Werner Schirmer (Hrsg.) Technischer Lärmschutz
Werner Schirmer (Hrsg.)
Technischer Lärmschutz Grundlagen und praktische Maßnahmen zum Schutz vor Lärm und Schwingungen von Maschinen
2., bearbeitete und erweiterte Auflage
Mit 300 Abbildungen und 40 Tabellen
Dr.-Ing. Werner Schirmer KBI-Schallschutzberatung GmbH Radeburger Str. 124 01109 Dresden E-mail:
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ISBN-10 3-540-25507-9 Springer Berlin Heidelberg New York ISBN-13 978-3-540-25507-9 Springer Berlin Heidelberg New York Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.de © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1996, 2006 Printed in Germany Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Sollte in diesem Werk direkt oder indirekt auf Gesetze, Vorschriften oder Richtlinien (z.B. DIN, VDI, VDE) Bezug genommen oder aus ihnen zitiert worden sein, so kann der Verlag keine Gewähr für Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität übernehmen. Es empfiehlt sich, gegebenenfalls für die eigenen Arbeiten die vollständigen Vorschriften oder Richtlinien in der jeweils gültigen Fassung hinzuziehen. Einbandgestaltung: Struve & Partner, Heidelberg Satz: Fotosatz-Service Köhler GmbH, Würzburg Herstellung: Reinhold Schöberl, Würzburg Gedruckt auf säurefreiem Papier
68/3020 – 5 4 3 2 1 0
Vorwort zur zweiten Auflage
Durchsicht, Aktualisierung und Erweiterung für die 2. Auflage erfolgten im Sinne des im Vorwort zur 1. Auflage dargestellten Anliegens und Konzeptes des Buches. Wichtige Erweiterungen sind ein Kapitel zu Adaptronik-Anwendungen im Bereich Schall und Schwingungen bei Maschinen sowie im Kapitel Messtechnik die Mehrkanalmethoden zur Geräuschquellenlokalisation. Völlig neu gefasst wurde das Kapitel über Vorschriften und Normen für Maschinengeräusche. Der Herausgeber dankt allen Mitarbeitern an der neuen Auflage für die gute Zusammenarbeit und allen jetzt nicht mehr beteiligten Autoren der 1. Auflage für die Zustimmung zur überarbeiteten Weiterverwendung ihrer Beiträge. Dresden im Juli 2005
Werner Schirmer
Aus dem Vorwort zur ersten Auflage
Das Buch wendet sich an alle, die sich in Beruf oder Studium in einer der vielen Ingenieurdisziplinen von Maschinenbau bis Bauingenieurwesen, einschließlich Arbeitssicherheit und Umweltschutz, mit technischen Aufgaben des Lärm- und Schwingungsschutzes befassen. Autoren und Herausgeber verfolgen mit dem Buch die Absicht, diesem Personenkreis anwendungsbereites Wissen über Grundelemente des Schall- und Schwingungsschutzes zu vermitteln: – Modell und Beeinflussung der Schallentstehung in Maschinen und der Schallausbreitung in ihrer Umgebung, – physikalischer Hintergrund und Bemessung häufig angewendeter Schall- und Schwingungsschutzelemente, – Umgang mit Messgeräten und Messwerten, – Aussagen des Vorschriften-, Normen- und Richtlinienwerkes. Die Stoffauswahl des Buches ist durch den Aufgabenbereich „Lärm- und Schwingungsschutz an Maschinen, in Arbeitsstätten und deren Umgebung“ geprägt. Der Leser wird jedoch feststellen, dass das Buch wegen der Behandlung von Grundelementen des technischen Lärm- und Schwingungsschutzes auch über diesen Aufgabenbereich hinaus nützlich ist. Das Buch „Technischer Lärmschutz“ entstand durch umfangreiche Bearbeitung des Buches „Lärmbekämpfung“, das von 1971 bis 1989 in vier Auflagen vom ehemaligen Ostberliner Tribüne-Verlag veröffentlicht wurde. Selbstverständlich wurden dabei auch die angezogenen Vorschriften, Richtlinien und Normen sowie die Auswahl von Schrifttum und Produktbeispielen den aktuellen Bedürfnissen entsprechend geändert. Da das Vorläufer-Buch schon seit seiner ersten Auflage in ganz Deutschland vermutlich dadurch Anklang gefunden hatte, dass es nach dem Urteil von Fachkollegen Lehr- und Arbeitsbuch vereinte und dabei Theorie unter dem Aspekt praktischer Anwendung vermittelt, wird dessen Darstellungsweise jetzt weitgehend fortgesetzt. Die im ersten Vorwort vom März 1969 gegebene Charakterisierung des Buchkonzeptes, das aus der Lehrtätigkeit der Autoren bei Fortbildungsseminaren entstand, kann deshalb hier wörtlich wiederholt werden: „Wegen des großen Umfanges der zu behandelnden Fakten musste auf mathematische Herleitung und auf Beweise in der Regel verzichtet werden. Jedoch wird in den meisten Kapiteln bis zur Behandlung von Detailfragen der praktischen Ingenieurarbeit vorgedrungen. Vorwiegend Übersichtscharakter hat nur die auf ein Kapitel zusammengedrängte Behandlung der mit der Lärmbekämpfung an Maschinen aufs engste verknüpften Schwingungsabwehr, da andernfalls der Umfang von Lehrgang und Buch leicht auf das Doppelte angewachsen wäre.“ Dresden, im Januar 1996
Werner Schirmer
Inhaltsverzeichnis
1
Vorschriften und Normen für Maschinengeräusche U. Trautmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6 1.7 1.8 1.8.1 1.8.2 1.8.3
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geräuschemision, Maschinenrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geräuschemision im Freien betriebener Maschinen . . . . . . . . . . . . . . . Geräuschemision, Umweltzeichen „Blauer Engel“ . . . . . . . . . . . . . . . . Geräuschimmision, Arbeitsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geräuschimmision, baulicher Schallschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geräuschimmision, Nachbarschaftschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesetze, EU-Richtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Normen, Richtlinien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 1 3 7 8 10 10 11 11 12 12
2
Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung von Geräuschen und Geräuschquellen K. Biehn, überarbeitet von U. Trautmann. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kennzeichnung der physikalischen Eigenschaften von Geräuschen . . . Schalldruck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schalldruckpegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bandschalldruckpegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Größen zur Kennzeichnung der Schallimmission . . . . . . . . . . . . . . . . . . Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bewerteter Schalldruckpegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Äquivalenter Dauerschallpegel, Taktmaximal-Mittelungspegel . . . . . . . Beurteilungspegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Spitzen-Schalldruckpegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einzelereignis-Schalldruckpegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lärmdosis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Größen zur Kennzeichnung der Schallemission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schallleistungspegel, Richtwirkungsmaß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schallintensitätspegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schallenergiepegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schalldruckpegel an festgelegten Messorten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Emissions-Schalldruckpegel am Arbeitsplatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17 17 17 18 20 21 21 22 23 24 25 25 25 26 26 26 27 28 28 28
2.1 2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.3 2.3.1 2.3.2 2.3.3 2.3.4 2.3.5 2.3.6 2.3.7 2.4 2.4.1 2.4.2 2.4.3 2.4.4 2.4.5.1 2.4.6
X
Inhaltsverzeichnis
2.4.7 2.5 2.5.1 2.5.2 2.5.3 2.6 2.6.1 2.6.2 2.6.3 2.6.4 2.7 2.7.1 2.7.2 2.7.2.1 2.7.2.2 2.7.3 2.7.3.1 2.7.3.2 2.7.4 2.7.4.1 2.7.4.2 2.7.5 2.7.5.1 2.7.5.2 2.7.6 2.7.6.1 2.7.6.2 2.8 2.8.1 2.8.2 2.9 2.9.1 2.9.2 2.9.3 2.9.3.1 2.9.3.2 2.9.3.3 2.9.3.4 2.9.3.5 2.9.4 2.10
Geräuschemissionsangabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechenoperationen mit Schallpegelwerten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Addition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Subtraktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mittelwertbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfahren zur Messung der Schallimmission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorbereitung der Messung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Messdurchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Messauswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfahren zur Messung der Schallemission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Freifeldverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Messprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Messunsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hallraumverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Messprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Messunsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vergleichsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Messprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Messunsicherheit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kanalverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Messprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Messunsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Intensitätsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Messprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Messunsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfahren zur Nachprüfung angegebener Geräuschemissionswerte . . . . Nachprüfverfahren für Einzelmaschinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachprüfverfahren für Maschinenlose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfahren zur Schallquellenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Voruntersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfahren ohne Änderungen an der Maschine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schalldruckpegelmessung auf der Messfläche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nahfeldmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Körperschallmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Intensitätsmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frequenzanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfahren mit Änderungen an der Maschine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29 30 30 32 32 33 33 33 33 34 35 35 38 38 40 43 43 43 45 45 46 47 47 47 48 48 50 52 52 52 55 55 55 58 58 58 59 59 60 60 61
3
Messtechnik E. Seidel, überarbeitet von M. Quickert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
64
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schalldruckpegelmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mikrofone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geräte zur Schalldruckpegel- und Schalldosismessung . . . . . . . . . . . . . Aufbau und Funktion des Schallpegelmessers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
64 65 65 67 68
3.1 3.2 3.2.1 3.2.2 3.2.3
Inhaltsverzeichnis
3.2.4 3.2.4.1 3.2.4.2 3.2.4.3 3.2.5 3.2.6 3.3 3.3.1 3.3.2 3.3.2.1 3.3.2.2 3.3.2.3 3.3.2.4 3.3.2.5 3.3.2.6 3.3.3 3.3.4 3.4 3.4.1 3.4.2 3.4.3 3.4.3.1 3.4.3.2 3.4.4 3.5 3.5.1 3.5.2 3.5.3 3.5.4 3.5.5 3.5.6 3.5.7 3.5.8 3.5.9 3.6 3.6.1 3.6.2 3.6.3 3.7 3.7.1 3.7.2 3.7.3 3.7.4 3.7.5 3.7.6 3.8
Hilfsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kalibriergeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Messschallquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hilfsmittel zur Verringerung von Störeinflüssen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Handhabung der Schallpegelmesser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fehler und Abhilfemaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Messung von Schwingungsgrößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schwingungs- und Körperschallmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wandler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geräte zur Schwingungsmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufbau und Funktion der Schwingungsmessgeräte . . . . . . . . . . . . . . . . Hilfsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Handhabung der Schwingungsmessgeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fehler und Abhilfemaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kraftmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dehnungsmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Speicherung von Messsignalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Digitale Speicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Handhabung von Aufzeichnungsgeräten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Herstellung der Signalaufzeichnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auswertung der Signalaufzeichnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fehler bei der Zwischenspeicherung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frequenzanalysen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Filterkenngrößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Filterarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . FFT-Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kenngrößen der FFT-Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendung von Zeitfenstern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auswahl und Handhabung der Frequenzanalyseverfahren . . . . . . . . . . . . Auswertung der Ergebnisse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Cepstrumanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zweikanalige Signal- und Systemanalyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Messung der Übertragungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Quellenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mehrkanalmethoden zur Geräuschquellenlokalisation . . . . . . . . . . . . . . . Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bekannte Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kriterien zur Auswahl eines geeigneten Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . Direkte Messverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfahren mit Berechnungsmodellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung und Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schriftum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XI 68 68 70 71 72 73 74 74 74 75 77 77 78 79 81 82 84 85 85 85 86 86 87 87 88 88 88 90 90 91 92 92 95 95 97 97 97 98 100 100 101 102 104 108 112 112
XII
Inhaltsverzeichnis
4
Schwingungen und Schallabstrahlung von festen Körpern W. Schirmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115
4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.5.1 4.5.2
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Biegewellenausbreitung auf Platten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Biegeeigenfrequenzen von Stäben und Platten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Admittanz mechanischer Strukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schallabstrahlung fester Körper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abstrahlgrad, Definition und Grenzwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schallabstrahlung konphas schwingender Körper – Monopolund Dipolstrahler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schallabstrahlung schwach gedämpfter Platten mit Biegeschwingungen Schallabstrahlung stark gedämpfter Platten mit Biegeschwingungen . . Modelldarstellungen, Begriffe, Mess- und Berechnungsverfahren zur mechanischen Geräuschentstehung in Maschinen . . . . . . . . . . . . . . Geräuscharme Varianten passiver Maschinenstrukturen . . . . . . . . . . . . . Bleche mit Dämpfungsbelag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zu erwartende Verminderung der Schallabstrahlung . . . . . . . . . . . . . . . Einfacher Belag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eingezwängter Belag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Praktische Ausführung von Dämpfungsbelägen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gehäuseformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzelemente an Krafteinleitungsstellen, Zusatzmassen bei elastischen Verbindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.5.3 4.5.4 4.6 4.7 4.7.1 4.7.1.1 4.7.1.2 4.7.1.3 4.7.1.4 4.7.2 4.7.3 4.8
115 115 122 125 130 130 131 134 138 139 142 142 142 144 145 150 150 153 156
5
Luftschalldämmung E. Lotze, überarbeitet von W. Schirmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159
5.1 5.2 5.2.1
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Physikalische Grundlagen der Schalldämmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erläuterung des Begriffes Schalldämmung und Definition des Schalldämm-Maßes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anregung einer Wand zu Biegeschwingungen durch Luftschall . . . . . . Trennimpedanz, Koinzidenzeffekt und Abstrahlwinkel . . . . . . . . . . . . . Trennimpedanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Koinzidenzeffekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abstrahlwinkel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einschalige ebene Wände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schalldämmung unterhalb der Grenzfrequenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schalldämmung großer bzw. gedämpfter Platten . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schalldämmung kleiner bzw. ungedämpfter Platten . . . . . . . . . . . . . . . . Schalldämmung oberhalb der Grenzfrequenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Spezielle Wandarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rohrwandungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Doppelwände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schallübertragung über die Luftschicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schallübertragung über die gemeinsame Einspannstelle und über starre Verbindungen zwischen den Wandschalen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.2.2 5.2.3 5.2.3.1 5.2.3.2 5.2.3.3 5.3 5.3.1 5.3.1.1 5.3.1.2 5.3.2 5.3.3 5.4 5.4.1 5.4.2 5.4.2.1 5.4.2.2
159 159 159 160 162 162 163 163 164 165 165 167 170 170 171 171 175 176 179
Inhaltsverzeichnis
XIII
5.4.3 5.5 5.5.1 5.5.2 5.6 5.7 5.8
Biegeweiche Vorsatzschalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konstruktionen aus mehreren Bauteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wände mit Bauteilen unterschiedlicher Schalldämmung . . . . . . . . . . . . Einfluss flankierender Bauteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Messung des Schalldämm-Maßes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schalldämm-Maße von Bauteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
180 184 184 185 187 188 189
6
Luftschallabsorption E. Lotze, überarbeitet von W. Schirmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191
6.1 6.2 6.2.1 6.2.2 6.2.2.1 6.2.2.2 6.2.2.3 6.2.3 6.3 6.3.1 6.3.2 6.4 6.4.1 6.4.2 6.4.3 6.5
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Physikalische Grundlagen und Berechnungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . Schallreflexion an Grenzschichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Poröse Absorber ohne Abdeckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kenngrößen poröser Materialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Poröse Absorber endlicher Schichtdicke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonderprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Poröse Absorber mit vorgeschalteter Masse (Resonanzabsorber) . . . . . Ermittlung der Stoffkennwerte für poröses Material . . . . . . . . . . . . . . . Längenbezogener Strömungswiderstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Porosität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Realisierungsprobleme bei porösen Absorbern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gelochte Abdeckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Folienabdeckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Montage mit Wandabstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dimensionierung von akustischen Absorbern aus handelsüblichen porösen Materialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Längenbezogener Strömungswiderstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berechnungsbeispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Breitband-Schallabsorber ohne poröses Material . . . . . . . . . . . . . . . . . . Messung des Schallabsorptionsgrades . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hallraummessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rohrmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Form von Schallabsorptionsgrad-Angaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.5.1 6.5.2 6.6 6.7 6.7.1 6.7.2 6.7.3 6.8
191 191 191 192 192 194 198 199 203 203 204 205 205 206 207 208 208 210 210 213 213 214 214 216
7
Konstruktion lärmarmer Maschinen W. Schirmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218
7.1 7.2 7.3 7.3.1 7.3.2 7.4 7.4.1 7.4.2 7.4.3
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Teil-Geräuschquellen und Gesamtgeräusch einer Maschine . . . . . . . . . . Aufteilung der Geräuschminderung auf Maschinengeräuschanteile . . . Aufteilung auf Teilquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufteilung auf Frequenzbänder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ansatzpunkte zur Geräuschminderung an Maschinen . . . . . . . . . . . . . . Maschinenakustische Quellenarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Strömungsmechanische Geräusche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mechanische Geräusche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
218 219 221 221 222 224 224 225 226
XIV
Inhaltsverzeichnis
7.4.3.1 7.4.3.2 7.4.4 7.5 7.6
Beeinflussung der Körperschallquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beeinflussung der passiven Maschinenstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aktive Lärmschutzsysteme – „Antischall“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einbindung in den Konstruktionsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
227 229 230 233 233
8
Ventilatorgeräusche L. Schmidt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235
8.1 8.2 8.3 8.4 8.5 8.6 8.7 8.8 8.9 8.10 8.11
Ventilatorbauarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ventilatorkennzahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ventilatorkennlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ventilatorbetriebspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geräuschentstehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kennlinie und Geräuschemission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konstruktive Maßnahmen und Geräuschemission . . . . . . . . . . . . . . . . . Einfluss der Einbausituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stand der Technik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ventilator und Schalldämpfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9
Absorptionsschalldämpfer W. Frommhold . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249
9.1 9.2 9.3 9.3.1 9.3.1.1 9.3.1.2 9.3.1.3 9.3.2 9.3.3 9.4 9.4.1 9.4.2 9.4.3 9.4.4 9.4.5 9.4.6 9.4.7 9.4.8 9.4.9 9.4.10 9.5 9.5.1 9.5.2 9.6 9.6.1 9.6.2
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dämpfungsmechanismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kenngrößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dämpfungsmaße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausbreitungsdämpfung Da . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einfügungsdämpfungsmaß De . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Durchgangsdämpfungsmaß Dd . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kanalquerschnittsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Normierte Größen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Akustische Bemessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Exakte Lösung für die Ausbreitungsdämpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Normierte grafische Darstellung (Trapez-Diagamm) . . . . . . . . . . . . . . . Näherungsformel nach Piening . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reflexionsdämpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einfluss verschiedener Abdeckungen des Absorbermaterials . . . . . . . . . Einfluss der Strömung auf die Schalldämpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einfluss der Temperatur auf die Schalldämpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterteilung des Kanalquerschnittes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bedämpfung tiefer Frequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bedämpfung hoher Frequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schalldämpfer mit Strömung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Strömungsgeräusch des Schalldämpfers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Druckverlust im Schalldämpfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konstruktive Ausführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verhältnis Kulissenbreite – Spaltweite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absorbermaterial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
235 236 237 237 238 243 244 245 246 246 247
249 250 253 253 253 254 255 255 255 257 257 260 262 264 265 266 268 269 270 271 274 274 275 276 276 277
Inhaltsverzeichnis
XV
9.6.3 9.6.4 9.7
Dämpfungsminderung durch akustische Nebenwege . . . . . . . . . . . . . . . 277 Handelsübliche Absorptionsschalldämpfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280
10
Schallschutzkapseln E. Lotze, überarbeitet von W. Schirmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281
10.1 10.2 10.3
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Begriffe und Schallübertragungswege bei einer Maschinenkapsel . . . . . Abschätzung der Pegelabsenkung bei Schallübertragung über die Kapselwände – Weg A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konstruktive Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Bemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wahl der Kapselabmessungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausführung der Kapselwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vermeidung der Schallübertragung über Undichtigkeiten unvermeidbare Öffnungen – Weg B . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pegelabsenkung bei Schallübertragung über Weg B . . . . . . . . . . . . . . . . Stoßstellen zwischen den Kapselelementen – Weg B1 . . . . . . . . . . . . . . Durchführung von Maschinenteilen – Weg B2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stoßstellen zwischen Kapselwänden und angrenzenden Bauteilen – Weg B3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Öffnungen für die Be- und Entlüftung sowie die Zu- und Abführung von Material oder Werkstücken – Weg B4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vermeidung der Körperschallanregung der Kapsel – Weg C . . . . . . . . . Vermeidung der Schallabstrahlung außerhalb der Kapsel – Weg D . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfahren zum meßtechnischen Nachweis der Einfügungsdämmung . . . . Wärmeabführung aus Schallschutzkapseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiele praktisch ausgeführter Schallschutzkapseln . . . . . . . . . . . . . . Baukastensysteme für Schallschutzkapseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maschinenhaube mit Schallschutzkapselfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . Integrierte Schallschutzkapsel für eine Schnellläuferpresse . . . . . . . . . . Rechenbeispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Akustische Dimensionierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wärmeabführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10.4 10.4.1 10.4.2 10.4.3 10.4.4 10.4.4.1 10.4.4.2 10.4.4.3 10.4.4.4 10.4.4.5 10.4.5 10.4.6 10.4.7 10.5 10.6 10.7 10.7.1 10.7.2 10.7.3 10.8 10.8.1 10.8.2 10.9 11 11.1 11.2 11.2.1 11.2.2 11.2.3 11.2.3.1
281 281 283 285 285 285 286 287 287 290 290 292 292 295 296 296 296 297 300 300 301 301 303 303 304 305
Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen G. Meltzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306
Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Notwendigkeit und Zielsetzung der Schwingungsabwehr . . . . . . . . . . . . Auswirkung mechanischer Schwingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtliche Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Normative und Richtwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachweis der Festigkeit von Baukonstruktionen unter dynamischer Belastung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2.3.2 Nachweis der zuverlässigen Funktion von Maschinen und Geräten unter Schwingungseinwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2.3.3 Beurteilung der Schwingungseinwirkung auf den Menschen. . . . . . . . . .
306 306 306 307 308 308 310 312
XVI
Inhaltsverzeichnis
11.3 11.3.1 11.3.2 11.3.2.1 11.3.2.2 11.3.2.3 11.3.2.4 11.3.2.5 11.3.2.6 11.3.2.7 11.3.3 11.3.3.1 11.3.3.2 11.3.4 11.3.4.1 11.3.4.2 11.3.5 11.3.5.1 11.3.5.2 11.3.5.3 11.3.5.4 11.3.6 11.3.7 11.3.8 11.3.9 11.4 11.4.1 11.4.2 11.4.2.1 11.4.2.2 11.4.3 11.4.3.1 11.4.3.2 11.4.3.3 11.5 11.6
Verfahren zur Schwingungsabwehr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schwingungssysteme und Schwingungsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfahrensgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mathematische Beschreibung eines Schwingungssystems . . . . . . . . . . . . Dynamische und kinematische Anregung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Primärmaßnahmen und Sekundärmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Quelle – Ausbreitungsweg – Empfänger. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Passive und aktive Schwingungsabwehr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Spürbare Schwingungen und Körperschall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Projektzustand und ausgeführte Anlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schwingungserregung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erregungsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entstehung freier Massenkräfte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Primärmaßnahmen der Schwingungsabwehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Massenausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auswuchten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schwingungsisolierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zielstellung und konstruktive Realisierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Isolierwirkungsgrad. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zweistufige Schwingungsisolierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schwingungsisolatoren und Dämpfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stoßisolierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aktiver Schwingungsschutz durch Ausregelung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schwingungstilger. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verminderung von Verkehrs- und Industrieerschütterungen. . . . . . . . . . . Berechnungsverfahren zur Schwingungsisolierung . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenstellung der Berechnungsziele. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Orientierungsrechnung mit 1 Freiheitsgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berechnungsgang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berechnungsbeispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Genauere Berechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Räumliche Schwingungen des Einmassensystems (Freiheitsgrad 6) . . . . Zweistufige Schwingungsisolierung (bis Freiheitsgrad 12) . . . . . . . . . . . Berücksichtigung der Nachgiebigkeit des Aufstellortes . . . . . . . . . . . . . . Ausgeführte Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12
Körperschallisolierung R. Melzig-Thiel, überarbeitet von M. Bockhoff. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356
12.1 12.2 12.2.1 12.2.2
Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundlagen der Körperschallisolierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundgleichung der Körperschallisolierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Admittanzen des Systems Maschine – Schwingungsisolatoren – Gebäudedecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.2.2.1 Maschinenadmittanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.2.2.2 Admittanz der Schwingungsisolatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.2.2.3 Admittanz der Gebäudedecken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.2.3 Wirkung eines Zwischenfundamentes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.2.4 Körperschalldämmung in Rohrleitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
315 315 318 318 320 321 322 322 322 322 323 323 323 326 326 327 329 329 331 331 332 337 338 340 342 345 345 346 346 347 349 349 349 350 350 353
356 356 357 362 362 363 366 367 371
Inhaltsverzeichnis
12.2.5 12.2.6 12.2.7 12.3 12.3.1 12.3.2 12.3.3 12.4
Körperschallisolierung von Aggregaten in Maschinenstrukturen . . . . . . Regeln für die qualitativ optimierte Körperschallisolierung . . . . . . . . . . Schritte zur quantitativen Optimierung der Körperschallisolierung in Gebäuden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Praktische Beispiele für die Körperschallisolierung von Maschinen . . . Aufzugsmaschinen und dazugehörige Schalteinrichtungen . . . . . . . . . . Pumpen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lüftungstechnische Anlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XVII 372 373 375 376 376 378 379 379
13
Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen S. Gruhl und U.J. Kurze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382
13.1 13.2 13.2.1 13.2.2 13.2.3 13.3 13.3.1 13.3.2 13.3.3 13.3.4 13.3.5 13.3.6 13.4 13.4.1 13.4.2 13.5 13.6 13.7 13.7.1 13.7.2 13.7.3 13.7.4 13.7.5 13.8 13.8.1 13.8.2 13.8.3 13.8.4 13.8.5 13.9 13.9.1 13.9.2 13.10
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schallausbreitung im Freifeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einzel- oder Punktschallquelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausgedehnte Schallquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verluste und Störungen im Ausbreitungsweg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schallausbreitung in geschlossenen Räumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einflüsse und Beschreibungsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Annähernd kubischer Raum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Flachraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Langraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Streukörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Standard-Rechenverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schallausbreitung durch Koppelflächen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geschlossene Koppelflächen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Offene Koppelflächen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht über Schallschutzmaßnahmen in Räumen . . . . . . . . . . . . . . . Raumgestaltung und Quellenanordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schallabsorbierende Raumauskleidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bauformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wirksamkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schallschirme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bauformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wirksamkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Trennwände, Kapseln, Kabinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Akustische Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
382 383 383 385 386 387 387 389 392 394 395 396 403 403 405 407 410 411 411 411 412 413 413 416 416 416 420 421 421 422 422 423 423
XVIII
Inhaltsverzeichnis
14
Adaptronik-Anwendungen W.-G. Drossel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 426
14.1 14.2 14.3 14.4 14.5 14.5.1 14.5.2 14.5.3 14.5.4 14.6
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aktive Werkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Systementwurf. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Systemtechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbeispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Strukturkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schwingungsdämpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schwingungstilgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schwingungsisolation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
426 428 432 433 434 435 437 438 441 443
Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 445
Mitarbeiterverzeichnis
Bockhoff, Michael, Dr. rer. nat., Centre Technique des Industries Méchaniques, Senlis, F Drossel, Welf-Guntram, Dr.-Ing., Fraunhofer Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik, Chemnitz und Dresden Frommhold, Werner, Prof. Dr.-Ing., Fachhochschule Lübeck, Professur für Technische Akustik Gruhl, Siegbert, Dr.-Ing., Müller-BBM, Dresden Kurze, Ulrich, Dr.-Ing., Müller-BBM, München Meltzer, Gottfried, Prof. Dr.-Ing. habil., Technische Universität Dresden, Professur für Technische Diagnostik Quickert, Martin, Dipl.-Ing., Fraunhofer Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik, Chemnitz und Dresden Schirmer, Werner, Dr.-Ing., KÖTTER Beratende Ingenieure, Dresden Schmidt, Lothar, Dipl.-Ing., Lommatzsch/Sa. Trautmann, Uwe, Dr.-Ing. ABIT Ingenieure Dr. Trautmann, Teltow b. Berlin
Hinweis für den Leser
1. Die Angaben über Normen, Vorschriften und Richtlinien (Stand 2005) entbinden den Leser nicht davon, sich über die jeweils gültigen Fassungen oder Neuerscheinungen zu informieren. 2. Die Nennung von Erzeugnissen als Beispiele stellt kein Werturteil über genannte und nicht genannte Erzeugnisse dar. Die Hersteller oder Lieferer sind nicht an die hier genannten Eigenschaften gebunden. 3. Alle Nummerierungen (Bilder, Tabellen, Gleichungen, Schrifttum) beginnen in jedem Hauptabschnitt neu. Bei Verweisungen auf andere Abschnitte wird, soweit erforderlich, die dortige Hauptabschnittsnummer hinzugefügt. 4. Das Schrifttum ist in jedem Hauptabschnitt eigenständig verzeichnet, so dass Doppelnennungen auftreten.
Wichtige Formelzeichen und Einheiten
Formel- Einheit zeichen A a B B′ B
m2 m /s2 N · m2 N·m V/[x]
c
m /s
c D D DI d E F f G h
N/m dB m4/s dB m N/m2 N Hz N/m2 s/kg
h I J k k
m N·s W/m2 m–1 N · s /m
L LJ LW L WF
dB dB dB dB
M
kg /m2
1
Benennung, Bemerkungen1) äquivalente Schallabsorptionsfläche (13.3.2) Beschleunigung, Schwingbeschleunigung Biegesteifigkeit des Stabes (4.3) Biegesteifigkeit der Platte (4.3) Übertragungsfaktor von Meßwandlern für die Größe x (3.2.1, 3.3.2.1, 3.3.3) Schallgeschwindigkeit, ohne Index: in Luft, Index B für Biegewellen, Index L für Longitudinalwellen (4.2) Federsteifigkeit, Federkonstante (4.4, 11.3.1) Schalldruckpegeldifferenz, Maß für die Kanaldämpfung (9.3.1) Dipolmoment (4.5.2) Richtwirkungsmaß (2.4.2) Plattendicke Elastizitätsmodul Kraft Frequenz, Index g für Biegewellengrenzfrequenz (4.2) Schubmodul (4.7.1.3) (mechanische) Admittanz, h = υ /F, Index T für Transferadmittanz (4.4) halbe Kanalbreite (9.3.3), Raumhöhe (13.3.3) Impuls (7.5.3) Schallintensität (2.4.3) Wellenzahl, k = 2 π /λ = ω /c, Index B für Biegewellen (4.2) Dämpfungskonstante des Einmassen-Schwingungssystemes (11.3.1) Schalldruckpegel (2.2.2) Schallintensitätspegel (2.4.3) Schallleistungspegel (2.4.2) Strukturübertragungsmaß (kraftbezogener Schallleistungspegel) (4.6) flächenbezogene Masse von Platten
) In Klammern wird die Nummer des Abschnittes angegeben, der die Definition der jeweiligen Größe enthält.
XXII
Wichtige Formelzeichen und Einheiten
Formel- Einheit zeichen
Benennung, Bemerkungen1)
M m m′ m n n P
N·m kg kg /m m–1 min–1 m/N W
p q q
Pa m3/s 1
qν R R r S s′ T t t ∆t V · V
α – α Γ2 γ′ ε η ⑂ Λ λ
1 dB 1 m m2 N/m3 s s °C K m3 m3/s m /s N · s /m3 m 1 1 1 m–1 1 1 1 1 m
µ Ξ ξ σ τ τ ϕ
1 N · s /m4 m kg /m3 1 1 1 s °
Moment Masse längenbezogene Masse von Stäben Energiedämpfungskoeffizient von Luft (13.3.2) Drehzahl Nachgiebigkeit (12.2.2) Leistung, Luftschallleistung (2.4.2), Körperschallleistung (4.2), Wärmestrom (9.6) Schalldruck, Luftdruck (2.2.1) Schallfluss (4.5.2) Öffnungsanteil von Kapseln (10.4.4.1), Streukörperdichte (13.3.5) Geräuschanteil (7.2) Schalldämm-Maß (5.1) Schallreflexionsfaktor (6.2.1) Abstand zwischen Immissionsort und Quelle (13.2.1) Fläche flächenbezogene dynamische Steifigkeit (5.4.2.1) Periodendauer, Integrationszeit (2.2.1), Nachhallzeit (13.3.2) Zeit Temperatur Temperaturdifferenz 1 K =ˆ 1 °C Volumen Volumenstrom Geschwindigkeit, Schwinggeschwindigkeit, Schallschnelle spezifische Impedanz, Z = p /υ (6.2.1) Schirmwert (13.8.2) Schallabsorptionsgrad (6.2.1) mittlerer Schallabsorptionsgrad eines Raumes (13.3.2) Richtwirkungsfaktor (13.2.1) Schallausbreitungskoeffizient, γ ′ = a′ + j β ′, β ′ = k Anpassungsverhältnis (6.2.2.2, 9.3.3) Verlustfaktor (4.2), Frequenzparameter (9.3.3.3) Stoßzahl (11.3.6) normierte Auskleidungstiefe (9.3.3) Wellenlänge, ohne Index: in Luft, Index B für Biegewellenlänge Poissonsche Querkontraktionszahl längenbezogener Strömungswiderstand (6.2.2.1) Schallausschlag, Schwingweg Dichte Reflexionsgrad (13.3.3) Abstrahlgrad (4.5), Porosität (6.2.2.1) Transmissionsgrad (5.1) Impulsdauer, Stoßdauer (7.4.3.1) Phasenwinkel
υ
Z z
Wichtige Formelzeichen und Einheiten
Formel- Einheit zeichen
Benennung, Bemerkungen1)
χ Ω ω
Strukturfaktor (6.2.2.1) Raumwinkel (13.2.1) Winkelfrequenz (Kreisfrequenz), ω = 2 π f
1 sr s–1
Schreibweisen für zeitabhängige Größen p Augenblickswert p (t) pˆ Amplitude, Spitzenwert p˜ Effektivwert (quadratischer Mittelwert), s. Gl. (2.1), υ≈ zeitlicher und räumlicher quadratischer Mittelwert, z. B. Gl. (4.5) p (t) = pˆ cos (ω t + ϕ) = Re { p e j ω t} 2 mit p e j ω t rotierender komplexer Zeiger, 2p = pˆ e j ϕ ruhender komplexer Zeiger; 2 Z = p/υ = Re {Z} + j Im {Z} = Z ⊥ + j Z–| = | Z | e j ϕ 2 Kurzformen: | Z | = Z, im Abschnitt 4.7.1 Z⊥ = Z.
XXIII
1. Vorschriften und Normen für Maschinengeräusche U. Trautmann
1.1 Einführung In diesem Kapitel wird eine Zusammenstellung der gesetzlichen und normativen Vorgaben gegeben, die bei der Konstruktion von Maschinen bezüglich ihrer Geräuschemission zu berücksichtigen sind. Dabei werden die Vorschriften, die sich auf die Geräuschemission beziehen (Abschnitte 1.2–1.4), ausführlicher dargestellt, als Vorgaben zum Immissionsschutz, da sich das vorliegende Buch hauptsächlich mit den Geräuschentstehungsmechanismen in Maschinen und deren gezielter Beeinflussung befasst. Die Informationen zum Immissionsschutz (Arbeitsplätze in geschlossenen Räumen, Schallausbreitung im Freien) werden als Ergänzung zu den Geräuschemissionsvorgaben angegeben (Abschnitte 1.5–1.7). Festlegungen im Pflichtenheft oder im Vertrag enthalten häufig auch Angaben zum Immissionsschutz, die vom Hersteller Kenntnisse über den Aufstellungsort und die Betriebsbedingungen der von ihm gelieferten Maschine erfordern. Da gesetzlich nur die Angabe von Emissionsdaten für Maschinen gefordert wird, sollte sich der Hersteller/Lieferant möglichst nicht zur Einhaltung von Geräuschimmissionswerten verpflichten. Die europäischen Vorschriften zur Begrenzung der Geräuschemission von Maschinen verfolgen zwei Ziele: – Schutz der Arbeitnehmer vor gesundheitsschädigendem Lärm (Arbeitsschutz), Schutz der Gesundheit und des Wohlbefindens der Bürger (Umweltschutz). – Gewährleistung des freien Warenaustausches innerhalb der EU.
In den EU-Richtlinien werden grundlegende Anforderungen formuliert. Wie diese Ziele erreicht werden können, wird in Normen geregelt. Die Normen werden auf Grund eines Abkommens zwischen der internationalen und der europäischen Normungsorganisation (ISO, CEN) vorwiegend als ISO-Normen erstellt und als „EN ISO“ in das europäische Normenwerk übernommen. In Deutschland erscheinen diese Normen in der Regel unverändert als „DIN EN ISO“. Die EU-Richtlinien werden als Gesetze in deutsches Recht überführt (siehe [2–4]).
1.2 Geräuschemission, Maschinenrichtlinie Die Maschinenrichtlinie 98/37/EG (ursprünglich 89/392/EG mit zahlreichen Änderungen) gilt für Maschinen und Aggregate einschließlich auswechselbarer Ausrüstungen zur Änderung ihrer Funktion. Ausgenommen sind u. a. Fahrzeuge und Aufzüge zur Personenbeförderung, Maschinen für medizinische oder militärische Zwecke.
2
U. Trautmann
Es werden zwei Sicherheitsanforderungen geregelt: – Konstruktion lärmarmer Maschinen (98/37/EG Anhang I, Abschnitt 1.5.8): „Die Maschine muss so konzipiert und gebaut sein, dass Gefahren durch Lärmemission auf das unter Berücksichtigung des technischen Fortschritts und der verfügbaren Mittel zur Lärmminderung, vornehmlich an der Quelle, erreichbare niedrigste Niveau gesenkt werden.“ – Geräuschangabe (98/37/EG Anhang I, Abschnitt 1.7.4f): Die Betriebsanleitung muss Angaben zum Emissions-Schalldruckpegel am Arbeitsplatz enthalten. Zusätzlich ist bei Überschreitung des Emissions-Schalldruckpegels von 85 dB(A) der Schallleistungspegel und der Spitzenschalldruckpegel bei Überschreitung von 130 dB(C) anzugeben (Bild 1–1). Sämtliche Unterlagen, in denen die Maschine präsentiert wird, dürfen nicht im Widerspruch zur Betriebsanleitung stehen. Damit bekommt der potenzielle Käufer die grundlegenden Informationen, um Maschinen hinsichtlich Ihrer Geräuschemission zu vergleichen und Immissionsberechnungen durchzuführen.
LpA, ArbP Emissionsschalldruckpegel am Arbeitsplatz LpC peak Höchstwert des momentanen C-bewerteten Schalldruckpegels am Arbeitsplatz LpA max,1m Höchster Schalldruckpegel, der im Abstand von 1,00 m von der Maschinenoberfläche und 1,60 m über dem Boden oder der Zugangsplattform bestimmt wurde sowie der dazugehörige Messpunkt Schallleistungspegel LWA LpA,Umf Schalldruckpegel an bestimmten Stellen im Maschinenumfeld Bild 1–1. Maschinenrichtlinie 98/37/EG (bzw. MaschinenlärminformationsVerordnung 3. GPSGV): Vorgehensweise bei der Angabe der Geräuschemissionsdaten in Abhängigkeit von der Geräuschemission und der Maschinenkonfiguration [1]
1. Vorschriften und Normen für Maschinengeräusche
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Für die Umsetzung der o. g. Anforderungen wurden A-, B- und C-Normen erarbeitet (Bild 1–2): – Typ A: Grundlegende Sicherheitskonzepte, Konventionen für die Erarbeitung von C-Normen. – Typ B: Rahmennormen zur Geräuschemissions-Messung, -Angabe und -Überprüfung, zur Konstruktion lärmarmer Maschinen und zum Vergleich von Geräuschemissionswerten. – Typ C: Maschinenspezifische Sicherheitsnormen, die neben anderen Sicherheitsaspekten die Gefährdung durch Geräuschemission für eine Maschinenart behandeln (Kenngrößen, Mess- und Betriebsbedingungen sowie Angabe- und Nachprüfungsverfahren zur Geräuschemissionsangabe, zum Teil Hinweise auf maschinenspezifische Lärmminderungsmaßnahmen). C-Normen sind entweder selbstständige Geräuschmessnormen für eine bestimmte Maschinenart oder werden als „Geräuschkapitel“ in eine maschinenspezifische Sicherheitsnorm integriert.
Die Folgeteile von DIN 45635, in denen die Aufstellungs- und Betriebsbedingungen für die Bestimmung der Schallleistung und des Emissions-Schalldruckpegels an spezifischen Maschinen beschrieben sind, werden mit der Erarbeitung von C-Normen schrittweise zurückgezogen. Zur Zeit existieren schon über 400 europäische Sicherheitsnormen für unterschiedlichste Maschinengruppen mit Abschnitten zur Minderung, Angabe und Nachprüfung der Geräuschemission. Diese wurden in Technischen Komitees (TCs) der beiden Europäischen Normungsinstitutionen CEN und CENELEC erarbeitet und sind inzwischen als sogenannte DIN EN Normen in deutscher Sprache erhältlich. Durch Listung dieser Normen im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft erlangen sie einen Status, der bei ihrer Anwendung durch den Maschinenhersteller die Vermutungswirkung auslöst. So wird „vermutet“, dass Maschinen, die nach diesen Normen gebaut werden, die wesentlichen Anforderungen der Maschinenrichtlinie erfüllen, sofern nicht im Anhang Z der Sicherheitsnorm bestimmte Gefährdungsfaktoren oder Anforderungen der Richtlinie als nicht behandelt ausgewiesen werden. Neben den sogenannten „mandatierten“ Europäischen Normen, die der Umsetzung der Forderungen aus der Maschinenrichtlinie dienen, gibt es im deutschen Normensystem zahlreiche VDI-Richtlinien, die sich mit der Konstruktion lärmarmer Maschinen befassen bzw. den Bereich der Geräuschemission für bestimmte Maschinengruppen angeben: – VDI 3720: Grundlegende Regeln für die Konstruktion lärmarmer Maschinen, Konstruktionsbeispiele. – ETS-Richtlinien (Emissionskennwerte Technischer Schallquellen): Geräuschemissionsdaten für bestimmte Maschinengruppen in Abhängigkeit einer maschinenspezifischen Kenngröße (in der Regel grafische Darstellung). Zum Teil Beschreibung maschinenspezifischer Lärmminderungsmaßnahmen. Daten teilweise veraltet wegen fehlender Aktualisierung der VDI-Richtlinien (Tabelle 1–1).
1.3 Geräuschemission im Freien betriebener Maschinen Die EU-Richtlinie 2000/14/EG gilt für 57 Maschinenarten, die ausschließlich im Freien betrieben werden (sogenannte „Outdoor“-Richtlinie, vor allem Baumaschinen, Gartengeräte, Kommunalfahrzeuge). Die Richtlinie gilt nicht für „Geräte und Maschinen, die in erster Linie für den Gütertransport oder die Beförderung von Personen … bestimmt sind“.
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U. Trautmann Maschinenrichtlinie 98/37/EG Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG) 2005 Dritte Verordnung zum GPSG (Maschinenlärminformationsverordnung, 3. GPSGV) Neunte Verordnung zum GPSG (Maschinenverordnung, 9. GPSGV)
Anforderungen
1. Maschine so konstruieren, dass Gefahren durch Geräuschemission entsprechend dem jeweiligen Stand der Lärmminderungstechnik minimiert werden; Lärmminderung möglichst an der Quelle. 2. Information über Geräuschemission der Maschine
A-Normen DIN EN ISO 12001
Aufbau einer Geräuschmessnorm
DIN EN 1746
Aufbau eines Geräuschkapitels in maschinenspezifischer Sicherheitsnorm
DIN EN 292-1
Maschinensicherheit, grundlegende Konstruktionsregeln
DIN EN 414
Regeln für die Erarbeitung von Sicherheitsnormen
B-Normen DIN EN ISO 11688-1/2
Konstruktion lärmarmer Maschinen, Hinweise für Konstrukteure, Konstruktionsregeln, physikalische Grundlagen
DIN EN ISO 3740-3747
Bestimmung der Schallleistung aus Schalldruckmessungen
DIN EN ISO 9614-1/2/3
Bestimmung der Schallleistung aus Schallintensitätsmessungen
DIN EN ISO 11200-11205
Bestimmung des Emissionsschalldruckpegels
DIN EN ISO 4871
Angabe und Überprüfung von Geräuschemissionswerten
DIN EN ISO 11689
Vergleich von Geräuschemissionswerten von Maschinen einer Maschinengruppe (s. a. [6])
C-Normen (Beispiele) Geräuschmessnormen DIN EN 1265
Gießereimaschinen und -anlagen
DIN EN ISO 7960
Holzbearbeitungsmaschinen
DIN EN ISO 9207
Handkettensägemaschinen (mit Verbrennungsmotor)
Geräuschkapitel DIN EN 1454
Handgeführte Trennschleifmaschinen
DIN EN 1553
Selbstfahrende/angebaute Landmaschinen
DIN EN 1501
Abfallsammelfahrzeuge
Bild 1–2. Maschinenrichtlinie, Geräte- und Produktsicherheitsgesetz. Normensystem zur Umsetzung der Anforderungen
1. Vorschriften und Normen für Maschinengeräusche
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Tabelle 1–1. Emissionskennwerte Technischer Schallquellen, VDI-Richtlinien, Ausgaben ab 1990 (Auswahl) VDI-Richtlinie
Maschinenart
VDI 3731 Blatt 2 VDI 3732 VDI 3734 Blatt 2 VDI 3738 VDI 3739 VDI 3743 Blatt 1 VDI 3752 Blatt 1 VDI 3753 VDI 3757 VDI 3761 VDI 3765 VDI 3767
Ventilatoren Fackeln Kühltürme Armaturen Transformatoren Kreiselpumpen Schneidpressen Stationäre Verbrennungsmotoren Gießereimaschinen Handgeführte Elektrowerkzeuge für die Holzbearbeitung Baumaschinen Betonsteinformmaschinen
– – – – – –
Die Richtlinie enthält folgende Anforderungen: Kennzeichnungspflicht mit dem garantierten Schallleistungspegel und dem CEKennzeichen an der Maschine. Geräuschemissionsbegrenzung für 23 Maschinengruppen in Abhängigkeit von einer charakteristischen Maschinenkenngröße. Für die Geräuschemissions-Grenzwerte gelten zwei Stufen, die ab 03. 01. 2002 bzw. 03. 01. 2006 gültig sind. Durchführung eines Konformitätsbewertungsverfahrens. Abgabe einer Konformitätserklärung. Datensammlung und Veröffentlichung der Daten durch die EU-Kommission (zzt. nur in [6] für Baumaschinen verfügbar). Marktüberwachung durch die Mitgliedsstaaten.
Entscheidend für die Anwendung der Richtlinie auf eine bestimmte Maschine sind die Definitionen der Maschinengruppen (Anhang I der Richtlinie). Die Unterscheidung, ob eine Maschine nur der Kennzeichnungspflicht oder auch der GeräuschemissionsBegrenzung unterliegt, wird in den Artikeln 12 und 13 der Richtlinie geregelt. Die Aufstellungs- und Betriebsbedingungen für die Geräuschmessung werden zum Teil direkt in der Richtlinie beschrieben, in den anderen Fällen wird auf Normen verwiesen (Anhang III, Teil B der Richtlinie). Der garantierte Schallleistungspegel muss gemäß DIN EN ISO 4871 aus dem gemessenen Schallleistungspegel gebildet werden (Berücksichtigung der Produktionsstreuung und der Genauigkeit des Messverfahrens). Die Konformitätserklärung muss u.a. folgende Angaben enthalten: – Name und Anschrift des Herstellers, Aufbewahrungsort für die technischen Unterlagen. – Beschreibung der Maschinen. – Angewandtes Konformitätsbewertungsverfahren, ggf. Name und Anschrift der benannten Stelle. – Schallleistungspegel, der an repräsentativen Baumustern dieser Maschinengruppe gemessen wurde. – Garantierter Schallleistungspegel für diese Maschinengruppe. – Verweis auf die Richtlinie 2000/14/EG, Erklärung, dass die Maschinen den Anforderungen dieser Richtlinie entsprechen.
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U. Trautmann
Bild 1–3. Richtlinie über umweltbelastende Geräuschemissionen von zur Verwendung im Freien vorgesehenen Geräten und Maschinen („Outdoor“-Richtlinie) [8]
1. Vorschriften und Normen für Maschinengeräusche
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– Ggf. Konformitätserklärung und Angabe zu anderen angewandten EU-Richtlinien (z. B. Maschinenrichtlinie).
Die Umsetzung der Richtlinie 2000/14/EG in deutsches Recht erfolgt in der 32. Verordnung zum Bundesimmissionsschutzgesetz, der Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung (32. BImSchV). Zusätzlich werden in der 32. BImSchV für Geräte die Nutzungszeiten in sensibel eingestuften Bereichen geregelt. Bei Maschinen, für die sowohl die Maschinenrichtlinie (98/37/EG) als auch die „Outdoor“-Richtlinie“ (2000/14/EG) gilt, wird folgendes Verfahren angewendet: – Konformitätserklärung gemäß 2000/14/EG mit Bezug auf 98/37/EG. – Schallleistungsangabe gemäß 2000/14/EG (Betriebsbedingungen, Messverfahren), ggf. Einhaltung der Grenzwertvorgabe für die Geräuschemission. – Angabe des Emissions-Schalldruckpegels bzw. des Schalldruckpegels in der Kabine (Betriebsbedingungen gemäß 2000/14/EG). – Anforderungen an die Konstruktion beachten (98/37/EG, Lärmminderungsmaßnahmen an der Quelle).
1.4 Geräuschemission, Umweltzeichen „Blauer Engel“ Mit dem Umweltzeichen „Blauer Engel“ können Produkte ausgezeichnet werden, die im Vergleich zu anderen Produkten mit gleichen Gebrauchseigenschaften als besonders umweltfreundlich bezeichnet werden können (z. B. besonders lärmarme Produkte). Die Anforderungen werden in Vergabegrundlagen festgelegt, die von einer „Jury Umweltzeichen“ erarbeitet und vom RAL veröffentlicht werden [7]. Die Vergabe des Umweltzeichens erfolgt unter Beteiligung des Umweltbundesamtes. Auch ohne Vergabe eines Umweltzeichens können die Anforderungen als Grundlage für die Konstruktion/Lieferung von Maschinen bzw. Geräten genutzt werden. Für die zahlreiche Produkte liegen Anforderungen vor, die sich auf die Geräuschemission beziehen (Tabelle 1–2). Tabelle 1–2. Umweltzeichen „Blauer Engel“, Produkte mit Vergabeanforderungen zur Begrenzung der Geräuschemission [7] Umweltzeichen
Maschinen-/Geräteart
RAL-UZ 21 RAL-UZ 53 RAL-UZ 54 RAL-UZ 59 RAL-UZ 62 RAL-UZ 78 RAL-UZ 83 RAL-UZ 85 RAL-UZ 89 RAL-UZ 93 RAL-UZ 95 RAL-UZ 96 RAL-UZ 97 RAL-UZ 98
Altglas-Container Baumaschinen Komposthäcksler Nutzfahrzeuge, Kommunalfahrzeuge, Omnibusse Kopiergeräte Arbeitsplatz-Computer Kettensägen Drucker Kraftfahrzeugreifen Tragbare Computer Faxgeräte, Fernkopierer, Faxkombinationsgeräte Waschmaschinen für den Hausgebrauch Geschirrspülmaschinen für den Hausgebrauch Wäschetrockner für den Hausgebrauch
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U. Trautmann
1.5 Geräuschimmission, Arbeitsschutz Aufgrund der Schallausbreitungsbedingungen in Arbeitsstätten führt die Geräuschemission einer Maschine zu einer Geräuschimmission am Arbeitsplatz. Auch andere Geräuschquellen im Umfeld des Arbeitsplatzes tragen zu dieser Geräuschimmission bei, was bei der vertraglichen Festlegung einer maximalen Geräuschimmission (Schalldruckpegel am Arbeitsplatz) berücksichtigt werden muss. Gesetzliche und normative Festlegungen beziehen sich auf die Begrenzung der Geräuschimmission mit folgendem Ziel (Bild 1–4): – Vermeidung von gesundheitlichen Gefährdungen (vor allem Gehörgefährdungen). – Wahrnehmbarkeit von Warnsignalen oder Warnhinweisen. – Vermeidung von Beeinträchtigungen bei der Ausführung von Büroarbeit (z. B. direkte Kommunikation) oder Tätigkeiten, die Konzentration verlangen.
Die personenbezogene Lärmbelastung wird als Lärmexposition angegeben. Diese Größe verknüpft den mittleren Schalldruckpegel, dem ein Arbeitnehmer während eines Zeitabschnittes ausgesetzt ist, mit der zugehörigen Einwirkzeit und bezieht die Summe aller Einwirkungen auf einen 8-Stunden Arbeitstag (ISO 1999). Bei Vereinbarung von Lieferbedingungen ist diese Größe vom Schalldruckpegel am Arbeitsplatz (Geräuschimmission, s.o.) zu unterscheiden, da die Lärmexposition arbeitnehmerbezogen ist (Berücksichtigung anderer Tätigkeiten z. B. Vorbereitungs-, Kontroll- und Wartungsarbeiten). Die Ziele zum Schutz der Arbeitnehmer vor Lärm sind in der Arbeitsschutzrichtlinie 89/391/EG und in der spätestens ab Februar 2006 ins nationale Recht umzusetzenden Richtlinie über physikalische Agenzien „Lärm“ 2003/10/EG formuliert. Es ist vorgesehen, die Richtlinie in Form einer Physikalien-Verordnung umzusetzen, mit der Folge, dass die bisher geltende BGV B3 (Unfallverhütungsvorschrift „Lärm“ der Berufsgenossenschaften) wegfällt (Bild 1–4, Zusammenfassung in [9, 10]). Die EU-Richtlinie 2003/10/EG (wird die EU-Richtlinie 86/188/EG ersetzen) verpflichtet die Arbeitgeber bei allen Maßnahmen, die der Vermeidung von Gesundheitsgefährdungen durch Lärm dienen, Folgendes zu beachten: – Auswahl lärmarmer Arbeitsmittel und Arbeitsverfahren (Geräuschangabe bzw. Kennzeichnung durch den Hersteller) entsprechend den fortschrittlichen Regeln der Lärmminderungstechnik. – Begrenzung der Gefährdung durch Lärm möglichst am Entstehungsort. – Gestaltung der Arbeitsstätten und Arbeitsplätze durch technische Lärmminderungsmaßnahmen, die die Ausbreitung von Luft- und Körperschall vermindern. – Information und Unterweisung der Arbeitnehmer zur ordnungsgemäßen Handhabung der Arbeitsmittel (Verringerung der Lärmexposition). – Durchführung angemessener Wartungsprogramme für Arbeitsmittel, Arbeitplätze und Arbeitsplatzsysteme. – Umsetzung arbeitsorganisatorischer Lärmminderungsmaßnahmen (Begrenzung von Dauer und Ausmaß der Exposition, Ruhezeiten). – Bereitstellung von geeignetem persönlichen Gehörschutz, wenn die unteren Auslösewerte der Lärmexposition (s. u.) überschritten werden (Verwendungspflicht ab oberen Auslösewerten). – Organisation der Gesundheitsüberwachung (Anspruch für Arbeitnehmer oberhalb der oberen Auslösewerte).
1. Vorschriften und Normen für Maschinengeräusche EU-Arbeitschutz-Rahmenrichtlinie 89/391/EG Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) 2004
EU-Arbeitsplatz-Lärmschutz-Richtlinie 86/188/EG (Zurückziehung vorgesehen) Unfallverhütungsvorschrift „Lärm“ BGV B3 (Zurückziehung vorgesehen)
EU-Arbeitslärmrichtlinie 2003/10/EG (physikalische Agenzien „Lärm“) Deutsche Umsetzung in Vorbereitung (2006)
Anforderungen
1. Auswahl geräuscharmer Maschinen und Arbeitsverfahren entsprechend den fortschrittlichen Regeln der Lärmminderungstechnik 2. Lärmminderung auf dem Schallausbreitungsweg (Arbeitsraum, Arbeitsplatz) 3. Angebot und Tragen von Gehörschutz 4. Aufstellung von Lärmminderungsprogrammen, Kennzeichnung von Lärmbereichen 5. Begrenzung der Geräuschexposition (mit Berücksichtigung des persönlichen Gehörschutzes) 6. Erkennung von Warnsignalen 7. Begrenzung der Geräuschimmission (< 80 dB(A)) in Abhängigkeit von der Art der Tätigkeit
Umsetzung der Anforderungen in Normen DIN EN ISO 11690-1/2/3
Gestaltung von Arbeitsstätten, Lärmminderungsmaßnahmen, Schallausbreitung in Arbeitsräumen
VDI 2058 Blatt 3
Schalldruckpegel am Arbeitsplatz in Abhängigkeit von der Art der Tätigkeit (z.B. Büroarbeit, konzentrierte Tätigkeit)
DIN EN ISO 14257
Bestimmung von Schallausbreitungskurven zur Bewertung von Arbeitsstätten
VDI 3760
Schallausbreitung in Arbeitsräumen
ISO 9921
Sprachverständlichkeit in Arbeitsstätten. Begrenzung des Schalldruckpegels, um eine Kommunikationsgüte entsprechend den Arbeitsanforderungen zu gewährleisten [5].
DIN EN 457
Wahrnehmbarkeit von Gefahrensignalen
Konstruktion und Bewertung von Schallschutzeinrichtungen DIN EN ISO 11546-1/2
Schallschutz-Kapseln
DIN EN ISO 11957
Schallschutz-Kabinen
DIN EN ISO 11821
Schallschirme
DIN EN ISO 11691 DIN EN ISO 11820
Schalldämpfer
Bild 1–4. Arbeitsschutzrichtlinien und -verordnungen. Anforderungen, Normen
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U. Trautmann
– Aufstellung eines Lärmminderungs-Programmes bei Überschreitung der oberen Auslösewerte der Lärmexposition. Kennzeichnung der Lärmbereiche.
Die EU-Richtlinie 2003/10/EG legt untere und obere Auslösewerte in Bezug auf die Tages-Lärmexpositionspegel und den Spitzenschallpegel für die Umsetzung verschiedener Maßnahmen fest. Diese Auslösewerte für die Lärmexposition liegen um 5 dB(A) unter denen früherer Regelwerke (z.B. BGV B3). Der Grenzwert für die Lärmexposition (87 dB(A)) bezieht die schalldämmende Wirkung des persönlichen Gehörschutzes mit ein. Das Vorschriftensystem der Berufsgenossenschaften (BG) bezieht sich auf die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV), die den Arbeitgeber zur Einhaltung der Arbeitsschutzvorschriften verpflichtet (Maßnahmen, Kontrolle, Dokumentation). Die früheren Unfallverhütungsvorschriften der BG (z. B. BGV B3, Unfallverhütungsvorschrift „Lärm“) werden schrittweise zurückgezogen und dienen als InformationsRichtlinien für die Umsetzung der Schutzziele der Betriebssicherheitverordnung.
1.6 Geräuschimmission, baulicher Schallschutz Aus den Vorschriften zum baulichen Schallschutz können Anforderungen an die Geräuschimmission in Aufenthaltsräumen abgeleitet werden, die durch Maschinen verursacht werden. Dabei handelt es sich um baurechtlich verbindliche bzw. empfohlene Schalldruckpegel-Begrenzungen, die nicht dem Gehörschutz, sondern dem Schutz vor Belästigungen, der Nachtruhe, dem Komfort oder dem Schutz besonders empfindlicher Räume dienen, z.B.: – DIN 4109: Beurteilungspegel bzw. maximaler Schalldruckpegel in Aufenthaltsräumen, der aus fremden Betrieben oder aus haustechnischen Anlagen herrührt. – VDI 2081: Mittlerer Schalldruckpegel aus raumlufttechnischen Anlagen für verschiedene Raumarten. – VDI 2719: Anhaltswerte für Schalldruckpegel in Aufenthalträumen für von außen eindringenden Schall. – VDI 2081: NR-Kurven, frequenzabhängige Schalldruckpegelbegrenzung für Störpegel (z. B. in Räumen für musikalische oder sprachliche Aufführungen). – DIN 15996: GK-Kurven, frequenzabhängige Schalldruckpegelbegrenzung für Räume zur Bild- und Tonbearbeitung (Störpegel).
Im baulichen Schallschutz muss die Körperschallemission von Maschinen besonders beachtet werden, da der eingeleitete Körperschall (Schwingungsanregung) von der Gebäudestruktur übertragen und als sekundärer Luftschall in schutzbedürftigen Räumen abgestrahlt wird.
1.7 Geräuschimmission, Nachbarschaftsschutz Geräusche, die im Freien von Maschinen und Anlagen übertragen werden, unterliegen am Immissionsort einer Schalldruckpegelbegrenzung. Auf Grund der Schallausbreitungsbedingungen (Entfernung, Abschirmung, Reflexion, Dämpfung) und der akustischen Vorbelastung am Immissionsort können daraus Anforderungen an die Geräuschemission von Maschinen abgeleitet werden. Die folgenden gesetzlichen Vorschriften und Normen sind zu beachten:
1. Vorschriften und Normen für Maschinengeräusche
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– Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG): Gilt v. a. für genehmigungsbedürftige Anlagen. Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, „dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind“ (§ 22). – Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm): Konkretisierung der Pflichten der Betreiber genehmigungsbedürftiger und nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen gemäß Bundesimmissionsschutzgesetz (§§ 5, 22). Immissionsrichtwerte (außen/innen) für Tag- und Nachtzeit je nach Gebietseinstufung entsprechend der Nutzung. Mess- und Berechnungsverfahren für die Ermittlung von Geräuschimmissionen. – Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm (AVwV Baulärm): Immissionsrichtwerte (außen) für Baustellengeräusche für Tag- und Nachtzeit je nach Gebietseinstufung. Mess- und Berechnungsverfahren (Geräuschemissionsdaten von Baumaschinen in [6]). – DIN ISO 9613-2: Berechnung von Geräuschimmissionen in der Umgebung (z. B. Wohnnachbarschaft) von Geräuschquellen, deren Geräuschemission (z. B. Schallleistungspegel) bekannt ist. Z. B. Berechnung der Schallausbreitung im Freien in der Umgebung von Industrieanlagen.
1.8 Schrifttum 1.8.1 Literatur [1] Knochenhauer, K.-H., Brylka, D., Trautmann, U.: Entwicklung und Überprüfung neuer Methoden der Lärmminderungstechnik bei der Umsetzung von EG-Richtlinien. Forschungsbericht Fb 759. Herausgeber Bundesanstalt für Arbeitsschutz. Wirtschaftsverlag NW, Bremerhaven 1997. [2] Sehrndt, G., Kurtz, P.: Implementation of European Occupational Noise Control Directives. Inter-Noise 2004, Prag 2004. [3] Jacques, J.: Noise and standardization, focussing on machinery and workplace domains. Joint Baltic-Nordic Acoustics Meeting 8.–10. June 2004. Mariehamn/Aland 2004. [4] Nielsen, L.: International cooperation and development of international standards on noise. Inter-Noise 2004. Prag 2004. [5] Langhoff, Th., Köchling, A., Trautmann, U.: Sprachkommunikation, ihre Störung, Beeinträchtigung und Einschränkung. Forschungsbericht Fb 719. Herausgeber Bundesanstalt für Arbeitsschutz. Wirtschaftsverlag NW, Bremerhaven 1995. [6] Trautmann, U.: GE-DAT 2005, Geräuschemissionsdaten für Baugeräte (Datenbank). Wirtschaftsverlag NW, Bremerhaven 2005. [7] Blauer Engel, Produktanforderungen, Zeichenanwender und Produkte. RAL Deutsches Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung, Sankt Augustin 2003. [8] Irmer, V.: Die neue EG-„Outdoor“-Richtlinie bezüglich der Geräuschemission von im Freien betriebenen Maschinen und deren Umsetzung in nationales Recht. Zeitschrift für Lärmbekämpfung 48 (2001) Nr. 3, Springer-VDI-Verlag, Düsseldorf 2001. [9] Parthey, W., Lazarus, H., Kurtz, P.: Lärmschutz an Maschine und Arbeitsplatz, Vorschriften, technische Regeln, Gefährdungsbewertung. Bericht Rw 30 (Regelwerke). Herausgeber Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Wirtschaftsverlag NW, Bremerhaven 2004. [10] Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG) Gesetz zur Neuordnung der Sicherheit von technischen Arbeitsmitteln und Verbraucherprodukten einschließlich der Verordnungen. Bericht Rw 1 (Regelwerke). Herausgeber Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Wirtschaftsverlag NW, Bremerhaven 2004.
12 1.8.2
U. Trautmann
Gesetze, EU-Richtlinien
ArbStättV AVwV BetrSichV
BGV B3 BImSchG
32. BImSchV TA Lärm
GPSG 3. GPSGV
9. GPSGV 86/188/EG 89/391/EG
98/37/EG
2000/14/EG
2003/10/EG
Verordnung über Arbeitsstätten (Arbeitsstättenverordnung) vom 12. August 2004. Baulärm Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm, Geräuschimmissionen vom 19. August 1970. Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Bereitstellung von Arbeitsmitteln und deren Benutzung bei der Arbeit, über Sicherheit beim Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen und über die Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes (Betriebssicherheitsverordnung) vom 27. September 2002. BG-Vorschrift B3 (UVV) Lärm vom 01. Januar 1990, in der Fassung vom 01. Januar 1997. Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundesimmissionsschutzgesetz) vom 18. September 2002. 32. Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung) vom 01. September 2002. Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundesimmisionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm, TA Lärm) vom 01. November 1998. Gesetz zur Neuordnung der Sicherheit von technischen Arbeitsmitteln und Verbraucherprodukten vom 01. Mai 2004. Dritte Verordnung zum Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (Maschinenlärminformations-Verordnung) vom 18. Januar 1991, in der Fassung vom 06. Januar 2004. Neunte Verordnung zum Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (Maschinenverordnung) vom 12. Mai 1993, in der Fassung vom 06. Januar 2004. Richtlinie des Rates vom 12. Mai 1986 über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch Lärm am Arbeitsplatz. Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juni 1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes bei der Arbeit. Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedsstaaten für Maschinen. Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 08. Mai 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über umweltbelastende Geräuschemissionen von zur Verwendung im Freien vorgesehenen Geräten und Maschinen. Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 06. Februar 2003 über Mindestvorschriften zum Schutz von Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer vor der Gefährdung durch physikalische Einwirkungen (Lärm).
1.8.3 Normen, Richtlinien Bei den im Folgenden aufgeführten Normen und Richtlinien entspricht das Ausgabedatum dem aktuellen Stand bei Redaktionsschluss. Diese Angaben können sich ändern. Die jeweils aktuelle Ausgabe kann z. B. über die Verzeichnisse des DIN Deutsches Institut für Normung, Berlin in Erfahrung gebracht werden. DIN 4109 DIN 4109 Beiblatt 2
1989-11-00 1989-11-00
Schallschutz im Hochbau; Anforderungen und Nachweise Schallschutz im Hochbau; Hinweise für Planung und Ausführung; Vorschläge für einen erhöhten Schallschutz; Empfehlungen für den Schallschutz im eigenen Wohnoder Arbeitsbereich
1. Vorschriften und Normen für Maschinengeräusche DIN 15996
2004-09-00
DIN 45635-1
1984-04-00
DIN EN 292-1
2000-06-00
DIN EN 414
2000-10-00
DIN EN 457
1992-04-00
DIN EN 1265
2000-02-00
DIN EN 1454
1997-09-00
DIN EN 1501-1
2004-09-00
DIN EN 1501-2
2001-01-00
DIN EN 1501-3
2004-04-00
DIN EN 1501-4
2004-04-00
DIN EN 1553
2000-04-00
DIN EN 1746
1998-12-00
DIN EN ISO 3740
2001-03-00
DIN EN ISO 3741
2001-01-00
DIN EN ISO 3743-1 1995-09-00
DIN EN ISO 3743-2 1996-12-00
DIN EN ISO 3744
1995-11-00
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Bild- und Tonbearbeitung in Film-, Video- und Rundfunkbetrieben – Anforderungen an den Arbeitsplatz Geräuschmessung an Maschinen; Luftschallemission, Hüllflächen-Verfahren; Rahmenverfahren für 3 Genauigkeitsklassen Sicherheit von Maschinen – Grundbegriffe, allgemeine Gestaltungsleitsätze – Teil 1: Grundsätzliche Terminologie, Methodologie Sicherheit von Maschinen – Regeln für die Abfassung und Gestaltung von Sicherheitsnormen Sicherheit von Maschinen; Akustische Gefahrensignale; Allgemeine Anforderungen, Gestaltung und Prüfung Geräuschmessverfahren für Gießereimaschinen und -anlagen; Deutsche Fassung EN 1265:1999 Tragbare, handgeführte Trennschleifmaschinen mit Verbrennungsmotor – Sicherheit Abfallsammelfahrzeuge und die dazugehörigen Schüttungen – Allgemeine Anforderungen und Sicherheitsanforderungen – Teil 1: Hecklader Abfallsammelfahrzeuge und die dazugehörigen Schüttungen – Allgemeine Anforderungen und Sicherheitsanforderungen – Teil 2: Seitenlader Abfallsammelfahrzeuge und die dazugehörigen Schüttungen – Allgemeine Anforderungen und Sicherheitsanforderungen – Teil 3: Frontlader Abfallsammelfahrzeuge und die dazugehörigen Schüttungen – Allgemeine Anforderungen und Sicherheitsanforderungen – Teil 4: Lärmmessprotokoll für Abfallsammelfahrzeuge Landmaschinen – Selbstfahrende, angebaute, aufgesattelte und gezogene Landmaschinen – Gemeinsame Sicherheitsanforderungen Sicherheit von Maschinen – Anleitung für die Abfassung der Abschnitte über Geräusche in Sicherheitsnormen Akustik – Bestimmung des Schallleistungspegels von Geräuschquellen – Leitlinien zur Anwendung der Grundnormen Akustik – Bestimmung der Schallleistungspegel von Geräuschquellen aus Schalldruckmessungen – Hallraumverfahren der Genauigkeitsklasse 1 (ISO 3741:1999) Akustik – Bestimmung der Schallleistungspegel von Geräuschquellen; Verfahren der Genauigkeitsklasse 2 für kleine, transportable Quellen in Hallfeldern – Teil 1: Vergleichsverfahren in Prüfräumen mit schallharten Wänden (ISO 3743-1:1994) Akustik – Bestimmung der Schallleistungspegel von Geräuschquellen aus Schalldruckmessungen – Verfahren der Genauigkeitsklasse 2 für kleine, transportable Quellen in Hallfeldern – Teil 2: Verfahren für Sonder-Hallräume (ISO 3743-2:1994) Akustik – Bestimmung der Schallleistungspegel von Geräuschquellen aus Schalldruckmessungen – Hüllflächenverfahren der Genauigkeitsklasse 2 für ein im wesentlichen freies Schallfeld über einer reflektierenden Ebene (ISO 3744:1994)
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U. Trautmann
DIN EN ISO 3745
2004-05-00
DIN EN ISO 3746
1995-12-00
DIN EN ISO 3747
2001-02-00
DIN EN ISO 4871
1997-03-00
DIN EN ISO 7960
1995-02-00
DIN EN ISO 9207
1995-09-00
DIN EN ISO 9614-1 1995-06-00
DIN EN ISO 9614-2 1996-12-00
DIN EN ISO 9614-3 2003-04-00
DIN EN ISO 11200 1996-07-00
DIN EN ISO 11201 1996-07-00
DIN EN ISO 11202 1996-07-00
DIN EN ISO 11203 1996-07-00
DIN EN ISO 11204 1996-07-00
DIN EN ISO 11205 2004-05-00
Akustik – Bestimmung der Schallleistungspegel von Geräuschquellen aus Schalldruckmessungen – Verfahren der Genauigkeitsklasse 1 für reflexionsarme Räume und Halbräume (ISO 3745:2003) Akustik – Bestimmung der Schalleistungspegel von Geräuschquellen aus Schalldruckmessungen – Hüllflächenverfahren der Genauigkeitsklasse 3 über einer reflektierenden Ebene (ISO 3746: 1995) Akustik – Bestimmung der Schallleistungspegel von Geräuschquellen aus Schalldruckmessungen – Vergleichsverfahren zur Verwendung unter Einsatzbedingungen (ISO 3747: 2000) Akustik – Angabe und Nachprüfung von Geräuschemissionswerten von Maschinen und Geräten (ISO 4871: 1996) Luftschallemission von Werkzeugmaschinen – Festlegungen für Holzbearbeitungsmaschinen Handkettensägemaschinen mit Verbrennungsmotor; Bestimmung der Schalleistungspegel Akustik – Bestimmung der Schalleistungspegel von Geräuschquellen aus Schallintensitätsmessungen – Teil 1: Messungen an diskreten Punkten (ISO 9614-1: 1993) Akustik – Bestimmung der Schalleistungspegel von Geräuschquellen aus Schallintensitätsmessungen – Teil 2: Messung mit kontinuierlicher Abtastung (ISO 9614-2: 1996) Akustik – Bestimmung der Schallleistungspegel von Geräuschquellen aus Schallintensitätsmessungen – Teil 3: Scanning-Verfahren der Genauigkeitsklasse 1 (ISO 9614-3: 2002) Akustik – Geräuschabstrahlung von Maschinen und Geräten – Leitlinien zur Anwendung der Grundnormen zur Bestimmung von Emissions- Schalldruckpegeln am Arbeitsplatz und an anderen festgelegten Orten (ISO 11200: 1995) Akustik – Geräuschabstrahlung von Maschinen und Geräten – Messung von Emissions-Schalldruckpegeln am Arbeitsplatz und an anderen festgelegten Orten; Verfahren der Genauigkeitsklasse 2 für ein im wesentlichen freies Schallfeld über einer reflektierenden Ebene (ISO 11201: 1995) Akustik – Geräuschabstrahlung von Maschinen und Geräten – Messung von Emissions-Schalldruckpegeln am Arbeitsplatz und an anderen festgelegten Orten; Verfahren der Genauigkeitsklasse 3 für Messungen unter Einsatzbedingungen (ISO 11202: 1995) Geräuschabstrahlung von Maschinen und Geräten – Bestimmung von Emissions-Schalldruckpegeln am Arbeitsplatz und an anderen festgelegten Orten aus dem Schallleistungspegel (ISO 11203: 1995) Akustik – Geräuschabstrahlung von Maschinen und Geräten – Messung von Emissions-Schalldruckpegeln am Arbeitsplatz und an anderen festgelegten Orten; Verfahren mit Umgebungskorrekturen (ISO 11204: 1995) Akustik – Geräuschabstrahlung von Maschinen und Geräten – Verfahren der Genauigkeitsklasse 2 zur
1. Vorschriften und Normen für Maschinengeräusche
DIN EN ISO 11688-1
1998-10-00
DIN EN ISO 11688-2
2001-03-00
DIN EN ISO 11689
1997-03-00
DIN EN ISO 11690-1
1997-02-00
DIN EN ISO 11690-2
1997-02-00
DIN EN ISO 11690-3
1999-01-00
DIN EN ISO 12001 1997-07-00
DIN EN ISO 12001 2003-09-00 Beiblatt 1
DIN EN ISO 11546-1
1996-06-00
DIN EN ISO 11546-2
1996-06-00
DIN EN ISO 11957 1997-02-00
DIN EN ISO 11821 1997-08-00 DIN EN ISO 11691 1996-02-00
DIN EN ISO 11820 1997-04-00 DIN EN ISO 14257 2002-03-00
15
Bestimmung von Emissions-Schalldruckpegeln am Arbeitsplatz und an anderen festgelegten Orten unter Einsatzbedingungen aus Schallintensitätsmessungen (ISO 11205: 2003) Akustik – Richtlinien für die Gestaltung lärmarmer Maschinen und Geräte – Teil 1: Planung (ISO/TR 11688-1: 1995) Akustik – Richtlinien für die Gestaltung lärmarmer Maschinen und Geräte – Teil 2: Einführung in die Physik der Lärmminderung durch konstruktive Maßnahmen (ISO/TR 11688-2: 1998) Akustik – Vorgehensweise für den Vergleich von Geräuschemissionswerten für Maschinen und Geräte (ISO 11689: 1996) Akustik – Richtlinien für die Gestaltung lärmarmer maschinenbestückter Arbeitsstätten – Teil 1: Allgemeine Grundlagen (ISO 11690-1: 1996) Akustik – Richtlinien für die Gestaltung lärmarmer maschinenbestückter Arbeitsstätten – Teil 2: Lärmminderungsmaßnahmen (ISO 11690-2: 1996) Akustik – Richtlinien für die Gestaltung lärmarmer maschinenbestückter Arbeitsstätten – Teil 3: Schallausbreitung und –Vorausberechnung in Arbeitsräumen (ISO/TR 11690-3: 1997) Akustik – Geräuschabstrahlung von Maschinen und Geräten – Regeln für die Erstellung und Gestaltung einer Geräuschmessnorm (ISO 12001: 1996) Akustik – Geräuschabstrahlung von Maschinen und Geräten – Leitfaden für die Auswahl eines geeigneten grundlegenden akustischen Messverfahrens zur Bestimmung der Geräuschemission einer Maschine Akustik – Bestimmung der Schalldämmung von Schallschutzkapseln – Teil 1: Messungen unter Laborbedingungen (zum Zweck der Kennzeichnung) (ISO 115461:1995) Akustik – Bestimmung der Schalldämmung von Schallschutzkapseln – Teil 2: Messungen im Einsatzfall (zum Zweck der Abnahme und Nachprüfung) (ISO 11546-2: 1995) Akustik – Messung der Schalldämmung von Schallschutzkabinen – Messungen im Labor und im Einsatzfall (ISO 11957: 1996) Akustik – Messung der Schalldämpfung von versetzbaren Schallschirmen im Einsatzfall (ISO 11821: 1997) Akustik – Messung des Einfügungsdämpfungsmaßes von Schalldämpfern in Kanälen ohne Strömung – Laborverfahren der Genauigkeitsklasse 3 (ISO 11691: 1995) Akustik – Messungen an Schalldämpfern im Einsatzfall (ISO 11820: 1996) Akustik – Messung und Parametrisierung von Schallausbreitungskurven in Arbeitsräumen zum Zweck der Beurteilung der akustischen Qualität der Räume (ISO 14257: 2001)
16
U. Trautmann
DIN ISO 9613-2
1999-10-00
ISO 1999
1990-01-00
ISO 9921 VDI 2081 Blatt 1
2003-10-00 2001-07-00
VDI 2081 Blatt 2
2005-05-00
VDI 2058 Blatt 3
1999-02-00
VDI 2719
1987-08-00
VDI 3720 (E)
2005-00-00
VDI 3720 Blatt 2 VDI 3720 Blatt 4
1982-11-00 1984-01-00
VDI 3720 Blatt 5 VDI 3720 Blatt 9.1 VDI 3731 Blatt 2 VDI 3732 VDI 3734 Blatt 2
1984-03-00 1990-01-00 1990-11-00 1999-02-00 1990-02-00
VDI 3738
1994-11-00
VDI 3739
1999-02-00
VDI 3743 Blatt 1
2003-09-00
VDI 3752 Blatt 1
1993-07-00
VDI 3753
1997-10-00
VDI 3757
1996-05-00
VDI 3760
1996-02-00
VDI 3761
1990-07-00
VDI 3765
2001-12-00
VDI 3767
1997-10-00
Akustik – Dämpfung des Schalls bei der Ausbreitung im Freien – Teil 2: Allgemeines Berechnungsverfahren (ISO 9613-2: 1996) Akustik; Bestimmung der berufsbedingten Lärmexposition und Einschätzung der lärmbedingten Hörschädigung Ergonomie – Beurteilung der Sprachkommunikation Geräuscherzeugung und Lärmminderung in Raumlufttechnischen Anlagen Geräuscherzeugung und Lärmminderung in Raumlufttechnischen Anlagen – Beispiele Beurteilung von Lärm am Arbeitsplatz unter Berücksichtigung unterschiedlicher Tätigkeiten Schalldämmung von Fenstern und deren Zusatzeinrichtungen Konstruktion lärmarmer Maschinen und Anlagen; Rahmenrichtlinie und Beispielsammlung (Entwurf) Lärmarm Konstruieren; Beispielsammlung Lärmarm Konstruieren; Rotierende Bauteile und deren Lagerung Lärmarm Konstruieren; Hydrokomponenten und -systeme Lärmarm K Emissionskennwerte technischer Schallquellen; Ventilatoren Emissionskennwerte technischer Schallquellen – Fackeln Emissionskennwerte technischer Schallquellen; Rückkühlanlagen; Kühltürme Emissionskennwerte technischer Schallquellen – Armaturen Emissionskennwerte technischer Schallquellen – Transformatoren Emissionskennwerte technischer Schallquellen – Pumpen; Kreiselpumpen Emissionskennwerte technischer Schallquellen; Werkzeugmaschinen; Pressen zum Schneiden von Blech (Schneidpressen) Emissionskennwerte technischer Schallquellen – Stationäre Verbrennungsmotoren Emissionskennwerte technischer Schallquellen – Gießereimaschinen Berechnung und Messung der Schallausbreitung in Arbeitsräumen Emissionskennwerte technischer Schallquellen; Handgeführte Elektrowerkzeuge für die Holzbearbeitung Kennzeichnende Geräuschemission typischer Arbeitsabläufe auf Baustellen Emissionskennwerte technischer Schallquellen – Betonsteinformmaschinen
2. Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung von Geräuschen und Geräuschquellen K. Biehn, überarbeitet von U. Trautmann
2.1 Einführung Zur Kennzeichnung von Geräuschen und Geräuschquellen werden Kenngrößen angewendet, die entweder die Schalleinwirkung (Schallimmission) am Aufenthaltsort von Menschen im Wohn-, Erholungs- und Arbeitsbereich oder die Schallabstrahlung (Schallemission) von Maschinen, technologischen Einrichtungen oder Anlagen – allgemein Schallquellen genannt – beschreiben. Durch internationale Normung der Messgeräteeigenschaften, insbesondere hinsichtlich der Frequenz- und Zeitbewertungen der physikalischen Schallfeldgröße Schalldruck erhält man für die Schalleinwirkung Einzahlkenngrößen, die die verschiedenen Lärmwirkungen, z. B. Lästigkeit oder Gehörschädlichkeit, näherungsweise berücksichtigen. Die so gewonnenen Kenngrößen ermöglichen die Beurteilung von Geräuschen unterschiedlichster Art unter einheitlichen Gesichtspunkten, insbesondere hinsichtlich der Einhaltung vorgeschriebener oder vereinbarter Grenzwerte. Die Frequenz- und Zeitbewertungen werden auf Kenngrößen der Schallemission und Schallimmission angewendet. Dadurch können z. B. für Prognoseberechnungen im Rahmen akustischer Planungen die Kenngrößen der Schallimmission aus denen der Schallemission berechnet werden, falls die bis zum betreffenden Nachweisort geltenden Schallausbreitungsgesetze und die die Schallausbreitung beeinflussenden Größen bekannt sind (s. Abschn. 13).
2.2 Kennzeichnung der physikalischen Eigenschaften von Geräuschen 2.2.1 Schalldruck Die Schallausbreitung in Luft kann durch zwei Schallfeldgrößen, Schalldruck p und Schallschnelle υ, beschrieben werden. Der Schalldruck ist ein dem Gleichdruck der Luft überlagerter Wechseldruck (sehr klein gegenüber dem Gleichdruck), die Schallschnelle υ ist die Wechselgeschwindigkeit, mit der die Mediumsteilchen um ihre Ruhelage schwingen. Die Schallschnelle ist nicht mit der Schallgeschwindigkeit zu verwechseln, die die Ausbreitungsgeschwindigkeit c des Schalles (rd. 343 m/s in Luft bei 20 °C) kennzeichnet. Die charakteristische Größe für die Schallwahrnehmung durch das Gehör ist der Schalldruck. Er nimmt deshalb bei der Beschreibung von Geräuschen eine dominierende Stellung ein. Der Schalldruck (Einheit: 1 Pa = 1 N/m 2) ist eine zeitabhängige Größe p(t), deren Zeitfunktion mit einem Schallanalysator sichtbar gemacht werden
18
K. Biehn, überarbeitet von U. Trautmann
Bild 2–1. Zeitfunktion des Schalldruckes p(t) eines Geräusches
kann. Die Zeitfunktion des Schalldruckes p(t) (s. Bild 2–1) enthält jedoch zu viele nicht auswertbare Informationen, so dass man sich auf wesentliche Kenngrößen einer solchen Zeitfunktion beschränkt. Zur Kennzeichnung der Größe des Wechseldruckes wird der Effektivwert, d. h. der quadratische Mittelwert der Zeitfunktion ˜ = p
冑
993 1 p 2 (t) dt 4 T T∫
(1)
verwendet, worin T die Integrationszeit des Messgerätes ist. Sie bestimmt die Zeitbewertung des Schallvorganges. Je nach Zeitstruktur des Schalldruckes und gewählter Zeitbewertung ist der Effektivwert p ˜ zeitabhängig (schwankende Messwertanzeige). Der Effektivwert repräsentiert die von einer ebenen, fortschreitenden Schallwelle ˜ 2 (vgl. Abschn. 2.4). transportierte Leistung. Es gilt P ∼ p Überlagern sich inkohärente Schalldrücke, so werden die zugehörigen Leistungen addiert: n
2 = ˜pges
Σ= 1 p˜ν2 .
(2)
ν
Zwei Schalldrücke gelten als inkohärent, wenn sie – von zwei unabhängigen Schallquellen herrühren, – aus verschiedenen Frequenzbereichen einer breitbandig strahlenden Schallquelle stammen, – von der gleichen breitbandigen Schallquelle mit zufälliger Zeitfunktion stammen, aber zwei Schallwellen mit gegenseitiger Laufzeitdifferenz angehören (z. B. Direktschall und reflektierter Schall). 2.2.2 Schalldruckpegel Einen Überblick über die Größe des Effektivwertes des Schalldruckes p ˜ verschiedener Geräusche gibt Tabelle 2–1. Der kleinste bei einer bestimmten Frequenz gerade wahrnehmbare Schalldruck kennzeichnet die Reiz- oder Hörschwelle des Gehörs. Bei einer Frequenz von 1000 Hz liegt die Hörschwelle bei einem Schalldruck von etwa 2 · 10 –5 Pa. Die obere Gehörempfindungsgrenze wird durch die Schmerzgrenze charakterisiert, bei deren Überschreitung es zu einer Schmerzempfindung im Gehör kommt. Diese Schmerz-
2. Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung von Geräuschen und Geräuschquellen
19
Tabelle 2–1. Schalldruck p ˜ und Schalldruckpegel L p verschiedener Geräusche Geräusch
˜ p Pa
Lp dB
Ungefähre Hörschwelle bei 1000 Hz sehr ruhiger Garten (Blätterrauschen) gedämpfte Unterhaltungssprache Staubsauger im Wohnraum lautes Rufen in 1 m Abstand Drucklufthammer in 1 m Abstand Schmerzgrenze bei 1000 Hz (z. B. Gesenkschmiede)
2 · 10 –5 2 · 10 – 4 2 · 10 –3 2 · 10 –2 2 · 10 –1 2
0 20 40 60 80 100
20
120
empfindung tritt bei 1000 Hz oberhalb eines Schalldruckes von 20 Pa ein. Der zwischen Hörschwelle und Schmerzgrenze bei 1000 Hz liegende Schalldruckbereich umfaßt mithin 6 Zehnerpotenzen. Die Kennzeichnung eines Geräusches mit Hilfe des Schalldruckes ist aufgrund dieses großen Wertbereiches unbequem. Man benutzt deshalb ein logarithmisches Maß – den dekadischen Logarithmus – und definiert den Schalldruckpegel L p mit der Einheit dB (Dezibel) zu L p = 10 lg
˜p 2 dB ; p20
(3)
p0 = 2 · 10 –5 Pa . Der Bezugsschalldruck p0 entspricht annähernd dem Schalldruck an der Hörschwelle bei 1000 Hz, s. Bild 2–3. Das benutzte logarithmische Maß kommt den Empfindungsabstufungen des menschlichen Gehörs im mittleren Hörfrequenzbereich nahe. Eine Schalldruckpegeländerung von 1 dB wird gerade noch wahrgenommen.
Bild 2–2. Einfluss des Filtertyps auf das Schalldruckpegelspektrum. a Schmalbandanalyse (∆ f = 1 Hz); b Terzbandanalyse; c Oktavbandanalyse
20
K. Biehn, überarbeitet von U. Trautmann
Bild 2–3. Kurven gleicher Lautstärke für Sinustöne (nach Robinson und Dadson)
2.2.3 Bandschalldruckpegel Für Untersuchungen, z. B. der Geräuschentstehung bei Maschinen, der Schallabstrahlung, der Schallausbreitung im Freien, in Räumen oder der Schallübertragung über Wände und Decken, ist häufig die Kenntnis des Gesamtschalldruckpegels allein nicht ausreichend, sondern es sind detaillierte Informationen, speziell über die im Geräusch enthaltenen Frequenzanteile, erforderlich. Diese werden durch eine Frequenzanalyse, d. h. durch die Zerlegung des Geräusches in seine Frequenzanteile, gewonnen. Je nach Breite der Frequenzbereiche (Bandbreite), in die das Geräusch zerlegt wird, erhält man Schmalband-, Terz- oder Oktavbandspektren (s. Abschn. 3). Bei der grafischen Darstellung von Geräuschspektren wird auf der Ordinate linear der Schalldruckpegel oder der Schallleistungspegel (s. Abschn. 2.4) über der Bandmittenfrequenz bei logarithmischer Abszissenteilung aufgetragen. Diese erhält man auch, wenn die Oktav- oder Terzfilter-Mittenfrequenzreihe linear aufgetragen wird, s. z. B. Bild 2– 4. Vorzugsweise wird folgende Pegel- und Frequenzachsenteilung angewendet (s. z. B. [39, 40]): 15 mm für eine Oktave, 20 mm für 10 dB. Bild 2–2 zeigt die mit unterschiedlicher Bandbreite gemessenen Spektren des von einer Maschine abgestrahlten Geräusches. Deutlich ist zu erkennen, dass mit zunehmender Bandbreite der Frequenzanalyse der Informationsgehalt des Spektrums abnimmt. Tonale Komponenten im Geräusch (hier oberhalb 1 kHz) sind praktisch nur mittels einer Schmalbandanalyse auffindbar. Ein Vergleich zweier Spektren, die mit Filtern unterschiedlicher Bandbreite ermittelt wurden, ist – wie aus Bild 2–2 ersichtlich – nicht möglich. Zwecks Vergleich ist das schmalbandigere Spektrum in das breitbandigere umzurechnen, indem alle Frequenzanteile des schmalbandigeren Spektrums, die im breitbandigeren Frequenzbereich enthalten sind, energetisch zusammengefasst werden (vgl. Abschn. 2.5). Durch energetische Zusammenfassung aller Frequenzanteile erhält man den Gesamtschalldruckpegel.
2. Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung von Geräuschen und Geräuschquellen
21
Bild 2–4. Frequenzbewertungskurve A nach [4]. Zahlenwerte siehe Tabelle 2–2
Tabelle 2–2. Übertragungsmaß der Frequenzbewertung, Kurve A nach [4] Frequenz Hz
Übertragungsmaß dB
Frequenz Hz
Übertragungsmaß dB
Frequenz Hz
Übertragungsmaß dB
– – 10 12,5 16 20 25 31,5 40 50 63 80
– – – 70,4 – 63,4 – 56,7 – 50,5 – 44,7 – 39,4 – 34,6 – 30,2 – 26,2 – 22,5
100 125 160 200 250 315 400 500 630 800 1000 1250
– 19,1 – 16,1 – 13,4 – 10,9 – 8,6 – 6,6 – 4,8 – 3,2 – 1,9 – 0,8 0 0,6
1 600 2 000 2 500 3 150 4 000 5 000 6 300 8 000 10 000 12 500 16 000 20 000
1,0 1,2 1,3 1,2 1,0 0,5 – 0,1 – 1,1 – 2,5 – 4,3 – 6,6 – 9,3
2.3 Größen zur Kennzeichnung der Schallimmission 2.3.1 Überblick Die Schallimmission (Schalleinwirkung) kann, wie beispielsweise zum Zweck der Informationsvermittlung (Sprache, Musik usw.) erwünscht oder, wie im Falle des Lärmes, unerwünscht sein. Als Lärm wird im allgemeinen Sprachgebrauch jede Art von Schall verstanden, der belästigend (störend) oder gesundheitsschädigend wirkt. Bezüglich der negativen Wirkungen des Lärmes auf den Menschen wird zwischen lästigem und gehörschädigendem Lärm unterschieden. Während lästiger Lärm zu Gesundheitsstörungen besonders nervöser Art und zur Minderung der Leistungsfähigkeit führen kann, wird durch gehörschädigenden Lärm das Hörorgan bleibend geschädigt. Ausführliche zusammenfassende Darstellungen der Lärmwirkungen sind in [1, 2, 3] zu finden. Besondere Schwierigkeiten bereitet die objektive Kennzeichnung des lästigen Lärmes wegen der komplizieren Zusammenhänge zwischen der Lästigkeit eines Geräusches und seinen messbaren Kenngrößen. Ob ein Geräusch als lästig (störend)
22
K. Biehn, überarbeitet von U. Trautmann
empfunden wird oder nicht, hängt stark von subjektiven Faktoren, speziell von der Einstellung zum Geräusch ab. Während z.B. Musik – im Konzertsaal genossen – positive Emotionen hervorruft, kann sie bei Übertragung aus der Nachbarwohnung (z.B. Radiomusik) äußerst störend wirken. Folglich können Schallkenngrößen allein keine ausreichenden Kriterien dafür liefern, ob ein Geräusch als lästig empfunden wird oder nicht. Andererseits bestehen aber zwischen der Lästigkeit von Geräuschen und der wahrgenommenen Lautstärke Zusammenhänge und somit auch zu objektiven Schallkenngrößen, s. Abschn. 2.3.2. Ähnliche Beziehungen existieren auch zwischen der Gehörschädlichkeit von Geräuschen und den Schallkenngrößen. Daraus werden Kenngrößen abgeleitet, die eine einheitliche Kennzeichnung, Grenzwert-, Richtwert- oder Orientierungswertfestlegung und Beurteilung des lästigen und gehörschädigenden Lärmes erlauben. 2.3.2 Bewerteter Schalldruckpegel Das menschliche Gehör ist in der Lage, Frequenzen von 16 Hz bis etwa 16 kHz wahrzunehmen, wobei die Empfindlichkeit des Gehörs für Töne im mittleren Frequenzbereich am größten ist. Die obere Hörgrenze liegt nicht genau fest, sie verschiebt sich mit zunehmendem Alter nach tieferen Frequenzen. Bei jüngeren Menschen kann sie höher als 16 kHz sein. Die frequenzabhängige Empfindlichkeit des Gehörs kommt in den im Bild 2–3 dargestellten Kurven gleicher Lautstärke für Sinustöne zum Ausdruck. Die Frequenzabhängigkeit ist bei kleinen Schalldruckpegeln größer als bei hohen Schalldruckpegeln. Die Kurven gleicher Lautstärke basieren auf dem subjektiven Vergleich eines beidohrig abgehörten 1000-Hz-Tones mit einem in gleicher Weise abgehörten Sinuston beliebiger Frequenz. Die Lautstärke L N , auch Pegellautstärke genannt, mit der Einheit phon ist definiert durch L N = 10 lg ˜ p p0
˜p 2 phon ; p20
Effektivwert des Schalldruckes des als gleichlaut beurteilten 1000-Hz-Vergleichstones, Bezugsschalldruck ( p0 = 2 · 10 –5 Pa).
Die frequenzabhängige Empfindlichkeit des Gehörs kann im Schallpegelmesser (s. Abschn. 3) durch ein Bewertungsfilter angenähert werden, dessen Übertragungsmaß den inversen Verlauf vereinfachter Kurven gleicher Lautstärke für bestimmte Lautstärkebereiche hat. Von den standardisierten Bewertungskurven A, B, C und D wird gegenwärtig weltweit nur die A-Bewertung (s. Bild 2– 4 und Tabelle 2–2) allgemein angewendet, und zwar – unabhängig vom Intensitätsbereich des Geräusches – sowohl für lästigen als auch für gehörschädigenden Lärm. Die Bewertungskurve C findet in Verbindung mit der Ermittlung von Spitzen-Schalldruckpegeln (s. Abschn. 2.3.5) Anwendung. Die dynamische Eigenschaft der Lautstärkebildung im Gehör kann speziell für kurzzeitige Lärmeinwirkungen (Impulsschall) durch eine Zeitkonstante von 25 bis 75 ms bei der Effektivwertbildung im Schallpegelmesser nachgebildet werden [5]. International wurde die zur Beurteilung von Impulsschall anzuwendende Zeitkon-
2. Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung von Geräuschen und Geräuschquellen
23
stante mit 35 ms festgelegt. Damit der Impulsschalldruckpegel bequem abgelesen werden kann, ist die Abklingzeit wesentlich länger. Folgende Zeitbewertungen werden angewendet: I (Impulse): Anstiegszeit 35 ms Abklingzeit 1500 ms F (Fast): Beide Zeitkonstanten 125 ms S (Slow): Beide Zeitkonstanten 1000 ms peak: ca. 50 µs (vom Messgerätehersteller angegeben) Die teilweise übliche Schreibweise dB(XY) [z. B. dB(A, F)] schützt zwar bei der Datenweitergabe zusätzlich vor dem Verlust der Information über die Bewertung, wird aber in neueren Normen nicht mehr angewendet. Bei stark impulsartigem Schall, z. B. in der Nähe von Richt- und Nietarbeitsplätzen, liefert die Zeitbewertung „F“ Schalldruckpegelwerte, die bis zu 15 dB unter denen mit der Zeitbewertung „I“ gemessenen liegen können. In vielen praktischen Fällen liegt der Unterschied allerdings nur bei 5 dB. Bei zeitlich konstanter Schalleinwirkung sind die mit den Zeitbewertungen I, F und S gemessenen Schalldruckpegel gleich. 2.3.3 Äquivalenter Dauerschallpegel, Taktmaximal-Mittelungspegel Die Kennzeichnung zeitlich schwankender Schalleinwirkungen durch eine Einzahlangabe erfolgt durch Mittelung des zeitlich schwankenden Schalldruckpegels L pA(t) [z.B. L pAF (t), L pAS(t), L pAI (t)] über den Beobachtungszeitraum T. Der nach der Beziehung LAeq,T = 10 lg
(
)
1 T 0,1 L pA (t) /dB 10 dt dB T 0∫
(4)
mittels eines integrierenden Schallpegelmessers energetisch gebildete Mittelwert wird äquivalenter Dauerschall(druck)pegel LAeq genannt. Gleichung (4) lässt sich unter Verwendung eines Äquivalenzparameters (Halbierungsparameter) q auch schreiben als LAeq,T =
(
)
q 1 T 0,3 L pA (t) /q dB lg 10 dt dB , 0,3 T 0∫
wobei mit q = 3 Identität mit Gl. (4) eintritt. Der Äquivalenzparameter gibt die Pegelerhöhung an, die einer Halbierung der Einwirkungszeit äquivalent ist. So entspricht z. B. ein mit q = 3 über einen Zeitraum von 4 h gebildeter Dauerschallpegel von 80 dB einer Lärmeinwirkung von 83 dB während 2 h oder einer Lärmeinwirkung von 77 dB während eines Zeitraumes von 8 h.
Der Mittelwert für den Beobachtungszeitraum T kann auch aus n Einzelmesswerten, die in Zeitintervallen ti zu ermitteln sind, nach der Beziehung LAeq,T = 10 lg
(
)
1 n t 10 0,1L pA, i /dB dB T i=1 i
Σ
(5)
24
K. Biehn, überarbeitet von U. Trautmann
gebildet werden. Entsprechend den hierbei angewendeten Messgrößen L pA, i wird der nach Gl. (5) gebildete Mittelwert – äquivalenter Dauerschall(druck)pegel LAeq,T (Messgröße: L pAF, i ; L pAS, i ) – Al-bewerteter äquivalenter Dauerschall(druck)pegel LAleq,T (Messgröße: L pAl, i ) – Taktmaximal-Mittelungspegel LAF Teq (Messgröße: L pAF T, i ) genannt, s. DIN 45 641 [6]. Der Taktmaximalpegel L pAF T, i ist der in Zeitintervallen von vorzugsweise 5 s gemessene und dem jeweiligen Zeitintervall (Takt) zugeordnete maximale AF-Schalldruckpegel, s. DIN 45645 Teil 1 [7]. Das Taktmaximalpegel-Verfahren (nur im Bereich der deutschen Normung üblich) wird z.B. bei Geräuschimmissionsmessungen nach TA Lärm [9] angewendet. Für impulshaltige Geräusche ist LAFTeq > LAFeq (kein Impulszuschlag erforderlich, s. Abschn. 2.3.4). 2.3.4 Beurteilungspegel Der Beurteilungspegel L r [7] ist ein Maß für die mittlere Geräuschimmission am Aufenthaltsort von Menschen während einer gegebenen Beurteilungszeit Tr . Er setzt sich aus dem äquivalenten A-Dauerschallpegel LAeq und verschiedenen Zuschlägen für Impulshaltigkeit K I , Tonhaltigkeit K T , Informationshaltigkeit KInf, Ruhezeiten K R und für bestimmte Geräuschsituationen festgelegte Zu- oder Abschläge KS zusammen. Für Nachbarschaftslärm gilt z. B. L r = LAeq + K I + K T + KInf + K R + KS .
(6)
Als Messgrößen finden hierbei der AF-Schalldruckpegel LAF (t), der AS-Schalldruckpegel LAS (t), der AI-Schalldruckpegel LAI (t) oder der Taktmaximalpegel LAF T (t) Verwendung, wobei die beiden letztgenannten Messgrößen den Impulszuschlag K I bereits enthalten. Der nach Gl. (6) anzuwendende Impulszuschlag ergibt sich aus der Differenz zwischen dem AI-bewerteten Dauerschallpegel LAIeq oder dem Taktmaximal-Mittelungspegel LAFTeq und dem äquivalenten Dauerschallpegel LAeq : K I = LAIeq , LAF Teq – LAeq .
(7)
Der Tonzuschlag K T soll die erhöhte Störwirkung von Geräuschen mit Einzeltönen berücksichtigen. Er ist entweder messtechnisch nach [10] zu ermitteln oder in Abhängigkeit von der subjektiven Wahrnehmung festzulegen, wobei Zuschläge von 3 oder 6 dB angewendet werden, s. z. B. [7, 8]. Der Zuschlag für Informationshaltigkeit KInf soll die besondere Störwirkung berücksichtigen, wenn Geräusche Informationen vermitteln, so dass bei Mithörern ungewollt besondere Aufmerksamkeit entsteht. Der Zuschlag für Ruhezeiten KR soll dem größeren Ruhebedürfnis während bestimmter Zeiten Rechnung tragen. Nach [9] beträgt er 6 dB. Durch den Zuschlag für bestimmte Geräusche und Situationen K S soll die unterschiedliche Störwirkung bestimmter Geräusche bei gleichem äquivalenten Dauerschallpegel berücksichtigt werden. Sowohl die Beurteilungszeiten als auch die Anwendung der Zuschläge sind in den verschiedenen Vorschriften und Regelwerken unterschiedlich festgesetzt. Die im konkreten Fall bei der Beurteilung einer Lärmsituation zur Bildung des Beurteilungspegels anzuwendenden Beurteilungszeiten und Zuschläge sind dem zur Anwendung
2. Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung von Geräuschen und Geräuschquellen
25
kommenden Regelwerk zu entnehmen, z. B. BGV B3 [11], TA Lärm [9], DIN 45645 [7, 8]. Zur Beurteilung der Gehörschädlichkeit von Arbeitslärm wird der auf 8 h bezogene äquivalente Dauerschallpegel LAeq verwendet, in der BGV B3 [11] 8-StundenBeurteilungspegel LArd genannt. Bei erheblichen Schwankungen der täglichen Lärmexposition LEx, 8h darf der wöchentliche Mittelwert gebildet werden [12]. 2.3.5 Spitzen-Schalldruckpegel Bei extrem hohen Schalldruckpegeln von mehr als 140 dB (z. B. Knalle) können Gehörschäden bereits durch sehr kurzzeitige Einzelschallereignisse verursacht werden. Zur Ermittlung solch extremer Einzelschallereignisse wird bei der Schalldruckpegelmessung die Anzeigedynamik „peak“ (Anstiegszeitkonstante ca. 50 µs) in Verbindung mit Hoch- und Tiefpassfiltern, die den Messfrequenzbereich auf 20 Hz bis 20 kHz begrenzen oder die Frequenzbewertung C angewendet [8]. Der auf diese Weise ermittelte Schalldruckpegel wird Spitzen-Schalldruckpegel L peak , auch Spitzenwert-Pegel z. B. in [8] oder Höchstwert des nicht bewerteten Schalldruckpegels z. B. in [11], genannt. 2.3.6 Einzelereignis-Schalldruckpegel Zur Kennzeichnung isolierter, einzelner Schallereignisse wie Knalle oder Schlagimpulse dient der Einzelereignis-Schalldruckpegel L pA, 1s . Er ist durch die Beziehung L pA, 1s = L pAeq, T + 10 lg
T dB T0
mit T0 = 1 s
(8)
mit dem über die (vorgegebene) Messzeit T gemessenen äquivalenten Dauerschallpegel verknüpft [29]. Der Einzelereignis-Schalldruckpegel ist folglich derjenige konstante Schalldruckpegel, der innerhalb 1 s die gleiche Schallenergie liefert wie das tatsächliche Schallereignis. 2.3.7 Lärmdosis Umfangreiche Untersuchungen über den Zusammenhang zwischen der Schalleinwirkung und dem durch Lärm verursachten Gehörschaden von Kraak u.a. (in [1] und [13, 14]) ergaben, dass bei Schalleinwirkungen bis etwa 135 dB(A) die Lärmdosis BL nach TE
BL = ∫ | pA(t) | n dt ;
(9)
0
TE Gesamteinwirkungszeit, pA(t) A-bewerteter Schalldruck, n Bewertungsexponent als maßgebliche Größe für die Schadenswirkung angenommen werden kann, wobei der optimale Bewertungsexponent im Bereich von 0,8 bis 1,2, also etwa bei n = 1, d. h. q = 6, liegt. Dessen ungeachtet wird bis auf die USA (q = 5) die Lärmdosis mit dem
26
K. Biehn, überarbeitet von U. Trautmann
Exponenten n = 2 (q = 3) ermittelt, deshalb auch Energiedosis E genannt. Zwischen ihr und dem äquivalenten Dauerschallpegel LAeq gilt die Beziehung LAeq = 10 lg
E T dB – 10 lg dB + 94 dB ; T0 E0
(10)
T Beurteilungszeit, nach [11] 8 h, E0 = 1 Pa2 · h, T0 = 1 h. Demnach entspricht eine Energiedosis von 1 Pa2 · h etwa der 8-stündigen Lärmeinwirkung bei einem äquivalenten Dauerschallpegel von 85 dB(A).
2.4 Größen zur Kennzeichnung der Schallemission 2.4.1 Überblick Durch die Kenngrößen der Schallemission wird die Schallabstrahlung von Schallquellen unter festgelegten Aufstellungs- und Betriebsbedingungen eindeutig gekennzeichnet. Die Kenngrößen können u. a. verwendet werden – zum Vergleich der Schallabstrahlung von Schallquellen gleichen oder unterschiedlichen Typs, z. B. zur Geräuschminderung durch Auswahl geräuscharmer Maschinen oder Baugruppen, – zum Vergleich mit Grenzwerten der Schallemission (z. B. EU-Richtlinie 2000/14/EG [15]) oder mit Schallemissions-Datensammlungen, z. B. VDI-ETSRichtlinien, Datenbank [16], – zur Vorausberechnung der an Arbeitsplätzen oder im kommunalen Bereich zu erwartenden Schallimmission und – zur Planung des bei Überschreitung des Grenzwertes der Schallimmission erforderlichen Lärmschutzes. 2.4.2 Schallleistungspegel, Richtwirkungsmaß Die Kenngröße zur Beschreibung der Schallabstrahlung einer Schallquelle ist der Schallleistungspegel L W . Insbesondere für im Freien aufgestellte Schallquellen, z. B. Transformatoren, Ventilatorkühltürme, ist auch das Richtwirkungsmaß D I (directivity index) wichtig. Beide Größen sind bei gleichen Aufstellbedingungen und gleichen Betriebsbedingungen von der akustischen Umgebung unabhängig und folglich erzeugnisspezifische Maschinenkenngrößen. Der Schallleistungspegel L W ist gegeben durch L W = 10 lg
P dB ; P0
(11)
P von der Schallquelle in die umgebende Luft abgestrahlte Schallleistung, P0 Bezugsschallleistung (P0 = 10 –12 W). Das Richtwirkungsmaß D I kennzeichnet die Richtungsabhängigkeit der Schallabstrahlung einer Schallquelle. Es ist definiert als Differenz zwischen dem an einem Messort i auf einer kugelförmigen Messfläche oder Teilen davon gemessenen Schall-
2. Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung von Geräuschen und Geräuschquellen
27
–– druckpegel L pi und dem energetisch gebildeten Mittelwert L p der Schalldruckpegel an allen Messorten auf der gleichen Messfläche, je nach dem Raumwinkel Ω , in den die Quelle strahlt: –– (12) D I = L pi – L p . Sowohl der Schallleistungspegel als auch das Richtwirkungsmaß können als frequenzbewertete Größen, z. B. A-Schallleistungspegel, oder als Bandpegel, z. B. Oktav-Schallleistungspegel, Terz-Schallleistungspegel, ermittelt und angegeben werden. Die Bewertung des Schallleistungspegels mit der Anzeigedynamik „Impuls“ ist nicht üblich. Zur Charakterisierung impulshaltiger Komponenten in dem von einer Schallquelle abgestrahlten Schall dient das Impulsmass ∆ L I , das aus der Differenz des an einem oder an mehreren Messorten auf der Messfläche gemessenen AI-Schalldruckpegeln L pAI und an den selben Messorten gemessenen AS- oder AF-Schalldruckpegeln gebildet wird z. B.: ∆ L I = L pAI – L pAS .
(13)
2.4.3 Schallintensitätspegel Eine Energiegröße, die bei der Ermittlung der Schallabstrahlung von Schallquellen → angewendet werden kann, ist die Schallintensität J s. auch Abschnitt 2.7.6. Sie ist die Schallenergie, die je Zeit- und Flächeneinheit durch ein Flächenelement d S hindurchtritt, das auf einer die Schallquelle umschließenden Hüllfläche liegt. Sie kann durch den zeitlichen Mittelwert des Produktes aus den beiden Schallfeldgrößen → Schalldruck p und Schallschnelle υ (s. Abschn. 2.2.1) beschrieben werden: → –– → J = pυ . →
→ Die Richtung des Intensitätsvektors J fällt mit der Richtung der Schallschnelle υ zusammen. Mittels eines Schallintensitätsmessgerätes (s. Abschn. 2.7.6) ist es möglich, direkt die Schallausbreitungsrichtung am Messort zu bestimmen. Die Schallintensitätsmessung kann deshalb vorteilhaft zur Schallquellenanalyse (s. Abschn. 2.9) eingesetzt werden. Durch Integration über die eine Schallquelle einschließende Hüllfläche erhält man die insgesamt von der Schallquelle abgestrahlte Schallleistung → →
P = ∫ J dS
(14)
s
bzw. bei Anwendung der zum Flächenelement d S gehörenden senkrechten Komponenten Jn P = ∫ Jn d S . S
Analog zum Schallleistungspegel wird der Schallintensitätspegel L J gebildet: L J = 10 lg
Jn dB ; J0
Jn Zeitlich gemittelte Schallintensität, J0 Bezugswert der Schallintensität (J0 = 10 –12 W/m2 ).
(15)
28
K. Biehn, überarbeitet von U. Trautmann
2.4.4 Schallenergiepegel Zur akustischen Kennzeichnung von Schallquellen, die impulsartigen Schall abstrahlen (Impulsschallquellen), dient der Schallenergiepegel L E, der die von einer Impulsschallquelle insgesamt abgestrahlte Schallenergie repräsentiert. Er wird durch Integration der Schallleistung über den Impulsvorgang bis zum völligen Abklingen des Impulses gewonnen: L E = 10 lg
1 ∞ P (t) dt dB ; P0 T0 0∫
(
)
(16)
P (t) Zeitfunktion der Schallleistung, Bezugsschallleistung (P0 = 10 –12 W), P0 Bezugszeit. T0 Der speziell auf T0 = 1 s bezogene Schallenergiepegel wird Einzelereignis-Schallleistungspegel L WA, 1s genannt. Er kann als Gesamtwert oder in Frequenzbändern ermittelt werden. 2.4.5 Schalldruckpegel an festgelegten Messorten Bei Schallquellen mit sehr großen Abmessungen (z. B. Kühltürme) oder wenn aus sicherheitstechnischen Gründen eine Messung in unmittelbarer Nähe der Schallquelle, wie beispielsweise bei Großtransformatoren, nicht durchführbar ist, wird zur Kennzeichnung der Schallemission der Schalldruckpegel am Bezugsradius in der horizontalen Ebene angewandt. Die Messorte, vorzugsweise acht, werden in diesem Fall gleichmäßig über den Umfang eines Messkreises verteilt, in dessen Mittelpunkt sich die Schallquelle befindet. Soll eine Umrechnung der an diesen Messorten ermittelten Schalldruckpegel auf andere Entfernungen erfolgen, dann müssen die Messorte im Fernfeld der Schallquelle liegen. Dies ist im allgemeinen dann der Fall, wenn der Radius des Messkreises größer als die zweifache maximale Abmessung der Schallquelle ist. Übliche Messabstände sind z. B. bei Großtransformatoren 10 m, bei Ventilatorkühltürmen 25 m. 2.4.6 Emissions-Schalldruckpegel am Arbeitsplatz Eine weitere Größe zur Kennzeichnung der Schallemission einer Maschine ist der Emissions-Schalldruckpegel L pA (auch arbeitsplatzbezogener Emissionswert genannt). Der Emissions-Schalldruckpegel ist der an einem der Maschine fest zugeordneten Arbeitsplatz oder der über einen festgelegten Arbeitsbereich gemittelte, von Fremdgeräusch und Raumrückwirkung (s. unten) bereinigte A-Schalldruckpegel unter festgelegten Aufstellungs- und Betriebsbedingungen. Er ist folglich ebenso wie der Schallleistungspegel eine maschineneigene Kenngröße. Wenn für eine Maschine kein fester Arbeitsplatz oder Arbeitsbereich definiert werden kann, dann werden der höchste Schalldruckpegel, der im Abstand von 1,00 m und 1,60 m über dem Boden oder der Zugangsplattform bestimmt wurde sowie der dazu gehörige Messpunkt angegeben. Bei Maschinen, die impulsartigen Schall abstrahlen, kann zusätzlich der maximale (C-bewertete) Spitzen-Schalldruckpegel L pCpeak in Maschinennähe (Arbeitsplatz) ermittelt und angegeben werden. Die Verfahren zur Ermittlung des Emissions-
2. Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung von Geräuschen und Geräuschquellen
29
Tabelle 2–3. Messverfahren zur Bestimmung des Emissions-Schalldruckpegels und Anforderungen an die Messumgebung DIN EN ISO 11201
11202
11203
11204
11205
Raum
Prüfraum mit Freifeldbedg.
Betriebsraum
abhängig von LW-Messung
Betriebsraum
Betriebsraum
Aufwand
mittel
gering
abhängig von LW-Messung
mittel/hoch Umgebungskorrektur
hoch; Intensitätsmessgerät erford.
In SituMessung
beschränkt möglich
möglich
abhängig von LW-Messung
möglich
möglich
gering
wie LWMessung
mittel/gering
mittel
Genauigkeit mittel
Schalldruckpegels sind in DIN EN ISO 11200 bis 11205 [17] bis [22] für drei Genauigkeitsklassen festgelegt. Die Emissions-Schalldruckpegel können zusammen mit dem Schallleistungspegel zur Vorausberechnung der am Einsatzort unter realen Betriebsbedingungen beim Betreiber der Maschinen zu erwartenden Lärmsituation angewendet werden (s. Abschn. 13), wobei neben der Schallabstrahlung der Einzelmaschine noch die aller weiteren Lärmquellen sowie der Umgebungseinfluss (Aufstellungsraum, reflektierende Wände usw.) zu berücksichtigen sind. 2.4.7 Geräuschemissionsangabe Eine wichtige Möglichkeit zur Lärmminderung an Arbeitsplätzen oder in der Umwelt besteht darin, bereits bei der Planung lärmarme Maschinen vorzusehen. Dies erfordert aber, dass dem Planer bzw. dem zukünftigen Anwender der Maschinen die entsprechenden Emissionswerte, also z.B. der Schallleistungspegel und/oder der EmissionsSchalldruckpegel am Arbeitsplatz bekannt gemacht werden, und dass Ermittlung, Angabe und Nachprüfung der angegebenen (declared) Geräuschemissionswerte, gekennzeichnet durch den Index d (z.B. L WAd , L pAd ), nach einheitlichen Vorschriften erfolgen. Welche Größen im speziellen Fall vom Maschinenhersteller zu ermitteln und in der Betriebsanleitung anzugeben sind, ist in der 3. Verordnung zum Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (3. GPSGV) [23] geregelt (s. Abschn. 1, Bild 1–1). Die Angabe der Geräuschemissionswerte hat mit Bezug auf die Normen, nach denen diese Werte ermittelt wurden, zu erfolgen. Bild 2–5 zeigt ein Beispiel für die Geräuschangabe nach DIN ISO 4871 [24]. Falls für eine Maschine noch keine maschinenspezifische Norm existiert, in der das anzuwendende Messverfahren sowie die Betriebs- und Aufstellbedingungen für die Maschine festgelegt sind, so sind statt dessen die angewandten Rahmennormen (für den Schallleistungspegel: DIN EN ISO 3740 – Reihe [25] bis [32], DIN EN ISO 9614 [33] bis [35] für den Emissions-Schalldruckpegel: ISO 11200-Reihe [17] bis [22] aufzuführen und die benutzten Betriebs- und Aufstellbedingungen detailliert anzugeben.
30
K. Biehn, überarbeitet von U. Trautmann
Bild 2–5. Beispiel für eine normgerechte Maschinengeräuschangabe (Einwertangabe)
Die Normen zur Ermittlung der anzugebenden Geräuschemissionswerte und zu deren Nachprüfung erlauben einerseits dem Maschinenhersteller sein Risiko bei der Festlegung der Werte zu beurteilen und bieten andererseits dem Maschinen- und Geräteanwender die Möglichkeit, die Einhaltung der angegebenen Geräuschemissionswerte zu überprüfen. Bei der Festlegung der Emissionswertangabe kann der Hersteller die Unsicherheiten berücksichtigen, die sowohl bei der Messung durch ihn selbst entstehen, als auch die, die bei der Nachprüfung der Geräuschangabe durch den Anwender auftreten können. Handelt es sich des Weiteren um eine Maschine, die in großen Stückzahlen gefertigt wird, dann kann der Hersteller zusätzlich die während der Fertigung auftretenden Streuungen berücksichtigen. Je genauer ein Erzeugnishersteller alle diese Streuungen kennt, umso besser kann er das Risiko einer Zurückweisung seines Erzeugnisses bei der Überprüfung der Geräuschemissionswerte 1) durch den Abnehmer beurteilen. Die Wahl des Risikos, d. h. des Zuschlages zum Messwert, obliegt dem Hersteller, der dabei einem Interessenkonflikt ausgesetzt wird. Einerseits möchte er aus Wettbewerbsgründen einen möglichst niedrigen Wert angeben, andererseits wächst aber mit der Angabe von zu niedrigen Werten das Risiko, dass der Nachprüfende (Abnehmer) eine Überschreitung des angegebenen Wertes (L WAd , L pAd ) feststellt und das Erzeugnis demzufolge zurückweist. Hinweise zur Festlegung geeigneter Geräuschemissionswerte enthält DIN EN ISO 4871 [24].
2.5 Rechenoperationen mit Schallpegelwerten 2.5.1 Addition Treffen an einem Ort inkohärente Schallanteile ein (s. Abschn. 2.2.1), dann überlagern sich additiv die Leistungsgrößen (Schallleistung, Schallintensität, Schallenergie) bzw. die diesen Größen proportionalen Schalldruckquadrate, s. Gl. (2). Anmerkung: Die im Folgenden nur für Schalldruckpegel angegebenen Gleichungen gelten gleichermaßen auch für alle dem Schalldruckquadrat proportionalen Größen, wobei dann z. B. 1
Hier und im Folgenden, besonders im Abschn. 2.8, ist auf die unterschiedliche Bedeutung der Begriffe angegebener Geräuschemissionswert und gemessener Geräuschemissionswert zu achten.
2. Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung von Geräuschen und Geräuschquellen
31
im Falle der Schallleistung anstelle der Schalldruckquadrate p ˜ 2 die jeweils entsprechenden Schallleistungen P einzusetzen sind. Der Index p an den Schalldruckpegelgrößen wird hier im Interesse einer besseren Lesbarkeit weggelassen. Bei Anwendung auf Schallleistungspegel ist anstelle von z. B. L ges L W, ges zu schreiben.
Mithin erhält man den Gesamtschalldruckpegel L ges aus Teilschalldruckpegeln L i nach Gl. (17): n ˜ 2i p L ges = 10 lg dB bzw. 2 i =1 p 0
(Σ )
mit
˜p 2i = p 20 10 0,1 L i / dB
L ges = 10 lg L ges Li ˜p 2i p0
(
n
)
Σ 10 0,1 L / dB i =1 i
dB ;
(17)
Gesamtschalldruckpegel, Teilschalldruckpegel, Teilschalldruckquadrat, Bezugsschalldruck ( p0 = 2 · 10 –5 Pa).
Sind speziell die Teilschalldruckpegel L gleich groß, so ergibt sich für n Schallanteile die vereinfachte Beziehung L ges = L + 10 lg n dB .
(18)
Zur Auswertung der Gl. (17) kann auch das Nomogramm Bild 2–6 genutzt werden, wobei jeweils aus zwei Einzelpegeln L 1 , L 2 der Gesamtpegel L ges gebildet wird: L ges = L 1 + ∆ L mit ∆ L = f (L 1 – L 2 ) und L 1 ≥ L 2 . Der Zuschlag ∆ L ist von der Pegeldifferenz L 1 – L 2 abhängig und kann Bild 2–6 entnommen werden. Ist der Gesamtpegel aus mehreren Schallpegeln zu berechnen (z. B. Umrechnung von Terzpegel in Oktavpegel, Berechnung des Gesamtpegels aus Bandpegeln), so ist die Rechnung schrittweise auszuführen. Dabei wird der zunächst aus zwei Teilpegeln berechnete Gesamtpegel anschließend wie ein Teilpegel behandelt. Beispiel: Gesucht wird der aus den drei Schalldruckpegeln L 1 = 80 dB, L 2 = 82 dB, L 3 = 78 dB zusammengesetzte Gesamtschalldruckpegel. Bei welchem Schalldruckpegel mit der Addition begonnen wird, ist grundsätzlich gleich. Zweckmäßigerweise beginnt man mit dem größten, da die Zuschläge mit zunehmender Differenz immer kleiner werden. Im vorliegenden Beispiel wird zunächst die Schalldruckpegeldifferenz zwischen L 1 und L 2 gebildet (2 dB). Dieser Schalldruckpegeldifferenz entspricht nach Bild 2–6 ein Zuschlag ∆ L von 2,1 dB, der zum größeren Schalldruckpegel zu addieren ist, so dass man als Zwischenwert
Bild 2–6. Nomogramm zur logarithmischen Addition von Pegelwerte
32
K. Biehn, überarbeitet von U. Trautmann
84,1 dB erhält. Die Differenz zwischen diesem und dem Schalldruckpegel L 3 beträgt 6,1 dB, der Zuschlag nach Bild 2–6 beträgt 1 dB. Im vorliegenden Beispiel ergibt sich damit ein Gesamtschalldruckpegel von 85,1 dB.
Im Interesse möglichst geringer Abweichungen ist die Rechnung mit einer Genauigkeit von einer Dezimalstelle durchzuführen. 2.5.2 Subtraktion Die Subtraktion kann erforderlich werden, wenn z. B. einem zu messenden Schalldruckpegel (Nutzpegel) ein Störschalldruckpegel (Störpegel) überlagert ist. Analog zur Addition sind die Schallleistungsgrößen bzw. die diesen proportionalen Schalldruckquadrate zu substrahieren. In Pegelschreibweise gilt L 1 = 10 lg (10 0,1 L ges / dB – 10 0,1 L 2 /dB) dB ;
(19)
L1 Nutzpegel, Lges Gesamtpegel, L 2 Störpegel. Gleichung (19) gilt auch für Schallleistungspegel (s. Anmerkung im Abschn. 2.5.1). Die Anwendung von Gl. (19) ist nur so lange sinnvoll, wie der Störpegel mindestens 3 dB unter dem Gesamtpegel liegt; andernfalls wird die Unsicherheit mit der der Nutzpegel bestimmt wird, zu groß. (Bei einer Differenz von 3 dB sind Nutz- und Störpegel gleich groß.) 2.5.3 Mittelwertbildung Die Bildung des Mittelwertes, z.B. von Schalldruckpegeln an verschiedenen Messorten (räumliche Mittelung, s. z.B. Abschn. 2.7.2) oder der an einem Messort nacheinander gemessenen Schalldruckpegel (zeitliche Mittelung, s. Abschn. 2.3.3), ist ebenso wie die Addition und Subtraktion auf der Grundlage von Leistungsgrößen gemäß Gl. (20) oder (21) durchzuführen: 1 n – L = 10 lg 10 0,1 L i / dB dB n i=1 – L = L ges – 10 lg n dB ;
(
– L Li n L ges
Σ
)
(20) (21)
mittlerer Schalldruckpegel, i-ter Schalldruckpegel, Anzahl der zu mittelnden Schalldruckpegel, nach Gl. (17) bzw. Bild 2–6 berechneter Gesamtschalldruckpegel aller Einzelpegel.
2. Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung von Geräuschen und Geräuschquellen
33
2.6 Verfahren zur Messung der Schallimmission 2.6.1 Vorbemerkungen Lärmmessungen an den Aufenthaltsorten von Menschen im Arbeits- und Nachbarschaftsbereich dienen vorrangig der Ermittlung der Lärmbelastung des Menschen durch die Umwelt. Mit Hilfe der Messungen werden die Lärmimmissionswerte ermittelt und mit den in Gesetzen, Normen, Vorschriften oder Richtlinien festgelegten Grenz-, Richt- oder Orientierungswerten verglichen. Auf der Grundlage des Vergleiches ist dann die Beurteilung der konkreten Lärmbelastung möglich. Im Interesse der einheitlichen Beurteilung sind sowohl die Mess- als auch die Auswerteverfahren weitestgehend festgelegt (s. [7] bis [11], [36, 37]). Jede Messung lässt sich grob in drei Arbeitsstufen – Vorbereitung, Durchführung und Auswertung der Messung – gliedern. 2.6.2 Vorbereitung der Messung Im Rahmen der Messvorbereitung (Beschaffung der Arbeitsunterlagen – Lage- und Maschinenaufstellpläne –, Ortsbesichtigung, Festlegung der Messzeiten – unter Berücksichtigung der Betriebszeit der Lärmquellen, von Störquellen usw.) sind insbesondere alle Faktoren, die das Messergebnis wesentlich beeinflussen können, kurz Messbedingungen genannt, zu analysieren und im Messprotokoll festzuhalten. Zu den Messbedingungen zählen beispielsweise die Betriebsweise der Maschinen und Anlagen oder anderer Lärmquellen einschließlich der Arbeitsgegenstände, bei Messungen in Räumen die akustischen Raumparameter (Raumabmessung, mittlerer Schallabsorptionsgrad, Abschirmungen zwischen Lärmquelle und Nachweisort, geöffnete oder geschlossene Fenster und Türen), bei Messungen im Freien die Schallausbreitungsverhältnisse (meteorologische Bedingungen, Abschirmungen usw.). Die Messergebnisse einer Messung können nur dann auf Zeiträume außerhalb der Messzeit übertragen werden, wenn die geräuschrelevanten Parameter während dieser Zeit mit denen während des Messzeitraumes übereinstimmen oder wenn die Parametereinflüsse auf das Messergebnis quantitativ bekannt sind. 2.6.3 Messdurchführung Die im Vorschriftenwerk festgelegten Lärmgrenzwerte oder Richtwerte gelten sowohl für bestimmte Nachweisorte als auch für festgelegte bzw. empfohlene Zeiträume (z. B. Arbeitsschicht, lärmmäßig ungünstigste zusammenhängende 8 h während des Tages, lauteste Nachtbefunde). Zur Prüfung einer gegebenen Lärmsituation sind deshalb die Messungen an den festgelegten Orten und zu den festgelegten Zeiten durchzuführen, wobei zu beachten ist, dass stets alle die Lärmsituation insgesamt bestimmenden Lärmquellen und die charakteristischen Situationen erfasst werden. Eine Verkürzung der Messzeit ist nur dann zulässig, wenn dadurch die Aussagekraft der Messung nicht vermindert wird. Der erforderliche zeitliche Aufwand zur Messwertgewinnung ist von der konkreten Lärmsituation abhängig. Er ist gering, wenn eine eindeutige Grenzwertüber- oder Grenzwertunterschreitung vorliegt. Der Aufwand ist sehr hoch, wenn der zu beurteilende Schalldruckpegel nur wenig vom Grenzwert abweicht, s. Abschn. 2.6.4.
34
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Grundsätzlich sind drei Messverfahren gegeneinander abgrenzbar: Die kontinuierliche Messung während des gesamten Beurteilungszeitraumes, die Messung während ausgewählter Zeiten innerhalb des Beurteilungszeitraumes und die Stichprobenmessung. Das im konkreten Fall anzuwendende Messverfahren richtet sich nach der Art der Lärmsituation und den für die konkrete Lärmsituation geltenden Vorschriften (z. B. Arbeitslärm, Nachbarschaftslärm) und ist vom Messenden auf Grund seiner Kenntnisse über die betreffende Lärmsituation sowie unter Beachtung der geltenden rechtlichen Festlegungen zu wählen. Die kontinuierliche Messung über den gesamten Messzeitraum setzt keine speziellen Informationen z. B. bei der Messung am Arbeitsplatz über den technologischen Produktionsablauf voraus, da hier naturgemäß alle während des Beurteilungszeitraumes auftretenden Lärmsituationen erfasst werden. Je größer die Kenntnisse des Messenden über die zu beurteilende Lärmsituation sind (z. B. aufgrund von Ortsbesichtigungen oder Arbeitsplatzanalysen), um so gezielter kann der Messzeitraum festgelegt und gegebenenfalls verkürzt werden, ohne dass dadurch die Unsicherheit der Messung wesentlich vergrößert wird. Der zur Beurteilung der Lärmsituation an Arbeitsplätzen erforderliche Beurteilungspegel L r (s. Abschn. 2.3.4) kann als ortsbezogene Kenngröße (ortsbezogener L r ) oder als personenbezogene Kenngröße (personenbezogener L r ) ermittelt werden. In der Regel wird der Beurteilungspegel für einen festen Arbeitsplatz bestimmt. Dabei wird die Messung ortsfest durchgeführt und die Beurteilung ortsbezogen vorgenommen. Wenn sich die Person an mehreren Arbeitsorten aufhält, kann bei Geräuschpegeln, die im Bereich der Gehörgefährdung liegen, je nach Aufgabenstellung der Beurteilungspegel entweder für die verschiedenen Arbeitsorte getrennt oder für die Person, d. h. personengebunden, gebildet werden. Zum Beispiel werden bei der Festlegung von Lärmbereichen nach BGV B3 [11] die Beurteilungspegel an ortsfesten Arbeitsplätzen (ortsbezogen) bestimmt. Bei der Beurteilung der Geräuschimmission hinsichtlich der individuellen Gehörschädigung wird demgegenüber die personenbezogene Beurteilung herangezogen (Lärmexposition). 2.6.4 Messauswertung Jede Messung ist mit einer gewissen Messunsicherheit behaftet, die aus systematischen und zufälligen Fehlern resultiert. Ursachen für systematische Fehler sind u. a. Messgerätefehler, Kalibrierfehler. Durch regelmäßige Kalibrierung der Messgeräte gelingt es, die systematischen Fehler klein zu halten. Sind sie unbekannt, dann gehen sie in das Messergebnis ein. Ihre Größe ist in diesem Fall nach Betrag und Richtung abzuschätzen. Den Hauptanteil bei systematischen Fehlern bilden im Allgemeinen die Gerätefehler. Zufällige Fehler werden durch nicht erfassbare Änderungen der Schallabstrahlung des Messobjektes oder der Messbedingungen verursacht. Bei der Wiederholung einer Messung oder bei gleichzeitiger Messung durch verschiedene Personen erhält man zufällig voneinander abweichende Messwerte. Mittels statistischer Verfahren lässt sich auf der Grundlage von wenigstens zwei voneinander unabhängigen Einzelmesswerten von einer Größe (z. B. Schalldruckpegel) der wahrscheinliche Wert für den Erwartungswert (Mittelwert) sowie ein Bereich (Vertrauensbereich) berechnen (abschätzen), in dem der Erwartungswert mit einer vorgegebenen statistischen Sicherheit liegt. Der Vertrauensbereich ist um so kleiner, je größer die Anzahl der unabhängigen Einzelmessungen und je kleiner die Streubreite der Einzelmesswerte ist
2. Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung von Geräuschen und Geräuschquellen
35
(hinsichtlich Begriffe der Statistik s. z. B. [38]). Hinweise zur Abschätzung der Messunsicherheit von Immissionsmessungen enthalten z. B. die entsprechenden Messvorschriften [6 – 8]. Die Beurteilung der untersuchten Lärmsituation wird auf der Grundlage des auf den vorgeschriebenen Bezugszeitraum bezogenen Beurteilungspegels sowie auf Grund der Gesamtmessunsicherheit der Messung vorgenommen. Liegt der Beurteilungspegel im Bereich des Grenzwertes, dann ist, falls die Messunsicherheit der Messung einen vorgeschriebenen Wert überschreitet, durch erhöhten Messaufwand (größere Anzahl von Messungen) die Messunsicherheit so weit zu vermindern, bis eine eindeutige Beurteilung möglich ist (s. z. B. [8]).
