Frank Thomas Filler Mass Customization
GABLER EDITION WISSENSCHAFT Markt- und Unternehmensentwicklung Herausgegeben von Professor Dr. Ores. h.c. Arnold Picot, Professor Dr. Professor h.c. Dr. h.c. Ralf Reichwald und Professor Dr. Egon Franck
Der Wandel von Institutionen, Technologie und Wettbewerb pragt in vielfaltiger Weise Entwicklungen im Spannungsfeld von Markt und Unternehmung. Die Schriftenreihe greift diese Fragen auf und stellt neue Erkenntnisse aus Theorie und Praxis sowie anwendungsorientierte Konzepte und Modelle zur Diskussion.
Frank Thomas Filler
Mass Customization Bin wettbewerbsstrategisches Konzept im Informationszeitalter
Mit Geleitworten von Prof. Dr. Prof. h.c. Dr. h.c. Ralf Reichwald und Prof. Dr. Horst Koller
4., iJberarbeitete und erweiterte Auflage
Deutscher Universitats-Verlag
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibiiografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet ijber abrufbar.
Web-Site zum Buch: www.mass-customization.de
I.Auflage 2. Auflage 3. Auflage 4. Auflage
Mai 2000 August 2001 Juni 2003 April 2006
Alle Rechte vorbehalten © Deutscher Universitats-Verlag I GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006 Lektorat: Brigitte Siegel / Sabine Schoiler Der Deutsche Universltats-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de Das Werk einschliel^lich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschiitzt. Jede Verwertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fiir Vervielfaltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden diirften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Druck und Buchbinder: Rosch-Buch, ScheBlitz Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN-10 3-8350-0355-0 ISBN-13 978-3-8350-0355-2
Geleitwort des Herausgebers
Der traditionelle Gegensatz von Flexibilitat und Produktivitat kann heute weitgehend iiberwunden werden. Modulare Fertigungskonzepte auf BasisflexiblerFertigungssysteme in Kombination mit einer leistungsfahigen Informations-Infrastruktur erlauben eine Individualisierung industrieller Massengiiter im Sinne von Mass Customization. In der Folge entstehen vollig neue Giiterkategorien. Die Individualisierung hebt klassische materielle Giiter auf ein hoheres Niveau: Aus dem Anzug von der Stange wird in Kombination mit einer Stilberatung und dem kundenbezogenen Designprozess ein Produkt-Service-Biindel, das fiiir den Abnehmer neuen Nutzen bietet und dem Anbieter neue Wettbewerbsmoglichkeiten eroffnet. Aus Wertschopfungssicht besteht die Besonderheit, dass der Anwender in die Leistungserstellung integriert wird. Dieses kundenbezogene und kooperative Wertschopfiingsdesign findet im engeren Sinne auf der Informationsebene statt. Trennt man den Leistungsprozess in einen physischen (Fertigung) und einen informatorischen Prozess, dann ist vor allem letzterer dafiir verantwortlich, dass es zu einer individualisierten Leistungserstellung kommt. Deshalb bildet das Konzept der Mass Customization erst heute mit der technischen Reife und dem Diffusionsgrad modemer luK-Technologien ein neues Wertschopfungsmodell, das im breiten MaBe fiir die Praxis nutzenstiftend ist und auch umgesetzt werden kann. Die Idee selbst wird bereits seit mehr als einem Jahrzehnt diskutiert. Die vorHegende Arbeit greift diese Zusammenhange auf Das Buch leuchtet das Feld der Mass Customization umfassend aus. Der Autor diskutiert zunachst, wie sich unter dem Einfluss der Potentiale, aber auch der Herausforderungen der neuen Informationstechnologien die Wettbewerbs- und Marktbedingungen fiir produzierende Untemehmen in der Informationsgesellschaft wandeki. In welche Richmng sich Untemehmen entwickeln sollen und wie ein konkretes Umsetzungsmodell aussieht, konkretisiert der Autor anschHeBend mit dem Konzept der Mass Customization. Hier hat er sich in der intemationalen Fachwek einen Namen gemacht und zahlt zu den anerkannten SpeziaHsten. Die Ausfiihrungen bleiben dabei nicht auf einer theoretischen Ebene, sondem der Autor entwirft ein konkretes Umsetzungsmodell und gibt gerade auch dem Praktiker wertvolle Hinweise, wie die Erstellung kundenindividueller Produkte und Leismngen zu Preisen vergleichbarer Standardprodukte und der Aufbau dauerhafter profitabler Kundenbeziehungen moglich sind. dass eine Dissertationsveroffentlichung innerhalb von wenigen Jahren in der vierten Auflage erscheint, zeugt fiir die Aktualitat und Qualitat ihres Inhalts. Ich wiinsche dem Buch weiterhin diesen Erfolg und dem Leser erkenntnisreiche Einblicke in die vieischichtige Wek von Mass Customization und ihrer wettbewerbsstrategischen Hintergriinde. Prof. Dr. Prof. h.c. Dr. h.c. RalfReichwald, Technische Universitdt Miinchen
Geleitwort Prof. Dr. Horst Koller zur ersten Auflage
Manchmal scheint es, als wiirde sich die Informationsgesellschaft durch die Vielzahl von Veroffendichungen und Schriften selbst herbei schreiben wollen. Auch die vorliegende Arbeit bemft sich auf die Informationsrevolution und das Informationszeitalter. Im Gegensatz zu vielen anderen Werken in diesem Themenumfeld verharrt der Autor aber nicht auf einer oberflachlichen Betrachtungsebene, in der sich Definitionsversuche und unscharfe Prognosen die Waage halten, sondern liefert vielmehr eine fundierte und umfassende Analyse erfolgreichen wirtschafdichen Handelns innerhalb der neuen okonomischen Rahmenbedingungen. Ausgehend vom Konzept des „Modern Manufacturing" von Milgrom/Roberts, das die untemehmerische Seite der Informationsgesellschaft von Industriebetrieben abbildet, zeigt der Autor, wie die Strategie der Mass Customization dieses neue Fertigungsparadigma konkretisiert und anwendungsbezogen erweitert. Das Ergebnis der Arbeit ist der konkrete Entwurf eines einsatzfahigen, wettbewerbsstrategischen Konzepts, das den Aufbau dauerhafter Wettbewerbsvorteile verspricht. Grundlage hierfur sind die Potentiale der neuen luK-Technologien und die durch sie ermoglichten neuen Formen der Wertschopfung. Die Einfiihrung von Mass Customization allein kann jedoch keine dauerhaften Wettbewerbsvorteile garantieren. Jeder Unternehmer muss standig auf der Suche nach innovativen Moglichkeiten sein, um in einer dynamischen Umwelt alte Positionen zu verteidigen und neue zu erobern. Die Arbeit von Dr. Frank Piller soil so als strategischer DenkanstoB verstanden werden, alte Wertschopfungsmodelle zu iiberdenken und neue Wege zu beschreiten. Die neuen luK-Technologien bieten dabei weiter reichende Moglichkeiten als nur die Gestaltung bunter Internet-Homepages. Der Autor zeigt vor allem, dass erst die Verbindung von „klassischer" materieller Produktion mit den neuen Internettechnologien die Grundlage fur echte Wettbewerbsvorteile ist. D e m Buch von Frank Piller wiinsche ich in Praxis und Wissenschaft eine lebhafte Aufnahme und weite Verbreitung. Ich hoffe, dass die Leser dieses gleichermaBen wissenschaftlich anspruchsvollen wie praxisbezogenen Werkes die gleiche Freude beim Lesen haben werden, wie ich sie hatte.
Prof. Dr. Horst Koller, ]ulis-Maximilans-Universitdt Wiir^bur^
Vorwort zur vierten Auflage (2006)
Das Thema Mass Customization lebt und gewinnt weiter an Aktualitat. Fiir die vierte Auflage des Buchs habe ich mich mit dem Verlag wieder fiir eine aktuaiisierte Neuauflage des Buches entschieden, wobei allerdings die gmndlegende Struktur der ersten Auflagen beibehalten wurde. Kapitel 3 und 4 wurde bereits fiir die dritte Auflage gestrafft. Dazu wurden vor allem die rein technischen Telle gekiirzt. Doch der Bezug auf die „Informationsgesellschaft" soil im vorhandenen Umfang beibehalten werden. Auch wenn sich dieser vor wenigen Jahren noch ganz aktueller Begriff heute teilweise schon antiquiert anhort, hat er in Bezug auf seine inhaltliche Grundaussage nicht an Aktualitat verloren. Ebenfalls hake ich weiterhin die Verankerung des Mass-Customization-Konzepts in der Informationswirtschaft fiir richtig. Die Kapitel 6 bis 8, die fiir viele Leser die eigentliche Motivation zum Kauf dieses Buches bieten, wurden fiir diese Neuauflage nochmals erweitert und aktualisiert. Der Leser findet wieder neue kommentierte Ubersichten iiber die Literatur zum Thema, die helfen sollen, einen Uberblick iiber die fortschreitende Forschung in den Bereichen Mass Customization, Individualisierung und Personalisierung zu erhalten. Ebenfalls wurde der Fallstudienanhang um aktuelle Praxisbeispiele erganzt, um die fortschreitende Umsetzung von Mass Customization in ihren verschiedenen Formen zu dokumentieren. Insgesamt habe ich aber die Grundstruktur des Buches belassen, und es wurden keine neuen Argumentationslinien hinzugefiigt. Fiir eine konzeptionelle Weiterentwicklung des Konzeptes sei auf meine Web-Seite (ivivw.mass-customi^^ation.de) und die dort als Download zur Verfiigung stehenden Arbeitspapiere und Beitrage in Fachzeitschriften verwiesen. Das vorliegende Buch soil in Erganzung zu meinem ersten Buch zum Thema (Filler 1998a) vor allem der wissenschaftlichen Fundierung dienen. In einem weiteren Buch zur Thematik (Filler/Stotko 2003) habe ich mit vielen Co-Autoren das Thema Kundenintegration aus praxisorientierter Sicht neu aufgegriffen und dabei vor allem auf die Umsetzung von Mass Customization wert gelegt. Ebenso findet sich in diesem Buch die Erweiterung des Mass-Customization-Konzepts um einen neuen, eng verwandten Bereich, Open Innovation. Den aktuellen Stand der internationalen wissenschaftlichen Mass-CustomizationForschung beschreiben dagegen aus interdisziplinarer Sicht zwischen Ingenieurwissenschaften, Informatik und Wirtschaftswissenschaft die Beitrage in Tseng/Filler (2003). Ebenfalls im Gabler Verlag erscheint nahezu zeitgleich mit dieser Ausgabe ein weiteres neues Buch, das ich als Co-Autor zusammen mit Frof. Reichwald und weiteren Kollegen am Lehrstuhl lOM der TU Miinchen schreiben durfte (Reichwald/Filler 2006). Hier spannen wir den Bogen noch einmal weiter und betrachten unter dem Titel "Interaktive
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Vorwort
Weftschopfung" neue Formen der Arbeitsteilung zwischen Unternehmen und Kunden. Mass Customization ist ein Teil dieser Diskussion, die aber um weitere Formen und Auspragungen erganzt wird.
Aus dem Vorwort zur ersten Auflage (1999) Dieses Buch ist das Ergebnis einer langen Auseinandersetzung mit den neuen Formen wirtschaftlichen Handelns von Industrie- und Dienstieistungsunternehmen zu Beginn des 21. Jahrhunderts. 1995, als die ersten Ideen zu dieser Arbeit entstanden, traten die Informationsrevolution und das Internet zum ersten Mai groB in die deutsche Offentlichkeit. Doch wahrend der Marketingbereich, die Unternehmensorganisation und die neuen Technologien weit und ausfiihrlich diskutiert wurden, blieb der Produktionsbereich weitgehend unbeachtet. Jedoch zeigt ein Blick in die Praxis, dass die neuen luK-Technologien auch in der Fertigung und den angrenzenden Bereichen bahnbrechende Anderungen hervorrufen, die weit iiber die bekannte CIM-Diskussion hinausgehen. Hier lag der Ausgangspunkt fiir diese Arbeit: Welche Auswirkungen haben die neuen luK-Technologien und die durch sie bewirkten wirtschaftlichen Veranderungen — zusammengefasst mit der Metapher der Informationsrevolution - in der Produktion? Unter den verschiedenen untersuchten Auswirkungen zeichnete sich schnell die kundenindividuelle Massenproduktion oder Mass Customization als besonders interessant ab. Sie ermoglicht in vielen Markten vollig neue WertschopfungsmodeUe und bietet eine Antwort auf viele der derzeit dringendsten wettbewerbsstrategischen Herausforderungen. Jedoch wird in diesem Buch bewusst ein breiter Fokus gewahlt und das Thema ausfiihrlich in seinen wettbewerbsstrategischen und informationsgesellschaftlichen Hintergrund eingeordnet. Erst so lasst sich die Logik dieses Konzepts erkennen und begriinden. Zudem werden hier erstmals die Ergebnisse einer groBen qualitativen empirischen Untersuchung von mehr als 150 weltweit fiihrenden Mass Customizern vorgestellt, die im Anhang skizziert sind. Auf diesen Ergebnissen basiert die ausfuhrliche Darstellung der informationsbasierten Umsetzung von Mass Customization in den Kapiteln 7 und 8. Basis dieses Buchs ist eine ausfuhrliche Literatur-, Datenbank- und Internetrecherche. Doch es hatte nicht seinen heutigen Inhalt und seine Tiefe ohne die Verifizierung und Diskussion meiner Gedanken und Konzeptionen mit vielen Managern, Wissenschafdern und den Lesern meiner vorangehenden Arbeiten. Sie alle haben mir auf Tagungen, Firmen-Workshops, Vortragen und in vielen personlichen Diskussionen nicht nur neue Ideen und wertvolle Anregungen gegeben, sondern mich auch vor so manchem Fallstrick
Vorwort
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bewahrt. Vor allem sei aber meinem Doktorvater Prof. Dr. Horst Koller fur die Betreuung und die ausgezeichneten Rahmenbedingungen gedankt, unter der diese Arbeit und all ihre Ableger in den letzten Jahren entstehen konnten. Eine solche wissenschafdiche Freiheit ist nicht selbstverstandlich. Meinen damaligen Wiirzburger Kollege, Freunden und ganz besonders meinen Eltern habe ich zu verdanken, dass auch die „Hygienefaktoren" zur Erstellung dieses Werkes sdmmten. Sie alle haben auf ihre Art den Entstehungsprozess dieser Arbeit unterstiitzt und fiir ein Leben jenseits von Informationsrevolution und Mass Customization gesorgt. Ich wiinsche jedem Leser ganz individuell viel LesespaB, neue Erkenntnisse und Ideen. Uber Kommentare und Anregungen zu diesem Buch und der behandelten Thematik freue ich mich deshalb sehr. Lassen Sie uns so den individuellen Dialog zu diesen Themen beginnen. Yrank Thomas filler Technische Universitat Miinchen, Lehrstuhl fiir Information, Organisation & Management Leopoldstrasse 139, 80804 Miinchen, Tel: +49 / 89 / 289 24800
[email protected] www.mass-customization.de
Leserservice: Gerne stelle ich Ihnen das Literaturverzeichnis sowie die Tabelle zur aktueUen Literatur in Abschnitt 7.1.3 und die Tabelle mit den Fallstudien im Anhang als File zur Verfiigung, so dass Sie eigene Sortierungen nach Schwerpunkten machen konnen. Schreiben Sie mir dazu einfach eine eMail an
[email protected] mit Ihren Kontaktdaten.
