Was macht die Mücke beim Wolkenbruch?
Was macht die Mücke beim Wolkenbruch? Neue wunderbare Alltagsrätsel Herausgegeben von Mick O'Hare/New Scientist
Aus dem Englischen von Helmut Reuter Illustrationen von Spike Gerrell
Piper München Zürich
Die Originalausgabe erschien unter dem Titel »The Last Word 2 More questions and answers on everyday science« 2000 bei Oxford University Press, Oxford, New York. »The Last Word 2: New Scientist« was originally published in English in 2000. This translation is published by arrangement with Oxford University Press. Die Übersetzung von »The Last Word 2: New Scientist« (im Jahr 2000 zuerst in englischer Sprache veröffentlicht) erfolgt in Absprache mit dem Verlag Oxford University Press. Für die deutsche Ausgabe wurde der Text an einigen Stellen geringfügig gekürzt.
ISBN 3-492-04344-5 © RBI Magazines Ltd 2000 Deutsche Ausgabe: © Piper Verlag GmbH, München 2002 Gesamtherstellung: Clausen & Bosse, Leck Printed in Germany www.piper. de
Inhalt
Einführung
7
Pflanzen und Tiere
9
Rätsel und Illusionen
43
Seltsame Natur
73
Die Welt der Physik
99
Wie es in der Technik aussieht
121
Haushaltswissenschaft
155
Apparate und Erfindungen
179
Blasen, Flüssigkeiten und Eis
199
Unser Körper
219
Register
235
Einführung
Manche Leute machen sich Gedanken zur Quantenmechanik. Andere fragen sich lieber, warum sich am oberen Ende ihres Fallschirms ein Loch befindet. Einige suchen den Kosmos nach Zeichen außerirdischen Lebens ab. Andere fragen sich, was im Weltall mit ihrem Bier geschehen würde. Manche möchten alle Gene im menschlichen Körper bestimmen, und wieder andere fragen sich einfach, warum Silberpapier ihren Zahnfüllungen schadet. Für jede große Frage, die jemand stellt, gibt es Tausende von kleineren. Dieser zweite Band mit Fragen und Antworten von der »Letzten Seite« der wissenschaftlichen Wochenzeitschrift New Scientist läßt wie sein Vorgänger die kleinen Fragen hochleben, die jedermann stellt, und dazu die Antworten, die die Leser der Zeitschrift unermüdlich liefern. Warum krabbeln Ameisen fröhlich in einem eingeschalteten Mikrowellenherd umher? Macht Schokolade wirklich Flecken? Warum strecken eigentlich manche Menschen ihre Zunge heraus, wenn sie sich sehr konzentrieren? Und es gibt da die Roßkastanien (und in England ein Spiel, das mit ihnen gespielt wird). Ein Leser wollte wissen, wie man sie am besten härten kann! Das förderte nicht nur viele Theorien über die beste Methode zutage, sondern ließ auch nichtbritische Leser anfragen, was es denn mit diesen Kastanien auf sich habe ... Nun, die Antwort ist auf den folgenden Seiten zu finden - wenn Sie einen Sieger (im Kastanienspiel) aufbauen wollen, brauchen Sie nur weiterzulesen. 7
Der erste Band (Warum fallen schlafende Vögel nicht vom Baum?, Piper 2000) erwies sich als erstaunlicher Erfolg, was zwei Jahre später zu diesem zweiten Band geführt hat. Es ist nun schon fast sieben Jahren her, daß die »Letzte Seite« für die Leser des New Scientist eingeführt wurde, und diese haben sie seither begeistert mitgetragen. Es wurden fast 750 Fragen beantwortet (fast alle von Lesern), und die Rubrik ist der bei weitem beliebteste Teil der Zeitschrift. Jede Woche erreichen uns mehr als 200 Fragen, von denen nur ein Bruchteil in der Rubrik erscheinen kann, und die Antworten darauf füllen täglich Postsäcke, Faxkörbe und E-Mail-Archive. Das soll aber nicht heißen, daß weitere Fragen und Antworten nicht willkommen wären. Die Rubrik lebt von wißbegierigen und kenntnisreichen Lesern. Auf der Website des New Scientist (www.newscientist.com) findet sich das komplette Archiv der Fragen und Antworten der »Letzten Seite« sowie eine umfassende Liste unbeantworteter Fragen. Dort können Sie auch neue Fragen für die Rubrik einstellen: Schicken Sie sie per E-Mail an
[email protected] oder per Post an The Last Word, New Scientist Editorial, First Floor, 151 Wardour St, London, W1V 4BN. Viele Leute, die sich vom ersten Band haben anregen lassen, erscheinen jetzt in diesem zweiten Band. Und welche Frage stellen die Leser am häufigsten? Sie fragen, warum der Himmel blau ist - mindestens ein Leser pro Woche will das wissen. Leider ist sie bereits gestellt worden. Falls Sie darauf immer noch neugierig sind, nachdem Sie in diesem Buch alles über Roßkastanien nachgelesen haben, sollten Sie versuchen, sich den ersten Band zu verschaffen: Dort werden Sie die Antwort finden. Mick O'Hare
PFLANZEN UND TIERE
Hummelflug - Luftlinie Frage Meine Freundin sagt, daß es keine Erklärung dafür gibt, weshalb Hummeln fliegen. Anscheinend gelingt es ihnen gegen die Gesetze der Physik. T.S. Norwegen
Antwort Der berüchtigte Fall der »flugunfähigen« Hummel ist ein klassisches Beispiel für den unbekümmerten Umgang mit Annäherungswerten. Jemand hat versucht, eine grundlegende Gleichung aus der Aeronautik auf den Flug der Bienen anzuwenden. Diese Gleichung verknüpft die Antriebskraft, die ein Objekt benötigt, um fliegen zu können, mit seiner Masse und der Oberfläche seiner Tragflügel. Im Fall der Bienen kommt dabei ein extrem hoher Wert heraus - den erforderlichen Betrag an Arbeit kann kein Tier mit einer so geringen Größe aufbringen. Die Gleichung geht jedoch von starren und nicht von auf- und abschlagenden Flügeln aus, was in diesem Fall zu irreführenden Ergebnissen führt. Wenn Gleichungen in der Physik falsche Ergebnisse liefern, bleibt natürlich immer noch die empirische Beobachtung - eine Biene, die so aussieht, als würde sie fliegen, tut es höchstwahrscheinlich wirklich. S.S. Großbritannien
11
Biosphäre Frage Angenommen (natürlich nur hypothetisch, denn andernfalls würde meine Mutter außer sich geraten), ich würde meinen Bruder in einen perfekt abgedichteten Raum stecken - wieviel pflanzliches Leben wäre in diesem Raum für ein beständiges Gleichgewicht zwischen Sauerstoff und Kohlendioxid erforderlich, damit sowohl mein Bruder als auch meine geliebten Pflanzen am Leben bleiben? G.H. USA Antwort Um die Angelegenheit zu vereinfachen, könnten Sie Ihren Bruder durch eine luftdichte Klappe mit Nahrung versorgen. Dann müßten die Pflanzen nur den Sauerstoff für ihn erzeugen. Wenn er die ganze Zeit über nur essen oder dahindösen würde, dürfte er etwa 350 Liter Sauerstoff pro Tag benötigen (diese Sauerstoffmenge ist in 1,7 Kubikmetern Luft enthalten). Im vollen Sonnenlicht wird diese Menge Sauerstoff normalerweise von einer Vegetation hervorgebracht, die zwischen 5 und 20 Quadratmeter Boden beansprucht. Bei einem Einsatz der produktivsten »C4-Pflanzen« (z. B. Zuckerrohr) könnte man die Fläche auf 2,5 Quadratmeter reduzieren. Ihr Bruder würde 350 Liter Kohlendioxid pro Tag ausatmen, wodurch die Pflanzen mit einer Zunahme ihres Trockengewichts um 430 Gramm pro Tag wachsen könnten. Doch jetzt wollen wir Wasser in den Wein gießen. Angenommen, die Fenster des Raumes liefern gemeinsam mit der künstlichen Beleuchtung zehn Prozent des Sonnenlichts, dann müssen Sie die erforderliche Anbaufläche für Grünzeug mit 10 multiplizieren. Falls das Licht während der Nacht ausgeschaltet wird, sollten Sie die Fläche noch12
mals verdoppeln - im Winter sogar noch mehr. Die Photosynthese der Pflanzen während des Tages läuft schneller ab als ihre Atmung bei Nacht. Deshalb können Sie ohne weiteres von dem Sauerstoff absehen, den die Pflanzen während der Nacht zusätzlich verbrauchen. Sollten Sie Ihren Bruder nicht mit Nahrungsmitteln versorgen wollen, sondern darauf hoffen, daß er sich allein von den Pflanzen ernähren kann, müssen Sie bedenken, daß der größte Teil der von der Pflanze hervorgebrachten Substanz unverdaulich ist - Sie müssen die Fläche also nochmals verdoppeln. Wenn der in den nicht eßbaren Pflanzenteilen sowie den Ausscheidungen Ihres Bruders enthaltene Kohlenstoff im Stoffkreislauf bleiben soll, müßte dieser zu Kohlendioxid abgebaut oder verbrannt werden. Falls Ihr Bruder also ein gut ausgebildeter Pflanzenphysiologe ist, dürfte diese anspruchsvolle Biosphäre aus einem pflanzengefüllten Raum von etwa 20 Quadratmetern bestehen. Berechnungsgrundlage ist der tägliche Energiebedarf eines dösenden Erwachsenen, rd. 1750 Kilokalorien. 100 Gramm Saccharose entsprechen 400 Kilokalorien. Ein Erwachsener benötigt also 1750:400 = 438 Gramm Saccharose pro Tag, das entspricht 1,28 Mol.* Zur Veratmung dieser Menge werden täglich 1,28x12 = 15,36 Mol Sauerstoff benötigt. (Ein Mol Gas nimmt ein Volumen von 22,4 Litern ein, das entspricht also 15,36x22,4 = 344 Liter reinen Sauerstoffs pro Tag.) Die Photosynthese von Pflanzen im Freiland bindet unter optimalen Bedingungen zwischen 10 und 30 Mikromol (bei C4-Pflanzen bis zu 70) Kohlendioxid pro Quadratmeter Pflanzenoberfläche und Sekunde (0,86 bis 6,05 Mol
physikalisch-chemische Bezugseinheit der Stoffmenge - Anm. d. Ü.
13
pro Quadratmeter täglich). Für jedes gebundene Mol Kohlendioxid setzen die Pflanzen jeweils ein Mol Sauerstoff frei. Für weniger produktive Pflanzen werden deshalb ungefähr 18 Quadratmeter Anbaufläche benötigt, dagegen kann bei C4-Pflanzen dieser Wert bis auf 2,5 Quadratmeter sinken. S.F. Institut für Zell- und Molekularbiologie der Universität Edinburgh, Großbritannien
Antwort Diese Frage hat große Bedeutung für unsere Zukunft im Weltraum. In den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts führten russische Wissenschaftler die ersten Versuche mit unbemannten Ökosystemen durch. Das führte 1965 zu der bemannten geschlossenen Anlage Bios-3, einem Habitat von 315 Kubikmetern am Biophysikalischen Institut in Krasnojarsk in Sibirien. Algen der Gattung Chlorella, die Photosynthese betreiben, dienten dazu, die von Menschen ausgeatmete Luft aufzubereiten. Diese Algen, unter künstlichem Licht kultiviert, nahmen das Kohlendioxid auf und gaben dafür Sauerstoff ab. Um ein Gleichgewicht zwischen Sauerstoff und Kohlendioxid zu erzielen, benötigte ein Mensch 8 Quadratmeter der belichteten Chlorellae. Die Tanks mit den Algen hatte man übereinandergestapelt, so daß weniger als 8 Quadratmeter Bodenfläche erforderlich waren. Wasser und Nährstoffe waren vorher eingelagert worden - auch diese wurden im Stoffkreislauf geführt. 1968 hatte das System bei der Wiederverwertung von Wasser einen Nutzungsgrad von 85 Prozent erreicht. In Bios-3 wurden mit zwei und drei Personen Tests durchgeführt, die bis zu 6 Monaten dauerten. Auch die NASA unternimmt Versuche mit kontrollierten ökologischen Systemen zur Lebenserhaltung. Eines 14
ihrer wichtigsten Systeme ist eine Kammer zur Produktion von Biomasse, eine hermetisch verschließbare Stahlkammer mit etwa 3,5 Metern Durchmesser und 7,5 Metern Höhe, deren Anbaufläche für Pflanzen 20 Quadratmeter umfaßt. 1989 stellte die NASA das Projekt BioHome fertig, das biogenerative Komponenten zum Recycling von Luft, Wasser und Nährstoffen aus menschlichen Abfällen in einem geschlossenen Habitat zusammenführte. R. V. Deutschland
Apfeltour Frage Im Herbst 1994 pflanzte ich einen Apfelbaum der Sorte »Cox Orange Pippin« neben einen der Sorte »Bramley«. Im Herbst 1995 brachte jeder der beiden eine kleine Ernte der entsprechenden Varietät. Im Herbst 1996 wuchsen auf dem Cox-Baum ein paar kleine Cox-Äpfel; der Bramley aber trug leicht säuerliche Früchte, die wie Cox-Äpfel aussahen - während der Apfelblüte hatte es Frost und schwere Stürme gegeben. Kann mir jemand erklären, was da passiert ist und was ich im Herbst 1997 erwarten kann? Sage mir bitte keiner, es würden »Gold Delicious« werden. A.P. Großbritannien Antwort Viele Apfelsorten (dazu gehört auch Cox) sind aiploid (sie besitzen zwei Chromosomensätze); ihre Pollen befruchten andere Apfelbäume in der Nähe, vorausgesetzt, die Blütezeiten überlappen sich. Der Bramley ist triploid (er besitzt drei Chromosomensätze) und erzeugt nur wenig brauchbare Pollen; so spielt er als Pollenspen15
der praktisch keine Rolle. Deshalb braucht er für die eigene Bestäubung zwei andere diploide Sorten, die sich ihrerseits wechselseitig befruchten. Es könnte sein, daß der fragliche Bramley-Setzling in Wahrheit gar kein echter Bramley war. J.R. Großbritannien
Siegreiche Kampfkastanien Frage Dem Rat eines Freundes zufolge kann man eine Kastanie vor einem Kastanienduell (engl.: conkers) härten, indem man sie bäckt. In meiner Kindheit hat man mir, wie ich mich erinnere, gesagt, daß man Kastanien in Essig einlegen soll, um sie zu härten. Mit welchem Verfahren erhält man Siegerkastanien und weshalb? F.G. Per E-Mail, ohne Adressenangabe
Antwort Wenn man Kastanien härten will, ist es am einfachsten und besten, sie bis zum nächsten Jahr in einer Schublade aufzubewahren. Hat man die Schnüre jedoch nicht durchgezogen, solange die Früchte noch frisch und weich waren, muß man allerdings bohren. Sowohl meine Kinder als auch meine Enkel haben das Spiel mit den von mir aufgehobenen Kastanien ausgefochten, die zum Teil mehr als 50 Jahre alt waren. Sie sind nie besiegt worden. F. G. Großbritannien 16
Antwort Ich nehme seit etwa 50 Jahren an Kastamenduellen teil und tränke sie immer mit Essig. Dadurch härten sie zu Siegerkastanien aus. Mit dieser Methode war ich so lange zufrieden, bis ich vor einigen Jahren von jemandem geschlagen wurde, der seine Kastanie mit Oil of Olaz eineeschmiert hatte. Anscheinend wurde die Kastanie dadurch geschmeidiger und konnte den Aufprall meiner preisgewohnten Kastanie absorbieren. M.D. Großbritannien Antwort Kampfkastanien lassen sich weder durch Bakken noch durch Einlegen in Essig härten. Wenn man Kastanien bäckt, werden sie mürbe, was dazu führt, daß sie mit einem einzigen Schlag von ihrer Schnur getrennt werden. Essig läßt das Innere verrotten. Auch das Lackieren, eine andere verwendete Methode, ist unwirksam (und leicht nachzuweisen). In Wahrheit muß man überhaupt nichts tun, um eine Kastanie zu härten. Man muß ganz einfach vermeiden, Kastanien aus der laufenden Saison einzusetzen (die Kastanienkämpfe werden offenkundig im Herbst ausgetragen), und statt dessen alte verwenden. Diese Früchte sind problemlos zu erkennen - sie haben keine glänzende, kastanienbraune Schale, sondern sehen stumpf und dunkel, vielleicht sogar schwarz aus. Und schließlich sollte man das Loch für die Schnur so eng wie möglich machen. N.A. Großbritannien
17
Antwort Um eine Kampfkastanie unbesiegbar zu machen, legt man sie am besten für ein Jahr beiseite und setzt sie erst in der folgenden Saison ein, oder man beschleunigt diesen Vorgang, indem man sie bäckt. Dazu legt man all seine Kampfkastanien für etwa zwei Stunden bei 120 °C ins Backrohr. Länger sollte man sie auf keinen Fall behandeln, weil dann das Fruchtfleisch verkohlt und brüchig wird. Ansonsten wird das Innere, selbst wenn die Schale bricht, steinhart. In Essig sollte man seine Kampfkastanien keinesfalls einlegen. Obwohl Essig die Schale härtet, weicht er das Fruchtfleisch auf, falls die Schale irgendeine Lücke aufweist - dadurch wird die Kastanie unbrauchbar. P.W. Großbritannien Darüber, wie man am besten unbesiegbare Kastanien erhält, ist jeder Kastanienkämpfer anderer Ansicht. Da solche Diskussionen ein wesentlicher Bestandteil dieser Sportart sind, lassen wir die Frage mit den obigen, vollkommen widersprüchlichen Antworten im Raum stehen. - Die Red. Antwort Die Debatten über Kampfkastanien fand ich faszinierend. Wie ich das sehe, handelt es sich um Roßkastanien, die irgendwie an einer Schnur befestigt sind. Was macht Ihr Engländer eigentlich mit diesen Kastanien? Ich vermute mal, daß es nicht dazugehört, sie am Ende zu essen. J.H. USA
18
Antwort Was ist das eigentlich für ein Spiel? Läuft das wie eine Kissenschlacht ab, nur mit steinharten Kastanien? Manchmal brauchen wir Hinterwäldler in den ehemaligen Kolonien ein wenig Nachhilfe ... J.K. Per E-Mail, ohne Adressenangabe
Kastanienduelle scheinen vorwiegend ein englischer Kampfsport zu sein. Uns ist klargeworden, daß wir unsere internationale Leserschaft aufklären müssen. Kampfkastanien sind die harten Früchte der Roßkastanie. Man sammelt sie im Herbst, befreit sie von ihrer stachligen Hülle und läßt sie reifen. Dann bohrt man ein Loch in die Kastanie und zieht eine Schnur durch. Das umfassende Regelwerk des eigentlichen Wettbewerbs ist kompliziert, doch unter Schulkindern (und groß gewordenen Schulkindern) wird das Spiel zwischen zwei Gegnern ausgetragen, von denen jeder eine Kastanie einsetzt. Der eine läßt die Kastanie an der Schnur frei hängen und hält sie ruhig, während der Gegner seine Kastanie an der Schnur herumschwingt und versucht, die frei hängende Kastanie zu treffen. Dabei kommen die beiden Spieler abwechselnd an die Reihe, bis eine Kastanie so groggy ist, daß sie sich von der Schnur löst. Gewonnen hat der Spieler, dessen Kastanie unbeschädigt ist. Die Aussicht auf Erfolg ist natürlich desto größer, je widerstandsfähiger und härter die Kastanien sind. Wenn es dessen überhaupt bedurft hätte, ist das ein weiterer Beweis für die Besessenheit der Engländer, sich exzentrische und sinnlose Wettbewerbe auszudenken. - Die Red. Antwort In Australien gibt es ein Spiel namens Bullies, das ähnlich gespielt wird wie das englische Kastanienduell. Ich weiß, daß es zumindest zwischen 1900 und 1970 im 19
westlichen Neusüdwales und in Südaustralien gespielt wurde, bevor der TRS-80 und der Commodore 64 auftauchten. Wie die meisten Aussies mit Wurzeln im Busch wissen dürften, ist ein Bully der Same des Quandong-Baums. Dieser weitverbreitete Baum des Buschlands, auch unter dem Namen Wildpfirsich bekannt, benötigt einen Wirtsbaum, um überleben zu können. Er trägt jedes Jahr hellrote saure Früchte mit einem Durchmesser bis zu 40 Millimetern. Über viele Jahre hinweg ist diese Frucht eine Delikatesse für australische Obstkuchen und Marmeladen gewesen, die erst in letzter Zeit auch im Handel erhältlich ist. Der Kern dieser Frucht ist vollkommen rund und hat Vertiefungen wie ein Golfball. Er ist hart wie Stein, sein Durchmesser liegt gewöhnlich bei 20 Millimetern, und im Inneren findet sich die erforderliche Nuß. Es war schwer, ihn zu durchbohren - gute Bullies haben so manchen Bohrersatz der Eltern geschafft. Die Länge der Schnur und die Größe des Spielkreises wurden durch örtliche Regeln festgelegt. Niemand behielt Bullies, die verloren hatten; nach meiner Erinnerung zerbrachen Verlierer ihren Kern. Hitzebehandlung war weder erforderlich noch erwünscht. Bei den meisten Samen des australischen Buschs sind Feuer und Hitze nötig, damit sie keimen können, so daß der Bully durch Erwärmen sicherlich geschwächt würde. Ich weiß nicht, ob es in dieser packenden Sportart internationale Wettbewerbe gibt - für die Olympischen Spiele 2000 in Sydney hätte man sie eigentlich vorschlagen können. Ich würde auf die australischen Bullies wetten. J.B. Per E-Mail, voller Stolz aus Australien
20
Antwort Bei den Conkers-Schulmeisterschaften ist mein Bruder disqualifiziert worden, weil er eine Kastanie eingesetzt hatte, die mit Epoxy-Harz vakuum-imprägniert war. J.M. Großbritannien
Morgennöte Frage
Warum krähen die Hähne am Morgen?