2.7 Verfahren zur Messung der Schallemission, Schallleistungsmessung 2.7.1 Überblick Zwischen den von einer Schallquelle in deren Umgebung erzeugten Schallfeldgrößen → Schalldruck p und Schallschnelle υ einerseits und der Schallleistung P der Schallquelle andererseits besteht ein funktionaler Zusammenhang, der durch die akustischen Eigenschaften der Umgebung bestimmt ist. Am weitesten verbreitet sind die Verfahren zur Schallleistungsmessung, bei denen die Schallleistung aus dem sich im Fernfeld der Schallquelle aufbauenden Schalldruck bestimmt wird. Bild 2–7 zeigt als Beispiel die prinzipielle Schallfeldstruktur bei Aufstellung einer kleinen Schallquelle in einem halbhalligen Raum. Der mit Nahfeld bezeichnete Bereich nahe der Schallquellenoberfläche ist u. a. dadurch gekennzeichnet, dass hier aufgrund der Strahlereigenschaften der Schallquelle die beiden Schallfeldgrößen Schalldruck und Schallschnelle nicht in Phase sind, so daß neben einem Wirkanteil auch ein Blindanteil der Schallenergie auftritt. Mit zunehmendem Abstand von der Strahleroberfläche vermindert sich die Phasenverschiebung zwischen Schalldruck und Schallschnelle, und das Nahfeld geht nahtlos in das Fernfeld über. Die exakte messtechnische Abgrenzung zwischen Nah- und Fernfeld ist nicht möglich. Die Schallfeldarten freies Schallfeld (Freifeld, Direktschallfeld) und diffuses Schallfeld (Hallfeld) werden durch die akustischen Eigenschaften des Raumbereiches, in den
Bild 2–7. Schallfeldstruktur in einem halbhalligen Raum. rg r Grenzradius
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K. Biehn, überarbeitet von U. Trautmann
die Schallquelle strahlt, geprägt und sind von der Art der Schallquelle unabhängig. Die Grenze zwischen freiem und diffusem Schallfeld kann dort gezogen werden, wo die Energiedichte beider Schallfelder gleich groß ist. Der Abstand vom Schallquellenmittelpunkt (akustisches Zentrum der Schallquelle), bei dem diese Gleichheit eintritt, wird mit Grenzradius rgr bezeichnet, s. Abschn. 13. Zur Bestimmung der von Schallquellen abgestrahlten Schallleistung auf der Grundlage von Schalldruckpegelmessungen im Fernfeld der Schallquelle stehen drei Messverfahren zur Auswahl: – Messung im freien Schallfeld (Freifeldverfahren), – Messung im diffusen Schallfeld (Hallraumverfahren), – Messung mit Vergleichsschallquelle (Vergleichsverfahren). Während beim Freifeld- und Hallraumverfahren eine der beiden Schallfeldarten – freies bzw. diffuses Schallfeld – wenigstens angenähert vorhanden sein muß, ist dies beim Vergleichsverfahren nicht notwendig. Außerdem ist die Messung im Bereich ebener fortschreitender Wellen möglich. Davon wird u. a. bei der Messung in einem reflexionsfrei abgeschlossenen Kanal zur Bestimmung der von Ventilatoren in einen Kanal eingespeisten Schallleistung Gebrauch gemacht. Alle bisher genannten Messverfahren basieren auf der Messung des Schalldruckpegels in einem Schallfeldbereich, wo zwischen Schalldruck und Schallschnelle die einfache Beziehung ˜p = υ˜ c ( c Schallkennimpedanz der Luft) gilt, so dass zur Bestimmung der Schallleistung eine Feldgröße, der Schalldruck ˜p, ausreicht. Eine weitere Voraussetzung für die Anwendung dieser Verfahren ist, dass der von der Schallquelle an den Messorten im Fernfeld bewirkte Schalldruck überwiegt und nicht durch Störschall wesentlich überlagert wird bzw. korrigierbar ist. Das Verfahren der direkten Schallintensitätsmessung, s. Abschn. 2.7.6, ist weniger abhängig von den akustischen Umgebungsbedingungen und erlaubt die Bestimmung der Schallleistung sowohl in gewissen Bereichen des Nahfeldes als auch unter Einwirkung konstanter Störschallquellen. Tabelle 2–4 gibt einen Überblick über die genormten Rahmen-Messverfahren. Entsprechend den Anforderungen an die Messumgebung und die Messbedingungen, die wesentlich die Messunsicherheit der Verfahren bestimmen, sind die Verfahren in die Genauigkeitsklassen 1 bis 3 eingeteilt: 1 – Präzisionsverfahren, 2 – Laborverfahren, 3 – Übersichtsverfahren. Für die einzelnen Messverfahren werden die Vergleichsstandardabweichungen σ R angegeben, mit denen bei der Ermittlung des Schallleistungspegels nach einem bestimmten Messverfahren zu rechnen ist. Diese Standardabweichungen beinhalten alle nicht korrigierbaren Fehler, die bei der normgerechten Ermittlung des Schallleistungspegels unter Vergleichsbedingungen, d. h. bei Wiederholung der Messungen durch andere Messpersonen in einer anderen Messumgebung und mit anderen Messgeräten an derselben Schallquelle auftreten können – zeitliche Konstanz der Schallleistung der geprüften Maschine vorausgesetzt. Auf der Grundlage der Vergleichsstandardabweichung lässt sich die Messunsicherheit der Messung ∆ L R angeben. Bei einer in der akustischen Messtechnik üblichen Wahrscheinlichkeit von P = 95 %, Annahme normalverteilter Schallleistungspegel L W und beiderseitiger Schranken nach oben und unten gilt ∆LR =
1,96 √3 n
σR ;
2. Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung von Geräuschen und Geräuschquellen
37
Tabelle 2–4. Rahmen-Messverfahren zur Bestimmung des Schallleistungspegels von Geräuschquellen (s. DIN EN ISO 3740 [25]) Norm
Genauigkeitsklasse
Messverfahren
Geräuschart
Vergleichsstandardabweichung σ R für L WA*
DIN EN ISO 3741 [26]
1
Hallraumverfahren
Gleichförmig, breitbandig, schmalbandig, tonal
σ R ≤ 0,5 dB
DIN EN ISO 3743-1 [27]
2
Hallraumverfahren
σ R ≤ 1,5 dB
DIN EN ISO 3743-2 [28]
2
DIN EN ISO 3744 [29] DIN EN ISO 3745 [30] DIN EN ISO 3746 [31] DIN EN ISO 3747 [32]
2
Direkt- und Vergleichsverfahren (Hallraum) Freifeldverfahren Freifeldverfahren Freifeldverfahren Vergleichsverfahren (ausreichend helliges Schallfeld) Intensitätsverfahren
Gleichförmig, breitbandig, schmalbandig, tonal Gleichförmig, breitbandig, schmalbandig, tonal Beliebig Beliebig
σ R ≤ 0,5 dB
Beliebig
σ R ≤ 4,0 dB tonal:σ R ≤ 5,0 dB σ R ≤ 1,5 dB
DIN EN ISO 9614-1,2,3 [33 – 35]
1 3 2
1, 2 oder 3
Gleichförmig, breitbandig, schmalbandig, tonal Breitbandig, schmalbandig, tonal, sofern stationär
σ R ≤ 2,0 dB
σ R ≤ 1,5 dB
von Genauigkeitsklasse abhängig
* σR für L W ist frequenzabhängig.
∆ L R Messunsicherheit bei der Bestimmung des Schallleistungspegels unter
σR
n
Vergleichsbedingungen, Vergleichsstandardabweichung des Messverfahrens, Anzahl der Messungen unter Vergleichsbedingungen.
Der wahre Wert liegt also im Intervall L m + ∆ L R , wobei L m der arithmetische Mittelwert der gemessenen Pegel ist. In der Praxis ist die mehrfache Wiederholung der Schallleistungsermittlung unter Vergleichsbedingungen an einer Maschine nur selten möglich, so daß die verfahrensbedingte Messunsicherheit für die gleichen Bedingungen wie oben ∆ L R = 1,96 σ R beträgt [6]. Zu dieser, allein durch das angewendete Messverfahren bedingten Messunsicherheit können weitere Unsicherheiten bei der Schallleistungsermittlung hinzukommen, z. B. durch nicht erkennbare oder nicht reproduzierbare Änderungen des Betriebszustandes der Maschine, die die Schallabstrahlung bei der Messung beeinflussen kön-
38
K. Biehn, überarbeitet von U. Trautmann
nen. In derartigen Fällen ist es erforderlich, die Messungen unter Wiederholbedingungen, also durch Messungen an der Maschine in derselben Prüfumgebung, mit denselben Messgeräten usw. durchzuführen. Da für die Messungen unter Wiederholbedingungen an einer konkreten Maschine die Standardabweichung der Grundgesamtheit unbekannt ist, muss σ durch die Standardabweichung s der Stichproben (Einzelmessungen) ersetzt werden. Bei kleinem Stichprobenumfang (≤ 20) weicht die Verteilung des Stichprobenmittelwertes von der Normalverteilung ab und folgt einer t-Verteilung, die ihrerseits außer von der statistischen Sicherheit noch vom Stichprobenumfang abhängt. Die Messunsicherheit ∆ L B (B nicht erkennbare oder nicht reproduzierbare Änderungen des Betriebszustandes) ergibt sich folglich zu t
∆LB =
s=
√3 n
s
冑
LW =
(22)
0004 1 n (L – L W) 2 n – 1 i = 1 Wi
Σ
1 n
(23)
n
Σ L Wi ; i=1
t t-Verteilung (Werte für t / √3 n s. Tabelle 2–5), s Standardabweichung der Stichprobenmessung, L Wi Schallleistungspegel einer Einzelmessung. Entsprechend dem Charakter der verfahrens- und betriebsbedingten Messunsicherheiten berechnet sich die resultierende Messunsicherheit ∆ L ges bei der Ermittlung des Schallleistungspegels einer Maschine zu ∆ L ges = √08 ∆ L 2R + ∆ L 2B .
Das Gesamtergebnis ist somit in der Form L W ± ∆ L ges darzustellen, wobei L W der analog nach Gl. (17) aus den Schallleistungspegeln (A-Schallleistungspegel, Bandschallleistungspegel) der Einzelmessungen L Wi gebildete mittlere Schallleistungspegel (ASchallleistungspegel, Bandschallleistungspegel) ist. 2.7.2 Freifeldverfahren 2.7.2.1 Messprinzip Die von einer Schallquelle abgestrahlte Schallleistung P ergibt sich aus der Schall→ intensität J , die durch eine die Schallquelle einhüllende Messfläche S hindurchtritt, gemäß 3 Tabelle 2–5. t /√n-Werte bei einer statistischen Sicherheit P = 95 %. n Anzahl der Messwerte n 3 t /√n
3 2,48
4 1,59
5 1,24
6 1,05
8 0,84
10 0,72
16 0,53
20 0,47
2. Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung von Geräuschen und Geräuschquellen
P=
冖J
→ →
dS .
39 (24)
Bei Anordnung der Messfläche im Bereich des freien Schallfeldes und im Fernfeld der Schallquelle sowie bei Anwendung einer Messfläche, die so geformt ist, dass sie von der → Schallschnelle υ senkrecht durchsetzt wird (s. Bild 2–8), kann die Messung der Schallintensität auf eine Schalldruckpegelmessung an sehr vielen Messorten auf der Messfläche zurückgeführt werden. Die von der Schallquelle entweder in ein allseitig freies Schallfeld oder in ein freies Schallfeld über einer schallreflektierenden Fläche (SemiFreifeld) abgestrahlte Schallleistung wird dann aus dem zeitlich und über die Messfläche gemittelten Schalldruckquadrat sowie aus der Messfläche S berechnet: ˜2 p P= dS (25) c
冖
bzw. in Pegelschreibweise S –– dB ; L W = L p + 10 lg S0
(26)
–– L p zeitlich und räumlich gemittelter Schalldruckpegel auf der Messfläche (Messflächenschalldruckpegel), S Messfläche, S0 = 1 m 2 Bezugsmessfläche, S 10 lg 4 dB Messflächenmaß. S0 2.7.2.2 Messunsicherheit In der Praxis sind die Voraussetzungen, die zur Gl. (26) führen, oft nicht erfüllt. Zu den allgemeinen Fehlern bei Schalldruckpegelmessungen treten deshalb weitere Fehler hinzu. Dies sind im wesentlichen Nahfeldfehler, Winkelfehler, Umgebungseinflussfehler und Abtastfehler [41], wobei die drei erstgenannten Fehler zu einem zu großen Schallleistungspegel führen. Zum besseren Verständnis dieser Fehler werden im folgenden die Näherungen, die letztlich zur Gl. (26) führten, betrachtet.
Bild 2–8. Dem Strahlertyp angepasste Messflächen (Beispiele). a) kompakte Quelle (lmax < λ ), Radius der Messfläche: R > 2 lmax ; b) langgestreckte Quelle (B, H < λ, L + λ), Radius der Messfläche: R > 2 B, 2 H; R | L. → L, B, H Abmessungen der Schallquelle, R Messflächenradius, S Messfläche, J Vektor der → Schallintensität,d S Vektor der Flächennormale des Flächenelementes d S
40
K. Biehn, überarbeitet von U. Trautmann
Nahfeldfehler Bei Betrachtung sinusförmiger Größen kann für Gl. (25) geschrieben werden: P=
冖 p˜ υ˜ cos ( p˜, υ˜ ) d S ; →
→
→
˜p υ ˜ Effektivwerte von Schalldruck und Schallschnelle, ˜,υ ˜ ) Phasenverschiebung zwischen Schalldruck und Schallschnelle. cos ( p Im Fernfeld der Schallquelle gilt die Näherung ˜,υ p ˜ cos ( p ˜ ,υ ˜)≈
1 c
˜2; p
c Schallkennimpedanz der Luft.
Diese Näherung gilt um so besser, je größer der Abstand der Messorte von der Oberfläche der Schallquelle und je höher die Frequenz ist. Untersuchungen von Hübner [41] an praktischen Schallquellen ergaben, dass bei Messungen auf Hüllflächen in 1 m Abstand von der Schallquellenoberfläche der Nahfeldfehler infolge der genannten Näherung < 1 dB ist. Winkelfehler Bei der Betrachtung des Nahfeldfehlers wurde angenommen, dass die Schallintensität an allen Stellen senkrecht durch die Messfläche hindurchtritt, d. h., dass eine Messfläche zur Anwendung kommt, die der Schallfeldstruktur angepasst ist (z. B. bei einem Kugelstrahler eine kugelförmige Messfläche, bei einem Linienstrahler eine zylinderförmige Messfläche gemäß Bild 2–8), so dass näherungsweise P≈
1 c
冖 p˜
2
dS
geschrieben werden kann. Für reale Schallquellen lassen sich derartige Messflächen nicht ohne Weiteres angeben, da sich die Schallfeldstruktur nur durch umfangreiche Voruntersuchungen ermitteln lässt. Der Fehler, der dadurch entsteht, dass die Schallintensität die Messfläche nicht senkrecht durchsetzt, wird Winkelfehler genannt. Er ist um so kleiner, je größer der Messabstand und je besser die Messflächenform der Schallfeldstruktur angepasst ist. In der Praxis werden z.B. bei Präzisionsmessungen kugelförmige bzw. halbkugelförmige Messflächen mit einem Radius R ≥ 2 lmax (lmax maximale Schallquellenabmessung) angewendet. Bei geringen Anforderungen an die Messgenauigkeit sind auch quaderförmige Messflächen zulässig (s. Bild 2–9). Abtastfehler Die Integration des Schalldruckquadrates nach Gl. (24) erfordert eine lückenlose Erfassung des Schalldruckes über der Messfläche. Praktisch ist dies nicht möglich, und es entsteht durch den Übergang von der Integration nach Gl. (25) zur Summenbildung gemäß P≈
1 c
n
Σ p˜ 2i Si ; i =1
˜ 2i Quadrat des Effektivwertes des Schalldruckes im Bereich der i-ten Teilfläche Si , p Si i-te Teilfläche
2. Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung von Geräuschen und Geräuschquellen
41
Bild 2–9. Messflächen nach [29] bis [32]. a) quaderförmige Messfläche; b) halbkugelförmige Messfläche. d Messabstand, R Radius der Messfläche, lmax maximale Linearabmessung des Prüfobjektes
ein Fehler, der Abtastfehler, dessen Größe von der Streuung des Schalldruckes auf den Teilflächen abhängt. In der Praxis wird die Gesamtmessfläche meist in gleich große Teilflächen zerlegt und jeder Teilmessfläche ein Messort zugewiesen, so daß anstelle der gewichteten Mittelwertbildung die einfache Beziehung nach Gl. (26) tritt. Der Abtastfehler ist dann außerdem noch von der Richtcharakteristik der Schallquelle und der Anzahl der Messorte auf der Messfläche abhängig. Die Anzahl der Messorte wird in Abhängigkeit von der Genauigkeitsklasse der Messverfahren festgelegt. Beim Präzisionsverfahren muss die Anzahl der messorte mindestens doppelt so groß und beim technischen Verfahren mindestens ebenso groß sein wie die Differenz in Dezibel zwischen dem höchsten und dem niedrigsten auf der Messfläche ermittelten Schalldruckpegel. Anstelle diskreter Messorte ist auch die Anwendung von Mikrofonpfaden, insbesondere bei halbkugel- oder kugelförmigen Messflächen, möglich. Umgebungseinflussfehler Die Messumgebung entspricht selten dem Idealfall eines Freifeldes oder Semi-Freifeldes. Vielmehr wird das Schallfeld im Messflächenbereich mehr oder weniger stark durch Reflexionsschall infolge in der Nähe befindlicher schallreflektierender Flächen (z. B. Raumbegrenzungsflächen, Maschinen) beeinflusst. Im allgemeinen wächst der Umgebungseinfluss mit zunehmendem Abstand der Messfläche von der Schallquelle. Um den Umgebungseinflussfehler klein zu halten, müsste man also den Messabstand klein wählen. Dem steht aber die damit verbundene Vergrößerung des Nahfeld- und des Winkelfehlers entgegen. Man nimmt aus diesem Grund zumindest beim technischen Verfahren und beim Orientierungsverfahren einen gewissen Umgebungseinflussfehler in Kauf und gleicht diesen durch die Umgebungskorrektur K 2 aus. Je nach gewünschter Genauigkeit beträgt die maximal zulässige Umgebungskorrektur 2 dB (Klasse 2) oder 7 dB (Klasse 3), s. [25]. Die Umgebungskorrektur kann sowohl rechnerisch als auch messtechnisch ermittelt werden. Die Ermittlung basiert hierbei auf der Annahme einer Schallfeldstruktur, wie sie in halbhalligen Räumen entsprechend Bild 2 –7 anzutreffen ist. Die Berechnung wird auf der Grundlage der Messflächengröße S und der äquivalenten Schallabsorptionsfläche A durchgeführt, wobei die äquivalente Schallabsorptionsfläche auch geschätzt sein darf. Messtechnisch kann die Umgebungskorrektur entweder nach dem „Zwei-FlächenVerfahren“, bei dem der mittlere Schalldruckpegel auf zwei unterschiedlich großen
42
K. Biehn, überarbeitet von U. Trautmann
Messflächen bestimmt und aus den Differenzen zwischen den einzelnen Messflächenschalldruckpegeln die Umgebungskorrektur K 2 berechnet wird, oder unter Zuhilfenahme einer Vergleichsschallquelle (absoluter Vergleichstest) ermittelt werden. Beim absoluten Vergleichstest wird eine Vergleichsschallquelle, deren Schallleistungspegel bekannt ist, anstelle der zu prüfenden Maschine aufgestellt. Aus dem auf ––– der Messfläche ermittelten mittleren Schalldruckpegel L pR, der Messfläche S und dem Schallleistungspegel LWR der Vergleichsschallquelle ergibt sich die Umgebungskorrektur für die betreffende Messfläche zu ––– K2 = L pR + 10 lg (S/S0 ) dB – L WR ; S0 = 1 m 2 Bezugsfläche . Dieses Verfahren setzt keine bestimmte Schallfeldstruktur voraus und liefert infolgedessen im Allgemeinen genauere Korrekturwerte als die anderen Verfahren. Weitere Umgebungseinflussfehler sind zu erwarten, wenn Messungen unter voneinander abweichenden meteorologischen Bedingungen und /oder unter dem Einfluss von Störschallquellen ausgeführt werden. Der erstgenannte Einfluss ist gering und liegt, wenn die Abweichungen des Luftdruckes und der Temperatur von den Normalbedingungen ( p0 = 100 kPa, t = 20 °C) ± 25 hPa bzw. ± 15 K nicht übersteigen, bei jeweils etwa 0,1 dB. Dieser Einfluss wird deshalb nur bei Präzisionsmessungen durch die Korrektur K 0 berücksichtigt: K 0 = 10 lg
c dB ; ( c)0
c
Schallkennimpedanz der umgebenden Luft während der Messung [bei 20 °C und 1000 hPa ist c = 408 N · s/m3 ( c)0 = 400 N · s/m3 Bezugs-Schallkennimpedanz wegen P0 = 1 pW und p0 = 20 µPa. Störgeräusche, z.B. verursacht durch Luftströmungen am Mikrofon oder durch Störschallquellen, können durch geeignete Maßnahmen (Anwendung von Windschutzeinrichtungen, Abschirmung, Kapselung usw.) vermindert oder – falls sie unvermeidbar sind und in vorgeschriebenen Grenzen bleiben – korrigiert werden (s. Abschn. 2.5.2). Unter Berücksichtigung der korrigierten Fehlereinflüsse erhält man für den Schallleistungspegel –– (27) L W = L p + 10 lg(S/S0 ) dB – K1 – K2 – K 0 ; 1 –– L p = 10 lg n
(
L pi S S0 K2 K1 K0
n
Σ 10 0,1 L / dB) dB ; i =1 pi
Schalldruckpegel am i-ten Messort, Messfläche, = 1 m 2 Bezugsfläche, Umgebungskorrektur, Störpegelkorrektur, Korrektur für Luftdruck und Temperatur (Kennimpedanzkorrektur).
2. Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung von Geräuschen und Geräuschquellen
43
2.7.3 Hallraumverfahren 2.7.3.1 Messprinzip Strahlt eine Schallquelle zeitlich konstanten Schall in einem Raum, der allseitig durch schallreflektierende Flächen begrenzt ist, dann stellt sich in diesem Raum ein eingeschwungener Zustand ein, bei dem ein Gleichgewicht zwischen der von der Schallquelle abgestrahlten Schallleistung P und der von den Raumbegrenzungsflächen, den im Raum befindlichen Gegenständen und der in der Luft absorbierten Schallleistung besteht: ––2 1 p ˜ P= A; 4 c ––2 ˜ räumlicher Mittelwert des Schalldruckquadrates im Bereich des diffusen Schallp feldes, A äquivalente Schallabsorptionsfläche des Raumes und in Pegelschreibweise A –– dB ; L W = L p + 10 lg A0
(28)
–– L p räumlich und energiemäßig gemittelter Schalldruckpegel, A0 = 4 m2 Bezugswert der äquivalenten Schallabsorptionsfläche. Das Hallraumverfahren ist nicht bei Schallquellen anwendbar, die einzelne Schallimpulse oder Impulsfolgen mit einer Impulsfolgefrequenz kleiner als etwa 5 Hz abstrahlen, da dann nicht mehr von einem eingeschwungenen Gleichgewichtszustand zwischen abgestrahlter und absorbierter Schallleistung ausgegangen werden kann. 2.7.3.2 Messunsicherheit Ebenso wie beim Freifeldverfahren wird die Messunsicherheit des Hallraumverfahrens durch eine vom idealen Schallfeld abweichende Messumgebung und durch Art und Umfang der Stichprobennahme bei der Messung beeinflusst. Die Messunsicherheit ist beim Hallraumverfahren insbesondere im unteren und oberen Frequenzbereich etwas größer als beim Freifeldverfahren (s. [41]). Messumgebungseinfluss Die Messumgebung wird in erster Linie von den akustischen Eigenschaften des Messraumes geprägt. Im Interesse eines möglichst guten diffusen Schallfeldes wird angestrebt, dass im Messraum im Messbereich – mindestens 10 Raumeigenfrequenzen je Terz angeregt werden, – die Eigenfrequenzen gleichmäßig verteilt sind, – sich das Schallfeld über einen möglichst großen Raumbereich erstreckt. Die Anzahl der Raumeigenfrequenzen je Frequenzband ist vom Volumen des Raumes abhängig. Fordert man, dass mindestens 10 Raumeigenfrequenzen innerhalb einer Terz angeregt werden, dann ergibt sich ein Mindestvolumen von V=
( ) 600 fterz
3
;
44
K. Biehn, überarbeitet von U. Trautmann
V Mindestvolumen des Messraumes in m3, fterz Terzmittenfrequenz in Hz. Je größer das Volumen des Raumes ist, um so niedriger ist der Frequenzbereich, ab dem Messungen im diffusen Schallfeld möglich sind. Andererseits darf das Raumvolumen nicht beliebig groß werden, da mit wachsendem Raumvolumen die Luftabsorption die Ausbildung eines diffusen Schallfeldes zunehmend verhindert. Beide Forderungen – Mindestvolumen wegen einer ausreichenden Anzahl Eigenfrequenzen, Maximalvolumen wegen Begrenzung des Einflusses der Luftabsorption – führen bei vorgegebenem Frequenzbereich zur Einschränkung möglicher Hallraumvolumina. Die Verteilung der Eigenfrequenzen in einem Rechteckraum wird maßgeblich durch die Raumform, insbesondere durch die Seitenlängenverhältnisse, bestimmt. Die günstigsten Seitenlängenverhältnisse sind den entsprechenden Messnormen (z. B. [26]) zu entnehmen, ganzzahlige Seitenlängenverhältnisse sind zu vermeiden. Darüber hinaus hat sich die Schiefstellung der Wände (5° bis 10° Abweichung vom rechten Winkel) als günstig hinsichtlich der Verteilung der Eigenfrequenzen erwiesen. Damit sich das diffuse Schallfeld über einen möglichst großen Raumbereich erstreckt, sollte die äquivalente Schallabsorptionsfläche bzw. der mittlere Schallabsorptions grad des Messraumes möglichst klein sein (α ≤ 0,05). Dies lässt sich durch sehr glatte Wandflächen, die gespachtelt oder lackiert sind, erreichen. Andererseits strebt man bei niedrigen Frequenzen zwecks Verminderung der örtlichen Schalldruckpegelschwankungen eine gewisse Überlappung der Eigenschwingungen des Raumes an, was einen höheren Schallabsorptionsgrad (α ≈ 0,15) erfordert. Hierzu setzt man im unteren Frequenzbereich wirksame Resonanzabsorber ein. Dies ist auch im Hinblick auf die Verminderung der vornehmlich bei tiefen Frequenzen ausgeprägten Ortsabhängigkeit der Strahlungsimpedanz im Hallraum vorteilhaft. Die Ortsabhängigkeit der Strahlungsimpedanz im Hallraum bewirkt, daß bei unterschiedlichen Aufstellorten der Schallquelle unterschiedliche Schallleistungspegel ermittelt werden können, wobei in Extremfällen die Differenzen bis zu 20 dB betragen können. Die Differenzen sind um so kleiner, je breitbandiger die Schallquelle strahlt, je größer ihre Abmessungen – verglichen mit der Luftschallwellenlänge – sind und je mehr Eigenfrequenzen des Raumes gleichzeitig angeregt werden. Mittels rotierender Diffusoren, die die Strahlungsimpedanz kontinuierlich ändern, oder durch Aufstellung der Schallquelle an verschiedenen Orten im Raum kann die durch die Raumrückwirkung verursachte Messunsicherheit wesentlich vermindert werden [42]. Die bei Schallabsorptionsgradmessungen im Hallraum zur Anwendung kommenden ortsfesten Diffusoren sind bei Schallleistungsmessungen aufgrund ihrer Abmessungen und der damit verbundenen Einschränkungen möglicher Mikrofonpositionen nicht vorteilhaft. Stichprobennahme Zur Bildung des räumlichen Mittelwertes des Schalldruckpegels sind die Messungen entweder an diskreten Messorten oder längs eines Mikrofonpfades vorzunehmen. Um sicherzustellen, dass bei diskreter Messortverteilung die einzelnen Messwerte nicht miteinander korrelieren, muss der Messabstand zwischen den Messorten mindestens der halben Luftschallwellenlänge bei der Messfrequenz entsprechen. Der gleiche Abstand gilt auch für unterschiedliche Aufstellorte der Schallquelle. Die Anzahl der anzuwendenden Messorte und Aufstellorte der Schallquelle ist bei vorgegebener Messunsicherheit von den akustischen Eigenschaften des Messraumes und von der Spektrumsform des von der Schallquelle abgestrahlten Schalls (breitbandig, schmal-
2. Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung von Geräuschen und Geräuschquellen
45
bandig, tonal) abhängig und kann aus den räumlichen Schalldruckpegelschwankungen bei Betrieb der zu prüfenden Schallquelle abgeleitet werden [25, 28]. Bei der Festlegung der Messorte ist außerdem zu beachten, dass die Schallenergiedichte sowohl im wandnahen als auch im schallquellennahen Bereich infolge der Interferenz zwischen auffallender und reflektierter Schallwelle ansteigt. Da sich die Schallenergie in diesen Bereichen nicht hinreichend sicher messen lässt, werden die Messorte außerhalb dieser Bereiche, die sich bis zu einem Abstand von etwa λ /4 (λ Luftschallwellenlänge bei der Messfrequenz) von den Reflexionsflächen aus erstrecken, angeordnet. Die erhöhte Schallenergiedichte in diesen Bereichen wird bei Präzisionsmessungen durch ein Korrekturglied K01 [26] berücksichtigt:
(
K01 = 10 lg 1 +
SV λ dB ; 8V
)
SV Oberfläche des Messraumes, V Messraumvolumen, λ Luftschallwellenlänge bei der Messfrequenz. Die durch den Messraum und die Art der Stichprobennahme bewirkten Messunsicherheiten sind nicht korrigierbar. Sie werden deshalb durch entsprechende Forderungen an den Messraum, die Aufstellung der zu prüfenden Schallquelle und durch Vorgabe der Art und des Umfanges der Stichprobennahme in vorgegebenen Grenzen gehalten. Ebenso wie beim Freifeldverfahren sind auch hier auftretende unvermeidbare Störgeräusche durch die Korrektur K s und gegebenenfalls die Kennimpedanzkorrektur K 0 zu berücksichtigen, so dass sich der Schallleistungspegel L W berechnet nach A –– dB + K01 – K 1 – K 0 L W = L p + 10 lg A0 1 –– L p = 10 lg n
(
L pi A A0 K01 K1 K0
n
Σ 10 0,1 L i=1
)
pi / dB
(29)
dB ;
Schalldruckpegel am i-ten Messort, äquivalente Schallabsorptionsfläche des Messraumes, = 4 m2 Bezugswert der äquivalenten Schallabsorptionsfläche, Energiedichte-Korrektur, Störpegelkorrektur, Korrektur für Luftdruck und Temperatur (Kennimpedanzkorrektur, s. Abschn. 2.7.2.2).
2.7.4 Vergleichsverfahren 2.7.4.1 Messprinzip Das Vergleichsverfahren basiert auf dem Vergleich zwischen dem von einer Schallquelle mit bekannter Schallleistung (Vergleichsschallquelle) an festgelegten Messorten erzeugten Schalldruckpegeln mit den von der zu prüfenden Schallquelle lan den gleichen Messorten erzeugten Schalldruckpegeln. Der Schallleistungspegel L W der Schallquelle berechnet sich dann nach –– ––– (30) L W = L p + L WR – L pR ;
46
K. Biehn, überarbeitet von U. Trautmann
–– Lp über alle Messorte gemittelter Schalldruckpegel bei Betrieb der Schallquelle, L WR Schallleistungspegel der Vergleichsschallquelle, ––– L pR über alle Messorte gemittelter Schalldruckpegel bei Betrieb der Vergleichsschallquelle. Auf die gemessenen Schalldruckpegel ist eine Fremdgeräuschkorrektur nach Gl. (19) anzuwenden. Vorzugsweise wird die Vergleichsschallquelle entsprechend Bild 2–10 anstelle der zu prüfenden Schallquelle aufgestellt (Substitutionsverfahren). Es ist aber auch möglich, die Vergleichsschallquelle auf oder in unmittelbarer Nähe der zu prüfenden Schallquelle anzuordnen [32]. Die akustischen Umgebungsverhältnisse können sowohl dem freien als auch dem diffusen Schallfeld angenähert sein. Entsprechend werden auch die Messorte festgelegt, d. h. entweder auf einer Messfläche oder gemäß dem Hallraumverfahren. 2.7.4.2 Messunsicherheit Die Messunsicherheit des Vergleichsverfahrens ergibt sich u. a. aus – den Unterschieden in der Schallabstrahlung hinsichtlich Zeitfunktion und Richtcharakteristik sowie den unterschiedlichen geometrischen Abmessungen von Schallquelle und Vergleichsschallquelle, – der zweimaligen Schalldruckpegelmessung. Die Messunsicherheit ist unter hallfeldähnlichen Umgebungsbedingungen kleiner als unter freifeldähnlichen, da im ersten Fall die Unterschiede in der Schallabstrahlung
Bild 2–10. Vergleichsverfahren – Messanordnung. a) Messung im Freifeld; b) Messung im hal– ligen Raum. L WR Schallleistungspegel der Vergleichsquelle, L pR mittlerer Schalldruckpegel bei – Betrieb der Vergleichsquelle, L P mittlerer Schalldruckpegel bei Betrieb des Prüfobjektes, L W Schallleistungspegel des Prüfobjektes
2. Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung von Geräuschen und Geräuschquellen
47
zwischen Schallquelle und Vergleichsschallquelle durch den Messraum mehr oder weniger stark ausgeglichen werden. Das Messverfahren ist nicht bei Schallquellen anwendbar, die impulsartigen Schall (Einzelimpulse) abstrahlen oder die eine ausgeprägte Richtcharakteristik aufweisen. 2.7.5 Kanalverfahren 2.7.5.1 Messprinzip Das Kanalverfahren, das vorrangig zur Ermittlung des Schallleistungsanteils angewendet wird, der von Strömungsmaschinen (z. B. Ventilatoren) in angeschlossene Kanäle eingestrahlt wird, basiert auf der Messung des Schalldruckes innerhalb des Kanals im Bereich ebener fortschreitender Wellen (s. Bild 2–11). Der Schallleistungspegel ergibt sich analog zum Freifeldverfahren nach der einfachen Beziehung S –– dB ; L WK = L p + 10 lg S0
(31)
–– L p mittlerer Schalldruckpegel in der Querschnittsfläche des Messkanals, S Querschnittsfläche des Messkanals, S0 = 1 m2 Bezugsfläche. 2.7.5.2 Messunsicherheit Die Grundvoraussetzungen für die Ausbildung ebener fortschreitender Wellen in einem Kanal sind: – keine Schallreflexion am Kanalende (unendlich langer oder reflexionsfrei abgeschlossener Kanal), – keine Kanaleigenschwingungen (Kanalmoden) in radialer Richtung und in Umfangsrichtung des Kanals (Kanalquerschnitt kleiner als die halbe Luftschallwellenlänge). Die Messunsicherheit des Verfahrens resultiert in erster Linie aus der Nichterfüllung der genannten Voraussetzungen in der Praxis. Im Frequenzbereich, in dem die Luftschallwellenlänge vergleichbar oder größer als der Kanaldurchmesser ist, erfolgt am Kanalende eine Reflexion der sich im Kanal ausbreitenden Schallwellen. Diese Schallreflexion führt bei einem Kanal endlicher Länge zur Ausbildung stehender Wellen in Kanallängsrichtung und damit zu einer orts- und frequenzabhängigen Schalldruckpegelverteilung in Kanallängsrichtung und zu einer wechselnden Eingangsimpedanz des an den Ventilator angeschlossenen Messkanals. Diese unterschiedliche akustische Belastung bewirkt eine Änderung der vom Ventilator in den Kanal eingespeisten Schallleistung [43].
Bild 2–11. Kanalverfahren – Messanordnung. 1 Ventilator, 2 Anschlussmöglichkeit für aerodynamische Mess- und Drosseleinrichtung, 3 reflexionsarmer Kanalabschluss, 4 Kanal, 5 elastische Verbindung, 6 Messkanal, 7 Messebene
48
K. Biehn, überarbeitet von U. Trautmann
Durch einen reflexionsfreien Kanalabschluss, dessen Reflexionsfaktor den Wert von 0,2 nicht überschreiten sollte, wird die Ausbildung stehender Wellen in Kanallängsrichtung weitestgehend unterbunden und gleichzeitig eine äußere „Normimpedanz“, die in etwa der Schallkennimpedanz der Luft entspricht, geschaffen. Die Messunsicherheit infolge stehender Wellen in Kanallängsrichtung ist um so geringer, je kleiner der Reflexionsfaktor und je größer die Messbandbreite ist. Neben der Schallreflexion am Kanalende treten oberhalb der Kanalgrenzfrequenz fgr , die bei Kanälen mit Kreisquerschnitt bei fgr = 0,586 c/D (c Schallgeschwindigkeit in Luft, D Kanaldurchmesser) liegt, Eigenschwingungen in radialer Richtung und in Umfangsrichtung (Kanalmoden) auf, die zu einer ortsabhängigen Schalldruckpegelverteilung in der Kanalquerschnittsebene führen. Zur Bestimmung der in den Kanal von der Schallquelle eingespeisten Schallleistung muss, wenn die Messung oberhalb der Kanalgrenzfrequenz ausgeführt wird, die Schallenergie aller ausbreitungsfähigen Kanalmoden berücksichtigt werden. Dies erfordert eine gewichtete Mittelung des Schalldruckpegels. Unter Berücksichtigung der Richtcharakteristik des Mikrofons (gegebenenfalls einschließlich Windschutzeinrichtung) ergeben sich in Abhängigkeit vom Kanaldurchmesser unterschiedliche radiale Mikrofonpositionen für eine geeignete Energiemittelung [44]. Mit zunehmender Frequenz oberhalb der Kanalgrenzfrequenz erhöht sich die Anzahl der sich innerhalb eines Frequenzbandes ausbreitenden Kanalmoden, so daß die Druckschwankungen über dem Kanalquerschnitt abnehmen [45, 46]. Mit steigender Frequenz wird folglich die radiale Mikrofonposition unkritischer. Eine Beeinflussung des Messergebnisses bei Messungen in luftführenden Kanälen ist weiterhin durch die Luftströmung zu erwarten. Zur Unterdrückung des Einflusses der Strömung infolge turbulenter Druckschwankungen und Windgeräusche haben sich lange, rohrförmige Mikrofonvorsätze bewährt, die entweder gelocht oder geschlitzt und mit einem Gewebe als Strömungswiderstand umwickelt sind (FriedrichSonde, [47]). Die Vergleichsstandardabweichung bei Anwendung des Kanalverfahrens zur Ermittlung des Kanal-Schallleistungspegels von Ventilatoren beträgt je nach Frequenzband 2 bis 4 dB [51, 52]. 2.7.6 Intensitätsverfahren 2.7.6.1 Messprinzip Die direkte Ermittlung der Schallintensität erfordert die gleichzeitige Erfassung der → beiden Feldgrößen Schalldruck p(t) und Schallschnelle υ (t) →
→ J = p(t) υ (t) ;
wobei zur Ermittlung des Schalldruckes ein Schalldruckmikrofon (z. B. Kondensatormikrofon) und zur Ermittlung der Schallschnelle ein Schnellemikrofon (z. B. Bändchen-, Gradientenmikrofon) eingesetzt werden könnte. Auf Grund der strengen Forderungen bezüglich phasengetreuer Wandlung beider Feldgrößen erwies es sich als → günstiger, anstelle der Schallschnelle υ (t) den Druckgradienten d p /dr der Normalkomponente der Schallschnelle υ n zu ermitteln. Nach dem Newtonschen Grundgesetz (Kraft = Masse · Beschleunigung) gilt für Gase (Eulersche Gleichung) dp dυ = n ; dr dt Dichte der Luft, –
2. Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung von Geräuschen und Geräuschquellen
49
aus dem sich unmittelbar die Schallschnelle ergibt: υ n (t) = –
1
∫
dp dt . dr
In der Praxis wird der Druckgradient durch Messung des Schalldruckes pA(t) und p B(t) an eng benachbarten Messorten A und B, deren gegenseitiger Abstand ∆ r | λ (λ Luftschallwellenlänge) ist, ermittelt. Die Normalkomponente der Schallschnelle ergibt sich damit näherungsweise nach der Beziehung υ n (t) ≈ –
1
∫
p B(t) – pA(t) dt . ∆r
(32)
Die Mikrofone können sowohl in einer Achse als auch achsparallel angeordnet sein (Bild 2–12). Der Schalldruck p (t) ergibt sich bei Anwendung des Zweimikrofonverfahrens als arithmetischer Mittelwert der an den Mikrofonpositionen A und B gemessenen Schalldrücke pA(t), p B(t), so dass sich die Normalkomponente der Schallintensität Jn schließlich nach Jn = –
1 2 ∆r T
T
∫
0
{
t
}
[ pA(t) + p B(t)] · ∫ [ p B(τ) – pA(τ)] dτ dt 0
(33)
berechnet. Die Schallleistung wird aus der Normalkomponente Jn durch Integration über die gesamte Messfläche gewonnen [s. Gl. (25)]: → →
P = ∫ J d S = Jn d S .
(34)
LW = LIn + LS Die Möglichkeit, die Normalkomponente der Schallintensität bzw. die Schalleinfallsrichtung, bei der ein Umschlag von positiver zu negativer Intensität (Schalleinfall von „hinten“) erfolgt, exakt ermitteln zu können, erlaubt den vorteilhaften Einsatz des Intensitätsmessverfahrens bei der Geräuschquellenanalyse an Maschinen (s. Abschn. 2.9). Das Intensitätsmessverfahren wird außer zur Schallquellenanalyse bevorzugt zur Ermittlung des Schallleistungspegels nach dem Hüllflächenverfahren eingesetzt, wenn starke parasitäre Geräuschanteile (Messumgebung/Reflexionsschall, Fremdgeräusche) vorhanden sind. Schallreflexionen und Fremdschall von inkohärenten, stationären Quellen werden durch das Messverfahren weitgehend kompensiert. Das Schallintensitätsverfahren füllt die zwischen den (angenähert) idealen Schallfeldstrukturen (Freifeld, Hallfeld) bestehende Lücke und gestattet somit Messungen unter nahezu allen praktisch vorkommenden Betriebsbedingungen [33 – 35].
Bild 2–12. Mikrofonsonden-Konfiguration. a) axiale Anordnung; b) achsparallele Anordnung.
50
K. Biehn, überarbeitet von U. Trautmann
2.7.6.2 Messunsicherheit Die Gültigkeit der Gl. (32) setzt voraus, daß der Abstand ∆ r zwischen den beiden Mikrofonen sehr klein ist (∆ r | λ ; λ Luftschallwellenlänge), das bedeutet, dass durch diese Forderung eine obere, verfahrensbedingte Frequenzgrenze vorgegeben wird (s. Bild 2–13). Nach den tiefen Frequenzen zu wird der nutzbare Frequenzbereich im Wesentlichen durch gerätetechnisch unvermeidliche, unterschiedlich große Phasenfehler in beiden Übertragungskanälen eingeengt, wobei die Größe des Messfehlers infolge des Phasenfehlers ebenfalls vom Mikrofonabstand ∆ r abhängt (s. Bild 2–14). Bei einem vorgegebenen, maximal zulässigen, gerätetechnisch bedingten Fehler von 1 dB ergeben sich in Abhängigkeit des Mikrofonabstandes ∆ r z. B. für das Schallintensitäts-Messsystem Typ 3360 der Fa. Brüel & Kjaer die in Tabelle 2–6 angegebenen Messbereiche [49]. Aus Tabelle 2–6 ist zu ersehen, dass sich mit Vergrößerung des Mikrofonabstandes sowohl die untere als auch die obere Frequenzgrenze gleichermaßen nach niedrigeren Frequenzen hin verschiebt. Die Betrachtung der weiteren, vom Messgerätesystem unabhängigen Fehler, die bei der Bestimmung der Schallleistung mit dem Intensitätsmessverfahren auftreten, kann wie beim Freifeldverfahren (s. Abschn. 2.7.2) vorgenommen werden, da hier im wesentlichen die gleichen Teilfehler (Nahfeld-, Abtast-, Umgebungseinflussfehler) auftreten. Nahfeldfehler Aufgrund der Intensitätsmessung verschwindet der Nahfeldfehler, d. h., der sonst übliche Messabstand von 1,00 m kann ohne Einbuße an Genauigkeit wesentlich vermindert werden. Dies bringt auch Vorteile wegen der damit verbundenen Vergrößerung der Nutz-Störschalldruckpegeldifferenz.
Bild 2–13. Durch Mikrofonabstand bedingter Messfehler ∆L ∆ r . ∆r Mikrofonabstand, k = 2 π /λ (λ Luftschallwellenlänge bei der Frequenz f )
Bild 2–14. Durch Phasenfehler bedingter Messfehler ∆ L ϕ . ∆r Mikrofonabstand, k = 2 π /λ (λ Luftschallwellenlänge bei der Frequenz f ), ϕ Phasenverschiebung zwischen den beiden Übertragungskanälen
2. Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung von Geräuschen und Geräuschquellen
51
Tabelle 2–6. Nutzbare Frequenzbereiche in Abhängigkeit vom Mikrofonabstand (Gerätesystem Typ 3360, Brüel & Kjaer) für einen Gesamtfehler von 1 dB. Mikrofonabstand ∆r mm
untere Frequenzgrenze Hz
obere Frequenzgrenze kHz
6 12 50
400 175 45
10 5 1,25
Abtastfehler Bezüglich des Abtastfehlers besteht kein prinzipieller Unterschied zwischen Freifeldund Intensitätsmessverfahren. Zur Minimierung der Abtastfehler bei kontinuierlicher Abtastung (scanning) werden in DIN EN ISO 9614-2/3 [34, 35] Hinweise gegeben. Umgebungseinflussfehler Der Einfluss von Störschallquellen und von Raumrückwirkungen wird beim Intensitätsmessverfahren stark unterdrückt, so dass die Schallleistung noch unter Umgebungseinflüssen mit hinreichender Genauigkeit bestimmt werden kann, bei denen mit anderen Messverfahren (Freifeldverfahren) die Schallleistung nur noch unter Berücksichtigung der Raumkorrektur und /oder der Störpegelkorrektur ermittelt oder – falls eine Korrektur nicht mehr zulässig ist – überhaupt nicht mehr ermittelt werden kann. Die Eliminierung der von Störschallquellen und Raumrückwirkungen verursachten Geräuschanteile (parasitäre Geräuschanteile) erfolgt im Prinzip durch zwei Effekte; den integralen und den lokalen Effekt. Der integrale Effekt beruht auf der Messung der Schallintensität über die gesamte Messfläche. Hierbei werden infolge der vorzeichenrichtigen Intensitätsermittlung alle die parasitären Geräuschanteile eliminiert, die von außen in die Hüllfläche eintreten und ohne Energieverlust wieder austreten. Dieser Effekt wird gestört, wenn die von außen in die Messfläche eindringende Fremdintensität zeitlich schwankt oder von schallabsorbierenden Flächen am Messobjekt absorbiert wird, so dass sie nicht wieder durch die Messfläche austreten kann. Der lokale Effekt beruht auf dem Verschwinden des zeitlichen Mittels der momentanen Schallintensität eines parasitären Geräusches an jedem Messort. Er wird bei der Messung im idealen diffusen Schallfeld oder bei der Messung in unmittelbarer Nähe der schallharten Oberfläche einer Geräuschquelle wirksam [50, 51]. Die Nutzung des Reflexionseffektes wird durch Fehler begrenzt, die bei der Anwendung von Messabständen auftreten, die in die Größenordnung des gegenseitigen Mikrofonabstandes kommen. Die praktische Anwendung des Schallintensitätsmessverfahrens zur Schallleistungsmessung wird in DIN EN ISO 9614 Teil 1 – 3 [33 – 35] beschrieben. Diese Messnormen enthalten Festlegungen für die Messdurchführung und Anforderungen an die Messtechnik, um das Messergebnis in einer der 3 Genauigkeitsklassen (s. Abschn. 2.7.1) abzusichern. Durch Vormessungen werden Feldindikatoren ermittelt, die in bestimmte Kriterien einzusetzen sind. Daraus kann entweder eine Aussage zu der zu erwartenden Messgenauigkeit der ermittelten Schallleistung abgeleitet werden (Genauigkeitsklasse, s. Abschn. 2.7.1) oder man erhält Hinweise, welche Parameter zu ändern sind, um die Messgenauigkeit zu erhöhen.
52
K. Biehn, überarbeitet von U. Trautmann
2.8 Verfahren zur Nachprüfung angegebener Geräuschemissionswerte Die Normung von Verfahren zur Nachprüfung von Geräuschemissionswerten (s. Abschn. 2.4.7) von Maschinen ermöglicht dem Anwender eine statistisch abgesicherte Überprüfung des vom Hersteller angegebenen Kennzeichnungswertes (Schallleistungspegel, Emissions-Schalldruckpegel). Der Hersteller muss bei der Festlegung des Geräuschemissionswertes für seine Maschine sowohl die Unsicherheiten der eigenen Messungen, als auch die, die bei der Nachprüfung durch den Anwender auftreten können, berücksichtigen. Wenn er beide Messunsicherheiten kennt, kann er sein Risiko bei der Angabe des Geräuschemissionswertes einschätzen (vgl. Abschn. 2.4.7). Sowohl der Maschinenhersteller als auch der Käufer/Anwender stützen sich auf die gleichen Nachprüfverfahen [24, 52–55]. Bei den Nachprüfverfahren wird zwischen der Nachprüfung des Geräuschemissionswertes für eine Einzelmaschine und für Maschinenlose unterschieden. Ein Maschinenlos ist eine Gruppe von Maschinen derselben Maschinenart aus einer Fertigung in großen Stückzahlen, die nach den gleichen technischen Unterlagen gefertigt und durch denselben Geräuschemissionswert L d gekennzeichnet sind. 2.8.1 Nachprüfverfahren für Einzelmaschinen Das Nachprüfverfahren für eine Einzelmaschine verlangt, dass der Anwender den nach einem maschinenspezifischen Standard (falls vorhanden, ansonsten nach einem Rahmenverfahren) ermittelten Schallleistungspegel L WA der Maschine und den Emissions-Schalldruckpegel L pA mit den vom Hersteller für diese Maschine angegebenen Werten L d vergleicht. Die angegebenen Geräuschemissionswerte L d gelten nach dieser Vorschrift als eingehalten, wenn der Käufer bei Anwendung eines in der maschinenspezifischen Sicherheitsnorm für die betreffende Maschine vorgeschriebenen Messverfahrens einen Wert ermittelt, der kleiner oder gleich dem angegebenen Geräuschemissionswert ist. 2.8.2 Nachprüfverfahren für Maschinenlose Es ist oft nicht möglich und auch nicht notwendig, eine 100%ige Kontrolle aller Maschinen einer Fertigung (Lieferposten) durchzuführen. Aufgrund subjektiver Mängel (z. B. fehlerhafte Messung) schließt auch eine 100%ige Prüfung nicht aus, dass fehlerhafte Erzeugnisse in einem Lieferposten enthalten sind. Dagegen schafft ein gutes Stichprobenverfahren, bei dem nur wenige Erzeugnisse gründlich überprüft werden, oft einen besseren Einblick in die Qualität des Lieferpostens. Im Folgenden wird das Prinzip des Festlegungs- und Nachprüfverfahrens für Maschinenlose erläutert. Ausführlichere Darstellung findet man in [54, 55]. Festlegungsverfahren Bild 2–15 zeigt die angenommene Normalverteilung der Geräuschemissionswerte – aller Maschinen eines großen Maschinenloses. Sie ist durch den Mittelwert L = µ und die Produktionsstandardabweichung σ P festgelegt. Nimmt man an, dass die gleichen Maschinen von vielen verschiedenen Labors jeweils nach der gleichen Messnorm geprüft werden, ergäben diese (Nach-)Messungen aller Maschinen eine
2. Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung von Geräuschen und Geräuschquellen
53
Bild 2–15. Verteilung der Geräuschemissionswerte aller Exemplare eines Maschinenloses. Messung beim Hersteller unter Wiederholbedingungen, Wiederholstandardabweichung σ r | σ P
– Verteilung nach Bild 2–16, die durch einen Mittelwert L und durch die Gesamtstandardabweichung σ t σt =
04
√σ R2 + σ P2
gekennzeichnet ist. Die für das Messverfahren typische Vergleichsstandardabweichung σ R (s. Abschn. 2.7.1) führt zu einer größeren Streuung der Messwerte. Bei genügend großer Anzahl von Labors und Maschinen geht σ t in die Bezugsstandardabweichung σ M über. Nach [55] ist der angegebene Geräuschemissionswert L d so zu wählen, dass er von einem großen, zahlenmäßig festgelegten Anteil p aller Maschinen des Loses unterschritten wird, s. Bild 2–16. Der in [55] gegebene Vorzugswert von p = 93,5 % sichert, dass bei einem Stichproben-Nachprüfungsverfahren die Annahmewahrscheinlichkeit 95 % beträgt bzw. die Wahrscheinlichkeit der Zurückweisung des Loses nur 5 % ist. Voraussetzung ist, dass die Stichproben-Nachprüfung mit einem Geräuschmessverfahren der gleichen Bezugsstandardabweichung σ R wie bei der Festlegung erfolgt. Die zu einem Prozentsatz p gehörende Variable u der standardisierten Normalverteilung kann Tabellen (z. B. in [55]) entnommen werden. Sie beträgt im vorliegenden Fall u 93,5 = 1,51. Für ein dem Bild 2–16 zugrundeliegendes großes Maschinenlos mit bekannter Bezugsstandardabweichung σ M kann der anzugebende Geräuschemissionswert L d aus der Beziehung
Bild 2–16. Verteilung der Geräuschemissionswerte aller Exemplare des gleichen Maschinenloses bei der Messung durch verschiedene Labors (Vergleichsbedingungen). – L d = L + u93,5 σ M .
54
K. Biehn, überarbeitet von U. Trautmann
Bild 2–17. Verteilung der bei der Messung an Stichproben von jeweils n Maschinen des gleichen Loses von verschiedenen Labors festgestellten Mittelwerte L S . – σ S = σ M / √2n, A = L + u95 σ S .
L d = µ + u 93,5 σ M berechnet werden: – L d = L + 1,51 σ M .
(35)
Für reale Losgrößen und σ t ≠ σ M werden in [24, 55] Berechnungsverfahren angegeben. Nachprüfungsverfahren Für Stichproben-Nachprüfverfahren wird in maschinenspezifischen Messstandards neben der Bezugsstandardabweichung σ M eine Stichprobenanzahl n angegeben. Gibt es keine Festlegung von n, dann wird ein Stichprobenumfang von n = 3 vorausgesetzt. Zur weiteren Erläuterung des Verfahrens sei nochmals Bild 2–16 betrachtet, das die Streuung der Geräuschemissionswerte aller Exemplare des Maschinenloses bei einer Nachmessung der Maschinen durch verschiedene Labors zeigt. Wenn dagegen von einer großen Anzahl von Prüflabors jeweils an einer Stichprobe von n (z. B. n = 3) Maschinen die Geräuschemissionswerte ermittelt und die Mittelwerte L S aus diesen n Einzelwerten gebildet werden, streuen diese Mittelwerte L S um – – den gemeinsamen Mittelwert L S = L deutlich weniger, s. Bild 2–17. Diese Verteilung hat die geringere Standardabweichung: σS =
σM
√3 n
.
Auch der Mittelwert L S bei der Nachprüfung anhand einer Stichprobe des Umfanges n durch das Prüflabor eines einzelnen Maschinenabnehmers liegt in der Verteilung Bild 2–17. Für die Nachprüfung wird in dieser Verteilung eine obere zulässige Grenze A für den Stichprobenmittelwert L S festgelegt. Die Fläche links von A hat einen Anteil von 95 % der Gesamtfläche unter der Verteilungsfunktion, d. h., es besteht 95 % Annahmewahrscheinlichkeit für das Los bei Ermittlung von L d nach Gl. (35) bzw. [24, 55]. Das Maschinenlos wird als „gut“ angenommen, wenn der vom Abnehmer festgestellte Mittelwert der Stichprobe L S (n = 3) LS ≤ A ist und wird zurückgewiesen, wenn LS > A ermittelt wird.
2. Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung von Geräuschen und Geräuschquellen
55
Es gilt im Bild 2–17 A = µ + u 95
σM
√3 n
, mit u 95 = 1,65,
und mit Gl. (35)
(
A = L d – σ M 1,51 –
)
1,65 . √3 n
Mit σ M = 2 dB folgen daraus die in [24] für die Stichprobenprüfung angegebenen Kriterien A = L d – 0,7 dB für n = 2 bzw. A = L d – 1,1 dB für n = 3.
2.9 Verfahren zur Schallquellenanalyse 2.9.1 Überblick Eine erfolgreiche Geräuschminderung an Maschinen setzt die Kenntnis dominierender Geräuschquellen, Schallübertragungswege und schallabstrahlender Bauteile voraus. In DIN EN ISO 11688-2 [60] werden die Verfahren zur Analyse der Geräuschentstehung angegeben (Tabellen 2–7 bis 2–9). Von den zahlreichen möglichen Verfahren [1, 56, 60] werden folgende häufig benutzte Verfahren erläutert: – Verfahren ohne Änderungen an der Maschine 앫 Schalldruckpegelmessung auf einer Messfläche, 앫 Nahfeldmessung, 앫 Körperschallmessung, 앫 Intensitätsmessung, 앫 Frequenzanalyse; – Verfahren mit Änderungen an der Maschine 앫 Variation der Betriebsparameter, 앫 Zu- und Abschalten von Teilschallquellen, 앫 Bauliche Veränderungen. 2.9.2 Voruntersuchung Die Auswahl der für einen speziellen Fall geeigneten Verfahren erfolgt zweckmäßigerweise auf der Grundlage von Voruntersuchungen unter Berücksichtigung der Konstruktionseigenheiten, der Betriebs- und Aufstellbedingungen der Maschine sowie der Prüfumgebung. Die zur Anwendung kommenden Messverfahren werden durch unmittelbar an der Maschine durchzuführende Maßnahmen, wie Änderung der Betriebsparameter, Abschalten von Baugruppen und bauliche Veränderungen an der Maschine ergänzt. Im Rahmen der Voruntersuchung sollte die Fähigkeit des Gehörs, sowohl die Schalleinfallsrichtung als auch charakteristische Geräusche zu erkennen, genutzt werden, um mit geringem Aufwand Geräuschquellen aufzuspüren.
56
K. Biehn, überarbeitet von U. Trautmann
Tabelle 2–7. Vorgehensweise zur Untersuchung der maschineneigenen Quellen [60] Nr.
Bezeichnung
Beschreibung
Bemerkungen
1
Spektralanalyse
Ermittlung des Schallspektrums an einem beliebigen Punkt im Fernfeld der Maschine. Die Messumgebung ist beliebig,
Ist die mechanische Struktur der Maschine bekannt, kann die Spektralanalyse Hinweise liefern, welche maschineneigenen Quellen wesentlich sind.
2
Zeitverlauf des abgestrahlten Schalldrucks
Messung des Zeitverlaufs des Schalldrucks an einem beliebigen Punkt im Fernfeld der Maschine. Beliebige Messumgebungen sind zulässig.
Ergänzend zur Frequenzanalyse kann die Analyse des Zeitverlaufes weitere Erkenntnisse über den Anregungsmechanismus vermitteln.
3
Abschaltung von Teilschallquellen
4
Sukzessive Abschirmung oder Isolation maschineneigener Teilschallquellen
5
Variation der Betriebsparameter
6
Analyse der Signatur
7
Direktes Substitutionsverfahren
Es ist mitunter möglich, eine Maschine zu betreiben, wenn bestimmte Schallquellen abgeschaltet sind. Der Beitrag einer Teilschallquelle kann bestimmt werden, wenn ein Schalldruckspektrum im Fernfeld gemessen wurde. Es ist oft möglich, die Ubertragung des Schalls von einer bestimmten maschineneigenen Schallquelle hin zu den Begrenzungsflächen auf einem bestimmten Übertragungsweg zu vermindern. Zu messen ist dann die Auswirkung auf den abgestrahlten Schalldruck (als Funktion der Zeit und/oder Frequenz) in einer beliebigen Messumgebung. Variation der Drehzahl oder Last. Zu messen ist dann der abgestrahlte Schalldruck (als Funktion der Zeit und/oder Frequenz) in einer beliebigen Messumgebung. Zu messen ist die Beschleunigung an einem Punkt auf einer Begrenzungsfläche der Maschine. Diese wird mit dem Signal der umlaufenden Welle oder Achse synchronisiert. Für die Auswertung ist spezielle Software zu verwenden. Ersatz der Teilschallquelle durch eine Ersatzschallquelle mit bekannten Eigenschaften. Zu messen ist der abgestrahlte Schalldruck.
Eine Teilschallquelle für Luftschall kann in eine improvisierte Kapsel eingeschlossen werden. Eine Teilschallquelle für Körperschall kann auf improvisierten elastischen Elementen gelagert werden.
Bei umlaufenden Maschinen ist dies ein sehr nützliches Verfahren zur Unterscheidung maschineneigener Quellen von den Struktureigenschaften der Maschine. Verfahren zur Messung der (äquivalenten) Quellstärke einer maschineneigenen Luft- oder Körperschallquelle.
2. Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung von Geräuschen und Geräuschquellen
57
Tabelle 2–7 (Fortsetzung) Nr.
Bezeichnung
Beschreibung
Bemerkungen
8
Umgekehrtes Substitutionsverfahren
Umkehrung von Verfahren 7, d. h. Anbringung eines Lautsprechers am Empfangsort und eines Mikrofons oder Beschleunigungsaufnehmers am Ort der maschineneigenen Schallquelle.
Eine günstige Alternative, wenn die maschineneigene Quelle nicht durch eine Ersatzschallquelle ersetzt werden kann. Setzt Linearität voraus.
9
Korrelations-/Kohärenzverfahren
Bestimmung der Korrelation zwischen dem abgestrahlten Schallund einem Bezugssignal von der der maschineneigenen Schallquelle.
10
Schallintensitätsmessungen
Bestimmung von Teilschallleistungen von möglichen maschineneigenen Schallquellen.
Der Nutzen dieses Verfahrens kann eingeschränkt sein, da es in der Praxis schwierig sein kann, ein geeignetes Bezugssignal zu erzeugen. Geeignet zur Bestimmung der direkten Beiträge verschiedener Komponenten zum Luftschall.
Tabelle 2–8. Vorgehensweise zur Untersuchung der Schallübertagung innerhalb der Maschine [60] Nr.
Bezeichnung
Beschreibung
1
Direkte Messung der Übertragungsfunktionen
2
Umgekehrte Messung der Übertragungsfunktionen
3
Sukzessives Blockieren von Übertragungswegen in der Maschine Messung des Leistungsflusses
Anbringung einer Ersatzschallquelle am Ort der maschineneigenen Schallquelle und Messung der Beschleunigungen an den Maschinenbegrenzungsflächen oder der Schalldrücke im Fernfeld. Umkehrung von Verfahren 1. Die Anbringungsorte von Quelle und Empfänger werden vertauscht. nicht möglich ist. Anwendung von Isolierung oder Dämmung im Verlauf der verschiedenen Übertragungswege.
4
5
Modalanalyse (experimentell)
Anwendung von speziellen Techniken zur Bestimmung des Flusses von Luft-, Flüssigkeits- oder Körperschallleistungen entlang bestimmter Pfade. Messung des deterministischen Schwingungsverhaltens der Struktur.
Bemerkungen
Nützlich wenn die Anbringung einer Ersatzschallquelle in der Maschine Dieses Verfahren eignet sich zur Erkennung wichtiger Übertragungswege.
Kompliziertes Verfahren, erfordert besonderes Fachwissen.
Nicht geeignet für Frequenzbereiche mit dicht liegenden Eigenfrequenzen.
58
K. Biehn, überarbeitet von U. Trautmann
Tabelle 2-9. Vorgehensweise zur Untersuchung der Luftschallabstrahlung [60] Nr
Bezeichnung
Beschreibung
Bemerkungen
1
Selektive Abschirmung von Luftschall abstrahlenden Teilen.
Sukzessive Abschirmung von Maschinenteilen und Messung des abgestrahlten Schalldrucks.
2
Schallintensitätsmessungen
3
Nahfeldmessung
Abtastung der Maschinenoberfläche mit einer lntensitätsmesssonde. Messung des Schalldrucks nahe an der schallabstrahlenden Fläche.
Geeignet zur Ermittlung direkter Beiträge verschiedener Maschinenkomponenten zum Luftschall, der von der Maschine abgestrahlt wird. (siehe oben, Nr. 1)
4
Messung der Richtcharakteristik
5
Schwingungsmessungen an Luftschall abstrahlenden Maschinenteilen
6
Modalanalyse
Messung des Schalldrucks im Freifeld mit einem Mikrofon mit stark richtungsabhängiger Empfindlichkeit. Messung der Schwingungen auf der schwingenden Fläche. 4 4 W = ρcSv~2σ Dabei ist: ρc die Kennimpedanz für Luftschall s der Flächeninhalt der schallabstrahlenden Fläche; 4 v~2 der räumlich gemittelte Effektivwert der Schnelle; σ der Abstrahlgrad Untersuchung des deterministischen Verhaltens der Aussenflächen.
Einfacher durchführbar; jedoch auch ungenauer als Verfahren 2. Naheliegendes Verfahren, wird jedoch selten angewendet. Geeignet, sofern eine gute Abschätzung des Abstrahlgrades σ möglich ist.
Eignet sich für tiefe Frequenzen, wenn der Abstrahlgrad σ bekannt ist.
2.9.3 Verfahren ohne Änderungen an der Maschine 2.9.3.1 Schalldruckpegelmessung auf der Messfläche Bei Aufstellung der Maschine unter Freifeldverhältnissen entsprechend dem Hüllflächenverfahren [29, 30, 31] kann aus der Verteilung der auf der Messfläche (Abstand der Messfläche von der Maschinenoberfläche vorzugsweise 1,00 m) gemessenen Schalldruckpegel auf dominierende Schallquellen der untersuchten Maschine geschlossen werden. 2.9.3.2 Nahfeldmessung Aus dem Schalldruckpegel in sehr geringem Abstand von der Maschinenoberfläche (2 bis 10 cm je nach Größe des Messobjektes) kann man Hinweise über die Beiträge einzelner Flächen auch bei geringer Richtwirkung (kleine Flächen) erhalten.
2. Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung von Geräuschen und Geräuschquellen
59
Zu beachten ist, dass auch bei Berücksichtigung der Größe der Teilflächen aus dem Schalldruckpegel im Nahfeld nur eine grobe Abschätzung der ins Fernfeld abgestrahlten Schallleistung möglich ist. Zur Abschirmung von Störschall benachbarter Geräuschquellen können sowohl handgeführte Schallschirme als auch spezielle Messköpfe [57] verwendet werden. 2.9.3.3 Körperschallmessung Bei hohem Störpegel oder wenn einzelne Teilschallquellen eng benachbart sind, kann als Ergänzung oder Ersatz der Nahfeldmessung die Schwingbeschleunigung auf der Maschinenoberfläche gemessen und aus Schwinggeschwindigkeit und Abstrahlgrad (s. Abschn. 4) die Schallabstrahlung bestimmter Maschinenstrukturen abgeschätzt werden. 2.9.3.4 Intensitätsmessung Das Intensitätsmessverfahren (s. Abschn. 2.7.6) kann sowohl zur Ermittlung der Schallleistung von Einzelmaschinen eines Aggregates (z. B. Motor-GetriebePumpe) als auch zur Lokalisation von Teilschallquellen angewandt werden. Im ersteren Fall wird um jede Teilschallquelle eine geschlossene Hüllfläche gelegt, auf der die Schallintensität gemessen wird. Die Schallleistung ergibt sich dann aus der über die Messfläche gemittelten Schallintensität und der Messfläche nach Gl. (34). Zur Lokalisation von Teilschallquellen wird in einem konstanten Abstand zur Maschinenoberfläche (0,05 bis 1,00 m) auf einem vorgegebenen Linien- oder Flächenraster, je nach gewünschter Ergebnisform, der Schallintensitätspegel in einer oder in mehreren Koordinatenrichtungen ermittelt und anschließend graphisch einoder mehrdimensional dargestellt. Zur Messung können vorteilhaft rechnergesteuerte Messplätze, einschließlich Messroboter genutzt werden. Der zu wählende Rasterabstand ist vom Abstand zur Maschinenkontur und von der Streuung der Schallintensitätspegel abhängig. Im Allgemeinen muss mit abnehmendem Abstand der Messorte zur Maschinenoberfläche auch der Abstand zwischen benachbarten Messorten verkleinert werden. Häufig wird der Abstand so festgelegt, dass die Differenz zwischen den Schallintensitätspegeln benachbarter Messorte 2 dB nicht überschreitet. Bei der Messung z. B. längs einer Linie kann zusätzlich durch eine entsprechende Sondenorientierung die ausgeprägte Richtwirkung der Messsonde hinsichtlich des Umschlagpunktes zwischen positiver und negativer Schallintensität genutzt werden (Bild 2–18). Beispiele für mehrdimensionale Darstellungen zeigen die Bilder 2–19 und 2–20.
Bild 2–18. Ermittlung der Lage einer Teilschallquelle durch Bestimmung des Umschlagpunktes * des Vorzeichens der Schallintensität [56]
60
K. Biehn, überarbeitet von U. Trautmann
Bild 2–19. Kurven gleicher Schallintensitätspegel, berechnet aus Messwerten an 24 Messorten vor einer Maschinenoberfläche [58].
Bild 2–20. Verteilung des Schallintensitätspegels im Terzband 315 Hz im Nahfeld einer Motorabdeckung [59]. a) positiver Schallintensitätspegel; b) negativer Schallintensitätspegel
2.9.3.5 Frequenzanalyse Die Zerlegung des Gesamtgeräusches mittels Frequenzanalyse in Frequenzbänder (s. Abschn. 2.2.3) wird vornehmlich bei zeitlich konstanten Geräuschen vorgenommen. Ist das Geräusch zeitlich veränderlich, dann wird entweder die Frequenzanalyse auf Zeiten beschränkt, in denen das Geräusch annähernd zeitlich konstant ist, oder das zu analysierende Geräusch wird gespeichert (z. B. DAT, Schallanalysator, Rechner) und anschließend abschnittsweise analysiert. Der Vergleich messtechnisch ermittelter tonaler Frequenzkomponenten mit vorausberechneten funktionsbedingten Erregerfrequenzen und ihrer Harmonischen (Zahneingriffsfrequenzen, Drehfrequenzen, Zündfrequenzen usw.) erlaubt Rückschlüsse auf dominierende Schallquellen. 2.9.4 Verfahren mit Änderungen an der Maschine Durch Änderungen an der Maschine, z.B. Änderung der Betriebsparameter, Zu- und Abschalten von Baugruppen, getrennter Betrieb einzelner Baugruppen, Abdeckung einzelner schallabstrahlender Teile, Fremdanregung der Maschine oder der Maschinenteile, lassen sich Rückschlüsse auf wesentliche Teilschallquellen einer Maschine ziehen. So ergeben sich in Abhängigkeit vom jeweils dominierenden Geräuschentstehungsmechanismus bei Drehzahlverdopplungen unterschiedliche Schalldruckpegelerhöhungen. Diese betragen beispielsweise bei Vorliegen einer Unwucht 12 dB, bei Lüftergeräuschen 13 bis 18 dB, bei Massekräften 15 bis 27 dB. Durch Ermittlung der Drehzahlabhängigkeit des abgestrahlten Schalles sind folglich Rückschlüsse auf dominierende Geräuschquellen möglich. Des Weiteren kann z. B. bei Be- oder Verarbeitungsmaschinen aus dem Vergleich der Schallemission bei
2. Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung von Geräuschen und Geräuschquellen
61
Leerlauf und unter Last auf den Einfluss des Be- oder Verarbeitungsgutes auf wesentliche Schallquellen geschlossen werden. Weiterhin gelingt es mitunter, durch schrittweises Abschalten (Demontieren) einzelner Baugruppen einer Maschine Hauptlärmquellen zu identifizieren. Hierbei ist zu beachten, dass infolge der Belastungsänderung z. B. des Antriebsaggregates die Schallemission der Maschine Änderungen unterliegen kann. Weitere Möglichkeiten zur Analyse von Geräuschquellen sind im Austausch einzelner Baugruppen durch nachweislich geräuschärmere, in der teilweisen Abdeckung oder Kapselung einzelner Teilschallquellen, in der Trennung von Körperschallbrücken und damit der Trennung des Körperschalls vom Luftschallanteil u. a. [56] zu sehen.
2.10 Schrifttum [1] Taschenbuch Akustik. Hersg. Fasold, W., Kraak, W., Schirmer, W. Berlin: Verlag Technik, 1984. [2] Taschenbuch der Technischen Akustik. Hersg. Heckl, M., Müller, H.A. Springer-Verlag, 1995. [3] Taschenbuch der Technischen Akustik. Hersg. Müller, G., Möser, M. Springer Verlag, 2004. [4] DIN EN 60651 1994-05-00 Schallpegelmesser [5] Reichardt, W.: Zur Trägheit der Lautstärkebildung. Acust. Beih. z. Acustica (1965), S. 345. [6] DIN 45641 1990-06-00 Mittelung von Schallpegeln [7] DIN 45645 Teil 1 1996-07-00 Ermittlung von Beurteilungspegeln aus Messungen; Teil 1: Geräuschimmissionen in der Nachbarschaft. [8] DIN 45645 Teil 2 1997-07-00 Ermittlung von Beurteilungspegeln aus Messungen; Teil 2: Geräuschimmissionen am Arbeitsplatz. [9] TA Lärm Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundesimmissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm, TA Lärm) vom 01. November 1998. [10] DIN 45681 2002-11-00 Akustik; Bestimmung der Tonhaltigkeit von Geräuschen und Ermittlung eines Tonzuschlages für die Beurteilung von Geräuschimmissionen. [11] BGV B3BG Vorschrift B3 (UVV) Lärm vom 01. Januar 1990, in der Fassung vom 01. Januar 1997. [12] 2003/10/EG Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 06. Februar 2003 über Mindestvorschriften zum Schutz von Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer vor der Gefährdung durch physikalische Einwirkungen (Lärm). [13] Kraak, W., Kracht, L., Fuder, B.: Die Ausbildung von Gehörschäden als Folge der Akkumulation von Lärmwirkungen. Acustica 38 (1977), Nr. 2, S. 102 – 117. [14] Weißing, H., Jelinek, E.: Das Dresdner Gehörschadensmodell und seine Umsetzung in einem Lärmdosimeter. Z. ges. Hyg. 30 (1984), Nr. 6, S. 349 – 353. [15] 2000/14/EG Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 08. Mai 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über umweltbelastende Geräuschemissionen von zur Verwendung im Freien vorgesehenen Geräten und Maschinen. [16] Trautmann, U.: GE-DAT 2005, Geräuschemissionsdaten für Baugeräte (Datenbank). Wirtschaftsverlag NW, Bremerhaven 2005. [17] DIN EN ISO 11200 1996-07-00 Akustik – Geräuschabstrahlung von Maschinen und Geräten – Leitlinien zur Anwendung der Grundnormen zur Bestimmung von EmissionsSchalldruckpegeln am Arbeitsplatz und an anderen festgelegten Orten (ISO 11200:1995). [18] DIN EN ISO 11201 1996-07-00 Akustik – Geräuschabstrahlung von Maschinen und Geräten – Messung von Emissions-Schalldruckpegeln am Arbeitsplatz und an anderen festgelegten Orten; Verfahren der Genauigkeitsklasse 2 für ein im Wesentlichen freies Schallfeld über einer reflektierenden Ebene (ISO 11201: 1995).
62
K. Biehn, überarbeitet von U. Trautmann
[19] DIN EN ISO 11202 1996-07-00 Akustik – Geräuschabstrahlung von Maschinen und Geräten – Messung von Emissions-Schalldruckpegeln am Arbeitsplatz und an anderen festgelegten Orten; Verfahren der Genauigkeitsklasse 3 für Messungen unter Einsatzbedingungen (ISO 11202: 1995). [20] DIN EN ISO 11203 1996-07-00 Geräuschabstrahlung von Maschinen und Geräten – Bestimmung von Emissions-Schalldruckpegeln am Arbeitsplatz und an anderen festgelegten Orten aus dem Schallleistungspegel (ISO 11203: 1995). [21] DIN EN ISO 11204 1996-07-00 Akustik – Geräuschabstrahlung von Maschinen und Geräten – Messung von Emissions-Schalldruckpegeln am Arbeitsplatz und an anderen festgelegten Orten; Verfahren mit Umgebungskorrekturen (ISO 11204: 1995). [22] DIN EN ISO 11205 2004-05-00 Akustik – Geräuschabstrahlung von Maschinen und Geräten – Verfahren der Genauigkeitsklasse 2 zur Bestimmung von Emissions-Schalldruckpegeln am Arbeitsplatz und an anderen festgelegten Orten unter Einsatzbedingungen aus Schallintensitätsmessungen (ISO 11205: 2003). [23] 3. GPSGV Dritte Verordnung zum Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (Maschinenlärminformations-Verordnung) vom 18. Januar 1991, in der Fassung vom 06. Januar 2004. [24] DIN EN ISO 4871 1997-03-00 Akustik – Angabe und Nachprüfung von Geräuschemissionswerten von Maschinen und Geräten (ISO 4871: 1996). [25] DIN EN ISO 3740 2001-03-00 Akustik – Bestimmung des Schallleistungspegels von Geräuschquellen – Leitlinien zur Anwendung der Grundnormen. [26] DIN EN ISO 3741 2001-01-00 Akustik – Bestimmung der Schallleistungspegel von Geräuschquellen aus Schalldruckmessungen – Hallraumverfahren der Genauigkeitsklasse 1 (ISO 3741: 1999). [27] DIN EN ISO 3743-1 1995-09-00 Akustik – Bestimmung der Schallleistungspegel von Geräuschquellen; Verfahren der Genauigkeitsklasse 2 für kleine, transportable Quellen in Hallfeldern - Teil 1: Vergleichsverfahren in Prüfräumen mit schallharten Wänden (ISO 3743-1: 1994). [28] DIN EN ISO 3743-2 1996-12-00 Akustik – Bestimmung der Schallleistungspegel von Geräuschquellen aus Schalldruckmessungen – Verfahren der Genauigkeitsklasse 2 für kleine, transportable Quellen in Hallfeldern – Teil 2: Verfahren für Sonder-Hallräume (ISO 3743-2: 1994). [29] DIN EN ISO 3744 1995-11-00 Akustik – Bestimmung der Schallleistungspegel von Geräuschquellen aus Schalldruckmessungen – Hüllflächenverfahren der Genauigkeitsklasse 2 für ein im wesentlichen freies Schallfeld über einer reflektierenden Ebene (ISO 3744: 1994). [30] DIN EN ISO 3745 2004-05-00 Akustik – Bestimmung der Schallleistungspegel von Geräuschquellen aus Schalldruckmessungen – Verfahren der Genauigkeitsklasse 1 für reflexionsarme Räume und Halbräume (ISO 3745: 2003). [31] DIN EN ISO 3746 1995-12-00 Akustik – Bestimmung der Schallleistungspegel von Geräuschquellen aus Schalldruckmessungen – Hüllflächenverfahren der Genauigkeitsklasse 3 über einer reflektierenden Ebene (ISO 3746: 1995). [32] DIN EN ISO 3747 2001-02-00 Akustik – Bestimmung der Schallleistungspegel von Geräuschquellen aus Schalldruckmessungen – Vergleichsverfahren zur Verwendung unter Einsatzbedingungen (ISO 3747: 2000). [33] DIN EN ISO 9614-1 1995-06-00 Akustik – Bestimmung der Schallleistungspegel von Geräuschquellen aus Schallintensitätsmessungen - Teil 1: Messungen an diskreten Punkten (ISO 9614-1: 1993). [34] DIN EN ISO 9614-2 1996-12-00 Akustik – Bestimmung der Schallleistungspegel von Geräuschquellen aus Schallintensitätsmessungen – Teil 2: Messung mit kontinuierlicher Abtastung (ISO 9614-2: 1996). [35] DIN EN ISO 9614-3 2003-04-00 Akustik – Bestimmung der Schallleistungspegel von Geräuschquellen aus Schallintensitätsmessungen – Teil 3: Scanning-Verfahren der Genauigkeitsklasse 1 (ISO 9614-3: 2002). [36] VDI 2058 Blatt 2 1988-06-00 Beurteilung von Lärm hinsichtlich Gehörgefährdung.
2. Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung von Geräuschen und Geräuschquellen
63
[37] VDI 2058 Blatt 3 1999-02-00 Beurteilung von Lärm am Arbeitsplatz unter Berücksichtigung unterschiedlicher Tätigkeiten. [38] DIN 1319-1 1995-01-00 Grundlagen der Messtechnik, Teil 1: Grundbegriffe. [39] DIN 45672-2 1995-07-00 Schwingungsmessungen in der Umgebung von Schienenverkehrswegen, Teil 2: Auswerteverfahren. [40] DIN 13320 1979-06-00 Akustik, Spektren und Übertragungskurven, Begriffe, Darstellung. [41] Hübner, G.: Analysis of errors in the measurement of machine noise. J. Acoust. Soc. Amer. 54 (1973), Nr. 4, S. 967 – 977. [42] Tichy, J.: Sound power measurements in reverberation chambers. J. Acoust. Soc. Amer. 61 (1977), Nr. 6, S. 1652/1653. [43] Cremer,L.: The sound annual fairey lecture: the treatment of fans as black boxes. J. Sound a. Vibrat. 16 (1971), Nr. 1, S. 1 – 15. [44] Bolleter, U., Cohen, R.: Wang, J.: Design considerations for an in-duct sound power measuring system. J. Sound a. Vibrat. 28 (1973), Nr. 4, S. 669 – 685. [45] Dyer, I.: Measurement of noise sources in ducts. J. Acoust. Soc. Amer. 30 (1958), Nr. 9, S. 833 – 841. [46] Kerka, W.: Evaluation of our methods for determining sound-power output of a fan. Heating. Piping & Air Conditioning 19 (1957) April, S. 139 – 146. [47] Neise, W.: Theoretical and experimental investigations of microphone probes for sound measurement in turbulent flow. J. Sound a. Vibrat. 39 (1975), Nr. 3, S. 371 – 400. [48] DIN EN ISO 5136 2003-10-00 Akustik, Bestimmung der von Ventilatoren und anderen Strömungsmaschinen in Kanäle abgestrahlten Schallleistung; Kanalverfahren (ISO 5136: 2003). [49] Gade, S.: Sound intensity (Part 1: Theory, Part II: Instrumentation and applications). Brüel & Kjaer Tech. Rev. (1982), Nr. 3, S. 3 – 39, Nr. 4, S. 3 – 32. [50] Hübner, G.: Zum Anwendungsbereich des Schallintensitätsverfahrens bei der Schallleistungsbestimmung von Maschinen. 3. FASE-Tag. u. 9. DAGA-Tag. Göttingen: Dt. Phys.Ges., 1982. [51] Hübner, G.: Grundlagen der Intensitätsmessmethode und Untersuchungen zum Anwendungsbereich in der Praxis der Geräusch-Emissionsermittlung. In: VDI-Ber. 526, S. 1 – 47, Düsseldorf: VDI-Verl., 1984. [52] DIN EN 27574-1 1989-03-00 Akustik, Statistische Verfahren zur Festlegung und Nachprüfung angegebener (oder vorgegebener) Geräuschemissionswerte von Maschinen und Geräten; Teil 1: Allgemeines und Begriffe; (ISO 7574-1: 1985). [53] DIN EN 27574-2 1989-03-00 Akustik, Statistische Verfahren zur Festlegung und Nachprüfung angegebener (oder vorgegebener) Geräuschemissionswerte von Maschinen und Geräten; Teil 2: Verfahren für Angaben (oder Vorgaben) für Einzelmaschinen (ISO 7574-2: 1985). [54] DIN EN 27574-3 1989-03-00 Akustik, Statistische Verfahren zur Festlegung und Nachprüfung angegebener (oder vorgegebener) Geräuschemissionswerte von Maschinen und Geräten; Teil 3: Einfaches Verfahren (Übergangsregelung) für Maschinenlose (ISO 7574-3: 1985). [55] DIN EN 27574-4 1989-03-00 Akustik, Statistische Verfahren zur Festlegung und Nachprüfung angegebener (oder vorgegebener) Geräuschemissionswerte von Maschinen und Geräten; Teil 4: Verfahren für Angaben (oder Vorgaben) für Maschinenlose (ISO 7574-4: 1985) [56] Lärmminderung an Maschinen: Arbeitsmethoden und Beispiele, Hrsg. Schirmer, W. Beitr. f. d. Praxis, Nr. 41. Dresden: Zentralinst. f. Arbeitsschutz, 1984. [57] Scheuring, S.: Ein Messkopf für die Geräuschquellentrennung. ILO-Symp. Schutz der Arbeiter vor Lärm, Dresden, 1979, Thema 1, S. 121 – 140.
3. Messtechnik Von E. Seidel, überarbeitet von M. Quickert
3.1 Einführung Eine wichtige Voraussetzung für erfolgreichen technischen Lärmschutz sind aussagekräftige Messungen von Luft- und Körperschall. Im Einzelnen dienen solche Messungen – zur Ermittlung des Ausgangszustandes, – zur Klärung von Geräuschursachen und Planung von Geräuschminderungsmaßnahmen, – zum Nachweis der erzielten Verbesserung. Für diese Messungen stehen eine Vielzahl von Geräten zur Verfügung, vom einfachen Handschallpegelmesser zur Feststellung des Gesamtschalldruckpegels bis zum prozessorgesteuerten Messplatz zur umfassenden Schall- und Schwingungsanalyse. Zur Ermittlung der Ursachen der Geräuschentstehung genügen Schallpegel-Messgeräte meist nicht. So sind z. B. zur Anregung von Strukturen mit Wechselkräften Schwingungserreger notwendig; zur Auswertung werden Filter, Speicher für kurzzeitige Vorgänge und andere Messgeräte eingesetzt. Die folgenden Abschnitte sollen mit den wichtigsten Messgeräten für Aufgaben des Lärm- und Schwingungsschutzes und ihrem Zubehör bekannt machen. Hinweise zur Auswahl der Geräte, zur Anwendung und zur Auswertung der gewonnenen Messergebnisse werden gegeben. Auf theoretische Betrachtungen zur Funktion von Messwandlern und zu den Messverfahren wird mit Hinweis auf die bestehende Literatur [1 – 8] nicht eingegangen, jedoch auf Anwendungsgrenzen und Fehlermöglichkeiten besonders hingewiesen. Die Messung der von den Messobjekten oder von Anregungsketten abgegebenen, meist sehr kleinen Größen – Schalldruckpegel, Beschleunigung u. A. – erfolgt durch
Bild 3–1. Grundaufbau einer Messkette zur Ermittlung von Schall- und Schwingungskenngrößen
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3. Messtechnik
Wandlung in ein analoges elektrisches Signal, das für die weitere Untersuchung leicht verstärkbar und nach unterschiedlichsten Verfahren auswertbar ist, z. B. Integration des Signals oder Bildung des Effektivwertes. Die Messketten besitzen deshalb in den meisten Fällen den im Bild 3–1 gezeigten Grundaufbau, wobei die Erzeugung von Signalen in der Anregungskette und die Verarbeitung in der Messkette bei modernen Messgeräten überwiegend mit digitalen Methoden erfolgt.
3.2 Schalldruckpegelmessung 3.2.1 Mikrofone Zur Wandlung des Schalldruckes in ein analoges elektrisches Signal dient das Mikrofon. Für Präzisionsmessungen werden vorwiegend Kondensatormikrofone verwendet, für geringere Genauigkeit spezielle keramische Mikrofone. Den Aufbau eines Kondensatormikrofons zeigt Bild 3–2. In geringem Abstand vor einer isolierten Gegenelektrode befindet sich eine dünne Membran. Der so gebildete Kondensator wird über einen hochohmigen Widerstand von der Polarisationsspannung aufgeladen. Auf die Membran einwirkende Schalldruckschwankungen biegen diese durch. Die entstehende Kapazitätsänderung führt – da die Ladung des Kondensators sich nicht so schnell ausgleichen kann – zu einer dem Schalldruck proportionalen Spannungsänderung. Die Übertragungseigenschaft der Mikrofone wird durch den Übertragungsfaktor BL =
˜u L ; ˜ p
˜u L Ausgangsspannung des Mikrofons bei Leerlauf, ˜ Schalldruck p bzw. durch das Übertragungsmaß a L = 20 lg
BL dB ; BL0
BL0 Bezugsübertragungsmaß, meist 10 mV/ Pa, gekennzeichnet. Übliche Messmikrofone besitzen einen Übertragungsfaktor von BL ≈ 50 mV/ Pa. Bei höheren Frequenzen führen die durch Reflexion am Mikrofon auftretenden unterschiedlichen Druckverhältnisse zu einem von der Schallfeldform abhängigen Übertragungsfaktor. Aufgetragen über der Frequenz, erhält man den Mikrofonfrequenzgang für freies Schallfeld (ebene Schallwellen, senkrecht auf die Membran auftreffend), für diffuses
Bild 3–2. Aufbau und Grundschaltung eines Kondensator-Messmikrofons. R hochohmiger Ladewiderstand, u P Polarisationsspannung, V Mikrofonverstärker, U Ausgangsspannung
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E. Seidel, überarbeitet von M. Quickert
Bild 3–3. Frequenzgang eines Mikrofons mit 25,6 mm Durchmesser
Schallfeld (allseitig auf den Mikrofonkörper auftreffende Schallwellen) und für reinen Schalldruck (ohne Reflexion, z.B. für Druckkammermessung), siehe Bild 3–3. Je kleiner ein Mikrofon ist, um so weniger wird das Schallfeld gestört und um so genauer kann der Schalldruckpegel bis zu hohen Frequenzen bestimmt werden. Andererseits sind kleinere Mikrofone unempfindlicher; kleine Pegel können damit nicht mehr gemessen werden. Deshalb ist die günstigste Mikrofongröße das Halbzoll-Mikrofon. Bild 3–4 ermöglicht in Abhängigkeit vom zu messenden Pegel und vom Frequenzbereich eine Vorauswahl des Mikrofondurchmessers. Die im Bild 3–4 angegebene Abhängigkeit von der Kabellänge bezieht sich auf die Verwendung üblicher Mikrofonvorverstärker. Werden Vorverstärker mit Stromspeisung (siehe Schwingungsaufnehmer Abschnitt 3.3.2.1) eingesetzt sind andere Bedingungen zu beachten [9]. Durch Einbau eines Elektrets, in dem ein elektrostatischer Verschiebungsfluss „eingefroren“ ist, kann die notwendige Ladung ohne Zuführung der Polarisationsspannung von außen erzeugt werden. Die Eigenschaften dieser Elektretmikrofone entsprechen normalen Kondensatormikrofonen. Piezokeramische Mikrofone besitzen ein Wandlerelement aus Keramik, das durch die Membranbewegung gebogen wird und eine dem Schalldruck proportionale piezoelektrische Spannung abgibt. Der Übertragungsfaktor beträgt BL = 3 mV/ Pa bis 10 mV/ Pa, der Frequenzgang ist jedoch – bedingt durch die mechanischen Übertragungsglieder – nicht so gleichförmig wie bei Kondensatormikrofonen und umfasst nur den Bereich von 10 Hz bis 10 kHz. Piezokeramische Mikrofone werden deshalb vorwiegend für kleine Handmessgeräte geringerer Genauigkeit verwendet.
Bild 3– 4. Anwendungsbereiche von Kondensator-Messmikrofonen
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3. Messtechnik
3.2.2 Geräte zur Schalldruckpegel- und Schalldosismessung Die Eigenschaften von Schallpegelmessern sind in internationalen Standards vorgeschrieben [10, 11]. Schallpegelmesser werden mit unterschiedlichen Genauigkeitsklassen hergestellt. Die einer Genauigkeitsklasse zugeordneten Pegelgrenzen geben den Bereich an, in dem unter Bezugsbedingungen die Differenz zwischen angezeigtem und richtigem Wert liegt: – – – –
Klasse 0: ± 0,4 dB, Geräte als Normal verwendbar, Klasse 1: ± 0,7 dB, Geräte für genaue Messungen unter definierten Bedingungen, Klasse 2: ± 1,0 dB, Geräte für allgemeine Betriebsmessungen, Klasse 3: ± 1,5 dB, Geräte für orientierende Messungen.
Je nach Nutzungszweck werden Geräte mit einer unterschiedlichen Anzahl von Funktionen angeboten (Bild 3–5): Handschallpegelmesser: einfache Handgeräte, fest angebrachtes Mikrofon, Bewertungskurve A, national vorgeschriebene Zeitbewertung (s. Abschn. 3.2.3), Messwertausgabe mit Flüssigkristall-(LCD-)Analog- und Digitalanzeige, z. T. auch durch Leuchtdiodenzeile oder Zeigerinstrument; komfortable Geräte: tragbare Geräte, zum Teil in Form eines Handschallpegelmessers, höhere Präzision, abgesetztes Mikrofon, mehrere Bewertungskurven, Oktavund Terzfilter, unterschiedliche Zeitbewertung, auch Integration über größere Zeiten, Digital- und Analoganzeige (Flüssigkristallanzeige), Anschlussmöglichkeiten für viele weitere Geräte; z. B. der Signalaufzeichnung und Ergebnisspeicherung; umfangreiche Labormesssysteme: variable Einsatzmöglichkeit durch dem Aufgabenkomplex gemäße Zusammenstellung von Einzelgeräten (Beispiel: aus Mikrofonverstärkern, Umschaltern und Filtern verschiedener Hersteller zusammengestellte Messeinrichtung eines prozessorgesteuerten Einschubsystems, s. Abschn. 3.7.2) oder auch spezialisierte Einzelgeräte (Beispiel: mehrkanaliger FFT-Analysator mit Schallintensitäts-, Schallleistungs- und Übertragungsfunktionsausgabe). Für allgemeine Aufgaben der Lärmminderung sind tragbare Geräte mit integriertem Terz/Oktav-Filter erfahrungsgemäß ausreichend. Stand der Technik ist ebenfalls die Verfügbarkeit einer ein- oder mehrkanaligen FFT-Analyse. Anspruchsvollere Messungen, z. B. zur Untersuchung der Schallentstehung, bedingen meist ein variabel einsetzbares Labormesssystem, wobei sich die Grenzen zwischen der Funktionalität eines Labormesssystems und komfortablen tragbaren Geräten bei modernen Geräten verwischen. Stark schwankende Pegel erfordern die Möglichkeit, über eine längere Zeit den Messwert zu mitteln (integrierende Geräte) und Pegel-Zeit-Verläufe aufzuzeichnen. Bei
Bild 3–5. Konstruktive Ausführung von Schalldruckpegel-Messgeräten
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E. Seidel, überarbeitet von M. Quickert
Arbeiten an wechselnden Arbeitsplätzen ist die Lärmbelastung mit dem Lärmdosimeter festzustellen, das der Arbeitende an der Kleidung trägt; Lärmdosis s. Abschn. 2.3.7. 3.2.3 Aufbau und Funktion des Schallpegelmessers Wie im Bild 3–1 dargestellt, wird die vom Mikrofon abgegebene Spannung (nach einem Impedanzwandler, der aufgrund der kleinen Mikrofonkapazität direkt dem Mikrofon angeschlossen ist) auf die zur weiteren Verarbeitung notwendige Spannung verstärkt. Bei kleineren Geräten ist diese Verstärkung in Stufen von Hand schaltbar, um das Messgerät unterschiedlichen Pegeln anzupassen. Eine weitere Einstellmöglichkeit dient dem Justieren des Gerätes zum Ausgleich der unterschiedlichen Mikrofon-Übertragungsfaktoren. Alle Geräte erlauben das Einfügen von Bewertungsfiltern, komfortable auch das von Terz-, Oktav- oder Schmalbandfiltern in den Signalfluss. Gemäß ˜ = p
冑
98 1 p 2 dt T T∫
wird der Effektivwert p ˜ über die Zeit T gebildet; dabei ist die Integrationszeit einstellbar. Sie beträgt etwa 1000 ms bei der Zeitbewertung S, 125 ms bei der Zeitbewertung F, 35 ms bei der Zeitbewertung I. Diese Zeitbewertungen sind in DIN IEC 651 genormt [4]. Da die Mittelungszeit der Zeitdynamik I für die Ablesung zu kurz ist, erfolgt der Rücklauf der Anzeige mit einer Zeitkonstante von 1,5 s. Für die Messung schwankender Pegel ist eine größere Mittelungszeit notwendig. Diese Mittelung ist durch verschiedene Methoden möglich und ergibt Werte, die dem äquivalenten Dauerschallpegel, gemessen mit dem Äquivalenzparameter q = 3 (s. Abschn. 2.3.3), entsprechen. Wird das Quadrat des Schalldruckes zeitlich integriert, erhält man die Dosis E in Pa2 · h (s. Abschn. 2.3.6). 3.2.4 Hilfsmittel 3.2.4.1 Kalibriergeräte Da Schallpegelmesser, insbesondere das Mikrofon, empfindliche Geräte sind, sollte die Justierung des Gerätes von Zeit zu Zeit kontrolliert werden. Dazu sind Schallquellen mit genau bekanntem Schalldruckpegel geeignet. Beim Kalibrieren wird die Abweichung des angezeigten Schalldruckpegels vom Sollwert bestimmt, durch Justieren des Messgerätes kann diese Abweichung verringert werden, vgl. DIN 1319 T. 1 [12]. Die wichtigsten Kalibriergeräte sind nachfolgend beschrieben. Pistonfon Das Volumen einer abgeschlossenen Kammer (Bild 3–6) wird durch zwei Kolben, die mit einer Kurvenscheibe bewegt werden, periodisch verändert. Die dadurch in der
69
3. Messtechnik
Bild 3–6. Funktionsprinzip des Pistonfons
Kammer entstehenden Druckschwankungen sind abhängig vom Volumen, einschließlich des Ersatzvolumens des Mikrofons, vom Luftdruck, vom Kolbenweg und von der Kolbenfläche. Weil die letzten Größen konstant sind und bei exakt eingeschobenem Mikrofon das Volumen ebenfalls bekannt ist, kann der entstehende Schalldruck unter Berücksichtigung des Korrekturwertes am beigegebenen Barometer zur Kalibrierung benutzt werden. Der Schalldruckpegel industriell gefertigter Geräte liegt im Bereich 115 bis 125 dB, die Frequenz im Bereich 160 bis 250 Hz, der Fehler beträgt etwa ± 0,2 dB. Bei der Kalibrierung von Geräten, die keine Umschaltung auf die Frequenzbewertung „Linear“ erlauben (z. B. Dosimeter), ist die Bewertungskurve zu berücksichtigen, s. Abschn. 2.3.2. Schallpegelkalibrator Der konstante Schalldruck im Kalibrator wird durch eine Membran erzeugt, die von einem piezoelektrischen Biegeelement zu Schwingungen angeregt wird. Die Konstanz des Pegels wird durch Stabilisierungs- und Rückkopplungsschaltungen gewährleistet. Der Schalldruckpegel beträgt 94 bis 114 dB, die Frequenz meist 1000 Hz. Damit können auch Schallmessgeräte mit Bewertungsfilter kalibriert werden. Die Konstanz ist geringer als beim Pistonfon; nachteilig bei Kontrollen in lärmerfüllten Räumen ist die geringe Schalldämmung einiger Kalibratoren. Durch die hohe Messfrequenz bedingt, ist bei der Kontrolle der Unterschied zwischen Druckkammer- und Freifeldfrequenzgang bei 1 kHz zu berücksichtigen. Der Druckkammerwert liegt bei einem 1″ -Mikrofon etwa 0,4 dB unter dem Freifeldwert (s. Bild 3–3), d. h., der Schallpegelmesser muss z. B. bei einem Kalibrierpegel von 94 dB einen Schallpegel von 93,6 dB anzeigen. Bei 1/2″-Mikrofonen beträgt die Abweichung 0,2 dB und ist im Allgemeinen zu vernachlässigen. Kalibrierung mit Ladungseinspeisung (Charge Injektion Calibration) Es handelt sich um eine Methode der In-Situ-Prüfung der gesamten Messkette, einschliesslich Mikrofon, Vorverstärker und Kabel, auf Fehlerfreiheit. Auch abgesetzte Mikrofone können damit überprüft werden. Das CIC-Verfahren wurde speziell für die Fehlerüberwachung an Mikrofonen entwickelt. Es basiert auf der Messung der Mikrofonkapazität als Indikator für Beschädigungen der Kapsel. Jeder Schaden, der die Empfindlichkeit des Mikrofons oder dessen Frequenzganges beeinflusst, verändert auch die Kapazität des Mikrofons. Eine genaue zuverlässige Methode der Messung der Mikrofonkapazität ermöglicht die län-
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Bild 3–7. Schema der „Charge Injection Calibration“ (CIC)
gerfristige Beobachtung diese Parameters und lässt Aussagen über die Stabilität der akustischen Eigenschaften des Mikrofons zu. Die Messung der Mikrofonkapazität erfolgt wie in Bild 3–7 dargestellt indirekt. Dazu wird eine Ladung zwischen Mikrofonkapsel und Vorverstärker eingespeist. Damit die Ladung bzw. die Spannung unabhängig von der Frequenz ist, erfolgt die Einspeisung mittels eines CC zwischen Einspeisungsknoten und Spannungsquelle. Der Koppelkondensator vermindert zusammen mit der wirksamen Impedanz des Mikrofons und des Vorverstärkerseingangs das am CIC-Eingang eingespeiste Signal. Das verminderte Signal kann am Ausgang des Vorverstärkers gemessen und die tatsächliche Dämpfung bestimmt werden. Das Verhältnis zwischen Ausgangs- und Eingangssignal (CIC-Dämpfung) gibt ein indirektes Mass für die Mikrofonkapazität in Kombination mit dem Verstärkungsfaktor, dessen Wert für die Überwachung der Stabilität der gesamten Messkette, bestehend aus Mikrofon, Vorverstärker und Kabel, benutzt werden kann. Die in Bild 3–7 angegebene Formel der CIC-Dämpfung ist für den mittleren und höheren Frequenzbereich gültig. Ausführliche Darstellungen sind in [13] zu finden. Das Verfahren kann z. B. für die interne Überwachung von Lärmmessstationen, an unzugänglichen Messaufbauten oder auch nur für die interne Prüfung von Schallpegelmessern eingesetzt werden. 3.2.4.2 Messschallquellen Zur Erzeugung von Schall für Messzwecke werden üblicherweise Lautsprecher verwendet. Günstig ist eine Anregung mit Bandrauschen (z. B. Oktavbänder), um stehende Wellen in Räumen zu vermeiden. Zu beachten ist, dass bei Rauschanregung die zulässige Speiseleistung nur PR =
PL ; 10
PL Lautsprecherleistung sein darf, damit das Antriebssystem nicht beschädigt wird. Genügt bei Breitbandanregung die abgestrahlte Leistung in einzelnen Frequenzbereichen nicht, so kann durch ein zwischen Generator und Leistungsverstärker eingefügtes, umschaltbares Bandfilter (s. Bild 3–1) die gesamte Leistung in einzelnen Frequenzbändern abgestrahlt werden.
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3. Messtechnik
Bei einem 10-W-Lautsprecher beträgt die erzeugbare akustische Leistung, abhängig vom Lautsprecher-Wirkungsgrad und dem Aufstellort, etwa 100 dB über 1 pW [s. Abschn. 2.4.2, Gl. (11)]. Für Messzwecke werden Schallquellen mit zeitlich konstanter Schallleistung in einem Frequenzbereich vorwiegend zwischen 100 Hz und 10 kHz geliefert. Diese Messschallquellen arbeiten nach unterschiedlichen Wirkprinzipien: – elektroakustische Messschallquellen (von einer Rauschquelle gespeiste Lautsprecher werden durch ein eingebautes Mikrofon auf konstanten Messpegel geregelt), akustische Gesamtleistung 100 bis 110 dB, besonders geeignet für mobilen Einsatz durch Einstellbarkeit, Nutzung zur Nachhallzeitmessung usw.; – aeroakustische Messschallquellen (eine lüfterähnliche Konstruktion gibt ein breitbandiges Geräusch ab), Gesamtschallleistung 80 bis 90 dB, besonders geeignet für genaue Schallleistungsmessungen; – mechanische Schallquellen (an einer Welle befestigte Ketten schlagen an Anschlagschienen, die das Gehäuse anregen), Gesamtschallleistung 100 bis 110 dB, besonders geeignet neben Schallleistungsmessungen zur Bestimmung der Schalldämmung und Schallausbreitung.
3.2.4.3 Hilfsmittel zur Verringerung von Störeinflüssen Bei der Messung des Schalldruckpegels sind zum Schutz des Mikrofons und zur Anpassung an die Messbedingungen verschiedene Hilfsmittel notwendig. Strömende Luft erzeugt am Mikrofonkörper infolge Wirbelbildung ein Windgeräusch. Dieses kann mit einem Windschutz aus offenporigem Schaumstoff oder mit einem kugel- bzw. zylinderförmigen, mit Gewebe bespannten Windschirm verringert werden. Mit Windschirmen können die Toleranzen der Genauigkeitsklasse 1, bedingt durch Änderung des Frequenzganges des Mikrofons, nicht mehr eingehalten werden, so dass die Messung nur noch der Klasse 2 entspricht. Dagegen verändert ein Windschutz aus Schaumstoff (sog. Pop-Schutz) den Frequenzgang oft so, dass das Messgerät u. U. nur noch der Genauigkeitsklasse 3 entspricht. Moderne Schallpegelmesser erkennen die Anwesenheit eines Windschirmes automatisch und berücksichtigen den ausgemessenen Einfluss des Windschirmes. Die Genauigkeitsklasse des Schallpegelmessers bleibt so erhalten. Bild 3–8 zeigt die Größe des Windgeräusches ohne und mit Windschirmen. Bild 3–9 verdeutlicht die Abhängigkeit des Windgeräuschpegels von der Windgeschwindigkeit.
Bild 3–8. Terzspektrum des Windgeräusches am 1/2″ -Messmikrofon ohne und mit Windschutz bei 15 m/s Windgeschwindigkeit nach [14]
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E. Seidel, überarbeitet von M. Quickert
Bild 3–9. Windgeräuschpegel (A-bewertet) am 1″-Messmikrofon als Funktion der Windgeschwindigkeit nach [14]
Bei Messungen in Luftströmungen bekannter Richtung kann mit einem Nasenkonus der Strömungsverlauf um den Mikrofonkörper günstiger gestaltet werden. Damit verringern sich die Störungen um 20 dB. Gleichzeitig wird die Richtcharakteristik des Mikrofons verbessert, so dass die Diffusfeld-Korrektur bis zu 10 kHz bei Schallleistungsmessungen entfallen kann. Messungen der Schallleistung in Kanälen erfordern zur Verminderung des durch Turbulenzen hervorgerufenen Pseudoschalles spezielle Mikrofonvorsätze (s. Abschn. 2.7.5). Für Messungen in Modellen, in schmalen Kanälen, in Rohren und Hohlräumen können Sondenvorsätze verwendet werden. Diese Sonden (Stahlrohre mit einem Durchmesser zwischen 0,5 mm und 6 mm) werden über ein Kuppelstück vor der Mikrofonmembran anstelle des Schutzgitters angebracht. Frequenzgang und Übertragungsmaß verändern sich dadurch stark, so dass meist nur Relativmessungen möglich sind. Eine Ersatzkapazität, die anstelle der Mikrofonkapsel auf den Mikrofonverstärker geschraubt wird, ermöglicht die Kontrolle der Störpegel. Der Pegel, erzeugt durch Einflüsse auf die Messanordnung, durch elektrisches Störgeräusch, Magnetfelder, Erdschleifen und Erschütterungen, ist damit messbar und kann mit dem Schalldruckpegel des Nutzschalles verglichen werden. 3.2.5 Handhabung der Schallpegelmesser Zur Lösung umfangreicher Messaufgaben sollte ein Messprogramm aufgestellt werden, das unter Berücksichtigung von – Schallfeldform (Diffus-, Frei- oder Nahfeld), – Raumbedingungen (reflektierende Flächen), – Störungsmöglichkeiten (elektrostatische und magnetische Felder, Erdschleifen, Körperschall, Fremdschall) Messpunkte und Messstrategie festlegt. Nach der Überprüfung des Messgerätes auf einwandfreie Funktion (Zeigernullstellung, Batteriekontrolle, elektrische Justierung, Kalibrierung und Justierung mit Pistonfon bzw. Kalibrator sowie Kontrolle und Justierung peripherer Geräte wie Filter, Rekorder usw.) erfolgt die Kontrolle des Störpegels. Das kann entweder durch Messung bei abgeschaltetem Messobjekt, durch Messung mit einer Ersatzkapazität oder durch Abschätzung, z. B. bei Wind, erfolgen. Das Messergebnis muss u. U. korrigiert werden, s. Abschn. 2.5.2, wenn die Pegeldifferenz zwischen Mess- und Störpegel kleiner als 10 dB ist.
3. Messtechnik
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Die Messung selbst erfolgt mit einfachen Geräten so, dass zuerst in Stellung „Linear“ eine möglichst große Aussteuerung am Anzeigeinstrument eingestellt wird. Nach dem Einschalten der Frequenzbewertung bzw. von Filtern darf die u. U. stark zurückgehende Anzeige nur noch mit dem hinter dem Filter befindlichen Verstärker vergrößert werden, s. Bild 3–1. Besonders bei einfachen Geräten mit nur einem Verstärkerumschalter muss, vor allem bei impulshaltigen Geräuschen, im ungünstigen unteren Skalenbereich gemessen werden, wenn die Übersteuerungsanzeige anspricht. Moderne Systeme mit digitaler Signalverarbeitung besitzen einen Dynamikbereich von 90 bis 160 dB. In Kombination mit einer vorhandenen automatischen Messbereichsanpassung arbeiten diese Geräte immer im optimalen Signalbereich bzw. können praktisch den Dynamikbereich modernster Sensoren ohne Umschaltung der Verstärkung abdecken. Die ermittelten Messwerte, einschließlich Messtag, Messzeit, Messobjekt, Betriebsbedingungen, Messpunkt sowie aller für die Weiterverarbeitung wichtigen Fakten, sind sofort zu protokollieren. Bei Messungen mit Filtern empfiehlt sich die sofortige grafische Darstellung und Kontrolle des Spektrums. Am Verlauf des so dargestellten Spektrums sind Messfehler leichter erkennbar, z. B. das Auftreten eines 50-Hz-Netzstörpegels. Zur Bestimmung der Messunsicherheit sind mehrere Messungen notwendig. Die Auswertung erfolgt bei vielen Messungen nach genormten Verfahren [15]. 3.2.6 Fehler und Abhilfemaßnahmen Die für die Messung des Schalldruckes notwendige hohe Empfindlichkeit des Mikrofons und die geringe abgegebene Wechselspannung erfordern eine sorgfältige Berücksichtigung von Störeinflüssen und deren Abstellung. Die wichtigsten Fehler sind: – Wind und Luftströmungen führen zu Störschall. Abhilfe: Windschutz bzw. Nasenkonus anwenden. – Elektrostatische Felder, z. B. in Papierfabriken oder Bandwebereien, führen bei isoliertem Schutzgitter am Mikrofon zur Aufladung desselben. Der angezeigte Schalldruckpegel sinkt während der Messung um 5 dB ab. Ähnlich können Wechselfelder einen Schalldruckpegel vortäuschen. Abhilfe: Isolierung durch Draht oder mit einem Bleistiftstrich überbrücken. – Magnetische Wechselfelder, z. B. in der Nähe großer elektrischer Maschinen, führen zur Induktion von Spannungen im Gerät. Abhilfe: Kontrolle mit Ersatzkapazität, günstigen Standort aufsuchen. – Erdschleifenbildung und Potenzialausgleichsströme ergeben einen Störpegel vorwiegend bei einer Frequenz von 50 Hz. Diese können auftreten, wenn eine elektrische Verbindung zwischen dem Messobjekt bzw. dem Fußboden und dem Schutzleiter der die Messkette speisenden Steckdose über das Wandlerkabel besteht, siehe Bild 3–10. Abhilfe: Mikrofon isoliert befestigen, Batteriebetrieb des Messgerätes. – Schwingungen können einen Schallpegel vortäuschen. Abhilfe: Unter das Stativ weichen Schaumstoff legen zur Verminderung der Körperschallübertragung im hochfrequenten Bereich. – Über- bzw. Unterschreiten der Messgrenzen führt zu falschen Messwerten. Abhilfe: Störpegelkontrolle durchführen, Aussteuerbereich beachten. Günstigeren Mikrofontyp wählen.
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Bild 3–10. Erdschleifenbildung bei Massekontakt von Mikrofonen oder Beschleunigungsaufnehmern
– In das Kapselinnere eingedrungene Feuchtigkeit führt zu charakteristischen, kurz aufeinander folgenden Störpegeln mit ca. 80 bis 90 dB. Abhilfe: Gerät sofort ausschalten, Kapsel in Trockengefäß lagern. Günstig ist mehrfaches Aufheizen auf etwa 70 °C. Bei Messungen in feuchter Umgebung gegebenenfalls Mikrofonheizung einschalten, bei Messpausen (Abschalten des Messgerätes) Mikrofon betriebswarm in ein Gefäß mit Trockenmittel legen. Günstiger ist der Einsatz der von den Mikrofonherstellern angebotenen Trockenadapter zwischen Vorverstärker und Mikrofonkapsel. Die Mikrofonkapsel muss jedoch einen nach innen geführten Luftausgleichskanal besitzen.
3.3 Messung von Schwingungsgrößen 3.3.1 Einführung Untersuchungen im Rahmen der Geräuschminderung an Maschinen, also an der Quelle, umfassen vor allem auch die Messung von Schwingungen in Form von Bewegungs-, Kraft- und Dehnungsgrößen. Weiterführende Informationen sind zu finden in [4, 21, 22, 29]. Der Begriff Schwingungsmessung steht meist für die Messung der translatorischen Bewegungsgrößen – Weg, Ausschlag
ξ,
– Geschwindigkeit, Schnelle
υ= 5, dt
– Beschleunigung
d2 ξ a= 6 . dt 2
dξ
Schwingungen fester Körper im Hörfrequenzbereich werden Körperschall genannt, s. Bild 11–1 [16, 17]. Aus der Messung der Schwinggeschwindigkeit an Maschinen ergeben sich wichtige Aussagen für eine lärmarme Konstruktion: Beiträge einzelner Flächen zur abgestrahlten Gesamtleistung, Punkte mit geringerem Körperschall für die Befestigung von integrierten Kapseln usw., Punkte mit geringer Admittanz für die Einleitung dynamischer Kräfte (s. Abschn. 4 und 7). 3.3.2 Schwingungs- und Körperschallmessung In der Schwingungstechnik werden vorzugsweise die Effektivwerte der Bewegungsgrößen ξ , v und a als Kennwert benutzt. In der Schalltechnik verwendet man als
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3. Messtechnik
Bild 3–11. Piezoelektrischer Wandler als Beschleunigungsaufnehmer
Kenngröße für Körperschall den Schnellepegel. Er ist definiert als L v = 20 lg
υ ˜ dB υ0
mit υ0 = p0 /ρ c = 50 nm/s.1)
Im Fall von p = υ ρ c wird damit L p = L v . 3.3.2.1 Wandler Zur Wandlung von mechanischen Schwingungen in elektrische Signale werden unterschiedlichste Verfahren genutzt. Für die Körperschallmessung haben sich besonders piezoelektrische Wandler bewährt. Bild 3–11 zeigt den Aufbau eines solchen Wandlers. Das piezoelektrische Element gibt eine Spannung ab, die proportional der einwirkenden Kraft ist. Da andererseits die Kraft proportional der Beschleunigung der Masse m ist, F = m a, gibt der Wandler eine der Beschleunigung proportionale Spannung ab und wird deshalb als Beschleunigungsaufnehmer bezeichnet. Zur Verminderung verschiedener Störeinflüsse wurde diese Konstruktion abgewandelt, z. B. durch Gestaltung des piezoelektrischen Wandlers als Scher- oder Biegeelement [16, 17]. Viele Probleme, die durch das Verbindungskabel zwischen Aufnehmer und Verstärker entstehen, sind vermeidbar, wenn der Verstärker direkt im Aufnehmer eingebaut ist. Das Anschlusskabel wird dann gleichzeitig zur Speisung des Verstärkers z. B. mit Konstantstrom (bekannt unter den Markenbegriffen ICP®, PIEZOTRON®, ISOTRON® und DELTATRON® verschiedener Hersteller) und zur Signalübertragung genutzt. Das angeschlossene Messgerät muss deshalb eine dafür geeignete Versorgungs- und Auskoppelschaltung besitzen, wenn kein spezielles Speisegerät eingesetzt wird. Wichtige Kenngrößen der Beschleunigungsaufnehmer sind – der Spannungs-Leerlaufübertragungsfaktor Bau = 1
˜u L ; a˜
) Für Pegeldarstellungen in der Schwingungstechnik sind in [7] folgende Bezugsgrößen genormt: a0 = 1 µm/s2, υ0 = 1 nm/s.
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˜ L Leerlaufspannung, u a˜ Beschleunigung, – der Ladungsübertragungsfaktor Baq =
q˜ , a˜
– die Resonanzfrequenz des Aufnehmers f R , – die Masse des Aufnehmers ma . Der Ladungsübertragungsfaktor kann aus dem Spannungs-Leerlaufübertragungsfaktor berechnet werden: Baq = Bau Ci ; Ci Aufnehmerkapazität einschließlich Anschlusskabel. Ein typischer Aufnehmer mit einem Leerlaufübertragungsfaktor von 5 mV/ m · s –2 und einer Kapazität von 1 nF besitzt demnach einen Ladungsübertragungsfaktor von Baq = 1 nF · 5 mV/m · s –2 = 5 pA · s/m · s –2 . Sind Fehler bis zu 10 % zulässig, kann mit dem Aufnehmer bis zu einer Frequenz von 0,5 f R gemessen werden. Für die Vorauswahl sind in der Tabelle 3–1 typische Eigenschaften von Beschleunigungsaufnehmern zusammengestellt. In dieser Tabelle sind auch die besonders bei sehr tiefen Frequenzen gut einsetzbaren piezoresistiven und kapazitiven Aufnehmer mit aufgeführt. Weitere bei der Auswahl von Aufnehmern behilfliche Informationen sind zu finden in [4 – 8]. Tabelle 3 –1. Technische Eigenschaften von Beschleunigungsaufnehmern, aus Angaben verschiedener Hersteller abgeleitete Richtwerte Typ
SpannungsÜbertragungsfaktor mV/(m /s2 )
Messbereich
Frequenzbereich
Masse
m/s2
Hz
g
0,2 1 10 500
0,5 bis 100 000 0,02 bis 10 000 5 · 10 – 4 bis 1000 5 · 10 –6 bis 10
2 bis 20 000 1 bis 10 000 0,5 bis 5000 0,1 bis 500
0,5 5 50 500
piezoresistive2) Aufnehmer
0,02 0,2 2
1 bis 5000 0,1 bis 1000 0,02 bis 100
0 bis 5000 0 bis 1000 0 bis 300
0,5 bis 30
Kapazitive Aufnehmer
50
3 · 10 –3 bis 100
0 bis 1000
3
piezoelektrische1) Aufnehmer
1
) Piezoelektrische Aufnehmer mit Verstärker besitzen einen fest eingestellten Übertragungsfaktor, der Messbereich kann diesem entsprechend aus der Tabelle entnommen werden. 2 ) Piezoresistive Aufnehmer werden in unterschiedlichen Gehäusen mit einer Masse von 0,5 bis 30 g gefertigt.
3. Messtechnik
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Piezoresistive Aufnehmer ermitteln die Beschleunigung über eine Dehnmessstreifenanordnung und benötigen deshalb spezielle Brückenverstärker. Bei kapazitiven Aufnehmern ist die Auswerteschaltung zur Messung einer der Beschleunigung proportionalen Kapazitätsänderung im Aufnehmer integriert. 3.3.2.2 Geräte zur Schwingungsmessung Geräte zum Anschluß von Beschleunigungsaufnehmern sind ebenso wie Schallpegelmesser als kleine, handliche Betriebsgeräte und auch als vielfältig einsetzbare, erweiterungsfähige Labormessgeräte im Handel. Durch eingebaute Integration des Aufnehmersignals zur Schwinggeschwindigkeits- und Schwingwegmessung, Bewertungsfilter sowie durch eingebaute Signal- und Ergebnisanzeigen sind diese Geräte sehr vielfältig einsetzbar. Bewertungsfilter und Langzeitintegration des Ausgangsmesswertes zur Schwingungsdosismessung ermöglichen die Beurteilung der Schwingungsbelastung des Menschen, Abschn. 11.2.3.3 und [18]. 3.3.2.3 Aufbau und Funktion der Schwingungsmessgeräte Schwingungsmessgeräte für piezoelektrische Wandler sind im Wesentlichen ähnlich aufgebaut wie Schallpegelmessgeräte. Die Eingangsstufe ist ein rauscharmer Verstärker, der bei direkt anschließbaren piezoelektrischen Aufnehmern als Ladungsverstärker oder als Spannungsverstärker mit einem Eingangswiderstand von > 100 M Ω ausgebildet ist. Das Eingangssignal wird entweder direkt als der Beschleunigung proportionales Signal oder, bei Verwendung eines Integrierverstärkers, einmal bzw. zweimal integriert als der Schwinggeschwindigkeit oder dem Schwingweg proportionales Signal, υ = ∫ a dt ξ=
∫∫ a dt 2
weitergeleitet. Bedingt durch Phasenfehler bei der Integration an der unteren Frequenzgrenze sind Integrierverstärker zur Messung von Weg- oder Geschwindigkeitsgrößen aus transienten Beschleunigungssignalen wenig geeignet. Piezoelektrische Aufnehmer mit keramischem Wandler sind bei tiefen Frequenzen (unter 2 Hz) nur mit Ladungs- oder Quasiladungsverstärker einsetzbar [19]. Für Spannungsverstärker ist bei einem Eingangswiderstand von 100 MΩ und einer Aufnehmerkapazität von 1 nF die untere Grenzfrequenz (3-dB-Abfall) fu = 1,5 Hz. Quarzaufnehmer erfordern immer spezielle Ladungsverstärker. Die Ausgangsspannung wird mit einem in Stufen umschaltbaren Verstärker auf gut verarbeitbare Größen verstärkt. Je nach Messaufgabe folgt ein Frequenzbewertungsfilter, ein Terz-, Oktav- oder Schmalbandfilter. Angezeigt wird entweder der Effektivwert oder der Spitzenwert, wobei die Integrationszeit bzw. die Speicherzeit in weiten Grenzen einstellbar ist. Da der Aufbau der Schwingungsmessgeräte (außer der Eingangsstufe) sehr ähnlich dem der Schallpegelmesser ist (vergleiche Bild 3–1), können Letztere auch für Schwingungsmessaufgaben genutzt werden. Anstelle der Mikrofonkapsel tritt der Beschleunigungsaufnehmer, der über ein Kupplungsstück, das auch als Integrator
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ausgebildet sein kann, an den Mikrofonverstärker angeschlossen wird. Die untere Frequenzgrenze wird dann meist durch das Messgerät bestimmt. 3.3.2.4 Hilfsmittel Kalibriergeräte Zur Überprüfung der Messkette wird ein Schwingungserreger mit genau bekannter, reproduzierbarer Beschleunigung benötigt. Diese Erreger sind in kleiner, handlicher Form z. B. als selbsterregte Zweimassenschwinger aufgebaut und ermöglichen bei einer Frequenz eine einfache Kontrolle der Schwingbeschleunigung, der Schwinggeschwindigkeit und des Schwingweges. Darüber hinaus stehen für den Laboreinsatz Kalibriergeräte zur Verfügung, die einen breiten Frequenzumfang abdecken, jedoch wesentlich teurer sind. Messschwingungsquellen Zur Erzeugung von Schwingungen, z. B. zur Messung der Übertragungsfunktion von Strukturen, werden vorwiegend elektrodynamische Schwingungserreger verwendet. Je nach Bauart und Größe können Kräfte im Bereich von 5 bis 1000 N erzeugt werden. Die niedrigste Frequenz wird durch die Systemresonanz bestimmt, diese beträgt 5 bis 20 Hz. Die in die Struktur eingeleitete Kraft (s. Bild 3–12) lässt sich mit einer Kraftmessdose oder näherungsweise durch Messung der Schwingbeschleunigung der schwingenden Gehäusemasse des Erregers ermitteln. Reicht die mit dem zur Verfügung stehenden elektrodynamischen Schwingungserreger erzeugte Kraft nicht aus, um bei großen Strukturen einen ausreichend großen Störabstand der Messgrößen zu erreichen, dann ist die Anwendung von Stoßvorgängen zur Anregung zu nutzen. Dafür stellt die Industrie Stoßhämmer mit auswechselbaren, verschieden nachgiebigen Schlagflächen und mit eingebautem Kraftmesswandler zur Verfügung, die erzeugte Stoßkraft ist aber auch durch Messung der Verzögerung der stoßenden Masse ermittelbar [1], insbes. S. 625. Im tieffrequenten Bereich lassen sich Kräfte mit Unwuchterregern erzeugen [20]. Hilfsmittel zur Verringerung von Fehlern Für die Ankopplung der Beschleunigungsaufnehmer ist eine Vielzahl von Hilfsmitteln entwickelt worden. Die einfachste Form ist die Befestigung mit Klebewachs oder das Anbringen des Aufnehmers mit einem Haftmagneten auf ferromagnetischen Messobjekten. Anschrauben ist aufwendiger, jedoch sehr sicher, auch bei stoßartiger Belastung. Wird die Unterlage quer zur Befestigungsfläche stark belastet, so sollte die Befestigung mit einer Bundschraube erfolgen, damit die Dehnungen des Messobjektes die Grundplatte des Aufnehmers nicht verformen (Störpegel).
Bild 3–12. Messung der in eine Struktur eingeleiteten Kräfte
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3. Messtechnik
Ebenso wirken rasche Temperaturschwankungen, sie sollten deshalb vom Aufnehmer ferngehalten werden (z. B. durch spezielle aufsteckbare Kunststoffhauben), oder es sind besonders störarme Aufnehmertypen (z. B. Scherschwinger) zu verwenden. Zur elektrischen Isolation des Aufnehmers vom Messobjekt sind isolierende Zwischenscheiben, Lackschichten oder spezielle Aufnehmertypen zu nutzen. Soll die Oberfläche mit dem Aufnehmer abgetastet werden, so kann eine Tastspitze die Messung erleichtern. Bild 3–13 zeigt die mit diesen Hilfsmitteln erreichbaren Frequenzgänge. Dabei ist zu beachten, dass die Koppelflächen mit einem dünnen Fettfilm (am günstigsten Silikonfett) versehen sind, um Resonanzen durch die Aufnehmermasse und die Nachgiebigkeit der punktförmigen Auflageflächen zu vermeiden. 3.3.2.5 Handhabung der Schwingungsmessgeräte Zur Messung der Beschleunigung, der Schwinggeschwindigkeit oder des Schwingweges wird der Beschleunigungsaufnehmer am Messobjekt befestigt. Der Aufnehmer wird entsprechend der höchsten zu messenden Frequenz ausgewählt. Die Resonanzfrequenz des Aufnehmers sollte mindestens bei der doppelten maximalen Messfrequenz liegen. Entsprechend ist auch die Art der Ankopplung zu wählen. Bei Messungen mit piezoelektrischen Aufnehmern (ohne integrierten Verstärker) und über Verlängerungskabel angeschlossenem hochohmigen Spannungsverstärker muß der Übertragungsfaktor korrigiert werden. Dieser beträgt: BaK = Bau
Ci + CK ; Ci + CK + Cz
Bau Leerlauf-Spannungsübertragungsfaktor, Ci + CK Aufnehmerkapazität einschließlich zugehörigem Kabel, zusätzliche Kabelkapazität. Cz Mit Hilfe einer eingebauten Kalibrierspannungsquelle kann nun das Messgerät kalibriert werden. Die angezeigte Beschleunigung beträgt ˜K= a
˜u K ; BaK
a˜ K Kalibrierbeschleunigung, ˜u K Kalibrierspannung (meist 100 mV), BaK Aufnehmer-Übertragungsfaktor, korrigiert, wenn mit zusätzlichem Verlängerungskabel gemessen wird.
Bild 3–13. Typische Frequenzgänge von Beschleunigungsaufnehmern mit unterschiedlichen Kopplungsarten
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Da die Kalibrierspannung meist in die aufgetrennte Aufnehmermasseleitung eingespeist wird, muss der Aufnehmer bei der Kalibrierung angeschlossen und isoliert befestigt sein. Bei Ladungsverstärkern wird meist eine definierte Kalibrierladung q˜ K zur Verfügung gestellt, die in die Eingangsbuchse (der Aufnehmer ist bei der Kalibrierung zu entfernen) des Gerätes eingespeist werden muss. Die angezeigte Beschleunigung ist a˜ K =
q˜K ; Baq
q˜K Kalibrierladung, Baq Ladungsübertragungsfaktor. Bei Aufnehmern mit integriertem Verstärker entfällt eine Kabelkorrektur, ebenso bei piezoelektrischen Aufnehmern an Ladungsverstärkern. Wenn möglich, sollte jedoch die Kontrolle der Messkette mit einem Kalibrator, der eine genau bekannte Beschleunigung abgibt, erfolgen. Die Größe der Störspannung, insbesondere infolge von Erdschleifen, Kabelbewegungen und Verstärkerrauschen, kann mit einer Ersatzkapazität bestimmt werden, die anstelle des Aufnehmers am Messobjekt angebracht wird (Bild 3–10). Die Erdverbindung muss dabei erhalten bleiben (z. B. durch Einbau der Ersatzkapazität in ein Aufnehmergehäuse). Bei den üblichen Schwingungsmessgeräten kann je nach Messaufgabe die Beschleunigung, die Schwinggeschwindigkeit oder der Schwingweg gemessen werden. Bei Schallpegelmessern oder anderen Messsystemen ist die Kalibrierung für Schwingungsgrößen mit einem Kalibriergerät oder mit der meist eingebauten Kalibrierspannung vorzunehmen. Zur näherungsweisen Ermittlung der Schwinggeschwindigkeit ist, wenn kein Integriervorsatz verwendet werden kann, das Beschleunigungsspektrum zu messen und daraus mit der Beziehung υ ˜ ( fm ) =
a˜ ( fm ) ; 2π fm
fm Mittenfrequenz des Filters die Schwinggeschwindigkeit zu berechnen. Der maximale Fehler dieser Umrechnung beträgt bei Oktavbandmessung ± 3 dB, bei Terzbandmessung ± 1 dB und bei schmaleren Filtern noch weniger. Die Ergebnisse der Schwingungsmessungen sind zu protokollieren, dabei müssen auch die technischen Daten, der Betriebszustand, Messtag, die Uhrzeit und alle weiteren für die Auswertung wichtigen Größen notiert werden. Bei der Auswertung der Messergebnisse ist zu berücksichtigen, dass die Masse des Beschleunigungs- bzw. Kraftaufnehmers am Messobjekt die Schwingungsverhältnisse bei leichten Messobjekten verfälscht. Das Verhältnis von unverfälschter Größe (Index 0) zur gemessenen, verfälschten Größe (Index m) erhält man bei plattenförmigen Objekten und Bandanregung näherungsweise aus folgenden Beziehungen: a˜ 0 ( fm ) a˜ m ( fm )
=
υ ˜ 0 ( fm )
υ˜ m ( fm )
=
ξ˜ 0 ( fm )
ξ˜ m ( fm )
=
冑 ()
9162 fm 1+ 5 . fk
81
3. Messtechnik
Bei Kraftmessungen gilt:
˜0 ( fm) F ˜m( fm) F
1 05 f 2 1+ m fk
=
冑 ()
und bei Admittanzmessungen h0 ( fm ) = h m ( fm )
冑 ()
05 f 2 1+ m . fk
Diese Beziehungen gelten nur dann, wenn die Admittanz der endlichen Platte durch die der unendlichen Platte angenähert werden darf (s. Abschn. 4.4). Die Frequenzgrenze f k , oberhalb der eine Korrektur der Messergebnisse notwendig ist, wird errechnet nach fk =
4 √8 M B′ mit M, B ′ nach Abschn. 4.2. πm
Für Stahlbleche der Dicke d gilt f k ≈ 14,7
d2 ; m
f k in kHz, d in mm, m in g. Für m ist bei Beschleunigungsmessungen die Gesamtmasse des Aufnehmers, bei Kraftmessungen die Teilmasse (Koppelmasse, s. Bild 3–15) zwischen Wandlerelement und Messobjekt, bei Admittanzmessungen die Teilmasse zwischen Wandlerelement und Messobjekt des Kraftmesswandlers und, wenn zusätzlich angebracht, die Masse des Beschleunigungsaufnehmers einzusetzen. 3.3.2.6 Fehler und Abhilfemaßnahmen Beschleunigungsaufnehmer sind relativ robuste Messwandler. Trotzdem sind sie vor harten Stößen (Fall auf Betonplatte o. Ä.) zu schützen. Bei der Messung können Fehler auftreten: – Erdschleifen und Potenzialausgleichsströme führen zu Störpegeln bei 50 Hz (s. Bild 3–10). Abhilfe: Aufnehmer isoliert befestigen, entweder mit Isolierscheibe oder durch Haftmagnet mit dünner Glimmer- oder Papierzwischenlage oder durch Kleben auf eine dünne Lackschicht. – Magnetische Wechselfelder induzieren im Aufnehmerkabel Spannungen. Abhilfe: Kontrolle der Störspannung mit einer Ersatzkapazität, Verändern der Kabelführung. – Tieffrequente Schwingungen sind nicht messbar. Abhilfe: Nutzung von piezoresistiven oder kapazitiven Aufnehmern, Einsatz von Ladungsverstärkern anstelle Spannungsverstärkern. Kontrolle des Aufnehmerkabels und der Buchsen auf Verschmutzung und Feuchtigkeit, der Isolationswiderstand muss bei piezoelektrischen Aufnehmern ohne integriertem Verstärker > 100 M Ω sein.
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Bild 3–14. Störungsarme Kabelführung bei Beschleunigungsmessungen
– Messung bei kleinsten Schwingungsgrößen ist gestört. Ursachen: Temperaturschwankung am piezoelektrischen Aufnehmer einfacher Konstruktion, Biegebewegung des Aufnehmerkabels. Abhilfe: thermische Abschirmung des Aufnehmers gegen schnelle Temperaturschwankungen, Kabel (Spezialkabel verwenden!) gegen Bewegung festlegen (Bild 3–14). Aufnehmer günstigerer Konstruktion, z. B. mit Scherschwingerelement oder isoliertem Aufbau, einsetzen. 3.3.3 Kraftmessung Zur Kraftmessung sind Wandler mit piezoelektrischem Quarzeinsatz handelsüblich. Diese erfordern Ladungsverstärker zur Signalverarbeitung und ermöglichen die Messung bis zu tiefen Frequenzen. Für die Messung von Wechselkräften kann der Einsatz keramischer Wandlerelemente, wie sie in Beschleunigungsaufnehmern Verwendung finden, nützlich sein. Bei der Befestigung der Kraftmesswandler ist zu beachten, dass im Kraftfluss nur möglichst wenige, große, mit Silikonfett bestrichene Flächen vorhanden sind (Bild 3–15). Gewindebauteile im Kraftfluss sind wegen ihrer starken Nichtlinearität zu meiden. Die Masse zwischen Piezoelement und Messobjekt soll möglichst klein sein, damit die Messwerte durch diese Zusatzmasse nicht zu stark verfälscht werden. Eine Korrektur ist nach Abschn. 3.3.2.5 möglich. Die Kalibrierung von Kraftmesswandlern erfolgt durch einen Messaufbau nach Bild 3–16.
Bild 3–15. Aufbau eines piezoelektrischen Kraftmesswandlers
Bild 3–16. Kalibrieren von Kraftmesswandlern
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3. Messtechnik
Die erzeugte Kraft beträgt
˜ = mK a˜ ; F mK Kalibriermasse einschließlich Beschleunigungsaufnehmer, a˜ Beschleunigung und kann durch entsprechendes Nachjustieren angezeigt werden. ˜ vom Wandler abgegebenen Spannung bzw. Ladung wird Aus der bei der Kraft F der Kraftübertragungsfaktor errechnet: BFu =
u˜ F
˜ F
bzw. BFq =
q˜ F
˜ F
;
˜u F Spannung am Kraftmesswandler, q˜ F Ladung am Kraftmesswandler. Für die elektrische Kalibrierung kann der Wert
˜K = F ˜u K q˜ K
u˜ F ˜ K = q˜F ; bzw. F BFq BFu Kalibrierspannung im Messgerät, Kalibrierladung des Messgerätes
Verwendung finden. In Tabelle 3–2 sind einige typische Kraftmesswandler zusammengestellt.
Tabelle 3 –2. Technische Eigenschaften von Kraftmesswandlern, aus Angaben verschiedener Hersteller abgeleitete Richtwerte Typ
Ladungs- bzw. SpannungsÜbertragungsfaktor
Messbereich
Resonanzfrequenz kHz
piezolektrische Kraftaufnehmer mit Quarzwandler
4 pC/N 4 pC/N 2,25 pC/N 2,25 pC/N
250 N 5 kN 50 kN 500 kN
70 70 50 15
piezoelektrische Kraftaufnehmer mit eingebautem Verstärker
500 mV/N 100 mV/N 10 mV/N 1 mV/N 100 µV/N 10 µV/N
10 N 50 N 500 N 5 kN 50 kN 500 kN
70 70 70 60 40 18
Kraftaufnehmer mit Dehnungsmessstreifen
100 mV/N 10 mN/N 1 mV/N 0,1 mV/N 10 µ /V/N 1 µV/N
1N 10 N 100 N 1 kN 10 kN 100 kN
3 8 25 60 60 60
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Alle weiteren Probleme entsprechen denen der Messung mit Beschleunigungsaufnehmern; ebenso sind die Fehlermöglichkeiten gleichgeartet. 3.3.4 Dehnungsmessung Da auf Bauteile einwirkende Kräfte zu Spannungen und damit zu Dehnungen in diesen Teilen führen, können in den Fällen, in denen der Einbau von piezoelektrischen Messwandlern nicht möglich ist, Kräfte durch Dehnungsmessverfahren bestimmt werden. Zur Dehnungsmessung werden Dehnungsmessstreifen auf das Bauteil geklebt. Aus der Widerstandsänderung bei Dehnung kann deren Größe bestimmt werden. Zur Verfügung stehen Folien- bzw. Draht-Dehnmessstreifen und Halbleiter-Dehnmessstreifen (Bild 3–17). Folien- und Draht-Dehnmessstreifen sind relativ unempfindlich, ihr Übertragungsverhalten ist jedoch weitgehend linear. Bei sehr kleinen Dehnungen werden zur Verstärkung der Messsignale Wechselstrom-Brückenschaltungen eingesetzt, da damit die bei Dehnung auftretende Differenzspannung leicht weiterverstärkt und angezeigt werden kann. Die Frequenz der Speisespannung beträgt üblicherweise 5 kHz, so dass Schwingungsvorgänge bis zu 1 kHz gemessen werden können. Einige Geräte arbeiten mit 50-kHz-Signalen mit einer oberen Messgrenze von 10 kHz. Der notwendige Abgleich der Brückenschaltung erfolgt bei modernen Geräten automatisch. Bei ausreichend großer Dehnung sind spezielle Gleichspannungs-Differenzverstärker einsetzbar, die Messungen bis zu hohen Frequenzen gestatten. Halbleiter-Dehnmessstreifen sind fast 100-mal empfindlicher als Draht-Dehnmessstreifen. Bei großen Dehnungen kann deshalb oft auf eine Wechselspannungsspeisung und Verstärkung verzichtet werden. Die Messung der Dehnung kann dann bis zu sehr hohen Frequenzen erfolgen. Nachteilig ist die hohe Nichtlinearität und Temperaturabhängigkeit der Halbleiter-Dehnmessstreifen. Bild 3–18 zeigt eine typische Anordnung zur Kraftmessung. Weitere Hinweise über Anordnung der Dehnmessstreifen, Kompensation und Abgleich sind in [21] und [22] enthalten.