Inhaltsverzeichnis
1 Einfuhfung: Infortnationsrevolution und industrielle Produktion 1.1 Zusammenfassende Ubersicht und Ziel der Untersuchung 1.2 Forschungsbedarf und Abgrenzung der Untersuchung
1 1 5
2 Fofschungspfogfammatische Leitideen
10
3 Entwicklungslinien neuer luK-Technologien
14
3.1 Begriffliche Grundlagen: Information und Kommunikation
14
3.2 Okonomische Bedeutung der Information
19
3.3 Informations- und Kommunikationstechnologie
24
3.4 Konzeptionen volkswirtschaftUcher Wertschopfung und Metapher „Informationsgesellschaft" 3.4.1 Wege zur Informationsgesellschaft 3.4.1.1 Die dritte industrielle Revolution 3.4.1.2 Informationswirtschaft als vierter Sektor der Gesamtwirtschaft 3.4.1.3 Informationsgesellschaft als „dritte Welle" 3.4.1.4 Informationstechnologie als Basisinnovation des fiinften Kondratieff-Zyklusses 3.4.2 Konkretisierung der Begriffe Informationsrevolution und Informationsgesellschaft
29 30 30 31 33 35 36
4 Ofganisationale und wettbewerbsstrategische Wirkungen der luK-Technik.... 39 4.1 Veranderungen der Wettbewerbsbedingungen als Kontextfaktor 39 4.1.1 Nachfrage: Zunehmende Heterogenitat der Bediirfnisse und sinkende Kundenloyalitat 41 4.1.1.1 Heterogenisierung der Nachfrage im Industriegiiterbereich 42 4.1.1.2 Anderungen der kognitiven Orientierung der Verbraucher 43 4.1.1.3 Zunahme der Abnehmermacht 47 4.1.2 Angebot: Steigender Wettbewerb auf internationalen Markten 48 4.1.2.1 Abnehmende Potentiale einer Technologiefuhrerschaft 49 4.1.2.2 Auflosung bestehender Branchenstrukturen u. neue Konkurrenz... 49 4.1.2.3 Fortschreitende Globalisierung 51 4.1.3 Anspriiche an eine adaquate Wettbewerbsstrategie 53 4.2 luK-Technologie und Organisation
55
4.3 Produktivitatswirkungen luK-technischer Investitionen
65
XIV
Inhaltsver^ichnis
4.4 Information und luK-Technologie als Wettbewerbsfaktor 72 4.4.1 Bedingungen fiif einen dauerhaften Wettbewerbsvorteil 72 4.4.2 luK-Technik und ressourcenorientierte Wettbewerbstiieorie 77 4.4.3 luK-Technik und marktorientierte Wettbewerbstheorie 79 4.4.4 Einfliisse moderner luK-Technologien auf die Gestaltung der Wertkette.... 84 5 Die neue Rolle der industrieUen Produktion
86
5.1 Verhaltnis von Produktion und Dienstieistung in der Informationsgesellschaft.... 86 5.2 Neue luK-Technologien in der Produktion
92
5.3 „Modern Manufacturing" - zu einem neuen Paradigma der Produktion
97
6 Kundenspezifische Produktion als Reaktion auf die neuen Wettbewerbsbedingungen
114
6.1 Grundlagen der IndividuaUsierung der Leistungserstellung
114
6.2 Wettbewerbsvorteile einer IndividuaUsierung der Leistungserstellung 6.2.1 Praferenzvorteile und Schaffung eines quasi-monopolistischen Handlungsspielraums 6.2.2 Reaktion auf steigenden Wettbewerb und Schaffung dauerhafter Kundenbindungen 6.2.3 Verringerung von Dynamik und Komplexitat der Absatz- und Produktionsplanung
116
6.3 Variantenfertigung 6.3.1 Grundlagen der Variantenfertigung 6.3.2 Komplexitatssteigerung als Folge einer variantenreichen Produktion
127 128 130
6.4 Einzelfertigung 6.4.1 Grundlagen der Einzelfertigung 6.4.2 Kostenwirkungen einer einzelkundenbezogenen Produktion 6.4.2.1 Systematisierung der Kostenwirkungen 6.4.2.2 Verlorene Effizienzvorteile einer standardisierten Massenproduktion 6.4.2.3 Forschung, Entwicklung und Konstruktion 6.4.2.4 Interaktion mit den Kunden 6.4.2.5 Materialwirtschaft und Beschaffung 6.4.2.6 Produktionsplanung und Fertigung 6.4.2.7 Distribution und After-Sales-Service 6.4.2.8 Kosten der Integration und Varietat aus Abnehmersicht 6.4.3 Zusammenfassende Wertung
136 136 138 139
116 119 125
141 142 143 144 145 146 147 150
Inhaltsver^eichnis
-^V
7 Mass Customization als wettbewerbsstrategisches Konzept 153 7.1 Abgrenzung, Definition und Charakterisiemng von Mass Customization 154 7.1.1 Entwicklung des Konzepts 154 7.1.2 Begriffsspektmm und Definition 159 7.1.3 Zum Stand der Entwicklung des Konzepts 162 7.1.4 Eigenschaften von Mass Customization 173 7.1.5 Abgrenzung zu anderen Ansatzen kundenbezogener Leistungserstellung.. 176 7.1.6 Abgrenzung zu anderen Managementansatzen 178 7.2 Mass Customization als hybride Wettbewerbsstrategie 7.2.1 Die Altemativhypothese Porters 7.2.2 Uberwindung der Altemativhypothese durch hybride Wettbewerbsstrategien
181 181 185
7.3 Theoriegeleitete Begriindung der Vorteilhaftigkeit von Mass Customization 193 7.3.1 MaBnahmen des Komplexitatsmanagements als Ausgangspunkt 193 7.3.2 Modularisierung 196 7.3.3 Splittung der Produktionsprozesse und Bestimmung des optimalen Vorfertigungsgrads 201 7.3.4 Kostensenkungspotentiale einer individuellen Produkterstellung in Massenmarkten 203 7.3.4.1 Economies of Scale 204 7.3.4.2 Economies of Scope 207 7.3.4.3 Economies of Integration 210 7.3.4.4 Economies of Interaction 212 7.3.5 Die Logik von Mass Customization 214 7.4 Konzeptionen von Mass Customization 216 7.4.1 Systematisierung verschiedener Formen 216 7.4.2 Selbstindividualisierung durch intelligente Produkte 220 7.4.3 Erganzung von Standardprodukten um individuelle Sekundarleismngen ...223 7.4.4 Kundenindividuelle Vor- oder Endfertigung 225 7.4.5 Modulate Baukastensysteme 228 7.4.6 Massenhafte Fertigung von Unikaten 234 8 Umsetzung der kundenindividuellen Massenproduktion
237
8.1 Bedeutungder Information
237
8.2 Forschungund Entwicklung
240
8.3 Erhebung der Kundeninformation und Leistungskonfiguration 246 8.3.1 Computer Aided Selling und Konfigurationssysteme 246 8.3.2 Erhebung der Individualisierungsinformation u. Leismngskonfiguration...248 8.3.3 Interaktion und Konfiguration iiber das Internet 262
XVi
Inhaltsver^ichnis
8.4 Nachkaufphase, CRM und Aufbau von Economies of Interaction 266 8.4.1 Speicherung und Auswertung der Individualisierungsinformation 266 8.4.2 Sicherheit und Schutz abnehmerspezifischer Daten 270 8.5 Produktion 274 8.5.1 Flexible Fertigungstechnologien der Werkstiickbearbeitung 275 8.5.1.1 Flexible Verfahrenstechnologien 276 8.5.1.2 Fertigungsprogrammierung (CAM) 277 8.5.1.3 Multimediasysteme in der Montage 279 8.5.2 Modulare Organisationsprinzipien in der Produktion 280 8.5.2.1 Arten der Modularisierung auf Prozessebene 280 8.5.2.2 Einstufige Prozessmodule: Flexible Fertigungszellen bzw.-inseln. 282 8.5.2.3 Mehrstufige Prozessmodule: Flexible Fertigungssysteme 283 8.5.3 Entwurf eines Modells der Produktionsplanung und -steuerung (PPS) fur die kundenindividuelle Massenproduktion 288 8.5.3.1 Anspriiche an die PPS 288 8.5.3.2 Ebenen der PPS 292 8.5.3.3 Zentrale Fabrikplanung 295 8.5.3.4 Bestandsgeregelte dezentrale PPS nach Pull-System 301 8.5.3.5 Bereichsinterne PPS nach dem MRP Il-Prinzip 308 8.5.3.6 Planung und Steuerung flexibler FUeBsysteme 311 8.5.4 PPS-Systeme fiir eine kundenindividuelle Massenproduktion 313 8.5.4.1 Mangel heutiger PPS-Systeme 314 8.5.4.2 Neue Entwicklungen im Bereich integrierter PPS-Systeme 317 8.6 Integration von Zulieferern, Handel und Intermediaren 323 8.6.1 Interorganisationale Vernetzung und neue luK-Technologie 323 8.6.2 Einbezug der Lieferanten: Supply Chain Management 332 8.6.2.1 Motive und Ziele 332 8.6.2.2 Arten der Lieferantenintegration 335 8.6.2.3 Umsetzung und Implementierung 340 8.6.3 Kooperation mit dem Handel 346 8.6.4 Interorganisationale Netzwerke unter Einbezug von Dienstieistern 352 8.6.4.1 Brokerbasierte kundenindividuelle Massenproduktion und Relationship Management 352 8.6.4.2 Brokerbasierte kundenbezogene Massenproduktion
354
9 Resiimee: Der Informationskreis bei Mass Customization
358
Anhang: Fallbeispiele zu Mass Customization
361
Quellenverzeichnis
391
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1-1: Gang der Untersuchung und Aufbau der Arbeit Abbildung 2-1: Unterschiede zwischen theoretischer und angewandter Forschung
3 11
Abbildung 3-1: Typologie der Informationsbegriffe nach Bode
17
Abbildung 3-2: Abgrenzung von Daten, Information und Wissen
18
Abbildung 3-3: Erweitertes Produktionsfaktorenschema unter Einbezug von Information und Kommunikation Abbildung 3-4: Einzeltechnologien der luK-Technik
21 25
Abbildung 3-5: Aufgaben der informatorischen Vernetzung auf der technischen Ebene
27
Abbildung 3-6: Das Vier-Sektoren-Modell
32
Abbildung 3-7: Kennzeichen der ersten, zweiten und dritten Welle nach Toffler
34
Abbildung 3-8: Informationsgesellschaft als funfter Kondratieff
35
Abbildung 4-1: Neue luK-Technologien, Wettbewerbsbedingungen und Marktverhalten Abbildung 4-2: Wettbewerbsstrategische Bestimmungsfaktoren
40 54
Abbildung 4-3: Vier Sichtweisen der Beziehung zwischen luK-Technik und Organisation
58
Abbildung 4-4: Strukturmerkmale der neuen Dezentralisation
63
Abbildung 4-5: RoUen der luK-Technologie in der Organisationsentwicklung
65
Abbildung 4-6: Entwicklung der Arbeitsproduktivitat und Einsatz von luK-Technologie pro AngesteUtem im US-Dienstieistungssektor
67
Abbildung 4-7: Elemente von Wettbewerbsvorteilen
73
Abbildung 4-8: Bedingungen eines dauerhaften strategischen Wettbewerbsvorteils
76
Abbildung 4-9: Differenzierungs- und Kostensenkungspotentiale als Resultat des luK-Technikeinsatzes Abbildung 5-1: Dienstieistungs- und Produktionsanteile am Endpreis eines
81
Fahrzeugs
89
Abbildung 5-2: Arten von Dienstieistungen und Standortsicherung
90
Abbildung 5-3: Wirkungsbeziehungen zwischen luK-Technologie und Produktion
92
Abbildung 5-4: Komponenten eines CIM-Systems Abbildung 5-5: „Alte" und „neue" Produktion im Vergleich
95 102
Abbildung 5-6: Ausgewahlte Ergebnisse der Smdie Delphi 1998 zum Bereich Management und Produktion
107
Abbildung 5-7: Das neue Fertigungsparadigma nach Milgrom/Roberts
109
Abbildung 6-1: Merkmale der Individualisierung und Standardisierung
116
^Vlll
Abbildungsver^eichnis
Abbildung 6-2: Aufbau von „Learning Relationships" Abbildung 6-3: Variantenentwicklung, dargestellt an einem Beispiel aus der Automobilindustrie
123
Abbildung 6-4: Klassifikation von Komplexitatstreibern
132
131
Abbildung 6-5: Komplexitatsfalle als Resultat einer verfehlten Nischenpolitik
135
Abbildung 6-6: Moglichkeiten einer einzelkundenbezogenen Leistungserstellung
137
Abbildung 6-7: Kostensteigerungen als Resultat einer einzelkundenbezogenen Leistungserstellung Abbildung 6-8: Vorteile der Standardisierung
140 142
Abbildung 6-9: Integration externer Faktoren in den Prozess der Leistungserstellung. 149 Abbildung 7-1: Ausgewahlte fundierende Arbeiten zu Mass Customization Abbildung 7-2: Auspragungspunkte von Individualisierung im Rahmen des EuroShoe-Projektes Abbildung 7-3: Systematisierende Ubersicht der neueren Literatur zu Mass Customization Abbildung 7-4: Die Wertkette von Mass Customization
157 161 173 175
Abbildung 7-5: Empirische Untersuchungen zur Wirksamkeit hybrider Strategieverfolgung Abbildung 7-6: Erweiterung der Porterschen Konzeption und Erfolgswerte der verschiedenen Strategietypen
187
Abbildung 7-7: Arten hybrider Wettbewerbsstrategien
190
186
Abbildung 7-8: Systematisierung verschiedener Ansatzpunkte des Komplexitatsmanagements
195
Abbildung 7-9: Potentiale der Modularisierung
200
Abbildung 7-10: Auftragsneutrale und kundenbasierte Vorfertigung
202
Abbildung 7-11: Wirkung der Differenzierung auf Kosten, Nachfrage und Gewinn
206
Abbildung 7-12: Economies of Scope bei Varietat
209
Abbildung 7-13: Auswirkungen einer Reduktion der Wechselkosten auf die LosgroBe..211 Abbildung 7-14: Die Logik der Mass Customization
215
Abbildung 7-15: Systematisierungen der Konzeptionen von Mass Customization in der Literatur
218
Abbildung 7-16: Mass-Customization-Konzeptionen
220
Abbildung 7-17: Arten von Produkten zur Selbstindividualisierung
222
Abbildung 7-18: Ansatzpunkte fiir eine IndividuaHsierung standardisierter Produkte durch Sekundarleistungen
225
Abbildung 7-19: Formen der kundenspezifischen End- und Vorproduktion
226
Abbildung 7-20: Formen modularer Baukastensysteme fiir Mass Customization
229
Abbildung 7-21: Modularisierung von individuellen Massenprodukten
231
Ahhildungsver^ichnis
AbbHdung 8-1 Informationsfliisse im Mass-Customization-Geschaft Abbildung 8-2: Reaktive versus vorausschauende Individualisierung Abbildung 8-3: CAS-Funktionsmodule zur Erhebung und Verarbeitung der Individualisierungsinformation Abbildung 8-4: Funktionen und Gestaltungsmoglichkeiten von Konfigurationssystemen fiir Mass Customization
XIX
239 242 247 251
Abbildung 8-5: Informationstechnische Schritte in der Bekleidungsindustrie
259
Abbildung 8-6: Zielsetzung beim Einsatz eines Konfigurators
261
Abbildung 8-7: Bestandteile einer Web-Losung fur Mass Customization
263
Abbildung 8-8: Arten von Kundendaten im Rahmen von Mass Customization
268
Abbildung 8-9: Arten der Modularisierung der Prozessketten in der Fertigung
281
Abbildung 8-10: Produktivitat und Flexibilitat verschiedener Fertigungssysteme
283
Abbildung 8-11: Zielstrukturen der Produktionsplanung und -steuerung
290
Abbildung 8-12: Typen der PPS auf Bereichs- und Segmentebene in Abhangigkeit der gewahlten Mass-Customization-Konzeption Abbildung 8-13: Stufenweise Produktionsplanung und -steuerung fiir eine kundenindividueUe Massenproduktion Abbildung 8-14: Dezentrale Stiicklistenauflosung
292 294 300
Abbildung 8-15: Planungsmodule bei Splittung der Produktionsplanung und -steuerung Abbildung 8-16: Fertigungssteuerung nach dem CONWIP-Ansatz im Vergleich zu Kanban
306
Abbildung 8-17: Einsatz von PPS-Systemen zur Feinsteuerung
321
Abbildung 8-18: Einflussfaktoren auf die Hohe der Transaktionskosten und Vorteilhaftigkeit verschiedener Formen Abbildung 8-19: Einfluss der luK-Technik auf die Vorteilhaftigkeit einzelner Koordinationsformen
302
326 328
Abbildung 8-20: Stufen der Lieferantenintegration in die kundenspezifische Leistungserstellung
336
Abbildung 8-21: Produktionsnetzwerk fiir Mass Customization mit fokalen Netzwerkunternehmen
341
Abbildung 8-22: Interorganisationales Multi-Agenten-System
344
Abbildung 8-23: Stufen der Integration des Handels in Mass Customization
349
Abbildung 8-24: Aufgaben eines Brokers im Rahmen der kundenindividuellen Massenproduktion Abbildung 8-25: Modell zur kundenbezogenen Massenfertigung durch ein Broker-System
355
Abbildung 9-1: Der Informationskreis von Mass Customization
359
353
AbkiJrzungsverzeichnis und Kurzglossar
Aus Griinden der Ubersicbtlichkeit sind nur Abkiir^ungen und Akronyme aufgenommen, die nicht im Duden ver^eichnet sind. Bei technischen Ahkur^ngen findet sich im Sinne eines Kur^lossars ^dem eine kur^e Beschreibung des Begriffs.
Itol
One-to-One (-Marketing; einzelkundenbezogenes Direktmarketing)
ACM
Association of Computing Machinery
ADSL
Asymmetric Digital Subscriber Line (asymmetrische digitale TeilnehmeranschluBleitung, Ubertragungsverfahren fur Telekommunikationsnetzwerke)
API
Application Programming Interface (Schnittstelle zwischen verschiedenen Softwaresystemen)
APS
Advanced Planning and Sheduling (Planungslogik der dritten Generation computergestiitzter PPS-Systeme)
ASIC
Application Specific Integrated Circuits (Mini Computer)
ATM
Asynchronous Transfer Mode (verbindungs- und paketorientierte Vermittiungstechnik zum Transport unterschiedlichster Daten iiber breitbandiges Netz in skalierbarer Leistung)
AWF
Ausschuss fiir Wirtschaftliche Fertigung e.V.
