantie die Garantieleistung bei Überschreitung des Wartungsintervalls, hier war es ein Kraftfahrzeug, ausgeschlossen wird und die Klausel nicht dahin gehend differenziert, ob die Überschreitung des Wartungsintervalls für den eingetretenen Schaden ursächlich geworden ist.
3.3 Mietverträge Der 8. Senat des Bundesgerichtshofs hat 2006250 die Klausel „Der Mieter ist verpflichtet, während der Dauer des Mietverhältnisses notwendig werdende Schönheitsreparaturen auszuführen. Auf die üblichen Fristen wird insoweit Bezug genommen.“ für unwirksam gehalten. Zum einen sei sie nicht hinreichend transparent, zum anderen benachteiligten starre Fristen den Mieter unangemessen. Denn er würde
248
249
250
BGH, Urt. v. 26.10.2005 – VIII ZR 48/05, Neue Juristische Wochenschrift 2006, 996 (997). BGH, Urt. v. 17.10.2007 – VIII ZR 251/06, Neue Juristische Wochenschrift 2008, 214 (215). BGH, Urt. v. 05.04.2006 – VIII ZR 106/05, Neue Juristische Wochenschrift 2006, 2113.
3.3 Mietverträge
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verpflichtet, unnötige Schönheitsreparaturen durchzuführen. Insbesondere die Bezugnahme auf die üblichen Fristen verstoße gegen das Transparenzgebot. Anderes lässt derselbe Senat da gelten, wo die Fristen nicht starr sondern als Anhaltpunkte für den Regelfall formuliert sind251. Unwirksam sei eine Renovierungsklausel aber nur dann, wenn sie sich auf die Mietzeit beziehe, wenn dadurch der Mieter verpflichtet wird, während der Mietzeit in bestimmter Weise zu renovieren252. Anders verhält es sich mit der Endrenovierungsklausel „Lackierte Holzteile sind in dem Farbton zurückzugeben, wie er bei Vertragsbeginn vorgegeben war; farbig gestrichene Holzteile können auch in Weiß oder hellen Farbtönen gestrichen zurückgegeben werden.“ Denn die Verpflichtung des Mieters, die Mieträume in einer die Vermietung erleichternden Farbgebung, die der Vermieter angemessen definieren darf, zurück zu geben, benachteiligt den Mieter nicht unangemessen.253 Manche Mieter würden zwar aufgrund der Endrenovierungsklausel schon während der Mietzeit eine andere Farbwahl unterlassen oder sich bei einem Neuanstrich der Holzteile von der vorgegebenen Farbauswahl leiten lassen, um zu vermeiden, beim Auszug den Anstrich erneuern zu müssen. Diese faktische Einschränkung der Freiheit des Mieters sei aber hinzunehmen. Auf der Grundlage dieser Überlegungen und ohne Bedenken gegen die Transparenz der Klausel hat der Bundesgerichtshof nachstehende Klausel unter Anwendung des § 307 BGB für wirksam gehalten: „Der Mieter verpflichtet sich, während der Mietzeit die erforderlichen Schönheitsreparaturen innerhalb der Wohnung durchzuführen. Zu den Schönheitsreparaturen gehören: Das Tapezieren, Anstreichen der Wände und der Decken, das Pflegen und Reinigen der Fußböden, das Streichen der Innentüren, der Fenster und Außentüren von innen sowie das Streichen der Heizkörper und Versorgungsleitungen innerhalb der Wohnung. Die Arbeiten sind handwerksgerecht auszuführen. Üblicherweise werden Schönheitsreparaturen in den Mieträumen in folgenden Zeiträumen erforderlich sein: – in Küchen, Bädern und Duschen alle drei Jahre, – in Wohn- und Schlafräumen, Fluren, Dielen und Toiletten alle fünf Jahre, 251
252
253
BGH, Urt. v. 13.07.2005 – VIII ZR 351/04, Neue Juristische Wochenschrift 2005, 3416. BGH, Urt. v. 18.02.2009 – VIII ZR 166/08, Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht 2009, 313. BGH, Urt. v. 22.10.2008 – VIII ZR 283/07, Neue Juristische Wochenschrift 2009, 62.