Bild 3–17. Halbleiter- und Draht-Dehnmessstreifen
Bild 3–18. Kraftmessung mit Dehnmessstreifen (DMS)
3. Messtechnik
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3.4 Speicherung von Messsignalen 3.4.1 Einführung Hatte in der Vergangenheit bei der Zwischenspeicherung von Messsignalen das Magnetbandverfahren die weiteste Verbreitung gefunden, so ist es heute nahezu vollständig von der direkten digitalen Aufzeichnung auf unterschiedlichsten Medien abgelöst. Die heute üblichen und genormten Aufzeichnungsarten gestatten die Speicherung großer Informationsmengen, gewonnen während z.T. lang andauernder Messungen, mit geringem Aufwand. Diese Verfahren bieten die Möglichkeit, am Messort bei ungünstigen Umgebungsbedingungen mit einer kleinen Messeinrichtung die Messsignale beliebiger Dauer aufzunehmen und im Labor mit umfangreicher, hochwertiger Technik zu analysieren. Kurze Signale mit extrem hohen Frequenzgehalt wie z.B. bei Stoßvorgängen sind z.T. besser mit speziellen Geräten, wie Transientenrekordern oder Digitaloszilloskopen zu speichern. Das Messgerät, dem das zu speichernde Signal entnommen werden soll, muss einen Wechselspannungsausgang mit geringem Störpegel und einer dem Anzeigewert proportionalen Spannung besitzen. Für die Anpassung der Ausgangsspannung an den Eingangspegel des Aufzeichnungsgerätes sind u.U. Spannungsteiler notwendig. Ein Hilfsmikrofon zum Aufsprechen der Versuchsbedingungen während der Aufzeichnungen erleichtert die spätere Auswertung sehr. 3.4.2 Digitale Speicherung Vor der Aufzeichnung muss das Signal zunächst in einzelne digitale Werte überführt werden. Dies erfolgt mittels eines Analog/Digital-Wandlers. Nach erfolgter Speicherung kann das Signal sowohl zurück in ein Analogsignal gewandelt oder direkt einer weiteren digitalen Verarbeitung zugeführt werden. Bild 3–19 zeigt das Prinzip der digitalen Speicherung. Das Messsignal wird dem Antialiasingfilter, einem steilen Tiefpass, zugeführt (s. Abschnitt 3.5.3). Dieses Filter unterdrückt alle Signalanteile mit Frequenzen oberhalb der halben Abtastfrequenz, da diese das gespeicherte Signal stark verfälschen würden. Zusammen mit der von der Steuerung gelieferten Taktfrequenz fT bestimmt das Antialiasingfilter auch die obere Grenzfrequenz der digitalen Aufzeichnung. Der folgende Analog-Digital-Wandler setzt das analoge Messsignal in Digitalworte um. Die Breite des Digitalwortes bestimmt den maximal möglichen verfahrensbedingten Dynamikbereich DD. Dieser beträgt bei einem Wandler mit s Bit Wortbreite und bipolaren Signalen
Bild 3–19. Blockschaltbild eines Digitalspeichers
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DD ≈ 6 (s – 1) dB, d.h. bei 16 Bit ist DD = 90 dB. Bei der Auswertung der gespeicherten Signale, z.B. bei einer Frequenzanalyse, ist der messbare Pegelunterschied um den Über- und Untersteuerungsbereich Dü, u kleiner: D′D = DD – Dü, u . Soll der Amplitudenfehler des kleinsten auswertbaren Signals kleiner als 5% sein, so muss der notwendige Über- und Untersteuerungsbereich bei harmonischen Signalen etwa 13 dB, bei stochastischen Signalen bis zu 25 dB betragen. Mit einem 12-Bit-Analog-Digital-Wandler ist deshalb ein stochastischer Vorgang nur in einem Bereich von 41 dB ausreichend genau auswertbar. Die vom Analog-Digital-Wandler gelieferten Digitalworte müssen gespeichert werden. Die maximal speicherbare Signaldauer beträgt N tS = 4 ; fT N Anzahl der Speicherplätze für Digitalworte. Zum Beispiel sind bei einer Taktfrequenz fT von 48 kHz (die typische Abtastfrequenz des Digitale Audio Tape – DAT) und einer Aufzeichnungsdauer von 15 min etwa 42 MB Speicherkapazität erforderlich. Die digitalen Werte können je nach vorliegendem Format mit verfügbarer Software auf einem Computer weiterverarbeitet oder nach einer eventuell notwendigen Konvertierung auf Standardspeichermedien wie einer CD oder DVD archiviert werden. Die Wiedergabe des gespeicherten Signals erfolgt über den Analogausgang. Die Digitalworte werden dazu wieder in ein analoges Signal umgesetzt, der angeschaltete Tiefpass vermindert hochfrequente Anteile des durch die Digitalisierung entstehenden Rauschens. Eine Weiterverarbeitung mit normalen Geräten kann ebenfalls erfolgen. Die durch das Ein- und Ausschalten der Wiedergabe entstehenden Unstetigkeitsstellen im Signal sind dabei jedoch zu beachten, s. Bild 3–21, S. 93. Auf die Angaben von Datenformaten wird auf Grund der Fülle von Möglichkeiten an dieser Stelle verzichtet. So existieren neben zahlreichen Spezialformaten der verschiedenen Hersteller von Messgeräten auch zahlreiche übergreifende Formate wie das Universal File Format (UFF) oder auch Formate aus der Computerwelt wie z.B. das WAVFormat. In der Regel besitzen die Auswerte- und Archivierungsprogramme eine Auswahl verschiedener Konvertierungsfilter die ein problemloses Bearbeiten und Wiedergeben der Aufzeichnungen mit einem PC ermöglichen. Eine einfache Einführung in die Aufzeichnung, Bearbeitung und Wiedergabe von Sounddaten am PC sowie eine Einführung in die zugehörige Hardware und Signalverarbeitung ist z.B. in [23] zu finden. 3.4.3 Handhabung von Aufzeichnungsgeräten 3.4.3.1 Herstellung der Signalaufzeichnung Die nachfolgenden Hinweise sind unabhängig davon, ob ein digitales Aufzeichnungsgerät wie z.B. ein DAT-Rekorder an das Ausgangssignal des Vorverstärkers während der Messung angeschlossen wurde oder die digitale Aufzeichnung unmittelbar im Erweiterungsspeicher eines modernen Schallpegelmessers erfolgt.
3. Messtechnik
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Zur exakten Wiedergabe der gespeicherten, meist schwankenden Messsignale ist vor dem Messsignal eine bekannte konstante Wechselspannung zu speichern, auf die das Messsignal bei der Auswertung bezogen werden kann, der sog. Pilotton. Für dessen Erzeugung ist die in manchen Messgeräten zum Kalibrieren und Justieren eingebaute Spannungsquelle oder auch der Einsatz eines Kalibrators am Messkanal direkt verwendbar. In jedem Fall ist sicher zu stellen, dass den digitalen Werten ein eindeutiger Pegel zuordenbar ist. Eine Aufnahme erfolgt so, dass zuerst die Messbedingungen, die Verstärkereinstellung und der daraus resultierende Vollaussteuerungspegel und der Pegel beim Kalibrieren, also der Pegel des Pilotton, festgehalten oder mit dem Hilfsmikrofon aufgesprochen werden. Daran schließt sich die Aufzeichnung des Pilottons über wenigstens 10 s. Die Aussteurung sollte so erfolgend, dass während der Messungen bei schwankendem Pegel der Maximalpegel nicht überschritten wird, jedoch auch nicht zu klein ist, um einen genügend großen Störabstand bei der Wiedergabe zu erhalten. Den Abschluss der Messung bildet ein kurzer Pilotton. Bei weiteren Messpunkten wird in gleicher Weise vorgegangen. Wenn eine Messspur durch einen Umschalter zur Kommentaraufnahme mit genutzt wird, ist damit das Messsignal ausreichend gegen die Geräusche über das Hilfsmikrofon abgegrenzt, und größere Abweichungen des Übertragungsverhaltens können bei der Wiedergabe erkannt werden. Bei allen Aufnahmen ist unbedingt der Messbereichsendwert oder eine diesem entsprechende Verstärkereinstellung aufzusprechen oder zumindest zu notieren. Ohne Kenntnis dieser Einstellung sowie des Pegels des Pilottons ist die Aufzeichnung wertlos! 3.4.3.2 Auswertung der Signalaufzeichnung Für die Auswertung der Signalaufzeichnung können die für die Speicherung des Messsignals genutzten Geräte, z.B. der Schallpegelmesser, aber auch weitere Messgeräte oder Analyseprogramme genutzt werden, z.B. Frequenzanalysatoren. Zur Auswertung des gespeicherten Signals wird das Messgerät, z.B. ein Schallpegelmesser, an den Ausgang des Aufzeichnungsgerätes angeschlossen oder die entsprechenden Datenfiles mit einem Analyseprogramm geladen. Mit Hilfe des aufgezeichneten Pilottons wird das Messsystem so einjustiert, dass der Pilotton die gleiche Pegelanzeige wie während der Aufzeichnung erzeugt. Absolutwerte sind dabei unwichtig! Die meisten modernen Analysatoren und Analyseprogramme enthalten eine Autokalibrierfunktion unter Vorgabe eines Pilottons. Beim Einsatz aller Aufzeichnungsgeräte sollte man sich vor dem Einsatz vergewissern, das der Frequenzgang den zu untersuchenden Frequenzbereich abdeckt und keine Korrekturen erforderlich sind. Angaben hierzu finden sich im Datenblatt des Aufzeichnungsgeräts oder lassen sich durch Ausmessen des Frequenzgangs beschaffen. 3.4.4 Fehler bei der Zwischenspeicherung Der bei der Zwischenspeicherung von Messsignalen erzeugte zusätzliche Fehler beträgt z.B. bei hochwertigen DAT-Geräten maximal ± 0,3 dB und wird durch geringe Schwankungen im Frequenzgang und die zufälligen Fehler beim Aufspielen und beim Verwenden des Pilottons erzeugt. Da Staub auf den Bändern zu kurzzeitigen Signalausfällen während der Wiedergabe führen kann, sind die Bänder während der Aufnahme, Aufbewahrung und Wiedergabe stets staubfrei zu halten. In staubiger Umgebung leistet eine einfache Plastfolie gute Dienste.
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3.5 Frequenzanalysen 3.5.1 Einführung Die Kenntnis der Frequenzzusammensetzung der abgestrahlten Schallenergie bzw. der auf den Bauteilen auftretenden Schwinggeschwindigkeit lässt wichtige Schlüsse auf Geräuschursachen, insbesondere bei rotierenden und anderen periodisch arbeitenden Maschinen zu. Für die Gewinnung frequenzabhängiger Messergebnisse werden heute vorwiegend zwei Verfahren eingesetzt. Zum einen die Filteranalyse, bei der das Gesamtgeräusch mit Hilfe von Bandpassfiltern in Beiträge verschiedener Frequenzintervalle zerlegt wird. Die gleichzeitige und parallele Analyse aller Frequenzbänder erfolgt in einem EchtzeitFrequenzanalysator. Zum anderen existieren FFT-Analysatoren, bei denen mit Hilfe der Fast-Fourier-Transformation (FFT), eines äußerst effizienten mathematischen Algorithmus zur Realisierung der diskreten Fouriertransformation (DFT), das digitalisierte Zeitsignal in seine Frequenzbestandteile zerlegt wird. Von Bedeutung ist hierbei, das Filteranalysatoren prinzipiell analog oder digital realisiert werden können. FFT-Analysatoren arbeiten ausschließlich auf Basis digitaler Signale und auch deren Ergebnisse liegen in Form eines Linienspektrums an diskreten Frequenzen vor. 3.5.2 Filterkenngrößen Die Filtercharakteristik wird durch die frequenzabhängige Darstellung des Übertragungsfaktors bzw. des Übertragungsmaßes am besten sichtbar. Der Übertragungsfaktor wird durch das Verhältnis Hu =
u2 ; u1
u2 Filterausgangsspannung, u1 Filtereingangsspannung gebildet. Der Pegeldarstellung besser angepasst ist das Übertragungsmaß Gu = 20 lg Hu dB oder, da die Werte des Übertragungsmaßes meist negativ sind, die Dämpfung a = – Gu . Diese Dämpfungswerte gelten für bestimmte, festgelegte Anschlussbedingungen. Bei modernen Filtern ist die Dämpfung im Anschlussbereich, die Grunddämpfung, a0 = 0 dB bei älteren, mit passiven Bauelementen aufgebauten Filtern ist a0 > 0 dB. Entsprechend dem Frequenzverlauf der Dämpfung werden Hochpässe, Tiefpässe, Bandpässe, Bandsperren und Bewertungsfilter unterschieden (Bild 3–20). Mit Hilfe von Bandpässen, meist Bandfilter genannt, ist die spektrale Leistungsdichte oder der Effektivwert von Frequenzanteilen des Frequenzspektrums bestimmbar (s. Abschn. 2.2.3). Dazu ist der zu messende Frequenzbereich in einzelne Teilbereiche, in Frequenzbänder, aufzuteilen. Die Aufteilung kann erfolgen in – gleichbreite Frequenzabschnitte konstanter absoluter Bandbreite oder – gleichförmig mit der Analysefrequenz steigende Bandbreite, d. h. konstante rela-
tive Bandbreite
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3. Messtechnik
Bild 3–20. Filterarten
Als Grenze des Durchlassbereiches eines solchen Teilbereichsfilters wird die Frequenz angegeben, bei der die Dämpfung 3 dB größer als die mittlere Grunddämpfung ist. Man erhält damit eine untere und eine obere Grenzfrequenz f1 und f2 . Bei Filtern mit konstanter absoluter Bandbreite wird die Bandbreite berechnet nach B* = f 2 – f 1 , die Mittenfrequenz ist fm = ( f 2 – f 1 ) /2 . Die Mittenfrequenzen der Teilfilter steigen gemäß fm(n + 1) = fm(n) + B* . Bei Filtern mit konstanter relativer Bandbreite, s. auch [24], berechnet sich diese zu Br = ( f 2 – f 1 ) /fm , darin ist die Mittenfrequenz fm das geometrische Mittel aus den Grenzfrequenzen: fm = √7 f1 f2 . Die relative Bandbreite wird oft auch in Prozent angegeben. Die Mittenfrequenzen der Teilfilter steigen mit dem Stufungsfaktor Fs: fm (n + 1) = fm (n) · Fs . Der Stufungsfaktor beträgt Fs = G 1/ b Mit dem Oktavverhältnis G = 10 3/10 . Je nach relativer Bandbreite ist – bei Oktavfiltern – bei Terzfiltern – bei Schmalbandfiltern mit 3 % Bandbreite
zu wählen.
b=1 b=3 b = 24
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Die Grenzfrequenz der Teilfilter betragen f 1 = fm G –1/2b , f 2 = fm G +1/2b , und die relative Bandbreite ist Br = G +1/2b – G –1/ 2b . Ein Terzfilter, b = 3, Br = 0,2308, besitzt z.B. bei fm = 1000 Hz die Grenzfrequenzen f1 = 891,2 Hz, f2 = 1122 Hz. Da die Durchlasskurve des Bandpasses vom idealen rechteckigen Verlauf abweicht, wird für Präzisionsmessungen mit der effektiven Bandbreite Be bzw. der effektiven Grunddämpfung gerechnet. Diese Abweichungen sind bei normalen, genormten Terzoder Oktavfiltern für Belange der Geräuschminderung bedeutungslos. Werden Filter plötzlich mit ihrer Mittenfrequenz erregt, so vergeht zunächst eine Totzeit, ehe am Filter eine Wirkung eintritt. Der Signalanstieg verteilt sich auf mehrere Perioden (Einschwingzeit), er erreicht nur allmählich den vollen Wert. Diese Effekte verursachen eine Verspätung der Information am Filterausgang gegenüber der am Eingang. Die Verzögerung nimmt mit abnehmender Bandbreite und wachsender Polzahl des Filters zu [25]. 3.5.3 Filterarten Zu den Messungen für Aufgaben der Geräuschminderung werden vorwiegend Bandfilter eingesetzt. Dafür stehen entsprechend Abschn. 3.5.2 zwei Hauptgruppen zur Verfügung: – Filter mit konstanter relativer Bandbreite und logarithmisch geteilter Frequenz-
skala, – Filter mit konstanter Bandbreite und linear oder logarithmisch geteilter Frequenz-
skala. Typische Filter der ersten Gruppe sind Oktav- und Terzfilter mit einer relativen Bandbreite von Br ≈ 0,71 bzw Br ≈ 0,23, deren Eigenschaften in Normen und Empfehlungen festgelegt sind [24]. Oktav- und Terzfilter werden je nach Verwendungszweck in einem größeren Frequenzbereich, z.B. zwischen 20 Hz und 20 kHz, umschaltbar oder als parallel arbeitende Filterbank ausgeführt. Die Mittenfrequenzen errechnen sich als geometrische Reihe mit dem Stufungsfaktor Fs, und der Bezugsmittenfrequenz 1000 Hz. Kleinere Handgeräte besitzen heute standardmäßig parallel arbeitende Filterbereiche und komfortablere Geräte zeigen fortlaufend das Ergebnisspektrum an (Echtzeitanalysatoren). Komfortable Geräte mit parallel arbeitenden Filtern sind auf kleinere Bandbreiten bis zu Br = 0,03 umstellbar. 3.5.4 FFT-Analyse FFT steht für Fast-Fourier-Transformation, schnelle Fourier-Transformation. Die FFTAnalyse ist heute das wahrscheinlich am häufigsten eingesetzte Verfahren zur Frequenz-
91
3. Messtechnik
analyse von Schall und Schwingungen. Sie ist eine besonders schnell ausführbare Version der Diskreten Fourier-Transformation (s. 3.5.1). Beide sind von einer mathematischen Frequenztransformation, dem Fourier-Integral, abgeleitet. Das Fourierintegral ist lösbar für bestimmte Zeitvorgänge, wenn diese nämlich eine endliche Ausdehnung in der Zeit oder eine endliche Periode haben und durch eine mathematische Funktion beschreibbar sind. Statt der exakten analytischen Lösung genügt in vielen Fällen eine Näherungslösung, die bereits erwähnte Diskrete Transformation. Die Berechnungsvorschrift für die diskrete Fouriertransformation DFT lautet: N–1
S (k) =
Σ s (n) e –j2πnk/N ;
k = 0, 1, …, N – 1 .
n=1
s(n) S(k)
die Reihe der diskreten Funktionswerte zu den Zeitpunkten n das Linienspektrum an den Frequenzen k
Die DFT ist anwendbar, wenn die zu analysierende Funktion als eine Reihe von Stützwerten (Abtastwerte, diskrete Zeitfunktion) vorliegt, z.B. als ein digitalisiertes Zeitsignal. Die Näherung der Lösung besteht darin, dass das Ergebnis der DFT das eigentlich gesuchte Frequenzspektrum nur an Stützstellen mit einem diskreten Linienspektrum beschreibt, aber nur periodische Signale Linienspektren besitzen. Neben der Abtastung beschreibt dieser Zusammenhang die zweite wesentliche Voraussetzung der DFT/FFT: die numerisch ermittelten (Linien-)Spektren gehen von einer periodischen Fortsetzung der transformierten diskreten Zeitfunktion aus. Der besondere numerische Berechnungsalgorithmus der FFT soll hier nicht behandelt werden. Der interessierte Leser findet weitergehende Informationen in [2, 27]. Von grundsätzlicher Bedeutung und deshalb hier genannt ist der Umstand, dass sich der FFTAlgorithmus nur auf N = 2m (4, 8, 16, 32, 64 usw.) Abtastwerte anwenden lässt. 3.5.5 Kenngrößen der FFT-Analyse Typische Eigenschaften eines FFT-Analysators sind in Tabelle 3–3 zusammengestellt. Zwischen den Größen in Tabelle 3-3 bestehen folgende einfache Zusammenhänge: ∆ f = 1/ T , fA = N / T , fo = n / T mit n = N/ 2,56 .
Tabelle 3 –3. Typische Kennwerte von FFT-Analysatoren Anzahl der dargestellten Frequenzlinien n: obere Frequenzgrenze (einstellbar) fσ : Frequenzlinienabstand ∆ f: Zeitsignalausschnitt (Zeitfensterlänge) T: Anzahl der gespeicherten Zeitsignalwerte N: Abtastfrequenz fA:
800, zusätzlich 1 Linie für Gleichspanung (0 Hz) 1,56 Hz bis 25,6 kHz 1,95 mHz bis 32 Hz 512 s bis 31,3 ms 2048 4 Hz bis 65,5 kHz
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Die effektive Bandbreite B*e von FFT-Analysatoren wird von der verwendeten Fensterfunktion (s. Abschn. 3.5.6) bestimmt: B*e = m r ∆ f. Bei Rauschvorgängenn gilt z.B. mr = 1 m r = 1,5 m r = 3,77
für Rechteckfenster, für Hanningfenster, für Flat-top-Fenster [20].
Einfache FFT-Analysatoren können heute mit Hilfe hochwertiger Sound- oder Messkarten und zusätzlicher Anwendungssoftware auf nahezu jedem PC eingesetzt werden. Analysatoren für Messzwecke bedürfen einer gründlichen Prüfung der eingesetzten Hardware zur Datenerfassung hinsichtlich ihrer Genauigkeit und eines erhöhten Aufwandes bei der Entwicklung der Software zur Signalverarbeitung in Echtzeit. 3.5.6 Anwendung von Zeitfenster FFT-Analysatoren verarbeiten prinzipbedingt Ausschnitte aus der Zeitfunktion. Die Wahl der Ausschnitte erfolgt in der Regel zufällig. Da sich das Ergebnis der FFT auf ein Signal bezieht, dass sich aus der periodischen Fortsetzung des Ausschnittes ergibt, können am Anfang und Ende dieser Ausschnitte Sprünge im Signalverlauf auftreten, die im originalen Signal nicht enthalten sind. Bei der Fourier-Transformation der Signalausschnitte erzeugen diese Sprünge Spektralanteile, die das zu analysierende Signal nicht enthält. Die dadurch entstehenden Fehler werden durch Bewertung mit einer Fensterfunktion verringert [2, 27]. Die wichtigsten Fensterfunktionen sind: – das Hanning-Fenster, besonders für genaue Frequenzbestimmung geeignet (s. Bild
3–21) – das Flat-Top-Fenster, besonders für genaue Messung der Amplitude geeignet, – Exponential- und Rechteckfenster für die Bestimmung der Amplitudendichte von
Einzelimpulsen, z. B. zu Bestimmung von Übertragungsfunktionen mechanischer Strukturen mittels Stoßhammeranregung. Die für die Messung günstige Fensterfunktion muss am FFT-Analysator oder mit Hilfe der Software vor der Messung eingestellt werden. 3.5.7 Auswahl und Handhabung der Frequenzanalyseverfahren Die Auswahl des Analyseverfahrens hängt von dem zu untersuchenden Schall- oder Schwingungsereignis und dem Untersuchungszweck ab. Generell gilt, dass Oktav- und Terzanalysen sehr übersichtliche Ergebnisse über akustische Probleme liefern. Ist bei der Untersuchung die Lautheit von Bedeutung, sind Terzanalysen die angemessene Mittelungsform überhaupt [28]. Ebenso genügt zur Auslegung sekundärer Lärmschutzmaßnahmen meist die Kenntnis des Oktav- bzw. Terzspektrums, insbesondere wenn breitbandige, gleichförmige Geräusche vorliegen. Von Bedeutung sind Emissionsspektren in Terzbandbreite z.B. bei Schallimmissionsprognosen. Schmalband- oder FFT-Analysen sind bei der Behandlung konstruktiver Probleme angebracht. Die Suche nach auftretenden Resonanzfrequenzen sowie den Frequenzen
3. Messtechnik
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Bild 3–21. Wirkung des Hanning-Fensters
der ursächlichen Erregungsvorgänge (z.B. Zahneingriffsfrequenzen, Drehzahlen) erfordert schmale Bandbreiten. Die Bestimmung der spektralen Zusammensetzung von Impulsen ist vorteilhaft mit FFT-Analysen durchführbar. Zur Ermittlung der Ursache tonaler Komponenten sind schmalbandige Filter (höchstens Terzbandbreite) notwendig. Treten einzelne Frequenzen in einem sehr weiten Frequenzbereich auf (z. B. Drehfrequenzen, Verzahnungsfrequenzen u.Ä.), dann ist ein Filter mit konstanter relativer Bandbreite und logarithmischer Frequenzskale zweckmäßig. Die Bandbreite ist so zu wählen, dass während der Analyse die Drehzalschwankungen des Prüfobjektes kleiner sind als die Bandbreite: ∆n
n0
< Br ;
∆ n Drehzahlschwankungsbereich,
n0
Nenndrehzahl.
Ferner sind bei der Auswahl des Analyseverfahrens auch die zur Verfügung stehenden Mittelungszeiten und -methoden zu berücksichtigen. Stationäre, langsam veränderliche und flüchtige Vorgänge bedingen verschiedene Mittelungsarten und -zeiten sowie unterschiedliche Zeitbewertungsfenster bei der Anwendung der FFT (ausführlichere Darstellungen siehe [25, 26]). Die Ergebnisse der FFT-Analyse können auch als Ergebnisse einer Schmalband-Filterung interpretiert werden. Seit Beginn der Verwendung von FFT-Analysatoren wird deshalb angeboten, die Schmalbandspektren in andere Bandbreiten, vorzugsweise in Terzbandbreiten umzurechnen – Terzspektren zu „synthetisieren“.
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Bild 3–22. Wahl veränderlicher Einstellungen an Frequenzanalysatoren zur Aufdeckung der Ursachen von Geräuschen und Schwingungen nach [25]
Bei diesem Vorgang scheint sich die Aufgabe lediglich darauf zu beschränken, genügend viele Bandbreiten des FFT-Analysators zu addieren, bis sich die Breite einer Terz ergibt. Dabei ergibt sich das praktische Problem, dass die Frequenzauflösung von Terzen erst ab einer Mindestfrequenz tatsächlich schlechter ist und die Synthese erst oberhalb dieser Mindestfrequenz überhaupt möglich ist.
3. Messtechnik
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Bei der Umrechnung sind ferner verschiedene Einflüsse zu berücksichtigen, z.B. die effektive Rauschbandbreite. Weiter erreichen synthetische Filter wegen der Addition aller Flanken nicht die Qualität der schärfsten Akustik-Standards. Bei der Anwendung synthetischer Filter auf diskontinuierliche Geräusche ist das unterschiedliche zeitliche Verhalten der Filter und der Ergebnisse der FFT zu beachten. Zum Beispiel kann das Zeitraster des „Öffnen und Schließens“ der Hanningfunktion zu erheblich abweichenden Spektren bei der Analyse impulshaltiger Signale führen. Generell kann man zusammenfassen, dass Frequenzanalysatoren eine geschulte Bedienung erfordern. Bei den Überlegungen vor einer Analyse oder auch für die nachfolgenden soll die Übersicht in Bild 3–22 helfen. Direkt vor dem Start der Messungen sollte immer an die richtige Aussteuerung, die Wahl der richtigen Einheiten und die Wahl eines ausreichend großen Frequenzbereiches für erste Überblicksmessungen gedacht werden. Die weiteren Entscheidungspunkte sind im Bild 3–22 dargestellt. Mit Sicherheit sind diese nicht vollständig. 3.5.8 Auswertung der Ergebnisse Die Auswertung von Schmalband-Pegeldiagrammen mit logarithmischer Frequenzskala kann sehr zweckmäßig mit Hilfslinealen erfolgen (s. Bild 3–23). Dazu werden auf ein Lineal, ausgehend von der tiefsten Drehfrequenz, alle rechnerisch vorkommenden Frequenzen übertragen. Diese Frequenzen sind dann im Spektrum leicht aufzufinden. Feste Freqeunzen, wie Bauteilresonanzen, Ringdehnungs- und Magnetisierungsfrequenz, lassen sich durch Messung eines zweiten Spektrums mit veränderter Drehzahl auffinden. Die mit der Drehzahl veränderlichen Frequenzen können nach Verschieben des Lineals auf die neue Drehfrequenz abgelesen werden. Spektrallinienfolgen, entstanden z.B. durch periodische Stoßvorgänge, sind aus Schmalbandanalysen mit linearer Frequenzskala durch den gleichmäßigen Abstand der Frequenzspitzen ablesbar. 3.5.9 Cepstrumanalyse Die FFT kann über die Analyse der Frequenzzusammensetzung einfacher Signale hinausgehend angewandt werden. Dazu werden neben der FFT selbst weitere Operationen angewandt. Von praktischer Bedeutung ist die Cepstrumanalyse. Zum Beispiel ist die Periodizität von Frequenzlinienfamilien, wie sie bei Stoßvorgängen an defekten Kugellagern oder Seitenbandfamilien bei Getrieben beobachtet werden, von Interesse. Zur Bestimmung dieser Periodizität wird das bereits vorhandene Spektrum erneut dem FFT-Algorithmus unterworfen. Man erhält das Spektrum des logarithmierten Leistungsspektrums, Cepstrum genannt. Auch für Ausschnitte des Spektrums ist diese Analyse möglich, die kleinste sogenannte „Quefrenz“ beträgt (Bild 3–24): 1 τ1 = ; fo – f u fo obere Bereichsgrenze, f u untere Bereichsgrenze. Sind im Spektrum u.a. mehrere Pegelmaxima mit dem Abstand ∆f vorhanden, dann erhält man im Cepstrum bei n · τ1 = 1/∆f eine besonders hohe Amplitude. Kurz eine ganze Frequenzlinienfamilie wird durch eine einzige Linie im Cepstrum repräsentiert.
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Bild 3–23. Auswertung einer Frequenzanalyse
Bild 3–24. Cepstrum-Analyse
Beispiel: Die Cepstrum-Analyse eines Spektrums im Bereich f0 – fu = 100 Hz (τ1 = 10 ms) ergibt bei n = 8 (Bild 3–24) einen hohen Wert. Im Spektrum sind demnach ausgeprägte Maxima mit einem Frequenzabstand von ∆f =
1 = 12,5 Hz 8 τ1
vorhanden. Die Cepstrumanalyse ist mit den meisten FFT-Analysatoren durchführbar, lässt sich aber auch mit jedem Rechner durch Eingabe des Spektrums mit linearer Frequenzteilung und normaler Fourier-Transformation realisieren. Weitere Anwendungen der Cepstrumanalyse sind die Analyse von Oberschwingungen (Obertöne) in der musikalischen Akustik, in der Maschinendiagnose und in der Sprachverarbeitung und die Trennung von Signalquelle und Übertragungspfad bei Echosignalen in der akustischen Messtechnik [25, 29].
3. Messtechnik
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3.6 Zweikanalige Signal- und Systemanalyse 3.6.1 Einführung Mehrkanalige Signalanalysen ermöglichen, mit relativ geringem Aufwand unter Anderem Geräuschquellenuntersuchungen durchzuführen oder Übertragungseigenschaften von Strukturen zu messen. Dabei erfolgt die Analyse von Mehrkanalmessungen vorwiegend in der Form der Zweikanalanalyse [5]. Die für den technischen Lärmschutz wichtigsten zweikanalig ermittelbaren Größen sind: – – – – –
die Kreuzkorrelation, die Kreuzleistunsgdichte, die Übertragungsfunktion, die Impulsantwort, die Schallintensität mit Hilfe der gleichzeitigen Messung an zwei benachbarten Mikrofonen (s. Abschn. 2.4.3 und 2.7.6).
Für die Messung dieser Größen werden heute generell PC-gestützte Messsysteme verwendet. Die Schallintensität ist durch zwei Verfahren bestimmbar: mit Hilfe der FFT-Analyse (schmalbandiges Verfahren) oder in Terz- bzw. Oktavbandbreiten mit Digitalfiltern (s. Abschn. 3.6.3). 3.6.2 Messung der Übertragungsfunktion Die Ermittlung des Betrages der Übertragunsgfunktion
| H(ω) | = | Fy (ω) | / | Fx (ω) | ; Fx(ω), Fy(ω) Fourier-Transformierte der Signale x(t), y(t). erfolgt herkömmlich und in einfacher Weise durch Einspeisen des Signals und Messung der Eingangs- und Ausgangsgrößen, bei breitbandigem Signal in einzelnen Frequenzbändern unter Verwendung von Bandfiltern. Die komplexe Übertragungsfunktion H (ω) = Fy (ω) / Fx (ω) ist bei Anregung mit Sinussignalen durch Messung der Eingangs- und Ausgangsgrößen sowie des Phasenwinkels zwischen beiden, bei breitbandiger Anregung durch FourierTransformation von Eingangs- und Ausgangssignal bestimmbar (Bild 3–25). Zweikanalige FFT-Analysatoren ermöglichen die Messung der Auto- und Kreuzleistungsdichte (s. Abschn. 3.6.3). Damit erhält man ebenfalls den komplexen Übertragungsfaktor H (ω) = S yy (ω) /S yx (ω) auch dann, wenn das Signal x(t) durch Fremdsignale gestört ist. Bei Störungen des Ausgangssignals y(t) berechnet man den komplexen Übertragungsfaktor vorteilhaft mit H (ω) = Sxy (ω) /Sxx (ω) .
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Bild 3–25. Messung der komplexen Übertragungsfunktion mit Zweikanal-FFT-Analysator
In diesen Beziehungen sind Sxx (ω), S yy (ω) die Autoleistungsdichte der Signale x (t), y (t), Sxy (ω), S yx (ω) die Kreuzleistungsdichte der Signale x (t), y (t). Zweikanalige FFT-Analysatoren berechnen demnach die komplexe Übertragungsfunktion aus den Kreuzleistungs- und Autoleistungsdichten nach den beiden oben angegebenen Beziehungen [26]. Ebenso lassen sich auch andere komplexe Verhältnisse, z.B. die Punktadmittanz (s. Abschn. 4.4) h (ω) =
Fv (ω) S (ω) = Fv FF (ω) S FF (ω)
mit Hilfe zweikanaliger FFT-Analysatoren messen [30]. Durch Verwendung angepasster periodischer Anregungssignale (z.B. Chirp, Multisinus, Periodisches Rauschen), deren Generierung, Speicherung und D/A-Umsetzung mit PC-gestützten Messsystemen heute kein Problem mehr ist, können eine bessere Aussteuerung, ein besserer Rauschabstand und damit eine größere Messgenauigkeit gegenüber der rein stochastischen Anregung erreicht werden [2]. 3.6.3 Quellenanalyse Bei der Lärmminderung an Maschinen ist es vorteilhaft zu wissen, welchen Anteil am Gesamtgeräusch einzelne Quellen haben (Bild 3–26). Für diese Aussage ist die Kreuzkorrelationsfunktion ψ xy (τ ) = lim
T→∞
1 2T
+T
∫
x (t) y (t ± τ) d t
–T
geignet. Besser handhabbar für die praktische Anwendung ist der Korrelationsgrad 2x y (τ ) =
ψ 2x y (τ ) = 0 bis 1 ; ψ xx (0) ψ yy (0)
ψ xy (τ ) Kreuzkorrelationsfunktion, ψ xx (0), ψ yy (0) Autokorrelationsfunktion für τ = 0.
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3. Messtechnik
Bild 3–26. Anteil einzelner Quellen am Gesamtpegel
Dabei ist die Unschärferelation einzuhalten: ∆ f ∆τ ≥ 3; ∆f ∆τ
Bandbreite des Signals, Laufzeitdifferenz der Signale,
d. h. die Bandbreite und die Laufzeit müssen möglichst groß sein (große Abstände zwischen den Messpunkten, deshalb nur anwendbar in größeren Anlagen, breitbandiges, z.B. A-bewertetes Messsignal ohne hervortretende tonale Komponenten). Oft ist die Kreuzleistungsdichte Sxy (ω) =
1 2Π
+∞
∫
ψ xy (τ ) e – j ω τ dτ ,
–∞
bzw. der Kohärenzgrad 2 (ω) = γ xy
| Sxy (ω)| 2 Sxx (ω) Syy (ω)
= 0 bis 1
Kreuzleistungsdichtefunktion, Sxy (ω) Sxx (ω) Syy (ω) Autoleistungsdichtefunktion für diese Untersuchung besser geeignet. Als Bedingung gilt hier ∆ f ∆τ ≤ 0,3, d.h. bei der Messung ist auf eine möglichst kleine Bandbreite (realisiert durch einen zweikanaligen FFT-Analysator) und auf eine möglichst kurze Laufzeit (kleiner Abstand des Aufpunktes von den Quellen, z.B. im Nahfeld von Maschinen) zu achten. Der Korrelations- bzw. Kohärenzgrad ist 0, wenn im Aufpunkt kein Quellenanteil vorliegt, er erreicht den Wert 1, wenn die Messgröße ausschließlich von der Quelle stammt. Voraussetzung ist aber, dass neben der Einhaltung der genannten Bedingungen die Bezugsgröße x(t) keinen Anteil anderer Quellen besitzt. Das ist jedoch nur in seltensten Fällen gewährleistet (Bild 3–27), woraus sich die geringe Nutzung dieser Technik zu akustischen Untersuchungen erklärt. In einzelnen Fällen, z.B. zur Trennung von mechanisch und aeroakustisch erzeugtem Lärm, ist auf Grund der geringen Verkopplung beider Quellenarten dieses Verfahren jedoch anwendbar. Dagegen lässt sich die Schallintensitätsmessung (s. Abschn. 2.7.6) oft günstiger zur Quellenfindung einsetzen. Durch Messung der Teilleistung einzelner Quellen ist der Anteil an der Gesamtleistung leicht bestimmbar (Bild 3–28).
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Bild 3–27. Störung des Bezugssignals der Quelle 1 durch Körperschallübertragung von Quelle 2
Bild 3–28. Schallintensitätsmessung zur Bestimmung der Schallleistung einzelner Quellen
Bild 3–29. Quellenfindung durch Schallintensitätsvektoren
Durch Messen der Schallintensität in zwei rechtwinklig aufeinanderstehenden Richtungen kann außerdem ein Schallintensitätsvektor bestimmt werden, aus dessen Richtung auf die Quelle geschlossen werden kann (Bild 3–29). Für die Anwendung der Schallintensitätsmessung, insbesondere an Maschinen mit zeitlich schwankendem Pegel, sind Geräte mit Terz- bzw. Oktavfilterung aufgrund günstigerer Mittelwertbildung vorteilhafter als FFT-Analysatoren. Letztere eignen sich besser im Labor, insbesondere bei tonalen Komponenten und gleichförmigen Geräuschen. Mit Hilfe moderner PC-gestützter Mehrkanal-Analysatoren ist es unter Verwendung von mehr als 2 Messkanälen möglich, den kohärenten Anteil der Schallintensität zu einer oder mehreren Referenzen zu bestimmen. Die Kohärenzbewertung und die Intensitätsmessung können so kombiniert zur Ermittlung der eigentlichen Quellen eingesetzt werden [31].
3.7 Mehrkanalmethoden zur Geräuschquellenlokalisation 3.7.1 Einführung Zur gezielten Durchführung von Lärmminderungsmaßnahmen an einer Maschine ist es erforderlich, ihre dominierenden Schallquellen zu kennen. In diesem Abschnitt sollen die wesentlichen akustischen Messmethoden zur Schallquellenortung mittels Mikrofonarrays und die für den Praktiker wissenswerten Eigenschaften dargestellt werden. Eines der leistungsfähigsten und elegantesten Instrumente zur Schallquellenortung ist trotz aller technischen Hilfsmittel das menschliche Gehör. Daher sollte dieses stets als
3. Messtechnik
101
erstes zur Ortung von Schallquellen genutzt werden. Das Vorkommen von dominanten reinen Tönen sowie die Stationarität eines abgestrahlten Geräuschspektrums lassen sich durch Hören des Schalls so einfach feststellen. Liegen Kenntnisse über die zu untersuchende Geräuschquelle vor, lassen sich häufig die wesentlichen Teilquellen an Hand des abgestrahlten Spektrums bestimmen. Aber nicht alle Geräuschquellen erlauben den direkten Zugang an die abstrahlende Oberfläche. Ebenso können Sicherheitsvorschriften gegen eine Hörprobe sprechen. In solchen Fällen hilft die Verwendung eines Mikrofons, dessen Ausgangssignal auf ein Paar guter Kopfhörer übertragen wird. Befestigt man das Mikrofon an einer Haltevorrichtung oder einem Roboter, kann gefahrlos der abgestrahlte Schall in unmittelbarer Nähe der Geräuschquelle gemessen werden. Noch einfacher ist die Verwendung eines Stethoskops oder eines Beschleunigungsaufnehmers, dessen Ausgangssignal auf ein Paar gute Kopfhörer übertragen wird, um das Spektrum der Geräuschquelle an verschiedenen Punkten direkt zu hören. Mit dieser Technik lassen sich dominierende Schallerzeugungsmechanismen indentifizieren und die Orte der Abstrahlung finden. Mit Hilfe des gewonnenen Geräuscheindrucks kann dann entschieden werden, welche weiteren Hilfsmittel einzusetzen sind, um alle gewünschten Informationen über die Schallabstrahlung zu erhalten [32–34]. Die den Mikrofonarray-Techniken zu Grunde liegenden mathematischen Abhängigkeiten sind ausführlich in [35] und zusammenfassend in [36] dargestellt. 3.7.2 Bekannte Verfahren Die bekannten „mehr technischen“ Verfahren zur Schallquellenlokalisation können in zwei Gruppen unterteilt werden. Die eine Gruppe beinhaltet all die Verfahren, die auf der direkten Messung und ggf. anschließenden Kartierung einer das Schallfeld beschreibenden Größe beruhen. Zu dieser Gruppe gehören: – Schalldruckkartierung mit Hilfe eines einzelnen Mikrofons – Schallintensitätskartierung mit Hilfe einer Schalllintensitätssonde – Beamforming – Schallkartierung mittels extremer Richtwirkung eines Mikrofonarrays im akustischen Fernfeld Für die ersten beiden Verfahren dieser Gruppe sind streng genommen keine Arrays notwendig. Zu einer zweiten Gruppe gehören die Verfahren, die auf einer modellhaften Beschreibung des Schallfeldes beruhen, die sich auf Messungen in der Nähe der Quellen mit Hilfe eines Mikrofonarrays stützt. Mit diesen Verfahren ist es möglich, die das akustische Schallfeld beschreibenden Größen über einer wählbaren Abbildungsebene zu berechnen und darzustellen. Zu dieser Gruppe gehören: – Akustische Nahfeldholographie – NAH für stationäre Vorgänge mit Hilfe eines kleinen ebenen Mikronarrays mit sequenzieller Umsetzung – Akustische Nahfeldholographie im Zeitbereich – TDH mit Hilfe eines ebenen Mikrofonarrays großer Abmessung im akustischen Nahfeld – Statistisch Optimale Nahfeldholographie – SONAH mit Hilfe eines ebenen Mikrofonarrays im akustischen Nahfeld Die vorgenannten Verfahren sind heute alle in der Praxis anzutreffen. Dabei stellt die Kartierung des Schalldruckes mit Hilfe von direkten Schallmessungen eher einen Behelf dar [37].
102
E. Seidel, überarbeitet von M. Quickert
3.7.3 Kriterien zur Auswahl eines geeigneten Verfahrens Bei der Auswahl eines geeigneten Verfahrens sind verschiedene Eigenschaften zu vergleichen. Erschwerend ist dabei, dass die verschiedenen Parameter miteinander verknüpft sind und nicht unabhängig voneinander gewählt werden können. Wesentlich bei der Entscheidungsfindung dürften die folgenden Punkte sein: – – – – – – – – – – – –
Anforderungen an das Schallfeld Quellenverhalten nutzbarer Frequenzbereich Auflösungsvermögen Bestimmbarkeit von Teilschallleistungen Größe der erfassbaren Quellen Mikrofonanzahl Zeitaufwand Darstellung der Ergebnisse Messergebnis oder modellbasierendes Ergebnis Simulation der Quellenmodifikation Kosten
Tabelle 3–4 enthält eine Übersicht der in Abschnitt 3.7.2 genannten Verfahren und eine relative Bewertung der im Folgenden beschriebenen und für den Einsatz der jeweiligen Methode abzuwägenden Eigenschaften. Anforderungen an das Schallfeld Mit Ausnahme des Verfahrens der Messung und Kartierung der Schallintensität sind alle Verfahren auf ein Schallfeld mit quasi Freifeldbedingungen und ohne Störquellen angewiesen. Dies ist bei den akustischen Holografieverfahren mit Messung im Nahfeld der Quellen auch gegeben. Beim Einsatz des Beamformings sind geeignete Maßnahmen zu ergreifen, die bei der Messung im Fernfeld den störenden Einfluss von Raumreflexionen und Störquellen so weit wie notwendig vermeiden. Quellenverhalten Von Bedeutung bei der Auswahl des Verfahrens ist, ob die Quelle stationär in Bezug auf Position und Geräuschausstrahlung während der Messung ist. Bewegt sich die Quelle oder verändert sie während der Messung ihre Geräusch, so kommen nur noch die Verfahren mit gleichzeitiger und einmaliger Erfassung der ganzen Quelle in Frage. Nutzbarer Frequenzbereich Da die Verfahren für verschiedene Frequenzbereichen geeignet sind, müssen die bekannt sein und beachtet werden. Gegebenenfalls kann durch sinnvolle Kombination der Verfahren der für die Analyse eines Problems erforderliche Frequenzbereich abgedeckt werden. Auflösungsvermögen Das Auflösungsvermögen ist ein Maß dafür, wie weit benachbarte Quellen mindestens entfernt sein müssen (Abstand R), damit sie noch als getrennte Quellen erfasst werden [43]. Ein zu niedriges Auflösungsvermögen führt zu verschwommener Kartierung und macht es schwierig, die einzelnen Quellen genau zu lokalisieren. Ergebnisse einer vergl. Untersuchung siehe [38].
103
3. Messtechnik
Tabelle 3–4. Übersicht zu den Verfahren der Schallquellenortung und deren Charakterisierung Eigenschaften
Anforderungen an das Schallfeld Quellenverhalten Nutzbarer Frequenzbereich Auflösungsvermögen Bestimmbarkeit von Teilschallleistungen Größe der erfassbaren Quellen Mikrofonanzahl Zeitaufwand Darstellung der Ergebnisse Mess- oder modellbasiertes Ergebnis Simulation der Quellenmodifikation Kosten
Verfahren Schallintensität
Beamforming
NAH
TDH
SONAH
gering
Freifeld
Freifeld
Freifeld
Freifeld
stationär und nichtstationär Entsprechend fu ≥ c/(3z) N/D der Wahl des fo ≤ 3c kl Spacers R ≥ s*3*21/2 R ~ 0,7 λ
stationär fu > c/(2L) fo < c/(2d)
stationär und nichtstationär fu > c/(2L) fo < c/(2d)
stationär und nichtstationär fu > c/(10L) fo < c/(2d)
R~z
R~z
R~z
ja
bedingt
ja
ja
ja
Theoretisch unbegrenzt
L≥ D
theoretisch unbegrenzt
L λ Luft ist, bezeichnet man als biegesteif (nach Bild 4 –1 z. B. 50 mm Stahl oberhalb 300 Hz). Ist dagegen λ B < λ Luft , charakterisiert man sie als biegeweich (z. B. 1 mm Stahl unterhalb 12 kHz). Die Frequenz, bei der cB = c bzw. λ B = λ Luft ist, wird nach Cremer [4] als Grenzfrequenz bezeichnet. Sie ist von großer Bedeutung, da oberhalb dieser Frequenz grundsätzlich andere Gesetzmäßigkeiten für die Schallabstrahlung und die Schalldämmung bestehen als unterhalb. Bei der Grenzfrequenz selbst treten ein Maximum der Schallabstrahlung und ein erheblicher Einbruch der Schalldämmung auf (s. Abschn. 5.2.3.2). Plattenförmige Bauteile sind also so zu dimensionieren, dass die Grenzfrequenz möglichst unterhalb oder oberhalb des Frequenzbereiches liegt, der für die Geräuschabstrahlung bzw. -übertragung kritisch ist. So sind gemäß Bild 4 –1 Maschinengehäuse mit üblichen Wanddicken von 10 bis 20 mm akustisch recht ungünstig, da die dominierenden Geräuschanteile oft bei 1 kHz und damit im Bereich der Grenzfrequenz liegen. Trotz großer Wanddicke sind dann u. U. zusätzliche Maßnahmen erforderlich, z. B. biegeweiche Vorsatzschalen (s. Abschn. 5.4.3). Für die Grenzfrequenz gilt fg =
c2 2π
5 M c2 = B′ 2 π d
001 12 (1 – µ2) . 992 E
(3)
Danach liegt die Grenzfrequenz um so höher, je schwerer und biegeweicher eine Platte bzw. je dünner sie bei gegebenem Material ist. Aus Gl. (3) lässt sich mit der Longitudinalwellengeschwindigkeit cL , der Schallgeschwindigkeit c = 343 m/s und einer mittleren Querkontraktionszahl µ = 0,35 folgende Näherungsformel für homogene ebene Platten ableiten: fg =
c2 61 · 103 ; 1,936 d cL d cL
d in mm, cL in m /s, fg in kHz.
(3a)
118
W. Schirmer
Tabelle 4 –1. Mechanische Stoffkennwerte bei Normalbedingungen Stoff Metalle Aluminium Blei Grauguss Kupfer Messing Stahl Zink
E 109 N/m2
µ
68 17 120 125 95 206 13
0,34 0,43 0,25 0,35 0,33 0,31 0,33
Kunststoffe1) GUP 2), 33 % Glasfasern 50 % Glasfasern Piacryl Plexiglas Polyamid Polyester, hart weich Polypropylen Polystyrol Polyurethan PVC hart
9 14 3 5,6 1,25 1,2 0,2 1,2 3,5 2,3 3,4
Baustoffe1) Beton, SchwerLeichtPorenGips Gipsplatten mit Celluloseanteil Glas Holz, Fichte Eiche Spanplatten Sperrholz Ziegel
30 3,8 2 7 3,4 60 3 6 4,6 5,4 26
1
103 kg/m3
0,37
0,4
2,7 11,3 7,3 8,9 8,5 7,85 7,1
cL m/s 5020 1250 4050 3700 3200 5100 1350
1,5 1,65 1,18 1,15 1,1 0,95 0,93 0,9 1,05 1,25 1,38
2400 2900 1600 2200 1070 1130 460 1150 1830 1360 1570
2,0 bis 2,4 1,3 bis 1,6 0,6 bis 0,8 1,1 1,1 2,5 0,4 bis 0,7 0,7 bis 1,0 0,6 bis 0,8 0,6 1,9
3400 1700 1700 2500 1750 4900 2500 3000 2700 3000 bis 3000
) Orientierungswerte, für Nachweis-Rechnungen Herstellerangaben heranziehen. ) glasfaserverstärktes, ungesättigtes Polyesterharz 3 ) Angaben für kleine Formfaktoren κ = belastete Fläche/freie Oberfläche, bei flächenhaften Elementen κ ≤ 2 bis 3 durch geeignete Formgebung (Löcher, Rippen, Unterteilung) sichern, vgl. [24]. 4 ) Raummasse ≈ 50 kg/m3. 5 ) z. B. Getzner Sylomer. 6 ) z. B. BSW Regupol. a ) 1 N/mm2 = 1 MN/m2. b ) E ist belastungsabhängig, E für ca. 50 % σ max und f = 5 Hz sofern Angaben vorhanden, vgl. Abschn. 11.3.5.4 und 12.2.2.2., [24]. c) maximale Druckbelastbarkeit. d ) berechnet mit s′ = E/d; die lineare Abhängigkeit von d ist im Allgemeinen gestört. e) Eigenfrequenz bei σ 0,5 max nach f 0 = 0,5 (s′/σ max) . f) für d lt. Spalte 1, sonst d = 20 mm. 2
119
4. Schwingungen und Schallabstrahlung von festen Körpern Tabelle 4 –1 (Fortsetzung) E a, b) N/mm2
Stoff
σmaxc)
N/mm2
s′ d, f) d = 20 mm MN/m3
Hz
11 bis 408 55 250 500 10 10 500 15 100
17 bis 12 12 35 15 16 22 35 20 50
fo e)
Werkstoffe1, 3)
Elastische Polyurethan-Weichschaum 25 mm dick, Kennfarbe gelb bis türkis 5) Gummischrot 30 mm dick 6) Holzwolle-Leichtbauplatte Kork, weich Mineralfaserplatten Polystyrol-Hartschaum Polyurethan-Hartschaum4) -Weichschaum Styropor
0,28 bis 10,2 1,7 5 10 0,2 0,4 10 0,3 2
0,01 bis 0,8 0,1 0,05 0,5 0,01 0,01 0,1 0,01 0,01
Bild 4–1. Biegewellenlänge λ B für Platten aus Walzstahl und Grauguss (GG) verschiedener Dicke sowie Luftschallwellenlänge λ (a)
120
W. Schirmer
Für Stahl gilt damit fg 앒
12 , d
für Grauguss fg 앒
15 . d
Eine Zusammenstellung der Grenzfrequenzen in Abhängigkeit von der Plattendicke ist im Bild 4 –2 für verschiedene Materialien angegeben. Die Berechnung erfolgte mit Gl. (3a) unter Anwendung von Tabelle 4 –1. Aus dem Bild ist ersichtlich, dass die Grenzfrequenz bei gleichem Material mit wachsender Bauteildicke abfällt, z. B. bei Stahlblech (Kurve e) von fg ≈ 12 000 Hz bei d = 1 mm auf fg ≈ 2000 Hz bei d = 6 mm. Aus Bild 4 –2 kann außerdem abgelesen werden, dass die Grenzfrequenzen folgender Materialien und Plattendicken im meist interessierenden Frequenzbereich von 200 bis 3000 Hz liegen, so dass die ungünstigen Effekte bei der Grenzfrequenz besonders beachtet werden müssen: Schwerbeton ⬉ 90 mm dick, Ziegel ⬉ 120 mm dick, Stahlblech ⭌ 4 mm dick, Sperrholz ⬉ 7 mm dick, Glas ⭌ 4 mm dick.
Bild 4 –2. Grenzfrequenz fg für verschiedene Materialien in Abhängigkeit von der Plattendicke d. a Leichtbeton, b Schwerbeton, c Ziegelstein, d Gips, e Stahl und Aluminium, f Blei, g Sperrholz, h Glas
4. Schwingungen und Schallabstrahlung von festen Körpern
121
Für die Abnahme der Amplitude der von einer Anregungsstelle auf einer homogenen Platte weglaufenden Biegewelle gibt es wie bei jeder ungestörten Wellenausbreitung zwei Ursachen: – die Abnahme der Energiedichte wegen der divergierenden Wellenausbreitung und – die Umwandlung von mechanischer Schwingungsenergie in Wärme, kurz Dämpfung genannt. Den Divergenzeffekt erhält man aus der Konstanz der durch jede Hüllfläche unabhängig von der Entfernung hindurchtretenden Leistung P = w cg S;
(4)
w = υ ˜ 2 Energiedichte im Körperschallfeld, cg = 2 cB für Signal- und Leistungstransport maßgebende Gruppengeschwindigkeit von Biegewellen (s. [2], insbes. S. 149; für alle anderen Wellenarten gilt cg = c), S Hüllfläche. Für die Platte der Dicke d gilt im Abstand r von einer punktförmigen Anregungsstelle S = 2 π r d. r Daraus folgen υ ˜ 2 ~ 1/r und ∆ L s = 10 lg r12 dB, d. h. 3 dB Abnahme des Körperschallpegels je Entfernungsverdopplung. Für einen Stab, in dem keine Divergenz der Biegewelle möglich ist, d. h. S = konst. gilt, tritt ohne Dämpfung keine Abnahme des Körperschallpegels mit der Entfernung auf. Vorgenannte Betrachtungen gelten für alle Wellenformen in festen Körpern. Den Dämpfungseffekt erhält man durch Einführung eines komplexen Elastizitätsmoduls E = E⊥ (1 + jη), wobei hier η der Materialverlustfaktor ist (Erweiterung der Bedeutung von η s. Abschn. 4.7.1.1). Aus Gl. (1) folgt
冑
kB = kB4
92 1 η ≈ kB 1 – j 4 1+jη
(
)
für η ⬉ 0,2 .
Mit υ (x) = υˆ0 e – j k B x
für die Ausbreitung ebener Biegewellen in x-Richtung erhält man für die Abnahme des Körperschallpegels über eine Strecke l ∆ Lη = 13,6 η
l λB
dB.
Bei divergierender Wellenausbreitung gilt ∆ L = ∆ Ls + ∆ Lη .
Mit einem üblichen Wert von η = 10 –2 wird ∆ L η ≈ 0,14
l λB
dB,
d. h., auf einer Strecke gleich der Biegewellenlänge treten nur 0,14 dB Pegelabnahme ein.
122
W. Schirmer
Auf schwach gedämpften kleinen Platten, deren Länge und Breite nur wenige Biegewellenlängen beträgt, ist infolge Überlagerung mit Randreflexionen keine vom Anregungspunkt abnehmende Schwinggeschwindigkeit messbar. Erfolgt die Anregung nur bei einer Frequenz und ist diese gleich einer Biegeeigenfrequenz fn (s. Abschn. 4.3), dann treten Schwingungsbäuche und Knotenlinien (auch als Chladnische Klangfiguren bekannt) auf. Sie werden durch die Eigenschwingungsform der angeregten Schwingungsmode bestimmt (auch Eigenfunktion genannt). Werden dagegen in einem Frequenzband zahlreiche benachbarte Eigenfrequenzen einer Platte angeregt, so tritt eine bis auf kleine statistische Schwankungen konstante Schwinggeschwindigkeit auf. Sie ist im Gegensatz zur Anregung nur einer Mode auch bis auf statistische Schwankungen unabhängig vom Anregungsort. Es liegt ein diffuses Biegewellenfeld ähnlich dem diffusen Schallfeld in schwach gedämpften Räumen vor, und es gilt bei nicht zu großer Dämpfung υ≈ ∆2 f =
P ηωm
;
(5)
υ≈ 2 zeitlicher und räumlicher quadratischer Mittelwert,
P eingespeiste Körperschallleistung (s. Abschn. 4.4), m gesamte Masse der Platte, η Verlustfaktor. Gl. (5) folgt nach [3] aus folgenden Überlegungen: Die eingespeiste Leistung P ist gleich der Verlustleistung Pv infolge Dämpfung. Pv erhält man aus der Definitionsgleichung des Verlustfaktors η=
Wv 2 π Wr
.
(6)
Da Wv die Verlustenergie je Schwingungsperiode ist, gilt Pv = Wv /T = Wv f. Schließlich folgt aus der Energiedichte für Körperschallwellen w = υ≈ 2 wegen des etwa konstanten υ≈ auf der Platte Wr = m υ≈ 2. Die erheblichen Probleme, die Körperschall bei der Lärmbekämpfung sowohl in Bauwerken als auch in Maschinen und Fahrzeugen verursacht, sind u. a. auf die festgestellte geringe natürliche Entfernungsabhängigkeit bei der Wellenausbreitung in homogenen Platten und Stäben zurückzuführen. Erst Diskontinuitäten in den Strukturen führen zu merklicher Körperschallabnahme (z. B. Verzweigungsdämmung in Bauwerken, Bild 5–21, elastische Lagerung von Maschinen zur Körperschallisolierung, Abschn. 12).
4.3 Biegeeigenfrequenzen von Stäben und Platten Dünnwandige Strukturen beliebiger Form besitzen Biegeeigenfrequenzen, und zwar bei einer Grundfrequenz und bei höheren Frequenzen, s. z. B. die folgenden Gln. (7) und (8). Werden diese Eigenfrequenzen angeregt, d. h. stimmen die Anregungsfrequenzen mit den Eigenfrequenzen überein, dann ergeben sich Maximalwerte der Schwingungsamplitude, die von der Dämpfung des Materials abhängen. Dadurch wird eine starke Schallabstrahlung hervorgerufen. Dieser Effekt tritt z. B. als „Dröhnen“ bei Kraftfahrzeugen in Erscheinung.
4. Schwingungen und Schallabstrahlung von festen Körpern
123
Bild 4–3. Zur Randeinspannung von Balken und Platten. a) allseitig gelenkige Lagerung; b) allseitig feste Einspannung
Die Lage der Eigenfrequenzen ist abhängig von den geometrischen Abmessungen, den Materialeigenschaften (Elastizitätsmodul E, Querkontraktionszahl µ und Dichte ) und den Einspannbedingungen des schwingenden Körpers. Zunächst soll der Fall betrachtet werden, dass ebene dünnwandige Bauteile, z.B. Balken und Platten, an den Enden bzw. Rändern allseitig gelenkig gelagert sind (s. Bild 4–3 a). Bei einem so gelagerten eindimensionalen Bauteil (Balken) treten die Eigenfrequenzen dann auf, wenn die Abmessungen des Bauteiles gerade der halben Wellenlänge der Biegewelle entsprechen bzw. ein ganzzahliges Vielfaches davon sind. Für das eindimensionale Bauteil der Länge 2 a ergibt sich danach die Beziehung: 2a = n
λB
2
mit n = 1, 2, 3, 4 …
Daraus erhält man unter Verwendung der Gl. (2) und der Beziehungen für die Biegesteifigkeit B (mit µ = 0,35) und für die längenbezogene Masse m′ die Eigenfrequenzen fn: 5 π B n 2 fn = (7) 2 m′ 2 a
冑 ( )
bzw. für rechteckigen Querschnitt fn ≈ 0,48 cL d
n 2a
2
( )
;
n = 1, 2, 3, 4 …, B=
(7 a)
d3
Eb , (1 – µ2 ) 12
m′ = b d , b Breite des Bauteiles, d Dicke des Bauteiles. Durch Einführung des Trägheitsradius i = √6 J/Sq mit J = Trägheitsmoment und Sq = Querschnittsfläche erhält man folgende handliche Form für Gl. (7):
π cL i n 2 fn = 3 01 ; 5 8 µ2 2a 2 √1–
( )
(7b)
d i=7 für den Rechteckstab. 4 √12 Für andere Querschnitte sind i-Angaben in Tabellenwerken zu finden In analoger Weise ergeben sich bei gelenkiger Lagerung die Eigenfrequenzen fnx, ny einer Rechteckplatte der Abmessungen 2 a x ҂ 2 a y nach folgender Beziehung:
124
W. Schirmer
fnx, ny =
π
2
冑 [( ) ( ) ] 5 B′ M
nx 2 ax
2
ny + 6 2 ay
2
(8)
bzw. fnx, ny ≈ 0,48 cL d nx ny
}
B′ =
[( ) ( ) ] nx 2 ny + 2 ay 2 ax
2
;
(8 a)
= 1, 2, 3, 4 …, E d3 , 2 (1 – µ ) 12
M = d. Darin bedeuten n, nx, ny Ordnung der Eigenfrequenz. Die niedrigste Eigenfrequenz (Grundfrequenz) ergibt sich für n = 1 bzw. nx = 1 und ny = 1. Diese Eigenfrequenz ist meist die wichtigste, da dabei die größte Schallabstrahlung bzw. der größte Schalldämmungseinbruch erfolgt. Bei allseitig fester Einspannung (s. Bild 4–3 b) erhöhen sich die Grundfrequenzen um etwa den Faktor 2. Die Eigenfrequenzen höherer Ordnung liegen ebenfalls etwas über den entsprechenden Frequenzen bei gelenkiger Einspannung. Die in der Praxis vorkommenden Einspannbedingungen entsprechen jedoch mehr dem Fall der allseitig gelenkigen Lagerung. Weitere Formeln zur Berechnung von Eigenfrequenzen s. z. B. [1, 2, 21]. Die Zahl der Eigenfrequenzen ∆ N einer Platte, die innerhalb der Bandbreite ∆ω auftreten, d. h. die Eigenfrequenzdichte, beträgt nach [3]: ∆ N 2 S M hPL∞ S = ≈ ; ∆ω π 3,6 cL d
(9)
S Fläche der schwingenden Platte, hPL∞ Punktadmittanz einer unendlich ausgedehnten Platte (s. Abschn. 4.4). Danach ist die Eigenfrequenzdichte unabhängig von der Frequenz. Zum Vergleich sei hier außerdem die Eigenfrequenzdichte für einen mit Luftschall erfüllten Raum angegeben: ∆N ∆ω
=
ω2 V 2 π 2 c3
.
Diese wächst mit der 2. Potenz der Frequenz an. Bei vorgegebener Geometrie eines Bauteiles und vorgegebener Anregungsfrequenz kann die Auswirkung der Eigenfrequenzen auf die Schallabstrahlung durch folgende Maßnahmen vermieden bzw. vermindert werden: – Bauteile aus Materialien mit geringer innerer Dämpfung sind zusätzlich zu entdröhnen (s. Abschn. 4.7.1). Dadurch wird die Ausbreitung der Biegewellen und damit auch die Anregung der Eigenfrequenzen weitestgehend verhindert.
4. Schwingungen und Schallabstrahlung von festen Körpern
125
– Durch Versteifungen, Rippen bei Blechen, können die Eigenfrequenzen eines Bauteiles zu höheren Frequenzen verschoben werden. Das ist nur für Eigenfrequenzen mit genügendem Abstand zu benachbarten anwendbar, z. B. für f1; 1 .
4.4 Admittanz mechanischer Strukturen Zur Untersuchung und Beeinflussung der Körperschallausbreitung ist es zweckmäßig, das Verhalten des Ausbreitungsmediums „mechanische Struktur“ an interessierenden Punkten kennzeichnen zu können. Solche Punkte sind insbesondere Verbindungsstellen zwischen Strukturabschnitten, z. B. Maschinenfuß – Gebäudedecke (s. Abschn. 12) oder Zusatzmasse – Maschinengehäusewand (s. Abschn. 4.7.3). Während das Ausbreitungsmedium bei Luftschall durch die spezifische Impedanz Z ( j ω) = p/ υ beschrieben wird (s. z.B. Abschn. 5.2.3.1 u. 6.2), wird für Körperschall im vorliegenden Buch wie auch von vielen anderen Autoren die Admittanz (auch Punktadmittanz genannt) h ( j ω) =
υ
F
mit dem Betrag h( f ) =
υ ˜
˜ F
in m/N · s oder s/kg
benutzt. Sie gibt die Bewegung (Schwinggeschwindigkeit υ) infolge der sinusförmigen Anregungskraft F am gleichen Strukturpunkt in Abhängigkeit von der Anregungsfrequenz f an. Die Admittanz kann anschaulich als Mitgang [3], als Mobility (Beweglichkeit) [5] oder als Anregbarkeit der Struktur am betrachteten Punkt bezeichnet werden. Statt der möglichen drei translatorischen und drei rotatorischen Bewegungskomponenten wird bei der Admittanz schon aus messtechnischen Gründen meist nur die translatorische Hauptbewegungsrichtung berücksichtigt. Die Admittanz der Grundelemente schwingungsfähiger Systeme, nämlich Feder und Masse, ist durch folgende einfache Formeln gegeben. In x-Richtung frei bewegliche starre Masse m: Aus F(t) = m x¨ (t) folgt mit F(t) → F e j ω t hm =
1 1 ,h =7. m jω m m ω
(10)
In x-Richtung verformte masselose Feder der Steifigkeit c: Aus F (t) = c x (t) folgt entsprechend hc =
jω ω , hc = . c c
(11)
Die grafische Darstellung der Gln. (10) und (11) im Bild 4–4 liefert entsprechend deren Gültigkeitsvoraussetzungen idealisierte Verläufe für die Frequenzabhängigkeit der Ad-
126
W. Schirmer
Bild 4– 4. Frequenzabhängig~ ˜ /F keit der Admittanz h = υ für frei bewegliche starre Körper mit der Masse m und masselose Federn mit der Steifigkeit c. Die Grafik kann für beliebige andere Werte von m und c durch weitere parallele Geraden ergänzt oder erweitert werden
mittanz von Bauteilen mit Feder- oder Masseverhalten. Sie sind ein wichtiges, anschauliches Hilfsmittel für die Abschätzung und Deutung des Verhaltens realer mechanischer Systeme bezüglich – Frequenzabhängigkeit von kompakten Bauteilen, die erkennbar überwiegend Feder- oder Masseeigenschaften haben. – Eigenfrequenz von Feder-Masse-Systeme aus dem Schnittpunkt der entsprechenden Geraden; z. B. Vorauswahl geeigneter elastischer Elemente für körperschallisolierte Lagerungen, genauere Bemessung s. Abschn. 12. – Zuordnung gemessener Admittanz-Frequenz-Verläufe zu den Grundtypen der Frequenzabhängigkeit Feder und Masse. Mit zunehmender Frequenz treten Abweichungen von den aus quasistatischer Betrachtung mechanischer Systeme erwarteten Verläufen nach Bild 4– 4 auf. Abfallende Masseadmittanz-Kurven wechseln in einen Anstieg über, vgl. Bilder 12–5, 12–12, 12–14; ansteigende Federadmittanz-Kurven gehen in einen annähernd gleichbleibenden Teil mit Einbrüchen über, vgl. Bild 12–8. Den Anstieg für die Massenadmittanz kann man als Verkleinerung der wirksamen Masse deuten, den Verlauf für die Federadmittanz als Versteifung der Feder. Beide Effekte begrenzen die körperschallisolierende Wirkung von elastischen Lagerungen bei hohen Frequenzen, Abhilfe s. Abschn. 4.7.3. Genügend weit über der ersten Struktureigenfrequenz ergeben sich aus der großen Dichte von Struktur-Eigenfrequenzen für Frequenzbänder mittlere Admittanzen, die anderen Gesetzmäßigkeiten folgen, aber ebenfalls durch einfache Formeln beschreibbar sind. Für die Platte mit dichten Biegeeigenfrequenzen gilt hpl =
1 1 ≈ . 8 8 √ B′ M 2,3 cL d 2
(12)
d. h., die Theorie liefert hier für den Frequenzband-Mittelwert keine Frequenzabhängigkeit der Admittanz, vgl. Bild 12–10 (schmalbandige Messung).
4. Schwingungen und Schallabstrahlung von festen Körpern
127
Aus der Messung des Frequenzganges der Admittanz realer Strukturen kann man also je nach festgestellter Neigung recht gut ermitteln, ob in einem Frequenzbereich Feder-, Massen- oder Plattenverhalten vorliegt. Für die Messung des Betrages der Admittanz ist es günstiger, statt mit sinusförmiger Anregung gemäß Definitionsgleichung für h mit Rauschbandanregung die über Frequenzbänder ∆ f gemittelten Werte zu bestimmen. Bei konstanter relativer Breite (Terz-, Oktavfilter) ergeben sich aus Gl. (9) folgende zwei gleichwertige Bedingungen für die Zulässigkeit der Annäherung der endlichen Platte durch die unendliche Platte: fm ⭌ a
d cL c2 oder fm ⭌ a ; S 2 S fg
(13 a)
d in m, S in m2, c, cL in m /s, fg, fm in Hz, a s. Tabelle 4–2. l ⭌ b λ B mit l = √3 S;
(13b)
l, λ B in m, b s. Tabelle 4–2. Bei tiefen Frequenzen (unterhalb der 1. Biegeeigenfrequenz im sog. quasistatischen Bereich) verhalten sich starr gelagerte Platten und andere Strukturen, die durch die Anregungskraft verformt werden, von der Frequenz 0 Hz an wie eine Feder (Bild 12–10), elastisch gelagerte Platten und andere Strukturen oberhalb der Eigenfrequenz der Lagerung wie eine Masse (Bild 4 –15, Position 2.1). Für die in einer Struktur vom Anregungspunkt in Form von Körperschallwellen weglaufende Leistung gilt
˜ 2 h⊥s bei Kraftanregung; P=F P=
υ ˜2
h⊥s
(14 a)
bei Geschwindigkeitsanregung.
(14 b)
Kraftanregung bedeutet, dass eine Änderung von h s praktisch keine Rückwirkung auf ˜ = konst.). Nach Bild 4–5a ist das nur möglich, die Größe der anregenden Kraft F hat (F wenn sich h s in einem Bereich ändert, in dem | h s /h e | | 1 erfüllt ist, denn es gilt F = F0 =
1 . 1 + hs /he
Korrekturmöglichkeiten bei Admittanzmessungen s. Abschn. 3.3.2.5.
Tabelle 4 – 2. Konstanten a und b für Gln. (13 a) und (13 b) für Terz- und Oktavfilter, gerundet, N = Anzahl der Eigenfrequenzen in ∆ f a N=3 N=5
b N=3 N=5
Terzen
7,5
12
2
2,5
Oktaven
2,5
4
1
1,4
128
W. Schirmer
Bild 4–5. Elektromechanische Ersatzschaltbilder für die Anregung einer Struktur [6]. h e Punktadmittanz des Erregers, h S Punktadmittanz der angeregten Struktur. Erreger gekennzeichnet durch a) Kurzschlusskraft F0 , messbar für h S → 0; b) Leerlaufschnelle υ 0, messbar für hS → ∞
Geschwindigkeitsanregung bedeutet dementsprechend, dass eine Änderung von h s praktisch keine Rückwirkung auf die Größe der anregenden Schwinggeschwindig˜ = konst.) keit υ hat. (˜υ Nach Bild 4–56 erfordert das, dass im ganzen Bereich möglicher Änderungen von hs die Bedingung | h e /h s | | 1 erfüllt ist, wie aus υ = υ0 =
1
.
1 + he /hs
folgt. Bei Maschinen liegt Kraftanregung des Körperschalls vorzugsweise bei den die Betriebskräfte führenden massiven Teilen vor, Geschwindigkeitsanregung bei dünnwandigen Verkleidungsblechen. Aus Gl. (14 a) folgt für die Gestaltung lärmarmer Maschinengehäuse, dass bei Kraftanregung die Punktadmittanz der Struktur klein zu wählen ist (z. B. große Wanddicke). ˜ = konst. nicht ausreichend erfüllt ist, vergrößert sich bei Sobald die Bedingung F Verkleinerung von h s gleichzeitig die Kraft (Rückwirkung!), so dass gemäß Gl. (14 a) die Wirksamkeit vermindert oder zu Null wird. Bei Geschwindigkeitsanregung gelten entsprechende Überlegungen. Die Gln. (14 a) und (14 b) liefern zusammen mit Gl. (12) für endliche Platten die eingespeiste Körperschalleitung. Mit der früher abgeleiteten Gl. (5) erhält man schließlich die mittlere Schwinggeschwindigkeit auf endlichen Platten im Frequenzband ∆ f, falls die Bedingung Gl. (13) eingehalten wird und die Dämpfung nicht zu groß ist. Für Kraftanregung 2 υ≈ ∆f
˜ F
2
= h 2T =
1
1 ≈ 006 . 8 8 ω η S M √ B ′ M 2,3 ω η S cL 2 d 3
(15)
Für Geschwindigkeitsanregung 2 υ≈ ∆f 8 = Tυ = 2 υ ˜ ωηS
冑
5 B ′ 2,3 cL d ≈ 03 . 4 M ωηS
hT mittlere Transferadmittanz, Tυ Körperschallübertragungsfunktion, υ ˜ und F˜ gemäß Bild 4 –5.
(16)
4. Schwingungen und Schallabstrahlung von festen Körpern
129
Bild 4–6. Frequenzabhängigkeit der Transferadmittanz einer Platte mit Biegeschwingungen. 1 für harmonische Anregungskraft mit gleitender Frequenz; 2 Hüllkurve der Resonanzspitzen, Gl. (24); 3 ingenieurmäßige Abschätzkurve für eine starr gelagerte Platte, für f ≥ f11 nach Gl. (15)
Die Gln. (15) und (16) bieten den Vorteil der ingenieurmäßig einfachen Darstellung von Material- und Abmessungseinflüssen auf das Schwingungsverhalten von Platten im Bereich der Eigenfrequenzen. Auch für die Transferadmittanz gibt es im quasistatischen Bereich unterhalb der 1. Biegeeigenfrequenz je nach der Lagerung und der Krafteinwirkung einen feder- oder massebestimmten Frequenzgang (Bild 4–6). Für die Resonanzspitzen gilt 1 hT = 0 η ω mM mit der modalen Masse mM = mges/4 Platten und dem Verlustfaktor η. Eine Näherung für die Hüllkurve für Resonanzspitzen kann nach [37] einfach bereichnet werden. Wie aus Bild 4–6 erkennbar ist, treten bei Anregung mit variabler Frequenz zwischen den Admittanzmaxima (Übereinstimmung von Anregungs- und Eigenfrequenz) charakteristische Minima, sog. Antiresonanzen, auf (für die Transferadmittanz meist, für die Punktadmittant stets). Die Ursache für diese Minima ist die Auslöschung von υ ˜ infolge von 180° Phasenverschiebung zwischen der massebestimmten Admittanz (– 90°) der tiefer liegenden Mode und der federbestimmten Admittanz (+ 90°) der darüber liegenden Mode bei der Frequenz, für die beide Beträge gleich groß sind. Nur im Falle des Masseverhaltens der Admittanz unterhalb von f11 tritt auch hier eine Antiresonanz auf.
130
W. Schirmer
4.5 Schallabstrahlung fester Körper 4.5.1 Abstrahlgrad, Definition und Grenzwerte Die von einem festen Körper, dessen Oberfläche die Größe S und die flächennormale mittlere Schwinggeschwindigkeit υ≈ 2 aufweist, in das umgebende Medium mit der Schallkennimpedanz c abgestrahlte Luftschallleistung P wird durch den Abstrahlgrad σ beschrieben. Es wird definiert σ=
P . c υ≈ 2 S
(17)
Dabei ist υ≈ 2 der für Platten mit diffusem Biegewellenfeld [s. Abschn. 4.2, Text zu Gl. (5)] geltende, zeitliche und räumliche quadratische Mittelwert. Die logarithmische Schreibweise von σ ergibt das Abstrahlmaß s = 10 log σ dB. Entscheidend für die Größe von σ sind die Linearabmessungen der Strahlerfläche selbst sowie konphas schwingender Bereiche auf dieser Fläche im Vergleich zur Schallwellenlänge λ im umgebenden Medium, meist Luft. Sind die Linearabmessungen der Strahlerfläche klein gegen λ, so ist der Abstrahlgrad | 1. Ist die Strahlerfläche größer als λ, dann wird der Abstrahlgrad σ = 1, wenn außerdem ihre konphas schwingenden Bereiche größer als λ sind. Das wird bei starren Körpern einschließlich biegesteifen Platten erfüllt, d. h. bei Platten für f > fg (s. Abschn. 4.2). Andernfalls ( f < fg) wird auch für große Platten der Abstrahlgrad | 1. Einen theoretischen Sonderfall stellt die unbegrenzte, unbedämpfte Platte mit Biegewellen dar. Dann ist für f < fg der Abstrahlgrad σ = 0, für f = fg gilt σ → ∞, s. z. B. [2, 3]. Bei endlichen Platten üblicher Dämpfung wird σ für f = fg nur wenig größer als 1. Für konphas schwingende Strahler mit bekannter spezifischer Strahlungsimpedanz Z r [1] folgt wegen P = υ≈ 2 S Z⊥r aus Gl. (17) σ=
Z⊥r . c
(17 a)
Im Nenner von Gl. (17) wird dabei anstelle von υ≈ 2 der lineare räumliche Mittelwert – υ ˜ 2 gesetzt. Die rechnerische Abschätzung des Abstrahlgrades mit einfachen Modellen und Formelsätzen hat auch mit Bekanntwerden genauerer – und zunächst aufwendigerer – Berechnungsmethoden (vgl. [6]) wegen ihrer schnellen und einfachen Verfügbarkeit sowie leichten Überschaubarkeit große praktische Bedeutung. Die Schwierigkeit liegt hier in der Auswahl des geeigneten Modells bzw. der geeigneten Näherungsformel, von denen teilweise für den gleichen Zweck mehrere vorhanden sind, s. folgende Erläuterungen. Anwendungsbeispiele für einfache Abstrahlmodelle: – Ermittlung des Anteils einzelner Maschinenflächen an der Gesamtschallleistung aus Körperschallmessungen, – verallgemeinerte Aussagen über die akustische Auswirkung von Konstruktionsänderungen (vgl. Abschn. 4.7.2 und [7], Abschn. 5.1.6).
4. Schwingungen und Schallabstrahlung von festen Körpern
131
4.5.2 Schallabstrahlung konphas schwingender Körper – Monopolund Dipolstrahler Für Strahlerabmessungen l klein gegenüber der Wellenlänge im umgebenden Medium – also im Allgemeinen bei niedrigen Frequenzen – sind zwei Typen der Schallabstrahlung möglich. Sie werden unter Bezug auf Strahler mit Kugelgestalt benannt, umfassen aber zumindest in den Hauptaussagen Strahler beliebiger Gestalt. Der Typ mit den gleichwertigen Bezeichnungen atmende Kugel, Kugelstrahler nullter Ordnung oder Monopolstrahler liegt vor, wenn die Schwingung des Körpers mit einer Volumenänderung der Schallquelle verbunden ist. Praktische Beispiele sind eine konphas schwingende Lautsprechermembran oder Stahlplatte als Teil eines geschlossenen Gehäuses oder in einer Raumbegrenzungswand (Bild 4 –7). Die Schallabstrahlung erfolgt in alle Raumrichtungen gleichmäßig. Die Bezeichnungen oszillierende Kugel, Kugelstrahler erster Ordnung oder Dipolstrahler werden für den Strahlertyp verwendet, bei dem durch die Schwingung des Körpers keine Volumenänderung der Quelle verursacht wird. Dieser Fall liegt praktisch vor, wenn die als Beispiele schon genannten konphas schwingenden Flächen ohne Gehäuse beidseitig in den umgebenden Raum strahlen können. Die Schallabstrahlung erfolgt gerichtet mit der Hauptabstrahlrichtung in der Translationsachse des Körpers (Bild 4 –8).
Bild 4–7. Monopolstrahler, verschiedene Anordnungen und Typen. a) und b): Abstrahlung in den Vollraum (Raumwinkel 4 π , engl. unbaffled source); c): Abstrahlung in den Halbraum Raumwinkel 2 π, engl. baffled source): Strahlertypen: a) pulsierende (atmende) Kugel; b) und c) Kolbenstrahler (Membran oder Platte bei tiefen Frequenzen)
Bild 4–8. Oszillierende Kugel als Dipolstrahler mit achtförmiger Richtcharakteristik p(ϕ) = p(0°) cos ϕ für r = konst.
132
W. Schirmer
Für l /λ | 1 ist im Monopolstrahler die abgestrahlte Schallleistung völlig unab– ˜ S bestimmt, wobei hängig von der Strahlergeometrie nur durch den Schallfluss q ˜ =υ – υ ˜ der lineare Mittelwert der Schwinggeschwindigkeit auf der konphas schwingenden Strahlerfläche ist. Aus P = c
k 2 q˜ 2 4π
für Abstrahlung in den Vollraum [1] (Bild 4 –7 a, b) erhält man durch Vergleich mit Gl. (17) k2 S 4π
σM =
(18)
mit k=
ω
=
c
2π λ
.
Für eine Platte mit den Seitenlängen la , lb , die Teil eines Gehäuses ist, gilt S = la lb . Für Abstrahlung in den Halbraum (Bild 4–7c) ist in Gl. (18) statt 4 π der Wert 2 π zu setzen. Beim Dipolstrahler ist für l /λ | 1 und Abstrahlung in den Vollraum P = c
˜2 k4 D 12 π
mit dem Dipolmoment
˜ = q˜ a = D
3 Vυ ˜ = 2 π R3 υ˜ , 2
das auch für l /λ | 1 nur für Kugelgestalt des Strahlers gültig ist [1]. Dabei ist a | λ der Abstand zweier fiktiver gegenphasiger Monopole, jeder mit dem Schallfluss q˜ . Mit Gl. (17) wird für die oszillierende Kugel mit dem Radius R (kR)4 . 12
σD =
Vernachlässigt man die nur geringe Abhängigkeit von der Strahlergeometrie, kann man 4 π R2 = S setzen, wobei S die Größe der geglätteten Oberfläche des realen Strahlers ist. σD =
k4 S2 . 12 (4π)2
(19)
Für eine Platte, die beiderseitig in den umgebenden Raum strahlt, also nicht Teil eines Gehäuses ist, gilt S = 2 l a l b . Für Abstrahlung in den Halbraum (Strahler in < λ /4 Abstand von einer Raumbegrenzungsfläche) ist in Gl. (19) statt 4 π der Wert 2 π zu setzen. Für einen technisch wichtigen Spezialfall des Dipolstrahlers, den langen, runden Stab mit dem Radius R, der senkrecht zu seiner Achse oszilliert, gilt nach Morse (z.B. zitiert in [8]) für kR | 1 σ DR =
π
2
(k R)3 .
(19 a)
4. Schwingungen und Schallabstrahlung von festen Körpern
133
Gl. (19 a) gilt ebenso für Rohre mit dem Außendurchmesser R und sinngemäß auch für Stäbe anderer Querschnittsformen [8]. Aus den Gln. (18) und (19) folgen für das Abstrahlmaß s = 10 lg σ dB bei logarithmischer Frequenzskala Geraden mit einem Anstieg von 20 dB/Dekade und 40 dB/ Dekade. Im Bild 4–9 ist dieser Anstieg, der exakt nur für kleine σ gilt, bis σ = 1, d. h. s = 0 dB verlängert. Für hohe Frequenzen (l /λ > 1) wird σ = 1 gesetzt (vgl. Abschn. 4.5.1). Bei dieser Darstellungsweise kann man schreiben f dB fM
sM = 20 lg
für
f ≤1 fM
(20)
für Monopolabstrahlung in den Vollraum und sD = 40 lg
f dB fD
für
f ≤1 fD
(21)
für Dipolabstrahlung in den Vollraum sowie sM, D = 0 dB
für
f ≥1. fM, D
Aus den Gln. (18) und (19) folgen für den Vollraum fM =
c , 5 √π S
fD =
1,05 c ; √3 S
für den Halbraum fM =
c , 7 √2 π S
fD =
1,05 c ; 3 √3 2 √S 4
c in m/s, S in m 2, f in Hz. Zur Größe von S zur Berechnung von fD s. Text zur Gl. (19). Für Abschätzungen bei Lärmbekämpfungsaufgaben sind die Fehler selbst in dem kritischen Bereich f /fM, D ≈ 1 nicht groß. Für einen Strahler mit Kugelgestalt und Monopolverhalten erhält man aus Gl. (17 a) und der spezifischen Strahlungsimpedanz (s. z. B. [1]) als exakte Formel für alle Werte von k R
Bild 4–9. Frequenzabhängigkeit des Abstrahlgrades von konphas schwingenden Körpern, ingenieurmäßige Näherung nach den Gln. (20) und (21)
134 σ=
W. Schirmer
(k R)2 . 1 + (k R)2
Der Fehler bei k R = 1, gleichbedeutend mit f / fM = 1 ist dann nur 3 dB. 4.5.3 Schallabstrahlung schwach gedämpfter Platten mit Biegeschwingungen Nur bei der nachfolgend zuerst erläuterten Plattenanordnnung als Raumbegrenzungsfläche gemäß Bild 4 –10 a wird die Abstrahlung ausschließlich durch Biegewelleneffekte bestimmt, während bei den anschließend behandelten beiden anderen Plattenanordnungen von Bild 4 –10 zusätzlich die im vorangegangenen Abschnitt 4.5.2 dargestellten Monopol- oder Dipoleffekte zu beachten sind. Für λ B > λ, d. h. für f > fg ist entsprechend den Betrachtungen im Abschn. 4.5.1 σ ≈ 1. Für λ B < λ, also für f < fg , tritt unmittelbar vor der Platte ein hydrodynamischer Druckausgleich ein, so dass keine Abstrahlung erfolgt. Da dieser Druckausgleich am Plattenrand gestört ist, ist bei endlichen Platten im Gegensatz zur unbegrenzten Platte eine von Null verschiedene Abstrahlung vorhanden. Der Abstrahlgrad ist abhängig vom Verhältnis Umfangslänge zu Fläche der Platte, da die Abstrahlung von den Plattenrändern erfolgt. Außerdem wird er durch die Biegeeigenschwingungsform bestimmt. Platteneigenschwingungen mit niedrigen ungeraden Ordnungszahlen, z. B. 1; 1, strahlen wesentlich stärker ab als solche mit niedrigen geraden Ordnungszahlen, z. B. 2; 2. Eigenfrequenzen mit niedrigen gemischten Ordnungszahlen liegen dazwischen [9], insbes. S. 70. Die verschiedenen Näherungsformeln für die Schallabstrahlung von Platten mit Biegeschwingungen stellen Mittelwerte für Frequenzbänder mit mehreren Biegeeigenschwingungen dar. Die Näherungsformel von Heckl [3] hat folgende Gestalt: σB ≈
c U 1 4 π 2 S fg
σB max ≈ 0,45 σB ≈ 1
冑 冑
5 f fg 5 U λg
für f ≤ 0,5 fg ,
für f = fg ,
(22)
(22 a)
für f > fg ;
S Plattenfläche, U Plattenumfangplus 2 ҂ RippenlängefürVersteifungsrippenim Abstand > λB/2 (Abschn. 4.7.2), c Schallgeschwindigkeit in Luft, λg Wellenlänge bei der Grenzfrequenz, λ g = c / fg .
Bild 4–10. Beeinflussung der Abstrahlung von Biegewellen durch verschiedene Plattenanordnung. a) Platte als Raumbegrenzungsfläche: keine Monopol-/ Dipoleinflüsse; b) Platte als Teil eines Gehäuses: Monopoleinfluss, s. Gl. (24); c) Platte frei im Raum: Dipoleinfluss, s. Gl. (25)
4. Schwingungen und Schallabstrahlung von festen Körpern
135
Die Lücke zwischen fg /2 und fg wird durch eine Verbindungsgerade in der Grafik „Abstrahlmaß über logarithmischer Frequenzskala“ geschlossen, vgl. Bild 4–11, Kurve 2a. Wegen σ B ~ 1/fg1,5 ist es für die Lärmbekämpfung günstig, Platten mit hoher Grenzfrequenz fg (kleine Plattendicke) zu verwenden, ausgenommen der Fall der Kraftanregung (Abschn. 4.4), weil dann bei kleinerer Dicke die mittlere Schwinggeschwindigkeit auf der Platte stark vergrößert würde [Gl. (15)]. Unterteilungen einer Platte, z. B. durch Versteifungsrippen, erhöhen die Umfangslänge um die zweifache Rippenlänge. Sie sollten vermieden werden, falls sie nicht solchen akustischen Zwecken wie der Verschiebung in Resonanz erregter Eigenschwingungen oder der Verminderung der in Platten eingeleiteten Anregungskräfte durch Ableitung der Kräfte über die Rippen dienen (s. Abschn. 4.7.2). Der Vorteil der Hecklschen Näherung Gl. (22) für die Biegewellenabstrahlung bei f ≤ fg /2 ist, dass Parametereinflüsse und Frequenzabhängigkeit unmittelbar aus der Formel ablesbar sind. Die Näherungsformel von Maidanik [10] hat den Vorteil eines stetigen Verlaufes bis f < fg , vgl. Bild 4–11, Kurven 2 und 3, aber den Nachteil, dass sie wegen ihrer komplizierten Struktur unanschaulich ist und dabei keine substanziell anderen Aussagen liefert. Bei der Gegenüberstellung der Näherungen im Bild 4 –11 wurde für f ≥ fg wie üblich einheitlich σB = Min (σB max ; σBh )
mit σBh = (1 – fg /f ) – 0,5,
σB max s. Gl. (22a)
gesetzt.
Bild 4–11. Berechnetes Abstrahlmaß einer 2-mm-Stahlplatte, 200 mm · 300 mm. Anordnung nach Bild 4–10 b. 1 Monopolstrahler, Halbraum, Gl. (20); für alle nachfolgenden Kurven gilt s = Min (s M ; s B ), 2 Maidanik, nur 2. Term [10], zitiert z. B. in [2], insbes. S. 171; [11], insbes. S. 65, 2 a Heckl, Gl. (22), 3 Maidanik, komplette Formel, 3 a Heckl, Gl. (23)
136
W. Schirmer
Für f | fg gab Maidanik ursprünglich den Verlauf Kurve 3 im Bild 4 –11 an, was mit einer noch umfänglicheren Berechnungsformel verbunden war. Für diesen Bereich existiert jedoch eine besonders einfache Näherung nach Heckl, publiziert vor Maidaniks Formel [12]: σB ≈
c2 ; f S 2 g
(23)
S Plattenfläche, fg Biegewellengrenzfrequenz, c Schallgeschwindigkeit in Luft. Für sehr tiefe Frequenzen münden im Bild 4 –11 alle Näherungskurven in das Monopolstrahlerverhalten nach Gl. (20) ein, wenn die Platte nach Bild 4 –10 b in einem Gehäuse oder in einer Raumwand angeordnet ist. Dann gilt σ = Min (σM ; σB).
(24)
Wird die Plattendicke sehr groß, ist das Monopolstrahlerverhalten für den gesamten Frequenzbereich maßgebend, s. Bild 4 –12. Da im Frequenzbereich der ersten Biegeeigenschwingungen der Abstrahlgrad von allen Näherungsformeln nur mit erheblichen Unsicherheiten beschrieben werden kann (s. die eingangs genannten Voraussetzungen) ist es eine Ermessensfrage, welcher Näherungsformel man sich hier anvertraut. Der Vergleich zwischen Mess- und Rechenergebnissen zeigt nicht nur bei den Einzelbeispielen im Bild 4 –13 a und b brauchbare Übereinstimmung. Bei Platten, die nach Bild 4 –10 c frei im Raum angeordnet sind, wirkt zusätzlich ein Druckausgleich zwischen beiden Plattenseiten. Wie Bild 4 –13 b zeigt, reicht es je-
Bild 4–12. Berechnetes Abstrahlmaß von Stahlplatten 300 mm · 400 mm unterschiedlicher Dicke, Anordnung nach Bild 4–10 b. s = Min (sM ; sB ), sM nach Gl. (20), Vollraum; sB nach Maidanik, nur 2. Term, Kurve 2, Bild 4–11
4. Schwingungen und Schallabstrahlung von festen Körpern
137
Bild 4 –13 a. Vergleich von Mess- und Rechenwerten für das Abstrahlmaß von Stahlplatten. 6mm-Stahlplatte 350 mm · 495 mm, Anordnung nach Bild 4–10 b oder in einer Wand. 1 Messwerte nach Föller [13], 2 Rechenwerte s = Min (s M ; sB ) wie Bild 4 –12, 3 Monopolstrahler s M nach Gl. (20), Halbraum Bild 4–13 b. Vergleich von Mess- und Rechenwerten für das Abstrahlmaß von Stahlplatten. 1,5-mm-Stahlplatte 500 · 500 mm, Anordnung nach Bild 4–10 c. 1 Messwerte nach Heckl [14], 2 Rechenwerte s = sD + sB mit sD nach Gl. (21) und sB nach Maidanik, nur 2. Term, vgl. Kurve 2, Bild 4–11, 3 Dipolstrahler sD nach Gl. (21), Halbraum
138
W. Schirmer
doch nicht aus, in Gl. (24) σM nach Gl. (20) durch sD nach Gl. (21) zu ersetzen. Eine zufriedenstellende Näherung ergibt hier die Formel σ = σD σB bzw. s = sD + sB
(25)
für das gezeigte wie auch für andere Beispiele. Bei Kastenstrukturen (Maschinengehäuse) kann die Abstrahlung für jede Kastenseite einzeln und unabhängig von den anderen Seiten behandelt werden, solange sie als entkoppelte Schallstrahler wirken. Bedingung nach [15], zitiert in [11]: Mittelpunktsabstand der Seiten (etwa gleich der mittleren Kantenlänge des Kastens) größer als λ Luft /2. Für tiefere Frequenzen siehe die zitierten Quellen. Für kompakte, kleine Gehäuse, z. B. von handgeführten Maschinen, sind erstaunlich einfache Abstrahlmodelle anwendbar: Dipolstrahler, berechnet nach Gl. (21), für den gesamten interessierenden Frequenzbereich. 4.5.4 Schallabstrahlung stark gedämpfter Platten mit Biegeschwingungen Bei punktförmiger Anregung von Platten mit hoher Dämpfung, das heißt mit hohem Verlustfaktor η, werden die sich ausbildenden Biegewellen bereits in unmittelbarer Nähe der Anregungsstelle stark gedämpft. Damit ist die Schnelle aber sehr stark ortsabhängig. Eine Mittelwertsbildung für die Schnelle ist deshalb nicht möglich, und die Angabe des Abstrahlgrades daher ebenfalls nicht. Bei einer derartig stark abklingenden Schnelleverteilung wird die abgestrahlte Schallleistung im Wesentlichen nur durch die Schallabstrahlung des Biegewellennahfeldes hervorgerufen. Unterhalb der Grenzfrequenz ist die von einem Anregungspunkt bei Geschwindigkeits- oder Kraftanregung (s. Abschn. 4.4) abgestrahlte Schallleistung nach [3] P=
P=
8 c3 2 υ ˜ π 3 f 2g
2 π c M2
für υ ˜ = konst. (26)
˜ F
2
˜ = konst. für F
Mit λ g = c/fg und der Schreibweise P=
8 π3
c λ 2g υ ˜2
ist ein Vergleich mit Gl. (17) möglich, der zeigt, dass in diesem Sonderfall der Abstrahlgrad für alle Frequenzen den konstanten Wert von σ = 8/π 3 ≈ 0,25 besitzt und die wirksame Strahlerfläche S = λ 2g bei dünnen Platten extrem klein wird (1 mm Stahlblech λg ≈ 30 mm). Im Fall hoher Dämpfung [η ≥ ηg nach Gl. (30)] und kleiner Plattendicke sind also punktförmige Verbindungen von Vorsatzschalen oder Kapselelementen mit den darunterliegenden, körperschallführenden Bauteilen unkritisch.
139
4. Schwingungen und Schallabstrahlung von festen Körpern
4.6 Modelldarstellungen, Begriffe, Messund Berechnungsverfahren zur mechanischen Geräuschentstehung in Maschinen In Maschinen gibt es zwei Arten der Geräuschentstehung: die direkte, strömungsmechanische (Strömungsmaschinen, Düsen) und die indirekte, mechanische (alle anderen Maschinen). Mit Hilfe der in den Abschnitten 4.4 und 4.5 behandelten Größen (h, hT und σ) und Begriffe (Kraft-/Geschwindigkeitsanregung) ist es möglich, das in Bild 4 –14 a gezeigte Grundmodell der mechanischen Geräuschentstehung aufzustellen [16], zitiert in [11]. Die Modellabschnitte 1 bis 4 im Bild 4 –14 a haben folgende Bedeutung:
˜0 und innere Ad1. Quelle mit den frequenzabhängigen Größen Kurzschlusskraft F mittanz h e ; Quellen in realen Maschinen sind Mechanismen wie Anschläge und Spiel oder Massenkräfte oder Druckwechselvorgänge in Kolbenmaschinen oder ganze Aggregate wie Antriebsmotoren, Getriebe, Pumpen. ˜ = F˜0 der passiven Maschinenstruktur 3, er2. Rückwirkungsfreie Kraftanregung F füllt für | h s /h e |1|. 3. Passive Maschinenstruktur (Gehäuse, Gestell oder Teile davon) unter Vernachlässigung von Nichtlinearitäten, z. B. durch lose Verbindungen (Entstehung von in der Anregung nicht vorhandenen Frequenzanteilen); Kenngrößen sind die frequenzabhängigen Größen Transferadmittanz h T und Abstrahlgrad σ sowie im Hinblick auf die Rückwirkungsfreiheit der Anregung die Eingangsadmittanz h s . 4. Erzeugter Luftschall, dargestellt durch die Schallleistung P. Entsprechend Gl. (17) gilt ˜ 2 h 2T S σ ; P=c F
(27)
≈ υ
hT = 4 mittlere Transferadmittanz der Struktur zwischen Krafteinleitungsstelle ˜ und abstrahlender Fläche S mit der mittleren Schwinggeschwindigkeit υ≈ . F Mehrere Quellen werden einzeln gemäß Gl. (27) behandelt und die Schallleistungen addiert, was exakt nur für inkohärente Quellen zulässig ist. Durch Übergang zu logarithmischer Schreibweise wird aus Gl. (27)
Bild 4–14. Modelle der mechanischen Geräuschentstehung. a) Grundmodell mit rückwirkungsfreier Unterteilung der Wirkungskette in Erreger und passive Struktur; b) Modell mit weiterer rückwirkungsfreier Unterteilung in der passiven Struktur (Positionen 1 bis 4 s. Text)
140
W. Schirmer
L W = L F + L WF ; LW
(27 a)
Schallleistungspegel P dB, P0
L W = 10 lg
P0 = 10 –12 W, LF
Kraftpegel L F = 20 lg
˜ F dB, F0
F0 = 1 N, LWF Strukturübertragungsmaß, genannt kraftbezogener Schallleistungspegel L WF = 10 lg
h 2T S dB + 10 lg σ dB, h 2T0 S0
h T0 = 5 · 10 –8 s/kg,
(28)
S0 = 1 m 2.
Gemäß Gl. (27 a) ist LWF der bei F = 1 N Anregungskraft (L F = 0 dB) in einem Frequenzband von einer Struktur erzeugte Schallleistungspegel. Für den Fall σ = 1 (biegesteife Platte) und S = 1 m2 ist L WF gemäß Gl. (28) identisch mit der Admittanz in Pegelschreibweise. Bei realen Maschinen sind die Modellvoraussetzungen „rückwirkungsfreie Anregung“ und „keine Nichtlinearität“ meist nicht ausreichend erfüllt, und die Größen L F sowie L WF sind nicht mit genügender Genauigkeit bekannt, so dass mit Gl. (27 a) die wünschenswerte Vorausberechnung des Absolutwertes der Schallleistung einer Maschine in der Konstruktionsphase nicht möglich ist. Trotzdem ist das Modell für die Geräuschminderung an Maschinen nützlich. Es ermöglicht Studierenden und Praktikern ein besseres Verständnis für die Geräuschentstehung als Grundvoraussetzung für deren Verminderung. Dem dient insbesondere die entkoppelte Betrachtung von Quelle und passiver Struktur (Bild 4 –14 a, Positionen 1, 2, 3). Schließlich schafft das Modell Mess- und Berechnungsmöglichkeiten für die Optimierung einzelner Abschnitte der Wirkungskette. Schon vielfältig bewährt haben sich Messverfahren für das Strukturübertragungsmaß von passiven Maschinenstrukturen, die experimentelle Untersuchungen an abgeschalteten Maschinen oder an Teilen von Maschinen, z. B. dem leeren Gehäuse, ermöglichen [18]. Die künstliche Anregung erfolgt mit Hilfe eines elektrodynamischen Schwingungserregers oder Stoßhammers durch eine Punktkraft oder unter Nutzung des Reziprozitätsgesetzes der Akustik [3] durch Luftschall. Im Messbeispiel Bild 4 –15 wird gezeigt, wie durch Vergleich gemessener Werte des Strukturübertragungsmaßes LWF mit Rechenwerten nach Gl. (28) eine Modellidentifikation für das vibroakustische Verhalten der Struktur möglich ist. Die Messung der von Aggregaten erzeugten Anregungskraft ist prinzipiell dadurch möglich, dass sie auf einer Prüfstruktur mit bekanntem Strukturübertragungsmaß montiert werden und gemäß Gl. (27 a) der Kraftpegel aus der von der Prüfstruktur abgestrahlten Schallleistung berechnet wird [19]. Dabei wird die real vorhandene Mischanregung infolge mehrerer räumlicher Komponenten von Kraft und Moment durch eine Ersatzkraft ersetzt.
4. Schwingungen und Schallabstrahlung von festen Körpern
141
Bild 4–15. Strukturübertragungsmaß L WF eines elastisch gelagerten Hohlprofilstahles 100 mm · 100 mm · 4 mm, Länge 1380 mm, nach [17]. 1 Messung, 2 Rechnung, 2.1 Modell starre Masse, Dipol, 2.2 Modell Stab mit dichten Biegeeigenfrequenzen, Dipol, 2.3 Modell Platte mit dichten Biegeeigenfrequenzen
Messtechnisch einfacher ist die Ermittlung der Anregungskraft oder der Anregungsschnelle durch Messung der mittleren Schwinggeschwindigkeit υ≈ auf einer Platte realisierbar, auf der die Körperschallquelle montiert ist. Deren Transferadmittanz bzw. Körperschall-Übertragungsfunktion muss durch Messung bekannt sein, siehe Gl. (14) bis (16) und [19]. Die emittierte Körperschallleistung von Geräten PKS = υ≈ 2 η ω mges kann ebenfalls auf einer Platte ermittelt werden. Hierfür muss auch deren Verlustfaktor η gemessen werden: Reception Plate Method, Anwendung für haustechnische Geräte siehe [39], Grundlagen siehe Heckl [38], Abschn. 4.7.3 Berechnungsverfahren für das Anregungskraftspektrum gestatten die Ermittlung der für geringe Geräuschentstehung günstigen Anregungszeitfunktion, z. B. bei Stoßvorgängen, Druckwechselvorgängen und Kurvenscheibengetrieben. Neben der Möglichkeit der mathematischen Fourier-Analyse durch Eingabe interessierender Zeitfunktionsverläufe in einen Rechner gibt es manuell ausführbare Näherungsmethoden, die außerdem den Vorzug bieten, dass sie allgemeine Hinweise für die Gestaltung geräuschmäßig günstiger Anregungszeitfunktionen liefern ([16] und Abschn. 7.4.3.1). Für die Berechnung des Einflusses der Wahl von Material und Geometrie für passive Maschinenstrukturen (z. B. Gehäuse) gibt es zwei Wege. Ein auf einfachen, geschlossenen Näherungsformeln basierender Weg beruht auf der Grobmodellierung der realen Struktur durch Grundelemente mit bekannter Admittanz, Transferadmittanz und Abstrahlung, insbesondere Masse, Feder, Platte. Oft ist dieser Weg für einzelne Strukturteile und bestimmte Frequenzbereiche möglich, z. B. für den Bereich der Biegewellenausbreitung auf plattenartigen Abschnitten der Struktur, vgl. Abschn. 4.2 und Bild 4–15, Pos. 2.3. Dann erhält man hierfür tendenziell die Wirkung der Änderung von Konstruktionsparametern wie Dicke, Fläche und Material, z. B. [7, 11, 20, 21]. Auch eine Aufgliederung der passiven Struktur in mehrere rückwirkungsfreie Elemente ist möglich. Ein Beispiel zeigt Bild 4–14 b. Dort bedeuten:
142
W. Schirmer
3,1 krafterregtes, kompaktes und daher als nicht abstrahlend angenommenes Bauteil, dargestellt durch Masse- oder Federadmittanz h 1 , Gl. (10) und (11), 3,2 Geschwindigkeitsanregung, siehe auch Abschn. 4.4, 3,3 leichtes abstrahlendes Element mit Plattenverhalten, s. Gl. (16). Es gilt Gl. (27) mit h T = h1 υ≈ /υ˜ 1 . Daraus folgt die aus dem Grundmodell Bild 4–14 a nicht direkt erkennbare Regel, dass in Maschinen innere Krafteinleitungsstellen möglichst massiv, abstrahlende Flächen möglichst leicht auszuführen sind. Trotz der mäßigen Kompliziertheit der Berechnungsformeln ist die in der Konstruktionspraxis erforderliche schnelle Verfügbarkeit von Aussagen, z. B. zum Variantenvergleich von Gehäuseentwürfen, erst mit Rechnereinsatz (PC Pentium) erreichbar: – EQUIP+ System für Lärmarmes Konstruieren (Komponentenorientierte Schallflussmodellierung und Beratungssystem), hier insbesondere seine Teile zur Berechnung des vibroakustischen Verhaltens von Maschinen-Komponenten mit Modellen und Näherungsformeln ähnlich den in Kapitel 4 behandelten [47]. – Programm MASAK, insbesondere zur Berechnung von Anregungskräften und vibroakustischem Gehäuseverhalten von Leistungsgetrieben [22], zitiert in [11]. Der zweite Weg basiert auf einer strukturdiskretisierenden mathematischen Modellierung der Maschinenstruktur: 1. Auflösung der Struktur a) in kleine Elemente mit Masse, Feder und Reibung zur Berechnung der Strukturschwingungen (Finite-Elemente-Methode); b) in größerer Teilstrukturen, z. B. Platten mit bekannten Werten für Eigenfrequenzdichte, Verlustfaktor und Kopplung mit anderen Teilstrukturen (statistische Energieanalyse) [40] 2. Berechnung der Abstrahlung, z. B. aus den Schwingungen kleiner Oberflächenelemente (Boundary-Elemente-Methode), s. z. B. [6]. Dieser zweite Weg erfordert einen wesentlich größeren Rechneraufwand zur Lösung der entstehenden sehr großen Gleichungssysteme. Hilfsprogramme sind erforderlich, um die Arbeitsschritte „Eingabe der Strukturgeometrie, Elemente-/Netzwerksgenerierung und Ergebnisdarstellung“ auf praktikable Umfänge zu reduzieren, für FEM und BEM z. B. [41]. Schwierigkeiten bereitet die Vorgabe realistischer Reibungswerte (Verlustfaktoren) und die Behandlung von Fügestellen. Falls diese Methoden für hohe Frequenzen, komplizierte Strukturformen und große Abmessungen angewendet werden sollen, können indiskutable Rechenzeiten entstehen. Für die Konstruktionspraxis eher anwendbar erscheinen diese Verfahren bei Beschränkung auf Struktureigenfrequenzen niedriger Ordnungszahlen, wobei u. U. bereits wichtige Aussagen erhalten werden, s. z. B. [23]. Mit numerischen Strukturoptimierungsmethoden wird auf Basis der Verfahren 1. und 2. auf Teilgebieten die intuitive Strukturoptimierung des Konstrukteurs durch systematische mathematische Methoden ergänzt; z. B. TU Darmstadt [42] und TU Dresden [43].
4. Schwingungen und Schallabstrahlung von festen Körpern
143
4.7 Geräuscharme Varianten passiver Maschinenstrukturen 4.7.1 Bleche mit Dämpfungsbelag 4.7.1.1 Zu erwartende Verminderung der Schallabstrahlung Für die punktförmig mit konstanter Kraft angeregte Platte wird im Folgenden die Verminderung von Schwinggeschwindigkeit und Schallabstrahlung betrachtet, die infolge der Erhöhung des Verlustfaktors η durch einen Dämpfungsbelag möglich ist. Für den Frequenzbereich f < 0,5 f1 mit f1 = 1. Biegeeigenfrequenz gilt nach Abschn. 4.4 υ ˜
˜ F
=
1 υ ˜ ω oder 4 = 4 . ωm ˜ c F
Die Schwinggeschwindigkeit υ ˜ ist in diesem Frequenzbereich unabhängig vom Verlustfaktor. Ein Dämpfungsbelag ist völlig wirkungslos. Eine Verlustfaktorerhöhung ist erst im Frequenzbereich f ≥ f1 , also im Bereich der Biegeeigenschwingungen der Platte, wirksam. Bei Anregung mit einer Kraft der Frequenz f = fn , d. h. in dem (seltenen) Fall der Anregung nur einer einzelnen Mode der Eigenfrequenz fn , gilt υ≈
1 31 ≈ 02 ; ˜ ωn m η F
(29)
m hier modale Masse mit m = mges /4 für Platten η modaler Verlustfaktor. Wegen υ≈ ~ 1/η und des von η unabhängigen Abstrahlgrades infolge gleichbleibender Eigenform vermindern sich Körperschallpegel L v und Luftschallpegel L mit 6 dB je η -Verdopplung. Werden von der Kraft in einem Frequenzband mehrere Eigenfrequenzen angeregt, dann ist wegen Gl. (15) υ≈ 2 ~ 1/η. Der Körperschallpegel Lv nimmt also in diesem in der Praxis meist zutreffenden Fall um 3 dB je η-Verdopplung ab. Bei biegeweichen Platten ( f < fg , λB < λ) wird die Wirkung für den Luftschallpegel kleiner als für den Körperschallpegel, sobald der Verlustfaktor eine bestimmte Größe ηg überschreitet. Für niedrige Dämpfung erfolgt die Abstrahlung von den Plattenrändern (s. Abschn. 4.5.3). Man erhält eine mit 1/η abnehmende Schallleistung [Gln. (15), (17), (22)]. Für hohe Dämpfung wird vom Biegewellen-Nahfeld des Anregungspunktes gemäß Abschn. 4.5.4 Gl. (26), eine von η unabhängige Schallleistung abgestrahlt. Das Gleichsetzen beider Leistungen ergibt die gesuchte Grenzdämpfung g aus 4
S 1 ηg = 3 ; π U λB
S Plattenfläche U Plattenumfang plus 2 ҂ Rippenlänge bei Versteifungsrippen. Für η | ηg ist ∆ L = ∆ L v . Für η ≥ ηg ist ∆ L < ∆ L v .
(30)
144
W. Schirmer
Für quadratische Platten mit der Seitenlänge l folgt aus Gl. (30) l λB
ηg =
1 π
≈ 0,3 .
Bei biegesteifen Platten ( f > fg , λB > λ) ist unabhängig von der Dämpfung σ ≈ 1, so dass hier stets ∆ L = ∆ L v ist. Welche Verlustfaktorerhöhung möglich ist, hängt von der bei einem Bauteil schon vorhandenen Dämpfung und der mit dem Dämpfungsbelag erreichbaren Dämpfung ab. Der Verlustfaktor von Maschinenstrukturen ohne Dämpfungsbelag ist nicht durch den sehr kleinen Materialverlustfaktor η = 10 – 4 bis 10 –3 bestimmt, sondern ist infolge des Körperschallenergieabflusses in benachbarte Bauteile, der Reibung an Verbindungselementen usw. wesentlich größer [24, 25]. Als Orientierungswert hat sich η = 10 –2 für viele reale Maschinenstrukturen gut bewährt. Für Frequenzen oberhalb 1 kHz nimmt der Verlustfaktor von Maschinenteilen η ~ f –(0,5 bis 1) ab [2, 6]. Durch Aufbringen von viskoelastischem Material, z. B. in Form eines Entdröhnungsmittels, auf Blech als einfacher Belag (s. Abschn. 4.7.1.2) oder als eingezwängter Belag (s. Abschn. 4.7.1.3) kann bei richtiger Materialauswahl, Bemessung und Ausführung ein Verlustfaktor von η ≈ 0,1 erreicht werden. Bei der Bemessung von Dämpfungsbelägen wird für den resultierenden Verlustfaktor im allgemeinen der Wert η ≈ 0,1 als Zielwert eingesetzt, z. B. [25]. 4.7.1.2 Einfacher Belag Gemäß Bild 4 –16 befindet sich der Dämpfungsbelag auf einer Seite des Bleches. Die Biegung des Bleches infolge von Biegewellen verursacht eine Dehnung des Belages (Bild 4 –16 b). Mit den Bezeichnungen von Bild 4 –16 a erhält man nach [3] aus der im Belag durch Dehnungsbeanspruchung in Wärme umgewandelten mechanischen Energie und der reversiblen mechanischen Energie der Gesamtanordnung infolge Biegung den resultierenden Verlustfaktor 1) η≈
η2 E2 d2 s2 B′
(31)
mit B′ ≈
E1 d 31 d + d2 + E2 d2 s2 und s = 1 . 12 2
(31 a)
Dabei ist B ′ die Biegesteifigkeit der Gesamtanordnung Platte mit Belag und s der Abstand zwischen der neutralen Faser und der Mitte des Dämpfungsbelages (s. Bild 4 –16 a). Der zweite Summand in Gl. (31 a) ist für dicke Beläge (d2 > d1) von Bedeutung. Bild 4–17 zeigt den resultierenden Verlustfaktor nach einer genaueren Rechnung von Oberst und Frankenfeld [27]. Die Genauigkeit von Gl. (31) ist jedoch völlig ausreichend (s. [3]). Aus Gl. (31) folgt für die praktische Anwendung von Dämpfungsbelägen: – Die akustische Qualität eines Entdröhnungsmittels wird durch das Produkt η2 E2 , Verlustmodul genannt, bestimmt. Es kommt also nicht nur auf ein großes η2 an, das bei Entdröhnungsmitteln im Bereich 0,5 bis 2 liegt, sondern es ist insbesondere wichtig, dass sie im ausgehärteten Zustand möglichst steif sind (E2 groß). ) E stellt hier den Realteil E⊥ des komplexen Elastizitätsmoduls E = E⊥ (l + j η ) dar.
1
4. Schwingungen und Schallabstrahlung von festen Körpern
145
Bild 4–16. Ausführung eines einfachen Belages. 1 Grundplatte mit E 1 , η 1 , 2 Entdröhnungsbelag mit E 2 (1 + j η 2 ), 3 neutrale Faser der Gesamtanordnung für E 2 | E1
Bild 4–17. Normierter Verlustfaktor η /η2 einfacher Beläge in Abhängigkeit vom Dickenverhältnis d2 /d1 und vom Verhältnis der E-Moduln E2 /E1 nach [27]
– Da E2 bei vielen Entdröhnungsmitteln mit f (0,5 bis 1) ansteigt und η2 etwa frequenzunabhängig ist, steigt der resultierende Verlustfaktor ebenfalls mit f (0,5 bis 1). – Die Belagdicke muss möglichst groß sein, weil nur dann eine genügend große Dehnung im Belag erreicht wird. Eine Verteilung des Belages mit der halben Dicke auf beide Seiten wäre also wesentlich schlechter als das einseitige Anbringen. Aus Bild 4 –17 folgt, dass man zum Erreichen eines resultierenden Verlustfaktors η ≈ 0,1 (s. Abschn. 4.7.1) bei Entdröhnungsmitteln mit η2 ≈ 1, E2 ≈ 0,2 · 10 9 N/m2 und E1 ≈ 200 · 10 9 N/m2 (Stahl), etwa die 3fache Blechdicke als Belagdicke benötigt, was durch Messergebnisse bestätigt wird (Bild 4–18). Aus den Bildern 4 –17 und 4 –18 ist außerdem zu ersehen, dass in dem praktisch interessierenden Bereich von d2 /d1 und E2 /E1 der resultierende Verlustfaktor η ~ (d2 /d1 )2 ist. Einfache Beläge werden wegen des erforderlichen großen d2 /d1 ≈ 3 und des damit für dicke Bleche großen Aufwandes nur als Dämpfungsbelag für dünne Bleche (d1 ⬉ 2 mm) angewendet. 4.7.1.3 Eingezwängter Belag Durch eine wenig dehnungsfähige Deckschicht auf dem Dämpfungsbelag (Bild 4 –19) entsteht eine Schubbeanspruchung des Dämpfungsmaterials. Diese bewirkt,
146
W. Schirmer
Bild 4–18. Streubereich des Verlustfaktors η der Kombination Stahlblech – Dämpfungsbelag verschiedener Hersteller in Abhängigkeit vom Dickenverhältnis d 2 /d1 bei einer Frequenz f = 200 Hz, Temperatur ϑ = 20 bis 23 °C. Persönliche Mitteilung von Herrn Dietzel, 1980. Institut für Technische Akustik der Techn. Univ. Dresden
Bild 4–19. Ausführung eines eingezwängten Belages. 1 Grundplatte mit E1, η1, 2 Entdröhnungsbelag mit G2 (1 + j η2 ), 3 einzwängendes Abdeckblech mit E3 , η3 , 4 neutrale Faser der Gesamtanordnung für d 3 | d1, E 2 | E1
wie Bild 4 –20 an einem Beispiel zeigt, einen gegenüber dem einfachen Belag wesentlich günstigeren Dämpfungseffekt, insbesondere auch für Dämpfungsmaterial mit sehr kleinem Elastizitätsmodul, z. B. Kunststoffschäume. Auch bei d2 /d1 = 1 ist im Gegensatz zum einfachen Belag schon ein Verlustfaktor η ≈ 0,1 erzielbar. Als Deckschicht werden sowohl Metallfolien (Bild 4 –20) als auch Bleche mit etwa der gleichen Dicke wie das Grundblech verwendet. Folgende praktische Anwendungen sind 1. auf dünne Bleche aufklebbare Dämpfungsstreifen (Kunststoff mit geringem Elastizitätsmodul), durch eine Metallfolie abgedeckt;
4. Schwingungen und Schallabstrahlung von festen Körpern
147
Bild 4–20. Vergleich der theoretischen Verlustfaktoren für den einfachen und für den eingezwängten Belag nach [23]. Frequenz 200 Hz, Platten 1 und 3 Stahl
2. Sandwich-Bleche, von z. B. 2 ҂ 1 mm Stahl mit einer dünnen Kunststoff-Zwischenschicht, die wie normales Blech verarbeitet werden können. 3. Bedämpfung dicker Bleche mittels Dämpfungsbelag 2 zwischen Grundblech 1 und Deckblech 3, z. B. d1 = 8 mm, d2 = 2 mm, d3 = 2 mm, [44]. Für die Realisierung dieser Anwendung ist wichtig, dass eine Segmentierung des Deckbleches eine Verbesserung der Dämpfungswirkung bei Frequenzen unterhalb fopt ergibt. Günstige Abmessungen lT der Segmente liegen nach Heckl [38] Abschn. 3.6.2.1 vor, wenn α lT = 3 …10 ist, mit G 1 1 α2 ≈ 52 8 + 8 . d 2 E1 d 1 E3 d 3
(
)
Das Dämpfungsmaterial wird durch den Schubmodul G = G (1 + jη) beschrieben.2 ) Der Verlustfaktor η ist für Schub- und Dehnungsbeanspruchung etwa gleich. Der Schubmodul G ist wesentlich kleiner als der Elastizitätsmodul E. Es gilt G=
E E ≈ , 2 (1 + µ) 3
wegen µ ≈ 0,5 für viskoelastische Materialien. Von den verschiedenen Bemessungsverfahren für eingezwängte Beläge [28 – 30] wurde das von Ungar angegebene [30] zur Grundlage der folgenden Darstellung genommen. Mit diesem Verfahren erhält man den resultierenden Verlustfaktor η in einer normierten Darstellung η = f (g, y),
s. Bild 4 –21. Der Steifeparameter y hängt nur von den drei Schichtdicken und E1/E2 ab, s. Gl. (32). Der Schubparameter g ist proportional G2 f –1 B ′ 0,5, s. Gl. (36 a). Da B ′ ebenfalls von g abhängt, s. Gl. (37), ist zur Ermittlung von g eine Iterationsrechnung erforderlich. Selbst ein grober Anfangsschätzwert führt hier nach wenigen Schleifen 2
) G, E, B′, g stellen hier die Realteile G⊥, E⊥, B′⊥, g⊥ der komplexen Größen G, E, B, g dar.
148
W. Schirmer
Bild 4–21. Verlustfaktor η für den eingezwängten Belag als Funktion des Schubparameters g Gl. (36) für verschiedene Steifeparameter y und η2 = 1. Für η 2 ≠ 1 sind die Ordinatenwerte mit η2 zu multiplizieren. Rechnung nach den Gln. (32) bis (35). Die Frequenzachse läuft entgegengesetzt zur g-Achse, vgl. Gl. 36 a. 1 y = 3, d 3 = d1 , d 2 Ⰶ d1, 2 y = 1,8, d 3 = d 2 = 0,25 d1 , 3 y = 0,46, d 3 = d 2 = 0,1 d1
zu stabilen Werten. Wegen G2 ~ E2 ~ f (0,5 bis 1), vgl. Abschn. 4.7.1.2, zeichnet sich der eingezwängte Belag durch geringe Frequenzabhängigkeit des Verlustfaktors η aus. Ziel der Bemessung sollte es sein, dass der zur Schwerpunktsfrequenz des Geräusches gehörende Schubparameter g nahe gopt liegt, so dass möglichst ηopt ausgenutzt werden kann. Der Steifeparameter ist 12 y=
(
1+
(
)
1 d d + 3 + 2 2 2 d1 d1
E1 d1 E3 d 3
2
)[ ( ) ] 1+
E3 d3 E1 d 1
3
.
(32)
Für den häufigen Fall E3 = E1 und d3 |d1 gilt mit 5 % Fehler, solange d3 ⬉ 0,35 d1 12 y≈
(
1 d d + 3 + 2 2 2 d1 d1
)
2
d 1+ 1 d3
.
(32 a)
Für das symmetrische Sandwichblech mit d3 = d1 und E3 = E1 gilt
( )
y≈3 1+
d2 2 . d1
(32 b)
Optimale Dämpfungswirkung erhält man bei gopt =
1 998 √ (1 + y) (1 + η 22 )
(33)
mit η opt =
y η2 2 2+y+ gopt
.
(34)
4. Schwingungen und Schallabstrahlung von festen Körpern
149
Aus Gl. (34) folgt, dass die erreichbare Dämpfung im Gegensatz zum einfachen Belag nicht vom Elastizitäts- bzw. Schubmodul des Dämpfungsmaterials abhängt. Dessen Schubmodul G2 beeinflusst nur die Frequenz, bei der g = gopt wird [s. Gl. (36 a)]. Schließlich erhält man η = f (g, y) aus η
ηopt
=
2 (1 + N) g′ 1 + 2 N g′ + g′ 2
(35)
mit g
g′ =
gopt
(2 + y) gopt , 2
und N =
und es wird η = 1 für g′ = 1. ηopt
Der Schubparameter ist g=
G2 λ B2 E d 1+ 3 3 . (2 π)2 d2 d3 E3 E1 d 1
(
)
(36)
Mit k 2B =
( ) 冑 2π
2
λB
=ω
5 M B′
wird g=
G2 f
冑
5 B′ 1 E3 d3 1+ 9 . M 2 π d 2 d 3 E3 E1 d 1
(
)
(36 a)
Mit Gl. (36 a) wird der normierten Darstellung Bild 4 –21 ein Frequenzmaßstab zugeordnet. Ist für das Dämpfungsmaterial die Frequenzabhängigkeit von E und G nicht bekannt, kann f 0,5 als Schätzwert verwendet werden. Für B′ und M sind in Gl. (36 a) die Werte für die Gesamtanordnung einzusetzen.3) M = M1 + M2 + M3
(
B′ = (B1′ + B3′ ) 1 +
gy 1+g
)
mit g = g (1 + j η2). Aus Gl. (37) folgt für hohe Frequenzen Bges = B1 + B3 wegen g → 0 für tiefe Frequenzen inkl. f = 0 (statische Belastung) Bges = (B1 + B3) (1 + y) wegen g → ∞ , y siehe Gl. 32 und Folgende. 3)
siehe Fußnote auf S. 147.
(37)
150
W. Schirmer
Bei normalen Genauigkeitsansprüchen (rd. 10 %) ist es möglich, in Gl. (37) j η2 = 0 zu setzen, selbst bei Dämpfungsmaterial mit η2 = 1, falls y ≤ 3 ist (Vermeidung etwas aufwendigerer komplexer Rechnung). Für die schon eingangs erwähnte Iterationsrechnung mit den Gln. (36 a) und (37) eignen sich als Anfangs-Schätzwerte g = 1 oder g = gopt . Bei d3 | d1 , 2 d2 | 1 d1 kann direkt B′ = B1′ und M = M1 gesetzt werden. Für diesen Fall sind in [29] Nomogramme für die Ermittlung von η angegeben. Wird festgestellt, dass für interessierende Frequenzen g zu weit von gopt entfernt liegt, sollte möglichst durch Wahl eines anderen Materials der Schubmodul G2 verändert werden. Ebenfalls für diesen Zweck mögliche Änderungen von d2 , d3 , E3 verändern jedoch gleichzeitig y, gopt und ηopt . 4.7.1.4 Praktische Ausführung von Dämpfungsbelägen Für die Einzelfertigung, für nachträgliche Maßnahmen u. dgl. eignen sich lösungsmittelhaltige, pastöse Entdröhnungsmittel und auch wassergelöste Mittel. Sie benötigen lange Härtezeiten (etwa 24 h) und werden u. U. in mehreren Schichten durch Spachteln oder Spitzen aufgetragen. Es ist auf Rostfreiheit vor dem Auftrag und sichere, vollflächige Haftung zu achten, um ein Unterrosten zu vermeiden. Nur bei guter Haftung wird außerdem die beabsichtigte Dehnungs- oder Schubbeanspruchung des Dämpfungsmaterials erreicht. Bei Flächen mit erhöhter Temperatur ist die Wirksamkeit von Entdröhnungsmitteln fraglich, da die Kennwerte beträchtliche Temperaturabhängigkeiten zeigen, s. z. B. [24]. Den Bedingungen einer Großserienfertigung von Blechteilen entsprechen z. B. Zuschnitte konfektionierter Dämpfungsmaterialien auf Bitumenbasis, die sich mit Blechteilen bei Wärmebehandlung innig verbinden lassen. Zu beachten ist die u. U. erhebliche Masseerhöhung durch Dämpfungsbeläge (Dichte rd. 1,4 · 10 3 kg/m3). Bei einem einfachen Belag beträgt sie bei 3facher Dicke gegenüber einem Grundblech aus Stahl 50 %. Auch in dieser Hinsicht ist ein eingezwängter Belag wesentlich günstiger, da er bereits bei 10 bis 20 % Masseerhöhung einen Verlustfaktor η ≈ 0,1 ergibt, vgl. [31]. In der Serienfertigung wird vorteilhaft von der Möglichkeit einer teilweisen Belegung von Blechflächen Gebrauch gemacht, deren Größe und Lage auf experimentellem Weg optimiert wird. Als Richtwert für die Größe der Teilbelegung wird in [30] etwa λB /2 empfohlen. Es empfiehlt sich, Dämpfungsmaterialien mit bekannten Kennwerten E2 und η2 oder Kombinationen Dämpfungsbelag/Blech mit bekannten η anzuwenden. Die Bestimmung der Kennwerte erfolgt mit genormten Verfahren [32]. Stets sollte geprüft werden, ob im speziellen Fall die akustischen Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer Dämpfung gegeben sind, s. Abschn. 4.7.1.1. 4.7.2 Gehäuseformen Bei konventionell konstruierten Maschinengehäusen werden die Betriebskräfte mit den überlagerten, geräuschverursachenden dynamischen Kräften meist direkt in dickwandige Gussgehäuse geführt. Typische Beispiele dafür sind Zahnradgetriebe (Bild 4 –22 a) und Kolbenmaschinen aller Art. Das Gehäuse hat dann kraftaufnehmende und umhüllende Funktion zugleich. Es gilt dafür das akustische Modell nach Bild 4 –14 a,
4. Schwingungen und Schallabstrahlung von festen Körpern
151
Bild 4–22. Guss-Getriebegehäuse. a) normale Ausführung; b) geräuschgeminderte Ausführung mit Zusatzmassen und Versteifungsrippen nach [35]
wobei die Struktur akustisch stark vereinfacht durch krafterregte, schallabstrahlende Platten (Gehäusewände) beschrieben werden kann. Unterhalb der 1. Biegeeigenfrequenz f1 der Gehäusewände wirken diese als Feder (quasistatischer Bereich Abschn. 4.4). Da die Federsteife c ~ B′ ~ E d 3 ist, wirkt sich eine größere Dicke d günstig aus, denn mit h = ω /c und σ = konst. ist gemäß Gl. (27) P ~ 1/d 6 oder ∆ L = 18 dB je d-Verdopplung. Außerdem erhöht sich wegen Gl. (8) f1 ~ d. Dadurch wird der akustisch vorteilhafte quasistatische Bereich größer, und das bei f1 möglicherweise auftretende Geräuschmaximum wird kleiner [s. Gl. (29)] bei η und m = konst. Günstig ist auch die mit wachsender Frequenz meist abnehmende Anregungskraft. Im Bereich dichter Biegeeigenfrequenzen oberhalb f1 (Abschn. 4.4) wirkt sich eine größere Wanddicke dagegen weniger gut aus. Unterhalb der Biegewellengrenzfrequenz fg ist mit der Näherung σ ~ 1/f g2 ~ B′/M für Gl. (23), mit h T nach Gl. (15) und Gl. (27) für Kraftanregung P ~ 1/d oder ∆ L = 3 dB je d-Verdopplung. Bei fg kann ein Abstrahlmaximum gemäß Gl. (22 a) auftreten, das für 10 mm Stahlblech nach Gl. (3) bei 1,2 kHz liegt, also in einem Frequenzbereich, in dem Maschinen mit mechanischer Geräuschentstehung ungünstigerweise hohe Geräuschanteile haben. Erst oberhalb von fg ist wegen σ = 1 wieder ein vorteilhafterer Einfluss einer d-Vergrößerung vorhanden, weil dort P ~ 1/d 3 gilt [Gl. (15)]. Eine alternative Gehäusekonstruktion, die akustisch außerordentliche Vorzüge aufweist, ist die im Bild 4–23 am Beispiel Zahnradgetriebe [33] gezeigte konsequente Trennung zwischen einer inneren, kompakten, kraftaufnehmenden Struktur und einer äußeren, dünnwandigen, umhüllenden Struktur. Diese Anordnung lässt sich gut durch das Modell nach Bild 4–14b beschreiben, wobei Position 3.1 dieses Bildes ein krafterregtes, kompaktes, nicht abstrahlendes Bauelement ist (Lagerbock 1 im Bild 4–23 mit sehr kleiner Admittanz) und Position 3.3 das geschwindigkeitserregte, schallabstrahlende Gehäuse (Gehäuse 2 im Bild 4–23 mit Plattenverhalten). Mit Versuchsgetrieben dieser Bauart wurde in einem Leistungsbereich bis 1000 kW eine Geräuschminderung gegenüber konventioneller Bauart von 7 bis 19 dB (A) erreicht, wobei die Unterschiede
152
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Bild 4 –23. Getriebegehäuse mit Trennung kraftaufnehmender und umhüllender Struktur. 1 kompaktes Lagergestell, 2 elastisch gelagertes 2-mm-Stahlblechgehäuse, 3 elastische Wellendichtung, 4 Edelstahl-Bodendichtung, nach [33]
drehzahlbedingt sind (Gehäuseresonanzen) [33]. Die geringe Robustheit des dünnwandigen, elastisch gelagerten Gehäuses erschwert seine Einführung bei Getrieben hoher Leistung. Bei Maschinen oder Teilen davon mit geringeren Robustheitsanforderungen ist das beschriebene geräuscharme Gehäuseprinzip gut realisierbar. Ein andere Art akustisch vorteilhafter Gehäusegestaltung, die sich von der konventionellen weniger entfernt, ist im Bild 4 –22 b gezeigt. Die erforderliche hohe Steifigkeit zum Erzielen einer möglichst hohen 1. Biegeeigenfrequenz f1 der Gehäuseteile und einer kleinen Schallabstrahlung unterhalb f1 wird durch starke Rippen erzielt, zwischen denen möglichst dünnwandige Gehäuseteile liegen. Diese Teile wirken akustisch günstigerweise als biegeweiche Platte, wenn der Rippenabstand größer als etwa λ B /2 ist, also bei hohen Frequenzen. Dieses Verhalten wurde von Storm aus dem Unterschied zwischen statischer und dynamischer Biegesteifigkeit inhomogener Strukturen erklärt [34]. ′ der gesamten Struktur (Gehäuse) ergibt sich Die statische Biegesteifigkeit B stat aus ihrer statischen Durchbiegung bei statischer Krafteinwirkung. Sie ist maßgebend für die Lage der 1. Biegeeigenfrequenz und für das Strukturübertragungsmaß L WF im darunterliegenden quasistatischen Frequenzbereich (Abschn. 4.4). ′ beschreibt die Biegesteifigkeit innerhalb eiDie dynamische Biegesteifigkeit B dyn nes Flächenbereiches der Abmessungen lk = λ B /2, wobei l k als Kopplungslänge be′ für den Zwizeichnet wird. Für verrippte Platten bzw. Gehäuse wird lk sowie Bdyn schenrippenbereich aus dessen Wanddicke dz berechnet. Für hohe Frequenzen, für die der Rippenabstand ⭌ l k ist, wird das Strukturübertragungsmaß L WF des Gehäuses allein durch die an der Gesamtoberfläche überwiegend beteiligten Zwischenrippenbe′ < B stat ′ bestimmt. Eine kleinere Biegesteifigkeit ist im Frequenzbereich reiche mit Bdyn dichter Biegeeigenfrequenzen günstig (s. Körperschallübertragungsfunktion Tv , Abschn. 4.4, Gl. (16), Biegewellengrenzfrequenz fg Gl. (3) und Abstrahlgrad σ für Platten mit Biegewellen, Abschn. 4.5.3). Außerdem ist L WF für hohe Frequenzen davon abhängig, ob die Krafteinleitung auf der Rippe (akustisch günstig) oder zwischen den Rippen (akustisch ungünstig) erfolgt. ′ < B stat ′ beginnt bei der KopplungsgrenzDer Bereich hoher Frequenzen mit B dyn frequenz fk . Mit lk = λ B /2 sowie den Gln. (2) und (3) erhält man c2
fk = 4
l 2k fg
und
lk =
c ; 2 √7 f f g k
c Schallgeschwindigkeit in Luft, fg Biegewellengrenzfrequenz, für Grauguss fg = 15/dz , fg in Hz, dz in m.
