-ATTHIASÈ,ÚBER 'EBORENÈAMÈÈINÈ(AIGER È$EUTSCHLAND 0HYSIOTHERAPEUT È-ANUALTHERAPEUTÈ/-4 ,EHRERÈDERÈ)NTERNATIONALENÈ!KADEMIEÈFàRÈ/STEOPATHISCHEÈÈ UNDÈ-ANUELLEÈ4HERAPIEÈ)!/-4 ÈFàRÈDIEÈ+URSREIHEÈ+LINISCHESÈ0ATIEN TENMANAGEMENTÈ+0- ,EHRERÈDERÈ!KADEMIEÈFàRÈ/RTHOPËDISCHEÈ-ANUELLEÈ4HERAPIEÈ!/-4 ÈnÈÈ!USBILDUNGÈZUMÈ-ASSEURÈUNDÈMEDÈ"ADEMEISTER ÈnÈÈ!USBILDUNGÈZUMÈ0HYSIOTHERAPEUTENÈ2UDOLF +LAPP 3CHULEÈANÈDERÈ0HILIPPS 5NIVERSITËTÈ-ARBURG ÈnÈÈ0RAXISTËTIGKEITEN 3EITÈÈ0RAXISÈFàRÈ/RTHOPËDISCHEÈ-ANUELLEÈ4HERAPIEÈUNDÈ/STEO PATHIEÈINÈ(ERBORN È!BSCHLUSSEXAMENÈ/RTHOPËDISCHEÈ-ANUELLEÈ4HERAPIEÈ/-4 ÈnÈÈ-ITGLIEDÈIMÈ,EHRTEAMÈ74 -4/-4È+ALTENBORN %VJENTH +ONZEPT 3EITÈÈ,EHRBEAUFTRAGTERÈFàRÈDENÈ3TUDIENGANGÈ0HYSIOTHERAPIEÈ "ACHELORÈUNDÈ-ASTER ÈANÈDERÈ0HILIPPS 5NIVERSITËTÈ-ARBURG 3EITÈÈ2EFERENTÈANÈDERÈ!)'È!KADEMIEÈFàRÈ)NTERDIZIPLINËREÈ -EDIZIN ÈANÈDERÈ-EDIZINISCHENÈ(OCHSCHULEÈ(ANNOVERÈ"EREICHÈ +RANIOMANDIBULËREÈ$YSFUNKTION
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Physiotherapie Basics Herausgegeben von Bernard C. Kolster, Frans van den Berg und Udo Wolf
Matthias Löber Frans van den Berg
Untersuchen und Behandeln nach Cyriax
Mit 458 Abbildungen und 16 Tabellen
Matthias Löber Berliner Straße 2b 35708 Haiger Frans van den Berg Oberschwand 11 4893 Zell am Moos/Österreich
ISBN-10 ISBN-13
3-540-22550-1 Springer Medizin Verlag Heidelberg 978-3-540-22550-8 Springer Medizin Verlag Heidelberg
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22/2122/cb – 5 4 3 2 1 0
Im Andenken an meinen geschätzten Freund und Kollegen Sascha Runge
IX
Reihenvorwort
Die Reihe „Physiotherapie Basics“ richtet sich in erster Linie an Physiotherapieschüler, aber auch an Physiotherapeuten in der Praxis. Die Inhalte sind praxisorientiert aufgearbeitet. Alle Elemente der Untersuchung (z. B. Anamnese, Inspektion, Tastbefund und Funktionsuntersuchung) werden ausführlich beschrieben und erleichtern so eine optimale Befundung und Behandlung. Neben den manuellen Tests werden auch Messinstrumente und Skalen vorgestellt. Anleitungen für die Dokumentation und Interpretation der Befunde erleichtern dem Anwender den Einstieg in die Behandlung. Diese wird nach Behandlungszielen gegliedert dargestellt. Dazu bedienen wir uns des bewährten Bildatlas-Konzeptes: Die Praxis wird vorrangig über Bildsequenzen mit erklärenden Texten vermittelt. Über das didaktische Prinzip klassischer Schulbücher hinausgehend, ist es ein Anliegen der Herausgeber, die physiotherapeutischen Verfahren zusammenhängend und anwendungsbezogen darzustellen. So soll bei der Entscheidung für eine der vielen Techniken unseres Faches eine wirkungsvolle Entscheidungshilfe für Alltagssituationen in der therapeutischen Praxis gegeben werden. Fundierte Kenntnisse über die zugrunde liegenden Wirkungsmechanismen sollen den Dialog mit dem verordnenden Arzt bereichern und zu einer Optimierung der Indikationsstellung beitragen. Sie werden in ausführlichen Theorie-Kapiteln verständlich dargelegt. Dem Leser soll durch „Lernziele“ am Beginn und „Zusammenfassungen“ am Ende eines Kapitels eine Fokussierung auf die Essentials erleichtert werden. Wichtige Informationen werden durch optische Kästen als „Memo“ und Warnungen unter „Vorsicht“ hervorgehoben. Ferner kann das Erlernte durch die unter „Überprüfen Sie Ihr Wissen“ formulierten Fragen im Hinblick auf eine optimale Prüfungsvorbereitung rekapituliert werden. Auch der erfahrene Praktiker kann auf unsere „Basics“ zurückgreifen, wenn er sein Wissen auffrischen und aktualisieren möchte. Zudem bietet die Reihe das nötige Know-how, um sich die praxisrelevanten Grundlagen für verschiedene Spezialgebiete aneignen zu können. Dies gilt auch für Studenten der Bachelor-Studiengänge für Physiotherapeuten. Um die Buchreihe optimal auf die Bedürfnisse von Schülern und Studierenden ausrichten zu können, wurde ein Schülerbeirat in die Planung eingebunden. An dieser Stelle möchten wir Martin Müller, Alice Kranenburg (Rudolf-Klapp-Schule, Marburg), Silvia Weber, Martin Dresler, Eva Maria Plack (IFBE, Marburg) sowie Antonia Stieger für ihre konstruktive Mitarbeit danken. Udo Wolf Frans van den Berg Bernard C. Kolster
XI
Vorwort
Wo würde die Physiotherapie zur Zeit stehen, wenn es James Cyriax nicht gegeben hätte? Das ist sicherlich eine berechtigte Frage, denn er lehrte uns die Grundlagen der Untersuchung des Bewegungsapparates und ermöglichte uns somit, auf relativ einfache Weise zu einer Diagnose zu kommen. Die Systematik innerhalb seiner Untersuchungsgänge erlaubt es uns, über die Durchführung von aktiven und passiven Bewegungen und gezielt ausgewählte Zusatztests sowie durch ein einfaches Ausschlussverfahren die betroffene Struktur zu identifizieren. Cyriax selbst hat immer gesagt, dass die Untersuchung das wichtigste Element in der Behandlung von Beschwerden am Bewegungsapparat darstellt. Nur wenn man gut untersuchen und die betroffene Struktur genau erkennen und identifizieren kann, ist man auch in der Lage, eine gezielte Behandlung durchzuführen. Zudem war er der Meinung, dass nur eine anatomisch genau lokalisierte Behandlung zum gewünschten Therapieziel führen kann. Seine Erklärungsmodelle sind stark anatomisch und mechanisch orientiert und gehen sicherlich an neueren und/oder anderen Erklärungsmodellen wie energetischen, reflextherapeutischen und sonstigen Modellen vorbei. Weil sich die Erkenntnisse in der Medizin bzw. der Physiotherapie seit der Entwicklung des CyriaxKonzeptes stark weiterentwickelt haben, wurden in diesem Buch auch andere, neuere Untersuchungs- und Behandlungsmöglichkeiten mit aufgenommen. Das Zustandekommen eines Buches, insbesondere wenn es von mehr als einem Autor geschrieben wird, braucht eine optimale Zusammenarbeit und Abstimmung sowie ein offenes Ohr und geistige Kapazitäten für die Ideen, Wünsche und Vorstellungen des anderen. Wir glauben und hoffen, dass es uns – vor allem auch durch die gute, konstruktive und liebevolle redaktionelle Betreuung von Sylvia Malarczuk und Sabine Poppe vom KVM-Verlag – gelungen ist, einen erkennbaren roten Faden in dieses Buch zu bringen. Zudem hoffen wir, dass es den Studenten in der Physiotherapieausbildung, aber auch unseren Kollegen in der täglichen Praxis eine Hilfe und Unterstützung sein wird.
XII
Wir bedanken uns ganz herzlich bei unserem „Fotomodell“, unserer geschätzten Kollegin und Freundin Kathrin Lindel sowie beim Fotografen Martin Kreutter für seine tolle Arbeit und vor allem auch für seine Geduld im Hinblick auf unsere sich ändernden Ideen und Wünsche. Sehr viel Dank geht an unsere Familien, die uns stimuliert und unterstützt haben, vor allem für das Verständnis, das sie für unsere immer wiederkehrende körperliche sowie die noch häufigere geistige Abwesenheit gezeigt und aufgebracht haben.
Haiger/Zell am Moos, September 2006
Matthias Löber Frans van den Berg
XIII
Inhalt
1
Die klassische Cyriax-Therapie 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5
2
3
James Cyriax und sein Einfluss auf die Physiotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schmerzentstehung/Referred pain . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Techniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wirkungsmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Indikationen und Kontraindikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 2 4 6 12 17
Untersuchung
21
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8 2.9 2.10 2.11 2.12 2.13 2.14 2.15 2.16 2.17
22 22 31 31 34 36 47 48 55 56 61 65 66 73 75 85 87
Untersuchungsprinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anamnese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inspektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Basisfunktionsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Untersuchungsschema Schulter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktionstests für die Schulter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Untersuchungsschema Ellenbogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktionstests für den Ellenbogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Untersuchungsschema Hand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktionstests für die Hand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktionstests für die Finger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Untersuchungsschema Hüfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktionstests für die Hüfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Untersuchungsschema Knie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktionstests für das Knie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Untersuchungsschema Fuß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktionstests für den Fuß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Befundinterpretation 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5
97
Interpretationsfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 Fallbeispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 Interpretation der Widerstandstests . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 Die Probebehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 Befundinterpretationshilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
XIV
4
Behandlung 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 4.7 4.8
5
Fallbeispiele 5.1 5.2 5.3 5.4 5.4 5.5
6
Prinzipien der Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Behandlungsaufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schulter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ellenbogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hüfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Knie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fuß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Die schmerzhafte Schulter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Tennisellenbogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das schmerzhafte Handgelenk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die eingeschränkte Hüfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das instabile Knie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Akutes Inversionstrauma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Anhang 6.1 6.2 6.3 6.4
Kontaktadressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kopiervorlage Körperkarte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
111 112 119 120 125 132 138 142 154
169 170 173 177 180 183 186
189 190 191 193 195
XV
Abkürzungen ABD ACG ADD AM AR ASTE BL BWS CMC
Abduktion Akromioklavikulargelenk Adduktion Außenmeniskus Außenrotation Ausgangsstellung Bauchlage Brustwirbelsäule Karpometakarpalgelenk/e, am Daumen: Sattelgelenk Computertomographie zervikothorakaler Übergang Differenzialdiagnostik Dorsalextension distales Interphalangealgelenk/e Distales Radioulnargelenk Ellenbogengelenk End of Range, Bewegungsende Endstellung Extension Flexion Glenohumeralgelenk, Articulatio humeri Hüftgelenk Humeroradialgelenk Humeroulnargelenk Halswirbelsäule Innervation Interkostalraum bzw. Interkostalräume Innenmeniskus Interphalangealgelenk, Articualtio/nes interphalangealis/les Innenrotation Illiosakralgelenk, Articulatio iliosacralis Kniegelenk Lateralflexion Ligamentum, Ligamenta Lendenwirbelsäule Musculus, Musculi
CT CTÜ DD DE DIP DRUG EBG EoR ESTE EXT FLEX GHG HG HRG HUG HWS I ICR IM IPG IR ISG KG LF Lig., Ligg. LWS M., Mm.
Legende ▼
passive Bewegung durch den Therapeuten
Fixation (durch den Therapeuten)
▼
aktive Bewegung des Patienten
MCP
metakarpophalangeales Gelenk/e, Articulatio/nes metacarpophalangealis/les MT Metatarsus MTP metatarsophalangeales Gelenk/e, Articulatio/nes metatarsophalangealis/les N., Nn. Nervus, Nervi OSG oberes Sprunggelenk, Atriculatio talocruralis P Patient P. A. Painful Arc, schmerzhafter Bogen PIP proximales Interphalangealgelenk/e PKB Prone Knee Bend Proc, Procc. Processus, Processus PRUG Proximales Radioulnargelenk QF Querfriktion R., Rr. Ramus, Rami RD Radialduktion Rg. Region R. P. Referred pain, übertragener Schmerz ROM Range of Motion, Bewegungsausmaß ROT Rotation PRUG Proximales Radioulnargelenk/e SCG Sternoklavikulargelenk SIAS Spina iliaca anterior superior SL Seitenlage SLR Straight leg raising SPP symptomprovozierende Position T Therapeut TLÜ thorakolumbaler Übergang TOK Thoracic outlet-Kompressionssyndrom typ. S. typischer Schmerz UD Ulnarduktion ÜD Überdruck ULNT Upper limb neural tension USG unteres Sprunggelenk WS Wirbelsäule VF Volarflexion WT Widerstandstest ZNS zentrales Nervensystem
Anatomische Nomenklatur (Nomica anatomica)
Rumpf (inkl. Schulter und Hüfte):
Untere Extremität:
kranial kaudal dorsal ventral medial lateral
proximal distal posterior anterior tibial fibular
– – – – – –
oben unten hinten vorne innen außen
Obere Extremität: proximal distal posterior anterior ulnar radial
– – – – – –
oben unten hinten vorne innen außen
proximal
–
distal dorsal plantar tibial fibular
– – – – –
oben (Richtung Unterschenkel) unten (Richtung Zehen) Richtung Fußrücken Richtung Fußsohle innen außen
Fuß:
– – – – – –
oben unten hinten vorne innen außen
proximal distal dorsal volar/palmar
– – – –
ulnar radial
– –
oben (Richtung Unterarm) unten (Richtung Finger) Richtung Handrücken Richtung Handinnenfläche innen außen
Hand:
1 Die klassische Cyriax-Therapie Frans van den Berg 1.1 1.1.1 1.1.2 1.2 1.3 1.3.1 1.3.2 1.3.3 1.3.4 1.3.5 1.3.6 1.3.7 1.3.8 1.3.9 1.3.10
James Cyriax und sein Einfluss auf die Physiotherapie – 2 Die Gründung der IFOMT (International Federation of Orthopaedic Manipulative Therapists) – 3 Weitere Entwicklung – 4 Schmerzentstehung/Referred pain – 4 Techniken – 6 Einführung – 6 Manipulation von freien Gelenkkörpern – 6 Mobilisation von Gelenken – 6 Manipulation der Wirbelsäule – 7 Infiltrationen – 7 Friktionsmassage – 8 Weichteilmanipulation – 9 Manipulationsbehandlung der Extremitätengelenke – 9 Gelenkbehandlung an den Extremitäten – 10 Behandlung der Wirbelsäule – Traktion/Manipulation – 10
1.4 1.4.1 1.4.2 1.4.3 1.4.4
Wirkungsmechanismen – 12 Mechanische Wirkung – 12 Biochemische Wirkung – 13 Neuroreflektorische Wirkung – 15 Sonstige Wirkungsmodelle – 16
1.5 1.5.1 1.5.2
Indikationen und Kontraindikationen Indikationen – 17 Kontraindikationen – 18
– 17
2
1
Kapitel 1 · Die klassische Cyriax-Therapie
1.1
James Cyriax und sein Einfluss auf die Physiotherapie LERNZIELE
Kenntnisse über • Grundlagen und Philosophie des Cyriax-Konzepts • die Rolle von James Cyriax bei der Entwicklung der Physiotherapie und Manuellen Therapie • die Entwicklung des Cyriax-Konzepts • das Phänomen Referred pain (fortgeleiteter Schmerz)
James Cyriax (1904–1985) war ein englischer Orthopäde und im St. Thomas Hospital in London tätig. Im Rahmen seiner Tätigkeit als orthopädischer Chirurg wurde er während seiner Arbeit immer wieder mit der Tatsache konfrontiert, dass die Ergebnisse der bildgebenden Verfahren, zu dieser Zeit nur das Röntgen, nicht immer mit den Beschwerden der Patienten korrelierten. So gab es z. B. immer wieder Patienten mit unauffälligen Röntgenbildern, die aber trotzdem über Beschwerden und Schmerzen am Bewegungsapparat klagten. Bei diesen Patienten gab es dann Schwierigkeiten, eine klare Diagnose zu stellen. Aus diesem Grund fing Cyriax an, sich Gedanken darüber zu machen, wie man auch bei solchen Patienten zu einer Diagnose kommen kann. Er begründete die Orthopädische Medizin (Orthopaedic medicine), die 1929 ihren Namen bekam. Cyriax benötigte ca. zwölf Jahre, um sein diagnostisches System zu entwickeln, welches er auch als sein Lebenswerk bezeichnete. Danach kostete es ihn noch einmal mehrere Jahre, bis er für die verschiedenen Diagnosen eine effektive Therapie erarbeitet hatte. Eins der Probleme, mit denen er während dieser Zeit konfrontiert wurde, war die Tatsache, dass die Symptome, die vom Patienten irgendwo im Bewegungsapparat gespürt und angegeben wurden, häufig nicht auf lokale Veränderungen zurückzuführen waren. Es war das Anliegen von Cyriax, dass der Patient den langen und teuren Weg über viele Ärzte, Krankenhäuser und letztendlich alternative Mediziner bzw. „Laien“ nicht mehr zu gehen brauchte. Zudem wollte er den Patienten überflüssige Operationen und den Weg in die „Laienmedizin“, die häufig zu Fehldiagnosen und damit verbundenen Fehlbehandlungen führte, ersparen. Durch die allgemein schlechte Diagnostik kam es für viele Patienten zu langen
Perioden, in denen sie berufs- und/oder sportunfähig waren. Nach Meinung von Cyriax sollte die Orthopädische Chirurgie nicht in Konkurrenz zu der Orthopädischen Medizin stehen, vielmehr sollten sie einander ergänzen. Er war der Meinung, dass eine Operation erst in Erwägung gezogen werden sollte, wenn die konservative Therapie erfolglos war.
Abb. 1.1. James Cyriax bei einer Manipulation der Halswirbelsäule.
Cyriax lehrte, in der Untersuchung systematisch vorzugehen, nicht zu viele Tests anzuwenden und vor allem anatomisch zu denken. Er war davon überzeugt, dass das Untersuchen von Patienten nichts anderes ist als angewandte Anatomie. Der Therapeut müsse einfach bei jeder Bewegung, bei jedem Test daran denken, welche anatomischen Strukturen in diesem Moment belastet werden. Nur auf diese Weise sei er nach der Untersuchung in der Lage, die schmerzhaften Bewegungen bzw. Strukturen zu analysieren. Das Analysieren der positiven Befunde der Untersuchung wird in diesem Buch BefundInterpretation genannt. Auf diese Weise ist der Therapeut in den meisten Fällen in der Lage, nach der Untersuchung eine genaue „anatomische“ Diagnose zu stellen, damit die betroffenen Strukturen identifiziert und gezielt behandeln werden können. Cyriax war gegenüber der Physiotherapie in ihrer Gesamtheit sehr positiv eingestellt. Viele Physiotherapeuten lernten in Kursen seine Untersuchungs- und Behandlungstechniken. Auch seine Infiltrationstechniken demonstrierte er Ärzten und Physiotherapeuten gleichermaßen.
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1.1 · James Cyriax und sein Einfluss auf die Physiotherapie
Die Tatsache, dass er Physiotherapeuten in seinen Kursen z. B. auch zu Manipulationstechniken der Wirbelsäule anleitete, führte dazu, dass Cyriax vom Englischen Orthopädenverband ausgeschlossen wurde. Er war allerdings der Meinung, dass man insbesondere Physiotherapeuten, die in ihrem Beruf mit den Händen tätig sind, alle effektiven Behandlungsmethoden lehren sollte, also auch Manipulationstechniken (⊡ Abb. 1.1). Dabei war er aber stets der Ansicht, dass diese Behandlungen von Ärzten überwacht werden sollten, da sie die Überweisung des Patienten zum Physiotherapeuten vornehmen. Es war Cyriax sehr wichtig, dass der Patient nicht zu „Laienmanipulatoren” ging, zu denen er auch Osteopathen und Chiropraktoren rechnete. Er war davon überzeugt, dass seine Behandlungs- und Manipulationstechniken sowohl sehr effektiv als auch sehr einfach zu erlernen sind. Cyriax hatte kein Verständnis für Osteopathen und Chiropraktoren, die behaupteten, dass solche Techniken nur über viele Jahre mühsam erarbeitet werden könnten. Zudem fand er die Techniken der Osteopathen nicht effektiv genug und zweifelte stark an der Diagnostik der Chiropraktoren. Cyriax sagte über sich selbst, dass er die Massage nicht erfunden habe, sondern lediglich eine Technik aus der Massage hervorgehoben habe, mit der seiner Meinung nach auch Physiotherapeuten ein betroffenes Gewebe genau und gezielt behandeln können. Auch die Manipulation und die Traktion wurden nicht von Cyriax erfunden. Er hat allerdings erarbeitet, wann diese Techniken am effektivsten eingesetzt werden können. Cyriax war für viele Physiotherapeuten, die mittlerweile Rang und Namen haben, und die in vielen Fällen sogar sehr bekannt und berühmt geworden sind, die erste Anlaufstelle für deren Weiterbildung. Einige seiner ehemaligen Studenten waren z. B. Freddy Kaltenborn, Stanley Paris, David Lamb, Chris Fowler und noch viele andere. Auch ich hatte damals das große Vergnügen, James Cyriax persönlich kennenzulernen und von ihm selber über seine Techniken, Ideen, Gedanken und Überlegungen zu hören. Cyriax hatte anderen Therapien gegenüber eine klare Meinung. So fand er Manuelle Therapie überflüssig, obwohl er sich darüber nur selten negativ äußerte. Er war sich sicher, dass man mit seinen Behandlungstechniken alle bei Patienten auftretenden Beschwerden ausreichend behandeln kann, was spezifische und schwierig erlernbare Behand-
lungstechniken, wie sie in der Manuellen Therapie benutzt werden, überflüssig macht. Zum Thema Hypermobilität der Wirbelsäule hatte er die klare Meinung, dass so etwas nicht existiert. Mit der Osteopathie war Cyriax regelrecht auf Kriegsfuß, er hatte dafür in meiner Anwesenheit nie ein gutes Wort übrig.
1.1.1
Die Gründung der IFOMT (International Federation of Orthopaedic Manipulative Therapists)
1967 hatte Stanley Paris (Physiotherapeut aus Neuseeland) die Idee, einen internationalen Verein für Manuelle Therapie zu gründen. In diesem Jahr war Geoffrey Maitland (Physiotherapeut aus Australien) in London, um dort einen Kurs abzuhalten. Paris lud auch Freddy Kaltenborn nach London ein und es kam in der Cafeteria eines Londoner Krankenhauses zu einem Treffen zwischen Maitland, Kaltenborn, Gregory Grieve (Manualtherapeut aus Großbritannien) und Paris, bei dem über die Zukunft der Manuellen Therapie diskutiert wurde. Später kam es während des Treffens des WCPT (Weltverband der Physiotherapie) in Amsterdam 1970 zu einem weiteren Gespräch, nach dem eine Interimkommission der IFOMT (Weltverband der Manuellen Therapie) einberufen wurde. 1973 organisierte Freddy Kaltenborn einen 4-wöchigen Kurs auf Gran Canaria. Während der ersten zwei Wochen wurden die Mobilisations- und Manipulationstechniken der Extremitäten und der Wirbelsäule durchgearbeitet und vertieft. In den folgenden zwei Wochen gab es dann Unterricht von Ärzten wie Prof. Harald Brodin aus Schweden, Dr. Allan Stoddard aus Großbritannien, Dr. Herbert Frisch aus Deutschland sowie auch von James Cyriax. Im Anschluss an diesen Kurs wurde eine schriftliche und praktische Prüfung von den lehrenden Ärzten abgehalten. An diesem Kurs nahmen 74 Therapeuten aus zwölf verschiedenen Ländern teil. Für die praktische Prüfung wurden nur ein bis zwei Therapeuten pro Land zugelassen, die dann später den Standard des IFOMT gewährleisten und weitere Prüfungen in ihrem Land vornehmen sollten. Nach dieser Prüfung wurden die Länder Australien, Kanada, Dänemark, Finnland, Niederlande, Neuseeland, Südafrika, Norwegen, Schweden, Großbritannien und die USA als Mitglieder des Verbands akzeptiert. Allerdings erreichten nur sechs Länder während der Prüfung den verlangten Standard der Ausbildung. Dies waren Australien, Nieder-
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Kapitel 1 · Die klassische Cyriax-Therapie
lande, Norwegen, Neuseeland, Schweden und Großbritannien. Sie erlangten somit die volle Mitgliedschaft in der IFOMT und stellten auch die Mitglieder des Vorstands sowie der Ausbildungskommission. Somit war Cyriax, obwohl er eigentlich kein Befürworter der Manuellen Therapie war, an der Gründung der IFOMT beteiligt. Er hatte ein großes Interesse daran, dass für Physiotherapeuten ein internationaler Standard für die Untersuchung und Behandlung des Bewegungsapparates festgelegt wurde. Außerdem gehörten seine Techniken zum Unterrichts- und Prüfungsstoff der IFOMT.
1.1.2
Weitere Entwicklung
Cyriax hat über Jahre sehr viele Physiotherapeuten in seinen Techniken unterrichtet. Einige absolvierten bei ihm eine Ausbildung bis zum Cyriax-Instruktor, um dann in eigener Regie Cyriax-Kurse durchzuführen. Dazu gehören z. B. Freddy Kaltenborn, Dos Winkel und Bob de Coninck, die vor allem im deutschsprachigen Raum bekannt sind, weil sie dort viele Kurse abhielten. Diese Cyriax-Instruktoren bildeten später selbst Schüler zu Instruktoren aus. Einige in Deutschland bekannte Namen sind Omer Mattheis und Didi von Paridon (Gruppe Dos Winkel), Steven de Coninck (Gruppe Bob de Coninck). Ich selbst wurde vor vielen Jahren von Freddy Kaltenborn ausgebildet und von ihm befähigt, die Techniken von Cyriax weiter zu unterrichten.
Seiner Meinung nach liegt die Ursache in einer Missinterpretation des sensorischen Kortex. Das bedeutet, der sensorische Kortex verspürt und registriert Schmerzen, die aber nicht von einer lokal verletzten Struktur stammen. Heutzutage geht man davon aus, dass dieses Schmerzempfinden auf Veränderungen im Hinterhorn beruht, die durch eine Sensibilisierung der Wide dynamic range cell (WDRC) verursacht werden (⊡ Abb. 1.2).
MEMO Die Wide dynamic range cell sind Zellen im Hinterhorn, die mehrere Laminae des Hinterhorns durchkreuzen und verbinden.
Durch diese Sensibilisierung werden alle Reize, die in das Hinterhorn gelangen, als Schmerz weitergeleitet, also auch Reize von Strukturen, die eigentlich völlig schmerzfrei sind. Für weitere Informationen zu diesem Thema verweisen wir auf die beiden Bücher: „Angewandte Physiologie, Band 4 – Schmerzen verstehen und beeinflussen” (van den Berg 2003) und „Textbook of Pain” (Melzack u. Wall 2005). Aα-Faser C-Faser Aγ-Faser II
1.2
Schmerzentstehung/Referred pain
Cyriax stellte bereits sehr früh fest, dass es immer wieder Patienten gibt, die Beschwerden irgendwo im Bewegungsapparat verspüren, welche aber nicht auf eine lokale Veränderung im Gewebe zurückzuführen sind. Er bezeichnete dieses Phänomen als Referred pain (fortgeleiteter Schmerz) und Referred tenderness (fortgeleitete Empfindlichkeit).
V
Nervenfasern zum ZNS Abb. 1.2. Das Hinterhorn wird in sechs Laminae unterteilt. Die WDRC befindet sich in den Laminae 2–5.
1.2 · Schmerzentstehung/Referred pain
ZUSAMMENFASSUNG • James Cyriax war ein englischer Orthopäde, der in London im St. Thomas Hospital tätig war. • Die Orthopädische Medizin wurde von Cyriax entwickelt, um auch bei Patienten mit unauffälligen Röntgenbildern zu einer Diagnose kommen zu können. • Er stand vor dem Problem, dass lokale Beschwerden im Bewegungsapparat des Patienten nicht immer auf lokale Veränderungen hindeuten. • Orthopädische Medizin und Orthopädische Chirurgie sollten einander ergänzen. • Die Untersuchung des Bewegungsapparates beruht auf einer anatomischen Analyse der durchgeführten Bewegungen bzw. Tests (angewandte Anatomie). • Cyriax hat die Entwicklung der Physiotherapie und der Manuellen Therapie stark geprägt und beeinflusst. Er hat mit dazu beigetragen, dass ein internationaler Standard für die Manuelle Therapie erarbeitet wurde. • Im Laufe der Jahre bildete er viele Therapeuten aus, die seine Techniken und Theorien weiter unterrichteten und entwickelten. • Die Tatsache, dass manchmal Schmerzen in der Peripherie gespürt werden, obwohl dort keine lokale Gewebeschädigung vorhanden ist, bezeichnet er als Referred pain. Dieser beruht nach Meinung von Cyriax auf einer Missinterpretation des sensorischen Kortex.
ÜBERPRÜFEN SIE IHR WISSEN • Was war der Anlass für Cyriax, sein Konzept zu entwickeln? • Welchen Einfluss hatte Cyriax auf die Entwicklung der Manuellen Therapie? • Wie erklärt Cyriax das Phänomen Referred pain?
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Kapitel 1 · Die klassische Cyriax-Therapie
1.3
Techniken LERNZIELE
Kenntnisse über • die verschiedenen Behandlungsmethoden im Cyriax-Konzept • Einsatzmöglichkeiten der verschiedenen Techniken • Grenzen der verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten • die Möglichkeiten und Grenzen der Gelenkmobilisation wie sie von Cyriax durchgeführt wurde • Veränderungen im Bindegewebe während einer Ruhigstellung • den Unterschied zwischen harten und weichen Protrusionen • Behandlungsmöglichkeiten bei harten und weichen Protrusionen • Möglichkeiten und Grenzen der Durchführung einer Manipulation an der Wirbelsäule
1.3.1
Einführung
Wie aus der Biographie ersichtlich, war Cyriax als nicht operierender Orthopäde tätig, der sich jeden Tag mit Patienten, die Beschwerden am Bewegungsapparat hatten, beschäftigte. Seine Hauptaufgabe war primär die Befundung der Patienten, die Diagnosestellung und die Therapieplanung. Viele Therapien, die von Cyriax im Therapieplan als sinnvoll bzw. als notwendig erachtet wurden, führte er aber nicht selbst durch. Er überließ einen großen Teil der Behandlungen Physiotherapeuten. Vor allem Behandlungen, die viel Zeit benötigten, wurden von Physiotherapeuten durchgeführt, so z B. Friktionsbehandlungen, Mobilisationen oder Traktionsbehandlungen der Wirbelsäule. Behandlungen, die Cyriax selbst an seinen Patienten durchführte, waren vor allem die Infiltrationen mit schmerzhemmenden und/oder entzündungshemmenden Medikamenten. Zudem führte er häufig auch die notwendigen Manipulationstechniken durch, obwohl auch diese in vielen Fällen an Physiotherapeuten delegiert wurden. Man muss sich natürlich immer klar vor Augen halten, in welcher Zeit Cyriax gelebt und gearbeitet hat und welche Behandlungsmöglichkeiten damals zur Verfügung standen. Weil sich seitdem vieles in der Medizin und in der
Physiotherapie entwickelt und verbessert hat, sind sicherlich einige der Techniken, die Cyriax, zum Teil gezwungenermaßen, verwendet hat, mittlerweile überholt und durch bessere Behandlungsmöglichkeiten ersetzt worden. In diesen Fällen ist es nicht sinnvoll, sich dogmatisch an die traditionellen Techniken zu klammern. In diesem Buch werden demnach auch immer wieder alternative Behandlungstechniken vorgestellt, die nicht von Cyriax selbst stammen, die aber mit dem Wissen der heutigen Zeit sinnvoller, besser und auch oft weniger risikoreich sind.
1.3.2
Manipulation von freien Gelenkkörpern
Einige Techniken von Cyriax haben heute einen immer kleineren Indikationsbereich, etwa die Manipulation von freien Gelenkkörpern: Bei dieser Behandlungstechnik versucht man, durch die Durchführung von schnellen Rotationsbewegungen unter gleichzeitiger starker Traktion im Gelenk, den eingeklemmten freien Gelenkkörper zwischen den Gelenkflächen wegzubewegen. Diese Behandlungstechnik kann man sicherlich auch heutzutage noch verwenden und ist damit möglicherweise auch noch immer sehr erfolgreich. Wenn die Beschwerden aber häufig rezidivieren, dann ist es wahrscheinlich sinnvoller, den freien Gelenkkörper operativ entfernen zu lassen, vor allem weil Schädigungen der Knorpelflächen durch freie Gelenkkörper nicht auszuschließen sind. Zu Lebzeiten von Cyriax bedeutete dies aber, dass man das Gelenk komplett öffnen musste, um den freien Gelenkkörper entfernen zu können, was natürlich entsprechende Risiken mit sich brachte. Heutzutage würde man solch eine Operation arthroskopisch durchführen, was natürlich viel weniger invasiv und viel weniger gefährlich ist. Gleiches gilt für Manipulationen von eingeklemmten Menisken.
1.3.3
Mobilisation von Gelenken
Cyriax, bzw. seine Schüler bewegten für die Mobilisation von eingeschränkten Gelenken das Gelenk passiv in die eingeschränkte Richtung durch, wie das damals in der Orthopädie sowie in der Physiotherapie gängig war. Heutzutage ist klar, dass bei solchen angulären Bewegungen sehr viel Stress auf die Knorpelflächen sowie auf den Kapsel-Band-Apparat ausgeübt wird. Dies in Kombination mit der Tatsache, dass die Belastbarkeit dieser Strukturen nach Ruhigstellungen extrem herabgesetzt ist, ver-
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1.3 · Techniken
größert die Gefahr von Verletzungen. Demzufolge wählt man heutzutage in der Physiotherapie für die Behandlung eingeschränkter Gelenke eher Techniken aus der Manuellen Therapie. Andererseits ist die Notwendigkeit für solche Behandlungsformen deutlich geringer geworden, da Gelenke in der heutigen Zeit seltener und vor allem viel kürzer ruhiggestellt werden.
1.3.4
Manipulation der Wirbelsäule
Auch die von Cyriax verwendeten Manipulationstechniken an der Wirbelsäule sind nach heutigem Kenntnisstand zu gefährlich, zu risikoreich und zu unspezifisch. Deshalb sind Techniken aus der Manuellen Therapie empfehlenswerter. Diese sind weitaus spezifischer und damit sicherer und in den meisten Fällen auch effektiver. Grundsätzlich muss man aber zum Thema Manipulation der Wirbelsäule sagen, dass diese Form der Behandlung erst nach einer ausführlichen Ausbildung im Bereich der Manuellen Therapie durchgeführt werden sollte. Hier empfiehlt es sich, eine so genannte OMT-Ausbildung (Orthopädische Manuelle Therapie) zu absolvieren, die einer international anerkannten Ausbildung in Manueller Therapie nach IFOMT-Standard entspricht. Trotz der Anwendung dieser risikoreichen Manipulationstechniken sind von Cyriax keine negativen Therapiezwischenfälle bekannt.
1.3.5
Infiltrationen
Cyriax führte im Rahmen der Therapie sehr häufig Infiltrationen mit entzündungs- und/oder schmerzhemmenden Medikamenten durch (⊡ Abb. 1.3). Diese Infiltrationen setzte er zum Teil auch diagnostisch in der Untersuchung ein. Wenn nach der Basisfunktionsprüfung nicht klar ersichtlich war, welche Struktur bei dem jeweiligen Patienten betroffen war, weil man z. B. zwei Strukturen klinisch nicht klar voneinander unterscheiden konnte, wurde anschließend eine der in Frage kommenden Strukturen mit einem schmerzhemmenden Medikament infiltriert. War nach der Infiltration der schmerzhafte Test aus der Basisfunktionsprüfung negativ, dann wusste man, dass die infiltrierte Struktur die betroffene war. War der Test danach noch immer schmerzhaft, so wusste man, dass die nicht infiltrierte Struktur die geschädigte sein musste.
ZUSAMMENFASSUNG • Bei eingeklemmten freien Gelenkkörpern bzw. Menisken können Manipulationen durchgeführt werden, um die Einklemmung und damit die Bewegungseinschränkung zu beseitigen. • Typische Merkmale dieser Manipulationen sind eine starke Traktion im Gelenk in Kombination mit Rotationsbewegungen. • Zur Mobilisation eingeschränkter Gelenke hat Cyriax die Gelenke passiv durchbewegt. • An der Wirbelsäule führte Cyriax bei bestimmten Indikationen Manipulationen durch, die sehr stark und multisegmental waren. Sie waren nicht sehr spezifisch und konnten demzufolge sehr belastend für die Strukturen sein.
Abb. 1.3. Infiltration der Insertion des M. supraspinatus
Beispiel: Der Widerstandstest in Abduktion im Schultergelenk tut dem Patienten weh. Es könnte sich hier z. B. um eine Affektion der Supraspinatusinsertion bzw. der Sehne und/oder der Bursa subacromiale handeln. Die Insertion des M. supraspinatus wird infiltriert und anschließend der Widerstandstest wiederholt. Ist dieser Test jetzt nicht mehr schmerzhaft, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass der M. supraspinatus die betroffene Struk-
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Kapitel 1 · Die klassische Cyriax-Therapie
tur ist. Ist der Test noch immer schmerzhaft, so handelt es sich sehr wahrscheinlich um einen Affektion der Bursa. Cyriax konnte großartig infiltrieren, besaß eine sehr gute Technik und hatte vor allem ein fabelhaftes, dreidimensionales, anatomisches Wissen. Er infiltrierte mit der Nadel seiner Spritze in den meisten Fällen nur dann, wenn er mit ihr eine Stelle lokalisieren konnte, bei der der Patient seinen typischen Schmerz verspürte. An so einer Stelle infiltrierte er dann etwas Medikament und suchte danach die nächste schmerzhafte Stelle. Wenn er keine weitere schmerzhafte Stelle fand, entfernte er die Nadel, ob die Spritze nun leer war oder nicht. Bei der Behandlung von Bursitiden erscheint das Aufsuchen schmerzhafter Stellen sehr sinnvoll und empfehlenswert, da Bursen manchmal auf Kammern verteilt sein können. Es könnte jetzt im ungünstigen Fall passieren, dass man in eine Kammer infiltriert, in der keine Entzündung bzw. Irritation vorhanden ist. In diesem Fall würde der Patient nach der Infiltration keine Verbesserung spüren, da der betroffene Bereich nicht infiltriert wurde. Hier kann man zu einem aussagekräftigen Ergebnis kommen, indem man – wie von Cyriax propagiert – mit der Nadel nach schmerzhaften Stellen sucht und nur dann infiltriert, nachdem solch eine Stelle gefunden wurde.
VORSICHT Die große Gefahr bei allen Infiltrationen ist zum einen das Risiko eines bakteriellen Infekts und zum anderen die Möglichkeit einer allergischen Reaktion auf das verwendete Medikament. Dies wäre besonders in einer physiotherapeutischen Praxis eine sehr gefährliche Situation!
ZUSAMMENFASSUNG • Cyriax verwendete in seiner Therapie sehr häufig Infiltrationen mit entzündungs- und schmerzhemmenden Medikamenten. • Diese Infiltrationen wurden zum Teil auch diagnostisch eingesetzt. • Das Medikament soll nur an den Stellen gespritzt werden, an denen die lokalen Beschwerden des Patienten reproduziert werden können.
1.3.6 Cyriax war der Meinung, dass man die Nadel sehr schnell aus dem Gewebe entfernen sollte, damit die Flüssigkeit nicht durch den Einstichkanal nachfließen kann. Er benutzte überwiegend ein Lokalanästhetikum in Kombination mit Kenacort® (Triamsinolon), einen steroidalen Entzündungshemmer. Allerdings warnte er immer wieder davor, solche Infiltrationen nicht bei Sportlern im Bereich von Sehnen, Bändern bzw. deren Insertionen anzuwenden, da dann die Gefahr einer Totalruptur extrem groß ist.
VORSICHT Das Durchführen von Infiltrationen verlangt ein sehr gutes anatomisches Wissen, welches erlernt und immer wieder geübt werden muss, wie fast alles, was man später als Therapeutikum bei Patienten einsetzen möchte.
Infiltrationen werden in den meisten Ländern nicht von Physiotherapeuten, sondern von Ärzten durchgeführt. Nur in einigen Ländern ist diese Behandlungsform auch Physiotherapeuten erlaubt, so z. B. in Großbritannien. Auch dort sind aber nur bestimmte Infiltrationen zugelassen.
Friktionsmassage
Das Urteil von Cyriax über das Thema Massage war ziemlich vernichtend. Seiner Meinung nach war Massage ein reines Verwöhnen ohne jeglichen therapeutischen Nutzen. Die Tatsache, dass im Rahmen der Cyriax-Therapie gerade die Friktionsbehandlung als eine der vielen Techniken aus der klassischen Massage so bekannt geworden ist und so häufig verwendet wird, hat folgenden Grund: Cyriax hatte bei dieser Behandlungsform das Gefühl, dass Physiotherapeuten hierdurch einen ähnlichen Effekt wie er selbst mit einer Infiltrationsnadel erreichen können. Er war der Ansicht, dass mit der Friktionstechnik auch Physiotherapeuten anatomisch genau und in der Tiefe betroffene Strukturen behandeln können (⊡ Abb. 1.4). Aus diesem Grund nannte Cyriax diese Behandlungstechnik Deep frictions (tiefe Friktionen). Auf diese Idee kam er vermutlich aufgrund der Tatsache, dass man mit einem lokalen Druck, der auf der anatomisch richtigen Stelle durchgeführt wird, genau die typischen Symptome des Patienten reproduzieren kann. Es ist sicherlich richtig, dass man mit Druck auch Gewebestrukturen in der Tiefe mechanisch reizen bzw. irritieren kann. Ob und wie aber die Friktionsbehandlung auch therapeutische Effekte tief in der betroffenen Struktur be-
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1.3 · Techniken
Abb. 1.4. Friktion der langen Bizepssehne
zerstören bzw. zu zerreißen. Ob dies wirklich passiert, ist eher fraglich (⊡ Wirkungsmechanismen, S. 12 ff.). Cyriax führte diese Weichteilmanipulation bei chronischen Affektionen von Insertionen, Sehnen und Bändern durch. Bei akuten Verletzungen werden verständlicherweise keine Weichteilmanipulationen durchgeführt, weil dadurch die Verletzung nur vergrößert wird. Eine andere Möglichkeit der Weichteilmanipulation ist die Manipulation der Sehnenscheide. Hierbei werden die Blätter der Sehnenscheide durch einen Traktionsimpuls im Gelenk mobilisiert, da hierdurch eine weitere Bewegung zwischen den Blättern erzeugt wird.
wirken kann, ist eine berechtigte Frage (⊡ Wirkungsmechanismen, S. 12 ff.). In der Literatur von Cyriax, z. B. in Band 2 des „Textbook of Orthopaedic Medicine“ (1982), sieht man immer wieder Bilder, auf denen Patienten bei Friktionen von bestimmten anatomischen Strukturen in einer typischen Ausgangsposition abgebildet werden. Diese Ausgangspositionen wurden vor allem gewählt, damit der Patient während einer Infiltration die betroffene Extremität, bzw. das Gelenk, nicht bewegen konnte. Diese Positionen sind aber in den meisten Fällen bei Friktionen nicht notwendig oder empfehlenswert. Viele dieser Ausgangsstellungen sind für die betroffene Struktur sehr belastend und provozierend und können demzufolge nicht über längere Zeit vom Patienten eingenommen werden. Meistens sind die betroffenen anatomischen Strukturen auch in anderen Positionen sehr gut erreichbar und behandelbar.
ZUSAMMENFASSUNG Cyriax hat Friktionen für die Behandlung von lokalen Gewebeverletzungen wie z. B. an Sehnen, Bändern und Insertionen empfohlen, weil er der Meinung war, dass der Therapeut auf diese Weise mit seinen Fingern ähnliches erreichen kann wie ein Arzt mit seiner Infiltrationsnadel.
1.3.7
Weichteilmanipulation
Nach einer Friktion kann es sinnvoll sein, eine so genannte Weichteilmanipulation durchzuführen. Nach Cyriax dient dies primär dem Ziel, entstandenes Narbengewebe zu
ZUSAMMENFASSUNG Weichteilmanipulationen wurden von Cyriax bei chronischen Affektionen von Sehnen und Bändern eingesetzt.
1.3.8
Manipulationsbehandlung der Extremitätengelenke
Diese Behandlungsform wendete Cyriax nur bei Einklemmungen von freien Gelenkkörpern und Menisken an. Die Idee hinter dieser Technik ist, durch das Durchführen schneller Rotationsbewegungen unter gleichzeitiger starker Traktion im Gelenk eingeklemmte Strukturen zwischen den Knorpelflächen wegzubewegen. Danach liegt die Struktur an einer Stelle im Gelenk, an der sie nicht mehr eingeklemmt ist und damit keinen Schmerz und/oder Bewegungseinschränkungen mehr verursachen kann. Diese Behandlungsform ist nicht sehr einfach zu lernen. Die Techniken verlangen großes Geschick und eine gute Koordination. Zudem sind sie recht „therapeutenintensiv”, d. h., man benötigt für die Durchführung dieser Behandlung in den meisten Fällen ein bis manchmal zwei Assistenten. Die Aufgabe der Assistenten kann aber in vielen Fällen auch durch Fixationsgurte übernommen werden. Es handelt sich bei dieser Behandlung um eine Art Erste Hilfe, aber nicht um eine kausale Therapie, da das Problem des freien Gelenkkörpers natürlich nicht beseitigt wird. Hiermit wird lediglich erreicht, dass der Patient sein Gelenk wieder frei bewegen kann. Es kann aber jederzeit erneut zu einer Einklemmung kommen. Dennoch kann der Patient über eine gewisse Periode beschwerdefrei sein. Wenn es immer wieder und vor allem in kurzen Abständen
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Kapitel 1 · Die klassische Cyriax-Therapie
zu Blockierungen kommt, ist es sicherlich empfehlenswert, diese freien Gelenkkörper operativ entfernen zu lassen, da sonst die Gefahr von Knorpelschädigungen zu groß ist. Gleiches gilt für die Einklemmung eines Meniskus, bzw. eines Teils des Meniskus. Auch hier ist die Behandlung in den meisten Fällen eine zeitlich begrenzte Lösung der momentanen bzw. akuten Probleme des Patienten. Es kann ratsam sein, bei häufiger Rezidivierung der Probleme eine Operation durchzuführen. Durch die Entwicklung der Arthroskopie sind diese Eingriffe heutzutage nicht mehr so belastend für das Gelenk bzw. den Patienten. Die Risiken sind verhältnismäßig gering und der Eingriff ist in den meisten Fällen effektiv und nachhaltig.
ZUSAMMENFASSUNG • Manipulationen der Extremitätengelenke wurden von Cyriax normalerweise nur für die Behandlung von eingeklemmten Menisken und/oder freien Gelenkkörpern angewendet. • Bei häufiger Rezidivierung der Blockierung bzw. Einklemmung ist eine Operation empfehlenswert.
1.3.9
Gelenkbehandlung an den Extremitäten
Für die Behandlung von peripheren Gelenken mit Bewegungseinschränkungen bewegten Cyriax, bzw. seine Therapeuten, diese einfach in die eingeschränkte Richtung passiv weiter. Wie bereits erwähnt, ist diese Art der Gelenkmobilisation nicht ideal, weil auf diese Weise extreme Belastungen auf den Gelenkknorpel und auf den Kapsel-Band-Apparat einwirken. Zudem sind diese Strukturen aufgrund der bestehenden Immobilisation in ihrer Belastbarkeit sehr stark eingeschränkt.
MEMO Man geht in der Bindegewebsphysiologie nach einer Immobilisation von ca. vier Wochen von einer Reduzierung der Belastbarkeit um ca. 80 % aus.
Gelenke sollten besser mit Hilfe von Techniken aus der Manuellen Therapie mobilisiert werden. Außerdem ist die
Abb. 1.5. Beispiel aus den sechziger Jahren für eine Traktionsbehandlung der LWS
Durchführung einer manuellen Kompression der Gelenke vor dem Einsatz der Manipulationstechniken zu empfehlen, um die Stabilität und Gleitfähigkeit des Knorpels zu verbessern.
ZUSAMMENFASSUNG Das passive Durchbewegen von Gelenken nach einer Ruhigstellung birgt die Gefahr, den KapselBand-Apparat sowie die Knorpelflächen zu beschädigen, da diese Strukturen durch eine Ruhigstellung extrem an Belastbarkeit verlieren.
1.3.10
Behandlung der Wirbelsäule – Traktion/Manipulation
Cyriax war der festen Überzeugung, dass alle Probleme der Wirbelsäule auf die Bandscheibe zurückzuführen sind. Er unterteilte diese Bandscheibenprobleme in so genannte harte und weiche Protrusionen. Die harte Protrusion war seiner Meinung nach eine Verschiebung des Anulus fibrosus bzw. von Teilen dieses Anulus. Unter weicher Protrusion verstand er das, was auch heute als Bandscheibenverletzung in Form einer Protrusion oder eines Prolaps bezeichnet wird. In der Untersuchung unterscheiden sich diese beiden Formen der Bandscheibenverletzung durch die Tatsache, dass die harte Protrusion, im Gegensatz zur weichen, keine neurologischen Veränderungen während der Untersuchung aufzeigt. Auch bei der Behandlung der Wirbelsäule unterscheidet Cyriax demzufolge zwischen harten und weichen Protrusionen. Die weiche Protrusion wird grundsätzlich nur mit Traktion behandelt. Die harte Protrusion wird mit Hilfe von Manipulationstechniken behandelt.
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1.3 · Techniken
Traktionsbehandlungen der Wirbelsäule wurden von Cyriax mit relativ viel Kraft und über längere Zeit und daher in den meisten Fällen mit Hilfe einer Traktionsmaschine durchgeführt (⊡ Abb. 1.5). Der Patient wurde hierfür gelagert und mittels eines Gurtsystems mit dem Thorax fixiert. Ein Gurtsystem um das Becken wurde mit der Maschine verbunden, die die Traktion durchführte. Je nachdem, ob man während der Traktion mehr Lordose oder Kyphose erreichen wollte, wurde der Patient in Bauch- oder Rückenlage gelagert und die Gurte sowie die Zugrichtung unterschiedlich eingestellt. Die harte Protrusion wurde mittels Manipulationstechniken behandelt, ebenfalls unter extremer Traktion. Vor allem im Bereich der Halswirbelsäule sehen diese Behandlungen oftmals sehr erschreckend und grob aus. Durch die große Traktionskraft wird aber wahrscheinlich eine kapsulo-ligamentäre Stabilität erzeugt und die Manipulation wirkt vor allem auf Segmente ein, die in ihrer Bewegung limitiert sind und sich somit nicht kapsulo-ligamentär sichern können. Die harte Protrusion ist vielleicht am besten mit der Blockierung in der Manuellen Therapie zu vergleichen. Die Manipulationen wurden von Cyriax in einer Art „Novice-Routine” durchgeführt. Er fing mit einer bestimmten Manipulationstechnik an (meistens einer reinen Traktionsmanipulation) und blieb dabei, bis diese keine Verbesserung mehr bei dem Patienten bewirkte. Der Patient wurde nach jeder Manipulation erneut befundet, wobei nur die positiven Befunde der Untersuchung wiederholt wurden. Anschließend wählte er die nächste Manipulationstechnik und setzte auch diese ein, bis mit ihr keine weitere Verbesserung erzeugt werden konnte. Darauf folgte die nächste, usw. Wie bereits beschrieben, werden wir im Rahmen dieses Buches die Manipulationstechniken an der Wirbelsäule nicht weiter besprechen und auf Fotos zeigen.
VORSICHT Manipulationstechniken an der Wirbelsäule sollten nur nach einer fundierten Ausbildung in der Manuellen Therapie angewendet werden. Es sollten Techniken gewählt werden, die nur einen segmentalen Impuls setzen und somit lediglich die Segmente behandeln, bei denen eine Manipulation indiziert ist.
ZUSAMMENFASSUNG • In Bezug auf Bandscheibenprobleme unterschied Cyriax zwischen so genannten weichen Protrusionen, die mit Traktion behandelt werden und harten Protrusionen, die mit Manipulationen behandelt werden. • Die Manipulationstechniken der Wirbelsäule sind multisegmental und damit nicht spezifisch. • Da die Techniken nicht spezifisch sind, bergen sie die Gefahr, dass andere Segmente, die keine Behandlung brauchen oder für die die Behandlung sogar kontraindiziert ist, von der Technik beeinflusst werden.
ÜBERPRÜFEN SIE IHR WISSEN • Was ist die Indikation für die Manipulation von freien Gelenkkörpern und was ist der mögliche Wirkungsmechanismus dieser Behandlungsmethode? • Mit welchen Zielsetzungen können Infiltrationen eingesetzt werden? • Was sind mögliche Gefahren von Infiltrationen? • Warum sollte man z. B. bei der Infiltration einer Bursa nur dort das Medikament spritzen, wo die Beschwerden des Patienten provoziert werden können? • Welche Idee verfolgte Cyriax bezüglich Friktionen? • Warum werden bei einigen Friktionen bestimmte Ausgangspositionen angegeben? • Warum und wann kann es sinnvoll sein, in peripheren Gelenken Manipulationen durchzuführen? • Was passiert im Bindegewebe während einer Ruhigstellung? • Welche Gefahr birgt das passive Durchbewegen von Gelenken nach einer Ruhigstellung? • Wie wird eine weiche Protrusion nach Cyriax behandelt? • Wie wird eine harte Protrusion nach Cyriax behandelt? • Was sind mögliche Gefahren bei Manipulationen an der Wirbelsäule nach diesem Konzept?
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Kapitel 1 · Die klassische Cyriax-Therapie
1.4
Wirkungsmechanismen LERNZIELE
Kenntnisse über • mechanische Wirkungsmechanismen verschiedener Behandlungstechniken • biochemische Wirkungsmechanismen verschiedener Behandlungstechniken • den Ablauf einiger biochemischer Prozesse im Körper • neuroreflektorische Wirkungsmechanismen der verschiedenen Behandlungstechniken • weitere Wirkungsmodelle, die eine Bedeutung bei der Therapie haben • die Wirkung von Endorphinen im Körper
McKenzie-Konzepts. Auch hier ging man davon aus, dass durch das wiederholte Bewegen in Richtung Extension das Protrusionsmaterial in die Bandscheibe zurückgepresst wird. Aus Sicht der angewandten Physiologie ist dies aber eher unwahrscheinlich.
Mobilisation von Gelenken Beim Mobilisieren von eingeschränkten Gelenken ging Cyriax von einem reinen mechanischen Dehnen der Kapselstrukturen aus. Auch hier wissen wir aus der Physiologie, dass es sich um biochemische Änderungen bzw. Anpassungen im kollagenen Netzwerk der Kapsel handelt. Das Enzym Kollagenase wird freigesetzt und ist in der Lage, pathologische Verbindungen zwischen kreuzenden kollagenen Fasern in der Kapsel zu lösen. Hierdurch erlangt das kollagene Netzwerk seine ursprünglichen Entfaltungsfähigkeiten und das Gelenk seine Mobilität wieder zurück.
Friktion Cyriax hat viele verschiedene Behandlungsmethoden verwendet und ihre Wirkung beschrieben. Im nachfolgenden Text werden pro Wirkungsmechanismus die Techniken besprochen, die dazu nach dem Cyriax-Behandlungsansatz jeweils in Frage kommen.
1.4.1
Mechanische Wirkung
Manipulation von freien Gelenkkörpern Eine mechanische Wirkung ist wahrscheinlich am deutlichsten bei der Manipulation von freien Gelenkkörpern und Menisken zu erkennen. Hier wird durch das Bewegen im Gelenk unter gleichzeitiger Traktion der freie Gelenkkörper mechanisch von einer Stelle zu einer anderen bewegt, an der er keine Symptome mehr verursacht.
Manipulation der Wirbelsäure Auch bei Manipulationen der Wirbelsäule im Rahmen der Behandlung einer harten Protrusion können mechanische Wirkungskomponenten vorhanden sein. Hier gibt es aber sicherlich auch neuroreflektorische Wirkungsmechanismen. Bei der Traktion an der Wirbelsäule beim Vorliegen einer weichen Protrusion ging Cyriax ebenfalls von einem mechanischen Wirkungsmechanismus aus. Er hatte die Idee, dass durch eine lange und vor allem starke Traktion eine Druckreduktion in der Bandscheibe entsteht, wodurch das Vorfall- oder Protrusionsmaterial wieder in die Bandscheibe gezogen wird. Dieses Erklärungsmodell hat Ähnlichkeiten mit dem ursprünglichen Erklärungsmodell des
Friktionen sind mechanische Reize an der Körperoberfläche, aber auch deren Wirkungsmechanismus in den behandelten Strukturen ist biochemisch und zum Teil auch neuroreflektorisch bedingt. Bei Friktionen von Sehnenscheiden ist eine mechanische Komponente wahrscheinlicher. Bei diesen Friktionen, die man unter Vordehnung der Sehne bzw. des Muskels durchführt, wird wahrscheinlich mechanisch das äußere Blatt der Sehnenscheide gegenüber dem tiefen Blatt der Sehnenscheide mobilisiert. Dies ist vor allem deshalb möglich, weil die meisten Sehnenscheiden, die man im Bereich der Hand und des Fußes vorfindet, sehr oberflächlich verlaufen.
Weichteilmanipulation Bei so genannten Weichteilmanipulationen ist eine mechanische Komponente sicherlich erkennbar und nachvollziehbar. Nach Cyriax sollten hierbei mittels der Manipulation evtl. entstandene Narben, bzw. entstandenes Narbengewebe zerrissen werden, um danach wieder die Bildung eines Bindegewebes mit normalem physiologischen Aufbau und normaler Funktion zu erreichen. Aus heutiger Sicht der angewandten Physiologie ist diese Betrachtungsweise eher unwahrscheinlich. Entstandenes Narbengewebe im Bereich von Sehnen und Bändern ist extrem stark und stabil, obwohl es natürlich nicht die Flexibilität und Funktionalität von normalem Gewebe besitzt. Dass man dieses Narbengewebe mittels einer Manipulation zerreißen kann, ist nicht vorstellbar, die Ruptur muss man vielmehr im gesunden Gewebe erwarten. Die wahrscheinlichere Er-
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1.4 · Wirkungsmechanismen
klärung für die Wirkung der Weichteilmanipulation ist, dass man im Verletzungsgebiet eine kleine gezielte Verletzung setzt, in der Hoffnung, hierdurch auch eine Gefäßverletzung zu erzeugen. Diese Gefäßverletzung und die darauf folgende Blutung ermöglichen die Freisetzung von so genannten Entzündungs- und Schmerzmediatoren, die Bedingung für eine normale Wundheilung sind. Das Problem bei Sehnen, Bändern und deren Insertionen ist, dass diese Strukturen relativ schlecht durchblutet sind und dass nach einer Verletzung keine oder nur eine ganz geringe Blutung entsteht. Demzufolge gibt es dann auch keine oder nur eine ganz geringe Entzündungsreaktion, d. h. nach der Verletzung entsteht keine Tendinitis, sondern eine Tendinose. Es erfolgt also nach der Verletzung keine anschließende Entzündungsreaktion, die die Bedingung für eine normale physiologische Wundheilung ist. Mit der Weichteilmanipulation versucht man, aus einer Tendinose eine Tendinitis zu machen, in der Hoffnung, dass anschließend eine Heilung der Sehne (des Bandes) oder deren Insertion erfolgt. Selbstverständlich kann nach der Manipulation aber auch nach einer Friktion nur dann eine Entzündungsreaktion entstehen, wenn der Patient nicht gleichzeitig entzündungshemmende Medikamente einnimmt.
VORSICHT Von solchen Manipulationen ist abzuraten, wenn bekannt ist, dass der Patient in diesem Bereich lokale Infiltrationen mit entzündungshemmenden Medikamenten bekommen hat. In diesem Fall wäre die Gefahr für eine Totalruptur zu groß.
ZUSAMMENFASSUNG • Durch die Kombination von Traktion und Rotation im Gelenk können freie Gelenkkörper in eine andere Position im Gelenk bewegt werden, in der sie keine Probleme mehr verursachen. • Bei der Manipulation sowie auch bei der Traktion der Wirbelsäule sind mechanische Effekte eher gering einzuschätzen. • Bei der Mobilisation von Gelenken erzeugt der mechanische Reiz in der Zelle eine erhöhte Freisetzung von Kollagenase, was pathologische Crosslinks in der Kapsel auflöst. • Bei Friktionen ist wahrscheinlich nur bei Behandlung einer chronischen Sehnenscheidenirritation ein mechanischer Effekt erkennbar und nachvollziehbar. • Bei einer Manipulation der Sehnenscheide kommt es zu einer Bewegung zwischen den beiden Blättern.
1.4.2
Biochemische Wirkung
Friktion Bei Friktionen kommt es vor allem zu Reaktionen in den Mastzellen, die man in allen Gewebeschichten des Körpers findet. Durch den mechanischen Reiz kommt es primär zu der Freisetzung von Histamin aus diesen Zellen. Histamin verursacht im Gewebe eine Vasodilatation der Kapillaren und eine Permeabilitätsvergrößerung der Gefäße. Demzufolge sehen wir nach einer Massage oder auch nach jeder anderen mechanischen Belastung der Haut (z. B. Kratzen) eine Rötung.
Manipulation von Sehnenscheiden Nach einer Sehnenscheidenentzündung kann es, durch die Bildung von Fibrinfäden, zu Verklebungen zwischen den beiden Blättern der Sehnenscheide kommen. Dies kann zu immer wiederkehrenden Irritationen führen. Das Ziel der Manipulation ist es, diese Verklebungen zu lösen und die normale Mobilität wieder herzustellen. Hierzu wird der Muskel maximal gedeht, damit die Mobilität der Blätter erschöpft wird. Anschließend wird dann eine Traktionsmanipulation im darunter liegenden Gelenk (meistens Handgelenk/oberes Sprunggelenk) durchgeführt. Dadurch wird das innere Blatt gegenüber dem äußeren Blatt mobilisiert.
MEMO Die Wirkungsdauer von Histamin ist relativ kurz, da es im Körper in ca. 20 bis 30 Minuten wieder abgebaut wird. Deshalb verschwindet eine Hautrötung nach einem mechanischen Reiz in kurzer Zeit wieder.
Cyriax (1982) beschreibt, dass eine Friktion zwischen 15 und 20 Minuten dauern sollte (lange Friktion). Eine Erklärung für diese lange Behandlungsdauer gibt er nicht. Auch sonst findet man nirgendwo eine wissenschaftlich
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Kapitel 1 · Die klassische Cyriax-Therapie
akzeptable Erklärung zur erwähnten Dauer einer Friktion und den Wirkungsmechanismus. Eine mögliche Erklärung für diese deutlich längere Behandlungsdauer könnte sein, dass durch diese lange mechanische Reizung die Freisetzung des Enzyms Phospholipase stimuliert wird. Dieses Enzym, das auf die Zellmembran einwirkt, verursacht die Freisetzung von Arachidonsäure aus der Zelle. Arachidonsäure ermöglicht den so genannten Cyclooxygenase-Zyklus, bei dem nach verschiedenen Zwischenschritten u. a. Prostaglandin E2 produziert wird. Prostaglandin E2 ist, wie Histamin, ein Entzündungsmediator, der eine vasodilatorische und permeabilitätserweiternde Wirkung hat. Prostaglandin E2 ist für Entzündungen nach einer Verletzung, aber z. B. auch für Rheuma verantwortlich. Die Wundheilung wird durch die Ausschüttung von Prostaglandin E2 positiv unterstützt. Eine andere Erklärung könnte sein, dass durch diese lange mechanische Reizung eine kleine lokale Verletzung gesetzt wird, worauf der Körper mit einer Entzündungsreaktion im Rahmen der Wundheilung reagiert. Solch eine lange Friktion wird normalerweise nur einmalig bei der Behandlung einer Tendinose durchgeführt. Nur wenn eine Entzündungsreaktion im verletzten Gewebe ausgelöst wird, kann es zu einer anschließenden Heilung kommen. Anamnestisch sind Patienten mit einer Tendinose daran erkennbar, dass sie nach einer bestimmten, meist etwas größeren Belastung über eine kurze Periode Schmerzen verspüren. Die Schmerzen werden meist nur dann gefühlt, wenn Stress auf die Sehne (das Band) oder die Insertion ausgeübt wird. Die meisten Patienten verspüren sie über längere Perioden über Wochen bis hin zu Monaten immer dann, wenn die Belastung gesteigert wird. Zur Behandlung wird einmalig eine lange Friktion durchgeführt, um hier gezielt eine Entzündung auszulösen. Anschließend kann man außerdem eine Weichteilmanipulation durchführen. Selbstverständlich muss man den Patienten darüber Informieren, dass er nach der Behandlung mehr Symptome haben wird. Die Zielsetzung der Therapie sollte dem Patienten klar und deutlich erklärt werden, damit dieser versteht, was im Gewebe abläuft bzw. ablaufen soll. Wie bereits erwähnt, ist diese Behandlung nur dann sinnvoll und möglich, wenn der Patient nicht gleichzeitig entzündungshemmende Medikamente einnimmt, weil es ansonsten nicht zu der gewünschten Entzündungsreaktion kommen kann. Der Patient sollte außerdem nach der langen Friktion, wenn die Symptome erwartungsgemäß zunehmen, keine Medikamente und/oder Eisbeutel verwenden, da die Behandlung sonst nicht anschlagen kann. Der
Patient sollte die verletzte Struktur in der nächsten Zeit nur soviel und soweit bewegen, wie dies ohne Schmerzen möglich ist. Auf diese Weise wird einer Bagatellisierung und damit einer immer wiederkehrenden Verletzung des Gewebes vorgebeugt. Wenn der Patient nach drei bis vier Tagen in die Praxis zurückkommt, kann man ihm zeigen, wie und wo er selber stündlich kurze Friktionen von einigen Minuten (3–5) durchführen kann. Auf diese Weise sorgt er selber dafür, dass während der gesamten Entzündungs- und v. a. Proliferationsphase der Wundheilung die Durchblutung im Gewebe optimal gehalten wird. Wenn ein Patient allerdings in die Praxis kommt und erzählt, dass er seit einigen Tagen konstante Schmerzen nach einer bestimmten Belastung (Beruf/Sport) verspürt, bedeutet dies, dass er sich durch diese Aktivität eine so große Verletzung zugefügt hat, dass jetzt eine Entzündungsreaktion einsetzt hat. Dieser Patient hat eine akute Verletzung mit anschließender Entzündung und befindet sich bereits in der Wundheilung. Hier muss natürlich keine lange Friktion durchgeführt werden, sondern es reicht vollkommen aus, wenn der Patient selbst regelmäßig kurze Friktionen durchführt (Proliferationsphase). Man muss sich aber im Klaren darüber sein, dass alle hier beschriebenen physiologischen Heilungsprozesse nur dann stattfinden können, wenn der Körper, das Gewebe und letztendlich die Zellen in der Lage sind, eine Reparatur durchzuführen. Die Bedingungen, die eine normale Wundheilung beeinflussen bzw. ermöglichen, werden in diesem Buch „sekundären Heilungsbedingungen“ genannt. Dies sind u. a. pH-Wert, Rauchen, Stress, Ernährung (Vitamine, tierische und pflanzliche Eiweiße usw.), Verschlackung/Vergiftung, Funktion der inneren Organe (Entgiftung/ Nahrungsverarbeitung), Medikamente, physiologische Belastung usw.
Weichteilmanipulation Bei den Weichteilmanipulationen kommt es nach der Manipulation aufgrund der entstandenen Blutung durch Mikroverletzungen im tiefen Gewebe auch zu biochemischen Reaktionen durch die Freisetzung von Entzündungsund Schmerzmediatoren.
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1.4 · Wirkmechanismen
Mobilisation von Gelenken Beim Mobilisieren von Gelenken bzw. der Gelenkkapsel kommt es durch den immer wiederkehrenden Dehnungsreiz auf das kollagene Netzwerk zur Freisetzung von Kollagenase aus den Fibroblasten. Diese ist in der Lage, Verbindungsbrücken zwischen bestimmten Aminosäuren im Kollagen aufzulösen. Auf diese Weise wird die Entfaltbarkeit des kollagenen Netzwerks der Kapsel wieder normalisiert und das Gelenk bekommt seine normale Mobilität zurück.
ZUSAMMENFASSUNG • Durch Friktionen werden verschiedene biochemische Prozesse angeregt. • Bei kurzen Friktionen setzen die Mastzellen Histamin frei, welches aber bereits in 20 bis 30 Minuten wieder abgebaut wird. • Histamin verursacht eine kurz anhaltende Vasodilatation und eine Gefäßerweiterung. Bei längeren Friktionen (15 bis 20 Minuten) kommt es zu der Freisetzung von Prostaglandin E2, was eine lang anhaltende Vasodilatation und Gefäßerweiterung erzeugt. Durch die verbesserte Durchblutung sind die Zellen besser und schneller in der Lage, eine Reparatur des verletzten Gewebes durchzuführen. • Lange Friktionen werden nur einmalig bei einer chronischen Irritation von Sehnen, Bändern und Insertionen durchgeführt, um aus einer Tendinose die Entstehung einer Tendinitis zu provozieren. Kurze Friktionen können stündlich, ca. fünf Tage nach der Verletzung, durchgeführt werden. Damit eine erfolgreiche Wundheilung ablaufen kann, müssen die so genannten sekundären Wundheilungsbedingungen erfüllt werden. • Bei Mobilisationen von Gelenken werden die Bindegewebszellen in der Kapsel durch den mechanischen Zugreiz zusätzlich stimuliert, vermehrt Kollagenase freizusetzen. Kollagenase kann die pathologischen Crosslinks abbauen die die Entfaltung des kollagenen Netzwerks in der Kapsel behindern und damit die Mobilität reduzieren.
