Ulrich Welbers
Verwandlung der Welt in Sprache Aristotelische Ontologie im Sprachdenken Wilhelm von Humboldts
2001
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Ulrich Welbers
Verwandlung der Welt in Sprache Aristotelische Ontologie im Sprachdenken Wilhelm von Humboldts
2001
Ferdinand Schäningh Paderborn ' München' Wien' Zürich
HUMBOLDT-STUDlEN herausgegeben von
Hans-Werner Scharf (Düsse/dorf) Kurr Mueller-Vollmer (Stanford, Ca.) . Jürgen Trabant (Berlin)
in Zusammenarbeit mit
Ana Agud (Salamanca) . Ernst Behler (Searrle, Wa.t) Tilman Borsehe (Hildesheim) . Donatella Di Cesare (Rom) Frans Plank (Konstanz)
Ulrich Welbers
Verwandlung der Welt in Sprache Aristotelische Ontologie im Sprachdenken Wilhelm von Humboldts
2001
Ferdinand Schäningh Paderborn ' München' Wien' Zürich
Die Deutsche Bibliothek -
CIP-Einhcits~ufnahmc
Wdben. Ulrich: Verwandlung der W~h in Sprach~: ans(otelisch~ Omotogi(' im prachdC'nken Wilhdm von Humboldts/ Ulrich We.lbC'.rs. - Paderborn; Munehcl1; Wien; Zürich: Schönini:.h, 2001 (Humboldt-Srudien) ISBN )·506-74028-8
Gedruckt auf umweltfreundlic.hem. chlorfrei gebleichtem und .uterungs~rind..igem Papier SlSO 9706
Einbandgen.utung: IN OVA GmbH. 0-))178 Sorchen Cl 2001 Ferdinand 5chöningh. Pad~rborn
(Verlag FC'rdlnand Schöningh GmbH. Jühenplan 1. 0-33098 Paderborn)
Int,crnet: www.schocningh.dc Alle Rechte yorbc.hahen. DiesC'$ Werk sowie einzelne T('ile desselben sind urheberrechtlieh geschützt. J~c Verwertung in anduen als dC'n g~('tzlich zugdusenen Fällen ist ohne vorherige schriftliche Zustimmung des V~rl.ages niehl zulässig.. Printed in G~rmaI1Y, Herstellung: Ferdinmd Schöningh. P"dc.rbom
ISBN )-;06-74028-8
Inhaltsverzeichnis Inhaluverzeichni$ .. . . . ••• . . . . . . . . . . . . . . •• . . . . . . . . • • . . . . . ••. . . . . .
5
Vorwon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . • • • . • . • . • • • • • • . . . • • . . . . . . .
9
Einlc=itung: Dir Verwandlung der Welt . 1.
2.
.
Aristote1es und Humboldt: Königs.kinder philosophisch? 1.1 Humboldu Unschuld: Hinter dem semantischen Tor. . . . . . . . . . 1.2 Vermeidungszusammenhänge: Unterlassende Wisst'nschaft 1.3 Oriemierungen: Vorläufige Erinnerung .............•••.... _
J-1umboldts Entdeckung .............................•...... 2.1 Humboldts Vokabel: Lockende Versuchung .........•••..... 2.2 Humboldts Verdikt: Grundlegende Einsichten .......••••.... 2.3 Humboldts Proj~kt: Rettend~ Verwandlung .........••••....
3.
.
.
Ennn~rungssirateglen ..........................••...••.....
Ersl~r Teil:
15
15
15 20 28
31 31
32 36
37
Rekonstruktionen Humooldts
1.
Humboldts Theorie: Stützcnd~ Argumente ...•.............. _.. 1.1 Das Spr;lche-Erkenntnis-Theorem . . . . . . . . . . . . • • . . • . . • . . . .. 1.2 Du Gegensund-Sprachc-Theorem ..........•••....••. _... 1.3 Das Ebene-AnaIY$~-Th~orem ..............••••....••.... 1.4 Das Rela[ion-Diff~re.nz-Theorem .........•.•••••...•. _... 1.5 Das Wissenschaft-Synthese-Theorem ........•••.....•..... 1.6 Das Wahrheit-Verstehcn-Theor~m ...........•••....••..... 1.7 Überleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . • • • . . . •• • . . . .
43 45 46 49 52 55 60 62
2.
Geschichten Hurnboldts: Rez.eptionsproGle ........••...••..... 2.1 Profil I: Produktive (Miß-)Verstindnisse 1.2 Profil 2: Fragmentuisierendes Mißverstehen. . . . . . . . . . . . . . . .. 2.3 Profil 3: Authentische Rekonstruktion - Konstruierte .. A u th enuzltat ........•............................. __ .. 2,4 Überleitung _ .
65 66 72
Humboldt-Archäologie: Perspekuvenerweiterung ........•.•.... 3.1 Systematische Wi(e)dererinnerungt!.O: BegriffsArchiologie ...........•.................. _. _••.• '" _. . 3.1.1 DarstelJung _ _. . .
88
3.
78 87
88 88
6
Inh2hsvcrzeich nis
3.1.2 Prüfung 3.1.3 Überleitung _ , . .. 3.2 Die Unweigerlichkeit des Entdeckens: Erinnerungs· Arbeit .................................••....•....... 3.2.1 Darstellung 3.2.2 Prüfung ,., , 3.2.3 Überleitung ...........•....•••....•••........... ' 3.3 KontraStive Archäologie .... " .....••.....••............. 3.J,IBegriff ..............•.....••.....•......... 0: • • • • 3.3.2 Überleitung ... _......•.....••.....•..............
95 99 101 101 106 107 107 J07 108
Zweiter Teil: Humboldts Gedächtnis 4.
HumboldLS Panoptikum: Gebildete Antike .... _. . . . . . . . •• • . • . .. 4.1 ,Studium', des Griechischen insbesondere ........•••• 0- • • • • • 4.2 ,Betrachtungen' zu Hellas und Sprache . . . . . . . . . . . • . . • • . . . .. 4.3 ,Charakter', eine idealische Ansicht ..............•• __ •..... 4,4 ,Geschichte' ölls Verfetra Schaab, Mona und Bernd Rcckmann. Anja Neuhaus, joachim Morgcnroth, Dr. Klaus-Hinrich Roth, Reinhold. Melanie und Stephan Wdbers waren solche Freunde und zudem Christiane Sebode. die in warmen Zeiten mit mir bangte und dann feierte, wenn auch die schwierige Hürde des examen rigorosum endlich genommen war. Fcnja Winneven hat sich meine Humboldt·Ansichten nicht nur angehön.., sondern auch den gef::ihrlichen Versuch unternommen, diese in ihrer eigenen PrÜJu.ng zu Humboldts Sprachrheorie sogar noch zu verrreten. Nina hat über viele Jahre meinen Weg in eine Welt der Sprache begleitet - ein Geschenk von Liebe und An· erkennung. das ich nie vergessen werde. Diese Untersuchung wäre ohne die Hilfe zweier Personen nicht möglich gewesen, die mich unermüdlich unterstützt haben: Sonja Vogt, die mich rastlos mit Sekundär-Texten versorgte und dabei annähernd geniale Fahndungserfolge erzielte, und Ursula Kcuthen, die meine Texte wie immer mit wenig Chance auf Kompromiß redigierte. Janine Böckclmann hat mit viel Fleiß und Sinn für wissenscha.ftliche Texte das Register überprüft. Dr. Heinz-Otto Weber hat ermöglicht. daß ich Humboldt auch in seiner Akademie-Ausgabe näher kommen konnte. Dem Schäningb-Verlag, namentlich Dr. Hans j. jacobs, sei für die Veröffentlichung und Betreuung des nun vorliegenden Projektes gedankt; den Herausgebern der Humboldt-Studien für die Möglichkeit, die Untersuchung in einer solch' renommierten und herausragenden Reihe zu veröffentJichen. Diese Arbeit ist schließlich meinen drei Eltern Annemarie, Hans-jürgen und Ursula Weihers gewidmet, die in so unterschiecUicher Weise daz.u beigetragen haben, daß sie entstehen konnte.
Vorwort
IJ
Einer bleibt., der ,Zaubermeister': Dr. Hans-Werner Scharf hat mir nicht nur eine Welt gezeigt, deren VerwandJungsrecherche sich wissenschaftlich lohnt - irgendwie gelang es ihm auch, mir zu zeigen, was es heißt, ein Forscher zu sein, ohne das Verstehen zu vergessen.
Vlrieb Welbers, März 2001
Einleitung:
Die Verwandlung der Welt 1. AristoteIes und Humboldt:
Königskinder philosophisch? 1.1 Humboldts Unschuld: Hinter dem semantischen Tor "Die Sprache, in ihrem wirklichen Wesen aufgefasst, ist etwas beständig und in jedem Augenblicke Vorübergehendes (...) Sie selbst ist kein Werk (Ergon), sondern eine Thätigkeit (Energeia)" (Ueber die Verschiedenheit, VII 45/46)1, Mit diesem Satz kennzeichnet der Sprach theoretiker und Wissenschaftsunivcrsalisl Wilhe1m von Humboldt in der frühen Mitte des 19. Jahrhunderts ein Verständnis der Sprache, das mit allem zu dieser Problematik bisher Behaupteten und Tradierten radikal bricht. Humboldt trifft - selbst als Forschender und nicht nachträglich über das Erreichte zu belehren sucbend 2 - innerhalb seines heuristischen Rahmens. der die U nI
!
Die Texutellen sind _ wenn nicht anders vermerkt -7.iticrt nach Humboldt. Wilhelm von; G"'SA",,,,d,c Scbri{trn (Kgl.) Preuss. Mad. d. Wiss.: A. Leitzm;mn. ß. Gebhardt. W. Richter (Hl'$g.), 17 Bde., 8erlinlLdp7.ig (N.:u.:hdruck Berlin 1968) 1903-36 mit Kumitd, Bandund Seilcnilngabe in KIJmmern. Diese Ansicht vertritt ;!Uch T. Borsche. obwohl er - gan2. ,unhumboldlisch' - Methodjk und Didaktik gl('ichsetz.t und in Folge mit einem sehr reduz.icrten .Didaktik'-ßegriff op...... rlcn: "E.r (Humboldl, U.W.) schrieb nicht in didaktischer Absicht, sondern vornehmlich, um für sich selbst Kbrheit in der Sache 2U gewinnen" (Borsche, T.; \'(Ij/helm von HllmboJJt. Müm:hen 1990, 5.10). Tatsächlich jedoch gibt es für Humboldt. wie dies aus seiner Sprachthrori h:tt Weisgtfbcr mit Hilfe dl:$ .EntTl;l.'ia'-8egrirl$ emt Redukllon de$ Spuchbegrifrcs \'orgcllOmmcn, mJem er 2.unächsl vicr Ebenen \It.r Spracht untcrsc:hcidcl...nimlich I. d..... Sprechen oder ;allgcmeintr die Verwendung der $prachlichen Mlltd. 2. den Sprachbesil'l des einzdnen tt.'lcllM:hclI, J. Jie Spr.lchc cines Volkes. ah: Kuhurb II
I. Ariswldes und Humboldt: Königskinder philo$l)phisch?
23
freiJich Richtiges thematisiert, müssen alle anderen Einflüsse entweder verblassen, zur MarginaJie abgewertet oder schlichtweg vergessen werden. 2J (2) Ein zweiter Zusammenhang für die Umgehung aristotelischen Denkcns in der Humboldt-Philologie wird sein. daß diese den semantischen Wald vor lauter lexikaJischen .Bäumen nicht mehr gesehen har. leh nenne diesen Zusammenhang Vermeidung durch Oberflutung. In dieser Perspektive wäre zumindest zu erklären, daß Termini wie Stoff, Form, Gestalt, Wesen, ,Kraft' usw. so ziemlich jede ErkJärungsvariante erfahren haben als eine genuin solche der aristotelischen Ontologi~ die doch durch diese Begrifflichkeit getragen wird und über die diese sieht man von einigen Vorläufern bei den Vorsokratikern einmal ab in die abendländische Geistesgeschichte eingedrungen ist. Dadurch ist bedingt. daß es ausgesprochen schwierig ist, zwischen sich und den zu bearbei'tenden ,Stoff' einen reflexivcn Abstand zu bringen, der die Bcgriffe mit. mehr erklären kann als mit dem, was diese unmittelbar selbst bez.cichnen und in welchen Formen sie im Text erscheinen. Die 'Begriffe müssen aber mit einem differenzierteren LnstTumentarium dargesleUt werden als dem ihrer semantisc.hen Oberfläche, die wiederum nur sich selbst erklären kano, was - wie das ,Energcia'-Beispic1 zeigtAnlaß zu zahlreichen Mißverständ.nissen gibt. Da es trotzdem im wesentlichen die Bedeurungsschichten der Begriffe selbst und ihr gegenseitiger Zusammenhang sind, die aus diesem Dilemma einen Ausweg weisen, liegt hierin der erste Gruod für eine archäologische Begriffsuntersuchung i.n einer Philologie der Kontrasticrung, in der die aristotelischen und humboldtschen Begriffe sich gegenseitig explizieren. nes Beitrages auf frühe Stationen dieser Klirungs\'crsuche (bc-i G. Sc.hluicr, R. I'h.ym und H. SteinthaI) hin. II Kennzeichnend für den def12..iI::iren $rlltw: der Kanrschcn Erkc:nntninheorie im Hinblick auf die Sprache iSl die Kritik J. G. Hamanos. der 178
Immer handelt es sich bei Humboldr um RcJationen, Beziehungen unterschiedlichster Art, die in der Differenz den Ursprung ihres inneren Beziehungszusammenhangs sehen. 25 Differenz ist also genauso identitätskonstituierend, wie Identitätsbehauptungen immer wieder in einem differenzierten Gefüge unterschiedlicher Positionen und Aspekte zerrissen werden und damit eroeut fragwürdig bleiben können. Humboldt entwickelt auch damit ein aristotelisches Denkmuster weiter, das noch Gegenstand näherer Betrachtung sein wi.rd. Hier sei jedoch darauf hingeSl.c.inlh~l
~
nimmt auf di...scn Seiten Stellung 1.U (1... 01 Problem der .$perrigkeit' Humboldtscher Text.... bleibt aber weitgch...nd bei obcrl1ächlichen Eliketten. So verfahre ,.H. $ellen bildend. sondern meisl nur $limmcnd" (5. 26). Humboldt schreibe "meist g.\ßz unpla· stisch~ (cbd.). Immerhin konzediert er: .1-1. denkt klar und deutlich" (5. 27). Doch weiter beißt es: ..aber seine Gedanken (il\(lcn schwcr die Einkleidung in WOrtc" (ebd.). Auch wenn Steimhal auf dies...n Seiten ...her seine eigenen lcktüre·Probleme zu them~tisicren scheint .lls dan cr t'.usichlich den Still-1umboldts analysiert, so iSI es dlXh zutreffend, wenn cr ein wesentliches MOll1elH des Problems in Humboldts Spr1dlYersländnis selbsl lokalisien: ..Die Spt:.1che iSI ihm niehl ein Gewand,. das er frei um seine Gtldbdd"ng. 1O. Jg. (1934). S. 428-449. - lp.sen. H.: Sprachphilosophit J~,. Geg~nwart. Ph,loJophisch, ForJCh14ngJbttl.·eglC11gt'n. Bc.rlin 19)0. - Oers.: ..Der neue Sprachbcg.riU". In: bit~hnfi {iir Dt'14tschk"nde. '46. Jg. (19J2). S. 1-18. - Ponig. W.; ~Def" Begriff der inneren Spruhfonn". In: lndogt'Tm:muche For~bungt'n. 41. Jg. (1923), S. 1>0169. - Den.. : ..spr:.u:hform und 8«ieutung. Eine Ausein.anderselZung mit A. Many's Sprachphilosophie". In: /ndogt'rmamsclm Jahrb14lh. 12. Jg. (1928). S. 1-20. - Den.: DAS U'IIlIde,. dn Spramc. München U •.a.. (3. Auß.) 1961. lJI Di Ccure. ~Einleirung", a..I.0.• S. 18. "' Scharf, Vtr/Ahrm, 011.11.0., S. 38. - twf rekumen hier OIIuf Va.lvr.rde, J. M.: G14Jlcrmo dc Humboldt y 14 jiloJor:a dcllellgurJjt. M.adrid 1955.
2. Gescllichlcn Humboldu: ReUptLOnsprofil{'
77
ne sanftere Interpretationsvariante, die - bei den Vertretern beginnend, die schon für das erste Reuptionrprofil in Anspruch genommen wurden auch die produktiven oppositionellen Wirkungen mit ins Bild der Humboldt-Rezeption setzt und würdigt: Er betont, daß gerade "weil das Humboldtsche Programm in wesentlichen Zügen der herrschenden Lehre der Sprachwissenschaft des 19. Jahrhunderts, der historisch-vergleichenden Untersuchung (der indogermanischen Sprachen), entgegensteht, (..,) es ein Reservoir für alle möglichen oppositionellen Sprachwisscnschaftcll dar (-stellt. U.W.), die oft "erbunden sind mit der Erforschung nicht-indoeuropäischer Sprachen-l!o.
In einer solchen Sicht der Lage ist dann auch eine Wertung möglich, die feststeHt, daß es die Humboldtianer selbst sind, "die jenseits ihrer Divergenzen in der Text-lnterpretation gerade Spr:ach-Typologie betreiben, d.ie damit natürlich als typisch humboldtisch erscheint. Das war vielleicht eine Möglichkeit, das Werk Humboldts in positivistischen Zeiten zu ,retten'''121. So finden sich "wahrhaft Humboldtsche Intentionen vor aJlem in den Forschungen zu nicht-indogermanischen Sprachen"lu, wofür Trabant auf Humboldts Sekretär Buschmann als Spezialist für malayo-polynesische Sprachen und auf von der Gabelentz als Sinologe hinweist. 123 ln dieser Sicht ist dann die Humboldt-Berufung der synchronischen Sprachwissenschaft, z.B. die Bloomfields, gegen die histOrisch-vergleichende ebenso zulässig wie die großzügige Spannbreite möglich, die Hjcmlslev und Saussure "ohne große Schwierigkeiten in die Humboldrscbe Tradition"'124 stelh. Die tatsächlich verbleibende Größe der Schwierigkeiten mißt Trabant allerdings nicht aus. Bezeichnend ist jedoch, daß mit: einem Modell des oppositionellen Potentials die Grenzen zwischen dem ersten und zweiten Rezeprionsprofil durchaus fließend werden. Trabant weist noch auf die Rolle Cassirers hin, mit dem Humboldt in die philosophische Diskussion zurückkehrt, und auf die Hei.deggers, mit dem - wie ich gezeigt habe - das Album des (Energeia-) Mißverstehens und auch des Sprachverständnisses um ein weiteres - wohl aber sehr illustres - Bild bereichert wird, auf dem die Sprache als Sprache in absolute Autonomie gesetzt erscheint. 125 111
Tnbam, TraJitiollm, a,a.O., S. 63. Trabant. ;raJiJioflm. ,1.3.0., S. M.
111
Ebd.
llC
Vgl. TrabalH, TraJjljOllt~Tl, 2.:1.0.. S. 65. IH Tr:lbam. Traditiollen. :u.O.• S. 65. I!! Vgl. Traballl, Traduiorltn, a.a.O., 67-68. - Trabant rckurnC"rt hier auf Cassirer•• Oic Kan~ [ischen Elemente in Wilhdm von Humboldu Sprachphilosophit'''. 01.2.0.• und l-IC'idcggcr, Untn-wt'gs lNr Sprache. 'Ul.Q.
llJ
78
Enu'r Teil: RckonSINktiOtltn Hurnboldt$
Es wäre an dieser Stelle unmöglich, der disparaten Lage des zweiten RezeplioDsprofils. des fragmentarisierenden Mißverstehens. in aUen Einzelheiten und Schattierungen nachzugehen. Kennzeichnend ist vor allem das dritte Charakteristikum: Humboldts Werk wird nicht nur einfach fragmentarisch rezipie~ die ,Sträuße< nach Beliehen gebunden und nach dem Kriterium der Ästhetik der eigenen Theorie immer neu zusammen· gestellt, solche Humboldt-Florislik wird auch zu ihrem eigenen Opfer. indem sie ihre !ragmentarisierende Vorgehensweise aus dem Blick verliert, und sich deren Konsequenzen - durch andere oder innerhalb der eigenen Theorie - irgend wann gegen sie zurückwe.ndcn.
2.3 Profil 3: Authentische Rekonstruktion Konstruierte Authentizität Die historischen Grenzen zwischen den Profilen der produktiven (MIß-) Verständnisse und des fragmenlarisieTenden Mlßverstehem sind chronologisch ineinander verschoben. Auch die systematische Demarkationslinie ist äußerst penneabel. Trotzdem ließen sich bereits am Modell beider Rezeptiompro[ile deren unterschiedliche Perspektiven erkennen. und eben diese Perspcktivensichrung macht deutlich, warum sich in diesem Jahrhundert ..seit Mine der sechziger Jahre sowohl in der Philosophie als auch in der Linguistik eine ,Humboldt-Renaissancc< ereignet (Umst., U.W.)"'llo hat. Diese Renaissance und das dazugehörige, dritte Rezeplionsprofill!l, das als eines seiner charakteristischen Attribute zweifelsohne das der Korrektur trägt. wurde eben durch eine Position ausgelöst. die ohne Frage den dramaturgiscbcn Gipfel des zweiten Profils darstellt und die sich - fugenlos in die damit verbundene Anspruchshaltung ei.ngliedernd - wiederum als originäre Humboldt-Rczeption verstand: die Cartesianische linguistik a la Chomsky. Dieser war "fest überzeugt" 128, so Di Cesare, nin Humboldt einen Vorläufer der generativen Grammatik erkennen zu können"'I1'1. Es ist llto Oi Ceurc, .Einlcitung\ a.20.0.• S, 18. m Aurgrund d~r unlcr.schiedhchen Bewertungen der Humbol(h+Forschung wird jt- n.lch Sichtwc:isc der B,,-grirf der .. Humboldt-Ren.loisu.nee" auch von Vcnreu:rn des zweiten Rrzrpriompro[ill bzw. \on .profilüberKhncidcndcn' Positionen in Anspruch genommen. Vgl. duu Gippcr. H. und Schmiut!r. P.: Spr"chrl.'lSsmKh4t J4nd Spr"chplJ//osopbl~ Jm Z~ir"llvdrrRomantJt.
Tübingen 1979. In Di Cuan; .. Einleitung". 20..1.0.. S. 19. Il'I
117-119.
Ebd. - Vgl. Chomsk:\" N.: Cmcsl,zn l.mglfuuCJ: A Oaptcr Tho"gh,. Ncv,' York 1%6.
In
thc Htltor)' o{ RatlOnalur
2. Ges.;:hichlC'n Humboldu: RC'zcplionsprofile
79
Ironie der Forschungsgeschichte, daß dann vor allem mit der Gegenbewegung gegen dessen rezitative Zudringlichkeit Humboldtschen Texten gegenüber ausgerechnet dieser "eine heftige Diskussion über Themen ausgelöst (hat, U.W.), die für die gegenwärtige Linguistik von großer Bedeutung sind" 1)0. Chomsky hat gleichsam, die alltagssprachliche Umschreibung dieses wissenschaftshistorischen Phänomens sei hier statthaft, das Humboldtsche Rezeptionsfaß endgültig zum Überlaufen gebracht und so ..den Anstoß zu einer neuen, lebendigen Diskussion des Humboldtsehen Sprachdenkens"l)l gegeben. Die Erregung über Chomskys Humboldt-Okkupation war auch deswegen so groß, weil für ihn die "nomenklatorische Humboldt-Lektüre" ll2 besonders charakteristisch ist. Scharf, dessen Dissertation von 1977 der gründlichen Zurückweisung der Chomskyscben Humboldt-Anspriiche gewidmet ist, stellt dazu fest: "ln der Rekonstruktion (...) wird deutlich, mit welcher Oberflächlichkeit Chomsky Zjtate oder Zitadetzcn aus dem Zentrum der Humholdtschen Sprachtheorie verwendet, ohne auch nur versuchsweise in diese selbst einzudringen"')) Diese Diskussion ist inzwischen hinreichend und umfassend aufgearbeitet, vor allem durch Scharfs Verhör von 1994, innerhalb dessen Chornskys ..Basisdifferenzierung zwischen Tiefen- und Oberflächenstrukruren"lJi endgültig als .. moderne linguistische Transformation des Repräsentationsdenkcns" us entlarvt wird. l.l6 In einem früheren Aufsatz kommt Scharf bereits zu dem ebenso eindeutigen wie vernichtenden Urteil: ..Es ist wohl gerade die Poime der von W. Oesterreichcr (1981) gestellten Frage: ,Wem gehört Humboldt?' I), keine positive Antwort zuzulassen - insofern spätestens sie privatisierenden Bewerhern die Augen über ihre wortwördiche Gemeinheit öffnet. Wenn nun aber auch in der Wissenschaft lnhesitznahme nur über konkurrierende Auseinandersetzungen möglich scheint, so ist eine negative Antwort auf die Frage, wem Humholdt gehöre, inzwischen völlig risikolos: Flimer uml KlallJ Gid. Dummdt 1980-93. I» Vgl. Sprt'u. A. und Bond7.io. W. (Hrsg.): Humhotdl-Grmml-KolI[ertln. Bl'r/in. 22.-15. Okwber /985. Berlin (DDR) 1986. IJI Vgl. H",b~'rg, R. (H rsg.); Spracht ,.nd lJildlmg. Beitriigt 7./lm / JO. TodtSlag \V,lhrlm tJQ1J HumbolJtJ. DarmSladt 1987. 1': ScllJrf. SprilchdenkcIl• .:1 •.:1.0. IU Vgl. Schle.ralh, B. (Hrsg.); \Vj/helm 11011 HllmbQldl. VQrtragsqkbu zm" ISO. Todeil"g. Bcrlin 1986. l~ Scharf. Vufllhrm, .1.3.0.• 5. 39. m Ebd. - Zur besonderen Ent.fJ:l.Inmung mag iiuch die- VOll H. MüJle.r-Si~""ers tu Ehren des 60. Geburlstaß~'S vun K. Mucller-Volllllcr umc:r dem Titel ~Poeuk-Hull1boIJI-llcrrneu tik~ herausgegebene Ausgabe ....On KOilikaslCode. AN Seml~lOr;Cd, 11. Jg. (1988), Nu.l f2. beigetr3g~'n habc:n. Einige der don vcrtrelcnen Beitrage sind indes bereits selbst schon Ergebnis der EntOammung. I~ Vgl. .luch Scharf. Verfahren. a.:I..O., S. 35. Anm. 33 und H. 1ST Mudler- Vollmer, K.; POCJlf~ Ulld €mbIIJun8skrafl. Zur Dichlllngslheon"t! Wi/helm von NumboldlJ..lIit d~r zweisprachigen AUJgdve eines AU{JaruJ /-fumboldu fiir frau dt Statt. Stur!gan 1%7. S. V.- Vgl. auch die Wcitcrführ1JIIg der Proble.m:uik III Den;.: ~ VOl] der Poetik zur LinguiS[ik-' u.O.. in drr Mucller-VolJmt'r feststellt. daß ~die Wende \'on der Poetik 'Lur Linguistik (...) nicht eine einf'o1che- MJtkierung \'on Humboldts Entwicklung· bedt'UlCt, ~sondern ein AusmftSSt'n des Feldes drs romantische.n Spnchbl't;riffs" (5. 240). - Humboldu Bedeutung innerhalb e-im's romantischen Spn..:hhegriffs hai .luch H. Gipper herausgestellt. Vgl. d:l'w auch seine Besprechung d.lIenl Mudler-Vollmer. Humboldts SpraC"bwinemchaft. a.a.O.• w() die diffi7.ile Ausgabcnproblcmatik erschöpfend d.argeslclh und aufgekl:an wird. - Als möglichen Einwand gegen den, der 1998('r Ausgabe vorangeneilten, EinleilUngslexl m;\g man ...ielleicht formulieren. daß die Vorliebe Di CesarCll für eine' - Coseriu cr.lhnende - Linguislik der Siruktur allzu deutliC"h aus dem Texl htrvorschweigl. 1.') Wilhelm von HUlllboldl. Obn (fje Spr,1Ch~, a:a.O. 110'i
FOUCAUlt, Ard1ä%glJ!, J.l.0., S. 178·179. Fouc;1ult formulierl den weiterführenden Einw.lnd fölgenderrna()en: ...Nunliq;t du B~ sondere Jer Aus.s:lg~nanaJyse nicht darin, die Texre :ms ihrem aklUellen Schlaf wiederauf:tuw~'Cken. um das Aufblitzen ihrer Entstehung wiedenul1nden, indern ffi3.n dk noch ;tn ihrer Ob,·rfI~cbt' ablcsbaren Zeichen beschwört. Es handelt sich umgekehn duum, sie w:ahrcnd ihres ganzen Schlummers zu verfolgen oder vielmehr die Jem Schlaf. CJ" 1935 (!) \'I!r· offentlichten Abhandlung RHurnboldl$ ·pr.lchstudien und die: deuLSche Bewegung. Die. ~
4. Humboldu Panoptikum; Gebildete Antike
115
ist. Hervorzuheben ist hier vor allem der Einfluß seines lehrers J, J. EngeP, dessen .. Unterricht. und Umgang" nach Humholdts eigener Aussage in seinem von 1767 his 1828 reichend.en schriftlichen Lebenswuf .. vorzüglichen Einfluss auf ihre (Alexandcr und Wilhe1m v. Humboldt, U.W.) Bil-
dung" hatte (XV 524). So wundert es
nieh~
daß er bereits mit 18 Jahren seihst diesbezügliche eigene Texte publiziert hat. 8 In seiner Schrift Sokrates und platon über die Gottheit, über die Vorsehung und Unsterblichkeit (r 1-44) konfrontiert Humboldt auf Engels Anregung hin' Fragen und Reflexionen aus seinem eigenen philologischen und philosophischen Studium mit TextsteIlen aus Xenophons ·A:rroJ.lvttlAoVf.UJ.lOtet. deren Titel er hier - njcht unüblich - mit .. Denkwürdigkciten (I 7) übersetzt, und dem U
Erneut".rung du Volksge(bnk('ns~ (S. 70) signalisien allzu deutlich die vollkommen yerquere Gleichsetzung von I-Iumboldu Nuionens1udium mil dem ,Volksgcdankc.n· iener Jahre und die für die Weisgerber-Schule typische - dennoch systematisch und in1ellektuell vollkommen abwegige - Konsequenz. nach der aus dem Energeia-Diktum etwa die For+ derung nach Untersuchung der Muuer$ptlliche herzuleiten sei. Nur als tOtale Besinnungslosigkeit kann daher ~uch Llmmen gcistlosC' Bemerkung, die gleichwohl den GeiSt dieser J,lhre atmet. angesehen werden. daß wie im Nationalsozialismus :auch Humboldl yor der Aufgabe der ~Erneuerung unseres Begriffes Volk" (S. 72) gt'Sl'anden habe:. Lallllllers preisl dann nQl:;h die ...51arkc. verbindende. ungebrQChelle Kraft unserer gemeinsalllen Sprache. die tiber yerordnele Grenzen die nalürlichen Bindungen nicht erschlaffen läßt~ (5. 72) und erweist sieh SO (ungewollt) :als schwarLCr Prophu kommenden Großmacill wahnsinns. 0.111 solche gefährlicht'n Absurditiilen indes weder Ausnahmen sind noch datt sie ohne historische Wcgbereimng auskommen mulhell, zeig1 ein Blick au( O. Harn:u:ks Aufs:m. von 1888. in dem er u.a. knnst:Hien, Humboldl sei .. 7.U allen Zeilen. in Rom, oder P1riS und Madrid. von inniger Freude erfülh, cin Deutscher :z.u sein (H1rn:ack. 0,: ~Goelhe und Wilhelm YI1n Humboldt In; Vjschr. f. Lu. GtJch., I. Jg. [1888). S. 115-243). N1chträglich(' Rclalivierungcn solchen Unsin~ lusen die Skepsis gegenüber dem Autor eher noch stciJ;en. als daß sie überzeugen können (vgl. 5. 238) und machen die Gefihrdungen überdeutlich, die Wissenschaf1 erleidet. wenn sie ihre Emstchungsbedingungen yergißI, ralionale LegilimauolIsll.Ilslrengungen umerl.:ißt, Abhängigkeiten YCTschweigt oder sich gar bewußt odel"' öpportunisti.sch in den Dienst illcölogischcn Machtmißbtlliuchs mU1. - Vgl. in diesem Zuummenh1ng auch die Oisscronion von Herkendell. H.-J.: Dir P~olllichJuitlidt!t! \t'ilhelm tlon Nl4mbolJu I4nJ Jas 'tIÖllt;sch~politisdu Mensclu!rIbJ1J. Heidclbcrg 1938. 1 Zum Ei.nfluß Engels auf Humboldts Antik~Studien vgl. \1.,1. Scurb, 1-1.: 'J/j/JJI:lm tlO" Hl4l1lbQltIf. \t'erden I4nd Wirkm. Düsseldor1 1970. S. 28. - LOlhbolz weilt ebenfalls auf die Bt'
II
Zweiter Teil: I-Iumboldts Ged;ichtnis
120
Göttingc.r HochschuUehrer Heyne schon in Humboldts Studienzeit vehement widerspricht. 1S In zahlreichen, späteren Briefen. U.3. mit dem Altertumsforscher und Philologen F. G. Welcker, wird vielmehr deutlich, daß Humboldt auch in philologischen Fragen über hohen Sachverstand verfügte. Das Griechische beherrscht er perfekr,!9 Auf die Anregung Wolfs. des .. berühmten Professors der alten Literatur und Beredsamkeit an der Universität Hallc"JO, den Humboldt im Sommer 1792 besucht hat und zu dem er engeren Kontakt sucht, geht nun der Impuls zu einer erneUlen Beschäftigung mit der Antike zurück. ll Diese mündel U;3. in das .Hcllas·JI
J'j
)D
.,1
Vgl. zur Bedeutung
Humboldts diesbezüglichem Studirnintcrcssc :luch Schaffstein. \Vi/)u/m tlotlI-lHmboft:ll, .:\.3.0.• S. 15. - Zum Studium HumbQldu bei C. G. Hc)'nc: insgesamt ygl. yor allem Saul(~r, I-Iumbllidl und du deHtsthr AlIjkliirHlIg, ;1.:1•• 0., S. U8-17J. Zur RI)lIe J-1cynes im KVnJexl der and~ren Göuin~er 5tudirn ygl. Kt"sse1, \ViII,c/m VOll !-Iumbold,. a.a... S. 37. - Zur Bewertung von Humboldu philologischen Kt"lllHllis:.en durch !-leyne vgl. Scurb.. Ulilhelm von Ilumboldt, a.a,O., S. 38. Vgl. Bergl.tr. P,: U'dht'lm VO'l /-Iumboldt i" Selbltuugnmrn "nd Bl1Jdoklfmrlltetl. Rein· bck bei H:'Imburg 1982. S. 47. - Auf Hurnboldts frühen Griechisch-Unterricht wriSt auch Kes,f'I. Wilhelm von Numboldt, a.... O .• S. 24, hin. Mamnn. Ph.: ~Einleitung·. In: deN'. (I-Ir5);'): Bnefran R A. \Vol[. a.a.O.. S. 2. Mmson berichtet auch übcr die W(.·dlSd\'I,l1e Geschichte der Frcundsch;U't zwisch"ll Humboldt wld Wolf. ß"g:mn diese ab 1792 schnell intensiv :I.U werden und war sie in der Zeit z.wi.schcn 1797-1808 weiler \'on cltr Erörtcrung philologischer Fn.geslellungen bl.w. V(ln Wolfs ßil~ ten um lSrnlung und Vt"rmitrlun~ Von Konuluel1 bcstimllll.lpb rs ...or allem in der Zcil .lb 1808 narke Spannungen. die :lugcnscheinlieh daher rührten. daß Wolf die ihm von I-lumboldt z.ul:edadHc Aufgabe innerhalb der Reform des preußischen Untc.rridHswcsens nicht erfüll,'., wollte. Dit·s ~hei[j~rll~ [emlich an W(.Ms ~Eil'c1kclt, Widerborstigkdt und d;:r in seiner Berliner Periode sprichwörtlichen Arbt"ilsunfähigkcit~ (S. 6). Wie lIlIensi ... die Frt'undsehafl in ihrer Anfang.Sl.cit zumindest \'on I-Iumboldls Stil(' ..us war, d.1voll l.eugt sein Brichn Wolf \'001 15. Juni 1795: .. Es hai mich frappin. daß Sic in Ihrem Bricfe bc· merken, daß wir eigentlich wenig Gesprich mit einander gepflogen in den ftohen glücklichen Tagen. die wir hier mit einander ...erleblCl1. Auch ich hme schon vorher bei mir dieselbe Bemerkung gemacht. und l:S hat mich yon neucm darin bestitil;l, daß die Freundschaft .so ungl.tublich mehr auf den Empfindungen, Gt'Sinnungcn. Char..klC'r, der ganzen An zu st'fn. als auf dnzdnen, wenn gleich noch so wichtigen hlern und Mernungen beruhl. Ulld SO viel mehr d.lher aus dem Anschauen, Umgehrn, bloßen Beicinandersc)'n, als aus cigt"ntlichen Cespric.hclI, den ger..de ihr cigclJthiirnlichcn Gc.nuß z.ielu.· [Humboldt :lll Wolf am 15. Juni 1795J, a.a.O., S_ 116_ Vgl. StJ.dlcr, HHmbQ/tfu Hild, ".:1_0.. S. 7. - Auf dit" Tus:lche. daß erst Wolf I-Iumboldt das Griecht"olum ric.htig erschloß, weisl E. Keud hin (vgl. Ki"Ss,'I. Wilbtlm von Numbold,. a.a.O., S. 43). - A. Lt"iu:mann h~b[ hervor, Humboldt habe für ~dOls Studium der gri«hischcn Spra~he und Lirer.\fur wie der gCUffiU;'ll Dastinwcrhiltnissc c1C$ k..bssiJichcll AJtcrrums- wohl ~keinen besseren und kundigeren Führer (...) fißden~ können _:lls Wolf(lein.mann. \tI"IJJl~/m wn J-/umboldt, a..1.0., S. 3 I). - I-Iowald bcuichncl Wolf im Kont~XI dL't Erei~niue des J:thre.s 1792 :l1~ den .. wJ.hren Raltent.ingrr, der die Urncht' der nun ~insclz(ndcn k(lß1.~lllrienel1 und .1usschlid~lichell BcschäftigunJ; (Humböldts, U.W:) mit den Gritthen wird- (I-Iowald. \V,lhelm VUII "hlll/bolJE, a.a.O.• $. 51). VOn
04, Humboldu Panoptikum: C~bildete Antike
121
Projekt, unter dem sich Humboldt eine ..Schrif[t]U J2 vorStellte, ..die ohne ein Journal zu sein, fortliefe", und die ..allein der griechischen Linerarur gewidmet wäre, und weib Uebersetzungen aus aUen Arten der Schriftsteller, theils eigene Aufsätze·.)} enthalten soUe. Weihnachten 1792 kommt Wolf, der Humboldt zur Erstellung einer programmatischen Studie ermuntert. nach Auleben, und bereits am 23. I. 1793 geht das fertige Manuskript an Wolf ab. Und obwohl Humboldt einige Tage nach Abscndung massive Zweifel an sei.ner ,Griechenskizzc' bekommt, wird sie Humboldt ist erleichtert - von Wolf positiv beurtci.lt.J~ Humboldts Text Ober das Studium des Alterlhums, ,md des Griechischen insbesondre (I 255-281) vOn 1793 trägt so noch alle Charakteristika einer Selbsrvergewisserung über das eigene StudiumJ), ..wie es denn überh..upt" Humboldts .Absicht ist, nur zu versuchen, das für sich minder KJare in ein helleres Licht zu stellen" (1 258). Der vom Autor in 43 Paragraphen eingeteilte Text beginnt lexikalisch und systematisch mit einem aristotelischen Paukenschlag. Humboldt, nach dem Nutzen fragend, warum die Überreste des AJtertums überhaupt studiert werden sollten, nennt zwei Gründe: .. Einen materialen, indem es (das Studium, U.W.) andren Wissenschaften S toff darbietet, den sie bearbeiten" (I 255). In Paragraph 2 folgt die Komplementärperspcktive: nD c r f 0 r mal e Nu zen kann wiederum zwiefach sein, einmal insofern man die Ueberreste dcs Alterthums an sich und als We r k e der Gattung, zu der sie gehören, betrachtet, und also allein auf sie selbst sieht; und zweitens indem man sie als Werke aus deI'" Periode, aus welcher sie stammen, betrachtet, und auf ihre Urheber sieht- (I 155-256). Humboldt handelt also hier schon wie selbstverstiindlich mit dem aristotelischen BegriHspaar Stoff und Form und verwendet es als den Gegenstand differenzierendes Ordnungsschema. Er begründet nun, warum vor allem die Nation als Studjenobjekt der Geschichte so geeignet isrM', und stellt fest, daß der Charakter des Zustandes der Nation .. n:ach allen SClnen Seiten, und in seinem 11
[Hurnboldllon Wolf am I. Dec. 17921, a.iu:t dieser> Studiums komllll es nlt'hr auf Jen GrJd der Inlt'nsion :lJl, mic dem Eine Narion. als Jut dt.fl der [xlension. mit wekhem eine Mengt' \on Nalionen srudin WlnJ. Isl C$ ~bo r:uhnm, Mi Einer oder CUlem Polar sithen zu bleiben;.ro iSI es gUI. diejt'nigC'n zu wahlen. wekhr glcielualn ntC'hrne .Indrr reprastnlirrn· (I 1M). Zur Einsfellung Humboldl.s 7um ~hen Rom \'ßI. .luch U'inc 8emC'rkung im 8rief .Ill Brincknunn vom 3. St-ptrrnMr 1791.:. ..dlC' Alten sind . 1111." xhnfUldlcr bloS 2 Nalionen. und wcnn mJ.n es genau nimml nur Eina. dn- Griechcn, da diC' KÖmi.Khen Schnfutrl1CT. als solche. im Grunde Griechen heißen mussco'" [Humboldl :lJl Brindrm1nn 1m 3. St:pu~m~r 17921. u.O., S, 21·12. Vgl. z. 8. HumbolrJu h:iufig venuchle Anwt'ndung seincr Individuatiliitsargumcllullon auf dir Cri«hcn: _Dir UC'berr~lt der Griechen 111Igrn die meislcn Spuren der InJividu.llität ihm UmC'ber an sich. Die bcuichdichsrcn sind die Iittentischtn- (I165).