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3 Aktuelle Gerichtsentscheidungen
– in anderen Nebenräumen alle sieben Jahre. Demgemäß sind die Mieträume zum Ende des Mietverhältnisses in dem Zustand zurückzugeben, der bestehen würde, wenn der Mieter die ihm nach Ziffer 2 obliegenden Schönheitsreparaturen durchgeführt hätte. Lackierte Holzteile sind in dem Farbton zurückzugeben, wie er bei Vertragsbeginn vorgegeben war; farbig gestrichene Holzteile können auch in Weiß oder hellen Farbtönen gestrichen zurückgegeben werden.“ Die Strenge der Beurteilung der Rückgabepflicht rechtfertigt es, zu erwarten, dass eine im Rahmen der vom Bundesgerichtshof akzeptierten sehr weitgehenden Klausel formulierte Rückgabeklausel auch bei gewerblicher Miete zwischen Unternehmern wirksam sein wird.
3.4 Sicherung von Gewährleistungsansprüchen Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers, die einen Einbehalt zur Sicherung der Gewährleistungsansprüche vorsieht, der durch Bürgschaft auf erstes Erfordern abgelöst werden kann, ist auch dann unwirksam gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, wenn dem Auftragnehmer die Befugnis eingeräumt wird, die Hinterlegung des Sicherheitseinbehalts zu verlangen254. Diese Entscheidung ist zum Bauvertragsrecht ergangen. Die Grundlage dürfte sein, dass die Bürgschaft auf erstes Erfordern ein Finanzierungsinstrument ist, das gefährlich ist und mit dem auch Unternehmer nicht immer vertraut sind. Die Bürgschaft auf erstes Erfordern beschränkt die Abwehr von Ansprüchen aus dieser Bürgschaft auf die gerichtliche Geltendmachung, was eine erhebliche Benachteiligung des Verpflichteten darstellt.
3.5 Verjährungsverkürzung Die Verjährung von Schadensersatzansprüchen gegen den Verwalter einer Wohnungseigentumsanlage kann im Rahmen der allgemeinen Rechtslage auch durch Allgemeine Geschäftsbedingungen verkürzt werden. Eine solche Klausel aber, bei der Ansprüche auch bei vorsätzlichem Handeln des Verwalters unabhängig von der Kenntnis des Geschädigten in drei Jahren verjähren, ist unwirksam255. Wirksam dagegen ist eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, hier des Bewachungsgewerbes, nach der eine Schadensersatzforderung innerhalb von 254 255
BGH, Beschl. v. 24.05.2007 – VII ZR 210/06, Wertpapier-Mitteilungen 2007, 1625. OLG München, Beschl. v. 08.11.2006 – 34 Wx 45/06, Neue Juristische Wochenschrift 2007, 227.
3.6 Werkvertrag
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drei Monaten nach der Ablehnung der Einstandspflicht gerichtlich geltend zu machen ist. Sie hält einer Inhaltskontrolle stand256. Das dürfte seine Rechtfertigung darin finden, dass die Belastung durch die Verkürzung der Überlegungsfrist ab Ablehnung der Ansprüche für den Gläubiger nicht so groß ist, dass sie die vom Interesse des Bewachungsunternehmens an Rechtssicherheit motivierte Klausel unbillig erscheinen lässt. Unwirksam ist dagegen eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die die Gültigkeit von Gutscheinen generell auf ein Jahr ab Ausstellungsdatum festgelegt wird. Denn damit wird vom Grundgedanken des BGB, der eine Verjährungsfrist von drei Jahren vorsieht, zum Nachteil des Vertragspartners des Verwenders zu weit abgewichen257.
3.6 Werkvertrag Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers enthaltene Klausel, wonach nur die erbrachten Leistungen des Auftragnehmers vergütet werden und weitergehende Ansprüche ausgeschlossen werden, wenn der Auftraggeber ohne besonderen Grund kündigt, benachteiligt den Auftragnehmer unangemessen und ist unwirksam gemäß § 307 BGB258. Eine solche Klausel ist, ohne dass ein vernünftiger Grund dafür erkennbar wäre, eine erhebliche Abweichung der Regel des § 649 Satz 2 BGB. § 649 BGB. Kündigungsrecht des Bestellers Der Besteller kann bis zur Vollendung des Werkes jederzeit den Vertrag kündigen. Kündigt der Besteller, so ist der Unternehmer berechtigt, die vereinbarte Vergütung zu verlangen; er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. […] Danach kann der Unternehmer mehr, im Ergebnis auch den „Gewinn“ aus der nicht ausgeführten Arbeit, auch bei Kündigung des Bestellers verlangen, weil ihm die vereinbarte Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen zusteht. Ihm dies zu nehmen ist eine Regelung, die den Werkunternehmer, der Vertragspartner des Verwenders ist, unangemessen benachteiligt.
