H. G. Francis
Band 7
Mutaras letzter Kampf Rex Corda konnte vier der fünf
steinen der galaktischen Riesen.
Super-Tr...
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H. G. Francis
Band 7
Mutaras letzter Kampf Rex Corda konnte vier der fünf
steinen der galaktischen Riesen.
Super-Transmitter
Feather-
Sie wird zermalmt werden, wenn
heads zerschlagen. Damit ist der
es nicht gelingt, den Laktonen
Flotte der gefiederten Invasoren
zum Sieg zu verhelfen. Es gibt
fast
Ver-
nur eine Möglichkeit! Rex Corda
sorgungsbasis entzogen. Doch
muß den letzten Transmitter der
das genügt noch immer nicht, die
Featherheads vernichten.
Versorgung der Flotte wirklich
Der Transmitter steht auf dem
lahmzulegen.
Or-
Ozark Plateau in Nordamerika.
ganisationsgenie der Orathonen
Sigam Agelon, der Flottenkom-
leitet den Strom der Beutegüter
mandeur der Orathonen, kennt
über
Super-
das Ziel der Rebellen. Er läßt sich
Transmitter ab. Rex Corda kennt
nicht täuschen. Er befiehlt den
die
Ausbau
die
gesamte
einen
Lage.
Begleiter
der
Das
einzigen
Die Percip
laktonischen und
des
Transmitters
zur
Fatlo
Super-Festung. Rex Corda aber
Bekoval zeigen ihm die Situation
sucht nach einem Weg, mit dem
deutlich genug auf. Es gibt keine
Terra-Jet an die Erdoberfläche
Wahl. Die Schlacht zwischen den
zurückzukehren, ohne von den
Giganten rückt unaufhaltsam nä-
Orathonen geortet zu werden.
her. Die Chancen der Erde sind
Gibt es diesen Weg überhaupt?
ein wenig gestiegen. Aber noch
Und wenn es ihn gibt, womit soll
immer befindet sich unser Hei-
Corda
matplanet zwischen den Mühl-
angreifen?
dann
den
Transmitter
Die wichtigsten Personen: Rex Corda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Senator der Vereinigten Staaten Tsati Mutara . . . . . . . . . . . . . der Mutant hat einen phantastischen Plan Percip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . der laktonische Agent hilft Mutara Cort Kosta . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vertrauter Sigam Agelons Sigam Agelon . . . . . . . . . . . . . . . . Flottenkommandeur der Featherheads
Die Offiziere nahmen Haltung an. Unbeweglich starrten sie geradeaus. Sigam Agelon, Flottenkommandeur der Orathonen, trat auf die Kommandobrücke des Flaggschiffes. Er bot das Bild eines Mannes, dessen Innerstes von Haß und Zorn aufgewühlt ist. Scharf spannte sich die olivgrüne Haut über den hochsitzenden Wangenknochen. Seine tiefliegenden Augen erfaßten jede Einzelheit in der Nähe. Nichts entging ihnen. Sigam Agelon trug heute eine flammend rote Paradeuniform. Cort Kosta, sein Vertrauter, wartete geduldig. Er wußte, was jetzt kam. Sigam Agelon hatte in den letzten Tagen schwere Niederlagen von den Terranern hinnehmen müssen. Aber das sollte sich jetzt ändern. Er, Cort Kosta, würde es schon schaffen. „Weshalb haben Sie mich hergebeten, Kosta?" wollte Sigam Agelon wissen. Um seine Mundwinkel zuckte es. Kosta merkte, daß die letzten Tage für seinen Kommandeur die Hölle gewesen sein mußten. Die Aktionen der Terraner, an ihrer Spitze Rex Corda, hatten Sigam Agelon mächtig zugesetzt. Cort Kosta trat vor und wies auf die Ortungsgeräte. „Ich glaube, wir haben eine Möglichkeit gefunden, Corda zu erreichen!" Sigam Agelon zuckte zusammen. Mit zwei schnellen Schritten stand er vor der Schalttafel. Er' stützte sich mit beiden Händen auf die glänzenden Leisten und starrte unverwandt auf die Orterschirme. Der größte Schirm projizierte die grauen Umrisse einer Kugel — die Erde! Innerhalb des grauen Feldes flimmerten zahllose helle Punkte. Ein dürrer Orathone mit vorspringender Geiernase und ausgetrockneten Wangen trat an Sigam Agelon heran. Der Flottenkommandeur blickte nicht auf. Nur mit einem kleinen Wink gab er
zu erkennen, daß er den Mann bemerkt hatte. Wintrop Elm, der Wissenschaftler, schob seine dürre Hand über den Orterschirm. Er wies auf einen winzigen leuchtenden Punkt, der sich langsam durch das graue Feld bewegte. Es mußte sich dabei offensichtlich um einen Flugkörper handeln, der sich innerhalb der Erde befand. „Der Terra-Jet", erklärte der Wissenschaftler knapp. Seine Stimme war hell und schrill. „Die Reaktoren dieses Objektes streuen Neutrinos aus. Der Orterschirm fängt die Neutrinostrahlen auf." „Weiß ich!" knurrte Sigam Agelon böse. „Bin ich deswegen gerufen worden?" Wintrop Elm zuckte zusammen. Seine Hand begann zu zittern. Seine Schultern rundeten sich in der instinktiven Geste der Unterwerfung. „Wir können jetzt genau ermitteln, wo Corda sich mit dem laktonischen Fahrzeug befindet. Wenn es uns gelingt, ein Ultrastrahlfeld zu errichten, mit dem wir die Moleküle des Lakton-Fahrzeugs in Schwingungen versetzen können, werden wir es vernichten." „Was benötigen Sie?" „Mindestens vier Alakim-Raumer!" „Genehmigt!" Wintrop Elm richtete sich etwas höher auf. Seine hageren Hände verknoteten sich vor der Brust. „Die vier Schiffe werden den Kugelabschnitt der Erde, innerhalb dessen sich Corda befindet, so einkreisen, daß sie vier Pole bilden, zwischen denen wir das Ultrastrahlfeld aufbauen können. Es ist auch innerhalb des Planeten wirksam. Sobald das Fahrzeug in das Feld gerät, wird es zerbrechen!" In Sigam Agelons Augen blitzte es kalt auf. „Vernichtet Corda! Wie ihr es macht, ist mir gleich. Wie lange wird es dauern, bis Sie die Aktion starten
können?" „Schnell", versicherte der Wissenschaftler. Sigam Agelon gab Cort Kosta, seinem Vertrauten, einen kurzen Wink. Der Offizier beugte sich über einen Holografen und forderte die vier Raumschiffe für Wintrop Elm an. Der Wissenschaftler sah gelassen auf seine Uhr. Drei Stunden gab er dem Terra-Jet noch. Mehr auf keinen Fall. * „Ein Transmitter ist noch übrig!" Rex Corda sprach aus, was niemand bisher gesagt hatte. Erstmals in der Geschichte des Galaktischen Krieges hatten Rebellen einen Sieg gegen die übermächtigen Invasoren davongetragen. Aber es war bislang nur ein Teilsieg. Fünf Transmitter hatten die Erde ausgebeutet. Vier davon waren durch Rex Corda und seine tollkühnen Mitstreiter zerstört worden. Der fünfte Transmitter aber arbeitete nach wie vor. Wenn er nicht ausgeschaltet wurde, dann arbeitete das orathonische Versorgungssystem noch immer wirksam genug, um die Siegeschancen der Laktonen erheblich zu verringern. Rex Corda wischte sich den Schweiß von der Stirn. Die Luft im Terra-Jet war schwül und drückend. Das Atmen wurde zur Strapaze. Die Elektronik des Jets war empfindlich gestört. Cordas Blicke glitten von Bekoval zu Percip. Der laktonische Agent wich seinen Blicken nicht aus. Er schnippte mit den Fingern. Immer wieder. Bis Tsati Mutara laut fluchte. Ga-Venga, der Kynother, sprang auf. Er schob sich an John Haick vorbei und kam zu Corda. „Nachdem Ihr Wunderknabe an Bord gekommen ist, ist es eng geworden", grinste er. Er wippte auf den Fußballen
und wirbelte einen Metallstift zwischen seinen Fingern herum. „Es gibt im Augenblick für uns keine Möglichkeit, diesen Transmitter zu zerstören", bemerkte John Haick. Ga-Venga zuckte die Achseln. „Darauf kommt es nicht an. Viel wichtiger ist jetzt, daß wir so schnell wie möglich aus diesem Jet herauskommen! Die Featherheads werden sehr bald Mittel und Wege gefunden haben, um uns anzugreifen!" Bekoval schaltete hastig. Seine Hände glitten mit traumwandlerischer Sicherheit über das komplizierte Schaltpult des Jets. Das Fahrzeug raste mit mehr als hundert Stundenkilometern durch die Erde. Unruhig taumelte es hin und her. Die Gravitationsautomatik versagte wieder einmal. Rex Corda sah zahlreiche rote Lampen auf der Kontrolltafel aufleuchten. Percip kam dem höhergestellten Offizier zur Hilfe. „Die Featherheads können uns orten! Das wissen wir jetzt", versetzte Rex Corda. „Wie können wir an die Oberfläche zurückkehren, ohne sofort von den Featherheads angegriffen zu werden? Ich sehe da keine Möglichkeit!" Ga-Venga wollte etwas antworten, doch in diesem Augenblick griff eine Riesenfaust nach dem Terra-Jet und rüttelte ihn durch. Auf der Kontrolltafel flackerte ein Meer von roten Lämpchen auf. Schrill heulend setzte die Bordsirene ein. Geistesgegenwärtig stoppte Bekoval die Fahrt des Terra-Jets. Das donnernde Röhren der Hitzeprojektoren, die das Gestein vor dem Terra-Jet in gasförmige Materie verwandelten, verstummte. Schlagartig setzte das Rütteln aus. Nur der Boden des Jets schien sich zu verschieben. Die Gravitationsautomatik setzte aus. Dadurch entstand der Eindruck, als ob der Jet nach vorn überkippe, um senkrecht in die Tiefe zu fallen.
Rex Corda ließ sich auf den Boden sinken und stemmte die Füße gegen den Sessel Bekovals, um nicht abzurutschen. Sackte der Jet wirklich ab? Oder täuschte die defekte Automatik diesen Effekt nur vor? Rutschte der Terra-Jet in die Schluchten einer Höhle? Bekoval und Percip arbeiteten fieberhaft. Sie versuchten durch veränderte Schaltungen die Automatik wieder zu richten. Das Krachen des erstarrten Gesteins drang durch die dicken Wandungen des Terra-Jets. Da plötzlich hob sich der Jet wieder. Eine Riesenfaust schien sich wuchtig gegen den Trichter am Bug zu stemmen. Rex Corda fühlte sich hochgeschleudert. Niemand sprach. Alle blickten auf die beiden Laktonen Percip und Bekoval. Bekoval lächelte ein wenig. Er wandte sich an Corda und zeigte seine rötlichen Zähne. „Für einen Augenblick dachte ich, es wäre vorbei!" sagte er. Ga-Venga, sein Dolmetscher, übersetzte seine Worte so schnell, daß keine spürbare Pause entstand. „Es sah tatsächlich so aus, als ob wir in eine Höhle abrutschten!" Percip öffnete das Pult und wechselte hastig einige Sicherungen und Schaltelemente aus; kleine nadelfeine Geräte, die sich blitzschnell einsetzen ließen. „Ich habe mir schon lange überlegt, wie wir hier herauskommen", versetzte Percip, während Bekoval die Reaktoren bereits wieder hochschaltete. Der wuchtige Körper des Terra-Jets zitterte. „Wir müssen eine Höhle finden. Darin verlassen wir den Jet und lassen ihn allein weiterfahren!" Percip sprach ein flüssiges, gutes Englisch, das frei war von jedem Akzent. Der Laktone hatte die englische Sprache in überraschend kurzer Zeit gelernt. „So ungefähr hatte ich es mir vorgestellt", nickte Rex Corda. „Vor kurzer Zeit wurden in Mexiko nahe der Sierra de Nayarit gewaltige Höhlen gefunden.
Die tiefsten Ausläufer sollen bis fast zweitausend Meter herabreichen." Bekoval startete den Jet. Sonnenheiße Strahlen fauchten aus den Bugprojektoren und vergasten das Gestein. Auf dem Schaltpult zeigten die Instrumente an, daß der Jet sehr zügig an Schnelligkeit gewann. „Kennen Sie die genaue Lage der Höhlen?" fragte Percip. Rex Corda kannte Breiten- und Längengrade ganz genau. Da Percip ein hypnotisch verankertes Bild der Erde hatte, brauchte Corda nur wenige Angaben zu machen. Der Laktone gab die Daten sofort in den Computer, um den Kurs auszurechnen und zu bestimmen. Er orientierte sich mit Hilfe der Neutrino-Ortung, mit der gleichen Methode also, mit der die Orathonen auch den Terra-Jet aufgespürt hatten. Die mächtige Neutrinoquelle der Sonne bot einen idealen Bezugspunkt. „Es könnte gehen!" murmelte er schließlich. Rex Corda horchte auf das Knacken und Ächzen des hart beanspruchten Materials. Pausenlos flackerten rote Warnlichter auf dem InstrurnentenpuH auf. Fatlo Bekoval brachte sie jedoch immer wieder zum Erlöschen. Wie lange noch? Langsam glitt der Terra-Jet näher zur Erdoberfläche, um nicht erst unter Mexiko auf zweitausend Meter anzusteigen. Rex Corda ahnte, daß die Featherheads fieberhaft nach einem Mittel suchten, mit dem sie den TerraJet vernichten konnten. Wann würden sie es haben? „Wir machen alles fertig", verkündete Percip entschlossen. „Wir dürfen uns höchstens einige Sekunden aufhalten. Der Flug des Jets darf nicht lange unterbrochen werden!" Tsati Mutara richtete sich auf. Mit einem kühlen Lächeln sah er Rex Corda an. „Wir schaffen auch noch den fünften
Transmitter. Sir", behauptete der Mann, der die Vernichtung von drei Transmittern durch seine besonderen Fähigkeiten ermöglicht hatte. Die beiden Laktonen wandten sich ruckartig um und starrten ihn an. Doch der hellhäutige Afrikaner kroch schon durch das enge Schott in den Gang, der zum Heck führte. „Ich bereite die Schutzanzüge vor!" Percip fuhr zu schnell herum, um seine Erregung verheimlichen zu können. Tsati Mutara war ihm unheimlich. Percip hatte noch nie von einem lebenden Geschöpf gehört, das ein Energiefeld einfach absorbieren konnte. Bei Mutara hatte er es erleben müssen. „Ich mache die Schaltungen!" knurrte er. * Sigam Agelon wartete ungeduldig auf den Mann, der zu seinen engsten Vertrauten zählte. Cort Kosta kam mit nur geringer Verspätung. Er ließ sich in einen der schwebenden Sessel in Sigam Agelons Luxusräumen fallen. „Wir haben uns von diesen kleinen Teufeln Prügel geholt!" begann Sigam Agelon. Er wies mit wütender Geste auf einen Holografenschirm, auf dem das Bild der Erde zu sehen war. Das Bild wurde von einem im Raum schwebenden Raumschiff übertragen. „Wie ist die Reaktion in unseren Reihen?" Cort Kosta grinste verhalten. Mit 1,75 m Größe war der Vertraute des orathonischen Adligen ungewöhnlich groß für einen Featherhead. Seine Bewegungen verrieten, daß er außerordentlich stark war. „Ein Agelon kann das tun, was er für richtig hält", sagte er mit brutaler Offenheit. „Kein Orathone wird es wagen, ihn zu kritisieren. Nur bei den Hilfsvölkern macht sich eine gewisse
Unruhe bemerkbar. Sie können nicht begreifen, daß es den Terranern gelungen ist, drei Transmitter zu zerstören!" „Vier!" Cort Kosta schüttelte die Hände ablehnend. „Der vierte Transmitter wird repariert. Er wird die Arbeit schon bald wieder aufnehmen!" „Du weißt, was die Familie unternehmen wird, wenn wir uns an diesem Frontabschnitt eine Schlappe holen. Durch den Ausfall der Transmitter ist die Lage kritisch geworden. Wenn die Laktonen jetzt angreifen, werden wir verlieren. Deshalb wirst du für mich nach Khara fliegen. Du wirst von den Schwierigkeiten berichten, die wir hier haben!" Cort Kosta zeigte keine Überraschung. „Soll ich die Wahrheit sagen?" fragte er gleichmütig. „Die Wahrheit!" bestimmte Sigam Agelon mit grimmigem Zorn. „Es ist kein großes Risiko für mich. Die Familie ist nicht daran interessiert, die Schlacht zu verlieren. Man wird Verstärkung schicken!" „Oder einen neuen Oberbefehlshaber!" vermutete Kosta. „Die Familie wird so etwas nicht unternehmen. Sie wird keinen Anlaß zur Kritik geben. Sollte man sich auf Khara darauf verlassen, daß ich es auch ohne Verstärkung schaffe, kann man mir später auch keinen Vorwurf machen, wrenn uns die Laktonen aus diesem System vertreiben!" Sigam Agelon beugte sich vor. Er grinste diabolisch. In seinen harten Augen leuchtete ein kaltes Feuer. Eine erschreckende Intelligenz spiegelte sich in diesen Augen. „Nicht schlecht", lobte Cort Kosta. Jeden anderen Featherhead hätten die Worte Sigam Agelons schockiert. Allein der Gedanke an eine mögliche
Niederlage war bestürzend. Daß Sigam Agelon eine Niederlage einkalkulierte, erfuhr nur Kosta, sein Vertrauter. * Das Dröhnen und Donnern des Glutstroms unter ihren Füßen drang bis in die enge heiße Brücke des Terra-Jets. Aufgebrochene Schaltbänke erinnerten bei jedem Blick daran, daß dieses Fahrzeug nur noch mit äußerster Mühe funktionsfähig gehalten werden konnte. Percip hatte die letzten entbehrlichen Teile ausgebaut, um einen elektronischen Autopiloten zu konstruieren, der den Jet für kurze Zeit steuern konnte. Gleichzeitig hatte er neue Prallfeld-Projektoren zusammengebaut, die die Männer vor der titanischen Hitze schützen sollten, wenn sie den Jet verließen. Noch wenige Minuten! Rex Corda sah immer wieder auf seine Uhr. Er rechnete fieberhaft. „Ich wünschte, wir wären endlich aus diesem Kasten heraus", murmelte Tsati Mutara, der Mutant. „Lange halte ich das nicht mehr aus!" Er sah nach oben. Dann richteten sich seine Augen auf Corda. Er lächelte. „Man kann sich gar nicht vorstellen, daß man wirklich unter der Erde ist! Dreitausend Meter tief noch immer! Um uns sind tausende Tonnen von Gestein! Man kann es sich nicht vorstellen!" Bekoval stieß einen leisen wütenden Schrei aus. Ga-Venga sprang auf. Sein kleines Gesicht verzerrte sich ärgerlich. „Er atmet zu tief!" rief er. Er zeigte auf Mutara. „Unser Luftvorrat reicht nur noch für ein paar Minuten!" „Das reicht noch!" sagte Corda beruhigend. Die Luft erwärmte sich noch mehr. Der Schweiß verklebte die Kleidung der Männer am Körper. Das Atmen wurde immer anstrengender.
„Wir müssen gleich dort sein!" betonte Percip. „Dann haben wir es geschafft!" Rex Corda sah ihn durch ein Flimmern von tanzenden Lichtpünktchen in der Luft. Er sah zwar, daß Ga-Venga langsam in sich zusammensackte, aber auch er stand kurz vor dem Zusammenbruch. * Die vier Forschungsraumer der Alakim-Klasse bezogen Position. Wintrop Elm leitete die Aktion mit beherrschter Präzision. Die Projektoren, die das Ultrastrahlfeld errichten sollten, schoben sich aus den gewaltigen Kugelleibern der vier Hantelraumschiffe. Elm adjustierte sie mit Hilfe eines elektronischen Rechners, der mit dem Neutrino-Orter gekoppelt war. Der hagere Wissenschaftler mit der hart vorspringenden Geiernase leitete die Aktion frei Von Haßgefühlen. Er beobachtete nur das flimmernde Pünktchen auf dem Orterschirm und stimmte die Bewegungen der Raumschiffe damit ab. Für ihn war diese Aktion kaum mehr als ein Planspiel. Er kam nie auf den Gedanken, daß in diesem hellen Lichtpunkt auf dem Orterschirm lebende intelligente Wesen saßen. Wenn er überhaupt etwas empfand, dann war es ein gewisses Bedauern darüber, daß es ihm jetzt nicht gelingen würde, dieses seltsame Fahrzeug in die Hand zu bekommen. Er hatte Sigam Agelon noch einmal auf die ungeheure Bedeutung des Fahrzeuges hingewiesen — vergeblich. Agelon wollte die Vernichtung. Er verzichtete auf eine wissenschaftliche Auswertung. Über die Holografenschirme stand Wintrop Elm mit den Kommandanten der Hantelraumer in Verbindung. Sie befanden sich jetzt in 237 Kilometer Höhe über dem nordamerikanischen
Pazifikraum und zogen mit der Geschwindigkeit, die der Terra-Jet bestimmte, nach Osten in Richtung Mexiko. Sigam Agelons Bild erschien plötzlich auf einem der Holografenschirme. Das Bild war so überzeugend plastisch, daß es aussah, als ob der Kopf des Flottenkommandeurs sich in dem Kasten befand. „Wie lange noch?" forschte der hohe Adlige. „Es ist gleich geschafft!" behauptete der Wissenschaftler. „Es ist alles bereit. Eine letzte Korrektur ist jetzt noch notwendig. Das Feld ist bereits ausgerichtet. Das laktonische Fahrzeug wird genau in das Feld einlaufen!" Sigam Agelon entblößte die Zähne und schaltete ab. Wintrop Elm sah auf den Orterschirm und zuckte zusammen. Der Terra-Jet war vom Kurs abgewichen. Er näherte sich der Erdoberfläche in langgestreckter Kurve und stoppte plötzlich unter einem Gebiet, das auf den Karten des Wissenschaftlers unter dem Namen Mexiko eingezeichnet war. Wintrop Elm beging einen entscheidenden Fehler! Überhastet versuchte er, die notwendigen Korrekturen vorzunehmen, um möglichst schnell zuschlagen zu können. Doch dabei glitt eines der vier Forschungsraumschiffe aus seiner Position. Wintrop Elm benötigte sieben Minuten, um den Fehler zu beheben. In dieser Zeit durchlebte er Höllenqualen, da er ständig auf eine erneute Anfrage Sigam Agelons wartete. Inzwischen bewegte sich das „Objekt" wieder. Wintrop Elm nahm eine letzte Kontrolle vor. Das Lichtpünktchen flammte hell auf, dehnte sich weit aus — und erlosch völlig.
Wintrop Elm entspannte sich. Er ließ sich in einen Sessel sinken und gab seinen Assistenten einen müden Wink. Die Nachricht von der Vernichtung des Terra-Jets ging an Sigam Agelon weiter. Elm verzichtete auf den Triumph, es dem Flottenkommandeur selbst mitzuteilen. Er war müde und fühlte sich wie zerschlagen. * Rex Corda flog aus dem Sessel, als der Terra-Jet unvermittelt stoppte. Mühsam erkannte er die massige Gestalt Percips, die sich über ihn beugte und ihn hochriß. Neben ihm tauchte Tsati Mutara auf. „Sie wollen doch nicht schlappmachen, Sir?" krächzte er, bevor er zusammenbrach. Vor den Augen Rex Cordas zerriß ein Schleier. Die Worte des Mutanten weckten die letzten Reserven in ihm. Plötzlich sah er wieder klar. Percip stand taumelnd vor ihm. „Das Ventil!" keuchte er. Er zeigte auf eine kleine Klappe dicht unter der Decke des Kommandoraumes. „Es ist verklemmt! Öffnen . . ." Er krümmte sich zusammen. Sein Gesicht verfärbte sich unter der Atemnot. Rex Corda schluckte krampfhaft. Er preßte die Hände auf die dröhnenden Ohren. Er kletterte auf seinen Sessel. Mit den Fingerspitzen konnte er das Ventil gerade noch erreichen. Er zerrte wild daran. Seine Fingernägel splitterten — doch plötzlich sprang das Ventil knackend auf. Kühle frische Luft schlug ihm ins Gesicht. Er atmete tief durch. Mit jedem Atemzug klärte sich sein Blick mehr. Percip klammerte sich an seine Beine. Auch er erholte sich sichtlich. „Das war knapp!" murmelte er. Corda ließ sich auf den Boden
sinken. „Wo sind wir?" „Vermutlich haben wir die Höhlen erreicht. Die Masseorter zeigen nur ganz geringe Werte an! Wir könnten Glück haben!" „Bereiten Sie alles vor!" befahl Corda. Er beugte sich über den Mutanten Tsati Mutara. Der riesige Neger schlug gerade die Augen auf. „He, Sie wollen doch wohl nicht schlappmachen, Tsati Mutara?" grinste Corda. Der Afrikaner verzog den Mund. Es sollte ein Lächeln werden, aber es gelang nicht ganz. Er kam taumelnd auf die Beine. Die Luft erneuerte sich schnell. Auch die anderen kamen wieder zu sich, ihre Benommenheit legte sich rasch. Corda kletterte über die von Percip auseinandergebauten Schaltbänke zum Ausgangsschott hinüber, wo die Schutzanzüge lagen. Er warf sie in die enge Kabine. Da der Terra-Jet nur für sechs Personen eingerichtet war, fehlte ein Anzug. Sie lösten das Problem dadurch, daß Ga-Venga, der zwergenhafte Kynother, sich mit in den Anzug des schlanken John Haick zwängte, während Corda den Trop zu sich nahm. Jetzt drängte Percip zur Eile. Krachend öffnete sich das Außenschott unter seinen Händen. Corda verengte die Augen. Hinter dem abschirmenden Paramagnetfeld glühte die Erde — doch schräg unter ihnen öffnete sich ein dunkler Schlund. „Wir haben es geschafft! Das ist die Höhle!" rief Percip. Er zerrte einen Schaumstoffwerfer aus der Halterung neben dem Schott und sprang hinaus. Tsati Mutara folgte ihm. Sie konnten jetzt nicht warten, bis sich das Gestein weiter ausgekühlt hatte. Sie schritten über das schützende Prallfeld, das sie von der glühenden
Erde trennte. Und dann gab Tsati Mutara wieder einmal eine Kostprobe seiner verblüffenden Fähigkeiten. Der Neger, der mit seiner Größe von 2,12 Metern sogar noch Percip und Bekoval überragte, beugte sich langsam nach vorn, als er vor der dunklen Lücke stand. Sein Nacken krümmte sich. Rex Corda, der jetzt dicht hinter ihm stand, beobachtete ihn genau. Cordas Sondersinne gaben ihm eine gewisse Kontrolle über die Gefühle dieses seltsamen Mannes. Corda fühlte, wie sehr der Mutant sich konzentrierte. Es schien so, als ob Mutara dem Energieschirm gegenüber so etwas wie Haß empfand. Plötzlich riß das Feld auf. Das zarte Flimmern der dichten Energieströme versackte direkt vor Mutara. Die fürchterliche Hitze des glühenden Gesteins sehlug herein. Percip schlug Mutara die Schutzkappe über den Kopf. Dann riß er den Schaumstoffwerfer hoch und schleuderte einen breiten Schaumstrahl über den heißen Boden. Der Strahl leuchtete rot im grellen Licht des Gesteins. Ein dünner Pfad bildete sich, der bis zu dem dunklen Schlund hinüberführte, der die Öffnung zu der Höhle war. „Schnell!" schrie Bekoval. „Das Parafeld bricht in wenigen Sekunden zusammen! Dann müssen wir alle durch sein!" Tsati Mutara trat schwankend zur Seite. Rex Corda kam zu ihm. Er stützte ihn, während der Mutant den Schirm offen hielt. Die beiden Laktonen hatten die Elektronik des Terra-Jets zu sehr auseinandergenommen, sonst wäre diese Anstrengung für Mutara nicht nötig gewesen. Normalerweise ließ sich der Schirm an bestimmten Stellen öffnen. Auf einen Wink stürmten John Haick — mit Ga-Venga unter dem Anzug — Oberst Polley, Percip, Bekoval und schließlich Tsati Mutara durch die Öff-
nung. Rex Corda folgte ihm, während der Mutant den Energieschirm geöffnet hielt. Die Laktonen leuchteten den dunklen Schlund aus. Dann winkten sie Corda erregt. Eilig kletterten die Männer über den Schaumsteg zur Höhle hinüber. Als Corda die Kanten als letzter erreichte, schüttelte sich der Terra-Jet. Brüllend rasten Flammenzungen aus dem Bug des langgestreckten Trichters. Gleichzeitg brach das paramagnetische Prallfeld endgültig zusammen. Eine fauchende Hitzewelle schleuderte Rex Corda in den dunklen Schlund der Höhle. Dann fühlte er die zupackenden Hände eines Mannes, der ihn in Sicherheit brachte. Durch das Glas seines Schutzanzuges starrte er auf die Öffnung, hinter der der Terra-Jet lag. Das Licht wurde in Bruchteilen von Sekunden so grell, daß er den Kopf abwenden mußte. Das Gestein unter ihm erzitterte. Der Autopilot steuerte den Terra-Jet wieder in die Tiefe. Das Fahrzeug jagte durch die Erde. Sein Ziel war der Super-Transmitter auf dem Ozark-Plateau in Nordamerika. „Hoffentlich finden wir den Ausgang aus diesem Labyrinth!" murrte GaVenga, der sich jetzt aus dem Anzug John Haicks zwängte. Das kindliche Gesicht des Kynothers verzerrte sich in komischem Zorn, als John ihm nicht sofort dabei half. Doch dann verharrte Ga-Venga ebenso wie die anderen auch. Die Höhle erdröhnte wie unter einem gewaltigen Donnerschlag. Mächtige Steinbrocken lösten sich irgendwo über ihnen in der Dunkelheit und jagten polternd über die Hänge herab. Sie hörten sie in der Nähe vorbeifauchen und weiter unter ihnen aufschlagen. Das noch immer glühende Gestein platzte an mehreren Stellen auf und spie
grelle Glutfetzen aus. „Der Jet hat den Transmitter nicht ganz erreicht!" bemerkte Tsati Mutara trocken. Er hob die kleine Lampe, die zu seinem Anzug gehörte, und leuchtete Bekoval ins Gesicht. „Es beruhigt mich beträchtlich, Laktone, wenn ein Produkt eurer überragenden Technik versagt!" Ga-Venga kicherte verhalten. „Ich wußte doch, daß Sie Energiefresser an ausgeprägten Minderwertigkeitskomplexen leiden", behauptete er. „Sie fühlen sich für die rückständige Technik der ganzen Erde verantwortlich, wie?" Tsati Mutara streifte seinen Schutzanzug ab und warf dem Kynother einen spöttischen Blick zu. „Wenn ich so klein wäre, würde ich den Mund wahrscheinlich auch so aufreißen", versetzte er trocken. * Cort Kosta neigte grüßend den Kopf. Er war bereit für die Reise ins Zentrum des Reiches, zur Prunkwelt Khara, um dort die Botschaft des Sigam Agelon zu überbringen. Sigam Agelon gab ihm eine kleine Rolle, in der sich eine persönliche Botschaft an Moga Agelon befand. Der Adjutant Sigams betrat lautlos den Raum. Er blieb reglos unter der Eingangstür stehen. Der Flottenkommandeur forderte ihn mit einer ärgerlichen Geste zum Sprechen auf. Sigam Agelon machte keinen Hehl daraus, daß er über die Störung aufgebracht war. „Ich erhielt die Meldung von Wintrop Elm, daß Corda getötet wurde!" Der Sohn des orathonischen Staatsführers stampfte mit wütenden Schritten auf den Adjutanten zu und riß ihm die Meldung, die auf einem kleinen Bogen verzeichnet war, aus der Hand. „Sie sollten mich genügend kennen", fauchte er den Offizier an. „Sie sollten
wissen, daß ich mit einer solchen Meldung niemals einverstanden sein kann! Wo ist der Beweis, daß Corda tot ist? Wo? Hier steht nur, daß das Fahrzeug zerstört wurde!" Agelon überflog die Nachricht nochmals hastig. Dann knüllte er den Bogen zusammen und warf ihn achtlos zur Seite. „Hier steht's!" versetzte er zornig. „Diese Laktonkonstruktion stieg auf, näherte sich der Oberfläche und stoppte. Nach einem Aufenthalt von wenigen Augenblicken setzte sie ihre Fahrt fort!" Er musterte den Adjutanten scharf. „Wo ist der Beweis, daß die Besatzung an dieser Stelle nicht ausgestiegen ist?" Der Offizier antwortete nicht. Er wich den bohrenden Blicken Sigam Agelons aus. „Das Gebiet ist zu durchsuchen! Die Fahrt dieser Teufelskonstruktion ist aufgezeichnet worden! Alle Punkte, an denen sie hielt, werden genauestens inspiziert! Ich will die Gewißheit haben, daß Corda starb!" * In zwanzig Lichtjahren Entfernung von Khara fiel der Hantelraumer aus dem Hypergefüge. Der Aufklärer erzitterte unter den Verzögerungskräften, die die Antriebsaggregate entfalteten. Cort Kosta verließ seine Luxuskabine und ließ sich vom Zentralschacht zur Kommandobrücke hinauftragen. Auf den breiten Holografenschirmen zeichneten sich die mächtigen Hantelraumer ab, die den Aufklärer in die Zange genommen hatten. Kleinere Raumscheiben rasten durch den Raum heran. Kosta erwartete die Sicherheitsoffiziere der Wachflotte mit steinernem Gesicht. Ein ständiges sardonisches Lächeln schwebte auf seinen grünen Lippen.