B.W. Per E-Mail, ohne Adressenangabe
Antwort In Wahrheit krähen die Hähne den ganzen Tag über, auch wenn ihr Geschrei in der Morgendämmerung meist am heftigsten ist und vom späten Nachmittag (etwa 15 Uhr) an nachläßt. Meine Hähne konnte ich bis spätestens 17 Uhr 30 (im Sommer) krähen hören. Unmittelbar bei Anbruch des Tages oder kurz davor fangen sie wieder damit an, wie meine Nachbarn bezeugen können. Das hat mich (nach einer gewissen Überzeugungsarbeit seitens der Gemeindeverwaltung) dazu gebracht, den Hühnerstall besser gegen Schall und Lichteinfall abzudichten. Anscheinend können sowohl das Licht als auch der Morgenchor der Vögel die Hähne zum Krähen anregen - mit dieser Antwort markieren sie ihr Revier und imponieren den Hühnerdamen im Hof. Schalldämmung und Verdunkelung sind jedoch nur teilweise erfolgreich, da das Krähen anscheinend auch von der biologischen Uhr des Hahns gesteuert wird. CC. Großbritannien 21
Antwort Die meisten Vögel beteiligen sich an dem sogenannten Morgenchor. Ihr Gesang dürfte vor allem dazu dienen, das jeweilige Revier zu behaupten. Für ungefähr eine halbe Stunde um Sonnenaufgang herum singen mehr Vögel als zu jeder anderen Tageszeit. Da der gewöhnliche Haushahn erheblich lauter schreit als andere Vogel, ist er morgens am auffälligsten. Hähne krähen jedoch nicht immer nur am Morgen. Hätte der Fragesteller am 11. August 1999 Cornwall besucht, hätte er den Morgenchor, einschließlich der Hähne, während der falschen Morgendämmerung am Ende der damaligen totalen Sonnenfinsternis hören können: Sie fand gegen Mittag statt. J.M. Großbritannien Antwort Rache für das Suppenhuhn! S.K. Großbritannien
Fehlkonstruktion Frage Bei der Gartenarbeit sah ich einen Käfer vorbeikrabbeln. Ein falscher Schritt, und er landete auf dem Rücken. Wenn ich nicht eingegriffen hätte, wäre er in dieser Lage geblieben und hätte wahrscheinlich sterben müssen. Wie kommt es, daß diese grundlegende und potentiell tödliche Fehlkonstruktion in Millionen von Jahren der Evolution nicht ausgemerzt wurde? G.P. Großbritannien
22
Antwort Hätte der Briefschreiber den auf dem Rücken liegenden Käfer sich selbst überlassen, wäre dieser nicht bis zu seinem Tod so liegengeblieben. Käfer und andere Insekten verfügen über vielfältige Methoden, sich unter solchen Umständen wieder aufzurichten - schließlich treten diese, wie der Schreiber richtig vermutet, oft und zufällig ein. Am bekanntesten ist die Technik der Schnellkäfer (Elateridae), die sich in die Luft schleudern können. Dazu klinken sie einen stumpfen Dorn aus, der in einer speziellen Vertiefung am Bauch unter Spannung gehalten wird. Wie vielen Lesern aufgefallen sein dürfte, unternimmt der Schnellkäfer oft mehrere Versuche, ehe er wieder auf den Beinen landet, doch mit der Zeit hat er in der Regel Erfolg. Es gibt auch andere, weniger ausgefeilte Tricks, mit denen Käfer ihre Lage korrigieren: Sie breiten die Flügel aus, arbeiten mit den Beinen und schaukeln ihren Körper in Längs- oder Querrichtung. Wer mehr über das Thema erfahren möchte, sollte folgende Arbeit lesen: Comparative righting behaviour of insects (Vergleich des Aufrichtverhaltens von Insekten) von J. T. Chao, Chung Hsing University, Taiwan, 1985. CS. Zoologische Abteilung, University of the West Indies, St. Augustine, Trinidad und Tobago
Antwort Nur eine kleine Zahl von Käfern ist so gebaut, daß diese Art von Problem auftreten kann. Ich habe beispielsweise im Labor mit mehreren Marienkäfer-Arten (Coccinellidae) gearbeitet, und die meisten sind in der Lage, relativ leicht wieder auf die Beine zu kommen. Es sind eher die größeren Arten mit stark gekrümmten Deckflügeln, die sich auf dem Rücken liegend wiederfin23
den. Marienkäfer, die auf einer glatten Oberfläche auf dem Rücken zu liegen kommen, entfalten schließlich ihre häutigen hinteren Flügel, die normalerweise unter den Deckflügeln verborgen sind, und richten sich mit deren Hilfe wieder auf. Demnach lautet ein Teil der Antwort, daß nur sehr wenige Arten auf dem Rücken landen; wenn es dennoch passiert, können sie sich am Ende mit Hilfe ihrer Hinterflügel umdrehen. Während der in langen Zeiträumen ablaufenden Evolution sind Käfer, die sich in Wäldern der gemäßigten Zone und im Grasland entwickelt haben, wahrscheinlich recht selten auf vollkommen glatte Oberflächen oder nackte Erde gestoßen, die völlig frei von Pflanzenabfällen waren. Unter normalen Bedingungen dürften Grashalme, abgefallene Blätter und Stengel einen ausreichenden Halt für Käfer geboten haben, wenn diese durch Zufall in die Rükkenlage gerieten. Der schützende Panzer läßt Käfer seltener Räubern zum Opfer fallen und bietet zahlreiche weitere Vorteile, die eine gelegentliche Landung auf dem Rücken bei weitem aufwiegen. All das hat zum enormen evolutionären Erfolg der Käfer beigetragen. Sowohl nach absoluten Zahlen als auch nach der Anzahl der Arten sind Käfer die erfolgreichste Tiergruppe auf unserem Planeten. T.L. Zentrtim zur Erforschung tierischer Schädlinge, Ontario, Kanada Antwort Ich habe so meine Zweifel, ob der betreffende Käfer ein gesundes Exemplar war, das einfach nur durch Zufall umgefallen ist und sich nicht mehr umdrehen konnte. Wahrscheinlicher dürfte es ein altes, krankes oder geschwächtes Tier gewesen sein, das am Ende seiner Lebensspanne angekommen war. Käfer in diesem Zustand verlieren ihre Beweglichkeit und Koordinationsfähigkeit 24
so weitgehend, daß ihr Gang sehr instabil wird. Setzt man sie auf eine harte, ebene Oberfläche, fallen sie häufig auf den Rücken und schaffen es nicht mehr, sich wieder aufzurichten. Ich habe das unzählige Male bei einer Reihe von Käferarten beobachtet. Ich bin in der Nähe von Milwaukee in Wisconsin (USA) aufgewachsen. Dort gab es eine ziemlich große Population von Carabus nemoralis, einer Laufkäferart, die aus Europa in die USA eingeschleppt worden ist. Auf dem Bürgersteig fand ich häufig Käfer, die auf dem Rücken lagen. So oft man sie auch umdrehte, landeten sie stets wieder auf dem Rücken und verendeten bald darauf. Ich konnte auch Käfer beobachten, die aus dem Bewuchs am Rand der Bürgersteige kamen, nur um sogleich in Rükkenlage zu geraten. Setzte man diese Käfer wieder auf die Beine, selbst inmitten der Pflanzen, taumelten sie umher und fielen erneut auf den Rücken, wenn sie den Gehweg erreichten. Deswegen habe ich den Verdacht, daß die »unzulängliche« Konstruktion in Wahrheit darauf beruht, daß ohnehin sterbende Käfer auf eine glatte, harte Oberfläche trafen, wie man sie in der Natur normalerweise nicht vorfindet. Angesichts der Tatsache, daß ungefähr jedes fünfte Lebewesen ein Käfer ist und daß diese Tiere praktisch alle bekannten Lebensräume und Nischen besetzt haben, würde ich eher sagen, daß Käfer in Wahrheit sehr gut konstruierte Tiere sind. D.H. Per E-Mail, ohne Adressenangabe
25
Ei, genau Frage Warum sind die meisten Eier so geformt, wie wir das kennen? M. W. Großbritannien Antwort Für die eigentümliche Form der Eier gibt es mehrere Gründe. Zum einen können sie so im Nest enger und mit kleineren Zwischenräumen aneinanderliegen. Dadurch wird der Wärmeverlust verringert und der verfügbare Platz im Nest optimal genutzt. Zudem rollt das Ei, wenn es in Bewegung gerät, im Kreis um sein verjüngtes Ende. Das heißt, auf einer (annähernd) ebenen Oberfläche dürfte das Ei nicht so leicht davon- oder gar aus dem Nest herausrollen. Drittens ist die charakteristische Eiform für den Vogel beim Legen angenehmer (vorausgesetzt, das runde Ende tritt zuerst aus) als die Kugel- oder die Zylinderform. Zum Schluß noch der wichtigste Grund: Die Form der Hühnereier ist perfekt an Eierbecher und Eierhalter in den Kühlschranktüren angepaßt. Das ist bei keiner anderen Form der Fall. A. W. Großbritannien Antwort Die meisten Eier sind eiförmig (ovoid), weil die Struktur von Eiern mit Ecken oder Kanten schwächer wäre; außerdem wären sie eindeutig mühsam zu legen. Eine Kugel hätte die stärkste Struktur, doch kugelförmige Eier würden wegrollen, was besonders für Vögel, die auf Klippen nisten, nicht sehr vorteilhaft wäre. So aber rollen die meisten Eier auf kreisförmiger Bahn; wenn sie zur Ruhe kommen, zeigt das verjüngte Ende hangaufwärts. In 26
der Tat weichen bei Vögeln, die auf Klippen nisten, die Eier stärker von der Kugelform ab, so daß sie in einem engeren Bogen rollen. J.E. Großbritannien Antwort Die charakteristische Form der Eier ist eine Folge des Legevorgangs im Inneren der Vögel. Das Ei wird mit peristaltischen Bewegungen durch den Eileiter befördert - die in einer Reihe von Ringen angeordneten Muskeln dieses Organs entspannen sich vor dem Ei und ziehen sich dahinter wieder zusammen. Wenn das Ei seinen Weg durch den Eileiter beginnt, ist seine Schale weich und kugelförmig. Die Kontraktionen der Ringmuskeln deformieren das hintere Ende des Eies von einer Halbkugel zu einer konischen Form, während die Halbkugel am vorderen Ende wegen der sich entspannenden Muskeln erhalten bleibt. Mit der Einlagerung von Kalk in die Eihaut wird diese Form fixiert. Anders verhält es sich bei den weichschaligen Eiern von Reptilien, die nach dem Austritt ihre Kugelform wieder annehmen können. Möglicherweise spielen Selektionsvorteile wie die bessere Packungsdichte im Nest und die Einschränkung des Wegrollens eine Rolle bei der Fortpflanzung von Individuen, die Eier mit stärker ausgeprägter ovoider Form legen (vorausgesetzt, diese Tendenz ist ererbt). Doch die Form an sich ist eher eine unvermeidliche Folge der Eiablage, nicht sosehr das Ergebnis von evolutionärem Selektionsdruck. A. M.-G. Großbritannien
27
Glasige Viechereien Frage Ich habe im Fernsehen einen Film gesehen, der eine Vielzahl wunderschöner durchsichtiger Lebewesen aus der Tiefsee zeigte. Darunter war auch ein Tintenfisch, der abgesehen von den Augen und der Tintendrüse vollkommen durchsichtig war. Warum sind diese Wesen durchsichtig, wie kommt das zustande, und - falls es ein Gen für Durchsichtigkeit gibt wäre es möglich (wenn nicht sogar wünschenswert), Menschen durchsichtig zu machen? J.F. Schweden Antwort Einige mehrzellige Organismen sind fast vollkommen durchsichtig, und viele besitzen zumindest einige durchsichtige Körperteile oder Gewebe. Die erstaunlichsten Beispiele aus der Tierwelt sind einige Tiefsee-Tmtenfische und der Klemkrebs Phronima, einige Arten von Meeres- und Süßwassergarnelen, praktisch alle etwa 100 Arten der Pfeilwürmer (Chaetognatba), die Flügel mancher Schmetterlinge (Callitaera menander), die räuberisch lebenden Wasserlarven eines Insekts namens Chaoborus und sogar manche Fischarten wie der Ostindische Glaswels. Durchsichtig zu sein macht es offensichtlich schwerer, sowohl von Räubern als auch von Beutetieren gesehen zu werden. Durchsichtigkeit erlaubt es Meerestieren, Wasserschichten mit unterschiedlichen Färbungen und Lichtverhältnissen zu durchqueren, ohne sich Sorgen um eine Anpassung der Körperfarbe machen zu müssen. Selbst Säugetiere besitzen durchsichtige Gewebe wie Fingernägel und Augenlinsen. Eine durchsichtige Medusenart, die ich 1967 im Südat28
lantik aufgefischt habe, war so perfekt lichtdurchlässig und bikonvex, daß es mir gelang, mit Hilfe des durch ihren Körper gebündelten Sonnenlichts eine Zigarette anzuzünden. Durchsichtige Gewebe haben einige Merkmale gemeinsam: keine oder sehr wenige Blutgefäße, fehlende Pigmentzellen, extrazelluläre Hohlräume, die kleiner sind als die Wellenlänge des Lichts, sowie eine relativ gleichmäßige und regelmäßig wiederholte Struktureinheit. Gewöhnlich sind Mucopolysaccharide und Kollagen beteiligt, wenn Tiere durchsichtig sind, aber Glykoproteine (bei Quallen) und Chitin (bei Insekten) können auch vorkommen. Einige Gewebe können keinesfalls durchsichtig sein. Selbst in durchsichtigen Lebewesen wirken Nerven immer weiß, weil sie so viele Lipide enthalten, und wegen ihres Sehpurpurs (Rhodopsm) muß die Retina immer pigmentiert sein. Der Mageninhalt kann selbstverständlich nicht unsichtbar gemacht werden. Um die Durchsichtigkeit zu erhalten, muß Energie aufgewandt werden. Tote Gewebe verlieren diese Eigenschaft schließlich - dieser Vorgang verläuft schneller, wenn Wärme hinzukommt, so bei den Augenlinsen gekochter Fische. Das alles erklärt, warum der berühmte »unsichtbare Mann« im Fernsehen nie dabei gezeigt wurde, wie er ein Glas Wein trank. V. M.-R. Finnland
29
Glückstreffer Frage Die Vögel hier fressen vorwiegend kleine schwarze Insekten. Wie kommt es dann, daß sie mich gelegentlich mit einer weißen und widerlich auffälligen Ausscheidung aus großer Höhe bombardieren? M.R. Großbritannien
Antwort Es ist ein weitverbreiteter Irrglaube, daß es sich bei den weißen Ausscheidungen, die Vögel fallenlassen, um Kot handelt. In Wahrheit ist es eine Form von Harn. Anstelle von Harnstoff scheiden Vögel eher Harnsäure aus, weil diese ein unlöslicher Feststoff ist. Damit vermeiden sie es, bei der Urinabgabe Wasser zu vergeuden - eine ihrer Anpassungen, die einem guten Verhältnis von Energie zu Gewicht dienen. G.C. Universität Sydney, Australien Antwort Das weiße Material, das die Ausscheidungen von Vögeln (und auch vielen Reptilien) umgibt, ist deren Urin. Die primitiveren Wirbeltiere scheiden giftige Stickstoffabfälle relativ direkt aus, da sie über reichlich Wasser verfügen, mit dem sie Substanzen wie Ammoniak in Lösung bringen können. Das ist bei Vögeln und Reptilien (hier zumindest bei Eidechsen und Schlangen, mit deren Ausscheidungen ich mich gut auskenne) anders. Es hat den Anschein, als sei die Umwandlung ihrer giftigen Stickstoffabfälle in eine relativ unlösliche Verbindung eine evolutionäre Anpassung. Diese hat sie in die Lage versetzt, auf dem Land anstatt im Wasser zu leben und sogar ökologische Nischen zu besetzen, wo Wasser selten ist. 30
In solchen Lebensräumen ist es besonders wichtig, daß kein zusätzliches Wasser gesucht werden muß, mit dem giftige Abfallstoffe aufgelöst und aus dem Körper geschwemmt werden können. Vögel und Eidechsen haben dieses Problem gelöst, indem sie eine Möglichkeit entwikkelt haben, eine Paste aus unlöslicher und relativ ungiftieer Harnsäure zu bilden. Interessanterweise bringen Vögel, die mit ihrer Nahrung große Mengen Ballaststoffe aufnehmen - zum Beispiel das Erika fressende Schottische Moorhuhn und das Schneehuhn -, Ausscheidungen hervor, die dem Kot der Guinea-Schweine sehr ähnlich sind. Ihr Kot ist so voluminös, daß man darin nur ganz selten die verräterischen weißen Flecken ihres Urins ausmachen kann. P.G. Per E-Mail, ohne Adressenangabe Antwort Vögel machen das aus großer Höhe, weil es von weiter unten viel zu einfach wäre, das Ziel zu treffen - das wäre keine Herausforderung. Das Ausgeschiedene muß weiß sein, damit sie aus der besagten großen Höhe erkennen können, wo es landet und wen es trifft. S. B. T. Großbritannien Antwort Die vorhergehenden Briefschreiber lassen eine Tatsache außer Acht: die Herkunft aus dem Ei. Die Evolution unlöslicher Ausscheidungen hat nichts mit einem guten »Energie-Gewichts-Verhältnis« zu tun oder der Fähigkeit, »in ökologischen Nischen mit Wasserknappheit zu leben«. Vielmehr hat sie sich entwickelt, weil alle Vögel und viele Reptilien ihr Leben in einem Ei beginnen. Selbst große eierlegende Amnioten (Tiere, deren Embryonen in einer Eihülle aufwachsen), die wie Pinguine und Kroko31
dile später im Wasser leben, müssen diese frühe Phase überleben, ohne ihre mit einer Schale umschlossene Hülle mit irgendwelchen wasserlöslichen Stoffwechselprodukten zu vergiften. Ö. T. Island
Paprikadose
Frage Diese Frage wurde zuerst in der Newsgroup scibotany aufgeworfen, aber von niemandem beantwortet. Vielleicht können ja Leser des New Scientist weiterhelfen? Folgendes: Schneidet man eine Paprika auf, findet man einen Hohlraum vor. Es gibt jedoch keine Öffnungen in der Frucht, durch die Luft eindringen könnte. Wie setzt sich das Gas in diesem Hohlraum zusammen, und wie ist es dort hingekommen? Falls eine grüne Paprikaschote Chloroplasten enthält: Würde eine grüne Schote mehr Sauerstoff und weniger Kohlendioxid enthalten als rote, gelbe oder orangefarbene Früchte? R. C. Großbritannien
Antwort Die Ansicht des Fragestellers, daß es »keine Öffnungen in der Frucht gibt, durch die Luft eindringen könnte«, ist nicht ganz richtig. Die Oberfläche der Paprika (Capsicum) besitzt wie die der meisten anderen Pflanzen sogenannte Stomata. Diese Spaltöffnungen werden von einem Paar spezieller Zellen, den Schließzellen, gesteuert und nach den Bedürfnissen der Pflanze geöffnet oder geschlossen. Sie kommunizieren mit einem ausgedehnten Netz von Luftkammern innerhalb der Gewebe, ohne die 32
der zur Photosynthese und zur Atmung erforderliche Gasaustausch nicht stattfinden könnte. Deshalb stammt die Luft in der Paprika aus der Atmosphäre, sie gelangt auf dem Weg über die Stomata und die intrazellulären Luftkammern in der Fruchthülle hinein. Ursprünglich sind alle Paprikafrüchte grün und besitzen funktionierende Chloroplasten. Demnach wäre es möglich, daß die Photosynthese in diesem Stadium für eine gewisse Anreicherung mit Sauerstoff sorgt, allerdings nur geringfügig, da es ohne einen Gasaustausch mit der Außenluft keine Quelle für das Kohlendioxid gäbe, das für die fortlaufende Photosynthese notwendig ist. Sobald die Paprika reift und sich dabei rot oder gelb färbt, stellen die Chloroplasten ihre Arbeit ein und wandeln sich in Chromoplasten um. Diese enthalten faserige Ablagerungen von Carotinoiden und Protein. In diesem Stadium findet keine Photosynthese mehr statt; abgesehen vom Wasserdampfgehalt dürfte sich das Gas im Inneren wahrscheinlich nicht sehr von der Außenluft unterscheiden. G.C. Australien Antwort Während die Paprika sich entwickelt, diffundieren die Atmosphärengase in den wachsenden Hohlraum der Frucht. Die Zusammensetzung der Gase im Inneren hängt sowohl von der Atmungsrate als auch vom Widerstand gegenüber der Gasdiffusion ab. In der Regel ist die Atmungsrate der Gewebe desto höher, je unreifer die Paprikafrucht ist. Wir wollten in unserem Laboratorium mit Hilfe der Gaschromatographie herausfinden, wie das Gasgemisch im Inneren verschieden gefärbter Paprikafrüchte zusammengesetzt ist. Die durchschnittlichen Prozentanteile von 33
Sauerstoff bzw. Kohlendioxid waren: grün 19,85 und 0,0068; gelb 18,45 und 1,08; rot 18,36 und 1,15. Möglicherweise kam der höhere Sauerstoff-/niedrigere Kohlendioxidanteil in der grünen Frucht durch Photosynthese zustande, da der Labortisch während aller Messungen im vollen Sonnenlicht lag. Normalerweise ist die Lichtintensität in Innenräumen jedoch viel zu niedrig, als daß sie nennenswerte Photosynthese in geernteten Früchten unterstützen konnte. J.A.und A.H. Großbritannien
Poppige Frage Frage Was ist der Unterschied zwischen Mais, Zuckermais und Puffmais? Was macht Zuckermais süß, und was läßt Puffmais poppen? A. C. Großbritannien Antwort Das englische Wort corn bezeichnet* insbesondere die Früchte (Körner) der Getreidepflanzen. Im England steht corn allgemein für Weizen, in den USA dagegen für Mais der Art Zea mays. Puffmais und Zuckermais sind lediglich zwei der vielen gewerblich angebauten Maissorten, jede Sorte hat unterschiedliche Eigenschaften und wird für jeweils andere Zwecke kultiviert. Das Nährgewebe im Inneren des Getreidekorns wird Endosperm genannt. Es ist ein spezielles Vorratsgewebe, das dem Pflanzenembryo Nährstoffe liefert, wenn der
* wie das deutsche Wort Korn - Anm. d. Ü.
34
Same keimt. Außerdem ist es für den Menschen ein Quelle für Kohlenhydrate. Beim Puffmais (Sorte Z. mays var. everta) ist der äußere Bereich des Endosperms hart, das Innere dagegen weich. Erhitzt man das Korn, verwandelt das Wasser im Kern sich in Dampf, was den Samen aufplatzen läßt (so entsteht das Geräusch, das man hört) und das Innere nach außen bringt. Beim Zuckermais (Z. mays var. saccharata) enthält das Endosperm mehr Saccharose als bei anderen Sorten: Deshalb schmeckt er süß. In Europa und den USA wird er als Gemüse angebaut, in Mexiko und Südafrika verwendet man ihn, um Bier zu brauen. E.S. Großbritannien
Antwort Wie alle Getreidearten speichert Mais in seinen Samenkörnern Kohlenhydrate als Nährstoffreserve. Verschiedene Zucker gelangen in das wachsende Samenkorn und werden zu Stärke umgewandelt. Wenn das Korn reift, wird überschüssiges Wasser entfernt, wobei harte, trokkene Stärke zurückbleibt. Bei den für die meisten Zwecke verwendeten Maissorten wird der gesamte Zucker in trockene Stärke verwandelt - sie werden Hart- oder Steinmais genannt. Zuckermais wird geerntet, ehe dieser Prozeß abgeschlossen ist, so daß das Korn feucht und süß bleibt. Beim Puffmais enthält das Zentrum des Endosperms zum Zeitpunkt der Ernte noch viel Wasser, während die äußere Schicht bereits hart ist. Erhitzt man ihn, verwandelt sich das Wasser im Inneren in Dampf und sprengt das Korn auf. Es gibt noch andere Maissorten (eine davon wird zu Maismehl verarbeitet), bei denen die Stärke weich bleibt. Sie wurden von den amerikanischen Ureinwohnern verwendet, weil sie leicht zu mahlen waren. Außerdem gibt es 35
noch einen Mais mit wachshaltiger Schale, der ein Mehl mit einer Konsistenz wie Tapiokamehl* ergibt. J.G. Großbritannien
Antwort Mais ist so intensiv wie keine andere Feldfrucht genetisch untersucht worden, und weltweit werden Hunderte verschiedener Maissorten angebaut. Nach der Struktur ihrer Körner werden diese in fünf Handelstypen eingeteilt: Zahnmais, Stein- oder Hartmais, Weich- oder Stärkemais, Puffmais und Zuckermais. Vor der Ankunft der Europäer wurde diese Kulturpflanze auf dem gesamten amerikanischen Kontinent angebaut - Mais war die grundlegende Nahrungspflanze aller präkolumbianischen Kulturen Amerikas. Die Körner des Zuckermais enthalten ein glänzendes süßes Endosperm, das im unreifen Zustand durchsichtig ist. Ein rezessives Gen auf dem vierten Chromosom verhindert, daß der Zucker sich teilweise in Stärke umwandelt. Man erntet ihn jung und unreif, wenn die Körner prall, aber noch weich und milchig sind. Sobald die silbrigen Fäden oberhalb der Blatthülle welken und braun werden, können die Kolben abgebrochen, gekocht und wie Gemüse verzehrt werden. Allerdings fängt der Zucker zwanzig Minuten nach dem Pflücken an, sich in Stärke umzuwandeln. Deshalb sollte Kolbenmais absolut frisch sein, wenn man ihn süß wünscht. Aus demselben Grund wird tiefgefrorener oder in Dosen abgepackter Zuckermais nach der Ernte schnellstmöglich verarbeitet. In Amerika ist Zuckermais aus der Dose das beliebteste Gemüse.
* Tapioka oder Maniok ist ein tropisches Wolfsmilchgewächs, das in entsprechenden Klimazonen als Stärkelieferant angebaut wird. - Anm. d. Ü.
36
Beim Puffmais sind die Körner klein und enthalten einen hohen Anteil von sehr hartem Endosperm, dazu einen kleinen Anteil weicher Stärke im Zentrum. Erhitzt man ihn, dehnt die Feuchtigkeit sich als Dampf aus, was das Korn aufplatzen und explodieren läßt. Dadurch wird das Endosperm als schmackhafte, lockere Masse nach außen gekehrt. Diese kann man dann mit frisch zubereitetem Karamelzucker überziehen und erhält so kandiertes Popcorn. Andere Maissorten springen auf, ohne zu explodieren. In England wird kein Puffmais angebaut*; er wird aus den USA und in letzter Zeit auch aus Südafrika eingeführt. A.L. Großbritannien
Rot oder weiß? Frage Warum ist rotes Fleisch rot und weißes weiß ? Welcher Unterschied zwischen den Tieren ist für die verschiedenen Farben von Fleisch verantwortlich? T. W. Großbritannien Antwort Rotes Fleisch ist rot, weil die Muskelfasern, aus denen Fleisch hauptsächlich besteht, sehr viel Myoglobin und Mitochondrien enthalten, die so gefärbt sind. Myoglobin ist ein ähnliches Protein wie das Hämoglobin in den Blutzellen und dient in den Muskelzellen als Sauerstoffspeicher. Mitochondrien sind Organellen innerhalb der Zelle; sie stellen mit Sauerstoff das ATP (Adenosin-
in Deutschland ebensowenig - Anm. d. Ü.