4. Schwingungen und Schallabstrahlung von festen Körpern
153
Mittels Bild 4 –1 erhält man einen schnellen Überblick über die Größe von lk = λ B /2 und fk . Messergebnisse für ein Hohlprofil im Bild 4 –15 zeigen, dass eine in der Mitte angeregte Seitenwand (Platte der Breite b = 100 mm und der Dicke d = 4 mm) das Strukturübertragungsmaß L WF der Gesamtstruktur allein bestimmt, sobald b ⭌ lk bzw. f ⭌ fk ≈ 1 kHz ist. Für verrippte Gussgehäuse mit dz = 10 mm Wanddicke ist ein Rippenabstand von lk ≥ 140 mm erforderlich, wenn die Kopplungsgrenzfrequenz fk = 1 kHz betragen soll. Wird der Rippenabstand halbiert, liegt Entkopplung erst ab 4 kHz vor, und die Vorteile der geringeren dynamischen Biegesteifigkeit werden noch nicht in dem für mechanische Geräusche wichtigen Frequenzbereich um 1 kHz wirksam. Als weitere geräuschmindernde Maßnahme wird an den Krafteinleitungsstellen, den Lagern durch Zusatzmassen und zu den Maschinenfüßen führenden starken Rippen ein Teil der Erregerkraft aufgenommen und dadurch die auf das Gehäuse wirkende Anregungskraft verringert (s. Abschn. 4.7.3). Die mögliche Verbesserung gegenüber konventionellem Getriebegehäuse hängt vom Aufwand ab und bleibt unter 5 bis 10 dB(A). Während bei der ersten alternativen Gehäusevariante eine Verringerung der Gesamtmasse eintritt, ist bei der Variante steifes Gehäuse mit Zusatzmassen trotz der starken Dickenunterschiede im Gehäuse eine Masseerhöhung unvermeidbar. 4.7.3 Zusatzelemente an Krafteinleitungsstellen, Zusatzmassen bei elastischen Verbindungen Zusatzmassen und Aussteifungen (Rippen) an Krafteinleitungsstellen, wie sie im vorangegangenen Abschnitt (Bild 4 –22 b) bereits genannt wurden, dienen bei Kraftanregung (s. Abschn. 4.4) der Verminderung der auf eine Struktur einwirkenden Anregungskraft, ohne dass am Erreger eine Änderung erforderlich ist. Sie sind für die Konstruktion lärmarmer Maschinen verwendbar, sofern Kraftanregung vorliegt. Die Wirkung solcher Zusatzelemente ist anhand einer elektromechanischen Ersatzschaltung nach Bild 4 –24 a darstell- und berechenbar. Die Struktur (z. B. Gehäuse) wird als Platte angenähert, die unterhalb der 1. Biegeeigenfrequenz f1 als Feder der Steife c wirkt und oberhalb f1 bei Frequenzbandanregung als unendliche Platte (Abschn. 4.4). Bild 4 –25 zeigt den entsprechenden Admittanz-Frequenzgang einer Platte sowie einer Zusatzmasse (Bild 4 –24 b) und einer Aussteifung (Rippe). Sobald die Admittanz des Zusatzelementes kleiner als die Admittanz der Platte ist, wird bei konstanter Kraft F 0 die auf die Platte wirkende Kraft F PL verringert. Die Zusatzmasse wirkt gemäß Bild 4 –25 bei hohen Frequenzen, und ihre Wirkung nimmt mit der Frequenz zu. Die Aussteifung wirkt bei tiefen Frequenzen, und zwar mit konstanter Größe. Im Bild 4 –25 nicht dargestellt ist, dass die Aussteifung auch die Eigenfrequenz f1 erhöht und zugleich bei hohen Frequenzen eine günstige Wirkung hat, da die Aussteifung meist auch eine erhebliche Masse besitzt.
Bild 4–24. Zusatzelemente an der Krafteinleitungsstelle. a) elektromechanisches Ersatzschaltbild, hz Admittanz des Zusatzelementes, hPL Admittanz der Struktur; b) Zusatzmasse auf Platte
154
W. Schirmer
Bild 4–25. Admittanz-Frequenzgang von endlicher Platte und Zusatzelementen
Mit numerischen Strukturoptimierungsverfahren wurde von Bös und Nordmann gezeigt, dass die Massenerhöhung einer krafterregten Platte im Frequenzbereich über f0 die größte Verminderung des mittleren Körperschallpegels auf der Platte bewirkt, wenn die zusätzliche Masse an der Krafteinleitungsstelle konzentriert wird [42]. Die Zweckmäßigkeit des Zusatzmassen-Konzeptes wird damit bestätigt. Aus Bild 4 –24 a lässt sich für F 0 = konst. für das Verhältnis der auf eine Platte ohne (F 0) und mit Zusatzelement (F PL) wirkenden Anregungskraft als Einfügungsdämmung De angeben: De = 10 lg
˜ 20 F ˜
F 2PL
| |
dB = 10 lg 1 +
hPL 2 dB. hz
(38)
Für die Zusatzmasse (Bild 4–24 b) folgt aus Gl. (38) De = 10 lg [1 + (ω m hPL∞ )2] dB
(39)
mit hz =
1 jωm
und
hPL∞ =
1 . 8 √8 B′ M
Für hohe Frequenzen – (ω m hPL∞)2 + 1 und f ⭌ fm nach Gl. (13 a) – nimmt die Wirkung der Zusatzmasse mit 6 dB/Frequenzverdopplung und 6 dB/Masseverdopplung zu. Der Bemessung der Zusatzmasse m dient die aus Gl. (39) folgende Formel: m⭌
d2 6 √ E · 10 –6 ; f0
(40)
m in kg, d in mm, f0 in Hz, in kg/m3, E in N/m2. In Gl. (40) sind d, , E Größen der Platte, f0 ist die Frequenz, oberhalb der die Zusatzmasse wirkt, falls zugleich f0 ⭌ fm nach Gl. (13 a) ist. Sonst beginnt die Wirkung bei fm. Zur Erzielung einer gewissen Sicherheit ist in Gl. (40) f0 nicht wie üblich für De = 3 dB definiert (ω m hPL∞ = 1), sondern für De = 10 dB bei ω m hPL∞ = 3. Einen schnellen Überblick über den Zusammenhang m, f0 , d nach Gl. (40) gibt für Platten aus Stahl Bild 4 –26. Für die Aussteifung am Krafteinleitungspunkt folgt aus Gl. (38) mit h z = jω /cz und h PL = jω /cPL
( )
De = 10 lg 1 +
cz cPL
2
dB
(41)
4. Schwingungen und Schallabstrahlung von festen Körpern
155
Bild 4–26. Erforderliche Größe der Zusatzmasse m bei Platten der Dicke d aus Stahl in Abhängigkeit von der Frequenz f0 , oberhalb der die Zusatzmasse wirksam ist, nach Gl. (40). Für Platten aus Grauguss ist die erforderliche Zusatzmasse 30 % kleiner
Aus Gl. (41) ergibt sich, dass zur Erzielung einer akustischen Wirkung Aussteifungen erforderlich sind, die wenigstens die gleiche Steifigkeit haben wie die Platte. Da quasistatisches Verhalten vorliegt, können die Steifigkeiten statisch berechnet werden. Für cz = cPL ist De = 6 dB. Die Zusatzelemente müssen starr mit der Struktur verbunden werden, möglichst durch Schweißen, und sich direkt an der Krafteinleitungsstelle befinden, jedoch sind beide Seiten einer Platte gleichwertig. Soll die Bemessung für eine stabartige Struktur erfolgen, so ist in Gl. (41) cPL durch cstab und in Gl. (38) für h PL die Stabadmittanz einzusetzen [3, 24]. Hinzuweisen ist noch auf die Bedeutung von Zusatzmassen bei der Körperschallisolierung durch elastische Elemente – sowohl von Maschinen gegenüber Bauwerken (Abschn. 12) als auch innerhalb von Maschinen und Fahrzeugen. Die Isolierwirkung elastischer Verbindungen (Gummielemente) wird infolge ihrer hohen Admittanz h = ω /c durch den Anstieg der Admittanz vieler realer Maschinenstrukturen bei hohen Frequenzen stark verschlechtert oder ganz zu Null (vgl. gemessene Admittanz an Maschinenfüßen, Bild 12–6). Durch Zusatzmassen, die auch beiderseits der elastischen Elemente erforderlich sein können, wird dieser Anstieg unterbunden (s. Bild 12–12). Innerhalb von Maschinenstrukturen reichen dazu oft schon kleine Massen. Ihre erforderliche Größe kann mit Hilfe von Gl. (40) oder Bild 4 –26 abgeschätzt werden. Besteht die Möglichkeit, den Frequenzgang der Admittanz an Krafteinleitungsstellen oder an den Befestigungsstellen von elastischen Elementen zu messen, vgl. Abschn. 3 und 4.4, dann kann die Wirkung von Zusatzelementen durch Einzeichnen
156
W. Schirmer
von deren Massenadmittanz in das Admittanzdiagramm ermittelt werden (s. Bild 4 –25). Die Admittanz am Anregungspunkt einer Struktur (Punktadmittanz) kann nach Heckl [36] auch mit folgendem Ansatz berechnet werden: Im Bereich dichter Biegeeigenfrequenzen – für eindimensionale Strukturen (Stäbe) h=
1 ω ρ sq (λB/5)
,
(42)
– für zweidimensionale Strukturen (flächenhafte Strukturen) h=
1 ω ρ d π (λB/5)2
;
(43)
Sq maßgeblicher Stabquerschnitt, d maßgebliche Dicke, Dichte des Strukturmaterials. Die Gln. (42) und (43) repräsentieren Admittanzen einer mitschwingenden Masse, deren Größe von der Biegewellenlänge λ B und damit gemäß Gl. (2) von der Frequenz sowie dem Steifigkeits- und Massebelag der Struktur abhängt. Für den Stab sind in Gl. (1) statt B ′ und M die Größen B und m ′ nach Gl. (7 a) zu setzen. Mit λB ~ ω–0,5 wird Gl. (43) erwartungsgemäß frequenzunabhängig, vgl. Gl. (12). Etwas aufwendig ist bei diesem Verfahren die Ermittlung von Masse- und Steifigkeitsbelag der Struktur, die zur Berechnung von λ B benötigt werden (Berechnung oder experimentelle Bestimmung durch Wägung und Biegeversuch für Stab oder Plattenstreifen). Die Admittanz an Strukturpunkten, an denen mehrere starr verbundene Elemente zu unterscheiden sind, z. B. Platte mit parallel laufendem Versteifungsprofil oder mit Masse gemäß Bild 4–24 b, kann aus den einzelnen Admittanzen der Elemente be–1 –1 rechnet werden. Es gilt h –1 ges = h1 + h2 + …, d. h., der kleinste Wert bestimmt die Gesamtadmittanz. Im Bereich unterhalb der 1. Biegeeigenfrequenz (quasistatischer Bereich, s. Abschn. 4.4) sind Masse und Biegesteifigkeit aus der Strukturgeometrie berechenbar. Welche von beiden Größen benötigt wird, entscheidet sich an der zu erwartenden Reaktion der Struktur auf eine Anregungskraft, s. Bild 4 –6.
4.8 Schrifttum [1] Heckl, M.: Physikalische Grundlagen. In: Taschenbuch der Technischen Akustik. Hrsg. Heckel, M.; Müller, H. A. 2. Aufl. Berlin: Springer, 1994. [2] Kraak, W.; Wöhle, W.: Körperschall. In: Taschenbuch Akustik Hrsg. Fasold, W.; Kraak, W.; Schirmer, W. Berlin: Verl. Technik, 1984. [3] Cremer, L.; Heckl, M.: Körperschall. Berlin: Springer, 1967. [4] Cremer, L.: Theorie der Schalldämmung dünner Wände bei schrägem Einfall. Akust. Z. 7 (1942), Nr. 3, S. 81– 104. [5] Noise and vibration control. Hrsg. Beranek, L.L. New York: McGraw-Hill, 1971. [6] Ochmann, M.; Heckl, M.: Numerische Methoden in der Technischen Akustik. In: Taschenbuch der Technischen Akustik. Hrsg. Heckl, M.; Müller, H. A. 2. Aufl. Berlin: Springer, 1994. [7] Schirmer, W.: Geräuschentstehung durch Schwingungen von Maschinenstrukturen und ihre Verminderung. In: Taschenbuch Akustik. Hrsg. Fasold, W.; Kraak, W.; Schirmer, W. Berlin: Verl. Technik, 1984.
4. Schwingungen und Schallabstrahlung von festen Körpern
157
[8] Richards, E. J.; u. a.: On the prediction of impact noise. P. II Ringing noise. J Sound a. Vibrat. 65 (1979), Nr. 3, S. 419 – 451. [9] Fahy, F.: Sound and structural vibration. London: Acad. Press, 1985. [10] Maidanik, G.: Response of ribbed panels to reverberant acoustic fields. J. Acoust. Soc. Amer. 34 (1962), Nr. 6, S. 809 – 826. [11] Kollmann, F. G.: Maschinenakustik. Berlin: Springer, 1993. [12] Heckl, M.: Schallabstrahlung von Platten bei punktförmiger Anregung. Acustica 9 (1959), Nr. 5, S. 371– 380. [13] Föller, D.: Der Abstrahlgrad von Platten. In: Tagungsband DAGA 1980, S. 237 – 240. Berlin: VDE-Verl., 1980. [14] Heckl, M.: Lärmarm konstruieren (II): Bestandsaufnahme bekannter Maßnahmen. Hrsg. Bundesanst. f. Arbeitsschutz Dortmund, Fb 135. Bremerhaven: Wirtschaftsverl., 1975. [15] Föller, D.: Der Abstrahlgrad kastenförmiger Maschinengehäuse. In: Tagungsband DAGA 1980, S. 241 – 244. Berlin: VDE-Verl., 1980. [16] Föller, D.: Untersuchung der Anregung von Körperschall in Maschinen und der Möglichkeit für eine primäre Lärmbekämpfung. Diss. Tech. Hochsch. Darmstadt, 1972 [17] Rau, G.: Verminderung der Schallabstrahlung eines Hohlprofilstahles durch Bedämpfung. Maschinenbautech. 29 (1980), Nr. 12, S. 564/565. [18] Haustein, B.-G., Schirmer, W.: Messverfahren zur Ermittlung des vibroakustischen Übertragungsverhaltens von Maschinenstrukturen. Maschinenbautech. 28 (1979), Nr. 8, S. 372 – 375. [19] Melzig-Thiel, R.: Messverfahren zur Kennzeichnung der Körperschallemission von kleinen Maschinen für den Einbau in Maschinenstrukturen. Beitr. f. d. Praxis, Nr. 55. Dresden: Zentralinst. f. Arbeitsschutz, 1987. [20] Kassing, W.: Untersuchungen zum Schwingungs- und Körperschallverhalten rotationssymmetrischer Maschinenstrukturen und Übertragung der Ergebnisse auf die Geräuschentwicklung von Axialkolbenpumpen. Dis. Tech. Hochsch. Darmstadt, 1975. [21] Schirmer, W.; Tattermusch, W.: Lärmarmes Konstruieren: Vibroakustische Berechnungen, Formelsammlung, Materialkennwerte, Übungsaufgaben und Lösungen. Beitr. f. d. Praxis, Nr. 14. Dresden: Zentralinst. f. Arbeitsschutz, 1981. [22] Richter, H.-P.: Maschinenakustische Berechnungen mit dem Programmsystem MASAK. In: VDI-Ber. 629 (Tag. Schalltechnik 87), S. 23 – 39. Düsseldorf: VDI-Verl., 1987. [23] Brüdigam, S.: Reduzierung des Motorgeräusches anhand strukturmechanischer Analysen. In: VDI-Ber. 499 (Tag. Fahrzeugakustik), S. 133 – 139. Düsseldorf: VDI-Verl. 1983. [24] Heckl, M.; Nutsch, J.: Körperschalldämmung und -dämpfung. In: Taschenbuch der Technischen Akustik. Hrsg. Heckl, M.; Müller, H.A. 2. Aufl. Berlin: Springer, 1994. [25] VDI 3727 Bl. 1/02.84 Schallschutz durch Körperschalldämpfung; Physikalische Grundlagen und Abschätzungsverfahren. [26] Richards, E. J.; Lenzi, A.: On the prediction of impact noise, P. VII The structural damping of machinery. J. Sound a. Vibrat. 97 (1984), Nr. 4, S. 549 – 586. [27] Oberst, H.; Frankenfeld, K.: Über die Dämpfung der Biegeschwingungen dünner Bleche durch festhaftende Beläge. Acustica (Akust. Beih.) 2 (1952), Nr. 3, S. 181 – 194; Nachtr. Acustica 3 (1953), Nr. 3, S. 452. [28] Kerwin, jr., E. M.: Damping of flexural waves by constrained viscoelastic layer. J. Acoust. Soc. Amer. 31 (1959), Nr. 7, S. 952 – 962. [29] Dietzel, R.: Zur Bestimmung des Verlustfaktors von eingezwängten Dämpfungsbelägen auf dünnen Blechen. Hochfrequenztechn. u. Elektroakustik 76 (1967), Nr. 5, S. 151–162. [30] Ungar, E. E.: Damping of panels. In: Noise and vibration control. Hrsg. Beranek, L. L. New York: McGraw-Hill, 1971. [31] Dietzel, R.: Vergleichende Untersuchungen über den Verlustfaktor einfacher und eingezwängter Dämpfungsbeläge auf dünnen Blechen. Hochfrequenztech. u. Elektroakustik 76 (1967), Nr. 6, S. 189 – 197. [32] DIN 53 440/01.84 Prüfung von Kunststoffen und von schwingungsgedämpften geschichteten Systemen; Biegeschwingungsversuch. Zurückgezogen, teilweise ersetzt durch [45] u. [46].
158
[33] [34] [35] [36] [37] [38] [39] [40] [41] [42]
[43]
[44]
[45] [46] [47]
W. Schirmer T 1 Allgemeine Grundlagen zur Bestimmung der dynamisch-elastischen Eigenschaften stab- oder streifenförmiger Probekörper T 2 Bestimmung des komplexen Elastizitätsmoduls T 3 Bestimmung der Kenngrößen schwingungsgedämpfter Mehrschichtsysteme Wiltzsch, M.: Verringerung des Geräusches von Zahnradgetrieben durch Anwendung elastisch abgestützter Gehäuse. Maschinenbautech. 29 (1980), Nr. 1, S. 17– 22 u. 26. Storm, R.: Untersuchung der Einflussgrößen auf das akustische Übertragungsverhalten von Maschinenstrukturen. Diss. Tech. Hochsch. Darmstadt, 1980. Müller, H.W.; Storm, R.: Einfluss der Gehäusegestalt auf die Geräuschemission. In: VDIBer. 488 (Tag. Zahnradgetriebe). Düsseldorf: VDI-Verl., 1983. Heckl, M.: Eine einfache Methode zur Abschätzung der mechanischen Impedanz. In: Tagungsband DAGA 1980, S. 827– 830. Berlin: VDE-Verl., 1980. Moorhouse, A. T.; Gibbs, B. M.: Calculation of the Mean and Maximum Mobility for Concrete Floors, Applied Acoustics 45 (1995) 227 – 245 Cremer, L.; Heckl, M.: Körperschall, 2. Auflage, Berlin: Springer, 1996 Späh, M.; Fischer, H.-M.; Gibbs, B.: Measurement of structure-borne sound power of mechanical installations, Tagungsgand CFA/DAGA 2004, Strasbourg Petersson, B. A. T.: Numerische Methoden, In: Taschenbuch der technischen Akustik, Hrsg. Müller, G.; Möser, M., 3. Auflage Berlin: Springer 2004 v. Estorff, O.: Efforts to Reduce Computation Time in Numerical Acoustics, Acta Acustica 89 (2003) 1 – 13 Bös, J.; Nordmann, R.: Numerical Structural Optimization with Respect to the Reduction of Structure-borne Sound Using Various Spline Formulations, Acta Acustica 89 (2003) 39 – 52. Marburg, S.; Hardtke, H.-J.: A general Concept for design modification of shell meshes in structural-acoustic optimization, Part I und II, Acta Acoustica 88 (2002) 725 – 735, 737 – 754 Betzhold, Ch.; Gablau, H.: Konstruktive Anwendung mehrschichtiger Systeme zur Geräuschminderung für den Fahrzeug- und Maschinenbau, VDI-Berichte Nr. 278: Düsseldorf: VDI-Verlag 1977 DIN EN ISO 6721-1, Kunststoffe – Bestimmung dynamisch-mechanischer Eigenschaften – Teil 1: Allgmeine Grundlagen, 01.2003 DIN EN ISO 6721-3, Kunststoffe – Bestimmung dynamisch-mechanischer Eigenschaften – Teil 3: Biegeschwingung; Resonanzkurven-Verfahren, 12.1996 Dittrich, M.G.: EQUIP+ User Manual V3.0, Delft: TNO, 2003.
5. Luftschalldämmung E. Lotze, überarbeitet von W. Schirmer
5.1 Einführung Die Dämmung von Luftschall mittels einer geschlossenen Wand ist ein hochwirksames Prinzip des sekundären Lärmschutzes. Je nach der Ausführung dieser Wand sind Unterschiede des Schalldruckpegels zwischen zwei benachbarten Räumen von etwa 10 bis 60 dB möglich, und der Lärm von Maschinen kann durch Kapselung (s. Kap. 10) um etwa 10 bis 40 dB gesenkt werden. Das Schalldämm-Maß einer Wand wird von vielen Faktoren beeinflusst. Die wichtigsten Einflussgrößen sind die flächenbezogene Masse und die Biegesteifigkeit, aber auch die Abmessungen, die Materialdämpfung und die Einspannbedingungen können das Schalldämm-Maß beeinflussen. Bei gekrümmten Schalen, Doppelwänden und sogenannten biegeweichen Vorsatzschalen sind besondere Gesetzmäßigkeiten zu beachten. Außer dem unmittelbaren Trennelement beeinflusst die Nebenwegübertragung auf flankierenden Bauteilen das Schalldämm-Maß. Im Folgenden werden physikalische Grundlagen, Berechnungsverfahren und Schalldämm-Maße wichtiger Bauteile mitgeteilt.
5.2 Physikalische Grundlagen der Schalldämmung 5.2.1 Erläuterung des Begriffes Schalldämmung und Definition des Schalldämm-Maßes Bei der Übertragung von Luftschall über ein Bauteil, z. B. über die Wand einer Maschinenkapsel, über eine Gebäudewand oder eine Gebäudedecke, durchdringt nur ein Bruchteil der auffallenden Schallenergie das trennende Bauteil, und zwar infolge der teilweisen Reflexion an der Bauteiloberfläche, der Umwandlung in Wärme (Dissipation) und der Ableitung als Körperschall in benachbarte Bauteile, s. Bild 5–1. Damit wird von dem Bauteil weniger Schall abgestrahlt, als auf der anderen Seite auffällt. Dieser Effekt wird als Schalldämmung bezeichnet. Die Schalldämmwirkung eines Bauteiles wird durch das Verhältnis der auf einer Seite dieses Bauteiles auffallenden Schallleistung zu der auf der anderen Seite abgestrahlten Schallleistung gekennzeichnet. Das logarithmierte Verhältnis der Schallleistungen wird als Schalldämm-Maß (in der Literatur häufig auch als Schallisolationsmaß) bezeichnet, s. Bild 5–2: R = 10 lg
P1 dB . P2
(1 a)
160
E. Lotze, überarbeitet von W. Schirmer
Bild 5–1. Schalldurchgang durch ein Hindernis. a auffallender Schall, b reflektierter Schall, c Verlust durch Umwandlung in Wärme, d Verlust durch Ableitung als Körperschall, e abgestrahlter Schall
Bild 5–2. Zur Definition des Schalldämm-Maßes
Das Verhältnis der abgestrahlten zur auftreffenden Schallleistung wird Transmissionsgrad τ genannt: τ=
P2 . P1
Damit ergibt sich das Schalldämm-Maß zu: R = 10 lg
1 τ
dB .
(1 b)
5.2.2 Anregung einer Wand zu Biegeschwingungen durch Luftschall Trifft eine ebene Luftschallwelle unter dem Winkel ϑ (zur Flächennormalen) auf eine Wand, dann bewirkt die Spurwelle, s. Bild 5–3, eine Anregung der Wand mit gleicher Frequenz, Phase und Kraft. Durch diese Anregung wird auf der Wand die Ausbildung einer Biegewelle erzwungen. Es entsteht eine sogenannte erzwungene Biegewelle. Die Wellenlänge der erzwungenen Biegewelle λ Be entspricht der Spurwellenlänge λ S der einfallenden Schallwelle: λ Be = λ S =
λ
sin ϑ
;
λ Be Wellenlänge der erzwungenen Biegewelle, λ S Spurwellenlänge der einfallenden Schallwelle,
(2)
161
5. Luftschalldämmung
Bild 5–3. Zur Entstehung einer erzwungenen Biegewelle. a auffallende Schallwelle, b reflektierte Schallwelle, c durchgelassene Schallwelle, d schwingende Platte
λ ϑ
Wellenlänge der einfallenden Schallwelle in Luft, Einfallswinkel, Winkel zwischen der einfallenden Welle und der Flächennormalen der Wand.
Erzwungene Biegewellen entstehen auf einem ebenen Bauteil nur bei schrägem Schalleinfall, und zwar bei flächenhafter und stationärer Anregung. Bei Wänden endlicher Abmessungen überlagern sich den erzwungenen Biegewellen die im Abschn. 4.2 beschriebenen Biegewellen, die bei der Reflexion der erzwungenen Biegewellen an den Plattenrändern bzw. an Versteifungen entstehen. Diese Biegewellen werden zur Kennzeichnung des Unterschieds im Abschn. 5 als freie Biegewellen bezeichnet. Beide Biegewellen haben bei gleicher Frequenz unterschiedliche Wellenlängen. Diese betragen bei der erzwungenen Biegewelle λ Be =
λ
sin ϑ
=
c f sin ϑ
und bei der freien Biegewelle λB =
cB = f
冑 冑
7 2π 4 5 B′ ; f M
mit (s. Abschn. 5.2.3.1) B ′ Biegesteifigkeit je Breite, M flächenbezogene Masse. Erfolgt die Anregung der Wand so, dass die Wellenlänge der erzwungenen Biegewelle mit der Wellenlänge der freien Biegewelle übereinstimmt, dann ergeben sich eine resonanzartige Erhöhung der Amplituden der Wandschwingungen und damit eine Verminderung der Schalldämmung. Die Bedingung λ Be = λ S = λ B
ist bei der Koinzidenzfrequenz, s. Gl. (5), erfüllt.
162
E. Lotze, überarbeitet von W. Schirmer
5.2.3 Trennimpedanz, Koinzidenzeffekt und Abstrahlwinkel 5.2.3.1 Trennimpedanz Bei der Luftschallanregung einer ebenen Wand mit dem Schalldruck p1 = pi + pr ( pi 2 2 2 auffallende Welle, pr reflektierte Welle) wird auf dieser die Schnelle 2υ w hervorgeru2 fen. Auf der der Anregung abgewandten Wandseite existiert dann der Schalldruck p2 . 2 Die über der Wand entstehende Druckdifferenz p1 – p2 und die Wandschnelle υ w sind 2 2 durch die Trennimpedanz Z T miteinander verknüpft: p1 – p2 ZT = 2 2 .
(3 a)
υw
Für die Trennimpedanz einer sehr großen, ebenen, homogenen Wand gilt B ′ (k 4 sin4 ϑ – k 4B ) ; jω
ZT =
(3 b)
B ′ Biegesteifigkeit je Breite E d3 , (1 – µ 2 ) 12
B′ = E d µ
k
Elastizitätsmodul, Wanddicke, Poissonsche Querkontraktionszahl µ = 0,3 bis 0,4, Wellenzahl k=
ω
c
=
2π f , c
kB Wellenzahl für Biegewellen
冑
5 34 M, kB = √ω B′ f Frequenz, M flächenbezogene Masse der Wand M=
m = w d , S
w Dichte des Wandmaterials, ϑ Schalleinfallswinkel, bezogen auf die Flächennormale der Wand.
Mit Hilfe der Trennimpedanz ergibt sich das Schalldämm-Maß zu
|
R = 20 lg 1 +
|
ZT cos ϑ dB ; 2c
c Kennimpedanz der Luft
c = 408 N · s/m3 (bei 20 °C und 1000 hPa),
c Schallgeschwindigkeit in Luft c = 343 m /s .
(4)
163
5. Luftschalldämmung
Aufgrund der Gln. (3 b) und (4), deren Ableitungen z. B. in [1] behandelt werden, ist das Schalldämm-Maß im Allgemeinen sowohl von der flächenbezogenen Masse als auch von der Biegesteifigkeit sowie von der Frequenz und vom Schalleinfallswinkel abhängig. 5.2.3.2 Koinzidenzeffekt Aus Gl. (3 b) ist ersichtlich, dass die Trennimpedanz Z T → 0 und damit gleichzeitig auch das Schalldämm-Maß R → 0 dB gehen, wenn die Bedingung k 4 sin4 ϑ – k 4B = 0 erfüllt ist, d. h., wenn sich die phasenmäßig entgegengesetzten Wirkungen der Massenträgheit und der Biegesteifigkeit gerade kompensieren. Diese Bedingung ist bei der Koinzidenzfrequenz erfüllt: fk =
fg c2 = sin2 ϑ 2 π d sin2 ϑ
冑
994 12 w (1 – µ 2 ) ; E
(5)
fg Grenzfrequenz der Wand, s. Gl. (4–3) sowie Bild 4–2. Dieser Effekt wird als Koinzidenz- oder Spuranpassungseffekt bezeichnet. Die Koinzidenzfrequenz ist vom Einfallswinkel abhängig. Die niedrigste Koinzidenzfrequenz ergibt sich für ϑ = 90°, also für streifenden Schalleinfall. Diese Koinzidenzfrequenz stimmt mit der Grenzfrequenz überein und wird deshalb auch als Koinzidenzgrenzfrequenz bezeichnet. Für den Fall, dass die Schallwellen unter einem definierten Einfallswinkel ϑ auf eine Wand auffallen, erfolgt der Schalldämmungseinbruch bei der dem Einfallswinkel ϑ zugeordneten Koinzidenzfrequenz fk = fk (ϑ ). Bei diffusem Schalleinfall treffen dagegen die Schallwellen unter allen möglichen Einfallswinkeln von 0° bis 90° auf die Wand auf. Der Schalldämmungseinbruch erfolgt dann in einem breiteren Frequenzbereich oberhalb der Grenzfrequenz. Der Schalldämmungseinbruch im Bereich des Koinzidenzeffektes ist um so stärker ausgeprägt, je mehr Biegewellenlängen bei der Grenzfrequenz auf die Wandabmessungen entfallen. Demzufolge ergeben sich bei Platten mit tiefen Grenzfrequenzen im Allgemeinen nur flache Minima. Der Dämmungseinbruch ist außerdem um so größer, je kleiner der Verlustfaktor des Wandmaterials ist. Durch eine zusätzliche Entdröhnung von z. B. Stahlblech (s. Abschn. 4.7.1) kann deshalb in diesem Frequenzbereich die Schalldämmung verbessert werden. Damit die Schalldämmung im interessierenden Frequenzbereich durch den Koinzidenzeffekt nicht verschlechtert wird, sollten im Allgemeinen nur Wände verwendet werden, bei denen die Koinzidenz- bzw. die Grenzfrequenz außerhalb des interessierenden Frequenzbereiches liegt. Das ist dann zu erwarten, wenn gemäß Gl. (5) die Wände entweder dünn, von hoher Dichte und biegeweich ( fg > 3000 Hz) oder aber dick, von geringer Dichte und biegesteif ( fg < 200 Hz) sind (s. Abschn. 4.2). 5.2.3.3 Abstrahlwinkel Bei schrägem Einfall einer ebenen Schallwelle auf eine Wand stimmen Einfallsund Abstrahlwinkel überein (s. Bild 5–3). Dementsprechend werden bei der Anregung durch ein diffuses Schallfeld unterhalb der Grenzfrequenz der Wand die
164
E. Lotze, überarbeitet von W. Schirmer
Bild 5– 4. Gemessenes Richtwirkungsmaß einer Holzspanplatte (2 m · 1 m · 0,018 m) für den Abstrahlwinkel Θ = 45°; Anregung durch ein diffuses Schallfeld, Abstrahlung bezogen auf den Raumwinkel 4 π
Schallwellen ebenfalls diffus abgestrahlt. Dagegen erfolgt bei und oberhalb der Grenzfrequenz die Schallabstrahlung einer Wand gerichtet, d. h., für die Frequenzen eines jeden Frequenzbandes existiert ein definierter Winkelbereich, für den die Schallabstrahlung Maximalwerte annimmt. Der Betrag der Maximalwerte hängt u. a. von den geometrischen Abmessungen und der Grenzfrequenz der Wand ab. Der Zusammenhang zwischen der Mittenfrequenz f des Frequenzbandes und dem mittleren Abstrahlwinkel Θ ist gegeben durch f 1 = ; fg sin2 Θ fg Grenzfrequenz der Wand, Θ mittlerer Abstrahlwinkel, bezogen auf die Wandnormale. Dieses Abstrahlungsmaximum ist durch den Koinzidenzeffekt zu erklären, jedoch sind dadurch nicht alle auftretenden Erscheinungen deutbar [2]. Ein Beispiel zum Problem der gerichteten Schallabstrahlung zeigt Bild 5– 4. In diesem Bild ist das durch Modellmessungen ermittelte Richtwirkungsmaß D I = 10 lg Γ 2 dB (s. Abschn. 2.4.2) einer 18 mm dicken, rechteckigen Holzspanplatte für den Abstrahlwinkel Θ = 45° bei diffuser Schallanregung und bezogen auf den Raumwinkel 4 π aufgetragen. Danach werden bei dem angegebenen Abstrahlwinkel Θ = 45° die Frequenzen im und oberhalb des Terzbereiches mit der Mittenfrequenz f=
fg = 2 fg sin (45°) 2
bevorzugt abgestrahlt.
5.3 Einschalige ebene Wände Bei der Betrachtung der Schalldämmung ist prinzipiell zwischen der Dämmung einschaliger und doppelschaliger Wandausführungen zu unterscheiden. Im Fol-
165
5. Luftschalldämmung
genden soll zuerst nur die Schalldämmung einschaliger Wandausführungen beschrieben werden. Voraussetzung für die folgenden Angaben ist, dass keine Schallübertragung über Nebenwege, d. h. über flankierende Bauteile (s. Abschn. 5.5.2) und Undichtigkeiten der Wand, möglich ist. 5.3.1 Schalldämmung unterhalb der Grenzfrequenz Bauteile mit geringer Biegesteifigkeit werden als biegeweich bezeichnet. Dieser Fall liegt vor, wenn der interessierende Frequenzbereich unterhalb der Grenzfrequenz des Bauteiles liegt. Im umgekehrten Fall werden die Bauteile als biegesteif bezeichnet. 5.3.1.1 Schalldämmung großer bzw. gedämpfter Platten Bei der Luftschallanregung einer Platte durch eine schräg auffallende Schallquelle entstehen erzwungene und freie Biegewellen. Letztere haben dann auf die Schalldämmung keinen Einfluss, wenn die Platte so große Abmessungen hat bzw. eine so große Dämpfung besitzt, z. B. durch zusätzliches Entdröhnen (s. Abschn. 4.7.1), dass die sich von den Plattenrändern ausbreitenden freien Biegewellen praktisch ohne Bedeutung sind. Das Schalldämm-Maß kann dann über die in Gl. (3 b) angegebene Trennimpedanz berechnet werden. Unterhalb der Grenzfrequenz ergeben sich aus Gl. (3 b) mit k < k B die Trennimpedanz zu ZT = j ω M und damit aus Gl. (4) das Schalldämm-Maß zu
|
R = 20 lg 1 + j
|
ωM cos ϑ dB . 2 c
(6)
Die Schalldämmung einer derartigen Platte wird also durch die Massenträgheitswirkung der Platten verursacht. Die Biegesteifigkeit hat praktisch keinen Einfluss auf die Trennimpedanz und die Schalldämmung, so dass Platten unter den genannten Voraussetzungen akustisch als annähernd steifelos zu betrachten sind. Mit der Voraussetzung, dass der Imaginärteil stets größer ist als 1, erhält man aus Gl. (6) R = 20 lg
ωM cos ϑ dB . 2 c
(7)
Gl. (7) vereinfacht sich für senkrechten Schalleinfall zu R (0°) = 20 lg
ωM dB . 2 c
(8)
Die Schalldämmung ist für senkrechten Schalleinfall (ϑ = 0°) am größten und nimmt mit zunehmendem Einfallswinkel ab. In der Praxis kommt jedoch sehr häufig der Fall vor, dass eine Platte durch diffusen Schalleinfall angeregt wird. Für diesen Fall kann die Schalldämmung in vereinfachter Form dadurch angegeben werden, dass das Schalldämm-Maß für den mittleren Einfallswinkel ϑ = 45° berechnet wird:
|
Rdiff = 20 lg
|
ωM – 3 dB . 2 c
(9)
166
E. Lotze, überarbeitet von W. Schirmer
Bei exakter Rechnung (Mittelung über alle Einfallswinkel ϑ = 0° bis 90°) erhält man nach L.L. Beranek [3] folgende Beziehung: Rdiff = R (0°) – 10 lg [0,23 R (0°)] dB ;
(10)
R (0°) Schalldämm-Maß für senkrechten Schalleinfall nach Gl. (8). Die mit Gl. (10) berechnete Schalldämmung ist wesentlich niedriger als die nach Gl. (9) erhaltene. Aus praktischen Messungen folgt jedoch, dass Gl. (9) die tatsächlich vorhandene Schalldämmung besser beschreibt (s. Bild 5–8). Die Ursache ist darin zu sehen, dass der streifende Schalleinfall in Räumen und Kapseln in geringerem Umfange auftritt als im ideal diffusen Schallfeld, das bei der Ableitung der Gl. (10) vorausgesetzt wurde. Aus den Gln. (7) bis (9) kann die Wirkung von zwei wichtigen Einflüssen abgeleitet werden. 1. Die Schalldämmung einer Platte ist um so besser, je schwerer diese ist: R ∝ 20 lg
M dB . M0
Wird die flächenbezogene Masse einer Platte verdoppelt, so kann die Schalldämmung um maximal 6 dB verbessert werden. 2. Die Schalldämmung einer Platte wächst mit ansteigender Frequenz: R ∝ 20 lg
f dB . f0
Im Idealfall beträgt die Dämmungszunahme 6 dB je Frequenzverdoppelung. Bei endlichen Abmessungen bzw. geringer Dämpfung verschlechtert sich die Schalldämmung (s. Abschn. 5.3.1.2). Das Schalldämm-Maß nach Gl. (9) wird deshalb im folgenden als maximales Schalldämm-Maß R max bezeichnet. Für die praktische Anwendung ist es zweckmäßig, wenn Gl. (9) als zugeschnittene Größengleichung bekannt ist. Diese lautet allgemein
(
R max = 20 lg
f w d + 20 lg + 20 lg – 105 dB Hz kg /m3 mm
)
(9 a)
und speziell für Stahlblech (in der Praxis wird sehr häufig Stahlblech als schalldämmendes Plattenmaterial verwendet, z. B. für die Kapselung lärmintensiver Maschinen)
(
R max = 20 lg
f d + 20 lg – 27 dB . Hz mm
)
(9 b)
Die maximal möglichen Schalldämmungsverläufe nach Gl. (9 b) für Stahlblech mit 1 mm, 2 mm und 4 mm Dicke sind im Bild 5–6 aufgetragen. In Gl. (9 b) und im Bild 5–6 sind die Erhöhung des Schalldämm-Maßes und die Verringerung der Grenzfrequenz infolge der durch den Entdröhnungsbelag bewirkten Vergrößerung von Masse und Biegesteifigkeit nicht berücksichtigt. Dieses maximale Schalldämm-Maß R max wird erreicht, wenn der Verlustfaktor der entdröhnten Stahlplatte ηgr ≈ 1000
( ad ) ; 2
(11)
2 a kleinste Plattenabmessung bzw. geringster Abstand von Versteifungen (s. Bild 5–5)
167
5. Luftschalldämmung
Bild 5–5. Platte mit Versteifungen
Bild 5–6. Theoretischer Verlauf des Schalldämm-Maßes einschaliger ebener Stahlblechwände unterhalb der Grenzfrequenz für diffusen Schalleinfall
beträgt (Richtwert für homogene Platten aus Stahlblech nach E. Sonntag [4]). Eine weitere Vergrößerung des Verlustfaktors bringt keine bzw. nur noch eine geringfügige Erhöhung der Schalldämmung infolge der zusätzlichen Masse des Entdröhnungsbelages (s. Bild 5–8). 5.3.1.2 Schalldämmung kleiner bzw. ungedämpfter Platten Die Schalldämmung von Platten mit kleinen Abmessungen bzw. von Platten mit geringer Dämpfung (kleiner Verlustfaktor) ist, im Gegensatz zu den im Abschn. 5.3.1.1 beschriebenen Platten, sowohl von der Massenträgheit als auch von der Biegesteifigkeit und insbesondere auch von den Abmessungen der Platten abhängig. Aufgrund der Untersuchungen von E. Sonntag [4, 5] beträgt das minimale Schalldämm-Maß derartiger Platten bei reiner Luftschallanregung durch ein diffuses Schallfeld
(
Rmin = 10 lg
ωM + 10 lg kB a – 3 dB . 2 c
)
(12)
Dabei ist 2 a die kleinste Plattenabmessung bzw. bei Platten mit Versteifungsrippen oder -sicken der kleinste Abstand der Versteifungen (s. Bild 5–5). Gl. (12) ist auch
168
E. Lotze, überarbeitet von W. Schirmer
gültig, wenn die kleinste Plattenabmessung 2 a kleiner ist als die halbe Schallwellenlänge in Luft, d. h., wenn das anregende Schallfeld nicht diffus ist.1 ) Bei der Ableitung von Gl. (12) wurden die Entstehung und die Ausbreitung von freien Biegewellen auf der Platte infolge der Reflexion erzwungener Biegewellen an den Inhomogenitäten der Platten berücksichtigt. Diese Biegewellen bestimmen die Größe der Schalldämmung. Gl. (12) gilt für den Fall, dass die Dämpfungsverluste in der Platte nur durch die Schallabstrahlung verursacht werden (kleinste mögliche Dämpfung der Platte). Sind dagegen andere Verluste, z. B. infolge der Platteneinspannung, zu berücksichtigen, dann ergeben sich theoretisch mögliche SchalldämmMaße, die über den nach Gl. (12) berechneten Werten liegen. Ergeben sich nach Gl. (12) größere Schalldämm-Maße als nach Gl. (9), so sind nur die kleineren Werte sinnvoll. Als zugeschnittene Größengleichung lautet Gl. (12) allgemein
(
Rmin = 15 lg
f w d 2a cL + 10 lg + 10 lg 5 – 5 lg 6 – 36 dB (12 a) 3 + 5 lg Hz kg /m mm m m /s
)
und für Stahlblech
(
Rmin = 15 lg
f d a + 5 lg + 10 lg – 12 dB . Hz mm m
)
(12 b)
Dabei ist cL die Schallgeschwindigkeit für Longitudinalwellen im betrachteten Plattenmaterial (s. Tabelle 4 –1). Aus der Gl. (12a) ist ersichtlich, dass die Schalldämmung mit der Vergrößerung der Frequenz f, der Plattendichte w und der kleinsten Plattenabmessung 2a anwächst. Die Plattendicke d hat wenig Einfluss auf die Schalldämmung. Für Stahlblechkapseln ohne Entdröhnung sollte deshalb nur Stahlblech von maximal 1,5 mm Dicke verwendet werden, da hierbei die Schalldämmung in dem meistinteressierenden Frequenzbereich noch nicht durch die Grenzfrequenz beeinflusst wird. Platten ohne Entdröhnung, mit denen eine hohe Schalldämmung erzielt werden soll, sind möglichst ohne Versteifungen auszuführen, da die freien Biegewellen um so schwächer abgestrahlt werden, je größer die Plattenabmessungen sind (s. Abschn. 4.5.3). Dies gilt im Wesentlichen nur für mittlere und hohe Frequenzen. Dagegen wird bei tiefen Frequenzen, wenn der kleinste Abstand der Versteifungen mit der Biegewellenlänge λ B nach Gl. (4–2) vergleichbar ist, eine höhere Dämmung infolge der Massenerhöhung durch die Versteifungen, z.B. bei Verwendung von Profilmaterial, erreicht. Im Bild 5–6 sind die Schalldämmungsverläufe für das minimale und das maximale Schalldämm-Maß von Stahlblech mit 1, 2 und 4 mm Dicke nach den Gln. (9 b) und (12 b) aufgetragen. Die Kurven wurden nur für den Frequenzbereich eingezeichnet, in dem das Stahlblech als biegeweiche Schale wirkt ( fu bis fo < 0,7 fg ). Dabei wurde als kleinste Plattenabmessung 2 a = 0,2 m angenommen. Bei größeren Abmessungen erhöht sich das minimale Schalldämm-Maß auf Rmin (a) = Rmin (0,1 m) + 10 lg
1
a dB . 0,1 m
(13)
) Untersuchung der Schalldämmung von engen Blechkapseln und Blechverkleidungen. Bericht Nr. 299, VEB Schwingungstechnik und Akustik, Dresden 1967 (unveröffentlicht).
5. Luftschalldämmung
169
Das Schalldämm-Maß Rmin (a) kann jedoch praktisch nicht größer werden als das Dämm-Maß Rmax nach Gl. (9 b). Durch eine zusätzliche Entdröhnung des Stahlbleches kann die Schalldämmung bei reiner Luftschallanregung maximal um den Betrag ∆ Re = Rmax – Rmin (a)
vergrößert werden. Ein Vergleich der im Bild 5–6 eingetragenen Verläufe des minimalen und des maximalen Schalldämm-Maßes bzw. der Gln. (9 b) und (12 b) zeigt, dass die Schalldämmung dadurch im Wesentlichen nur bei hohen Frequenzen bzw. bei kleinen Plattenabmessungen merklich verbessert werden kann. Nach Bild 5–6 beträgt die maximale Verbesserung z. B. für die Frequenz f = 2000 Hz sowie für die Plattendicke d = 1 mm bei der Plattenabmessung 2 a = 0,2 m ∆ Re = 11 dB, dagegen bei 2 a = 1,5 m nur ∆ Re = 2 dB. Danach ist das Entdröhnen des Stahlbleches bei reiner Luftschallanregung nur bei kleinen Plattenabmessungen bzw. bei der Übertragung hoher Frequenzen sinnvoll. Der maximal erforderliche Verlustfaktor ist in Gl. (11) angegeben. Die Richtigkeit der für die Schalldämmung unterhalb der Grenzfrequenz angegebenen theoretischen Beziehungen soll durch folgende Messwerte, die E. Sonntag [4, 5] bei der Untersuchung von Kapseln aus Stahlblech erhalten hat, bestätigt werden: Im Bild 5–7 ist das Schalldämm-Maß von zwei Kapseln aus 1 mm dickem Stahlblech aufgetragen. Unterhalb der Grenzfrequenz stimmen die Messwerte und die nach Gl. (12 b) theoretisch zu erwartenden minimalen Schalldämm-Maße sehr gut überein. Bild 5–8 zeigt den Einfluss einer zusätzlichen Entdröhnung. Ohne Entdröhnung ergibt sich wieder eine gute Übereinstimmung zwischen der Messung und der Theorie (Rmin ). Aber auch die für das entdröhnte Stahlblech gemessenen Schalldämm-Maße nähern sich den theoretisch maximal möglichen Dämmungswerten (Rmax ) recht gut. Bei den Versuchen waren zwei Entdröhnungen mit unterschiedlichem Verlustfaktor η ≈ 0,02 (Kurve b im Bild 5–8) bzw. η ≈ 0,1 (Kurve c),
Bild 5–7. Schalldämm-Maß von Kapseln aus 1 mm dickem Stahlblech. a Abmessungen 0,24 m · 0,24 m · 1 m, b Abmessungen 0,5 m · 0,5 m · 0,5 m, c theoretischer Verlauf nach Gl. (12 b)
170
E. Lotze, überarbeitet von W. Schirmer
Bild 5–8. Schalldämm-Maß einer Kapsel aus 1 mm dickem Stahlblech ohne und mit Entdröhnung, Kapselabmessungen 0,5 m · 0,5 m · 1 m. a Blech ohne Entdröhnungsbelag, η ≈ 0,001, b Blech mit Entdröhnungsbelag, η ≈ 0,02, c Blech mit Entdröhnungsbelag, η ≈ 0,1, d theoretischer Verlauf für geringe Verluste nach Gl. (12), e theoretischer Verlauf für geringe Verluste nach Gl. (9), f theoretischer Verlauf für hohe Verluste nach Gl. (10)
gültig jeweils für die Frequenz f = 1000 Hz, untersucht worden. Andererseits ergibt sich der für optimale Entdröhnung erforderliche Verlustfaktor nach Gl. (11) zu ηgr ≈ 0,016. Dieser optimale Wert war bei den beiden Varianten überschritten. Eine größere Schalldämmung konnte deshalb auch bei der Entdröhnung mit dem höheren Verlustfaktor nicht erreicht werden. 5.3.2 Schalldämmung oberhalb der Grenzfrequenz Oberhalb der Grenzfrequenz fg , d. h. für biegesteife Schalen, ergibt sich bei diffusem Schalleinfall das Schalldämm-Maß nach [1] zu
(
Rdiff = 20 lg
ωM f 2η + 10 lg + 10 lg dB . 2 c fg π
)
(14)
Danach wächst die Schalldämmung in diesem Frequenzbereich stärker an als unterhalb der Grenzfrequenz, und zwar mit 9 dB je Frequenzverdopplung. Außerdem vergrößert sich die Schalldämmung nach Gl. (14) um 6 dB bei Verdopplung der flächenbezogenen Masse M bzw. um 3 dB bei Verdopplung des Verlustfaktors η der Plattenausführung. Da der Verlustfaktor aber nicht nur durch das Material, sondern im Wesentlichen durch die Verluste an den Einspannstellen der Platten bestimmt wird, können bei gleichem Plattenmaterial unterschiedliche Schalldämm-Maße auftreten. Das Schalldämm-Maß Rdiff bleibt jedoch stets unter den Werten von Gl. (8) [26]. 5.3.3 Zusammenfassung Die Prinzipverläufe des Schalldämm-Maßes für ebene homogene Platten sowie für großen und kleinen Verlustfaktor sind für diffusen Schalleinfall im Bild 5–9 über der Frequenz aufgetragen. Danach ist die Schalldämmung bei den Eigenfrequenzen f Bn , besonders bei der Grundeigenfrequenz (s. Abschn. 4.3), am geringsten.
5. Luftschalldämmung
171
Bild 5–9. Prinzipverlauf der Schalldämmung einschaliger ebener Wände für diffusen Schalleinfall. a große bzw. gedämpfte Platten, b kleine bzw. ungedämpfte Platten
In dem Frequenzbereich zwischen den Eigenfrequenzen und der Grenzfrequenz (bzw. der Koinzidenzfrequenz bei Schalleinfall unter einem definierten Einfallswinkel) wächst die Schalldämmung mit ansteigender Frequenz an, und zwar bei großer Dämpfung, d. h. bei großem Verlustfaktor, bzw. bei großen Platten mit 6 dB je Frequenzverdopplung infolge der Massenträgheitswirkung und bei kleiner Dämpfung bzw. bei kleinen Plattenabmessungen mit 4,5 dB je Frequenzverdopplung infolge der Massen- und Steifigkeitswirkung. Im Bereich des Koinzidenzeffektes kompensieren sich die phasenmäßig entgegengesetzten Wirkungen der Massenträgheit und der Steifigkeit. Es ergibt sich somit ein Schalldämmungseinbruch, der um so größer ist, je geringer der Verlustfaktor der Plattenausführung ist. Oberhalb der Grenzfrequenz wächst die Schalldämmung mit 9 dB je Frequenzverdopplung an. Die Schalldämmungskurven für unterschiedlichen Verlustfaktor verlaufen in diesem Frequenzbereich parallel.
5.4 Spezielle Wandarten 5.4.1 Rohrwandungen Das Schalldämmungsverhalten von Rohren ist aufgrund der Arbeiten von L. Cremer [6] und M. Heckl [7, 8] hinreichend bekannt. Der Rohrschalldämmung RR wird dabei die Messvorschrift für das Schalldämm-Maß für Trennwände zwischen Räumen mit
Bild 5–10. Prinzipverlauf der Schalldämmung von Rohren. RRm = RR nach Gl. (17) mit Rn = 9 dB
172
E. Lotze, überarbeitet von W. Schirmer
diffusem Schallfeld zugrunde gelegt [s. Gl. (33)], und zwar auch dann, wenn sich im Innern des Rohres kein diffuses Schallfeld ausbilden kann. Dadurch sind alle auftretenden Größen leicht messbar. Der prinzipielle Frequenzgang der Schalldämmung von Rohren ist im Bild 5–10 für schmalbandige Anregung gezeigt. Kennzeichnend sind Schalldämmungseinbrüche bei den Durchlassfrequenzen, bei denen das Verhältnis Rohrinnendurchmesser 2 ri zu Schallwellenlänge λ F im Fluid, das sich im Rohrinnern befindet, charakteristische Werte annimmt. Diese Frequenzen (Fluid-Rohrquermoden) können nach Gl. (15) berechnet werden: fDn = κ n
cF 2 π ri
(15)
mit (nach [9]) n
1
2
3
4
5
6
κn
1,84
3,05
3,83
4,20
5,33
6,71
0,59
0,97
1,2
1,5
1,7
2,1
κn 2 ri =5 6 λ π F
cF Schallgeschwindigkeit im Fluid, s. Tabelle 5–1, 2 ri Rohrinnendurchmesser. Ferner tritt ein Schalldämmungseinbruch bei der Ringdehnungsfrequenz auf, bei der die Longitudinalwellenlänge in der Rohrwandung gleich dem Rohrumfang ist: fR =
cL ; 2 π ri
(16)
cL Longitudinalwellengeschwindigkeit in der Rohrwandung (s. Tabelle 4 –1).
Tabelle 5 – 1. Eigenschaften von Gasen und Flüssigkeiten bei einem Druck p– = 1000 hPa [9] Gas bei 0 °C Ammoniak Ethylen Erdgas (Mittelwert) Gichtgas Kohlendioxid Luft Luft bei 20 °C Methan Sauerstoff Schwefeldioxid Stickstoff Wasserstoff Wasserdampf bei 100 °C
F
cF m/s
kg/m3
415 322 402 337 260 331 343 427 312 210 335 1258 478
0,771 1,261 0,81 1,28 1,977 1,276 1,189 0,717 1,429 2,926 1,251 0,090 0,598
Flüssigkeit bei 20 °C Ethylalkohol Erdöl Hydrauliköl luftfrei mit Lufteinschluss Meerwasser bei 10 °C (3,2 % Salz) Methylalkohol Tetrachlorkohlenstoff Transformatorenöl Wasser bei 10 °C (Leitungswasser)
cF m/s
F
1180 1300 bis 1520 1280 1050 1481
789 1040 bis 700 900 900 1020
1123 938 1425 1440
792 1595 895 1000
kg/m3
5. Luftschalldämmung
173
Für ein Stahlrohr NW 250 mit dem Fluid Luft bei 20 °C und 1000 hPa wird z. B. fD1 = 800 Hz und fR = 6,5 kHz. Unterhalb von fD1 steigt die Schalldämmung nach den tiefen Frequenzen zu an. Die Schalldämmung ist abhängig von der Schwingungsform der Schallquelle und von der Rohrlänge. Oberhalb von fR verhält sich die Rohrwand akustisch etwa wie eine ebene Platte. Die Schalldämmung der Rohrwand RR lässt sich mit folgender Beziehung rechnerisch abschätzen [9]: RR = 10 lg
w cL d dB + Rn ; F cF 2ri
(17)
w Dichte des Rohrmaterials (s. Tabelle 4 –1), F Dichte des Fluids (s. Tabelle 5–1),
d
Wanddicke.
Für Rn können eingesetzt werden: – für Grobabschätzungen Rn = 9 dB als mittlerer Wert, gültig für dünnwandige Rohre (2 ri /d > 10) im Frequenzbereich 1,5 c /cL < f /fR < 0,6, – falls pegelbestimmende Geräuschanteile im Frequenzbereich unterhalb fD1 bzw. oberhalb fR liegen die frequenzabhängigen Näherungswerte nach Bild 5 –11, Kurve a [9], gültig für Stahlrohr. Nach Gl. (17) mit Rn = 9 dB ergibt sich beispielsweise für ein Stahlrohr NW 250 mit 6 mm Wanddicke und dem Fluid Luft bei 20 °C und 1000 hPa in dem Frequenzbereich f > 1,5 (c/cL ) fR = 655 Hz bis f < 0,6 fR = 3,9 kHz das mittlere Rohrschalldämm-Maß RR = 43 dB. Bild 5 –12 zeigt den mit Gl. (17) erreichten Grad der Annäherung an erzielte Messergebnisse 2). An den Stellen der berechneten Durchlassfrequenzen fD1 , fD2 , fD5 und fD6 sowie der Ringdehnungsfrequenz fR zeigt der gemessene Schalldämmungsverlauf Einbrüche, die jedoch – außer bei fD2 – infolge der Messung in Terzen nicht sehr ausgeprägt sind. Das mittlere Schalldämm-Maß RR nach Gl. (17) mit Rn = 9 dB stimmt oberhalb der zweiten Durchlassfrequenz fD2 gut mit den Messwerten überein. Auch der Dämmungsanstieg unterhalb der niedrigsten Durchlassfrequenz ist gut erkennbar. Dagegen sind die Messwerte im Allgemeinen wesentlich niedriger als die mit den frequenzabhängigen Näherungswerten nach Bild 5 –11, Kurve a berechneten Schalldämm-Maße. Zur Verminderung der Schallabstrahlung von Rohrleitungen ist eine schalldämmende Ummantelung, ähnlich einer Wärmeisolierung, geeignet. Sie besteht aus einem dünnen Blechmantel aus Stahl oder Aluminium (d ≈ 0,5 bis 1 mm) und zwischen Rohrwand und Mantel liegendem Schallabsorptionsmaterial mit möglichst hoher längenspezifischer Strömungsresistanz (Ξ > 20 · 10 3 N · s /m4 ), z. B. Mineralwolle. Die Verbesserung der Schalldämmung, die damit erreicht werden kann, beträgt in Abhängigkeit von der Frequenz f nach [9] für f > fr ∆ RI ≈
2)
40 f lg dB 0,12 2,2 fr 1+ da
(18)
Schallschutz bei Freiluftanlagen. Bericht Nr. 60029002, VEB Komplette Chemieanlagen, Dresden 1981 (unveröffentlicht).
174
E. Lotze, überarbeitet von W. Schirmer
Bild 5–11. Korrekturglied Rn für das Schalldämm-Maß von Stahlrohren nach Gl. (17), VDI 3733 [9]. a zur Anwendung empfohlene frequenzabhängige Näherungswerte, b und c maximaler Streubereich von Messwerten, d Rn = 9 dB für 1,5 c/c L < f / f R < 0,6
Bild 5–12. Schalldämm-Maß eines Stahlrohres NW 250, Wanddicke: 6 mm, Rohrlänge: 3 m, Fluid: Luft bei 20 °C und 1000 hPa, Anregung: diffuses Schallfeld mit Terzrauschen. a Messwerte, vgl. Fußnote auf S. 158, b Rechenwerte nach Gl. (17) mit Rn = 9 dB, c Rechenwerte nach Gl. (17) mit frequenzabhängigen Näherungswerten nach Bild 5–11, Kurven a, d 1 und d 2 maximaler Streubereich nach Bild 5–11, Kurven b und c
mit 60 fr = 8 für M < Mw [vgl. Gl. (19 a)]; √ M d′ fr M Mw da d′
Eigenfrequenz des Blechmantels in Hz, flächenbezogene Masse des Mantels in kg /m2, flächenbezogene Masse der Rohrwand in kg /m2, Rohraußendurchmesser in m, Luftabstand zwischen Rohrwand und Mantel in m.
Für das Schalldämm-Maß des isolierten Rohres gilt RRI = RR + ∆ RI ; RR Schalldämm-Maß des unisolierten Rohres, gemessen oder berechnet, ∆ RI Verbesserung der Schalldämmung nach Gl. (18).
175
5. Luftschalldämmung
Bild 5–13. Verbesserung der Schalldämmung ∆R I von Rohren durch eine Ummantelung, vgl. Fußnote auf S. 158; Einfluss von Isoliermaterial, Abstandshaltern und Entdröhnung des Mantels. Rohr: Stahl, NW 250, Wanddicke 6 mm; Isolierung: Dicke 60 mm; Mantel: Stahlblech, Wanddicke 0,5 mm; Fluid und Anregung: s. Bild 5–12 Kurve
Isoliermaterial
a b c d
Mineralwollematte, 110 kg/m3 Filz, 135 kg/m3 PU-Weichschaum, 45 kg/m3 siehe a
e f
Abstandshalter
ohne ohne ohne 2 Stück, 0,7 m Abstand siehe a siehe d Verbesserung nach Gl. (18) für nichtentdröhntes Stahlblech.
Entdröhnung ohne ohne ohne ohne mit
Untersuchungen von Rohrummantelungen, vgl. Fußnote auf S. 158, zeigen gemäß Bild 5–13: – Bei hohen Frequenzen ergeben sich zum Teil erhebliche Abweichungen von den nach Gl. (18) berechneten Verbesserungen. – Durch Verwendung von Schallabsorptionsmaterial mit fasriger Struktur und einer Dichte von etwa 100 kg /m3 können wirksame Verbesserungen erreicht werden. – Starre Abstandshalter verschlechtern die Wirkung der Ummantelung wesentlich. Deshalb sind nach Möglichkeit Abstandshalter ganz zu vermeiden oder z. B. weiche Gummimetallelemente einzufügen. – Auch durch eine Entdröhnung des Blechmantels kann der Einfluss starrer Abstandshalter nicht vollständig aufgehoben werden. 5.4.2 Doppelwände Bei einschaligen Wänden ist zur Erzielung einer guten Schalldämmung eine große flächenbezogene Wandmasse erforderlich. Diese schweren Wände können vermieden werden, wenn die Wände doppelschalig sind. Zwischen den beiden Einzelschalen ist
176
E. Lotze, überarbeitet von W. Schirmer
Bild 5–14. Schallübertragungswege bei einer Doppelwand. Weg A über die Luftschicht, Weg B über die gemeinsame Befestigung der Wandschalen am flankierenden Bauteil, Weg C über starre Verbindungen zwischen den Wandschalen
dabei eine Luftschicht erforderlich, in der zur Bedämpfung dieses Wandzwischenraumes schallabsorbierendes Material anzubringen ist. Im Bild 5 –14 wird eine derartige doppelschalige Ausführung gezeigt. In der Praxis kann eine ideale Doppelwand, bei der die Schallübertragung nur über die Luftschicht erfolgt (Weg A im Bild 5 –14), sehr schwer verwirklicht werden. Meist kommen die Schallübertragungen über die gemeinsame Befestigung der Wandschalen am flankierenden Bauteil (Weg B) und über etwaige starre Verbindungen zwischen den Wandschalen (Weg C) noch hinzu. Dadurch wird jedoch die maximal erzielbare Dämmwirkung herabgesetzt. Die Wirkung der Bedämpfung des Wandzwischenraumes ist aus Bild 5 –15 ersichtlich. Danach kann die optimal mögliche Verbesserung der Schalldämmung durch eine zweischalige Wand im Vergleich zur gleichschweren Einfachwand (s. Kurve d) nur erreicht werden, wenn der Wandzwischenraum vollständig mit Absorbermaterial ausgefüllt wird. Durch das Einbringen des Dämmstoffes darf jedoch die Kopplung zwischen den Wandschalen nicht zusätzlich versteift werden. Als Dämmstoff ist offenporiges Absorbermaterial mit einem längenbezogenen Strömungswiderstand Ξ ⭌ 5 · 103 N · s/m4 (s. Abschn. 6.5.1) zu verwenden. An dieser Stelle soll noch darauf hingewiesen werden, dass die Schalldämmung von Doppelwänden nur durch Messung bestimmt werden kann. Es existieren keine Berechnungsverfahren zur exakten Vorausbestimmung der Dämmung. Im Folgenden sollen deshalb nur die die Schalldämmung wesentlich beeinflussenden Faktoren prinzipiell erläutert werden. 5.4.2.1 Schallübertragung über die Luftschicht Erfolgt die Schallübertragung nur über die Luftschicht, dann ergibt sich der im Bild 5–16 (Kurve a) gezeigte theoretische Schalldämmungsverlauf (ohne Berücksichtigung des Koinzidenzeffektes). Außerdem ist in diesem Bild die nach dem Massegesetz (s. Abschn. 5.3.1.1) für die gleichschwere Einfachwand zu erwartende Dämmkurve (Kurve b) aufgetragen. Aus dem Dämmungsverlauf für die Doppelwand ist ersichtlich, dass die Schalldämmung mehrere Einbrüche aufweist. Zum anderen verläuft die Dämmungskurve oberhalb der unteren Resonanzfrequenz fr wesentlich steiler als die Dämmung nach dem Massegesetz. Die Charakteristika sind im Einzelnen:
177
5. Luftschalldämmung
Bild 5–15. Verbesserung der Schalldämmung ∆R durch zweischalige Wände aus 12,5 mm dicken Gipskartonplatten mit 60 mm Wandabstand nach [10, 11]. Wandzwischenraum a ohne Absorbermaterial, b mit 10 mm dicker Mineralwollematte, c mit Mineralwollematten vollständig ausgefüllt, d Rechenwerte nach Gl. (21a)
Bild 5–16. Prinzipverlauf der Schalldämmung einer Doppelwand. a Doppelwand, b gleichschwere Einfachwand (nach Massegesetz)
Resonanzfrequenz bei tiefen Frequenzen Die große Durchlassfähigkeit bei tiefen Frequenzen wird durch eine Resonanz der beiden Wandmassen M1 und M2 mit der Feder der zwischen den Wandschalen eingeschlossenen d′ Luft N = 62 bzw. des dort angeordneten Dämmstoffes verursacht. c
(
)
Diese Resonanzfrequenz fr ergibt sich bei senkrechtem Schalleinfall zu fr = 60
冑
97 M1 + M2 M1 M2 d′
(19 a)
bzw. mit Bezug auf [11], insbes. S. 171, zu fr = 160
冑
99 M + M2 s′ 1 ; M1 M2
fr in Hz, M1 und M2 in kg /m2,
(19 b)
178
E. Lotze, überarbeitet von W. Schirmer
d′ Abstand der beiden Wandschalen in m, s ′ dynamische Steifigkeit der Luftschicht bzw. des Dämmstoffes zwischen den Wandschalen in MN/m3, Orientierungswerte für s ′ in Tabelle 4 –1, Messung von s ′ in Anlehnung an DIN EN 29 052 T. 1 [25]. Für den speziellen Fall einer leichten Vorsatzschale mit der flächenbezogenen Masse M vor einem schweren Bauteil gelten: – Luftschicht ohne und mit Bedämpfung (Dämmstoff lose eingebracht oder geringe Gefügesteifigkeit) fr =
60 8 √ M d′
(19 c)
– Dämmschicht mit höherer Gefügesteifigkeit den Abstand d′ füllend, z. B. Schaumstoff-Stützkern (19 d) s ′/M . f = 160 √8 r
Die Resonanz kann dann im Bereich 1 kHz liegen. Im Zweifelsfall gilt stets die höhere Resonanzfrequenz. Je nach der Größe von fr ist mit den Gln. (19), gültig für adiabatische Kompression, oder mit einer Modifikation für isotherme Kompression zu rechnen, s. Abschn. 6.2.3, Anmerkung zur Gl. (6–8). Bei der Resonanzfrequenz wird die Dämmwirkung wesentlich geringer als die der Einfachwand gleicher Masse. Durch die Wahl von Wandschalen mit großer Masse, eines großen Abstandes und einer geringen dynamischen Steifigkeit der durch den Dämmstoff gebildeten Feder kann diese Resonanzfrequenz unterhalb des interessierenden Frequenzbereiches gelegt werden. Dämmungseinbrüche bei hohen Frequenzen Beim Fehlen der Bedämpfung des Wandzwischenraumes werden Dämmungseinbrüche bei hohen Frequenzen durch die Ausbildung stehender Wellen in der Luftschicht zwischen den beiden Wandschalen verursacht, und zwar treten diese dann auf, wenn der Abstand der beiden Wandschalen d′ = n λ /2 mit n = 1, 2, 3, 4 … beträgt. Für die Einbruchsfrequenzen gilt fλ n = n
170 ; d′
(20)
fλ n in Hz, d′ in m, n = 1, 2, 3 … Diese Dämmungseinbrüche können vermieden werden, wenn in dem Luftzwischenraum schallabsorbierendes Material, z. B. Mineralwollebahnen, angebracht wird (s. Bild 5 –15). Dämmungsanstieg bei mittleren Frequenzen Der Dämmungsverlauf zwischen den beiden charakteristischen Frequenzen fr und fλ 1 steigt wesentlich steiler an als der nach dem Massegesetz für eine gleichschwere homogene Wand.
179
5. Luftschalldämmung
Die durch Anbringen einer zweiten Wandschale zu erwartende Verbesserung der Schalldämmung ∆ R beträgt nach [12] bis [14] für senkrechten Schalleinfall ∆ R = 40 lg
f dB fr
(21 a)
und nach [10] für statistischen Schalleinfall
(
∆ R = 40 lg
)
f – 3 dB fr
(21 b)
mit fr nach Gl. (19). Durch Kombination der Gln. (21 b) und (9 a) gilt für das maximale Schalldämm-Maß RD max der Gesamtwand oberhalb der Resonanzfrequenz fr
(
RD max = 20 lg
f f w d + 40 lg + 20 lg + 20 lg 6 – 108 dB . Hz fr kg /m3 mm
)
(22)
Damit ergeben sich ein Anstieg der Schalldämmungsverbesserung von 12 dB je Frequenzverdopplung und ein idealer Dämmungsanstieg der Gesamtwand von 18 dB je Frequenzverdopplung. 5.4.2.2 Schallübertragung über die gemeinsame Einspannstelle und über starre Verbindungen zwischen den Wandschalen Die Schallübertragungen über die gemeinsame Einspannstelle (Weg B im Bild 5–14) und über starre Verbindungen zwischen den beiden Wandschalen (Weg C) sind für praktisch ausgeführte Doppelwände bei mittleren und hohen Frequenzen oft weit größer als über die Luftschicht (Weg A). Im Folgenden soll erläutert werden, wie der Einfluss dieser Übertragungswege auf die Schalldämmung möglichst klein gehalten werden kann. Die bei schrägem Schalleinfall auf der lärmquellenseitigen Wandschale angeregten erzwungenen Biegewellen regen über die Einspannstelle bzw. über starre Verbindungen die zweite Wandschale zu freien Biegewellen an. Je nachdem, ob die zweite Schale biegesteif oder biegeweich ist, erfolgt von dieser Schale bei gleicher Schwingungsamplitude eine starke oder eine geringe Schallabstrahlung (s. Abschn. 4.5.3). Außerdem ist bei dünnen, biegeweichen Schalen und schweren flankierenden Bauteilen die Schwingungsübertragung über Weg B geringer als bei dicken, biegesteifen. Bei Doppelwänden sollte deshalb zumindest eine der beiden Wandschalen biegeweich sein, d. h., eine Schale sollte eine Grenzfrequenz oberhalb des übertragenen Frequenzbereiches haben, z. B. fg > 3000 Hz. Die Wirkung der Schallübertragung über die Wege B und C wird dann weitestgehend unterbunden. Voraussetzung dafür ist, dass durch die Verbindungen zwischen den Wandschalen die Biegesteifigkeit der Schalen nicht beeinflusst wird. Die Übertragung über die Einspannstelle kann dadurch vermieden bzw. vermindert werden, dass zumindest eine der beiden Schalen durch einen weichen Dämmstoff von der Einspannstelle körperschallisoliert wird. Das gleiche gilt für Verbindungen zwischen den Wandschalen. Bei starren Verbindungen, z. B. durch Mörtelbrücken, wirkt eine Doppelwand aus biegesteifen Schalen akustisch wie eine gleichschwere einschalige Ausführung. Im Bild 5–17 ist die Schalldämmung einer Doppelwand aus Sperrholz aufgetragen [15]. Bei dieser Doppelwand sind beide Holzplatten durch Holzleisten starr mitein-
180
E. Lotze, überarbeitet von W. Schirmer
Bild 5–17. Gemessenes Schalldämm-Maß einer Doppelwand aus Sperrholzplatten mit starr verbundenen Schalen, 10 mm Plattendicke. a Doppelwand, b Einfachwand
ander verbunden. Trotz dieser Schallbrücken ist die akustische Wirkung einer Doppelwand erkennbar. Die Ursache dafür ist, dass die Platten unterhalb der Grenzfrequenz fg ≈ 2000 Hz biegeweich sind. Infolge des geringen Luftabstandes der Platten (30 mm) und der geringen Plattenmasse (7 kg /m2 ) wirkt die Wand jedoch erst oberhalb etwa 400 Hz als doppelschalige Ausführung (errechnete Resonanzfrequenz fr ≈ 200 Hz). Der Einbruch oberhalb 2000 Hz ist auf den Koinzidenzeffekt zurückzuführen. Zum Vergleich ist die gemessene Schalldämmung einer einschaligen Holzplatte eingezeichnet. 5.4.3 Biegeweiche Vorsatzschalen Die Schalldämmung eines biegesteifen, einschaligen Bauteiles, z. B. einer Wand, einer Decke oder eines dickwandigen Maschinengehäuses, kann dadurch erhöht werden, dass vor diesem mit Luftabstand eine biegeweiche Vorsatzschale angebracht wird. Diese Anordnung ist ein Spezialfall der im Abschn. 5.4.2 beschriebenen Doppelwände. Die resultierende Schalldämmung ist dann R = R1 + ∆ Rv ;
(23)
R1 Schalldämmung der biegesteifen Wand, ∆ Rv Verbesserung der Schalldämmung durch Vorsatzschale. Die Voraussetzung für die im folgenden angegebenen Verbesserungen des Schalldämm-Maßes [1] sind: – Die Grenzfrequenz der biegesteifen Schale liegt unterhalb des interessierenden Frequenzbereiches, z. B. fg1 < 200 Hz. – Die Grenzfrequenz der biegeweichen Vorsatzschale liegt oberhalb des interessierenden Frequenzbereiches, z. B. fg2 > 3000 Hz. – Die Vorsatzschale besteht aus einem Material mit hoher Dämpfung (hoher Verlustfaktor).
181
5. Luftschalldämmung
– Die Schallübertragung erfolgt über die Luftschicht (Weg A im Bild 5–14) und über starre Verbindungen (Weg C). Für Weg A ergibt sich die Verbesserung des Schalldämm-Maßes mit ∆ Rv = ∆ R nach Gl. (21 a). Für Weg C gelten bei punktförmigen Verbindungen zwischen den Wandschalen ∆ Rv = 10 lg
υ ˜ 21 fg22 S π 3
υ ˜ 22 c2 n 8
(
∆ Rv = 20 lg
dB
(24 a)
υ ˜1 f n + 20 lg g2 – 10 lg 1 m2 + 15 dB υ ˜2 1 kHz S
)
(24 b)
und bei linienförmigen Verbindungen ∆ Rv = 10 lg
(
υ ˜ 21 fg2 b π
υ ˜ 22
∆ Rv = 20 lg
c
2
dB
(25 a)
υ ˜1 f b + 10 lg g2 + 10 lg + 7 dB . υ ˜2 1 kHz 1m
)
(25 b)
Bei linienförmigen Verbindungen ergeben sich geringere Verbesserungen. Deshalb sollte diese Verbindungsart möglichst vermieden werden. In den Gln. (24) und (25) bedeuten: υ ˜ 1 Schnelle der biegesteifen Wandschale, υ ˜ 2 Schnelle der Vorsatzschale an den Befestigungen,
fg2 S b n
Grenzfrequenz der Vorsatzschale, Wandfläche, senkrechter Abstand zwischen zwei linienförmigen Schallbrücken, Anzahl der Schallbrücken.
Die zu erwartende Schalldämmungsverbesserung ∆ Rv ist der niedrigere der beiden nach den Gln. (21 a) und (24) bzw. (21 a) und (25) berechneten Werte. Bei tiefen Frequenzen gelten die Gl. (21 a) und bei mittleren und hohen Frequenzen die Gln. (24) ˜ 1 / υ˜ 2 wird die Ankopplung der Vorsatzund (25). Durch das Schnelleverhältnis υ ˜ 1 / υ˜ 2 = 1. schale an die Wand gekennzeichnet. Bei völlig starren Verbindungen ist υ Dem Wesen der biegeweichen Vorsatzschale entsprechend ergeben sich auch bei starren Verbindungen bereits wesentliche Verbesserungen. Da jedoch immer eine möglichst große Verbesserung angestrebt wird, ist es günstiger, die Vorsatzschale über geeignete körperschalldämmende Verbindungen zu befestigen. Es ist gleichgültig, auf welcher Seite der biegesteifen Wand die Vorsatzschale angebracht wird. Wird anstelle der biegeweichen Vorsatzschale eine biegesteife verwendet, beispielsweise vor Bauteilen in Gebäuden, so sind geringere Verbesserungen zu erwarten. Die Schalldämmung einer Einfachwand kann sogar durch eine biegesteife Vorsatzschale verschlechtert werden, wenn deren innere Dämpfung gering ist und außerdem viele Körperschallbrücken, z. B. in Form von Mörtelbrücken, auftreten. Die Ursache hierfür ist, dass auf einer leichten Platte bei starker Ankopplung eine größere Körperschallschnelle entstehen kann als auf der schweren Grundplatte [1]. Für den Fall, dass die Grundplatte, an der die biegeweiche Vorsatzschale befestigt wird, nicht biegesteif, sondern auch biegeweich ist, sind die erreichbaren Verbesserungen ∆ Rv für den Schallübertragungsweg über starre Verbindungen (Weg C) niedri-
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E. Lotze, überarbeitet von W. Schirmer
ger als vorangehend beschrieben. Dieses ist besonders bei der Lärmbekämpfung an Maschinen und Anlagen zu beachten, da hierbei die zu betrachtenden Grundplatten meist biegeweich sind, d. h., die Grenzfrequenz dieser Bauteile liegt oberhalb des interessierenden Frequenzbereiches bzw. innerhalb dieses Bereiches. Die theoretischen Beziehungen für die Schalldämmungsverbesserung ∆ Rv ergeben sich aus den Gln. (24 a) und (25 a), indem der Abstrahlgrad σ der biegeweichen Grundplatte, s. Gl. (4 –20), in die Berechnungsvorschrift einbezogen wird. Danach gelten für den Weg C bei punktförmigen Verbindungen und den Frequenzbereich f ⬉ fg1 /2 (nach [1], insbes. S. 468, ist Gl. (4 –20) nur für Frequenzen f | fg definiert) ∆ Rv ≈ 10 lg
υ ˜ 21 fg22
υ ˜ 22
(
∆ Rv ≈ 20 lg
fg1
冑
4 f U π dB fg1 4 n 85 c
υ ˜1 f f f + 20 lg g2 – 15 lg g1 + 5 lg 0 υ ˜2 1 kHz 1 kHz 1 kHz
(26 a) (26 b)
)
n – 10 lg 3 1 m + 1 dB U und bei linienförmigen Verbindungen ∆ Rv ≈ 10 lg
(
υ ˜ 21 fg2
υ ˜ 22
∆ Rv ≈ 20 lg
fg1
冑
4 f Ub 1 dB fg1 6 S 5 2π
υ ˜1 f f f + 10 lg g2 – 15 lg g1 + 5 lg 0 υ ˜2 1 kHz 1 kHz 1 kHz
+ 10 lg
(27 a)
(27 b)
)
Ub – 8 dB . S
Für die vorstehenden Gleichungen sind auch die Erläuterungen der Gln. (24) und (25) gültig mit den Ergänzungen f Frequenz, fg1 Grenzfrequenz der biegeweichen Grundplatte, U Umfang der biegeweichen Grundplatte. Gleichung (21 a) gilt auch für den Fall der biegeweichen Grundplatte. Zur Ermittlung der Schalldämmungsverbesserung in dem Übergangsgebiet fg1 /2 ⬉ f ⬉ fg1 sind die bei den Frequenzen f = fg1 /2 mit Gl. (26) bzw. (27) und f = fg1 mit Gl. (24) bzw. (25) berechneten Werte geradlinig zu verbinden. In Tabelle 5–2 sind unter Verwendung von [16], insbes. S. 211, geeignete Materialien für biegeweiche Vorsatzschalen zusammengestellt. Aufgrund praktischer Erfahrungen bei der Lärmbekämpfung an Maschinen werden die theoretisch möglichen Schalldämmungsverbesserungen ∆ Rv im Allgemeinen nicht erreicht (s. Bild 5–18). Aus der Darstellung ist die große Bedeutung der Randabdichtung und der Bedämpfung des Luftraumes zwischen Grundplatte und Vorsatzschale mit Absorbermaterial ersichtlich. Die vorangegangene Betrachtung zur akustischen Wirkung der biegeweichen Vorsatzschale erfolgte aus der Sicht der Bauakustik. Da aber die biegeweiche Vorsatzschale mit einer integrierten Kapsel vergleichbar ist, kann die akustische Wirkung der Vorsatzschale bei tiefen Frequenzen ebenso mit Hilfe von Gl. (10 –2) anstelle von
183
5. Luftschalldämmung Tabelle 5 – 2. Vorsatzschalen geringer Schallabstrahlung Baustoff 1-mm-Stahlblechplatte mit 3-mm-Entdröhnungbelag 2-mm-Stahlblechplatte mit 6-mm-Entdröhnungsbelag Gipsplatte Zementfaserplatte 25-mm-Holzwolleplatte mit 15-mm-Putz Holzfaserdämmplatte
Dicke mm
flächenbezogene Masse kg/m2
Grenzfrequenz kHz
4
11,7
9
8 10 6
23,4 10 8
4,5 3 4,5
40 12
30 3
2,5 3
Bild 5–18. Verbesserung der Schalldämmung ∆RV durch eine biegeweiche Vorsatzschale mit Einfluss der Abdichtung und der Bedämpfung des Wandzwischenraumes, vgl. Rau, G.: Entwicklung akustischer Vorsatzschalen für Großtransformatoren zur Verminderung der Abstrahlung des magnetischen Geräusches. Bericht Nr. 474, VEB RFT Messelektronik Dresden 1969 (unveröffentlicht). Grundplatte: Stahlblech, 0,84 m · 0,5 m, 10 mm dick, fg1 = 1,2 kHz; Vorsatzschale: Stahlblech, 1 mm dick, entdröhnt; Befestigung: punktförmig, starr, mit vier Stahlbolzen; Wandabstand: 100 mm; a theoretischer Verlauf für Weg A nach Gl. (21a), b theoretischer Verlauf für Weg C nach Gl. (26), c geradlinige Verbindung der theoretischen Werte ∆RV bei 0,5 fg1 und fg1 , d theoretischer Verlauf für Weg A nach Gl. (10 –2), e ohne Randabdichtung der Vorsatzschale, f mit umlaufender Randabdichtung, g mit umlaufender Randabdichtung und Bedämpfung des Zwischenraumes
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E. Lotze, überarbeitet von W. Schirmer
Gl. (21 a) abgeschätzt werden. Nach beiden Verfahren sind unterschiedliche Ergebnisse zu erwarten. Zum Vergleich wurde für das Beispiel von Bild 5–18 die Pegelabsenkung nach Gl. (10 –2) berechnet mit den folgenden Annahmen: – Das Stahlblech ist entdröhnt. Für das Schalldämm-Maß gilt R = Rmax gemäß Gl. (9 b). – Die gesamte biegeweiche Vorsatzschale ist schallabsorbierend verkleidet. Der Schallabsorptionsgrad ist mit der Kurve d = 100 mm von Bild 6– 4 identisch. Das Ergebnis wurde im Bild 5–18 als Kurve d eingetragen. Danach liefert Kurve d eine bessere Übereinstimmung mit den Messwerten als Kurve a. Praktische Hinweise zur Realisierung von biegeweichen Vorsatzschalen an Maschinen und Anlagen: – Als Material für biegeweiche Vorsatzschalen wird üblicherweise 0,5 bis 1 mm dickes Stahlblech verwendet (s. Tabelle 5–2). – Mit Bezug auf die Erläuterung der Gln. (24) und (25) ist die Vorsatzschale nach Möglichkeit körperschallisoliert zu befestigen, d. h., in den Körperschallübertragungsweg zwischen Maschinengehäuse und Vorsatzschale sind Körperschalldämmstellen einzubauen. Dafür sind u. a. Gummimetallelemente geeignet. – Werden starre Verbindungen zwischen Vorsatzschalen aus Stahlblech und Maschinengehäuse verwendet, dann sind diese Vorsatzschalen zu entdröhnen (s. Abschn. 4.7.1). – Vorsatzschalen sollen möglichst mit punktförmiger Verbindung am Maschinengehäuse befestigt werden. – In den Luftraum zwischen Vorsatzschale und Maschinenkontur ist zur Bedämpfung schallabsorbierendes Material einzubringen. Dafür ist besonders Absorbermaterial geeignet, das maschinenseitig möglichst ganzflächig an der Vorsatzschale angeklebt werden kann. Dadurch kann eine zusätzliche Entdröhnung der Vorsatzschale entfallen. – Der Luftraum zwischen Maschinenkontur und Vorsatzschale ist an den Begrenzungen der Vorsatzschale nach außen möglichst so abzudichten, dass keine Schallabstrahlung erfolgen kann. Dabei sind jedoch bei im Freien eingesetzten Anlagen Möglichkeiten vorzusehen, wodurch der Zwischenraum belüftet bzw. eventuell vorhandenes Schwitzwasser oder anderweitig eingedrungene Feuchtigkeit abgeführt werden kann. – Die Anwendung biegeweicher Vorsatzschalen gestattet dem Konstrukteur einen großen Spielraum bei der Formgestaltung der Vorsatzschale, ohne dass deren Funktion eingeschränkt wird.
5.5 Konstruktionen aus mehreren Bauteilen 5.5.1 Wände mit Bauteilen unterschiedlicher Schalldämmung Durch den Einbau von Bauteilen mit geringer Schalldämmung, z. B. eines Fensters, einer Tür oder einer Lüftungsöffnung, in eine Wand mit hoher Schalldämmung wird die resultierende Schalldämmung der zusammengesetzten Wand geringer. Die Abnahme der Schalldämmung hängt von der Dämmung und der Größe der Einbauten im
185
5. Luftschalldämmung
Verhältnis zur Einbauwand ab. Aus τg (SW + SE ) = τ W SW + τ E SE folgt für das Gesamtschalldämm-Maß der zusammengesetzten Wand beispielsweise die Beziehung R –R SW + 10 10 S Rg = RW – 10 lg E dB = RW – ∆ R ; S 1+ W SE W
RW RE SW SE ∆R
E
(28)
Schalldämm-Maß der Einbauwand ohne Einbauten, Schalldämm-Maß der Einbauten, Fläche der Einbauwand abzüglich Fläche der Einbauten, Fläche der Einbauten, Verminderung der Schalldämmung.
Die Größe ∆ R, durch die die Abnahme der Schalldämmung gekennzeichnet wird, kann mit Hilfe des Nomogramms im Bild 5–19 ermittelt werden. Dazu müssen die Differenz der Schalldämm-Maße der unterschiedlichen Bauteile und das Verhältnis von deren Flächen bekannt sein. Die Anwendung des Nomogramms zur Ermittlung der Schalldämmungsabnahme ∆ R geht aus folgendem Berechnungsbeispiel, für das die eingezeichnete Gerade gilt, hervor: RW = 50 dB, SW = 60 m2 und RE = 25 dB, SE = 1 m 2 . → SW /SE = 60, RW – RE = 25 dB, ∆ R = 8 dB; Rg = RW – ∆ R = 50 dB – 8 dB = 42 dB. 5.5.2 Einfluss flankierender Bauteile Die Schallübertragung zwischen zwei Räumen erfolgt nicht nur durch die Trennwand (Hauptweg), sondern auch über die im Bild 5–20 gezeigten Flankenwege (Wege 2 bis
Bild 5–19. Nomogramm zur Bestimmung des Gesamtschalldämm-Maßes Rg von Wänden, die aus Bauteilen unterschiedlicher Schalldämm-Maße RW und RE zusammengesetzt sind, nach [17]. Rg = RW – ∆R
186
E. Lotze, überarbeitet von W. Schirmer
Bild 5–20. Schallübertragung über Flankenwege
4). Dabei ist der Weg 2 über die flankierenden Bauteile der für die Praxis wichtigste Flankenweg. Einmal wird über die flankierenden Bauteile (Weg 2) im Allgemeinen genausoviel Schall übertragen wie über die Wege 3 und 4 gemeinsam, zum anderen ist die Übertragung über diesen Weg nicht durch die Ausführung der Trennwand beeinflussbar wie bei den Wegen 3 und 4. Die Schalldämmung bestimmend ist die Übertragung über die flankierenden Bauteile, wenn zwischen dem Sende- und dem Empfangsraum noch andere Räume angeordnet sind. Für den Fall, dass sich zwischen Sende- und Empfangsraum keine weiteren Räume befinden, ergibt sich die bekannte Beziehung, s. Gl. (31), L Ed = LS – R + 10 lg
Sf dB . AE
(29)
Der Schalldruckpegel, der durch die Schallübertragung über flankierende Bauteile (Weg 2), im Empfangsraum verursacht wird, beträgt: Sf L Ef = LS – (RF + Dv) + 10 lg 5 dB AE
(30)
Darin bedeuten R RF Dv S Sf LS AE
Schalldämm-Maß der Trennwand, Weg 1 Schalldämm-Maß der flankierenden Bauteile Weg 2 Verzweigungsdämm-Maß Weg 2 Fläche der Trennwand, Weg 1 Fläche der Bauteile, die den Flankenschall Weg 2 abstrahlen Schalldruckpegel im Senderaum äquivalente Schallabsorptionsfläche im Empfangsraum
Aufgrund praktischer Erfahrungen beträgt die Verzweigungsdämmung bei gleichartigen Bauteilen (Kreuzung von Bauteilen gleicher Dicke und Beschaffenheit) etwa 9 dB. Orientierungswerte für die Verzweigungsdämmung werden im Bild 5–21 [18] und für spezielle Bauweisen in [16], insbes. S. 266 ff., angegeben. Messungen haben ergeben, dass sich in der Praxis bei der Übertragung über mehrere Räume die Verzweigungsdämm-Maße nicht einfach addieren. Das Verzweigungsdämm-Maß Dv tritt entsprechend den zitierten Literaturangaben an der ersten Stoßstelle auf. An jeder weiteren Stoßstelle ist aber nach [11] meist nur noch die Hälfte dieses Dämm-Maßes wirksam. Durch einen Vergleich der Gln. (29) und (30) zeigt sich, dass bei Annahme von Sf ≈ 4 S und etwa gleicher Ausführung der Bauteile (RF ≈ R und Dv ≈ 9 dB) über die flankierenden Bauteile (Weg 2) etwa die Hälfte der Schallleistung übertragen wird, die durch die Trennwand (Weg 1) hindurchgeht (L Ef ≈ L Ed – 3 dB). Würde durch eine
187
5. Luftschalldämmung
Bild 5–21. VerzweigungsdämmMaß an Stoßstellen starr verbundener einschaliger Bauteile nach [18]
Trennwand mit extrem hoher Schalldämmung die Direktübertragung vermieden, so könnte der Schalldruckpegel im Empfangsraum infolge der verbleibenden Flankenwegübertragung nur um etwa 5 dB gesenkt werden. Eine größere Absenkung ist nur bei gleichzeitigem Vermindern der Flankenwegübertragung möglich. Weitere Angaben zum Problem der Flankenschallübertragung sind in [11], Abschn. 7.8, und [18], Abschn. 6.2, enthalten.
5.6 Messung des Schalldämm-Maßes Zur messtechnischen Bestimmung des Schalldämm-Maßes eines Bauteiles wird dieses als Trennelement zwischen zwei Räumen (Sende- und Empfangsraum) eingebaut, s. Bild 5–22. Die beiden Räume sollen im Vergleich zur Wellenlänge so groß sein, dass sich in beiden Räumen ein diffuses Schallfeld ausbilden kann. Nach [19] müssen die Räume in Prüfständen ein Volumen von V ≥ 50 m3 haben. Für die Fläche des zu prüfenden Bauteiles werden bei Wänden 8 bis 15 m2 und bei Decken 12 bis 25 m2 gefordert. Die Prüfung der Schalldämmung von Fenstern, Türen oder anderen leichten Montageelementen erfolgt durch Einbau in eine Trennwand hoher Dämmung mit vorgeschriebener Öffnung von etwa 1,5 m2 [20]. Das in bauakustischen Prüfständen ohne Nebenwegübertragung ermittelte Schalldämm-Maß wird Labor-Schalldämm-Maß R genannt. Wird dagegen die Prüfung mit bauüblicher Nebenwegübertragung durchgeführt, dann wird das Messergebnis als Bau-Schalldämm-Maß R′ bezeichnet. Prüfstände mit bauüblichen Nebenwegen haben eine Grenzschalldämmung von Rw′ ≈ 58 dB.
Bild 5–22. Zur Bestimmung des SchalldämmMaßes
188
E. Lotze, überarbeitet von W. Schirmer
Im Fall von Prüfungen in einer Prüföffnung SP , die kleiner als die Trennwand S T ist, vermindert sich die wirksame Grenzschalldämmung um 10 lg (S T /SP) dB. Für S T = 10 m2 und SP = 1,5 m2 sind das z. B. 8 dB. Alle gemessenen SchalldämmMaße mit weniger als 10 dB Abstand zur wirksamen Grenzschalldämmung bedürfen der Interpretation. Aus Gl. (1 a) kann folgende Messvorschrift abgeleitet werden, s. Abschn. 13.4.1: R = LS – L E + 10 lg
S dB ; AE
(31)
LS mittlerer Schalldruckpegel im Senderaum, Mittelwertbildung, s. Abschn. 2, L E mittlerer Schalldruckpegel im Empfangsraum, S gemeinsame Trennfläche zwischen Sende- und Empfangsraum oder Fläche der Prüföffnung, AE äquivalente Absorptionsfläche im Empfangsraum. Danach ist bei Luftschallanregung in einem Raum (Senderaum) der mittlere Schalldruckpegel in beiden Räumen durch Pegelmessungen an verschiedenen Aufpunkten oder auf Messbahnen, die kontinuierlich abzutasten sind, zu bestimmen. Die Messungen sind im Frequenzbereich 100 bis 3150 Hz mit Terzfiltern, s. Abschn. 3, vorzunehmen. Als Schallquelle sind Lautsprecher zu verwenden, die mit stationärem Rauschen gespeist werden. Ihr Standort soll bei der Messung wenigstens einmal gewechselt werden, insbesondere bei kleinen Räumen im Bau. Die äquivalente Absorptionsfläche ist aus der gemessenen Nachhallzeit, s. Abschn. 13.3.2, zu berechnen: A = 0,163
V ; T
A äquivalente Absorptionsfläche in m2, V Volumen des Messraumes in m3, T Nachhallzeit des Messraumes in s.
5.7 Schalldämm-Maße von Bauteilen Zur Ermittlung eines repräsentativen Einzahlwertes werden die frequenzabhängigen Messwerte im Frequenzbereich 100 Hz bis 3150 Hz mit einer Bezugskurve bewertet, siehe DIN EN ISO 717-1 [21]. Die Bewertung der Messwerte erfolgt dadurch, dass die Bezugskurve um ganze dB senkrecht zur Abszissenachse soweit verschoben wird, bis die mittlere ungünstige Abweichung so groß wie möglich jedoch nicht größer als 2 dB ist. Das Ergebnis – der Bezugskurvenpegel bei 500 Hz – ist das bewertete Bau-Schalldämm-Maß R′w . Für das bewertete Bau-Schalldämm-Maß R′w von einschaligen Bauteilen können die im Bild 5–23 aufgetragenen Kurven angegeben werden [11, 22]. Dabei gelten die Kurven a für übliche Baustoffe, wie Beton, Ziegelmauerwerk und Gips, Kurve b für Holz und Holzbaustoffe und Kurve c für bedämpfte, biegeweiche Schalen, wie entdröhntes Stahlblech und Gummi. Die in das Bild 5–23 zusätzlich eingetragenen Messwerte für das bewertete Bau-Schalldämm-Maß für Wände aus Schwerbeton, Mauervollziegel, Gips und Gipskartonplatten zeigen die Aussagefähigkeit der Näherungskurven.
5. Luftschalldämmung
189
Bild 5–23. Bewertetes Bau-Schalldämm-Maß R w′ in Abhängigkeit von der flächenbezogenen Masse M einschaliger Bauteile nach [11, 22]. a übliche Baustoffe (Beton, Ziegelmauerwerk, Gips) mit den Dichten 1 w = 2000 kg/m3, 2 w = 1000 kg/m3, 3 w = 500 kg/m3, b Holz und Holzbaustoffe, c bedämpfte biegeweiche Schalen (entdröhntes Stahlblech, Gummi); Messwerte für Schwerbeton (x), Mauervollziegel (o) und Gips bzw. Gipskartonplatten (∆).
Messwerte für das bewertete Schalldämm-Maß R w′ , teilweise auch für die Frequenzabhängigkeit von R ′ sind zu finden in [11, 18, 23, 24, 27].
5.8 Schrifttum [1] Cremer, L.; Heckl, M.: Körperschall: Physikalische Grundlagen und Technische Anwendungen. Berlin: Springer, 1967. [2] Lotze, E.: Gerichtete Schallabstrahlung von Außenwänden des Industriebaus bei und oberhalb der Grenzfrequenz. Diss. Tech. Univ. Dresden, 1980. [3] Beranek, L. L.: Noise reduction. New York: McGraw-Hill, 1960. [4] Sonntag, E.: Der Einfluss des Verlustfaktors auf das Schalldämmaß von Blechkapseln. Hochfrequenztech. u. Elektroakustik 74 (1965), Nr. 5/6, S. 206 – 211. [5] Sonntag, E.: Das Schalldämmaß von Blechkapseln. Hochfrequenztech. u. Elektroakustik 75 (1966), Nr. 1, S. 18 – 24. [6] Cremer, L.: Theorie der Luftschalldämmung zylindrischer Schalen. Acustica 5 (1955), Nr. 5, S. 245 – 256. [7] Heckl, M.: Schallabstrahlung und Schalldämmung von Zylinderschalen. Diss. Tech. Univ. Berlin, 1957. [8] Heckl, M.: Experimentelle Untersuchungen zur Schalldämmung von Zylindern. Acustica 8 (1958), Beih. 1, S. 259 – 265. [9] VDI 3733 Geräusche bei Rohrleitungen. 07.1996 [10] Gösele, K.; Panday, P. K.: Einfluss der Hohlraumdämpfung auf die Schalldämmung von doppelschaligen Wänden. Forsch.-Ber. Inst. f. Tech. Physik, Stuttgart, 1971. [11] Fasold, W.; Sonntag, E.; Winkler, H.: Bauphysikalische Entwurfslehre. Bd. Bau- und Raumakustik. Berlin: Verl. f. Bauwesen, 1987. [12] Wintergerst, E.: Zur Theorie der Schalldurchlässigkeit von einfachen und zusammengesetzten Wänden. Schalltech. (Eichenberg b. Kassel) 4 (1931), Nr. 6, S. 85 – 91; 5 (1932), Nr. 1, S. 1– 8. [13] Cremer, L.: Näherungsweise Berechnung der von einem schwimmenden Estrich zu erwartenden Verbesserung. Fortschr. u. Forsch. i. Bauwesen, R. D, Nr. 2, S. 123, Schallschutz. Stuttgart: Franckh, 1952.
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E. Lotze, überarbeitet von W. Schirmer
[14] London, A.: Transmission of reverberant sound through double walls. J Acoust. Soc. Amer. 22 (1950), Nr. 2, S. 270 – 279. [15] Gösele, K.: Der Schallschutz von Decken und Wänden: zusammenfassende Darstellung neuerer Erkenntnisse. Fortschr. u. Forsch. i. Bauwesen, R.D, Nr. 2, Schallschutz. Stuttgart: Franckh, 1952. [16] Bruckmayer, F.: Handbuch der Schalltechnik im Hochbau. Wien: Deuticke, 1962. [17] Zeller, W.: Technische Lärmabwehr. Stuttgart: Kröner, 1950. [18] Taschenbuch Akustik. Hrsg. Fasold, W.; Kraak, W.; Schirmer, W. Berlin: Verl. Technik, 1984. [19] DIN EN 20140-3: Akustik; Messung der Schalldämmung in Gebäuden und von Bauteilen, Teil 3: Messung der Luftschalldämmung von Bauteilen in Prüfständen, 05.1995 [20] DIN EN 20140-10: Akustik; Messung der Schalldämmung in Gebäuden und von Bauteilen; Teil 10: Messung der Luftschalldämmung kleiner Bauteile in Prüfständen, 09.1992. [21] DIN EN ISO 717-1: Akustik; Bewertung der Schalldämmung in Gebäuden und von Bauteilen, Teil 1 Luftschalldämmung, 01.1997. [22] Gösele, K.: Zur Luftschalldämmung von einschaligen Wänden und Decken. Acustica 20 (1968), Nr. 6, S. 334–342. [23] Schmidt, H.: Schalltechnisches Taschenbuch. 5. Aufl. Berlin: Springer 1996 [24] DIN 4109 Beibl. 1/11.89 Schallschutz im Hochbau; Ausführungsbeispiele und Rechenverfahren. [25] DIN EN 29 052 –1/08.92 Akustik; Bestimmung der dynamischen Steifigkeit; Materialien, die unter schwimmenden Estrichen in Wohngebäuden verwendet werden. [26] Heckl, M.; Donner, U.: Schalldämmung dicker Wände. Rundfunktechnische Mitteilungen, Hamburg 29 (1985), Nr. 6, S. 287– 291. [27] Fasold, W.; Veres, E.: Schallschutz + Raumakustik in der Praxis, Berlin: Verlag für Bauwesen, 1998.
6. Luftschallabsorption E. Lotze, überarbeitet von W. Schirmer
6.1 Einführung Schallabsorber bzw. schallabsorbierende Einbauten werden überall dort verwendet, wo störende Schallreflexionen an schallharten Begrenzungselementen vollständig oder teilweise vermieden werden sollen. Deshalb werden beispielsweise Kapseln oder offene Schirme um lärmintensive Maschinen sowie Lärmschutzkabinen schallabsorbierend ausgekleidet. In lärmerfüllten Räumen werden schallabsorbierende Fertigteile für Decken- oder Wandverkleidungen verwendet. Durch den Einbau schallabsorbierender Elemente wird die Nachhallzeit eines Raumes verkürzt. Diese Tatsache wird zur Nachhallzeitregulierung, beispielsweise in Konzertsälen und Studioräumen, ausgenutzt. Aber auch Absorptionsschalldämpfer, z. B. in Lüftungsanlagen, sind mit einer schallabsorbierenden Auskleidung versehen. Als Schallabsorber dienen poröse Materialien, wie Mineralwolle, Glaswolle oder Kunststoffschaum, die vor schallharten Flächen angebracht werden. Für die erforderliche Abdeckung werden in der Regel schalldurchlässige Anordnungen verwendet. Man erhält dann in einem breiten Frequenzband bei mittleren und hohen Frequenzen wirksame Schallabsorber (Breitbandabsorber). Für besondere Anwendungen werden zur Abdeckung dünne ungelochte oder gelochte Platten mit geringer Lochfläche verwendet. Dadurch ergeben sich Schallabsorber mit einer Absorptionswirkung in einem schmalen Frequenzband bei tiefen Frequenzen (Resonanzabsorber). In diesem Abschnitt werden die physikalischen Grundlagen des Absorptionsmechanismus erläutert. Es wird eine einfache Möglichkeit zur Dimensionierung von akustischen Absorbern bei Verwendung von handelsüblichen faserigen Materialien vor schallharter Wand angegeben. Praktische Realisierungsprobleme werden diskutiert. Außerdem werden von den Verfahren zur Bestimmung der wichtigsten akustischen Kenngrößen die Messprinzipien beschrieben und die Form von Schallabsorptionsgrad-Angaben behandelt.
6.2 Physikalische Grundlagen und Berechnungsverfahren 6.2.1 Schallreflexion an Grenzschichten Trifft eine Schallwelle mit dem Schalldruck pe auf ein anderes Medium gemäß 2 sich diese in eine durchgelassene Bild 6–1 (z. B. Luft – poröses Material), so teilt Schallwelle ( pd ) und eine reflektierte Schallwelle ( pr) auf. 2 2
192
E. Lotze, überarbeitet von W. Schirmer
Bild 6–1. Schallreflexion an Grenzschichten
In der Trennebene gilt die Beziehung: pe + pr = pd . 2 2 2 Das Verhältnis p R = 2r pe 2 wird als Schallreflexionsfaktor definiert. Dieser steht in folgendem Zusammenhang mit dem Schallabsorptionsgrad: α=
Ja = 1 – |R |2 . Je
(1)
Darin bedeuten Ja die absorbierte und Je die auftreffende Schallintensität (Schallleistung je Flächeneinheit). Für Schallabsorptionszwecke wird α → 1, das heißt | R | → 0, angestrebt. Bereits für | R | = 0,3 wird α ≈ 0,9. Der Schallreflexionsfaktor ist um so größer, je mehr sich die Impedanzen Z = p/υ 2 (Einheit: 1 Pa · s /m = 1 N · s /m 3 = 10 –1 Rayl; jedoch ist Rayl keine zulässige Einheit) der beiden Medien unterscheiden. Für senkrechten Schalleinfall gilt R=
Z 2 – Z1 . Z 2 + Z1
(2)
Darin bedeuten z. B. für den Übergang Luft – poröses Material Z1 Kennimpedanz der Luft Z1 = c = 408 N · s/m 3 bei 20 °C und 1000 hPa, für andere Werte s. Gl. (11), Z 2 Impedanz des porösen Materials. Für gute Schallabsorption muss die Impedanz Z 2 → c gehen. Die Erfüllung dieser Bedingung bezeichnet man als Anpassung. 6.2.2 Poröse Absorber ohne Abdeckung 6.2.2.1 Kenngrößen poröser Materialien Die Impedanz von porösem Material unendlicher Dicke ist bei senkrechtem Schalleinfall
193
6. Luftschallabsorption
Z0 = c
√χ3 08 Ξσ σ
冑
1– j
ωχ
.
(3)
Dabei wird Z 0 auf den Druck p und die Schnelle υ außerhalb des porösen Materials 2 vor und hinter der Grenzfläche gleich ist, ist die bezogen. Während der Druck Schnelle verschieden. Die Impedanz Z 0 wird von drei frequenzunabhängigen Stoffkennwerten des porösen Materials bestimmt: Ξ ist der längenbezogene Strömungswiderstand mit der Einheit 1 Pa · s/m 2 = 1 N · s/m4 = 10 –3 Rayl /cm. Es gilt Ξ=–
∆p . υ∆x
Dabei ist ∆ p die über einer Strecke ∆ x entstehende Druckänderung, wenn durch das poröse Material eine Luftgleichströmung der Geschwindigkeit υ hindurchströmt. Durch den längenbezogenen Strömungswiderstand Ξ werden die Reibungsverluste gekennzeichnet, die in der Grenzschicht zwischen der in den Poren des porösen Materials bewegten Luft und dem ruhenden Gefüge desselben entstehen. Es ist damit die wichtigste Stoffkenngröße des porösen Materials (praktische Werte s. Abschn. 6.5.1). σ ist die Porosität. Es gilt σ =
VL ; VA
VL akustisch wirksames Luftvolumen in den Poren, d.h. nur das Volumen offener Poren, VA Gesamtvolumen des porösen Absorbers. Für Materialien ohne geschlossene Poren (z. B. alle Fasermaterialien) gilt ferner σ = 1–
A ; G
A Dichte des Absorbers, bezogen auf VA , G Dichte des Gefügematerials.
Durch die Porosität σ wird der Unterschied der Schnelle innerhalb und außerhalb des porösen Materials gekennzeichnet (υa = σ υ i ). Bei faserigen Materialien (Mineralwolle, Glaswolle usw.) ist σ ≈ 1 (z. B. ergibt sich für Glasfasern mit G = 2700 kg/m3 und A = 100 kg/m3 eine Porosität von σ ≈ 0,96). χ ist der Strukturfaktor. Es gilt χ=
VK ; VB
VK an der Kompression beteiligtes Luftvolumen, VB an der Beschleunigung beteiligtes Luftvolumen. Ein Unterschied zwischen beiden Volumina ist nur bei porösen Absorbern zu erwarten, deren Aufbau nicht einem einfachen Kanalmodell entspricht, sondern die im Inneren zusätzlich Hohlräume und dergleichen besitzen (s. Bild 6–2). Für faserige Materialien mit σ ≈ 1 ist auch χ ≈ 1. Abweichungen, d. h. χ > 1, sind bei Schaumstoffen zu erwarten.
194
E. Lotze, überarbeitet von W. Schirmer
Bild 6–2. Modelle für poröse Absorber mit χ = 1 (links) und χ > 1 (rechts)
Bild 6–3. Poröser Absorber endlicher Dicke vor schallharter Wand
Mit der Voraussetzung σ = χ ≈ 1 folgt aus Gl. (3) zusammen mit den Gln. (1) und (2), dass für Z 0 → c, und damit α (0) → 1, Ξ klein sein muss (Ξ | ω ). Ferner ist erkennbar, das Ξ um so kleiner sein muss, je niedriger die Frequenz ω ist. Im praktisch stets gegebenen Fall endlicher Absorberschichtdicke d vor einer schallharten Wand gemäß Bild 6–3 ist außer der Kennimpedanz Z 0 der Schallausbreitungskoeffizient γ ′ im Absorber von Bedeutung: 2 06 Ξσ 3 γ ′ = α ′+ jβ′ = jk √χ 1 – j 8 (4 a) 2 ω χ mit 666667 90 χ Ξσ 2 α′ = k 1+ –1 . (4 b) ω χ 2
冑
冑 [冑 ( ) ]
Eine im Absorber in positiver x-Richtung fortschreitende Welle erfährt eine Dämpfung gemäß
| 2p| = | 2p(0)| e–α ′ x. 6.2.2.2 Poröse Absorber endlicher Schichtdicke Damit der Schall auf dem Weg bis zur Rückwand und zurück bis zum Wiederaustritt möglichst stark gedämpft wird, muss bei gegebener Absorberschichtdicke d der Dämpfungskoeffizient α ′ möglichst groß sein. Das verlangt nach Gl. (4 b) großes Ξ. Da andererseits zur Erzielung eines kleinen Schallreflexionsfaktors für die ankommende Welle gemäß Gl. (3) Ξ nicht zu groß werden darf, sind für die Absorberschichtdicke d Mindestwerte einzuhalten, um α → 1 zu erreichen. Aus der Kennimpedanz Z 0 und dem Schallausbreitungskoeffizienten γ ′ gehen fol2 gende Grundsätze für die Dimensionierung von porösen Absorbern hervor:
195
6. Luftschallabsorption
Bild 6– 4. Einfluss der Absorberschichtdicke d auf den Schallabsorptionsgrad für senkrechten Schalleinfall (theoretischer Verlauf) bei Anordnung eines homogenen porösen Absorbers unmittelbar vor schallharter Wand, Mittelwertskurven für optimalen Anpassungsbereich Ξopt d = 800 bis 2400 N · s /m3
Für gute Absorption niedriger Frequenzen werden große Auskleidungstiefen d und kleine Werte des längenbezogenen Strömungswiderstandes Ξ benötigt. Diese Tendenz ist im Bild 6– 4 zu erkennen. In diesem Bild ist der theoretische Schallabsorptionsgrad für senkrechten Schalleinfall für optimale Werte des längenbezogenen Strömungswiderstandes, s. Bild 6–6 a (einschließlich dazugehörender Erklärung), über der Frequenz mit der Absorberschichtdicke als Parameter aufgetragen. Daraus folgt z. B. für f = 100 Hz und α (0) = 0,8 die Dimensionierungsvorschrift: d ≈ 0,5 m, Ξ = 1,6 bis 4,8 · 10 3 N · s /m4 . Diese Forderung ist äußerst unangenehm. Faserige poröse Materialien haben längenbezogene Strömungswiderstände Ξ > 10 · 10 3 N · s /m4 . Außerdem stehen Auskleidungstiefen von 0,5 m kaum zur Verfügung. Für tiefe Frequenzen werden deshalb die im Abschn. 6.2.3 beschriebenen Resonanzabsorber verwendet. Für gute Absorption mittlerer Frequenzen genügen dagegen kleine Absorberschichtdicken d, und die längenbezogenen Strömungswiderstände Ξ üblicher poröser Materialien sind geeignet. Zum Beispiel gilt für f = 1000 Hz und α (0) = 0,8 die Dimensionierung d ≈ 50 mm, Ξ = 16 bis 48 · 10 3 N · s /m4 . Eine exakte Lösung des Problems „poröser Absorber endlicher Schichtdicke“ ist für senkrechten Schalleinfall durch Z = Z 0 coth γ ′ d (5) 2 gegeben. Das Einsetzen der Gln. (3) und (4) in Gl. (5) und der gleichzeitige Übergang zu normierten Größen ergeben 04 √3 χ 04 f f f Z = c 1 – j ε d coth j 4 1 – j ε 3d ; (6) σ f fd f
冑
ε=
f fd
( 冑
)
Ξ dσ
3,
c √χ
= k √3 χ · d mit fd =
c 2 π d √3 χ
.
Die Größe ε wird als Anpassungsverhältnis bezeichnet.
196
E. Lotze, überarbeitet von W. Schirmer
Bild 6 –5. Schallabsorptionsgrad für senkrechten Schalleinfall (theoretischer Verlauf) von homogenen porösen Absorbern vor schallharter Wand für verschiedene Anpassungsverhältnisse ε . a ε = 0,5, b ε = 2, c ε = 4, d ε = 6, e ε = 20
Zum Verständnis der Gln. (5) und (6) ist es wichtig zu wissen, dass für große Dämpfungen α ′ d, d. h. große d oder große Ξ , der Ausdruck coth γ ′ d → 1 geht. Der von der Rückwand reflektierte Schall ist dann bedeutungslos, und2 der Absorber wirkt praktisch als unendlich dick. Mit den Gln. (1) und (2) erhält man aus Gl. (6) oder den empirischen Formeln von Delany/Bazley (s. Abschn. 9.4.1) den Schallabsorptionsgrad für senkrechten Schalleinfall. Bild 6–5 zeigt das Ergebnis, wobei eine gegenüber Gl. (6) modifizierte Gleichung verwendet wurde (Berücksichtigung der Ableitung von Kompressionswärme an das Gefüge) [1] sowie [2], S. 112. Aus diesem Bild ist ersichtlich, dass es zur Erzielung des maximal möglichen Schallabsorptionsgrades einen optimalen Bereich des Anpassungsverhältnisses ε gibt, und zwar mit ε = 2 bis 6. Das besagt, dass das Produkt Ξopt d, unabhängig von dem Frequenzbereich, in dem eine gute Absorption erreicht werden soll, einen konstanten Wert haben muss. Dafür ist allerdings ein relativ großer Spielraum gegeben. Für kleinere und größere Anpassungsverhältnisse ergeben sich geringere Absorptionsgrade. Für die optimalen Werte des Anpassungsverhältnisses bzw. des längenbezogenen Strömungswiderstandes Ξopt ist im Bild 6–6 a nochmals der theoretische Verlauf des Schallabsorptionsgrades für senkrechten Schalleinfall als Mittelwertskurve und Streubereich, aufbereitet für praktische Dimensionierungen, aufgetragen. Aus dem Bild geht u. a. hervor, dass Schallabsorptionsgrade α (0) ⱖ 0,8 nur für Frequenzen f ⱖ fd erreicht werden können. Daraus folgt die Bedingung d≈
λu
2π
,
wobei λ u = c/fu die Schallwellenlänge in Luft bei der Frequenz ist, von der an α (0) ⱖ 0,8 gilt. Zur Bestätigung der Richtigkeit der beschriebenen Theorie wurden im Impedanzrohr, s. Abschn. 6.7.2, die Schallabsorptionsgrade von verschiedenen homogenen porösen Absorbermaterialien für unterschiedliche Anpassungsverhältnisse und unterschiedliche Schichtdicke gemessen. Die Messwerte stimmen im Allgemeinen sehr gut mit den theoretischen Werten überein, die mit einer modifizierten Gl. (6) berechnet wurden. Im Bild 6–7 wird anhand von vier Beispielen die gute Übereinstimmung zwischen Messung und Theorie gezeigt.
197
6. Luftschallabsorption
Bild 6–6. Schallabsorptionsgrad homogener poröser Absorber vor schallharter Wand. Theoretischer Verlauf der Mittelwertskurve a und des Streubereiches b für optimale Werte des längenbezogenen Strömungswiderstandes Ξopt . Ξopt = (0,8 bis 2,4) /d, fd = 54,6 /d ( fd in Hz, d in m, Ξopt in 10 3 N · s/m4 )
Bild 6–7. Vergleich theoretischer und gemessener Schallabsorptionsgrade für senkrechten Schalleinfall. ε = 4,2; d = 110 mm a Mineralwolle-Bahnen b ε = 4 (Theorie) c d e f g h
ε = 2,7; d = 70 mm ε = 2 (Theorie) ε = 1,6; d = 30 mm ε = 2 (Theorie) ε = 2,1; d = 7,5 mm ε = 2 (Theorie)
} } } }
Glasfaser-Isoliermatten Basaltwollefilz Glasfaser-Nähgewirkmatte
198
E. Lotze, überarbeitet von W. Schirmer
Aufgrund dieser Erkenntnisse ist es für die Dimensionierung von Absorberausführungen aus homogenen Faserstoffen ausreichend, wenn von dem Absorbermaterial der längenbezogene Strömungswiderstand Ξ bekannt ist (praktische Werte s. Abschn. 6.5.1). Für Kunststoffschäume gelten die zuvor beschriebenen Zusammenhänge und die Dimensionierungsregeln näherungsweise, insbesondere wenn der Anteil geschlossener Poren nicht zu hoch ist, siehe auch die Konstanten der Delany/Bazley-Formel im Abschn. 9.4.1 nach [24] für Schaumstoffe. An einer Schnittfläche sind beide Porenarten mit geübtem, bloßem Auge unterscheidbar. 6.2.2.3 Sonderprobleme Zur Abrundung des Bildes soll noch auf einige physikalische Effekte in porösen Absorbern hingewiesen werden, die jedoch nur selten von praktischer Bedeutung sind. Für die Ableitung der Gln. (3) und (4) wurde, wie üblich, adiabatische Kompression angenommen, d.h. K = c2 = 1,4 p– . (K = Kompressionsmodul der Luft. Die akustische Nachgiebigkeit N eines Luftvolumens V beträgt N = V/K.) Unter bestimmten Bedingungen kann in porösen Absorbern jedoch infolge von Wärmeableitung zum Gefüge isotherme Kompression auftreten. Dann ist K = 1 p– , d. h., die Nachgiebigkeit eines Luftvolumens wird um den Faktor 1,4 größer. Die Bedingung für isotherme Kompression lautet ω|Ξ.
Im Übergangsgebiet zwischen adiabatischer und isothermer Kompression entstehen durch die Wärmeableitung Energieverluste. Beide Auswirkungen der Wärmeableitung (Änderung von K, Erhöhung der Verluste) beeinflussen das praktische Verhalten poröser Absorber. Bild 6–8 zeigt die erheblich zu kleinen α -Werte, die die einfache Theorie nach Gl. (6) ohne Berücksichtigung der Kompressionswärmeverluste liefern würde. Bei den im Bild 6–6 a angegebenen theoretischen Absorptionsgradwerten wurden die vorgenannten Einflüsse berücksichtigt. Die Gl. (6) für die Impedanz des Absorbers und die theoretischen Schallabsorptionsgrade im Bild 6–6 a gelten für den normalerweise erfüllten Fall, dass sich das Gefüge des Absorbers in Ruhe befindet. Diese Forderung ist praktisch erfüllt für Absorberstopfdichten A ⱖ 50 ≈ 60 kg /m3. Für leichtere poröse Absorber wird der Schallabsorptionsgrad durch die Bewegung des Gefüges beeinflusst, und zwar in der Tendenz so, dass der Anstieg der Absorptionsgradkurven bei tiefen Frequenzen steiler wird, s. Bild 6–9. Dieser Effekt ist um so stärker, je größer Ξ ist, da die Ankopplung des Gefüges an die Luft durch die Grenzschichtreibung erfolgt. Sobald infolge geringer Masse das Gefüge bewegt wird, spielt auch die Steifigkeit des Gefüges eine Rolle, und es kann zur Resonanz kommen [2, 3]. Solche Effekte können bei Kunststoffschäumen eine Rolle spielen. Verlässt man die Voraussetzung des senkrechten Schalleinfalls, so werden die theoretischen Zusammenhänge wesentlich komplizierter. Wie ein Vergleich von Bild 6–6 a und Bild 6–6 b zeigt, sind die Unterschiede für den besonders interessierenden Fall des allseitigen Schalleinfalls, bei dem alle Richtungen gleich wahrscheinlich auftreten, nur gering.
199
6. Luftschallabsorption
Bild 6–8. Einfluss der Kompressionswärmeverluste (KWV) auf den Schallabsorptionsgrad α . Nicht abgedeckter poröser Absorber vor schallharter Wand, Ξ = 15 · 10 3 N · s /m4 , d = 50 mm, σ = 0,95, χ = 1,3. Berechnung aus Z 2 mit Gln. (1) und (2). a Z 2 nach empirischer Formel Gl. (9–8) aus Messergebnissen, b Z2 mit KWV, z. B. in [2], S. 112 bis 114, c Z 2 ohne KWV, Gl. (6)
Bild 6–9. Einfluss der Absorberdichte A auf den Schallabsorptionsgrad für senkrechten Schalleinfall bei steifelosem Absorber und ε = 6 (theoretischer Verlauf). a A = ∞, b A ≈ 13 kg/m3
6.2.3 Poröse Absorber mit vorgeschalteter Masse (Resonanzabsorber) Für die Impedanz poröser Absorber ergibt sich, ausgehend von Gl. (6), bei tiefen Frequenzen und senkrechtem Schalleinfall Ξd 1 Z=6–j 6 ωN 3
mit
N=
dσ c2
,
meist σ = 1 .
200
E. Lotze, überarbeitet von W. Schirmer
Bild 6–10. Poröser Absorber endlicher Dicke mit Abdeckung vor schallharter Wand
Der schlechte Schallabsorptionsgrad bei tiefen Frequenzen und geringen Schichtdicken wird durch den sehr großen Blindanteil von Z (Federcharakter) hervorgerufen. Durch Vorschalten einer Masse (ungelochte oder gelochte Platte) lässt sich der Blindanteil wenigstens in einem gewissen Frequenzbereich kompensieren (Resonanz). Dadurch entsteht die im Bild 6–10 gezeigte Absorberausführung mit der Impedanz Z=
Ξd
3
–j
( 1 N – M) . ω
ω
(7)
Zur Dimensionierung von Resonanzabsorbern wird Gl. (7) zweckmäßigerweise wie folgt umgeformt: Z c
= γ + jβ υ .
(8)
Darin sind γ=
Ξd ε = 3 c 3
β=
1 c
υ=
f f – R f fR
Doppelverstimmung
fR =
1 MN 2 π √8
Resonanzfrequenz.
normierte Wirkimpedanz
冑
5 M N
normierte Resonator-Kennimpedanz
Falls ω R ≤ 0,1 Ξ ist, muss berücksichtigt werden, dass die Kompression isotherm verläuft, d. h., es ist Niso = 1,4
dσ c2
.
Den Schallabsorptionsgrad erhält man aus der Beziehung α (0) =
4γ (1 + γ )2
1 1+
β2
(1 + γ )2
. υ2
(9)
201
6. Luftschallabsorption
Bild 6–11. Schallabsorptionsgrad für senkrechten Schalleinfall von Resonanzabsorbern mit einer normierten Resonator-Kennimpedanz β = 2. a γ = 0,2, b γ = 0,5, c γ = 1, d γ = 2, e γ = 5
Diese Beziehung ist für β = 2 und γ = 0,2; 0,5; 1; 2; 5 im Bild 6–11 dargestellt, so dass der Schallabsorptionsgrad bei Verwendung dieser Parameter leicht ermittelt werden kann. Aus Gl. (8) geht hervor, dass die normierte Resonator-Kennimpedanz β klein zu halten ist, d. h. die vorgeschaltete Masse nicht zu groß sein darf, da sonst bereits kleine Verstimmungen zu einem großen Anwachsen des Blindanteiles der Impedanz Z führen. Zweckmäßig ist es, einen Wert β ⱕ 2 zu realisieren. Je tiefer die geforderte Resonanzfrequenz ist, desto größer muss auch d sein, um genügend Bandbreite sicherzustellen. Anstelle von β ⱕ 2 ist auch die identische Bedingung 1/β = kr d ≥ 0,5 gebräuchlich, z. B. nach U. Ingard und R. H. Bolt, zitiert in [2], S. 63, mit Resonator-Kurvenscharen. Die flächenbezogene Masse M erhält man mit den folgenden Beziehungen. Ungelochte Platte: M = w t ; w Dichte des Plattenmaterials, t Dicke der Abdeckplatte.
Gelochte Platte mit quadratischem Bohrungsschema nach Bild 6–12: M= p=
π r 20
4 a2
δ
t+δ ; p Lochflächenverhältnis gemäß Bild 6–12, Mündungskorrektur nach Bild 6–13.
Die Mündungskorrektur wird gemäß Bild 6–13 bei großem p vernachlässigbar. Zur Erfüllung der Bedingung β = 2 folgt aus vorstehenden Gleichungen: t =4d p=
w
t +δ 4d
ungelochte Platte, gelochte Platte.
Der erforderliche längenbezogene Strömungswiderstand wird aus dem gewählten γ ermittelt. Für γ = 2 ist z. B. Ξ = 6 c /d.
202
E. Lotze, überarbeitet von W. Schirmer
Bild 6–12. Bohrungsschema der Abdeckung
Bild 6–13. Mündungskorrektur für Lochgitter mit quadratischem Bohrungsschema nach Ingard [4] und Lenk [1]
Abschließend sollen noch einige Sondereffekte dargestellt werden, die bei der Dimensionierung von Resonanzabsorbern zu beachten sind. Die in [5], S. 128, beschriebene Erhöhung der Resonanzfrequenz bei schrägem Schalleinfall tritt bei einer Anordnung gemäß Bild 6–10 (Raum hinter der Abdeckung mit porösem Absorber gefüllt) nicht auf. Die in [5] geforderte Kassettierung des Raumes hinter der Abdeckung ist dann nicht erforderlich. Obwohl es der Vorstellung zunächst widerspricht, überwiegt die Steifigkeit des Luftpolsters die Biegesteifigkeit der vorgeschalteten Platte meist um ein Vielfaches. Dann wird die Resonanz „Plattenmasse – Nachgiebigkeit des Luftpolsters“ durch die Plattensteifigkeit nicht beeinflusst [5], S. 182.
203
6. Luftschallabsorption
6.3 Ermittlung der Stoffkennwerte für poröses Material 6.3.1 Längenbezogener Strömungswiderstand Verfahren zur statischen und dynamischen Messung des längenbezogenen Strömungswiderstandes werden in DIN EN 29 053 [6] angegeben. In diesem Abschnitt wird das Messprinzip anhand des statischen Verfahrens beschrieben. Bei der statischen Messung des längenbezogenen Strömungswiderstandes wird die Druckdifferenz festgestellt, die über einer zu untersuchenden Materialprobe entsteht, wenn diese Probe von einer Luftgleichströmung durchflossen wird. Der längenbezogene Strömungswiderstand Ξ wird dann mit folgender Beziehung berechnet: Ξ=
p1 – p2 in N · s /m4 ; υd
p1 – p2 Differenz der Gleichdrucke vor und hinter der Probe in Pa, Geschwindigkeit der Luftgleichströmung in m /s, d Dicke der Probe in Strömungsrichtung in m. υ
Da jedoch bei vielen Absorbermaterialien der längenbezogene Strömungswiderstand mit der Strömungsgeschwindigkeit zunimmt, sind die Messungen bei einer möglichst niedrigen Strömungsgeschwindigkeit durchzuführen. Als solche ist in der Norm υ = 0,5 mm /s festgelegt. Das entspricht einem Schalldruck von 80 dB. Die Messung ist, wenn möglich, direkt bei υ = 0,5 mm /s durchzuführen. Andernfalls werden die bei verschiedenen niedrigen Strömungsgeschwindigkeiten gemessenen Strömungswiderstände grafisch dargestellt und der Wert für υ = 0,5 mm /s gemittelt oder extrapoliert. Die Messung muss für mehrere Proben des gleichen Materials in einem geeigneten Prüfgefäß durchgeführt werden. Dieses muss je einen Anschluss für den Luftstrom und die Zuleitung zum Druckmessgerät besitzen, s. Bild 6–14. Der Innendurchmesser
Bild 6–14. Beispiel eines zylindrischen Prüfgefäßes zur Messung des längenbezogenen Strömungswiderstandes
204
E. Lotze, überarbeitet von W. Schirmer
eines zylindrischen Prüfgefäßes muss mindestens 90 mm betragen. Die Gesamthöhe ist so zu wählen, dass die Luftströmung vor und nach der Probe laminar und in Achsrichtung erfolgt. Die Probe ist so in das Prüfgefäß einzusetzen, dass das Messergebnis nicht durch Undichtigkeiten zwischen Probe und Halterung verfälscht wird (nötigenfalls Dichtung mit Vaseline). Es müssen Druckdifferenzen bis 0,1 Pa und Volumenströme bis 0,2 l /min herab messbar sein. Zur Erzeugung des Luftstromes eignen sich kleine, drehzahlregelbare Gebläse. 6.3.2 Porosität Die Feststellung der Porosität einer Stoffprobe ist gleichbedeutend mit der Ermittlung des akustisch wirksamen Luftvolumens dieser Probe. Darunter sind aber nur die Luftvolumina in den Poren einer Probe zu verstehen, die dem Schall von außen zugänglich sind, nicht aber völlig abgetrennte Hohlräume in Form von eingeschlossenen Luftblasen. Infolge der offenen Poren besitzt ein „poröses“ Material die Fähigkeit, Flüssigkeit oder Gas aufzunehmen. Aus dieser Eigenschaft können entsprechende Verfahren zur Porositätsbestimmung abgeleitet werden. Ein besonders einfaches Verfahren wird von Beranek [7], S. 249, [8] angegeben. Es beruht im Wesentlichen auf der isothermen Kompression der in den offenen Poren des Absorbers enthaltenen Luft bei Druckerhöhung. Bild 6–15 zeigt die Anordnung zur statischen Messung der Porosität. Die Porosität der Absorberprobe kann, ausgehend von der isothermen Zustandsgleichung der Gase p V = konst., mit folgender Beziehung berechnet werden: σ =1–
VAR p– ∆V ∆V – – ; VA VA ∆ p VA
VAR Volumen der Prüfkammer und Restvolumen im Messrohr zwischen der Höhe h0 und dem Absperrventil,
Bild 6–15. Anordnung zur statischen Messung der Porosität. a) Absperrventil geöffnet, Messung von h0 (in beiden Messrohren gleiche Höhe); b) Absperrventil geschlossen und rechtes Messrohr angehoben, Messung von h1 und h2. 1 Prüfkammer, 2 Absperrventil, 3 Messskale, 4 Messrohre, mit Wasser gefüllt
205
6. Luftschallabsorption
VA p– ∆p ∆V S
Gesamtvolumen des porösen Absorbers, atmosphärischer Luftdruck, Druckanstieg, ∆ p = 9,8 (h2 – h1 ), ∆ p in Pa, h1 und h2 in mm, Volumenreduzierung ∆V = – (h1 – h0 ) S, Querschnittsfläche des Messrohres im Bereich h0 bis h1.
6.4 Realisierungsprobleme bei porösen Absorbern 6.4.1 Gelochte Abdeckung Vor dem schallabsorbierenden Material wird zum Schutz desselben vor mechanischen Beschädigungen häufig eine Abdeckung in Form von Lochblech, Streckmetall oder Drahtgewebe angebracht. Damit jedoch auch in einem solchen Fall eine breitbandige Absorptionswirkung erreicht wird und nicht, wie bereits im Abschnitt 6.2.3 beschrieben wurde, ein Resonanzabsorber entsteht, muss gewährleistet sein, dass die Schallwellen durch eine genügend große Fläche der Abdeckung ungehindert in den Absorber eindringen können. Diese Forderung ist praktisch erfüllt, wenn die Abdeckung ein Lochflächenverhältnis p = SLoch /Sges ⱖ 0,3 aufweist. Für kleinere Lochflächenverhältnisse ergeben sich Resonanzkurven, die um so schmalbandiger werden, je kleiner das Lochflächenverhältnis wird. Bild 6–16 a zeigt diese Tendenz. In diesem Bild sind für eine bestimmte Absorberausführung die theoretischen Absorptionsgrade für allseitigen Schalleinfall aufgetragen, wenn das Lochflächenverhältnis variiert wird. Die Resonanzkurven bei kleinen Lochflächenverhältnissen verschieben sich mit wachsendem Lochdurchmesser infolge der damit verbundenen Erhöhung der Luftmasse in den Löchern zu niedrigeren Frequenzen, s. Bild 6–16 b.
Bild 6–16. Einfluss des Lochflächenverhältnisses p einer Absorberabdeckung auf den Schallabsorptionsgrad für allseitigen Schalleinfall (theoretischer Verlauf), Abmessungen in mm
206
E. Lotze, überarbeitet von W. Schirmer
Bild 6–17. Einfluss der flächenbezogenen Masse einer als Absorberabdeckung verwendeten ungelochten Folie auf den Schallabsorptionsgrad für senkrechten Schalleinfall. a theoretischer Verlauf ohne Folie b gemessener Verlauf c M = 40 g/m2 mit Polyamidfolie d M = 60 g/m2
} }
6.4.2 Folienabdeckung Schallabsorbierendes Material kann vor Feuchtigkeit und Staub dadurch geschützt werden, dass vor dem Absorbermaterial Folie angeordnet bzw. das Absorbermaterial kissenartig in Folie eingeschlagen wird. Dadurch wird aber eine geringere Schallabsorptionswirkung bei hohen Frequenzen erreicht. Dieser Effekt ist aus den Bildern 6–17 und 6–18 zu erkennen, s. auch1). In diese Bilder ist der im Impedanzrohr gemessene Schallabsorptionsgrad für einige Absorberausführungen mit Folie in Verbindung mit einer gelochten Abdeckung (Lochflächenverhältnis p ≈ 0,6) aufgetragen. Aus Bild 6–17 ist ersichtlich, dass die Absorption bei mittleren und hohen Frequenzen mit der Erhöhung der flächenbezogenen Masse der Folie abnimmt. Für feuchtigkeits- und staubgeschützte Absorberausführungen sind deshalb die leichtesten handelsüblichen Folien zu verwenden, z. B. Polyamid- oder Polyethylenfolien mit einer Flächenmasse von etwa 40 bis 60 g /m2 . Bei der im Bild 6–18 gewählten Darstellungsart (ε = 2 = konstant und Auftragung über der normierten Frequenz) liegen die Messwerte für die verschiedenen Ausführungen ohne Folie etwa auf der einen eingezeichneten Absorptionsgradkurve ohne Folie. Dagegen zeigen die gemessenen Absorptionsgrade mit Folie eine Abhängigkeit von der Stopfdichte. Mit Erhöhung der Stopfdichte werden gleichzeitig die Anpressung der Folie an die gelochte Abdeckung und damit die mechanische Spannung der Folie erhöht. Die Folie ist deshalb schlaff, also ohne jegliche mechanische Spannung, vor dem Absorbermaterial anzuordnen. Das kann erreicht werden – durch Wahl einer geringen Stopfdichte bei losem Absorbermaterial, – durch konstruktive Maßnahmen, bei denen ein Anpressen der Folie an die gelochte Abdeckung durch das Absorbermaterial vermieden wird.
1
) Kisenischskaja, R.D.; Leskow, E.A.: Poröses Material mit Abdeckung aus Maschendraht und Folien. KDT-Fachtagung Lärmschutz, Dresden 1965. Veröffentlicht in: Mitteilungen Nr. 9 der ZAG Lärmschutz der KDT, Teil I.
207
6. Luftschallabsorption
Bild 6–18. Einfluss der mechanischen Spannung einer als Absorberabdeckung verwendeten ungelochten Folie (hervorgerufen durch die Stopfdichte A des Absorbers) auf den Schallabsorptionsgrad für senkrechten Schalleinfall bei konstantem Anpassungsverhältnis ε = 2. 1 Polyamidfolie, 2 Mineralwolle a theoretischer Verlauf ohne Folie b gemessener Verlauf c A = 40 kg/m3 d A = 60 kg/m3 e A = 80 kg/m3 mit Folie f A = 100 kg/m3 g A = 150 kg/m3
}
}
6.4.3 Montage mit Wandabstand Die Reibungsverluste im porösen Material sind um so größer, je größer die Schallschnelle ist. Die größte Schallschnelle tritt vor einer starren Wand bei senkrechtem Einfall im Abstand von λ /4 auf. Bei Montage von porösen Schichten mit Abstand vor einer schallharten Wand entsteht deshalb für die entsprechende Frequenz ein Absorptionsmaximum. Damit treten andererseits aber auch Einbrüche im Verlauf des Schallabsorptionsgrades auf, wenn der Abstand λ /2 ist, da sich dann vor einer starren Wand ein Schnelleknoten befindet. Durch eine derartige Anordnung des Schallabsorbers in bestimmtem Abstand vor einer Wand, die den Schall reflektiert, kann bei tiefen Frequenzen eine höhere Schallabsorption als bei normaler Montage an der Wand erreicht werden. Bild 6–19 zeigt die zu erwartenden Absorptionsmaxima und -minima bei tiefen Frequenzen. In diesem Bild sind die theoretischen Kurven für den Schallabsorptionsgrad bei allseitigem Einfall für verschiedene Abstände des Absorbermaterials von der starren Wand (L = 0; 0,2 und 0,4 m) über der Frequenz aufgetragen. Aus dem Bild ist zu erkennen, dass die Extremwerte bei etwas niedrigeren Frequenzen auftreten, als nach den obengenannten Bedingungen (L=λ /4 bzw. λ /2) zu erwarten wäre.