256 257 258
OLG Karlsruhe, Urt. v. 13.06.2007 – 7 U 112/06. LG München I, Urt. v. 05.04.2007 – 12 O 22084/06. BGH, Urt. v. 12.07.2007 – VII ZR 154/06, Der Betrieb 2007, 2143.
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3 Aktuelle Gerichtsentscheidungen
3.7 Wettbewerbsverbot Eine von einem Verleger in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gestellte Klausel, mit der ein Wettbewerbsverbot für die gesamte Laufzeit eines Verlagsvertrages betreffend ein Schulbuch vereinbart wird, ist wegen unangemessener Benachteiligung des Verfassers gemäß § 307 BGB unwirksam259. Es dürfte auch kaum möglich sein, ein solches Wettbewerbsverbot in transparenter Weise aufzustellen und für einen ordnungsgemäßen Ausgleich zwischen den Interessen des Verwenders und seines Vertragspartners, also den Interessen des Verlages und des Verfassers, zu sorgen, wenn keine zeitliche Begrenzung des Wettbewerbsverbots und eine nähere Ausgestaltung seines Umfangs festgestellt werden können.
3.8 Aufrechnungsverbot Ein formularmäßiges Aufrechnungsverbot gegenüber einem Unternehmer mit Forderungen des Geschäftspartners ist nach dem Grundgedanken aus § 309 Nr. 3 BGB unwirksam, es sei denn, die Klausel macht deutlich, dass dem Vertragspartner des Verwenders die Aufrechnung mit unbestrittenen Gegenforderungen unbenommen bleibt260.
3.9 „Änderungen und Irrtümer vorbehalten“ Zwar stellt nicht jeder Hinweis in einem Reklameprospekt eine Allgemeine Geschäftsbedingung dar, jedoch ist es dann eine Allgemeine Geschäftsbedingung, wenn der Empfänger einen Hinweis aufgrund einer objektiven Auslegung so verstehen kann, dass damit der Inhalt eines (vor-)vertraglichen Rechtsverhältnisses geregelt werden soll. Diese Qualität hat jedoch der übliche Hinweis in Prospekten „Änderungen und Irrtümer vorbehalten, Abbildungen ähnlich“ nicht261; allerdings könnte eine solche Prospektgestaltung im Einzelfall wettbewerbswidrig sein und der Verwender dieser Prospekte könnte nach den Regeln des UWG auf Unterlassung oder Schadensersatz in Anspruch genommen werden. Mit der Beurteilung der wettbewerbsrechtlichen (lauterkeitsrechtlichen) Zulässigkeit hat die dargestellte Entscheidung aber nichts zu tun.
259 260
261
OLG München, Urt. v. 14.06.2007 – U (K) 5554/06. BGH, Urt. v. 27.06.2007 – XII ZR 54/05, Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht 2007, 684. OLG Hamm, Urt. v. 29.11.2007 – 17 U 91/07, Wertpapier-Mitteilungen 2008, 499 (500).
3.10 Transparenzgebot
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3.10 Transparenzgebot Die Rechtsprechung hat die Qualität Allgemeiner Geschäftsbedingungen einer blickfangartigen Werbeaussage einer Bank „3,25 % p.a. ab dem ersten Euro“ zugesprochen. Deshalb müsse eine solche Bewerbung gleichzeitig deutlich und unmissverständlich auf wesentliche Einschränkungen des Angebots, die eine begrenzte Laufzeit von zwölf Monaten und die Variabilität des Zinssatzes in der Laufzeit zum Gegenstand haben, hinweisen. Dies dürfte allerdings eher einen Unterlassungsanspruch aus § 8 UWG i.V.m. § 5 UWG (irreführende Werbung) rechtfertigen. Die Werbeaussage könnte allenfalls als Umgehung gem. § 306a BGB dem Regime der Kontrolle allgemeiner Geschäftsbedingungen unterworfen werden. Als Klausel und damit als eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, ist die Werbeaussage jedenfalls kaum anzusehen.
