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Verflucht für
alle Ewigkeit
Roman Michael J. Parrish ____________________________________________________________ ...
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Verflucht für
alle Ewigkeit
Roman Michael J. Parrish ____________________________________________________________ Die Stille war so vollkommen, dass jedes noch so leise Geräusch den Kosmos in Unruhe gebracht hätte; die Dunkelheit so vollendet, dass keines Menschen Auge etwas hätte erkennen können. Und doch war da Leben... »Es ist geschehen«, sagte die eine Stimme, die plötzlich überall gleichzeitig zu sein schien, ein unsichtbares Auf flackern in der allgegenwärtigen Dunkelheit. »Die Dinge nehmen ihren Lauf«, sagte die andere. »Im Siegel zeigen sich Risse. Das Universum ist in Aufruhr.« »Die Sterblichen wissen noch nichts«, stellte die erste Stimme bedauernd fest. »Sie ahnen nicht, dass die Grenze verletzt wurde, dass die Horden der Finsternis bereitstehen.« »Sie rüsten zum Angriff. Das Siegel wird ihnen nicht mehr länger widerstehen.« »Ein Sturm steht bevor, Aeternos. Ein gewaltiger Sturm, der alles verändern wird...«
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Luftraum über - dem südlichen Kosovo, 1999 Die Dunkelheit war beinahe vollkommen, der Mond nur eine schmale Sichel, deren spärlicher Schein bei weitem nicht ausreichte, um das von schmutzig braunem Schnee überzogene Land zu beleuchten. Perfekt... Major Isaac Torn hing in den Gurten seines Lenkfallschirms, an dem er langsam zu Boden schwebte. Eisiger Wind zerrte an ihm, während er versuchte, den Fallschirm in die gewünschte Richtung zu dirigieren. Durch- das Nachtsichtvisier seines Helmes konnte Torn seine Männer sehen, deren Fallschirme sich in einiger Entfernung am Himmel abzeichneten. Lautlosen Phantomen gleich fielen sie aus dem nächtlichen Himmel. Die McDonnel-Douglas hatte sie hinter den feindlichen Linien abgesetzt. Jetzt waren sie auf sich allein gestellt, kam es nur darauf an, die Mission zu erfüllen. Vor sich, jenseits der Bäume des Waldes, konnte Torn die Gebäude der Fabrik erkennen. Grün und unheimlich zeichneten sich die nüchternen Betonklötze im Display des Nachtsichtgerätes ab. Zur Hälfte eingestürzte Schlote ragten wie stumme Mahnmale in den dunklen Himmel. Den Informationen des Nachrichtendienstes zufolge mussten sich hier die Geiseln befinden, die die jugoslawische Armee zusammengetrieben hatte - zumeist albanische Zivilisten, aber auch NATO-Piloten, die bei Flugeinsätzen über Belgrad und Novi Sad abgeschossen worden waren und sich nun in der Hand der Serben befanden. Torn lachte bitter, als er daran dachte, was in den Nachrichten zu Hause verbreitet wurde. Von planmäßigen Einsätzen war da die Rede, von erfolgreichen Angriffen der NATOVerbündeten, die ohne Verluste in den eigenen Reihen geflogen wurden. Alles Unsinn. Die Wahrheit sah anders aus - und sie war bitter.