37
triphosphat) her, das die Energie für die Muskelkontraktion liefert. Dagegen findet sich in den Muskelzellen von weißem Fleisch nur ein geringer Anteil von Myoglobin und Mitochondrien. Der Farbunterschied im Fleisch verschiedener Tierarten wird vom relativen Anteil dieser beiden Grundtypen von Muskelfasern bestimmt. Die Fasern der roten Muskeln ermüden langsam, während die Fasern der weißen Muskeln rasch nachlassen. Ein aktiver, schnell schwimmender Fisch wie der Thunfisch besitzt einen hohen Anteil ermüdungsresistenter roter Muskeln im Fleisch, während ein weniger aktiver Fisch wie die Scholle vor allem über weiße Muskeln verfügt. T.L Großbritannien Antwort Die Färbung von Fleisch wird durch Myoglobmkonzentration im Muskelgewebe bestimmt; diese führt zu der braunen Farbe, die das Fleisch beim Garen annimmt. Bei Hühnern und Puten wird immer unterstellt, sie hätten weißes Fleisch. Wenn diese Arten jedoch im Freiland gehalten werden, ist ihr Fleisch (besonders das der Beine) braun. Das liegt daran, daß Vögel, die im Freiland aufwachsen, mehr Bewegung haben und fitter sind als Geflügel, das in engen Käfigen lebt. Je mehr Bewegung, desto besser funktioniert die muskuläre Atmung, und der höhere Myoglobingehalt im Muskelgewebe sorgt dafür, daß das Fleisch dunkler wird. Rindfleisch ist immer dunkler, weil die Rinder den ganzen Tag auf der Weide sein dürfen; Schweinefleisch dagegen ist weiß, weil Schweine (auch die im Freiland) faul sind. T.F. Großbritannien 38
Bohrinselbewohner Frage Ich arbeite auf einer Ölplattform in der Nordsee und habe mich oft gefragt, was die zahlreichen Möwen, die wir hier haben, bei schwerem Wetter machen. Sicherlich können sie Stürme nicht auf dem Wasser aussitzen oder darüber hinwegsegeln - und ich gehe davon aus, daß sie nicht zur Küste fliegen. Was machen sie also? C. McG. In der Nordsee
Antwort Manche Vögel können Stürme auf hoher See tatsächlich aussitzen. Sie finden Nahrung, und ihre Federn bleiben wasserdicht und halten sie warm. Papageientaucher und Tordalke bleiben in England an der Küste, überwintern aber im Mittelatlantik. Auch Windstärke 10 ist kein Problem für sie: Wenn eine große Welle sich über den Vögeln bricht, tauchen sie einfach auf der anderen Seite wie ein Korken wieder auf. D.J. Zoologische Abteilung der Universität Oxford, Großbritannien Antwort Einige Vögel können einen Sturm recht gut abfliegen und sich den Wind zunutze machen. Allerdings können sie unter solchen Bedingungen nicht ständig in der Nähe einer bestimmten Bohrinsel bleiben - deshalb werden Sie sie während eines Sturmes nicht sehen. J.R. Südafrika
39
Antwort Vögel fliegen ins Landesinnere. Ich habe zwölf Jahre in Birmingham gelebt - sehr viel weiter kann man sich in England nicht vom Meer entfernen. Bei stürmischem Wetter saßen Scharen von Möwen auf unserer Mauer und auf dem Dach und plünderten unsere Mülltonnen; auch auf den Mülldeponien in der Umgebung gab es Tausende von Möwen. P.M. Großbritannien Diese anscheinend widersprüchlichen Antworten sind alle teilweise zutreffend. Was geschieht, hängt jeweils von der Vogelart, ihrem Standort und den Wetterbedingungen ab. Manche Vogel können Stürme auf der Wasseroberfläche aussitzen. Die Alke, zu denen auch die Papageientaucher und die Lummen gehören, verlassen am Ende der Brutsaison das Land und sind an ein Leben auf hoher See angepaßt. Während der Mauser verlieren die Papageientaucher zeitweilig ihre Flugfähigkeit; ihnen bleibt dann kaum etwas anderes übrig, als auf dem Wasser zu bleiben. Zum Glück macht es ihnen, weil sie unter Wasser jagen, nichts aus, wenn sie bei rauher See vorübergehend unter Wasser geraten. Auch andere tauchende Vögel einschließlich der meerestauglichen Pinguinarten auf der Südhalbkugel können Stürme aussitzen. Größere Vogelarten dürften eher in der Luft Zuflucht suchen. Bei Tölpeln (die an Land nisten, aber einen großen Teil ihres Lebens auf offener See zubringen), Eissturmvögeln, Sturmvögeln und größeren Möwenarten ist das wahrscheinlich der Fall. Der Albatros könnte starken Wind sogar bevorzugen, da er in Stürmen große Entfernungen zurücklegen kann. Bei kleineren Möwen ist es wahrscheinlicher, daß sie an Land Zuflucht suchen. Doch man sollte nicht übersehen, 40
daß Möwen bei der Nutzung von Mülldeponien sehr erfolgreich geworden sind - einige ihrer Kolonien im europäischen Binnenland haben ihre Bindungen an das Meer effektiv verloren. Während starker Stürme kann es allen auf dem Meer lebenden Vogelarten passieren, daß sie zufällig auf dem Land stranden. In England gehört der Leach-Sturmvogel zu diesen Arten, der zwar auf hoher See lebt, bei Sturm jedoch oft an Land geblasen wird. - Die Red. (Wir danken der Königlichen Vogelschutzgesellschaft für ihre Hilfe.)
Überall Wasser Frage Was trinken Seehunde oder andere Meeressäuger? L.R. Neuseeland
Antwort Meeressäuger trinken nicht. Sie beziehen alles Wasser von den Fischen, die sie fressen. Wenn sie keine entsprechende Nahrung erbeuten, leiden sie sehr schnell an Wassermangel. Falls sie in Gefangenschaft oder Pflege nicht fressen, muß man ihnen mit einem Schlauch oder einer Flasche Süßwasser verabreichen. A.M. Großbritannien
RÄTSEL
UND ILLUSIONEN
Bumm Bumm
Frage Warum hört man, wenn der Space Shuttle zur Erde zurückkehrt, einige Sekunden nach dem ersten Überschallknall einen zweiten? A.H. USA Antwort Die Frage läßt sich in zwei Teilen beantworten. Erstens: Warum gibt es überhaupt einen Überschallknall? In einigen Medien - beispielsweise in Luft oder Wasser entspricht die Schallgeschwindigkeit der Geschwindigkeit, mit der deren Moleküle ihren jeweiligen Nachbarn die Information übermitteln können, daß etwas sich nähert oder zurückweicht. Bewegt ein Objekt sich langsamer als mit Schallgeschwindigkeit durch ein derartiges Medium, eilt ihm die Kompressionswelle, die es in Bewegungsrichtung erzeugt (ebenso wie die Welle des entsprechenden Unterdrucks hinter ihm), voraus. Die daraus resultierenden Örtlichen Schwankungen von Dichte und Druck sind in der Regel recht bescheiden. Wenn das Objekt jedoch schneller dahinflitzt, als die Botschaft vorankommt, kann es extrem heftige und energiereiche Anhäufungen von Molekülen aufbauen, die ihren außerordentlichen Überschwang gern in unkontrollierter Weise loswerden. In Luft können wir eine solche Schockwelle normalerweise nicht sehen, in Wasser ist sie ein vertrauter Anblick. Es handelt sich einfach um die Welle, die ein Boot erzeugt, das schneller unterwegs ist als die Wellen des von ihm durchquerten Wassers. Anhand dieser Analogie mit dem Wasser läßt sich auch sehr gut zeigen, weshalb der Überschallknall zweimal oder sogar mehrmals auftritt. Wie wir beobachten können, erzeugt ein Boot gewöhnlich zwei 45
verschiedene Störungen: Eine geht vom Bug, die andere vom Heck aus, und beide verlassen das Boot als V-förmig verlaufende Kämme. Wenn es so etwas wie ein »Überschall-Unterseeboot« gäbe, würden die Störungen von Bug und Heck, wenn das Boot sich vollständig unter Wasser befände, je einen Kegel bilden, weil sie sich in drei Dimensionen ausbreiten könnten. Im Fall des überschallschnellen Flugzeugs erzeugt jede der zahlreichen abrupten Kanten seines Rumpfprofils (wie Tragflächen und Heckflosse) ebenfalls eine Reihe dieser konischen Schockwellen. Wie bei dem Boot gehen auch bei dem Space Shuttle die beiden hauptsächlichen Schockwellen vom Bug und vom Heck aus, und diese erzeugen je einen Überschallknall, während sie unterhalb der Raumfähre über die Landschaft hinwegziehen. Die Analogie mit dem Wasser läßt sich fortsetzen: Dieses Phänomen entspricht tatsächlich der Welle eines Bootes, die auf die Küstenlinie trifft. M.D. USA Antwort Wenn die Raumfähre wieder in die Atmosphäre eintritt, erzeugt sie Schockwellen, die sich als Überschallknall auswirken. Da die Fähre 37 Meter lang ist, hört ein Mensch auf dem Boden zweimal einen solchen Knall. Einer wird von der Schockwelle der Spitze, der andere von der des Hecks erzeugt - sie liegen etwa eine halbe Sekunde auseinander. Eigentlich erzeugen alle überschallschnellen Flugzeuge einschließlich der Concorde einen Doppelknall, doch weil Knall 1 und 2 so nah beieinanderliegen, hört man sie als ein einziges Geräusch. R.M. Wellcome Wing Project, Wissenschaftsmuseum, London 46
Antwort Das Phänomen kommt einfach daher, daß die Raumfähre, wenn sie aus der Umlaufbahn mit Überschallgeschwindigkeit (Mach 15 und mehr) wieder in die Atmosphäre eintritt, mit der Nase eine Schockwelle erzeugt (der erste Überschallknall, der zu hören ist), aber auch mit den Spitzen der Tragflächen oder der Heckflosse (der zweite Knall). Der zeitliche Verzug zwischen diesen beiden Phänomenen erklärt sich aus dem Abstand zwischen Nase und Heck der Fähre und wird in der Zeit, bis die beiden Schockwellen den Erdboden erreicht haben, noch vergrößert. Zu Beginn liegen die beiden Wellen nur 37 Meter auseinander, doch bis zu einem Zuhörer auf dem Boden vergrößert dieser Abstand sich erheblich. Dieser Vorgang beruht auf den geringfügig abweichenden Winkeln, in denen die beiden Schockwellen sich vom Bug bzw. Heck ablösen. Bis die Wellen auf dem Boden ankommen, hat die winzige Winkeldifferenz sich proportional ausgewirkt, und die Menschen hören einen Doppelknall. Windkanalversuche der NASA mit Modellen der Fähre zeigen deutlich, wie von verschiedenen Stellen des Raumfahrzeugs Schockwellen ausgehen, die durch die zahlreichen dort vorhandenen Kanten erzeugt werden. M.M. Großbritannien
Energieverlust Frage Worum handelt es sich bei dem sogenannten »Schleudereffekt«, mit dem interplanetarische Raumsonden beschleunigt werden? Offensichtlich macht man sich dabei die Anziehungskraft eines Planeten zunutze, doch mein naives Physikverständnis sagt mir, daß jegliche kine47
tische Energie, die bei der Annäherung an einen Körper gewonnen wird, als potentielle Energie verlorengeht, wenn das Flugobjekt sich wieder entfernt. Wie schafft es das Raumfahrzeug, dem Planeten Energie abzuzapfen? D. B. Großbritannien Antwort Ich hatte dasselbe Problem wie der Fragesteller, als ich zum ersten Mal von der Sonde Voyager hörte, die den »Schleudereffekt« ausnutzt. Natürlich gewinnt eine Raumsonde unter dem Strich keine Energie, wenn sie einfach durch ein stationäres Schwerefeld fällt. Doch Jupiter und sein Gravitationsfeld bewegen sich mit einer Geschwindigkeit von etwa 1300m/sec um die Sonne. Ähnlich einem Surfer, der von einer Welle vorangetrieben wird, wird jede Sonde, die hinter dem Planeten vorbeifliegt, von diesem sich bewegenden Schwerefeld beschleunigt. Die Energie stammt nicht aus dem Gravitationsfeld, sondern von der kinetischen Energie des Planeten auf seiner Umlaufbahn; dieser wird um einen winzigen Betrag langsamer, wodurch er entsprechend näher an die Sonne gerät. Während er auf die Sonne zufällt, wird der Planet wieder schneller, und paradoxerweise ist er am Ende schneller als vorher. Würde man Jupiter um 10-15 Meter (etwa der Durchmesser eines Protons) näher an die Sonne heranbringen, würden mehr als 416 Megajoule freigesetzt. M.B. Großbritannien
48
Schinken schillert grün Frage Was verursacht das grünliche Schillern, das ich oft auf Speck und Schinken sehe? Ist es schädlich, und weshalb verschwindet es, wenn man beide erhitzt? Kommt das auch bei anderen Nahrungsmitteln vor? G.G. Großbritannien Antwort Am ehesten findet man ein solches Schillern bei Lebensmitteln, die Spuren von Fett in Wasser enthalten. Solange diese Mischung kühl ist, trennt sie sich im mikroskopischen Maßstab in einen Film auf, ähnlich dem Öl auf einer nassen Straße. Bei manchen Arten von kaltem Fleisch, zum Beispiel bei in bestimmter Weise angeschnittenem Rindfleisch oder einigen Schinken, kann man eine hübsche Opaleszenz beobachten. Die Schönheit eines Opals kommt durch das Licht zustande. Es wird von mikroskopischen Kügelchen eines glasartigen Materials gebrochen und gestreut, das in Schichten mit jeweils unterschiedlichem Brechungsindex angeordnet ist. Im Fleisch stammt dieser Effekt von mikroskopisch kleinen Fettkügelchen, die in wasserhaltigem Muskelgewebe in Suspension vorliegen. Erhitzt man das Fleisch, dann zerstört man die Tröpfchen und verändert die optischen Eigenschaften der Anordnung, was den Effekt verschwinden läßt. J.R. Südafrika Antwort Die grüne Farbe, die man gelegentlich auf Speck und Schinken beobachtet, wird von nicht krankmachenden Bakterien verursacht, die das zum Sauerstofftransport dienende Protein Myoglobin zersetzen und zu 49
Porphyrin-Derivaten abbauen. Diese Derivate sind große heterozyklische Verbindungen, die grün gefärbt sein können. S.B. Abteilung für Biochemie und Mikrobiologie der Rhodes-Universität, Südafrika
Antwort Mein Vater, der in den zwanziger und dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts allein im australischen Busch lebte, aß Fleisch entweder frisch, kurz nachdem das Tier getötet worden war, oder nachdem es so lange in einem Baum gehangen hatte, bis es ein glänzendes Grün zeigte. Um die Fliegen fernzuhalten, wurde das Fleisch währenddessen in einen Sack gesteckt. Er behauptete, die grüne Farbe hätte gezeigt, daß das Fleisch nun gefahrlos verzehrt werden könnte - ihn hat es ja offenkundig nicht umgebracht. Es besteht jedoch kaum ein Zweifel, daß der Geschmack sich erheblich verändert haben dürfte. J.M. Australien Irisierende Effekte kommen durch Licht zustande, das auf eine Oberfläche trifft und gestreut wird. Die gestreuten Wellen überlagern einander und erzeugen ein Farbenspektrum, das sich je nach Standort des Beobachters ändert. Wenn jedoch ein helles Grün anstelle eines nur irisierenden Schimmers zu sehen ist, dürfte das Fleisch bloß noch für die abgehärteten Mägen jener geeignet sein, die den australischen Busch durchstreifen. - Die Red.
50
Glückliche Wiederkehr Frage Warum kommt ein Bumerang zurückgeflogen? A.L. Großbritannien Antwort Einen Bumerang kann man mit zwei sich drehenden Flugzeugflügeln vergleichen, die in der Mitte verbunden sind. Sie müssen ihn annähernd senkrecht halten, ehe Sie ihn rotierend abwerfen. Diese Drehung sorgt dafür, daß die jeweils obere Tragfläche sich schneller vom Werfer entfernt als die untere. Dadurch wirkt auf die obere Fläche eine stärkere seitliche Kraft (ähnlich dem Auftrieb an einer Flugzeugtragfläche) als auf die untere, was den Bumerang ein wenig kippen läßt - etwa so, als würde jemand gegen Ihre Schulter drücken. Die Flugbahn geht in eine Kurve über. Ähnliches geschieht, wenn Sie mit dem Fahrrad fahren und sich zur Seite neigen: Das Fahrrad ändert seine Richtung und beschreibt schließlich eine Kreisbahn. A.C. Großbritannien Antwort Ein Bumerang kehrt zurück, weil aerodynamische und gyroskopische Effekte zusammenwirken. Im wesentlichen ist er als rotierender Flügel mit zwei oder mehreren tragflächenförmigen Abschnitten aufgebaut. Man wirft ihn so ab, daß seine Rotationsebene um etwa 20 Grad von der Senkrechten abweicht. Außerdem muß er in schnelle Umdrehungen (üblicherweise 10 U/sec) versetzt werden; die jeweils obere Fläche rotiert in Flugrichtung. Dadurch bewegt der obere Flügelabschnitt sich schneller durch die Luft als der untere und erzeugt so einen stärkeren Auftrieb. Daraus resultiert eine Ge51
samtkraft in Drehrichtung sowie ein Drehmoment, das die Drehebene aus ihrer ursprünglichen Richtung auslenkt. Weil der Bumerang rotiert, verhält er sich wie ein Kreisel. Während das auslenkende Drehmoment angreift, ändert die Drehachse des Bumerangs (auf Grund des stabilisierenden Kreiseleffekts nur allmählich) ihre Richtung (dieser Vorgang heißt auch Präzession). Mit der sich kontinuierlich verändernden Drehebene wird das Fluggerät in einer Kurve zum Werfer zurückgeführt. In der Bewegung des Bumerangs lassen sich noch weitere Effekte erkennen - seine Drehebene wandert von der ursprünglich um 20 Grad gegen die Senkrechte gekippten Ausrichtung in die Waagrechte, so daß er in horizontaler Lage zum Werfer zurückkommt. Hier wirken einige aerodynamische Effekte ebenfalls mit der gyroskopisehen Präzession zusammen. Vor allem die jeweils vordere Flügelkante des rotierenden Bumerangs erzeugt eine stärkere Auftriebskraft als die Kanten auf der hinteren Seite, weil an letzterer die Luftströmung gestört ist. Das erzeugt eine zusätzliche Drehung, die den Bumerang dazu bringt, seine Drehebene an die Horizontale anzugleichen. In einem Artikel der Novemberausgabe des Scientific American von 1968 erklärt Felix Hess den Vorgang in allen Einzelheiten. R. K. und P. C. Universität Adelaide, Australien
Antwort Die Frage läßt sich ganz einfach beantworten: Die meisten Bumerangs kehren nicht zurück, und sie sollten es auch nie*. Die Ureinwohner Australiens stellten
* Sie sollen vielmehr ein Ziel treffen und dann irgendwo daneben liegenbleiben. - Anm. d. Ü.
52
Bumerangs für die Jagd und den Fischfang her, weniger für Sport und Spiel. So haben sie auf dem größten Teil des australischen Kontinents keinen Bumerang konstruiert, der wieder zurückkommt. Was sie zurückbekamen, wenn sie einen Bumerang geworfen hatten, war eher frische Nahrung, oder sie besiegten damit einen Gegner. Ich habe gesehen, wie Mitglieder des Warlpiri-Stammes mit einem sogenannten Karli-Bumerang ein Ziel in 100 Meter Entfernung trafen. Die geschicktesten Werfer des Karli-Bumerangs benutzen diese tödliche Waffe mit erstaunlicher Leichtigkeit. Die Warlpiri stellen auch den Wirlki her (er ist auch als »hakenförmiger« oder »Siebener«-Bumerang bekannt), der im Kampf eingesetzt wird. In ganz Australien, auch in Gebieten, wo man keine Bumerangs herstellt, verwendet man sie bei zeremoniellen Anlässen paarweise als Rhythmusinstrumente. Solche Bumerangs werden für rituelle Zwecke noch immer über Tausende von Kilometern hinweg gehandelt. In Australien gab und gibt es eine erstaunliche Vielfalt von Bumerangs. Dazu hat das South Australian Museum eine Übersicht herausgegeben: Boomerang: Behind an Australian Icon, von Philip Jones. CM. Australien
Mücken-Los? Frage Wie ist es möglich, daß Mücken sogar bei einem Wolkenbruch fliegen können, ohne von den Regentropfen getroffen und ersäuft zu werden?