3.11 Unwirksame Gültigkeitsbefristung von Geschenkgutscheinen AGB-Klauseln, die die Gültigkeit von Geschenkgutscheinen regeln, unterliegen auch der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB. Die Belange der mit einem solchen Gutschein Beschenkten sind zu berücksichtigen, obwohl sie nicht Vertragspartner des Klauselverwenders sind. Eine Gültigkeitsbestimmung verstößt gegen das Benachteiligungsverbot des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, wenn sie zum einen um 2/3 von der gesetzlichen dreijährigen Verjährungsfrist abweicht, indem sie eine einjährige formuliert und darüber hinaus die nach Eintritt der Verjährung mögliche Einrede der Aufrechnung, oder die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts ausschließt262.
3.12 Opt-out-Regelung bei einem Rabattsystem Eine AGB-Regelung, die dem Kunden lediglich das Recht einräumt, sein Einverständnis mit der Speicherung seiner Daten und ihrer Verwendung zur schriftlichen Werbeaktion durch Streichen der fraglichen Klausel zu verweigern („Opt-out“), stellt jedenfalls bei einem Rabattsystem, das Kunden ansonsten
262
OLG München, Urt. v. 17.01.2008 – 29 U 3193/07, NJW-Rechtsprechungs-Report 2008, 1233.
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3 Aktuelle Gerichtsentscheidungen
nur wirtschaftliche Vorteile bietet, eine unangemessene Benachteiligung i.S.d. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB dar263.
3.13 Mindeststreitwert in Schiedsklauseln Eine Schiedsklausel, die einen bloßen Verweis auf eine bestimmte Schiedsverfahrensordnung beinhaltet, die wiederum unabhängig vom konkreten Streitwert einen Mindeststreitwert von EUR 10.000,00 festlegt, ist überraschend i.S.d. § 305c BGB264. Eine solche Klausel dürfte auch wegen des Verweises auf ein anderes Klauselwerk, das nicht zu erreichen ist, kaum wirksam vereinbart worden sein.
3.14 Vertrauensschutz Dem Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen, die sich aufgrund einer Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung als unwirksam erweisen, ist grundsätzlich kein Vertrauensschutz zuzubilligen. An die Stelle der neuerlich unzulässigen Klausel tritt vielmehr gemäß § 306 Abs. 2 BGB die dispositive gesetzliche Regelung, die durch die Klausel geändert wurde265.
263
264
265
OLG Köln, Urt. v. 14.12.2007 – 6 U 121/07, Neue Juristische Online-Zeitschrift 2008, 2839. LG Dortmund, Urt. v. 29.05.2007 – 23 S 5/07, NJW-Rechtsprechungs-Report 2008, 441. BGH, Urt. v. 05.03.2008 – VIII ZR 95/07, Neue Juristische Wochenschrift 2008, 1438 (1439).
Gesetzestext
§ 305 BGB. Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in den Vertrag (1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind. (2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss 1. die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und 2. der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen, und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist. (3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren. § 305a BGB. Einbeziehung in besonderen Fällen Auch ohne Einhaltung der in § 305 Abs. 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Erfordernisse werden einbezogen, wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist, 1. die mit Genehmigung der zuständigen Verkehrsbehörde oder auf Grund von internationalen Übereinkommen erlassenen Tarife und Ausführungsbestimmungen der Eisenbahnen und die nach Maßgabe des Personenbeför-
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derungsgesetzes genehmigten Beförderungsbedingungen der Straßenbahnen, Obusse und Kraftfahrzeuge im Linienverkehr in den Beförderungsvertrag, 2. die im Amtsblatt der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post veröffentlichten und in den Geschäftsstellen des Verwenders bereitgehaltenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen a) in Beförderungsverträge, die außerhalb von Geschäftsräumen durch den Einwurf von Postsendungen in Briefkästen abgeschlossen werden, b) in Verträge über Telekommunikations-, Informations- und andere Dienstleistungen, die unmittelbar durch Einsatz von Fernkommunikationsmitteln und während der Erbringung einer Telekommunikationsdienstleistung in einem Mal erbracht werden, wenn die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der anderen Vertragspartei nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten vor dem Vertragsschluss zugänglich gemacht werden können § 305b BGB. Vorrang der Individualabrede Individuelle Vertragsabreden haben Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen. § 305c BGB. Überraschende und mehrdeutige Klauseln (1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil. (2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders. § 306 BGB. Rechtsfolgen bei Nichteinbeziehung und Unwirksamkeit (1) Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam, so bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam. (2) Soweit die Bestimmungen nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam sind, richtet sich der Inhalt des Vertrags nach den gesetzlichen Vorschriften. (3) Der Vertrag ist unwirksam, wenn das Festhalten an ihm auch unter Berücksichtigung der nach Absatz 2 vorgesehenen Änderung eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei darstellen würde.