.J.
Humboldts Pa.noptlkum: Gcbildclc Autikc
125
sich troC7..dem intensiv dieser .Klärung', warum eben gerade das Griechi· sehe und die Griechen besonders umersuchenswen smd. Hjer wechseln sich nachvollziehbare Emzelbeobachw.ogen mit (zu) kühnen Vermutungen ab, die noch - Humboldt wird i.o seinen weiteren Ausführung'en durchaus auch von dieser Strategie abgehen - wenigstens von der Spannung zwischen Argument und gewünschtem Ergebnis getragen sind. So bleibt er ebenso allgeme.in wie insistierend. wenn er in Paragraph 25 resümierend bemerkt: ..Aus allem Gesagten ist also ein e g ro s seTend e n z der Griechen, den Menschen in der möglichsten Vielseitigkeit und Einheit auszubilden,unläugbar" (1270). Die Paragraphen 26-36 widmen sich dann der hisroriographischen und mentalitätsgeschichdichen Fragestellung. wie es die Griechen in der Ausbildung ihres Charakters überhaupt so weit und konkurrenzlos haben bringen können. Hier werden unterschiedliche Gründe angefühn: Die notwendige Muße zur Bildung, crmögljcht durch die Sklaverei (26). die Möglichkeit zur politischen Partizipation durch eine Verfassung (27), die Grcifbarkeit und Sinnlichkeit der Religion (28). das Ehr- und Nationalbewußtsein (29) und schließlich der Polis- und ,Föderationsgedanke' Griechenlands mit seinen Einzelstaaten, der allerdings bei aller Individualität der Slaaten den gegenseitigen Austausch fördene und durch Konkurrenz Profilbildung zuließ (30). Die notwendige Offenheit und Veränderungsfähigkeit waren dann nicht nur in der Lage. das daraus entstehende Potential fruchtbu zu machen: .. Die Phantasie des Griechen war so reizbar von aussen, und er selbsl in sich so beweglich, dass er nicht bloss für jeden Eindruk in hohem Grade empfänglich wu, sondern auch jedem einen grossen Einfluss auf seine Bildung erlaubte" (I 274), eine tolerante Religionsanschauung, für Humholdt sicherlich besonders reiz'voll, "übte schlechterdings keine Herrschaft über den Glauben und die Gesinnungen aus" (1274). Ein ebenfalls deutlicher Zug, der sich durch Humboldts Griechenbild in diesem Text zieht, ist die Bewunderung für deren ästhetische Kompetenz: .. Ein ( ... ) vorzüglich charakteristischer Zug der Griechen iSt die hohe Ausbildung des Schönheitsgefühls und des Geschmaks und vorzüglich die allgemeine Ausbreitung dieses Gefühls unter der ganzen Nation- (1275). So bleibt Humboldt fast nichts übrig. als sem zuvor programmatisch geraßtes und - es sci fairerwe.ise an die Funktion des Textes erinnert - ja auch als funktional bzw. programmatisch verstandenes Urteil noch einmal in der Form zu bestätigen, daß "sich daher in dem Griechischen Charakter meistentheils der ursprüngliche Charakter der Menschheit überhaupt, nur mit einem so hohen Grade der Ve.nei-
Zwtitcr Tcil: HUlI1boldts Gedächtnis
126
nerung versezt (zeigt, U.W.), als vielleicht nur immer möglich sein mag" (I 275). Die schon aJs rhetorisch anvisicne ,Nationen'-Frage, .. 0 b 1eie h t eine andre an die Stelle der Griechischen treten könne" (1 277), wird dann auch abschlägig beschieden und nur aus apologetischen Gründen prinzipiell für möglich gehalten. daß ..sich nun in irgend einem noch unentdekten Erdstrich eine solche Nation zeigen wird, welche mit djescr Eigemhümlichkeit die übrigen. oder ähnliche, oder höhere Vorzüge, als die Griechische, verbände, ..... (I 277). Die Abhandlung schließt in den Paragraphen 37-43 mit - zur Qualität der einleitenden allgemeinen
$cudjenkriterien zurückkehrenden - Bemerkungen HumboldLS zur Notwendigkeit und zum Charakter philologischer Arbeit. Diese ist notwendig, weil das bloße Berichten und die .Schilderung der Griechen" (I 278) durch andere nutzlos ist: "Es bleibt daher nichts, als eignes Studium übrig" (1278), eine .,unmittelbare Bearbeitung der Quellen selbst durch Kritik und Interpretation" (I 279),ergänzt durch einordnende und überblickende ...Schilderung des Zustandes der Griechen" (I 279), und schließlich .. Uebersetzungen" (1280) mit dem dreifachen Zweck der Übersetzung für andere, die das ..Original nicht selbst zu lesen im Stande sind" (I 280). der Verständnisoprimicrung für den Leser des Originals und schließlich - am wichtigsten - der erschließenden Umcrsrürzung der Tätigkeit des Übersetzens ab Einweihung in den Geist des Textes selbst. als immer vorläufig gemeinte und auf den akriven philologischen Vollzug rekurriere.nde hermeneutische Option. M.it dem etwas elitären Hinweis, daß ..das Studium des A1rcrthums die grösseste. ausgebreitetSH; und genaucsle Gc.lehrsamkeit" (1 280-281) erfordert, die sich .. narürlich nur bei sehr Wenigen finden kann" (I 281), enden diese wiederum funktionalen Bemerkungen zu Humboldts Programm, das doch vor allem - dies sei hier das Resümee - Ziel und Bedingungen seines eigenen Studiums versrehen läßt. 25]ahrc spärer, am 21. 4. t 818. schreibr er an Caroline, er habe .,einen alten Aufsatz neulich durchgelesen über die Individualirät der Griechen und die Ansicht des Allerrums"H. Und weiter: .. Du erinnerst Dich vielleicht noch seiner. Er iSt mehr eine Skizze. in Para· gnphen geschrieben, und h,n Anmerkungen von SchiJIer und dem Koadjulor Olm Rande; auch Wolf hatte ihn und brachte mich eigentlich davon ab. Ich härte ihn weiter. d.h. ausf'Ührlicher. denn er iSt in sich vollendet. umarbeiten sollen. Er ist mir das Beste und Gedachtesee. was ich je gemacht habe. und hat ~.
WJIN/m "nd
Caro/m~
von H"mboldl m ,h1Tn Brufm. 7. Bde. Hrsg. \'on Anna \'on S) -
dow. B~rlin 1913. hSleJ Band: Im K:ampr mil Ha,.-dcnberg. Briefe \'on 1817·1819. [Humboldl an CMQline arn 11. April 1818] S. 181.
... Humbtlldts Panoptikum: Gebildl:".te Antike
127
mir wirklich, was mü so einer alten Arbeit selten der F:lll ist, Freude gern:lcht" n .
4.2 ,Betrachtungen' zu Hellas und Sprache Dieses Skizzenhafte trägt Humboldts Griechenidea.Lisierung auch in den späten Jahren seines römischen Aufenthalts. Für den Preußlschen Residenten beim Päpstlichen St'uhl. der sich das Land der alten Griechen aus den Texten erschließt und der im realen Griechenland seiner Zeit nie gewesen ist, ist Rom der Ort, an dem ihm durch die antiken Zeugnisse hindurch das konstruierte ,Hellas' als Gedankenraum erneut präsent wird, ~6 Drei Fragmente sind in diesem biographischen Kontext entstanden, von denen Lalium tmd Hellas oder Bel'rachtungen über das classische AIterr.lmm (III 136-170) von 1806 wahrscheinlich das erste istY Sein ') Ebd. ~ Zur Bedeurung von Humboldu Rom-Aufelllhah vgl. auch Eberl. H,: Wilhrlm von HHmboJdr und dlt, delltKhe K!tJmk. Ldpzig 1931. S. 31-38, - S, Wald mAnn weist in St'iner Sludir
D,(' BeJelltllng def römuchm AufenthallJ fiir U'ilhelm W1l flHmboldu geutlRt und ""'menfl:h4JtlicM Entwidtl.ng darauf hin. daS .Humboldl innerhalb drr Mauern der Tibustadt den Widerschein hellmischen Gl~ist('$ $.1h (Umst-, U."".r (Wa.ldmann. S,~ D,e BrJeul'lI'lg dn römuclmt AHfenthalu fur U'Jhcl", IIOn Humboldu geßtlgr wnJ iDl5w'Jsm4rl;c~ EntwlcklunR. Münc.hrn fDiu.) 1953. S, 79). Waldm.ann glitden Humboldu romische lksdültigung in die grolkn &reicht Anlhropologir, ,Wehbild'. Ästhrtik und künstlerischr Produklion. tiM Schematisierung, in dit Auch d~ Antike-Bcschiftigung - gC.... URrnußtn quer dnu - eingrordntt wird. Für W,olIdmAnn ist Humboldl ganz .KI.1$sizisl-. dtr .in der E....igen Swh anen großen PlJUl. die SchilZt der Antike zu erschließen- (S. 78), entwirfL Trotz. der sehr minutiösen und gelungenen Beschreibung der rinzelnen S..chvCThalte mag für Wald manns Untersuc.hung geradr das gtlten, was dieser für Humboldls Antikc-BeschiftigunG ftsl5tdlt; .. Man glaubt, sdn Herz spr«hen tu hören" (5, 78). - Ltuzmann weisl du..ur hin. d.. auch der London-Aurcnthah 1817-18 und dir donigt MöglichkC'il des 8ucha des .P;anonma vl'ln Athen', der Elginschen Monumente und des phil:lIlei~chen Frieses nach Humboluls eigener Ausuge z.u dessen Amikc-ßild noch einmal Entscheidendes beigeIngen hat: .Eine ul\gc.. hnt~' Vt.rt'irJung brachle der londoner Aufenlhah für Humboldu Auf· fu)"ung der Antike: hinter den römiKhen Eindrücken und der Rdiquirn römischer KunSl. die er früher ;als weihevolltn lksit2. in srin Inneres aufgenommen und mil dem 8estt.n und Wenvollm'n in sich verschmolzen haue. hißltr dirsem .1ntiken D.utin sol.uugm .aus zwri~ Itr Hand lai sieb ihm hitr dit pronr zum wahren antiken Dasein. 7.um Gri«bmtum dtr .1hrnn Ztil ;auf. und es wu ihm von der GUnsl des Sc.hiclw.ls veq;önnl, rinen Blick in das ldoble Ltnd AthM und sallt KUIISI zu lun ....ir Moses. l.um:.tl dir .S1arkt SehnsuchI, Athen )tlbn noch zu schauen. ihm nicht mchr erfüllt wurde- (Ltitzmann. Willnlm wn H.m· hoM. :Io.:1o,0.• S. 67). Zur genautf"en DJ.t'Stdlung dtr anuilltn Dtnkmiltr sit.ht S. 68-69. •, Ob
R
134
Zweiter Teil: HUlTIboldu Gcdilchlnis
Bande schöner Geselligkeit schloss. in der Alter und Jugend eine gleich passende Stelle fanden'" (1Il157),
Ein Blick auJ Humboldts Biographie und Werk läßt mehr als erahnen, daß dieses ,dritte Leben' in einem erweiterten Sinne für Humboldt die eigentliche idcaljsche Lebensform darstellt. So erscheint auch seine Kritik an manchen griechischen ,Begleiterscheinungen' dieses drillen Lebens, wie 2.8. die ..Liebe zu schönen Jünglingen" (111 158) und die nicht zu leugnende TatSache, ..dass das weibliche Geschlecht in Griechenland einer geringeren Achtung genoss" (lU 159), zwar glaubhaft, seine prinzipiell positive Einschätzung kann dies aber kaum beeinträchtigen. Dies gilt auch
für die von ihm zugestandenen negativen Erscheinungen "an dem öffentlichen und PrivatCholrnkIer und der Geschichtc'" (111 160) der Griechen.5'J, ja gerade die Fähigkeit zur Integration der Widersprüche macht den griec.hischen Charakter in Wahrheit aus. hO rEer liegt ihre Stärke, denn >lalIes geistige Leben des Menschen besteht im Ansichreissen der Weh, UmgcStahen zur Idee, und Verwirklichen der Idee in derselben Welt, der ihr Stoff angehört, und die Kraft und die Art, wie dies geschieht, werden durch die äusseren Lagen nur anders benimmt, nicht geschaffen und festgesem" (lU 165). Man hat Humboldt vorgeworfen, in LaLium und Hellas kündige sich ei.n G.riechenbild an bzw. werde bereits durchgeführt, das ncben mancher Kritik vor allem von geblendeter Bewunderung gekennzeichnet sei. Dies ist eine äußerst vorschnelle Plakation, die selbst über die Qualität mancher - durchaus zugestandener - Griec.henplakation bei Humboldl kaum hinauskommt. Vielmehr war Humboldt sich seiner bildenden Konstruks' Vgl. d:azu: RDer polilischl' Ch:anlkter der Griechen ist oft und nichl m.it Unrt.'Chl ein Gegenstand des Tadels und Selbsl d~ Spottes gewesen. Er bewies, vorzüglich bei den Atheniensem, unliugbar Mangt! a.n Stitigkdt unJ ofl nicht geringen Leichtsinn. Indess \'rtläug/leien sich doch niemals 2wei Dinge in demsrlbtn; Anhänglichkeit an Volksgleichheü und \'alcrllindischen Ruhm" (11I 160). tIÖ Vgl. d;tzu: ..Dil' Angeln stiner wundervollen Eigelllhümlichkeil sind also die Intensitäl dieser krafrvollen Beweglichkeit. und ihre n:llürlich richlige und gleichförmige Slimmung, die' ihn im Arussern zu Klarheil und Richtigkeil. im Innern zu Fesligkeil, Constquenz und der höchsten Kl:arhcit des inneren Sinns. der Idealität fihig 1n2cllll:- (III 162). - RAuf diesc Weise konntt: der Griechische Charakter die sonst unbtgrcit1ichste.n Widt'fspriichl' in sich vereinigen: auf der eincn Sc.iu: Geselligkeit und Trieb nach Miuht'ilung. wie ihn vielleicht keine Nation je gekannl hai. auf der andem Suchl nach Abgezogenheil und Einsamkeit; auf der einen bcstindiges Leben in Sinnlichkeit und Kunsl. auf der andem in der tiefsinnigSll'n Specularion; ..uf det l'im:n den \'crächtlichsten Leichtsinn, die ungeheuente lnconsequcnz, die ungl:aublichSle Wandc:.lbarkeit. wo dir Bewq;lichke.ir und Re.izMrke.i1 21· Il'in I,errschlen, Jour der ",ndem die musterhafteSIe Beharrlichkeit und die: strenl:-sle: Tugend, wo sich ihr Feuer. als ernste Kraft. in den Grond ...eslen des Gemüths sammelte" (111 162).
-4. I-Iumboldu Panoptikum: Gebildclt' Antike
135
[ion nicht nur bewußt, er relativiert besinnungsvoU auch die eigene PI ausibilitätsargumentation, wenn er konzediert: ..Auf die Fragt also, wie kommt es, dass jene hinreissend schöne Form der Menschheit allein in Griechenland aufblühte? gicbt es an sich keine befriedigende Antwon. Es war, weil es war" (111 1(5).
Mit diesem wissenschaftlichen Erklärungsverzicht beschließt Humboldt seine ausgedehnte Sichtung der fünf Momente des Griechischen Geistes und beginnt - ganz unverhofft - den Schluß seines Aufsatzes mit einem .Exkurs' über die Sprache, der auf den ersten Blick ebenso deplaziert wirkt wie auf den zweiten ein zwar noch zögerliches - aber dennoch das immense Potential kommender Studien erahnendes - EnrwickJungsprogramm heranbildet.61 Als sei er selbst unsicher gewesen, ob das bisher Gesagt'e mit seinen herkömmlichen ,Betrachtungsweisen' wirklich den Kern der Problematik des Charakters der Nationen erlaßt. stellt Humboldt sich aus diesem Defizit heraus faSt zwingend eine neue ,Betrachtungsweise' vor, zu der er apodiktisch konstatiert: .. Allein einer ist von durchaus verschiedener Natur, ist der Odem, die Seele der N,nion selbst, erscheint übernIl in gleichem Schritte mit ihr, und fühn, man mag ihn als wirkend oder gewirkt ansehen, die Untersuchung nur in einem besti.indjgen Kreise herum - die Sprache" (II1 166).
Nun wird zunächst doch an die vorherige Argumentation angeknüpft und der Defizitcharakter alles Bisherigen unterstrichen: "Ohne sie, als Hülfsmittel zu gebrauchen, wäre jeder Versuch über Nationaleigenthümlichkei,cn vergeblich" (Ill 166). Der doppelte Charakter der Sprache als ..wirkend und gewirkt" wird hier von Humboldt bereits deutlich herausgestrichen. Die immensen sprach theoretischen Konsequenzen dieser Ansicht werden zunächst in der Akademierede von 1820, letztlich dann aber vor allem in der KawiEinleitung erst knapp 30 Jahre später in allen ihren Schattierungen sichtbar. Aber mit dieser Akzemsetzung ontologischer Qualität kommt Humboldt keineswegs zum Schluß, die wesentlichen Pflöcke seiner zukünftigen Theorie bereits einzuschJagen und damit das Feld abz.ustecken, in dem eine in Sprache transformierte Welt erfaßbar, verstehbar und theoretisch lebensfähig wird. Gegen das aristotelische RepräsentationsmodelJ wendet er ein, daß .,den nachtheiJigsten Einfluss auf die interessante Behandlung jedes Sprachsrudiums (...) die beschränkte Vorstellung ausgeübt (habe, U.W.), dass die Sprache durch Convention .. Zur ,Entde. Sch.lrf brtom hier z.un3chsl, dait ~Jcr Symbol-Begriff ein typisches und gewidluges Bcispitl für dic inhaltliche Entwicklung der Humboldtschcn Terminologie iSl (Umst.. U.W.). deren \'crKhieJene Stadien gtlt'{;emlich in ein und dcm~t1ben Text (...) nebcnein.an· der z:u fUlden sind~ (cbd.) und illustriert d~mil nicht nur dic hier z:ugrundcliegendc These alJmiihlicher BcgriffsemwiekJung bei Humboldt, er forden für die Kenntli\'hmllchung die$t'S Pr07.tSses- expliz.it eine ~archiiologischC' Interpretationshallung- (ebd.). Zur kOnz.eplu, ellrn Reichweile dt'S ,symbol' -Begriffs schließ! er an; _Innerhalb der .Iusgebrt'itetem Hum· bolduchen Analytik und ihrer Kons~uen7.Cn steht cl,u Konzept der SymbrJIincrHng rür den konsututionstheoretisch :avisierten Intall dt'r Artikulauons:arbeit, für den syntaktisch· scm:lf1tischcn, wcltill\'~reticrenden Effekt des Synthetisierens~ (ebd.) - Gluinski deutet den Symbolbcgriff auf bildungst.heorclischen Hintergrund, wenn cr .Iufzcigt. daß Hum·
~.
Humboldtli Panoptikum:
G~bildet~ Anlik~
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Dies hat nun aber nicht nur erkenntnistheoretische Konsequenzen und richtet sich auf Humboldts Sprache-Erkenntnis- Theorem, sondern kommentiert auch einige problematische Begriffe. die Humboldt selbst zur Erklärung seiner Sprachtheorie verwendet. Bislang wurde der Begriff des ,Organismus' vermieden, eben wegen der in der Humboldt-Forschung häufig angeführten Unterstellung, dieser habe hier sozusagen eine Allegorie, eher noch eine Metapher zur evidenten Kommentierung seiner sprachtheorerischen Theorie herangezogen. Damit wird der Begrlf( des Organismus ausschlielUich durch seine Erklärungsprodukrivität begründet, die er in spezifischen Kontexten. zum Beispiel dem sprachtheorerisehen, entfalten kann. Dies ist - so die notwendig zu ziehende Konsequenz. der Allegorie-Symbol-Alternative in der.Verfallsgeschichte' - niclJl Humboldts Vorstellung des Organismus-Begriffs. Er ist keine Metapher im Sinne einer bildhaften Übertragu.ng, die Sprache iSt nicht wie ein Organismus, sie- ist ein Organismus im Sinne eines erst erkenntnis- und letztlich dann auch sprachtheoretisch fundierten Wahrheitsbegriffes, der einer Weltkonstitution in der Sprache gleich einer semiotischen Synthesis verantwortlich ist. leh werde zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal anhand eines Beispiels aus der Forschungsliteratur auf diese Fragestellung zurückkommen. Bis dorthin reicht Humboldts Warnung: "Denn das Symbol hat das Eigemhümliche. dass die Darstellung und das Dargestellte immer wt."chselswcise den Geist einladend nöthigen länger zu verweilen und tiefer einzugehen, da die Allegorie hingegen, wenn einmal die vermittelnde Ide~ aufgeJunden ist, wie ein gelöstes Räthsd, nur kalte Bewunderung oder I~ichrcs Wohlgefallen an anmuthig gelungner Gestalt zurücklässt. Die blosse und eigenrliehe Allegorie ist den Griechen s~hr fremd, und gehört, wo sie sich findet, wohl noch meistemheilli späten Zeilen an; denn wo der Sinn gewichen ist, die Symbole zu erkennen. werden liie leicht zur Allegorie herabgewürdigt" (111218).
4.5 ,Einleitung' zu einem philologischen Projekt Obwohl erst 1816 erschienen, stehen Einleitung und Übersetzung zu Aerchylos Agamemnoll metrisch übersetzt (Vnj 117-221) durchaus im baldt die Gri~'Chtn als .symbol du MenschhC'it' :lus%(.ichn~t und di~ Wes~ n.lch;eei~hn~t. wi~ dieser Begriff inh:alt1ich und mlll~rilli 7.U füllen ilil ("gI. Glaz.inski. Anf/A-l'" Hnd Mod,.,.11('. a.a,O.. S. 6, 161-1301).
Zwein'( Tcil: t-1umboldu Gedächmis
150
Kontext der Ereignisse des Herbstes 1792. Mit ersten Aischylos-Übcrsctzungen hat Humboldt bere.its in dieser Zeit begonnen. So sollte Humholde für Wolf, der die griechischen Tragiker in einer deutschen Ausgabe herausgeben wollte. z.B. die Bearbeitung der Dramen des Aischylos übernehmen. Aber erst 1796 intensiviert Humboldt sei.ne Übcrsclzungsarbcit am Agamemnon, und es sollte noch 20 Jahre dauern, bis das Ergebnis seines Versuches, den griechischen Agamcmnon-Text so ins Deutsche zu übersetzen, daß das Versmal! des antiken Textes in der Übersetzung erhalten bleibt, veröffentlicht wird. SI In Humboldts Übersetzung folgte in der Tat der Rhythmus der langen hzw. kurzen und der betonten bzw. un· betonten Silben dem gleichen Schema wie im Originaltext. Dieses an j. H. Voß - Humboldt hat hier dessen Homcrübersctzung als Vorbild und weist auf die Verbindung auch expljzit hin - angelehnte ,radikal-philologische' Programm ist später hi'iufig sowohJ wegen seiner erbarmungslos formalen Systematik wie auch wegen der am Ergebnis abi esbaren praktischen Undurchführbarkeit eines solchen ,Übersetzungsideals' kritisiert worden.81 Es soll trotzdem - zum Abschluß der Sichtung Humboldtscher Antike-Texte - ein kurzer Blick auf den z.weiten, theoretischen, Teil der Einleitung zu diesem Projekt geworfen werden. Ocr erste Teil .1
C
HumbolJt weist ;,\ur dil' tlngc Emstchl,lngsztit ;Ull r.ndr. der Einleitung sdb~t hin und konzc(liert so am 13. Februar 1816: Sehliesslich muß ich noch bemerken, dass ich dit:sclbc (dic übcrsetzunl>. U.W.) im Jahr 17'.16. :mfieng, sic 180oj. in Alb"lIo umarbeiutc und endigte, und dass seitdem nicht leichf ein Jahr verstrichen ist, ohne Jass ich daran gebessert h;ltte- (VIII 146). So stellt 1\. Leitl'.mann beispielsweise fest: ~I)a" dieser Versuch einer wirklith kongcnialen Verdt'ufschung, bei t.!"f die ptX'tisch" Größe und erschüttermle Erhabenheit des Ongim.l. ~cdichts, dts Unl'ppichs, wie es Goethl." n"nmc. wietle.rl;wboren und .lUrS neue lebendig geworden sein müßte. rnißlungt:n ist, dJ hingebendste Kleinarbeit deli Genius niemals erreich('n kann, darf uns nicht Ilindern, den Veßl,lch sdbn zu bewunde.rn. bei dem die größten Meist'er der z.cilgeniissisC'hcn A[len'l,I111swisst"lIschaft, Wolr und Hermann. ratend, helrend. billigend mitgewirkl haben" (Leit:tmann, \tI,lhe/m 'V{)n Hlfrnboidl. u.O., S. 64). - Ent· schil'(lellcr und in dc.r Terminologie über die Grenze d('r Unangclllcssenheit deutlich hin"u~ urteilt Howald: Wu man 7,U hören bekommt. ist nur \'orgctäuschtc Erhabenheit. ist \'ielmchr Knmpf und VetKc.'Waltigung" (J-lowald. E..: DeuHch-!rrdischrn P;as5iI\;cn JUsgczeichnClf.' 5IUdie \ I)n B. GIninski: AmI1ft lind MoJrrne. Drr: Am'Re ah BIJJ:mgJgr:grfHMnd I"" \t'iJhrJrn w" JlllmboJdl. a.a.O. Sif.'hc dort :lUch die: Zu»mml:':nfassung und ß
Ebd.
Hier iSI vor :lllem d.1S rhetOrisch·dialektische Grundprinz.ip der Sc:holastik, di~ Quaestio. zu ntnnen, ~in Unltrsuc:hungsverfahrcn, bei dem eine These von einem rngenden, einem Oppon~nlen. krilisch himerfr:> wird. Ocr Respondem haI dann die Aufgabe. die These: zu vcneidigen.
164
Zwdlt"r Teil: Humt.lOldl.s G«Iäclllois
dem beides auch ohne weitere Erörterung des Legitimarionszus.ammenhangs oft gleichrangig im Argumentationsgang verwendet und bewertet wird. Humboldt verwendet ebenfalls heide methodische Vorgehensweisen, die in ihrem formalen Charakter verstümmelte Wahrheitst>rkundung als zeitlose Konfrontation von Behauptungen wie die historisch-kritisch gewordcDc Wahrheitsrkepsis hermeneutischer Provenien7., und eben in dieser - zunächst durchaus besinnungslosen - Doppc1bödigkcit des Bezugsrahmens, die sein rezeptives Verhalten kennzeichnet, unterscheidet er sich kaum \'on den anderen Denkern seiner Zeit. Diese Beobachtung ist deswegen wichtig, weil sie eine für den Übergang vom 20. i.ns 21. Jahrhundert auf den ersten Blick nicht unminelbar einsichtige Konsequenz enthält: Die unterschiedlichen Rezeptionsmodaliläten sagen - und dies ist für Humboldes Aristot.c1es-Rcz.eption konsuculiv wichtig - so gUl wie nichts über die unterstellte BedeuLSamkeit der jeweiligen Inhalte. deren Verwendungsproduktivität und tatsächlichen Grad der weiteren Verarbeirung bzw. theoretischen lnst'allation aus. Wohl geben sie hingegen Auskunft über den Spielraum der Skepsis und Kritik, die aufgrund der unterschiedlichen Verfahrensstrategien bei der Auslegung der Texte möglich werden. Humboldt ist sich in einer Zeit, in der Aristotcles auch wieder als Grundlage der Entwicklung philosophischer Systeme - G. W. F. Hcgel ist hier das markanteste Beispiel ill - genutzt wird, dieser Zusammenhänge zunehmend bewußt, wie sich dies z.B. auch anhand des Problemhorizontcs des Geschichtschreiberaufsatzes feststellen läßt. Humholdt beschäftigt die Frage, wie historisches Verstehen möglich ist, explizit und es ist. ausgerechnet der politische Freund und spätere enge Mitarbeiter in Fragen der Bildungsorganisation F. D. E. Schleicrmacher llJ , der zur philologischen bzw. historisch-hermeneutischen Verwissenschaftlichung der Arislotelcs-Rezeption im beginnenden 19. Jahrhundert Entscheidendes beiträgt. J H Während beide sich einmal darin einig sein werden, daß ..Vcr'I!
IIJ
11
Da Humboldt ansonsten vom Geheimen Hofrat Schlosser, der seit seinem Ausscheiden als Direktor des Hofgerichtes in KasseJ J 794 in Eutin lebt, nicht nur wegen dessen .. höchst trivialer und gemeiner'" (XlV 321) KantKritik, sondern auch wegen dessen fehjendem ..Scharfsinn'" (XIV 321) wenig hält, zeigt., daß die Übersetzer-Tätigkeit für Humboldt in dieser Zeit nichr prinzipiell positiv konnoliert ist bzw. daH sie für ihn mehr als Handwerk, denn als intellektuelle Tätigkeit gilt. Übersetzung ist hier ganz offensichtlich weder eine Frage von Begabung, noch von Kritikfähigkeit oder gar von Genialität, sondern von Fertigkeit. Über die Korrekturen bzw. Ergänzungen dieses Übersetzer-Bildes in der Agamemnon-Einleitung 20 Jahre später ISt bereits gesprochen worden. Zurück zu Schleiermacher. Auch für den Begründer de.r neueren protesunlischcn Theologie waren die ersten Studien zu Arisroteles zunächst mit Übersetzungsarbeit verbunden. In seiner Hallenser Studienzeit von 1787-1789 hörte er bei J. A. Eberhard zunächst aristotelische und platonische Ph.ilosophie und studierte im Eigenstudium nicht nur die ethischen, sondern auch die metaphysischen Schriften. In Verbindung m.it einer in diesem Kontext eOlstehenden Übersetzung der Nikomachirchen Ethik verfaßte er u.a. einen Aufsatz. zur aristotelischen Gerechtigkeitstheoric. 110 Über 20 Jahre später, 1811/12, liest der Berliner Professor dann selbst zur Geschichte der Philosophie. Eine Vorlesung auch zu Aristote1es, die lobende Beachtung fand, u.a. durch den Historiker B. G. Nicbuhr, der 1810 Mitglied der Akademie geworden war und bis 1812 ebenfalls an der Berliner Universität Geschichte lehrte. An diesen biographischen Eckpunkten wird SchJeiermachers lebenslanges Interesse am .ganzen' Philosophen Aristoteles deutlich, ein Interesse, das sich gleichwohl nicht auf die Auslegung der Texte beschränkt. Auch auf ed.itorischem Gebiet gibt SchJeiermacher wichtige Impulse. So geht die Entschließung der Berliner Akademie L817, von Immanuel Bekker nun endlich eine verläßliche Edition des 11., E~n(~ns in den Reiseugcbüchern findrt sich noch dn weilenr, eher ncbcnslchlicher Ari· sloldes-Hinwcis. Humboldl C'rwähn! hier, d;lß J. H. Voss die P~rik de$ AristOlcles in einem sptl.ifischen ZUS1lllmcnhang 0111$ Beweis seiner Argument1uion verwendel (vgl. XIV 316).
11:> Vgl. K..3.nu.cnb.llch. EW.; F. D. E. SchJmmlamC'r. Rcinbek bei H.lImburg 1967.5.19.
5. Humbol(lu Arinocclcs: ßio\;nphiscb-philolol)ische I\uui!ell
167
Corpus der Aristotelischen Schriften erstellen zu lassen, auf seine Anregung zurück.!:!1 Auf der Seiten-, Kolumnen- und ZeiJenzählung dieser Ausgabe beruht bis heute die Zitierwelse der .aristotelischen Werke. IU Es ist anzunehmen, d.aß Schleiermacher, auch wenn die menschlichen Beziehungen zwischen ihm und Humboldt nicht sonderlich eng waren l '!). mit diesem neben bildungstheoretischen .auch philologische Fragen erörtert h.at bzw. Humboldt zumindest die diesbezüglichen Forschungen SchJeicrm.achers kannte, ihm also der Problemhorizom nicht nur präsent. son· dern - wenn .auch nicht zentra.ler. so doch immerhin - zunehmend Gegenstand der Reflexion w.ar. Die Kenntnisse Humboldts und Schleiermachers in bezug auf AristOteIes wenn schon nicht zu parallelisieren, so doch mindestens Analogien in den gelesenen Texten zu vermuten, dafür spricht auch noch eine weilere, auf den zweiten Blick ausgesprochen bemerkenswerte bzw. folgenreiche Konstellation: Für beide, den Tegeler Philosophen und den Theologen, ist es F. A. WoLf, der sie beim Studium der ,Alten' anlcitet. 124 Im Briefwechsel zwischen Humboldt und Wolf läßt sich klar erkennen, wie sehr letzterer den Freund und Schüler zur Aristoreles-Lektüre drängte. Die zunehmende .anaJytische Schärfe Humboldts bei der Verwendung aristotelische,r Termini läßt es als höchsrwahrscheinlich erscheinen und bestätigt den Verd.acht, daß Humboldt diesem Drän· gen nicht nur Ln dem engen Zeitraum in der Mitte der 70er Jahre des 18. Jahrhunderts, in dem AristoteIes ausdrücklich Them.a des Briefwechsels war, sondern später auch selbstverantwortet und von eigenem Interesse getrieben zunehmend nachgab. Aus der extrinsischen Motivierung des Freundes und Mentors wird ein intrinsisches Interesse an der Sache seibsL Ist man allerdings gezwungen, in dieser Sache um die Briefzeugnisse herum Rückschlüsse zu formulieren (s. Kap. 5.3), so steht es hingegen außer Frage, daß Humboldts Raster aristotelischer Begriffe immer komplexer und zunehmend genauer. eben .ausgereifter. wird. und daß dies auch Ergebnis eines gesteigenen philologischen und philosophischen Problembewußtseins in dieser FragcsteUung sein muß, das Humboldt bereits in Vgl. Bien. ~ Vt."munft und Ethos". 1.:1..0., $. XVIIJ. lU Vgl. AriJIOubs 0POIf (j 8J~.). Ex 'tc~m;on~ Immlfnlu/iJ 8~ltkm. ceJttlil Aclf.ti~mia ReglA BlI"d~le.a, etllt/ll .:A/rn'1Il quam cur41liJ Olo[ Gigon. Bulin 1831-70. ll.) Vgl. Scurb.. Wilhr/m 't'On Hlfnlbaldt. ~.a.O .• S. j 14. - Trondem hauen Schlci~muchu und Humbokh allein schon drs.....tgm ausrckhcnd Zdt zum Gespräch. weil Schlcinm.acher ab 1815 all~ kirt:hlitdes:
Biogr:aphi$C.h-philolot;is tien Sba(u:sbury des h:iufigeren aus der POt!tik. so in Band I, 1~2, 14J,242, 243, 244, 2.45, 246 und in Band 111 66. 251). 280. Er macht die aristOldischt' Schrift selbst nur am Rande. 7.um Gegensund d~'r Untcn;uchun~, bl,$pricht aber wiederum Kommentare zu ihr. Diese T;l;\S;l;ehe madll die verschiedenen Ebenen deI' Aristotclcs-Themuisierung im 16., 11. und 18. Jahrhunden wie auch die Schwierigkeil einer Rekonstruktion, W'3S I-Iumboldt nun aus der Lektüre aristotelischer Schriften sdbsl an Kenmnissen hatte bzw. W;tS ihm davon ,nur' vermiue!t ii~r Drine (bzw. Viene) bebnnl war, sehr gilt deullich (vgl. Shafusbury, A. A. C., Third E~rl 0(: CbarolcUriuia 0/ Men, MlI1meJ'J, Opiniom. 'Tim es. 3 Bde. London [Nachdruck Hilddhcim 1978J 1711). - Zum Einnuß Shaftesburys auf Humboldt vgl. auo::h Di Cesare...Einleitung". a.a.O.• S. H. - Weitere Aristotcles·Kenntnisse hai Humboldt ;tUS J. Harris' SchriF! Hennel oder Philolophische UnteNHchul'8 iiber die Allgemeine Grammntik. Halle 1788:. in der eine Füllil VOll TexteIl des Arisloteles zitiert werden, z.B. De interpret~ljOl/t', De partibul anima/iHm. die Metaphysik. die Nikomacbiscbe Elhik, die Physik, dic Antflytica prior4 und De anima. Nicht zufällig .....ähh daher Huris auch ;Im An(-ang des 'l.WcilenBuches. wo (.r im crstc.n K.lpitd über Defin;tiQnen und bestimmende Wörter handelt, die folgenden beiden Beispiele als Erliuterung: ~Und -so gelangt der Anikcl dureh ei.nen leichten Ueberg:lng, von seiner Krdt. ein Verhä/mil. :luch ~u der. einen VorzNg tu bezt'ichnen; d. h. wenn er vorher eine groJÖblJ/ichc \'orhergcg:mgene Erkenntnis andeutete, so sel7-t er nun eine Art VOR ll/lgemtfiller und wllkommeneT HckannlKhafl \'oraus. So heißt 6 lI'Oulnl;, 0 t' r Die h I er. her den Grieche" soviel als Homer (...); und 6 ElUytl{liT1)t;. Der 5 tag i r i I. sol'ie! als AristoteltJ; nichl als wenn es auf~er Horner weiter keinen Dichter, und außer ArislOt,,/eJ weiler keinen Sugiriten gibe, sondern nur nicht so btruhmte Dichter und Philosophen" (S. 180).
Zwdler Teil: Humboldts Gcdiichtnis
178
.. lndcß war der AristOldcs nicht vergessen. Ich habe wirklich die ganze P ('lik vorliufig durchgelesen, und in meinem niehstcn Bride denke ich Ihnen Zweifel genug zou schicken. Diese Poetik ist cin höchst sonderbares Produkt, und in Rücksicht auf die Ideen hat vorzüglich das Problem: inwiefern ein Grieche, in dieser Zeit, dieB Werk schreiben konnte? mein Nachdenken arn meisten gespannt. Es ist in der That ein gar sonderbares Gemisch von Individualitäten. die d:arin vcn~inigt sind, und schon aus diesem einzigen Werk halle ich es für eine wichtige Untersuchung. den AristOleIes in seiner Eigcmhümlichkeit zu chuak:lcrisircn, z.u zeigen, wie cr in Griechenland aufstehen konnte und zu dieser Zeit aufstehen mußte. und wie er auf Grie-chenland wi.rkte? Sie w'\Indern sich vielleicht. und vielleicht mit Rt'Cht, dan ich den Stagirite.n glcichum ungriec.hisch finde·l~~.