1.4.3
Neuroreflektorische Wirkung
Bei allen therapeutischen Techniken werden Rezeptoren im Gewebe stimuliert. Die Menge und Eigenart der Rezeptoren ist groß. In diesem Buch wird daher nur grob zwischen so genannten dünnen und dicken Afferenzen unterschieden. Dünne Afferenzen sind dünne oder nicht myelinisierte, afferente Nervenfasern, sie dienen u. a. der Impulsleitung von Schmerzen (C-Faser-Schmerz). Dicke Afferenzen sind demzufolge dick bis mäßig myelinisierte, afferente Nervenfasern, die u. a. viele Mechanorezeptoren innervieren wie z. B. die A-Beta-Fasern. Gehirn absteigende Bahnen
Rückenmark = Gate
schmerzhemmende Fasern (A-Beta-Fasern)
C-Fasern
periphere Schmerzimpulse Abb. 1.6. Hemmung des Schmerzes nach der Gate control-Theorie
Durch die Arbeit von Melzack und Wall (1965) wissen wir bereits seit längerer Zeit, dass die Weiterleitung von C-Faser-Schmerz vom Hinterhorn zum ZNS oder Kortex verhindert wird, wenn man gleichzeitig Informationen über dicke Afferenzen in das gleiche Hinterhorn schickt. Man nennt dieses Phänomen „Gate control” (⊡ Abb. 1.6). Neben einem schmerzlinderenden Effekt durch die Stimulierung von dicken Afferenzen gibt es zudem einen sympathikussenkenden und muskeltonusreduzierenden Effekt. Wenn man massiert bzw. friktioniert, werden dicke Afferenzen in der Haut und Subkutis, aber auch in tieferen Strukturen wie z. B. den Muskeln stimuliert. Wenn man ein Gelenk bewegt, werden automatisch Mechanorezeptoren (dicke Afferenzen) in der Gelenkkapsel stimuliert. Das bedeutet, dass bei allem, was am Körper des Patienten durchgeführt wird, dicke Afferenzen stimuliert werden können. Natürlich wäre es auch möglich, dünne Afferenzen während der Therapie zu stimulieren, was aber therapeutisch nicht sinnvoll wäre. In diesem Fall würde der Patient Schmerzen verspüren, was in den meisten Fällen zu
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Kapitel 1 · Die klassische Cyriax-Therapie
einer gesteigerten Sympathikusaktivität, einer gesteigerten Freisetzung von Stresshormonen und einem gesteigerten Muskeltonus führen würde. Diese Veränderungen sind aber kontraproduktiv für die normale Wundheilung und aus diesen Gründen zu vermeiden. Schmerzen sollten während der Therapie nach unserer Meinung möglichst vermieden werden, und sie sind eigentlich auch fast immer vermeidbar.
1.4.4
Sonstige Wirkungsmodelle
Es ist bekannt, dass viele Reize, die man während einer Therapie verwendet, auch andere Wirkungsmechanismen haben können. So können physiotherapeutische Reize die Freisetzung von so genannten Endorphinen stimulieren. Das sind morphinähnliche Stoffe, die vom Zentralnervensystem freigesetzt werden können und eine schmerzlindernde Wirkung haben. Zudem gibt es durch die Therapie Einflüsse auf das Immunsystem, das neuroendokrine System, das vegetative Nervensystem und sogar auf das Verhalten des Patienten. Der Glaube des Patienten an Therapie und Therapeuten ist ebenfalls von sehr großer Bedeutung für den Behandlungserfolg (Plazebo-Effekt). Aus diesem Grund sollte man immer bemüht sein, den Patienten darüber aufzuklären, welche Ursache seine Symptome haben, was im Gewebe passiert ist und jetzt dort abläuft. Des Weiteren sollte man ihn auch über die Zielsetzung, die die Therapie haben sollte, informieren und wie diese auch von Seiten des Patienten optimal unterstützt werden kann. Patienten, die Zweifel an der gewählten Therapie und/oder an der Fachkompetenz des Therapeuten haben, werden demzufolge schlechtere Therapieergebnisse zeigen.
ZUSAMMENFASSUNG • Durch die Stimulation so genannter dicker Afferenzen in den verschiedenen Gewebeschichten kann die Weiterleitung von Schmerz über dünne C-Fasern zum Kortex im Hinterhorn gehemmt werden. • Der Wirkungsmechanismus beruht auf der Gate control-Theorie von Melzack und Wall. • Um Informationen bzw. Impulse über dicke Afferenzen laufen zu lassen, muss man in den verschiedenen Geweben Rezeptoren stimulieren, die ihre Information über dicke Afferenzen wie z. B. die A-Beta-Fasern zum Hinterhorn schicken. • Endorphine sind in der Lage, im Körper eine Schmerzlinderung zu bewirken. • Therapeutische Reize können auch Einflüsse auf neuroendokrines System, vegetatives Nervensystem und Immunsystem ausüben.
ÜBERPRÜFEN SIE IHR WISSEN • Bei welcher Behandlungstechnik bzw. welchen Behandlungstechniken ist am deutlichsten ein mechanischer Wirkungsmechanismus bzw. sind mechanische Wirkmechanismen erkennbar? • Bei welcher/n Behandlungsmöglichkeit/en ist/sind (ein) mechanische/r Wirkungsmechanismus/en eher unwahrscheinlich? • Was ist der Unterschied zwischen langen und kurzen Friktionen? • Wann werden kurze und wann lange Friktionen durchgeführt? • Was sind die Bedingungen für eine normale Wundheilung? • Wie kann auf neuroreflektorische Weise eine Schmerzlinderung erzeugt werden? • Über welche Fasern muss der afferente Impuls laufen, damit im Hinterhorn eine Weiterleitung von Schmerz zum Kortex gehemmt wird? • Welche anderen Effekte können über die Stimulation von dicken Afferenzen erzeugt werden? • Was bewirken Endorphine im Körper? • Auf welche anderen Systeme im Körper haben unsere therapeutischen Reize Einfluss?
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1.5 · Indikationen und Kontraindikationen
1.5
Indikationen und Kontraindikationen LERNZIELE
Kenntnisse über • verschiedene Indikationen für die unterschiedlichen Behandlungsmethoden • verschiedene Kontraindikationen für die unterschiedlichen Behandlungsmethoden
der passiven Gelenkuntersuchung ein federndes Endgefühl registrieren.
Für Gelenkmobilisationen Bei Bewegungseinschränkungen des Gelenks, die auf die Bildung von pathologischen Crosslinks in der Kapsel zurückzuführen sind. Es handelt sich hier um eine schmerzfreie Bewegungseinschränkung, die normalerweise das typische von Cyriax beschriebene Kapselmuster zeigen ( Kap. 2.6).
Für Manipulationen der Wirbelsäule Wenn man über Indikationen und Kontraindikationen spricht, dann muss man auch hier zwischen den besprochenen Behandlungsmöglichkeiten unterscheiden. Für eine Wirbelsäulemanipulation gibt es natürlich ganz andere Indikationen und Kontraindikationen als für eine Friktion.
Diese sind nur indiziert bei einer so genannten harten Protrusion. Es handelt sich hier meist um lokale Rücken- und Nackenschmerzen mit lediglich geringer oder keiner Ausstrahlung und ohne registrierbare pathologische Veränderungen bei der neurologischen Untersuchung.
Für Traktionen der Wirbelsäule 1.5.1
Indikationen
Für Friktionen akute Verletzungen von Sehnen/Bändern/Insertionen ab ca. dem 4.–5. Tag kurze Friktionen (3–5 Minuten) mit der Zielsetzung der Freisetzung von Histamin, können evtl. stündlich vom Patienten selbst gegeben werden chronische Verletzung: einmalig eine lange Friktion (15–20 Minuten) mit anschließenden kurzen Friktionen nach ca. 2–3 Tagen, die auch hier wieder stündlich vom Patienten gegeben werden können
Für Weichteilmanipulationen bei einer chronischen Verletzung Diese Behandlung wird nur einmalig durchgeführt. Bei gestörter Mobilität zwischen den Blättern einer Sehnenscheide kann die Behandlung bei Bedarf mehrmals durchgeführt werden.
Für Manipulationen freier Gelenkkörper bzw. Menisken Nur dann, wenn aus der Untersuchung ersichtlich ist, dass es sich hier um eine Einklemmung eines Meniskus und/oder freien Gelenkkörpers handelt. Typische Merkmale in der Untersuchung sind immer wiederkehrende Blockierungen des Gelenks, die oft durch Bewegen (Schütteln) im Gelenk beseitigt werden können. Häufig kann man hier während
Bei allen Wirbelsäulenproblemen, die auf eine weiche Protrusion zurückzuführen sind. In diesem Fall zeigen die Patienten ausstrahlende Symptome und die neurologische Untersuchung weist pathologische Veränderungen nach.
ZUSAMMENFASSUNG • Kurze Friktionen werden ca. 5 Tage nach einer Verletzung von Sehnen, Bändern und Insertionen eingesetzt. • Lange Friktionen werden hier nur einmalig bei einer chronischen Verletzung angewand. • Das gleiche gilt auch für Weichteilmanipulationen dieser Strukturen. • Weichteilmanipulationen von Sehnenscheiden sind indiziert, wenn es zu Verklebungen zwischen beiden Blättern der Sehnenscheide gekommen ist. • Freie Gelenkkörpermanipulationen werden nur dann durchgeführt, wenn die Mobilität der Gelenke eingeschränkt ist. • Gelenkmobilisationen werden durchgeführt, wenn es zur Bildung pathologischer Crosslinks im Bindegewebe-Netzwerk der Kapsel gekommen ist. • Traktionen der Wirbelsäule werden bei weichen Protrusionen, Manipulationen der Wirbelsäule bei harten Protrusionen durchgeführt.
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Kapitel 1 · Die klassische Cyriax-Therapie
1.5.2
Kontraindikationen
Allgemeine Kontraindikationen In Prinzip gelten natürlich auch hier die gleichen generellen absoluten und relativen Kontraindikationen, die auch sonst in der Physiotherapie ihre Gültigkeit haben: gestörte Stabilität im Behandlungsgebiet, z. B. Frakturen, Bänderrisse, Osteoporose, Osteomalazie, Osteopenie usw. Tumoren im Behandlungsgebiet (primär sowie auch sekundär) akute Verletzungen (vor allem in den ersten fünf Tagen) Entzündungen und Infekte z. B. Rheuma, Psoriasis, Morbus Reiter, Gicht, Arthritis (auch traumatische), Diszitis, Spondylitis, Bursitis usw. Gerinnungsprobleme (Hämophilie, Behandlung mit Antikoagulanzien) ausgeprägte Degenerationserscheinungen im Behandlungsgebiet, z. B. Arthrose, Spondylose, Bildung von Osteophyten und Spondylophyten usw. Behandlung mit steroidalen Entzündungshemmern. Bei systemischer Zufuhr kann es zur Ausbildung einer Osteoporose kommen, bei lokaler Applikation zu Rissen von Sehnen und/oder Bändern. Bandlaxität durch Schwangerschaft und/oder Hormonbehandlung Gefäßveränderungen, z. B. Anomalien, Arteriosklerose angeborene oder erworbene Fehlbildungen im Behandlungsgebiet, z. B. Dysplasien, Aplasien, Hyperplasien. neurologische Veränderungen, z. B. Myelopathien, Neuropathien mit Ausstrahlung in Arme und/oder Beine, Blasen- und Mastdarmstörungen große Schmerzen bzw. große Irritierbarkeit Angst vor und/oder Abneigung gegenüber der Therapie bzw. dem Therapeuten Selbstverständlich sind die meiste Kontraindikationen relativ, wenn sie nicht direkt das Behandlungsgebiet betreffen. So kann ein Patient mit einer Myelopathie natürlich an der Schulter behandelt werden, wenn er dort eine Weichteilverletzung erlitten hat. Auch ein Patient mit einem Magentumor kann am Fuß behandelt werden, sofern er dort eine Bewegungseinschränkung und/oder Schmerzen hat usw.
Bei den einzelnen Therapiemöglichkeiten sollte man sich auch noch spezifische Gedanken bezüglich der Kontraindikationen machen:
Für Friktionen akute Entzündungen (in den ersten fünf Tagen nach einer Verletzung), dies gilt sowohl für kurze als auch lange Friktionen. Eine lange Friktion sollte natürlich auch nicht durchgeführt werden, wenn ersichtlich ist, dass sich die Verletzung des Patienten zur Zeit im Wundheilungsprozess befindet. Behandlung mit entzündungshemmenden Medikamenten. Dies ist eigentlich keine Kontraindikation in dem Sinne, dass man dem Patienten durch die Behandlung Schaden zufügen könnte, allerdings kann man in dieser Situation von der Friktionsbehandlung keinen positiven Effekt erwarten. Behandlung mit schmerzhemmenden Medikamenten (keine Schmerzkontrolle und damit die Gefahr einer Überdosierung) Gerinnungsprobleme bzw. Behandlung mit Antikoagulanzien Strukturen mit hoher Irritierbarkeit beim Einwirken mechanischer Reize wie z. B. Bursen, Nerven usw. Kalkeinlagerungen im Behandlungsgebiet (Obwohl es eigentlich keine wissenschaftlichen Beweise dafür gibt, dass Friktionen überhaupt einen Einfluss – negativ sowie auch positiv – auf diese Veränderungen haben.)
Für Weichteilmanipulationen akute Entzündungen bzw. Verletzungen Behandlung mit entzündungshemmenden Medikamenten. Bei lokaler Applikation besteht die Gefahr einer Totalruptur, bei oraler Verabreichung ist nicht zu erwarten, dass es nach der Manipulation zu einer Heilung kommen wird. Behandlung mit schmerzhemmenden Medikamenten (keine Schmerzkontrolle und damit die Gefahr einer Überdosierung) Gerinnungsprobleme bzw. Behandlung mit Antikoagulanzien Bewegungen beim Ausführen der Technik, welche die neuralen Strukturen belasten bzw. unter Stress bringen wenn gleichzeitig auch eine Gelenkbeteiligung vorhanden ist
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1.5 · Indikationen und Kontraindikationen
Für Manipulationen von freien Gelenkkörpern bzw. Menisken akute Entzündung im Gelenk (Arthritis) Behandlung mit schmerzhemmenden Medikamenten (keine Schmerzkontrolle und damit die Gefahr einer Überdosierung) Gerinnungsprobleme bzw. Behandlung mit Antikoagulanzien Bewegungen beim Ausführen der Technik, welche die neuralen Strukturen belasten bzw. unter Stress bringen
Für Mobilisationen von peripheren Gelenken Akute Entzündung im Gelenk (Arthritis). Dies gilt natürlich nur für die Formen der Gelenkmobilisation, bei denen im Kapselwiderstand gearbeitet wird. Behandlungsformen, die das Gelenk außerhalb des Kapselwiderstands behandeln, sind dagegen sogar indiziert. Behandlung mit schmerzhemmenden Medikamenten (keine Schmerzkontrolle und damit die Gefahr einer Überdosierung) Gerinnungsprobleme bzw. Behandlung mit Antikoagulanzien Bewegungen während der Technik, die die neuralen Strukturen belasten bzw. unter Stress bringen. In diesem Fall muss man versuchen, die neuralen Strukturen über andere Gelenke zu entspannen.
Für Manipulationen der Wirbelsäule akute Entzündung in den Gelenken (Arthritis), der Bandscheibe (Diszitis), Spondylitis Behandlung mit schmerzhemmenden Medikamenten (keine Schmerzkontrolle und damit die Gefahr einer Überdosierung) Gerinnungsprobleme bzw. Behandlung mit Antikoagulanzien Bewegungen während der Technik, die die neuralen Strukturen belasten bzw. unter Stress bringen gestörte Stabilität im Behandlungsgebiet, z. B. Osteoporose, Osteomalazie, Osteopenie usw. Tumoren im Behandlungsgebiet (primär sowie auch sekundär) ausgeprägte Degenerationserscheinungen im Behandlungsgebiet, z. B. Arthrose, Spondylose, Bildung von Osteophyten und Spondylophyten usw. Behandlung mit steroidalen Entzündungshemmern. Bei systemischer Zufuhr kann es zur Ausbildung einer Osteoporose kommen.
Bandlaxität durch Schwangerschaft und/oder Hormonbehandlung Gefäßveränderungen, z. B. Anomalien, Arteriosklerose angeborene oder erworbene Fehlbildungen im Behandlungsgebiet, z. B. Dysplasien, Aplasien, Hyperplasien neurologische Veränderungen, z. B. Myelopathien, Neuropathien mit Ausstrahlung in Arme und/oder Beine, Blasen- und Mastdarmstörungen. Hier sind grundsätzlich alle Patienten mit positivem Befund während der neurologischen Untersuchung für diese Form der Behandlung auszuschließen. große Schmerzen bzw. große Irritierbarkeit Angst vor und/oder Abneigung gegenüber der Therapie bzw. dem Therapeuten
Für Traktionen der Wirbelsäule gestörte Stabilität im Behandlungsgebiet, z. B. Frakturen, Bänderrisse, Osteoporose, Osteomalazie, Osteopenie usw. Tumoren im Behandlungsgebiet (primär sowie auch sekundär) akute Verletzungen (vor allem in den ersten fünf Tagen) Entzündungen und Infekte, z. B. Rheuma, Psoriasis, Morbus Reiter, Gicht, Arthritis (auch traumatische), Diszitis, Spondylitis, Bursitis usw. Gerinnungsprobleme (Hämophilie, Behandlung mit Antikoagulanzien) ausgeprägte Degenerationserscheinungen im Behandlungsgebiet, z. B. Arthrose, Spondylose, Bildung von Osteophyten und Spondylophyten usw. Behandlung mit steroidalen Entzündungshemmern. Bei systemischer Zufuhr kann es zur Ausbildung einer Osteoporose kommen. Bandlaxität durch Schwangerschaft und/oder Hormonbehandlung Gefäßveränderungen, z. B. Anomalien, Arteriosklerose angeborene oder erworbene Fehlbildungen im Behandlungsgebiet, z. B. Dysplasien, Aplasien, Hyperplasien Neurologische Veränderungen, z. B. Myelopathien, Neuropathien mit Ausstrahlung in Arme und/oder Beine, Blasen- und Mastdarmstörungen große Schmerzen bzw. große Irritierbarkeit Angst vor und/oder Abneigung gegenüber der Therapie bzw. dem Therapeuten
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Kapitel 1 · Die klassische Cyriax-Therapie
ÜBERPRÜFEN SIE IHR WISSEN • Was sind die Indikationen für lange und kurze Friktionen? • Was sind die Indikationen für Weichteilmanipulationen? • Was ist die Indikation für eine Gelenkmobilisation? • Was ist die Indikation für eine Manipulation freier Gelenkkörper? • Was ist die Indikation für eine Traktion- bzw. eine Manipulation der Wirbelsäule? • Was sind spezifische Kontraindikationen für Friktionen? • Was sind spezifische Kontraindikationen für Weichteilmanipulationen? • Was sind spezifische Kontraindikationen für Manipulationen freier Gelenkkörper? • Was sind spezifische Kontraindikationen für Gelenkmobilisationen? • Was sind spezifische Kontraindikationen für Manipulationen der Wirbelsäule? • Was sind spezifische Kontraindikationen für eine Traktion der Wirbelsäule?
2 Untersuchung Matthias Löber 2.1 2.1.1
Untersuchungsprinzipien – 22 Hypothesenbildung und -überprüfung
2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.2.4 2.2.5 2.2.6 2.2.7
Anamnese – 22 Was ist das Hauptproblem des Patienten? – 23 Lokalisation – 24 Symptomverhalten – 25 Symptomverlauf über 24 Stunden – 26 Krankheitsgeschichte – 26 Spezielle Fragen – 28 Planung der körperlichen Untersuchung – 30
2.3 2.4 2.4.1 2.4.2 2.4.3 2.4.4 2.4.5 2.4.6
Inspektion – 31 Basisfunktionsprüfung – 31 Bereichslokalisation – 31 Aktiv-passive Bewegungsprüfung – 31 Translatorische Bewegungsprüfung – 31 Widerstandstests – 32 Zusatztests – 32 Ärztliche Zusatzuntersuchungen – 33
2.5 2.6 2.7 2.8 2.9 2.10 2.11 2.12 2.13 2.14 2.15 2.16 2.17
Untersuchungsschema Schulter – 34 Funktionstests für die Schulter – 36 Untersuchungsschema Ellenbogen – 47 Funktionstests für den Ellenbogen – 48 Untersuchungsschema Hand – 55 Funktionstests für die Hand – 56 Funktionstests für die Finger – 61 Untersuchungsschema Hüfte – 65 Funktionstests für die Hüfte – 66 Untersuchungsschema Knie – 73 Funktionstests für das Knie – 75 Untersuchungsschema Fuß – 85 Funktionstests für den Fuß – 87
– 22
22
2
Kapitel 2 · Untersuchung
2.1
Untersuchungsprinzipien
2.1.1
Hypothesenbildung und -überprüfung
Bei der Erhebung der Anamnese und der körperlichen Untersuchung muss der Therapeut eine Fülle von Daten sammeln, um die vom Patienten angegebenen Symptome in ein klinisches Muster setzen zu können. Dabei bewertet er die gewonnenen Informationen und interpretiert sie aufgrund bestimmter Kriterien → Hypothese bezüglich des Problems. Anschließend muss die Hypothese überprüft werden (ein bestimmter Zusatztest oder die Probebehandlung könnten eine solche Überprüfung darstellen). Entweder stellt man fest, dass die Interpretation richtig war, wodurch der „klinische Beweis“ erbracht wäre, oder aber der Therapeut verwirft seine ursprüngliche Hypothese. Er muss dann noch mehr Informationen sammeln, um eine endgültige Wahrscheinlichkeitsdiagnose aufstellen zu können. Ohne eine ständige Kontrolle dieser Art kann kein klinisches Wissen wachsen. Ein solches Vorgehen wird in der Literatur als „Clinical Reasoning“ bezeichnet. Unter Clinical
Reasoning versteht man die Denkvorgänge und die Entscheidungsfindung des Therapeuten während der Untersuchung und Behandlung eines Patienten (⊡ Abb. 2.1).
MEMO Clinical Reasoning Hierunter versteht man die Denkvorgänge und die Entscheidungsfindung des Therapeuten während der Untersuchung und Behandlung eines Patienten.
2.2
Anamnese
In der klassischen Schulmedizin nimmt die Anamneseerhebung einen relativ großen Stellenwert ein. Allgemein wird akzeptiert, dass etwa 80 % der Informationen, die zur Diagnosefindung beitragen, aus der subjektiven Untersuchung gezogen werden (Goodman u. Snyder 2000). Auch innerhalb des physiotherapeutischen Untersuchungsablaufs sollte die Anamnese bzw. subjektive Unter-
Information, Wahrnehmung und Interpretation erster Eindruck und mehrere Hypothesen
Einblick in das Problem vertieft sich (Hypothesen werden modifiziert) Wissen, Kognition, Metakognition Entscheidung: Diagnose, Behandlung
physiotherapeutische Intervention
erneute Untersuchung
Abb. 2.1. Der Clinical Reasoning-Prozess (Jones 1997, 1998, 2004)
mehr Information erforderlich
Datensammlung: subjektives Interview, körperliche Untersuchung
23
2.2 · Anamnese
suchung einen wichtigen Stellenwert einnehmen, um alle relevanten Details für eine zielgerichtete physische Untersuchung und Behandlung zu ermitteln (⊡ Abb. 2.2). Das Hauptziel der Anamnese besteht darin, mögliche Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen für eine physiotherapeutische Handlung zu erkennen und den Patienten gegebenenfalls zum überweisenden Arzt zur weiteren Abklärung zurückzuschicken. Bestehen keine Einschränkungen bezüglich einer körperlichen Untersuchung und/oder Behandlung, so kann mit Hilfe der Symptomanalyse ermittelt werden, welche Bewegungen, Positionen etc. die Symptome auslösen bzw. lindern und welche funktionellen Einschränkungen sich daraus ergeben. In der physiotherapeutischen Grundausbildung sowie in den verschiedenen Weiterbildungskonzepten existieren eine Vielzahl von Befund- und Anamneseschemata, die dem Lernenden einen „roten Faden“ durch den Ablauf einer subjektiven Untersuchung geben. Ein weiterer Vorteil dieser Befundbögen liegt in der Dokumentation und Erfassung von Patientendaten. Ein Nachteil ist allerdings oftmals die starre Vorgehensweise. Vielfach wird der Patient mit seinen individuellen Beschwerden und Symptomen in ein solches Schema gepresst, welches nicht immer der Wertigkeit folgt, die der Patient seinen Beschwerden beimisst. Da die Hypothesenbildung schon bei der Begrüßung (Leidensausdruck etc.) und bei Eintritt in das Behandlungszimmer (Schonhaltung, Gangmuster, Haltung etc.) stattfindet, muss der Therapeut entscheiden, in welcher Reihenfolge er die Anamnese durchführt. So kann er zwischen den Teilabschnitten (Lokalisation der Symptome, Symptomverhalten, Geschichte, spezielle Fragen) wechseln, um seine Befragung der aktuellen Situation des Patienten anzupassen. Dabei ergänzen sich diese Teilabschnitte in vielen Fällen. Während des Anamneseablaufs entscheidet der Therapeut fortwährend, welche Informationen in dieser Erstkonsultation ausreichen, um eine Arbeitshypothese für die körperliche Untersuchung und Probebehandlung zu erhalten. Die Befragung des Patienten ist mit dem Erstbefund nicht abgeschlossen, sondern erfolgt auch während der nächsten Behandlungssitzungen, um die subjektiven Veränderungen der Beschwerden zu ermitteln und um weiterhin relevante Daten zu sammeln, die das Gesamtbild des Patienten vervollständigen.
Dokumentation der aktuellen Symptome
Körperkarte
tief/oberflächlich Qualität konstant/intermittierend Kombination der Symptome
Symptomverhalten
Verschlechterung Verbesserung
A N A M N E S E
Verlauf über 24 Stunden
spontan/traumatisch Entwicklung der Symptome auslösende Faktoren
Geschichte
Verlauf prädisponierende Faktoren bisherige Behandlung Allgemeinzustand sonstige Erkrankungen
spezielle Fragen
Traumata/OP familiäre u. soziale Anamnese ärztliche Befunde Medikamente
Abb. 2.2. Die Anamnese mit ihren relevanten Details für eine zielgerichtete Untersuchung und Behandlung (modifiziert nach Maitland 1994, 1996; Boissonault 1995; Grieve 1991)
2.2.1
Was ist das Hauptproblem des Patienten?
Die erste Frage (nach Begrüßung und Aufnahme der persönlichen Daten), die dem Patienten gestellt wird, ist: „Was, aus Ihrer Sicht gesehen, ist für Sie zur Zeit das Hauptproblem?“ Die Frage impliziert, dass der Patient beantwortet, was er selbst für das Problem hält und nicht Arzt oder Therapeut XY (viele Patienten leben mittlerweile mit ihren Diagnosetiteln), und welche Art der Störung für den Patienten momentan im Vordergrund steht, z. B. Schmerzen, Steifigkeit, Instabilität, Schwäche, Funktionsverlust etc.
2
24
Kapitel 2 · Untersuchung
2.2.2
2
Lokalisation
innerhalb des dazugehörigen Segments, wobei die Ausstrahlung viel häufiger nach distal als nach proximal erfolgt. Als Beispiel kann eine Hüftproblematik dienen, wobei der Schmerz von vielen Patienten im medialen Kniebereich gespürt wird, ohne dass die Hüftregion symptomatisch sein muss. Meist werden die Schmerzen diffus und tief im Dermatom empfunden, dabei aber nicht unbedingt im gesamten Ausbreitungsgebiet des Dermatoms. Auch die Art des Reizes bzw. der Läsion hat einen Einfluss auf die Ausbreitung der Symptome: je stärker der Reiz, desto mehr übertragener Schmerz; je tiefer die Läsion, desto mehr übertragener Schmerz; je oberflächlicher die Läsion, desto weniger Schmerzübertragung; je proximaler die Läsion, desto mehr übertragener Schmerz; je distaler die Läsion, desto weniger Schmerzübertragung.
Zunächst erfolgt eine Dokumentation aller zur Zeit vorhandenen Symptome/Beschwerden des Patienten. Bewährt hat sich das Aufzeichnen auf eine so genannte Körperkarte (Kopiervorlage ⊡ Anhang, S. 191), die schnell einen Überblick bietet und mögliche Zusammenhänge zwischen den einzelnen Symptombereichen aufzeigt. Die zur Zeit asymptomatischen Bereiche werden „abgehakt“. Dies ist wichtig, weil Symptome sich während einer Behandlung verändern und in andere Regionen geleitet werden können (⊡ Abb. 2.3). Bei der Lokalisation ist zu beachten, dass der Ort des empfundenen Schmerzes bzw. Symptoms nicht gleich der Ort der Entstehung desselben sein muss. Bei Läsionen von Weichteilgeweben kommt es häufig zu übertragenen Schmerzen in andere Körperregionen (so genannter Referred pain). Die Affektion kann zwar in der Nähe, muss aber nicht unbedingt innerhalb des schmerzhaften Gebietes liegen. Hierbei erfolgt die Schmerzwahrnehmung irgendwo
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Schmerz/Symptom 3
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Schmerz/Symptom 2
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Schmerz/Symptom 1
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Abb. 2.3. Körperkarte mit den zur Zeit aktuellen Symptomen/Schmerzen; die Symptome werden nach Wichtigkeit durchnummeriert. ✔ = z. Zt. keine Beschwerden
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2.2 · Anamnese
Aufgrund dieser Überlegungen erfolgt eine Zuordnung der Symptome hinsichtlich der: 1. Lage (tief, oberflächlich): Als tiefliegend werden z. B. Gelenkstrukturen und Nervenstämme beschrieben, als oberflächlich z. B. Hautnerven, Ligamente etc. 2. Qualität der Schmerzen/Symptome: Diese gibt Hinweise über die mögliche Quelle der Beschwerden (Melzack 1987): a. „brennender Schmerz“ = häufige Beschreibung, wenn Nerven betroffen sind b. „dumpfer Schmerz“ = Beschreibung, wenn Gelenkstrukturen beteiligt sind (Hinweis: Ähnlich dumpfe Schmerzqualität kann von viszeralen Strukturen geleitet werden.) c. „pulsierender Schmerz“ = vaskulär oder entzündlich 3. Auftreten (intermittierend oder konstant): intermittierend → bezeichnet eher mechanisch verursachte Symptome (schließt eine ernste Erkrankung nicht aus, so kann z. B. eine gering ausgeprägte pathologische Fraktur durch eine Metastase zu Belastungsschmerzen führen) konstant → beschreibt eher eine nicht mechanische Ursache (Entzündung, tumoröse Prozesse, chronifizierter Schmerz etc.) 4. Kombination der Symptome: Gibt an, in welchem wechselseitigen Zusammenhang die Symptome auftreten (dient zum Erkennen klinischer Muster). Während der Befragung erfolgt eine ständige Hypothesenbildung darüber, welche Regionen bzw. Strukturen betroffen sein könnten. Die Summe der Hypothesen wird einer ständigen Neubewertung unterzogen, je nachdem, welche zusätzlichen Informationen die eine stärker stützen als die anderen. Ein Kreisdiagramm kann zur Veranschaulichung der Hypothesenwertung dienen (⊡ Abb 2.4).
2.2.3
Symptomverhalten
Einer der wichtigsten Teile in der Befunderhebung ist das Verhaltensmuster der Symptome in Bezug auf Verschlechterung, Verbesserung und der Verlauf über 24 Stunden. An dieser Stelle werden die Symptome des Patienten in Kategorien sortiert, um dadurch verschiedene klinische Muster zu erkennen. Eine detaillierte Befragung, welche Tätigkeiten oder Positionen die beklagten Symptome verschlechtern, liefert Hypothesen über die mögliche Quelle der Beschwerden und über beteiligte Strukturen. Darüber
Neuralstrukturen
Viszeralstrukturen Muskeln
Gelenkstrukturen
Abb. 2.4. Hypothesenbewertung des Therapeuten
hinaus werden wichtige Informationen geliefert, etwa auf welche Körperhaltungen und Gelenkpositionen der Therapeut sein Augenmerk in der Untersuchung richten sollte, bzw. in welchen Gelenk- und Wirbelsäulenstellungen behandelt wird. Kann der Patient über Aktivitäten berichten, die seine Symptome verbessern, kann der Therapeut diese Hinweise z. B. für Behandlungspositionen nutzen. Fallbeispiel: Ein Patient hat Schmerzen im lumbosakralen Übergang während Tätigkeiten, die er in Flexionsstellung durchführt, z. B. beim Straßefegen. Treten die Symptome mehr in endgradiger Flexionsstellung auf, ist dies ein möglicher Hinweis auf kapsuloligamentäre Strukturen, die unter Belastung geraten. Symptome während oder innerhalb der Flexionsbewegung deuten auf die Hypothese hin, dass eher intraartikuläre Stukturen betroffen sind. Im Symptomverhalten sollte der Therapeut eine Einschätzung der momentan bestehenden Irritierbarkeit der Schmerzen/Symptome des Patienten erhalten. Die Irritierbarkeit bezeichnet die Intensität der Schmerzen/Symptome, die bei einer bestimmten Stärke einer Tätigkeit auftreten und die Zeitdauer, die diese verstärkten Symptome benötigen, um auf das Ausgangsniveau abzusinken. Die Irritierbarkeit beeinflusst die Dosierung (Zeitdauer, Stärke, Frequenz etc. der angewendeten Techniken) während der körperlichen Untersuchung und Behandlung. Sie ist weiterhin ein wichtiger Messparameter für einen Wiederbefund von Behandlung zu Behandlung. Der Therapeut besitzt damit eine Kontrollmöglichkeit, ob die eingeleitete Behandlungmaßnahme einen positiven Effekt zeigt oder nicht.
2
26
Kapitel 2 · Untersuchung
2.2.4
2
Symptomverlauf über 24 Stunden
Oft berichten Patienten, dass ihre Symptome konstant vorhanden sind. Durch gezieltes Nachfragen zeigt sich aber, dass viele Beschwerden trotz eines konstanten Hintergrundschmerzes in ihrer Intensität im Verlauf von 24 Stunden variieren. Es gilt zu ermitteln, ob Abhängigkeiten zu Körperhaltungen, Belastungsveränderungen im Tagesverlauf oder verstärkter Stressbelastung während bestimmter Tageszeiten bestehen. Die Angabe des Patienten über vermehrte Morgensteifigkeit in Gelenken oder Wirbelsäule kann z. B. ein Symptom entzündlicher Krankheitsbilder sein. Eine Zeitverlaufskurve hat sich zur bildlichen Darstellung bewährt (⊡ Abb. 2.5). Schmerzintensität
⊡ Tab. 2.1. Maximalzeiten der Organe Organ
Maximalzeit
Gallenblase
23–1 Uhr
Leber
1–3 Uhr
Lunge
3–5 Uhr
Dickdarm
5–7 Uhr
Magen
7–9 Uhr
Milz/Pankreas
9–11 Uhr
Herz
11–13 Uhr
Dünndarm
13–15 Uhr
Blase
15–17 Uhr
Niere
17–19 Uhr
Perikard
19–21 Uhr
Dreifacher Erwärmer
21–23 Uhr
2.2.5
Krankheitsgeschichte
Entstehung der Symptome
6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 1 2 3 4 5 Stunden
Abb. 2.5. Symptomverhalten über einen Verlauf von 24 Stunden
Besonders, wenn Schmerzen bzw. Symptome während der Nacht auftreten, muss geklärt werden, ob die Beschwerden durch die Lage bzw. den Lagewechsel hervorgerufen werden. Weiterhin besteht die Möglichkeit, dass der Patient nur aufgrund der Schmerzen wach wird, was ein Hinweis auf eine ernsthafte Pathologie darstellen könnte, der weiterer Abklärung bedarf. Viele Beschwerden viszeraler Herkunft (projiziert in den Bewegungsapparat über den Referred pain-Mechanismus) zeigen Veränderungen im 24-Stunden-Verhalten. In der fernöstlichen Medizin haben die verschiedenen Organe so genannte Maximalzeiten (⊡ Tab. 2.1), in denen sie verstärkt aktiv sind. Störungen können sich dann in diesen Zeiten äußern (Greten 2004).
Der Beginn der Symptome ist ein wichtiger Faktor in der Differenzierung zwischen einer muskuloskelettalen Dysfunktion und einer systemischen bzw. organischen Erkrankung. Berichtet der Patient über einen Sturz, ein Verhebetrauma, einen Sport- oder Verkehrsunfall etc., dann sind die Symptome meist leichter zu interpretieren und der Therapeut kann mit einer Analyse des Traumaablaufs fortfahren, um mögliche beteiligte Strukturen zu identifizieren. Schwieriger wird die Informationsbeschaffung, wenn der Patient sich keiner Situation bewusst ist, die die Symptome ausgelöst haben könnte. Veränderungen in seiner alltäglichen Belastung stellen einen möglichen prädisponierenden Faktor oder Auslöser für die Beschwerden dar. Sorgfältige Fragestellungen zu Belastungsänderungen führen dann meist zu der Unterscheidung zwischen Mikrotraumata und spontanem Auftreten.
Entwicklung der Symptome Symptome können sich während einer Krankheitsperiode verändern. Die genaue Ermittlung der zeitlichen Änderungen geben oft Auskunft über mögliche Regionen und Strukturen, die beteiligt sind. Ein Beispiel ist ein Distorsionstrauma im Knie, bei dem hauptsächlich der mediale Kapsel-Band-Apparat, insbesondere das Lig. collaterale mediale, verletzt worden ist. Im akuten Stadium wird der Schmerz über A-Delta-Nervenfasern (schnell leitender Schmerz) in Richtung sensomotorischer Kortex gesendet.
27
2.2 · Anamnese
Der Patient gibt den Schmerz meist sehr lokal am medialen Gelenkspalt an. Nach Stunden bis Tagen verändert er sich zu einem dumpfen und schwer zu lokalisierendem Schmerz im gesamten Knie mit möglicher Ausstrahlung in den medialen Unterschenkel. Diese Schmerzqualität wird durch die langsam leitenden C-Nervenfasern bestimmt, die sehr schlecht vom Patienten zu lokalisieren sind. Auch Begleitsymptome, die vom Patienten häufig nur auf direktes Nachfragen angegeben werden, geben dem Therapeuten wichtige differenzialdiagnostische Hinweise. Fallbeispiel: Ein Patient mit lumbalen Rückenschmerzen erzählt auf Nachfrage, dass er seit einer Woche eine leichte Harninkontinenz bemerkt. Der Patient ist der Meinung, dass es eine „Blasenerkältung“ sein müsse. (Hinweis auf mögliche Cauda equina-Symptomatik, weitere ärztliche Untersuchungen sind erforderlich).
0
vaskuläre Phase
2 zelluläre Phase 5
}
Entzündungs- oder Reizungsphase
Proliferationsphase 21 Konsolidierungsphase 60 Organisations- oder Umbauphase 360 Tage Abb. 2.6. Phasen der Wundheilung (nach van den Berg 2000, 2003)
Der Patient erhält entzündungs- und schmerzhemmende Medikamente, die kontraproduktiv auf den Wundheilungsprozess wirken.
Bisherige Behandlung Verlauf der Symptome Wie haben sich die Beschwerden seit dem ersten Auftreten bis dato verändert? Haben die Symptome einen gleichbleibenden, einen abnehmenden oder einen progredienten Verlauf? Nach einem Trauma sollte ein normaler Wundheilungsverlauf erkennbar sein (⊡ Abb. 2.6). Hat ein Patient z. B. nach einer drei Monate zurückliegenden Schulterluxation immer noch eine stark schmerzhaft eingeschränkte Beweglichkeit, sollte genau ermittelt werden, ob er die Strukturen eventuell zu früh belastet hat oder ob eine gestörte Wundheilung vorliegen könnte. Ein progredienter Krankheitsverlauf erfordert natürlich eine genaue Analyse bzw. eine weiterführende Differenzialdiagnostik gegenüber ernsteren Erkrankungen, die zu einer Zunahme der Symptome führen können. In folgenden Fällen kann es zu einem gestörten Wundheilungsverlauf kommen: Der Patient bagatellisiert das Problem und belastet die Strukturen zu früh. Der Therapeut schätzt das Problem falsch ein und überlastet den Patienten. Der Patient leidet an einer Grunderkrankung, die den normalen Wundheilungsverlauf verlängert bzw. stört (z. B. Diabetes mellitus, Schwäche des Immunsystems etc.). Die Lebensgewohnheiten des Patienten, z. B. Stress, Fehlernährung, Rauchen etc., behindern den Wundheilungsverlauf.
Welche Behandlungen wurden bisher durchgeführt (ärztliche, physiotherapeutische, alternativmedizinische etc.)? Informationen über die Art der Behandlung, die Frequenz und das Ergebnis tragen zur weiteren Hypothesenbildung über beteiligte Strukturen, Schmerzmechanismen und zur Prognosestellung bei. Fallbeispiel: Ein Patient berichtet, dass er wegen seiner schmerzhaften Schulter schon ca. 20-mal manualtherapeutisch von einem Kollegen behandelt worden ist. Die Behandlungen wurden direkt an der Schulter durchgeführt. Außerdem erhielt er zehn Ultraschallbehandlungen beim Hausarzt. Bisher wurde keine Verbesserung der Beschwerden erzielt. Hypothese 1: Die Schulter ist nicht Quelle der Symptome. Hypothese 2: Die Schulter ist die Quelle der Symptome, reagiert aber aufgrund anderer beitragender Faktoren (z. B. monoartikuläre Arthritis aus dem rheumatischen Formenkreis) nicht auf die Behandlung. Hypothese 3: Die Schulter ist die Quelle der Symptome, aber die betroffene Struktur wurde bisher nicht behandelt bzw. mehrere Läsionen liegen vor. Hypothese 4: Ein überwiegend zentraler Schmerzmechanismus liegt vor.
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2
Kapitel 2 · Untersuchung
Das Beispiel zeigt, wie bei allen vier Hypothesen unterschiedlich weitergefragt und untersucht werden muss, um eine mögliche Erklärung für die bisherige Therapieresistenz zu erhalten.
Langzeitgeschichte In dieser Rubrik wird geklärt, ob die zur Zeit beklagten Symptome des Patienten schon in der Vergangenheit aufgetreten sind und ob es einen Unterschied hinsichtlich der Schmerzqualität, der Lokalisation, des Symptomverhaltens und der Irritierbarkeit im Vergleich zu den derzeitigen Beschwerden gibt. Deshalb sollte die Langzeitgeschichte möglichst genau aufgenommen werden, um die weitere Entwicklung der jetzigen Beschwerden zu verstehen und in Bezug zu setzen. Hypothesen und eine mögliche Unterscheidung der verschiedenen Schmerzmechanismen (eher periphere oder zentrale Mechanismen; van den Berg 2003) können getroffen werden. Dies vervollständigt das Gesamtbild des Patienten und trägt wesentlich zur Prognosestellung bei. Folgende Aspekte sollten in der Langzeitgeschichte erörtert werden: 1. erstmaliges Auftreten der Symptome: möglicher Auslöser Verlauf und Dauer der Episode 2. nachfolgende Episoden: Häufigkeit (wöchentliche, monatliche, jahreszeitliche Schwankungen etc.) Verlauf und Dauer der Episoden Veränderung des zeitlichen Auftretens und der Intensität
2.2.6
Spezielle Fragen
In diesem Abschnitt geht es um Fragen, die Hinweise auf mögliche Risiken für eine physiotherapeutische Untersuchung und Behandlung liefern.
Traumata/Operationen Eine Übersicht der in der Vergangenheit erlebten Traumata und/oder Operationen ergibt möglicherweise Zusammenhänge zum Entstehungsmechanismus der derzeitigen Symptome. Da der menschliche Organismus über starke Kompensationsmechanismen und Adaptationsmöglichkeiten verfügt, muss geklärt werden, inwieweit Operationen und Traumata mit den zur Zeit bestehenden Symptomen in Beziehung stehen.
Fallbeispiel: Nach einem zwei Jahre zurückliegenden Auffahrunfall litt eine Patientin für ca. zwei Wochen posttraumatisch unter Schulter-Nackenbeschwerden, nach dieser Zeit bestand Beschwerdefreiheit. Seit vier Monaten beklagt sich die Patientin über Schmerzen in der Halswirbelsäule (→ mögliche Instabilität durch eine Bänderverletzung in der oberen Halswirbelsäule, die bisher durch die subokzipitalen Muskeln kompensiert wurde).
Allgemeiner Gesundheitszustand Um einen Eindruck des aktuellen Gesundheitszustands des Patienten zu erhalten, empfiehlt es sich, routinemäßig Fragen über den Vitalitätsstatus zu stellen. Dadurch kann der Therapeut prädisponierende Faktoren erkennen, die möglicherweise das Beschwerdebild beeinflussen. Dazu werden Informationen zur Funktion der wichtigsten Organsysteme wie Herz-Kreislauf-System, Verdauungsapparat, Urogenitalsystem etc. sowie Fragen zum Enährungszustand des Patienten, Informationen zu psychischen Belastungen (z. B. Dauerstress) und ebenso Fragen zum Aktivitätsgrad (sportliche Aktivitäten, Hobbys etc.) abgefragt. All dies vervollständigt das Gesamtbild, d. h. in welchem Zustand bzw. welcher Kondition der Patient sich zu diesem Zeitpunkt präsentiert und gibt dem Therapeuten die Möglichkeit, beratend tätig zu sein. Fallbeispiel: Einem Patienten mit multiplen Beschwerden in mehreren Gelenken, die durch bisherige physiotherapeutische Maßnahmen nur unzureichend beeinflusst worden sind, kann seine Problematik mit einer entsprechenden Ernährungsumstellung verändern, wenn anamnestisch erkennbar ist, dass eine Fehlernährung vorliegt. Diese könnte beinhalten: einen großen Anteil tierischer Fette → hohe Arachidonsäurefreisetzung bzw. -belastung, dadurch gesteigerte Prostaglandinbildung (Typ 2-Entzündungsmediatoren; Ohlenschläger 1994). einen hohen Anteil tierisches Eiweiß → pH-Wert verschiebt sich in ein saures Milieu, dadurch herabgesetzte Kollagensynthese (Worlitschek 2003)
29
2.2 · Anamnese
Andere Krankheiten Einen Überblick über die in der Vergangenheit und zur Zeit gleichzeitig bestehenden Erkrankungen geben dem Therapeuten einerseits Hinweise auf mögliche Vorsichtsmaßnahmen bzw. Kontraindikationen (z. B. eine fünf Jahre zurückliegende Tumorerkrankung), zum anderen mögliche Erklärungen, warum bei offensichtlich einfachen mechanischen Beschwerdebildern die Symptome weiterhin persistieren. Bestehen in diesem Zusammenhang Verdachtsmomente, sollte eine Rücküberweisung zu dem überweisenden behandelnden Arzt bzw. Facharzt erfolgen.
⊡ Tab. 2.2. Leitsymptome und deren Ursachen (aus Bickley 2000, Boissonnault 1995, Goodman u. Snyder 2000) Leitsymptom
Ursache
Fieber/ Schüttelfrost/ Schwitzen Gewichtsänderung
akute Infektionen verdeckte Infekte Tumorerkrankungen Tumorerkrankungen (Verlust von
5 % Körpergewicht in 4 Wochen) gastrointestinale Störungen (z. B. Ulcera) Diabetes mellitus Hyperthyreose Infektionserkrankungen Nebennierenerkrankungen Depression
Fallbeispiel: Ein verlängerter Wundheilungsverlauf nach einem Inversionstrauma am rechten Fuß kann erklärbar sein, wenn der Patient zusätzlich unter einem Diabetes mellitus leidet (→ die meisten Diabetes mellitus-Erkrankungen werden zufällig bei einer Blutkontrolluntersuchung entdeckt, ohne dass Patienten bisher Symptome zeigten).
Müdigkeit/ Unwohlsein/ Energieverlust
lange Schmerzgeschichte Lebererkrankungen Hypothyreose Depression Infektionen (z. B. TBC/Hepatitis) Anämien, Tumorerkrankungen Nahrungsmittelintoleranzen PCP, bestimmte Medikationen
Übelkeit/ Erbrechen
gastrointestinale Erkrankungen Schwangerschaft Tumorerkrankungen
Fragenscreening Bei Unklarheit von Befunden und Symptomen empfiehlt es sich, mit dem Patienten zunächst ein allgemeines Fragenscreening für mehrere Organbereiche durchzuführen, wobei bestimmte Leitsymptome abefragt werden (⊡ Tab. 2.2). Diese Leitsymptome decken die Hauptorgansysteme des Körpers ab. Dies kann in Form eines Fragebogens, bzw. je nach Wertigkeit, direkt mit dem Patienten geklärt werden. Sind ein oder mehrere Leitsymptome auffällig, kann ein Fragenkatalog für ein spezielles Organsystem eingesetzt werden (Boissonnault 1995, Goodman u. Snyder 2000).
Familiäre und soziale Anamnese Dies beinhaltet die wichtigsten Informationen über Alter und Gesundheitszustand bzw. Todesursache aller direkten Familienangehörigen. Systemische Erkrankungen wie z. B. Rheuma, aber auch bestimmte Tumorerkrankungen zeigen familiäre Häufigkeiten.
International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF) Durch die Einteilung nach der ICF (WHO 2001, Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit) wird die Gesundheitsstörung bzw. Krankheit des Patienten in Bezug zu seiner Funktionsfähigkeit und Behinderung gesetzt, um damit eine Integration der medizinischen und sozialen Sicht des Problems des Pa-
Parästhesien/ Muskelschwäche Synkopen
neurologische Erkrankungen metabolische Erkrankungen kardiovaskuläre Erkrankungen
(Medikamente) neurologische Erkrankungen
Schwindel
neurologische Erkrankungen kardiovaskuläre Erkrankungen Medikamente Stoffwechselerkrankungen psychische Störungen
Nachtschmerz
Tumorerkrankungen entzündliche Prozesse
Dyspnoe/ Kurzatmigkeit Dysurie
kardiovaskuläre Erkrankungen Lungenerkrankungen Blasenerkrankungen Harnleiter, Harnröhre, Harnblase Prostata/weibl. Geschlechtsorgane
Stuhlunregelmäßigkeiten
Darmerkrankungen (Dünn-, Dickdarm) Leber- u. Gallenblasenerkrankungen Magenerkrankungen Ernährung/Laxanzienabusus
Störung der Sexualfunktion Appetitlosigkeit
Urogenitalerkrankungen Enddarmerkrankungen Infektionserkrankungen Tumorerkrankungen gastrointestinale Erkrankungen Nieren-, Lebererkrankungen Medikamente
Depression
neurologische Erkrankungen Infektionserkrankungen internistische Erkrankungen endokrinologische Störungen Medikamente
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30
2
Kapitel 2 · Untersuchung
tienten zu erhalten (Übersicht in Schomacher 1999). Bis 2001 erfolgte die Einteilung nach der ICIDH (International Classification of Impairments = Schädigung, Disabilities = Funktionsbeeinträchtigung, Handicaps = Beeinträchtigung, Behinderung)
Medikamente Medikationen können bestehende Symptome verändern bzw. verringern. Werden vom Patienten aktuell schmerzhemmende Medikamente eingenommen, kann bei der körperlichen Untersuchung die Schmerzgrenze verändert sein, wodurch es schwierig wird, die schmerzhafte Region genau zu differenzieren und zu bestimmen. Außerdem birgt die Einnahme von schmerzhemmenden Medikamenten die Gefahr, eine Verschlimmerung der Beschwerden (bei hoher Irritierbarkeit) bei der Untersuchung und Behandlung hervorzurufen. Bestimmte Medikamente können aber auch Nebenwirkungen auslösen, die mit den aktuellen Beschwerden des Patienten in Verbindung gebracht werden können. Fallbeispiel: Langzeitkortisoneinnahme aufgrund einer Grunderkrankung z. B. bei Asthma bronchiale oder Rheuma (erhöht die Gefahr von Frakturen und anderen Gewebsverletzungen bei der Durchführung von Untersuchungs- und Behandlungstechniken).
Bildgebende Verfahren Welche bildgebenden Verfahren wurden zu welchem Zeitpunkt durchgeführt? Konventionelle Röntgenaufnahmen z. B. werden meist initial als Screening eingesetzt. Sie haben sich bewährt bei primären Skeletterkrankungen und sind Mittel der Wahl nach einem Trauma zur Aufdeckung von Frakturen etc. Ihr Nachteil liegt in einer geringen Sensitivität bei dem Nachweis von Metastasen, d. h. ca. 50 % eines Wirbelkörpers müssen betroffen sein, um die Läsion im Röntgenbild nachweisen zu können (Galasko 1982, Schechter 1993). Aus diesem Grund ist für den Therapeuten der Zeitpunkt wichtig, an dem die Aufnahmen erstellt worden sind.
Fallbeispiel: Ein 56-jähriger Patient hat seit ca. drei Monaten zunehmend Schmerzen in der Lumbalregion. Mit Beschwerdebeginn wurden Röntgenaufnahmen angefertigt, wonach die Diagnose „LWS-Syndrom mit degenerativen Veränderungen“ gestellt wurde. Daraufhin wurde der Patient zur Physiotherapie überwiesen. Nach erfolgloser Behandlung wurden MRT-Aufnahmen angefertigt, die eine Metastase im dritten Lendenwirbelkörper eines bis dahin symptomlosen Prostatakarzinoms zeigten.
2.2.7
Planung der körperlichen Untersuchung
Nach der Anamnese sollte der Therapeut genügend Informationen gesammelt haben über: 1. Vorsichtssituationen und Kontraindikationen für Bewegung („Darf zu diesem Zeitpunkt überhaupt untersucht werden, wenn ja, in welcher Reihenfolge?“ – z. B. zuerst die neurologische Untersuchung) 2. Hypothesen, welche Region bzw. Strukturen betroffen sein könnten („Was soll untersucht werden?“) 3. Aktualität und Stabilität (Irritierbarkeit) des Problems („Wie soll untersucht werden?, mit welcher Dosierung?“) 4. Hypothesen über pathobiologische Mechanismen, Schmerzmechanismen und Wundheilungsstadium 5. Beitragende Faktoren 6. Prognose Aufgrund dieser Daten kann nun mit einer zielgerichteten und an das Problem angepassten körperlichen Untersuchung begonnen werden. Der Therapeut entscheidet z. B., welche Ausgangsstellung er in der Untersuchung v. a. berücksichtigen muss, oder ob er den typischen Schmerz des Patienten während der Untersuchung zu reproduzieren versucht (Grad der Irritierbarkeit). Es ergibt sich die Frage: „Welche Untersuchungsschritte sind logisch und in welcher Reihenfolge sind sie durchführbar?“
31
2.3 · Inspektion
2.3
Inspektion
Allgemeine Inspektion Form: Schwellung, Atrophie, Deformierungen, Krümmungen der Wirbelsäule usw. Haltung: Körperhaltung, Schonhaltung usw. Haut: Narben, Verfärbungen, Rötungen und andere Hautveränderungen Activity of daily life (ADL): Gang, An- und Ausziehen, Hinsetzen, Aufstehen, tiefe Kniebeuge usw.
2.4
Basisfunktionsprüfung
2.4.1
Bereichslokalisation
Die Bereichslokalisation der Beschwerden erfolgt über spezifische Tests: Provokations- und Linderungstests zur Bestimmung des betroffenen Gelenks, Wirbelsäulensegments und/oder der Struktur. Bereichs- und Segmentlokalisationstest: Diese Form der Diagnostik funktioniert primär bei einer so genannten „passenden“ Irritierbarkeit, d. h. die Irritierbarkeit der betroffenen Struktur darf nicht zu hoch, aber auch nicht zu niedrig sein. Bei zu hoher Irritierbarkeit bekommt der Patient nach einer einmaligen Bewegung in die provozierende Richtung bereits so starke Schmerzen, dass alle weiteren Bewegungen ebenfalls Schmerzen provozieren würden. Außerdem hat der Patient möglicherweise auch Ruheschmerzen. Bei zu niedriger Irritierbarkeit muss der Patient die provozierende Bewegung sehr lange (z. B. mehrere Stunden) und/oder mit sehr großer Intensität durchführen, damit die Symptome reproduziert werden können. Zudem sollte das Problem auf einen peripher nozizeptiv verursachten Schmerz zurückzuführen sein. Bei zentralisiertem bzw. chronischem Schmerz ist es meist unmöglich, eine Symptomlinderung zu erzeugen. Die Provokation ist in diesen Fällen in viele Richtungen und in mehreren Strukturen auslösbar, so dass eine Differenzierung kaum möglich ist. Im Anschluss an die Bereichslokalisation erfolgen die einzelnen Schritte der Basisfunktionsprüfung.
2.4.2
Aktiv-passive Bewegungsprüfung
Der Patient bewegt das betroffene Gelenk bzw. den betroffenen Wirbelsäulenabschnitt durch die gesamte Bewe-
gungsbahn bis zum Ende der aktiven Bewegungsmöglichkeit. Am Ende der aktiven Bewegung bleibt er in dieser Position, bis der Therapeut den Auftrag zum Entspannen gibt. Danach versucht der Therapeut das Gelenk passiv weiter zu bewegen. Auf diese Weise wird die Quantität der Bewegung beurteilt. Normal ist, dass man passiv immer etwas weiter bewegen kann als aktiv. Ist dies nicht der Fall, so liegt der Verdacht einer Gelenkaffektion sehr nahe. Anschließend bewegt der Therapeut noch einmal passiv durch die gesamte Bewegungsbahn bis zum Ende der Bewegung. Dabei registriert der Therapeut, wie die Bewegung im Gelenk verläuft (Widerstand, Krepitation, Ausweichbewegungen, Bewegungsbereiche, in denen der Patient nicht oder schlechter entspannen kann usw.). Dabei wird bestimmt, wo in der Bewegungsbahn der erste Widerstand oder Stopp auftritt sowie wo und wie die Bewegung zum Ende kommt. Auf diese Weise wird das so genannte Endgefühl ermittelt. Anhand der aktiven und passiven Bewegungsuntersuchung kann dann mittels der Kaltenborn Konvex-konkavRegel analysiert werden, welche Gleitbewegung im Gelenk möglicherweise für die gefundene Bewegungseinschränkung verantwortlich ist (indirekte Methode).
MEMO Die eingeschränkte Gleitrichtung wird nach der Konvex-konkav-Regel ermittelt: - konvexer Gelenkpartner = Gleiten in die Gegenrichtung der rotatorischen Bewegung - konkaver Gelenkpartner = Gleiten in die gleiche Richtung der rotatorischen Bewegung
2.4.3
Translatorische Bewegungsprüfung
Anschließend kann, sofern dies erforderlich ist, das Gelenk spezifisch translatorisch untersucht werden (direkte Methode). Eine Indikation für die Durchführung der translatorischen Untersuchung sind z. B. Abweichungen während der aktiven und passiven Untersuchung des Gelenks (Hypomobilität und/oder Hypermobilität). Sind Bewegungsausschläge und Endgefühl normal, so ist eine translatorische Untersuchung weniger bis nicht indiziert. In der Wirbelsäule dagegen ist eine translatorische Untersuchung in den meisten Fällen angezeigt, weil hier die aktiven und passiven Bewegungen immer über mehrere Segmente und Gelenke durchgeführt werden. So kann es
2
32
2
Kapitel 2 · Untersuchung
leicht vorkommen, dass, obwohl die Gesamtbewegung normal aussieht und sich normal anfühlt, die Bewegungsausschläge sehr unterschiedlich über die Segmente verteilt sein können. Während der translatorischen Untersuchung führt der Therapeut eine Traktion und translatorische Gleitbewegungen im Gelenk bzw. Segment durch. Durch diese translatorische Untersuchung, die auch Gelenkspiel genannt wird, wird die Spannung und Elastizität der Gelenkkapsel sowie die Gleitfähigkeit der Knorpelflächen beurteilt. An der Wirbelsäule ist es in den meisten Fällen kaum möglich, ein reines Gelenkspiel der Facettengelenke zu testen. Hier findet fast immer eine Kombination mit rotatorischen Bewegungen statt. Während der translatorischen Untersuchung kommen auch Kompressionstests zur Anwendung, um die Irritierbarkeit des Gelenkknorpels bzw. des subchondralen Knochens zu beurteilen. Diese Tests sind in den meisten Fällen negativ, außer bei hochgradigen Arthrosen. Aus diesem Grund sollte der Therapeut die Kompression immer in den symptomprovozierenden Positionen durchführen.
2.4.4
Widerstandstests
Die Widerstandstests dienen der Beurteilung von kontraktilen Strukturen. Hierzu zählen neben dem Muskelbauch auch die Sehnen und deren Insertionen am Knochen. Widerstandstests werden immer isometrisch durchgeführt, um bei einer Schmerzprovokation das Gelenk als schmerzverursachende Struktur ausschließen zu können. Zudem sollte der Patient während dieser Tests eine für ihn maximale Kontraktion durchführen. Bei einer geringen Irritierbarkeit kann es notwendig sein, die Widerstandstests mehrmals zu wiederholen.
2.4.5
Zusatztests
Nach der Basisfunktionsprüfung erfolgt die Interpretation der positiven Befunde. In einigen Fällen kann keine eindeutige Zuordnung zu einer einzelnen Struktur gemacht werden, oder die Kombination der einzelnen Befunde ergibt ein unklares Bild. Es können aber auch mehrere Gewebearten betroffen sein. Strukturen, die bei der Basisfunktionprüfung nicht eindeutig bestätigt wurden, müssen daher mit Zusatztests weiter geprüft werden. Dadurch sollen zum einen die Symptome des Patienten bestätigt werden (Provokation und Linderung des typischen Schmerzes), zum anderen vervollständigen sie die mechanische Untersuchung (spezielle
translatorische Tests, Tests zur Überprüfung der Mobilität verschiedener Strukturen sowie Widerstandstests aus voreingestellten Positionen). Weiterhin können Sicherheitstests bzw. Ausschlusstests durchgeführt werden (wie z. B. Reflexüberprüfung), um Hinweise auf mögliche Kontraindikationen für eine Behandlung zu erhalten. Bei der Interpretation der Zusatztests muss beachtet werden, dass, wie bei der Basisfunktionsprüfung, immer mehr als nur eine Struktur belastet wird. Je mehr Tests aber auf eine Struktur hinweisen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass dieses Gewebe auch wirklich betroffen ist.
Neurologische Basisuntersuchung Vor allem bei Wirbelsäulenproblemen, bei denen der Patient über Ausstrahlungen in die Extremitäten und/oder Kraftverlust klagt, ist eine neurologische Basisuntersuchung unverzichtbar. Während dieser Untersuchung beschränkt man sich auf die Durchführung einiger Reflexe wie z. B. Patellarsehnenreflex (PSR), Achillessehnenreflex (ASR), Bizepssehnenreflex (BSR), Trizepssehnenreflex (TSR) und Radiusperiostreflex (RPR). Zudem werden pathologische Reflexe, wie der Babinski- und der Hoffmann-Trömner-Reflex kontrolliert. Außerdem kann überprüft werden, ob ein Klonus in der oberen bzw. unteren Extremität auslösbar ist. Der Nachweis von erhöhten Reflexen, pathologischen Reflexen und Klonus deutet auf eine zentralneurologische Störung hin. Abgeschwächte Reflexe können auf eine Beteiligung der Wurzel oder des peripheren Nervs hinweisen. Bei einer Beteiligung der Nervenwurzel oder eines peripheren Nervs ist eine Untersuchung zur Beurteilung der Kennmuskelkraft und der Sensibilität sehr wichtig. Bei der Durchführung eines Kennmuskelkrafttests sollte der Patient zu einer maximalen Leistung aufgefordert werden. Der Test sollte mehrmals wiederholt werden, um eine evtl. frühzeitige Ermüdung des Muskels registrieren zu können. Bei der Sensibilitätsuntersuchung untersucht man primär die so genannten Berührungssinne. Dies kann man durch seitengleiche Berührung der verschiedenen Hautareale mit einem Papierstreifen oder Watte erreichen. Die Beurteilung der Kennmuskelkraft und der Sensibilität ist wichtig, damit der Therapeut während einer Behandlungsserie Veränderungen im positiven als auch negativen Sinne registrieren kann. Auf diese Weise kann er seine Behandlung optimal steuern.
Neurale Mobilitätstests Neurale Mobilitätstests dienen primär der Beurteilung der Mobilität des Nervensystems. Man testet nicht nur die Mo-
33
2.4 · Basisfunktionsprüfung
bilität der peripheren Nerven, sondern auch die Beweglichkeit der Dura und des vegetativen Grenzstrangs. Diese Tests sind grundsätzlich immer indiziert bei einer Affektion der Nervenwurzel und des peripheren Nervs. Aber auch bei sonstigen Beschwerden am Bewegungsapparat ist es immer sinnvoll zu beurteilen, ob die Symptome des Patienten durch veränderte neurale Spannung beeinflusst werden können. In dem Fall könnte dies auf eine Mitbeteiligung des Nervensystems hinweisen.
Stabilitätstests Bei vergrößerter Mobilität während der aktiven, aber vor allem während der passiven Untersuchung ist eine zusätzliche Untersuchung zur Beurteilung der Stabilität im Extremitätengelenk bzw. im Wirbelsegment sehr wichtig. Klassischerweise kennt man in diesem Zusammenhang die Tests zur Beurteilung der Stabilität der Kreuzbänder und die der Kollateralbänder im Kniegelenk. Auch im Schultergelenk gibt es mehrere Tests zur Beurteilung der Stabilität. In der Wirbelsäule sind vor allem in der oberen HWS die Tests der Ligg. alaria sowie die des Lig. tranversum atlantae bei jeder Untersuchung und Behandlung in dieser Region unverzichtbar. In der gesamten Wirbelsäule ist der so genannte Gelenkspieltest zur Beurteilung einer evtl. vorhandenen Hypermobilität bzw. Instabilität sehr informativ.
Meniskustests In der Literatur werden sehr viele verschiedene Meniskustests angegeben. Dies deutet nicht gerade auf eine große Zuverlässigkeit der Tests hin. Es ist anscheinend nicht möglich, anhand eines Meniskustests eine definitive Aussage darüber zu treffen, was im Meniskus geschädigt ist und an welcher Stelle. Ebenso kann nicht beurteilt werden, ob es sich um eine Affektion des medialen oder des lateralen Meniskus handelt. Da Meniskustests zudem extrem belastend für die Menisken sind, können bei der Durchführung bereits bestehende Verletzungen verstärkt werden. Daher ist bei einem bereits vorhandenen Verdacht auf Meniskusläsion von der Durchführung dieser Tests abzuraten. Unserer Meinung nach liefern in der Regel bereits die Anamnese sowie die Basisfunktionsprüfung ausreichend Informationen, die einen Verdacht auf eine Meniskusläsion unterstützen bzw. verstärken.
Vaskuläre Tests Einer der bekanntesten vaskulären Tests, den Physiotherapeuten häufig durchführen, ist der so genannte Arteria ver-
tebralis-Test. Dieser Test prüft die Durchlässigkeit der A. vertebralis in verschiedenen Positionen der HWS. Er wird bei einem positiven Befund als absolute Kontraindikation für jegliche Untersuchung oder Behandlung der HWS gesehen. Da dieser Test jedoch nicht sehr zuverlässig ist, kann auch ein negatives Ergebnis eine Schädigung bzw. Durchblutungsstörung der A. vertebralis nicht mit Sicherheit ausschließen. So können trotz negativem Test bei Behandlungen der HWS, insbesondere bei Manipulationen, Verletzungen der A. vertebralis auftreten oder sich arteriosklerotische Plaques von der Gefäßwand lösen, was in beiden Fällen sehr schwerwiegende Komplikationen auslösen kann. Andere vaskuläre Tests dienen z. B. zur Beurteilung des Radialispuls in verschiedenen Positionen der HWS, des Schultergürtels und der Schulter bei einer so genannten Thoracic outlet-Symptomatik. Auch hier ist die Aussagekraft umstritten und deren Sinn wird angezweifelt.
Spezifische Palpation Strukturen, die anhand der durchgeführten Untersuchung möglicherweise für die gefundenen Symptome verantwortlich sind, sollten zusätzlich spezifisch palpiert werden. Man versucht, mittels einer spezifischen Palpation die verschiedenen Strukturen zu provozieren, um die so genannte Verdachtsdiagnose zu bestätigen oder zu entkräften. Wird sie am Anfang der Untersuchung durchgeführt, so nur im Hinblick auf Wärme und Schwellung, die dann mit dem Zustand nach der Untersuchung verglichen werden. Wenn die Schwellung bzw. die Temperatur durch die Untersuchung zugenommen hat, deutet dies auf eine große Irritierbarkeit der betroffenen Struktur hin.
2.4.6
Ärztliche Zusatzuntersuchungen
Bildgebende Verfahren Die möglichen bildgebenden Verfahren sind: Röntgenaufnahmen Standardaufnahmen (anterior – posterior, seitlich, 3/4-Schrägaufnahmen usw.) Funktionsaufnahmen Computertomographie (CT) Kernspintomographie (MRT) Szintigraphie Ultraschall
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2
Kapitel 2 · Untersuchung
Die Indikationen der bildgebenden Verfahren mit Röntgenstrahlung dienen vor allem der Beurteilung der knöchernen Strukturen. Bildgebende Verfahren in Form von Ultraschall und Kernspintomographie dienen eher der Beurteilung von Weichteilstrukturen.
strieren kann, können die Manöver direkt in dieser Stellung durchgeführt werden (Bereichslokalisation). Kann der Patient keine schmerzhafte Position zeigen, bestehen aber z. B. aus der Anamnese deutliche Hinweise auf eine Beteiligung von HWS, Neuralstrukturen etc., können Schnelltests (ohne Abb.) für die genannten Regionen zur Ausschlussdiagnostik erfolgen.
Laboruntersuchungen Blutsenkungsgeschwindigkeit Rheumafaktoren HLA-B27 (M. Bechterew) usw.
Elektrodiagnostik EKG (Elektrokardiographie) EMG (Elektromyographie) EEG (Elektroenzephalographie)
Punktionen Gelenkpunktionen, z. B. wegen eines Hämarthros oder Hydrops Biopsien usw.