L.P. Großbritannien
53
Antwort Ein fallender Regentropfen schiebt eine ganz winzige Druckwelle vor sich her. Diese Welle drückt die Mücke seitlich weg, so daß der Tropfen sie verfehlt. Fliegenklatschen bestehen aus feinem Maschengewebe oder haben Löcher in der Oberfläche, damit diese Druckwelle klein bleibt - andernfalls würden Fliegen und Mücken den meisten Fliegenklatschen entkommen. A.L. Großbritannien Antwort Die Welt der Mücken ist nicht wie die unsere. Wegen der unterschiedlichen Größenordnung läßt der Zusammenstoß von Regentropfen und Mücke sich mit der Kollision eines mit der Geschwindigkeit eines Regentropfens (Geschwindigkeit ist von der Größenordnung unabhängig) bewegten Autos und einem Menschen vergleichen, der nur ein Tausendstel seiner normalen Dichte besäße - etwa die eines dünnen Gummiballons gleicher Form und Größe. Ein Ballon würde einfach aus dem Weg flutschen; er würde nur platzen, wenn das Auto ihn gegen ein Hindernis drückte. T.N. Großbritannien
Das ist ein Knaller Frage Warum knallt das Ende einer Peitsche? D.I. Großbritannien
54
Antwort Bei dem Knall handelt es sich eigentlich um einen Überschallknall - das Ende der Peitschenschnur durchbricht dabei die Schallmauer. Möglich ist das, weil die Peitsche vom Stiel bis zur Spitze immer dünner wird. Benutzt man sie, pflanzt sich die Energie, die dem Griff mitgegeben wird, als Schwingung über die ganze Länge der Peitsche fort. Auf diesem Weg wirkt die Welle auf einen ständig kleiner werdenden Querschnitt sowie eine kontinuierlich abnehmende Masse. Die Energie der Welle läßt sich als eine Funktion aus Masse und Geschwindigkeit beschreiben. Da diese Energie erhalten bleiben muß, folgt aus der im Verlauf der Schwingung abnehmenden Masse der Peitschenschnur, daß die Geschwindigkeit der Welle zunehmen muß. Die Schwingung wird also ständig schneller und erreicht das Ende der Schnur schließlich mit Schallgeschwindigkeit. M. C Großbritannien Antwort Wenn die Schwingung die Spitze der Peitschenschnur erreicht, muß ihre Energie abgeleitet werden. Ein Teil davon geht in die Luft über, der Rest erzeugt eine reflektierte Welle, die die Peitsche entlang aufwärts wandert. In dem Augenblick, in dem die ursprüngliche Welle an der Spitze ankommt und sich anschickt, umzukehren, erfährt sie eine kurze, aber ungeheuer große Beschleunigung. Das führt dazu, daß sie sich schneller als der Schall bewegt. AP. Großbritannien
55
L(e)icht phantastisch Frage Weshalb zeigen meine CDs auf der metallisch glänzenden Seite seltsame Muster, wenn ich sie unter dem fluoreszierenden Licht der Schlafzimmerlampe betrachte? Bei Tageslicht oder unter einer normalen Glühbirne wirken sie einfach nur glänzend und lassen eine schwache ringförmige Textur erkennen. Das unter fluoreszierendem Licht sichtbare Muster tritt nur auf einer Seite - der Seite ohne Tonspur - in Erscheinung, und es ist unregelmäßig. H.S. Großbritannien Antwort Fluoreszenzlampen sehen weiß aus, sind es aber nicht. Sie täuschen uns mit einer verborgenen Mixtur bestimmter Farben, die unseren Augen als ziemlich gute Annäherung an Weiß erscheint. Farbfernsehgeräte und Computerbildschirme zeigen genau dieses Weiß, aber dort ist es aus lediglich drei Farben zusammengesetzt. In fluoreszierendem Licht betrachtete Gegenstände zeigen möglicherweise nicht ihre echten Farben, weil sie nur die begrenzte Zahl von Farben reflektieren können, die die Lichtquelle abgibt. Vielleicht benötigt man Lichtquellen wie die Sonne, die das vollständige Spektrum abstrahlen, wenn das Objekt sein wirkliches Aussehen zeigen soll. Die Rillen in der reflektierenden Beschichtung einer CD rufen Interferenzen zwischen den Lichtwellen hervor. Am deutlichsten sind diese Interferenzen bei monochromatischem Licht einer einzigen Wellenlänge zu erkennen. Demzufolge sorgt jede Lichtquelle, die nicht das gesamte Spektrum abstrahlt, für eine spektakuläre Wirkung. M. C. Großbritannien
56
Die lebenden Toten Frage Auf ihrer jüngsten CD singt die Amerikanerin Laurie Anderson den Refrain »Nun, da die Lebenden zahlreicher sind als die Toten ...«. Stimmt das? Falls ja: Wann ist das eingetreten? Falls nein: Wann könnte das, wenn überhaupt, der Fall sein? Gibt es gute Schätzungen der Bevölkerungszahlen vor Beginn der Geschichtsschreibung? J. W. Frankreich Antwort Die folgenden Aussagen beruhen auf einer Reihe von Berechnungen, die das Internationale Institut für Statistik veröffentlicht hat. Falls die Weltbevölkerung sich schon immer mit der gegenwärtigen Rate vermehrt hätte (was auf eine Verdoppelung innerhalb der durchschnittlichen Lebensdauer der Menschen hinausliefe), dann würden die Lebenden in der Tat zahlreicher sein als die Toten. Doch so ist es nicht gewesen. In der Vergangenheit gab es sehr lange Perioden, in denen die Bevölkerungszahl kaum zunahm, sondern nur die Zahl der Toten anstieg. Für den geschichtlich überlieferten Zeitraum gibt es erstaunlich viele Informationen über die Bevölkerungszahlen, beispielsweise aus den Volkszählungen der Römer wie der Chinesen. Für die Zeit davor gibt es Schätzungen, die sich auf die Gebiete der Welt stützen, in denen Ackerbau oder Jagd betrieben wurde, wobei man die Zahl von Menschen berechnete, die mit den jeweiligen Verfahren zur Nahrungsmittelproduktion pro Hektar ernährt werden konnten. Nach den Schätzungen, die J.-N. Biraben zusammengetragen hat, lebten um 40000 v. Chr. etwa 500 000 Menschen. Ihre 57
Zahl wuchs - allerdings nicht kontinuierlich - im ersten Jahrtausend nach Christus auf etwa 200-300 Millionen. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts gab es dann ungefähr 1 Milliarde Menschen auf der Welt. Multipliziert man die Bevölkerungszahlen mit der geschätzten Sterberate, stellt sich heraus, daß es zwischen 40000 v. Chr. und der Gegenwart eine Zahl von Toten gegeben hat, die in der Größenordnung von 60 Milliarden liegt. Derzeit leben auf der Welt (nur) etwa 6 Milliarden Menschen. Selbst wenn man die Genauigkeit der historischen Schätzungen nicht allzu hoch bewerten darf, können die Fehler kaum so groß sein, daß sie die Schlußfolgerung in Frage stellen würden, wonach es eine weit größere Zahl von Toten als von Lebenden gibt. Das ist immer der Fall gewesen und wird auch in aller Zukunft so bleiben. R.T. Großbritannien Antwort Im Paradies war die Zahl der Lebenden (2) größer als die der Toten (0). G.L.P. Großbritannien
Antwort In dem indischen Epos Mababbarata stellt der Gott Yama, Hüter der Unterwelt und all dessen, was rechtschaffen ist, Yudhisthira viele Fragen, darunter auch die oben genannte. Damit wollte er Yudhisthiras Wissen, seine Argumentationsfähigkeit und seine Wahrheitsliebe auf die Probe stellen. Yama hatte sich in der Gestalt eines Storches verborgen, der einen Teich bewachte, aus dem Yudhisthiras vier Brüder tranken. Keiner von ihnen konnte auch nur eine einzige Frage beantworten; alle wurden getötet. Der Storch 58
Yama fragte: »Welche sind zahlreicher, die Lebenden oder die Toten?« Yudhisthira antwortete: »Die Lebenden, denn die Toten sind nicht mehr!« Yama akzeptierte diese und alle anderen Antworten Yudhisthiras, und zwar mit Freuden, denn Yudhisthira war eigentlich Yamas Sohn. Er segnete ihn und erweckte auch seine toten Brüder wieder zum Leben. S.A Großbritannien
Aufblasbare Herausforderung Frage Warum ist ein länglicher Ballon so viel mühsamer aufzublasen als ein runder? H.S. Großbritannien
Antwort Um einen Ballon aufzublasen, muß man Überdruck erzeugen. Der Gummi liefert dabei das Äquivalent der Oberflächenspannung einer Blase. Der Überdruck in einer Blase ist ihrem Radius umgekehrt proportional, folglich ist es sehr viel schwieriger, einen Ballon mit kleinerem Radius aufzublasen. (Hierzu ein hübscher Partytrick: Man verbindet zwei aufgeblasene Ballons unterschiedlicher Größe mit einem kurzen, luftdicht verschlossenen Röhrchen. Auf die Frage, was geschieht, wenn man diese Verbindung öffnet, antworten viele, die Luft werde vom großen Ballon in den kleineren strömen. In Wahrheit geschieht das Gegenteil.) Außerdem ist die Kraft, die beim Aufblasen eines Ballons überwunden werden muß, seiner Oberfläche proportional - diese erreicht bei allen kugelförmigen Hohl59
räumen ihr Minimum. Deshalb besitzen Blasen diese Form. R.S. Großbritannien
Antwort Längliche Ballons sind schwerer aufzublasen, weil zum Aufblasen von Ballons mit kleinerem Durchmesser im Vergleich zu größeren zusätzlicher Druck erforderlich ist. Damit der Ballongummi sich dehnt, muß er mit einer bestimmten Kraft belastet werden (Ingenieure definieren diese Belastung als Kraft pro Flächeneinheit, also zum Beispiel Kilogramm pro Quadratzentimeter). Diese Kraft im Gummi ist dem Luftdruck sowie dem Verhältnis des Ballondurchmessers zur Dicke des Gummis proportional. Bei zwei Ballons mit gleich dickem Gummi ist für den kleineren höherer Druck erforderlich, um die gleiche Belastung hervorzurufen. So benötigt man für einen kleinen Ballon, dessen Durchmesser unaufgeblasen die Hälfte eines größeren beträgt, tatsächlich den doppelten Luftdruck, um ihn aufzublasen. Deshalb sind längliche Ballons viel schwerer aufzublasen als runde - ihr Durchmesser ist viel kleiner als bei den letzteren. Dieser Effekt spielt auch eine Rolle, wenn man runde Ballons verschiedener Größen aufbläst. Außerdem erklärt sich so, weshalb ein Ballon leichter aufzublasen ist, sobald der Gummi sich zu dehnen beginnt und dünner wird. Das mindert den Druck, der zum weiteren Aufblasen nötig ist. Zudem verringert auch der zunehmende Durchmesser des größer werdenden Ballons den erforderlichen Druck. Als Regel gilt, daß immer weniger Druck benötigt wird, solange der Ballon weiter aufgeblasen wird. Doch kurz bevor der Ballon platzt, steigt der erforderliche Druck nor60
malerweise merklich an. Denn kurz bevor die Hülfe reißt, muß eine größere Last auf den Gummi wirken, wenn er sich weiter ausdehnen soll. B.S. Per E-Mail, ohne Adressenangabe
Seiltrick Frage Unter welchen Bedingungen und warum sind Stricke und geflochtene Seile stärker als dieselbe Anzahl einzelner Fasern? P.A. Großbritannien
Antwort Stricke, Geflechte und Gewebe können manchmal eine höhere Festigkeit aufweisen als die Summe der einzelnen Festigkeiten der vereinten Fasern in jeder beliebigen Richtung. Prüft man Fasern auf Zugfestigkeit, werden Schwachpunkte entlang ihres Verlaufs tendenziell zu den schwächsten Gliedern - an diesen Stellen wird die Faser reißen. In einem Seil werden die Schwachpunkte der einzelnen Fasern jedoch zufällig über die gesamte Länge verteilt. Da die Bestandteile des Seils miteinander verzwirnt sind, steigt der senkrecht zur Seilachse verlaufende Druck zwischen den einzelnen Fasern. Die daraus resultierende stärkere Reibung macht es möglich, daß benachbarte Fasern ohne Schwachpunkte in dem betreffenden Abschnitt einander zusätzliche Festigkeit mitgeben. Normalerweise erreicht man die optimale Festigkeit eines Seils, wenn die Verzwirnungsachsen der Fasern innerhalb des Aufbaus aus Einzelsträngen, verbundenen Strängen und Trossen in Richtung der Seilachse verlaufen. Bei zu geringer Verzwir61
nung kommt keine ausreichende Druckkraft mit entsprechender Reibung und damit nicht die optimale Festigkeit zustande. Verzwirnt man die Fasern zu stark, geraten die Fasern der Einzelstränge, verbundenen Stränge oder Trossen m eine Position, in der Scherkräfte auf sie wirken, was die Festigkeit des Seils ebenfalls beeinträchtigt. Was bestimmte Geflechte und Gewebe angeht, so erzeugt die Verflechtung der Garnfäden dort Druckkräfte, wo ein Kett- oder Schußfaden einen Faden der jeweils anderen Richtung kreuzt. Bei Geflechten und Geweben gegebener Größe und Garnart gibt es jeweils einen optimalen Aufbau, der die Druckkräfte zwischen den einzelnen Fäden maximiert und so für Reibungseigenschaften sorgt, mit denen die größte Festigkeit zustande kommt. Weniger Garn hätte unzulängliche Druck- und Reibungskräfte sowie Festigkeitseigenschaften zur Folge. Sind dagegen zu viele Fasern beteiligt, wachsen die Scherkräfte, was das Garn schwächt. B. W. USA
Antwort Ein Seil ist stärker als eine Gruppe parallel laufender einzelner Fasern, weil letztere »verzwirnt« sind. Diese Verzwirnung sorgt dafür, daß unter Last jede Abweichung von der Belastungsrichtung (Biegen im Gegensatz zu reiner Zugspannung) sehr schnell verteilt wird. Die Achse einer Faser an der äußeren Oberfläche einer Biegung (sie ist folglich stärker belastet) wandert innerhalb einer halben Umdrehung der Verzwirnung entlang des Seils zur inneren Oberfläche und umgekehrt. Damit tragen alle Fäden einen weitgehend gleichen Anteil der Belastung. Belastet man eine vergleichbare Anzahl parallel laufender Stränge, sorgt jede Abweichung von der Belastungs62
richtung dafür, daß einige Fasern stärkeren Kräften ausgesetzt sind als andere. Sie reißen zuerst, und die von ihnen getragene Last hängt nun an den verbleibenden Strängen. Sollten einige von diesen ebenfalls nahe an ihrer Belastungsgrenze sein, reißen auch sie - damit beginnt das ganze Seil auseinanderzureißen. Der Effekt ist durchaus handfest: Die Reißfestigkeit einzelner Glasfaserstränge zur Betonarmierung beträgt ungefähr 3,5 Gigapascal, während eine Anordnung von 204 parallel laufenden Glasfasern nur die Hälfte dieses Wertes erreicht. P.P. Materialforschungsgruppe der Aston-Universität, Großbritannien
Schiefes Licht Frage Bei einer Physik-Vorführung stellte der Lehrer eine brennende Kerze auf einen Drehteller. Wir erwarteten, die Flamme würde sich während der Drehung nach außen richten, doch sie zeigte nach innen. Niemand konnte uns bisher das Phänomen erklären. Gibt es Leute, die dazu in der Lage sind? R.H. Großbritannien Ja, die gibt es. Doch trotz einer großen Zahl von Antworten erkannten wir, daß wir viele von ihnen zusammenfügen mußten, um ein klares Bild zu bekommen. Zunächst aber war es ein großes Problem. - Die Red. Antwort Meine erste Reaktion auf die Frage: Ich konnte es nicht glauben. Ich wiederholte das Experiment, und natürlich verlief es nicht so wie beschrieben. Während die 63
Kerze um den Mittelpunkt des Drehtellers kreiste, blieb die Flamme stets ein wenig hinter der Kerze zurück, so wie sie auch zurückhängt, wenn man sich mit einer Kerze vorwärtsbewegt. G.K. Großbritannien Antwort Für mich gehört es zu den großen Vergnügen des Lebens, am Sonntagmorgen im Bett zu liegen und den neuesten New Scientist fertig zu lesen, wobei ich perverserweise mit der Letzten Seite anfange. Dieses Wochenende lief es jedoch anders. Das erste Morgenlicht sah mich mit einer Kerze auf einem drehbaren Käseteller in der Küche. Bei einer Geschwindigkeit von etwa 60 Umdrehungen pro Minute blieb die Flamme einfach ein wenig hinter der Kerze zurück und zeigte keinerlei Neigung, nach außen oder innen zu weisen. Später wiederholte ich den Versuch auf einem Schallplattenteller mit 78 U / min mit demselben Ergebnis. Ist mir da etwas entgangen? J.A. Großbritannien Ja, J. A. und G. K., Euch ist etwas entgangen, auch wenn wir Euren Eifer und Eure Verbundenheit nur loben können. Also zuerst einmal... - Die Red. Antwort Wenn man diesen Effekt sehen will, muß man die Kerze einschließen, da die Flamme sonst gegen die Bewegungsrichtung strömt. Also: Kerze in Marmeladenglas, Marmeladenglas auf den Rand des Drehtellers. D.M. Großbritannien
64
Antwort Die Flamme zeigt deswegen einwärts, weil der Drehteller eine schwache Zentrifuge darstellt. D.B. Großbritannien Da die Luft in dem Marmeladenglas wie in einer Zentrifuge im Kreis gedreht wird, bewegt die dichtere Luft sich nach außen; die Folgen sind vorhersehbar. - Die Red. Antwort Die Kerzenflamme neigt sich aus demselben Grund zur Mitte des Drehtcllers, der sie auch dazu bringt, sich nach oben statt nach unten zu orientieren. Das heiße Gas der Flamme ist weniger dicht als die kältere Luft der Umgebung, und diese dichtere Luft um die Kerze bewegt sich auswärts, was die Flamme im Gegenzug einwärts zwingt. Wenn ich wirklich pingelig wäre, würde ich sagen, daß die Kerzenflamme mit ihrer geringeren Dichte durch die gleiche Zentripetalkraft stärker beschleunigt wird. Laut Newtons Gesetz ist bei gleicher Kraft das Produkt aus Masse und Beschleunigung gleich. Bei kleinerer Masse muß also die Beschleunigung größer sein. Für die Physik in der Schule ist es einfacher, wenn man sich vorstellt, daß die Kraft sich auf die dichtere Luft stärker auswirkt. S. A. B. Universität von Alaska, Fairbanks, USA
Man könnte es auch mit Hilfe von Bezugsrahmen ausdriikken oder eine exakte Berechnung anstellen. - Die Red.
65
Antwort Man versteht leichter, weshalb die Flamme nach innen zeigt, wenn man ein ähnliches Problem in einem linearen Bezugsrahmen betrachtet. Sie fahren im Auto, in dem sich auch ein Heliumballon befindet, der an einer Schnur befestigt ist. Was geschieht mit dem Ballon, wenn Sie scharf bremsen? Während Sie nach vorn gegen den Sicherheitsgurt gedrückt werden, bewegt der Ballon sich zum hinteren Teil des Wagens. Da nämlich die Luft im Fahrzeug wegen ihrer Trägheit genau wie Sie weiter vorwärtsdrängt, reagiert der Ballon, indem er sich zum niedrigsten Luftdruck hinbewegt. Und der Anteil der Wagenluft mit der geringeren Dichte befindet sich eben hinten. Die Kerzenflamme steigt in vergleichbarer Weise auf. Ihre Form ist das Ergebnis einer komplizierten Wechselwirkung zwischen dem heißen brennenden Wachs am Docht und der Erwärmung der ihn umgebenden Luft. Auch hier strömt die Flamme in die Richtung des geringsten Drucks - zur Rotationsachse. Der Vergleich rundet sich damit, daß die Kerze (wie das Auto) im Vergleich zu der Luft in der Umgebung der Flamme eine Beschleunigung erfährt; in bezug auf die Kerze strömt die Luft radial nach außen. Die Flamme reagiert, indem sie sich nach innen richtet. T.T. Universität von Tasmanien, Australien
Antwort Die Luft innerhalb eines geschlossenen Behälters würde die weniger dichten Gase innerhalb der Flamme unter dem Einfluß des Feldes der Zentripetalkraft in Richtung auf das Rotationszentrum verdrängen. Die Flamme stellt sich dabei in einem Winkel mit dem Bogenmaß (a/g) zur Senkrechten, wobei a die Beschleunigung durch die Zentripetalkraft ist. 66
Dieser Effekt läßt sich durch einen heliumgefüllten Ballon in einem Auto demonstrieren. Beim Beschleunigen neigt der Ballon sich nach vorn, beim Bremsen nach hinten; in Kurven richtet er sich zur Innenseite aus. Dabei wird dieselbe Formel angewandt. Bei einem Auto, das mit 50 km/h eine Kurve mit einem Radius von 20 Metern durchfährt, sollte der Ballon um etwa 44 Grad aus der Senkrechten ausgelenkt werden. N.H. Großbritannien Und noch eine einfachere Demonstration desselben Effekts. - Die Red. Antwort Legt man eine Wasserwaage so auf den Drehteller, daß sie wie eine Fahrrad speiche vom Zentrum nach außen weist, wandert die Gasblase während der Drehung rasch einwärts. Der massereichere Spiritus hat die leichtere Gasblase dorthin gedrückt. C.S. Großbritannien
Flatterbälle Frage Da ich viele Ballsportarten gespielt habe, kenne ich den Magnus-Effekt, der dafür sorgt, daß ein sich im Uhrzeigersinn (von oben gesehen) drehender Ball in einem flachen Bogen nach rechts fliegt. Ähnlich folgt ein Ball mit Rückwärtseffet einer gestreckten, fließenden Flugbahn. Diese Effekte lassen sich bei Lederfußbällen, Tennisbällen und Tischtennisbällen beobachten. Wenn man dagegen einem dieser in Tankstellen und am Strand verkauften Plastikbälle einen Effet mitgibt, kann man das 67
Gegenteil sehen: Eine Drehung im Uhrzeigersinn ergibt eine Abweichung nach links, und ein Rückwärtseffet führt zu einem heimtückisch abtropfenden Schuß. Eigentlich sind diese Bälle nichts anderes als größere Ausgaben von Tischtennisbällen, denen auch jede Vertiefung oder Oberflächenstruktur fehlt. Warum also reagieren sie andersherum auf Effet? R.B. Großbritannien Dieses Problem wurde in dem Artikel »The seamy side of swing bowling« (New Scientist vom 21. August 1993, S. 21) recht ausführlich behandelt. Am besten läßt es sich mit der »Grenzschichtablösung« erklären. Wenn ein Ball durch die Luft fliegt, ist seine Oberfläche mit einer dünnen Luftschicht überzogen, die von ihm mitgerissen wird. Die Luft jenseits dieser Schicht bleibt unbeeinflußt. Zwischen der mitgerissenen und der ungestörten Luft hegt eine dünne Grenzschicht. Vor dem Ball bewegt diese Schicht sich nur langsam. Doch auf ihrem Weg um den Ball nimmt ihre Geschwindigkeit zu, wodurch sie weniger Druck ausübt (dem Bernoulli-Gesetz zufolge nimmt der Druck von Flüssigkeiten und Gasen auf überströmte Oberflächen mit zunehmender Geschwindigkeit ab). An einer bestimmten Stelle löst die Grenzschicht sich von der Oberfläche des Balles. Bei einem glatten Ball ohne Effet geschieht das gleichmäßig. Rotiert der Ball aber, lost die Grenzschicht sich asymmetrisch ab und bedeckt so auf der einen Seite des Balles einen größeren Bereich als auf der anderen. Dadurch ergibt sich auf der einen Seite des Balles eine größere Fläche mit niedrigem Druck, was den Ball in diese Richtung lenkt. Bei der normalen Auslenkung (wie sie durch den MĮgnus-Robins-Effekt hervorgerufen wird) nimmt der Ball 68
mit seinem Effet eine sehr dünne Luftschicht mit. Auf der Seite des Balles, an der seine Rotation in der gleichen Richtung verläuft wie der umgebende Luftstrom, verlagert der Punkt der Grenz Schichtablösung sich dadurch nach hinten, während er auf der Seite, die gegen den Luftstrom rotiert, nach vorne wandert. Der verminderte Druck auf der Seite mit der ausgedehnteren Grenzschicht veranlaßt den Ball, in diese Richtung von seiner ursprünglichen Flugbahn abzuweichen. Deshalb läßt ein Effet im Uhrzeigersinn den Ball von links nach rechts fliegen. (Man könnte das Geschehen auch anders ausdrücken: Wenn der Punkt der Grenzschichtablösung sich verschiebt, wird der Verlauf der Stromfäden der Luft, die den Ball umgeben - seine Wirbelschleppe -, auf die eine Seite verlagert, so daß der Ball nach der anderen Seite hin abweicht.) All das setzt voraus, daß die Strömung in der Grenzschickt laminar fließt, daß also jeweils glatte Luftschichten aufeinandergleiten. In der Praxis kann ein Teil des Luftstroms turbulent verlaufen, wodurch die Luft innerhalb der Schicht sich chaotisch bewegt, und in diesen Fällen kann es zu einer umgekehrten Auslenkung kommen. In Versuchen hat sich gezeigt, daß turbulente Schichten länger an der Oberfläche des Balles haften als laminare Schichten. Wenn also die Grenzschicht auf der einen Seite turbulent und auf der anderen laminar ist, kann der Druck auf der turbulenten Seite niedriger sein - der Ball wird dann in diese Richtung ausgelenkt. Unter bestimmten Umständen kommt es vor, daß sich zunächst auf der Seite des Balles, die sich mit dem Luftstrom bewegt, Turbulenzen entwickeln. Hier löst die Grenzschicht sich später ab, was zu einer umgekehrten Auslenkung führt. Ob Turbulenzen auftreten, hängt von der Art des Balles, seiner Geschwindigkeit, seiner Größe und seiner Rotation ab; in manchen Sportarten läßt sich 69
deshalb häufiger eine umgekehrte Abweichung beobachten als in anderen (siehe die folgenden Antworten). In Sportarten wie Cricket*, bei denen man Bälle mit Nähten verwendet, haben die Werfer zusätzliche Möglichkeiten, mit Hilfe von Turbulenzen Abweichungen in beiden Richtungen hervorzurufen. Geschickte Spieler können den Ball beim Abwurf so rotieren lassen, daß seine Naht immer in einem bestimmten Winkel zur anströmenden Luft steht. Die Naht beeinflußt die Strömung, was die Grenzschiebt nur auf der Nahtseite des Balles turbulent werden läßt. Dadurch löst die Grenzschicht sich hier später vom Ball - eine heimtückische Flugbahn ist die Folge. Wird dem Ball genügend Geschwindigkeit mitgegeben, kann diese Abweichung umgekehrt werden. Bei den äußerst hohen Geschwindigkeiten, die Werfer der Weltklasse schaffen (mehr als 130 km/h), bewegt die Luft sieb so schnell, daß die Grenzschicht turbulent wird, noch ehe sie die Naht des Balles erreicht hat. In diesem Fall drückt die Naht die Grenzschicht weg, was diese dazu bringt, sich auf der Nahtseite des Balles früher abzulösen. Dadurch fliegt der Ball nicht in die erwartete, sondern in die entgegengesetzte Richtung - das ist dann einer dieser Flatterbälle ! Auch gewöhnliche Spieler können diesen Effekt erreichen, wenn ihr Ball angerauht ist, da eine rauhe Oberfläche leichter zu einer turbulenten Grenzschicht führt. Natürlich ist es ein Regelverstoß, den Ball vorsätzlich aufzurauhen. Die Red.
* englisches Schlagballspiel - Anm. d. Ü.
70
Antwort Die umgekehrte Bahnabweichung bei einem Plastikfußball beruht auf der sogenannten Grenzschichtablösung: Auf der Seite des Balles, an der die relative Geschwindigkeit der Luft gegenüber dem Ball größer ist, wird die Strömung m der Grenzschicht turbulent. Auf der anderen Seite bleibt sie dagegen laminar. Die laminare Grenzschicht löst sich von der Oberfläche des Balles, sobald sie nicht mehr vom Luftstrom an diese gedrückt wird. Dagegen hält die turbulente Grenzschicht den Kontakt mit der Oberfläche auch um den Ball herum aufrecht. Dadurch wird die Wirbelschleppe hinter dem Ball gegen dessen Rotationsrichtung abgelenkt, und damit wirkt eine Kraft auf diejenige Seite des Balles, die sich gegenläufig zum Luftstrom bewegt (also von rechts nach links, wenn er sich im Uhrzeigersinn dreht). Wie sich in Versuchen gezeigt hat, bestimmt sich die Richtung, in der ein Ball ausgelenkt wird, aus dem Verhältnis der Rotationsgeschwindigkeit seiner Oberfläche und seiner Fluggeschwindigkeit. In die gegenläufige Richtung wird er dann abgelenkt, wenn dieses Verhältnis klein ist (unter 0,4), während der »reguläre« Magnus-Effekt bei jedem höheren Verhältnis auftritt. Damit laßt sich wahrscheinlich erklären, warum der schneller rotierende Tennisball in die entgegengesetzte Richtung abgelenkt wird wie ein Fußball. O. H. Universität Leeds, Großbritannien Antwort Gewöhnlich wird die Bahnabweichung eines rotierenden Balles auf den Magnus-Effekt zurückgeführt. Doch bereits ein Jahrhundert vor Heinrich Magnus hat Benjamin Robins rotierende Kanonenkugeln untersucht und im Jahre 1742 eine Erklärung dafür veröffentlicht, 71
weshalb diese selbst an windstillen Tagen von ihrer Flugbahn abwichen. B. W. Neuseeland
Mittlerweile bezieben viele Veröffentlichungen sich auf den Magnus-Robins-Effekt. Doch man sollte nicht vergessen, daß Isaac Newton sich schon 1672 dazu geäußert hat, wie die Flugbahn eines Balles durch seine Rotation beeinflußt wird. - Die Red.