Diese Attribution, Aristoreles sei ,ungriechisch', hat wesentlich zu der Einschätzung beigetragen, Humboldt habe AristoteJes nicht nur nicht originär rezipiert, sondern cr h:'lbc d.iesem sogar prinzipiell kririsch gegenüber geSlanden. Ein Blick auf den weiteren Fortgang des Briefes belegt, daß diese Ansicht falsch ist. Zwar merkt Humboldt an: .. Aber läugnen kann ich es nicht. Seit ich ihn kannte fielen mir zwei Dinge an ihm auf: 1., seine ei· gentliehe Individualität, sein reiner philosophischer Charakter scheint mir nicht griechisch ...•. Dann aber wird klar, was im Kern gemeint ist: Eben dieser philosophis he Charakter- nämlich scheint Humboldt .auf der einen Seite tiefer, mehr auf wo:entliche und nüchterne Wahrheit genchtet, ;J,u( der andern weniger schön, mit minder Phantasie, Gefühl und geistvoller Li· ber.tliüt der Behandlung, der sein Systematisiren wenigstens hie und d;J, entgegenstehl. 2., in gewissen Zu13l1igkeitcn iSt er (Arinotelcs, U.W.) so g;J,nz. Grieche und Athemenser, klebt so an griechischer Sitte und Geschmack, daß es einen für diesen Kopf wundert. Von beiden Sätten f.and ich Beweise in der Poctik. oder vielmehr ich glaubte sie z.u finden·l~.
Natürlich wird hier noch einmal deutlich, daß Humboldt sich allgemein und in dieser Lebensphase besonders für die Schriftsteller und die ästhetische Dimension der literarischen Texte der ,Alten' intcressien. Tro[zdem ist AristOteles ebe.n nicht unwichtig, sondern Humboldt weiß hier bereits um (und fürchtet in gewisser Hinsicht auch) die systematische Schärfe des aristotelischen Denkens, ein Denken, das - wie dessen Autor - vor allem einen Charakter hat: Philosophisch zu sein. Zusätzlich schränkt er sein vorheriges Urteil insofern ein, als auch bei AristoteIes griechischer Geist zu finden sei. Und daß Humboldt insgesamt vor dem großen Philosophen hohen Respekt hat, zeigt die folgende Textstdle: 1\'
(Humboldl
Itlo
Ebd.
Ml
Wolf 1111 15 Juni I795J, u.O.. S. 118.
5. Humbnldts Aristoteles: Biographisch-philologische I'assa!)en
179
.. Die Poetik scheim mir übrigens weniger ein großes Werk. als das Werk eines großen Mannes. Dieser blickt hie und da, indeß nicht häufig heraus. und gegen den KUnStTichrer wäre nach allgemeinen Ideen aJlerlci einzuwenden. So wenig bedeutend ich aber die Poetik Ln philosophischer Rücksicht halte. so sehr ist sie es gewiß in historischer, und von dieser Seile hat sie m.ich unendlich i,ntcressirt. Bedenken muß man nun wohl auch, daß das Büchelchen, soviel ich weiß, nur Fragment eines großern ist-mo
Humboldt läßt hier nicht nur bereits die in seiner Antike-Rezeption übliche Personalisierungsstrategie von inhaltlichen Fragestellungen erkennen, sondern weist auch darauf hin, daß das 2. Buch der Poetik, das wohl Jambos und die Komödie behandelte, verloren ist. ISS Dies spricht zunächst für seine editorische Kenntnis der aristotelischen Schriften; auch diese Problematik ist ihm zumindest immer bewußt. Wichtiger aber ist, daß Humboldt hier - obwohl er dies für die Poetik in Abrede stellt - beginnt, mit Aristotcles eine ganz bestimmte Form des Denkens, eben das der ,Wissenschaft', zu personifizieren, eine Beobachtung, die vor allem in den \Verkpassagen ebe.nso offensichtlich wie explizit wird, und die hier nochsozusagen verkehrt herum - als Manko formuliert wird. Eine Doppclbödigkeit der Argumentation, die ein weiteres, besonders signifikantes, Merkmal VOll Humboldts AristoteIes bedeutet: Der große Mann ist deswegen weniger ein Grieche, weil er um so mehr "übernationaler .Beg'ründer der Philosophie und Wissenschaft schlechthin"lS9 ist. Er ist nationenungebunden, weil sein Denken so grundsätzlich ist, daß es selbst den Rahmen des griechischen Geistes überschreitet bzw. fundiert. Aristoteies ist mithin alles das, was Humboldr unter ,Wissenschaft' als zunächst neutralem und :lbcndländisch tradiertem Konstrukt versteht - ohne daß er sich selbst in diesem Sinne für einen Wissenschaftler hält. ,Wissenschaft' ist das aristotelische fdeal, das neben dem anderen (griechischen) Ideal wie selbstverständlich besteht, ohne jedoch in gleicher Weise enthusiastisch überhöht zu werden. Mit einem WOrt: Hegt Humboldt für die griechischen Dichter emphnrische Verehrung, so verehrt er Aristoreles rational. Dieses - hier noch negativ verschlüsselte - Motiv kommt in den Wcrkpassagen dann zur positiven Ausprägung. Zunächst aber geht Wolfs Insistieren. sich doch bitte mit Aris(Ore!es intensiv zu beschäftigen, unaufhaltsam weiter. Ph. Marrson identifiziert hier klar ein persönliches Anliegen des Mentors und weist darauf hin, daß Wolf Humboldt 1795 offensichtlich aufgefordert hat, "den theoretischen {Humboldt.ln Wolf;am l5. JUlli 1795J. :1.:1.0., S. 118-119. m Man,son, rh.: "Kommentar-. In: den. (Hng.): Rri~f~ an F. A. \'(/01[. il.;a..O.. S. HI. n, $tuller, HHmboldu Bild, ,\.:1.0, S. 75.
1)1
180
Zweiter Teil: l-IumbQldu Gedächtnis
Teil zu einer geplanten NcubearbelNng der Poetik des Aristotcles zu liefern" IbO. So sind Wolfs bisherige Aufforderungen durchaus imcrcssegcleitet, weswegen sich Humboldt erst einmal weiter entschuldigen muß. Kaum zwei Wochen später, schon im nächsten Brief vom 26. Juni. zeigt ef. daß ef nicht viel weiter gekommen ist: .Bei $0 bewandten Umstinden werden Sie es mir. hoffe ich. schon verzeihen, wcnn mein Brief noch heUlt' ohne Fragen uber den Arislotdes erscheint. So etwas gehört doch immer zu den Bcschaftigungen. die Stimmung und Heiterkeit fodern und heides hat mir mein Befinden nur in sehr geringem Grade gelassen. Aber der Arislotclcs beglcucl mich n.ach Berlin, und wird gewiß nicht weiter hinausgesetz.t. Auf Ihre Abhandlung über Arislotcles ästhetische Ideen bin ich äußent begierig, dv X(IO' ökou kann ich 7.war meinen Bei.faU nicht versagen, indeß \\fl'nn Arlslotclcs hier i.rrt, so irrt cr bloß weil er den wahren und recht eigentlich philosophi· sehen BegriIf der Poesie empfand ohnc ihn deutlich 2.U denken, was sich, glaube ich, leicht deutlich machen läßt, wenn man d:l.~ Wesentliche der poeti· sehen Form von dem Zufälligen des Stoffes ulltcrschcidet" m .
Hurnboldt verteidigt hier Ariswteles gegen Wolfs Einwände und ve.rbindet seine positive Aristoteles-Bewertung oHcnsichtljch mit einer Kritik an
In
17.
[Humbolch ~n Wolf ~1l1 9. Novtmbcr 1795], .1.1.0., S. lJ3. Hit'rfür fllhn M.mson plausibl.... Gründe ...n. Zu dem cdiwri$chcn Zuuml1lcnhang und z.u :ulllcren Vui1n1en der Deutung bzw. Textidemifikation "gI. M:mson... Kornnient1r", 1.2..0.• S. 46-4.
an WQJ(:l11l 5. Januar 17%}, 1.1.0., S. IJ9. (Humboldl;an Wolf 1m 5. J.lnu:u· 1796 J. 11.,1,.0., S. 1H. n-lum~,lth;an Wolf .lIn 5. j:utU:lt" 1796J. ;1,,1.0.. S. 143.
11'1 j1-lurnoolul Po. In
5. Humboldls Arisl(llcle.~: ßiogf1lphisch-philölogischr P.lSugcn
185
der Wolfschen Imerprecation. 17' Eine ganz andere Sichtweisc, in der Ari5toteles das Recht zugestanden wird, einmal g'riechisch zu sein und an die Stelle der (philosophischen) Rationalität die (literarische) Empfindung zu setZen. Ausgerechnet mit aristotelischer Terminologie des Form-StoffPaares will Humboldt dies transparent machen. So wunden es auch nicht, daß dieser für durchaus eigenes Denken in Beschlag genommen wird: .Und sollte es nicht das gewesen seyn, wohin Arislotdcs z.ielte? daß nemlich der Dic.hter, auch wenn er buchstäbliche Wahrheit behandelt. nie die Wirkung hervorbingen will. die der Historiker (selbst der am meisten dichrungsreiche) ~J.bsichtigen müßte, das Wissen und die "Erfahrung zu bereichern, und dem Ver s t a nd e Fälle zur Beurtheilung vorzulegen, sondern die ginz.lich entgegengesetzte. auf die Einbildungskraft z.u wirken, und das Herz durch Leidenschaften :w rühren"L".
Selbst die Niedrigwertung des Metrums für die Poesie durch Aristoteles wird diesem nicht übelgcnoOlmen: "Daß Aristoteles ausdrücklich das meIn/rn Olls nicht nOlhwendig z.ur Poesie erwähnt. in iiußcl"$l auffallend. Indeß glau~ ich nicht, daß er gleic.hsam aus Furcht den Gcgensatz: ein Homer in Prosa bleibe doch ein Dichter unterdrückl habe. Das Wesentliche der Poesie würde er auch dem prosaischen Homer sicherlich nichl abgesprochen haben, ,lber dic :iußerc Form doch unstrcitig, was hingegen die Modernen, dic eine poetischc Prosa annchmen, nichl dürften- lllQ•
Dem Zugestä.ndnis folgt eine ausführliche Erörterung von EinzeIproblemen, die detaillierte Hinweise darauf geben, wie philologisch genau sich Humboldt mit dem Text beschäftigt hat.l lli So kann das - für Humboldl zunächst nicht ganz so freiwillige - Briefgespräch zwischen ihm und Wolf über Aristotelcs Poetik mit dem Brief vom 10. März 1796 dann auch mit konkretem DankbarkeitSgcfühl dafür enden, daß Humboldt viel gelernt hat. Anschaulich formulierte er dies in einer Disputation mit Wolf über cine spczifische Textstellc, in deren Verlauf HUOlboldt die Interpretation des Mentors übernimmt: "Für die Erläuterung der Stelle im Aristoteies tausend Dank.. W:a.hr ins. daß ich jetzt die Sachc sehr simpel finde (Kolumbus Ei!)"ltl. I"
Daß Humboldl dir 1'0C'tik j;'Cgf'n Wolf ycne:tdJgt. d;u;auf "'CiSI ;auch r. 8. Sudler hin (ygl. Sudlcr. f/MmbolJu Bild• .u.O.• S. 76).
17't
Ebd.
110 [Humboldt an Wolf ;am S. Janu;u 17%~ :1.;1.0.• S. IH·I ,H. 111 Vgl. dazu ;auch du Mmusknpl . du im Anh;ang 7.11r Brief· ausgabe tmsolU .ibgcdruckt In (Ilumbokh, Bn~f~ >In F. A. U'olf. u.O., S. 361+367). III [Humboklt iln Wolf ~m 10. Min. Il'%}. :1.....0 ... S. 150.
ZweilC~r
186
Humholdt hat,
50
Teil: l-IumboldlS Gcdichtnis
ist anzunehmen, in diesem Briefwechsel nicht nur einen
großen Teil der Schwierigkeiten seiner Beschäftigung mit Arislotelcs über-
wunden, cr hat sich auch. und dies läßt sich ebenfa.lls anhand des Briefwechsels e"mehmen, zunehmend intensiv mit aristOtelischen Texten beschäftigt.
Sicher nicht aus Zuneigung, sondern aus biographischer (Wolf) und systematischer (Komplettierung seines Griechenhildes) 01. Daß dies bereits in den (rühen Jahren seines Lehens in allen diesen Facetten der schwierigen und
mühseligen wissenschaftlichen Arbeit geschah, öffnet Humboldt für diese Fragen sowohl in thema.rischer wie auch methodischer Hinsicht und ermög-
licht ihm, später auf diese Kenntnisse zurückzugreifen und sie auszubauen. Die intensive philologische Arbeit am aristotelischen Text ist ihm nun nicht mehr fremd. Daß das Thema auch im weiteren Dialog mit Wolf geräusch1o· se Kontinuität erfährt. davon zeugt eine Vielzahl der Verweise, in denen Aristoteles auch in den folgenden Jahren in irgendeiner Form indirekt Gegenstand der Diskussion iSl. I8J Als von Humboldt gekannte Texte des Aristoteies können nach der Sichtung dieses Briefwechsels weiterhin mindc· stcns die Rhetorik und die Poetik vorausgesetzt werden. Außerdem kennt Humboldl eine Fülle von Sekundärliteratur zum Thema. aus der ihm nach An und Umfang auch andere Schriften bekannt sein dürften.l~~ Einen ergänzenden Hinweis über An und Umfang von Humholdts Aristoteles-Lekrüre kann man dem Briefwechsel mit Caroline entnehmen. Humboldt schreibt an sie am 1. Dezember 1823 von ßurgömer: .. Ich habe nichts von trockenen und mühevollen Studien hierher mitgenommen. Die wenigen Stunden, die mi.r vQn der Gesch.iftsschröberei und dem Spazierengehen, Leutesprechen usf. bleiben, lese ich fast bloß die Ethik des Aristot'e1es und den .Bhag-avad Ghi', den Schlegel herausgegeben hat. Beide behandeln eigentlich dasselbe Thema, den Zweck aller Dinge, den WeTt dt'S Lebens, das höchste Gut, den Tod als den Anfang eines neuen Daseins. Im Aristotdes ist die Erh:abenheit eines großen und beinah ungeheuren Geistes und der gebildemen Nation des Erdbodens. in dem indischen Gedicht die vielleicht noch rührendere des höchslen Altertums und eines zu tiefsinniger Betrachtung gleichsalll geschaffenen Volks. Ich lese \1011 beiden eigentlich im· mer nur wenig, aher jeder LaUt ergreift mich mit einer zum eigenen Nachdenken anregenden Stärke-IIS. lU Vgl. [Ilumboldl ~n Wolf ~m 18. Juni 17'J71, a.a.O.• S. 185 -ll-lumboldt an Wolf ,Im 22. ~bi 1793J•.u.O., S_ 53 - [llumbotdt:,ln Wölf ilm 25. Oklob/ilik. Übi.'rst'tzi 1I0n E. Rolfes. In: DarTllSt..dl 1995. Bd. 4. S. 239.
l)hilosophisclJe Schrillen in sechs Bii"dt'n.
196
Zweiter Teil: Humboldu: Gedicillnis
Humboldr steht nun - in den 30eT Jahren des 19. Jahrhundens - an der Schwelle, die aristotelische Ontologie mit Hilfe des Energeia-Diktullls zu einem Fundament seiner Sprachtheorie auszubauen. Nach Sichtung der Brief- und \Verkpassagen erscheim diese Unternehmung, wenn nicht unmittelbar als notwendige Konsequenz, dann doch als Nutzung einer naheliegenden Möglichkeit, für die Humboldt sowohl über den nötigen Background als auch über die wesentliche Einsicht in die Bedcutsamkeit ansloteljschcn Dcnkcos verfügt.
s.s Vorlesungspassagen Aber noch ein weiterer Rückgriff in Humboldt$ Biographie ist norwendig, um seine Hinwendung zur aristotelischen Ontologie zu erklären. Diese hat - und der Durchgang durch die Passagen von H umboldts Denken gewinnt nun ei.ne neue thematische Qualität hinzu - unmittelbar mit Humboldts Mctaphysik-Kennmisscn und den daraus entstehenden Verknüpfungsmöglichkeiten zu run. Diescn Kenntnissen Humboldts soll im folgenden insofern nachgegangen werden, als sie d.ie hier zur Debatte stehende Problematik betreffen, und zwar anband einer Textsorte, die bisher noch nicht Gegenstand der Untersuchung war: das nachgearbeitete, gleichsam ,überdachte', Vorlesungsmanuskript. Hierzu muß man wiederum in Humboldts Jugend- bzw. frühe Studienjahre zurückgehen. A. Leitzmann hat fcstgcncllt, daß in den 90er Jahren des 18. Jahrhunderts unter Humboldts Lehrern J. J. Engel eine herausragende Stellung einnimmt l9b : "Am wichtigsten wurden die philosophischen Vorträge Engels, des Philosophen für die Welt, in dem die Berlin noch völlig beherrschende Aufklärung sich in weniger trockener, durch gefühlsmäßigen Zusatz erheiterter, liebenswürdiger Form darS[el!te"'l'I7. Es ist demnach zweckmäßig, vor allem die Metaphysik-Vorlesung "Engels aus dieser Zeit und Humboldts Mitschrift darauf zu untersuchen, was Humboldt hier in thematischer Hinsicht und mit be1'Wo
191
Für Humboldls Bild der .Alten' sind n"türlich vQr allem Heynes Vorlesungen bL-deuttond. So sei hier der ergänzende: Hinweis angcfühn, d;tß Humboldl Aristotelcs durch Hcync auch "Li Editor zemraler Schriften des Abendlandes hnnte: .. Bei dil."sero web!."' ,,"u( dem wir den Homcr- erhalten haben. mÜSSl'1l sieh II;Hur-lich seht \'id falsche leSOlrte.n eingeschlichen h:lben. Die erste kritische :lusge m;tchte Aristotdcs, O'.i'M)OIr;; nt \111}h1xo;.. «Heyne über Homer>. In: HUl11boldl. Brif!fc an F. A. \Vo/[. u.O.• S. 333-352. hier: S. 3J7). Leit'7.ll1:mn. \Vilbe/m '%Ion flumbold/. a..a.O.. S. 26.
5. I-Iumboldl$ ArisIOH·I~s: Biographisch-philologische Passagen
197
sonderem Blick auf das aristmelische Gedankengut zur Ontologie gelernt hat. 198 Zunächst zum Umfeld der Jahre 1785 und 1786: Haben die Brüder Humboldt bislang Unterric.ht durch den Privatlehrer G. J. C. Kunth erhalten, so vermittelt dieser seinen beiden Schülern nun U merricbt bei den führenden Gelehnen in Berlin. Die Humboldts nehmen, von der Stadtwohnung in der damaligen Jägerstraße aus, am kulturellen Leben Berlins teil und lernen so u.a. auch die Venreter der ,Berliner Aufklärung' kennen. Herausragende Persönlichkeit dieser das geistige Be.r1in prägenden Richtung ist bis zu seinem Tode 1786 M. Mendelsohn, einer der bevorzugten Treffpunkte das Haus des Ehepaars M. und H. Herz, in dem die nicht immer homogenen Positionen von Engel, Moritz, Zöllner, Dohm, Klein, Teller u.a. im Gespräch aufeinandertreffen. Dafür sind Privatvorlesungen vor geladenen Gästen cin hä.ufiges Instrumentarium. an denen auch die Brüder Humboldt teilnehmen. Diese Form des GedankenaustausGhs über Vortrag und Gespräch zu wissenschaftlichen Problemen ist aber bei weitem nicht die einzige Form, Themen in die geseUschaftl.iche Diskussion zu steHen. So bildet sich um H. Herz herum zum Beispiel der ,Tugc.ndbund', ein Treffen von Leute,n meist in HumboldtS Alter, in dem - ganz. im Gegensatz zum aufklärerischen Gedankengut - das Schwärmerische der .Spätaufklä.rung' durch Begegnungen mit rituellem bzw. zcremonieUem Charakter z.um Ausdruck kommt. Humboldt ist in dieser Zeit kein trockener, puritanischer Rationalist (und sollte es auch nie werden). sondern ein an vielen Aspekten dieser für ihn neuen Welt interessierter junger Mann auf dem Weg in den Staatsdienst. In den Privatvorlesungen erhält Humboldt grundlegende Informationen zu zentralen Wissensgebieten, seine TeLlnahme an drei Vorlesungensreihen zur Logik, zur Metaphysik und zur Praktischen Philosophie bei Engel ist U.a. durch die M.itschriften belegt, die Humboldt von diesen Vorlesungen angefertigt hat. Nun haben diese Manuskripte nicht den Charakter worrwörclicher Transkriptionen des gerade Gehörten, vielmehr hat Humboldt spä.ter zu Hause - so bemerkt Herausgeber Lcirzmann - jeweils den "gesamten systematischen Aufbau der Materie an Hand des Lehrbuchs und nach der Erinnerung aus den Lehrstunden dargelegt" (VII 467). Sie sind schon insofern ,überdachte' Vorlesungsmanuskripte, als sie teils mehr, teils weniger als das Gehörte wiedergeben, mit Sicherheit aber persönliche Gewichtungen und Schwerpunktsetzungen enthalten. Von den von Humboldt besuchten Vorlesungen (zu erwähnen sind aus den drei bislang genannten I.,.
Zur ausführlichen OuslcJ]ung der M~laphysik·Vorlesung. si~he S.:l.uter, Humboldt und Jl~ J~u(fche Aufkliirung. ;1.Qldt selbst orientierten Anntz ;In: ~ Wenn Humboldt und Becker d:tssdbe ngen, iSI cs tatsächlich nicht dasselbe'" OOst, Sprachr II/S \Verk Imd udr kenJe Kr4ft. a..:I.O.• S. R7), und dies. obwohl ßecker ohnc I'roblcme Epigonc" (ebd.) be1.eichnet werden bnn. - Auf die Verknupfung. daß die ,Energcia'·Raeption Steimhals 1848 bereils auf die Nennung des Diktums durch den Ruge-Schüler M. Schaslcr ,illtwortel, 4
w ..
212
ZWcllC'r Teil; Humboldts Ge als Form zum Sioff den Ged.\Ilkcninh:llt: andererseilS ab4
Haym. W'Jht"lm VOll Humboldt. ';1.;1.0.• S. 500. EbJ.
'" Ebd
Ha)·m. WJht.lm WI'I H",mboIJz. a.LO.. S. )OO-S12. ", Haynt, Wdht.lm wn Humboldt• .I.LO.• S. S12.
~ :toll
Ilumooldt, \"f. ,.•: D,e' lprachphllosophucht.n ~'tTkt' W,/INlm'1 t'On HNmboltir. HNg. und n-Irf,in 'V01I Dr 11. Stt.intha/. Ikrlin 1883-84.
6. Humboldts Erben: Chronologit l.um
Aur$ti~·g
eiTles Allgemeinplatzes
221
Konstellat-ion durchaus auch im aristorelisch-humboldtschen Sinne.269 Er betont den Integrationscharakter der Form270, macht deren unterschiedliche Aspekte als Erscheinung und Gesetzmäßigk.eit kenntlich und betont die daraus resultierende Ambivalenz des Begriffes. 17I Dem folgr eme subtile Zuordnung der Stoff-Farm-Problematik auf die Sprachaspekle, die nicht immer uneingeschränkt den Humboldtschcn Gedanken wiedergibt. Eher renektiert Stein thai selber c(Was freier über den Gegenstand und eröffnel mögliche Interpretationsvarianten.272 leh lasse eine nähere Be· sprechung beiseite, weil sie hier nicht von Relevanz ist, wohl aber hat sie Konsequenzen für die Auslegung des ,Energeia'-Dikrums. Da Stcinthal auch den Täcigkeitsbegriff sehr weit faßt, kann die Argumentation im folge,nden eine eher überraschende Wendung nehmen. Vom Tätigkeitsbegriff her argumentierend stellt Steinthai für Humboldt zunächst fest, daß, ..selbst wenn man sich ein absolut wahres System als schon gefunden dächte, so würde eine Geschichte der Philosophie immer noch ihren Wert behaupten; nur müsse diese nicht die Systeme als solche für die Hauptsache halten, sondern die Philosophen selbst als Mensc.hcn"*VJ. Aus dieserdurchaus Humboldt gemäßen - Auffassung geht dann die folgende, für die Geschichte des ,Energeia'-Diktums folgenschwere Interpretationsverschiebung hervor: ..Dies beruht auf H.s Schätzung der Kraft. der Energie. Jede Energie ist individuell, und jede Individualität ist Kuh. In der Kraft hat H. die Gewissheit der Leistung, des Objects, mag dieses ein philosophisches System, eine Sprache oder eine sirtliehe Tat sein. Daher hat er schon früher (1792) dem Sraatsmanne geraten, niemals unmittelbar Werke zu fördern, sondern Kraft zu wecken und ihre Freiheit zur Entfaltung zu gestattcn" m .
Nun ist es unbeS[rittcn, daß hier Humboldts Ansichten inhaltlich durchaus angemessen interpretiert werden, und es ist ebenfalls unbestritten, daß sowohl der ,Energie'-Begriff in Humboldts Denken eine spezifische Rolle spielt als dieser auch in gewisser Hinsicht in das gedankliche Umfeld bzw. Vorfeld des ,Energeia'-Begriffs gehört. Beide sind aber mitnichten deckungsgleich, denn während der eine stärker auf die ästhetische, ethische, poetOlogische und letz.tlich auch subjektivitätstheoretische Diskussion abzielt, ist der andere genuin ontologischer Natur. Humboldts U~
vtI. Humboldt. Dit sprachphilosophischw \,{Iukr, '1.;1;.0., S. 256-260.
VgJ. Humboldt, Dit sprachpbiJosophiJchm Wr,.kr. a.~.O .• S. 156. 11I Vgl. Iiumboldt, Du' sprachphjfo$opbiJ~br" \tIt'Tke. 01.01.0., S. 257. m Vgl. Humboldl, Di~ $pra~},philosoplJiJchrn Wl!'rkr, 11..01.0., S. 258. zn Humboldt. Dit spra~hp}'iJo$ophiJ(h'!n Wt"rkt", u.O., S. 259. m Humboldt, Dit sprachphilo$Opbischell Wake. ;\.:11.0., S. 259. V\l
222
Zweiler Teil: HUlnooldu Gediichlllis
,Energic'-Bcgriff kann sein ,Encrgcia"-Diktum allenfalls kommemieren
bzw. in begrenztem Maße semantisch anreichern, substantiell (cr-)klären kann er es jedoch nicht. Eine Gleichsetzung der beiden Begriffe, die $tcimhal hier zu suggerieren vermag, wäre hingegen systematisch grundfalsch. Vor dem Hintergrund der Leibuizisch-Wolffschen-Metaphysik
und den Horizont von HUl1lboldts Ueber Göthcr Hennann lind Dorothea vor Augen mag die Kraft-Energie-ReDexion $tcinrhals hier durchaus plausibel und in der Einfachheit ihrer Struktur geradezu aufdringlich sachgemäß wi.rken, Humboldrs Gedanken trifft der Schüler aber in dieser Passage des Kommentars entweder gar nicht oder sein Kommentar gehört zumindest nic.ht an diese Stelle - was auf das gleiche hinausläuft. Dies hat zwei folgenschwere Konsequenzen: einerseits für Steimhal selbst, der den Energeia-Begriff im folgenden stark verkürzt. Er dient, wieJost feststellt, Steinthai allenfalls als gebrauchsfertiger Komplementärbegriff: "Energeia ist die Formung des Gedankens, Sprache das Organ, durch welches er ge~ bildet wird"·!75. Diese Indienstnahille des Begriffs durch Stcimhal ist in der aristOtelischen Begriffsperspektive allein weder richtig noch in sprachtheoretischer Hinsicht letztlich vollkommen falsch. Schwerer aber wiegt, daß Steinmal mit der unausgesprochenen ,Energie'-,Energeia'-Parallelisierung eine Tradition einläutet, die im folgenden kaum mehr aufwhaltcn sein wird. Steinthals Ausgabe ist ja mindestens bis Leitzmanns AkademieEdition der cmschcidcnde Zugang zu den Humholdtschen Schriften zur Sprache und hat damit in dieser Hinsicht rczeptionsgeschiclltlich Slark gewirkt. 276 Aber auch SteinthaI selbst werden durch Subjektivierung, Psychologisierung und Entontologisicrung des Humboldt.'ichen Tätigkeitsbegriffes Meinungen wie die folgende möglich: "Die durc.h die SprachTätigkeit des Volkes gewordene Volks-Sprache ist nach der Weise ihrer Entstehung ganz und gar subjectiv"l77. Hier wirft sich der Steinthalsche Schatten - trOtZ der nachfolgenden Rclativierung, die Sprache sei "auch ein Organ der objectiven Erkenmnis"17S - schon hin auf die monumentale Humboldt· Verirrung Weisgerbers. Stejmhals anfängliches Verständnis der Humboldtschen Spachtheorie und genauso das des ,Energeia'-Bem joS!. Spracht als \Vt'rk ,md wirlu"Jj' Kraft, .1..~.O .. S. 90. l1h Insr,[ern ist }051S Frage positiv zu beamwort
rl.
gr.hört. JI1 Vgl. zum Beispiel Cas.sirrr, PhlJosopMe Jt'r symboUschen Fonnm. (J. Tttl: Phiinomenoto-gie drr Erkc1I1ltnil). u.O•• S. 230-232. ' (1916), S. 2041-156.
Weisgerber, .Zum Encrj;cia-BcgriW, a..a..O.• S. 376.
Zweiter Teil: Humboldu Ged:ichmis
240
boldt \'on 1835 liegt die g:mu Entwicklung, die der EfJergi~.Begriff(!, U.\V,) im ausgehenden 18. Jahrhundert im Deutschen durchgemacht hat und in der Herder selbst eine gewichtige Rolle spielt: die Angab(':~ d:aß das WOrt Ent'rgic 1787 durch Herder seinen wissenschaftlichen Sinn .wirkende Kraft' bekommen h;d)(~ (...), trifft auf jeden Fall den Umkreis. in dem die Tradition der ;r,ri· 5totdi.schtn tnerg('td sich von den Erscheinungsformen der Tatigkeiten auf die dahinter stehenden, in ihnen wirksamen Krifte yeniefte. Und diese Ab· wandlung konnte niemand willkommener sein als W. v. Humboldl"164.
Nun ise das, was Wcn· überstellung Humboldts.:htr und Weisgerberseher TCXlfn.gmeme bzw. ZiUlfl.'fUn, die: Sc:ill t' Ansidll bdq;I'Il, dJ.ß man "OhI1C Obwreibung s,lgen (kann., U.W.). daß l-IumbolJt~ Sprach· philosopllie erst jef7.I, un(l dies vor a!ll'm dank Wc:isgcrbers anrel;\c:nder F(.rschung, wiSsenschaftlich (ruchlbar zu wtrden \'er.'Opricht~ (S. 12R). Die nopptltt Krilik .an Hllmboldl und 311 Wcisgerbcr, die 7.;1ghafl für beide eine gdegemliehc Übtuchiil7.Ung ocr Sprache konsl.Ilim (vgl. S. 128), kolnn nicht darüber hinwtgduschen. d;d~ Jruit _'lf/eisgerb{'rf t'lgrllt' LtlllHrlg(S. 118), nOleh deI"
243
sind die Weisgerberschen Ansätze von seinen Schülern intensiv weitergefühn worden. 311J Insgesamt kann man sagen, daß die Kritik in dem Maße zunimmt, in dem sich der historische Abstand zu Weisgerbers Arbeiten und vor allem zu seinem Wirken vergrößert. Eine - die hier vorgenomme kritische (und sicherlich den Weisgerberschen Ansatz nur in Ausschnitten würdigende) Durchleuchtung nicht einschränkende, aber in ihrer Bewertung relativierende - Bemerkung muß jedoch auch deswegen gemacht werden, weil sie eine wichtige Information zur Geschichte des ,Energeia'Diktums und auch der Humboldt-Forschung enthält: Weisgerber geht wie selbstverständlich davon aus und weist an vielen Stellen darauf hin, zwar ,im Abschluß an Hurnboldt' zu argumentieren, versteht djes aber ganz im Sinne einer Weiterführung. Manche der hier vorgeführten Kritik wäre für ihn keine, und so wird dies U.a. auch von Wcisgerber-Rezipienten gesehen. So hat JOSt z.B. mit der erst reduktionistischen, dann den ,Energcia'-Begriff funktional erweiterndenJS4 Srrategie Weisgerbers für eine .. Wiedergeburt der Sprachwissemchaft")8S nicht nur kein Problem (und gesteht dies auch für andere Wendungen Weisgerbers, wie z.B. das ,Worten der Welt· ZU 1l6), er sanktioniert dies auch ausdrücklich als Teil des Weisgerberschen Projektes, ..die Höhenflüge Humboldtscher Sprachphilosophie in die unentbehrliche Kleinarbeit exakter sprachwissenschaftlicher Forschung"J87 einzufügen. Im Hinblick auf den Wirkungs begriff Weisgerbers stelh JOSt fest: .,Freilich (!, U.W.) hat H u m bol d t diese mit dem Wesen der Sprache gegebenen Wirkungen ni c 111 au sd rü c k I ich als Energeia bezeichnet, doch ergibt sich diese Ausweitung sc1bstversändJich; sie ist überdies in sei.ner ganzen Sprach~ und lebensphilosophie begründet (Herv. aufg., u.w.,"m.
Eine solche Argumentation würde uns heute zu Recht als unwissenschaftlich erscheinen, war aber zu Ze.iren des Forschungsschwerpunkres ,Sprache und Gemeinschaft' in den SOer und 60cr Jahren nicht nur sanktioniert und auch wesentlich verbreiteter, als man heute vielleicht meinen möchre, es dokumentiert auch die Euphorie, die diese Richtung der Sprachforschung in der Geschichte der Sprachwissenschaft hervorgerufen hat. Für die damaligen Vertrerer ist klar: ).) Vgl. Gipprr, H. (Hrsg.): Sprachr. Sth/iml ZHr Wr/l. FrUlchrififlir Lea \'(Itugn-ber; Düs·
sddorf 1959. ) ~ Vgl. JOSl. Sprachr als Wl'Yk HnJ wirkrnJr Kraft, a.a.O.• S. 113. )~ JOSt. Sprachr ab \'(IC'l'k ulld wirkende Kraft. :1..:1..0•• S. 110. I" Vgl. JOSI. Spradll' 'ils \l/n~ ,md wirkrnJl' Kraft, a.:I..O.• S. 117. J'T Weisgcrbtr. Von den Kräften
d~r
deHCf2.
So vorbereitet. führt Liebrucks dan.n in dem Kapitel über Artikulation und Best'immtheit 46l eher am Rande (s)eio ,Energeia'-Verständnis ein. Zunächst "müß[c man, wenn man schon von einem Wesen der Sprache Ht
Lil:brucks. SprdClJc Imd Bcwlfßucin (2), 11..2.0., S. 18. Liebrucks. Spracht' Hnd ßt"WHßurin (2), 2.:1.0., S. 28.
4~
Ebd.
4Mo
m l,.iebruck.s. pracht' Hnd Bt'WIfßudn ('1), a.2.0.• S. 29. 4loO
Ebd .
.... Liebrucks. Spr...cht. wnd BewJlßtJein (2), ;u.O.• S. ,)3. ~
Ebd.
O(,j
Liebrucks. Spr...cht' IfPld Bt'W"ßmin W. :u..O .• S. IOI-llb.
6. Humboldls Erben: Chronol\)gie :tum Auhticg eines Allgcmcinplal:te5
257
spricht, die Sprache als das Wesen der Einzelsprachen verstehen (Umst., U.W.). in genauerem Sinne aber hat die Sprache kein Wesen, weil sie im· mer zugleich Ereignis und Wesen iSt"464. Auch wenn dies auf den ersten Blick nicht den Anschein hat, trifft Uebrucks hier sowohl das Humboldrsche Sprachverständnis, das ja ebenfalls einen aufs Transzendentc reduziertcn Sprachbegriff ablehnt. als auch in weiten Teilen bereitS die onwlogische Qualität des Wesens- und damit auch des ,Energeia'-Begriffs. Dies jedoch selbst nicht erkennend. wechselt Liebrucks die Argumemacionscbene und entwickelt eine sprachLlleorerisch mögliche und in der Rezeptionsgeschichte auch populäre, aber den theoretischen Kern n.ur sehr bedingt treffende Komexruierung: "In der Artikulation haben wir du Wesen der Sprache insofcrn in nuce, als in ihr die Einheit von Dynamis und Energeia, die Einheit von drr Sprache und den Einzdsprachen in immer wiederholten Gestaltungen des Einzclwones. der Sätze und Perioden. schließlich ganzer Literaturen crschcint"·~.
Das gedan.kliche Muster, das Splitting zwischen Sprache und Sprachen durch die ,Dynamis'·,Energeia'-Reiation (hier als Möglichkeit-Wirklich· keit·Rclation verstanden) zu erklären, ist zwar naheliegend und entfaltet auch ein gewisses - vor allem sprachwissenschaftliches - Erklärungs- bzw. Legitimationspotential, es hat aber mit dem aristottdisch-ontologischen Fundament nu_r begrenzt zu tun. weiJ im antiken Theorie-Kontext der Primat der Wirklichkeit die Möglichkeit vor allem zu seiner eigenen Kon· stituierung braucht. Von einer weitgehenden Beliebigkeit der ,Dynamis',Energcia'-Rclation kann also ebensowenig die Rede sein, wie die Focussierung und Pragmatisierung dieses Zusammenhangs im Hinbl.ick auf die Frage nach der Beziehung von Sprache und Einzclsprachen weder systematisch zwingend ist, noch in Humholdts Perspektive bei seiner Verwendung des ,Energeia'-Diktums überhaupt im Mittelpunkt der Problem hetrachtung steht. Auffallend ist, daß vor allem solche Interpreten der Rezeptionsgeschichle diese Parallelisicrung vornehmen, die in der Tradition SaUSSUIes argumentieren. Dessen Trichotomie von parole, langue und langage ist jedoch nicht ohne größere Brüche auf die Ebene der HumboldlSchen 5prachbetrachrung zu übertragen. Zu Liehrucks HumholdtWerk bleibt insgesamt zu sagen, daß trotz der Unschärfe in einem für ihn sehr speziellen terminologischen Problemzusammenhang zahlreiche Thematisierungen und Erläuterungen vorgenommen werden. die seh_r wohl das Humboldtscbe Verständnis treffen und das aristotelische Fundament ständig durchschimmern lassen. Vor allem aber Liebrucks Verknüpfung ... Liebrucks. pmrht Hnd 8MlJIJpul!in (1), ;u.O.. S. 101. ..~ Liebrucks. Spr.ldu und ß~wHßuei" (2), ;u.O.• S. 102.
258
Zweiter Teil: I-Iumboldts Gedächtnis
eines sprachthcoretisc.hen \Vesen- und Ereignisbegriffes und die so verstandene Verortung der ,Encrgcia'-Problematik in der Erörterung eines doppelten, spracb-/erkenntnjstheorerisch und konkret ,sprach- bzw. sprcchtärigcn' Artikulationsbegriffes kommt einem aristOtelischen Ver· ständnis der Humboldtschen Sprachlheorie schon ausgesprochen nahe: "Oie Artikulation in der jeweiligen Sprache iSI 7.war bestimmte Arrikulation. Aber zugleich ist sie allgemeines Artikulationsvermägen. Der Mensch spricht niemals in einer Einzdsprachc, sondern immer in der Einheit von Einzdsprache und der Sprache. Diese Einheit ist die Artikularion"-4I)6,.