Die ganz in Schwarz gekleideten Offiziere kontrollierten den Boten scharf. Cort Kosta musterte die jungen Gesichter der Männer, die diesen Außenbezirk absichern sollten. Es waren drei hochgewachsene, äußerst stämmige Männer. Ein etwas ungewohnter Anblick für Cort Kosta. Die gelblich-rote Musterung in den Tränensäcken kennzeichnete die Männer als Enla-Geborene. Sie trugen den Stolz ihrer Rasse in den Gesichtern. Sie galten als die treuesten Anhänger Moga Agelons. Gort Kosta reichte ihnen die Nachricht Sigam Agelons, aus der erkenntlich war, daß er in seinem Auftrage reiste. Sie prüften sie etwas zu lange. Cort Kosta lächelte dünn. Doch er tat den Männern nicht den Gefallen, gegen ihr Verhalten zu protestieren. Er ließ die Zeit verstreichen und wartete. Damit hatte er den Erfolg, den er erhofft hatte. Je länger er schwieg, desto schneller wurden die Sicherheitsoffiziere, desto, zügiger verlief die Kontrolle. Cort Kosta war überzeugt davon, daß sie ihn so lange wie möglich aufgehalten hätten, wenn er seine Stellung ausgenutzt hätte, um sie einzuschüchtern. Sie führten ihn in einen Diskus und brachten ihn mit diesem Raumer bis auf zwei Lichtjahre an Khara heran. »Hier mußte Kosta abermals umsteigen. Ein weiterer Diskus übernahm ihn. Flankiert von mehreren Sicherheitsbeamten landete er auf der zentralen Welt des orathonischen Reiches. Cort Kosta zog die Luft tief in seine Lungen ein, als er den Fuß auf den Boden des Raumhafens setzte. Er genoß seine Ankunft wie selten zuvor. Seine Schatten wurde er jedoch nicht los. Sie blieben immer bei ihm, geleiteten ihn in den Palast, übergaben den Antrag Kostas und blieben bei dem Gesandten, als er in einem der weitläufigen
Prunkräume inmitten kostbarer Kunstschätze aus allen Bereichen der Galaxis wartete. Moga Agelon, der Herrscher über 15 000 bewohnte Planeten, ließ ihn vier Stunden warten. Dann erschien ein dicker Sekretär bei Cort Kosta. Es war ein kleiner Mann mit tiefgrünem Gesicht und breiter Nase über dem verächtlich verzogenen Mund. Seine vorquellenden Augen musterten Kosta mit unübertrefflicher Interesselosigkeit. Er schickte die Sicherheitsbeamten mit einer unendlich müden Geste in einen Nebenraum. „Welche Botschaft bringen Sie?" fragte er. „Sigam Agelon schickt mich zu dem verehrungswürdigen Agelon", antwortete Kosta. Der Dicke senkte bestätigend, aber völlig unbeteiligt den Kopf. „Sprechen Sie", forderte er. Cort Kosta überlegte fieberhaft. Die Verachtung dieses Mannes traf ihn tief. Er fühlte, daß er sich nicht mehr lange beherrschen konnte. Er entschloß sich, sofort mit dem Bericht zu beginnen. Er hoffte, dann zum Moga Agelon vorgelassen zu werden. Doch seine Hoffnung war vergeblich. Der Fette ließ sich in einen schwebenden Sessel zu Füßen eines blauen Sixtar-Standbildes sinken und hörte mit geschlossenen Augen zu, was Kosta über die Situation im Terra-System zu berichten hatte. Ab und zu ließ der Sekretär seinen Mundwinkel tief herabfallen. Das blieb die einzige Bewegung, die er machte, bis Cort Kosta seinen Bericht beendet hatte. Cort Kosta erhob sich. „Kann ich jetzt Moga Agelon sprechen?" Der Sekretär schaltete an dem Steuergerät des Sessels. Er gab Kosta eine kleine Rolle mit einer Nachricht an Sigam Agelon.
„Es tut mir leid! Kehren Sie jetzt an die Front zurück. Übermitteln Sie Sigam Agelon die Grüße seiner Herrlichkeit!" Der Sessel schwang träge herum und glitt lautlos davon — wenige Zentimeter über dem polierten Boden schwebend. Cort Kosta starrte dem achtbeinigen Sixtar-Standbild wütend in die ausdruckslosen Augen, unterdrückte die Regung, ihm die Botschaft in das diabolische Gesicht zu schleudern, und verließ mit harten Schritten den Saal. Er war fest davon überzeugt, daß Moga Agelon kein einziges Wort der Unterredung erfahren würde. Doch da irrte sich Kosta. Moga Agelon war genauestens über alles informiert, was im Terra-System und in der unmittelbaren Nachbarschaft Sigam Agelons geschah. Er hatte jedes Wort vernommen, das über die Lippen des Gesandten seines Sohnes gekommen war. Er erfuhr auch, daß Cort Kosta unmittelbar im Anschluß an die Unterredung mit dem Sekretär einige Männer aufsuchte, die über besondere Verbindungen verfügten. So blieb es dem Herrscher nicht verborgen, daß sein dritter Sohn sich abermals auf wirtschaftliche Spekulationen einließ, die ihm vor allem im Falle einer Niederlage zu noch größerem Reichtum verhelfen mußten. * Durch einen langen, schräg ansteigenden Schacht hatte die Besatzung des vernichteten Terra-Jets die Haupthöhle unter den Bergen der Sierra de Nayarit erreicht. Die laktonischen Scheinwerfer spendeten ausreichendes Licht. Die Luft war feucht. Von den rissigen Felswänden tropfte fauliges Wasser. Es sammelte sich in kleinen Kanälen, die sich im
Laufe der Jahrtausende in das Gestein gefressen hatten. Im grellen Licht der Scheinwerfer malten sich bizarre Schatten auf dem Gestein ab. Spitze Felszacken ragten mitunter weit in die Höhle hinein und versperrten ihnen den Weg. Sie kletterten hintereinander. Fatlo Bekoval hatte die Führung übernommen. Gleich hinter ihm ging Rex Corda. Beide trugen einen Scheinwerfer, mit dem sie die Spalten und Risse der Felsen sorgfältig ableuchteten. Oftmals war es Corda, als glitte im letzten Augenblick etwas Lebendes aus dem Kegel der Scheinwerfer, als zögen sich tanzende wesenlose Schatten vor dem Licht zurück. Aber so sehr er sich auch abmühte, es gelang ihm nicht, einen besseren Eindruck dieser schemenhaften Erscheinungen zu gewinnen. Er versuchte, seine emphatischen Fähigkeiten zu aktivieren, aber das wollte ihm nicht gelingen. Wie ein dumpfer Schleier lagen die Anstrengungen der letzten Stunden auf seinen Sinnen. Er berichtete den anderen nichts von seinen Beobachtungen, um sie damit nicht zu belasten. Als sie in den gewaltigen Felsdom eindrangen, hörte Rex Corda die wispernden Stimmen, die über den Fels krochen. Jetzt vernahm es auch Bekoval. Verblüfft starrte er Corda an. Keiner sprach. Die Geräusche versanken im Nichts. „He — das waren doch Stimmen!" rief Tsati Mutara, der Mutant. „Ich habe es deutlich gehört! Es war dort auf der Seite!" Er trat zwei Schritte vor, wich einem übermannshohen Felsbrocken aus, der im Wege lag und wollte ins Dunkel gehen. Aber in diesem Augenblick schnellte sich Rex Corda zu ihm hinüber und riß ihn mit einer harten Bewegung zurück. Mutara rollte über die Felsen. Fluchend sprang er auf.
„Sir! Was soll das? Ich verstehe nicht!" rief er. Rex Corda antwortete nicht. Er schwenkte seinen Scheinwerfer herum, leuchtete hinter den Felsbrocken. Der Strahl verlor sich im Nichts. Corda stieß einen kleinen Stein mit dem Fuß in das Nichts. Es dauerte mehrere Sekunden, bis der Stein weit unter ihnen aufschlug. Tsati Mutara wäre in den Abgrund gestürzt, wenn Corda ihn nicht zurückgerissen hätte. „Was wollten Sie dort, Mutara?" fragte Corda trocken. Der hellhäutige Neger schluckte mehrmals, bevor er antwortete: „Da stand doch das Mädchen!" „Er ist verrückt!" keuchte Ga-Venga, der Kynother. Doch Rex Corda schüttelte den Kopf. „Sie haben wirklich ein Mädchen gesehen?" „Nun, ja — ich glaube", stammelte Mutara. Sein offenes Gesicht verzog sich unsicher. Er wischte sich über den Mund und schüttelte den Kopf. „Nein — ganz sicher bin ich nicht. Da war nur eine Stimme. Mehr nicht!" „Bleibt hinter mir", befahl Corda. „Von jetzt an keine Extratouren!" Dann drehte er sich um und gab Fatlo Bekoval zu verstehen, daß der Marsch weiterging. Der Laktone drang weiter in den Felsendom ein. Die Scheinwerfer rissen die mächtige Höhle aus der Dunkelheit. Sie erreichten den See nach kaum fünf Minuten. Er war kreisrund, und sein Ufer reichte überall bis dicht an die schroff aufsteigenden Wände des Felsendoms. Zwischen Fels und Wasser befand sich nur an einigen Stellen ein schmaler Geröllpfad. „Es muß Ausgänge geben, die nach oben führen", sagte Rex Corda. „Mehrere Expeditionen sind bis zum Grund der Höhlen vorgestoßen. Es muß also einen Weg geben!"
„Ich wünschte, wir hätten ihn schon gefunden!" warf Ga-Venga unzufrieden ein. „Ich möchte endlich mal wieder die Sonne sehen. Außerdem habe ich Angst, daß mir dieser Riese versehentlich mal auf den Kopf tritt!" Er wies auf Tsati Mutara, dem er knapp bis an den Gürtel reichte. Der riesige Neger lächelte gutmütig. Rex Corda blieb am Ufer des Sees stehen. Seine Blicke wanderten mit dem Kegel des Scheinwerfers über die steilen Felswände . . . Sie mußten einen Weg nach oben finden. Der Kampf war noch lange nicht zu Ende. Bekoval betrat den schmalen Geröllpfad zwischen Wasser und Felswand. Langsam arbeitete er sich zu einem Felsvorsprung vor, der sich einige Meter in den See hineinschob. Die anderen folgten ihm. Ein Flüstern und Wispern kroch über die kühle Wasseroberfläche. Manchmal schien es Rex Corda so, als sehe er einen lebenden Schatten über das Wasser gleiten, der sich zurückzog, sobald er ihn mit dem Scheinwerfer anleuchtete. Dann schien das Etwas an den Felswänden hochzukriechen. Tsati Mutara schloß zu Rex Corda auf. „Sie haben es auch beobachtet, nicht wahr, Sir?" murmelte er leise, um die anderen nicht aufmerksam zu machen. Corda sah ihn verstohlen an. Er nickte. „Hier ist etwas, das uns beobachtet. Ich bin ganz sicher, Sir", sagte Mutara. Er lächelte etwas verlegen. „Ich möchte nicht, daß Sie denken, ich hätte Angst!" Rex Corda sah auf. Die braunen Augen des Mutanten sahen ihn gefaßt, aber besorgt an. „Ich habe das Mädchen wiedergesehen", sagte Mutara. Er wies nach oben zu einem Felsvorsprung. „Es stand dort oben. Es sah mich an. Es haßte
mich. Ich weiß es." „Sind Sie sicher?" „Ganz sicher, Sir. Das Mädchen war da. Ich fühlte auch, daß es einen gewissen Einfluß auf mich hatte!" „Ich werde aufpassen", sagte Corda bestimmt. Bekoval erreichte den Vorsprung. Vorsichtig schob er sich herum. „Hier geht's hinauf!" rief er. Er zeigte nach oben. Rex Corda folgte seinem Blick. Er sah gerade noch ein blaues, schmutziges Stückchen Stoff um eine Felskante verschwinden. * Zur gleichen Zeit versuchte ein anderer Mann in Nordamerika, einen Weg zu finden, den Super-Transmitter zu zerstören. Will Rimson! Er, einer der bedeutendsten Physiker seiner Zeit, experimentierte ununterbrochen mit einem Gerät, daß von den laktonischen Wissenschaftlern stammte. Es sah aus wie ein Tonbandgerät mit vier großen Spulen. Zwischen den Spulen befand sich ein faustgroßes Loch in der Deckplatte des Gerätes. Will Rimson hatte inzwischen ausfindig gemacht, daß sich zwischen vier Polen innerhalb dieser Öffnung ein hochenergetisches Feld aufbauen ließ. Es vernichtete alles, was hineingeriet. Der alte Wissenschaftler, der zu den engsten Freunden des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Nord- und Südamerika, Rex Corda, gehörte, hatte unerhörtes Glück gehabt, daß er bei seinen Experimenten nicht seine Hand verloren hatte. Ein Spezialstift fiel dem Gelehrten in die Öffnung, als er versuchte, ein Teilstück, das sich scheinbar gelockert hatte, wieder fest anzudrükken. Der Stift hatte sich blitzschnell in Nichts aufgelöst. Damit wurde eine Reihe von Experi-
menten eingeleitet, die alle damit endeten, daß Will Rimson die Experimentalobjekte in dem geheimnisvollen Gerät verlor. Rimson war der Verzweiflung nahe. Er wußte, daß das Gerät die Vernichtung eines Super-Transmitters ermöglichen sollte. Aber er hatte nicht die geringste Vorstellung davon, wie das vonstatten gehen sollte. Das Gerät tauchte bei einem geheimen Treffen von Delegierten der wichtigsten Staaten der Erde auf. Es war ein laktonisches Beutegerät. Ein sterbender Agent Laktons hatte es den Chinesen in die Hände gespielt, um es in Sicherheit zu bringen. Die Chinesen stellten das Gerät auf der Geheimkonferenz vor und beanspruchten es für sich. Die Laktonagenten Nurgentamar und Paro, mit denen Rimson die Konferenz besuchte, wollten es jedoch an sich reißen. Es gelang ihnen auch, als die orathonische Abwehr in die Konferenzräume eindrang. Rimson konnte fliehen. Er konnte das Gerät mit ins NORAD schleppen. Hier arbeitete er seit Tagen in dem Versteck, das vorher den Laktonen gedient hatte, an dem Gerät. Rimson war allein in dem kleinen Raum unter der schweren, schwenkbaren Maschine. Er verzichtete sogar auf die Gesellschaft seines Hundes Nukleon. Zu der Zeit, als Rex Corda den TerraJet verließ, wanderten die Gedanken des Alten immer wieder ab. Er wußte, daß Corda Erfolg gehabt hatte. Die Nachricht von der Zerstörung der Super-Transmitter hatte sich mit phantastischer Geschwindigkeit über die Erde verbreitet. Will Rimson erwartete jetzt einen Angriff auf den Transmitter auf dem Ozark Plateau. Er war jetzt überzeugt davon, daß Rex Corda noch lebte. Das hinderte ihn nicht, mit aller Energie an dem Gerät zu arbeiten. An diesem Tage entdeckte Will Rim-
son einen unscheinbaren Schalter an der Seite des Gerätes, der weitere Instrumente und Meßskalen belebte. In der Öffnung zwischen den vier Spulen baute sich ein gelbliches Energiefeld auf, in dem milchige Schleier aufwallten. Will Rimson stieß einen Jubelschrei aus. Er war überzeugt davon, einen wichtigen Schritt weitergekommen zu sein. * Tsati Mutaras Fuß glitt von der Felszacke ab. Der Mutant stürzte zwei Meter tief und überschlug sich auf dem kleinen Plateau. Er drohte, den Abhang abzurutschen. Doch Rex Corda packte ihn gerade noch rechtzeitig und konnte ihn zurückreißen. Das stereotype Lächeln war aus dem Gesicht Mutaras .verschwunden. Seine Blicke wanderten in den Abgrund hinab. Vierhundert Meter unter ihnen schimmerte der Sep matt in der Dunkelheit. „Ich frage mich, ob das wirklich Zufall war", sagte er hart. Er sprang auf und sah sich um. Rex Corda leuchtete die Felsen mit seiner Taschenlampe aus — doch sie entdeckten nichts. Corda sah etwas Weißes auf dem Felsen liegen. Er bückte sich. Es war ein Foto. Es zeigte ein dunkelhäutiges Mädchen in einem ärmlichen Kleid. Tsati Mutara riß es Corda aus der Hand. Er murmelte eine hastige Entschuldigung und schob das Foto in seine Tasche. Corda hob verwundert die Brauen. Tsati Mutara war ungewöhnlich ernst. So kannte er ihn noch nicht. Der Mutant pflegte fast immer zu lächeln. Es war gerade die zur Schau getragene Überlegenheit des Riesen, die GaVenga immer wieder reizte. In diesen Augenblicken aber wirkte Mutara wie gebrochen. Seine dunklen Augen hatten einen gequälten Glanz. Abrupt wandte
er sich ab, sprang in die Felswand und kletterte mit unvernünftiger Hast hinauf. „Beherrschen Sie sich, Mutara", mahnte Corda kühl. „Sie bringen uns alle in Gefahr, wenn Sie so weitermachen!" Der Mutant verharrte mitten in der Bewegung. Er sah auf Corda hinab. „Es tut mir leid", sagte er heiser. „Es wird nicht wieder vorkommen!" Corda schloß zu ihm auf. Nebeneinander kletterten sie zu den anderen hinauf, die bereits auf dem nächst höheren Plateau auf sie warteten. „Wollen Sie mir nicht lieber sagen, was Sie bewegt?" fragte Corda. Doch der Neger schüttelte den Kopf. Er schwang sich über die Kante auf den Absatz hinauf und ließ sich auf den Boden sinken. Er wischte sich mit beiden Händen über das schweißnasse Gesicht. In diesem Augenblick hörten sie das Poltern weit über sich. „Licht aus!" rief Corda. Die Scheinwerfer erloschen. Deutlich hörten die Männer das Rasseln und Poltern der Steine, die über die Felsen hüpften. Corda ließ seinen Scheinwerfer kurz aufblitzen. In dem grellen Licht sah er die Lawine, die aus der Höhe herabstürzte. „Vorsicht!" schrie er. Sie preßten sich an die Felswand. Sekunden später rauschte das Geröll an ihnen vorbei. „Wir müssen auf den nächsten Absatz", drängte Corda. „Dort schützt uns eine überhängende Wand!" Die Scheinwerfer leuchteten die Felsen wieder ab. Immer wieder prasselte Gestein hinunter. Von oben klang es wie von verwehten Stimmen. Die Männer erstiegen die vor ihnen liegende Wand mit größter Eile. Nach wenigen Minuten schon hatten sie es geschafft. Die Höhle zog sich in einem weiten Bogen schräg nach oben. Die Gefahr, in die Tiefe abzurutschen, war nicht mehr
ganz so groß. Zahlreiche Felsbrocken und zerklüftete Spalten boten Schutz. Tsati Mutara sah das Mädchen als erster. Es war klein und zierlich. Es trug ein verwaschenes blaues Kleid, das lose um die dürren Glieder schlackerte. Der Mutant schrie gellend auf. Es waren Laute voller Schmerz und Qual, die aus seiner Brust drangen. Bevor er über die Klippen setzen konnte, hastete eine Horde zerlumpter Männer und Frauen aus den Spalten hervor und lief dem Mädchen nach. In Sekundenschnelle verschwand die Schar. Rex Corda wandte sich erschauernd ab. Selten hatte er eine so jämmerliche Gruppe von Mutanten gesehen, die sich aus Furcht und Angst verkrochen hatte. Tsati Mutara zitterte am ganzen Körper. Der riesige Neger bot ein Bild völliger Verzweiflung. Er wollte etwas sagen, doch Rex Corda hielt ihm blitzschnell den Mund zu. Zwischen den Klippen, dort, wo die Mutanten verschwunden waren, leuchtete ein Feuer auf. Es war hell genug, um die vier Bronzeroboter anzuleuchten, die gemächlich aus der Höhe herabschwebten. Die Roboter ließen sich von Gravitationsfeldern tragen. Von oben auf sie herabstürzende Steine verbrannten in kurzen blauen Blitzen in ihren Schutzschirmen. Die Roboter waren unangreifbar. Es war fraglich, ob sie mit einem MagnetSmash zu erledigen waren. Atemlos starrten die Männer auf die Szene, die sich ihnen bot. Die Roboter drangen in die zerklüfteten Felsen ein und zerrten die Mutanten hervor. Doch sie taten ihnen nichts. Nach einer kurzen Prüfung ließen sie sie frei. Sie wandten sich ab und drückten sich leicht vom Boden ab. In diesem Augenblick bellte ein Schuß auf. Die Kugel prallte in das Schutzfeld des Roboters und trieb ihn über die Felskante hinaus in den Ab-
grund. Da die Roboter mit Gravitationsmechanismen ausgerüstet waren, hätte es ihm nichts ausmachen sollen. Und doch stürzte er aufflammend ab! Das Mädchen stand zwischen den Klippen, die Arme theatralisch ausgestreckt. Grenzenloser Haß zeichnete ihr junges abgezehrtes Gesicht. Rex Corda fühlte vielleicht als einziger, welche Kraftlinien von dem jungen Gehirn des Mädchens ausgingen. Seine Sondersinne ließen ihn weit mehr wahrnehmen als die anderen. Er fühlte auch die harten Haßwellen, die von dem Hirn ausgeschickt wurden und den Roboter einhüllten. Ein greller Blitz zuckte durch die Höhle. Ein rötlicher Energiestrahl fauchte auf das Mädchen hinab. Tsati Mutara wollte sich nach vorn werfen. Er wand sich wild in den Armen Rex Cordas. Das Mädchen war verschwunden. Die zurückweichenden Mutanten starrten entsetzt auf die Stelle, an der das Mädchen eben noch gestanden hatte. „Nein", stöhnte Tsati Mutara. „Nein — es darf nicht sein! Zu lange habe ich sie gesucht! Es darf nicht. . ." Rex Corda zog ihn behutsam zurück. Er fühlte den Sturm der Gefühle, der in diesem Mann tobte. Er setzte seine ganze Kraft daran, Mutara zu beruhigen. Und seine Sondersinne halfen ihm. Es gelang ihm, einen emotioneilen Einfluß auf den Mutanten auszuüben und Mutara aus seiner Verzweiflung zu reißen. Zwei Roboter stiegen unbeeindruckt höher. Einer allein blieb zurück. Er stand zwischen der Gruppe um Rex Corda und den Mutanten und überwachte diese. In seiner Faust schimmerte eine Strahlwaffe. Der Bronzeroboter sah aus wie ein lebendes Wesen. Aber Corda wußte, daß der Roboter nur eine Maschine war. Er wußte, daß er nur
eine metallische Haut trug, die so elastisch war, daß die Maschine sich wie ein lebendes Wesen bewegen konnte. Das kalte Grinsen, das auf den metallischen Zügen lag, war wohl berechnet. Und das gelang ihm vollkommen. Tsati Mutara trat einen Schritt vor. Corda wollte ihn zurückhalten, aber diesmal setzte der Mutant seinen Willen durch. Lautlos kroch er durch die Dunkelheit auf den Roboter zu. Die metallene Gestalt hob sich scharf gegen das Feuer ab, das bei den Mutanten brannte. Wie ein zarter flimmernder Schleier spannte sich der hochenergetische Schutzschirm um den Bronzenen. Mutara kroch wie eine mächtige Spinne über die Felsen hinweg. Er näherte sich dem Roboter mit großer Schnelligkeit und doch so geschickt, daß kein Laut hörbar wurde. Zwei Meter hinter dem Roboter richtete er sich auf. Er überragte die Maschine um Haupteslänge. Langsam hob er die Arme. Corda hielt den Atem an, als er sah, wie der Neger den materievernichtenden Energieschirm berührte — und hindurchschlüpfte! Mutaras Hände wirbelten um den Kopf des Roboters, der jetzt zu heftigem Leben erwachte. Die mit Steinen bewaffneten Hände knallten gegen die Linsen des Roboters. Klirrend zerbrachen die Aufnahmesysteme. Der Roboter war blind! Aus dem Waffendrehkranz an der oberen Wölbung des kahlen Roboterkopfes zischte ein glühender Energiestrahl schräg in die Decke hinauf. Er fraß sich in das Gestein und schleuderte glutflüssige Feuerbälle in die Tiefe. Tsati Mutara ließ den Roboter los. Er sprang zurück, warf sich auf den Boden, kroch weit zur Seite und kehrte zu Rex Corda zurück. Der Roboter stand jetzt reglos wie eine Statue, einen Arm halb erhoben,
den anderen schräg nach unten gestreckt. Sein metallener Körper zitterte. Die Mutanten lösten sich aus den Felsspalten, rannten an dem Roboter vorbei und zogen sich in die verborgenen Winkel der Höhle zurück. „Zweifellos sind Sie genauso durchgedreht wie dieser Roboter da", rief GaVenga mit meckernder Stimme. „Eine Verrücktheit sondergleichen!" Er leuchtete Tsati Mutara mit seinem Scheinwerfer an. Das helle Gesicht des Afrikaners zuckte unter einer dichten Schweißschicht. Mutara hielt die Augen fast geschlossen. Er atmete durch die bebende Nase. „Ich habe das elektronische System des Roboters durcheinander gebracht, nicht wahr?" fragte er Percip. „Der Roboter konnte es nicht verarbeiten, daß er trotz seines Schutzschirmes verletzt wurde, nicht wahr? Es war einfach unlogisch!" Percip trat aus dem Schatten. Er legte dem riesigen Neger die Hand auf die Schulter. „Die Situation ist zu ernst, um Witze zu reißen", sagte er kalt. „Was Sie taten, war nicht angebracht!" Mutaras Gesicht verzerrte sich. „Ich wollte keinen Witz machen!" „Sie haben sich an einer Maschine gerächt, Mutara! Wenn das kein Witz ist. . .?" Percip wandte sich ab. „Wir müssen uns beeilen! Es ist nicht ausgeschlossen, daß der Roboter Impulse aussendet, die uns verraten!" Rex Corda schob Mutara voran. Doch der Mutant schüttelte den Kopf. Er löste sich von Corda und ging zu der Stelle hinüber, an der das Mädchen gestanden hatte. Nicht mehr die geringste Spur war von ihr vorhanden. Der Boden glühte noch ein wenig. „Wer war sie?" fragte Corda. Mutara schüttelte den Kopf. „Das ist egal", antwortete er. Er rich-
tete sich auf, und sein Gesicht verschloß sich. „Ich habe sie gesucht, lange gesucht. Und sie hat mich nicht einmal erkannt, als ich sie gefunden hatte. Sie wollte mich töten!" Er lächelte mühsam. „Seit der Invasion stimmt vieles nicht mehr auf unserer Erde, nicht wahr, Sir?" * Nach einer Stunde erreichten sie ein kleineres Gewölbe. Es war nur zehn Meter hoch. Im Scheinwerferlicht erkannte Rex Corda, daß dort ein Schacht begann, der verhältnismäßig steil nach oben führte. John Haick, der neben ihm stand und den Trop auf seiner Schulter trug, sagte erregt: „Das sieht sehr gut aus, Rex. Auf jeden Fall ist das die erste Abzweigung, die nach oben führt. Da müssen wir 'rauf!" Das affenähnliche kleine Wesen, das possierlich auf Johns Schulter hockte, sah Corda mit großen Augen an. Es strich sich würdig die weiße Haarmähne ins Gesicht, suchte dann Ga-Venga und plapperte aufgeregt los. Der zwergenhafte Kynother folgte den Worten mit angestrengter Konzentration. Schließlich nickte er. „Unser kleiner Freund meint, für ihn sei es am leichtesten, dort hinaufzuklettern. Er will aufsteigen und prüfen, ob wir dort wirklich hinauskönnen. Er meint, wir könnten inzwischen eine Pause einlegen!" „Nett von dem Kleinen", grinste Tsati Mutara, der sich wieder gefangen hatte. „Also los, Bursche, hopp!" Der Trop stieß ein gackerhaftes Lachen aus, schnellte sich von der Schulter John Haicks und erstieg die Felsen mit verblüffender Schnelligkeit. Dieser ehemalige Sklave der Featherheads erwies sich als treuer Freund der Terraner. Seitdem Rex Corda ihn von