SELTSAME NATUR
Stark bewölkt Frage Warum ändern Wolken, kurz bevor es zu regnen beginnt oder ein schweres Gewitter droht, ihre Farbe zu einem sehr dunklen Grau? M.B. Australien Antwort Kurz bevor der Regen fällt, wird das flauschige Weiß der Wolken dunkler, weil sie dann mehr Licht absorbieren. Wolken erscheinen normalerweise weiß, wenn das auf sie fallende Licht von den kleinen Eis- oder Wasserpartikeln gestreut wird, aus denen sie bestehen. Sobald diese Teilchen jedoch größer werden - das geschieht, kurz bevor Wolken anfangen, in Regen überzugehen -, wird das Licht in zunehmendem Maße nicht mehr gestreut, sondern absorbiert. Dadurch kommt sehr viel weniger Licht beim Betrachter auf der Erde an, und die Wolken wirken dunkler. K.A. Großbritannien
Flach und steinig Frage Als ich einen steinigen Strand entlangspazierte und ein paar Kiesel übers Wasser hüpfen ließ, fiel mir auf, daß die flachsten Steine (die man auch am besten über die Wellen flitzen lassen kann) sich eher in größerer Entfernung vom Meer an der oberen Kante des Strands häuften. Welchen Grund könnte das haben? M.R. Großbritannien 75
Sage und schreibe 25 Leser sandten uns die amüsante Antwort, daß all die flachen Steine speziell an diesem Ort zu finden sind, weil die näher am Meer liegenden Kiesel schon von anderen aufs Wasser hinausgeworfen wurden. Möglicherweise liegt sogar ein Körnchen Wahrheit in diesen Erklärungsvorschlägen. Dennoch haben wir den Verdacht, daß die wahren Gründe im folgenden erläutert werden. Die Red. Antwort Küstensedimente stellen ein dynamisches System dar. Die Arbeit der Wellen schwemmt die Sedimente ständig an der Küstenlinie entlang, bis diese an eine Stelle gelangen, wo die Wellenenergie durch die örtliche Topographie so weit vermindert ist, daß ein Sedimenttransport nicht mehr möglich ist. Dort werden sie abgelagert. Aufgrund der jeweils vorherrschenden Wetterbedingungen, der Ausformung des Strandes und der Küstenlinie, der Windwirkung während der Wellenentstehung, der Topographie des Festlandssockels vor der Küste und so weiter sind manche Strände über längere Zeit hinweg der Einwirkung höherer Wellenenergie unterworfen als andere. In der Folge werden die Sedimente in Abhängigkeit vom Ort der Ablagerung sortiert oder nach Größe voneinander getrennt, wenn sie sich unterschiedlich leicht transportieren lassen. Strände, die dem Einfluß höherer Wellenenergien ausgesetzt sind, setzen sich größtenteils aus den Sedimenten zusammen, die schwerer zu bewegen sind, und umgekehrt. In ähnlicher Weise sind die oberen Strandbereiche dem Einfluß sehr viel höherer Energien ausgesetzt als die näher am Wasser liegenden Abschnitte, weil sie nur von Wellen mit höherer Energie erreicht werden. Normalerweise sind es Sedimente aus größeren und schwereren Bestandteilen oder aus solchen mit wenig zer76
klüfteter Oberfläche und eher kugelförmiger Gestalt, die von der Einwirkung der Wellen nicht so leicht bewegt werden können, da das Verhältnis von Oberfläche zu Gewicht bei letzteren relativ klein ist. Die meisten Steine oberhalb einer bestimmten Schwellengröße - dazu gehören sicherlich auch jene, die man zum Werfen aufnehmen kann werden jedoch vom größten Teil der Wellen nicht fortgetragen, sondern statt dessen an einen anderen Ort gerollt. Flache Steine rollen nicht besonders gut und leisten einem Transport durch Wellen größeren Widerstand, obwohl ihre Oberfläche im Verhältnis zum Gewicht relativ groß ist. Es kommt noch hinzu, daß flach geformte Steine, wenn man sie als Ansammlung und nicht als einzelne Kiesel betrachtet, der Wellenenergie noch größeren Widerstand entgegensetzen. An jedem Kieselstrand läßt sich beobachten, daß sie gelegentlich dazu neigen, sich wie ein Haufen Münzen anzuordnen und sich miteinander zu verkeilen. Für eine Welle ist es dann viel schwerer, sie von der Stelle zu bewegen, und das erklärt auch, weshalb sie in einem Strandabschnitt liegen, der dem Einfluß höherer Wellenenergien ausgesetzt ist. Natürlich fallen sie wegen dieser Art der Anordnung auch besonders auf und bieten sich als Vorrat an, wenn man Steine übers Wasser hüpfen lassen will. M.E. Großbritannien Antwort Ablagerungen von Wellen, die auf einen Strand auflaufen, spiegeln in der Regel den Energieunterschied zwischen der Brandung und dem zurückflutenden Wasser wider. Die Energie der Welle verteilt sich, wenn sie den Strand hinaufläuft, und ein Teil des Wassers versickert im Strandsediment - der Rücklauf hat somit weniger Kraft als 77
die auflaufende Welle. Diese schafft es oft, grobkörnige wie auch feine Teilchen strandaufwärts zu befördern, doch beim Zurückfluten kann sie nur noch die feinen Partikel transportieren und läßt die größeren Teile am oberen Rand des Strandes zurück. Dieser grobe Sortiervorgang ist meist die Folge von (relativ selten auftretenden) heftigen Stürmen. Die bei solchen Ereignissen auftretenden Wellen hinterlassen »isolierte« Ablagerungen aus größeren Bestandteilen, die normalerweise an Ort und Stelle bleiben, bis sie vom nächsten Sturm gleicher oder höherer Stärke verlagert werden können. In den »verfestigten« Flußbetten von Gebirgsfiüssen zeigen sich gewöhnlich ähnliche Anhäufungen grober Sedimente. Es ist jedoch nicht allein die Größe der Teilchen dafür verantwortlich, wie leicht sie verlagert und damit in verschiedene Gruppen sortiert werden können, sondern auch ihre Form. Das Gewicht der einzelnen Teilchen sowie die Reibung, die bei ihrem Kontakt mit der darunterliegenden Schicht auftritt, bestimmen, welchen Widerstand sie dem fließenden Wasser entgegensetzen. Und aus der Querschnittsfläche, die der Strömung ausgesetzt ist, ergibt sich die Größe der Strömungskräfte, die nötig sind, das Teilchen aus seiner Ruhelage zu entfernen. In strömendem Wasser neigen flach geformte Partikel dazu, sich zu drehen, bis sie plan liegen. Das ergibt eine große Reibungsfläche mit dem Untergrund, auf dem sie liegen, sowie eine für ihr Gewicht relativ kleine Querschnittsfläche, die der Strömung ausgesetzt ist. Deshalb sind sie in der Regel weniger beweglich als eine Kugel gleichen Gewichts. Liegt also eine Mischung aus Teilchen mit unterschiedlichen Formen, aber gleichem Gewicht vor, bleiben die flachen Bestandteile, sobald sie einmal die 78
Oberkante eines Strandes erreicht haben, gewöhnlich am längsten in dieser Position. N.S. Geographische Abteilung der Universität Aberdeen, Großbritannien
Freischwimmer Frage Welche Kraft treibt eine einzelne, obenauf schwimmende Weizen- oder Reisflocke meines Frühstücksmüslis über die Milch bis an den Rand der Schüssel, wo sie sich mit ihresgleichen zusammentut? J.C. Australien
Antwort Die Kraft tritt auf, weil die Oberflächenspannung der Flüssigkeit sich ungleichmäßig auf die an ihrer Oberfläche schwimmenden Getreideflocken auswirkt. Mit einem einfachen Experiment läßt sich erklären, was geschieht: Man benötigt Leitungswasser und zwei Tassen aus Polystyrol, dazu zwei kleine kreisförmige Bruchstücke (ihr Durchmesser braucht nicht größer als 1 cm zu sein) von einer dritten Tasse. Die erste Tasse füllt man bis etwa 1 cm unterhalb des Randes. Die zweite füllt man bis an den Rand, dann gibt man vorsichtig weiter Wasser hinzu, bis es den Rand übersteigt, ohne überzulaufen, das heißt, bis das Wasser wegen der Oberflächenspannung in einer konvexen Wölbung über die Tasse hinausreicht. Nun legt man in die Mitte jeder Tasse eines der kleinen Polystyrolstückchen. Das in der nicht ganz gefüllten Tasse wird, wenn man ihm einen kleinen Schubs gibt, an den Rand der Tasse treiben und dort bleiben. Das Bruchstück, 79
das auf der konvex gewölbten Wasserfläche schwimmt, bleibt dagegen in der Nähe der Tassenmitte. Bringt man es (zum Beispiel mit der Spitze eines Bleistifts) an den Rand, wird es außerdem von dort abgestoßen und mit beträchtlicher Kraft wieder in die Mitte getrieben. All das ergibt sich aus der Oberflächenspannung des Wassers. In der teilweise gefüllten Tasse krümmt die Oberfläche des Wassers sich im Kontakt mit dem Polystyrol des Randes nach oben, weil Wassermoleküle stärker von dem Kunststoff als voneinander angezogen werden. Die Wölbung auf der zweiten Tasse kommt zustande, weil die Flüssigkeit von der Oberflächenspannung gezwungen wird, das kleinste mögliche Volumen einzunehmen - damit erklärt sich auch die Kugelform von Flüssigkeitstropfen. Auch an der Kante der kleinen Polystyrol-Bruchstücke wölbt das Wasser sich aufwärts. Wo es mit dem Polystyrol in Berührung kommt, bewirkt seine Oberflächenspannung eine nach unten und von dem Polystyrol weggerichtete Zugkraft, die durch den Kontaktwinkel des Wassers mit dem Kunststoff zustande kommt. In der Mitte der Tasse gleichen die Zugkräfte auf allen Seiten des Bruchstücks einander unmittelbar aus, da das Wasser sich dem Kreis an allen Stellen in gleicher Weise entgegenwölbt. Bringt man das Stück jedoch näher an den Rand der nicht ganz gefüllten Tasse, wird die Kurve des Wassers, das mit dem Bruchstück in Berührung ist, durch die aufwärts gerichtete Wölbung des Wassers auf der dem Tassenrand näheren Seite abgeflacht. Dadurch verstärkt sich der nach außen gerichtete Zug auf dieser Seite des Bruchstücks, was insgesamt eine zum Tassenrand gerichtete Kraft ergibt. Mit diesem Effekt läßt sich auch erklären, weshalb die 80
Getreideflocken an der Oberfläche der Milch in Ihrer Schüssel zusammenklumpen sowie das ähnliche Verhalten von Blättern und Zweigen auf Teichen und Seen. R.H. USA Antwort Möglicherweise handelt es sich um eine Abwehrstrategie - sie scharen sich wie eine Bisonherde zusammen, um sich gegenseitig vor dem Raubtier (das sind Sie) zu schützen. Aber vielleicht liegt es auch einfach an der Oberflächenspannung der Milch. R. T. Ohne Adressenangabe Antwort Die Tatsache, daß Reis- und Weizenflocken (und natürlich auch andere Körner) auf diese Weise in Richtung auf ihre Genossen zutreiben können, beruht darauf, daß sie ihren Weg zum gemeinsamen Massezentrum »fühlen« können. Diese Fähigkeit könnte man als »ein Körnchen Gemeinschaftsgefühl« bezeichnen. Wie sich in verschiedenen Untersuchungen gezeigt hat, fehlt Menschen, die in eine große Schüssel mit Milch fallen, die Fähigkeit, sich zu größeren Trupps oder Versammlungen zusammenzufinden, vollständig. Damit ist der Beweis erbracht, daß sie kein Körnchen Gemeinschaftsgefühl (oder keinen gesunden Menschenverstand*) besitzen. U.M. Großbritannien
* Im englischen Original heißt es »common sense«, was eben auch für »gesunden Menschenverstand« steht. - Anm. d. Ü.
81
Nichts als warme Luft? Frage Warum steigt die Frequenz der Töne, wenn man durch Heliumgas spricht, selbst wenn die letzte Übertragungsstrecke zum Hörer durch Luft verläuft? D.B. Neuseeland Antuort In Helium pflanzt Schall sich schneller fort als in Luft, weil die Heliumatome (Atomgewicht 4) leichter sind als die Moleküle von Stickstoff und Sauerstoff (Atomgewicht 14 bzw. 16). Wie der Ton aller Blasinstrumente kommt auch der Klang der Stimme als stehende Welle in einer Gassäule zustande, normalerweise in Luft. Multipliziert man die Frequenz einer Schallschwingung mit ihrer Wellenlänge, erhält man die Schallgeschwindigkeit. Die Wellenlänge ist durch die Gestalt der Mundhöhle, der Nase und der Kehle festgelegt; steigt die Schallgeschwindigkeit, muß also auch die Frequenz zunehmen. Sobald der Schall den Mund verläßt, ändert die Frequenz sich nicht mehr, folglich kommt der Ton beim Hörer mit derselben Höhe an, mit der er den Sprecher verlassen hatZur Illustration kann man sich eine Fahrt mit der Achterbahn vorstellen: Auf seinem Rundkurs wird der Wagen beschleunigt und wieder abgebremst, doch dabei folgen alle Wagen demselben Muster. Wenn alle dreißig Sekunden ein Wagen startet, kommen sie im gleichen Takt am Ende des Kurses an, unabhängig davon, was dazwischen geschieht. Bei Saiteninstrumenten hängt die Tonhöhe von der Länge, Dicke und Spannung der Saite ab; auf sie hat die Zusammensetzung der Luft keinen Einfluß. Würde man inmitten eines Orchesters Helium freisetzen, käme es folglich zum Chaos. Die Töne der Holz- und Blechbläser 82
würden hoher, während die der Streicher und der Schlaginstrumente mehr oder weniger gleich blieben. In dem Song of the White Horse von David Belford muß die Sopranistin Helium einatmen, um die extrem hohe oberste Note zu treffen. E.M. Irland
Grün, grüner, nichts geht mehr ... Frage Wenn Altpapier wiederverwertet wird, ist das neue Produkt eindeutig von schlechterer Qualität als das ursprüngliche Papier. Verstärkt dieser Qualitätsverlust sich weiter, wenn wiederverwertetes Papier erneut in den Stoffkreislauf eingespeist wird? Kann man mehrmals wiederverwertetes Papier von Altpapier unterscheiden, das noch nicht erneut in den Kreislauf gelangt ist? Gibt es eine Obergrenze für die Zahl der Zyklen, die das Ausgangsmatenal durchlaufen kann? M. G. Großbritannien Antwort Fasern für die Papierherstellung, normalerweise Zellstoff aus Holzbrei, können etwa sechsmal verwendet werden. Bei jedem Durchlauf nimmt die Qualität der Fasern ab - sie nutzen sich ab und werden kürzer. Deshalb ist es notwendig, ungebrauchte Fasern hinzuzufügen, mit denen die Qualität des fertigen Papiers verbessert und aufrechterhalten wird. Manche Papiersorten erfordern jedoch spezielle Eigenschaften oder werden für Zwecke eingesetzt, die ausschließlich mit neuen Fasern zu verwirklichen sind. Bei der normalen Sortierung von Altpapier aus Haus83
halten ist es praktisch unmöglich, Papier aus neuen Fasern von dem Papier zu trennen, das wiederverwertete Fasern enthält. Es kann leichter sein, Altpapier von Gewerbebetrieben zu trennen, doch nur dann, wenn man an der »Quelle« (zum Beispiel einer Druckerei) genau weiß, woraus das Papier hergestellt ist, und es von anderen Papierabfällen vollkommen getrennt halt. R. M. Informationszentrum Zellstoff und Papier, Großbritannien Antwort Bei der Wiederverwertung wird die Qualität von Papier auf zwei Arten vermindert. Erstens werden die Zellulosefasern, die dem Papier seine Stabilität geben, kürzer - das dabei gewonnene Papier ist dichter, steif, weniger undurchsichtig, nicht mehr so haltbar und reißt leichter. Zweitens sorgen Verunreinigungen, vor allem Druckerschwärze, dafür, daß das Papier nicht mehr so weiß ist. Wird Papier immer wieder neu verwertet, nehmen beide Probleme mit jedem Durchgang zu. Die Zahl der Zyklen, die Papier durchlaufen kann, sind durch die Tatsache begrenzt, daß es während der Herstellung sein eigenes Gewicht tragen muß, denn andernfalls reißt es, und man produziert Ausschuß. Um das zu vermeiden, mischen die Papierfabriken frischen Zellstoffbrei zu, was gesetzlich erlaubt ist. Die Vereinigung der Papierhändler Englands verlangt bei Papier mit dem Siegel »100 Prozent Recyclingpapier« nur einen Anteil von 75 Prozent »Fasern aus Altpapier«. Papier, das zur Wiederverwertung bestimmt ist, teilt man in zwei Hauptkategorien ein: Abfälle, die nicht bis zum Verbraucher gelangt sind (zum Beispiel aus der Papierfabrik selbst), und Altpapier, das bei den Verbrauchern anfällt (die »echte« Wiederverwertung, die wir zu Hause und im Büro betreiben). 84
Werden Papierabfälle nicht von der Druckerschwärze befreit, kann man sie zu Verpackungsmaterial verarbeiten; entfernt man die Druckfarben, kann man das Altpapier zu Sorten geringerer Qualität verarbeiten, auf die man Zeitungen oder Telefonbücher druckt. Diese Art Recycling wird allgemein als eine »gute Sache« anerkannt. Recyclingpapier höchster Qualität, das als Firmenbriefpapier eingesetzt werden kann und deshalb farbbeständig sein muß, enthält bis zu 25 Prozent frischen Zellstoffbrei und bis zu 65 Prozent Altpapier, das nicht bis zum Verbraucher gelangt ist. Nur 10 Prozent stammen aus Papierabfällen von Endverbrauchern. Selbst dann müssen diese Abfälle nach Entfernung der Druckfarben aber noch gebleicht werden. Auf diese Weise kann das Papier in Produkten höchster Qualität beliebig oft wiederverwertet werden. Viele Menschen finden es jedoch erschreckend, wenn sie entdecken, wie wenig Altpapier von Endverbrauchern in diesem Papier enthalten ist. Weil es zusätzlich gebleicht werden muß, ist der Nettonutzen für die Umwelt letztlich fragwürdig. J.C. Großbritannien Antwort Bei der Wiederverwertung werden die Zellulosefasern im Papier verkürzt und geschwächt, bis sie zerbrechen. Der Zellstoffbrei, der sich dadurch ergibt, muß für Anwendungen mit ständig abnehmenden Qualitätsanforderungen verwendet werden. Ist Papier in einem Produkt wie Wellpappe am Ende der Wiederverwertungskette angekommen, ist eine andere Art von Recycling erforderlich. Eine alte Schachtel aus Wellpappe kann man mit weiteren Wellpapperesten füllen; dann wirft man alles auf den Kompost und läßt es da ver85
rotten. Mit dieser Komposterde kann man Bäume mulchen und die Zellulosefasern so wieder in den Stoffkreislauf zurückführen. Verpackungsmaterial {zum Beispiel Müsli-Kartons) läßt sich auch im Komposthaufen eines Gartens kompostieren. Dabei entstehen Hohlräume, die den Kompost belüften, bis alles verrottet ist. Mit Pappe führt man dem Komposthaufen nützliches »Grobmaterial« zu und kompensiert den überschüssigen Stickstoff und die schmierigen Verklumpungen, die von zu großen Mengen Grasschnitt herrühren. D.E. Großbritannien
Sturm und Drang Frage Was bringt den Wind dazu, in Böen aufzutreten? C.L. Großbritannien Antwort In der Nähe der Erdoberfläche wird der Wind durch Reibungskräfte abgebremst. Wenn verschiedene Luftschichten sich mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten bewegen, entstehen fast immer Turbulenzen, und dadurch wird der Wind an der Oberfläche verstärkt oder abgeschwächt. Wird er verstärkt, treten Böen auf. Auch Hindernisse wie Gebäude sorgen für Turbulenzen, weshalb Stadtzentren berüchtigt sind für ihre starken Böen. Ist die Erdoberfläche hinreichend wärmer als die Luft darüber, können durch Konvektion Säulen oder Wände warmer Luft entstehen, die man als Thermik bezeichnet. Diese steigt von der Oberfläche der Erde in die Höhe, wobei unten Luft an die Basis der aufsteigenden Säule nach86
strömt. Diese Strömungen können sich mit dem herrschenden Wind vereinen und Sturmböen erzeugen, die langlebiger sind als die normalen Windstöße der Turbulenzen. Falls die Konvektionsströmung stark genug ist, kann sie zudem Schauerwolken hervorrufen, weil die Feuchtigkeit innerhalb der Thermik kondensiert, während sie Höhe gewinnt und dabei abkühlt. Verdunstet das Wasser in der Folge wieder, können Kaltluftsäulen entstehen, die sehr schnell aus diesen Wolken herabfallen und auf der Erde heftige Böen zur Folge haben. Diese nennt man manchmal auch Fallböen. M.B. Großbritannien