BMBF
Bundesministerium fur Bildung, Forschung und Technologie
BMWi
Bundesministerium fiir Wirtschaft
BOA
belastungsorientierte Auftragseinplanung (Teilplanungsverfahren der —> PPS)
CAC
Computer Aided Communication (computergestiitzte Kommunikationsprozesse; Modul des - ^ CIM-Konzepts)
CAD
Computer Aided Design (computergestiitzte Entwicklung; Modul des —> CIM-Konzepts)
CAM
Computer Aided Manufacturing (computergestiitzte Fertigung; Modul des —> CIMKonzepts)
CAP
Computer Aided Planning (computergestiitzte Arbeitsplanerstellung / Fertigungsprogrammierung; Modul des - ^ CIM-Konzepts)
CAS
Computer Aided Selling (computergestiitzter Verkauf; Modul des - ^ CIM-Konzepts)
CD-ROM
Compact Disk-Read Only Memory (externes Speichermedium)
CDSS
Group Decision Support System (Entscheidungsunterstiitzungssystem fiir Gruppenarbeit)
CGI
Common Gateway Interface (Skripten zum Datenaustausch im Internet)
CIM
Computer Integrated Manufacturing (computerintegrierte Fertigung)
CIRP
College International de Recherches pour la Production
CNC
Computerized Numerical Controlled (computergestiitzte Steuerung von Fertigungssystemen)
COBRA
Common Object Request Broker Architecmre (Standard fiir komponentenbasierte Softwarekonzepte)
COI
Cashflow of Investment (RentabilitatsmaB)
CONWIP
Constant Work In Process (Abwandlung des Kanbanverfahrens zur —> PPS)
XXII
CSCW
Ahkur^ngsverv^ichnis
Computer Supported Cooperative Work (Oberbegriff fiir computergestiitzte Techniken der Gruppenarbeit)
CRM
Customer Relationship Management (Beziehungs- bzw. Kundenbindungsmanagement)
DDV
Deutscher Direktmarketing Verband
DFMC DFPV
Design for Mass Customization (Verfahren zur Unterstiitzung der Entwicklung und Bewertung von Produktvarianten im Rahmen der kundenindividuellen Massenproduktion) Design for Product Variation (Verfahren zur Unterstiitzung der Entwicklung und
DIW
Deutsches Institut fiir Wirtschaftsforschung Berlin
Bewertung von Produktvarianten)
DRAM
Dynamic Random Access Memory (Speicherchip)
DSL
Digital Subscriber Line (Ubertragungsverfahren in Telekommunikationsnetzwerken zur Beschleunigung herkommlicher Telefonleitungen)
DTD
Document Type Definition (Strukturbeschreibung eines —> XML-Dokuments)
DVD
Digital Versatile Disk (optisches Speichermedium mit hoher Kapazitat)
EANCOM
European Article Number Communication (Subset des —> EDIFACT-Standards)
ECR
Efficient Consumer Response (interorganisationales Organisationskonzept zur besseren Abstimmung von Handel und Herstellern)
EDB
Engineering Data Base (Synonym zu —> PDM)
EDI
Electronic Data Interchange (elektronischer Datenaustausch zwischen betrieblichen Anwendungssystemen)
EDIFACT
Electronic Data Interchange for Administration, Commerce and Transportation (brancheniibergreifender Standard fiir -^ EDI)
EDIFICE
Electronic Data Interchange For Computing, Electronics and Telecommunication (brancheniibergreifender Standard fiir —> E D I fiir die Elektronik- und Telekommunikationsindustrie)
EDM
Engineering Data Management (Synonym zu -^ PDM)
EDV
Elektronische Datenverarbeitung
ERP
Enterprise Resource Planning (betriebswirtschaftliche Standardanwendungssoftware)
F&E
Forschung und Entwicklung
FFS
flexibles Fertigungssystem
FIFO
First in - first out (Prioritatenregel)
FMS
Flexible Manufacturing System ( ^ FFS)
FN
FuBnote
FTP
File Transfer Protocol (Internet-Dienst zur Ubertragung von Dateien)
GBit/s
Giga bits per seconds (Milliarden Bits pro Sekunde, MaBeinheit der Ubertragungsgeschwindigkeit in Netzwerken)
GDSS
Group Decision Support System (System zu Unterstiitzung gruppenbasierter Entscheidungsprozesse)
GMS
Global Messaging Service (Standard zur Ubertragung von Nachrichten im Mobilfunk)
HDSL
High-Bitrate Digital Subscriber Line (Ubertragungsverfahren in Telekommunikationsnetzwerken)
HTML
Hypertext Markup Language (Seitenbeschreibungssprache)
Abkiir^ungsver^ekhnis
HTTP
Hypertext Transfer Protocol (Ubertragungsstandard fur Dokumente im —> WWW)
IPDM
integriertes Produkt- und Prozessdatenmanagement (Synonym zu —> PDM)
ISDN
Integrated Services Digital Network (digitales Netzwerk)
ISF
Institut fur Sozialwissenschaftliche Forschung
ISI
Fraunhofer Insdtut fiir Systemtechnik und Innovationsforschung
ISO
International Organization for Standardization
IT
Information Technology (synonym zu luK-Technologie)
luK
Information und Kommunikation
XXIII
luK-
Informations- und Kommunikations- (-Technik, -Technologie, -System etc.).
JIT
Just-in-Time
JPEG
Joint Photographic Experts Group (Standard der Kompression fiir Einzelbilder)
KBit/s
Kilo bits per seconds (Tausend Bits pro Sekunde, MaBeinheit der Ubertragungsgeschwindigkeit in Netzwerken)
LAN
Local Area Network (lokales Netzwerk)
LFM
Leaders for Manufacturing (amerikanisches Verbund-Forschungsprogramm)
MAP
Manufacturing Automation Protocol (herkommliches Ubertragungsprotokoll in —> CIMSystemen)
MBit/s
Mega bits per seconds (Millionen Bits pro Sekunde, MaBeinheit der Ubertragungsgeschwindigkeit in Netzwerken)
MC
Mass Customization (kundenindividuelle Massenproduktion)
MIT
Massachusetts Instimte of Technology
MPEG
Moving Picture Experts Group (Standard der Kompression fiir Audio- und Videosignale)
MRP (I)
Material Resource Planning (Planungslogik der ersten Generation computergestiitzter —> PPS-Systeme)
MRP II
Manufacturing Requirements Planning (sukzessive hierarchische Planungslogik der zweiten Generation computergestiitzter —> PPS-Systeme)
NCA
Network Computing Architecture (Industriestandard der Firma Oracle, der —> COBRA mit Web-Technologien sowie vorhandenen Altgeraten kombinieren soil)
NGM
Next-Generation Management (amerikanisches Verbund-Forschungsprogramm)
ODETTE
Organization for Data Exchange by Teletransmission in Europe (Subset des -^ EDIFACT-Standards)
OECD
Organization for Economic Cooperation and Development
OES
Open Engineering System (Verfahren zur Unterstiitzung der Entwicklung und Bewertung von Produktvarianten)
OPT
Optimized Production Technology (Teilplanungsverfahren der —> PPS)
PC
Personalcomputer
PDM
Product Data Management (Produktdatenmanagement, Erstellung und Verwaltung von Produktdaten iiber den gesamten Produktiebenszyklus)
PIMS
Profit Impact of Marketing Strategies (Langzeitstudie des Strategic Planning Institute anhand brancheniibergreifender Paneldaten) Produktionsplanung und -steuerung
PPS
XXIV
Abkiir^ngsverieichms
PPS-System
Produktionsplanungs- und -steuerungssystem (computergestiitztes System zu Produktionsplanung und -steuerung)
RAM
Random Access Memory (Speicherchip)
RISC
Reduced Instruction Set Computer (Grundlage der Systemarchitektur moderner Computer)
ROI
Return of Investment (RentabilitatsmaB)
SEDAS
Standardregelung einheitUcher Datenaustauschsysteme (branchenbezogenes —> EDI-Subset fiiir den Handel)
SGML
Standardized General Markup Language (Grundlage aUer Seitenbeschreibungssprachen)
STEP
Standard for the Exchange of Product Model Data (—> ISO-Standard zur interorganisationalen Ubermittlung von Produktdaten)
SWIFT
Society of Worldwide Interbank Financial Telecommunications (branchenbezogenes -^ EDI-Subset fur den Finanzsektor)
TAK
Transaktionskosten
TCP/IP UMTS
Transmission Control Protocol/Internet Protocol (Protokoll-Suite zur Dateniibertragung im Internet) Universal Mobile Telecommunications Systems (Mobilfunkstandard der dritten Generation
VDA
Verband der Automobilindustrie
VDI
Verein Deutscher Ingenieure e.V.
VDMA
Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau
VDSL VMEA
Very High Digital Subscriber Line (asymmetrische digitale TeilnehmeranschluBleitung, Ubertragungsverfahren fiir Telekommunikationsnetzwerke) Variant Mode and Effects Analysis (Verfahren zur Unterstiitzung der Entwicklung und
VR
Virtual Reality (virtuelle Realitat)
mit hohen Ubertragungsbandbreiten)
Bewertung von Produktvarianten)
WAN
Wide Area Network (Internationales, weltumspannendes Kommunikationsnetzwerk)
Web
World Wide Web (Kurzform)
WWW
World Wide Web (Internet-Dienst)
XML
Extensible Markup Language (Auszeichnungssprache zum strukturierten Datenaustausch zwischen verschiedenen Anwendungssystemen)
1 EinfiJhrung: Informationsrevolution und industrielle Produktion
1.1
Zusammenfassende Ubersicht und Ziel der Untersuchung
Ausgelost durch die technischen Entwicklungen und neuen Anwendungsgebiete der modernen Informations- und Kommunikations- (luK-)Technologien wandeln sich die industriellen Wertschopfungsaktivitaten seit einigen Jahren in geradezu spektakularem AusmaB. Die InjormaUonsgesellschaft steht dabei als (Leit-)Bild einer Wirtschafts- und Gesellschaftsform, in der die Gewinnung, Speicherung, Verarbeimng und Nutzung von Informationen und Wissen eine entscheidende Rolle spielen.^ Wirtschafdiche Organisationen sind als wichtiger Teil der Gesellschaft von diesen Veranderungen genauso betroffen wie der offendiche Bereich und die privaten Haushalte. In Anbetracht der Geschwindigkeit, mit der sich die Industrie- zur Informationsgesellschaft wandelt, werden die Veranderungen haufig mit dem Ausdruck Informationsrevolution charakterisiert. Der Begriff soil als zusammenfassende Metapher nicht nur Tragweite und Dauerhafdgkeit der durch die neue Rolle der Information verursachten grundlegenden Umgestaltungen auf wirtschaftlicher wie gesellschaftlicher Ebene beschreiben, sondern auch die Dynamik der Anderungen widerspiegeln: Die Informationsrevolution ist kein statischer Zustand, sondern vielmehr ein Entwicklungsvorgang - der Weg von der Industrie- zur Informationsgesellschaft. Die Tatsache, dass die Informationsrevolution in jiingster Zeit zu einem popularen Schlagwort arriviert ist, tauscht dariiber hinweg, dass konkrete Untersuchungen iiber ihre Auswirkungen auf die industrielle Produktion bislang vernachlassigt wurden.2 Symptomatisch dafiir ist der so genannte Bangemann-Report, einer der wichtigsten und einflussreichsten staatlichen Berichte zur Informationsgesellschaft.^ Er scheint die Produktion von Giitern nicht als Teil der Informationsgesellschaft zu sehen, denn unter den dort identifizierten zehn Anwendungsfeldern fehlen fertigungsbezogene Faktoren voUig. Doch nicht nur die Politik, sondern auch die Produktionswirtschaft vernachlassigt die Erforschung der Auswirkungen der neuen luK-Technologien auf den Produktionsbereich im Vergleich zur umfassenden Behandlung der Thematik in Marketing, Personalwirtschaft und Organisationslehre. Zwar werden der Einsatz der luK-Technologie innerhalb der Fertigungstechnologie und die EDV-technische Umsetzung der Produktionsplanung und -steuerung („CIM") ausfiihrlich behandelt. Grundlegende Anderungen der Produktionsstrategie, die durch die neuen luK-Technologien ermoglicht werden, finden jedoch bis auf wenige Aus-
1 2 3
Siehe fiir eine genaue Begriffsbestimmung Kapitel 3.4. So auch Stock (1995a), S. 28; VDMA (1996), S. 3. Siehe Bangemann et al. (1994), Kap. 4.
2
/ Einfiibrung: Informationsrevolution und industrielle Produktion
nahmen keine Beriicksichtigung (siehe Abschnitt 1.2). Ein Blick in die Praxis zeigt aber, dass dort innovative Unternehmen vermehrt die Potentiale der neuen luK-Technologien fiir vollig neue Formen der Produktion nutzen und dem Produktionsbereich eine Schliisselrolle ihrer Wettbewerbsstrategie zuweisen, die durch entsprechende MaBnahmen der vor- und nachgelagerten Unternehmensbereiche erganzt werden muss. Hier scheint sich ein neuer „missing link '^ der Unternehmensstrategie aufzutun: die Beriicksichtigung strategischer, im Produktionsbereich basierter Potentiale eines Unternehmens, die zu einem wesentiichen Teil erst durch die verbesserten/veranderten Moglichkeiten der Informationsverarbeitung und Kommunikation als Folge der Informationsrevolution begriindet werden. An dieser Stelle setzt das Zie/ der vorliegenden Arbeit an. Sie will ein durchgangiges und umfassendes Bild der (materiellen) Produktion in der Informationsgesellschaft zeichnen. Die Argumentation soil dabei nicht auf einer abstrakt-theoretischen Ebene verharren, sondern im konkreten Entwurf eines einsatzfahigen, wettbewerbsstrategischen Konzepts miinden, das den Aufbau dauerhafter Wettbewerbsvorteile verspricht. Grundlage dafiiir sind die Potentiale der neuen luK-Technologien und die durch sie ermoglichten neuen Formen industriebetrieblicher Wertschopfung. Die Argumentation ist dabei wie folgt: Ausgehend von Entwicklungen in der japanischen Automobilindustrie hat sich in den spaten 1980er Jahren weltweit eine neue Sichtweise durchgesetzt, die — in unterschiedlicher Auspragung und Kombination — Elemente eines neuen Fertigungsparadigmas umsetzt. In Riickbesinnung auf Prinzipien der handwerkUchen Produktion und Werkstattfertigung soil durch gleichzeitige Beibehaltung der Potentiale der Massenproduktion ein Produktionssystem entstehen, das eine andere, unter heutigen Wettbewerbsbedingungen besser geeignete Art der Leistungserstellung ermoglicht. Dieses neue System industrieller Wertschopfung, von Piore/Sabel (1984) als „flexible specialization" oder von Mil^m/Roberts (1990) als „Modern Manufacturing" bezeichnet, kann als die untemehmerische Seite der Informationsgesellschaft gesehen werden. In der vorliegenden Arbeit wird das Konzept des Modem Manufacturing von Milgrom/Roberts, das in der Literatur starke Beachtung gefiinden hat, aufgegriffen und als Bild der „neuen Wertschopfung" im Industriebetrieb der Informationsgesellschaft herangezogen (siehe Abschnitt 5.3). Milgrom/Roberts weisen anhand eines mikrookonomischen Modells nach, dass das neue System nicht aus kleinen Anpassungen oder Verbesserungen des bestehenden Massenproduktionssystems resultiert, sondern ein Set fiindamentaler und aufeinander abgestimmter Prinzipien in alien Unternehmensbereichen bildet, die - als Folge der Potentiale der neuen luK- sowie Fertigungstechnologien ein neues Modell des Arbeitsvollzugs in Produktionsunternehmen begriinden. So wertvoll jedoch das Modell auch zur ex-post Strukturierung und Darstellung der Abhangigkeiten Skinner (1969).