dem semibiotischen Conductor befreit hatte, durch den die Featherheads ihn an sich fesselten, tat der Trop alles für sie, was er nur konnte. Der rote Pelz verschwand rasch aus ihren Blicken. Tsati Mutara ließ sich auf der Stelle auf den felsigen Boden sinken. Er griff nach dem Ärmel Percips. „Kommen Sie, Laktone, setzen Sie sich zu mir", forderte er mit einem eigentümlichen Glitzern in den Augen. „Ich habe eine Frage!" „Fragen Sie!" Rex Corda ließ sich in einiger Entfernung der beiden Männer nieder. Ihm entging kein einziges Wort der folgenden Unterhaltung. „Wie könnte der letzte Super-Transmitter vernichtet werden, Percip?" „Ich weiß nicht!" „Gibt es überhaupt eine Möglichkeit?" „Es gibt Möglichkeiten, mehrere sogar", antwortete der Agent von Lakton. „Aber alle sind undurchführbar." „Hm!" Tsati Mutara zog die Beine hoch an den Leib und stützte das Kinn auf die Knie. Er verengte die Augen und musterte den Laktonen scharf. „Wie arbeitet dieser Transmitter überhaupt? Ich verstehe das nicht ganz!" „Das ist doch einfach, Mutara. Ich habe es schon mehrfach erklärt. Er nimmt alle Materialien auf, die die Orathonen auf der Erde erbeutet oder produziert haben, verwandelt sie in energetische Impulse und sendet diese zu den Empfangsstationen in den Raumschiffen der Flotte. Natürlich gehört ein außerordentlich umfangreicher elektronischer Apparat dazu, das alles zu steuern, aber im Prinzip ist es doch einfach!" „Wie groß sind die größten Dinge, die so ein Super-Transmitter transpor-
tieren kann?" Percip seufzte. Er hob die Achseln an den Kopf. „Woher soll ich das wissen, Mutara? Ich kenne diese Transmitter selbst nicht so genau. Unsere Maschinen arbeiten teilweise ganz anders!" „Wie groß?" „Hm — wie Sonnengleiter, vielleicht. Ja — viel größer dürfen die Objekte nicht sein!" Er sah Bekoval, den ihm rangmäßig übergeordneten Offizier, fragend an. Bekoval machte eine zustimmende Geste mit der Hand. Tsati Mutara rückte herum. Er holte eine Zigarettenschachtel aus der Tasche und bot an. Doch niemand außer ihm wollte rauchen. Sie alle hörten auf das, was er weiter fragte. „Was passiert, Percip, wenn ein Gegenstand in den Transmitter geschleudert wird, der größer ist als ein Sonnengleiter? Vielleicht ein Gegenstand, der genauso groß ist wie der Transmitter?" Percip lachte dunkel. Er schüttelte den Kopf. „Es gibt keinen Gegenstand, Mutara, den man so einfach in den Super-Transmitter schleudern kann!" „Aber was passiert?" bohrte Mutara so scharf, daß sich der Laktone befremdet aufrichtete. „Antworten Sie!" Percip sah ihn verweisend an, als er jedoch das gespannte Gesicht des Mutanten bemerkte, lächelte er. „Sie erwähnen jetzt unbewußt eine der Möglichkeiten, den Transmitter zu zerstören", versetzte er langsam. „Nehmen wir an, ein Diskus würde in den Transmitter stürzen, so würde dieser ihn in Hyperimpulse verwandeln und abstrahlen. Als Impuls würde der Diskus zu irgendeinem Raumschiff der orathonischen Flotte wandern — dort würde er auf einen Empfangstransmitter treffen, der zu klein ist. Innerhalb der Raumschiffe gibt es keinen einzigen Transmitter, der groß genug wäre, einen
Diskus zu empfangen!" Tsati Mutara seufzte enttäuscht. „Das hieße, daß das Raumschiff zerstört werden würde?" Percip schüttelte den Kopf. „Nein — der Impuls würde von dem Transmitter zurückgespiegelt werden. Er käme in dem gleichen Bruchteil der Sekunde, in dem er von dem SuperTransmitter abgestrahlt wurde, wieder zurück!" „Und dann?" fragte Rex Corda, jetzt lebhaft interessiert. „Er würde auch dort gespiegelt werden. Der Super-Transmitter steht ständig auf Sendung. Der Impuls käme so schnell zurück, daß die auf Sendung programmierte Elektronik ihn nicht annehmen würde, sondern ihn sofort wieder aussenden würde." „Das bedeutet, daß sich der gleiche Vorgang abermals wiederholen würde", bemerkte Rex Corda. Percip bestätigte das. „Der Vorgang würde sich einige millionenmal wiederholen — innerhalb einer oder zwei Sekunden. Es käme zu einer Energiekumulation, zu einem Energiestau im Super-Transmitter, der ihn zerfetzen würde. Dieser Gedanke von Mutara ist wirklich sehr gut, aber absolut undurchführbar!" „Und warum?" fragte Tsati Mutara noch schärfer als zuvor. Seine Stimme schnitt durch die Stille, befremdend und kalt. Dieser humorvolle Mann war kaum noch wiederzuerkennen, seitdem das Mädchen gestorben war. Percip stand auf. „Der Plan ist aus mehreren Gründen undurchführbar. Erstens haben wir keinen Diskus!" „Wir könnten einen an uns bringen! Das ist uns schon öfter gelungen!" warf Tsati ein. „Zweitens wird der Transmitter durch äußerst starke Energiefelder geschützt!" „Ich könnte sie durchbrechen!" rief
Mutara heftig. „Drittens dürfte gerade dieser Transmitter jetzt so stark abgesichert sein, daß Sie nicht einmal mit einem SuperSchlachtschiff zu ihm durchbrechen könnten! Verlassen Sie sich darauf, daß das gesamte Gebiet schärfer denn je zuvor bewacht wird! Nein — Ihr Plan ist unsinnig! So schaffen wir es nicht!" Tsati Mutara warf seine Zigarette weg. „Und doch ist es die einzige Chance, die wir haben!" „Wir wollen nicht mehr darüber reden", schloß Corda die Debatte. „Ich bin der gleichen Meinung wie Percip. Es lohnt sich nicht, über diesen Plan zu sprechen!" * Sigam Agelon inspizierte die Sicherheitsvorkehrungen, die eine Spezialtruppe für den letzten, voll intakten Super-Transmitter getroffen hatte. Er saß in einem Diskus Raumer der A-Vaut-T-Klasse, einem Klein-Raumschiff mit einem Durchmesser von 53 Metern, und überflog den Super-Transmitter. Bei ihm waren die hohen Offiziere der Sondertruppe, die für die Sicherheitsmaßnahmen verantwortlich waren. Weit unter ihnen bewegten sich Spezialtrupps von Bronzerobotern über das Gelände. Sie kämmten den Raum um den Transmitter Zentimeter für Zentimeter durch. Mit Sondierinstrumenten tasteten sie den Boden millimetergenau ab. Vier Kilometer vom Spezial-Transmitter entfernt begann der erste Sperrgürtel, der zur Sicherung gegen Angriffe vom Boden und aus der Luft diente. Dahinter lagen in lockerer Ordnung zahlreiche diskusförmige Raumschiffe mit laufenden Konvertern. Sie waren bereit, in Sekundenschnelle auf-
zusteigen und jeden Gegner zu vernichten, der in die Sperrzone eindringen sollte. „Die anderen Transmitter wurden unterirdisch angegriffen!" sagte Sigam Agelon zornig. Die hellen Muster in seinen Augenlidern tanzten heftig auf und ab. Sie milderten den starren Blick etwas, mit dem der Oberkommandierende die Offiziere in seine Gewalt zwang. „Welche Maßnahmen wurden getroffen, um einen erneuten Angriff von unten zu verhindern?" „Das düsengetriebene, subplanetare Laktonfahrzeug existiert nicht mehr", bemerkte einer der Offiziere. Sigam Agelon schäumte. Er schrie den Offizier an und verlangte eine genaue Darstellung der Sicherheitsmaßnahmen. Er erfuhr, daß tiefe Schächte innerhalb der Schutzschirme in die Erde getrieben worden waren, die unter der Erde bis an die äußersten Grenzen der Schutzschirme heranführten. „Dort kann niemand hindurch", versicherten die Sicherheitsspezialisten. „Dieser Transmitter ist überhaupt nicht zu vernichten. Er ist unangreifbar!" * Als der Trop zurückkehrte, begann der mühevolle Aufstieg. Rex Corda err wartete neue Störungen von Seiten der Mutanten, doch sie blieben aus. Die Mutanten hatten sich in die zahlreichen Höhlen und Winkel zurückgezogen, die das ausgedehnte System bot. Meter für Meter kämpften sie sich den schmalen Schacht hoch, der nicht immer so viel Platz bot wie zu Anfang. Oft verengte er sich so sehr, daß sie nur auf dem Bauch rutschend vorwärts kommen konnten. Stunde um Stunde kämpften sie sich voran, bis Rex Corda, der in diesem Augenblick vorankletter-
te, den erlösenden Ruf ausstieß. „Tageslicht!" Er wies auf den kleinen Spalt, der sich weit über ihnen öffnete. Gleichzeitig fühlte er von unten her eine intensive Welle der Angst heraufsteigen. Er verharrte auf dem Fleck und konzentrierte sich auf die emotionellen Schwingungen, die aus der Höhle kamen. Die Mutanten strahlten sie aus. Er war sich dessen ganz sicher. Es waren Sendungen, wie er sie bei Menschen beobachtet hatte, die verfolgt wurden. Kämmten die Featherheads das Höhlensystem durch? Corda stieg als erster in den Kamin ein, der sie noch vom Tageslicht trennte. Mit den Füßen stemmte er sich gegen den Felsen. Ruckweise gewann er an Höhe. Zunächst kam es ihm vor, als käme er nur zentimeterweise voran, doch nach wenigen Metern wurde es schon besser. In einer knappen halben Stunde schafften sie den Aufstieg. Er kletterte durch eine kreisrunde Öffnung an die Oberfläche. Sorgfältig sah er sich um, bevor er sich aus der Deckung schob. Der Spalt befand sich hoch an der Flanke eines Berges. Weit unten im Tal wimmelte es von Robotern, Grillen und Orathonen. Er hörte die harten Kommandos an den Hängen hinaufklingen. Alle Aufmerksamkeit konzentrierte sich auf einen breiten Spalt, der dort unten in den Berg führte. In der Nähe dieses schmalen Ausgangs aber war niemand zu sehen. Einige Felsbrocken boten genügend Deckung. Hastig verständigte er die anderen, bevor er den Kamin verließ und sich hinter den Felsen in Sicherheit brachte. Dieser Ausgang aus dem Höhlenlabyrinth sah so unscheinbar aus, daß man ihn ohne weiteres für die Höhle eines Bergtieres halten konnte, zumal ein
Steinquader die Öffnung fast ganz verdeckte. In den Tälern jenseits der nächsten Bergrücken erhoben sich die massigen Leiber mehrerer Hantelraumer. Träge kreisten die riesigen Orterschirme und antennen. Es dauerte mehr als eine halbe Stunde, bis alle an der Oberfläche waren. Als letzter kam der Laktone Bekoval. Er reckte sich einmal, atmete einige Male tief durch und sagte, als ob er keine Anstrengung hinter sich habe: „Wir dürfen hier nicht länger bleiben!" „Kraftprotz", knurrte Ga-Venga so leise, daß der Laktone es nicht hörte. Er drückte den rotbepelzten Trop an sich, der freudig schnatterte. „Wir gehen nach Norden", entschied Rex Corda. „Im Norden ist das NORAD — das ist unser Ziel!" Es dauerte drei Stunden, bis sie die Mesa erreichten. * Will Rimson war Sechsundsechzig Jahre alt, doch er fühlte sich nicht als alter Mann. Sein Gang war elastisch wie der eines wesentlich jüngeren Mannes. , Will Rimson arbeitete gern allein. Er war kein Freund von vielen Reden, aber er wußte seine Sache immer zu vertreten. Will Rimson hatte Gesellschaft bekommen in seinem Versteck unter dem schwenkbaren Maschinenblock im Elektrizitätswerk des NORAD — ein Schäferhund lag neben ihm auf dem Boden. Das Tier schien zu schlafen, jedenfalls hielt es die Augen geschlossen. Dennoch sprach der Wissenschaftler mit ihm — und es- schien so, als antworte der Hund. Er stieß ab und zu knurrende Laute aus, die in den meisten Fällen zustimmend klangen, manchmal aber auch scharf ablehnend waren. Will Rimson arbeitete wieder an dem
Gerät, das so aussah wie ein kompliziertes Tonbandgerät mit vier Spulen. Das Energiefeld flimmerte in der Öffnung im Zentrum. Ein scharfer Summton unterbrach die Stille. Der Physiker richtete sich auf und sah auf den kleinen Bildschirm über dem Experimentiertisch. Er erkannte ein bekanntes Gesicht. Er drückte einen kleinen Hebel herum. Knirschend schwang sich die schwere Maschine über ihm in den Lagern herum. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis General Jake Dingel hereinkam. Der harte, disziplinierte Mann mit dem scharfkantigen Gesicht ging stumm zu dem Tisch hinüber und legte eine kleine Schachtel darauf nieder. „Eines garantiere ich Ihnen, Professor", knurrte er bissig. „Wenn Sie mir damit die Anlage in die Luft jagen, dann ist es mit unserer Freundschaft aus!" Will Rimson lehnte sich zurück und faltete die Hände über dem Bauch. „Mein lieber Dingel, wenn hier etwas in die Luft geht, dann ist nichts mehr von mir da!" Der General zerrte die Rockschöße seiner Uniformjacke ärgerlich herab. „Sie sollten sich daran gewöhnen, einen anderen Ton mir gegenüber anzuschlagen, Professor", fauchte er. Rimson sah seinen Hund an. „Er hat Ärger gehabt, Nukleon, wie?" schmunzelte er. Der Hund raffte sich zu einem gelangweilten Gähnen auf. „Was haben Sie eigentlich mit der Bombe vor?" fragte Dingel mürrisch. Rimson richtete sich etwas auf. Er öffnete die Schachtel und nahm den Gegenstand heraus, der so groß war wie ein Hühnerei. Achtlos warf er ihn hoch und fing ihn wieder auf. Nachdem er das dreimal gemacht hatte, packte der General blitzschnell zu und brachte die Bombe in Sicherheit. ,
„Sie haben keine Ahnung, womit Sie spielen, Professor!" stöhnte er zornig. „Wenn Sie sich absolut selbst umbringen wollen, dann tun Sie das bitte erst dann, wenn ich nicht mehr hier bin!" „Sie wollten wissen, worum es geht?" „Bitte!" sagte Dingel steif. „Nurgentamar, der Laktone, sagte, mit diesem Ding könnte man unter Umständen einen Super-Transmitter stören, beziehungsweise zerstören." „Das habe ich mittlerweile begriffen!" „Fein", lächelte Rimson. „Ich stelle mir jetzt folgendes vor: Die OrathonTransmitter verwandeln Materie in Energie, und die senden sie wie Funkimpulse ins All. Funksendungen lassen sich aber stören, indem man beispielsweise auf gleicher Frequenz sendet. Ich frage mich jetzt, was geschieht, wenn ich auf gleicher Frequenz Materie aussende wie die Orathonen. Muß es da nicht auch irgendwo Störungen geben?" General Dingel wurde nachdenklich. Er schob sich seine Dienstmütze in die Stirn hinauf und überlegte sorgfältig, bevor er antwortete. „Das bedeutete, daß dies ebenfalls ein Transmitter ist, Sir!" „Ich vermute es, Sir!" „Sie wollen also die Bombe in die Sendung eines Orathon-Transmitters einschmuggeln, in der Hoffnung, daß sie in einem Raumschiff der Featherheads explodiert?" „Genau das habe ich vor", versetzte der Gelehrte. Er nahm die eiförmige Bombe wieder an sich, drückte einen roten Knopf daran ein und warf sie schnell in das Energiefeld. Die Bombe verschwand im gleichen Augenblick. * Sigam Agelon verzog keine Miene, als die leitenden Ingenieure der Anlage ihm meldeten, daß der Super-
Transmitter seine Arbeit wieder aufnahm. Die Blicke des Flottenkommandeurs wanderten ab. Er schien für den Transmitter keine Augen zu haben. Er schien nur die Zerstörungen zu sehen, die die Explosion der Atombombe unter dem Transmitter in der Umgebung zurückgelassen hatte. Die Schäden waren erheblich. Von den zahlreichen Fabrikationsstätten und Lagerhallen, die vorher das weitläufige Gelände bedeckt hatten, stand nichts mehr. Der Boden der Kalahariwüste glühte unter der unbarmherzigen Sonne. Sigam Agelon jedoch spürte von der Hitze nichts. Er befand sich auf der ausgefahrenen Beobachtungsrampe seines Raumschiffes in einer klimatisierten Zone. Mehrere Hantelraumer wölbten ihre gewaltigen Kugeln in den klaren Himmel hinauf. Ströme von Ersatzgütern flossen aus ihren mächtigen Leibern. Die Techniker der Flotte arbeiteten wirklich mit allen Kräften an der Reorganisation der Transmitterversorgung. Überall wuchsen neue Lagerhallen aus dem Boden, in denen auch kleine Transmitter entstanden. In den Hallen kamen die Ströme der Versorgungsgüter an. Dort wurden sie gesichtet, nach einem komplizierten Schlüssel sorgfältig auf die verschiedenen Flotteneinheiten aufgeteilt und wanderten schließlich in stetem Fluß in das vielschichtige Energiegebilde des SuperTransmitters. Dieser Transmitter gehörte zu dem offenen Typ. Er verbarg sich nicht unter einer Kuppel. Sein Energiefeld war voll transparent. Selbst Sigam Agelon, der das Bild längst kannte, beobachtete den Transportvorgang immer wieder mit regem Interesse. Die Güter flossen in das schimmernde Energiefeld. „Corda — du hast dich umsonst bemüht!" preßte Sigam Agelon zwischen den Zähnen hervor. Die grüne Haut
spannte sich verächtlich in seinen Mundwinkeln. „Es gibt niemanden, der uns schlagen könnte!" Er beobachtete, wie eine Kette schwerer Raumraketen in den Transmitter floß. Die schlanken Projektile blitzten in der grellen Sonne. Sigam Agelon wollte sich abwenden. Er wußte, daß jetzt wieder zwei SuperTransmitter für die Versorgung seiner Flotte tätig waren. Wenn die verhaßten Laktonen jetzt nur noch einige Tage mit dem Angriff warteten, dann war die Kanfpfkraft der Flotte so gewaltig, daß die Laktonen keine Chance hatten. Sigam Agelon warf einen letzten zufriedenen Blick auf den Transmitter. Das geschah in dem Augenblick, in dem die Bombe innerhalb des Energiefeldes explodierte! Sigam Agelon sah es. Mit unwahrscheinlicher Reaktion warf er sich auf den Boden, in den Schutz der Brüstung. Im nächsten Moment schon wuchs ein gigantischer Pilz über der Kalahari. Die Raketen, die an die Flotte weitergehen sollten, detonierten innerhalb des Transrnitters, zerfetzten ihn und rissen alle anderen Raketen mit in die Glut hinein. Der Diskus des Flottenkommandeurs riß das Kommando an sich. Der hochentwickelte Computer bewies seine ungewöhnliche Leistungsfähigkeit. Der Diskus startete schon bei der ersten Explosion, Bruchteile nach dem ersten Aufblitzen der Bombe. Die ungeheuren Druckwellen fegten den Diskus in den Himmel hinauf. Sigam Agelon krallte sich mit der ganzen Verzweiflung seines gehetzten Wesens an die wenigen Streben, die ihm die Aussichtsrampe bot. Er beobachtete, wie zwei seiner Offiziere über die Rampe hinausgewirbelt wurden, und wie sie in der Tiefe verschwanden, wie sie hineinfielen in das Chaos, das sich in der Kalahari
auftat. Der Bordcomputer schaltete automatisch auf Sicherheitsrang, eine Phase, in der alles andere als die Sicherheit Sigam Agelons unwichtig wurde. Unsichtbare Kraftfelder griffen nach dem Flottenkommandeur und zogen ihn in das Innere des Diskus, Gravitationsautomaten sorgten dafür, daß der Agelon nichts von den Explosionen spürte, die mit grausamer Gewalt in die Schutzschirme des Raumschiffes prallten. Als Sigam Agelon die Kommandobrücke des Diskus erreicht hatte, war alles ruhig und friedlich. Auf den Holografenschirmen aber konnte er das Chaos beobachten. Schwer atmend stand er vor den Schirmen und starrte auf das Bild, das sich ihm bot. Eine Explosion folgte der anderen. Dort, wo eben noch der reparierte Transmitter gestanden hatte, brach eine Glutwelle nach der anderen brüllend auf. Unfaßbare Energieausbrüche fegten über die Wüste, packten die gelandeten Hantelraumer und vernichteten sie innerhalb weniger Minuten, bevor sie noch starten konnten. Sigam Agelon sah, wie ein Hantelraumer der Wonn-Klasse, mit Kugeldurchmesser von 1200 Metern, in sich zusammenbrach, und wie beim Aufprall die gelagerten Vernichtungswaffen hochgingen. In Sekundenschnelle verwandelte sich ein unübersehbares großes Gebiet in ein brüllendes Flammenmeer, in dem alles unterging, was sich in der Nähe des Transmitters befand. Niemand konnte erfassen, was in diesen Augenblicken in Sigam Agelon vorging. Das war der schwerste Schlag, den dieser Mann bisher hatte hinnehmen müssen. Eben noch bewegte er sich in den Höhen des Triumphes, jetzt schleuderte ihn der Widerstand der Erde in die tiefsten Zweifel zurück. Schlagartig wuchs das Gespenst der Niederlage zu einer gewaltigen Dro-
hung an, das ihn verschlingen wollte. Sigam Agelon war unfähig, jetzt eine Entscheidung zu treffen. Wie benommen starrte er auf das grauenhafte Bild, das ihm die Holografen übermittelten. Seine Augen flatterten unnatürlich heftig zwischen den wie eingefroren wirkenden Lidern. Ein Roboter trat von hinten an ihn heran. Es war eine als Medo-Robot gezeichnete Maschine. Er trug einen farblosen Überwurf über der Uniform, die seine metallenen Glieder verhüllte. Er drückte eine Hochdruckspritze an den Hals des Flottenkommandeurs. Lautlos wechselte die farblose Flüssigkeit in die grüne Haut über. Sigam Agelon senkte den Kopf. Seine Lippen zuckten. Er sah sich auf der Kommandobrücke des Raumschiffes um. Der Diskus schwebte in fast zweihundert Kilometer Höhe reglos über dem Flammenmeer der Kalahari. Die fünf Offiziere, die sich mit Agelon im Raum befanden, wichen seinen Blicken aus. „Hat jemand eine Erklärung für dieses Ereignis?" fragte der Oberkommandierende kalt. Die Offiziere schwiegen. Niemand konnte sich erklären, was geschehen war. Sigam Agelon überwand sich selbst. Er atmete einige Male tief durch, bevor er sagte: „Ich mache niemandem einen Vorwurf! Ich habe mich davon überzeugen können, daß wirklich alle Sicherheitsvorkehrungen getroffen wurden, die nach den bisherigen Erfahrungen ausreichend waren. Hier ist etwas geschehen, für das auch ich keine Erklärung habe. Es geht mir nicht darum, einen Schuldigen zu finden! Ich will verhindern, daß unser letzter Transmitter einem ähnlichen Anschlag zum Opfer fällt!" Die Gesichter der Offiziere entspannten sich sichtbar. Sigam Agelon verbarg
ein verächtliches Lächeln. In diesen Augenblicken nahm er sich vor, für eine gründliche Umorganisation des Offiziersstabes in der von ihm geleiteten Flotte zu sorgen, sobald er Zeit dazu hatte. Er sah nur zu deutlich, daß das seit Jahrtausenden eingehaltene Schema zur Unbeweglichkeit erstarrt war. Die Offiziere handelten nicht mehr aus eigener Initiative, sie verloren die wirklichen Ziele aus den Augen — aus Angst vor Fehlern. Sigam Agelon sah die Gefahr, die in diesem Verhalten lag. Er wurde sich bewußt, daß er selbst nicht ganz unschuldig an dem Handeln der Offiziere war. Aber gleichzeitig erkannte er auch, daß diese Zustände nicht innerhalb weniger Augenblicke geändert werden konnten. „Sichern Sie mir den letzten Transmitter — das ist Ihre ganze Aufgabe", schloß er. „Und finden Sie heraus, wie dieser Transmitter vernichtet werden konnte! Wir müssen die Ursache feststellen!" * Eine donnernde Explosion zerriß das Gerät vor Will Rimson. Eine grelle Flammenzunge zuckte aus dem Zentrum des Kastens bis an die niedrige Decke. Der Luftdruck wirbelte Will Rimson von seinem Stuhl und schleuderte ihn gegen den General. Die beiden Männer stürzten in eine Ecke des Raumes. Nukleon bellte erregt. Er packte den Arm Rimsons mit den Zähnen und zog den Wissenschaftler behutsam hoch. Will Rimson starrte benommen von dem Schock auf das zerstörte Gerät. Dichter schwarzer Qualm breitete sich auf dem Experimentiertisch aus. „Sie sind ein verdammter Narr, Professor!" keuchte General Jake Dingel. „Man sollte Sie wirklich nicht mit so
gefährlichen Dingen spielen lassen!" Will Rimson schnaubte empört. Vergeblich suchte er nach Worten, den General zurechtzuweisen. Jake Dingel stieß die Tür auf, doch er konnte den engen Raum nicht verlassen, weil der Maschinensatz die Treppe nach oben versperrte. Keuchend und hustend taumelte Dingel zum Experimentiertisch hinüber und drückte den kleinen Hebel herum, der den Generator bewegte. Hustend und schimpfend stolperte der General jetzt die paar Stufen in die Halle hinauf. Der dichte Qualm folgte ihm. Die Agenten der von den Orathonen zerschlagenen CIA, die diesen Bezirk, als Monteure verkleidet, absicherten, eilten bestürzt herbei. Eilig sperrten sie die Zugänge ab, um zu verhindern, daß zufällige Beobachter erfaßten, was hier geschehen war. Ein hünenhafter Agent sprang in das Versteck hinab und holte Will Rimson heraus. Der Wissenschaftler konnte sich kaum" auf den Beinen halten. Bleich taumelte er am Arm des Agenten hinter Jake Dingel her. Nukleon, sein Hund, folgte ihm nicht weniger angeschlagen. Plötzlich blieb Will Rimson stehen. Er fuhr sich mit beiden Händen erregt durch das Haar. „Dingel!" schrie er krächzend. „General Dingel! So warten Sie doch!" Der General blieb stehen. Er zögerte einen Augenblick, dann stampfte er zornig errötend auf den Wissenschaftler zu. Sehr dicht vor ihm blieb er stehen. „Ich habe die Nase voll, Professor! Mir reicht es! Ich verbiete Ihnen alle weiteren Versuche!" Will Rimson lächelte zufrieden. Er machte einen fast glücklichen Eindruck. „Das ist auch nicht mehr nötig, Sir", sagte er fest. „Ich brauche keine weiteren Versuche mehr zu machen. Ich bin am Ziel! Ich habe es erreicht!"