Und gerade dieser ursprünglichen, sprachlich-lranszendclllalen Einheit wegen liegt "das \Xfescn des Menschen (...) nicht in seiner Existenz, sondern in seiner Sprachlichkeir"~(,7. Ebenfalls 1965 h:n auch C. Menze das ,Eoergeia'-Dikrum gedeutet. In seiner Untersuchung \Vilhelm von Humboldu Lehre und Bild 'Vom Menschell~6~ wird eine Interpretation vorgeschlagen, die es sowohl aufgrund ihrer entschiedenen Position als auch wegen ihres plastischen Argul1lentationsganges wert ist, im einzelnen dokumentiert zu werden. Die Konsequenzen, die man sich mit der einen oder anderen Entscheidung für die Annahme eines bestimmten theoretischen Fundaments des Dikrums auch für die darauf aufbauende Interpret,uion des Humboldtschen Sprachdenkens einhandelt, werden hier besonders deutlich. Menus Prämisse. die er U.2. als eine Kritik an der Studie von L. JOSt formuliert, ist apodiktisch: "Entschieden widersprochen werden muß (...) der Auffassung GOsts, U.W.). den Humboldtschcn Energeia-Begriff mil dem des Aristotelcs zu identifiziercn"~r.'J. Wie beispielsweise auch für Heideggcr und Gadamer iSI der Begriff für Menze statt dessen im Leibnizschcn Horizont zu se.hen. Beharrlich JOSts Kontextuierung in Frage stellend, merkt er zudem -an: .. Leib· nil. wird zwar im Zusammenhang mit einer Abhandlung von Cassirer (...) erwähnt. Doch geht Jost dieser naheliegenden Anregung nicht nach. Die grundlegende Unterscheidung zwischen der aristorcJisc.hen und der leibnizschen Auffassung der Energeia kommt JOSt überhaupt nicht vor den Blick....70. Wie Menze diese Unterscheidung reaJiter sieht l erläutert er an~ hand einer Kritik an einem weit,eren ,Energeia' -Rezipienten, an E. Heimei: .. Der auch von Helnte! vertretenen Ansicht, Humboldt habe mit dem Begriff der Energeia auf einen Grundbegriff der aristotelischen Metaphysik 7.ucück"106
Liebrucks, Sprache und BCWHßtSl';" (2). ;1.;1.0., S.
~"
Ebd.
~ MCllzc. C.:
104.
\T/iJJ,elm VOll HltmboldlS LC!brt' 'Illd Bild '110m ;\f~tlSchi·". R.uingcn 1965. """ M"nzt', J-Iumb()lJt-s ["J, rr, a..l.O., S. 315. m EbJ.
6. HumboldLS Erben: Chronologie zum Aufslieg ~illcs Allgemeinplatzes
259
gegriffen, kann nicht ohne weiteres z.ugestimmt werden. Eine solche Auffassung verkenm den grundlegenden Wandel in der Bestimmung der Energeia, wie ihn Lcibniz. durchfühne: für Aristotcles steht das Seinsvemand"ü von vorneherein unter dem Aspekt von Dynamis und Energeia. S. Met.IX 6, 1048230ff. Für Leibniz ist Energeia im Sinne von Kraft (ÖUV(lf.l.t~ qua vis activa) gemäß seiner Emendation des Substanzbegriffes das Wesen des Seienden selbst (Gerh.Phil. rv 469 u.ö.) und nur deshalb kann Sprache auch zum ausgezeichneten Kriterium des Menschseins werden"·?1.
Es ist dem dritten Teil dieser Studie vorbe.haJten, den aristotelischen Bestimmungen des Energeia-Begriffs genauer nachzugehen und damit einsichtig zu machen., warum eine diesbezügliche K.ontextuierung weit-aus näher liegt. Entscheidend an dieser Stelle jedoch ist, daß Menze sich hier eindeutig zwischen der aristotelischen und leibnizschen lnterpretationsvariante entscheidet, um die Bedeutung des Diktums vom ontologischen Begriff der ,Wirklichkeit' weg hin zu der nicht nur der ,Tätigkeit', son· dem - stärker noch - zu der der .5elbsttätigkeit' im monadologischen Horizont zu verschieben. Dies mag auf den ersten Blick auch deswegen unproblematisch erscheinen, weil Humboldt selbst die Vokabel ,Tätigkeit' durch den ,Energeia'-Begriff erläutern läßt. Daß Humboldt und Mcnze jedoch zwei ganz unterschiedliche Bedeutungen des Täligkeitsbegriffes haben, wird deutlich, geht man den sprachtheoretischen Konsequenzen nach, d.ie Menze nun aus seiner Interpretation ableitet. Zunächst verortct er vollkommen zutreffend das ,Energeia'-Diktum im Zusammenhang einer Klärung des Wesens der Sprache: .. Die aus Humboldts Sprachphilosophie am häufigsten hervorgehobene und am meisten zitierte Wesens bcstimmung der Sprache, die auch Herder gegenüber eine kopernikanische Wende in der Sprachbetrachrung bedeutet, betont den Energeia-Charakter der Sprache"· n . Für Menze wie für Humboldt ist Sprache ..der Ausdruck, die Selbstlärigkeit des Geistes. (...) Nur in dem Akt der Hervorbringung ist sie sie selbst, ein geistiges Organ, das in jedem Akt, in dem es tätig sein soll, erst erschaffen werden muß"·7J. Der Charakter dieses Aktes ist aber für Humboldt ein anderer als für Menze. Während letzterer in der Betonung des subjektivitätstheoretischen bzw. individuaJpragmatisehen Aspekts in diesem notwend.ig und vorderhand ein anthropologisches Problem sehen muß (..Sie [die Sprache, V.W.] ist nur sie selbst in ihrem Vollzug, in der Tätigkeit, und deshalb ist für Humboldt die ,Definition' von Sprache weitgehend mit der des Sprechens identisch"m), sieht m McnZt', H/41nboIdIJ Lehrt, ~.2.0 .• S. 367. m Mtnze. f1umboftfU LehT~. :.1.... 0., S. 229. m Menu. HHmbofdu LdJrt. 2.,l,.0., S. 730. m Ebd.
260
Zweiter Ttil: Humbokhs Gedächtnis
der Tegeler Philosoph - viel umfassender - einen erkennrnls- bzw. sprachtheoretischen Problemhorizolll. Menzcs Sicbt ist daher auch nicht durchgehend falsch, sie ist nur stark reduziert und bringt lediglich einen Aspekt zur Geltung, den Humholdt zwar auch, aber ehen weder ausschließlich noch an erster Stelle gesehen hat. Bereits an dieser Stelle gerät Mcnzc mit seiner weiteren Argumentation ins Schlingern. Zunächst noch durchaus im Humboldtschcn Sinne argumentierend, hält er ei.ostwcilen fest: .,Die Bestimmung der Sprache als Energeia leigt, daß es nie eine in sich abgeschlossene Sprache gibt, sondern Sprache ist immer ein organisches .Fortschreiten, ,ein Entfalten eines Ganzen aus einem Ganzc.n u ,.fi'5, und stellt sich der dann wohl unvermeidbaren Frage, wie denn der ,Ergon'-Bcgriff zu demen sei: .. Der Sinn der Gegenüberstellung von Ergon und Energeia liegt vor allem darin, daß Sprache als ständig lebendige Er2.cugung und somit als etwas imlTler Vorübergehendes kein faßbares und kl1r zu umreißendes Objektivgebilde darst.e1lt, dessen sich der Mensch zum Zwecke der Verst'ändigung wie eines be1itbigcn Gegenstandes bedienen hnn. Als Tätigkeit., als Energeia liißI sie
sich vielmehr nur genetisch bestimmen. Sie ist ihrem Wesen nach cin geistiger Prozeß, der nie l.U einem Abschluß gelangen kann, sondern sich ständig neu erzeugt" ~J~.
Es iSt bereits deutlich geworden, daß sich"'J.n der Sichtweise der rmerpreten zum ,Ergon'-BegriH sehr gUt ablesen läßt, wie diese es dann nut dem .Energeia'-Dikrum halten. Menzc erkennt die Bedeutung der Humboldtsehen Exdudicrung des ,Ergon'-Charaktcrs der Sprache bis zu diesem Zeitpunkt noch vollkommen zutreffend. Aus diesem Grund gelingt auch seine sprach theoretische Deutung noc.h genau bis an diese Stelle. Nun aber muß - wie bei vielen anderen Interpreten vor ihm - das scheinbar von Humboldt noch Unerklärte eben auch erklärt werde.n. Damit beginnen die Probleme.. Mcnzc schreibt: ..Sprache als Energeia ist aber keine resultatlos sich veutrömende Tätigkeit des Geistes. sondern sie leistcl das Gesprochene:. Das Gesprochene kOlnn aber nicht als etwas ,Unsprnchlichcs' bezeichnet werden. So sind unabhängig von dem sprachzeugenden Akt selbSt Wortformen, Lautgebilde, synt2ktischr: Schcmu3, (este Regeln, von denen nichl gesagt werden könnte, d1ß sie nicht zur Spr1chc gehören. Zwar werden sie erst im Akl des jeweiligen Sprcchens aktu11isiert und in djcser Wiedererzeugung lebendig; aber diese Wiedererzeugung ist notwendig an
diese schon vorgegebenen Formen des Objeku\'gcbildes Sprache gebunden"'m. Ebd. ~h. Ebd. m Menu. Nu.mboldtr Lehrp. 2.~.O .. S. ~t)
2JO-131.
6. Humboldls trbcn:
Chronologie 7.um Aufs[;~g eines AlIgrmcinplatzcs
261
Seine zuvor vorgenommene subjektivitätS[heoretischc Radikalisierung und Reduzierung des ,Energeia'-Oikrums zwingt Menu nun dazu, seine Ausführungen so zu ergänzen, daß der Begriff nun außerhalb seiner - zuvor beschränkten - Extension wieder erweitert bzw. von außen semantisch neu gesichen werden muß, und zwar mit Hilfe des ,Ergon'-Terminus. Menze versucht dies, indem er argumentiert, ..daß diese Sprache als die Energeia des Geistes nicht nur erst in dem einzelnen Akt der Verwirklichung zur Sprache wird, obwohl sie zur Akmalisierung dieses Aktes bedarf, sondern als etwas Sinnvolles schon vOr dem Akt des jedesmaligen Sprechens selbst cxistien".vs. Die Erläuterung des Problems fällt folge.ndermaßen aus: .. Daher darf die Bestimmung der Sprache als reine Tätigkeit des Geistes nicht als eine. völlig neue Erzrugung der Sprache im Augenblick des Sprechens gefaßt werde.nj denn das Sprechen des Meoschen bezieht sich immer sc.hon auf Sprache als Werk. Selbst wenn es als ständige Neuschöpfung begriffen wirdund Humboldt läßt keinen Zweifel daran, daß er Sprache zunächst und vor allem anderen so versteht - bezieht sich dieses Neuerschaffen doch auf das in der ,Sprache' sdton Vorgegebene. Sprechen meint keine creatio ex nihilo, sondern die Ak[ualisierung und Aneignung von etwas potentiell Wirklichem i,n dem Sprechen des Menschen. Dieses potentiell Wirkliche ist jene ,Sprache', in der der Mensch, will er Mensch sein, immer schon lebt. Deshalb ist die Sprache Ergon, sofern sie Energeia und Energeia, sofern sie Ergon ist"m. So nimmt Menze dann doch noch die Position ci.n) die zunächst abgelehnt wurde: Er hält es nun für möglich, daß die Sprache eben doch a"ch Ergon sein könne. Dann sind auch andere Begriffserweiterung bzw. -verschiebungen, wie z.B. die semantische Eingliederung eines als anthropologisch gedachten ,Energic'-Begriffs, nicht mehr ausgeschlossen~ ..Oie Sprac.he, die der Mensch erzeugL, liegt bereils als geformter Stoff vor ihm. Die in ihm liegende Energie entbirgt sich im Spracbakt und verbindet auf je individuelle Weise den Sprechenden mit dem, was in der Wicdererzeugung dieser Sprache wieder zur Anwesenheit kom.mt"~80. Men~e
weiß allerdings um diese Problematik, in die er sich untcr dem selbstgewähllcn Leibnizschen Diktat hineinmanövriert hat, und bleibt vorsichtig, eine Vorsicht, die jedoch das theoretische Schlingern z.wischen den Positionen nichr verdecken kann: ..Somit sind Ener~eia als die Totalität des Spreehens und Ergon als sprachliches ObjektivgebiJde nicht z.wei verschiedene Seiten deI" Sprache, sondern sie m Mcnu. I1HmbQtdu Lehre., a.a..O., $. 2J J. ~7'i ~
Ebd.
... Ehd.
Zw('ilcr TC'il: Humboldu Gedächtnis
262
sind nur in unmittelbarer Zuordnung auf einander sie selbst, und das eine ist nur durch das andere u.nd umgekehrt. Nur dem Begriff, nicbt der Sache nach sind sie 1.U trennen, weil die Sprache - wie Humboldt immer wieder betont nur insofern Objekt und selbständig ist als sie Subjekt und abhängig ist"~81.
In der sprach theoretischen Perspektive Humboldts und deren ontologisch-aristotelischen Zielrichrung kann ein in dieser Hinsicht nur als ,sophistisch' zu qualifizierender Differenzierungsversuch kaum befriedigen. Menzc hai sich selbst die Weiche falsch gestellt und damit auf ein Gleis begeben, von dem aus sich systematisch kaum noch klar argumentieren
läßt. Immerhin ist d.ieser neue Weg frei für assoz.iative Deutungen anderer Aspekte Humboldtschcr Sprachtheorie, ein Ziel, auf das bereiLS so viele der RC7.ipienten des >Encrgei3f~Diktums abzwcckten. Bei Menze ist eswie bei einigen andc.ren auch - die Frage des Zusammenhangs von Sprache und Nauon, die cr glaubt, mit Hilfe des sclbstkreierten Schismas von ,Ergon' und ,Energeia' aufhellen zu können: ,.Wenn Sprache aber nicht nur Energeia, sondern auch •.Ergon' ist, das die sprechende Individualität zwar vorfindet, aber erst aufs neue erzeugen muß und in dem Übergang in das Subjekt zum Ergon und gleichzeitig zur Energeia macht, dann folgt daraus, daß für Humboldr die Bindung der Individualität an das Volk oder die Nation, die Humboldl auch Sprachgemeinschaft nennt, jetzt gerade in seinem Denken von der Sprache her stärker hervortritt, Individualität bnn nur in einem Volksganzen ex.istieren und lebt somit immer schon im Sinnhorizom der diesem Volk eigenen Sprache. Deshalb gilt für Humboldt, ,dass die Subjectivitacl des Einzelnen durch die seiner Nation, dil' dieser durch die der vorausgegangenen und glcichi'.citigen Geschlechter, und endlich d.ie Subjectivitael dieser durch die der Menschheit überhaupt gebrochen, gcmiJdert und crweiten ist'''·u,
Und damit besteht für Menze ..kein Gegensatz zwischen Individual- und Nationalsprache, sondern die Nationalsprache wird zur Bedingung der Möglichkeit der individualsprache und umgckehrtUofS3 • Noch nicht einmal zumindest in Einzelaspekten der Humboldtschen Sprachtheone ganz unangemessen ist das, was hier vorgeführt wird, aber bereits meilenweit entfernt von dem, was Humboldt mit dem ,Energeia'-Dikturn sagen wiJl und sagen kann. Eins macht Menze jedoch ungewollt deutlich. Der ,Ergon'-Ausschluß Humboldts hat neben seiner systematisch-sprachtheoretischen auch noch eine andere wichtige Funktion. Er ist der vielleicht augenfälligste Aufweis ••, Ebd. 412 413
Menu, f/umboJdlI Lehre. a.a.O., S. 232. Ebd.
6. Humboldts Erben: Chronologie zum Aufstieg eines Allgemeinplatzes
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dafür, daß der theoretische Kontext des .Energeia'-Diktums genau im Umfeld der arlS[otelischen Ontologie zu suchen ist und nirgendwo sonst. Hätte Menze dies erkannt, wäre auch sein folgender Satz nicht nur wahr (was er ohne Zweifel ist). sondern auch als lediglich haJbricbtig - weil eben spcziflSch gültig und einz.ig in einem reduzicnen Legitimationsraum dauerhaft überlebensfähig - erkannt: .,Sprache als bildendes Organ ist stets eine Energeia., ständige Anspannung des Gei stes O
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Zwriter Teil: Humboldls Gedächtnis
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das ,Energcia'-Dikrum erst einmal wieder "der bekannte Satz";J8, Dieser dient ihm dazu, ein ganz anderes Humboldtsches Thema z.u besprechen: ..Auch aus den eigenartigen und wichtigen Ausführungen über den Unterschied von Poesie und Prosa (...) tritt der gemeinsame Grundzug heider Möglichkeiten der sprachlichen Gestaltung deutlich hervor: sie schaffen heide eine Geisteswelt aus dem \'UirkLichkcitshczug, die Poesie, indem sie in schöpferischer Kraft eine Geisteswelt in sprachlicher Schönheit aufbaut. die Prosa. worunter Humboldt die hohe wisscnschaftJichc Prosa (Muster. Arinordes) versteht. indem sie eine denkerische Weh crrichrcI"m.
Humboldts Wesensaussage nun grammatisch inrerprerierend, merkt SeidleT an, daß es "besonders (...) die Leistung des Verbums (ist, U.W.), die Spr:!che als Vorgang, als geistige Tätigkeit zu enrfahen. Aus diesen knappen Andeutungen ist schon zu erkennen. daß es völlig verfehlt wäre, mit diesem Energeia-Begriff auf den Vorrang einer Sprcchkunde abzuziclen"5~O. Die Cunclusio, die Seidler hier formuliert. ist dem Gehalt des Diktums durchaus angemessen, wenn auch die Prämissen so nicht unbedingt in Humboldts engerem Blickfeld liegen. Interessanter ist bei Seidler jedoch ein ganz anderer Aspekt, nämlicb der, auf welche Interpretationen der Rezeptionsgeschichlc sich seine ,Energeia'--Dcutung stützt. Seidler schreibt, die Verstrickungen eben dieser Rezeptionsgeschichte mit der zu unterstellenden Eindeutigkeit des Originals u.nbekümmert verwechselnd: "Aber der Energeia-Begriff Humboldts ist nicht eindeutig, er läßt mehrere Deutungen zu",.I. Seid!er bietet dann folgenden Katalog an: "Drei davon (von den Deutungen, U.W.) scheinen mir besonders tief 7..U greifen, die Bedeutung der Sprache besonders heraus:z.uslellen und auch für die ErfOlSsung der Sprachkunsl wesentlich 7..U sein (...). Lm Encrgcia-Begrirr steckt nach der Auffassung Weisgerbers (...) die Talsache. daß Sprache eine wirkende Krr~litil.ianspruch", a.a.O., 5. -469. ohing, .. Zum Uniycrsalitits;lI\.spmch", a.a.O., 5. -4(,8. olLing. RZunl Uni'·rrnlilitsanspruch". u.O.• S. -469·470.
611
Nolting.• :turn
Uni\"us:llllatSilnspruch". ;I.J.O., S. 470.
6. I-Iumboldl.s Erhen: Chronologie zum Aufslieg eines Allgcmcinplatzes
293
sich als grundständig geschichtlich versteht und im hermeneutischen Prozeß des Subjekts konstituiert wird. Statt des Humboldtscheo Ausschlusses des ,Ergon' wird dieser Begriff hier als Gegenstandsbestimmung bis zu einem gewissen Grade mit dem theoretische.n Gehall der ,Energeia' ausbzw. aufgefüllt. Es wird im folgenden. dritten Teil noch zu klären sein, ob der eigenLliehe Imegrationsansatz nicht gerade in der umgekehrten Richmng bestehen muß. Noltings Kunstgriff kann daher auch nicht als gelungene Humboldt-Interpretation im engeren Sinne verstande.n werd.en, z.umal sich ja auch der Anwendungsbereich des Diktums deutlich verschiebt. Grundsätzlich jedoch ist Noltings Interpretationsversuch dem Humboldtschen Gedankengang in der ontologischen Struktur demlieh näher als es zunächst den Anschein hat. Auf seine ursprüngliche Fragestellung reku.rrierend konstatiert er daher1 Humboldt wiederum intelligent im doppelcjm Sinne hinter sich lassend: ..Man kann durchaus im Anschluß an Humboldl Empfindung die energeia des Sprcchens und das Sprechen die energeia des Empfindens nennen"618. Gleichermaßen auf die Verstehensproblematik - in Stil. Erkennmisintcresse und der Zuordnung in wissenschaftsdisziplinärer Hinsicht jedoch fundamental anders als Nolting - ist die Aufmerksamkeit K. MuellerVollmers in seinem cin Jahr zuvor erschienenen Beitrag Von der Durchdringbarkeit des wirkungsgeschichllichw Bewußtseins gerichtet, in dessen Rahmen CI Gadamer, Hegel und die Hermeneutik \Y,Iilhelm 'Von Humboldt"" in Vergleichu.ng bringt. Damit ist die Perspektive angezeigt, unter der das .Energeia'-Oiktum hier gesehen wird. Es geht darum l "den humboldrschen Vcrstehensbegriff und se.ine Beziehung zu Sprache und Sprachlichkeit"620 z.u zeigen. Für eine dementsprechende Analyse sind laul MuelJer-Vollmer ..vom heuristischcn Standpunkt (...) zunächst einmal zwei theoretische Ebenen zu unterscheiden, dic jedoch in wechselseitiger '11 Nolting, ..Zum UnivcrsalilitsaJUpruch", a.a.O., $. 470. Anm. 37. - Elltr am Rande findet
sich be'i G. Husler 1"'85 t"in~ gleichwohl mehrfach probl('matisch(' ßemerkung zum ,Energeia'-Diklum: .. Dt:r von HUM/l.OLOT $C'1bst empfundene Widerspruch (?, u. W.) 7.wi· Sl:hen dem Bemühen. das Wesen der Spr.ache als organisches Ganzes 'Zu erfassen, und der Notwendigkeit. das unmittelbar Sichlbare an einer Sprache zu untersuchcll, wird teilwd· se durch die Dialektik (?, V.W.) der Sprache ah Energeia und als Ergon überlagert (?, U.w.t (Huster. G.: ..Zur Auffusung der Spracht" als eines organischen GanUn bei Wilhdm von Humboldt und ihren Umdeutungen im 19. Jahrhundert". In: Zeitschrift fiir PhoIJuik. SprlJcbwisfnucha/t und Kommlmikarionsforsdlung, 38. Jg. (1"'85), S. 5&4-575. bier: S. 566, M" Muelll.r- Vollmer, K.: •Von der Durchdringbarkc:it des wirkungsgc:schichtlichen 8ewußISC'-ins: Gadamer. Hegel und die Hc:rmeneutik Wilhdm von Humboldu·. In; Strrka, J. P. (H rsg.): Lit"~ry 711t.Ory IJnJ Criticism. h R. Wt/Jet. Bern 1984. S.
und rekurriert damit weniger auf den von manchen im ,Energela'-Diktum so übenrieben vermuteten Kraft-Begriff, sondern auf das Dialogische des sprachlichen Verstehens, auf .die sprachliche Kommunikation als eine Sprecher und Hörer einbeziehende Ko-Produktion"6l7. Eher schmuckJos und unkomplizien hat W. Porzig das ,Energeia'-Dikrum mehr übersetzt als gedeutet. In einem fiktiven Gespräch, in dem er einen Psychologen, einen Zoologen, einen Sprachwissenschaftler und einen Gasr über Das Wunder der Sprache"lfl diskutieren läßt, findet sich das ebenso zutreffende wie unprätentiöse Übersctzungs- als auch Interpret3tionsangebot, nach dem es Humboldts .. Erkenntnis (sei, V.W.), daß die Sprache nicht ein Werk, sondern eine Wirksamkeit. (Herv., V.W.) iS["6l9. Diese Übersetzung hat auch t 986 - das Jahr, in dem Porzigs Buch nach seinem Erscheinen 1950 bereitS in 8. Aun. (!) herausgegeben wurde und damit über 130 Jahre nach der Einführung dieser Variante: durch H . .. Ebd.
..u Mudlu-VoUmcr, Von du
Durchdringl»rkof~.u.O.•
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S. 491. Porxig, Wo: DdJ W""JtT tür SprAcb~. Tübingen (8. "un.) 1986.
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Porzig. D.s
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Zweilt:r Teil: Hwnboldu Gedächtnis
Stcinthal 1851 liegt - nichts von seiner zurückhaltenden Treffgenauigkeit verloren. Daran ändert auch die TatSache \vcnig, daß man Porzig bezüglich der in diesem Kontext diskutierten Rcfercnz und BcdcUlungsproblcmatik aus Sicht der Humboldrschen Sprachtheorie nicht in allen Aspekten wird uneingeschränkt zustimmen können. Eine wisscnschaftsgcschichtl.ich sehr auffällige Rezeption hat das ,Energeia'-Diktum 1988 zugesprochen bekommen. In dem drei bändigen Sammelband Energeia lind Ergon UO haben zahlreiche Amorinnen und AutOren Sludiae in bonorem ü,genio Coseriu erste.lIt, d.ie sich unter den Lcitbcgriffen Sprachlz~he Variation - Sprachgeschichu - Sprachlypologie in unterschiedlicher Weise mir dem Werk Coserius auseinandcrscrzen. Die bereirs bezüglich de.r Rezeption des Diktums durch Coseriu gemachten Beobachtungen werden hier bestätigt: "Mir dem Titel des vorliegenden Werkes" wird, so der Herausgeber J. Albrecht in seiner Einführung Ta 5"ra W; lart\' Atynv: Ober die Schwierigkeit, die Dinge zu sagen, wie sie si"d, und andere davon zu iiberzeuge,,6JI, ... auf eine Begrifflichkeit angespielt, die - im Kleide unterschiedlicher Benennungen - in der Sprachtheorie eine wichtige Rolle gespielt hat und die sich letztlich bis zu Aristoteles zurückverfolgen läßt"bJl. Die textile Mcraphorik der Parenthese deklariert nachdrücklich den pluralistischcn Öffnungsbeschluß der Rel.cptionsgeschichlc und gründet damit ei.nen Verdacht prinzipieller Offenheit und exegetischer Strapazierung bis aufs äußerste (und darüber hinaus), der in vielen Beiträgen in direkter und indirekter Hinsicht zur Ausführung kommt und dem hier im einzelnen nicht nachgegangen werden kann. Für diese Strategie gilt das bereits mehrfach Angeführte. daß das sprachwissenschaftlich fnteressante und Produktive nicht immer da;o;: exegetisch bzw. philolog.isch Richtige oder gar Humboldt Gemäße sein muß. Interessam ist daher vor allem der subkut4, so Schneider, ..5chüu.r sich Humboldr dabei vor dem Vorwurf, bei der Behandlung der Sprachverschiedenheit scincn spezifischen Begriff der Sprache außer acht gelassen zu haben"755, Dies scheint jedoch eine allzu funktionalistische lnterpretationsvariante, denn wenn Humboldt wirklich hier nur konkretislischen Mißverständnissen hätte vorbeugen wollen, wäre die Wesensthcmatisierung in der Kawi-Einleitung wohl weder so apodiktisch noch so ausführlich und theoretisch prononciert ausgefallen. Für Schneider beseitigt das Diktum letztlich eher mühsam eincn Erklärungsilotstand für die Wescnsthematisierung der Sprache, den Humboldt im Hinblick auf sein Vergleichendes Sprachstudium möglichst vermeiden wollte. Bei aller Notwendigkeit, das Diktum n.icht isoliert zu sehen und es damjl zu überschätzen, fällt hier die Abwertung zur Randnotiz allzu deutlich aus und nimmt der Textpassage ihre systematische Rolle in Humboldts Theorieenrwicklung. Um 50 interessanter ist es, daß trotz dieser laxen Beurteilung der Bedeumng des Diktums dessen Interpretation äußerst aufschJußreich verläuft. Hier geht Schneider erfrischend konkret vor: ..Wenn Humboldt (",) dem Ausdruck ,Thätigkeit' in Klammern das Won .Energeia' beifügt, so wird deutlich, daß es sich hjerbei um eine Erläuterung handelt. Tätigkeit soll hier also im Sinne von Energeia verstanden werdeo"7S6. Und nicht umgekehrt, was Schneider hier implizit unrerstreicht. Auch kennt der Autor den aristotelischen Hintcrgru.nd des Begriffs, selbst wenn er ihn vorderhand in der Nikomachischcn Ethik vcronet sieht. Schneiders Erklärung für Humboldts .Aristotelismus': .. Es macht' demnach gerade die Besonderheit der Sprache als Energeia aus, sich nicht in einem Werk zu vollenden. Während diese Differenzierung im DeuLSchen nur umnändlich möglich gewesen wäre. konnte Humboldt sie mit dem Zusatz ,Energeia' durch cin einziges Wort andcut~n"7S7, 1')1 Schneider, Der Typus J~ SpriJchf'. :>..:1..0.• ~u
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s. 22!l.
Ebd. Ebd. EbJ. Ebd. Schneider. Ocr "f.)'tl'$ der Sprldts GedÄchtniS
wird und ..an dieser Stelle sich die allgemeine (sprachgemeinschahsspezifisehe) und besondere (subjektive) Wclransicht berühren (UmsL. V.W.), die beide (Her"., U.W.) im Wesen der Sprache verankert sind und - folgt man I-Iumholdt - nicht unabhängig voneinander zu denken sind"76'.l, Nun kommt das ,Encrgcia'-Diktum ins Spiel, das ausgerechnet in seiner Humboldtschen Eindeutigkeit nicht akzeptiert, sondern für die weitere Argu~ mcm~llion in ganz anderem Sinne genutzt wird. SaUer stellt zunäc.hst fest: .. Die Problemarik des Vcrh:ilmissi.'s von spr3chgcmeinsch2ftsspczifischc.r und subjektiver Welunsicht, das mit Blick auf die ,ideale Form' als eine synthetische UCl.ichung vOrlustdlen ist, soll durch Humboldts Bestimmung \'on ,ergon' lind .energeia' expliziert werden«7lo.
Dazu braucht Saffer allerdings ein anderes als das Humboldtsche ,Energcia'-Modell, was er auch unumwunden zugibt. Er z.itiert zunächst einen kurzen Auszug aus der cntsprechendcn Tcxrpassagc der Kawi-Einleilung, läßt diese ungcdculcr und fällt dann das funktionalistische Urteil, das seiner f-Ierangehcnsweise cmgegen konunt: "Spuchc ist jedoch, entgegen dieser ausschließenden Formulierung HumboldlS. beides. :1.150 Ergon und Energeia, indem sie aJs vorgeformter Stoff poLentiell neue inoslifrung bereitlcgt"' 17l .
Zu dieser Interpretation, die in der Geschichte des ,Energeia'-Diktums so häufig vorgekommen iSI, braucln nun nicht noch einmal ausführlich Stellung genommen zu werden: Sie ist weder (läßt man das ,Energeia'-Dikrum "ußer acht) in ihrem substantiellen Gehalt vollkommen falsch, noch entspricht sie dem, was Humboldt mit d.iesem Diktum gerade sagen will. Denn natürlich ist es .,eine ungercchtfcrtigle VcrkürLUng, wolltC' man die energetische Tätigkeit des Sprechers gegen die slatischc Machl des ,überlieferten Sprachcorpus' ausspielen"m. Dies hat aber mit der Wescnsthematisicrung der Sprache. die Humboldl im ,Energeia'-Diktum vornimmt. nichts zu tun. Einmal diesen - auf die Verwertung sprachwissenscbafilicher Systematik zielenden - Deurungsweg eingeschlagen, sind dem Assoziarionsporential kaum noch Grenzen gesetzt. Saffer gesteht zwar zu, daß "dieses ,Da· zwischenstehen' der Sprache aJs Ergon nicht bedeutet (Umst., U.W.). da.ß ihr ein eigenständiges Dasein zukommr" nl, der funktionale Charakte,r d.er Imerprctationsvariamc bleibt aber unvermindert erhalten: Sa(fcr, SprllchwdNldll:llttiit. :1..;1,.0.. S. In. 110 S,,((cr, SpI'lltlmulwu/u.rlllat, .u.O.. S. 178. m Ehd. m Ebd. '71 Ebd. ~,.
(,.
Humbold~
Erben: Chronologie zum Aufslil:'.g eines
Allgemeillpl.:m:~
325
"Ocr Sprache als Ergon spricht Humboldt eine Wirkkraft zu, insofern sie als ,form:! formara' Oost) dem Sprecher in sei.ner Verwiesenheil auf einen be.nimmtcn Wonschatz und einer von den Mitgliedern einer Sprachgemeinschaft geteilten regelha(ten Gebrauchs desselben eine gewisse Freiheit, jedoch keine völlige individuelle Willkür erlaubt Mm .
Diesen ,Zuspruch' jedoch hat Humboldt in dieser Form ebensowenig erteilt, wie ..Sprache als ,forrna formans' vom Sprecher aus betrachtet eine ,forma formata' (...) hinterläßt (Umst., U.W.), als die wir Sprache in i.hrem Ergon-Charakter betrachten müssen" n5 . Saffer geht dam.it am Humboldtschen Ansatz auch deswegen vorbei, weil seine Zuordnungen auf den erSten Blick so einfach und systematisch prof'itabcl sind. Anders ehr. Steuer. In den Geschichten HlI7nboldts, in deren Rahmen die drei grundlegenden Rezeptionsprofile der Humboldl-Forscbung analysiert und zusammengetragen wurden, mußte bezüglich seiner Studie von 1997, die i.n einem großen Bogen den Zusammenhang von Schnft und Spracbe 776 untersucht. bereits die Einschränkung formulien werden, daß in dem ansonsten sehr genauen und systematisch äußerst dichl vorgetragenen Argumentationsgallg die Klärung der Humboldtschen Sprachlheorie zuweilen allzu mühsam auf das Saussureschc A.nsc.hlagbreu strukturalistisch-gewachsener Terminologie gespannt wird. Dies läßt sich an der Behandlung des ,Energeia'-Diktums gut ablesen. Schon die diesbezügliche Zwischen überschrift des zehnten Kapitels Wilhelm 'Von Humboldt: Grammatiscbe Wcltansichl'en ist mit dem TItel,Langage t und ,langue': ergon und energeia dieser Kontrasrierung gewidmet, wiewohl man von St.euer zu Recht erwartet, daß er sich diesen Vergleich nicht so einfach macht und gar eine simple Parallelisierung der Termini behauptet, wie sie zuweilen in der Geschichte des Diktums mit langue und parole einerseits und ,ergon' und ,energeia' andererseits vorgenommen wurde. Steuers spez.ieller Kontext ist zu beachten: .. Immer noch fragen wir nacb dem spezifischen Wert des Terms ,Sprache' in dem Kontext von ,Rede' und .Schrift"'7n. Bei Stelter überlagern sich nun verschiedene terminologische Ebenen, die er produktiv in Vergleichung bringen will. Da sind zunächst die Saussureschen Begriffe der langage. langue und parole einerseits und andererseits nicht nur die Humboldtschen Termini Sprache und Rede, sondern auch dessen Verwendung eben der Vokabeln, die von
11 6. l-Iumboldts
Erb~n:
Chronologie zum Aufslicl; elncs
Allgcml.'inpl~lus
327
Resu.ltats"711~ bedeutet: "Di~
faculte du langage ist die Fähigkeit, Sprachen zu bilden und zu sprechen, sie ist generelle Anlage des Menschen"'IS. Steuer geht nun davon aus, daß mit "langage Sprache als Disposition und, Folge davon, (ebenso, U.W.) als Vollzug- 786 zu verstehen ist, weil .der gemeinsame Sprachgebrauc.h, die Sprache, wie sie aus dem Mund der Individuen und (Herv., U.,W.) arionen kommt"m, eben der Sprachgebrauch ist, "auf den man sich versteht und an den man sich gewöhnr"l15. Ln diesem Sinne - und hier ist die Untersuchungsperspektive Sterters der Klärung des Verhältnisses von Schnft und Sprache zu erinnern - nähert sich das Humboldtsche ,Verständnis' von langage und parole deutljch an, ..und doch bleibt in Humboldts Sprachgebrauch eine entscheidende Differenz deutlich erkennbar: Parole ist der effektive Vollzug, die ,jedesmalige Rede', in der der Gedanke definitiv formuliert wird. Im Wen von ,langage' dagegen ist die Konnotation einer Disposition nie ganz aufgegehen"'8 Q • Nun identifiziert Steuer das entscheidende Problem, in dessen Antwortspektrum dem ,Energeia'-Dikrurn eine Rolle zugewiesen wird: ,.Die Philosophie der Sprache hat bicr eine Paradoxie: festzuh:l1tCD, die im B~ griff des langage ihr Z~ntrum hat. Dieser B~griff steht quer l.U der Opposition von Faktizität und Möglichkeit, innerhalb d~r~r der W~n der Begriffe von Sprache und Red~ aUSl.uuriercn war"1'9O.
Es ist schon auffillig, daß Sterter diese Paradoxie ausgerechnet in ihrer ontologischen Querste1Jung crfaßt, wiewohl er auf eine.VenninJung zwischen beiden Modaljtätcn" m aus ist. Humboldt sei, so Steuers Beobachtung, in der gleichen Zwangslage gewesen, ja er habe sich gar .in kardinalen Sprachnöten- 79l befunden. Hier kommt nun das ,Energeia'-Dikrurn ins Licht, mit dem Humboldt, so Steners Bewenung, .sich (dann, U.W.)
doch beholfen""" habe: .Sprache als ,Erzeugtes' und ,Eneugendes' ist die Unterscheidung. die er (Humboldt, 'V.W.) in den späteren Schriften verwendct (...), um im OeutsGhen ein Äquivalent für die von ,langue' und ,langage' zu haben, bis er in der Einleitung ins Kawi-Werk die berühmtc Opposition von ergo" und enrrgeia nl 71$
~
Ebd. Steuer. SCJlrift und Sprach~. :u.O.. S. 448-449. Sm1n. Schrifl Nnd Sprach~. u ..O., S.....9.
n' Ebd. ,. Ebd. 7ft Ebd. 7'0 Ebd. ... Ebd. ,,: Ebd. 1") Ebd.
Zwcilcr l~il: HumboldD Gedichtnis
328
findet - eine UnterscheidulJg, die für seine Philosophie der Sprache sich so" mit in der Tat als zentr::IJ erweist, insofern sie die beiden Momente des Rückkopplungsprozesses benennt, ~Is den diese .Philosopbie d:ls Gesamtphänomen
der menschlichen Sprache bc:greift'"7"M.