/ Einfuhrung: Informationsrevolution und industrielk Produktion
3
ist, so wenig liefert es konkrete Empfehlungen fiir Unternehmen, wie die einzelnen Elemente wettbewerbsstrategisch erfolgreich gestaltet werden konnen. Deshalb wird in Kapitel 6 bis 8 dieser Arbeit anhand des Konzepts der Kundenindividuellen Massenproduktion ein Ansatz vorgestellt, der die komplementaren Prinzipien des ,yM.odem Manufacturing'' unter Nutzung der Potentiale der neuen luK-Technologien zu einem praxisrelevanten Gesamtkonzept kombiniert, um unter heutigen Wettbewerbsbedingungen erfolgreich reagieren zu konnen.
neue Wettbewerbsbedingungen zunehmende Heterogenisierung der Nachfrage / zunehmende Intensitat des Wettbewerbs(Kap. 4.1)
neue luK-Technologien Entwicklungstrends und Potentiale der luK-Technik; zunehmende Diffusion der luK-Technik (Kap. 3.3)
Entstehung der Informationsgesellschaft (Kap. 3.4)
jjiijjjjjjj^^w^QjiJim
neue Formen der Organisation und Gestaltung der industriellen Wertschopfung (Kap. 4.2)
Verbesserung der organisationalen EffektivitMt (Kap. 4.3) neue wettbewerbsstrategische Potentiale und Ansatzpunkte zur Eriangung dauerhafter Wettbewerbsvorteile (Kap. 4.4)
lyflodern Manufacturing Entstehung eines neuen techno-okonomischen Paradigmas industrieller Leistungserstellung (Kap. 5.3)
Auswirkungen auf die Produktion (Kap. 5.1,5.2)
IVIass Customization / Kundenindividuelie IVIassenproduktion Analyse der Besonderheiten einer individuellen Produktion (Kap. 6) Wettbewerbsstrategische Konzeption (Kap. 7) Umsetzungsmodell und Implementation (Kap. 8)
Abbildung 1-1: Gang der Untersuchung undAufbau der Arbeit
Vor diesem eigentlichen Hauptteil der Arbeit sind aber im ersten Teil der Arbeit (Kapitel 2 bis 5) eine Reihe fundierender Vorarbeiten als Grundlage der nachfolgenden produktionsbezogenen Ausfiihrungen zu leisten (siehe Abbildung 1-1). Nach einer knappen Darstellung der methodologischen Leitlinien der Arbeit (Kapitel 2) gilt es zunachst, die neue
4
/ Einfiihrung: Informationsrevolution und industrielle Produktion
Rolk und Bedeutung der Information und Kommunikation im Industriebetrieb, die durch die Potentiale der heutigen luK-Technologien ermoglicht wird, zu beschreiben. Dazu dient im dritten Kapitel neben der Darstellung der okonomischen Funktion der Information und Kommunikation und der wichtigsten luK-technischen Innovationen auch die Erorterung unterschiedlicher Konzeptionen der Informationsgesellschaft, die den gesellschaftiichen Rahmen der Untersuchung bilden. Diese Umfeldanalyse wird durch eine Betrachtung neuer Wettbemrbsbedingungen, die den Kontextfaktor der betrieblichen Veranderungen bilden, in Abschnitt4.1 fortgesetzt. Zu den Vorarbeiten gehort auch eine Analyse des Einsatzes der luK-Technologie im Unternehmen (Abschnitt 4.2 bis 4.4). Bis in die jiingere Vergangenheit herrschte in vielen Unternehmen ein Determinismus in dem Sinne, dass der jeweilige luK-technologische Entwicklungsstand im hohen MaBe restriktive Wirkungen auf die Gestaltungsmoglichkeiten der Wertschopfung eines Unternehmens ausiibte. Heute jedoch hat sich diese Tendenz vielfach umgekehrt: Die luK-technischen Innovationen eroffnen neue Gestaltungsoptionen, die zum erfolgreichen Bestand eines Unternehmens im Wettbewerb beitragen. Damit wandelt sich die luK-Technologie von einer unterstiitzenden „Back office"Funktion, die in erster Linie die operationale Effektivitat sicherstellen soil, zu einem integralen Teil der Geschdftsstrategie und TMt Quelle von Wettbewerbsvorteilen. Dieser Bedeutungswandel auf der Unternehmensebene findet seine Fortsetzung in der Veranderung ganzer Branchen und Wettbewerbslandschaften. luK-technologiebasierte neue Fertigungstechnologien ermoglichen in vielen Industriezweigen eine Symbiose der Prinzipien von wirtschaftlicher Massenfertigung und kundenindividueUer Einzelfertigung. Als Folge der Informationswirtschaft und als charakteristische Eigenschaft eines neuen Fertigungsparadigmas („Modern Manufacturing'*) soil die Massenproduktion durch die Fertigung kundenindividueUer Giiter zu einem Kostenniveau vergleichbarer Massengiiter abgelost werden. Diese Kombination aus massenhafter und individueller Fertigung wird mit dem Begriff M^XJ* Customif^ation (oder dt. kundenindividueHe Massenproduktion) bezeichnet, die vielfach als neue Smfe in der Evolutionsgeschichte der Fertigung gesehen wird - nach der handwerklichen Fertigung, den Manufakturen, der industriellen Massenproduktion und schHeBHch der variantenreichen flexiblen Produktion. Sie soil eine Antwort auf die zunehmende Heterogenisierung und Individualisierung der Nachfrage bieten, die iibereinstimmend in alien Beschreibungen der neuen Wettbewerbsbedingungen am Ende des 20. Jahrhunderts als wesentliches Kennzeichen betont wird (siehe Abschnitt 4.1). Die kundenindividuelle Massenproduktion nimmt aufgrund einer doppelten Rolle eine herausragende Stellung im Rahmen der Arbeit ein: Zum einen bietet sie wesentliche Potentiale, auf die neuen Wettbewerbsbedingungen zu reagieren, zum anderen wird sie durch die
/ Einfuhrung: Informationsrevolution und industrielk Produktion
5
Potentiale der neuen luK-Technologien erst ermoglicht und beschreibt so eine wesendiche Auswirkung der neuen luK-Technologien auf die Produktion. Nach einer grundsatzlichen Darstellung der Besonderheiten und vor allem der Potentiale und Probleme einer einzelkundenbezogenen Produktion auf Bestellung in Kapitel 6 werden in Kapitel 7 das Mass-Customization-Konzept naher spezifiziert und abgegrenzt und ein Wirkungsschema entwickelt, das die „Logik" erlautern kann, mit der das Konzept die Vorteile von Massen- und Einzelfertigung kombiniert. Die praktische Umsetzung dieser Logik erfolgt durch mehrere Kon^eptionen^ die verschiedene Ansatzpunkte der Individualisierung besitzen, aber auch unterschiedliche Anspriiche an die Fertigung und die Gestaltung der Abnehmerbeziehungen stellen (Abschnitt 7.4). Ungeachtet der jeweiligen Umsetzungsart besitzt die Information eine ^ntrale Stellung fiir ein erfolgreiches MassCustomization-Geschaft. Deshalb bilden die Potentiale der neuen luK-Technologien den Ausgangspunkt der Argumentation des Kapitels 8, das aus einer umfassenden Sicht die operative Umseti^ung der kundenindividuellen Massenproduktion beschreibt. Im Mittelpunkt stehen dabei die Gestaltung und Abwicklung der innerbetrieblichen und unternehmensiibergreifenden Informations- und Kommunikationsprozesse des Herstellers mit seinen Abnehmern und Lieferanten. Uber luK-technische Aspekte hinaus werden aber auch die anderen Umsetzungsfaktoren wie die Produktionstechnik, organisationale Aspekte oder Produktstrukturen diskutiert. Denn um einen nachhaltigen, dauerhaften Wettbewerbsvorteil zu erlangen, ist eine ganzheitliche und in sich konsistente Gestaltung der einzelnen Wertaktivitaten notwendig.
1.2
Forschungsbedarf und Abgrenzung der Untersuchung
Die Intention der Arbeit ist, eine hiicke in der hetriehsnnrtschaftlichen Forschung iiber die Auswirkungen der neuen luK-Technologien und die aus deren Einsatz folgenden Anderungen in Wirtschaft und Gesellschaft („Informationsrevolution'*) zu schUeBen. Im Vergleich zu anderen Unternehmensbereichen wurde namlich der Produktionsbereich trotz der Literaturflut iiber die Wirkungen der neuen luK-Technologien und das Unternehmen in der Informationsgesellschaft bislang weitgehend vernachlassigt.^ Dies ist umso auffallender angesichts der umfassenden Darstellung der Auswirkungen der Informationsgesellschaft in der Absatz-/Marketingwissenschaft, Personalwirtschaft und Organisationslehre. Elektronische Markte, neue Handelsformen, Online-Shopping, Telearbeit, neue Selbstandigkeit,
5
Grundlage der folgenden Literaturschau ist eine systematische Analyse der wirtschaftswissenschafdichen Literaturdatenbanken (primar Zeitschriften- und Aufsatzliteratur) BLISS, Econis, FiTT, HWWA, IFO fiir die deutschsprachige sowie Abi/Inform, Business Source Elite und Academic Search Elite fiir die englische Literatur im Zeitraum 1993 (teilweise 1994) bis Mai 1999.
6
/ Einfiibrung: Informationsrevolution und industrielle Produktion
Informationsarbeit oder virtuelle Unternehmen umreiBen schlagworthaft einige der intensiv behandelten Aspekte. Die Auswirkungen dieser Entwicklungen auf die Produktion, sei es aus strategischer oder aus operativ-unterstiitzender Sicht, werden aber in der einschlagigen Literatur entweder nicht oder nur sehr undifferenziert dargestellt. Symptomatisch dafur erscheint, dass eine Reihe von Schriften, die explizit und umfassend die „betriebswirtschaftlichen Anwendungspotentiale" der neuen luK-Technologien (insbesondere des Internets) analysieren wollen, die Produktion entweder vollig ignoriererfi oder sie nur sehr knapp behandekiJ Auch das ambitionierteste und am Markt erfolgreichste Lehrbuch zu den Auswirkungen der Informationsgesellschaft auf die Organisationsformen der Wirtschaft (Picotj Reichwald/Wigand 2003) geht nur sehr knapp auf die Entwicklungen in der Produktion ein.^ Auch im eigenen Fachgebiet der Industriebetriebslehre bzw. Produktionswirtschaft finden die Auswirkungen der Informationsrevolution auf den Produktionsbereich in der Fachliteratur — von einigen Spezialwerken abgesehen — nur wenig Beachtung. Zwar besteht zum Einsatz der luK-Technologie innerhalb der Fertigungstechnologie und iiber die EDVtechnische Umsetzung der Produktionsplanung und -steuerung unter dem Oberbegriff CIM - Computer Integrated Manufacturing seit mehr als zwei Jahrzehnten eine reiche Literatur, gerade auch aus dem ingenieurtechnischen Bereich. Grundsatzliche Anderungen der Produktionsstrategie, die durch die neuen luK-Technologien ermoglicht werden, finden aber weitgehend keine Beriicksichtigung. Dies zeigt auch eine Analyse aktueller Lehrbiicher der Produktionswirtschaft bzw. Industriebetriebslehre, die Einfliisse der luK-Technologie auf die Produktion lediglich im Bereich CIM sehen.^ Fast vollig fehlen vor allem strategische Aspekte, die iiber den Bereich der reinen Fertigungstechnologie hinausgehen. Entsprechend schlieBen Kathuria und Igbaria nach einer Sichtung der Literatur zum strategischen Einsatz von luK-Technologie in der Produktion, „there is hardly any theoretical or empirical research done to match manufacturing strategy and the IT applications in manufacturing"^o. Dieses Forschungsdefizit ist umso erstaunlicher, da seit Beginn der 1990er Jahre die bekannte MIT-Studie iiber die Wettbewerbsfahigkeit in der internationalen Automobil6 7 8 9
10
So 2.B. Cairncross (1997); Crocker (1997); Hoch (1997); Holler/Pils/Zlabinger (1997); Jaros-Sturhan/ Schachtner (1998). So z.B. Alpar (1996), S. 221-225; AUen/Lohmar (1986), S. 329; Nicholas (1998), S. 18f.; Tapscott (1995), S. 148f.;Zerdicketal. (2001). Vgl. Picot/Reichwald/Wigand (2003), S. 269-273, 513-515. Beriicksichtigt wurden zwischen 1997 und 1999 erschienene („veranderte" Neuauflagen weitverbreiteter) Werke: Adam (1998), S. 93-99 u. 673-681; Corsten (1998b); Hansmann (1997), S. 24-29 u. 129-144; Vahrenkamp (1998). Zahn/Schmid (1996), S. 89-91 gibt immerhin einen knappen Uberblick iiber den Einsatz der luK-Technik in der Produktion, konzentriert sich aber auch sonst lediglich auf CIM. Auch zwei ambitionierte neue amerikanische Lehrbiicher, Nicholas (1998) und Schonberger/Knod (1997), die zwar die (interne wie externe) Kundenorientierung in ihren Mittelpunkt stellen und so den neuen Wettbewerbsbedingungen (siehe Kapitel 4.1) besser gerecht werden als die deutschen Werke, liefern keine explizite Beriicksichtigung der Potentiale der neuen luK-Technologien iiber den CIM-Bereich hinaus. Kathuria/Igbaria (1997), S. 614.
/ Hinfuhrung: Informationsrevolution und industrielk Produktion
7
Industrie den Fertigungsbereich wieder in den Mittelpunkt des Interesses riickte.^^ Aufgeschreckt durch die in der Studie aufgezeigten Potentiale neuer Produktionskonzepte und die Defizite der deutschen (und amerikanischen) Industrie im Vergleich zu japanischen Firmen wurden in den letzten Jahren von vielen deutschen Unternehmen die Kernkonzepte der 'Lean Production wie Gruppenarbeit, Fertigungssegmentierung, weit reichendes Qualitatsmanagement und kontinuierliche Verbesserung, Just-in-Time, Kanban und neue Formen der Lieferantenintegration auf hiesige Verhaltnisse adaptiert und eingefiihrt durchaus mit einigem Erfolg.^2 Jedoch werden diese MaBnahmen in den meisten Fallen als isolierte Konzepte verstanden, die in einer durch Kostenargumente dominierten Debatte um den Standort Deutschland den Stand der hiesigen Industrie verbessern sollen. Was fehlt, ist eine strategische, wettbewerbsorientierte Sichtweise, die vor allem die vielfaltigen Veranderungen beriicksichtigt, die sich durch die Informationsrevolution in jedem Sektor einer Volkswirtschaft abzeichnen.^^ 2iel dieser Arbeit ist es deshalb, ein durchgangiges und umfassendes Bild der (materiellen) Produktion im Rahmen der Informationsgesellschaft zu entwerfen, das aber auch ein konkret umsetzbares Konzept fiir produzierende Unternehmen bietet. Dies entspricht auch der Forderung des Verhands Deutscher Maschinen- und Anlagenhau (VDMA), dass „in der Diskussion um die Informationsgesellschaft ... auch das weit reichende Feld der Anwendung von Informationstechnik in der Produktion als Kerngebiet forciert werden muss, um die Internationale Wettbewerbsfahigkeit der deutschen be- und verarbeitenden Industrie zu sichern bzw. auszubauen. Hierbei geht es vor aUem darum, iiber adaquate Rahmenbedingungen und anwendungsgerechte, bedarfsorientierte Losungen die konsequente Nutzung der heute vielfach bereits verfiigbaren Technologien voranzutreiben."^^ Im Fokus der Untersuchung steht so der einzelne Industriebetrieb. Die vorliegende Arbeit ist dabei stark anwendungsbezogenen und will dem Entscheidungstrager in der Praxis Anhaltspunkte vermitteln, welche neuen Potentiale die neuen luK-Technologien fiir eine Neudefinition der industriellen Produktion geben. Dabei soU aber nicht die isolierte Anwendung einzelner neuer Technologien im Vordergrund stehen, die in ausgewahlten Bereichen groBe Verbesserungen hervorrufen konnen, sondern eine umfassende Argumentation, die eine produktionsbasierte Wettbewerbsstrategie zeichnet, welche Moglichkeiten zur Reaktion auf die aktuell zu beobachtenden und immer wieder betonten neuen Wettbewerbsbedingungen bietet. Deshalb wird auch zunachst eine recht breite Betrachmngsweise
11 12 13 14
SieheWomack/Jones/Roos(1991). Siehe empirisch Kinkel/Wengel (1999), S. 19-30; Delbridge et al. (1998), S. 82f. Die MIT-Studie zur Lean Production (Womack/Jones/Roos 1991) geht auf die Potentiale der neuen luKTechnologien so gut wie nicht ein. VDMA (1996), S. 11.