2.5
Untersuchungsschema Schulter
2.5.1
Basisfunktionsprüfung Schulter
Bereichslokalisation Zunächst wird mit der Bereichslokalisation (⊡ Abb. 2, S. 36 ermittelt, ob die Symptome, die der Patient beklagt, direkt von Schulterstrukturen hervorgehen, oder ob andere Körperregionen bzw. Strukturen diese in die Schulterregion übertragen (⊡ Referred pain, Kap. 1.2, S. 4). Vor allem aus der HWS können Symptome in die Schulter reproduziert werden. Da die meisten Schulterstrukturen aus C5 innerviert werden, ist insbesondere das Segment C4–C5 von Interesse. Symptome im hinteren Teil der Schulter können auch als übertragener Schmerz aus den Segmenten C5–C6 und C6–C7 geleitet werden. Das Akromioklavikulargelenk (ACG) sowie das Sternoklavikulargelenk (SCG) wird vorwiegend aus C4 innerviert, das heißt aus dem Segment C3–C4. Weiterhin können neurale Strukturen, z. B. die Dura mater spinalis, die Nervenwurzel und periphere Nerven betroffen sein. Dies bedeutet, dass der Therapeut versucht, durch verschiedene Manöver die Beteiligung der HWS, Neuralstrukturen usw. an der Symptomatik auszuschließen. Sofern die Möglichkeit besteht, dass der Patient eine symptomprovozierende Bewegung oder Position demon-
Ist die Schulter als überwiegende Quelle der Symptome ermittelt, erfolgt nun die komplette Funktionsuntersuchung bestehend aus: Aktiv-passiver Bewegungsprüfung am Schultergürtel (SCG + ACG) Elevation (⊡ Abb. 1, S. 37) Depression (⊡ Abb. 2, S. 37) Protraktion (⊡ Abb. 3, S. 37) Retraktion (⊡ Abb. 4, S. 37) Translatorischer Bewegungsprüfung am Schultergürtel ACG-Gleiten (⊡ Abb. 1, S. 38)/Traktion, Kompression, Gleiten nach kaudal (ohne Abb.) SCG-Gleiten nach kaudal/kranial (⊡ Abb. 2, S. 38) SCG-Gleiten nach ventral/dorsal (⊡ Abb 3, S. 38) SCG-Traktion (⊡ Abb. 4, S. 38)/Kompression (ohne Abb.) Aktiv-passiver Bewegungsprüfung am GHG Flexion (⊡ Abb. 1, S. 39) Extension (⊡ Abb. 2, S. 39) Abduktion (⊡ Abb. 3, S. 39) Adduktion (⊡ Abb. 4, S. 39) Innenrotation (⊡ Abb. 5, S. 40) Außenrotation (⊡ Abb. 6, S. 40) Translatorischer Bewegungsprüfung am GHG Stellungstest (⊡ Abb. 1, S. 40), der Therapeut beurteilt im Seitenvergleich, wie das Caput humeri im Verhältnis zum Akromion steht (z. B. anterior oder kaudal) Traktion/Kompression (⊡ Abb. 2, S. 40) Gleiten nach kaudal (⊡ Abb 3, S. 41) Gleiten nach dorsal/ventral (⊡ Abb. 4, S. 41) Kompression (⊡ Abb. 5, S. 41) Gelenkspiel in provozierender Stellung (⊡ Abb. 6, S. 41) Widerstandstests GHG – Widerstandstest in Abduktion (⊡ Abb. 1, S. 42) – Widerstandstest in Adduktion (⊡ Abb. 2, S. 42) – Widerstandstest in Innenrotation (⊡ Abb. 3, S. 42) – Widerstandstest in Außenrotation (⊡ Abb. 4, S. 42)
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2.5 · Untersuchungsschema Schulter
Ellenbogengelenk – Widerstandstest in Ellenbogen-FLEX (⊡ Abb. 1, S. 43) – Widerstandstest in Ellenbogen-EXT (⊡ Abb. 2, S. 43) – Differenzialdiagnostik der Widerstandstests (⊡ Abb. 3, 4; S. 43)
2.5.2
Zusatztests für Schulter und Schultergürtel
Nach der Basisfunktionsprüfung erfolgt die Interpretation der positiven Befunde (Interpretationshilfe ⊡ Tab. 3.4, S. 104). In einigen Fällen kann keine eindeutige Zuordnung zu einer einzelnen Struktur getroffen werden oder die Kombination der einzelnen Befunde ergibt ein unklares Bild. Es können aber auch mehrere Gewebearten betroffen sein. Strukturen, die bei der Basisfunktionsprüfung nicht eindeutig bestätigt wurden, müssen daher mit Zusatztests weiter geprüft werden. Dadurch sollen zum einen die Symptome des Patienten bestätigt werden (Provokation und Linderung des typischen Schmerzes), zum anderen vervollständigen sie die mechanische Untersuchung (spezielle translatorische Tests, Tests zur Überprüfung der Mobilität verschiedener Strukturen sowie Widerstandstests aus voreingestellten Positionen). Je mehr Tests dann auf eine Struktur hinweisen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass dieses Gewebe auch wirklich betroffen ist. Da das Schultergelenk ein überwiegend muskelgeführtes Gelenk ist, sind vor allem Zusatztests für die Stabilität von kapsuloligamentären Strukturen relevant sowie Tests zum Nachweis einer Läsion der subakromialen Strukturen (Bursa subacromiodeltoidea, Sehne und Insertionen von Muskeln der Rotatorenmanschette). Bei der Interpretation der Zusatztests muss beachtet werden, dass, wie bei der Basisfunktionsprüfung, immer mehr als nur eine Struktur belastet wird. Hinweis: Die hier und in den folgenden Kapiteln aufgeführten Zusatztests erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und stellen nur eine Auswahl der zur Verfügung stehenden Tests dar. Ausgewählte Zusatztests Horizontale Adduktion (Provokationstest für das ACG, ⊡ Abb. 1, S. 44) Adduktion mit Innenrotation (Provokationstest für das ACG, ⊡ Abb. 2, S. 44) Klavikulatest (Elevation über Flexion: Bewegungsverhalten ACG + SCG, ⊡ Abb. 3, S. 44) Hypermobilitätstest (anteriore Kapsel GHG, ⊡ Abb. 4, S. 44)
Stabilitätstest der Bizepssehne im Sulcus intertubercularis (⊡ Abb. 5, S. 45) Widerstandstest in Ellenbogenextension unter Vordehnung des M. triceps brachii (⊡ Abb. 6, S. 45) Widerstandstest in Ellenbogenflexion unter Vordehnung des M. biceps brachii (⊡ Abb. 7, S. 45) Klopftest (Provokation für die Bursa subacromiodeltoidea, ⊡ Abb. 8, S. 45) Wiederholung der positiven Widerstandstests mit kaudalem Zug (subakromiale Entlastung, ohne Abb.) Wenn in der Anamnese Hinweise auf eine mögliche Beteiligung neurovaskulärer Strukturen bestehen, dann können weitere Zusatztestverfahren angewandt werden, um die angegebenen Symptome des Patienten zu reproduzieren. Hierbei werden vor allem die drei wichtigsten Engpassstellen für den Plexus brachialis und die A. subclavia unter Belastung gesetzt. Dies sind die hintere Skalenuslücke zwischen M. scalenus anterior und M. scalenus medius, der Raum zwischen der Klavikula und der 1. Rippe sowie die anatomisch enge Pforte zwischen dem M. pectoralis minor und den oberen Rippen 2 bis 5. Diese Zusatztests belasten und bewegen zwar das neurovaskuläre Bündel, weiterhin werden jedoch noch weitere Regionen, wie die HWS, der zervikothorakale Übergang, Strukturen des Glenohumeralgelenks und periphere Nerven unter Belastung gesetzt. Deswegen erfordert die differenzialdiagnostische Abgrenzung gegenüber diesen Bereichen ein sorgfältiges Vorgehen. Zusatztests Thoracic outlet-Kompressionssyndrom Skalenustest (Test nach Adson ⊡ Abb. 9, S. 46) Kostoklavikuläre Kompression (Test nach Eden ⊡ Abb. 10, S. 46) Pectoralis minor-Test (Test nach Wright ⊡ Abb. 11, S. 46) Kostoklavikuläre Kompression (Test nach Roos ⊡ Abb. 12, S. 46)
VORSICHT Der Plexus brachialis kann durch einen PancoastTumor (Lungenspitzentumor) betroffen sein. Als weitere klinische Zeichen können bei Beteiligung des Ganglion stellatum die Horner-Trias auffällig sein: - Ptosis: hängendes Augenlid - Miosis: Pupillenverengung - Enophthalmus: Zurücksinken des Augapfels
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Kapitel 2 · Untersuchung
Funktionstests für die Schulter
2.6
Bereichslokalisation
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Neural/HWS/Muskel etc. Provozierende Bewegung: Elevation über Abduktion ± 120° Differenzialdiagnostik (DD): DD neural: In der symptomprovozierenden Position (SPP) wird die HWS fixiert und es erfolgen Bewegungen der Hand und des Ellenbogens (Pfeil 1), um eine mögliche Beteiligung der neuralen Strukturen zu untersuchen. DD HWS: Traktion und Kompression in der SPP untersuchen eine mögliche HWS-Beteiligung (ohne Abb.). DD neural/HWS/Muskel: In der SPP erfolgen HWS-Bewegungen (Seitneigung re. + li./Rotation re. + li./Flexion/Extension; Pfeil 2) bei fixierter Armposition, um eine Beteiligung neuraler Strukturen, der HWS oder Muskeln zu untersuchen.
Glenohumeralgelenk/Schultergürtel Provozierende Bewegung: Elevation über Abduktion ± 120° Differenzialdiagnostik (DD): DD Skapula medial: In der symptomprovozierenden Position (SPP) erfolgt ein Schub der Skapula nach medial. Dadurch erfolgt eine vermehrte Belastung des GHG und eine verminderte Belastung des SCG und ACG. DD Skapula lateral: In der SPP erfolgt eine Entlastung des GHG und eine Belastung von SCG und ACG. DD ACG/SCG: In der SPP übt der T einen anterokaudalen Druck auf die Klavikula aus. Durch die anteriore Rotation der Klavikula wird das ACG mehr belastet, das SCG entlastet.
Aktiv-passive Bewegungsprüfung am Schultergürtel und Glenohumeralgelenk ▼
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1 Elevation über Abduktion Der P bewegt aktiv seinen Arm in Richtung Elevation bis zur symptomauslösenden Position bzw. bis zum Bewegungsende. Der T fixiert die Skapula von medial und bewegt den Arm des P weiter in Richtung Elevation. Daraufhin erfolgt aus der Nullstellung passiv die Elevation über Abduktion durch die gesamte Bewegungsbahn. Hinweis: Diese Bewegungsprüfung kombiniert Bewegungen in den Schultergürtelgelenken (ACG/SCG) und im GHG. Der T beurteilt die Qualität der Bewegung, z. B. Ausweichbewegungen in Form eines Painful arc (schmerzhafter Bogen).
2 Elevation über Flexion Der P bewegt aktiv seinen Arm in Richtung Elevation bis zur symptomauslösenden Position bzw. bis zum Bewegungsende. Der T fixiert die Skapula von kaudal und bewegt den Arm des P weiter in Richtung Elevation. Daraufhin erfolgt aus der Nullstellung passiv die Elevation über Flexion durch die gesamte Bewegungsbahn. Hinweis: Es wird registriert, ob der Patient beim Armheben spontan eher über Flexion oder Abduktion bewegt. Bei der Elevationsbewegung über die Flexion wird der subakromiale Raum weniger belastet.
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2.6 · Funktionstests für die Schulter
Aktiv-passive Bewegungsprüfung am Schultergürtel
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2 Depression Der P bewegt aktiv beide Schultergürtel in Richtung Depression. Der T legt seine Hände auf beide Schlüsselbeine und Akromia und bewegt passiv weiter in Richtung Depression bis zum Bewegungsende. Klinik: Diese Bewegungsprüfung setzt, neben der Belastung auf ACG und SCG, den Plexus brachialis unter Spannung. Außerdem kann es zu einer Provokation neurovaskulärer Strukturen zwischen Klavikula und 1. Rippe kommen.
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Elevation Der P bewegt aktiv beide Schultergürtel in Richtung Elevation. Der T fixiert die Margo lateralis beider Schulterblätter in der Axilla und bewegt passiv weiter in Richtung Elevation bis zum Bewegungsende. Daraufhin erfolgt aus der Nullstellung passiv die Elevation durch die gesamte Bewegungsbahn. Hinweis: Diese Bewegungsprüfung ist selten positiv. Sie testet überwiegend das ACG und SCG. Um subakromiale Kompression zu vermeiden, sollte der T die Schulterblätter in der Axilla halten.
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3 Protraktion Der P bewegt aktiv beide Schultergürtel in Richtung Protraktion bis zum Bewegungsende. Der T legt seine Hände flächig auf die Schulterblätter und bewegt weiter in Richtung Protraktion. Es erfolgt passiv die Protraktion durch die gesamte Bewegungsbahn. Um eine mögliche muskuläre Gegenspannung zu verhindern, kann der Kopf des P abgestützt werden. Hinweis: Diese Bewegungsprüfung testet vorwiegend ACG und SCG, ist aber selten symptomatisch. Alternativ kann auch unilateral getestet werden, indem der T von ventral den Thorax des Patienten stabilisiert.
4 Retraktion Der P bewegt aktiv seinen Schultergürtel in Richtung Retraktion. Der T fixiert von dorsal Wirbelsäule und Thorax und bewegt den Schultergürtel des P weiter bis zum Bewegungsende. Eine Griffhaltung auf dem Humeruskopf ist zu vermeiden, da es hierbei zu einem Dorsalgleiten im GHG kommen kann. Alternativ können auch beide Schultergürtel getestet werden. Klinik: Es kann zu einer Provokation neurovaskulärer Strukturen (Plexus brachialis und A. subclavia) zwischen Klavikula und 1. Rippe kommen.
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Kapitel 2 · Untersuchung
Translatorische Bewegungsprüfung am Schultergürtel
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2 Gleiten des Sternoklavikulargelenks nach kaudal/kranial Der T palpiert mit einer Hand im Gelenkspalt des SCG. Mit der anderen Hand bewegt er die Klavikula nach kaudal und kranial. Klinik: Häufig kommt es zu einer Subluxationsstellung der Klavikula nach kranial (z. B. durch einen Hypertonus des M. sternocleidomastoideus), hierbei kann das Gleiten nach kaudal eingeschränkt sein. Das SCG neigt oft zu einer Hypermobilität.
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Gleiten des Akromioklavikulargelenks Der T fixiert das Akromion und bewegt die Klavikula nach ventral und dorsal. Alternativ kann die Klavikula fixiert und das Akromion bewegt werden. Hinweis: Die Gelenkfläche des ACG kann nach ventral-lateral, nach ventral oder nach ventral-medial gerichtet sein. Weitere Bewegungsrichtungen sind ein Gleiten der Klavikula nach kaudal, eine Traktionsbewegung des Akromions nach lateral und eine Kompression des Akromions nach medial.
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3 Gleiten des Sternoklavikulargelenks nach ventral/dorsal Der T palpiert mit einer Hand im Gelenkspalt des SCG, während die andere Hand die Klavikula umgreift und nach ventral bewegt. Beim Gleiten nach dorsal platziert der T die Hand von ventral gegen das mediale Klavikulaende und bewegt es nach dorsal. Klinik: Durch einen hypertonen M. sternocleidomastoideus kann das Gleiten nach ventral im SCG behindert werden. Dies kann die halbellipsoide Bewegung der Klavikula bei Armelevation behindern, was zu einer Irritation des Plexus brachialis führen kann.
4 Gleiten des Sternoklavikulargelenks (Traktion) Der T palpiert mit einer Hand im Gelenkspalt zwischen Klavikula und Sternum, während die andere Hand die Klavikula umgreift. Die Traktion erfolgt in Längsrichtung der Klavikula nach lateral. Hinweis: Um eine Beteiligung des SCG (bzw. des ACG) nachzuweisen, können die translatorischen Tests auch in einer Position durchgeführt werden, in der die Symptome des P reproduziert werden.
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2.6 · Funktionstests für die Schulter
Aktiv-passive Bewegungsprüfung am Glenohumeralgelenk
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Flexion Der T fixiert über den Proc. coracoideus die Skapula nach kaudal und ventral. Der P bewegt den Arm aktiv in Richtung Flexion, anschließend bewegt ihn der T passiv weiter bis zum Bewegungsende. Daraufhin erfolgt aus der Nullstellung passiv die Flexion durch die gesamte Bewegungsbahn. Hinweis: Die Bewegung erfolgt nicht in den anatomischen Ebenen, sondern in der Skapulaebene, d. h. in der Ausrichtung der Cavitas glenoidalis nach ventral-medial (ebenso die Bewegungen Extension, Abduktion, Innenrotation und Außenrotation).
Extension Der T fixiert mit der Hand die Skapula nach dorsal und kaudal. Der P bewegt den Arm aktiv in Richtung Extension, anschließend bewegt ihn der T passiv weiter bis zum Bewegungsende. Daraufhin erfolgt aus der Nullstellung passiv die Extension durch die gesamte Bewegungsbahn. Hinweis: Durch eine Flexions- bzw. Extensionsbewegung im Ellenbogengelenk und/oder zusätzlichen HWS- und Handbewegungen kann eine Differenzierung zwischen dem Glenohumeralgelenk, der langen Bizepssehne und der neuralen Strukturen erfolgen.
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3 Abduktion Der T fixiert mit der Hand den Schultergürtel nach kaudal. Der P bewegt den Arm aktiv so weit wie möglich in Richtung Abduktion, anschließend bewegt ihn der T passiv weiter bis zum Bewegungsende. Daraufhin erfolgt aus der Nullstellung passiv die Abduktion durch die gesamte Bewegungsbahn. Klinik: Der Plexus brachialis, die A. und V. subclavia werden relativ stark unter dem Proc. coracoideus bewegt. Weiterhin ist die Abduktionsbewegung bei einer Irritation der Bursa subacromiodeltoidea häufig positiv.
4 Adduktion Der T fixiert mit der Hand den Schultergürtel nach kaudal und medial. Der P bewegt aktiv den Arm so weit wie möglich in Richtung Adduktion, anschließend bewegt ihn der T passiv weiter bis zum Bewegungsende. Daraufhin erfolgt aus der Nullstellung passiv die Adduktion durch die gesamte Bewegungsbahn. Hinweis: Durch den Rumpf als Bewegungshindernis erfolgt gleichzeitig eine leichte Flexion im Glenohumeralgelenk.
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Kapitel 2 · Untersuchung
Aktiv-passive Bewegungsprüfung am Glenohumeralgelenk (Fortsetzung)
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5 Innenrotation Der T fixiert mit der Hand die Skapula nach medial und kaudal. Der P bewegt den Arm mit extendiertem Ellenbogen so weit wie möglich in Richtung Innenrotation, anschließend umgreift der T das distale Humerusende und bewegt passiv weiter zum Bewegungsende. Daraufhin erfolgt aus der Nullstellung passiv die Innenrotation durch die gesamte Bewegungsbahn. Hinweis: Durch den extendierten Ellenbogen können neurale Strukturen (der N. radialis zusätzlich auch noch bei Innenrotation) vermehrt unter Spannung gebracht werden.
6 Außenrotation Der T fixiert mit der Hand und dem Daumen die Skapula nach lateral und kaudal. Der P bewegt aktiv den Arm so weit wie möglich in Richtung Außenrotation, anschließend bewegt ihn der T passiv weiter bis zum Bewegungsende. Daraufhin erfolgt aus der Nullstellung passiv die Außenrotation durch die gesamte Bewegungsbahn. Klinik: Bei einer Kapsulitis ist die Außenrotation als erste Bewegung eingeschränkt (Kapselmuster AR > ABD > IR). Cave: Bei einer anterioren Verlagerung des Humeruskopfes kann ein Kapselmuster vorgetäuscht werden.
Translatorische Bewegungsprüfung am Glenohumeralgelenk
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1 Stellungstest Der T legt die Finger flächig um das Caput humerale, so dass die Finger Kontakt mit dem Akromion und dem Caput humeri haben. Beurteilt wird die Position des Humeruskopfes nach kranialkaudal und ventral-dorsal. Klinik: Bei einer anterioren Fehlstellung des Humeruskopfes ist oft die Außenrotation eingeschränkt. Dies kann ein Kapselmuster im Schultergelenk vortäuschen. Bei einer kaudalen Fehlstellung (Instabilität) kann die Abduktion eingeschränkt sein.
2 Traktion/Kompression Der Arm des P wird so gelagert, dass sich das Glenohumeralgelenk in Ruhestellung befindet. Der T fixiert mit der einen Hand das Akromion, mit der anderen Hand umgreift er in der Axilla den proximalen Oberarm. Der T gibt einen Traktionsimpuls nach lateral und leicht ventral. Bei der Durchführung der Kompression (ohne Abb.) fixiert der T die Margo medialis scapulae und komprimiert mit der anderen Hand das Caput humeri gegen die Cavitas glenoidalis der Skapula.
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2.6 · Funktionstests für die Schulter
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Gleiten nach kaudal Der Arm des P wird so gelagert, dass das Glenohumeralgelenk sich in Ruhestellung befindet. Der T palpiert mit einer Hand zwischen dem lateralen Akromionende und dem lateralen Humeruskopf. Die andere Hand umgreift das distale Humerusende. Der T gibt einen Bewegungsimpuls nach kaudal. Klinik: Bei einem Tiefstand des Caput humeri (zu ermitteln im Stellungstest) zeigt sich oft eine falsch-positive Einschränkung des Kaudalgleitens.
Gleiten nach dorsal/ventral Der Arm des P wird so gelagert, dass das Glenohumeralgelenk sich in Ruhestellung befindet. Der T fixiert mit der einen Hand das Akromion, mit der anderen Hand umgreift er den Humeruskopf von ventral und dorsal. Der T gibt einen Bewegungsimpuls nach ventral und anschließend nach dorsal. Klinik: Bei einer anterioren Fehlstellung des Caput humeri zeigt sich oft ein vergrößertes Gleiten nach dorsal (nach ventral vermindert).
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5 Kompression Der Arm des P wird so gelagert, dass das Glenohumeralgelenk sich in Ruhestellung befindet. Der T fixiert mit einer Hand die Skapula von medial, mit der anderen Hand übt er eine Kompression auf den lateralen Humeruskopf nach medial aus. Hinweis: Die Kompression sollte immer in der Position durchgeführt werden, in der auch die nachfolgenden Widerstandstests durchgeführt werden, um eine Differenzierung zwischen den kontraktilen Strukturen und dem Gelenk zu ermöglichen.
6 Gelenkspiel in provozierender Stellung Der T bringt mit einer Hand den Arm des P in eine symptomauslösende Position. Mit der anderen Hand fixiert er die Skapula. Anschließend übt der T Gleitimpulse in verschiedene Richtungen aus. Klinik: In der verriegelten Stellung des Glenohumeralgelenks (maximale Abduktion und Außenrotation) weist ein vorhandenes Gleiten nach ventral auf eine Schulterinstabilität nach anterior hin.
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Kapitel 2 · Untersuchung
Widerstandstests am Glenohumeralgelenk
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2 Widerstandstest in Adduktion Der Arm des P befindet sich in der Neutralstellung des Glenohumeralgelenks. Der T fixiert das Becken von lateral und den Arm von medial. Der P führt gegen den Widerstand des T eine isometrische Kontraktion in Richtung Adduktion durch. Hinweis: Diese Untersuchung testet die kontraktilen Anteile, Sehnen und Insertionen des M. latissimus dorsi, des M. teres major und des M. pectoralis major.
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Widerstandstest in Abduktion Der Arm des P befindet sich in der Neutralstellung des Glenohumeralgelenks. Der T fixiert das Becken und den lateralen Arm. Der P führt gegen den Widerstand des T eine isometrische Kontraktion in Richtung Abduktion durch. Hinweis: Diese Untersuchung testet die kontraktilen Anteile, Sehnen und Insertionen des M. supraspinatus und des M. deltoideus. Weiterhin werden bei allen Widerstandstests auch der subakromiale Raum und die Gelenkflächen des GHG und ACG komprimiert.
3 Widerstandstest in Innenrotation Der Arm des P befindet sich in der Neutralstellung des Glenohumeralgelenks. Der T fixiert den distalen Unterarm von medial. Der P führt gegen den Widerstand des T eine isometrische Kontraktion in Richtung Innenrotation durch. Hinweis: Diese Untersuchung testet die kontraktilen Anteile, Sehnen und Insertionen des M. subscapularis, des M. biceps brachii, Caput breve, des M. pectoralis major, des M. latissimus dorsi und des M. teres major.
4 Widerstandstest in Außenrotation Der Arm des P befindet sich in der Neutralstellung des Glenohumeralgelenks. Der T fixiert den distalen Unterarm von lateral. Der P führt gegen den Widerstand des T eine isometrische Kontraktion in Richtung Außenrotation durch. Hinweis: Diese Untersuchung testet die kontraktilen Anteile, Sehnen und Insertionen des M. infraspinatus, des M. supraspinatus und des M. teres minor.
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2.6 · Funktionstests für die Schulter
Widerstandstests am Ellenbogengelenk
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2 Widerstandstest in Ellenbogenextension Der Arm des P befindet sich in der Neutralstellung des Glenohumeralgelenks. Der T fixiert den distalen Unterarm. Der P führt gegen den Widerstand des T eine isometrische Kontraktion in Richtung Ellenbogenextension durch. Hinweis: Diese Untersuchung testet die kontraktilen Anteile, die Sehne des M. triceps brachii sowie seine Insertion am Tuberculum infraglenoidale scapulae des Glenohumeralgelenks.
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Widerstandstest in Ellenbogenflexion Der Arm des P befindet sich in der Neutralstellung des Glenohumeralgelenks. Der T fixiert den distalen Unterarm. Der P führt gegen den Widerstand des T eine isometrische Kontraktion in Richtung Ellenbogenflexion durch. Hinweis: Diese Untersuchung testet die kontraktilen Anteile, die Sehne des M. biceps brachii sowie seine Insertion am Tuberculum supraglenoidale scapulae des Glenohumeralgelenks.
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Differenzialdiagnostik der Widerstandstests 1 Eine Wiederholung der positiven Widerstandstests (hier als Beispiel des WT in Abduktion) mit einem Zug des Arms nach kaudal ermöglicht eine Differenzierung des subakromialen Raums (⊡ auch Zusatztests S. 44 ff.). Reduzieren sich durch den Kaudalzug die Symptome des P, so weist das auf eine mögliche Beteiligung der Bursa subacromiodeltoidea hin. Verstärken sich die Symptome, bzw. bleiben sie gleich stark, so spricht dies eher für eine Läsion der kontraktilen Anteile, Sehne oder Insertion des M. supraspinatus.
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Differenzialdiagnostik der Widerstandstests 2 Eine Wiederholung der positiven Widerstandstests aus einer vorgedehnten Position ermöglicht eine Differenzierung des Muskel-Sehnen-Apparates (⊡ auch Zusatztests S. 44 ff.). Der T bringt in diesem Beispiel den Arm des P in eine Innenrotation. Aus dieser Position erfolgt nun der Widerstandstest für die Außenrotation. Getestet wird vor allem der M. infraspinatus.
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Kapitel 2 · Untersuchung
Zusatztests
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Horizontale Adduktion Der T bringt mit der einen Hand den Arm des P in eine maximale horizontale Adduktion. Der T fixiert mit seiner anderen Hand die Margo lateralis, um die weiterlaufende Bewegung der Skapula zu verhindern. Die horizontale Adduktion testet das ACG, wobei es im vorderen Gelenkanteil zu einer Kompression, im hinteren zu einem Klaffen kommt. Hinweis: Dieser Test ist nicht spezifisch für das ACG, es werden noch andere Schulterstrukturen sowie Nervengewebe unter Belastung gesetzt.
Adduktion mit Innenrotation Der T bringt den Arm des P in eine maximale Adduktion kombiniert mit einer Innenrotation. Bei diesem Test kommt es im ACG zu einer relativ starken Kompression. Hinweis: Dieser Test ist nicht spezifisch für das ACG, es werden noch andere Schulterstrukturen unter Belastung gesetzt, z. B. ist dies eine maximale Dehnposition für den M. supraspinatus.
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3 Klavikulatest: Elevation über Flexion Der T bewegt passiv den Arm des P mit einer Hand in eine Elevation über Flexion. Gleichzeitig palpiert der T mit der anderen Hand die Bewegung der Klavikula im Raum. Die Klavikula beschreibt hierbei eine halbellipsoide Bewegung im Raum. Klinik: Bei Mobilitätsstörungen von ACG und/oder SCG kann sich der Bewegungsablauf verändern und es kann zu einer Verkleinerung des Raums zwischen 1. Rippe und der Klavikula kommen. Dies kann zu einer Irritation des Plexus brachialis und der A. subclavia führen.
4 Hypermobilisationstest Der T bringt den Arm des P mit einer Hand in eine maximale Abduktions- und Außenrotationsstellung. Mit den Fingern seiner anderen Hand stabilisiert er von ventral den Proc. coracoideus, während er gleichzeitig mit seinem Daumen versucht, den Humeruskopf von dorsal nach ventral zu schieben. Dies sollte nicht möglich sein. Klinik: Schmerz und/oder vermehrte Mobilität weisen auf eine anteriore Instabilität des glenohumeralen Kapsel-Band-Apparates hin.
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2.6 · Funktionstests für die Schulter
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Stabilitätstest der Bizepssehne Der T bringt den Arm des P in eine Abduktions- und Außenrotationsstellung. Der P versucht, gleichzeitig in Richtung Adduktion und Innenrotation zu spannen. Bei positivem Befund verspürt der P seinen typischen Schmerz bzw. die Sehne des M. biceps (Caput longum) subluxiert aus dem Sulcus intertubercularis. Hinweis: Alternativ kann gegen den Widerstand des P der Arm nach außen rotiert werden, während gleichzeitig ein Zug nach kaudal ausgeführt wird (Yergason-Test).
Widerstandstest in Ellenbogenextension unter Vordehnung des M. triceps brachii Der T bringt den Arm des P in eine Elevationsposition der Schulter, kombiniert mit einer Ellenbogenflexion. Der P versucht, gegen den Widerstand des T maximal in Richtung Ellenbogenextension zu kontrahieren. Hinweis: Hierbei wird v. a. das Caput longum des M. triceps brachii getestet bzw. seine Insertion am Tuberculum infraglenoidale scapulae.
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7 Widerstandstest in Ellenbogenflexion unter Vordehnung des M. biceps brachii Der T bringt den Arm des P im Schultergelenk in Extension, kombiniert mit Extension und Pronation im Ellenbogengelenk. Der P versucht, gegen den Widerstand des T maximal in Richtung Ellenbogenflexion und -supination sowie Schulterflexion zu kontrahieren.
8 Klopftest (Bursa subacromiodeltoidea) Der T bringt das Schultergelenk in Extension und Adduktion, so dass ein Teil der subakromialen Strukturen an der ventralkranialen Schulter der Palpation zugänglich werden. Der T klopft mit den Fingern den Bereich des Humeruskopfs ab. Wird der typische Schmerz des P ausgelöst, so kann eine akute Bursitis subacromiodeltoidea vorliegen. Hinweis: Es können nicht alle Anteile der Bursa subacromiodeltoidea mit diesem Test erreicht werden.
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46
Kapitel 2 · Untersuchung
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Zusatztests (Fortsetzung)
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9 Skalenustest (Test nach Adson) Der T stellt die HWS des P in Lateralflexion zur kontralateralen Seite ein. Zusätzlich wird die HWS in Extension und Rotation zur Testseite hin positioniert (Dehnstellung). Der T palpiert gleichzeitig die A. radialis. Werden die Symptome des P reproduziert und/oder verringert sich die Pulsation der A. radialis, so kann dies auf eine Irritation des Plexus brachialis in der Skalenuslücke hinweisen. Hinweis: Dieser Test ist nicht spezifisch für die Skalenuslücke.
11 Pectoralis minor-Test (Test nach Wright) Der T bringt den Arm des P in eine Hyperabduktionsposition und palpiert gleichzeitig die A. radialis. Werden bei diesem Manöver die Symptome des P reproduziert und/oder verringert sich die Pulsation der A. radialis, so kann dies auf eine Irritation der neurovaskulären Strukturen zwischen dem M. pectoralis minor und dem Thorax hinweisen. Hinweis: Dieser Test ist nicht spezifisch für die thorakopektorale Lücke.
10 Kostoklavikuläre Kompression (Test nach Eden) Der T fixiert den Oberarm des P und führt einen kaudalen Zug in Längsrichtung des Humerus aus. Gleichzeitig palpiert er die A. radialis. Der P bewegt den Rumpf in Lateralflexion zur kontralateralen Seite. Werden hierbei die Symptome des P reproduziert und/ oder verringert sich die Pulsation der A. radialis, so kann dies auf eine Kompression der neurovaskulären Stukturen zwischen der 1. Rippe und der Klavikula hinweisen. Hinweis: Dieser Test ist nicht spezifisch für die kostoklavikuläre Lücke.
12 Kostoklavikuläre Kompression (Test nach Roos) Der P bewegt beide Arme in ca. 70° Abduktion und 90° Außenrotation im Schultergelenk. Der P öffnet und schließt die Hände in dieser Position für ca. drei Minuten. Werden bei diesem Manöver die Symptome des P reproduziert, so kann dies auf eine Kompression der neurovaskulären Stukturen zwischen der 1. Rippe und der Klavikula hinweisen. Hinweis: Dieser Test ist nicht spezifisch für die kostoklavikuläre Lücke.
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2.7 · Untersuchungsschema Ellenbogen
2.7
Untersuchungsschema Ellenbogen
2.7.1
Basisfunktionsprüfung Ellenbogen
Bereichslokalisation Zunächst wird mit der Bereichslokalisation (⊡ Abb. 1,2, S. 48) ermittelt, ob die Symptome, die der Patient beklagt, direkt von Strukturen des Ellenbogens hervorgehen, oder ob andere Körperregionen bzw. Strukturen Symptome in die Ellenbogenregion übertragen (Referred pain, Kap. 1.2, S. 4). Vor allem aus der HWS können Symptome in den Ellenbogenbereich reproduziert werden. Das betrifft insbesondere die Segmente C5–C6 (Dermatom C6 über dem lateralen Ellenbogen), wenn die angegebenen Symptome sich in der lateralen Ellenbogenregion projezieren. Da das Ellenbogengelenk von mehreren Nerven innerviert wird, müssen die entsprechenden Ursprungssegmente sowie die peripheren Einzelnerven selbst mit in die differenzialdiagnostischen Überlegungen einbezogen werden. Der mediale Anteil der kapsuloligamentären Strukturen und das Humeroulnargelenk werden überwiegend vom N. ulnaris versorgt, der seine Anteile aus den Segmenten C8–T1 erhält. Die ventralen Bereiche des Ellenbogengelenks erhalten die Innervierung über den N. medianus (Segmente C5–T1), die Lateralseite wird durch den N. radialis (Segmente C5–C8) innerviert. Selten kann auch eine Schulterproblematik Symptome in den Ellenbogen übertragen. Wenn dies der Fall ist, zeigen die Schulterbewegungen meist deutlich schmerzhafte Bewegungseinschränkungen. Sind die Symptome am Ellenbogen sehr klein umschrieben und kann der Patient sie gut lokalisieren, so ist das gewöhnlich die Folge der Irritation einer örtlichen Struktur. Auch hier kann in symptomprovozierenden Stellungen eine lokale Bereichslokalisation erfolgen. Ist der Ellenbogen als Quelle der Symptome ermittelt, erfolgt die komplette Funktionsuntersuchung bestehend aus: Aktiv-passiver Bewegungsprüfung am EBG Flexion (⊡ Abb. 1, S. 49) Extension (⊡ Abb. 2, S. 49) Pronation (⊡ Abb. 3, S. 49) Supination (⊡ Abb. 4, S. 49) Translatorischer Bewegungsprüfung am EBG Humeroulnargelenk (HUG) – Traktion/Kompression (⊡ Abb. 1, S. 50, oben) – Gleiten nach lateral/medial (⊡ Abb. 2, S. 50, oben)
Humeroradialgelenk (HRG) – Stellungstest in Ruhestellung und während Bewegung (⊡ Abb. 1, S. 50, unten) – Traktion/Kompression (⊡ Abb. 2, S. 50, unten) – Gleiten nach volar/dorsal (⊡ Abb. 3, S. 51) – Gleiten in provozierender Stellung (⊡ Abb. 4, S. 51) Proximales Radioulnargelenk (PRUG) – Kompression (ohne Abb., Radius und Ulna werden durch den Therapeuten komprimiert, dies testet die Gelenkfläche) – Gleiten nach volar/dorsal (⊡ Abb. 1, S. 51) Distales Radioulnargelenk (DRUG) – Kompression (ohne Abb., die distale Gelenkfläche zwischen Radius und Ulna wird unter Kompression gesetzt) – Gleiten nach volar/dorsal (⊡ Abb. 2, S. 51) Widerstandstests Ellenbogengelenk – Widerstandstest in Flexion (⊡ Abb. 1, S. 52) – Widerstandstest in Extension (⊡ Abb. 2, S. 52) – Widerstandstest in Pronation (⊡ Abb. 3, S. 52) – Widerstandstest in Supination (⊡ Abb. 4, S. 52) Handgelenk – Widerstandstest in Dorsalextension (⊡ Abb. 1, S. 53) – Widerstandstest in Volarflexion (⊡ Abb. 2, S. 53)
2.7.2
Zusatztests für den Ellenbogen
Nach der Basisfunktionsprüfung erfolgt die Interpretation der positiven Befunde (Interpretationshilfe ⊡ Tab. 3.5, S. 104). In einigen Fällen kann keine eindeutige Zuordnung zu einer einzelnen Struktur getroffen werden oder die Kombination der einzelnen Befunde ergibt ein unklares Bild. Es können aber auch mehrere Gewebearten betroffen sein. Strukturen, die bei der Basisfunktionsprüfung nicht eindeutig bestätigt wurden, müssen daher mit Zusatztests weiter geprüft werden. Da am Ellenbogen sehr viele Muskeln inserieren, sind bei lokalen Läsionen mehrere Differenzierungstests zusätzlich nötig, um zwischen den einzelnen Muskeln unterscheiden zu können. Als Beispiel sei ein positiver Widerstandstest bei Volarflexion der Hand beschrieben. Um zwischen den Handgelenks- und Fingerflexoren zu differenzieren, kann der Therapeut den Patienten anweisen, während des Widerstandstests gleichzeitig die Finger zu extendieren. Dadurch werden die Fingerflexoren reziprok gehemmt. Eine weitere Unterscheidung zwischen dem M. flexor carpi ulnaris und dem M. flexor carpi radialis können die Widerstandstests in Richtung Ulnarabduktion und Radial-
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abduktion liefern. Als Zusatztest kann nun die spezielle Palpation der Muskelinsertionen am medialen Ellenbogen erfolgen, um möglichst genau die Lokalisation zu ermitteln, in der z. B. eine Querfriktion als Behandlungsmaßnahme durchgeführt werden kann. Ausgewählte Zusatztests Valgusstellung Ulna/Humerus (⊡ Abb. 1, S. 54) Stabilitätstest des Humeroulnargelenks (⊡ Abb. 2, S. 54) Widerstandstest in Supination/20° Extension (Test des M. supinator, ⊡ Abb. 3, S. 54) Provokationstest des N. medianus (⊡ Abb. 4, S. 54) Provokationstest des N. ulnaris (ohne Abb.) → Palpation medial-dorsal des Ellenbogens im Sulcus n. ulnaris Provokationstest des N. radialis (ohne Abb.) → Palpation in Supination ca. 2–3 cm unterhalb des Humeroradialgelenks (R. profundus) beim Eintritt in den Supinatorkanal
PRAXISTIPP Bei Hinweisen (z. B. Ausstrahlungen bzw. Auftreten von Symptomen nach distal oder proximal, ⊡ Anamnese), die auf eine Beteiligung von Nervenstrukturen schließen lassen, empfiehlt es sich, die positiven Tests zu wiederholen. Dies kann mit allen Befunden aus der Basisfunktionsprüfung sowie bei positver Palpation durchgeführt werden. Hierbei werden die angrenzenden Regionen in Positionen gebracht, die das Nervensystem/die Einzelnerven in mehr oder weniger Vorspannung setzen. Für den Ellenbogen sind die relevanten Komponenten: - N. medianus: ABD und AR im Schultergelenk, DE im Hangelenk - N. ulnaris: ABD und AR im Schultergelenk, DE und Radialabduktion im Handgelenk - N. radialis: ABD und IR im Schultergelenk Für alle drei Nerven gilt als sensibilisierender Faktor eine Seitneigung rechts u./o. links der HWS sowie Elevation in Depression des Schultergürtels.
Funktionstests für den Ellenbogen
2.8
Bereichslokalisation ▼
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1 Neural/HWS Provozierende Bewegung: Ellenbogenextension und Pronation (lateraler Ellenbogenschmerz) Differenzialdiagnostik (DD): DD neural: In der symptomprovozierenden Position (SPP) erfolgt eine Elevation/Depression des Schultergürtels bzw. eine Lateralflexion rechts und links der HWS, um eine Beteiligung von neuralen Strukturen auszuschließen. DD HWS: Traktion und Kompression bzw. Bewegungen der HWS in der SPP untersuchen eine mögliche Beteiligung der HWS (ohne Abb.).
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2
Kapitel 2 · Untersuchung
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48
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2 Humeroradialgelenk/Radioulnargelenk Provozierende Bewegung: Ellenbogenextension und Pronation (lateraler Ellenbogenschmerz) Differenzialdiagnostik (DD): DD Humeroradialgelenk: Veränderung bei Traktion bzw. Kompression in der SPP deutet eher auf das Humeroradialgelenk hin, bei Dorsal- und Ventralgleiten eher auf das Radioulnargelenk. DD Radioulnargelenk: Der T komprimiert in der SPP das Caput radii gegen die Ulna. Verändert sich die Symptomatik, so weist dies auf eine Läsion im proximalen Radioulnargelenk hin. Komprimiert der T etwas distal des Caput radii und reduziert sich hierbei der Schmerz, so kann die Läsion zwischen Lig. anulare radii und Caput radii liegen.
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2.8 · Funktionstests für den Ellenbogen
Aktiv-passive Bewegungsprüfung am Ellenbogengelenk
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1
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Extension Der T umgreift mit einer Hand den distalen Unterarm des P und unterlagert mit der anderen Hand den distalen Humerus. Der P bewegt den Arm aktiv in Richtung Ellenbogenextension, anschließend bewegt ihn der T passiv weiter bis zum Bewegungsende. Daraufhin erfolgt aus der Nullstellung passiv die Extension durch die gesamte Bewegungsbahn. Hinweis: Zusätzlich kann mit einer kleinen Bewegung die Extension manipulativ getestet werden. Das typische harte Endgefühl verschwindet hierbei schon bei minimaler Pathologie.
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Flexion Der T umgreift mit einer Hand den distalen Unterarm des P und unterlagert mit der anderen Hand den distalen Humerus. Der P bewegt den Arm aktiv in Richtung Ellenbogenflexion, anschließend bewegt ihn der T passiv weiter bis zum Bewegungsende. Daraufhin erfolgt aus der Nullstellung passiv die Flexion durch die gesamte Bewegungsbahn. Klinik: Bei einem Kapselmuster (Arthritis oder Arthrose) ist die Flexion bedeutend stärker eingeschränkt, während Pronation und Supination nur bei massiven Irritationen betroffen sind.
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3 Pronation Der T umgreift mit beiden Händen den distalen Unterarm. Der P bewegt den Arm aktiv in Richtung Ellenbogenpronation, anschließend bewegt ihn der T passiv weiter bis zum Bewegungsende. Daraufhin erfolgt aus der Nullstellung passiv die Pronation durch die gesamte Bewegungsbahn. Klinik: Bei einer Mobilitätsänderung im proximalen Radioulnargelenk kann es zu einer Komprimierung der Bizepssehne an ihrer Insertionsstelle am Tuberculum radii kommen.
4 Supination Der T umgreift mit beiden Händen den distalen Unterarm. Der P bewegt den Arm aktiv in Richtung Ellenbogensupination, anschließend bewegt ihn der T passiv weiter bis zum Bewegungsende. Daraufhin erfolgt aus der Nullstellung passiv die Supination durch die gesamte Bewegungsbahn. Hinweis: Im Ellenbogengelenk sind die Bewegungen biomechanisch/funktionell miteinander gekoppelt. Die Supination ist mit der Ellenbogenflexion und die Pronation mit der Ellenbogenextension gekoppelt.
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Kapitel 2 · Untersuchung
Translatorische Bewegungsprüfung am Humeroulnargelenk
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1
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Traktion/Kompression Der T umgreift den Unterarm des P von medial mit einer Hand, so dass sein Daumen auf dem Proc. coronoideus der Ulna liegt. Der Oberarm wird auf der Behandlungsbank stabilisiert. Mit dem Zeigefinger der anderen Hand palpiert der T im Spalt zwischen Epicondylus medialis des Humerus und Olekranon der Ulna, während er einen Traktionsimpuls rechtwinklig zum Schaft der Ulna ausübt. Für die Kompression (ohne Abb.) fixiert der T den distalen Humerus und gibt vom Olekranon eine Kompression in das Humeroulnargelenk.
Gleiten nach lateral/medial Der T fixiert mit einer Hand den distalen Humerus von lateral. Mit der anderen Hand umgreift er von medial die Ulna und bewegt diese nach lateral-kaudal. Für das Gleiten nach medial fixiert der T mit einer Hand den distalen Humerus von medial, während er mit der anderen Hand die Ulna inklusive des Radius nach medial-kaudal bewegt (ohne Abb.). Hinweis: Die Bewegungskomponente nach kaudal sollte minimal sein und ergibt sich aus der Sattelgelenksform des Humeroulnargelenks.
Translatorische Bewegungsprüfung am Humeroradialgelenk
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1 Stellungstest Der T umgreift beide Unterarme des P und palpiert mit den Zeigefingern bilateral im Gelenkspalt des Humeroradialgelenks. Beurteilt wird der Abstand des Caput radii zum Epicondylus lateralis des Humerus in Ruhestellung sowie während der Flexions- und Extensionsbewegung im Ellenbogen. Hinweis: Es kann zu einer Stellungsänderung des Caput radii nach kranial und kaudal kommen. Ursache hierfür sind meist Traumata, z. B. ein Sturz auf die Hand (Caput radii kranial).
2 Traktion/Kompression Der Oberarm des P liegt auf der Behandlungsbank, während der T mit dem Zeigefinger der einen Hand im Gelenkspalt des Humeroradialgelenks palpiert. Die andere Hand des T umgreift den distalen Radius und gibt einen Traktionsimpuls in Verlängerung des Radiusschafts nach kaudal. Bei der Kompression umgreift der T mit einer Hand den distalen Humerus und gibt über den distalen Radius mit der anderen Hand eine Kompression in das Humeroradialgelenk (ohne Abb.).
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2.8 · Funktionstests für den Ellenbogen
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Gleiten nach volar/dorsal Das Humeroradialgelenk des P befindet sich in Ruhestellung (Extension und Supination). Der T umgreift mit einer Hand den distalen Humerus, während er mit dem Daumen und Zeigefinger der anderen Hand das Caput radii umgreift und dieses nach anterior und posterior bewegt. Hinweis: Bei diesem Test kommt es gleichzeitig zu einer Mitbewegung im proximalen Radioulnargelenk.
Gleiten in provozierender Stellung Der T bringt den Ellenbogen in die symptomauslösende Position (hier Ellenbogenflexion). Der T stabilisiert diese Position mit einer Hand, während er mit der anderen Hand eine anteriore und posteriore Bewegung im Humeroradialgelenk durchführt. Hinweis: Traktion, Kompression und Gleitbewegungen in einer symptomprovozierenden Stellung werden sowohl im Humeroulnargelenk als auch im Radioulnargelenk durchgeführt.
Translatorische Bewegungsprüfung am proximalen/distalen Radioulnargelenk
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1 Gleiten des PRUG nach volar/dorsal Das proximale Radioulnargelenk des P befindet sich in Ruhestellung (ca. 70° Ellenbogenflexion). Der T fixiert mit der einen Hand die Ulna von medial, während er mit dem Daumen und Zeigefinger der anderen Hand das Caput radii umfasst und nach volar-medial und dorsal-lateral bewegt. Hinweis: Bei dieser Bewegungsprüfung kommt es gleichzeitig zu einer Mitbewegung im Humeroradialgelenk.
2 Gleiten des DRUG nach volar/dorsal Das distale Radioulnargelenk des P befindet sich in Ruhestellung (ca. 10° Supination). Der T fixiert mit der einen Hand die Ulna, während er mit Daumen und Zeigefinger der anderen Hand den Radius nach volar und dorsal bewegt. Hinweis: Bewegungseinschränkungen und/oder Schmerzen im distalen Radioulnargelenk können sowohl mit dem Handgelenk als auch, über die biomechanische Kopplung, mit dem Ellenbogengelenk in Verbindung stehen.
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Kapitel 2 · Untersuchung
Widerstandstests am Ellenbogengelenk
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2 Widerstandstest in Extension Das Ellenbogengelenk des P ist in ca. 90° Flexion eingestellt. Der T fixiert den distalen Unterarm des P. Die andere Hand des T fixiert den distalen Humerus von dorsal. Der P führt gegen den Widerstand des T eine isometrische Kontraktion in Richtung Ellenbogenextension durch. Hinweis: Die Untersuchung testet die kontraktilen Anteile, Sehnen und Insertionen des M. triceps brachii und des M. anconeus.
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3 Widerstandstest in Pronation Das Ellenbogengelenk des P befindet sich in einer Mittelstellung zwischen Pronation und Supination. Der T fixiert mit beiden Händen den distalen Unterarm des P. Der P führt gegen den Widerstand des T eine isometrische Kontraktion in Richtung Ellenbogenpronation durch. Hinweis: Diese Untersuchung testet die kontraktilen Anteile, Sehnen und Insertionen des M. flexor digitorum superficialis, des M. flexor carpi ulnaris, des M. flexor carpi radialis und des M. pronator teres.
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Widerstandstest in Flexion Das Ellenbogengelenk des P ist in ca. 90° Flexion eingestellt. Der T fixiert den distalen Unterarm des P. Die andere Hand des T fixiert den distalen Humerus von dorsal. Der P führt gegen den Widerstand des T eine isometrische Kontraktion in Richtung Ellenbogenflexion durch. Hinweis: Die Untersuchung testet die kontraktilen Anteile, Sehnen und Insertionen des M. biceps brachii, des M. brachialis und des M. brachioradialis in der Ellenbogenregion.
4 Widerstandstest in Supination Das Ellenbogengelenk des P befindet sich in einer Mittelstellung zwischen Pronation und Supination. Der T fixiert mit beiden Händen den distalen Unterarm des P. Der P führt gegen den Widerstand des T eine isometrische Kontraktion in Richtung Ellenbogensupination durch. Hinweis: Die Untersuchung testet die kontraktilen Anteile, Sehnen und Insertionen der Extensorenmuskeln (Mm. extensores carpi radialis longus und brevis, Mm. extensores carpi ulnaris und digitorum) sowie des M. supinator und M. biceps brachii.
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2.8 · Funktionstests für den Ellenbogen
Widerstandstests am Handgelenk
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1 Widerstandstest in Dorsalextension Das Handgelenk des P befindet sich in einer Mittelstellung zwischen Flexion und Extension. Der T fixiert mit einer Hand den distalen Unterarm des P. Die andere Hand des T umgreift die Mittelhandknochen von dorsal. Der P führt gegen den Widerstand des T eine isometrische Kontraktion in Richtung Handgelenksextension durch. Hinweis: Um eine Differenzierung zwischen Hand- und Fingerextensoren zu erreichen, kann der P während des Widerstandstests die Fingerflexoren aktivieren, indem er einen Gegenstand greift.
2 Widerstandstest in Volarflexion Das Handgelenk des P befindet sich in einer Mittelstellung zwischen Flexion und Extension. Der T fixiert mit einer Hand den distalen Unterarm des P. Die andere Hand des T umgreift die Mittelhandknochen von volar. Der P führt gegen den Widerstand des T eine isometrische Kontraktion in Richtung Handgelenksflexion durch. Klinik: Ein positiver Test weist auf eine Läsion an der gemeinsamen Ursprungssehne der Hand- und Fingerflexoren am Epicondylus medialis hin (so genanner Golferellenbogen).
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Kapitel 2 · Untersuchung
Zusatztests
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Valgusstellung Ulna/Humerus Der P führt mit jedem Arm aktiv eine maximale Extension und Supination im Ellenbogengelenk durch. Der T beurteilt das Bewegungsausmaß im Seitenvergleich. Der normale ValgusWinkel (Tragewinkel) beträgt bei Männern ca. 5°, bei Frauen zwischen 10° und 15°. Klinik: Der Winkel kann bei einem Epiphysenschaden (z. B. nach einer Fraktur) vergrößert sein. Eine Verringerung kann Folge einer suprakondylären Fraktur im Kindesalter und einer Fehlstellung des Radius nach proximal sein.
Stabilitätstest des Humeroulnargelenks Der T fixiert mit einer Hand das Ellenbogengelenk des P von lateral, die andere Hand umgreift den distalen Unterarm. In maximaler Ellenbogenextension übt der T einen Valgusstress auf das Ellenbogengelenk aus. Beurteilt wird der mediale Kapsel-Band-Apparat des Humeroulnargelenks. Ein dabei auftretender Schmerz sowie eine abnorme Mobilität weisen auf eine Irritation bzw. Instabilität hin. Hinweis: Der Test kann symptomabhängig in Extension, aber auch in verschiedenen Flexionspositionen durchgeführt werden.
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3 Widerstandstest in Supination/20° Extension Wenn der Widerstandstest in Supination (⊡ S. 52) positiv ist, so kann der Test mit ca. 20° Extension erneut durchgeführt werden. Sind die Schmerzen in dieser Position deutlicher, so weist das auf eine Irritation des M. supinator hin. Klinik: Um eine Differenzierung gegenüber dem N. radialis profundus, der durch den Supinatorkanal zieht und dort komprimiert werden kann, vorzunehmen, kann der Widerstandstest erneut unter einer Vorspannung des N. radialis durchgeführt werden (⊡ Praxistipp, S. 48).
4 Provokationstest des N. medianus Der T gibt einen Kompressionsdruck auf der Volarseite des Ellenbogengelenks. Dort verläuft der N. medianus zwischen den beiden Köpfen des M. pronator teres direkt unterhalb des Lacertus fibrosus des M. biceps brachii. Klinik: Der N. medianus kann im so genannten Pronatorkanal komprimiert bzw. irritiert werden. Ursache kann eine Hypertrophie oder eine chronische Überlastung des M. pronator teres sein (z. B. durch forcierte Pronationsbewegungen wie beim Schrauben).
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2.9 · Untersuchungsschema Hand
2.9
Untersuchungsschema Hand
2.9.1
Basisfunktionsprüfung Hand
Bereichslokalistion Zunächst wird mit der Bereichslokalisation (⊡ Abb. 1, S. 56) ermittelt, ob die Symptome, die der Patient beklagt, von Strukturen des Handgelenks und der Finger direkt hervorgehen, oder ob andere Körperregionen bzw. Strukturen Symptome in die Handregion übertragen (Referred pain). Dabei ist der ulnare Hand- und Fingerbereich dem Versorgungsgebiet des N. ulnaris und damit den Segmenten C8– T1 und T1–T2 zuzuordnen. Symptome in der mittleren Hand- und/oder Fingerregion werden überwiegend über den N. medianus (Segmente C5–T1) und auf der radialen Seite überwiegend durch den N. radialis (Segmente C5– C8) übertragen. In den meisten Fällen wird aber eine lokale Ursache der Grund für die Beschwerden sein (je distaler die Symptome, desto geringer das Auftreten eines Referred pain). Sind die Hand und/oder die Finger als Quelle der Symptome ermittelt, so kann der Therapeut mit lokalen Differenzierungsmanövern versuchen, eine weitere Eingrenzung der betroffenen Strukturen und/oder Gelenke vorzunehmen (⊡ Abb. 2, S. 56). Anschließend erfolgt nun die komplette Funktionsuntersuchung bestehend aus: Aktiv-passiver Bewegungsprüfung am Hangelenk Dorsalextension (⊡ Abb. 1, S. 57) Volarflexion (⊡. Abb. 2, S. 57) Radialabduktion (⊡ Abb. 3. S. 57) Ulnarabduktion (⊡ Abb. 4, S. 57) Translatorischer Bewegungsprüfung am Handgelenk Gleiten des Karpus nach volar/dorsal (⊡ Abb. 1, S. 58) Gleiten des Karpus nach ulnar/radial (⊡ Abb. 2, S. 58) Traktion/Kompression (⊡ Abb. 3,4, S. 58) Gleiten spezifisch der einzelnen Karpalknochen (⊡ Abb. 5, 6, S. 59) Widerstandstests am Handgelenk Widerstandstest in Dorsalextension (⊡ Abb. 1, S. 60) Widerstandstest in Volarflexion (⊡ Abb. 2, S. 60) Widerstandstest in Ulnarabduktion (⊡ Abb. 3, S. 60) Widerstandstest in Radialabduktion (⊡ Abb. 4, S. 60)
Aktiv-passiver Bewegungsprüfung am Daumensattelgelenk Extension (⊡ Abb. 1, S. 61) Flexion (⊡ Abb. 2, S. 61) Abduktion (⊡ Abb. 3, S. 61) Adduktion (⊡ Abb. 4, S. 61) Translatorischer Bewegungsprüfung am Daumensattelgelenk Traktion/Kompression (ohne Abb., der Therapeut gibt axiale Traktion bzw. Kompression über das Os metacarpi I auf das Daumensattelgelenk. Hierbei werden die Ossa trapezoidei fixiert.) Gleiten nach radial/ulnar (⊡ Abb. 1, S. 62, oben) Gleiten nach volar/dorsal (⊡ Abb. 2, S. 62, oben) Widerstandstests am Daumensattelgelenk Widerstandstest in Extension (⊡ Abb. 1, S. 62, unten) Widerstandstest in Flexion (ohne Abb.) Widerstandstest in Abduktion (⊡ Abb. 2, S. 62, unten) Widerstandstest in Adduktion (ohne Abb.)
2.9.2
Zusatztests für Hand und Finger
Nach der Basisfunktionsprüfung erfolgt die Interpretation der positiven Befunde (Interpretationshilfe ⊡ Tab. 3.6, S. 106). In einigen Fällen kann keine eindeutige Zuordnung zu einer einzelnen Struktur getroffen werden oder die Kombination der einzelnen Befunde ergibt ein unklares Bild. Es können aber auch mehrere Gewebearten betroffen sein. Strukturen, die bei der Basisfunktionsprüfung nicht eindeutig bestätigt wurden, müssen daher mit Zusatztests weiter geprüft werden. Dadurch sollen zum einen die Symptome des Patienten bestätigt werden (Provokation und Linderung des typischen Schmerzes), zum anderen vervollständigen sie die mechanische Untersuchung (spezielle translatorische Tests, Tests zur Überprüfung der Mobilität verschiedener Strukturen sowie Widerstandstests aus voreingestellten Positionen). Je mehr Tests auf eine Struktur hinweisen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass dieses Gewebe auch wirklich betroffen ist. An der Hand gibt es viele anatomisch unterschiedliche Strukturen, die in sehr enger Nachbarschaft zueinander liegen (Nerven, Sehnen mit ihren Sehnenscheiden, tiefe Handmuskulatur usw.). Außerdem kommt dem Karpus, ebenso wie dem Tarsus am Fuß, eine Sonderrolle zu, weil insgesamt acht Handwurzelknochen miteinander artiku-
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lieren. Das macht eine Differenzierung der einzelnen Stukturen untereinander schwierig. Die Zusatztests unterteilen sich in Stabilitätstests für die Gelenkkapsel mit den verstärkenden Ligamenten und Provokationstests v. a. für den N. medianus. Es wird noch einmal darauf hingewiesen, dass auch durch die Zusatztests die aufgeführten Gewebsstrukturen nicht isoliert getestet werden können. Ausgewählte Zusatztests Stabilitätstest am Karpus (⊡ Abb. 1, S. 63) Provokationstest nach Tinel (N. medianus, ⊡ Abb. 2, S. 63) Provokationstest nach Phalen (N. medianus, ⊡ Abb. 3, S. 63) Provokationstest nach Finkelstein (1. Sehnenfach, ⊡ Abb. 4, S. 63) Stabilitätstest Ligg. collateralia ulnare/radiale (⊡ Abb. 5, 6, S. 64) Dehnungstest der Mm. lumbricales (⊡ Abb. 7, S. 64) Dehnungstest der Mm. interossei (⊡ Abb. 8, S. 64)
2.10
PRAXISTIPP Auf dem Handrücken können bei schmerzhafter Palpation die Sehnenscheiden der Hand- und Fingerextensoren, die unter dem Retinaculum extensorum liegen, betroffen sein. Zur Differenzierung kann die positive Palpation erneut unter einer Dehnposition der einzelnen Muskeln durchgeführt werden. Von radial nach ulnar bilden die Sehnenscheiden folgende Fächer: - 1. Sehnenfach: M. abductor pollicis longus (radial) und M. extensor pollicis brevis - 2. Sehnenfach: M. extensor carpi radialis brevis und M. extensor carpi radialis longus (radial) - 3. Sehnenfach: M. extensor pollicis longus - 4. Sehnenfach: M. extensor digitorum und M. extensor indicis - 5. Sehnenfach: M. extensor digiti minimi - 6. Sehnenfach: M. extensor carpi ulnaris
Funktionstests für die Hand
Bereichslokalisation 1
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Kapitel 2 · Untersuchung
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1 Neural/HWS Provozierende Bewegung: endgradige Dorsalextension Differenzialdiagnostik (DD): DD neural: In der symptomprovozierenden Position (SPP) erfolgen Bewegungen der HWS (Pfeil 1) und des Schultergürtels (Pfeil 3), um eine mögliche Beteiligung der neuralen Strukturen zu untersuchen. DD HWS: Traktion und Kompression (Pfeil 2) bzw. Bewegungen der HWS in der SPP untersuchen eine mögliche Beteiligung der HWS.
2 Differenzierung der Handwurzelknochen Provozierende Bewegung: Endgradige Dorsalextension Differenzialdiagnostik (DD): DD Radius – Os lunatum: In der SPP bewegt der T das Os lunatum nach volar. Verstärken sich die Symptome, so weist dies auf eine Läsion zwischen Os lunatum und Radius hin. Werden die Symptome gelindert, so kann dies auf eine Läsion zwischen Os lunatum und Os capitatum hindeuten.
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2.10 · Funktionstests für die Hand
Aktiv-passive Bewegungsprüfung am Handgelenk
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2 Volarflexion Der T fixiert mit einer Hand den distalen Unterarm des P und umfasst mit der anderen Hand den Metakarpus von dorsal. Der P bewegt die Hand aktiv in Richtung Handgelenksflexion, anschließend bewegt sie der T passiv weiter bis zum Bewegungsende. Daraufhin erfolgt aus der Nullstellung passiv die Volarflexion durch die gesamte Bewegungsbahn. Hinweis: Bei der Volarflexion findet gleichzeitig eine leichte Ulnarabduktion statt (gekoppelte Bewegung).
3 Radialabduktion Der T fixiert mit einer Hand den distalen Unterarm des P und umfasst mit der anderen Hand den Metakarpus von ulnar. Der P bewegt die Hand aktiv in Richtung Radialabduktion, anschließend bewegt sie der T passiv weiter bis zum Bewegungsende. Daraufhin erfolgt aus der Nullstellung passiv die Radialabduktion durch die gesamte Bewegungsbahn. Klinik: Affektionen der Sehnenscheide im 6. Sehnenfach (des M. extensor carpi ulnaris) können ein Hinweis auf eine primär chronische Polyarthritis sein.
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Dorsalextension Der T fixiert mit einer Hand den distalen Unterarm des P und umfasst mit der anderen Hand den Metakarpus von volar. Der P bewegt die Hand aktiv in Richtung Handgelenksextension, anschließend bewegt sie der T passiv weiter bis zum Bewegungsende. Daraufhin erfolgt aus der Nullstellung passiv die Dorsalextension durch die gesamte Bewegungsbahn. Klinik: Bei einem Kapselmuster sind Flexion und Extension gleichermaßen eingeschränkt. Dies gilt ebenso für die Radialund Ulnarabduktion.
4 Ulnarabduktion Der T fixiert mit einer Hand den distalen Unterarm des P und umfasst mit der anderen Hand den Metakarpus von radial. Der P bewegt die Hand aktiv in Richtung Ulnarabduktion, anschließend bewegt sie der T passiv weiter bis zum Bewegungsende. Daraufhin erfolgt aus der Nullstellung passiv die Ulnarabduktion durch die gesamte Bewegungsbahn. Klinik: Die Ulnarabduktion ist oft positiv, wenn das 1. Sehnenfach (Sehnen und Sehnenscheiden des M. abductor longus und des M. extensor pollicis brevis) eine Irritation aufweist.
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Kapitel 2 · Untersuchung
Translatorische Bewegungsprüfung am Handgelenk
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3 Traktion/Kompression Das Handgelenk des P befindet sich in Ruhestellung (ca. 10° Volarflexion und leichte Ulnarabduktion). Der T fixiert den distalen Unterarm des P, während die andere Hand den Karpus umgreift. Der T bewegt den gesamten Karpus in Verlängerung des Unterarms. In der gleichen Ausgangsstellung (ohne Abb.) gibt der T einen Kompressionsdruck des Karpus gegen Radius und Ulna.
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Gleiten des Karpus nach ulnar/radial Das Handgelenk des P befindet sich in Ruhestellung (ca. 10° Volarflexion und leichte Ulnarabduktion). Der T fixiert mit einer Hand den distalen Unterarm des P, während die andere Hand den Karpus umgreift. Der T bewegt den gesamten Karpus gegen Radius und Ulna nach ulnar-proximal und nach radial-distal (Verlauf der Gelenkfläche des Radius).
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Gleiten des Karpus nach volar/dorsal Das Handgelenk des P befindet sich in Ruhestellung (ca. 10° Volarflexion und leichte Ulnarabduktion). Der T fixiert mit einer Hand den distalen Unterarm des P, während die andere Hand den Karpus umgreift. Der T bewegt den gesamten Karpus gegen Radius und Ulna nach volar-proximal und nach dorsal-distal (Verlauf der Gelenkfläche des Radius).
4 Traktion/Kompression in provozierender Stellung Das Handgelenk des P befindet sich in der symptomprovozierenden Position. Der T fixiert diese Position und bewegt den Karpus in Richtung Traktion und Kompression. Auch Gleitbewegungen nach dorsal-volar sowie radial-ulnar sind in dieser Position möglich. Klinik: Verstärken sich die Symptome z. B. durch Traktion, bzw. reduzieren sie sich durch Kompression, dann kann die Gelenkkapsel die symptomauslösende Struktur sein.
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2.10 · Funktionstests für die Hand
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5 Gleiten spezifisch der Karpalknochen (Ossa lunatum und capitatum – mittlere Säule) Der T fixiert mit Daumen und Zeigefinger der einen Hand den Radius des P und bewegt mit Daumen und Zeigefinger der anderen Hand das Os lunatum nach volar und dorsal. Anschließend fixiert der T das Os lunatum und bewegt das Os capitatum nach volar und dorsal. Klinik: Gleitstörungen in Kombination mit Schmerzen des Os lunatum kommen relativ häufig vor. Ursache kann eine vermehrte Beweglichkeit (Hypermobilität) des Os lunatum sein, was zu einer Blockade desselben (Hypomobilität) führen kann.
6 Gleiten spezifisch der Karpalknochen (Ossa scaphoideum und trapezii – radiale Säule) Der T fixiert mit Daumen und Zeigefinger der einen Hand den Radius des P und bewegt mit Daumen und Zeigefinger der anderen Hand das Os scaphoideum nach volar und dorsal. Anschließend fixiert der T das Os scaphoideum und bewegt das Os trapezium und das Os trapezoideum nach volar und dorsal. Hinweis: Die ulnare Säule der Handwurzelknochen wird getestet zwischen Os hamatum und der Ulna (ohne Abb.). Anschließend erfolgt der Test zwischen Os triquetrum und Os hamatum.
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Kapitel 2 · Untersuchung
Widerstandstests am Handgelenk
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2 Widerstandstest in Volarflexion Das Handgelenk des P befindet sich in einer Mittelstellung zwischen Flexion und Extension. Der T fixiert mit einer Hand den distalen Unterarm des P. Die andere Hand des T umgreift die Mittelhandknochen von volar. Der P führt gegen den Widerstand des T eine isometrische Kontraktion in Richtung Handgelenksflexion durch. Hinweis: Die Untersuchung testet die kontraktilen Anteile, Sehnen und Insertionen der Mm. flexores digitorum superficialis und profundus, des M. flexor carpi radialis sowie des M. flexor carpi ulnaris.
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Widerstandstest in Dorsalextension Das Handgelenk des P befindet sich in einer Mittelstellung zwischen Flexion und Extension. Der T fixiert mit einer Hand den distalen Unterarm des P. Die andere Hand des T umgreift die Mittelhandknochen von dorsal. Der P führt gegen den Widerstand des T eine isometrische Kontraktion in Richtung Handgelenksextension durch. Hinweis: Die Untersuchung testet die kontraktilen Anteile, Sehnen und Insertionen der Mm. extensores carpi radialis longus und brevis, des M. extensor carpi ulnaris sowie des M. extensor digitorum.
3 Widerstandstest in Ulnarabduktion Das Handgelenk des P befindet sich in einer Mittelstellung zwischen Flexion und Extension. Der T fixiert mit einer Hand den distalen Unterarm des P von radial. Die andere Hand des T umgreift die Mittelhandknochen von ulnar. Der P führt gegen den Widerstand des T eine isometrische Kontraktion in Richtung Ulnarabduktion durch. Hinweis: Die Untersuchung testet die kontraktilen Anteile, Sehnen und Insertionen des M. flexor carpi ulnaris sowie des M. extensor carpi ulnaris.
4 Widerstandstest in Radialabduktion Das Handgelenk des P befindet sich in einer Mittelstellung zwischen Flexion und Extension. Der T fixiert mit einer Hand den distalen Unterarm des P von ulnar. Die andere Hand des T umgreift die Mittelhandknochen von radial. Der P führt gegen den Widerstand des T eine isometrische Kontraktion in Richtung Radialabduktion durch. Hinweis: Die Untersuchung testet die kontraktilen Anteile, Sehnen und Insertionen der Mm. extensores carpi radialis longus und brevis sowie des M. flexor carpi radialis.
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2.11 · Funktionstests für die Finger
2.11
Funktionstests für die Finger
Aktiv-passive Bewegungsprüfung am Daumensattelgelenk
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Extension Die Hand des P liegt mit der ulnaren Seite stabil auf der Behandlungsbank und wird vom T zusätzlich fixiert. Der P bewegt den Daumen aktiv in Richtung Extension, anschließend bewegt ihn der T passiv weiter bis zum Bewegungsende. Daraufhin erfolgt aus der Nullstellung passiv die Extension durch die gesamte Bewegungsbahn. Klinik: Bei einem Kapselmuster des Daumensattelgelenks ist die Extension (und Abduktion) schmerzhaft und/oder eingeschränkt.
Flexion Die Hand des P liegt mit der ulnaren Seite stabil auf der Behandlungsbank und wird vom T zusätzlich fixiert. Der P bewegt den Daumen aktiv in Richtung Flexion, anschließend bewegt ihn der T passiv weiter bis zum Bewegungsende. Daraufhin erfolgt aus der Nullstellung passiv die Flexion durch die gesamte Bewegungsbahn. Klinik: Der Test ist oft positiv bei einer Läsion im 1. Sehnenfach (Sehnenscheiden des M. abductor pollicis longus und M. extensor carpi radialis brevis) oder eines Daumenhautastes aus dem N. radialis.
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3 Abduktion Die Hand des P liegt mit der ulnaren Seite stabil auf der Behandlungsbank und wird vom T zusätzlich fixiert. Der P bewegt den Daumen aktiv in Richtung Abduktion, anschließend bewegt ihn der T passiv weiter bis zum Bewegungsende. Daraufhin erfolgt aus der Nullstellung passiv die Abduktion durch die gesamte Bewegungsbahn. Klinik: Bei einem Kapselmuster des Daumensattelgelenks ist die Abduktion (und Extension) schmerzhaft und/oder eingeschränkt.
4 Adduktion Die Hand des P liegt mit der ulnaren Seite stabil auf der Behandlungsbank und wird vom T zusätzlich fixiert. Der P bewegt den Daumen aktiv in Richtung Adduktion, anschließend bewegt ihn der T passiv weiter bis zum Bewegungsende. Daraufhin erfolgt aus der Nullstellung passiv die Adduktion durch die gesamte Bewegungsbahn. Hinweis: Dieser Test ist selten positiv.
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Kapitel 2 · Untersuchung
Translatorische Bewegungsprüfung am Daumensattelgelenk
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Gleiten nach radial/ulnar Der T fixiert mit Daumen und Zeigefinger der einen Hand das Os trapezium des P. Mit dem Daumen und Zeigefinger der anderen Hand umgreift er den proximalen Teil des Os metacarpi I und bewegt es nach radial für die Bewegungsrichtung Adduktion sowie nach ulnar für die Bewegungsrichtung Abduktion (Konvex-Regel). Klinik: Bei einer kapsulären Irritation ist meist das Gleiten nach ulnar schmerzhaft und/oder eingeschränkt.
Gleiten nach volar/dorsal Der T fixiert mit Daumen und Zeigefinger der einen Hand das Os trapezium des P. Mit dem Daumen und Zeigefinger der anderen Hand umgreift er den proximalen Teil des Os metacarpi I und bewegt es nach volar für die Bewegungsrichtung Flexion sowie nach dorsal für die Bewegungsrichtung Extension (Konkav-Regel). Klinik: Bei einer kapsulären Irritation ist meist das Gleiten nach dorsal schmerzhaft und/oder eingeschränkt.
Widerstandstests am Daumensattelgelenk
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1 Widerstandstest in Extension Der T fixiert mit einer Hand den distalen Radius oder das Os trapezium des P. Mit der anderen Hand oder einem Finger fixiert der T das Os metacarpi I. Der P führt gegen den Widerstand des T eine isometrische Kontraktion in Richtung Daumenextension durch. Hinweis: Der Test untersucht die Mm. extensores pollicis longus und brevis.