Die en(Scheidende Aussage des Diktums sicht Stetter nun neben dem dargcstdlten Rückkopplungsprozeß darin, daß ..die jedesmalige Rede eine Spezies der Sprache ist (Urnst., U.W), insofern diese je auch als .Thätigkeil', dynamischer Prozeß - eben nicht als Seiendes, sondern als Werdendes zu begreifen ist", Diese gleichwohl rcduktionislische Umwcrt'ung der \'V"escnsaussagc zur Sprache hJO allei" auf das ,jcdesmaJigc Sprechen' macht nun Steuers Grundannahme möglich: .. Humboldts Sprachidee"~s, so die cQnclusio...wäre somit c.her als eine philosophie du I:mgage denn als eine des langues zu begreifen'"'1%. Charakteristika wie ..Strukturiertheil, Einheilen usw."791 werden demgegenüber ..in Humboldts Text stets der langue, dem ergon, dem Resultat zugeschriehen"7'.l8. Hier nun ist d.ie Paralleljsierutlg doch einmal eindeutig, und Steuer geht gegenüber seinem zentralen Gegenstand, der Schrift, sognr noch eine - deutlich ontologisch situierte - Nuance weiter: .. Wo diese (die Sprachet U.W.) gegenüber der Rede zugleich das Mögliche, das Allgemeine und das Resultat ist, ist die Schrift zwar auch das Allgemeine und das Resultat, aber nicht das Mögliche, sondern das Wirklichc" m . An dieser Stelle soll Steuers Argumentalionsgang verlassen werden. Es ist hinreichend deutlich geworden, da!! hier nicht Humboldt-Exegese im eigentlichen und strengen Sinne betrieben wird, sondern m.it allen zur Verfügungen stehenden Mitteln Beschreibungskategorien zunächst untermin.iert und dann neugebildet werden sollen, die den Zusammenhang von Sprache und Schrift offenkundig werden lassen können. Dies gelingt Steuers manc.hmal etwas filigran anmutender Beweisführung sehr wohl, was :J.Uch in der folgenden Analyse zu ..Materie und Form der Sprach e
ehe bedarf-wo
Es wird zu zeigen sein, daß HumboldtS Programm noch ungleich radikaler ausfällt. nicht in der Befreiung des .Ergons', sondern in einem Wescnsverständnis der Sprache, das solche Divergenzen wie die aufge,zcigtcn einfach mit sich reigt. Die Subversion des Dialogischen geht bei weitem über die materialistische Kollaboration des Dialektischen hinaus, Bemerkenswert bleibt (und dies kennzeichnet die .Energeia·Rezcption' Schillers), daß Argumcntationswege wie der seine nur möglich werden. dehnt man den Wirkungs- und Interprel"ationskrcis einerseits deutlich aus (im Hinblick auf die Argumentuionsfe1dcr), reduziert man andererseits aber gleichzeitig das Begriffsverständnis so weit., daß eine operationalisierbare terminologische Plattform entsteht: ..Der Vorrang der Energeia. der uns bereits in der Äst,henk, in der Sozial- und Sprachphilosophie begegnete. regiert 3.150 auch die Anthropologie, die jene Gebiete fundiert" sH • In der Notwendigkeit." für Vieles so Genaues bedeuten zu müssen, verlien das ,Energeia'-Dikrum sein systematisches Format für eine Sprachtheorie, die eben dadurch ihre revolutionäre Qualität gewinnt, daß sie das Grundlegendste aUen menschlichen Denkens und Ha.ndelns zum Gegenstand ge· winnt: .. Die Sprache, in ihrem wirklichen Wesen aufgefasst" (VII 45). Als letzte Position in der Geschichte des ,Energcia2) 1960. - Charpa, U.: AmtOll.'les. Prankfun am Main 1991. - Happ, 1-1.: Ny/I.'. Studien 1:um .riHw:/ucht'fl Malt:7ü-Btgriff Bl'rlin 1971. - "ilao:. W.: Einfuhr/mg in AriJlQtr/cJ' Tlmm't wm Seien/h'''. Freihurg 1972. - MdCh. W.: Omall}gu' und DialC'ktik bel A risto,elC's. GÖllingrn 1994. - Srallmach. J.: Dynamir und Enrrgtia. UmcnucbungC'1I Am W('rk des I\ruWUÜJ 2111 Problemgeschichu tlOII Moglichkeit Jmd \'fI"kltchhll. Mei.knhcim .,l.G. 1959. - Sltinf.:ath, H.: SellmimdigJ,wl ,md Einfachhct't. Zur Subsr41luheorie des Aristc>tt/tJ. frankfurt am Main 1991. - Vienel. W.: Der 8r8"/J dt't' SHbslal1z bri A"-JUJu/tJ. Könignt'in. Ts. 1982. - WUI,ldl. M.: Unursu(hungtn tur Mf'laphyJlk des AriJtorclu. Stungan 1953.
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Driucr Teil: Dir Ordnung d~r Wlrklichkt'il
hand.lungsarten dieses thematischen Komplexes, was u.a. die "ielen vor· liegenden Darslellungs- und Illterprclations\'crsuchc sowohl erklärt als auch rechtfertigt. Aufschluß in thematischer Hinsicht geben zusätzlich Gcsamtdarstel· Jungen zum Werk des ArislOteles, in denen die on[Qlogische Fragestellung naturgemäß e.ine wichtige Rolle spielt.? Eher weiterführende Ansätze nutzen den arismtclischcn Entwurf zur eigenen Thcoricbildung j oder kontrastieren ibn im geistesgeschichtlichen Kontext! Hervorzuheben sind zudem Untersuchungen der aristotelischen Ontologie, die sich nicht auf das engere Tcxlcorpus der Metaphysik srützen s, sowie die Vielzahl von Aufsätzen und SanllneIbändcn, die zum Teil ausgezeichnete Analysen und Problembearbeitungen zum Thema enthalten." Allein die Länge des Katalogs der Literatur zeigt schon, wie vielschichtig der Sachverhalt gesehen und bearbeitet werden kann - das eine ist hier (zumindest auch) zutreffendes Kennzeichen für das andere. Dies a.Ues kann die vorliegende Besprechung schwerlich aufarbeiten und systematisch sichern. '(m vorliegenden Bezugsrahmen geht es vielmehr um die Darstellung elementarer Grundzüge hinsichtlich der Frageslellung, wie AristoteIes die hauptsächlichen Probleme zu lösen sucht, das Seiende als Seiendes so zu bestimmen, daß diese Bestimmung ;1Uf möglichst viele Untersuchungsbereiche Anwendung finden kann. AristoteIes ist hier nicht nur aufgrund der Notwendigkeit der multiplen Einsatzfähigkeit des lnslrumentariums. sondern auch aus systemimmanel1len Vgl. Ackrill.J. L: Aristolc.Jes. eitlr Emflihru/l8 m Sl.!/Il PJ"/osopJ)I~rm. Bt'rlin. Ne\\' \'ork 1985. - AII:!n, D. J.: DII! Pb,JOJof/JUt Je.1 Ansloftles. I-Iotmburg 1955. - Ibrnes. J.: AmWlrles. Emt' Ein!Jihrutl8' S!u[lb"2n 1'JIJ2. - During, I.: ArUlott/es. DwrJtt!lJung urullmrrprt!taNOII seines oenA·ens. Hciddbug 1966. - HOffe. 0.: AriltOleles. München 1'JI)6. - J;u:gcr. W.: Arutotdt.'J. GrHlltl/cg/lng "mer Ge!(hil'hlC' Semer Entwidtlullg. 8l'rlill (3., unvträndertcr Nachdruck) 1967. - Sand~·oS5, E. R.: Amloules. lungm 19S I. - Zdltr. E.: Du' PJlllosopJlIe dl'f Crlrebell /fnJ RQml·r. 11. Teil, 2. AI,((il/mg: AmtOldrs /fml d,r liften Pt'''p./Iw}U'r. (Ncu;:lruck D.umM~t.h (5. Aun ..1 1'163) 1878. - Zcmb. J. M.: A nU!ltl!1rs in ScJbstU/l811UStn IIIld BildJokumtmh"'. RcinbC'k bei llamburg 1%7. - Crundl~end für jede wisscnseh... hliehe Aristotdts-Bclrachrunl}; und d3hcr besondcß hCrYonuhcbcn i51 dit' ausführlicht I),\rstellung lIon 1-1. Flashu,: ~Ari$totclcs·. 11\: dC'TS. (I-Irsg.): Crumlr'ß der Gtschl€hll' der PJlI!rw)pIJlt. Bt!grimdt'f (1011 F"td"clJ Ut!beTWC'g. D,e PJ,d(}sophle der Antike. 8J. J: Alu",.c· AkaJlmllr - AruloleltJ - Drr Pmplflos ... Bud. Slung:art 1983. S. 175-457. Zur Qnrol",gic sithc vor .111('111 S.376-38'1. J Harlmann, N.: "töglichNt'i! Hrld WlrkliehNI:;t. Mcistnhcim (2. Aun.) 1949. • Arnold. U.: D,e EnuJ«ble. S)'sumallk bel Plalon /md ArmoICIl.'s, Wien 1965. - H:mmann. N.: Zur Lehn' vom Eld(ll bfl Pfaum und Aruwldd. Ikrlin 1941. - Ncumark, D.: Gcsch,elm J~r jI1JISf:hc" PbllollJph,t d~1 "'itt~14ltt:rl.. Berli" 1907. ) Pichl. G.: ArUlOlrlfS' • De anim,,-. StUugafl 1'187. • R.tpp, C. (Hng.): Mrtllph'iik. Die Subic.mzbkchl!7' (2, N. 9). ßttlin 1996. f
Driuo.:r Tril: Die Ordnung der Wirklichkeit
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Gründen nicht zu einer letztgiiltigen Klärung gelangt und hat (in gut HumboldtScher Manier) in immer neuen Anläufen durch verschiedene Schriften und thematische Kome.xte hindurch die Problematik zunächst differenziert behandelt, sodann vorläufige Ergebnisse festgehalten und diese schließlich auch selbst wieder erneut in Frage stelJen können. Für den Zweck dieser Studie ist es daher sowohl hinreichend als auch ertragreich, die großen Linien dieser Auseinanderse12ung zu erkennen, die nicht vorderhand eindeutige Antworten parat, sondern Problcmkorridorc offen halten und transparent machen wollen. Gleichwohl werden die entscheidenden begrifflichen Par:uneter in den folgenden d,rei Kapiteln mit einem für die weitere Untersuchung handhabbaren und abgesicherten Verständnis ausgestattet. Zunäc.hst also zum philologischen Terrain, innerhalb dessen sich die ontologische Fragestellung einer Ordnung der \Virk/ichkeil theoretisch etabliert haL
7. Aristoteles' Schriften: Sondierung des philologischen Terrains 7.1 Das System des Aristoteies Ein System des Aristotcles cxisr:icn nicht. Wenn wir heule über eine Vorstellung eines solchen Systems verfügen. ist dies vor allem Ergebnis der übermächtigen, auf Vereinheitlichung dringenden und trotzdem immer umstritten gebliebenen und disparaten Rezeptionsgcschichtc t die wohl bei keinem Denker des Abendlandes in solcher Komplex.ität vorh:tnden ist. L. Minio-Paluello charakterisiert das Problem folgendermaßen: ..Welches ist das ,System des Aristotelcs'?, AristoteIes hat uns niemals sein philosophjsches System vorgelegt, und doch verstand er es sehr wohl, zu systematisieren. Man arist.Ot.elisicrt nicht. indem man das ,System des ArisloteiCS' konstruiert'''. Sowohl wcrkstrukrurelle. cditionsgescruchtliche wie auch inhaltliche Gründe sprechen für eine solche Skepsis gegenüber dem systematischen Einhcitsposrulat des aristotelischen OeuvrcJ wiewohl damit gerade nicht unterstellt ist J diesem würde es pauschal an Problem kontinuität mangeln. Vielmehr ist immer wieder erstaunlich, wie ähnliche Fragestellungen nändig neu aufgegriffen und durch weite Teile des Werkes in veränderten Varianten durchgehalten werden. Das System des AristoteIes als geschlossene Einheit zu betrachten, ist im wesentlichen eine Folge der Editionsgeschichte', aus der hier nur zwei Schlaglichter, die Lostallation eines Systems und seine fundamcnt.alc Infragestellung, berichtet werden sollen, Zunächst zur Veröffentlichung dgisehtn Tcrn.ins
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gefaßt werden müssen (Platon bezeichnet dies m.it dem Begriff ökov), und daß viertens eine solche. das Ganze begründende Einheit nicht nur als Element, sondern auch als Ctgx!l. als Ursprung, im Hinblick auf das Wesen (ouola) encworfen ist. In der Perspektive, die aus e.inem n:ftv ein ö).ov macht, .,erfaßt Allgemeinheit im Sinne des xcdJ6AO\l das Einzelne (Umst., U.W.), wie es xo.8' ain6 - an sich - ist"]'!. Ergänzt man nun noch: ..Allgemein im Sinne des xo.66kO\l ist nur der Logos, der jedes lndividuum einer Klasse bezeichnet o.ut6, als das, was es ist. Also zum Beispiel den Menschen als Menschen, das Seiende als ein Seiendes"-4O. läßt sich mit G. Picht der Begriff des xo(6)'ou folgendermaßen charakterisieren:
n
..Nur wenn diese drei Fom\cn der Allgemeinheit, d~ xaTo 1tctVT6r;, das xatf airt6 und das oUT6 zur Deckung kommen, ist jene Form der Allgemeinheit gegeben, die Arisrotelcs durch den Begriff xue6i..o\J bczciehnel. Was in diesem Sinne :lllgcmcin ist, nennt Aristotclcs ollOta. Der Logos, der die ouuta "ufwcisl, ist auf das Seiende 21s ein Gmzcs hin 2USgCsagtoj41.
n
Bereits an diesem Beispiel zeigt sich, wie schwierig und gleichermaßen produktiv die Auslegung aristotelischer Termjnologie wird, will man den (griechischen) Geist der Begriffe in seinen Schattierungen komplex erfassen und differenziert zur Geltung bringen. Vor allem im Zusammenhang der Begriffe, ohne den sich die einzelnen Termini niemals angemessen erklären (lassen) und eher einfältige Vokabeln bleiben müssen, wi.rd erkennbar, daß das Denken auf den ).6YOt; hin auf jeder Problemausierungsebene auch in sich nur als imegrierte, als umfassend ,allgemeine' Einheit verstanden werden kann. A.6yo~ aber meint nicht nur - wie W. Theiler übersetzt - .Begriff', sondern hat aJs Aussage immer mindestens Subjekt und Prädikat, ist also Aussage 'Von dem in der Welt schon immer inhärenten begrifflich SubstantieJlen'u, XOW6tCllOt; )"6yot; bcdeutct dann ..die allgemeinste Definition"-4J. ). Picht, Ari!wu/t!s' DI! anim'f, ;1.;1.0.• S. 286. 10
IJ
Ebd. Ebd.
u Zum l.ogos.ßcgr;(f bei AristQt'cb tmch im syslcm:nisch-hutorlschco KOIHCXI vgl. Riifller, V.: CTundbj~gTilJt! grlubu(her WiJSt!,ud'afu/t!hrl!. BJombcl'ß 1949. S. 47·66. - Hcinze. M.: Dit! Lebre 'Vom LogoJ m Jer gmc!Jiscbt>n Phi/orophll!. Aat~n (Ncudr. d. Aus15' 1872) 1961. - Wiplingc.r, E: PI,),SIS und ugos. 2um K6rpl!rplJijnome" In uilll!r B~Je"tungfiir arn Ur· spru1lg JeT MetaphYJik. Freiburg 1971. - Zum \'oraristotclischcn Logos-Entwurf vor ;lIlCnl Nculc. W.: Vom MythQJ zum Logeu. D,'f! Se/bJcelltf<J/1UIlIf. dt!s gTlcdJucbrn DeI/keIlS txm Homer blJ auf du l1phuttk und okraus. Aalcn (Ncudr. d. 2. AuO. Stuttgart 1942) 1966.Einr f;UlC Char.aktt!risicrung dC$ spez.ifisch-ari$totdisch~n Logo$·ßcgriff~s im :mliken Konll:'xt :als Jluf den .Dtfiniuonsbegriff· im Rahmen drr Wissensch..frslehrc- gerichtel bieut ;luch Bülmer. J.-A.: .. Logos". In: Riuer. J. und Gründer. K. (Hng.): l-Ii'stornc:ht!.s \VörurbudJ drT /'ln/amph;,.. Basel. O.lrUlSladl 1971 H. . 0$91·502 (Bd. 5), nicT: $. "1"_495. 'J I)ichl. ArlSlouJes' Vi' anima. 1;.;t.0.•. lll\!.
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Dritter Teil: Die Ordnung der Wirklil.:hkeil
Zum Abschluß dieser Ausführungen zum ,System des ArisLOteles' doch 110ch eine (indirekte) Werkbesichtigung in groben Linien. Will man eine Aris[Q[cJes gemäße Einteilung seines Werkes erleichtern, ist es angezeigt, dieses nach clner Systematik zu ordnen, die aus dessen eigenen wissenschaftsthcorerischen Differenzierungen - z.B. in Metapbysik Vl (1) oder Topik Vl (6) - selbst herleitbar ist. Eine solche Unterscheidung würde dann stau der schematischen Einteilung der Disziplinen cher danach suchen, welchen Charakter eine bestimmte Wissensform hat, die der jeweiligen Disziplin zugeordnet werden kann. Aris[Otc.lcs, vorderhand bemühl, die Physik von der Ontologie zu differenzieren. schreibt im erStell Kapi,ei des sechmn Buches der Metaphysik [I025b], daß .iedes Denkverfahren entweder auf Handeln oder auf Hervorbringen oder auf Betrachtung...... gehe (Wo't' Ei ::tftOCt c\LuvOtCX ~ n(Ktxn.x~ tlltOLTIl:LX1, ~ etWQ11llxi),...), eine Differenzierung, die laut Höffc .. insofern ausgesprochen modern (ist. U.W.), als sie die Frage nach dem Gegenstandsbereich mit der nach dem leitcnden Erkenntnisinteresse vcrknüpft....5 . Um das aristotelische Wissen(schafts)spektruIll einmal im Zusammenhang präsent zu haben. sei es an dieser Stelle in der Variante vorgeführt. die HöHe aufgrund der genannten TextsteJlen graphisch rekonstruiert hatY' Danach teilen sich Wissenschaft und Philosophie in die drei Bereiche theoretischer, praktischer und poietischcr Provenienz: Die erste Gruppe der lheoreüschcn ,Wissenschaften', die das Wissen um ihrer selbst willen suchen, ist noch einmal in .Erste Philosophie" M.athematik und Naturforschung untergliedert. Währcnd die .Erste Philosophie' die Theologie, die Ontologie und auch die Denkprinzipien (in gewisser Weise gehören hierzu Dialektik, Logik und Wissenschaftstheorie) umfaß~ ist die Mathematik einerseits auf reine Formen wie Arithmcrik und Geometrie, andererseits auf angewandtc Formen wie Astronomie, Harmoniele.hre, Nautik, Optik und Harmoni.k gerichtct. Als letzte Untergruppe in den theoretischen Disziplinen ist die Physik, die Naturforschung als Klammer ~. Aristorelcs: /ofI'/aphYlik. N~Hbearbritlmg der OberulzJmg von /-f. BQmlz. Mit Eml"/IHlIg Imd Kommt'ntar her Ari~[otdcs und dilt Entstehung der Einzdwiss('nschQflcn~. In: Rehberg. K.-S. und Hausm:mn. E-R. (Hrsg.): Kf,miJur JN" WwtmschaJwI. AJ.chcn 1995. S. 63-78. •• Höff~, Arr'J/o/l'les, a.:1.0.• S. 3-4 . •~ HöHl.', ArislolC'tt!s. ;1.:1.0., S. 35.
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Drillcr Teil: Oie Ordnung der Wirklichkeit
nun offen gewordenen Interprctationsproblcme helfen und die die Mög-
lichkeiten sondieren, die bei der Erschließung der zentralen BegriHc aristoteliscber Ontologie bestehen. Das Motiv der Erinnerungsarbcir wird erneut aufzunehmen sein.
7.2 Die Einheit der Metaphysik Von einer Einheit der aristotelischen Metaphysik zu sprechen ist - nacb den Ausführungen z.um ,System des ArislOtcles' überrascht dies kaum aus vielerlei Gru.ndcn ebenfalls problematisch. so Drei besonders folgenreiche müssen an dieser Stelle expliziert werden.
Zunächst zu dem Tcxt~Konvolut. das explizit mit jenem Terminus überschrieben ist. der die Wisscnschafrsgescbichtc in so nachhaltiger Form gcprigt hat: die Mcrtlphysik. Bereits die in der Litcratur hinlänglich diskutierte Namensfrage deutet auf die Ungeschlossenheit der darin entbaltenen gedanklichen Entwürfe hin. Aristotclcs spricht von der philosophischen Grundlagendisziplin, seiner Fundamcmalphilosophie, nicht als Metaphysik, sondern als Weisheit (OOfp{a). wenn er die zuständige intellektuelle Kompetenz meint, als Anschauen (OEwgLa), wenn er deren Ausübung charaklcrisiert, und schließlich als 1tgWTrI Qllkooo5. - Dm.: "Die Entwicklung dcr Theologie des Aristoldcs _ 11 In: I-I.l· ger. Metaphysik und Tb('()/og/c, a.a.O., S. %·113. - Zum Begriff des un~wcgtell ßewegtl"5 pczidl vKI. Müllcr. A..: .Bcweger. unlxwegll:r". In: Rit!t'r, HinoriJ(/,cJ \Vörttrbuch. ,u.O., S. 86'-'M (Bd. 1). "I R.lpP' .Die SUNlllllzbücher der Mel;lphp:ik ;1.;1,0., S.... t.O
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7. Arisfotdc-$' s.:hrih'c-n: Sontlitrung Jes phil0lot;ischcn T~mjns
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des metaphysischen Programms zuzurechnen sind. durchaus nicht als die di· rekle Einlösung von Aufgaben aus deo vorausgehenden Büchern konzipit'rt sind"6.l'.
Also bereits in programmatischer Hinsicht kann bezogen auf die Bücher der Metaphysik nur in sehr eingeschränktem Maße von einer konz.eprucllen Kohärenz gesprochen werden. Dies trifft auch auf elnzelne Themenbereiche zu. Oft nimmt der Text immer wieder "unterschiedliche Anläufe. um ein und derselben Problemstellung zu begegnen. Was in einem Zusammenhang als erledigt gelten konnte. wird in einem anderen Zusammenhang erneut problematisiert und einer modifizierten Lösung zugefühn"'r..l. Für den heutigen Leser stcllen sicb die Bücher der Metaphysik als cin ,Buch der vielen Anläufe' dar, was für den auf Definitionen ansprechenden Leser die Lektüre erheblich erschwert, für den problemori· entierten allerdings immer wieder neue Zugangswege eröffnet. Der Schwierigkeit ein übrig'es für beide Gruppen tUt die unbestreitbare Auffälligkeit des Aristotclcs. bei Fremden erkannte auc.h selbst eingehandelte Aporien nicht als falsch, sondern als produktive Zwischenergebnisse zu behandeln und weiterzuverwerten. Besonders gravierend ist, daß auch Begriffsbestimmungen keinesfalls - wie das Buch V dies suggeriert - eindeutig sind. Allein der engere onotologischc Begriffszusammenhang, wie der durch die Termini 0\'0(0. U1t.OxE(I1Evov, f.t&o~ und EvEQYElQ getragen ist, wird - teils thematisiert, teils unthematisiert - immer neu zum Teil ganz unterschiedlichen Lösungsversuchen zugeführt, die sich durchaus auch widersprechen können. Die bereits angesprochene und letztlich immer noch ungeklärte Fr:age. inwieweit Metaphysik fundamemale Seinsontologie oder spezielle Geisttheologie ist, bildet damit nur die Spine elnes grundständigen Problemzusammenhangs, der dazu fühn, "daß trotZ (und auch gerade wegen, V.W.) der überwältigenden Rezeptions- und Deutungsgeschichte des Werks auch zentrale Kapitel und Passagen (wie zum Beispiel auch die Substanzbücher, U.W.) immer noch für verschiedene Deutungen offen sind"6-4, Das heißt nicht, daß Antworten auf die seJbstgestellten Fragen des AristOteIes von ihm njcht gegeben werden, es heißt vor allem, daß diese nach Kontext und Argumentationsverlauf höchst unterschiedlich ausfallen können. Der dritte Aspekt schließlich, der fundamentale Skepsis an einer Einheit der Metaphysik aufkommen lassen muß. überschreitet den engeren Rahmen des bislang skiz.z.ienen Textcorpus der 14 Bücher. icht nur fehlt ~Ebd.
R.lpP' .Die SUb5Un7.büc.h~r d~r Mmphysik", a...1.0.. 5.1. .. Rapp... Di~ SUMunzbüch~rder leuphysik-. a..J..0.• S. J. 60)
362
Driner ll.'il: Die Ordnung d('r Wirklichkeil
der Metaphysik eine homogene innere St.uik, das Thema ,Metaphysik' zieht sich, wie wir teilweise schon gesehen haben, durch andere Texte (notwendig) hindurch. Es in cin Querschnittsthema, von dem gar nicht zu erwarten ist, daß es immer gleich verstanden, problematisiert und gelÖSt werden wird. Die Metaphysik, die Physik. die Schrift über die Kategorie" und auch der ,psychologische' De anima-Text stellen jeweils ci· gene Varianten vor und bez.iehen s.ie auf den spezifischen thematischen Kontext. Signifikantes Beispiel, das hier nur grob skizziert werden kann, ist der Begriff der OooL« in den Substanzhüchem der Metaphysik einerseits und der frühen Kategon"en-Schrift andererseits. Es macht deutlich. wie fundamental die ,innerarist'Olclischen' Unterschiede auch in den brisanten Fra· gestellungen, die den Slagiriten von anderen antiken Denkern, wie z.B, Placon, abheben. sein könncnM und man hier in gewisser Hi.l1sicht fast geneigt ist, sogar grundsätz.lich unterschiedliche ontologische Theorieentwürfe in AristoteIes' Denken anzunehmen. teh folge der ausgezeichneten Darstellung C. Rapps. um das Problem komprimiert deutlich zu machen: .. Aristotrles sprichl Ln dr:n Kategorien von einrr erstrn und von einer zweiten Substanz (ouSta). Erste Substanz, sagt Aristotdes, sei dasjenige, was wroer von einem Zugrundehegenden oder Substnt (hypokeImenon) ausgesagt wird noch in e.inem Substr.u ist, wie z..B. ein einzelner Mensch odr:r ein einzdna; Pferd: zweite Substanz sei die An (eidos), worin sich die e:fSten Substamen ~finden. wie z.B. die An .Mensch' oder die An ,Pferd', und in einem schwicheren Sinn auch die Jeweiligr Gattung, wie 2.B. ,Lebewesen'·"'.
Was macht also die besondere Qualität der ersten und zweiten Substanz aus? .. Erste und zweitt Substanz sind vom Bereich des icht-Substantialc.n da· durch unterschieden. daß sie, wie Aristote.lrs .Ugl, nicht in einem anderen sind, d.h.• daß die nichuubstantialrn Bestimmungen, wie z.B. ,weißhaarig', ,fünf EUen groß' usw. einer Substanz bedürfen, in der sie vorkommen können, etwa eines besrimmten Menschen, der weißhaarig oder fünf Ellen groß ist. daß aber die Substanz für ihr Vorkommen keiner anderen Sache bedarf·'7.
~
Vgl. dazu dit' Bcmffkung G. Pichu; .Die K"'tegorien, :llso die r~nen Grundfonne.n :llIer möglichen Awugen. nehmen bt-i ArlSIOlel" die SlclJe em, di~ bei PI:llon die Mnhemuik einge:nornmen ~ne. Du in dC'f fumbment",lt' Unlrrschi~ zWlschrn Aristolclrs und Pb· lon. Man darf diesen Untnuh"J aber nicht simplifiziefl'nd :115 dnen Grgt'nwlz intl."rpreUl."ren: denn Platon sdbst hat in seint"m Spatwtrk für dit" afUtotdische K"'ltgoncnll."hre die Basis gdq;I.- (Picht, Arisroult',' IR ..nun«. :1..1.0., S. 23). Mo Rapp••Die Sub,nanzbucht"t der Meaphysik-......0 .. S. 20. .,. l::bd.
7. AnSltltc!es' Schriften: Sondierung des philologi$chen Terrains
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Aber auch in der Differenz zwischen erster und zweiter Subst2nz herrscht ein spezifisches Abhängigkeitsverhältnis vor: ..Innerhalb des Paares von erster und zweiter Substanz. rühn die Vorrangstellung der ersten Substan2. daher, cbß die zweite Subscan.z von djeser, diese a~r nicht von der zweiten Substanz ausgesagl wird, so wie das Artpridikat ,Mensch' vom einzelnen Menschen, etwa Sokrates ausgesagt wird, aber nicht umgekehrt. Nur die erste Substanz wird also weder von einem anderen aus~ gesagt noch ist sie in einem anderen. Die zweite Substanz ist zwar ebenfalls nicht in einem anderen, aber sie wird von einem anderen ausgesagt, nämlich von der jeweiligen asten Substan2-".
Aristotdes, so resüm.ien Rapp, ",operien hier abo mit zwei versc.ruwen:urigen Formen der Abhängigkeit. Die Sonderstellung der ersten Substanz beruht darauf, daß sie in beiderlei Hinsicht unabhängig ist-'9. In der Metaphysik nun - dies wird noch näher Gegenstand der Untersuchung sein müssen - sieht dies ganz anders aus. Die Unterscheidung zwischen erster und zweiter Substanz fällt weg. Wenn Aristoteles dennoch einmal von ,erster SubstanZ' spricht, ist damit eine besondere Qualifizierung im Hinblick auf den E~-Charakter gemeim. Zu ihr, der ersten, gibt es keine zweite Substanz mehr. Mit der Qualifizierung ,erster' will er lediglich sagen, daß das konkrete Einzelding nun in die Aspekte Materie und Form auseinandergelegt wird und die Qualifizierung ,erste Substanz< einem dieser heiden Aspekte - natürlich dem tlÖOl;, das in der Kategorienschrift noch zweite Substanz war (1) - zugeschrieben werden kann. Die Stellung des tlhot;. einem Schlüssclbegriff aristotelischer Ontologie, hat sich also fundamental geänden. Die Gattung, in der Kategorien-Schrift noch Teil der zweiten Substanz, ist dagegen nun gänzlich vom Begriff der Substanz ausgeschlossen, weil für Aristoteles jetzt kein ,Allgemeines' mehr Substanz sein kann. Wäre nun der E~-Begriff in der Metaphysik wenigstens einheitlich verwendet, könnte man von einer Theorieenrwicklung sprechen, die lediglich als ein Fongang des in der (rühen Schrift dargestellten Zusammenhangs firmiert. Aber auch das ist nicht der Fall. Der Schwierigkeit jedoch, daß z.B. in der Physik eine weitere Variante des Vier-Ursache.nSchemas einer (ßlisa formalis, einer causa {inalis, einer causa effio"ens und einer causa materialis vorgestellt wird. die ein wiederum abweichendes Stoff-Form-Verständnis aufweist, wäre man damit noch gar nicht begegnet (vgl. Physik fl, 3 und auch AristoteIes' Hinwe.is auf die Physik ln .AleI.physik I, 3). .. Ebd. '" Ebd.
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Dritter TOQU öl:.
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tU;; q;a(VflOl lWV ulwv' ta ~lh yo.l} [imv tvt(ryU(U. Ta öl' ]tot!" fQ'YU tl\-h. Cf tioi lUll H\-a )"{(tQt\ TU; ;"(QO;u;. iv TOirrOI~ fW:kdu
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;;tieruxt TWV fVt:lJyttUr.'
TO: 19yo..11J
Erst eine genaue ÜberseTzung bringt das Problem in voller Schärfe 2.0 den Tag. Während E. RoUes gcnau dem griechischen Original (olgt: (1094Yov. a.'t' e:v{tI1V be y{ y"tto{ n. oto\' MO rii~ OtXOÖOV.lX~c; 01)«lftUl
x.c. öuvO!; Ö(.))(0t; xa\ ltl:QUJXfUll; crQE''E'~. "Die unermeßlich lange Zeit macht offenbar alles Verborgne und verhüllt, was sichtbar iSL Es gibt nichu Unausdenkbares, doch sinkt dahin der he.iljge Eid und lk, .1.;1.0., VIlI, S. 79),
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Driuer Tt'il: Die Ordnung der Wlrklichkcil
[10423J Jetzt aber wollen wir auf die allgemein anerkannten Wesen eingehen. Dies sind die sinnlichen; die sinnlichen Wesen aber haben ...JJe einen Stoff. Wesen aber ist das Zugrundeliegende, in einem Sinne der Stoff (unter Stoff verstehe ich nämlich dasjenige, was, ohne der Wirklichkeit nach ein bcstjmm(es Etwas zu sein, doch der Möglichkeit nach ein bestimmtes Etwas ist), in anderem Sinne der Begriff und die Gestalt, welche als ein individuell bestimmtes Etwas dem Begriff nach 3btrcnnbar ist. Ein Drines ist das aus bci~ den Hervorgehende, ~i dem allein Enlstehen und Vergehen statrfindcl und welches schlechthin se1bnändig abtrennbar ist; denn von den begrifflichen Wesen sind einige selbständig abtrennbar, andere nicht" 191.
Diese Konstruktion bereitet neben der Möglichkeit, d.ie oüol.a auf Aspekte ihres inneren B:mprinz.ips zu beziehen und damit neben der Erweiterung bzw. Weiterenrwick.lung des Begriffskonzepts 1I.a. auch Erk.lärungspotemiaJ auf dem Wege der Konkrctisierung einzusammeln, jedoch auch neue Schwierigkeiten: Jl042b] "Da aber das Wesen, welches als Substrat und Stoff besteht, allgemein anerbnnt wird, und dies das dem Vermögen nach existierende Wesen ist, so bleibt uns noch übrig zu sagen. welches denn d:15 der Wirklichkeit nach bestehende Wesen dcr sinnlichen Dinge ist" 1'13.
Ich werde später genauer auf diese Problematik, die exakt im Umfeld des ,WirkJichkeits'-BegriJfs, der ivEQYElCl, angesiedelt ist, ;a diesen als ihre innere Konsequenz generiert, eingehen. Arisrotcles ist sich der damit verbundenen Schwierigkeiten durchaus bewußt" .... kommt aber schlicf~ljch nicht zu dem, sondern immerhin zu einem möglichen Schluß, den das ouala-Konz.ept zuläßt, daß nämlich [I04JbJ .,das Sosein der Art-Form In
I" f..
Arislotdes. Ml!laphy!ik. u.O.. VIII. S. Rl. - Vgl. da7.u: l1070~J ~Dcr Wesen Aber sind drri: rrSlens (Ier Sioff, wrkhcr dem Scht-ine nach ein bestimmtes EtYrU ist (denn was nur in 2uHcrsu'r Bcrul,rung. nicht durch Zus~mmcnw~chsen zusammenbingl, V;l Swff und Zugrunddicgcndes); 7.wrilclIS dito N.1tur (Weserl). d~s ßC$limnIlC. 1.U welcher C'lwas wird, unt.! eine." l:)ewis5e Haltung. drillcns das dU;lUS hcrvOf!;t'hcnd,' ~·jnl.c1nc Wesen, z. B. So· kr.ues. Kallias" (Ariswtrl(!O, ,\h:r.rphysjk• .1..1.0.. XII. S. 239-241). Aristoleles, Ml'Iaph)'sik. a.a.O.• VIII.S. 83. V,;l. [IOH3J ~I-licnus ist denn offenb.u. was du sinnliche Wesen iSf und in welcher Weise es bestrht~ d~ eint' n;imlich ab Stoff, cbs ~nderc als AI1·Flmll und Wirklichkeit; d:as drin
B~grj(f(':
KonslilutiOltslx-dingungcn von Wirklichkeit
413
sehen Zusammenhang, in dem die Begriffe immer wieder genannt werden, und zwar in dem des Aussagecharakters der OitOlU. Die Frage nach der Gestalt eines Dinges öffnet den Weg zur Frage nach seiner Bezeichnung, bei der GestaJt nach der Bezeichnung als Bezeichnung des sinnJjch Wahrnehmbaren. A.ristoreles gebraucht in diesem Zusammenhang aber bewußt zwei verschiedene Wöner: Gestalt und Form. Außer der konkrer wahrnehmbaren Gestalt als Bezeichnungsindex des Seienden selbst gibt es noch einen zweiten Aspekt, der sich im sinnlich Wahrnehmbaren integriert verwirklicht: das d~. Das elöor; ist nebe.n der EvteAb,(tlO der vielleicht schillerndste Begriff der aristotelischen Ontologie überhaupt. Eine einfache Übersetzu.ng scheint kaum möglich. Olme die Spezifikationen des AriStote1es reichen die Übcrsetzungsmöglichkeite.n des griechischen Wortes vom Begriffsspekrrum der ~oQ~ Ta E\'OV, 00 xai Ti!; übte; il 0\1\,0)..0; )JyEl Ex lomwv. {I029aj ..Als Zugrundeliegendes (Substrat) nun wird in gewisser Weise die Materie bezeichnet, in anderer Weise die Gestalt und drittens das aus beiden (Zusammengeset-z.te)"l60.
Das Zusammengesetzte iSt damit das Konkrete, das in seiner Ganzheit als Einheit begriffen wird. Interessanrerweisc ist das eigentliche ,Ding' bei AristoteIes damit zunächst vor allem durch einen strukturellen Symhcsebegriff charakterisiert. Dies ist jedoch - wie man aufgrund der Einf'3.chheil des Musters vielleicht annehmen möchte - kein schneller Ausweg des Aristoteies, um d.ie ontologische Analyse zügig im Konkreten kulminieren zu lassen, vielmehr kennzeichnet es ein Grundverständnis von Welt, die Gesamtheit der .Wirklichkeit' als prinzipiell Zusammengesetztes zu begreifen, das als Wirklichkeit trotzdem und gerade auch immer begriffliche Einheit sein muß.261 Die Einheit des Zusammengesetzten firmiert als Konsequenz und Voraussetzung aller Aktua.lität des Wirklichen letztlich in dem, was heQYElCt im Kero bedeutet. Immer aber ist das Konkrete nur Hinweis auf das Wesen der Dinge, denn [1036a] ..Von dem konkreten (zusammengesetzten) Ga.nzen aber, z. B. von diesem bestimmten einzelnen Kreis, sei es ein sinnlicher oder ein gedachler, intelligibler (ich verstehe unter den gedachten z. B. die mathematischen, unter den sinnlichen z. B. die ehernen und die hölzernen). von diesen gibt es keinen Begriff, sondern sie werden nur im Akt der vernunftmäßigen Erfassung oder der sinnlichen Wahrnehmung erkannt"'161. 11>0 Aristotelcs, M~laphY$iJ.:, "'.3.0., VII, S. 8/9. - An ditstr Fonnulierung läßt sich ablesen. wie sehwierig schließlich doc.h .der Un\ersd'tied ~wi5Chen Sein und Wesen" bestimmbar ist bl.w. wIe fließend die begrifilichell Übergänge bei dicscr konniwuvell Dirferellz.icrullg, die AriS!CJH,'lcs n;u:h J. Moruu in De SQph. El('lIeh. 5 167;a] n(ICh .oHenb;tr eindeutig be· timmiM (Moruu, J.: .Scin und \'(Ieseo in der Philosophie des ArislOtelcs.{1955 In: 1-1,.ger n·lug.l: MctllphYJlk ulld rh~logl~. u,O., S. 222·250, hier. S. 222), letztlich bltibc-n mÜHen. AristOleles dazu im Organoll: ~.E.s ist nkltt dasselbt, dies oder das zu ~eio (th'Ul n' n) und im J.bsoluten Sinne ~u sdn rt''\'il ll1tAtito; .em~ Jimplirirtr)'- (ebd.). - Eioe llUsführliche Unlc-rsuchung der Problem;ttik bielel R. Br;mdners Dissenalionsschrift D,t B('$llInmung dd Sems alt WI.'$t'Il. ;I.J.O., von 198ft. 1'101 Vg,J. duu: H038 b) .. Oenn di... Dinge. deren We)Cn eines und deren $osein ein~ ist, sind selbst Eines" (Aristoleles, Mt'/i1plt)'Sik, a.:I..O., VII. S. 61). ~ Arisl{)[des. "'etilpltyslk, :1..;1..0.• V1J~ s. 47.
r.
