Vestigia Vergiliana
Gättinger Forum für Altertumswissenschaft Beihefte
Herausgegeben von Bruno Bleckmann, Thorsten B...
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Vestigia Vergiliana
Gättinger Forum für Altertumswissenschaft Beihefte
Herausgegeben von Bruno Bleckmann, Thorsten Burkard, Gerrit Kloss, Jan Radicke
Neue Folge Band 3
Vestigia Vergiliana Vergil-Rezeption in der Neuzeit
Herausgegeben von
Thorsten Burkard, Markus Schauer, Claudia Wiener
unter Mitarbeit von Eltje Böttcher
ISBN 978-3-11-024720-6 e-ISBN 978-3-11-024721-3 ISSN 1866-7651 BibliogrofodJl! Information der IJ.lltICbtm N"tionoibibliothd: Die Deutsche Natiunalbibliuthek vcaeiehnet diese Publikatiun in der Deutschen Natiunalbibliugrafie; detaillierte bibliugrafische Daten sind im Internet über http://dnh.d-nh.de abtufhar.
© 2010 Walter de Gruytrr
GmbH & C" KG, Berlin/Ncw Ynrk
Druck: Hubert & Cu. GmbH & O. KG, Güttingen 00 Gedruekt
auf säurefreiem
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et vetitum magni pandetur limen Olympi; 1O occidet et serpens, miseros quae prima parentes e1usit, portentificis imbuta venenis. Tune deum vitam accipies divisque videbis permistos hetoas e t ipse videberis illis pacatumque reges patriis vinutibus orbem? Adspice felici diffusum lumine coelum camposque, fluviosque ipsasque in montibus herbas;" aspice, venturo laetentur ut omnia saeclo. Ipsae lacte domum refetent distenta capellae hubera nec magnos metuent armenta leones, agnaque per gladios ibit secura nocentes bisque superfusos setvabit tincta mbores. Interea tibi, parve Puer, munuscula prima contingent edetaeque intermixtique corymbi; ipsa tibi blandos fundent cunabula flores et durae quetcus sudabunt roscida mella; mella dabunt quercus, omnis fetet omnia tellus. At postquam firmata virum te fecerit aetas et tua iam totum notescent facta pet orbern., alter erit rum Tiphys et alteta quae vehat Argo delectos heroas; erunt etiam alteta bella: atque ingens Stygias ibis praedator ad undas. Incipe, parve puer, risu cognoscere mattem, cara dei soboles, magnum coeli incrementum."
24-25 24 15 16 n
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42-44 18 1 9-20 23 30 30 und 39 37 54 34 35 60 49
Übersetzung: 2fK.
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,Jetzt ist gekommen das letzte Zeitaltet des Liedes von Cumae Eel. 4: 4 ein großes Zeitalter etneuett sich in der Kreise Vollendung; 5 6 ja, dies ist die Jungfrau, dies die Herrschaft Satums, jetzt steigr ein neues Geschlecht von det Höhe des Himmel, herab, 7 ein Geschlecht, durch das auf der ganzen Welt eine goldene Menschheit 9 9 und 28 ersteht und inmitten des Ahrenfeldes der \1\reinstock erblüht. Unter seinet Führung wetden die Spuren unseres Frevels, falls solche noch sind, 1 3 14 wirkungslos und s o di e Welt aus dauemdet Angst lösen, die vetbotene Pforte des hohen Olympus wird sich auftun; stetben wird auch die Schlange, die zu Beginn die unglücklichen Eltern 24-25 24 vtneni narrte, behaftet mit unheilbringendem Gift. Wirst du nicht göttliches Leben empfangen, wirst im Kreis der Götter 1 5 16 die Hetoen schauen und selbst zu sehen sein bei ihnen
1 0 VgL ecl . 5,56 candidus insuftum miralNr limen O!pl1pi (" sttahlend bes taunt et die ihm noch ungewohnte Pforte des Olymps'') und Aen. 10,1 panditur interta domus omnipotentis O!ympi ( au ftut sich indes das Haus des allgewaltigen Olymps''). 1 1 Anspielungen auf Lukrez, De rtf71m natura 1 ,9 und nf. "
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Gerhard Binder und eine Welt lenken, befriedet durch die Tatkraft des Vaters? Sieh, wie der Himmel von glückseligem licht erhellt ist, die Fluren der Erde, die Flüsse und selbst die Wiesen auf den Bergen; sieh, wie sich alle s freut auf den bevorstehenden Anbruch dieses Zeitaltersl Von selbst werden prnll gefüll te Euter heimwärts tragen die Ziegen, und das Vieh wird nicht furchten mü.�sen gewaltige Löwen, und das Lämmchen wird furchtlos wandeln zwischen den schädigenden Messern und zweimal gefubt das Rot der Färbung bewahren. Indessen werden dir, kleiner Knabe, erste Geschenkchen zuteil, Efeugerank und dazwischen die Blütentrauben des Efeus; von selbst wird deine Wiege liebliche Blumen sprießen lassen, und aus harten Eichen wird Honig tropfen wie Tau; Honig werden geben die Eichen, jegliches Land wird jegliche Frucht tragen. Doch wenn das Alter gefestigt dich zum Mann gemacht hat und deine Taten bereits über den ganzen Erdkreis bekannt werden, wird es einen neuen Tiphys geben und eine neue Argo, dazu bestimmt, erlesene Helden zu tragen; auch neue Kriege wird es geben: und du wirst als mächtiger Beutemacher zu den Fluten des Styx hinabsteigen. Fang an, kleiner Knabe, mit einem Lachen die Mutter zu erkennen, teurer Sohn Gottes, herrliche Mehrung des Himmelreichs."
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Die Zahlen am rechten Rand zeigen, daß Sannazaro eine geschickte, in sich homogen, ja harmonisch wirkende Kompilation aus Versen der 4. Ekloge gdungen ist. Werfen wir zunächst noch einen Blick auf die fol genden Verse (233-236): Talia dum referunt pastores, avia longe responsant nemora et voces ad sidera iactant intonsi montes; ipsae per confraga rupes, ipsa sonant arbusta: "Deu.�, deus ille, Menalca". Dies war das lied der Hirten: Weithin geben Antwort entlegene Waldungen und lassen ihren Ruf zu den Sternen erschallen die unberührten Bergwälder; selbst die Felsen durch ihre Gehölze hin, selbst die Gebüsche lassen ihren Ruf ertönen: "Gott, ja Gott ist er, Menalcas"J
Mit dem Zitat aus ecl. 5,62-64 bleibt die bukolische Atmosphäre erhalten: Die Natur feiert die Gottheit des Jesusknaben ebenso jubdnd wie den zu den Sternen erhobenen Daphnis.1 2 Unmittdbar danach wechsdt das Ge12 Geschickt ersetzt Sannazaro ipsae iam camnfla ntpes [ . . . ] sOfIafIt ("selbst die Felsen [lassen] ihre lieder [erklingen]" durch ipsa. per corrfraga ntper, das seltene c01lfraga verdient den Vorzug vor der Lesart Ioca coflcavtT, vielleicht handelt es sich um eine Statiusreminiszenz (Thtbais 4,494 ad confraga nlvae).
Beispide neuzeitlicher Andgnung der 4. Ekloge Vetgils
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dicht wieder in den epischen Stil: Die himmli schen Heerscharen treten in "Schlachtordnung" zwn Lobpreis des Schöpfers und der Schöpfung an (240f.) : Scilicet innocuis per sudum exemJus armis / ibat ovans: divisae ades ... �,mit harmlosen Waffen freilich zog triwnphierend das Heer durch die Hirnmdsregion: geteilte Kolonnen . . . '') . Das einschlägige Vokabular häuft sich.13 Die gdegentlich geäußerte Vermutung, es handde sich in den zitierten Versen 200-232 wn eine Art Cento,1 4 ist falsch; denn zum Wesen des Vergil-Cento gehört die Intention, mit (feil-)Versen aus Vergil ein neues Gedicht mit neuem Inhalt "zus ammenzuflicken", und gerade das will Sannazaro nicht. Im Gegenteil: Sannazaro beweist mit seinem ganz auf Jesus Christus zugeschnittenen, jeden Geheimnisses entblößten Zitat nicht nur die Richtigkeit der vergilischen Prophezeiung, sondern auch deren christlicher Deutung. Das Kind ist bereits geboren, das goldene Zeitalter der Geschichte ist in ihm der Menschheit bereits geschenkt. Diesem "Be weiszid" ordnet Sannazaro Auswahl und Adaption der Vergilverse konse quent unter: Er eliminiert weitestgehend nichtchristliche Elemente des Mythos und der Geschichte - z.B. Lucina und Apollo, den Adressaten Pollio, Troia und Achille s - und die für Vergils Gesamtwerk hochbedeut same Reflexion über die Taten des etwachsenen puer und seine eigene Dichtung am Ende der Ekloge.15 Nicht die Parzen singen von einem zu erwartenden Heilsbringer, sondern Tityrus-Vergil hat die Heilsbotschaft von Christus verkündet.
2. Clement Marot: IVe Eglogue, 1 544 Clement Marot, seit 1 5 1 9 Sekretär und Dichter am Hof der Herzogin Margarete von Navarra (M:arguerite de Navarre), gilt als der vidseitigste und bedeutendste Lyriker Frankreichs in der ersten Hälfte des 1 6. Jahr hunderts. Er stand dem Protestantismus nahe und war daher seit 1 526 vidfacher Verfolgung ausgesetzt, die ihn 1 534 nach Ferrara an den Hof der Herzogin Renata (Renee d'Este) fliehen ließ. Als er 1 536 dem Protes-
13 Allein in den Versen 237-247 finden sich: sonitus rn/dI'1l11l, 8:>anitus, dl71lfl, 0IJat'e, tJ&ies, agntintJ, ordines, beUU11I, phalangae, 11Iilos, cantpus; hingegen nur noch fünf, 2.T. vage Anklänge an die Eklogen in den Versen 248-513. 14 Vgl. 2.B. Abel Bourgery: "Les ßucoliqllos de Virgi1e clans la poesie moderne", in: REL 23, 1 945, 1 34-1 50 (dort 147). 15 Vgl. Reinhold F. Glei: "Der Vater der Dinge. Interpretationen zur politischen, literarischen und kulturellen Dimension des Krieges bei Vergi1", BAC 7, Trier 1 989, 90-92; Binder, 1 983 (wie Fußn. 1), 74-77.
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Gerhard Binder
tantismus abschwor, konnte er nach Frankreich an den Hof Ludwigs XII. zurückkehren. Seine berühmte Übersetzung der Psalmen, 1 542 wegen Häresieverdacht verboten, führte ihn erneut ins Exil, zunächst nach Genf, schließlich nach Savoyen und Turin, wo er 1 544 starb. Am Anfang seines ersten, 1 532 veröffentlichten Gedichtbandes L'A dolescence Climentine, ,Jugend(gedichte) des Clement (Marot)" - stand eine offenbar bereits ältere Übertragung der 1 . Ekloge: die erste Begeg nung mit Vergil, der Marot bis zu seinem Lebensende nicht losließ. 16 Marots 2. Ekloge entstand 1 535 noch am Hof von Ferrara und galt der bevorstehenden Geburt des dritten Kindes der Herzogin Renee. 17 Der Titelbegriff avant-naissance gilt als Übersetzung von "Genethliakon", der Bezeichnung für Vergils 4. Ekloge. Das Gedicht umfaßt 74 Verse, darun ter einen Hymnus auf die Renaissance und - in seiner ersten Fassung einen Lobpreis der Reformation. lft Anklänge an Vergils Ekloge sind sel ten, am deutlichsten in den Versen 6-8: Viens sans donner destresse cou.�tumiere A Ia Mere humble, en qui Dieu t'a fait naistre. Puys d'ung doulx ris commance a la cognoistre.
Ecl. 4: 61
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Ecl. 4: 61 Komm, ohne deiner demütigen Mutter die übliche Not zu verursachen, in deren Leib dich Gott hat geboren werden lassen. Dann beginne, sie mit einem sülkn Lachen zu erkennen. 60 Wesentlich näher an Vergil bewegt sich Marot mit seiner 4. Ekloge vom Anfang des Jahres 1 544.19 Das Gedicht gilt der Geburt des späteren Kö nigs Fran�ois II (1 559-1 560), des Sohnes von Henri II und Katharina von Medici, der die beiden letzten Jahre seines Lebens mit Maria Stuart verhei ratet war. Das Gedicht ist nach der Geburt des Dauphin verfaßt. 20 Es als bloße Kopie der 4. Ekloge zu bezeichnen, wird ihm allerdings nicht ge-
16 Zu Marots "Virgilianism" vgl. Annabel M. Patterson: Pastoral and Ideology. Virgi1 to Valery, Oxford 1 988, 106-1 1 8 (Vergils und Marots 4. Ekloge erwähnt Patterson nur beiläufig S. 1 1 8). 17 Avont-naissance dll troiifesme enjJont t.k modome Renie, dttchesst de Ftmm, compose par Clement Marot, secretaire de ladicte dame, en juillet V·XXXVj , estant audict Ferrare: Oeuvres Iyriques LXXXVIII, Eglogue 11. 18 Vgl. Claude A. Mayer: Clement Marot, Paris 1972, 288-290. 19 Claude A. Mayer: "Eglogue sur la Naissance du filz de Monseigneur le Daulphin Composee par Clement Marot", in: Mayer (Hg): <Euvres Iyriques, London 1 964, XC, Eglogue IV (S. 354-359, mit Anmerkungen); vgl. Mayer, 1 972 (wie. Fußn. 1 8), 5 1 0-513 (mit vollständigem Text). 20 Wie auch - nach meiner These - Vergi1s 4. Ekloge weit nach der Geburt des Augustus, vgl. Fußn. 1 .
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Bei.pide neuzeitlicher Andgnung der 4. Ekloge Vetgils
recht,2 1 da die umfangreichen Anleihen bei Vergil nicht nur in anmutige Poesie übersetzt, sondern auch um viele eigene Zutaten erweitert sind.22 Die Ekloge beginnt mit einem auf den aktuellen Aufenthaltsort des Dichters (Chambery) anspielenden Musenanruf (V. 1): Cotifortez mf!Y, MlIses Savoisiennes (" Gebt mir Kraft, Musen aus Savoyen", vgl. ecl. 4,1 Sicilides Musae)! Marot bezeichnet sich als I'itiforlllne Befger (V. 5, "unglücklicher Schäfer"), sein Vorhaben als propos moins leger qlle ry tlevan/ (V. 6f., "gewich tiger als früher", vgl. ecl. 4,1 pOllIo maiora canamlls). Das von der cumäischen Sibylle prophezeite Zeitalter steht bevor (or sommes nOlls prochains du tlernier aage prophetize par Cllmane, Ia saige (V. 1 1 f., "nahe sind wir nun am letzten Zeitalter, das prophezeit ist durch die weise Cumäerin", vgl. ecl. 4,4), die Jungfrau Astraea wird in Kürze zurückkehren, die Herr schaft des Saturnus naht wieder (V. 1 5f., vgl. ecl. 4,6) . Während sich diese Verse eng an Vergil anlehnen, weicht Marot von der antiken Vorlage deut lich ab, wenn er Diana als göttliche Instanz nennt, die dem jüngst gebore nen Sohn des Endymion himmli schen Segen verlieh, jenem Kind, das der Welt ein Menschengeschlecht in Gold und Reinheit bescheren wird (V. 1 7-24). Philippa Berry vermutet - wie bereits Claude Albert Mayer23 - in ihrer feministischen Interpretation, daß sich hinter Diana die Herzogin Diane de Poitiers verbirgt, die seit 1 538 zunehmenden Einfluß auf Henri TI (Endymion) gewann.24 Marots geschickte Adaption der 4. Ekloge soll im folgenden an eini gen kurzen Beispielen verdeutlicht werden. Sehr nahe an Vergils Text, doch distanzierter klingend, sind Marots Verse über die sceleris vestigia nostri (V. 27-30) : E t s i I'on voit soubz Henry quelque reste De Ja malice aujourd'huy manifeste, Elle sera si foible & si estaincte Que plus de rien Ja terre n'aura craincte.
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2 1 Mayer, 1972 (wie. Fußn. 18), 510: "une eglogue, entierement calquee sur la qua trieme eglogue de Virgi1e". 22 Marots Gedicht ist mit 1 00 Versen um ein Drittel länger als die 4. Ekloge, etwa die Hälfte bildet Vergi1verse nach oder lehnt sich eng an solche an. 23 Mayer, 1 964 (wie Fußn. 1 9), 356. 24 Philippa Berry: Of Chastity and Power. E1izabethan literature and the unmarried queen, London u.a 1 989, 48: "Ir is she [Diane], rather than the mother of Henri's son, Catherine de Medici, who is complemented in the poem. Marot associates the child's birth with the advent of a new golden age, and a1though the figure of Astraea is mentioned, it is Diane de Poitiers as the goddess Diana who is ac corded the role of chief ded-tx-lIIdchina." Vgl. auch ebd. S. 49f.
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Gerhard Binder
Und wenn man unter Henri einige Spuren sieht der heute noch handgreiflichen Bosheit, so wird sie doch so verblaßt und so erloschen sein, daß nichts auf Erden mehr in Angst leben muß.
Ecl. 4: 1 3 14
Die Erde bringt für das Kind wunderbare Pflanzen hervor nullo cultu entspricht sans culturtl venui:' Thymian, Kerbel, Klee und Trüffel. Ein drucksvoll ist die Übersetzung der Passage über die Tiere, den Tierfrieden und das assyrische Amomum mit einigen für die Leser der Zeit sicher willkommenen Ergänzungen 01. 39-44) : -
Le s Chev-res lors au logis reviendront Pleines de laict; les Brebis ne craindront Lyon ne 10/lp; I'herbe qui venin porte Et la Coleuv-re aux champs demourra motte; Et I'odorant Amome d'Assyrie Sera commun romme herbe deprairie.
Ecl. 4: 21 22 22/24 24 25
Die Ziegen werden zum Stall zurückkehren mit vollem Euter; die Lämmer werden nicht fürchten Löwe oder Wolf: das Giftkraut und die Viper auf dem Felde wird für immer tot sein; und das duftende Amomum aus Assvrien wird gewöhnlich wachsen wie Gras �uf der W"lese.
Ecl. 4: 21 22 22/24 24 25
Der inzwischen anerkannte, ja gefeierte Dichter Marot verzichtet nicht auf die Übertragung der poetischen Reflexion am Ende der 4. Ekloge, zumal er damit eine eigene bessere Zukunft in den Blick zu nehmen vermag, und beschließt seine Ekloge mit dem (schon in die 2. Ekloge übernommenen) "Lächeln für die Mutter" und einem kräftigen indirekten Lob des herr schenden Königs Fran-1 566)1 spielen diese drei gattungskonstituti ven Merkmale eine prominente Rolle: Im Katalog der Völker des alten Israel (Chr. 2,333-529) erfahren die Juden eine ähnliche Aufwertung wie die Völker des alten Italien bei Vergil; 2 in den zahlreichen Gleichnissen wetteifert Vida mit seinem Vorbild hinsichtlich Originalität und Natumä he der Vergleiche;3 und in der großen Ekphrasis des Jerusalemer Tempels
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Zur Biographie Vidas vgl. das einleitende Kapitel bei J\.fario A. Di Cesare: Vida's Christiad and Vergilian Epic. New York lLa. 1964, 1 -39; Peter Hibst: MarclL� Hie ron}mus Vida, D. dignilale reipllblicae. Über den Wert des Staates. Einleitung, Text, Übersetzung, Kommentar (BAC 57), Trier 2004, 26-33. - Die gegenreformatori sche Tendenz der Christias zeigt sich vor allem in der von VergiI übernommenen, aber jetzt anders motivierten Romideologie (tra"slatio imperii .cdtnastici von Jerusa lern nach Rom) und in der Einsetzung des Papsttums. Dadurch wird der AntijudaismlL�, der in der Darstellung der Hohenpriester und Schriftgelehrten sowie der Volksmassen vor Pilarus deutlich zutage tritt, etwas abgemildert. Zum Katalog wie überhaupt zu Vidas Verhälmis zum Judenrum vgl. Reinhold F. Glei: "lWtmoria llidaica. Die Darstellung der Juden in der Christias des Marco Girolamo Vida", Jahrbuch der Braunschweigischen Wissenschaftlichen Gesellschaft 2009 (2010), im Druck. Zu einzelnen Gleichnissen vgl. J ames P. Holoka: ,,A Neoplatonic Simile in Vida's Christiad (4.1 0- 1 5)", Romance Notes 1 8, 1 977, 243-246; William J. O'Neal: "The Simile in Vida's Christiatf', in: R. J. Schoeck (Hg.), Acta Convenrus Neo-Latini Bononiensis. Proceedings of the Fourth International Congress of Neo-Latin Studies. Bologna 26 AugtL�t to t September t 979, Binghamton, NY t 985, 558563; Wolfgang Polleichtner: "Die Bienengleichnisse der Christias und Vidas Ver-
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Reinhold F. Glei
(Chr. 1 ,551-724)4 zeigt sich Jesus als Deuter der Zukunftsbilder dem vergilischen Aeneas überlegen, der mit seinem Schild ahnungslos Ruhm und Schicksal der Enkel schultert. Es war seit jeher die Intention der Bibeldichter, einerseits den paganen epischen Stoff durch die Heilsgeschichte, andererseits den primitiven sermo piscatorius der Bibel durch die formvollendete Sprachkunst Vergils zu sub stituieren.5 Im Vergleich zur Aeneis, ja selbst zu den epigonalen Epen der Kaiserzeit nehmen sich allerdings die spätantiken Bibeldichtungen recht ärmlich aus; ein gleichwertiges, an den Maßstäben vergilischer Poetik ori entiertes Bibelepos war daher eine Aufgabe, die erst im Humanismus überhaupt ernsthaft in Angriff genommen werden konnte.6 Vida, der sich durch seine Jugendwerke, vor allem den LIIdus Jcacchiae7 und die Bom�ces8,
gil-imitatio", Neulateinisches Jahrbuch 8, 2006, 227-232; ders.: "Von Bienen und Korkeichen. Die lateinischen Fachschriftsteller und Vidas Bienengleichnisse , Neulateinisches Jahrbuch 10, 2008, 293-304. Vgl. Di Cesare (wie Fußn. 1 ) , 1 09-1 13; s. auch die Bemerkungen zur Tempe1ekphra.�is bei Glei (wie Fußn. 2) . Vgl. beispielshalber meine Untersuchung des Weinwunders zu Kana (loh. 2) bei den Bibelepikem Iuvencus, Sedulius und Vida: Glei, Reinhold F.: ,Jesus als Gottmensch in lateinischer Bibelepik , in: Gerhard Binder, Bemd Effe, Reinhold F. Glei (Hgg.): Gottmenschen. Konzepte existentieller Gren2Überschreitung im Altertum (BAC 55) , Trier 2003, 1 33-154. Analog gilt dies auch für die griechi sche Bibeldichtung, insbesondere für die Johannesparaphrase des Nonnos (vgl. Joseph Golega: Studien über die Evangeliendichtung des Nonnos von Panopolis. Ein Beitrag zur Geschichte der Bibeldichtung im Altertum, Breslau 1930; neuere Untersuchungen dazu fehlen). Zu den Homercentonen der Eudoki a (mit einer exemplarischen Interpretation der Lazarus-Episode Joh 1 1 ) siehe meinen Auf satz: Reinhold F. Glei: "Der Kaiserin neue Kleider. Die Hornercentonen der Eudokia", in: Bemd Effe, Reinhold F. Glei, Claudia Klodt (Hgg.): 'Horner zwei ten Grades'. Zum Wirkungspotential eines Klassikers (BAC 79) , Trier 2009, 227248. Vida verfasste (vor 1 52 7) eine Ars poetica, in der er Vergil als das unübertreffliche Muster epischer Dichtung feierte: vgl. Susanne Rolfes: Die lateinische Poetik des Marco Girolamo Vida und ihre Rezeption bei Julius Caesar Scaliger, München u.a. 2001 (zur Datierung 37ff.) . Dass Vidas implizite Poetik in der Christias sub stantiell noch über seine explizite Poetik in der Ars hinausgeht, ist die zentrale These des Buches '\Ton Di Cesare (wie Fußn. 1 ) . Zum Schachgedicht vgI. Reinhold F. Glei und Thomas Paulsen: ", ...und sie spielt sich dochl' Zur Rekons truierbarkeit der Schachpartie in Vidas 'Scacchia Ludus''', Neulateinisches Jahrbuch 1 , 1 999, 65-97. Ein Lehrgedicht über die Seidenraupenzucht (2 Bücher) in Anlehnung an Vergil.� 4. Geo rgicabuch Allgemein zum Hintergrund vgI. Walther Ludwig: "Neulateini sche Lehrgedichte und Vergils Geo'J!icd' ( 1 982) , in: ders.: Utterae Neolatinae. "
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Vergiltc:zc:ptinn in der Christias des Maren Girularnn Vida
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dem Medici-Papst Leo X. empfohlen hatte, war wie kein anderer geeignet, nunmehr ein Christusepos zu beginnen, das ihn vollends zu einem alter Vergiuus machen sollte. 1 5 1 8 vom Papst beauftragt, reifte die Christia.r länger als die Aeneis und konnte erst 1 532 Leos Nachfolger Clemens VII . handschriftlich überreicht werden.9 Gedruckt wurde das Epos erstmals 1 535 in Cremona, 1 550 dann daselbst in einer Ausgabe sämtlicher Ge dichte letzter Hand.lu Es umfasst sechs Bücher mit jeweils etwa 1 000 Ver sen und erzählt die Heilsgeschichte von Palmsonntag bis Pfingsten;l l die Vorgeschichte von Mariä Empfangnis bis zu Jesu Predigten und Wundem berichten Joseph und Johannes (der Ueblingsjünger, der mit dem Evange listen identifiziert ist) im Rückblick als eine Art stellvertretende Apologie vor Pilatus. Diese Apologe (Buch 3 und 4) machen ein Drittel des Ge samtwerks aus und haben somit schon quantitativ ein größeres Gewicht als die Apologe des Aeneas vor Dido; hinzu kommt, dass in ihnen nicht
Schriften zur neulateinischen Literatur, hg. von Ludwig Braun lLa., München 1 989, 100-127 (zu den /30m!?yces S. 1 1 0-1 1 3). Spezialuntersuchungen fehlen. 9 Die Handschrift ist erhalten (Florenz, Biblioteca Nazionale, Conventi Soppressi C8, 1 1 77) und wird für die kritische Edition der ChristitJJ (mit Übersetzung und ausführlichem Kommentar) ausgewertet, die von einer Bochumer Arbeitsgruppe (Reinhold F. Glei, Wolfgang Polleichtner, Michael Schulze Roberg, Eva von Contzen) vorbereitet wird. Die bisher einzige vollständige deutsche Ubersetzung (in Hexametern) dürfte als veraltet gelten: J esus Christus. Ein lateinisches Hel dengedicht des Erzbischofs Vida; Deutschen Verehrern des Göttlichen Helden gesungen von Johann David Müller, Prediger zu Stemmern, Hamburg: bei B. G. Hoffinann, 1 81 1 . Altere englische L'bersetzung von Drake, Gertrude C. und Cla rence A. Forbes: Marco Girolamo Vida's The Christiad. A Latin-English Edition, Carbondale u. a. 1 978; jetzt maßgeblich Marco Girolamo Vida, ChristiQd. Trans lated by James Gardner (The I Tatti Renaissance Library, 39), Cambridge, Mass. 2009. Ein moderner Kommentar ist ein dringendes Desiderat (s. das oben ge nannte Projekt); wir besitzen nur den zeitgenössischen, allerdings monumentalen Kommentar des Bartolomeo Botta (M Hieronymi Vidae Cremonensis Albae Episcopi Christia.� . Presbytero Bartholomaeo Botta, Canonico Papiensi interpre te. Ticini, Apud Hieronymum Bartolum. 1 569), vgl. dazu Guido Baldassam: "Un commento cinquecentesco alla 'Christias' de1 Vida", in: Miscellanea di studi in onore di Marco Pecoraro, vol. I: Da Dante al Manzoni, a cura di Bianca Maria DaRif, Firenze 1 991, 1 95-222. Die Dissertation von Gertrude Georgina Coyne (später hieß sie Gertrude Coyne Drake): An Edition of Vida's ChristiQd with In troduction, Translation and Notes. Diss. Ithaca (Cornell University) 1 939, ist un gedruckt und anscheinend nur in einem Exemplar in Comell greifbar; sie liegt mir in Kopie vor (Scans von Wolfgang Polleichtner). 10 Zur Druckgeschichte umfa.� send 1I-fario A. Di Cesare: Bibliotheca Vidiana. A Bibliography of Marco Girolamo Vida, Firenze 1 974. 1 1 Eine detaillierte Inhaltsübersicht findet sich bei Müller (wie Fußn. 9), III-XVI.
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nur das Leben Jesu, sondern auch die gesamte biblische Heilsgeschichte inklusive Schöpfung und Weltuntergang inkorporiert ist.12 Die Struktur des Werkes ist so angelegt, dass jedes Buch neben der fortschreitenden Erzählung ein längeres episches Element enthält: Buch 1 die Tempelekphrasis, Buch 2 den Katalog, Buch 3 und 4 als Höhepunkt die Apologe, Buch 5 schließlich, dem letzten Aeneis-Drittel entsprechend, eine große (Beinahe-)Schlacht (Chr. 5,508-702: Die Engel wollen den Tod Christi verhindern und rüsten sich gegen die Mächte der Hölle, aber Gott verhindert den Kampf), und Buch 6 die Katabasis Christi (Chr. 6,121293), eine grandiose Variante des Descensus-Kampfes.13 Doch nicht diese gewaltigen epischen Partien sollen im Zentrum dieses kleinen Beitrags stehen, sondern eine eher unscheinbare Szene, an der gleichwohl wesentli che Interpretationslinien der Christias deutlich gemacht werden können. In Buch 6 der Christias finden wir nach der Katabasis Christi und der Befreiung der frommen Seelen aus der Hölle die eher beschauliche Szene rie des frühen Ostersonntags, an dem Maria Magdalena (maestissima Magda Jene 6,3 1 5) und andere Jüngerinnen zum Grab Jesu gehen, um Totenspen den darzubringen. Unterwegs beklagen sie ihr Schicksal (nos miseras 6,322) und bedauern, nicht mit ihrem Meister (lacrimabilis heros 6,322) gestorben zu sein. Als sie zum Grab kommen, sehen sie umherblickend, dass kein Wächter da ist und der Eingang offensteht. Sie treten heran, finden das Grab leer - nur ein Wohlgeruch hängt noch in der Luft -, und Magdalena (pulcherrima virgo 6,333) glaubt, der Leichnam sei geraubt worden. Ihr hefti ges Wehklagen wird von der Ankunft eines Engels unterbrochen, der die Frauen auffordert, ihre Trauer fahren zu lassen: Christus sei auferstanden. Dies wird freilich nicht so lapidar mitgeteilt, sondern recht weitschweifig gleich mit einer Lektion in Soteriologie und Anastasiologie verbunden: Christus sei um der Sühne all er willen, auch ihrer - der Frauen - Vergehen (vestraque ... crimina 6,343), freiwillig am Kreuz gestorben, habe den König des Erebos besiegt und sei aus dem Totenreich als Sieger zur Oberwelt zurückgekehrt. Alles Sterbliche habe er von seinem Körper abgelegt.14 1 2 Die Kritik dieser Konzeption als "unhomerisch" und "unarisrotelisch" bei Tho mas Greene: The Descent from Heaven. A Study in Epic Continuity, New H a Yen u.a. 1 963, 1 7 1 , ist evidentermaßen abwegig, da diese Vorwürfe auch VergiI, ja in gewisser Weise auch Homer selbst (mit seiner Schildbeschreibung) treffen würden. 13 Vgl. Josef Kroll: Gntt und Hölle. Der Mythos vom Descensu..kampfe (Studien der Bibliothek \X-'arburg, Heft 20), Leipzig u.a. 1 932 (Nachdr. Darmsradt 1 963). Ob der Descensu.. Christi im apokryphen l'\icodemu.. -Evangelium für Vida Pate gesranden hat, bliebe noch zu untersuchen. 14 Dies erinnert an die Apntheose des Aeneas, die bei Ovid (met. 1 4,600) mit der selben Wendung qll<Jecumqlle obnoxia morti (= ehr. 6,347) beschrieben wird.