2 Widerstandstest in Abduktion Der T fixiert mit einer Hand den distalen Radius oder das Os trapezium des P. Mit der anderen Hand oder einem Finger fixiert der T das Os metacarpi I. Der P führt gegen den Widerstand des T eine isometrische Kontraktion in Richtung Daumenabduktion durch. Hinweis: Der Test untersucht die Mm. abductores pollicis longus und brevis.
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2.11 · Funktionstests für die Finger
Zusatztests
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1 Stabilitätstest am Karpus Der T drückt mit dem Daumen der einen Hand gegen die Tuberositas ossis navicularis in ulnare und dorsale Richtung. Mit der anderen Hand versucht der T den Karpus des P in Radialabduktion zu bewegen. Hierbei sollte keine oder nur eine sehr geringe Bewegung auftreten. Hinweis: Weist dieser Test eine vergrößerte Mobilität auf bzw. treten Schmerzen im Handgelenk auf, muss mit spezifischen Gelenkspieltests ermittelt werden, welche Handwurzelknochen betroffen sind (Hyper- bzw. Hypomobilität).
2 Provokationstest nach Tinel Der T bringt mit einer Hand das Handgelenk des P in eine maximale Extension. Mit dem Zeigefinger der anderen Hand klopft der T in Höhe des Karpaltunnels auf den Carpus. Bei einer Irritation des N. medianus im Karpaltunnel kann es zu Schmerzen und/oder Parästhesien im weiteren Nervenverlauf des N. medianus kommen. Hinweis: Der Test kann mit einer verstärkten Vorspannung des N. medianus (Außenrotation und Abduktion im Glenohumeralgelenk und Depression im Schultergürtel) wiederholt werden.
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3 Provokationstest nach Phalen Der T bringt das Handgelenk des P in eine maximale Flexion. Bei einer Irritation des N. medianus im Karpaltunnel kann es zu Schmerzen und/oder Parästhesien im weiteren Nervenverlauf des N. medianus kommen. Hinweis: Wenn bei der Testausführung der Daumenballen keine Symptome zeigt, so kann die Läsionsstelle proximaler liegen, da der diese Region versorgende Nervenast (R. palmaris) den Hauptstamm des N. medianus vor dem Karpaltunnel verlässt.
4 Provokationstest nach Finkelstein Der T fixiert den distalen Unterarm des P. Der P umgreift mit seinen Fingern den maximal flektierten Daumen. Der T umfasst die Hand des P mit dem fixierten Daumen. Der T bewegt das Handgelenk des P in Ulnarabduktion. Hinweis: Der Test untersucht die Sehnen und die Sehnenscheiden des M. extensor pollicis brevis und des M. abductor pollicis longus im 1. Sehnenfach. Klinik: Der R. superficialis des N. radialis zum Daumen kann betroffen sein. Eine Differenzierung kann unter Vorspannung des Nervs erfolgen.
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Kapitel 2 · Untersuchung
Zusatztests (Fortsetzung)
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6 Stabilitätstest des Lig. collaterale radiale Der T fixiert mit einer Hand den distalen Unterarm von der ulnaren Seite, während die andere Hand den proximalen Metakarpus von der ulnaren Seite umfasst. Der T bewegt den Metakarpus und den Karpus in Ulnarabduktion. Hinweis: Weiterhin kann die Ulnarabduktion sowie ebenso die Radialabduktion in mehr Extensions- oder Flexionsposition durchgeführt werden, um den Stress auf die dorsalen oder volaren Ligamente zu erhöhen.
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Stabilitätstest des Lig. collaterale ulnare Der T fixiert mit einer Hand den distalen Unterarm von der ulnaren Seite, während die andere Hand den proximalen Metakarpus von der ulnaren Seite umfasst. Der T bewegt den Metakarpus und den Karpus in Radialabduktion. Hinweis: Bei einem positiven Befund kann der T zusätzlich eine Traktion des Karpus hinzufügen, um die Belastung auf die kapsuloligamentären Strukturen zu erhöhen. Eine zusätzliche Kompression wird die Kapsel und die ulnaren Ligamente entlasten.
7 Dehnungstest der Mm. lumbricales Der T fixiert die proximalen und distalen Interphalangealgelenke von D 2–5 (PIP und DIP) in einer maximal möglichen Flexionsstellung, während die Grundgelenke in Extension eingestellt sind. Unter Beibehaltung dieser Position bewegt der T das Handgelenk des P in eine maximal mögliche Dorsalextension.
8 Dehnungstest der Mm. interossei Der T fixiert den Zeigefinger im proximalen und distalen Interphalangealgelenk (PIP und DIP) in einer maximal möglichen Flexionsstellung, das Grundgelenk bleibt in Extension eingestellt. Der T stabilisiert den Mittelfinger, während er den vorpositionierten Zeigefinger in einer Abduktionsbewegung nach radial führt.
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2.12 · Untersuchungsschema Hüfte
2.12
Untersuchungsschema Hüfte
2.12.1
Basisfunktionsprüfung Hüfte
Bereichslokalisation Zunächst wird mit der Bereichslokalisation ermittelt, ob die Symptome, über die sich der Patient beschwert, direkt von Hüftstrukturen hervorgehen, oder ob andere Körperregionen bzw. Strukturen Symptome in die Hüftregion übertragen (Referred pain). Das Hüftgelenk wird mit seinen ventralen Anteilen vom Plexus lumbalis und mit seinen dorsalen Anteilen vom Plexus sacralis innerviert. Aufgrund der sehr engen, sowohl biomechanischen als auch neuroreflektorischen, Beziehungen zur LWS und zum ISG ist es notwendig, eine Ausschlussdiagnostik für diese Bereiche durchzuführen. Der Idealfall besteht darin, dass der Patient die beklagten Symptome durch eine bestimmte Position auslösen kann. Dies ist bei der Hüfte meist in belasteter Stellung der Fall, z. B. bei der Rumpfvorbeuge (Hüftgelenksflexion, LWS-Flexion, ISG-Nutation) oder in der Standbeinphase (Hüftgelenksextension, LWS-Extension, ISG-Kontranutation). Der Therapeut kann nun spezifische Manöver mit der Zielsetzung durchführen, dass dadurch das Hüftgelenk mehr belastet wird und das ISG und die LWS entlastet werden (⊡ Abb. 1, 2, S. 66). Ist die Hüfte als Quelle der Symptome ermittelt, erfolgt nun die komplette Funktionsuntersuchung bestehend aus: Aktiv-passiver Bewegungsprüfung am Hüftgelenk in Rückenlage Flexion (⊡ Abb. 1, S. 67) Innenrotation (in 90° Hüftgelenksflexion, ⊡ Abb. 2, S. 67) Außenrotation (in 90° Hüftgelenksflexion, ⊡ Abb. 3, S. 67) Abduktion in drei Stufen – mit Kniegelenksextension (⊡ Abb. 4, S. 67) – mit Kniegelenksflexion (⊡ Abb. 5, S. 68) – mit Hüftgelenksflexion (⊡ Abb. 6, S. 68) Adduktion in zwei Stufen – mit Kniegelenksextension (⊡ Abb. 7, S. 68) – mit Kniegelenkszirkumduktion (Kombinationsbewegung aus ADD und FLEX, ⊡ Abb. 8, S. 68) Translatorischer Bewegungsprüfung am Hüftgelenk Traktion/Kompression (⊡ Abb. 1, S. 69, oben) Traktion (⊡ Abb. 2, S. 69, oben) Widerstandstests in Rückenlage Widerstandstest in FLEX (⊡ Abb. 1, S. 69, unten)
Widerstandstest in ABD (⊡ Abb. 2, S. 69, unten) Widerstandstest in ADD (⊡ Abb. 3, S. 70, oben) Aktiv-passiver Bewegungsprüfung am Hüftgelenk in Bauchlage Extension in zwei Stufen – mit Kniegelenksextension (⊡ Abb. 1, S. 70) – mit maximal flektiertem Kniegelenk (ohne Abb., wird nur passiv durchgeführt, aufgrund der aktiven Insuffizienz der ischiokruralen Muskulatur) Innenrotation (mit 90° Kniegelenksflexion, ⊡ Abb. 2, S. 70) Außenrotation (mit 90° Kniegelenksflexion, ⊡ Abb. 3, S. 70) Widerstandstests in Bauchlage Widerstandstest in Innenrotation (⊡ Abb. 1, S. 71) Widerstandstest in Außenrotation (⊡ Abb. 2, S. 71) Widerstandstest in Kniegelenksflexion (⊡ Abb. 3, S. 71) Widerstandstest in Kniegelenksextension (⊡ Abb. 4, S. 71)
PRAXISTIPP Bei der Durchführung der Funktionsprüfung werden zunächst alle Untersuchungstechniken in Rückenlage und darauf folgend in Bauchlage ausgeführt. Dadurch wird vermieden, dass der Patient sich während der Untersuchung mehrfach umdrehen muss.
2.12.2
Zusatztests für die Hüfte
Nach der Basisfunktionsprüfung erfolgt die Interpretation der positiven Befunde (Interpretationshilfe ⊡ Tab. 3.7, S. 106). In einigen Fällen kann keine eindeutige Zuordnung zu einer einzelnen Struktur getroffen werden oder die Kombination der einzelnen Befunde ergibt ein unklares Bild. Es können aber auch mehrere Gewebearten betroffen sein. Strukturen, die bei der Basisfunktionsprüfung nicht eindeutig bestätigt wurden, müssen daher mit Zusatztests weiter geprüft werden. Dadurch sollen zum einen die Symptome des Patienten bestätigt werden (Provokation und Linderung des typischen Schmerzes), zum anderen vervollständigen sie die mechanische Untersuchung (spezielle translatorische Tests, Tests zur Überprüfung der Mobilität verschiedener Strukturen sowie Widerstandstests aus voreingestellten Positionen).
2
2
Kapitel 2 · Untersuchung
Je mehr Tests auf eine Struktur hinweisen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass dieses Gewebe auch wirklich betroffen ist. Für die Hüftregion sind vor allem Nervenmobilitätstests von besonderer Wichtigkeit. Sehr viele periphere Nerven verlaufen über die Hüfte oder enden hier. Ein Zusatztest wäre der Test auf Sensibilität. Bei einer Irritation der Nervenwurzel zeigt sich meist eine sehr unscharfe Grenze des symptomatischen Gebiets, während der Innervationsbereich bei einem betroffenen peripheren Nerv scharf begrenzt ist. Ausgewählte Zusatztests spezifische Palpation M. iliopsoas (⊡ Abb. 1, S. 72) N. cutaneus femoralis lateralis (⊡ Abb. 2, S. 72) Palpation auf eine Leistenhernie (⊡ Abb. 3, S. 72) Nervenmobilitätstest PKB = Prone knee bend (Test für den Plexus lumbalis, ⊡ Abb. 4, S. 72) SLR = Straight leg raise (ohne Abb., Test für den Plexus sacralis: Das gestreckte Bein des sich in Rückenlage befindlichen Patienten wird in der
2.13
Hüfte passiv flektiert. Wenn dabei chmerzen auftreten, kann mit zusätzlichen Verstärkungsmanövern, wie z. B. zusätzlichen LWS-Bewegungen oder Fußbewegungen, eine Beteiligung der neuralen Strukturen an der Symptomatik aufgezeigt werden) Cyriax hat bei der Hüfte das so genannte Gesäßzeichen (Sign of the buttock) beschrieben. Dies gilt, wenn folgende Kombination von Tests positiv ist: SLR ist eingeschränkt und schmerzhaft passive Flexion eingeschränkt und sehr schmerzhaft eine Bewegungseinschränkung im nichtkapsulären Muster Differenzialdiagnostisch sollte man dann laut Cyriax an nachfolgende Erkrankungen denken: Tumoren in der Becken- und Hüftregion rheumatisches Fieber mit einer Bursitis Sakrumfraktur (evtl. pathologische Fraktur) chronisch septische Arthritis im ISG Osteomyelitis im Bereich des proximalen Femur
Funktionstests für die Hüfte
Bereichslokalisation
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1 LWS/ISG in Extension Provozierende Bewegung: Hüftgelenksextension während der Standbeinphase Differenzialdiagnostik (DD): DD LWS/ISG: In der symptomprovozierenden Position legt der T eine Hand auf die Crista iliaca, die andere Hand auf das Tuber ischiadicum. Der T bewegt das Ilium in posteriore Rotation. Verstärken sich die Symptome des P, so weist dies auf die Hüfte hin, werden die Symptome gelindert, so kann das eher auf eine LWS- oder ISG-Beteiligung hindeuten.
2 LWS/ISG in Flexion Provozierende Bewegung: Hüftgelenksflexion (z. B. auf der Treppe) Differenzialdiagnostik (DD): DD LWS/ISG: In der symptomprovozierenden Position legt der T eine Hand auf die Crista iliaca, die andere Hand auf das Tuber ischiadicum. Der T bewegt das Ilium in anteriore Rotation. Verstärken sich die Symptome des P, so weist dies auf die Hüfte hin, werden die Symptome gelindert, so kann das eher auf eine LWS- oder ISG-Beteiligung hindeuten.
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2.13 · Funktionstests für die Hüfte
Aktiv-passive Bewegungsprüfung am Hüftgelenk in Rückenlage
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2 Innenrotation in 90° Hüftgelenksflexion Der T bringt das Bein des P in ca. 90° Hüft- und Kniegelenksflexion. Der P bewegt das Bein aktiv in Richtung Innenrotation, anschließend bewegt es der T passiv weiter bis zum Bewegungsende. Daraufhin erfolgt aus der Nullstellung passiv die Innenrotation durch die gesamte Bewegungsbahn. Klinik: Bei einer Kapsulitis ist die Innenrotation als erste Bewegung eingeschränkt und/oder schmerzhaft (Kapselmuster IR > EXT > ABD), wenn die gesamte Gelenkkapsel betroffen ist.
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Flexion Der T legt eine Hand von posterior gegen das Os ilium des P. Die andere Hand umfasst den distalen Oberschenkel von posterior. Der P bewegt das Bein aktiv in Richtung Hüftgelenksflexion, anschließend bewegt es der T passiv weiter bis zum Bewegungsende (und passiv durch die gesamte Bewegungsbahn). Hinweis: Werden die Symptome des P reproduziert, kann der T in dieser Stellung das Ilium nach anterior rotieren. Verstärken sich die Symptome, weist dies auf die Hüfte hin. Bei einer Reduktion handelt es sich eher um eine Beteiligung der LWS oder des ISG (⊡ Bereichslokalisation, Abb. 2, links).
3 Außenrotation in 90° Hüftgelenksflexion Der T bringt das Bein des P in ca. 90° Hüft- und Kniegelenksflexion. Der P bewegt das Bein aktiv in Richtung Außenrotation, anschließend bewegt es der T passiv weiter bis zum Bewegungsende. Daraufhin erfolgt aus der Nullstellung passiv die Außenrotation durch die gesamte Bewegungsbahn. Hinweis: Um eine weiterlaufende Bewegung in die Wirbelsäule zu verhindern, kann bei der Außenrotation eine Seitneigung nach links in der LWS eingestellt werden, während bei der Innenrotation eine Seitneigung nach rechts eingestellt wird.
4 Abduktion mit Kniegelenksextension Der T umfasst mit einer Hand den distalen Unterschenkel. Die andere Hand legt er auf das Os ilium der gleichen Seite. Der P bewegt das Bein aktiv in Richtung Abduktion, anschließend bewegt es der T passiv weiter bis zum Bewegungsende. Daraufhin erfolgt aus der Nullstellung passiv die Abduktion durch die gesamte Bewegungsbahn. Hinweis: Der Test untersucht den zweigelenkigen M. gracilis auf Spannung bzw. Verkürzung. Dieser Test kann auch zur Differenzierung bei medialen Knieschmerzen durchgeführt werden, da der M. gracilis das Knie medial überkreuzt und am Pes anserinus inseriert.
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Kapitel 2 · Untersuchung
Aktiv-passive Bewegungsprüfung am Hüftgelenk in Rückenlage (Fortsetzung)
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Abduktion mit Kniegelenksflexion Der T abduziert das gestreckte Bein des P bis zum Bewegungsende. In dieser Position flektiert er das Kniegelenk. Der T umfasst nun den distalen Oberschenkel von medial. Der P bewegt das Bein aktiv in Richtung Abduktion, anschließend bewegt es der T passiv weiter bis zum Bewegungsende. Daraufhin erfolgt aus der Nullstellung passiv die Abduktion durch die gesamte Bewegungsbahn. Klinik: Hier werden die eingelenkigen Adduktoren getestet. Die Adduktion kann weiterhin einen Hinweis auf eine Arthritis liefern (Kapselmuster IR > EXT > ABD).
Abduktion mit Hüftgelenksflexion Das Bein des P ist im Hüft- und Kniegelenk flektiert. Der T umfasst mit einer Hand den distalen Oberschenkel. Mit der anderen Hand fixiert er das Os ilium der anderen Seite. Der P bewegt aktiv in Richtung Abduktion, anschließend bewegt der T passiv weiter bis zum Bewegungsende. Daraufhin erfolgt aus der Nullstellung passiv die Abduktion durch die gesamte Bewegungsbahn. Hinweis: Die Durchführung der Abduktion kann aus einer geringgradigen Flexionsposition des Hüftgelenks bis zur maximalen Hüftgelenksflexion heraus erfolgen.
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7 Adduktion mit Kniegelenksextension Der P stellt das nichtbetroffene Bein über das zu testende Bein auf der Behandlungsbank auf. Der T umgreift mit einer Hand den distalen Oberschenkel des P. Die andere Hand fixiert das Os ilium, um eine weiterlaufende Bewegung zu verhindern. Der P bewegt das Bein aktiv in Richtung Adduktion, anschließend bewegt es der T passiv weiter bis zum Bewegungsende. Daraufhin erfolgt aus der Nullstellung passiv die Adduktion durch die gesamte Bewegungsbahn. Klinik: Bei positivem Befund kann durch zusätzlichen manuellen Druck auf den Trochanter zwischen einer Bursitis trochanterica und einer Gelenksaffektion differenziert werden.
8 Adduktion mit Kniegelenkszirkumduktion Der T umgreift mit einer Hand das flektierte Kniegelenk des P. Mit der anderen Hand fixiert er das Os ilium auf der kontralateralen Seite, um eine weiterlaufende Bewegung zu verhindern. Der P bewegt das Bein aktiv in Richtung Adduktion, kombiniert mit Hüftgelenksflexion, anschließend bewegt es der T passiv weiter bis zum Bewegungsende. Hinweis: Der Test besteht aus einer Kombinationsbewegung aus Adduktion und Flexion im Hüftgelenk. Der Test kann aus geringer bis maximaler Flexion erfolgen.
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2.13 · Funktionstests für die Hüfte
Translatorische Bewegungsprüfung am Hüftgelenk
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Traktion/Kompression am gestreckten Bein Das Hüftgelenk des P befindet sich in Ruhestellung (ca. 30° Flexion, Abduktion, leichte Außenrotation). Der T umfasst mit beiden Händen den distalen Unterschenkel des P und gibt einen Traktionsimpuls in Verlängerung des Beins nach distal. Bei der Kompression (ohne Abb.) umfasst der T den distalen Oberschenkel und gibt einen Druck nach proximal. Hinweis: Traktion und Kompression können außerdem in den symptomprovozierenden Positionen als Differenzierung durchgeführt werden.
Traktion am gebeugten Bein Das Hüftgelenk des P befindet sich in Ruhestellung (ca. 30° Flexion, Abduktion). Das Kniegelenk des P ist leicht flektiert. Der T umfasst mit beiden Händen den distalen Oberschenkel des P und gibt einen Traktionsimpuls in Verlängerung des Oberschenkels nach distal. Hinweis: Diese Testvariante ist erforderlich, wenn Beschwerden und/oder Instabilitäten des Kniegelenks vorliegen.
Widerstandstests in Rückenlage
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1 Widerstandstest in Flexion Hüft- und Kniegelenk des P sind in 90° Flexion eingestellt. Der T stabilisiert das flektierte Bein. Der P führt gegen den Widerstand des T eine isometrische Kontraktion in Richtung Hüftgelenksflexion durch. Hinweis: Der Test untersucht die kontraktilen Anteile, Sehnen und Insertionen des M. ilipsoas, des M. rectus femoris und des M. sartorius.
2 Widerstandstest in Abduktion (beidseitig) Der T stabilisiert mit beiden Händen die distalen Oberschenkel des P von lateral. Der P führt gegen den Widerstand des T eine isometrische Kontraktion in Richtung Hüftgelenksabduktion beidseitig durch. Hinweis: Die Fersen des P sollten außerhalb der Behandlungsbank liegen, damit der P das Bein nicht zusätzlich in Außenrotation anspannt. Gestestet werden die kleinen Mm. glutei.
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Kapitel 2 · Untersuchung
Widerstandstest in Rückenlage (Fortsetzung)
Aktiv-passive Bewegungsprüfung in Bauchlage
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3 Widerstandstest in Adduktion (beidseitig) Der T stabilisiert mit beiden Händen die distalen Oberschenkel des P von medial. Der P führt gegen den Widerstand des T eine isometrische Kontraktion in Richtung Hüftgelenksadduktion durch. Hinweis: Die Fersen des P sollten außerhalb der Behandlungsbank liegen, damit der P das Bein nicht zusätzlich in Innenrotation anspannt. Der Test erfolgt beidseitig, um Ausweichbewegungen des Beckens zu verhindern.
Extension mit gestrecktem Bein Der T umgreift mit einer Hand den distalen Oberschenkel des P von anterior. Mit der anderen Hand stabilisiert er in Höhe des Tuber ischiadicum das Becken nach anterior, um eine weiterlaufende Bewegung ins Iliosakralgelenk und die LWS zu verhindern. Der P bewegt das Bein aktiv in Richtung Hüftgelenksextension, anschließend bewegt es der T passiv weiter bis zum Bewegungsende. Daraufhin erfolgt aus der Nullstellung passiv die Extension durch die gesamte Bewegungsbahn. Hinweis: Bei positivem Befund kann durch zusätzliche Kniegelenksflexion zwischen Hüftgelenk, M. rectus femoris und dem N. femoralis differenziert werden.
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2 Innenrotation mit 90° Kniegelenksflexion Der T umgreift mit einer Hand von medial den distalen Oberschenkel des P. Die andere Hand stabilisiert das Os ilium auf der gleichen Seite, um eine weiterlaufende Bewegung zu verhindern. Der P bewegt das Bein aktiv in Richtung Innenrotation, anschließend bewegt es der T passiv weiter bis zum Bewegungsende. Daraufhin erfolgt aus der Nullstellung passiv die Innenrotation durch die gesamte Bewegungsbahn. Klinik: Kapselmuster IR > EXT > ABD
3 Außenrotation mit 90° Kniegelenksflexion Der T umgreift mit einer Hand von lateral den distalen Unterschenkel des P. Die andere Hand stabilisiert das Os ilium auf der gleichen Seite, um eine weiterlaufende Bewegung zu verhindern. Der P bewegt das Bein aktiv in Richtung Außenrotation, anschließend bewegt es der T passiv weiter bis zum Bewegungsende. Daraufhin erfolgt aus der Nullstellung passiv die Außenrotation durch die gesamte Bewegungsbahn.
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2.13 · Funktionstests für die Hüfte
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Widerstandstests in Bauchlage
2 Widerstandstest in Außenrotation (beidseitig) Die Kniegelenke des P sind in ca. 90° Flexion eingestellt. Der T fixiert von medial die distalen Unterschenkel des P. Der P führt gegen den Widerstand des T eine isometrische Kontraktion in Richtung Außenrotation durch. Hinweis: Der Test untersucht die kontraktilen Anteile, Sehnen und Insertionen des M. piriformis, der Mm. obturatorius externus und internus, der Mm. gemelli sowie des M. quadratus femoris.
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Widerstandstest in Innenrotation (beidseitig) Die Kniegelenke des P sind in ca. 90° Flexion eingestellt. Der T fixiert von lateral die distalen Unterschenkel des P. Der P führt gegen den Widerstand des T eine isometrische Kontraktion in Richtung Innenrotation durch. Hinweis: Der Test untersucht die kontraktilen Anteile, Sehnen und Insertionen des M. gluteus medius und des M. tensor fasciae latae. Die Ausführung erfolgt auf beiden Seiten (ebenso wie der Widerstandstest in Außenrotation), um Ausweichbewegungen des Beckens zu verhindern.
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3 Widerstandtest in Flexion Das Kniegelenk des P wird in ca. 45° Flexion eingestellt. Der T fixiert mit beiden Händen den distalen Unterschenkel des P. Der P führt gegen den Widerstand des T eine isometrische Kontraktion in Richtung Kniegelenksflexion durch. Hinweis: Der Test untersucht die kontraktilen Anteile, Sehnen und Insertionen des M. biceps femoris und der Mm. semitendinosus und membranosus. DD: Durch den WT in Innenrotation und den WT in Außenrotation im Kniegelenk kann zwischen dem M. biceps femoris und den Mm. semitendinosus und semimembranosus differenziert werden.
4 Widerstandstest in Extension Das Kniegelenk des P wird in ca. 45° Flexion eingestellt. Der T fixiert den distalen Unterschenkel des P von anterior. Die andere Hand stabilisiert den distalen Oberschenkel. Der P führt gegen den Widerstand des T eine isometrische Kontraktion in Richtung Kniegelenksextension durch. Hinweis: Der Test untersucht die kontraktilen Anteile, Sehnen und Insertionen des M. quadriceps, insbesondere des M. rectus femoris (zweigelenkig über Hüft- und Kniegelenk).
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Kapitel 2 · Untersuchung
Zusatztests
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2 Palpation des N. cutaneus femoralis lateralis Der T palpiert die Durchtrittsstelle des Nervs durch das Lig. inguinale ca. 1 cm medial der Spina iliaca anterior superior (SIAS). Extension und Adduktion im Hüftgelenk sowie Seitneigung in der LWS kann den Palpationstest weiter sensibilisieren. Klinik: Der N. cutaneus femoralis lateralis erhält seine Innervierung aus den Segmenten L2/L3. Der Nerv kann z. B. durch direkte Traumata oder Druck in der Leiste irritiert werden. Symptome können in der anterolateralen Hüft- und Oberschenkelregion auftreten.
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1 Palpation des M. iliopsoas Der T legt seine Fingerspitzen lateral des Muskelbauchs des M. rectus abdominis auf. In einem Winkel von ca. 60° bewegt er vorsichtig die Fingerspitzen nach medial-posterior. Beurteilt wird der Spannungszustand des M. psoas major. Klinik: Der M. iliopsoas (M. psoas major) ist oft hyperton und schmerzhaft bei Hüftgelenksaffektionen, LWS- und ISGBeschwerden, aber auch bei Erkrankungen bzw. Funktionsstörungen verschiedener innerer Organe (z. B. Nieren, Kolon) sowie bei Dysfunktionen der Organe im kleinen Becken.
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3 Palpation auf eine Leistenhernie Der T palpiert mit den Fingerspitzen auf dem Lig. inguinale. Anschließend soll der P einen Pressdruck ausüben (z. B. gegen seinen Handrücken blasen, ohne, dass die Luft entweicht) oder mehrere Male kräftig husten. Kann der T einen Wulst auf oder unterhalb der Leiste beobachten bzw. palpieren, oder treten Symptome während des Manövers auf, kann dies ein Hinweis auf eine Leistenhernie sein. Klinik: Die Hernia inguinalis kommt häufiger bei Männern (ca. 80 %) vor. Eine Differenzialdiagnostik gegenüber inguinalen Lymphknotenschwellungen ist erforderlich.
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4 Prone knee bend (PKB) Der T bewegt das Kniegelenk passiv in Flexion. Wenn der P seine Symptome (z. B. in der vorderen Hüft- und Oberschenkelregion) verspürt, so kann der T durch eine Lateralflexion der LWS nach rechts bzw. nach links oder durch passive Fußbewegungen in Dorsalextension und Plantarflexion eine Beteiligung von Neuralstrukturen nachweisen. Hinweis: Der PKB testet den N. femoralis (L1–L4) bzw. den gesamten Plexus lumbalis, zusätzliche Verstärkung erfolgt durch Seitneigung der LWS und Hüftgelenksextension.
73
2.14 · Untersuchungsschema Knie
2.14
Untersuchungsschema Knie
2.14.1
Basisfunktionsprüfung Knie
Bereichslokalisation Zunächst wird mit der Bereichslokalisation (⊡ Abb. 1, S. 75) ermittelt, ob die Symptome, über die sich der Patient beschwert, direkt von Strukturen des Kniegelenks hervorgehen, oder ob andere Körperregionen bzw. Strukturen Symptome in die Knieregion übertragen (Referred pain). Schmerzen an der Medialseite des Kniegelenks werden häufig von einer Hüftpathologie übertragen. Für Symptome an der Lateralseite und in der Kniekehlenregion kommen die LWS (Segmente L4–L5 und L5–S1) sowie (eher selten) das ISG als Auslöser in Frage. Beschwerden im anterioren Bereich können aus der oberen LWS (v. a. Segment L3–L4) als übertragener Schmerz herrühren. Auch periphere Nerven können die Ursache für Knieschmerzen sein. Der N. obturatorius (L2–L4) innerviert als sensibler Endast den medialen Kapsel-Band-Apparat und damit auch das Lig. collaterale mediale. Die posterioren Kapsel-Band-Strukturen werden vom N. tibialis (L4–S3), der laterale Kniegelenksanteil vom N. peroneus (L4–S2) versorgt. Für die anterioren Kapsel- und Gelenkanteile ist der N. femoralis (L2–L4) der innervierende Nerv. Der inferiore Kniebereich wird vom R. infrapatellaris aus dem N. saphenus (L2–L4) versorgt. Ist das Knie als Quelle der Symptome ermittelt, können auch hier noch lokale Manöver durchgeführt werden, um zwischen dem Femorotibialgelenk und dem Patellofemoralgelenk zu differenzieren (⊡ Abb. 2, S. 75). Anschließend erfolgt die komplette Funktionsuntersuchung bestehend aus: Aktiv-passiver Bewegungsprüfung am Kniegelenk Flexion (⊡ Abb. 1, S. 75, unten) Extension (⊡ Abb. 2, S. 75, unten) Innenrotation (⊡ Abb. 3, S. 76) Außenrotation (⊡ Abb. 4, S. 76) Translatorischer Bewegungsprüfung am Kniegelenk Traktion/Kompression (⊡ Abb. 1, S. 76) Traktion/Kompression in BL (⊡ Abb. 2, S. 76) Gleiten nach anterior/posterior Medialseite (⊡ Abb. 3, S. 77) Gleiten nach anterior/posterior Lateralseite (⊡ Abb. 4, S. 77) Gleiten nach medial (⊡ Abb. 5, S. 77) Gleiten nachlateral (⊡ Abb. 6, S. 77)
Gleiten im Patellofemoralgelenk – nach lateral/medial (⊡ Abb. 7, S. 78) – nach distal (⊡ Abb. 8, S. 78) Stellungstest am proximalen Tibiofibulargelenk (⊡ Abb. 9, S. 78) Gleiten im proximalen Tibiofibulargelenk (⊡ Abb. 10, S. 78) Widerstandstests Widerstandstest in Flexion (⊡ Abb. 1, S. 79) Widerstanstest in Extension (⊡ Abb. 2, S. 79) Widerstandstest in Innenrotation (⊡ Abb. 3, S. 79) Widerstandstest in Außenrotation (⊡ Abb. 4, S. 79)
2.14.2
Zusatztests für das Knie
Nach der Basisfunktionsprüfung erfolgt die Interpretation der positiven Befunde (Interpretationshilfe ⊡Tab. 3.8, S. 108). In einigen Fällen kann keine eindeutige Zuordnung zu einer einzelnen Struktur getroffen werden oder die Kombination der einzelnen Befunde ergibt ein unklares Bild. Es können aber auch mehrere Gewebearten betroffen sein. Strukturen, die bei der Basisfunktionprüfung nicht eindeutig bestätigt wurden, müssen daher mit Zusatztests weiter geprüft werden. Dadurch sollen zum einen die Symptome des Patienten bestätigt werden (Provokation und Linderung des typischen Schmerzes), zum anderen vervollständigen sie die mechanische Untersuchung (spezielle translatorische Tests, Tests zur Überprüfung der Mobilität verschiedener Strukturen sowie Widerstandstests aus voreingestellten Positionen). Je mehr Tests auf eine Struktur hinweisen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass dieses Gewebe auch wirklich betroffen ist. Da das Kniegelenk ein überwiegend bandgeführtes Gelenk ist, sind vor allem die Zusatztests auf Instabilität von großem Interesse. Durch den geringen Informationsgehalt der vielen existierenden Meniskustests werden nur drei der wichtigsten aufgeführt. Ausgewählte Zusatztests Provokationstests Patellofemoralgelenk Patellakompression – in leichter Flexion (⊡ Abb. 1, S. 80) – in maximaler Flexion (⊡ Abb. 2, S. 80) Quadrizepswinkel (⊡ Abb. 3, S. 80) Zohlenzeichen (⊡ Abb. 4, S. 80) Widerstandstest in Extension in 0°/30°/60°/90° (ohne Abb., der Widerstandstest erfolgt wie in Abb. 2, S. 79, jedoch in unterschiedlichen Flexionsstellungen des Knies, um die verschiedenen
2
74
2
Kapitel 2 · Untersuchung
Gelenkanteile des Patellofemoralgelenks unter mehr Belastung zu setzen). Instabilitätstests Hyperextensionstest: Test hintere Kapselwand und Lig. cruciatum anterius (⊡ Abb. 1, S. 81) Lachmann-Test: Test Lig. cruciatum anterius (⊡ Abb. 2, S. 81) Gravity sign-Test: Lig. cruciatum posterius (⊡ Abb. 3, S. 81) Posterolaterale Schublade: Test Lig. cruciatum posterius (⊡ Abb. 4, S. 81) Valgusstress in Extension: Test mediale hintere Kapselwand (⊡ Abb. 5, S. 82) Valgusstress in Flexion: Test Lig. collaterale mediale (⊡ Abb. 6, S. 82) Varusstress in Extension: Test laterale hintere Kapselwand (Gleicher Test wie in Abb. 5, S. 82, Valgusstress in Extension, der Therapeut gibt den Stress in Varusrichtung des Kniegelenks.) Varusstress in Flexion: Test Lig. collaterale laterale (Gleicher Test wie in Abb. 6, S. 82, Valgusstress in Flexion, der Therapeut gibt den Stress in Varusrichtung des Kniegelenks.) Pivot-shift-Test: Lig. cruciatum anterius (ohne Abb.): Der Patient befindet sich in Rückenlage. Das Kniegelenk ist extendiert und der Unterschenkel wird in einer maximalen Innenrotation (nur möglich bei Ruptur) gehalten. Der Therapeut übt von distal einen axialen Druck auf das Kniegelenk aus, während gleichzeitig in Höhe des Fibulaköpfchens ein manueller Druck nach anteromedial erfolgt. Anschließend wird das Kniegelenk flektiert. Liegt eine Totalruptur des vorderen Kreuzbandes vor, so schnappt die Tibia zwischen ca. 30–40° aus der pathologischen (gehaltenen) Innenrotation in die Normalposition zurück. Dies erfolgt über die Verlagerung des Tractus iliotibialis hinter die Flexions-Extensionsachse. Meniskusprovokationstests Durch die Meniskustests kann keine Aussage gemacht werden, ob der Innen- oder Außenmeniskus betroffen ist. Auch einen Hinweis darauf, welcher Anteil des Meniskus betroffen ist, kann nicht getroffen werden. Steinmann II-Test (⊡ Abb. 1, S. 82) Apley-Test (⊡ Abb. 2, S. 82) Mc Murray-Test (modifiziert, ⊡ Abb. 3–6, S. 83) Plicatests Test nach Sutter (⊡ Abb. 1, 2, S. 84, oben)
PRAXISTIPP Die Menisken werden während der Kniebewegungen nicht nur passiv bewegt, sondern auch durch Muskeln, die Ansätze am Innen- und Außenmeniskus (IM und AM) haben. Folgende Muskeln inserieren teilweise an den Menisken: - M. semimembranosus am Hinterhorn des IM (zieht ihn während der FLEX nach posterior). - M. biceps femoris am Hinterhorn des AM (zieht ihn während der FLEX und AR nach posterior) - M. quadriceps über die Retinakula an die Vorderhörner von IM und AM (zieht sie während der EXT nach anterior). Aufgrund dieser anatomischen Verbindungen kann der Therapeut während eines positiven Widerstandstests zusätzlich translatorische Tests durchführen, um Hinweise auf eine Meniskusbeteiligung zu erhalten.
Test nach Midal/Hayden (ohne Abb.): Das Kniegelenk befindet sich in ca. 20–30° Flexion. Der Therapeut schiebt die Patella nach medial, wodurch eine betroffene Plica (Plica mediopatellaris) zwischen dem Condylus medialis und der Patella komprimiert wird. Spezifische Palpation (ohne Abb.): Der Therapeut schiebt die Patella nach medial und palpiert unterhalb und medial der Patella auf Schmerzhaftigkeit. Bei einer fibrosierten Plica kann er eine Verdickung in dieser Region wahrnehmen. Spezifische Palpaption Temperatur (⊡ Abb. 1, S. 84, unten) Test auf Schwellung – Mini-Erguss (⊡ Abb. 2, S. 84, unten) – Midi-Erguss (ohne Abb.): Der Daumen und Zeigefinger des Therapeuten werden medial und lateral auf den Gelenkspalt platziert. Mit der anderen Hand streicht er den Recessus des Kniegelenks aus. Der Test ist positiv, wenn die palpierenden Finger von der fluktuierenden Gelenkflüssigkeit weggedrückt werden. – Maxi-Erguss (ohne Abb.): Der Therapeut streicht den Recessus patellaris nach distal aus, während er mit einem Finger gleichzeitig einen Druck auf die Patella ausübt. Dies erzeugt ein Gefühl, als würde sich die Patella hin und her bewegen (so genannte „tanzende Patella“).
75
2.15 · Funktionstests für das Knie
2.15
Funktionstests für das Knie
Bereichslokalisation
1
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2
Hüfte/LWS/Fuß Provozierende Bewegung: Leichte Flexion des Standbeins Differenzialdiagnostik (DD): DD Hüfte/LWS: In der symptomprovozierenden Position übt der T eine axiale Kompression bzw. eine Traktion auf das Kniegelenk aus. Verstärkt z. B. die Traktion die Schmerzen, so kann das auf eine Hüft- und/oder LWS-Problematik hinweisen. DD Fuß: Weiterhin kann der T am proximalen Unterschenkel eine axiale Kompression/Traktion (ohne Abb.) ausüben. Lindert z. B. der Zug zum Knie hin die Symptome, so kann dies auf den Fuß hinweisen.
Femorotibialgelenk/Patellofemoralgelenk Provozierende Bewegung: Leichte Flexion des Standbeins Differenzialdiagnostik (DD): DD Femorotibialgelenk: In der symptomprovozierenden Position übt der T einen translatorischen Schub zwischen Femur und Tibia aus. Provoziert bzw. lindert dies die Symptome des P, so kann das auf eine Läsion im Femorotibialgelenk (inkl. der Menisken) hinweisen. DD Patellofemoralgelenk: Provoziert eine Kompression auf die Patella die Symptome (ohne Abb.), so deutet dies auf eine Läsion im patello-femoralen Gleitlager hin.
Aktiv-passive Bewegungsprüfung am Kniegelenk
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1 Flexion Der T umfasst mit einer Hand den distalen Unterschenkel des P. Die andere Hand fixiert den distalen Oberschenkel von anterior. Der P bewegt das Bein aktiv in Richtung Kniegelenksflexion, anschließend bewegt es der T passiv weiter bis zum Bewegungsende. Daraufhin erfolgt aus der Nullstellung passiv die Flexion durch die gesamte Bewegungsbahn. Das Endgefühl ist weich elastisch, weil die Muskulatur von Ober- und Unterschenkel die Bewegung limitiert. Klinik: Bei einem Kapselmuster ist die Flexion deutlicher eingeschränkt als die Extension (Verhältnis 4 : 1).
2 Extension Der T umfasst mit einer Hand den distalen Unterschenkel des P. Die andere Hand liegt anterior auf dem distalen Oberschenkel. Der P bewegt das Bein aktiv in Richtung Kniegelenksextension, anschließend bewegt es der T passiv weiter bis zum Bewegungsende. Daraufhin erfolgt aus der Nullstellung passiv die Extension durch die gesamte Bewegungsbahn. Hinweis: Zusätzlich kann die Extension manipulativ getestet werden. Das typische harte Endgefühl verschwindet hierbei schon bei minimaler Pathologie.
2
76
Kapitel 2 · Untersuchung
Aktiv-passive Bewegungsprüfung am Kniegelenk (Fortsetzung)
2
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3
4
Innenrotation Das Kniegelenk des P ist in ca. 90° Flexion eingestellt und der Fuß steht mit der Ferse auf, wobei das obere Sprunggelenk sich in Dorsalextension befindet. Der T umfasst mit einer Hand den Fuß des P von lateral. Die andere Hand fixiert das Kniegelenk, mit dem Zeigefinger kann der T im Gelenkspalt palpieren. Der P bewegt das Bein aktiv in Richtung Innenrotation, anschließend bewegt es der T passiv weiter bis zum Bewegungsende. Daraufhin erfolgt aus der Nullstellung passiv die Innenrotation durch die gesamte Bewegungsbahn.
Außenrotation Das Kniegelenk des P ist in ca. 90° Flexion eingestellt und der Fuß steht mit der Ferse auf, wobei das obere Sprunggelenk sich in Dorsalextension befindet. Der T umfasst mit einer Hand den Fuß des P von medial. Die andere Hand fixiert das Kniegelenk, mit dem Zeigefinger kann der T im Gelenkspalt palpieren. Der P bewegt das Bein aktiv in Richtung Außenrotation, anschließend bewegt es der T passiv weiter bis zum Bewegungsende. Daraufhin erfolgt aus der Nullstellung passiv die Außenrotation durch die gesamte Bewegungsbahn.
Translatorische Bewegungsprüfung am Kniegelenk
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1 Traktion/Kompression Das Kniegelenk des P befindet sich in Ruhestellung (ca. 25° Flexion). Der T fixiert den distalen Oberschenkel von anterior, während der Zeigefinger der einen Hand im medialen Gelenkspalt palpiert. Die andere Hand umfasst den Unterschenkel und gibt eine Traktion in Verlängerung des Unterschenkels nach distal. Bei der Kompression erfolgt die gleiche Handfassung, der T gibt eine axiale Kompression ins Femorotibialgelenk. Hinweis: Bei der Traktion wird weniger die Kniegelenkkapsel, sondern eher die Kreuzbänder unter Zug gebracht.
2 Traktion/Kompression in provozierender Stellung in Bauchlage Der T umgreift mit beiden Händen den distalen Unterschenkel des P. Der T bewegt das Kniegelenk in die symptomprovozierende Position. In dieser Stellung führt der T eine Traktion bzw. eine Kompression in Verlängerung des Unterschenkels durch. Hinweis: Bei der Traktion kann der T den Oberschenkel des P mit einem Gurt oder durch sein gebeugtes Bein fixieren.
77
2.15 · Funktionstests für das Knie
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3
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4
Gleiten nach anterior/posterior (Medialseite) Das Kniegelenk des P befindet sich in Ruhestellung (ca. 25° Flexion). Der T fixiert den distalen Oberschenkel von anterior, während er mit dem Zeigefinger der einen Hand im medialen Gelenkspalt palpiert. Die andere Hand umgreift flächig den medialen Tibiakopf und führt ein Gleiten nach anterior und posterior durch. Hinweis: Im medialen Kniegelenkskompartiment kommt physiologisch eine geringere Gleitbewegung als auf der Lateralseite vor.
Gleiten nach anterior/posterior (Lateralseite) Das Kniegelenk des P befindet sich in Ruhestellung (ca. 25° Flexion). Der T fixiert den distalen Oberschenkel von anterior, während er mit dem Zeigefinger der einen Hand im lateralen Gelenkspalt palpiert. Die andere Hand umgreift flächig den lateralen Tibiakopf und führt ein Gleiten nach anterior und posterior durch. Klinik: Gleitstörungen und/oder Krepitationen auf der Medialsowie auf der Lateralseite weisen häufig auf eine Meniskuspathologie hin.
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5 Gleiten nach medial Das Kniegelenk des P befindet sich in Ruhestellung (ca. 25° Flexion). Der T fixiert mit einer Hand den distalen Oberschenkel von medial. Die andere Hand umgreift den proximalen Unterschenkel von lateral und bewegt diesen transversal von lateral nach medial. Hinweis: Der T kann versuchen, zusätzlich mit einem Finger im Gelenkspalt zu palpieren, um die Mobilität zu überprüfen.
6 Gleiten nach lateral Das Kniegelenk des P befindet sich in Ruhestellung (ca. 25° Flexion). Der T fixiert mit einer Hand den distalen Oberschenkel von lateral. Die andere Hand umgreift den proximalen Unterschenkel von medial und bewegt diesen transversal von medial nach lateral. Hinweis: Das Gleiten nach medial und lateral ist meist nur bei großen Einschränkungen in Flexion und/oder Extension betroffen.
2
78
Kapitel 2 · Untersuchung
Translatorische Bewegungsprüfung am Kniegelenk (Fortsetzung)
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7 Gleiten im Patellofemoralgelenk nach lateral/medial Das Kniegelenk des P befindet sich in Ruhestellung (ca. 25° Flexion). Der T fixiert mit einer Hand den distalen Oberschenkel von der Kniekehle her. Mit dem Daumen und Zeigefinger der anderen Hand umfasst er die Patella und führt ein Gleiten nach lateral und medial durch. Hinweis: Bei der Bewegung der Patella nach medial kann es zu einer Kompression der lateralen Facette der Patella mit der korrespondierenden Gelenkfläche des Femur kommen.
8 Gleiten im Patellofemoralgelenk nach distal Das Kniegelenk des P befindet sich in Ruhestellung (ca. 25° Flexion). Das Kniegelenk wird mit einem Sandsack unterlagert, oder der T fixiert mit einer Hand den distalen Oberschenkel von der Kniekehle her. Mit dem Handballen oder der Spanne von Daumen und Zeigefinger bewegt er die Patella im Patellofemoralgelenk nach distal. Hinweis: Alle Gleitbewegungen sollten auch in den symptomprovozierenden Positionen durchgeführt bzw. wiederholt werden.
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9 Stellungstest am proximalen Tibiofibulargelenk Die Kniegelenke des P sind in ca. 90° Flexion eingestellt. Der T palpiert beidseits mit den Daumen auf der Tuberositas tibiae, mit den Zeigefingern auf beiden Tubercula von Gerdy und den Mittelfingern auf der Fibulaspitze. Beurteilt wird der Abstand zwischen der Fibula und dem Tuberculum von Gerdy bzw. der Tuberositas tibiae. Klinik: Bei einem Inversionstrauma am Fuß kann es zu einer weiterlaufenden Bewegung ins proximale Tibiofibulargelenk kommen. Dies kann zu einer Fehlstellung des Caput fibulae nach dorsal führen.
10 Gleiten im proximalen Tibiofibulargelenk Das Kniegelenk des P ist in ca. 90° Flexion eingestellt. Der T fixiert mit einer Hand den proximalen Tibiakopf. Mit Daumen und Zeigefinger der anderen Hand umfasst er das Caput fibulae und führt ein Gleiten nach antero-lateral und postero-medial durch. Vorsicht: Der N. peroneus communis verläuft direkt hinter dem Caput fibulae. Starker Druck sollte vermieden werden, um den Nerv nicht zu irritieren.
79
2.15 · Funktionstests für das Knie
Widerstandstests am Kniegelenk
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1
2 Widerstandstest in Extension Der T unterlagert das leicht flektierte Kniegelenk des P mit seinem Oberschenkel. Mit beiden Händen fixiert der T den distalen Unterschenkel. Der P führt gegen den Widerstand des T eine isometrische Kontraktion in Richtung Kniegelenksextension durch. Hinweis: Der Test untersucht die kontraktilen Anteile, Sehnen und Insertionen des M. quadriceps, dadurch auch die Retinacula der Patella. Wird der Widerstandstest in ca. 0–20° Kniegelenksflexion durchgeführt, wird eher der Tractus iliotibialis getestet.
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Widerstandstest in Flexion Der P flektiert das Kniegelenk leicht (ca. 30°). Der T umgreift mit beiden Händen den distalen Unterschenkel. Der P führt gegen den Widerstand des T eine isometrische Kontraktion in Richtung Kniegelenksflexion durch. Hinweis: Der Test untersucht die kontraktilen Anteile, Sehnen und Insertionen des M. biceps femoris, des M. sartorius, der Mm. semitendinosus und membranosus sowie des M. popliteus. Mit einem geringen Anteil wird hierbei auch der M. gastrocnemius getestet.
3 Widerstandstest in Innenrotation Das Kniegelenk des P ist in ca. 90° Flexion eingestellt und der Fuß steht mit der Ferse auf, wobei das obere Sprunggelenk sich in Dorsalextension befindet. Der T umfasst mit einer Hand den Fuß des P von medial. Die andere Hand fixiert den distalen Oberschenkel von anterior. Der P führt gegen den Widerstand des T eine isometrische Kontraktion in Richtung Kniegelenksinnenrotation durch. Hinweis: Der Test untersucht die kontraktilen Anteile, Sehnen und Insertionen der Mm. semitendinosus und membranosus, des M. sartorius und des M. popliteus.
4 Widerstandstest in Außenrotation Das Kniegelenk des P ist in ca. 90° Flexion eingestellt und der Fuß steht mit der Ferse auf, wobei das obere Sprunggelenk sich in Dorsalextension befindet. Der T umfasst mit einer Hand den Fuß des P von lateral. Die andere Hand fixiert den distalen Oberschenkel von anterior. Der P führt gegen den Widerstand des T eine isometrische Kontraktion in Richtung Kniegelenksaußenrotation durch. Hinweis: Der Test untersucht die kontraktilen Anteile, Sehnen und Insertionen des M. biceps femoris und des Tractus iliotibialis.
2
80
Kapitel 2 · Untersuchung
Zusatztests – Provokationstests Patellofemoralgelenk
2
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1
2 Patellakompression in maximaler Flexion Der P befindet sich in einer Hockstellung, in der das Kniegelenk bis in die symptomprovozierende Position flektiert wird. Der T umfasst mit einer Hand den distalen Oberschenkel von anterior, während er mit der anderen Hand einen Kompressionsdruck auf die Patella ausübt. Hinweis: die Position, in der die Patellakompression Symptome verursacht, kann in der Behandlung als Ausgangsstellung für eine intermittierende Kompressionsbehandlung genutzt werden.
3 Quadrizepswinkel Der P steht symmetrisch auf beiden Beinen. Der T bringt zwei gedachte Linien miteinander in Verbindung. Die eine Linie geht von der Spina iliaca anterior superior (SIAS) bis zur Patellaspitze. Die zweite Linie verläuft von der Patellaspitze zur Tuberositas tibiae. Der nach oben offene Winkel beträgt normalerweise bei Männern ca. 10°, bei Frauen ca. 15°. Klinik: Bei einer habituellen Patellaluxation nach lateral ist der Quadrizepswinkel häufig vergrößert.
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Frauen 15° Männer 10°
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Patellakompression in leichter Flexion Der P befindet sich im Einbeinstand und flektiert das Kniegelenk bis in die symptomprovozierende Position. Der T umfasst mit einer Hand von posterior die Kniekehle, während die andere Hand einen Kompressionsdruck auf die Patella ausübt. Hinweis: Der T kann den Kompressionsdruck zusätzlich vermehrt auf die mediale und/oder laterale Patellaseite ausüben, um die Patellafacetten spezifischer zu testen.
4 Zohlenzeichen Das Kniegelenk des P befindet sich in einer leichten Flexion auf einer Rolle oder auf dem Oberschenkel des T. Der T gibt mit seinem Handballen einen Kompressionsdruck auf das Patellofemoralgelenk nach kaudal. Der P versucht gegen diesen Druck den M. quadriceps zu kontrahieren. Hinweis: Wird der Test in Knieextension durchgeführt, ist er fast immer schmerzhaft und kann deshalb nicht zur Beurteilung herangezogen werden.
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2.15 · Funktionstests für das Knie
Zusatztests – Instabilitätstests
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1 Hyperextensionstest Der T bewegt das Kniegelenk in eine maximale Extension. Besteht im Seitenvergleich ein deutlicher Unterschied, so kann das auf eine Hypermobilität der hinteren Kapselwand des Kniegelenks hinweisen. Weiter kommt auch eine Ruptur/ Teilruptur des vorderen Kreuzbandes in Frage. Hinweis: Eine beidseitige Hyperextension im Kniegelenk (Genu recurvatum) weist auf eine konstitutionelle Hypermobilität hin. In diesem Fall sollten die anderen Gelenke ebenfalls auf ihren kollagenen Status überprüft werden.
2 Lachmann-Test Das Kniegelenk des P ist in leichter Flexion (ca. 20°) eingestellt. Der T fixiert mit einer Hand den distalen Oberschenkel des P von anterior, während die andere Hand den Tibiakopf von posterior umgreift und nach anterior bewegt. Besteht im Seitenvergleich ein Unterschied, so weist dies auf eine Ruptur/Teilruptur des vorderen Kreuzbandes hin. Hinweis: Liegt eine Ruptur des hinteren Kreuzbandes vor, so kann der Tibiakopf bereits posterior liegen, was sich bei Testausführung als falsch positive anteriore Schublade darstellt.
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3 Gravity sign-Test Der P flektiert beide Knie- und Hüftgelenke bis zu einer 90°Position. Der T unterstützt mit seinem Unterarm die distalen Unterschenkel des P. Der T beobachtet bzw. palpiert, ob das Tibiaplateau auf der betroffenen Seite nach posterior absinkt. Wenn eine Seitendifferenz vorliegt, kann dies auf eine Ruptur des hinteren Kreuzbandes hinweisen. Hinweis: Eine Aktivierung des M. quadriceps kann ein Absinken des Tibiaplateau nach posterior verhindern und so einen falsch negativen Befund ergeben.
4 Posterolaterale Schublade Das Kniegelenk des P ist in ca. 90° Flexion eingestellt. Der T fixiert mit einer Hand den distalen Oberschenkel von lateral. Mit der anderen Hand übt er über das mediale Tibiaplateau einen nach posterolateral gerichteten Druck aus. Bei einer vergrößerten Mobilität besteht der Verdacht einer Ruptur des hinteren Kreuzbandes. Hinweis: Der posterolaterale Schub folgt der Verlaufsrichtung des hinteren Kreuzbandes.
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82
Kapitel 2 · Untersuchung
Zusatztests – Instabilitätstests (Fortsetzung)
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Valgusstress in Extension Das Kniegelenk des P ist extendiert. Der T fixiert mit einer Hand den distalen Unterschenkel von medial, während die andere Hand flächig von lateral gegen den Kniegelenksspalt gelegt wird. Der T übt mit der am Unterschenkel liegenden Hand einen nach lateral gerichteten Druck aus, während die andere Hand gleichzeitig einen Valgusdruck auf den lateralen Gelenkspalt ausübt. Hierbei wird der posteromediale Kapsel-Band-Apparat getestet. Hinweis: Ein Varusstress in Extension (ohne Abb.) testet die posterolaterale Gelenkkapsel.
Valgusstress in Flexion Das Kniegelenk des P ist leicht flektiert. Der T fixiert mit einer Hand den distalen Unterschenkel von medial, während die andere Hand flächig von lateral gegen den Kniegelenksspalt gelegt wird. Der T übt mit der am Unterschenkel liegenden Hand einen nach lateral gerichteten Druck aus, während die andere Hand gleichzeitig einen Valgusdruck auf den lateralen Gelenkspalt ausübt. Hierbei wird v. a. das Lig. collaterale mediale getestet. Hinweis: Ein Varusstress in Flexion (ohne Abb.) testet das Lig. collaterale laterale.
Zusatztests – Meniskustests
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1 Steinmann II-Test Der T übt mit seinem Zeigefinger einen Druck auf den medialen (bzw. lateralen) Kniegelenksspalt aus. Wenn der Druck Schmerzen bei dem P auslöst, bewegt der T unter Beibehaltung dieses Drucks das Kniegelenk vermehrt in Flexion. Der Test ist positiv, wenn der Schmerz abnimmt oder verschwindet. Dies weist auf eine Menikusläsion hin, da sich während der Flexion der Meniskus auf der Tibia nach posterior bewegt. Hinweis: Der Test kann auch aus einer Flexionsposition in die Extension durchgeführt werden.
2 Apley-Test Der T flektiert das Kniegelenk des P um ca. 90°. Der T umgreift mit beiden Händen den distalen Unterschenkel des P, während sein eigenes Bein den Oberschenkel des P auf der Behandlungsbank fixiert. Der T führt eine Traktion in Verlängerung des Unterschenkels durch, während er gleichzeitig den Unterschenkel nach innen und außen rotiert. Die gleiche Vorgehensweise erfolgt nun mit einer axialen Kompression, während der T eine Innen- und Außenrotation durchführt. Hinweis: Bei positivem Befund können auch die Kollateralbänder sowie die Ligg. meniscotibialia betroffen sein.
83
2.15 · Funktionstests für das Knie
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Mc Murray-Test, ASTE (modifizierter Test 1) Das Kniegelenk ist in ca. 90° Flexion eingestellt. Der T umgreift mit einer Hand den distalen Unterschenkel bzw. Fuß des P und stellt eine maximale Außenrotation im Kniegelenk ein. Die andere Hand des T liegt lateral auf dem Kniegelenk und übt einen Druck nach medial aus, so dass eine Valgusstress im Knie provoziert wird. Hinweis: Der Mc Murray-Test ist sehr belastend für die Menisken. Eine Indikation für diesen Test besteht daher nur bei gering irritierbarem Zustand.
Mc Murray-Test, ESTE (modifizierter Test 1) Unter Beibehaltung des Valgusstresses und der Außenrotation im Kniegelenk extendiert der T das Knie und flektiert es (ohne Abb.). Anschließend führt der T dasselbe Manöver mit nach innen rotiertem Knie durch (ohne Abb.). Hinweis: Während der Extension gleiten die Menisken nach anterior und während der Flexion nach posterior.
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5 Mc Murray-Test, ASTE (modifizierter Test 2) Das Kniegelenk ist in ca. 90° Flexion eingestellt. Der T umgreift mit einer Hand den distalen Unterschenkel bzw. Fuß des P und stellt eine maximale Außenrotation im Kniegelenk ein. Die andere Hand des T liegt medial auf dem Kniegelenk und übt einen Druck nach lateral aus, so dass ein Varusstress im Knie provoziert wird. Hinweis: Mit dem Mc Murray-Test kann nicht festgestellt werden, ob eher der Innen- oder Außenmeniskus, bzw. welcher Anteil, betroffen ist.
6 Mc Murray-Test, ESTE (modifizierter Test 2) Unter Beibehaltung des Varusstresses und der Außenrotation im Kniegelenk extendiert der T das Knie und flektiert es (ohne Abb.). Anschließend führt der T dasselbe Manöver mit nach innen rotiertem Knie durch (ohne Abb.). Hinweis: Während der Außenrotation gleitet der Innenmeniskus nach posterior, der Außenmeniskus nach anterior (Bei Innenrotation ist es umgekehrt.).
2
84
Kapitel 2 · Untersuchung
Zusatztests – Plicatests
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1 Test nach Sutter, ASTE Der P sitzt, das Kniegelenk ist in 90° Flexion eingestellt. Der T legt zwei Finger um die Patella, so dass die Finger Kontakt mit der lateralen und medialen Seite der Patella haben. Alternativ kann auch nur ein Finger auf die Mittellinie der Patella gelegt werden.
2 Test nach Sutter, ESTE Der P extendiert sein Knie, während der T palpiert, ob die Patella nach lateral oder medial abweicht bzw. kippt. Wenn zwischen ca. 30° und 60° Knieextension die Patella nach lateral kippt (so genannter Patella-Tilt), dann kann dies durch eine fibrosierte Plica mediopatellaris hervorgerufen worden sein.
Zusatztests – spezifische Palpation
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1 Temperatur Mit der Rückseite der Finger/Hand palpiert der T eine generelle oder lokale Erwärmung des Kniegelenks. Eine generelle Erwärmung und Schwellung deutet auf eine Entzündung der Gelenkkapsel hin. Eine lokale Erwärmung kann z. B. auf eine Bursitis hinweisen. An der ventralen Knieseite bedeutet dies eine Bursitis subcutanea praepatellaris und eine Bursitis infrapatellaris superficialis. An der medialen Knieseite handelt es sich um eine Bursitis pedis anserini superficialis.
2 Mini-Erguss Der T fixiert mit einer Hand oder einem Sandsack von posterior die Kniekehle. Mit der anderen Hand streicht er von distal-medial kommend das Kniegelenk nach proximal-lateral mehrere Male aus. Anschließend streicht er an der lateralen Knieseite von proximal nach distal aus. Befindet sich ein Mini-Erguss im Kniegelenk, so kann man eine kleine Fluktuation auf der medialen Knieseite registrieren.
85
2.16 · Untersuchungsschema Fuß
2.16
Untersuchungsschema Fuß
2.16.1
Basisfunktionsprüfung Fuß
Bereichslokalisation Zunächst wird mit der Bereichslokalisation ermittelt, ob die Symptome, über die sich der Patient beschwert, direkt von lokalen Strukturen des Fußes hervorgehen, oder ob andere Körperregionen bzw. Strukturen Symptome in die Fußregion übertragen (Referred pain). In Frage dafür kommt v. a. die LWS, in seltenen Fällen auch das ISG und das Hüftgelenk. Kann der Patient eine symptomprovozierende Bewegung oder Position demonstrieren, so kann der Therapeut Bewegungen mit der LWS durchführen, um zu ermitteln, ob dies die Symptome des Patienten verändert (⊡ Abb. 1, S. 87, oben). Ist dies nicht möglich, bestehen aber deutliche Hinweise, z. B. aus der Anamnese, für eine ursächliche Problematik seitens der o. g. Regionen, so können kurze Screening-Verfahren (bzw. Schnelltests) für LWS, ISG, Hüfte usw. als Ausschlussdiagnostik angewendet werden. Periphere Nerven können ebenfalls in ihrem Verlauf an prädisponierten Stellen betroffen und somit für Fußbeschwerden verantwortlich sein, ohne dass lokale Strukturen des Fußes berührt werden müssen. Der mediale Rückfußbereich wird vom N. saphenus (Segmente L2–L4), die laterale Fußregion vom N. suralis (Anteile aus den Nn. tibialis und peroneus, Segmente L4– S2) innerviert. Der Fußrücken bis zu den Zehen erhält seine Nervenversorung aus dem N. peroneus communis (Segmente L4–S2) und die Plantarregion vom N. tibialis (Segmente L4–S3). Aus diesem Grund können schmerzhafte Positionen bzw. Bewegungen unter einer vermehrten Spannung des Nervensystems wiederholt werden, um die Hypothese für eine Beteiligung des Nervensystems zu erhärten oder zu widerlegen. Ist der Fuß als Quelle der Symptome ermittelt, kann auch eine lokale Bereichslokalisation durchgeführt werden, um differenzialdignostisch eine Eingrenzung innerhalb des Fußgelenkkomplexes zu erreichen (⊡ Abb. 2, S. 87, oben). Anschließend erfolgt nun die komplette Funktionsuntersuchung bestehend aus: Aktiv-passiver Bewegungsprüfung am oberen Sprunggelenk (OSG) Dorsalextension (in drei Stufen) – bei Kniegelenksextension (⊡ Abb. 1, S. 87, unten) – bei Kniegelenksflexion (⊡ Abb. 2, S. 87, unten) – passiv bei flektiertem Knie und aktiver Zehenex-
tension (ohne Abb., während der aktiven Zehenextension kann der Therapeut, wenn das Gelenk normal bewegt wird, eine minimale Weiterbewegung in Richtung Dorsalextension wahrnehmen). Plantarflexion (⊡ Abb. 3, S. 88, oben) Translatorischer Bewegungsprüfung am oberen Sprunggelenk (OSG) Traktion/Kompression (⊡ Abb. 1, S. 88) Gleiten nach anterior (⊡ Abb. 2, S. 88) Gleiten nach posterior (⊡ Abb. 3, S. 88, unten) Aktiv-passiver Bewegungsprüfung am unteren Sprunggelenk (USG) Varus/Inversion (⊡ Abb. 1, S. 89, oben) Valgus/Eversion (⊡ Abb. 2, S. 89, oben) Translatorischer Bewegungsprüfung am unteren Sprunggelenk (USG) Traktion (⊡ Abb. 1, S. 89, unten) Kompression (⊡ Abb. 2, S. 89, unten) Gleiten nach medial (⊡ Abb. 3, S. 90) Gleiten nach lateral (⊡ Abb. 4, S. 90) Gleiten nach anterior (⊡ Abb. 5, S. 90) Gleiten nach posterior (⊡ Abb. 6, S. 90) Passiver Bewegungsprüfung an den Metatarsalgelenken Dorsalextension (⊡ Abb. 1, S. 91) Plantarflexion (⊡ Abb. 2, S. 91) Supination (⊡ Abb. 3, S. 91) Pronation (⊡ Abb. 4, S. 91) Adduktion (⊡ Abb. 5, S. 92) Abduktion (⊡ Abb. 6, S. 92) Translatorischer Bewegungsprüfung am Tarsus Gleiten der Tarsalknochen – Os naviculare gegen den Talus (⊡ Abb. 1, S. 92) – Os cuneiforme mediale gegen das Os naviculare (⊡ Abb. 2, S. 92) – Os metatarsi I gegen das Os cuneiforme mediale (⊡ Abb. 3, S. 93) – Os cuboideum gegen den Kalkaneus (⊡ Abb. 4, S. 93) – Os cuboideum gegen die Ossa naviculare und cuneiforme laterale (⊡ Abb. 5, S. 93) – Ossa metatarsi IV + V gegen das Os cuboideum (⊡ Abb. 6, S. 93) Widerstandstest OSG, USG und MTG in Dorsalextension/Supination/Adduktion (⊡ Abb. 1, S. 94) in Dorsalextension/Pronation/Abduktion (⊡ Abb. 2, S. 94) in Plantarflexion/Supination/Adduktion (⊡ Abb. 3, S. 94)
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86
2
Kapitel 2 · Untersuchung
in Plantarflexion/Pronation/Abduktion (⊡ Abb. 4, S. 94) Passiver Bewegungsprüfung OSG, USG und MTG Der Therapeut führt eine maximale passive Bewegung des gesamten Fußes in den selben Bewegungskombinationen wie bei den Widerstandstests durch, um die Sehnenscheiden der zuvor getesteten kontraktilen Strukturen zu überprüfen. Dorsalextension/Supination/Adduktion (ohne Abb.) Dorsalextension/Pronation/Abduktion (ohne Abb.) Plantarflexion/Supination/Adduktion (ohne Abb.) Plantarflexion/Pronation/Abduktion (ohne Abb.)
2.16.2
Zusatztests für den Fuß
Nach der Basisfunktionsprüfung erfolgt die Interpretation der positiven Befunde des Fußes (Interpretationshilfe ⊡ Tab. 3.9, S. 108). In einigen Fällen kann keine eindeutige Zuordnung zu einer einzelnen Struktur getroffen werden oder die Kombination der einzelnen Befunde ergibt ein unklares Bild. Es können aber auch mehrere Gewebearten betroffen sein. Im Fußbereich spielt vor allem die Stabilität im oberen und unteren Sprunggelenk eine große Rolle, so dass isolierte Tests der einzelnen Ligamente als Zusatztests Anwendung finden. Weiterhin können, wie oben in der Bereichslokalisation beschrieben, periphere Nerven mehr oder weniger spezifisch getestet werden. Ausgewählte Zusatztests Anteriore Schublade in Neutral-Null-Stellung (⊡ Abb. 1, S. 95) in Innenrotation: Stabilitätstest für das Lig. talofibulare anterius (⊡ Abb. 2, S. 95) in Außenrotation: Stabilitätstest für die Syndesmose (⊡ Abb. 3, S. 95) Syndesmosentest Gleiten nach anterior/posterior (⊡ Abb., S. 95) Gleiten des Talus nach medial/lateral („Wackeltest“, OSG in der Malleolengabel, ohne Abb.): Hierbei umgreift der Therapeut den Talus mit einer Hand, mit der anderen Hand fixiert er die Malleolengabel. Der Talus wird nun mit schnellen und kleinen Bewegungen abwechselnd nach medial und lateral innerhalb der Malleolengabel bewegt. Eine vergrößerte Mobilität im Seitenvergleich ergibt einen Verdacht auf eine Läsion/Instabilität der Syndesmose.
Schlag von kaudal auf die Ferse (akute Läsion, ohne Abb.) Spezifische Bändertests Bei diesen Tests wird der Fuß zunächst in die betreffende Ausgangsstellung gebracht. Der Therapeut fixiert so gut wie möglich die einzelnen Knochenpartner, über die das Ligament verläuft. Anschließend erfolgt die Testausführung. Es kann auf Stabilität (manipulative Bewegung – eher bei akuten Läsionen) oder auf Schmerzen (Testposition wird länger gehalten – eher bei chronischen Läsionen) getestet werden. in Plantarflexion: Varus/Supination/Adduktion (Test des Lig. talofibulare anterius, ⊡ Abb. 1, S. 96, oben) in Plantarflexion: Valgus/Pronation/Abduktion (Test des Lig. tibionaviculare, ⊡ Abb. 2, S. 96, oben) in Neutralnullstellung OSG: Varus/Supination/ Adduktion (Test des Lig. calcaneofibulare, ohne Abb.) in Dorsalextension: Varus/Supination/Adduktion (Test des Lig. talofibulare posterius, ohne Abb.) in Plantarflexion: Valgus/Pronation/Abduktion (Test des Lig. tibiotalare anterius, ohne Abb.) in Neutralnullstellung OSG: Valgus/Pronation/ Abduktion (Test des Lig. tibiocalcaneare, ohne Abb.) in Dorsalextension: Valgus/Pronation/Abduktion (Test des Lig. tibiotalare posterius, ohne Abb.) Nervenmobilitästests N. suralis (⊡ Abb. 1, S. 96, unten) N. peroneus superficialis/profundus (⊡ Abb. 2, S. 96, unten) N. tibialis (ohne Abb.): Die Ausgangsposition besteht in einer Dorsalextension und Pronation im gesamten Fuß. Anschließend wird in dieser gehaltenen Testposition in der Hüfte gebeugt, wobei das Kniegelenk extendiert bleibt. N. saphenus (ohne Abb.): Die Ausgangsposition besteht in einer Pronation und entweder Dorsalextension oder Plantarflexion (der N. saphenus verläuft vor oder hinter den medialen Malleolen). Das im Knie ebenfalls gestreckte Bein kann zur Verstärkung in der Hüfte extendiert und abduziert werden.
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2.17 · Funktionstests für den Fuß
2.17
Funktionstests für den Fuß
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Bereichslokalisation
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1
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Neural/LWS/Knie Provozierende Bewegung: Standbein rechts Differenzialdiagnostik (DD): DD neural: in der symptomprovozierenden Position (SPP) erfolgt z. B. eine HWS-Flexion, um eine Beteiligung von neuralen Strukturen auszuschließen (ohne Abb.). DD LWS: Die Traktion und Kompression bzw. Bewegungen der LWS (⊡ Abb., Seitneigung links) in der SPP untersuchen eine mögliche Beteiligung der LWS. DD Knie: Ein Schub des Unterschenkels in die SPP (ohne Abb.) differenziert zwischen Kniegelenk und Fuß.