„Was haben Sie erreicht?" fauchte er. „Nichts ist bei Ihren Versuchen herausgekommen! Die Bombe ist Ihnen unter der Hand explodiert! Oder wollen Sie etwa behaupten, Sie hätten einen Super-Transmitter zerstört?" „Genau das will ich!" nickte Will Rimson selbstsicher. „Überlegen Sie doch selbst, Sir! Wenn die Bombe in dem Gerät explodiert wäre, wie Sie behaupten, dann wäre doch wohl nichts übrig geblieben! Sie haben mir vorher selbst einiges über die Sprengkraft erzählt! Sie sagen, damit könne man ganz NORAD in die Luft sprengen! Und was ist passiert? Nur das Gerät selbst ist zerstört. Und es hat ein bißchen Qualm gegeben!" General Dingel hustete einige Male kräftig, weil ihm der Rauch noch etwas zusetzte. Als er sich erholt hatte, wischte er sich die Tränen aus den Augen, stieß ein unwilliges Knurren aus und versetzte: „Wir haben Beobachter am Ozark-Plateau, wo ein SuperTransmitter steht! Ich werde mich erkundigen, was dort passiert ist, Professor! Ich garantiere Ihnen, daß dort überhaupt nichts los ist!" Will Rimson hustete hinter der vorgehaltenen Hand und seufzte dann in gespielter Verzweiflung. „Sie machen es einem wirklich schwer, Sir! Aber bitte, überzeugen Sie sich! Ich bin ganz sicher, daß ich Erfolg hatte!" „Kommen Sie!" Will Rimson drückte seinen Arm an die Seite. Er war noch immer nicht ganz verheilt, obwohl er von den Laktonen mit Spezialmedikamenten behandelt worden war. Er schmerzte noch etwas. Langsam folgte der Physiker dem General. Und je näher sie dem Büro des Offiziers kamen, desto sicherer wurde er sich seiner Sache. General Jake Dingel setzte den geheimen Beobachtungsapparat sofort in
Bewegung. Das sorgfältig aufgebaute Netz aus geschulten Agenten begann zu arbeiten. Täglich stellten sich ankommende Beamte der zerschlagenen amerikanischen Organisationen dem neu wachsenden Staatsgebilde zur Verfügung. General Dingel verstand es mit besonderem Organisationstalent, diese Beamten einzusetzen. So entstand praktisch unter den Augen der Featherheads ein neuer leistungsfähiger Staatsapparat, der vorübergehend von General Jake Dingel geleitet wurde, solange Rex Corda noch nicht wieder zum NORAD zurückgekehrt war. Will Rimson ließ sich im Büro des Generals in einen der bequemen Sessel sinken und ließ sich vom Adjutanten Dingels einen kühlen Whisky reichen. Er behauptete, er habe ihn verdient. Sehr selbstsicher wartete der Wissenschaftler. Nukleon, sein telepathisch begabter Hund, ruhte nicht weniger gelassen an seiner Seite. Nur General Dingel war nervös und fahrig. Er versuchte, sich auf dringende Arbeiten zu konzentrieren, aber er schob die vor ihm liegenden Akten immer wieder zur Seite — bis endlich der Bote kam, auf den er so lange gewartet hatte. „Nein, Sir", sagte er. „Unsere Beobachter am Ozark-Plateau haben keine Veränderung festgestellt. Der Transmitter weist nicht die geringsten Schäden auf! Es ist alles in Ordnung!" Die breite Faust des Generals donnerte auf den Schreibtisch herab. „Nichts ist in Ordnung!" brüllte er. „Absolut nichts! Verdammt, Professor! Fast hätte ich Ihnen geglaubt!" Will Rimson hockte fassungslos auf dem Sessel und drehte das leere Whiskyglas in seinen Händen. Über seine zuckenden Lippen kam kein verständliches Wort. *
Fast wäre die Warnung Tsati Mutaras zu spät gekommen. Die Gruppe um Rex Corda zog mit schnellen Schritten durch die weitgedehnte Hügellandschaft, als der Mutant Mutara plötzlich wie vom Schlag gefällt zu Boden sank. Instinktiv folgten die anderen Männer seinem Beispiel. Mutara kroch eilig rückwärts. Er winkte Corda zu sich heran. Vorsichtig schoben sie sich an die beiden Büsche heran, die die Sicht zum Nachbartal versperrten. Die Senke war weitaus größer, als die Männer es in dieser Landschaft erwartet hatten. Sie war immerhin so tief, daß der Diskus darin gut versteckt war. Im Tal wimmelte es von Whims. Dieses grillenartige Hilfsvolk der Orathonen war der bestgehaßte Feind neben den Featherheads selbst. Die Grillen gingen mit erschreckender Grausamkeit gegen alles vor, was sich den Gefiederten entgegenstellte. Jetzt drängten sie eine kleine Gruppe von annähernd zwanzig Männern im Tal zusammen. Rex Corda senkte den Kopf. Er preßte seine heiße Stirn auf die Fäuste. Seine emphatischen Fähigkeiten verbanden ihn mit den verfolgten Männern in der Senke. Sein Sonderhirn nahm die von ihnen ausgehenden emotioneilen Schwingungen auf. Rex Corda fühlte, wie sich in seinem Kopf ein Knoten bildete, der sich im Schmerz zu verkrampfen drohte. „Sie haben mit dem Leben abgeschlossen", murmelte er. Er hob den Kopf und sah wieder in das Tal hinab. Die Grillen hatten die Männer eingekreist. In den weißen Gesichtern der Gefangenen zeichnete sich die ganze Furcht vor diesem Insektenvolk ab, das ihnen unheimlicher und fremder war als alle anderen Sklaven, die zu den Invasoren gehörten. Das Erscheinungsbild der mannshohen Grillen
war zu fremd und zu erschreckend, es konnte auf gar keinen Fall von der Erde stammen. Der Abgrund zwischen Mensch und Grillen war zu tief, keiner konnte den anderen verstehen, keiner konnte einen Weg zum anderen finden. Dabei war Rex Corda davon überzeugt, daß es ebenso eine Verständigungsmöglichkeit mit den Whims gab, wie es eine mit dem Trop in ihrer Gesellschaft gegeben hatte. Von den Trops wußte er, daß die Grillen ursprünglich erbitterte Gegner der Orathonen gewesen waren. Es hatte schwere Kämpfe zwischen den beiden so verschiedenen Rassen gegeben. Nach dem Sieg der Orathonen wurden den Grillen semibiotische Conductors eingepflanzt. Das war die wirksamste Fessel der Featherheads. Damit konnten sie bisher alles Leben an sich binden. Nur bei Rex Corda war dieser Versuch gescheitert. Das war auch der Grund dafür, daß Sigam Agelon so lange versucht hatte, diesen Mann wieder in seine Gewalt zu bringen. Rex Corda fragte sich, was die Grillen mit diesen verzweifelten und verängstigten Männern vorhatten. Welchen Sinn konnte es haben, sie zu töten? „Wir ziehen uns zurück!" befahl er. „Wir müssen ein Versteck suchen, damit die Grillen uns nicht entdecken, wenn sie mit ihrem Diskus starten." „Und was wird aus diesen Männern?" fragte Mutara. Rex Corda biß sich auf die Lippen. „Gehen wir!" sagte er rauh. Zögernd und unwillig folgte ihm der Mutant. Die anderen schlossen sich ihm schneller an, nachdem er mit knappen Worten erklärt hatte, was in der Senke geschah. „Wir können die Männer doch nicht umkommen lassen!" rief Tsati Mutara, als sie in genügender Entfernung von der Senke waren. „Sir — wir müssen
doch etwas tun!" „Sie werden nicht sterben, Mutara", sagte Corda bestimmt. „Die Grillen werden sie nur verhören!" „Und wenn . . ." Rex Corda hob die Hand und blieb stehen. Zwischen zwei flachen Hügeln duckte sich eine primitive Hütte in den Schutz zweier vertrockneter Bäume. Im zerbrochenen Fenster der Hütte tauchte ein blasses Gesicht auf, das jedoch sofort wieder verschwand. „Bleibt hier!" Corda wartete keine Antwort ab. Er ging allein zur Hütte. Er fühlte die Impulse der Angst, die in der primitiven Behausung schwangen. Er stieß die Tür auf und starrte auf die Hand mit dem blitzenden Messer, das sich genau auf seine Kehle richtete. Ein brauner Blitz glitt an ihm vorbei. Tsati Mutara packte den herabsausenden Arm und riß ihn herum. Haarscharf zuckte das Messer an der Brust Rex Cordas vorbei. Der Mann mit dem roten klobigen Gesicht taumelte in die Ecke der Hütte zurück. Dort kauerte er sich wie zum Sprung zusammen. Seine Fäuste baumelten dicht unter seiner Brust. Rex Corda winkte ihm beruhigend zu. „Sie gehören zu den anderen Männern dort hinten, die von den Grillen erwischt wurden?" fragte Mutara. Der Bullige nickte unwillig. Mißtrauisch musterte er die Gesichter, die in der Tür auftauchten. Er beruhigte sich nicht sehr, als er die fremdartigen Züge Ga-Vengas und den Trop sah. „Beruhigen Sie sich", lächelte er. „Wir haben nicht vor, Sie zu verraten!" Das rote Gesicht entspannte sich etwas. Der Mann starrte auf die Zähne Percips. die diesen als Laktonen verrieten. „Sie sind Laktone?" Percip lächelte bestätigend. Der Bul-
lige beruhigte sich vollends. Er trat zur Seite und winkte seine Besucher zu sich herein. „Dann habe ich nichts zu befürchten", sagte er. Seine Stimme war heiser und schwer, so, als sei er stark erkältet. „Sie haben wahrscheinlich selbst Sorgen genug!" Er wühlte in seinen Taschen herum und brachte eine zerknitterte Zigarettenschachtel hervor, aus der er großizügig anbot. „Die anderen sind also erwischt worden, eh?" forschte er. In seinen Mundwinkeln zuckte es. „Sie scheinen das nicht sehr zu bedauern", wunderte sich Corda. Der Bullige zuckte die Achseln. „Es ist nicht schade um sie. Sie wollten uns "reinlegen", erklärte er unbeteiligt. „Man wird ihnen den Kram abnehmen und sie dann laufenlassen!" „Was wird man ihnen abnehmen?" fragte Tsati Mutara. Der Bullige grinste breit. Er deutete auf die Kisten und die zwei wackeligen Stühle in der Hütte, um Platz anzubieten. Er selbst setzte sich auf eine schlichte Holzbank. „Hier in der Nähe ist ein Raumschiff abgestürzt!" „Wie sah es aus?" warf Percip ein. Die anderen hielten sich zurück. Fatlo Bekoval, Ga-Venga, John Haick und Oberst Polley verhielten sich so schweigsam wie in den letzten Stunden. „Das Raumschiff sah aus wie eine Rakete. Es war mindestens zwei Kilometer lang und hatte einen Durchmesser von bestimmt vierhundert Metern. Zuerst hat sich niemand darum gekümmert — bis wir es fanden. Wir haben alles 'rausgeholt, was wir gebrauchen konnten!" Er grinste wieder und sah mit listig glitzernden Augen von einem zum anderen. „Es war 'ne ganze Menge!" „Also ein laktonischer Raumer", murmelte Percip. „War viel zerstört?"
„Es war nicht mehr viel heil. Das Schiff ist in einige Dutzend Stücke zerbrochen. Der vordere Teil ist restlos ausgebrannt. Ein Stück vom Heck fehlt völlig, und mittschiffs ist offenbar eine Bombe 'reingegangen. Aber für uns war noch 'ne Menge zu holen!" Er warf seine Zigarette achtlos auf den Boden und steckte sich eine neue an. „Wir hatten schon fast alles weggebracht, was wir haben wollten, als diese Kerle kamen und uns überfielen. Es schadet ihnen nicht, wenn die Grillen sie jetzt mal ein bißchen unter die Lupe nehmen!" „Wo sind Ihre Kameraden?" fragte Rex Corda. „Sie sind weg!" „Haben Sie so etwas wie ein System gehabt, nach dem sie das Schiff durchsuchten — oder haben Sie wahllos genommen, was Ihnen in die Hände fiel!" Der Bullige winkte lachend ab. „Nein, nein", strahlte er, ein naives Leuchten in den Augen. „Wir hatten ja Termon bei uns! Der kannte sich aus!" „Termon? Wer ist das?" fragte Corda. „Ein Laktone natürlich! Ein alter Kerl, aber sehr nett. Ja, das ist er!" nickte der Mann eifrig. „Er sagte, daß er ein Wissenschaftler ist. Und er machte einen verdammt zufriedenen Eindruck." „Wo ist er jetzt?" forschte Percip eindringlich. „Mit den anderen nach Norden, Sir! Sagte ich das noch nicht? Dort haben wir ein Depot, wohin wir den ganzen Krempel schaffen. Wir haben feine Sachen dort!" „Wir müssen dorthin!" warf Mutara scharf ein. * General Jake Dingel klopfte dem Wissenschaftler jovial auf die Schulter. „Also, irgend etwas ist passiert bei
den Featherheads, Professor", rief er, wie oft, etwas lauter als nötig. „Sie machen einen verdammt nervösen Eindruck! Fast möchte ich glauben, daß Sie doch irgend etwas mit Ihrer komischen Maschine kaputt gemacht haben!" Rimson preßte die Lippen zusammen. „Sie können sich darauf verlassen, Sir, daß meine Maschine weder komisch war, noch so harmlos, wie Sie sich das vorstellen! Ich gehe jede Wette mit Ihnen ein, daß ich mich nicht entscheidend geirrt habe. Die Featherheads haben schließlich auch Super-Transmitter auf dem Mars stehen! Vielleicht ist einer von denen explodiert!" Jake Dingel schüttelte den Kopf. „Die Featherheads haben, soweit ich weiß, keinen Transmitter auf den anderen Planeten stehen, Professor!" behauptete er selbstbewußt. „Diese Nachricht haben wir von unseren Agenten. Die Orathonen sollen nur auf der Erde Super-Transmitter haben. Auf dem Mars und dem Mond sind Raumschiffe gelandet, aber diese Himmelskörper werden angeblich nicht ausgenutzt und ausgeplündert wie die Erde. Woran das liegt, mag der Teufel wissen. Erze gibt es auf dem Mars schließlich auch!" Will Rimson rieb sich seinen linken Arm. Unwillig schüttelte er den Kopf. „Sie können sagen, was Sie wollen, Sir! Ich bin fest davon überzeugt, daß die Sache mit der Bombe geklappt hat!" Er ballte seine Fäuste und hob sie ein wenig. „Ich bin ganz fest davon überzeugt!" General Dingel beugte sich hastig vor. Er sah sich flüchtig nach versteckten Beobachtern um, konnte jedoch niemanden entdecken. Die Orathonen überwachten das NORAD zwar nach wie vor sehr scharf, hielten es jedoch nicht mehr besetzt, wie zu Anfang der Invasion. Die Featherheads glaubten
offensichtlich nicht an eine Gefahr, die vom NORAD ausgehen konnte. „Ich bin gespannt, wann Rex Corda den letzten Super-Transmitter in die Luft jagen wird!" flüsterte der General. „Es kann nicht mehr lange dauern!" Will Rimson zuckte zusammen. Die Nachricht von der Vernichtung der Super-Transmitter war durch zahllose geheime Kanäle in kürzester Zeit um die ganze Erde gelaufen, obwohl die Orathonen sich bemühten, die Nachrichtenverbindungen auf der Erde immer wieder zu zerschlagen. „Haben wir denn wirklich keine Möglichkeit, ihm zu helfen?" raunte er, weil ein Ätzer am anderen Ende der langen Halle auftauchte. Jake Dingel schüttelte ernst den Kopf. „Wir haben nicht die geringste Möglichkeit, Professor! Ich glaube, es gibt überhaupt keine andere Möglichkeit, den Transmitter zu vernichten, als ihn mit einem Terra-Jet von unten her anzugreifen!" Er warf dem Ätzer, der wie ein fliegender zerfranster Teppich dicht unter der Decke der Halle entlangflatterte, einen wütenden Blick zu. „Verdammte Teufel!" knirschte er. * Der Mann mit dem klobigen Gesicht kam durch die knarrende Tür der Hütte herein, als der Mond aufgegangen war. „Die Luft ist jetzt rein", sagte er. „Die Grillen sind weg. Wie ich gesagt habe, ist den anderen nicht viel passiert. Sie machen einen nervösen Eindruck, sonst scheint aber alles in Ordnung zu sein. Man hat sie wohl nur verhört!" „Sie haben mit ihnen gesprochen?" fragte Mutara. „Ich habe sie belauscht!" „Und was geschieht jetzt?" erkundigte sich der Mutant.
„Wie ich schon sagte, werden wir jetzt den Jeep nehmen und damit nach Norden fahren. Ich glaube, das ist schon in Ordnung. Termon wird das akzeptieren!" In wenigen Minuten waren sie bereit. Sie verließen die Hütte und schlichen zu dem Jeep hinüber, der in einer nahen Senke unter drei Bäumen versteckt wartete. Es war ein größeres Modell, das gerade Platz genug für alle bot. Der Bullige setzte sich ans Steuer. Laut heulte der Motor durch die Stille der Nacht. Die Scheinwerfer durchbrachen die Dunkelheit. Rex Corda, der neben dem Mutanten Tsati Mutara saß, hörte ihn leise singen. „Tsati", sagte er. „Mich würde eines interessieren. Warum haben Sie den Roboter in der Höhle angegriffen, und wie haben Sie ihn überwältigt?" Die weißen Zähne des Negers blitzten durch die Nacht. „Er ist verrückt geworden, Sir!" Corda schüttelte den Kopf. „Ist das nicht eine sehr einfache Lösung, eine zu einfache vielleicht?" Mutara senkte den Kopf. „Sir, ich wollte Rache nehmen. Ich wußte genau, was geschehen würde. Ich habe schon mehr als einen Rpboter auf diese Weise erledigt!" „Und jedesmal sollte das künstliche Hirn des Roboters kurzschließen, nur weil es einer Frage gegenübersteht, der mit hergebrachten Begriffen allein nicht beizukommen ist?" Mutara lächelte. „Nein, Sir. Es ist etwas anderes. Dieser Faktor spielt eine große Rolle, aber es kommt noch etwas hinzu. Wenn ich Energie von irgendwo abziehe, dann verschwindet sie ja nicht. Ich kann keine Energie vernichten, ich kann sie nur umleiten!" „Wollen Sie damit sagen, daß Sie die Energie des Schutzschirmes in den Roboter geleitet haben?"
„Genau das, Sir. Wahrscheinlich bekam ihm das bedeutend weniger gut, als das Problem, das ich ihm stellte!" Corda lachte. „Für eine Weile haben Sie mich getäuscht, Tsati", sagte er. „Aber es kann kaum anders sein, als Sie es jetzt erklären!" „Ich könnte auch kinetische Energie daraus machen!" versetzte der Neger. Rex Corda sah ihn fragend an. Er konnte das Gesicht Mutaras nicht sehr gut erkennen. „Und? Was wollen Sie damit sagen, Tsati?" Der Mutant beugte sich leicht vor. Mit drängender, eifriger Stimme erklärte er: „Wenn ich mit einem Diskus durch die Schutzschirme des SuperTransmitters breche, Sir, dann könnte ich die Energie, die ich dem Schutzschirm abziehe, in kinetische Energie ableiten. Diese kinetische Energie könnte mich aus dem Gefahrenbereich herausschleudern !" „Wir wollen nicht mehr davon reden, Tsati! Dieses Unternehmen ist völlig ausgeschlossen! Ich werde meine Zustimmung dazu nicht erteilen!" erwiderte Rex Corda hart und entschlossen. Dennoch gab Mutara keine Ruhe. „Sir, es ist keine allzu große Gefahr für mich dabei! Wir sollten es doch wenigstens versuchen!" „Ich sagte nein, Tsati! Dabei bleibt es!" Percip räusperte sich. Er drehte sich zu dem Mann um, der verantwortlich für die politischen Geschicke Amerikas war. „Es ist wirklich unsere einzige Chance, Mr. Corda!" sagte Percip nüchtern. „Es ist keine Chance!" Corda lehnte sich zurück. Er schnitt alle weiteren Worte mit einer energischen Geste ab. Tsati Mutara war als Mutant ungeheuer wertvoll für die Erde. Mit seinen
besonderen Fähigkeiten war er unersetzlich. Eine Zukunft, deren Möglichkeiten überhaupt noch nicht abzusehen waren, lag vor ihm. Es wäre unverantwortlich gewesen, Mutara den tödlichen Gefahren eines solchen Unternehmens auszusetzen. Rex Corda war fest davon überzc-ugt, daß Tsati Mutara nicht die geringste Chance hatte, einen Einsatz wie den vorgeschlagenen zu überleben. „Wenn es aber gar keine andere Möglichkeit gibt, Sir, den Transmitter zu vernichten, dann müssen wir es wagen!" sagte Fatlo Bekoval, der Laktone. Er sagte es in englischer Sprache, dennoch wiederholte GaVenga, sein Dolmetscher, diese Worte. „Wir hätten keine Chance gegen die Orathonen, wenn diese in der Schlacht ihre Verluste sofort wieder ersetzen können. Unsere Ausgangsbasis ist schwach genug. Wir müssen den Transmitter zerstören!" „Dann suchen Sie nach einem Weg, Bekoval", erwiderte Corda betont scharf. „Suchen Sie nach einem Weg, der kein Menschenleben fordert. Es ist billig, von Mutara zu verlangen, daß er sich für Sie und Ihr Volk opfern soll!" „Es wäre auch für Sie und die Erde! Es wäre . . ." „Schweigen Sie!" peitschte die Stimme Cordas auf. „Wir haben schon zu oft darüber gesprochen! Es gibt nichts mehr zu klären!" Bekoval setzte zu einer Antwort an, doch dann biß er sich hart auf die Lippen und schwieg. Er ahnte, daß es keinen Zweck hatte, gegen den Entschluß Cordas anzureden. * Nach zwei Tagen erreichten sie das Versteck in der Nähe von Durango. Bis hierher hatten die Männer der Widerstandgruppe die zahlreichen Beu-
testücke geschleppt, weil sich hier in den zahlreichen Schluchten und Tälern das beste Versteck anlegen ließ. Der Bullige, der sich als Santas vorgestellt hatte, führte die Männer in eine tiefe Schlucht, deren Hänge fast kahl waren. Sie passierten mehrere Wachen, die sie jedoch nicht aufhielten, da sie Santas im Jeep erkannten. Am Ende des Weges öffnete sich ein dunkler Spalt im Fels. Davor stand ein sehr alter Mann mit kurzem weißem Haar, tiefliegenden dunklen Augen und scharfer schmaler Nase. „Das ist Termon", stellte der Bullige vor. Percip sprang aus dem Jeep. Er ging auf den alten Wissenschaftler zu und begrüßte ihn mit einer schwingenden Geste seiner linken Hand. Er stellte sich und Fatlo Bekoval vor. Bekoval kam jetzt ebenfalls zu dem Alten. Dicht hinter ihm folgte Rex Corda. Corda legte Ga-Venga die Hand auf die Schulter, als dieser ihn überholen wollte, und hielt ihn zurück. „Mich interessiert, was sie sich zu sagen haben", sagte er leise. Ga-Venga schmunzelte. „Sie sind immer mißtrauisch, wie?" Corda zeigte auf die drei Laktonen. „Schnell! Was sagte Bekoval?" „Er fragte den Alten, weshalb er nicht versucht hat, NORAD zu erreichen. Er behauptet, der Alte müßte die Funksignale vom NORAD empfangen haben, wenn er soviel aus dem abgestürzten Schiff ausbauen konnte. Bekoval verlangt eine exakte Erklärung!" Rex Corda runzelte überrascht die Stirn. Verlangte Bekoval eine Rechtfertigung von Termon? Der Wissenschaftler machte einen verstörten und unsicheren Eindruck. Corda konnte nicht verstehen, weshalb Bekoval sich so erregte. Auch Percip war mit dem Verhalten Termons sichtlich nicht einverstanden.
„Was ist so aufregend an dem Verhalten Termons, Ga-Venga?" fragte Rex Corda. Der zwergenhafte Kynother strich sich mit der flachen Hand über das blaue Haar. Tiefe Falten zerfurchten sein Gesicht, das seinen kindlichen Ausdruck jetzt völlig verloren hatte. „Weshalb antwortest du nicht, Kleiner?" Ga-Venga wackelte nervös mit dem Kopf. Er fuhr sich immer wieder durch die Haare, die wie blauer Samt glänzten. Termon antwortete Bekoval mit scharfer, schneidender Stimme. Die Unterredung wurde immer lauter. „Los doch, Ga-Venga! Antworte mir! Weshalb regen die Laktonen sich so auf? Schnell!" Er packte den Kynother an der Schulter und schüttelte ihn. Eine fieberhafte Unruhe packte ihn. Er fühlte die Erregung, die von den Laktonen ausging, konnte die Gefühle jedoch nicht genau analysieren. „Es ist mir verboten, Sir", murmelte Ga-Venga. „Es gibt kein Verbot, das ich akzeptiere!" zischte Corda, der den Kynother schnell zum Reden bringen wollte, um die Antwort zu erfahren, bevor die Auseinandersetzung vorbei war. „Sir — es ist einfach so, daß Percip und Bekoval Angst vor Termon haben!" „Angst?" Rex Corda sah zu dem Alten hinüber. Er machte einen fast gebrechlichen Eindruck. Die Schultern und der Rücken rundeten sich im Alter. Die Hände zitterten leicht. Die Stimme klang zwar noch immer kräftig, wirkte jedoch matt und erschöpft. Vor diesem Mann sollten die beiden Laktonen Angst haben? Corda konnte es sich kaum vorstellen. „Du phantasierst, mein Freund!" Ga-Venga knallte die Hacke zornig
auf den Boden. „Sie beleidigen mich, Sir!" „Rede schon! Schnell!" Ga-Venga warf den Laktonen einen ängstlichen Blick zu, dann wisperte er: „Alle Laktonen haben Angst vor ihren Wissenschaftlern! Begreifen Sie? Die Technik der Laktonen ist so gewaltig, so umfassend, so phantastisch, daß kaum jemand wirklich begreift, welche Mächte die Wissenschaft beherrscht. Die Laktonen leben in ständiger Angst davor, daß die Wissenschaftler eines Tages die Macht im Imperium übernehmen könnten! Termon scheint übrigens wirklich nichts vom NORAD zu wissen!" Ga-Venga wollte noch mehr sagen, doch jetzt war die Auseinandersetzung der drei Laktonen zu Ende. Rex Corda ging langsam auf die drei Männer zu. „Wie ich sehe, haben Sie sich nicht gerade freudig begrüßt", sagte er gelassen. „Es ist mir gleich, worüber Sie sich streiten. Es geht mich nichts an, aber ich würde es begrüßen, wenn Sie jetzt daran denken würden, daß wir uns keine Meinungsverschiedenheiten leisten können!" Hinter Termon tauchte ein schlankes Mädchen auf. Es hatte dunkles Haar und negroide Lippen, aber einen hellbraunen Teint. Ihre schwarzen Augen sahen abweisend und uninteressiert über die Ankömmlinge hinweg. Sie trug ein zerfladdertes Notizbuch in der linken Hand, das sie sich ständig gegen den linken Oberschenkel schlug. Ihr unbeteiligtes müdes Gesicht hellte sich unversehens auf, als sie Rex Corda sah. „Sir? Irre ich mich? Sie sind Mr. Corda? Senator Corda?" Corda nickte. „Ich bin Senator Corda", erwiderte er. „Woher kennen Sie mich?" „Ich bin Testpilotin der USAF gewesen, Sir!" sagte die Schlanke. „Jetzt
versuche ich, etwas gegen die Gefiederten zu tun." „Zeigen Sie uns, wie es hier aussieht!" Das Mädchen führte sie in das Innere des Verstecks. In weitverzweigten flachen Höhlen lagerten zahllose Geräte und Waffen, die die Männer aus dem abgestürzten Raumschiff ausgebaut hatten. Sie hatten alles Gerät bewußt so weit geschleppt, um die Suche nach ihnen möglichst zu erschweren. „Wir wissen von dem Transmitter auf dem Ozark-Plateau", sagte die Pilotin. „Woher?" „Einige von uns kommen aus dem Gebiet. Sie haben uns davon erzählt. Jetzt sind wir dabei, das Ding in die Luft zu jagen!" Rex Corda und die anderen Männer, die bei ihm waren, blieben verblüfft stehen und starrten die Pilotin wie einen Geist an. * Cort Kosta fühlte sich durchaus nicht wohl, als er von Khara zurückkehrte und das Flaggschiff der orathonischen Flotte betrat. Das riesige Hantelraumschiff türmte sich an der Ostküste der Vereinigten Staaten von Amerika mehr als tausend Meter in die Höhe. An Bord dieses Schiffes gab es keine Schranken und keine Hindernisse für Cort Kosta. Dieser Mann, der schon durch seine Gestalt auffiel, gelangte schneller als jeder andere Besucher zu dem Fottenkommandeur. Sigam Agelon erwartete seinen Vertrauten voller Ungeduld und Nervosität. Orathonische Agenten hatten die Nachricht übermittelt, daß sich die geflohene laktonische Flotte am Rande des galaktischen Spiralarms — innerhalb dessen auch das Terra-System lag — zu einem Angriff formierte. Diese Nachrichten ließen die Vermutung zu,
daß der Angriff in kürzester Zeit erfolgen mußte. Für Sigam Agelon war das Verhalten der Laktonen ein Beweis dafür, daß sie über das Geschehen auf der Erde genauestens informiert waren. Die Laktonen würden angreifen, wenn der Anschlag auf den letzten noch intakten Super-Transmitter erfolgt war. Der Oberkommandierende der Feahterheads sprang erregt auf, als ihm die Ankunft seines Vertrauten gemeldet wurde. Er bemühte sich um eine gelassene Haltung, als Cort Kosta eintrat. Prüfend sahen sich die beiden Männer in die Augen. Cort Kosta bemerkte sofort, daß die Musterung in den Augenlidern Sigam Agelons intensiv leuchtete. Das war ein deutliches Zeichen für die Nervosität des Agelon. „Was sagt mein Vater?" „Ich konnte ihn nicht sprechen!" Der Fuß Sigam Agelons schoß wütend auf eine zierliche Bodenstatue zu, wirbelte sie quer durch den Raum und zerschmetterte sie an einem Holografen-schirm, der ein stetes Zierbild einer fremdartigen Landschaft brachte. Das Bild erlosch. Klirrend fielen Bruchstücke des kleinen Kunstwerkes zu Boden. „Dann ist alles verloren!" „Daran glaube ich nicht", versetzte Cort Kosta. „Ich glaube eher, daß der verehrungswürdige Moga Agelon nur Desinteresse vortäuscht. Niemand schien von den Rückschlägen überrascht zu sein, die wir einstecken mußten. Ich glaube daher, daß wir im entscheidenden Moment eine wirksame Unterstützung vom Zentrum erhalten werden." Cort Kosta nahm das Vorrecht für sich in Anspruch, sich zu setzen, ohne daß der Flottenkommandeur ihn dazu aufgefordert hatte. „Zuerst war ich nur zornig", fuhr Cort Kosta fort. „Jetzt sehe ich alles mit anderen Augen. Man will Sie nervös
machen, um zu sehen, was Sie wirklich leisten können. Ich bin mehr denn je davon überzeugt, daß wir den Feind vernichtend schlagen können. Der große galaktische Krieg nähert sich seinem Ende. Lakton wird untergehen. Es wird nicht mehr lange dauern, dann wird man von diesem Volk überhaupt nicht mehr reden!" Sigam Agelon lächelte verzerrt. „Das hört sich gut an, Kosta! Inzwischen ist jedoch der Transmitter wieder zerstört worden, den wir gerade wieder in Betrieb genommen hatten. Es ist dem Gegner gelungen, eine Bombe in Form eines Störimpulses in den Transmitterstrahl zu senden. Die Bombe explodierte in einem Kreuzer im All. Die Explosionswelle schlug per Transmitterimpuls zurück und vernichtete den Transmitter restlos. Die Explosion erfolgte mitten in einem Raketentransport. Es blieb nichts übrig." Cort Kosta verfärbte sich. Seine dunklen Kopffedern hoben sich kräftig. Entsetzen malte sich in seinen Zügen ab. „Das könnte doch bedeuten, daß Lakton jeden Transmitter, den wir in Betrieb nehmen, zerstören könnte!" keuchte er. „Es könnte bedeuten!" antwortete Sigam Agelon. „Aber noch arbeitet der Transmitter auf diesem Kontinent. Um ehrlich zu sein — ich begreife es nicht. Wenn ich die Waffe hätte, die der Feind hat, dann hätte ich sie längst auch gegen diesen Transmitter eingesetzt!" Cort Kosta sprang auf. „Ich werde mich selbst um die Sicherheitsmaßnahmen kümmern. Ich werde diesen Planeten nach Widerstandsnestern durchkämmen und jedes einzelne ausheben!" Sigam Agelon ließ sich in einen Sessel sinken. Sein Gesicht straffte sich. „Wenn Corda noch lebt, dann wirst du ihn finden", sagte er überzeugt. „Und
wenn du ihn findest, dann zögere keinen Atemzug, ihn zu töten. Er ist gefährlicher als alle Männer, die jemals gegen mich gekämpft haben. Ein Sieg über ihn bedeutet mir mehr als ein Sieg über Lakton!" „Dann glauben Sie nicht, daß er tot ist?" „Ich glaube es nicht eher, bis ich ihn tot vor mir sehe — oder bis dieser Planet in seine Sonne stürzt!" * Tsati Mutaras Stimme überschlug sich vor Aufregung. „Was wollen Sie?" rief der Mutant. „Sie wollen den Super-Transmitter auf dem Ozark-Plateau in die Luft jagen?" Unwillkürlich hatte er nach dem Arm der mexikanischen Pilotin gegriffen. Sie streifte seine Hand kühl ab und nickte gelassen. Ihre schwarzen Augen sahen durch den Mutanten hindurch und richteten sich auf Rex Corda. Das Mädchen stand dem entscheidenden Problem in dieser Phase der Auseinandersetzung zwischen Lakton und Orathon äußerst gelassen gegenüber. „Wie wollen Sie das schaffen?" fragte Mutara. Seine Blicke hingen an dem schönen Gesicht des Mädchens. Die Mexikanerin gab ihnen einen Wink und drehte sich um. Sie führte sie tiefer in die Höhlen hinein. Immer neue Gänge und Abzweigungen taten sich auf. Überall arbeiteten Männer und Frauen an den erbeuteten Geräten. Corda entdeckte sogar einige Kinder, die voller Eifer mithalfen. Die Mexikanerin suchte die Nähe und das Gespräch mit Rex Corda. Stolz nannte sie sich Widerstandskämpferin. Sie sagte, sie werde von allen nur Suva genannt. Mutara versuchte immer wieder, mit ihr ins Gespräch zu kommen, aber entweder antwortete sie ihm nicht, oder sie wich ihm aus. Sie führte die
Männer nach einem halbstündigen Marsch durch einen schmalen nassen Gang in eine Höhle, deren vordere Seite offen war. Überrascht traten Rex Corda und Tsati Mutara an die gezackten Öffnungen heran. Von dort aus konnten sie in ein weites Tal hinabsehen, das sich bis fast an den Horizont hinzog. Dort wuchsen flachwellige Berge auf. Rex Corda erkannte zwei Hantelraumer, deren helle Kugeln die Spitzen der Berge überragten. Sieben diskusförmige Raumschiffe zogen in enger Formation von Süden her durch das Tal. „Ich verstehe immer noch nicht viel mehr", sagte Mutara lächelnd zu Suva. Das Mädchen lächelte kühl. Sie zog Termon, den laktonischen Wissenschaftler, zu sich heran. Der Laktone hantierte an den zerrissenen Felsen und zog einen kopfgroßen Felsbrocken heraus. Darunter zeigte sich eine makellos saubere Schalttafel mit zehn roten Hebeln und zwei engbeschriebenen Meßskalen. Termon drückte einen der Knöpfe. Ein kleiner Bildschirm, den Corda bisher übersehen hatte, flammte auf. Termon murmelte etwas vor sich hin, dann drückte er in rascher Folge die anderen Knöpfe. „Wir mußten erst wissen, ob die Luft rein ist!" erklärte Suva, die Pilotin. Sie sah nur Corda an, wenn sie sprach. Percip stieß einen verblüfften Ruf aus. Er beugte sich durch die Öffnungen im Fels und sah den Talhang hinab. Rex Corda ging zu ihm und folgte seinen Blicken. Was er sah, raubte ihm den Atem. In der Flanke des Berges öffneten sich sieben breite Spalten. Sie waren mehr als fünfzig Meter lang. In ihnen ruhten, auf hell blitzenden Lafetten, sieben feuerrote Raketen. Die Geschosse trugen jedoch noch keinen Kopf. Corda schätzte die Raketen auf dreißig Meter Länge.