Wenn Quecksilber auf Reisen geht Frage Bei meinem letzten Flug habe ich in einem Merkblatt gelesen, welche Gegenstände man nicht mit ins Flugzeug nehmen darf. Es wundert mich, daß ich beim Fliegen kein Quecksilberthermometer dabeihaben darf. Warum eigentlich nicht? R.E. Großbritannien Antwort Flugzeuge bestehen zu einem großen Teil aus Aluminium. Erstaunlicherweise kann eine sehr geringe Menge Quecksilber eine sehr große Menge Aluminium zerstören. Obwohl Aluminium recht reaktionsträge erscheint, ist es in Wahrheit ein sehr reaktionsfreudiges Metall, das sich heftig mit dem Sauerstoff der Luft verbindet. Durch diese Reaktion entsteht jedoch rasch eine dünne Oxidschicht, die weitere Angriffe verhindert. Bei der Alu87
miniumherstellung verdickt man diese Schicht mit Hilfe der anodischen Oxidation, was die Schutzfunktion verstärkt. Quecksilber kann diese schützende Oxidschicht zerstören und damit spektakuläre Folgen hervorrufen. Es löst Aluminium und bildet ein Amalgam, das die Oxidschicht von innen her schädigen kann - der erste Angriff erfolgt vermutlich durch winzige Lücken im Oxid. Vor vielen Jahren verschüttete ein Techniker, der für mich arbeitete, ein paar Tropfen Quecksilber auf seiner hölzernen Werkbank, an deren Ecken zum Schutz schwere Aluminiumwinkel angeschraubt waren. Am nächsten Morgen hatten sich große Löcher in das Aluminium gefressen, das Holz in der Umgebung war bis in die Tiefe verkohlt, und wie seltsame Korallen waren lange, zerbrechliche Säulen aus bröckeligem Aluminiumoxid gewachsen. Daraus haben wir dann ein schönes Chemie-Experiment entwickelt, doch mittlerweile wird das nicht mehr gern gesehen, weil Quecksilber so giftig ist. Ich habe erlebt, wie man einen Fluggast vor mir daran hindern wollte, ein Barometer mit ins Flugzeug zu nehmen, weil es auf der Liste der verbotenen Gegenstände stand. Dabei war dieses spezielle Gerät sogar leer. Mit Mühe konnte ich das Flugpersonal überzeugen, daß das Ding harmlos war. Sie wußten nicht, daß nur das Quecksilber gefährlich ist, sondern meinten, Barometer an sich seien eine Gefahr. Ich frage mich, was ein Höhenmesser nach Ansicht dieser Leute mißt... H.R. Abteilung für Elektronik und Computer, Universität Southampton, Großbritannien
88
Antwort Angesichts der Beweglichkeit flüssigen Quecksilbers kann das korrosive Amalgam sich tief innerhalb der Struktur ausbilden. Ein Flugzeug, in dem jemand Quecksilber verschüttet, muß in Quarantäne, bis erkennbar wird, wo das Amalgam sich befindet. Am Ende wird das Flugzeug wahrscheinlich verschrottet, weil in den technischen Handbüchern steht, daß das Amalgam ähnlich wie Holzfäule langsam in benachbarte Bereiche einwandert. R.P. Air Medkal Limited, Flughafen Oxford, Großbritannien Antwort Gemäß den von der International Civil Aviation Organisation (ICAO, einer Untergliederung der Vereinten Nationen) entwickelten internationalen Richtlinien gilt Quecksilber zusammen mit vielen anderen verbreiteten Chemikalien als »Gefahrgut«. Es ist nicht erlaubt, diese Substanz oder einen Gegenstand, in dem sie enthalten ist, im Handgepäck oder als eingechecktes Gepäck mit in ein Flugzeug zu nehmen. Kleine Fieberthermometer (in einer Schutzhülse) für den persönlichen Bedarf sind davon ausgenommen. Sollen Gegenstände, die Quecksilber enthalten, befördert werden, müssen sie als Luftfracht aufgegeben werden. Wie das zu geschehen hat, ist in den Vorschriften der ICAO in allen Einzelheiten geregelt. Niemand sollte glauben, diese Beschränkungen ignorieren zu können. Gefährdet jemand ein Flugzeug, weil er gefährliche Güter an Bord bringt, kann er nach einem in England seit 1982 bestehenden Gesetz angeklagt und mit einer empfindlichen Geldstrafe belegt werden. Wird Quecksilber verschüttet, müßte man das Flugzeug aus dem Verkehr ziehen. Die Fluggesellschaft und/oder der Hersteller könnte in diesem Fall versuchen, die Kosten 89
beim Verursacher oder bei seinem Arbeitgeber einzutreiben. L.H. Großbritannien
Mittsommer - Sommermitte? Frage Auf der Nordhalbkugel erreicht die Sonne ihren höchsten Stand am Himmel jedes Jahr am (oder um den) 21. Juni. Die wärmsten Monate sind jedoch eher Juli und August. Woran liegt das? Ähnlich verhält es sich am 21. Dezember, wenn die Sonne ihren niedrigsten Stand erreicht, denn die kältesten Monate sind gewöhnlich der Januar und der Februar. Kann mir das jemand erklären? W. W. Spanien Antwort Die Erde besitzt eine bestimmte Wärmekapazität, die zu einer thermischen Verzögerung führt. Demnach heizt sich die Hemisphäre, die gerade ihren längsten Tag durchläuft, weiterhin auf; ihre wärmste Periode erreicht sie erst ein paar Wochen später. Am kürzesten Tag ist es ähnlich: Die Hemisphäre kühlt sich noch immer ab, so daß sie erst nach ein paar Wochen ihre kälteste Periode erlebt. A. W.und S. C. Universität Leeds, Großbritannien Antwort Die Nordhalbkugel empfängt zwar Ende Juni die größte Warme, doch der Vorgang läuft ähnlich ab wie das Beheizen eines Raumes mit einer Gasheizung. Obwohl das Feuer sehr rasch Hitze entwickelt, dauert es eine Weile, bis die Luft im Raum sich erwärmt. Dasselbe gilt 90
für die Erdatmosphäre. Ebenso kühlt der Raum nicht sofort aus, wenn man die Heizung abdreht - genau wie die Luft der Erdatmosphäre wird auch die Raumluft erst allmählich kälter. L.H. Großbritannien
Rotglühend Frage Wie kommen die Farben zustande, die sich auf einer sauberen Eisen- oder Stahloberfläche bilden, nachdem das Metall durch Erhitzen und Abkühlen (dieser Vorgang wird als Tempern bezeichnet) gehärtet wurde? Die Farben reichen von Gelb {wenn das Metall auf etwa 200 °C erhitzt wurde) über Gold, Braun, Purpur, Blau bis hin zu Schwarz (wenn es etwa 600 °C erreicht hatte). Da das oxidierte Blau oder Purpur auf mechanischen Teilen aus Stahl in Uhren aus dem 19. Jahrhundert oft unverändert überdauert hat, würde mich interessieren, wie diese durchsichtigen und sehr beständigen farbigen Schichten physikalisch aufgebaut sind. J.R. Großbritannien Antwort Die heißen Hochofengase, mit denen die Hitzebehandlung von Stahl erfolgt, oxidieren die Elemente der Legierung wie z. B. Chrom zu einer dünnen Oberflächenschicht. Die Wellen des sichtbaren Lichts erzeugen in dieser Schicht die Farben, die der Briefschreiber schildert. Die jeweils vorherrschende Farbe des Stahls wird von der Dicke des Überzugs bestimmt, der mit Licht unterschiedlicher Wellenlängen in Wechselwirkung tritt. Dünnere Schichten, die bei niedrigeren Temperaturen entste91
hen, erscheinen gelb oder goldfarben. Dickere Überzüge lassen den Stahl hellblau erscheinen, und die dicksten sehen mitternachts blau und schließlich schwarz aus. Die Farben des Temperns auf sauberem, blankem Stahl sind im Grunde sehr empfindlich; sie gehen schnell verloren, wenn der Oberflächenfilm rostet, dabei dicker wird und sich Schichten von hydrierten Eisenoxiden anlagern. Die Farben des Härtevorgangs auf vielen Einzelteilen der genannten hundertjährigen Uhren sind deswegen so haltbar, weil man sie damals nach dem Tempern in den Tran von Pottwalen getaucht hat. Das Walöl gibt den Oxidschichten einen durchsichtigen, wachs ähnlichen Schutzüberzug, der die Farben für die Nachwelt konserviert. Man hat dieses Verfahren in großem Umfang angewandt, was den offensichtlichen Nachteil hatte, daß es nur noch sehr wenige Pottwale gibt. D. McI. Saudi-Arabien
Abriß Frage Wie kommt es, daß Zeitungspapier anscheinend immer bevorzugt in einer bestimmten Richtung reißt? Mit bloßem Auge sieht es vollkommen homogen aus. Andere Papiersorten wie die Bögen für A4-Laserdrucker scheinen sowohl nach dem Aussehen wie nach dem Reißverhalten homogen zu sein. B.J. Großbritannien
92
Antwort Papier wird meist maschinell und mit großer Geschwindigkeit hergestellt. Die Papierbahn entsteht, indem man eine Aufschwemmung von Fasern und mineralischen Füllstoffen auf eine siebähnhche Fläche aus einem Geflecht synthetischer Fäden aufbringt, das sich wie ein Fließband ständig und schnell weiterbewegt. Dann verfestigt man die Bahn in einer Presse und trocknet sie über beheizten Walzen, ehe man sie zu Rollen aufwickelt. Da die Ausgangsmasse für die Papierherstellung aus einem als Auflaufkasten bezeichneten Vorratsgefäß auf das rasch laufende Sieb aufgebracht wird, werden die meisten Fasern - sie sind zylindrisch geformt - in der Laufrichtung des Produktionsbandes ausgerichtet. Das nennt man die »Maschinenrichtung«. Diese Anordnung der Fasern innerhalb der Papierstruktur läßt das Blatt leichter in der Maschinenrichtung reißen als »quer« dazu, wo die Fasern selbst durchtrennt werden müßten. Die Festigkeit aller so hergestellten Papiersorten hängt in unterschiedlicher Weise von den Ausrichtungseigenschaften der jeweiligen Bögen ab. Gibt man Füllstoffe bei und unterzieht die Papierbahn bei der Produktion einer mechanischen oder einer Oberflächenbehandlung, kann das dazu beitragen, dies zu ändern oder zu verringern. Zeitungspapier reißt leichter in der Maschinenrichtung als Papier für Laserdrucker, weil es vor allem Fasern enthält und weniger wiegt. R. I. S. G. Großbritannien
93
Raschelrätsel Frage Wo kommt die Energie her, die die dünnen weißen Einkaufstüten im Supermarkt so geräuschvoll macht? L.B. Großbritannien Antwort Die Energie stammt vor allem von Ihnen, da die Tüte nicht von allein rascheln dürfte. Der Lärm wird durch heftige Bewegungen erzeugt, die man macht, wenn man eine steife Platte biegt oder reibt. Die Plastiktüten bestehen aus Polyethylenfohe, die unbehandelt wachsähnhch und schlaff ist und wenig Geräusche verursacht. Sie ist eher elastisch als plastisch, so daß sie Belastungen geräuschlos aufnimmt. Will man die Folie aber zu Einkaufstüten verarbeiten, muß man sie strecken, damit sie dünn genug für eine bequeme Handhabung wird und nicht viel kostet. Dadurch richten ihre Moleküle sich teilweise zu steiferen Bahnen aus. Damit die Tüten besser aussehen und der Inhalt nicht so leicht erkennbar ist, fügen die Hersteller zum Einfärben Füllstoffe hinzu, die die Folie noch mehr versteifen. Das ergibt eine Kunststofftasche, die hörbar gegen jedes Knittern, jede Verformung und Reibung protestiert. J.R. Südafrika
94
Windige Angelegenheit Frage Weshalb ist es im Winter, wenn die Sonneneinstrahlung am geringsten ist, insgesamt windiger? D. H. J.W. Großbritannien Antwort Die Windverhältnisse werden nicht von der örtlichen Einstrahlung der Sonnenenergie bestimmt. Sie sind eine Folge der unterschiedlichen Aufheizung der Erdoberfläche zwischen den kalten Regionen an den Polen und den warmen Tropen. Dies führt zu einer Luftzirkulation, die dieses Temperaturgefälle auszugleichen sucht: In der Nähe des Äquators steigt Warmluft auf und wird durch nachströmende Kaltluft aus polaren Breiten ersetzt. Würde die Erde sich nicht drehen, würde der Wind auf der Erdoberfläche auf der Nordhalbkugel von Norden nach Süden strömen, auf der Südhalbkugel wäre es umgekehrt. Wegen der Erdrotation wird der Wind jedoch allmählich nach Westen abgelenkt (das nennt man CoriolisEffekt), und der Wind kann nicht in einem Zug direkt vom Pol zum Äquator wehen. Die einzelne Konvektionszelle teilt sich in drei Zellen auf, so daß nicht nur am Äquator, sondern auch in der gemäßigten Zone Luft aufsteigt, während sie in den subtropischen Wüstengebieten wie an den Polen absinkt. Das führt zu einem Gebiet widerstreitender Winde in den gemäßigten Zonen (etwa zwischen 40 und 60 Grad nördlicher bzw. südlicher Breite). In der gemäßigten Zone der Nordhalbkugel kämpfen kalte nordöstliche Winde gegen warme Luftströmungen aus Südwest. Im Sommer sind diese Luftbewegungen schwächer, weil die arktischen Landmassen durch den fast ununterbrochenen Sonnenschein erwärmt werden; die 95
Temperaturunterschiede über die gemäßigte Zone hinweg sind dann nicht so ausgeprägt. Im Winter herrscht am Pol fast völlige Dunkelheit, und die angrenzenden Gebiete werden extrem kalt. Der Temperaturunterschied innerhalb der gemäßigten Zone wird groß, was die vertikalen Luftströmungen in den KonvektionsZellen verstärkt und Oberflächenwinde viel heftiger werden läßt. Auf der Südhalbkugel wirkt sich das weniger aus. Die südlichen Polargebiete bestehen aus eisbedecktem Land (Antarktis) oder Meer, die sich auch im Sommer nicht sehr erwärmen. Dadurch bleibt der Temperaturunterschied über die gemäßigte Zone hinweg das ganze Jahr über relativ gleich. G.H. Großbritannien Antwort Im Winter wird unser Wetter vorwiegend von Tiefdruckgebieten bestimmt, die entstehen, wenn feuchtwarme Luft aus den Tropen mit feuchtkalter Luft vom Nordpol über dem Atlantik zusammentrifft. Die warme Luft gleitet über die kalte. Beide Luftmassen bewegen sich in einer gegen den Uhrzeigersinn gerichteten Spirale aufwärts und bilden eine Zone tiefen Luftdrucks, deren Energie aus der im Wasserdampf der Luftmassen gespeicherten latenten Wärme stammt. Die Luft der umgebenden Gebiete mit höherem Druck fließt in die Tiefdruckzone ein, um die Druckdifferenz auszugleichen, und das macht sich als Wind bemerkbar. J. W. Großbritannien
96
Antwort In Großbritannien"' wird die Windgeschwindigkeit von der Wechselwirkung zwischen kontinentalen und nordatlantischen Luftmassen bestimmt und nicht sosehr durch die Aufheizung der Inseln durch Sonneneinstrahlung. Starke Winde sind mit dem Durchzug kleiner Tiefdruckgebiete verbunden, die aus der Mischung von warmer Atlantikluft (Golfstrom) und kalter Polarluft entstehen. Zusammen mit der vorherrschenden atlantischen Luftströmung wandern diese nach Osten. Während Europa sich im Winter abkühlt, steigt der Luftdruck, und über dem Kontinent bildet sich ein großräumiges Hoch. Auf der Nordhalbkugel kreist die Luft wegen des Coriolis-Effekts im Uhrzeigersinn um eine Hochdruckzone. Dieser Wind (er wird geostrophischer Wind genannt) bringt die atlantischen Tiefdruckgebiete dazu, ihren Weg nach Norden quer über die Britischen Inseln zu nehmen. Während die Tiefdruckzonen näherkommen, wird ihre eigene Zirkulation (gegen den Uhrzeigersinn) durch den geostrophischen Wind noch verstärkt, so daß starke Westwinde vorherrschen. Im Sommer heizt der Kontinent sich auf, was zu einer Tiefdruckzone über Europa führt. Die geostrophische Luftströmung über den Britischen Inseln dreht auf nördliche Richtungen. Ankommende Tiefdruckgebiete ziehen in südlichere Richtungen und werden von der im Uberschneidungsbereich gegenläufigen Luftströmung des europäischen Tiefs abgeschwächt, wodurch starke Winde seltener werden. AC Großbritannien
* und meist auch in Deutschland - Anm. d. Ü.
DIE WELT DER PHYSIK
Luftraum Frage Wir haben den physikalischen Versuch nachvollzogen, bei dem eine in Wasser stehende Kerze mit einem umgestülpten Glas abgedeckt wird. Die Kerze erlischt, und im Glas steigt der Wasserspiegel. Man hat uns in der Schule beigebracht, daß der Wasserspiegel steigt, weil die brennende Kerze den Sauerstoff verbraucht. Wenn wir statt der einen vier Kerzen unter dem Glas brennen lassen, steigt der Wasserspiegel jedoch viel höher. Warum? E. F., R.E und A. F. Australien
Antwort Daß die drei das scheinbar gut verstandene Kerzenexperiment in Frage stellen, zeigt, wie junge und wißbegierige Geister in der Lage sind, falsche Erklärungen zunichte zu machen, die die Schulphysik jahrzehntelang verbreitet hat. Der Verbrauch von Sauerstoff mag sicherlich in gewissem Umfang dazu beitragen, daß das Wasser steigt, da ein bestimmtes Molvolumen Sauerstoff den Kohlenstoff aus dem Wachs zu ungefähr demselben Molvolumen Kohlendioxid beziehungsweise den entsprechenden Wasserstoff zu zwei Molvolumen Wasserdampf verbrennt. Ersteres löst sich teilweise im Wasser, während letzterer fast vollständig zu flüssigem Wasser kondensiert. Dadurch nimmt das Gasvolumen im Glas zweifellos insgesamt ab. Diese Betrachtungsweise ist jedoch zweitrangig - entscheidend ist die Wärme der brennenden Kerze(n). Sobald man diese mit einem umgestülpten Glas abdeckt, wird eine größere Zahl von Kerzen die umgebende Luft stärker erwärmen als eine einzige. Sobald die Kerzen erlöschen, zieht die kühler werdende Luft in ihrer Umgebung sich 101
zusammen, und dieser Vorgang ist der oberen Ausgangstemperatur des eingeschlossenen Luftvolumens direkt proportional. Mehr Kerzen führen also zu mehr Wärme, einer höheren Temperatur und damit zu einem stärkeren Anstieg des Wasserspiegels beim Abkühlen. All das lehrt uns, niemals Lehrern in den naturwissenschaftlichen Fächern zu glauben, ohne zunächst ein paar eindringliche Fragen zu stellen. L.R. Österreich Antwort Ich gratuliere den Kids, die den verbreiteten Lehrbuchfehler experimentell widerlegt haben, wonach mit der Kerze, dem umgestülpten Marmeladenglas und der Schüssel mit Wasser angeblich bewiesen wird, daß aller Sauerstoff aus dem Glas entfernt wird. Mit ihrer Beobachtung, daß vier brennende Kerzen das Wasser im Glas deutlich höher ansteigen lassen, haben sie gezeigt, daß die Wärme der Kerzen der entscheidende Grund für diesen Effekt ist. Sie bringt die Luft im Glas dazu, sich auszudehnen. Die Schüler dürften auch beobachtet haben, daß die sich ausdehnende Luft gluckernd unter dem Glasrand hindurch entweicht. Wenn die Kerzen erlöschen, folgt eine kurze Pause - erst dann beginnt das Wasser zu steigen, weil die verbleibende Luft sich wieder abkühlt und zusammenzieht. Wenn eine Kerzenflamme erlischt, ist erst ein kleiner Prozentsatz des verfügbaren Sauerstoffs verbraucht. Demnach ist es falsch, wenn behauptet wird, der Versuch belege den Sauerstoffanteil der Luft irgendwie in quantitativer Hinsicht. L.R. Großbritannien
102
Antwort Zum Teil wird der Effekt durch die Dicke der drei zusätzlichen Kerzen hervorgerufen. Dasselbe Ergebnis erreicht man, wenn man einzelne Kerzen unterschiedlicher Dicke verwendet. Je dicker die Kerze, desto höher steigt das Wasser. Das in das Glas gezogene Wasser füllt den Raum zwischen den Kerzen und der Glaswand. Je kleiner dessen Volumen ist, desto höher steigt das Wasser. P.M. Großbritannien
Das klare blaue Meer Frage Sind die Meere blau, und wenn ja, warum? Wie ich gehört habe, soll die Farbe des Meeres durch Reflexion des Himmels zustande kommen, doch es sieht auch vom Weltall und aus der Perspektive von Tiefseetauchern blau aus. Und Süßwasser in einem Schwimmbecken wirkt grünlich. Welche Absorptionsvorgänge sind daran beteiligt? Ist reines Wasser vollkommen farblos?