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Nach diesen Worten verschwindet der Engel und lässt die Frauen, noch immer verwirrt und zweifelnd, zurück. Daraufhin erhält Maria Magdalena eine Art zweite Offenbarung, diesmal in Form eines Bildes (Chr. 6,351368):15
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Namque morae impatiens atque acri saucia amore dum uirgo sedet ac miratur inane sepulcrum artificumque manus, uidet ipso in marmore ficrum littus arenosum, porrectum in littore piscem, fluctiuomum, ingentem, nant aequore qualia in alto mole noua ignaros nautas terrentia cete: monstrum turpe, atrum, spatiosi bellua ponti, cuius ab undiuomo uates imperditus ore redditus aereas rutsum ueniebat ad auras. Tum secum: ..Superi nunc, 0 nunc uisa secundent praesentes. ueterum agnosco non uana futuri signa", inquit ..nempe, ut monstri deforrnis in atro tris uates Iatuit luces, tris gutture noctes ingluuiem passus uastaeque uoraginis antrum, sic heros multum +ad superos+ 16 defletus amicis,
1 5 Der Text entstammt der in Vorbereitung befindlichen kritischen Ausgabe; er ist orthographisch normalisiert und stützt sich auf die Editio princeps 1 535 und auf die (in diesem Fall textidentische) Au..gabe letzter Hand 1 550. Die Ü bersetzung ist ebenfall s der geplanten Neuausgabe entnommen; wie notwendig eine modeme deutsche Übersetzung nach philologischen Kriterien ist, zeigt im Vergleich die kuriose, oft recht holprige hexametrische Ü bersetzung von Müller: .. Denn indem sich Maria, des Harrens müd' und vor Sehnsucht / Krank, ans Grab setzt und jetzt in seine Leere hinabschaut, / Jetzt des Bildners Kunst bewundert, erblickt sie im Marmor / Ein besandetes Ufer, auf welchem ein Wallfisch gestreckt lag. / Welcher Ström' au...pie - ein Ungeheuer, dergleichen / Manchmal im Weltmeer die unerfahmen Schiffer erschrecket, / Häßlich, schwarz und dem Meere zur Last, wo das Cnthier hauset - / Aus dem F1uthen= au...peienden Rachen dessel ben entschlüpfte / Wieder zur Oberwelt licht der unbeschädigte Jonas. / Ah nend rief sie dabei: 0 Mächte des Himmels, verwirklicht / Dieses Bildes Bedeu tungl ich seh' in dem Vorfall der Vorzeit / Winke fiir künftge Geschichtenl Gleichwie der Seher im Bauche / Dieses Ungeheuers drei Tag' und Nächte ver steckt lag / Und in dem scheußlichen Schlund der Vernichtung entgegen bangte; / Also liegt auch der Held, den seine lieben beweinen, / In der Höhle des Fel sen, im School�e der Erde begraben! / (So, so sprach Er selber vorher; jetzt ge denk' ich des Wortesi) / Drauf verläßt Er das ledige Grab und schwingt sich gen Himmell" (Müller, wie Fußn. 9, 1 79f.) 16 ad superos (Dublette und vielleicht ursprünglich Glosse zu 369 ad (0111/111) ist syntak tisch und inhaltlich an dieser Stelle unhaltbar: Was soll ..beweint/bek1agt bei den Himmlischen von den Freunden" heißen? Die Übersetzung .. in der Oberwelt" (wo die Freunde bleiben mü... en und Christus nicht folgen können - Vorschlag C1audia Wiener) ist erwägenswert, wobei aber die supen dann gerade nicht die Himmli schen wären, die Freunde vielmehr bei irgendwelchen oberirdischen
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indususque cauo saxo rerraque sepultus deliruit, saepe ut (memini) praedixerat ipse, ad coelurn rediit saxurnque reliquit inane. Denn während die junge Frau ungeduldig und wund durch ihre heftige liebe so da saß und das leere Grab und die Hände seiner Künsder bewunderte, sah sie, di rekt im Marmor abgebildet, eine sandige Küste und ein am l:fer hingestrecktes Meerestier, f1utenau.�speiend, gewaltig - so wie die Wale,17 die in der hohen See schwimmen und die unwissenden Seeleute mit ihrer ungewohnten Masse er schrecken. Es war Genes) schreckliche schwarze Monster, das Untier aus den Weiten des Meeres, au.� de.�sen wogenausspeiendem Maul (einst) der Prophet un versehrt wieder ans licht und an die Luft gekommen war. Da sprach sie bei sich: "Mögen die Himmlischen jetzt, ja jetzt diese Vision durch ihre Gegenwart in Erfüllung gehen lassen! Ich erkenne, dass die Zeichen der Zu kunft bei den alten (propheten) nicht bedeutungslos waren. Denn offenbar (ist es so)", sagte sie: "Wie der Prophet drei Tage und drei Nächte lang in der schwar zen Kehle des unförmigen Monsters verborgen war und den Kropf und die Höh lung des riesigen Schlundes ertragen musste, so hat sich der Held zurückgezogen, vielfach +bei den Himrnlischen?+ beweint von seinen Freunden, eingeschlossen in einem hohlen Felsen, in der Erde begraben, (und ist dann,) wie er selbst es jetzt erinnere ich mich - oft vorhergesagt hatte, zur Oberwelt zurückgekehrt und hat das Grab leer zurückgelassen."
Magdalenas Deutung wird sogleich im Anschluss daran bestätigt, indem ihr der auferstandene Christus selbst erscheint. Die zitierte Passage hat kein Pendant im Bibeltext. Bei Matthäus (28,l ff.) und Markus (16,l ff.) ist der Engel schon da, als die Frauen kom men, und belehrt die Fürchtenden; danach fliehen sie vom Grab, und Jesus erscheint der Maria Magdalena. Bei Lukas (24,l ff.) finden die Frauen das leere Grab und erschrecken; dann erscheinen ihnen zwei Engel; J esus selbst zeigt sich nur den Aposteln, nicht den Frauen. Der Darstellung Vidas am nächsten kommt noch das Johannesevangelium (20,l l ff.), wo nach Magdalena beim Anblick des leeren Grabes weint, weil sie glaubt, der Leichnam sei entwendet worden; dies sagt sie auch den heiden Engeln, die in der Grabeshöhle sitzen, ohne dass diese sie weiter über den Verbleib Menschen klagten (was ja nicht der Fall war, sie klagten nur im Freundeskreis selbst). Coyne (wie Fußn. 9) übersetzt synraxwidrig "so the Savior that is gready mourned by his friends hath come to the upper air" (S. 599), in den Noten, die gegen Ende der Christias hin immer dürftiger werden, schweigt sie zu der Stelle. Die anderen Übersetzungen, zuletzt auch Gardner (wie Fußn. 9), lassen die Prä positionaIphrase ganz aus. Ich konjiziere mae.rtis (vgl. ehr. 6,3 1 5 maestissima Magda kne), wodurch sich eine Alli teration und außerdem ein passender spondeischer Rhythmus ergibt. 17 Über die Deklination von Gelt (griechischer Plural von cetllS, -i n.) und über die Tierart steUte schon Botta (wie Fußn. 9), 1 79f., Überlegungen an.
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des Leichnams belehrten. Kurz darauf erscheint ihr Jesus selbst (loh. 20,1 4ff.). Zwischen Engel- und Jesuserscheinung hat Vida also die obige Szene eingefügt, in der Maria Magdalena sich das Grab genauer anschaut. Während ihr Jesus bei Johannes unvermittelt und unerwartet erscheint, wartet sie bei Vida offenbar ungeduldig (morae impatims 6,35 1) darauf, Jesus selbst zu sehen, den sie verzehrend liebt (am saucia amore 6,351). In der Zwischenzeit bewundert sie die sorgfaltig gehauene und mit Marmor ausgekleidete Grabstätte, die offenbar von Künstlerhand mit Reliefbildem ausgeschmückt worden war; sie gehörte ja dem reichen Joseph von Arimathäa, so dass diese aufwendige Gestaltung nicht unplausibel ist. Dargestellt ist eine Szene aus dem Alten Testament (vgl. die Erwähnung der ve/eres 6,36 1): Eine sandige Küste mit dem gestrandeten Wal, der den Propheten Jona verschluckt und nach drei Tagen und Nächten wieder ausgespien hatte. Die Jona-Erzählung gehört zu den beliebtesten Stoffen der christlichen Kunst überhaupt: Bildliche Darstellungen v.a. dreier Hauptmotive (Meerwurf, Ausspeiung und Kfubislaube) sind seit frühester Zeit bezeugt. 1 8 Ein konkretes Vorbild für Vida wird man daher nur schwerlich ausmachen können, dazu ist das Motiv zu allgegenwärtig. Her vorgehoben wurde von dem unbekannten Künstler offenbar vor allem die Größe des Wals, was von Vida durch die Begriffe monstrum (6,357. 362) , belua (6,357) und eele (6,356) sowie durch entsprechende Epitheta wie ingms (6,355), mole nova (6,356), lupe (6,357) und deforme (6,352) sprachlich aufgenommen wird. Außerdem verweist er immer wieder auf den gewalti gen Schlund des Untiers, das einen kompletten Menschen unversehrt verschlingen und wieder ausspeien kann: jluctivomus19 (6,355), undivomus20 (6,357), in atro ... gutture (6,362f.), ingluvies (5,364), vastae voriginis antrum (6,364). Bei der Betrachtung dieser Darstellung erinnert sich Maria Magdalena an die Prophezeiung Jesu, dass er am dritten Tage auferstehen werde, und setzt das Jona-Geschehen typologisch mit der Katabasis Christi in Bezie hung: ul vales - sie heros (6,362f. bzw. 365) . Diese Typologie ist dem christ lichen Leser bereits aus dem Matthäusevangelium bekannt, wo Jesus selbst diese Parallele zieht: sicut mim foit Ionas in ventre eeti tribus diebus el tribus noctibus, sie trit Filius hominis in corde terrae tribus diebus el tribus
1 8 Vgl. dazu etwa Lwe Steffen: Das Mysterium von Tod und Auferstehung. Formen und Wandlungen des Jona-l\Iotivs, Göttingen 1 963, 1 07-14D (Das Jona-Motiv in der Kunst). 19 ßuctivomus bei \,(,'alter von Chiitillon, Alexandreis 6,380. 20 undivomNs vor Vida nicht belegt; gebildet analog zu ßuctivomNs bzw. dem antiken NndivtJ.I(NS.
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noetihlls (Mt 1 2,40).21 Bemerkenswert ist, dass Vida hier die Kenntnis der Typologie bei Magdalena voraussetzt, die nach eigener Angabe (memini Chr. 6,367) offenbar bei Jesu diesbezüglichen Worten zugegen war: Sie erkennt als erste, dass die signa jlltllri (6,361 f.) der alten Propheten - insbe sondere das signllm lonae (Mt 1 2,39) - nicht bedeutungslos (non vana 6,361) waren, sondern sich jetzt in Christus, dem Messias, erfüllen. Die Typolo gie ist nicht ein bloßer Vergleich, sondern impliziert über bestimmte Ter tia comparationis hinaus eine deutliche Steigerung: Christus ist kein unge horsamer Prophet wie Jona, der von Gott gestraft und dann doch errettet wird, sondern hat den Tod, wie der Engel kurz zuvor noch einmal betont hatte, freiwillig (sponte slIa 6,343) und stellvertretend für alle Menschen (lInIls pro cunctis 6,344) auf sich genommen. Dem monströsen Wal ent spricht weniger das prächtige Grab als vielmehr die Unterwelt, in die Christus ja zuvor hinabgestiegen war und die Vida in seinem großen Ex kurs (6,121-293) in dantesken Farben gemalt hatte.22 Eine Unstimmigkeit gibt es bezüglich der Chronologie: Während es von Jona ausdrücklich heißt, er habe drei Tage und drei Nächte im Schlund des Untiers zuge bracht (Iris ... 111m, tris ... noetes 6,363; vgl. Ion 2,1), war Jesus definitiv nur von Karfreitagnachmittag (um die neunte Stunde, vgl. Mt 27,45) bis Os tersonntagmorgen (noch vor Sonnenaufgang, vgl. Mt 28,1) tot, also nur knapp vierzig Stunden. Selbst bei großzügiger Rechnung sind das maximal zwei Tage und zwei Nächte. Die Exegeten haben sich viel einfallen lassen, um diese Diskrepanz zu erklären.23 Ich komme nun zu den Parallelen, die der vergilfeste Leser ziehen wird. Mehrere Aeneis-Szenen bzw. Ekphraseis kommen in Frage: die Bil der am Junotempel von Karthago und am Apollotempel von Cumae so-
Dies lässt an Eindeutigkeit nichts ZU wünschen übrig, wie bereits Hieronymu� in seinem Jona-Kommentar hervorheb t Huius loci mysterium in I ivarwlio Dominus exponi! et supeifluum est vel id ipsum vel aliud die.,.. quam exposuit ipse quipassus es!. (Hier. in Ion. II,1 b: Hieronymu., Commentarius in lonam Prophetam. Kommentar zu dem Propheten Jona. Übersetzt und eingeleitet von Siegfried Risse [Fontes Christiani Bd. 60], Turnhout 2003, 142). Vgl. trotzdem z.B. Ulrich Luz: Das Evangelium nach Matrhäus, 2. Teilband: Mt 8-1 7 (EKK Bd. 1/2), Zürich u.a. 1 990, 277ff. 22 Ob Vida tatsächlich von Dante abhängig ist, bliebe zu untersuchen: vgl. auch Di Cesare (wie Fufln. 1), 343f. (note 50). 23 Vgl. z.B. Hieronymus (wie Fußn. 21), 1 42, wonach einige den Karfreitag wegen der Sonnen finsternis als zwei Tage und Nächte rechnen. Andere lassen Jesus schon Gründonnerstag beim Letzten AbendmaI!I sterben; vgl. Luz (wie Fußn. 21), 278. 21
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wie die Schildbeschreibung. 24 In allen drei Fällen ist Aeneas der Betrach tende, kann und muss also mit Maria Magdalena parallelisiert werden; was das im einzelnen bedeutet, wird noch zu fragen sein. Hier soll zunächst eine Vergleichung der Beschreibungen vorgenommen werden. Am Junotempel von Karthago sind Szenen aus dem trojanischen Krieg abgebildet, also aus Aeneas' Vergangenheit, die für diesen daher unmittelbar verständlich sind. Die karthagischen Künsder (arlificumque manus Aen. 1 ,455 Chr. 6,353) haben eine altbekann te Geschichte (totum vulgata per orbem Aen. 1 ,457) dargestellt; dabei war ihre Intention nicht, dass einst ein in die Geschichte Involvierter die Bilder, die für die Karthager eher dekorativer Natur sind, betrachten sollte. Die Bedeutung für Aeneas liegt darin, dass er aus der Bekanntheit seines Schicksals selbst bei den Karthagern, den künftigen Feinden der Römer, neue Hoffnung schöpft. Die Tore des Apollotempels von Cumae sind mit Szenen aus der kre tischen Mythologie (Krieg des Minos mit Athen, Pasiphae, Minotaurus und Labyrinth) geschmückt, die Dädalus selbst dort verewigt hat: Auch hier handelt es sich funktional um eine Art Vergangenheitsbewältigung, allerdings diesmal nicht für Aeneas, sondern für den Künsder selbst, der im wesendichen seine eigene Geschichte darstellte; nur den Fall des Ikarus vermochte der Vater nicht abzubilden, da ihm hier die Hände versagten (bis paJriae cecidere manus Aen. 6,33) . Aeneas wartet, zur Sibylle von Cumae vorgelassen zu werden, und betrachtet in der Zwischenzeit die Tempelbil der - ob er versteht, was dort abgebildet ist, wird nicht gesagt, kann aber aufgrund der Bekanntheit der Sage (ut fama est Aen. 6,1 4) angenommen werden. Einen Gegenwartsbezug zu seiner eigenen Situation sieht Aeneas selbst nicht, die Betrachtung ist für ihn ein reiner Zeitvertreib, aus dem er durch die Aufforderung einer Priesterin jäh herausgerissen wird (non hoc ista sibi tempus spectacula poseit Aen. 6,37). Dass modeme Interpreten hier natürlich doch Bezüge zu Aeneas (und zu Vergil als Künsder) hergestellt haben, steht auf einem anderen Blatt; 25 in der A eneis Handlung selbst =
-
24 Merkwürdigerweise tauchen bildliche Darstellung des Junotempels und des Schil des in den illu strierten VergiIau.�gaben erst im 17. Jahrhundert auf; lediglich zum Apollotempel von Cumae gibt es frühere Abbildungen: vgL Wemer Suerbaum: Handbuch der illustrierten Vergil-Ausgaben 1 502-1 840, Hildesheim 2008, Index G5, zu den entsprechenden VergiIstellen. Es scheint fast, als hätten die Künsder sich gescheut, vergilische ßildbeschreibungen zu visualisieren. 25 Vgl. etwa Michael C. J. Putnarn: "Daedalus, VirgiI, and the End of Art", AJPh 1 08, 1 987, 1 73-198 (Reprint in: ders.: VirgiI's Aeneid. Interpretation and Influence, Chapel HilI and London 1 995, 73-99). Ich erspare mir hier ein weiteres Eingehen auf die einschlägige Forschungsliteratur zur Aeneis, da es mir aus schließlich auf Vidas VergiIrezeption ankomme
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spielt die Darstellung jedenfalls inhaltlich keine Rolle, sondern bleibt ledig lich ornamental. Schließlich die Schildbeschreibung: Aeneas bestaunt die von Vulcan gefertigten Waffen, die seine Mutter Venus ihm überbracht hat, und be trachtet ausführlich die Bilder auf dem Schild, die seine bzw. Roms Zu kunft darstellen. Vulcan hat sie in der Absicht geschaffen, den Lesern der Aeneis den unwandelbaren Plan des Fatums vor Augen zu führen, das im Sieg des (proleptisch so genannten) Augustus bei Actium gipfelt; Aeneas selbst versteht gar nichts und erfreut sich nur an den schönen Bildern, die für ihn bloßer Schildschmuck sind: Talia per clipeum Vulcani, dona parentis, miratur rmlmque ignarus imagine gaudet (Aen. 8,729f.). Fassen wir die entscheidenden Parameter dieser ekphrastischen Sze nen noch einmal zus ammen, ergibt sich auf der Seite der künstlerischen Bildproduktion folgendes Tableau: Die karthagischen Künstler stellen Vergangenes, zwar historisch Bedeutsames, aber ohne Bezug zur eigenen Gegenwart dar; Dädalus bildet seine eigene Geschichte ab, kann den ent scheidenden Schritt zur Bewältigung seiner Vergangenheit aber nicht tun; Vulcan schließlich schafft aus göttlichem Allwi ssen eine weit ausgreifende Zukunftsschau. Auf der Seite des Rezipienten ergibt sich ein ganz anderes Bild: In den karthagischen Tempeldarstellungen sieht Aeneas unvermutet seine Vergangenheit �m dreifachen Sinne) 'aufgehoben' und damit bewäl tigt; in Cumae macht er eher aus Langeweile einen Museumsbesuch, ohne dass ihn das Bildmaterial persönlich beträfe; den Schild schließlich be trachtet er voller B ewunderung für das Kunstwerk, aber ohne jedes Ver ständnis für dessen Inhalt. Vida hat Elemente aller drei Ekphraseis verwendet und in innovativer, der Intention seines Christusepos entsprechender Weise kombiniert. Auf der Produktionsseite knüpft Vida mit dem wörtlichen Zitat der 'Künstler hände' (s. oben) an die karthagische Szenerie an: Die Künstler sowohl in Karthago als auch in Jerusalern hatten einfach eine aus der Überlieferung bekannte Geschichte dekorativ darstellen wollen, ohne damit einen Gegenwartsbezug zu intendieren. Gleichzeitig enthält der Stoff der Ge schichte vom Propheten Jona aber einen ungeahnten Zukunftsaspekt, den der göttliche Autor des Prophetenbuches (wie Vulcan um die Zukunft wissend) mit hineingewoben hat. Vordergtündig handelt es sich bei der Ekphrasis demnach um eine Imitation der karthagischen Tempelbilder, auf einer tieferen Ebene aber auch um eine Anspielung auf die Schildbe schreibung. Die Rezeptionsseite sieht wiederum völlig anders aus: Maria Magdalena betrachtet, während sie auf die Erscheinung Jesu wartet, wie Aeneas in Cumae eher gelangweilt und zum Zeitvertreib die das Grab ausschmückende Darstellung und erkennt, wie dieser den alten Mythos von Dädalus, so hier den des Jona. Während es für Aeneas aber bei die-
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sem unverbindlichen Kunstgenuss bleibt, versteht die Jüngerin plötzlich den tieferen Sinn und das Zukunftspotential des Bildes: Indem sie die typologische Beziehung zwischen Jona und Christus herstellt und so die christliche AT-Exegese vorwegnimm t, überbietet sie selbst typologisch den Aeneas der Schildbeschreibung, der die Bilder des Schildes zwar be wundert, aber deren Zukunftsbezug nicht versteht. Der intrabiblischen Typologie Jona-Christus steht somit eine extrabiblische, vergilische Typo logie Magdalena-Aeneas gegenüber. Auf diese Weise verschränkt Vida Bibel- und Aeneis-Text kunstvoll miteinander.26 Abschließend sollen noch weitere Aeneir-Bezüge der Passage zur Spra che kommen. Das Bild der liebes kranken Maria Magdalena evoziert natür lich - kontrastiv - Dido (saJIcia Aen. 4,1 = Chr. 6,35 1). Denn im Gegen satz zur früher vorbildlichen, jetzt aber unkeuschen Witwe Dido ist die zuvor 'sündige' Magdalena jetzt geläutert27 und verstößt mit ihrer liebe nicht gegen einen Treueschwur oder gegen das Ideal der mamma univira: Magdalenas liebe ist die sublimierte, aber darum nicht weniger inbrünsti ge liebe einer Christusbraut,28 die zudem auf deutliche Gegenliebe stößt (Christus erscheint ihr noch vor allen anderen) : auch darin also Dido über legen, die von Aeneas um des Fatums willen verschmäht wird. - Die san dige Küste bei Vida (filius arr:nosum Chr. 6,354) stammt aus Aen. 4,257 und ist die Küste libyens, an der Merkur nach seinem Flug vom Olymp lan det. Da in der Bibel kein Ort genannt ist, an dem der Wal Jona wieder ausspeit, dürfte der Leser hier leicht die Aeneis-Stelle assoziieren und die Szene mit den karthagischen Tempelbildem in Verbindung bringen. Das Bild des Wals selbst, das in der Aeneir in dieser Form natürlich keine Paral lele hat, gemahnt, vermittelt vor allem durch das Stichwort eele (Chr. 6,356), an die Meeresszene, in der Neptun der Venus voraussagt, Aeneas werde nunmehr heil nach Italien kommen (vgl. dort Aen. 5,822 immania eele). In diesem Zusammenhang steht die Forderung nach dem stellvertre tenden Opfertod des Palinurus (Aen. 5,8 1 5 unum pro multis dabitur caput ein pathetischer Halbvers) und somit eine deutliche Anspielung auf den Dies verkennt Di Cesare (wie Fußn. 1), 1 1 0, der die Ekphrasis des Jesusgrabes "awkward and contrived" nennt "it is difficult not to consider grotesque ... the sugge stion that someone had worked, on the marble walls of Christ's to mb, a representation of Jonas." Näher geht Di Cesare auf die Passage nicht ein. Eine gewisses L'nbehagen ob der gewagten Erfindung Vidas vermeint man auch bei Botta (wie Fußn. 9) zu spüren: "mira certe phantasia" (1 79). 27 Vi/Ro hier natürlich nicht 'Jungfrau'. Richtig dazu schon Botta (wie Fußn. 9), 1 79: ,,30 viridiori aetate. nam si turpissima pasiphae 30 Vergilio potuit virgo appellari [cf. Verg. ecl. 6,47], cur non magis post conuersionem honestissima Magda1ena?" 28 Vgl. wiederum Botta ebd.: "Exquirebat quem non inuenerat : f1ebat inquirendo : et amoris igne succensa, eiu.. quem sublatum credidit ardebat desiderio." 26
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Erlösungstod Christi (Chr. 6,344 unus pro cunctis) . - Die Worte Magdalenas Superi nune 0 nune visa secundent prauentes (Chr. 6,360f.), mit denen sie um Erfüllung der Jona-Prophezeiung bittet, entstammen einem entsprechen den Aeneis-Kontext, in dem Latinus auf Erfüllung der Prophezeiung des Faunus (Aen. 7,254 veteris Fauni ... sortem) bezüglich eines auswärtigen Schwiegersohns hofft (Aen. 7,259f. di nostra ineepta secundent auguriumque suum). In beiden Fällen ist die Prophezeiung zum Zeitpunkt des Wunsches bereits eingetreten: Aeneas ist schon da, und Christus ist schon auferstan den. - Als Magdalena in diesem Zusammenhang die Zeichen der Zukunft bei den alten Propheten erkennt (Chr. 6,361 veterum agnosco non vana futuri signa), erinnern ihre Worte in der Formulierung an das Bekenntnis Didos, sie erkenne die Spuren alter Leidenschaft (Aen. 4,23 agnosco veteris vestigia jlammae). Damit liegt wiederum eine Kontrastimitation vor: Während Dido dabei ist, sich vom Furor verblendet in eine irrationale Affare zu stittzen, vermag Maria aufgrund ihrer geistigen Uebe zu Christus zu höheren Ein sichten aufzusteigen und wahre Erkenntnis über den Sinn der Schrift zu erlangen. - Der "von den Freunden vielbeweinte Held" (heros multum ... dejletus amids Chr. 6,365) ist bei Vergil Misenus (vgl. Aen. 6,212ff.), der verschwunden war, dann unbestattet am Strand liegend entdeckt wurde und jetzt ein ehrenvolles Begräbnis erhält, damit Aeneas in die Unterwelt hinabsteigen kann. Bei Vida kehrt sich diese Reihenfolge um: Christus wird zunächst bestattet, geht dann in die Unterwelt und verschwindet zuletzt aus dem Grab; der Wundercharakter ist damit gegenüber Vergil noch gesteigert. Wir haben gesehen, dass in der Dreiecksbeziehung zwischen Christias, Bibel und Aeneis durchaus keine einfachen Gleichungen (un Sinne von Inhalt=Bibel, Form=Aeneis) aufgehen.29 Natittlich bildet die Bibel die unhintergehbare inhaltliche Voraussetzung, auf der Vida seine Christias dichtet, und Vergil (neben anderen antiken Autoren übrigens1(� liefert
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Dies betont zu Recht auch Craig Kallendorf: "From Virgil to Vida: The Poefa TheoloJl.lIs in ltalian Renaissance Commentary", Journal of the History of Ideas 56,
1 995, 41 -62, der die "Christian content-Virgilian form dichotomy so often ob served in modern discussions of the Christiat' (61) ablehnt und am Beispiel der Rezeption der 4. Ekloge bei Vida zeigt, "that content and form are in fact inte grated in thls poem" (59). 30 Dieser Aspekt wurde von Di Cesare (wie Fußn. 1) ganz vernachlässigt; vgl. auch die Kritik bei Michael von Albrecht: Rez. Di Cesare, ]l.Iodem Philology 64, 1 966/67, 332-335. Vgl. durchgängig den Kommentar von Coyne (wie Fußn. 9); eine Ovidimitation (nicht bei Coyne) wurde oben Fußn. 14 angeführt; als Beispiel einer Valeriusimitation vgl. Wolfgang Polleichtner: "Vergil, Valerlus, Vida: Vom
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Sprachmaterial und anderes episches Inventar. Doch darüber hinaus bleibt auch der Inhalt der Aeneis immer präsent und interpretationsrelevant: zum einen durch die Evozierung von Aeneis-Szenen mittels signifikanter Wör ter oder Wortverbindungen, zum anderen durch Besetzung biblischer Leerstellen - wie in unserem Fall durch die naheliegende Frage: Was machte eigentlich Maria Magdalena nach der Erscheinung des Engels, als sie auf die Begegnung mit Jesus wartete? Man könnte sagen: Sie dachte an die Bilder der Aeneis.
rechten Zeitpunkt und der rechten Art und Weise des Redens", Neulateinisches
J ahrbuch 9, 2007, 255-263.
Die Rezeption der vergilischen Seesturmschilderung (Aen. 1 ,34- 1 56) in Camöes' Epos Os Lusiadas (6,6-9 1) STEFAN FEDDERN (Kiel) Camöes' Epos Der Portugiese Luis Vaz de Camoes (ca. 1 524- 1 580) veröffentlichte 1 572 das Epos Os Utsiadas.1 In diesem Epos wird die Entdeckung des Seewegs nach Indien durch Vasco da Garna in den Jahren 1 497-1499 erzählt. Der Dichter geht gleich medias in res und lässt die Lusiaden bereits im Indi schen Ozean vor der Küste Mosambiks segeln, während die Umrundung Afrikas in einer Rückblende im fünften Buch erzählt wird. 2 Von der Ost küste Afrikas gelangen die Lusiaden unter einigen Strapazen zu Lande und zur See nach Calicut in Indien, von wo aus sie die Rückreise nach Portugal antreten. Der Inhalt der 1 0 Bücher lässt sich folgendennaßen zusammen fassen: Buch 1: Auf das Proömium (1 - 1 8) folgt der Beginn der Erzählung und eine Göt terversammlung (1 9-41). Jupiter stellt sich im Streit, ob die Lusiaden Indien erre i chen sollen, auf Venus' Standpunkt und gegen Bacchus, der dies zu verhindern sucht. Die Lusiaden gehen in Mosambik an Land. Dort kommt es zum Gefecht mit den von Bacchus aufgehetzten Einheimischen. Ein Lot.�e gibt vor, die Lusiaden nach Indien zu geleiten, führt sie aber in einen Hinterhalt nach Momba sa (42-106). Buch 2: Venus vereitelt Bacchus' Versuch, die Lu.�iaden in Mombasa von den Mauren vernichten zu lassen (1 -32). Voller Sorge um die Lu.�iaden wendet sie sich an Jupiter, der sie mit dem Blick auf den Erfolg des portugiesischen Unter-
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Der Name Os Uisfadas �,Die Lusiaden'j bezeichnet die Nachfahren des Lusus, des Stammvaters der Portugiesen, und damit im weiteren Sinne die Portugiesen (vgl. Lu.�. 3,21 ,5-8; 8,2,7-8,3,2). Die Bezeichnung ist analog zu derjenigen der Römer als Amtadm (man denke an Lukrez 1 ,1 : Aeneadum !l!netrix; Verg. Aen. 1 ,1 57 und 565). Wie bei Vergil unterscheiden sich omo ntJhmJis und orrlo artiftdalis. In der Aeneis beginnt die Rückblende am Ende von Buch 1 und reicht bis zum Ende von Buch 3.
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nehmens tröstet und Merkur entsendet, um Vasco da Gama zum Aufbruch zu bewegen (33-64). Die Lusiaden gelangen nach Malindi, wo sie vom König freundlich aufgenommen und aufgefordert werden, vom Ursprung, der Ge schichte und den Entdeckungen der Portugiesen zu berichten (65- 1 1 3). Buch 3: Nach einem Anruf an die Muse Kalli ope referiert Vasco da Gama die geographische Lage Portugals (1 -20). Es folgen (21 -1 43) wichtige Personen und Ereignisse bzw. Legenden aus der portugiesischen Geschichte wie die tragische Episode der Ines de Castro (120-1 35). Buch 4: Da Gama fährt in seinem Bericht fort und erzählt die portugiesische Geschichte von der Revolution von 1 383 über die ersten Expansionsbestrebun gen bis zum Aufbruch seiner Flotte aus dem Hafen Lissabons (1-1 04).