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§ 306a BGB. Umgehungsverbot Die Vorschriften dieses Abschnitts finden auch Anwendung, wenn sie durch anderweitige Gestaltungen umgangen werden. § 307 BGB. Inhaltskontrolle (1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. (2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung 1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder 2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. (3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein. § 308 BGB. Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist insbesondere unwirksam 1. (Annahme- und Leistungsfrist) eine Bestimmung, durch die sich der Verwender unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Fristen für die Annahme oder Ablehnung eines Angebots oder die Erbringung einer Leistung vorbehält; ausgenommen hiervon ist der Vorbehalt, erst nach Ablauf der Widerrufs- oder Rückgabefrist nach § 355 Abs. 1 und 2 und § 356 zu leisten; 2. (Nachfrist) eine Bestimmung, durch die sich der Verwender für die von ihm zu bewirkende Leistung abweichend von Rechtsvorschriften eine unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Nachfrist vorbehält; 3. (Rücktrittsvorbehalt) die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, sich ohne sachlich gerechtfertigten und im Vertrag angegebenen Grund von seiner Leistungspflicht zu lösen; dies gilt nicht für Dauerschuldverhältnisse;
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4. (Änderungsvorbehalt) die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist; 5. (Fingierte Erklärungen) eine Bestimmung, wonach eine Erklärung des Vertragspartners des Verwenders bei Vornahme oder Unterlassung einer bestimmten Handlung als von ihm abgegeben oder nicht abgegeben gilt, es sei denn, dass a) dem Vertragspartner eine angemessene Frist zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung eingeräumt ist und b) der Verwender sich verpflichtet, den Vertragspartner bei Beginn der Frist auf die vorgesehene Bedeutung seines Verhaltens besonders hinzuweisen; 6. (Fiktion des Zugangs) eine Bestimmung, die vorsieht, dass eine Erklärung des Verwenders von besonderer Bedeutung dem anderen Vertragsteil als zugegangen gilt; 7. (Abwicklung von Verträgen) eine Bestimmung, nach der der Verwender für den Fall, dass eine Vertragspartei vom Vertrag zurücktritt oder den Vertrag kündigt, a) eine unangemessen hohe Vergütung für die Nutzung oder den Gebrauch einer Sache oder eines Rechts oder für erbrachte Leistungen oder b) einen unangemessen hohen Ersatz von Aufwendungen verlangen kann; 8. (Nichtverfügbarkeit der Leistung) die nach Nummer 3 zulässige Vereinbarung eines Vorbehalts des Verwenders, sich von der Verpflichtung zur Erfüllung des Vertrags bei Nichtverfügbarkeit der Leistung zu lösen, wenn sich der Verwender nicht verpflichtet, a) den Vertragspartner unverzüglich über die Nichtverfügbarkeit zu informieren und b) Gegenleistungen des Vertragspartners unverzüglich zu erstatten. § 309 BGB. Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam 1. (Kurzfristige Preiserhöhungen) eine Bestimmung, welche die Erhöhung des Entgelts für Waren oder Leistungen vorsieht, die innerhalb von vier Monaten nach Vertragsabschluss geliefert oder erbracht werden sollen; dies gilt nicht bei Waren oder Leis-
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tungen, die im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen geliefert oder erbracht werden; 2. (Leistungsverweigerungsrechte) eine Bestimmung, durch die a) das Leistungsverweigerungsrecht, das dem Vertragspartner des Verwenders nach § 320 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zusteht, ausgeschlossen oder eingeschränkt wird oder b) ein dem Vertragspartner des Verwenders zustehendes Zurückbehaltungsrecht, soweit es auf demselben Vertragsverhältnis beruht, ausgeschlossen oder eingeschränkt, insbesondere von der Anerkennung von Mängeln durch den Verwender abhängig gemacht wird; 3. (Aufrechnungsverbot) eine Bestimmung, durch die dem Vertragspartner des Verwenders die Befugnis genommen wird, mit einer unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderung aufzurechnen; 4. (Mahnung, Fristsetzung) eine