„Sie wollen diese Raketen auf den Transmitter abfeuern?" fragte er. „Und Sie bilden sich wirklich ein, damit könnten Sie Erfolg haben?" „Ich bin davon überzeugt, und Termon ist es auch!" Percip lachte enttäuscht. „Ich glaube nicht, daß Sie damit etwas ausrichten. Wir hätten uns den Weg sparen können!" Termon stieß einige zornige Worte aus. Ga-Venga drängte sich nach vorn, doch auch diesmal kam er nicht an Rex Corda vorbei, der ihn festhielt. Termon sprach hastig und erregt auf Percip und Bekoval ein. „Was gibt es?" Rex Cordas Stimme zwang den Wissenschaftler, seinen Redeschwall zu unterbrechen. „Ga-Venga soll übersetzen! Ich möchte informiert werden!" Ga-Venga sprach, bevor ihn Fatlo Bekoval noch dazu aufgefordert hatte. „Termon sagte, er habe Raketenköpfe konstruiert, die die Schutzschirme des Transmitters neutralisieren werben. Er sagte, die Raketen werden die Schutzschirme durchschlagen und den Transmitter auf jeden Fall vernichten!" „Sie vergessen nur, daß die Raketen einige Zeit benötigen, um das Ziel zu erreichen", warf Corda ein. „Die Orathonen haben die Raketen bis dahin wahrscheinlich längst abgeschossen!" „Das ist ein Risiko, das wir eingehen müssen", übersetzte Ga-Venga die Worte des alten Wissenschaftlers. „Wir haben jedoch Steuergeräte installiert, die dafür sorgen, daß die Raketen ihren Kurs ständig wechseln. Der Kurswechsel wird nach einem System vorgenommen, dem kein Abwehrfeuer gewachsen ist. Von den Raketen werden mindestens fünf ihr Ziel erreichen!" „Wann ist es soweit?" fragte Corda. „In drei Stunden!" antwortete das Mädchen.
* Rex Corda winkte Tsati Mutara zu sich heran, als sie zu den zentralen Höhlen zurückkehrten. „Tsati, ich möchte, daß wir eine Fluchtmöglichkeit haben, wenn hier etwas schiefgeht. Sprechen Sie mit Santas, ob wir den Jeep haben können. Wenn er ihn herausrückt, dann bringen Sie ihn einige Kilometer weit fort und verstecken ihn irgendwo." Mutara nickte. Er stellte keine Fragen, sondern eilte sofort voraus, um den Jeep zu beschaffen. Santas machte keine Schwierigkeiten. Er war sofort bereit, das Fahrzeug zur Verfügung zu stellen. „Wir haben genügend Fahrzeuge für uns", sagte er. „Nehmen Sie den Jeep! Ich verstehe nur nicht, warum Sie nicht hierbleiben wollen! Besser als hier kann es Ihnen nirgendwo gehen!" „Wir müssen weiter", antwortete Mutara ausweichend. „Unser Ziel liegt wesentlich weiter nördlich!" Er stieg in den Jeep und fuhr in die Schlucht hinein, die nach Norden führte. In einem ausgetrockneten Bachbett kam er gut voran. Der Jeep erwies sich als guter Kletterer. Mutara orientierte sich nach der Sonne. Er hielt sich genau nach Norden, als die Schlucht in mehrere langgestreckte Täler zerfiel. Er wußte die Raketenstellungen östlich von sich. Er wollte den Jeep weit von den Abschußbasen entfernt unterstellen. So fuhr er am Rande einer gewaltigen Geröllhalde entlang bis zu einem Abbruch, der in das Tal der Raketenstellungen abfiel. Obwohl er sich große Mühe gab, die Höhlenöffnungen zu entdecken, gelang es ihm nicht. Er fand ein überstehendes Felsdach, unter dem er den Jeep gut abstellen konnte. Von den dürren Bäumen in der Nähe holte er sich einige Zweige, mit denen er den Jeep
bedeckte. Dann machte er sich auf den Rückmarsch. Nach einer halben Stunde hatte er sich dem Höhleneingang bis auf fast zwei Kilometer genähert. Seine Füße schmerzten. Er beschloß, eine Ruhepause einzulegen. Um der brennenden Sonne auszuweichen, kroch er den Hang etwas hinauf und setzte sich unter einen vorspringenden Felsen. Hier war es etwas kühler. Tsati Mutara wollte sich eine Zigarette anstecken, als er den Diskus entdeckte, der durch die Schlucht flog. Der Diskus befand sich nur fünf Meter über dem ausgetrockneten Bachbett und folgte dem Verlauf der Schlucht. Mutara kroch tiefer in den Schatten und preßte sich eng an den Felsen. Das Herz schlug ihm mit plötzlicher Heftigkeit bis an den Hals hinauf. Leise surrend zog der Diskus an ihm vorüber. Aus der halbkugelförmigen Antriebdüse an der Unterseite des Raumschiffes schlugen kleine blaue Flammen. Auf der Oberseite erhoben sich hagere Antennen, die sich unablässig drehten. Etwas Unheimliches kroch mit dem Diskus durch das Tal, das kaum hundert Meter breit war. Eine unsichtbare Gewalt kroch knisternd und knirschend über die Seitenwände der Schlucht. Sie zerquetschte die spärlichen Pflanzen und preßte lockeres Gestein knallend zur Seite. Sekundenlang verstand der Mutant nicht, was geschah. Dann aber begriff er, daß der unsichtbare Schutzschirm, den der Diskus aufgebaut hatte, die Felswände berührte und sich gewaltsam eine Bahn brach, wo er auf Materie stieß. Der Diskus senkte sich herab. Knapp zwei Meter unter den Füßen Mutaras zog die mörderische Prallwelle vorbei. Der Mutant sah, wie ein faustgroßer
Stein zu Staub wurde, als das Feld ihn erfaßte. Lautlos zog Tsati sich weiter zurück. Er glitt langsam um den Fels herum, wobei er versuchte, das Gestein möglichst immer zwischen sich und dem Diskus zu halten. Es gelang ihm nicht ganz, weil die Deckung zu klein war und als Vorsprung nicht weit genug aus der Wand herausragte. Wenn jemand an den Aufnahmegeräten des Raumschiffes saß und beobachtete, dann mußte er Mutara entdecken. Der Mutant stöhnte verzweifelt auf, als der Diskus seine Fahrt herabsetzte und in der schmalen Schlucht landete. Unwillkürlich hielt er den Atem an. Er kauerte sich so weit wie möglich zusammen, um die lächerliche Deckung auszunutzen, obwohl er nicht daran glaubte, daß es ihm jetzt noch etwas half. Richteten sich die aus der Metallhülle herausragenden Energieprojektoren nicht schon auf ihn? Langsam, unendlich langsam öffnete sich ein Seitenschott an dem Diskus. Eine Metalltreppe drehte sich träge auf den Boden herab, und eine wuchtige Gestalt erschien in dem kreisrunden Ausgang. Es war ein Orathone. Sein olivgrünes Gesicht glänzte fett in der Sonne. Er hatte eine langläufige Waffe in der Hand, die er zwischen den Fingerspitzen baumeln ließ. Da rollte ein heller Ruf durch die Schlucht. Der Orathone hob den Kopf, und dann winkte er mit der Waffe. Er sah nach Süden, in die Richtung, in die Mutara gehen wollte. Tsati Mutara stutzte. Er konnte sich nicht vorstellen, wen ein Gefiederter hier erwarten konnte. Vorsichtig schob er sich aus seiner Deckung. Wie von Taranteln gestochen
fuhr er zurück. Nur mit äußerster Mühe unterdrückte er einen Schrei. Durch die Schlucht kam ein Mädchen. Es hatte dunkle Haare und kühle schwarze Augen. Es trug ein altes Notizbuch in der linken Hand, das sie fortwährend gegen den Oberschenkel schlug. Sie winkte dem Orathonen zu und lachte. Mutara ballte die Fäuste. Er preßte sie vor den Mund, um nicht zu schreien. Er zitterte am ganzen Körper. Das Mädchen, das zu dem Diskus ging, war Suva, die Widerstandskämpferin. Die ehemalige Testpilotin, die sich weigerte, mit ihm zu sprechen. Sie hatte ihnen Freundschaft vorgespielt und sie in eine Falle gelockt, aus der es kein Entrinnen gab! Sie würde Rex Corda verraten! Suva kam bis an die ausgefahrene Treppe heran. Sie und der Featherhead begrüßten sich mit einem breiten Lachen. Tsati Mutara hörte nur ein Wort. Es genügte ihm: „Corda!" Der Orathone wurde schlagartig ernst. Seine Haltung verriet ungewöhnliche Spannung und Erregung. Hastig winkte er der Verräterin, ihm in den Diskus zu folgen. Als sie und der Gefiederte im Schott verschwunden waren, hielt Tsati Mutara es einfach nicht mehr aus. Er löste sich aus seiner Deckung und rannte die kleine Halde hinunter. Er lief so schnell er konnte. Er erreichte den Diskus, als sich das Schott schmatzend schloß. Seine Hände packten die breiten Streben neben dem Schott. Tsati Mutara wußte, daß er das Schott nicht mit den bloßen Händen aufreißen konnte. Dennoch versuchte er es. Er konnte nicht anders. Er hatte keine Beherrschung mehr über sich selbst. Er wollte die Verräterin Suva aus dem Diskus reißen.
Aber er schaffte es nicht. Das Schott blieb geschlossen. Es bewegte sich nicht um einen Millimeter. Dafür bewegte sich der Diskus! Er startete! Innerhalb einer Sekunde gewann der Diskus eine Höhe von zehn Metern. Er stieg viel zu schnell an. Tsati Mutara fand keine Zeit, sich von ihm zu lösen. Als der Diskus durch das Tal nach Süden glitt, hing der Mutant an dem Schott. Die Hitze der Düsenflammen schlug nach ihm. Röchelnd rang er nach Atem. * Termon erklärte den Plan, und Rex Corda schöpfte wieder Hoffnung. Der laktonische Wissenschaftler hatte sich den Angriff auf den Super-Transmitter tatsächlich sehr genau überlegt. Er war kein Phantast. Jede einzelne Möglichkeit, die den Angriff scheitern lassen könnte, hatte er ins Auge gefaßt. „Es ist gut, daß Sie gekommen sind, Mr. Corda", ließ Termon durch GaVenga sagen, da er selbst nur sehr wenige Worte englisch sprechen konnte. „Jetzt weiß ich, daß die Orathonen besondere Sicherheitsmaßnahmen ergreifen, die noch weit über das übliche Maß hinausgehen. Wir konnten ja nicht ahnen, daß Sie und Ihre Freunde bereits einige Tranmitter zerstört haben. Wir waren ganz auf uns allein angewiesen!" Corda reichte ihm ein elektronisches Prüfgerät, um das der Wissenschaftler bat. Er benötigte es, um die Verbindungen zwischen Raketenkopf und Rakete zu überwachen. Fünf der mächtigen Raketen trugen jetzt bereits ihren Waffenkopf. Die beiden anderen Raketenspitzen lagen noch in den Schächten, die die Männer in den vergangenen Tagen aus dem Fels gehauen hatten. Termon wollte sie in den nächsten
Minuten zusammen mit Percip und Bekoval montieren. Es war kein Wunder, daß diese Gruppe so viele Geräte aus dem abgestürzten Raumschiff ausbauen konnte, da Termon sie geschickt geleitet hatte. Unter seiner Führung mußte diese Gruppe ein ernst zu nehmender Gegner sein. Der bullige Mexikaner Santas, der sie mit dem Jeep hierhergebracht hatte, kam in die Höhle. Aufgeregt winkte er Rex Corda zu. „Wir haben neue Nachrichten von unseren Freunden am Ozark-Palteau", rief er. „Dort ist wahrhaftig der Teufel los!" Die Männer legten die Werkzeuge hin und gruppierten sich um Santas. Rex Corda merkte immer mehr, daß sich unter dem klobigen Gesicht und dem naiven Gebaren dieses Mannes mehr Intelligenz verbarg, als er anfangs geglaubt hatte. „Die Featherheads haben das ganze Gebiet so stark gesichert, daß man glauben könnte, sie wollten sich eingraben, sagt unser Beobachter", fuhr Santas fort. „Und man merkt wirklich, daß andere Transmitter ausgefallen sind. Dieser eine Transmitter wird pausenlos beschickt. Unser Mann sagt dort, es sei einfach unbeschreiblich, welche Mengen da hineingehen. Er sagt, es sei ein phantastischer Anblick, wie sich wahre Fluten von Maschinen, Kisten und Kästen in den Transmitter drängen." Rex Corda setzte sich auf eine leere Kiste. „Das ist klar, daß sich alles auf diesen Transmitter konzentriert", versetzte er. „Dieser Transmitter muß jetzt ausgleichen. Er muß die Arbeit der anderen mitübernehmen." Er lächelte unmerklich, während eine steile Falte auf seiner hohen Stirn wuchs und sich das Blau seiner Augen wie mit Eis überzog.
„Für die Orathonen käme es einer Katastrophe gleich, wenn auch noch dieser Transmitter ausgeschaltet wird. Hoffentlich schlagen sie in ihrer ersten Wut nicht blindlings auf die Erde ein!" * Tsati Mutara schlug mit dem rechten Fuß nach seinem linken Bein. Der Stoff seiner Hose glomm. Die von den flammenden Düsen ausstrahlende Hitze war zu groß. Beim fünften Versuch gelang es Mutara, das Feuer zu löschen. Doch die Haut seines Beines brannte wie Feuer. Mutara fühlte, daß seine Kraft nachließ. Er wußte, daß er sich nicht mehr lange unter dem Diskus halten konnte. Noch immer flog das Raumschiff in zehn Meter Höhe. Mutara konnte sich noch nicht fallen lassen. Rasend schnell kamen sie dem Eingang zu dem Höhlensystem näher. Jetzt entdeckte Tsati die ersten Männer zwischen den Felsen. Gleichzeitig bemerkten sie den Diskus. Er sah, daß sie schrien. Er sah es, weil sie den Mund aufrissen, doch er hörte nichts. Der flimmernde Prallschirm, der den Diskus schützte, hielt auch den Schall zurück. Der Eingang der Höhle tauchte auf. In wilder Panik stürzten ein Dutzend Männer und Frauen in die Felsspalte. Der Diskus senkte sich. Tsati Mutara fühlte, wie seine Hände langsam abrutschten. Er wußte, daß er sich nur noch für wenige Sekunden halten konnte. Vergeblich versuchte er, den vorherigen festen Halt zurückzugewinnen. Er rutschte ab. Da schoß der Diskus plötzlich in die Tiefe. Tsati fühlte festen Boden unter den Füßen. Erschöpft brach er zusammen. Er starrte auf das Schott, doch es bewegte sich nicht. Dafür schoben sich dicht daneben breite Energieprojektoren
aus aufspringenden Schlitzen. Mutara sprang auf. Gehetzt sah er sich um. Es gab keine Deckung für ihn. Der Höhleneingang bot die einzige Möglichkeit, sich in Sicherheit zu bringen. Tsati Mutara kümmerte sich nicht um den Prallschirm. Er brauchte sich vor ihm nicht zu fürchten. Er konnte ihn beseitigen. Er fühlte, wie die Kraft, die in ihm wohnte, sich zerrend einen Weg suchte. Er fühlte es schmerzhaft vom Nacken her aufsteigen. Irgendwo in seinem Hinterkopf bildete sich ein kaltes Zentrum überlegter Entschlossenheit. Der Mutant lief los. Er rannte so schnell wie noch nie in seinem Leben. Flimmernd wuchs der Prallschirm vor ihm auf, der alles vernichtete, mit dem er in Berührung kam. Die hochentwikkelten Sondersinne Tsati Mutaras verhinderten eine Berührung! Das flirrende Feld floß unter dem geheimnisvollen Einfluß auseinander. Tsati Mutara schnellte sich durch die Öffnung. Mit weiten, verzweifelten Sätzen raste er über die kleine freie Fläche zum Höhleneingang hinüber. Er hörte es hinter sich knirschen und knacken. Er fürchtete, jeden Augenblick im Zentrum wilder Gluten zu stehen, in denen er verbrennen mußte. Doch er erreichte den Felsspalt. Er sah zurück. Mit weiten, gehetzten Augen. Ein schimmernder Energieprojektor zielte genau auf ihn. Tsati Mutara schrie auf. * Termon machte einen sehr zufriedenen Eindruck. „Wir werden unmittelbar nach dem Abschuß Bescheid wissen, ob der Transmitter es überstanden hat oder nicht", erklärte er mit erregt blitzenden Augen. „Unser Beobachter am OzarkPlateau gibt uns sofort über Funk Nach-
richt. Bis jetzt hat die Verbindung ausgezeichnet funktioniert, sie wird auch dann so arbeiten, wie es sein muß, wenn es darauf ankommt!" Rex Corda nickte dem Wissenschaftler lächelnd zu, nachdem Ga-Venga dessen Worte flüssig übersetzt hatte. Er konnte Termon gut verstehen. Er selbst fieberte dem Abschuß der Raketen nicht minder entgegen. Mehrmals hatte Corda versucht, Termon für einen Augenblick allein zu sprechen. Doch das war ihm nicht geglückt. Percip und Fatlo Bekoval waren ständig in der Nähe Termons. Allein ließen sie ihn nie. Wieweit mißtrauten sie ihm? Termon stieg in den schmalen Schacht hinab, um den letzten Raketenkopf mit der siebten Rakete zu verbinden. In wenigen Minuten schon würden die Waffen kampfbereit sein. Rex Corda trat an die Öffnungen im Felsen heran und sah in das Tal hinab. Alles war ruhig. Die Hantelraumschiffe, die in weiter Ferne am Fuße der Berge lagen, störten kaum im Landschaftsbild. Die Blicke Cordas wanderten zum makellos reinen Himmel. Dort oben warteten Hunderttausende Raumschiffe auf die große Schlacht. Werte, von denen sich ein Mann der Erde einfach keine Vorstellung machen konnte, würden innerhalb weniger Stunden vernichtet werden. Energiemengen würden verschleudert werden, die so gewaltig waren, daß sie nur aus dem gigantischen Reservoir der Sonne gewonnen werden konnten. Corda schüttelte den Kopf. Man konnte es sich nicht vorstellen. Vielleicht könnte es jemand, der mit einem Raumschiff ins All fliegen würde. Er würde die Flotte der Titanen sehen. Vielleicht bekäme er dann eine Ahnung von der Macht des Volkes, das dieses Sonnensystem an sich gerissen hatte. Rex Corda fühlte, wie es ihm kalt
über den Rücken heraufkroch. Er fragte sich plötzlich, woher er überhaupt den Mut genommen hatte, sich in dieses gigantische Spiel zu mischen. War es nicht Vermessenheit, sich gegen diesen Riesen aufzulehnen? Rex Corda erfaßte mit erschreckender Deutlichkeit, wie unbedeutend und winzig die Erde im Vergleich zu den Featherheads und den Laktonen war. Wenn die Erde die heraufziehende Schlacht überstehen sollte, dann würden ihre Bewohner lernen müssen zu denken. Die Menschen der Erde mußten in anderen, völlig neuen Dimensionen denken lernen. Sie mußten mit aller Konsequenz begreifen, wie klein und nebensächlich die Erde innerhalb der Galaxis war. Sodann mußte die Erde versuchen, aus dieser Erkenntnis heraus Größe zu gewinnen. ,.Es ist soweit!" rief Fatlo Bekoval. Rex Corda drehte sich um. Er lächelte dünn. Percip, der Agent Laktons, stand plötzlich vor ihm. Auch er lächelte. Er strich sich amüsiert über die rote Kerbe in seiner Oberlippe und zwinkerte mit dem rechten Auge. „Sie machen den Eindruck, Sir, als überlegten Sie, wie Sie nach dem Sieg über Orathon auch das laktonische Reich niederwerfen können!" sagte der Mann von Lithalon, dem Kolonialplaneten Laktons. Rex Corda erwiderte das Lachen. „Ich werde mich zunächst einmal mit Lithalon begnügen, Percip", antwortete er. In diesem Augenblick heulte die Alarmsirene gellend auf. * Tsati Mutara schnellte sich in den Höhleneingang hinein. Mit wirbelnden Beinen spurtete er zwischen die Felsen. Er hielt nicht an, als kühles, feuchtes
Gestein um ihn war. Er lief weiter. Wie von tausend Furien gehetzt. Weiße Gesichter starrten ihm entgegen. „Lauft!" schrie der Mutant. „Lauft!" Seine Arme fuhren in die Luft. Er peitschte die verängstigten Menschen an, die nicht wußten, was sie tun sollten. Und dann brach die Hölle los. Hinter Mutara brüllten plötzlich urweltliche Gewalten auf. Die Energiegeschütze der Raumscheibe arbeiteten. In Sekundenschnelle erglühte das Gestein. Eine Glutwelle raste in die Höhle. Sie trieb die Menschen vor sich her, tief in die Gänge und Kluften hinein. Tsati Mutara drehte sich während seiner Flucht in kühlere Bereiche immer wieder um. Er sah, wie sich die Felsen am Eingang der Höhle verfärbten, wie sie heller und heller wurden, wie sie schließlich ihre Form aufgaben und ineinanderflossen. Der Orathone ging sehr geschickt vor. Er verschloß die Höhle, indem er sie zuschmolz. Den Menschen in dem Schlupfwinkel stand nichts zur Verfügung, mit dem sie den Spalt wieder öffnen konnten. Ihnen blieb nur eine Möglichkeit. Tsati Mutara erkannte sie blitzschnell. Er gab nur die Rettung durch die Ausgänge bei den Raketenstellungen! Er blieb keuchend stehen. Alle Furcht fiel von ihm ab. Plötzlich konnte er ganz klar und nüchtern denken. Er erkannte den Plan des Featherhead, dem es nicht darauf ankam, die Menschen aus diesem Höhlensystem zu vertreiben. Der Orathone wollte die Raketen unschädlich machen — und Rex Corda fassen! Tsati Mutara sah einen kleinen Kasten an einer auffälligen Stelle am Fels kleben. Der Kasten war rot. „Alarm" stand in großen weißen Buchstaben darauf. Tsati Mutara sprang auf den Kasten zu, riß ihn auf und warf den kleinen
Hebel darin herum. Gellend heulten die Alarmsirenen auf. Für einen Augenblick verstummte das Getrappel der fliehenden Füße. Jeder schien diesem Geheul nachzulauschen. Plötzlich kam Santas. Er kam aus einem Seitengang und schleppte an einer schweren Kiste. „Bringen Sie mich zu den Raketen, Santas", rief Tsati Mutara. „Schnell! Wir müssen Corda in Sicherheit bringen!" „Die Kiste. Es sind Waffen darin!" keuchte der bullige Santas. „Wir müssen . . ." „Lassen Sie die Kiste stehen! Wir haben keine Sekunde zu verlieren!" schrie der Mutant. Er zerrte Santas mit sich. Der Mexikaner zögerte einen Augenblick. Er schnaufte mürrisch, als ob er sich nicht entschließen könne, dann stürmte er los. Er kümmerte sich überhaupt nicht darum, ob Mutara ihm folgen konnte. Er rannte mit einer Geschwindigkeit und Schnelligkeit, die Mutara verblüffte. Nie hätte er diesem schwergewichtigen, schwerfälligen Mann eine solche Gewandtheit zugetraut. Er hatte sich in ihm ebenso getäuscht wie in der Mexikanerin Suva. Mutara fluchte in sich hinein. Die kühlen dunklen Augen der Verräterin hatten ihn blind gemacht. Sie überholten immer wieder andere Männer und Frauen, die in gleicher Richtung flüchteten. Mutara wußte, daß die Flucht für die anderen sinnlos war. Alle konnten sich auf gar keinen Fall in Sicherheit bringen. Wahrscheinlich würden die Featherheads auch nur das technische Gerät zerstören oder mitnehmen und die Menschen in Ruhe lassen. Es kam ihnen nur auf Rex Corda an. Aber der Mutant hatte keine Zeit, den Flüchtenden dies auseinanderzusetzen. Er wollte so schnell wie möglich zu Rex Corda, um ihm zu helfen, seine ge-
ringen Chancen zu nutzen. Mutara vermutete, daß der Diskus in diesen Augenblicken über den Berg hinwegflog, um den Ausgang bei den Raketenstellungen zu blockieren. Er hetzte hinter Santas her. Und sie schafften die Strecke in nur weniger als fünf Minuten. Fünf Minuten, in denen das Geheul der Sirenen ihr Begleiter war. Minuten, in denen die Featherheads schon alles entschieden haben konnten. Als Tsati Mutara hinter Santas in die Höhle stürzte, in der Termon an den Raketen gearbeitet hatte, sah er den Diskus durch die Öffnung der Höhle. Das Raumschiff senkte sich langsam herab. Die flimmernden. Energieprojektoren drohten. Termon, Rex Corda, die Laktonen, Oberst Polley, John Haick, Ga-Venga und einige Flüchtlinge standen neben den Öffnungen und starrten hinaus. „Sir!" keuchte Mutara. „Fliehen Sie! Das gilt nur Ihnen! Suva ist im Diskus! Sie hat uns verraten! Ich habe es gesehen!" Rex Corda fuhr herum. Aus verengten Augen starrte er auf den Mutanten. „Tsati! Was haben Sie da gesagt? Suva hat uns verraten?" „Ja, Sir! Ich habe gesehen, wie sie an Bord dieses Raumschiffes gegangen ist! Ich habe gehört, wie sie Ihren Namen genannt hat!" Termon taumelte wie unter schweren Schlägen. Seine dürren Hände krampften sich in den Stoff über seiner Brust. „Wenn das wirklich wahr ist", keuchte er erschöpft, „dann können wir die Raketen nicht abschießen!" „Warum nicht?" fragte Percip. „Glauben Sie, die Verräterin hätte zugelassen, daß wir Raketen auf die wichtigste Transmitter-Station abfeuern, die noch auf diesem Planeten steht? Glauben Sie wirklich, daß sie so widersinnig handeln könnte?"stammelte
Termon. Er löste sich von dem Felsen. Ohne darauf zu achten, daß er vom Diskus aus zu sehen war, als er die Höhle jetzt durchquerte, ging er zu dem kleinen Schaltkasten und entfernte das tarnende Gestein. Er schaltete hastig. Tsati Mutara sah, daß seine Hände zitterten. „Schießen Sie die Raketen ab, wenn Sie können! Feuern Sie, Termon!" rief Rex Corda. Kein Muskel regte sich jetzt in seinem härten Gesicht, das zum Spiegelbild kalter Entschlossenheit wurde. „Feuern Sie!" Termon hämmerte mit den Fingern auf den Knöpfen herum. Unter ihnen rumorte es laut. Mutara brach der Schweiß aus. Er fühlte sich plötzlich wie in kochende Glut getaucht. Würden die Raketen unter ihren Füßen explodieren? Ein donnernder Krach zerriß die Stille. Termon fuhr aufschreiend zurück. Der Schaltkasten löste sich in roter Glut auf. Zwei, drei Explosionen zerrissen das Instrument mit scharfem Knall. Die Raketen rührten sich nicht. Santas stürzte vor. Er packte Rex Corda am Arm. „Sir, Sie müssen hier weg! Sie können hier nicht bleiben!" Rex Corda lachte bitter. „Da haben Sie durchaus recht, mein Freund! Nur — wohin soll ich jetzt denn noch?" Santas grinste flüchtig. „Es gibt natürlich nicht nur diese beiden Ausgänge. Wir haben schon immer damit gerechnet, daß wir mal erwischt werden würden. Es gibt noch einen anderen Fluchtweg. Kommen Sie!" Corda zögerte nicht länger. Er folgte dem Mexikaner sofort. Er warf einen letzten Blick zurück. Der Diskus vor den Öffnungen der Höhle war nicht mehr allein. Corda erkannte sieben
weitere Raumscheiben, die sich in rasender Fahrt näherten. Es war vorbei. Die Chance war vertan. Das Mädchen Suva hatte den Anschlag auf den Transmitter unmöglich gemacht. Die nächsten Minuten glichen einem Alptraum. Sie kämpften sich durch flüchtende Menschen, die kopflos waren vor Angst, die blind um sich schlugen und nicht zur Seite wichen, um Rex. Corda durchzulassen. Corda merkte, daß er sich erheblich verschätzt hatte, als er sich überlegte, wieviel Menschen in diesen Höhlen sein konnten. Es mußten weitaus mehr sein, als er gedacht hatte. Plötzlich wurde es still um sie. Santas führte sie durch eine enge Spalte, die kaum breit genug war, um sie durchzulassen. Für wenige Meter mußten sie sogar kriechen. Fatlo Bekoval, der massige Laktone, hatte größte Mühe, ihnen zu folgen. Für ihn wurde der Durchschlupf fast zu eng. Dann jedoch erweiterte sich die Höhle wieder. Sie stießen auf eine Gruppe von etwa dreißig Männern, Frauen und Kindern, die sich in die Höhle geflüchtet hatten. Sie starrten ihnen angstvoll entgegen, beruhigten sich jedoch schnell, als sie Santas erkannten. Dieser untersetzte Mann mit dem klobigen Gesicht erfreute sich überall größter Beliebtheit. „Keine Angst, Leute, uns kann nicht viel passieren!" rief er ihnen zu, während sie an ihnen vorbeieilten. Jetzt führte der Weg schräg in die Tiefe. Mitunter brach der Gang scharf ab, und sie mußten einige Meter in die Tiefe klettern. Immer wieder gab es kleinere Strecken, die unter Wasser standen. Oftmals mußten die Flüchtenden bis an die Hüften ins Wasser. Doch bald besserte sich der Weg. Sie kamen zügiger voran. Nach zwei Stunden angestrengten
Marsches hatten sie plötzlich das Ende der Höhle erreicht. Unvermittelt wurde es hell, und Santas führte sie in die warme Sonne hinaus. Rex Corda atmete erleichtert auf, als er sah, daß kein Orathone in der Nähe war. Er trat auf das kleine Plateau vor, das an dem sanften Hang klebte. Von hier aus konnte er weit in das Tal hinabsehen. Jetzt bemerkte er, daß sie immer nur der Krümmung der Felswand gefolgt waren. Im Berg waren sie immer nur am Rande des Tales entlanggeflüchtet. In einer Entfernung von vielleicht zwei Kilometern lagen die Raketenstellungen. Corda zählte über dreißig Raumscheiben, die dort am Hang gelandet waren. Ein breiter Menschenstrom ergoß sich ins Tal. Trotz der Entfernung war zu erkennen, daß die Featherheads die Menschen nur ins Tal trieben, sich dort aber nicht mehr um sie kümmerten. Von Süden her näherte sich jetzt ein kleinerer Hantelraumer, der wenige hundert Meter über der Haupthöhle schwebend verharrte. Rex Corda sah sich um. „Wo ist Termon?" fragte er. Verblüfft sahen die anderen sich an. Niemand hatte bemerkt, daß der alte Wissenschaftler nicht mehr bei ihnen war. „Ich werde ihn suchen!" sagte Percip. „Sie bleiben hier!" entschied Corda. „Wir haben keine Zeit zu verlieren. Wir müssen hier verschwinden. Die Gefiederten werden bald das ganze Gebiet durchkämmen. Und irgendwann werden sie auch auf diesen Eingang stoßen. Wir verschwinden!" Santas nickte. „Ja, Sie müssen weiter. Ich kehre sowieso in die Höhle zurück. Ich werde den Alten suchen." „Sie wollen sich freiwillig in die Hände der Featherheads begeben?" fragte Corda. „Ich lasse mich nicht erwischen! In den Höhlen kenne ich mich aus!