Die Schilderung des Seewegs nach Malindi schließt da Gamas Erzählung (1-91). Am Kap der Guten Hoffnung prophezeit der Gigant Adamastor zukünf tigen portugiesischen Entdeckern Schiffbruch (37-59). Da Gamas Flotte wird von Skorbut heimgesucht. Der Dichter preist das Volk der Portugiesen (92-100). Buch 5:
Die Lu..�iaden brechen mit einem Lot.�en von Malindi nach Indien auf (1 5). Bacchu..� beruft eine Versammlung der Meeresgötter ein und entfesselt einen Seesturm (6-37). Die wachhabenden Matrosen erzählen sich die Geschichte der Do,! de In/l,lauTrfl (38-69). Der Seesturtn überrascht da Gamas Flotte, die jedoch durch Venus' Hilfe gerettet wird (70-91). Die Lu..�iaden erreichen Calicut in Indi en (92-99). Buch 6:
Nach einem erneuten Lob der Portugiesen durch den Dichter wird be richtet, wie sich die Flotte in die Geschichte und Kultur der Inder einweisen lässt (1-41). Vasco da Gama schlägt dem indischen König ein Handelsabkommen vor (42-65). Der Gouverneur des Königs bewundert die portugiesischen Flagge n, auf denen Helden abgebildet sind. Paulo da Gamas ansetzende Beschreibung wird durch persönliche Worte des Dichters unterbrochen (66-87).
Buch 7:
Durch die Beschreibung der Flaggen wird abermals aus Portugals Ge schichte referiert (1 -42). Seher und maurische Ratgeber des Königs, die Bacchus aufwiegelt, warnen vor den Portugiesen (43-59) . Trotzdem erhält Vasco da Gama vom König die Autorität zum Handelsabkommen (60-78). Die maurischen Rat geber halten da Gama gefangen und lassen ihn im Tau..�ch gegen Waren frei. Buch 8:
Da das Eintreffen einer feindlichen Maurenflotte erwartet wird, verlas sen die Lusiaden Indien in Richtung Heimat (1 - 1 7). Venus gewährt den Lusiaden Erholung auf der ilha dos tmlores, wo sich diese mit den Nymphen vereinen (1895). Buch 9:
Buch 10: Die Nymphen bringen die Lusiaden in den Palast der Therys, wo die Taten der Portugiesen im Orient prophezeit werden (1 -73) . In einer anschließen den kosmologischen Schau werden die Lusiaden in die Geheimnisse des Univer sums und in weitere zukünftige Ereignisse eingeweiht (74-1 43). Nachdem die Heimkehr der Lusiaden nach Lissabon kurz erwähnt ist (144), schlient das Epos mit dem Epilog (145-1 56).
Die Rezeptiun der vergili.ehen Seestunn..ehilderung
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Während in Vergils Aeneis ein Mann und dessen Waffentaten im Vorder grund stehen (vgl. Aen. 1 , 1 : arma vintmquc cano), besingt Camoes mehrere Helden (vgl. Lus. 1 , 1 : as armas e os borDes assinalados [sc. canto]: "Die Waffen taten und die berühmten Helden [sc. besinge ich] '') .3 Das Epos Os Lusiadas ist im Gegensatz zur Aeneis in Strophen von jeweils acht Zehnsilblern4 verfasst. Mit insgesamt 881 6 Versen ist das portugiesische Epos etwas kürzer als das römische (9896 Verse) .5 Es wurde insgesamt vier Mal ins Lateinische übersetzt.6
Die Tradition der Seesturmschilderung Die Seesturmschilderungen von Vetgil und Camoes stehen in einer langen Tradition.7 Auf Vetgils Seesturmschilderung haben im Wesentlichen zwei
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Für einen Vetgleich der beiden Proömien vgl Michael von Albrecht: "Epos: Vergil - Camöes - Tasso - Milton", in: Ders.: Rom. Spiegel Europas. Das Fort wirken antiker Texte und Themen in Europa, Tübingen 21 998, 361 -403, dort 375-385. Camöes verwendet haupt.ächlich den Typu.. des sog. heroischen Zehnsilblers, bei dem die sechste und zehnte Silbe betont werden. Im Portugiesischen werden die Silben bis zur Betonung des letzten Wortes eines Verses gezählt; daher kann ein Vers mehr als zehn Silben haben und trotzdem als Zehnsilbler gelten. Zum Vetgleich: Homers Ilias umfa..st 1 5 688 Verse, die Odyssee 12 070 Verse; vgI. Le Veme Crum: "Homer, VergiI, and Camöes", in: George E. Mylonas u.a. (Hgg.): Studies presented to David Moore Robinson on his seventieth birthday, Bd 2, Saint Louis 1 953, 647-659, hier 649. Tome de Faria (1 622 gedruckt); Andre Baiäo: Luis tk CamiJes: Os Lusfadas, ins Lateinische übersetzt von Andre Baiäo (1 625), Faksimileausgabe von Justino Mendes de Almeida, Lissabon 1 972; Francisco de Santo Agostinho Macedo (1880) und Clemente de Oliveira: Ludovici Camonii Lusif1lit:u, ins Lateinische über setzt von Clemente de Oliveira, Lissabon 1 983. Besonders interessant ist in die sem Zusammenhang die Übersetzung von Andre Baiäo, die nahezu unbekannt blieb, bis sie 1 972 in einer Faksimileausgabe von Justino Mendes de Almeida ver öffentlicht wurde. Sie ist im Hexameter verfa..st und sprachlich stark an Vergils Aeneis orientiert. Die erste vollständige Ü bersetzung ins Deut.che datiert aus dem Jahr 1 806; vgl Luis de Camöes: Os Lusfadas. Die Lu..iaden, au.. dem Portugiesi schen von Hans Joachim Schaeffer, bearbeitet und mit einem Nachwort versehen von Rafae1 Amold, Heidelberg 22000, 651 . Zur Tradition der Seesturtnschilderung vgl. Wolf-Hartmut Friedrich: "Episches Unwettet" , in: Festschrift Bruno Snell, München 1 956, 77-87; Christine Ratkowitsch: "Vergils Seesturtn bei luvencu.. und Sedulius", J ahrbuch für Antike und Christentum 29, 1 986, 40-58, hier 41 und V.a. Hans Otto Kröner: "Elegi sches Unwetter", Poetica 3, 1 970, 388-408, hier 388. Zur antiken Tradition und
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Vorbilder gewirkt, nämlich diejenige aus dem fünften Buch der 04>'ssee (282-39 1) und diejenige aus dem ersten Buch von Naevius' nicht erhalte nem Epos Bel/11m PoeniCllfll> . Bei Homer ist Odysseus das Opfer von Posei don, als er sich auf dem Weg von Ogygia, der Insel der Kalypso, zu den Phäaken befindet und durch einen Seesturm von seinem Floß geworfen wird. Da es zu weit führen würde, auf Unterschiede und Gemeinsamkei ten zwischen der homerischen und der vergilischen Seesturmschilderung einzugehen,9 sei nur ein Aspekt betont, der für die Würdigung der Vergilrezeption durch Camöes von Bedeutung sein wird, nämlich dass Vergil Homers Seesturm teilweise wörtlich,lO v.a. aber motivisch nach ahmt.1 1 Diese freie motivische Nachahmung führt dazu, dass Vergil Aeo lus, den König der Winde, der bei Homer am Anfang des zehnten Buches
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zur Rezeption in der spanischsprachigen Literatur vgl. Vicente Crist6bal: "Tem pestades epicas", Cuademos de investigaci6n filol6gica 1 4, 1 988, 1 25-148. Die Aussagen, die sich zu Naevius als mögliches Vorbild für den vergilischen Seesturm treffen lassen, stützen sich auf eine Angabe, die sich bei Macrobius fin det (6,2,31): in prima Aenridol lempntas tkscribitur, ef Venus apud lovem queritur tk periculis filii, el luppiter eam dejuturof71m properilale sokltur. hic locus totus sumptus I'I,'atvio esf ex prima libro bel/i Punici. illic enim aeque Venul TroirJnis ftmpesfafe laboranti bus cum love queritur, ef sequuntur verba louisftliam consolantis spe juturof71m. "Im ersten [sc. Buch] der Aeneis wird ein Seesturm beschrieben, und Venus beklagt sich bei
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Jupiter über die Gefahren, die ihren Sohn bedrohen, und Jupiter tröstet sie damit, dass die Zukunft glücklich sein werde. Dieses ganze Motiv ist von Naeviu.. au.. dem ersten Buch des nel/um Poenicum übernommen. Dort hadert nämlich gleich falls Venus mit jupiter, weil die Trojaner mit einem Seesturm zu kämpfen haben, und es folgen die \l;torte Jupiters, der seine Tochter dutch die Hoffnung auf die Zukunft tröstet." Au.. dieser Angabe geht hervor, dass VergiI Naeviu.. nicht nut hinsichtlich des Seesturmrnotivs, sondern hinsichtlich der gesamten Motivfolge am Anfang der Ameis (Seesturm, Venusklage, Jupiter-Prophezeiung) gefolgt ist, da sich diese auch bei jenem im ersten Buch des nel/um PoeniCllm findet. Inwiefern VergiI auch sprachlich von Naevius abhängt und in welchem Umfang er diesen bei der Ausgestaltung des Seesturms imitiert hat, kann auf Grund der Ü berliefe rungslage leider nicht eingeschätzt werden. 9 Vgl. dazu Richard Heinze: Virgils epische Technik, Darmstadt 41957, 1 82 und 428f.; Vinzenz Buchheit: VergiI über die Sendung Roms. Untersuchungen zum nel/um Poenicum und zur Aeneis, Heidelberg 1 963, 61 -67; Georg Nicolaus Knauer: Die Aeneis und Homer. Studien Zut poetischen Technik VergiIs mit Listen der Homerzitate in der Aeneis, Göttingen 1 964, 1 48-1 52. 10 Als wörtliche Ent..prechungen, die im übrigen schon im antiken Serviu..kornmentar (zu Aen. 1 ,92 und 94) verzeichnet sind, wären hier der I\Iakarismos (s. unter (3) Klagerede) zu nennen und die Angabe, dass sich Odys seu.. die Knie und das Herz (Od. 5,297) bzw. Aeneas die Gliedmaßen (Aen. 1 ,92) lösen. 1 1 Vgl. Knauer, 1 964 (wie Fußn. 9), 1 50-1 52.
Die: Re:zeptiun dc:r ve:rgili.e:hen Sc:c:stunn..e:hildc:rung
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der Ot/yssee in einem ganz anderen Zusammenhang auftritt, zum unmittel baren Auslöser des Seesturmes macht.12 In ebenso freier motivischer Nachahmung verspricht Juno Aeolus die Nymphe Deiopea, damit er das Unwetter auslöst, wohingegen bei Homer in einer anderen Szene der Gott des Schlafes, Hypnos, durch Hera dadurch gewonnen wird, dass sie ihm die Grazie Pasithea verspricht.13 Spätestens mit Vergil ist der Seesturm zu einem kanonischen Element des römischen Epos geworden und hat sogar auf andere literarische Gat tungen ausgestrahlt. Denn die Epiker des ersten Jahrhunderts n. Chr.14 verzichten ebenso wenig auf die Schilderung eines Sees turmes wie Seneca in seiner Tragödie Agamemnon,15 Ovid in den Metamorphosen und in den elegischen Dichtungen16 oder die spätantiken Verfasser der Bibelepen17 bzw. anderer Werke christlichen InhaltS.1 8 Außerdem kann es nicht ver wundern, dass der Seesturm ebenfalls in den großen Renaissanceepen seinen festen Platz hat und sich bei Petrarca,19 Ariost, 20 Ercilla21 und Camoes findet.
12 VgL Buchheit, 1 963 (wie Fußn. 9), 62f. Aeol\L< nimmt daher als unmittelbarer Auslöser des Seesturmes diejenige Rolle ein, die Poseidon bei Homer hat; vgL Macr. 5,4,4: te1llpestIJS Aeneae Aeolo co"dta"te t1I1II adlot1lti�e duds res SUIJS tO"tlant�tis tk Ulixis te1llJ>tstate et adlot1lti�e destripta est, i" qua Aeoli Iotum NephmllS obtimlit. ,,Aeneas' Seesturm, den Aeolus heraufbeschwört, mit der Rede des Anführers, der seine Lage beklagt, ist eine Nachahmung von Odysseus' Rede und Seesturm, in welchem Neptun die Rolle des Aeolus innehatte." 13 n. 1 4,2'B-269; vgl. Buchheit, 1 963 (wie FuUn. 9), 67; Crist6bal, 1 988 (wie Fußn. 7), 126. 14 Lucan (5,504-702); Silius Italieus (1 7,236-291); Valeri\L< Aaccus (1 ,574-692); Statius (Theb. 5,361 -430). Zum Seesturm bei Lucan vgI. Monica Matthews: Cae sar and the storm. A commenmry on Lucan Ve 131110 Civili, Book 5 lines 476-721, Oxford \La. 2008; für Silius ItaliCIL< vgI. Joaquin Villalba Alvarez: "Ecos virgili anos en una tempestad epiea de Silio Icilico (Punica XVII 236-290)", Humanitas (Coimbra) 56, 2004, 365-382. 15 Sen. Ag. 421 -578. 16 Ov. met. 1 1 ,474-572; fast. 3,585-600; trist. 1 ,2; 1 ,4; 1 ,1 1 . Zu trist. 1 ,2 vgl. Jose Gonz:ilez-Vazquez: "En tomo a la retractatio de un pasaje virgiliano en Tristia 1 , 2", Latomus 52, 1 993, 75-83. 17 Iuvencus (2,25-32); Sedulius (carm. pasch. 3,46-69); Coripp (loh. 241-322). Zu IuvenCIL
Pellite, crudcles mea carrnina pellite flarnas. Nuper ego procul hinc armenta in pascua cogem Consedi ad densas modulans in grarnine vepres, Comutirnque videns tacitc rcptare rubetam Extimui, neque enim me dira venena latebant,
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Quae gerit hoc animal, non purius aspide torto. Conccptis etiarn scibarn conducere flarnis. Protinus exilui, non fidens cornibus illis,
Adque manum quod fortc pedum mihi stabat in herba Arripio, horrescens adigoque in viscera ranae. Tune illarn exanimcmque, domum intactimque ferebarn:
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Ossa mihi soltun restant haec cuius ab illo Tempore, forrnicae absumpserunt caetera nostrae, Aut sibi condiderunt venienti pabula brumae. Huius ego dextrum mihi sumarn, quo igne fugato Concipiarn rigidum frigus: hoc, dura, sinistrum Oßiculum, vt calcas, tibi, Doris, seruo vorandum.
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Pellite, crudcles mea carrnina pellite flarnas. Hunc
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disijcio laxato vimine longe':
Fasciculum, duri vinclis ita soluar arnoris. Hic' mihi clusus inest effoeto'O pyxide puluis, In quo olim sterilis versans sua tergora mulus
Reddidit haud paruum medicarnen, tempore et illo , Non male consulti, penitus collegimus ornne m: Iste animos, atque iste sibi mea corda rcducet.
Pellite, crudcles mea carrnina pellite flarnas.
9 Im Druck s teh t Hoc. 10 Vgl. Lucan 9,284 iffttas . . .
ceras
i.S.v. "entleerte Waben",
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Mdchiur Barlacus, 5. Ekluge Pbomtoalltrio.
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Hoc heeatoneephalon mihi fer, puer, oeyus, olim Quod easu reperi nostro dum ereseeret hono, Cognouique herbae wes, auidusque sciendi
An maris, an sexum fettet radiee proterua
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Torqueremque mea lasciuas sorte puellas. Doridos hane sinui inijciam, erucietur vt illa, Appetat, vt spretos etiam desideret ignes:
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Faemineum, euulsi, formam vidique virilem: Tum vidi mea vota, per hane vt amabilis essem,
Utque ego, frustra illa me sollicitante, repugnem, Et eogam ad erudum pelagus, ad saxa dolentem, Leueadias
vt
se Sappho deiecit in vndas.
Pellite, erudeles mea carmina pellite flamas,
TIla vt monstrosae, rogo, pelle tegatur hyenae, Admoueatque suis eius saeva oribus ora. TIla Ophiusaei bibat horrida poeula succi, Vll us ei medieus nee palmea vina ministret. Vt putet aduersum se tristia monstra venire, Si sedet ad ripas aliquas, de f1umine eredat
Se exerere, et septem minitari cornibus hydram. Si ruat in syluas, tygridum magna oca, leonum
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Extimeat rictus, metuat telluris hiatus.
Pellite, erudeles mea carmina pellite f1amas. Fallor? an antiqui redeunt in peetora sensus? Incipi6que meis animis per earmina reddi?
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Seruitio eripior, rellinquunt pectora eurae. Felix, heu felix qui se possederit ipsum. I nune, et verbis me, Doris, lude proteruis.
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Quid, maior me flama agit? an mihi somnia fingo? Verba haee exolitum eerte testantur amorem, Faemineique odium generis. num fallor? at ipse
Parcite, depulsis mea earmina parcite f1amis.
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Alexander Cyron
Pharmaceutria. 1 t Fünfte Ekloge
Morphon, Battus Der Abend, der die Sterne herauffuhrt kommt hervor hinter dem schattigen Oetha, er mäßigt die Hi!2e; kühl bene!2t er die von der Sonne des Tages ausgesogenen Knospen mit Leben spendendem Tau. Von diesem ermahnt treiben zu den Ställen die satten Herden 5 Battus und Morphon, kein Geringer in der Musenkunst. Einer von diesen, Morphon, der zu Recht nicht ertrug die harten Liebesqualen, richtete, das Gesicht zerfurcht von Sorgen, verzogen unter Seufzern, kummervoll und schwer atmend die folgenden Worte an seinen Freund: MORPHO�: Diesen Liebestrank haben wir zu immer wirksamem Gebrauch aufbewahrt. Als ich mich eben einsam auf dem Acker aufhielt und Spelt emtete, d a - ach - sah ich von fem in Begleitung der strengen Mutter eilenden Schrittes den Weg endang eilen Nisa, die mich unglücklich Verliebten so sehr quält! Seit ich sie zum ersten Mal gesehen habe, habe ich sie allein im Sinn, sei es dass ich die Schafe auf die Weide treibe, sei es bei der Ernte, sei es beim Pflügen oder beim Frühstück, sei dass ich ruhe, sei es dass ich arbeite. Ihre anmutige Gestalt geht mir niemals aus dem Sinn, steht immer vor meinen unglücklichen Augen . Oft freilich begehrte ich sie, wenn ich sie allein sah, oft auch, wenn ich sie in Begleitung sah, doch stets riefen mich meine Pflichten zu wichtiger Arbeit, oder sie war ihrer schlauen Mutter immer so ergebe n,12 dass sie ihr keinen Zentimeter von der Seite hätte weichen können. Als aber diesen Abend sie, die ich so heiß begehrte, zufaJIig vorüberging, Nisa, das wunderschöne Mädchen, mit umherschweifenden Schritten,
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Für Anregung und Kritik ist der Verfasser Thorsten Burkard und Stefan Feddem verpflichtet 12 1I111qllam ist hier wohl i.S.v. semptrverwendet.
Mdchiur Barlacus, 5. Ekluge Pbomtoalltrio.
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da stand ich wie versteinert und die Sichel entfiel meiner Hand: Beide gehen sie einfach 25 eilends an mir vorbe� ich sehe sie an, doch keine von beiden grüßt mich. Das hat mich geschmerztl Schon hatte ich mein Vieh ganz vergessen, mochte es auch laut blöken, und so viel ging mir durch den Kopf, dass ich fast vergessen hätte, mein Vieh in den Stall zu treiben. Ich war nämlich wie von Sinnen, da ein Verliebter 30 nicht mehr er selbst ist, und sein Geist seinen Körper anderswohin verlässt. Eine einzige Sache ließ mich zwischen zwei Möglichkeiten schwanken, dass nämlich die schöne Nisa schweigend etwas zu sagen schien, aber die Gegenwart der strengen Mutter hatte sie, glaube ich, eingeschüchtert und sie wollte sich daher wenigstens in ihrer Anwesenheit möglichst unverdächtig verhalten. 35 Jetzt aber bin ich ganz bleich, sülles Gift verzehrt mich, da mir Nisas Absicht verborgen bleibt. Böse Nisa, mit dem haemonischen Rad will ich dich beschwören und gegen dich werde ich die Gestirne des mit mir verschworenen Himmels in Bewegung setzen und verfluchte Künste hervorlocken aus stygischer Finsternis gegen dich. 40 Ich will nicht mehr jammern, sondern schnauben vor Wut, nicht mehr schmeicheln, sondern rasen, meine furchterregenden Augen sollen keine Tränen mehr vergießen, sondern Flammen versprühen. Wenn ich sie doch irgendwo im Schlaf zu fassen bekäme! Hier in diesem großen See leben grüne Frösche: Ihre Zungen will ich herausschneiden und sie dir dann 45 auf die Brust legen. Auch habe ich Eier aus dem lehmbeschmierten Nest der Schwalbe, Menalcas offenbarte mir ihre Zauberkräfte. Auch habe ich das todbringende Herz des apol1inischen Vogels, damit du dich uns, wenngleich unwissentlich, mit deinen eigenen Worten verrätst und sagst, was auch immer du im Herzen verborgen hältst 50 Kann ich dir aber auf diese Weise nicht beikommen, will ich magische Künste versuchen und Zauberlieder singen. Endockt ihr das Geheimnis, meine Lieder, entlockt das Geheimnis der schönen Nisa! Und mögen auch anfangs nur Frauen für diese Künste berühmt gewesen sein, so wird sich zeigen, dass sie auch Männern nicht verschlossen sind. Einen Tontopf habe ich, besprochen mit finsteren Worten, in ihm magische Säfte, Kräuter von nicht geringer Wirkung, absonderliche kleine Würmer und trügerische Eingeweide des
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Alexander Cyron
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vielfach gewundenen Tieres, vielfältige Speisen: Damit lassen sich die Winde des Himmels umkehren und dichte Wolken kommen auf mein IJed hin.
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Endockt ihr das Geheimnis, meine IJeder, endockt das Geheimnis der schönen Nisa! Zweige der Zeder und schaurigen Zypresse bringe herbei, Knabe, schütte dann reichlich Öl auf die Feuerstelle und bestreiche das Holz damit. Mische Naphtha dazu, dieser Zweig hier wird sich selbst entzünden Ich habe hier auch einen langen Schwanz, dem Wolf bei 65 lebendigem Leibe abgetrennt mit wagemutigem Streich meiner Axt, als er unvorsichtigerweise in meinen Schafstall sprang, auch fehlt es mir keineswegs an den magischen Krä ften des kleinen Schiffshalters.13 Jetzt kochen im Topf die Kräuter des Melampus und Gewaltiges wird ins Werk gesetzt. Sei aufmerksam, Knabe, und Ia.�s nicht nach in deiner Sorgfalt, 70 rohes Adamantiskraut streckt starke Löwen zu Boden Es gibt nichts, was Zauberkräutem widerstehen kann, mit ihnen kann man die Wolken, die Erde, das tiefe Meer und selbst die Unterwelt nach seinem Willen lenken. Gibt es etwas Festeres als die Erde, etwas Stürmischeres als hoch hängende Wolken, etwas Ungestümeres als die Wellen der aufgewüh1ten See? Wird das unzugängliche Herz der Nisa selbst den Orkus übertreffen? 75 Entreiße dies alles, Knabe, den tödlichen Flammen, genug hat es gekocht, denke ich. Reiche mir ein Glas, das will ich der Nisa zu trinken geben, damit sie vor IJebe zu uns entbrenntl Endockt ihr das Geheimnis, meine IJeder, endockt das Geheimnis der schönen Nisa! Dies sang Morphon. Musen, kündet die ganz anderen IJeder 8(1 des Battus, und es wird offenkundig sein, dass die einen mehr Verstand besitzen als die anderen. BATTI:S: AbI Doris hat mich verschmäht. Wenn die Kuh vor ihm flieht, wird der Stier ihr nicht nachlaufen, und er wird sogleich stehen bleiben und sein Begehren zügeln. Ach! Wird man von uns etwa behaupten, wir seien kleinmütiger, weil wir
13 VgL Fußn. 30.
Mdchiur Barlacus, 5. Ekluge Pbomtoalltrio.
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töricht die Wünsche des Mädchens befolgen, das mich immer wieder zurückweist? 85 Kein schlechter Gedanke kam mir in den Sinn: nicht länger launenhaften jungen Mädchen dienen zu wollen, sodass du, mein gebrochenes Herz, schon längst fast völlig zerrüttet, wieder völlig hergestellt wirst. Nun will ich selbst sie ganz vergessen, indem ich den Lethefluss austrinke. Muße werde ich nicht mehr zulassen, immer pflichtbewu.�st bei der Arbeit, 90 be.�iegt werden können nut die Untätigen. Ohne frei zu sein wurde ich umhergetrieben, beinahe nichts hätte mich belehren können, zut Ruhe zu finden, doch nicht so tief ist das Feuer in unsere Eingeweide gedrungen, nicht so heftig glühe ich, dass ich nicht nach Heilung verlangen würde. 95 Nun treibe ruhig weiter deinen Spott mit Battus, Doris, und erzähle überall, er sei von Sinnen: Dich haben wir nicht ganz einge.�ogen, ruchlose Doris, es war sicher nut der erste Anflug von Wahnsinn . Dass ich den Eindruck erweckte, dich mit freundlichen Worten angesprochen zu haben, hast du für den Beginn, die ersten Zeichen von Verliebtheit gehalten. Doch es gibt ein Maß, ich bin wieder zu mir gekommen, ich treibe 100 nämlich keinen überflüssigen Aufwand mehr, bin nicht betrübt, liege nicht wach in schrecklicher Nacht, ich habe - schon ergraut - gelernt, Amor, den Späher, zu ertragen. Dieses Schicksal wäre unter unseren Schicksalsschlägen der letzte, wenn das schreckliche Greisenalter schließlich dazu gezwungen würde, zu lieben. l 05 Ihr Lieder, selbst Meere weichen Liedern, Sterne und Berge, vertreibt, ihr Lieder, vertreibt die grausamen Flammen. Ich komme wieder zut Besinnung, Doris wird sich über mein schwankendes Gemüt nicht mehr lustig machen, reichlich gegessen habe ich von der Poleiminze. Mein Haupt ist efeubekränzt, bring schnell Kräuter herbei, Knabe, und braue in schwarzem Becher ein Mittel, für magische Tränke geeignet. E s soll offenkundig werden, dass di e thessalischen Jungfrauen nicht alles wissen. Endocke den Weidenruten magische Säfte, um grausame Liebe alL� meinem Herzen zu vertreiben.
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Vertreibt, ihr Lieder, vertreibt die grausamen Flammen. Viele Geschenke machte ich ihr, damit sie meine Liebe erwiderte, damit sie mit ihrer Zustimmung meiner Hoffnung Nahrung gäbe: Doch sie verschmähte mich. Wie musste ich lernen, da.�s nut der spröde Mädchen
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heftig liebt, der auch zugleich einen Feind seine Schatzkammer plündern lässt! Da ja höchste Verschwendung Armut gebiert und was ist der Arme? Doch nur eine nutzlose Drohne und wertloser als Algen. soll mehr als Geschenke ein redliches Herz zählenl Ach, es drängt die Zeit, beeile dich, Knabe, fülle mir den Becher, schichte aus Zedernholz und Rasenstücken den Altarl
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Vertreibt, ihr Lieder, vertreibt die grausamen Flammen. Mische Spreu unter das Zypressenholz, auch die trockene Aproxis soll nicht fehlen, damit heißer brennen die reißenden Flammen und schon von fern der Herd auflodert, wenn ich komme. Aufschäumen soll mir die salzige Woge aus der Quelle Cupidos, die das kolchische Cyzicus au.� schwarzen Höhlen ergielk Bring klares Wasser hierher, Knabe, und kümmere dich um alles übrige, bring auch dunkle Absinthsträucher: I c h will Lieder dazu singen. Diese Nacht, nur schwach von Sternen erhellt, ist die richtige für unsere magischen Künste; räusche ich mich oder wird da wirklich der Mond vom Himmel vertrieben, es fliehen eilends in die Höhe die Wandergestime, die feurige Achse des Himmels hält den Zauberkräutem nicht stand.
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Vertreibt, ihr Lieder, vertreibt die grausamen Flammen. Als ich neulich meine Herde fern von hier auf die Weide trieb, saß ich bei dichten Dornbü.�chen im Gras und stimmte ein Lied an, und ich erschrak, als ich eine gehörnte Kröte leise herankriechen sah, denn ich kannte das schreckliche Gift, das dieses Tier in sich trägt, nicht weniger giftig als die gewundene Natter. Ich wu.�ste, dass diese Kröte auch bei Liebeswahnsinn hilft. Sogleich sprang ich auf, ich traute ihren Hörnern nicht recht, und mit der Hand ergreife ich hastig den Stab, der zufällig im Gras steckte, mit Schaudern stoße ich ihn der Kröte in die Eingeweide. Dann trug ich sie leblos und ohne sie zu berühren nach Hause: Seitdem sind mir von ihr nur noch die Knochen geblieben, unsere Ameisen haben den Rest verschlungen oder als Vorrat für den kommenden Winter geborgen. Ich will ihren rechten Schenkel nehmen, durch den mein Feuer vertrieben wird und ich starre Kälte verspüren werde. Den linken Schenkel hier werde ich für dich, harte Doris, aufbewahren, damit du ihn verschlingst und so selbst in Hitze gerätst. Vertreibt, ihr Lieder, vertreibt die grausamen Flammen.
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1I.fclchior Barlacus, 5. Eklo,l,'C Pha""aceHlria.
Ebenso wie ich clieses Rutenbündel, nachdem ich das Band gelöst habe, weithin verstreue, so soll auch ich erlöst werden von den Fesseln der grausamen Uebe. Diesen Staub habe ich in eine leere Giftdose eingeschlossen, den ein unfruchtbares Maultier einst zu einem starken Mittel gemacht hat, als es sich mit seinem Rücken darin wälzte; vollständig haben wir es damals wohlweislich gesammelt. Dieses Pulver wird meinen Sinn und mein Herz zu sich selbst bringen.
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1 6H
Vertreibt, ihr Ueder, vertreibt clie grausamen Rammen. Schnell bringe mir clie Alraune, Knabe, clie ich einst zufaJlig fand, als sie in unserem Garten wuchs, und ich erkann te clie Wirkung der Pflanze, und da ich unbeclingt wissen wollte, ob sie an ihrer schamlosen Wurzel von weiblichem oder männlichem Geschlecht sei, 1 6'> riss ich sie aus und erkannte an ihrer Form, dass sie männlich war. Da erblickte ich clie Erfüllung meine Wünsche, nämlich dass ich durch cliese Wurzel begehrenswert werden würde und meinerseit.. den koketten Mädchen Qualen bereiten würde. Dies will ich Doris auf die Brust legen, damit sie gepeinigt werde und begehrt und 1 7H sich sogar nach denen sehnt, clie sie verschmäht hat, und damit ich ihr widerstehen kann, wenn sie vergeblich um mich wirbt. Und ich werde sie unter Schmerzen zu den Klippen der grausamen See treiben, wie sich auch Sappho in die leukaclische Flut stürzte. Vertreibt, ihr Ueder, vertreibt clie grausamen Rammen. 1 7'> Sie soll sich bitte in ein Monstrum, eine Hväne verwandeln, dass sich ihren wilden Lefzen die Hyäne � Kusse nähert. Das schreckliche Gebräu aus Schlangengift soll sie trinken, und kein Arzt soll ihr Palmwein als Gegenmittel reichen, so dass sie glaubt, dass schreckliche Monster auf sie zukommen, und dass, wenn sie sich am Ufer eines Flusses niederlässt, 1 HH sich eine Hydra darau.. erhebt und sie mit ihren sieben Häuptern bedroht. Wenn sie in clie Wälder stürzt, soll sie vor den gewaltigen Rachen der Tiger und Löwen erschrecken und Angst haben, clie Erde könne sie verschlingen.
Vertreibt, ihr Ueder, vertreibt clie grau..amen Flammen. Täusche ich mich oder kehrt clie frühere Sinnesart zurück in mein Herz und komme ich durch meine Gesänge allmählich wieder zur Vernunft?
1 H.>
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Alexander
Cyron
Was ist das? Treibt mich nur noch heftiger um die flamm ende Liebe oder träume ich? Nein, diese Worte zeigen, dass ich von der Liebe entwöhnt bin, sie zeigen meinen Hass auf das weibliche Geschlecht. Sollte ich mich etwa täuschen? Nein, ich werde au.� dem Sklavendienst befreit, die Sorgen verlassen meine Bru.�t. Glücklich, ach glücklich ist der, der sich selbst gewann . Jetzt komm mal, Doris, und treibe dein übermütiges Spiel mit mir.
t 90
Haltet ein, meine Lieder, haltet ein, die Flammen sind vertrieben.