Bestimmung, durch die der Verwender von der gesetzlichen Obliegenheit freigestellt wird, den anderen Vertragsteil zu mahnen oder ihm eine Frist für die Leistung oder Nacherfüllung zu setzen; 5. (Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen) die Vereinbarung eines pauschalierten Anspruchs des Verwenders auf Schadensersatz oder Ersatz einer Wertminderung, wenn a) die Pauschale den in den geregelten Fällen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden oder die gewöhnlich eintretende Wertminderung übersteigt oder b) dem anderen Vertragsteil nicht ausdrücklich der Nachweis gestattet wird, ein Schaden oder eine Wertminderung sei überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger als die Pauschale; 6. (Vertragsstrafe) eine Bestimmung, durch die dem Verwender für den Fall der Nichtabnahme oder verspäteten Abnahme der Leistung, des Zahlungsverzugs oder für den Fall, dass der andere Vertragsteil sich vom Vertrag löst, Zahlung einer Vertragsstrafe versprochen wird; 7. (Haftungsausschluss bei Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit und bei grobem Verschulden) a) (Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit) ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, die auf einer fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder einer vorsätzlichen
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oder fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen; b) (Grobes Verschulden) ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für sonstige Schäden, die auf einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen; die Buchstaben a und b gelten nicht für Haftungsbeschränkungen in den nach Maßgabe des Personenbeförderungsgesetzes genehmigten Beförderungsbedingungen und Tarifvorschriften der Straßenbahnen, Obusse und Kraftfahrzeuge im Linienverkehr, soweit sie nicht zum Nachteil des Fahrgastes von der Verordnung über die Allgemeinen Beförderungsbedingungen für den Straßenbahn- und Obusverkehr sowie den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen vom 27. Februar 1970 abweichen; Buchstabe b gilt nicht für Haftungsbeschränkungen für staatlich genehmigte Lotterie- oder Ausspielverträge; 8. (Sonstige Haftungsausschlüsse bei Pflichtverletzung) a) (Ausschluss des Rechts, sich vom Vertrag zu lösen) eine Bestimmung, die bei einer vom Verwender zu vertretenden, nicht in einem Mangel der Kaufsache oder des Werks bestehenden Pflichtverletzung das Recht des anderen Vertragsteils, sich vom Vertrag zu lösen, ausschließt oder einschränkt; dies gilt nicht für die in der Nummer 7 bezeichneten Beförderungsbedingungen und Tarifvorschriften unter den dort genannten Voraussetzungen; b) (Mängel) eine Bestimmung, durch die bei Verträgen über Lieferungen neu hergestellter Sachen und über Werkleistungen aa) (Ausschluss und Verweisung auf Dritte) die Ansprüche gegen den Verwender wegen eines Mangels insgesamt oder bezüglich einzelner Teile ausgeschlossen, auf die Einräumung von Ansprüchen gegen Dritte beschränkt oder von der vorherigen gerichtlichen Inanspruchnahme Dritter abhängig gemacht werden; bb) (Beschränkung auf Nacherfüllung) die Ansprüche gegen den Verwender insgesamt oder bezüglich einzelner Teile auf ein Recht auf Nacherfüllung beschränkt werden, sofern dem anderen Vertragsteil nicht ausdrücklich das Recht vorbehalten wird, bei Fehlschlagen der Nacherfüllung zu mindern oder, wenn nicht eine Bauleistung Gegenstand der Mängelhaftung ist, nach seiner Wahl vom Vertrag zurückzutreten; cc) (Aufwendungen bei Nacherfüllung)
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die Verpflichtung des Verwenders ausgeschlossen oder beschränkt wird, die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten, zu tragen; dd) (Vorenthalten der Nacherfüllung) der Verwender die Nacherfüllung von der vorherigen Zahlung des vollständigen Entgelts oder eines unter Berücksichtigung des Mangels unverhältnismäßig hohen Teils des Entgelts abhängig macht; ee) (Ausschlussfrist für Mängelanzeige) der Verwender dem anderen Vertragsteil für die Anzeige nicht offensichtlicher Mängel eine Ausschlussfrist setzt, die kürzer ist als die nach dem Doppelbuchstaben ff zulässige Frist; ff) (Erleichterung