208
E. Lotze, überarbeitet von W. Schirmer
Bild 6–19. Einfluss des Wandabstandes L auf den Schallabsorptionsgrad für allseitigen Schalleinfall bei Verwendung von Glaswollematten mit Ξ = 6 · 10 3 N · s/m4 und d = 60 mm a L = 0 m, b L = 0,2 m, c L = 0,4 m
6.5 Dimensionierung von akustischen Absorbern aus handelsüblichen porösen Materialien Akustische Absorber werden unter Verwendung von handelsüblichem porösem Material hergestellt. Für Raumauskleidungen werden meist montagefertige Absorptionselemente angewendet. Gemessene Schallabsorptionsgrade von porösen Materialien und Absorptionselementen werden von den Herstellern und in Tabellenwerken, z. B. [9] bis [11], angegeben. Im Folgenden wird gezeigt, wie ein akustischer Absorber aus porösem Material dimensioniert werden kann. 6.5.1 Längenbezogener Strömungswiderstand Die zu erwartenden Schallabsorptionsgrade jeder beliebigen Absorberausführung, bestehend aus porösem Material vor starrer Wand, können mit Hilfe der im Bild 6–6 angegebenen theoretischen Kurven und des längenbezogenen Strömungswiderstandes Ξ mit für die Praxis ausreichender Genauigkeit abgeschätzt werden. Die Voraussetzung für diese Kurven, dass das Gefüge des Absorbers bei Luftschallanregung nicht mitschwingt, ist für Stopfdichten A ≥ 60 kg /m3 eingehalten; für A ≤ 30 kg /m3 sind Abweichungen bei f / fd ≤ 0,2 und ε ≥ 4 zu erwarten [2], S. 124. Aufgrund sehr vieler Messungen kann der längenbezogene Strömungswiderstand von Absorbermaterialien angegeben werden. Die Ergebnisse sind im Bild 6–20 als Streubereiche der Messwerte und als Mittelwertskurven aufgetragen. Zum Beispiel ist für Mineralwolle mit einer Nennstopfdichte von N = 60 kg /m3 nach Bild 6–20 ein längenbezogener Strömungswiderstand von Ξ ≈ 14 · 10 3 N · s /m4 zu erwarten. Häufig wird jedoch das Absorbermaterial noch zusammengedrückt. Dann ergibt sich eine höhere Stopfdichte, die nach folgender Beziehung berechnet werden kann: A = A N
dN d
dN ; d N
tatsächliche Stopfdichte, Nennstopfdichte des Materials, Nenndicke des Materials, Absorberschichtdicke.
6. Luftschallabsorption
209
Bild 6–20. Längenbezogener Strömungswiderstand Ξ (Mittelwertskurve und Streubereich) von Absorbermaterialien. a Glaswolle 4 bis 6 µm, b Glaswolle 10 bis 15 µm, c Glaswolle 20 bis 35 µm, d Basaltwolle 5 bis 8 µm, e Mineralwolle 5 bis 8 µm, f Aluminiumwolle, Foliendicke 7 µm, g Kunststoffschäume mit hohem Anteil offener Poren nach [24]
Die Angabe der Ξ -Werte im Bild 6–20 erfolgte für die bei den Messungen festgestellte Stopfdichte. Bei Verwendung konfektionierter Absorbermaterialien sollte beachtet werden, dass die tatsächlichen Werte der Stopfdichte und der Dicke infolge der Herstellungstoleranzen in gewissen Bereichen von den Nenndaten abweichen können. Der im Bild 6–20 dargestellte Einfluss der Stopfdichte A auf den längenbezogenen Strömungswiderstand Ξ von Faserabsorbern kann zusammen mit anderen Einflüssen dargestellt werden durch Ξ~ η
d M
η
A
( )
d 2 M
1,5
;
(10)
dynamische Viskosität des Fluids, z. B. Luft, Faserdicke, Dichte des Skelettmaterials.
Infolge des η -Anstieges von Gasen mit der Temperatur nimmt Ξ bei hohen Temperaturen erheblich zu, s. Gl. (9–21) für Luft, wichtig bei Absorptionsschalldämpfern für heiße Medien.
210
E. Lotze, überarbeitet von W. Schirmer
Bei der Ermittlung des erforderlichen Ξ -Wertes für erheblich von t = 20 °C und p– = 10 3 hPa abweichende Parameter ist außerdem die Änderung der Schallkennimpedanz c zu beachten. Es gilt c ~
p–
√93 273 + t
.
(11)
Für zahlreiche technische Gase ist c der Tabelle 5–1 zu entnehmen. 6.5.2 Berechnungsbeispiel Von einer vorgegebenen Absorberausführung ist die Frequenz zu berechnen, oberhalb der der Schallabsorptionsgrad für allseitigen Schalleinfall α m ≥ 0,8 ist. Der Absorber besteht aus einer handelsüblichen Mineralwollebahn mit einer Nenndichte N = 60 kg /m3 und einer Nenndicke dN = 80 mm unmittelbar vor schallharter Wand ohne zusätzliche Abdeckung. Es existieren Normalbedingungen: t = 20 °C, p– = 1000 hPa. Aus Bild 6–20 ergibt sich bei der Dichte N = 60 kg /m3 ein mittlerer längenbezogener Strömungswidertand Ξ = 14 · 10 3 N · s /m4. Die Bezugsfrequenz beträgt fd =
54,6 54,6 Hz = Hz = 680 Hz . d /m 0,08
Nach Bild 6–6 b ist ein Schallabsorptionsgrad α m ≥ 0,8 zu erwarten für 0,8 bis 2,4 0,8 bis 2,4 · 10 3 N · s /m4 = · 10 3 N · s /m4 d /m 0,08 = 10 bis 30 · 10 3 N · s/m4
Ξ opt =
und f ≥ 0,75 fd = 0,75 · 680 Hz = 510 Hz . Die Forderung bezüglich des längenbezogenen Strömungswiderstandes ist erfüllt. Der mit der Mineralwollebahn realisierbare Wert Ξ = 14 · 10 3 N · s /m4 liegt innerhalb des Bereiches optimaler Werte. Ξopt = 10 bis 30 · 10 3 N · s /m4 . Damit ist auch α m ≥ 0,8 für f ≥ 510 Hz zu erwarten.
6.6 Breitband-Schallabsorber ohne poröses Material Poröse Materialien haben einerseits eine gute schallabsorbierende Wirkung in Räumen sowie Kanälen, und ihre akustische Bemessung gelingt beinahe problemlos (vgl. die vorangegangenen Abschnitte). Andererseits haben sie viele anwendungstechnische Nachteile: – ungünstige Veränderung durch Feuchtigkeit, aggressive Medien oder Verschmutzung, – Brennbarkeit infolge von Ablagerungen, z. B. von Öl, – Abgabe von Faserpartikeln in die Luft, – optische Undurchlässigkeit (Licht, Sicht). Alternative Breitband-Schallabsorber sind nach dem im Abschn. 6.2.3 beschriebenen Resonanzabsorber-Prinzip realisierbar. Die dort angegebene Berechnungsmethodik
211
6. Luftschallabsorption
gilt unabhängig davon, durch welche Effekte die für die Breitbandigkeit erforderliche Reibung zustande kommt. Für Breitband-Schallabsorber nach dem Resonanzabsorber-Prinzip gelten folgende, aus dem Formelsatz im Abschn. 6.2.3 resultierende Gestaltungsregeln: – Herstellung einer möglichst kleinen normierten Resonatorkennimpedanz, β ≤ 2, d. h. kleine Masse, große Nachgiebigkeit (z. B. im Bild 6–10 kleines t, großes d ), vgl. Gl. (9). – Realisierung mehrerer Resonanzabsorber mit gestaffelten Resonanzfrequenzen fR. Bei den nachfolgend beschriebenen drei alternativen Schallabsorbertypen werden Material- und Strömungs-Grenzschichtreibung ausgenutzt, um normierte Wirkimpedanzen γ in der gewünschten Größenordnung von 1 zu erhalten, vgl. Bild 6–11. Solche Absorber sind außer in Räumen auch in Kanälen anwendbar. Abschätzung der Kanaldämpfung nach Piening, s. Abschn. 9.4.3. Typen Folienabsorber und Membranabsorber Folienabsorber bestehen aus mehreren Kunststoff-Folien 300 bis 500 µm dick, die gemäß Bild 6–21 a und b verformt sind, so dass sich eine Vielzahl von Resonanzfrequenzen fR ergibt (Biegeeigenfrequenzen der unterschiedlich geformten Foliensegmente und Eigenfrequenzen Folienmasse – eingeschlossene Luft) [12]. Bild 6–22 zeigt die erzielte Schallabsorption. Nach [14] kann man auch mit nicht verformten Folien ähnliche Wirkungen erzielen. Beim Membranabsorber sind Resonatorkammern (Tiefe 100 bis 200 mm) durch eine geschlossene dünne Metallplatte (Dicke < 1 mm) abgedeckt, hinter der in einigen Millimetern Abstand eine zweite dünne Metallplatte (Dicke < 0,5 mm) mit einer schlitzförmigen oder runden Öffnung angeordnet ist [15]. Mit Membranabsorbern können Absorber von 63 Hz aufwärts realisiert werden, die sich durch geringen Raumbedarf und große Unempfindlichkeit gegen Verschmutzung in Kanälen auszeichnen. Bei hohen Schallpegeln in Kanälen (z.B. Rootsgebläse) können Ermüdungsbrüche eintreten [16]. Vorausberechnung der Resonanzfrequenzen für beide Typen s. [13, 15]. Typ Mikroperforierter Absorber Die Basis dieser alternativen Schallabsorber sind Lochplatten nach Abschn. 6.2.3, jedoch als Besonderheit mit Bohrungen < 1 mm. Der Lochradius kommt damit in die
Bild 6–21. Prinzipdarstellung eines Schallabsorbers aus tiefgezogener PVCFolie nach [13]. Abmessungen in mm
212
E. Lotze, überarbeitet von W. Schirmer
Bild 6–22. Schallabsorptionsgrad nach dem Hallraumverfahren eines Schallabsorbers aus tiefgezogener PVC-Folie nach [13]. Absorberausführung gemäß Bild 6–21 a: a Wandabstand 0 mm (direkt aufgeklebt), b Wandabstand 50 mm; Absorberausführung gemäß Bild 6–21 b: c Wandabstand 0 mm (direkt aufgeklebt), d Wandabstand 50 mm
Größenordnung der Zähigkeitsgrenzschichtdicke δ der Luft. In [14] wird auf Basis von [5], insbes. S. 135, gesetzt: δ=
冑
6 η ω
;
η dynamische Zähigkeit der Luft, η = 18 · 10 –6 Pa · s bei 20 °C.
Resonanzfrequenz fR und normierte Resonatorkennimpedanz β lassen sich mit dem Formelsatz im Abschn. 6.2.3 leicht berechnen. Die Berechnung des Reibungsverlustes, im Abschn. 6.2.3 die normierte Wirkimpedanz γ , ist ebenfalls leicht aus der Geometrie der mikroperforierten Platte möglich, so dass dieser Absorbertyp relativ einfach zu bemessen ist [17]. Seine Einsatzmöglichkeiten werden wegen der zunächst hohen Kosten für die Mikroperforation von der technologischen Weiterentwicklung bestimmt. Die zur Anwendung kommenden Abmessungen liegen nach [14] in folgenden Bereichen: Plattendicke Lochdurchmesser Lochflächenverhältnis Luftschichtdicke
t = 1 bis 8 mm, 2 r0 < 1 mm, p = 0,5 bis 2 %, d = 50 bis 150 mm.
Bild 6–23. Schallabsorptionsgrad eines mikroperforierten Absorbers nach [14]. a t = 5,0 mm, 2 r0 = 0,55 mm, p = 1,94 %, d = 50 mm konstant, Messung im Rohr; b t = 5,0 mm, 2 r0 = 0,8 mm, p = 1,4 %, d = 18 bis 50 mm ansteigend über 1 m Plattenbreite, Hallraummessung
213
6. Luftschallabsorption
Bild 6–23 zeigt erreichte Absorptionsgrad-Frequenz-Verläufe und den Einfluss der Schrägstellung der Patten gegenüber der Rückwand.
6.7 Messung des Schallabsorptionsgrades Die Verfahren zur Messung des Schallabsorptionsgrades im Hallraum und im Impedanzrohr, einschließlich der erforderlichen Messbedingungen, werden in DIN EN 20 354 [18] und DIN 52 215 [19] angegeben. In den Abschnitten 6.7.1 und 6.7.2 wird das jeweilige Prinzip beschrieben. 6.7.1 Hallraummessung Die Absorptionsgradbestimmung nach dem Hallraumverfahren wird auf Nachhallzeitmessungen (s. Abschn. 3.7.3.1) zurückgeführt, und zwar werden die Nachhallzeiten des leeren Hallraumes (T1 ) und die des Hallraumes nach Einbringen der zu untersuchenden schallabsorbierenden Anordnung (T2 ) gemessen. Aus den Nachhallzeiten wird der Schallabsorptionsgrad unter Anwendung der Sabineschen Formel nach folgender Gleichung ermittelt: αS =
c T V S
(
)
55,3 V 1 1 – ; c S T2 4 T1
Schallgeschwindigkeit in Luft in m /s; c = 331 + 0,6 t für t = 15 bis 30 °C, Nachhallzeit in s, Volumen des Hallraumes in m3 , vom Messobjekt eingenommene Prüffläche in m2.
Voraussetzung für die Anwendung dieser Gleichung ist es, dass sich während der Messungen die Temperatur und die relative Luftfeuchtigkeit nicht ändern. Für die Bestimmung des Schallabsorptionsgrades im Frequenzbereich 100 Hz bis 5 kHz sind Hallräume mit einem Volumen von mindestens 150 m3 zu verwenden, bei Neubauten annähernd 200 m3. Zahlreiche weitere Bedingungen sind [18] zu entnehmen. Bei kleineren Hallräumen existiert eine untere Frequenzgrenze, unterhalb der keine Absorptionsgradbestimmungen mit hinreichender Genauigkeit ausgeführt werden können. Sie kann abgeschätzt werden mit fu = 125
1 180 –3 ; V
( )
fu in Hz, V in m3 . Diese und eventuelle andere Abweichungen von DIN EN 20 354 [18] sind im Prüfbericht mitzuteilen. Zur Erhöhung der Diffusität des Schallfeldes sind im Hallraum Diffusoren aufzuhängen. Die Prüffläche der absorbierenden Anordnung sollte etwa 10 bis 12 m2 groß sein bei annähernd quadratischer Form. Der Prüfling ist in seiner üblichen Montageweise anzubringen. Die Ränder sind seitlich mit schallreflektierendem Material abzudecken. Nach dem Hallraumverfahren werden im Allgemeinen höhere Absorptionsgrade ermittelt als nach der Theorie für allseitigen Schalleinfall auf eine unendlich große
214
E. Lotze, überarbeitet von W. Schirmer
Absorberfläche (s. Bild 6–6 b) zu erwarten sind. Die Ursache dafür sind Beugungseffekte in den Randzonen absorbierender Flächen. Sie können als Vergrößerung der akustisch wirksamen Fläche gegenüber der geometrischen Fläche der Absorber gedeutet werden (Kanteneffekt) [20]. 6.7.2 Rohrmessung Im Impedanzrohr (Kundtschen Rohr) kann nur der Schallabsorptionsgrad für senkrechten Schalleinfall α (0) bestimmt werden. Diese Messmethode wird wegen des geringen Prüfmaterialbedarfes für Vergleiche verschiedener Materialien und auch für Reihenmessungen an einem Material im Zusammenhang mit Entwicklungsaufgaben verwendet. Zur Messung wird die zu untersuchende schallabsorbierende Anordnung an einem Ende des Rohres angebracht. Die Einspeisung einer sinusförmigen Schallwelle erfolgt vom anderen Ende. Durch die Überlagerung der sich in Richtung Absorberprobe ausbreitenden Schallwelle und der an der Probe reflektierten Welle entsteht in dem Rohr eine stehende Schallwelle. Aus dem Verhältnis der Schalldruckmaxima und -minima der stehenden Welle kann der Schallabsorptionsgrad für senkrechten Schalleinfall nach Gl. (1) unter Berücksichtigung der folgenden Beziehung berechnet werden:
| | | |
pmax –1 2p min . | R | = 2p max + 1 2p min 2 Aus der Lage des ersten Druckminimums vor der Probe kann auch die komplexe Impedanz der Probe bestimmt werden [5]. Der Frequenzbereich, in dem Absorptionsgradmessungen in einem Rohr ausgeführt werden können, ist von den Rohrabmessungen abhängig. Dabei bestimmen die Rohrlänge l R die tiefste Messfrequenz fu (lR ≈ λ u ) und der Rohrdurchmesser DR die höchste Frequenz f0 (DR < 0,5 λ 0 ). Zur Erzielung minimaler Dämpfung der Schallwelle innerhalb des Rohres ist eine glatte und porenfreie Oberfläche erforderlich. Außerdem müssen die Wandung des Rohres und die Abschlussplatte möglichst schwer sein (keine Störung des Schallfeldes durch Mitschwingen des Rohres!). Die Absorberprobe ist unter Berücksichtigung der beim praktischen Einsatz verwendeten Montagebedingungen so im Probenhalter zu befestigen, dass sie ohne Pressung den gesamten Rohrquerschnitt ausfüllt. Es sind mehrere Proben des gleichen Materials zu untersuchen. Die Automatisierung der Impedanzrohr-Messung ist mittels Zwei-Kanal-FFTAnalyse und Rauschanregung möglich. Dabei erhält man aus der komplexen Übertragungsfunktion H (ω) zwischen zwei feststehenden Mikrofonen direkt die Frequenzverläufe der Größen α , R und Z [21]. 6.7.3 Form von Schallabsorptionsgrad-Angaben Für die frequenzabhängige Angabe des nach dem Hallraumverfahren (Abschn. 6.7.1) gemessenen Schallabsorptionsgrades in Diagrammform wird in ISO 11 654 eine Achsenteilung von jeweils 15 mm für eine Oktave und für ∆α = 0,30 angegeben
215
6. Luftschallabsorption
[22]. In Tabellenform sollen gemessene α -Werte auf zwei Dezimalstellen für die Terzfolge 100 Hz bis 5 kHz angegeben werden. Für den Routineeinsatz von Schallabsorbern, z. B. in Büroräumen, Korridoren, Klassenzimmern und Krankenhäusern, ergibt sich durch frequenzunabhängige Einzahl-Angaben, die mit genormten Methoden ermittelt werden, eine erhebliche Vereinfachung für die Formulierung von Anforderungen und die Beschreibung von Erzeugnissen. In ISO 11 654 werden hierzu folgende Größen definiert: Praktischer Schallabsorptionsgrad α p Auf die Oktavfolge 125 Hz bis 4 kHz durch Mittelung umgerechnete Terz-Messwerte von α . Angabe in Vielfachen von 0,05, Werte > 1,00 auf 1,00 gesetzt. Bewerteter Schallabsorptionsgrad α w Durch Verschiebung einer Bezugskurve für α p nach festgelegten Regeln gewonnener frequenzunabhängiger Einzahl-Wert, ebenfalls in Vielfachen von 0,05. Der EinzahlWert α w ist identisch mit den Werten der verschobenen Bezugskurve für die Oktaven 500 Hz bis 2 kHz. Frequenzgang-Indikatoren L, M, H Hinweis auf die Frequenzlage von Überschreitungen der Bezugskurve um ≥ 0,25, in Klammern nach dem α w-Wert geschrieben. Unterschreitungen um mehr als 0,1 sind nach den Regeln der Bezugskurven-Verschiebung nicht möglich. Beispiel: α w = 0,65 (MH). Schallabsorptionsgradklassen A, B, C, D Nach dem informativen Anhang B von ISO 11654 ist eine Klassifizierung von Schallabsorbern möglich (Tabelle 6–1). Eine ältere Einzahl-Angabe für den Schallabsorptionsgrad aus Hallraummessungen ist der Noise Reduction Coefficient NRC nach einer USA-Norm [23]. Hierbei wird aus den Hallraum-α -Terzwerten für die vier Stützfrequenzen 250 Hz, 500 Hz, 1 kHz und 2 kHz der Mittelwert gebildet und auf Vielfache von 0,05 gerundet angegeben. Beispiel: NRC = 0,85.
Tabelle 6 –1. Schallabsorptionsgradklassen nach ISO 11 654. Klasse
αw
A B C D unklassifiziert
0,90 bis 1,00 0,80; 0,85 0,60 bis 0,75 0,3 bis 0,55 ≤ 0,25
216
E. Lotze, überarbeitet von W. Schirmer
6.8 Schrifttum [1] Lenk, A.: Schallausbreitung in absorbierenden Kanälen. Habil.-Schr. Tech. Univ. Dresden, 1966. [2] Taschenbuch Akustik. Hrsg. Fasold, W.; Kraak, W.; Schirmer, W. Berlin: Verl. Technik, 1984. [3] Kraak, W.: Schallabsorption und Schallisolation poröser Absorber mit sehr leichtem elastischem Skelett. Hochfrequenztech. u. Elektroakustik 71 (1962), Nr. 3, S. 86 – 98. [4] Ingard, U.; Bolt, R. H.: Absorption characteristics of acoustic material with perforated facings. J. Acoust. Soc. Amer. 23 (1951), Nr. 5, S. 533 – 540. [5] Cremer, L.: Die wissenschaftlichen Grundlagen der Raumakustik. Bd. III Wellentheoretische Raumakustik. Leipzig: Hirzel, 1950. [6] DIN EN 29 053/05.93 Akustik; Materialien für akustische Anwendungen; Bestimmung des Strömungswiderstandes. [7] Beranek, L. L.: Noise reduction. New York: McGraw-Hill, 1960. [8] Beranek, L. L.: Acoustic measurements. New York: Wiley, 1949, S. 836 – 869. [9] Probst, W.: Produkte zur Lärmminderung: Luftschallabsorbierende Werkstoffe, Bauteile und Systeme. Hrsg. Bundeszentr. Humanisier. d. Arbeitslebens. b. d. Bundesanst. f. Arbeitsschutz u. Unfallforsch. Dortmund. Köln: Verl. TÜV-Rheinland, 1986. [10] Schmidt, H.: Schalltechnisches Taschenbuch. 5. Aufl. Berlin: Springer 1996 [11] Fasold, W.; Sonntag, E.; Winkler, H.: Bauphysikalische Entwurfslehre. Bd. Bau- und Raumakustik. Berlin: Verl. f. Bauwesen, 1987. [12] Mechel, F.; Kiesewetter, N.: Schallabsorber aus Kunststoff-Folie. Acustica 47 (1981), Nr. 2, S. 83–88. [13] Mechel, F.; Veres, E.: Ein breitbandig wirkender Schallabsorber aus Kunststoff-Folie. In: Fortschr. d. Akustik: FASE/DAGA ’82. Göttingen: Dt. Phys. Ges., 1982, T. I, S. 287 – 290. [14] Fuchs, H.V.; Zha, X.: Transparente Vorsatzschalen als Schallabsorber im Plenarsaal des Bundestages. Bauphysik 16 (1994), Nr. 3, 69 – 80. [15] Fuchs, H.V.; Ackermann, U.; Frommhold, W.: Entwicklung von nichtporösen Absorbern für den technischen Schallschutz. Bauphysik 11 (1989), Nr. 1, S. 28 – 36. [16] Fuchs, H.V.; Mohr, J.: Erfahrungen beim Einsatz von Membranabsorbern. In: VDI-Ber. 938 (Tag. Schalltechnik). Düsseldorf: VDI-Verl., 1992. [17] Fuchs, H.V.; Zha, X.: Einsatz mikro-perforierter Platten als Schallabsorber mit inhärenter Dämpfung. Acustica 81 (1995), S. 107–116. [18] DIN EN 20 354/07.93 Akustik; Messung der Schallabsorption im Hallraum. [19] DIN EN 10534-1/10.2001 Akustik; Bestimmung des Schallabsorptiongrades und der Impedanz in Impedanzrohren – Teil 1: Verfahren mit Stehwellenverhältnis. [20] Esche, V.: Experimentelle Untersuchungen zu Einflussparametern und Größe des Kanteneffektes. Acustica 19 (1967/68), Nr. 6, S. 301– 312. [21] Fahy, F.: Rapid method for the measurement of sample acoustic impedance in a standing wave tube. J. Sound a. Vibrat. 97 (1984), Nr. 1, S. 168 –170. [22] DIN EN ISO 11654/07.1997 Akustik; Schallabsorber für die Anwendungen in Gebäuden; Bewertung der Schallabsorption. [23] ASTM C 423-89 Standard test method for sound absorption and sound absorption coefficients by the reverberation room method. [24] Mechel, F.: Schallabsorption. In: Taschenbuch der Technischen Akustik. Hrsg. Heckl, M.; Müller, H. A. 2. Aufl. Berlin: Springer, 1994.
6. Luftschallabsorption
217
Weiterführendes Schrifttum Zwikker, C.; Kosten, C.W.: Sound absorbing materials. Amsterdam: Elsevier, 1949. Mechel, F.: Schallabsorber. Bd. 1 Äußere Schallfelder; Wechselwirkungen. Stuttgart: Hirzel, 1989. Mechel, F.: Schallabsorber, Bd. 2, Innere Schallfelder, Strukturen, Stuttgart: Hirzel, 1995. Mechel, F.: Schallabsorber, Bd. 3, Anwendungen, Stuttgart: Hirzel 1998. Fuchs, H. V.; Möser, M.: Schallabsorber, In: Müller, G.; Möser, M. (Hrsgb): Taschenbuch der Technischen Akustik, 3. Auflage, Berlin: Springer, 2004. Fuchs, H. V.: Schallabsorber und Schalldämpfer, Berlin: Springer, 2004.
7. Konstruktion lärmarmer Maschinen W. Schirmer
7.1 Einführung Da die Möglichkeiten zur Lärmminderung auf dem Schallausbreitungsweg begrenzt sind (s. Kap. 13) und ihre Realisierung meist sehr hohe Aufwendungen verursacht, hat der Maschinen-, Geräte- und Fahrzeughersteller großen Einfluss auf die Erfüllung der Zielsetzungen des Lärmschutzes insgesamt, was zu einem entsprechenden Vorschriftenwerk (s. Kap. 1) sowie zu Marktvorteilen lärmarmer Erzeugnisse in vielen Ländern geführt hat. Nachträgliche Lärmschutzmaßnahmen an Maschinen, Geräten und Fahrzeugen haben geringere Erfolgsaussichten als bereits in der Konzeptphase (Bild 7–9) eingeführte lärmarme Prinzipien, abgesehen von Schallschutzkapseln, die allerdings aus Gründen der Zugänglichkeit oder des Aufwandes oft nicht mehr in Frage kommen, wenn die Konzeption einer Maschine nicht schon von vornherein darauf ausgerichtet wurde, s. Abschn. 7.5). Für weitgehend ausgereifte und gleichartige Konstruktionsweisen sowie Fertigungsmethoden, z. B. bei Zahnradgetrieben, schwankt nach Eliminierung der Leistungs- und Drehzahlabhängigkeit der Geräuschentstehung auch beim Vergleich der Erzeugnisse vieler Hersteller die Geräuschentstehung in relativ kleinen Grenzen, sofern Maschinen mit groben Fehlern ausgeschlossen werden. So bearbeitete Messergebnisse von 2000 Getrieben mit Nennleistungen 10 bis 1000 kW von zahlreichen Herstellern ergaben σ t = 3 dB [1]; σt s. Abschn. 2.8.2. Zur Erzielung wesentlicher Verbesserungen – > 3 dB(A) –, wozu auch schon die Vermeidung einer Geräuscherhöhung bei Drehzahlerhöhung oder Masseverminderung zu zählen ist, sind erhebliche Entwicklungsaufwendungen und das Abgehen von konventionellen Konstruktions- und Fertigungsweisen rechtzeitig vorzusehen. Zweckmäßig ist es dann auch, die Zusammenarbeit von Konstrukteuren und Lärmschutzspezialisten von Anfang an zu sichern. Viele Spezialaufgaben bei der Konstruktion lärmarmer Maschinen, Geräte und Fahrzeuge sind bereits an anderer Stelle dieses Buches ausführlich behandelt: Geräuschmessung Kap. 2 und 3., Struktur(Gehäuse-)gestaltung einschließlich Zusatzmassen, Versteifungen und Dämpfungsbelägen Kap. 4, Schallschutzkapseln Kap. 10, schallabsorbierende Kanalauskleidungen Kap. 9, Ventilatorauswahl Kap. 8, Körperschallisolierung Kap. 12. In diesem Kap. 7 sollen einige spezielle Fragen behandelt werden. Wichtige, oft zu wenig beachtete Konsequenzen ergeben sich aus der Beteiligung zahlreicher Einzelquellen am Gesamtgeräusch einer Maschine. Ihre Zahl kann leicht 5 bis 10 erreichen. Dadurch wird einerseits die mögliche Wirkung einzelner Lärmschutzmaßnahmen auf das Gesamtgeräusch beeinflusst (Abschn. 7.2), andererseits er-
7. Konstruktion lärmarmer Maschinen
219
fordert diese Situation eine Aufteilung des Gesamtzielwertes für eine Maschine auf Teilzielwerte für Baugruppen (Abschn. 7.3). Insbesondere bei Beteiligung verschiedener Herstellerfirmen oder Bearbeiter ist das für exakte Aufgabenabgrenzungen erforderlich. Das bekannte Prinzip der Lärmminderung durch Schallauslöschung („Antischall“) gibt immer wieder Anlaßss zu Spekulationen über eine universelle, neuartige Lösung des gesamten Lärmproblems. Im Abschn. 7.4.4 werden die physikalischen Grundlagen, technischen Realisierungsanforderungen und Anwendungen genannt. Daraus folgt, dass lärmarme Maschinen in erster Linie durch Verminderung der Anregung und durch Maßnahmen zur Dämpfung und Dämmung von Körper- und Luftschall in der Maschine zu erreichen sind (s. Abschn. 7.4). Hierbei eröffnet die Adaptronik-Anwendung neue Möglichkeiten, s. Kap. 14.
7.2 Teil-Geräuschquellen und Gesamtgeräusch einer Maschine Eine einzelne Maßnahme zur Geräuschminderung an einer Maschine wirkt sich oft nur auf eine von mehreren ihrer Teilquellen aus. Trotz guter Wirksamkeit für diese eine Teilquelle ist die Verminderung des Gesamtgeräusches der Maschine dann nur sehr gering. Um die nachteiligen Folgen von Fehleinschätzungen zu vermeiden, ist zu empfehlen – falls ein Versuchsmuster vorhanden ist –, die mögliche Wirkung von Maßnahmen an Teilquellen auf das Gesamtgeräusch einer Maschine am Beginn von Konstruktionsvorhaben zu bestimmen, auch wenn das mit einem erheblichen messtechnischen Aufwand verbunden sein kann. Eine geeignete Hilfsgröße zur Beurteilung von Teil-Geräuschquellen in Relation zum Gesamtgeräusch ist der dimensionslose Geräuschanteil qν der ν -ten Teilquelle qν =
Pν = 0 bis 1 ; Pges
(1)
Pν Schallleistung der ν -ten Quelle, Pges Schallleistung der gesamten Maschine, oder mit den Schalldruckquadraten an einem Bezugspunkt qν =
p˜ 2ν = 0 bis 1 . p˜ 2ges
Diese energetische Verhältnisgröße ist hier bezüglich Anschaulichkeit und numerischer Rechnung vorteilhafter als Pegelgrößen. Für die Summe der n Geräuschanteile qν einer Maschine gilt n
Σ1 q
ν
= 1,
(1 a)
wobei in einem qν = qr kleine, nicht mehr einzeln erfassbare Teilquellen zu einem Restgeräusch zusammengefasst werden können. Soll L ν aus qν ermittelt werden, so gilt entsprechend Gl. (1) L ν = Lges + 10 lg qν dB .
(2)
220
W. Schirmer
Kann für die ν -te Teilquelle der Schallleistungspegel bzw. der Schalldruckpegel am Bezugspunkt L ν einzeln gemessen werden, so erhält man mit dem Gesamtgeräusch Lges die Größe ∆ L ν = L ν – Lges und daraus ∆Lν
qν = 1010 dB .
(3)
Kann gemessen werden, wie das Gesamtgeräusch Lges der Maschine durch völliges Ausschalten der ν -ten Teilquelle auf L ν* vermindert wird, dann erhält man mit ∆ L ν* = L ν* – Lges ∆ L ν*
qν = 1 – 1010 dB .
(4)
Sind die qν nunmehr bekannt, erhält man durch Umstellung von Gl. (4) die mögliche Senkung des Gesamtgeräusches der Maschine durch völliges Ausschalten der ν -ten Teilquelle: ∆ L ν* = 10 lg (1 – qν ) dB .
(5)
Ist nur eine Verminderung der ν -ten Teilquelle um den endlichen Wert ∆ L möglich, gilt
(
[
∆ L ν* = 10 lg 1 – qν 1 – 10
–
∆L 10 dB
)] dB .
(5 a)
Werden m Teilquellen ausgeschaltet, gilt m
(
∆ L1* bis m = 10 lg 1 –
Σq
)
ν
1
dB .
(6)
Dabei ist zu beachten, dass
|
m
|| |
∆ L1* bis m >
Σ1 ∆L * ν
.
Tabelle 7–1 enthält ein Beispiel dazu. Tabelle 7–1. Beispiel für die Berechnung der Geräuschanteile q ν und der zu erwartenden Schalldruckpegelverminderung ∆ L *ν aus den Werten der Teilschallquellen L ν und des Gesamtgeräusches Lges ; Restgeräusch qr , L r Messwerte v 1 2 3 4
Rechenwerte Lν dB
L ν – Lges dB
80 80 78 77
– 5,5 – 5,5 – 7,5 – 8,5
q ν nach Gl. (3) qr , L r 0,28 0,28 0,18 0,15
∆ L *ν nach Gl. (5)
dB – 1,4 – 1,4 – 0,9 – 0,7
0,89 Lges = 85,5 dB
q r = 0,11 1,00 L r = 76 dB nach Gl. (2)
∆ L *1… 4 = – 9,5 dB nach Gl. (6)
221
7. Konstruktion lärmarmer Maschinen
Tabelle 7–2. Verminderung des Gesamtgeräusches nach Gl. (5) bei völliger Ausschaltung einer Teilquelle, wenn k ungefähr gleichlaute Teilquellen vorhanden sind k ∆ L *ν in dB
2 –3
3
4
5
10
– 1,7
– 1,2
– 1,0
– 0,5
Alle in diesem Abschnitt genannten Gleichungen gelten unter der Annahme inkohärenter Teilquellen. Die Berücksichtigung möglicher Kohärenz von Teilquellen (z. B. verschiedener Flächen eines Pressengestells, angeregt durch den gleichen Erregermechanismus) erfordert eine multiple Kohärenzanalyse. Sie kann gegenüber Gl. (6) sowohl größere als auch kleinere Wirkung der gleichzeitigen Ausschaltung mehrerer Quellen ergeben [2]. Nicht selten sind in Maschinen k ungefähr gleich starke Teilquellen vorhanden. Dann ist qν = 1/k. Daraus folgt mit Gl. (5) bzw. (6) die mögliche Verminderung des Gesamtgeräusches in Abhängigkeit von k, wenn eine (oder mehrere) Teilquellen ausgeschaltet werden (s. Tab. 7–2). Tabelle 7–2 wie auch Tabelle 7–1 machen deutlich, mit welchen kleinen Teilergebnissen zunächst zu rechnen ist, wenn bei mehreren etwa gleich starken Teilquellen Schritt für Schritt einzelne Teilquellen ausgeschaltet werden. Tabelle 7–1 zeigte aber bereits, dass insgesamt dennoch erhebliche Verbesserungen erzielbar sind (∆ L*1 bis 4 = – 9,5 dB bei ∆ L ν* = – 0,7 bis – 1,4 dB). Natürlich ist es weder möglich noch erforderlich, eine Teilquelle völlig auszuschalten. Die Wirkung einer endlichen Verminderung zu berechnen gestattet Gl. (5 a). Im Fall, dass ein dominierender Anteil vorhanden ist, reicht es aus, diesen um etwa 5 dB unter die Summe aller anderen Anteile zu senken. Mit Hilfe des Nomogramms zur logarithmischen Addition von Pegelwerten (Bild 2–6) wird erkennbar, dass dann das Gesamtgeräusch nur noch 1,2 dB über dieser Summe liegt und eine weitere Senkung minimale Wirkung auf das Gesamtgeräusch hätte. Aus der im Sinne der Lärmminderung ungünstigen Reaktion des Gesamtgeräusches auf eine wesentliche Über- oder Unterschreitung einzelner Geräuschanteile gegenüber einer mittleren Größe begründet sich die Vorgabe „gleiche Größe der Geräuschanteile“, falls mehrere dominierende Geräuschanteile vorhanden sind. Zur Ermittlung der Geräuschanteile wird auf die Abschn. 2.9, 3.6.3 und 3.7 verwiesen.
7.3 Aufteilung der Geräuschminderung auf Maschinengeräuschanteile 7.3.1 Aufteilung auf Teilquellen Sind bei Maschinen mehrere unterscheidbare Geräuschquellen vorhanden, dann ist es notwendig, für diese Teilquellen Zielwerte vorzugeben, die die Einhaltung des Gesamtzielwertes ermöglichen. Daraus ergibt sich eine klare Verantwortungstrennung zwischen beteiligten Herstellerfirmen oder Bearbeitern. Auch für die Behandlung dieses Verteilungsproblems sind die im Abschn. 7.2 benutzten Geräuschanteile qν geeignet – Gl. (1) und (1 a). Die Teilzielwerte erhält man dann aus Gl. (2) mit Lges = Gesamtzielwert, L ν = Teilzielwert. Eine erste Lösung ist die Zubilligung gleich großer Geräuschanteile q = 1/n für alle n Teilquellen.
222
W. Schirmer
Meist muss jedoch auf unterschiedliche Realisierungschancen Rücksicht genommen werden, d.h., es müssen verschieden große Geräuschanteile qν und Teilpegel L ν festgelegt werden. Dabei muss aber stets die Bedingung nach Gl. (1a) gewahrt bleiben. Beispiel [3]: Für ein Kraftfahrzeug ist ein Außengeräuschpegel von 80 dB(A) einzuhalten. Es gibt die sechs unterscheidbaren Geräuschquellen Motorblock, Abgasanlage, Kühler-Lüfter, Getriebestrang, Ansauggeräusch, Rollgeräusch. Eine Gleichverteilung mit q ν = 0,167 ergibt L ν = 72 dB für alle Teilquellen. Als differenzierte Verteilung wäre möglich: – Motorblock, Abgasanlage q1 = q2 = 0,25, L1 = L 2 = 74 dB(A); – Kühler-Lüfter, Getriebestrang q3 = q4 = 0,15, L 3 = L 4 = 71 dB(A); – Ansauggeräusch, Rollgeräusch
q5 = q6 = 0,1, L 5 = L6 = 70 dB(A). Für den ungünstigen Fall, dass vorhandene Teilquellen gemeinsam den Gesamtzielwert bereits annähernd erreichen, ist für eine später hinzukommende Teilquelle eine sehr viel schärfere Forderung einzuhalten. Beispiel: Gesamtzielwert 83 dB(A), Istwert infolge schon vorhandener Quellen L i = 82,5 dB(A), d. h., qi = 0,9 nach Gl. (3). Wegen Gl. (1a) ist für die später hinzukommende Teilquelle nur qs = 0,1 möglich, d. h., nach Gl. (2) wird der Zielwert dieser Quelle L s = 73 dB(A), er muss also 10 dB unter dem Gesamtwert liegen!
7.3.2 Aufteilung auf Frequenzbänder Auf der Basis des bestehenden Beurteilungssystems für Geräusche werden Forderungen zur Geräuschminderung an Maschinen als A-bewertete Einzahlangaben L WA oder L pA gestellt, s. Abschn. 1.3 und 2.4. Für das konkrete Geräuschspektrum einer Maschine empfiehlt es sich, bei Beginn von Arbeiten zur Lärmminderung zu ermitteln, welche unterschiedlichen Veränderungen der Spektrumsform zur Erfüllung der Forderungen führen können, und welche davon den schalltechnischen Möglichkeiten voraussichtlich günstig angepasst sind, s. Bild 7–1. Als erste Annahme dient wiederum eine Gleichverteilung des geminderten Geräusches auf die dominierenden Frequenzbänder, s. Bild 7–1a. Man hält den frequenzunabhängigen Zielwert in Frequenzbändern L Z unter Verwendung von Gl. (2) aus L Z = LA, Z + 10 lg qν dB;
(7)
qν = 1/n, n Anzahl der beteiligten Bänder am reduzierten Geräusch. Die Größe von n ist zunächst unbekannt. Als Eingangsschätzwerte eignen sich – für Oktav-Bänder n = 4 – für Terz-Bänder n = 12
10 lg qν = – 6 dB, 10 lg qν = – 11 dB.
Varianten der Verteilung und damit der Anforderungen an die Geräuschminderung in den verschiedenen Frequenzbändern kann man z. B. dadurch generieren, dass man eine einfache Frequenzabhängigkeit der Frequenzbandzielwerte in der Form L Z′ = L Z + X lg f/f0 dB
(8)
7. Konstruktion lärmarmer Maschinen
223
Bild 7–1. Varianten der Schallpegelminderung in Frequenzbändern (Kurve 3), die bei Geräuschminderungsmaßnahmen zum gleichen Einzahl-Zielwert LA, Z = 83 dB führen, Ausgangswert LA = 88,6 dB. Neigung X der Zielfunktion nach Gl. (8) a) 0 dB/ Dek. b) – 8 dB/ Dek. c) – 20 dB/ Dek. Kurve 1: A-bewertete Terzschallpegel L Terz des gegebenen Geräusches (kleine, hochtourige Maschine mit mechanischer Geräuschentstehung). Kurve 2: frequenzabhängige Zielfunktion, Kurven 1 und 2 mit Markierung *. A-bewertete Terzschallpegel des auf LAZ = 83 dB verminderten Geräusches
224
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annimmt. Darin sind X die Neigung und L Z , f0 der Drehpunkt der Geraden, s. Bilder 7–1a, b und c. Die so abgesteckten Gestaltungsspielräume können die Findung und den gezielten Entwurf von speziellen geräuschmindernden Maßnahmen wesentlich unterstützen. Das können z. B. Schallschutzkapseln (Abschn. 10), Absorptionsschalldämpfer (Abschn. 9) oder primäre Maßnahmen an Teilschallquellen einer Maschine sein, die oft bestimmten Frequenzbereichen zuordenbar sind.
7.4 Ansatzpunkte zur Geräuschminderung an Maschinen 7.4.1 Maschinenakustische Quellenarten Die bei der Konstruktion einer Maschine angewendeten Elemente (Einzelteile, Baugruppen, Aggregate) lassen sich aus akustischer Sicht in geräuscherzeugende Konstruktionsbestandteile (technische Quellen, z. B. Anschläge, Kugellager, Antriebsmotoren, Ventilatoren, Pumpen) und geräuschübertragende Konstruktionsbestandteile (passive Struktur, z. B. Gestelle, Ständer, Gehäuse, Rahmen) unterteilen. Technische Quellen unterscheiden sich wesentlich von den Modellquellen im Modell der mechanischen Geräuschentstehung (Abschn. 4.6) und der strömungsmechanischen Geräuschentstehung (Abschn. 8 und [4]). Bei den Modellquellen wird die Quelle im Modell der mechanischen Geräuschentstehung durch die Körperschallgrößen Kraft, Geschwindigkeit und Admittanz gekennzeichnet. Sie ist also eine reine Körperschallquelle. Die Quelle im Modell der strömungsmechanischen Geräuschentstehung wird durch akustische Elementarstrahler (Monopol, Dipol, Quadrupol) im strömenden Medium, z. B. Luft, gekennzeichnet. Sie ist also eine reine Luftschallquelle bzw. Flüssigkeitsschallquelle je nach Medium. Technische Quellen erzeugen demgegenüber oft mehrere Schallarten. Technische Quellen mit ursächlich mechanischer Geräuschentstehung erzeugen außer Körperschall infolge endlicher Abmessungen auch direkt Luftschall infolge von Abstrahlung (Beispiel: Zahnradpaar). Technische Quellen mit ursächlich strömungsmechanischer Geräuschentstehung erzeugen bei flüssigem Medium sogar drei Schallarten. Pumpen erzeugen beispielsweise Flüssigkeitsschall, infolge instationärer Drücke im Medium auf das Gehäuse sowie infolge bewegter mechanischer Teile (Unwucht, Lager) Körperschall und schließlich Luftschall infolge von Abstrahlung vom Gehäuse. Die Relationen zwischen den Schallarten technischer Quellen hängen stark von der Konstruktion der als Quelle wirkenden Bestandteile sowie von der Konstruktion der Gesamtmaschine ab. Teile oder Aggregate mit mechanischer Geräuschentstehung, die gemäß Bild 7–2 a so an einem Gehäuse oder Gestell angebracht sind, dass sie in die Umgebung der Ma-
Bild 7–2. Anordnung einer Geräuschquelle an einem Maschinengehäuse 1. a) außen (überwiegend Luftschallquelle); b) innen (überwiegend Körperschallquelle)
7. Konstruktion lärmarmer Maschinen
225
schine abstrahlen können, sind für hohe Frequenzen ( f > fM, D ) wegen des dann vorliegenden Abstrahlgrades σ ≈ 1 (Abschn. 4.5.2) Luftschallquellen. Als Körperschallquellen sind sie meist bei niedrigen Frequenzen ( f < fM, D ) wirksam, d. h., an der Luftschallabstrahlung ist dann das gesamte Gehäuse oder Gestell beteiligt. Das kann jedoch auch bei höheren Frequenzen der Fall sein, sobald der Luftschall solcher Quellen durch Kapselung vermindert wird. Teile oder Aggregate mit mechanischer Geräuschentstehung, die gemäß Bild 7–2 b im Inneren von geschlossenen Gehäusen untergebracht sind, werden von vornherein nur als Körperschallquelle wirksam, vorausgesetzt, das Gehäuse hat genügend Luftschalldämmung (für Gussgehäuse meist erfüllt). Da die geeigneten Ansatzpunkte zur Geräuschminderung davon abhängen, in welcher Relation bei einer realen Geräuschquelle in einer Maschine Luft-, Körper- oder Flüssigkeitsschall zueinander stehen, ist, außer in Fällen, bei denen man sich auf Erfahrungen verlassen kann, die experimentelle Ermittlung dieser Relationen Voraussetzung für die erfolgreiche Geräuschminderung. Geeignete experimentelle Verfahren sind die provisorische Trennung von fraglicher Quelle und passiver Maschinenstruktur, provisorische Kapselung der Quelle, Ersatz der Quelle durch eine reine Luftschallquelle, Körperschallmessung an der passiven Struktur, Schallintensitätsmessung (s. Abschn. 2.9, 3.6.3 und 3.7). 7.4.2 Strömungsmechanische Geräusche Da umfassende Darstellungen zur Entstehung und Verminderung von Strömungsgeräuschen ausreichend vorhanden [4, 5] sowie in Beispielsammlungen über Lärmminderungsmaßnahmen (z. B. [6, 7]) zahlreiche Informationen zu finden sind, werden hier nur einige bei der Maschinenkonstruktion häufig auftretende Fälle beispielhaft behandelt: der Einsatz von Pneumatikventilen und Druckluftdüsen (Entspannungsgeräusche) sowie der Einsatz von Ventilatoren in Maschinen. Für Pneumatikventile stehen spezielle Entspannungsschalldämpfer zur Verfügung (Bild 7–3). Die Geräuschminderung beträgt etwa 25 dB(A). Sie folgt aus dem Übergang vom turbulenten Freistrahl ([4, 5], Pak ~ v 8 ) zu überwiegend reibungsbestimmter Strömung ([8], Pak ~ v 2 ). Kritisch sind Vereisungsgefahr und Zusetzen durch Luftbeimengungen, z.B. Öl (turnusmäßige Reinigung erforderlich). Eine Konstruktionsvariante des Entspannungs-
Bild 7–3. Prinzip eines Entspannungsschalldämpfers für Pneumatikventile; übliche Anschluss-Nennweiten 1/2″ und 1″. 1 Drucklufteintritt, 2 durchströmtes poröses Material
226
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Bild 7– 4. Geräuschgeminderte Druckluftdüse, Prinzip Mehrlochdüse, nach Költzsch [4]. L = 20 mm, b = 9 mm, n = 5; 7; 9, D0 = 2,2; 1,9; 1,7 mm
schalldämpfers (Durchströmung des porösen Materials aus Filterkeramik von außen nach innen) beugt der Gefahr des Wegschleuderns berstender Keramik vor. Reicht die mit dem Entspannungsschalldämpfer erzielte Geräuschminderung in Sonderfällen noch nicht aus, kann man etwa 20 dB(A) weitere Verminderung erzielen, indem man den Schalldämpfer in einem absorbierend ausgekleideten Hohlraum der Maschine (mit entsprechenden kleinen Öffnungen) unterbringt [6], S. 269, ZAA 3/85. Beide Varianten stammen aus der Umformtechnik Erfurt GmbH. Für Druckluftdüsen, die z. B. zum Wegblasen von Schmutz oder leichten Teilen aus Werkzeugen in Umformmaschinen eingesetzt werden, stehen geräuscharme Mehrlochdüsen zur Verfügung (Bild 7– 4), die in Ausblaspistolen eingeschraubt werden können. Die Geräuschminderung beträgt etwa 9 dB(A). Wichtig ist, dass der Druck für solche Düsen nicht größer als erforderlich eingestellt wird [4, 9]. Beim Einsatz von Ventilatoren ist auf die Auswahl eines mit seinen aerodynamischen Kenngrößen der Aufgabe angepassten Ventilators zu achten, s. Abschn. 8. Gelegentlich werden „sicherheitshalber“ bei weitem zu große Leistungen gewählt. Da die erzeugte Schallleistung etwa proportional der Nennleistung eines Ventilators ansteigt, ist die Korrektur einer solchen Überdimensionierung der erste Ansatzpunkt zur Geräuschminderung. Akustisch noch etwas günstiger – wenn auch teurer als der Austausch des Ventilators gegen eine kleinere Baugröße – ist es, den Ventilator mit zu großen Abmessungen in der Drehzahl zu reduzieren [4]. Das Ventilatorgeräusch kann wesentlich über den vom Hersteller angegebenen Nennwerten liegen, wenn die mechanischen Geräuschanteile durch mechanische Fehler am Ventilator ansteigen (Lager, Auswuchtung des Rotors, Eigenschwingungen von rotierenden oder feststehenden Teilen). Wenn solche Fehler erkannt sind, ist das Abstellen derartiger Geräusche relativ einfach. Da Ventilatoren infolge ihrer bewegten Teile in jedem Fall Körperschall erzeugen, ist vor allem in leichten Gerätekonstruktionen meist ihre elastische Lagerung erforderlich (s. Abschn. 4.7.3 und 12). Bei der Luftführung in der Maschine ist darauf zu achten, dass die Entstehung von Strömungsgeräuschen durch Strömungshindernisse vermieden wird (keine scharfen umströmten Kanten, keine zu hohen Strömungswiderstände an Ein- und Auslassgittern, kleine Geschwindigkeiten, möglichst < 10 m /s). An Einlass- und Auslassöffnungen sind u. U. Absorptionsschalldämpfer vorzusehen (Bemessung s. Kap. 9). 7.4.3 Mechanische Geräusche Es wird vorausgesetzt, dass die in Abschn. 7.3.1 beschriebene direkte Lutschallabstrahlung bei der Außenanordnung mechanischer Geräuschquellen gemäß Bild 7–2 a durch eine in die Maschinenkonstruktion integrierte Teilkapselung (s. Kap. 10) oder durch Verlegen der Quelle in ein geschlossenes Gehäuse gemäß Bild 7 b ausgeschaltet ist. Die Ansatzpunkte für die Verminderung des für mechanische Quellen typischen Körperschalls folgen dann aus der Wirkungskette der mechanischen Geräuschentstehung (Abschn. 4.6). Es sind das die Körperschallquelle (Erregergrößen F oder v) und
7. Konstruktion lärmarmer Maschinen
227
die passive Struktur der gesamten Maschine, die den Körperschall bis zur indirekten Luftschallabstrahlung weiterleiten. Da bei der mechanischen Geräuschentstehung Körperschallquelle und passive Struktur als gleichwertige Faktoren in die Geräuschentstehung eingehen [s. Gl. (4–22)], sind alle Ansatzpunkte zur Geräuschminderung in einer Maschine prinzipiell gleichberechtigt. Entscheidend ist nur, wo für die jeweilige Aufgabe mit dem geringsten Aufwand der größte Effekt erzielt wird. Das kann sowohl an der Quelle als auch an der passiven Struktur sein. 7.4.3.1 Beeinflussung der Körperschallquellen Ist die Körperschallquelle ein komplettes Aggregat (z. B. Elektromotor, Pumpe), dann ist bei seinem Einsatz in einer Maschine eine Einflussnahme auf die Quelle nur durch Festlegung und Kontrolle von Körperschall-Emissionswerten möglich (s. Abschn. 4.6 und 12.2.5). Alle Mechanismen und bewegten Teile, die bei der Konstruktion einer Maschine einzeln gestaltet werden, sind dagegen direkt beeinflussbare Ansatzpunkte zur Geräuschminderung an Körperschallquellen. Die Anzahl möglicher Arten solcher Körperschallquellen ist groß, so dass hier nur einige Beispiele erläutert werden können. Ansonsten ist auf zahlreich vorhandene Literatur hinzuweisen, z. B. [10] bis [13]. Für schnell laufende Rotoren ist auch unter akustischen Gesichtspunkten gute Auswuchtung erforderlich (s. Abschn. 11.4.4). Obwohl die an den Lagern wirksame Erregerkraft nur die meist niedrige Drehfrequenz fD = n /60 enthält (n in min–1, f in Hz), kann die Unwucht bei Nichtlinearitäten in der angeregten passiven Struktur und der damit verbundenen Entstehung ganzzahliger Vielfacher der Drehfrequenz an der Geräuschentstehung erheblich beteiligt sein. Auch aus funktionellen Gründen ist zu vermeiden, dass die Betriebsdrehzahl eines Rotors um weniger als etwa 30 % von der Drehzahl entfernt ist, bei der die Biegeeigenfrequenz des Rotors liegt (Vermeidung von Resonanz) [14]. Die Geräusche schnell laufender Wälzlager hängen stark von ihrem Einbau ab [14]. Für geräuscharmen Lauf ist konstruktiv eine axiale Lagervorspannung durch Federelemente vorzusehen (axiale Lageranstellung, Konstruktionsbeispiel Bild 7–5). Dadurch wird ein praktisch spielfreier Lauf des Lagers möglich. Für die Welle und die Bohrungen zur Lageraufnahme ist höchste Genauigkeit erforderlich. Unrundheiten übertragen sich auch auf die Laufbahn im Kugellager und führen zu intensiven Harmonischen der Drehfrequenz. Um beim Einbau der Kugellager Beschädigungen der Laufbahn zu vermeiden, sind spezielle Montagevorrichtungen anzuwenden, die sichern, dass die axiale Einbaukraft nur auf den Wälzlagerring wirkt, der jeweils eingebracht wird. Für Mechanismen mit einmaligen oder periodisch wiederholten transienten Kräften lassen sich aus dem Zusammenhang zwischen Zeitfunktion und Spektrum der Kraft
Bild 7–5. Axiale, federnde Wälzlageranstellung für spielfreien, geräuscharmen Lauf. 1 Federelement aus Gummi, auch metallische Federelemente
228
W. Schirmer
Bild 7–6. Hüllkurven-Näherung des Fourier-Spektrums der Kraftdichte F ′ in N/Hz für den Stoss zweier Körper und Zeitfunktion der Kraft (Annahme Halbsinusstoss)
wichtige Regeln für die Gestaltung solcher Mechanismen ableiten. Dabei hat es sich im Sinne einer leicht überschaubaren Darstellung bewährt, sowohl mit vereinfachten Zeitfunktionen (Weglassen von Störgrößen) als auch mit durch Geradenstücke angenäherten Spektren zu arbeiten [10], zitiert in [11], wie aus den folgenden Beispielen hervorgeht. Für den Stoß zweier Körper gilt Bild 7–6. Solche Stöße treten z.B. bei Positionieranschlägen, infolge Spieles zwischen Bauteilen, bei der Erzeugung hoher Kräfte durch Schlagtechnologien aller Art sowie bei der Anregung von Maschinenstrukturen mit einem Stoßhammer zum Zweck vibroakustischer Messungen auf. Beim Schlag Metall auf Metall beträgt die Stoßdauer τ ≈ 0,1ms. Bei Annäherung der Zeitfunktion durch eine Sinus-Halbperiode ist fAB = 1/(2 τ). Die für f < fAB konstante Kraftdichte FA′ des einmaligen Vorganges „Stoß“ ist gleich seinem Impuls I: τ
FA′ = I = ∫ F(t) dt = 0
2 π
F0 τ = m υ0 (1 + ) ;
(7)
m kleinere Masse zweier aufeinander treffender Massen m1 und m2 oder m = m1 m2 /(m1 + m2 ), υ0 Relativgeschwindigkeit vor dem Stoß, Stoßzahl: = 1 elastischer Stoß, = 0 plastischer Stoß. Der Abfall des Spektrums im Bild 7–6 für f > fAB ist durch Geradenstücke mit – (20; 40; 60) dB/Frequenzdekade Neigung annäherbar. Die maximal auftretende Neigung ist – (u + 1) 20 dB/Dekade, wenn die u-te Ableitung der Zeitfunktion der Kraft die erste unstetige ist. Für kurze Stöße interessiert akustisch nur die Größe von fAB (bei τ 0,1 ms ist fAB 5 kHz) und von I nach Gl. (7), nicht aber die Stoßform. Die Anregung durch Stöße kann konstruktiv vermindert werden, indem man bei gleichem m und υ0 durch eine elastische Zwischenlage τ vergrößert und damit fAB vermindert oder indem man m oder υ0 vermindert. Werden für Schlagtechnologien hohe Kräfte benötigt, versagen alle drei Varianten, da wegen der aus Gl. (7) folgenden Beziehung F0 =
π m υ0 (1 + ) τ
2
alle akustisch günstigen Änderungen zugleich die technologisch benötigte Spitzenkraft F0 reduzieren. Eine wesentlich langsamer veränderliche transiente Kraft liegt bei Kurvenscheiben, Steuernocken usw. vor. Wegen der Periodizität des Vorgangs sind die Näherungsgeraden im Bild 7–7 Hüllkurven eines Linienspektrums mit dem Linienabstand
7. Konstruktion lärmarmer Maschinen
229
Bild 7–7. a) Schmalband-Beschleunigungsspektrum L a am Lager der Abtastrolle von Kurvenscheiben unterschiedlicher Stetigkeit des Erhebungsgesetzes, n = 400 min–1 , L a bezogen auf 1 m /s, F = m red a, m red ≈ 1 kg, nach … [15]. 1a, 2 a, 3 a theoretische Werte, 1b, 2 b, 3 b Messwerte, 1 ζ¨ (t), F (t) unstetig, · – 20 dB/ Dekade, 2 ζ (t), F(t) unstetig, – 40 dB/ Dekade, 3 Wirkung der Oberfächenrauigkeit nach [16]. b) Auslenkung der Abtastrolle je Umdrehung der Kurvenscheibe, T ≈ 150 ms, ζ 0 ≈ 25 mm
f = n /60 bei der Drehzahl n in min–1 . Bei einer Kurvenscheibendrehzahl von n = 600 min–1 beträgt die Dauer für einen ganzen Umlauf τ = 100 ms und die Frequenz fAB ≈ 1/τ = 10 Hz. Die Massenkraft der Abtastrolle steht mit dem Weg bei der Kurvenscheibenabtastung in der Beziehung F = m ζ¨ (t) . Für den Fall, dass das Kraftspektrum mit 40 dB/Dekade abfallen soll, darf erst die 1. Ableitung der Kraft, d. h. aber erst die 3. Ableitung des Weges, unstetig sein. Das erfordert schon außerordentlichen Fertigungsaufwand, so dass vielfach der Abfall nur 20 dB/Dekade beträgt. Da dem planmäßigen Erhebungsgesetz Oberflächenrauigkeiten überlagert sind, stellt sich jedoch gemäß Bild 7–7 ein völlig anderer Verlauf ein. Der rauigkeitsbestimmte Verlauf bestimmt die Körperschallanregung der Struktur im Frequenzbereich hoher Schallabstrahlung bei 1000 Hz. Er ist nur durch Verbesserung der Qualität der Oberflächenbeschaffenheit beeinflussbar. 7.4.3.2 Beeinflussung der passiven Maschinenstruktur Zusätzlich zu der umfangreichen Literatur, z. B. [11, 17– 21] und den an anderer Stelle in diesem Buch (Abschn. 4.7) zu findenden Angaben zur Geräuschminderung bei passiven Maschinenstrukturen, sollen hier einige wesentliche Ansatzpunkte zur Geräuschminderung zusammengefasst werden: – Vermindern der in die Struktur übertragenen Kraft durch elastische Lagerung der Körperschallquelle (s. Abschn. 4.7.3, 12.2.5) – ganze Aggregate, wie der Antriebsmotor in Fahrzeugen, oder einzelne Mechanismen, z. B. metallelastische Abstüt-
230
– – –
–
– – –
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zung von Wellenlagern [6], S. 215, ZAA 4/83, elastische Elemente an der Nähwirkstelle in einer Textilmaschine [22]; Vermindern der in die Struktur übertragenen Kraft bei starrer Verbindung mittels Zusatzmassen oder Aussteifungen (Abschn. 4.7.3), auch Vermassung von Lagerstellen (Abschn. 4.7.2, [6], S. 279, ZAA 2(86) und [23]; Unterteilen der passiven Struktur in eine innere, kompakte, kraftaufnehmende Struktur und eine äußere, dünnwandige, umhüllende Struktur (s. Abschn. 4.7.2); Gestalten eines kraftaufnehmenden Gehäuses, das bis zu einer möglichst hochliegenden 1. Eigenfrequenz die günstige niedrige Transferadmittanz steifebestimmter Strukturen hat und bei hohen Frequenzen die geringe Abstrahlung dünner Platten zeigt – Einsatz von Versteifungsrippen (s. Abschn. 4.7.2); Vermeiden der Übereinstimmung von Struktureigenfrequenzen mit Anregungskraftkomponenten der gleiche Frequenz, d. h. Vermeidung von Resonanz; am sichersten durch experimentellen Nachweis feststellbar, Abhilfe durch Versteifung, Zusatzmasse oder Bedämpfung (s. Abschn. 4.7.1); Vermindern der Schallabstrahlung von Platten mit dichten Biegeeigenfrequenzen durch Dämpfungsbeläge (s. Abschn. 4.7.1); Anbringen einer integrierten Schallschutzkapsel (Abschn. 10) oder einer biegeweichen Vorsatzschale (Abschn. 5.4.3) um die gesamte Maschine; Vermeiden von losen Verbindungen (Klapperstellen), die in der passiven Struktur bei tieffrequenter Schwingungsanregung Ursache für Stoßanregung gemäß Abschnitt 7.4.3.1 sind, wodurch intensive Geräuschanteile bei mittleren und hohen Frequenzen entstehen.
7.4.4 Aktive Lärmschutzsysteme – „Antischall“ Wird dicht neben einer Lärmquelle 1 eine elektroakustische Schallquelle 2 angeordnet, die so gesteuert wird dass für den Schallfluss der Quellen (s. Abschn. 4.5.2) q2 (t) = – q1 (t) gilt, d. h. für alle Frequenzkomponenten eine gleiche Amplitude und 180° Phasenverschiebung vorhanden sind, so erhält man für diese Quellenkombination eine geringere Abstrahlung als für jede der beiden Quellen allein. Bei q2 (t) = – q1 (t) und kleinen Strahlerabmessungen stellt die Quellenkombination einen Dipolstrahler dar. Werden die Einzelquellen als Monopolstrahler betrachtet, dann gilt gemäß Abschn. 4.5.2 für das Verhältnis der Schallleistungen PD 1 = (a k)2 ; PM 3 a Quellenabstand, a < λ /4, k Wellenzahl, k = 2 π /λ und in Pegelschreibweise ∆ L PD = 10 lg
PD a2 dB = 10 lg dB + 11 dB . λ PM
()
Werden symmetrisch zur Lärmquelle 1 auf einer Achse zwei Kompensationsschall1 quellen jeweils im Abstand a angeordnet, für die beide q2 (t) = 3 q1 (t) gilt (Bild 2
7. Konstruktion lärmarmer Maschinen
231
Bild 7–8. Quellenkombinationen aus Monopolstrahlern zur Verringerung der Schallabstrahlung. a) Dipol; b) axialer Quadrupol. 앫 Geräuschquelle, 앩 Kompensationsquelle
7– 8), so stellt die Kombination einen axialen Quadrupol dar [31], Abschn. 1.3.4. Dann ist PQ 1 = (a k)4 ; PM 5 ∆ L PQ = 10 lg
() a
λ
4
dB + 25 dB .
Für a /λ = 0,1 wird die Abstrahlung mit einer Kompensationsquelle um 9 dB, mit zwei Kompensationsquellen um 15 dB vermindert. Für jede Halbierung des Abstandes vermindert sich die Abstrahlung bei einer Kompensationsquelle um weitere 6 dB, bei zwei Kompensationsquellen um weitere 12 dB. Für a /λ > 0,25 wirkt die Anordnung nicht mehr als Strahler höherer Ordnung, sondern bei stochastischem Schalldruckverlauf gelten die bekannten Gesetzmäßigkeiten für unabhängige (inkohärente) Strahler n
Pges =
Σ1 P . υ
Bei zwei Strahlern gleicher Leistung bedeutet das eine Zunahme der Schallleistung gegenüber dem Einzelstrahler um 3 dB. Eine Lärmminderung durch gesteuerte Schallerzeugung ist dann also prinzipiell nicht mehr möglich. Mit a /λ = 0,1 als größten zulässigen Abstand zur Erzielung technisch nutzbarer Effekte ist das Verfahren bei Anwendung konventioneller Lautsprecher als Kompensationsschallquelle auf den Frequenzbereich unterhalb 100 bis 200 Hz begrenzt (λ /10 = 0,17 bis 0,34 m). Bei der Erzeugung des gesteuerten Schalls werden erhebliche technische Anforderungen gestellt [24]. Die Amplitude muss auf ± 1 dB, die Phase auf ± 5° dem Sollwert entsprechen, um die signalseitigen Voraussetzungen für ≈ 15 dB Schallminderungen zu schaffen. Das erfordert Lautsprecher hoher Qualität und Leistung. Da die erzeugte akustische Leistung gleich der der Lärmquelle sein muss, sind infolge relativ kleiner Lautsprecherwirkungsgrade bei starken Lärmquellen elektrische Leistungen von mehreren Kilowatt erforderlich. Die Gewinnung des Steuersignals erfordert eine umfangreiche elektronische Signalverarbeitung und Signalspeicherung. Alle bisher bekannt gewordenen technischen Anwendungen betreffen niederfrequente Geräuschanteile, z. B. beim Abgasgeräusch von stationären Gasturbinen und Dieselmotoren sowie beim Ventilatorgeräusch in Lüftungskanälen mit Wirkung um 10 bis 20 dB bei tiefen Frequenzen. Außer den schon genannten Anwendungen aktiver Systeme sind in Entwicklung oder schon in Anwendung: aktive Gehörschutzgeräte, schallkompensierte Immissionsbereiche z. B. in Kfz der gehobenen Preisklasse. Wachsende Bedeutung erhält die aktive Beeinflussung von Strukturschwingungen, s. Kap. 14, Adaptronik-Anwendungen.
232
W. Schirmer
Berichte internationaler Fachtagungen zeigen seit Beginn der 80er-Jahre umfangreiche Forschungsaktivitäten zu aktiven Schallschutzsystemen und zunehmend die Entwicklung anwendungsreifer Technik [33]. Für welche speziellen Lärmschutzaufgaben herkömmliche passive Systeme durch aktive Systeme ergänzt oder ersetzt werden können, wird sich letztlich aus dem Kostenvergleich für Anschaffung und Betrieb sowie dem jeweils akzeptablen Kostenrahmen ergeben. Verschiebungen zugunsten aktiver Systeme sind durch die fortschreitende Entwicklung zu erwarten, jedoch bleiben physikalische Grenzen bestehen. Für die Konstruktion marktgerechter lärmarmer Maschinen bleibt oberstes Gebot, schon die Entstehung von Schall zu vermeiden.
Bild 7– 9. Einbezug der Schallschutzaufgaben in den Konstruktionsprozess, in Anlehnung an DIN EN ISO 11 688-1 [26]
7. Konstruktion lärmarmer Maschinen
233
7.5 Einbindung in den Konstruktionsprozess Über die Geräuschemission einer Maschine wird wie über alle technischen und wirtschaftlichen Parameter weitgehend schon bei deren Konstruktion entschieden. Zu allen Phasen des Konstruktionsprozesses gehören spezifische Schallschutzaufgaben, s. Bild 7–9. Bereits die Festlegung des „richtigen“ Geräuschzielwertes erfordert eine sachkundige Bearbeitung. Von Fall zu Fall sind andere der unter Phase 1 genannten Informationsquellen maßgebend, vgl. Kap. 1 und [25]. Es wird zwischen dem Zielwert für die Serienfertigung und einem um 2 bis 3 dB niedrigeren Wert für Erprobungsmuster unterschieden (Vorhaltemaß hinsichtlich der Fertigungsrealitäten). Die größten Auswirkungen auf die Geräuschemission im günstigen wie im ungünstigen Sinne hat die Auswahl der Lösungsprinzipien. Sie kann durch die Benutzung von publizierten [3, 6, 7, 26–32], und hauseigenen Wissensspeichern „Lärmarmes Konstruieren“ unterstützt werden, s. Phase 2. Die Beeinflussungsmöglichkeiten in der Phase 3 „Detailkonstruktion“ sind geringer und erfordern im Unterschied zur Phase 2 meist den Einsatz von tieferem maschinenakustischen Sachverstand, z. B. zur Aufstellung und Nutzung von Berechnungsmodellen, s. Abschn. 4.6. Aus Geräuschanalysen in Phase 4 kann die Notwendigkeit von Konstruktionsänderungen folgen, deren Umfang und Realisierbarkeit davon abhängt, wie konsequent und erfolgreich in den ersten Phasen die Geräuschproblematik bearbeitet wurde.
7.6 Schrifttum [1] Wiltzsch, M.: Erwartungswerte und höchste zulässige Werte der Schallemission von Industrie-Zahnradgetrieben. Maschinenbautechn. 25 (1976), Nr. 7, S. 294 –300. [2] Trethewey, M.; Eversen, H. A.: Development and application for multiple input models for structural noise source identification of forge hammers. J. Acoust. Soc. Amer. 75 (1984), Nr. 4, S. 1092–1104. [3] Schirmer, W.; u. a.: Lärmminderung an Maschinen: Arbeitsmethoden und Beispiele. Beitr. f. d. Praxis Nr. 41. Dresden: Zentralinst. f. Arbeitsschutz/Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitshygiene 1984. [4] Költzsch, P.: Geräuschentstehung und -minderung bei Strömungsgeräuschquellen. In: Taschenbuch Akustik. Hrsg. Fasold, W.; Kraak, W.; Schirmer, W. Berlin: Verl. Technik, 1984. [5] Stüber, B.; u. a.: Strömungsgeräusche. In: Taschenbuch der Technischen Akustik. Hrsg. Müller, G.; Möser, M. 3. Aufl. Berlin: Springer, 2004. [6] Katalog Lärmminderungsmaßnahmen. Z. Arbeitsschutz u. Arbeitshyg. Dresden, Beil. 1976 bis 1990. [7] Dietz, P.; Gummersbach, F.: Lärmarm konstruieren XVIII, Systematische Zusammenstellung maschinenakustischer Konstruktionsbeispiele, Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Fb 883, Beispielsammlung auf CD-ROM, Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 2000 [8] Fuchs, H.V.; Gießelmann, K.: Geräuscherzeugung bei der Durchströmung poröser Materialien. In: Tagungsband DAGA 1981, S. 385 – 388. Berlin: VDE-Verl., 1981. [9] Lärmschutz-Arbeitsblatt LSA 05-351 Geräuschminderung an pneumatischen Anlagen; Geräuschgeminderte Druckluftdüsen. Bearb. Fischer, S.; Hertwig, R. Hrsg. Hauptverb. d. gewerbl. Berufsgenoss. Köln: Carl Heymanns, 1987. [10] Föller, D.: Untersuchung der Anregung von Körperschall in Maschinen und der Möglichkeiten für eine primäre Lärmbekämpfung. Diss. Tech. Hochsch. Darmstadt, 1972.
234
W. Schirmer
[11] Schirmer, W.: Geräuschentstehung durch Schwingungen von Maschinenstrukturen und ihre Verminderung. In: Taschenbuch Akustik. Hrsg. Fasold, W.; Kraak, W.; Schirmer, W. Berlin: Verl. Technik, 1984. [12] Krause, W.: Lärmminderung in der Feinwerktechnik. Düsseldorf: VDI-Verl., 1994. [13] VDI 3720 Bl. 7/ Entw. 06.89 Lärmarm Konstruieren; Beurteilung von Wechselkräften bei der Schallentstehung. [14] VDI 3720 Bl. 4/01.84 Lärmarm Konstruieren; Rotierende Bauteile und deren Lagerung. [15] Wildoer, J.; Knothe, K.: Ein Beitrag zur Beschreibung der Körperschallanregung durch Kurvengetrieben. Z. f. Maschinenbautech. 22 (1984), Nr. 9, S. 412– 414. [16] Gatzen, H. H.: Bestimmung der Nutz- und Störbeschleunigungen bei Kurvengetrieben: Ein Beitrag zur dynamischen Auslegung von Kurvengetrieben. Diss. Tech. Hochsch. Aachen, 1976. [17] Föller, D.: Maschinenakustik. In: Dubbel: Taschenbuch für den Maschinenbau. Hrsg. Beitz, W.; Küttner, K.-H. 17. Aufl. Berlin: Springer, 1990. [18] Storm, R.: Untersuchung der Einflussgrößen auf das akustische Übertragungsmaß von Maschinenstrukturen. Diss. Tech. Hochsch. Darmstadt, 1980. [19] Kollmann, F.G.: Maschinenakustik. Berlin: Springer, 1993. [20] Heckl, M.; Nutsch, J.: Körperschalldämmung und -dämpfung. In: Taschenbuch der Technischen Akustik. Hrsg. Müller, G.; Möser, M. 3. Aufl. Berlin: Springer, 2004. [21] Lyon, R. H.: Machinery noise and diagnostics. Boston: Butterworth, 1987. [22] Falk, E. M.: Beeinflussung des akustischen Übertragungsverhaltens der Maschinenstruktur an einer Textilmaschine. Maschinenbautech. 34 (1985), Nr. 8, S. 369 – 373. [23] Schmidt, K.-P.: Lärmarm Konstruieren III; Änderung der Eingangsimpedanz als Maßnahme der Lärmminderung. Hrsg. Bundesanst. f. Arbeitsschutz Dortmund, Fb 169. Bremerhaven: Wirtschaftsverl., 1979. [24] Scheuren, J.: Aktive Beeinflussung von Schall und Schwingungen. In: Taschenbuch der Technischen Akustik. Hrsg. Müller, G., Möser, M. 3. Aufl. Berlin: Springer, 2004. [25] DIN EN ISO 11689, Akustik; Vorgehensweise für den Vergleich von Geräuschemissionswerten für Maschinen und Geräte, März 1997. [26] DIN EN ISO 11689-1, Akustik; Richtlinien für die Gestaltung lärmarmer Maschinen und Geräte, Teil 1 Planung, Oktober 1998. [27] DIN EN ISO 11689-2, Akustik; Richtlinien für die Gestaltung lärmarmer Maschinen und Geräte, Teil 2 Einführung in die Physik der Lärmminderung durch konstruktive Maßnahmen, März 2001 [28] Arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse: Handlungsanleitung für die Praxis/ Lärmminderung. Hrsg. Bundesanst. f. Arbeitsschutz und Arbeitshygiene Dortmund, in loser Folge seit 1979. [29] Lärmschutz-Arbeitsblätter LSA. Hrsg. Hauptverb. d. gewerbl. Berufsgenoss. Köln: Carl Heymanns, in loser Folge seit 1975. [30] Dietz, P. u. a.; Entw. 2005 VDI 3720, Konstruktion lärmarmer Maschinen und Anlagen; Rahmenrichtlinie und Beispielsammlung. [31] Richards, E. J.: Vibration and noise relationsships: Some simple rules for the machinery design engineer. Noise Control Engineer. J. 20 (1983), Nr. 2, S. 46 – 60. [32] Dittrich, M.G.: EQUIP+ User Manual V3.0, Delft: TNO, 2003. [33] Guiking, D.: Aktive Lärm- und Schwingungsminderung - Von einer Labor-Kuriosität zum technischen Produkt, 2003, 140 Literaturangaben. URL: http://www.dpi.physik.uni-goettingen.de/guiking/ANVC-Überblick.
8. Ventilatorgeräusche L. Schmidt
Ventilatoren sind in großer Zahl im Einsatz, um gasförmige Medien, insbesondere Luft durch Rohrleitungen und Kanäle, zu bewegen. Dabei erzeugen sie Geräusche, deren Intensität mit der strömungsmechanischen Leistung des Ventilators ansteigt. In diesem Abschnitt werden die Ursachen dieser Geräusche und deren Abhängigkeit von den Betriebsparametern beschrieben, der Schallleistungspegel und seine spektrale Verteilung abgeschätzt sowie Hinweise zur Lärmminderung an Ventilatoren gegeben.
8.1 Ventilatorbauarten Die Ventilatorbauart wird nach der Durchströmrichtung des Ventilatorlaufrades unterschieden. Es gibt Axialventilatoren, Diagonalventilatoren, Radialventilatoren und Trommelventilatoren (Bild 8–1). Je nach Anordnung von Strömungsleitschaufeln werden Axialventilatoren eingeteilt in solche ohne Leitrad, mit Vorleitrad und mit Nachleitrad. Diagonalventilatoren werden sowohl als Halbaxialventilator ohne umlaufendes Schaufeldeckband als auch als Halbradialventilator mit umlaufendem Schaufeldeckband (Raddecke) ausgeführt. Bei Radialventilatoren teilt man die Ventilatorlaufräder nach dem Schaufelaustrittswinkel β2 gegenüber der Laufradumfangstangente ein in solche mit rückwärtsgekrümmten Schaufeln (β2 < 90°), solche mit radial endenden Schaufeln (β2 = 90°) und solche mit vorwärtsgekrümmten Schaufeln bzw. Trommelventilatoren (β2 > 90°). Zur Vergrößerung des Luftdurchsatzes werden Radialventilatoren auch zweiflutig ausgeführt, d.h. mit zwei gegenüberliegenden Ansaugöffnungen. Die Auswahl der Ventilatorbauart, und damit der Laufradform, erfolgt nach solchen Gesichtspunkten wie Leistungsanforderungen, Einsatzbedingungen (Temperatur, Feststoffpartikel im Fluid), Raumbedarf und Schallemission.
Bild 8–1. Bauarten von Ventilatorlaufrädern. a) Axialventilator, Strömung axial – axial; b) Halbaxialventilator, Strömung axial – diagonal; c) Halbradialventilator, Strömung axial – diagonal; d) Radialventilator, Strömung axial – radial; e) Trommelventilator, Strömung axial – radial
236
L. Schmidt
8.2 Ventilatorkennzahlen Für die Ventilatorauswahl sind von der Auslegung und dem prozesstechnischen Ablauf · der lufttechnischen Anlage im Allgemeinen die Leistungsgrößen Volumenstrom V und Totaldruckerhöhung ∆pt vorgegeben. Um den hinsichtlich seiner Bauart, Drehzahl n, Laufraddurchmesser d2, Wirkungsgrad η und Antriebsleistung PW am besten geeigneten Ventilator zu finden sowie seine voraussichtliche Schallemission abzuschätzen, bedient man sich der dimensionslosen Kennzahlen · 4V – Lieferzahl ϕ = 84 , (1) πd 22 u2 2 ∆ pt – Totaldruckzahl ψ t = 82 , (2) ρ u 22 · V ∆p – Wirkungsgrad η = 82t , (3) PW mit der Fluiddichte ρ und der Laufradumfangsgeschwindigkeit u2 nach Gl. (15). Aus diesen Kennzahlen werden weitere als Kombinationen abgeleitet, wie – Leistungszahl
ϕψ Λ=6, η
(4)
– Durchmesserzahl
ψ 0,25 δ=8 , ϕ 0,5
(5)
– Schnelllaufzahl
ϕ 0,5 σ=8 , ψ 0,75
(6)
Diese Kennzahlen bilden für einen Ventilatortyp das aerodynamische Schema mit den Funktionen ψt = f (ϕ) , η = f (ϕ ) , λ = f (ϕ) und sind die Grundlage für die Konstruktion einer Baureihe geometrisch ähnlicher Ventilatoren. In der Praxis hat sich die Ventilatorauswahl nach dem Cordier-Diagramm [4, 16] bewährt, worin die Bauarten ihrem optimalen Einsatzbereich zugeordnet sind (Bild 8–2).
Bild 8–2. Cordier-Diagramm zur Ventilatorauswahl. 1 Wertebereich für Trommelventilatoren
8. Ventilatorgeräusche
237
8.3 Ventilatorkennlinie Jede Ventilatorbauart hat ihre charakteristische Kennlinie, deren Verlauf mit Bezug auf den Punkt des maximalen Wirkungsgrades sich von dem anderer Bauarten stark unterscheidet. Im Kennlinienverlauf gibt es je nach Ventilatortyp Abschnitte mit positivem und negativem Gradienten dψ/dϕ, Wendepunkte und Abschnitte mit Hysterese (Bild 8–3).
8.4 Ventilatorbetriebspunkt Jeder Ventilator fördert das Strömungsmedium gegen einen Strömungswiderstand, der im einfachsten Fall des Wandringventilators fast nur aus dem Austrittsenergieverlust in der Strömung nach dem Ventilator besteht. In einer lufttechnischen Anlage kommen Reibungsverluste und Formwiderstände, wie Abzweigungen, Umlenkungen, Querschnittssprünge, Schalldämpferkulissen u.a., hinzu. · Dieser Druckverlust in dem Leitungssystem ist eine Funktion des Volumenstromes V in der Form · ρ V 2 ∆ pv = ζges 3 4 (7) 2 S
()
mit der Kanalquerschnittsfläche S und dem Druckverlustbeiwert ζ. Sind in der lufttechnischen Anlage z. B. Schwebstofffilter oder Wäscher eingebaut, dann verringert sich der Exponent in Gl. (7) gegen 1,7 bis 1,5. Der Betriebspunkt des Ventilators ist der Schnittpunkt seiner Kennlinie mit der Anlagenkennlinie (s. Bild 8–3).
Bild 8–3. Aerodynamische Kennlinien verschiedener Ventilatorbauarten. 1 Trommelventilator β2 >90°, 2 Radialventilator β2 >90°, 3 Radialventilator β2 = 90°, 4 Radialventilator β2 < 90°, 5 Diagonalventilator β2 < 90°, 6 Axialventilator d1/d2 = 0,63, 7 Anlagenkennlinie
238
L. Schmidt
8.5 Geräuschentstehung Die Geräusche am und im Ventilator werden von strömungsmechanischen und mechanischen Geräuschquellen mit unterschiedlichem Quellmechanismus erzeugt. Bei den strömungsmechanischen Geräuschquellen sind das die Strömungskräfte an den Schaufeln des Ventilatorlaufrades und den Leitschaufeln sowie an den Innenflächen des Ventilatorgehäuses. Bei den mechanischen Geräuschquellen handelt es sich um Schwingungen unausgeglichener, rotierender Massenkräfte, Körperschallemissionen von Wälzlagern sowie mechanische Resonanzen der Ventilatorbauteile. Strömungsgeräusche haben ein breitbandiges Frequenzspektrum, das mehr oder weniger von diskreten Frequenzkomponenten überragt wird (Bild 8–4). Hervorgerufen werden diese diskreten Frequenzkomponenten von der Volumenverdrängung des Fluids durch die Laufradschaufeln, durch die rotierenden stationären und instationären Strömungskräfte an den Laufrad- und Leitradschaufeln sowie von der gegenseitigen Beeinflussung der Strömungskräfte in benachbarten Schaufelgittern (Interferenz). Weil die Schaufeln in den Schaufelgittern fast immer äquidistant angeordnet sind, verursachen die Laufrad- und Leitradschaufeln bei jeder Laufradumdrehung eine der Schaufelzahl und der Drehzahl zu zuordnende diskrete Frequenzkomponente fz , den Drehklang, sowie deren Harmonische i = 1; 2; …, die sich aus der Drehzahl des Ventilatorlaufrades n [min–1] und der Laufradschaufelzahl z1 ergeben nach n fz = i z1 5 . 60
(8)
Wegen dieser Interferenz zwischen den Strömungskräften an den Laufschaufeln und den Leiteinrichtungen, wie Drallregler, Nachleitapparat oder regelmäßig angeordneten Haltestreben und Abstützungen, beeinflusst das Verhältnis der Anzahl der Leitschaufeln z0 zur Laufschaufelzahl z1 die Intensität der diskreten Frequenzkomponente stark [15]. Schaufelzahlverhältnisse wie 1:1, 1:2, 2:3 sind zu vermeiden. Beim Frequenzspektrum eines Axialventilators mit dem Schaufelzahlverhältnis 1:1 bestimmt der Drehklang den Gesamtschallleistungspegel. Das Geräusch ist wegen dieser tonalen Frequenzkomponente extrem unangenehm (Bild 8–5). Mit größerer Leitschaufelzahl sinkt die tonale Frequenzkomponente erheblich ab, das Spektrum wird breiter und der Drehklang sowie die Interferenztöne treten weniger auffallend hervor, weil der Wirbellärm ansteigt. Die geringsten Terzschallpegel der tonalen Frequenzkomponenten zeigt in Bild 8–5 der Ventilator mit dem Schaufelzahlverhältnis 9:11, wobei zNL die niedrigste Primzahl der untersuchten Serie ist.
Bild 8–4. Frequenzspektrum des Ventilatorgeräusches
8. Ventilatorgeräusche
239
Der niederfrequente Teil des Ventilatorgeräusches hängt von der Gleichförmigkeit der Zuströmung zum Ventilatorlaufrad ab [17]. Eine stark verwirbelte, über dem Umfang des Ventilatorlaufrades ungleichmäßige Zuströmung durch z.B. einen vor dem Ventilator angeordneten Rohrkrümmer erzeugt eine diskrete Frequenzkomponente bei der Schaufelumlauffrequenz n/60, da bei jeder Umdrehung die Schaufel durch eine Störung läuft. Diese periodisch stochastische Veränderung der Zuströmung bewirkt eine entsprechende Veränderung der an der Schaufel angreifenden Luftkräfte nach Betrag und Richtung und damit neben der tonalen Frequenzkomponente auch ein breitbandiges, niederfrequentes Geräusch (Bilder 8–4 und 8–6). Durch die Drehbewegung des Ventilatorlaufrades entsteht mit der Umströmung an jeder Schaufel eine Druckverteilung, die die vom Antriebsmotor aufgebrachte mechanische Leistung auf das Fluid als strömungsmechanische Leistung · (9) Pmech = ∆ ptV überträgt. Durch Reibungsvorgänge wird im Fluid und in seiner Grenzschicht an den überströmten Oberflächen auch Strömungsenergie in Wärme und Schall umgewandelt. Der strömungsmechanisch-akustische Umsetzungsgrad ηak = Pak /Pmech
(10)
Bild 8–5. Einfluss der Leitschaufelzahl z0 auf das Frequenzspektrum. z1 = 9; z0 = 9 (쐌), 10 (왓), 11 (왕), 12 (왏), 13 (앳)
Bild 8–6. Einfuss eines 90°Rohrkrümmers auf die Schallemission eines Axialventilators [8–17]. 1 Drehklang, 2 niederfrequente Geräuschanteile, x Abstand vom Krümmer zum Ventilator, D Kanaldurchmesser
240
L. Schmidt
Bild 8–7. Schema der Modellbildung strömungsmechanischer Lärmquellen nach [10]
als das Verhältnis der Schallleistung Pak zur strömungsmechanischen Leistung Pmech erreicht je nach Ventilatortyp und Qualität seiner aerodynamischen Auslegung Werte zwischen 10–8 und 10–5 [10]. Bei Antriebsleistungen der Ventilatoren von 100 W, z.B. im PC, bis zu 10 MW, z.B. Saugzugventilatoren in Großkraftwerken ergeben sich Schallleistungen von 10–6 W bis 100 W, d.h., der Schallleistungspegel liegt im Bereich von 60 bis 140 dB. Aus der Theorie der strömungsmechanischen Geräuschentstehung, die sich auf die grundlegenden Arbeiten von Lighthill zur Lösung der inhomogenen Wellengleichung stützt, sind die Potenzgesetze der strömungsmechanischen Lärmquellen abgeleitet worden [9], die eine Abschätzung der durch die fiktiven akustischen Elementarstrahler Monopol, Dipol und Quadrupol emittierten Schallleistung erlauben (Bild 8–7) [10]. Mit Hilfe der akustischen Elementarstrahler lassen sich die strömungsmechanischen Lärmquellen am und im Ventilator systematisch ordnen (Bild 8–8) [9], Möglichkeiten zur Verringerung der Schallemission einschätzen und die Grenzen der Emissionswerte beurteilen. Beim Ventilator dominieren Dipolstrahler die Geräuschentstehung. Ihre Schallleistung folgt dem Potenzgesetz PDipol ~ ρ0 U3 L2 Ma3 .
(11)
Sie ist proportional der Dichte des ruhenden Fluids ρ0, der dritten Potenz einer charakteristischen Geschwindigkeit U, der zweiten Potenz einer charakteristischen Länge L und der dritten Potenz der Mach-Zahl Ma = U/c als dem Verhältnis der charakteristischen (Strömungs-)Geschwindigkeit U zur Schallgeschwindigkeit c im Fluid. Prinzipiell wirkt jeder schwingende Körper, dessen Linearabmessungen klein gegenüber der Schallwellenlänge sind, als Dipolstrahler. Sie entstehen beim Ventilator überall dort, wo durch die Strömung an festen Berandungen und umströmten Bauteilen fluktuierende Strömungskräfte hervorgerufen werden. Die Laufradschaufeln, bei Axialventilatoren die Nachleitschaufeln und beim Radialventilator die Gehäusezunge sind typische Dipolstrahler. Für die Berechnung der Ventilatorschallleistung sind viele zugeschnittene Größengleichungen vorgeschlagen worden. Madison [14] führt zur Berechnung des Schall-
241
8. Ventilatorgeräusche
Bild 8–8. Ordnungsprinzip der strömungsmechanischen Lärmquellen [9]
leistungspegels den spezifischen Schallleistungspegel LWspez ein, dessen Größe vom Ventilatortyp und vom Betriebspunkt auf der dimensionslosen Kennlinie abhängt. [20] und [21] verwendet ebenfalls diese Vorgehensweise. In der Praxis sind für die Beurteilung des Ventilatorgeräusches an maßgeblichen Immissionsorten Immissionsrichtwerte in dB(A) vorgeschrieben. Zuerst wird hier deshalb der A-bewertete Schallleistungspegel des Ventilators abgeschätzt. Man geht von der Ventilatordrehzahl n = 2900 min–1 aus und berechnet den A-bewerteten Schallleistungspegel nach Gleichung · V ∆ pt L WA = L WA spez, 2900 + ∆Ln + 10 · lg 5 (12) · dB + 20 · lg 7 dB V0 ∆ p0 · die aus Gl. (11) abgeleitet wird. Die Bezugsgrößen sind V0 = 1 m3/s und ∆p0 = 1 Pa. Der spezifische A-bewertete Schallleistungspegel entspricht damit für eine Laufraddrehzahl –1 dem A-bewerteten Schallleistungspegel des Ventilators mit den Bevon 2900 min · triebsdaten V = 1 m3/s und ∆pt = 1 Pa. Für die aus Messungen an Ventilatorbaureihen unterschiedlichster Bauarten gewonnenen spezifischen A-Schallleistungspegel für n = 2900 min–1 ist in Bild 8–9 ein schraffierter Bereich über der Durchmesserzahl δ eingetragen. Kann wegen fehlender Ventilatordaten, insbesondere dem Laufraddurchmesser d2 , die Durchmesserzahl δ nicht berechnet werden, dann wird der spezifischen A-Schallleistungspegel über dem unterhalb der Abszisse der Durchmesserzahl schematisch dargestellten Laufradschnitt der Ventilatorbauart abgelesen. Das Durchmesserverhältnis von Ansaugdurchmesser d0 zu Laufraddurchmesser d2 wird mit wachsender Durchmesserzahl δ immer kleiner. Zur Umrechnung des spezifischen A-Schallleistungspegels LWAspez, 2900 auf andere Betriebsdrehzahlen verwendet man den Ausdruck
( )
(
n
( )
)
∆Ln = K · log 08 dB 2900 min–1
In (13) gilt für Axialventilatoren K = 8,5 und für Radialventilatoren K = 17,3.
(13)
242
L. Schmidt
Bild 8–9. Spezifischer A-Schallleistungspegel von Ventilatoren für n = 2900 min–1 nach [6]. 1 Axialventilatoren, 2 Radialventilatoren
Zur Abschätzung des Oktavspektrums des Schallleistungspegels wird die Oktavpegelkorrektur nach Bild 8–10 benutzt. Es gilt L Woct = L WA + ∆ L oct – ∆ L n .
(14)
Typisch für Ventilatorgeräusche ist, dass mit wachsender Umfangsgeschwindigkeit u2 der Schallleistungspegel nicht nur anwächst, sondern sich auch das Frequenzspektrum als Ganzes zu höheren Frequenzen hin verschiebt. Für die normierte Darstellung der Frequenzachse als dimensionslose Frequenz ist die Strouhal-Zahl Sr in verschiedenen Definitionen geeignet. Sr = fm · d2/u2 = fm · 60/(π · n)
(15)
In Gl. (15) bedeuten fm die Oktavmittenfrequenz in Hz, d2 der Laufraddurchmesser in m und n die Betriebsdrehzahl in min–1 sowie u2 die Laufradumfangsgeschwindigkeit in m/s nach n u2 = π · 5 · d2 60
(16)
Mit der oben beschriebenen Verschiebung des Frequenzspektrums zu höheren Frequenzen ist in Gl. (14) die Drehzahlkorrektur nach Gl. (13) zu subtrahieren. Tritt im Ventilatorgeräusch eine tonale Komponente des Drehklanges auf, dann ist mit einer Laufradschaufelzahl zl diese der Strouhal-Zahl Sr = zl /π zuzuordnen und ggf.
8. Ventilatorgeräusche
243
Bild 8–10. Relatives Oktavspektrum nach [6]. 1 Axialventilatoren, 2 Radialventilatoren, 3 Trommelventilatoren
dafür ein Zuschlag von 3...4 dB bei der entsprechenden Oktavmittenfrequenz nach Gl. (14) zu addieren.
8.6 Kennlinie und Geräuschemission · · Bei Drosselung des Ventilators, d.h. im Bild 8–3 die Verringerung von V/Vη max durch Erhöhung des Anlagenwiderstandes z.B. durch eine Drosselklappe, durchläuft die Schallemission ein Minimum. Dieses liegt etwas rechts vom Punkt des maximalen Wirkungsgrades ηmax . Mit der Drosselung des Ventilators verändert sich auch das Frequenzspektrum. Während bei starker Drosselung (links vom Wirkungsgradmaximum) im Frequenzspektrum die niederfrequenten Geräuschanteile dominieren, bestimmen bei geringer Drosselung (rechts vom Wirkungsgradmaximum) die diskreten Frequenzkomponenten und die Strömungsgeräusche im mittleren Frequenzbereich die Geräuschemission. Bei Ventilatoren, deren Kennlinienverlauf Wendepunkte und unstetige Bereiche hat (s. Bild 8–3), zeigt die gegenüber benachbarten Betriebspunkten erhöhte Geräuschemission an, dass der Ventilator in einem solchen kritischen Kennlinienbereich arbeitet. Je nach Verlauf des Kennliniengradienten δψ/δϕ unterscheidet man stabile, instabile und instationäre Betriebspunkte [2]. Liegt der Betriebspunkt des Ventilators in einem Bereich mit positivem Gradienten, dann ist das System Ventilator – lufttechnische Anlage zu Schwingungen der darin enthaltenen Luftsäule fähig. Als Ursache der dabei entstehenden niederfrequenten Geräusche wird häufig eine geringe Auswuchtgüte des Ventilatorlaufrades vermutet. Diese niederfrequenten Schwingungen (30 bis 80 Hz) zeigen aber periodisch instationär ablaufende Füll- und Entleerungsvorgänge größerer Leitungsvolumen an, die in Anlehnung an die Vorgänge bei Kolbenmaschinen als „Pumpen“ bezeichnet werden. Der Betriebspunkt ist dynamisch instabil und tritt sowohl bei Axial- als auch bei Radialventilatoren auf. Man unterscheidet im Zusammenwirken von Ventilator- und Anlagenkennlinie die Betriebszustände nach Tabelle 8–1. Tritt ein dynamisch instabiler Betriebspunkt auf, kann dieser durch ein neues Ventilatorlaufrad mit anderem Kennlinienverlauf, die Veränderung des Betriebspunktes durch
244
L. Schmidt
Tabelle 8–1. Betriebspunkte und Betriebszustände Betriebspunkt
nach einer kleinen Störung stellt sich ein
Betriebszustand
stabil statisch instabil dynamisch instabil
der ursprüngliche Betriebspunkt ein neuer Betriebspunkt eine periodische Bewegung des Betriebspunktes
stationär stationär instationär
Drosselung oder die Anbringung eines Bypass-Kanals vermieden werden. Durch den Bypass-Kanal wird ein Teil des Fluids von der Ausblasseite zur Ansaugseite des Ventilators zurückgeführt, der Ventilator muss einen größeren Volumenstrom fördern und wird auf dem monoton fallenden Teil der Kennlinie bei einem stabile Betriebspunkt arbeiten, der durch eine Drosselklappe im Bypass-Kanal einfach eingestellt werden kann. Diese Maßnahme sollte nur angewendet werden, wenn der Einbau eines neuen Laufrades höhere Kosten verursacht. Dabei ist zu beachten, dass durch den Bypass-Betrieb eine höhere Leistungsaufnahme und damit höhere Betriebskosten entstehen. Bild 8–11 zeigt am Beispiel eines Axialventilators mit Kulissenschalldämpfer den beschriebenen Einfluss auf die Geräuschemission. Durch die Stabilisierung der Kennlinie des Axialventilators mit Nachleitrad wird eine deutliche Verringerung des Geräusches erreicht.
8.7 Konstruktive Maßnahmen und Geräuschemission Bei Radialventilatoren stellt die Gehäusezunge, die den Anfang des Spiralgehäuses von dem Ausblasstutzen trennt, eine dominierende Dipolquelle dar. Leidel weist in [13] nach, dass bei einem Abstand der Zungenvorderkante von der Laufschaufelaustrittskante von ≈ 0,125 d2 und einem Zungenradius r = 0,1 d2 sowohl die niedrigsten tonalen Frequenzkomponenten als auch der geringste Wirbellärm auftreten. Ein Abschrägung der Zungenvorderkante gegenüber der Schaufelaustrittskante ergibt ebenfalls eine
Bild 8–11. Axialventilator mit Schalldämpfer und Kennlinienstabilisierung. 1 ohne Schalldämpfer, LA = 82 dB(A), 2 mit Schalldämpfer, LA = 79 dB(A), 3 mit Schalldämpfer und Kennlinienstabilisierung, LA = 69 dB(A)
245
8. Ventilatorgeräusche
Verringerung der tonalen Frequenzkomponente des Drehklangs, erfordert aber einen höheren Fertigungsaufwand. Der Abstand zwischen der Schaufelaustrittskante und der Zungenvorderkante kann durch den Anbau eines mit dem Laufrad umlaufenden, schaufelfreien Radialdiffusors ohne Verschlechterung der aerodynamischen Kenndaten vergrößert werden. Im umlaufenden Radialdiffusor gleichen sich die unmittelbar am Schaufelaustritt bestehenden, stark über dem Umfang schwankenden Nachlaufgebiete der Strömung so aus, dass am Austritt aus dem Radialdiffusor und damit beim Auftreffen der Strömung auf die Gehäusezunge ein nahezu gleichförmiger Geschwindigkeitsverlauf in Umfangsrichtung entsteht. Auf die gleiche Art und Weise beeinflusst der Abstand zwischen den Vorleitschaufeln und den Laufschaufeln bzw. diesen und den Nachleitradschaufeln die tonalen Frequenzkomponenten beim Axialventilator. Dieser axiale Abstand x zwischen einer Schaufelaustrittskante und der darauffolgenden Schaufeleintrittskante sollte sein x > 0,05 · (a + 2b) ,
(8.18)
wobei a die axiale Abmessung der Laufradschaufeln und b die der Vorleitradschaufeln ist [19]. Die teilweise Versperrung des Zuströmquerschnitts, z.B. durch Laubanflug auf dem Schutzgitter, verursacht beim frei ansaugenden Ventilator eine Erhöhung der tonalen Frequenzkomponenten. Sind vor dem Ventilatorlaufrad Streben aus konstruktiven Gründen unvermeidbar, sind diese so weit wie möglich vor dem Laufrad anzuordnen. Dabei ist es von Vorteil, wenn der Strebenquerschnitt in Strömungsrichtung so flach wie möglich ausgeführt wird. Zylindrische Streben sind ungünstiger als solche mit rechteckigem Querschnitt, dessen Kanten aber immer abgerundet werden sollten.
8.8 Einfluss der Einbausituation Die Geräuschemission des Ventilators wird durch die Einbausituation beeinflusst, denn die von einer Schallquelle abgestrahlte Schallleistung hängt von der Impedanz der Quelle und der Lastimpedanz ab. Für den Fall des einseitig offenen Ventilators gilt beispielsweise Z ′L S L W = L Wρc + 10 · log 8 ρc
(ρ c /S + ZQ′ )2 + (Z Q″ )2 dB 0000 (ZQ′ + Z ′L )2 + (Z Q″ + Z ″L )2
( )(
)
(19)
mit dem Schallleistungspegel LW, den der Ventilator in den angeschlossenen Kanal mit der Querschnittsfläche S emittiert. LWρc ist der vom Ventilator in einen Kanal emittierte Schallleistungspegel, wenn der Kanal mit der Lastimpedanz ρc/S abgeschlossen ist. Diese Geräuschkenngröße wird nach den Vorschriften in [5] als LW3 oder LW4 bestimmt. Die akustische Impedanz des Ventilators als Schallquelle in der Bezugsebene ist ZQ = ZQ′ + jZ Q″ und die akustische Lastimpedanz des Kanalsystems in der Bezugsebene ist ZL = Z ′L + jZ L″ . Durch die Lastimpedanz eines Kanalstückes, dessen Länge mit der Wellenlänge des Drehklanges korrespondiert nach
(
)
l 1 i He = 3 = 3 + 3 mit i = 0; 1; 2; … , λ 4 2
(20)
kommt es zu einer wesentlichen Anhebung der tonalen Frequenzkomponente [1]. Das Verhältnis einer geometrischen Länge zur Schallwellenlänge ist die Helmholtz-Zahl He.
246
L. Schmidt
8.9 Stand der Technik Die Vielzahl der Einflüsse aus der Aerodynamik und der Konstruktion des Ventilators auf die Geräuschentstehung und -abstrahlung lässt keine scharfe Abgrenzung der Kenngrößen zu, die den Stand der Technik bei der Geräuschemission beschreiben. In [20] wird versucht, aus einer schalltechnischen Untersuchung an 132 Axial- und Radialventilatoren den Stand der Technik bezüglich der Geräuschemission von Ventilatoren abzuleiten. Die bei diesen Untersuchungen gefundenen Werte der Standardabweichung betragen je nach Ventilatorbauart ±3 bis ±5 dB. Die Fortschritte der numerischen Verfahren in der Strömungsmechanik und Strömungsakustik [3] haben zu weiteren Berechnungsmodellen und -verfahren geführt, die aber als Voraussetzung für die Berechnung der Schallemission detaillierte Angaben zur Ventilatorgeometrie, insbesondere der des Laufrades voraussetzen. Neben diesen Unterlagen sind umfangreiche strömungstechnische Voruntersuchungen und Messungen notwendig, um die Verfahren zur separaten Betrachtung verschiedener Geräuschentstehungsmechanismen anwenden zu können. Mit den komplexeren Berechnungsverfahren können aber ungeachtet ihres erheblichen Aufwandes die Einflüsse strömungstechnischer und konstruktiver Parameter auf die Schallemission studiert werden.
8.10 Ventilator und Schalldämpfer Zur Verminderung des Ventilatorgeräusches werden meist Schalldämpfer verwendet, die, an die Kanalquerschnittsform angepasst, als Rohr- oder Kulissenschalldämpfer ausgeführt sind (s. Abschn. 9). Ist das Fluid mit mechanischen Stäuben belastet und beträgt seine Temperatur mehr als 200 bis 300°C, dann sind Spezialschalldämpfer (abgedeckte Absorber, Resonatorkulissenschalldämpfer [12]) einzusetzen [18]. Bestrebungen, die Gehäuse von Ventilatoren als Schalldämpfer auszuführen, haben gezeigt, dass durch die gelochte Gehäuseoberfläche, hinter der der Absorber liegt, erhebliche Strömungsverluste auftreten, die den Wirkungsgrad des Ventilators um bis zu 10% verschlechtern. Die mit einer derartigen Anordnung ereichte Dämpfung entspricht nur der, die mit einem nachgeordneten Schalldämpfer gleichen Materialeinsatzes auch erreicht wird [7, 11].
Bild 8–12. Schalldämpferlängen für Radial- und Axialventilatoren bei gleicher Förderleistung und gleicher Einfügungsdämpfung
8. Ventilatorgeräusche
247
Wenn im Planungsstadium einer lufttechnischen Anlage erkennbar wird, dass bei dem betrachteten Einsatzfall Schalldämpfer erforderlich sind, ist zu überlegen, ob ein Axial- oder Radialventilator eingesetzt wird. Aus dem unterschiedlichen Verlauf der Frequenzspektren für diese Ventilatorbauarten kann sich bei differenzierterer Betrachtung ergeben, dass beim „lauteren“ Axialventilator eine gegenüber dem leistungsgleichen Radialventilator kürzere Schalldämpferlänge genügt. Das folgt daraus, dass im Frequenzspektrum des Axialventilators die höchsten Pegel in dem Frequenzbereich liegen, in dem auch die Absorptionsschalldämpfer mit Absorberdicken von 100 bis 200 mm die größte längenspezifische Dämpfung Dh haben. Um die im niederfrequenten Bereich liegenden Geräuschanteile von Radialventilatoren zu vermindern, sind größere Absorberdicken und längere Schalldämpfer notwendig. Bild 8–12 zeigt am Beispiel eines Kulissenschalldämpfers die erforderliche Schalldämpferlänge, um ein bestimmtes Einfügungsdämpfungsmaß De zu erreichen.
8.11 Schrifttum [1] Baade, P. K.: Die Behandlung des Axialventilators als akustisches Zweitor. Diss. Techn. Univ. Berlin (1971). [2] Carolus, T.:Theoretische und experimentelle Untersuchung des Pumpens von lufttechnischen Anlagen mit Radialventilatoren. Diss. Univ. Karlsruhe (1984). [3] Carolus, T.: Ventilatoren Aerodynamischer Entwurf, Schallvorhersage, Konstruktion B.G.Teubner/GWV Fachverlage GmbH Wiesbaden (2003). [4] Cordier, O.: Ähnlichkeitsbedingungen für Strömungsmaschinen. Brennstoff Wärme Kraft (1953) 5 Nr. 10 S. 337 – 340. [5] DIN 45635 T 38 (04.86) Geräuschmessung an Maschinen; Luftschallemission; Hüllflächen- Hallraum- und Kanalverfahren; Ventilatoren. [6] Schmidt, L.: Ventilatoren Kap 5.7 in Fasold, W., Kraak, W., Schirmer, W. (Hrsg) (1984) Taschenbuch Akustik T1. VEB Verlag Technik Berlin. [7] Gruhl, S., Biehn, K.: (1985) Lärmminderung bei axialen Strömungsmaschinen durch breitbandige Schallabsorption in Gitternähe – Möglichkeiten und Grenzen. Maschinenbautechnik (1985) 34 Nr. 11 S. 502 – 506. [8] Hardy, H. C.: (1963) Generalized theory for computing noise from turbulence in aerodynamic Systems (Verallgemeinerte Theorie zur Berechnung von Lärm durch Turbulenz in Lüftungsanlagen) (1963) ASHRAE-J Jan S95 – 100. [9] Költzsch, P.: Strömungsmechanisch erzeugter Lärm(1974) Habil. Schr. Techn. Univ. Dresden. [10] Költzsch, P.: Ordnungssystem für Strömungslärmquellen. Maschinenbautechnik (1980) 29 Nr. 6 S. 273 – 276. [11] Költzsch, P., Walden, F.: Lärmminderung an Radialventilatoren. Heizung Lüftung Haustechnik (1987) 38 Nr. 7 S. 353 – 358. [12] Kurze, U. J., Donner, U.: Schalldämpfer für staubhaltige Luft. Hrsg Bundesanstalt für Arbeitsschutz Dortmund Fb 574 Wirtschaftsverlag Bremerhaven (1989). [13] Leidel, W.: Einfluss von Zungenabstand und Zungenradius auf Kennlinie und Geräusch eines Radialventilators (1969) Dt Luft- und Raumfahrt FB 69-16. [14] Madison, R. D., Graham, J. B.: Fan noise Variation with changing fan Operation.(Ventilatorgeräuschschwankungen bei Änderung des Ventilatorbetriebspunktes) (1958) Heating Piping and Air Conditioning Jan. S. 208 – 214. [15] Nˇemec, J.: The blading of fans in its influence on noise (Der Drehklang von Ventilatoren mit seinem Einfluss auf den Lärm) (1962) 4. ICA – Kongr. Paper L 52. [16] Schlender, F., Klingenberg, G.: Ventilatoren im Einsatz, Anwendung in Geräten und Anlagen (1996) Düsseldorf VDI – Verlag.
248
L. Schmidt
[17] Schmidt, L.: Der Einfluss eines 90°-Rohrkrümmers auf die Schallemission eines Axialventilators (1976) Luft- und Kältetechnik Nr. 6 S. 287 – 290. [18] Schmidt, L.: (1987) Resonatorkulissenschalldämpfer für heiße und staubhaltige Gase. Freiberger Forschungshefte A 737 S. 101 – 118 Leipzig Verl. für Grundstoffindustrie. [19] Sharland, I. J.: Sources of noise in axial flow fans. (Lärmquellen in Axialventilatoren) (1964) J Sound Vibration Nr. 3 S. 302 – 322. [20] VDI 3731 Bl. 2/11.90 Emissionskennwerte technischer Schallquellen Ventilatoren. [21] VDI 2081 Bl.1/07.01 Geräuscherzeugung und Lärmminderung in Raumlufttechnischen Anlagen.
9. Absorptionsschalldämpfer W. Frommhold
9.1 Einführung Schalldämpfer haben die Aufgabe, den sich über Kanäle ausbreitenden Luftschall stark zu vermindern, ohne dabei die Fortleitung strömender Medien wesentlich zu behindern. Sie werden insbesondere in folgenden Fällen eingesetzt: – Verminderung der Schallausbreitung im Kanalsystem lufttechnischer Anlagen, – Verminderung der Schallabstrahlung von Strömungsmaschinen in die unmittelbare Umgebung (z. B. Ventilatoren, Verdichter, Turbo-Strahlantriebe), – Bedämpfung von Öffnungen, z. B. für die Be- und Entlüftung in akustischen Kapseln, – Bedämpfung von Öffnungen für den Transport oder die Be- und Entlüftung zwischen lärmerfüllten Räumen und Räumen mit Ruheanspruch. Im Folgenden sollen zunächst der Dämpfungsmechanismus und die Kenngrößen von Schalldämpfern erklärt werden. Anschließend werden Wirkungsweise, akustische Bemessung und konstruktive Ausführung von Absorptionsschalldämpfern (Kanalauskleidung mit einem homogenen porösen Absorber) ausführlich behandelt. Dabei wird auch der Einfluss der Strömung im Kanal (Kanaldämpfung, Strömungsgeräusch, Druckverlust) sowie der Temperatur betrachtet. Die Konzeption dieses Abschnittes basiert in wesentlichen Teilen auf den entsprechenden Abschnitten des Buches „Lärmbekämpfung“ in der ersten und zweiten Fassung [1]. Reflexionsschalldämpfer, wie sie insbesondere bei Verbrennungsmotoren zum Einsatz kommen und deren Wirkung auf der Schallreflexion an Querschnittssprüngen beruht, werden in diesem Buch nicht behandelt. Hierzu wird auf die Literatur verwiesen, z.B. [2, 3]. Auch auf die Darstellung von Systemen zur aktiven Lärmbekämpfung in Kanälen wird verzichtet und auf die Literatur verwiesen [4]. Selbstadaptierende elektromechanische Komponenten zur Erzeugung von Antischall in industriellen Kanälen sind heute kommerziell verfügbar. Als Vorteil ist eine breitbandige Dämpfung von etwa 15 dB im tieffrequenten Bereich ohne zusätzlichen Druckverlust zu nennen. Als Nachteil stehen dem die Beschränkung auf vergleichsweise enge Kanäle (die Wirksamkeit endet bei Einsatz der ersten Quermode im Kanal) und auf relativ niedrige Temperaturen und Strömungsgeschwindigkeiten gegenüber. Ebenfalls nur erwähnt wird der sog. „hybride“ oder „aktiv absorbierende“ Schalldämpfer, der in [5] beschrieben wird. Ausgangspunkt für diese Entwicklung war die Tatsache, dass alle üblichen Schalldämpfer weit unter dem theoretischen Höchstwert der Dämpfung (Cremer 1953) bleiben, denn diese erfordert bei tiefen Frequenzen eine extrem weiche Auskleidung der Kanalwand. Hier setzt die Idee einer
250
W. Frommhold
hybriden Absorberkassette (Mechel 1990) an, bei der ein passiver Resonator mit elektroakustischen Mitteln in die Nähe der Optimal-Impedanz gesteuert wird. Diese hybride Kassette stellt eine kleine Lautsprecherbox mit transparenter Abdeckung zum Kanal hin dar. Die Schwingspule wird von einem (analogen) Controller so angesteuert, dass die vom Schalldruck im Kanal bewirkte Membranauslenkung noch wesentlich vergrößert wird – was zur niedrigen Eingangsimpedanz der Kassette führt. Nach [5] erreichen die tieffrequenten Dämpfungswerte ein Mehrfaches herkömmlicher Schalldämpfer. Die Kassetten werden bereits industriell gefertigt und in Lüftungsanlagen eingesetzt.
9.2 Dämpfungsmechanismus Schallabsorbierende Kanäle besitzen eine Wandauskleidung, durch deren Dämpfungsmechanismus der sich ausbreitenden Schallwelle ein Teil der Schallenergie entzogen wird. Schallabsorber werden allgemein in [6, 7] beschrieben. Für den Einsatz in Schalldämpfern muss zusätzlich gefordert werden, dass die Schallausbreitung im Absorber in Richtung der Kanalachse unterbunden (Kassettierung) oder zumindest behindert ist. Absorptionsschalldämpfer Beim Absorptionsschalldämpfer (s. Bild 9–1) ist ein bestimmter Bereich des schalldämpfenden Kanals homogen mit einem porösen Absorber (Auskleidungstyp: Reibung), z. B. mit Mineral- oder Glaswolle bzw. offenporigem Schaum ausgefüllt. Durch Reibungsvorgänge in den Poren des schallabsorbierenden Materials wird die kinetische Energie der schwingenden Mediumsteilchen in Wärmeenergie umgewandelt. Relaxationsschalldämpfer Beim Relaxationsschalldämpfer (s. Bild 9–2) besteht die Wandauskleidung aus einer relativ dünnen homogenen Absorberschicht, hinter der sich ein kassettiertes Luftvolumen befindet (Auskleidungstyp: Reibung – Volumen). Zeitlich verzögerte Ausgleichsvorgänge zwischen den schwingenden Mediumsteilchen im Kanal und im kassettierten Luftvolumen hinter dem konzentrierten Strömungswiderstand (Relaxationsvorgänge) führen innerhalb des porösen Absorbers ebenso wie beim Absorptionsschalldämpfer zu einer Umwandlung der Schwingungsenergie in Wärmeenergie.
Bild 9–1. Prinzipieller Aufbau der Wandauskleidung eines Absorptionsschalldämpfers. 1 Kanalwand, 2 homogener poröser Absorber (z. B. Mineral-, Glas-, Metallwolle), 3 Abdeckung (z. B. Nesselgewebe, Drahtgewebe, Lochblech mit Loch-Flächen-Verhältnis > 30 %)
9. Absorptionsschalldämpfer
251
Bild 9–2. Prinzipieller Aufbau der Wandauskleidung eines Relaxationsschalldämpfers. 1 Kanalwand, 2 kassettiertes Luftvolumen, 3 homogene poröse Absorberschicht (z. B. Mineralwolleplatte, 20 mm dick), 4 Abdeckung (z. B. Nesselgewebe, Drahtgewebe, Lochblech mit Loch-FlächenVerhältnis > 30 %)
Resonanzschalldämpfer Resonanzschalldämpfer werden besonders für tiefe Frequenzen eingesetzt. Der Plattenresonator entsteht aus Bild 9-1, wenn die transparente Abdeckung durch eine Metallplatte ersetzt wird (Masse-Feder+Reibung). Für niedrige Resonanzfrequenzen werden Stahlbleche bis zu etwa 3 mm Dicke verwendet. Um deren Biegesteife klein zu halten, ist eine Mindestgröße der Platte von etwa 0,5 m2 sowie eine gelenkige Lagerung am Plattenrand erforderlich [7]. Beim Rohrschalldämpfer verbietet sich eine zylindrische Innenschale wegen ihrer Steifigkeit. Hier wurde in [8] eine Lösung mit schwingungsfähigen vieleckigen Innenzügen gefunden. Erforderliche Mittelkulissen werden als beidseitig verkleidete Plattenresonatoren realisiert. Bild 9–3 zeigt einen Schalldämpfer aus aneinandergefügten Helmholtz-Resonatoren. Die kassettierten Luftvolumina wirken als Feder, die in den Bohrungen schwingenden Luftpfropfen als Masse und Reibung. Um eine ausreichende Bandbreite zu erhalten, kann bei Helmholtz-Resonatoren poröses Material in das Loch oder Gewebe hinter dem Loch angebracht werden. Der sogenannte Membranabsorber [7, 9] ist eine Kombination beider Resonatortypen; die Lochplatte ist schwingungsfähig ausgebildet. Die Dimensionierung erfolgt im Interesse einer großen Bandbreite so, dass die zwei Resonanzfrequenzen etwa eine Oktave auseinander liegen. Durch eine zusätzliche Deckmembran wird neben der Versiegelung des Bauteiles auch eine ausreichende Bedämpfung bewirkt. Bild 9– 4 zeigt den prinzipiellen Aufbau eines sogenannten TannenbaumSchalldämpfers, wie er häufig in Rauchgas-Entschwefelungsanlagen und anderen Anlagen mit staubführenden Medien eingesetzt wird [10]. Die engen geneigten Seitenkammern stellen bedämpfte Wellenleiter dar, die eine deutliche Resonanz aufweisen, wenn ihre Länge einem Viertel der Wellenlänge entspricht. Berechnungsmethoden für solche Schalldämpfer finden sich in [11].
Bild 9–3. Wandauskleidung eines Resonanzschalldämpfers mit HelmholtzResonatoren. 1 Kanalwand, 2 kassettiertes Luftvolumen, 3 Lochplatte mit Loch-Flächen-Verhältnis < 10 %
252
W. Frommhold
Bild 9– 4. Prinzipieller Aufbau eines λ /4-Resonator-Schalldämpfers. 1 Kanalwand oder „Stamm eines Tannenbaumes“, 2 Wellenleiter, 3 Absorberfüllung, 4 Blechgehäuse
Vergleich der Schalldämpfertypen Bild 9–5 zeigt die charakteristischen Dämpfungsverläufe von Schalldämpfern mit verschiedenem Auskleidungstyp bei gleichen geometrischen Schalldämpferabmessungen. Es sind insbesondere die Schmalbandigkeit des Resonanzschalldämpfers, die Breitbandigkeit des Absorptionsschalldämpfers sowie die Unterschiede zwischen Absorptionsschalldämpfer und Relaxationsschalldämpfer ersichtlich. Besondere Vorteile der Absorptionsschalldämpfer sind: – – – –
Der konstruktive Aufbau ist äußerst einfach. Die höchsten Dämpfungswerte werden im mittleren Frequenzbereich erreicht. Der Dämpfungsverlauf ist relativ breitbandig. Durch Zusammenfügen verschieden ausgelegter Schalldämpfer kann praktisch jede erforderliche Dämpfung realisiert werden. – Es ist im Allgemeinen keine Kassettierung erforderlich. – In den meisten praktischen Fällen ist keine zusätzliche Bedämpfung der Kanalaußenwände notwendig. – Die Auslegungsmethode ist durch die experimentelle Nachprüfung vollständig gesichert.
Bild 9–5. Vergleich der charakteristischen Dämpfungskurven von Schalldämpfern gleicher geometrischer Abmessungen, aber mit verschiedenen Wandauskleidungstypen. a Absorptionsschalldämpfer (Auskleidungstyp: Reibung), b Relaxationsschalldämpfer (Auskleidungstyp: Reibung-Volumen), c λ /4-Resonator-Schalldämpfer oder „Tannenbaum-Schalldämpfer“ (Auskleidungstyp: Wellenleiter), d Resonanzschalldämpfer (Auskleidungstyp: Masse-Reibung-Volumen)
253
9. Absorptionsschalldämpfer
Vorteile des Resonanzschalldämpfers sind: – Die Auslegung kann auf diskrete Frequenzkomponenten abgestimmt werden. – Es sind mit vertretbarem Aufwand gegenüber dem Absorptionsschalldämpfer hohe Dämpfungen auch bei tiefen Frequenzen erzielbar. Im Folgenden wird der Absorptionsschalldämpfer (Auskleidungstyp: Reibung) ausführlich behandelt.
9.3 Kenngrößen 9.3.1 Dämpfungsmaße Die zur Charakterisierung von Schalldämpfern angewandten Dämpfungsmaße sind in der Messvorschrift ISO 7235 [12] beschrieben. 9.3.1.1 Ausbreitungsdämpfung Da Im Inneren eines schallabsorbierend ausgekleideten Kanals (s. Bild 9–6 a) nimmt der Schalldruck p (x) in Kanallängsrichtung infolge des in Abschn. 9.2 beschriebenen Dämpfungsmechanismus nach einer Exponentialfunktion ab: p (x, y, z) =
Σ pmn (0) e–
Γmn x
qmn (y, z) ;
(1)
Γmn modale komplexe Ausbreitungskonstante Γ = Γ ′ + j Γ ″,
qmn modale Druckverteilung im freien Querschnitt.
Bild 9–6. Grundformen von Absorptionsschalldämpfern. a) rechteckiger, allseitig ausgekleideter Kanal mit Koordinatensystem; b) schlitzförmiger Querschnitt mit schallharten Schmalseiten (Kulissen-Schalldämpfer); c) kreisförmiger Querschnitt (Rohr-Schalldämpfer)
254
W. Frommhold
Eine Reflexion der Schallwelle am Dämpferauslass kann i. Allg. vernachlässigt werden. Deshalb ist in der x-Richtung nur die hinlaufende Welle mit exp (-Γ x) berücksichtigt. Unter der Schalldämpfung D ist der Abfall der Schallleistung längs der Kanalachse vom Eintritt bis zum Austritt des Schalldämpfers zu verstehen. Die Bestimmung der Schallleistung ist aber nur dann einfach, wenn noch keine höheren Moden im freien Querschnitt vorhanden sind, das heißt, solange die Querabmessungen klein gegen die Wellenlänge sind. Dann ist die Druckverteilung q ( y, z) = 1, man spricht von der ebenen Welle mit dem Index 00. Oberhalb dieser Frequenzgrenze, kommen höhere Moden hinzu, die auch eine höhere Dämpfung aufweisen. Selbst wenn man diese Dämpfungen kennt, kann man aber den Leistungsabfall i. Allg. nicht bestimmen, weil die modalen Amplituden pmn in Gl. (1), die u. a. von der Schallquelle und der Kanalführung abhängen, nicht bekannt sind. Um Schalldämpfer einheitlich charakterisieren zu können, wird deshalb die Betrachtung auf die am wenigsten gedämpfte ebene Welle beschränkt. Messtechnisch wird dies durch Einbau des Schalldämpfers in einen geraden Messkanal realisiert, der am Eingang mit einer Front gleichphasig erregter Lautsprecher gespeist wird [12]. Unter diesen Voraussetzungen kann für die Ausbreitungsdämpfung einfach geschrieben werden: Da = 20 lg
p (x) dB . p (x + L)
(2)
Mit Gl. (1) erhält man dann die Dämpfung zu Da = 8,68 Real{Γ} L dB Da = D′ L ;
(3)
D′ längenbezogene Dämpfung in dB/m. 9.3.1.2 Einfügungsdämpfungsmaß De Das Einfügungsdämpfungsmaß De beschreibt, um welchen Betrag der Schallleistungspegel an einer bestimmten Stelle im Kanal durch Einfügen des Schalldämpfers abnimmt: De = Lwo – Lwm dB ; Lwm Schallleistungspegel im Kanal an einer bestimmten Stelle hinter dem Schalldämpfer, Lwo Schallleistungspegel im Kanal an der gleichen Stelle bei Ersatz des Schalldämpfers durch ein schallhartes Kanalstück gleichen Querschnittes bei unveränderter Schalleinspeisung. Dieses Maß ergibt stets einen etwas höheren Wert als die Ausbreitungsdämpfung im freien Querschnitt nach Gl. (3). Ursache dafür ist zum einen die Reflexion von Schallenergie am Eintritt des Schalldämpfers, die besonders bei Kulissen-Schalldämpfern nach Bild 9–6 b mit schallharten Stirnflächen merklich ist. Dieser Anteil wird im Abschn. 9.4.4 durch eine Reflexionsdämpfung Dr rechnerisch berücksichtigt. Zum anderen ist im zuführenden Kanal stets ein Teil der Schallenergie in Form höherer Moden präsent, die ihrerseits höhere Moden im freien Querschnitt anregen. Letztere wirken
9. Absorptionsschalldämpfer
255
sich wegen ihrer hohen Dämpfung nur am Anfang des Schalldämpfers auf den Pegelabfall aus. Man kann sie deshalb mit einiger Berechtigung einer Reflexionsdämpfung Dr zuschlagen. 9.3.1.3 Durchgangsdämpfungsmaß Dd Das Durchgangsdämpfungsmaß kennzeichnet die Dämpfung eines Schalldämpfers unabhängig von der Einbaustelle im Kanalsystem. Es ist definiert als das Verhältnis der auf den Schalldämpfer auftreffenden Schallleistung Pa zur durchgelassenen Schallleistung Pd : Dd = 10 lg
Pa dB . Pd
Das Durchgangsdämpfungsmaß erhält man als Differenz der räumlich gemittelten Schalldruckpegel im Kanalquerschnitt vor und hinter dem Schalldämpfer bei Einbau in einen beidseitig reflexionsfrei abgeschlossenen Messkanal. Die letztere Bedingung ist oft nicht erfüllt, besonders bei Messungen vor Ort, wo das Durchgangsdämpfungsmaß die einzig praktikable Messgröße ist. In solchen Fällen ist gemäß [12] nicht nur über den Querschnitt, sondern auch noch längs der Kanalachse zu mitteln (auf der Diagonalen mit der Länge L = λ /4 bei der tiefsten Mittenfrequenz). Es leuchtet ein, dass solche Messwerte weniger präzise sind als die Ausbreitungsdämpfung oder das Einfügungsdämpfungsmaß. 9.3.2 Kanalquerschnittsformen Die gebräuchlichsten Querschnittsformen sind im Bild 9–6 dargestellt. Die halbe Kanalbreite wird mit h, die halbe Kanalhöhe mit H und die Dicke der Absorberschicht (Auskleidungstiefe) mit d bezeichnet. Im Folgenden wird unter rechteckigem Querschnitt stets ein Kanal verstanden, der allseitig absorbierend ausgekleidet ist (Bild 9–6 a). Ein schlitzförmiger Querschnitt nach Bild 9–6 b weist dagegen nur auf zwei gegenüberliegenden Seiten eine Absorberbelegung auf. Die Dämpfung ändert sich mit der Kanalhöhe H nicht, wohl aber der freie Strömungsquerschnitt, der für Strömungsgeräusch und Druckverlust maßgebend ist. Allseitig ausgekleidete rechteckige Querschnitte mit einem Verhältnis H/h > 5 verhalten sich bezüglich der Dämpfung wie schlitzförmige. Ferner ist darauf zu verweisen, dass im Bild 9–6 Symmetrieachsen durch schallharte Begrenzungsflächen ersetzt werden dürfen, ohne dass sich die Dämpfung ändert. Dies ist im Bild 9–6b dargestellt, gilt aber ebenso für kreisförmige Schalldämpfer. 9.3.3 Normierte Größen Zur Darstellung allgemeingültiger Dämpfungsdiagramme (s. Bild 9–11) werden folgende normierte Größen angewendet: Kanaldämpfung Dh Zur Kennzeichnung der Wirksamkeit von schallabsorbierenden Kanalauskleidungen dient die Kanaldämpfung Dh . Das ist die Schalldämpfung eines Schalldämp-
256
W. Frommhold
ferabschnittes der Länge h (h halbe Kanalbreite). Für einen Kanal der Länge L ist dann die Schalldämpfung D L DL =
L D . h h
(4)
Normierte Auskleidungstiefe Λ Die Auskleidungstiefe d wird auf die halbe Kanalbreite h bezogen (s. Bild 9–6): Λ=
d . h
(5)
Eine normierte Auskleidungstiefe von beispielsweise Λ = 1 bedeutet, dass die Auskleidungstiefe d gleich der halben Kanalbreite h ist. Frequenzparameter η Die Frequenz f wird auf eine Bezugsfrequenz fh = c/(2 h) bezogen: η=
f 2h = . λ fh
(6)
Ein Frequenzparameter von beispielsweise η = 1 bedeutet, dass die Kanalbreite 2 h ebenso groß wie die Luftschallwellenlänge λ bei der betrachteten Frequenz f ist. Anpassungsverhältnis ε Der Strömungswiderstand Ξ d der schallabsorbierenden Auskleidung wird auf die Schallkennimpedanz c der Luft bezogen: ε=
Ξd . c
(7)
Ξ längenbezogener Strömungswiderstand des schallabsorbierenden Materials (s. Ab-
schn. 6). Ein Anpassungsverhältnis von beispielsweise ε = 1 bedeutet, dass die Strömungsresistanz der schallabsorbierenden Auskleidung ebenso groß wie die Schallkennimpedanz der Luft, also gleich 408 N · s /m3 ist. Bild 9–7 zeigt den Zusammenhang zwischen
Bild 9–7. Anpassungsverhältnis ε
9. Absorptionsschalldämpfer
257
dem Anpassungsverhältnis ε und dem längenbezogenen Strömungswiderstand Ξ mit der Auskleidungstiefe d als Parameter im Bereich des mit üblichen Absorptionsmaterialien realisierbaren längenbezogenen Strömungswiderstandes.
9.4 Akustische Bemessung 9.4.1 Exakte Lösung für die Ausbreitungsdämpfung Von den im Bild 9–6 dargestellten Querschnittsformen spielen beim industriellen Einsatz die rechteckigen Formen die größere Rolle. Für den allgemeinen Fall von Bild 9–6 a wird hier in knapper Form die Theorie behandelt, um danach an den grafisch dargestellten Rechenergebnissen die wesentlichen Zusammenhänge zu illustrieren. Für die Berechnung der benötigten normierten Absorber-Kennwerte Wellenwiderstand Zan = Za /Z 0 und Ausbreitungskonstante Γan =Γa /k in Abhängigkeit vom längenbezogenen Strömungswiderstand Ξ des Materials werden die in [14] erweiterten empirischen Formeln von Delany/Bazley benutzt. Diese sind im Bereich Ξ = 2 bis 50 kN · s /m4 gültig und lauten unter Verwendung des Frequenzparameters C = Ξ /( f ) für C ≤ 60 Γan = 0,189 C 0,616 + j(1 + 0,0978 C 0,693)
Zan = (1 + 0,0489 C 0,754) – j 0,087 · C 0,731 , und für C ≥ 60 0830
Γan = √ – 1,466 + j 0,212 C
Zan =
(
)
C + j 1,403 / Γan ; 2π
(8)
Z 0 = c,
Dichte der Luft, c Schallgeschwindigkeit in Luft, k = ω /c = 2 π f /c Wellenzahl.
Es können aber auch die theoretischen Formeln für den porösen Absorber z. B. in [6] oder im Abschn. 6.2.2.2, Gl. (6–6) benutzt werden. Diese führen im unteren und mittleren Frequenzbereich zu ähnlichen Ergebnissen wie die Gln. (8), wenn für die Porosität und für den Strukturfaktor Mittelwerte von 0,95 bzw. 1,3 eingesetzt werden [11]. Im oberen Frequenzbereich ist ihre Genauigkeit jedoch geringer als bei den aus Messwerten abgeleiteten Gln. (8). Der Strömungswiderstand des Absorbermaterials sollte nach Möglichkeit gemessen werden. Ist dies nicht möglich, so hilft eine Abschätzung über die Rohdichte des Materials, z. B. nach [2, 6, 15] oder Bild 6–20. Leider lässt sich keine allgemeingültige Formel angeben, weil Ξ bei gleicher Rohdichte stark von geometrischen Daten der Faserstruktur abhängt. Besonders in kleinen Schalldämpfern wird als Absorbermaterial auch Polyurethanschaum verwendet. Dieser kann wie im oberen Teil von Gl. (8) beschrieben werden, jedoch gelten andere Zahlenwerte [6]. Die im Folgenden vorgestellten Rechenergebnisse sind weitgehend experimentell gesichert.
258
W. Frommhold
Für den Schalldruck wird bei Wahl des Koordinatensystems nach Bild 9–6 aus Symmetriegründen der folgende Ansatz gewählt: p (x, y, z) =
Σ pmn exp (– Γmn x) cos ( µ ymn y) cos ( µ zmn z) ;
(9)
µ y , µ z komplexe Ausbreitungskonstante in y- und z-Richtung.
Im Folgenden wird die Betrachtung gemäß Abschn. 9.3.1.1 auf die ebene Welle (Mode 00) beschränkt. Zur Vereinfachung werden die Moden-Indizes weggelassen. Die Ausbreitungskonstante Γ erhält man durch Einsetzen von Gl. (9) in die Wellengleichung (∆ – k2 ) p = 0. Mit Hinblick auf die interessierende Dämpfung Dh wird mit h erweitert, und man erhält D = 8,68 Real {√00060 ( µ h)2 + ( µ h)2 – (k h)2} dB . (10) h
y
z
Die Querkonstanten µ gewinnt man über die Randbedingungen an der Trennebene zwischen freiem Querschnitt und Absorber. Hierbei ist nach der Art der Wandauskleidung zu unterscheiden: Kassettierte Auskleidung (die Querabmessungen der Kassetten sind kleiner als ein Viertel der Wellenlänge). Die axiale Wellenausbreitung im Absorber ist unterdrückt, so dass nur die Gleichheit der wandnormalen Admittanzen G zu erfüllen ist. Dies führt auf die unabhängigen Gleichungen µ y tan ( µ y h) = j k Z 0 Gy ,
(11)
µ z tan ( µ z H) = j k Z 0 Gz ,
(12)
Im Weiteren wird angenommen, dass die Auskleidung in y- und z-Richtung gleich sei. Die Admittanz G = 1/Zein erhält man aus der Eingangsimpedanz der Absorberschicht vor harter Wand, wobei noch die Serien-Impedanz einer dünnen Abdeckung ZS berücksichtigt ist: Zein = Zs + Za /tanh(Γa d) .
(13)
Homogene Auskleidung. Die zusätzliche axiale Wellenausbreitung im Absorber führt über die Randbedingungen in der Trennebene auf die gekoppelten Gleichungen µ y · tan ( µ y h) = µ z · tan ( µ z H ) =
j k Z 0 999 √Γ 2a + k 2 – µ 2y – µ 2z tanh (d √900 Γ 2a + k 2 – µ 2y – µ 2z ) , Γa Za
(14)
j k Z 0 990 √Γ 2a + k 2 – µ 2y – µ 2z tanh (d √090 Γ 2a + k 2 – µ 2y – µ 2z ) .