Das wichtigste antike Vorbild zu Barlaeus' fiinfter Ekloge ist hinsichtlich der Makrostruktur die achte Ekloge Vergils.14 Beide Gedichte weisen ein vom bukolischen Ich gesprochenes Proöm auf, das die Situation des Ge sangs und die Sänger kurz schildert. Dann folgt in beiden Gedichten ein homodiegetischer Gesang eines unglücklichen Hirten, bei Vergil der des Damon, der sich nach seiner untreuen Gattin Nysa sehnt und ankündigt, sich das Leben zu nehmen, bei Barlaeus der des Morphon, der sich nach Nisa verzehrt 01. 9-79). Daran schließt sich eine zwei Verse umfassende Überleitung des bukolischen Ichs an, die in beiden Fällen einen Musenan ruf mit der Bitte enthält, dem eigenen Gedächtnis zu Hilfe zu kommen 01. 80f. bzw. ecl. 8,62f.). Schließlich folgt in beiden Fällen ein zweiter Hirtengesang, der wie der erste durch einen Refrain in Strophen gegliedert wird. Bei Vergil ist es der homodiegetische Gesang des Alphesiboeus in der persona einer Frau, die den abwesenden Daphnis herbeisehnt, bei Barlaeus der homodiegetische Gesang des Battus 01. 82-1 93), der sich von seiner Sehnsucht nach Doris heilen will und V. 1 03f. das Motiv des Frei tods aus dem Damon-Gesang Vergils aufgreift. Beide Gesänge schildern ausführlich magische Praktiken, die zum Erfolg fuhren. In der Makro struktur weicht Barlaeus insofern von Vergil ab, als die Gesänge des Morphon und des Battus keinen Bukoliasmos darstellen, der die umge bende Natur in Erstaunen versetzt.15 Es entsteht vielmehr der Eindruck,
14 Weitere frühneuzeitliche Adaptionen von VergiIs 8. Ekloge: Sannazaro, Httpylis PhfJl71la&tllma (= Ekloge 5; zu Barlaeus' Verhältnis zu dieser Ekloge Sannazaros siehe Schäfer, 2006 (wie Fußn. 3), 272f.). Eine Adaption stellt ferner Johannes Bocers Ekloge 7 PhfJl71lactlltria dar (aus den Atglo/l,at sepum von 1 563), vgI. dazu Lothar Mundt: .Iohanms Boctr. .l"iimtli,ht liklo/l,1!fI (rext, Ü bers., Komm.), Tübingen 1 999. 15 Das Erstaunen der Natur wird Verg. ecl. 8,1 -5 geschildert. Dass es sich bei den beiden Gesängen um einen Bukoliasmos handelt, ergibt sich aus Verg. ecl. 8,3 ctrtantis und 8,62 repontkrit. Ein Bukoliasmos findet auch in VergiIs Eklogen 3, 5 und 7 statt.
I'IIdchior Barlacus, 5. Eid"!,,,, PbarmaCfHma.
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als wollte Morphon dem Battus lediglich sein liebesleid klagen und nicht etwa Bewunderung von Battus oder der Natur fiir einen möglichst vollen deten Gesang erhalten 01. 8) . Die überleitenden Verse 80f., die von der Überleitung bei Vergil (dici!c, Picrides; non omnia possllmlls omnes, ecl. 8,63) beeinflusst sind, erwecken ebenso wenig den Eindruck eines Wettgesangs. Sie leiten aber einen wertenden Vergleich zwischen den beiden Hirtenge sängen ein, der sich bei Vergil nicht findet: MlIsac contraria carmina Batti / dieile, plus alijs alios sapllissc patcbi!. Ein zweiter Punkt, in dem Barlaeus mak rostrukturell von Vergil abweicht, ist die Rolle der Magie: Sie nimmt bei Barlaeus einen viel größeren Raum ein, da auch der erste Hirtengesang (der des Morphon) ausführlich magische Praktiken schildert, während im ersten Gesang bei Vergil Damon lediglich die Untreue seiner Gattin be klagt und ankündigt, sich das Leben zu nehmen, ohne vorher den Versuch zu machen, die Gunst der Gattin zucückzugewinnen oder sich selbst vom liebeswahnsinn zu befreien. Barlaeus expandiert also das Motiv der Ma gie, sodass es einen ähnlich großen Raum einnimmt wie in Theokrits zwei tem Idyll: Dort versucht eine junge Frau den in der Stadt weilenden Del phis mit Hilfe von Magie zurückzuholen, wobei sich die Schilderung ma gischer Praktiken, mit deren Hilfe das liebesbegehren der abwesenden Person geweckt werden soll, über das gesamte Gedicht erstreckt. Nach diesen Bemerkungen zu Parallelen in der Makrostruktur sollen im Folgen den mikrosttukturelle Parallelen zu den antiken Vorbildern Theokrit und Vergil sowie zu Senecas Mcdca und Ovids Ars amaloria und Remedia amom erörtert und die Gesänge des Morphon und des Battus miteinander vergli chen werden. Zunächst zum Gesang des Morphon: 1 6 Er gliedert sich in zwei thema tische Abschnitte, in die Vorgeschichte 01. 9-37) und den eigentlichen, in drei unterschiedlich lange Strophen gegliederten Zaubergesang 01. 38-79). Das Ende der einzelnen Strophen wird jeweils durch den Kehrvers prodile formosam mea carmina prodile Nisam markiert, der von dem Refrain im Alphesiboeus-Gesang bei Vergil beeinflusst scheint (dueile ab IIrbe domIIm, mca carmina, dueile Daphnim). In der Vorgeschichte schildert Morphon, wie ihm die geliebte Nisa zum ersten Mal begegnete: In Begleitung ihrer Mut ter sah er sie vorübergehen, während er selbst mit der Feldarbeit beschäf tigt war 01. 1 0- 1 4) . Dieses Motiv wird sowohl in Theokrits elftem Idyll 01. 24-29) ausgeführt als auch im Damon-Gesang bei Vergil (ecl. 8,37-41). Es lässt den Leser so an den verzweifelten und sich mit Selbstmordabsichten tragenden Damon denken, aber ebenso an den unglücklich verliebten Polyphem bei Theokrit, der sich ob seiner rustikalen Erscheinung ver-
16
,,;\forphon" ist als Hirtenname in der Antike nicht belegt.
1 62
Alexander C}TOn
schmäht sieht. 1 7 Es folgt V.
27-32
das Motiv, dass der Ich-Sprecher seine
Aufgaben als Hirt vernachlässigt, weil er vom Erscheinen des Mädchens abgelenkt wird. Auch dieses Motiv findet sich bei Vergil, allerdings in der siebten Ekloge: Dort ist es der Hirte Meliboeus, der
im
Zwiespalt ist, ob
er den berühmten Sängern Corydon und Thyrsis lauschen oder seiner Arbeit als Hirt nachgehen SOIl . 1 8 Anders als Meliboeus bleibt Morphon allerdings seinen Pflichten treu. Innerhalb dieser Vorgeschichte spielt das Motiv des Sprechens bzw. Nicht-Sprechens eine große Rolle: Das Mäd chen geht zwar in Begleitung ihrer Mutter öfter an Morphon vorbei, doch zu einem Wortwechsel kommt es nicht und Morphon grüßt die beiden nicht einmal von sich aus, sondern erwartet, dass das Mädchen von sich aus grüßt. Als dies ausbleibt, phantasiert der verzweifelte Morphon, dass Nisa ihn ansprechen wollte und sie lediglich die Anwesenheit der Mutter daran hinderte. Er befolgt damit eine wichtige Vorschrift aus Ovids Ars amatoria gerade nicht: nimia est iuveni propriae .ftducia formae, / expectat si quis, dum prior illa roget.19 Auch den in der Ar.r vielfach empfohlenen blanditiae2° schwört er V. 4 1 f. ab. Morphon verweigert damit das obsequium gegenüber dem Mädchen, das die Ars eindringlich empfiehl t, 21 und sucht stattdessen Zuflucht in der Magie, vor der die Ar.r ausführlich warnt.22 Mit Hilfe der Magie will er Nisa zwingen, die vermeintlich unausgesprochenen Gefühle preiszugeben und in liebe zu ihm zu entbrennen:
adiuraberis, improba, rhombum (11. 38).
Nisa, per Aemonium
Die Ankündigung erinnert an den
ersten Kehrvers des zweiten Theokrit-Idylls Yluy�. EAKE TU Ti'jllOli EIlOll non 5&I-\a TOll ä1l5pa,23 doch schon in Vers 39 wird dies kontaminiert mit einem Element aus dem Damon-Gesang in Vergils achter Ekloge, nämlich mit dem Motiv der Götter
im
Himmel als Zeugen fiir die unge
rechte Behandlung durch die Geliebte.24 Es folgt die Beschreibung der magischen Praktiken, die Morphon, während er singt, mit Hilfe eines ins Werk setzt: Zum einen
will
puer
er versuchen, dem schlafenden Mädchen
Worte zu entlocken, indem er Froschzungen,25 Schwalbenkot und das
17 18 19 20 21 22 23 24 25
Das Motiv findet sich überdies bei Mantuanus, ec1. 1 ,56-1 13. Verg. ec1 . 7,8-1 7 . Ov . ars t ,707f. Ov. ars 1 ,437-486. 61 6-630. Ov. ars 2,1 77-250. Ov. tJ1'S 2,99-1 06 und 41 5-426. Theokr. Id. 2,1 7 u.ö. Vgl. Verg. ec1. 8,19f. Die Kröte bzw. verschiedene Teile von ihr waren häufige Zutat von magischen Tränken, vgl. David Pickering: Lexikon der Magie und Hexerei (übers. v. Regina van Treeck), Augsburg 1 999, S.v. "Kröte". Zur magischen Kraft der Kröte bzw.
Mdchiur Barlacus, 5. Ekluge PbOrtllOaHtrio.
1 63
Herz einer Krähe auf ihre Brust legt. Diese Methode ist ohne direktes antikes Vorbild, wenn man einmal davon absieht, dass auch Medea bei Seneca ein Vogelherz (cor hubonis, V. 733) zur Herstellung einer magischen Salbe verwendet. Falls diese Methode versagt, will er auf die Wirkung eines Liebestranks vertrauen. Auch wenn bei Theokrit oder Vergil andere Arten von magischen Praktiken erwähnt werden, stellt sich Morphon mit dem Brauen des Liebestranks ausdrücklich in eine Tradition, wenn er zugibt, dass Frauen - hier ist an die von Battus erwähnten thessalischen Hexen zu denken 01. 1 1 2) - sich zwar zuerst in dieser Kunst ausgezeich net hätten, er aber beweisen wolle, dass auch ein Mann zu dieser Kunst fahig sei: ingeniis quanvis est hinc data gloria prima / faemineis, non ista viros IatNisse patehit 01. 54f.) . Das Vorbild von Senecas Medea spielt hier eine größere Rolle als das Theokrits und Vergils: Medea braut dort im vierten Akt mit Hilfe magischer Praktiken und der Göttin Hekate eine Salbe, die der Nebenbuhlerin Creusa, der ]ason seine Liebe geschenkt hat, Verder ben bringen soll. Zahlreiche Elemente des Rirus, wie ihn Medeas Amme und Medea selbst schildern, finden Parallelen im Gesang Morphons. So finden sich alle vier Ingredienzien, aus denen Medea das Gift für Creusa braut, auch im Gesang Morphons wieder, nämlich das Vogelherz 01. 48),26 die magischen Säfte 01. 57),27 die Zauberkräuter 01. 57)28 und die Giftschlangen 01. 58) . Von letzteren verwendet Morphon (ebenso wie Alphesiboeus) die Eingeweide, Medea das Gift.29 Eine bukolische Note fUgen die nur von Morphon, nicht aber von Medea verwendeten Zutaten Schwalbenkot und Wolfsschwanz hinzu: Menalcas, also ein bukolischer Hirt der Antike, hat ihm, wie Morphon V. 47 sagt, von den magischen Kräften des Schwalbenkots erzählt;30 den Wolfsschwanz erbeutete er, als ein Wolf nachts seinen Schafstall überfiel 01. 65-67) . 31 Auch die Wirkung des Zaubergesangs auf die Elemente wird in ganz ähnlicher Weise beschrieben wie bei Seneca, das Motiv movebo sidera coeli 01. 39) findet seine Parallele in Medea 757-76 1 , die Wolken und die Geister
26 27 28 29 30 31
des Frosches vgl. Walter Hirschberg: Frosch und Kröte in Mythos und Brauch, Wien 1988. Apollineae r . .} (orjmJk volucris V. 48 und tor bllbonis, Sen. Med. 733. Vgl. ibid. 718. Vgl. ibid. 706-730. exta doloso V. 58 und Sen. Med. 680-704 sowie Verg. ecl. 8,7 1 . Vgl . Vetg. ecl. 8,95-100: Moeris hat der Sängerin des Alphesiboeus-Iiedes magi sche Kräuter geschenkt. Der Wolf spielt in Vergils Bukolik eine wichtige Rolle: Verg. ecl. 2,63; 3,80; 5,60; 7,52; 8,52. 97; 9,54; Körperteilen des Wolfes wurden allerdings auch in Mittelalter und früher Neuzeit allgemein magische Kraft zugeschrieben, "gI. Pickering, 1 999 (wie Fußn. 21 ) , S.v. "Wolf" .
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der Unterwelt werden von Morphons Gesang ebenso gebannt: Zu his nubes, feHus, mana aita, Erebique cifantur ry. 72) lassen sich die Parallelen Medea 740-749, wo die Geister der Unterwelt beschworen werden, und Medea 754-756, wo die Wirkung auf die Wolken und die Wogen des Oze an beschrieben wird, nennen. Schließlich ist auch das Element des furor sowohl für Morphon als auch für Medea typisch. Beide ergeben sich wil lentlich dem furor. Dies wird deutlich aus Morphons Versen 41 f., die zu Beginn des zweiten, von der Magie bestimmten liedteils stehen,32 im Fall der Medea besonders Medea 52, wo die Protagorustin ankündigt, sich ganz dem furor ergeben zu wollen, außerdem Medea 401 -414, wo Medea erneut deutlich macht, dass sie sich dem furor restlos ergibt und mit ihm Macht über die Elemente ausüben will.33 Der Morphon-Gesang endet mit der erfolgreichen Herstellung des liebestrankes. Über den Erfolg der magi schen Praktiken Morphons erfahren wir, anders als im anschließenden Gesang des Battus und im Alphesiboeus-Gesang, bei VergiI nichts. Der Gesang des Battus,34 der sich nach den überleitenden Versen 80f. anschließt, umfasst die Verse 82- 1 93 und damit 40 Verse mehr als der Gesang Morphons. Wie dieser lässt er sich in die Vorgeschichte ry. 821 04) und den eigentlichen Zaubergesang gliedern, dessen einzelne Stro phen durch einen Kehrvers markiert werden. Schon an diesem Kehrvers pellite, emdetes mea carmina pellite flamm wird bei aller formaler Ähnlichkeit die inhaltliche Differenz sowohl gegenüber den antiken Vorbildern Theokrit und VergiI als auch gegenüber dem Morphon-Gesang deutlich: Der Zweck von Battus' Zaubergesang ist es nicht, die ersehnte Person in denselben vom liebeswahnsinn bestimm ten Gemütszustand zu versetzen, in dem sich der Sänger befindet, sondern den Sänger vom liebeswahnsinn zu befreien und stattdessen das Mädchen in liebe entbrennen zu lassen. Die Ausgangssituation ist zunächst ähnlich wie im Morphon-Gesang: Der verliebte Sänger wurde von dem geliebten Mädchen mit Namen Doris verschmäht. Die Reaktion darauf ist allerdings eine völlig andere: Battus vergleicht sich, passend zur bukolischen Szenerie, zu Beginn seines Ge32 Vgl. bes. pro hlanditiisforor esto, V. 4l . 33 Vgl. weiterhin Medeo 386-396 (die Amme stellt äußere Zeichen desforor an Medea fest) und 852 (der Chor spricht vom foror der Medea, den er bei ihren Zauberge sängen an ihr beobachtet hat). Als weitere ZUtll t, die nur Morphon verwendet, stll mmt der echinlls (V. 67) ebenlälls aus der antiken literatur: Nach Arismt. hist. nato 1 4,505b und Plin. nat. 9,79 ist die echineis (modem: echineis T'l!l1Ioro kleiner Schiffshalter) ein Ingrediens von liebestränken (vgl. dazu Marion Gindhan: "Von Emtezauber und Meerestiermagie. Der Prozel� gegen Apuleiu.� von Madaura", in: Augsburger Volkskundliche Nachrichten 4, 1 996, 7-34, hier 21). 34 BaItIIs als Hirtennarne bereits Theokr. Id. 4 sowie Ov . met. 2,676-707. =
I'IIdchior Barlacus, 5. Eid"!,,,, Pbarma"Hlria.
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sangs mit einem Stier, der der fliehenden Kuh nicht nachläuft, sondern stehen bleibt und sein Begehren zügelt 01. 82f.). Battus will keiner protema vi'l!,o 01. 86f.) dienen und verweigert sich wie Morphon dem obsequium gegenüber der pue/Ia; er will anders als Morphon die protema virgo sogar völlig vergessen. Aus Battus' Worten wird klar, welche innere Verfassung ihn - im Unterschied zu Morphon - zu diesem Entschluss bef:i.higt: Irra tional war nur sein impetus 01. 97) gewesen, sich der liebe zu ergeben, rational aber seine Reaktion auf den impetus: sed modus esl, sapui 01. 1 00). Der amor hat ihn deshalb nie völlig in Besitz genommen 01. 98 f.) und ihn nie ganz unbelehrbar gegenüber der Vernunft werden lassen (paene morae indoci/is, V. 92). Der V. 97 genannte Begriff des impetus erinnert an die stoi sche Theorie der Affekte, wie sie z.B. Seneca in De ira formuliert. Auch die von Battus erwähnte mora wird bei Seneca als remedium eines Affektes (nämlich der ira) genannt,15 da sie Zeit für ein iudicium lasse. Dieses iudicium in Form eines assensus mentis ist aber nach Senecas stoischer Aufassung notwendig, damit sich aus einem bloßen impetus (auch Battus bezeichnet seine Verliebtheit V. 97 so) ein Affekt entwickeln kann .16 Nicht nur die stoische Affektentheorie wird hier durch Begriffe wie impetus und mora evoziert, sondern auch Anweisungen aus Ovids Remedia amoTis, in denen V. 79- 1 06 ebenfalls empfohlen wird, schon im Anfangsstadium der Lei denschaft Einhalt zu gebieten: Nam mora dat vires, wie dort V. 83 bemerkt wird. Eine weitere Parallele zu den Remedia stellt Batrus' Vorsatz dar, den Müßiggang zu meiden, da nur Untätige übermannt werden könnten (90f.): Dies entspricht den Anweisungen der Remedia 1 35-1 98, wo V. 1 69-1 98 ausdrücklich auf Beschäftigungen in der ländlichen Idylle verwiesen wird. Schließlich erwähnt Battus die Lethe, deren Wasser das Vergessen der Geliebten ermöglichen (Ipsius ebibita nunc sumam ob/iuia Lethe, V. 89): Auch die Remedia kennen diese Möglichkeit der Heilung, die Wasser des Le/haeus AmorY Etwas überraschend ist, dass Battus dann wie Morphon das Mittel der Magie wählt, und zwar einerseits als zusätzliches Mittel, um sich von seiner Leidenschaft zu kurieren, andererseits, um bei Doris liebeswahn sinn hervorzurufen. Im Unterschied zu Morphon tritt er damit aber nicht in Gegensatz zur Ars und zu den Remedia: Zum einen stellen die Remedia nämlich die Entscheidung für oder wider die Magie als Heilmittel jedem selbst anheim18 und empfehlen am Ende sogar ein pflanzliches Heilmittel (mta, V. 80l f.), zum anderen rät die Ars nur deswegen von liebestränken, die zur Erwiderung der liebe anregen sollen, ab, weil sie keine dauerhafte 35 36 37 38
Sen. dial. 4,29,t . Sen. dial. 4,3,4 und 4,4,2. Ov. rem. 55t. Ov. rem. 249f.
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Alexander Cl'Ton
liebe, sondern Wahnsinn erzeugten: Letzteres ist aber die Absicht des Battus, der sich gegen Ende seines Gesangs ausführlich ausmalt, welche Wahnvorstellungen Doris aufgrund des liebestranks zu befürchten haben wird 01. 1 75-1 83). Zu Beginn des eigentlichen Zaubergesangs schildert er zunächst kurz, welche :Mittel er selbst zu sich nahm bzw. zu einem Heil trank verarbeiten will 01. 1 08-1 1 3; 1 56-1 60), dann, welches :Mittel er Doris verabreichen will 01. 1 62-1 73. 1 77f.) ; außerdem schildert er Rituale, die die Wirkung des Heilmittels und des liebestrankes verstärken sollen 01. 1 38-1 55).39 Als Heilmittel für sich selbst nennt Battus lediglich die Polei minze (rr:gale pIIUegium), Saft aus Weidenruten und Staub, in dem sich ein Maultier gewälzt hat 01. 1 08f. 1 1 2 sowie 1 56-1 58). Als :Mittel, um Doris mit liebeswahnsinn zu schlagen, werden neben einem 'Hekatonkephalon' die suen Ophillsaei genannt 01. 1 62. 1 77). Battus' Beschreibung seiner Zu bereitung der magischen Tränke für ihn und Doris lehnt sich an kein be stimmtes antikes Vorbild (wie z.B. Senecas Medea) an. Für einige von Battus erwähnte Zutaten ist jedoch eine entsprechende Verwendungswei se in der Antike bezeugt: So wird das V. 1 28 erwähnte Wasser des fons Cupidinir in der Nähe der kolchischen Stadt Cyzicus bei Plinius d.2\.. als Anaphrodisiakum erwähnt.4() Celsus 2,33 erwähnt das V. 1 08f. genannte plllrge(g)ium als :Mittel gegen krankhafte innere Erhitzung. Außerdem ver wendet Battus zumindest mit dem 'Hekatonkephalon' eine Zutat, für die schon in der Antike ein Gebrauch im Zus ammenhang mit liebeszauber bezeugt ist: Es handelt sich hier nämlich der Beschreibung in den Versen 1 62-1 66 zufolge um die Alraune, die seit der Antike als Aphrodisiakum verwendet wurde.41 Auch die silen Ophiusaei stellen einen eindeutigen Be zug zur Antike her: Das Adjektiv ist von 'Ophiusa' abgeleitet, einer Be zeichnung für verschiedene :Mittelmeerinseln und eine Stadt am Schwar zen Meer, die nach ihrem vermeintlichen Schlangenreichtum benannt
39 Das Ritual, das sich der Knochen einer bis auf das Skelett von Ameisen verzehr ten Kröte bedient 0/. 1 38- 1 52 und 1 54f.), ist bei Pickering, 1 999 (wie Pu/ln. 21) s.v. "Kröte", beschrieben: Nach Pickering existiette in Ostengland der Aberglau be, so genannte Krötenmänner würden durch ein bestimmtes Ritual, das unter anderem vorsah, die tore Kröte von Ameisen bis auf das Skelett abnagen zu las sen, magische Kräfte durch einen der übrig gebliebenen Knochen gewinnen. 40 Plin. nat. 31,19. 41 Vgl. schon Theophrast, hist. plant. 9,9,1 (und dazu Christopher A. Paraone: Anciem Greek love magie, Cambridge/Mass. u.a. 1 999, 1 26-1 30). In Mittelalter und früher Neuzeit wurden je nach Porm Wurzeln männlichen und Wurzeln weiblichen Geschlechtes unterschieden. Die Alraune war in dieser Zeit auch ein wichtiges Mittel von Liebeszaubem (vgl. Vera Hambel: Verwendung und Bedeu tung der Alraune in Geschichte und Gegenwart, Passau 2003, 56-86). Pür die römische Antike ygl. Celsus medic. 3,1 8 (Schlafmittel); 5,25; 6,6; 6,9.
I'IIdchior Barlacus, 5. Eid"!,,,, Pbarma"Hlria.
1 67
wurden.42 Die sllca Ophillsaei stehen somit vermutlich für Schlangengift, ein Ingrediens, das nicht nur Morphon, sondern auch Medea bei Seneca ver wendet; Teile der Schlange werden außerdem schon bei Properz (3,6,28) in einem üebeszauber verwendet. Die Verse 1 1 1 f. (pa/eat non cuncta pue/Iis / cognita Thessalicis) beziehen sich also wohl weniger auf die Mittel (die auch die antike üteratur erwähnt) als vielmehr auf die Intention, mit der Battus sie einsetzt: Er will aus ihnen kein Aphrodisiakum, sondern ein Anaphrodisiakum für sich herstellen, während das Mädchen in üebe für ihn entbrennen soll. Eine solche Absicht ist Theokrits Simaitha und Vergils Alphesiboeus, aber auch Senecas Medea fremd und geht insofern über die magischen Praktiken der antiken Vorbilder hinaus. Aus dem Vergleich der Gesänge von Morphon und Battus vor dem Hin tergrund antiker Vorbilder haben sich Kriterien ergeben, auf Grund derer das bukolische Ich in den oben zitierten überleitenden Versen 80f. einem der beiden Gesänge den Vorzug geben kann Die Formulierung pills alijs alios sapllisse 01. 8 1 ) kann sich nur darauf beziehen, dass einer der beiden Hirten, nämlich Battus (und andere, die ebenso handeln wie er) , aus der Perspektive des bukolischen Ichs betrachtet rationaler agiert als der andere Hirt, Morphon. Battus ist nämlich imstande, seine Leidenschaft zu kon trollieren und Methoden anzuwenden, wie sie Ovids Remedia amoris emp fehlen. D.a. durch Begriffe wie impetus und mora evoziert er das stoische Affektmodell. Morphon dagegen geht weder im Anbahnen der üebesbe ziehung im Sinne der Ars ama/oria besonders geschickt vor noch wendet er nach dem Scheitern dieser Bemühungen remedia amoris an. Battus liefert aber nicht nur einen Gegenentwurf zu Morphons Verhalten, sondern auch zum Verhalten beispielsweise des Aepolus in Barlaeus' zweiter Ekloge, der vergeblich mit Geschenken um Galatea wirbt, sich maßlos in üebeswahn sinn hineingesteigert hat und sogar in die persona Sapphos schlüpft, um Galatea zum Einlenken zu bewegen.43 Battus weicht ebenso vom antiken Vorbild zum typischen Verhalten verliebter Hirten bei Vergil und Theokrit ab (dies könnte im Übrigen den Plural alii V. 81 erklären). Be sonders deutlich wird dies in den Worten sed modus est, sapui 01. 1 00), die einen deutlichen Kontrast zur Klage Corydons in Vergils zweiter Ekloge (qllis enim modus adsit amori?)44 oder auch zu Gallu s' verzweifelter Resignati.
42 Insel in der Propontis (plin. nato 5,1 51); Insel bei Kreta (plin. nato 4,61); Formen tera (plin. nat. 3,78); Rhodos (plin. nat. 5,1 32); Zypern (OY. met. 10,229); Stadt Tyras (Val. FI. 6,85). 43 Vgl. 2,21 -44. 5 1 -65. 229-31 3. 44 Verg. ecl. 2,68.
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Alexander Cl'Ton
on in Vergils zehnter Ekloge (omnia vincit AmO,.: et nos cedamus Amon)4-' dar stellen. Der Verg. ecl. 2,69 erwähnten dementia Corydons steht bei Barlaeus die rationale Entscheidung des Battus gegenüber, sich nicht hemmungslos dem Liebeswahnsinn zu ergeben. Auch hat Battus erkannt, dass es sinnlos ist, mit materiellen Geschenken um die Gunst der Geliebten zu buhlen, wie dies wortreich Corydon bei Vergil tut.46 Dem COl:ydon Vergils ist diese Erkenntnis verwehrt und sein Werben um Alexis zum Scheitern verurteilt. Offen bleibt bei Barlaeus auch, ob Morphons Praktiken Erfolg haben werden. Battus jedoch kann am Ende seines Gesangs triumphie rend bemerken: pardte, depulsis mea carmina pardtejlamis (V. 1 93).
45 Verg. ecl. 1 0,69. 46 Verg. ecl. 2,56.
Hardys Didon se sacriftant. Ein 'Kommentar' vierten Buch der Aeneis?
zum
MARIA MATEO DECABO (Berlin)
Der vorklassische Dramenautor Alexandre Hardy (um 1 575-1 632) hat sich zeidebens ohne nachweisbare Gegenstimme gerühmt, niemals gegen den Vertrag verstoßen zu haben, als "poete a gages" (Truppendichter) seinem Theaterdirektor auf Wunsch so viele Bühnendichtungen auszuhändigen, wie dieser wünscht, und also in 30 Jahren mindestens 600 Theaterstücke Tragikomödien, Schäferspiele, Intermezzi, Komödien, Tragödien - ver fasst zu haben. Nur wenige davon sind erhalten geblieben, und zwar nur jene, die Hardy, seit 1 622 "poete du roi", in seiner fünf Bände und 33 Dramen umfassenden Werkausgabet selbst publiziert hat. Darunter hat er der Tragödie Didon se sacrijianfl einen programmatischen Ehrenplatz einge räumt, nämlich als Eröffnungsschauspiel des ersten Bandes.3 Nicht nur wegen seiner Hochachtung des als "ernstesten, mühsamsten und wichtigs ten"4 angesehenen Genres, sondern vor allem wegen der überdurch schnitdich sorgfaltigen Komposition mag der Vielschreiber Hardy sie als Lockmittel für sein Lesepublikum eingesetzt haben. Es ist offensichdich, dass der heute fast in Vergessenheit geratene "größte französische Dramatiker des ersten Viertels des 17. Jahrhun-
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Im 1 9. Jahrhundert neu herau.�gegeben: Edmund StengeI (Hg.): Le theatre d'Alexandre Hardy. 1 . N:eudr. der Dramen von Pierte Comeille's unmittelbarem Vorläufer nach den Exemplaren der Dresdener, Münchener und der Wolfenbüt teler Bibliothek, 5 Bde., Marburg u. a. 1 883-1884. Im Folgenden DSS, zitiert nach der neuen kommentierten Ausgabe: Alan Howe (Hg.): Didon se sacrifiant Tragedie, Genf 1 994 (fextes litteraires frans:ais 440). Vgl. Alexandre Hardy: Theatre. Didon, Scedase, Panthee, Meleagre, Procris, Alceste, Ariadne, Alphee, Paris 1 624, Bd. 1 . Vgl. Stenge� 1 883-1884 (wie Fußn. 1), Bd. 5, 4 (Übers. d. Verf.). Dies ist bereit� eine Reminiszenz an den Pleiade-Dichter Ronsard (1 524- 1 585), der sich lebens lang gegen das Ver&ssen von Tragödien gesperrt hatte, mit der Begründung, dem hohen Genre der Alten nicht gewachsen zu sein; seine Rolle als Divulgator des Alexandriners - später das tragische französische Versmaß schlechthin - ist trotzdem auch fiir die Tragödie nicht zu unterschätzen.