der Verjährung) die Verjährung von Ansprüchen gegen den Verwender wegen eines Mangels in den Fällen des § 438 Abs. 1 Nr. 2 und des § 634a Abs. 1 Nr. 2 erleichtert oder in den sonstigen Fällen eine weniger als ein Jahr betragende Verjährungsfrist ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn erreicht wird; 9. (Laufzeit bei Dauerschuldverhältnissen) bei einem Vertragsverhältnis, das die regelmäßige Lieferung von Waren oder die regelmäßige Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen durch den Verwender zum Gegenstand hat, a) eine den anderen Vertragsteil länger als zwei Jahre bindende Laufzeit des Vertrags, b) eine den anderen Vertragsteil bindende stillschweigende Verlängerung des Vertragsverhältnisses um jeweils mehr als ein Jahr oder c) zu Lasten des anderen Vertragsteils eine längere Kündigungsfrist als drei Monate vor Ablauf der zunächst vorgesehenen oder stillschweigend verlängerten Vertragsdauer; dies gilt nicht für Verträge über die Lieferung als zusammengehörig verkaufter Sachen, für Versicherungsverträge sowie für Verträge zwischen den Inhabern urheberrechtlicher Rechte und Ansprüche und Verwertungsgesellschaften im Sinne des Gesetzes über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten; 10. (Wechsel des Vertragspartners) eine Bestimmung, wonach bei Kauf-, Darlehens-, Dienst- oder Werkverträgen ein Dritter an Stelle des Verwenders in die sich aus dem Vertrag ergebenden Rechte und Pflichten eintritt oder eintreten kann, es sei denn, in der Bestimmung wird a) der Dritte namentlich bezeichnet oder
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b) dem anderen Vertragsteil das Recht eingeräumt, sich vom Vertrag zu lösen; 11. (Haftung des Abschlussvertreters) eine Bestimmung, durch die der Verwender einem Vertreter, der den Vertrag für den anderen Vertragsteil abschließt, a) ohne hierauf gerichtete ausdrückliche und gesonderte Erklärung eine eigene Haftung oder Einstandspflicht oder b) im Falle vollmachtsloser Vertretung eine über § 179 hinausgehende Haftung auferlegt; 12. (Beweislast) eine Bestimmung, durch die der Verwender die Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragsteils ändert, insbesondere indem er a) diesem die Beweislast für Umstände auferlegt, die im Verantwortungsbereich des Verwenders liegen, oder b) den anderen Vertragsteil bestimmte Tatsachen bestätigen lässt; Buchstabe b gilt nicht für Empfangsbekenntnisse, die gesondert unterschrieben oder mit einer gesonderten qualifizierten elektronischen Signatur versehen sind; 13. (Form von Anzeigen und Erklärungen) eine Bestimmung, durch die Anzeigen oder Erklärungen, die dem Verwender oder einem Dritten gegenüber abzugeben sind, an eine strengere Form als die Schriftform oder an besondere Zugangserfordernisse gebunden werden. § 310 BGB. Anwendungsbereich (1) § 305 Abs. 2 und 3 und die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in den §§ 308 und 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 findet § 307 Abs. 1 und 2 auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung. (2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von
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Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser. (3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung: 1. Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden; 2. § 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 29a des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte; 3. bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen. (4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.
Ausgewählte Literatur