OSG/USG/MG Provozierende Bewegung: Standbein rechts Differenzialdiagnostik (DD): DD OSG/USG: In der SPP umgreift der T den Talus und übt eine Traktion nach kranial bzw. eine Kompression nach kaudal aus. Werden die Symptome z. B. während der Traktion gelindert, so kann das auf eine Läsion im USG hinweisen (ohne Abb.). DD Tarsalknochen: In der SPP umgreift der T das Os naviculare und bewegt es nach dorsal. Werden die Symptome dabei gelindert, so kann das auf eine Läsion zwischen Talus und Os naviculare hindeuten.
1 Dorsalextension bei gestrecktem Bein Der T umgreift die proximale Fußwurzel mit möglichst gutem Kontakt zum Talushals. Der P bewegt den Fuß aktiv in Richtung Dorsalextension, anschließend bewegt ihn der T passiv weiter bis zum Bewegungsende. Daraufhin erfolgt aus der Nullstellung passiv die Dorsalextension durch die gesamte Bewegungsbahn. Hinweis: Der Bewegungsausschlag im OSG kann durch die zweigelenkigen Muskeln (M. gastrocnemius, M. plantaris) limitiert werden.
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Aktiv-passive Bewegungsprüfung am oberen Sprunggelenk
2 Dorsalextension bei Kniegelenksflexion Der T umgreift mit einer Hand die proximale Fußwurzel mit möglichst gutem Kontakt zum Talushals. Die andere Hand liegt von posterior in der Kniekehle und fixiert das Kniegelenk in einer leichten Flexion. Der P bewegt den Fuß aktiv in Richtung Dorsalextension, anschließend bewegt ihn der T passiv weiter bis zum Bewegungsende. Daraufhin erfolgt aus der Nullstellung passiv die Dorsalextension durch die gesamte Bewegungsbahn. Klinik: Die passive Dorsalextension kann bei einer Syndesmosenruptur (Lig. tibiofibulare anterius) im Seitenvergleich vergrößert sein.
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88
Kapitel 2 · Untersuchung
Translatorische Bewegungsprüfung am OSG
Aktiv-passive Bewegungsprüfung am OSG
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3 Plantarflexion Der T umgreift mit einer Hand die proximale Fußwurzel mit möglichst gutem Kontakt zum Talushals. Die andere Hand umfasst den Kalkaneus von posterior. Der P bewegt den Fuß aktiv in Richtung Plantarflexion, anschließend bewegt ihn der T passiv weiter bis zum Bewegungsende. Daraufhin erfolgt aus der Nullstellung passiv die Plantarflexion durch die gesamte Bewegungsbahn. Klinik: Bei einem Kapselmuster ist die Plantarflexion deutlicher eingeschränkt als die Dorsalextension.
Traktion/Kompression Das obere Sprunggelenk des P befindet sich in Ruhestellung (ca. 10° Plantarflexion). Der T umgreift mit einer Hand von medial den Talushals, während der Zeigefinger der anderen Hand im Gelenkspalt zwischen der Tibia und dem Talus palpiert. Der T führt eine Traktion in Verlängerung des Unterschenkels nach distal durch. Bei der Kompression (ohne Abb.) fixiert der T mit einer Hand flächig die Malleolengabel, während er mit der anderen Hand über den Kalkaneus einen Druck auf das obere Sprunggelenk ausübt.
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2 Gleiten nach anterior Das obere Sprunggelenk des P befindet sich in Ruhestellung (ca. 10° Plantarflexion). Der T umgreift mit einer Hand von posterior den Kalkaneus, während der Zeigefinger der anderen Hand im Gelenkspalt zwischen der Tibia und dem Talus palpiert. Der T übt eine Gleitbewegung des Talus über den Kalkaneus nach anterior aus.
3 Gleiten nach posterior Das obere Sprunggelenk des P befindet sich in Ruhestellung (ca. 10° Plantarflexion). Der T umgreift mit einer Hand von medial den Talushals, während der Zeigefinger der anderen Hand im Gelenkspalt zwischen der Tibia und dem Talus palpiert. Der T übt eine Gleitbewegung über den Talus nach posterior aus.
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2.17 · Funktionstests für den Fuß
Aktiv-passive Bewegungsprüfung am unteren Sprunggelenk
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1
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Varus/Inversion Der T umgreift mit einer Hand den Tarsus und Metatarsus von lateral, während die andere Hand den Kalkaneus von posteromedial umfasst. Der P bewegt den Fuß aktiv in Richtung Inversion (Kombination aus Varus- und Adduktionsbewegung), anschließend bewegt ihn der T passiv weiter bis zum Bewegungsende. Daraufhin erfolgt aus der Nullstellung passiv die Inversion durch die gesamte Bewegungsbahn.
Valgus/Eversion Der T umgreift mit einer Hand den Tarsus und Metatarsus von medial, während die andere Hand den Kalkaneus von posterolateral umfasst. Der P bewegt den Fuß aktiv in Richtung Eversion (Kombination aus Valgus- und Abduktionsbewegung), anschließend bewegt ihn der T passiv weiter bis zum Bewegungsende. Daraufhin erfolgt aus der Nullstellung passiv die Eversion durch die gesamte Bewegungsbahn.
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Translatorische Bewegungsprüfung am unteren Sprunggelenk
1 Traktion Das untere Sprunggelenk des P befindet sich in Ruhestellung (Mittelstellung zwischen Inversion und Eversion). Der T umfasst mit einer Hand den Kalkaneus von posterior, während der Zeigefinger der anderen Hand im Gelenkspalt zwischen Talus und Kalkaneus palpiert. Der T übt eine Traktion auf den Kalkaneus nach distal aus.
2 Kompression Das untere Sprunggelenk des P befindet sich in Ruhestellung (Mittelstellung zwischen Inversion und Eversion). Der T fixiert mit einer Hand die Malleolengabel von anterior, während der Handballen der anderen Hand eine Kompression nach proximal ausübt.
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Kapitel 2 · Untersuchung
Translatorische Bewegungsprüfung am unteren Sprunggelenk (Fortsetzung)
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Gleiten nach medial Das untere Sprunggelenk des P befindet sich in Ruhestellung (Mittelstellung zwischen Inversion und Eversion). Der T stabilisiert mit einer Hand den Malleolus medialis und den Talus von medial, während das Thenar der anderen Hand von lateral gegen den Kalkaneus gelegt wird. Der T übt nun ein transversales Gleiten zwischen Talus und Kalkaneus nach medial aus.
Gleiten nach lateral Das untere Sprunggelenk des P befindet sich in Ruhestellung (Mittelstellung zwischen Inversion und Eversion). Der T stabilisiert mit einer Hand den Malleolus lateralis und den Talus von lateral, während das Thenar der anderen Hand von medial gegen den Kalkaneus gelegt wird. Der T übt nun ein transversales Gleiten zwischen Talus und Kalkaneus nach lateral aus.
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5 Gleiten nach anterior Das untere Sprunggelenk des P befindet sich in Ruhestellung (Mittelstellung zwischen Inversion und Eversion). Der T umfasst mit einer Hand den Kalkaneus von posterior, während die andere Hand von anterior den Talus stabilisiert und mit dem Zeigefinger im Gelenkspalt des USG palpiert. Der T führt ein Gleiten des Kalkaneus nach anterior parallel entlang des Talus durch.
6 Gleiten nach posterior Das untere Sprunggelenk des P befindet sich in Ruhestellung (Mittelstellung zwischen Inversion und Eversion). Der T umfasst mit einer Hand den Kalkaneus von der Fußsohle her, während die andere Hand von posterior den Talus unterhalb der Malleolengabel fixiert. Der T führt ein Gleiten des Kalkaneus nach posterior parallel entlang des Talus durch.
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2.17 · Funktionstests für den Fuß
Passive Bewegungsprüfung an den Metatarsalgelenken (Artt. tarsometatarsales)
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Dorsalextension Der T bewegt mit einer Hand das OSG in Dorsalextension und führt gleichzeitig eine Traktion über den Kalkaneus nach distal durch, um eine Mitbewegung im OSG und USG weitgehend zu verhindern. Die andere Hand umgreift flächig den Vorfuß mit den Ossa metatarsi und bewegt diese in Richtung Dorsalextension. Hinweis: Diese Bewegung kann vom P nicht aktiv durchgeführt werden (gilt auch für die anderen Bewegungen im Metatarsus).
Plantarflexion Der T bewegt mit einer Hand das OSG in Dorsalextension und führt gleichzeitig eine Traktion über den Kalkaneus nach distal durch, um eine Mitbewegung im OSG und USG weitgehend zu verhindern. Die andere Hand umgreift flächig den Vorfuß mit den Ossa metatarsi und bewegt diese in Richtung Plantarflexion. Klinik: Bei kapsulären Einschränkungen im OSG kann es nach längerer Zeit zu einer kompensatorischen Hypermobilität in den Metatarsalgelenken kommen.
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3 Supination Der T umfasst mit einer Hand den Kalkaneus von lateral. Durch eine Traktion nach distal werden der Kalkaneus und Talus fixiert, um eine Mitbewegung im OSG und USG weitgehend zu verhindern. Die andere Hand liegt von dorsal flächig über den Ossa metatarsi und bewegt diese in Richtung Supination.
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4 Pronation Der T umfasst mit einer Hand den Kalkaneus von medial. Durch eine Traktion nach distal werden der Kalkaneus und Talus fixiert, um eine Mitbewegung im OSG und USG weitgehend zu verhindern. Die andere Hand liegt von dorsal flächig über den Ossa metatarsi und bewegt diese in Richtung Pronation.
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Kapitel 2 · Untersuchung
Passive Bewegungsprüfung an den Metatarsalgelenken (Artt. tarsometatarsales, Fortsetzung)
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Adduktion Der T umfasst mit einer Hand den Kalkaneus von lateral. Durch eine Traktion nach distal werden der Kalkaneus und der Talus fixiert, um eine Mitbewegung im OSG und USG weitgehend zu verhindern. Die andere Hand liegt von dorsal flächig über den Ossa metatarsi und bewegt diese in Richtung Adduktion.
Abduktion Der T umfasst mit einer Hand den Kalkaneus von medial. Durch eine Traktion nach distal werden der Kalkaneus und der Talus fixiert, um eine Mitbewegung im OSG und USG weitgehend zu verhindern. Die andere Hand liegt von dorsal flächig über den Ossa metatarsi und bewegt diese in Richtung Abduktion.
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Translatorische Bewegungsprüfung am Tarsus (Fußwurzelknochen)
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1 Gleiten des Os naviculare gegen den Talus Das untere Sprunggelenk des P befindet sich in Ruhestellung (Mittelstellung zwischen Inversion und Eversion). Der T umfasst das Os naviculare mit Daumen und Zeigefinger der einen Hand, während er mit dem Zeigefinger der anderen Hand im Gelenkspalt zwischen Talus und Os naviculare palpiert. Der T führt mit dem Os naviculare ein Gleiten nach dorsal und plantar durch. Klinik: Bei Senk- und/oder Spreizfüßen ist das Gleiten des Os naviculare nach plantar häufig eingeschränkt.
2 Gleiten des Os cuneiforme mediale gegen das Os naviculare Das untere Sprunggelenk des P befindet sich in Ruhestellung (Mittelstellung zwischen Inversion und Eversion). Der T umfasst das Os naviculare mit Daumen und Zeigefinger der einen Hand, während er mit dem Daumen und Zeigefinger der anderen Hand das Os cuneiforme mediale fixiert. Der T führt mit dem Os cuneiforme mediale ein Gleiten nach dorsal und plantar durch. Hinweis: Die proximale Hand des T stabilisiert mit dem Hypothenar den Unterschenkel des P, während er gleichzeitig mit dem Zeigefinger im Gelenkspalt palpiert.
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2.17 · Funktionstests für den Fuß
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Gleiten des Os metatarsi I gegen das Os cuneiforme mediale Das untere Sprunggelenk des P befindet sich in Ruhestellung (Mittelstellung zwischen Inversion und Eversion). Der T umfasst das Os cuneiforme mediale mit Daumen und Zeigefinger der einen Hand, während er mit dem Daumen und Zeigefinger der anderen Hand das proximale Ende des Os metatarsi I fixiert. Der T führt mit dem Os metatarsi I ein Gleiten nach dorsal und plantar durch.
Gleiten des Os cuboideum gegen den Kalkaneus Das untere Sprunggelenk des P befindet sich in Ruhestellung (Mittelstellung zwischen Inversion und Eversion). Der T umgreift mit einer Hand den Kalkaneus, während Zeige- und Mittelfinger der anderen Hand von dorsal und der Daumen von plantar das Os cuboideum fixieren. Der T bewegt das Os cuboideum gegen den Kalkaneus nach dorsal und plantar. Klinik: Das Os cuboideum kann bei einem Inversionstrauma durch den Zug der Peronealsehnen nach außen rotieren und in einer Fehlstellung blockieren.
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5 Gleiten des Os cuboideum gegen das Os naviculare/Os cuneiforme laterale Das untere Sprunggelenk des P befindet sich in Ruhestellung (Mittelstellung zwischen Inversion und Eversion). Der T fixiert mit Zeige- und Mittelfinger das Os naviculare und das Os cuneiforme laterale, während Zeige- und Mittelfinger der anderen Hand von dorsal und der Daumen von plantar das Os cuboideum umfassen. Der T bewegt das Os cuboideum gegen die Ossa naviculare und cuneiforme laterale nach dorsal und plantar.
6 Gleiten der Ossa metatarsi IV + V gegen das Os cuboideum Das untere Sprunggelenk des P befindet sich in Ruhestellung (Mittelstellung zwischen Inversion und Eversion). Der T fixiert mit Zeige- und Mittelfinger der einen Hand von dorsal und dem Daumen von plantar das Os cuboideum, während er mit dem Mittel- und Zeigefinger der anderen Hand die Ossa metatarsi IV und V umfasst. Der T bewegt die Ossa metatarsi IV und V gegen das Os cuboideum nach dorsal und plantar.
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Kapitel 2 · Untersuchung
Widerstandstests am OSG, USG und an den Metatarsalgelenken
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Widerstandstest in Dorsalextension/Supination/Adduktion Der T stabilisiert mit einer Hand den gesamten Rückfuß von lateral, während die andere Hand den gesamten Vorfuß von medial fixiert. Der P führt gegen den Widerstand des T eine isometrische Kontraktion des gesamten Fußes in Richtung Dorsalextension, Supination und Adduktion durch. Hinweis: Der Test untersucht die kontraktilen Anteile, Sehnen und Insertionen der Mm. extensor und flexor hallucis longus und der Mm. tibiales anterior und posterior. Die Sehnenscheiden werden mittels Dehnung in die entgegengesetzte Diagonale getestet.
Widerstandstest in Dorsalextension/Pronation/Abduktion Der T stabilisiert mit einer Hand den gesamten Rückfuß von medial, während seine andere Hand den gesamten Vorfuß von lateral fixiert. Der P führt gegen den Widerstand des T eine isometrische Kontraktion des gesamten Fußes in Richtung Dorsalextension, Pronation und Abduktion durch. Hinweis: Der Test untersucht die kontraktilen Anteile, Sehnen und Insertionen des M. extensor digitorum und der Mm. peronei longus und brevis. Die Sehnenscheiden werden mittels Dehnung in die entgegengesetzte Diagonale getestet.
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3 Widerstandstest in Plantarflexion/Supination/Adduktion Der T stabilisiert mit einer Hand den gesamten Rückfuß von lateral, während seine andere Hand den gesamten Vorfuß von medial fixiert. Der P führt gegen den Widerstand des T eine isometrische Kontraktion des gesamten Fußes in Richtung Plantarflexion, Supination und Adduktion durch. Hinweis: Der Test untersucht die kontraktilen Anteile, Sehnen und Insertionen des M. tibialis posterior, des M. triceps surae und der Mm. flexores digitorum und hallucis longus. Die Sehnenscheiden werden mittels Dehnung in die entgegengesetzte Diagonale getestet.
4 Widerstandstest in Plantarflexion/Pronation/Abduktion Der T stabilisiert mit einer Hand den gesamten Rückfuß von medial, während seine andere Hand den gesamten Vorfuß von lateral fixiert. Der P führt gegen den Widerstand des T eine isometrische Kontraktion des gesamten Fußes in Richtung Plantarflexion, Pronation und Abduktion durch. Hinweis: Der Test untersucht die kontraktilen Anteile, Sehnen und Insertionen der Mm. peronei longus und brevis und des M. triceps surae. Die Sehnenscheiden werden mittels Dehnung in die entgegengesetzte Diagonale getestet.
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2.17 · Funktionstests für den Fuß
Zusatztests – anteriore Schublade
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In Normal-Null-Stellung Der Fuß des P wird in Ruhestellung (ca. 10° Plantarflexion) auf der Behandlungsbank aufgestellt. Der T umgreift mit einer Hand die Malleolengabel, während der Zeigefinger der anderen Hand im Gelenkspalt des oberen Sprunggelenks palpiert. Der T übt eine Gleitbewegung rechtwinklig zur Unterschenkelachse nach posterior aus, was einem Gleiten im OSG nach anterior entspricht. Hinweis: Der Test entspricht dem Gleiten nach anterior aus der Basisfunktionsprüfung, nur mit vertauschtem Punctum fixum und Punctum mobile. Getestet wird der anteriore Kapsel-Band-Apparat (vorderes Schubladenphänomen).
In Innenrotation Der Fuß des P wird in Ruhestellung (ca. 10° Plantarflexion) auf der Behandlungsbank aufgestellt. Weiterhin wird der Fuß in eine nach innen gerichtete Position gebracht. Der T umgreift mit einer Hand die laterale Malleolengabel, während die andere Hand den Fuß in der „Innenrotationsposition“ stabilisiert. Der T übt eine Gleitbewegung rechtwinklig zur Unterschenkelachse nach posterior aus, was einem Gleiten im OSG nach anterior entspricht. Hinweis: Belastet wird bei diesem Test eher der anterolaterale Kapsel-Band-Apparat.
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Zusatztests – Syndesmosentest
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3 In Außenrotation Der Fuß des P wird in Ruhestellung (ca. 10° Plantarflexion) auf der Behandlungsbank aufgestellt. Weiterhin wird der Fuß in eine nach außen gerichtete Position gebracht. Der T umgreift mit einer Hand die laterale Malleolengabel, während die andere Hand den Fuß in der „Außenrotationsposition“ stabilisiert. Der T übt eine Gleitbewegung rechtwinklig zur Unterschenkelachse nach posterior aus, was einem Gleiten im OSG nach anterior entspricht. Hinweis: Belastet wird bei diesem Test eher der anteromediale Kapsel-Band-Apparat.
Gleiten nach anterior/posterior Das obere Sprunggelenk des P befindet sich in Ruhestellung (ca. 10° Plantarflexion). Der T fixiert mit einer Hand die distale Tibia von medial, während Daumen und Zeigefinger der anderen Hand den Malleolus lateralis umfassen. Der T bewegt den Malleolus lateralis in eine anteriore und posteriore Richtung. Es wird die Mobilität im Seitenvergleich beurteilt. Klinik: Bei einer Ruptur/Teilruptur des Lig. tibiofibulare anterius bzw. posterius findet man oft eine vergrößerte Dorsalextension im OSG.
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Kapitel 2 · Untersuchung
Zusatztests – spezifische Bändertests
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Fuß in Plantarflexion/Varus/Supination/Adduktion Der T stabilisiert mit einer Hand die Malleolengabel. Das Kniegelenk des P wird in maximale Extension eingestellt. Die andere Hand des T umgreift direkt distal der Malleolen den Talus und bewegt diesen in Richtung Plantarflexion, Varus, Supination und Adduktion. Hinweis: Der Test untersucht das Lig. talofibulare anterius. Wenn das OSG aus der Nullstellung heraus in Richtung Varus, Supination und Adduktion bewegt wird, wird das Lig. calcaneofibulare getestet und aus einer Dorsalflexion das Lig. talofibulare posterius.
Fuß in Plantarflexion/Valgus/Pronation/Abduktion Der T stabilisiert mit einer Hand die Malleolengabel. Das Kniegelenk des P wird in maximale Extension eingestellt. Die andere Hand des T umgreift direkt distal der Malleolen den Talus und bewegt diesen in Richtung Plantarflexion, Valgus, Pronation und Abduktion. Hinweis: Der Test untersucht das Lig. tibiotalare anterius. Wenn das OSG aus der Nullstellung heraus in Richtung Valgus, Pronation und Abduktion bewegt wird, wird das Lig. tibiocalcaneare getestet und aus einer Dorsalflexion das Lig. tibiotalare posterius.
Zusatztests – Nervenmobilitätstests ▼ ▼
1 N. suralis Der Fuß des P wird in Dorsalextension im OSG und Varusposition im USG eingestellt. Die Endstellung wird vom T mit seinen Händen fixiert. Unter Beibehaltung dieser Position bewegt der T das gestreckte Bein in Hüftflexion (SLR = straight leg raise). Klinik: Aufgrund seiner Innervation (Anteile aus dem N. tibialis und N. peroneus communis) ist der N. suralis oft die Ursache von Beschwerden im lateralen Fußbereich. Außerdem entstehen häufig Mitverletzungen bei Achillessehnenläsionen und Fußtraumata.
2 N. peroneus superficialis/profundus Der Fuß des P wird in Plantarflexion im OSG, Valgusposition im USG und Adduktion im Vorfuß eingestellt. Die Endstellung wird vom T mit seinen Händen fixiert. Unter Beibehaltung dieser Position bewegt der T das gestreckte Bein in Hüftflexion (SLR = straight leg raise). Klinik: Die Peronealnerven werden häufig bei Inversionstraumata mitverletzt, bzw. können durch nachfolgende Ödembildung und zu enge Gipsbehandlung komprimiert werden. Dies betrifft meist den N. peroneus superficialis.
3 Befundinterpretation Matthias Löber 3.1 3.2 3.2.1 3.2.2 3.2.3 3.3 3.4 3.5
Interpretationsfehler – 98 Fallbeispiel – 98 Befund – 98 Hypothesenbildung – 99 Weitere Differenzierungen – 101 Interpretation der Widerstandstests Die Probebehandlung – 103 Befundinterpretationshilfe – 103
– 102
98
Kapitel 3 · Befundinterpretation
3.1
3
Interpretationsfehler
Nach abgeschlossener Anamnese und nach Durchführung der gesamten Basisfunktionsprüfung erfolgt die strukturelle Interpretation der bisher erhobenen Befunde. Es ist wichtig, zuerst die gesamte Funktionsprüfung von Anfang bis Ende und so objektiv und wertfrei wie möglich zu durchlaufen, da sonst die Gefahr besteht, dass der erste positive Befund schon mit einer Pathologie assoziiert wird. Dadurch befindet sich der Untersucher/Therapeut vorschnell auf dem Weg einer Wunschdiagnose, wodurch häufig weitere Befunde falsch bewertet bzw. missachtet werden. Vielfach entstehen diese Wunschdiagnosen bereits am Anfang des Untersuchungsablaufs. Bereits während der Anamnese, bei der häufig nur bestimmte Routinefragen gestellt werden, kann es relativ schnell zu Fehlinterpretationen und damit zu einer vorschnellen Fixierung auf eine bestimmte Wunschhypothese kommen. Da reicht es beispielsweise oft schon aus, wenn der Patient mit einer vorgefertigten medizinischen Diagnose erscheint, die sich überwiegend auf radiologische Befunde stützt. Einige Patienten haben positive radiologische Zeichen, sind jedoch asymptomatisch, bzw. die Veränderungen in den bildgebenden Verfahren passen nicht zu dem klinischen Bild, dass der Patient aktuell zeigt. Das ist eine von vielen Möglichkeiten, die dazu führen können, dass der Therapeut in der weiteren Untersuchung oft nur nach Informationen sucht, die seine vorgefertigte Meinung stützen. In der körperlichen Untersuchung werden dann meist nur wenige Testverfahren ausgewählt, um hierfür eine Bestätigung zu erhalten. Positive Befunde, die die Wunschhypothese bestätigen, werden überbewertet und negative Befunde nicht oder ungenügend beachtet. Häufig vergleicht der Untersucher/Therapeut auch die vorliegenden Untersuchungsergebnisse mit ähnlichen Befunden und Symptomen, die er von anderen Patienten aus der Vergangenheit her kennt. Dadurch resultiert meist der Fehler identischer Behandlungsansätze, die sich bei dem einen oder anderen Patienten als wirksam zeigten. Zusammengefasst sind die wichtigsten Interpretationsfehler: 1. Fixieren auf eine favorisierte Hypothese („Wunschdiagnose“) 2. Fehlinterpretation von Befunden 3. Ignorieren von negativen Befunden 4. Überbewerten von positiven Befunden 5. Missachten von Befunden, die eine favorisierte Hypothese widerlegen
Um dies zu vermeiden, ist es wichtig, dass dem Therapeuten die Fehler bewusst sind, die während des Untersuchungsablaufs auftreten können. Sogar erfahrenen Therapeuten können solche Fehler unterlaufen. Zur Vermeidung dient vor allem die Reflexion über das eigene Handeln und Denken. Jede Überlegung bzw. Hypothese muss auf ihre Wertigkeit überprüft werden. Der Therapeut sollte demzufolge auch Tests durchführen, welche die Wunschdiagnose widerlegen könnten. Hierzu dient insbesondere die Probebehandlung ( Kap. 2, S. 103), mit der im Anschluss an die körperliche Untersuchung überprüft wird, ob die momentane Wahrscheinlichkeitshypothese stimmt.
3.2
Fallbeispiel
Anhand eines Fallbeispiels wird im Folgenden exemplarisch das Vorgehen während der Befundinterpretation aufgezeigt. Bei dem nachfolgenden Schulterbefund wird davon ausgegangen, dass aus der Bereichslokalisation ( Kap. 2.4.1, S. 31) die Schulterregion als Symptomquelle hervorgegangen ist. D. h. in einer symptomprovozierenden Position, z. B. einer endgradig schmerzhaft eingeschränkten Elevation über Abduktion, zeigen Bewegungen der Halswirbelsäule sowie Ellenbogen- und Handbewegungen keine Veränderung der Symptome.
3.2.1
Befund
Am Anfang steht die Zusammenfassung der wichtigsten, in der Basisfunktionsuntersuchung erhobenen, Befunde (⊡ Tab. 3.1). Hierbei werden die Einzelbefunde, die den typischen Schmerz bzw. die typischen Symptome auslösen, stärker in der Befundinterpretation berücksichtigt, als die Befunde, die der Patient von seiner Problematik her nicht kennt oder die von ihm z. B. nur als „unangenehm“ empfunden werden. Die Informationen aus der Anamnese zum Krankheitsbild bleiben in diesem Beispiel aus didaktischen Gründen unberücksichtigt. Folgende Bewegungsprüfungen sind im genannten Fallbeispiel auffällig: passive Elevation über Abduktionsbewegung passive Elevation über Flexionsbewegung passive Abduktion passive Außenrotation Widerstandstest in Adduktion Widerstandstest in Innenrotation
99
3.2 · Fallbeispiel
⊡ Tab. 3.1. Befunderhebung Schulter mittels der aktiv-passiven Bewegungsprüfung Schulter/ACG + SCG Heben beider Arme (spontan) Elevation über Abduktion Elevation über Flexion Schultergürtel
aktiv
passiv
– –
endgradig typischer Schmerz
–
endgradig typischer Schmerz
aktiv
passiv
Elevation
–
–
Depression
–
–
Protraktion
–
–
Retraktion
–
–
ACG-Gleiten
–
SCG-Traktion
–
SCG-Kompression
–
SCG-Gleiten
–
Glenohumeralgelenk
aktiv
passiv
Flexion
–
–
Extension
–
–
–
endgradig typischer Schmerz
Adduktion
–
–
Innenrotation
–
–
–
endgradig typischer Schmerz
Abduktion
Außenrotation Stellungstest
–
Traktion
–
Kompression
–
Kaudalgleiten
–
Dorsalgleiten
–
Ventralgleiten
–
WT in Abduktion
–
WT in Adduktion
typischer Schmerz
WT in Innenrotation
Loslass-Schmerz
WT in Außenrotation
–
WT in Ellenbogen-FLEX
–
WT in Ellenbogen-EXT
–
– : ohne Befund
3.2.2
Hypothesenbildung
Zunächst erfolgt die Aufstellung möglicher Hypothesen für jeden Einzelbefund. Die Auswahl wird aufgrund von anatomischen und biomechanischen Überlegungen getroffen. Hierbei sollten alle relevanten Strukturen in Betracht gezogen werden, die durch den Test unter vermehrten Stress geraten könnten. Bei dem passiven Test „Elevation über Abduktion“ werden z. B. die subakromial liegenden Strukturen, wie die Bursa subacromiodeltoidea (⊡ Memo, S. 171) und/oder die Sehnen der Mm. supraspinatus und infraspinatus komprimiert. Weiterhin kommen die glenohumerale Gelenkkapsel und neurale Strukturen aus dem Plexus brachialis unter Spannung. Belastet werden auch die knöchernen Anteile, der hyaline Gelenkknorpel sowie das Labrum des Glenohumeralgelenks usw. Auch das Akromioklavikular- und Sternoklavikulargelenk können Symptomverursacher sein. Um weitgehend die oben aufgelisteten Denkfehler zu vermeiden, empfiehlt es sich, alle möglichen Strukturen aufzulisten. Ein Hilfsmittel dafür ist die so genannte „Mind-Mapping (Gedankenkarten)-Methode” (Buzan 2002), wobei das Hauptthema, in diesem Fall beispielhaft die „passive Elevation über Abduktion“, in die Mitte gestellt wird. Von dort aus folgen „Äste”, auf denen die möglichen beteiligten Strukturen aufgelistet werden (⊡ Abb. 3.1, S. 100), die Symptome bei der passiven Abduktion verursachen können. Somit stellt die Mind-Mapping-Methode eine graphische Hilfstechnik dar, die dem assoziierten Denkvorgang des menschlichen Gehirns folgt. Für jede Einzelhypothese werden wiederum Überlegungen dazu angestellt, welche weiteren Befunde ebenfalls positiv sein könnten. Hier tragen dann Informationen aus der Anamnese zur Bewertung bei, z. B. gibt allein die Lokalisation der Symptome mögliche Hinweise auf die betroffene Struktur bzw. Region. Schmerzen, die direkt von Strukturen des Glenohumeralgelenks herrühren, werden vom Patienten meist im Dermatom von C5 wahrgenommen, Schmerzen von Strukturen des Akromioklavikulargelenks überwiegend im Dermatom C4. In der aktiv-passiven Bewegungsprüfung ergeben häufig die Kombinationen der symptomatischen und/oder eingeschränkten Bewegungen Hypothesen, welche Strukturen eher betroffen sein könnten. Sind sowohl die aktive als auch die passive Bewegung in die gleiche Richtung schmerzhaft, ist eher eine nichtkontraktile Struktur betroffen. Ist die pas-
3
100
Kapitel 3 · Befundinterpretation
M. supraspinatus, tiefe Insertion
Nerven glenohumerale Kapsel
M. infraspinatus, tiefe Insertion Bursa subacromiodeltoidea
passive Elevation über Abduktion
ACG
Recessus axillaris Sehnenscheide des M. biceps brachii
3 Abb. 3.1. Mind-Map möglicher Strukturen, die bei der passiven Elevation über Abduktion betroffen sein können.
sive Bewegung in die eine Richtung, die aktive aber in die entgegengesetzte Richtung schmerzhaft, so ist eher eine kontraktile Struktur an der Symptomatik beteiligt. Wenn die gesamte Gelenkkapsel des Glenohumeralgelenks betroffen ist, dann werden bestimmte isolierte Bewegungen des Schultergelenks, so genannte Kapselmuster, ebenfalls auffällig sein (⊡ Tab. 3.2 u. Memo, S. 102). In diesem Beispiel wird die passive Außenrotation deutlicher ein-
geschränkt und/oder schmerzhafter sein als die Abduktion, die Abduktion auffälliger als die Innenrotation. Weiterhin können die Widerstandstests für Abduktion (M. supraspinatus), Außenrotation (M. infraspinatus) sowie Innenrotation (M. subscapularis) positiv sein, da die genannten Muskeln mit ihren Insertionen in die Kapselwand einstrahlen (⊡ Abb. 3.2).
⊡ Tab. 3.2. Kapselmuster der einzelnen Extremitätengelenke Gelenk
Kapselmuster
ACG und SCG
Schmerzen bei endgradigen Bewegungen
Schultergelenk
Außenrotation > Abduktion > Innenrotation
Ellenbogengelenk
Flexion > Extension Die Flexion ist bedeutend mehr eingeschränkt, während Pronation und Supination nur bei massiven
Irritationen betroffen sind. Dann findet man eine gleichmäßige Einschränkung dieser beiden Bewegungen. Distales Radioulnargelenk
keine Bewegungseinschränkung, jedoch endgradige Schmerzen
Handgelenk
gleiche Bewegungseinschränkung für Flexion und Extension
Daumensattelgelenk
Einschränkung in Abduktion und Extension
Fingergelenke
Flexion > Extension geringfügiger Unterschied der beiden Bewegungen
Hüftgelenk
Innenrotation > Extension > Flexion > Abduktion > Außenrotation
Kniegelenk
Flexion > Extension Die Flexion ist bedeutend mehr eingeschränkt als die Extension (z. B. 90/10/0). In den frühen Stadien einer Arthritis sind die Rotationsbewegungen frei.
Oberes Sprunggelenk
Plantarflexion > Dorsalextension Wenn die Wadenmuskulatur verkürzt bzw. verspannt ist, so limitiert sie die Dorsalextension, bevor
das arthritische Endgefühl (hart) erreicht ist. Unteres Sprunggelenk
Varus > Valgus Eine zunehmende Einschränkung in Varus, bis sich bei massiver Arthritis das Gelenk in Valgus fixiert. In den frühen Stadien ist das Ende der möglichen Bewegung schmerzhaft.
Mittelfußgelenke
Bewegungseinschränkung in Dorsal- und Plantarflexion sowie in Adduktion und Supination. Die Abduktion und Pronationsbewegung ist frei.
Großzehengrundgelenk
Die Extension ist bedeutend mehr eingeschränkt als die Flexion.
Zehengelenke
Individuelle Einschränkung. Mit zunehmendem Verlauf der Gelenkveränderung fixieren sich die
MTP-Gelenke in Extension und die DIP- und PIP-Gelenke in Flexion.
101
3.2 · Fallbeispiel
passive AR passive ABD glenohumerale passive Elevation Kapsel über Abduktion
passive IR evtl. Widerstandstest AR/IR/ABD Schmerzen Dermatom C5
Abb. 3.2. Mind-Map möglicher weiterer positiver Befunde, für den Fall, dass die Gelenkkapsel betroffen ist.
glenohumerale passive Elevation Kapsel über Abduktion
passive AR
glenohumerale Traktion
passive ABD
glenohumerale Kompression
passive IR
evtl. Widerstandstest AR/IR/ABD Schmerzen Dermatom C5
kaudales Gleiten Caput humeri subakromiale Kompression
Abb. 3.3. Mind-Map mit weiterer Differenzialdiagnostik für die positive Abduktion ( Kap. 3.2.3)
3.2.3
Weitere Differenzierungen
Aufgrund dieser klinischen Überlegungen kann nun eine weitere Differenzierung erfolgen. Wird, wie im oben erwähnten Beispiel, die glenohumerale Kapsel als symptomauslösende Struktur angenommen, so kann der Untersucher in den symptomprovozierenden Positionen weitere Manöver durchführen, um die Hypothese bezüglich der jeweiligen Struktur weiter zu bestätigen bzw. zu entkräftigen. So wird etwa eine glenohumerale Traktion und Kompression in der Abduktionsstellung durchgeführt, in welcher der Patient gerade eben seine Symptome wahrnimmt. Reagiert der Patient mit vermehrtem Schmerz, so weist dies auf die Gelenkkapsel hin. Reduzieren sich die Symptome während der zusätzlichen Traktion, deutet dies eher auf eine Läsion der Gelenkfläche hin. Wird in der positiven Abduktionsposition ein Gleiten des Humeruskopfes nach kaudal ausgeführt und die Symptome verringern sich hierbei, kann eine Struktur im subak-
romialen Raum (Bursa subacromiodeltoidea, M. supraspinatus) Symptomauslöser sein (⊡ Abb. 3.3). Eine zweite Bestätigung für diese Hypothese würde eine Schmerzzunahme bei subakromialer Kompression bedeuten. Dieses differenzialdiagnostische Vorgehen ermöglicht eine gezielte Eingrenzung der potenziell möglichen Strukturen. Zunächst empfiehlt es sich, diese Überlegungen und Vorgehensweisen nach abgeschlossener Basisfunktionsprüfung durchzuführen. Hat der Therapeut mehr Routine mit diesem Verfahren, werden die erforderlichen differenzialdiagnostischen Manöver direkt im Anschluss an den jeweiligen positiv erhobenen Befund durchgeführt. Anschließend können noch relevante Zusatztests ( Kap. 2.4.5, S. 32 f.) ausgewählt und durchgeführt werden, welche die momentan favorisierte Hypothese untermauern. Hierbei sei darauf hingewiesen, dass natürlich auch die Zusatztests keine Struktur isoliert testen, sondern diese nur mehr belastet wird. Mit der Anzahl der positiven Tests erhöht sich damit die Wahrscheinlichkeit einer rich-
3
102
3
Kapitel 3 · Befundinterpretation
tigen Diagnose für eine bestimmte Struktur. In diesem Fallbeispiel können die positiven Widerstandstests unter gehaltenem Kaudalzug des Humerus als Zusatztests durchgeführt werden. Verringert sich der Schmerz während der Durchführung, so verdichtet sich der Verdacht einer irritierten Bursa subacromiodeltoidea. Verstärkt sich die Symptomatik, so kommt eher der Muskel-Sehnen-Apparat als Schmerzquelle in Frage. Als weiterer Zusatztest kann der so genannte Bursa-Klopftest ( Kap. 2.6, S. 45) in Frage kommen. Nach Abschluss der körperlichen Untersuchung zeigte sich im obigen Fallbeispiel, dass die Symptome höchstwahrscheinlich von einer Läsion der Bursa subacromiodeltoidea herrühren. Diese Wahrscheinlichkeitsdiagnose muss nun durch eine adäquat durchgeführte Probebehandlung bestätigt werden.
MEMO Einteilung Kapselmuster Kapselmuster: eine für jedes Gelenk charakteristische Bewegungseinschränkung, wenn die gesamte Gelenkkapsel im Sinne einer Arthritis bzw. Arthrose betroffen ist. Stadium 1: • mäßige Schmerzen bei bestimmten endgradigen Bewegungen • geringe Bewegungseinschränkung durch kapsuläre und/oder muskuläre Abwehrspannung • normales Endgefühl, der Schmerz tritt nach dem Erreichen des Endgefühls auf. Stadium 2: • Der Schmerz tritt bei bestimmten Bewegungen und ab und zu in Ruhe auf. • mäßige Bewegungseinschränkung • Schmerz und Endgefühl werden zur gleichen Zeit wahrgenommen. Stadium 3: • Schmerz bei Bewegung und in Ruhe • starke Bewegungseinschränkung • Die Schmerzen treten vor Erreichen des Endgefühls auf.
3.3
Interpretation der Widerstandstests
Cyriax hat beschrieben, dass vor allem die kontraktilen Anteile des Muskelbauchs, des Muskel-Sehnenübergangs der Sehne, der Insertion und des mit dem Muskel verbundenen Knochens getestet werden (⊡ Tab. 3.3). ⊡ Tab. 3.3. Beispiel für die Interpretation des Widerstandstests Reaktion beim Widerstandstest
Hypothese
schmerzfrei und kräftig
Es sind keine Strukturen des Muskel-
schmerzhaft nach Wiederholung
geringe Muskelsehnenläsion
volle Kraft und Schmerzen
kleine Muskelsehnenläsion (eventuell
Schwäche und Schmerzen
große Muskelsehnenläsion
Schwäche und keine Schmerzen
komplette Ruptur der Sehne oder des
sehnen-Apparates sowie der Insertion betroffen. ischämische Störungen im Muskel
nur Schmerzen beim Loslassen)
betreffenden Muskels neurologische Läsion (siehe Kenn-
muskeln oder periphere Nerven) alle Widerstandstests sind schmerzhaft
akute Pathologien (Arthritis, Bursitis) psychische Störung schwerwiegende Pathologien
(z. B. Tumorerkrankungen)
Außer den kontraktilen Elementen kommen noch weitere Strukturen unter Belastung. Es entsteht eine Kompression auf die artikulierenden Gelenkflächen, über die die getestete Muskulatur verläuft. Auch intraartikuläre Strukturen, wie z. B. die Menisken im Kniegelenk, werden einerseits durch Kompression, andererseits durch direkte Insertionen (wie z. B. des M. semimembranosus) unter Belastung gesetzt. Ebenso können akute oder chronisch irritierte Schleimbeutel die Symptomquelle sein, da sie meist in unmittelbarer Nähe der kontraktilen Strukturen liegen. Viele der Testmuskeln sind Kapselspanner, so dass auch die Gelenkkapsel die symptomauslösende Struktur darstellen kann. Weiterhin können auch Nerven, die durch den Muskel oder am Muskel entlang verlaufen, während des Widerstandstests die Schmerzquelle sein.
103
3.4 · Die Probebehandlung
Dies bedeutet, dass bei einem positiven Widerstandstest dieser Test wiederholt werden kann, und zwar: in einer anderen Ausgangsstellung, z. B. unter vermehrter Vordehnung der zu testenden kontraktilen Strukturen, in Kombination mit einem translatorischen Manöver, z. B. einer Traktion, einer Kompression oder einem parallelen Gleiten der Gelenkflächen, unter einer veränderten neuralen Spannung, z. B. ein Widerstandstest an der Schulter mit einer veränderten HWS-Bewegung und/oder einer veränderten Ellenbogen- und Handbewegung. Differenzierung bei Schmerzen innerhalb einer Muskelsynergie: Test einer zweiten isolierten Funktion im selben Gelenk Test einer zweiten Funktion im benachbarten Gelenk Test mit einer reziproken Hemmung
3.4
Die Probebehandlung
Durch die Kombination der Befunde und der weiteren Differenzierungsmöglichkeiten ergibt sich nach Abschluss der Befundinterpretation eine vorläufige Arbeitshypothese bzw. Wahrscheinlichkeitsdiagnose. Die Probebehandlung, die im Anschluss an die körperliche Untersuchung erfolgt, stellt ein wichtiges Mittel zur Überprüfung der momentan favorisierten Hypothese dar. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass nur eine Behandlungsmaßnahme durchgeführt wird. Bei der Auswahl der Probebehandlung müssen alle Überlegungen und Befunde, die während der Anamnese und der körperlichen Untersuchung zusammengetragen wurden, mit einbezogen werden. Vor allem die Beurteilung der momentanen Irritierbarkeit und Aktualität des Problems gewährleistet, dass keine Überdosierung und damit eine Verschlimmerung der Beschwerden des Patienten erfolgt. Ist der Patient, z. B. nach einer Innenbanddistorsion am Kniegelenk, zur Zeit noch in der Entzündungsphase (0–5 Tage, ⊡ Memo Kap. 5, S. 175), kann die gewählte Therapie, je nach Aktualität, eventuell nur darin bestehen, dass die betroffene Region bzw. die betroffene Gewebsstruktur nur indirekt über das beteiligte vegetative Ursprungsgebiet an der Wirbelsäule (beim Knie ca. T8/T9– L2/L3) behandelt wird.
Der Therapeut muss aufgrund des klinischen Bilds seine Entscheidung treffen, welche Behandlungstechnik er in welcher Ausgangsstellung und mit welcher Dosierung und Zeitdauer anwendet. Wichtig ist, dass möglichst nur eine Technik angewendet wird, da sonst eine Beurteilung über die Wirkweise der Behandlung nicht gegeben ist. Nach der Probebehandlung erfolgt sofort ein Wiederbefund der wichtigsten, in der Anamnese und körperlichen Untersuchung gefundenen, Verlaufszeichen. Je nach Ergebnis bestätigt sich die Hypothese und die nächste Behandlung kann geplant werden. Oder es muss eine Neubeurteilung vorgenommen werden, die darin bestehen kann, dass weitere Zusatztests durchgeführt werden und/ oder die angrenzenden Gelenke und Regionen mit in die weitere Untersuchung einbezogen werden.
3.5
Befundinterpretationshilfe
Die nachfolgenden Tabellen der einzelnen Extremitätengelenke sollen als Hilfsmittel bei der Aufstellung der möglichen Hypothesen nach der Basisfunktionsuntersuchung dienen (⊡ Tab. 3.4 bis 3.9). Für jeden Einzelbefund können dann weitere Differenzierungsmanöver (in der gleichen beschriebenen Vorgehensweise) durchgeführt werden. Viele der möglichen Differenzierungsmöglichkeiten sind im Praxisteil ( Kap. 2) bei der Darstellung der einzelnen Untersuchungstechniken beschrieben. Weiterhin kann der Therapeut in der Tabelle ersehen, welche anderen Tests bei der betroffenen Struktur ebenfalls positiv sein können. Die Aufzählungen beschränken sich hierbei auf die anatomischen Gewebe, die bei den Tests am wahrscheinlichsten unter Belastung kommen können. Es wird darauf hingewiesen, dass die Aufzählung keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Das Plus-Zeichen (+) kennzeichnet mögliche betroffene Strukturen, die bei der jeweiligen Untersuchungstechnik positiv getestet werden können. Die in Klammern stehenden Angaben kennzeichnen die anatomischen Strukturen, die bei diesen Tests vorwiegend belastet werden bzw. häufig betroffen sind. Leere Spalten bedeuten, dass die durchgeführten Tests die angegebenen Gewebsstrukturen nicht oder zu gering belasten und daher meist negativ ausfallen.
3
104
Kapitel 3 · Befundinterpretation
⊡ Tab. 3.4. Befundinterpretationshilfe Schulter Aktive Elevation über Flexion
Aktive Elevation über Abduktion
Passive Elevation über Abduktion
+
+ (chronische Bursitis)
+ ( chronische Bursitis)
+
+
+ (endgradig)
+ (endgradig)
Bursa subacromiodeltoidea Kapsel ACG
3
+ (endgradig)
+
+
M. supraspinatus
+
+ (oberflächliche Insertion)
+ (tiefe Insertion)
M. infraspinatus
+ (oberflächliche Insertion)
+ (tiefe Insertion)
Knochen/ Knorpel/ Gleitstörung
+ (proximale Insertion)
M. subscapularis
+ (Sehnenscheide)
+ (Sehnenscheide)
Recessus axillaris
+ (ohne Schmerz)
+ (ohne Schmerz)
+ (ohne Schmerz)
Plexus brachialis
+
+
+
M. biceps brachii M. triceps brachii M. pectoralis major M. latissimus dorsi M. teres major
Weitere Strukturen/Pathologien
⊡ Tab. 3.5. Befundinterpretationshilfe Ellenbogen
Kapsel Knochen/Knorpel/ Gleitstörung Neuralstrukturen Bursae
Passive Flexion
Passive Extension
Passive Pronation
Passive Supination
+
+
+
+
+ (Corpus liberum)
+ (Corpus liberum)
+ (Caput radii)
+ (Caput radii)
+ (N. ulnaris)
+ (Nn. medianus u. radialis)
+
M. biceps brachii
+
M. brachialis
+
M. supinator
+
M. triceps brachii
+
M. extensor carpi radialis longus
+
M. extensor carpi radialis brevis
+
M. extensor digitorum
+
M. extensor carpi ulnaris
+
M. flexor digitorum superficialis
+
M. flexor carpi radialis
+
M. flexor carpi ulnaris
+
M. pronator teres
+
Weitere Strukturen/Pathologien
+
Myositis ossificans
+
+
105
3.5 · Befundinterpretationshilfe
Passive Abduktion
Passive AR
Passive IR
WT in Abduktion
WT in Adduktion
WT in AR
WT in IR
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+ +
+
+ + (Caput breve)
+ (Caput breve)
+
+
+
+
+ + (ohne Schmerz) +
+
+
Bursa subcoracoidea
Pancoast-Tumor !
WT in Flexion
WT in Extension
WT in Pronation
+ (via M. brachialis)
+ (via M. anconeus)
+ (via Flexoren)
+ (Humeroradialgelenk)
+
+ (Radioulnargelenk)
M. teres minor
WT in Supination
+ (Radioulnargelenk)
+ (Bursa olecrani) +
+
+ + + + + + + + + + + M. brachioradialis
M. anconeus
3
106
Kapitel 3 · Befundinterpretation
⊡ Tab.3.6. Befundinterpretationshilfe Handgelenk Passive Dorsalextension
Passive Radialduktion
+ (Ganglion)
+ (Ganglion)
+ (medioradiokarpal)
+ (medioradiokarpal)
+ (medioradiokarpal)
+ (volare Ligg.)
+ (dorsale Ligg.)
+ (Lig. collaterale ulnare)
Sehnenscheiden
+ (volare Seite)
+ (dorsale Seite)
+ (6. Sehnenfach)
Neuralstrukturen
+ (Nn. ulnaris u. medianus)
+ (N. radialis)
+ (N. ulnaris)
Instabilität Handwurzel
Instabilität Handwurzel
Kapsel Knochen/Knorpel/ Gleitstörung Ligamente
3
Passive Volarflexion
M. extensor carpi radialis longus M. extensor carpi radialis brevis M. extensor digitorum M. extensor carpi ulnaris M. flexor digitorum superficialis M. flexor digitorum profundus M. flexor carpi radialis M. flexor carpi ulnaris Weitere Strukturen/Pathologien
⊡ Tab. 3.7. Befundinterpretationshilfe Hüfte
Kapsel Knochen/Knorpel/Gleitstörung Neuralstrukturen Bursae Bursa trochanterica
Passive Flexion
Passive Extension
Passive Abduktion
Passive Adduktion
+
+
+
+
+ (Corpus liberum)
+ (Corpus liberum)
+ (Corpus liberum)
+ (Corpus liberum)
+ (N. ischiadicus)
+ (N. femoris)
+ (N. obturatorius)
+ (N. cutaneus femoralis lateralis)
+ (Bursa iliopectinea)
+ (Bursa iliopectinea)
+
+ +
M. rectus femoris M. gluteus maximus
+ (Bursa trochanterica)
+ +
Mm. glutei medius u. minimus
+
M. tensor fasciae latae
+
M. sartorius
+ (mit flektiertem Knie)
Mm. adductores longus u. brevis
+ (mit extendiertem Knie)
M. gracilis M. pectineus
+
+
+ (mit flektiertem Knie)
Mm. obturatorius int. u. ext. M. piriformis Mm. gemelli superior u. inferior Weitere Strukturen/Pathologien
femorale u. inguinale Hernien
M. adductor magnus
Tractus iliotibialis
107
3.5 · Befundinterpretationshilfe
Passive Ulnarduktion
WT in DE
WT in Volarflexion
WT in Radialduktion
WT in Ulnarduktion
+ (medioradiokarpal)
+
+
+
+ (Ganglion)
+ (Lig. collaterale radiale) + (1. Sehnenfach)
+ (Lig. pisohamatum)
+ (Lig. pisohamatum)
+ (dorsale Seite)
+ (N. radialis)
+ (radiale u. dorsale Seite)
+ (ulnare u. volare Seite)
+ (N. radialis)
+ (N. ulnaris)
+ +
+
+
+
+ +
+ + + +
+
+
Passive IR
Passive AR
WT in Flexion
+
+
+
+ (Corpus liberum)
+ (Corpus liberum)
+ (Corpus liberum)
+ (N. ischiadicus)
+
WT in Extension
WT in Adduktion
+ +
+ + (Bursa trochanterica) + (Bursa iliopectinea) + (Bursa iliopectinea)
+
WT in Abduktion
+
+
+
+
+ (Bursa trochanterica)
+ +
+
+ +
+
+
+ (lateraler Anteil)
+ (dorsaler Anteil)
+ +
+ + + +
+
+ + + M. quadratus femoris
M. adductor magnus
3
108
Kapitel 3 · Befundinterpretation
⊡ Tab. 3.8. Befundinterpretationshilfe Knie Passive Flexion
Passive Extension
Menisken
+
+
+
Kapsel
+
+
+ (posterolaterale Kapsel)
+ (Caput liberum)
+
Knochen/Knorpel/Gleitstörung
3
Ligamente
+
+ (Lig. collaterale mediale) + (Ligg. collaterale mediale u. laterale)
Bursae
+
Neuralstrukturen
+
M. quadrizeps femoris
+
Passive IR
+ (Ligg. meniscotibiales/ Kreuzbänder)
+ (Nn. tibialis u. peroneus)
M. biceps femoris
+
M. semimembranosus
+
M. semitendinosus
+
M. sartorius M. gracilis M. popliteus
+
M. gastrocnemius
+
Sonstige Strukturen
Plica mediopatellaris
⊡ Tab. 3.9. Befundinterpretationshilfe Fuß Passive Dorsalextension
Passive Plantarflexion
+
+
+ (vorderes tibiotalares Kompressionssyndrom)
+
+
Sehnenscheiden
+ (Sehnenscheiden der Fußflexoren)
+ (Sehnenscheiden der Fußextensoren)
+
Neuralstrukturen
+ (Nn. tibialis u. suralis)
+ (N. peroneus)
+
Kapsel Knochen/Knorpel/Gleitstörung
M. tibialis anterior
+
M. extensor digitorum longus
+
WT in DE/Pronation/Abduktion
+
+
M. extensor hallucis longus M. tibialis posterior
+
M. flexor digitorum
+
M. flexor hallucis longus
+
M. peroneus longus
+
+
M. peroneus brevis
+
+
M. triceps surae Sonstige Strukturen
+ Gleitlager der Achillessehne
Os trigonum des Proc. lateralis tali
109
3.5 · Befundinterpretationshilfe
Passive AR
WT in Flexion
WT in Extension
WT in IR
WT in AR
+
+
+
+
+
+ (posteromediale Kapsel)
+
+
+
+
+
+
+ (v. a. patellofemoral)
+
+ (Lig. meniscotibiale/Ligg. collaterale mediale u. laterale)
+ (Ramus infrapatellaris)
+ (Retinacula der Patella)
+ (N. ischiadicus)
+ (N. femoralis)
+ + (Lig. meniscotibiale)
+
+
+ +
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+ Plica mediopatellaris
Tractus iliotibialis/ prox. Tibiofibulargelenk
Tractus iliotibialis
Tractus iliotibialis/ prox. Tibiofibulargelenk
WT in DE/Supination/Adduktion
WT in Plantarflexion/Pronation/Abduktion
WT in Plantarflexion/Supination/Adduktion
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+ +
+
+ + + +
+
Fraktur des Proc. lateralis tali
Fraktur des Proc. lateralis tali
3
4 Behandlung Frans van den Berg 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 4.7 4.8
Prinzipien der Behandlung – 112 Behandlungsaufbau – 119 Schulter – 120 Ellenbogen – 125 Hand – 132 Hüfte – 138 Knie – 142 Fuß – 154
112
Kapitel 4 · Behandlung
4.1
Prinzipien der Behandlung
Bei der Cyriax-Therapie kann man verschiedene Behandlungsmöglichkeiten voneinander unterscheiden.
4.1.1
Friktion
Richtung der Friktion
4
Da Friktionen überwiegend eine biochemische und neuroreflektorische Wirkung haben ( Kap. 1.4.1, S. 12), ist es für das Behandlungsergebnis selbst nicht so wichtig, in welche Richtung man (in Bezug auf den Faserverlauf der zu behandelnden Struktur) diese Friktion durchführt. Trotzdem sollten Friktionen möglichst quer zum Faserverlauf durchgeführt werden, da man auf diese Weise am einfachsten die gesamte Struktur in einer (Friktions-)Bewegung behandeln kann. Durch die Querbewegung kann man in den meisten Fällen alle Faserbereiche der betroffenen Struktur erreichen.
Bei der Friktion von Insertionen unterscheidet man zwischen Friktionen von so genannten direkten und indirekten Insertionen. Die direkten Insertionen werden in einer etwas entspannten Position des Muskels oder des Bandes durchgeführt, da sonst der friktionierende Finger die Insertion nicht erreichen kann. Die indirekte Insertion wird in einer gespannten Position des Muskels oder des Bandes durchgeführt. Eine direkte Insertion ist immer daran erkennbar, dass sie sich an einem knöchernen Vorsprung befindet, wie z. B. ein Tuberkulum, eine Tuberositas, ein Tuber, ein Epikondylus oder eine Crista. Indirekte Insertionen werden immer als Insertionsflächen angedeutet, so z. B. die antero-mediale Seite der Tibia (Pes anserinus superficialis). Kapseln werden in den meisten Fällen nicht friktioniert, da es bei diesen Strukturen nach einer Verletzung normalerweise immer eine ausreichende Entzündungsreaktion gibt. Wenn man Kapseln in Ausnahmefällen friktioniert (z. B. das Daumensattelgelenk) so wird die Kapsel in einer gespannten Position behandelt.
Ausgangsstellung Die Ausgangsstellung des Patienten sollte so gewählt werden, dass der Patient diese Haltung auch über längere Zeit schmerzfrei und entspannt einnehmen kann. Voraussetzung ist natürlich immer, dass die zu behandelnde Struktur für die Friktion erreichbar ist. Auch die Ausgangsstellung des Therapeuten sollte so gewählt werden, dass die Behandlung über längere Zeit ohne übermäßige Anstrengung und ohne Überlastungen der eigenen Gelenke durchgeführt werden kann. Wenn mit einem Finger (meistens dem Zeigefinger) friktioniert wird, dann sollte man als Behandler immer darauf achten, dass dieser Finger von einem anderen Finger (bzw. Fingern) stabilisiert wird. Wenn man mit dem Daumen friktioniert, sollte man ebenfalls versuchen, ihn mit der anderen Hand zu stabilisieren. Die friktionierende Hand sollte, wenn möglich, stabilisiert werden, entweder mit der anderen Hand oder, wenn man z. B. mit dem Zeigefinger friktioniert, mit dem Daumen, der sich auf einer stabilen Struktur auf dem Patienten abstützt. In Bezug auf die zu behandelnde Struktur gibt es ebenfalls Bedingungen, die die Ausgangsstellung erfüllen muss. So sollte sich die Sehne oder das Band des Patienten bei einer Friktion in einer gespannten Position befinden. Auch die Friktion einer Sehnenscheide wird in einer gedehnten Muskelposition durchgeführt, damit man das oberflächliche Blatt der Sehnenscheide gegenüber dem tiefen Blatt verschieben und mobilisieren kann.
Friktionstechniken In Prinzip kann man eine Friktion auf verschiedene Weise durchführen. Es gibt aber einige Techniken, die auch im Buch von Cyriax (1982) demonstriert werden und die man auch heute noch bevorzugt anwendet.
Zeigefinger-Technik Der Zeigefinger des Therapeuten wird auf die zu friktionierende Struktur quer zum Faserverlauf gelegt. Dieser Zeigefinger wird vom Mittelfinger gestützt, um einerseits leichter den notwendigen Druck ausüben zu können, aber auch um die Gelenke des Zeigefingers vor Überstreckung zu schützen. Der Daumen des Therapeuten wird so auf dem Körper des Patienten abgestützt, dass hiermit das Handgelenk stabilisiert werden kann. Die Friktionsbewegung wird jetzt durch einen rhythmischen Wechsel zwischen Palmarflexion und Dorsalextension im Handgelenk erzeugt. Es ist aus rein ergonomischen Gründen empfehlenswert, nur in eine der Bewegungsrichtungen Druck auf die zu friktionierende Struktur auszuüben (⊡ Abb. 1, rechts).
Mittelfinger-Technik Bei dieser Technik, die nur in ganz bestimmten Situationen verwendet wird, z. B. an der Achillessehne (antero-tibiale und antero-fibulare Seite) und der Sehne des M. supraspinatus, wird der Mittelfinger auf die zu friktionierende Struktur gelegt. Hier wird der Mittelfinger vom Zeigefinger
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4.1 · Prinzipien der Behandlung
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Darstellung der Friktionstechniken
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2 Mittelfinger-Technik am Beispiel der Friktion der Sehne des M. supraspinatus
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Zeigefinger-Technik am Beispiel der Friktion der Insertion des M. infraspinatus. Der Daumen stützt sich auf das Akromion der Schulter des Patienten.
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Finger-Technik am Beispiel der Friktion am Muskelbauch des M. supraspinatus
Daumen-Technik am Beispiel der Friktion der Insertion des M. biceps brachii an der Tuberositas radii
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5 Pinzettengriff am Beispiel der Friktion des Muskelbauchs des M. biceps brachii
6 Weichteilmanipulation am Beispiel der Sehnenscheide des M. extensor pollicis brevis und M. abductor pollicis longus
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Kapitel 4 · Behandlung
gestützt (⊡ Abb. 12, S. 113). Der Therapeut erzeugt die Friktionsbewegung durch eine Pro- und Supinationsbewegung im Unterarm.
Finger-Technik
4
Wenn das Behandlungsgebiet zu groß ist, um es mit einem Finger behandeln zu können, kann es sinnvoll sein, mehrere Finger auf die zu friktionierende Struktur zu legen. In diesem Fall werden die Finger von der anderen Hand des Therapeuten stabilisiert. Auch hier wird der Daumen der erstplatzierten Hand zur Stabilisierung verwendet. Die Friktionsbewegung wird durch eine Palmarflexion und Dorsalextension im Handgelenk erzeugt (⊡ Abb. 3, S. 113).
Daumen-Technik Im Einzelfall kann auch der Daumen zum Friktionieren verwendet werden. Auch hier ist es empfehlenswert, den Daumen mit der anderen Hand zu stabilisieren. Nur wenn der Daumen des Therapeuten in allen Gelenke stabil ist, kann eventuell auf eine zusätzliche Stabilisierung verzichtet werden. Die Friktionsbewegung wird hier in den meisten Fällen durch eine Ulnarabduktion und Radialabduktion im Handgelenk erzeugt (⊡ Abb. 4, S. 114).
Pinzettengriff Bei Strukturen, die man umfassen kann, wie z. B. einen Muskelbauch oder eine Sehne, kann man die zu behandelnde Struktur zwischen Daumen und Zeigefinger oder zwischen Daumen und mehreren Fingern einklemmen. Die Friktionsbewegung wird hier durch eine Abhebebeweung erzeugt (⊡ Abb. 5, S. 115).
Intensität der Behandlung Bevor man eine Friktion durchführt, wird erst die betroffene Struktur palpiert und provoziert, um die richtige Stelle für die Behandlung zu finden. Die Provokation sollte dann immer den für den Patienten typischen Schmerz reproduzieren. Wenn man anschließend die Friktion durchführt, sollte die Intensität bzw. der Druck so stark reduziert werden, dass der Patient nur noch einen ganz geringen Schmerz verspürt. Dieser Schmerz sollte aber nach ein bis zwei Minuten völlig verschwunden sein. Dann sollte aber die Intensität nicht wieder erhöht werden, sondern mit der gleichen Intensität weiter behandelt werden. Auch bei nachfolgenden Behandlungen sollte immer auf die gleiche Weise vorgegangen werden, d. h., dass man bei jeder Behandlung die Struktur mit Hilfe einer Provokationspalpation aufsucht, um danach mit reduzierter Intensität zu friktionieren.
Schmerzen während einer Friktion zu provozieren, ist in den meisten Fällen eher kontraproduktiv, da dies bei vielen Patienten eine Steigerung der sympathischen Reflexaktivität und damit eine reduzierte Durchblutung verursacht. Zudem werden hierdurch auch häufig Stresshormone wie Kortisol freigesetzt, die die Kollagensynthese hemmen. Beide Veränderungen sind negativ für die Wundheilung, die gerade mit einer Friktion optimiert bzw. ermöglicht werden soll ( Kap. 1.4.2, S. 13 f.)
Dauer der Behandlung Es kann gelegentlich indiziert sein, eine sehr lange Friktion von ca. 15 bis 20 Minuten durchzuführen ( Kap. 1.5.1, S. 17). Diese lange Friktion wird normalerweise nur einmalig durchgeführt, um bei einer chronischen Irritation eine erneute Entzündungsreaktion auszulösen und damit eine Wundheilung zu ermöglichen. Normalerweise werden nur Friktionen von einigen (drei bis fünf) Minuten durchgeführt, um die Durchblutung der betroffenen Struktur so optimal wie möglich zu halten. Friktionen werden überwiegend in schlecht durchbluteten Strukturen wie Sehnen, Bändern und deren Insertionen durchgeführt, da es dort immer wieder zu Problemen in der Wundheilung kommen kann. Nach einer langen Friktion kann nach ca. vier Tagen mit kurzen Friktionen angefangen werden, die der Patient in den meisten Fällen auch selbst durchführen kann. Diese Friktionen können stündlich durchgeführt werden, um eine hohe Durchblutungsrate zu erhalten.
4.1.2
Weichteilmanipulation
Ausgangsstellung und Technik Manipulation von Sehnenscheiden Bei der Manipulation einer Sehnenscheide wird der Muskel in maximale Dehnung gebracht, damit die beiden Blätter der Sehnenscheide so weit wie möglich gegeneinander bewegt werden. Meistens ist dann auch die maximale Bewegungsmöglichkeit der Gelenke erreicht. Um jetzt noch eine kleine endgradige Bewegung zwischen den Blättern zu erzeugen, wird im Gelenk eine Traktionsmanipulation durchgeführt. Dies führt zu einer zusätzlichen Bewegung zwischen den Blättern der Sehnenscheide, ohne dass das Gelenk belastet wird (⊡ Abb. 6, S. 113). Diese Manipulation kann bei Bedarf mehrmals durchgeführt werden.
Manipulation von Insertionen (direkte Insertionen)
Darstellung der Funktionsmassage
Bei Weichteilmanipulationen, mit denen man eine erneute Entzündungsreaktion in einer Insertion auslösen will, wird das Gelenk und damit der Muskel so eingestellt, dass der Patient ihn mit voller Kraft in die Richtung kontrahieren kann, die der Hauptfunktion des Muskels entspricht. Während der maximalen Kontraktion des Muskels führt der Therapeut eine kurze und schnelle exzentrische Dehnung des Muskels durch. Diese Manipulation wird normalerweise nur einmalig durchgeführt.
Diese Manipulation wird durchgeführt, wenn die Beweglichkeit zwischen dem oberflächlichen Blatt dieses Bandes gegenüber dem tiefliegenden Blatt bzw. der Kapsel gestört ist. Wenn man eine eingeschränkte Mobilität nach posterior während der Flexionsbewegung feststellt, wird erst die Flexionsmobilität bestimmt. Anschließend wird die Flexion in Kombination mit einer maximalen Innenrotation getestet. Ist hier die Mobiliät eingeschränkt, dann wird in Flexion mit vorher eingestellter Innenrotation manipuliert (⊡ Abb. 1, S. 148). Wenn die Mobilität nach anterior in Extension limitiert ist, so wird erst die Extensionsmobilität bestimmt und anschließend die Extension in Kombination mit einer maximalen Außenrotation. Wenn hierbei die Bewegung verringert ist, wird in Extension mit vorher eingestellter Außenrotation manipuliert (⊡ Abb. 2, S. 148).
4.1.3
Funktionsmassage
Diese Form der Massage wurde von Cyriax nicht verwendet, ist aber eine gute Ergänzung zu den von Cyriax verwendeten Techniken. Diese Behandlungsform ist unter verschiedenen Namen bekannt. So werden auch Bezeichnungen wie mobilisierende Massage, manipulative Massage, oder spezifische hemmende Mobilisation verwendet. Funktionsmassagen sind sinnvoll als Vorbehandlung vor einer Friktionsbehandlung von Muskeln bzw. Sehnen oder deren Insertionen aber auch vor einer Gelenkmobilisation. Der Wirkungsmechanismus dieser Behandlungsmethode beruht primär auf der Stimulation von so genannten dicken Afferenzen (dicken, myelinisierten Nervenfasern) in Haut, Muskeln und Gelenken.
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1 Funktionsmassage M. supraspinatus, ASTE
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Manipulation des Lig. collaterale tibiale im Kniegelenk
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4.1 · Prinzipien der Behandlung
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2 Funktionsmassage M. supraspinatus, ESTE
Technik der Funktionsmassage Der zu behandelnde Muskel wird erst in eine verkürzte Position gebracht. Dann wird er leicht und flächig komprimiert. Unter Beibehaltung dieser Kompression wird der Muskel verlängert. Danach wird der Druck auf den Muskel gelöst und er wird wieder in seine verkürzte Position zurückgebracht. Dies wird anschließend rhythmisch wiederholt (⊡ Abb. 1, 2). Diese Behandlung ist aber nur dann sinnvoll, wenn der Patient in der Lage ist, den Muskel während der Behandlung zu entspannen. Ist dies nicht der Fall, dann sind eher andere Entspannungstechniken, wie klassische Massage, Wärme- oder Elektrotherapie, zu bevorzugen.
4.1.4
Manipulation von freien Gelenkkörpern und/oder Menisken
Diese Manipulationen werden nur dann durchgeführt, wenn eine so genannte Gelenkblockierung durch das Einklemmen eines freien Gelenkkörpers und/oder eines Meniskus vorliegt. Es gibt verschiedene Techniken, die man einsetzen kann.
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Kapitel 4 · Behandlung
Darstellung der Manipulationstechniken
4 1 Manipulation eines freien Gelenkörpers am Beispiel des Ellenbogens, ASTE
3 Meniskusmanipulation – Drehtechnik, ASTE
5 Meniskusmanipulation, hier medialer Meniskus – Traktionstechnik, ASTE
2 Manipulation eines freien Gelenkörpers am Beispiel des Ellenbogens, ESTE
4 Meniskusmanipulation – Drehtechnik, ESTE
6 Meniskusmanipulation, hier medialer Meniskus – Traktionstechnik, ESTE
117
4.1 · Prinzipien der Behandlung
Ausgangsstellung und Technik Rotationstechnik unter Traktion Die Manipulationen sind dadurch gekennzeichnet, dass das Gelenk unter sehr starker Traktion über die freie Bewegungsbahn passiv durchbewegt wird. Während dieser Bewegung werden dann zusätzlich Rotationsbewegungen im Gelenk durchgeführt. Im Kniegelenk sind dies Innenund Außenrotationen und im Ellenbogengelenk Pro- und Supinationsbewegungen. Bevor man die Behandlung durchführt, wird erst die symptomfreie Bewegungsbahn des Patienten bestimmt. Während der Manipulation sollte man die betroffene Struktur nicht über dieses Bewegungsausmaß hinaus bewegen (⊡ Abb. 1 u. 2, links). Diese Technik wird heutzutage nur noch selten in der Praxis verwendet, da sie einerseits technisch sehr schwierig ist und andererseits meistens der Einsatz von zwei und manchmal sogar drei Therapeuten nötig ist. Von Cyriax wurde sie normalerweise angewendet.
Drehtechnik Diese Technik wird nur für das Kniegelenk verwendet. Dabei wird, unter der ständigen Durchführung von Innenund Außenrotationen im Kniegelenk, rhythmisch durch die symptomfreie Bewegungsbahn von der Flexion in die Extension und umgekehrt bewegt (⊡ Abb. 3, 4, links).
Traktionstechnik Auch diese Technik wird nur für das Kniegelenk verwendet. Bevor man die Manipulation durchführt, wird die symptomfreie Bewegungsbahn bestimmt. Ist die Manipulation für die Behandlung des tibialen Meniskus gedacht, wird das Kniegelenk unter einem ständigen Valgusstress gehalten. Unter Beibehaltung des Valgusstresses wird das Kniegelenk von Flexion in Extension bewegt. Die Bewegung findet ein abruptes Ende, wenn der Oberschenkel des Patienten auf den Oberschenkel des Therapeuten trifft. Durch die Beschleunigung und den Valgusstress kommt es zu einem Traktionsimpuls auf der tibialen Seite des Kniegelenks. Für die Manipulation des fibularen Meniskus wird die gleiche Behandlung unter Varusstress durchgeführt (⊡ Abb. 5, 6, links).