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derts"-' sich bei der Abfassung seiner Didon zu großen Teilen vom vierten Buch der Ameis hat inspirieren lassen: Von den 2026 Versen seiner 1 6246 von ihm selbst herausgegebenen Dido7 -Tragödie sind 353 Alexandriner direkte Übernahmen von 232 Hexametern Vergils. Ich werde daher zuerst auf die Fragestellung des Titels zu sprechen kommen, nämlich was an Hardys Tragödie in seiner Bezugnahme auf Vergil kommentarhaft ist. Nach einem kurzen Überblick über Vers Kortespondenzen, Beobachtungen zu antikisierenden Form-Elementen (Syntax, Chöre) und einer Zus ammenfassung der DitkJn will ich den Fokus auf die Unterschiede legen: Welche Auswirkungen haben diese Änderun gen für die Gesamtaussage des jeweiligen Werkes? Das bei Vergil zentral diskutierte Problem von Determiniertheit oder Freiheit der Helden soll dabei als Leitmotiv bei meinem Durchgang durch Hardys Tragödie die nen. Stimmen Plot und Personal bei Hardy und Vergil auch im Großen und Ganzen überein, so werden dahingegen die Handlungen unterschied lich oder eindeutiger motiviert und andere Intertexte aufgerufen - es hat den Anschein, als ob Hardy einige der bei Vergil angelegten, aber auf grund ihrer Offenheit kontrovers auslegbaren Interpretationsstränge auf eine Deutungsmöglichkeit reduzieren würde. Damit scheint er sie zwar
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Vgl. Monique Chantal Boissier W'hite: The Dido Fable in French Tragedy: 1 5601 693, Ann Arbor/!l.H u.a. 1 975 (Diss. Nashville/TN), 1 04 (Übers. d. Verf.). Die Beliebtheit dieses Bandes belegen die zweite Auflage von 1 626 und eine Raubkopie aus Frankfurt von 1 625. Das genaue Datum der Uraufführung ist umstritten. Den Brüdern Parfaict zufolge war die Premiere des Stückes im Hotel de Bourgogne bereits 1 603, vgl. Franc;ois Parfaict Histoire du theatte franc;ois depuis son origine jusqu'a present, 15 Bde., Paris 1 745, hier Bd. 4, 20-22, u. C1aude Parfaict Dictionnaire des theattes de Paris, 7 Bde., Paris 1 767, hier Bd. 2, 306. Eugene Rigal bestreitet in der bis heute in ihrer Ausführlichkeit einzigartig gebliebenen Monographie zu Hardy [Alexandre Hardy et le theatte franC;ais a Ja fin du XVIe et au commencement du XVIle siede, Paris 1 889, 74-78] dieses Da tum . Raymond Lebegue ["La date de Ja Didon de Hardy", Revue d'Histoire ütte raire de Ja France 34, 1 932, 380-382] schließlich kommt wegen der angeblichen Nachahmung Hardys von einigen Chorversen aus dem 2. Akt von Jean de Schelandres Tyr ef Sidon zu dem Ergebnis, dass Hardys Didon erst nach 1 608 ent standen sein kann. Ausgleichend schlägt Sophie Wilma Deierkauf-HoMlOer in ih rer Hardy-Biographie [Vie d'Alexandre Hardy, Paris 2 1 972, 3 79] als terminu.. ante quem für Didon se sacrifianf das Ja hr 1610 vor, während der Herausgeber der hier verwendeten Ausgabe, A1an Howe, dafür die Jahre 1 620-1 621 ansetzt, vgl. Howe, 1 994 (wie Fußn. 2), 22. Alle Eigennam en, die im Vergilischen Epos vorkommen, werden in ihrer übli chen deutschen Schreibweise wiedergegeben, alle anderen in der französischen Schreibweise belassen.
Bord)'" Didlm " ,Otrijiant. Ein 'Kommentar' zum ,�cncn Buch der /lenelI?
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ihrer Mehrdimensionalität z u berauben, gleichzeitig aber auf diese Weise mit seinem dichterischen Werk eine Art Vergil-Kommentar vorzulegen. Im Reallexikon der deutschen Literaturwissensch4f heißt es, dass Kommentare u.a. "den verbalen und realen Aufschluß eines Textes zum Zwecke der Belehrung (doctrina), Nachahmung oder der wetteifernden Überbietung (aemulatio, imitatio) zum Ziel" hätten.8 Diese Bestimmung rückt den Kom mentar in die Nähe der Rezeption und scheint dem, was Hardy in seiner Tragödie zu realisieren versucht, recht nahe zu kommen: nicht eine Übertrumpfung Vergils im Sinne einer völligen Neuerung oder Neuinter pretation des Themas, sondern eine Konkretisierung des bereits Angeleg ten. Diese belehrt und überbietet, insofern sie eben anderes Angelegtes ausgeschlossen hat. Die Gattungsänderung vom Epos zum Drama bei spielsweise ist eine Ausgestaltung der bei Vergil mit vielen Passagen wört licher Rede angedeuteten dramatischen Form unter Ausschluss aller epi schen Momente und Vergleiche; gleichzeitig evoziert Hardys 'kommentie rende' Tragödie die Haltung, die antike Tragödien, wie der Aias des So phokles gegenüber der Homerischen [lias, gegenüber den Epen einneh men können. Bei der Gegenüberstellung von Hardys Tragödie und Vergils Epos er geben sich im Detail folgende Korrespondenzen:
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Vgl. Ralph Häfner. "Kommentar,", in: Harald Pricke (Hg.): Reall exikon der deutschen Literaturwissenschaft, Berlin u.a. 32000, 298-302, hier 300.
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Maria Mateo
Decabo
Tab.l : Übersicht der Korrespondenzen zwischen Hardy, DSS und Verg. Aen. 49
Hart!J, DSS
Verg. Am. 4
2. Akt
285-3 1 0
1 96-21 8
3. Akt
621 -626 646-692 695-7 1 2 805-840 841 -880 953-971 +974-975 972-973 1 067- 1 084 1 085-1 094 1 1 02-1 1 03 1 293 1 295 1 307- 1 308 1 321 - 1 326 1 335-1 338 1 342- 1 356 1 359- 1 376 141 1 - 1 446 1 749-1 756 1 809- 1 824 1 83 1 - 1 848 1 936-1 939 1 940- 1 947
402-405a+407b 305-330 333b-339 340-361 365-387 424-436 421 b-423 560-570 573b-579a 556-559 467a-468 460-461 a 454-455 591 -594 595-596 600-606 607-61 8a 478-498a 634-639 620-629 651 -662 684-685 675-683a
4. Akt
5. Akt
Damit weist sich Hardys Vergilrezeption stellenweise als relativ treue Eins-zu-Eins-Übertragunglo des vierten Aeneis-Buches aus. Es liegt auf der Hand, dass diese Vorgehensweise in einem Frankreich, das erst seit Du Bellays La De.ffence, et lUustration de Ja Langue Franf'!Yse (1 549) der eigenen Muttersprache erstmalig die Kompetenz einräumt, die von den Alten wegen ihres Vorbildcharakters zu imitierenden Sujets ebenbürtig wieder-
VgL auch Konrad Meier: Über die Didottagödien des JodeUe, Hardy und Scudery, Zwickau 1 891 (Diss. Leipzig), 21 , und die nach den einzelnen drarnatis personae geordnete Korrespondenz-Übersicht in Howe, 1 994 (wie Fußn. 2), 28f. 10 Anders White, 1 975 (wie Fußn. 5), 1 59, die in Hardys Vorgehen.'!Weise nur eine L'hernahme von Bildern, rhetorischen Formulierungen und Qualifizierungen se hen wiU.
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Bord)', Didlm " JOtrifianf. Ein 'Kommentar' zum vierten Buch der /1t11/!iJ?
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zugeben, nicht der Hauch eines Plagiat-Vorwurfes oder Originalitätsman gels umwehte. Doch einige der als besonders antikisierend ins Auge fallenden forma len Merkmale seiner Tragödie haben ihren Ausgangspunkt erstaunlicher weise ganz im Zeitgenössischen und nicht nur - wie man gerade auf den ersten Blick zu glauben geneigt wäre - in der imitatio vetCT1lm. Seine von dem Pariser literaturkritiker Frans:ois de Malherbe stark ge scholtene Vorliebe für latinisierende Satzkonstruktionen beispielsweise findet ihren Ursprung nicht in einer falsch verstandenen sklavisch tteuen Nachbildung Vergils, sondern ist eine Hommage an den von Hardy sehr geschätzten und ästhetisch als Paradigma angesehenen Pleiade Dichterkreis um Ronsard und Du Bellay. Diese Bewunderung findet ihre Fortsetzung auch in der expliziten Anlehnung an Du Bellays Überset zung! ! des vierten Buches der Aeneis. Natürlich ist sie überdies auch ein Nachweis für seine klassische Bildung, mit der wohl nicht jeder ,,Autor Schauspieler"!2 seiner Zeit, dessen Karriere in der französischen Provinz mit Stücken für den Massengeschmack ihre Anfänge nahm, aufwarten konnte. Wenn Hardy in seine Dido-Tragödie Chöre einführt, so will er damit nicht den Epiker Vergil im formalen Bereich explizieren und dessen auch in der modernen Vergilforschung außer Zweifel stehende Dramenhaftig keit quasi vervollkommnen,u Hardy, der im Vorwort seiner DitPJn die Chöre an sich als zu tilgendes, überflüssiges E1ement!4 bezeichnet hatte, ohne sie jedoch aus dieser Tragödie zu entfernen, dienen sie zwar in An lehnung an ihre antike Funktion auch zur moralischen Selbstteflexion über das Stück selbst,!5 vordringlich aber zur Spannungssteigerung!6 - was
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Eine Übersicht aller zu Hardys Zeiten existierenden Übersetzungen VergiL. in französischer Sprache findet sich in: Alice Hulubei: "Virgile en France au XVI ' siede", Revue du seizieme siede 1 8, 1 931 , 1 -77; eine Disku..sion der von Du Bel lay übernommenen Wendungen in: Howe, 1 994 (wie Fußn. 2), 32-36; für Du Bellays Übersetzung vgl.: Henri Chamard (Hg.): Joachim Du Bellay, CEuvres Poetiques, 8 Bde., Paris 1 99 1 , Bd. VI, 256-306 [1 552J. Vgl. Deierkauf-Holsboer, 2 1 972 (wie Fulln. 6), 21 . Vgl. dazu beispielhaft Eduard Norden: "Bildungswerte der lateinischen Uteratur und Sprache auf dem humanistischen Gymnasium 1 920", in: Ders. : Kleine Schriften zum klassischen Altertum, Berlin 1 966, hg. von Bernhard Kytzler, 583607, hier 597: ,,[VergilsJ Dido ist eine Tragödie, die einzige römische, die den Namen yerdient"; im gleichen Sinne auch Richard Heinze: Virgils epische Tech nik, Leipzig 3 1 9 1 5, 1 1 9, und Karl Büchner: "Vergil, der Dichter der Römer", RE 8,2 A, 1 958, Sp. 1 266-1 486, hier: Sp. 1 366 u. 1 373. Vg!. StengeI, 1 883-1 884 (wie Fulln. 1), Bd. 1, 5. Vg!. White, 1 975 (wie Fulln. 5), 1 1 6.
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gerade hinsichtlich der anderen Renaissance-Tragödien seiner Zeit eine erhebliche Neuerung und Wegbereitung für die klassische französische Tragödie darstellt. t 7 Auch die dem nun folgenden Resümee entnehmbaren augenfaIligsten Abweichungen vom vierten Buch der Aeneis lassen sich mit dem Bestte ben nach einem dramatischen Spannungsverlauf erklären: So beginnt Hardys Drama im gänzlich ohne Vergil-Reminiszenzen auskommenden ersten Akt mit der Unschlüssigkeit des Aeneas, die erst in einem an die Götter, im Besonderen Jupiter und Apollo, gerichteten Monolog, dann im Gespräch mit den Gefährten Achates und Palinurus zum Ausdruck kommt. Dido war, anders als bei Vergil, nicht durch Fama, sondern durch Sychaeus' Schatten im Traum vor dem Verlassenwerden gewarnt worden. Der Phönikerinnen-Chor stimm t ein Freudenlied an, das die bevorstehen de Hochzeit der beiden Fürsten ankündigt und eine Korrelation zwischen dem Glück des Paares und einer Abwendung der Welt von Zwietracht und Krieg wünscht (DSS 233f.) . Der zweite Akt wird durch den zwar an Vergil angelehnten Zornes-Monolog des Jarbas eröffnet, dieser richtet sich aber nicht so sehr an seinen Vater Jupiter wie an seinen Berater Therodomante, welcher sich anschickt, in Karthago Erkundigungen über die wahren Verhältnisse einzuholen. Nachdem sich Aeneas nach langem Ringen dank Achates für einen Abschied von Dido entschieden, sein Sohn Ascanius abfaIlige Bemerkungen über dieses schon zu lange wäh rende Intermezzo von sich gegeben und der Chor der übrigen Troer die Möglichkeit einer Rache Didos prophezeit hat, erfolgt im dritten Akt die auch bei Vergil als Klimax angelegte Aussprache zwischen Dido und Aeneas. Sie wird von Didos Schwächeanfall unterbrochen, zu deren Ver sorgung der Phönikerinnen-Chor herbeieilt, wobei er die Liebe seiner Königin als Krankheit der Vernunft und die Schicksalskette besingt, die ihr Volk unheilvoll mit dem Dardaner verbindet. Nachdem die wieder zu sich gekommene Dido ihre Schwester angefleht hat, zum Hafen zu Aeneas zu eilen und den Aufschub seiner Ausfahrt zu erwirken, errönt der alle zuständigen Götter um eine segensreichere Überfahrt bittende Troerchor. Zu Beginn des vierten Aktes warnt Merkur Aeneas im Traum vor Didos Rache, woraufhin Aeneas das Signal zum baldigen Ablegen gibt. Als Anna so weit geht, ihre und Didos Mitfahrt zu fordern, ver spricht Aeneas seine baldige Rückkehr nach Gewinnung des italischen
16 Vgl. White, 1 975 (wie Fußn. 5), 1 33, u. Howe, 1 994 (wie Fußn. 2), 48. 17 Vgl. z.B. die 1 574 gedruckte, vermutlich bereits 1 560 entstandene Dido-Tragödie von Hardys Vorläufer Etienne )odeUe (Jean-Claude Ternaux (Hg.): Etienne )0deUe, Didon se sacrifiant, Paris 2002 ITextes de la Renaissance 62]). Zu dessen geringem Bemühen um Spannungserzeugung vgl. Howe, 1 994 (wie Fußn. 2), 37.
Hardys Ditlo" " It1lrijiant. Ein 'Kommentar' zum vierten Buc:h der Amm?
Reiches
für
sofortiger
175
Ascanius. Der A k t endet vergilisch mit Didos Abkehr von Racheausübung,
ihrer
Heraufbeschwörung
einer
tyrisch
troischen Erbfeindschaft und der Ankündigung des fingierten Uebeszau bers einerseits und einem Ued der Tyrer andererseits, wdches in Anleh nung an den Mythos
um
Herkules und Omphale die Sdbstüberwindung
als wahre Herkulestat feiert. Der ffinfte Akt beginnt - hierin der ähnlich - mit dem Anna vorgespidten Opfer und, nach Anrede der
Aeneis extIviae
des Aeneas, mit dem Sdbstmord Didos durch dessen Schwert; er endet unvergilisch mit deren schnellem Tod, dem vom Chor der Tyrer nur knapp abgewendeten Sdbstmord Annas und der Freude eines Boten des Jarbas über die durch Didos Tod und die Aeneas' Flucht widerfahrene Genugtuung für seinen Herrn . die
Doch wie nun
im
Didon zu zeigen
ist, erzeugt Hardy die spannungssteigemden Änderun
Folgenden
gen und Auslassungen nicht
um
in
einem genaueren Durchgang durch
der reinen dramatischen Wirkung will en,
sondern berührt damit auch die Kernbotschaft des Textes: Sie gehen mit einer Umgestaltung der Motivik des stark an VergiI angelehnten und da rum relativ bekannten Plots einher.1 8 Wie schon in der Antike sieht sich der Dramatiker in der Pflicht, sein Publikum durch eine eigene Ausgestal tung k1einteiliger Nebenaspekte zu überraschen bzw. durch einige Aktuali sierungen einen Bezug zu dessen Lebensrealität herzustellen. Eine dieser Änderungen betrifft beispidsweise den Götterapparat: Es ist bezeichnend, dass er komplett in das Innere der Hdden verlagert worden ist. 1 9 Diese Vorgehensweise scheint einen breiteren Antwortrahmen auf die Frage nach
der
Determiniertheit
bzw.
dem
freien
Willen
der
Aeneis
Protagonisten zu eröffnen.20 Die in Monolog-Szenen angerufenen Götter dienen nur als äußerer Motivationsrahmen
für
die Auslassungen, auf die
18 Hulubei, 1 93 1 (wie Fußn. 1 1) kommt allein in der Lebensspanne Hardys im 1 6. und 17. Jahrhundert auf etwa 60 Übersetzungen des vierten Aeneis-Buches ins Französische. Überdies hatten sich vor Hardy schon die Dramatiker Etienne Jodelle (Uraufführung 1 552?), Jacques de Ja Taill e (UA 1 560), le Breton (UA 1 570) und Guillaume de la Grange (VA 1 576) demselben Sujet gewidmet. Hin sichtlich der unveränd erten Plot-Übernahme der Aeneis Ygl. F. K. Dawson: ,,Ale xandre Hardy and Seventeenth Century French Tragedy", Renaissance and mo dern studies 3, 1959, 78-94, hier: 8 1 . 1 9 Auch dies ist für Rigal, 1 889 (wie Fußn. 6), 269, ein Beweis für di e ihre Schatten vorauswerfende Klassizität in Hardys Tragödie. 20 Wenn schon Meinolf Vieiberg für die Aeneis zu dem Ergebnis kommt, dass Frei heit, Verantwortung und Schuldfähigkeit trotz göttlichen Eingteifens gegeben seien, in wie viel höherem Maße müsste dies dann für Hardys Tragödie Geltung beanspruchen, vgI. Meinolf Vielberg: "Zur Schuldfrage in Vergil.� Aeneis", Gym nasium 1 0 1 , 1994, 408-428, hier 41 8f.
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l\'1aria Mateo Decabo
indes immer das jeweilige mitmenschliche Umfeld reagiert. Fama wird in Didos Fall durch ihr materialisiertes schlechtes Gewissen, das ihr im Traum in der Gestalt ihres Gemahls erscheint (DSS 1 6 1 - 1 71), bei Jarbas durch das vorangehende Chorhochzeitslied (DSS 333f.) würdig vertre ten.21 Das Erscheinen Merkurs wird von Aeneas als bloße Nodüge (DSS 834-838) angeführt; seine Manifestation im Traum ist nicht nur, aber auch als Angst und Scham über die eigene Frevelhaftigkeit lesbar. Der Phönike rinnen-Chor (DSS 9 1 6) knüpft zwar an Vergils Diskurs an, der die liebe als Krankheit ansieht,22 ohne aber die Götter dabei ins Spiel zu bringenP Die Vergilische Gegenüberstellung von pietas gegenüber den Menschen und pietas gegenüber den Göttern ist einer Auseinandersetzung gewichen, in der pietas, ganz dem menschlichen Bereich verhaftet, nicht eindeutig einem Diskursfeld zugeordnet werden kann, sondern zwischen zweien hin und her changiert - dem der liebe und dem der Heldenehre. Daraus ergibt sich, dass sich der Hardy'sche Aeneas in Bezug auf seine liebesfä higkeit selbst als peifidu.r (DSS 425) und impills (DSS 400) bezeichnet und sich des Meineids bezichtigt (ebd.) bzw. dass auch der Chor der Troer selbst seinen Anführer einen Didos Rache verdienenden "meineidigen Theseus" (DSS 593) schimpft. Völlig umsonst versucht Achates zu An fang Aeneas mit den Worten umzustimmen, dass Jupiter, selbst ein unste ter Schürzenjäger, liebestreuebrüche nicht ahnde (DSS 1 29-1 32) und dass pietas nur im Krieg, in Abenteuern und Eroberungen unter Beweis gestellt werden könne. Hardy legt im Gegensatz zu Vergil von Anfang an den Fokus auf den Troerfürsten und dessen Dilemma: Er zeigt uns einen Aeneas, der rados 21
Die Nähe zwischen dem Schatten des Sychäus hzw. dem Hochzeitslied und Fama ist auch am lexikalischen Feld ihrer jeweiligen Qualifikationen ablesbar: Sie alle werden mit dem W'ind verglichen, vgl.: "vent [ . . . ] sifflant" ["zischender Wind'1 (DSS 1 75) bzw. "un vent" (DSS 320) und velocillS (Aen. 4,1 74), sese attollit in auras (Aen. 4,1 76) und stridens (Aen. 4,1 85). 22 Vgl. Antonie Wlosok: "Vergils Didotragödie. Ein Beitrag zum Problem des Tra gischen in der Aeneis", in: dies.: Res humanae - res divinae. Kleine Schriften, Heidelberg 1 990, 320-343, hier hes. 331 u. 341 . 23 Auch Anna wird später nach Didos Tod diese Krankheits-Metapher (DSS 1 91 9f.) aufnehmen, in einer an Aen. 4,41 1 angelehnten Passage (DSS 1 909-1 924), die sich explizit gegen Amor - hier als Ausgehurt der Furien bezeichnet - und das ungerechte Schicksal richtet. Diese Exculpatio-Strategie, die von dem einige Ver se zuvor durch den die Führungslosigkeit fürchtenden Tyrer-Chor verhängten Freispruch Annas (DSS 1 896-1 898) eingeleitet wird, bereitet den Ent..chluss zum Nicht-Selbstmord logisch vor und steht im Ge�nsatz zu der in den Versen 1 2751 290 vorgebrachten Selbstanklage Annas. Im Ubrigen wird Amor meist aJ.. Bru der des Aeneas bezeichnet (DSS 414, 731 f., 1 005f.) und der Liebeskonflikt so auch zu einem Bruderstreit stilisiert.
Bordy, Didlm Jf Jaaifianf. Ein 'Kommentar' zum vierten Buch der /JeneiJ?
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und unentschieden die Existenz eines anderen, den Trojanern in einem höheren Maße als Karthago Ehre und Glück bescheidenden Ortes an zweifelt (DSS 37-40) . Erfüll t ihn der Gedanke an Ascanius zwar auch mit Hoffnung und Sorge (DSS 47), so kann er doch seine Unentschlossenheit angesichts der dunklen Vorhersagen für die Zukunft, der Erinnerung an vergangene unglückliche Ereignisse und der gegenwärtigen Annehmlich keiten (DSS 5 1 -54) nicht mindern: Aeneas vergleicht sich selbst mit einem Wanderer an der Gabelung zweier Wege, deren Endpunkte im Ungewis sen liegen (DSS 57-60) . Die Erwägung, sein Verhalten zu ändern und abzufahren, erscheint ihm als Abfall von sich selbst, als Selbstentfrem dung (DSS 63) ; trotzdem lässt er sich die Vorbereitung eines möglichen negativen Bescheides für Dido und dessen Folgen bereits durch den Kopf gehen (DSS 6 1 -63). Darin, dass in Karthago wirklich alles Freude bereite, stimmt auch Achates mit Aeneas überein (DSS 70); er erinnert ihn daran, dass es undankbar wäre, die Wohltaten der Götter zurückzuweisen (DSS 73-76) . Durch diese Worte scheint in Aeneas die Erinnerung an die Stra pazen der vergangenen Irrfahrten zu verblassen und das aktuelle 'süße Nichtstun' rückt ins Zentrum seiner Aufmerksamkeit: Er qualifiziert es nun - darin sowohl dem stoischen Ideal einer vita activa als auch der Ritter Ideologie der französischen Epen des Mittelalters und der zeitgenössi schen Ritterromane verpflichtet - als "Pest". Die Alternative steht nun klar vor seinen Augen: Entweder die Troer beschränken ihre Ruhmeser wartungen auf Karthago, oder sie setzen ihre "erreurs" fort (DSS 80) womit Aeneas zwar die Irrfahrten anspricht, jedoch auch Irrtümer ge meint sein können.24 An dieser Stelle wird besonders deutlich, dass die von den Fata und Jupiter gelenkte Teleologie der in der Aeneis geschilder ten Mission ihre Selbstverständlichkeit eingebüßt hat. Der innere Zwie spalt des Helden hat nicht.� mehr mit einer Gottesgesandtschaft zu tun; genealogische Gedanken werden nur am Rande erwähnt. Es scheinen eher zwei verschiedene Lebensmodelle zur Debatte zu stehen: das des durch Annehmlichkeiten verweichlichten und das des durch Abenteuer gestähl ten Helden. Ganz besonders wird dies später in dem Gespräch zwischen Ascanius, Achates und Palinutus deutlich: Darin beschimpft Ascanius die "feigen" (DSS 481), "faulen" (ebd.) und "effeminierten" (DSS 491) Män ner, die dem Schicksal als Lohn für ihre Mühen nur "Didos Busen"25
24 Dieses \Xrortspiel wird später von Anna aufgegriffen, wenn sie Dido verspricht, sie werde Aeneas dazu bewegeo, dem Plan seiner "erreurs" eine andere Wendung zu geben (DSS 978). 25 Diese Formulierung erscheint eingedenk der Vergilischen Erzählung, wo Dido pfclore foto (Aen. 1 ,71 7) an Cupido-Ascanius hängt, eine besondere Spitze gegen sie zu sein.
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(DSS 483f.) abverlangen, und erhebt den stets auf Kampf um Leben und Tod gesinnten Hektor26 zum Paradigma eines Mannes und zu seinem persönlichen Vorbild; zwar erinnert er auch in einem Vers an die Weisun gen der Götter (DSS 502), doch der Hauptton der 26 Verse umfassenden Passage liegt vordringlich darauf, das Risiko des "verliegenden Ritters" zu umgehen. Teil des angenehmen Lebens in Karthago ist für Aeneas auch die lie be Didos. Während Achates die liebe mit dem Skorpionengift vergleicht, das, obwohl von einem der Größe nach harmlos wirkenden Tierchen s tammend, schwere Symptome hervorruft, und begütigend hinzufügt, dass dieser Stachd eben jeden Menschen treffen könne (DSS 97-1 02), betont Palinurus, dass Aeneas als Göttinnensohn und unbezwingbarer Heros (DSS 1 07) eben nicht Jedermann und die Eroberung eines zweiten Troja an sein Handdn gebunden sei (DSS 1 1 1). liebe und Leidenschaft be zeichnet er hinsichtlich dieser Schicksalskette als unentschuldbare vitia, denen sich zu ergeben ein Zeugnis von Bosheit, also vom Gegenteil der pielas, sei (DSS 1 1 2-1 14) . In seiner Entgegnung offenbart sich Aeneas als Feind der Wonne (DSS 1 21), aber in ebensolchen Maße auch der "Roh heiten" (DSS 1 22), des Freundschaftsbruches27 (DSS 1 23) und der Un dankbarkeit (DSS 1 24), er klagt sich der mangelnden pielas an und ruft sich dafür sdbst in den Zeugenstand (DSS 1 27) . Nun greift auch Achates ge gen Aeneas im Sinne des Palinurus in die Debatte ein: Dabei rekurriert er auf den Vergilischen Jagddiskurs, der Dido als Figuration der Diana aus weist. Aber anders als der Vergilische Schäfer, der von dem der Hirschkuh beigebrachten Pfeil nichts weiß, stellt Achates heraus, dass Dido dem Aeneas ins bewusst ausgelegte Netz gegangen sei (DSS 1 34). In diesem Netz, das um der Rettung aus der Not willen ausgelegt worden war, stün de Dido demzufolge nur eine zum Tausch- oder Zahlungsmittd deklas sierte liebe zu (DSS 135), deren Intensität und Dauer eben auch nicht den Wert der erhaltenen Hilfe zu übersteigen habe. Aus Aeneas' darauf folgender Erwiderung wird klar, dass er um die Folgen seiner Abfahrt, nämlich Didos Tod, weiß; er führt nun seine Fürsten-pielas gegenüber dem gastfreundlichen, hemach hertscherlosen Tyrervolk ins Fdd (DSS 141 f.).
26 Wie bei VergiI ist Hektor überdies auch Ascanius' Oheim. 27 Der Hardy'sche Aeneas sieht seine Verbindung zu Dido wie der Vergilische nicht als Ehebündnis an, sondern spricht von "amitie", wobei zu beachten ist, dass im französischen Minnesang die Geliebten sich grundsätzlich als "ami" /"amie" an zuteden pflegen - was den Gegensatz zwischen der institutionell geschlossenen Ehe und der frei gewählten, nut außerhalb der Ehe möglichen üebe markiert, welcher - zumindest rhetorisch - der Vorzug gegeben wird. Dido selbst sieht sich als "epouse", als "Ehefrau" (DSS 966).
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Ist durch die Eingangszene die Zerrissenheit des Hardy'schen Aeneas zwischen zwei Lebensmodellen und zwei Formen der pieta.r zum Ausdruck gekommen - welche der Vergilische Held nicht kennt, da der durch Mer kur wieder ins Bewusstsein gerückte göttliche Auftrag zwar Abschieds schmerz, aber keinerlei auch nur theoretische Alternativreaktion in ihm auslöst -, bietet Didos und l\nna s erster Auftritt dem Zuschauer eine Folie, die vor tragischer Ironie nur so strotzt. l\nna hält der vom Sychaeus-Traum in Unruhe versetzten und dadurch nun auch Aeneas' Worte anders gewichtenden28 Dido die göttliche Abstammung des Troers als Beweis für dessen Redlichkeit vor Augen (DSS 1 85). Dieser göttliche Hintergrund des Aeneas war aber auch schon Palinurus' Hauptargument für die Helden-pietas und damit für den Aufbruch von Karthago und ge gen die Liebes-pieta.r gewesen. Anna jedoch setzt die Dido von den Troern geschuldete Dankbarkeit so hoch an, dass sie diese in einem Tempelbau manifestiert wissen will . Zudem deutet sich ein im weiteren Verlauf noch weiter ausgebauter Konflikt der Kulturdifferenz an. Dido bezeichnet Aeneas ihrer Schwester gegenüber als "Fremden" (DSS 1 80) . Später wird sie diese Idee zu dem an Aeneas direkt gerichteten Ausruf "Barbar" (DSS 787) steigern, und Anna wird in ihren Umstimmungsversuchen das Ar gument anführen, dass Aeneas sich an das karthagische Klima gewöhnen und die Sitten der Tyrer den eigenen Vorstellungen wird anpassen kön nen. Umgekehrt wird Aeneas aber in seiner unnachgiebigen Wechselrede mit Anna seine mannhafte29 Gleichgültigkeit gegenüber dem Klima be kunden und in Anlehnung an das Vergilische sunt lacrimae rerum (Aen. 1 ,462) nicht die Fremdheit, sondern den Umgang mit menschlichem Lei den zum Maßstab für Kulturdifferenz erheben (DSS 1 1 75-1 1 79) - die Tatsache vergessend, dass er, über Didos Leid keine Träne vergießend, sich ihres Ausrufes damit selbst für würdig erachtet. In der Zwischenzeit beginnt Aeneas sich zunehmend für die Einlö sung seiner Heldenehre zu interessieren.1o Dass die Entscheidung für die Weiterfahrt kein Automatismus ist, zeigt eine Reminiszenz an Aen. 2,671 28 Ohne dass seitdem eine Unterredung zwischen den beiden Liebenden stattgefun den hat, scheint Dido, von Sychaeus' \Xramungen im Traum verstört, die von Aeneas im Laufe vorheriger Gespräche gefallene Bemerkung hinsichtlich Italiens und des zu erringenden Zepters erst jetzt in einem neuen Licht zu sehen (DSS 1 95-200). 29 Auch hier wird wieder die Heldenideologie stark gemacht Aeneas spricht wört lich davon, dass nur effeminierte Männer einen Gedanken an klimatische Bedin gungen verschwenden wiirden (DSS 1 1 75f.). 30 Auch dies ist eine heldische, uneffeminierte Reaktion des Hardy'schen Aeneas auf die ihm bei Vergil durch Jarbas (Aen. 4,215: JemivilUs) und Merkur (Aen. 4,266: uxorillS) beigebrachten Beschimpfungen.