420
Dritter Tt'il: Die Ordnung der WirkJichkcil
Das €L~ ist das. was das Wesen schlechterdings als solches ausmacht. Es garanriert, daß die ouoto. nicht nur Aufsummierung der Teile des Konkreten ist. sondern eben ein Ganzes repräsemiert, das konstant auf seine innere Struktur rekurricn Z6J , und so heigl es zum Ende d.es VIl. Buches der Metaphysik: [I04Ib] .,Dasjenige, was so zusammengesetzt ist, daß das Ganze eines ist, nicht wie ein Haufen. sondern wie die Silbe, ist nicht nur seine Elemente. (...) Also ist die SiJbe etwas außer diesen, niclu bloß nämlich die Sprachclcmcmc, Vokale und Konsonanten, sondern auch noch etwas anderes, und das Fleisch ist nicht nur Feuer und Erde oder Warmes und Kaltes, sondern auch etwas andcrcs"lM. An diese Definitionsarbeit
kann Aristoteles im VIII. Buch16~ und die ganze Metaphysik hindurch anknüpfen. Auch seine Pr'.ifcrenz. der Differenz, die im Strukturvorschlag TCl EX lOUltoV plastisch zum Ausdruck kommt, bleibt letztlich immer auf das Eine hin ausgerichtet. l66 Welln man jedoch - wie ich gezeigt habe - die zusammenbindende Funktion der ouola keinesfalls als reinen Sammelbegriff mißverstehen wiH, ja diese in ihrer autonomen Selbstbezüglichkcir vielmehr die Einheit der ansonsten different einander zugeordneten Begriffe auf einer anderen Ebene verdeudicht: [1040b] .. Denn das Wesen kommt keinem anderen zu als ihm selbst und dem, welches das Wesen hat, dessen Wesen es i St 7, dann zielt dieses Verständnis immer gleich auch auf das Sosein, auf das TO tl ~v ElVQL ab: "cyw (S' ouo(tv ÖVElJ üt..lll; tC) Tl ~v a:lvm. [I032b] .,Wesen ohne Stoff aber nenne ich das Sosein"!6s. Der 1,,1 G. PI.:!U erkl\irl dl'n norlllichl. Amtrlldt'J' Dr am",a, .1..... 0., S. -13). - Vgl. auch dcrs.. Aru'otde~' De anWI,'. il.a.O.• S. 176. ,.. AnsuJle!es, M('(aphysik, u.O,. VII. S. ]7, :u VJ:1. dazu: LIO Tl 'lv tO t~ h«r.O"tC/l EI V(U. lautet, stellt damit die die OUolQ bereits spezifizierende Frage: .. Was war das für jedes Einzelding wesensmäßige Sein ?"U9 und ..ertaßt das Seiende in dem, was es als Dieses und kein Anderes konstitui crt lJ.c; ni liuvorov ou EOTlV tvtgyElo. [I066a] .und die Bewegung scheint zwar eine 01, Die genaue Bestimmung dessen, was lvlgyua ist, gelingt jedoch nur im relationen Zusammenhang. also wenn man sich fragt, was sie gerade von der ÖVva~w; umerscheidt:t. Hier steht Aristotcles vor einem größeren Problem, als es zunächst den Anschein hat. und er weiß auch, daß hier differenzierter Klärungsbedarf bcsteht [104SbJ .Da nun das Seiende einmal als ein Was oder cin Qualüatives oder ein Quantitatives, andererseits nach Vermögen (Möglichkeit) und Vollendung (Wirklichkeit) und nach dem Werk bezeichnet wird, so wollen wir auch über Vermögen und Vollendung genauere Bestimmungen geben"'!97. Genau dies ist die Aufgabe des lX~ Buches der Metaphysik. Hier ist zunächst einer wichtigen VoraussetZung des aristotelischen ouala-Konzepts zu erinnern, daß nämlich alles Werden von Materie und Form wie die gesamte Theorie von ,Möglichkeit' und ,Wirklichkeit' vor allem in einer Art transzendenten Erklärungsverzichts fundiert ist, den Aristotcles noch einmal am Ende des VIII. Buches gedanklich ausführt: [J045a] .. Dafür nun, daß das dem Vermägen n.acb Seiende du Wirklichkeit Dach ist. ist da, wo ein Werden suttfindet, nichts anderes als du Hervorbringende Ursache. Denn dafür, daß die Kugt! dem Vermögen nach Kugel in Wirklichkeit ist, gibt es keine andere Ursache, sondern dies war eben das 50m AriSIOtd«. Mtlaphytilt. ,1,,1,0,. IX. ,115, ~
Ebel.
1'01
An.sl0Ides,
M~Ulph,ult, a.:r..O.,
IX, S_ 101·103.
428
Driuc( Teil: Die Ordnung der \Virklkhkcit
.sein für cin jedes von beiden. Der Stoff aber ist u:i1s denkbar, lcils sinnlich wahrnehmbar, und immer ist im Begriff das eine: Stoff, das andere Wirklich-
keit, 7... B. der Kreis eine
.('~ne
Figur..··l't.
Für den Übergang von ,Möglichkeit' und ,Wirklichkeit' hOlt dies zur Folge, daß der Unterschied zwischen beiden keine getrennten ontologischen Wehen begründCl, die voneinander autonom und damit begrifflich eigenständig gcfaßt werden könmcn: {I045b] "Der Grund dieser Ansichten und Zweifel aber liegt darin, daß man (ür Vermögen und Wirklichkeit nach einem Einheit bringenden Begriff und einem Unterschied sucht. Es ist aber vielmehr, wie gesagt, der nächste Stoff und die Form dasselbe, nur das eine dem Yrrmägrn, d:\S anderr der WirkLichkeit n:leh. Also verhih es sich mit jener Frage grradeso, wie wenn m.an bei dem Einen selb t nach dem Grund fragen wolhe, weshalb es rines ist; denn ein jedes ist ein Eines, und das dem Vermögen nach Seiende ist mit dem in Wirklichkeit Seienden in gewisser Weise einerlei. Es gibt also weiter keine Ursaebe als die von dem Vermögen 1.ur Wirklichkeit bewegende. Was aber keinen Stoff bat, du ist schlecbthin das, w;as Eines ist"!Y9.
Das heißt jedoch gerade nicht, daß eine Ontologie des Werdens ohne die Differenz von Möglichkeit und Wirklichkeit auskommen kann. Aristoteles grenzt sich von solchen .Lehren' wiederum eindeutig ab: [1047aj ~Daber beben diese Lehren aueb Bewegung und Werden auf. Denn das Stehende wird immer stehen, das Sitl.ende immer sitzen; denn unmöglich könnte ja das aufsteben, wu nicht vermag aufzustehen. Ist es nun nicht zulissig dies zu behaupten. so sind offenbar Vermögen und wirkliche Titigkc-it vonein~der verschieden; jene Lehren .her machen Vermögen und wirkliche Tiligkeit zu einem und demsabm (HeN., U.W.) und suchen also etwas gar nicht KJe.ines aufzuheben-Ja).
Auf dem Himergrund eines erweiterten Verständnisses von Werden konsr:anen Aristote1es nun, daß bUva~w; und t"~ey(ta sich auf 311e Veränderungsprozesse generell beziehen, [104630] "denn das Vermögen und Wirklichkeil- erstrecken sich weiter als nur au.f das in Bewegung Befindliche'"J01. Gereichen konkrete Beispic.le aus der Realität dem AriSlotcles des häufigeren, bestimmte Meinungen abzulehnen bzw. Aporien aufzudecken, so dienen sie auch zur Versinnlichung und Begründung der eigenen TheorieentwickJung:
JOO
Ansloleles. AI~raph'f1Jt. a. .LO.• VIIl. S. 99. Ari:notdcs, M~laphJllk. u.O., VIII, S. 101. Am101d«, MrtiJphysJt, ......0 .. IX. S. 109.
SCI
Arisrotdc.s. Mrtaphyslk, 11-2..0.• IX. S. 103.
1'M
1'9
9. Ar;l'lOldc$'
Bl'grif(~
KOn$lilUl;ollsbedingungrn von Wirklkhkril
429
(I04Sall048bl ..Was wir meinen. wird beim Eill2.dnen durch Lnduktion deutlich werden, und man muß nicht für jedes ~i.ne Begriffsdefinition S'uchen, sondern auch du Analoge in einem Blick zusammenschauen. Wie sich nimlich d2s B2uende verhält zum B2ukünstler. so verhilI sich 2uch d2S Wachende zum Schlafenden. du Sehend~ zu dem. ""'25 die Augen verschJjeßt, aber doch den Gesichtssinn haI., das aus dem Stoff Ausgegliedene zum Stoff, du Bearbeitete zum Unhe:arheiteten. In diesem Gegensatz soll durch du erste Glied die Wirklichkeit, durch das andere du Mögliche beuichnet werden")Q!.
Dieser \'Qirklichkcit nun, die als tVEQYELC1 ganz offensichtlich vor aHem durch das Attribut des Akmalen gekennzeichnet ist, wird von AristoteIes cin besonderer - den ontologischen Rang in entscheidender Art und Weise quaJiriziercnder - systematischer Vorsprung vor der öi,,'«~u~ zugeschrieben.)OJ Er stellt fest, daß es [I049b] ..nach der oben gegebenen Bestimmung über die verschiedenen Bedeurungen von .Früher offenbar ist (UmSl., U.W.), daß die Wirkliehkeit früher iSl als das Vermögen (die Möglichkeit), ich meine hierbei nicht nur als das vorher benimmte Ve.rmögen~ welches als Prinzip bezeichnet wird der Veränderung in einem anderen, insofern es cin anderes ist, sondern überhaupt als jedes Prinzip der Bewe· gung oder Ruhc"304, Wie AriS[oteles dieses ,früher' und damil die ontologische Qualifizierung der evtQYEw vor der ö\1Va~llC; ve.rsteht, wird in dem prominenten achten Kapitel des IX. Buches ausführlich erläutert: [1049b) .. In Vergleich mit jedem solchen Vermögen ist die Wirklichkeit früher sowohl dem Begriff als auch dem Wesen nach; der Zeit nach ist sie gewisser· maßen früher. gewissermaßen 2uch nicht. Daß sie nun dem Begriff n2ch früher ist, i t offenbar. Denn du in vollem Sinne Vermögende heißt vermögend darum, weil es in wirkliche Tiligk~t treten k~nn; ich meine z. S.: baukundig ist das, W:l.S zu bauen vermag. sehf;ihig ist das, was zu sehen. sichtbar. wu gesehen 2U wuden vermag. Dassdbe gilt 2uch bei dem übrigen, so daß notwendig der Begriff und die Erkenntnis der Wirklichkeit dem Begriff und der Erkenntnis des Vermögens vOr.l.usgehen muß. Der Zeit nach früher aber ist es auf dic.se Weise: Das der An nach Identische ist früher in wirklicher Tätigkeit. 2bcr nicht du der Zahl nach Identische. lc:h meine dies so: Im VcrArislotcles. MttaphYJJt. :u.O.. IX. S. 117. - Vgl. duu ;auch Aristotdes' We;tcrführung da GC'd.lnltcl'ls Im XL Such: (I066.lJ "Denn ~IW~tT ist du~scs das Erbauen, die Wirklichkeit. oder d2$ erbaute H.lIus. Aber sobald das HaLü ist, Ist d~ E~ubue nlch, mt'hr; erb.lut aber ..';rd du Erb.lub.lre. Also muß du Erbauen dlt' Wirkli hkc::it .sein. das Erbauen alxr ist l"in(' Bc""q;ung. D~lbc gilt auch von den übrigrn Bewqungen" (AnSioldu. M("r..phyuk• .1..1..0.. XI, .215). ),j,l . Hutmann h,lI In dltRm ZUSolmmt':nlung wvon gesprochen, d.1ß .. du Mögliche' in dtt Ari~IOld;sch('n Weh eint' An GcsptnJtrrd~in fuhrt" ( . Hanmann. Miig/uhJml ,.m/
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)GO
\t!,rkl,chJuil. 01.,1.0•• S. 6), Ans(otrlcs, MCMpIJ]Jik. 01.01.0., IX. S. 123.
430
DrimrTcil: Oie: Ordnung der Wirklichkeit
gleich mit diesem bestimmten Mc.nschcn. der schon in Wirk.lichkeit ist. und mit dem Getreide und dem ~hcndc.n ist der Zeit nach früher der Stoff und der Same und d:u Schfähige, wdchc z....'2r dem Vcmlögen nach (de.r Möglichkeit nach) Mensch und Getreide und sehend sind. aber noc.h nicht in Wirk· Jichkeil. A~r der Zeit nach früher als dieses ist (wiederum) ander~ in Wirklichkeit Seiendes. aus welchem dies ,,"-urde; denn w:u: in Wirklichkeit ist, \\~rd jedesm.al aus dem dem Vermögen mlich Seienden (aus dem der Möglichkeit n:ach Seienden) durch etwas. das in Wirklichkeit ist, 7_ ß. der Mensch durch einen Menschen, der Gebildete durch einen Gebildeten. indem jedesmal Clw:l$ als entes bewegt; das Bewegende aber ist schon in Wirklichkeit. Es ist aber in der Erörterung ü~r das Wesen gesagt, daß das Werdende immer aus etwas etwas wird und durch etwas. und dieses der An n:lch dassdbe ist"Jos.
Aristote1es wiederholt die Argumentation noch mehrmals. um sie plastischer hervonreten z.u lassen.JOf. Welch hohen Stellenwert die Annahme der Vorrangigkeit von Wirklichkeit jedoch hat, wird vor allem dann deut~ lieh, macht Aristoceles sie zur Grundlage theologischer Renexion: [lOSOb] .. Aber auch in entscheidenderem Sinne hat die Wirklichkeit Vorrang vor dem Vermögen (der Möglichkeit); denn das Ewige ist dem Wesen nach (rüher aJs das Vergängliche, nichts Ewiges aber ist nur dem Vermögen nach (der Möglichkeit nacht JO'. Damit schließt sich der theoretische Kreis zur \'611<Jl.; \'o~O[tJJ;, zum reinen Denken des reinen Denkens, das als höchste EvEQyEtU behauptet und verstanden ist. J08 Auch aus dieser Letztbestimmung heraus [1051 a] .. erhellt denn, daß die wirkliche Tätigkeit früher aJs das Vermögen (die Möglichkeit) und als jedes Veränderungsprinzip iSt"j09. Wenn tvtQyEt häufig <Endelech.ic> venvendet. zuerst. von C1CI:.RO ( .• ,). THOMAS VON AQUIN übernimmt für <E.> die Übersetzung ; da dieser Aus· druck auch und vornehmlich als Äquivalent für tvEQYEH.t gebraucht wird, geht der terminologische Unterschied zwischen <E.> und t.vtgYl!lU verlo· r('n"J.!8. Für eine fundierte Analyse aristotelischer OntOlogie ist djcser Unterschied aber, seinen \'ielen Differenzierungen und ,Ungereimtheiten' wie seiner letztlichen UnkJärbarkeit zum Trotz, konstitutiv. Ein weiteres Argument für die ,Prozeß'-Interpretat.ion Pichts ist sicherlich die KO!ltex[Uierung, die Aristoteles im 5. Kapitel des VIII. Buches der Physik vornimmt. AristOtcles spricht dort IIon der EVTEAEZEt.a. CttEAn;, von der ,unvollkommenen' Entelechie; rauv 0' 11 xtVllOL~ EVTfAExelu Xl.\'lltO'Ü lnEAn;, [257b 8) nCS ist aber die Bewegung einc unvollkommcne (vlEheXEl« des Beweglichen"'l!CJ, und spannt den Terminus EVtEAEXELrsclJiedenlJe;len des menschlichen Sprachbattes einen Text, der die sprachtheoretische Auseinandersetzung, die von 1830-35 in der Kawi-Einleitung auf die Spitz.e getrieben wird, hislOriseh, gedanklich und systematisch vorbereitcr. 1 Hier ist der Tcmlinus der ,Ver-
wandlung' gleich mehrfach vertreten u.nd dies i.n doppelter Bedeutung. .Im 30sten des in 155 Abschnitte gegliederten Textes ist Humboldt wieder einmal dabei, den ,hermeneutischen Zirkel' des Vergleichenden Sprach-
scudiums, also die Frage, ob vorderhand die einzelnen sprachliche.n Einheiren oder besser d:los Ganze einer Sprache untersucht werden soll. aufzufächern. Er neigt (nicht nur) an dieser Stelle dazu. der ganzheitlichen Sp~chbetrachtung den Vorl.ug zu geben und schreibt: ..Denn jc.,'de Sprache besitzt, ungeachtet der Aclmlichkeil der hervorbringen. den Ursachen. der technischen Mittel und des Zweckes aller. eine c.mschiednc Individu3lität, und diese wird nur in ihrem Zusammenwirken gcfijhlt. Die Zergliederung ist nothwendig, um dies Gefühl in Erkenntnis$ zu vcrw.mdeln. sie vcrdunkelt abcr allelnal in etwas die Anschauung der Icbendigen Ei· gcnthümJichkeit, schon dadurch. dns$ eben jcnt VcrwaJldlHllg des Gefiibls in Erke""tniss (l-fcrv.• U. W) nie ganz. vollSliindig vor sich gehe.n kann. Es ist daher der bessere ""eg. die I)rüfung einer Sprache bei ihrem TOlaleinclruck anzufangen, es verbreitet sich alsdann wenigstens jenes Gefühl auf die ganze Folge der Untersuchung" (VI 147).
Humboldt, hier auf der Suche nach geeigneter Methodologie im Hinblick auf die für ihn zcntrale Frage, was die Identität einer Sprach{' im Kern ausmache, nur:-Lt den ,VenvandJungs'-Terminus diesmal, um gleichsam die Transformation von ,divinarorischer' in ,komparative' Erkenntnis zu kommentieren. Das holistischc Erkennen produziert nach Humboldt gegenüber dem auf Einzelheiten gerichteten immer einen inhaltlichen Überschuß, der nicht als solcher analytisch festgehalten und eindeutig bestimmt werden kann. lmeressam in demnach, daß der ,Verwandlungs'Terminus hier wiederum in einem Kontext belichtet wird, in dem für Humboldt ein bestimmter Vorgang unbedingt wahr, theoretisch verbindlich und sachlich klar ist, jedoch dennoch ein ErkJärungsdefizit im Hinblick auf den endgültigen Vollzug innerer Prozeßhaftigkeit bleibt, der auch durch noch so weit getriebene und noch so tief sezierende Analytik nicht umf-assend würde beschrieben werden können. Was bleibt, ist eine J
Vgl. die ,8cmcrkungcn 2.ur Entslehungsgcs,hi,hte' diescs Tcl:trs HI).
VOll
A. Leilzma.nn (VI
10. Humboldts Aufklärung: Ansichl'cn sprachlicher Wirklichkeit
449
von dem Erklärungsdefizil unberührte unbedingte Gültigkeit des transformatorischen Aktes, die im Terminus der ,Verwandlung' zum begrifflichen Ausdruck kommt. Abschnirt 61 enthält eine Verwendung des Verwandlungsmorivs von der theoretischen Qualität der Dualis-Schrift, wenn auch die Formulierung der Weltverwandlung in Sprache don nicht explizit auftritt. HUOlboldt inventarisiert den Terminus in einer der zentralen Passagen des Verschiedenheiten-Textcs und weist zunächst rückblickend darauf bin, daß er .die Sprache als Organ des Denkens" (VI t 79) dargestellt und sich gleichermaßen bcmüht habe...i.hr (der Sprache, U .W.) in der Thätigkcit ihres Erzeugens zu folgen. leh wende mich jetzt zu dem durch das Sprechen, oder vielmehr durch das Denken in Sprache Erzeugten" (VI 179). Wie so häufig wird man nach Andeutungen oder gar Ankündigungen Humboldts. die Argumentation werde nun konkrete,r. womöglich unmißverständlich ,gegenständlicher', auch im vorliegenden KOlllext erst einmal bitter enn-äuscht, denn ..auch hier findet sich. dass die Vorstellllngsart, als thue die Sprache- nicht mehr. als die an sich wahrgenommenen Gegenstände zu bezeichnen. we.it entfernt ist, ihren tiefen und vollen Gehalt zu erschöpfen" (VI 179). Humboldt wendet das Problem. nachdem er festgestellt hat. daH schlechthi.n jeder ..Begriff o.hne sie (die Sprachc, U.W.)" (VI 179) nicht möglich ist und daß darüber hinaus ..jeder äussere Gegenstand nur vermittelst des Begriffes (...) \Vesenheit" (Vl 179) enthält, diesmal auf die Subjektivitätsvoraussetzung der Erkennrnisproblematik. Diese Voraussetzung. kommentiert mit der Beobachtung, daß jedes Wort .. njcht cin Abdruck des Gegenstandes an sich, sondern des von diesem in der (subjektiven !, V.W.) Seele erzeugten Bildes" (VI 179) ist, findet'ihren Niederschlag dari.n l daß die Sprachlichkeir des Menschen seine Individualität garantiert: ..Da aller objectiven W2hrnehmung unvermeidlich Subjcctivil2CI beigemjscht iSl, so kaon man SChOll un2.bhängig von dcr Sprache jede menschliche lndividualiläl als einen eignen St'3ndpunkt der Wdlansicht bClr:lchrcn" (VI 179).
Das auf den ersten Blick verwirrende, ja paradoxe Postulat, Individualität gelte auch unabhängig von der Sprache, darf hier nicht mißverstanden werdcn. Die konsla,tierte Unabhängigkeit ist nur eine modellhafte, die die Sllbjek(-Objekt-Relation in Hinblick auf dje Wahrnehmungsproblematik auf deren systematischen Kern reduzieren hilft. \Veltansicht als subjektive Ansicht einer Welt der Wirklichkeit kann immer nur begrifflich und damit sprachlich gegeben sein. Ers[ dadurch entsteht I.ndividualiciit als wirklich und geht über ihr Postulat, prinzipiell als Referentielles möglich zu sein, hinaus. Das weiß Humboldt, bescheinigt der Weltansicht deshalb,
•
450
Viener Teil: Die Ordnung der Spn.c.he
daß ,.sie aber noch viel mehr dazu durch die Sprache wird (Umst., U.W.)" (VI 179), und stellt schlielUich Fest, "da nun auch auf die Sprache in derselben N;uion eine gleichartige Subjcctivitaer" (VI 179) des i.n dieser Hinsicht analogen SprachJaurcs derart einwirke, daß man schlechterdings behaupten könne, daß nicht nur in der Sprachtärigkeit des Einzelnen, sondern ..in jeder Sprache eine eigcnchümJiche WeJtansichr" (VI 179) liege. Um nun die transzendemale Korrelation zwischen angenommener Wirklichkeit ab Rcfercnzraulll und tatsächlicher Sprachwirklichkeil richtig zu fassen. eine Fragestellung, die sicb aus der zunächst nur argumcm:;l[iv erschlossenen national-individuellen ,Kollektivierung< des ,We!tansichten·-MOlivs fasl z.wangsläufig ergibl, kommt der ,Verwandlungs'Terminus erneut ins Spie!: "Wdtansichl aber ist die Sprache nicht bloss. weil sie. d:1 jeder Begriff soll durch sie erfasst werden können, dem Umbngc der Weh gleichkommen muss, sondern auch deswegen, wcill"rst die Verwandlung, die sie mit den G~ gensrändcn vornimmt, den Geisl ~ur Einsicht des von dem Begriff der Well unzertrennlichen Zusammenhanges fiihig molch I" (VI 179·180). Die Verwandlung der Welt in Sprache ist demnach nicht nur Voraussetzung dafür, überhaupt Gegcnstände wahrnehmen zu können, ohne diese Verwandlung, die gleichermaHen den transzendentalen Akl semiotischer Symhcsis bedeutet, ble.ibt Erkenntnis auf Einzelheilell gericbtet. panikuJär und damit kognitiv oricnricrungslos, sie wird gar nicht zur Erkenntnis im transzendentalen Sinne. Das Vcrwandlungsprojeln ist unbedingte Voraussetzung dafür, sich in irgendeiner Form auf die Rcferenzobickte der Welt als .Möglichkeit' so zu beziehen) daß sprachliche Wirklichkeit entsteht; "Denn erst indem sie (die Sprache, U.W.) den Eindruck der (rcft'rcmidlcn, U.W.) Wirklichkeit auf die Sinne und die Empfindung in d.:los, als Organ des Denkens eigen vorbereitele Gebiel der ;trticulirten Töne hinüberführt, wird die Verknüpfung der Gcgeosl5nde mit den klaren und reinen Ideen möglich. in welchen der Wdtzusammenhang ans Licht triu" (VI 180). So z.iebt Humboldt die ejnJeuchtende und viclbeschworene Konseque.nz, daß ,.der Mensch auch hauptsächlich mit den Gegensränden, so wie die Sprache sie ihm zuführt, lebt (Umst., U.W.), und da Empfinden und Handlcll in ihm von seinen Vorste.llungen abhängt, sogar ausschließlich so" (VI 180). Der Weltzusammenhang tritt ans Licht, sobald Sprache als Sprache mögliche referentielle Wirklichkeit zur Weltansichr fühn. Dann erst' s.ind die Gegenstände so verwandelt, daß Wirklichkeit aJs Sprache zur Erscheinung kommt. Nur am Rande sei erwähnt, daß der Verschiedenhehen- Text auch noch eine andere Bedeutung von ,Venyandlu,ng' kennt, und zwar im Rahmen
10. Humboldts Aufkliirung: Ansic:hren sprAchlicher \\;'irklichkeit
45 I
der Veränderung grammatischer Formen.J Si.e kann an dieser Stelle vernachlässigt werden, wenngleich Humboldt in dieser damals durchaus üblichen.t sprachwissenschaftlich handgreiflichen Bedeuwngsvariante möglicherweise ein Vorbild für die Entwicklung und Erweiterung seines erkenntnis- bzw. sprachtheoretischen Ensembles gesehen haben mag. Zentral bleibt aber das Motiv, das das Erkennen nicht nur als ,die Einverleibung der Weh i.n die Tätigkeit: des Subjektes' beschreiben will, sondern dieses Erkennen als ,Umschaffung der Welt in das Eigenthum des Geistes' immer als grundständig sprachlich interpretiert. Ein Unternehmen also, das schließlich in der Kawi-EinleitH,ng als unhimergehbare Bedingung al.ler Weltkonstitufion bis zu seinem Ende hin enrworfen wird: "Zwischen dem Sprnchbaue aber und dem Gelingen aller: andren Anen inlcllecrucllcr Thiitigkeit besteht ein unläugbarer Zusammenhang. Er liegt vorzüglich, und wir betrachten ihn hier allein von diese,r Seite, in dem begeisternden Hauche, den die sprachbildende Kn.ft der Spn.che in dem Acre der Verwandlung der \Veh in Gedanken (Herv., V.W.) dergestaJt einnösst, dass er sich durch alle Thcile ihres Gebietes harmonisch verbreitet- (Vll 41). Humboldt muß in den nun folgenden Ausführungen, die durch die Verwandlungs passage in gewisser Weise eingeleitet werden und die die zentralen Abschnitte des Textes überhaupt darstellen (,Uebergang zur näheren Berrachwng der Sprache', ,Form der Sprachen' und ,Natur und Beschaffenheit der Sprache überhaupt'), die sprachliche Bedingtheit des .Projektes nun nicht mehr eigens herausstreichen, sie gilt ihm als selbstverständlich: .,Eine Sprache in ihrem ganzen Umfange enthält aUes durch sie in Laute Verwandelte" (VIT 62). Das sprachtheoretische Bewußtsein des Tegele.r Philosophen ist in der Kawi-Einleitung vor allem dadurch ausgezeichnet, daß das in den letzten Jahren seines Nachdenkens schon seit langem Vermutete und bereits mehrfach Behauptete reflexiv so eingeholt wird, daß das Verwandlungsprojekt auch zunehmend in den inneren Bedingungen seines trans-formatOrischen Charakters verstanden wird: "Denn indem wir an ihrer{der Sprnche. U.W.) Hand in eine Welt von Laut'en übt·rgchen. verlassen wir nichl die uns wirklich umgebende; mit der Geserz3
Vgl. dazu: Soll wirklich ein Medium in di~t' Fonn treh:n, $() hiingt man, olme weiue Verw~lldlung. blass die Endun15 tzil/O<J d.lr~ll" (VI 213). - .Die Ansel"zung dl1c~ ("" iSI aU5Ser~ dem, wenig$[cns im Prae$"ns nicht ohne Beispid im Romanischen, tMUC für vau. 1('11("" für Wl. ( ..•) SoHlen nicht ;luch CNg und allg (die I);lrticipia. \.'on CHiJar und aNz,r). die Ra'y. Mu:tm für Verwandlungen \'on ,J und l in g hili (•..), so erklirt w('rden mÜ$sen?- (VI 284) - ~Zu der ersteren dieser bciden Arten rtthne ich die Verw:tndlung ...on f! in Il' und 0 in kC (VI1S6), - .. Oie Vcrw~ndlung gehört der ursprünglichen Volknusspl'1l.:he an; die &hri(f5pr:l.che scheint ihr nkhr immt'r treu geblieben zu sern, und wo sie jetzi Wörter aufnimllll, erhält su: ihncn ihre reinen Laute" (VI 251). M
Vl.. ntr Tdl; Dir Ordnung dl.'f Sprache
452
mässigkcit der Natur ist die ihres eignen Baues verwandt, und indem sie durch diesen den Menschen in der Thatigkcit seiner höchsten und menschlichsten Kräfte ;lnr~'glt bringt sie ihn auch überhaupt dem Verständniss des formalen Eindrucks der Natur näher, da diese doch auch nur als eine wenn-
gleich unerklärliche Entwicklung
g~isriger
Kräfte betrachtet werden kann
M
(V1I61).
Der ,Verwandlungs'-Tcrminus Humboldls muß also doppelt verstanden werden. In erkcntnislheoretischer und erkennrnispragmarischcr Hinsicht wird die ,Welt' durch den sprachlichen Konstitulionsakt erst im Sprachlichen wirklich. In sprachtheoretischer Hinsicht ist die innere Ordnung der
Welt der \'(lirklichkeit als Ordnung der Sprache angesprochen, die dem gcgcnstandskonslitutiven Charakter der Sprache analog transformiert werden muß. So löst Humboldt den für lhn c.harakteristischen Anspruch ein, daß das Vergleichende Sprachstudium imm~r gegensrandsadäquat bestimmt ist. und begründet damit eine innere Rcflexivit:lr des TransformaLionsprojektes. in der Sprache und Sprachtheorie - auch im Hinblick auf das ihnen zugrunde liegende ,Verwandlungs'-Motiv - notwendig a.nalog agieren. Ein Terminus, in dem diese innere Reflexivität und Interdependenz der Unternehmungen zur Sprache besonders zum Ausdruck kommt. ist der des ,Verfahrens',
10.2 Grundlegende Einsichten: die Verfahrensbedingungen Eine zentrale, allem weiteren zugrunde liegende, Parallele zwischen der
Suche des Aristoteles nach den Entstehungsbedingungen von \'V'irklichkeit und der Humboldts nach dem sprachlichen Charakter eben dieser Wirklichkeit findet sich in den in heuristischer und den Bestimmungsort wissenschaftlicher Erkenntnis betreffender Hinsicht so uneingeschränkt hohen Anspruchshaltungen heider Theoretiker. Hat Aristoteles nicht weniger als die Ermittlung dessen im Sinne, was das Wesen der Dinge schlechthin ausmacht, beschreibt Humboldr den Charakter seines Projektes sprachlicher Klärung und Aufklärung selbst' treffend mit dem Tenninus des ,Verfahrens'. Nicht reduktionistischer Kleinmut trägt deo Gang der Untersuc.hung in einer Welt der Sprache. sondern die Einsicht in den umfassenden Geltungsanspruch der Unternehmung: .. Ich nehme hier d:lS Verfahren der Sprache in seiner weitesten Ausdehnung, nicht bloss in der Beziehung derselbe.n auf die Rede und den Vorr.uh ihrer
10. l-!ulllOOldtS Aufkl;irung; Ansichten sprachlicher Wirklichkeit
453
Wortdementc, als ihr unmittelbares Eroleugniss, sondern auch in ihrem Verh:ihniss zu dem Denk· und Empfindungsvermögen. Der ganze Weg kommt in Betrachtung, auf dem sie, v(lm Geiste ;ausgehend, auf den Geist zurückwirki" (VII 53).
Humboldt legt demnach großen Wen darauf, ,Verfahren' nicht als mechanistisch-mcthodologischen Begriff der Untersuchung offen daliegender Sprachstrukruren und -elemente auszumessen. sondern will den Prozeßcharakter alles Geistigen immer schon als wesenhafte Attribution des Sprachlichen attestiert wissen und dieses Verständnis damit - so die vielleicht wichtigstc wissenschaftsgeschichtliche Konsequenz überhaupt - zur Grundlage ei.ner Sprachwissenschaft. machen, die ihrem Gegenstand adäquat und kommensurabel einem prozenorientierten Deskriptions- und Analysecharakter folgen muß: diese doppelte Blickrichrung findet im Ter· minus des Verfahrens seine eindringlichste begriffliche Ausstattung. Was dies jedoch heißt und was der Charakter des •Vcrfahn~ns' letztlich bedeutet, nimmt man es ,in seiner wcitesten Ausdehnung', wird erst deutlich, gewahrt man die innere Paradoxität der aus dieser Bestimmung resultierenden Sprach-Untemchmung. Ein Rückblick auf das Foucaultsche Projekt eines archäologischen Wissensverständnisses macht die Problematik in ihrer Originalität kenntlich. Foucault schrcibt: .. Der Begriff der Diskontinuität ist paradox: er .ist zugleich I.nSlrument und Gegenstand der Untersuchungi er grenzt" das Feld ab, dessen Wirkung er ist; er gestattet die Vereinzelung der Gebiete, kann aber nur durch ihren Vergleich fest· gestellt werden"". Hier ergibt sich eine eigentümliche Korrespondenz, die als grundlegende Einsicht nicht nur die Analysen des ,Wissensarchäologenf Foucault, sondern auch die des Philosophen Aristotcles und des Sprachtheorctikers Humboldt wie ein roter Faden durchziehen: Das, was beschrieben werden soU, der Untersuchungsgegenstand, ist immer schon zwangsläufig auch das Mittel seiner Untersuc.hung. Was bei Foucault die ,Diskontinuität' ist, ist bei AristoteIes die ,Wirklichkeit', deren paradoxer Charakter es bedingt, ebenfalls nur in ihrem eigenen Gelrungsraum akrual beschrieben werden zu können. und bei Hu.mboldt ist es schließlich die ,sprache', die nicht außerhalb ihrer zugänglich werden kann: nur sie selbst ist in der Lage, den Rencxionsraum bereitZustellen, in dem sie erkannt wird. Diese Paradoxität des theoretischen Unternehmens kommt bei Humboldt im reflexiven Terminus des ,Verfahrens' und dessen glcichzeitiger gegenstandsveranrwo.n"cter Unbeschränktheit zum Ausdruck. Es ist nun gerade Humboldts Leistung, daß auch aus dieser inneren Widersprüchlichkeit. dieser aporetischen Grundstruktur der Sprachwisse.nI
Foucault. M.: ArcJJiiologl~ dts WÜsrtlJ. Fr.ankfurt
11m
M:lin (6. Aun.) 19'H. S. 18.
454
Vit:rtCT Teil: Die Ordnung der Spr:l.che
schaft., eine ihrer wesendichsten Einsichten entsteht, die H.-W. Scharf folgendermaßen zusammenfaßt: "Auf dem vielschichtigen und rolgenrcichen Deutungs- und Imeressenhintcrgrund des ,Verfahrens der Sprache' erscheint bereitS Humboldts Sprathdenkeo - so die wissenschaftsgeschichtliebe NebenkJage (die aus heutiger Sicht eigentlich als Hauplklagc identifiziert werden muß, U. W.) des Prozesses - als die cigem.lichc Transformation reiner Erkenntnis- in Sprnc.h-Theorie; eine Wendung, die in der neueren sprachphilosophischen Diskussion gemejnhin erst als originäre -Leistung WingenStl!:lß5 angenommen wird"~.
Aus der inneren Widerspruchlichkeit des ,Verfahrens l emslch[ so des Verfahrens (der Sprache) wichtigster Befund gleich mit. Neben den theoretischen Konsequenzen wird aus der Einsicht in die mocre Par:l.doxität des Untersuchungsprozesses aber auch der Charakter der wissenschaftlichen Heraogehcnsweiscn. die der Leser bzw. die Lescrin zunächst als störend und unsystematisch empfinden J verständlich, so z.B .• wenn sowohl Foucault als auch AristOleies als auch Humboldt trotz oder gerade wegen der prinzipiellen Offenheit ihrer systematischen Entwürfe vor allem auf die inneren Bezüge der von ihnen selbst \'orgestellten Begrifflichkeit verweisen und auf diese setzen müssen: alle drei verwenden Erldär-ungsmusterJ die in sich selbst valide und reliabel bleiben müssen und weitgehend ohne systematische :HiJfeslcUu.ng von außen auskommen können. Darüber hinaus werden vorschnelle und allzu feste Definitionen wiederum von allen dreien aus g'utem Grund vermieden, denn im nächsten Augenblick der Argumentation und je nach thematischem Kontext können veränderte Beschreibungen des begrifflichen RepertOires nötig werden, die in dem dann statdiod.enden Gültigkeitskontext präzise stimmig sindJ ohne jedoch das bislang Gesagte, das kontextuell davon abweicht, fundamental in Frage zu stellen. Die ldentifizierung des sprachlich-sprachwissenschaftlichen Ensembles als Verfahren und Proz.eß deckt demnach - und das ist seine wichtigste wissenschaftsmethodologische Funktion bei Humboldt - auf, daß hier keinesfalJs analytisches Unvermögen im Spiel ist, sondern der Charakter der Untersuchung aus dem Gegenstand selbst erwächst. Es ist somit nicht (ausschließlich) wissenschaftshistorische Versagensanalyse, sondern Beobachtung eines konstitutiven Moments von Sprachwissenschaft, wenn Scharf feststellt, daß diese .,die Unsicherheit bezüglich ihres Wissensehaftscharakters mit anderen Forschungsfeldern teilt (Umst., U.W.),
~
Scharf. H.-W.: Da1 V~rfaJm!tl dtr Sprache. l1umboldt g~gerl Chamsky. Padc.rborn u.a. 1994.S.21.
10. Humboldu Aufkliirung: Ansichten $pn1chlichr-r Wirklic:hkC'il
455
die U nentschiedenheit hinsichtlich ihres Gegenstandsverständnisses indessen das spezifische Grundlagenproblem"'(, eben dieser Sprachwissenschaft zu sein scheint. Im Terminus des .Verfahrens· hält Humboldr diese Problematik begrifflich und konzeprudJ lebendig und zeigl, daß jede gegenständliche, eindeutige und abschließende (Auf-)Lösung des Problems dem umfassenden Fragehorizo.nt des Vergleichenden Sprachstudiums widerspricht. Daß dies so ist, hat eben mit dem Gegenstand des Studiums, der Sprache selbst, zu tun, so daß sich der eigentlichen Kardinal-Frage, was denn die Sprache sei. und z.war sowohJ "in i.hrem wi.rklichen Wesen aufgefasst" (VU 45). als auch noch unter verschärften Bedi.ngungen derart, daß sie nämlich ..etwas beständig und in jedem Augenblickc Vorübergehendes" (V1.l 45) sei, nur sehr wenige Sprachtheoretiker wirklich zu stellen vermochten. Ein veranschaulichender Seitenblick auf den ideenhistOrischen Kontcxt Humboldtscher Theoriebildung, der in der Kawi-Einleitung unverstcckt präsent ist. macht plausibel, warum der Tegeler Philosoph zwischen diescn schwierigen systematischen Fallstricken hindurch (z..B. anders als die historisch-vergleichende Sprachwissenschaft der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts) derart Ruhe bewahren konnte. 'Es kommt Humboldt zugute (und die Verbindung wird erst auf den z.weiten Blick deutlich), daß er den Wesens begriff der Sprache in einer Zeit zur Bestimmung führt. die historisch das idemizä·upoLitische Konzept der Nation pJoou.ktiv von der Sprache her verstehen will: "Die Geistescigenthümlichkeit und die Sprachgenaltung eines Volkes stehcn in solcher Innigkeit der Verschmelzung in einander, dass, wenn die eine gegebe.n wäre, die andre müsste vollständig aus ihr abgeleitet werden können. Denn die IntelJcerua!.itiit und die Sprache gestatten und befördern our eina.nder gegenseiLig zusagende Formen. Die Sprache ist gleichsam die äusserliche Erscheinung des Geistes der Völker, ihre Sprache ist ihr Geist und ihr Geist ihre Sprache, man kann sich heide nil!: identisch genug denken- (Vn 42).
Humboldt .ist gar nicht erSt versucht, eine Sprachwissenschaft abseits der Sprache und der Konkretion des Sprachlichen zu generieren, die deren Eingebettctheit in den kulturellen Konte~t, also ihre äußerlichen Entstehensbedingungen (die gleichwohl immer schon innere sind), vergißt. Daher ist es auch gerechtfertigt, daß .. man von den zerstreuten Elementen bis z.u dieser Einheit hinaufsteigt, (denn so, U.W.) erhält man wahrhaft eineo Begriff von der Sprache selbst. da man, ohne ein solches Verfahren, offenbar Gefahr läuft, nicht einmal jene Elemente in ihrer wahren Ei• Scharf.
V",!(jhr~n.
a.a.O.. s. 15.