4.1.5
lung bzw. aktuellen Ruhestellung eingestellt. Von Ruhestellung in einem Gelenk spricht man, wenn u. a. die Gelenkkapsel am wenigsten Spannung aufweist. In dieser Gelenkstellung können dann kleine passive Bewegungen entweder senkrecht zur konkaven Gelenkfläche (Traktion) und/oder parallel zur konkaven Gelenkfläche (translatorisches Gleiten) durchgeführt werden. Diese Vorgehensweise ist eher typisch für das skandinavische Kaltenborn/ Evjenth-Konzept in der Manuellen Therapie. Bei der manuellen Behandlungsmethode des australischen Physio- und Manualtherapeuten Geoffrey Maitland werden kleine Gleitbewegungen und/oder Rotationsbewegungen im Gelenk durchgeführt. Um eine Schmerzlinderung im Gelenk zu erreichen, stehen nicht nur passive Bewegungen im Gelenk zur Verfügung, es können auch aktive Bewegungen eingesetzt werden, solange sie im schmerzfreien Bewegungsbereich durchgeführt werden. Bewegungseinschränkungen, die auf diese Weise behandelt werden, sind reflektorisch bedingt und entstehen auf Basis von Schutzmechanismen, die der Körper einsetzt, um das heilende Gewebe gegen erneute Schädigung zu schützen. Bei einer so genannten strukturellen Bewegungseinschränkung, die normalerweise schmerzfrei ist, liegt die Ursache für die Bewegungseinschränkung in der Bildung von pathologischen Crosslinks innerhalb des kollagenen Netzwerks der Kapsel und/oder in Verklebungen zwischen Kapselanteilen. Für die Behandlung wird das Gelenk in einer endgradigen Position eingestellt, damit die Kapsel unter Vorspannung gebracht wird. In dieser endgradigen Position können auch wieder Traktions- und/oder Gleitmobilisationen durchgeführt werden. Hier sind am Anfang eher passive, translatorische (= geradlinige) Techniken indiziert, die aber so schnell wie möglich von aktiven bzw. assistiven Bewegungen abgelöst bzw. ergänzt werden sollten. Liegt die Ursache für die Bewegungseinschränkung nicht im Gelenk bzw. in der Gelenkkapsel, sondern in der Muskulatur, dann müssen die betroffenen Muskeln durch eine passive Bewegung im darunterliegenden Gelenk bzw. den darunterliegenden Gelenken gedehnt werden.
Mobilisation von Gelenken Intensität der Behandlung
Ausgangsstellung und Technik Wenn man eine schmerzlindernde Behandlung im Gelenk durchführt, wird das Gelenk in der so genannten Ruhestel-
Bei einer schmerzlindernden Behandlung ist die Intensität der aktiv und/oder passiv durchgeführten Bewegung sehr gering. Die Gelenkkapsel sollte dabei nicht unter Spannung
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Kapitel 7 · Behandlung
gebracht werden. Es werden Bewegungen in Grad I und II durchgeführt.
MEMO
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Die Einteilung in einen Grad I und II ist in Bezug auf die Intensität sowohl im Kaltenborn/Evjenth-Konzept als auch im Maitland-Konzept gleich, nur deren Definition unterscheidet sich etwas. Im Kaltenborn/ Evjenth-Konzept werden die Grade mehr anatomisch-strukturell erklärt, im MaitlandKonzept dagegen wird mehr die Technik und ihre Durchführung beschrieben. Im Maitland-Konzept gilt: Grad I ist eine kleine Bewegung am Anfang der Bewegungsbahn ohne Widerstand. Grad II ist eine größere Bewegung innerhalb der Bewegungsbahn ohne Widerstand. Im Kaltenborn/Evjenth-Konzept gilt: Grad I bewirkt ein Lösen der Adhäsion im Gelenk.
Bei einer mobilisierenden Behandlung einer strukturellen Bewegungseinschränkung werden die Behandlungsimpulse bei gespannter Gelenkkapsel durchgeführt. Man spricht dann von Grad III und IV.
MEMO Bezüglich der Gradeinteilung gibt es bei Grad III und IV einen Unterschied zwischen dem Kaltenborn/Evjenth-Konzept und dem Maitland-Konzept. Im Kaltenborn/Evjenth-Konzept wird nur ein Grad III erwähnt, wobei man am Ende der translatorischen Bewegung eine statische Belastung auf die Kapsel gibt. Beim Maitland-Konzept handelt es sich um ein dynamisches Bewegen am Ende der Bewegungsbahn, welches entweder mit einer kleinen Amplitude (Grad IV) oder einer größeren Amplitude (Grad III) durchgeführt wird. Grad III- unterscheiden sich also von Grad IV-Behandlungen dadurch, dass bei einer Grad IIIBehandlung eine größere Amplitude am Bewegungsende durchgeführt wird.
Durch die rhythmische Belastung der Kapsel bzw. der Bindegewebszellen kommt es zu der Freisetzung von Kollagenase, einem Enzym, das pathologische Crosslinks abbaut. Für die Behandlung von Verklebungen kann die gleiche Technik verwendet werden, hier können aber auch Manipulationen eingesetzt werden, um Verklebungen, die von Adhäsionen verursacht werden, zu lösen.
Dauer der Behandlung Bei der schmerzlindernden oder reflektorischen Bewegungseinschränkung wird die Behandlung so lange durchgeführt, wie bei einem so genannten Re-Test eine Mobilitätsverbesserung festzustellen ist. Erst wenn bei einem Re-Test keine Verbesserung gefunden wird, wird die Behandlung eingestellt. Bei der Behandlung einer strukturellen Bewegungseinschränkung müssen die Zellen länger, aber vor allem auch sehr regelmäßig belastet werden. Je länger, aber vor allem je öfter die Zelle eine rhythmische Zugbelastung erfährt, umso mehr Kollagenase wird produziert. Auch hier wird das Behandlungsergebnis durch ständige Re-Tests bestimmt. Bei der strukturellen Bewegungseinschränkung ist es extrem wichtig, wie viel und wie oft der Patient selbst das Gewebe endgradig belastet. Aus diesem Grund sind so genannte Heimübungen, die der Patient selbst so oft wie möglich durchführt, unverzichtbar. Grundsätzlich sollten Schmerzen während einer mobilisierenden Behandlung vermieden werden, da sie bei den meisten Patienten automatisch und reflektorisch zu Abwehrspannung führen. Selbstverständlich darf der Patient eine gewisse Dehnung in der behandelten Struktur verspüren, sie darf aber nicht als unangenehm empfunden werden. Zudem sind Schmerzen immer als Warnsignal des Körpers für eine drohende Verletzung zu verstehen.
PRAXISTIPP Handfassung Vor allem während der Behandlung einer strukturellen Bewegungseinschränkung sollte der Therapeut darauf achten, dass seine eigenen Gelenke nicht in eine endgradige Position gebracht werden, damit sie nicht auch mobilisiert bzw. überlastet werden. Zudem sollte man immer dafür sorgen, dass die Handfassung für den Patienten nicht unangenehm ist, da dies wieder sehr schnell zu Abwehrspannung führt.
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4.2 · Behandlungsaufbau
4.1.6
Kompressionsbehandlung
Die Ausgangsstellung, in der man eine Kompressionsbehandlung durchführt, ist die Gelenkstellung, bei der man bei der Untersuchung mit Kompression die für den Patienten typischen Symptome reproduzieren konnte. Vor der Behandlung wird erst ein Kompressionstest durchgeführt. Man komprimiert das Gelenk so stark, bis beim Patienten Symptome hervorgerufen werden. Dann halbiert (Schätzung) man diese Kompressionskraft und setzt sie therapeutisch ein. Nach einigen Minuten wird erneut ein Kompressionstest durchgeführt und danach wieder mit der Hälfte der Kraft behandelt. Dies führt man so lange durch, bis manuell keine Symptome mehr reproduziert werden können. Dies kann mehrere Sitzungen dauern. Die manuelle Kompression sollte der Patient auch selbst regelmäßig durchführen. Danach muss der Patient unter der Belastung des eigenen Körpergewichts Übungen durchführen, bis die für den Beruf und/oder Sport notwendige Belastbarkeit erreicht ist. Solange das eigene Körpergewicht noch eine zu große Belastung darstellt und damit Symptome verursacht, muss das Körpergewicht durch die Verwendung von ein oder zwei Gehstützen reduziert werden. Neben der Kompressionsbehandlung ist es ebenfalls wichtig, das Gelenk oft im symptomfreien Bereich zu bewegen, damit die Synovialflüssigkeit, die Nährsubstanz des Gelenkknorpels, ständig erneuert wird.
4.2
Behandlungsaufbau
Bevor man lokal die betroffene Struktur mit Friktionen oder Ähnlichem behandelt oder bevor man das Gelenk mobilisiert, ist es in den meisten Fällen sinnvoll, erst das sympathische Ursprungsgebiet dieser Struktur oder dieses Gelenks zu behandeln (⊡ Tab. 4.1). Wenn man das sympathische Ursprungsgebiet behandelt, senkt man dort, aber auch im Zielgewebe, die sympathische Reflexaktivität, was zu einer gesteigerten Durchblutung und dadurch zu einer besseren Gewebssynthese und damit Wundheilung bzw. Regeneration sowie einem gesenkten Muskeltonus führt.
Im sympathischen Ursprungsgebiet versucht man dicke Afferenzen (dick myelinisierte Nervenfasern) zu stimulieren. Dies erreicht man durch verschiedene Formen der Massagetherapie (klassische Massage mit Haut- und Muskeltechniken, Funktionsmassage usw.), Elektrotherapie, Wärmetherapien (z. B. eine heiße Rolle usw.), aber auch mit passiven und aktiven Behandlungstechniken an der Wirbelsäule (posteriore/anteriore Bewegungen, Mobilisationstechniken wie Springing usw.). Die Behandlung des sympathischen Ursprungsgebiets ist insbesondere vor einer Friktion sinnvoll, weil dadurch die Durchblutung in dem zu behandelnden Gewebe optimiert wird. Die im Anschluss lokal durchgeführte Behandlung kann nun die Durchblutung im Zielgewebe ebenfalls optimal anregen. Je besser die Durchblutungssituation im Gewebe ist, desto besser und größer sind die Chancen auf Heilung. ⊡ Tab. 4.1. Sympathische Ursprungsgebiete für Strukturen des Bewegungsapparates Ursprungsgebiet
Struktur
C8/T1–T3/T4
Kopf, Hals und Nacken
T3/T4–T8
obere Extremität sowie die zugehörigen BWS-Segmente und Rippen
T10–L2
untere Extremität sowie untere BWS und Rippen, LWS und ISG
Bevor man lokal eine Friktionsbehandlung einer Sehne und/oder Insertion durchführt, ist es empfehlenswert, den Muskel mit Entspannungstechniken (Funktionsmassage, Hold-Relax-Techiken, Contract-Relax-Techniken, Postisometrische Relaxation, Dekontraktionen usw.) vorzubereiten. Je entspannter der Muskel ist, desto besser werden er sowie seine Sehne und seine Insertion durchblutet. Vor der Gelenkbehandlung, ist es (neben der Senkung der sympathischen Reflexaktivität) zudem sinnvoll, erst die darumliegenden Muskeln, die auch die Mobilität einschränken können, zu entspannen. Dies ist unabhängig davon, ob es sich um eine reflektorische oder strukturelle Bewegungseinschränkung handelt.
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Kapitel 4 · Behandlung
4.3
Schulter
4.3.1
Weichteilbehandlung
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M. supraspinatus
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2 Friktion der Sehne/des Muskel-Sehnen-Übergangs Der Arm des P wird in ca. 90° Abduktion eingestellt, damit die Sehne bzw. der Muskel-Sehnen-Übergang erreichbar ist. Die Sehne findet man direkt medial vom Akromion in der Fossa supraspinata. Der T platziert seinen vom Zeigefinger gestützten Mittelfinger auf der Sehne und führt eine Pro- und Supinationsbewegung durch, um die Sehne zu friktionieren.
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Friktion der Insertion Der Arm des P wird in Extension eingestellt, damit die Insertion erreichbar ist. Ab und zu kann auch eine zusätzliche Innen- oder Außenrotation notwendig sein, um die Insertion zu erreichen. Die Insertion findet man direkt lateral vom Sulcus bicipitalis auf dem Tuberculum majus. Der T platziert seinen vom Mittelfinger gestützten Zeigefinger direkt auf der Insertion und führt eine Bewegung von anteromedial nach postero-lateral und umgekehrt durch. Der T stützt seinen Daumen auf den lateralen Oberarm, um seine Hand zu stabilisieren. Die Friktion erfolgt durch eine palmare und dorsale Bewegung im Handgelenk des T.
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3 Friktion des Muskelbauchs Der Arm des P wird in ca. 90° Abduktion eingestellt, damit der Muskelbauch entspannt ist. Der T platziert mehrere Finger der einen Hand flächig auf dem Muskelbauch und unterstützt sie mit den Fingern der anderen Hand. Er bewegt die Finger quer über den Muskelbauch von anterior nach posterior und umgekehrt.
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▼ 4
Weichteilmanipulation Der Arm des P wird in Abduktion eingestellt, damit er mit voller Kraft in Abduktion kontrahiert werden kann. Der P spannt den Arm mit voller Kraft in Richtung Abduktion. Während der maximalen Kontraktion bewegt der T den Arm manipulativ in Richtung Adduktion. Vorsicht: Es werden generell keine Weichteilmanipulationen durchgeführt, wenn das Verletzungsgebiet vorher mit einem steroidalen Entzündungshemmer infiltriert wurde. Es besteht die Gefahr einer Totalruptur!
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4.3 · Schulter
M. infraspinatus
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1
2
Friktion der Insertion Der Arm des P wird in horizontale Adduktion und Außenrotation eingestellt, damit die Insertion erreichbar ist. Die Insertion findet man ca. 2 cm kaudal vom hinteren Akromionwinkel auf dem mittleren Teil des Tuberculum majus. Der T platziert seinen vom Mittelfinger unterstützten Zeigefinger direkt auf der Insertion und führt eine Bewegung von kranial nach kaudal und umgekehrt durch. Der T stabilisiert seine Hand mit dem auf dem Akromion liegenden Daumen. Die Friktion erfolgt durch eine palmare und dorsale Bewegung im Handgelenk des T.
Weichteilmanipulation Der Arm des P wird in Mittelstellung eingestellt, damit er mit voller Kraft in Außenrotation kontrahiert werden kann. Der P spannt den Arm maximal in Richtung Außenrotation. Während der maximalen Kontraktion bewegt der T den Arm manipulativ in Richtung Innenrotation. Vorsicht: Es werden generell keine Weichteilmanipulationen durchgeführt, wenn das Verletzungsgebiet vorher mit einem steroidalen Entzündungshemmer infiltriert wurde. Es besteht die Gefahr einer Totalruptur!
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M. subscapularis
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1 Friktion der Insertion Der Arm des P wird in leichte Außenrotation eingestellt, damit die Insertion erreichbar ist. Die Insertion findet man medial des Sulcus bicipiatalis auf dem Tuberculum minus und der Crista tuberculi minoris. Der T platziert seinen vom Mittelfinger gestützten Zeigefinger direkt auf der Insertion und führt eine Bewegung von kranial nach kaudal und umgekehrt durch. Der T stabilisiert seine Hand mit dem auf dem Akromion liegenden Daumen. Die Friktionsbewegung erfolgt durch eine palmare und dorsale Bewegung im Handgelenk des T.
2 Weichteilmanipulation Der Arm des P wird in Mittelstellung eingestellt, damit er mit voller Kraft in Innenrotation kontrahiert werden kann. Der P spannt den Arm maximal in Richtung Innenrotation. Während der maximalen Kontraktion bewegt der T den Arm manipulativ in Richtung Außenrotation.
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Kapitel 4 · Behandlung
4.3.2
Funktionsmassage
M. supraspinatus
4
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2
Funktionsmassage, ASTE Der Arm des P wird in Abduktion eingestellt. Der T legt seine Finger flächig auf den Muskelbauch des M. supraspinatus und gibt einen leichten Druck in Richtung Fossa supraspinata. Variante: Statt der Finger kann man auch die Handwurzel, den Daumenballen oder den Kleinfingerballen verwenden. Der Druck sollte vor allem flächig und für den P angenehm sein.
Funktionsmassage, ESTE Unter Beibehaltung des Drucks auf den Muskelbauch des M. supraspinatus bewegt der T der Arm des P aus der Abduktion in Richtung Adduktion. Am Ende der Bewegung löst der T den Druck auf den Muskel und bringt das Gelenk in seine Ausgangsposition zurück. Diese Bewegungen werden rhythmisch durchgeführt, bis die gewünschte Entspannung des Muskels erreicht ist.
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M. trapezius, Pars descendens und M. levator scapulae
1 Funktionsmassage, ASTE Der Schultergürtel des P wird in Elevation eingestellt. Der T legt seine Hand flächig mit der Handwurzel auf den Pars descendens des M. trapezius sowie den M. levator scapulae und drückt leicht in kaudale und etwas mediale Richtung. Hinweis: Um mehr Vorspannung auf den jeweiligen Muskel zu bringen, kann der Kopf des P in Seitneigung (⊡ Abb.) nach links und Rotation nach links (M. levator scapulae) bzw. Rotation nach rechts (M. trapezius, Pars descendens) eingestellt werden.
2 Funktionsmassage, ESTE Unter Beibehaltung des Drucks auf den Pars descendes des M. trapezius und den M. levator scapulae bewegt der T den Schultergürtel des P aus der Elevation in Richtung Depression. Vorsicht: Bevor diese Behandlung durchgeführt wird, sollte erst sichergestellt werden, dass während dieser Bewegung keine Spannung auf den Plexus brachialis ausgeübt wird.
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4.3 · Schulter
4.3.3
Bursabehandlung
Bursa subacromiodeltoidea
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2
Bursabehandlung (Scoopings), ASTE Die Skapula des P wird durch die rechte Hand des T auf dem Akromion fixiert. Der Arm des P wird in Flexion, Abduktion und Innenrotation eingestellt, bis ein Widerstand oder ein leichter Schmerz im Schultergelenk erreicht ist. Der T umfasst mit seiner anderen Hand das Ellenbogengelenk, damit alle eingestellten Bewegungsrichtungen im Schultergelenk beibehalten werden können. Hinweis: Vorher sollte sichergestellt werden, dass die Symptome von der Bursa subacromiodeltoidea (⊡ Memo, S. 171) oder anderen subakromialen Strukturen verursacht werden.
Akromioklavikulargelenk
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Lange Bizepssehne
Bursabehandlung (Scoopings), ESTE Der T bewegt das Schultergelenk unter Beibehaltung der maximal möglichen Abduktion am Akromion entlang in Richtung Extension und Außenrotation. Hinweis: Wenn durch die Abduktion des Schultergelenks eine erhöhte Spannung im neuralen System erzeugt wird, ist es empfehlenswert, den Kopf des P in einer Seitneigung zu der behandelten Schulter einzustellen.
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Friktion Der Arm des P wird in Mittelstellung für Innen- und Außenrotation eingestellt. Der T legt seinen Daumen in den Sulcus bicipitalis zwischen die Crista tuberculi majoris und die Crista tuberculi minoris. Die Friktion erfolgt durch eine Innen- und Außenrotation im Schultergelenk des T. Vorsicht: Man sollte während einer Friktion immer sicherstellen, dass man nicht über die Haut rutscht. Dies erzeugt Reibung und möglicherweise sogar Blasen.
Friktion Der Arm des P wird in Ruhestellung eingestellt. Der T platziert seinen vom Mittelfinger gestützten Zeigefinger von kranial auf dem Akromioklavikulargelenk und bewegt ihn von ventral nach dorsal und umgekehrt. Hinweis: Um mehr Spannung auf die hintere Kapsel auszuüben, kann der Arm in horizontaler Adduktion eingestellt werden. Für mehr Spannung auf die vordere Kapsel kann der Arm in Adduktion, Innenrotation und Extension eingestellt werden.
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Kapitel 4 · Behandlung
4.3.4
Gelenkbehandlung
Schultergelenk
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Traktion Die Skapula des P wird mittels eines Gurts um die Margo lateralis in mediale Richtung fixiert. Der T zieht den Oberarm des P mit einem Gurt (⊡ Abb.) oder manuell nahe am Schultergelenk in eine ventrale und leicht kraniale Richtung. Der Arm ist in Ruhestellung eingestellt (wie etwa bei einer Schmerzbehandlung), kann aber, abhängig von der Einschränkung, auch in einer limitierten Position eingestellt werden. Der T stabilisiert seinen Ellenbogen mit dem Arm gegen seinen Bauch, damit die Traktion über eine kontrollierte Gewichtsverlagerung nach hinten erreicht werden kann.
Gleiten nach kaudal Die Skapula des P wird mittels eines Gurts in der Achsel in kaudale Richtung fixiert. Der T bewegt den Humerus des P direkt über dem Caput humeri in kaudale und leicht laterale Richtung. Der Arm ist in Ruhestellung eingestellt (wie etwa bei einer Schmerzbehandlung), kann aber, abhängig von der Einschränkung, auch in einer limitierten Position eingestellt werden. Der T stabilsiert seine Hand gegen das Becken, damit die Gleitbewegung (⊡ Abb.) über eine kontrollierte Gewichtsverlagerung vom linken auf das rechte Bein erreicht werden kann.
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3 Gleiten nach dorsal Die Skapula des P wird mit einem Sandsack dorsal unterlagert. Der T bewegt den Humerus direkt über dem Caput humeri in dorsale und laterale Richtung. Der Arm ist in Innenrotation eingestellt, kann aber für eine Schmerzbehandlung auch in Ruhestellung eingestellt werden. Die Gleitbewegung wird parallel zu einer gedachten Verbindungslinie vom Proc. coracoideus zum hinteren Akromionwinkel durchgeführt (entspricht der Ausrichtung der Cavitas glenoidalis).
4 Gleiten nach ventral Die Skapula des P wird mittels eines Gurts über dem Proc. coracoideus in ventrale Richtung fixiert. Der T bewegt den Humerus direkt über dem Caput humeri in ventrale und mediale Richtung. Der Arm ist in Außenrotation eingestellt, kann aber für eine Schmerzbehandlung auch in Ruhestellung eingestellt werden. Die Gleitbewegung wird parallel zu einer gedachten Verbindungslinie vom Proc. coracoideus zum hinteren Akromionwinkel durchgeführt (entspricht der Ausrichtung der Cavitas glenoidalis).
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4.4 · Ellenbogen
4.4
Ellenbogen
4.4.1
Weichteilbehandlung
M. extensor carpi radialis brevis
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1
2 Friktion der Sehne Der Arm des P wird in ca. 90° Flexion und leichte Pronation im Ellenbogengelenk sowie leichte Palmarflexion und Ulnarabduktion im Handgelenk eingestellt. Die Sehne findet man direkt distal des Epicondylus lateralis über dem Gelenkspalt des Radiohumeralgelenks. Der T platziert seinen Daumen auf der Sehne und bewegt ihn von posterior nach anterior und umgekehrt. Hinweis: Unterarm und Handgelenk können mehr in Endstellung eingestellt werden, wenn dies nicht zu viel Schmerzen verursacht.
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Friktion der Insertion Der Arm des P wird in ca. 90° Flexion und leichte Pronation im Ellenbogengelenk sowie leichte Palmarflexion und Ulnarabduktion im Handgelenk eingestellt. Die Insertion findet man direkt am oberen Teil des Epicondylus lateralis (horizontales Plateau). Der T platziert seinen Daumen auf der Insertion und bewegt ihn von distal-lateral nach proximal-medial und umgekehrt. Vorsicht: Wenn die Schmerzen während der Friktionsbehandlung zunehmen und der P eventuell ein Brennen empfindet, dann sollt man ausschließen, dass hierdurch ein Nerv irritiert wird.
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3 Friktion des Muskel-Sehnen-Übergangs Der Arm des P wird in ca. 90° Flexion und leichte Supination im Ellenbogengelenk sowie leichte Dorsalextension und Radialabduktion im Handgelenk eingestellt. Den MuskelSehnen-Übergang findet man direkt distal des Radiohumeralgelenks im Bereich des Collum radii. Der T platziert seinen Daumen direkt auf dem Muskel-SehnenÜbergang und bewegt ihn von posterior nach anterior und umgekehrt.
4 Weichteilmanipulation Der Arm des P wird mit Ellenbogengelenk, Unterarm und Handgelenk in Mittelstellung eingestellt, damit er mit voller Kraft in Richtung Flexion im Ellenbogen, Supination und Dorsalextension im Handgelenk kontrahiert werden kann. Der P kontrahiert maximal in Richtung Dorsalextension und Radialabduktion. Während der maximalen Kontraktion bewegt der T die Hand manipulativ in Richtung Palmarflexion und Ulnarabduktion. Hinweis: Der P kann den Arm auch zusätzlich in Flexion und Supination kontrahieren.
4
126
Kapitel 4 · Behandlung
4.4.1
Weichteilbehandlung (Fortsetzung)
M. extensor carpi radialis longus
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4
M. extensor digitorum
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Friktion der Insertion Der Arm des P wird in ca. 90° Flexion und leichte Pronation im Ellenbogengelenk sowie leichte Palmarflexion und Ulnarabduktion im Handgelenk eingestellt. Die Insertion findet man direkt an der anterioren Seite der Crista radialis humeri. Der T platziert seinen Daumen auf der Insertion und bewegt ihn entlang der Crista von distal nach proximal und umgekehrt. Die Friktionsbewegung erfolgt durch eine Radial- und Ulnarabduktion im Handgelenk.
Friktion der Insertion Der Arm des P wird in ca. 90° Flexion und leichte Pronation im Ellenbogengelenk sowie leichte Palmarflexion und Ulnarabduktion im Handgelenk eingestellt. Die Insertion findet man direkt am distalen Teil des Epicondylus lateralis. Der T platziert seinen Daumen auf der Insertion und bewegt ihn von posterior nach anterior und umgekehrt.
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Hand- und Fingerflexoren
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▼ ▼ 1 Friktion der Insertion Der Arm des P wird in Extension und Supination im Ellenbogengelenk sowie leichte Palmarflexion im Handgelenk eingestellt. Die Insertion findet man direkt am distalen Teil des Epicondylus medialis humeri. Der T platziert seinen vom Mittelfinger gestützten Zeigefinger direkt auf der Insertion und bewegt ihn von anterior nach posterior und umgekehrt. Hinweis: Mit dieser Friktionsbehandlung wird die gemeinsame Insertion der Hand- und Fingerflexoren am Epicondylus medialis behandelt.
2 Weichteilmanipulation Der Arm des P wird mit Ellenbogengelenk, Unterarm und Handgelenk in Mittelstellung eingestellt, damit er mit voller Kraft in Richtung Flexion, Pronation und Palmarflexion kontrahiert werden kann. Der P kontrahiert die Hand maximal in Richtung Palmarflexion. Während der maximalen Kontraktion bewegt der T den Arm manipulativ in Richtung Dorsalextension. Hinweis: Der P kann den Arm auch zusätzlich in Flexion und Pronation kontrahieren.
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4.4 · Ellenbogen
M. biceps brachii
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▼ 1 Friktion des Muskelbauchs Das Ellenbogengelenk des P wird in Flexion und Supination eingestellt, damit der Muskelbauch des M. biceps brachii entspannt ist. Der T fasst den Muskelbauch flächig zwischen Daumen und Fingern und zieht ihn in anteriore Richtung. Auf diese Weise werden die Muskelfasern des Muskelbauchs friktioniert. Vorsicht: Bei dieser Friktion besteht die Gefahr, dass die Finger den N. medianus, N ulnaris und/oder die Nn. cutanei brachii und antebrachii mediales irritieren. Deshalb ist auf eine Schmerzzunahme und/oder Brennen während der Behandlung zu achten.
▼ 2 Friktion der Insertion am Radius Der Unterarm des P wird in maximale Pronation eingestellt, damit die Tuberositas radii an der posterioren Seite des Unterarms erreichbar ist. Die Insertion findet man distal vom Collum radii. Der T platziert seinen Daumen auf der Insertion und führt eine Bewegung von proximal nach distal und umgekehrt durch. Hinweis: Die hier beschriebene Ausgangsstellung wird meistens bevorzugt verwendet, da bei einer Friktion der Insertion von anterior die Gefahr besteht, Gefäße und/oder Nerven zu irritieren.
4
128
Kapitel 4 · Behandlung
4.4.2
Funktionsmassage
M. biceps brachii
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4
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▼ 1
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2
Funktionsmassage, ASTE Das Ellenbogengelenk des P wird in Flexion eingestellt, der Unterarm in Supination. Der T legt die eine Hand flächig auf den M. biceps brachii und komprimiert diesen leicht in posteriore Richtung. Die andere Hand legt er flächig um den distalen Unterarm des P.
Funktionsmassage, ESTE Unter Beibehaltung des leichten Drucks auf die Muskulatur bewegt der T das Ellenbogengelenk des P in Extension. Danach bewegt er es ohne Druck auf die Muskulatur wieder in die Ausgangsstellung zurück. Hinweis: Der Unterarm kann während der Extensionsbewegung auch gleichzeitig proniert werden.
Unterarmextensoren (radiale Seite oder Mm. extensores carpi radialis longus und brevis)
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1 Funktionsmassage, ASTE Das Ellenbogengelenk des P wird in leichte Flexion, das Handgelenk in Dorsalextension und Radialabduktion eingestellt. Der T legt seine Hand flächig auf die Unterarmextensoren und komprimiert diese leicht in posteriore Richtung. Hinweis: Der Ellenbogen kann auch zuerst in Extension eingestellt werden, um mehr Spannung auf die Muskulatur zu bringen.
2 Funktionsmassage, ESTE Unter Beibehaltung des leichten Drucks auf die Muskulatur bewegt der T das Handgelenk des P in Palmarflexion und Ulnarabduktion. Danach bewegt er es ohne Druck auf die Muskulatur wieder in Dorsalextension und Radialabduktion zurück. Hinweis: Während der Funktionsmassage kann auch das Ellenbogengelenk extendiert werden.
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4.4 · Ellenbogen
4.4.3
Gelenkbehandlung
Humeroulnargelenk
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▼
1
2
Traktion Der P liegt in Seitlage, damit das Schultergelenk durch das Körpergewicht stabilisiert wird. Zusätzlich kann ein Gurt um den Unterarm zum Fixieren verwendet werden. Der T übt mit Hilfe des Gurts einen Traktionsimpuls senkrecht auf den Unterarm aus. Das Ellenbogengelenk befindet sich in der momentan maximal möglichen Flexion. Der T stützt den Ellenbogen seines (hier linken) Arms gegen seinen Bauch, damit die Traktion durch eine dosierte Gewichtsverlagerung nach hinten ausgeübt werden kann.
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Gleiten nach anterior/posterior Der Oberarm des P wird mit einer Hand des T auf der Bank fixiert. Das Ellenbogengelenk befindet sich in der momentan maximal möglichen Flexion. Der T umfasst mit der anderen Hand den distalen Teil der Ulna, zieht diesen in distale Richtung (Richtung Hand) und erzeugt hiermit ein anteriores Gleiten im Ellenbogengelenk. Variante: Für die Behandlung einer eingeschränkten Extension wird das Gelenk in der momentan maximal möglichen Extension eingestellt. Der T schiebt die Ulna in proximale Richtung (Richtung Ellenbogen) und erzeugt damit ein posteriores Gleiten im Ellenbogengelenk.
▼ ▼
3 Gleiten nach radial Der Oberarm des P wird mittels eines Sandsacks unter dem Epicondylus lateralis unterlagert. Das Gelenk wird in einer eingeschränkten Position eingestellt. Der T schiebt mit beiden Händen die Ulna (und den Radius) nach radial und erzeugt hiermit ein radiales Gleiten im Humeroulnargelenk. Hinweis: Wichtig ist, dass der T mit beiden Händen gleichzeitig und gleichmäßig arbeitet, damit es keine Hebelbewegung im Gelenk gibt, da hierdurch sehr große Druckbelastungen im Gelenk erzeugt werden können.
4 Gleiten nach ulnar Der Unteram des P wird mittels eines Sandsacks unter dem Radius unterlagert. Der T fixiert den Unterarm zusätzlich mit einer Hand (hier links). Das Gelenk wird in einer eingeschränkten Position eingestellt. Der T schiebt mit der anderen Hand den Humerus in radiale Richtung. Dies erzeugt, durch eine Verlagerung des Punctum fixum und Punctum mobile, ein ulnares Gleiten im Humeroulnargelenk.
4
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Kapitel 4 · Behandlung
4.4.3
Gelenkbehandlung (Fortsetzung)
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Humeroradialgelenk/Radioulnargelenk
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4
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1
▼
2
Traktion Der Oberarm des P wird mit der Hand des T mittels eines Sandsacks auf der Bank fixiert. Das Gelenk wird in einer eingeschränkten Position eingestellt. Der T umfasst den distalen Teil des Radius, zieht diesen in distale Richtung (Richtung Hand) und erzeugt damit eine Traktion im Humeroradialgelenk. Gleichzeitig kommt es zu einem distalen Gleiten im proximalen und distalen Radioulnargelenk. Variante: Um das Gelenk mit Kompression zu behandeln, schiebt der T den Radius in proximale Richtung (Richtung Ellenbogen).
Gleiten nach posterior Der Oberarm des P wird mittels eines Sandsacks unterlagert. Das Gelenk wird in einer eingeschränkten Position eingestellt. Der T schiebt mit beiden Händen den Radius nach posterior und radial und erzeugt damit ein posteriores Gleiten im Humeroradialgelenk (Mobilisation in Extension) und gleichzeitig ein posteriores Gleiten im proximalen Radioulnargelenk (Mobilisation in Pronation). Hinweis: Wichtig ist, dass der T mit beiden Händen gleichzeitig und gleichmäßig arbeitet, damit es keine Hebelbewegung im Gelenk gibt.
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▼
3 Gleiten nach anterior Der Oberarm des P wird mittels eines Sandsacks unter dem Epicondylus medialis unterlagert. Der T fixiert das Gelenk mit einer Hand (hier rechts) in der eingeschränkten Position. Der T schiebt den Radius nah am Gelenk nach anterior und ulnar und erzeugt damit ein anteriores Gleiten im Humeroradialgelenk (Mobilisation in Flexion) und gleichzeitig ein anteriores Gleiten im proximalen Radioulnargelenk (Mobilisation in Supination).
4 Lateral gapping (laterales Klaffen) Der distale Unterarm des P wird gegen das Becken des T stabilisiert. Der T legt seine rechte Hand (⊡ Abb.) über das Ellenbogengelenk und gibt einen Impuls in radiale Richtung. Hiermit wird eine Traktion im Radiohumeralgelenk sowie ein distales Gleiten im proximalen und distalen Radioulnargelenk erzeugt. Der Impuls erfolgt über die Hand des T, die Vorspannung im Gelenk wird durch eine Linksrotation des Körpers des T erzeugt. Variante: Diese Technik kann auch in mediale Richtung durchgeführt werden, um die mediale Kapsel des Ellenbogengelenks zu dehnen.
131
4.4 · Ellenbogen
4.4.4
Manipulation freier Gelenkkörper
Manipulation des Humeroradialgelenks
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1 Manipulation freier Gelenkkörper, ASTE Das Ellenbogengelenk (hier rechts) des P wird in Flexion eingestellt. Der Oberkörper des P wird mittels eines Gurts nach links fixiert. Ein T fixiert den Oberarm des P gegen die Bank. Der behandelnde T umfasst distal den Unterarm des P (Radius und Ulna) und führt eine starke Traktion nach distal (Richtung Hand) durch. Vorsicht: Die Fixationen und die Handfassung des Behandlers dürfen keine Schmerzen verursachen, weil dies direkt zu einer Abwehrspannung führen würde.
2 Manipulation freier Gelenkkörper, ESTE Unter Beibehaltung der maximalen Traktion bewegt der T das Gelenk bis zur momentanen Bewegungsgrenze in Extension. Während der Bewegung von der Flexion in die Extension führt der T mehrmals eine maximale Pro- und Supinationsbewegung durch. Hinweis: Bevor man diese Behandlung durchführt, wird erst das freie Bewegungsausmaß im Gelenk bestimmt, damit während der Behandlung die Bewegungsgrenze nicht überschritten wird.
4
132
Kapitel 4 · Behandlung
4.5
Hand
4.5.1
Weichteilbehandlung
Sehnenscheide
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▼
4
▼
1
2
Friktion des 1. Sehnenfachs Die Hand des P wird in leichte Dorsalextension und Ulnarabduktion eingestellt. Der P bringt die Sehnen im 1. Sehnenfach unter Spannung, indem er den Daumen mit seinen Fingern in Flexion hält. Die Sehnenscheide findet man direkt an der radialen Seite des Radius. Der T legt, abhängig von der Größe des Schmerzgebiets, einen oder mehrere Finger auf die Sehnenscheide und führt eine Bewegung von posterior nach anterior und umgekehrt durch. Dabei stützt der T seinen Daumen auf der posterioren Seite des Unterarms ab und stabilisiert seine Hand.
Weichteilmanipulation des 1. Sehnenfachs Der Unterarm des P wird mittels eines Gurts auf der Bank fixiert. Seine Finger halten den Daumen in Flexion (Faust). Das Handgelenk wird in leichte Dorsalextension und Ulnarabduktion eingestellt. Der T fasst mit beiden Händen um die Hand des P und gibt einen Traktionsimpuls in distale Richtung (in Verlängerung des Unterarms). Durch diesen Impuls kommt es zu einer endgradigen Verschiebung zwischen den beiden Blättern der Sehnenscheide, durch die Verklebungen gelöst werden.
M. extensor carpi radialis longus
1 Friktion der Insertion Die Hand des P wird in Palmarflexion und Ulnarabduktion eingestellt. Die Insertion findet man an der radialen Seite der Basis des Os metacarpi II. Der T platziert seinen vom Mittelfinger gestützten Zeigefinger direkt auf der Insertion und führt eine Bewegung von radial nach ulnar und umgekehrt durch. Er stützt seinen Daumen gegen die ulnare Seite des Unterarms und stabilisiert seine Hand.
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▼ ▼
2 Weichteilmanipulation Die Hand des P wird in leichte Dorsalextension eingestellt, damit sie mit voller Kraft in Dorsalextension und Radialabduktion kontrahiert werden kann. Der P spannt die Hand mit voller Kraft in Richtung Dorsalextension und Radialabduktion. Während der maximalen Kontraktion bewegt der T die Hand manipulativ in Richtung Palmarflexion und Ulnarabduktion.
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4.5 · Hand
Handgelenk
Fingergelenke (Beispiel: PIPG II)
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Daumensattelgelenk (CMC I)
Karpus
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Friktion der kollateralen Bänder Das Fingergelenk des P wird in Extension eingestellt. Der T legt seinen vom Mittelfinger gestützten Zeigefinger auf das Lig. collaterale radiale (direkt auf den Gelenkspalt) des PIP-Gelenks des 2. Fingers und führt eine Bewegung von dorsal nach volar und umgekehrt durch. Auf die gleiche Weise können auch alle anderen kollateralen Bänder der Fingergelenke behandelt werden. Vorsicht: Während der Behandlung sollte man darauf achten, dass keine Nerven irritiert werden. Dies macht sich durch Brennen und/oder eine Schmerzzunahme während der Behandlung bemerkbar.
▼
Friktion der kollateralen Bänder Die Hand des P wird mittels eines Sandsacks unterlagert. Das Handgelenk des P wird in leichte Ulnarabduktion eingestellt. Abhängig davon, ob mehr die volaren oder dorsalen Anteile des Lig. collaterale radiale betroffen sind, wird das Handgelenk zusätzlich in einer leichten Dorsalextension bzw. Volarflexion eingestellt. Der T platziert seinen vom Mittelfinger gestützten Zeigefinger auf dem Ligament und führt eine Bewegung von dorsal nach volar und umgekehrt durch. Dabei stützt er seinen Daumen auf die Ulna und stabilisiert seine Hand.
▼ Friktion der Kapsel Die Hand des P wird mittels eines Sandsacks unterlagert. Das Daumensattelgelenk wird in maximale Extension und Abduktion eingestellt. Der T platziert seinen vom Mittelfinger gestützten Zeigefinger auf der Gelenkkapsel und führt eine Bewegung von distal-ulnar nach proximal-radial und umgekehrt durch. Hinweis: Diese Behandlung wird häufig in Kombination mit einer Kompressionsbehandlung aufgrund einer Arthrose durchgeführt.
Friktion der interossealen Bänder Die Hand des P wird in leichter Palmarflexion mittels eines Sandsacks unterlagert. Der T platziert seinen vom Mittelfinger gestützten Zeigefinger auf dem Ligament (hier zwischen Os trapezoideum und Os capitatum) und führt eine Bewegung von distal nach proximal und umgekehrt durch. Auf die gleiche Weise können auch alle anderen dorsalen interossealen Bänder behandelt werden. Hinweis: Die Behandlungsrichtung muss immer wieder dem Verlauf des Bandes angepasst werden.
4
134
Kapitel 4 · Behandlung
4.5.2
Gelenkbehandlung
Karpus
4 ▼
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1
2
Traktion Der Unterarm des P wird mit einer Hand des T mittels eines Sandsacks auf der Bank fixiert. Der T umfasst mit seiner anderen Hand den Karpus des P und gibt einen Traktionsimpuls in distale Richtung (in Verlängerung des Unterarms). Die Hand des P befindet sich in der Ruhestellung (schmerzlindernde Behandlung), kann aber, abhängig von der Bewegungseinschränkung, auch in eine eingeschränkte Position eingestellt werden (mobilisierende Behandlung). Hinweis: Wird um die distale Handwurzelreihe gefasst, kann auch eine Traktion zwischen der distalen und proximalen Karpalreihe erzeugt werden.
Gleiten nach volar/dorsal Der Unterarm des P wird mit einer Hand des T mittels eines Sandsacks auf der Bank fixiert. Mit der anderen Hand umfasst der T den Karpus des P und gibt einen Gleitimpuls in volare und leicht proximale Richtung. Für das Gleiten nach dorsal lagert er den Arm des P um und führt eine Gleitbewegung in dorsale und leicht distale Richtung durch. Variante: Gleiten nach dorsal: Für eine mobilisierende Behandlung kann die Hand auch mehr in Palmarflexion eingestellt werden. Gleiten nach volar: Für eine mobilisierende Behandlung wird die Hand mehr in Dorsalextension eingestellt.
Os lunatum
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3 Gleiten nach ulnar/radial Der Unterarm des P wird mit der Hand des T mittels eines Sandsacks auf der Bank fixiert. Mit der anderen Hand umfasst der T den Karpus des P und gibt einen Gleitimpuls in ulnare und leicht proximale Richtung. Für das Gleiten nach radial lagert er den Arm des P um und führt eine Gleitbewegung in radiale und leicht distale Richtung durch. Variante: Gleiten nach ulnar: Für eine mobilisierende Behandlung kann die Hand auch mehr in Radialabduktion eingestellt werden. Gleiten nach radial: Für eine mobilisierende Behandlung wird die Hand jetzt mehr in Ulnarabduktion eingestellt.
Gleiten nach volar – spezifische Behandlung Den Unterarm des P wird mittels eines Keils auf der Bank fixiert. Der T legt den Daumen einer Hand auf die dorsale Seite des Os lunatum des P. Mit der anderen Hand stützt er seinen Daumen und gibt einen Gleitimpuls in volare und leicht proximale Richtung. Diese Gleitmobilisation kann auf die gleiche Weise für alle anderen Knochen im Karpus durchgeführt werden. Für die Gleitmobilisation in dorsale Richtung lagert er den Arm des P um. Variante: Für eine mobilisierende Behandlung kann die Hand auch mehr in Dorsalextension bzw. Palmarflexion eingestellt werden.
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4.5 · Hand
Daumensattelgelenk (CMC I)
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1
2
Traktion Das Hypothenar und der Unterarm des P werden mittels eines Sandsacks unterlagert. Der T stützt mit dem Zeigefinger der einen Hand das Os trapezium nach proximal. Mit der anderen Hand fasst der T flächig um den Daumen des P und gibt einen Traktionsimpuls in distale Richtung (in Verlängerung des Daumens). Variante: Das Gelenk befindet sich hier in Ruhestellung (Schmerzbehandlung), kann aber für eine mobilisierende Behandlung auch in einer limitierten Position eingestellt werden.
Gleiten nach volar/dorsal Die Dorsalseite der Hand und der Unterarm des P werden mittels eines Sandsacks unterlagert. Der T stützt mit dem Zeigefinger der einen Hand (hier rechts) das Os trapezium. Er legt das Caput des Os metacarpi II der anderen Hand nah an den Gelenkspalt des P auf die Basis des Os metacarpi I und gibt einen Impuls in dorsale Richtung. Für das Gleiten in volare Richtung lagert er der Arm des P um. Variante: Gleiten nach dorsal: Für eine mobilisierende Behandlung kann der Daumen des P mehr in Abduktion eingestellt werden. Gleiten nach volar: Hier wird für eine mobilisierende Behandlung der Daumen des P mehr in Adduktion eingestellt.
3 Gleiten nach ulnar/radial Die Radialseite der Hand und der Unterarm des P werden mittels eines Sandsacks unterlagert. Der T stützt mit dem Zeigefinger der einen Hand (hier rechts) das Os trapezium. Er legt das Caput des Os metacarpi II der anderen Hand nah an den Gelenkspalt auf die Basis des Os metacarpi I des P und gibt einen Impuls in radiale Richtung. Für das Gleiten in ulnare Richtung lagert er den Arm des P um. Variante: Gleiten nach ulnar: Für eine mobilisierende Behandlung kann der Daumen des P mehr in Flexion eingestellt werden. Gleiten nach radial: Hier wird für eine mobilisierende Behandlung der Daumen des P mehr in Extension eingestellt.
▼
▼
4 Traktion unter neuraler Vorspannung (N. radialis, R. superficialis) Die Dorsalseite der Hand und der Unterarm des P werden mittels eines Sandsacks unterlagert. Der Arm des P wird in Innenrotation und evtl. im Schultergelenk in Abduktion eingestellt. Das Ellenbogengelenk ist gestreckt, der Unterarm maximal proniert. Der T fasst mit einer Hand flächig um den Daumen des P und gibt einen Traktionsimpuls in distale Richtung (in Verlängerung des Daumens). Variante: Bei Bedarf kann auch noch der Schultergürtel in Depression und die HWS in Seitneigung zur Gegenseite eingestellt werden, damit der N. radialis stärker unter Spannung gebracht wird.
4
136
Kapitel 4 · Behandlung
4.5.2
Gelenkbehandlung (Fortsetzung)
Distales Radioulnargelenk
4
▼
▼
1
2
Gleiten nach volar Der distale Teil der Ulna des P wird mit einer Hand des T mittels eines Sandsacks auf der Bank fixiert. Der T legt den Daumenballen der anderen Hand flächig nah am Gelenkspalt auf den distalen Radius und gibt einen Impuls in volare Richtung. Variante: Für eine mobilisierende Behandlung kann der Unterarm mehr in Pronation eingestellt werden. Klinik: Diese Behandlung ist häufig nach distalen Unterarmfrakturen indiziert.
Gleiten nach dorsal Der distale Teil der Ulna des P wird mit einer Hand des T mittels eines Sandsacks auf der Bank fixiert. Der T legt den Daumenballen der anderen Hand flächig nah am Gelenkspalt auf den distalen Radius und gibt einen Impuls in dorsale Richtung. Variante: Für eine mobilisierende Behandlung kann der Unterarm mehr in Supination eingestellt werden.
Mittelhand
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1 Gleiten vom proximalen Gelenk nach volar Das proximale Ende des Os metacarpi III des P wird mit der linken Hand des T (⊡ Abb.) mittels eines Sandsacks auf der Bank fixiert. Der T schiebt mit der anderen Hand das proximale Ende des Os metacarpi II in volare Richtung. Für die Mobilisation des Os metacarpi IV fasst er um, damit das Os metacarpi III fixiert ist und das Os metacarpi IV bewegt wird. Bei der Mobilisation des Os metacarpi V fixiert er das Os metacarpi IV und bewegt das Os metacarpi V. Variante: Für die Gleitmobilisation in dorsale Richtung wird die Hand des P umgelagert.
2 Mobilisation der distalen Syndesmose nach volar Das distale Ende des Os metacarpi III des P wird mit der linken Hand des T (⊡ Abb.) mittels eines Sandsacks auf der Bank fixiert. Der T schiebt mit der anderen Hand das distale Ende des Os metacarpi II in volare Richtung. Für die Mobilisation des Os metacarpi IV fasst er um, damit das Os metacarpi III fixiert ist und das Os metacarpi IV bewegt wird. Bei der Mobilisation des Os metacarpi V fixiert er das Os metacarpi IV und bewegt das Os metacarpi V. Variante: Für die Mobilisation in dorsale Richtung wird die Hand des P umgelagert.
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4.5 · Hand
2. Fingergrundgelenk (MCP II)
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1
2
Traktion Der Metakarpus des P wird mit einer Hand des T mittels eines Sandsacks (oder Keils) auf der Bank fixiert. Der T fasst mit der anderen Hand flächig um die proximale Phalanx des 2. Fingers und gibt einen Traktionsimpuls in distale Richtung (in Verlängerung der Finger). Das Gelenk befindet sich in leichter Extension, kann aber abhängig von der Einschränkung auch in einer limitierten Position eingestellt werden. Die gleiche Behandlung kann auch in allen PIPund DIP-Gelenken durchgeführt werden. Variante: Für eine Schmerzbehandlung wird das Gelenk in Ruhestellung (leichte Beugung) eingestellt.
Gleiten nach volar Der Metakarpus des P wird mit einer Hand des T mittels eines Keils auf der Bank fixiert. Der T legt das Caput des Os metacarpi II der anderen Hand nah an den Gelenkspalt auf die proximale Phalanx des 2. Fingers und gibt einen Gleitimpuls in volare Richtung. Das Gelenk befindet sich in leichter Flexion, kann aber abhängig von der Einschränkung auch stärker in Beugung eingestellt werden. Die gleiche Behandlung kann auch in allen PIP- und DIP-Gelenken durchgeführt werden. Variante: Für die Gleitmobilisation in dorsale Richtung (Extension) wird die Hand des P umgelagert.
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Daumensattelgelenk (CMC I)
▼ 3 Gleiten nach radial Das Os metacarpi II des P wird mit einer Hand des T mittels eines Keils auf der Bank fixiert. Der T legt das Caput des Os metacarpi II der anderen Hand nah an den Gelenkspalt auf die proximale Phalanx des 2. Fingers und gibt einen Gleitimpuls in radiale Richtung. Das Gelenk befindet sich hier in leichter Flexion, kann aber abhängig von der Einschränkung auch in einer limitierten Position eingestellt werden. Die gleiche Behandlung kann auch in allen PIP- und DIP-Gelenken durchgeführt werden. Variante: Für die Gleitmobilisation in ulnare Richtung wird die Hand des P umgelagert.
Kompressionsbehandlung Der Unterarm und die Hand des P werden mit einer Hand des T mittels eines Keils auf der Bank fixiert. Der T hält das Os trapezium des P zwischen Daumen und Zeigefinger der einen Hand. Mit der anderen Hand fasst er flächig um den Daumen des P und gibt einen Kompressionsimpuls in proximale Richtung (in Richtung Radius). Das Gelenk wird in einer Position eingestellt, bei der im Kompressionstest Schmerzen reproduziert werden konnten. Diese Behandlung kann auf die gleiche Weise auch in allen anderen Gelenken der Hand durchgeführt werden.
4
Kapitel 4 · Behandlung
4.6
Hüfte
4.6.1
Weichteilbehandlung
M. adductor longus
M. gracilis
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4
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Friktion der Insertion Das Hüftgelenk des P wird in Neutralstellung eingestellt. Der T platziert seinen vom Mittelfinger gestützten Zeigefinger auf der Insertion und führt eine Bewegung von antero-lateral nach postero-medial und umgekehrt durch. Die Insertion findet man, wenn man die Sehne des M. adductor longus (prominenteste Sehne in der Leiste bei einer Kontraktion in Adduktion) in proximale Richtung verfolgt. Die Insertion befindet sich an der unteren Spitze des Tuberculum pubicum. Hinweis: Die Insertion des M. adductor longus muss von allen Adduktoren am häufigsten behandelt werden.
Friktion der Insertion Das Hüftgelenk des P wird in leichte Flexion und Außenrotation eingestellt, damit die Insertion erreichbar ist. Der T platziert seinen vom Mittelfinger gestützten Zeigefinger auf der Insertion und führt eine Bewegung von anterior nach posterior und umgekehrt durch. Die Insertion findet man an der Unterseite des Os ischii, das einen rein anterior-posterioren Verlauf hat. Sie liegt etwas posterior des Tuberculum pubicum und der Insertion des M. adductor longus.
M. pectineus
Adduktoren
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▼ Friktion der Insertion Das Hüftgelenk des P wird in Neutralstellung eingestellt. Der T platziert den Daumen der einen Hand flächig auf der Insertion an der Unterseite des Pecten ossis pubis und führt eine Bewegung von medio-kaudal nach laterokranial und umgekehrt durch. Der T stabilisiert seinen Daumen mit den Fingern der anderen Hand. Hinweis: In diesem Bereich sollte man vorsichtig sein, damit empfindliche Strukturen wie Lymphdrüsen, Gefäße und Bursen nicht irritiert werden.
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Weichteilmanipulation Das Bein des P wird in leichte Flexion und Abduktion eingestellt, damit es der P mit voller Kraft in Richtung Adduktion kontrahieren kann. Mit einer Hand fixiert der T das gegenüberliegende Os ilium Richtung Bank, um das Becken zu stabilisieren. Der P spannt das Bein mit voller Kraft in Richtung Adduktion. Während der maximalen Kontraktion des P bewegt der T das Bein manipulativ in die Abduktion. Vorsicht: Diese Manipulation wird nicht durchgeführt, wenn die Insertionsbereiche vorher mit einem steroidalen Entzündungshemmer infiltriert wurden.
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4.6 · Hüfte
M. sartorius
M. rectus femoris
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Friktion der Insertion Das Bein des P wird durch eine Rolle unter den Knien in leichte Flexion im Hüftgelenk eingestellt. Der T legt seinen Daumen auf die Insertion und führt eine Bewegung von medial nach lateral und umgekehrt durch. Die Insertion findet man direkt an der Unterseite der Spina iliaca anterior superior. Hinweis: Bei dieser Behandlung sollte man aufpassen, dass die Friktion nicht den N. cutaneus femoris lateralis, der direkt lateral der Insertion durch das Leistenband tritt, irritiert.
Friktion der Insertion Das Bein des P wird durch eine Rolle unter den Knien in leichte Flexion im Hüftgelenk eingestellt. Der T legt seinen Daumen auf die Insertion und führt eine Bewegung von medial nach lateral und umgekehrt durch. Die Insertion findet man direkt an der Unterseite der Spina iliaca anterior inferior. Hinweis: Diese Insertion ist meistens schwierig zu palpieren, da der M. sartorius direkt darüber verläuft.
M. rectus femoris
Ischiokrurale Muskulatur
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Friktion der Sehne Das Bein des P wird in Extension im Hüftgelenk und Flexion im Kniegelenk eingestellt. Der T legt seinen Daumen auf die Sehne und führt eine Bewegung von medial nach lateral und umgekehrt durch. Die Sehne findet man direkt kaudal der Spina iliaca anterior inferior. Diese Friktion unterscheidet sich von der Friktion der Insertion dahingehend, dass hier der Muskel verlängert wird, damit die Sehne unter Spannung kommt. Bei der Behandlung der Insertion wird der Muskel etwas entspannt, da es sich um eine direkte Insertion handelt ( Kap. 4.1.1, S. 112).
Friktion der Insertion Das Hüftgelenk wird in ca. 60° Flexion eingestellt. Der T platziert mehrere Finger flächig auf der Unterseite des Tuber ischiadicum und führt eine Bewegung von medial nach lateral und umgekehrt durch. Die andere Hand legt er auf die Finger, um diese zu stützen. Die Insertion findet man an der lateralen Unterseite des Tuber ischiadicum. Hinweis: Bei dieser Behandlung sollte man aufpassen, dass die Friktion nicht den N. ischiadicus (bzw. N. tibialis und N. peroneus communis) direkt lateral der Insertion irritiert.
4
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Kapitel 4 · Behandlung
4.6.2
Funktionsmassage
Mm. glutei medius und minimus
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4
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1
2
Funktionsmassage, ASTE Das Hüftgelenk des P wird in Abduktion eingestellt. Der T legt eine Hand flächig auf die Abduktoren und komprimiert diese leicht in mediale Richtung. Die andere Hand legt er flächig von tibial unter den Unterschenkel und das Knie des P. Das untenliegende Bein des P ist flektiert, um den Rumpf zu stabilisieren. Hinweis: Eventuell kann eine Handtuchrolle unter die Taille gelegt werden, um die LWS zu stabilisieren.
Funktionsmassage, ESTE Unter Beibehaltung des leichten Drucks auf die Muskulatur bewegt der T das Hüftgelenk des P in Adduktion. Danach bewegt er es ohne Druck auf die Muskulatur wieder in Abduktion zurück. Diese Bewegung wird rhythmisch wiederholt, bis eine ausreichende Entspannung der Muskulatur erreicht ist.
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1 Funktionsmassage, ASTE Das Hüftgelenk des P wird in Außenrotation eingestellt. Der T legt eine Hand flächig auf die Außenrotatoren und komprimiert diese leicht in mediale und ventrale Richtung. Die andere Hand legt er flächig um den distalen Unterschenkel des P. Hinweis: Vor der Behandlung wird der schmerzfreie Bewegungsbereich der Hüfte bestimmt, damit man während dieser Behandlung diese Grenze nicht überschreitet.
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Außenrotatoren (u. a. M. piriformis)
2 Funktionsmassage, ESTE Unter Beibehaltung des leichten Drucks auf die Muskulatur bewegt der T das Hüftgelenk des P in Innenrotation. Danach bewegt er es ohne Druck auf die Muskulatur wieder in Außenrotation zurück. Diese Bewegung wird rhythmisch wiederholt, bis eine ausreichende Entspannung der Muskulatur erreicht ist.
141
4.6 · Hüfte
4.6.3
Gelenkbehandlung
Hüftgelenk
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1
2
Traktion nach kaudal Das Becken des P wird mittels eines Gurts in kaudale Richtung und mittels eines zweiten Gurts quer über dem Becken fixiert, damit das Becken während der Traktionsbehandlung stabil ist. Der T fasst mit beiden Händen flächig direkt proximal des Kniegelenks um den distalen Oberschenkel des P und gibt einen Traktionsimpuls in distale Richtung (in Verlängerung des Beins). Das Gelenk ist hier in Ruhestellung eingestellt (Schmerzbehandlung). Variante: Für eine mobilisierende Behandlung kann das Gelenk in der jeweils eingeschränkten Richtung eingestellt werden.
Traktion nach lateral Das Becken des P wird nach medial durch einen Gurt fixiert. Mit Hilfe eines zweiten Gurts um den proximalen Oberschenkel des P gibt der T einen Traktionsimpuls in laterale und etwas kaudale sowie leicht ventrale Richtung (in Verlängerung des Collum femoris). Er stützt seinen Ellenbogen (hier rechts) gegen seinen Bauch, damit die Traktion durch eine kontrollierte Gewichtsverlagerung nach hinten erreicht werden kann. Das Gelenk ist in leichte Flexion eingestellt, kann aber auch in einer anderen eingeschränkten Positionen eingestellt werden.
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3 Gleiten nach dorsal Das extendierte Bein des P wird in der maximal möglichen Innenrotation eingestellt und dort von einer Hand des T fixiert. Der T übt mit seiner anderen Hand einen nach dorsal und leicht lateral gerichteten Druck in Höhe der Leiste des P aus. Dadurch entsteht eine Gleitmobilisation nach dorsal (Konvexregel nach Kaltenborn). Hinweis: Diese Behandlung kann später in immer stärkerer Flexion und/oder Adduktion durchgeführt werden, um das Behandlungsergebnis weiter zu optimieren.
4 Gleiten nach ventral Das Hüftgelenk des P wird in Extension und/oder Außenrotation eingestellt. Das Becken des P wird mit einem Sandsack unterlagert. Der T schiebt mit einer Hand so nah wie möglich am Gelenk (direkt unterhalb des Tuber ischiadicum) den Femur in eine ventrale und etwas laterale Richtung. Mit seiner anderen Hand hält er das Gelenk in der momentan endgradigen Position. Hinweis: Diese Behandlung kann später in immer stärkerer Extension und/oder Außenrotation durchgeführt werden, um das Behandlungsergebnis weiter zu optimieren.
4
142
Kapitel 4 · Behandlung
4.7
Knie
4.7.1
Weichteilbehandlung
Streckapparat
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4
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1
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2
Friktion an der oberen Patella Das Kniegelenk des P wird mittels einer Rolle in leichte Flexion eingestellt, damit der Streckapparat etwas entspannt ist. Der T drückt die Unterseite der Patella in posteriore Richtung, um eine Kippung der Patella zu erzeugen. Auf diese Weise kann er mit seinem friktionierenden Finger an der Oberseite der Patella leichter an die Insertionen auf der posterioren Seite der Patella gelangen. Der T legt seinen vom Mittelfinger gestützten Zeigefinger auf die proximale Insertion des Streckapparats an der Patella und führt eine Bewegung von fibular nach tibial und umgekehrt durch.
Friktion an der unteren Patella Das Kniegelenk des P wird mittels einer Rolle in leichte Flexion eingestellt, damit der Streckapparat etwas entspannt ist. Der T drückt die Obenseite der Patella in posteriore Richtung, um eine Kippung der Patella zu erzeugen. Auf diese Weise kann er mit seinem friktionierenden Finger an der Untenseite der Patella leichter an die Insertionen auf der posterioren Seite der Patella gelangen. Der T legt seinen vom Mittelfinger gestützten Zeigefinger auf die distale Insertion des Streckapparats an der Patella und führt eine Bewegung von fibular nach tibial und umgekehrt durch.
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3 Friktion am Retinaculum mediale Das Kniegelenk des P wird mittels einer Rolle in leichte Flexion eingestellt, damit der Streckapparat etwas entspannt ist. Der T drückt die fibulare Seite der Patella in tibiale Richtung. Auf diese Weise kann er mit seinem friktionierenden Finger an der tibialen Seite der Patella leichter an die Insertionen auf der posterioren Seite der Patella gelangen. Der T legt seinen vom Mittelfinger gestützten Zeigefinger auf die tibiale Insertion des Streckapparats an der Patella und führt eine Bewegung von distal nach proximal und umgekehrt durch.
4 Friktion am Retinaculum laterale Das Kniegelenk des P wird mittels einer Rolle in leichte Flexion eingestellt, damit der Streckapparat etwas entspannt ist. Der T drückt die tibiale Seite der Patella in fibulare Richtung. Auf diese Weise kann er mit seinem friktionierenden Finger an der fibularen Seite der Patella leichter an die Insertionen auf der posterioren Seite der Patella gelangen. Der T legt seinen vom Mittelfinger gestützten Zeigefinger auf die fibulare Insertion des Streckapparats an der Patella und führt eine Bewegung von distal nach proximal und umgekehrt durch.
143
4.7 · Knie
Tuberositas tibiae
Lig. patellae
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Friktion der Insertion Das Kniegelenk des P wird mittels einer Rolle in leichte Flexion eingestellt, damit der Streckapparat etwas entspannt ist. Der T legt seinen vom Mittelfinger gestützten Zeigefinger von proximal auf die Obenseite der Tuberositas tibiae und führt eine Bewegung von tibial nach fibular und umgekehrt durch. Er stützt seinen Daumen auf der fibularen Seite der Tibia ab, um das Handgelenk zu stabilisieren.
Friktion Das Kniegelenk des P wird in Flexion eingestellt, damit das Ligament unter Spannung gebracht wird. Der T legt seinen vom Mittelfinger gestützten Zeigefinger auf das Ligament und führt eine Bewegung von tibial nach fibular und umgekehrt durch. Hinweis: Wenn das Verletzungsgebiet größer ist, kann es notwendig sein, die Friktion mit mehreren Fingern durchzuführen.
Lig. collaterale tibiale
Lig. collaterale fibulare
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Friktion Das Kniegelenk des P wird mittels einer Rolle in leichte Flexion eingestellt. Der T legt seinen vom Mittelfinger gestützten Zeigefinger tibial auf das Ligament in Höhe des Gelenkspalts und führt eine Bewegung von anterior nach posterior und umgekehrt durch. Hinweis: Wenn das Verletzungsgebiet größer ist, kann es notwendig sein, die Friktion mit mehreren Fingern durchzuführen. Um mehr Spannung auf die posterioren Anteile des Bandes zu bekommen, kann das Gelenk in mehr Streckung bzw. Beugung eingestellt werden.
Friktion Das Kniegelenk des P wird mittels einer Rolle in leichte Flexion eingestellt. Der T legt seinen vom Mittelfinger gestützten Zeigefinger fibular auf das Ligament in Höhe des Gelenkspalts und führt eine Bewegung von anterior nach posterior und umgekehrt durch. Hinweis: Wenn das Verletzungsgebiet größer ist, kann es notwendig sein, die Friktion mit mehreren Fingern durchzuführen. Um eine größere Spannung auf das Band auszuüben, kann das Gelenk mehr in Streckung eingestellt werden.
4
Kapitel 4 · Behandlung
4.7.1
Weichteilbehandlung (Fortsetzung)
M. popliteus
Pes anserinus superficialis (Condylus tibiae)
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4
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144
▼ Friktion der Insertion Das Kniegelenk des P wird mittels einer Rolle in leichte Flexion eingestellt. Der T legt seinen vom Mittelfinger gestützten Zeigefinger auf die Insertion und führt eine Bewegung von anterodistal nach postero-proximal und umgekehrt durch. Die Insertion findet man posterior und etwas distal vom Epicondylus fibularis des Femur und anterior des Lig. collaterale fibulare in einer kleinen Rinne. Variante: Wenn die Rinne tiefer ist, kann es sinnvoll sein, die Technik mit gestütztem Mittelfinger sowie Pro- und Supinationsbewegung durchzuführen.
Friktion Das Kniegelenk des P wird in leichte Flexion eingestellt. Es kann unter Umständen notwendig sein, das Kniegelenk zu strecken, damit mehr Spannung an der Insertion entsteht. Der T legt mehrere Finger der einen Hand auf die Insertion und führt eine Bewegung von antero-proximal nach postero-kaudal und umgekehrt durch. Mit der anderen Hand stabilisiert er die friktionierenden Finger. Die Insertion findet man an der antero-tibialen Seite des TibiaPlateaus, tibial der Tuberositas tibiae. Vorsicht: Bei dieser Friktion muss man aufpassen, dass der N. saphaenus nicht irritiert wird.
Tractus iliotibialis
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1 Friktion der Insertion (Tuberculum von Gerdy) Das Kniegelenk des P wird mittels einer Rolle in leichte Flexion eingestellt. Der T legt seinen vom Mittelfinger gestützten Zeigefinger auf die Insertion und führt eine Bewegung von antero-proximal nach postero-distal und umgekehrt durch. Die Insertion findet man an der fibularen Seite des Tibia-Plateaus.
▼ 2 Friktion der Sehne Das Kniegelenk des P wird in leichte Flexion eingestellt. Es kann unter Umständen notwendig sein, das Kniegelenk zu strecken, damit mehr Spannung in der Sehne entsteht. Der T legt mehrere Finger der einen Hand auf die Sehne und führt eine Bewegung von anterior nach posterior und umgekehrt durch. Mit der anderen Hand stabilisiert er die friktionierenden Finger. Die Sehne findet man über dem fibularen Gelenkspalt, anterior des Lig. collaterale fibulare.
145
4.7 · Knie
M. biceps femoris
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1
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2
Lig. meniscotibiale mediale
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▼ Friktion Das Kniegelenk des P wird in Flexion und Außenrotation eingestellt. Die Außenrotation ist notwendig, damit zum einen das Ligament palpabel und behandelbar wird und zum anderen, um das Ligament unter Spannung zu bringen. Der T legt seinen vom Mittelfinger gestützten Zeigefinger auf die Oberseite des Tibia-Plateaus. Unter Beibehaltung eines Drucks in distale Richtung (Richtung Fuß) führt er eine Bewegung von antero-fibular nach postero-tibial und umgekehrt durch.
Friktion der Sehne Das Kniegelenk des P wird gestreckt, damit die Sehne unter Spannung steht. Der T legt seinen vom Mittelfinger gestützten Zeigefinger auf die Sehne und führt eine Bewegung von tibial nach fibular und umgekehrt durch. Hinweis: Wenn das Verletzungsgebiet größer ist, kann es notwendig sein, die Friktion mit mehreren Fingern durchzuführen. Der T legt seinen Daumen auf die tibiale Seite des Femur, um die Hand zu stützen.
Lig. meniscotibiale fibulare
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Friktion der Insertion Das Kniegelenk des P wird in Flexion eingestellt, damit der Muskel entspannt ist. Der T legt seinen vom Mittelfinger gestützten Zeigefinger auf die Insertion und führt eine Bewegung von tibial nach fibular und umgekehrt durch. Die Insertion findet man, wenn man entlang der Sehne Richtung Caput fibulae palpiert. Die Insertion liegt auf der Oberseite des Caput fibulae. Vorsicht: Bei dieser Friktion muss man aufpassen, dass der N. peroneus communis nicht irritiert wird.
Friktion Das Kniegelenk des P wird in Flexion und Innenrotation eingestellt. Die Innenrotation ist notwendig, damit zum einen das Ligament palpabel und behandelbar wird und zum anderen, um das Ligament unter Spannung zu bringen. Der T legt seinen vom Mittelfinger gestützten Zeigefinger auf die Oberseite des Tibia-Plateaus. Unter Beibehaltung eines Drucks in distale Richtung (Richtung Fuß) führt er eine Bewegung von antero-tibial nach postero-fibular und umgekehrt durch.
4
146
Kapitel 4 · Behandlung
4.7.1
Weichteilbehandlung (Fortsetzung)
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4
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Meniskus und freie Gelenkkörper
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1
2
Manipulation in Rotation, ASTE Das Kniegelenk des P wird in ca. 90° Flexion eingestellt. Der T umfasst mit einer Hand den Fuß des P und stützt mit seiner anderen Hand das Kniegelenk des P. Hinweis: Bevor diese Behandlung durchgeführt wird, muss erst der schmerzfreie Bewegungsbereich bestimmt werden, damit während der Behandlung diese Bewegungsgrenze nicht überschritten wird.
Manipulation in Rotation, ESTE Der T bewegt das Kniegelenk aus der Flexion bis zur Extension. Während der Bewegung von der Flexion in die Extension und wieder zurück führt der T Innen- und Außenrotationen im Kniegelenk durch. Die Bewegung in die Extension wird nur bis zur momentanen Bewegungsgrenze (Grenze, bei der das Gelenk von dem eingeklemmten Meniskus oder freien Gelenkkörper limitiert wird) ausgeführt. Hinweis: Diese Manipulation wird meistens als erste eingesetzt, um eine Blockierung zu lösen.
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3 Manipulation in Traktion, ASTE Das Kniegelenk des P wird in ca. 90° Flexion eingestellt. Der T führt eine sehr starke Traktion im Kniegelenk durch und hebt dadurch den Oberschenkel des P von der Bank. Ein zweiter T drückt den Oberschenkel des P auf die Bank, um die Traktion im Kniegelenk beizubehalten. Vorsicht: Die Fixation sowie die Handfassung des Behandlers dürfen keine Schmerzen auslösen, sonst kommt es beim P zur Abwehrspannung.