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678: Aeneas spielt in DSS 379-382 auf die Bitten Kreusas an. statt den Heldentod zu suchen doch den gemeinsamen Sohn zu retten; der bei Vergil durch Götterzeichen verursachte Rückzug aus dem Kampf wird bei Hardy einzig durch Gatten- und Vaterliebe motiviert. Auch wehrt er zu erst noch erfolgreich die Vorwürfe der Gefihrten ab, wenn er beteuert, dass ihn nicht Liebe zu Dido, sondern pktas an Karthago binde (DSS 4 1 9), dass das Bestehen von Abenteuern einfacher zu ertragen sei als Gewis sensbisse (DSS 427f.) - dies steigert sich bis zu dem Wunsch, lieber tot zu sein, als ein schlechtes Gewissen zu haben (DSS 459) - und dass sowohl Himmel als auch Erde den "Undankbaren und llloyalen" straften (DSS 449-550) . Letztendlich ringt er sich doch noch zu einem Abschiedsent schluss durch: In einer Aussprache mit Dido hofft er, nicht nur ihr Ver ständnis fiir seine Entscheidung zu gewinnen. sondern auch einen Frei spruch von dem immer noch als pietädos empfundenen Verhalten (DSS 468f.). An dieser Stelle scheint (Liebes-)pietas eine zur Disposition stehen de, relativ im Auge des Betrachters liegende Größe zu sein, über die das Individuum ftei verfügen kann. Eine Form der individuellen Freiheit fin det jedoch im nun folgenden Chorlied der Troer bereits seine Einschrän kung: Analog zu der in Vergils empathischer Dido-Darstellung sichtbar werdenden Trauer um die Opfer des gleichwohl sinnvollen wie unabän derlichen Laufs der Geschichte31 bedauern die Troer ihr Festgelegtsein auf ein bestimmtes Lebensmodell - hier wird das Landleben gegen das des seefahrenden Kriegers ausgespielt (DSS 597-606)32 -, in das sie sich je doch fraglos fügen; ja sie wirken ihrer Determiniertheit gegenüber gerade zu unempfindlich angesichts des Wissens, dass die besungenen Bauern sich ihres Glücks nicht bewusst sein können.33 Und so vermag auch weder die liebende Frau noch die Fürstin Dido eine Entschuldung des Aeneas zu leisten; in ihren Augen kann sein Treuebruch nur als grober Verstoß ge-
Vgl. Viktor Pöschl: Die Dichrkunst Virgi1s. Bild und Symbol in der Äneis, Berlin 3 1 977, 54; Niall Rudd: "Didos 'Culpa"', in: Stephen J. Harrison (Hg.): Oxford readings in Vergil's Aeneid, Oxford 1 990, 145-1 66, hier: 1 65. 32 Unter diesem Blickwinkel erscheint auch die vorangehende Äußerung über den meineidigen und darum Rache verdienenden "Seemann" Theseus (vgl. DSS 593) in einem neuen Licht. 33 In Vers 605 heißt es über diese: "Heureux, s'i1s connoisoient leur felicite grande" �,Glücklich ,,[wären sie] ", wenn sie ihre Glüc k.� eligkeit kennten ' � ; warum sie ihr Glück nicht kennen können, wird nicht expliziert. Denkbar wäre, dass dazu eben eine Außens i cht au.� einem anderen "Berufsstand" heraus vonnöten wäre, was ja wohl wegen der sozialen Undurchlässigkeit nicht in Erwägung gezogen wird. Dies würde aber wiederum bedeuten, dass die fahrenden Krieger auch in man cherlei Hinsicht von anderen Ständen beneidet würden, ohne da.� s sie sich dessen bewu.�st werden könnten.
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jegliche Form der pieta.r-l4 erscheinen, der den Götterhass (DSS 755f.) auf sich ziehen müsse; eine andere Interpretation der pie/as ist aus ihrer Sicht nicht möglich. Hardy scheint in dem Streitgespräch der beiden Liebenden einigen Problemen der Vergilforschung geradezu vorzugreifen, wenn er Aeneas explizieren lässt, was viele Forscher für die Rettung von dessen pie/as bzw. die Klärung von Didos OclAapTia ins Feld fiihren:35 gen
(lEnee:) Paravant que te voir j'ay s�eu leur volonte, Comme aussy tu Ia s�eus, I'esclandre raconte, L'esclandre d'Ilion, une nuit continue Qu'il te plut des Troyens festoyer Ia venue. [Aeneas:) Bevor ich dich sah, kannte ich [der Götter) Willen, Ebenso wie du ihn erkanntest, als der Unglücksfall berichtet wurde, der Fall Ilions, eine ganze Nacht hindurch, während der es dir die Ankunft der Troer zu feiern beliebte.36
Mit den zwar auf Aen. 1 anspielenden Versen - ohne aber, dass die Er zählungen des Aeneas selbst Gegenstand des Dramas gewesen wären versucht Aeneas vorbeugend Dido von der Unrechtmäßigkeit etwaiger Vorwürfe zu überzeugen. Doch selbst der als Notlüge erfundene Besuch Merkurs37 lässt kein Abreißen der Vorwürfe zu, im Gegenteil: Dido ver-
34 Wie auch schon Pöschl, 31 977 (wie Fußn. 31), 101 , für die Vergilische Dido feststellt, verfillt diese "keineswegs also nur durch die Gewalt der Leidenschaft [ . . ) ihrer Uebe, sondern ebensosehr durch ihr inneres Hinneigen zu heldischem Wesen, durch ihren Sinn für Größe und Ruhm, durch die Bindung an ihr königli ches Werk." Im Gegenteil fallen in Didos Fall Helden- und Uebes-pieto.r zusam men: Unabhängig von ihren Gefühlen für Aeneas könnte eine mögliche Verbin dung mit diesem auch ein Gebot der Staatsräson sein. Ähnlich auch Rudd, 1 990 (wie Fußn. 31), 1 6 1 , der einen reinen Pflicht-Neigungs-Gegensatz in der Vergilischen Dido strikt zurückweist und das Augenmerk auf die Zukunft des karthagischen Volkes und der Nachkommenschaft des t}Tischen Königshau.�es lenkt. 35 So beispielsweise für den zweiten Fall: Reinhold Glei: Der Vater der Dinge. Interpretationen zur politischen, literarischen und lrulturellen Dimension des Krieges bei VergiI, Trier 1 991 (ßochumer Altertumswissenschaftliches Colloqui um 7), 1 53; anders Pöschl, 31 977 (wie Fußn. 31), 54f., der von einer Schuld des Aeneas spricht, einem objektiven Einnisten in Karthago und einem Zaudern, u. Antonie W1osok: "Der Held als Ärgernis: Vergils Aeneas", in: Dies. (wie FuI�n. 22), 403-41 8, hier 41 1 , wo gerade das Schuldigwerden des Aeneas als be sonderes Merkmal seiner pieto.r herausgearbeitet wird. 36 DSS 761 -764, Übers. d. Verf. 37 Auch dies ist eventuell als Kommentar zu Vergil aufzufassen: Bei VergiI glaubt Dido, Aeneas würde göttliche Weisungen vorschützen, um ihren Einwänden den .
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flucht jetzt erst recht ganz wie in der Aeneis den Troerfürsten und kündigt an, ihn noch im Tod heimzusuchen (DSS 870-880), bevor sie in Ohn macht versinkt. An dieser Stelle greift Aeneas zu einer weiteren Argumen tationskorrektur seines Vergilischen Alter Ego, die aber offenbar weder von Dido noch von anderen Tyrern gehörr wird: Er schwört (siel), nach "Stabilisierung seines Schicksals" zurückzukommen (DSS 887-894), eine Idee, die er auf Annas Bitte, sie und Dido mit auf die Schiffe in Richtung Ausonien zu nehmen, mit einem Rückkehr-Versprechen erneut aufgreift (DSS 1 263-1 268) . Die mögliche Wiederkehr des Aeneas stellt nicht die einzige Alternati ve zu Vergils Konzept des Fatum dar, die Hardy in seinem Drama auf zeigt. Schon vorher hatte Anna Dido damit zu beruhigen versucht, dass nicht Aeneas sdbst, sondern, wenn überhaupt, Ascanius eines Tages auf brechen werde, um das italische Reich zu unterwerfen (DSS 21 1 -2 1 5). Auch der von Anna zur Sprache gebrachte Vorschlag der gemeinsamen Flucht von karthagischem Herrscherhaus und Aeneaden (DSS 1 256) zidt in diese Richtung. Gleichzeitig lässt er sich auch auf der Folie des allseits präsenten Ariadne-Mythos lesen. Geht die Vergi1-Forschung heute dahin, die Reminiszenzen an Catull catm. 6418 zugunsten der intertextuellen Be züge zum Medea-Epos des Apollonios Rhodios in den Hintergrund zu drängen,39 scheint die Klage der Ariadne allen Figuren von Hardys Tragö die präsent zu sein. Zweimal ist metaphorisch von einem Labyrinth die Rede (DSS 5 1 , 1 83),40 Aeneas wird mehrmals anband der in den Wind
Grund zu entziehen (Aen. 4,376-380). Bei Hardy ist der Zuschauer darüber im Bilde, dass der Tmerfiirs t tatsächlich diesen Besuch erfunden hat. 38 So spricht zumindest WendeIl Veroon (:Jausen: Virgil's Aeneid and ehe Tradition of Hellenistic Poetry, Berkeley u.a. 1 987, 4Of. noch von einer doppelten Bezug nahme Vergils, sowohl auf Apollonios Rhodios wie auch auf Catull . 39 So z.B. Glei, 1 991 (wie Fußn. 35), 1 55f.; Werner Suerbaum: Vergils Aeneis. Epos zwischen Geschichte und Gegenwart, Stuttgart 1 999, 226f. und 292-294, sowie Damien Nelis: Vergil's Aeneid and ehe Argonautica of Apollonius Rhodius, Leeds 2001 (Arca 39); anders AIden Smieh: The primacy of vision in Virgil's 'Aeneid', Austin/TX 2005, 1 06, 1 1 0, 1 1 4, dem es indes weniger um Intertextualität geht, als um eine textimmanente Typologie des Sehens. Natürlich kann bei der Beurteilung der größeren intertextuellen Verbindlichkeit die Frage des Genres nicht außer Acht gelassen werden, was den Vergleich zwischen Rhodier und Manteser als den logischeren erscheinen lässt. 40 Und schon im metaphorischen Gebrauch des mythosschwangeren Ausdrucks "dedale" zeigen sich die unversöhnlichen Sichtweisen von Dido und Aeneas: Während Aeneas seine gegenwärtige Unschlüssigkeit so bezeichnet, ist in Vers 1 83 rückwärtsgewandt die existentielle Not gemeint, aus der Dido die Aeneaden gerissen hatte.
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gerufenen Schmähworte der Minos-Tochter apostrophiert,41 seine Gefahr ten schelten ihn als Theseus (DSS 593) und Dido dient sich in Analogie zu Catull 64, 1 6 1 schließlich Aeneas als Sklavin an (DSS 779). Spinnt man diese Parallelität zum Ariadne-Mythos weiter, stößt man auf die Frage, ob Hardy mit dem Vorschlag der Anna nicht sogar eine Ausgangsalternative im Hinterkopf hatte, in der Anna als Figuration der Phaedra gedeutet werden könnte - was die Bitte um Mimahme in ein schlechtes Licht riickt.42 Wenn überhaupt scheint Hardy - statt wie Vergil auf die Medea aus dem Argonautenepos - auf die Protagonistin der Dramen des Euripi des und Seneca Bezug zu nehmen. Der Euripideischen Medea43 scheint das Bemühen darum enmommen zu sein, männlichem Ehrenkomplex gemäß zu handeln, in diesem Falle: zu sterben (DSS 1 52 1 f.), - und das, obwohl bei Hardy die positive Herrscherinnenbilanz (DSS 653-656), wie sie solche Gedanken einleiten könnte, völlig fehlt -, der Senecanischen Medea44 hingegen scheint die Selbstopferung als Sühneopfer für die Ma nen des Sychaeus (DSS 1 340) nachempfunden. Als Fazit bleibt festzuhalten, dass das Hardy'sche Dido-Drama zwar vielerorts aus direkten Übertragungen aus Vergils viertem Aeneis-Buch besteht und sein effektiver Plot mit jenem übereinstimmt, dass aber durch Handlungs-Ummotivierungen und die Bezugnahme auf andere Intertexte gerade hinsichtlich der "Schuld [ . . . ] als Kehrseite der pietaf'45 neue Schwerpunkte gesetzt werden. Hardy, als "Dichter der Transformation" 41
Insbesondere sind das die Worte: "perfide" DSS 425, 652, 927 Carull 64,132f., 1 74, "emel" DSS 787 = trIIdem Carull 64,136 u. 1 75, "parjure" DSS 400,593 ptrillria Carull 64,1 35 u. 148. Dieser Eindruck könnte durch die Gegenlektüre von Hardys im seihen Band publizierter Tragikomödie ,,Ariadne ravie" (CA laut Stengel, 1 883-1884 (wie Fußn. 1) um 1 6 1 0-161 5) noch verstärkt werden: Hier nimmt Theseus sowohl die mit einem Eheversprechen zur Hilfe animierte Ariadne als auch die durch eine Verlobung mit Hippolytos gelockte Phaedra mit auf sein Schiff, um sich dann auf Naxos für die Weiterfahrt allein mit seiner neuen Liebe Phaedra zu entscheiden. Vgl. z.B. Eur. Med. 1 049-1 052; zum Kontrast zwischen der mit männlichem Mut weibsgemäße Dinge ausführenden Medea und dem mannsgemäße Taten mit un männlichen Tugenden vollbringenden Jason, s. von Kurt Fritz: "Die Entwicklung der Iason-Medea-Sage und die Medea des Euripides", A&A 8, 1 959, 33-1 06, hier: 62 u. 74f. Vgl. Sen. Med. 957; zum Sühnecharakter des Kindsmord� vgl. z.B. Bemd Seiden sticker: Die Gesprächsverdichtung in den Tragödien Senecas, Heidelbetg 1 969 (Bibliothek der klassischen Altertumswissenschaften, KF. 32 Diss. Hamburg), 95. Vgl. Otto SeeI: "Vergil und die Schuld des Helden (Aeneis, 6,468)", in: Ders.: Verschlüsselte Gegenwart. Drei Interpretationen antiker Texte, Sruttgart 1 972, 95- 1 1 0, hier 105. =
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sowohl Renaissance-Dramatiker als auch Präklassizist,46 verlegt die bei Vergil erst von den Jupiter-Weisungen ausgelöste Krise ins Innere der Helden - eine dramaturgische Strategie, die der Klassizist Racine zur Meisterschaft ausfeilen wird - und erweitert sie um einige zumindest rhe torisch und gedanklich ausgestaltete Handlungs-Alternativen. Doch diese entpuppen sich - ganz barock - oft nur als Schein: Aeneas hätte in Kar thago bleiben und die Eroberung Ausoniens eines Tages seinem Sohn Ascanius überlassen können; er hätte Dido und Anna mit auf sein Schiff nehmen können; die Selbstanklage der Anna hätte nach Art eines Sün denbocks eine Entschuldung und damit ein Weiterleben der Dido möglich machen können; die angedeutete karthagische Teleologie hätte mit einem anderen Ausgang des Dritten Punischen Krieges in einer ruhmreichen Rache Didos münden können (DSS 1 704) . Auch das bei Vergil im sechs ten Buch ausgestaltete Unterweltsglück von Dido und Sychaeus wird hier nur noch unter dem Vorzeichen der gedanklichen Alternative, als "douce illusion" (DSS 1 470-1486), als Tagtraum, vorgestellt. Denn in letzter Kon sequenz wird sich der Krieger Aeneas, obwohl er sich bezüglich seines Schuldigseins gegenüber der liebes-pietos keinen illusionen hingibt - und hierüber scheinen gegenüber der Vergilischen Version keine Zweifel offen zu bleiben -, für die Einlösung seiner Helden-pietos gegenüber Gefährten, Sohn und damit auch gegenüber dem Schicksal entscheiden. Denn der Troerchor wird trotz des Wissens, dass das Landleben ihm größeres Glück bescheren könnte, das eigene Festgelegtsein mit Gleichmut ertra gen, ohne gleichwohl den Bauern die zum Glück nötige Außensicht ver mitteln zu können. Denn Dido wird in ihrer an der christlichen Lehre ausgerichteten Hoffnungslosigkeit keinen Zweifel daran lassen, dass ein Wiedersehen mit Sychäus nach der "Unzucht" (DSS 1 474)47 mit Aeneas nicht möglich ist. Der zeitgenössische Zuschauer mag die nur zum rhetorisch gedanklichen Aufscheinen dieser Alternativen führenden Ursachen fur sich in die eigenen von der Ständegesellschaft und dem christlichen Glau ben auferlegten Zwänge übersetzen. Die durch die Abwesenheit konkreter Götter und Befehle angedeutete vermeintlich größere Freiheit der dramatis personae führt zwar zu einer dramaturgisch positiven Span nungssteigerung, auf der anderen Seite aber auch zu einer größeren meta physischen Distanzerfahrung. Lässt sich der Vergilische Dido-Aeneas-
46 Vgl. White, 1 975 (wie Fußn. 5), 1 68f. Hier, in der nicht durch clie Institution der Ehe legitimierten Uebesbeziehung, wäre auch clie Irl1J!ische Schuld der Helclin zu suchen; das bei Vergil als Didos cllipa identifizierte Treueversprechen als Selbstverfluchung [vgl. Rudel, 1 990 (wie Fußn. 31), 1 521 fehlt bei Hardy jedenfalls völlig.
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Konflikt auch als Widerstreit zwischen epikureischer und stoischer Le bensauffassung, zwischen Anthropozentrismus und Theozentrismus48 lesen, bleiben die Hardy'schen Helden sich selbst überlassen, ohne dass fiir erlitrene Zwänge direkt die Götrer oder das Schicksal haftbar gemacht würden.49 Der Götrerwille scheint schwerer ergründbar, eine Geschichts teleologie nicht vorhanden.50 Wenn Vergils Aeneas ohne inneren Zwie spalt der Weisung des Fatum folgt und das Leiden Didos in Kauf nimmt, dann nicht nur, weil letzteres leichter wiegt,5! sondern weil er sich in An betracht des der römischen Religion zugrunde liegenden "do ut des" Gedankens darauf verlassen kann, dass dies nicht umsonst sein wird. Ein Jahrhundert nach dem Thesen-Anschlag Luthers und 20 Jahre vor der Blüte der jansenistischen Bewegung in Frankreich scheint Hardy die Fra ge, wie die Erlösung des Menschen eigentlich zustande kommt, nur noch in dieser beider Sinne beantworten zu können. Keine der Hardy'schen Figuren versucht auch nur durch eine wie auch immer geartete Eigenleis tung pietos gegenüber den Göttern zu bekunden. Der vielfach beschwore ne Wankelmut des Menschen (DSS 55, 59, 63, 569f., 984f.) und der Gleichmut der Götter (DSS 982f., 1 359f., 1 7 1 9) sind darum - mögen sie sich auch aus den bei Vergil so deutbaren Passagen speisen - nicht Aus druck einer epikureischen Lebenseinstellung, sondern spiegeln die Sicht weise wider, dass göttliche Gnade eben nicht wie im römischen Epos durch menschliches Verhalten ausgelöst werden kann. Mag der im Titel angedeutete Charakter eines Kommentars auch nicht ganz erfüllt sein, Hardy jedenfalls wollte - nicht nur durch die in der Re zeption ohnehin schon implizierte Aufforderung zum Vergleich mit der Vorversion - den Leser explizit auf das Vergleichen stoßen, wenn er in seinem Vorwort schreibt: "Meine Didon [ . . . ] wird dir [sc. lieber Leser] die Freude bereiten, dass du meine Fassung mit denen der Anderen52 verglei chen kanns t".53 Dass ihm bei dieser Außerung vor allem ein Vergleich mit Vergil vorschwebte, mag nicht nur daraus hervorgehen, dass er an gleicher Stelle anfügt, die Didon sei "fast vollständig dem lateinischen Dichter
48 Vgl. Robert Deryck Williams: "Dido's Reply to Aeneas (Aen. 4.362-387)", in: Henry ßardon tLa. (Hgg.): Vergiliana. Recherehes sur Virgile, Leiden 1 971 ( Roma Aetema 3), 422-428, hier 426f. 49 So ist Z.ß. auch nie die Rede davon, dass Dido nur durch Junos und Venus' Werk der fatalen liebe zu Aeneas verfallen ist. 50 Die Gründung Roms wird nicht einmal erwähnt. 51 Vgl. Pöschl, 31977 (wie Fußn. 31), 80. 52 Zu den Vorgängern vgI. Fußn. 1 8. 53 Hardy, 1 884 (wie Fußn. 1), ßd. 1, 4f. =
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nachempfunden",i4 sondern auch aus dem hier Vorangehenden klar ge worden sein.
54 Ebenda.
Jakob Balde und der Rex Poetarum Vergil von der Plldicitia vindicata zur Expeditio Polemico-Poiitica. Ein Überblick* BeKARD LEFEVRE (Freiburg) Während Horaz Balde stärkstens inspiriert hat - mit den Carmina und Epodi in den der mittleren Periode angehörenden Lyrica und mit den Sermones in dem satirischen Spätwerk -, tritt Vergil als anregende Quelle zurück.! Das ist verständlich. Horaz ist - auch nach dem eigenen Sdbst verständnis - ein Meister der kleinen Formen, deren intimer Charakter dem Dichter Balde recht eigentlich den Mund öffnet. Nicht daß die vor den Lyrica (1 643) liegenden Werke ohne Bedeutung wäten,2 aber der große Ruhm beginnt mit der Horaz-Nachfolge, zu der ihn, wie man wohl sagen darf, die 1631 veröffentlichten �ricortIm /ibri qllallllor, Epodon liber IInlis a1terqlle epigrammallim des polnischen Jesuiten Kasimietz Sarbiewski (1 5951 640) inspiriert haben.3 Vergils Dichtung ist im Vergleich zu der des Lyri kers Horaz 'offizieller', auch wenn der streckenweise persönliche Charak ter der Werke, nicht nur der Bllco/ica, sondern auch der Georgica und der Aeneis, nicht zu verkennen ist. Unter diesen Umständen verdient es Beach tung, daß Balde in der 1 664 gedichteten Expeditio Polemico-Poetica sive Caslrllm 19norantitz Baotorum Arradllmqlle Regina a Poem Veteriblls ac Nouis
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Das Manuskript ist an einer Reihe von Stellen durch Thorsten Burkard dankens werterweise gefördert worden. Einzelhinweise gibt Andree Thill : "Vergil-Rezeption im Werke Jacob Baldes (1 604-1 668)", WJA 8, 1 982, 129-136 = Dies.: Jacob Balde. Dix ans de recherche, Paris 1991 (fravaux et Recherches des Universires Rhenanes 7), 43-51, die S. 44 "Vergilnachahmung als Ausdrucksmittel und Ausschmückung" und "Vergilnachahmung als Grundempfinden und Anschauungsverwandtschafr" un terscheidet. Leicht erweiterte Darstellung: Dies.: ,Jacob Balde et Virgile", HumLov 32, 1983, 325-341 = Dies. 1 991, 53-68. tiberblick bei WlIfried Stroh: "Plan und Zufall in Jacob Baldes dichterischem Lebenswerk", in: Thorsten Burkard ILa. (Hgg.): Jacob Balde im kulturellen Kon text seiner Epoche, Regensburg 2006 Oesuitica 9), 1 98-244, dort 201 -221 . Leiden 1631, Antwerpen 1 632. Vorangegangen waren �yri(ol1I'" /ibri tres, Köln 1 625.
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Obsessum, expug"alllm, wersunI Vergil den führenden Platz unter den römi schen Dichtern zuweist. Es dürfte von Interesse sein zu fragen, welche Rolle der Mantuaner in den der Expeditio vorausliegenden Werken spidt. Freilich können in diesem Rahmen nur einige Spuren verfolgt werden.
I. Stationen der Vergil-Rezep tion im frühen und mittleren
Werk In der zu Baldes Lebzeiten nicht veröffentlichten P u d i c i t; a v ; " di c a ta , SeN Tm virgi"es a S. Nicolao Episcopo dotata. Triplici StJlo Poiitamm Statii, Llca,,;, et Virgilii5 zeigt sich Balde mit Vergil vertraut.6 Es handdt sich um ein Frühwerk. 7 Drei Sprecher - es sind wohl wie im Regnum Poetamm Schüler aus Baldes Humanitas-Klasse am Münchener Gymnasiums - sollen eine Episode aus der Legende des heiligen Bischofs Nikolaus (der drei von einer verarmten vornehmen Familie in ein Bordell gesteckte Töchter mit Gold auslöst) im Stil von Statius, Lukan und Vergil in Verse bringen und vortragen. Zunächst äußern sich Statius und Lukan zu der Aufgabe. Vergil hat das nicht nötig:9 Virgilium nemo qurerere audebat, quid sentiret, quando torus mundus sciebat, omnia Virgilium esse, & posse omnia. Vergi1 wagte keiner um seine Meinung zu fragen, weil alle Welt wußte, daß VergiI alles bedeute und alles vermöge.
Vergil wird von vornherein eine Ausnahmestellung zugedacht, die über den späteren Ausgang keinen Zweifd aufkommen läßt. Es folgen Statius' 4
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Jacobi Balde e Societate Jesu Opera Poetica Omnia, Tomus I-VIII, München 1 729, Neudruck hrsg. und eingeleitet v. Wilhelm Kühlmann u.a., Frankfurt a. M. 1990, VI, 433. Die 1!xptditio (S. 433-475) wird wie alle anderen Werke Baldes nach dieser Ausgabe zitiert. Ihr folgen auch die Kursivierungen und die Majus kelschrifr. Balde, Opera (wie Fußn. 4), III, 305-31 7 (Seite 317 verheftet). Veronika Lukas: "Balde als Leser. Statius, Lucan und VergiI in der Plldicitia vindicatd', in: Burkard u.a. (wie Fußn. 2), 2006, 13-26. Georg Westerrnayer: Jacobu.� Balde, sein Leben und seine Werke. Eine literärhistorische Skizze, München 1 868, neu hrsg. \"On H. Pömbacher u.a., Ams terdam u.a. 1 998: zwischen 1 626 und 1 628; Wrilfried Stroh: Baldeana. Untersu chungen zum Lebenswerk von Bayerns größtem Dichrer, hrsg. von Bianca Jeanette Schröder, München 2004 (Münchner Balde-Studien 4), 309: 1627(?); Lu kas, 2006 (wie Fußn. 6), 1 4: im WInterhalbjahr 1627 / 1 628. Lukas, 2006 (wie FuUn. 6), 1 3. Balde, Opera (wie Fußn. 4), III , 306.
Jakob Baldc und der
IW 59 An das Zitat ist die falsche Angabe Jljntid L 2 angefügt. 60 Balde, Opera (wie Fußn. 4), VI, 459: 8f7IIis (so auch in der Au.�gabe von 1 664), wa.� wohl ein Druckfehler ist. Th. Burkard erwägt eine bewußte Anderung Baldes.
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26. [...] "W arum hat Ovid die Morgenröte genannt? Doch nur, weil er sofort, sobald er den Schlaf gerade erst abgewischt hat, zum Versemachen entschlossen ist. Sogar in aller Frühe wirst du ihn bei seiner fatalen Fruchtbarkeit bereit finden - so wie die Vögel bei Sonnenaufgang sofort nach dem Erwachen im Augenblick sich ankleiden, waschen, kämmen, schmücken und singen. Statius' ausgefeiltere Dichtung dagegen, die nicht ohne langsames Voranschreiten und Pomp ist, neigt zu einer gewissen Dunkelheit und atmet heiligen Schauder - besonders wenn die Weiffenfli�{fen lind mit langen Jeujzem das Gold trlÖnt.
Wie im übrigen die abendliche Dämmerung nicht ganz unerfreulich ist, so ergötzt die durch �rJah� viel durr:hwachte Thebais die gebildeten Ohren, mag sie auch einige Dunkelheit mit sich führen, die den Ungebildeten unangenehm ist. Glück auf, gelehrtester Dichter! Neapel, das dein Vater land ist, war meine Amme. Glück auf, sage ich, und greif am Abend, wenn du es vermagst, die törichten Feinde an und besiege sie. Es wäre ein Wun der, wenn die Esel das Wiehern des neapolitanischen Pferds aushalten konnten. Aber Persius' Nächte möchte ich niemandem empfehlen, um Sieg oder Ruhm des Namens zu erringen. Seine Satiren atmen dichten Nebel aus. Alles raucht von drückendem Dunst, der nicht nur den feindseligen, sondern auch den geneigten Leser erschreckt. 27. Persius' Werken stehen diametral entgegengesetzte Schriften gegen über, nämlich die C..laudians. Ich verkünde, daß nichts lichtvoller ist als sie. Er verwandelt tatsächlich die Nacht in Tag, ja wenn er die Pferde des Räubers aus der Unterwelt, Orphnaeus und Alastor, aus den innersten Höhlen der Erde hervorholt, leuchtet er mit strahlenden Versen. Wie streng blitzt und wie scharf leuchtet er im Verspotteten Eunuch! (Er hatte das Gesicht zu Iunius Iuvenalis gewendet, als wolle er seinen Neid anstacheln.) Wie glän zend ist die Wortfillle in der Wahl der iobreichen KonSllin! Ferner: Wie oft hat er ein Hoch�itslied gesungen oder Körbe mit Köstlichkeiten vom früh lingshaften Helikon entleert! Dann solltn die Rom der Jonne, dann die Jteme im ReiHn /l,efani! hahen und Teiche von Hon� und rliisse von Milch fJIIS ehm Boden /l,estromt stino Dann aIIch lachte Gafj?(jen mit mumen lind ehr schöne Duria mit rosenhestandenen llftm. "
Alle waren starr über diese Verkündigung Vergils. Daß er Statius gelobt hatte, habe sich dieser durch Unterordnung erdient - wie sie bei Claudian nicht gefunden wird. Aber wie unglaublich sei das denn! Der König der Dichter, das erste Gestirn des Goldenen Zeitalters, lobe dermaßen den vierhundert Jahre nach ihm Geborenen, den Sklaven, von dem man nicht wisse, ob er in Florenz oder Canopus geboren worden sei, als schon das Silberne zum Ehernen, wenn nicht Eisernen Zeitalter degeneriert sei? Warum
Jakob Balde und der
IW
79 Quin, formose Mycon, moesta tuae fata AmaryIlidis Fletu continuas, quem subitis imbribus haud ita Pridem rupi t hyems nos dirimens et tenerum gregem? Et iam caeruleo sol rediit purior aeth ere , 5 Iam turbata leves rursum animant rura favoflÜ, Et dulci strepitu frondiferis arboribus sonant.
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Te vero, iuvenis, bucolico carmine nobilem Silvae urbesque ferunt, te nemorum discere numina Et nymphae cupiunt. Quot patulis lutea frondibus Pendent serta tibi, sub tuguri cespite quot tui Servas pocu1a, quot fronte truces, spem generis, capros Omni rure, tuae, seit Lycabas, munera fistulae!
Myco'\;.
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Nil me dona movent, nil querulae nomen arundinis Et vanae Dryades, nec me iterum, Mops e, precor posce Amaryllida. Nil mortale canam, i am melior pectora vi s subit. Iam spirare polos, iam didiei ferre anirnis D eum.
Mopsus.
Quae Medea tibi quisve magus tlun cito pristinos Sensus eripuit? Tene valens cartnine mystico Ter Circe radio summa notans tempora contigit? !\IYCo,\;.
20 Tune impune viris obücias talia? Thessalae
Warum, schöner Mycon, fährst du nicht fort mit der Klage über den traurigen Tod deiner Amarylli s - der Klage, die der Wintersturm durch plötzliche Regen güsse vor gar nicht langer Zeit unterbrochen hat, indem er um und die junge Herde voneinander trennte? Schon ist die Sonne heller am blauen Himmel zu-
Simon Dach als neulateinischer Bukoliker
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rückgekehrt, schon beleben sanfte Winde aufs neue die aufgewühlten Felder und rauschen lieblich in den belaubten Bäumen. Wälder und Städte, junger Mann, verkünden aber deinen Ruhm in der Hirtendichtung, die Gottheiten der Haine und die Nymphen sind begierig, dich kennenzulernen. Alle die aus ausgebreite tem Laubwerk gewundenen gnldgelben Kränze, die /Ur dich aufgehängt sind, alle die Becher, die du unter der Rasendecke deiner Hütte verwahrst, und alle die un gebärdigen Ziegenböcke, Hoffnung ihres Geschlechts, auf dem ganzen Landgut: Alles das sind - Lycabas weiß es - Geschenke /Ur dein Aötenspiel. i\fyco".
Gaben beeindrucken mich gar nicht, nicht der Ruhm der klagenden Flöte und die banalen Dryaden. Verlange bitte auch nicht wieder von mir, Mopsus, daß ich Amaryllis besinge. Ich will nicht von Sterblichem singen, eine bessere Macht hat jetzt mein Herz ergriffen, jetzt habe ich gelernt, vom Himmel beseelt zu sein und Gott im Herzen zu tragen. Mopsus.