456
Vietu~r
Tc-il: Die
Or~Jnung
der SprJchc
gcmhümlichkcit und noch weniger in ihrem realen Zusammenhange z.u verstehen" (Vll 50). Gleichermaßen ist das Diesseitige eines solchen Sprach(wissenschafts)bcgriffs aber auch nicht bloße positivistische Deskription, dem1 .. die z.u ihrem (der Sprachen, V.W.) Studium unentbehrliche Zergliederung ihres Baues nöthigt uns sogar sie als ein Verfahren zu betrachten, das durch bCSlimmtc Mine! zu bestimmten Zwecken vorschreitet, und sie insofern wirklich als Bildungen der Nationen anzusehen" (VII 46-47) sind.•Vcrfahren t ist somit ziclgcrichlcICS Konstitulions-
prinzip von Sprachen als ihrer Differenz und wird zwangsläufig als Konslitutionsmcrkmal von Sprac.hwirklichkeit gleich lJ'...itgelieferL Es ist ausgerechnet die Verschiedenheit des memchlichen Sprnchbalter, die verstehen läßt, warum die Spracbc conditio sille qua non für die geistige Emwicklung des Menschengeschlechts ist. Eine ,Gleichheit' des Sprachbaues macht die Beobachtung des ,nic-idemisch-gcnug-Denkens' nahezu überflüssig und auch unsinnig, weil sie sich letztlich in der Banalität eines naiven Repräsentationismus verlieren würde. Die Differenz der Sprachen macht erst die Frage nach der Einheit von Sprache und Wirklichkeit sinnund die damit verbundenen Konsequenzen bedeutungsvoll. Sie ist obligater Garant dafür, daß die Erkundung des Wesens der Sprache problematisch, und damit gegenstandsadäquat, bleibt, All dies bezieht Humboldc in seine umfassende Verfahrensbestimmung cin, so daß für ihn auf der Suche nach den Bedingungen eines Verfahrens, i.n denen das Sprachliche die Differenz als Einheit aushält, der Weg in die erste, weil grund.legendste, Wissenschaft unumgänglich wird: die Ontologie, die (u.a. in ihrer aristotelischen Variante) eben dieses Problem aushalten und beschreiben kann. Wie die Chronologie von Humboldtr Erben gez.eigt hat, bekommt man kaum eine befriedigende und gleicbermaßen zügige Anrwort auf die mit Humboldts Sprachprojekt verbundenen Fragen (wohl aber ungebremst alle synematischen Schwierigkeiten), blickt man nur isoliert auf Humboldts ,Energeia'-Diktum zum Wesen der Sprache in der l-foHnung auf Klärung. Das ,Diktum', d.u> ich in der Einleitung zu dieser Studie bereits als ,semantisches Tor' bezeichnet habe, weist außer dem prinzipiellen Postulat von Spracbwirklichkeit wenig mehr als den Weg in und einen An· knüpfungspunkt ao Humboldts Transformationsprojekl. Es soll nun auf dem Hinte.rgrund des bislang Entwickelten, um den Preis mancher Wiederholung, noch einmal zusammenfassend gedeutet werden, um den Ein~tiegscharakter greifbar zu machen und vor allem, um die Grenzen seiner Erklärungsprodukovität für das Sprachverfahren aufzuzeigen.
10, Humboldu Aufklirung: Ansichten spNchlicher Wirldichkcit
457
10.3 ,Ergon' und ,Energeia': das semantische Tor Humboldt verwendet den .Encrgeia&-Begriff in seinen Schriften nur ein einziges Mal und zwar entgegen der durch den Begriff ausgelösten Rezeptionseuphorie auffallend leidenschaftslos, Die Singularität der Verwendung hat in wissenschaftspsychologischer Hinsicht zweifellos die Rezeptionsoption des Di.ktums massiv erhöht und dessen wissenschaftsgesch.ichtliche Imhronisation erheblich begünstige. denn jede erneute , Es ist rin nicht seltC'n auftrttwdt'5 WISSC'lIschaftshistorischC$ und 11"..inen~hdtspsychologi KhfS PhinllmC'n. daß diC' Häufigkeit dC'r Nennung eines Terminus im di:ulletNlcn GegenSAtZ l.U seiner wirkungsgeschichtlichen RelC'vanz stcht, Vor allem Termini, (ur dit' t'S nur einen Bdrg gibt, erl.angcn (allein) wegen di$r singulirrn Sttllung o(uJU.!s erlll'blichr Bedeutung In wissenschaftlichen Diskursen. Zwei IkispitlC'. die systematisch jeweils grundvc:rschicdt'n gdagen sind, te:doch phinomr:nologisch genau dieses Merkmal der singulären Nennung gemc.insam h.alK-n, scie:n hia .angeführr. (I) Im Ahbochdcuuc"c.n mUt du KopulatiYkompositum ,sunufaunmgo' (.der V,Uer und da Sohn') cin sog.• Ii,l,pax legom~ non' dar (vgl. Braune, W. und Ebbingh~lJs, E.:A/tboehduuchu Lc~bl4ch. Tübingcn 1969. S. S"). Als ,Hapax Icgomenon' wird im Komat der SpraehgdChichuschreibung ein (haufig in seinu Bcdeutunß nieh, genau bestimmbares) Won einer nicht mehr gC':Sprocht'nen Sprache \·t'r5unden, das nur t'inmal bcle:!;t ist. Trotz oder gerade wq;cn (lir:ser Singularitat seines Vorkommens wird du angeführte Beispiel aber häufig herange:wgen, cbr:ß nicht nur theoretisch und st'm;lmisch für sich selbst zu ,tc:hen, sondern um wiederum du wissen.schaftliehe Phänomen ,H3.palt" Icgomenon' 7,U erklär~n. Die Beweisführung gt'winnt damit quasi ,Umkehrch.ujdu Humboldu hit'r bis zu scinl"m ende l;Jr niehl vernmdcn wurde. In elßer hurnboMuchen Sich! IUmLch ist die Einsicht ebenso sc:lbsn·enlJ.ndlich wie b;uul. dJA pnkliu-hc Tiugkt'il immer schon Teil dd um(uscrnlen .Thill~keiu·-BcgriffC$inso(t'm ist, .ll.s .luch prakuscht' Titigkelll1ur in sprachlich t'J'$(;lndencr WirkJichkt'il ubcrh.lupl Als sokht' crhnnl und ver11
$l;l.nden werden k;l.nn. Di Cc:s.lre. D.: ..Oie ;l.nslotdischc Hukunll der Bq;nffe ilJ'fOv und iviQ"ffw
Withdm (Hrs(;.): Enrrgt'fd .md Ergon In
vt)o Humboldr.s SpnchphilosophlC'-. In; Albrt'Cht, J. U.L Spr...ch/uhc V.m.mon - SprlUhgM'chu - Sprltchtypo!og/f". 8d 11. . 29-46, hin-: S. 39.
10. Humböldu Aufklärung: Ansichten sprachlicher Wirklichktil
463
den Begriff der ,Welt' hier nicht gegennändlich sondern referentieU auf. in eine solche Anwendung des aristotelischen ,Möglichkcit bt x((tQ. OlJ\'61iX'lv. ön lrVoEl l('i)v ÖVOIUltWV oubev Eon\'. &U' Öl«V YEVTJTal mi~lfk>A.Ov6'. [I6a] "Die Bestimmung ,konventiooeU' (auf Grund einer Übereinkunft) wiIJ sagen, daß kein Nomen von Natur ein solches ist. sondern erst wenn es zum Zeic.hen geworden ist "70. Damit bezieht AristoteIcs - ..cher lhcsenhaft als begründend"7 l , wie Ax konziliant und gleich-
wohl zutreffend feststellt - ..Partei im Streit um den Konvcntionalitätscharaklcr der Sprachzeichcn: Er vertritt die Konvemionalitätslhese" 71 und beantwortet damit die Frage dcs platonischen Kraly/os-Dialoges. ob die amen qn)o(t oder etou seien, im Sinne der zweiten AlternaLi\·e. Das sprachliche Zeichen ist somit verabredetc Repräsem.uion für die Dingeder Welt, ja erschcint in seinem Charakter bei AristoteIes bald wie aus einer systematische.n Ot geboren, zumindest dann, nimmt man die Bemcrkung der Sophistischen Oberlegungen einma.l wönlich: ..Man ka"n (Herv., U.W.) beim Disputieren nicht die Dinge selbst hernehmen, soodem gebraucht statt ihrer, als ihre Zeichen, die \Vone" TJ • Das sprachliche Zeichen des AristOleles ist und bleibt ein notwendig ,in·Kauf-genommenes', dem nicht selbst, aber in seiner Verwendung in Aussagen, letztlich als möglicher Ursprung des Mißverständnisses, mehr mißtraut werden muß als ihm getraut werden kann. Aristote!es' Reflexion der Sprache will - ein Umstand. der in groben Skizzen der Thematik oft vernachlässigt wird - die Verwendung des Sprachlichen primär für Kritik offenhalten. .. Ax. pAristoulcs a , a.:.I.O., S. 2;4. .. Amlotclcs, fI"mmrMllk. a.J.O., S. Übcreln,ckummcnson< im Sinn( einer inlenubjektiven Versündigung (vgl. Tugendh.al 1963. 546) und Coscrius firulistisc:he Deutung dts xm" Oll\(h1xJjv als Hinwels :.Iur ein von einc-r Ausdrucluabsichl mollviertu, also mtt"lllO· na/eJ äicht'n (Coscriu 1'17;1, 72H; l06rf). In 1C1~ter Zeit iSI mJn im allgcmt'inm ....Iwer zur einhchen Kon\'entionJliulSthesc im lradilionellcn Sir\Oe zUfÜckgt'kchn- (Ax, .An· stOldC$". a.lI.O.• S. 254). n Aristoldcs. Sophmuchr U/,drr/cgllngrn. a.a.O., S. 2.
10. HumboldLS AurKtirung:
AlJsichll~n
sprachlicher Wirklichkeit
493
Anders ist dies bei den unzweifelhaften Dingen de.r Welt selbst. Sie be· haupten bedingungslose Gültigkeit und damit normativen Charakter für Erkenntnis. Diese Normativität drückt sich allein schon darin aus, daß diese Dinge laut Aristoteles bei allcn Menschen dieselben sind, was nichts anderes heißt, daß es - unabhängig vom Problem der Wahrnehmung eben auch nur eine solche Welt des objektiv Rea.len gibt, über die man z.war Falsches a.ussagen kann, die aber selbst niemals ,falsch' sein kann. Wahrheit und Falschheit ist überhaupt kein Problem der Dinge der Welt, sondern ein Problem von Aus agen, ihre Unterscheidung wird .. nicht mehr Wörte.rn zugeschrieben, sondern nur der Rede"7~. Jene Normativität nun geht, und dies stellt den eigentlichen Übergang zwischen Mensch und Welt dar, in die seelischen Vorgänge, die .Erleidnisse' der Seele, analog und unbedingt gültig über. Auch die Vorstellungen (Argumentationsinstanz J), die die Menschen von den Dingen (Argumentationsin. stanz 4) haben, sind ebenso wie die Dinge bei allen Menschen dieselben. Wie man sich dieses analoge Strukturmuster vorstellen kann, macht AriStoteles in seiner Wahrnehmungslehre in De anima deutlich: KuUö>"ou oe IlfQt no.011; Qi.o();lOet~ öd ).oßEiv (Sn ~ Iltv aiaOl)o(~ ton TO 00tnx6v rwv uloOntow dhc,j}v «vtU li'1r; ii).Tt;. olov Ö xllQ6r; toü öuxniHo\l ÜvnJ tOu ou5ilQOu xat 10U XQUOOil 6txETQt ta crTJ1.LCiov. ).u~Vtl or ta XQUOOOv ~ tO xnboUv mw.dov.lUJ.' oüy. XQ~ i1 x«h6c;' ÖtJ.O"~ 6( xut nuioEh]ou; f:xltOlOU ÜJtO tOÜ ixovt~ XQWI.lU ij Y.,Uf.IOV ~ ~16«0\' nltoxu. 6),).' oUx. txa· OlOV txtt\'W\' ).i'ynat. äU' tQto\'öl. xat xatu tÖ" }Jyyov.
n
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[424al ..Man muß :aber allgemein von jeder W:ahrnehmung crf:assen: Die W:ahmehmung ist d;u Aufn:ahmefahige für die wmmehmb..-en Formen ohne dje Materie, wie d:as Wachs vom Ring du Zeichen (Siegel) aufnimmlohne d:as Eisen oder d:as Gold. Es nimmt d:as goldcnt' oder eherne Zeichen auf, aber nicht sofern es Gold oder Erz ist. Ebenso erleidel die W:ahrnchmung (der Sinn) 'o'on jedem Objekt, d:as Farbe, Geschmack oder Ton hat, aber nichl, sofern es jedes einz.e1ne 'o'on ihne.n ist. sondern sofern es 'o'on solcher Art und gemäß dem Begriff ist Y75 •
Ocr griechische Text zeigt. daß AristoteIes hier wieder mit dem EIöot;-Begriff arbeitet. Nur dieses Er&>; geht von den Dingen der Welt - in diesem speziellen Fall Unter Ein chluß der IlOQCP1'I·Bedeurung - quasi aJs ,Bild' der äußeren und innere.n Struktur der Dinge in die Wahrnehmung über. Hier ist der eigentliche sy temausche Angelpunkt von Arisloteles Spracb.reflexion thematisch (der damit konsequeDtecweise außerhalb dieser Reflexion im engeren Sinne liegt): D3 das El~ keine Frage der subjektiven Er•• Keller, 1)
ulCM",h~,
u.O., S. 38.
AriSIOldes, Gbv d,e S~~l~, a..l.O.. . 1J2I1 JJ.
494
"iener Teil: Die Ordnung der Spr:lchc
kenntnis ist, sondern ;\Is innewohnendes Srrukrurprinzip identitäustiftendes Merkmal der Dinge selbst bedeutet, muß folgerichtig auch die Wahrnehmung bei aUen Menschen dieselbe sein. Erst dies induziert, daß die Objektivität des Realen für die Menschen auch allgemei.ne objektive Gültigkeit beanspruchen kann. ln einem zweiten. systematisch nachgeordne(cn. Schritt ist es dann konsequent, daß diese selbe Vorstellung sinnvollerweise durch Zeichen repräsentiert werden kann und daß eine historisch-soziale Übereinkunft über die Zeichen dafür Sorge trägt. daß die allgemeinen Vorstellungen von den Dingen dauerhaft kommunizierbar bleiben. Im rückwärtigen Blick der aristotelischen Argumentationskme (I) Schrift, (2) Lau,. (3) Psyche und (4) Dinge, in der (I) und (2) und (2) und (3) durch Zeiehenrelation und (3) und (4) dureh wesensmäßige ,Bildrelation' verbunden sind, entsteht dann laut J. Trabant. was bei Aristotcles ,Bedeutung' heißt: ,.Die eigentliche (.,.) Fragestellung ist aber die flach der flmktion der Zeichen (,..). Die Zeichen haben nämlich die Funktion, die Weh, die Sachen zu .bedeuten' (sema/nein), Die semainein-Rcla!ion in eine Kombination der beiden ersten Rehnionen"7b. Dieser Identifikation ist bis zu dem Grade zuzustimmen, bis zu dem nicht die grundlegende repräsentationistische Statik des aristotelischen Entwurfes durch einen unscharfen und allzu modernen Begriff der Bedeutungskon· stitution künstlich überbrückt wird. Eine darauf bezogene, systematische Überde.hnung z.B. des xlllCt oUVOipOlV im Hi.nblick auf e.ine lntentionalität oder FinaJiüt des sprachlichen Zeichens ab bedeutungskonstituierende Größe per se widerspricht dem arisfOteiischen Entwurf und konspiriert illegitim mit neuzeitlich-sprachwissenschaftlichem lnslrumentanum. R. Keller verzeichnet dagegen klar. "Für ArislOtcles sind die Wörter dazu da, Dinge zu bezeichnen, indem sie Vorstellungen symbolisieren, die Abbilder der Dinge sind"'17, Es ist somit T rabaolS kritischer Einwand gegenüber E. Coseriu oachdrückJich zu unterstreichen, wenn dieser zur Forschungslage in bezug auf die bis heUle .. kontrovers" 78 gebliebene Auslegung aristotelischer SprachrcAexion feststellt: ..So schließen wir uns z.B. hinsicht,~
T....ab.tnt. EI~mf!Tlll' Jl!r StmlOlllt. 3-.:t.O.. . .H. n Keller. Ze,cbrmhf'Un·f!• .l..l.O.• S. ~ I. - Keil« bringt dll~S auf llic (:auf dC'n Cr51en Blu:k terminologisch nichl unpr hlem:auschC') FQ1'mel. d:lß .die Sprache "on AoslOtdcs .lls bUlla· chu Repräsent.ltion.uyslem einCJ kognitiven Repu$l·nt:uionssyslen\s .lngöehell wird(UmSI .. V.W.). Dia trtfft d.lnn 7.u......ird hier .Repr.lSC'nution' im 7.wt"if.achen Sinn der rmbol- u.,d der .8ild·-Rd.uiC'ln VerwAndl. Kdltn t\~ument.ui""l1 wird C'imichlig. folgt m.an dem GC'd.lnkellg;ll1g wdler. ~Sie (die Spn.cht. U.'IX'.) i)1 .somit ein .wkund:uC'S Repn' J('nl:ationu:ptt-m (...) Wihrend r'l.non eine innrumenult.$usche Zc:lchenkonzeption \erUIll. tut AriSlOldts eint' rt'pt.lSCnulionislischC"" (5. 41). , Tnhmt. E/,.m('TltC" dt'r "mllmlt. ;I..l_O_. S. D.
10. I-Iumboldu Aul1d:inll1ji: Aluiehten spr:ldllic:hc:r Wirklichkeit
495
lieh der Zuordnung von ,kala synthiken' zur Symbolisierungs-Relation einer Aristoteles-Interprecation an, die in der philosophischen Trad.ition dominierend war und von H. H. Lieb (1981) wieder bestätigt worden ist, obwohl Coseriu (1969) ,kat;' synthiken' schon ganz modern auf die semainein-Relation bezieht"7'9. DC'r aristotelische Zeichenansatz bietet für solch ,modernistische' Spekulationen im Grunde keinen Raum. Humboldt selbst hat in der Entwicklung seiner llntirepriisenutioniSlischen Haltung gar nicht einmal unbedingt den Begriff des sprachlichen Zeichens maßgeblich in den Minelpunkt seiner sprachtheoretischen Überlegungen gestellt. Vor allem nämlich von dem. was ,Seele' als Wahrnehmungsraum heißen soU, expliziert der Tegeler Philosoph eine vollkommen andere Vorstellung als AristoteIes. Indem er nämlich konstatiert, daß ..in der Seele nichts, als durch eigne Thätigkcit vorhanden seyn kann (Um"., U.W.)" (VII 56), wird deudieh, daß ,Seele' hier niehr als ein bei allen Individuen identischer Präsent:ltionsbereich schon allgemein determinierter Wahrnehmungsinhahc aufgefaßt wird, sondern sich dieser gerade durch tätige Individualität ausz.eichnet. Auch weiß Humboldt im Nachgang des transzendentalen Idealismus längst, daß wir über die Dinge der Erkenntnis in ihrem StatUS des ,An-sieh-seins' gar nichtS wissen, sondern nur subjcktiv in der Sprache Erscheinungswissen konstituieren. Hum· boldts Skepsis gegenüber der Repräsentationstheorie aristotelischer Provenienz (und schließlich auch sein endgültiger Bruch mit dieser) fußt damit einerseitS auf der Einsicht, daß Spracherkennmis letzdich immer individudl ist und damit kaum etwas anderes sein kann als scmiologische SYOlhesis. ergo Sprachzeichensetzung als Begriffsbildung und da.mit Wirklichkeitskonstjrution bedeutet, sie benl.ht andererseits aber auch auf einem tiefempfundenen, neuzeitlichen Mißtrauen. die Dinge der Wdt als normativ gegeben und objektiv crkennbar anzusehen und damit ein durch die Repräseotationstheoric gefälJtes Urteil zu akzeptieren, das über einc Legitimarionsbeschränkung der Sprach wirklichkeit die Individuen wahlwcise zu schlauen Logikern oder demütigen Mystikern degradiert., die ordnend darauf lauem, was ,Wirklichkeit< als bestimmende Größe für die Menschen vermeintlich bereit hält. Humboldt hält dagegen. indem er von der anderen Seite der Wirklichkeitskonsritution aus argumentiert, von der individuellen Erkenntnis selbst, für ihn bildet allein ..subjecti\re Thätigkeit (...) im Denken cin Objcc," (VIl 55). Man darf den Begriff ,Thäligkei" hier allerdings nicht falsch auffassen: Er trägt mit seiner Präferieruog des Subjektaspektes an dieser Stelle in der Tat vornehmlich individualistischen Charaktcr und zeigt in dieser Hinsicht eine äußerst reduzierte Variante .. Tr.abant,
EJ~"'h1u
J" Smllollk. ,u.O.. .26.
496
Vierter Teil: Oie Ordnung dtr Spr:aclu:
des ,ontologischen' T3.tigkeiLSbegriffes, wie cr im Rahmen des ,Energeia'· Diktums etabliert wird. Für diese subjektive Tätigkeit gilt nun, in unüberhörha.rer Antwort auf Kanu Schwcigen30• die Voraussetzung. daß ehen .die Sprache das bildende Organ des Gedanken'" (VII 53) ist. Die Ebene des Lautlichen. bei Ari$lotdes bloße Repräsentation des Allgemeinen, wird ausdrücklich in den aktiven Erkennmisprozcß miteinbczogen, verlien ihren aristotelischen Status ontologischer MarginaJität: ..Die inlclltttuelle Thätigkeit, durchaus geistig. durchaus innerlich und gewissermassen spurlos vorübergehend, wird durch den Laut in der Rede äusserlich und wahrnehmbar für die Sinne. Sie und die Sprache sind daher Eins und unzenrcnnlich von einander'" (VlI 53). Das Lautliche und das ,seelisch-wahrgenommene' werden .1ls Begrirrskoosutuenten durch die Klammer des Sprachlichen zur eigentlichen Wirklichkeit, die die Dinge der Welt (nur) noch als Refcrenzobjcktc akzeptiert. denn die intellektuelle Tätigkeit "ist aber auch in sich (schon, V.W.) an die NOlhwcndigkeit geknüpft, eine Verbindung mit dem Sprachlaure einzugehen; das Denken kann sonst nicht zur DeuLlichkeit gelange.n, die Vorstellung nicht zum Begriff werden" (VII 53). Für Humboldl fällt ..die Uebcreinslimmung des Laute mit dem Gedanken (...) klar in die Augen" (VlI 53). eine grundlegende Einsicht, die Humboldt vor dem Status einer nur als beliebig verstandenen Ansicht bewahren will, und über die er daher apodiktisch urteilt: .. Die unzertrennliche Verbindung des Gedanken. der Stimmwerkzeuge und des Gehörs zur Sprache liegt unabänderlich in der ursprünglichen. nicht weiter zu erklärenden Einrichtung der menschlichen Natur" (VlI 53). Die Begriffsbildung SIcht dabei im Zentrum von Humholdts KJärungen. Für die Bildung von Begriffen, abo das eigentliche Erkennen. ist die Sprache unembehrlich, denn eben "dies vermag nur die Sprache; und ohne diese, wo Sprache mitwirkt. auch stillschweigend immer vorgehende VersClzung in zum Subjecr zurückkehrende Objectivität ist die Bildung des Begriffs, mithin alles wahre Denken unmöglich" (VII 55). Die Konsequenzen dieser vollkommenen Umkehr der Perspektive sprachlichen Erkennens sind gewaltig: "Ohne daher i,rgend auf die Mittheilung zwischen Menschen und Menschen zu sehn. ist das Sprechen eine nothwendige Bedingung des Denkens des Einzelnen in abgeschlossener Einsamkeit" (VTI 55). Erst die Loslösung vom Aspekt instrumenteller KommunikabiIitit befreit die Sprache aus ihrem zeitbegrenzten. mechanistischen Verfügungscharakter. Sie hat nicht den Charakter des beliebig Griffbereiten, wenn wir gerade einmal Mitteilungswürdiges erdacht zu .:' Vgl. Dt M.tW"o. EmP.Jmmg
In
Ja S(,m.lmik, ...a.O., . -47.
10. I-Iumboldts AuOtlirung: Ansidllen spr.lc:hlicher Wirklichkeit
497
haben glauben und dann kommunizieren wollen, um nach getaner Arbeit schließlich wieder bereitwillig in repräsentationistische Wartestellung zurückzugehen. Wir haben ohne die Sprache vielmehr gar nichts Gedachtes. der Mensch umgibt sich .. mit einer Welt von Lauten, um die Welt von Gegenständen in sich aufzunehmen und z.u bearbeiten" (Vll 60), er ..lebt m.it den Gegenständen hauptsächlich) ja, da Empfinden und Handlen in ihm von seinen Vorstellungen abhängen, sogar ausschließlich so, wie die Sprache sie ihm zuführt" (Vll 60). Daher ist Wortbildung keine SteUvertretcrrckrutierung, sondern Begriffsbildung selbst, wie Humboldt schon in den Gmndzügen des allgemeinen Sprachrypus von 1824-26 feststellt. 81 Und in der Einlei/ung in das gesamte Sprncbsludium von 1810-11 lobt Humboldt gar, daß "der lrrrhum längst verschwunden ist (Umsl., U.W.). dass sie (die Sprache, U.W.) ein Inbegriff von Zeichen von, ausser ihr, für sich bestehenden Dingen, oder auch nur Begriffen sey" (Vll 621).82 Daß Humboldt sich seiner amirepräsentationistischen Sache keineswegs so uneingeschränkt sicher war, wie auch die zentralen theoretischen Passagen der Kawi-Einleitung 1830-35 dies sch.ließlich unzweifelhaft erkennen lassen, wird vor allem in der Akademierede von 1820 Ober das vergleichende Sprachswdium in Beziehung auf die verschiedenen Epochen der Sprachentwicklung deutlich. Humboldt experimentiert hier terminologisch 7.wischcn den theore[ischen Extremen: .,Denn da die Sprache 7.uglcich Abbild und Zeichen. nicht ganz Product des Eindrucks der Gegcnst2nde. und nicht ganz Encugniss der Willkühr der Redenden ist, so tragen alle besondren in jedem ihrer Elemente Spure.n der ersteren dieser Eigenschaften, aber die jedesmalige Erkcnnb:arkcit dieser Spuren beruht, aU5ser ihrer eigenen Deutlichkeit, auf der Stimmung des Gemüths, das Won mehr als Abbild, oder mehr ~Is Zeichen nehmen zu wollen" (IV 29).
Daß auch hier aber die Termini nicht immer im traditionellen (aristotelischen) Sinne verstanden werden (können) und sich damjt allzu schnell der Kritik öffnen (würden), macht die folgende Textpassage deutlich: .Das durch die ganze Sprac.he herrschende Princip ist Aniculation; der wichtigSte Vorzug jcder fene und leichte Gliederung; diese aber sctZt einfac.he,
11
J:
Vgl. daw ~Ein WO" iSt ein Laut. der einen Begriff bezeichnet. Es liegt also in dem Wort allemal Einheit dd Lauts. die ~i v~rbundenen durch den Accem bewirkt wird. und Einheil des Begriffs" (Grient/züge t/~i III/gemeinen SpradJl)'pus. V 410). Wie wenig dieses Lob \Ion O"uer sein konnte, ~eigt Humboldl in Ut'bcr Jm Einj1uu JCi f}eNcb,tt/~n~n Ch"r"lttrTJ d~r Sprachm auf Literatllr ulld GeilUibl/tiung von 1821: ~Es giebt noch immer. und nicht wenige Menschen. welche. die Spr.lChe doch mehr für ein gewissenn;usen in sich gleichgühiges Werkzeug haltend. alles. w;u man \Ion ihrem Ch.lrakter ~h;luptet. dem Chankt'cr der Nation beilegen- (VU 643).
498
Vierter Teil: Die Ordnung der Spr;lche
und in sich untrennbare Elemente voraus:. Das Wesen der Sprache besteht duin, die Materie der Erscheinungswelt in die Form der Gedanken 1.U gicsscn; ihr ganz.es Streben ist formal, und da die Wörter die Stelle der Gegenstände vertreten, 50 muss auch ihnen, als Materie, eine Form entgegenstehen, welcher sie unterworfen werden" (IV t 7),
Das aristotelische Repriiscnt3rionssyslcm ist hier schon obsolet, aber immer noch präsent, Humboldts Sprache-Erkcnmnis- Theorem schon plausibel, aber noch nicht zwingend. Nur die Terminologie aristotelischer Ontologie ist schon souverän gcnuraer Thcorickonrext. Schon ein jahr später jedoch, 1821, findet sich die vielleicht schärfste Verurteilung des naiven Repräsemationsgedankens und seiner Vertreter. Ueber den Einfluss des 'Verschiedenen Charakr.ers der Sprachen auf Literatur u"d Geistesbildung nachdenkend, formuliert Humboldt seinen Antirepräsemationismus in Reichweite des sprachlich-begründeten Nationen-Konzepts: "Dass seine Sprache bloss eln lnbegriff willkührliche.r, oder zufällig üblich gewordellcr ßcgriffsze.ichen ser, ci,n WOrt keine a.ndre Bestimmung und Kl-arl habe. als einen gewissen, :;ausser ihm entweder in der Wirklichkeit vorhandenen. oder im Geiste gedachtl'n Gegenstand zurückzurufen, und dass es daher gcwissermassen :lols gleichgültig angcschcn werden könne, welcher Sprache sich eine Nation bediene, sind Meynungen. die man wohl bei niemanden mehr vOraussetzen darf. welcher der Natur der Sprachen auch nur einiges Nachdenken gewidmet hat'" (VII 640),
Seine Haltung ist nun deutlich anikulien und in der Kawi-Einleilung verzweigt sich Humboldts innere produktive Zwiespältigkeit gegenüber den so verschiedenen Theorieangeboten des AristOtcles zur Sprachphilosophie einerseits und Ontologie andererseits schließlich ins konsequent Durchdachte: Der aristotelischen Sprachreflexion ist Humboldt nun endgültig irreversibel fern., der arisroteljschen Ontologie nahe bis zur Entsprechung, einer Entsprechung, die ihre höchste Ausbildung in der Transformation der inneren Strukturkomponemen dessen finde~ was ,Wirklichkeit' ist. Der Bruch mit der naiven Repräsentation ist somit Ausd.ruck beider Humboldcscher Acistoteles-Bearbeitungcn: der Dekonstruktion einer sprachlichen Stellvertretung der objektiven Welt und des Neucmslchens dieser Weh in der Weh der Sprache. C. Behler beurteilt - den Kontext zcitgenössischer Theoriebildung im Blickfeld - Humbo/dts ,radikale Reflexion über die Sprache' im Lichle der Foucallltscben Diskursa71alyse folgendermaßen: ~Das klassische Denken trifft zwar (indirekt) die ontologische Dimension der
Sprache, überspringt jedoch ihr, 'in< aufgrund eines naiven Begriffs der Re·
10. Humboldts Aufklirung: Ansichten sprachlicher Wirklichkeit.
499
präsentation. Die neue Philologie erkennt zwar das eigenständige ,Sein' der Sprache an, doch unter Aufg2be des Begriffs der Repriiscmation. Sie verkürzt das wahre .Sein der Sprache' und trägt damit bei zu ihrer ,VeTStreuung' und Unterordnung unter die Anthropologie. Humboldts Sprachdenken hebt diese beiden Reduktionen auf, indem es ihm geling4 die Repräsentation, den Menschen und die Sprache in einem .Diskurs· zusammen zu denken: durch seine Transformation des Repräsenldriombegriffs; dUl'"ch die Konzentration des anthropologischen Projekts altf die SprltChwusemch41 und durch seinen Begriff der memchlic.hcn Rt'dc"J).
/-Iumbo/du Aufk/ärttflg ist damit an den Pun.kt gelangt, der Repräsentation immer schon und ausschließlich im Gültigkeirsraum des Sprachlichen versteht, und macht dadurch klar, daß auch in dieser sechsten und letzten Ansicht sprachlicher Wirklichkeit das aristotelische Fundament seines Sprachdenkens - diesmal negativ - bestimmend ist.
10.7 Überleitung Nach dieser Konzentration und Komposition bisheriger Untersuchungsergebnisse, die gleichwohl weiterführende Aspekte hinzunehmen mußte und wiederkehrende Thesen ausführlicher begründen woUte, kann nun Humboldts Formal erschlossen werden: GeltUng und Lexikon seines Arrtmgemcnrs einer Ordnung der Sprache.
n Behler, c.: .l-IumbtlldlS ,r:.dik;l,!"" Reflexion übc:r dit Sprache' im lichte der FOUC;luluchen Di~kurs;l,nalyst~. In: Delm(lJ~ VJtrtc/jalJrelsdni[t für Llteultur'.,JJisserlschafl und Geislcsge· idm·IH(', 63. Jg. (1989). H.I, s. 1·24. hier: S. 10. - Vgl. io SchIen ;l,usgez.eicbnelcm Artikd auch die vollkQmmcn zutrcf(tndl! Krilik 1111 der Deutung M. Fouc:aulu in Die Ordnullg JI"r Dmge: 8D;u (donige. U.W.) MiG\'tmchen des Humbolduchen Dtnkens und stint! Begriffs der ('ntrgt'/4 C...) läl;l sich m-teir.s an der völligen Verkthrung der Meuphorik VOll hdl/dunkd. Höheniefe ablt.-scn. Ocr Sprache wird bei Humboldt keineswegs ('int .dun· 11.1,,' 5ph:ire d!"f fl'nx:lLJkl;QIl uoterge.';" Pllper'S on thf Hislflry 6{ Lmg/liJrio. AIl1-sterdam 1992. S. 291-J07. hirr: S.292. Vgt MüUcr-Sie\'c~, t.'pI8t'Plesis, :1.11,0., S. 'JS. - VgL da7,u auch F. M:ludll1C'u EimrJ.g von 1'110/11: MDcr Begriff orgafl/Sfh gl.'hiil1 mit seinem Gegc.ns-atl., dem Bi.');riH 1IIuhlllll1C'l>. seit Ende d~$ 18. JJ.hrhundc.rts dem philosophischen SprachgebrJ.uch an· (MauLhner, E: • orgJ.nisch-. In; dt'fS.: \'fIörttrbuch de' P}Jllo'ophi~ (1 Hdt.). Neuf! Bt'irr,igt 2U emt-r KritIk der prlldJe. Zürich (Ermusg.tbc 1910/11) 1980. S.124-2JI f8J.l]. hier S. 22-4). Ein ZC'i· ehen darür, daß diese oPP05itiol1cllC' Begriffslr.ldll ion bis im 10. Jahrbundm hinein .\ubil geblieben ist. Vgl. Schmiru:r...,M.lschinc' \'$. ,Org;lI1;smw''', J.J.O., S. 296. - 5chmitur faftt idealryplsch die .. lmplikalionC'n des ",,,dlinll-Modells" (5.297) W;C' folgt 7,US.lmmel1: ..Auff:lssung der als Milschine be-griffenen Enriül als InItrlmlt'nf. VorJusset7.ung eine.s ilußerhillb der M
M
M
..
.,
.,
...
11. l-Iumboldl.S Fonmu: Zum Arr:mgcment dner Ordnung der Sprache
SOS
stik orientiert sich dagegen am ,Organismus'-Begri[f Kanu, wie dieser ihn 1790 in der Kritik der Urrei/5kraft entwickelt90, wiewohl schon rur Her· der die menschliche Sprache .,nicht mehr unter den Mascbinenbegriff subsumierbar'''U war. Die Verwendung des ,Organismus'-Begriffs Humboldts, der dem Tegder Philosophen u.a. auch zur Zurückweisung des sprachtheorctischen Rcpräsentationismus dient'J!. ist also wesentlich von Kant becinnußt, ja Humboldt übcrträgt- wohl 179S zum ersten MaJ9Jdessen ..Organismuskonzeplion (...) auf die Sprache-"'. Es iSt. wie H. Müller-Sievers feststellt, der mächtigste der damaligen naturphilosophischen Begriffe, ..und dies gilt nicht nu.r für Humboldts Diskurs, der des OrganismJls"'is. Dessen systematische Grundidee in die der inneren Organisation. sie ist ..Prozel! und Ideal, zu d.em alles Getrennte zusammenwachsen wird"%. Auf den engen Zusammenhang von ,Organismus' und M.t$chine anzust:t'Zendtll Eruugt''N, Voraus5tn.ung einer allrlerh:ilb der M:&schine 2nZllsCt· zcndcn bt'Wt'gntdm KrAft. Annahme einer muluwlschr1t Ka1l$Alua/ der Ilblii4~ und d.,~ mit der 8ercchc.nb;trkc:.il des ZUMlinmenspieis der Einz.dtcile. Ann.ahm~ eines 'lJorlJerl,t'SlmHUlm. vorganglg 'VO" A..ß"" 1t'ltgt'legte" und unab.mdM'l,cht'n Z"oL·t'ckJ. Al1IullmC der \Vlt'derho1l",g prmzlplt'1/ wmlt'r glf'lrht'r Abliiufe. Ilin~u kQmnu 215 konstituierendes Merkmal noch die: Aufh.ssung der M;tschine als ein Ganus. doch in diese Kompo~nte in gewisser Weise abl.uhebcn. weil sie tbcnfalls dtlTl Organi:omusMgriff ~gcn ist und d,amil zugleich den I)unlu d ... rsullt. :11I dem das Orpnismusmodell ;tnkniip l.'n konnte" (5. 297). 'I(; Schmlller m;u;ht für d.u KanlSChc Verstandnis folgende ~'Icrkm ...lc geltend: ..... (suu in· ,st.r\lment';lllstischer Aufbssung) Auffnsung der als Organismus Muichnetcn En[it~ten ab org.1nmrru Wc.sm (KdU S 65ff.). (st:m VOnlus.c.e.O'.un!': dnc eXII:men Eru'Uge.r.s) Bt:stim· mung als Produkt dn Natur sdbsl (KdU S63f('. bcs. 66). {IUtl Vor...uSSrtZung C'lIlcr (ex· u.·menl bewegenden Kraft) Annahme eines inneren Bildungslriebes. einer .bildenden [z hervorbringenden. POS.] Kr4t' (KdU S 65 (... D. (51.111 Annahme mech:&nisc.ht'r Kaunlilit) Ann;thme eiOC$ ,Ndturzwecltbf, d.h. Ann;thme, d;tß etwu \'on .sich selbst wechselseitig' ,Uruche und \"
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514
Vicn.cr Teil: Die Ordl1ung der Spracb...
Verständnis handeln könnte. Durch diese wissenschaftsgeschichtliche Perspc,ktivenkrümmung werden I vo auch Behauprungen möglich, die be-
reits als von Gru.nd auf problematisch identifiziert werden mußten: "Sprache, geg"lSIändlich au/gejaßt (Herv., U.W.), verstehl Humboldl als Organismus"UJ. Wenn der Satz. von ,Ergon' und ,Energeia' im Humboldtschen Sprachdenken jemals eine Funktion hatte, dann die, solche Auffassungen auszuschließen. Vielmehr muß gellen: die Vergegenständlichung der Sprache (aJs so aufgcfaßtes ,Ergon') ist gerade nicht möglich, weil sie ein Organismus iSl. Und damit gibt es auch kci.llc autonomeomologisch qualifizierte - Metaebene der Sprache. weil ihr eigener Cha-
rakter dies grundständig verhindert. Sie ist diese Metaebene immer gleich mit. oder ist. g:l.r nicht. So bleibt vorderhand das Problem produktiven Mißvcrstchens Humboldtschcn Sprachdenkcns. d:l.s sich an der Interpretation des Terminus ,Organismus' so gut entzünden und erkennen läßt. T. Borsche formuliert dies so: .. An der (...) Paradoxie. daß mall auch den Organismus einer ,toten' Sprache ,physiologisch' betrachten müsse, wird klar, daß die Anwendung des Ausdrucks vom physiologischen Wirken auf geistige Kräfte in der Tat mit!verständlich sein kann. Die Sprache kann nur in einer bestimmten Hinsicht als ein Organismus betrachtel werden. Denn ihr ,Organismus' hat keine reale Existenz in der Natur. sondern nur eine ideale Existenz als . . in Moment in der Aktualität (Energeia) der Rcdc""~.
Da der Begriff der Sprache als Organismus jedoch am Schnittpunkt von Akt'Ualität und Nicht-Akt'Ualität angesiedelt ist, AktualiTär indes immer Existenz des Realen im konkret Zeitlichen bedeutet. bieret die ontologische QU31ifizierung des real Existierenden prinzipiell keine ausreichende Dcfinilionsbasis für Humboldts ,Organismus'-ßegriff - weder im positiven, noch im negativen Fall. Damit ist auch jedwcdc Mcraphern-Attribu[ion z.umindest äußerst brüchig) und ZW:l.r einerseits deswegen. weil stets unklar bleibt, auf welcher ontologischen Ebene ihr Argumentations- und Geltungswert letztlich zu agieren vermag, andererseits, weil sowohl im Fa.1I einer Metaphern-Anriburion als auch im Fall der Nicln-Zuschreibung einer solchen Identifikation die eigentlichen Probleme des \Vcsens der Sprache und ihre Auffassung noch gar nicht erreicht sind. Die ,Organisl11us'-Konzeption der Sprac.he h3t ihre Bedcut'Ung vielmehr auf einer vöUig anderen, e.iner ontologischen Ebene; sie hält die Sprache als Ganzes Ul lvo. _Warum ubcr SprAch,· metaphorisch rrocn?-. ",01.0.., S. lIS. I). Bor.sclle. Spra(hanSldlll:n. 3 •.1. •• • 120.