/ Einfiihrung: Informationsrevolution und industrielk Produktion
gewahlt, iHn die Auswirkungen in der Produktion in den Rahmen des Gesamtuntemehmens einzuordnen. Einleitend sind noch knapp die grundlegenden Begriffe Produktion und Fertigung hinsichtlich ihrer weiteren Verwendung zu definieren und abzugrenzen. Aufbauend auf der Definition der Produktion von Gutenberg als Faktorkombination kann die Produktion als das effiziente Zusammenwirken von Giitern und Dienstieistungen in einem Prozess zur Erstellung einer bestimmten Menge von Giitern beschrieben werden.^^ Dabei kommt es unter Anwendung technischer und konzeptioneller Verfahren zu einer systematischen, auf den Grundsatz der Wiederholung angelegten Transformation von Einsatzgiitern in geeigneten Systemen in andere Giiter mit dem Ziel, die dabei entstehenden Produkte zu verauBern oder innerbetrieblich weiter zu verwenden. Objekt der Produktion sind dabei im engeren Sinne Sachgiiter, in einem weiteren auch die Erbringung von Dienstieistungen. Produktion steht damit als Vorgang des Gestaltens von Giitern jeglicher Art im Gegensatz zum Absatz der erstellten Giiter an deren Verwender.^^ Im Folgenden liegt der Schwerpunkt auf der Produktion materieller Giiter (Sachgiiter), die jedoch - wie noch zu zeigen ist - immer mehr komplementar mit der Erstellung von Dienstieismngen verbunden ist. Der im produktionswirtschaftlichen Schrifttum weit verbreiteten Auffassung, den Begriff Fertigung als den Teilbereich der Produktion zu sehen, der das Geschehen der konkreten Leistungserstellung beschreibt,^'^ stehen Meinungen in der allgemeinen betriebswirtschaftlichen Literatur gegeniiber, die beide Begriffe synonym verwenden.^^ Da im Rahmen der vorliegenden Arbeit der Gesamtbereich der Produktion angesprochen wird, auf den der Begriff der Fertigung ebenfalls zutrifft, eriibrigt sich eine Differenzierung zwischen Produktion und Fertigung, und die Begriffe konnen auch hier synonym benutzt werden.19 Die Produktion kann in eine Folge von Einzelleistungen zerlegt werden, die in ihrer Kombination einen Beitrag zur Wertkette des gesamten Untemehmens darstellen. Hierzu gehoren Produktionsplanung, auftragsbezogene Konstruktion, Arbeitsvorbereitung, interne Logistik, Teilefertigung, Vor- und Endmontage, Produktionssteuerung und das Qualitatswesen.20 Der Ausdruck industrielk Produktion soil im Folgenden die in Industriebetrieben vollzogenen Produktionsvorgange im Gegensatz zur handwerklichen Produktion beschreiben.^^ Die Arbeit wird aber im weiteren Verlauf zeigen, dass ein von Kort!^eisch als zentral erach-
15 16 17 18 19 20 21
Vgl. Gutenberg (1979), S. 3 u. 5. Vgl. Kern (1992), S. 10-13; Kern (1996), Sp. 1630-1634. Vgl. Schafer (1978), S. 205 u. 218; Stepan (1993), Sp. 3348. Siehe hierzu Kreikebaum (1979), Sp. 1392. Vgl. ahnlich Gerpott (1991), S. 11. Vgl. Reichwald/Dietl (1991), S. 399-401. Siehe dazu ausfiihrUch Kortzfleisch (1996), Sp. 678-682; Zahn/Schmid (1996), S. 66-68.
/ Einfiihrung: Informationsrevolution und industrielle Produktion
9
tetes Abgrenzungsmerkmal zwischen handwerklicher und industrieller Produktion als Folge der Potentiale des technologischen Fortschritts als iiberwunden angesehen werden kann: „Industnelle Produktionen dienen primar der Befriedigung einer prinzipiell anonymen Nachfrage auf bestimmten Giitermarkten; handwerkliche Produktionen erfiillen in erster Linie materielle und immaterielle personliche Anspriiche individueller Kunden."22 Auch die industrielle Produktion orientiert sich heute immer mehr an den spezifischen Bediirfnissen eines konkreten Kunden. Zusammenfassend kann so die Untersuchung wie folgt abgegrenzt werden: • Untersuchungsohjekt ist der Industriebetrieb, d.h. Unternehmen des produzierenden und verarbeitenden Gewerbes; eine branchenspezifische Eingrenzung erfolgt dabei nicht. • Untersuchungsgegenstand sind die industrielle Produktion und die mit dieser zusammenhangenden vor- und nachgelagerten Aktivitaten der Wertkette eines Unternehmens. • Untersuchungsmotivation sind die neuen Wettbewerbsbedingungen, die fur ein verandertes, zunehmend komplexeres Wettbewerbsumfeld sorgen. • Der wichtigste betrachtete Einflussfaktor der Untersuchung sind die Moglichkeiten und Auswirkungen der neuen luK-Technologien, deren gesellschaftlicher wie wirtschaftlicher Einfluss unter dem Begriff der „Informationsrevolution" zusammengefasst wird. • Untersuchungsi^^el'\s>tes zu zeigen, welche Einfliisse die neuen luK-Technologien auf die Produktion besitzen und welche Moglichkeiten sich damit fiir innovative Industriebetriebe ergeben, auf die heutigen Wettbewerbsbedingungen zu reagieren. Im Mittelpunkt steht so das Potential der Produktion, unter Anwendung der Potentiale der neuen luK-Technologien die wettbewerbsstrategische Position des Unternehmens zu starken und neue, dauerhafte Wettbewerbsvorteile zu erlangen.
22
Kortzfleisch (1996), Sp. 678.
2 Forschungsprogrammatische Leitideen
Wissenschaftliche Forschung ist ohne forschungsprogrammatische Basis nicht moglich.^^ Deshalb sollen im Folgenden kurz die wissenschaftlichen und methodologischen Grundlagen der Untersuchung skizziert werden. Inhalt der Ausfiiihrungen dieses Kapitels ist nicht die Diskussion verschiedener Forschungsparadigmen,^^ sondern lediglich die grundlegende Orientierung der vorliegenden Arbeit, die von folgenden, sich gegenseitig beeinHusscnden JutjfLeitideen gepragt ist: (1) Wissenschaftstheoretische Orientierung bieten die Grundsatze des mssenschaftlichen Kealismus („scientific realism'*), der abweichend vom kritischen Rationalismus nach Popper (1989) einen Erkenntnisfortschritt nicht allein durch Falsifikation zulasst, sondern eine Verifikation von Hypothesen durch iibereinstimmende Beobachtungen vorsieht. Zwar kann so die Giiltigkeit einer Aussage nicht mit absoluter Sicherheit iiberpnift werden, jedoch folgt eine Art kumulative Annaherung an die Wahrheit, die ihre Falsifizierung jedoch nicht ausschlieBt.^^ Die Arbeit besitzt so eine positivistische Orientierung. Grundlage der Aussagen sind aus der Theorie abgeleitete Hypothesen, die durch Beobachtung verifiziert werden. Zwar ist zweifelsohne die Deduktion der Induktion vorzuziehen. Jedoch ist das zu untersuchende Feld theoretisch noch nicht durchdrungen, so dass eine reine Deduktion unrealistisch ware.^^ Stattdessen ist die komplementare Anwendung von Deduktion und Induktion notwendig.^^ (2) Diese komplementare Vorgehensweise miindet in einen dreistufigen Forschungspro^ess dieser Arbeit:^^ Auf die terminologisch-deskriptive Aufgahenstellung der Schaffung eines einheitlichen Begriffssystems und dessen Anwendung fiir die Beschreibung der Forschungsobjekte (im wesentlichen Kapitel 3 dieser Arbeit) folgen empirisch-induktive Forschungsaktivitdten durch die Untersuchung von in der Praxis beobachteten Zusammenhangen. Durch Verallgemeinerung der Einzelbeobachtungen kommt es so zu einer induktiven Ableitung von Hypothesen (Kapitel 3.3, 4 und 5 dieser Arbeit; Ergebnis ist in diesem Sinne das Paradigma des „Modem Manufacturing" in Abschnitt 5.3). Dritte Stufe ist schlieBlich eine analytisch2?> 24 25 26
27 28
Vgl. Hildebrand (1997), S. 95. Siehe hierzu aUgemein Hunt (1991); KoUer (1969), S. 15-24; Kuhn (1970); Popper (1989); Schanz (1988); Schanz (1992). Siehe zum wissenschaftlichen ReaUsmus Homburg (1995a), S. 53-70; Hunt (1991). Siehe Lehner et al. (1995), S. 62f. zum Theoriedefizit der Wirtschaftsinformatik, deren Untersuchungsbereich den der vorliegenden Arbeit stark tangiert. Siehe zum Theoriedefizit in der Betriebswirtschafi:slehre allgemein Raffee (1984), S. 21. Siehe auch Schanz (1992), S. 31 („Fur die gegenwartige Betriebswirtschafi:slehre ist charakteristisch, dass es die Betriebswirtschaftslehre eigentlich gar nicht gibt."). So auch KoUer (1969), S. 17. Vgl. Lehner et al. (1995), S. 67. Ahnlich auch Grochla (1978), S. 68-72.
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2 Vorschungsprogrammatische L^itideen
deduktive Aufgabenstelkng, bei der es um die Konstruktion von Modellen, ihre analytische Auswertung („Logik von Mass Customization" in Kapitel 7) und ihre Konkretisierung geht. (3) Ziel der Arbeit ist es, auf der Ebene der angewandten Votschungpraxeologische Aussagen 2u treffen, die unmittelbare Hilfestellung fiiir praktische Problemlosungen von Industriebetrieben liefern konnen. Hierzu dient insbesondere Kapitel 8 der Arbeit, in dem es um die Umsetzung des in den vorherigen Kapiteln abgeleiteten Modells industrieUer Wertschopfung in der Informationsgesellschaft geht. Die Arbeit verfolgt so letztendlich ein pragmatisches Wissenschafts^^elP Wahrend die theorieorientierte Grundlagenforschung die Gewinnung empirisch-gehaltvoller, genereller Erklarungen iiber beobachtete Phanomene anstrebt (erkenntnisleitend sind „Warum-Fragen", die durch empirisch-kognitive Aussagen beantwortet werden sollen),^^ verfolgt eine pragmatisch orientierte Arbeit das Ziel, Gestaltungsmoglichkeiten und ihre Begriindung zu formulieren („Wie-Fragen"; siehe Abbildung 2-1). Uber den Einzellfall hinausgehende Antworten auf diese Fragen werden nach Grochla als praxeologische Aussagen bezeichnet.^^
theorieorientierte Grundiagenforscliung
angewandte Forschung
Entstehung der Probleme
in der Wissenschaft selbst
in der Praxis
Gllederung
nach Disziplinen moglich und notwendig
Gliederung und EInteilung der in der Praxis entstehenden Probleme nach Disziplinen der Grundlagenforschung ist nicht moglich
Forschungsziel
Theorieentwicklung und -prufung, Erklarung der Wirklichkeit (Warum-Fragen)
Entwurf einer neuen Wirklichkeit (Wie-Fragen)
Wertfrelheitspostulat
hohe Bedeutung fur die angestrebten Aussagen, diese sind deskriptiv
Regulativ ist Nutzen fur die Praxis, Wertfrelheitspostulat so nicht haltbar, normative Aussagen
Forschungsregulativ
Wahrheit
Nutzlichkeit
Forschungsltriterium
Allgemeingultigkeit, Bestatigungsgrad, Erklarungskraft, Prognosekraft
praktische Problemlosungskraft von Modellen und Regein
IVIethodlk
klare Einteilung in induktive Oder deduktive Methodik
klare Einteilung nicht moglich, komplementarer Pluralismus
Abbildung 2-1: Unterschiede zwischen theoretischer und angewandter Forschung^^
29 30 31 32
Siehe hierzu Kieser/Kubicek (1992), S. 56. Vgl. KoUer (1969), S. 16; Lehner et al. (1995), S. 21. Vgl. Grochla (1978), S.70f. Erweitert nach Ulrich (1988), S. 177.
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2 Forschungsprogrammatische Leifideen
Die Beurteilung der Qualitat dieser Aussagen orientiert sich an ihrer praktischen Bewahrung und ZweckmaBigkeit. Fiir die anwendungsorientierte Forschung ergibt sich so ein Forschungsprozess, der zwar nicht die deduktive Logik auBer Kraft setzt und auch keine „dieorielose" Empirie bedeutet, aber dem Praxisbezug einen anderen Stellenwert zuweist als der Hypothesenpriifung einer theoretischen Forschung. In diesem Sinne muss sich diese Arbeit an der Praxisrelevan:^ messen lassen, verstanden als Einsetzbarkeit und potentieller Nutzen der Forschungsergebnisse sowie ihrer Methoden und Modelle in der industriellen Untemehmenspraxis.^3 Ausgangspunkt der Arbeit stellt in diesem Sinne als anwendungsorientiertes Problem die Frage nach den Moglichkeiten der neuen luK-Technologien dar, auf Veranderungen des Wettbewerbsumfelds von Industrieunternehmen zu reagieren. (4) Damit ist eine weitere methodische Leitidee der Arbeit angesprochen: die Orientierung am situativen Ansat^^^ Seine zentrale These kann nach Staehle wie folgt zusammengefasst werden: „Es gibt nicht eine giiltige, optimale Handlungsalternative, sondern mehrere, situationsbezogen angemessene."^^ Eine Analyse und Entwicklung strategischer Optionen und Handlungsvorschlage, wie sie im Rahmen dieser Arbeit beabsichtigt ist, muss die Einfliisse von Umfeldfaktoren grundsatzlich beriicksichtigen (siehe hierzu vor allem Abschnitt 3.4 und 4.1). Der situative Ansatz scheint deshalb besonders geeignet, eine Unternehmensstruktur und wettbewerbsadaquate Gestaltung der Wertaktivitaten eines Betriebs aufzuzeigen, die den Anforderungen der jeweiligen Situation — hier den Auswirkungen der Informationsrevolution - entspricht.^^^ Ziel ist die Schaffung eines „Fits" zwischen den einzelnen Strukturentscheidungen, der Struktur als Ganzes und den situativen Bedingungen (dieser Gedanke wird in Abschnitt 4.4.1 wettbewerbsstrategisch konkretisiert). Dem haufig geauBerten Vorwurf der Theorielosigkeit des situativen Ansatzes^'^ kann entgegengehalten werden, dass die situative Orientierung als methodologisches Prinzip interpretiert wird, das nur solche Situationsfaktoren untersucht, die aufgmnd theoretischer Uberlegungen als relevant erachtet werden konnen.^^ (5) Die empirische Uberprufung der getroffenen Aussagen geschieht in der Arbeit auf qualitative Art mit Hilfe von Fallstudien. Die Ausfiihrungen basieren neben einer umfangreichen Literaturschau auf einer ausfuhrlichen qualitativen empirischen Untersuchung von mehr
33 34 35 36 37 38
Vgl.K6ster(1998),S.7f. Siehe 2um situativen Ansatz Kieser/Kubicek (1978), S. 105-132; Krickl (1995), S. 56-66. Staehle (1981), S. 215. Dies wird auch als „pragmatische oder technologische" Variante des situativen Ansatzes bezeichnet, siehe Kieser/Kubicek (1992), S. 56f. Siehe Kieser/Kubicek (1978), S. 132-152 und die dort genannte Literatur. Vgl. Hildebrand (1997), S. 96; Homburg (1995a), S. 62.
2 Forschungsprogrammatiscbe l^itideen
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als 200 Pionier-Unternehmen, die eine adaquate Reaktion auf die neuen Wettbewerbsbedingungen unter Einsatz der Potentiale der neuen luK-Technologien in der Produktion gefunden haben (siehe Anhang). Die Fallstudien wurden dabei teilweise aufgrund der Angaben in der Literatur und im Internet, zum groBten Teil aber aufgrund personlicher Recherche und Gesprachen mit Verantwortlichen der Firmen erstellt. Grundsatzlich ist eine fallstudienorientierte Forschung vorteilhaft fiir die induktive Erforschung neuer Phanomene und bildet die Basis zur Aufstellung und Weiterentwicklung von Theorien.^^ Ziel ist die umfassende Beschreibung eines Einzelfalls zur Durchdringung des Forschungsgegenstandes. Hierzu ist ein Methodenmix gefordert, der zum Beispiel aus der (teilnehmende) Beobachtung, Experteninterviews, Dokumentenanalysen oder Interviews mit Anwendern besteht.40 Wahrend quantitative empirische Studien mit multivariaten statistischen Analyseverfahren lediglich die Gemeinsamkeiten einer breiten Masse von Unternehmen untersuchen, liegt ein wesentlicher Vorteil der Fallstudienmethodik in einer „unstrukturierten" Identifikation und Erklarung von Extremfallen auBerhalb des statistischen Durchschnitts. Solche Fallstudien von pleading edge companies""^^ sind fiir das Management aufschluBreicher und handlungsleitender, denn der Vergleich der Eigenschaften und Charakteristika dieser Vorreiterunternehmen mit der iibrigen Branche kann Anregungen fiir die Gestaltung des eigenen Unternehmens geben.'^^ Diese Vorgehensweise soil allerdings nicht im Sinne eines Kopierens von „best practices" verstanden werden, wie es viele Benchmarking-Propagandisten gerne vorschlagen (siehe hierzu Abschnitt 4.4.1). Erforderlich ist vielmehr die einmalige situationsbezogene Gestaltung der Wertschopfungsprozesse, die sich aber an bewahrten Prinzipien anderer (Fallstudien-) Unternehmen orientieren kann.
39 40 41 42
Vgl. Kambil/Short (1994), S. 63. Siehe vor allem auch Gummesson (2002) fur eine detaillierte Diskussion der Fallstudienmethodik und weiterfiihrende Literatur. Vgl. Wiest (1994), S. 102. Kambil/Short (1994), S. 63. Vgl. Kotha(1995),S. 25.