Welche Medea oder welcher Zauberer hat dir so schnell deine alte Denkungsart geraubt? Hat Kirke, die stark ist durch geheimen Zauberspruch, dich dreimal mit ihrer Rute berührt und oben am Kopf gezeichnet? I\Iyco".
Kanns t du ungestraft Männern derartige Vorwiirfe machen? Ich will gar nicht wissen, was die alten Frauen in Thessalien erforschen und ob es das W'alten der Hecate gibt, an das sie glauben. Zugrunde gehen sollen die, die solche Riten ab halten! Verabscheuungswürdige Namen sind mir das: der Greis Zopyrion, Euphorbus, Pterelas, sodann Pholoe, die mit Zaubergesängen den Mond vom Himmel zerrt, fihig ist, Toten das Leben zurückzugeben, die über das Schatten reich, über die obere Welt und das schwellende Meer gebietet und die, wie man sagt, mit einer Zauberformel Herzen verleitet. Das Innerste meines Herzens ist unbeirrt auf das Gute gerichtet, so wie mein Körper unversehrt ist. Ich, der ich lange ein Tor war, Mopsus, besitze nun aber gehörige Einsicht, seitdem unter günstigen Gestirnen der Knabe Daphnis da ist, den eine Jungfrau geboren hat, die noch mit keinem Mann geschlafen hatte. Mopsus.
Von welchem Knaben, von welcher Jungfrau sprichst du mir da, mein kleiner Mycon? Myco".
Von dem, nach dem die Hoffnung der Vorväter seit Erschaffung der Welt sehn süchtig, mit der Opferung von Rindem und mit Weihrauch, verlangte und den die Propheten in der Feme schon gesehen hatten. Mitten in der Nacht erschien ein himmlischer Bote mir und meinen Gefahrten, die wir ganz betäubt waren von seinem hell strahlenden Leuchten, und sagte uns, dal� Daphnis jetzt geboren sei und in einer ärmlichen Krippe liege; wir sollten zusehen, eilends nach Bethlehem zu gehen. Schnellen Schrittes machten wir uns sogleich auf den Weg, und als wir Daphnis gefunden hatten, bezeugten wir ihm ungesäumt mit demütigen Küssen unsere Verehrung. 0, welch herrliches Leuchten war in seinen stemengleichen Augen, welche Anmut ruhte auf seinen Wangen, Mopsus, welch ein Liebreiz auf
240
Lothar Mundt seinem blühenden Leibl Du würdest schwören, da.�s er Gott istl Seine Mutter aber saß dort und senkte anmutig die Augen, Jungfrau und doch Wöchnerin ge worden, und sie hielt ihr liebes Söhnchen sorglich mit zarter Hand, während sie es säugte. Ein alter Mann gab gerade in ihrer Nähe einem Esel Futter. Mopsus.
Jetzt erinnere ich Einfaltspinsel mich daran, daß mein Vater uns unter Tränen von diesem Knaben sehr viel zu erzählen pflegte: Er, der Stolz für die Nach fah ren !saaks, werde kommen a1.� Beschützer der Völker. Dann würden überall unter jedem Fuß Steine aus Gold und Juwelen sein, dann würden die wallenden Flüsse überfließen von frischer Milch und von reinem Wein, dann würde dem Vieh nichts mehr schaden können. MYcox.
Dies ist ebenjener Knabe: So verkünden es die himmli schen Jünglinge. Mopsus.
Also wird er würdig sein, Mycon, daß man ihm Wechselgesänge widmet. Mycox.
Längst schon denke ich darüber nach. Doch eine niedere Muse ziemt sich nicht für Gott, um dessen Lobpreis die himmlischen Heerscharen miteinander wettei fern. Mopsus.
Soll ich glauben, daß Gott von der kunstlosen Stimm e der Hirten nicht besungen werden will ? Einstmals trieb in diesem Gebirge auch der Sohn des !sai als Hirte die Schafe seines lieben Vaters, und dennoch rührte er die Himmlischen mit sei ner Flöte. Mycox.
Wer könnte schweigen, da doch Daphnis geboren wurde? Alles lässt Beifall er schallen. Auch die Wälder frohlocken mit Rauschen, die heiligen Eichen hallen wider, und die Flüsse strömen schnell mit fröhlichem Tosen. M opsus.
Daphnis macht alles neu, gibt Glanz den Feldern und dem Vieh. MYcox.
Von seinem Himmel her bringt Daphnis ein glückliches Geschick mit, und mit goldenen Pferden fUhrt er ein Zeitalter herauf, das besser ist als das frühere. Die Erde wird mit der Pflugschar nicht den Bauern und nicht den Ochsen zermür ben. Von selbst wird das Getreide wachsen, den Most werden seine Kufen nicht fassen. Kaum wird das Schaf das Gewicht des purpumen Vlieses tragen können, kaum die Ölbäume ihre Beeren. Die Bäume werden schwanken unter den allzeit vorhandenen Früchten, die Weiden jetzt BaI.�am hervorbringen. Sogar von der unfruchtbaren Platane wird ein öliger Strom von Myrrhe fließen, und jeder Bo den wird ohne Unterschied fruchtbar sein und Rosen und purpurrote Veilchen tragen .
Mopsus.
Der Friede und die das Recht liebende heilige Treue bewohnen wieder da.� Land,
Simon Dach als neulateinischer Bukoliker
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der Straßenräuber liegt nicht mehr auf der Lauer, schändet nicht mehr die Wege mit Blut, der Reisende trägt seinen Besit:2 offen in Händen und lässt überall ge fahrlos seinen Gesang in die freie Luft erschallen. Mvcox.
)et:2t schweift das Schaf inmitten harmloser Löwen umher, und die übermütige Ziege fürchtet nicht das reißende Maul des wilden Wolfes. Das ausgelassene Rind und die Kuh trinken aus unverseuchten Flüssen und rupfen und zermahlen mit ihren Zähnen keine vergifteten Kräuter. Weder das Vieh noch die Menschen ha ben eine zehrende Seuche zu befürchten. Mopsus.
Also wird, ersehnter Knabe, kein Tag deine Herrlichkeit rauben können. Solange sich die sparsame Biene am Thymian erfreut, die Wiese am Gras, der Hain am le bendigen Quell, der kurze Frühling an purpumen Blüten, so lange wird dein Ruhm stets in unseren Herzen leben. MYcox.
Solange die schwarze Nacht auf den Tag folgt und der Winter auf den staubigen Sommer, solange in den Flüssen immerfort eine neue Welle die alte überwall t, so lange werden wir dich anrufen mit dem Blut eines Kalbes und mit Milch. Mopsus.
Knabe, wachse glücklich heranl Wie groß wirst du sein, wenn deine Zunge reinen Honig wird fließen lassen, indem sie uns lehrt, um welche Angel sich unser Heil und Leben dreht, welcher Weg in den klaren Himmel führt, - wenn du, einzigar tiges Ucht, den Blinden den rosigen Schein des Tages, den Lahmen den Ge brauch der Beine, denen, die zuvor kein Wort sprechen konnten, die Stimme und denen, die schon der Tod bezwungen hat, das Leben zurückgibst. Dann wirst du mit der Hand das Toben des Sees bezähmen, das von Wellen rau.�chende Meer trockenen Fußes überqueren, dann wirst du einer großen Volksmenge mit einer geringen Menge Brotes ihren unbändigen Hunger stillen, ja du wirst der Herde wilder Dämonen ein Schrecken sein: Du wirst sie zähmen und deinem Befehl un terwerfen. Mvcox.
Ach, wie so gar keinen Dank gibt es auf Erden, der deinen Verdiensten gleich kämel )et:2t frierst du schaudernd in Finsternis und Kälte, elend bedeckst du dich mit armseligen Lumpen, deine Glieder '\""e rletzt ein rauhes Lager. Später wird man dich, ausgesetzt dem Hohn der Hohenpriester und den Grimassen des Pöbels, anklagen, Daphnis, und zum Kreuzestod verurteilen. Doch wenn sie dich un schuldig mit den eichenen Balken erhöhen werden, so nimm uns bitte mit dir fort - zu welchem Geschick auch immer, wir werden wir dir folgen! Mopsus.
Hirte, treibe das Vieh zu.�ammen ! Der Abend senkt sich schnell vom Himmel herab. In der Ferne steigt Rauch auf vom Landhaus, und Nisa erwartet mich zu Hause schon längst zum Essen. Morgen werden wir noch einmal zum Gesang auf der Rohrpfeife spielen.
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Simon Dach
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Lothar Mundt
3.2. Die Osterekloge (1 652) IESU CHRISTO aetemo Dei filio post ignominiosissimam mortem Peccatorum, mortis atque inferni ttiumphatori gloriosissimo, Redemptori nostm optimo maximo.
Celadon. Sarnis.
CRLADON.
Est vem, ut teferunt, vivit io Daphnis ab inferis Cocytoque redux, et querulus, Sarni, tuum coquit Cot mentemque dolor? Sat Iachrymis hactenus e.�t datum. SARNTS. Ne te fama loquax deeipiat tarn eito credulum. 5 Quos trux imperio mors, Celadon, iam domitos premit, Victuros iterum ctedere me tarn facile autumas? Quid, Iotdanis aquae si tepetant fontis originem Et sol hesperio mane caput ptomat ab aequore, Mitum pattutiant virus apes et me! araneae? CRLADON.
10
15
Ergo, Sarni, tuam difficilis demoter ut fidem Et turbate meam te patiat Iaetitiam? Seio Et credo. Quoties vivus adhuc ipse neei c1atis Viram restituit dexterl Ego non seme! bis meis Vidi luminibus, quos tenebris atra subegetat Iam mors, tursus in hunc isse diem munere Daphnidis83• Cteclas esse Deum, cut nequeat teddere sidera < l v > Surgens ipse sibi? Nam toties se fore tertia Vivum luce suis diseipulis faUere neseius Affirmarat.
SARNTS. 20
Ut hoc edocear, die agedum mibi Id quo teste ptobes? Nam solitum mim nec omnium AdmissUta fidem saepe videns obstupui edere.
83 Daphidis Originaldtuck.
Simon Dach
als neulateinischer Bukoliker
CF.L\DON.
25
Viderunt Cephalus, turn Dorylas et prior Herpylis. His adde et Diophan, his Lycaban atque Palaemona Pastores fidei non dubiae. Quin Galilaeida, Si visum est, venias, quo subitus iam tetulit gmdum.
SARNIS. Mirabar, ttemulum quidnam hodie concuteret solum, Festinaret equis sol solito splendidioribus. Excepere suum laetitia terra polusque herum. CF.L\DON.
30
Fulgentes etiam siderea luce sate1lites Descendisse ferunt, et turnuli pondera saxei Laxasse, excubüs attonitis et fugientibus.
SARNIS. In vitam quoniam nune redüt, cur plaeuit mori? CF.L\DON.
35
Respondit follis ista Deo fata parantibu.� Iamdudum, rabidi nobilior pastor ut ex lupi Rictu dente ttuci eomminuendum assereret gregem.
SARNIS. Sie olim Isaides Upilio, cum ferus hine leo, I1line ursus oves ore minax diriperent, eos Comprensos iuvenis magnanimo robore perculit Assertor patrii, sie memorant, intrepidus gregis. CF.L\DON.
40
Non se David huie, quem eanimus, Sarni, ferat parem Pastori, Tityum mole lieet terribili puer Deiecit, decies mil1e viros unu.� agens rnanu.
SARNIS. Pastorum quis enim sese avidis obüciat lupis, Et solum innumeris, ferre necem non dubius, suas 45 Ut conquirat oves per nemora et tesqua diu vagas?
to a mighty lord to speak over much of the coming of one who will, if he comes, claim the kingship. Is that enough?' 'Kingship?' said Pippin amazed.
"(es,' said Gandalf. 'If you waIked aII these days with closed ears and mind as leep, wake up nowl'67
Nicht wenige Leser werden Pippins Erstaunen teilen - aus diesem Grunde hält der Erzähler es ja auch fiir nötig, so kurz vor dem Ende der Ge schichte durch Gandalf auf diese dementaren Dinge hinzuweisen: Seit dem Rat von Elrond könnte man wissen, dass Aragom Anspruch auf die Königswürde erheben wird, aber man bemerkt es nicht oder vergisst es wieder, weil es anscheinend keine Bedeutung hat Aragom sdber zögert den Augenblick, sich in Gondor offen als König zu erkennen zu geben, sdbst noch nach Denethors Tod hinaus.68 Aragom zeigt also in Hinblick auf seinen Rang und Anspruch große Zurückhaltung, die allerdings nie mit einem Mangel an Sdbstvertrauen oder Entschlossenheit zu verwechsdn ist; und in beidem gleicht er Aeneas.69 Aeneas betrachtet es als seine Hauptaufgabe, die Penaten nach Italien zu bringen und fiir sein Volk eine neue Heimat, fiir seinen Sohn eine Zukunft zu schaffen. Unterdessen vermeidet er es, sich sdbst König zu nennen; kurz vor dem entscheidenden Zweikampf erklärt er sogar, er sei nicht ausgezogen, um fiir sich ein Königreich zu gewinnen: nec mihi regna peto (Aen. 1 2,1 90). Er "sieht sich in der Rolle des Wegbereiters, ist
Vgl. C'hersieht, § 3 und 1 5. Das bezieht sich auf Boromirs Tod (LR, III 1); s. Übersicht, § 1 1 . LR, V 1 , S . 784 [dt. S . 23]. VgL LR, V 8, S. 895ff. [dt. S. 1 52ff.]: Selbst nach der siegreichen Schlacht hält Aragom die Zeit fiir diese Erklärung noch nicht fiir reif, denn sie könnte, wäh rend der Krieg noch nicht gewonnen ist, Kon flikte zwischen den Verbündeten heraufbeschwören (vgl. insbes. S. 895). Aueh damit stellt Aragom das Allg e meinwohl über die eigenen Interessen. 69 VgL Markus Schauer: Aeneas dux in Vergils Aeneis. Eine literarische Fiktion in augusteischer Zeit, München 2oo7, 1 77, der das Nebeneinander aus Zurückhal tung und Sendungsbewusstsein bei Aeneas so zusammenfasst ,,Aeneas ist sich also seiner Führungsstellung und seiner göttlichen Herkunft wohl bewusst. Auch wenn er den Königstitel nicht benutzt und stattdessen seine piew betont, also seine Verantwortung [ . . . ], betrachtet er sich aL� vom Schicksal bestimmten An führer, der [ . . . ] ein Königtum errichten soll."
65 66 67 68
Tolkicns Tb. Ipm oftb. Rings als Epos in vergilischer Tradition
383
das Ziel aber erreicht, will er kein König sein. "70 Während indessen Aeneas auf seinem Weg zum Ziel vieles aufgeben muss, liegen für Aragorn Glück und Pflicht in der gleichen Richtung: Aragorn widmet sein Leben dem Kampf gegen Sauron, im Vertrauen darauf, dass sich das Üb rige, wenn das Schicksal es so bestimm t hat, von selbst daraus ergibt; und so geschieht es dann auch.71 Aber für beide steht der persönliche Erfolg nicht im Vordergrund ihres Strebens; beide Helden stellen labor und pieta.r, die Mühen, die sie für andere auf sich genommen haben, über rein per sönliche Interessen. Morse folgt in seiner Untersuchung einem traditionellen und zum Teil auch schematischen Bild des Aeneas, demzufolge dieser mit dem Gang durch die Unterwelt Zaudern und Zweifel überwindet und eine Verwand lung "from a reluctant man of destiny into a willing warrior of the fate" erlebt.72 Aragorn entspricht durchaus dieser Beschreibung des gereiften Aeneas der zweiten Eposhälfte, denn er ist zu keiner Zeit "a reluctant man of destiny" und nimmt am Ende seiner Mühen erfreut das entgegen, wo für er gekämpft hat. Indessen erlebt Vergils Aeneas nicht nur in der ersten Eposhälfte, wie Morse meint, sondern bis zum Ende Momente des Zwei fels und der Trauer. Und auch dieser andere Aeneas hat im LR seinen Nachfolger gefunden: in Frodo, dem Hobbit.
70 Vgl. dazu Schauer, 2007 (wie Fußn. 69), 1 73-1 77, hier 1 77. 71 Das Schicksal ebnet ihm nicht nur den Weg zu Arwen, auch in vielen Details und Nebenhandlungen ist Aragorn glücklicher als Aeneas. Vor allem räumen seine Rivalen um die I\Iacht in Gondor, Boromir und Denethor, ohne sein Zutun das Feld, indem sie auf unterschiedliche Weise durch die Macht Saurons in Versu chung gefiihrt, getäuscht und getötet werden (vgl. Übersicht, § 1 1 und 1 5) . Boromir scheint dazu prädestiniert, di e Rolle des Turnus zu übernehmen, doch der Zweikampf, der das Ende der Aentis yerdunkelt, bleibt Aragom erspart. In seinem ersten Entwurf hatte Tolkien bezeichnenderweise einen solchen yorgese hen, "gI. J .R.R. T., Hisw'J' VII , 1 989 (Tbt Treason �l lsenJ!.ard [wie Fußn. 1 0)), 212: "What about Boromir? Does he repent? [ . . . ] No - slain by Aragorn". 72 Morse, 1 986 (wie Fußn. 1 4), 17. Mit dieser fast allgemeinen Auffassung vom "passion-prone Aeneas in book 1 -6 [who] becomes a determined and controlled Aeneas in book 7-12" setzt sich etwa Lyne auseinander: R.O.A.M. Lyne, "Vergil and the politics of war" , in: Stephen J. Harrison (Hg.): Oxford Readings in Ver giI's Aeneid, Oxford u.a. 1 990, 31 6-338, hier 337. Vgl. auch Schauer, 2oo7 (wie Fußn. 69), 1 40-1 55, sowie Gabriele Thome, "Tanton placuit concurrere motu,/Iuppiter, aeterna gentis in pace futuras? (Aen. 1 2,503f.). Der Krieg in Vergils Aeneis", in: AClass 36, 1 993, 65-8 1 .
384
Silke Anzinger
7. Die Motive der handelnden Personen: Frodo und der
Auftrag des Schicksals Aeneas gewinnt im Laufe seiner Fahrten Klarheit über die Absichten der Götter und des Schicksals und erntet schließlich wie Aragorn den Llhn von pietas und Iabor. Aber diese Ernte kommt letztlich anderen zugute Ascanius und dem Volk der Troer -, und man mag durchaus zweifeln, was das 'Happy End' für ihn persönlich bedeutet, wenn er kurz vor dem Ende Ascanius gegenüber sein Leben so charakterisiert: 'disce, puer, virtutem ex me verumque laborem, fortunam ex alii s .' (Aen. 1 2,435f.)
Es ist dieser andere Aeneas, der sich in Frodo wiederfindet, gerade auch Ende des LR Frodo ist es, dem die "Bürde" des Ringes auferlegt wird und der damit einen schicksalhaften Auftrag erhält, den er nicht begehrt hat. Das Schick sal zwingt ihn, die Heimat zu verlassen; es ist eine Flucht und ein Exil, kein Abenteuer.73 Er selbst charakterisiert seine Situation als eine Art An ti-Queste: am
'For where I am to go? [ . . . ] What is to be my quest? Bilbo went to find a trea sure, there and back again; but I go to lose one, and not return, as far I can see.'''
Wie Aeneas, enthüll t sich ihm das Schicksal erst nach und nach. Er weiß, dass Sauron nach ihm und dem Ring sucht, und geht zunächst nach Rivendell, ohne eine klare Vorstellung von dem, was ihn danach erwarten könnte. In der Beratung bei Elrond wird dann geklärt, dass der Ring we der verborgen noch zum Guten benutzt werden kann, sondern vernichtet werden muss.75 Doch wer soll den mühevollen Weg zum Schicksalsberg auf sich nehmen? Auf diese Frage Bilbos folgt ein langes Schweigen, und so wird der Ringttäger ausgewählt: No one answered. The noon-beIl rang. Still no one spoke. Frodo glanced at aII the faces, but they were not turned to him. All the Council sat with downca.t eyes, as if in deep thought. A great dread feil on him, as if he was awaiting the pronouncement of some doom that he had long and vainly hoped might after aII never be spoken. An overwhelming longing to rest and remain at peace by Bil-
73 Im Einzelnen hierzu Morse, 1 986 (wie Fußn. 14), 1 - 1 6. 74 LI{, I 3, S. 79 [dt. S. 90] . ..There and back again" zitiert den Originaltitel des Hobbit, .. The Hobbit or Thtre and Back A/l,din". Frodos AuBetung spielt damit auch auf die Gattungsfrage an: Wir haben es nicht mit einer Queste-Erzählung zu tun, wie es Der Hobbit, die Erzählung von Bilbos Abenteuern, war. 75 VgL Übersicht, § 5-7.
Tulkicn. Tb. Lord of the Rings als Epus in " crgilischc:r Traditiun
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bo's side in Rivendell fille d al1 his heart. At last with an effort he spoke, and wondered to hear his own words, as if some other will was u.�ing his small voice. 'I will take the ring: he said, 'though 1 do not know the way. '7.
Frodo drängt sich weder nach dem Ring der Macht, der - anscheinend durch Zufall in seinen Besitz gelangt ist, noch nach dem Auftrag, der Mü he und Gefahr bedeutet: das Pflichtgefühl trägt den Sieg davon.77 Schick sal und freier Entschluss halten sich die Waage: Es geschieht nichts, was nicht psychologisch erklärt werden kann, vor allem aus der Situation eines drückenden Schweigens heraus, das dringend nach einem erlösenden Wort zu verlangen scheint. Auch das Gefühl, dass einem in einer solchen Situation die eigene Stimme fremd ist, liegt nicht jenseits der gewöhnli chen Erfahrung. Und doch vermittelt Frodos Entscheidung stark den Eindruck, ihm zugleich von einer höheren Macht eingegeben und gerade zu in den Mund gelegt worden zu sein.78 Er erwartet erst eine "Verkündi gung des Schicksals" und spricht diese dann selbst aus, doch mit dem Gefühl, als sei nicht er es, der spricht. Und Elrond bestätigt seine Ent scheidung und hebt dabei das Zusammenspiel von Bestimmung und frei em Willen abermals hervor: 'I think that this ta.�k is appoinred for YOll, Fmdo; and if you do not find a way, no one will [ . . . ] But it is a heavy burden. So heavy that none could lay it on another. 1 do not Iay it on you. But if you take it freely, 1 will say that your choice is right; and though al1 the mighty e1f-friends of old [ . . . ] were assembled together, your seat should be among them."9 .
76 LR, 11 2, S. 288 [dt. S. 329] . 77 Ahnlich kommt Aeneas wie von selbst zu seinem Amt als Anfiih rer der Troer; die Troer machen ihn dazu, eben indem sie ihm folgen - und er seine Rolle an nimmt (vgl. Schauer, 2007 [wie Fußn. 69], 1 36ff:). 78 Es gibt im LR keinen epischen Götterapparat, obwohl es nicht stimmt, dass überhaupt keine Götter vorkommen (vgl. oben Fußn. 29). Auf diesen Komplex kann hier nicht im Einzelnen eingegangen werden; vgL dazu Colin N. Manlove: "Der Herr der Ringe", in: Peseh, 1 984 (wie Fußn. 3), 91-121, hier 95f. Hier sei nur angemerkt, da.�s sich Tolkien, was das Eingreifen höherer Mächte in das Le ben und die Entscheidungen des Einzelnen und in die Geschichte angeht, sehr bedeckt hält. Selbst Gandalf, der am ehesten darüber Bescheid weiß, wagt keine sicheren Behauptungen aufzustellen, sondern deutet lediglich an, da.�s z.B. die Tatsache, dass der Ring ausgerechnet zu Frodo gelangt ist, mehr als nur ein ab surder Zufall sein könnte. So finden wir in diesem Bereich stets eine Art doppelte Motivation vor - d.h. dass da.� Eingreifen des Übernatürlichen immer auch von der Situation und den Charakteren her motiviert ist - wie man sie ähnlich auch bei Vergil antrifft. 79 LR, 11 2, S. 288 [dt. S. 329] .
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Silke Anzinger
Wie Aeneas, ist auch Frodo keine "Marionette des Schicksals", er hat sich frei entschieden. 80 Das Aufsichnehmen der Mission gewährt Frodo, ob wohl er nur ein Hobbit aus dem Auenland ist, einen Platz in den Reihen der alten Helden: labor erwirbt gloria. Doch ist der Ruhm ebenso wenig Frodos eigentliches Ziel wie das des Aeneas. Es ist diese Konstruktion von fatum, pietas und labor, also eines göttli chen Auftrags, für den der Held auserwählt wird, den er aber auch be wusst und willig annehmen muss; der zum Ruhme führt, aber Mühe bein haltet, der anderen nützt, aber für ihn selbst den Verlust von Heim, Herd und Privadeben bedeutet, was den IR schon auf den ersten Blick und evident mit der Aeneis verbindet. Und es ist genau diese vergilische Grundkonstruktion und Motivation, deren Erfindung (oder Nacherfin dung) es Tolkien überhaupt erst ermöglichte, das Buch so zu schreiben, wie es ist: als eine "heroic romance", anstelle der märchenhaften Abenteu ererzählung, die ursprünglich geplant war. 81
8. Den Weg zu Ende gehen Das Motiv oder die Idee des harten Weges, den Frodo zu Ende gehen muss, setzt sich in der ganzen Erzählung fort, und hier ließen sich nicht nur im Gedanken, sondern auch in der Formulierung zahlreiche Parallelen zur Aeneis anführen. Vicit iter dumm pietas (Aen. 6,688) trifft auch auf Frodo zu, sowie in den letzten Büchern auf Sam, Frodos Begleiter auf dem letzten bitteren Weg nach Mordor; denn während Frodo in Mordor immer schwächer wird, ist es Sam und seine Liebe zu Frodo, die alle Schwierigkeiten und Anfechtungen überwindet.82 Frodo ist dazu bestimm t, den Weg zu finden, auch wenn er durch nichts, jedenfalls nicht durch Klugheit, Tapferkeit, Heldenkraft oder Her-
80 Bedenkenswett ist hierzu allerdings die grundlegende Kritik von Manlove, 1 984 (wie Fußn. 78), 97ff.: Die Willensfreiheit bleibe nur eine Behauptung, weil Frodo in Wahrheit gar keine Wahl habe und de facto nur als I\Iarionette agie10e - ähnli che Kritik ist auch gegen die Aeneis vorgebracht worden. Ein Hauptpunkt von Manloves Kritik lautet, dass Frodo trotz aller Schwierigkeiten, die er meistem muss, sich doch immer richtig entscheide (S. 1 00) und so ein echte10 Konflikt zwi schen seinem Willen und dem des Schicksals - wie e10 etwa bei Aeneas durchaus vorkommt, z.B. in Karthago - gar nicht erst entstehe. 81 Vgl. dazu Fußn. 24. 82 Zu Sam s. Übersicht, § 3, 1 1 , 17. Zu Sams piefas vgl. insbes. LR, IV 10 �,The choices of I\Iaster Samwise'') und natürlich Buch VI passim.
Tolkicns Tb. I.orrI oftb. Rings als Epos in vcrgilischcr Tradition
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kunft, dazu prädestiniert scheint. 83 Frodos Leistung erweist sich vor allem darin, unbeirrt weiterzugehen, im Bewusstsein seiner Pflicht und im Ver trauen auf das Schicksal. Dieses Vertrauen ist nicht unbedingt jenes ermu tigende Gefiihl , dass am Ende alles gut werden wird, sondern eine harte, grimmige Unbeugsamkeit, selbst in hoffnungsloser Lage nicht aufzuge ben.84 Nachdem Frodo und Sam sich von der Gemeinschaft getrennt ha ben,85 scheinen sie den Weg zu verlieren, denn sie quälen sich tagelang durch ein ödes Gebirge, ohne vorwärtszukommen. Sam ist bereits der Verzweiflung nahe; doch Frodo, obwohl er auch nicht weiterweiß, sagt zu ihm: 'It's ml' doom, I think, to go to that Shadow l'onder, so that a wal' will be found."'6
Eine solche Schicksalsergebenheit geht über die des Aeneas noch hinaus. Eine fast wörtliche Entsprechung zu Frodos Worten findet sich auch in der Ameis, doch ist es nicht Aeneas, der sie spricht, sondern Jupiter: fata viam invcnient (Aen. 1 0, 1 1 3). Es ist Jupiter, der hinter den widerstreitenden Partialinteressen das Schicksal weiß; obgleich er im Augenblick keine Möglichkeit sieht, ihm zum Siege zu verhelfen, weiß er doch, dass es sich verwirklichen wird. Was also auf den ersten Blick als Ohnmacht Jupiters erscheinen könnte, ist in Wahrheit ein Zeichen seiner Stärke. 87 Dass Jupi83 Schon zu Beginn sagt Gandalf auf Frodos Frage, warum er auserwählt wurde: "You may be sure that it was not for an)' merit that others do not possess: not for power or wisdom, at any rate. But you have been chosen, and you must therefore use such strength and heart and wits that you have." (LR, I 2, S. 74f. [dt. S. 84]). 84 Wobei diese Haltung auch durch den BeowlIll bzw. durch das, was Tolkien als "Northem theory of courage" definierte, inspiriert sein mag (vgl. J.R.R.T., Beo wulf 2006 [wie Fußn. 9], 20f.). 85 Vgl. Übersicht, § 1 1 . 8 6 LR, IV 1 , S . 628 [dt. S. 240]. Vgl. Frodos spätere Außerung: 'Still we will have to try [ . . . ]. I never hoped to get across. I can't see any hope of it now. But I've still got to do the best I can' (LR, VI 2, S. 959 [dt S. 225]. 87 Gerade in Aen. 1 0,100ff. wird die Macht und Autorität Jupiters besonders deut lich, etwa durch die Art, wie er allein durch sein Auftreten die anderen Götter zum Schweigen bringt. Nach Reinhold Glei: Der Vater der Dinge. Der Krieg in Vergils Aeneis, Trier 1991, 216, gibt Jupiter hier "die stoische Devise aus, nach der alles vom Logos vorherbestimmt ist"; und dass er "den fata ihren Lauf lässt, ist also kein Zeichen schwachen Führungsstils, sondern hat Methode: Eine Par teinahme des höchsten Gottes wäre seinem \l;-'esen unangemessen". (Für die These der Führungsschwäche verweist er auf Gordon \l;-"illiams: Technique and ideas in the Aeneid, New Haven u.a. 1 983, 1 0; Williams schreibt an der Stelle ab er nur: "That is, he [Juppiter] reasserts the distinetion between events in the short
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ters Haltung im LR vom Protagonisten sdbst repräsentiert wird, über rascht auf den ersten Blick, ist aber letztlich eine logische Konsequenz des Fehlens eines Götterapparats im LR: Die Auffassung des Schicksals ist jener der Aeneis ähnlich, aber es gibt keinen Mittler zwischen dem Fatum und den Menschen, keinen Adressaten für Gebete. Im Gegensatz zu Aeneas hat Frodo niemanden, mit dem er hadern könnte; er kann nur weitergehen oder aufgeben.