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4 Manipulation in Traktion, ESTE Unter Beibehaltung der Traktion bewegt der T das Kniegelenk in die Extension. Während der Bewegung von der Flexion in die Extension führt der T Innen- und Außenrotationen im Kniegelenk durch. Die Bewegung in die Extension wird nur bis zur momentanen Bewegungsgrenze (Grenze, bei der das Gelenk von dem eingeklemmten Meniskus oder freien Gelenkkörper limitiert wird) ausgeführt. Hinweis: Diese Manipulation wird eher selten verwendet, da normalerweise der Einsatz eines zweiten T notwendig ist. Variante: Der Einsatz des zweiten T kann eventuell durch einen Gurt ersetzt werden.
147
4.7 · Knie
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5
6
Manipulation mit Valgusstress in Extension, ASTE Das Kniegelenk des P wird in Flexion eingestellt. Der T gibt mit einer Hand am Kniegelenk des P einen Impuls in tibiale Richtung (Valgusstress), um eine Vorspannung auf der tibialen Seite des Gelenks zu erzeugen. Hinweis: Das Gelenk wird an seiner momentanen Bewegungsgrenze in Flexion bzw. Extension eingestellt.
Manipulation mit Valgusstress in Extension, ESTE Unter Beibehaltung des Valgusstresses bewegt der T das Bein des P schnell in Richtung Extension in der Hüfte, bis der Oberschenkel des P auf den Oberschenkel des T trifft. Durch den plötzlichen Stopp in der schnellen Extensionsbewegung und durch den Valgusstress wird eine Separation auf der tibialen Seite des Gelenks erzeugt. Hinweis: Diese Manipulation wird meistens verwendet, wenn die Rotationstechnik (⊡ Abb. 1, 2) kein Ergebnis zeigt. Während der Manipulation darf die Stellung im Kniegelenk nicht verändert werden.
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7 Manipulation mit Varusstress in Extension, ASTE Das Kniegelenk des P wird in Flexion eingestellt. Der T gibt mit einer Hand am Kniegelenk des P einen Impuls in fibulare Richtung (Varusstress), um eine Vorspannung auf der fibularen Seite des Gelenks zu erzeugen. Hinweis: Das Gelenk wird in seiner momentanen Bewegungsgrenze in Flexion bzw. Extension eingestellt.
8 Manipulation mit Varusstress in Extension, ESTE Unter Beibehaltung des Varusstresses bewegt der T das Bein des P schnell in Richtung Extension in der Hüfte, bis der Oberschenkel des P auf den Oberschenkel des T trifft. Durch den plötzlichen Stopp in der schnellen Extensionsbewegung und durch den Varusstress wird eine Separation auf der fibularen Seite des Gelenks erzeugt. Hinweis: Diese Manipulation wird meistens verwendet, wenn die Rotationstechnik (⊡ Abb. 1, 2) kein Ergebnis zeigt. Während der Manipulation darf die Stellung im Kniegelenk nicht verändert werden.
4
148
Kapitel 4 · Behandlung
4.7.1
Weichteilbehandlung (Fortsetzung)
Lig. collaterale tibiale
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4
1
2
Manipulation in Flexion Das Kniegelenk des P wird in Flexion und Innenrotation eingestellt. Vorher wird das Ausmaß der Bewegung im Kniegelenk in Flexion ohne Innenrotation bestimmt. Wenn das Ausmaß der Bewegung mit Innenrotation geringer ist als ohne Innenrotation, dann liegt sehr wahrscheinlich eine Gleitstörung des oberflächlichen Blattes des Lig. collaterale tibiale nach posterior vor. Der T führt die Manipulation mit einer schnellen Bewegung in Flexion bei innenrotiertem Knie durch.
M. biceps femoris bzw. M. semitendinosus ▼
Streckapparat
Manipulation in Extension Das Kniegelenk des P wird in Extension und Außenrotation eingestellt. Vorher wird das Ausmaß der Bewegung im Kniegelenk in Extension ohne Außenrotation bestimmt. Wenn das Ausmaß der Bewegung mit Außenrotation geringer ist als ohne Außenrotation, dann liegt sehr wahrscheinlich eine Gleitstörung des oberflächlichen Blattes des Lig. collaterale tibiale nach anterior vor. Der T führt die Manipulation mit einer schnellen Bewegung in Extension bei außenrotiertem Knie durch.
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▼ Weichteilmanipulation Das Kniegelenk des P wird in leichte Flexion eingestellt, damit mit voller Kraft in Extension kontrahiert werden kann. Der P spannt maximal in Richtung Extension im Kniegelenk. Während der maximalen Kontraktion bewegt der T das Bein manipulativ in Richtung Flexion im Kniegelenk. Vorsicht: Weichteilmanipulationen werden nicht durchgeführt, wenn das Verletzungsgebiet vorher mit einem steroidalen Entzündungshemmer infiltriert wurde. Es besteht die Gefahr von Totalrupturen.
Weichteilmanipulation Das Kniegelenk des P wird in leichte Flexion eingestellt, damit mit voller Kraft in Flexion kontrahiert werden kann. Der P spannt maximal in Richtung Flexion im Kniegelenk. Während der maximalen Kontraktion bewegt der T das Bein manipulativ in Richtung Extension im Kniegelenk. Vorsicht: Bei Affektionen der Menisken ist von dieser Manipulation abzuraten, damit die Menisken nicht weiter irritiert bzw. verletzt werden.
149
4.7 · Knie
4.7.2
Funktionsmassage
Ischiokrurale Muskulatur
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2
Funktionsmassage, ASTE Das Kniegelenk des P wird in Flexion eingestellt. Der T legt eine Hand flächig auf die ischiokrurale Muskulatur und komprimiert diese leicht in anteriore Richtung. Die andere Hand legt er flächig um den distalen Unterschenkel des P.
Funktionsmassage, ESTE Unter Beibehaltung des leichten Drucks auf die Muskulatur bewegt der T das Kniegelenk des P in Extension. Danach bewegt er es ohne Druck auf die Muskulatur wieder zurück in Flexion. Diese Behandlung wird solange rhythmisch durchgeführt, bis eine ausreichende Entspannung der Muskulatur erreicht ist.
M. quadriceps femoris ▼
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1 Funktionsmassage, ASTE Das Kniegelenk des P wird in Extension eingestellt. Der T legt eine Hand flächig auf den M. quadriceps femoris und komprimiert diesen leicht in posteriore Richtung. Die andere Hand legt er flächig um den distalen Unterschenkels des P.
2 Funktionsmassage, ESTE Unter Beibehaltung des leichten Drucks auf die Muskulatur bewegt der T das Kniegelenk des P in Flexion. Danach bewegt er es ohne Druck auf die Muskulatur wieder in Extension zurück. Diese Behandlung wird solange rhythmisch durchgeführt, bis eine ausreichende Entspannung der Muskulatur erreicht ist.
4
150
Kapitel 4 · Behandlung
4.7.3
Gelenkbehandlung
Kniegelenk
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4 ▼
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1
2
Gleiten nach anterior – tibiale Seite Das Kniegelenk des P wird in der momentan maximal möglichen Extension eingestellt. Der T legt eine Hand so nah wie möglich an das Gelenk auf der tibialen Seite des Tibia-Plateaus und gibt einen Schub in anteriore Richtung. Dies erzeugt ein anteriores Gleiten auf der tibialen Seite des Kniegelenks. Auf diese Weise kann die Extension sowie die Außenrotation verbessert werden. Mit der anderen Hand am distalen Unterschenkel folgt er der Bewegung des Unterschenkels.
Gleiten nach anterior – fibulare Seite Das Kniegelenk des P wird in der momentan maximal möglichen Extension eingestellt. Der T legt die eine Hand so nah wie möglich an das Gelenk auf der fibularen Seite des Tibia-Plateaus und gibt einen Schub in anteriore Richtung. Dies erzeugt ein anteriores Gleiten auf der fibularen Seite des Kniegelenks. Auf diese Weise kann die Extension sowie die Innenrotation verbessert werden. Mit der anderen Hand am distalen Unterschenkel folgt er der Bewegung des Unterschenkels.
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3 Gleiten nach anterior – tibiale Seite/Mulligan, ASTE Das Kniegelenk des P wird in der momentan maximal möglichen Extension eingestellt. Der T legt seine Hand so nah wie möglich am Gelenk auf die tibiale Seite des Tibia-Plateaus.
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4 Gleiten nach anterior – tibiale Seite/Mulligan, ESTE Mit der Hand am Kniegelenk des P gibt der T einen Schub in anteriore Richtung. Dies erzeugt ein anteriores Gleiten auf der tibialen Seite im Kniegelenk. Auf diese Weise kann die Extension sowie die Außenrotation verbessert werden. Während des Schubs des T führt der P aktiv eine Extensionsbewegung und/oder eine Außenrotationsbewegung durch. Auf diese Weise wird die passive Mobilisation durch die Eigenaktivität des P unterstützt.
151
4.7 · Knie
Patellofemoralgelenk ▼
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1
2
Gleiten nach kaudal Das Kniegelenk des P wird in der momentan maximal möglichen Flexion eingestellt. Der T legt eine Hand auf die Oberseite der Patella und schiebt sie in distale Richtung (Richtung Fuß). Mit der anderen Hand stabilisiert er die mobilisierende Hand. Hinweis: Wenn die Mobilität im Patellofemoralgelenk zunimmt, wird das Kniegelenk in immer stärkerer Flexion eingestellt. Bei Flexionseinschränkungen wird normalerweise erst das Patellofemoralgelenk mobilisiert, bevor das eigentliche Kniegelenk (Femorotibialgelenk) behandelt wird.
Gleiten nach tibial Das Kniegelenk des obenliegenden Beins des P wird in leichte Flexion eingestellt und mittels eines Sandsacks auf dem darunterliegenden Bein unterlagert. Der T legt eine Hand auf die fibulare Seite der Patella und schiebt sie in tibiale Richtung. Auf diese Weise kann sowohl die Extension als auch die Flexion verbessert werden. Für die Mobilisation nach fibular behandelt der T das untenliegende Bein, das von einem Sandsack unterlagert wird. Hinweis: Das Kniegelenk darf nicht zu weit in Flexion eingestellt werden, da dann die Patella zu tief zwischen den Femurkondylen eingebettet ist und nicht mehr seitlich mobilisiert werden kann.
Kniegelenk
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1 Gleiten nach posterior – tibiale Seite Das Kniegelenk des P wird in der momentan maximal möglichen Flexion eingestellt. Der T legt eine Hand so nah wie möglich an das Gelenk auf die tibiale Seite des Tibia-Plateaus und gibt einen Schub in posteriore Richtung. Dies erzeugt ein posteriores Gleiten auf der tibialen Seite des Kniegelenks. Auf diese Weise kann die Flexion sowie die Innenrotation verbessert werden. Die andere Hand legt der T auf den distalen Oberschenkel und fixiert das Bein des P möglichst nah am distalen Femurkondylus.
2 Gleiten nach posterior – fibulare Seite Das Kniegelenk des P wird in der momentan maximal möglichen Flexion eingestellt. Der T legt eine Hand so nah wie möglich an das Gelenk auf die fibulare Seite des Tibia-Plateaus und gibt einen Schub in posteriore Richtung. Dies erzeugt ein posteriores Gleiten auf der fibularen Seite des Kniegelenks. Auf diese Weise kann die Flexion sowie auch die Außenrotation verbessert werden. Die andere Hand legt der T auf den distalen Oberschenkel und fixiert das Bein des P möglichst nah am distalen Femurkondylus.
4
152
Kapitel 4 · Behandlung
4.7.3
Gelenkbehandlung (Fortsetzung)
Kniegelenk (Fortsetzung)
4 ▼
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3
4
Gleiten nach fibular Das Kniegelenk des P wird in ca. 90° Flexion eingestellt. Der distale Oberschenkel des P wird mittels eines Sandsacks unterlagert. Der T legt eine Hand nah am Gelenkspalt auf die tibiale Seite des Tibia-Plateaus des P und schiebt es in fibulare Richtung. Mit der anderen Hand fixiert er den distalen Unterschenkel des P, um Ausweichbewegungen im Kniegelenk vorzubeugen. Hinweis: Diese Mobilisation kann sowohl bei einer Flexionsals auch bei einer Extensionseinschränkung verwendet werden. Der Mobilisationseffekt ist abhängig von der Einstellung im Gelenk.
Gleiten nach tibial Das Kniegelenk des P wird in ca. 90° Flexion eingestellt. Die fibulare Seite des Tibia-Plateaus wird mittels eines Sandsacks unterlagert. Der T legt eine Hand nah am Gelenkspalt auf die tibiale Seite des distalen Femur des P und schiebt ihn in fibulare Richtung. Mit der anderen Hand fixiert er den distalen Unterschenkel des P, um Ausweichbewegungen im Kniegelenk vorzubeugen. Durch eine Verlagerung von Punctum fixum und Punctum mobile kommt es zu einem tibialen Gleiten im Kniegelenk.
Tibialer Meniskus
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1 Mobilisation, ASTE Das Kniegelenk des P wird in ca. 90° Flexion eingestellt. Der T komprimiert das Kniegelenk, um den tibialen Meniskus über dem tibialen Femurkondylus zu fixieren. Der T legt eine Hand auf die posteriore Seite des tibialen Tibia-Plateaus. Mit der anderen Hand fasst er flächig um den distalen Unterschenkel des P.
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2 Mobilisation, ESTE Unter Beibehaltung der Kompression im Kniegelenk des P bewegt der T mit seiner Hand, die nah am Gelenk liegt, das tibiale Tibia-Plateau nach anterior und posterior und erzeugt damit im Kniegelenk eine Innen- und Außenrotation. Da der Meniskus durch die Kompression auf den tibialen Femurkondylus fixiert wird, kann jetzt der tibiale Meniskus gegenüber dem Tibia-Plateau mobilisiert werden. Hinweis: Für die Mobilisation des fibularen Meniskus wird die gleiche Behandlung an der fibularen Seite des Kniegelenks durchgeführt.
153
4.7 · Knie
Patellofemoralgelenk
Kniegelenk
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Kompression Das Kniegelenk des P wird in der Position eingestellt, in der im Kompressionstest die für den P typischen Symptome reproduziert werden konnten. In dieser Stellung führt der T einen erneuten Kompressionstest durch, bis sich Symptome zeigen. Danach halbiert er die Kompressionskraft (Schätzung) und führt die Kompression als Behandlung durch. Nach einigen Minuten wiederholt er den Kompressionstest und führt die Behandlung erneut mit der geschätzten halben Kompressionskraft durch. Der T legt seine Hand dabei flächig auf die Patella und komprimiert das Patellofemoralgelenk.
Kompression Das Kniegelenk des P wird in der Position eingestellt, in der im Kompressionstest die für den P typischen Symptome reproduziert werden konnten. In dieser Stellung führt der T einen erneuten Kompressionstest durch, bis sich Symptome zeigen. Danach halbiert er die Kompressionskraft (Schätzung) und führt die Kompression als Behandlung durch. Nach einigen Minuten wiederholt er den Kompressionstest und führt die Behandlung erneut mit der geschätzten halben Kompressionskraft durch. Der T legt seine Hand dabei flächig auf den distalen Femur und komprimiert das Kniegelenk.
Caput fibulae
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1 Gleiten nach anterior Das Kniegelenk des P wird in leichte Flexion eingestellt, um den M. biceps femoris zu entspannen. Der T legt eine Hand flächig auf die posteriore Seite der Fibula und schiebt sie in antero-fibulare Richtung. Mit der anderen Hand fixiert er den distalen Unterschenkel des P, um eine Innenrotation des Unterschenkels zu verhindern. Vorsicht: Beim Anfassen des Caput fibulae muss man aufpassen, dass der N. peroneus communis, der direkt hinter dem Caput fibulae verläuft, nicht irritiert wird.
2 Gleiten nach posterior Das Kniegelenk des obenliegenden Beins des P wird in leichte Flexion eingestellt und mittels eines Sandsacks auf dem darunterliegenden Bein unterlagert. Der T legt eine Hand flächig auf die anteriore Seite der Fibula und schiebt sie in postero-tibiale Richtung. Mit der anderen Hand fixiert er den distalen Unterschenkel des P, um eine Außenrotation des Unterschenkels zu verhindern.
4
154
Kapitel 4 · Behandlung
4.8
Fuß
4.8.1
Weichteilbehandlung
M. tibialis anterior
M. extensor digitorum longus
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4
Friktion der Sehnenscheide Der Fuß des P wird in Plantarflexion, Abduktion und Pronation eingestellt, um die Sehne des M. tibialis anterior unter Spannung zu bringen. Der T legt seine Finger flächig auf die Sehnenscheide und führt eine Bewegung von tibial nach fibular und umgekehrt durch. Er stützt seinen Daumen auf der Fibula ab, um die Hand zu stabilisieren. Die Sehne des M. tibialis anterior ist die am meisten tibial liegende Sehne auf der Dorsalseite des Fußes. Abhängig von der Größe des Schmerzgebiets werden ein oder mehrere Finger auf die Sehne gelegt.
Friktion der Sehnenscheide Der Fuß des P wird in Plantarflexion, Adduktion und Supination eingestellt, um die Sehne des M. extensor digitorum longus unter Spannung zu bringen. Der T legt seine Finger flächig auf die Sehnenscheide und führt eine Bewegung von tibial nach fibular und umgekehrt durch. Die Sehne des M. extensor digitorum longus ist die am meisten fibular gelegene Sehne auf der Dorsalseite des Fußes. Abhängig von der Größe des Schmerzgebiets werden ein oder mehrere Finger auf die Sehne gelegt.
M. extensor hallucis longus
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1 Friktion der Sehnenscheide Der Fuß des P wird in Plantarflexion, Abduktion und Pronation eingestellt, der Großzeh ist maximal flektiert, um die Sehne des M. extensor hallucis longus unter Spannung zu bringen. Der T legt seine Finger flächig auf die Sehnenscheide und führen eine Bewegung von tibial nach fibular und umgekehrt durch. Die Sehne des M. extensor hallucis longus liegt in der Mitte der Dorsalseite des Fußes. Sie liegt zwischen der Sehne des M. tibialis anterior und der des M. extensor digitorum. Abhängig von der Größe des Schmerzgebiets werden ein oder mehrere Finger auf die Sehne gelegt.
2 Weichteilmanipulation der Sehnenscheide Der Fuß des P wird in Plantarflexion, Abduktion und Pronation eingestellt, der Großzeh ist maximal flektiert, um die Sehne des M. extensor hallucis longus unter Spannung zu bringen. Der T legt seine Finger auf das Collum tali und gibt einen manipulativen Impuls in Traktionsrichtung (nach distal) auf den Talus im oberen Sprunggelenk. Auf diese Weise wird eine endgradige Gleitbewegung zwischen den beiden Blättern der Sehnenscheide erzeugt.
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4.8 · Fuß
M. tibialis posterior
Mm. peroneus longus und brevis
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Friktion der Sehnenscheide Der Fuß des P wird in Dorsalextension, Abduktion und Pronation eingestellt, um die Sehne des M. tibialis posterior unter Spannung zu bringen. Der T legt seinen vom Zeigefinger gestützten Mittelfinger flächig auf die Sehnenscheide und führt durch eine Pround Supinationsbewegung im Unterarm eine Bewegung von anterior nach posterior und umgekehrt durch. Die Sehne des M. tibialis posterior liegt direkt als erste Sehne hinter dem Malleolus tibialis.
Friktion der Sehnenscheiden Der Fuß des P wird in Dorsalextension, Adduktion und Supination eingestellt, um die Sehnen der Mm. peroneus longus und brevis unter Spannung zu bringen. Der T legt seinen vom Zeigefinger gestützten Mittelfinger flächig auf die Sehnenscheide und führt durch eine Pround Supinationsbewegung im Unterarm eine Bewegung von anterior nach posterior und umgekehrt durch. Die Sehnen der Mm. peronei longus und brevis liegen direkt hinter dem Malleolus fibularis.
M. flexor hallucis longus
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1 Friktion der Sehnenscheide Der Fuß des P wird in Dorsalextension, Abduktion und Pronation eingestellt, der Großzeh ist maximal extendiert, um die Sehne des M. flexor hallucis longus unter Spannung zu bringen. Der T legt seinen vom Zeigefinger gestützten Mittelfinger flächig auf die Sehnenscheide und führt durch eine Pro- und Supinationsbewegung im Unterarm eine Bewegung von anterior nach posterior und umgekehrt durch. Die Sehne des M. flexor hallucis longus liegt hinter dem Malleolus tibialis, hinter den Sehnen des M. tibialis posterior und des M. flexor digitorum longus.
2 Weichteilmanipulation der Sehnenscheide Der Fuß des P wird in Dorsalextension, Abduktion und Pronation eingestellt, der Großzeh ist maximal extendiert, um die Sehne des M. flexor hallucis longus unter Spannung zu bringen. Der T legt eine Hand auf das Collum tali und gibt einen manipulativen Impuls in Traktionsrichtung (nach distal) auf den Talus im oberen Sprunggelenk. Auf diese Weise wird eine endgradige Gleitbewegung zwischen den beiden Blättern der Sehnenscheide erzeugt.
4
156
Kapitel 4 · Behandlung
4.8.1
Weichteilbehandlung (Fortsetzung)
M. tibialis posterior
M. peroneus brevis
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4 ▼
Friktion der Insertion Der Fuß des P wird in Plantarflexion, Adduktion und Supination eingestellt. Der T legt seinen vom Mittelfinger gestützten Zeigefinger auf die Insertion und führt eine Bewegung von plantar nach dorsal und umgekehrt durch. Die Insertion findet man an der posterioren Seite der Tuberositas ossis naviculare, direkt unterhalb des Malleolus tibialis.
Friktion der Insertion Der Fuß des P wird in Plantarflexion, Abduktion und Pronation eingestellt. Der T legt seinen vom Mittelfinger gestützten Zeigefinger auf die Insertion und führt eine Bewegung von plantar nach dorsal und umgekehrt durch. Die Insertion findet man an der posterioren Seite der Basis ossis metatarsi V. Vorsicht: Bei dieser Friktion muss man aufpassen, dass der N. cutaneus dorsalis lateralis, der direkt an der Insertionsstelle vorbeiläuft, nicht irritiert wird.
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1 Friktion der Insertion Der Fuß des P wird in Dorsalextension, Abduktion und Pronation eingestellt. Der T legt seinen vom Mittelfinger gestützten Zeigefinger auf die Insertion und führt eine Bewegung von anterior nach posterior und umgekehrt durch. Die Insertion findet man an der plantaren Seite des Os metatarsi I und des Os cuneiforme mediale. Vorsicht: An der Plantarseite des Fußes muss man besonders aufpassen, dass man während der Friktion nicht über die Haut rutscht, da diese Stelle häufig etwas feucht ist. So könnten Blasen und Hautschädigungen entstehen.
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M. tibialis anterior
2 Weichteilmanipulation der Insertion Der Fuß des P wird in leichte Plantarflexion eingestellt, damit mit voller Kraft in Dorsalextension, Adduktion und Supination kontrahiert werden kann. Der P spannt maximal in Richtung Dorsalextension im oberen Sprunggelenk und Adduktion und Supination im Vorderfuß. Während der maximalen Kontraktion bewegt der T den Fuß manipulativ in Richtung Plantarflexion im oberen Sprunggelenk und Abduktion und Pronation im Vorderfuß.
157
4.8 · Fuß
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1
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Achillessehne
2
Friktion der Insertion (oberflächlich) Der Fuß des P wird in Dorsalextension eingestellt. Der T legt seinen vom Mittelfinger gestützten Zeigefinger auf die oberflächliche Insertion der Achillessehne und führt eine Bewegung von tibial nach fibular und umgekehrt durch. Die Insertion findet man an der posterioren Seite des Kalkaneus. Sie kann sich bis zur plantaren Seite des Kalkaneus ausdehnen. Hinweis: Es handelt sich hier um den Teil der Insertion, der indirekt am Kalkaneus inseriert.
Friktion der Insertion (tief) Der Fuß des P wird in Plantarflexion eingestellt. Der T legt seinen vom Zeigefinger der anderen Hand gestützten Zeigefinger auf die tiefe Insertion der Achillessehne und führt eine Bewegung von tibial nach fibular und umgekehrt durch. Die Insertion findet man an der oberen und anterioren Seite des Tuber calcanei. Um sie erreichen zu können, muss die Achillessehne entspannt werden. Beide Daumen stützen sich auf die Plantarseite des Kalkaneus, um die Hände zu stabilisieren. Hinweis: Es handelt sich hier um den Teil der Insertion, der direkt am Kalkaneus inseriert.
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3 Friktion der anterotibialen Seite Der Fuß des P wird in Plantarflexion eingestellt. Der T legt seinen vom Zeigefinger gestützten Mittelfinger auf die antero-tibiale Seite der Achillessehne und führt durch eine Pro- und Supinationsbewegung im Unterarm eine Bewegung von posterior nach anterior und umgekehrt durch. Mit der anderen Hand drückt er von fibular die Sehne in tibiale Richtung, damit die anteriore Seite der Sehne erreicht werden kann. Vorsicht: Bei dieser Friktion muss man aufpassen, dass der N. tibialis nicht irritiert wird.
4 Friktion der anterofibularen Seite Der Fuß des P wird in Planterflexion eingestellt. Der T legt seinen vom Zeigefinger gestützten Mittelfinger auf die antero-fibulare Seite der Achillessehne und führt durch eine Pro- und Supinationsbewegung im Unterarm eine Bewegung von posterior nach anterior und umgekehrt durch. Mit der anderen Hand drückt er von tibial die Sehne in fibulare Richtung, damit die anteriore Seite der Sehne erreicht werden kann. Vorsicht: Bei dieser Friktion muss man aufpassen, dass der N. suralis nicht irritiert wird.
4
158
Kapitel 4 · Behandlung
4.8.1
Weichteilbehandlung (Fortsetzung)
Achillessehne (Fortsetzung)
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5
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4
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6
Friktion der posterioren Seite Der Fuß des P wird in Dorsalextension eingestellt. Der T legt seinen Finger flächig auf die posteriore Seite der Achillessehne und führt eine Bewegung von tibial nach fibular und umgekehrt durch. Er stützt seinen Daumen auf den Malleolus tibialis, um die Hand zu stabilisieren. Abhängig von der Größe des während der Untersuchung gefundenen Schmerzgebiets werden ein oder mehrere Finger aufgelegt.
Friktion der tibialen und fibularen Seite Der Fuß des P wird in Dorsalextension eingestellt. Der T klemmt die Achillessehne zwischen Daumen und Finger ein (Pinzettengriff) und führt eine Bewegung von anterior nach posterior und umgekehrt durch. Abhängig von der Größe des während der Untersuchung gefundenen Schmerzgebiets werden ein oder mehrere Finger aufgelegt.
Wadenmuskeln
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1 Friktion des Muskel-Sehnen-Übergangs Der Fuß des P wird abhängig von der Schmerzhaftigkeit in leichte Plantarflexion eingestellt, kann aber bei einer geringen Irritierbarkeit auch mehr in Dorsalextension eingestellt werden. Der T legt seinen Daumen auf den Muskel-Sehnen-Übergang und führt eine Bewegung von tibial nach fibular und umgekehrt durch. Abhängig von der Größe des während der Untersuchung gefundenen Schmerzgebiets werden ein oder mehrere Finger aufgelegt.
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2 Friktion des Muskelbauchs Der Fuß des P wird in Plantarflexion eingestellt. Der T fasst den Muskelbauch zwischen Daumen und Finger (Pinzettengriff) und führt eine Bewegung von anterior nach posterior und umgekehrt durch. Hinweis: Diese Friktion kann überall dort im Muskelbauchbereich durchgeführt werden, wo während der Untersuchung Symptome ausgelöst werden konnten.
159
4.8 · Fuß
Lig. talofibulare anterius
Lig. calcaneofibulare
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Friktion Der Fuß des P wird in leichte Plantarflexion, Adduktion und Supination eingestellt. Der T legt seinen vom Mittelfinger gestützten Zeigefinger auf das Ligament und führt einen Bewegung von posteroplantar nach antero-dorsal und umgekehrt durch. Das Ligament findet man an der antero-distalen Seite des Malleolus fibularis. Vorsicht: Bei dieser Friktion muss man aufpassen, dass der N. cutaneus dorsalis intermedius nicht irritiert wird.
Friktion Der Fuß des P wird in Dorsalextension, Adduktion und Supination eingestellt. Der T legt seinen vom Mittelfinger gestützten Zeigefinger auf das Ligament und führt eine Bewegung von anterior nach posterior und umgekehrt durch. Mit der anderen Hand fasst er um den Kalkaneus und hält ihn im Varus fest. Das Ligament findet man direkt am distalen Ende des Malleolus fibularis.
Lig. talofibulare posterius
Lig. calcaneocuboideum dorsale
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Friktion Der Fuß des P wird in Dorsalextension, Adduktion und Supination eingestellt. Der T legt seinen vom Mittelfinger gestützten Zeigefinger auf das Ligament und führt eine Bewegung von anteroplantar nach postero-dorsal und umgekehrt durch. Das Ligament findet man an der postero-distalen Seite des Malleolus fibularis. Vorsicht: Bei dieser Friktion muss man aufpassen, dass der N. suralis nicht irritiert wird.
Friktion Der Fuß des P wird in Dorsalextension, Adduktion und Supination eingestellt. Der T legt seinen vom Mittelfinger gestützten Zeigefinger auf das Ligament und führt eine Bewegung von plantar nach dorsal und umgekehrt durch. Das Ligament findet man an der fibularen Seite des Fußes über dem Gelenkspalt zwischen Kalkaneus und Os cuboideum. Vorsicht: Bei dieser Friktion muss man aufpassen, dass der N. cutaneus dorsalis lateralis nicht irritiert wird.
4
160
Kapitel 4 · Behandlung
4.8.1
Weichteilbehandlung (Fortsetzung)
Lig. bifurcatum
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▼
4 ▼
1
2
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Pfannenband (Lig. calcaneonaviculare plantare)
▼ Friktion Der Fuß des P wird in Dorsalextension eingestellt. Der T legt seinen vom Mittelfinger gestützten Zeigefinger auf das Ligament und führt eine Bewegung von plantar nach dorsal und umgekehrt durch. Das Ligament findet man distal des Malleolus tibialis direkt posterior der Tuberositas ossis navicularis. Hinweis: Dieses Ligament ist bei Patienten mit einem Plattfuß häufig irritiert.
Friktion (Lig. calcaneonaviculare) Der Fuß des P wird in Dorsalextension, Adduktion und Supination eingestellt. Der T legt seinen Daumen auf das Ligament und führt eine Bewegung von antero-dorsal nach postero-plantar und umgekehrt durch. Das Ligament findet man an der dorsalen Seite des Kalkaneus über dem Gelenkspalt zwischen Kalkaneus und Os cuneiforme III. Vorsicht: Bei dieser Friktion muss man aufpassen, dass der N. cutaneus dorsalis intermedius nicht irritiert wird.
Tibialer Kapsel-Band-Apparat
▼
Friktion (Lig. calcaneocuboideum) Der Fuß des P wird in Dorsalextension, Adduktion und Supination eingestellt. Der T legt seinen Daumen auf das Ligament und führt eine Bewegung von plantar nach dorsal und umgekehrt durch. Das Ligament findet man an der dorsalen Seite des Kalkaneus über dem Gelenkspalt zwischen Kalkaneus und Os cuboideum. Vorsicht: Bei dieser Friktion muss man aufpassen, dass der N. cutaneus dorsalis intermedius nicht irritiert wird.
▼
Friktion des vorderen Lig. deltoideum (Pars tibiotalaris anterior) Der Fuß des P wird in leichte Plantarflexion und Abduktion eingestellt. Der T legt seinen vom Mittelfinger gestützten Zeigefinger auf das Ligament (Pars tibiotalaris anterior) und führt eine Bewegung von antero-dorsal nach postero-plantar und umgekehrt durch. Für die Behandlung der übrigen Anteile des tibialen Kapsel-Band-Apparats muss der T jeweils die Friktionsrichtung anpassen. Hinweis: Dieser Teil der Kapsel ist bei Verletzungen relativ selten betroffen.
161
4.8 · Fuß
Funktionsmassage
4.8.2
M. triceps surae
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▼ 1
2
Funktionsmassage, ASTE Der Fuß des P wird in Plantarflexion eingestellt. Der T legt eine Hand flächig auf die Muskulatur und komprimiert diese leicht in anteriore Richtung. Die andere Hand legt er flächig um den Vorderfuß.
Funktionsmassage, ESTE Unter Beibehaltung des leichten Drucks auf die Muskulatur bewegt der T den Fuß des P in Dorsalextension. Danach bewegt er ihn ohne Druck auf die Muskulatur wieder in Plantarflexion zurück. Diese Behandlung wird solange rhythmisch durchgeführt, bis eine ausreichende Entspannung der Muskulatur erreicht ist.
M. tibialis anterior
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1 Funktionsmassage, ASTE Der Fuß des P wird in Dorsalextension, Adduktion und Supination eingestellt. Der T legt eine Hand flächig auf die Muskulatur und komprimiert diese leicht in posteriore Richtung. Die andere Hand legt er flächig um den Vorderfuß.
2 Funktionsmassage, ESTE Unter Beibehaltung des leichten Drucks auf die Muskulatur bewegt der T den Fuß des P in Plantarflexion, Abduktion und Pronation. Danach bewegt er ihn ohne Druck auf die Muskulatur wieder in Dorsalextension, Adduktion und Supination zurück. Diese Behandlung wird solange rhythmisch durchgeführt, bis eine ausreichende Entspannung der Muskulatur erreicht ist.
4
162
Kapitel 4 · Behandlung
4.8.3
Gelenkbehandlung
Oberes Sprunggelenk
▼ ▼
4
1
2
Traktion Der Fuß des P wird in Dorsalextension eingestellt. Der Unterschenkel des P wird mittels eines Gurts auf der Bank fixiert. Eine Rolle liegt unter dem Kniegelenk, um die Wadenmuskulatur zu entspannen. Der T fasst mit seiner rechten Hand von tibial mit dem kleinen Finger um das Collum tali. Mit seiner linken Hand unterstützt er die rechte Hand und gibt einen Traktionsimpuls in distale Richtung (in Verlängerung des Unterschenkels). Hinweis: Abhängig von der in der Untersuchung gefundenen Bewegungseinschränkung kann das Gelenk auch in einer anderen Position eingestellt werden und bei einer Schmerzbehandlung in Ruhestellung.
Gleiten nach posterior Der Fuß des P wird in leichte Dorsalextension eingestellt. Der proximale Unterschenkel des P wird mittels eines Gurts auf der Bank fixiert, um Ausweichbewegungen vorzubeugen. Eine Rolle liegt unter dem Kniegelenk, um die Wadenmuskulatur zu entspannen. Der T fasst mit der einen Hand (hier links) um die anteriore Seite der Talus und schiebt den Talus in posteriore Richtung. Die andere Hand hält den Fuß des P in der eingeschränkten Position. Hinweis: Wenn die Mobilität besser wird, kann der Fuß in immer stärkere Dorsalextension eingestellt werden.
▼
3 Gleiten nach anterior Der Fuß des P wird in Plantarflexion eingestellt. Der Unterschenkel des P wird mittels eines Sandsacks unterlagert. Der T schiebt mit einer Hand (hier links) den Talus oberhalb des Kalkaneus in anteriore Richtung. Mit der anderen Hand hält er den Fuß des P in der eingeschränkten Position. Hinweis: Wenn die Mobilität besser wird, kann der Fuß in immer stärkere Plantarflexion eingestellt werden.
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4 Gleiten nach anterior (alternative Technik) Der Fuß des P wird in Plantarflexion eingestellt. Der T fixiert mit einer Hand den Talus auf oder über dem Kalkaneus mittels eines Sandsacks auf der Bank. Mit der anderen Hand schiebt er den distalen Unterschenkel des P in posteriore Richtung. Dies erzeugt, durch eine Verlagerung von Punctum fixum und Punctum mobile, ein anteriores Gleiten im oberen Sprunggelenk. Hinweis: Wenn die Mobilität besser wird, kann der Fuß in immer stärkerer Plantarflexion eingestellt werden.
163
4.8 · Fuß
Unteres Sprunggelenk
▼
▼
1
2
Traktion Der Fuß des P wird in Plantarflexion eingestellt. Der T fixiert mit einer Hand (hier rechts) den Talus des P mittels eines Sandsacks auf der Bank. Der T fasst mit der anderen Hand von proximal auf die Oberseite des Kalkaneus und schiebt ihn in distale Richtung (in Verlängerung des Unterschenkels), um eine Traktion im unteren Spunggelenk zu erzeugen. Hinweis: Nach Kalkaneusfrakturen ist diese Behandlung sehr wichtig, zudem sind in den meisten Fällen Gleitmobilisationen in alle Richtungen notwendig.
Gleiten nach fibular Der Fuß des P wird in leichte Plantarflexion eingestellt. Der T hält durch seinen Oberschenkel den Vorderfuß des P in dieser Position. Der T fixiert mit einer Hand den Unterschenkel und den Talus des P mittels eines Sandsacks auf der Bank. Mit der anderen Hand fasst er flächig von tibial um den Kalkaneus und schiebt ihn in fibulare Richtung. Hinweis: Um die Wadenmuskulatur mehr zu entspannen, kann das Kniegelenk gebeugt werden. Diese Gleitmobilisation kann sowohl für Valgus- als auch Varuseinschränkungen verwendet werden. Für das Gleiten nach tibial wird der P umgelagert.
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▼
3 Gleiten nach anterior Der Fuß des P wird in leichte Plantarflexion eingestellt. Der T fixiert mit einer Hand den Unterschenkel und den Talus des P mittels eines Sandsacks auf der Bank. Mit der anderen Hand fasst er flächig von posterior um den Kalkaneus und schiebt ihn in anteriore Richtung (parallel zur Fußsohle). Hinweis: Um die Wadenmuskulatur mehr zu entspannen, kann eventuell auch noch das Kniegelenk (über dem aufgestellten Bankteil) gebeugt werden.
4 Gleiten nach posterior Der Fuß des P wird in leichte Plantarflexion eingestellt. Der T fixiert mit einer Hand von posterior den Unterschenkel und den Talus des P mittels eines Sandsacks auf der Bank. Mit der anderen Hand fasst er flächig von anterior um den Kalkaneus und schiebt ihn in posteriore Richtung (parallel zur Fußsohle). Hinweis: Um die Wadenmuskulatur mehr zu entspannen, kann eventuell auch noch das Kniegelenk (über dem aufgestellten Bankteil) gebeugt werden.
4
164
Kapitel 4 · Behandlung
4.8.3
Gelenkbehandlung (Fortsetzung)
Ossa cuneiformia
4
Os metatarsi I
▼
▼
Gleiten gegen das Os naviculare nach plantar Der Fuß des P wird in leichte Plantarflexion eingestellt. Der T fixiert mit dem Zeigefinger der einen Hand (hier links) das Os naviculare auf der plantaren Seite auf einem Keil. Die andere Hand (hier rechts) legt er mit dem Caput ossis metacarpi II auf die Dorsalseite der Ossa cuneiformia und schiebt sie in plantare Richtung. Hinweis: Wenn die Mobilität besser wird, kann der Vorderfuß des P stärker in Plantarflexion eingestellt werden. Diese Vorgehensweise kann bei der Behandlung eines Plattfußes indiziert sein.
Gleiten gegen das Os cuneiforme I Der Fuß des P wird in leichte Plantarflexion eingestellt. Der T fixiert mit dem Zeigefinger der einen Hand (hier links) die Ossa cuneiformia auf der plantaren Seite auf einem Keil. Die andere Hand (hier rechts) legt er mit dem Caput ossis metacarpi II auf die Dorsalseite des Os metatarsi I und schiebt es in plantare Richtung. Hinweis: Wenn die Mobilität besser wird, kann der Vorderfuß des P stärker in Plantarflexion eingestellt werden. Diese Vorgehensweise kann bei der Behandlung eines Plattfußes indiziert sein.
Os naviculare
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1 Gleiten gegen den Talus nach plantar Der Fuß des P wird in leichte Plantarflexion eingestellt. Der T fixiert mit einer Hand den Talus auf oder über dem Kalkaneus auf einem Keil. Die andere Hand (hier rechts) legt er mit dem Caput ossis metacarpi II auf die Dorsalseite des Os naviculare und schiebt es in plantare Richtung. Hinweis: Wenn die Mobilität besser wird, kann der Vorderfuß des P stärker in Plantarflexion eingestellt werden. Diese Vorgehensweise ist bei der Behandlung eines Plattfußes indiziert.
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2 Gleiten gegen den Talus nach dorsal Der Fuß des P wird in leichte Plantarflexion eingestellt. Der T fixiert mit einer Hand den Talus auf oder über dem Kalkaneus auf einem Keil. Die andere Hand (hier links) legt er mit dem Caput ossis metacarpi II auf der Plantarseite des Os naviculare und schiebt es in dorsale Richtung. Hinweis: Wenn die Mobilität besser wird, kann der Vorderfuß des P in immer mehr Dorsalextension eingestellt werden.
165
4.8 · Fuß
Os cuboideum
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1
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2
Gleiten gegen den Kalkaneus nach plantar Der Fuß des P wird in leichte Plantarflexion und das Bein in leichte Innenrotation eingestellt. Der T fixiert den Kalkaneus mit einer Hand mittels eines Sandsacks auf der Bank. Die andere Hand (hier links) legt er mit dem Caput ossis metacarpi II auf die Dorsalseite des Os cuboideum und schiebt es in plantare und tibiale Richtung. Hinweis: Wenn die Mobilität besser wird, kann der Vorderfuß des P stärker in Plantarflexion eingestellt werden. Vorsicht: Bei dieser Behandlung muss man aufpassen, dass der N. cutaneus dorsalis intermedius nicht irritiert wird.
Gleiten gegen das Os naviculare und Os cuneiforme III nach plantar Der Fuß des P wird in leichte Plantarflexion und das Bein in leichte Innenrotation eingestellt. Der T fixiert die Ossa naviculare und cuneiforme III mit einer Hand mittels eines Sandsacks auf der Bank. Die andere Hand (hier links) legt er mit dem Caput ossis metacarpi II auf die Dorsalseite des Os cuboideum und schiebt es in plantare und tibiale Richtung. Hinweis: Wenn die Mobilität besser wird, kann der Vorderfuß des P stärker in Plantarflexion eingestellt werden. Statt des Os metacarpi II kann auch der Daumenballen verwendet werden.
Ossa metatarsi IV und V
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3 Gleiten gegen den Kalkaneus nach dorsal Der Fuß des P wird in leichte Dorsalextension eingestellt. Der T fixiert den Kalkaneus auf oder über dem Talus auf einem Sandsack. Die andere Hand (hier rechts) legt er mit dem Caput ossis metacarpi II auf die Plantarseite des Os cuboideum und schiebt es in dorsale und fibulare Richtung. Hinweis: Wenn die Mobilität besser wird, kann der Vorderfuß des P stärker in Dorsalextension eingestellt werden.
Gleiten gegen das Os cuboideum nach plantar Der Fuß des P wird in leichte Plantarflexion und das Bein in leichte Innenrotation eingestellt. Der T fixiert das Os cuboideum mit einer Hand mittels eines Sandsacks auf der Bank. Die andere Hand (hier links) legt er mit dem Caput ossis metacarpi II auf die Dorsalseite der Ossa metatarsalia IV und V und schiebt sie in plantare und tibiale Richtung. Hinweis: Wenn die Mobilität besser wird, kann der Vorderfuß des P stärker in Plantarflexion eingestellt werden.
4
166
Kapitel 4 · Behandlung
4.8.3
Gelenkbehandlung (Fortsetzung)
Os metatarsi II
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4
1
2
Traktion gegen das Os cuneiforme II Der Fuß des P wird in leichte Plantarflexion eingestellt. Der T fixiert mit einer Hand das Os cuneiforme II auf einem Keil. Mit der anderen Hand (hier links) fasst er distal zwischen Daumen und gebeugtem Zeigefinger um das Caput ossis metatarsi II und gibt einen Traktionsimpuls in distale Richtung (in Verlängerung des Fußes). Hinweis: Wenn die Mobilität besser wird, kann der Vorderfuß des P stärker in Dorsalextension oder Plantarflexion eingestellt werden. Auf die gleiche Weise können auch die anderen Ossa metatarsi behandelt werden.
Gleiten gegen das Os cuneiforme II nach plantar Der Fuß des P wird in leichte Plantarflexion eingestellt. Das Os cuneiforme II wird auf einem Keil stabilisiert. Der T legt eine Hand (hier rechts) flächig mit dem Daumen auf das Os metatarsi II direkt distal des Gelenkspalts. Die andere Hand legt er mit der Handwurzel auf seinen Daumen und schiebt ihn in plantare Richtung. Hinweis: Wenn die Mobilität besser wird, kann der Vorderfuß des P stärker in Plantarflexion eingestellt werden. Auf die gleiche Weise können auch die anderen Ossa metatarsi behandelt werden.
Mittelfuß
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1 Gleiten des proximalen Gelenks nach plantar Der Fuß des P wird in leichte Plantarflexion eingestellt. Der T fixiert mit einer Hand (hier links) das proximale Ende des Os metatarsi II auf einem Keil. Mit der anderen Hand schiebt er das proximale Ende des Os metatarsi I in plantare Richtung. Für die Mobilisation des Os metatarsi III fasst er um, damit das Os metatarsi II fixiert ist und das Os metatarsi III bewegt werden kann. Für die Mobilisation des Os metatarsi IV fixiert der T das Os metatarsi III und bewegt das Os metatarsi IV. Für die Mobilisation des Os metatarsi V fixiert er das Os metatarsi IV und bewegt das Os metatarsi V. Für die Gleitmobilisation in dorsale Richtung lagert der T den Fuß des P um.
2 Mobilisation der distalen Syndesmose nach plantar Der Fuß des P wird in leichte Plantarflexion eingestellt. Der T fixiert mit einer Hand (hier links) das distale Ende des Os metatarsi II auf einem Keil. Mit der anderen Hand schiebt er das distale Ende des Os metatarsi I in plantare Richtung. Für die Mobilisation des Os metatarsi III fasst er um, damit das Os metatarsi II fixiert ist und das Os metatarsi III bewegt werden kann. Für die Mobilisation des Os metatarsi IV fixiert der T das Os metatarsi III und bewegt das Os metatarsi IV. Für die Mobilisation des Os metatarsi V fixiert er das Os metatarsi IV und bewegt das Os metatarsi V. Für die Gleitmobilisation in dorsale Richtung lagert der T den Fuß des P um.
167
4.8 · Fuß
Großzehengrundgelenk
▼
▼
1
2
Traktion Das Großzehengrundgelenk des P wird in Ruhestellung (leichte Extension), z. B. für eine Schmerzbehandlung, eingestellt, kann aber abhängig von der Einschränkung auch in einer limitierten Position eingestellt werden. Der T fixiert mit einer Hand das distale Ende des Os metatarsi I mittels eines Keils auf der Bank. Mit der anderen Hand (hier rechts) fasst er flächig um den Großzeh des P und gibt einen Traktionsimpuls in distale Richtung (in Verlängerung des Großzehs). Hinweis: Auf die gleiche Weise können auch die anderen Grundgelenke sowie PIP- und DIP-Gelenke behandelt werden.
Kompression Das Großzehengrundgelenk des P wird in einer Position eingestellt, in der im Kompressionstest Schmerzen reproduziert werden konnten. Der T fixiert mit einer Hand das Os metatarsi I des P mittels eines Keils auf der Bank. Mit der anderen Hand (hier rechts) fasst er flächig um den Großzeh des P und gibt einen Kompressionsimpuls in proximale Richtung (in Richtung Os metatarsi I). Hinweis: Diese Behandlung kann auf die gleiche Weise auch für alle anderen Zehengelenke durchgeführt werden.
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3 Gleiten nach plantar Das Großzehengrundgelenk des P wird in Flexion eingestellt. Der T fixiert mit einer Hand das Os metatarsi I mittels eines Keils auf der Bank. Die andere Hand (hier rechts) legt er mit dem Caput ossis metacarpi II auf die Dorsalseite der Großzehe und schiebt sie in plantare Richtung. Hinweis: Wenn die Mobilität besser wird, kann die Großzehe des P stärker in Flexion eingestellt werden. Variante: Für die Behandlung einer eingeschränkten Extension lagert der T den P um und mobilisiert in dorsale Richtung. Dabei wird die Großzehe in immer stärkere Extension eingestellt.
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4 Gleiten nach tibial Das Großzehengrundgelenk des P wird in Flexion eingestellt. Der T fixiert mit einer Hand das Os metatarsi I mittels eines Keils auf der Bank. Die andere Hand (hier rechts) legt er mit dem Caput ossis metacarpi II auf die fibulare Seite der Großzehe und schiebt sie in tibiale Richtung. Diese Mobilisationstechnik kann sowohl für eine Flexions- als auch eine Extensionseinschränkung verwendet werden. Für das Gleiten in fibulare Richtung lagert der T den P um. Hinweis: Auf die gleiche Weise können auch die anderen Grundgelenke sowie PIP- und DIP- Gelenke behandelt werden.
4
5 Fallbeispiele Matthias Löber 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 5.6
Die schmerzhafte Schulter – 170 Der Tennisellenbogen – 173 Das schmerzhafte Handgelenk – 177 Die eingeschränkte Hüfte – 180 Das instabile Knie – 183 Akutes Inversionstrauma – 186
170
Kapitel 5 · Fallbeispiele
5.1
Die schmerzhafte Schulter
5.1.1
Anamnese
Ein 47-jähriger Malermeister hat seit ca. vier Monaten stechende Schmerzen im anterolateralen Oberarmbereich rechts (⊡ Abb. 5.1). Die Beschwerden begannen eines Tages spontan während der Arbeit und nahmen danach im Verlauf von zwei Wochen kontinuierlich zu, so dass er einen Arzt aufsuchte. Im Röntgenbild zeigte sich eine leichte Kalzifizierung subakromial rechts. Die medizinische Diagnose lautet „subakromiales Impingement“.
5
Nach Einnahme eines nichtsteroidalen Entzündungshemmers wurden die Symptome um etwa die Hälfte reduziert. Nachdem das Medikament ca. einen Monat abgesetzt war, wurden die Schmerzen wieder so stark wie vor der Einnahme. Die Beschwerden treten aktuell nach ca. zwei Stunden des Anstreichens über Kopf auf, lassen aber nach wenigen Minuten „Armschütteln“ wieder nach, so dass der Patient den Arbeitstag relativ gut übersteht. In Ruhe bestehen keine Schmerzen, auch nicht nach einem Arbeitstag. Seit einer Woche hat er morgens zusätzlich ein leichtes Steifigkeitsgefühl in der Schulter, das aber nach ein paar Bewegungen wieder verschwindet. Ansonsten bestehen keine weiteren Beschwerden bzw. Begleitphänomene. Der Patient hatte in seiner 30-jährigen beruflichen Tätigkeit bisher keine Probleme, außer gelegentlichen Nackenverspannungen beidseitig. Seit sechs Monaten schwimmt er regelmäßig zweimal pro Woche ohne Beschwerden. ✔
✔ ✔ ✔
✔
✔
✔
✔
✔
✔
✔
✔
Bereichslokalisation und Basisfunktionsprüfung
In der symptomprovozierenden Position (Elevation über Abduktion bei ca. 110°) zeigt sich nach verschiedenen differenzialdiagnostischen Manövern ( Abb. 1, S. 36), dass die Symptome des Patienten von Strukturen des Glenohumeralgelenks hervorgerufen werden. Daraufhin erfolgt nun die Basisfunktionsprüfung der Schulter (⊡ Tab. 8.1). ⊡ Tab. 5.1. Aktiv-passive Basisfunktionsprüfung der Schulter SGÜ/Schulter
aktiv
passiv
Heben beider Arme (HBA)
FLEX
(nur aktiv)
Elevation über Abduktion
P. A. 90°
110°/typ. S.
Elevation über Flexion
EoR/typ. S.
160°/typ. S.
Glenohumeralgelenk
aktiv
passiv
Flexion
–
Extension
–
Abduktion
Adduktion Innenrotation
✔
✔
✔ ✔
Abb. 5.1. Körperkarte für das Fallbeispiel „schmerzhafte Schulter” ✔ = z. Zt. keine Beschwerden
re: 60°/typ. S. ++ li: 95°
–
–
EoR/typ. S.
–
–
EoR/typ. S.
Stellungstest
–
Traktion
–
Kompression
–
Gleiten nach dorsal ✔
– EoR/typ. S.
45°/typ. S.
Gleiten nach kaudal
✔
✔ ✔
5.1.2
Außenrotation
✔
Schmerz 1
Interpretation der Anamnese: endgradig auslösbare Symptome (kapsuligamentär, Bursa subacromiodeltoidea, ACG) Verlauf relativ gleichbleibend geringe Irritierbarkeit
– „unangenehm“
Gleiten nach ventral
–
WT in Abduktion
–
WT in Adduktion
typ. S.
WT in Innenrotation
typ. S.
WT in Außenrotation
–
WT in Ellenbogengelenksflexion
–
WT in Ellenbogengelenksextension Legende ⊡ S. 174
typ. S.
171
5.1 · Die schmerzhafte Schulter
5.1.3
Hypothesenbildung
Interpretation der aktiv-passiven Bewegungsprüfung: Nach der Basisfunktionsprüfung zeigt sich, dass vor allem die Abduktion die am meisten provozierende Bewegung darstellt. In Verbindung mit den anderen Bewegungen ergibt sich daraus eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung im nichtkapsulären Muster. Interpretation der positiven Widerstandstests: Wenn zunächst nur die kontraktilen Strukturen (Muskelbauch, Muskel-Sehnenübergang, Sehne und Insertion) als mögliche Ursache der Schmerzen betrachtet werden, so müssten demnach bei drei positiven Widerstandstests viele Muskeln betroffen sein ( Kap. 3.3, S. 102 f.). Die Wahrscheinlichkeit dafür ist gering. Weiterhin wären bei den Widerstandstests in Adduktion und Innenrotation Muskeln betroffen, die über eine breite Insertionsfläche am Humerus verfügen (z. B. M. latissimus dorsi, M.pectoralis major, M.subscapularis). Muskeln, die über eine große Insertionsfläche verfügen, neigen aber seltener zu einer Insertionstendopathie. Daher ist die Hypothese einer Irritation der subakromialen Strukturen und des Akromioklavikulargelenks eher wahrscheinlich, da hier verstärkt Kompression während der Widerstandstests auftritt.
5.1.4
Zusatztests
Aufgrund der oben erwähnten Überlegungen kommen folgende Zusatztests in Frage: positive Widerstandstests mit kaudalem Zug ( Kap. 2.6, S. 46) Bursa-Klopftest ( Kap. 2.6, S. 45) ACG-Provokationstests in horizontaler Adduktion und Adduktion/Innenrotation ( Kap. 2.6, S. 44) spezifische Palpation ACG Nach Ausführung der Zusatztests zeigen sich die positiven Widerstandstests unter zusätzlichem kaudalen Zug beim Patienten weniger schmerzhaft als ohne Kaudalzug. Der Bursaklopftest und die ACG-Provokationstests sind weniger aussagekräftig. Formulierung einer Wahrscheinlichkeitsdiagnose bzw. -hypothese: → chronische Irritation der Bursa subacromiodeltoidea
5.1.5
Probebehandlung
Behandlungsziel: Die Verbesserung der Gleitfähigkeit der Bursablätter zwischen der Rotatorenmanschette und dem Akromion. Technik: schmerzfreie Gleittechniken (anterior-posterior und lateral-medial) zwischen dem Humeruskopf und dem Akromion in Annäherung an die symptomauslösende Abduktionsstellung (⊡ Abb. 1, S. 172) Nach der Probebehandlung erfolgt direkt eine Überprüfung der Hauptbefunde aus der Untersuchung, um die vorläufige Wahrscheinlichkeitsdiagnose bzw. -hypothese zu bestätigen oder um sie zu verwerfen. In diesem Fall müssen weitere Testverfahren herangezogen werden.
5.1.6
Behandlungsplan und -progression
Lokale Durchblutungsverbesserung durch Senkung der sympathischen Reflexaktivität durch Behandlung des vegetativen Ursprungsgebiets der oberen Extremität (ca. T3/T4–T8/T9; Kap. 4.2, S. 119) Mobilisation des zervikothorakalen Übergangs (⊡ Abb. 4, S. 172) zur Verbesserung der Extension Verbesserung/Wiederherstellung des skapulohumeralen Rhythmus, um die subakromiale Druckkomponente zu reduzieren Dehnung bzw. Entspannung des M. levator scapulae (⊡ Abb. 3, S. 172) Kräftigung des M. serratus anterior z. B. in Form von abgewandelten Liegestützen in verschiedenen Positionen (vertikal bis horizontal). Hierbei ist wichtig, dass die Ellenbogen extendiert gehalten werden, damit die Bewegung aus dem Schultergürtel erfolgt.
MEMO Die Bursae subacromialis und subdeltoidea, zusammengefasst zur Bursa subacromiodeltoidea (SAD) liegen zwischen Caput humeri und Akromion, evtl. M. deltoideus. Die SAD absorbiert die bei Bewegungen im GHG auftretende Reibung, um die Sehnen der Rotatorenmanschette und die Gelenkkapsel zu schützen. Dies erfolgt durch ihre zwei Blätter, die durch einen dünnen Flüssigkeitsfilm voneinander getrennt sind.
5
172
Kapitel 5 · Fallbeispiele
5.1.7
Klinisches Beispiel: chronische Bursitis subacromiodeltoidea (rechts)
Behandlungsmöglichkeiten
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5 1
2
Subakromiales Gleiten (Traktion/Kompression) Die Skapula des P wird mit einem Gurt fixiert. Der T fixiert mit der einen Hand die Skapula zusätzlich durch Kontakt am Akromion und am Proc. coracoideus. Der T umfasst den Arm des P und bewegt ihn bis zu der Position, in welcher die Symptome und/oder die Bewegungseinschränkung auftreten. Anschließend übt der T mit dem Arm eine horizontale Traktion und Kompression im Wechsel aus, so dass eine Gleitbewegung im subakromialen Raum entsteht.
Scoopings Die Ausgangsstellung ist identisch mit der von ⊡ Abb. 1. Der T umgreift den Ellenbogen und bewegt den Arm des P im Glenohumeralgelenk aus einer Extensions-Außenrotationsposition in eine Flexions-Innenrotationsposition. Anschließend erfolgt die Bewegung umgekehrt, so dass eine „schaufelartige“ (Scooping-) Bewegung entsteht. Hierdurch folgt das Caput humeri der halbgebogenen Krümmung des Akromions.
▼
▼
3 Dehnung/Entspannung des M. levator scapulae Die HWS des P wird in Flexion, Seitneigung und Rotation nach rechts eingestellt. Der T fixiert diese Position mit seiner Hand. Mit seiner anderen Hand bewegt er die Skapula in eine kaudale und laterale Richtung, so dass der M. levator scapulae angespannt wird. Der P kontrahiert seine Skapula gegen den Widerstand des T. Anschließend entspannt der P und der T versucht, die Skapula weiter in kaudale Richtung zu bewegen. Ziel: Verbesserung der Muskelbalance zwischen M. levator scapulae (eher hyperton) und M. serratus anterior (eher hypoton), um den subakromialen Druck während Arm-ELEV zu minimieren.
4 Mobilisation des CTÜ Der T umgreift mit einer Hand von ventral die Procc. spinosi der unteren HWS, um zu verhindern, dass die Mobilisationsbewegung im CTÜ eine weiterlaufende Bewegung in der HWS erzeugt. Er platziert seine andere Hand auf das hypomobile Segment, so dass das Thenar und Hypothenar auf dem Proc. transversi liegen. Der T führt nun eine Bewegung in ventrale Richtung durch, damit eine Traktion der Facettengelenke entsteht. Ziel: Durch eine verbesserte Extension im CTÜ/BWS wird das Schultergelenk während der Arm-ELEV weniger belastet.
173
5.2 · Der Tennisellenbogen
5.2
Der Tennisellenbogen
5.2.1
Anamnese
Ein 43-jähriger Mann beklagt sich seit etwa acht Monaten über Schmerzen im lateralen Ellenbogen links. Die Beschwerden entwickelten sich, nachdem der Patient zwei Tage lang Holzsägearbeiten durchführte, zunächst akut für ca. eine Woche. Die Beschwerden stiegen dann innerhalb von zwei Monaten langsam an und sind seitdem relativ gleichbleibend. Die Schmerzen treten vor allem beim Greifen schwerer Gegenstände (z. B. Werkzeuge etc.) mit der linken Hand auf. Das Greifen leichterer Gegenstände (z. B. ein Glas) schmerzt nur, wenn der Patient diesen Gegenstand mit extendiertem Ellenbogen hochhebt. Nach längerer (ca. 2–3 Std.) handwerklicher Tätigkeit (der Patient ist Hausmeister in einer Schule) halten die Schmerzen für etwa eine Stunde auch in Ruhe an, um danach wieder auf das Ausgangsniveau abzusinken. Die ärztliche Diagnose ergab nach einem negativen radiologischen Befund eine Epicondylitis lateralis des linken Ellenbogens. Die Insertionsstelle der Ellenbogenextensoren des Patienten wurde daraufhin dreimal mit einem kortikoidhaltigen Medikament infiltriert, wodurch sich die Symptome für etwa eine Woche besserten, anschließend jedoch innerhalb weniger Tage wieder zunahmen. Zusätzlich wurde noch eine 6-malige Ultraschallbehandlung durchgeführt, die aber ebenso die Symptomatik nicht wesentlich beeinflusste.
Interpretation der Anamnese: therapieresistente Epicondylitis lateralis mögliche Beteiligung der Halswirbelsäule bzw. neuraler Strukturen an der Symptomatik (Körpertabelle und Langzeitgeschichte) mittlere Irritierbarkeit (Schmerzauftritt erst nach 2–3 Stunden Belastung, halten jedoch eine Stunde an)
5.2.2
Bereichslokalisation und Basisfunktionsprüfung
In der symptomprovozierenden Position (aktiver Faustschluss und Anheben des im Ellenbogen extendierten Arms) werden verschiedene differenzialdiagnostische Manöver durchgeführt, um z. B. eine Beteiligung der HWS und neuraler Strukturen auszuschließen. Dies können z. B. manuelle Kompression und Traktion sowie aktiv-passive Bewegungen der Halswirbelsäule sein ( Kap. 2.8, S. 48). Die Bereichslokalisation ergibt, dass die Symptome des Patienten eher von lokalen Strukturen des Ellenbogengelenks hervorgerufen werden. Daraufhin erfolgt nun die Basisfunktionsprüfung des Ellenbogens (⊡ Tab. 5.2, S. 174).
MEMO
✔
✔ Schmerz 2
✔
✔
✔
Schmerz 3
✔
✔ ✔
Der Patient klagt weiterhin über zeitweise auftretende Schmerzen in der unteren Zervikalregion und in der mittleren Brustwirbelsäule. Diese Beschwerden hat der Patient bereits seit etwa vier bis fünf Jahren, sie wurden jedoch noch nicht behandelt (⊡ Abb. 5.2).
✔
✔
✔
✔
✔ ✔
Schmerz 1
✔
✔
✔
✔
Als klassischer Tennisellenbogen wird oft eine Affektion der Handgelenksextensoren im Bereich ihres Ursprungs am Epicondylus lateralis humeri bezeichnet. Es werden fünf Formen unterschieden: Typ 1: Ursprung des M. extensor carpi radialis longus (sehr seltene Form) Typ 2: Ursprung des M. extensor carpi radialis brevis (häufigste Form der Epicondylitis lateralis, oft in Kombination mit Typ 5) Typ 3: Sehne des M. extensor carpi radialis brevis Typ 4: Muskel-Sehnen-Übergang bzw. Muskelbauch des M. extensor carpi radialis brevis Typ 5: Ursprung des M. extensor digitorum
✔
Abb. 5.2. Körperkarte für das Fallbeispiel „Tennisellenbogen” ✔ = z. Zt. keine Beschwerden
Differenzialdiagnostisch sollte auch an Ursachen aus anderen Regionen gedacht werden (häufig HWS).
5
174
Kapitel 5 · Fallbeispiele
5.2.3
⊡ Tab. 5.2. Aktiv-passive Basisfunktionsprüfung des Ellenbogens Ellenbogengelenk
aktiv
Flexion
5
passiv –
mit ÜD typ. S.
Extension
10° EXT/typ. S.
0° EXT/typ. S. ++
Pronation
–
–
Supination
EoR/typ. S.
Humeroulnargelenk
aktiv
–
Traktion
–
Gleiten nach lateral
–
Gleiten nach medial
–
Humeroradialgelenk
aktiv
Stellungstest
–
Beweglichkeit
–
Traktion
–
Kompression
–
Gleiten nach volar
–
Gleiten nach dorsal
–
Gleiten in prov. Stellung
–
Ellenbogengelenk
aktiv
WT in Flexion
–
WT in Extension
–
WT in Pronation
–
WT in Supination
li: typ. S.
Handgelenk
aktiv
WT in Dorsalextension
li: typ. S. ++
WT in Volarflexion
–
Legende ⊡ Tab. 5.1 bis 5.6: EoR : (engl. = end of range) endgradig auslösbare Symptome bzw. Schmerzen ÜD : passiver Überdruck am Bewegungsende typ. S. : typischer Schmerz, den der Patient als sein Hauptsymptom angibt P. A. : (engl. = painful arc) schmerzhafter Bogen R : (engl. = resistance) Widerstand + : stark ++ : sehr stark – : ohne Befund FLEX : Flexion EXT : Extension WT : Widerstandstest ABD : Abduktion ADD : Adduktion IR : Innenrotation AR : Außenrotation Rg. : Region
Hypothesenbildung
Interpretation der aktiv-passiven Bewegungsprüfung: Der typische Schmerzauftritt bei Extension kann eine Gelenkaffektion, eine neurale oder muskuläre Läsion darstellen. Fügt der Therapeut in der Provokationsstellung zusätzlich eine Volarflexion der Hand dazu und verstärkt sich die Schmerzsymptomatik, so weist dies eher auf eine muskuläre oder neurale Problematik hin. Die muskuläre Hypothese wird auch noch durch die aktive Supination, die endgradig die Symptome reproduziert, unterstützt. Interpretation der negativen Gelenkspieltests: Die fehlenden Gelenkzeichen (normales Gelenkspiel, negativer Stellungstest des Caput radii) weisen, wie in der aktivpassiven Bewegungsprüfung, auf eine überwiegend muskuläre Problematik hin. Interpretation der positiven Widerstandstests: Hauptzeichen ist der positive Widerstandstest der Handextensoren. Es muss daher eine weitere Differenzierung zwischen den einzelnen Muskeln getroffen werden (⊡ Zusatztests).
5.2.4
Zusatztests
Aufgrund der oben erwähnten Überlegungen kommen folgende Zusatztests in Frage: Widerstandstest in ulnare und radiale Abduktion ( Kap. 2.10, S. 60), um zwischen Mm. extensores carpi radialis brevis und longus als Radialabduktoren und dem M. extensor carpi ulnaris als Ulnarabduktor zu unterscheiden. Widerstandstest „Dorsalextension der Hand“ ( Kap. 2.10, S. 60) mit Greifen eines Gegenstands, um eine Differenzierung zwischen Hand- und Fingerextensoren zu erreichen spezifische Palpation der Insertionen des M. extensor carpi radialis brevis direkt am Epicondylus lateralis und des M. extensor carpi radialis longus oberhalb des Epicondylus an der Crista supracondylaris lateralis humeri Formulierung einer Wahrscheinlichkeitsdiagnose bzw. -hypothese: → chronische Läsion der Insertion des M. extensor carpi radialis brevis am Epicondylus lateralis
175
5.2 · Der Tennisellenbogen
5.2.5
Probebehandlung
Behandlungsziel: Das Überführen der chronischen Insertionstendopathie in einen akuten Entzündungsprozess, damit anschließend eine normale Wundheilung ablaufen kann. Technik: Querfriktion des M. extensor carpi radialis brevis an seiner Insertion am Epicondylus medialis für ca. 20–30 Minuten (⊡ Abb. 1, S. 176) mit anschließender Weichteilmanipulation in Form eines Gappings (⊡ Abb. 2, S. 176) auf der lateralen Ellenbogenseite. Die Handextensoren befinden sich hierbei in einer Dehnposition. Nach der Probebehandlung erfolgt direkt eine Überprüfung der Hauptbefunde aus der Untersuchung, um die vorläufige Wahrscheinlichkeitsdiagnose bzw. -hypothese zu bestätigen oder um sie zu verwerfen. In diesem Fall müssen weitere Testverfahren herangezogen werden.
5.2.5
Behandlungsplan und -progression
Gegen Ende oder nach Ablauf der 5-tägigen Entzündungsphase (⊡ Memo) werden noch 3–5-minütige Querfriktionen durchgeführt, um die lokale Durchblutung (Histaminausschüttung) zu erhöhen (⊡ Biochemische Wirkung, Kap. 1.4.2, S. 13 ff.). Der Patient sollte in dieser Phase den Ellenbogen sehr viel im schmerzfreien Bereich bewegen. Nach Ablauf der Entzündungsphase kann mit einer Dehnung/Entspannung des M. extensor carpi radialis brevis begonnen werden (⊡ Abb. 3, S. 176), die der Patient als Eigendehnung zu Hause weiter durchführen sollte. Es erfolgt eine Mobilisation von angrenzenden Gelenkregionen (HWS, Schulterregion, Hand), wenn Bewegungseinschränkungen festgestellt werden. In diesem Beispiel zeigte sich am linken Handgelenk eine strukturelle Hypomobilität des Os lunatum, dies könnte einen möglichen ätiologischen bzw. beitragender Faktor zur Entstehung des Krankheitsbildes darstellen (⊡ Abb. 4, S. 176). Eine mögliche muskuläre Dysbalance zwischen Unterarmextensoren und -flexoren sowie zwischen Oberarm- und Unterarmmuskulatur sollte ausgeglichen werden.
MEMO Wundheilungsphasen des Bindegewebes (van den Berg 2003) 1. Entzündungs- oder Reizungsphase - Vaskuläre Phase (0.–2. Tag): wird auch Alarmphase genannt, besteht aus körpereigener Vasokonstriktion über das vegetativ sympathische Nervensystem und endokrine Hormone sowie der Blutgerinnung; Einwanderung von Leukozyten, Makrophagen, Lymphozyten und Monozyten; Freisetzung von Entzündungs- und Schmerzmediatoren Behandlung: Ruhigstellung/vegetative Therapie/ möglichst kein Schmerzblock/evtl. Lymphdrainage - Zelluläre Phase (2.–5. Tag): Überwiegen der klassischen Entzündungszeichen wie Tumor, Dolor, Kalor, Rubor und Functio leasa: Einwanderung/ Neubildung von Myofibroblasten und Fibroblasten (Beginn Synthese von retikulären Fasern) Behandlung: vegetative Therapie/Verbesserung der Durchblutung/Schmerzlinderung/schmerzfreies Bewegen 2. Proliferationsphase (5.–21. Tag) - Abbau der Entzündung: Neubildung eines funktionellen Bindegewebes durch Fibroblasten (Cave: Kollagenfasern sind sehr schwach, dünn und schlecht organisiert); Stabilität durch Aktivität der Myofibroblasten Behandlung: Verbesserung der Durchblutung/ Bewegen mit zunehmender Belastung/Mobilisationen Stufe 1 bis 2 (n. Kaltenborn) 3. Umbauphase - Konsolidierungsphase (21.–60. Tag): gesteigerte Matrixproduktion, dadurch mehr Abstand der Kollagenfasern; durch Umbau der Kollagenfasern werden die Fasern dicker und stabiler, dadurch Zunahme der Belastbarkeit Behandlung: Bewegen/Mobilisationen/spezifische Belastung - Organisationsphase (60.–360. Tag): Kollagensynthese bis zum 4. Monat hoch, danach langsam abnehmend Behandlung: forcierte Trainingstherapie/sportartenspezifisches Training
5
176
Kapitel 5 · Fallbeispiele
5.2.7
Klinisches Beispiel: Tendopathie des M.extensor carpi radialis brevis (links)
Behandlungsmöglichkeiten
▼
5
▼
▼▼
1
2
Querfriktion der Insertion des M. extensor carpi radialis brevis Der Arm des P wird in ca. 90° Ellenbogenflexion eingestellt. Der T lokalisiert mit seiner Daumenspitze oder alternativ mit dem Zeigefinger den Epicondylus lateralis des Humerus. Anschließend übt er mit dem Daumen einen intermittierenden Druck nach lateral aus. Behandlungszeit: ca. 3–5 Minuten bei akuten Beschwerden, 20–30 Minuten bei chronischen Läsionen (in Kombination mit einer anschließenden Weichteilmanipulation)
Gapping am lateralen Ellenbogen Der T stellt den Arm des P in Volarflexion und Ulnarduktion im Handgelenk und in Pronation und Extension im Ellenbogengelenk ein. Der Arm wird in dieser fixen Position auf dem Oberschenkel des T gelagert. Anschließend hebt der T den Arm leicht an und lässt ihn, mit Hilfe des Eigengewichts des Arms, mit einer schnellen Bewegung auf seinen Oberschenkel fallen. Dadurch entsteht ein Klaffen (Gapping) auf der Lateralseite des Ellenbogengelenks, so dass es zu einer zusätzlichen Dehnung der kontraktilen Anteile der Extensorenmuskeln kommt.