Machen Sie es gut, Sir!" Er winkte Corda lässig zu, drehte sich um und kehrte in die Höhle zurück. Tsati Mutara, der sich in der Umgebung des Plateaus umgesehen hatte, tauchte plötzlich wieder auf. Er wirkte sehr erregt. „Der Jeep ist hier ganz in der Nähe! Santas hat wahrscheinlich gewußt, weshalb er mir den Rat gab, ihn hier irgendwo zu verstecken!" Wenig später schon schob Mutara das Fahrzeug aus dem Versteck und startete. Die Flucht nach Norden ging weiter. Tsati Mutara beschäftigte sich nur mit einem Gedanken. Er sprach nur wenig mit den anderen, und auch dann nur, wenn er direkt angesprochen wurde. Gegen Abend jedoch machte er seinen Mund auf. Er hatte sich alles genau überlegt. Er rückte mit seinem Plan heraus, nachdem sie den Diskus entdeckt hatten, der in einer geräumigen Schlucht gelandet war. * Der Diskus war schneeweiß und trug flammend rote Aufschriften. Auf seiner Oberseite klebten fünf buckelartige Geschütze. Ein meterdicker Wulst spannte sich um den Diskus. Er schimmerte, als ob er mit geschliffenem Glas überzogen sei. Percip erklärte Corda, daß dies die Feldprojektoren für superstarke Energiefelder seien. „Der Diskus muß einem ganz hohen Tier gehören", warf Ga-Venga ein. Er lag neben Percip und Rex Corda in der Deckung einiger Felsbrocken und streichelte den Trop. Das affenähnliche Wesen hatte sich mit dem Kynother befreundet. Es wich keinen Schritt von seiner Seite. „Die superstarken Prallfelder lassen darauf schließen!"
Tsati Mutara, der Mutant, kauerte dicht hinter ihnen neben einem Felsbrocken. Er sah Rex Corda unverwandt an, als dieser sich von seinem Beobachtungspunkt zurückzog. „Das wäre doch die beste Gelegenheit überhaupt!" murmelte der Mutant. Seine Hände bebten vor Erregung, und in seinen Augen wuchs eine plötzliche fanatische Flamme. „Wir müssen diesen Diskus an uns bringen können!" Rex Corda sah ihn lange schweigend an. Dann wies er mit dem Daumen über die Schulter und sagte: „Sehen Sie sich das genau an, Tsati! Wir haben keine Chance!" Der Neger löste sich aus seiner Dekkung und glitt geschmeidig zu Percip und Ga-Venga hinüber. Er warf dem Trop einen lächelnden Blick zu, bevor er seine Aufmerksamkeit auf den Diskus richtete. Die Raumscheibe war nicht das einzige Raumschiff, das in der Schlucht gelandet war. Es stand neben zwei Hantelraumern, die es um fast tausend Meter überragten. Das Versteck der heimlichen Beobachter lag so günstig, daß es von den Hantelraumern nicht eingesehen werden konnte. „Ich vermute, daß hier ein hoher Beamter eine Inspektion macht", sagte Percip zu Mutara. „Die beiden Hantelraumer haben umfangreiche Gerätschaften aufgebaut. Ich weiß nicht, was sie hier produzieren, aber es scheint wichtig zu sein!" Mutara sah auf den Diskus herab. Er stand dicht am Rand. Der Mutant war überzeugt davon, daß er sich ihm relativ leicht nähern konnte, wenn er wollte. Die verstreuten Felstrümmer am Fuß des Hanges reichten bis in die unmittelbare Nähe der Scheibe heran. Ein mattblauer Energieschirm spannte sich über den Diskus und schützte ihn. Tsati Mutara sah den breiten offenen Eingang zu dem Diskus. Eine helle
glänzende Treppe führte auf den Boden herab. Am Fuße der Treppe wachten zwei Bronzeroboter. Sie hielten Strahlengewehre in den metallenen Armen. „Ich weiß nicht, was Sie sich jetzt überlegen, Mutara", raunte Percip. „Aber wenn Sie sich mit dem Gedanken beschäftigen, diesen Diskus an sich zu bringen, dann schlagen Sie sich das aus dem Kopf! Diesen Diskus schaffen Sie nie! Es wäre auch völlig sinnlos! Sie könnten nicht damit starten, weil die Leute im Hantelraumer Sie sofort abschießen würden!" Tsati Mutara runzelte die Stirn. Er zog sich schweigend zurück zu den anderen, die im Schatten saßen und sich ausruhten. Vor Rex Corda kniete sich der Mutant hin. Er kratzte mit einem kleinen Stock im bröckeligen Fels. „Sir, es ist die einzige Möglichkeit!" sagte er drängend. „Was, Tsati? Was ist die einzige Möglichkeit?" Der Mutant rieb sich über die müden Augen. Er setzte sich bequemer. Percip und Ga-Venga kamen zu ihnen. Der Trop drängte sich eng in die Arme des Kynothers. „Sir, wir müssen den Super-Transmitter auf dem Ozark-Plateau zerstören! Es geht einfach nicht anders, wenn die Laktonen die Schlacht gewinnen sollen." „Ich weiß, Tsati, aber wir haben leider keine Möglichkeit!" Der Neger nickte ernsthaft. „Ich sehe eine Möglichkeit, Sir! Ich sehe eine reelle und vernünftige Chance!" „Na schön, Tsati, erzählen Sie! Ich werde diesmal zuhören! Auch wenn Ihre Idee verrückt klingt!" Mutara lächelte. Seine dunklen Augen leuchteten dankbar auf. „Sie drücken es sehr behutsam aus, Sir!" Ga-Venga lachte meckernd. Er drückte den Trop an sich und flüsterte
ihm kichernd etwas zu, was niemand verstand. Tsati Mutara ließ sich nicht stören. „Ich habe eine Theorie, Sir!" begann er langsam. Er überlegte sich jedes Wort, das er sagte. Er schien sich alles schon seit langem zurechtgelegt zu haben. „Ich allein kann jetzt noch die Prallfelder durchbrechen, die den Super-Transmitter schützen. Wir haben sonst keine Möglichkeit!" „Das gebe ich zu", nickte Corda. „Wenn ich einen Diskus hätte, dann könnte ich damit durch die Schirmfelder brechen und den Diskus in den Transmitter schleudern. Es würde zu dem Effekt kommen, den Percip schon erklärt hat. "Der Diskus ist zu groß, um von den Empfangsstationen aufgenommen werden zu können. Er wird also zurückgeschleudert werden. Da der Super-Transmitter noch auf Sendung steht, wird er jedoch sogleich wieder zurückgeworfen werden. Das alles wird in rasender Eile ablaufen. Am Ende kommt es durch den Energiestau zur Explosion und zur Vernichtung des Transmitters!" „Das ist alles klar, Tsati!" sagte Rex Corda. „Sie haben diesen Plan bisher abgelehnt, weil Sie befürchten, daß ich dabei sterbe, Sir!" Rex Corda schüttelte den Kopf. Seine durchsichtig wirkenden Augen waren unverwandt auf den Mutanten gerichtet, der mit beschwörend erhobenen Händen erzählte. „Ich befürchte nicht, Tsati, ich weiß, daß Sie bei einem solchen Einsatz umkämen", berichtigte Corda. „Sie haben überhaupt keine Chance! Warum wollen Sie sich opfern? Was veranlaßt Sie dazu?" „Ich will mich nicht opfern, Sir", lächelte Mutara. „Ich möchte verdammt gern überleben! Und ich glaube, ich
weiß auch, wie ich das mache!" „Sie haben keine Chance!" erklärte Percip „Es ist doch so, daß der Diskus zu groß ist, um von den Transmittern in den Raumschiffen aufgenommen zu werden!" „Das ist richtig", nickte Percip. „Was passiert aber mit Trümmerstücken, die vom Diskus abgesprengt werden? Werden sie auch zurückgeschleudert?" fragte Tsati. „Hallo!" rief Ga-Venga verdutzt aus, ein spöttisches Lächeln in den verschmitzten Augen. „Der Junge hat einen klugen Gedanken!" „Ja — Sie haben wirklich einen guten Gedanken, Mutara", ereiferte sich Percip. „Ein Trümmerstück würde wahrscheinlich nicht zurückgeschleudert werden, sondern in irgendeinem Transmitter rematerialisieren!" Tsati Mutara sah Rex Corda lächelnd an. Das Gesicht Cordas spannte sich. Die Idee des Mutanten packte den jungen Präsidenten. „Wenn ich Sie jetzt richtig verstanden habe, dann wollen Sie im letzten Moment aus dem Diskus springen. Sie wollen zwar mit ihm zusammen in den Transmitter stürzen, aber nicht in ihm! Sie hoffen dann, daß Sie in einem Transmitter rematerialisieren, während der Super-Transmitter explodiert! Ein kluger Gedanke, Tsati! Nur — wie wollen Sie den Sturz überleben? Überlegen Sie, mit welcher Wucht Sie abstürzen! Sie müssen den Super-Transmitter mit größter Geschwindigkeit anfliegen, wenn Sie den Sperrgürtel überhaupt durchbrechen wollen. Wenn Sie bei der Geschwindigkeit herausspringen, werden Sie glatt zerschmettert!" Tsati Mutara lächelte aufgeregt. Das Lächeln machte ihn noch jünger. „Auch das habe ich mir überlegt, Sir! Wir müssen einen Diskus haben. Im Diskus gibt es einen Gravitationsauto-
maten, das hat mir Percip schon erklärt. Gravitationsautomaten sorgen nicht nur für eine bestimmte Schwerkraft in den Raumschiffen, sie sorgen auch dafür, daß Erschütterungen, wie sie zum Beispiel bei dem Beschuß durch ein feindliches Raumschiff auftreten können, aufgehoben werden. Das heißt doch, daß die Besatzung eines abstürzenden Raumschiffes beim Aufprall völlig unverletzt bleiben kann, wenn die Gravitationsautomaten richtig arbeiten. Sie überleben auch dann, wenn das Raumschiff beim Aufprall restlos zertrümmert wird!" Rex Corda lächelte jetzt auch. Er fühlte, daß der Eifer des jungen Mannes ihn mitriß. „Sie wollen sich also mit einem Gravitationsautomaten schützen! Eine ausgezeichnete Idee, Tsati. Aber Sie werden den Featherheads in die Hände fallen! Wenn Sie in einem Raumschiff der Orathonen auftauchen, wird man sie sofort fassen!" „Das ist mir klar, Sir! Vor Gefangenschaft habe ich keine Angst. Irgendwann werde ich schon während der Schlacht wieder frei werden, wenn die Laktonen siegen. Dann aber kann ich auf eine Erde zurückkehren, die eine Chance hatte!" Er schluckte. Rex Corda bemerkte, daß Tsati feuchte Augen hatte. Er sah an ihm vorbei. „Wenn ich es nicht tue, hat die Erde überhaupt keine Chance. Sie wird sterben!" * Cort Kosta, der Vertraute Sigam Agelons, sah sich mit einem sardonischen Lächeln auf den Lippen in der Höhlenanlage um. Die dunklen Kopffedern des großen Orathonen schmiegten sich eng an den quadratischen Kopf. Über der linken Schläfe
steckte eine kleine Ordensspange an den Federn. Cort Kosta betrachtete den laktonischen Wissenschaftler, den die Roboter aufgespürt hatten, mit sichtlicher Verachtung. Kosta wußte alles über Termon. Als die Nachricht von der Aushebung dieser Höhle kam, erhielt Kosta die Namen der wichtigsten Persönlichkeiten. In den Computern der Orathonen lagerten eingehende Informationen über fast alle laktonischen Wissenschaftler, die die Nachrichtendienste der Featherheads erhalten konnten. Es waren sehr viele Informationen. Cort Kosta hatte zu seiner Enttäuschung über Termon jedoch nichts Aufregendes gefunden. Termon hatte den Kulminationspunkt seiner geistigen Leistungsfähigkeit längst überschritten. Er gehörte nicht mehr zur „ersten Garnitur". Der Vertraute Sigam Agelons gab den Robotern einen Wink. „Verhört ihn! Holt aus ihm heraus, wo Corda geblieben ist!" Er warf dem alten Laktonen keinen Blick zu, als die Roboter ihn aus der Höhle schleiften. Cort Kosta wandte sich unvermittelt Santas zu. Der bullige Mann versuchte abermals, seine überraschende Intelligenz hinter einem dümmlichen und naiven Gesicht zu verbergen. Kosta hob die linke Hand und zeigte auf ihn. „Komm her, Santas!" peitschte die kalte Stimme der Mexikanerin Suva. Sie stand dicht hinter dem Orathonen und wartete auf einen Fingerzeig. Der Bullige brummte erschrocken vor sich hin, sah sich unsicher um und setzte sich zögernd in Bewegung. Die Männer, Frauen und Kinder, die sich in den Höhlen verborgen hatten, drängten sich in dichten Gruppen an die schroffen Felsen. Jeder von ihnen hoffte, daß die Olivgrünen ihn
laufenlassen würden Santas schlurfte mit baumelnden Armen zu dem Orathonen hinüber. Er kaute auf seiner Unterlippe und ließ seine Blicke ziellos über den Boden streifen. Er schien den Roboter nicht zu bemerken, der sich ihm an die Seite stellte, als er Kosta erreichte. „Frage ihn, wo Corda geblieben ist!" befahl Kosta. Suva, die Mexikanerin, verstand ihn. Sie trat einen Schritt auf Santas zu und fragte ihn mit schriller, nervöser Stimme. Santas hob den Blick und sah sie verwundert an. „Verstell dich nicht, Santas! Ich kenne dich!" zischte das Mädchen. Santas starrte ihr in die schwarzen Augen. Und plötzlich glaubte er, dort ein geheimes Licht zu entdecken. Es war wie ein Zeichen, wie ein verstohlenes Augenzwinkern. Santas beherrschte sich mustergültig. Sein dümmlicher Gesichtsausdruck änderte sich nicht. Er rieb sich das klobige Kinn und zuckte mit den Achseln. „Sag's schon! Du weißt es doch!" fauchte sie. Sie trat noch einen Schritt näher. In den Augen des Bulligen blitzte es auf. Seine wie leblos baumelnden Arme gewannen plötzlich an Kraft. Sie zuckten hoch, und die rechte Faust krachte so schwer an das Kinn des Mädchens, daß es auf der Stelle zusammenbrach. Blitzschnell packte der Roboter zu. Er drückte die muskelbepackten Arme des Mexikaners mühelos herunter und kreuzte sie hinter seinem Rücken. Santas sank ächzend auf die Knie! Cort Kosta hatte keine Miene verzogen. Er zeigte mit dem Daumen auf seinen Diskus, der vor den Höhlenöffnungen auf der Geröllhalde stand. Der Bronzeroboter hob Santas hoch und stieß ihn nach vorn. Der Bullige versuchte, ihm
auszuweichen. Doch umsonst. Der Roboter war viel zu schnell. Seine Hände bewegten sich so schnell, daß die anderen Gefangenen kaum eine Bewegung sahen. Cort Kosta ging hinter Santas her in den Diskus. Santas verfluchte sein Pech. Er fürchtete sich nicht vor dem, was kommen mußte. Er hatte nur Angst davor, daß er den Fluchtweg Rex Cordas verraten würde. Er war überzeugt davon, daß es den Orathonen genügte, wenn sie die Fluchtrichtung erfuhren. Er warf einen Blick zurück. Das Mädchen Suva erhob sich erst jetzt wieder vom Boden. Ein Bronzeroboter stand neben ihr und sicherte sie gegen die anderen Gefangenen ab. Santas stolperte die Schräge hinauf, die in den Diskus führte. Er stolperte, weil er sich falsch orientierte. Als er seinen Fuß auf diesen Steg gesetzt hatte, hatte er das Gefühl, auf ebenem Boden zu stehen, bei dem es keine Steigung gab. Der Roboter stieß ihn in einen kreisrunden Raum, der einen Durchmesser von etwa zwanzig Metern hatte. Links von ihm standen die dickgepolsterten Pilotensessel vor den breit angelegten Schalttafeln. Ihm gegenüber lagen einige Türen und ein Bildschirm, der so hoch wie der Raum war. Rechts von ihm erhob sich die instrumentenübersäte Front eines Computers. Ein Meer von Lichtern flackerte vor seinen Augen. Gerade in diesem Augenblick, als er den Computer sah, öffnete sich ein breites Schott in der Mitte der Front. Ein Metallsteg schob sich heraus, auf dem Termon lag. Der Kopf des laktonischen Wissenschaftlers trug eine kleine blutige Stelle. Die Augen waren geöffnet. Starr und blicklos lagen sie in den Augenhöhlen.
Cort Kosta ging zu dem Wissenschaftler und griff nach seinem Arm. Er fühlte den Puls. Santas merkte, daß ihm heiß wurde. Ein seltsam flaues Gefühl stieg ihm in die Beine. Kosta ließ den Arm des Wissenschaftlers achtlos fallen. Er gab einem der Roboter einen bezeichnenden Wink. Santas schluckte hart. Er versuchte, sich loszureißen, doch der Roboter hielt ihn mit eisernem Griff. Ein Roboter hob Termon von dem Steg. Santas ließ sich fallen. Vergeblich. Der Roboter packte ihn, wirbelte ihn herum und warf ihn auf den Stahlsteg, auf dem Termon gestorben war, ehe er sein Wissen verlor. Cort Kosta erregte sich nicht. Ihm war es gleichgültig, ob der Wissenschaftler lebte oder nicht. Er wußte, daß Termon einen Teil seines Wissens mitgenommen hatte — aber nicht alles! Santas preßte die Zähne zusammen. Er sah das Mädchen Suva in den Raum kommen. Ihr Kinn war geschwollen. Er grinste — und entspannte sich. Der Steg glitt in das Eelektronenhirn. Santas fühlte den Einstich einer Nadel am Kopf. Es wurde dunkel vor seinen Augen. * „Dieses Schiff auf gar keinen Fall", sagte Rex Corda. Er zeigte auf den weißen Diskus im Tal. „Das ist völlig aussichtslos. Irgendwo werden wir einen anderen finden. Wir fahren weiter!" Die anderen erwiderten nichts. Sie stiegen wortlos in den Jeep. Percip, der am Steuer saß, ließ das Fahrzeug den Hang hinunterrollen, ohne den Motor anzustellen. Die Orathonen waren zu nah. Zu leicht konnten sie entdeckt werden. Sie erreichten die abzweigende
Schlucht nach wenigen Minuten. Jetzt startete Percip auch den Motor. Mühsam arbeitete sich der Geländewagen durch das unwegsame Gelände. Es ging langsam voran, aber immer noch schneller, als wenn sie gegangen wären. Nach zwei Stunden erreichten sie eine ebene Mesa, die bis an den Horizont reichte. Percip konnte schneller fahren. Tsati Mutara stieg auf den rechten Kotflügel nach vorn um und beobachtete das Gelände, um Percip rechtzeitig vor den Tücken des Bodens warnen zu können. Nach zwei weiteren Stunden Fahrt wuchsen am Horizont die Umrisse dunkler Berge auf. Die Sonne senkte sich herab. Tsati Mutara drehte sich um. Er wies Percip auf ein Loch im Boden hin. Der Laktone wich geschickt aus. Tsati wollte etwas sagen, doch die Worte blieben ihm im Halse stecken. Seine Augen weiteten sich entsetzt. Er schrie etwas, das niemand verstand. Und doch wußten alle, was er meinte. Sie fuhren herum. Ein orathonischer Diskus näherte sich ihnen. Er flog sehr niedrig, kaum dreißig Meter hoch. Noch war er mehrere Kilometer von ihnen entfernt, aber er kam genau auf sie zu. Der Diskus hatte eine grau-grünliche Farbe und trug leuchtend rote Ringe an der Unterseite. Grelle Flammenzungen strahlten aus den Antriebsdüsen im Zentrum der Unterseite. „Weiterfahren!" rief Corda dem Laktonen Percip zu, der bremste. „Weiterfahren! Wir wollen nicht mehr Verdacht erregen als nötig!" Percip fuhr weiter. Aber sie hatten dennoch keine Chance. Der Orathone, der den Diskus lenkte, schien genau zu wissen, wer in dem Jeep fuhr. Es gab keinerlei Dekkung für die Flüchtenden. Es gab kein Versteck.
Die Flucht war zu Ende! Rex Corda fühlte die Enttäuschung seiner Begleiter. Die Schwingungen emotioneller Wellen wurden überstark. Sie sahen alle nur ihn an, als erwarteten sie ein Wunder von ihm. Er hob die Achseln. „Es ist vorbei! Machen wir uns nichts vor. Sie haben uns gefunden. Wir hätten uns nicht auf diese Ebene wagen dürfen", sagte er. Er sah Tsati Mutara an. Der Mutant saß unbeweglich auf dem Kotflügel und starrte ins Leere. Sein Gesicht war wie aus Stein geschlagen, wie aus grauem kaltem Stein. Der Diskus flog in zwanzig Meter Entfernung an ihnen vorbei. Er überholte sie. Ein Scheinwerfer blitzte auf. Er durchbrach die heraufziehende Dämmerung und tauchte die Männer im Jeep in gleißendes Licht. Eine graue Klappe öffnete sich an dem Wulstring der Scheibe. „Halten Sie, Rex Corda!" donnerte eine tiefe Stimme aus dem Lautsprecher. Percip trat auf die Bremse. Der Diskus senkte sich auf die Ebene herab. Langsam näherte er sich dem haltenden Jeep. Corda entdeckte zahlreiche Optiken, die im Licht der untergehenden Sonne rot blinkten. Sie sahen aus wie blutige Augen. Rex Corda stieg aus dem Jeep. Neben dem Fahrzeug blieb er stehen und wartete. Er beobachtete, wie der Diskus stabile Landebeine ausfuhr und sanft wie eine Feder auf den breiten Landetellern aufsetzte. Die Düsenflammen erloschen zögernd. Langsam öffnete sich das Schott unter den Aufnahmelinsen. * Suva,
die
schöne
Mexikanerin,
klatschte ihr Notizbuch immer wieder gegen den Oberschenkel. Es war ein eigentümliches häßliches Geräusch, das Santas schmerzte. Der bullige Mann lag ausgestreckt auf der Metallzunge, die jetzt wieder aus dem dunklen Schlund herausragte. In seinen Schläfen pochte das Blut schmerzhaft und hart. Santas fühlte die Einstichstelle an seinem Hinterkopf. Ein dünner Kanal der Pein schob sich von dort aus in sein Gehirn hinein. Er führte die klatschenden Geräusche, die das Mädchen Suva verursachte, in das Zentrum der Qual. „Halt auf!" röchelte der schwere Mann, der erschöpft und ausgelaugt war. „Halt doch auf!" Mühsam schlug er die Augen auf. Er starrte das Mädchen aus blutunterlaufenen Augen an. Sie lachte überlegen. Es machte ihr Spaß, ihm zu zeigen, daß er verloren hatte. Kichernd tänzelte sie zu dem breit angelegten Schaltpult der Raumscheibe hinüber. Sie sah immer wieder zu Santas hinüber, um sich zu vergewissern, daß er ihr auch mit den Blicken folgte. Sie lehnte sich an die Schalttafel und klatschte mit dem Notizbuch gegen ihre Beine. Spielerisch glitten ihre Fingerspitzen über die zahlreichen Knöpfe und Hebel, tippten hier an, streichelten dort und zupften an jenem Gerät. Cort Kosta und zwei seiner Offiziere beachteten das Mädchen nicht. Sie beugten sich über die Streifen, die der Computer auswarf, um die Informationen aus den Verhören zu verwerten. Suvas schlanke Hand spannte sich um einen glänzenden Hebel, der handlang aus dem Pult ragte. Wieder sah sie Santas an. Sie warf den Kopf in den Nacken, um auszudrücken, daß sie sich als Herrin der Scheibe fühlte. Sie bewegte den Hebel. Vom Eingangsschott her ertönte ein wütender Schrei!