9. Das glückliche und das unglückliche Ende Wie schon gesagt, entspricht Frodo der 'anderen Seite' des Aeneas: Ist Aragorn derjenige, der einschlägige Voraussetzungen zum epischen Hd den aufzuweisen hat mit seiner göttlichen (bzw. in seinem Fall: dbischen und königlichen) Abstammung, seinem Charisma und seiner erprobten kriegerischen Tüchtigkeit, so entspricht Frodo dem Privatmann Aeneas, wie er in Troja war, geachtet, aber kein Mitglied der Herrscherfamilie, kein Amtsttäger und ohne erkennbare Anwartschaft darauf. 88 Besonders deutlich wird diese Zweiteilung am Ende des LR Wir ha ben schon gesehen, dass Aragorn das glückliche Ende der Aeneis zu kommt: die Früchte des Sieges über den Dunklen Herrscher und der so erreichte Frieden, die Königsherrschaft und die Hand der Prinzessin bzw. Elbin, wodurch die Gründung einer neuen Dynastie erst möglich wird. Frodo hingegen erreicht scheinbar das, was Aeneas versagt bleibt: nach Troja zurückzukehren und es wiederaufzubauen (vgl. Aen. 4,340ff.). Wie deraufbau ist jedenfalls auch im LR nötig: Als die Hobbits am Ende ins Auenland zurückkehren, stellen sie fest, dass Diener der dunklen Seite auch hier eingedrungen sind und Schaden angerichtet haben. Und so erle ben auch die Hobbits zum Schluss noch ihre eigene 'iliadische Hälfte' in nIlce, die freilich mit demsdben oder besserem Recht als odysseische be zeichnet wäre,89 indem die Hobbits, im Ringkrieg geschult, nun die Prasser und Unterdrücker aus ihrem eigenen Lande hinauswerfen. Doch Frodo bleibt an dieser Wiedergewinnung der Heimat merkwür dig unbeteiligt. An den Kämpfen nimmt er nur teil, um sie zu zügdn und einen Bürgerkrieg, das Töten von Hobbits durch Hobbits, zu verhintenn , which an be influenced, and the long-term pattern of destiny, which can not [ . . . ] Juppiter's will canno t be other than identical with fate, even if he does nothing [0 assert it. ") 88 VgJ. Schauer, 2007 (wie Fußn. 69), 1 36ff. 89 Was freilich auch für die Atnm selbst gilt: zur Frage der 'odysseischen' und 'iliadischen Hälfte' der Aeneis vgl. Suerbaum, 1 999 (wie Fußn. 29), 143ff., 149.
Tolkicns Tb. Ipm oftb. Rings als Epos in vergilischer Tradition
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dem;90 an seinem Ruhm liegt ihm ebensowenig wie an seiner sozialen Stellung und am Bürgermeisteramt: nec mihi regnapekJ (Aen. 1 2, 1 90).91 So werden im Auenland seine drei Gefahrten schließlich berühmter als er selbst, besonders Sam. Sam, aus kleinen Verhältnissen stammend, heiratet eine Bauerntochter und wird der Begründer einer - für auenländische Verhältnisse - wohlhabenden und bedeutenden Familie; in späteren Jahren bringt er es, wie die Anhänge verraten (aber auch Frodo einmal prophezeit) zum Bürgermeister. Frodo hingegen hat wenig Ruhm, keine Nachkommen, sein Haus überlässt er Sam. 92 Obwohl er in die Hei mat zurückkehren durfte, wird er in ihr nicht mehr heimisch. Nicht un ähnlich Aeneas, der sich virtus, aber nicht fortuna zuschreibt, sagt Frodo am Ende zu Sam: 'I have been too deeply hurt, Sam. 1 tried to save the Shlre, and it has been saved, but not for me. It must be often so, Sam, when things are in danger: some one has to give them up, lose them, so that others may keep them.'''
Das Verblassen seines Namens gleicht auf eigenartige Weise der Zukunft der "Übergangsfigur" Aeneas:94 Aeneas müht sich für die Troer und für Ascanius-Iulus, und Iulus, nicht Aeneas, wird zum Begründer und Na mengeber der julischen Dynastie, während die Troer Namen und Identität verlieren und sich mit den Italikern vermischen. Die entscheidende Gemeinsamkeit besteht darin, dass es weder Frodo noch Aeneas vergönnt ist, das Erreichte lange zu genießen. Aeneas sollen nach dem Sieg noch drei Jahre zu leben bleiben (Aen. 1 ,265f.); und das entspricht auch etwa der Frist, die Frodo nach seiner Rückkehr ins
90 Morse, 1 986 (wie Fußn. 1 4), 25, erblickt zu Recht darin und besonders in Frodos Gnadenakt gegenüber Sarurnan (s. Übersicht, § 12 und 19) einen Gegensal2 zu Aeneas und der Schluss szene der Aeneis; es sei aber daran erinnert, dass auch Aeneas im XII. Buch vor alle m versucht, die neu ausbrechende Kampfeswut, nachdem die Entscheidung durch Zweikampf bereits beschlossen ist, zu verhln dern (Aen. 1 2,31 1 ff.) . 91 Frodo wird stellvertretender Bürgermeister, doch nur für kurze Zeit und nur, um die Vorkriegsordnung im Auenland wiederherzustellen - gewissermaßen rei pub/jcae resnlflendae ct1llSa. 92 Zu Frodos Rückzug vgl. LR, VI 9, S. 1 063 [dt. S. 345]: "Frodo dropped quietly out of all the doings of the Shlre [ . . . ]" 93 LR, VI 9, S. 1 067 [dt S. 349]. Vgl. Sarumans Prophezeiung in LR, VI 8, S. 1 057 [dt S. 338]: 'Do not expect me to wish you health and long life. You will have neither. But that is not my doing. 1 merely foretell.' 94 Vgl. Schauer, 2007 (wie Fußn. 69), 83ff.; 91 ; 271 f.; Suerbaum, 1 999 (wie Fußn. 29), 1 99, spricht von "eine[r] Art Selbstaufgabe".
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Auenland noch zugemessen ist 95 Beide hinterlassen kein Grab. Aeneas wird zu den Göttern entrückt, und Frodo erhält die Erlaubnis, mit den EIben zu den unsterblichen Inseln im Westen zu segeln, um dort geheilt zu werden - unübersehbar eine Todesmetapher. Es ist eine Auszeichnung, aber zugleich ein Verschwinden, ein Abschied von der nicht wiedergefun denen Heimat, endgültiger noch als der Tod.96
1 0. Die Nekyia
-
von
der Wanderung zum Kampf
Einen Götterapparat gibt es im LR. nicht, und es gibt auch keine Unter welt im antiken Sinne. Gibt es aber dennoch so etwas wie eine Unter weltsfahrt? Der LR. ist reich an dunklen, unheimlichen Orten, die in die Tiefe füh ren und in der einen oder anderen Weise unterweltlichen Charakter zu haben scheinen: z.B. die Hügelgräberhöhen, Moria, die Totensümpfe, vielleicht auch Cirith Ungol. Nicht alle diese Orte sind jedoch Symbole oder Entsprechungen der klassischen Unterwelt, auch wenn zu ihrer Be schreibung entsprechende Topoi benutzt werden.97 Moria ist gewiss "darkness, hollow and immense",9H und vieles, was Frodo in den Totensümpfen oder in Mordor selbst sehen muss, ist eben falls düster und nimmt in einer langsamen Steigerung an Dunkelheit im mer noch zu; aber sowohl Moria als auch Mordor gehören sehr eindeutig
95 VgL das letzte Kapitel des LI{, VI 9, sowie die tabellarische Chronologie in den Aflhäflgen (wie Fußn. 6, Anhang B: Die Alljzähumg der Jahn, hier das Jahr 3021/ A.Z. 1421). 96 In ihrem Fluch charakterisiert Dido die Zukunft des Aeneas zwar einseitig, aber nicht verkehrt; das fehlende Begräbnis findet sich demnach auf der Negativseite der Bilanz seines Lebens: fltC t . .] nJl!lo aNt optata lila ftwatur, / Ied cadal aflle mtm mediaqNe iflhllmahls harena (Aen. 4,619f.). 97 Vgl. etwa Obertino, 1 993 (wie Fußn. 1 3), der Bezüge zwischen der Katabasis des Aeneas und der Wanderung durch die Minen von Moria (LI{, 11 4-5; vgI. ('her sicht, § 9) herstellt, wobei er vor allem auf die Archetypenlehre von c.G. Jung und dessen Schüler Erich Neumann zurückgreift Er entdeckt gewisse Ähnlich keiten zwischen der Beschreibung der Umgebung von Moria und der des Ein gangs zur Unterwelt (Aen. 6,237ff.), die jedoch eher unspezifischer Art sind; Tol kien orientiert sich hier allenfalls an einer allgemeinen Topik des Ioats horridllS, die unter anderem auch den Eingang zur Unterwelt in der Atfltü kennzeichnet (vgl. dazu Verf., 2007 [wie Fußn. 44], 351 ff., mit weiterer Literatur). Auch Morse, 1 986 (wie Fußn. 1 4), 1 0ff., beschäftigt sich mit diesem Thema und führt Frodos Weg durch die Totensümpfe an. Vgl. auch Barella, 2006 (wie Fußn. 1 2), 695. 98 LI{, 11 4, S. 333 [dt. S. 382] .
Tulkiens TIHII..orrIofthe Rings als EpiJkln; Vergil, I icl��m und Grofll,;ca; Franc;ois Villon, Le Testa mmf (1 461-1 462); Montaigne (1 533-1 592), lissais; Jean de La Fontaine, rabIes (1 668-1 692); Franc;ois de La Rochefoucauld, Rij1txions ON Smknces ef maximts mo ra/es (1665); Jean de La Bruyere (1 645-1696), Les caractiTr!S de Thfophraste, tradNits dN Grec, avec les caractrres ON Its mOCNrs de ce sirclt; Charles Baudelaire, Les NeNrs du Alal und joNmaux intimes (entstanden 1 855-1 866, veröffendicht 1 887); Alexander Pope (1 688-1 744); Giacomo Leopardi (1 798-1 837); Arthur Rimbaud (1 854-1 891), Les IIINminations; Lord Byron, IJonjuan (erschienen 1 819-1 824).
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seinen Wert verliere und sich am Ende nicht mehr von der Gemeinschaft unterscheide: How wiUyou enjrry that, Palinums? (" Wie wird dir das gefallen, Palinurus?", p. 27; S. 48). Als der Autor an späterer Stelle über die Berechtigung zum Selbstmord nachsinn t, stellt er die Frage: Was, wenn die Agonie, die der Selbstmörder durchlebe, bis er beschließe, sich das Leben zu nehmen, wenn die Über zeugung, dass alles verloren ist, ansteckend sei? And ifyou have contracted it, Pa/inums, if it has sought you out? (" Und wenn du es dir zugezogen hast, Palinurus, wenn es dich ausgesucht hat?"; p. 45; S. 69) . Auf die bangen Fragen lässt der Autor das Zitat von Aen. 5,840-841 a folgen, worin der epische Erzähler den Steuermann apostrophiert: Te, Palinure, pe/ens, tibi somnia tristia portans / insonti. Die Selbstanrede des Autors und Palinurus' Apostrophierung durch den Vergilischen Erzähler werden hier in enge Verbindung gebracht. Als sich der Autor seinem vierzigsten Geburtstag nähert, gelingt ihm, wie er schreibt, "ein flüchtiger Moment von Weisheit" (a glimpse of wisdom), indem er folgendes Wort an sich selbst richtet: 'Live in the prmnt, Palinurus; you are too unbalanced to brood upon the past. Gne dayyou will remember no/hing but its essence; now you must expe/ it from your mind' (" Lebe in der Gegenwart, Palinurus; du bist zu labil, um über der Vergangenheit zu brüten. Eines Tages wirst du dich nur noch an deren Essenz erinnern; jetzt musst du sie aus deinem Geist vertreiben", p. 89; S. 1 21). Noch stärker als bei Spiritua/ize the Earthhound, Pa/inurus! (p. 2f.; S. 1 8f.) ähnelt die Selbstanrede des Schreibenden hier der Gefühlslage, die in Catull s c. 8 ausgedrückt wird. Nachdem der Autor eine Reihe von Grundtatsachen der Gegenwart wie den Niedergang Europas, mehrere Formen des Imperialismus sowie Mas saker und Hungersnot angeführt hat, richtet er im Namen eines nicht näher definierten Wir an sich selbst die Frage, auf welcher Seite er denn stehe, ob er sich zur Korngöttin oder zum Traktor, zu Christus und Freud oder zu Marx und Stalin bekenne (p. 100 ; S. 1 34): Comt clean, mo0tb' ]>a/inllrtls, no synthesiJ this time and no Ma,l!jc Ci"le either.' We need men lik.eJ'oll in the Group A,gt. Willyoll take.'J'ollr turn at the helm fJS.Y01I lISed 1o? &memher?
Princeps gubemator densum Palinurus agebat Agmen? Or do yoll prifer 10 da)'d,..am in the lavatoty .. ? .
�,Entscheide dich, launischer Palinurus; keine Synthese diesmal und auch kein Magischer Zirkell W'ir brauchen Männer wie dich im Zeitalter des Gruppenmen schen. W'irst du deinen Part am Steuer übernehmen, wie du es ZU tun pflegtest?
Tc, Palinure,
petrns.
Vergilrczcptinn
in Palinuru.,' Tb. [J1IqIli.t Gra..
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Du erinnerst dich? 'Als erster führre Palinurus, der Steuermann, den dichten Zug [der Schiffe] an'. Oder ziehst du es vor, auf der Toiletre zu tagträumen . . . ?'�.
Wieder einmal setzt sich der Schreibende hier mit der mythischen Figur aus der Aeneis völlig ineins. Bei dem Vergilzitat (Aen. 5,83�34a) hat er, den originalen Wortlaut ändernd, die beiden Worte ante omnis durch das eine gubemator ersetzt - und damit einen Verstoß gegen das metrische Schema des daktylischen Hexameters in Kauf genommen: Es kam ihm sicher darauf an, mit der Apposition gubemalor jene Meisterschaft und Tatkraft herauszuheben, die Palinurus einst in Vergils Epos gezeigt hat. Nunmehr seinen Launen ergeben (moor!J), hat der Autor Palinurus den Eindruck, die frühere Entschlossenheit verloren zu haben, und so fordert er sich mit der Selbstanrede dazu auf, sich aufzuraffen und in existentiel len Fragen seiner Zeit Stellung zu beziehen. In ganz ähnlicher Weise verwendet der Autor die Selbstanrede, als er über sein wieder erwachtes Interesse an Philosophie, Psychologie und Religion nachdenkt: 'Your time is short, watery PaiinurNs. Whal do you believe?' ("Deine Zeit ist kurz bemessen, wassertrlefender Palinurus. Woran glaubst du?", p. 1 1 3; S. 1 50) . Und er gibt sich selbst die Antwort, es gelte, die zwei Gesich ter der Wahrheit, das Sowohl-als-auch zu erkennen und das Leben als ein Ineinander von Komödie und Tragödie zu begreifen. Alles in allem insistiert der Schreibende in den Teilen 1-3 auf seiner völli gen Identität mit der mythischen Figur. So wie der Steuermann ein Meis ter seines Fachs ist, der über reiche Erfahrung und ausgebreitete Kennt nisse verfügt, möchte der Autor Palinurus, wie er von Anfang an zu er kennen gibt, ein Meister der literatur sein. Zu den literarischen Epochen, denen er sich besonders nahe fühlt, gehört das Zeitalter des Princeps Au gustus, das ja auch dasjenige Vergils ist. Als Züge des eigenen Charakters führt der Autor Launenhaftigkeit (mootIY) und Labilität (unbaJanced) an; den Freunden gelte er als unbeständig (jnconslan�). Der Vergleich mit der süd amerikanischen Orchidee, die nur geringe Chancen auf Bestäubung hat, zeigt, wie sehr er unter dem fott.�chreitenden Verlust von Attraktivität leidet. Was ihn fteilich noch stärker beschäftigt, ist die Frage, was den Quell seines Schaffens am Fließen hindert, so dass der Name Palinurus geradezu zum Inbegriff von fmstration werde. Das Empfinden des Versa gens ist offenbar so stark, dass es immer wieder den Gedanken an Selbst mord nahe legt. Doch im Laufe des Jahres, über das er schreibt, beobach tet der Autor an sich eine allmähliche Beruhigung - in Analogie zum Schicksal des Vergilischen Palinurus, dessen Seele Besänftigung in Aus sicht gestellt wird.
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VI.
Schlussbemerkung
An keiner Stelle von Thc Unquict Gravc, weder in den Teilen 1-3 noch im Epilog, auch nicht in der später hinzugefügten Einführung, gibt Connolly explizit Auskunft darüber, warum er als der Verfasser dieses Werks unter dem Namen Palinurus auftritt. Da er aber nicht nur in seinen Aufzeich nungen immer wieder über Palinurus spricht, sondern auch im Epilog eine Interpretation der Erzählung Vergils vorlegt, bietet sich für den Leser von Thc Unquiet Grave eine wohl höchst rare Möglichkeit: Durch Zusammen führung der jeweils einschlägigen Aussagen in den Teilen 1-3 und im Epilog kann er eruieren, welche Selbstauffassung des Autors dem Werk zugrunde liegt.
Was ergibt sich nun aus der Betrachtung des Ganzen für Connollys Selbstdeutung? Gewiss spielerisch, aber doch mit Nachdruck setzt Connolly den Steuer mann Palinurus und den Schriftsteller Palinurus in eins. Bei diesem Vor gehen spielt sicher eine Rolle, dass sich nach Connollys Auffassung der Dichter Vergil mit dem Steuermann identifiziert hat (p. 1 36 n; S. 1 76 n.). So begreift sich Connolly als Meister auf dem Feld der Uteratur, im Besitz reicher Kenntnisse und zu feinfühliger Interpretation begabt. Als solcher strebt er durchaus nach öffentlicher Anerkennung und gesellschaftlichem Erfolg. Zugleich fühlt er eine starke Verpflichtung, der literarischen Welt jenes bedeutende Werk zu geben, das sie von ihm und das er von sich selbst erwattet.ll9 Bei der Erstellung des eigenen Psychogramm s , für die ihm die Lehre Carl Gustav Jungs eine Hilfe ist, stößt er freilich auf man ches, das der allseits erwarteten Leistung und dem ersehnten Erfolg im Wege steht: Launenhaftigkeit, Unbeständigkeit, ganz besonders mannigfa che Ängste und Selbstzweifel, aber auch das starke Bedürfnis nach Ein samkeit und Unbekanntheit - sie hindern ihn, jenen letzten Schritt zu tun, der zur Vollendung des ganz großen Werks fuhren würde. So weicht er wie der mythische Steuermann, dessen Karri ere kurz vor dem Fahrtziel der Aeneaden ihr Ende findet, vor der schwierigen Aufgabe zurück. Und für solches Ausweichen hasst er sich, er hasst sich für a certain wili-to-failure or repugnance-to-success, a dcsire to give II/J at the last moment, an urgc towardr Ioneli ncss, isolation and ohscuri!J. Diese Charakteristika, die der Philologe Connolly an Vergils Palinurus zu erkennen meint, prägen, so sieht es der Schriftstel-
1 1 9 Dies war bereits ein wichtiges Thema seines Buchs Tbe I inemies '!ll'romüe (1 938).
Tc, Palinure, pctt:ns. Vcrgiln:zcptinn
in Palinuru..' Tbe UfllJlli.t Gra..
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ler Connolly, ganz wesentlich die eigene Existenz. 1 20 Der Vergilische Palinurus repräsentiert in Connollys Augen den Archetypus dessen, als was er sich selbst versteht. 12 1 So trifft auf Cyril Vemon Connolly das Wort Friedrich Schlegels zu: ,Je der hat noch in den Alten gefunden, was er brauchte, oder wünschte, vorzüglich sich selbst" (Athenäums-Fragment [1 51 ]).1 22
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an
introduction
1 20 S. auch Shelden, 1 989 (wie Fußn. 9), 1 1 1 und Schiesaro, 2001 (wie Fußn. 1 8), 32. 121 Um einem möglichen Missverständnis vorzubeugen, sei noch einmal betont: Es geht hier nicht um eine Charakterisierung Connollys, sondern um eine Erschlie ßung seines Selbstverständnisses. 1 22 Da.. Zitat verdanke ich dem Germanisten Peter-Andre Alt (Freie Universität, Berlin), der es einem Reporter gegenüber anfiih rte, als er von ihm an1ässlich der Gründung der 'Friedrich Schlegel Graduate School of Literary Studies' nach sei nem Lieblingswort ans Schlegel gefragt wurde: "Die Antike als Spiegel unter schiedlicher Selbstentwürfe, das gefällt mir am besten bei Schlegel" (Der Tagmpie gef Nr. 1 9 961 , Sonnabend 1 2. Juli 2008, B 2). - Für hilfreiche Kritik danke ich Marcus Deufert (Leipzig).
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Siegmar Döpp *
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Tbe Unq";,, Grat
4, 1 96, 270 Eobanus Hessus 21 5, 21 6, 21 8 Eowyn 376-379, 391 , 397, 401 Epikur 34, 1 85, 280, 405, 432 Erci1Ia 1 25 Eukleides 332 Eumolpus 204 Eunaeus 204 Euphorbus 234, 237, 239 Euricius Cordus 215, 218 Euripides 128, 1 83 Europa 353 EunL� 7, 98(, 1 34, 136( Euseb 52 Eutropi1L� 205 Fama 1 74, 1 76, 242, 247, 295, 352 Faunus 54, 1 1 8 Ferdinand V. 260 Ficino, Marsilio 1 1 F1aubert, Gustave 426, 429, 431 Fortuna 389, 408, 414
467
Franciscus Patricius / Francesco Patrizi 21 7, 221 Fran�ois d'Anjou 61 Fran�ois I 60f. Fran�ois 11 58 Freud, Sigmund 339, 352, 356, 362, 423, 434 Frodo 364, 367, 369(, 375, 380(, 383393, 397, 400f. Fulgenti1L� 1 1 (, 21 , 27(, 44 Furien 86, 92, 94, 176, 339 Gabrielle 289, 291 -296, 298 Galadriel 371 , 374f., 395, 400 Galatea 143f., 1 77, 21 5 Gallus (Comelius Gallus) 1 , 34, 167 da Gama, Paulo 1 35 da Gama, Vasco 12t f., 1 36, 1 38(, 141, 258, 260f. (�dalf 371, 380-382, 385, 387, 391 (, 397, 400 f. GeraIdini, Antonio 21 9, 222, 229, 236 Giganten 1 22, 1 32, 138 Gmelin, Friedrich 360 Goethe, Johann Wolfgang von 299-303, 308-31 3, 337, 360, 361 Goliath 246 Gollum 401 Granicu.� 222 Grazie 1 25 (�gor VII 329, 334 Gustav 11. Adolf 1 9 1 Gustav III 357( Hardy, Alexandre 1 69-1 85 Hektor 1 M., 1 39, 1 78, 1 97, 257, 287, 307, 448f. Hecuba 284f. Hege), Georg W!lhelm Friedrich 270, 337 Hehte 1 63, 233, 237, 239 Hector / Hektor 1 6, 1 7, 1 39, 1 78, 1 97, 257, 287, 307, 448, 449 Helena 291 Helen1L� 20, 1 98, 288 Henri de Guise Heinrich 11 58-61, 291 Heinrich III 61 , 275f., 282
468
Namenregister
Heinrich N 61-63, 270-272, 274-277,
282(, 286, 290(, 293-298 Hera (vgl Juno) 1 9, 20, 23, 26-28, 125 Herkules 79 f , 83, 1 75 Herder, Johann Gottfried 301 , 303, 337 Hermione 288 Herpylis 1 60, 222, 243, 245, 248 Hesiod 273 Hieronymus 23, 1 1 4, 327 Hieronymus Vida 1 09, 20 Hiob 23-26 Hippotes 1 33 Homer 2, 25, 37, 40, 1 1 0, 1 23-125, 1 27, 1 28, 1 35-1 37, 1 40, 1 45, 1 7 1 , 252, 253, 256, 257, 269, 273, 278, 326, 338, 360, 371 , 431 Honorius 205 HOf22 1 , 5, 38, 50, 76, 1 40, 1 87, 1 90, 1 94, 1 96, 1 99, 204, 209, 237, 251 , 273, 282, 298, 323, 326, 405, 429, 431 Huelle, Pawe1 353 Hypnos (vgl. Somnus) 125 .
Iasius 41 0, 41 5 Ignatius von Loyola 328, 332-334, 342 lkarus 82f., 1 1 5 Ines de Castto 1 22 Infant Don Juan 52, 433 Iolas 226 Iosias 229 Iris 359 Isabella 52 Iustitia 1 5, 395 Jairus 221 , 238 J arbas / Iarbas / Hiarbas / Jarbes 86,
1 74-1 76, 1 79, 293-295, 299, 300-303, 306-308, 358, 359, 376 Jason 1 63, 1 83, 364 Jean le Blanc 62f. Jeanne d'A1bret 63, 283 Jeremias 332, 333 Jesaja 237 J esus Christus 1 7, 20, 25, 41 , 52, 56, 57, 59, 108, 109-1 1 4, 1 1 6-1 19, 1 94, 219, 220-226, 229, 230, 233, 237, 242, 247, 330, 434
Josef / Joseph 54, 1 09, 226, 237 Joseph von Arimathäa 1 1 3 Juan del Encina 52 Judas 1 94, 219, 223 Julus (vgl. Ascanius) 88, 91 , 290, 31 1 , 389
Juno (vgl. Hera) 1 2-1 5, 1 9-26, 28, 29, 34,
63, 86, 98, 1 1 4, 1 1 5, 1 25, 128- 1 3 1 , 143, 1 85, 285, 289, 306, 339, 356, 359, 422 Iuppiter Hammon 279, 293, 294 Jupiter 1 8, 2 1 -23, 34, 63, 79, 8 1 , 86, 98, 1 04, 1 2 1 , 1 24, 1 29f., 1 38, 1 43, 1 74, 1 76(, 1 84, 246, 252, 257, 277, 279, 280, 284, 289, 293-295, 306, 359, 376, 387, 394, 419, 447 Justinus 299, 301 , 303-305 Juvenal 76, 78, 1 03, 1 90, 1 96, 1 99(, 202, 205
Kalli machos 2, 3, 6 Kalliope 1 22 Kalypso 1 24 KarI August 309 Karl der Große 1 0, 1 1 , 1 4, 1 6 - 1 9, 2 1 , 2426, 28, 29
KarI V. 257, 258, 260
Ka.�par 222
Katharina von Medici 58f., 61, 283, 286f.
Kauffmann, Angelika 356 Kellgren, Johan Henrik 358 KJrke 220, 236, 233, 236, 239, 255 Kleanthes 279 Kleopatta 291 Konstantin 52, 266 Krasinski, Zygmunt 65, 66 Kraus, Joseph Martin 357-359 Kreusa (Gattin des Aeneas) 88, 1 80, 264(, 450
Kreusa (Tochter des Kreon) 1 63 Kyklop 246, 256 Labienus 279 de La Fayette 294 Laktanz 41 (, 51, 334, 41 6 Laetitia 53 Landino, Cristoforo 1 1 (, 27-29
Namenregister
469
Laokoon 1 92, 337, 354 Larinus 34, 41, 47, 48, 1 1 8, 1 30, 1 97, 1 98, 254, 270, 339 LavüUa 292, 374, 376 Lazarus 1 08, 221 , 238 �nius, SUnon 215, 2 1 8 Leo X 1 09 Leone, Sergio 443 Leonteus 1 98 Leopardi, Giacomo 3 1 9, 343, 427, 433 Lessing, Gotthold Ephrnim 331 , 337 Lethe 93, 1 51 , 1 57, 1 65 Lewin, Waldtraut 66-68 Lewis, C.S. 363, 366 Livius Andtonicus 270 Lord Bolingbroke 275, 297 Lorichiu.� Secundus, Pettu.� 21 6, 2 1 8, 229, 245 Ludwig IX 276, 277 Ludwig Xll 58 Ludwig XIII 63, 272 Ludwig XIV 64 Ludwig XIV 63, 271 , 272, 336 Ludwig XV 64, 278 Lucilius 6 Luise Henriette 229 Lukan 49, 82, 83, 94, 97, 98, 1 25, 1 38, 1 52, 1 88, 252, 259, 273, 278-281 , 285, 294, 297, 405 Lukrez 1 , 55, 64, 80, 1 21 , 1 90, 1 96 Lusus 121 Lycabas 233, 239, 243, 245, 248 Lycidas 54, 1 94, 222, 229, 243, 246, 249 Lycon 1 94
Maximi1ian 74f., 92, 1 02-1 05, 1 90 Medea 1 6 1 , 1 63f., 1 67, 1 82f., 220, 233, 2"36, 239 Meeresgottheit 96, 1 04, 1 22, 1 29-1 32, 144 Megasthenes 128 Melampu.� 1 50, 156 Meliboeus 1 62 Menalcas 54, 56, 1 50, 1 55, 1 63 Menelaos 288, 422 Merkur 82, 1 0 1 , 1 1 7, 1 22, 1 74, 1 76, 1 79, 1 81 , 265, 293, 295, 298, 447 Michel de Tour!! , GuiUaume 52 Mickiewicz, Adam 66 Milcon 226 Minos 1 1 5, 1 83, 324( Minotaurus 1 1 5 Misenus 1 1 8, 421 , 422 Mnemosyne 273 Moeris 163 Molon 228, 245, 247, 250 Mopsus 54, 1 94, 220-222, 227, 233-2'16, 238-241 Momay 275, 282, 286, 294( Morphon 1 49, 1 5 1 , 1 54, 1 56, 1 60-1 65, 1 67f. Müller, Heiner 66, 68-71 Muse 59, 63(, 74, 1 22, 1 5 1 , 1 56, 1 60(, 207, 234, 273-275, 278, 28Oc282, 297, 357 Mycon 214, 220-223, 227, 233-236, 238241 , 244, 246, 249 Mynylldon 243, 246, 249( Myrti1us 229
Macrobius 1 24 de Malherbe, Fran� ois 1 73 Mann, 1rhomas 3 1 5, 3 1 7 Mantuanus 1 62 Manzoni 3 1 9 Mare Aurel 294 MarceUus 259, 394, 398 Margarete von N avarra 57, 6 1 , 277 Maria 54, 1 09, 1 94, 206, 21 8(, 223, 233, 238 Maria Magda1ena 1 1 0-1 19, 228f., 245 Marot, C\ement 57-61 Mamal 5, 77, 1 90, 1 96, 405, 423
Naevius 1 24, 270 Napoleon 65, 69 Nemesian 238, 246 Neoptolemu.� vgl. Pyrrhus Neptun 1 4(, 22, 1 03, 1 1 7, 1 25, 1 27-1 30, 1 32, 1 35, 142-144, 263, 355, 409(, 41 8( de Nerval, (ierard 426, 429 Nietzsehe, Friedrich 337, 432 Nikander 3 Nikolaus 1 88 Nisa 1 49(, 1 54-1 56, 1 60-1 62, 21 8, 236, 238, 241 , 243, 249
470
Namenregister
Noah 1 39 Nonnos 3, 108 Notus/Notos 1 34, 1 36f. Nymphe 2, 1 22, 1 25, 1 30, 144, 2�3, 239, 252, 293, 296, 365 Nysa (vgl. Nisa) 160, 238, 236 Octavian (vgL Augustus) 50 Odysseus 26, 35, 104, 124, 1 25, 1 36, 2�6, 325, 364, 394, 420, 452 Oetha 1 49, 1 54 Ogon 300-302, 308 Omphale 1 75 Opitz, Mattin 211 f., 21 8f. Oporinus 223 Orestes 288 Orithyia 1 43f. Orontes 13f., 16, 25, 1 34 C>rph�� 60, 6 1 , 79, 83, 228, 246, 356 C>rphna�� 200, 202, 205 Chrid 3, 75-77, 8O, 85, 88f., 90f., 98, 100, 1 04, 1 1 0, 1 1 8, 125, 1 32, 1 34-1 36, 144, 1 61 f., 1 65, 1 67, 1 90, 1 96, 1 99f., 202, 204f., 236, 251 , 405, 447 Palaemon 243, 245, 248 Palinurus 1 1 7, 174, 177-1 79, 355f., 361 , 403-425, 427-436 Pan 6, 60f. Pandarus 1 97f. Papst lnnozenz III 322, 332, 334 Papst Pius II (vgl. Aeneas Silvius Piccolomini) 217, 351 Papst Sixtus V 275 Paris 1 28, 196 Parzen 57, 62f. Pascal, Blaise 426 Pasiphae 1 1 5, 1 1 7 Pasithea 1 25 Paulus 23, 1 39, 333 Pegasus 203, 207 Perrault, Charles 272 Pe�ius 1 96, 199, 200, 202, 204, 205 Pettarca, Francesco 1 2, 41 , 46, 1 25, 1 96, 206, 298, 31 9f., 323f. Petton 204, 405, 430 Phaedra 1 83 Philemon 447
Philipp II 1 48 Pholoe 234, 237, 239 Phorbas 41 0f., 413, 415, 431 Phrontis 422 Phyllis 21 5 Pilarus 107, 109 Pindar 204, 251 Platon 20, 82, 281 , 294 Plautus 1 90, 1 96 Plinius