(15)
Γa Za
[Auch hier ist wie in Gl. (13) noch eine Erweiterung um die Serien-Impedanz einer Abdeckung anzubringen, was aber den Rahmen dieser knappen Darstellung sprengt.] Die Gleichungen für den kreisförmigen Querschnitt ähneln den Gln. (11) bzw. (14), nur treten an die Stelle der trigonometrischen Funktionen Bessel- und Neumann-Funktionen [16, 18]. Zur Lösung der nichtlinearen Gleichungen kommen iterative Näherungsverfahren zur Anwendung. Hierbei treten besonders bei Absorbermaterial mit niedrigem Strömungswiderstand Konvergenzprobleme auf, mitunter kann die Dämpfungskurve nur aus getrennten Ästen zusammengesetzt werden. In dieser Hinsicht günstiger ist die von Mechel vorgeschlagene Entwicklung der transzendenten Funktionen in Ketten-
9. Absorptionsschalldämpfer
259
brüche ausreichender Genauigkeit [16 , 17]. Dann ist ein Polynom höheren Grades zu lösen und diejenige Lösung auszuwählen, die die niedrigste Dämpfung ergibt. Eine weitere Vereinfachung wurde in [18] durch Kombination der Kettenbruchentwicklung mit einem Prediktionsverfahren erreicht. Solche Rechenverfahren stehen auch als PC-Anwender-Programme zur Verfügung. Diskussion prinzipieller Dämpfungskurven Zuerst wird für den allseitig gleichartig homogen ausgekleideten Kanal nach Bild 9–6 a die Abhängigkeit der Dämpfungskurve vom Verhältnis der Kantenlängen H : h untersucht. Für das Beispiel sind die Daten eines durchschnittlichen Schalldämpfers gewählt. Das Absorbermaterial ist mit relativ hohem Strömungswiderstand angesetzt, damit die Aussage auch für eine kassettierte Auskleidung näherungsweise gültig ist. Bild 9–8 zeigt das Ergebnis als Lösung des Gleichungssystems Gln. (14) und (15). Der typische Frequenzverlauf der Dämpfung zeigt von tiefen Frequenzen her zunächst einen ansteigenden Ast, der wesentlich vom zunehmenden Absorptionsvermögen der Wandauskleidung bestimmt wird. Dann folgt ein mehr oder weniger breites Plateau, und oberhalb einer Frequenzgrenze, wo die Wellenlänge kleiner als die Weite des freien Querschnittes wird, ein stetiger Abfall. Man spricht vom Durchstrahlungseffekt, weil dann die Welle den Kanal ungehindert wie ein Strahl in Längsrichtung durchläuft und nur noch wenig vom absorbierenden Rand beeinflusst wird. Beim quadratischen Querschnitt (H = h) wird die höchste Dämpfung erreicht. Bei schrittweiser Vergrößerung von H sinkt die Dämpfung und strebt für H > 5 h sichtlich einem Grenzwert zu, der dem schlitzförmigen Kanal nach Bild 9–6 b entspricht. Die Auskleidung der Schmalseiten lohnt also bei schlanken Querschnitten nicht, weshalb sich in der Praxis Kulissen-Schalldämpfer nach Bild 9–6 b durchgesetzt haben, zumal solche Kulissen viel einfacher herzustellen und in einem schallharten Kanal zu montieren sind. Im Weiteren werden deshalb nur noch schlitzförmige Kanäle betrachtet. Die schallharten Schmalseiten bedeuten, dass µ z in Gl. (12) bzw. (14) gleich null ist, so dass nur noch eine Bestimmungsgleichung zu lösen ist. Dies gilt auch im Fall des quadratischen Kanals, weil dann µ y = µ z gilt. Damit wird in Gl. (10) bei tie-
Bild 9–8. Ausbreitungsdämpfung nach den Gln. (10), (14), (15) für einen rechteckigen Schalldämpfer nach Bild 9–6 a mit homogenem Absorber ohne Abdeckung: L = 1 m, d = h = 0,1 m, Ξ = 20 kN · s /m4. a H = 0,1 m, b H = 0,2 m, c H = 0,3 m, d H = 0,4 m
260
W. Frommhold
fen Frequenzen der Wert unter der Wurzel doppelt so groß wie beim schlitzförmigen Kanal, die Dämpfung steigt demnach um den Faktor 1,4 wie im Bild 9–8 ersichtlich. Bei höheren Frequenzen erreicht der Unterschied aber fast den Wert zwei. Der einfach zu berechnende quadratische Kanal kann zugleich als Abschätzung für den kreisförmigen Kanal dienen, wenn die Weite h so gewählt wird, dass beide Querschnittsformen flächengleich sind. Im nächsten Schritt wird für den schlitzförmigen Kanal die Abhängigkeit der Dämpfungskurve vom Absorbermaterial untersucht. Bild 9–9 zeigt für den Kanal mit homogener Auskleidung gleicher Dicke und gleicher Weite des freien Querschnittes wie im Bild 9–8 (Λ = 1) die Dämpfungskurve für technisch interessierende Strömungswiderstände im Bereich Ξ = 4 bis 24 kN · s/m4 entsprechend einem Anpassungsverhältnis ε = 1 bis 6. Bei sehr tiefen und sehr hohen Frequenzen ist der Einfluss von Ξ gering. Im mittleren Frequenzbereich ist eine deutliche Abhängigkeit vorhanden. Eine breitbandige hohe Dämpfung wird beim Anpassungsverhältnis ε = 2 bis 4 erreicht. Die gleiche Parametervariation für den Schalldämpfer mit kassettierter Auskleidung im Bild 9–10 zeigt eine viel stärkere Abhängigkeit vom Absorbermaterial. Bei niedriger Strömungsresistanz sind hohe Resonanzspitzen vorhanden, wenn die Auskleidungstiefe gleich einem ungeradzahligen Vielfachen von λ /4 ist (die Ausbreitungsgeschwindigkeit im Absorbermaterial ist geringer als in Luft). Bei geradzahligen Vielfachen von λ /2 treten Einbrüche im Dämpfungsverlauf (Antiresonanzen) auf. Mit wachsendem Ξ verschwinden diese Resonanzeffekte, und der Dämpfungsverlauf geht in denjenigen der homogenen Auskleidung über (vgl. Bild 9–9 für Ξ = 24 kN · s /m4 ). Auch bei der kassettierten Auskleidung liegt das Optimum für breitbandige hohe Dämpfung bei einem Anpassungsverhältnis von ε = 2 bis 4. Bemerkenswert ist, dass eine kassettierte Auskleidung mit Absorbermaterial niedriger Strömungsresistanz bei tiefen Frequenzen eine deutlich kleinere Dämpfung ergibt als die entsprechende homogene Auskleidung. 9.4.2 Normierte grafische Darstellung (Trapez-Diagramm) Dämpfungskurven in der Form der Bilder 9–8 bis 9–10, wie sie für die Auslegung von Schalldämpfern benötigt werden, sind von einer größeren Anzahl freier Parameter ab-
Bild 9–9. Ausbreitungsdämpfung nach den Gln. (10) und (14) für einen schlitzförmigen Schalldämpfer nach Bild 9–6 b mit homogenem Absorber ohne Abdeckung; L = 1 m, d = h = 0,1 m. a Ξ = 4 kN · s /m4, b Ξ = 8 kN · s /m4 , c Ξ = 12 kN · s /m4 , d Ξ = 16 kN · s /m4 , e Ξ = 24 kN · s /m4
9. Absorptionsschalldämpfer
261
Bild 9–10. Ausbreitungsdämpfung nach den Gln. (10) und (11) für einen schlitzförmigen Schalldämpfer nach Bild 9–6 b mit kassettiertem Absorber ohne Abdeckung; L = 1 m, d = h = 0,1 m. a Ξ = 4 kN · s /m4 , b Ξ = 8 kN · s /m4 , c Ξ = 12 kN · s /m4 , d Ξ = 16 kN · s /m4 , e Ξ = 24 kN · s /m4
hängig. Um nicht mit einem ganzen Katalog solcher Bilder arbeiten zu müssen, wurden schon frühzeitig geeignete Normierungen gemäß Abschn. 9.3.3 eingeführt, und die bezogene Dämpfung Dh wurde in doppeltlogarithmischem Maßstab über dem Frequenzparameter η aufgetragen z.B. [1, 6, 13]. Diese Kurven können idealisiert in Form von Trapezen dargestellt werden. Der aufsteigende Ast weist eine Proportionalität Dh ~ η2 auf, die das mit der Frequenz steigende Absorptionsvermögen wiedergibt. Der Ast verschiebt sich mit dem Parameter Λ, weil das Absorptionsvermögen mit der Auskleidungstiefe d ansteigt. Die idealisierte Trapezform ergibt sich nur bei niedrigen Werten des Anpassungsverhältnisses, die bei technischen Schalldämpfern zumeist überschritten werden. Deshalb weisen die Kurven in [1, 13] für ε = 2 bis 6 auf dem ansteigenden Ast vor Erreichen des Plateaus eine Krümmung auf. Dann folgt ein Plateau mit dem Dämpfungsmaximum, das für den schlitzförmigen Kanal in [1, 13] mit Dh = 1,5 dB (empirische Daten), in [6] mit 3 dB (idealisierte rechnerische Daten) angegeben wird. Danach folgt der abfallende Ast mit Dh ~ 1/η 2 . Der Grenzwert η0 für diesen Abfall wird in der Literatur unterschiedlich mit 1 bis 1,5 angegeben. Auch hier existiert keine klare Grenze, denn nach Gl. (10) geschieht der Übergang zum Dämpfungsabfall auf Grund des Terms (k h)2 fließend in Abhängigkeit von der Art der Auskleidung. Die einheitliche stilisierte Darstellung in der Art von Mittelwert-Kurven ist also problematisch und wird hier nicht mehr verfolgt. Bild 9–10 zeigt statt dessen Kurvenscharen in dem Bereich des Anpassungsverhältnisses, das bei gebräuchlichen Absorbermaterialien (Ξ = 8 bis 15 kN · s /m4 ) technisch interessant ist. Man erkennt, dass der ansteigende Ast auch im unteren Frequenzbereich von ε abhängig ist und zumeist kontinuierlich in das Dämpfungsmaximum übergeht. Für eine sichere Auslegung besonders längerer Schalldämpfer in Blechkanälen wird empfohlen, die Kurven im Bild 9–11 bei Dh = 1,5 dB zu begrenzen, wie dies auch in [1, 13] getan wird. Der Grund liegt in den akustischen Nebenwegen (vgl. Abschn. 9.6.3). Bei kurzen Schalldämpfern (L < 1 m) mit nicht zu kleiner Weite des freien Querschnittes kann man dagegen Höchstwerte von Dh = 3 dB auch erreichen.
262
W. Frommhold
Bild 9–11. Normierte Ausbreitungsdämpfung Dh für schlitzförmige Schalldämpfer mit homogenem Absorber in Abhängigkeit vom Frequenzparameter η = 2 h /λ. a Λ = 0,25, b Λ = 0,5, c Λ = 1, d Λ = 2, e Λ = 4, – ε = 2, – – – – ε = 4, ……… ε = 8
9.4.3 Näherungsformel nach Piening Eine weit verbreitete Berechnungsmöglichkeit für die Schalldämpfung von Absorptionsschalldämpfern stellt die Näherungsformel von Piening dar (zitiert z. B. in [6]). Sie folgt aus der Annahme, dass die Dämpfung über ein Kanalstück der Länge ∆ x dem Verhältnis der an der ausgekleideten Fläche des Kanalumfangs U ∆ x mit dem Schallabsorptionsgrad α absorbierten Schallleistung Pa zur in die freie Kanalquerschnittsfläche S eingespeisten Schallleistung P proportional ist, also Pa U ∆ x ~ ~ D∆x P S oder D∆x = K
α U ∆x
S
dB .
Die Konstante K wurde experimentell mit K = 1,5 gefunden. Damit ist die Dämpfung für einen beliebig langen Kanal der Länge L DL = 1,5 α
UL dB . S
(16)
Die Gl. (16) berücksichtigt nicht den Durchstrahlungseffekt, der bei 2 h > λ zur abfallenden Flanke der Dämpfungskurve führt. Dieser Einfluss kann gemäß den Aussagen
263
9. Absorptionsschalldämpfer
im Abschn. 9.4.2 durch einen zusätzlichen Faktor ( fS /f )2 oberhalb der Durchstrahlungsfrequenz fS beschrieben werden. Der in [1] angegebene Grenzwert für den Beginn der Durchstrahlung η = 1,5 wird im Vergleich mit der exakten Rechnung im Bild 9–12 bestätigt. Es gilt somit für f > fS: DL = 1,5 α
()
U L fS 2 dB mit S f
fS ≈ 1,5
c . 2h
(17)
Die Gegenüberstellung im Bild 9–12 zeigt für durchschnittliche Schalldämpfer im Bereich des optimalen Anpassungsverhältnisses recht gute Übereinstimmung. Bei großer Auskleidungstiefe ergibt aber die Rechnung mit dem Absorptionsgrad für senkrechten Schalleinfall, wie er im Kundtschen Rohr gemessen werden würde, zu hohe Dämpfungswerte auf dem ansteigenden Ast. Im Bereich des Dämpfungsmaximums liegt das Plateau bei Dh = 1,5 dB wie bei den erwähnten Trapezkurven. Der große Vorteil der Piening-Formel besteht neben ihrer Einfachheit vor allem darin, dass auch solche Querschnittsformen abgeschätzt werden können, die sich einer analytischen Behandlung wie im Abschn. 9.4.1 entziehen. Als Beispiel wird die Unterteilung eines kreisförmigen Querschnittes im Bild 9–13 angeführt. Während die Kreisringe im Teilbild a) und die innen liegenden Spalte im Teilbild b) in guter Näherung als schlitzförmige bzw. rechteckige Schalldämpfer behandelt werden können, sind die außenliegenden Kreissegmente im Teilbild b) und die freien Querschnitte in den Teilbildern c) und d) mit der Piening-Formel besser abzuschätzen als durch Umformung in äquivalent rechteckige Formen. Im Teilbild d) ist für die Abschätzung eine mittlere Dicke des Absorbers einzusetzen. Die Genauigkeitsgrenzen der Piening-Formel sollen im Folgenden an drei Beispielen aufgezeigt werden. – Rechteckiger, allseitig ausgekleideter Kanal: Nach Gl. (16) ändert sich die Dämpfungskurve im gesamten Frequenzbereich proportional zum Verhältnis U/S. So sollte der quadratische Kanal genau die doppelte Dämpfung aufweisen wie der
Bild 9–12. Ausbreitungsdämpfung nach der Piening-Formel Gln. (16) und (17) mit α⊥ und Vergleich zur exakten Rechnung; ε = 3. a Λ = 0,5, b Λ = 2, – Piening-Formel, – – – – exakte Rechnung, Absorber homogen
264
W. Frommhold
Bild 9–13. Möglichkeiten zur Unterteilung des Kanalquerschnittes. a) kreisförmiger Querschnitt mit kreisförmigen Kulissen; b) kreisförmiger Querschnitt mit geraden Kulissen; c) kreisförmiger Querschnitt mit kreuzförmiger Kulissenunterteilung; d) kreisförmiger Querschnitt mit radialen Splittern
schlitzförmige. Nach Bild 9–8 trifft dies im oberen Frequenzbereich gut, im mittleren Frequenzbereich mit dem Dämpfungsmaximum befriedigend, im unteren Frequenzbereich aber nicht mehr zu. – Kreisförmiger und quadratischer Querschnitt mit dem Radius bzw. der halben Spaltweite h: Nach Gl. (16) ist in beiden Fällen U/S = 2 /h, die Dämpfungskurven sollten identisch sein. Tatsächlich weist bei gleicher Wandauskleidung der Rohrschalldämpfer im gesamten Frequenzbereich eine etwa 20 % höhere Dämpfung auf (Rechnung nach [16, 18]). – Querschnitte mit kassettierter Wandauskleidung und niedrigem Stömungswiderstand: Die rechnerischen hohen Resonanzspitzen von Dh bis 8 dB und mehr werden bei 1,5 dB begrenzt. Dagegen liegt bei tiefen Frequenzen die Dämpfung deutlich niedriger als nach Gl. (16) berechnet.
9.4.4 Reflexionsdämpfung Zur Berechnung des Einfügungsdämpfungsmaßes De eines Schalldämpfers ist zur vorstehend beschriebenen Ausbreitungsdämpfung noch die Reflexionsdämpfung am Eingang und am Ausgang des Schalldämpfers zu addieren. Solange durch den Schalldämpfer der freie Strömungsquerschnitt nicht verengt wird (der Querschnitt des zu- und abführenden Kanals ist gleich dem freien Schalldämpferquerschnitt im Bild 9–6 a und c), ist der Reflexionsfaktor auf Grund des Unterschiedes der Wellenwiderstände im zu- bzw. abführenden Kanal (bei ebener Welle gleich c) und im Schalldämpfer gering und kann für Absorptionsschalldämpfer vernachlässigt werden. Beim Kulissen-Schalldämpfer nach Bild 9–6 b mit schallharten Stirnflächen tritt aber an der Vorderseite eine deutliche Reflexionsdämpfung Dr auf, die in [11] berechnet wurde. Bei senkrechtem Schalleinfall (ebene Welle im zuführenden Kanal) tritt nahezu Totalreflexion ein, wenn die Wellenlänge gleich der Periodenlänge 2 (d + h) ist. Dieser Effekt kann auch experimentell beobachtet werden, wenn im anregenden Schallfeld die ebene Welle bei den betreffenden Frequenzen von einigen Hundert Hertz dominiert [19]. Diese Voraussetzung ist aber allenfalls unter Laborbedingungen gegeben, im realen Lüftungskanal ist eher ein diffuses Schallfeld zu erwarten. Für dieses wurden in [11] die im Bild 9–14 dargestellten Reflexionsdämpfungen über der mit der Periodenlänge normierten Frequenz berechnet. (Hinweis: diese Dämpfung darf nur einmal je Schalldämpfer angesetzt werden, da sie nur an
265
9. Absorptionsschalldämpfer
Bild 9–14. Reflexionsdämpfung Dr eines Kulissen-Schalldämpfers mit schallharten Stirnseiten nach [11]. a Λ = 0,5, b Λ = 1, c Λ = 2, d Λ = 3, eΛ=4
der Vorderseite auftritt.) Die Reflexionsdämpfung an der Rückseite mit Abstrahlung in den größeren Kanalquerschnitt ist vernachlässigbar klein. Die experimentelle Prüfung der theoretischen Reflexionsdämpfung mit statistischen Methoden in [19] hat ergeben, dass selbst unter Laborbedingungen mit möglichst guter Anregung einer ebenen Welle noch höhere Werte bei hohen Frequenzen zu erwarten sind. Bei einer sicheren Auslegung dürfen deshalb die Werte auf dem rechten Plateau des Bildes 9–14 noch um rund 50 % erhöht werden, während die niedrigen Werte bei kleinem Frequenzparameter experimentell bestätigt wurden. Anmerkung: Die höheren Dämpfungswerte bei hohen Frequenzen kommen nicht allein durch Reflexion zustande, sondern sind auf höhere Moden im freien Querschnitt zurückzuführen, die mit zunehmender Diffusität des anregenden Schallfeldes auch verstärkt angeregt werden (sogenannte Einlaufdämpfung). Wie ihr Name sagt, macht sie sich bei Pegelabfall-Messungen nur im Anfangsteil des Schalldämpfers bemerkbar, ist also nicht von der Länge abhängig, und wird deshalb hier als Teil der Reflexionsdämpfung behandelt.
9.4.5 Einfluss verschiedener Abdeckungen des Absorbermaterials Zum Schutz der faserigen porösen Absorbermaterialien vor Austragung durch die Strömung, vor Durchfeuchtung oder Verschmutzung werden dünne, akustisch transparente Abdeckungen auf der Kanalseite angebracht, die rechnerisch durch eine Serienimpedanz wie in Gl. (13) berücksichtigt werden können. Grundsätzlich hindert eine solche Abdeckung die Schallwelle mehr oder weniger am Eindringen in den Absorber und vermindert deshalb die Dämpfung. Der Effekt ist aber gemäß Bild 9–15 bei dünnem transparentem Gewebevlies und bei Lochblech mit einem Lochflächenanteil von mehr als 30% sehr klein und geht kaum über die Wiederholgenauigkeit bei Schalldämpferprüfungen hinaus. Kritischer ist die Kombination von Lochblech mit dahinterliegendem Vlies. Hier sollte das Vlies nicht durch eine fest gestopfte Absorberschicht gegen das Lochblech gepreßt werden (evtl. Drahtgewebe zwischenlegen). Das gleiche trifft für die Anwendung von geschlossenen Folien zu, die durch ihre Massehemmung bei
266
W. Frommhold
Bild 9–15. Einfluss einer Absorberabdeckung auf die Ausbreitungsdämpfung Da eines durchschnittlichen Schalldämpfers mit L = 1 m, d = h = 0,1 m, Ξ = 12 kN · s /m4 . a ohne Abdeckung, b Vlies mit 30 N · s /m3, c Lochblech, 1 mm dick, Lochdurchmesser 5 mm, Lochabstand 8 mm, d Lochblech wie c + freischwingende Folie mit m″f = 50 g/m2 + Lochblech
hohen Frequenzen zu erheblichen Dämpfungsverlusten führen. Diese werden noch drastisch verstärkt, wenn die Folie gegen die Löcher gepreßt wird. Deshalb sollte die Folie zwischen zwei Lochblechen schlaff eingebracht werden, so dass sie frei schwingen kann. In strömungsmäßig hochbelasteten Kanälen, z.B. Abgas-Schalldämpfern von Turbinenanlagen, wird oft ein geschichteter Absorberaufbau verwendet, der aus einer dicken Kernplatte mit niedrigem Strömungswiderstand und einer dünnen abriebfesten Randplatte mit hohem Strömungswiderstand besteht, die dann ihrerseits noch mit Vlies oder Lochblech geschützt ist. Bild 9–16 zeigt die Dämpfung im Vergleich zu einem gleich dicken einschichtigen Aufbau. Die 20 mm dicke Randplatte führt bereits bei mittleren Frequenzen zu einem merklichen Dämpfungsverlust. Zur Berechnung geschichteter homogener Absorber wird auf [20] verwiesen. 9.4.6 Einfluss der Strömung auf die Schalldämpfung Eine der Schallausbreitung überlagerte Strömung verändert die Schallgeschwindigkeit im freien Querschnitt und damit auch die Ausbreitungsdämpfung. Für die Rechnung hat sich die vereinfachende Annahme eines ebenen Strömungsprofiles mit der mittleren Geschwindigkeit υ m bewährt [3, 6, 18]. Die Mach-Zahl M = υ m /c ist positiv anzusetzen, wenn die Strömung in Richtung der Schallausbreitung erfolgt (Schalldämpfer auf der Druckseite). Dagegen ist bei Ansaug-Schalldämpfern M negativ anzusetzen. Für den schlitzförmigen Kanal wird bei der Rechnung die jeweilige Bestimmungsgleichung Gl. (11) bzw. (14) um den Faktor w = [1 – M √0040 1 – (1 – M 2 ) ( µ y /k)2 ] / (1 – M 2 )
(18)
auf der rechten Seite erweitert, und die Gl. (10) wird durch Gl. (19) ersetzt: Dh = 8,68 Real {√0000 (1 – M 2 ) ( µ y h)2 – (k h)2 /(1 – M 2 )} .
(19)
9. Absorptionsschalldämpfer
267
Bild 9–16. Schalldämpfer mit geschichtetem Absorberaufbau; L = 1 m, h = 0,1 m, Abdeckung: Vlies. a eine einzige Platte d = 0,1 m, Ξ = 12 kN · s /m4, b Kernplatte 0,09 m, Ξ = 8 kN · s /m4, Randplatte 0,01 m, Ξ = 35 kN · s /m4, c Kernplatte 0,08 m, Ξ = 8 kN · s /m4, Randplatte 0,02 m, Ξ = 35 kN · s /m4
Die so berechnete Ausbreitungsdämpfung ist im Bild 9–17 in normierter Form für einen durchschnittlichen Schalldämpfer bei υ m = ± 20 m /s und υ m = ± 50 m /s dargestellt. Bei positiver Mach-Zahl vermindert sich die Dämpfung im unteren und mittleren Frequenzbereich, während sie bei hohen Frequenzen geringfügig größer wird. Diese Verhältnisse kehren sich bei negativer Mach-Zahl um. Der Strömungseinfluss ist bei | υ m | < 20 m /s so klein, dass er i. Allg. vernachlässigt werden kann, erst bei höheren Geschwindigkeiten wird er merklich. Es ist anzumerken, dass experimentelle Ergebnisse bei hohen Frequenzen eine stärkere Strömungsabhängigkeit aufweisen als auf dem abfallenden Ast im Bild 9–17 dargestellt. Dies liegt an der zusätzlichen Schallbeugung am Strömungsprofil, die bei der Rechnung nicht berücksichtigt ist.
Bild 9–17. Einfluss der mittleren Strömungsgeschwindigkeit υm auf die Ausbreitungsdämpfung Da nach den Gln. (14), (18) und (19) für einen durchschnittlichen Kulissenschalldämpfer mit Λ = 1, ε = 3. a υ m = 0, b υ m = – 20 m /s, c υ m = + 20 m /s, d υ m = – 50 m /s, e υ m = + 50 m /s
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W. Frommhold
Bild 9–17 kann zur Abschätzung des Strömungseinflusses auch bei anderen Werten von Λ benutzt werden. Der ansteigende Ast ist dann gemäß Bild 9–11 verschoben zu denken. 9.4.7 Einfluss der Temperatur auf die Schalldämpfung Der Index 0 an den Parametern c, und Ξ bezeichnet im Folgenden die Werte bei Normalbedingungen 20 °C und 1000 hPa. Mit steigender Temperatur θ (°C) wächst die Schallgeschwindigkeit gemäß 977 c = c √(273 + Θ)/293 . (20) 0
Damit verkleinert sich die Wellenzahl k, und der durch (k h)2 in Gl. (10) bedingte Dämpfungsabfall verschiebt sich zu höheren Frequenzen. Der ansteigende Ast der Dämpfungskurve wird mit steigender Temperatur in gleicher Richtung verschoben, weil mit kleinerem k auf der rechten Seite der Gln. (11) bis (15) auch die Lösungen µ kleiner werden. Allerdings sind die Verhältnisse nicht einfach zu übersehen, weil außerdem auch die Kennwerte des Absorbermaterials von der Temperatur abhängig sind. Der Strömungswiderstand Ξ wird im Wesentlichen von der Geometrie der Faseranordnung und der Viskosität der Luft bestimmt. Letztere steigt mit der Temperatur. Ausgehend von der Formel von Sutherland (zitiert in [21]) wird hier nach Anpassung des freien Parameters an Daten aus verschiedenen Handbüchern die Beziehung Ξ = Ξ0
冑
04 273 + Θ 293
1,3891 114 1+ 273 + Θ
(21)
benutzt. Die Gasdichte ist gemäß = 0 [293/(273 + Θ)] zu korrigieren. Mit diesen korrigierten Werten wird dann der Eingangsparameter C für Gl. (8) gebildet. Bild 9–18 zeigt die Gegenüberstellung von Rechnung und Messung an einem Rohrschalldämpfer bei Normalbedingungen und im Abgasstrom eines Dieselmotors bei 500 °C Gastemperatur. Die Temperatur am Schalldämpfergehäuse betrug 130 °C. Etwas vereinfachend wird im freien Querschnitt mit 500 °C, im Absorber aber mit einer geschätzten mittleren Temperatur von 350 °C gerechnet. Die Übereinstimmung von Rechnung und Messung auf dem unteren Dämpfungsast ist sehr gut. Auffallend ist der drastische Dämpfungsverlust im unteren Frequenzbereich, der durch die generelle Verschiebung der Dämpfungskurve zu höheren Frequenzen und durch die zusätzliche Erhöhung des Strömungswiderstandes des Absorbermaterials zustandekommt. Der zusätzliche Einfluss der Strömung ist nur gering. Das Dämpfungsmaximum eines so langen Schalldämpfers ist allein durch akustische Nebenwege bestimmt und liegt weit unter den Rechenwerten für die Ausbreitungsdämpfung. Bei hohen Frequenzen führt der Einfluss höherer Moden zu einer deutlich höheren Dämpfung als für die ebene Welle berechnet wird. Steht ein Rechenprogramm für die vorstehend beschriebenen Abhängigkeiten nicht zur Verfügung, so empfiehlt sich zur Abschätzung des Dämpfungsverlaufes bei hohen Temperaturen folgendes Vorgehen: Zuerst wird nach Gl. (21) der Strömungswiderstand korrigiert und dafür ε bestimmt. Mit diesem Wert wird nach Bild 9–11 die Dämpfungskurve konstruiert und diese danach gemäß Gl. (20) auf der Frequenzachse verschoben.
9. Absorptionsschalldämpfer
269
Bild 9–18. Einfluss der Temperatur auf das Einfügungsdämpfungsmaß De eines Rohrschalldämpfers mit d = 0,28 m, Ξ = 15 kN · s /m4, h = 0,2 m, L = 3,7 m. 1. Normalbedingungen θ = 20 °C, υ m = 0, Schallquelle Lautsprecher: a Rechnung Da , b Messung De ; 2. Betriebsbedingungen im Abgasstrom (500 °C) eines aufgeladenen Dieselmotors: c Rechnung Da , d Messung De . Schalldämpferhersteller: G+H MONTAGE GmbH Ludwigshafen, Messergebnisse: MTU Motoren- und Turbinen-Union Friedrichshafen GmbH
9.4.8 Unterteilung des Kanalquerschnittes Anhand der Gl. (16) überzeugt man sich leicht, dass der Kanal mit schlitzförmigem Querschnitt gegenüber dem flächengleichen Quadrat-, Rechteck- oder Kreisquerschnitt bei gleicher Kanallänge die größte Dämpfung aufweist. So hat bei gleicher Wandauskleidung ein Schlitzkanal mit dem Seitenverhältnis H / h = 10 eine um den Faktor 1,58 höhere Dämpfung als der quadratische Kanal. Deshalb werden größere Kanalquerschnitte zur Erzielung einer ausreichend hohen Dämpfung durch Einfügen absorbierender Kulissen in mehrere schlitzförmige Teilkanäle aufgespalten. Der rechteckige Kanalquerschnitt wird dabei nach Bild 9–6 b so aufgeteilt, dass außen entweder eine Randkulisse der Dicke d oder ein Randspalt der Weite h liegt. Die Mittelkulissen der Dicke 2 d brauchen in der Mitte nicht mit einer schallharten Wand versehen zu sein wie die Randkulisse, weil in der Mittelebene aus Symmetriegründen die seitliche Schnelle verschwindet. Bild 9–13 zeigt Möglichkeiten zur Unterteilung eines kreisförmigen Querschnitts. Kulissen-Schalldämpfer weisen zwar eine höhere Dämpfung auf als nur am Umfang absorbierende Kanäle wie im Bild 9–6 a und c, dafür sind aber auch ihr Druckverlust und das erzeugte Strömungsgeräusch deutlich höher. Als weiterer Vorteil des Kulissen-Schalldämpfers ist die Variabilität bei der Anpassung an einen vorgegebenen Kanalquerschnitt zu nennen. Allgemein können zur Querschnittsunterteilung durch Absorberkulissen bezüglich der akustischen Wirkung folgende Anhaltspunkte gegeben werden: – Bei Bedämpfung eines sehr schmalbandigen Geräusches sollte der Querschnitt so weit unterteilt werden, das heißt eine solche Kanalbreite 2 h gewählt werden, dass
270
W. Frommhold
der Frequenzparameter η = 2 h /λ im Gebiet der unteren Bereichsgrenze η u liegt (s. Bild 9–19). Hier ist bei maximaler Dämpfung Dh max die günstigste effektive Kanallänge l / h und damit die größte Gesamtdämpfung zu erreichen. – Ist das zu bedämpfende Geräusch breitbandig (relative Bandbreite ∆ f / fm etwa 2 bis 3; ∆ f = f0 – fu ), dann ist die Kanalbreite so zu wählen, dass bei der Mittenfrequenz fm des Geräusches die Bereichsmitte ηm der Dämpfungskurve liegt, folglich der gesamte Bereich von Dh max ausgenutzt wird. – Ist der zu bedämpfende Frequenzbereich eines Geräusches breiter, als sich durch die Dämpfungskurve eines Schalldämpferabschnittes erfassen lässt (∆ f / fm > 3), so müssen mehrere verschiedene Abschnitte geeignet bemessen und aneinandergereiht werden. Bild 9–19 zeigt dieses Aneinanderreihen zu einem Beitbandschalldämpfer. Die unterschiedliche Abstimmung der einzelnen Schalldämpferabschnitte bedeutet natürlich die Wahl unterschiedlicher geometrischer Abmessungen und unterschiedlicher längenspezifischer Strömungsresistanzen des schallabsorbierenden Materials. 9.4.9 Bedämpfung tiefer Frequenzen Bei der Bedämpfung tieffrequenter Komponenten ergeben sich meist Schwierigkeiten, die aus den vorangegangenen Erläuterungen bereits ersichtlich waren: – Um den Frequenzparameter η in den Bereich der maximalen Dämpfung zu legen, sind bei tiefen Frequenzen große Kanalbreiten 2 h erforderlich. – Große Kanalbreiten erfordern zu Erzielung einer bestimmten Dämpfung DL eine große Kanallänge L, denn DL = Dh L / h. – Aus dem allgemeinen Dämpfungsdiagramm (Bild 9–11) ist ersichtlich, dass zur Erzielung hoher Dämpfungen bei tiefen Frequenzen ein großes Λ = d /h angestrebt werden muss. Das bedeutet große Auskleidungstiefen, die in der Größenordnung bis zu d = 0,5 m liegen können. Der Aufwand an schallabsorbierendem Material ist erheblich. – Große Auskleidungstiefen erfordern einen sehr kleinen längenbezogenen Strömungswiderstand, wenn das Anpassungsverhältnis im optimalen Bereich ε = 1 bis 2 liegen soll. Diese Forderung ist nur mit lockerem Absorbermaterial zu erfüllen, das aus Stabilitätsgründen kassettiert werden muss. – Dicke Absorberkulissen machen bei konstantem Strömungsquerschnitt erhebliche Querschnittserweiterungen (lange Übergangsstücke) erforderlich und verursachen größere Druckverluste. Es zeigt sich im Allgemeinen, dass die Bedämpfung sehr tiefer Frequenzkomponenten (etwa < 150 Hz) mit Absorptionsschalldämpfern nicht günstig ist, weil sie nur mit
Bild 9–19. Zur Auslegung eines Breitbandschalldämpfers. a zu erwartende Dämpfung, b erforderliche Dämpfung
9. Absorptionsschalldämpfer
271
enormem Bauvolumen und einer gewaltigen Überdimensionierung bei mittleren Frequenzen erreicht werden kann. Etwas günstiger liegen die Verhältnisse bei einer geeignet dimensionierten asymmetrischen Kanalauskleidung, die nach [22] bei gleichem Bauvolumen eine Erhöhung der Dämpfung im tieffrequenten Bereich gegenüber der symmetrischen Auskleidung ermöglicht. Dazu werden z. B. zwei sehr dicke Randkulissen mit sehr lockerer Mineralwollefüllung (kassettiert) mit einer viel dünneren Mittelkulisse kombiniert. Eine andere Möglichkeit zur Verbesserung der tieffrequenten Dämpfung besteht darin, etwa die Hälfte einer homogen gefüllten Absorberkulisse auf der Kanalseite mit einer geschlossenen Blechabdeckung zu versehen, wodurch dieses Teil zu einem stark bedämpften Resonator wird, der natürlich im oberen Frequenzbereich keine Dämpfung mehr aufweist. Dort ist die zweite normale Kulissenhälfte wirksam. Besonders wenn es auf geringen Raumbedarf und geringen Druckverlust bei höheren Strömungsgeschwindigkeiten ankommt, werden dagegen meist verschiedene Typen von Resonator-Schalldämpfern eingesetzt. Der höhere Herstellungspreis spielt dann oft eine untergeordnete Rolle. Zu erwähnen ist auch ein Trend zur Entwicklung breitbandig wirksamer geschichteter Absorber, die als unterste Schicht einen tieffrequenten Resonator und darüber einen porösen Absorber für den mittleren und oberen Frequenzbereich aufweisen [13, 23]. Systeme der aktiven Lärmbekämpfung spielen in Industrieanlagen ebenfalls eine zunehmende Rolle und werden auch schon in Lüftungsanlagen platzsparend im unteren Frequenzbereich eingesetzt. Maßgebend für die Wahl des Schalldämpfertyps ist letzten Endes der Preis. 9.4.10 Bedämpfung hoher Frequenzen Aus den Dämpfungskurven im Bild 9–11 ergibt sich, dass zur Erreichung großer Dämpfung bei hohen Frequenzen η < 1,5 angestrebt werden muss und damit sehr kleine Kanalbreiten und zahlreiche Kanalunterteilungen notwendig sind. Das bedeutet einen hohen Materialaufwand und i. Allg. einen Dämpfungsverlust bei tiefen Frequenzen. Zur Vermeidung des den Dämpfungsabfall bei hohen Frequenzen hervorrufenden Durchstrahlungseffektes gibt es eine Reihe von Möglichkeiten, die im Bild 9–20 im Prinzip dargestellt sind. Mit Hilfe einer geknickten Kanalführung, versetzt angeordneter Absorberkulissen, schallabsorbierend ausgekleideter Kanalumlenkungen oder spezieller Kanaleinbauten wird der Kanal optisch versperrt, so dass die akustische Durchstrahlung vermieden oder wenigstens vermindert ist.
Bild 9–20. Möglichkeiten zur Verbesserung der Dämpfung bei hohen Frequenzen. a) geknickte Absorberkulissen; b) versetzt angeordnete Absorberkulissen; c) absorbierend ausgekleidete Kanalumlenkung; d) Leitbleche (schallhart oder schallabsorbierend) im Rohrschalldämpfer oder in Kanalumlenkungen
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Bild 9–21. Dämpfung eines schlitzförmigen, geknickten Kanals (s. Bild 9–20). a Theorie (gerader Kanal), b Messung
Als Kanaleinbauten sind schraubenförmige Leitschaufeln im Rohrschalldämpfer zu nennen, die allerdings zu einer Erhöhung des Druckverlustes führen. Dagegen kann mit Leitschaufeln in Kanalumlenkungen, die mit verhautetem absorbierendem Formschaum strömungsgünstig verkleidet sind, sogar eine Minderung der Druckverluste bei gleichzeitigem Dämpfungsgewinn erreicht werden [23]. Geknickte Kanäle Werden die Kanäle durch Schrägstellung der Absorberkulisse gemäß Bild 9–20 a geknickt, so ergibt sich die im Bild 9–21 dargestellte Dämpfung. Der bei geraden Kanälen zu erwartende Durchstrahlungseffekt im Bereich η > 1,5 tritt nicht mehr auf. Bei schlitzförmigen Kanälen wird etwa Dh ≈ 1 dB erreicht. Dieser Wert kann für Abschätzungen verwendet werden. Kanalumlenkung Den prinzipiellen Verlauf des Schalldruckpegels L in einer schallabsorbierend ausgekleideten 90°-Umlenkung entlang l zeigt Bild 9–22. Die Dämpfung zwischen A und B und zwischen C′ und D entspricht der bereits beschriebenen Dämpfung im geraden Kanal. Die durch die Umlenkung zusätzlich bewirkte Winkeldämpfung DW kommt durch die Reflexion eines Teiles der Schallenergie zurück in den zuführenden Kanal, durch Absorption beim Auftreffen auf die schallabsorbierend verkleidete Wand und durch Anregung höherer, im nachfolgenden Kanalstück zwischen C und C′ stark bedämpfter Kanalmoden zustande. Bild 9–23 zeigt die berechnete Winkeldämpfung bei senkrechtem Schalleinfall auf die schallharte und schallabsorbierende Umlenkung [6]. Bei statistischem Schalleinfall bzw. bei großen Kanalbreiten 2 h können die hohen theoretischen Werte im Bereich η > 1 experimentell nicht bestätigt werden. Man rechnet dann besser mit den Werten, die in der Verlängerung der ersten Schulter der Kurven zu hohen Frequenzen liegen.
Bild 9–22. Zur Erläuterung der Schalldämpfung an einer absorbierend ausgekleideten 90°-Umlenkung. DW Winkeldämpfung
9. Absorptionsschalldämpfer
273
Bild 9–23. Winkeldämpfung DW einer 90°-Umlenkung für schallharte (Λ = 0) und schallabsorbierende Kanalwand nach [6]; Anregung: Oktavbandrauschen
Aus Bild 9–23 ist zu erkennen, dass eine schallabsorbierend ausgekleidete 90°Umlenkung vor allem bei hohen Frequenzen eine große Zusatzdämpfung aufweist, also in dem Bereich, in dem ein gestreckter Kanal in seiner Wirkung stark nachlässt. Da die Winkeldämpfung zum Teil auf der verstärkten Dämpfung in der Umlenkung erzeugter höherer Moden beruht, müssen sich vor und hinter dem Winkel absorbierende Kanalstücke der Mindestlänge 8 h befinden. Für Umlenkungen mit einem Winkel < 90° sind die Dämpfungswerte aus Bild 9–23 näherungsweise proportional dem Umlenkwinkel anzusetzen (z. B. für 45°Umlenkung DW 45° ≈ 0,5 D W 90° ). Bei Einstrahlung eines diffusen Feldes in den Schalldämpfer oder bei Anordnung des Dämpfers unmittelbar in der Nähe der Schallquelle ist die Schalldämpfung im Bereich η > 1,5 größer als aus den Dämpfungsdiagrammen (Bilder 9–11 und 9–14) folgt. Dies zeigt Bild 9–24 am Beispiel eines großen zylindrischen Absorptionsschalldämp-
Bild 9–24. Axialventilator mit kreuzförmig unterteiltem zylindrischem Absorptionsschalldämpfer (a) und Kanaldämpfung Dh (b). a theoretische Werte für flächengleichen quadratischen Querschnitt, b Messwerte
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fers mit kreuzförmig unterteiltem Querschnitt, unmittelbar druckseitig nach einem Axialventilator angeordnet. Es ist zu erkennen, dass auch im Bereich 1,5 < η < 10 noch Dämpfungswerte von Dh ≈ 2 dB erreicht werden. Dies entspricht im konkreten Fall einem Frequenzbereich von 0,5 kHz < f < 4 kHz, in dem bei Axialventilatoren die für den A-Schallleistungspegel maßgeblichen Frequenzanteile liegen. Eine näherungsweise Berechnung der Gesamtdämpfung D ist möglich, wenn man den Schalldämpfer als zylindrischen Schallschirm mit dem räumlichen Öffnungswinkel Ω und dem Schallabsorptionsgrad α um den als Punktquelle gedachten Ventilator betrachtet. Es gilt dann mit den Bezeichnungen im Bild 9–24: K √92 l2 + r2 D = 10 lg 1 + α 01 – 1 dB √ l2 + r2 – l mit
[ (
)]
K = 1 (freie Querschnittsfläche), K = 2 (eine Querunterteilung), K = 4 (kreuzförmige Unterteilung).
9.5 Schalldämpfer mit Strömung Der Einfluss einer überlagerten Strömung auf die Schalldämpfung ist bereits in Abschn. 9.4.6 dargestellt. Als weiterer akustischer Einfluss ist hier das durch die Strömung verursachte Eigengeräusch des Schalldämpfers zu behandeln. 9.5.1 Strömungsgeräusch des Schalldämpfers Besonders bei Kulissen-Schalldämpfern und bei Rohr-Schalldämpfern mit Einbauten entsteht durch die relativ hohe Strömungsgeschwindigkeit im freien Querschnitt ein turbulentes Strömungsgeräusch. Dessen Schallleistungspegel darf nicht höher liegen als etwa 5 dB unterhalb desjenigen Pegels, der nach Einfügung des Schalldämpfers in der Anlage eingehalten werden soll. Andernfalls wird die mit dem Schalldämpfer geplante (und auch mögliche) Dämpfung nicht erreicht. Die am Einlauf des Schalldämpfers entstehenden Turbulenzgeräusche werden bei der Ausbreitung im freien Querschnitt gedämpft. Hauptschallquelle ist wohl die Strahlzone beim Austritt aus dem freien Querschnitt, die einer Dipolquelle entspricht, da die Schallleistung etwa mit der 6. Potenz der mittleren Strömungsgeschwindigkeit υ m im freien Querschnitt anwächst. In [1] wird die Schallleistung des Strömungsgeräusches in Abhängigkeit von υ m und vom Widerstandsbeiwert ξ abgeschätzt. Im Allgemeinen genügt aber die Abschätzung allein über die Strömungsgeschwindigkeit nach [22]: L WA = [– 25 + 70 lg (υ m / υ 0 ) + 10 lg (S /S0 )] dB , L W = [7 + 50 lg (υ m / υ 0 ) + 10 lg (S/S0 )] dB ,
(22)
mit υ 0 = 1 m /s und S0 = 1 m2 . Zur Abschätzung des Oktav-Schallleistungspegels ist zu L w die Korrektur ∆ Lokt gemäß Bild 9–25 zu addieren. Als Mittelwert für den schraffiert dargestellten Streubereich nach [24] kann die Näherungsformel ∆ Lokt = {– 4,08 + C [1,09 + C (– 9,58 + 1,42 C )]} dB
275
9. Absorptionsschalldämpfer
Bild 9–25. Relatives Oktav-Schallleistungsspektrum des Strömungsgeräusches von Kulissenschalldämpfern. Schraffierter Bereich: Angaben in [24], Symbole: Messwerte in [25]
mit C = lg [ f /(5 υ m )] aus [11] verwendet werden. Bei der Auswertung großer Datenmengen von Schalldämpfern in [25] wurde die Gl. (22) gut bestätigt, die Oktav-Korrekturen nach [25] im Bild 9–25 weichen jedoch von denen nach [24] etwas ab. Es ist anzumerken, dass sich das Strömungsgeräusch mit steigender Temperatur vermindert. Eine Abschätzung dieses Einflusses ist möglich, indem man aus der Potenz von υ in Gl. (22) auf den aerodynamischen Quellentyp schließt und in dessen charakteristischer Gleichung die Dichte und die Schallgeschwindigkeit mit der Temperatur T korrigiert. Dies wird in [26] für die turbulente Strömung im geraden Rohr vorgenommen und führt bei υm > 10 m /s auf L WA = [– 5 + 60 lg (υm / υ0 ) + 10 lg (S /S0 ) – 25 lg (T/ T0 )] dB
(23)
mit T0 = (273 + 20) K . Diese Gleichung kann für den Fall des Rohr-Schalldämpfers ohne Einbauten benutzt werden. Die Temperaturkorrektur gilt für eine Dipolquelle (P ~ υ 6 ) und dürfte auch beim Kulissen-Schalldämpfer zutreffen. Die Tatsache, dass in Gl. (22) L WA gemäß der 7. Potenz von υ steigt, sollte nicht als zusätzlicher Anteil an Quadrupolquellen interpretiert und mit einer höheren Temperaturkorrektur berücksichtigt werden, da bei anderen Autoren [6, 13] für den A-Pegel des Strömungsgeräusches nur ein Anwachsen mit der 5. und 6. Potenz von υ angegeben wird. Das Strömungsgeräusch braucht bei υ m < 10 m /s i. Allg. nicht beachtet zu werden. Bei υ m > 20 m /s ist dagegen seine Schallleistung schon so angewachsen, dass dieser Bereich möglichst vermieden werden sollte. Eine Ausnahme bilden PrimärSchalldämpfer nahe an der Quelle, denen in der weiteren Kanalführung noch ein Sekundär-Schalldämpfer folgt, der auch das Strömungsgeräusch des ersten Schalldämpfers wieder vermindert. 9.5.2 Druckverlust im Schalldämpfer Ein Vorteil der Absorptionsschalldämpfer gegenüber Reflexionsschalldämpfern, absorbierend ausgekleideten Kammern u. ä. besteht in ihrem relativ geringen Druckverlust, d. h. dem Gesamtdruckabfall über dem Schalldämpfer. Dennoch ist dieser nicht zu vernachlässigen und stellt i. Allg. einen wichtigen Gesichtspunkt bei der Ausle-
276
W. Frommhold
gung dar, zumal sich hoher Druckverlust langfristig in den Betriebskosten einer Anlage niederschlägt [27]. Der Druckverlust von Kulissen-Schalldämpfern wird im Wesentlichen durch die plötzliche Verengung und Erweiterung des Strömungsquerschnittes verursacht, charakterisiert durch den Widerstandsbeiwert ξq . Dazu kommen die mit der Länge anwachsenden Reibungsverluste an der rauhen Oberfläche des Absorbers, die durch den Beiwert ξa beschrieben werden. Dann gilt für den Druckverlust ∆p =
2
υ 2m (ξq + ξa ) ;
(24)
Dichte der Luft, υ m mittlere Strömungsgeschwindigkeit im freien Querschnitt, ξ Widerstandsbeiwert.
Beim Vergleich von ξ-Werten ist zu beachten, ob diese auf die Geschwindigkeit im zuführenden Kanal oder wie oben auf die Geschwindigkeit im freien Querschnitt bezogen sind! Die theoretischen Angaben zum Beiwert ξq für die Kanaleinschnürung in [1] ergeben niedrigere Werte als empirische Befunde an größeren Datenmengen in [24, 25] und werden deshalb hier nicht übernommen. Statt dessen werden die mit Regressionsmethoden gewonnen Formeln aus [25] zitiert: Kulissen ohne Anströmprofil: ξ = 0,0125 L/h + 0,65 lg (d/h) + 0,53
(25)
Kulissen mit halbkreisförmigem Anströmprofil: ξ = 0,0125 L/h + 0,75 lg (d/h) + 0,3 .
(26)
Der erste Term stellt den Anteil ξa der Wandreibung dar und deckt sich mit den Angaben in [1]. Der zweite und dritte Term stellt ξq dar und ergibt im Fall ohne Anströmprofil etwas niedrigere Werte als in [24] angegeben. Hierzu ist anzumerken, dass die Messwerte in [25] aus einer Prüfeinrichtung stammen, bei der eine sehr gleichmäßige Anströmung des Schalldämpfers sichergestellt ist. Die Ergebnisse der Gln. (25) und (26) sind deshalb als Untergrenze des zu erwartenden Druckverlustes anzusehen. Sie gelten für Kulissendicken 2 d und Spaltweiten 2 h bis etwa 0,4 m und nicht zu große Längen der Kulissen. Das Anbringen von Abströmprofilen auf der Rückseite der Kulissen bringt nur dann eine Verminderung des Druckverlustes, wenn diese Profile sehr lang und schlank gestaltet sind. Auch beim Druckverlust muss bei höheren Temperaturen die Dichte korrigiert werden.
9.6 Konstruktive Ausführung 9.6.1 Verhältnis Kulissenbreite – Spaltweite Die häufigste Kulissendicke 2 d beträgt 0,2 m mit einer Füllung von porösem Fasermaterial, dessen längenbezogener Strömungswiderstand im Bereich 10 bis 15 kN · s /m4 liegt. Damit entspricht der Anpassungsfaktor ε = 3 dem Optimum für
9. Absorptionsschalldämpfer
277
breitbandige und hohe Dämpfung. Die normierte Auskleidungstiefe Λ = d / h wird beim Entwurf zumeist mit dem Wert eins angenommen, was als Kompromiss zwischen Druckverlust und ausreichender Dämpfung gelten kann. Hier sind aber je nach Anwendungsfall größere Spielräume vorhanden (Λ = 0,25 bis 4). Die zweite häufige Kulissendicke beträgt 2 d = 0,1 m bei der gleichen Absorberfüllung. Sie wird ebenfalls meist bei Λ = 1, zur Bedämpfung höherfrequenter Geräusche gewählt. 9.6.2 Absorbermaterial Faserabsorber sollten konfektioniert in Form von Matten und Platten eingesetzt werden, um eine homogene Füllung der Kulisse zu gewährleisten. Es ist weiterhin sicherzustellen, dass diese Füllung, besonders bei Schwingungsbeanspruchung, nicht mit der Zeit zusammenrutscht, so dass am oberen Rand Hohlräume entstehen. In diesem Bereich könnte sich dann Schall nahezu ungedämpft ausbreiten und die Wirkung des Schalldämpfers zunichte machen. Deshalb weisen Standardkulissen selten eine Bauhöhe über 0,5 m auf. Werden große Kulissen für Industrieanlagen im ganzen gefertigt, müssen sie aus diesem Grunde in der Höhe mit Kassettierungswänden versehen werden. Aus akustischen Gründen im Sinn von Abschn. 9.4.1 ist diese Kassettierung nicht notwendig, zumal bei kleinem Anpassungsverhältnis die Dämpfung bei tiefen Frequenzen geringer als bei homogenem Absorber ist. Dieser Umstand ist übrigens zu beachten, wenn ein langer Schalldämpfer aus kurzen Kulissen von z. B. L = 0,5 m zusammengesetzt wird. Dieser wirkt bei Frequenzen unterhalb etwa 150 Hz als Schalldämpfer mit kassettierter Auskleidung und erst bei höheren Frequenzen als solcher mit homogener Auskleidung! Meist muss der Absorber zum Schutz vor Abrieb und Beschädigung mit einer Abdeckung versehen werden. Um merklichen Dämpfungsverlust zu vermeiden, sollen Abdeckungen aus Lochblech, Streckmetall und Drahtgewebe einen Lochflächenanteil über 30 % und Abdeckungen aus Glasvlies und anderen Geweben einen Strömungswiderstand unter etwa 100 N · s /m3 aufweisen. 9.6.3 Dämpfungsminderung durch akustische Nebenwege Die hohe theoretische – und mit entsprechenden Methoden auch experimentell nachweisbare – Ausbreitungsdämpfung kommt bei technisch ausgeführten Schalldämpfern in üblichen luftführenden Kanälen nicht zu Wirkung, die tatsächlichen Einfügungsdämpfungsmaße sind in der Regel auf Werte von 40 bis 50 dB begrenzt [1, 13, 24]. Verantwortlich dafür sind verschiedene Nebenwege, auf denen der Schalldämpfer umgangen wird: – Körperschalllängsleitung über die Kanalwände. Dieser Weg wird durch das Grenzdämpfungsmaß des Kanals charakterisiert. Dieses wird ermittelt, indem der Kanal (möglichst in Länge des vorgesehenen Schalldämpfers) akustisch versperrt wird. Es stellt in jedem Fall die Obergrenze für das erreichbare Einfügungsdämpfungsmaß dar. Bild 9–26 aus [13] gibt Anhaltswerte für das Grenzdämpfungsmaß. Werden höhere Werte verlangt, so muss der Kanal aus kürzeren körperschallisolierten Teilstücken zusammengesetzt werden. – Körperschalllängsleitung in der Kulisse selbst. Der systematische Vergleich größerer Mengen von Norm-Messdaten in einem Prüfkanal mit sehr hohem Grenzdämp-
278
W. Frommhold
Bild 9–26. Grenzwerte für das mit einem zusammenhängenden Kulissenschalldämpfer erreichbare Einfügungsdämpfungsmaß De im Mauer- oder im Blechkanal nach [13]
fungsmaß mit dem theoretischen Einfügungsdämpfungsmaß nach Abschn. 9.4.1 in [19] hat ergeben, dass es auch in üblichen Absorberkulissen mit schallharter Front- und Rückseite aus Blech (0,6 mm bis 1,5 mm) eine Körperschallübertragung gibt, die in Form einer Schwingungsanregung der Vorderseite, Fortleitung im Rahmen auf die Rückseite und von dort als Abstrahlung von Luftschall in den Kanal zu verstehen ist. Sie vermindert das Einfügungsdämpfungsmaß oberhalb etwa 25 bis 30 dB in der Art, dass der Dämpfungszuwachs mit weiterer Länge kleiner wird (Abflachung der Pegelabfall-Kurve im Spalt im Frequenzbereich des Dämpfungsmaximums bei Längen oberhalb L = 0,5 bis 1 m). Dieser Einfluss ist zwar in Form von Datensätzen für vermindertes Dh oberhalb L = 1 m bekannt [19] und in Rechenprogramme eingebaut, lässt sich aber nicht ähnlich Bild 9–11 in normierter allgemeiner Form darstellen. Den Dämpfungsverlust in der Kulisse kann man dadurch vermindern, dass der Schalldämpfer aus körperschallisolierten Teilstücken zusammengesetzt wird oder die Abstrahlung von der Rückseite, z. B. durch Lochblech-Ausführung, unterdrückt wird. – Luftschalllängsleitung in Spalten zwischen Kulissenrahmen und Kanal. Absorberkulissen werden i. Allg. mit einem umlaufenden Blechrahmen gefertigt und dann in den bauseitigen Kanal einfach eingeschoben. Verbleibende Spalte von wenigen mm können bereits zu einem merklichen Dämpfungsverlust zunächst im Frequenzbereich des Dämpfungsmaximums führen (Angaben in [13]). Bei der Normmessung werden deshalb solche Spalte sorgfältig mit Moosgummi oder anderen Materialien abgedichtet – was auch bauseitig erfolgen sollte. Dieser Aufwand lässt sich aber vermeiden, wenn die Oberseite der Kulisse schalldurchlässig ausgeführt wird, so dass der verbleibende Spalt zum Kanal einen Schalldämpferschlitz mit sehr hoher Dämpfung darstellt [13]. 9.6.4 Handelsübliche Absorptionsschalldämpfer Der Markt an Absorptionsschalldämpfern ist groß, und die Konstruktionen weichen nicht wesentlich voneinander ab. Zudem haben sich die meisten Hersteller in der RAL-Gütegemeinschaft Schalldämpfer [28] auf verbindliche Prüfverfahren geeinigt, so dass die Herstellerangaben untereinander zuverlässig verglichen werden können.
9. Absorptionsschalldämpfer
279
Bild 9–27. Mittleres Einfügungsdämpfungsmaß De von Kulissenschalldämpfern mit 2 d = 2 h = 0,2 m in Abhängigkeit von der Länge; Rechnung nach [17] in Übereinstimmung mit Messungen an Elementen verschiedener Hersteller, Abweichung ± 0,15 De . Absorber homogen mit Abdeckung aus Glasvlies oder Lochblech, Ξ = 10 bis 15 kN · s/m4 ; a L = 0,5 m, b L = 1 m, c L = 1,5 m, d L = 2 m, e L = 2,5 m
Daher wird hier nicht ein Beispiel aus dem Katalog eines willkürlich ausgesuchten Herstellers angeführt, sondern es wird im Bild 9–27 für den häufigsten Kulissentyp mit 2 d = 0,2 m und dem Durchschnittswert Ξ = 12,5 kN · s /m4 für den Strömungswiderstand des Absorbermaterials bei der normierten Auskleidungstiefe Λ = 1 das berechnete mittlere Einfügungsdämpfungsmaß in Abhängigkeit von der Länge L dargestellt. Diese Kurven sind unter Berücksichtigung der Nebenwege nach [19] berechnet und weichen von den Norm-Messwerten nach [12] um weniger als 15 % der dB-Angaben ab. Es ist ersichtlich, dass im mittleren Frequenzbereich oberhalb L = 1 m die Dämpfung nicht mehr proportional zur Länge ansteigt. Die Angaben im Bild 9–27 gelten für Schalldämpfer aus einem Stück. Wird der Schalldämpfer aus kürzeren Kulissen zusammengestellt, können höhere Werte im Dämpfungsmaximum erzielt werden (allerdings oft mit Verlust bei sehr tiefen Frequenzen – vgl. Abschn. 9.6.2 – die bei der Auslegung von Schalldämpfern oft das größere Problem darstellen). Weiterhin muss daran erinnert werden, dass die Werte im Bild 9–27 nur für den Prüfkanal gültig sind und sich beim Einbau in einen luftführenden Kanal geringer Grenzdämmung noch vermindern können.
280
W. Frommhold
9.7 Schrifttum [1] Költzsch, P.: Schallabsorbierende Kanäle. In: Lärmbekämpfung. Hrsg. Schirmer, W. Berlin: Verl. Tribüne, 1971. Biehn, K.; Gruhl, S.: Absorptionsschalldämpfer. In: Lärmbekämpfung Hrsg. Schirmer, W. Berlin: Verl. Tribüne, 1989. [2] Beranek, L. L.; Ver, I.L.: Noise and vibration control engineering. New York: Wiley, 1992. [3] Munjal, M. L.: Acoustics of ducts and mufflers. New York: Wiley, 1987. [4] Nelson, P.A.; Elliot, S. J.: Active control of sound. London: Acad. Press, 1992. [5] Krüger, J.J.: The calculation of actively absorbing silencers in rectangular ducts. J. Sound a. Vibrat. 257 (2002) Nr. 5, S. 887 – 902. [6] Mechel, F.: Schallabsorption, Schalldämpfer. In: Taschenbuch der Technischen Akustik. Hrsg. Heckl, M.; Müller H. A. 2. Aufl. Berlin: Springer, 1994. [7] Fuchs, H.V.: Schallabsorber und Schalldämpfer. Berlin: Springer 2004. [8] Eckoldt, D.; Krämer, M.M.; Hemsing, J.: Silencers for exhaust gas stacks of a power station. Joint Congress CFA/DAGA 2004, Strasbourg, S. 457 – 458. [9] Frommhold, W.; Fuchs, H. V.; Sheng, S.: Acoustic performance of membrane absorbers. J. Sound a. Vibrat. 170 (1994), Nr. 5, S. 621– 636. [10] Kurze, U.; Donner, U.: Schalldämpfer für staubhaltige Luft. Hrsg. Bundesanst. f. Arbeitsschutz Dortmund, Fb 574. Bremerhaven: Wirtschaftsverl., 1989. [11] Frommhold, W.: Berechnung rechteckförmiger Schalldämpfer mit periodisch strukturierter Wandauskleidung. Diss. Tech. Univ. Berlin, 1991. [12] DIN EN ISO 7235 (2004): Messungen an Schalldämpfern in Kanälen, Einfügungsdämpfungsmaß, Strömungsgeräusch und Gesamtdruckverlust [13] Esche, V.: Lüftungstechnische Anlagen und Schalldämpfer. In: Taschenbuch Akustik. Hrsg. Fasold, W.; Kraak, W.; Schirmer, W. Berlin: Verl. Technik, 1984. [14] Mechel, F. P.: Ausweitung der Absorberformel von Delany und Bazley zu tiefen Frequenzen. Acustica 35 (1976), S. 200 – 213. [15] Schmidt, H.: Schalltechnisches Taschenbuch. 4. Aufl. Düsseldorf: VDI-Verl., 1989. [16] Mechel, F. P.: Die Berechnung runder Schalldämpfer. Acustica 35 (1976). S. 179 –189. [17] Mechel, F. P.: Explizite Näherungsformeln für die Schalldämpfung in rechteckigen Absorberkanälen. Acustica 34 (1976), S. 289 – 305. [18] Frommhold, W.; Mechel, F. P.: Simplified methods to calculate the attenuation of silencers. J. Sound a. Vibrat. 141 (1990), Nr. 1, S. 103 –125. [19] Frommhold, W.; Brandstätt, P.; Müller, H.: Analytische Verfahren zur Berechnung von Absorptions-Schalldämpfern. In: VDI-Ber. 938 (Lärmminderung durch Schalldämpfer). Düsseldorf: VDI-Verl., 1992. [20] Mechel, F. P.: Schallabsorber. Bd. 1. Stuttgart: Hirzel, 1989. [21] Kohlrausch, F.: Praktische Physik. Stuttgart: Teubner, 1960. [22] Mechel, F. P.: Why are silencers symmetrical? Noise Control Conf., Warschau 1976, Proc. 65 – 71. [23] Fuchs, H.V.; u. a.: New design for silencing aeroacoustic wind tunnels. DGLR /AIAA 14. Aerocoustics Conf., Aachen 1992. Proc. 92-02-028. [24] VDI 2081/03.83 Geräuscherzeugung und Lärmminderung in Raumlufttechnischen Anlagen. [25] Ackermann, U.: Messungen an Schalldämpfern in Kanälen. Bauphysik 13 (1991), Nr. 3, S. 77– 84; Nr. 4, S. 120 –125. [26] VDI 3733/Entw. 12.92 Geräusche bei Rohrleitungen. [27] Fuchs, H.V.; Ackermann, U.: Energiekosten der Schalldämpfer in lufttechnischen Anlagen. Z. Lärmbekämpf. 39 (1992), Nr. 1, S. 10 –19. [28] RAL-GZ 595 Kulissenschalldämpfer für Raumlufttechnische Anlagen. Berlin: Beuth, 1988.
10. Schallschutzkapseln E. Lotze, überarbeitet von W. Schirmer
10.1 Einführung Bei der Verminderung von Maschinenlärm durch passive Maßnahmen, d. h. ohne Änderung der Wirkungsweise oder der konstruktiven Gestaltung der Maschinen, kommt der vollständigen Kapselung lärmintensiver Maschinen bzw. Teilaggregate besondere Bedeutung zu, weil dadurch die Schallausbreitung von diesen Lärmquellen bereits in unmittelbarer Nähe der Quellen beeinflusst werden kann. Durch die Kapselung lärmintensiver Maschinen werden insbesondere auch die Beschäftigten in der näheren Umgebung dieser Lärmquellen geschützt. Dagegen ergibt sich z. B. durch die Auskleidung eines Raumes mit schallabsorbierenden Elementen nur für die Beschäftigten in größeren Entfernungen von den Lärmquellen eine Minderung der Lärmeinwirkung. Außerdem ist die durch eine solche Maßnahme erzielbare Pegelabsenkung im Vergleich zur Kapselung der Lärmquellen viel geringer. In den folgenden Ausführungen werden die Faktoren angegeben, die bei der Dimensionierung und Herstellung von Kapseln berücksichtigt werden müssen. Die für Schallschutzkapseln beschriebenen Dimensionierungs- und Gestaltungshinweise gelten im gleichen Maße auch für Schallschutzkabinen. Schallschutzkabinen sind Einhausungen, die in einem lauten Raum aufgestellt werden, um einen Arbeitsbereich mit niedrigem Lärm zu schaffen, beispielsweise eine lärmgeschützte Kontroll- und Steuerwarte in einer lärmerfüllten Werkhalle.
10.2 Begriffe und Schallübertragungswege bei einer Maschinenkapsel Unter einer Vollkapsel für eine lärmintensive Maschine ist eine allseitig geschlossene Haube, die über der gesamten Maschine angeordnet ist, zu verstehen. Dadurch gelangt nur ein Bruchteil der von der Lärmquelle abgestrahlten Schallenergie in den Raum außerhalb der Kapsel. Außer der separaten Voll- bzw. Teilkapsel werden zunehmend in die Maschine integrierte Kapseln angewendet. Integrierte Kapseln liegen vor, wenn besonders stark schallabstrahlende Maschinenteile gekapselt werden oder unmittelbar vor schallabstrahlenden Gehäuseflächen zusätzliche Dämmwände in der Art von biegeweichen Vorsatzschalen (s. Abschn. 5.4.3) angebracht werden. Die integrierte Kapsel ist eine besonders wirtschaftliche und platzsparende Maßnahme zur Lärmminderung. Sie ist gut für Serienerzeugnisse geeignet. Bei der Teil- und der integrierten Kapsel ist jedoch die erreichbare Pegelminderung niedriger als bei einer Vollkapsel. Der Grund dafür ist, dass die ungeschützten Maschinenteile, die u. U. noch
282
E. Lotze, überarbeitet von W. Schirmer
durch den Körperschall der gekapselten Maschinenteile angeregt werden können, durch ihre Schallabstrahlung weiterhin einen Beitrag zum Pegel am betrachteten Aufpunkt liefern. Die erzielbare Einfügungsdämmung ist von der Ausführung der Kapsel abhängig. Im Einzelnen sind folgende Schallübertragungswege bei einer Vollkapsel möglich, s. Bild 10–1: Für den Luftschall Weg A Ausbreitung über die Kapselwände, Weg B Ausbreitung über Undichtigkeiten und unvermeidbare Öffnungen, und zwar – Weg B 1 – über undichte Stoßstellen zwischen den einzelnen Kapselteilen (darunter fallen auch undichte Türen, Reparatur- und Beobachtungsklappen), – Weg B 2 – über undichte Durchführungen von Maschinenteilen durch die Kapselwände (z. B. bei Rohr- oder Wellendurchführungen), – Weg B 3 – über undichte Stoßstellen zwischen den Kapselwänden und angrenzenden Bauteilen, – Weg B 4 – über erforderliche Öffnungen für die Be- und Entlüftung sowie die Material- oder Werkstückzu- und -abführung; Für den Körperschall Weg C Körperschallausbreitung über starre Verbindungsteile bzw. angrenzende Bauteile auf die Kapselwände und Abstrahlung als Luftschall, und zwar – Weg C 1 – über starre Befestigungen der Kapsel am Maschinengehäuse, – Weg C 2 – über Durchführungen von Maschinenteilen, die starr mit der Kapselwand verbunden sind, – Weg C 3 – über angrenzende Bauteile, Weg D Körperschallausbreitung und Abstrahlung als Luftschall außerhalb der Kapsel, und zwar – Weg D 1 – über durchgeführte Maschinen- oder Anlagenteile, – Weg D 2 – über angrenzende Bauteile. Die lärmdämmende Wirkung einer Kapsel wird durch das Einfügungsdämm-Maß DeK gekennzeichnet. Dieses ist gegeben durch DeK = L0 – Lm
= – 10 lg (10
–
∆LK 10 dB
–
+ 10
∆LÖ 10 dB
–
+ 10
∆L V 10 dB
) dB ;
(1)
Bild 10 –1. Die verschiedenen Schallübertragungswege bei einer Maschinenkapsel
283
10. Schallschutzkapseln
Tabelle 10 –1. Orientierungsangaben zur Kapselwandausführung für unterschiedlich hohe Schallschutzanforderungen, alle Varianten mit schallabsorbierendem Material etwa 50 mm dick auf der gesamten Wandfläche [1] DeK bei etwa 500 Hz dB
typisches Dämmaterial
zulässiger Öffnungsanteil q, vgl. Gl. (4) %
Größenordnung Art der der zulässigen Dichtung Schlitzbreite mm
ⱕ 10
Dämm-Matten (nichtporöses Material, 5 bis 7 kg/m2) 1 mm Stahlblech, nicht entdröhnt 2 mm Stahlblech, entdröhnt
10
10
1
1
0,1
0,1
0,01
0,01
ⱕ 20 ⱕ 30 ⱕ 40
Doppelwand, 2 ҂ 1 mm Stahlblech oder Mauerwerk, 250 kg/m2
grobe Anpassung gute Anpassung einfache Gummidichtung Mehrfachdichtung
Lm Schalldruckpegel an einem Aufpunkt außerhalb der Kapsel, Schalldruckpegel an dem gleichen Aufpunkt ohne Kapsel, L0 ∆ LK zu erwartende Schallpegelabsenkung bei Schallübertragung allein über die Kapselwände – Weg A (s. Abschn. 10.3), ∆ LÖ zu erwartende Schallpegelabsenkung bei Schallübertragung allein über Öffnungen – Weg B (s. Abschn. 10.4.4), ∆ L v zu erwartende Schallpegelabsenkung bei Schallübertragung allein über starre Verbindungen – Weg C (s. Abschn. 10.4.5). Der Anteil der Schallübertragung über den Weg D kann rechnerisch nicht quantitativ angegeben werden. Das Einfügungsdämm-Maß DeK kann nach Gl. (1) bei Werten von ∆ LK, Ö, V → 0 dB formal negativ werden. Für die resultierende Wirkung von Weg A und B tritt das jedoch wie physikalisch zu erwarten nicht ein, s. Gl. (4 a). Unter Berücksichtigung der akustischen Erfordernisse ist eine Vorauswahl der Kapselwandausführung nach Tabelle 10–1 möglich. Die rechnerische Bemessung der Kapselausführung wird in den folgenden Abschnitten dargelegt.
10.3 Abschätzung der Pegelabsenkung bei Schallübertragung über die Kapselwände – Weg A Für die durch die Kapselung einer Lärmquelle hervorgerufene Schallpegelabsenkung ∆ LK an einem Aufpunkt kann unter der Annahme, dass innerhalb der Kapsel ein diffuses Schallfeld vorhanden ist, folgende Beziehung abgeleitet werden: ∆ L K = R – 10 lg
R
SK dB ; AK
Schalldämm-Maß der Kapselwände (s. Abschn. 5.2.1),
(2)
284
E. Lotze, überarbeitet von W. Schirmer
AK äquivalente Absorptionsfläche innerhalb der Kapsel, Bei praktischen Dimensionierungen kann die Schallabsorption von den Wandflächen ohne Absorbermaterial und die der freien Bodenfläche vernachlässigt werden. Es gilt AK = α SA + τ SK . α Schallabsorptionsgrad der Kapselwandverkleidung, τ Transmissionsgrad der Kapselwände entsprechend Gl. (5–1 b), τ SK ist nur zu berücksichtigen für α → 0, SK Oberfläche der Kapselwände (ohne Öffnungen), SA Gesamtfläche der schallabsorbierend verkleideten Kapselwände, SA ≤ SK. Aus dieser Gleichung ist ersichtlich, dass die erzielbare Pegelabsenkung mit der Erhöhung sowohl des Schalldämm-Maßes R der Kapselwände als auch des Schallabsorptionsgrades α innerhalb der Kapsel ansteigt. Im Normalfall ist die Pegelabsenkung kleiner als das Schalldämm-Maß der Kapselwände. Für eine Kapsel ohne schallabsorbierende Wandverkleidung ist z.B. bei Voraussetzung eines Schallabsorptionsgrades von α = 0,05 und SA = SK die Pegelabsenkung um 13 dB geringer als das Schalldämm-Maß. Die maximale Pegelabsenkung, die wertmäßig gleich dem Schalldämm-Maß ist, wird nur dann erreicht, wenn die gesamte Kapselwand schallabsorbierend verkleidet ist (SA = SK ) und dabei der Schallabsorptionsgrad α = 1 beträgt. Aufgrund praktischer Erfahrungen kann Gl. (2) auch dann noch angewendet werden, wenn innerhalb der Kapsel kein diffuses Schallfeld vorhanden ist. Das ist dann der Fall, wenn – der mittlere Abstand der Kapselwände vom Maschinengehäuse kleiner ist als die Wellenlänge des Luftschalles, und zwar bis zu Abständen von etwa 30 mm 1), – die Kapselwände hochabsorbierend verkleidet sind 2). Für die Anwendung der Gl. (2) ist keine besondere Schallfeldform außerhalb der Kapsel erforderlich. Sie gilt sowohl für das diffuse als auch für das freie Schallfeld, sofern die Lärmquelle keine extrem gerichtete Schallabstrahlung aufweist. Bei der Dimensionierung einer Kapsel wird zweckmäßigerweise so vorgegangen, dass man den gemessenen oder den aus dem Schallleistungspegel L W der Lärmquelle mit der Gl. (13–12) berechneten frequenzabhängigen Schalldruckpegel L0 mit den vorgegebenen frequenzabhängigen Pegelwerten L m (s. Abschn. 7.3) vergleicht. Daraus ergibt sich das erforderliche Einfügungsdämm-Maß, das durch die Kapsel verwirklicht werden muss. Der innerhalb der Kapsel zu erwartende Schalldruckpegel L K kann bei Voraussetzung eines diffusen Schallfeldes aus der abgestrahlten Schallleistung nach der folgenden Beziehung berechnet werden:
(
L K = L W – 10 lg
1)
)
AK – 6 dB . m2
Untersuchung der Schalldämmung von engen Blechkapseln und Blechverkleidungen. Bericht Nr. 299, VEB Schwingungstechnik und Akustik, Dresden 1967 (unveröffentlicht). 2 ) Erler, G.: Schalldämmaß von Kapseln aus Astikplatten. Diplomarbeit, TU Dresden, Institut für Elektro- und Bauakustik 1965.
10. Schallschutzkapseln
285
10.4 Konstruktive Gestaltung 10.4.1 Allgemeine Bemerkungen Die akustische Wirkung einer Kapsel bei Schallübertragung über die Kapselwände (Weg A) wird gemäß Gl. (2) durch das Schalldämm-Maß der Kapselwände, die äquivalente Absorptionsfläche (bzw. den Absorptionsgrad der Wandverkleidung) in der Kapsel und durch die Oberfläche der Kapselwände bestimmt. Realisierungsmöglichkeiten für die erforderlichen Werte des Schalldämm-Maßes R und des Schallabsorptionsgrades α werden im Abschnitt 5 „Luftschalldämmung“ und im Abschnitt 6 „Luftschallabsorption“ angegeben. Im vorliegenden Abschnitt werden besonders einige Gesichtspunkte für die konstruktive Gestaltung von Kapseln unter Berücksichtigung einer weitestgehenden Absenkung der Schallübertragung über die Wege B bis D beschrieben. An dieser Stelle soll noch darauf hingewiesen werden, dass bei der Konstruktion einer Kapsel neben den akustischen Forderungen vor allem die Betriebsverhältnisse, z.B. die Funktion der zu kapselnden Maschine, Möglichkeiten zur Kontrolle, Wartung, Reparatur und Wärmeableitung und der technologische Materialfluss, umfassend berücksichtigt werden müssen. Sonst ist der Einsatz einer Kapsel im Produktionsablauf, beispielsweise infolge eines erhöhten Zeitaufwandes für erforderliche Arbeitsgänge, oft nicht gewährleistet. Maschinenhersteller, Betriebsingenieure und Akustiker sollten deshalb bei einer Kapselkonstruktion eng zusammenarbeiten. Für besonders kritische Einsatzfälle und für Serienfertigungen ist der Bau eines Kapselfunktionsmusters zu empfehlen, damit die Eignung der gewählten Ausführung unter praktischen Bedingungen erprobt werden kann. Entscheidungshilfen bezüglich der Zweckmäßigkeit eines Kapseleinsatzes einschließlich der Kostenabschätzung bietet das Lärmschutz-Arbeitsblatt LSA 01-243 [2]. 10.4.2 Wahl der Kapselabmessungen Die Abmessungen einer Kapsel ergeben sich aus den Maschinenabmessungen und aus dem zu wählenden Abstand zwischen der Kapselwand und der Oberfläche des Maschinengehäuses. Die Wahl dieses Abstandes ist abhängig – aus akustischer Sicht von der tiefsten Frequenz, bei der die Kapsel noch wirksam sein soll, – von den Forderungen bezüglich der Bedienbarkeit sowie der Kontroll-, Wartungsund Reparaturmöglichkeit des gekapselten Aggregates. Die akustische Wirksamkeit der Kapsel ist bei der tiefsten interessierenden Frequenz fu gewährleistet, wenn die Resonanzfrequenz fr , s. Abschn. 5.4.2.1 und Gl. (5–19), niedriger ist als die Frequenz fu . Mit der Voraussetzung fr = 0,6 fu (vgl. [3]) ergibt sich aus Gl. (5–19 c) für den Mindestabstand d ′min der Kapselwand d′min =
107 ; M f 2u
(3)
M flächenbezogene Masse der Kapselwand, d′min in mm, M in kg/m2 , fu in Hz. Zur Veranschaulichung der erforderlichen Mindestabstände sind in Tabelle 10–2 die Werte für Kapselwände aus Stahlblech eingetragen.
286
E. Lotze, überarbeitet von W. Schirmer
Tabelle 10 – 2. Erforderlicher Mindestabstand d ′min (gerundet) der Kapselwand von der Maschinenoberfläche für Stahlblech der Dicke d und verschiedene untere Grenzfrequenzen fu der Kapselwirksamkeit [1] fu
d ′min in mm
Hz
d = 1 mm
d = 2 mm
d = 4 mm
63 125 250
320 80 20
160 40 10
80 20 5
Außerdem ist zur Vermeidung einer Körperschallübertragung von der gekapselten Maschine auf die Kapselwand der Abstand zwischen Maschinenoberfläche und Kapselwand so groß zu wählen, dass keine direkte Berührung zwischen vorspringenden Maschinenteilen und Kapsel möglich ist. Größere Maschinen und Aggregate werden zweckmäßig mit großem Abstand gekapselt. Diese Kapseln sind dann begehbar. Wartungs- und kleinere Reparaturarbeiten können ohne Abbau der Kapsel ausgeführt werden. Innerhalb dieser Kapseln existiert meist, außer bei tiefen Frequenzen, ein diffuses Schallfeld. Dagegen werden kleine Maschinen vorzugsweise mit geringem Abstand eingehaust (integrierte Kapseln). Die Kontrolle und Wartung kann dabei durch Fenster und Montageklappen geschehen. 10.4.3 Ausführung der Kapselwand Die prinzipielle Ausführung einer einschaligen Kapselwand ist im Bild 10 –2 gezeigt. Als Material für die Außenhaut einer Maschinenkapsel wird meist 1 bis 3 mm dickes Stahlblech verwendet. Gemäß Abschn. 5.3.1.2 ist die Schalldämmung einer Stahlblechkapsel ohne Entdröhnung abhängig von der kleinsten Abmessung der Kapsel bzw. vom kleinsten Abstand erforderlicher Versteifungsrippen oder -sicken. Die zu erwartende Schalldämmung wird um so höher, je größer diese Abmessungen gewählt werden. Bei Kapselwänden aus Stahlblech und bei kleinen Kapselabmessungen kann die Schalldämmung durch eine Entdröhnung des Stahlbleches noch erhöht werden (s. Abschn. 5.3.1.2). Zu diesem Zweck ist Entdröhnungsmittel (s. Abschn. 4.7.1) auf einer Seite der Stahlblechwände mit etwa 2- bis 3facher Blechdicke aufzuspritzen bzw.
Bild 10–2. Prinzipieller Aufbau einer Kapselwand aus Stahlblech. 1 Außenhaut der Kapselwand, 2 Entdröhnungsmittel, 3 schallabsorbierendes Material, 4 Folie mit geringer flächenbezogener Masse, 5 schalldurchlässige, mechanisch stabile Abdeckung
287
10. Schallschutzkapseln
aufzuspachteln. Das zusätzliche Aufbringen des Entdröhnungsmittels kann jedoch entfallen, wenn die erforderliche Bedämpfung bereits durch das Anbringen der schallabsorbierenden Verkleidung an der Kapselwand erreicht werden kann. Das ist dann der Fall, wenn das Absorbermaterial üblicher Dicke entsprechend fest an das Stahlblech angekoppelt ist, z. B. durch Ankleben oder Andrücken infolge hoher Stopfdichte. Für die schallabsorbierende Verkleidung der Kapselwände wird poröses Material, wie Mineralwolle, Glaswolle oder Kunststoffschaum, verwendet. Die erforderliche Absorberschichtdicke wird dabei durch die tiefste Frequenz bestimmt, bei der noch annähernd vollständige Absorption erzielt werden soll, d. h., je niedriger die zu absorbierenden Frequenzen sind, um so dicker muss die Absorberschicht sein (s. Abschn. 6.2.2.2). Hinweise zur schallabsorbierenden Auskleidung von Teil- und integrierten Schallschutzkapseln einschließlich deren Dimensionierung werden im Abschn. 6, insbesondere Abschn. 6.5, gegeben. Zum Schutz des schallabsorbierenden Materials vor mechanischen Beschädigungen wird vor diesem meist eine schalldurchlässige, mechanisch stabile Abdeckung in Form von Lochblech, Drahtgewebe oder Streckmetall angebracht. Akustisch hat diese Abdeckung keinen Einfluss, wenn das Lochflächenverhältnis p ≥ 0,3 ist (s. Abschn. 6.4.1). Das Absorbermaterial kann vor Feuchtigkeit und Staub durch die Verwendung von leichter Folie (Polyethylen- oder Polyamidfolie) geschützt werden. Dabei ist die Folie schlaff vor dem Absorbermaterial anzuordnen (s. Abschn. 6.4.2). Besonders günstig sind Kunststoffschäume als Absorbermaterial für Schallschutzkapseln. Sie sind sowohl mit selbstklebender Rückseite als auch mit feuchtigkeits- oder ölabweisender Beschichtung erhältlich. Auf eine mechanische Abdeckung kann meist verzichtet werden. Anstelle des Einfachbleches für die Außenhaut der Kapselwand (s. Bild 10 –2) können auch Mehrschichtbleche oder Verbundbleche verwendet werden. Dann kann die Entdröhnung entfallen. 10.4.4 Vermeidung der Schallübertragung über Undichtigkeiten und unvermeidbare Öffnungen – Weg B 10.4.4.1 Pegelabsenkung bei Schallübertragung über Weg B Wird der Schall aus einer Kapsel nur über eine Öffnung, die z. B. Lüftungszwecken dient, übertragen, d. h., die Übertragung über die Kapselwände selbst kann vernachlässigt werden, dann ergibt sich aus dem auf diese Öffnung auftreffenden Schallleistungsanteil folgende Pegelabsenkung (Voraussetzung: innerhalb der Kapsel ist ein diffuses Schallfeld): ∆ L Ö = 10 lg
Pges A dB = 10 lg K dB . SÖ PÖ
Diese Gleichung folgt auch aus Gl. (2) für R = 0 dB und SK = SÖ . Sie kann mit AK = α SA + SÖ und dem Öffnungsanteil q =
SÖ SK + SÖ
288
E. Lotze, überarbeitet von W. Schirmer
umgewandelt werden in
(
∆ L Ö = 10 lg 1 + α
SA dB . SÖ
)
Mit SA = SK wird daraus
(
∆ L Ö = 10 lg 1 + α
1–q dB q
)
(4)
und mit α → 1 ∆ L Ö = 10 lg
1 dB . q
Darin bedeuten: SÖ Fläche der Öffnung in der Kapselwand, SA Fläche der Kapselwand mit schallabsorbierender Verkleidung SA ⱕ SK ; SK s. Gl. (2), α Schallabsorptionsgrad der Wandverkleidung, q Öffnungsanteil. Im Bild 10–3 wurde für verschiedene Schallabsorptionsgrade die nach Gl. (4) berechnete Einfügungsdämmung ∆ L Ö in Abhängigkeit vom Öffnungsanteil q aufgetragen. Daraus ist ersichtlich, dass die schallabsorbierende Verkleidung der Kapselwände einen sehr großen Einfluss auf die erzielbare Dämmwirkung einer Kapsel mit Öffnungen hat. Bei gleichem Öffnungsanteil wird über die Öffnung in einer unausgekleideten Kapsel (α ≈ 0,1) etwa 10 dB mehr Schall übertragen als über die Öffnung gleicher Größe in einer hochabsorbierenden Kapsel (α ≈ 1). Die Beziehung (4) gilt jedoch exakt nur, wenn die Abmessungen der Öffnungen groß gegen die Wellenlänge des Luftschalles sind. Dagegen ist die Schallübertragung über Schlitze größer, als sich aufgrund der Abmessungen und Berechnung nach Gl. (4) ergeben würde, besonders dann, wenn die Schlitzbreite wesentlich kleiner als die
Bild 10–3. Einfügungsdämmung ∆LÖ für Kapseln mit Öffnungen nach Gl. (4) in Abhängigkeit von Öffnungsanteil q und Schallabsorptionsgrad α der vollständig mit Absorptionsmaterial belegten Kapselwand, nach [1]
289
10. Schallschutzkapseln
halbe Wellenlänge des übertragenen Schalles ist und die Schlitztiefe mit der halben Wellenlänge bzw. einem ganzzahligen Vielfachen übereinstimmt [4, 5]. Erfolgt die Schallübertragung sowohl über die Kapselwände (Weg A) als auch über Öffnungen (Weg B), so ergibt sich das Einfügungsdämm-Maß gemäß Gl. (1) aus den nach den Gln. (2) und (4) berechneten Pegelabsenkungen. Das EinfügungsdämmMaß ist deshalb kleiner als die kleinere der beiden Pegeldifferenzen. Die resultierende Wirkung der Wege A und B mit AK = α SA + SÖ + τ SK erhält man direkt aus
(
DeK = 10 lg 1 +
α SA τ SK + SÖ
)
dB .
(4 a)
Der erforderliche Aufwand bezüglich der Abdichtung der Stoßstellen ist abhängig von dem gewünschten Einfügungsdämm-Maß. Es wäre also nicht sinnvoll, bei kleinen geforderten Einfügungsdämm-Maßen übertriebene Abdichtungsmaßnahmen auszuführen. Zur Beurteilung werden deshalb folgende Richtwerte angegeben (vgl. auch Tabelle 10 –1): – Für Einfügungsdämm-Maße bis zu etwa 20 dB ist eine gute Bearbeitungsgenauigkeit der Kapselelemente (gutes Zusammenpassen der Einzelelemente an den Montagefugen) ausreichend. Besondere Abdichtungen sind nicht erforderlich. – Für erforderliche Einfügungsdämm-Maße über 20 dB müssen dagegen einwandfreie Abdichtungen ausgeführt werden. Zur Orientierung über die mögliche Verschlechterung der Schalldämmung infolge einer zusätzlichen Schallübertragung über ungedichtete Stoßstellen sind im Bild 10–4 die für eine Stahlplatte mit umlaufendem Schlitz verschiedener Breite gemessenen Schalldämm-Maße aufgetragen. Die Messungen erfolgten für eine 1 mm dicke Stahlplatte, die vor der Öffnung (0,9 m · 0,25 m) einer Messkammer angeordnet war. Die Schlitztiefe betrug 50 mm. Dabei war keine Behinderung des Schalldurchganges durch schallabsorbierendes Material in dem oder vor dem Schlitz vorhanden, die u.U. bei ausgekleideten Kapseln auftritt. Aus dem Bild ist die Abnahme der Schalldämmung
Bild 10–4. Schalldämm-Maß einer Stahlplatte (900 mm · 250 mm · 1 mm) mit und ohne umlaufende Abdichtung an der Auflage, Schlitztiefe 50 mm [6]. a Abdichtung mit Moosgummi, b Schlitzbreite etwa 0,1 mm, c Schlitzbreite etwa 0,25 mm, d Schlitzbreite etwa 0,5 mm, e Schlitzbreite max. 1 mm, a1 bis e 1 Rechenwerte für mittlere Schalldämm-Maße nach Gl. (5–28) mit RW = 40 dB (Kurve a1) und RE = 0 dB
290
E. Lotze, überarbeitet von W. Schirmer
oberhalb von etwa 2000 Hz mit wachsender Schlitzbreite zu erkennen. Die Dämmungseinbrüche bei etwa 3000 Hz und 6000 Hz ergeben sich aus der gewählten Schlitztiefe, die bei den Frequenzen gerade n λ /2 (mit n = 1, 2, 3, …) beträgt. 10.4.4.2 Stoßstellen zwischen den Kapselelementen – Weg B 1 Bei Maschinenkapseln, bei denen die Kapselwände fest miteinander verbunden sind, z. B. bei geschweißten Konstruktionen, bzw. bei denen die Wände am Aufstellungsort fest montiert werden können, ist eine gute Abdichtung bereits vorhanden oder relativ einfach zu verwirklichen. Dagegen muss bei Kapseln, die je nach Bedarf aus transportablen Einzelelementen auf- und abgebaut werden sollen, besonderer konstruktiver Aufwand getrieben werden. Im Bild 10–5 sind verschiedene Möglichkeiten dargestellt, wie das Dichtungsmaterial, beispielsweise bei der Befestigung von Gehäuseverkleidungen an tragenden Gehäuseteilen, angeordnet werden kann. Mit einer U-förmigen Profilgummidichtung (z.B. 1,5 mm dicker Weichgummi), die mit einer stabilen Andruckleiste auf der ganzen Länge angedrückt wird [Variante a)], kann eine ausreichende Abdichtung erreicht werden. Der große Vorteil hierbei ist, dass die Befestigung nicht punktförmig erfolgt. Die Variante b) gibt bei Verwendung von Gummischlauch (z.B. 10 mm ∅) oder anderem weichem Dichtungsmaterial, wie Filz, ebenfalls eine ausreichende Abdichtung. Bei dem erstgenannten Material ist jedoch auf eine saubere Ausbildung des Stoßes zu achten. Die Varianten c) und d) sind akustisch ungünstig, da dabei die Dichtwirkung durch Öffnungen an den Verschraubungen sowie durch die Öffnungen, die durch das Verspannen des Bleches entstehen und bei Verwendung von Dichtungsmaterial mit großer Steifigkeit nicht genügend abgedichtet werden können, herabgesetzt wird. Diese Gesichtspunkte gelten auch für die Dichtung von Türen, Fenstern, Reparatur- und Beobachtungsklappen. Transportable Kapselteile werden zweckmäßigerweise aus U-Profilrahmen hergestellt, an denen die Stahlblechverkleidungen befestigt werden. Möglichkeiten der Stoßstellendichtung derartiger Kapselteile sind im Bild 10–6 gezeigt. Im Bild 10–6a wird die Stoßstelle beispielsweise doppelt abgedichtet. Der Dichtungsgummi wird jeweils durch einen Abdeckblechstreifen fest an die Profilrahmen angedrückt. Durch die doppelte Abdichtung ist die Schallübertragung an der Verschraubung unbedeutend. 10.4.4.3 Durchführung von Maschinenteilen – Weg B 2 Oftmals müssen Maschinenteile wie Rohrleitungen oder Wellen durch die Kapselwand hindurchgeführt werden. Bei akustisch hochwertigen Kapseln müssen diese Durchführungen abgedichtet werden.
Bild 10–5. Möglichkeiten zur Anordnung des Dichtungsmaterials [6]
10. Schallschutzkapseln
291
Bild 10–6. Möglichkeiten der Verbindung und Stoßstellenabdichtung von transportablen Kapselelementen. b) nach [3]; e) Schallschutzkapsel-Baukastensystem, vormals Industrielärmschutz, Leipzig, 1978. 1 Kapselwandung, 2 Profilrahmen eines Kapselelementes, 3 Gummidichtung, 4 Abdeckblech, 5 Verschraubung, 6 Halterung, 7 Kastenholmgerüst, 8 Gerüst aus zwei verschweißten U-Holmen, 9 Verbindungsklemme, Sicherung durch Blechschrauben
Im Bild 10 –7 sind einige prinzipielle Möglichkeiten für die Abdichtung einer durchgeführten Rohrleitung dargestellt. Die Abdichtung einer Wellendurchführung wird im Bild 10–8 gezeigt. Ein sehr kleiner Luftspalt kann dadurch erreicht werden, dass ein sehr weiches Material, z. B. 0,5 bis 1 mm dickes Messingblech, als Dichtungsmaterial verwendet wird. Im Stillstand der Maschine wird dieses Blech, das dem Wellendurchmesser angepasst ist, montiert. Bei Inbetriebnahme der Maschine wird die kleinste erforderliche Öffnung durch die rotierende Welle aus dem Blech ausgearbeitet. Bei einer derartigen Ausführung wird die Dicke des Luftspaltes also im Wesentlichen nur durch den Schlag der Welle bestimmt. Eine Beschädigung der Welle ist infolge der Weichheit des Messings nicht zu erwarten. Eine andere Möglichkeit ist die Verwendung eines ringförmigen schallabsorbierenden Kanalstückes, das in Schallausbreitungsrichtung nicht zu kurz sein darf.
Bild 10–7. Möglichkeiten zur isolierten Durchführung einer Rohrleitung durch eine Kapselwand. 1 Kapselwandung bzw. Kapselwand aus Stahlblech, 2 Rohrleitung, 3 Formstück aus Gummi oder elastischem Kunststoff, 4 Fasermaterial, z. B. Mineral-, Basalt- oder Glaswolle, 5 Gummimanschette
292
E. Lotze, überarbeitet von W. Schirmer
Bild 10–8. Möglichkeiten zur Abdichtung einer Wellendurchführung. 1 Kapselwand aus Stahlblech, 2 Justierbleche, 3 Messingblech, 0,5 bis 1 mm dick, 4 Spannring, 5 durchgeführte Welle, 6 Luftspalt, 7 Abdeckung, z.B. Lochblech, 8 Fasermaterial, z.B. Mineral-, Basalt- oder Glaswolle
10.4.4.4 Stoßstellen zwischen Kapselwänden und angrenzenden Bauteilen – Weg B 3 Eine gute Dichtung kann dadurch erreicht werden, dass einmal genügend breite und ebene Auf- bzw. Anlageflächen für die Kapsel vorgesehen und zum anderen genügend breite Streifen elastischen Dichtungsmaterials zwischen diesen Flächen und der Kapsel bzw. den Kapselelementen verwendet werden. Als Dichtungsmaterial sind beispielsweise Gummi, elastischer Kunststoff oder weiche Faserstoffe geeignet. Möglichkeiten zur dichten und körperschalldämmenden Aufstellung von Kapseln sind im Bild 10–9 dargestellt. Zur Erzielung eines möglichst geringen Kapselmontage- und -demontageaufwandes bei der Reparatur und Instandsetzung der gekapselten Maschine werden Kapseln oftmals aus gegeneinander verschiebbaren, meist rollengelagerten Teilelementen gebaut. Dadurch entstehen aber Fugen, beispielsweise zur Gebäudewand, zum Fußboden oder zwischen den Teilelementen, als akustische Schwachstellen. Die Schallübertragung darüber kann vermindert werden, wenn die Fugen als schalldämpfende Schlitze ausgebildet sind. Die Schlitzbreite ist – unter Beachtung der Fertigungsgenauigkeiten der Kapselelemente sowie eventuell im Laufe der Nutzung auftretender Verformungen – so klein wie möglich zu wählen. Diese Maßnahme ist akustisch günstiger, besonders bei hohen Frequenzen, als ein stumpfer Anschlag mit Dichtungswulst, vgl. [7]. Eine Lösungsmöglichkeit wird im Bild 10–10 gezeigt. 10.4.4.5 Öffnungen für die Be- und Entlüftung sowie die Zu- und Abführung von Material oder Werkstücken – Weg B 4 Infolge der schallabsorbierenden Verkleidung der Kapselwände und der damit verbundenen hohen Wärmedämmung wird die Wärmeableitung von gekapselten Ma-
Bild 10–9. Beispiele für eine dichte und körperschalldämmende Aufstellung der Kapsel nach [3]. 1 Kapselwandung, 2 Auflageplatte, 3 weiches Gummielement als Feder- und Dichtelement, 4 Konsolenkonstruktion, 5 Gummielemente zur Lagesicherung, 6 Grundrahmen
10. Schallschutzkapseln
293
Bild 10 –10. Beispiel zur Abdichtung rollbarer Kapselteile nach [8]. 1 Schallabsorptionsmaterial. Hinweis: Aus Sicherheitsgründen muss die Führungsschiene in den Boden eingelassen sein
schinen wesentlich verschlechtert. Dies ist besonders kritisch bei Maschinen und Aggregaten mit hoher Wärmeabstrahlung, z. B. bei Turbokompressoren. Außerdem muss für eigenbelüftete Maschinen – wie für E-Motoren – ausreichend Kühlluft zugeführt werden. Deshalb sind in den Kapseln für derartige Maschinen Be- und Entlüftungsöffnungen mit ausreichender Fläche vorzusehen (s. auch Abschn. 10.6). Damit durch die Schallabstrahlung dieser Öffnungen die akustische Wirkung der Kapseln jedoch nicht zunichte gemacht wird (s. Abschn. 10.4.4.1), sind vor den Öffnungen Schalldämpfer anzubringen (s. Abschn. 9). Diese Schalldämpfer können, beispielsweise in Form von schlitzförmigen Kanälen, auf dem Kapseldach bzw. an einer seitlichen Kapselwand angeordnet werden. Das durch eine Kapsel erreichbare Einfügungsdämm-Maß bei alleiniger Schallübertragung über die Lüftungsöffnung mit Schalldämpfer kann mit folgender Beziehung berechnet werden: ∆ L Ö, D = D + ∆ L Ö .
(5)
D ist die Dämpfung des Schalldämpfers (s. Abschn. 9.3.1) vor der Lüftungsöffnung mit der Fläche SÖ. Die zur Belüftung einer Kapsel erforderliche Luftführung innerhalb der Kapsel muss so erfolgen, dass eine vollständige Wärmeableitung von der gekapselten Maschine gewährleistet ist. Eine Vermischung von Frischluft und Abluft ist zu vermeiden, z. B. durch die Verwendung besonderer Einbauten in Form von Trennblechen. Für den Fall, dass die unter vorgenannten Verhältnissen zur Verfügung stehende Frischluft zur Kühlung einer Maschine nicht ausreicht, ist in die Kapsel zusätzlich ein entsprechender Lüfter einzubauen. Bild 10 –11 zeigt ein Beispiel der Realisierung aller genannten Maßnahmen bei einer ausgeführten Kapsel. Es handelt sich dabei um die Schalldämmhaube für einen Erregermaschinensatz. Die mit dieser Kapsel erreichte Einfügungsdämmung beträgt 23 dB(A) ohne Betrieb des Zusatzlüfters (Vergleich der mit der A-Kurve frequenzbewerteten Gesamtschallpegelwerte ohne und mit Kapsel). Außer Lüftungsöffnungen können aber auch produktionsbedingte Öffnungen in der Kapselwand erforderlich sein, beispielsweise für die Zu- und Abführung von Ma-
294
E. Lotze, überarbeitet von W. Schirmer
Bild 10 –11. Schalldämmhaube für Erregermaschinensatz. a Frischluft, b Abluft, 1 Kapselwand aus Stahlblech mit schallabsorbierendem Material, 2 schalldämpfende Kanäle für Frisch- und Abluft, 3 Lüfter, 4 Blech zur Trennung von Frisch- und Abluft
terial oder Werkstücken. Auch hier eignen sich zur Verminderung der Schallabstrahlung von diesen Öffnungen davor angebrachte schalldämpfende Kanäle. Bild 10 –12 zeigt als Teilmaßnahme eine solche Kanalstrecke für die Materialzuführung bei einer Dickenhobelmaschine 3 ). Dabei ist das horizontal angeordnete absorbierende Kanalelement feststehend, während sich die vertikalen seitlichen Begrenzungen gemeinsam mit dem Maschinentisch in der Höhe verstellen lassen. Zusammen mit der schalldämmenden Verkleidung des Maschinengestells unterhalb des Arbeitstisches ergibt diese Maßnahme in Abhängigkeit von der gewählten Arbeitshöhe (= Schlitzbreite) eine Einfügungsdämmung von 4 bis 16 dB(A), gemessen am Arbeitsplatz „Materialzuführung“.
Bild 10 –12. Schalldämpfender Kanal vor der Materialzuführung bei einer Dickenhobelmaschine
3
) Nach Angaben des VEB Isolierungen, Berlin, 1987.
10. Schallschutzkapseln
295
10.4.5 Vermeidung der Körperschallanregung der Kapsel – Weg C Über Maschinenteile, die starr mit der Kapsel verbunden sind, und über angrenzende Bauteile können Körperschallschwingungen auf die Kapselwände übertragen werden, die wiederum als Luftschall abgestrahlt werden. In die entsprechenden Übertragungswege sind deshalb Körperschalldämmstellen einzubauen. Aus diesem Grund sind die Kapselwände nach Möglichkeit nicht am Maschinengehäuse zu befestigen bzw. abzustützen. Ist dies jedoch erforderlich, z. B. bei integrierten Kapseln, dann sind dazu entweder elastische Zwischenglieder, wie Gummimetallverbindungen oder elastische Kunststoffe, zu verwenden (Vermeiden des Weges C 1), oder die Befestigung darf bei starrer Ausführung nur punktförmig erfolgen (s. Abschn. 5.4.3). Zwei Beispiele zur körperschalldämmenden Befestigung von Kapselelementen an Bauteilen, einschließlich Dichtung, zeigt Bild 10 –13. Eine Abschätzung der Schallübertragung über diesen Weg ist mit ∆ L V = ∆ RV und den Gln. (5–24) bis (5–27) möglich. Die Körperschallübertragung über Durchführungen von Maschinenteilen durch die Kapselwände (Weg C 2) kann in Verbindung mit den Maßnahmen, die zur Abdichtung bezüglich Luftschall vorgeschlagen wurden (s. Abschn. 10.4.4.3), reduziert werden. Die Maßnahmen zur Verringerung der Körperschallanregung der Kapselwände über angrenzende Bauteile (Weg C 3) sind vom Flächengewicht der angrenzenden Bauteile abhängig. Für schwere Bauteile und leichte Kapselwände, z. B. für Stahlblechkapseln auf dicken Bauwerksdecken, ist eine Körperschallisolierung nicht erforderlich. Dabei sind jedoch durch die Wahl der Kapselkonstruktion sowie durch eine entsprechende Bauausführung Resonanzen der Kapselteile und Klapperstellen zu vermeiden. Dagegen ist für angrenzende Bauteile mit geringer Flächenmasse und leichten Kapselwänden eine Körperschallisolierung erforderlich. Dieser Fall tritt beispielsweise dann ein, wenn das zu kapselnde Aggregat auf einem Stahlgerüst montiert ist. Die Körperschallisolierung kann auch entfallen, wenn das Fundament des Schwingungserregers von der Kapselaufstellungsfläche durch Trennfugen getrennt bzw. wenn der Erreger bereits körperschallisoliert aufgestellt ist. Die Körperschallübertragung über Weg C 3 ist stark reduziert, wenn eine der im Bild 10–9 gezeigten Möglichkeiten zur Aufstellung der Kapsel mit Abdichtung genutzt wurde. Ist eine Körperschallanregung der Kapsel zu erwarten, dann sollten Kapselwände aus Stahlblech vorsorglich entdröhnt werden.
Bild 10 –13. Dichtung und körperschalldämmende Befestigung von Kapselelementen an Bauteilen bei Teil- und integrierten Kapseln, nach [3]. 1 Kapselwandung, 2 Befestigungsleiste, 3 durchgehende Gummidichtung, 4 Befestigungslasche, 5 festes Bauteil, 6 Metallscheibe, 7 Gummischeibe, 8 Gummihülse
296
E. Lotze, überarbeitet von W. Schirmer
10.4.6 Vermeidung der Schallabstrahlung außerhalb der Kapsel – Weg D Die über Weg D übertragenen Körperschallschwingungen und die damit verbundene Schallabstrahlung außerhalb der Kapsel können vermieden bzw. herabgesetzt werden, wenn beispielsweise bei Weg D1 elastische Zwischenglieder in Form von Gummioder Segeltuchmanschetten oder elastischen Rohrverbindungen (Metallbälge) in die Rohrleitungen eingebaut werden (s. Abschn. 12.2.4) bzw. bei Weg D 2 eine körperschallisolierte Aufstellung der Maschine (s. Abschn. 12.2.6) verwirklicht wird. Die letztgenannte Maßnahme ist besonders dann erforderlich, wenn die Maschine auf Bauteilen mit geringer Flächenmasse aufgestellt werden soll, beispielsweise auf einem leichten Stahltragwerk (analog Abschn. 10.4.5). 10.4.7 Zusammenfassung Die Kapselung einer Maschine ist akustisch nur dann voll wirksam, wenn folgende Faktoren berücksichtigt werden: – ausreichende Schalldämmung der Kapselwände im erforderlichen Frequenzbereich, – schallabsorbierende Auskleidung im Inneren der Kapsel mit ausreichender Absorberschichtdicke, – gute Abdichtung der Öffnungen und Schlitze, z. B. durch gutes Zusammenpassen der Kapselelemente an den Montagefugen bei erforderlichen Pegelabsenkungen unter etwa 20 dB bzw. durch Dichtung mit elastischem Material an den Stoßfugen der einzelnen Kapselteile sowie an den Fugen der Kapselwände und den angrenzenden Bauteilen bei erforderlichen Pegelabsenkungen über etwa 20 dB und Verwendung von Schalldämpfern vor den Be- und Entlüftungs- sowie produktionsbedingten Öffnungen, – möglichst keine starren Verbindungen zwischen Maschine und Kapsel sowie zwischen Maschinenfundament, angrenzenden leicht anregbaren Bauteilen (z. B. Stahlgerüste) und Kapsel, – gegebenenfalls körperschallisolierte Aufstellung der abzukapselnden Maschine.
10.5 Verfahren zum messtechnischen Nachweis der Einfügungsdämmung Gemäß der Definition des Einfügungsdämm-Maßes DeK , s. Gl. (1), ist der Schalldruckpegel, der durch die interessierende Lärmquelle an einem Aufpunkt außerhalb des Bereiches der Kapsel hervorgerufen wird, ohne (L0 ) und mit Kapsel (L m ) zu messen, s. Bild 10 –14 a: DeK, a = L0 – L m . Dieses Verfahren kann nach Fertigstellung einer Kapsel nicht angewendet werden, wenn – der Pegel ohne Kapsel nicht mehr feststellbar ist, – außerhalb der Kapsel ein zu hoher Grundgeräuschpegel existiert. In diesem Fall kann die erzielte Einfügungsdämmung auch durch Messung des Pegels außerhalb und innerhalb der Kapsel bei Betrieb einer Lärmquelle außerhalb der Kapsel bestimmt werden, s. Bild 10 –14 b:
297
10. Schallschutzkapseln
Bild 10 –14. Zur messtechnischen Überprüfung einer Kapsel. a) DeK, a = L0 – Lm ; b) DeK, b = LR – LK . DeK, a = DeK , b , wenn die Schallübertragungen in den Richtungen A und B gleich sind (keine Körperschallübertragung)
DeK, b = L R = LK . Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Schallübertragung in beiden Übertragungsrichtungen gleich ist. Das ist bei guter Körperschallisolierung der Kapsel zu erwarten. Diese Überprüfung wird im Allgemeinen in Abhängigkeit von der Frequenz durchgeführt. Erfolgt der Vergleich aber für A-bewertete Gesamtschalldruckpegelwerte, dann ist das ermittelte Einfügungsdämm-Maß vom Spektrum des Prüfgeräusches abhängig. Damit können diese Angaben nicht verallgemeinert werden. In DIN EN 31 546 Teil 1 [9] und Teil 2 [10] sind entsprechende Messverfahren genormt.
10.6 Wärmeabführung aus Schallschutzkapseln Von Wiltzsch wird ein Abschätzverfahren für die Wärmeabführung aus Kapseln angegeben [11], das im Folgenden dargestellt wird. Die Wärmeabführung aus Schallschutzkapseln umfasst – den Wärmeübergang von der Maschinenoberfläche zur Kühlluft, – den Wärmeabtransport durch Zuführung von Frischluft und Abführung der in der Schallschutzkapsel erwärmten Luft, – bei großem Luftdurchsatz die Begrenzung der Luftgeschwindigkeit zur Verringerung von Drosselverlusten und Vermeidung zusätzlicher Windgeräusche. Diese drei Teilprobleme überschneiden sich und beeinflussen – wegen ihres Zusammenhangs mit dem Öffnungsanteil q – bei ungenügend bedämpften Öffnungen die Einfügungsdämmung der Kapsel. Auf ihrem Weg durch die Kapsel überstreicht die Kühlluft Oberflächen unterschiedlicher Temperatur und wird dabei aufgeheizt. Bild 10 –15 zeigt diesen Vorgang stark vereinfacht. Für einen Wärmeübertrager vom Typ „ummanteltes Rohr“ mit zeitlich konstanter Oberflächentemperatur der Heizfläche lässt sich in Anlehnung an [12] die Differenz δ t zwischen mittlerer Oberflächentemperatur und mittlerer Kühllufttemperatur schreiben: (t- – t ) – (t-M – tLE ) t LE + t LA δ t = M LA≈ tM – ; (6) 2 t –t ln - M LA t –t M
δt
tLA tLE tM
LE
Differenz zwischen mittlerer Temperatur der Maschinenoberfläche und mittlerer Kühllufttemperatur, Austrittstemperatur der Kühlluft aus der Kapsel, Eintrittstemperatur der Kühlluft in die Kapsel, Temperatur der Maschinenoberfläche (t-M = Mittelwert).
298
E. Lotze, überarbeitet von W. Schirmer
Bild 10 –15. Temperaturverlauf auf dem Weg der Kühlluft über die Maschinenoberfläche, stark vereinfacht
Damit ist es möglich, den Wärmestrom PV anzugeben, der von der Maschinenoberfläche an die vorbeistreichende Kühlluft abgegeben wird: PV = α δ t SM ;
(7)
α
Wärmeübergangszahl, SM Summe aller von der Kühlluft überstrichenen Teilflächen der Maschine.
Die Wärmeübergangszahl α beim Entlangströmen von Luft an glatten, ebenen Flächen beträgt nach [13], umgerechnet auf SI-Einheiten α = 5,57 + 3,9 w
bei w ⱕ 5 m /s,
α = 7,1 w
bei w > 5 m /s;
0,78
}
(8)
w Luftgeschwindigkeit auf der Maschinenoberfläche in m /s, α in W/(m2 · K). PV muss die gleiche Größe haben wie der sich aus der Wärmebilanz der Maschine ergebende, von der Maschinenoberfläche durch Konvektion abzuführende Wärmestrom PK . Wärmestrahlung ist hierbei vernachlässigt. Solange die Verlustleistung der gekapselten Maschine nicht über andere Wege als die Maschinenoberfläche abgeführt wird (z. B. Kühlflüssigkeit oder Abgasstrom), ist P K = η ⋅ PA mit
η = Wirkungsgrad, PA = Antriebsleistung. Wäre die Verweilzeit der Luft in der Kapsel ausreichend lang und ihr Kontakt mit der Maschinenoberfläche intensiv genug, dann würde zum Abtransport der Wärme aus · der Schallschutzkapsel der Luftvolumenstrom Vmin ausreichen · Vmin =
PV cp ∆ t
;
(9)
PV Wärmestrom, der von der Maschinenoberfläche an die Kühlluft abgegeben und von dieser abtransportiert wird, Dichte der Luft ( = 1,19 kg /m3 bei p– = 1000 hPa und t = 20 °C),
10. Schallschutzkapseln
cp
299
spezifische Wärme der Luft bei konstantem Druck cp ≈ 10 3 W · s /(kg · K),
∆ t Differenz zwischen Austritts- und Eintrittstemperatur der Kühlluft.
Zur Abschätzung des erforderlichen Luftdurchsatzes benutzen Praktiker Gl. (9) in der Form 3000 · PK · Vmin = ; ∆t mit · V in m3/h PK in kW ∆t in K, · d. h. für ∆t = 10 K ist V = 300 PK . · Der tatsächliche Luftbedarf V ist größer, wenn der Wärmeübergang von der Maschi· nenoberfläche zur Luft nicht die zu Vmin gehörenden Bedingungen erfüllt. Wird dieser Umstand durch einen Faktor C berücksichtigt und Gl. (7) in (9) eingeführt, so ergibt sich für eine optimale Bemessung S δt · V=C M α . cp ∆ t
(10)
C ist abhängig von der Gestaltung des Kapselinnenraums und der Maschine. Bei einer Rohrkapsel oder bei optimal angebrachten Luftleitblechen kann C ≈ 1,2 angenommen werden. Bei ungeführter Luftströmung und so engem Abstand zwischen Maschine und Kapsel, dass die mittlere Luftgeschwindigkeit w > 1 m /s ist, wird 1,2 ⱕ C ⱕ 2. Ist w < 1 m /s, dann sollte bei einer eckigen Kapsel ohne Luftleitbleche die Berechnung nicht auf der Grundlage der Zwangsbelüftung vorgenommen werden, weil keine ausreichend gleichmäßige Umströmung der Maschine erwartet werden darf und partieller Wärmestau möglich ist. Aus der durchzusetzenden Kühlluftmenge lässt sich bei vorgegebener Lufteintritts- und -austrittsgeschwindigkeit die erforderliche Öffnungsfläche SÖ ermitteln: · V SÖ = 2 ; (11) υ
υ Luftgeschwindigkeit in den Kapselöffnungen in m /s, · SÖ in m2, V in m3 /s.
Darin ist berücksichtigt, dass die Durchtrittsfläche zweimal vorhanden sein muss, nämlich eintritts- und austrittsseitig. Die Volumenzunahme der Luft infolge Erwärmung in der Kapsel ist vernachlässigt. Mit den Konstruktionswerten der Maschine SM , PK und den Gln. (7), (10), (11) lässt sich ein Diagramm zeichnen, mit dem Kühlluftmenge, Luftgeschwindigkeiten und Öffnungsquerschnitte überschläglich ermittelt bzw. festgelegt werden können, s. Bild 10 –16. Das Diagramm zeigt im 1. Quadranten den Wärmeübergang von der Maschinenoberfläche zur Kühlluft [Gln. (7) und (8)], im 2. Quadranten den Wärmetransport mittels Kühlluft [Gl. (9) zuzüglich Korrektur C], im 3. Quadranten die erforderliche Größe der Öffnungen [Gl. (11)].
300
E. Lotze, überarbeitet von W. Schirmer
Bild 10 –16. Abschätzung der Wärmeabführung aus einer zwangsbelüfteten Schallschutzkapsel mit SM = 4 m2 und C = 1,2. Für andere SM -Werte sind die · Koordinatenwerte PV , V und SÖ mit SM /4 zu multiplizieren
Bei der Wahl der freien Parameter w, ∆ t, υ müssen einige Bedingungen erfüllt werden: Unbedingt einzuhalten sind – zur Gewährleistung des Wärmeübergangs tLE + δ t +
∆t
2
-
≤ tM
(12)
– zum Verbleib im Gültigkeitsbereich der Näherungsgleichung (6) für den Temperaturanstieg der Kühlluft δt ≥ 1,5 . ∆t
(13)
Möglichst einzuhalten ist – zur Begrenzung der Luftgeschwindigkeit zwecks Herabsetzung von Drosselverlusten und Vermeidung zusätzlicher Windgeräusche an scharfkantigen Öffnungen υ ≤ 10 m /s
0,5 υ ≤ w ≤ υ .
}
(14)
10.7 Beispiele praktisch ausgeführter Schallschutzkapseln 10.7.1 Baukastensysteme für Schallschutzkapseln Baukastensysteme werden von einigen Schallschutzmittel-Herstellern angeboten und ermöglichen schalltechnisch, optisch und betriebstechnisch gute Lösungen für Schallschutzkapseln und auch Kabinen. Wie Bild 10 –17 zeigt, gehören zu solchen Syste-
10. Schallschutzkapseln
301
Bild 10 –17. Schallschutzkapsel-Baukastensystem SONEX N in selbsttragender Bauweise, Hersteller: G +H Montage GmbH, 67059 Ludwigshafen/ Rhein (Werkfoto). Rastermaße bis 1,5 m, Standardlängen bis 5 m, Standarddicke 75 mm
men neben normalen Wandelementen (Ausführung außen Stahlblech, innen gelochtes Stahlblech, dazwischen poröses Schallabsorptionsmaterial) zahlreiche Sonderelemente: verglaste Elemente, Fenster, Klappen, Türen, Tore, Zuluft- und Abluft-Kulissen-Schalldämpfer, Ventilatoren und vieles andere mehr. Das Einfügungsdämm-Maß DeK , Definition s. Gl. (1), typischer Kapselausführungen mit dem Baukastensystem gemäß Bild 10 –17 beträgt für f ≥ 500 Hz etwa 25 dB und steigt bis 8 kHz um weitere 10 dB an. Das bewertete Schalldämm-Maß von normalen Wandelementen SONEX N ′ = 40 dB. Für f ≥ 500 Hz ist der Schallabsorptionsgrad ≥ 0,8. beträgt RW 10.7.2 Maschinenhaube mit Schallschutzkapselfunktion Maschinenhauben oder Schutzverkleidungen, die aus Sicherheits-, Design-, Wetterschutzgründen oder dgl. vorgesehen werden, können mit meist geringem Mehraufwand zu wirksamen Schallschutzkapseln weiterentwickelt werden. Bild 10 –18 zeigt das am Beispiel eines Schraubenkompressors für Silofahrzeuge mit einer Einfügungsdämmung der Haube von 25 dB(A). Sie ist aus 1,25 mm dickem Stahlblech gefertigt und mit 40 mm Mineralwolle schallabsorbierend ausgekleidet. Der wichtigen Anforderung nach Erfüllung auch aller betriebstechnischen Aspekte wird u. a. durch leichte Zugänglichkeit für Wartungszwecke (Schnellverschlüsse für die abgenommene Seitenwand im Bild 10 –18) und geeignete Kühlluftführung Rechnung getragen. 10.7.3 Integrierte Schallschutzkapsel für eine Schnellläuferpresse Mit der im Bild 10 –19 gezeigten Schnellläuferpresse PAUD 40 werden Böden und Deckel für Konserven-, Milch- und Farbdosen hergestellt. Aus technologischen Gründen ist die Presse schrägliegend angeordnet. Sie arbeitet maximal mit einer Hubzahl
302
E. Lotze, überarbeitet von W. Schirmer
Bild 10 –18. Schallschutzhaube der Josef Wenker GmbH & Co. KG, 48599 Gronau (Foto: Borck Brand, 48599 Gronau). Geöffnete Haube, rechts oben Kühllufteintritt, dahinter Absorptionsschalldämpferstrecke, rechts Mitte Prozesslufteintritt, danach Filterkasten, Reflexionsschalldämpfer an Eintritts- und Austrittsseite Prozessluft. Schraubenkompressor der GHHRAND Schraubenkompressoren GmbH & Co. KG, 46145 Oberhausen. Einsatz auf Silofahrzeugen verschiedener Hersteller
lBild 10 –19. Schnellläuferpresse Typ PAUD 40 der Blema Kircheis GmbH, 08280 Aue/Sa., mit integrierter Schallschutzkapsel (Foto: Foto-Grund, Leipzig)
von 500 min–1. Zur Minderung der Schallabstrahlung ist die Presse als Hauptlärmquelle der Deckelanlage mit einer integrierten Kapsel versehen, s. auch Abschn. 10.2. Ausführung der integrierten Kapsel [14] – körperschallisoliert an der Maschine befestigter, tragender Rahmen mit allseitig leiterförmig angeordneten Verbindungsteilen (Zahl der Befestigungsstellen < 2 /m2 ).
303
10. Schallschutzkapseln
– körperschallisoliert auf dem Rahmen befestigte Schallschutzkapselelemente (Kühlschranktürelemente aus 0,7 mm Stahlblech, 25 mm schallabsorbierende Auskleidung, – Schiebetür mit Beobachtungsfenster oberhalb des Arbeitsbereiches (2 · 4 mm Piacryl bzw. Plexiglas, Abmessungen: 500 mm · 300 mm), – keine Schallschutzelemente an den Materialeintritts- und -austrittsöffnungen. Das Einfügungsdämm-Maß der integrierten Kapsel beträgt bei einer Hubzahl von 400 min–1 15 dB(A), gemessen am Bedienstand.
10.8 Rechenbeispiel 10.8.1 Akustische Dimensionierung Für die folgende Kapselausführung ist das bei 2000 Hz zu erwartende Einfügungsdämm-Maß DeK zu bestimmen, wenn angenommen wird, dass über die Kapselwände und über die Abluftöffnung (die Zuluft soll nicht betrachtet werden) jeweils die gleiche Schallleistung in den Raum außerhalb der Kapsel übertragen wird. Kapselabmessungen: Grundfläche 6 m · 5 m, Höhe 3 m, erforderliche Abluftöffnung 0,25 m2 . Kapselwandaufbau: Stahlblech, 1 mm dick, nicht entdröhnt, mit schallabsorbierender Verkleidung α = 0,8; kleinster Abstand benachbarter Versteifungen 2 a = 1,5 m. a) Kapselwandoberfläche (ohne Abluftöffnung) SK = SA = 96 m2 – 0,25 m2 SK = SA = 95,75 m2 . b) Schalldämmung der Kapselwand Aus Bild 5–6 ergibt sich für nichtentdröhntes Stahlblech und für eine Frequenz von 2000 Hz (Abstand benachbarter Versteifungen 2 a = 0,2 m) ein Schalldämm-Maß von Rmin (0,1 m) = 27 dB. Bei einem Abstand von 2 a = 1,5 m beträgt das Dämm-Maß gemäß Gl. (5–13) R = Rmin (a) = Rmin (0,1 m) + 10 lg
a dB 0,1 m
R ≈ 36 dB . c) Pegelabsenkung bei Übertragung über die Kapselwand nach Gl. (2) ∆ LK = R – 10 lg ∆ LK = R – 10 lg ∆ LK ≈ 35 dB .
SK dB AK 1 α
dB, da AK = α SK
304
E. Lotze, überarbeitet von W. Schirmer
d) Pegelabsenkung bei Übertragung über die Abluftöffnung nach Gl. (4)
(
∆ LÖ = 10 lg 1 + α
)
SA dB SÖ
∆ LÖ ≈ 25 dB .
Dieser Wert kann auch für q=
SÖ = 2,6 · 10 –3 S K + SÖ
und Interpolation aus Bild 10 –3 abgelesen werden. e) Dimensionierung des Schalldämpfers vor der Abluftöffnung Ein Vergleich der abgeschätzten Pegelabsenkungen zeigt, dass über die Abluftöffnung eine um 10 dB höhere Schallübertragung zu erwarten ist. Deshalb muss gemäß Aufgabenstellung vor der Öffnung ein Dämpfer mit einer Schalldämpfung von D = 10 dB angeordnet werden, s. Gl. (5). f ) Ergebnis Bei Verwendung eines Dämpfers mit D = 10 dB betragen die theoretisch erreichbaren Pegelabsenkungen für jeden der beiden Übertragungswege einzeln ∆ LK = ∆ LÖ, D = 35 dB.
Aus Gl. (1) ergibt sich das Einfügungsdämm-Maß
(
DeK = – 10 lg 10
–
∆LK 10 dB
+ 10
–
∆ L Ö, D 10 dB
) dB = 32 dB .
Es ist zu erwarten, dass diese Kapsel bei sorgfältiger Ausführung der Dichtungen und der Körperschallisolierungen in der Praxis bei 2000 Hz ein Einfügungsdämm-Maß von etwa 30 dB besitzt, d. h., die ohne diese Kapsel vorhandenen Schalldruckpegel werden mit dieser um etwa 30 dB abgesenkt. 10.8.2 Wärmeabführung Bei einer Kühllufteintrittstemperatur tLE = 40 °C müsste nach Gl. (12) für den im Bild 10 –16 gestrichelt eingetragenen Fall (δ t = 65 K, ∆ t = 10 K) die mittlere Oberflächentemperatur der Maschine t-M = 110 °C oder mehr betragen, um den Wärmeübergang zu gewährleisten. Ist t-M = 85 °C, dann darf (bei gleichem ∆ t und tLE ) δ t maximal 40 K sein. Das erfordert, wie es im Bild 10 –16 der strichpunktiert eingetragene Fall zeigt, eine höhere Geschwindigkeit der Kühlluft an der Maschinenoberfläche, d. h. einen geringeren Abstand der Kapselwand zur Maschine oder einen größeren Luftdurchsatz, als er sich aus Gl. (10) ergibt.
10. Schallschutzkapseln
305
10.9 Schrifttum [1] Taschenbuch Akustik. Hrsg. Fasold, W.; Kraak, W.; Schirmer, W. Berlin: Verl. Technik, 1984. [2] Lärmschutz-Arbeitsbl. LSA 01-243 Geräuschminderung durch Kapselung: Auswahl von Lärmminderungsmaßnahmen unter besonderer Berücksichtigung der Kapselung. Bearb. Sehrndt, G. A. Hrsg. Hauptverb. d. gewerbl. Berufsgenoss. Köln: Carl Heymanns, 1975. [3] VDI 2711/06.78 Schallschutz durch Kapselung. [4] Walsdorff, J.: Verminderung der Schalldämmung von Trennelementen durch Schlitze und Löcher. Wärme, Kälte, Schall 12 (1967), Nr. 2, S. 26 – 33. [5] Comperts, M. C.: The „sound insulation“ of circular and slit-shaped apertures. Acustica 14 (1964), Nr. 1, S. 1–16. [6] Sonntag, E.: Das Schalldämmaß von Blechkapseln. Hochfrequenztech. u. Elektroakustik 75 (1966), Nr. 1, S. 18 – 24. [7] Schwetzke, U.; Bauer, E.: Beeinflussung der Kapseldämmung durch Stoßstellen beweglicher Kapselelemente. Z. Lärmbekämpf. 29 (1982), Nr. 2, S. 60 – 63. [8] Lärmschutz-Arbeitsbl. LSA 02-243 Geräuschminderung durch Kapselung: Hinweise zur Auslegung von Kapseln einfacher Bauart. Bearb. Sehrndt, G. A. Hrsg. Hauptverb. d. gewerbl. Berufsgenoss. Köln: Carl Heymanns, 1975. [9] DIN EN ISO 11546-1 06/1996: Akustik; Bestimmung der Schalldämmung von Schallschutzkapseln; Teil 1: Messungen unter Laborbedingungen (zum Zweck der Kennzeichnung). [10] DIN EN ISO 11546-2 06/1996: Akustik; Bestimmung der Schalldämmung von Schallschutzkapseln; Teil 2: Messungen im Einsatzfall (zum Zweck der Abnahme und Nachprüfung). [11] Wiltzsch, M.: Abschätzverfahren für Einfügungsdämmung und Wärmeabführung von Motorschallschutzkapseln in Kraftfahrzeugen. Zs. f. Maschinenbautech. 36 (1987), Nr. 3, S. 119 –123. [12] Faltin, H.: Technische Wärmelehre. Halle: Knapp, 1953. [13] Deublein, O.: Wärmelehre. In: Dubbels Taschenbuch für den Maschinenbau. Hrsg. F. Sass und Ch. Bouché. 1. Band, Abschn. VI. B. 1 c; 11. bis 13. Auflage. Berlin, Göttingen, Heidelberg: Springer, 1955 bis 1974. [14] Integrierte Schallschutzkapsel für Schnellläuferpresse PAUD 40. Katalog Lärmminderungsmaßnahmen. Beil. 31. Z. Arbeitsschutz, Arbeitshyg. 20 (1984), Nr. 3. [15] DIN EN ISO 15667: Akustik; Leitfaden für den Schallschutz durch Kapseln und Kabinen, Juli 2001.
11. Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen G. Meltzer
11.1 Einführung Von einer Maschine oder einem Transportmittel erregte mechanische Schwingungen (Synonym: Vibrationen, Erschütterungen) können die Funktion dieser Maschine selbst oder benachbarter Maschinen und Geräte beeinträchtigen, ihre Sicherheit gefährden, Zerstörungen und Havarien herbeiführen oder zumindest den Menschen belästigende spürbare Schwingungen oder störenden Lärm verursachen. Mechanische Schwingungen können aber auch positive Auswirkungen in Produktions- und Transportprozessen haben und werden zu diesem Zweck planmäßig erregt. Schwingungseinwirkungen auf den Menschen haben – in wohldosierter Intensität – gelegentlich sogar Leistungsstimulierungen oder Heilwirkung zur Folge. Es ist Aufgabe von Konstrukteuren, Projektanten und Betriebsingenieuren, bei Planung, Bau und Nutzung technischer Anlagen diese Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Dazu soll dieses Kapitel Anregung und Hilfe geben. In einem sonst dem Lärmschutz gewidmeten Buch muss aber zwangsläufig eine Einschränkung nach Umfang und Inhalt erfolgen. Deshalb beschränkt sich Kapitel 11 auf den Schwingungsschutz bei Maschinenaufstellungen. Das schließt auch den Schutz von Geräten, Anlagen und Wohngebäuden vor Umgebungserschütterungen mit ein.
11.2 Notwendigkeit und Zielstellung der Schwingungsabwehr 11.2.1 Auswirkung mechanischer Schwingungen Bild 11–1 zeigt die möglichen Auswirkungen ungewollter mechanischer Schwingungen sowie die Verbindung zur Lärmentstehung durch Umwandlung von Körperschall in Luftschall an hochfrequent schwingenden Oberflächen. Gegenstand der Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen ist die Verringerung der Ganzkörper- Schwingungseinwirkung auf den Menschen, die Sicherheit der Stützkonstruktionen und die Zuverlässigkeit von Maschinen, Anlagen und Geräten in der Umgebung von Schwingungsquellen. Dafür beschreiben Unterkapitel 11.2 rechtliche Vorschriften, Normative und Richtwerte sowie Unterkapitel 11.3 technische Verfahren. Mit der Körperschallanregung und mit Schutzmaßnahmen gegen Körperschall befasst sich Kapitel 12. Zur Gewährleistung der Sicherheit und Zuverlässigkeit der schwingungserregenden Maschine selbst durch Schwingungsabwehr während der Entwicklung oder Nutzung wird auf die spezielle Fachliteratur zur Maschinendynamik verwiesen, z.B. (Dresig 2004, Kozesnik 1966).
11. Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen
307
Bild 11–1. Auswirkungskategorien mechanischer Schwingungen sowie deren Folgen für den Menschen und für technische Objekte
11.2.2 Rechtliche Vorschriften Die Vermeidung schädigender Auswirkungen technischer Prozesse auf Mensch, Umwelt und Sachgüter ist moralisches und gesellschaftliches Gebot für jeden Techniker. Darüber hinaus wurde vom Gesetzgeber ein enger Rahmen von Gesetzen und Verordnungen zu diesem Belang geschaffen. Insbesondere handelt es sich dabei um – – – – –
die Gewerbeordnung (GewO) das Bundes- Immissionsschutzgesetz (BImSchG) das Gesetz über technische Arbeitsmittel und Verbraucherprodukte (GPSG) die Arbeitsstättenverordnung (ArbStVO) das Gesetz über die Haftung für fehlerhafte Produkte (ProdHG)
sowie um die dem Landesrecht unterliegenden Bauordnungen. Außerdem existiert eine EU-Richtlinie, welche Gesundheitsschäden durch Schwingungen am Arbeitsplatz verhindern soll (2002/44/EG). Diese muss allerdings noch in das deutsche Gesetzeswerk einbezogen (harmonisiert) werden.
308
G. Meltzer
Allerdings werden – außer in (2002/44/EG) – konkrete Festlegungen über Maßnahmen zur Bekämpfung mechanischer Schwingungen und einzuhaltende Grenzwerte meist nicht gegeben, sodass in allen Fällen die Salomonische Klausel „Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass Arbeitsstätten den Vorschriften dieser Verordnung einschließlich ihres Anhanges entsprechend so eingerichtet und betrieben werden, dass von ihnen keine Gefährdungen für die Sicherheit und die Gesundheit der Beschäftigten ausgehen.“ (hier in der Formulierung des §3 (1) der Arbeitsstättenverordnung (ArbStVO) – in ähnlicher Weise aber in allen anderen genannten Vorordnungen enthalten) in Zusammenhang mit „Wegen der Anforderungen ... kann auf jedermann zugängliche Bekanntmachungen sachverständiger Stellen verwiesen werden.“ (Formulierung aus Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) §7(5) ) gilt. Schließlich legt das Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) §1(2)1 noch fest: „Die Ersatzpflicht des Herstellers ist ausgeschlossen, ...wenn der Fehler nach dem Stand der Wissenschaft und Technik in dem Zeitpunkt, in dem der Hersteller das Produkt in den Verkehr brachte, nicht erkannt werden konnte.“ In diesem Falle trägt aber der Hersteller die Beweislast. Er muss also in unserem Falle die bekannten Verfahren – auch die neuesten – zur Schwingungsabwehr kennen und anwenden. Es muss beachtet werden, dass auch Publikationen in Form von Monografien – also auch die nachfolgenden Darlegungen – nur während einer begrenzten Zeitdauer und mit Einschränkungen, welche deren Vollständigkeit betreffen, den Stand der Wissenschaft und Technik widerspiegeln können. Außerdem muss stets auf die aktuellen Ausgaben zitierter Gesetze, Verordnungen, Normen und Richtlinien zurückgegriffen werden. 11.2.3 Normative und Richtwerte Die Nachweisführung der Zulässigkeit mechanischer Schwingungen bzw. der Notwendigkeit von Maßnahmen zur Schwingungsabwehr kann auf zweierlei Weise erfolgen: – als rechnerischer Nachweis (in der Konstruktions- bzw. Projektierungsphase) – als messtechnischer Nachweis (in der Nutzungsphase bereits ausgeführter Anlagen). Im Falle einer dynamischen Schwingungserregung (s. Abschn.11.3.2) sind dazu die Schwingsausschläge der Stützkonstruktion und der Maschine selbst sowie die auf die Stützkonstruktion übertragenen Kräfte zu beurteilen. Bei kinematischer Anregung sind die Schwingungsausschläge des schwingungsgefährdeten Objektes (Maschine, Gerät, Bauwerk, Mensch) Beurteilungsgrößen. Da für mechanische Schwingungen gesetzlich festgelegte Grenzwerte noch nicht existieren, muss auf Richtwerte zurückgegriffen werden, welche in Normativen und Richtlinien empfohlenen werden (s. Abschn. 11.2.2). 11.2.3.1 Nachweis der Festigkeit von Baukonstruktionen unter dynamischer Belastung Im Falle eines rechnerischen Nachweises sind die übertragenen Maschinenkräfte nach (DIN 1055-10) anzusetzen, wobei die dynamischen Eigenschaften der Stützkonstruktion
11. Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen
309
und die Ermüdung des Baustoffes zu berücksichtigen sind. Das erfolgt bei Maschinenfundamenten nach (DIN 4024), bei Hochbauten und bei Baugrund nach den in der Fachliteratur – z. B. (Flesch 1993, Korenev 1980, Meskouris 1999, Natke 1989, Petersen 2000, Werner 1989) – angegebenen Verfahren in der Regel mit computergestützten Berechnungsprogrammen (z.B. FEM). Soweit es sich um Erschütterungseinwirkungen aus der Nachbarschaft oder auf die Nachbarschaft handelt, kann eine einfache Vorermittlung (Prognose) nach (DIN 4150), Teil 1, erfolgen. Ergebnis der Berechnung ist entweder – der Festigkeitsnachweis für die Stützkonstruktion (auf der Grundlage des Vergleichs von berechneter und zulässiger Beanspruchung) oder – der Nachweis der Funktionsfähigkeit der Stützkonstruktion (auf der Grundlage des Vergleichs der berechneten Schwingung mit den zulässigen Werten entsprechend der vorgesehenen Nutzung). Auch der Festigkeitsnachweis kann näherungsweise anhand von Schwingungsausschlägen erfolgen, welche durch rechnerischen oder insbesondere durch messtechnischen Nachweis ermittelt wurden. (DIN 4150) enthält in Teil 3 Richtwerte zulässiger Schwingungsausschläge von Bauwerken bei Erschütterungen im Frequenzbereich 1...100 Hz. Für Gewerbebauten werden u. a. folgende Angaben gemacht: – kurzzeitige Erschütterungen: Messstelle Fundament, alle Raumrichtungen: frequenzabhängige Maximalausschläge zwischen 20 und 50 mm · s–1 Messstelle oberste Deckenebene, horizontal: frequenzunabhängiger Maximalausschlag 40 mm · s–1 Messstelle Deckenmitte, vertikal: frequenzunabhängiger Maximalausschlag 20 mm · s–1 – Dauererschütterung: Messstelle oberste Deckenebene, horizontal: frequenzunabhängiger Maximalausschlag 10 mm · s–1 Messstelle Deckenmitte, vertikal: frequenzunabhängiger Maximalausschlag 10 mm · s–1. Bei anderen Bauarten und Nutzungen gelten geringere Richtwerte. Für eine einfache, übersichtliche Beurteilung gemessener stationärer Schwingungen von Massivbauten hat die „Skala der Schwingstärkemaße“ nach Risch und Zeller seit ihrer Erstveröffentlichung im Jahre 1931 ihre Vorrangstellung unter vergleichbaren Beurteilungsskalen behalten (Koch 1955). Die Beurteilung erfolgt durch Messung des Schwingungsspektrums an der am stärksten schwingenden Stelle des Gebäudes. Jede einzelne Frequenzkomponente wird nach k k0
S = 10 · lg 4 in vibrar
(1)
mit k0 = 10–5 m2 · s–3 bewertet. Die Messgröße k = â2 · f –1 = vˆ 2 · f · (2π)2 hat also die Dimension einer spezifischen Leistung (â = Schwingbeschleunigungsamplitude; vˆ = Schwinggeschwindigkeitsamplitude; f = Frequenz). Bild 11–2 gibt eine Hilfe zur Bestimmung des Schwingstärkemaßes für einzelne Spektralkomponenten der Schwingung. Besteht die Schwingung aus meh-
310
G. Meltzer
Bild 11–2. Schwingstärkemaße für Bauwerkschwingungen – nach (Koch 1955)
reren Spektralkomponenten, sind diese nach Si
S = 10 · lg
Σi 1010 .