L.R. Großbritannien Wie zu erwarten, hängt die Farbe des Meeres sowohl von der Farbe des einfallenden Lichts als auch von der Farbe des Wassers selbst ab ... und auch davon, ob man es von oben oder von unten betrachtet. - Die Red. Antwort Die Meere sehen blau aus, weil sie das Licht des Himmels reflektieren. Der Himmel wiederum ist blau, weil das Sonnenlicht auf seinem Weg durch die Atmosphäre von kleinen Teilchen gestreut wird. Das Ausmaß der Streuung hängt von der Wellenlänge des Lichts ab 103
der blaue Anteil wird also am stärksten gestreut, und deshalb sehen wir einen blauen Himmel. Das erklärt auch, weshalb der Himmel bei Sonnenuntergang rot leuchtet. Das Licht muß dann durch einen größeren Anteil der Atmosphäre dringen, ehe es uns erreicht; sein blauer Anteil wird unterwegs vollständig gestreut, und es bleibt nur noch rotes Licht übrig. Das läßt sich zeigen, wenn man ein paar Tropfen Milch in ein Glas Wasser gibt und mit einer Taschenlampe durch die Mischung leuchtet. Betrachtet man die Anordnung im rechten Winkel zur Lichtquelle, wirkt die Flüssigkeit blau, doch sie erscheint rot, wenn man sie in Richtung auf die Taschenlampe betrachtet. B. W. Großbritannien Wenn Sie selbst eine Demonstration der Streuung durchführen wollen, finden Sie in »Take Sixteen elastic hands« (»Man nehme sechzehn Gummibänder«, im New Scientist vom 26. Juli 1997, S. 44) ein einfaches Experiment dazu. Die Red. Antwort Blau wird stärker gebrochen und gestreut als Grün, was sich auf die Farbe auswirkt, die man von oberhalb der Wasserfläche sieht. Die Farbe von Seen und Meeren wird jedoch auch von Verunreinigungen beeinflußt, von verschiedenen Kolloiden oder Verbindungen, die in Suspension oder in Lösung vorhanden sind, sowie von Algen, Cyanobaktenen oder Diatomeen. Man kann sich eine gewisse Vorstellung von diesem Effekt verschaffen, wenn man am Fenster eines Flugzeugs sitzt, das an einem klaren Tag über das Meer fliegt. Angesichts der Farben kann man selbst darüber nachdenken, wie sie zu erklären sind. Über dem offenen Meer erkennt man ein tiefes Blau, weil be104
stimmte Pflanzennährstoffe dort kaum vorhanden sind. Nähert man sich jedoch Gebieten wie jenen in der Umgebung der Kapverdischen Inseln vor der Westküste Afrikas, wo die vorherrschenden Winde Fahnen rostigen Staubs von den Inseln in das eisenarme Meer wehen, entdeckt man grüne Streifen. Hier profitiert das durch Photosynthese erhaltene Leben von diesem unverhofften Glücksfall. Je mehr man sich der Küste nähert, desto stärker wird die Farbe vom grünen Meeresgrund im seichten Wasser beherrscht. Das läuft nach genau dem Muster ab, mit dem Farben durch selektive Absorption, Brechung und Streuung des Lichts erzeugt werden. Wassermoleküle und viele gelöste Substanzen wie Eisen- oder Kupfersalze im Leitungswasser absorbieren einige der roten und orangefarbenen Frequenzen stärker als das übrige Spektrum. Das verbleibende Licht sieht deshalb grün bis blau aus. Taucherteams, die einige Tage in mehreren zehn Meter Meerestiefe zubringen, entwickeln ein starkes Bedürfnis nach den roten Anteilen des Lichts. Wenn sie wieder auftauchen und in dem Licht ankommen, das wir als weiß ansehen, erleben sie ihre Umgebung als unnatürlich rot. J.R. Südafrika Antwort Wenn man nichts als entionisiertes reines Wasser m ein Glasrohr mit einer Vorrichtung zur Farbmessung füllt, sieht man, daß das Wasser selbst hellblau ist. Füllt man viel Wasser in eine strahlend weiße Badewanne, erkennt man ebenfalls diese hellblaue Färbung. Reines Wasser ist also optisch nicht vollkommen farblos. Wenn es das wäre, könnten die Telefongesellschaften, die optische Glasfaserkabel verlegen, anstelle von hochrei105
nem Quarz oder optischen Kunststoffen einfach wassergefüllte Röhren verwenden. H.S. Kanada
Gewollte Deflation Frage Warum läßt der Druck in Heliumballons so schnell nach? Wenn meine Kinder Ballons von irgendwelchen Festen mit nach Hause bringen, sind die mit Helium gefüllten oft am nächsten Morgen schon klein und verschrumpelt. Mir ist klar, daß ein Teil des Schwunds zustande kommt, weil Gas entweicht, doch da muß noch etwas anderes beteiligt sein, weil normal gefüllte Luftballons weit länger ihre Form behalten. J.S. Großbritannien
Antwort Heliumgas ist nicht nur leicht, sondern besteht - anders als etwa die zweiatomigen Gasmoleküle des Sauerstoffs - aus Einzelatomen. Damit setzt Helium sich aus den kleinsten möglichen Gasbestandteilen zusammen. Seine Atome sind nur 0,1 Nanometer groß und imstande, durch Metallfolien zu diffundieren. Da Helium so leicht durch kleinste Poren entweichen kann, setzt man es ein, um Lecks in Vakuumanlagen der Industrie und in Laboratorien aufzuspüren. Der Durchmesser der Moleküle von Stickstoff und Sauerstoff ist sehr viel großer als der von Hehumatomen, weshalb sie weit weniger imstande sind, durch die Ballonhülle zu entweichen. Man konnte es sich mit dem Unterschied zwischen Sand und Kies veranschaulichen, die man durch ein Sieb wirft: Der Sand fällt leichter hindurch, weil seine Bestandteile kleiner sind. 106
Die Diffusionsverluste werden durch einen weiteren Faktor vergrößert: Ballons bestehen aus zäh-elastischen Materialien, die als eine wirre Masse von Polymersträngen angeordnet sind - ein wenig wie ein Teller voll Spaghetti. Die Polymerstränee können sich nicht eng aneinanderlegen, und so bleiben Öffnungen, durch die das Helium diffundieren kann, weshalb es selbst bei niedrigem Druck durch die Hülle entweicht. Bläst man den Ballon auf, werden die Polymerstränge gedehnt, wodurch die Ballonhülle dünner (und für das Helium der Weg nach außen kürzer) wird. Die molekulare Struktur öffnet sich ein wenig (was die Diffusion sehr erleichtert), und der höhere Druck liefert zusätzliche Energie für diesen Vorgang. Deshalb schrumpft der Ballon anfangs rasch, doch das verlangsamt sich immer mehr, während er kleiner wird. Die im Handel erhältlichen Heliumballons werden aus nicht porösem, unelastischem Material hergestellt und zusätzlich beschichtet, um die Verluste noch weiter zu verringern. Doch auch bei diesen entweicht jeden Tag eine beträchtliche Menge Helium - jedenfalls genug, um Kinder (und Erwachsene) schon am Tag nach dem Kauf eines Ballons zu enttäuschen. G.W. Großbritannien
Antwort Das Heliumatom ist sehr klein und leicht. Es kann ziemlich problemlos durch die dünne, gedehnte Gummihülle des Ballons diffundieren, da es selbst durch Poren von der Größe eines Atoms einen Weg findet. Luftnioleküle (vorwiegend Sauerstoff und Stickstoff) sind größer und schwerer und wandern sehr viel langsamer durch die Hülle. Außerdem kommt zum Druck im Inneren des Ballons, der das Helium durch die Ballonwände preßt, 107
noch ein weiterer Faktor, der den Heliumfluß nach außen fordert. Da die Luft fast kein Helium enthält, prallen weit mehr Heliumatome auf die Innenseite des Ballons als auf die Außenseite - dieses Gefälle führt insgesamt zu einem Abfluß. Dennoch wird man bemerken, daß der Ballon nicht vollkommen schlaff wird. Das liegt daran, daß eine gewisse Luftmenge hineingelangt, weil entsprechend mehr Luftmoleküle von außen auf die Hülle treffen als von innen. Dieser Mechanismus führt zu einem wirklich seltsamen Effekt, wenn man den Ballon mit Schwefelhexafluorid füllt, einem Gas, dessen sehr große und schwere Moleküle fast überhaupt nicht durch den Gummi diffundieren und deshalb nicht entweichen können. Wie bei dem Beispiel des Heliums gibt es außerhalb des Ballons mehr Luftmoleküle als innerhalb. Deshalb diffundiert Luft ins Innere, und der Ballon wird allmählich größer. H.R. Universität Southampton, Großbritannien
Der Vulkan ruft Frage In meiner Kindheit in Neuseeland hat man mir erzählt, daß der Ausbruch des indonesischen Vulkans Krakatau im Jahre 1883 noch in Auckland zu hören gewesen sei (zu jener Zeit hatte man den Knall angeblich als Bestandteil eines Artilleriemanövers der russischen Marine gedeutet). Was könnte dafür verantwortlich gewesen sein, daß der Knall der Eruption noch hörbar war, nachdem er über mehrere tausend Kilometer getragen worden war? M.B. Neuseeland 108
Antwort Soviel ich weiß, wurde die Explosion, die mit dem Ausbruch des Krakatau einherging, durch eine große Wassermenge ausgelöst, die sich überhitzte und schlagartig in Dampf verwandelte. Die ursprüngliche Eruption hinterließ einen rotglühenden Hohlraum unter dem Wasserspiegel, in den das Meer eindrang. Im weiteren Verlauf des Ausbruchs schloß dieser Hohlraum sich wieder. Die Gewalt einer solchen Explosion wurde mir und vielen anderen interessierten jungen Wissenschaftlern der 1960er Jahre durch einen Vortragsreisenden der Universität Nottingham nahegebracht, der durch England reiste und die Wirkung von explosiven Stoffen vorführte. Vor Beginn seines Vortrags brachte er ein mit Wasser gefülltes und verschweißtes Glasrohr über die Flamme eines Bunsenbrenners, schirmte die Anordnung mit dickem Sicherheitsglas ab und begann seine Vorlesung. Nach ein paar Minuten wurde das Publikum mit einem Schlag aufgeschreckt, als das Rohr heftig und mit großem Krach explodierte. Das Rohr hatte sich bis auf eine Temperatur erhitzt, bei der das Glas weich wurde. In diesem Moment ging das Wasser urplötzlich in Dampf über. Aber wie sagen die im Fernsehen: »Machen Sie das nicht bei sich zu Hause.« A.D. Holland Antwort Die Frage läßt sich in zwei Teilen beantworten. Erstens war die anfängliche Eruption sehr laut. Zweitens wurde der Knall rund um die Südhalbkugel weitergeleitet, weil oberhalb einer wärmeren Luftschicht direkt über dem Meer eine Inversionsschicht aus kalter Luft lag. Solche Effekte treten gelegentlich auf, gewöhnlich jedoch nicht über so große Entfernungen. J.W. Großbritannien 109
Antwort Ich möchte einen Aspekt der Antwort des vorigen Briefschreibers korrigieren. Eine Temperaturinversion liegt dann vor, wenn kalte Luft sich unterhalb und nicht oberhalb von warmer Luft befindet. Dadurch ist die Geschwindigkeit des Schalls in der Höhe größer, und aus diesem Grund verläuft er tendenziell eher nach unten als nach oben. Eine solche Schichtung der Luft nennt man Inversion (Umkehrung), weil die Temperatur normalerweise mit zunehmender Höhe fällt. E.K. Israel
Ausgeschachtet Frage Kann man in einer ungebremst fallenden Liftkabine irgend etwas unternehmen, um die Wirkung des Aufpralls zu verringern? Würde es helfen, unmittelbar vor dem Aufschlag der Kabine auf dem Schachtgrund in die Höhe zu springen? N. O. Großbritannien Antwort Zunächst einmal gilt: Ungeachtet aller Hollywood-Klischees kann eine Aufzugskabine im Schacht so gut wie nie abstürzen. Dies ist der auf Beschleunigung reagierenden Sicherheitsbremse zu verdanken, die Elisha Otis sich im 19. Jahrhundert patentieren ließ. Beginnt eine Liftkabine zu fallen, werden mehrere von Federn betätigte Fangarme ausgelöst, die die Kabine im Schacht festklemmen. Was die Überlebensmöglichkeiten angeht, ist es wahrscheinlich am besten, sich mit dem Rücken auf den Kabi110
nenboden und die Hände unter den Kopf zu legen, um die Wirkung des Aufschlagens geringzuhalten. Im freien Fall dürfte das allerdings schwierig sein. Wenn man kurz vor dem Aufprall hochspringen würde, könnte man sein eigenes Aufschlagen lediglich um ein paar Millisekunden hinauszögern. Außerdem: Wie könnte man wissen, wann das der Fall ist? Falls man einen Augenblick zu früh springt, schlägt man sich zuerst den Kopf an der Decke an, ehe man auf den Boden kracht, wenn der Lift unten aufschlägt. Selbst wenn man mit seinem Sprung genau den richtigen Zeitpunkt erwischen würde, müßte man ihn, wenn es irgendeinen Nutzen habe soll, mit derselben Kraft durchführen, die nötig wäre, um bis auf die Höhe zu springen, in der der Lift zu fallen begann (falls der Lift beispielsweise aus 100 Metern Höhe fällt, könnte sich auf diese Weise nur jemand retten, der in der Lage wäre, seinerseits 100 Meter hoch zu springen). Wer das schafft, würde wahrscheinlich keinen Lift benötigen. K. W. Australien Antwort Wenn man unmittelbar vor dem Auftreffen auf dem Boden hochspränge und dabei eine Anfangsgeschwindigkeit erreichen könnte, die ebenso hoch ist wie die Fallgeschwindigkeit des Lifts, würde man schnell an die Decke der Kabine gelangen. Man hätte zwar Probleme mit dem Abspringen, weil man möglicherweise schwerelos wäre, aber mit Handgriffen, an denen man sich zum Kabinenboden ziehen könnte, sollte es möglich sein. Kurz bevor man mit dem Kopf an der Decke der Kabine anstieße, würde diese sich glücklicherweise schlagartig von einem wegbewegen (vorausgesetzt, der Aufzug würde nach dem Aufschlagen seine Form behalten!), bis sie die111
selbe (relative) Aufwärtsgeschwindigkeit besitzt wie man selbst. Auch der Kabinenboden würde sich so verhalten, wenn auch in Richtung auf einen zu. Nun könnte man aus wenigen Zentimetern Hohe leichtfüßig auf dem Boden landen und aus dem Aufzug ins Erdgeschoß spazieren, das mit derselben (relativen) Geschwindigkeit nach oben unterwegs wäre wie man selbst. Allerdings gibt es dabei noch ein oder zwei Probleme. Um eine solche Geschwindigkeit zu erreichen, müßte man nämlich bis auf die Höhe springen können, aus der der Lift abgestürzt ist. Und selbst wenn man dazu fähig wäre, wäre man beim Sprung einer Beschleunigung ausgesetzt, die ebenso groß ist wie die beim Aufprall auf den Boden. Dennoch sollte man nach derselben Logik annehmen können, daß selbst ein kleiner Sprung den Aufschlag mildert. A. W. Großbritannien Antwort Ich sehe drei Möglichkeiten, die eigenen Überlebenschancen (wenn auch nur geringfügig) zu verbessern. Eine davon ist bereits erwähnt worden: Man springt vor der Landung so kräftig wie möglich in die Höhe, um einen Teil der Aufprallenergie zu kompensieren. Die zweite Möglichkeit besteht darin, alle weichen Gegenstände, die man dabei hat, zum Beispiel die Kleidung, vor dem Aufschlagen unter sich zu legen. Das würde die Verzögerungszeit beim Aufprall verlängern und damit die Schäden ein klein wenig verringern. Wenn man nicht besonders viel Wert auf seine Beine legt, könnte man, wie ich meine, aufrecht darauf stehen bleiben und sie als »Knautschzone« einsetzen, auch wenn das einen ziemlichen Verhau geben dürfte. Die dritte Möglichkeit ist kaum der Rede wert. Man könnte versuchen, sich so breit wie möglich zu ma112
chen, während man sich festhält, um so die Oberfläche des Lifts zu vergrößern. Das sollte seine Endgeschwindigkeit um einen unmeßbaren Betrag verringern. D.F. Großbritannien
Ball im Aus? Frage Mein vierjähriges Kind fragte mich, ob zwei Fallschirmspringer im Fallen Baseball, Cricket oder auch nur ein einfaches Fangspiel spielen könnten. Was würde mit dem Ball geschehen? A.S. USA Antwort Ehe die Fallschirme sich geöffnet haben, könnte man im freien Fall kein Ballspiel betreiben, weil die beteiligten Objekte unterschiedliche Endgeschwindigkeiten besitzen. Die Endgeschwindigkeit eines fallenden Gegenstandes ist dem Verhältnis von Oberfläche und Gewicht direkt proportional. Diese Relation ist bei einem Tennisball völlig anders als bei einem Menschen, so daß der Ball im Vergleich zu den Fallschirmspringern scheinbar nach oben schießen würde - seine Endgeschwindigkeit ist niedriger (geringes Gewicht bei relativ großer Oberfläche). Außerdem würde allein schon das Werfen eines Balles die Lagekontrolle des Springers beeinträchtigen (er benutzt die Hände, um seine Fluglage zu stabilisieren), so daß er zu trudeln anfinge oder sich überschlagen würde, was gefährlich werden konnte. M.B. Großbritannien 113
Antwort Sobald die Schirme sich geöffnet haben, erreichen die Fallschirmspringer rasch eine konstante Geschwindigkeit, die niedriger ist als die Endgeschwindigkeit im freien Fall. Da die Springer nicht beschleunigen, gelten für sie die Bewegungsgesetze nicht anders, als wenn sie an Ort und Stelle blieben (sobald ein Lift erst einmal unterwegs ist, kann niemand feststellen, in welche Richtung er sich bewegt). Zudem sind die relativen Unterschiede zwischen den Endgeschwindigkeiten der Fallschirmspringer und der des Balles weit geringer als im freien Fall. Weil sie sich aber abwärts bewegen, spielen sie ihr Spiel in einer aufwärtsgerichteten Luftströmung von einigen Metern pro Sekunde. Jedes Spiel würde also ablaufen wie auf der Erde, wenn dort ein schwacher Aufwind herrscht. Eine überschlägige Rechnung zeigt, daß die Springer mit einem dichten Ball wie einem Cricketball kaum einen Unterschied bemerken dürften; ein Beachball würde in gemächlicherem Bogen als sonst fliegen, aber nicht völlig fortgeblasen werden. B. C. Per E-Mail, ohne Adressenangabe
Antwort Alles hängt davon ab, wie groß der Fallschirm ist, an dem der Ball hängt. C. G.-T. Großbritannien
114
Autos im Sog Frage 1) Wenn Rennautos, Motor- oder Fahrräder »im Windschatten fahren« - also auf einer Rennstrecke dicht aufeinander folgen -, ist das zweifellos ein Vorteil für den Wettkampfteilnehmer, der hinterherfährt. Er profitiert vom verringerten Luftwiderstand und dem Sog des Vakuums, den das führende Fahrzeug hervorruft, indem es ein Loch in der Luft erzeugt. Ich würde jedoch gerne wissen, ob das führende Fahrzeug eine entsprechende Mehrleistung zu erbringen hat, weil sein Konkurrent dicht hinter ihm fährt. D. G. USA Frage 2) Mein Auto ist klein und so langsam, daß ich auf der Autobahn hier in der Gegend sogar von Lastwagen und Bussen überholt werde. Wenn so ein Fahrzeug von hinten näherkommt, spüre ich jedesmal, wenn die Front des großen Wagens noch einen oder zwei Meter hinter meinem Auto ist, einen deutlichen Sog. Es scheint, als würde ich von einem Luftschwall, den das große Fahrzeug vor sich herschiebt, angezogen und nicht vorwärtsgeschoben, wie man annehmen sollte. Andererseits drücken mich die Turbulenzen an den Seiten des größeren Fahrzeugs tatsächlich zur Seite, weg von dem überholenden Wagen. Was geschieht da genau? Und spielt die Größe meines Autos bei diesem besorgniserregenden Vorgang eine Rolle? J.R. Norwegen
115
Antwort Motorradfahrern ist der erste geschilderte Effekt wohlvertraut. Nähert man sich einem großen, schnellfahrenden Fahrzeug von hinten, bemerkt man in dessen Umgebung eine Anzahl deutlich unterscheidbarer Zonen verschiedenen Luftdrucks mit unterschiedlichen Eigenschaften. Am bekanntesten ist der Windschatten, der Unterdruckbercich direkt hinter dem Fahrzeug. Er bildet sich, weil die Luft, die der Lastwagen vor sich verdrängt, mit einer kleinen Verzögerung in den leeren Raum hinter dem Lastwagen einfließt. Wenn man jung oder tollkühn genug ist, kann man sein Motorrad in diese äußerst stille Zone bugsieren, in der man keinen Gegenwind erfährt und die vom Lastwagen verdrängte Luft einen vorwärtsschiebt, während sie von hinten in die ständig sich entfernende Lücke einzuströmen versucht. Früher habe ich es geschafft, damit zusätzliche 15 km/h aus meinem Zweitakter herauszuholen. Auf langen Steigungen ist das besonders nützlich, wenn es einem nichts ausmacht, mit weniger als einem Meter Abstand hinter seinem »Zugfahrzeug« herzufahren und keinerlei Aussicht zu haben, am Leben zu bleiben, wenn es bremst. R.R. Großbritannien Antwort Hinter jedem sich bewegenden Objekt gibt es immer ein ständig sich veränderndes Teilvakuum, weil die Luft, die in die entstehende Lücke strömt, Zeit braucht, um sie zu erreichen. Dieses Vakuum zieht das Objekt nach hinten; den Effekt nennt man Sog. Je schneller das Objekt, desto ausgeprägter das Vakuum, und entsprechend größer ist der Sog. Ein Bus, der langsam zu einem aufschließt, schiebt einen Schwall Luft hohen Drucks vor sich her, der die Zone 116
niedrigen Luftdrucks hinter dem eigenen Wagen auffüllt und so das Vakuum zeitweilig verringert. Der geringfügig verringerte Sog führt dazu, daß man selbst ein wenig schneller wird. Kurz darauf, an einem kritischen Punkt (der sehr plötzlich erreicht wird), wirkt das eigene Vakuum auf den Bus und wird gleichzeitig dramatisch verstärkt, weil die einfließende Luft durch die breite, flache Front des Busses blockiert wird. Diese Zone mit besonders niedrigem Luftdruck wiederum »saugt« beide Fahrzeuge gleichermaßen an. Da das eigene Auto jedoch viel leichter ist, hat das zur Folge, daß man unmittelbar, nachdem man ein wenig schneller geworden ist, sehr viel stärker abgebremst wird, als der Bus beschleunigt wird - das fühlt sich dann so an, als würde man nach hinten gezogen. Wenn der Bus dann die Spur wechselt, um zu überholen, läßt er das verstärkte Vakuum hinter einem zusammenbrechen, was einen vorwärts schiebt. Schließlich gerät das Heck des eigenen Wagens auf der Fahrerseitc in den Schwall der Luft hohen Drucks, den die Front des Busses vor sich herschiebt, was einen zur Seite drückt. D.R. Großbritannien
Antwort Ein großer Teil der Energieverluste, die auftreten, wenn ein Objekt sich durch fluide Stoffe (Flüssigkeiten oder Gase) bewegt, entsteht an sogenannten Diskontinuitäten. Insbesondere trifft das für die Front und das Heck von Fahrzeugen zu, weshalb dichtes Auffahren nicht nur das hintere, sondern auch das vorausfahrende Fahrzeug unterstützt. Sind die Fahrzeuge entsprechend dicht beieinander, kann der Zwischenraum mit einer Lufttasche gefüllt sein, die dafür sorgt, daß sie sich fast wie ein einziges langes Fahrzeug verhalten. Dabei trägt das vordere Fahrzeug die 117
Energieverluste, die vorn entstehen, während das hintere die am Heck auftretenden Energieverluste übernimmt beide gemeinsam teilen sich den Aufwand für die relativ geringen Energieverluste in der Mitte. K.A. Australien Antwort Ein Radfahrer, der mit hoher Geschwindigkeit (etwa 40 km / h) auf ebener Strecke fährt, wendet bis zu 90 Prozent seiner Kraft dafür auf, den aerodynamischen Sog zu überwinden, und reagiert deshalb ziemlich empfindlich auf kleine Veränderungen des Luftwiderstands. Dieser Widerstand berechnet sich aus der Dichte der Luft, die der Radfahrer durchquert, dem Quadrat seiner Geschwindigkeit, der Fläche, die er der anströmenden Luft entgegensetzt, und aus seiner Gestalt. In die Formel zur Berechnung des Sogs gehen alle diese Größen als SogKoeffizient ein. Unter ansonsten gleichen Bedingungen und innerhalb vernünftiger Grenzen nimmt dieser Koeffizient mit wachsender Länge des durch die Luft bewegten Objekts tendenziell ab. Bei einem zwei Meter langen Zylinder mit einer Stirnfläche von einem halben Quadratmeter, dessen Längsachse parallel zur Bewegungsrichtung verläuft, beträgt der Koeffizient 0,93. Verdoppelt man die Länge des Zylinders, verringert der Wert sich auf 0,83. Auch wenn ein Radfahrer kaum einem perfekten Zylinder ähnelt, wird die Körperlänge praktisch verdoppelt, wenn ein zweiter Fahrer dicht dahinter fährt. R. O. Universität Ljubljana, Slowenien
118
Antwort Bei mit 40 km/h in geschlossener Reihe fahrenden Radfahrern spart jeder einzelne Windschattenfahrer zwischen 26 und 27 Prozent Energie. Dabei übt keines der Fahrräder eine Wirkung auf das jeweils vor ihm fahrende Rad aus. Bei vier Radfahrern, die mit 40 km/h in einer Linie unterwegs sind und sich in der Führung regelmäßig abwechseln, muß jeder einzelne ebensoviel Energie aufwenden, wie wenn er allein mit 35,2 km/h fahren würde. Diese Information stammt aus einem Artikel von James M. Hagberg und Steve D. McCole in der Zeitschrift Cycling Science vom September 1990. A.R. Großbritannien
Antwort Rennwagen, die bei hoher Geschwindigkeit sehr dicht auffahren (besonders auffallend bei den StockCar-Rennen der amerikanischen NASCAR-Serie, wo man auf riesigen ovalen Rennstrecken mit überhöhten Kurven fährt), teilen den Sog auf die einzelnen Fahrzeuge auf. So können zwei oder mehr Fahrzeuge, die hintereinander herfahren, bei gleichbleibender Geschwindigkeit Gas wegnehmen. Wenn der zweite Fahrer beschleunigt, um zu überholen, setzt er sich ausreichend vom führenden Wagen ab, damit dieser den Sog allein abbekommt und zurückfällt, was das Überholen erleichtert. A.T. Australien
WIE ES IN DER TECHNIK AUSSIEHT
Wellensalat Frage Die Fernsehantenne auf meinem Dach ist in herkömmlicher Weise konstruiert. An einem Ende sitzt ein kleines Metallgitter; von diesem geht ein langer Stab aus, an dem zu beiden Seiten in regelmäßigen Abständen kleinere Streben angebracht sind. Warum sind Antennen so gebaut? D.L. Per E-Mail, ohne Adressenangabe Antwort Diese Konstruktion wird nach ihren japanischen Erfindern Yagi-Uda-Antenne genannt: Hidetsu Yagi, der sie 1928 entwickelte, und Shintaro Uda, der sie 1954 für den Fernsehempfang verbesserte. Das Metallgitter am einen Ende ist ein Reflektor. Er fokussiert die eingefangenen Fernsehsignale auf das eigentliche Antennenelement, das vor ihm liegt und als Dipol bezeichnet wird. Dieser Teil der Antenne ist über ein Kabel mit dem Fernsehgerät verbunden. Das Prinzip läßt sich recht gut mit dem versilberten Reflektor im Hintergrund eines Autoscheinwerfers veranschaulichen, der das von einer Glühbirne ausgehende Licht zu einem Strahl bündelt, mit dem die Straße ausgeleuchtet wird. Vor dem Dipol, gegenüber dem Reflektor, befinden sich mehrere, Direktoren genannte Richtelemente, die der Briefschreiber als Streben bezeichnet hat. Sie verstärken die fokussierende Wirkung der Antenne in einer Richtung, ähnlich wie die Linse des Autoscheinwerfers, die das Licht des Reflektors in einer bestimmten Form bündelt und abstrahlt. Bei einer Fernsehantenne ist das ein Kegel, der direkt auf den örtlichen Fernsehsender gerichtet sein muß, von dem er Signale empfangen soll. Der lange Stab, der die Achse der Antenne bildet, trägt die quer zu ihm 123
montierten Streben und hält sie am richtigen Platz, ähnlich wie das Gehäuse des Autoscheinwerfers den Reflektor und die Linse zusammenhält. Die Yagi-Uda-Antenne hat sich als besonders geeignet für den Fernsehempfang im VHF- und UHF-Bereich erwiesen, weil sie auf sehr kleinem Raum eine hervorragende Leistung bietet. Eine Parabolantenne von der Art, wie man sie zum Empfang von Satelhtensendern einsetzt, würde bei vergleichbarer Leistung eine vielfach größere Schüssel erfordern. M. B. Norwegen Antwort Das Überraschende an der Yagi-Uda-Fernsehantenne ist die Tatsache, daß der größte Teil der Konstruktion überhaupt nicht mit dem Fernsehgerät verbunden ist. Nur das eine Paar Streben, das als Dipol ausgelegt ist und unmittelbar vor dem Metallgitter oder Reflektor liegt, ist über ein Koaxialkabel an den Empfänger angeschlossen. Um das Fernsehsignal empfangen zu können, muß der Dipol selbst etwa so lang sein wie die halbe Wellenlänge; in den meisten Gebieten wäre er jedoch allein für sich zu schwach. Der Reflektor ist im Abstand einer viertel Wellenlänge hinter dem Dipol angebracht und trägt entscheidend zur Empfangsstärke der Antenne bei. Alle anderen Streben, die Direktoren, befinden sich vor dem Dipol und sind ebenfalls je eine viertel Wellenlänge vom nächsten Element entfernt; sie sind eine halbe Wellenlänge lang. Sie sollen die Empfangsstärke der Antenne verbessern - je schwächer das Signal, desto mehr dieser Elemente werden benötigt. Die verbesserte Empfangsstärke hat ihren Preis, der sich in den Richtungseigenschaften der Antenne zeigt. Eine kurze Antenne mit wenigen Direktoren in einem Gebiet, 124
das nahe an einem Umsetzer liegt, muß nicht besonders sorgfältig ausgerichtet werden. Eine große Antenne mit den vielen Leitelementen, die in einer Gegend mit einem schwachen Signal erforderlich sind, muß dagegen sehr sorgfältig auf den örtlichen Umsetzer ausgerichtet werden. Fernsehsignale, die terrestrisch ausgestrahlt werden, nutzen das UHF-Band mit seiner kurzen Wellenlänge, weshalb auch die Dipole, die der halben Wellenlänge entsprechen, kurz sind. Die frequenzmodulierte Ausstrahlung (UKW) der Rundfunksender liegt im VHF-Bereich; wegen der größeren Wellenlänge müssen hier die Dipole länger sein. Obwohl also einige UKW-Antennen gleich gebaut sind, müssen sie viel größer sein. Bei einigen Fernsehantennen sind die Streben (Direktoren) in der Waagrechten angeordnet, weil die Signale des örtlichen Umsetzers in horizontaler Polarisierung abgestrahlt werden; bei vertikaler Polarisierung des Signals sind diese Elemente entsprechend in der Senkrechten angebracht. Diese Anordnung hilft den Fernsehzuschauern, Interferenzen zwischen Sendern zu vermeiden, die nahe beieinander liegen. Radiosendungen im UKW-Band werden mit gemischter Polarisation abgestrahlt, weil viele Hörer mit tragbaren Empfängern oder Autoradios mobil sind und deswegen keine gleichbleibende Ausrichtung der Antenne aufrechterhalten können. P.B. Physikalische Abteilung des Exeter College, Großbritannien
125
Miefquirl
Frage Um meine stickige New Yorker Wohnung zu kühlen, setze ich viele Ventilatoren ein. Einer hat zwei Propellerblätter, einer hat drei, und bei zwei weiteren habe ich fünf Blätter gezählt. Nach welchen Kriterien wird bestimmt, wieviel Blätter ein Ventilator hat? Wie wirkt die Anzahl der Blätter sich auf Menge und Geschwindigkeit der geförderten Luft aus ? Und ganz nebenbei: Gelten diese Kriterien auch für die Propeller, die für den Antrieb von Schiffen verwendet werden? A.K. USA Antwort Das von einem Ventilator bewegte Luftvolumen hängt von der Gesamtfläche seiner Propellerblättcr ab, während die Geschwindigkeit des Luftstroms vom Anstellwinkel sowie der Geschwindigkeit der Blätter bestimmt wird. Per E-Mail aus Australien
Antwort Die Anzahl der Blätter in einem Ventilator hängt von drei grundsätzlichen Überlegungen ab: Wieviel Energie ist verfügbar, um sie rotieren zu lassen? Wieviel Luft soll mit welcher Geschwindigkeit bewegt werden? Und welche Beschränkungen ergeben sich aus dem Geräuschpegel? Eine größere Anzahl von Blättern ist weniger effizient als eine kleine, aber ein Ventilator mit weniger Blättern muß sich schneller drehen, um dasselbe Luftvolumen zu fördern, was zu einer höheren Geschwindigkeit der Propellerspitzen führt und mehr Lärm erzeugt. Grundsätzlich läßt sich sagen, daß weniger Ventilator126
blätter (falls die verfügbare Energie nicht beschränkt ist) mehr Umdrehungen pro Minute, eine schnellere Luftbewegung, mehr Lärm und maximale Effizienz bedeuten. Viele Blätter ergeben weniger Umdrehungen pro Minute, eine größere Luftförderung, weniger Geräusche und einen geringeren Wirkungsgrad. J.R. Großbritannien
Antwort Je mehr Blätter ein Ventilator oder eine Luftschraube besitzt, desto geringer ist ihr Wirkungsgrad, da jedes Blatt weitgehend in der Wirbelschleppe seines Vorgängers unterwegs ist. Am effizientesten ist in der Tat ein einzelnes Propellerblatt. In den dreißiger und vierziger Jahren war es sehr beliebt, Modellflugzeuge zu bauen und in Flugwettbewerben gegeneinander antreten zu lassen. Damals entwarfen und bauten viele solcher Hobby-Flugzeugbauer (auch ich gehörte dazu) Propeller mit nur einem Blatt und einem entsprechenden Gegengewicht. Selbst bei einem oder zwei vollwertigen Flugzeugtypen wurden sie eingesetzt. Propeller und Ventilatoren mit mehreren Blättern benutzt man vorwiegend deshalb, weil man hier den Durchmesser klein halten kann, was die Geschwindigkeit der Propellerspitzen und damit den Lärm mindert. Im Fall der Schiffsschrauben kann man die Umdrehungsgeschwindigkeit verringern, was sie weniger anfällig für Kavitation oder Blasenbildung macht. * G.S. Großbritannien * Diese Effekte können die Schiffsschraube zerstören. - Anm. d. Ü.