Santas Kopf fuhr herum. Verständnislos starrte er auf den untersetzten Orathonen, der in dem kurzen Verbindungsstück der Schleuse stand. Es sah aus, als kämpfe er mit einem unsichtbaren Gewicht, das mit aller Macht auf seine Schultern herabkam. Cort Kosta brüllte einen wütenden Befehl. Ein Bronzeroboter eilte blitzschnell zu Suva, schleuderte sie brutal zur Seite und schob den Hebel wieder an seinen alten Platz zurück. Jetzt konnte sich der Orathone in der Schleuse mühelos bewegen. Suva war blaß geworden. Der Bronzeroboter hatte sie keineswegs rücksichtsvoll angefaßt. Santas grinste hämisch. Sie warf ihm wütende Blicke zu. Der neu hinzugekommene Orathone stampfte mit grimmiger Miene zu dem schönen Mädchen hinüber. Er packte ihren Arm und zerrte sie quer durch den Raum. Bevor er Suva durch das Schott hinauswarf, versetzte er ihr eine schallende Ohrfeige. Santas konnte durch das offene Schott nach draußen sehen. Er beobachtete, wie Suva dem Ruf eines anderen Featherhead folgte. Sie taumelte zu einem anderen Diskus hinüber. Mit diesem war Suva von ihrem Ausflug zurückgekommen, bei dem Tsati Mutara sie beobachtet hatte. Santas wußte nicht, daß Suva sich so offensichtlich gut mit dem Offizier verstand, der diesen Diskus steuerte. Santas grübelte über das Geschehen nach. Noch hatte er nicht begriffen, was passiert war. Auf einen Befehl Cort Kostas hin startete der Bronzeroboter den Diskus. Schmatzend schloß sich das Schott. Santas klammerte sich an die Kanten des Metallsteges, auf dem er lag. Er wollte sich aufrichten, doch er fühlte sich noch zu schwach. Er schloß die
Augen. Er hörte Schritte. Jemand griff nach seinem Arm und fühlte den Puls. Santas zeigte nicht, daß er bei vollem Bewußtsein war. Er hielt die Augen geschlossen. * Rex Corda schirmte sich gegen die anderen ab. Ihre Gefühle brandeten zu eindringlich auf ihn ein. Seine Sondersinne durchliefen wieder einmal eine Periode gesteigerter Aktivität, in der sie ungewöhnlich aufnahmefähig waren. Rex Corda sah auf den Mann, der jetzt in dem sich öffnenden Schott der gelandeten Raumscheibe erschien. Es war ein Mann, der für einen Orathonen ungewöhnlich groß war. Er wirkte ungemein kräftig und gefährlich. Dunkle Federn schmiegten sich eng an seinen Kopf. Der Orathone trug eine graue Uniform mit zahlreichen blitzenden Emblemen auf den Schultern. Ein breiter weißer Gürtel spannte sich um seine Hüften, und eine reichverzierte Waffe hing an seiner Seite. Als der Gefiederte jetzt den Steg herabkam, wippte er etwas in den Knien, und seine Schultern rollten kraftvoll. In den intelligenten Augen spiegelte sich der ganze Triumph, den dieser Mann empfand. Hinter ihm erschienen drei weitere Orathonen. Auch sie trugen prachtvolle Uniformen mit zahlreichen Auszeichnungen daran. Alle drei legten ihre Hand auf die Schußwaffe an ihrer Hüfte. Rex Corda konnte durch das offene Schott in das hellerleuchtete Innere des Raumschiffes sehen. Er erkannte die geschmeidige Gestalt eines Bronzeroboters, der am Schaltpult stand. Der Roboter sah zu ihm herüber. Auf einem flachen tischartigen Steg lag ein offen-
sichtlich bewußtloser Mann. „Sigam Agelon wird sich freuen, wenn er Sie endlich in die Hand bekommt", sagte der Orathone. Er sprach in einer für Corda unverständlichen Sprache, aber ein kleines Gerät, das er auf der Brust trug, übersetzte seine Worte ins Englische. Durch diesen automatischen Dolmetscher gewannen die Sätze einen unpersönlichen metallischen Klang, der bedrohlich wirkte. „Legen Sie Ihre Waffen ab!" Rex Corda zögerte nicht. Er wußte, daß es keinen Zweck hatte, sich zu weigern. Er hatte durchaus noch nicht aufgegeben, aber er wollte sich jetzt nicht unnötig gefährden. Er gab seinen Gefährten mit einem Wink zu verstehen, daß sie seinem Beispiel folgen sollten. „Ich werde mich eher erschießen, als mich diesen Teufeln in die Hand zu geben!" knurrte Percip. Der Vertraute Sigam Agelons bellte einen scharfen Befehl. Rex Corda sah, wie der Roboter sich vom Schaltbrett abwandte und zum Ausgangsschott kam. Im nächsten Augenblick geschah etwas Seltsames! Der Mann auf dem Metallsteg erhob sich, nachdem er einen kurzen Blick auf den Roboter geworfen hatte. Der Roboter bemerkte ihn nicht. Der Mann sah zum Schott. Jetzt erkannte Rex Corda ihn. Fast hätte er aufgeschrien, als er merkte, daß es Santas war! Corda beobachtete, wie der Bullige geschmeidig zum Schaltpult hinüberlief. * Santas beherrschte sich nur mit Mühe, als er den Namen Rex Corda hörte. Er wollte es nicht wahrhaben, daß Cort. Kosta erfolgreich sein sollte. Er wollte
nicht glauben, daß der Orathone Corda aufgespürt hatte, weil Santas wußte, wer Kosta zu seinem Erfolg verhelfen hatte. In dem Computer war er zum Verräter geworden! Die Orathonen hatten sein Gehirn ausgelotet. Sie hatten an Informationen herausgeholt, was darin enthalten war. Santas biß die Zähne so hart zusammen, daß sich die Muskeln seiner Wangen verkrampften. Direkt über ihm befand sich ein kleiner blanker Knopf an dem Computer. In ihm spiegelte sich der Raum. Santas konnte alles genau verfolgen. Er sah, wie sich die Schotts öffneten und wie die drei Orathonen gewichtig hinausschritten. Er beobachtete auch den Roboter, der am Schaltpult verharrte. Fieberhaft suchte er nach einer Möglichkeit, Corda zu helfen. Doch er wußte, daß es keine gab, solange der Roboter sich in seiner Nähe befand. Santas war sich nur zu deutlich bewußt, wie sehr er einem Bronzeroboter unterlegen sein mußte. Er hatte gesehen, wie der Roboter mit Suva fertig geworden war, wie mühelos er sie bezwungen hatte. Es wäre aussichtslos gewesen, mit bloßen Händen gegen einen Roboter zu kämpfen. Santas hörte die Männer draußen sprechen. Er kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können. Das Spiegelbild auf dem Knopf war winzig. Santas konnte kein weiteres Raumschiff der Orathonen entdecken. Das Bildfeld war nur klein, aber er hätte trotzdem welche sehen müssen, wenn sie da gewesen wären. Cort Kosta war allein geflogen! Santas verzweifelte fast angesichts der Möglichkeiten, die sich ihm boten, ohne daß er sie nutzen konnte. Er hatte scharf aufgepaßt. Er hatte nichts davon bemerkt, daß Cort Kosta andere Orathonen von dem Erfolg seiner Aktion benachrichtigt hatte. Es hatte kein
Funkgespräch gegeben. Santas war überzeugt davon, daß Kosta seinen Erfolg auskosten wollte. Er wollte Corda auf dem Präsentierteller überreichen! Da, ein scharfer Befehl. Santas sah, daß der Roboter sich zum Schott hin bewegte. Er wagte es, zur Seite zu sehen. Der Roboter bemerkte nichts. Er hielt Santas noch immer für aktionsunfähig. Geschmeidig erhob sich der Gefangene. Er glitt auf den Boden herab, duckte sich zögernd und schlich sich dann mit wenigen Schritten zum Schaltpult hinüber. Jetzt hatte der Roboter das erste Schott erreicht. Santas erstarrte, als einer der Orathonen sich umdrehte. Doch bevor er erkennen konnte, daß der Gefangene nicht mehr ohne Bewußtsein war, verdeckte die hohe Gestalt des Bronzeroboters sein Gesichtsfeld. Jetzt durchschritt der Roboter die Schleuse. Santas' Hand klammerte sich um den Hebel, den Suva herumgedrückt hatte. Heißer Schweiß sprang ihm auf die Stirn. Santas zögerte abermals. Er wußte nicht, was geschehen würde. Er schluckte hart und krampfhaft. Seine Fußspitze stieß klirrend gegen die Verkleidung des Schaltpultes. Der Roboter fuhr wie ein bronzener Blitz herum. Die Bewegung war so unfaßbar schnell, daß Santas nur die verwischten Konturen des Roboters sah. Jetzt konnte er nichts mehr verlieren! Er riß den Hebel ganz herum! Er zerrte so hart daran, daß er die Verkleidung sprengte und den Hebel weit über die angezeigte Grenze hinauspreßte. Der Roboter schwankte. Sein Kopf neigte sich ruckartig zur Seite. Der Boden wölbte sich unter seinen Füßen. Die Bodenplatte zersprang in breite Risse. Dann plötzlich brach der Roboter
zusammen. Sein Metallpanzer verformte sich. Der Kopf wurde breiter und flacher, zersplitterte kreischend. Der Bronzene flog wie von einem plötzlichen Stoß mit gewaltigem Krach zur Seite. Sein sich verformender Kopf donnerte gegen eine transparente Scheibe und zerschlug sie. Blaue knisternde Blitze zuckten aus der Wand, züngelten über den Roboter und verbrannten ihn. Santas schrie voller Triumph auf. Er wollte sich nach vorn stürzen, durch das Schott laufen. Doch er verharrte kurz vor dem Schott. Er stieß einen grimmigen Fluch aus, eilte zum Schaltbrett zurück und schob den Hebel in die alte Stellung zurück. Dann erst kletterte er über den vernichteten Roboter hinweg. Draußen vor der Schleuse hatte sich die Szene inzwischen erheblich verändert! * Rex Corda beobachtete fassungslos, was mit dem Roboter geschah. Er erfaßte im Augenblick nicht, was der Grund für die Vernichtung des Bronzenen war, er sah nur seine plötzliche Chance. Aus dem Stand heraus schnellte er sich auf Gort Kosta, der verblüfft auf den vergehenden Roboter starrte. Der Schwung warf den Orathonen um. Fatlo Bekoval und Percip schalteten fast ebenso schnell wie Corda. Als dieser sprang, begannen auch sie zu kämpfen. Sie schleuderten die Männer zur Seite, die vor ihnen standen, und warfen sich auf die Orathonen. Die drei Offiziere erwachten jedoch blitzschnell aus ihrer Starre. Sie hatten die Waffen im Griff. Als Percip vor dem Gefiederten stand, den er sich als Gegner ausgesucht hatte, stieß dieser ihm die Strahlwaffe in
den Bauch. Percip schnellte zur Seite. Sein rechter Arm zischte wie ein Fallbeil herab. Die Handkante krachte auf den Arm des Orathonen, der seine Waffe nicht mehr halten konnte. Dicht neben Percip blitzte es grell auf. Doch auch Bekoval hatte Glück. Der sonnenheiße Strahlschuß fuhr in die Erde. Der dritte Offizier hätte sie alle erledigen können, wenn Cort Kosta nicht gegen ihn geprallt wäre und ihn von den Füßen gerissen hätte. Der hünenhafte Neger Tsati Mutara sprang mit Riesensätzen mitten in die kämpfende Gruppe. Wie die anderen griff er zunächst nach den gegnerischen Waffen. Der Strahler war seinem Gegner entfallen. Tsati trat danach und schleuderte ihn zur Seite. Dabei traf ihn ein Fausthieb von fürchterlicher Wucht. Er fällte den Mutanten auf der Stelle. Mutara sackte über dem Orathonen zusammen. Doch da kamen ihm Percip und Bekoval zur Hilfe. Den Laktonen war es gelungen, ihre Gegner rasch zu überwinden. Sie waren ebenso stark und massig wie die olivgrünen Featherheads. Ihre Faustschläge kamen mit vergleichbarer Wucht. Cort Kosta kämpfte noch immer mit Rex Corda. Der Terraner wich den wütenden Schlägen des Offiziers immer wieder geschickt aus. Er versuchte, selbst einige Schläge anzubringen. Vergeblich. Cort Kosta war ein überragender Kämpfer. Er wich jedem Schlag Cordas blitzschnell aus. Er trieb seinen Gegner mit bemerkenswertem Geschick unter den Diskus, auf die noch immer verhalten flackernden Düsenflammen zu. Rex Corda merkte sehr schnell, was der Orathone vorhatte, doch es gelang ihm nicht, seinen Gegner zu beherr-
schen. Dieser orathonische Riese verfügte über so große Kraft und eine solche Geschicklichkeit, daß ihm selbst ein laktonischer Spitzenkämpfer wohl schwerlich gewachsen sein konnte. Corda schnellte sich zur Seite. Doch wieder warf Kosta ihn herum. Immer häufiger mußte Rex Corda die wuchtigen Faustschläge des Orathonen hinnehmen. Das olivgrüne Gesicht grinste teuflisch. „Du hast gewonnen, Corda!" brüllte es aus dem automatischen Dolmetscher. „Aber du sollst keine Freude daran haben!" Ein scharfer Ruck ließ Cort Kosta verharren. Rex Corda lag vor ihm auf dem Boden. Keine drei Schritt von den blauen Düsenflammen entfernt. Cort Kosta brauchte nicht mehr viel zu tun, um Corda zu töten. Doch ein harter Befehl bremste ihn. Der Vertraute Sigam Agelons drehte sich langsam um. Percip stand dicht hinter ihm. Er hielt eine der Strahlwaffen in der Hand, die die Offiziere getragen hatten. Das rötliche Abstrahlfeld schimmerte schußbereit. Rex Corda wälzte sich aus dem Gefahrenbereich. Er zog Cort Kosta den Strahler aus dem Gürtel und trat dann zur Seite. Der Vertraute Agelons ließ die Schultern hängen. Er stieß einige Worte aus, die von der Automatik nicht übersetzt wurden. Percip trieb den Orathonen zu den Offizieren hin, die auf dem Bauch im Gras lagen und die Arme weit von sich streckten. Bekoval bewachte sie. Als Cort Kosta neben seinen Offizieren stand, fuhr er blitzschnell herum. Er streckte seinen Arm weit aus und versuchte, Rex Corda die muskelharte Handkante gegen den Hals zu schmet-
tern. Doch Rex Corda war auf der Hut. Er zuckte zurück, während seine Hände zupackten. Diesem Judogriff war Cort Kosta nicht gewachsen. Die Wucht des fürchterlichen Hiebes fällte ihn. Er brüllte schmerzerfüllt auf, als seine Armknochen brachen. Er blieb im Gras liegen, preßte die zuckenden Lippen zusammen und gab keinen Laut von sich. Er versuchte nicht, seinen verdrehten Arm in eine andere Lage zu bringen. Er starrte nur Rex Corda an. Und der junge Präsident fühlte die Wellen des Hasses, die von dem fremden Gehirn ausgingen. Er wandte sich ab. Er ertrug es nicht. * „Das haben Sie großartig gemacht!" erklärte Percip, als der bullige Santas aus dem Diskus herauskam. Santas grinste unsicher. Er rieb sich sein klobiges Kinn und zuckte verlegen die Achseln. „Wenn ich ehrlich sein soll", krächzte er heiser, „dann muß ich zugeben, daß ich keine Ahnung davon habe, was ich eigentlich tat. Ich wußte nur annähernd, daß ich mit diesem Trick den Roboter angreifen konnte. Aber ich ahnte nicht, daß ich einen solchen Erfolg haben könnte!" Percip lachte augenzwinkernd. „Ich will es Ihnen erklären, Santas", sagte er gutmütig. „Sehen Sie, alle laktonischen und orathonischen Raumschiffe haben eine Gravitationsautomatik, die elektronisch gesteuert ist. Sie gleicht alle gravitatorischen Schwankungen aus. Das heißt, bei einem blitzschnellen Start merken Sie beispielsweise an den Verharrungskräften überhaupt nicht, was geschieht. Sie haben die elektronische Kontrolle durchbro-
chen und im Schott ein superstarkes Gravitationsfeld geschaffen. Der Roboter sah sich plötzlich einer viel zu hohen Schwerkraft ausgesetzt, der er nicht gewachsen war. Das ist alles! Ganz einfach, wie?" Santas lachte glucksend. „Und wozu soll so etwas gut sein?" fragte er. „Ich meine, wozu brauchen Sie solche Gravitationssteigerungen?" „Zum Beispiel für solche Aktionen wie die Ihre", erläuterte der Agent. „Wichtiger aber ist die Schaltung für eine andere Situation. Es gehörte früher zur wirksamen Kampftaktik auf beiden Seiten, gegnerische Raumschiffe durch geschickt angesetzten Strahlbeschuß auf die Schutzschirme in Rotation zu versetzen. Das beschossene Raumschiff rotierte bald so schnell, daß es durch die Fliehkraft auseinandergerissen wurde. Mit einer Steuerung der Gravitationsautomatik aber konnten die Fliehkräfte an bestimmten Stellen des Raumes ausgeglichen werden, so daß die Besatzung aktionsfähig blieb. Sie fand dann meist eine Möglichkeit, aus dem Beschuß auszubrechen. Seit beide Seiten diese Gravitationsautomaten haben, ist diese Kampftaktik nicht mehr so wirksam!" Das Gesicht des bulligen Mexikaners hellte sich merklich auf. „Dann habe ich also Glück gehabt, daß das Schwerefeld gerade in der Schleuse entstand!" „Sehr großes Glück", nickte Percip. „Sie hätten es durch eine falsche Steuerung auch an anderer Stelle aufbauen können! Wer hat Ihnen gezeigt, wie Sie's machen müssen?" Santas erklärte es ihm. Rex Corda kam hinzu. „Wir haben keine Zeit für Gespräche", sagte er. „Wir müssen hier verschwinden! Jeden Augenblick kann Verstärkung kommen!" „Ich fliege den Diskus", bestimmte Percip. „Ich werde ihn in den Bergen
verstecken. Dort sehen wir uns wieder!" Bekoval hatte gar nicht erst versucht, die Orathonen zu erschießen, wie er es am liebsten getan hätte. Er wußte, daß Rex Corda das niemals zulassen würde. Er hatte die Gefiederten mit Drähten gefesselt, die er aus dem Diskus geholt hatte. Jetzt schleppte er sie mit der Hilfe Tsati Mutaras in den Kommandoraum des kleinen Raumschiffes und fesselte sie dort aneinander, so daß sie hilflos waren. Rex Corda, Oberst Polley und John Haick fuhren mit dem Jeep weiter, während Ga-Venga mit in den Diskus stieg. Corda zögerte nicht länger. Die Dunkelheit brach rasch herein. Sie hatten keine Zeit zu verlieren. „Tsati!" rief er. Der Mutant kam eilig zum Jeep. „Sie fliegen mit dem Diskus. Sie müssen sehen, wie er gesteuert wird. Percip wird Ihnen erste Erklärungen geben! Bis bald!" Er startete. Wenig später hob auch der Diskus ab. Wie ein Schatten zog er dicht über dem Boden dahin. * Ein kurz aufblitzendes Licht wies ihnen den Weg. Corda schaltete die Scheinwerfer ein. Percip stand im Lichtkegel. Er winkte. Eine Minute später waren sie bei ihm. „Alles in Ordnung", sagte er. Er stieg zu ihnen in den Jeep, um ihnen den Weg zu zeigen. „Bis jetzt ist den Grünhäuten noch gar nicht aufgefallen, daß der Diskus fehlt", berichtete er. „Wir haben gerade auf solche Holografengespräche geachtet. Nichts. Der Orathone scheint ein sehr wichtiger Offizier zu sein. Ich habe mir seine Uniform genauer angesehen. Bis jetzt haben wir jedoch noch keine Informationen über ihn bekommen können!"
Percip führte sie in ein enges Tal. Hier stand der erbeutete Diskus unter den Bäumen. Die Laktonen hatten nichts weiter getan, um ihn zu verstecken. Es gab keine ausreichenden Möglichkeiten, ein Raumfahrzeug vor den Suchinstrumenten zu verbergen. Sie waren jetzt auf ihr Glück angewiesen. Vielleicht dauerte es noch Stunden, bevor das Verschwinden der Offiziere auffiel. Rex Corda stellte den Jeep dicht neben dem Eingangsschott der Raumscheibe ab. Tsati Mutara stand im Schott. „Sollten wir nicht versuchen, ein paar Waffen auszubauen, Sir?" fragte er. „Das wäre ziemlich zwecklos", winkte Percip ab. „Die Waffen sind zu schwer. Wir könnten sie nicht tragen. Wir haben die Waffen der Offiziere. Das genügt!" Er wies auf die Strahlwaffen, die in der Schleuse auf dem Boden lagen. „Na schön", sagte Tsati. „Ich darf sowieso keine Waffe bei mir haben. Sonst machen mich die Gefiederten unter Umständen sofort fertig, wenn ich in einem Raumschiff vor ihnen auftauche!" Er grinste schief und kehrte zum Schaltpult zurück. Rex Corda folgte ihm. Fatlo Bekoval und Ga-Venga standen bei den Instrumenten. Bekoval hatte die Schalttafel geöffnet. Einige elektronische Bauteile lagen neben ihnen auf dem Boden. „Sie sind dabei, einen Prallschutz für mich zusammenzubauen", erklärte der Mutant Mutara. „Ich fürchte, das wird ein ziemlich umfangreicher Apparat werden!" Der rotbepelzte Trop kletterte an einem Geräteschrank hoch und sah gakkernd auf die Männer herab. Es schien ihm nicht recht zu gefallen, daß er nicht im Mittelpunkt des Geschehens stand. Percip nahm die Hand Tsati Mutaras und zog ihn zum Pilotensitz.
„Versuchen Sie es, Tsati", bat er. „Es ist nicht sehr schwer!" Auf der Schalttafel ragten zwei leicht gekrümmte Hebel hervor, die sich in die großen Hände des Mutanten schmiegten. „Mit diesen kleinen Hebeln können Sie fast alle Manöver ausführen", sagte Percip. Er lächelte etwas hilflos. „Natürlich ist es auch nicht so einfach, einen Diskus zu fliegen, daß Sie nur die Hebel zu bewegen brauchen. Es gehört noch ein bißchen mehr dazu. Vor allem müssen Sie die Instrumente beobachten. Wir benötigen wichtige Teile der Gravitationsautomatik. Das bedeutet, daß Sie die Verharrungseffekte spüren werden. Sie dürfen also nicht zu stark beschleunigen, weil Sie sonst die Herrschaft über sich selbst und damit auch über den Diskus verlieren!" Der Laktone zeigte auf zwei Instrumente mit farbigen Skalen und zwei jetzt ruhenden Pfeilen. „Hier können Sie Beschleunigung und Andruck beobachten", fuhr er in seiner Erklärung fort. „Die elektronischen Einrichtungen nehmen Ihnen auch hier viel Arbeit ab. Sobald Sie zu stark beschleunigen, nachdem wir die Gravitationsautomatik ausgeschaltet haben, warnt eine Sirene. Vergessen Sie aber bitte nicht, daß diese Warnung für einen Orathonen gilt! Orathonen sind an 1,5g gewöhnt, also an wesentlich höhere Beschleunigungen als Sie!" Tsati Mutara hörte konzentriert zu. Er achtete auf jedes Wort des Laktonen. Percip gab sich alle Mühe. Er wußte, was davon abhing, daß Mutara den Diskus richtig steuern konnte. Tsati Mutara konnte das Fahrzeug in der kurzen Zeit, die ihm zur Verfügung stand, auf gar keinen Fall so gut kennenlernen, daß er es restlos beherrschte. Er würde den Diskus bewegen können. Er würde ihn steuern können. Innerhalb der Atmosphäre würde er mit
ihm umgehen können. Und das genügte vollkommen. Bekoval brauchte die halbe Nacht, um ein kompaktes Gerät für den Mutanten zusammenzubauen, das ihn beim Aufprall schützen konnte. Tsati würde es auf dem Rücken tragen können. Percip kannte sich erstaunlich gut in dem orathonischen Raumschiff aus. Rex Corda staunte immer wieder. Mit größter Selbstverständlichkeit brachte der Agent einen Raumanzug für Mutara zum Vorschein. Es war ein einfaches rotes Modell, in Mutaras Größe. Percip meinte, dieser Anzug werde Tsati einen zusätzlichen Schutz geben. Immer wieder und immer wieder durchdachte Rex Corda den bevorstehenden Einsatz. Er wäre am liebsten mit dem Mutanten geflogen, aber er sah ein, daß das sinnlos war. Es kam nur darauf an, den Diskus in den Super-Transmitter zu steuern. Und das konnte nur ein Mann mit den Fähigkeiten Tsati Mutaras. Nur der Mutant konnte die superstarken Energiefelder durchbrechen. Niemand sonst. Er allein konnte den Diskus steuern. Jeder weitere Mann wäre überflüssig gewesen. Rex Corda wußte, daß er an diesem Einsatz nicht teilnehmen konnte. Aber ihm wäre wohler gewesen, wenn er hätte mitfliegen können. Er verließ den Diskus. Vor dem Schott blieb er stehen und sah in den nächtlichen Himmel hinauf. Es sah so aus, als hätte sich die Zahl der Sterne verdoppelt. Aber das täuschte. Die unzähligen flimmernden Punkte, die Rex Corda sah, waren keine Sterne. Es waren die orathonischen Raumschiffe, die das Sonnensystem besetzt hatten. * Rex Corda beobachtete die beiden
Männer am Pilotenpult, die das Programm durchsprachen. Tsati Mutara arbeitete wie ein Besessener. Er ließ nicht locker. Wenn er etwas nicht absolut sicher wußte, dann fragte er danach. Dann bohrte er, bis Percip ihm erklärt hatte. „Jetzt haben sie es!" rief Ga-Venga plötzlich. „Was haben sie?" fragte Corda. Der zwergenhafte Kynother zeigte mit dem Zeigefinger nach oben. „Die Featherheads haben gemerkt, daß sie einen Diskus verloren haben! Ein gewisser Cort Kosta wird dringend gesucht!" Er strich sich schmunzelnd über sein blaues Haar. „Das scheint der ,Riese’ dort zu sein!" Er ging zu der Tür hinüber, die zu dem Raum führte, in dem die Orathonen lagen. Ga-Venga betrat den Raum und überprüfte zum siebtenmal, ob die Fesseln auch wirklich gut saßen. Auch diesmal war er mit dem Ergebnis seiner Kontrolle zufrieden. Er verneigte sich ironisch vor Cort Kosta und sagte etwas zu ihm. Rex Corda verstand ihn nicht. Es mochte die orathonische Sprache sein. Der Offizier bäumte sich heftig auf und stieß einige wütende Worte aus. Der Kynother grinste zufrieden. Er rieb sich seine kleinen Hände und tänzelte auf die Kommadobrücke zurück. Er lauschte weiter am Holografen, hatte aber kein Bild eingeschaltet. An kleinen Rädchen verstellte er fortwährend den Empfangsbereich. „Es herrscht eine ziemliche Aufregung bei den Orathonen", sagte er. „Sogar Sigam Agelon meldete sich eben. Er schien in großer Sorge zu sein!" Ga-Venga horchte weiter. Sein sonst meist munteres Gesicht verdüsterte sich etwas. „Sigam Agelon hat eine Suchaktion nach dem Diskus befohlen!" knurrte er. „Wir müssen uns beeilen — sonst ist es zu spät! Wir haben keine Zeit mehr zu
verlieren!" Rex Corda sah zur Uhr. „Wie weit sind wir?" Tsati Mutara ließ sich in den Sessel zurücksinken. Müde rieb er sich die Augen. Er steckte sich eine Zigarette an und machte einige tiefe Züge. „Wir sind soweit", sagte er leise. „Von mir aus kann es losgehen." Er wies auf die Geräte, die am Boden lagen. „Es ist alles bereit. Bekoval hat sogar die Strahlkanonen schon vorbereitet. Ich brauche nur auf diesen Knopf zu drücken, um auch auf die anderen feuern zu können. Der Weg von hier bis zum Schott ist nicht weit. Ich kann es mit drei Schritten schaffen. Ich brauche ja nur zu springen. Alles andere ergibt sich. Ich falle auf jeden Fall in den Transmitter. Es ist wirklich alles klar!" „Dann schlafen Sie jetzt noch für eine Stunde, Tsati", befahl Rex Corda. „Sie müssen einigermaßen frisch sein, wenn es losgeht!" „Sir! Bis dahin könnten wir längst entdeckt sein!" erregte sich Percip. „Das Risiko müssen wir eingehen!" Die kristallklaren Augen Rex Cordas ließen erkennen, daß er nicht gewillt war, von seinem Beschluß abzugehen. Tsati Mutara brauchte eine Ruhepause — also würde er sie bekommen. * Cort Kosta hatte seinen ersten Zorn überwunden. Zunächst war er blind vor Wut gewesen. Er war zu keinem vernünftigen Entschluß fähig gewesen. Sein Arm schmerzte rasend, schlimmer aber noch war die psychische Pein über die Niederlage, die er hatte einstecken müssen. Cort Kosta konnte jetzt nicht mehr begreifen, daß er seinen Gegner so unterschätzt hatte. Er konnte sich seinen Fehler nicht verzeihen.
Er konnte jetzt nur versuchen, die Vernichtung des Super-Transmitters zu verhindern. Aus den Gesprächen seiner Feinde hatte er genügend herausgehört. Er wußte, worum es ging. Jetzt wartete er ab. Die Stunde, auf die er gewartet hatte, kam nach Mitternacht. Wieder öffnete sich die Tür. Diesmal aber war es nicht der Kynother, der kam. Diesmal kam dieser riesenhafte Mann von Lithalon, der die rote Kerbe auf der Oberlippe trug. Percip hob den Orathonen hoch und drängte ihn aus dem Diskus. Cort Kosta erschrak heftig, als er sah, welche Vorbereitungen getroffen worden waren. Er erkannte, wie selbstsicher seine Feinde ans Werk gingen. Widerstandslos ließ er sich aus dem Diskus führen. Der Laktone schleppte ihn zu einem kräftigen Baum und fesselte ihn mit dünnen Drähten daran. Er überprüfte die Fesseln sorgfältig und verschwand dann, um die anderen zu holen. Es dauerte nicht sehr lange, bis auch die Offiziere bei ihm waren. Kosta beobachtete die letzten Vorbereitungen der Rebellen. Er sah, wie Tsati Mutara in den roten Raumanzug schlüpfte und wie Rex Corda den Jeep an eine andere Stelle brachte. Er beobachtete, wie die Männer sich voneinander verabschiedeten. Und während der ganzen Zeit versuchte er, die rasenden Schmerzen in seinem Arm zu ignorieren. Er kämpfte mit den Fesseln. Und er fühlte, daß er sich befreien konnte. Kurz bevor der Diskus startete, kam Ga-Venga noch einmal zu ihm. Diesmal überprüfte er die Fesseln nur sehr flüchtig. Er sah, wie der Orathone mit den Fesseln gekämpft hatte, glaubte aber nicht, daß er sich daraus befreien konnte. *
nicht zu übersehen. Tsati Mutara sah in die klaren Augen Rex Cordas und fand Ruhe. Diese Augen bannten ihn. Sie verscheuchten alle Zweifel und alle Unsicherheit. „Sie werden es schaffen, Tsati!" sagte Corda. Sie gaben sich die Hand. Der Mutant drehte sich abrupt um und ging die Rampe hinauf. Er sah sich nicht mehr um. Er setzte sich hinter das Schaltpult in den Pilotensessel und konzentrierte sich einige Augenblicke. Rex Corda zog sich in die Dunkelheit zu den anderen zurück, die beim Jeep warteten. Auf seinem ganzen Weg konnte er Tsati Mutara durch das offene Schott sehen. Jetzt schaltete der Mutant. Das Schott schloß sich. Sekunden später erzitterte der Boden unter ihren Füßen. Blaue Flammenzungen zuckten krachend aus den Antriebsschlünden. „Er fliegt!" rief Ga-Venga plötzlich. Der Diskus erhob sich. Erst stieg er langsam, doch dann wurde er immer schneller. Er glitt über die Bäume hinweg. Lange Flammenzungen leckten nach dem trockenen Holz, entzündeten es jedoch nicht. Tsati Mutara ließ den Diskus schräg an den Hängen der sanften Berge hochsteigen. Er hob sich scharf gegen den hellen Nachthimmel ab. Dann glitt der Diskus in die Dunkelheit. „Mach's gut, Junge", murmelte Rex Corda. „Wir drücken dir die Daumen!" Er stieg in den Jeep. „Weiter jetzt!" Langsam kletterten auch die anderen in das Geländefahrzeug. Sie schienen alle sehr nachdenklich zu sein. Niemand sagte etwas. An die Orathonen dachte jetzt niemand mehr. Sie blieben in der Dunkelheit zurück. Rex Corda wußte, daß sie bald gefunden werden würden. Die Spuren, die in dieses Tal führten, waren
* Tsati Mutara zuckte wie unter einem Peitschenschlag zusammen, als er die Geräusche hinter sich hörte. Er fuhr herum. Geckernd hüpfte der Trop über den aufgerissenen Boden, geschickt allen gefährlichen Stellen ausweichend. Das possierliche Wesen hüpfte auf das Instrumentenpult, hockte sich vor den Mutanten hin und sah ihn amüsiert an. „Was willst du hier?" stotterte Tsati. Der Trop verstand ihn nicht. Er antwortete in seiner Sprache, die Tsati ebensowenig verstehen konnte. Aufgeregt wies er auf die Instrumente. Mutara erschrak heftig. Ein Blick zu den Holografenschirmen überzeugte ihn davon, daß er sich zu sehr hatte ablenken lassen. Der Diskus drohte abzustürzen. Doch Tsati Mutara hatte genügend von den Erklärungen Percips verstanden, um den Diskus sicher abzufangen. Er bewegte sich mit ziemlich rascher Fahrt nach Norden. Er hielt sich dicht an den Boden, um möglichst lange unentdeckt zu bleiben. Obwohl er jetzt schon über eine Stunde geflogen war, hatte er noch kein einziges orathonisches Raumfahrzeug gesehen. Im Osten tauchte jetzt der Golf von Mexiko auf. Es war nicht mehr sehr weit bis zum Super-Transmitter. Tsati Mutara entdeckte vier Raumscheiben, die in geschlossener Formation im Westen vorbeizogen. Sie flogen von Norden nach Süden. Sie beachteten ihn nicht. In der Nähe von Corpus Christi ragten zwei gewaltige Hantelraumer in den Himmel.