Baumbach, Adolf/Lauterbach, Wolfgang: Kommentar zur Zivilprozessordnung, 66. Auflage 2008 Berger, Klaus-Peter: Einbeziehung von AGB in B2B-Verträge, Zeitschrift für das gesamte Schuldrecht 2004, 415-422 Däubler-Gmelin, Herta: Die Entscheidung für die so genannte Große Lösung bei der Schuldrechtsreform – Zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts, Neue Juristische Wochenschrift 2001, 2281-2289 Erman, Walter: Handkommentar zum BGB, 12. Auflage 2008 Graf von Westphalen, Friedrich: Produkthaftungshandbuch, Band 1, 2. Auflage 1997 Vertragsrecht und AGB- Klauselwerke, 2009 Allgemeine Einkaufsbedingungen nach neuem Recht, 4. Auflage 2003 Grigoleit, Hans Christoph: Rechtsfolgenspezifische Analyse „besonderer“ Informationspflichten am Beispiel der Reformpläne für den E-Commerce, Wertpapier-Mitteilungen 2001, 597-604 Hefermehl, Wolfgang/Köhler, Helmut/Bornkamm, Joachim: Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, Kommentar, 27. Auflage 2009 Köhler, Helmut: Konkurrentenklage gegen die Verwendung unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen?, Neue Juristische Wochenschrift 2008, 177181 Löwe, Walter/Graf von Westphalen, Friedrich/Trinkner, Reinhold: Großkommentar zum AGB-Gesetz, 2. Auflage 1985 Münchener Kommentar: Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, §§ 241-432, 5. Auflage 2007 Münchener Kommentar: Kommentar zum Handelsgesetzbuch, Band 6, §§ 373406; 2. Auflage 2007 Palandt, Otto: Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 68. Auflage 2009 Palandt, Otto: Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 61. Auflage 2002
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Ausgewählte Literatur
Prütting, Hanns/Wegen, Gerhard/Weinreich, Gerd: Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 4. Auflage 2009 Staudinger, Julius von: Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, §§ 305-310, Neubearbeitung 2006 Staudinger, Julius von: Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, §§ 433-487, Neubearbeitung 2004 Steckler, Brunhilde: Das Produkthaftungsrisiko im Rahmen von Just-in-timeLieferbeziehungen, Betriebsberater 1993, 1225-1231 Ulmer, Detlef: Online-Vertragsschluss – ein Verfahren wird populär?, Computer und Recht 2002, 208-213 Ulmer/Brandner/Hensen: AGB-Recht, Kommentar, 10. Auflage 2006
Index
A andere Bestimmungen 44 Änderungsbereitschaft 24 Annahmefristen 49 Anpassungsklauseln 85 Auftragsbestätigung 33 Aushandeln 23 Auslegungregel 59 aussagekräftige Überschrift 48 Ausschluss des Eigentumsvorbehalts 106 Ausschluss jeder Gewährleistung 54
B Belehrungsrechtsprechung 24, 25, 26 Beschaffungsrisiko 136 Beschränkung auf Nacherfüllung 114 Beweislast 27 Beweislastumkehr 125 Billigkeit 195 Blue pencil test 63
C CISG 42
D Dinglicher Eigentumsvorbehalt 109
E e-commerce 36 Eigentumsvorbehalt 41 Einbeziehung in den Vertrag V, 22, 37 E-Mailempfangsbestätigungen 35 eng nachfolgende Rechtsgeschäfte 33 Entgegenkommen 27 Erleichterung der Verjährung 124 Erschwernis der Verjährung 125
F Fehlschlagens der Nacherfüllung 117 Formularmäßige Bestätigung 28
G geltungserhaltende Reduktion 61 Geschäftsgrundlage 67 Gleichschritt von AGB-Verbotsnormen im Verbraucher- und Unternehmerverkehr 55 gleichwertig 50 GWB 67
H Haftungsbegrenzung 102
I Individualvertrag 23, 97 Indizwirkung 56 Inhaltskontrolle V, 17, 19, 21, 22, 23, 27, 29, 40, 46, 51, 55, 58, 85, 97, 120, 125, 151, 163, 177, 183, 185, 189 internationaler Rechtsverkehr 34 Internet 32
K kaufmännische Bestätigungsschreiben 33 Kundenfeindliche Auslegung 60 kundenfreundliche Auslegung 60
L Lastschrifteinzug 87 Leistungsänderung 81 Leistungsanpassungsklausel 82
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Index
Leistungsbeschreibung 127 Lieferfristen 49 Lieferzeit unverbindlich 99 Lösungsklausel 95
N Nachfrist 102
P Parteiautonomie VI Präambel 67 Preisanpassung 84 Preisfestsetzungsklausel 86 Profitmaximierung 83
R Rahmenvertrag 22 Rücktrittsvorbehalt 95
S Sach- oder Rechtsmängel 113 Sach- und Vermögensschäden 132 Salvatorischen Klausel 63 Schachtelsätze 63 Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit 132 Schadensersatz 72 Schadenspauschalierung 102 Schuldrechtsmodernisierung V, 136, 179 Schutzbedürftigkeit von Unternehmern 52 Selbstbelieferungs- und Lieferfähigkeitsklauseln 99
T Tagespreisklausel 86 Transparenzgebot 45 triftige Gründe 50
U Überraschende Klauseln 37 Überspannung der Transparenzanforderungen 48 Umgehungsverbot 58 Unangemessenheit einer Klausel 57 Unbillige Klauseln 50 unlauterer Wettbewerb 75 Unsicherheitseinrede 90 UWG 67
V Verhandlungsvermerk 25 Verspätungsschaden 136 Vertragsbausteine 18 Vertragsmuster 18 Vertragsstrafe 102 Verwendung unwirksamer Geschäftsbedingungen 72 Vorfälligkeit 87 Vorformuliert 21
W Wahlrecht zur Art der Nacherfüllung 116
Z Zahlungsfristen 49