127
Flugbahn Frage Warum starten Raketen senkrecht nach oben? Warum benutzen sie kein Rollfeld? T, B.-G. Australien
Antwort Moderne Flugzeuge und Raketen verwenden dasselbe Antriebsprinzip: Beide erzeugen Vortrieb, indem sie heiße Gase durch eine Düse ausstoßen. Das Triebwerk eines Jets / einer Rakete läßt die Gase nach hinten ausströmen, und deren Rückstoß treibt das jeweilige Fluggerät vorwärts. Das ist etwa so, als würde man von einem Boot abspringen - das Boot entfernt sich in die entgegengesetzte Richtung. Die eigentliche Antwort ergibt sich jedoch aus der Tatsache, daß Raketen im Gegensatz zu Flugzeugen, die über eine lange Piste abheben, keine Tragflächen besitzen. Das Flugzeug braucht die Tragflächen, um fliegen zu können. Grob ausgedrückt sind diese Flächen oben gewölbt und an der Unterseite eben. Sind sie in Bewegung, muß die Luft auf der Oberseite schneller fließen als entlang der Unterseite. Eine höhere Strömungsgeschwindigkeit hat niedrigeren Druck zur Folge, so daß unterhalb der Tragflächen ein vergleichsweise höherer Druck herrscht. Das führt dazu, daß die Tragflächen (und mit ihr das Flugzeug) nach oben gedrückt werden. Em Flugzeug ist ziemlich schwer, und deshalb muß die Luft mit sehr hoher Geschwindigkeit daran vorbeiströmen, damit es abheben kann. Dazu rollt es über eine lange Startbahn, bis es ausreichend schnell ist und sich in die Luft erhebt. Eine Rakete dagegen muß sich fern der Erde bewegen. Dort ist die Luft, falls überhaupt vorhanden, sehr dünn und kann deshalb nicht besonders gut dazu beitragen, et128
was anzuheben. Eine Rakete kann also keine Tragflächen nutzen, um an ihr Ziel zu kommen. Statt dessen verfügt sie über einen sehr starken Antrieb, der gewaltige Mengen Gas ausstößt und sie so in die Höhe befördert. Um abheben zu können, muß eine Rakete also nicht über eine Startbahn rasen; sie steigt einfach auf. Warum haben wir dann sowohl Flugzeuge als auch Raketen, wenn doch Raketen allem genügen würden? Nun, man benötigt weit weniger Treibstoff, um ein Flugzeug fliegen zu lassen, weil die Luft für den Auftrieb sorgt. S. J. Großbritannien Antwort Alles, was in Luft fliegt, muß sich Auftrieb verschaffen. Bei Flugzeugen, Vögeln, Insekten und so weiter wird dieser Auftrieb von der Luft geliefert, die über Flügel oder Tragflächen streicht. Raketen besitzen keine Tragflächen, also muß ihr gesamter Auftrieb durch den Rückstoß ihrer Triebwerke bereitgestellt werden. Offensichtlich ist es auch sehr viel effizienter, die Triebwerke senkrecht nach unten arbeiten zu lassen, so daß die Rakete gerade in den Himmel steigt, anstatt den Rückstoß damit zu vergeuden, daß man sie waagrecht über eine Startbahn anrollen läßt. Die Raumfähre besitzt kleine Stummelflügel, die aber nur von Nutzen sind, wenn sie keinen Treibstoff an Bord hat und landet. Sie erzeugen nicht annähernd genug Auftrieb, um den Flugkörper vom Boden abheben zu lassen, wenn der gewaltige externe Treibstofftank angekoppelt ist. S.Z.. Großbritannien
129
Antwort In den vorangehenden Antworten wurde erklärt, weshalb Flugzeuge horizontal starten, aber nicht, weshalb Raketen senkrecht aufsteigen. Auf einem luftleeren Planeten könnte eine Rakete in jeder Richtung starten und mit jeweils derselben Menge Treibstoff die Entweichgeschwindigkeit erreichen. Auf der Erde dagegen starten Raketen in der Regel senkrecht, um den Luftwiderstand auf dem Weg aus der Atmosphäre möglichst gering zu halten. Ich empfehle, die frühen Romane Robert Heinleins zu lesen, wo man einen soliden Grundkurs in Raketenflugtechnik erhält. R.A. Forschungsgruppe Energie, University College, Dublin, Irland
Antwort Um in eine Erdumlaufbahn zu gelangen, muß eine Rakete etwa 160 Kilometer Höhe und 25 Mach Geschwindigkeit erreichen. Dies gelingt am effizientesten, wenn das Fluggerät senkrecht aufsteigt, solange es noch relativ langsam ist. Sobald es den größten Teil der Atmosphäre durchflogen hat, läßt man die Geschwindigkeit ansteigen. Eine Rakete auf einer Startbahn würde anfangs schnell beschleunigen, doch sie würde zusätzlichen Treibstoff benötigen, um sich mit hoher Geschwindigkeit durch die dichte Atmosphäre in die Höhe zu arbeiten. R.E. Großbritannien
Antwort Die dichte Luft auf Meereshöhe bringt hohen Luftwiderstand mit sich. Es gibt nur eine Lösung: Man muß die dichten Luftschichten so schnell wie möglich unter sich lassen, ehe eine hohe Geschwindigkeit erreicht wird. Das kann man nur mit einem senkrechten Start erreichen. 130
Auf dem luftleeren Mond hätte ein annähernd waagrechter Start große Vorteile, besonders weil einiges an Antriebskraft von einem linearen Induktionsmotor statt von einer Rakete geliefert werden könnte. Dieses Verfahren ist sehr viel effizienter, da weit weniger Energie für die Beschleunigung der Reaktionsmasse (also den Treibstoff) aufgebracht werden muß. Diese Anwendung eines Katapultstarts wurde, soviel ich weiß, zuerst von Robert Heinlein in seiner Science-Fiction-Story Revolte auf Luna (1966) vorgeschlagen. Auf der Erde könnte man das ganze Fluggerät natürlich zunächst mit Hilfe eines gigantischen Heliumballons über die dichteren Schichten der Atmosphäre befördern. K.B. Großbritannien
Gut drauf Frage Während ich (über eine Soundanlage) einen UKW-Sender auf 98,6 Mhz hörte, fiel mir auf, daß das Radiosignal sich an- und ausschalten ließ, wenn ich in verschiedene Bereiche des Raumes ging. Das Gerät reagierte so empfindlich auf meine Position, daß es mir möglich war, den Ton einfach dadurch an- und abzuschalten, daß ich mich, während ich auf einem Stuhl in sechs Metern Entfernung vom Empfänger saß, vor- und zurückbeugte. Was ist für diesen Effekt verantwortlich? D.M. Neuseeland
131
Antwort Das hört sich so an, als würden Sie eine Antenne verwenden, die sich im selben Raum befindet wie Ihre Anlage. Eine solche Antenne empfängt nicht nur das Signal, das direkt vom Sender kommt, sondern zusätzlich auch die von den Wänden, der Decke und dem Boden und sogar von Gegenständen einschließlich des menschlichen Körpers reflektierten Radiowellen. All diese Signale überlagern einander und erzeugen damit ein Interferenzmuster, so daß die Signalstärke sich in Abhängigkeit von der Position der Menschen sowie der Antenne im Raum verändert. Ein Signal von 98,6 Mhz hat eine Wellenlänge von etwa drei Metern, folglich kann eine Person, die sich im Raum um weniger als einen Meter weiterbewegt, eine signifikante Phasenänderung bewirken. Das Signal erreicht die Antenne direkt vom Sender, aber auch von Ihrem Körper. Kommen die beiden Signale an der Antenne an, addieren sie sich, und die Antenne empfängt das Ergebnis dieser Addition. Da es sich dabei um Sinuswellen gleicher Frequenz handelt, hängt die Stärke des durch die Addition erzeugten Signals von den relativen Phasen der beiden Teilsignale ab. Weil diese vom Sender zur Antenne verschiedene Wege und damit unterschiedliche Strecken zurückgelegt haben, kommt es zu einer Phasendifferenz. Falls die zurückgelegten Strecken sich um ein beliebiges ganzzahliges Mehrfaches der halben Wellenlänge unterscheiden, kommen die Signale mit einer Phasenverschiebung von genau 180 Grad bei der Antenne an. Vorausgesetzt, sie sind gleich stark, ist das Ergebnis ein Eingangssignal mit dem Wert Null. Dies zeigt, wie Sie es schaffen, die Stärke des Signals zu verändern, doch woran liegt es, daß Sie den Ton ganz anund abschalten können? Nun, die meisten UKW-Empfänger enthalten einen Schaltkreis, der die Schallausgabe unterbricht, wenn die Signalstärke einen bestimmten Wert 132
unterschreitet - damit soll das Hintergrundrauschen unterdrückt werden, wenn man zwischen einzelnen Sendern wechselt. Wenn Sie also im Raum umhergehen, schwankt dadurch das Signal über und unter den Schwellenwert, der den Schaltkreis aktiviert, und damit schalten Sie den Ton ein und aus. All das illustriert natürlich, wie wichtig eine gute Außenantenne ist, wenn man Wert auf einen guten Empfang im UKW-Bereich legt. Mit einer Zimmerantenne erreicht man leider nur selten zufriedenstellende Ergebnisse. KD. Merlin Communications International, Großbritannien
Antwort Ihr Problem, das nicht Sie allein betrifft, kommt daher, daß frequenzmodulierte UKW-Signale mit Wellenlängen von etwa drei Metern von den Wänden, dem Boden und der Decke des Raumes und natürlich von Ihnen zurückgeworfen werden. Durch Ausprobieren können Sie sich an eine Stelle begeben, an der Ihr Körper diese Auslöschung der Signale auslöst, oder an einen Ort, wo Sie das Signal deutlich hören. Diese Erscheinung darf jedoch nicht mit der oft von Radiohörern geäußerten Klage verwechselt werden, daß der Sender auswandert, wenn sie sich von ihrem Radio entfernen. Dieses Problem, das einige Zeit lang ziemlich verbreitet war, wurde ausgelöst, wenn die Schaltkreise der automatischen Empfangskontrolle und der automatischen Frequenzkontrolle sich gegenseitig ins Gehege kamen. In diesem Fall änderte der im Raum wandernde Körper mit den oben beschriebenen Abläufen den Signalwert, der am Empfänger ankam. Doch dann änderte das Radio die eingestellte Frequenz, um das Problem zu beheben. Selbstverständlich glaubten die betroffenen Radiohörer, daß es sich um eine Störung des UKW-Empfangs handelte, die in 133
der Verantwortung des Senders liege - in meinem Fall die BBC. C.H. Früher Mitglied der Technischen Information bei der BBC, Großbritannien
Schräger Blick - schlechte Sicht Frage Warum sind die Fenster von Flugzeugen so klein, und warum sitzen sie so tief am Rumpf, daß die meisten Menschen sich hinunterbeugen müssen, wenn sie andere Flugzeuge auf dem Rollfeld sehen wollen? T.K. USA Antwort Wie bei vielen Dingen, die mit der Konstruktion eines Flugzeugs zu tun haben, beruht auch die Anordnung verschiedener Einzelteile auf einer Reihe von Kompromissen. Das Leben eines Flugzeugkonstrukteurs wäre sehr viel einfacher, wenn es überhaupt keine Fenster gäbe, doch bisher scheint die übereinstimmende Meinung zu sein, daß es sie geben muß. England hat seine führende Position bei der Herstellung von Düsenflugzeugen verloren, als die Entwicklung der »Comet« von der Firma de Havilland in den 1950er Jahren aufgrund einer Absturzserie einen Rückschlag erlitt, zum Teil wegen Materialermüdung im Bereich der Fenster, die zu einem Strukturversagen führte. Seither gehören Fenster zwar weiterhin zur Konstruktion eines Flugzeugs, doch man hat sie so klein wie möglich ausgelegt. Heute sind sie in der Regel etwa 33 Zentimeter hoch. Das Fenster muß über drei Scheiben verfügen: zwei Druckscheiben und eine innere Abdeckung, damit die Passagiere nicht an die 134
lebenswichtigen Scheiben gelangen und sie beschädigen können. Alle drei sind in einer Fenstereinheit zusammengefaßt, die eingebaut und luftdicht mit der Flugzeughülle verschweißt wird. Diese Einheit ist natürlich schwerer und teurer als die dünne Aluminiumhaut, an deren Stelle sie tritt, und um sie zu tragen, muß die Struktur des Flugzeugs verstärkt werden. Das zusätzliche Gewicht bedeutet, daß man weniger Passagiere oder Fracht befördern kann, was die möglichen Einnahmen der Fluggesellschaften mindert. Außerdem stellen Fenster ein Wartungsproblem dar. Sie können nicht nur verkratzt und beschädigt werden, sondern erhöhen auch die Gefahr undichter Stellen in der Kabine und leiden unter Kondenswasser und Vereisung. Die Lage der Fenster ist je nach Flugzeugtyp unterschiedlich, doch in der Regel versuchen die Konstrukteure, sie mit der Mittellinie ein wenig unter Augenhöhe der sitzenden Passagiere unterzubringen. Auf dem Boden ist das möglicherweise ein wenig zu tief, aber im Flug erlauben sie einen schrägen Blick zum Erdboden. Würde man sie höher einbauen, wäre wenig gewonnen. Da die Sitze auf Höhe der breitesten Stelle des runden oder ovalen Rumpfes angebracht sind, würden die Fenster sich am Ende in einem um 10-15 Grad nach oben gerichteten Winkel befinden. Der Passagier hätte dann während des Fluges nur Ausblick auf den Himmel. Läge die Oberkante des Fensters über Augenhöhe, gäbe es zudem ständig Probleme wegen der Einstrahlung oder der Blendwirkung der Sonne. Schließlich würden die Passagiere einfach die Sonnenblenden herunterziehen, was den ursprünglichen Vorteil, ein Fenster zu haben, wieder zunichte machen würde. Es wäre praktisch, sie noch tiefer anzubringen, aber wie bereits gesagt, ist das wegen der Gewichtsprobleme nicht zu machen. 135
Man sollte auch nicht vergessen, daß jedes heute fliegende Zivilflugzeug vor mindestens zehn Jahren entworfen wurde, einige wurden sogar schon vor 40 Jahren erstmals auf dem Reißbrett konzipiert. In der Zwischenzeit haben die Menschen sich geändert, und auch die Sitze werden anders gestaltet. Als man diese Flugzeuge entwarf, hat man die Form der Struktur - einschließlich der Anordnung der Fenster - festgelegt; dabei hat man die Fensterlinie als eine passende Unterbrechung angesehen, an der die Teile der Flugzeughülle miteinander verbunden werden konnten. Nachdem man diese Anordnung einmal festgelegt und die Produktionsanlagen mit den entsprechenden Werkzeugen eingerichtet hatte, wäre es außerordentlich kostspielig, dies zu ändern. Mittlerweile sind die Menschen auch noch größer geworden. Die Konstrukteure müssen sich bei der Größe der Sitze nach den »Dreyfuss-Kriterien« richten. Diese Kriterien unterliegen einem ständigen Wandel, aber in der Regel wird ein Konstrukteur die Sitze eines Flugzeugs so auslegen, daß 95 Prozent der amerikanischen Männer darin Platz haben. Falls man sehr groß ist, kann es einem so vorkommen, als seien die Fenster niedriger angebracht - und die Menschen sind allgemein größer als früher. Schließlich geht der Trend im Luftverkehr heute weg von luxuriösen, geräumigen Entwürfen und hin zu einer stark verdichteten Anordnung der Sitze. Unter diesen Umständen, da man den Sitzabstand verringert, um möglichst viele Passagiere unterzubringen, muß der Unterbau jedes Sitzes höher werden, damit der jeweils dahinter sitzende Fluggast genügend Beinfreiheit hat. Auch dadurch gerat das Fenster in eine verhältnismäßig tiefere Position als ursprünglich geplant. T.H. Frankreich
136
Antwort Flugzeugfenster sind aus Sicherheitsgründen so klein. Das erste bedeutende Düsenflugzeug für den zivilen Einsatz, die »Comet« der Firma de Havilland, hatte große, rechtwinklige Aussichtsfenster, die den Passagieren einen weiten Rundblick boten. Nach einigen Dienstjahren des Geräts mußte man jedoch erleben, daß Flugzeuge während des Fluges auseinanderbrachen. Um herauszufinden, weshalb das geschah, brachte de Havilland eine neue Comet in einen Wassertank. Dort setzte man sie abwechselnd hohem und niedrigem Innendruck aus, um die Bedingungen während des Fluges zu simulieren. Nachdem man zwei Betriebsjahre dieser Druckzyklen durchlaufen hatte (wofür in Wirklichkeit nur ein paar Wochen im Wassertank erforderlich waren), stellte sich heraus, daß die tragende Struktur des Rumpfes in der oberen Ecke eines der großen Fenster Schäden aufwies, die während eines Fluges zu einem katastrophalen Zusammenbruch geführt hätten. Man mußte die Fenster neu konstruieren und schuf kleine, runde Fenster, die weiter unten in der Flugzeughülle saßen. Damit war das Problem gelöst. Die Position der Fenster ist bis heute gleich geblieben. M.B. Wellington College, Großbritannien
Wahnsinn in der Mikrowelle Frage Einer meiner Kollegen hat die Angewohnheit, für seinen Tee Wasser aus der Flasche in einen Becher umzufüllen und in der Mikrowelle zu erhitzen. Sobald es die richtige Temperatur erreicht hat, nimmt er den Becher heraus. Es ist schon öfter vorgekommen, daß das Wasser hef137
tig zu sprudeln begann, nachdem er einen Teebeutel hineingehängt hatte. Einmal begann es zu sprudeln, als er den Becher aus der Mikrowelle nahm. Es kochte so heftig, daß 90 Prozent des Wassers aus dem Becher sprudelten - das ist eindeutig ziemlich gefährlich. Was geschieht da? M. C. Per E-Mail, ohne Adressenangabe Antwort Ein Teil des Wassers im Becher ist überhitzt die Temperatur der Flüssigkeit liegt ein wenig über deren Siedepunkt, wo sie normalerweise anfängt, in Gas überzugehen. In dem geschilderten Fall kommt es nicht zum Sieden, weil die Spuren von freiem Gas (Blasenkeime) in der Flüssigkeit fehlen, die zur Blasenbildung nötig sind. Kocht man das Wasser im Kessel, geschieht das nie, weil dessen rauhe Oberfläche wie auch die konvektionsbedingte Verwirbelung des aufsteigenden heißen Wassers ausreichen, ein reguläres Sieden zu ermöglichen. Turbulenzen in Flüssigkeiten sorgen bekanntlich auch in anderen Fällen dafür, daß sich vermehrt Blasen bilden, zum Beispiel wenn man Cola in ein Glas gießt. Bei Ihrem Kollegen hat der Teebeutel (und im anderen Fall einfach die Bewegung) ausgereicht, um die Blasenbildung einzuleiten. Selbst wenn ein großer Anteil des Wassers überhitzt ist, wird nur ein kleiner Teil davon in Dampf übergehen, da für diesen Vorgang ein sehr großer Betrag an latenter Wärme erforderlich ist. Ich kann mir vorstellen, daß man, wenn die Tasse längere Zeit ruhig in der eingeschalteten Mikrowelle stehenbleibt, den gesamten Tasseninhalt auf einen Schlag in dem Gerät verteilen kann, sobald man irgendwelche Blasenkeime einbringt. Genau diese manchmal explosiv ablaufende Dampfbildung sollte Sie 138
veranlassen, einen Mikrowellenherd nur mit größter Vorsicht zu benutzen. R.B. Großbritannien
Antwort Überhitzte Flüssigkeiten können explosiv überkochen, sobald man etwas hinzufügt, wie m den Beispielen der vorherigen Briefschreiber geschildert, oder wenn man das Gefäß bewegt. Ich habe erlebt, wie eine Flasche voll Flüssigkeit spektakulär explodierte, als man sie von einer Mikrowelle ins Labor brachte - Glassplitter und heiße Flüssigkeit wurden durch den Raum geschleudert. Das läßt sich vermeiden, wenn man jede Flüssigkeit, die man in der Mikrowelle erhitzt hat, wenigstens für eine Minute ruhen läßt, ehe man sie berührt oder auch nur die Klappe öffnet. Dadurch kann sie ein wenig abkühlen, und die Hitze verteilt sich gleichmäßiger. Ich würde das jedem empfehlen, der Flüssigkeiten in der Mikrowelle erhitzt, und sei es nur, um sich eine Tasse Tee zu machen. D. W. Großbritannien
Kurventechnik Frage Warum stellt das Lenkrad eines Autos sich beim Fahren von selbst zurück, wenn man es dreht und anschließend losläßt? Bei dem Lego-Technics-Spielzeugauto meines Freundes geschieht das nicht. C.S. Großbritannien
139