▼
▼
3 Dehnung/Entspannung des M. extensor carpi radialis brevis Der Arm des P wird in Volarflexion und Ulnarduktion im Handgelenk und in Pronation im Ellenbogengelenk eingestellt. Der T bewegt nun das Ellenbogengelenk langsam in Richtung Extension, bis eine Dehnung der Extensorenmuskeln eintritt. Der P kontrahiert seine Extensoren gegen den Widerstand des T durch eine Dorsalextension im Handgelenk. Anschließend entspannt der P und der T versucht den Ellenbogen weiter in Richtung Extension zu bewegen.
4 Mobilisation der Handwurzel Das Handgelenk des P wird in Dorsalextension eingestellt. Der T legt die Daumenspitze der einen Hand auf das Os lunatum. Mit dem Hypothenar der anderen Hand übt der T einen Druck über den Daumen in volare Richtung aus, so dass eine Gleitmobilisation des Os lunatum erfolgt. Hinweis: Bei einer strukturellen Hypomobilität wird die Mobilisation am Bewegungsende durchgeführt. Bei einer schmerzhaft bedingten Hypomobilität (reflektorisch) erfolgt die Technik innerhalb des Bewegungsspielraums.
177
5.3 · Das schmerzhafte Handgelenk
5.3
Das schmerzhafte Handgelenk
5.3.1
Anamnese
Ein 32-jähriger Mann hat seit ca. vier Wochen Schmerzen im rechten Handgelenk. Der Patient berichtet, dass die Schmerzen zum ersten Mal nach einem Angelwettbewerb auftraten, bei dem er das Handgelenk über zwei Tage sehr stark belastete, indem er sehr häufig die Angel mit einer ruckartigen Bewegung auswarf. Die starken Beschwerden hielten danach ca. 3–4 Tage an, so dass fast jede Handbewegung schmerzte. Anschließend reduzierten sich die Symptome fast vollständig. Seit dieser Zeit schmerzt die Hand des Patienten nach ca. zwei Stunden PC-Arbeit (Beruf: Informatiker, Arbeitszeit: 8–10 Stunden täglich), wobei er mit der rechten Hand die Computermaus und Tastatur bedient. Weiterhin verspürt der Patient vom Handgelenk ausstrahlende Schmerzen in den distalen Unterarm rechts (⊡ Abb. 5.3). Von ärztlicher Seite wurde bisher keine Therapie durchgeführt. In der Langzeitanamnese gibt der Patient an, dass er vor zwei Jahren bei einem Fahrradunfall auf die rechte extendierte Hand gefallen war und sich dabei eine Fraktur des Os scaphoideum zugezogen hatte. Die Verletzung wurde konservativ mit einer zehnwöchigen Ruhigstellung behandelt. Nach der Gipsabnahme zeigte die Hand eine Bewegungseinschränkung ohne Schmerzen in die Extension, die krankengymnastisch behandelt wurde. Es traten in der Folge keine weiteren Beschwerden auf. ✔ ✔
✔
✔
✔ ✔ ✔
✔
✔ ✔
✔
✔
Schmerz 1
✔
✔ ✔
Interpretation der Anamnese: zunächst lokale Entzündung (Entzündungsphase ca. fünf Tage) nach Überlastung bei möglicher Vorschädigung durch das zwei Jahre zurückliegende Trauma Durch die belastungsabhängige Handposition während der beruflichen Tätigkeit erfolgte keine regelrechte Ausheilung der Verletzung. erhöhte Irritierbarkeit (zwei Stunden der relativ einfachen Aktivität „Computerarbeit“ lösen die Beschwerden aus).
5.3.2
Bereichslokalisation und Basisfunktionsprüfung
Der Patient kann zum Zeitpunkt der Untersuchung keine aktive und passive Bewegung oder Position der Hand demonstrieren, in der die typischen Symptome auftreten. Aufgrund der anamnestischen Angaben hinsichtlich Lokalisation, Symptomverhalten sowie der Vorgeschichte kommt das Handgelenk als wahrscheinlichste Symptomquelle in Frage. Vor der Basisfunktionsprüfung wird ein Schnelltest für HWS, Schulterkomplex und Ellenbogen durchgeführt ( Kap. 2.10, S. 56), um eine mögliche Beteiligung dieser angrenzenden Regionen auszuschließen. Daraufhin erfolgt die Basisfunktionsprüfung des Handgelenks (⊡ Tab. 5.3). ⊡ Tab. 5.3. Aktiv-passive Basisfunktionsprüfung des Handgelenks Handgelenk rechts
aktiv
passiv
Dorsalextension
70°/typ. S.
75°/typ. S.
Volarflexion
–
Radialabduktion
–
Ulnarabduktion
–
– EoR/typ. S. –
Traktion
–
Kompression
–
Gleiten nach volar
deutlich eingeschränkt
Gleiten nach dorsal
–
Gleiten nach radial
–
Gleiten nach ulnar
–
Gleiten spezifisch der einzelnen Karpalknochen (12er-Test)
Volargleiten Os scaphoide-
um eingeschränkt Dorsalgleiten Ossa trape-
zoidea eingeschränkt Abb. 5.3. Körperkarte für das Fallbeispiel „schmerzhaftes Handgelenk” ✔ = z. Zt. keine Beschwerden
Volargleiten Os lunatum typ.
S. und eingeschränkt
5
178
Kapitel 5 · Fallbeispiele
⊡ Tab. 5.3. Aktiv-passive Basisfunktionsprüfung des Handgelenks (Fortsetzung) Handgelenk rechts
aktiv
WT in Dorsalextension
schmerzhaft
WT in Volarflexion WT in Radialabduktion
passiv
–
5.3.5
schmerzhaft
WT in Ulnarabduktion
–
Legende ⊡ S. 174
5.3.3
5
Hypothesenbildung
Interpretation der aktiv-passiven Bewegungsprüfung: Die Bewegungen zeigen eine schmerzhafte Einschränkung im nichtkapsulären Muster. In der endgradig symptomatischen Position erfolgt eine spezifische Differenzierung, bei der der Karpalknochen als Quelle der Symptome erkannt wird ( Kap. 2.10, S. 56). Ein Volargleiten des Os lunatum löst die typischen Schmerzen des Patienten aus. Interpretation der positiven Gelenkspieltests: Man kann die Hypothese aufstellen, dass die hypomobilen Handwurzelknochen (das Os scaphoideum sowie die Ossa trapezoidea) seit der Immobilisationsperiode immer noch endgradig eine Gleitstörung aufweisen. Dadurch werden andere Handwurzelknochen, in diesem Fall das Os lunatum, überlastet. Interpretation der positiven Widerstandstests: Die schmerzhaften Widerstandstests weisen auf eine muskuläre Affektion der Mm. extensores carpi radialis longus und brevis oder eine Handgelenksläsion hin (Kompressionswirkung durch die Widerstandstests). Um eine Differenzierung vorzunehmen, kann unter einem gehaltenen Widerstandstest in Extension bzw. Radialduktion eine Handgelenkstraktion bzw. -kompression durchgeführt werden.
5.3.4
Formulierung einer Wahrscheinlichkeitsdiagnose bzw. -hypothese: → Schmerzhafte Hypomobilität des Os lunatum bei gleichzeitiger struktureller Hypomobiltät des Os scaphoideum und der Ossa trapezoidea
Probebehandlung
Behandlungsziel: Die Wiederherstellung der normalen Mobilität des Os lunatum (reflektorische Hypomobilität). Technik: Es erfolgte eine intermittierende schmerzfreie Mobilisation des Os lunatum nach volar. Während der Behandlung kommt es zu einem palpablen „Knacken“ im Gelenk. Nach der Probebehandlung erfolgt direkt eine Überprüfung der Hauptbefunde aus der Untersuchung. Hierbei zeigt sich eine deutliche Verbesserung der Dorsalextension, die Schmerzen sind nur noch endgradig (ca. 90°) zu reproduzieren. Die Überprüfung der positiven Gelenkspieltests zeigt eine deutlich vermehrte Beweglichkeit des Os lunatum. Als aktuelle Hypothese bzw. Diagnose kann nun von einer Hypermobilität/Instabilität des Os lunatum ausgegangen werden.
5.3.6
Behandlungsplan und -progression
weiterhin intermittierende Mobilisationen des Os lunatum nach volar (reflektorische Hypomobilität), bis relative Schmerzfreiheit eintritt, bei erneuter Blockade evtl. Manipulation des Os lunatum (⊡ Abb. 1, rechts) strukturelle Mobilisation des nach volar hypomobilen Os scaphoideum (strukturelle Hypomobilität; ⊡ Abb. 2, rechts) und der hypomobilen Ossa trapezoidea nach dorsal (⊡ Abb. 3, rechts), um eine Entlastung des symptomatischen Os lunatum zu erzielen Dehnung/Entspannung der überlasteten Handextensoren Mm. extensores carpi radialis und brevis (⊡ Abb. 4, rechts)
Zusatztests
Aufgrund der oben erwähnten Überlegungen kommt folgender Zusatztest in Frage: Stabilitätstest für den Karpus ( Kap. 2.11, S. 63). Der Stabilitätstest löste sehr starke Schmerzen aus, so dass die Stabilität nicht beurteilt werden kann.
MEMO • Reflektorische Hypomobilität: Mobilitätseinschränkung durch Schmerz, neuroreflektorische Ursache • Strukturelle Hypomobilität: Mobilitätsstörung durch pathologische Crosslinks im Bindegewebe (Gelenkkapsel, Muskel, Nerv), nicht schmerzhaft
179
5.3 · Das schmerzhafte Handgelenk
5.3.7
Klinisches Beispiel: Hypermobilität des Os lunatum (rechts, nach alter Skaphoidfraktur)
Behandlungsmöglichkeiten
▼
▼
1
2 (Strukturelle) Mobilisation des Os scaphoideum Das Handgelenk des P wird in Dorsalextension eingestellt. Der T legt die Daumenspitze der einen Hand auf das Os scaphoideum. Mit dem Hypothenar der anderen Hand übt der T einen Druck über den Daumen in volare Richtung aus, so dass eine Gleitmobilisation des Os scaphoideum (Konvexregel nach Kaltenborn) erfolgt.
▼
Mobilisation/Manipulation des Os lunatum Der T umgreift die Hand des P und legt beide Daumenspitzen übereinander auf das Os lunatum. Die Zeigefinger liegen von volar gegen Radius und Ulna. Der T übt einen Druck auf das Os lunatum in volare Richtung aus. Anschließend bewegt der T das Handgelenk aus einer leichten Volarflexionsstellung in die Neutralstellung. Hinweis: Die Bewegung kann langsam mobilisierend erfolgen oder durch eine schnelle Bewegung mit einem Impuls.
▼
3 (Strukturelle) Mobilsation der Ossa trapezoidea Das Handgelenk des P wird in Dorsalextension eingestellt. Der T legt die Daumenspitze der einen Hand auf die Ossa trapezoidea. Mit dem Hypothenar der anderen Hand übt der T einen Druck über den Daumen in dorsale Richtung aus, so dass eine Gleitmobilisation der Ossa trapezoidea (Konkavregel nach Kaltenborn) erfolgt. Hinweis: Die Ossa trapezoidea gleiten bei Dorsalextension der Hand nach dorsal.
4 Dehnung/Entspannung der Mm. extensores carpi radialis brevis und longus Der Arm des P wird in Volarflexion und Ulnarduktion im Handgelenk und Pronation im Ellenbogengelenk eingestellt. Der T bewegt nun das Ellenbogengelenk langsam in Richtung Extension, bis eine Dehnung der Extensorenmuskeln eintritt. Der P kontrahiert seine Extensoren gegen den Widerstand des T durch eine Dorsalextension im Handgelenk. Anschließend entspannt der P und der T versucht, den Ellenbogen weiter in Richtung Extension zu bewegen.
5
180
5
Kapitel 5 · Fallbeispiele
5.4
Die eingeschränkte Hüfte
5.4.1
Anamnese
Eine 54-jährige Hausfrau hat seit ca. ein bis zwei Jahren leichte Schmerzen in der linken Leiste mit beschwerdefreien Intervallen von ca. 3–4 Wochen. Vor drei Monaten sind die Symptome jedoch so stark geworden, dass sie mittlerweile täglich Schmerzen hat. Die Beschwerden halten nach Belastung (Gehstrecke ca. 1 km) für etwa einen halben Tag an. Nachts schmerzt die Hüftregion bei Seitlage links. Morgens nach dem Aufstehen hat die Patientin ein Steifigkeitsgefühl in der Hüfte, das aber nach ca. 30 Min. nachlässt. Zusätzlich hat sie seit einem Monat mediale Kniebeschwerden links, die vor allem in Ruhe auftreten (⊡ Abb. 5.4). Die ärztliche Diagnose ergab eine beginnende Koxarthrose links, wobei das Röntgenbild nur leichte degenerative Veränderungen zeigte. Die Behandlung erfolgte bisher mit einem nichtsteroidalen Antirheumatikum und Bestrahlungen ohne wesentliche Beeinflussung der Symptomatik. ✔ ✔
✔ ✔
Bereichslokalisation und Basisfunktionsprüfung
In der symptomprovozierenden Position (Standbein links) zeigte sich nach verschiedenen differenzialdiagnostischen Manövern ( Kap. 2.11, S. 66), dass die Symptome der Patientin aus dem Hüftgelenk hervorgerufen werden. Daraufhin erfolgt die Basisfunktionsprüfung des Hüftgelenks (⊡ Tab. 5.4).
⊡ Tab. 5.4. Aktiv-passive Basisfunktionsprüfung des Hüftgelenks Hüftgelenk
aktiv
passiv
Flexion
–
AR (90° FLEX/HG)
–
IR (90° FLEX/HG)
✔ ✔
✔
– –
ABD/mit Hüftgelenksflexion
–
–
ADD/gestrecktes Bein
–
–
ADD/Zirkumduktion
–
–
Schmerz 2
✔ ✔
– EoR/typ. S.
R >rechts – typ. S. (leicht)
WT in Abduktion
–
WT in Adduktion
–
Extension/gestrecktes Bein (BL) ✔
li: 25°/typ. S. re: 35°
ABD/mit Kniegelenksflexion
WT in Flexion Schmerz 1
–
ABD/gestrecktes Bein
Traktion ✔
EoR/typ. S.
20°/typ. S.
Kompression
✔ ✔
✔
5.4.2
li: 15°/typ. S. re: 20°
–
Extension/max. Kniegelenksflexion (BL)
wird nicht getestet
nicht testbar
Innenrotation (BL)
15°/typ. S.
15°/typ. S.
WT in Innenrotation (BL)
–
Abb. 5.4. Körperkarte für das Fallbeispiel „eingeschränkte Hüfte” ✔ = z. Zt. keine Beschwerden
WT in Außenrotation (BL)
unangenehm
Interpretation der Anamnese: langsam progrediente Symptomatik (Zunahme vor drei Monaten, Schmerzen nachts, Ausstrahlung in den medialen Kniegelenksbereich über den Referred pain-Mechanismus (⊡ Referred pain, Kap. 1.2, S. 4) irritierbarer Zustand (konstanter Schmerz über einen halben Tag nach 1 km Gehstrecke)
Kniegelenk (BL)
aktiv
– lokaler Schmerz Rg. Trochanter major
WT in Flexion
–
WT in Extension
–
Legende ⊡ S. 174
181
5.4 · Die eingeschränkte Hüfte
5.4.3
Hypothesenbildung
Interpretation der aktiv-passiven Bewegungsprüfung: Nach der Basisfunktionsprüfung zeigt sich, dass vor allem die Innenrotation, Extension und Abduktion der Hüfte die am meisten provozierenden Bewegungen darstellen. Daraus ergibt sich eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung im kapsulären Muster. Interpretation der translatorischen Bewegungsprüfung: Das linke Hüftgelenk zeigt im Traktionstest einen erhöhten Widerstand im Seitenvergleich mit der rechten Seite, was ebenfalls auf eine Beteiligung der Gelenkkapsel hinweist.
5.4.4
Zusatztests
Aufgrund der oben erwähnten Überlegungen kommt folgender Zusatztest in Frage: positiv passiver Test mit zusätzlicher Traktion bzw. Kompression ( Kap. 2.13, S. 69) Nach Ausführung der Traktion in den provozierenden Gelenkstellungen gibt die Patientin eine Symptomreduzierung an. Mit Kompression erfolgt eine Verstärkung der Schmerzen. Formulierung einer Wahrscheinlichkeitsdiagnose bzw. -hypothese: → Läsion der Gelenkfläche des Koxofemoralgelenks mit Irritation der Gelenkkapsel (Kapselmuster nach Cyriax)
5.4.5
Probebehandlung
Behandlungsziel: Wiederherstellung der eingeschränkten Mobilität (reflektorische Hypomobilität) Technik: Intermittierende Traktion nach kaudal im Koxofemoralgelenk zur Schmerzlinderung und Reduzierung der Spannung in der Gelenkkapsel für ca. 5 Minuten (⊡ Abb 1, S. 182). Das Gelenk befindet sich in der aktuellen Ruhestellung (ca. 30° Flexion, 30° Abduktion, 10° Außenrotation).
5.4.6
Behandlungsplan und -progression
Senkung der sympathischen Reflexaktivität durch Behandlung des vegetativen Ursprungsgebiets der unteren Extremität (ca. T8/T9–L2/L3, ⊡ Abb. 2, S. 182) weiterhin intermittierende Traktion des Hüftgelenks zur Schmerzlinderung
strukturelle Mobilisation der eingeschränkten Innenrotation (⊡ Abb. 3, S. 182), wenn die Gelenkkapsel bei den aktiv-passiven Bewegungen keine Schmerzen mehr zeigt Intermittierende Kompressionsbehandlung in den Positionen bzw. Gelenkstellungen, in denen mit Kompression (⊡ Zusatztests) eine Schmerzzunahme zu verzeichnen war (⊡ Abb. 4, S. 182). Die Kompressionsbehandlung (unterhalb der Schmerzgrenze) sollte nur stattfinden, wenn die Irritation der Gelenkkapsel sich verbessert hat. Anschließend kann die Kompressionsbehandlung mit Gleitbewegungen kombiniert werden.
MEMO Kompressionsbehandlungen an Gelenken werden durchgeführt, um die Belastbarkeit des kollagenen Netzwerks im Gelenkknorpel zu steigern. Der Kompressionsreiz soll eine vergrößerte Produktion von Matrixbestandteilen durch die Knorpelzellen bewirken. Dadurch kann bei einer vorhandenen Degeneration die Belastbarkeit des Gelenkknorpels gesteigert werden. Dies geschieht durch die mechanische Verformung der Knorpelzellen und durch eine Steigerung der piezoelektrischen Aktivität im Gelenkknorpel. Weiterhin kann durch die Behandlung die Regeneration des subchondralen Knochens angeregt werden. Die zunächst passiv-manuell durchgeführte Kompressionstherapie sollte vor allem bei Patienten angewendet werden, die schon bei geringen Belastungen Schmerzen haben oder die über längere Zeit das Gelenk nicht belasten konnten. Die Kompressionen sollten intermittierend ausgeführt werden, um den natürlichen Belastungswechsel der Gelenke, z. B. während des Gehens, nachzuahmen. Um möglichst das gesamte kollagene Netzwerk zu erreichen, können die Kompressionsbehandlungen mit Gleit- und angulären Techniken ergänzt werden. Zur Therapie eignen sich alle synovialen Gelenke, vor allem aber die gewichtstragenden Fuß-, Knie- und Hüftgelenke (van den Berg 2003, Lowther 1985).
5
182
Kapitel 5 · Fallbeispiele
5.4.7
Klinisches Beispiel: Arthritis des linken Hüftgelenks (links)
Behandlungsmöglichkeiten
▼
5
▼
1
2 Reize auf das vegetative Ursprungsgebiet des thorakolumbalen Übergangs (TLÜ) Der T gibt im vegetativen Ursprungsgebiet des Hüftgelenks verschiedene Reize, um eine erhöhte sympathische Reflexaktivität zu senken. Diese können aus Haut- und Bindegewebstechniken, Quer- und Funktionsmassagen sowie oszillierenden Gelenktechniken (⊡ Abb.: posteroanteriore Bewegungen unilateral der Wirbelsäule auf die Facettengelenke) bestehen. Durch die Senkung der Reflexaktivität wird eine verbesserte Durchblutung und eine Entspannung der Bindegewebsstrukturen u. a. in der Hüftregion erzielt.
▼
Traktion des Hüftgelenks Das Becken des P wird mit zwei Gurten fixiert, damit das Os pubis nach kranial und beide SIAS nach posterior fixiert sind. Der T bringt das gestreckte Bein in Ruhestellung bzw. in die eingeschränkte Gelenkposition. Er übt über den Fuß einen nach kaudal gerichteten Zug aus, um dadurch eine Dehnung der Gelenkkapsel zu erzielen. Hinweis: Bei Einschränkungen ab ca. 90° Hüftflexion wird ein weiterer Gurt in der Leistengegend des P platziert, über den der T den Zug ausübt (ohne Abb., der Gurt führt um die Hüfte des T).
▼
3 (Strukturelle) Mobilsation der Innenrotation Das extendierte Bein des P wird in der maximal möglichen Innenrotation eingestellt und dort von der einen Hand des T fixiert. Das Os ilium wird mit einem Sandsack o. Ä. unterlagert. Der T steht auf der kontralateralen Seite der Behandlungsbank und übt mit seiner anderen Hand einen nach dorsal und leicht lateral gerichteten Druck in Höhe der Leiste des P aus. Dadurch entsteht eine Gleitmobilisation nach dorsal (Konvexregel nach Kaltenborn).
4 Kompressionsbehandlung Das Hüftgelenk des P wird in die symptomprovozierende Stellung gebracht. Der T übt über den distalen Oberschenkel des P einen intermittierenden Druck nach kranial aus. Die Dosierung sollte so erfolgen, dass keine Symptome während der Durchführung ausgelöst werden. Variante: Eine weitere Möglichkeit besteht in einer Kompression über den Trochanter major in Richtung Hüftgelenkspfanne. Hierbei liegt der P auf seiner nichtbetroffenen Seite (ohne Abb.).
183
5.5 · Das instabile Knie
5.5
Das instabile Knie
5.5.1
Anamnese
Es bestehen zur Zeit keine weiteren Erkrankungen. Der Patient klagt weiterhin über zeitweise auftretende lumbale Rückenschmerzen, die eher linksseitig lokalisiert sind (⊡ Abb. 5.5).
Ein 28-jähriger Fußballer klagt über rezidivierende Schmerzen am medialen rechten Kniegelenk, die zeitweise bis in den Unterschenkel medial ausstrahlen. Die Beschwerden traten vor ca. drei Monaten erstmals nach einem Fußballspiel auf. Seitdem treten die Schmerzen regelmäßig nach dem Training und Spielen auf. Dabei wechselt die Intensität der Schmerzen, mitunter sind sie so stark, dass der Patient das Training abbrechen muss. Wenn die Schmerzen stark auftreten, können sie noch ein paar Stunden nach dem Training, bzw. Spiel anhalten, bevor sie langsam nachlassen. Der Patient behandelt sich in solchen Fällen mit Eispackungen selbst. Im Alltag bestehen keine Einschränkungen. Im gesamten Verlauf über die drei Monate sind die Beschwerden jedoch leicht zunehmend (⊡ Abb. 5.5). Die ärztliche Diagnose lautete auf mediale Kapselreizung am rechten Kniegelenk. Behandelt wurde bis jetzt mit zehn elektrotherapeutischen Anwendungen, jedoch nur mit kurzer Verbesserung der Symptomatik. In der Langzeitanamnese berichtet der Patient von einer Teilmeniskotomie medial rechts nach einem Trauma bei einem ein Jahr zurückliegenden Fußballspiel. Postoperativ wurde mit Krankengymnastik das Kniegelenk nachbehandelt und mit medizinischer Trainingstherapie ein Muskelaufbauprogramm durchgeführt. Nach sechs Wochen konnte der Sportler sein Training wieder aufnehmen. ✔
✔ ✔
✔
✔
✔
✔
✔ ✔
✔
✔ ✔
✔
✔
✔
✔
✔
Schmerz 2
✔
✔
✔
✔
✔
Schmerz 1
5.5.2
Bereichslokalisation und Basisfunktionsprüfung
Der Patient kommt direkt nach Trainingsende zur Untersuchung, da ohne vorherige Belastung keine Beschwerden ausgelöst werden können. In der symptomprovozierenden Position (Standbein rechts in Extension) zeigt sich nach verschiedenen differenzialdiagnostischen Manövern ( Kap. 2.15, S. 75), dass sich die Symptome innerhalb des Tibiofemoralgelenks lokalisieren lassen. Daraufhin erfolgt die Basisfunktionsprüfung des Kniegelenks (⊡ Tab. 5.5). ⊡ Tab. 5.5. Aktiv-passive Basisfunktionsprüfung des Kniegelenks Kniegelenk Flexion Extension
✔
✔
Abb. 5.5. Körperkarte für das Fallbeispiel „instabiles Knie” ✔ = z. Zt. keine Beschwerden
-10°
Außenrotation
–
passiv EoR/„unangenehm”, kein S. -5°/typ. S. – EoR/typ. S.
Traktion
–
Kompression
– mediales > laterales Gelenkkompartiment (hypermobil)
Gleiten nach medial
–
Gleiten nach lateral
–
Patellofemoralgelenk
–
prox. Tibiofibulargelenk
–
WT in Flexion
–
WT in Extension ✔ ✔
–
–
Gleiten nach posterior ✔
aktiv
Innenrotation
Gleiten nach anterior ✔
✔
Interpretation der Anamnese: chronische Läsion kein entzündlicher Vorgang geringe Irritierbarkeit (Beschwerden nur nach starker Belastung für das Kniegelenk, Alltagsaktivitäten sind symptomlos)
Loslass-Schmerz
WT in Innenrotation
–
WT in Außenrotation
–
Legende ⊡ S. 174
5
184
Kapitel 5 · Fallbeispiele
5.5.3
Hypothesenbildung
Interpretation der aktiv-passiven Bewegungsprüfung: Alle Bewegungen, die den medialen Kapsel-Band-Apparat unter Belastung bringen, zeigen die typischen Symptome. Als weitere Möglichkeit kommt der Rest des medialen Meniskus als Symptomauslöser in Frage. Es liegt eine Bewegungseinschränkung im nichtkapsulären Muster vor. Interpretation der translatorischen Bewegungsprüfung: Die partielle Hypermobilität im medialen Gelenkkompartiment ist eine mögliche Folge der Teilmeniskotomie.
5
5.5.4
Zusatztests
Aufgrund der oben erwähnten Überlegungen kommen folgende Zusatztests in Frage: Valgustest in leichter Flexion ( Kap. 2.15, S. 82) spezielle Palpation am medialen Kniegelenkskomplex Meniskustests wie Steinmann, Apley, McMurray ( Kap. 2.15, S. 82 f.) Der Valgustest löst nach ca. fünf Sekunden die typischen medialen Kniegelenksschmerzen aus. Ebenso wirkt die Palpation über dem medialen Gelenkspalt und nach distal in Richtung Insertion des Lig. collaterale mediale an der Tibia. Die Meniskustests reproduzierten keine signifikanten Symptome. Formulierung einer Wahrscheinlichkeitsdiagnose bzw. -hypothese: → Chronische Irritation des Lig. collaterale mediale Hypothese: Die Hypermobilität im medialen Gelenkkompartiment führt zu einer Verlagerung der Rotationsachse im medialen Gelenkanteil des Kniegelenks nach lateral, so dass nun der mediale Kapsel-Band-Apparat unter erhöhter Belastung steht.
5.5.5
Probebehandlung
Behandlungsziel: Überführung der chronischen Läsion des Lig. collaterale mediale in einen akuten Entzündungsprozess, damit eine normale Wundheilung ablaufen kann Technik: Querfriktion des Lig. collaterale mediale für 20–30 Minuten (⊡ Abb. 1, rechts) mit anschließender Weichteilmanipulation in Richtung Knieextension (⊡ Abb. 2, rechts)
5.5.6
Behandlungsplan und -progression
Gegen Ende oder nach Ablauf der 5-tägigen Entzündungsphase (⊡ Memo, S. 175) werden noch 3–5-minütige Querfriktionen durchgeführt, um die lokale Durchblutung (Histaminausschüttung) zu erhöhen. Der Patient sollte in dieser Phase das Knie sehr viel im schmerzfreien Bereich bewegen. intermittierende Kompressionsbehandlung zur verbesserten Knorpel- bzw. Meniskussynthese in leichter bis maximaler Extension des Kniegelenks (⊡ Abb. 4, rechts) Evtl. kann eine Meniskusmanipulation (⊡ Abb. 3, rechts) durchgeführt werden. intensive medizinische Trainingstherapie, vor allem mit dem Therapieziel, die propriozeptiven Eigenschaften im Kniegelenk und in den angrenzenden Gelenken von Hüfte und Fuß zu verbessern.
MEMO Der Innenmeniskus ist aufgrund der festeren Verbindung mit der Gelenkkapsel und dem Lig. kollaterale mediale weniger mobil als der Außenmeniskus. Verletzungen des Innenmeniskus kommen daher häufiger und oft in Kombination mit dem medialen Kollateralligament vor. Unterscheiden kann man Verletzungen bzw. Degenerationen im vaskulären (via Kapsel) und im avaskulären Bereich. Aufgrund der Durchblutungssituation besteht eine gute Regenerationsfähigkeit im vaskulären Bereich.
185
5.5 · Das instabile Knie
5.5.7
Klinisches Beispiel: chronische Irritation des Lig. collaterale mediale (rechts)
Behandlungsmöglichkeiten
▼ ▼
▼
1
2
Querfriktion des Lig. collaterale mediale Das Knie des P wird in die symptomprovozierende Stellung gebracht. Anschließend übt der T mit seinem Zeigefinger auf der Medialseite des Kniegelenks einen Druck von posterior nach anterior aus. Die Lokalisation richtet sich nach der Schmerzangabe des P. Behandlungszeit: ca. 3–5 Minuten bei akuten Beschwerden, 20–30 Minuten bei chronischen Läsionen (in Kombination mit einer anschließenden Weichteilmanipulation)
Weichteilmanipulation des Lig. collaterale mediale Bei einer chronischen Läsion des Lig. collaterale mediale kann nach der Querfriktion eine zusätzliche Weichteilmanipulation durchgeführt werden, indem das Bein in die maximal mögliche Flexion und Außenrotation gebracht wird. An der Bewegungsgrenze gibt der T nun einen kleinen und schnellen Impuls in Richtung Knieflexion. Der Impuls kann auch in Richtung Knieextension gegeben werden, wenn die Symptome und/oder Bewegungseinschränkung in dieser Position auftreten.
▼
▼
3 Meniskusmanipulation Das Kniegelenk des P wird in ca. 90° Flexion eingestellt. Zusätzlich übt der T von der lateralen Knieseite einen Valgusstress nach medial aus. Unter Beibehaltung des Valgusdruckes lässt der T mit einer schnellen Bewegung den distalen Oberschenkel des P auf sein gebeugtes Knie fallen. Der Unterschenkel des P erfährt dadurch eine Beschleunigung nach distal. Durch den während des gesamten Manövers gehaltenen Valgusdruck kommt es zusätzlich zu einem Gapping (Klaffen) auf der Medialseite des Knies.
4
▼
Kompressionsbehandlung der Menisken Das Kniegelenk des auf dem Bauch liegenden P wird bis zur symptomprovozierenden Position und/oder der Bewegungseinschränkung flektiert. Der T umgreift mit beiden Händen den proximalen Unterschenkel, während der Fuß des P gegen die Achsel des T drückt. Anschließend übt der T über den Unterschenkel einen intermittierenden Druck auf das Kniegelenk aus. Hinweis: Die Kompressionsbehandlung kann mit kleinen Rotations- und anteroposterioren Gleitbewegungen kombiniert werden.
5
186
5
Kapitel 5 · Fallbeispiele
5.6
Akutes Inversionstrauma
5.6.1
Anamnese
5.6.2
Eine 40-jährige Frau klagt nach einem zwei Wochen zurückliegenden Inversionstrauma immer noch über sehr starke Schmerzen im linken Fuß. Sie berichtet, dass sie im Garten umgeknickt ist und der Knöchel innerhalb einer halben Stunde sehr stark angeschwollen sei. Der Arztbesuch am folgenden Tag zeigte im Röntgenbild keine knöchernen Verletzungen, auch in einer gehaltenen Aufnahme zeigte sich keine vergrößerte Aufklappbarkeit im oberen Sprunggelenk. Der Arzt verordnete eine Bandage und empfahl, den Fuß zu kühlen und für ein paar Tage zu schonen. Innerhalb einer Woche gingen die Schwellung und die Schmerzen deutlich zurück. Daraufhin versuchte die Patientin, den Fuß wieder normal zu belasten, wodurch sie aber erneut starke Schmerzen beim Auftreten verspürte. Die Schwellung war allerdings nur gering (⊡ Abb. 5.6). Die Patientin hat zur Zeit keine weiteren Erkrankungen und Beschwerden am Bewegungsapparat. ✔
Bereichslokalisation und Basisfunktionsprüfung
Inspektorisch ist noch eine leichte, diffuse Schwellung über dem lateralen Knöchelbereich festzustellen. Während des Gehens ist erkennbar, dass die Patientin vermeidet, die laterale Fußseite zu belasten. Aufgrund der offensichtlichen Verletzung (Lokalisation, inspektorisch festgestellte Schwellung) von Strukturen im Fußbereich erfolgt die Basisfunktionsprüfung (⊡ Tab. 5.6). Differenzialdiagnostik: Beachtet werden müssen mögliche Begleitverletzungen (⊡ Vorsicht, rechts). ⊡ Tab. 5.6. Aktiv-passive Basisfunktionsprüfung des Fußes OSG links
aktiv
passiv
Plantarflexion
30°/typ. S. +
30°/typ. S. +
–
–
Dorsalextension (ohne Kniegelenksflexion) Dorsalextension (mit Kniegelenksflexion) Dorsalextension (+ aktive Zehenextension)
✔
Traktion ✔
✔ ✔
✔ ✔
✔ ✔
✔
✔ ✔
✔
✔
✔
Schmerz 1
✔
✔
–
links < rechts (hypomobil) –
Gleiten nach anterior
links < rechts (hypomobil)
Gleiten nach posterior
links < rechts (hypomobil)
USG links
aktiv
Varus
EoR/typ. S.
Valgus
✔
0°/typ. S.
–
Kompression
✔ ✔
✔
0°/typ. S
–
Gleiten des Tarsus gegen das Os cuboideum
hypomobil, palpable Stufe gegen Os naviculare
OSG + USG + MT links
aktiv
DE/SUP/ADD
–
DE/PRON/ABD
–
PF/SUP/ADD
typ. S. ++ u. Einschränkung
Abb. 5.6. Körperkarte für das Fallbeispiel „akutes Inversionstrauma” ✔ = z. Zt. keine Beschwerden
PF/PRON/ABD
typ. S.
Interpretation der Anamnese: zunächst normaler Wundheilungsverlauf (Entzündungsphase, ⊡ Memo, S. 175) zu frühe Belastung des Fußes durch die Patientin (Bagatellisierung), so dass die verletzten Strukturen erneut irritiert wurden
WT in DE/PRON/ABD
WT in DE/SUP/ADD
– schmerzhaft
WT in PF/SUP/ADD WT in PF/PRON/ABD Legende ⊡ S. 174
– schmerzhaft
187
5.6 · Akutes Inversionstrauma
5.6.3
Hypothesenbildung
Interpretation der aktiv-passiven Bewegungsprüfung: Kapselmuster (Plantarflexion > Dorsalextension) des oberen Sprunggelenks Interpretation der translatorischen Bewegungsprüfung: Hier erfolgt die Bestätigung, dass die Gelenkkapsel des oberen Sprunggelenks betroffen ist. Die translatorischen Gelenktests der einzelnen Tarsalknochen zueinander zeigen eine deutliche Hypomobilität nach plantar-medial mit einer prominenten Stufe gegenüber dem Os naviculare, so dass von einer Subluxation des Os cuboideum in Außenrotation ausgegangen werden kann (mögliche Begleitverletzung nach einem Inversionstrauma durch den Zug der Sehne des M. peroneus longus). Interpretation der positiven Widerstandstests: Die Tests weisen auf eine mögliche Mitverletzung der kontraktilen Elemente bzw. der Sehne und Sehnenscheide des M. peroneus longus oder auf einen falsch positiven Befund durch den Zug der Sehne gegen das Os cuboideum (Fehlstellung).
5.6.4
Zusatztests
Aufgrund der oben erwähnten Überlegungen kommt folgender Zusatztest in Frage: Wegen der Ausstrahlungen in den distalen Unterschenkel wird in der gehaltenen passiven Plantarflexion ein zusätzlicher SLR (gestrecktes Beinheben) ausgeführt, um eine mögliche Begleitverletzung der kutanen Endäste des N. peroneus zu untersuchen ( Kap. 2.17, S. 96). spezifische Palpation der kontraktilen Strukturen des M. peroneus longus und des anterolateralen Kapsel-Band-Apparates Formulierung einer Wahrscheinlichkeitsdiagnose bzw. -hypothese: → Posttraumatisch verletzter anterolateraler Kapsel-BandApparat, insbesondere das Lig. talofibulare anterius im subakuten Zustand. Begleitläsion des Os cuboideum (Außenrotationsstellung) und Begleitverletzung des R. intermedius des N. peroneus superficialis (positiver Zusatztest).
5.6.5
Probebehandlung
Behandlungsziel: Wiederherstellung der normalen Mobilität im oberen Sprunggelenk (reflektorische Hypomobilität) sowie des Os cuboideum. Technik: intermittierende Traktions- und Gleittechniken innerhalb des schmerzfreien Gelenkspiels (aktuelle Ruhestellung, ⊡ Abb. 1, S. 188)
5.6.6
Behandlungsplan und -progression
Manipulation des in Außenrotation subluxierten Os cuboideum nach plantar-medial (⊡ Abb. 3, S. 188) weiterhin intermittierende Traktions- und Gleittechniken im oberen Sprunggelenk wie in der Probebehandlung, bei Abnahme der Schmerzen bzw. Zunahme der Beweglichkeit in einer vorpositionierten Stellung (v. a. Plantarflexion) 3–5-minütige Querfriktionen zur lokalen Durchblutungserhöhung auf dem Lig. talofibuolare anterius (⊡ Abb. 2, S. 188) Senkung der sympathischen Reflexaktivität durch Behandlung des vegetativen Ursprungsgebiets der unteren Extremität (ca. T8/T9– L2/L3; ⊡ Abb. 2, S. 182) Mobilisation des R. intermedius des N. peroneus superficialis in Form von manuellen Verschiebungen des Nervs gegenüber seinem umgebenden Gewebe (⊡ Abb. 4, S. 188)
VORSICHT Mögliche Begleitverletzungen bei einem Inversionstrauma: • Impressionsfrakturen des Malleolus medialis und des Talushalses • Abrissfrakturen des Malleolus lateralis und des Os metatarsi V • Knorpelfrakturen im OSG und USG • Fehlstellungen des Talus, Os cuboideum und des Caput fibulae • Nervenverletzung des N. peroneus superficialis und des N. suralis • Verletzungen des Muskel-Sehnen-Apparates der Mm. peronei und des M. extensor digitorum longus
5
188
Kapitel 5 · Fallbeispiele
5.6.7
Klinisches Beispiel: Läsion des anterolateralen Kapsel-Band-Apparates (links)
Behandlungsmöglichkeiten
▼ ▼
5
▼
1
2 Querfriktion am Lig. talofibulare anterius Der Fuß des P wird in Richtung Plantarflexion und Supination bis in die symptomprovozierende Position gebracht. Der T übt mit seinem Zeigefinger einen Druck von posterolateral nach anteromedial aus. Die Lokalisation richtet sich nach der Schmerzangabe des P. Behandlungszeit: ca. 3–5 Minuten bei akuten Beschwerden, 20–30 Minuten bei chronischen Läsionen
▼
Traktion/Gleiten am OSG Das OSG des P wird in die aktuelle Ruhestellung gebracht. Der T legt die Kleinfinger um das Collum tali. Anschließend führt er eine intermittierende Traktion in Verlängerung des Unterschenkels durch. Weiterhin kann der T ein intermittierendes Gleiten nach anterior (für die Plantarflexion) und posterior (für die Dorsalextension) durchführen ( Kap. 4.8.3, S. 162).
▼
▼
3 Mobilisation/Manipulation des Os cuboideum Der Fuß des P wird von medial (Ossa naviculare und cuneiforme III) mit einem Sandsack unterlagert. Der T legt von lateral den Daumen der einen Hand gelenkspaltnah auf das Os cuboideum. Das Hypothenar der anderen Hand liegt über dem Daumen. Der T mobilisiert das Os cuboideum nach plantar-medial. Bei einer Subluxationsstellung des Kuboid nach außen gibt der T einen schnellen Impuls in Richtung Innenrotation des Kuboid.
4 Mobilisation der Hautnerven Das Bein des P wird in Extension im Knie und Flexion in der Hüfte eingestellt (erhöhte neurale Spannung im N. peroneus). Der Fuß des P wird in Richtung Plantarflexion und Supination bis in die symptomprovozierende Position gebracht. Anschließend verschiebt der T Haut und Unterhaut, um die Gleitfähigkeit der Hautnerven (R. intermedius des N. peroneus und R. lateralis des N. suralis) auf dem Fußrücken zu verbessern.
6 Anhang Kontaktadressen – 190 Kopiervorlage Körperkarte Literatur – 193 Sachverzeichnis – 195
– 191
190
Anhang
Kontaktadressen
6
Klinisches Patienten Management (KPM®) Internationale Akademie für Osteopathische und Manuelle Therapie Leitung: B. Sc. Phys. PT-OMT Frans van den Berg, PT-OMT Matthias Löber, PT-OMT Daniel Schulz Marburg, Oberhausen, Holzkirchen, Istanbul, Klagenfurt, Zürich www.IAOMT.de
Manuelle Therapie anerkannt nach den Richtlinien der Spitzenverbände der Krankenkassen Ärztliche Leitung: Prof. Dr. Dr. Axel Wilke Physiotherapeutische Leitung: M. Sc. Phys. PT-OMT Udo Wolf Therapiezentrum Rehafit Am Krekel 49 35039 Marburg E-Mail:
[email protected] Orthopädische Manuelle Therapie (OMT) nach IFOMT-Standard Leitung: B. Sc. Phys. PT-OMT Frans van den Berg www.spt-education.de
191
Kopiervorlage Körperkarte
5
PHYSIOTHERAPIE BASICS Herausgegeben von B.C. Kolster, F.v.d. Berg und U. Wolf K. Lindel Im Praxis-Teil werden für jeden Muskel Längentest und Dehnung der Struktur beschrieben. Mit 3-D-Grafiken der Anatomie und farbigen Fotosequenzen werden die Verfahren und ihre praktische Umsetzung optimal veranschaulicht. In tabellarischen Übersichten findet man Gelenk für Gelenk die bei der jeweiligen Dehnung einzustellenden Richtungen. • • •
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2004. 226 S. 438 in Farbe, 9 Tab. Geb., ISBN 3-540-00094-1
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193
Literatur
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Kaltenborn F (1999) Manuelle Therapie der Extremitäten nach Kaltenborn. Olaf Norlis Bokhandel, Oslo
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9
194
Anhang
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5
195
Sachverzeichnis
A A. subclavia 35, 37, 39, 44 A-Beta-Fasern 15 Abrissfraktur 187 Achillessehne 157 f. Achillessehnenläsion 96 Achillessehnenreflex (ASR) 32 Adduktoren 138 A-Delta-Nervenfasern 26 Afferenzen –, dünne 15 –, dicke 15 Akromioklavikulargelenk (ACG) 34, 36, 44, 99 f., 123 –, Kapselmuster 100 Aktivität, piezoelektrische 181 Aktiv-passive Bewegungsprüfung 31 –, Daumensattelgelenk 61 –, Ellenbogengelenk 49 –, Fuß 87 ff. –, Handgelenk 57 –, Hüftgelenk 67 f. –, Kniegelenk 75 f. –, Schulter 36 f., 39 Aminosäuren 15 Anamnese 22 ff. –, familiäre 29 –, soziale 29 Appetitlosigkeit 29 Arachidonsäure 14 –, Freisetzung 28 Arteria vertebralis-Test 33 Arthritis 68 –, chronisch septische 66 –, Hüftgelenk 182 Außenrotatoren 140
B Babiski-Reflex 32 Bagatellisierung 186 Basisfunktionsprüfung 31 ff. –, Ellenbogen 47 –, Hand 55 –, Fuß 85 –, Knie 73 –, Schulter 34 Basisuntersuchung, neurologische 32 Befundinterpretation 2 Befundinterpretationshilfe 103 ff.
Behandlung –, bisherige 27 –, Prinzipien 112 –, schmerzlindernde 117 Behandlungsaufbau 119 Bereichslokalisation 31, 73 –, Ellenbogen 47 –, Hand 56 –, Fuß 87 –, Knie 75 –, Schulter 34, 36 Bereichslokalisationstest 31 Bewegung –, Grad I–IV 118 –, Quantität 31 Bewegungseinschränkung –, reflektorische 119 –, strukturelle 117, 119 Bewegungsprüfung –, aktiv-passive 31 –, translatorische 31 f. Bildgebende Verfahren 30, 33 Biochemische Wirkung 13 ff. –, Friktion 13 f. –, Mobilisation von Gelenken 15 –, Weichteilmobilisation 14 Bizepssehne 49 –, lange 39, 123 Bizepssehnenreflex (BSR) 32 Bursa subacromiodeltoidea 39, 43, 45, 99, 123, 170 f. Bursabehandlung –, Akromioklavikulargelenk 123 –, Bizepssehne, lange 123 –, Bursa subacromiodeltoidea 123 Bursitiden, Behandlung 8 Bursitis 84 –, chronische 172 –, infrapatellaris superficialis 84 –, pedis anserini superficialis 84 –, subacromiodeltoidea 172 –, trochanterica 68
C Caput –, fibulae 153 –, humeri 34, 40 f. – –, anteriore Fehlstellung –, radii 48
41
– –, Stellungsänderung 50 Cauda equina-Symptomatik 27 C-Faser-Schmerz 15 Clinical Reasoning 22 C-Nervenfasern 27 Crosslinks, pathologische 117 f., 178 Cyclooxygenase-Zyklus 14
D Daumensattelgelenk 133, 135, 137 –, Kapselmuster 100 Daumen-Technik 113 Deep Frictions (tiefe Friktionen) 8 Depression 29 Dermatom –, von C4 99 –, von C5 99 Diabetis mellitus 29 Distorsionstrauma, Knie 26 Dura 33 –, mater spinalis 34 Dysbalance, muskuläre 175 Dyspnoe 29 Dysurie 29
E Elektrodiagnostik 34 Ellenbogen –, aktiv-passive Bewegungsprüfung –, Basisfunktionsprüfung 47 –, Bereichslokalisation 47 –, Funktionsmassage 128 –, Funktionstests 48 ff. –, Gelenkbehandlung 129 f. –, Manipulation freier Gelenkkörper –, translatorische Bewegungsprüfung –, Weichteilbehandlung 125 ff. –, Widerstandstests 49 –, Zusatztests 50 Ellenbogengelenk 129 f. –, Kapselmuster 100 Endorphine 16 Energieverlust 29 Entzündungsmediator 14 Entzündungsphase 175 Epicondylitis lateralis 173 Erbrechen 29 Erguss –, Midi- 74
49
131 50 f.
196
Anhang
–, Mini–, Maxi-
84 74
–, Basisfunktionsprüfung 85 –, Bereichslokalisation 85, 87 –, Funktionsmassage 161 –, Funktionstests 87 ff. –, Gelenkbehandlung 162 ff. –, Bewegungsprüfung – –, translatorische 89 f., 92 – –, passive 91 f. –, Weichteilbehandlung 154 ff. –, Widerstandstests 94 –, Zusatztests 95 f.
F
5 6
Fallbeispiel –, eingeschränkte Hüfte 180 ff. –, instabiles Knie 183 ff. –, Inversionstrauma OSG 186 ff. –, schmerzhaftes Handgelenk 177 ff. –, schmerzhafte Schulter 170 ff. –, Tennisellenbogen 173 ff. Fehlstellungen 187 –, Caput fibulae 78 Fibroblasten 15 Fieber 29 –, rheumatisches 66 Fingerflexoren 47, 126 Fingergelenke 133 –, Kapselmuster 100 Fingergrundgelenk, 2. (MCP II) 137 Finger-Technik 113 Fragen, spezielle 28 f. Fragenkatalog 29 Fragenscreening 29 Fraktur, suprakondyläre 54 Friktionen 12 ff., 112 ff. –, Ausgangsstellung 112 –, Dauer 114 –, Indikationen 17 –, Insertionen 112 –, Intensität 114 –, Kontraindikationen 18 –, kurze 14 –, lange 14 –, Richtung 112 –, Techniken 112 – –, Daumen- 113 – –, Finger- 113 – –, Mittelfinger- 112 – –, Pinzettengriff 114 – –, Zeigefinger- 112 –, tiefe 8 Friktionsmassage 8 f. –, typische Ausgangsposition 9 Funktionsmassage 115 –, Außenrotatoren 140 –, ischiokrurale Muskulatur 149 –, M. biceps brachii 128 –, M. levator scapulae 122 –, M. quadriceps femoris 149 –, M. supraspinatus 122 –, M. tibialis anterior 161 –, M. trapezius 122 –, M. triceps surae 161 –, Mm. glutei medius und minimus 140 –, Technik 115 –, Unterarmextensoren 128 Funktionstests –, Ellenbogen 48 ff. –, Finger 61 ff. –, Hand 56 ff. –, Hüfte 66 ff. –, Fuß 87 ff. –, Knie 75 ff. –, Schulter 36 ff. Fuß –, aktiv-passive Bewegungsprüfung 87 ff.
G Gate-Control-Theorie 15 Gefäßzeichen 66 Gelenkbehandlung –, Caput fibulae 153 –, Daumensattelgelenk (CMC I) 135, 137 –, Extremitäten 10 –, Fingergrundgelenk, 2. (MCP II) 137 –, Großzehengrundgelenk 167 –, Hüftgelenk 141 –, Humeroradialgelenk 130 –, Humeroulnargelenk 129 –, Karpus 134 –, Kniegelenk 150 ff. –, Manipulation der Wirbelsäule 10 f. –, Meniskus, tibialer 152 –, Mittelfuß 166 –, Mittelhand 136 –, Sprunggelenk – –, oberes 162 – –, unteres 163 –, Os cuboideum 165 –, Os lunatum 134 –, Os metatarsi I 164 –, Os metatarsi II 166 –, Os naviculare 164 –, Ossa cuneiformia 164 –, Ossa metatarsi IV und V 165 –, Patellofemoralgelenk 151, 153 –, Radioulnargelenk, distales 136 –, Schultergelenk 124 –, Traktion der Wirbelsäule 10 f. Gelenkblockierung 115 Gelenkkapsel, posterolaterale 82 Gelenkknorpel 181 Gelenkkörper, freie 146 Gelenkspiel 32 Genu recurvatum 81 Gesundheitszustand, allgemeiner 28 Gewichtsänderung 29 Gleitlager, patello-femorales 75 Glenohumeralgelenk 36 Golferellenbogen 53 Gravity sign-Test 81 Grenzstrang, vegetativer 33 Großzehengrundgelenk 167 –, Kapselmuster 100
H Halswirbelsäule (HWS) 34, 47 Hand –, aktiv-passive Bewegungsprüfung –, Basisfunktionsprüfung 55 –, Bereichslokalisation 56 –, Funktionstests 56 ff.
–, Gelenkbehandlung 134 ff. –, translatorische Bewegungsprüfung 58 f. –, Weichteilbehandlung 132 f. –, Widerstandstests 56 f. –, Zusatztests 63 f. Handflexoren 126 Handgelenk 133 –, Kapselmuster 100 Handgelenksflexoren 47 Handwurzelknochen 178 Heilungsbedingungen, sekundäre 14 Hernia inguinalis 72 Histamin 13 f. –, Ausschüttung 184 Hoffmann-Trömner-Reflex 32 Hüfte –, aktiv-passive Bewegungsprüfung 67 f. –, Basisfunktionsprüfung 65 –, Bereichslokalisation 66 –, Funktionsmassage 140 –, Funktionstests 66 ff. –, Gelenkbehandlung 141 –, translatorische Bewegungsprüfung 69 –, Weichteilbehandlung 138 f. –, Widerstandstests 69 ff. –, Zusatztests 72 Hüftgelenk 85, 141 –, Kapselmuster 100 Humeroradialgelenk 48, 130 f. Humeroulnargelenk 129 Hyperextensionstest 81 Hypermobilität 31 –, des Os lunatum 179 –, konstitutionelle 81 Hypomobilität 31 –, strukturelle 175, 178 –, reflektorische 178, 181, 187 Hypothesenbildung 23, 99
I ICF (International Classification of Functioning, Disability and Health) 29 ICIDH (International Classification of Impairments, Disabilities and Handicaps) 30 IFOMT (International Federation of Orthopaedic Manipulative Therapists) 3 Illiosakralgelenk (ISG) 65 f., 73, 85 Impingement, subakromiales 170 Impressionsfraktur 187 Indikationen 17 Infiltration 7 f. Innenmeniskus 184 Insertionen –, direkte 112 –, indirekte 112 Inspektion 31 Instabilität 28, 40 –, anteriore 44 Instabilitätstests 81 ff. Interpretationsfehler 98 Inversionstrauma 78, 93, 187 Irritierbarkeit 30 f. Ischiokrurale Muskulatur 139, 149
57
K Kapsel –, Friktion
112
197 Sachverzeichnis
–, Verklebung 117 Kapsel-Band-Apparat –, anteriorer 95 –, anterolateraler 95, 188 –, anteromedialer 95 –, posteromedialer 82 –, tibialer 160 Kapselmuster 17, 40, 67, 75, 88, 100 ff. Kapsulitis 40, 67 Karpus 133 f. Kennmuskelkraft 32 Klavikula 35, 37, 44 Klonus 32 Knie –, aktiv-passive Bewegungsprüfung 75 f. –, Basisfunktionsprüfung 73 –, Bereichslokalisation 75, 87 –, Funktionsmassage 149 –, Funktionstests 75 ff. –, Gelenkbehandlung 150 ff. –, translatorische Bewegungsprüfung 76 ff. –, Weichteilbehandlung 142 ff. –, Widerstandstests 79 –, Zusatztests 80 ff. Kniegelenk 150 ff. –, Kapselmuster 100 Knorpelfraktur 187 Knorpelzellen 181 Kollagen 15 Kollagenase 12, 15, 118 Kollateralbänder 82 Kolon 72 Kompression –, axiale 75 –, kostoklavikuläre 46 –, manuelle 10 Kompressionsbehandlung 80, 119, 181, 185 Kompressionstests 32, 119 Konsolidierungsphase 175 Kontraindikationen 18 f., 30 Konvex-konkav-Regel 31 Körperkarte 24, 191 Koxarthrose 180 Krankheitsgeschichte 26 Kreuzband, Ruptur 81 Kurzatmigkeit 29
L Laboruntersuchung 34 Lacertus fibrosus 54 Lachmann-Test 81 Langzeitgeschichte 28 Langzeitkortisoneinnahme 30 Leistenhernie 72 Leitsymptome 29 Lendenwirbelsäule (LWS) 65 f., 73, 85, 87 Lig. –, anulare radii 48 –, bifurcatum 160 –, calcaneocuboideum 159 –, calcaneofibulare 96, 159 –, calcaneonaviculare plantare 160 –, collaterale – –, fibulare 143 – –, laterale 82 – –, mediale 73, 82, 184 f. – –, radiale 64
– –, tibiale 143, 148 – –, ulnare 64 – –, meniscotibiale – – –, fibulare 145 – – –, mediale 145 –, patellae 143 –, talofibulare – –, anterius 87, 96, 159, 187 f. – –, posterius 96, 159 –, tibiocalcaneare 96 –, tibiofibulare – –, anterius 95 – –, posterius 95 –, tibiotalare – –, anterius 96 – –, posterius 96 –, transversum 33 Ligg. –, alaria 33 –, meniscotibialia 82 Linderungstest 31 Lokalisation 24 f.
M M./Mm. –, abductor – –, pollicis – – –, brevis 62 – – –, longus 56, 61 ff. –, adductor longus 138 –, anconeus 52 –, biceps – –, brachii 42 f., 45, 52, 54, 127 f. – –, femoris 71, 79, 145, 148 –, brachialis 52 –, brachioradialis 52 –, deltoideus 42 –, extensor – –, carpi radialis – – –, brevis 56, 60 f., 125, 132, 173 – – –, longus 56, 60, 126, 132, 173 – –, carpi ulnaris 56 f., 60 – –, digiti minimi 56 – –, digitorum 56, 60, 94, 126, 154, 173 – –, hallucis longus 94, 154 – –, indicis 56 – –, pollicis – – –, brevis 56 f., 62 f. – – –, longus 56, 62 –, flexor – –, carpi – – –, ulnaris 47, 52, 60 – – –, radialis 47, 52, 60 – – – –, longus 52 – – – –, brevis 52 – –, digitorum – – –, profundus 60 – – –, superficialis 52, 60 – –, hallucis longus 94, 155 –, gastrocnemius 79, 87 –, gemelli 71 –, gluteus – –, medius 71, 140 – –, minimus 140 –, gracilis 67, 138 –, illiopsoas 69, 72 –, infraspinatus 42 f., 99, 121
–, interossei 56, 64 –, latissimus dorsi 42 –, levator scapulae 122, 171 f. –, lumbricales 56, 64 –, obturatorius – –, externus 71 – –, internus 71 –, pectineus 138 –, pectoralis – –, major 42 – –, minor 35 –, peroneus – –, brevis 94, 155 f. – –, longus 94, 155, 187 –, piriformis 71 –, plantaris 87 –, popliteus 79, 144 –, pronator teres 52, 54 –, quadratus femoris 71 –, quadriceps femoris 71, 79, 149 –, rectus femoris 69, 71, 139 –, sartorius 69, 79, 139 –, scalenus – –, anterior 35 – –, medius 35 –, semimembranosus 71, 79 –, semitendinosus 71, 79 –, serratus anterior 171 –, sternocleidomastoideus 38 –, subscapularis 42, 121 f. –, supinator 52, 54 –, supraspinatus 42 f., 99, 120 –, tensor fasciae latae 71 –, teres – –, major 42 – –, minor 42 –, tibialis – –, anterior 94, 154, 156, 161 – –, posterior 94, 155 f. –, trapezius 122 –, triceps – –, brachii 43, 45, 52 – –, surae 94, 161 Manipulation –, des. Lig. collaterale tibiale 115 –, Drehtechnik 117 –, freier Gelenkkörper 6, 12, 115 – –, Ausgangsstellung 117 – –, Humeroradialgelenk 131 – –, Indikationen 17 – –, Kontraindikationen 19 – –, Technik 117 –, der Wirbelsäule 7, 10, 12 – –, Indikationen 17 – –, Kontraindikationen 19 –, direkter Insertionen 115 –, von Gelenken – –, Kontraindikationen 19 – –, Technik 117 –, von Menisken 115, 185 –, von Sehnenscheiden 13, 114 –, Traktionstechnik 117 Manipulationsbehandlung, Extremitätengelenke 9 f. Massage –, mobilisierende 115 –, manipulative 115
5
198
5
Anhang
Mc Murray-Test 83 Mechanische Wirkung 12 f. –, Friktion 12 –, Manipulation der Wirbelsäule 12 –, Manipulation freier Gelenkkörper 12 –, Manipulation von Sehnenscheiden 13 –, Mobilisation von Gelenken 12 –, Weichteilmanipulation 12 f. Mechanismen, pathobiologische 30 Mechanorezeptoren 15 Medikamente 30 Meniskus 74, 146 f., 152 –, Läsion des 82 –, Pathologien 77 Meniskustests 33, 184 Metastasen 30 Mind-Map 100 f. Mind-Mapping-Methode 99 Mittelfinger-Technik 112 Mittelfuß 166 Mittelfußgelenke, Kapselmuster 100 Mittelhand 136 Mobilisation –, des CTÜ 172 –, von Gelenken 6, 12, 15 – –, Ausgangsstellung 117 – –, Indikationen 17 – –, Intensität 117 –, spezifische hemmende 115 –, strukturelle 181 f. Mobilitätstests –, neurale 32 f. –, Nerven- 66 Morgensteifigkeit 26 MRT-Aufnahmen 30 Müdigkeit 29 Muskeln, okzipitale 28 Muskelschwäche 29 Muskeltonus 16
N N. –, cutaneus femoralis 72 –, femoralis 70, 72 f. –, medianus 47 f., 54 f., 63 –, obturatorius 73 –, peroneus 73, 187 f. – –, communis 78, 85, 96 – –, profundus 96 – –, superficialis 96 –, radialis 40, 47 f., 54 f., 63 –, saphenus 73, 85 f. –, suralis 85, 96, 188 –, tibialis 73, 85 f., 96 –, ulnaris 47 f., 55 Nachtschmerz 29 Nervenverletzung 187 Neuroreflektorische Wirkung 15 f. Nieren 72 Novice Routine 11
Os –, cuneiforme – –, laterale 93, 164 – –, mediale 92, 164 –, cuboideum 93, 165, 187 –, hamatum 59 –, lunatum 59, 134, 178 –, metatarsi – –, I 93, 164 – –, II 166 – –, IV 93, 165 – –, V 93, 165 –, naviculare 87, 92, 164 –, scaphoideum 178 –, triquetum 59 Ossa trapezoidea 178 Osteomyelitis 66
P Palpation, spezifische 33 Parästhesien 29 Patella, tanzende 74 Patellaluxation, habituelle 80 Patellarsehnenreflex (PSR) 32 Patellofemoralgelenk 151, 153 Pes anserinus superficialis 144 Phospholipase 14 pH-Wert 28 Pinzettengriff 114 Pivot-shift-Test 74 Plazebo-Effekt 16 Plexus –, brachialis 35, 37 ff., 44, 99 –, lumbalis 65 –, sacralis 65 Plica mediopatellaris 84 Polyarthritis, primär chronische 57 Position, endgradige 117 Probebehandlung 98, 103, –, Ellenbogen 175 –, Fuß 187 –, Hand 178 –, Hüfte 181 –, Knie 184 –, Schulter 171 Proliferationsphase 175 Prone knee bend (PKB) 66, 72 Prostaglandin E2 14 Prostatakarzinom 30 Protrusion –, harte 10 f. –, weiche 10 f. Provokationstest 31 –, nach Finkelstein 56, 63 –, nach Phalen 56, 63 –, nach Tinel 56, 63 –, Patellofemoralgelenk 80 Punktionen 34
Q Quadrizepswinkel
80
O Operationen 28 Organisationsphase 175 Organsysteme 28 Organuhr 26 Orthopädische Medizin 2
R Radioulnargelenk 48 –, distales 100, 136 Radiusperiostreflex (RPR) 32 Referred pain 4, 24, 55, 65, 73, 85, 180
Referred tenderness 4 Reflexaktivität, sympathische 181, 187 Reizungsphase 175 Re-Test 118 Retinaculum patellae 79 Retinakula 74 Rhythmus, skapulohumeraler Rippe, 1. 35, 37, 44 Ruhestellung 117
119, 171,
171
S Schmerz –, chronischer 31 –, Irritierbarkeit 25 –, peripher nozizeptiver 31 –, übertragener 24 –, Qualität 25 Schmerzmechanismen 27 f., 30 Schublade –, anteriore 95 –, posterolaterale 81 Schulter 170 –, aktiv-passive Bewegungsprüfung 36 f., 39 f. –, Basisfunktionsprüfung 34 –, Bereichslokalisation 34, 36 –, Bursabehandlung 123 –, Funktionsmassage 122 –, Funktionstests 36 ff. –, Gelenkbehandlung 124 –, translatorische Bewegungsprüfung 38 –, Weichteilbehandlung 120 f. –, Widerstandstests 38 f. –, Zusatztests 35, 44 ff. Schultergelenk 124 –, Kapselmuster 100 Schulterinstabilität 41 Schüttelfrost 29 Schwindel 29 Schwitzen 29 Scoopings 123, 172 Sehnen 57 Sehnenfach –, 1. 57, 61 –, 6. 57 Sehnenscheiden 56 f., 132 Senkfüße 92 Sensibilität 32 Sexualfunktion, Störung 29 Sign of the buttock 66 Skalenustest 46 Spreizfüße 92 Sprunggelenk –, Kapselmuster 100, 187 –, oberes 162 –, unteres 162 Stabilitätstest 33, 64 –, am Karpus 63 Stellungstest, proximales Tibiofibulargelenk 78 Sternoklavikulargelenk (SCG) 34, 36, 99 f. –, Kapselmuster 100 Straight leg raise (SLR) 66, 96, 187 Streckapparat 142, 148 Stresshormone, Freisetzung 16
199 Sachverzeichnis
Struktur –, nichtkontraktile 100 –, kontraktile 100 Stuhlunregelmäßigkeiten 29 Sulcus intertubercularis 45 Sympathikusaktivität 16 Symptome –, Entwicklung 26 –, Irritierbarkeit 25 –, Qualität 25 –, Verlauf 27 Symptomverhalten 25 Symptomverlauf 26 Syndesmosenruptur 87 Syndesmosentest 95 Synkopen 29
Ursprungsgebiet –, sympathisches 119 –, vegetatives 171 – –, des thorakolumbalen Übergangs
182
V V. subclavia 39 Valgusstress –, Extension 82 –, Flexion 82 Varusstress –, Extension 74 –, Flexion 75 Vaskuläre Phase 175 Verletzung, akute 14 Vitalitätsstatus 28 Vorsichtssituation 30
T Talus 87, 92 Teilmeniskotomie 183 Temperatur 84 Tendinitis 13 Tendinose 13 f. Tendopathie, M. extensor carpi radialis brevis 176 Test –, der Plicae 84 –, nach Adson 46 –, nach Eden 46 –, nach Midal/Hayden 74 –, nach Roos 46 –, nach Wright 46 –, vaskulärer 33 Thoracic outlet-Symptomatik 33 Tibiofemoralgelenk 183 Tractus iliotibialis 79, 144 Traktion 117 –, axiale 75 Traktionen der Wirbelsäule –, Indikationen 17 –, Kontraindikationen 19 Translatorische Bewegungsprüfung 31 f –, Daumensattelgelenk 62 –, Handgelenk 58 f. –, Hüftgelenk 69 –, Humeroulnargelenk 50 –, Humeroradialgelenk 50 f. –, Fuß 89 f., 92 –, Knie 76 ff. –, Schulter 38 –, Radioulnargelenk 51 Translatorisches Gleiten 117 Traumata 28 Trizepssehnenreflex (TSR) 32 Tuberculum –, infraglenoidale scapulae 43, 45 –, supraglenoidale scapulae 43 –, radii 49 –, von Gerdy 78, 144 Tuberositas tibiae 143
U Übelkeit 29 Umbauphase 175 Unterarmextensoren 128 Untersuchung, Planung 30 Unwohlsein 29
W Wadenmuskeln 158 Wahrscheinlichkeitsdiagnose 22 WCPT (World Confederation of Physical Therapy) 3 Weichteilbehandlung –, Achillessehne 157 f. –, Adduktoren 138 –, Daumensattelgelenk (CMC I) 133 –, Fingerflexoren 126 –, Fingergelenke (PIPG II) 133 –, Gelenkkörper, freie 146 f. –, Handflexoren 126 –, Handgelenk 133 –, ischiokrurale Muskulatur 139 –, Kapsel-Band-Apparat, tibialer 160 –, Lig. bifurcatum 160 –, Lig. calcaneocuboideum dorsale 159 –, Lig. calcaneofibulare 159 –, Lig. collaterale – –, fibulare 143 – –, tibiale 143, 148 –, Lig. meniscotibiale – –, fibulare 145 – –, mediale 145 –, Lig. patellae 143 –, Lig. talofibulare – –, anterior 159 – –, posterior 159 –, M. adductor longus 138 –, M. biceps brachii 127 –, M. biceps femoris 145, 148 –, M. extensor – –, carpi radialis – – –, brevis 125 – – –, longus 126, 132 – –, digitorum 126 – – –, longus 154 – –, hallucis longus 154 –, M. flexor hallucis longus 155 –, M. gracilis 138 –, M. infraspinatus 121 –, M. pectineus 138 –, M. peroneus – –, brevis 155 f. – –, longus 155 –, M. popliteus 144 –, M. rectus femoris 139 –, M. sartorius 139
–, M. semitendinosus 148 –, M. supraspinatus 120 –, M. subscapularis 121 –, M. tibialis – –, anterior 154, 156 – –, posterior 155 f. –, Meniskus 146 f –, Pes anserinus superficialis 144 –, Pfannenband 160 –, Sehnenscheide 132 –, Streckapparat 142, 148 –, Tractus iliotibialis 144 –, Tuberositas tibiae 143 –, Wadenmuskel 158 Weichteilmanipulation 9, 12 ff., 114 f. –, Ausgangsstellung 114 –, der Sehnenscheide 9, 114 –, des Lig. collaterale tibiale 115 –, direkter Insertionen 115 –, Indikationen 17 –, Kontraindikationen 18 –, Technik 114 Wide Dynamic Range Cell (WDRC) 4 Widerstandstests 32, 102 f. –, Daumensattelgelenk 62 –, Ellenbogengelenk 43, 52 –, Glenohumeralgelenk 42, 170 –, Handgelenk 53, 60 –, Hüftgelenk 69 ff. –, Fuß 94 –, Knie 79 Wirkungsmechanismen 12 ff. Wundheilungsphasen Bindegewebe 175 Wundheilungsverlauf 27, 29 Wunschdiagnosen 98 Wunschhypothese 98
Y Yergason-Test
45
Z Zehengelenke, Kapselmuster 100 Zeigefinger-Technik 112 Zelluläre Phase 175 Zohlenzeichen 80 Zusatztests 32 f. –, Ellenbogen 47, 54 –, Hand 63 f. –, Hüfte 72 –, Fuß 95 f. –, Knie 80 ff. –, Schulter 35, 44 ff. Zusatzuntersuchungen, ärztliche 33 f.
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