3 Entwicklungslinien neuer luK-Technologien
Ziel dieses Kapitels ist die Darstellung der grundsatzlichen Rolle der Information und Kommunikation im Industriebetrieb, die aufgrund aktueller technologischer Entwicklungen einer Anderung bzw. Erweitening unterworfen ist. Dazu wird nach einer einleitenden Begfiffsbestimmung (Kapitel 3.1) die Funktion der Information aus okonomischer Sicht betrachtet (Kapitel 3.2). Die betriebliche Nutzung der Information wird weitgehend erst durch den Einsatz der Informations- und Kommunikationstechnologie ermoglicht. Die technischen Innovationen in diesem Bereich stehen im Mittelpunkt von Kapitel 3.3. Sie begriinden eine neue Rolle und Bedeutung der Information, die oftmals mit der Metapher der Informationsgesellschaft oder Informationsrevolution beschrieben wird (Kapitel 3.4).
3.1 Begriffliche Grundlagen: Information und Kommunikation Die einleitende Definition dessen, was im Folgenden unter den Begriffen Daten, Wissen und vor allem Information verstanden werden soil, ist nicht nur aufgrund ihrer zentralen inhaltlichen Bedeutung in dieser Arbeit notwendig, sondern auch aufgrund der unterschiedlichen Konnotationen, mit denen diese Begriffe sowohl zwischen den verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen als auch innerhalb der Wirtschaftswissenschaften belegt sind.43 Exemplarisch erscheint, dass der Informationsbegriff oft im Rahmen zusammengesetzter Fachbegriffe verwendet wird (z.B. Informationsmanagement, Informationszentrum, Informationsarchitektur, Informationsbedarf), ohne dass dabei einer eindeutigen Begriffsauffassung von Information gefolgt wird, die meist pragmatisch im Hinblick auf einen konkreten Anwendungsbezug abgegrenzt wird. Diese Unscharfe sowie die unreflektierte Einfiihrung neuer Begriffe erscheinen typisch fiir ein Feld mit hohem Innovationsgrad und standiger Erneuerung, dessen Hauptinteresse weniger der AuflDau eines theoretischen Modells als vielmehr das Erlangen anwendungsbezogener Erkenntnisse ist.44 ,,Die zentrale kiinftige Bedeutung der Information fiir Wirtschaft und Gesellschaft deutet sich in der Vielfalt der begrifflichen Ordnungen an, in denen die Information einen hochwertigen Platz erhalt. Gleichzeitig ist die Vielfalt ein Indiz fiir das Chaos, d.h. fiir einen Mangel an konzeptueller Ubereinstimmung."45 An dieser SteUe wird nicht
43 44 45
Vgl.Kolatek(1994),S. 19. Vgl. zu diesem Abschnitt Lehner et al. (1995), S. 213f. MiiUer-Merbach (1997), S. 4.
3 Entmcklungslinien neuer luK-Technologien
15
der Anspruch erhoben, dieses begriffliche Chaos zu lichten.'^'^ Vielmehr soil nach einer knappen Begriffsiibersicht eine pragmatische Definition gefianden werden. Der heute in den Wirtschaftswissenschaften meist verwendete Informationsbegriff geht auf Wittmann zuriick, der Information pragmatisch als ^eckorientiertes Wissen definiert, mit dem Zweck, wirtschaftiiches Handeln vorzubereiten.^^ Problematisch an dieser Definition ist die Verwendung des Wissensbegriffs ohne nahere Spezifikation.'^^ Dabei wird nicht beriicksichtigt, dass Wissen einen individuellen Aspekt besitzt, d.h. Wissen beinhaltet stets Beziehungen zwischen dem Akteur, der das Wissen gebildet hat (sei dies ein Individuum oder eine Organisation), und dem Gegenstand, auf den sich das Wissen bezieht. Damit ist der Begriff des Wissens nicht intersubjektiv einheitlich und kann so auch nicht zentraler Bestandteil einer allgemeingiiltigen Definition (der Information) sein.49 Auch erscheint unsicher, ob es Wissen geben kann, das nicht zweckgerichtet ist.^^ Dennoch besitzt die Definition nach Wittmann groBe pragmatische Starken, da in der Tat die Handlungs- und Entscheidungsvorbereitung der Kern des betrieblichen Einsatzes der Information ist. Hier setzt die Entscheidungstheorie an, die Informationen als Nachrichten bzw. Beobachtungen auffasst, welche die Erwartungen eines Wirtschaftssubjekts im Sinne von Wahrscheinlichkeitsbeurteilungen verandern.^i Hierzu gehoren „Wissen iiber als Tatsachen betrachtete Vergangenheitsereignisse, Ziele sowie Handlungsmoglichkeiten"52 eines Akteurs genauso wie auf Markten erworbene Prognosen und andere gekaufte Wissenslulfen zur Vorbereitung von Handlungen. Der Grad der Unsicherheit einer Entscheidung hangt von der Vollstandigkeit und vom Wahrheitsgehalt der vorliegenden Information ab. Da Entscheidungen zukunftsgerichtet sind, ist vollstandige Information (und somit voUige Sicherheit) nicht mogHch. Der Erwerb von Informationen dient aber dem Individuum, seinen Informationsgrad (d.h. den Quotienten aus vorhandener und vollkommener Information) zu verbessern. Der Charakter der Handlungsvorbereitung einer Information erscheint in einem okonomischen Umfeld relevant, auch wenn er nicht als definitorisch zwingend gesehen werden soUte. Bestandteile einer Information konnen die bei der Entscheidungsfindung und Vor-
46
47 48 49 50 51 52
„The subtle differences between data, information, knowledge, insight and wisdom have given fundamentalist commentators in this area many hours of pedantic fun ..." bemerkt Haywood (1995), S. 1 treffend. Siehe fiir solche ausfiihrlicheren Begriffsabgrenzungen z.B. Bode (1993), S. 6-46; Bode (1997); Lehner/Maier (1994); Lehner et al. (1995), S. 165-271; Schneider (1995), S. 43-52; Steinmiiller (1993), S. 155-258; Minnig (1991), S. 47-58. Vgl. Wittmann (1959), S. 14 und die Konkretisierung dieser Definition in Wittmann (1980), Sp. 894. Wittmann (1979), Sp. 2263 beschreibt Wissen recht allgemein als Vorstellungsinhalte iiber die Wahrheit von Feststellungen in Form von Satzen, Aussagen, Behaupmngen. Vgl. Minnig (1991), S. 52. Vgl. Lehner et al. (1995), S. 171f. Siehe zum Attribut der Zweckorientierung auch Bode (1997), S. 455. Vgl. zu diesem Abschnitt Lehner et al. (1995), S. 187. Schneider (1995), S. 48.
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3 Entmcklungslinien neuer luK-Technologien
bereitung von Handlungen bestehende Unsicherheit reduzieren, jedoch kann eine Information auch Bestandteile haben, denen dieses Charakteristikum fehlt.^^ Wahrend in der Entscheidungsvorbereitung der Schwerpunkt der betriebswirtschaftiichen Auseinandersetzung mit Information liegt, schenkt die Nachrichtentechnik dem Vorgang der Iniotrnsitionsubermittlung ihre primare Aufmerksamkeit. Sie benotigt deshalb einen anderen, technischen Informationshegriff. Dieser geht auf die 1949 von Shannon begriindete Informationstiieorie zuriick und basiert auf einer tiieoretisch-matiiematischen Definition: „Information is interpreted in its broadest sense to include the messages occurring in any of the standard communication media ... and even the signals appearing in the nerve networks of animals and man.''^"^ Dieses technische Informationsverstandnis erscheint aber im Zusammenhang einer betriebswirtschaftiichen Arbeit auf der einen Seite zu breit und zu wenig fassbar, sollte aber auf der anderen Seite nicht voUig unberiicksichtigt bleiben, da es gerade die neuen Informationstechnologien sind, die ein neues Verstandnis des Umgangs mit Information im Industriebetrieb auslosen. Zur weiteren Kennzeichnung der unterschiedlichen Informationsbegriffe kann eine Klassifikation von Bode herangezogen werden, die funf Dimensionen unterscheidet (siehe die Erklarungen in AbbUdung S-l).^^ Der Informationshegriff nach Wittmann ist nach dieser Klassifikation ungebunden, pragmatisch, statisch, objektiv sowie wahrheitsunabhangig; der nach Shannon ungebunden, syntaktisch, statisch, objektiv und wahrheitsunabhangig. Bode selbst definiert Informationen als „Wissensbestandteile, die in Form menschlicher Sprache reprasentiert sind."^^ Im Gegensatz dazu steht sprachlich nicht aktivierbares Wissen (implizites Wissen).^'^ Unter Wissen versteht er dabei „jede Form der Reprasentation von Teilen der realen oder gedachten (d.h. vorgestellten) Welt in einem materiellen Tragermedium"^^. Innerhalb des Klassifikationsschemas ist dieser Informationshegriff statisch, wahrheitsunabhangig, objektiv, ungebunden und semantisch. Auch wenn Bode vorschlagt, durch das Hinzufiigen bestimmter Attribute seine sehr weite Definition einzuschranken {entscheidungsvorbereitende Information, neue Information etc.), erscheint eine griffigere Definition angebracht. Hierzu kann der mehrsmfige Informationshegriff von hehner/Maier dienen, die zunachst eine „individuelle" (menschenbezogene) Definition bUden: Information ist das Ergebnis der Interpretation einer Sinneswahrnehmung vor dem Hin-
53 54 55 56 57 58
Vgl. Bode (1993), S. 11. Shannon (1972), S. 246f. Siehe Bode (1997), S. 451-454; Bode (1993), S. 6f und die dort angegebene Literatur. Bode (1997), S. 459. Sprache umfaBt dabei jede bedeutungstragende non-verbale oder verbale AuBerung, die in einer bestimmten Form materialisiert ist. Vgl. Bode (1997), S. 460. Bode (1997), S. 458.
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3 Untwicklungslinien neuer luK-Tecbnologien
tergmnd des vorhandenen Wissens eines Individuums.^^ Dieses Wissen steuert die Interpretation, dabei flieBt auch der verfolgte Zweck ein. Wissen lenkt als Wahrnehmungsfilter die Aufmerksamkeit primar auf die Umweltreize, die von dem Individuum im aktuellen Kontext als relevant angesehen werden. Diese „Umweltrei2e" konnen durch den Begriff der Daten charakterisiert werden. Daten bezeichnen Symbole bzw. Zeichen(-ketten), die Objekten, Personen, Vorgangen und Zustanden der betrieblichen Realitat und Umwelt zugeordnet sind.^*^ Findet eine Interpretation von Daten aufgrund einer Semantik statt, entsteht Information. Wissen schlieBlich entsteht durch die Vernetzung der Information mit einem Kontext (z.B. Zielsystem, Handlungsalternativen) auf einer pragmatischen Ebene.^^
Abgrenzungsmerkmal
Auspragungen
Trager der Information
ungebunden menschengebunden (Information kann an verschiedenste (nur menschliches Gehirn kann Tragermedien gebunden sein) Trager von Information sein)
Semiotik (Welcher Sprachebene wird gefolgt?)
syntaktisch semantisch (Informationen sind (Abbildung der realen / Zeichenreihen) gedachten Welt)
Zeitbezug
statisch (Information als Zustand und Ergebnis eines Prozesses der Informationserlangung)
pragmatisch (Informationen dienen Handlungsvorbereitung)
prozessual (Information als Vorgang des Informierens)
Neuheitsgrad individualistisch-subjektiv (Informationseigenschaft ist ab(Information muss fur den hangig von individuellen Empfanger neu sein) Bedingungen des Empfangers)
objektiv (Informationen sind unabhangig vom subjektiven Wissensstand)
Wahrheitsgehalt (Inhaltliche Bewertung der Information)
wahrheitsunabhangig (Wahrheitsgehalt ist irrelevant)
wahrheitsabhangig (Information muss aus Sicht des Informationssenders wahr sein)
Abbildung 3-1: Typologie der Informationsbegriffe nach Bode^^
Ihrem individuellen, menschenbezogenen Informationsbegriff stellen Lebner/Maier eine Definition der Information auf organisationaler Ebene gegeniiber. Information ist demnach ,Jene Teilmenge der Daten, die fur die eigene Untemehmung ausgewdhlt, geordnet, gespeichert
59
60 61 62
Vgl. Lehner et al. (1995), S. 260f. Diese Definition ist Ergebnis einer ausfiihrlichen Diskussion der verschiedenen Informationsbegriffe der Betriebswirtschaftslehre, Wirtschaftsinformatik und Informatik, siehe hierzu Lehner et al. (1995), S. 255-267. In der Klassifikation nach Bode (siehe Abbildung 3-1) ist die Definition pragmatisch (wenn auch in Ziigen semantisch), menschengebunden, objektiv, statisch sowie wahrheitsunabhangig. Vgl. Lehner et al. (1995), S. 270. Vgl. Hasenkamp/RoBbach (1998), S. 957. In Anlehnung an Bode (1997), S. 451-454.
18
3 Entmcklungslinien neuer luK-Technologien
bar gemacht mrd''^^ Informationen konnen so als zielgerichtete Daten verstanden werden, wobei ihr potentieller Nutzen fiir das Unternehmen das entscheidende Kriterium ist.^"^ Diese ungebundene, semantische, statische, objektive und wahrheitsunabhangige Definition ist fiiir die weitere Vorgehensweise gut geeignet und dient deshalb als Definition der Information in der vorliegenden Arbeit. Die Beschrankung des Informationsbegriffs auf den Zweckbezug der Entscheidungsvorbereitung erscheint zu eng. Dies heiBt jedoch nicht, dass die Rolle der Information als substantielle Entscheidungsgrundlage aller Aktivitaten eines Unternehmens verneint wird. Information kann also zweckbezogenes Wissen zur Entscheidungsfiindierung darstellen, muss dies aber nicht unbedingt.
individuelle Ebene
organisationale Ebene
Daten
Symbole/Zeichenketten, die Objekten, Personen, Vorgangen Oder Zustanden der Realitat zugeordnet sind oder die Vorstellungswelt des Menschen beschreiben.
Gesamtheit der verfugbaren Texte, Zahlen, Grafiken, Bilder, Audio- und Videodokumente, RB3720W1703G7 unabhangig von deren Nutzen fiir die einzelne Unternehmung.
Information
Jene Teilmenge der Daten, die Das kontextabiiangige Ergebnis fur ein Unternehmen durch der wissensgesteuerten Interpreta- Erganzung einer Semantik tion von Umweltreizen (Daten) ausgewahit, geordnet, gespeichert und verfugbar gemacht durch Menschen. wird.
Wissen
Die IVIenge langerfristig verfugbarer aktiver Komponenten, die Ihre Verarbeitung bzw. Aktivierung selbst steuern. Wissen schafft Interpretationsvorschriften von Daten und Informationen, diese finden Eingang ins Wissen und konnen es erweitern/verandern.
Von Menschen verstandene Information, die in einer Handlungssituation die Einordnung und Nutzung neuer (komplexer) Informationen ermoglicht. Wissen entsteht durch die Vernetzung der Information mit dem jeweiligen Kontext.
Beispiel
Regionalbahn 3720 fShrt werktagsum 17:03 Uhr auf Gleis 7. Bisher fuhr die Regionalbahn 3720 um 17:10 Uhr ab. Umsteigende aus dem Zug IR317erreichen den Anschluss nun nicht mehr.
Abbildung 3-2: Abgrenzung von Daten, Information und Wissen^^
Daten werden im Folgenden - dem Sprachgebrauch folgend - dem maschinellen Kontext zugeordnet und als Teilmenge der Informationen angesehen, die aufgrund der Form ihrer sprachlichen und materiellen Reprasentation eine Verarbeitung im Rahmen der elektronischen Informationsverarbeitung ermoglichen.^^ Wissen dagegen bezeichnet das an die 63 64 65 66
Lehner et al. (1995), S. 266. Die Autoren beziehen sich bei dieser Definition auf Muller-Merbach (1994), S. 379. Vgl. MiiUer-Merbach (1994), S. 379. Verandert entnommen aus Lehner et al. (1995), S. 266. Siehe auch Muller-Merbach (1994), S. 379f.; Hasenkamp/RoBbach (1998), S. 957. Vgl. Bode (1997), S. 460; Hildebrand (1995), S. 5.