(2)
zu einem Gesamt-Schwingstärkemaß zusammenzufassen. Die Bewertungskriterien nach der Vibrarskala sind in Tabelle 11–1 zusammengefasst. Neuere Erfahrungen haben ergeben, dass bei Stahlbetonkonstruktionen etwa 40 vibrar als Schadensgrenze anzusehen ist. Es wird deshalb empfohlen, bei S > 30 vibrar das Gutachten eines Bausachverständigen einzuholen. Tabelle 11–1. Bewertungskriterien für Bauwerke nach der Skala der Schwingstärkemaße – nach (Koch 1955) S vibrar
Kennzeichen
10 bis 20 20 bis 30 30 bis 40
leichte Erschütterungen, noch keine Gebäudeschäden mittelstarke Erschütterungen, noch keine Gebäudeschäden starke Erschütterungen, leichte Gebäudeschäden (Risse in leichten Mauern, Verputzrisse) schwere Erschütterungen, schwere Gebäudeschäden (Risse in tragenden Wänden) sehr schwere Erschütterungen, Gebäudezerstörung
40 bis 50 50 bis 60
11.2.3.2 Nachweis der zuverlässigen Funktion von Maschinen und Geräten unter Schwingungseinwirkung Maschinen sind Quellen dynamischer Kräfte und Momente, welche sowohl die einzelnen Mechanismen und Baugruppen der schwingungserregenden Maschine selbst (s. Modell „elastische Maschine“ in Abschn. 11.3.1) als auch die Maschine insgesamt (als „starre Maschine“) und die Umgebung „aktiv“ in Schwingungen versetzen können (man spricht von dynamischer Schwingungserregung – s. Abschn. 11.3.2.2). Werden schwingungserregende Maschinen zum Zwecke der Schwingungsisolierung elastisch aufgestellt, vergrößert sich die Schwingung der Maschine selbst. Diese muss deshalb in den rechnerischen Nachweis der Schwingungsisolierung einbezogen werden (s. Unterkapi-
311
11. Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen
tel 11.4). Andererseits können Maschinen und Geräte aber auch durch Schwingungseinwirkung (synonym: Erschütterungen) aus der Umgebung (z.B. durch benachbarte Maschinen oder Verkehrserschütterungen) „passiv“ in ihrer zuverlässigen Funktion beeinträchtigt werden (kinematische Schwingungserregung). Tabelle 11–2. Anhaltswerte für maximal zulässige Fundamentschwingungen Art der Maschinen/Aufstellart
einzelne Triebwerksteile und Elektromotoren 0,315
Für die Beurteilung der Schwingungsexposition ist die Raumrichtung (Körperachse) mit dem höchsten Effektivwert der bewerteten Beschleunigung aw eff heranzuziehen. Für die Beurteilung der ununterbrochenen Einwirkung während eines Arbeitstages (8 Stunden) gibt die Richtlinie nur spärliche Hinweise. Man kann folgende Richtwerte für aw eff annehmen: – Wohlbefinden (Komfort): an der Wahrnehmungsschwelle orientieren, etwa bei 0,1…0,2 m · s–2; – Leistungsfähigkeit: bei normalen Anforderungen, wie Führen von Fahrzeugen und Steuern von Maschinen, etwa bei 0,3 m · s–2; bei höheren Ansprüchen an Feinmotorik und geistige Koordination auch darunter; – Gesundheitsschäden (bei langjähriger Wiederholung der täglichen Einwirkung): unter 0,45 m · s–2 unwahrscheinlich; oberhalb 0,8 m · s–2 sehr wahrscheinlich. Diese Werte liegen aber unter denen nach (2004/44/EG), welche bereits für einmalige Einwirkung mit 8 Stunden Dauer gelten. Tabelle 11–4 stellt den Zusammenhang zwischen dem augenblicklichen Effektivwert der frequenzbewerteten Schwingbeschleunigung aw T und statistischen Mittelwerten der subjektiven Wahrnehmung bei sinusförmiger Schwingungsexposition dar. Zu berücksichtigen ist noch, dass einzelne Stöße und Stoßfolgen während der Beurteilungsdauer sowie nur selten und kurzzeitig auftretende Erschütterungen (z.B. durch Sprengungen oder vorbeifahrende Züge) insbesondere bei der Komfort-Beurteilung berücksichtigt werden müssen. Dazu geben (DIN 4150), Teil 2, und (ISO 2631), Teil 5, Hinweise.
11.3 Verfahren zur Schwingungsabwehr 11.3.1 Schwingungssysteme und Schwingungsmodelle Mechanische Schwingungen können bei elastisch verformbaren, massebehafteten Strukturen durch die Wechselwirkung von Trägheits- und Verformungskräften entste-
316
G. Meltzer
hen. Dadurch kommt es zum ständigen Austausch von kinetischer (Bewegungs-) und potentieller (Verformungs-)Energie. Die Steuerung des Zeitverlaufs der damit verbundenen Schwingungsbewegung (d.h. die Schwingungserregung) erfolgt entweder durch von außen einwirkende (eingeprägte) zeitlich schwankende Kräfte bzw. Momente (erzwungene Schwingungen mit dynamischer Anregung) oder Erschütterungen (erzwungene Schwingungen mit kinematischer Anregung), durch zeitliche Änderung von Systemparametern (parametererregte Schwingungen) oder durch vom Bewegungszustand abhängige Änderungen von Systemeigenschaften (selbsterregte Schwingungen). Liegt keine dieser Erregungen vor, kann man das Schwingungssystem durch einmaliges oder wiederholtes Aufbringen einer Anfangsbewegung oder Anfangsverformung in freie Schwingungen versetzen, deren Zeitverlauf einzig und allein von den konstruktiven Systemeigenschaften bestimmt wird. Aufgrund von Materialdämpfung, Reibung in Gelenken, Führungen und Fugen, Luftoder Körperschallabstrahlungen oder auch durch zusätzlich angebrachte Schwingungsdämpfer kommen – soweit nicht durch einen Selbsterregungseffekt Energie zugeführt wird – freie Schwingungen zur Ruhe. Erzwungene und parametererregte Schwingungen werden auf einen dynamischen Gleichgewichtszustand begrenzt. Bild 11–5 zeigt zwei Beispiele für schwingungsfähige mechanische Systeme und deren auf Massen, Federn und Dämpfer abstrahierte Berechnungsmodelle. Es handelt sich links um eine „starre Maschine“, welche in sich starr auf einem nachgiebigen Aufstellort schwingen kann, und rechts um eine „elastische Maschine“, bei welches Schwingungen der einzelnen Funktions- und Baugruppen zueinander erfolgen. Für die Maschinenaufstellung wird hier die starre Maschine mit dem Freiheitsgrad 1 angenommen (der Freiheitsgrad ergibt sich aus der Anzahl der unabhängigen Bewegungskoordinaten; hier ist es nur die senkrechte Bewegungskoordinate x). Die Maschine selbst wird als starre Masse m betrachtet, von der die dynamische Erregung (Maschinenkraft) F(t) ausgeht), die Aufstellelemente als eine Nachgiebigkeit (Feder c) und ein energieverzehrendes (dissipatives) Element (Dämpfer k). Der Fußpunkt dieser Elemente (die Stützkonstruktion bzw. der fiktive Aufstellort) wird als starr angenommen. Er kann aber auch eine Bewegung s(t) vollführen (kinematische Erregung). Eine formelmäßige Beschreibung und Berechnung der Schwingungen dieses Modells anhand von Schwingungsgleichungen erfolgt in Unterabschnitt 11.3.2.1 zur Erläuterung der Grundlagen der Schwingungsabwehr.
Bild 11–5. Beispiele für schwingungsfähige mechanische Systeme (oben) und deren Schwingungsmodelle (unten)
11. Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen
317
Für die Kurbelwelle (als Beispiel einer elastischen Maschine) werden die schwingenden Massen durch die vier konzentrierten Torsions-Massenträgheitsmomente Θi und die Nachgiebigkeiten durch die Ersatz- Torsionsfedern ci der zwischen den Massen liegenden Wellenabschnitte repräsentiert. Sie kann aufgrund der dynamischen Erregung durch Gaskräfte sowie Abtriebsmomente an Riemenscheibe und Kupplung mit den Drehmomenten Mi (t) Torsionsschwingungen mit den Drehwinkeln ϕi (t) als Bewegungskoordinaten ausführen. Der Freiheitsgrad ist im speziellen Falle 4. Modellfindung und Modellberechnung für die „elastische Maschine“ sind Gegenstand der Maschinendynamik, für welche eine reichhaltige Spezialliteratur existiert – z. B. (Dresig 2004, Kozesnik 1966). Für die „starre Maschine“ als Gegenstand der Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen stellt Bild 11–6 einige Erweiterungen des Schwingungsmodells, ausgehend vom System mit den Freiheitsgrad 1, dar. Eine Beschränkung auf den Freiheitsgrad 1 ist nur möglich, wenn nur eine Bewegungskoordinate angeregt wird (z.B. die vertikale Schlagrichtung beim Hammer in Bild 11–6 links) oder die Maschine aufgrund der Steifigkeitsverhältnisse der Stützkonstruktion nur zur Schwingung mit einer Bewegungskoordinate neigt (z.B. die vertikale Deckenschwingung in Bild 11–5 links). Erfolgt aber eine dynamische Anregung in mehreren Raumrichtungen (z.B. bei Kolbenmaschinen, s. Abschn. 11.3.3) ist auch eine räumliche Schwingung mit mehreren Bewegungskoordinaten zu erwarten. Es ist dann der maximal mögliche Freiheitsgrad 6 der starren Maschine anzunehmen. Dabei ist die starre Maschine außer durch ihre Masse m zusätzlich durch die Massenträgheitsmomente Jx; Jy; Jz um die drei Hauptträgheitsachsen zu beschreiben. In Bild 11–6 Mitte ist der Übersichtlichkeit halber im Schwingungsmodell nur einer der untergesetzten Schwingungsisolatoren eingezeichnet. Federn und Dämpfer können im Schwingungsmodell sowohl nachgiebige Maschinenfüße, untergesetzte Schwingungsisolatoren (s. Bild 11–6 Mitte), den Baugrund (s. Bild 11–6 links) oder eine Stützkonstruktionen (z.B. die Gedäudedecke in Bild 11–5 links) repräsentieren.. Ist jedoch die Stützkonstruktion in ihrer Masse, ihrer Nachgiebigkeit oder ihrer Eigenfrequenz mit der aufzustellenden Maschine vergleichbar, muss ein ZweimassenSchwingungsmodell mit dem maximalen Freiheitsgrad 12 der Berechnung zugrundege-
Bild 11–6. Schwingungsmodelle für Maschinenaufstellungen
318
G. Meltzer
legt werden. Beim Minimalmodell in Bild 11–6 rechts ist der Freiheitsgrad 2, hier stellen m2 die mitschwingende Masse, c2 und k2 die reduzierte Steifigkeit und Dämpfung der Gebäudedecke in vertikaler Richtung dar. Ein Zweimassenmodell ist meist auch bei der Kombination SchwingfundamentSchwingungsisolatoren-Fundamentwanne-Baugrund erforderlich. Stützkonstruktionen (sowohl im Bauwesen als auch im Maschinenbau) können sowohl geschlossene Konstruktionen (insbesondere Blockfundamente) als auch aufgelöste (gegliederte) Konstruktionen (z.B. Maschinengehäuse, Stahlfachwerke, Massivbauten, Tischfundamente, Fahrzeugrahmen, Schiffskörper) sein. Die näherungsweise Beschreibung durch mitschwingende Masse und reduzierte Parameter im Schwingungsmodell ist nur bei den geschlossenen Konstruktionen möglich, bei aufgelösten Konstruktionen bestenfalls in einem eingeschränkten niedrigen Frequenzbereich. Allgemein lassen sich Stützkonstruktionen jeder Art durch folgende Modelle darstellen, für welche es umfangreiche Berechnungs-Software in großer Auswahl gibt: – Starrkörpermodelle (Modelle mit konzentrierten Parametern, d. h. durch biegeelastische, masselose Glieder verbundene Punktmassen oder Starrkörper) – Stabwerksmodelle (beliebig verknüpfte massebelegte Biegebalken) – Kontinuumsmodelle (die biegeelastische, massebelegte Konstruktion wird in finite Elemente aufgelöst, welche miteinander verknüpft sind). Für die Berechnung wird auf die bereits in Unterabschnitt 11.2.3.1 zitierte Literatur der Baudynamik verwiesen, außerdem auf (Dresig 2004, Major 1961, Meltzer 1977, Rausch 1968, Smoltczyk 2003, Uhlig 2002).
11.3.2 Verfahrensgruppen 11.3.2.1 Mathematische Beschreibung eines Schwingungssystems Für die Erläuterung der Grundlagen der Schwingungsabwehr beschreiben wir das einfachste Schwingungsmodell mit einer Masse und dem Freiheitsgrad 1 (s. Bild 11–5 links bzw. 11–6 links) mathematisch. Dieses Modell spiegelt alle für die Schwingungsabwehr wichtigen Effekte wider. Einschränkungen in der Gültigkeit dieses Modells treten lediglich im höheren Frequenzbereich (Körperschall) auf – s. Unterabschn. 11.3.2.5. Für dieses Schwingungsmodell leitet sich die Bewegungsgleichung (Schwingungsgleichung) aus dem Kräftegleichgewicht an der Masse m ab. Es wirken folgende Kräfte: – die Trägheitskraft Fi = m a = m d2 x /dt 2 = m x¨ , – die Dämpfungskraft (viskose Dämpfung) F = k υ = k (x· – s·), d
rel
– die Federkraft (lineare Rückstellfunktion) Fr = c xrel = c (x – s) , – die Erregerkraft (dynamische Erregung) Fe = F .
11. Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen
319
Dabei ist s (t) die Bewegung des Aufstellortes, repräsentiert also eine kinematische Erregung. Durch Gleichsetzung dieser Kräfte nimmt die Bewegungsgleichung die folgende Form an: m x¨ + k (x· – s·) + c (x – s) = F .
(3)
Die Lösung dieser Differentialgleichung erfolgt für stationäre und transiente Schwingungserregung unterschiedlich. Bei stationärer Erregung kann jede beliebige Zeitfunktion s (t) bzw. F (t) der Erregung mittels Fourier-Analyse in harmonische Komponenten Fˆ sin (ω t + ϕ ) bzw. sˆ sin (ω t + ϕ ) zerlegt werden, für die dann die Berechnung erfolgt. Transiente Erregungen werden im Zeitbereich als Impulsfolge betrachtet. Für einen Einzelimpuls als Zeitfunktion der Erregerkraft bei Schmiedevorgängen erfolgt die Lösung der Bewegungsgleichung im Abschn. 11.3.6. Für den Fall der dynamischen stationären Erregung (F = Fˆ sin (ω t + ϕ ); s ≡ 0) interessiert sowohl die erzwungene Schwingung x = xˆ sin (ω t + ϕ x ) der Maschine als starre Masse als auch die über die Aufstellelemente weitergeleitete Kraft Q = Qˆ sin (ω t + ϕ Q ). Für diese ergibt sich Fˆ 1 xˆ = 3 0005 = V1 2 c 9995 ω 2 ω2 1 – 42 + 4 ϑ2 42 ω ω
冑( ) 0
Fˆ 3 c
(4)
0
bzw. Qˆ = | c x + k x· |max
= Fˆ
冑
002 ω 1 + 4 ϑ2 2
冑( )
ω0
= V2 Fˆ .
0003 ω2 2 ω2 1 – 2 + 4 ϑ2 2 ω0
(5)
ω0
Für den Fall der kinematischen stationären Erregung (s = sˆ sin (ω t + ϕ s ); F ≡ 0) interessiert lediglich die auf die Maschine als starre Masse übertragene Schwingung
冑
00 ω2 1 + 4 ϑ2 2
xˆ = sˆ
冑( )
ω0
9706 ω2 2 ω2 1 – 2 + 4 ϑ2 2 ω0
= V2 sˆ .
(6)
ω0
In diesen Gleichungen bedeuten ω Erregerkreisfrequenz in s–1 ω=2π f,
f
Erregerfrequenz in Hz,
ω0 Eigenkreisfrequenz in s–1 ω0 =
冑mc = 2 4
π f0 ,
(7)
320
G. Meltzer
f0 Eigenfrequenz in Hz, ϑ Dämpfungsgrad (dimensionslos) ϑ=
k . 2 m ω0
(8)
Eigen(kreis)frequenz und Dämpfungsgrad sind damit reine Kenngrößen des Systems. Die angegebene Formel für die Eigenfrequenz lässt sich durch Einführung des Gewichtes m · g (g Gravitationskonstante) der abgefederten Masse in die bekannte Bauingenieurformel (9) x in min–1 n = 300/ √6 0
stat
mit xstat in cm umformen, welche den Zusammenhang zwischen kritischer Drehzahl n0 = 60 f0 und statischer Durchsenkung der Stützkonstruktion xstat unter der Last der Maschine ausdrückt. Die Eigenfrequenz f0 = 1/T kennzeichnet die Schwingungsdauer T, mit der das System schwingt, wenn es nach anfänglicher Verletzung des Gleichgewichtszustandes (z.B. durch eine Anfangsauslenkung x0 ) sich selbst überlassen wird. Der Dämpfungsgrad ϑ ist ein Maß für das durch Energieverlust verursachte Abklingen dieser freien Schwingung (s. Bild 11–7). Bild 11–8 zeigt den Verlauf der Übertragungsfunktionen V1 und V2 in dimensionsloser Darstellung. Bild 11–7. Ausschwingkurve der freien Schwingungen eines linearen Schwingungssystems mit dem Freiheitsgrad 1 nach einer Anfangsauslenkung x0 . a ungedämpftes System (ϑ = 0), b gedämpftes System (ϑ ≠ 0)
Bild 11–8. Übertragungsfunktionen für ein lineares Schwingungssystem mit dem Freiheitsgrad 1
11.3.2.2 Dynamische und kinematische Anregung Bei der Ableitung der Übertragungsfunktionen in Unterabschnitt 11.3.2.1 wurde bereits unterschieden in – dynamische Anregung: Von einer schwingungsaktiven Maschine geht eine Erregerkraft Fe = F (t) aus. Über die Arten dieser Kraft und ihre Entstehung s. Abschn.
11. Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen
321
11.3.3. Ziel der Schwingungsabwehr ist in diesem Falle die Verminderung der auf den Aufstellort (Fundament, Gebäude, Umgebung, Fahrzeugrahmen, Schiffskörper o. ä.) übertragenen Kraft Q (t) nach Gl. (5) bei gleichzeitiger Kleinhaltung der Maschinenschwingung x (t) selbst nach Gl. (4). – kinematische Anregung: Aus der Umgebung (benachbarte Maschinen auf gleicher Stützkonstruktion, Verkehrserschütterung o. ä) wird am Aufstellort eine Schwingung s (t) erregt. Ziel der Schwingungsabwehr ist die Verminderung der auf eine schwingungsempfindliche Maschine, Anlage oder ein Gerät übertragene Schwingung x (t) nach Gl. (6). Die dafür oftmals gebrauchten und auch in (VDI 2062) benutzten Bezeichnungen „aktive“ bzw. „passive“ Schwingungsabwehr sind irreführend, da anderweitig belegt (s. Unterabschn. 11.3.2.5). In der Normung werden stattdessen neuerdings die Begriffe Quellenisolierung und Empfängerisolierung empfohlen (DIN EN 1299). 11.3.2.3 Primärmaßnahmen und Sekundärmaßnahmen Die Gleichungen (4) bis (6) lassen erkennen, dass sowohl im Falle einer Schwingungsabwehr mit dynamischer Anregung als auch bei kinematischer Anregung die Erregergrößen F(t) bzw. s(t) als auch die in Bild 11–8 dargestellten Übertragungsfunktionen V1 bzw. V2 minimiert werden können. Die Primärmaßnahmen der Schwingungsabwehr werden für dynamische Anregung in Abschn. 11.3.4 behandelt. Für kinematische Anregung bestehen sie in einer Quellenisolierung an den benachbarten schwingungserregenden Maschinen, der Quellenisolierung ganzer Verkehrsanlagen (z.B. U-Bahn- Gleise im Wohngebiet s. Abschn. 11.3.9) oder in einer Glättung der Fahrbahn bei Verkehrserschütterung. Die Betrachtung von Bild 11–8 lässt erkennen, dass es einen „gefährlichen“ Bereich des Verhältnisses von Erregerkreisfrequenz ω und Eigenkreisfrequenz ω0 gibt, in welchem durch Resonanz die Schwingungen verstärkt werden. Andererseits gibt es aber auch einen „ungefährlichen“ Bereich bei ω > ω0, bei welchem die Schwingung stark gedämmt (abgeschirmt) wird. Die Beeinflussung dieses sogenannten Abstimmungsverhältnisses erfolgt entweder – durch „überkritischen Maschinenbetrieb“ (f >> f0): Das erfordert eine Erhöhung der Maschinendrehzahl n in U/min auf eine überkritische Drehzahl n >> nkrit (die Drehzahl ist bei rotierenden Maschinen (z. B. Pumpen) über n = 60 · f und ω = 2π · f mit der Erregerfrequenz f in Hz bzw. der Erregerkreisfrequenz ω in s–1 verknüpft). Das ist aber aus technologischen Gründen meist nicht oder nur in vorgegebenen Grenzen möglich. Oder – durch „tiefe Abstimmung“ ( f0 cstat (werkstoff- und frequenzabhängig); Dämpfung (abhängig von Füllstoff) ϑ = 0,02 bis 0,2
Druck 150 N/cm2 (50 kN je Element) Schub 60 N/cm2 Zug 10 N/cm2
5 Hz
Luftfeder (Gummibalg mit Metallbefestigung)
Federsteifigkeit von Luftdruck und Volumen (auch Zusatzvolumen) abhängig; Dämpfung durch Strömungsdrossel erhöhbar; Niveaureglung möglich
500 N/cm2
0,5 Hz
Metallgewebe
mit und ohne Befestigungselementen einsetzbar; Federkennlinie frequenzabhängig und bei hoher Belastung nichtlinear; Dämpfung ϑ = 0,1 bis 0,2
50 kN
10 Hz
diskrete Elemente (syn. Schwingungsisolatoren, Federn) Metall
Gummi (Elastomer)
500 kN
flächenhafte Elemente (syn. Dämmstoffe, -matten) Gummi Kork Filz
-
ganzflächig oder stückweise unterlegen; ggf. mehrlagig (bis ca. 150 mm dick) seitliche Ausdehnung durch Gestaltung oder Auslegung ermöglichen!
nachgiebige Rohrleitungsverbindungen (syn. Kompensatoren) Metallfaltenbälge Gummi- und Gewebeschläuche Metallschläuche für Luftführungen auch Segeltuch- oder Foliemanschetten
-
Auswahl u.a. nach zulässigem Innendruck, Temperaturbeständigkeit und Medienverträglichkeit
50 N/cm2 100 N/cm2 20 N/cm2
3 Hz vermeiden
-
10 Hz
11. Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen
335
Bild 11–16. Schwingungsisolatoren mit Gummiringfedern (Werkfoto Schwingungsdämpfer Dresden GmbH)
Schwingungsisolatoren mit Gummifeder in verschiedener Bauform und Baugröße werden im Bild 11–16 gezeigt. Am geschnittenen Element sind deutlich die beiden Metallarmaturen zur Befestigung am Maschinenfuß bzw. Schwingfundament und an der Stützkonstruktion zu erkennen, zwischen denen der elastische Gummiring eingefügt ist. Stahlfeder-Schwingungsisolatoren werden meist aus Schraubenfedern mit rundem Drahtquerschnitt, seltener auch aus Biege-, Blatt- oder Tellerfedern hergestellt. Bild 11–17 zeigt eine gekapselte Ausführung für geringe und eine offene Ausführung für hohe Belastung. Dämpfer werden insbesondere als Viskositäts- oder als Reibungsdämpfer als Einzelelemente oder kombiniert mit Stahlfedern produziert (s. Bild 11–18). Ihr Einsatz ist besonders bei Schwingungisolierung von Maschinen mit schlagender oder stoßender Wirkung (Stoßisolierung; z.B. Hämmer, s. Abschn. 11.3.6) sowie bei stark unwuchtigen, rotierenden Maschinen mit langsamen Resonanzdurchlauf wirkungsvoll. Weiterhin finden sie in Kombination mit Schwingungstilgern (als Ersatz eines Festpunktes) in Bauwerken Anwendung, welche starker transienter Anregung unterliegen (z.B. Türme, Schornsteine, Brücken, Tribünen in Sportstätten, Galerien in Vergnügungsstätten) s. Abschn. 11.3.8. Über die konstruktive Gestaltung und die Eigenschaften von Dämpfern geben (VDI 3833), Blatt 1, und (Petersen 2001) einen guten Überblick. Luftfedern werden meist als Gummi-Luft-Federn (Faltenbalg-, Rollbalg- oder Membranfedern), seltener in Kolben- Zylinder- Ausführung mit harter Wandung hergestellt. Maßgeblich für die Nachgiebigkeit ist die Kompressibilität der Luft (Berechnung nach den Gaszustandsgleichungen bei adiabatische Zustandsänderung). Sie weisen gegen-
Bild 11–17. Schwingungsisolatoren mit Stahlschraubenfedern (links: Werkfoto IT- Isoliertechnik und Schallschutz GmbH Lauterbach; rechts: Werkfoto cfm Schiller GmbH Roetgen)
336
G. Meltzer
über den anderen Isolatorarten folgende Vorzüge auf, durch welche sie einen immer größeren Anwendungsbereich erobern (Stöter 2001): – Zusätzliche Nachgiebigkeit durch nachgeschaltetes, nicht belastetes Zusatz-Luftvolumen (Zweikammersystem) ermöglicht extrem tiefe Fundamentabstimmung – (einstellbare) Drosselwirkung der Verbindung zum Zusatzvolumen erhöht die Dämpfung – statische Höhenverstellung (Handverstellung) oder Niveauregelung (mechanische oder elektronische Stellglieder) durch Zusatz-Luftmenge möglich – Gummi- Luft- Federn können gleichzeitig als Hubelement bei der Montage des Schwingfundaments dienen.
Bild 11–18. Kombination Stahlfeder- Schwingungsisolator/Viskositäts-Schwingungsdämpfer (Werkfoto GERB Schwingungsisolierungen GmbH & Co. KG Berlin)
Bild 11–19 zeigt schematisch den Aufbau einer Gummimembran-Luftfeder mit Zusatzvolumen und Dämpfungsdrossel. Bei Maschinenaufstellung auf flächenhaften Isoliermaterial oder auf Baugrund werden aus der elastischen Bettungsziffer Cdyn (in N · m–3) durch Integration über die Grundfläche A des Schwingfundaments die Federsteifigkeiten berechnet (Uhlig 2002); z. B. für die vertikale Hauptbelastungsrichtung z nach cz dyn = A · Cdyn
(23)
Die Bettungsziffer ist durch Herstellerangabe bzw. durch ein Baugrundgutachten zu ermitteln (Haupt 1986, Smoltczyk 2003).
Bild 11–19. Schematische Darstellung einer Gummimembran-Luftfeder (Firmenmaterial Bilz Schwingungstechnik)
11. Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen
337
11.3.6 Stoßisolierung Bei transienter Schwingungsanregung gelten von Abschn. 11.3.5 abweichende Grundregeln. Diese werden für die wichtigste praktisch Anwendung, die Aufstellung eines Schmiedehammers, am gleichen einfachen Schwingungsmodell nach Unterabschn. 11.3.2.1 (s. Bild 11–5 links und 11–6 links) abgeleitet. Für einen Schmiedehammer kann die Erregerkraft (Stoßkraft), die nach dem Aufprall des Bären auf den Amboss bzw. das darauf liegende Schmiedestück als freie Massenkraft durch dessen Bewegungsänderung (Abbremsung) entsteht, als kurzzeitiger Kraftstoß (Impuls) mit folgenden Eigenschaften angenommen werden: – plastischer Stoß bei weiß- bis rotglühendem Schmiedestück: Rechteckverlauf mit Stoßdauer τ ≤ 10 ms; Stoßzahl k = 0 – elastischer Stoß bei abgekühltem Schmiedestück: Halbsinusverlauf mit Stoßdauer τ ≥ 1 ms; Stoßzahl k = 1 Zielstellung der Stoßisolierung sind beim Schmiedehammer – die geringe Kraftübertragung auf den Aufstellort und – eine geringe Schwingung der Schabotte nach dem Schlag zwecks Erreichung eines hohen Schmiedewirkungsgrades. Mit Eigenfrequenzen der Lagerung von Hammerfundamenten auf Schwingungsisolatoren bzw. auf Baugrund im Bereich von etwa f0 = 2…40 Hz ergeben sich Eigenschwingungsdauern nach T0 = f 0–1 im Bereich von T0 = 25…500 ms. Deshalb kann aufgrund der gegenüber der Eigenschwingungsdauer des Fundaments T0 kurzen Stoßdauer τ bei der Schwingungsberechnung von der Newton’schen Stoßtheorie (Dresig 2004, Natke 1989) ausgegangen werden. Prallt der Bär (Masse m1 ) mit einer Geschwindigkeit υ1 auf das schwingungsfähige System der Masse m2 (Bild 11–20), ergibt sich für dieses eine Anfangsgeschwindigkeit υ 2 = x· 20 =
m1 υ1 I (1 + k) = (1 + k) . m1 + m2 m1 + m2
(24)
I ist der Erregerimpuls. k ist die Stoßzahl, die zwischen k = 0 (plastischer Stoß) und k = 1 (elastischer Stoß) liegen kann. Für den Schmiedeprozess beträgt sie beim Schmieden weiß- bzw. rotglühender Werkstücke k = 0 bis 0,6; beim Kaltverfestigen mittels Hammermaschinen annähernd k = 1.
Bild 11–20. Einfaches Schwingungsmodell für die Stoßisolierung bei Schmiedehämmern
338
G. Meltzer
Bei Freifallhämmern mit der Fallhöhe h beträgt die Auftreffgeschwindigkeit 8 υ1 = √ 2 g h . (25) Anschließend an den Stoßvorgang schwingt die Masse m2 so wie im Bild 11–7 dargestellt aus. Unter Vernachlässigung der Dämpfung (ϑ = 0) und mit m1 | m2 kann man folgende Abschätzungen anstellen: – für den Maximalausschlag x· I (1 + k) , x2 max = 20 = ω0 m2 ω 0
(26)
– für den Maximalwert der übertragenen Kraft Qmax = c2 x 2 max = I (1 + k) ω0 .
(27)
Zur bestmöglichen Erfüllung der eingangs angegebenen, scheinbar widersprüchlichen Forderungen sind also nach den Gln. (26) und (27) die Eigenfrequenz f0 = ω 0 /2 π möglichst klein und die schwingende Masse m2 möglichst groß zu wählen. Außerdem sollte der Dämpfungsgrad ϑ möglichst groß sein, um das Abklingen der Schwingungen von einem Schlag zum anderen zu gewährleisten und damit ein Aufschaukeln der Schwingungen zu vermeiden. Konstruktive Hinweise zu Hammerfundamenten s. (DIN 4025, Rausch 1968). 11.3.7 Aktiver Schwingungsschutz durch Ausregelung Schwingungsisolierung wird umso weniger wirkungsvoll, je niedriger die tiefste Erregerfrequenz f ist und die Forderung (21) nicht mehr eingehalten werden kann. Der Verlauf der Übertragungsfunktionen V1 und V2 in Bild 11–8 zeigt, dass unterhalb eines f 2 die Erregerkraft F(t) bzw. die erregende ErschütAbstimmungsverhältnisses 5 = √3 f0 terung s (t) sogar verstärkt auf die Stützkonstruktion bzw. das schwingungsempfindliche Objekt übertragen werden. Versucht man, durch Erhöhung des Dämpfungsgrades ϑ diese Resonanzüberhöhung abzubauen, vermindert sich die Isolierwirkung im überkritischen Bereich. Durch Anwendung aktiver Schwingungsschutzsysteme, bei denen mittels Fremdenergiezufuhr die störende Schwingung ausgeregelt wird, kann dieser Nachteil umgangen werden. Dazu muss das um einen Regelkreis ergänzte Schwingungssystem bei niedrigen Frequenzen steif (Wirkungsbereich der Regelung), bei hohen Frequenzen weich (Wirkungsbereich der Schwingungsisolierung) sein. Bild 11–21 zeigt mögliche Realisierungen dieses Prinzips. In beiden Fällen wird die auszuregelnde Schwingungsgröße mit einem Schwingungsaufnehmer (z.B. Beschleunigungsaufnehmer) als Sensor gemessen und als Regelgröße einem Regelverstärker zugeführt. Dieser vergleicht sie mit dem Sollwert Null und erzeugt eine Stellgröße für den Aktor als Gegenerreger (Krafterreger). Ziele der aktiven Schwingungsabwehr sind – eine geringe Schwingungsübertragung im gesamten Frequenzbereich – s. Gln. (5) bzw. (6) – eine geringe und schnell abklingende freie Schwingung bei stoßartiger Schwingungserregung – s. Bild 11–7
11. Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen
339
Bild 11–21. Schematische Darstellung der aktiven Schwingungsabwehr bei dynamischer (links) bzw. kinematischer (rechts) Anregung
– eine geringe statische Verformung (z. B. Anwendungsziel Niveauregelung bei wechselnder statischer Belastung) – ein geringer Bedarf an Fremdenergie zum Betrieb des Aktors. Regelgrößen können deshalb im Falle der dynamischen Anregung die Schwingungsgrößen x1; x2; die Relativschwingung xrel = (x1 – x2) oder die übertragene Kraft Q; im Falle der kinematischen Anregung die Schwingungsgröße x; die Relativschwingung xrel = (x – s) oder die übertragene Kraft Q sein. Nach der Wahl der Regelgröße richtet sich die Sensorauswahl. Folgende Aktor-Arten sind gebräuchlich: – pneumatisch (z. B. Gummi-Luft-Federn; Vorteil: billig; Nachteil: auch statisch weich) – hydraulisch (Hydraulikzylinder mit Servoventil; meist angewandt; ideale Eigenschaften) – piezoelektrische oder magnetostriktive Festkörperaktoren (Nachteil: teuer, geringe Stellwege). Die Aktoren können (wie in Bild 11–21) parallel zu passiven Elementen Feder und Dämpfer geschaltet sein (hybride Systeme) oder auch allein die Funktion der Stützelemente übernehmen (rein aktive Systeme). Dabei müssen sie nicht (wie in Bild 11–21) im Schwingungssystem selbst zwischen Erreger und Empfänger (Schwingmasse und schwingungsfähige Stützkonstruktion) integriert sein, sondern können auch zwischen Schwingmasse und einem Festpunkt oder einer Hilfsmasse (als aktiver dynamischer Absorber bzw. Schwingungstilger) wirken. Anwendung finden aktive Schwingungsschutzsysteme in erster Linie bei kinematischer Anregung im Falle der Schwingungseinwirkung auf Bedienpersonen (z.B. geregelte Schwingsitze in Fahrzeugen oder Arbeitsmaschinen) oder der Funktionssicherung schwingungsempfindlicher Geräte oder Baugruppen in Fahrzeugen, Maschinen oder Bauwerken. Neuerdings werden auch dynamisch schwingungserregende Baugruppen in global schwingungsempfindlichen Systemen (z.B. Klimaaggregate in Betriebsräumen mit schwingungsempfindlicher Fertigung) oder zur Verhinderung von Körperschallanregung aktiv schwingungsisoliert. Es gibt mittlerweile eine breite Produktionspalette von Bauelementen. Die Auslegung der Regelkreise sollte aber Fachleuten überlassen bleiben.
340
G. Meltzer
11.3.8 Schwingungstilger Durch Anbringen eines zusätzlichen Schwingungssystems (Tilger, Absorber) an ein Schwingungssystem gemäß Bild 11–5 links bzw. 11–6 links entsteht ein Zweimassensystem entsprechend Bild 11–22. Stimmt man den Tilger mit ω02 =
冑
6 c2 =ω 5 m
(28)
2
auf die Erregerkreisfrequenz ω einer harmonischen Erregerkraftkomponente F (t) = Fˆ · sin ωt ab, wird das ursprüngliche Schwingungssystem (die ursprüngliche Maschinenaufstellung) vollständig beruhigt, auch wenn ursprünglich eine Resonanzanregung mit 6 c1 ω01 = vorlag. 5 m1 Das geht aus der Lösung der gleichen Schwingungsgleichungen, die auch für die zweistufige Schwingungsisolierung (s. Unterabschn. 11.3.5.3) gelten, hervor. Diese ergibt mit Gln. (29) und (30) die erzwungenen Schwingungen x1 (t) und x2 (t) für die ursprüngliche Schwingmasse m1 (Maschine und mitschwingende Masse der Stützkonstruktion, z. B. Schwingfundament) bzw. die Tilgermasse m2. Dabei wird das Schwingungssystem der Übersichtlichkeit halber als dämpfungsfrei betrachtet.
冑
Fˆ xˆ1 = 3 c1
ω 201 (ω 202 – ω 2 )
(ω 201 – ω 2 ) (ω 202 – ω 2 ) –
m2 2 2 ω ω m1 02
Fˆ ω 2 (ω 2 – ω 2 ) Fˆ = 3 2 012 02 2 = V3 , c1 (ω – ω 0I ) (ω – ω 20II ) c1 Fˆ xˆ 2 = 3 c1
(29)
ω 201 ω 202
(ω 201 – ω 2 ) (ω 202 – ω 2 ) –
Fˆ ω 201 ω 202 =3 2 c1 (ω – ω 20I ) (ω 2 – ω 20II )
m2 2 2 ω ω m1 02 Fˆ = V4 3 . c1
(30)
ω0I und ω0II sind die Eigenfrequenzen des verkoppelten Zweimassensystems.
Bild 11–23 zeigt qualitativ den Verlauf von V3 und V4 als Funktion der Erregerfrequenz sowie zum Vergleich auch die Übertragungsfunktion V1 des Einmassensystems nach Gl. (4). Daraus ist zu ersehen, daß die Masse m1 bei ω = ω02 (also bei der Tilgereigenfrequenz) tatsächlich zur Ruhe kommt. Die Schwingung der Tilgermasse m2 wird dabei noch nicht einmal maximal, sondern bleibt ebenfalls in der Nähe ihres Minimums.
Bild 11–22. Schwingungssystem mit Schwingungstilger
11. Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen
341
Bild 11–23. Übertragungsfunktionen eines Schwingungssystems mit Schwingungstilger
Aus Gl. (30) ergibt sich für ω = ω02 xˆ 2 =
Fˆ ω 201 m1 Fˆ · 2 · 5 = 04 . c1 ω 02 m2 m2 · ω 202
(31)
Daraus kann entnommen werden, dass der Tilgerausschlag xˆ 2 um so größer wird, je kleiner seine Masse m2 ist. Ein weiterer Nachteil einer kleinen Tilgermasse ist ein geringer Abstand zwischen den beiden Eigenkreisfrequenzen ω 0I und ω 0II des verkoppelten Systems. Aus dem Nennerpolynom von Gl. (29) bzw. (30) kann man entnehmen, daß mit m 2 /m1 → 0 zwangsläufig ω 0I, 0II → ω 01, 02 folgt. Das bedeutet, dass eine der beiden Resonanzkreisfrequenzen ω 0I bzw. ω 0II nahe an die Tilgerkreisfrequenz ω 02 rückt, welche voraussetzungsgemäß gleich der Erregerkreisfrequenz ω ist. Die Folge ist, dass sich geringe Schwankungen der Maschinendrehzahl oder Verstimmungen des Schwingungssystems in Resonanzerscheinungen äußern können. Durch Verwendung bedämpfter Tilger (sie werden dann auch als dynamische Dämpfer bezeichnet) können die genannten unerwünschten Resonanzeffekte weitestgehend vermieden werden. Die Übertragungsfunktionen in Bild 11–23 glätten sich dann, d.h. die Schwingung des ursprünglichen Schwingungssystems wird bei ω = ω02 zwar nicht mehr Null, bei Verschiebung der Erregerkreisfrequenz ω können aber auch keine unendlich großen Schwingungsausschläge mehr auftreten. Die optimale Wahl der Dämpfung wird z. B. in (Dresig 2004, Kozesnik 1966, Natke 1989) ausführlich behandelt. Praktische Anwendung zur sekundären Schwingungsabwehr finden Tilger z. B. dann, wenn Maschinenaufstellungen in Resonanz erregt werden und nicht mehr verstimmt werden können (z. B. in Baugrund eingebettete Blockfundamente). Dazu werden Zusatzmassen mit Schwingungsisolatoren auf die Erregerfrequenz abgestimmt und symmetrisch auf die Fundamentoberfläche aufgesetzt. Schwingungstilger sind sowohl bei dynamischer als auch bei kinematischer Anregung wirkungsvoll. Bei transienter Anregung (z.B. zur Minderung von Schwingungen, welche durch Windböen an Türmen, Brücken oder Hochspannungsleitungen erregt werden; bei unregelmäßiger Anregung durch bewegte Menschen oder durch Verkehr) sind nur gedämpfte Tilger wirksam. Diese werden an der am stärksten schwingenden Stelle der zu beruhigenden Konstruktion angebracht und meist auf deren Grundeigenfrequenz abgestimmt. In diesem Fall ist der mechanische Dämpfungseffekt, nicht der Verstimmungseffekt (wie bei stationärer Resonanzanregung) wirksam – s. Unterabschn. 11.3.5.4 und (Petersen 2001). So besitzt z.B. das 2005 eröffnete internationale Finanzzentrum „Taipeh 101“, mit 508 m Höhe das höchste Gebäude der Welt, ein 660 t schweres gedämpftes Pendel (das ist ein horizontal schwingendes Schwingungssystem) zur Beruhigung wind- und erdbebenerregter Schwingungen. Zur Gestaltung und Wirkung von Tilgern siehe auch (VDI 3833), Blatt 2.
342
G. Meltzer
11.3.9 Verminderung von Verkehrs- und Industrieerschütterungen Erschütterungen aus Industriegebieten (z.B. von Schmiedehämmern verursacht), Sprengerschütterungen sowie Verkehrserschütterungen breiten sich über den Baugrund aus und können im ungünstigsten Falle stark störende Schwingungen in schwingungsempfindlichen Labors und Fertigungseinrichtungen sowie in Wohnungen zur Folge haben. Bei Verkehrserschütterungen ist eine enge Nachbarschaft von Trassen (z.B. Straßen und Gleisanlagen) und den gefährdeten Objekten in städtischen Ballungsgebieten unvermeidbar. Bild 11–24 zeigt beispielhaft einen Schmiedehammer als Erregerquelle, den Ausbreitungsweg und ein Gebäude als Empfänger. Es ergeben sich hier drei Möglichkeiten der Schwingungsabwehr: – Verminderung der Schwingungsanregung x0 (t) des Baugrundes durch Schwingungsisolierung des Hammerfundamentes (Quellenisolierung; hier als Primärmaßnahme für das System Erreger- Ausbreitungsweg- Empfänger; s. Unterabschn. 11.3.2.3) – Verringerung der Schwingung am Gebäudefundament xs (t) durch Unterbrechung der Schwingungsausbreitung im Baugrund (s. Unterabschn. 11.3.2.4) – Schwingungsisolierung des gesamten Gebäudes (Empfängerisolierung) gegenüber der kinematischen Anregung xs (t) – s. Abschn. 11.3.5. Die Notwendigkeit einer Schwingungsabwehr ergibt sich bei Überschreitung von Richtwerten im Empfängerobjekt. Zum Nachweis dienen Messungen an der ausgeführten Anlage (z. B. Messung der Baugrunderschütterungen vor Errichtung des Hauses) oder Berechnungen. Der messtechnische Schwingungsnachweis erfordert eine gute Ankopplung des Schwingungsaufnehmers an den Baugrund (z.B. mittels einer eingegrabenen Stahlplatte oder eines eingetriebenen Stahlpfahles). Einem näherungsweisen rechnerischen Nachweis können die folgenden Formeln zugrunde gelegt werden. Die Schwingungsausbreitung kann – je nach Baugrundart und -schichtung – als Halbkugelwelle oder Oberflächenwelle (Rayleigh- Welle) erfolgen. Dementsprechend nimmt
Bild 11–24. Beispielhafte Darstellung des Gesamtsystems Quelle-Ausbreitungsweg-Empfänger bei Verkehrs- und Industrieerschütterungen
11. Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen
343
die Schwingung xs (t) mit dem Abstand s von der Fundamentsohlenmitte nach einer der beiden Gleichungen ab: Halbraumausbreitung: Oberflächenwelle:
s0 –α (s–s0) xs (t) = x0 (t) · 4 ·e s 4 s0 –α (s–s0) xs (t) = x0 (t) · ·e 4 s
冑
(32) (33)
Die Schwingung x0 (t) unter der Fundamentsohle eines Hammers kann bei Kenntnis der Baugrund- Bettungsziffer Cdyn (s. Unterabschn. 11.3.5.4) mit den Formeln der Stoßisolierung berechnet werden (s. Abschn. 11.3.6). Der baugrundabhängige Absorptionskoeffizient (für röllige Böden α = 0.01…0.06 m–1; für bindige Böden α = 0…7…0.1 m–1) ist Gegenstand eines Baugrundgutachtens. Bei Oberflächenwellen, die von einem Blockfundament mit 6 m Kantenlänge ausgehen, verringert sich die Schwingungsamplitude durch die Wirkung von Energiedispersion und Dissipation bei mittlerem Absorptionskoeffizienten in 20 m Entfernung vom Erreger auf etwa 17%, in 100 m Entfernung auf 0.1 %. Die Gleichungen (32) und (33) sind nur bei ungestörter Baugrundschichtung gültig, d. h. nicht in dicht bebauten Gebieten mit tiefen Fundamenten. Für Verkehrserschütterungen, ausgehend von Schienenfahrzeugen, sind gegenwärtig allgemeingültige Prognoseverfahren in Arbeit (Auersch 2003, Rutishauser 2000, VDI 3837). Schwingungsisolierungen ganzer Gebäude werden insbesondere in der Nähe von U-Bahn- oder Eisenbahntrassen und stark befahrenen Straßen, aber auch zum Schutz vor Erdbebenwellen, relativ häufig ausgeführt (GERB 2002, Eggert 1995). In Bild 11–25 ist links die Ansicht eines Verwaltungsgebäudes dargestellt, welches direkt an einer Hauptverkehrsstraße und über einem U-Bahn-Tunnel errichtet und aufgrund der zu erwartenden starken Erschütterungen schwingungsisoliert wurde. Der rechte Teil der Bild ist eine
Bild 11–25. Schwingungsisoliert gelagertes Gebäude (Werkfoto GERB Schwingungsisolierungen GmbH&Co.KG Berlin)
344
G. Meltzer
Schnittzeichnung, welche die Anordnung der Isolatoren erkennen lässt. Im dargestellten Falle wurde über den vorgespannten Isolatoren eine verlorene Schalung aufgebracht und die Gebäudegrundplatte betoniert. Nach Lösung der Isolatorvorspannung blieb die Schwingungsfuge erhalten. Schwingungsisolierungen ganzer Gleistrassen werden ebenfalls ausgeführt, beschränken sich in ihrer Wirksamkeit jedoch weitestgehend auf den Körperschall-Frequenzbereich (Krüger 2001).
Bild 11–26. Wirkung von Abschirmungen auf die Wellenausbreitung im Baugrund
Die Verminderung der Schwingungsausbreitung durch Abschirmungen im Baugrund (als Pendant zu Schallschutzwänden bei der Luftschallausbreitung) hat nur eine geringe Wirkung. Bild 11–26 zeigt links oben die Anordnung eines Schlitzes zwischen Schwingungsquelle (Erreger) und schwingungsempfindlichen Objekt (Empfänger). Die Skizze links unten stellt die Wellenfronten vor und in einiger Entfernung hinter dem Schlitz dar. Sie soll andeuten, dass nur Wellen bis zur Schlitztiefe reflektiert werden. Die Wellen in tieferen Baugrundschichten werden durchgelassen und breiten sich durch Streuung und Beugung auch wieder in Oberflächennähe aus. Es ist deshalb wichtig, die Schlitze oder Spundwände in unmittelbarer Nähe des Empfängers anzuordnen (dadurch ergeben sich bei vielen zu schützenden Objekten große Schlitzlängen und damit hohe Kosten). Weiterhin ergibt sich aus der Wellentheorie, dass die Reflexion immer besser wird, je · E (mit r als Materialdichte und E als mehr sich die Wellen-Kennimpedanzen z = √r8 Elastizitätsmodul) von Baugrund und Abschirmung unterscheiden. Eine ausreichende
11. Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen
345
Reflexion ist deshalb nur bei nicht verfüllten Schlitzen (diese sind schwer zu realisieren und instand zu halten) oder metallischen Spundwänden zu erwarten. Senkrecht eingelassene Betonplatten oder -pfahlreihen haben nahezu keine Wirkung. Der rechte Teil von Bild11–25 zeigt schließlich das Verhältnis der Schwingungsamplituden an der Oberfläche vor und (in einiger Entfernung) hinter einem Bodenschlitz nach (Dolling 1970). Mit einer Poissonzahl ν = 0.33 für elastisches Medium ergibt sich für ts /Lc< 0.3 praktisch keine Wirkung. Selbst bei ts /Lc ≥ 1 bleibt noch 15…25% Restschwingung. Aufgrund der baugrundabhängigen Wellenlänge Lc sind für eine 20 Hz-Erschütterung mithin Schlitztiefen von ts = 5…12.5 m erforderlich. Technologisch ausführbare Abschirmungen sind mit ts ≤ 2 m erst oberhalb 100 Hz, also zur Körperschalldämmung, wirksam.
11.4 Berechnungsverfahren zur Schwingungsisolierung 11.4.1 Zusammenstellung der Berechnungsziele Bei der Auslegung der Schwingungsisolierung sind folgende Ziele rechnerisch nachzuweisen: – tiefe Abstimmung der Maschinenlagerung entsprechend (21) oder zumindest Resonanzfreiheit – das ist der Nachweis mittels Resonanzverfahren – Begrenzung der Schwingungen der Stützkonstruktion sowie der schwingungserregenden Maschine (s. Tabelle 11–2) und der auf den Aufstellort übertragenen Kraft bei dynamischer Anregung bzw. der Schwingung des schwingungsempfindlichen Objekts (s. Tabelle 11–3) bei kinematischer Anregung – das ist der Nachweis mittels Amplitudenverfahren – Belastung der Schwingungsisolatoren darf Fzul nicht überschreiten (s. Unterabschn. 11.3.5.4) – gleichmäßige Belastung der Isolatoren und waagerechte Ausrichtung unter Belastung: bei z Isolatoren gleicher Steifigkeit cz müssen die Koordinaten der Isolator-Lagepunkte im Schwerpunkt-Koordinatensystem die Bedingungen z
Σ
z
l xi = 0 und
i =1
Σ l yi = 0
(34)
i =1
erfüllen. Weiterhin ist die Erfüllung folgender Forderungen durch konstruktive Maßnahmen bzw. geeignete Isolatorauswahl zu überprüfen: – elastischer Anschluss von Rohrleitungen, Materialzuführungen o.ä. – ausreichende Wirksamkeit im Körperschall- Frequenzbereich (s. Unterabschn. 11.3.5.4) – hohe Dämpfung bei zu erwartendem langsamen Resonanzdurchlauf (Anlauf- und Auslaufvorgang) – Verträglichkeit der ausgewählten Isolatoren mit den Umweltbedingungen (Temperatur, aggressive Medien, Feuchtigkeit usw.) Die rechnerischen Nachweise erfolgen zunächst näherungsweise mittels Orientierungsrechnung anhand des einfachsten Schwingungsmodells mit dem Freiheitsgrad 1 (s. Abschn. 11.4.2). Nach erfolgreicher Auslegung der Schwingungsisolierung wird für das komplette Schwingungsmodell eine genaue Berechnung (Kontrollrechnung) durchgeführt (s. Abschn. 11.4.3).
346
G. Meltzer
Die Berechnung mittels der zu (Blochwitz 2004) gehörenden Software ISOMAG 1.2 gestattet die Berechnung in diesen beiden Schritten. In einer integrierten Datenbank wird ein großer Teil der in Deutschland lieferbaren Schwingungsisolatoren mit den dazugehörigen Kennwerten aufgelistet. Fehlende Kennwerte müssen beim Herstellen erfragt werden. Die meisten Hersteller führen auch Projektierungs- und Montageleistungen als Service aus. 11.4.2 Orientierungsrechnung mit 1 Freiheitsgrad 11.4.2.1 Berechnungsgang Es sind folgende Ausgangsgrößen für die Berechnung einer Schwingungsisolierung bei dynamischer Erregung erforderlich: – geometrische Abmessungen, Lage des Schwerpunktes und Masse mges für das Gesamtsystem Maschine, funktionell bedingter Versteifungsrahmen und Zusatzmassen (Schwingfundament) – Drehzahl n bzw. Drehzahlbereich – Erregerkraft F(t) – bei mehreren Frequenzkomponenten deren Amplituden Fˆ und zugehörige Erregerkreisfrequenzen ω – nach Herstellerangaben, nach Literaturangaben, z. B. (Dresig 2004, Korenev 1980, Lipinski 1972, Meltzer 1977) oder Berechnung nach Abschnitt 11.3.3 – zulässige Schwingungsamplitude zˆ zul nach Herstellerangaben oder nach Unterabschn. 11.2.3.2 Mit diesen Ausgangsdaten wird zur Erfüllung der Berechnungsziele (s. Abschn. 11.4.1) die Orientierungsrechnung in folgenden Schritten durchgeführt: 1. Festlegung der schwingenden Mindestmasse mges erf zur Einhaltung der zulässigen Schwingung xˆzul nach mges · x¨ = F (t) mges erf · ω2 · xˆzul = Fˆ
(35)
ggf. Vergrößerung der ursprünglichen Gesamtmasse mges . 2. Konstruktive Festlegung der Gestalt des Schwingfundamentes – siehe z. B. (GERB 2002, Major 1961, Rausch 1968) 3. Festlegung der höchstzulässigen Gesamtfedersteifigkeit cges max nach Gl. (7) zur Erfüllung der Forderung Gl. (21) 4. Festlegung der Anzahl z der Schwingungsisolatoren (meist nach konstruktiven Gesichtspunkten) nach z · cdyn Isol ≤ cges max
(36)
mges · g ≤ 0,65 · z · FIsol zul
(37)
und deren Auswahl nach Herstellerangeboten bzw. aus der Datenbank in (Uhlig 2002, Blochwitz 2004) 5. Überprüfung der Einhaltung von Gl. (21) mit den entsprechend Punkte 1 – 3 berechneten Parametern 6. Berechnung der Schwingung der Maschine und der auf den Aufstellort übertragenen Kraft nach Gln. (4) und (5)
11. Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen
347
Bei Schwingfundamenten, welche nach den üblichen Konstruktionsregeln gestaltet sind, liegen die Eigenfrequenzen fi für alle 6 Freiheitsgrade (i = 1…6) im Bereich 0,5 · f0 vertikal ≤ f0 i ≤ 2 · f0 vertikal
(38)
Dadurch garantiert die Erfüllung der Forderung (11) für fvertikal in der Orientierungsrechnung Resonanzfreiheit und eine Verminderung der Schwingungsübertragung für alle Freiheitsgrade. Der Faktor 0,65 in Gl. (11) soll sicherstellen, dass die Isolatoren durch die zusätzliche dynamische Kraft nicht überlastet werden. Teilweise werden von Isolatorherstellern (insbesondere bei Gummifedern) zu niedrige Werte für FIsol zul angegeben. Eine Abstimmung mit dem Hersteller ist deshalb lohnend, wenn durch höhere Belastung eine niedrigere Eigenfrequenz erreicht werden soll. Die Anwendung der Gln. (36) und (37) setzt voraus, dass alle Schwingungsisolatoren vom gleichen Typ und der gleichen Baugröße sind sowie entsprechend (34) angebracht und damit gleichmäßig belastet sind. 11.4.2.2 Berechnungsbeispiel Bild 11–27 zeigt einen Axialventilator mit 400 mm Laufraddurchmesser, der wegen schlechter Wuchtgüte schwingungsisoliert werden soll. Da auch eine Körperschalldämmung erreicht werden soll, ist ein relativ steifes und schweres Schwingfundament bereits funktionell erforderlich. Die Befestigung des Aggregates auf dem Fundament erfolgt so, dass beide Schwerpunkte übereinanderliegen. Die Bedingungen nach Gl. (34) sind erfüllt. Die Luftleitung ist saug- und druckseitig über einen Segeltuchbalg anzuschließen (Ausführung ähnlich Bild 11–29).
Bild 11–27. Schwingungsisolierung eines Axialventilators. a) Maschine; b) Schwingfundament
Ausgangsdaten – geometrische Abmessungen s. Bild 11–27, – mges = mMasch + mFund = 37 kg + 87,8 kg = 124,8 kg,
348
G. Meltzer
– Schwerpunktslage s. Bild 11–27, – n=
min {1450 710 min
–1
–1
(polumschaltbar),
2πn – Fˆ = mRot e 8 60
92,3 N ( ) = {22,1 N 2
mit mRot = 20 kg und e = 0,2 mm (Herstellerangabe),
}
– xˆ zul = 0,04 mm für n > 1000 min–1 Herstellerangaben xˆ zul = 0,1 mm für n ≤ 1000 min–1 Mindestmasse des schwingungsisolierten Objektes mges, erf =
Fˆ 100 kg = 40 kg 2πn 2 xˆ zul 60
{
( )
Die funktionell bedingte Gesamtmasse mges ist größer als erforderlich, eine Korrektur ist nicht notwendig. Höchstzulässige Gesamtfedersteifigkeit cges, max = mges
π
( 24 · n60 ) = 4,31 · 10 N/m . min
2
4
Auswahl der Schwingungsisolatoren z = 4 (als Mindestanzahl aus konstruktiven Gründen). Verwendung von Stahlfeder-Schwingungsisolatoren (s. Unterabschn. 11.3.5.4) mit cdyn, Isol = 1·10 4 N/m < FIsol, zul = 550 N >
1 c = 1,08 · 10 4 N/m , 4 ges, max
1 m g = 471 N . 0,65 · 4 ges
Überprüfung der Wirksamkeit der Schwingungsisolierung ω0 =
xˆ =
冑
06 z cdyn, Isol 1 = 17,9 s–1 < 3 (2 π nmin /60) = 18,6 s–1 mges 4
Fˆ
1 35 µm = 37 µm z cdyn, Isol √00 (1 – ω 2 /ω0 )2
{
{
1 1,4 N Qˆ = Fˆ · 00 = 2 2 1,5 N √ (1 – ω /ω0 ) ˆ ω0 und xˆ erfüllen die gestellten Forderungen. Wegen des geringen Betrages von Q können die Nachweise der Tragfähigkeit der Stützkonstruktion sowie der arbeitshygienischen Unbedenklichkeit entfallen.
11. Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen
349
Der Isolierwirkungsgrad lässt sich mit (22) zu η = 98,5% für die höhere und η = 93,3% für die niedrigere Drehzahl berechnen. 11.4.3 Genaue Berechnung 11.4.3.1 Räumliche Schwingungen des Einmassensystems (Freiheitsgrad 6) Erfolgt die dynamische Schwingungserregung nicht nur vertikal (allgemein: nicht nur in einer Richtung, der Haupterregungs- oder Hauptnachgiebigkeitsrichtung), ist eine räumliche Berechnung der schwingungsisolierten Maschinenlagerung mit mehr als einem Freiheitsgrad erforderlich. Das ist bereits bei einfachen rotierenden Maschinen (z. B. Pumpen, Ventilatoren, Elektromotoren), die aufgrund der Restunwucht des Rotors eine umlaufende Fliehkraft als Schwingungserregung besitzen, sowie bei Kolbenmaschinen (s. Unterabschn. 11.3.3.2) der Fall. Ist der Aufstellort vergleichsweise starr, kann das Schwingungsmodell nach Bild 11–6 Mitte zugrunde gelegt werden. Es lässt Schwingungen in 6 Freiheitsgraden zu: – 3 translatorische Bewegungen x, y, z in Richtung der Hauptträgheitsachsen – 3 rotatorische Bewegungen (Drehschwingungen) ξ, η, ζ um die Hauptträgheitsachsen. Die Schwingungsberechnung erfolgt nach 6 (in der Regel verkoppelten) SchwingungsDifferentialgleichungen, welche Gl. (3) ähnlich sind. Diese sind z.B. in (Korenev 1980, Meltzer 1977, Petersen 2001, Uhlig 2002) dargestellt. Außer dem Erregerkraft- und -momentenvektor mit 6 Komponenten ist die Kenntnis der Masse mges und der Hauptträgheitsmomente Jx; Jy; Jz der schwingenden Gesamtmasse sowie die Federkonstanten ci,j der z Schwingungsisolatoren in allen 6 Raumrichtungen (i = 1…z; j = x, y, z, ξ, η, ζ) sowie der Koordinaten ihrer Anbringungspunkte erforderlich. Da die Federkennwerte in vielen Fällen nicht verfügbar (und beim Hersteller nicht zu erfahren) sind, muss man häufig mit der Orientierungsrechnung (s. Abschn. 11.4.3.1) vorlieb nehmen. Die genaue Berechnung erfolgt mittels Computer, nachnutzungsfähige Software ist in (Uhlig 2002) und (Blochwitz 2004) auf CD-ROM enthalten. Das Ergebnis umfasst außer den 6 Eigenfrequenzen auch den Vektor der erzwungenen Schwingungen in allen 6 Raumrichtungen für jede Erregerfrequenz. Für die Bedingung nach Gl. (21) ist die niedrigste Erregerfrequenz mit der höchsten Eigenfrequenz zu vergleichen. 11.4.3.2 Zweistufige Schwingungsisolierung (bis Freiheitsgrad 12) Ist der Aufstellort gegenüber der schwingungsisolierten Maschinenaufstellung nicht starr, muss auch diese Stützkonstruktion in die Schwingungsberechnung mit einbezogen werden (z. B. schwere Maschinen auf Gebäudedecken, Aggregate in Fahrzeugen, Fundamentwanne im Baugrund). Das Zweimassen- Schwingungsmodell mit dem Freiheitsgrad 2 nach Bild 11–6 rechts ist wiederum nur bei Existenz einer Haupterregungs- oder Hauptnachgiebigkeitsachse gültig. In allgemeinen Fällen haben sowohl die schwingungsisoliert gelagerte Maschine als auch die Stützkonstruktion (soweit diese als schwingende starre Masse betrachtet werden kann; in anderen Fällen wird sie als Kontinuumsschwinger behandelt, s. Abschn. 11.3.1) den Freiheitsgrad 6. Das Schwingungsmodell mit dem Freiheitsgrad 12 ent-
350
G. Meltzer
spricht dann zwei übereinandergestellten Schwingungsmodellen nach Unterabschn. 11.4.3.1 bzw. nach Bild 11–6 Mitte. Auch für dieses Schwingungsmodell existiert PC-Software zur schwingungstechnischen Nachweis nach dem Resonanz- oder Amplitudenverfahren (s. Abschn. 11.4.1), z. B. in (Uhlig 2002, Blochwitz 2004). 11.4.3.3 Berücksichtigung der Nachgiebigkeit des Aufstellortes Im Falle einer einfachen oder doppelten (s. Unterabschn.11.3.5.3) Schwingungsisolierung kann man die nachgiebige Stützkonstruktion für den Bereich niedriger Erregerfrequenzen näherungsweise auf ein Feder-Masse-System mit nur einem Freiheitsgrad abbilden. Es entsteht dann entweder ein Schwingungsmodell mit dem Freiheitsgrad 7 (als Kombination der Modelle nach Bild 1–6 Mitte und rechts) oder ein Schwingungsmodell mit dem Freiheitsgrad 13 – s. Bild 11–28. Für die Reduktion geben (Meltzer 1977) und (Uhlig 2002) Hinweise. Software zur Berechnung siehe ebenfalls (Uhlig 2002, Blochwitz 2004).
Bild 11–28. Schwingungsmodell mit dem Freiheitsgrad 13 für eine doppelte Schwingungsisolierung auf nachgiebiger Stützkonstruktion – nach (Uhlig 2002)
11.5 Ausgeführte Beispiele Die nachfolgenden Beispiele demonstrieren die konstruktive Gestaltung und die Wirksamkeit von einstufigen Schwingungsisolierungen bei dynamischer und kinematischer Anregung. Ein weiteres ausgeführtes Beispiel für kinematische Anregung siehe Bild 11–25. Bild 11–29 zeigt einen Radialventilator auf gekapselten Stahlfeder-Schwingungsisolatoren. Die Zwischenfundamentplatte dient zur Sicherung der Isolierwirkung für Körperschall (s. Kapitel 12). Die Distanzstücke über den Schwingungsisolatoren sind
351
11. Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen
Bild 11–29. Schwingungsisoliert aufgestellter Radialventilator
wegen der Justierschrauben zur Höheneinstellung erforderlich. In der druckseitigen Luftleitung ist das flexible Zwischenstück deutlich zu sehen. Bild 11–30 zeigt die Schwingungsisolierung einer schweren stationären Notstromanlage. Das Unterfundament ist auf dem Baugrund gegründet, das Oberfundament (Schwingfundament) ruht auf 34 Schwingungsisolatoren. Zur Erfüllung der Forderung nach Übereinstimmung der Lage von Schwerpunkt und Federungsmittelpunkt (vgl. Abschn. 11.4.1) sind auf der Motorenseite Isolatoren mit höherer Steifigkeit als auf der Generatorenseite eingesetzt. Die rechnerische Abstimmung erfolgte auf f0i = 0,9 bis 2,1 Hz für die dem Freiheitsgrad 6 entsprechenden sechs Eigenfrequenzen bei einer tiefsten Erregerfrequenz fmin = 5 Hz (das entspricht einer Kurbelwellendrehzahl von n = 300 min–1 ). Bild 11–31 zeigt eine Aufzugsmaschine auf Gummi-Schwingungsisolatoren (je zwei Stück übereinander zwecks Halbierung der Steifigkeit). Bild 11–32 zeigt ein Beispiel für die Schwingungsisolierung einer erschütterungsempfindlichen physikalischen Spezialapparatur bei kinematischer Erregung in einem Stahlbeton-Skelettbau. Da aufgrund der Vielzahl der Schwingungserreger im Gebäude (Vakuumpumpen, Kolbenkompressoren, Getriebe, Wandlüfter, Zentrifugen und andere technologische
Bild 11–30. Schwingungsisoliertes Fundament eines 2-MW-Diesel-Generator-Aggregates
352
G. Meltzer
Einrichtungen) diskrete Erregerfrequenzen nicht mehr angebbar waren, wurde am Aufstellort das Terzspektrum der Schwingungsbeschleunigung gemessen (Kurve a). Es wurde eine Aufstellung auf Gummifeder-Schwingungsisolatoren mit einer Hubschwingungs-Eigenfrequenz f0 ≈ 8 Hz gewählt, die als ausreichend tief gegenüber der tiefsten nennenswerten Erregerfrequenz fmin ≈ 23 Hz angesehen wurde. Aus Kurve b sind Wirksamkeit und Fehler der Schwingungsisolierung ablesbar. Die rechnerische Auslegung der Schwingungsisolierung erfolgte fälschlicherweise mit cstat. Da cdyn wesentlich höher liegt (s. Unterabschn. 11.3.5.4), betrugt die wirklich erreichte Hubschwingungs-Eigenfrequenz f0 = 14,5 Hz. Daraus ergibt sich eine be-
Bild 11–31. Schwingungsisoliert gelagerte Aufzugsmaschine
Bild 11–32. Schwingungsisolierte Aufstellung einer erschütterungsempfindlichen Apparatur bei kinematischer Anregung am Aufstellort
11. Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen
353
denkliche Resonanznähe für die geringe Erregerkomponente, die für diese Frequenz in Kurve a erkennbar ist! Es ergibt sich deshalb für f = 14,5 Hz eine Verstärkung der Schwingung mit einem Übertragungsfaktor V2 = 7. Das entspricht nach Gl. (6) einem 2 · f0 ≈ 20 Hz ist die Schwingungsisolierung gut Dämpfungsgrad ϑ = 0,07. Oberhalb √3 wirksam, zeigt allerdings ab 70 Hz bereits Einbrüche und damit eine verminderte Körperschalldämmung, die auf das Eigenschwingungsverhalten der Grundplatte oder der Gebäudedecke zurückzuführen sind (s. Kapitel 12). Die Realisierung einer tieferen Eigenfrequenz durch Berücksichtigung von cdyn anstelle cstat im Berechnungsgang hätte mit Sicherheit zu einer besseren Isolierwirkung geführt.
Bild 11–33. Schwingungsisolierte Aufstellung einer Textilmaschine
Die Wirksamkeit der Schwingungsisolierung einer Textilmaschine (Gardinenraschelmaschine) mittels Stahlfeder-Schwingungsisolatoren in einem Stahlbeton-Skelettbau geht aus Bild 11–33 hervor. Es handelt sich also hier um ein Beispiel für eine dynamische Anregung der Stützkonstruktion. Mit f0 Hub ≈ 2,15 Hz und fmin = 6,5 Hz (bei n = 390 min–1) wurde ein Übertragungsfaktor V2 = 0,1 nach Gl. (5) erwartet. Die Messergebnisse bestätigen diese Berechnung.
11.6 Schrifttum (Auersch 2003) Auersch, L. und W. Rückert (2003): Praxisgerechtes Prognosemodell für Erschütterungen: Einfache Rechenverfahren für die Emission, Transmission und Immission. In: VDI-Ber. 1754. VDI-Verl. Düsseldorf, S. 1 – 22 (Blochwitz 2004) Blochwitz, T. et al. (2004) ISOMAG 1.2 – Erweiterungen und Verbesserungen. Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin Fb 1014, Dortmund/Berlin (Dolling 1970) Dolling, H.-J. (1970): Abschirmung von Erschütterungen durch Bodenschlitze. In: Die Bautechnik 5/1970, S. 151 – 158 und 6/1970, S. 192 – 204 (Dresig 2004) Dresig, H. und F. Holzweißig (2004) Maschinendynamik. Springer, Berlin (Eggert 1995) Eggert, H. und W. Kauschke (1995) Lager im Bauwesen. Ernst & Sohn, Berlin (Flesch 1993) Flesch, R. (1993) Baudynamik – praxisgerecht. Band I: Berechnungsgrundlagen; (1997) Band II: Tiefbau. Bauverlag, Wiesbaden
354
G. Meltzer
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11. Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen
355
(DIN 1055-10) DIN 1055-10: Einwirkungen auf Tragwerke – Teil 10 (2004-07-00): Einwirkungen infolge Krane und Maschinen (DIN 4024) DIN 4024-1: Maschinenfundamente – Teil 1 (1988-04-00): Elastische Stützkonstruktionen für maschinen mit rotierenden Massen Teil 2 (1991-04-00): Steife (starre) Stützkonstruktionen für Maschinen mit periodischer Erregung (DIN 4025) DIN 4025 (1958-10-00): Fundamente für Amboss-Hämmer (Schabotte-Hämmer), Hinweise für die Bemessung und Ausführung (Achtung: Diese Norm wurde 1998 ohne Ersatz zurückgezogen) (DIN 4150) DIN 4150-1: Erschütterungen im Bauwesen – Teil 1 (2001-06-00): Vorermittlung von Schwingungsgrößen; Teil 2 (1999-06-00): Einwirkung auf Menschen in Gebäuden; Teil 3 (1999-02-00): Einwirkung auf bauliche Anlagen (DIN EN 1299) DIN EN 1299 (1997-05-00): Mechanische Schwingungen und Stöße – Schwingungsisolierung von Maschinen – Angaben für den Einsatz von Quellenisolierungen (DIN EN 13906) DIN EN 13906-1: Zylindrische Schraubenfedern aus runden Drähten und Stäben – Berechnung und Konstruktion – Teil 1 (2002-07-00): Druckfedern (DIN EN ISO 10846) DIN EN ISO 10846: Akustik und Schwingungstechnik – Laborverfahren zur Messung der vibro-akustischen Transfereigenschaften elastischer Elemente; Teil 1 (1999-04-00): Grundlagen und Übersicht; Teil 2 (1999-04-00): Bestimmung der dynamischen Transfersteifigkeit elastischer Stützelemente für translatorische Schwingungen; Direktes Verfahren (DIN ISO 1940) DIN ISO 1940: Mechanische Schwingungen – Teil 1 (2004-04-00): Anforderungen an die Auswuchtgüte von Rotoren in konstantem (starren) Zustand – Festlegung und Nachprüfung der Unwuchttoleranz, Teil 2 (1998-02-00): Anforderungen an die Auswuchtgüte starrer Rotoren – Abweichungen beim Auswuchten (ISO 2017) ISO 2017 (1982-11-00): Vibration and shock; Isolators; Procedure for specifying characteristics ISO/DIS 2017-1 (2003-03-00) Mechanical vibration and shock – Resilient mounting systems – Part 1: Application of source and receiver isololation (ISO 2631) ISO 2631 Mechanical vibration and shock – Evaluation of human exposure to whole-body vibration . Part 1 (1997-05-00) General requirements; Part 2 (2003-04-00) Vibration in buildings (1 Hz to 80 Hz); Part 4 (2001-02-00) Guidelines for the evaluation of the effects of vibration and rotational motion on passenger and crew comfort in fixedguideway transport systems; Part 5 (2004-02-15) Method for evaluation of vibration containing multiple shocks (ISO 8569) ISO 8569 (1996-07-01): Mechanical vibration and shock – Measurement and evaluation of shock and vibration effects on sensitive equipment in buildings (ISO/TS 10811) ISO/TS 10811 (2000-06-01): Mechanical vibration and shock – Vibration and shock in buildings with sensitive equipment. Part 1: Measurement and evaluation; Part 2: Classification (VDI 2057-1) VDI-Richtlinie 2057, Blatt 1 (September 2002): Einwirkung mechanischer Schwingungen auf den Menschen; Ganzkörperschwingungen (VDI 2062) VDI- Richtlinie 2062: Schwingungsisolierung. Blatt 1 (Januar 1976): Begriffe und Methoden; Blatt 2 (Januar 1976): Isolierelemente (VDI 3833) VDI- Richtlinie 3833: Schwingungsdämpfer und Schwingungstilger; Blatt 1 (2003-12-00): Schwingungsdämpfer – Begriffe, Kenngrößen, Realisierung, Anwendung. Blatt 2 (2004-04-00): Schwingungstilger und Schwingungstilgung (VDI 3837) VDI- Richtlinie 3837, Entwurf (2004-06-00): Erschütterungen durch oberirdische Schienenbahnen; Spektrales Prognoseverfahren
12. Körperschallisolierung R. Melzig-Thiel, überarbeitet von M. Bockhoff
12.1 Einführung Als Körperschall werden Schwingungen und Wellenvorgänge in festen Körpern im Frequenzbereich 20 bis 20000 Hz bezeichnet. In der Praxis interessiert vor allem der Bereich 100 bis 1000 Hz. Für den Schallschutz sind die Körperschallvorgänge erst dann wichtig, wenn es infolge der an der Oberfläche von Strukturen auftretenden Biegewellen zur Schallabstrahlung kommt. Typische Beispiele dafür sind die Körperschallanregung der Decken und Wände in Aufzugsmaschinenräumen, Klimazentralen und Produktionsräumen einerseits und die Schallabstrahlung in angrenzende Räume (z.B. Wohn- und Schlafräume, Büros, Sitzungsräume, Behandlungsräume in medizinischen Einrichtungen) andererseits. Während die Luftschallübertragung in den genannten Fällen meistens einen geringen Einfluss hat, kommt es in den schutzbedürftigen Räumen in vielen Fällen zu einer Überschreitung der Richt- bzw. Grenzwerte des Schalldruckpegels [1–3] infolge Körperschallabstrahlung. Die Körperschallisolierung als Maßnahme des praktischen Schallschutzes dient zur Verminderung der Körperschallübertragung von Maschinen auf Strukturen (z.B. Bauwerke). Dabei soll in diesem Abschnitt vor allem der Übertragungsweg über die Maschinenfüße behandelt werden (s. Bild 12–1). Auf die Möglichkeiten der Verminderung der Körperschallübertragung über Rohrleitungen wird hingewiesen. Für die Körperschallisolierung von Kabinen (Fahrerkabinen, Bedienstände in Werkhallen) lassen sich die erläuterten Prinzipien analog anwenden. Die Körperschallisolierung einzelner Aggregate in Maschinenstrukturen wird auch bei der Konstruktion lärmarmer Maschinen angewendet, s. Abschn. 4.7.3 und 7.4.3.2 sowie [4], insbes. S. 515 bis 566, und [5].
12.2 Grundlagen der Körperschallisolierung Für die körperschallisolierte Maschinenaufstellung gibt es drei Möglichkeiten (s. Bild 12–2). Die Maschinen werden direkt (a) oder unter Verwendung eines Funda-
Bild 12–1. Wege der Körperschallübertragung von Maschinen auf Strukturen
357
12. Körperschallisolierung
Bild 12–2. Körperschallisolierte Maschinenaufstellung. a) Schwingungsisolatoren direkt unter der Maschine; b) Verwendung eines Zwischenfundamentes; c) zweistufige Körperschallisolierung
mentes (b) auf Federn gestellt. In kritischen Fällen wird die doppelte Isolierung (c) angewendet. Äußerlich unterscheiden sich die Maßnahmen nicht von einer ordnungsgemäßen Schwingungsisolierung, die für tieffrequente Erregerkräfte wirken soll, wobei die in den Abschn. 11.3.5.1 und 11.4.1 zusammengestellten Grundsätze der Schwingungsisolierung unbedingt zu erfüllen sind. Es sind jedoch eine Reihe von Besonderheiten zu beachten, wenn die Körperschallisolierung im Frequenzbereich bis zu 1000 Hz hinreichend wirksam sein soll. 12.2.1 Grundgleichung der Körperschallisolierung Die Wirksamkeit einer Körperschallisolierung wird durch das Verhältnis Fmit /Fohne der in die Struktur mit bzw. ohne Körperschallisolierung eingespeisten Kräfte charakterisiert [6 – 8]. In etwas geänderter Darstellung erhält man aus Fmit /Fohne die Einfügungsdämmung De einer Körperschallisolierung aus dem Verhältnis der in die Stützkonstruktion eingespeisten Körperschallleistungen ohne und mit elastischer Lagerung (s. Bild 12–3 a und b): De = 10 lg
Pohne Pmit
dB = 20 lg
F˜ohne
˜mit F
dB = 20 lg
υ˜ohne
υ˜ mit
dB .
(1)
Die Verminderung des körperschallbedingten Luftschallanteils ∆ LKS an einem Immissionsort infolge dieser Einfügungsdämmung ist ∆ LKS = De .
(2)
Die der Messung bequemer zugängliche Schnellepegeldifferenz Dv (s. Bild 12–3 c) ist Dv = 20 lg
υ˜oben dB = De + K . υ˜ unten
(3)
Bild 12–3. Zur Definition von Kenngrößen für die Körperschallisolierung. a) und b) Einfügungsdämmung; c) Schnellepegeldifferenz
358
R. Melzig-Thiel, überarbeitet von M. Bockhoff
Darin ist K die von den komplexen Admittanzen der beteiligten Strukturen abhängige Vergrößerung gegenüber De . Mit der Näherung K = 20 lg
| |
hM + hS dB hS
(4)
kann dieser Unterschied abgeschätzt werden, wenn die für eine wirksame Körperschallisolierung notwendige Bedingung hI + hM , hS (s. später) erfüllt ist. Für den häufigen Fall hS | hM (leichte Maschine auf schwerem Fundament) bei Annahme von mS = 10 · mM mit h = 1/( j ω m) wird K ≈ + 20 dB! Nur im Sonderfall hS + hM (sog. Geschwindigkeitsanregung) wird K = 0 dB.
Aus diesen Beispielen geht schon hervor, dass die alleinige Messung der Schnellepegeldifferenz Dv an elastischen Elementen i. allg. ein untaugliches Mittel zur Überprüfung der Körperschallisolierung ist, da starke Abweichungen von der gesuchten Einfügungsdämmung De auftreten können. Zusätzliche Messungen sind unentbehrlich, denn selbst wenn die Bedingungen für eine Korrektur nach Gl. (4) erfüllt sind, setzt ihre Berechnung die Kenntnis der Maschinen- und Strukturadmittanzen voraus. Für die folgende Ableitung gilt die Einschränkung, dass die Maschinenaufstellung annähernd punktförmig sein soll. Das bedeutet, dass die Aufstellfläche klein gegenüber der Deckenfläche sein soll bzw., dass sich im Bereich der Aufstellfläche die Admittanz (zur Definition der Admittanz s. Abschn. 4) der Struktur wenig ändert (erfüllt für Terz- und Oktavbänder). In diesem Sinne „punkt“förmig sind nach Heckl [9] Aufstellflächen, solange ihr Durchmesser kleiner als λB/4 ist, wobei λB die Biegewellenlänge der Decke ist. (Beispiel: Für eine 10 cm dicke, homogene Betondecke erhält man mit Gl. (2a), Kap. 4, λB = 2,5 m bei 100 Hz und λB = 0,80 m bei 1000 Hz). Die Anregung der Struktur durch Momente wird vernachlässigt. Gemäß [10], insbes. S. 272, ist mit dem Einfluss der Momentanregung von Platten erst bei höheren Frequenzen zu rechnen. Die Berücksichtigung der Mehrpunktaufstellung ist bei größeren Maschinen prinzipiell notwendig [11]. Der Aufwand für die messtechnische Bestimmung der Rechengrößen und die Berechnung der Körperschallisolierung ist jedoch wesentlich höher als bei der punktförmigen Maschinenaufstellung. Da praktische Gesichtspunkte im Vordergrund stehen sollen, werden die Grundlagen der Körperschallisolierung bewusst am Beispiel der punktförmigen Ankopplung der Maschine an die Struktur erläutert. Die von der Maschine in die Struktur eingespeiste Körperschallleistung P ist eine Funktion von Kraft und Schnelle, die an der Kontaktstelle auftreten. Diese wiederum hängen von den Admittanzen sowohl der Maschine hM als auch der Struktur hS ab. Je nach Admittanzverhältnis unterscheidet man zwei Grenzfälle, siehe Kap 4.4, Bild 4–5: Ist | hS | | | hM |, so spricht man von Kraftanregung. Sie ist die bei weitem häufigste Anregungsart. Typische Beispiele sind die Maschine auf schwerem Fundament, relativ leichte Aggregate auf massiven Maschinenstrukturen, etc. Ist | hS | + | hM |, liegt Schnelleanregung vor. Das ist z. B. der Fall, wenn eine leichte Maschinenabdeckung durch die massive Maschinenstruktur zu Schwingungen angeregt wird. Die Wirksamkeit einer Körperschallisolierung wird im Fall der Kraftanregung durch das Verhältnis FS mit / FS ohne der in die Struktur mit bzw. ohne Isolierung eingespeisten Kräfte bestimmt. Bei Schnelleanregung ist es das Verhältnis der entsprechenden Schnellen vS mit / vS ohne . Bild 12–4 a zeigt das Schema der unelastischen Maschinenaufstellung mit dem zugehörigen elektromechanischen Ersatzschaltbild nach [12]. (Bild 12-4 beschränkt
359
12. Körperschallisolierung
Bild 12– 4. Schemata und zugehörige elektrische Ersatzschaltungen für die a) unelastische und die b) körperschallisolierte Maschinenaufstellung, b) ohne und c) mit Zwischenfundament
sich auf den häufigsten Fall der Kraftanregung). Für die in die Struktur eingespeiste Kraft bzw. Schnelle gilt FS ohne = hM hS F0 v0
hM F hM + hS 0
hS vS ohne = 02 v hM + hS 0
(5)
Maschinenadmittanz, Strukturadmittanz, Kurzschlusskraft, Leerlaufschnelle.
Die in die Struktur eingespeiste Kraft ist im Extremfall, wenn die Maschine unelastisch auf einer nicht schwingfähigen Struktur (hS = 0) aufgestellt ist, gleich der Kurzschlusskraft. Wenn umgekehrt die Strukturadmittanz sehr groß wird (hS → ∞), wie z. B. bei mehr oder weniger freien Aufhängung der Quelle, ist als entscheidende Größe die Leerlaufschnelle zu betrachten (bei verschwindender Kraft). Für die elastische Maschinenaufstellung (Bild 12–4 b) gilt analog FS mit =
hM F hM + hS + hI 0
hS vS mit = 00 v hM + hS + hI 0
(6)
hI Admittanz der Isolatoren. Aus Gl. (5) und (6) ergibt sich die sowohl für Kraft- als auch für Schnelleanregung gültige Grundgleichung der Körperschallisolierung FS mit v hM + hS = s mit = 00 . vS ohne hM + hS + hI FS ohne 0
(7)
Damit die Kraft FS mit wesentlich kleiner als FS ohne wird (das entsprechende gilt für die Schnellen), muss der Betrag des Nenners von Gl. (7) größer als der Zähler werden:
| hM + hS + hI | > | hM + hS| .
(8)
360
R. Melzig-Thiel, überarbeitet von M. Bockhoff
Dabei ist zu beachten, dass die Admittanzen hM , hS und hI komplexe Zeigergrößen sind und somit vektoriell, also unter Beachtung von Betrag und Phase bzw. von Realund Imaginärteil, zu addieren sind. Im ungünstigen Fall, z. B. wenn hM und hS Massecharakter haben – also ihre Imaginärteile gleichgerichtet sind – und hI durch eine Nachgiebigkeit bestimmt wird, muss mindestens die Bedingung
| hI | + | hM| + | hS| erfüllt sein, damit eine Isolierwirkung eintritt. Die Bedingung in Gl. (8) ist bei tiefen Frequenzen (im Bereich der Schwingungsisolierung, s. Abschn. 11.3.5.1) leicht erfüllbar. In diesem Bereich besitzt die Maschinenadmittanz Massecharakter, und die Schwingungsisolatoren verhalten sich wie ideale Federn. Ist die Struktur des Aufstellortes sehr steif, d. h., gilt hS → 0, dann erhält man aus Gl. (7) FS mit hM = = FS ohne hM + hI
1 j ω mM 1 + j ω nI j ω mM
;
(9)
mM Maschinenmasse, nI Nachgiebigkeit der Schwingungsisolatoren. Den Betrag des Verhältnisses der mit und ohne Schwingungsisolatoren in die Struktur eingespeisten Kräfte erhält man schließlich aus der Beziehung
| ||
FS mit 1 = FS ohne 1 – (ω /ω0 )2
|
mit
ω0 =
冑
0 1 . mM nI
(9 a)
Diese aus Gl. (8) für tiefe Frequenzen abgeleitete Näherungsgleichung ist identisch mit der im Abschn. 11.3.2.1 genannten Übertragungsfunktion für das Einmassensystem, wenn dort die Dämpfung ϑ = 0 gesetzt wird. Damit ist eine Verbindung der für die Körperschallisolierung gültigen Beziehung nach Gl. (7) mit den Gesetzmäßigkeiten der Schwingungsisolierung hergestellt. Im Körperschallbereich, d. h. für Frequenzen f > 100 Hz, können die Beträge und Phasenwinkel von hM und hS frequenzabhängig sehr unterschiedliche Werte besitzen (s. Bilder 12–6, 12–12 und 12–14). Schmalbandige Messungen von hM und hS nach Betrag und Phasenwinkel sind zwar mit modernen Analysatoren leicht möglich, die Ergebnisse hängen aber stark von den Messbedingungen ab. Eine Voraussage für hM (s. Abschn. 12.2.2.1) und hS ist nur näherungsweise möglich. Somit ist eine praktische Anwendung der Bedingung von Gl. (8) für die Auslegung einer optimalen Körperschallisolierung mit Ingenieurmethoden nicht möglich bzw. bleibt auf überschaubare Fälle beschränkt. Der Aufwand wird wesentlich geringer, wenn nur die Beträge der o. g. Admittanzen zu bestimmen sind, wobei für Abschätzungen auch in Terz- und Oktavbreite gemessen werden kann. Bei der praktischen Dimensionierung einer wirksamen Körperschallisolierung von Maschinen ist deshalb die Erfüllung folgender Forderung anzustreben: h I + hM , hS .
(10)
In der Beziehung (10) und im folgenden wird der Betrag einer Admittanz | h | mit dem Buchstaben h bezeichnet.
361
12. Körperschallisolierung
Die verwendeten Schwingungsisolatoren müssen also im Frequenzbereich 100 bis 1000 Hz wesentlich weicher sein als die Maschinenkonstruktion und der Aufstellort. Die Erfüllung der Beziehung (10) ist in der Praxis mit Schwierigkeiten verbunden, wenn im Körperschall-Frequenzbereich folgende Besonderheiten auftreten: – Die Maschinen besitzen Eigenfrequenzen, die zu Maximalwerten der Maschinenadmittanz hM führen, Bilder 12–5 und 12–6. – Die Strukturen, auf denen die Maschinen aufgestellt werden, besitzen ebenfalls Eigenfrequenzen, so dass die Admittanz hS groß werden kann (s. Bild 12–10). – Die Schwingungsisolatoren verhalten sich nur bei tiefen Frequenzen wie ideale Federn. Bei den Kontinuumseigenfrequenzen treten in elastischen Elementen Eigenschwingungen auf. Die Begrenzungsflächen befinden sich dabei annähernd in den Schwingungsknoten, so dass die Federn wie steife Verbindungen wirken und Minima der Isolatoradmittanz besitzen (s. Bild 12–8). Das Feder-Masse-Modell für die schwingungsisolierte Maschinenaufstellung auf starren Strukturen (s. Abschn. 11.3.1) versagt somit für die Beschreibung der Körperschallisolierung realer Maschinen. Um die Beziehung (10) zu realisieren, müssen die Frequenzgänge der Admittanzen hM , hS und hI bekannt sein. Die Zusammenstellung einiger Impedanzformeln enthält [13].
Bild 12–5. Prinzipieller Frequenzgang der Admittanz realer Maschinen
Bild 12–6. Ergebnisse der Messungen von Maschinenadmittanzen. –– Kompressor, – – – – Elektromotor, – · – · – · – · Vakuumpumpe, -------- Dachventilator
362
R. Melzig-Thiel, überarbeitet von M. Bockhoff
12.2.2 Admittanzen des Systems Maschine – Schwingungsisolatoren – Gebäudedecke 12.2.2.1 Maschinenadmittanz Jede Maschine stellt im interessierenden Frequenzbereich 100 bis 1000 Hz ein kompliziertes Schwingungssystem dar, dessen Admittanz sich zunächst nicht vorausberechnen lässt. Deshalb wurden in der Vergangenheit reale Maschinen oft näherungsweise als starr betrachtet, und als Maschinenadmittanz wurde die Massenadmittanz verwendet: hM =
1 ; j ω mM
(11)
mM Masse der Maschine. Inzwischen liegen gemessene Admittanzen von unterschiedlichen Maschinen vor [14]. Den prinzipiellen Frequenzgang des Betrages einer Maschinenadmittanz zeigt Bild 12–5: – Bei tiefen Frequenzen ( f < 100 Hz) hat hM den Charakter einer Massenadmittanz. – Im Bereich 100 bis 300 Hz liegen die Eigenfrequenzen der auf ihren Füßen bzw. ihrem Grundrahmen unelastisch aufgestellten Maschinen. – Für Frequenzen f > 300 Hz besitzen die Maschinen Federadmittanz (hM = ω nM ), d. h., es wirkt die Nachgiebigkeit nM der Füße bzw. des Grundrahmens. Praktische Beispiele für schmalbandige nach [14] ermittelte Maschinenadmittanzen zeigt Bild 12– 6. Im Frequenzbereich f > 300 Hz, wo die Maschinenadmittanz Federcharakter besitzt, gilt Gl. (9) in der Form FS mit = FS ohne
1 1+
nI nM
.
(12)
Die für die Isolierwirkung charakteristische Größe wird somit frequenzunabhängig. Soll die Verminderung der in die Stützkonstruktion eingespeisten Kraft auch bei höheren Frequenzen etwa 20 dB betragen, dann muss also die Nachgiebigkeit der Schwingungsisolatoren etwa zehnmal größer sein als die Nachgiebigkeit der Maschinenkonstruktion. Zur Ermittlung des Frequenzganges der Maschinenadmittanz in Terz- bzw. Oktavbandbreite kann auch folgende Beziehung dienen [14]: hM =
1 a˜ h F elastisch . N I a˜ F starr
(13)
Dabei erfolgt die Messung des Terz- bzw. Oktavspektrums der Schwingbeschleunigung a˜ F starr bei Betrieb der auf einem bis 1000 Hz resonanzfreien Blockfundament starr aufgestellten Maschine. Das Spektrum a˜ F elastisch wird ermittelt, wenn die Maschine auf N Isolatoren mit der Admittanz hI = ω · 1/c (c Federkonstante eines Isolators) auf dem Fundament gelagert ist.
12. Körperschallisolierung
363
12.2.2.2 Admittanz der Schwingungsisolatoren Voraussetzung für die Beschreibung der Eigenschaften von Schwingungsisolatoren durch ihre Admittanz ist die Kenntnis der Nachgiebigkeit n bzw. der Feder„konstanten“ c = 1/n. Für die Körperschallisolierung werden vorzugsweise Elastomere in Form von prismatischen Einzelelementen (Gummimetall-Elemente) und von unkonfektionierten Platten bzw. Streifen eingesetzt. Im Gegensatz zu vielen klassischen Metallfedertypen, bei denen eine Proportionalität zwischen Kraft F und Zusammendrückung x vorliegt und die Federsteife c = F/x konstant ist, haben Elastomere nichtlineare, also gekrümmte (und temperaturabhängige) Kraft-Verformungs-Kennlinien. Das bedeutet, dass die Federsteifigkeit – hier definiert durch cstat = (dF/dx)x = x0, d. h. durch die Steigung der Tangente im Kennlinien-Arbeitspunkt x0 – lastabhängig ist. Dies nichtlineare Verhalten tritt sowohl unter rein statischer wie bei überlagerter dynamischer Belastung auf. Bei Gummimetallelementen nimmt die Federsteifigkeit bei steigender Druckbelastung zu (man spricht von einer progressiven Federung) und bei steigender Schubbelastung ab (degressive Federung). Da Gummi nur eine sehr geringe Volumenkompressibilität besitzt, ist die Nachgiebigkeit eines Gummiisolators nur dann gewährleistet, wenn das Material seitlich ausweichen kann. Das Verhältnis von druckbelasteter Fläche zu freier Verformungsfläche wird Formfaktor genannt und bestimmt entscheidend die resultierende Federsteifigkeit, da der Elastizitätsmodul fast quadratisch mit ihm ansteigt. Für einfache, zylindrische Isolatoren mit Durchmesser d und Höhe h ist der Formfaktor gegeben durch: F = Kreisfläche/(Umfang × Höhe) = d/4h. Das zeigt, dass F bei großen Elementen geringer Dicke beträchtliche Werte annehmen kann. Aus diesem Grund werden selten Vollgummiplatten, sondern hauptsächlich gelochte oder gerippte Matten eingesetzt, oft auch in Streifenform.
Im dynamischen Verhalten kommt zu den Last- und Formeinflüssen eine Frequenzabhängigkeit und für manche Isolatortypen eine Amplitudenabhängigkeit hinzu. Die unter dynamischer Belastung mit statischer Vorlast ermittelten cdyn-Werte von Elastomeren unterscheiden sich i. Allg. signifikant von den bei gleicher statischen Belastung ermittelten cstat-Werten. Für die meisten Elastomer-Isolatoren erhöht sich unter dynamischer Belastung die Steifigkeit, d. h. es ist cdyn = κcstat. Für Gummi ist dieses Phenomen besonders ausgeprägt: im üblichen Shore-A-Härtebereich bis 60 ShA und schon bei Frequenzen unter 50 Hz liegt κ etwa zwischen 1,1 und 1,6, bei höheren Härten steigt κ bis 3 an; diese Werte gelten sowohl für Druck- als auch für Schubbelastung. Ein weiterer Frequenzanstieg hat nur noch eine geringe Erhöhung von κ zur Folge. Einzelheiten zur Ermittlung frequenzabhängiger Kennwerte von Elastomeren enthält [15]. Zu höheren Frequenzen hin verhalten sich die elastischen Elemente zunehmend wie schwingende Kontinua. Bei den Kontinuumseigenfrequenzen treten zum Teil stark ausgeprägte Einbrüche im Frequenzgang der Nachgiebigkeit auf. Die Forderung, im Bereich bis 1000 Hz Kontinuumseigenfrequenzen zu vermeiden, lässt sich nur mit Gummifedern und Elastomerschichten realisieren. Bei Stahlfedern können die unvermeidlichen Eigenfrequenzen bei 250 Hz liegen. Die Lage der ersten Kontinuumseigenfrequenz bzw. die Begrenzung der wirksamen Körperschalldämmung ist eine Kenngröße von Schwingungsisolatoren [7]. Ein einfaches Prüfverfahren für die Lage der ersten Eigenfrequenz eines Isolators enthält [16], Laborverfahren zur Messung vibro-akustischer Parameter elastischer Isolatoren werden in [17] beschrieben.
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R. Melzig-Thiel, überarbeitet von M. Bockhoff
Rechnerisch lassen sich für prismatische und flächige Federelemente aus homogenem Material die ersten Kontinuumseigenfrequenzen f0i ermitteln aus der Beziehung k0 l = i π (i = 1, 2, 3 …) k0 ω cL l
(14 a)
= ω /cL, Kreisfrequenz, Ausbreitungsgeschwindigkeit der Longitudinalwellen (cL ≈ 50 ms–1 für Gummi), Federlänge bzw. Höhe des Belags.
Zur Berechnung der ersten Eigenfrequenz von Stahlfedern schreibt man Gl. (14a) besser um: 1 7 cdyn f01 = 3 7 (14 b) 2 mF
冑
cdyn dynamische Federkonstante, mF Masse der Feder. Bei gleichmäßig verteilter Masse und Nachgiebigkeit der Feder gestattet es Gleichung (14b) f01 aus Materialdaten aller Art zu bestimmen, d. h. sowohl für Stahlfedern als auch für Federn auf Elastomerbasis.
Formeln für Federkonstanten in Abhängigkeit von Material- und geometrischen Größen sind der einschlägigen Literatur des Maschinenbaus, z. B. [18], zu entnehmen. Unter der vereinfachenden Annahme eines statischen Schubmoduls lässt sich so für zylindrische Stahlschraubenfedern die erste Eigenfrequenz abschätzen zu d f01 = 350 72 vD
(14c)
d Drahtdurchmesser in m, D Windungsdurchmesser in m, ν Anzahl der wirksamen Windungen Beispiele für f01: Gummifedern f01 = 250 bis 500 Hz bei h = 100 mm, f01 = 1300 bis 1600 Hz bei h = 15 mm (in Abhängigkeit von der Gummiqualität) Stahlschraubenfedern f01 = 100 bis 500 Hz je nach Typ. [ f01 ist ebenfalls nach Gl. (14) berechenbar.] Mit der Admittanz hI = ω n0 eines Isolators ist bei Gummifedern theoretisch bis f ≈ 0,8 f01 und bei Stahlschraubenfedern bis f ≈ 0,5 f01 zu rechnen. Die genaue Beschreibung der dynamischen Federeigenschaften ist auch im Bereich der Kontinuumseigenfrequenzen möglich, wenn die Vierpolparameter der Federn bekannt sind [14, 19]. Die an den Begrenzungsflächen eines Schwingungsisolators gemäß Bild 12–7 auftretenden Kräfte und Geschwindigkeiten sind mit den Parametern der Kettenmatrix wie folgt verknüpft: F1 = A11 F2 + A12 υ 2 , v1 = A21 F2 + A22 υ 2 .
(15)
365
12. Körperschallisolierung
Bild 12–7. Zur Beschreibung der Eigenschaften elastischer Elemente durch Vierpolparameter. a) Schwingungsmodell; b) elektromechanisches Ersatzschaltbild
Der für die Beschreibung der Federeigenschaften im akustischen Frequenzbereich wichtigste Parameter ist A21. Wenn die Dämpfung des Federmaterials sehr klein ist (z. B. bei Stahlfedern), gilt nach [19] sin k0 l ; k0 l dynamische Nachgiebigkeit bei tiefen Frequenzen, Kreisfrequenz, = ω /cL , Ausbreitungsgeschwindigkeit der Longitudinalwellen, Federlänge.
| A21| ≈ ω n0 n0
ω
k0 cL l
(16)
Bild 12–8. Beispiele für den Vierpolparameter | A21| von Stahl- und Gummifedern nach [14]. a) Stahlfeder 왌––왌 Messung, – – – – Berechnung nach Gl. (16), – · – · – · – · theoretische Federadmittanz; b) Gummifeder (S = 27 mm · 27 mm, l = 63 mm); 왌––왌 Messung, – – – – Berechnung unter Berücksichtigung der Dämpfung nach [14], – · – · – · – · theoretische Federadmittanz
Aus Gl. (16) geht hervor, dass der Parameter | A21 | realer Federn bei k0l = iπ (i = 1, 2, 3…) Minima besitzt, d. h. gerade bei den Kontinuumseigenfrequenzen nach Gl. (14 a). Diese Minima sind bei Stahlschraubenfedern wesentlich stärker ausgeprägt als bei Gummifedern (siehe Bild 12–8). Bei tiefen Frequenzen geht der Parameter | A21| in die Isolatoradmittanz hI = ω n0 über. Setzt man nun voraus, dass nicht nur bei tiefen Frequenzen hI = ω n0 = | A21|, sondern im gesamten Bereich hI (ω) = ω n (ω) = | A21|
(17)
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gilt, dann ergibt sich eine plausible Deutung des Frequenzganges von hI als frequenzabhängige Nachgiebigkeit von Federn im akustischen Frequenzbereich: n (ω) = n0
| |
sin k0 l . k0 l
(18)
Die Nachgiebigkeit nimmt entsprechend der Spaltfunktion mit der Frequenz ab und besitzt Minima bei den Kontinuumseigenfrequenzen. Elastomer-Schichten haben in den letzten Jahren als Ergänzung zu Stahlfedern und kompakten Gummielementen für die Körperschallisolierung zunehmend an Bedeutung gewonnen. Die Technik des flächenhaften Einsatzes war ursprünglich zur Dämmung von Trittschall durch schwimmende Estriche benutzt worden (unter vorrangiger Verwendung von Mineralfaserplatten), hat sich aber auch in anderen Bereichen der Bautechnik, der Industrie und im Gleisbau bewährt. Zur Anwendung kommen Elastomere wie z. B. Isopren-, Chloropren- und Butyl-Kautschuk, Polyurethan (PUR), Polyethylen etc. mit mehr oder weniger ausgeprägter Zellstruktur (Schäume). Diese Werkstoffe gestatten, durch geeignete Rezeptur, Federsteifigkeit und Verlustfaktor (Dämpfung) nach Bedarf optimal zu kombinieren. Die physikalischen Kennwerte von Elastomeren hängen stark von der Temperatur ab. Ein typischer Einsatzbereich ist – 30 bis + 70 °C. Seriöse Anbieter von Elastomerprodukten halten heute ausführliche Datenblätter bereit, aus denen die verschiedenen Einflüsse auf die dynamische Steifigkeit und andere Kennlinien gegebener Produkte entnommen werden können (siehe auch Tab. 4–1). 12.2.2.3 Admittanz der Gebäudedecken Für grobe Abschätzungen kann damit gerechnet werden, dass im Frequenzbereich 100 bis 1000 Hz die Beträge der Admittanzen der unterschiedlichen Deckenkonstruktionen im Bereich 10 –5 bis 10 –6 s/kg liegen (Bild 12–9). Für vergleichbare Bereiche von Decken eines bestimmten Gebäudetyps können die Admittanzen ohne großen Fehler aus Messwertsammlungen übernommen werden, z. B. aus [14, 20]. Es ist damit zu rechnen, dass die Admittanzwerte am Deckenrand das 0,3- bis 0,5fache der Admittanz im Deckenmittelpunkt betragen. Aus diesem Grund sollte die körperschallisolierte Aufstellung von Maschinen möglichst am Deckenrand erfolgen. Falls es sich um spezielle Deckenkonstruktionen handelt und die Messung der Admittanz unmittelbar am vorgesehenen Maschinenaufstellort
Bild 12–9. Admittanz von homogenen Stahlbetondecken in Deckenmitte in Abhängigkeit von der Dicke d nach Gl. (4.12). c L ≈ 3500 m /s, = 2,4 · 10 3 kg/m3
12. Körperschallisolierung
367
durchgeführt werden kann, ist die Admittanz im betreffenden Deckenbereich zu ermitteln (Bestimmung des arithmetischen Mittelwertes der an den vier Eckpunkten der Maschinengrundfläche gemessenen Admittanzspektren). Um die Admittanz von Gebäudedecken und -wänden zu bestimmen werden die Bauteile durch einen Körperschallerreger zu stationären Schwingungen angeregt. Die Effektivwerte der Erregerkraft und der Schwinggeschwindigkeit auf den Bauwerksteilen werden gemessen. Das Verhältnis der Effektivwerte von Schwinggeschwindigkeit und Kraft ist der Betrag der Admittanz des Bauwerksteils. Einzelheiten zur Messkette und zur Durchführung von Messungen sind in [21, 22] dargestellt. Bild 12 –10 zeigt als Messbeispiel den mit sinusförmiger Erregung gemessenen Frequenzgang des Betrages der Admittanz hD einer Gebäudedecke (Kassetten-Decke, Abmessungen 6 m · 6 m). Die erste Eigenfrequenz der Decke liegt bei 23 Hz. Der mittlere Admittanzverlauf bei höheren Frequenzen ( f > 200 Hz) lässt sich mit der Dicke des Deckenspiegels aus der Formel für unendliche Platten Gl. (4 –12) näherungsweise berechnen. Allgemein gilt für kassettierte Decken, dass die Admittanz nach Gl. (4 –12) berechnet werden kann, wenn als Dicke der Decke eine Ersatzdicke dE verwendet wird. Diese Ersatzdicke erhält man aus der Bedingung, dass das Flächenträgheitsmoment der Deckenplatten gleich dem Trägheitsmoment einer entsprechenden Rechteckfläche mit der Höhe dE sein soll. Ist bei höheren Frequenzen der freie Abstand zwischen den Rippen größer als die halbe Biegewellenlänge auf dem Deckenspiegel, so ist die Eingangsadmittanz für die Deckenpunkte zwischen den Rippen allein aus der Dicke des Deckenspiegels nach Gl. (4 –12) näherungsweise zu berechnen [14]. 12.2.3 Wirkung eines Zwischenfundamentes Die Bereiche, in denen die Admittanzen der Maschine, der Schwingungsisolatoren und der Gebäudedecken erfahrungsgemäß liegen, sind im Bild 12 –11 gegenübergestellt. An diesem Beispiel zeigt sich, dass für sehr harte Schwingungsisolatoren die für eine wirksame Körperschallisolierung wichtige Forderung hI +hM (s. Abschn. 12.2.1) nicht mehr erfüllt werden kann. Dieselben Schwierigkeiten liegen vor, wenn infolge
Bild 12–10. Schmalbandig gemessene Admittanz einer Gebäudedecke, Vergleich mit dem berechneten Wert h P nach Gl. (4 –12)
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Bild 12 –11. Admittanzbereiche von Maschinen mit einer Masse von 25 bis 100 kg (hM ), Gebäudedecken (hD ), Zwischenfundamenten (hZF ) und ausgewählten Gummi-Schwingungsisolatoren (hI ) der Schwingungsdämpfer GmbH Dresden, s. Bild 11–18
von Eigenfrequenzen der Maschinenstruktur Admittanzmaxima der Maschine gemäß Bild 12–6 auftreten. Durch Anordnung eines steifen Zwischenfundamentes (z. B. Stahlbetonplatte) unter der Maschine können die Admittanzverhältnisse wesentlich verändert werden. Die Masse des Zwischenfundamentes ist im Ersatzschaltbild zur Maschinenadmittanz parallel geschaltet (s. Bild 12– 4 c). Die Gesamtadmittanz des Systems Maschine – Zwischenfundament erhält man aus der Beziehung h ges =
hM · hZF . hM + hZF
(19)
Damit die schwingende Masse deutlich vergrößert, d. h. die Gesamtadmittanz des Systems Maschine-Zwischenfundament reduziert wird, muss gelten
| hZF | | | hM| .
(20)
Daraus folgt, dass hges durch hZF bestimmt wird. Bild 12–12 zeigt ein Messbeispiel für den Frequenzgang der Admittanz eines Kompressors mit einem Zwischenfundament von 0,6 m · 0,3 m · 0,3 m. Das zusätzliche Fundament mit einer Masse von 120 kg bestimmt ab 100 Hz die Admittanz hges des Gesamtsystems. Zum Vergleich ist auch die bei höheren Frequenzen ansteigende Admittanz des Kompressors eingezeichnet. In die Grundgleichung der Körperschallisolierung nach Gl. (7) kann also anstelle der Maschinenadmittanz hM die Admittanz hZF des Zwischenfundamentes eingesetzt werden. Wegen des Abfalls der Admittanz hZF mit der Frequenz (s. Bild 12–11), der sich
12. Körperschallisolierung
369
Bild 12 –12. Wirkung eines Zwischenfundamentes nach Bild 12–2 b). Admittanzfrequenzgänge: –– Kompressor (Messung), – · – · – · – Zwischenfundament [Rechnung nach Gl. (4.10)], – – – – Kompressor auf Zwischenfundament (Messung)
für steife Zwischenfundamente mit Massecharakter ergibt, lässt sich die Bedingung nach Beziehung (10) leichter erfüllen und die Körperschallisolierung verbessern. Damit Zwischenfundamente als steif bezeichnet werden können, dürfen sie im Frequenzbereich bis 1000 Hz keine Eigenfrequenz besitzen. Wenn die Länge L der Betonplatte – bedingt durch die Grundrißabmessung der Maschine – vorgegeben ist und die erste Biegeeigenfrequenz f1 des Zwischenfundamentes bei 1000 Hz liegen soll, muss die Höhe der Platte gemäß Bild 12–13, Kurve 1, gewählt werden. In der Praxis ist es oft notwendig, bei Anwendung eines Zwischenfundamentes einen Kompromiss zwischen optimaler Körperschallisolierung und maximaler Deckenbelastung bzw. maximaler Bauhöhe einzugehen. Als Näherungswert ist deshalb zu empfehlen, dass das Verhältnis von Plattenhöhe H zu Plattenlänge L größer oder gleich 0,2 sein soll (s. Bild 12–13, Kurve 2): H ⭌ 0,2. L
(21)
Bild 12 –13. Abhängigkeit der Höhe H von der vorgegebenen Länge L bei Blockfundamenten aus Stahlbeton. –– H = f (L) für f1 = 1000 Hz, – – – – H = 0,2 L
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In manchen Fällen sind lange Fundamente erforderlich, ohne dass die Bedingung von Gl. (21) erfüllt werden kann. Es ist dann zu klären, wo die erste Biegeeigenfrequenz bzw., wenn es sich um eine gestreckte Platte handelt, die Torsionseigenfrequenz liegt. Im Bild 12–13 gilt Kurve 1 für punktförmige Anregung im Mittelpunkt der Fundamentoberfläche. Reale Maschinen sind an mehreren Punkten bzw. flächenhaft an die Zwischenfundamente angekoppelt. Damit wird die erste Eigenfrequenz nicht so stark angeregt, so dass nach Gl. (21) dimensionierte Fundamente praktischen Anforderungen i. allg. genügen. Ein Messbeispiel dafür zeigt Bild 12–14. Hier sind die Ergebnisse, die mit einem und mit zwei gleichphasig wirkenden Schwingungserregern gemessen wurden, gegenübergestellt.
Bild 12–14. Admittanz eines Betonfundamentes (1,6 m · 0,32 m · 0,3 m) bei Anregung a) mit einem Schwingungserreger in der Mitte der Oberfläche (f 1 = 380 Hz) und b) mit zwei Schwingungserregern bei 1/4 L und 3/4 L (L Fundamentlänge). –– Schmalband-Messung, – – – – Oktavmessung, – · – · – · – · Berechnung aus Fundamentadmittanz nach Gl. (4–10)
Eine weitere Verminderung der Körperschallübertragung ist durch die zweistufige Körperschallisolierung zu erreichen (s. Bild 12–2 c). Dabei werden zusätzlich auch zwischen Maschine und Fundamentplatte Schwingungsisolatoren angeordnet. Mit der zweistufigen Isolierung können prinzipiell die Nachteile eines Isolatortyps (z. B. Kontinuumseigenfrequenzen bei Stahlfedern) durch entsprechende Auswahl des zweiten Isolatortyps (z. B. Gummifedern oder -platten) kompensiert werden [16]. Es ist jedoch darauf zu achten, dass bei der Eigenfrequenz der Masse der Fundamentplatte auf der unteren Feder die Körperschalldämmung nicht vermindert wird. Beispiel: Zweistufige Körperschallisolierung eines Radialventilators. Maschinenmasse: mM = 330 kg; Drehzahl: ne = 710 min–1 (Erregerfrequenz fe = 11,8 Hz); Schwingungsisolatoren unter der Maschine: acht Stahlfederisolatoren c1 ges = 1,636 kN/cm; Fundamentplatte: mF = 1100 kg, 1,4 m · 1,0 m · 0,3 m; Schwingungsisolatoren unter der Fundamentplatte: vier Schwingkörperplatten auf Gummibasis 0,3 m · 0,3 m, c2 ges = 1,7 · 10 3 kN/cm.
12. Körperschallisolierung
371
c2 ges wird so festgelegt, dass die Eigenfrequenz der Fundamentplatte auf den Gummiplatten in der Mitte zwischen dem Doppelten der Erregerfrequenz (2 fe = 23,6 Hz) und 100 Hz bei etwa 62 Hz liegt. Durch Verwendung der Stahlfedern wird erreicht, dass sich die Bedingung für die Schwingungsisolierung f0 < 1/3 fe (s. Abschn. 11.3.5.1) erfüllen lässt: f0 =
1 2π
冑
8 c1 ges mM
≈ 3,5 Hz .
Ab 230 Hz, wo die erste Kontinuumseigenfrequenz der Stahlfedern liegt, wäre mit einer Verminderung der Isolierwirkung zu rechnen, die aber durch den zusätzlichen Einsatz der Fundamentplatte und der Gummiplatte ausgeglichen wird.
12.2.4 Körperschalldämmung in Rohrleitungen Bei einer Reihe von haustechnischen Anlagen (z. B. Pumpen) sind Maschinen an Rohrleitungen angeschlossen, die an Decken und Wänden sowie in Wanddurchführungen mit dem Gebäude verbunden sein können. Die Körperschallübertragung auf das Gebäude erfolgt in diesem Fall nicht nur über den Grundrahmen und die Aufstellelemente, sondern zusätzlich über die Rohrleitungen und über das Fördermedium [23, 24] (s. Bild 12–1). Es wurde sogar nachgewiesen, dass bei Pumpen in vielen Fällen die Rohrleitungen der dominierende Übertragungsweg sind [25]. Die Wirkung der Körperschallisolierung lässt sich bei Pumpen und ähnlichen Maschinen nicht allein durch Gl. (7) beschreiben. Alle aus Gl. (7) gezogenen Schlussfolgerungen sind bei der Maschinenlagerung unverändert zu beachten. Zusätzlich sind jedoch die Anschlüsse der Maschinen an die Rohrleitungen durch Verwendung von Rohrleitungskompensatoren (elastische Rohrverbindungen) nachgiebig auszuführen. Durch diese sprunghafte Admittanzänderung soll die Körperschallausbreitung über die Rohrleitung vermindert werden. Eine Verspannung der Rohrleitung und die zusätzliche Belastung der Isolatoren sowie die Belastung der Rohrleitung durch die Maschine sind zu vermeiden [26]. Die elastischen Rohrleitungskompensatoren sollen sowohl in axialer als auch in radialer Richtung dehnbar sein, damit sie zugleich die Ausbreitung des Körperschalls (in der Rohrleitung) und des Wasserschalls (Pulsation des Wassers) vermindern. Je nach Einsatzort sind bestimmte Bedingungen hinsichtlich hygienischer Unbedenklichkeit, Druck, Temperatur und Lebensdauer zu beachten [25]. Hinter körperschalldämmenden Rohrleitungskompensatoren wird in jedem Fall erneut Wasserschall erzeugt, die Ursachen dafür sind Wirbelablösung und Vorstufen der Kavitation, insbesondere bei Querschnittssprüngen und Armaturen. Der entstehende Wasserschall führt zur Körperschallanregung der Rohrleitungen, so dass auch hinter Kompensatoren die Rohre akustisch günstig zu verlegen sind. Insbesondere ist auf folgendes zu achten [25, 27]: – In Rohrdurchführungen durch Decken und Wände darf keine direkte Verbindung mit dem Gebäude entstehen. Die Öffnungen sind mit elastischem Material auszustopfen bzw. mit dauerplastischem Fugenkitt zu verschließen. – Die Befestigung von Rohrleitungen an Decken und Wänden muss mit körperschalldämmenden Schellen oder elastisch aufgehängten Sammelschienen erfolgen. – Sammelrohrleitungen (z. B. Wasservor- und -rücklauf bei Heizungsanlagen) sollten nicht an den Begrenzungsflächen von Aufenthaltsräumen befestigt werden. Weitere Möglichkeiten zur Verminderung der Körperschallübertragung über die Rohre bzw. über das Fördermedium sind das Anbringen von Sperrmassen auf der
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Rohrleitung [28] bzw. das Anwenden von Wasserschalldämpfern. Die akustische Wirksamkeit dieser Elemente ist geringer als bei Rohrleitungskompensatoren, da die Körperschallübertragung jeweils nur auf einem Weg (Rohrwandung bzw. Flüssigkeit) vermindert wird. 12.2.5 Körperschallisolierung von Aggregaten in Maschinenstrukturen Die Körperschallanregung durch kleine Maschinen und Aggregate innerhalb von Maschinen kann insbesondere in zwei Situationen zur Schallentstehung beitragen: – Die Lärmquelle befindet sich in einem Gehäuse. Die Verkleidung der Maschinenstruktur wirkt dabei als Kapsel und vermindert die Luftschallabstrahlung der Quelle. Gleichzeitig kommt es zur Körperschallanregung und -abstrahlung über die Verkleidungsbleche (rechts in Bild 12–15 ). – Die Lärmquelle und eine Kabine für die Bedienperson befinden sich gemeinsam auf einer Stahlkonstruktion. Die Kabine besitzt ausreichende Luftschalldämmung. Über den Rahmen kommt es jedoch zur Körperschallübertragung und -abstrahlung in die Kabine (links in Bild 12–15 ). Typische Lärmquellen für diese Fälle sind Kompressoren, Hermetikverdichter, Getriebe, Elektromotoren, Verbrennungsmotoren, Pumpen, Hydraulikpumpen und hydraulische Elemente, Magnete, Schütze, Gebläse und Ventilatoren. Typische Maschinenstrukturen und Stützkonstruktionen, die infolge Körperschallanregung Lärm abstrahlen, sind u. a. Blechgehäuse, Tragkonstruktionen, Profilstahlrahmen, Schaltschränke, DV-Anlagen, Kraftfahrzeuge, Schienenfahrzeuge, Schiffe und selbstfahrende Arbeitsmittel wie Land- und Baumaschinen. Bei der Körperschallisolierung in Maschinen werden die gleichen akustischen Prinzipien angewendet wie im Abschn. 12.2.2 dargestellt. Mehr noch als in Bauwerken ist auf genügend große Nachgiebigkeit der elastischen Elemente zu achten, da in Maschinen die Strukturen an den beiden Begrenzungsflächen der Isolatoren weniger steif sind als in Gebäuden. D.h. die genaue Kenntnis der Admittanzen von Quell-
Bild 12 –15. Zum Einbau von Aggregaten in Maschinenstrukturen. Gekapselter Körperschallerreger (rechts) und Kabine (links) auf einem gemeinsamen Rahmen. ––왘 Luftschallabstrahlung; - - -왘 Körperschallleitung
12. Körperschallisolierung
373
aggregat und Struktur am Anregungsort ist für die optimale Auslegung eines Schwingungsisolators und möglicher Zusatzelemente von entscheidender Bedeutung. Erweist sich die messtechnische Ermittlung als nicht praktikabel, so können die Admittanzen einfacher Strukturen auch rechnerisch bestimmt werden (siehe Gln. (42) und (43) in Kap. 4). Das klassische Messverfahren zur Ermittlung einer Punktadmittanz beruht auf der mechanischen Kraftanregung der Struktur mit Hilfe eines elektro-dynamischen Schwingungserreger und der gleichzeitigen Messung von eingeleiteter Kraft und angeregter Schnelle. Für Untersuchungen an z. T. schwer zugänglichen Maschinenteilen hat sich ein flexibleres Verfahren besser bewährt, das anstelle der stationnären Anregung eine Impulsanregung mit dem sog. Impulshammer benutzt. Ein moderner, zweikanaliger FFT-Analysator (siehe Kap. 3) gestattet sowohl Einzelspektren und Phasengänge als auch die resultierende Admittanz in Echtzeit zu bestimmen. Neben der akustischen Bemessung ist bei der Körperschallisolierung in Maschinen besonders auf die konstruktive Gestaltung Wert zu legen. Typische Anforderungen an den Konstrukteur sind – – – –
sichere Festlegung der Position eines Aggregates in einer Maschine, Vermeidung von Anschlägen (progressive Feder-Kennlinie), Anwendung unterschiedlicher Steifigkeiten für verschiedene Richtungen, Verwendung elastischer Achslager.
Erprobte bzw. experimentell optimierte Lösungen spielen auf diesem Gebiet noch eine dominierende Rolle. Für die künftige Verbesserung der Hilfsmittel und Verfahren zur Körperschallisolierung von Aggregaten in Maschinenstrukturen sind gegenwärtig folgende Trends feststellbar: – Übergang von der Betrachtung einer Schwingungsrichtung in Gebäuden zu mehreren Freiheitsgraden; – Kennzeichnung der Körperschallemission von Aggregaten und kleinen Maschinen, die für den Einbau in Maschinenstrukturen vorgesehen sind, durch unterschiedliche Messgrößen und -verfahren [29 – 31]; – mathematische Beschreibung und messtechnische Bestimmung der Schwingungseigenschaften von Stützkonstruktionen in Maschinenstrukturen, besonders im Bereich des Schiffbaues [32]; – Berechnung und Messung des von einer Maschinenstruktur abgestrahlten Schallleistungspegels L WM aus dem Pegel L F der äquivalenten Erregerkraft eines Aggregates und dem kraftbezogenen Schallleistungspegel L WFM [33 – 35] der Maschinenstruktur: L WM = L WFM + L F .
(22)
Für Kühlgeräte [36] und Zahnradgetriebe [37] liegen Mess- und Rechenergebnisse vor, die die Gl. (22) prinzipiell bestätigen. 12.2.6 Regeln für die qualitativ optimierte Körperschallisolierung Die Erfüllung der Forderung von Beziehung (10) wird als qualitative Optimierung der Körperschallisolierung bezeichnet. Nachfolgend werden die dazu erforderlichen Schritte erläutert. Voraussetzung für eine optimale Körperschallisolierung einer Maschine ist ihre ordnungsgemäße Schwingungsisolierung nach Abschn.
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11.3.5 und 11.4. Es ist jedoch zu entscheiden, ob das Resonanzverfahren mit der Forderung gemäß Gl. (11–21) ausreicht oder zusätzlich das Amplitudenverfahren heranzuziehen ist. In vielen praktischen Fällen der körperschallisolierten Aufstellung von Maschinen (z. B. Klimageräte, Druckerhöhungsanlagen, Schaltschränke) sind die tieffrequenten Erregerkräfte gering, so dass auf die Berechnung der Kraftund Wegamplituden verzichtet werden kann. Für das Resonanzverfahren sind analog zum Abschn. 11.4.2.1 zunächst folgende Schritte erforderlich: 1. Die Ausgangsgrößen (Abmessungen, Masse mM der Maschine, Schwerpunktslage, Drehzahl n) sind zusammenzustellen. 2. Die Festlegung der Gesamtfederkonstanten cges muss so erfolgen, dass gemäß Gl. (11–21) die Eigenfrequenz f0 des Systems Maschine-Schwingungsisolatoren in ausreichendem Abstand zu der niedrigsten Erregerfrequenz fe liegt. Dabei ist zu be2 f0 erreicht achten, dass eine Dämmwirkung überhaupt erst bei Frequenzen über √3 wird (siehe Bild 11–9). Eine sinnvolle Zielsetzung ist oft eine Eigenfrequenz, die kleiner als ein Drittel der Erregerfrequenz fe ist: f0 =
1 2π
冑
7 cges 1 1 n < fe = 3 5 . mges 3 3 60
(23)
Dabei kann man sich zunächst auf die Hubeigenfrequenz beschränken. Dann ist allerdings zu prüfen, ob die Eigenfrequenzen der 5 verbleibenden Freiheitsgrade wesentlich von dieser Frequenz abweichen. Gegebenenfalls ist der Dimensionierung der Isolatoren die höchste Eigenfrequenz zu Grunde zu legen. Bei Gummifedern ist der Unterschied zwischen statischer und dynamischer Federkonstante zu beachten, s. Abschn. 11.3.5.4.
3.
4. 5. 6. 7. 8. 9.
Außerdem sind für eine optimale Körperschallisolierung gemäß Beziehung (10) folgende weitere Schritte zu prüfen: Wenn für den Betrag der Maschinenadmittanz hM keine Messwerte vorliegen, dann ist eine grobe Abschätzung von hM nach folgender Methode grafisch möglich: Im doppeltlogarithmischen Koordinatensystem wird für 100 Hz der Wert 1/(2 π · 100 mM ) eingetragen. Von diesem Punkt ausgehend, wird eine mit 20 dB/Frequenzdekade ansteigende Gerade gezeichnet, die den Federcharakter der Maschinenadmittanz für f > 100 Hz annähert. Der Betrag der Admittanz des Aufstellortes hS ist aus Messung, Katalog bzw. Rechnung gemäß Abschn. 12.2.2.3 festzustellen. Beim Betrag der Isolatoradmittanz aus hI = 2 π f · 1/cges ist zu kontrollieren, ob die Bedingung nach Gl. (8) erfüllt ist. Ist die Admittanz hS des Aufstellortes zu groß, ist nach Möglichkeit ein steiferer Ort zu wählen (bei Gebäudedecken: auf Unterzug oder am Deckenrand). Ist die Maschinenadmittanz hM zu groß, dann ist unter der Maschine ein Zwischenfundament vorzusehen, dessen Höhe H gemäß Gl. (21) zu wählen ist. Unter Berücksichtigung der Gesamtmasse von Maschine und Zwischenfundament ist die erforderliche Federkonstante cges gemäß Schritt 2 neu zu bestimmen. Die Überprüfung der Punkte 3, 4 und 5 ist zu wiederholen. Zur Realisierung der Federkonstanten cges sind geeignete Schwingungsisolatoren zu verwenden. Speziell bei Metallfedern ist sicherzustellen, dass die erste Einbruchsfrequenz gemäß Gl. (14c) außerhalb des interessierenden Frequenzbereichs liegt.
375
12. Körperschallisolierung
12.2.7 Schritte zur quantitativen Optimierung der Körperschallisolierung in Gebäuden Die Realisierung der Bedingung nach Gl. (10) wird trotz des zahlenmäßigen Vergleichs der Admittanzen als qualitative Optimierung der Körperschallisolierung bezeichnet. Für die rechnerische Abschätzung der Notwendigkeit der Körperschallisolierung sowie für den Nachweis der ausreichenden Wirksamkeit müssen die Körperschallanregung am Aufstellort der Maschinen, die Körperschallausbreitung in Gebäuden und die Luftschallabstrahlung von Decken und Wänden berechnet werden. Durch Vergleich des für einen Raum berechneten Schalldruckpegels mit den Richtbzw. Grenzwerten ist es möglich, die Körperschallisolierung schrittweise quantitativ zu optimieren. An der Aufbereitung dieses Konzeptes für die Planungspraxis wird in mehreren Ländern gearbeitet. Voraussetzung für die Berechnung der Körperschallanregung am Aufstellort (z. B. für das Spektrum der Schwinggeschwindigkeit auf einer Gebäudedecke) ist die Kenntnis der von der Maschine gelieferten Erregerkraft. Es sind verschiedene Verfahren für die Kennzeichnung der Körperschallemission vorgeschlagen worden [38 – 41]. Das Messverfahren nach [42] gilt für die Ermittlung der Körperschallemission von Maschinen mit Grundrissabmessungen bis zu 1,5 m, die vorrangig in Wohn-, Kultur- und Bürobauten aufgestellt werden. Als Kenngröße für die Körperschallemission ist dabei das Oktavspektrum des Effektivwertes der ver˜F zu bestimmen. Aus der Kraft F˜F kann die Schwingtikalen Fundament-Erregerkraft F ˜ D am Aufstellort der Maschine berechnet werden. geschwindigkeit υ Des weiteren muss die Körperschallübertragung im Gebäude vom Anregungsort bis zum schutzbedürftigen Raum in der Planungsphase bekannt sein. Rechenverfahren hierzu s. [43]. Recht gut auf die Planungspraxis zugeschnitten ist die Angabe der zulässigen frequenzabhängigen Krafteinspeisung einer Körperschallquelle bei einem vorgegebenen Schalldruckpegel von z. B. 30 dB(A) im schutzbedürftigen Raum in Abhän-
Bild 12 –16. Maximal zulässige Anregungskraft einer Maschine für L = 30 dB(A) in schutzbedürftigen Räumen I bis IV im dominierenden Oktavfrequenzband des Kraftspektrums (BetonPlattenbauten, Plattendicke 150 mm) nach [46]
376
R. Melzig-Thiel, überarbeitet von M. Bockhoff
gigkeit von seiner Lage im Gebäude, Bild 12–16. Solche Zusammenhänge sind aus Bauteil- und Raumparametern mit Hilfe der Statischen Energieanalyse (SEA) berechenbar [44, 45]. Von B. Marx wurde auf dieser Basis ein für Planungsbüros bestimmtes Rechenverfahren entwickelt [46]. Die beispielhaft gemessenen frequenzabhängigen Anregungskräfte von Maschinen und Geräten in haustechnischen Anlagen liegen nach [40, 42] in der Größenordnung 1 bis 30 N und damit im Bereich der nach [46] berechneten Maximalwerte. Die Nützlichkeit einer objektiven Entscheidungshilfe bezüglich einer körperschallisolierten Maschinenaufstellung wird dadurch bestätigt.
12.3 Praktische Beispiele für die Körperschallisolierung von Maschinen 12.3.1 Aufzugsmaschinen und dazugehörige Schalteinrichtungen Der Schallschutz bei Aufzugsanlagen war ursprünglich in vielen Fällen ein typisches Beispiel dafür, dass die Maßnahmen des Luftschallschutzes überbetont und die Maßnahmen zur Körperschallisolierung zuwenig beachtet wurden. Der schwimmende Estrich, die absorbierende Auskleidung und die biegeweiche Vorsatzschale des Maschinenraumes sowie die zusätzliche Schallabsorption an der Schachtdecke konnten in vielen Fällen die Lärmbelästigung durch das Maschinengeräusch in den angrenzenden Wohnungen nicht verhindern. Ursache dafür war die unsachgemäße Lagerung der Aufzugsmaschinen auf der Schachtdecke. In [47] werden Hinweise zur Körperschallisolierung von Aufzugsmaschinen und ihren Schaltgeräten gegeben. Über die Notwendigkeit zusätzlicher Maßnahmen zur Luftschalldämmung ist nach [47] nur dann zu entscheiden, wenn Aufenthaltsräume unmittelbar an den Maschinenraum grenzen oder die bewertete Normschallpegeldifferenz zwischen Triebwerks- und Aufenthaltsraum einen bestimmten Wert unterschreitet. Die Anordnung der Schwingungsisolatoren unter dem Aufzugsmaschinenfundament muss so erfolgen, dass diese gleichmäßig belastet werden und möglichst weit vom Angriffspunkt der statischen Gesamtlast (Maschine, Fundament, Fördergerät, Nutzlast) entfernt sind. Dazu sind folgende Bedingungen für die Punkte, an denen Isolatoren untergesetzt werden, zu erfüllen (s. Bild 12–17 a): N
Σ xi = 0 i =1
(24 a)
N
Σ yi = 0 . i =1
(24 b)
Das folgt aus Fi =
FG = konst. ; N
N Anzahl der Isolatoren, statische Belastung jedes einzelnen Isolators, Fi x i , yi vorzeichenbehaftete Abstände der Isolatoren vom Angriffspunkt der statischen Gesamtlast (Schwerpunkt), statische Gesamtlast. FG
12. Körperschallisolierung
377
Bild 12 –17. Anordnung der Schwingungsisolatoren bei Fundamenten für Aufzugmaschinen. a) allgemein; b) sechs Schwingungsdämpfer 180 B/M 24-648 der Schwingungsdämpfer GmbH Dresden für die Aufzüge P 051/ P 053
Der Typ und die Anzahl N der Schwingungsisolatoren sind so zu wählen, dass die in [46] geforderte Eigenfrequenz f0 der vertikalen Schwingungen f0 < 0,7 fE ( fE Drehfrequenz des Motors) realisiert wird, wobei aber f0 nicht kleiner als 8 kHz sein soll und der einzelne Isolator gemäß den bautechnischen Grundsätzen für Aufzugsanlagen auch im Gefahrenfall nicht überlastet wird. Bild 12 –17 b zeigt eine Mustervariante der Isolatoranordnung für die Personenaufzüge P 051/ P 053. Um die vorgeschriebene Hubeigenfrequenz des Maschinenfundamentes zu erreichen, sind grundsätzlich einzelne Schwingungsisolatoren (keine Gummiplatten) zu verwenden. Vorzugsweise werden Gummifedern eingesetzt, weil deren Kontinuumseigenfrequenzen höher liegen als bei Stahlfedern (s. Abschn. 12.2.2.2). Außerdem empfehlen einige Hersteller von Aufzugsmaschinen die Verwendung von Gummifedern, weil wegen der höheren Materialdämpfung das Fundament beim Anfahren und Bremsen geringere Nickbewegungen ausführt als beim Einsatz von Stahlfedern. Diese Nickbewegungen können bei bestimmten Maschinentypen zu axialen Verschiebungen der Motorachse und damit zum vorzeitigen Verschleiß der Motorlager führen. In den Fällen, in denen nach Angaben des Herstellers die Anwendung von Stahlfederisolatoren zulässig ist, sind zur Verbesserung der Körperschalldämmung im Bereich der Kontinuumseigenfrequenzen der Stahlfedern unter den Isolatoren zusätzlich elastische Zwischenlagen anzuordnen. Eine Befestigung der Schwingungsisolatoren an Fundamenten von Personen- und Lastenaufzügen ist nicht erforderlich. Infolge der statischen Belastung sind eine Entlastung der Isolatoren und ein „Wandern“ des Fundamentes nicht möglich. Bei ordnungsgemäß körperschallisolierten Aufzugsmaschinen kann – abhängig vom Typ der Schalteinrichtungen – beim Anfahren und Bremsen das impulsförmige
378
R. Melzig-Thiel, überarbeitet von M. Bockhoff
Geräusch der Schaltschütze dominieren. Deshalb sind die unelastische Aufstellung der Schaltschränke, ihre Verankerung an der Wand und die direkte Befestigung kleinerer Schaltgeräte an der Wand zu vermeiden. In [46] wird die weiche Aufstellung der Schaltschränke gefordert. Zu beachten ist dabei, dass die Kippsicherheit gewährleistet sein muss. Sollten zusätzliche Kippsicherungen notwendig sein, müssen diese entweder ebenfalls aus Körperschallisolatoren bestehen oder dürfen mit dem Schrank keine Berührung haben (z. B. Fangbügel in 2 bis 3 cm Abstand vom Schrank). 12.3.2 Pumpen Die innerhalb haustechnischer Anlagen eingesetzten Pumpen (Druckerhöhungsanlagen, Heizungsumwälzpumpen) können eine erhebliche Lärmbelästigung in den angrenzenden Räumen erzeugen, wenn die Grundregeln der Körperschallisolierung nicht beachtet werden. Im Bild 12–18 ist am Beispiel einer Heizungsumwälzpumpe dargestellt, welche Maßnahmen dazu erforderlich sind: – Montage des Pumpenaggregates auf einem Stahlbeton-Fundament, das körperschallisoliert auf dem Fußboden des Maschinenraumes gelagert wird. Für die Eigenfrequenz f0 der Hubschwingung soll gelten f0
l/2
l r2 1 L = L w – 20 lg – + 10 lg –2 – – + 8 dB l 4 l0
Flächenquelle senkrecht zur quadratisch Flächenebene in der Flächenebene für r > l/√ π
[
(
[ [ [ [
) ]
]
( ) ] { ( )} ] { ( )} ]
l l2 L = L w – 20 lg – – 10 lg ln 1+ –2 πr l0
l l2 L = L w – 20 lg – – 10 lg – ln 1– –2 πr l0
+ 3 dB
+ 3 dB
Bild 13–3. Zur Schallausbreitung von inkohärenten a) Linien- und b) Flächenquellen
Bild 13– 4. Entfernungsabhängigkeit des Schalldruckpegels im Freifeld um inkohärente Linienund Flächenquelle. L′ (r) = L (r) – L W + 20 lg (l/ l 0 ) dB, a Linienquelle, Richtung 1, b Linienquelle, Richtung 2, c Flächenquelle, Richtung 1, d Flächenquelle, Richtung 2, e Punktquelle
13.2.3 Verluste und Störungen im Ausbreitungsweg Über größere Entfernungen, in denen der Ausbreitungsweg sehr viele Wellenlängen beträgt, macht sich die Luftabsorption bemerkbar. Es handelt sich dabei hauptsächlich um molekulare Relaxationsvorgänge, die temperatur- und feuchteabhängig sind. Sie sind sehr genau untersucht worden, um Nachhallvorgänge in Räumen zu beschreiben. Bei Frequenzen unterhalb von 1000 Hz spielt der Stickstoff in der Luft die größte
13. Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen
387
Rolle, darüber der Sauerstoff, und erst im Ultraschallbereich kommen die klassischen Zähigkeits- und Wärmeleitungsverluste zum Tragen [8]. Im Freien unterliegt die Atmosphäre lokal sowie tages- und jahreszeitlich starken Schwankungen. Eine genaue Kenntnis der Luftabsorption ist weder möglich noch angesichts anderer überwiegender Effekte der Atmosphäre erforderlich. Gerechnet wird einheitlich mit einem abstandsproportionalen Luftabsorptionsmaß [4].