11. Humboldts Form;1,t: Zum Arrangt.ment t'incr Ordnung der Spr;1,c.he
515
im Bereich des Lebendigen IJS, womit erS[ die Sprache "in ihrem wirklichen Wese.n aufgefasst" (VB 45), aJso schlechthin und ohne Abstriche, angesprochen und aufgedeckt ist: .,Es ist«, wie]. Trabant es formuliert, ..der Sinn der Sprache selbst, der gegen die Behandlung aJs ,wdres Gerippe' auJbegehrc" IJ6• Humboldt teih mit, wie wir dieses Aufbegehren zu verstehen haben: als ontologische Unmißverständlichkeit im Hinh1.ick auf den Gelrungsanspruch sprachtheoretischen Denkens, das sich immer schon im Bezugsrahmen des Lebendigen aufzuhalten hat - nicht mehr, und nicht weniger; aber immerhin genau. Diese Beobachtung ist von entscheidender wissenschaftstheoretischer Relevanz. R. Zymner hat in seiner Erklärung dessen. was eine ,Metapher' ausmache, neben einer Auflistung der zentralen Metaphern-Theorien vor allem auJ den a,ristotelischen Ursprung des Metaphern-Begriffs hingewiesen. Zunächst die Übersicht: ..Die Spr:ache wird Lll diesen Ausdrücken einfac.h anders als gewöhnlich verwendet, eben metaphorisch. Wie ist diese Einschätzung zu erklären und W;lS heißt d::lS überhaupt? Hierauf finden sich im wesentlichen drei Antworten, die der sogenannten Subsututionstheoric. die der Vcrglc.iehstheorie und die der lnlcrakuonsthcoric" w .
Zur Klärung der Theorien sei auf die differenzierten Ausführungen Zymners zum Thema verwiesen. IJ8 Interessant ist für den hiesigen Zusammenhang vor allem seine systematisch-historische Fundierung der gängigen Substilulionstheorie: "Mit .substitUlionstheoric' bezeichne ich die Auffassung. daß ein Ausdruck oder \'\Iort, das einen Gegenstand venritt, durch einen anderen Ausdruck, der Dieses I-lumboldtsche PostuJ.n hai si h in seiner triyi~lisicnen Form bis ins 20. J;1,hrhun. den hi,nein gdl;1,!tl'lI, wie P. M
Gewebt!
49 61 6l 46 61,61,61,65,69,69 48 60,70,70
H Handeln
60
Gcistes(orm Geltung Genesis, genetisch Gesetz.mäßigkeit Gestalt
522
Vierter Tril: Die: Ordnung dcr Sprache
Handlung hervorbringen Hervorbringung
42.54,54,55 47.57 46,69
1
ideal
42
Id~n
k~m('
identisch innere. innerlich, Inoern
7, 58 >3, '4, 55, 60
Sprachbau
Sprachf:ihigk~it
Sprachforschung Sprachg6t:tzt, innen
Sprachgesraltung Sprachk~ft
Sprachl,lut Spnchmiuhcilung
64
$prachorgane
,2
Spnchreichthum $prachsinn Spn.chsu.mm 5pr.achstimmr Spnchstudium Sprachsy.ncm Sprachtendenz. Spr.tchunlersuchung Sprachvermögen Sprachwerkzeuge
71 67,69,70
Sprachzcrglicdcru og Sprachen
Sprechen Sprechen lernen
spr«hcnd Sprechende. der Sprachform
Sprachform. iußere Sprachform, innere Stimme Srimmwerkzeug
Sloff
4,
.,
H. 4-4. U 67 52 4',65 57.58.58.59 66,66,66,66,66.66,66.67,69,71 53 41,43,43,43,43,43.43.45,46,48,48.49,49,50. 50, SO. 50. 51. 51, 51, 51, 52, 52. 59, 63. 68, 69, 69, 70,70,71. 71, n 4b, 4b, 46, 46. 55. 56.56.57,64,65,70 58 42 42, ,4, ,6, 64 49, k~in~ N~"nung, (%) k,m, N,,,n."B, (81). (82). (86), (94), (96). (237)
,1
,4 ,3
47. 49, 49. 49, 49. 49. 49, 49, 50, 51, 54. 56, 57, 58,
61,62
Strebtn
System
42,47,57,62 49 (89) 63
T Thitigkeit
42,46.46,47.50,53.54,55.55,55.56.61.66,66
Substanz. Synthesis
KomposIta 'lIon Thäflgkeit
11. HUlllooldtJi Forlllal: Zum AlTant;l'mCnt einer Ordnung
Selbsnhätigkcit Geistcsthätigkeit
55 44
U Unendlichkeit,. unendlich Ul'$2che U neil. beunhc=ilend
5'.62.62 44,51
der Sprache
.5
V
Veriinderung veränderlich Verbindung, verbinden verbunden Verf:lhrcn vergleichen, vergleichende Vergleichung Verknüprung vermögen, Vermögen Verschiedenheit Verschmelzung Vervollständigung Vollendung. vollendet Vollkommenheit "oUsündig Vollständigkeit Vorstellung
Vorstellungs:m Vorstellungsweise
W w:ahr, W:ahrheit. wahrh:ah Werk Werkzeug Wesen Wesenheit wesentlich
wirklich Wirklichkeit Wirkungen
Wirken
bewirken Einwirkung einwirken
x y
64.64,71 56 52,52.53,53, Si, Si, 55, 59, 62, 63, 71
'2 '7,50.53.66 43.'5.56 '5, .5, 5. 52,61. 69 42,58,65, 70 42.43,43,44,52,57,58,62,64,67.67,69,70
'2 56 ",59.68 57 '7.51 34,38,67,69 51,54,55,55,56,60,66 59 60 '2.42.42, '6.'6.'7.'9,'9.55, 56. 60,60,62, 63,64. 69 42.46,71
.2 .2,43, .5, .7, '8, '9, .9, 58, 58. 59, 63, 65, 66 '6.56,59 45,46,66 42,51,54 57,62 +7.51,56,63,63.63 66 52 71 60
525
526 Z Zeichen
Ziel Zwecke
Vien'llr Tri!:
Die Ordnung der Spr~chc
58 44
47,47,49,50, 54
Komposira von Zu:uk
Sprachzweck Sprachzweck. innerer
(85), (115), (25') (83)
Soweit Humholdrs sprachtheorclisches Lexikon in den zentralen Passa· gen der Kawi-EinlcllImg unter dem Ge icht punkt. die aristotelische HCrJ.."lJilft oder zumindeSt den aristotelischen Thcorickontexl der wichtigsten Termini hervortreten zu lassen. Ich werde im folgenden nun den Versuch unternehmen, die Termini nach sechs Reflexionsräumen zu gruppieren bzw. zu kbssifiz.icrcn. Dabei ist es ebenso problemlos möglich, daß ein Terminus in mehreren dieser
Rcf1exionsräumc eine - durchaus auch unterschiedliche. ja gcgens~tzlichc - systematische Rolle spielt, wie daß noch weitere Termini zu den Räumen dazugehören, die hier nicht aufgeführt sind. Selbst die hier mit sechs projektierte Anzahl der ReOcx.ionsräumc ist keineswegs bindend und die Räume sind nach vielen Seiten hin offen, gehen ineinander über und explizieren sich gegenseitig. Alles dies sind allerdings Essentials, die nach der Lektüre der ariStotelischen Metaphysik nun kaum noch überraschen können. Trotzdem sind hier wie dort eindeutige theoretische Zentren zu erkennen, die unmißverständlich dje Erkenntnis- und die Wesens-Thematisierung von (sprachlicher) Wirklichkeit zu leisten vermögcn~ Ein Rcnexionsraum ist den sechs hier identifizierten dabei vor-, einer ist ihnen nachgeordnet. Diese beiden haben fundierenden bzw. komextuierenden Charakter, gehören aber gleichwohl konstitutiv zur Klärung des Humboldtschen Sprachbegriffes hinzu. Sie bieten den Rahmen. in dem die zentralen sechs Räume thcoreüscher Auseinandersetzung bestehen können, und sind in der folgenden AuOistung mit römischen Ziffern gekennzeichnet: (I) Der erste von beiden betrifft die bereits anhand des ,Organismus'-Terminus explizierte Kennzeichnung, daß wir uns im Bereich des Sprachlichen immer schon im Gelrungsraum des Lebendigen aufhalten. Er soll daher mit dem Begriff .Gelrungsraum des Sprachlichen' bezeichnet werden, steckt das Terrain der theoretischen Argumentation ab und gibt die grundlegenden Hjnweise auf dessen innere S[ru.ktur. Er ist an hand der folgenden Termini ausgemessen: Aehnlichkeiten. Analogie. analog, Geltung. Gewebe, Leben, lebendig, arur, .uurzustand, natürlich, Organ, Organe, organisch, Organismus, Sprachähnlichkeiten. Verbindung, verbunden. vergleichen, verglei hendc, Vergleichung, Verknüpfung, Sysu.m.
, I. HumboldlS Formal; Zum Ar-ra.ngemem
einer Ordnung der Sprache
527
ln diesem Rahmen also bewegen sich die sechs folgenden Reflexionsräume, die den theoretischen Kern der Wesensproblematik der Sprache erörtern: (I) Der erSte Reflexionsraum ist der des ,StOffs der Sprache', Er bezeichnet alles, was - in funktional-relationalem Sinne - Material für die Gencrierung des Sprachlichen betrifft, Er deckt das theoretische Spektrum ab, das Aristotcles in seiner Ontologie in dem Begriff der Ü}..ll kondensiert hat. Folgende Termini des .Humboldtsc.hen Sprachdcnkcns sind mindestens darauf gerichtet: Eindrücke (sinnliche), Empfinden, Empfindung, Empfindungsvermögen, Empfindungsweisc, Geistesbcwcgung (sclbsnhätige). Geisteserzeugnisse, lntellecrualität, intel1ectuell, die Sache selbst, Seele, Sprachelcmentc, Sprachwerkzeuge. Stoff, Unendlichkeit, unendlich, Vorstellung, Vorstellungsart, Vorstellungsweise. (2) Der zweite Reflexionsraum ist der der ,Gestalt der Sprache;. Er bezeichnet alles, was die äußerliche Form bzw. Gestalt des Sprachlichen betrifft. Er deckt das theoretische Spektrum ab. das Aristoteles in seiner Ontologie in dem Begriff der ~lOQQ»i demonstriert' hat, Folgende Termini des Humboldtschen Sprachdenkens sind mindestens darauf gerichtet: äußere, äußerlich, Form, Formen, Formung, Umformung, Geslalt, identisch, Innigkeit, Laut, Laut-Analogie, Lauoorm. Lautgewohnheit, Laut-Mannigfaltigkeit, LautOrgane, Lautsystem, Lautllmformung, Lautveränderungen, Laurverbindungc.n. Lautverfahren. Lautverknüpfung, Haupdaut. logisch. Methode, Satz, Sprachbau, SprachgeS(alrung, Sprachstamm, Sprachstämme, Sprachen, Sprachform, Sprachform (äußere), ,Substanz'. (3) Der dritte Re.flexionsraum ist der der .inneren Struktur der Spr:lchc'. Er bezeichnet alles, was den unbedingten Grund für. die innere Formation des und die normative Festlegung als eines (jeweils) Sprachlichen ausmacht. Er deckt das theoret'ischc Spektrum ab, das Aristoreles in seiner Ontologie in dem Begriff des eI60~ rekonstruiert hat. Folgende Termini des Humboldtschen Sprachdenkens sind mindestens darauf ge,richtet: Begriff der Fonn, Fonnung, Umformung, umgeformt, Geistcsform. Gesctzmäßigkeit, idcntisch, innere, innerlich. lnnern, Lnnigkeit. Methode. Prineip, Sprachbau, Sprachgesetze (innere), Sprachsinn, Sprachstamm, Sprachform, Sprachform (innere)• •Substanz', Sprachzweck (innere), Thätigkeit. Selbsuhätigkeit. Gcistesrhätigkeit, Verfahren, (4) Der vierte Reflexionsraum ist der der ,Bildung der Sprachc', Er bezeichnet alles, was den EntwickJungsprozeß des Sprachlichen betrifft und was die Gründe für die Bildung des Sprachlichen in inha\LSunab-
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Viener Teil: Die Ordnllnl:j du Spr.ad,t
hängiger Weise zu erklären suche Er deckt die theorccische Spannbreite ab, die AriStoteIes in seiner Doppelkonstruktion von ÖUva~l~ und tviQytLhf)~, Ursprung der Veränderung aus ihrem Charakter als Kontinuum heraus. tn dieser Hinsicht firmiert das StOffliche als Möglichkeit des Sprachlichen und damit als Vorausseuung dafür. daß die Wirklichkeit im Sprac.hlichen erSt eine solche zu werden vermag. Und wie AristoteIes weiH auch Hurn· boldt, daß alles Kontinuierliche jede Begrenzung negiert und damit immer auch zu überschreiten sucht. Eille anthropologische Modifikation dieses Motivs finden wir in Ueber Gö/her Hemnan1l1md Dorotbea von 1797-98: "Die Empfindung hingegen. die immer von dem bcstimnllcn Verhällniss ih· res Zwecks w ihrer Begierde ausgeht, Wein alle Beschränkung, kennt nur Einen Gegenstand, welchem alles andere weichen muss, strebt nach einseitiger Bcfriedigung, lebt in der Möglichkeit und sucht blass Wirklichkeit" (r1 228).
Die anthropologische Vergegenständlichung des Motivs täuscht - wie bei Aristotcles' ErkJärungsvcrsuchen mir der Hilfe von Artefakten auch -
to, Humbuldr kennl im spraehlhcorcrisdll'lI ßegrundung.'iZunnmu·lIh:lng iibrigens .1Ul;:h einen phY!5ikalischl'n ,$tuff' -Begri!!: "Wii' dilli Denken in seinen nwnschlichslt'n BC7.iehungen eine Schnsul':ht :lUS dem Dunkel nach dem. licht, aUJ der Bcschränkunf:, n~ch der Unendlio:hkeit in, so nrömr der L2.ut .lUS der Tirfc der Brust nadl llus,sen und findet einen ihm wundervoll 2.ngemC$~encn, vcrminelnden Stoff in der Luft, dem !l'instell und 3m Icidlleslcn bewegbaren .lller EII'mente, dessen schci"b~rc Unkörpcrlichkcit dcm Geiste ;luch sinnlich enuprkhl (VII ~4). l~ Vgl. da7,.u auch: ~ \'(lie :;tlx'r der Stoff dcs Denkcns und die Unendlichkeit der VerbillIlungen dcsselben niernal) er$Chopft ..... ~·rden. so k.mn di~ ebcnsowenig mit der M",nbl: des 7.U Bezeichnendel.l und 7,.U Verknüpfenden in der pn.chc der Fall seyn" (VII 62). w
12. Humooldls Verw,lIldlung: Di(' Wdl de:r
Sprach~
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über dessen ontologischen Grundcharakter hinweg. Vielmehr garantiert die ,Stoff'-Motivik im anthropologischen wie im sprachtheoretischen Sinne, daß Veränderung überhaupt möglich wird, sie garantiert deren Ursprung. Den PlalZ, an dem diese. im Kontinuum fundierten Veränderungen als Gcnerierung des Sprachlichen möglich werden, steHen bei Humboldt die geistigen ,Vorstellungen' bereit. Er hebl sie explizit von den Form-Spezifikationen der Sprache ab und schreibt ihnen als GcItungsraum das Allgemeine (das in diesem spezifischen Kontext als verdeckte Semantik für das Kontinuierliche fungiert) zu: .. Die Formen mehrerer Spr:achen können in einer noch Allgemeineren Form 2.us:lmmcnkommen, und die Formen aller mun dies in der That, insofern m:ln über:a.ll bloss von dem AUgemcinsten :lusgeht: von den Verhältnissen und Beziehungen der zur Bezeichnung der Begriffe und 2.ur Redefügung nothwcndigen Vorstellungen" (VII 51).
Sie stehen damit im Bereich des Sprachlichen auf der Position des dem sprachlichen Konstitutionsakt Vorgängigcn, sind aber gleichzeitig schon immer cin notwendiger Teil von diesem; sie bedeuten in erkenntnistheoretischer Hinsicht das Kontinuierliche, das der konkret-sprachlichen Wirklichkeit vorausgeht. ohne jedoch abgelöst existieren zu könne.n; sie sind Voraussetzung und Produkt jedweder Individualität und bleiben doch - zumindest in ihren grundlegenden .Verhiltnissen und Beziehungen untereinander' - zunächst auf das Allgemeine bzw. Überindividuelle gerichteL Individuell ist immer nur das Konkrete; beides - individuell wie konkret - ist der .Stoff der Sprache' nicht. Nirgendwo sonst wird so deutlich erkennbar, daß der Stoff der Sprache ganz wesentlich Reflexionsbegriff sein muß, wie eben in Humboldts Begriff der ,Vorstellung'. Humboldt hat mit seinem Begriff des ,Stoffs der Sprache' - entschieden gegen Steinthais Einschätzung, daß dieser sich hier ..ganz wunderbar verirrt" Ul habe - wie an kaum einer anderen Stelle den zentralen Kern vi· Slotelischen Denkens erkennen und für die eigene Theorieemwicklung
I"
Su:inthal, H.: Oll" Sprathwumurha/r \f'i/h. tl. }-/umbQ/J,'s ,mJ Jj,. J-Jl:g('/M:h~ Philowph,t". 8e:rlin (NaC"hdruck HildcsheimlNew Vork 1(71) 11148. S. 9ft. - Im Zusamm~nhang si~hl te:,"mals Argum('nuuon wie: folgt lIUS: .. Hier hal sich Humboldt ganz wunderbu v~r Irrt. Oi~ Fn.gr w.u ja gu nie:hr nach Je:m Stoffe: der Sprachr ubcrhaupt als Form oder der Sprachform. sondern nach dem SLOHe der Form dtt pr.acM. Dieser wH lunn nichl aus.se:rhiiJb der Sprache liegen. sonde:rn iSI guad~ di~ SprKhe: selbst" (5. 95-96). Allerdings Khnnkt leinthai $elnt" eigene: ArgumeDtation wiederum unreffend SO c.in: ..In.wfern aber hat Humbokh Recht zu s.tg~n, der Stoff de:r Form führe über di~ pnch~ hill.luJ..:a1s man nau dc.f SPr2Chlh:iuSk~lt vic.lme:hr di~ Factorc.n dersdbcn. LaUI und Gedanke, ;lls Stoff dc.r Form du Sprxhe ~limnu· (So %).
S38
Vicncr Teil: Die Ordnung dt'r Spr:achc
nutzen können. Ocr Stoff der Sprache bildet nur den argumentativen Ausgangspunkt für eine umfassende Wcsensdcfinition des Sprachlichen. Er drängt theoretisch unaufhörlich über sich hinaus. Dies wird deudich, geht man nun in den zweiten der sechs Rcflexionsriiume über: Immer
schon hat etwas - im Gegensatz zum Stoff -, wenn es etwas ist. äußere Struktur, es erscheint in der GestaJL
12.2 Die Gestalt der Sprache Obwohl der Begriff ,Gestalt' in den untersuchten Zcm:ralpassagcn der Kawi-Einleit.w'8 nur ein einziges Mal auftaucht, benutzt Humboldt cin ganzes Konglomerat von Begriffen. um den theoretischen Raum der äuHercn Struktur der Sprache zum Gegenstand der Reflexion zu machen. Vor allem die ,Form als äußere', ,Erscheinung', ,Gegenstand', wiederum der ,Laue (diesmal in seiner gestalthaften, formgebenden Thematisicrung), die ,Sprachgestaltung', abcr auch die Termini ,Satz' und ,Sprachbau' gehören dazu. Ocr Konstitution dieses Reflexionsraumes liegen damit durchgängig zwei zentrale Merkmale zugrunde, die wir bereits von Aristoteles her kennen: ÄußerltchkeJ"' und S,ruktur. Ich nenne die beiden Merkmale deswegen ausdrücklich und in gewisser Weise auch mit AusschließljchkeiLScharakter, weil der in diesem Zusammenhang häufig von Humboldt gleich mit erwähnte Bewegungsaspekt im eigemJichcn Sinne nicht zu diesem Raum gchön; zwar ist die äußere Form häufig das Ziel sprachlicher Entwicklung bzw. Konstitution, der diesbezügliche ReI1cxi· onsraum bündelt jedoch vorderhand das, waS an der Oberfläche die Struktur der Sprache jeweils akrual zu erkennen gibt:. Die Analyse zeigt: Dem Kominuum des Stoffs steht die Gesulthaftigkeit als Erschcinung ih· rer Struktur gegenüber. Die ~loQ"oa; gebunden. Durch djescs - bei Humboldt sprachlich determinierte - Tt>..O; nun geht die tvtgyEU:l als sprachkonsti· luierende Tätigkeit hin auf die eVu}..t-.(ELQ in ihrer z.weiten Bedeutung. auf die VoUendung im Sinne der aktualen Verwirklichung des AkLS der Sprache. In der doppelten Bedeutung der aristotclisch~humboldtsehenEVlEH-
12. Humboldu Verwandlung: Die Welt der Sprache
567
XElO löst sich somit der Charakter des Etöoe;, der inneren Struktur der Sprache, als vorgegebene, aber doch den Gegenständen jeweils spezifische Konstante einerseits und als Formgeber der Bewegung andererseits produktiv auf. Die tvtEAEXElO als Vollendung wird, versteht man sie im eigentlichen Sinne als sprachliche TaLSächlichkeit, zur EvEQYElO, z.um Orientierungspunkt ,Wirklichkcit' innerhalb des EntwicklungsbegriHcs, der durch dic EVUÄtXUO 6.t€Aite; rcpräscntiert ist, also der tvTEAeXEW, die das Ziel des sprachlichen Entwicklungsprozesses kontinuierlich in sich hält. Das lEhoe; ist doppelte Orientierung als ständ.ig unvollkommene, gleichzeitig aber auch aktual präsente Gewißheit spezifischer Bestimmung, ohne jedoch dabei jemals in sich different zu sein. Damit ist Humboldts ontologischer Grundstein gelegt: Der Akt der Sprache bindet deren ganzes Wesen an den individuellen Menschen, denn "erst im Individuum erhält d.ie Sprache ihre letzte Bestimmtheit" (VIl64). Und in der Wesensbestimmung ihren ersten Grund.
12.6 Das Wesen der Sprache Um Humboldts Wesensaussage zur Sprache richtig zu verstehen, iSl zunächst die Konzeption der OUOlO bei Aristote.les zu erinnern. Hier war auffallend. daß das Konzept keinesfalls eine in sich theoretisch durchgehend kohärentc, geschweige denn in ihren definitorischen Bestimmungen eindeutige Programmatik aufweist. Abwechselnd kann das ,Beharrende', der ,Träger der wechselnden Affektionen' gemeint sein, dann das ,Selb· ständige', dann wieder die de,r Materie innewohnende ,Form', weiterhi.n das ,Wesentliche', dann wiederum das ,Einzelding' selbSl. Auch die ,Malerie', die ,Gestalt' und das ,Produkt' konnten spezifisch als OUcrlQ bezeichnet werden. Vor allem der jeweilige funktionale Rahmen erschließt den Bedeutungsspielraum dieses Begriffs. der wiederum den Konstitutionsrahmen erst beschreibt, i.n dem er Gültigkeit erlangt. .Ei.n systematisch äußerst problematisches Unterfangen, und deshalb hat AristoteIes selbst in der Metaphysik expli7.it eine Untersuchung derart vorgenommen, welch.e der von ihm postulierten vier Hauptbedeutungen ,Sosein', das ,Allgemeine', die ,Gattung' und das ,Zugrundclicgende' auf den oiJoi.a-Bcgriff zutreffen könne und welche nicht. Ergebnis dieser Untersuchung war, daß die erste und die vierte. Hauptbedeurung den eigemLichen Schwerpunkt des Konzepts bildcn, dies sich also wesentlich durch seine doppelte Ausrichtung auf das konkrete Sosein einerseits und auf die Bestimmung als Zugrundeliegendes (also als das, von dem das übrige ausgesagt wird,
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V;~fter Teil: DiC' Ordnung der Spr.lrhc
das selbst aber nicht wieder von einem anderen ausgesagt werden kann) andererseits bestimmt wird. Es sei daran erinnert, daß Met. VlJl [1043h] fensteIlt, daß der ouola als ,Sosein' einerseits die ,Art-Form'. also die Elöor;-$truktur, und and.ererseits die Wirklichkeit, also das fvfQytW.-Posrulat mit allen dazugehörigen Auributioncn, zukommt. Sowohl die Frage der \Virklichkeitskonstitucion wie d.as Problem ihrer inneren Struktur spielen bei der Aufklärung der oiJoia-Konzeption demnach eine zentrale Rolle. In [I045bJ kann AristOtcles dann auch resümieren, daß .. über das nun, was im eigentlichen Sinne seiend ist und worauf alle anderen Aussageweisen (Kategorien) des Seienden zurückgeführt werden. gehandelt worden ist (Um.st.• U.W.), nämlich über das Wesen"180. Gelingen konnte dies, indem AristoteIes auch m.it Hilfe des ouoLu-Begriffs sc.1bst zu dessen eigener Aufdeckung bereit war, also seinen Reflexionsraum der Bestimmung des Wesenscharakters aus diesem selbst heraus zu entwickeln verstand. Es ist nun nicht mehr sonderlich überraschend, daß Humboldt bei seiner Bestimmung dessen, was das Wesen der Sprache ist, alle diese Schwierigkeiten kennt und damit zunächst auch cl.ie h.icflnit verbundenen Probleme übernehmen wird. Er übernimmt aber ebenfalls das gesamte Potential an Chancen, denn in Humboldts sechstem Reflexionsraum zum Wesen der Sprache, dem Raum, zu dem stets die Argumentation konvergiert, spielt neben dem ,W('sens'-Begriff vor allem der Tenninus ,Sprache' selbst die entscheidende Hauptrolle. Humboldt weiß, daß das Wesen de.r Sprache im Grunde diese immer schon seJbst ist, die heuristische Kontextuierung einer Diskussion um das Wesen der Sprache gibt die Richtung an, die aUe sprachtheoretische Aufklärung nehmen muß. Es geht insofern um das ,Wesen' der ,Sprache', als es um das ,Wesen der Sprache' geht, also einen - aus sich selbst heraus erklärenden - Begriff im Horizont der WirkJichkeitskonstitution. In Humboldts Diktion ist die ganze theoretische Unternehmung damit auf "die Sprache, in ihrem wirklichen Wesen aufgefasst" (VII 45), gerichtet. Aus diesem Grunde macht es Sinn, alle Komposita von ,Sprache' diesem Reflexionsraum zuzurechnen, sie messen den Raum allS, der deren Wesen Struktur gibt und geben diese Struktur auch direkt vor. Sie aUe: Sprachähnlichkeiten. Sprachansicht, Sprachbau, Sprachbildung, Sprachclemente, Spracherzeugung. Sprachfähigkeit, Sprachforschung, Sprachgesetze (innere), Sprachgestaltung, Sprnchkraft, Sprachlaur, Sprachmitlhcilung, Sprachorgane, Sprachrcichthum, SprachIIIll
Aristotcles: Met4pJ,ysik. NeulJNrbeitlf1lg d~r ObersnzNIJg VOll N. 80mrz. Mit Einlj'mwg "nd Kommtntar hrsg. von N. Sejd!. Hambufl; (3.. verb. Aun.) 1989-91. 2. HaJbb'lnd. I X. S. 101.
IL I-Iumboldts Vtrwilndlung: Die Weh der Spnlc.hc
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sinn, Sprachstamm, Sprachstämme, Sprachstudium, Sprachsystem, Sprachtendenz, Sprachuntersuchun~Sprachvermögen, Sprachwerkzeuge, Sprachzergliederung und Sprachen klären den Begriff des Wesens der Sp,rache von innen heraus, beschreib('n das Elöo; des Wesens der Sprache. Die innere Strukcur dieses Wesens ist somit vor allem durch die Attribulionen gekennzeichnet, die der Begriff der Sprache selbst konstituieren und theoretisch vorhalten kann. Lediglich eines, und hier ist Humboldt versländlicherweise selbst unsicher. ist die Sprache nur in sehr eingesch.ränkter Weise, nämlich das kon· krete EinzcJding als reale, artifizielle Tot2.lität, das Ta EX to\fTWV als die ,Verbindung beider' von Stoff und Form. Die Sprache ist zwar real, aber kein Ding. Sie ist nicht in der Welt, wie das .Ding' des AristoteIes, sie ist diese Welt selbst. Kein anderer Begriff taucht daher in der Kawi-Einleitung auch so oft auf wie der Begriff der ,Sprache': Allein in dem näher untersuchten Textausschnitt insgesamt knapp I SOmal. Die Liste der Komposita macht Humboldts Anliegen durchschaubar: das Wesen der Sprache kann nicht erfaßt, sondern nur begrifflich gesucht werden. Hier ist und bleibt Humboldt ganz Idealist. Die ouolo des Arist'Ote1es begreift der Kantianer in ihrer Bedeutung als begriffliche Synthese des Untersuchungsgeg('nsrandes schlechthin. Die Annahme eines ,Wesens der Spra· ehe' ist damit nicht die Behauptung einer autOnomen Dinglichkeit eines solchen .Wese.ns\ sie zeigt die Notwendigkeit und die Einsicht in die begriffliche Erkenntnis der Welt. Kaum eine andere TexlSteile kommentiel1. dies eindringlicher als die folgende, obwohl sie häufig in die genau gegenteilige Richtung imerprericrt worden ist: ..Ohne aber über die Priorität der einen oder andren entscheiden zu wollen, müssen wir als das reille Erklärungspnncip und als den wahren Bestimmungsgrund dcr Sprachverschiedenbeit die geistige Knft der Nationen ansehen, weil sie :t.Ilein Jt'bcndig selbstständig vor uns stehl, die Sprache dagegen nur an ihr haftct. Denn insofern sicb auch diese uns in schöpferischer Selbst· $lindigkeit offenbar, verliert sie sich über das Gebiet der Erscheinungen hinaus in ein ideales Wesen" (VII 42).
Das ideale Wesen der Sprache ist demnach gerade nicht die Behauptung eines losgelösten Sprachwesens, das sich durch die Möglichkeit gegenständlicher Betrachtungsweise jedem sprachwissenschaftlichen Voyeurismus unaufgefordert öffnet. Sie ist vielmehr gerade durch ihre innere Struktur, die sich hier in den Größen .Sprachverschiedenheit' und ,geistige Kraft der Nacionen' manifestiert. Dies gl1rantiert allerdings auch, daß eine Wesensbestimmung immer insofern das ,Sosein' mitbedenkt, als hier niema.ls nur eine beliebig verhandelbare, terminologische Zufalligkeil Ge· mein[ sein kann. Die Sprache ist in der Tat in der Hinsicht ein Wesen. als
570
Viencr Teil: Dic Ordnung der Spr~chC'
ihr Charakter nicht auf die Rcne."(ion trifft wie die versuchende Hypothese auf den wissenschaftlichen Gegenstand: .ln dieser Definition erscheint dieselbe als ein durch die Wissenschah gebildetes Abstracrum. Es würde
aher durchaus unrichtig sero, sie auch an sich bloss als cin solches dascynloses Gedankenwesen anzusehen" (VII 47). Sodann ist kbr, daß vieles an der Wesensbestimmung der Sprache unerkannt bleiben muß. Und
es schließt sich der Argument~uionskreis zum ersten, vorgäogigen Rcflexionsr.lUrn, der das Gdtungsareal sprachtheoretischer Erörterung absteckte: ..Wie yiel man in ihr hdtc:n und verkörpern. vcrcinzdn und zergliedern möge. so bleibt i.mmer etwas unerkannt in ihr übrig. und gerade: dies der B~;u· beitung Entschlüpfende ist dasjenige, worin sie Einheit und der Odem eiJ1CS L~bcndigcn ist" (VII 48).
Das Lebendige des Sprachlichen sichert die Uncrrcichbarkeit totaler -analytischer Erklärung des Wesens der Sprache. Erst so bleibt die Sprache wissenschaftlich wertvoll und es enrspricht auch deren Wesen, dessen innere Struktur niemals ganz preiszugeben: "Die Sprache enlhält aber zuglei h nach zwei Richtungen hin eine dunkle, unemhülhc Tiefe" (V1I 62). Nicht nur in die. die dem Menschen den .. Blick in ei.ne unendliche, allmählich weiter zu entwirrende Masse offen" (Vn 62) hält. sondern auch nach .. rückwärts fliesst sie aus unbekanntem Rcichthum hervor" (Vll 62). Wenn die Sprache daher ..auch in der Schrift den schlummernden Gedanken dem Geiste erweck bar erhält, so biJdet sie sich ein cigenthümliches Daseyn, das zwar immer nur in jedesmaligem Denken Geltung erhalten kann, aber in seiner Totalität von diesem unabhängig iSI. Die beiden hier angeregten. einander entgegengesetzten Ansichten, dass die Sprache der Seele fremd und ihr angehörend, von ihr unabhängig und abhängig ist, verbinden sich wirk· lieh in ihr und machen die Eigemhümlichkeit ihres Wesens aus" (Vll 63). Damit wird einerseitS der doppelte Charakter dieses Wesens der Sprache als Allgemeines und gleichermaßen Konkretes möglich: "Denn so wundervoll ist in der Sprache die Individualisirung innerhalb der allgemeinen Uebcreinstimmung, dass man ebenso richtig sagen kann, dass das ganz.e Menschengeschlecht nur Eine Sprache, als dass jeder Mensch eine besondere besiul" (VII 51), andererseirs firmiert die sprachtheorerische Frage zur Kardinalfrage sprachwissenschaftlicher Beschäftigung überhaupt, denn ..das Unerlasslichst(" hierbei ist, dass dem Unternehmen eine richtige und würdige Ansicht der Sprache, der liefe ihres Ursprungs und der Weite ihres Umf~ngs zum Grunde gelegt werde" (VU 53). Diese AuIgabenstelJung umschreibt Humboldts Projekt präzise. Er findet die Antwort in einer großanigen Erinnerung an die aristotelische On-
12. Humboldts Ve.rwllodluog: Die Welt der Spnche
571
tologie, eine Erinnerung, die cr in der Transformation ihrer begrifflichen Parameter zu gestalten sucht. Humboldt wird damit beileibe nicht zum wirkungsmächtigsten Aristoteles-Rezipiemen der Neuzeit, vielleicht aber zu dem, der die am weitesten überhaupt zu erreichenden systematischen Konsequenzen für denkbar hielt.
12.7 Schluß: Metamorphosen So gelang .die Verwandlung der Welt in Sprache" (Vl 28). Nichts kam hinzu, nichts ging verloren, alles ist veränden. Die Welt ersteht als Einheit von Sein und Reflexion neu im Gelrungsraum des Sprachlichen. Auf der Suche nach einem Kommentar dieser einzigartigen Unternehmung neuzeitlicher Philosophie begegnet auf der Wegsrrecke zwischen den beiden großen Theoretikern der Dichter. Ovid im fünfzehnten Buch der Metamorphosen: ..Nec specics sua cuique manct, rcrumquc= novatrix ex aliis alias reddit n:uura f.igunls: !lee perit in tOto quicquam, mihi crcditc, mundo, scd variat faciemque novat, nascique vacatur incipere esse .1ljud, quam quod fuil ante, morique, desinere illud idem. cum sint huc forsitan iUa, haec tnnslna iUuc., summa lamen omnia conStant. Nil equidc=m durare diu sub imagine eadern crediderim- 1'1 • .. Keines verbleibt in dersc=lben Gestalt, und Verinderung liebend Schafft die Natur neu neu aus anderen andere Formen, Und in der Weite der Weh geht nichts - das- glaubt mir - verloren; Wechsel und Tausch ist nur in der Form. EntStehen und Werden Heißt nur anders als sonSt anfangen 1..U sein. und Vergehen Nicht mehr sein wie zuvor. Sei hierhin jenes verselZt't', Dieses vielleicht dorthin: im Ganz.en ist alles beständig. Unter dem sdbigen Bild - so glaub' ich - beharrt auf die Dauer ichlS in der Welt" l12 •
UI
111
f'ublius o\·.ruus Nuo: MrtiJmorphoun. LtumudJ-JrutMh. In Jr"tMhr J la"mC-lr'r Mbrrt7'iJgt'-n wn f... ROMh. Hn""sgtgrlH" von N, flob.bvg. Zürich. Düssddorf 1996. S. 568. Publius Ovidius N.uo: MtriJmorpbo~n. In Jn UbntnJgung wn JoIJlVln Nt'mrich Vojl. Mit JC-lI RaJ,rr,,"gM von Pab/o P,(iJUO lind rmem iJoru,'ort von B. Kytzlt:r. Frankfun 1990. S. 354-)55.
Nachwort:
Humboldts Welt: Schock und Schöpfung der Sprache Die folgenden Untcrlegungen lind Über-Griffe von und auf Humboldts Welt tragen freimütig und gefaßt den Charakter eines Nachwortes. Sie dienen vorderhand dazu, zwei ausgewählten Frageperspekciven in nicht durchgängig wissenschaftlicher Behandlungsart diskursiven Platz zu bieten J die in herausgehobener \'(/eise Konsequenzen (auch) der aristotelischen Fundicrung des Humboldtschcn Sprachdcnkens illustrieren und die auf dem Hintergrund der bisherigen theoretischen Ausarbeitungen nun greifbar werden können. Die folgende Demonstration erhebt daher nicht den Anspruch, die zugrunde liegenden theoretischen Problemstellungen ausführlich zu analysieren, sie nutzt vielmehr in Stil und InhaJt die Cha.ncen. die einer eber essayistischen Reflexionsmodalität, die sich auf ausgewähhe Textpassagen beruft, eigen sind. Es st.eht immerhin an hand von z.wei zentralen Fragen der exemplarische Aufweis dafür an, daß Huroboldt mit seiner Aristoteles-veranrworteten sprachtheoretischen TheorieentwickJung nicht wissenschaftliche Se1bsuhemarisierung betriehen hat. sondern daß hier eine Reichweite von Relevanz angesprochen ist, die alles menschliche Denken und Handeln umfaßt und letzdich auch zur Veränderung bereitstellen will: HumboldlS Welt als Raum des besseren Handelns, als lTt>0. S. 156-170. - Ourkhmlt. A.: *I)cr Dialogbcßriff bt'i Wilhc1m von Humbuldt". In: Höbeq;, R. (Hrsg.): Spracht: uml HilJung. ßr'l/riige zlfm I JO. Todtstag Ult11Jrlm VOll J-IumbotJu. D.lrmsl:uh 1987, S, l;ll-In. - ChflStmann. 1-1. H.: Bl,/trage tur Ct'rouc1Jtl' der 1'1JI'j(' 'IIOf" UHtbl1d tlrr Sprnt!Jt'. "'hinz 1%7. - Dl CC'.sue, 1).: "lndi\,jdu;lJiriil der Spracht' und Vel'llt:hen dcs Anderen. l-fumbuldlS dialogiS-'he Hrnlll" neulik-. In: ImentariQn,l/r Zmschri!t fiir PhIIQsophi/!. J~.I996, H.l. S. 160-18·1. - Hasskr. 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G. SO. 63 Patema, E. 170 Paul, H. UJ, lJ 1 P2ulus 375 Petu$en, U. 278.181 Pfeifrer. R. Ill. 1504, Hl·n~ Philipp I.... PhillJll 375 Philopollos 205 Picht. G. JoH..H7. H9. J52·353, 3{,2, .}68· 369,371 • .)73. 378·J79. 382. JII... ·3S5. 391· }9], 0410. mJ) von Aquin 3b8.04 l1tomsen, V. H
Schl0.5S('r.J.G. 165·1~ Schmidl, H. ,;07·509
Thuc:ydides 170 Thum('r, R_ 575 liedc:m:llnn, D. 74 Trab.lnL. J. 18, H. 45, "7-"8. 51-51, 5+-55. 59.61,63. &5. 67, &9-72, 75-n. 79. 83-8", 16R. 171. 1%. 299·300. 319. 489. "9-1-"95. 506.515,546.389-590 TrJUlh. G. P. 546
Schmidl·Reg~ner. I.
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