Die Auseinandersetzung im Kosovo war längst nicht mehr nur ein chirurgischer Eingriff wie ein General den NATO-Einsatz im Kosovo genannt hatte, auch kein bloßer >KonfliktGreen AngelsAlvarez< und die Zahl >1537< in römischen Ziffern geritzt. »Touristen«, meinte Hamilton missbilligend und schnitt eine Grimasse. »Die wussten damals
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schon nicht, wie man sich in einem fremden Land benimmt...« Der Gang begann sich zu verbreitern, und sie kamen besser voran. Sie beschleunigten ihren Schritt und durchmaßen die Hallen, in die seit Jahrhunderten kein Mensch seinen Fuß gesetzt hatte. Dann, plötzlich, blieb Hamilton abrupt stehen und hob seine Hand. Auch Wilkes und die Führer hielten an, sandten dem Professor fragende Blicke. »Was ist?«, erkundigte sich Wilkes. »Haben sie etwas entdeckt?« »Ich denke schon, mein Sohn«, meinte Hamilton nachdenklich. »Ich denke schon...« Mit der Lampe leuchtete er den Gang hinab. Der Boden war an dieser Stelle in einem überaus schlechten Zustand, viele der Bodenplatten waren brüchig oder gar nicht mehr vorhanden. Oder aber... Der Professor beschloss, die Probe aufs Exempel zu machen. Rasch griff er nach einem Stein, der lose am Boden lag, warf ihn auf eine der intakten Platten - und ein seltsames Geräusch erklang. Es war ein Schnappen wie bei einem Katapult, das seine Ladung schleuderte, gefolgt von einem durchdringenden Rattern. Im nächsten Moment fuhren überall dort, wo keine Pflastersteine waren, gewaltige, an die zwei Meter hohe Spieße aus dem Boden. An einigen von ihnen hingen Skelette, die noch Teile von spanischen Rüstungen trugen Helme mit den charakteristisch hochgezogenen Enden, rostige Brustpanzer, vergilbte letzte Reste von Stoff. »Mein Gott!«, ent fuhr es Wilkes voller Entsetzen, und auch die beiden Scouts schreckten zurück. »Nur einen Schritt weiter, und wir...« »So ist es«, bestätigte Hamilton grimmig. »Saluego hat diese Stelle genau beschrieben. Er hat zehn seiner Männer hier verloren. Er nannte die Stelle La marcha del muerte.« »Der Gang des Todes«, übersetzte Wilkes schaudernd. »Ja.« Hamilton nickte, während er sich vorsichtig in Bewegung setzte. »Bleibt dicht
hinter mir und tretet nur dorthin, wo ich hintrete. Es gibt nur einen sicheren Weg...« Weder Wilkes noch die beiden Indios widersprachen. Keiner von ihnen hatte Lust, von einem meterlangen Spieß durchbohrt zu werden. Sie hielten sich streng an jede von Hamiltons Anweisungen, blieben dem Professor dicht auf den Fersen - und erreichten wohlbehalten das Ende der gefährlichen Passage. Im Licht der- Taschenlampe sah Wilkes Hamiltons Gesicht. In den kleinen Augen des Gelehrten blitzte pure Abenteuerlust, sein Forschergeist fieberte darauf, zu erkunden, welches Geheimnis die Mauern dieses alten Tempels bargen. Bisher hatten sich Saluegos Angaben in jeder Hinsicht als richtig und wahr erwiesen. Sollte er auch recht haben, was die andere Sache betraf...? Die Forscher folgten dem Gang noch tiefer ins dunkle Herz des Tempels. Mehrmals verzweigte sich der Gang, aber Hamilton wusste stets, wohin sie sich zu wenden hatten. Er kannte Saluegos Texte auswendig, brauchte nicht einmal nachzusehen. Hunderte von Malen hatte er diese Expedition in Gedanken durchexerziert - nun, wo es soweit war, erschien es ihm wie ein Kinderspiel. Mit traumwandlirischer Sicherheit führte er die kleine Gruppe durch das Innere des uralten Tempels. Und dann, plötzlich, standen sie vor der Pforte. Es war ein gewaltiger Stein, kreisrund, in den ein Relief mit verschiedenen Darstellungen gemeißelt war. Die Mitte nahm eine Furcht erregende Fratze ein, deren bloßer Anblick Wilkes mit Unruhe erfüllte. Rings herum war der Stein mit verschiedenen Symbolen versehen, die zum Teil noch zu erkennen, zum Teil dem Zahn der Zeit zum Opfer gefallen waren. »Kein Zweifel«, meinte Hamilton triumphierend. »Dies ist der Eingang zur Kammer. Ich habe es gewusst. Die ganze Zeit über. Jetzt hoffe ich nur, dass der Mechanismus noch funktioniert...«
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Mit einer Selbstverständlichkeit, als ginge es darum, zu Hause das Licht der Nachttischlampe auszuknipsen, trat der Professor an die von Moos überwucherte Wand, griff kurz entschlossen in die beiden Öffnungen, die darin eingelassen waren. Wilkes sah, wie sich kleine Schweißperlen auf der Stirn des Professors zu bilden begannen, während er an irgendetwas zu zerren oder zu schieben begann. Dann, unerwartet, durchdrang ein markiges Knacken den Gang. Im nächsten Moment wälzte sich der gewaltige Stein wie von Geisterhand bei-seitevgab den Zugang zur Kammer frei. »Heureka!«, schrie Hamilton in alter wissenschaftlicher Tradition. Ungeduldig leuchtete er mit seiner Lampe ins dunstige Dunkel, das sich jenseits des kreisrunden Durchgangs erstreckte. Um nichts in der Welt hätte er es sich nehmen lassen, der Erste zu sein, der diesen geheimen Raum betrat - zum ersten Mal, seit Saluegos Leute die Kammer hatten versiegeln lassen. Den Aufzeichnungen zufolge waren sie darin auf etwas gestoßen, das ihnen schreckliche Angst gemacht hatte - ein >Vermächtnis der Götter