3 Untwicklungslinien neuer luK-Tecbnologien
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menschliche Existenz gebundene Ergebnis geistiger Aktivitat in Form subjektiver wie objektiver Erfahningen und Einsichten, welche die Bildung von Urteilen und Schliissen erlauben. Wissen hat damit einen (relativ) langfristigen Charakter.^"^ Es wird aus Information durch Bewertung, Einordnung in Zusammenhange und Einbringen von Erfahrung gebildet.^^ Abbildung 3-2 stellt abschlieBend die verschiedenen Begriffe entsprechend ihrer im weiteren Verlauf verwendeten Begriffsauffassung gegeniiber. Im Mittelpunkt steht dabei die organisationale Begriffsauffassung der Information. Eng damit verbunden ist schlieBlich die Kommunikation. Kommunikation bezeichnet den Process des f^elbe^iogenen Austausches von Informationen zwischen Partnern und technischen Systemen und kann sowohl zwischen Menschen („soziale Kommunikation") als auch zwischen Maschinen oder auch zwischen Menschen und Maschinen erfolgen.^^
3.2 Okonomische Bedeutung der Information Die Rolle der Information fiir die betriebliche Leistungserstellung lasst sich aus vier Blickwinkein betrachten: Information als Produktionsfaktor, Information als wesentliches Element der zwischen- und innerbetrieblichen Arbeitsteilung, Information als okonomisches Gut sowie Information als Mittel zur Positionierung des Unternehmens im Wettbewerb. Aus diesen Bedeutungsebenen folgen die Eigenschaften und Rollen der luKTechnologie im betrieblichen Einsatz, die in Abschnitt 3.3 betrachtet werden.
In der traditionellen Mikrookonomie besitzen Informationsaktivitaten im Grunde keine Bedeutung, da die Pramisse vollstandigen Wissens iiber die Handlungsmoglichkeiten und Umweltzustande gilt. Alle entscheidungsrelevanten Informationen sind in den Preisen verkorpert. Damit fiihren Beschaffung und Verarbeitung von Informationen in diesem voUkommenen Markt zu keinerlei Ressourcenverbrauch.^o Auch die klassische Entscheidungstheorie geht von einem gegebenen Informationsstand der Akteure aus. Betrachtet werden unter der Annahme eines rationalen Verhaltens die Auswirkungen von Sicherheit und Risiko. Die Kosten der Beschaffung zusatzlicher Informationen und deren Nutzen sind nicht relevant.^^
67 68 69
70 71
Vgl. Lehner et al. (1995), S. 266. Siehe auch Spinner (1994), S. 24-33 Vgl. Tsichrit2is (1995), S. 106. Vgl. Fournier (1994), S. 35; Raff (1991), S. 10; Szyperski (1980), S. 142. Ahnlich wie beim Informationsbegriff findet sich auch beim Kommunikationsbegriff eine Vielzahl verschiedener Definitionen und Abgrenzungen, von denen Merten (1977), S. 168-182 beispielsweise 160 gegeniiberstellt. Vgl. Fournier (1994), S. 38; Picot/Maier (1993), S. 36. Vgl. Picot/Maier (1993), S. 35.
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3 Entmcklungslinien neuer luK-Tecbnologien
Die neuere mikrookonomische Theorie und auch die Industriebetriebslehre'^2 gehen jedoch von weniger restriktiven Annahmen aus. Die wertschopfende Leistung von Unternehmen ist Ergebnis der effektiven und effizienten Transformation von Froduktionsfaktoren in GiiterJ^ Unternehmerischen Entscheidungen iiber die Beschaffung und den Einsatz der Inputs zur Erstellung marktfahiger Produkte und Dienstieistungen gehen stets Informationsbeschaffiingsprozesse vorausJ^ Gutenberg weist der Information (und auch der Kommunikation) deshalb die Eigenschaft eines limitationalen Produktionsfaktors zu, also eines Guts, dessen Einsatz fiir den Vollzug der Produktion aus technischen oder wirtschaftlichen Griinden notwendig istJ^ In seinem Produktionsfaktorenschema"^^ sind Information und Kommunikation allerdings nicht als eigenstandige Komponente angefLihrt,"^"^ sie konnen aber am ehesten dem dispositiven Faktor zugeordnet werden. Information ist so ein Bestandteil von Entscheidungen oder der Planung, der eine Unternehmung befahigt, die Elementarfaktoren sinnvoll (d.h. im Sinne maximaler Ergiebigkeit) zu kombinierenJ^ Mit steigender Menge relevanter Informationen kann ein Unternehmen eine groBere Anzahl von Handlungsalternativen beriicksichtigen. Damit steigt die WahrscheinHchkeit der Beriicksichtigung und Auswahl der situativ besten Alternative. Allerdings sind Informationen kein Bestandteil des dispositiven Faktors selbst, sondern gleichermaBen Input wie Output der dispositiven TatigkeitenJ^ Informationen liefern den wichtigsten Beitrag zur Funktion des dispositiven Faktors, der wiederum unabdingbar fur die produktive Kombination der Elementarfaktoren ist. Diese Argumentationskette kann den Status der Information als selbstandigen Produktionsfaktor begriinden.^^
72 73 74 75
76
77
78 79 80
Siehe zum Forschungsfeld der Industriebetriebslehre Heinen (1991), S. 7£; Zahn/Schmid (1996), S. 8-16. Vgl. Gutenberg (1979), S. 8. Vgl. Gutenberg (1979), S. 268; Szyperski/Winand (1989), S. 133. Vgl. Gutenberg (1979), S. 267. Siehe zum Begriff des Produktionsfaktors Beuermann (1996), Sp. 1494f. Zur Interpretation der Information als wirtschaftliches Gut - notwendige Voraussetzung fiir ihre Interpretation als Produktionsfaktor - siehe Ernst (1990), S. 56-59. An dieser Stelle soil nicht die Frage der Sinnhafrigkeit oder Problematik des Gutenbergschen Produktionsfaktorenschemas gesteilt werden. Dieses wird - als bekanntestes Produktionsfaktorenschema der deutschsprachigen Betriebswirtschaftslehre - exemplarisch herangezogen, um die Einordnung der Information als betrieblichen Faktor zu demonstrieren. Siehe fiir eine Beschreibung des Schemas Gutenberg (1979), S. 2-8. Auch die anderen verbreiteten Systematiken von Produktionsfaktoren in der Literatur weisen die Information nicht expHzit aus. Vielmehr werden meist eher intuitiv die Bedeutung der Information fiir die Entscheidungsunterstiitzung bzw. die Bedeutung der quantitativen und qualitativen Informationsversorgung fiir ein Unternehmen diskutiert, vgl. Lehner et al. (1995), S. 171. Vgl. Lehner et al. (1995), S. 182. Vgl. Lehner et al. (1995), S. 182-184. Vgl. Bode (1993), S. 91; Kern (1992), S. 16; Lindemann (1970), S. 93f
3 Entmcklungslinien neuer luK-Technologien
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Jedoch erscheint es zu vereinfachend, Information lediglich dem dispositiven Faktor zuzurechnen.^^ Auch die Elementarfaktoren sind untrennbar mit Informationen verbunden.82 SQ kann Information auch als lF(?r^j/^aufgefasst werden, der im Produktionsprozess untergeht (z.B. in Form einer Flugreservierung fur einen Betriebsangehorigen). In modernen Betriebsmitteln bildet die Informationsverarbeitung einen wesentiichen Bestandteil der Produktionsmittel. Die Steuerungssoftware einer CNC-Maschine binder Informationen an die Betriebsmittel, und auch die Werkverrichtung mit einem einfachen mechanischen Betriebsmittel folgt einem bestimmten Programm, das als „verkorperte Information"^^ interpretiert werden kann. Gleiches gilt fur die objektorientierte Arbeit. Erfahrungen der Mitarbeiter (z.B. Beurteilung einer Arbeitssituation) reprasentieren individuelle Informationen. Werden diese Erfahrungen in einer Betriebsanweisung gespeichert, stehen sie auch dauerhaft und ungebunden dem Unternehmen als Elementarfaktor (Information auf der organisationalen Ebene) zur Verfugung. Informationen konnen daher weder eindeutig noch ausschlieBlich einem oder mehreren Produktionsfaktoren zugeordnet werden.^^ Abbildung 3-3 versucht so eine Einordnung der Information in das Schema der produktiven Faktoren nach Gutenberg, das in seinem Aufbau nicht verandert, sondern um einen expHziten Ausweis der Information erganzt wird.
Elementarfaktoren Abbildung 3-3: Erweitertes Produktionsfaktorenschema unter Einbezug von Information und Kommunikation
81
82 83 84
Vgl. dagegen Schuhe-Wischeler (1995), S. 43f. Auch Wittmann ordnet die Information ausschlieBlich dem dispositiven Faktor zu: Information sei zweckorientiertes Wissen, wobei sie zum Zweck „einer moglichst vollkommenen Disposition eingesetzt wird." (Wittmann (1959), S. 14). Siehe hierzu Kuhlmann (1997), S. 45 und ausfiihrlich Zimmermann (1972). Bode (1993), S. 81. Aber auch ihre Einordnung auf einer eigenen Ebene wie beispielsweise bei Kern/Fallaschinski (1979), S. 17f. oder Eiff (1991), S. 550, losgelost von den iibrigen Faktoren, erscheint aufgrund der aufgezeigten Bindung zwischen Information und den Faktoren nicht adaquat.
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3 Entmcklungslinien neuerluK-Technologien
Eine wesentliche Bedeutung kommt der Information und Kommunikation zweitens im Rahmen des Votings der arheitsteilig organisierten lueistungserstellung von Industriebetrieben 2u.^5 Ursache der (inner- wie zwischenbetrieblichen) Arbeitsteilung ist die begrenzte Informationsaufnahme eines Individuums oder einer Organisation. Unter Informationsgesichtspunkten ist die Arbeitsteilung deshalb vorteilhaft, um die Informationsaufnahme-, verarbeitungs- und -speicherkapazitat zu erhohen.^^ Daraus folgt jedoch eine Entkopplung der Aufgabenerfullung in raumlicher und zeitlicher Hinsicht, die der zieiorientierten Koordination und Synchronisation der Aktivitaten bedarf. Die einzelnen Aufgabentrager miissen iiber Informationen beziiglich des Aufgabeninhalts und der damit verbundenen Handlungsanweisungen verfiigen sowie sich gleichzeitig mittels gegenseitiger Kommunikation auf gemeinsame Handlungsziele der Organisation abstimmen (Vorgang der Koordination). Informationen zur VerwirkHchung der okonomischen Vorteile einer Arbeitsteilung werden in alien Funktionen eines Unternehmens benotigt. Sie sind nicht substituierbar und leisten einen wesentlichen Beitrag zur Leistungserstellung. Die Informationsverteilung zwischen arbeitsteilig organisierten Einheiten bildet neben der Informationsbeschaffung eine weitere Aufgabe des dispositiven Faktors.^"^ Information kann aus einer dritten Perspektive als immaterielles okonomisches Gut aufgefasst werden. Sie stellt dann ein wirtschaftliches Gut dar, wenn sie sich erstens zur Befriedigung menschlicher Bediirfnisse eignet, zweitens diese Eigenschaft vom Menschen erkannt wird und drittens die Information fiir den Nachfrager tatsachUch verfiigbar ist. Die ersten beiden Bedingungen sind offensichtlich erfiillt (Streben nach rationalen Entscheidungen, Notwendigkeit der Information fiiir rationale Entscheidungen), die Verfiigbarkeit ist jedoch kritisch zu betrachten. Denn der Wert einer Information hangt gerade im unternehmerischen Umfeld von ihrer Nichtverfiigbarkeit fiir andere Wirtschaftssubjekte ab. Zudem unterliegt Information keiner Abnutzung, so dass die Gesamtmenge an verfiigbarer Information standig zunimmt. SchlieBlich wird die Verfiigbarkeit eines Gutes in einer Marktwirtschaft iiber einen Markt geregelt. Der Markt fiir Information an sich ist jedoch recht diffiis und erstreckt sich von aktuellen Informationen in den Medien iiber Lieferdaten bis hin zu Each- und Forschungsinformationen. SchlieBlich ist die Verfiigbarkeit von Information stets an dazugehorige materielle Tragermedien gebunden (Papier, Datentrager, Eintrittskarte), die aus klassischer okonomischer Sicht die primar erworbenen Giiter sind. Von einer hoheren Ebene betrachtet ist jedoch die in den Medien enthaltene Infor-
85 86 87
Vgl. Heinen (1991), S. 9. Vgl. Arrow (1984), S. 146. Vgl. 2u diesem Abschnitt Lehner et al. (1995), S. 184; Simon (1981), S. 135; Wittmann (1990), S. 7. Siehe 2um Begriff der Koordination genauer Gebauer (1996), S. 19-25.
3 Entwicklungslinien neuer luK-Technologien
23
mation fur den Erwerber nutzenstiftend und damit Erwerbsgrund.^^ Damit besitzt Information insgesamt den Status eines okonomischen Guts. Dies wird auch durch die zunehmende Bedeutung der Information als Teil des Outputs von Industriebetrieben, bei denen eigentlich die materielle Leistungserstellung im Vordergrund steht, unterstrichen. In Form .Jntelligenter Vrodukti' werden Informationen als Output am Markt angeboten (d.h. materieUe Produkte mit einem hohen Softwareanteil; siehe auch Abschnitt 7.4.2). Die vierte okonomische Bedeutung der Information beruht auf der Rolle der systematischen Entdeckung und Ausnutzung von Informationsvorsprungen als Grundlage des Wettheiverhs in dynamischen Markten. Hier liegt der Ursprung unternehmerischen Handelns. Nach Hayek liegt das Grundproblem der Koordination wirtschaftlicher Aktivitaten in der asymmetrischen Informationsverteilung.^^ Die asymmetrische Verteilung der Information und die Entdeckung neuen Wissens machen den Sinn des Wettbewerbs aus. Bei Gleichverteilung von Information wiirde es keinem Akteur gelingen, iiber dem Kapitalmarktdurchschnitt Hegende Renditen zu erwirtschaften. Wettbewerbsvorteile ergeben sich erst dann, wenn ein Akteur Informationsdefizite iiberwinden kann.^^ Kit^er fasst diesen Zusammenhang mit seinem Konzept der „unternehmerischen Findigkeit" zusammen, das die Entdeckung ungleich verteilter Information in den Mittelpunkt untemehmerischer Tatigkeit steUt. Entsprechend der Theorie der „Osterreichischen Schule" sind Markte nicht mehr wie in der klassischen Mikrookonomie Orte kostenloser und friktionsfreier Koordination, sondern konnen als pro^sshaftes Geschehen verstanden werden, bei dem unter unvoUstandiger Information und Unsicherheit Transaktionen zwischen den Marktpartoern ablaufen. Durch die Aufnahme wirtschaftlich relevanten Wissens iiber gehandelte Leistungen und die Transaktionspartner kann die Unsicherheit reduziert werden. In der Folge hat Information eine zentrale Bedeutung fur die Marktteilnehmer, ein Informationsvorsprung wird zur Quelle eines Wettbewerbsvorteils. Ein Markt ist so nicht nur der Ort des Zusammentreffens von Angebot und Nachfrage, sondern auch und vor allem eine Abfolge von Wissensverdnderungen?^ Das Unternehmen wird als Teilnehmer des Marktprozesses gesehen, der Informationen nicht nur zur Reaktion auf Umweltveranderungen, sondern auch zum Hervorrufen von Umweltanderungen durch unternehmerische Entscheidungen benotigt. Die unternehmerische Idee beruht auf dem Informationsvorsprung, wie der Transformationsprozess zwischen diesen beiden Spharen - Information und praktische Nutzung - am besten zu gestalten ist. „Die unternehmerische Arbitrage resul88
89 90 91
Vgl. zu diesem Abschnitt Kolatek (1994), S. 20; Hiibner (1996), S. 2. Miiller-Merbach (1997), S. 3 spricht so von „Information als virtuelles Wirtschaftsgut". Zum Information als offentliches Gut siehe Allen (1990), S. 268271. Vgl. Hayek (1954), S. 521. Vgl. Picot/Maier (1993), S. 36; Siegert (1997), S. 128. Vgl. Kirzner (1978), S. 29f.; Zerdick et al. (2001), S. 138.