Tsati entdeckte sie rechtzeitig. Er wollte auf den Golf ausweichen, als er den Diskus bemerkte, der von Süden über den Golf herankam. Er lenkte seine Raumscheibe sofort nach Westen in das Landesinnere hinein. Dabei machte er die sieben Hantelraumer aus, die weiter im Landesinneren gelandet waren. Er befand sich in einem Kessel! * Cort Kosta schaffte es! Nach einer Stunde waren seine Hände frei. Es war relativ einfach für ihn, sich auch die Füße zu befreien. Dann löste er die Fesseln seiner Offiziere. Sie hatten sich nicht zu der unmenschlichen Energieleistung aufschwingen können. In ihnen loderte nicht die Flamme des kalten Hasses, so wie bei Kosta! Der Vertraute Sigam Agelons sprach kein Wort. Jedes Wort war überflüssig. Er kannte sich genügend in den Kreisen der Offiziere aus, um zu wissen, daß seine Mitgefangenen ihm die Niederlage gönnten. Daß sie selbst in höchster Gefahr schwebten, regte sie nicht übermäßig auf. Kosta wußte, daß westlich von ihrem Standpunkt ein Hantelraumer stand. Das war sein Ziel. Er erklärte es den Offizieren mit knappen Worten. Dabei verband er sich seinen gebrochenen Arm provisorisch, um eine bessere Stütze zu haben. „Wir gehen!" sagte er abschließend. Er machte die ersten drei Schritte — und brach zusammen. Als er wieder zu sich kam, trugen ihn die Offiziere auf den Schultern. Sie schleppten ihn nach Westen. Es war bereits heller geworden. Kosta befahl, ihn auf den Boden zu lassen. „Wie weit ist es noch?" Die Offiziere wußten es nicht genau,
aber es konnte nicht mehr weit sein. Sie schätzten, daß sie ihr Ziel erreicht hätten, bevor es Tag geworden war. Und sie behielten recht! Als die Sonne sich über den Horizont schob, glitt ihr rotes Licht über den gigantischen Leib eines Hantelraumers, der am Fuße eines Bergriesen lag. Cort Kosta atmete auf. Er wußte, daß es noch nicht zu spät war. Noch konnte er den Mutanten aufhalten! Er trieb die Offiziere zur Eile an, ließ sich von zweien seiner Begleiter stützen, damit sie schneller vorankamen, und sie stürmten in das Tal hinein. * Rex Corda kam schneller voran, als er erwartet hatte. Sie erreichten schon bald nach dem Start des Mutanten die Bundesstraße 40, die nach Monterrey führt. Sie erlaubte eine sehr hohe Geschwindigkeit. An einer verlassenen Tankstelle konnten sie auftanken und noch eine Reserve mitnehmen. Rex Corda trieb zur Eile an. Er wollte so weit wie möglich im Norden und in der Nähe des NORAD sein, wenn Mutara zuschlug. „Ich möchte wissen, was Sigam Agelon macht, wenn Mutara es schafft!" seufzte Ga-Venga. „Ich möchte es wirklich wissen. Es gibt keinen Parallelfall, der mir das sagen könnte. Noch niemals haben es die Gefiederten so schwer gehabt!" Rex Corda antwortete nicht. Er sah unentwegt nach vorn und konzentrierte sich auf die Straße. Die anderen achteten auf feindliche Raumschiffe, die überall stehen konnten. Doch sie stießen auf kein einziges Schiff der Orathonen, bis sie die Grenze nach Texas erreichten. Hier erhob sich unmittelbar neben der Straße ein Hantelraumer bis in eine
Höhe von mehr als tausend Metern, ein Gebirge aus Metall, das einen erschreckenden Eindruck von Macht vermittelte. Doch auch jetzt blieb ihnen das Glrck treu. Sie konnten auf eine Seitenstraße ausweichen und den Riesen umgehen. Sie blieben unentdeckt. * Der Trop schnatterte aufgeregt. Mit seinen winzigen Händen fuhr er sich immer wieder durch den roten Pelz. Je mehr Tsati Mutara das zierliche Wesen kennenlernte, desto besser gefiel es ihm. Die dunklen Knopfaugen spiegelten hohe Intelligenz. Der Trop zeigte immer wieder auf die Steuerelemente und dann nach oben. Tsati Mutara zögerte. Er wußte nicht, ob es ratsam war, in großer Höhe zu fliegen. Dort konnte er von jedem feindlichen Raumschiff angepeilt und beobachtet werden. Mußte es dort nicht zu sehr auffallen, daß der Diskus nicht ruhig flog? Beunruhigt suchte der Mutant den ihn umgebenden Luftraum ab. Es war völlig aussichtslos. Auf allen Seiten befanden sich feindliche Schiffe. Der Trop hatte recht. Es gab nur einen Weg — den Weg nach oben! Tsati handelte entschlossen. Er zog den Diskus steil in die Höhe. Er ließ ihn bis auf viertausend Meter steigen und legte dann den exakten Kurs auf das Ozark-Plateau in Arkansas an. Einfache, aber übersichtliche Zeichnungen, die Rex Corda für ihn angefertigt hatte, während er schlief, halfen ihm, den genauen Kurs zu finden. Fiebernd vor Erregung starrte Mutara auf die zahlreichen Hantelraumer herab, die in diesem Gebiet gelandet waren. Er begann zu zählen, gab es jedoch sehr bald auf, da es zuviele waren. Er hätte wirklich nicht die geringste Aussicht
gehabt, ungesehen durch diese dichte Kette zu kommen. Auf dem Golf von Mexiko patroullierten Schwärme von diskusförmigen Raumschiffen. Tsati Mutara beschleunigte. Er bemerkte einen sehr großen Diskus, der von Osten herankam. Auf den ersten Blick war zu erkennen, daß sich ihr Kurs kreuzen mußte, wenn er die Geschwindigkeit nicht ganz erheblich heraufsetzte. Mutara handelte entschlossen. Er fühlte, wie ihn die Beharrungskräfte tief in die Polster des Pilotensessels drückten. Das Atmen fiel ihm schwer, aber er hielt durch. Er hatte nur Augen für den Holografenschirm, auf dem er den anderen Diskus sehen konnte. Jetzt sank der andere ab. Mutara atmete auf. Der Diskus setzte zur Landung an. Tsati setzte die Geschwindigkeit wieder herab. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn. In diesem Augenblick erwachten die Lautsprecher. Eine harte, dröhnende Stimme durchbrach die Stille. Mutara zuckte zusammen. Unwillkürlich kauerte er sich tiefer in den Sessel. Er konnte nicht antworten. Die ganze Aktion wäre gescheitert gewesen, bevor sie begonnen hatte. Er sah den Trop an. „Was soll ich tun?" keuchte er. Der Trop hob die Arme. Diese Geste hatte er bei seinen neuen Freunden beobachtet. Er konnte Tsati keine Antwort geben. Er wußte auch nicht, was er tun sollte. „Verdammt!" fluchte der Mutant. Er drückte die Fahrthebel weit nach vorn. Der Diskus beschleunigte rasend. * Als Cort Kosta sich dem großen Schott bis auf tausend Meter genähert
hatte, begannen die Alarmsirenen zu heulen. Hoch über ihm lösten sich zwei silberne Raumscheiben aus den gewaltigen Hangars. Mehrere Bronzeroboter stürzten aus dem Schott und eilten ihm entgegen. Cort Kosta lächelte gelöst. Er hatte es geschafft! Der letzte Super-Transmitter war gerettet. Zwanzig Sekunden nach diesem Gedanken setzten die beiden Raumscheiben neben ihm auf. Der Vertraute Sigam Agelons wartete voller Ungeduld, bis sich die Schotts öffneten. Dann eilte er an Bord der nächsten Raumscheibe. Er begrüßte den Offizier mit einer hastigen Geste und stürzte sich auf den Holografen. Er schaltete die allgemeine Alarmstufe ein. Im gleichen Augenblick begannen auf sämtlichen Raumschiffen der gigantischen Flotte Orathons im Raumsektor Terra die Alarmsirenen zu heulen. Cort Kosta konnte noch keine Erklärung geben. Das erregte Gesicht eines hohen Offiziers erschien auf dem Bildschirm, nachdem einige wichtige Zwischenschaltungen vorgenommen worden waren. „Ich will Sigam Agelon sprechen!" herrschte Cort Kosta den Offizier an. Das war der entscheidende Fehler, den Cort Kosta machte. Sein Befehl wirkte Wunder. Die Offiziere handelten mit rasender Eile, um Sigam Agelon zu verständigen. Es dauerte genau dreißig Sekunden, bis Sigam Agelon, der gewaltige Orathone, auf dem Holografenschirm im Diskus erschien. Die kalten grausamen Augen des Flottenkommandeurs musterten seinen Vertrauten.
„Mir scheint, du hast einen schweren Fehler gemacht", versetzte Sigam Agelon mit maliziösem Unterton. „Du siehst reichlich mitgenommen aus!" Cort Kosta winkte ab. Er konnte es sich leisten, erntete jedoch zunächst einmal nur ein spöttisches Lächeln dafür. Sigam Agelon, der wußte, daß nur eine Niederlage Kosta so lange vom aktuellen Geschehen hatte fernhalten können, glaubte, sein Vertrauter wollte seine Nachricht durch dramatisches Gebaren aufwerten. „Ein Mutant ist mit einem Diskus im Anflug auf den Super-Transmitter, um mit dem Diskus in ihn zu stürzen!" Sigam Agelon blinzelte ungläubig. „Das ist unmöglich", antwortete er. „Niemand und nichts kann die Schutzschirme durchbrechen!" „Es ist der Mutant, der auch die Schutzschirme der anderen Transmitter durchbrochen hat!" Sigam Agelon erschrak. Seine Augen weiteten sich. Dann vollzog sich ein erschreckender Wechsel in seinen Zügen. Wo eben noch spöttische Herablassung war, nisteten sich kalte Entschlossenheit und brutale Kraft ein. Sigam Agelon gab Großalarm. Cort Kosta wollte aufatmen. Doch in diesem Augenblick kam auch der Alarm vom Ozark-Plateau. * Tsati Mutara stockte der Atem. Aus viertausend Meter Höhe konnte er die gigantische Transmitter-Anlage hervorragend übersehen. Sie war größer, viel größer, als er es sich vorgestellt hatte. Sie hockte wie eine gewaltige Spinne auf dem Plateau, gefräßig und unersättlich. Breite Ströme von Versorgungsgütern ergossen sich auf ausladenden Bandstraßen in die weiße Kuppel, die sich unter den Schutzschirmen versteckte.
Konzentrische Ringe aus waffenstarrenden Raumschiffen spannten sich um die Anlage, um sie zu schützen. Das gewaltige Gebiet sah aus wie eine Festung. Waffentürme reckten sich hoch über die Anlage hinaus. Wieder bellte eine harte Stimme aus den Lautsprechern. Tsati Mutara zuckte zusammen. Er hob die Achseln. Er konnte nicht antworten. Er riß den Raumhelm ab, der ihn störte, und schleuderte ihn quer durch den Raum. Mit der linken Hand packte er den Prallfeldgenerator, der ihn bei dem Sturz schützen sollte. Der Trop kreischte. Er hastete zu dem Holografen hinüber und schaltete ihn ein. Er schnatterte aufgeregt, und die barsche Stimme antwortete ihm. Traurig sah der Trop schließlich zu Mutara hinüber. Er hatte nicht helfen können. „Macht nichts, Kleiner! Wir sind ohnehin am Ziel! Jetzt kann uns doch nichts mehr helfen!" Entschlossen packte er zu. Blitzschnell schaltete er. Die Hebel rasteten ein. Mutara zog die Beschleunigungssteuerung zu sich heran. Der Diskus neigte sich nach vorn. Es drückte den Mutanten tief in den Sessel. Rasend schnell schoß das Raumschiff in die Tiefe, genau auf den Super-Transmitter zu. Tsati Mutara stöhnte auf, als die ersten Blitze zu ihm heraufschossen. Er merkte, daß er einen Treffer erhalten hatte. Der Diskus erzitterte leicht und schwankte etwas. Mühsam stemmte der Mutant sich aus dem Pilotensessel. Erst beim zweiten Versuch gelang es ihm, sich den Beschleunigungskräften zu widersetzen. Er stand vor dem Instrumentenpult. Er sah direkt in den Holografenschirm, als der armdicke Strahl von den Geschütztürmen
heraufkam. Die Wucht des Aufpralls fegte ihn von den Füßen und wirbelte ihn quer durch den Raum. Krachend landete er an der Frontwand des Computers. Neben ihm blitzte es heiß auf. Tsati blickte entsetzt auf die Trümmer des Prallfeldgenerators! Damit hatte er den entscheidenden Schutz verloren! Er stemmte sich verzweifelt hoch. Versuchen wollte er es immerhin. Er sah den Trop, der kreischend durch den Raum turnte. Wieder erhielt der Diskus einen Treffer. Wieder riß es Mutara von den Beinen. Diesmal rollte er direkt in das Ausgangsschott. Aus weiten Augen starrte er auf die Instrumententafel vor dem Pilotensessel! Sie waberte in heller Glut und brach dann plötzlich auf. Die Glut erfaßte den Trop und wirbelte ihn hinaus. Tsati Mutara konnte durch die brennende Öffnung den Super-Transmitter sehen. Er schnellte sich ihm aus der Tiefe entgegen, umtobt von einem Meer von Strahl- und Energieschüssen, die pausenlos in den stürzenden Diskus einschlugen. Sollte alles umsonst sein? Sollte er den Super-Transmitter nicht erreichen? Tsati Mutara sprang hoch und warf sich gegen das Außenschott. Es sprang krachend auf. Der Mutant klammerte sich mit letzter Kraft an das Schott. Zentimeter für Zentimeter kämpfte er sich näher an die Kante heran. Über ihm und neben ihm zuckten die Strahlschüsse vorbei, zerplatzte das Metall in plötzlichen Glutbahnen. Der Super-Transmitter wuchs zu einer mächtigen weißen Blase an. Der Strom der Versorgungsgüter riß nicht ab, obwohl eine Kuppel aus gleißenden Strahlen über dem Transmitter stand.
Tsati Mutara schaffte es. Er konnte sich über die Kante des Schotts werfen und abstoßen. Unwillkürlich schrie er auf, als er abstürzte. Seine Chancen, jetzt noch zu überleben, waren minimal. Er hatte nur dann eine Aussicht, wenn der Diskus die Metallhaut, die den Transmitter überspannte, zerfetzte, so daß er in das transmittierende Feld hineinfiel. Dann plötzlich wußte Tsati Mutara, daß er es geschafft hatte. Die Abwehr der Orathonen kam zu überhastet. Er hatte die Featherheads überrascht. Mit einem Angriff dieser Art hatten sie nicht gerechnet. Der Mutant lächelte. Er schloß die Augen und konzentrierte sich ganz auf die Energieschirme. Der Diskus überholte ihn. Er raste an ihm vorbei, lange Flammenzungen hinter sich herziehend. Tsati hörte das Heulen der Alarmsirenen. Er hörte das wütende Bellen und Krachen der Abwehrgeschütze. Und er wußte, daß er gesiegt hatte. Als er die Augen öffnete, wuchs der Schmerz in seinem Kopf zum beherrschenden Element. Er zog sich über den Nacken bis tief in den Rücken hinab. Aber deutlich sah Tsati, daß der Energieschirm zerriß. Nackt bot sich der Transmitter dem Diskus dar! * Sigam Agelon schrie! Er klammerte sich an das Instrumentenpult und glaubte, seinen Augen nicht trauen zu können. Das, was ihm die Holografenschirme boten, konnte nicht wahr sein. Er mußte sehen, wie der brennende, halbzerfetzte Diskus auf den SuperTransmitter herabraste. Er entdeckte den dunkelhäutigen Mutanten in dem roten Raumanzug, der hinter der Raumscheibe herflog und auch in den Trans-
mitter stürzen würde. Sigam Agelon beobachtete, wie die als unüberwindlich geltenden Schutzschirme sich, wie von unsichtbarer Hand gesteuert, öffneten. Der Diskus raste lodernd in die Öffnung hinein. Er bohrte sich donnernd in die dünne Metallhaut des SuperTransmitters. Sigan Agelon schloß die Augen, als er sah, wie der Mann in dem roten Raumanzug unmittelbar hinter dem Diskus ebenfalls in den Transmitter stürzte. Der Attentäter schlug die wirbelnden Arme um sich. Die Hände Sigam Agelons zitterten wie Espenlaub. Er wußte, was jetzt geschehen würde. Und es geschah! Der Diskus wurde von dem Feld des Transmitters geschluckt. Er verschwand darin und wurde zu einem Impuls. Es gab keine Station, die diesen Impuls aufnehmen konnte. Es dauerte genau dreißig Sekunden. Der Super-Transmitter blähte sich immer mehr. Er sah aus wie eine ständig wachsende Blase, die aus dem Plateau wuchs. Zuckende Energieblitze durchbrachen die berstende Schutzhülle. Und dann erlebte Sigam Agelon die Explosion, die er gefürchtet hatte. Die gesamte Anlage mit den gelandeten Raumscheiben, den zahlreichen Beschickungseinrichtungen und den mächtigen Lagerhallen stürzte in die sich blähende Halbkugel aus Energie. Sigam Agelon wandte sich ab. Er sah erst wieder auf den Holografen, als der gigantische Pilz über der Stelle stand, an der der Super-Transmitter gearbeitet hatte. * Tsati Mutara schrie. Im letzten Augenblick, als er nur
noch wabernde wilde Glut um sich herum sah, schrie er. In dieser Sekunde gestand er sich, daß er Angst hatte. Dananch war alles vorbei. Er fühlte einen harten Ruck unter den Füßen. Er taumelte unter dem ungewohnten Gewicht, daß auf seinen Schultern lastete. Fassungslos riß er die Augen auf. Ihm gegenüber standen drei Orathonen und ein braunhäutiges Mädchen mit schwarzen Augen. Sie taumelte zurück. Er trat einen Schritt vor. Drei Strahlwaffen fuhren hoch. Eine grausame Hand griff nach ihm. Da schnellte sich die Mexikanerin vor. Sie stürzte sich auf Tsati, um ihn durch den Transmitter zurückzuschleudern. Doch er wich ihr aus. Die schlanken braunen Arme glitten an ihm vorbei. Er wollte die Mexikanerin zurückhalten, doch er griff daneben. Suva wirbelte an ihm vorbei. Sie rutschte aus. Aufschreiend fiel sie in das Feld, aus dem Tsati Mutara gekommen war. Es war eine mannshohe Halbkugel aus gelber Energie. In ihrem Mittelpunkt war Tsati Mutara wieder geworden. Suva taumelte jetzt auf diesen Mittelpunkt zu. Der Mutant konnte beobachten, wie ihr Körper durchsichtiger und lichter wurde, sich dennoch in heftiger Panik bewegte. Nahe dem Mittelpunkt des leuchtenden Energiefeldes glich Suva nur noch einem glasigen Hauch, der im Zentrum ganz verschwand. Das Mädchen war nur noch ein Impuls, eine Energiewelle, die ins Nichts hinausglitt. Es gab nur einen Transmitter, in dem Suva wieder hätte materialisieren können — den Super-Transmitter auf dem Ozark-Plateau. Dieser aber existierte nicht mehr. Die Reise der Energiewelle würde nie beendet werden.
Tsati Mutara drehte sich langsam um. Er hob seine Arme, um anzuzeigen, daß er waffenlos war. Noch konnte er es nicht fassen, daß sein fürchterlicher Sturz so sanft endete. Er starrte in die flimmernden Abstrahlfelder dreier Energiewaffen. Er hob die Blicke, richtete sie auf drei Augenpaare, in denen sich die Entschlossenheit, ihn zu töten, spiegelte. * Rex Corda preßte die Hände an die Ohren. Ein grauenhafter Schrei hallte in seinem Inneren wider. Er trieb ihm eiskalte Schauer des Entsetzens über den Rücken. Für wenige Augenblicke glaubte Rex Corda, das schmerzverzerrte, gequälte Gesicht des Mutanten Tsati Mutara vor sich zu sehen. War Tsati bei dem Einsatz gestorben? Doch dann schob sich etwas anderes in das Bild, das in seinem Inneren war. Es waren zwei Augen. Sie waren dunkel und geheimnisvoll. Rex Corda glaubte, das Mädchen Suva wiederzuerkennen. Doch bevor er Sicherheit gewann, schwand das Bild. Rex Corda sah sich um. Hilflose, verwirrte Blicke begegneten ihm. Die beiden Laktonen Bekoval und Percip machten einen nervösen und unsicheren Eindruck. „Die Erde ist ein eigenartiger Planet", sagte Percip. „Ich habe hier mehr ungewöhnliche und überraschende Dinge erlebt als auf allen anderen Welten, auf denen ich war, zusammengenommen! Was ist es, Mr. Corda, was die Erde so auszeichnet? Wo liegt der große Unterschied!" Rex Corda brachte ein mühsames Lächeln zustande. „Ich sagte es schon einmal, Percip! Solange ich keine andere Welt kenne, kann ich diese Frage nicht beantwor-
ten!" „Sie wollen diese Frage auch gar nicht beantworten!" behauptete Bekoval schroff. Rex Corda musterte den Laktonen kühl. „Sie haben mir nichts vorzuwerfen, Bekoval! Solange Sie mir meine Schwester und meinen Bruder nicht zurückgebracht haben, haben Sie mir Ihre Freundschaft noch nicht bewiesen!" Bekoval fuhr zornig auf. Sein breites Gesicht verkantete sich, doch Percip rief ihm einige besänftigende Worte in laktonischer Sprache zu. Der massige Laktone lockerte seine Haltung. „Ich werde Ihre Geschwister bringen", versprach er. „Wenn sie von uns mitgenommen wurden, werde ich sie bringen!" „Okay", nickte Rex Corda gelassen. „Vergessen Sie jetzt aber bitte nicht, Ihre Flotte zu verständigen! Wir haben getan, was wir konnten! Jetzt ist Lakton dran!" Während Bekoval und Percip die Vorbereitungen für die Sendung an die laktonische Flotte trafen, stieg Rex Corda zusammen mit seinem Freund John Haick den Berghang hinauf. Der Wissenschaftler blieb so schweigsam wie in den letzten Stunden auch. Es dauerte eine Viertelstunde, bis sie die Spitze des nicht sehr hohen Berges erreichten. Corda suchte den Horizont ab. Sie waren sehr weit vom Ozark-Plateau entfernt. Dennoch hoffte der Präsident, Anzeichen für eine Aktion Mutaras finden zu können. John Haick war es, der den roten Fleck entdeckte. Er sah aus wie eine Flamme, wie ein Glutfinger, der in den Himmel hinaufschoß. „Das ist es, Rex!" rief John. Corda sprach kein Wort. Er fühlte eine unsagbare Erleichterung, aber er sagte nichts. Er dachte an Tsati Mutara.
War es dem Mutanten gelungen, sich zu retten? Rex Corda war überzeugt, daß er eines Tages eine Antwort auf diese Frage bekommen würde. Fünfzehn Minuten später waren sie wieder beim Jeep. Oberst Polley, Percip, Bekoval und Ga-Venga standen mit betroffenen Gesichtern neben dem Funkgerät. „Was ist passiert?" fragte Corda. Percip hob resignierend die Schultern. „Wir haben alles geschafft, was wir erreichen wollten", sagte er mit einem schmerzlichen Lächeln. „Aber jetzt gelingt es uns nicht, das Funkstörfeuer der Orathonen zu durchbrechen. Der Sender ist einfach zu schwach. Wir können die Flotte nicht verständigen!" Rex Corda war wie gelähmt. Sollte wirklich alles nur daran scheitern, daß die laktonische Flotte nicht rechtzeitig angriff? „Wir werden suchen", bestimmte Corda. „Überall im Lande liegen die Trümmer von Raumschiffen. Es sind auch zahlreiche Hantelraumer abgestürzt. Wenn wir nur ein bißchen Glück haben, dann finden wir ein Schiff, aus dem wir uns die notwendigen Geräte ausbauen können!" , „Sie sind ein unverbesserlicher Optimist!" stöhnte Bekoval. Wütend trat er nach dem nunmehr nutzlosen Funkgerät aus der erbeuteten Raumscheibe. Es zersplitterte in tausend Teile. Ga-Venga stieß einen gellenden Schrei aus. Zuerst glaubte Rex Corda, dieser gelte der sinnlosen Reaktion Bekovals. Doch dann merkte er es auch. Er sah es. Die Orathonenflotte startete! Überall schossen hantelförmige und diskusförmige Raumschiffe in den Himmel hinauf. Zuerst machten die Männer nur wenige Schiffe aus, weil die Berge die Sicht versperrten. Doch je höher die
Raumschiffe der Featherheads stiegen, desto mehr konnten die Männer sehen. Die Orathonen verließen die Erde! * Sigam Agelon kehrte auf die Kommandobrücke seines Flaggschiffes zurück. Er ging hochaufgerichtet. Auf den ersten Blick erkannte niemand die Spuren seiner Niederlage in dem markanten harten Gesicht des Menschenverächters. Doch Cort Kosta, der in diesem Augenblick auf das Flaggschiff zurückkehrte, kannte seinen Herrn besser. Er wußte, was die scharfen Falten in den Augenwinkeln des Orathonen zu sagen hatten. Er wußte auch, was dieser harte Glanz in den Augen Sigam Agelons zu bedeuten hatte. Cort Kosta glitt bis in den hintersten Winkel der Kommandobrücke zurück. Er beobachtete Sigam Agelon, wie er zum zentralen Holografen ging, von dem aus er mit sämtlichen Raumschiffen der Flotte unmittelbar sprechen gönnte. Der Vertraute Sigam Agelons wußte, welche Befehle der Flottenkommandeur jetzt erteilen würde. Kosta war ein harter Mann, der sich nie belastende Gefühle geleistet hatte. Jetzt aber fühlte er die eisige Hand, die nach ihm griff. Sigam Agelon ließ sich in den mächtigen Polstersessel fallen, der vor dem
Kommandostand schwebte. Der Kapitän des Flaggschiffes schaltete den Holografen ein. Mit ruhiger kühler Stimme, die nichts von der Wut verriet, die in Sigam Agelon loderte, befahl er den Start sämtlicher Raumschiffe von der Erde. Er ordnete gleichzeitig an, daß alle von den Orathonen auf der Erde errichteten Anlagen unzerstört zurückbleiben sollten. Dann wartete der Sohn des großen Moga Agelon. Fünfzehn Minuten nach Eintreffen der ersten Meldungen leuchtete ein weißes Licht an der Frontseite des großen Rechengehirnes auf. Das letzte orathonische Raumschiff hatte die Erde verlassen. Cort Kosta wußte, daß sich jetzt nur noch einige orathonische Agenten auf der Erde befanden. Sie würden den Planeten auf gar keinen Fall verlassen, selbst jetzt nicht, da der letzte Befehl Sigam Agelons auch ihr Schicksal bestimmen mußte. Sigam Agelon beugte sich nach vorn. Seine Augen flammten auf. Er zögerte einen winzigen Augenblick, bevor er den Befehl gab, den Cort Kosta erwartete: „Vernichtet die Erde!" Er beorderte fünf Hantelraumer der Arca-Klasse zur Vollstreckung über den nordamerikanischen Raum. Cort Kosta verließ die Kommandobrücke. Er wollte die Vollzugsmeldung nicht hören. Er wußte selbst nicht warum.
ENDE
Diskus-Raumer: „Fliegende Untertassen", wendiges Verbindungsboot der Orathonen, nur beschränkt kampffähig. Geringe Bewaffnung. Wird meist nur zur Unterstützung des Bodenkampfes eingesetzt. Durchmesser schwankt je nach Typ zwischen 20 und 50 m. Von Orathonen bevorzugter Typ mißt zwanzig Meter im Durchmesser. (Typ „Pon" — 20 m, Typ „Kapp" = 30 m, Typ „Rasta" = 40 m, Typ „A-Vaut-T" = 53 m. A-Vaut-T hat stärkste Bewaffnung.) Hantel-Raumer (der Orathonen): Superraumschiffe. Kommandant ist immer ein Orathone. Antriebsmaschinen sitzen in dem Verbindungsarm zwischen den beiden Kugein. Kugeldurchmesser sind unterschiedlich je nach Klasse von 200 bis 2000 m. Unterschiede resultieren aus verschiedenen Herkunftsplaneten. Schleusen im Verbindungsarm und an den unteren Hälften der Kugeln. Es werden meist Treppen und breite Stege ausgefahren. Die Schiffe bestehen immer aus Metall. 1. Dorr-Klasse — 200 m Durchmesser der Kugeln, rote Aufschrift, größte Beweglichkeit, beste Funkausrüstung. Zumeist Kommandozentralen der entsprechenden Flotteneinheit. Stärkstes Gewicht wird auf Schutzeinrichtungen gelegt. Superstarke Schutzschirme. 2. Alakim-Klasse — Kugeldurchmesser 400 m. Aufschrift rot, silbrige Kugeln, schlank wirkende Verbindungsarme zwischen den Kugeln. Meist für Forschungsaufträge eingesetzt. Verbindungsarm mit Sondersensoren besetzt, die für spezielle Forschungsaufgaben eingesetzt werden. 3. Wonn-Klasse: 1200 m Kugeldurchmesser. Kreuzer, Kampfraumer. Schwerste Bewaffnung. Schwarzer Anstrich. An den Kugelpolen sitzen große Energieabsorberanlagen, mit denen Sonnenenergie aufgefangen wird. 4. Arca-Klasse: Kugeldurchmesser 2000 m, tiefblau, rote Aufschrift. Schlachtschiffe größter Schlagkraft. Besonders gefürchtet wegen des hohen Energiepctentials, d. h. diese Schlachtschiffe vermögen auch in Räumen zu kämpfen, die zu weit von Sonnen entfernt sind, als daß diese angezapft werden könnten. An Bord u. a. Kino, zentrale Fernsehsendestation für Besatzung etc. Durchmesser der Triebwerksdüsen 14 m. Roboter (Klasse Ba 3) für Bedienung und Information (Lakton), voll humanoide Form. In verschiedenen Farben, eckige, stilisierte Kopfform, mehrgliedrige Arme für größere Beweglichkeit. „Bekleidet" mit einfachen Stoffen. Roboter (Klasse AA 2) = Kampfroboter der Laktonen. Entfernt humanoides Aussehen, aber ohne Kopf. Zylindrischer Körper, an dessen oberer Kante eine Reihe von Linsen sitzen. Darunter Schlitze für verschiedene Waffensysteme, Schocker und Thermostrahler. Verschießen u. U. auch Kugeln aus eingebauten Reeling-Guns. Zylinderkörper, vorn und hinten abgeflacht, Gitterspalten unter den Linsen für Lautsprecher und Mikrophon, automatische Translatoren (Übersetzungsgeräte). Schußwaffen bei Spezial-Robotern auch in fünffingrige Hände eingebaut. Raumschiffe: T r a k o n - Klasse (Lakton) 2160 m lang, raketenförmig. Durchmesser ca. 160 m, landen senkrecht. 10000fache Lichtgeschwindigkeit im Hyperflug erreichbar, sehr wendig trotz großer Masse. Gravitationsstützfelder stärken den relativ leichten Bau bei Manövern und vor allem bei der Landung. Starke Bewaffnung.