[
DL = 0,02 + 0,36
( ) ] 100r m dB .
f f + 0,036 kHz kHz
2
(4)
Dabei bezeichnet f die Oktavbandmittenfrequenz. Die Formel gilt etwa für eine Temperatur von 10 °C und eine relative Luftfeuchte von 70 %. Zu den wichtigeren Effekten der Atmosphäre zählen die Brechung des Schalles durch vertikale Wind- und Temperaturgradienten [9], S. 200 f. Zur Erhöhung der Planungssicherheit bzw. des Nachbarschaftschutzes wird stets die Mitwind- oder Inversionswetterlage betrachtet, bei der keine Zusatzdämpfungen auftreten. Turbulenzeffekte sind von untergeordneter Bedeutung. In Bodennähe tritt durch Interferenz und Absorption in der Regel eine Zusatzdämpfung auf, die als Boden- und Meteorologiedämpfungsmaß DBM in Regelwerken (z.B. [4]) überschlägig für typische Mitwindbedingungen berücksichtigt wird.
13.3 Schallausbreitung in geschlossenen Räumen 13.3.1 Einflüsse und Beschreibungsarten Im Gegensatz zum Freien ist in Räumen mit wenig zeitlichen Schwankungen der Ausbreitungsbedingungen, dafür aber mit zahlreichen Einflüssen durch Hindernisse im Ausbreitungsweg zu rechnen. An Körpern, deren Abmessungen klein im Vergleich zur Schallwellenlänge sind, treten Schallstreuungen und Schallabsorption auf. An größeren Körpern kommt es – je nach der Gliederung der Oberfläche – zu Reflexionen und zur Schallbeugung um die Kante. An glatten Flächen herrscht die spiegelnde Reflexion vor, an rauen die diffuse. Im Prinzip sollte eine Lösung der Wellengleichung für ruhendes Medium unter Berücksichtigung der Randbedingungen an den Oberflächen aller Einrichtungsgegenstände und der Wände die Beschreibung des Schallfeldes um eine Quelle im Raum ermöglichen. Praktisch ist eine solche Berechnung nicht nur wegen des Aufwandes undurchführbar, sondern auch bedeutungslos, weil das Ergebnis für einen reinen Ton von geringsten Änderungen der Randbedingungen und der Quell- und Aufpunktkoordinaten abhängt. Unabhängig von solchen Änderungen und damit aussagekräftig sind nur Mittelwerte über Frequenzbänder, in denen wenigstens sechs Eigenfrequenzen des Raumes auftreten, und über Raumbereiche, deren Abmessung wenigstens ein Viertel der Wellenlänge in Frequenzbandmitte erreicht. Unter diesen Bedingungen kann auf die Betrachtung von Phasen verzichtet werden. Es werden nur Energiemittelwerte bestimmt. Je weniger Beiträge den Mittelwert der Schallenergiedichte über einen Raum- und Frequenzbereich liefern, desto stärkere Abweichungen vom Mittelwert sind im Einzelfall möglich (akustisch „kleine Räume“ [9], S. 255 f, [39]). Zwei unterschiedliche Betrachtungsweisen führen zu vereinfachenden Schallfelddarstellungen. Einerseits dient die strahlengeometrische Betrachtung zusammen mit
388
S. Gruhl und U. J. Kurze
der Annahme spiegelnder Reflexionen zur Auflösung des Gesamtschalls in Energiebeiträge vom Direktschall und von zahlreichen Spiegelschallquellen. Bei kurzzeitiger Geräuschemission treffen die Beiträge zeitlich nacheinander am Immissionsort ein. Das Ausschalten einer Dauerschallquelle führt entsprechend zu einem Nachhallvorgang. Die andere Betrachtung beruht auf der Annahme der Schallstreuung oder der diffusen Reflexion. Im stationären Zustand muss die von einer Schallquelle dem Feld zugeführte Schallleistung gleich der absorbierten Schallleistung sein [10], S. 150 f. Das Maß der Wirksamkeit verschiedener absorbierender Flächen im Raum richtet sich nach der jeder Streuung oder diffusen Reflexion folgenden Umverteilung des verbleibenden Schalls. Die zusammenfassende Bilanz der Schallleistung führt nur in geometrisch einfachen Fällen auf lösbare Integralgleichungen [11, 12]. Die Betrachtungen von Spiegel- und Diffusreflexionen lassen sich in verschiedener Weise verknüpfen. Es gibt Strahlverfolgungsverfahren, die beim Auftreffen eines Strahls auf eine Wandfläche mit Wahrscheinlichkeiten für die Unterschiede zwischen Einfalls- und Ausfallswinkeln arbeiten und zur Bestimmung eines sicheren Mittelwertes das Heranziehen vieler Zufallsergebnisse mit entsprechend hohem Rechenaufwand erfordern [13 – 15]. Einfacher sind Beschreibungen für typische Arbeitsräume, die hauptsächlich Spiegelreflexionen und daneben diffuse Reflexionen nur an relativ kleinen Einrichtungsgegenständen und an der Decke zugrunde legen [16, 17]. Am einfachsten sind geschlossene Lösungen, die auf einfachen Annahmen zur Wahrscheinlichkeit beruhen, mit der eine Wandfläche von Schall getroffen wird. Weil die stark vereinfachenden Annahmen in Arbeitsräumen nicht immer zutreffen, sind die Ergebnisse nicht allgemein gültig. Auch erlauben sie keine detaillierten Aussagen, vermitteln aber einen guten Überblick. In den folgenden Abschnitten werden nur die relativ einfachen Rechenmodelle beschrieben, die zur näherungsweisen Beschreibung von Schallfeldverteilungen in Arbeitsräumen, wie sie für typische Fälle im Bild 13–5 dargestellt sind, dienen.
Bild 13–5. Schematischer Verlauf des Schalldruckpegels (Schallausbreitungskurve) im Feld einer Punktschallquelle in schwach absorbierenden (α– = 0,1) Räumen gleichen Volumens (V = 27 000 m3 ) und schalltechnisch gleicher Einrichtung (αS = 0,05, lS = 10 m), aber unterschiedlicher Form. a etwa kubischer Raum (30 m · 30 m · 30 m), b Flachraum mit Streukörpern (73,5 m · 73,5 m · 5 m), c Flachraum ohne Streukörper, d Langraum mit Streukörpern (270 m · 10 m · 10 m), e Freifeld
389
13. Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen
13.3.2 Annähernd kubischer Raum Ein Raum, dessen Kantenlängen b, h und l sich nicht mehr als um den Faktor 3 unterscheiden [3], S. 97f, bietet geometrisch die Voraussetzung, dass die Wände vom Schall einer gleichmäßig in alle Richtungen abstrahlenden Quelle etwa gleich wahrscheinlich getroffen werden. Wird nur ein kleiner Teil des auftreffenden Schalls absorbiert und treten, z.B. in einem leeren Raum, keine wesentlichen Dämpfungen im Ausbreitungsweg des Schalles auf, so wirken die Reflexionen an den Wänden der räumlichen Divergenz der Schallenergie entgegen. In einigem Abstand von der Schallquelle stellt sich infolge einer Vielzahl von Wandreflexionen annähernd ortsunabhängig derselbe Schalldruckpegel L ein. Er nimmt mit dem Pegel LW der abgestrahlten Schallleistung zu und mit dem mittleren Absorptionsgrad α– aller Raumbegrenzungsflächen der Größe S sowie der Dämpfung m je Weglänge im Raumvolumen der Größe V ab: – S/4 + m V S α – + m 4 V dB ; L = LW – 10 lg dB = LW – 10 lg α (5) A0 4 A0 S
[ (
)]
A0 = 1 m2 . Der Faktor 1/4 resultiert rechnerisch aus den Annahmen, dass der Schalleinfall auf jede Teilfläche aus dem Halbraum davor und gleichmäßig aus allen Richtungen erfolgt. Der Quotient 4 V/S = l V stellt die mittlere freie Weglänge zwischen zwei Reflexionen eines Schallstrahles an den Wänden dar [10], S. 173. In leeren Räumen wird die Dämpfung m = mL durch die Luftabsorption längs der mittleren freien Weglänge l V bestimmt. Sie hängt mit dem Luftabsorptionsmaß DL zusammen über mL r = DL /4,3 dB, wobei r = l V zu setzen ist. Für Arbeitsräume ist in der Regel mit einer Temperatur von 20 °C und einer relativen Luftfeuchte von 60 % zu rechnen. Näherungsweise gilt dafür
[
DL = 0,4
( ) ] 100r m dB .
f f + 0,04 kHz kHz
2
(6)
Praktische Bedeutung besitzt die Luftabsorption nur bei geringer Absorption der Wände von großen Räumen bei höheren Frequenzen. Für eingerichtete Räume, in denen ein Schallstrahl im Mittel nach einem Laufweg lS auf ein Hindernis trifft und dort zu einem Anteil α–S absorbiert wird (s. Abschn. 13.3.5), kann Gl. (5) umgeschrieben werden zu L = LW – 10 lg
[ (
S – l – α + mL l V + V α lS S 4 A0
)]
dB ;
(7)
Räume mit Maschinen und anderen Einrichtungsgegenständen, die im Vergleich zu Wänden und Decken wenig absorbieren und deren Hüllfläche insgesamt nicht größer als die Raumbegrenzungsfläche S ist, können als leer angesehen werden. Der dritte Summand in Gl. (7) kann dann entfallen oder dem ersten zugeschlagen werden.
Der mittlere Absorptionsgrad α– wird meistens nach Sabine als arithmetischer Mittelwert über die Schallabsorptionsgrade α k von Teilflächen Sk gemäß –= α
Σ k α k Sk S
Σ
(8)
mit S = k Sk gebildet [18]. Diese Mittelwertbildung ist angemessen für die Fälle, in denen ein Schallstrahl mit einer Wahrscheinlichkeit Sk /S, die der relativen Teil-
390
S. Gruhl und U. J. Kurze
flächengröße entspricht, auf die k-te Teilfläche auffällt. Damit ist bei gleichmäßiger Verteilung der Absorption zu rechnen oder bei sehr geringer Absorption, die sehr viele Reflexionen wirksam werden lässt, und bei Schallstreuung an Einrichtungsgegenständen, die zu einer Diffusität des Schallfeldes führt. Millington und Sette haben vorgeschlagen, nicht den Absorptionsgrad α k , sondern den Absorptionsexponenten α k′ = – ln (1 – α k ) gemäß den Teilflächengrößen zu mitteln. Die aus der Umkehrung der Formel zu berechnenden mittleren Absorptionsgrade sind niemals größer als 1. Für kleine Werte α < 0,2 ist der Unterschied zwischen Absorptionsgrad und Absorptionsexponent vernachlässigbar (s. Bild 13– 6).
Messtechnisch wird in annähernd kubischen Räumen die äquivalente Absorptionsfläche nach Sabine A = α– S + 4 m V
(9)
oder nach Eyring A = – ln (1 – α– ) S + 4 m V
(10)
aus der Nachhallzeit T bestimmt [10], S. 170: A=
4 · 6 · ln (10) V V/m3 = 0,163 m2 . 340 m /s T T/s
(11)
Die Nachhallzeit wird als das Doppelte der Zeit bestimmt, in der der Schalldruckpegel nach Abschalten der Raumanregung von – 5 dB auf – 35 dB bezogen auf den Schalldruckpegel bei stationärer Anregung abfällt. Aus Messungen in nahezu leeren Räumen kann aus A nach Abzug der Luftabsorption der mittlere Schallabsorptionsgrad der Raumbegrenzungsflächen – meistens nach Sabine – bestimmt werden. Da der nach Sabine ermittelte Schallabsorptionsgrad in der Regel zu groß und der nach Eyring berechnete in der Regel zu klein ist, kann in bestimmten Fällen, in denen es auf eine möglichst genaue Ermittlung der für die Stärke von Spiegelquellen maßgebenden Reflexionsgrade (s. Abschn. 13.3.3 f ) ankommt, vorteilhaft der arithmetische Mittelwert [ α– – ln(1 – α– )]/2 herangezogen werden (s. Bild 13–6).
Die Auswertung der Nachhallzeit ist nur sinnvoll, wenn der Pegelabfall etwa linear mit der Zeit erfolgt. Bestimmungen von Schallabsorptionsgraden werden unzuverlässig, sobald die Ausbreitungsdämpfung im Volumen infolge von Streukörper- oder Luftabsorption mit der Wandabsorption vergleichbar wird. Für viele Arbeitsräume
Bild 13–6. Zusammenhang zwischen Reflexionsgrad und Absorptionsgrad α (––), Absorptionsexponent α ′ (………) sowie einem Mittelwert (1 – – ln )/2 ), der üblichen Ergebnissen α Sab ( von Hallraummessungen nahekommt
–
391
13. Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen
Tabelle 13–2. Typische mittlere Schallabsorptionsgrade von annähernd kubischen Räumen ohne schallabsorbierende Ausstattung im Frequenzbereich von 500 bis 2000 Hz. l ls
Art der Raumnutzung
α– + –v α–s
Räume mit Aggregaten (z. B. Kompressoren, Lüfter), Schaltzentralen
0,05 bis 0,1
Räume der Metallverarbeitung, Maschinenhallen, Meisterbüros, Dispatcherräume
0,1 bis 0,16
Räume der Holzbearbeitung
0,12 bis 0,24
Räume der Textilindustrie (z. B. Weberei, Spinnerei)
0,20 bis 0,25
Büroräume
0,15 bis 0,20
kann praktisch keine Trennung von Wand- und Streukörperabsorption vorgenommen werden. Erfahrungswerte sind in Tabelle 13–2 zusammengestellt. Der durch Gl. (5) angegebene Schalldruckpegel setzt sich aus Beiträgen des Direktschalles von einer Quelle und aller Reflexionen von den Wänden und Einrichtungsgegenständen zusammen, wobei vorausgesetzt wird, dass der Direktschall nur einen relativ kleinen Anteil liefert. Diese Voraussetzung trifft in der Nähe der Schallquelle aber nicht zu. Dort ist der Direktschall gemäß Gl. (1) gesondert zu berücksichtigen, sodass anstelle von Gl. (5) in Verbindung mit Gl. (9) gilt L = LW + 10 lg
[(
) ]
Γ2 4 + A0 dB . Ω r2 A
(12)
Als Grenzradius (auch Hallradius) wird eine Entfernung rg zum Quellenmittelpunkt bezeichnet, bei der das Direktschallfeld und das diffuse Hallfeld die gleiche Energiedichte besitzen: rg =
A 冑8 4 Ω
Γ
(13)
Befinden sich im Raum mehrere Schallquellen mit der Gesamtschallleistung Pges , so wird der Grenzradius kleiner und beträgt für die ν -te Quelle mit der Schallleistung Pν rgν =
7 A P 冑7 冑 P 4 ν
Ω
Γν .
(14)
ges
Bei n gleichen, ungerichtet auf dem Boden abstrahlenden Schallquellen gilt rgn =
A . 冑9 8 n π
(15)
Die Abhängigkeit des Schalldruckpegels von der Entfernung zu einer Quelle im annähernd kubischen Raum ist im Bild 13–7 in normierter Form dargestellt. Daraus ist zu erkennen, dass das Direktschallfeld noch bis zum etwa dreifachen Grenzradius zu beachten ist und, umgekehrt, sich das diffuse Hallfeld schon etwa ab einem Drittel des Grenzradius bemerkbar macht.
392
S. Gruhl und U. J. Kurze
Bild 13–7. Schalldruckpegel im Feld einer Punktschallquelle im etwa kubischen Raum als Funktion der normierten Entfernung nach den Gln. (11) und (12). a ursprünglicher Verlauf, b Verlauf nach vierfacher Vergrößerung von A, c Direktschall
Der Grenzradius, der die Bereiche mit überwiegendem Direktschall und überwiegendem Diffusschall trennt, ist für Schallleistungsmessungen (s. Abschn. 2) und für die Auswahl von raumakustischen Schallschutzmaßnahmen (s. Abschn. 13.5) von großer Bedeutung. Vergrößert man z. B. die äquivalente Absorptionsfläche A durch eine absorbierende Raumauskleidung (s. Bild 13–7), so sinkt nur der Schalldruckpegel des diffusen Feldes. Das direkte Schallfeld bleibt ungeändert (ausführlich s. Abschn. 13.7). In der Praxis zeigen sich Abweichungen vom Verlauf des Schalldruckpegels in der Darstellung von Bild 13–7. Das kann folgende Ursachen haben: – Interferenzen zwischen Direktschall und Boden- oder Wandreflexionen in der Nähe der Quelle; – mangelnde Diffusität des Schallfeldes durch zu kleines Volumen des Raumes bei tiefen Frequenzen oder durch tonale Komponenten, die nur eine Eigenfrequenz des Raumes anregen und eine stehende Welle bilden; z. B. [9], S. 255 f; – mangelnde Diffusität des Schallfeldes durch ungleichmäßige Verteilung von Flächen mit hoher Schallabsorption; – Interferenzen in geringem Abstand vor einer reflektierenden Fläche; – Ausbreitungsdämpfung durch Einrichtungsgegenstände; – Ausdehnung der Schallquelle über den rechnerischen Grenzradius hinaus, sodass ein Direktschallfeld nicht nachweisbar ist.
13.3.3 Flachraum Die meisten in der Praxis vorkommenden Arbeitsräume sind nicht annähernd kubisch, sondern mit seitlichen Abmessungen, die die Höhe mehr als dreifach überschreiten, eher als Flachräume anzusehen [19, 20]. Sind Decke und Fußboden eben und ist der Raum sehr groß und leer, kann das Hallfeld im horizontalen Abstand r h von einer Schallquelle am vollständig reflektierenden Boden aus den Beiträgen von Spiegelschallquellen (s. Bild 13–8) berechnet werden: L = LW + 10 lg
{
1
∞
Σ 2 π r 2h n = 1
exp [– r h (m L + α′ (0)/ 2 h) √040 1 + (2 n h /r h )2 ] dB 1 + (2 n h /r h )2
}
(16)
Dabei bezeichnet α′ (0) den Absorptionsexponenten der Decke für senkrechten Schalleinfall, der meist etwa gleich dem Sabineschen Absorptionsgrad ist, und es wird
393
13. Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen
Bild 13–8. Schallquelle Q und Spiegelschallquellen im Flachraum, Strahlenkonstruktion zum Aufpunkt E
ein Kosinusgesetz α′ (ϑ) = α′ (0) /cos (ϑ) für die Winkelabhängigkeit angenommen, das zur Beobachtung exponentiell verlaufender Nachhallvorgänge in annähernd kubischen Räumen gehört [21], S. 202 f. Im Fall einer schallharten Decke bilden eine Quelle und die Spiegelschallquelle einen Linienstrahler, von dem der Schalldruckpegel geometrisch mit 3 dB je Abstandsverdopplung und zusätzlich durch Luftabsorption abnimmt. Ohne Berücksichtigung der Luftabsorption und des Kosinusgesetzes kann die sehr aufwendige Auswertung von Gl. (16) näherungsweise in geschlossener Form angegeben werden [22]: L ≈ LW + 10 lg
{
1
4π
r 2h
5,7 g dB [1,32 (1 – g ) + h /r h ] (1,93 + h /r h )
}
(17)
Boden Decke den geometrischen Mittelwert der ReflexionsDabei bezeichnet g = √027 grade = 1 – α von Boden und Decke. Reflexionen von Sheddächern, Unterzügen, Kanälen und anderen Streukörpern an der Decke, aber auch von Einrichtungsgegenständen am Boden führen zu Abweichungen von den geometrischen Gesetzen. Die in solchen Fällen auftretenden diffusen Reflexionen lassen sich mit dem Lambertschen Gesetz beschreiben, das aus der Optik bekannt ist [23]. Es besagt für eine rauhe Fläche, dass die Rückwürfe eines auftreffenden Lichtstrahles aus allen Beobachtungsrichtungen gleich hell erscheinen. Dazu muss die Intensitätsverteilung der Reflexion eine Kosinuscharakteristik besitzen. Auf die Akustik übertragen bedeutet dies, dass die aus der Beleuchtungsstärke abgeleitete Rückstreuintensität B1 , die vom Schalleinfall auf eine raue Fläche mit der Größe S und dem Reflexionsgrad hervorgerufen wird, auf der gegenüberliegenden Wand eine Intensität B2 gemäß
B2 =
1 π
∫
S
B1 cos2 ϑ e–m R d S R2 L
(18)
erzeugt [11]. Dabei bezeichnet R den Abstand zwischen dem Aufpunkt (Index 2) und dem Flächenelement d S der Quellseite (Index 1). Der Reflexionsgrad bezeichnet den Mittelwert über alle Einfallswinkel. Als Lösung der Integralgleichung (18) ergibt sich näherungsweise für das Hallfeld im Flachraum ohne Berücksichtigung einer Ausbreitungsdämpfung zwischen Boden und Decke [11]: L ≈ LW + 10 lg
( [
1 a 2g b + 2 2 2 3/ 2 π h (1 + r h /h ) 1 – g (b2 + r 2h /h2 )3/ 2
])
dB
(19)
mit
[
b = 1 + ln 1 +
]
0,66 , 1 – g
(20)
394
S. Gruhl und U. J. Kurze
Bild 13–9. Differenz zwischen dem Schalldruckpegel L des Hallfeldes und dem auf eine Fläche h2 des Flachraumes bezogenen Schallleistungspegel L W – 20 lg [h /(1 m)] dB als Funktion des normierten Abstandes r/h im Flachraum. –– berechnet nach Gl. (17) für Spiegelreflexionen, (………) berechnet nach Gl. (19) für diffuse Reflexion [11]; Parameter: Absorptionsgrade von Decke und Boden
a als arithmetischer Mittelwert der Reflexionsgrade von Boden und Decke und g als geometrischer Mittelwert. Bild 13–9 zeigt den Vergleich von Rechenergebnissen nach Gl. (17) und Gl. (19). Bei diffuser Reflexion von einer rauen Decke erhöht sich der Schalldruckpegel in der Nähe der Schallquelle und nimmt in größerer Entfernung stärker ab als bei Spiegelreflexionen an einer glatten Decke.
13.3.4 Langraum Von grundsätzlichem aber auch praktischem Interesse sind Langräume, bei denen nur eine Abmessung – hier l – sehr groß gegenüber den anderen beiden Raumabmessungen ist. In völlig schallharten Korridoren oder Kanälen nimmt der Schalldruckpegel in einigem Abstand von der Quelle geometrisch nicht und nur noch durch Luftabsorption etwas ab. Aber sobald ein Reflexionsfaktor < 1 durch Wandabsorption auftritt, bleibt von der Ebene der Spiegelquellen nur noch ein begrenzter wirksamer Bereich übrig. In einem Abstand, der groß gegenüber den Abmessungen dieses Bereiches ist, nimmt der Schalldruckpegel wie im Freien mit etwa 6 dB je Abstandsverdopplung ab. Unter Vernachlässigung der Luftabsorption errechnet sich die Schallpegelverteilung in x-Richtung aus [12]: ∞
L = LW + 10 lg
(
L ≈ LW + 10 lg
( [
1 4π 1
4π
∞
|m|+ |n|
Σ Σ 2 2 2 m = – ∞ n = – ∞ (m b) + (n h) + x x2
1+
4 (1 – )2
])
)
dB
dB für z + b, h .
(21)
(22)
Der erste Summand beschreibt das Direktfeld, der zweite das Hallfeld. Sind die Reflexionsgrade der vier Wände unterschiedlich, so wird für das gewichtete Mittel =
b (2 + 4 ) + h (1 + 3 ) , 2 (b + h)
(23)
13. Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen
395
eingesetzt, wobei die Wände mit den Reflexionsfaktoren 1 und 3 sich im Abstand b gegenüberstehen. Die Schallausbreitung im Langraum mit diffus reflektierender Wand oder mit einigen Streukörpern, die als Diffusreflektoren an den Wandflächen angenommen werden können, kann aus der Lösung der Integralgleichung B (r) =
1 π
∫∫ (r′ ) B (r′ )
cos ϑ cos ϑ′ d S′ + B0 (r) , R2
(24)
bestimmt werden [12]. Darin bezeichnen die Vektoren r und r′ die Lage und R den Abstand von zwei Wandelementen d S′ und d S, deren Verbindungslinie mit den Flächennormalen die Winkel ϑ und ϑ′ bildet. B0 ist der Beitrag des Direktschalles. Ergebnisse numerischer Integration sind im Bild 13 –10 dargestellt. Wie im Flachraum ist der Schalldruckpegel des Hallfeldes in Quellnähe zunächst konstant, um in größerem Abstand dann stärker als bei spiegelnder Wand abzufallen. Theoretisch erfolgt der Abfall des diffusen Schallfeldes schließlich mit 9 dB je Abstandsverdopplung. Das bedeutet, dass der Direktschall in großem Abstand wieder überwiegen muss, da er geometrisch nur mit 6 dB je Abstandsverdopplung abnimmt. Praktisch kommt durch Streukörper im Langraum und durch Luftabsorption eine abstandsproportionale Pegelminderung des Direktschalles hinzu. 13.3.5 Streukörper Die Einrichtung von Arbeitsräumen mit Maschinen, Werkbänken, Regalen, raumlufttechnischen Anlagen, Kranbahnen, aber auch die Strukturierung von Wand- und Deckenflächen durch Fensternischen, Unterzüge, Sheddächer u. ä. ist erfahrungsgemäß schalltechnisch sehr schwierig zu beschreiben. Die als Kenngröße für die Raumbelegung eingeführte mittlere freie Weglänge lS = 4 V/ SS , die aus dem Verhältnis von Raumvolumen V zu Oberfläche (Hüllfläche) SS aller Streukörper zu bilden ist, stellt sich in der Praxis als nur mit großem Aufwand berechenbar heraus. Als Anhaltswerte dienen für die mittlere freie Weglänge zwischen zwei Streuungen in sehr dicht belegten Räumen lS = 10 m und in fast leeren Räumen lS = 30 m. Weitere Erfah-
Bild 13–10. Differenz zwischen dem Schalldruckpegel des Hallfeldes und dem auf die π-fache Querschnittsfläche a2 des Langraumes bezogenen Schallleistungspegel L W – 10 lg (π a2 /r 20 ) dB als Funktion des normierten Abstands x /a für einen leeren Langraum mit diffus reflektierenden Wänden. ……… Freifeld, r0 = 1 m, nach Kuttruff [12]
396
S. Gruhl und U. J. Kurze
Tabelle 13–3. Streukörperdichte q in verschiedenen Räumen. Art des Raumes und seiner Ausstattung
q 1/m
Raum mit Flachdach, spärliche Streukörperbelegung, z. B. Maschinenraum im Kraftwerk Raum mit Flachdach, mittlere Streukörperbelegung, z. B. Raum mit Werkzeugmaschinen Raum mit Sheddach, dichte Streukörperbelegung, z. B. Shedhalle mit Textilmaschinen
0,015 bis 0,03 0,03 bis 0,06 0,06 bis 0,12
Tabelle 13– 4. Schallabsorptionsgrad α s von Streukörpern. Art der Streukörper
αs
Maschinen aller Art (außer Textilmaschinen), Säulen, Sheds, Materialstapel Textilmaschinen Schallabsorbierende Stellwände, z. B. in Großraumbüros
0,05 bis 0,15 0,2 bis 0,25 0,7 bis 0,9
rungswerte zur Streukörperdichte, also dem Kehrwert q = 1/lS , enthält Tabelle 13–3 und zur Streukörperabsorption Tabelle 13– 4. Sie gelten für den mittleren Frequenzbereich von 500 bis 2000 Hz. Wichtig ist die Größe der Einrichtungsgegenstände. Die Richtlinie VDI 3760 [24] empfiehlt, nur Strukturen, die in etwa durch eine Kugel von mindestens 1 m Durchmesser oder durch einen Quader mit der kleinsten Kantenlänge von mindestens 1 m beschrieben werden können, in die Abschätzung der mittleren freien Weglänge einzubeziehen. Um sehr viel kleinere Körper wird mittel- und tieffrequenter Schall im Wesentlichen herumgebeugt. Sehr viel größere Körper bewirken – insbesondere bei mittleren und höheren Frequenzen – eine Entkopplung von Teilräumen, die dann getrennt zu betrachten sind. Die Beschränkung der Größe der betrachteten Einrichtungsgegenstände berechtigt zu der Näherung, die Streukörperdichte frequenzunabhängig zu berücksichtigen. Die messtechnische Bestimmung des Schallabsorptionsgrades von Einrichtungsgegenständen gelingt nur indirekt, mit besonderen Hallraummessungen oder mit Intensitätsmessungen. Bisher liegen Erfahrungen hauptsächlich dahingehend vor, dass die rechnerische Bestimmung der äquivalenten Absorptionsfläche von Arbeitsräumen aus Tabellenwerken für Wandwerkstoffe häufig zu kleineren Werten führt als die Nachhallmessung. Entsprechend ist eine Korrektur gemäß Gl. (7) erforderlich. Die Angabe von frequenzunabhängigen Werten für bestimmte Einrichtungstypen erscheint angemessen. 13.3.6 Standard-Rechenverfahren Der Einsatz schneller Rechner ermöglicht die Berücksichtigung einer Vielzahl von Schallstrahlen, Schallteilchen, Spiegelschallquellen, Wahrscheinlichkeitsverteilungen für die Richtung und Stärke der Emission von einer Schallquelle, für die Absorptionsgrade von Teilflächen und deren Winkelabhängigkeit und vieler anderer Ein-
13. Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen
397
Bild 13 –11. Berücksichtigung von tatsächlichen Querschnitten durch Rechtecke
flussgrößen [13, 17, 25]. Vergleichsrechnungen nach verschiedenen Modellen haben gezeigt, dass die Unterschiede der Rechenergebnisse stärker von Unsicherheiten über die Ausgangsdaten als von den Rechenverfahren abhängen. Deshalb hat es sich als zweckmäßig erwiesen, in VDI 3760 [24] ein einheitliches Rechenverfahren festzulegen. Es gilt für Räume, – in denen die Ausstattung samt Decke einheitlich durch Streukörper mit einer Dichte q = 1/lS und einem Absorptionsgrad α S berücksichtigt wird, – die durch einen Quader angenähert werden können (s. Bild 13–11) und – in denen Spiegelreflexionen an den sechs Raumbegrenzungsflächen mit jeweilig mittleren Reflexionsgraden angenommen werden. Konventionen Die als Konvention geltende Annahme, dass die Einrichtungsgegenstände gleichmäßig im Raum verteilt sind, scheint auf den ersten Blick selten zuzutreffen. Häufig stehen die Maschinen und das Mobiliar auf dem Boden, während in größerer Höhe der Raum frei ist. Oder es ist ein Raumteil dicht belegt mit Regalen, und ein anderer enthält nur wenige Maschinen. Tatsächlich ist die Raumform und -größe mit in die Betrachtungen einzubeziehen. In den üblichen Flachräumen herrschen Reflexionen zwischen Decke und Fußboden vor, sodass die horizontale Schichtung der Streukörperdichte keine Bedeutung hat. Vertikale Unterschiede der Streukörperdichte spielen nur in sehr großen Räumen eine Rolle, die dann auch als verschiedene Teilräume mit jeweils gleichmäßiger Streukörperdichte zu behandeln sind [26]. Der Ersatz der tatsächlichen Raumform durch einen Rechteckraum mit gleichgroßem Volumen V und gleichgroßen Wandflächen S ist einerseits zwingend erforderlich, um die Berechnung von Spiegelquellen mit vertretbarem Aufwand zu ermöglichen [14], und andererseits – jedenfalls für konvexe Räume, in denen man von jedem Wandpunkt aus alle anderen Wände vollständig sehen kann – akustisch unbedenklich, weil die als statistisch maßgebliche Kenngröße auftretende mittlere freie Weglänge l V zwischen zwei Wandreflexionen von der speziellen Form konvexer Räume unabhängig ist ([10], S. 172). Konkave Räume können in mehrere gekoppelte Räume zerlegt werden. Solange einzelne Teilräume im Volumen klein gegenüber dem Hauptraum sind, wie z. B. Teilräume unter einem Sheddach, ist für die Ersatzwandfläche nur ein geringfügig erhöhter Schallabsorptionsgrad anzunehmen, der auch über die Absorption von Streukörpern berücksichtigt werden kann. Treten dagegen Koppelräume mit ähnlich großen Teilvolumina auf, wie z. B. bei L-förmigen Räumen, dann sind Ersatzwandflächen mit Schallabsorptionsgraden in der Größenordnung von 0,5 anzusetzen (s. auch Abschn. 13.4.2). Die Beschreibung der Wandabsorption durch sechs (frequenzabhängige) Schallabsorptionsgrade α–, die als arithmetische Mittelwerte über die tatsächlichen Schallabsorptionsgrade α k von Teilflächen Sk gemäß Gl. (8) bestimmt werden, reicht nicht
398
S. Gruhl und U. J. Kurze
Bild 13–12. Geräuschquelle in einer Raumecke mit schallabsorbierender Auskleidung auf der Fläche S1 im Abstand a und auf der Fläche S2 im Abstand b. Näherung für kleine Teilraumwinkel S1 /a 2 , S2 /b2 < π /4: Ω v = 2 S1/a2 + 2 S2 /b2
aus, um die besondere Wirkung hochabsorbierender Wand- und /oder Deckenverkleidungen im engen Bereich um laute Geräuschquellen zu erfassen. Solche Schallschutzmaßnahmen wirken sich bereits beim Auftreffen des Direktschalls aus und beschränken die Geräuschemission, die an entfernteren Aufpunkten die Immission bestimmt, näherungsweise auf einen kleineren Raumwinkel 4 π – α v Ω v , wenn α v den (hohen) Schallabsorptionsgrad der Verkleidung und Ω v den Raumwinkel bezeichnet, unter dem die Verkleidung an der Schallquelle erscheint (s. Bild 13–12). Die Berücksichtigung einer Verringerung des Raumwinkelmaßes um
(
∆ K0 = – 10 lg 1 + α v
Ωv dB 4 π – Ωv
)
(25)
stellt hier eine zweckmäßige Weiterentwicklung der Richtlinie VDI 3760 dar. Gesamtschall Der A-bewertete Schalldruckpegel LA an einem Aufpunkt im Raum, der nicht als Arbeitsplatz einer bestimmten Maschine mit vorgegebenem arbeitsplatzbezogenem Emissionskennwert zuzuordnen ist, wird aus dem Direktschall von allen Schallquellen, aus den Spiegelreflexionen, aus dem Streuschall und aus dem gespiegelten Streuschall berechnet. Dazu dient die Beziehung LA = 10 lg
[ Σ (10
Lν / 10
i, ν
+ 10 L s /10 ) +
Σ
i, j, k, l, ν
]
(10 L r /10 + 10 L rs /10 ) dB
(26)
mit Summationen über – – – –
alle Frequenzbänder (Zähler i ), alle Schallquellen im Raum (Zähler und Index ν), den durch Reflexion an Streukörpern auftretenden Streuschall (Index s), alle Spiegelschallquellen der Ordnung ( j, k, l ) in den drei Raumrichtungen (Index r) und – den durch Spiegelung wirksamen Streuschallfeldern (Index rs). Direktschall
Anders als im Freien [s. Gl. (2)] wird für den Direktschall von jeder Schallquelle eine mittlere Zusatzdämpfung Dq = 4,3 rν q dB dafür angesetzt, dass der Schallstrahl auf der Strecke rν im Mittel nach einem Laufweg lS = 1/q auf einen Streukörper trifft. Damit werden pauschal alle Fälle berücksichtigt, in denen entweder auf einem kurzen Ausbreitungsweg kein Hindernis vorhanden ist und deshalb mit einer verschwindenden Zusatzdämpfung zu rechnen ist, oder ein oder mehrere Hindernisse
13. Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen
399
im längeren Ausbreitungsweg liegen und dann die Zusatzdämpfung sehr hoch ist. Der Fall eines Schallschirmes dicht an einer Schallquelle ist in VDI 3760 [24] bisher nicht erfasst. Er lässt sich durch ein Richtwirkungsmaß DI < 0 berücksichtigen, das die Stärke des Direktschalles in Richtung auf den Schirm verringert (s. Abschn. 13.8.2). Dann gilt für den Pegel des Direktschalles von einer Schallquelle ν : Lν = L W, ν + DI ν – Ds (sν ) – DL (sν ) – Dq (sν ) .
(27)
Spiegelreflexionen Die Spiegelung der Originalschallquellen an den sechs Raumbegrenzungsflächen führt auf Spiegelschallquellen außerhalb des Originalraums (s. Bild 13–8), die wegen Reflexionsverlusten jedoch schwächer sind und für die wegen des größeren Abstands i. a. von einer Abschirmung oder anderweitig bedingter Richtwirkung abgesehen werden kann. Die Koordinaten der Spiegelschallquellen errechnen sich im Rechteckraum aus [27]: xj
=
yk = zl
=
{ { {
xQ + j l xQ + ( j + 1) l
für j = …, – 2, 0, 2, 4, … für j = … – 3, – 1, 1, 3, ...
yQ + k b yQ + ( k + 1) b
für k = …, – 2, 0, 2, 4, ... für k = … – 3, – 1, 1, 3, ...
zQ + l h zQ + (l + 1) h
für l = …, – 2, 0, 2, 4, … für l = … – 3, – 1, 1, 3, …
(28)
Dabei bezeichnen l, b und h wieder die Raumabmessungen. Der Abstand zwischen einer Spiegelschallquelle der Ordnung ( j, k, l ) am Punkt mit den Koordinaten (xj , yk , zl ) und dem Aufpunkt mit den Koordinaten (xa , ya , z a ) beträgt dann r = √00000 (x – x )2 + (y – y )2 + (z – z )2 . (29) j, k, l
j
a
k
a
l
a
Je nach Anzahl n der Reflexionen, die an zwei gegenüberliegenden Raumbegrenzungsflächen mit den Reflexionsgraden 1 und 2 auftreten, ergeben sich für jede der drei Raumrichtungen j, k, l die resultierenden oder Gesamtreflexionsgrade
=
{
|n|
(1 2 ) 2 (1 2 ) (1 2 )
für n = …, – 2, 0, 2, 4, …
|n| – 1 2
n –1 2
2
für n = …, – 5, – 3, – 1
1
für n = 1, 3, 5, …
(30)
und damit die Korrektur für unvollständige Spiegelreflexionen Kr (rj, k, l ) = 10 lg (j k l ) dB.
(31)
Zusätzlich zu diesen Korrekturen kann auch noch ein Raumwinkelmaß ∆ K0, ν gemäß Gl. (25) dafür berücksichtigt werden, dass besondere Absorptionsmaßnahmen nahe an der ν-ten Schallquelle zu einer Schallabstrahlung in einen eingeschränkten Raumwinkel führen. Dann errechnet sich der Schalldruckpegel der Beiträge von einer Spiegelschallquelle aus L r = LW, ν + Kr (rj, k , l ) + ∆ K0, ν – Ds (rj, k , l ) – DL (rj, k , l ) – Dq (rj, k , l ) .
(32)
400
S. Gruhl und U. J. Kurze
Streuschall Um die Schallquelle herum liefern die Einrichtungsgegenstände ein Streuschallfeld, das mit dem Streulichtfeld in einem trüben Medium vergleichbar ist. Die Schallstreuung kann ähnlich einem Diffusionsprozess beschrieben werden [28]. Weil dem Streuschallfeld mit zunehmendem Abstand von der Quelle immer noch Energie durch Streuung zufließt, nimmt es in der Energiedichte – und nicht im Schalldruck – nur umgekehrt proportional mit dem Abstand und zusätzlich durch Absorption an den Streukörpern und in der Luft ab. Wird die Absorption zusammenfassend durch ein Dämpfungsmaß Dsq beschrieben, so gilt für den Pegel des Streuschalles Ls = L W, ν + ∆ K0, ν + 10 lg
(√ )
3 q r0 D (r ) dB – s ν – Dsq (rν ) . 6 2 4π
(33)
Als Quellgröße tritt im dritten Summanden die mittlere Streukörperdichte q auf, r0 = 1 m bezeichnet einen Bezugsabstand. In das Dämpfungsmaß Dsq = 4,3 rj, k , l
冑 (
00006 α 3 q bJ + L – q ln (1 – α S ) dB 4,3
)
(34)
wird nach einem Vorschlag von Jovicic [16] die Schallabsorption an Decke und Fußboden mit der Größe bJ = b′ (α Boden ) + b′ (α Decke ) einbezogen, die durch
G {(1 – α4 ) + (1 – α2 ) α2′ . α′ 1 · [1 – exp ( – –1 für 2 (q h )]}F α = – ln (1 – für q h ≥ 1 4 q h)
b′ (α ) = – ln q h
qh AII ist die Schalldruckpegeldifferenz zwischen beiden Räumen kleiner und für ST < AII größer als das Schalldämm-Maß der Wand. Der Schalldruckpegel L I ist mit dem Schallleistungspegel L WI gemäß Gl. (5) über die äquivalente Absorptionsfläche im Raum I verknüpft. Zusammen ergibt sich L II = L WI – R′ + 10 lg
4 ST A0 dB . AI AII
(48)
Kann nicht von allseitigem Schalleinfall auf die Trennwand ausgegangen werden, weil z. B. die Decke des Senderaumes hochabsorbierend ist, erhöht sich KI , z. B. um 3 dB. Befindet sich die Trennwand zwischen einem Flachraum als Senderaum und einem etwa kubischen Empfangsraum, so ist der Pegel L II nach Gl. (47) zu ermitteln, wobei L I der Pegel in geringem Abstand von mindestens einer Viertelwellenlänge vor der Trennwand ist. Er errechnet sich nach den Ausbreitungsgesetzen im Flachraum für alle dort emittierenden Schallquellen. Grenzt ein Flachraum, z. B. ein Bürotrakt, an einen etwa kubischen Raum, z. B. eine kleine Werkstatt, so ist als Ausgangsgröße für den Flachraum der Schallleistungspegel L WT = L WI – R + 10 lg
ST dB AI
(49)
zu bestimmen. Für die weitere Berechnung des Schalldruckpegels L II im Abstand r von der Wand ist von n Einzelschallquellen mit den Teilschallleistungspegeln L WT – 10 lg n dB auszugehen, die gleichmäßig über die Trennwandfläche verteilt sind. Dabei ist die Anzahl n aus 2 √4 ST 10 > n ≥ (50) r abzuschätzen. Befindet sich die Trennwand zwischen zwei Flachräumen oder stellt sie das für die Nachbarschaft maßgebliche – und gleichmäßig beschallte – Außenhautelement einer Flachhalle dar, so dient als Ausgangsgröße für die Bestimmung des Schalldruckpegels im Empfangsraum bzw. im Außenraum ebenfalls ein Schallleistungspegel, der hier aus dem Schalldruckpegel auf der Sendeseite der Trennwand zu bestimmen ist: L WT = L I – R + 10 lg
ST dB + KI . A0
(51)
Im Fall allseitigen Schalleinfalls ist mit KI = – 6 dB zu rechnen, bei hochabsorbierender Decke mit KI = – 3 dB und bei Schalleinfall aus einem leeren Langraum, z. B. einem Korridor, mit KI = 0 dB. 13.4.2 Offene Koppelflächen Für eine offene Trennfläche der Größe SÖ (s. Bild 13 –16) mit dem Schalldämm-Maß 0 dB gilt die Leistungsbilanz
406
S. Gruhl und U. J. Kurze
Bild 13–16. Zur Berechnung der Schallausbreitung in gekoppelten Räumen mit offener Trennfläche (AI und AII ohne Berücksichtigung von SÖ ).
L II + 10 lg
SII S dB + KII = L I + 10 lg Ö dB + KI ; A0 A0
(52)
A0 = 1 m2. KI bezeichnet die Korrektur für das von einer ebenen fortschreitenden Welle abweichende Schallfeld im Senderaum vor der Öffnungsfläche. Im Allgemeinen ist nicht nur mit statistischem Schalleinfall aus einem Halbraum – oder bei absorbierender Decke aus einem Viertelraum – zu rechnen, sondern es sind auch rücklaufende Wellen aus dem Empfangsraum zu berücksichtigen. Die gleiche zusätzliche Korrektur gilt auch im Empfangsraum für KII , wenn der Schallpegel L II in der Nähe der Öffnung bestimmt wird. Ist der Empfangsraum etwa kubisch, so gilt anstelle von Gl. (46) 10 lg
SII A + SÖ dB + KII = 10 lg II dB , 4 A0 A0
(53)
weil die Öffnungsfläche als Absorptionsfläche hinzukommt. Wenn auch der Senderaum etwa kubisch ist und L I als mittlerer Raumpegel bestimmt wird, ist KI = – 6 dB, und es gilt anstelle von Gl. (47): L II = L I + 10 lg
SÖ dB . AII + SÖ
(54)
Der Schalldruckpegel L I im etwa kubischen Senderaum erhöht sich durch Reflexionen aus dem Empfangsraum [10], S. 206: L I = L WI – 10 lg
AI + SÖ – SÖ2 /(AII + SÖ ) dB . 4 A0
(55)
Aus den Gln. (54) und (55) folgt L II = L WI – 10 lg
AI AII + SÖ (AI + AII ) dB . 4 A0 SÖ
(56)
Die äquivalenten Absorptionsflächen AI und AII sind so zu ermitteln, als wäre die Fläche SÖ vollständig reflektierend. Ist der Raum II nur wenig absorbierend oder sehr klein (AII | SÖ ), dann sind die Schalldruckpegel in beiden Räumen etwa gleich. Ist dagegen der Empfangsraum sehr groß oder absorbierend (AII + SÖ ), dann ist der Schalldruckpegel dort relativ niedrig.
13. Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen
407
Kann nicht von allseitigem Schalleinfall auf die Öffnungsfläche ausgegangen werden, weil z. B. die Decke des Senderaumes hochabsorbierend ist, verringert sich die wirksame Öffnungsfläche. Befindet sich die Öffnungsfläche in einer Wand zwischen einem Flachraum als Senderaum und einem etwa kubischen Empfangsraum, so ist der Pegel L II mit den Gln. (52) und (53) aus L II = L I + 10 lg
4 SÖ dB + KI AII + SÖ
(57)
zu ermitteln, wobei KI ≈ – 6 dB bis – 3 dB ist, sodass näherungsweise Gl. (54) gilt, jedoch sind infolge der Reflexionen aus dem Empfangsraum und absorbierender Raumbegrenzungsflächen nahe der Öffnung Abweichungen möglich. Der Pegel L I ist als Mittelwert in geringem Abstand von mindestens einer Viertelwellenlänge vor der Trennwand mit Öffnung zu bestimmen. Er errechnet sich nach den Ausbreitungsgesetzen im Flachraum für alle dort emittierenden Schallquellen in erster Näherung mit der Annahme eines Absorptionsgrades α t für die teilweise offene Wand, αt =
α Ö SÖ + α W (SW – SÖ )
SW
,
(58)
wobei α W den Absorptionsgrad der Wand mit der Gesamtfläche SW bezeichnet und α Ö eine Rechengröße ist, für die bei einem Empfangsraum mit wenig Streukörpern α Ö = 1 und mit vielen Streukörpern α Ö ≈ 0,5 einzusetzen ist. Grenzt ein Flachraum, z. B. ein Bürotrakt, an einen etwa kubischen Raum, z. B. eine kleine Werkstatt, so ist als Ausgangsgröße unter Vernachlässigung der Rückwirkung aus dem Flachraum der Schallleistungspegel L WÖ = L WI + 10 lg
SÖ dB AI + SÖ
(59)
zu bestimmen. Für die weitere Berechnung des Schalldruckpegels L II im Abstand r von der Öffnungsfläche ist wiederum von n Einzelschallquellen mit den Teilschallleistungspegeln L WÖ – 10 lg n dB auszugehen, die gleichmäßig über die Öffnungsfläche verteilt sind (s. Abschn. 2.3.1). Befindet sich die Öffnung in einer Wand zwischen zwei Flachräumen oder in der Außenwand eines Flachraumes, so dient als Ausgangsgröße für die Bestimmung des Schalldruckpegels im Empfangsraum bzw. im Freien ebenfalls ein Schallleistungspegel, der näherungsweise wiederum ohne genaue – oder überhaupt ohne – Berücksichtigung der Rückwirkung des Empfangsraumes aus dem Schalldruckpegel auf der Sendeseite zu bestimmen ist, s. Gl. (51). Bei allseitigem Schalleinfall ist mit KI = – 6 dB zu rechnen, bei einer Öffnungsfläche unter einer hochabsorbierenden Decke mit KI = – 3 dB und bei Schalleinfall aus einem leeren Langraum, z. B. einem Korridor, mit KI = 0 dB.
13.5 Übersicht über Schallschutzmaßnahmen in Räumen Anforderungen und Realisierungen von Schallschutz am Arbeitsplatz richten sich nach gesetzlichen Vorschriften und technischen Möglichkeiten. Die Richtlinie 2003/10/EG [30] besagt im Artikel 5(1): „Unter Berücksichtigung des technischen
408
S. Gruhl und U. J. Kurze
Fortschritts und der Verfügbarkeit von Mitteln zur Begrenzung der Gefährdung am Entstehungsort muss die Gefährdung auf Grund der Einwirkung von Lärm am Entstehungsort ausgeschlossen oder so weit wie möglich verringert werden“. Darauf begründet sich die BGV B3 „Lärm“ [1], die zur Abwehr gesundheitlicher Gefährdung fordert, Arbeitsmittel, Arbeitsverfahren und notwendigenfalls auch Arbeitsräume entsprechend „den fortschrittlichen in der Praxis bewährten Regeln der Lärmminderungstechnik“ zu gestalten. Eine Übersicht über Schallschutzmöglichkeiten für verschiedene Arbeitsplätze bietet das Schema von Bild 13 –17. Zu den bewährten Maßnahmen für den Schallschutz am Arbeitsplatz in Form von Aus- und Nachrüstung von Maschinen mit sekundären Schallschutzmitteln, wie Schalldämpfern, Kapseln, Isolierungen u. dgl., kommen bei der Planung und Gestaltung neuer Arbeitsplätze – die Auswahl leiser Maschinen und Verfahren, – schallabsorbierende Raumauskleidungen und – die Raumaufteilung durch Schallschirme, Trennwände u. ä. hinzu, und zwar mit einem Stellenwert gemäß der aufgeführten Reihenfolge. Für den einzelnen Arbeitsplatz ist es zweckmäßig, zwischen Eigenbelastung, Fremdbelastung und Gesamtbelastung durch Geräuschimmission zu unterscheiden, um die Möglichkeiten und Wirkungen von Schallschutzmaßnahmen angemessen zu bewerten.
Bild 13–17. Übersicht über den Einsatz von Schallschutzmaßnahmen in Arbeitsräumen
13. Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen
409
Häufig wird die Gesamtbelastung, wie sie durch den Beurteilungspegel am Arbeitsplatz zu beschreiben ist, fast ausschließlich durch die Eigenbelastung im Direktfeld einer Geräuschquelle bestimmt. Geräusche von Handwerkzeugen, etwa einem Hammer, oder handgeführten Werkzeugen, z. B. Druckluftpistolen, Niethämmer und Winkelschleifer, lassen sich auf dem Ausbreitungsweg über Armeslänge bis zum Ohr des Werkers nicht dämpfen. Nur Maßnahmen, die die Geräuschemission verringern, bewirken einen Schallschutz. Falls trotzdem der A-bewertete Beurteilungspegel am Arbeitsplatz 84 dB bzw. 90 dB überschreitet, muss persönlicher Gehörschutz bereitgestellt bzw. getragen werden [1]. Bei der Arbeitsvorbereitung oder Kontrolle kann er abgenommen werden. Liegt der Arbeitsplatz außerhalb des Direktschallfeldes im Hallfeld, das durch Reflexionen und Streuungen des Schalles an Einrichtungsgegenständen und Raumbegrenzungsflächen bestimmt wird, so hängt die Wahl geeigneter Schallschutzmaßnahmen davon ab, ob der Arbeitsplatz als Kontroll- oder Leitstand einer bestimmten Maschine – die dann auch für die Geräuschimmission maßgeblich ist – zugeordnet ist oder ohne Zusammenhang zu lauten Maschinen oder Tätigkeiten besteht und damit ausschließlich der Fremdbelastung unterliegt. Im Fall der überwiegenden Eigenbelastung sind vorrangig Maßnahmen zur Minderung der Geräuschemission zu treffen. Geräuscharme Maschinen oder Verfahren, eventuell auch Nachrüstung mit Schallschutzmitteln, wie Schalldämpfer für Ansaug- und Ausblasöffnungen, elastische Anschläge zur Vermeidung von Körperschall, Dämpfungsbeläge zum Entdröhnen, schalldämmende Kapseln dicht an schallabstrahlenden Maschinenteilen, Isolierungen auf Rohrleitungen und ähnliche Maßnahmen sind in Betracht zu ziehen. Auch vollständige Schallschutzkapseln oder wenigstens Teilabschirmungen lauter Aggregate mindern die Geräuschemission. Steht die Maschine nahe an einer Wand oder in einer Ecke, nützt eine schallabsorbierende Verkleidung solcher Flächen, um die Emission auf einen kleineren Raumwinkel zu beschränken. Schließlich kommen Maßnahmen im Ausbreitungsweg des Schalles in Form von Schallschirmen, Teiltrennwänden, Raum-, Wand- und Deckenabsorbern in Frage, die weniger gezielt als allgemeine raumakustische Maßnahmen stets im Zusammenhang mit organisatorischen Maßnahmen zu prüfen sind, zu denen insbesondere die räumliche Konzentration von lauten Maschinen zu zählen ist. Trennwände und Schallschutzkabinen sind schließlich als Mittel des baulichen Schallschutzes in Betracht zu ziehen. Im anderen Fall, dass Arbeitsplätze nur von Fremdgeräuschen belastet werden, können allgemeine raumakustische Maßnahmen sehr nützlich sein. Im zuvor diffusen Hallfeld werden nach schallabsorbierender Raumauskleidung die maßgeblichen Geräuschquellen identifizierbar. Maschinenfunktionen und Produktionsabläufe können besser kontrolliert werden. Herausragende Einzelgeräusche bieten Ansatzpunkte für gezielte Schallschutzmaßnahmen. Insofern hat eine raumakustische „Grundausstattung“ neben primären Schallschutzmaßnahmen ihre eigenständige Bedeutung. Stets ist aber auch zu überlegen, ob die betroffenen Arbeitsplätze nicht in ruhigere Räume oder in Schallschutzkabinen verlegt werden können. An benachbarten Arbeitsplätzen machen sich die Geräusche – überlagert von Raumreflexionen und Schallstreuungen an Einrichtungsgegenständen – als Fremdbelastungen besonders störend bemerkbar. Durch geeignete Raumaufteilung, Schallschirme und Teiltrennwände in Verbindung mit absorbierenden Wand- und Deckenverkleidungen kann zwar die Gesamtbelastung einzelner Arbeitsplätze häufig nur wenig verringert werden. Trotzdem sind solche Maßnahmen vorteilhaft. Hier liefert die gesonderte Beurteilung der Fremdbelastung und ihrer Minderung durch Schallschutzmaßnahmen eine gute Übereinstimmung mit subjektiven Beurteilungen.
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S. Gruhl und U. J. Kurze
Bild 13 –17 enthält auch den Fall nicht festgelegter Arbeitsplätze, wie er bei Kontroll-, Wartungs-, Reparatur- und Transportarbeiten auftritt. Damit beschäftigte Personen befinden sich teilweise im Direktfeld lauter Maschinen, in dem sie persönlichen Gehörschutz tragen müssen, zum Teil aber auch im Hallfeld, in dem raumakustische Maßnahmen einsetzbar sind. Für solche Fälle kommen auch Ruheräume zur Minderung der Geräuschexposition in Betracht, wenn Maßnahmen zur Minderung der Geräuschemission nach dem Stand der Technik unrealistisch sind.
13.6 Raumgestaltung und Quellenanordnung In annähernd kubischen Räumen hängt der Schalldruckpegel nicht wesentlich von der Form und der geometrischen Gestaltung von Raumbegrenzungsflächen sondern nur vom Volumen und der Nachhallzeit ab. Unangenehme Flatterechos zwischen glatten, parallelen Flächen und besonders gute Schallausbreitung entlang konkav gekrümmten, glatten Flächen sind durch Strukturierung und Absorption vermeidbar. Dafür wird häufig bereits durch die Einrichtung gesorgt. Mit zunehmendem Raumvolumen nimmt die Energiedichte im Hallfeld einer Schallquelle ab, sodass im Prinzip größere Räume vorteilhaft erscheinen, falls dadurch die Anzahl der Schallquellen im Raum nicht zunimmt. Praktisch bestimmen andere Bemessungsvorschriften die Raumgröße, und es bestehen keine schalltechnisch vorteilhaften Gestaltungsmöglichkeiten. In Flachräumen wirken sich Reflexionen an der Decke und an Streukörpern im Nahbereich von Schallquellen pegelerhöhend und im Fernbereich pegelmindernd aus (s. Bild 13 –18). Je höher die Decke und je geringer die Streukörperdichte ist, desto größer ist der Nahbereich. Gestaltungsrichtlinien für den Raum lassen sich daraus nicht ableiten sondern werden durch andere Gesichtspunkte bestimmt. Bei vielen ähnlichen Schallquellen in einem Raum hängt der mittlere Schalldruckpegel vom mittleren Schallleistungspegel und von der äquivalenten Absorptionsfläche je Schallquelle ab, s. Gl. (38). Bei Verdopplung des Rastermaßes, in dem Maschinen aufgestellt werden, vergrößert sich die Fläche um den Faktor 4, und der Schalldruckpegel nimmt um 6 dB ab. Hieraus eine Schallschutzmaßnahme abzuleiten, führt in der Regel nicht auf eine wirtschaftliche Lösung. Einzig bei sehr unterschiedlich lauten Maschinen lässt sich die schalltechnische Empfehlung aussprechen, laute und leise Quellen jeweils räumlich zu konzentrieren und beide Gruppen möglichst weit voneinander entfernt anzuordnen, damit das Abstandsmaß bereits einen hohen Pegelabfall sichert. Eine solche Maßnahme ermöglicht
Bild 13–18. Berechnete Schallausbreitungskurven im Flachraum mit niedriger Absorption. a hoher Raum (h = 20 m) mit geringer Streukörperdichte (q = 0,025 m–1), b niedriger Raum (h = 10 m) mit hoher Streukörperdichte (q = 0,1 m–1 ), c Freifeld
13. Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen
411
vielfach erst die Anwendung weiterer Schallschutzmaßnahmen, z. B. die Aufstellung von Trennwänden oder Schallschutzkabinen.
13.7 Schallabsorbierende Raumauskleidungen 13.7.1 Anwendung Großflächige und breitbandig wirksame Schallabsorber werden in Arbeitsräumen eingesetzt, wenn – damit zu rechnen ist, dass der Schalldruckpegel arbeitsspezifische Grenzwerte überschreitet, und keine einfacheren Schallschutzmaßnahmen zur Verfügung stehen; – der Raum im Ausgangszustand relativ hallig ist, d. h. der aus Nachhallmessungen bestimmte mittlere Schallabsorptionsgrad der Raumbegrenzungsflächen unter 0,3 liegt oder die Schallpegelabnahme im Flachraum zwischen 5 m und 16 m Abstand von einer Schallquelle im mittleren Frequenzbereich um 1 kHz weniger als 4 dB je Abstandsverdopplung beträgt [1]; – im Raum viele – auch örtlich nicht festgelegte – Schallquellen und Arbeitsplätze vorhanden sind; – die Wirksamkeit von Schallschirmen verstärkt werden soll; – die Schallabstrahlung in die Nachbarschaft, z. B. durch offene Fenster oder von Bauteilen mit geringer Schalldämmung, verringert werden soll. Wenig sinnvoll ist die Anwendung schallabsorbierender Raumauskleidungen, wenn – der mittlere Schallabsorptionsgrad des Raumes bereits im Ausgangszustand relativ hoch ist, z. B. in Räumen der Textilindustrie; – sich im Raum nur wenige Schallquellen befinden, deren Geräuschemission durch Kapselung oder andere Maßnahmen verringert werden kann; – sich im Raum nur wenige Kontrollarbeitsplätze befinden, für die mit geringerem Aufwand Schallschutzkabinen aufgestellt werden können. 13.7.2 Anforderungen Schalltechnische Anforderungen an absorbierende Raumauskleidungen beschränken sich auf den aus Hallraummessungen [18] ermittelten Schallabsorptionsgrad α Sab . Für allgemeine Anforderungen ist es ausreichend, im Frequenzbereich mit den Terzmittenfrequenzen von etwa 400 Hz bis 4 kHz Mindestwerte des frequenzgemittelten Absorptionsgrades von 0,8 vorzusehen. Solche Anforderungen werden sicher erfüllt, wenn der Absorber selbst um den Faktor k > 1 höhere Absorptionsgrade besitzt, aber nur einen um den Faktor 1/k kleineren Flächenanteil belegt, weil Restflächen unverkleidet bleiben. Solche Restflächen, die für Beleuchtung, Belüftung, sicherheitstechnische Einrichtungen und aus Gründen der Zugänglichkeit oder des Aufwandes ausgespart werden, sind dann als unbedenklich anzusehen. Schallabsorptionsgrade sind nach Hallraummessungen eindeutig nur für Raumauskleidungen bestimmbar, die in bestimmtem geringen Wandabstand befestigt werden. Bei größeren Wandabständen, die eine Schallausbreitung zwischen dem Absorber und der Wand parallel zu deren Oberfläche zulassen, sind besondere Vereinbarungen –
412
S. Gruhl und U. J. Kurze
z. B. über die Gestaltung von Rahmen oder anwendungsähnlichen Feldern – für die Hallraummessungen zu treffen, damit die Ergebnisse übertragbar werden. Zusätzlich zur Akustik bestehen, je nach Anwendung, verschiedene Anforderungen an – die mechanische Stabilität, z. B. im unteren Teil von Wandverkleidungen gegenüber Beschädigungen der Oberfläche oder bei Elementen mit größerer Spannweite gegenüber Durchbiegung unter dem Eigengewicht; – den Brandschutz, z. B. nicht brennbar oder schwer entflammbar nach DIN 4102, keine Bildung giftiger Gase im Brandfall; – die Feuchtigkeitsbeständigkeit, Resistenz gegen Pilzbefall und ähnliche Probleme in Feuchträumen und bei besonderen hygienischen Anforderungen, z. B. Küchen, Krankenhäuser, pharmazeutische Industrie; – die Reflexion von Licht, um den Arbeitsraum nicht zu dunkel werden zu lassen, und die Beständigkeit gegenüber Tageslicht, besonders im Freien; – die Abriebfestigkeit der Oberfläche, z. B. in Reinräumen; – die Reinigungsfähigkeit, z. B. in Räumen mit hoher Schmutz-, Staub- und Ölnebelbelastung; – die chemische Langzeitstabilität von Kunststoffen oder geeignete Schutzmaßnahmen, z. B. Rieselschutz oder Dampfsperren; – die Möglichkeit der Hinterlüftung zur Vermeidung von bauphysikalischen Problemen, z. B. unter Kaltdächern; – das Flächengewicht bei Befestigung an Leichtbaudächern. 13.7.3 Bauformen Zu unterscheiden sind Flachabsorber und offene Raumabsorber (s. Bild 13 –19). Flachabsorber werden in bestimmtem Wand- oder Deckenabstand befestigt. Ihre Wirksamkeit hängt vom Wandabstand ab. Sie ist bei tiefen Frequenzen um so höher, je größer der Wandabstand ist. Überschreitet der Wandabstand etwa eine halbe Wellenlänge, was z. B. bei 0,34 m oberhalb von 500 Hz auftritt, so hängt die Absorption dünner poröser Schichten vor einem wenig unterteilten Hohlraum nur noch geringfügig von der Frequenz ab. Dadurch, dass Flachabsorber nicht unbedingt ganzflächig verlegt werden müssen, können Anforderungen an die Beleuchtung, Belüftung und auch an die Hinterlüftung in der Regel ausreichend erfüllt werden (s. Abschn. 13.7.2). Offene Raumabsorber können sowohl in Wand- oder Deckennähe als auch in größerem Abstand befestigt werden. Abgesehen vom Fall der Montage in unmittelba-
Bild 13–19. Beispiele für a) flächenhafte und b) offene schallabsorbierende Deckensysteme. 1 Absorberkulissen (Baffles), 2 Absorberbalken, 3 zylindrische Absorber
13. Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen
413
rer Quellnähe, in dem praktisch eine Minderung der Geräuschemission auftritt, ist die Wirksamkeit gleichmäßig im Arbeitsraum verteilter Raumabsorber etwa unabhängig vom Wand- oder Deckenabstand und nur durch das Volumen und die Dichte der offenen Raumabsorberelemente bedingt. Wenn die Abmessung D der Elemente nach Bild 13 –19 bei tiefen Frequenzen viel kleiner als eine halbe Wellenlänge ist, erreicht der Absorptionsgrad auch nur kleine Werte. Bei offenen Raumabsorbern sind häufig der Werkstoffbedarf und damit das Gewicht und die Kosten höher als bei Flachabsorbern gleicher Wirksamkeit. Dagegen erlauben offene Raumabsorber gelegentlich eine einfachere Integration in bestehende Beleuchtungs-, Klimatisierungs-, Feuerlösch-, Transportsysteme u. dgl. 13.7.4 Werkstoffe Zur breitbandigen Absorption werden die Luftreibung an feinporigen oder -faserigen Strukturen und Biegeverluste von Membranen in Verbindung mit Luftreibung in engen Spalten ausgenutzt. Entsprechend gibt es poröse und geschlossene Absorber (zu alternativen, insbesondere auch faserfreien Schallabsorbern wird auf die Literatur verwiesen [9, 39]). Die porösen Absorber sind leicht und akustisch hochwirksam, erfüllen aber allein kaum eine der nichtakustischen Anforderungen. Sie werden deshalb mit Imprägnierungen, Kern- und Deckschichten versehen, die dem Brandschutz genügen, eine ausreichende mechanische Festigkeit bewirken, dem Rieselschutz dienen und andere Anforderungen erfüllen. Geschlossene Absorber bestehen vorzugsweise aus hochfestem Werkstoff in Folienform, um einerseits vom Schall leicht anregbar und andererseits mechanisch ausreichend stabil zu sein. Besondere Anforderungen, z. B. in Küchen, bei der Nahrungsmittelherstellung oder bei starker Verschmutzung, werden in unterschiedlicher Weise durch Kunststoffe und metallische Werkstoffe erfüllt. Probleme mit unzureichendem Schallabsorptionsgrad ergeben sich hauptsächlich bei hohen Frequenzen, wenn die Massenträgheit der Folien zu hoch wird. 13.7.5 Wirksamkeit Die Wirksamkeit schallabsorbierender Raumauskleidungen hängt häufig von der Streukörperdichte im Arbeitsraum ab und sollte deshalb nur in eingerichteten Räumen geprüft werden (s. Bild 13 –20). Mit VDI 3760 [24] stehen dafür festgelegte Rechenund Messverfahren zur Verfügung. Sie beruhen auf der Konvention, dass die Schallausbreitung von einer gleichmäßig abstrahlenden Schallquelle längs eines freien Weges bestimmt wird. Bei ungleichmäßiger Abstrahlung, die z. B. besonders auf eine schallabsorbierende Decke gerichtet ist, oder bei Unterbrechung der Sichtverbindung vom Immissionsort auf die Schallquelle, kann sich die Wirksamkeit erhöhen. Maßgebliche Kenngrößen für die schalltechnische Beurteilung von Arbeitsräumen und damit auch der Wirksamkeit von schallabsorbierenden Raumauskleidungen sind die Schallpegelabnahme je Abstandsverdopplung, DL 2, und die Pegelüberhöhung gegenüber dem Freifeld, DL f. Beide Kenngrößen werden als Mittelwerte über einen Abstandsbereich, z. B. 5 m bis 16 m, ein Oktavband im Bereich von 125 Hz bis 8 kHz und mehrere Ausbreitungswege in Ohrhöhe über dem Boden bestimmt. Die Kenn-
414
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Bild 13–20. Schallausbreitungskurven in einer Zusammenbauhalle mit den Abmessungen 212 m · 62 m · 11,7 m; Ergebnisse von Messungen mit Oktavbandrauschen; (………) Rechenwerte für Freifeld, je Oktave um 10 dB versetzt. a) Vergleich von leerer Halle in Rohbau (쐌––쐌) und nach Anbringen einer schallabsorbierenden Decke (왌––왌); b) Vergleich von Halle mit schallabsorbierender Decke leer (쐌––쐌) und eingerichtet (왌––왌)
größe DL 2 soll einen möglichst hohen Wert annehmen, die Kenngröße DL f einen möglichst kleinen. Je größer die Änderung der Werte ist, desto wirksamer ist die Schallschutzmaßnahme. Erfahrungswerte, nach denen die Wirksamkeit raumakustischer Maßnahmen in niedrigen Räumen besonders hoch ist, sind einleuchtend, weil die Ausgangsdaten für solche Räume besonders ungünstig sind (s. auch [24]). Dass in sehr hohen Räumen die Wirksamkeit gering ist, kann sowohl an den Ausgangsdaten als auch an dem unveränderten Bezugsabstand von 5 bis 16 m und zusätzlich an der Streukörperdichte liegen. So kann beispielsweise im Kesselhaus eines Kraftwerkes die absorbierende Wand- und Deckenauskleidung nur wenig wirksam werden, weil zahlreiche Einbauten eine hohe Streukörperdichte darstellen und damit die Schallfeldverteilung bestimmen. Bild 13–21 zeigt die Pegelminderung ∆ L, wie sie in Flachräumen infolge einer absorbierenden Decke berechnet und gemessen wurde [29]. Abszisse ist der auf die Raumhöhe h bezogene Quellabstand r, die z. B. bei h = 5 m den Abstandsbereich von 2,5 bis 50 m umfasst. Mit zunehmendem Abstand steigt die Pegelminderung zunächst an, fällt aber dann wieder ab, wenn Sichtverbindung zum Immissionsort besteht und der Direktschall als ungestreuter Schallstrahl überwiegt. Ähnliches gilt auch für Langräume, (s. Abschn. 13.3.4). Häufig ist aufgrund des Abstandsmaßes der Schalldruckpegel in solchen Entfernungen ohnehin auf niedrige Pegel abgesunken, sodass die geringere Wirksamkeit der Deckenabsorber praktisch bedeutungslos ist. Ist
13. Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen
415
Bild 13–21. Schalldruckpegelsenkung ∆L (r) durch eine schallabsorbierende Decke im Flachraum mit einer Einzelschallquelle nach [29], α = (αDecke + αBoden )/2; Index 1 ohne, Index 2 mit absorbierender Decke. a Rechenwerte nach [19], b Mittelwert und maximaler Streubereich von Messwerten in neun großen Werkhallen mit flächenhaften Deckenabsorbern, c Modellmessungen für Baffledecke (s. Bild 13–22, Variante 2)
der freie Querschnitt versperrt, wie es bei den Modelluntersuchungen durch abgehängte Absorbierkulissen geschah und praktisch in Bodennähe durch Einrichtungsgegenstände erfolgen kann, so sind auch im Bereich r /h > 5 die theoretisch für ein trübes Medium zu berechnenden Pegelminderungen nachweisbar (vgl. Streuschall im Abschn. 13.3.6). Im Mittel über einen größeren Raumbereich ergeben sich dann höhere Pegelminderungen. Dazu enthält Bild 13–22 einige Ergebnisse von Modelluntersuchungen.
Bild 13–22. Mittlere Schalldruck– pegelsenkung ∆ L im Bereich 8 m ≤ r ≤ 60 m durch verschiedene Absorberdecken im Flachraum mit Einzelschallquelle nach [29]. l = 60 m, b = 50 m, q = 0,04 (0,02) m–1, α1 = 0,15, α2 = 0,5, α s = 0,1 (Modellexperiment, Abmessungen im Originalbereich angegeben)
416
S. Gruhl und U. J. Kurze
13.8 Schallschirme 13.8.1 Anwendung Die Unterbrechung der Sichtlinie von einer Schallquelle zum Immissionsort durch ein Hindernis bewirkt, dass anstelle des Direktschalles nur noch um die Kanten des Hindernisses gebeugter Schall den Aufpunkt erreicht. Die Beugung ist mit einer Ausbreitungsdämpfung verbunden. Hindernisse treten im Freien in Form von topographischen Gegebenheiten, Erdwällen, Bauwerken und Anlagenteilen und in Räumen in Form von großen Maschinen, Regalen und Stellwänden auf. Dünne Wände, die den Schallweg unterbrechen sollen, werden als Schallschirme bezeichnet. Sie werden bevorzugt angewendet, wenn – am zu schützenden Aufpunkt der Direktschall von einer Fremdschallquelle überwiegt, – der erforderliche Schallschutz nur wenige Dezibel beträgt und an der Schallquelle nicht erreichbar ist, – eine variable Anpassung des Schallschutzes an Arbeitsvorgänge (z. B. Richt-, Schleif- und Putzarbeiten) erforderlich ist, – eine variable Nutzung des Arbeitsraumes vorgesehen ist, – ein temporärer Schallschutz benötigt wird (z. B. Reparaturarbeiten in sonst ruhiger Umgebung oder an stillgelegten Maschinen in lauter Umgebung). Anforderungen an Schallschirme betreffen – die Mobilität zur Verringerung der Erschwernis betrieblicher Abläufe, damit verbunden Anforderungen an die Standfestigkeit und mechanische Stabilität, das Gewicht, Stoßempfindlichkeit der Oberfläche u. ä. – die Nichtbrennbarkeit, vor allem bei Schweißarbeiten, – die Empfindlichkeit gegenüber Verschmutzung und Aufnahme von Fremdstoffen sowie die Reinigungsfähigkeit, – die Lichtdurchlässigkeit, Farbgebung, begrenzte Einschränkung des Sichtbereiches, – die ansprechende, zur Umgebung passende Gestaltung, – den Schallabsorptionsgrad und das Schalldämm-Maß. Schallschirme werden hauptsächlich an Verkehrswegen angewendet, aber auch an Schießanlagen, Freianlage der Industrie und im Dachbereich von Industriebauten. Im Bereich von Arbeitsstätten sind sie häufig einerseits betrieblich störend und andererseits akustisch nur wenig wirksam. 13.8.2 Berechnung Für die Berechnung der Abschirmwirkung von Hindernissen werden drei Beschreibungstiefen verwendet: 1. die einfache Abschätzung einer A-Schallpegelminderung (für eine Schallquelle an bestimmter Position relativ zum Hindernis, mit bekannten Spektrum und für einen beschränkten Immissionsbereich), 2. die Berechnung mit einfachen Annahmen oder Konventionen zum Einfluss des Hindernisses (Schirmform, hohe Schallabsorption und vernachlässigbare Schall-
13. Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen
417
transmission) und der Umgebung (Reflexionen an anderen Hindernissen und am Boden, Mikrometeorologie), 3. die strenge Beugungstheorie (beschränkt auf einfache Hindernisformen, Verteilungen der Absorption und Umgebungsbedingungen). Das Problem besteht darin, dass in der Praxis die Abschirmwirkung häufig auf kleine Werte von 5 bis 10 dB beschränkt ist, die Prognoseunsicherheit aber 5 dB überschreitet. Ein formales Vorgehen der Berechnung mit einfachen Annahmen oder Konventionen kann im Vergleich mit der strengen Beugungstheorie für einfache Fälle bereits einen Unsicherheitsbereich von ± 3 dB ausschöpfen, weil systematische Fehler enthalten sind. Hinzu kommen aber noch zufällige Fehler durch Umgebungseinflüsse. Sinnvolle Anwendungen der verschiedenen Beschreibungstiefen, die zu Aussagen über Mittelwerte mit engem Vertrauensbereich führen, sind nur quellenspezifisch und in Hinsicht auf festgelegte Beurteilungsverfahren möglich. Typische Beispiele für die Anwendung der geringsten Beschreibungstiefe sind Abschirmungen für Schallquellen im bodennahen Bereich von komplexen Freianlagen und Abschirmungen des Direktschalles von Maschinen in Arbeitsräumen. In der Planungsphase kann die abschirmende Wirkung von Gebäuden und anderen Anlageteilen für Immissionsorte in der Nachbarschaft bestenfalls mit einer Abschätzung der ASchallpegelminderung berücksichtigt werden. Die Aufstellung eines Schallschirmes an einer Fremdschallquelle kann nur mit einem Richtwirkungsmaß für den Direktschall (ggfs. einschließlich der Bodenreflexion) und einer Emissionsminderung durch die schallabsorbierende Oberfläche des Schirmes [s. Bild 13 –13 und Gl. (25)] in die Planung einer Werkhalle einbezogen werden. Die zweite Beschreibungstiefe ist auf die standardisierten Schallschirme an Verkehrsanlagen im Freien und auf die Berücksichtigung der bodennahen meteorologischen Bedingungen bei der Schallausbreitung von Industrieanlagen mit einfachen Abschirmeinrichtungen anzuwenden. Die dritte Beschreibungstiefe wird nur herangezogen, um Ungenauigkeiten üblicher Näherungen für einfache Fälle quantitativ anzugeben und die Bedeutung von Erfahrungswerten über Umgebungseinflüsse aufzuzeigen. Methoden für diese Beschreibungstiefe beruhen hauptsächlich auf der geschlossenen Lösung der Wellengleichung unter den Randbedingungen eines keilförmigen Hindernisses und auf numerischen Berechnungen nach der Randelement-Methode für beliebige (wegen des Rechenaufwandes meistens nur zweidimensional betrachtete) Hindernisse [31]. Sie zeigen: – Maßgeblich für das Abschirmmaß eines Hindernisses ist in erster Linie die Fresnel-Zahl N=
h2eff λ
(
)
1 1 + . aQ aA
(60)
Sie nimmt mit der effektiven Höhe heff der Hinderniskante über der Sichtlinie zu und ist um so größer, je kleiner die Schallwellenlänge λ und der Quellabstand aQ und /oder der Empfängerabstand aA von der Hinderniskante sind. – Die geometrischen Kenngrößen können in guter Näherung durch den Umweg z = aQ + aA – r ≈
(
)
h2eff 1 1 + , 2 aQ aA
(61)
den der gebeugte Schallstrahl im Vergleich zum direkten Weg r zwischen Quelle und Aufpunkt durchläuft, zusammenfassend beschrieben werden, solange z | r ist.
418
–
– –
–
S. Gruhl und U. J. Kurze
Eine anschaulichere Deutung ergibt sich, indem mit dem Verhältnis heff (1/aQ + 1/aA ) = tan φ der Beugungswinkel φ an der Hinderniskante eingeführt wird. Je größer der Beugungswinkel und je höher das Hindernis, desto größer ist das Abschirmmaß. Die einfachen Näherungen gelten nur für kleine z-Werte und für Quell- und Aufpunkte, die nicht zu dicht am Hindernis liegen. Dann allerdings ist das Abschirmmaß unabhängig von der Hindernisform und von dessen schallabsorbierenden Eigenschaften. Das bedeutet, jedes Hindernis mit einer maßgeblichen Beugungskante darf durch einen dünnen Schirm ersetzt werden, der ausschließlich mit seiner Beugungskante wirksam wird. Wenn die Voraussetzung z | r nicht zutrifft, ist die Wegverlängerung des gebeugten Schallstrahles näherungsweise im Abstandsmaß zu berücksichtigen. Das Abschirmmaß kann also etwas zunehmen. Wenn Quellpunkt oder Aufpunkt dichter an der Oberfläche des Hindernisses liegen, ist deren Rückwirkung durch Spiegelquelle und Spiegelaufpunkt beschreibbar. Die Kombination aller Möglichkeiten ergibt vier Wege, zu denen unterschiedliche Umwege und damit Abschirmungen der Teilbeiträge gehören. Das resultierende Abschirmmaß wird deshalb um bis zu 6 dB kleiner. In üblichen Konventionen sind Minderungen von 3 dB bereits berücksichtigt. Sie gelten im Mittel für reflektierende Hindernisflanken. Bei absorbierenden Schirmen sind solche Abschläge im Prinzip nicht nötig. Die Mehrfachbeugung, z. B. an dicken Hindernissen wie Gebäuden, führt zu einer deutlichen Erhöhung des Abschirmmaßes [32].
In Ergänzung zur Theorie, in der eine Punktschallquelle, ein homogenes isotropes Medium für die Schallausbreitung und Reflexionen nur an einzelnen spezifizierten Flächen angenommen werden, bestehen die Erfahrungen, dass – Reflexionen zwischen Schallschirm und größerer Schallquelle das Abschirmmaß verschlechtern und durch absorbierende Verkleidung des Schirmes vermieden werden müssen, – die Abschirmwirkung im Freien bei Mitwind- und Inversionswetterlage in größeren Abständen von mehr als 100 m deutlich nachlässt und – bei Schallschirmen an Arbeitsplätzen durch den Einfluss mehrerer Beugungskanten, möglicher Undichtigkeiten, nicht näher zu beschreibender Reflexionen an Einrichtungsgegenständen u. a. kaum je das theoretische Abschirmmaß erreicht wird. Die Erfahrungen sind in die Richtlinien VDI 2714 und 2720 [4, 33] eingeflossen. Bei der Schallausbreitung im Freien wird mit einem Korrekturfaktor KW gerechnet, der den z-Wert mit zunehmendem Abstand exponentiell, d.h. gleichmäßig, abnehmen lässt. Anschaulicher sind Rechenmodelle, bei denen unter Witterungseinfluss mit nach unten gekrümmten Schallstrahlen zu rechnen ist, z.B. [9], S. 200. Die wirksame Schirmhöhe nimmt dann ab, im Grenzfall aber so stark, dass mit zunehmendem Abstand von der Schallquelle die Abnahme des Abschirmmaßes die Zunahme des Ausbreitungsmaßes übersteigen kann. Daraus ergibt sich in bestimmten Abständen ein niedrigerer Schalldruckpegel als in größeren Abständen. Praktisch sind solche Anomalitäten nicht auszuschließen, für eine Immissionsschutzplanung jedoch ungeeignet. Die Richtlinien VDI 2714 [4] und 2720 [33] enthalten weitere Angaben zur Berücksichtigung der Abschirmung bei sehr geringer und negativer Schirmhöhe, zur Doppelbeugung, zum Bodeneinfluss und zum Einfluss nicht näher beschreibbarer Re-
13. Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen
419
flexionen, die sämtlich als Konventionen zur vorsichtigen, eher unter- als überschätzenden Bestimmung des Einfügungsdämpfungsmaßes von Schallschirmen dienen. Unterschieden wird zwischen einem Abschirmmaß Dz = 10 lg (C1 + C2
z
C3 KW ) dB,
λ
(62)
das die Abschirmung des Direktschalles beschreibt, und dem Einfügungsdämpfungsmaß1), das die Schallpegeldifferenz an einem Aufpunkt ohne und mit Schirm unter Berücksichtigung aller Reflexionen in der Umgebung angibt. Die Größe C1 , die theoretisch für Quelle und Empfänger im akustischen Fernfeld der Schirmkante den Wert 4 annimmt, wird im Freien mit 3 und in Räumen mit 1 angesetzt. Ein aus der theore3 anwächst, tischen Reihenentwicklung folgender Summand, der proportional zu √N wird vernachlässigt. Als Faktor C2 für die halbe Fresnel-Zahl z /λ = N/2 wird – je nachdem, ob eine Bodenreflexion bereits eingeschlossen ist oder gesondert berücksichtigt werden soll – der Wert 20 bzw. 40 verwendet. Mit dem Faktor C3 wird eine Zunahme des Abschirmmaßes bei Doppelbeugung an dicken oder Mehrfachhindernissen um bis zu 5 dB angesetzt. Die einschlägigen Rechenvorschriften für Geräusche vom Straßen- und Schienenverkehr sind auf VDI 2714 und 2720 Blatt 1 abgestimmt, berücksichtigen jedoch besondere Quellpositionen und Spektren sowie Anforderungen an absorbierende Schallschirme, um damit in vereinfachender Form nur den A-Schalldruckpegel und nicht die Frequenzabhängigkeit zu behandeln. Zur Bestimmung des Einfügungsdämpfungsmaßes De von Schallschirmen in Räumen ist der abgeschirmte Direktschall mit dem unveränderten – oder durch die Absorption des quellnahen Schallschirmes um ∆ K0 verringerten – Hallfeld zu überlagern [35, 36]. Für einen etwa kubischen Raum, in dem um eine ungerichtet abstrahlende Schallquelle der Hallradius rg auftritt, bewirkt ein Schallschirm im Abstand r das Einfügungsdämpfungsmaß De (s) = 10 lg
(
)
1 + r 2 /r 2g dB. + 10 ∆ K0 /10 r 2 /r 2g
10 –Dz /10
(63)
Gleichung (63) ist im Bild 13–23 für verschiedene Abschirmmaße Dz , aber ohne Berücksichtigung des Raumwinkelmaßes nach Gl. (25) dargestellt. Im Gebiet überwiegenden Direktschalles, r | rg , tritt annähernd auch die im Freifeld angesetzte Wirkung ein. Mit wachsender Entfernung geht das Einfügungsdämpfungsmaß gegen Null. Von besonderer praktischer Bedeutung sind vierseitige, nach oben offene Schallschirme, die in horizontaler Richtung außerhalb des Schirmes nach allen Seiten hin eine Pegelminderung bewirken. Der Zugang nach Innen kann über eine Tür oder eine schallgedämpfte Öffnung erfolgen. Eine Schirmwirkung tritt auf, wenn die Schallwellenlänge kleiner als die kleinste Schirmabmessung l nach Länge, Breite oder Höhe ist. Für die untere Grenzfrequenz gilt näherungsweise fug ≈ 1
250 m /s . l
(64)
) Es ist hier angemessen, von Dämpfung statt von Dämmung zu sprechen, weil im maßgeblichen Schallausbreitungsweg um den Schirm herum kein Mediumwechsel des Schallträgers stattfindet.
420
S. Gruhl und U. J. Kurze
Bild 13–23. Einfügungsdämpfungsmaß De eines harten Schallschirmes vor einer Punktschallquelle im etwa kubischen Raum; Parameter: Abschirmmaß Dz des Schirmes im Freien, ∆ K0 = 0
Für den Frequenzbereich oberhalb fug kann man annehmen, dass sich Schall wie ein Strahl durch die Öffnung ausbreitet. Dann gilt für die Einfügungsdämpfung im näherungsweise diffusen Schallfeld außerhalb des abgeschirmten Bereiches [s. auch Gl. (25)] Ωges De = 10 lg 1 + α– – 1 dB.
[ (
)]
ΩÖ
(65)
Hierbei ist Ωges der Raumwinkel, in den die Abstrahlung ohne Schirm erfolgt, und Ω Ö der Raumwinkel, unter dem die Öffnungsfläche an der Schallquelle erscheint. Der mittlere Schallabsorptionsgrad α– ist unter Berücksichtigung von Boden- und Öffnungsfläche zu ermitteln. Für eine etwa mittige Anordnung der Schallquelle im abgeschirmten Bereich gilt mit den Bezeichnungen im Bild 13–24 Ω Ö = 4 arcsin
[(
)(
4 t2 +1 l 2s
)]
4 t2 +1 b2s
–0,5
.
(66)
Die Wirksamkeit des Schallschirmes kann um etwa 5 dB verbessert werden, wenn die durch die Quelle auf die Hallendecke projizierte Schirmöffnungsfläche schallabsorbierend verkleidet wird (s. Bild 13–24). Die Größe der auszukleidenden Fläche SD beträgt
(
SD = ls bs 1 +
h – hs t
)
2
.
(67)
Der Aufwand ist um so kleiner, je geringer die Deckenhöhe ist.
Bild 13–24. Zur Berechnung des Einfügungsdämpfungsmaßes vierseitiger Schallschirme im Flachraum (bS Schirmbreite)
13. Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen
421
Bild 13–25. Aufbau einer Schallschutzwand aus Lochblech (1), Mineralwolle (2) und einer festen Wand (3)
13.8.3 Bauformen Schallschirme sind in der Regel breitbandig schallabsorbierend zu gestalten. Teilweise durchsichtige Flächen beeinträchtigen die Wirksamkeit um so weniger, je kleiner und quellferner sie angeordnet sind. Weil sich die Beugungskante möglichst nah an der Schallquelle befinden soll, ohne dass der Schallschirm Verkehrswege oder den Zugang zur Schallquelle behindern darf, kommen neben ebenen Bauformen gelegentlich zur Schallquelle hin abknickende Schirme in Betracht. Bild 13 –25 zeigt den Querschnitt durch eine bewährte Schallschirmkonstruktion. Ein Lochblech mit wenigstens 33 % Lochflächenanteil befindet sich zum Schutz vor Beschädigung und Verschmutzung im Abstand von etwa 10 bis 30 mm vor einer etwa 50 mm dicken Mineralfaserplatte mit einem Strömungswiderstand von 800 N · s /m3. Sie ist in etwa 50 bis 80 mm Abstand vor einer ausreichend schalldämmenden Rückwand angeordnet. Besondere Bauformen, die durch Resonatoren an der Schirmkante, mitschwingende oder in besonderer Weise schalltransparente Schirmteile die Wirksamkeit einfacher Schirmwände verbessern sollen, sind physikalisch nicht als breitbandig wirksam einzuschätzen und haben auch in Feldversuchen keine besondere Wirkung gezeigt. 13.8.4 Werkstoffe Für Schallschirme im Freien werden Bleche aus Kunststoff, Aluminium, verzinktem Stahl, Holzwände und imprägnierte Mineralwolle verwendet. Daneben kommen auch offenporige Steine auf der schallabsorbierenden und Betonwände auf der Rückseite zur Anwendung. Schalltechnische Anforderungen bestehen im wesentlichen an den Absorber, während die Standsicherheit der Konstruktion in der Regel schon für eine ausreichend hohe Schalldämmung sorgt. Für den Einsatz an Arbeitsplätzen in Werkhallen kommen die für Verkehrsanlagen handelsüblichen Produkte in Betracht, aber auch vorhangartige Konstruktionen mit einer Flächenmasse von wenigstens 5 bis 10 kg /m2 . In Büroräumen sind die Anforderungen an die mechanische Stabilität geringer, sodass einfache Stoffbespannungen als Abdeckung des Absorbers häufig genügen. 13.8.5 Wirksamkeit Erfahrungswerte zum Einfügungsdämpfungsmaß (Messung im Einzelfall nach [34]) von Schallschirmen in Flachhallen sind in Tabelle 13 –5 zusammengestellt. Schall-
422
S. Gruhl und U. J. Kurze
Tabelle 13–5. Erfahrungswerte für das Einfügungsdämpfmaß De von Schallschirmen in flachen Hallen nach [35, 36] h/H
< 0,3 0,3 bis 0,5 > 0,5
s/H < 0,3
0,3 bis 1
1 bis 3
7,4 dB 10 dB –
4 dB 7 dB 9 dB
– 4 dB 6 dB
mit h, Schirmhöhe in m; H, Raumhöhe in m; s, Abstand Quelle – Empfänger in m.
schirme und Teiltrennwände liefern nur dann eine nennenswerte Einfügungsdämpfung von mehr als 5 dB, wenn – die ursprüngliche Öffnungsfläche durch den Schirm oder die Teiltrennwand zu mehr als 50 % versperrt ist und – die verbleibende Öffnungsfläche schallabsorbierend berandet ist, wobei – die schallabsorbierende Fläche sich senkrecht zur Öffnungsfläche mindestens in der dreifachen Breite der Öffnungsfläche erstrecken soll.
13.9 Trennwände, Kapseln, Kabinen 13.9.1 Anwendung In modernen Werkhallen sind Trennwände grundsätzlich unerwünscht, weil sie den Produktionsablauf und die Flexibilität der Nutzung einschränken und zusätzliche Anforderungen an Beleuchtung, Klimatisierung, Sicherheitssysteme, Transportsysteme u.a. stellen. Aus schalltechnischen Gründen kann der Einsatz jedoch geboten sein, um geräuschintensive Produktionsbereiche von leisen Bereichen abzutrennen. Wegen der einschneidenden Bedeutung sind Trennwände frühzeitig in die Planung von Neuanlagen oder die Aufstellung von Lärmminderungsplänen einzubeziehen. Zu unterscheiden sind – geschlossene Trennwände zur Abtrennung ganzer Hallenschiffe oder großer Hallenteile mit allseitigem Anschluss an den Baukörper und – Teiltrennwände, die große Öffnungen für Transportwege u. a. enthalten. Geschlossene Trennwände bilden auch Einhausungen in Form von Kapseln für Maschinen und Anlagen und in Form von Schallschutzkabinen für Personen. Teiltrennwände wirken z. T. wie Schallschirme, entkoppeln jedoch in erster Linie Hallfelder und schirmen nur zusätzlich den Direktschall ab. Genaue Abgrenzungen der Begriffe lassen sich nicht vornehmen.
Kapseln umschließen die Geräuschquelle und – bei höheren Anforderung an den Schallschutz – deren elastische Lagerung. Schallschutzkabinen werden für Bedienund Steuerstände an lauten Maschinen, für Meisterbüros, Telefonkabinen, schallgeschützte Räume für Bedien- und Wartungspersonal und ähnliche Aufgaben eingesetzt [38].
13. Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen
423
Bild 13–26. Einhausung von Schallquellen und Arbeitsplätzen. a) Kabine; b) Kapsel
13.9.2 Akustische Wirkung Die Einfügungsdämmung einer Trennwand ergibt sich aus dem Schalldruckpegel L II im Empfangsraum ohne und mit Wand (s. Abschn. 13.4.1). Mit schweren, massiven und geschlossenen Trennwänden sind bei 500 Hz Werte von 30 bis 40 dB, mit leichteren, teilweise lichtdurchlässigen Werkstoffen von etwa 15 bis 25 dB erzielbar. Voraussetzung dafür ist die Vermeidung von Nebenwegen und Öffnungen, z. B. über Anschlüsse der Trennwand an das Bauwerk, durch Türen, Tore und Durchbrüche für Versorgungsleitungen. Kleinere Öffnungen sind durch Schalldämpfer akustisch zu verschließen. Für das Einfügungsdämm-Maß De von Einhausungen gilt mit den Bezeichnungen im Bild 13–26 (s. auch Abschn. 9) De = R′ + 10 lg
AK dB . SK
(68)
Die äquivalente Absorptionsfläche AK der Einhausung schließt den Fußboden und die Einrichtung ein. Maßgeblich sind das Schalldämm-Maß und der Schallabsorptionsgrad, während die Größe der Einhausung keinen Einfluss nimmt (Messung im Einsatzfall nach [37]). Das Schalldämm-Maß von Türen und Beobachtungsfenstern muss dem der verwendeten Wände angepasst sein (u. U. schalldämmende Türen mit speziellen Dichtungen und Mehrfachverglasung). Die Innenseite der Einhausung ist schallabsorbierend zu verkleiden. Lüftungsöffnungen sind schallgedämpft auszuführen. Bei Zwangsbelüftung ist das Ventilatorgeräusch in die Auslegung des Schalldämpfers einzubeziehen. Handelsüblich sind komplette oder aus Elementen zusammensetzbare Einhausungen verfügbar. Aufmerksamkeit ist der Aufstellung, Anpassung und Wartung zu widmen, damit zusätzliche Öffnungen, die für Durchführungen benötigt werden, dauerhaft schalldicht verschlossen oder schallgedämpft ausgeführt werden.
13.10 Schrifttum [1] BG-Vorschrift „Lärm“ (BGV B 3). Berufsgenossenschaft der Gas-, Fernwärme- und Wasserwirtschaft, Ausgabe 2000. [2] DIN EN ISO 11690: Akustik, Richtlinien für die Gestaltung lärmarmer maschinenbestückter Arbeitsstätten. Teil 1: Allgemeine Grundlagen (Februar 1997); Teil 2: Lärmminderungsmaßnahmen (Februar 1997) Teil 3: Schallausbreitung und -vorausberechnung in Arbeitsräumen (Januar 1999).
424
S. Gruhl und U. J. Kurze
[3] Taschenbuch Akustik, Hrsg. Fasold W.; Kraak W.; Schirmer W.; Berlin: Verlag Technik, 1984. [4] VDI 2714: Schallausbreitung im Freien (Januar 1988); siehe auch DIN ISO 9613-2: Akustik, Dämpfung des Schalls bei der Ausbreitung im Freien, Teil 2: Allgemeines Berechnungsverfahren (Oktober 1999). [5] Rathe E. J.: Note on two common problems of sound propagation. J. Sound, Vib. 10 (1969), Nr. 3, S. 472 – 479. [6] DIN 18005-1: Schallschutz im Städtebau, Teil 1: Grundlagen und Hinweise für die Planung (Juli 2002). [7] Tatge R. B.: Noise radiation by plane arrays of incoherent sources. J. Acoust. Soc. Amer. 52 (1972), Nr. 3, S. 732 – 736. [8] ISO 9613-1: Acoustics, Attenuation of sound during propagation outdoors; Part 1: Calculation of the absorption of sound by the atmosphere (June 1993). [9] Taschenbuch der Technischen Akustik, 3. Auflage, Hrsg. Müller G.; Möser M.; Berlin: Springer-Verlag, 2004. [10] Cremer L.; Müller H. A.: Die wissenschaftlichen Grundlagen der Raumakustik, Band 1. Stuttgart: Hirzel 1978. [11] Kuttruff H.: Stationäre Schallausbreitung in Flachräumen. Acustica 57 (1985), Nr. 2, S. 63 – 70. [12] Kuttruff H.: Stationäre Schallausbreitung in Langräumen. Acustica 69 (1989), Nr. 2, S. 53 – 62. [13] Lindqvist E. A.: Noise attenuation in factories. Appl. Acoustics 16 (1983), Nr. 3, S. 183 – 214. [14] Vorländer M.: Die Genauigkeit von Berechnungen mit dem raumakustischen Schallteilchenmodell und ihre Abhängigkeit von der Rechenzeit. Acustica 66 (1988), Nr. 2, S. 90 – 96. [15] Ondet A. M.; Barbry J. L.: Modelling of sound propagation in fitted workshops using ray tracing. J. Acoust. Soc. Amer. 85 (1989), Nr. 2, S. 787 – 796. [16] Jovicic S.: Untersuchungen zur Vorausbestimmung des Schallpegels in Betriebsgebäuden. Müller-BBN-Bericht Nr. 2151 (1971). [17] Hodgson M.: Theoretical and physical models as tools for the study of factory sound fields. Southampton: PhD thesis, 1983. [18] DIN EN 20354: Akustik, Messung der Schallabsorption im Hallraum (Juli 1993); siehe auch DIN EN ISO 11654: Akustik, Schallabsorber für die Anwendung in Gebäuden, Bewertung der Schallabsorption (Juli 1997). [19] Kraak W.; Jeske W.: Schallausbreitung in flachen Werkhallen mit Streukörpern. Hochfrequenztechnik und Elektroakustik 80 (1971), Nr. 1, S. 32 – 37. [20] Lazarus H.: Schallausbreitung in Flachräumen. In: Fortschr. d. Akustik-DAGA ´87, S. 157 – 178. Bad Honnef: Dt. Phys. Ges., 1987. [21] Cremer L.; Müller H. A.; Schultz T. J.: Principles and Applications of Room Acoustics, Bd. 1. London: Appl. Sci. Publ., 1982. [22] Schmidt H.: Schallausbreitung und Schalldämpfung in Flachräumen. Acustica 62 (1986), Nr. 2, S 84 – 90. [23] Kuttruff H.: Simulierte Nachhallkurven in Rechteckräumen mit diffusem Schallfeld. Acustica 25 (1971), Nr. 6, S. 333 – 342. [24] VDI 3760: Berechnung und Messung der Schallausbreitung in Arbeitsräumen (Februar 1996); siehe auch DIN EN ISO 14257: Akustik, Messung und Parametrisierung von Schallausbreitungskurven in Arbeitsräumen zum Zweck der Beurteilung der akustischen Qualität der Räume (März 2002). [25] Gruhl S.: Schallausbreitung und Schallschutz in Produktionsstätten. In: Lärmbekämpfung: Hrsg. Schirmer W.; Berlin: Verlag Tribüne, 1989 [26] Kurze, U. J.; Jovicic, S.; Martner, O.: Modelluntersuchungen zur Schallausbreitung in Flachhallen. In: Fortschr.-Ber. VDI, R. 15, Nr. 77. Düsseldorf: VDI-Verlag, 1990. [27] Gibbs, B. M.; Jones, D. K.: A simple image method for calculating the distribution of sound pressure levels within an enclosure. Acustica 26 (1972), Nr. 1, S. 24 – 32.
13. Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen
425
[28] Kurze, U. J.: Scattering of sound in industrial spaces. J. Sound Vib. 98 (1985), Nr. 3, S. 349 – 364. [29] Gruhl, S.: Schallausbreitung in Räumen mit Quellenfeldern. Diss. Tech. Univ. Dresden, 1976. [30] Richtlinie 2003/10/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Februar 2003 über Mindestvorschriften zum Schutz von Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer vor der Gefährdung durch physikalische Einwirkungen (Lärm). Amtsblatt der Europäischen Union, 15.02.2003. [31] Hothersall, D. C.: Modelling the performance of noise barriers. Proc. Eurosymp., Nantes: The mitigation of traffic noise in urban areas, 1992, S. 251 – 262. [32] Walerian, E.: Multiple diffraction at edges and right angle wedges. Acustica 78 (1993), Nr. 4, S. 201 – 209 [33] VDI 2720: Schallschutz durch Abschirmung Blatt 1: im Freien (März 1997) Blatt 2: in Räumen (April 1983). [34] DIN EN ISO 11821: Akustik, Messung der Schalldämpfung von versetzbaren Schallschirmen im Einsatzfall (August 1997). [35] Kurze, U. J.; Nürnberger, H.: Schallschirme für Fertigungs- und Büroräume. Schriftenreihe der BAuA, Fb 896. Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 2000. [36] ISO 17624: Acoustics – Guidelines for noise control in offices and workrooms by means of acoustical screens (May 2004). [37] DIN EN ISO 11546-2: Akustik, Bestimmung der Schalldämmung von Schallschutzkapseln; Teil 2: Messung im Einsatzfall (Juni 1996). [38] DIN EN ISO 15667: Akustik, Leitfaden für den Schallschutz durch Kapseln und Kabinen (Juli 2001). [39] Fuchs, H. V.: Schallabsorber und Schalldämpfer. Berlin: Springer-Verlag, 2004.
14. Adaptronik-Anwendungen W.-G. Drossel
14.1 Einführung Die steigenden Anforderungen an den technischen Lärmschutz und die technischen Entwicklungen auf den Gebieten Sensoren, Aktoren und Regelungselektronik lassen aktive Lösungen wieder verstärkt in den Blickpunkt des Interesses treten. Die Grundidee der aktiven Lärmreduzierung, die Addition eines exakt um 180° zur Anregung phasenverschobenen Signals wurde bereits von Leonardo da Vinci beschrieben und 1933 von Paul Lueg patentiert (Fig. 1 im Bild 14–1). Die wissenschaftliche Arbeit auf diesem Gebiet ist ungebrochen, es existieren für dieses Gebiet Active Noise Control (ANC) ca. 8000 Veröffentlichungen. Im Zuge der Erforschung sog. aktiver Materialien hat sich mit der Adaptronik ein weiterer Schwerpunkt herausgebildet, dessen wesentliches Ziel die aktive Beeinflussung der Struktur-
Bild 14–1. Patent zur aktiven Lärmminderung von Paul Lueg
14. Adaptronic-Anwendungen
427
dynamik eines Systems ist. Diese Ansätze werden auch unter Active Structural Acoustic Control zusammengefasst. Damit kann bereits die Ursache der Schallabstrahlung beeinflusst werden. Das Grundprinzip besteht darin, durch Sensoren ermittelte Verformungen oder Lageveränderungen einer mechanischen Struktur aufgrund äußerer statischer und dynamischer Lasten, durch in der Struktur integrierte Aktoren zu kompensieren. Die Adaptronik überführt den Grundgedanken der Mechatronik, das geregelte mechanische System, in die Struktur- und Werkstoffebene, wobei der Übergang fließend ist (Bild 14–2). Diese sog. strukturkonformen Aktoren sind aus aktiven Materialien aufgebaut. In der heutigen Ausprägung noch als eigenständiges Bauelement sollen Sensoren und Aktoren zukünftig als aktivierbarer Materialbereich in einem Verbund mit einem Konstruktionswerkstoff verschmelzen. Als aktiv werden heute Materialien bezeichnet, die unter Einwirkung einer äußeren Feldgröße ihre mechanischen oder elektrischen Eigenschaften oder aber geometrische Abmessungen ändern können. Die bekanntesten Vertreter sind die piezoelektrischen Werkstoffe, magnetostriktive Materialien (z. B. Terfenol), Formgedächtnislegierungen (NiTi) oder aktive Fluide. Angepasste Regelungsalgorithmen und eine Elektronik zur Signalverarbeitung und Leistungsansteuerung ermöglichen eine autonome Reaktion dieser Strukturen auf äußere Störungen. Im Fokus des technischen Lärmschutzes steht dabei die aktive Beeinflussung des Schwingungsverhaltens im Sinne geringerer Schallabstrahlung einer Struktur bzw. Maschine oder Anlage. Der prinzipielle Aufbau eines adaptronischen Systems zur Minderung der Schallabstrahlung an schwingenden Platten ist im Bild 14-3 dargestellt. Quelle der Entwicklung sind Forschungsarbeiten der Luft- und Raumfahrt sowie der Rüstungsindustrie in den USA. Zielstellung war hier zum einen der extreme Leichtbau für Raumfahrtmissionen und zum anderen die Gestaltänderung von Strömungsgeometrien in der Luftfahrt. Ein Beispiel für das erstgenannte Problem ist die Dämpfung von Schwingungen beim Entfalten von Satellitenspiegeln. Variable Strömungsklappen an Flugzeugtragflächen mit dem Ziel der Treibstoffeinsparung oder die adaptive Flügelorientierung an Helikoptern zum Vermeiden des extrem lauten Strömungsabrisses waren Forschungsstudien im Bereich der militärischen Luftfahrt [1, 2]. Das Ziel durch die Entwicklung von Piezofolien- und -fasermodulen eine werkstoffintegrierbare Aktorapplikationsform zu schaffen und die Eignung adaptronischer Systeme zur Beherrschung von akustischen und Schwingungsproblemen anhand von realen Industrieanwendungen nachzuweisen, wurde in [3] verfolgt.
Bild 14–2. Systemaufbau
428
W.-G. Drossel
Bild 14–3. Wirkprinzip eines adaptronischen Systems zur Schallminderung
14.2 Aktive Werkstoffe Basis adaptronischer Systeme bilden werkstoffgebundene Aktoren und Sensoren. In der Tabelle 14–1 sind die wesentlichen Eingangs- und Ausgangsgrößen sowie die Stellbereiche der auch unter dem Begriff „smart materials“ geführten Wandlerwerkstoffe zusammengestellt. Für tiefer gehende Informationen über die zugrunde liegenden Effekte in der Mikrostruktur der Werkstoffe sei auf die weiterführende Literatur verwiesen [4]. Tabelle 14–1. Wandlerwerkstoffe
Formgedächntislegierung (NiTi – z. B. Nitinol) Aktor Sensor Piezokeramik Aktor Sensor Magnetostriktive Legierungen (z.B. Terfenol) Aktor Magnetische Formgedächtnislegierung NiMnGa Aktor MR/ER-Fluide Aktor
Eingangsgrößen
Ausgangsgrößen
Stellbereiche
Temperatur Formänderung
Formänderung elektr. Widerstand
0…8% 0…15%
Elektr. Spannung Dehnung
Dehnung Elektr. Spannung
1…2 µm/mm …100 kV
Magnetfeld
Dehnung
…1 µm/mm
Magnetfeld Magnetfeld Elektr. Feld
Dehnung Viskosität Viskosität
0…10% F=0 Newton-Fluid F>0 Bingham-Medium
14. Adaptronic-Anwendungen
429
Bild 14–4. Eigenschaftspotential von Aktoren aus aktiven Materialien
Aufgrund der spezifischen Werkstoffeffekte ist das Eigenschaftspotential aktiver Materialien auch hinsichtlich der erreichbaren Kräfte und das nutzbaren Frequenzbereiches sehr unterschiedlich. Zur Charakterisierung der Einsatzgrenzen ist daher im Bild 14–4 das volumenbezogene Arbeitsvermögen (max. Dehnung * max. Kraft/Volumen) über der maximal nutzbaren Arbeitsfrequenz im Vergleich mit konventionellen Aktoren, z.B. Hydraulik aufgetragen. Aktoren aus „smart materials“ bewegen sich zwar in den Leistungsbereichen klassischer Antriebssysteme, sind jedoch in ihren absoluten Hüben stark begrenzt. Es gibt keinen aktiven Werkstoff, welcher die Kombination große Kraft, große Dehnung und hohe Arbeitsfrequenz aufweist. Die begrenzende Größe bei klassischen Formgedächtnislegierungen ist aufgrund der thermischen Initiierung einer Gefügeumwandlung zur Formänderung die Arbeitsfrequenz, bei magnetischen Formgedächtnislegierungen ist es die niedrige Blockierkraft (Kraft, bei der die geometrische Formänderung des angesteuerten Aktors gleich Null ist; vergleichbar mit der Kurzschlusskraft, Kap. 4, Bild 4–5, in der elektro-mechanischen Analogie) von 1 N pro mm2 Aktorfläche. Interessant ist die hohe Energiedichte von magnetostriktiven Materialien. Allerdings sind durch die erheblichen Magnetfelder zur Ansteuerung geometrisch große Spulenpakete notwendig, die das Gesamtvolumen der Aktors im Verhältnis zum Volumen des eigentlichen aktiven Materials negativ beeinflussen. Für Anwendungen zur Schwingungskontrolle ist Piezokeramik aufgrund der hohen Blockierkräfte (3–5 kN pro cm2 Aktorfläche) und des großen Bereiches der Arbeitsfrequenz am besten geeignet. Der Piezoeffekt wurde 1880 von Piere und Jaques Curie entdeckt. Die spezifische Dipolstruktur eines Blei-Zirkon-Titanat (PZT)-Gitters führt dazu, dass bei einer von außen induzierten Verformung des Kristalls durch Ladungsverschiebung ein elektrisches Feld entsteht. Dieses bezeichnet man als direkten piezoelektrischen Effekt. Der indirekte piezoelektrische Effekt der Verformung tritt ein, wenn an eine gepolte Piezokeramik ein elektrisches Feld angelegt wird (Bild 14–5).
430
W.-G. Drossel
Bild 14–5. Piezoeffekt
Der Piezoeffekt und dessen Umkehrung wirken räumlich. Die aktorische Wirkrichtung kann damit in oder normal zur Polarisierungsrichtung liegen. Bei Anlegen des elektrischen Feldes in Polarisierungsrichtung (Richtung eines starken elektrischen Feldes zur Ausrichtung der nach dem Sinterprozess der Piezokeramik stochastisch orientierten Kristalle – Prozess der „Aktivierung“ der Piezokeramik) kommt es zur Elongation in Feldrichtung, dem sog. d33-Effekt. (d – mechanische Längenänderung pro anliegender elektrischer Feldstärke, der Index 3 wird üblicherweise zur Kennzeichnung der Polarisierungsrichtung verwendet). Gleichzeitig erfolgt eine Kontraktion in den Normalrichtungen, der sog. d31-Effekt. Dessen Größenordung beträgt zwischen 30 und 50% des Haupteffektes in Feldrichtung. Die aus diesen Effekten abgeleiteten Bauformen zeigt Bild 14–6. Beim Stapelaktor werden dünne Schichten Piezokeramik mechanisch in Reihe angeordnet und elektrisch parallel kontaktiert. Es wirkt der d33-Effekt. Es addieren sich die Dehnungen der Einzelscheiben bei jeweils gleicher Ansteuerfeldstärke. Der Arbeitsbereich eines solchen Piezoaktors wird anhand eines Weg-Kraft-Diagramms (Bild 14–7) charakterisiert. Mit dem Aktor lässt sich jeder beliebige Punkt unterhalb der Kennlinie maximaler Betriebsspannung realisieren. Seine Maximalkraft erreicht der Aktor im blockierten Zustand, d. h. beim Hub Null. Umgekehrt wird der Maximalhub (Leerlaufhub) nur ohne Last realisiert. Der Anstieg der Kennlinie entspricht dem Betrag nach dem Reziproken der mechanischen Steifigkeit des Aktors. In Stapelaktoren können hohe Dehnungen aufgrund der hohen wirkenden Feldstärke in der dünnen Einzelscheibe bei relativ niedrigen Ansteuerspannungen (150–200 V – Niedervoltaktoren) erreicht werden. Diese Stapelaktoren werden in der speziellen Bauform der monolithischen Vielschichtaktoren heute serienmäßig in Kraftstoffinjektoren
Bild 14–6. Konventionelle Bauformen von Piezoaktoren
431
14. Adaptronic-Anwendungen
Bild 14–7. Kraft-Weg-Diagramm eines Piezostapelaktors
für PKW-Motoren eingesetzt. Im Gegensatz dazu nutzt der dargestellte Streifenaktor den d31-Effekt, verkürzt sich also beim Anlegen eines elektrischen Feldes. Genutzt werden solche Aktoren in Präzisionspositioniersystemen. Der Stellweg wird durch die Länge des Streifens, die notwendige Betriebsspannung durch die Dicke des Streifens und die Steifigkeit des Aktors durch die Anzahl parallel liegender Streifen bestimmt. Eine weitere typische Anwendungsform ist der Biegeaktor. Dort ist eine Schicht aus Piezokeramik ein- oder beidseitig auf einem Trägermaterial aufgebracht. Durch die Verkürzung oder Verlängerung der Randfaser kommt es zur Biegung. In großen Stückzahlen werden diese piezokeramischen Biegewandlern zur Nadelbewegung in Textilmaschinen eingesetzt. In der Tabelle 14–2 sind die aktorischen Parameter der oben beschriebenen Applikationsformen noch einmal zusammengefasst. Eine neue Entwicklung im Rahmen der Adaptronik stellen piezokeramische Aktoren aus Piezofolien und -fasern dar, die vorteilhaft auch auf gekrümmte flächige Strukturen zur Schwingungskontrolle appliziert werden können. Bild 14–8 zeigt den Aufbau eines Fasermoduls [5]. Eine weitere Entwicklungstendenz ist der Aufbau von d31-Volumenkompositen auf der Basis von Piezoröhrchen oder Platten [6]. Damit können Aktoren in beliebiger äußerer Geometrie aufgebaut werden, die eine hohe Stabilität gegenüber Querkräften und Momenten aufweisen. Aufgrund dessen können in Konstruktionen mit diesen Aktoren aufwendige mechanische Elemente zur uniaxialen Gestaltung der Lasteinleitung entfallen, welche heute ein großes Problem mit einem hohen Kostenfaktor bei der Verwendung klassischer Piezostapelaktoren darstellen. Tabelle 2. Parameter von Piezoaktoren
Stellwege Blockierkräfte
Piezostapel
Streifenaktor
Biegeaktor
≤ 300 ≤ 70
≤ 100 ≤ 0,2
≤ 2000 ≤ 0,05
µm kN
432
W.-G. Drossel
Bild 14–8. Piezofaserkomposite – Grundaufbau von Macro-Fibre-Composits [5]
14.3 Systementwurf Die komplexen Zusammenhänge von Werkstoff – Mechanik – Elektronik machen eine Softwareunterstützung des Entwurfs unumgänglich. Tabelle 14–3 stellt die entsprechenden Simulationsmethoden für die Teilsysteme zusammen. Für die simulationsgestützte Bewertung der Funktion des Gesamtsystems ist eine Kopplung der Entwürfe der Teilsysteme notwendig. Je nach Dominanz der Optimierungsaufgabe eines speziellen Teilsystems können hier verschiedene Strategien verfolgt werden. Problematisch ist dabei immer die notwendige Reduktion der Modelltiefe zur Integration in das jeweils andere Entwurfssystem. Ein universelles Werkzeug insbesondere zur Untersuchung der Koppeleffekte von Wandler und Mechanik stellt die Methode der Finiten-Elemente (FEM) dar. Dieser Weg ist auch dann vorzuziehen, wenn nachfolgend eine Berechnung des Schallabstrahlungsverhaltens mittels Boundary-Element-Methode (BEM) erfolgen soll. Prinzipiell besteht die Möglichkeit der Integration des Regelungsalgorithmus. Schwierig ist die Integration elektronischer Schaltungen zur Ansteuerung oder Regelung der Aktoren in FEM-Modelle. Bei der Entwicklung mechatronischer Systeme hat sich bei der Systemanalyse und Simulation der Strecke für den Reglerentwurf eine Kopplung zwischen Mehrkörpersimulations- und Reglerentwicklungssoftware etabliert. Basis bildet die Beschreibung der Mechanik als reduziertes modales System. Tabelle 14–3. Simulationsmethoden für Teilsysteme eines adaptronischen Systems Mechanik
Wandler (Aktor-Sensor)
Regelung
Elektronik
CAD
Vierpolbeschreibung
Netzwerktheorie
MKS
FEM – gekoppelte Feldberechnung
Transformation in den Frequenzbereich Zeitbereichsanalyse Zustandsraumdarstellung
FEM Analytische Modelle
14. Adaptronic-Anwendungen
433
Bild 14–9. Darstellung eines Piezoaktors als Gyrator (links) und eines Biegebalkens (rechts) über elektro-mechanische Netzwerke
Eine Alternative zur auf die Mechanik orientierten Vorgehensweise stellen die elektromechanischen Analogien dar. Hierbei wird nicht das mechanische System als Basissystem angesetzt, sondern die sehr gut entwickelte Netzwerktheorie elektrischer Schaltungen. Die zwischen Mechanik und Elektronik vermittelnden Wandlerelemente (Aktoren und Sensoren) werden über eine Vierpoldarstellung integriert. Bild 14–9 zeigt das Funktionselement Gyrator für die Transformation der elektrischen in die mechanischen Größen in einem Piezoaktor (eine anliegende Spannung und der sich über die elektrische Kapazität des Aktors ergebende Strom werden in eine Kraft und Geschwindigkeit und damit einen Stellweg umgesetzt) und die Transformation eines Biegebalkens in die Darstellung als ein elektrisches Netzwerk. Weiterführende Information zu dieser Vorgehensweise sind in [7] zu finden.
14.4 Systemtechnik Wesentliche Bestandteile eines adaptronischen Systems stellen leistungsfähige elektronische Komponenten zur Ansteuerung und Regelung von Aktoren und Sensoren dar. Dazu gehören Leistungsverstärker und die Hard- und Software zur Regelung. Die Auslegung der Leistungsverstärker muss die Art der elektrischen Last (z. B. kapazitive Last bei Piezoaktoren und induktive Last bei magnetisch aktivierbaren Materialien) und deren Größe berücksichtigen. Prinzipiell existieren zwei Grundkonzepte – analoge und schaltende Verstärker. In der Tabelle 14–4 sind sie in wesentlichen Eigenschaften zusammengestellt. Grundsätzlich gilt hier die Empfehlung Analogverstärker bei niedrigen Lasten (z. B. Piezofasermodule mit einer Kapazität im nF-Bereich) und Schaltverstärker mit Energierückgewinnung bei hohen Lasten (z. B. Piezostapelaktoren mit einer Kapazität im µF-Bereich) einzusetzen. Die Entwicklung spezieller Ansteuerkonzepte ist noch nicht abgeschlossen. So werden seit einigen Jahren Hybridverstärker diskutiert [8], bei denen das Bezugspotential einer analogen Endstufe durch Schaltverstärker gesteuert wird. Die damit erreichbare niedrige Restwelligkeit der Ansteuergröße erhöht durch reduzierte mechanische Belastung und verringerte innere Verluste die Lebensdauer des Aktors, bei gleichzeitig geringen Verlusten im Verstärker.
434
W.-G. Drossel
Tabelle 14-4. Eigenschaften von Verstärkerkonzepten Schaltverstärker
Analogverstärker
Leistungsverluste
Nur während der Schaltvorgänge
Energierückgewinnung Restwelligkeit des Ausgangssignals
Prinzipiell möglich hoch
Kontinuierlich ansteigend mit wachsender Ausgangsleistung Nicht möglich gering
Klirrfaktor Elektromagnetische Verträglichkeit Verfügbarkeit von Leistungstransistoren Schaltungskomplexität
hoch Abstrahlung von hohen Frequenzen Sehr gut
gering Geringe Störstrahlung
Relativ hoch
gering
Weniger gut
Über die Art der Quelle kann Einfluss auf das Aktorverhalten der Wandlerwerkstoffe genommen werden. So weisen Piezoaktoren bei Spannungsansteuerung eine hohe Hysterese auf, die durch Steuerung über den Ladestrom stark verringert werden kann. Hauptproblem in industriellen und vor allem in mobilen Anwendungen ist die noch nicht erfolgte Miniaturisierung der Leistungselektronik. Hier sind in den nächsten Jahren vor allem Fortschritte bei neuen Konzepten für Schaltverstärker zu erwarten. Die Anforderungen an die Regelungselektronik werden wesentlich von der notwendigen Komplexität des Regelungsalgorithmus bestimmt. In den bisherigen Forschungsarbeiten kommen oft sog. Rapid Control Prototyping Systeme zum Einsatz. Diese bestehen im Wesentlichen aus angepassten E/A-Karten und einem Industrie-PC mit Echtzeitbetriebssystem, auf das per Compiler Code aus den Simulationsumgebungen heruntergeladen werden kann. Aufgrund des für akustische Problemstellungen häufig aufwendigen Regelungsalgorithmus mit hohen Abtastraten (rekursive Filter) oder hohen Filterordnungen (adaptive Filter) ist beim praktischen Einsatz adaptronischer Komponenten die Nutzung von Digitalen Signal Prozessoren (DSP) angebracht. Durch den Einsatz von Tools für eine optimierte Softwaregenerierung sollen auch preisgünstige Zielplattformen wie Mikroprozessoren oder ggf. Field-programmable Gate Arrays (FPGA) erschlossen werden [13].
14.5 Anwendungsbeispiele Die bisherigen Anwendungen von Adaptronik im technischen Lärmschutz lassen sich in die Bereiche – – – –
Strukturkontrolle Schwingungsdämpfung Schwingungstilgung Schwingungsisolation
einordnen.
14. Adaptronic-Anwendungen
435
14.5.1 Strukturkontrolle Die Strukturkontrolle ist das Kernziel der Adaptronik. Durch lokal verteilte Werkstoffintegration von Aktoren aus Wandlermaterialien soll eine aktive Steuerbarkeit der Strukturdynamik des Bauteils bis hin zur aktiv steuerbaren Schallabstrahlung erreicht werden. Dabei kann die Forderung nach hoher dynamischer Steife auch im Widerspruch zur Forderung nach minimaler Schallabstrahlung stehen. Ein Beispiel dafür sind die in [9] dargestellten Arbeiten zur Beruhigung eines PKW-Dachbleches. Eine Reduktion der Strukturmoden bewirkte keine Verringerung des Schallpegels im Innenraum, solange die Regelung auf Basis eines Schwingungssignals erfolgte. Erst die Veränderung des Regelungsalgorithmus auf Basis eines gemessenen Mikrofonsignals, d.h. durch Anwendung der sog. ASAC – Active Structural Acoustic Control – brachte den gewünschten Erfolg. Deshalb ist für die Auswahl des Regelungskonzeptes die Wirksamkeit energiereicher Moden für die tatsächliche Schallabstrahlung im Vorfeld durch die Kombination von Simulation und Messung zu bestimmen. Bild 14–10 zeigt als Beispiel den mit der Methode der Finiten Elemente berechneten Mode und den Nachweis seiner akustischen Wirkung durch stationäre akustische Holografie. In diesem Fall kann bereits durch Messung lokaler Dehnungsmaxima in der Platte und die dementsprechende Gegensteuerung durch ebenfalls nahe des Schwingungsmaximums applizierte Piezofolienmodule sowohl die Strukturschwingung als auch die Schallabstrahlung deutlich reduziert werden (Bild 14–11). Applizierte Piezofolienaktoren Oftmals wird die Strukturkontrolle auch angewandt, um ein Eintreten von Resonanzen in Baugruppen zu verhindern, die selbst direkt keine relevante Schallabstrahlung besitzen, aber an schallabstrahlende Flächen angebunden sind und diese im Resonanzfall anregen würden, wie rotierende Wellen oder bewegte Stäbe. Diese Bauelemente neigen generell aufgrund ihrer geometrischen Gestalt zu leicht erregbaren Biege- und Torsionsschwingungen, die zur Schallabstrahlung an angekoppelten flächigen Baugruppen führen können. Beispiele dafür sind z.B. Antriebswellen in Fahrzeugen [10] oder Streben von parallelkinematischen Maschinen [11]. Zur Reduzierung der auftretenden Schwingformen können bei diesen schwach gedämpften Strukturen applizierte Module mit Piezofasern oder -folien eingesetzt werden (Bild 14–12). Auch sind durch Variation der Wirkrichtung der Module [12] multimodale Schwingungsreduktionen möglich. Die Schwingungen werden dabei durch applizierte Piezofaser- oder -folienmodule sensiert und durch aktorisch wirkende Module kompen-
Bild 14–10a, b. a) Berechnete Verschiebung bei 156 Hz; b) Messung der Schalldruckverteilung bei Anregung in der Eigenfrequenz
436
W.-G. Drossel
Bild 14–11. Reduktion der Schallabstrahlung an einer Platte
Bild 14–12. FE-Modell der Strebe/Welle mit applizierte Piezokeramikmodulen [13]
siert. Zur Regelung werden häufig rekursive Filter eingesetzt [13]. Ortsfeste Schwingungen auf rotierenden Systemen erfordern eine entsprechende Koordinatentransformation. Im Frequenzbereich (s – komplexe Frequenzvariable) werden die notwendigen Stellgrößen u (s) für die Aktorkeramiken z.B. in Anlehnung an [14] für n Resonanzfrequenzen aus den Sensorsignalen e(s) wie folgt berechnet: N
u(s) =
Σ Gri (s) · e (s) i =1
(1)
Wobei sich die Reglerübertragungsfunktion mit s2 + ki s Gri (s) = Kai 092 2 s + ki s + ω 2i
(2)
ergibt. Dieser Algorithmus kann sowohl digital auf einem Digitalen Signalprozessor (DSP) implementiert, als auch über die im Bild 14–13 dargestellte analoge Schaltung umgesetzt werden.
14. Adaptronic-Anwendungen
437
Bild 14–13. Schaltungstechnische Umsetzung der Reglerübertragungsfunktion
14.5.2 Schwingungsdämpfung Unter dem Begriff semiaktiver Schwingungsdämpfung mit adaptronischen Komponenten insbesondere auf Plattenstrukturen werden i.Allg. eine Reihe von Mechanismen zusammengefasst, die durch die Beschaltung eines Piezomoduls mit unterschiedlichen elektrischen Netzwerken auftreten. Bild 14–14 zeigt die prinzipiellen Möglichkeiten. Im Fall der Schwingungsdämpfung wird ein piezokeramisches Modul auf die Struktur appliziert. Schwingungen der Struktur erzeugen über den direkten Piezoeffekt Ladungen an den Elektroden des Piezomoduls. Werden diese über einen Widerstand kurzgeschlossen, wandelt sich die mechanische Energie letztendlich in Wärme um. In Abhängigkeit von der zu bedämpfenden Eigenfrequenz und der Kapazität des Piezomoduls kann der Verlustfaktor η z.B. per FEM über die Variation des Widerstandes R optimiert werden [15]. Es gilt dabei allgemein: k2 · Ω0 η = 99 1 + Ω 20 – k2
(3)
mit Ω0 = RC(1 – k2) · ω
(4)
wobei k den generalisierten Kopplungsfaktor von mechanischer und elektrischer Energie im Piezomodul beschreibt. Er ist eine Materialkonstante, der die erreichbare Energiedissipation beschreibt..
Bild 14–14. Prinzipien der Schwingungsminderung mit elektrischen Netzwerken an Piezokeramik
438
W.-G. Drossel
Bild 14–15. Prinzip State-Switching
Bild 14–16. Prinzip Pulse-Switching
Allerdings sind die mit passiven Konzepten erreichbaren Dämpfungen relativ gering. Eine höhere Effektivität weisen schaltende, sog. semi-aktive Systeme auf, die für eine spezifische Resonanzfrequenz der Struktur ausgelegt werden. Ein nutzbarer Effekt ist dabei die unterschiedliche Steifigkeit von piezoelektrischen Materialien im offenen und geschlossenen Stromkreis, das sog. State-Switching. Schaltet man zum Zeitpunkt maximaler Auslenkung vom offenen in den kurzgeschlossenen Zustand (Bild 14–15), also vom Zustand hoher Steifigkeit des Piezomaterials zu niedriger Steifigkeit, wird die mechanische Energie im System reduziert [16, 17]. Die erreichbare Differenz beträgt pro Schaltperiode: 1 ∆Wmax = 3 (coffen – ckurzschluss) · x2max 2 c Steifigkeit des Piezomaterials, x Auslenkung.
(5)
14. Adaptronic-Anwendungen
439
Eine weitere Verbesserung kann durch eine Kombination zwischen passivem Netzwerk und Schalten erreicht werden, dem sog. Pulse-Switching. Hierbei wird ein RL-Netzwerk zum Zeitpunkt maximaler Auslenkung zugeschaltet [16–18]. Das Schalten erfolgt nur für die Zeitspanne einer halben Periode des elektrischen Schwingkreises, damit erreicht man die notwendige Phasenumkehr des Stromes gegenüber der mechanischen Schwingung (Bild 14–16). Der Vorteil gegenüber rein passiven Systemen liegt in den wesentlich kleineren notwendigen Speicherinduktivitäten, der Nachteil in der Notwendigkeit eines Mikrocontrollers. 14.5.3 Schwingungstilgung Die Tilgung kritischer Eigenformen auf Platten wird durch die Beschaltung von Piezokeramikmodulen mit einem RL-Netzwerk erreicht. Im Bild 14–17 ist die entsprechende Auslegung dargestellt.
Bild 14–17. Schwingungstilgung an Platten mit RL-Netzwerken an Piezokeramikmodulen [19]
Kritisch ist hier, dass sich im relevanten Frequenzbereich sehr große Induktivitäten ergeben. Diese können heute jedoch vorteilhaft mit Operationsverstärkern synthetisiert werden. In komplexen mechanischen Strukturen, können aktive Tilger die Weiterleitung von Strukturschwingungen unterdrücken. Das Wirkprinzip ist im Bild 14–18 am Beispiel einer Windkraftanlage beschrieben. Passive Tilger weisen als Nachteile vor allem die große Tilgermasse und die fehlende Anpassungsfähigkeit an wechselnde Störfrequenzen auf. Der aktive Tilger zeichnet sich dadurch aus, dass zwischen Tilgermasse und System ein Stellglied angekoppelt wird. Über ein geeignetes Regelgesetz kann die Tilgermasse zu größeren Stellwegen gezwungen werden, um den gleichen Faktor reduziert sich dann die notwendige Tilgermasse. Aufgrund ihrer hohen Kraftgenerierung sind Piezoaktoren für den Einsatz in aktiven Tilgern gut geeignet. Allerdings sind beim Systemaufbau einige Besonderheiten, wie das Vermeiden von Zugbelastungen oder die symmetrische Erzeugung von Zug- und Druckkräften zu beachten. Dies kann durch eine Differentialanordnung vorteilhaft realisiert werden. Dadurch werden gleichzeitig Temperatureffekte und Drifterscheinungen kompensiert. Das Prinzip ist im Bild 14–19 dargestellt.
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W.-G. Drossel
Bild 14–18. Wirkprinzip aktiver Tilger zur Reduktion von Körperschall an Windkraftanlagen
nach Illgen [20]
Bild 14–19. Aufbau eines aktiven Tilgers mit Piezoaktoren in Differentialanordnung nach Wittstock et al. [21]
Ein entscheidender Vorteil des Tilgerprinzips ist, dass seine Implementierung auch nachträglich an bereits bestehenden Maschinen- und Anlagen erfolgen kann. Interessant ist auch der Freiheitsgrad, der sich durch die aktive Gestaltung des Prinzips im Hinblick auf die Regelung ergibt. Primär können natürlich Weg-, Geschwindigkeits-, oder Beschleunigungssignale der zu beruhigenden Struktur als zu minimierende Fehlergröße angesetzt werden. Allerdings ist auch mit solchen Elementen das Prinzip der ASAC – Active Structural Acoustic Control umsetzbar. Einen Eindruck zu notwendigen Aktorhüben und Tilgermassen bei Anwendung dieses Regelungskonzeptes gibt die in [22] beschriebene Anwendung eines aktiven Tilgers zur Lärmminderung in einem ICE-Wagen. Dort wirken im ICE Drehgestell an der Drehgestellwiege aktive Tilger aus Piezoaktoren mit einem Hub von 140 µmPP und einer Masse von 11 kg. Damit soll die Anregung der Innenraumschale durch den Radschiene-Kontakt verringert werden. Als Fehlergröße wurde der über 6 Mikrofone im Fahrzeuginnenraum gemittelte Schalldruckpegel genutzt. Es konnten gute Erfolge im niedrigfrequenten Bereich bis ca. 100 Hz erreicht werden. Die Wirksamkeit im Bereich hoher Frequenzen wird durch Effekte des Piezoaktors und der zur Verfügung stehenden Leistungselektronik, wie die Hysterese der Aktor-
14. Adaptronic-Anwendungen
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kennlinie und die Begrenzung des zur Verfügung stehenden Ladestromes in den Leistungsverstärkern verursacht. Ersteres lässt sich durch eine Linearisierung der Aktor-Kennlinie mit einer inneren Regelschleife auf Basis von direkt auf den Aktor geklebten Dehnmessstreifen oder durch Steuerung des Ladestromes erreichen. Der zweite Problem ist nur durch hinreichend starke Schaltverstärker lösbar. Eine weitere Lösung auf der Basis von magnetostriktiven Aktoren ist in [23] beschrieben. Der Vorteil dieser Lösung liegt darin, dass zum einen eine niedrige Betriebsspannung von 12 V ausreicht, zum anderen wird vorteilhaft das zur Ansteuerung notwendige Spulenpaket als Tilgermasse genutzt. Mit diesem kompakten Aufbau konnten Schwingungen in einem Flugzeugrahmen einer Turboprobmaschine bei geschlossenem Regelkreis mit Hysteresemodell breitbandig reduziert werden. 14.5.4 Schwingungsisolation Im Unterschied zur aktiven Schwingungstilgung sind Komponenten zur aktiven Schwingungsisolation direkt im Kraftfluss der mechanischen Schnittstelle zwischen zwei Maschinenbaugruppen angeordnet. Komponenten zur aktiven Schwingungsisolation haben zum einen die Aufgabe, die Übertragung periodischer, stoßförmiger oder stochastischer Kräfte von einer Schwingungsquelle in angrenzende mechanische Strukturen zu verhindern, wo sie zur Schallabstrahlung führen könnten. Zum anderen können sie eine Schutzfunktion für Mensch oder Maschine vor Schwingungen aus der Umgebung realisieren [24]. Bild 14–20 zeigt den Grundaufbau eines Systems zur aktiven Schwingungsisolierung. Wesentlich für die Funktion ist die Auswahl der Aktoren. Eine Körperschallisolation mit geringen Amplituden ( bis 50 µm) ist im Fluss großer Kräfte (bis einige kN) in einem Frequenzbereich bis zu einigen hundert Hertz vorteilhaft mit Piezoaktoren realisierbar [25]. Für die Isolation im Bereich tiefer Frequenzen (