24
3 Entwicklungslinien neuer luK-Technologien
tiert aus einem kreativen Briickenschlag zwischen bislang vollig unverbundenen bzw. unvollkommen verbundenen Informationsspharen mit Hilfe unternehmerischer Ideen."^^ In der systematischen Definition dieses „Bi^ckenschlags" wird die Strategie eines Unternehmens begriindet.^^ Die ungleiche Informationsverteilung zwischen den Marktteilnehmern verursacht einen hohen Koordinationsaufwand zur Durchfiihrung von Transaktionen. Diese Aktivitaten umfassen in der Kegel die Vereinbarung, Abwicklung, Kontrolle und Anpassung einer Transaktion und verursachen Kosten der Information und Kommunikation (Transaktionskosten; siehe auch S. 139, 325). Aufgrund der stark vorangeschrittenen Arbeitsteilung entwickelter Volkswirtschaften, die zwar eine hohe Effizienz der Wertschopfung erlaubt, aber auch einen erhohten Koordinationsaufwand bedeutet, bilden Transaktionskosten einen wesentiichen Bestandteilam Bruttosot^alprodukt tmtt Nation..^^
3.3 Informations- und Kommunikationstechnologie Eine Vielzahl tief greifender Innovationen sowie Verbesserungen bestehender Technologien ermoglicht heute einen vollig neuen Umgang mit Information. Diese Potentiale bilden den technischen Hintergrund der Informationsgesellschaft. Unter dem Begriff Informationstechnologie wird ein weiter Bereich von Einzeltechnologien zusammengefasst, der die Gesamtheit der zur Speicherung, Verarbeitung und Kommunikation zur Verfiigung stehenden Ressourcen eines Unternehmens sowie die Art und Weise, wie diese Ressourcen organisiert sind, umfasst.^^ Da die zunehmende Konvergenz immer mehr zu einer Kombination der Informationsgewinnung, -verarbeitung und -speicherung mit dem Vorgang der Informationsubermittiung (Kommunikation im technischen Sinne) fuhrt, soil im Folgenden stets von Informations- und Kommunikationstechnologie gesprochen werden. Dieser Begriff beschreibt alle Technologien auf der Basis der Mikroelektronik, Computertechnik, digitalen Ubertragungstechnik sowie der optischen Nachrichtentechnik, die der Erfassung, Verkniipfung, Auswertung, Speicherung, Darstellung und Ubertragung sowie Ausgabe von Informationen dienen. Er umfasst die Bereiche Hardware, Software und Netztechnologien (siehe Abbildung 3-4).^^ Die fur die weiteren Ausfuhrungen relevanten
92 93
94 95 96
Picot/Reichwald/Wigand (2003), S. 37-38. Vgl. Zahn (1997), S. 120. Auch die von Schumpeter (1987), S. 99f. beschriebene Innovationsfunktion des erfolgreichen Unternehmers, der durch die Verwirklichung neuer Ideen Ungleichgewichtssituationen auf den Markten herbeifiihrt („sch6pferischer Zerstorer"), basiert auf Information und Wissen als zentralem Innovationsfaktor. Vgl. WaUis/North (1986), S. 121; Zerdick et al. (2001), S. 132. Vgl. Krcmar (1997), S. 31. Zwischen luK-Technik und luK-Technologie wird in dieser Arbeit nicht unterschieden, siehe fiir eine Abgrenzung dieser Begriffe Pfau (1997), S. 9-11; Schiiler (1991), S. 290f. Vgl. Fournier (1994), S. 46. AhnUch Fink (1998a), S. 10; Wittmann (1980), Sp. 896; Zerdick et al. (2001), S. 100.
3 Entmcklungslinien neuer luK-Technologien
25
Techniken werden jeweils innerhalb eines konkreten Anwendungszusammenhangs in den folgenden Kapiteln vorgestellt. ^'^ An dieser Stelle sollen vielmehr Entwicklungstrends und Eigenschaften heutiger luK-Technologien dargestellt werden. Das haufig und auch in dieser Arbeit verwendete Attribut neue luK-Technologien soil dabei auf die durch den technischen Fortschritt ermoglichte Leistungssteigerung dieser Technologien und die damit verbundenen Potentiale hinweisen. Neue luK-Technologien sind folglich die Technologien, die die im Folgenden beschriebenen Trends umsetzen.^^ Informations-und KommunikationstBchnologie Alle Technologien auf Basis der MIkroelektronik, Computertechnik, der digitalen Ubertragungstechnik sowie der optischen Nachrichtentechnik, die der Erfassung, Verknupfung, Auswertung, Speicherung, Darstellung und Ubertragung sowie Ausgabe von Infornriationen dienen
,^.^.,.. | M | ^ ^ ^ g ^ ^ H P
..^ ^ „ ^ P^^A^.^ Hardware: GrolJrechner, PCs. ASICs, Peripheriegerate, Massenspeicher, Server, Multifunktionsterminals, Telefone
ife. _ ^mT Netztechnologie: Infrastruktur, UbertraW ^ gungsprotokolle, Vermittlungsgerate etc. •••••i .^.^ « * | * Software: Systemsoftware, Anwendungs^ ^ R software, Softwareentwicklungswerkzeuge ^^^^
Abbildung 3-4: Einzeltechnologien der luK-Technik
In Erweiterung der Gliederung von Picot/ReichiPa/d/Wigan^^ sollen im Folgenden die aus betriebswirtschafdicher Sicht wichtigsten Entwicklungstendenzen der luK-Technologie skizziert werden, die die Grundlage fiir neue und innovative Wertschopfungsprozesse in der Industrie bildeni^o^ •
Kjopa^tdts- und'Leistungssteigerung:Die stetige Zunahme des Leistungsvermogens von Rechnern und Netzwerken - in den meisten Fallen im logarithmischen MaBstab - war der offenkundigste Entwicklungstrend der luK-Technik in den letzten Jahren und ist Voraussetzung vieler weiterer Entwicklungen. Neben der Zunahme Leistung gilt die zunehmende Vemet^ng einzelner luK-Anwendungen als grundlegende Technologie der Informationsgesellschaft. Offenheit, Standardisierung und Skalierharkeit: Moderne luK-Strukturen zeichnen sich durch die Kombination verschiedener Systeme und einen modularen Aufbau aus, der
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Siehe hierzu auf einer abstrakten Ebene beispielsweise Pfau (1997), S. 39-63. Auf die Entwicklungsgeschichte der luK-Technologie soil hier nicht eingegangen werden. Siehe fiir eine anschauliche Schilderung z.B. Connors (1993), S. 65-108; Griindler (1997), S. 29-36; Jonscher (1994), S. 9-28. Siehe Picot/Reichwald/Wigand (2003), S. 145-188. Im Folgenden erfolgt keine Erklarung der technischen Begriffe und Grundlagen; siehe hierzu z.B. in kompakter Form die jeweiligen Stichworte in Mertens (1997b).
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i Entivicklungslinien neuer luK-Technologien
die schnelle und reibungslose Erganzung neuer Komponenten zulasst.i^^ Die zunehmende Leistungsfahigkeit der Technologien erlaubt heute in vielen Fallen den Riickgriff auf ubergreifende Standards ohne funktionale EinbuBen. Eng damit verbunden ist die Skalierbarkeit. Skalierbarkeit bedeutet, dass ein und dieselbe Ressource entsprechend der benotigten Leistung in verschiedenen Qualitatsklassen genutzt werden kann, die jeweils unterschiedliche Preise haben. Viele der neuen luK-Technologien weisen durch die zunehmende Leistungssteigerung auf der einen und die Offenheit auf der anderen Seite heute eine fast beliebige Skalierbarkeit auf. Ein Beispiel sind moderne Client/Server-Architekturen. •
De^entralisierung und Verteilung: Ein dritter Entwicklungstrend ist die Auflosung zentraler Strukturen sowohl auf der Ebene der Anwendungsprogramme als auch bei der Datenhaltung. Voraussetzung fur die so entstehenden heterogenen Systemlandschaften ist die Standardisierung und die Uberwindung der anwendungsiibergreifenden Ubertragungsprobleme.
•
Integration: Die bislang beschriebenen Entwicklungen ermoglichen einen weiteren Trend: die Integration.^o^ gs kommt zu einer Zusammenfiihrung funktionaler Eigenschaften von Hard- und Software, die durch eine Integration von Datenstromen und Datenbestanden erganzt wird. Die offenkundigste Integration erfolgt hinsichtlich der Konvergenz der Medien. Medienintegration bezeichnet die computergesteuerte Speicherung, Bearbeitung und Wiedergabe sowie Ubertragung von Kombinationen aus Text, beweglichen und stehenden Bildern und Ton.^^^ Dariiber hinaus kommt es zu einer zunehmenden Konvergenz des Computer- und Telekommunikationsbereichs, d.h. die entsprechenden Endgerate nehmen beide Aufgaben war. Auf inhaltlicher Ebene steht heute im Mittelpunkt des Einsatzes eines solchen integrierten (und integrierenden) Softwarepaktes aber die interorganisationak Datenintegration. Im Rahmen des Schlagworts Supply Chain Management sollen alle Elemente eines Geschaftsprozesses von Zulieferern, Produzenten, Handlern und Abnehmern informatorisch zusammengefuhrt werden. Ziel ist dabei weniger die Beschleunigung des Datenaustausches oder eine Reduktion der Kommunikationskosten, sondern vielmehr die umfassende Koordination der Aktivitaten innerhalb eines logistischen Netzwerks im Sinne einer Abstimmung der Informations- und Kommunikationsprozesse mit den Giiterfliissen.
•
Informatorische Vemet^ng auf Basis der Intemet-Technologie: Der Trend zur informatorischen Vemet^ng beschreibt die Uberbriickung der Schnittstellen zwischen den unterschied-
101 102 103
Vgl. Gnindler (1997), S. 38, 47; Tapscott (1995), S. 107-110; Zerdick et al. (2001), S. 209. Vgl. AntoneUi (1995), S. 6; Baldwin et al. (1996), S. 4; Garnham (1995), S. 70; Hiibner (1996), S. 160; Picot/Reichwald/Wigand (2003), S. 70. Vgl. Garnham (1995), S. 70.
3 Entmcklungslinien neuer luK-Technologien
27
lichsten intra- wie interorganisationalen Systemen zum Zwecke der Transaktionsunterstiitzung, Nutzung gemeinsamer Datenbestande, Prozessverkniipfung, Verhandlung sowie des Wissenstransfers (siehe Abbildung 3-5). Diese technische Sicht wird in der betrieblichen Realitat jedoch von einer organisationalen Sicht iiberlagert: Die okonomische Bedeutung der Information und Kommunikation beruht, wie in Abschnitt 3.2 gezeigt, ganz wesentlich auf ihrem Beitrag zur arheitsteiligen Ahmcklung und Koordination wirtschaftlicher Aktivitat als Kernelement moderner Volkswirtschaften. Damit andert sich auch die Art und Weise des Vollzugs wirtschaftlicher Aktivitat, indem okonomisch zweckmaBigere Koordinationsformen entstehen. Genau dies ist derzeit in der Industrie zu beobachten: Eine schnellere, kostengiinstigere, raum- und zeitiiberbriickende Dateniibertragung und Informationsverarbeitung ermoglichen Organisations formen, die zwar schon immer latent erwiinscht waren, aber nicht reaHsierbar schienen. Ganz aktuell findet diese Vernetzung aber eine weitere Ebene: der Einbezug des Kunden als aktiver Partner industrieller Wertschopfung. Die im weiteren Verlauf der Arbeit gebildete Konzeption von Mass Customization setzt genau hier an.^^^
Aufgabe
ErklSrung
Transaktionen, elektronischer Datenaustausch
Das Netzwerk dient dem Austausch von Attributen z.B. einer Bestellung, Lieferung oder Zahlungsanweisung, die auf vereinbarten Standards basieren. Im einfachsten Falle bedeutet dies lediglich dezentrale Primardateneingabe und -erfassung und Ubermittlung an ein System (Verkaufsdaten, Lohndaten etc.). Oft aber besteht auch die Notwendigkeit einer interaktiven Reaktion (Reise-Reservierung; Obermittlung des Lieferzeitpunkts nach Bestelleingang etc.).
Nutzung gemeinsamer Datenbestande
Uber den Austausch von Attributen hinaus wird den Beteiligten Zugriff auf Datenbestande verschafft. Belsplele: Informationsabruf im Rahmen einer Kreditprufung, Kontoabfrage etc.; Bewirtschaftung eines Lagers beim Abnehmer durch Lieferant; Ruckgriff auf gemeinsame Produktdaten in der Entwicklung etc.
Prozessverkniipfung
Durch die funktionale Integration der Informationssysteme mehrerer Organisationen konnen Prozesse uber den Datenaustausch hinaus uberbetrieblich verbessert werden. Die Verbindungen zwischen den einzelnen Programmen sind weitestgehend automatisiert, d.h. frei von menschlichen Eingriffen. Teilweise steht die technische Ebene im Vordergrund (Fernsteuerung und -kontrolle von Maschinen und Aniagen, Fernwartung), vermehrt aber auch die organisationale (Stichwort ..Supply Chain Management").
Verhandlung und Wissenstransfer
Verknupfung von ..weichen" Prozessen. Unternehmensijbergreifende Diskussionsgruppen, Zugriff auf Wissensdatenbanken und gemeinsame Verwendung von Expertensystemen, gemeinsame Entwicklung. Anwendungsfall sind z.B. Konferenzsysteme.
Abbildung 3-5: Aufgaben der informatorischen Vernetzung aufdertechnischen Ebene^^^
104 105
Vgl. Picot/Reichwald/Wigand (2003), S. 71. Siehe 2um Kunden als Wertschopfungspartner Reichwald/Piller (2002), (2003), (2006). In Anlehnung an Fit2gerald/Dennis (1996), S. 9; Sieber (1997), S. 203.
28
3 Entmcklungslinien neuer luK-Technologien
•
Electronic Commerce: Als umfassende Konzeption fiir die mit Hilfe der neuen luK-Technologien elektronisch realisierte Anbahnung, Aushandlung und Abwicklung von Geschaftstransaktionen zwischen Wirtschaftssubjekten - nichts anderes bedeutet eine arbeitsteilige Leistungserstellung - hat sich der Ausdruck'ElectronicCommerce etabliert. Er bezeichnet die „integrierte Ausfiihrung aller informationellen Bestandteile okonomischer Prozesse iiber digitale Kanale."^oierung ein Wettbewerbsnachteil entsteht. Die Preise der Standardprodukte werden zu hoch angesetzt, und giinstigere Wettbewerber verdrangen den Anbieter aus dem Volumengeschaft.'^^^
480 481 482
Siehe hierzu ausfuhrUch Adam (1998), S. 41 £ Vgl. Kluge et al. (1994), S. 65. Vgl. zu diesem Abschnitt BouteUier/Schuh/Seghezzi (1997), S. 58f.; Eversheim/Schenke/Warnke (1998), S. 31;Schuhetal. (1998),S.79.
6 KMndenspet^tsche Produktion als Reaktion aufdie neuen Wettbemrbsbedingunger
135
Menge - Preise - Kosten
Absatz stagniert - Preiswettbewerb - Uberkapazitaten
Die Komplexitatsfalle
•
Mit Bedienung von Nischen nimmt Produktvielfalt zu
Komplexitatskosten steigen ohne bedeutende Zunahme des Marktanteils
Wettbewerbsfahigkeit des Unternehmens laftt nach
Kosten fur das gesamte Sortiment erhShen sich
Abbildung 6-5: Komplexitatsfalle als Resultat einer verfehlten Nischenpolitik^^^
Eine mangelnde Transparenz der Ursachen und Wirkungen fiihrt dazu, dass nur die Symptome der Komplexitat angegangen werden, nicht aber ihre Ursachen selbst im Mittelpunkt geeigneter MaBnahmen stehen. Die hohe Komplexitat als Folge der Ausweitung des Angebots fiihrt zu einem stark steigenden Koordinationsbedarf, zu dessen Beherrschung oft groBe Investitionen in luK- und Managementkapazitaten getatigt werden, die die variantenbezogene Komplexitat zwar besser handhaben, aber nicht senken konnen (und im Gegenteil - siehe Produktivitatsparadoxon - selbst zu komplexeren Strukturen fiihren). Die Unternehmen geraten in die Komplexitatsfalle (Abbildung 6-5 unten). Die Ausstattungsinvestitionen
483
Verandert entnommen aus Boutellier/Schuh/Seghe2zi (1997), S. 58 (oben); Rommel et al. (1993), S. 36 (unten).
136
6 Kundenspe'^ische Produktion als Reaktion aujdie neuen Wetthewerhshedingungen
fiihren zu einem Anstieg der Stiickkosten, denen oft keine entsprechenden Zusatzerlose gegeniiberstehen. Damit fiihrt (vermeintliche) Kundenorientierung zu sinkenden Ertragen.^s^ Aus meiner Sicht gibt es vor allem eine Ursache fiir diese Misere: Der Fehler vieler Variantenfertiger war und ist, dass der indirekte Kontakt zum Kunden als wesendiches Kriterium einer klassischen Massenproduktion beibehalten wird. Die Giiter werden aufgrund von Marktprognosen und Schatzungen des Vertriebs gefertigt. Ein Einbezug des Abnehmers vor Fertigungsbeginn, um dessen genaue Wiinsche zu erfragen, findet abgesehen von Testbefragungen in der Marktforschung nicht statt. Deshalb soil diese Form der variantenreichen Produktion mit dem Begriff anonyme Variantenfertigung bezeichnet werden: dem Angebot einer groBen Zahl an Produktvarianten, aus denen jeder Abnehmer jene auswahlen soil, die seinen gewiinschten Produkteigenschaften moglichst nahe kommt. Ein solcher Variantenfertiger kann aber der erhohten Komplexitat und den damit verbundenen Kosten nicht die Vorteile gegeniibersteUen, die sich aus einer direkten Interaktion zwischen Abnehmer und Anbieter ergeben. Insbesondere die Potentiale eines Beziehungsmanagements bediirfen der direkten Interaktion von Abnehmer und Hersteller. Die Realitat fuhrt so die variantenreiche Massenproduktion immer mehr ad absurdum. Der idealisierte Prozess zwischen der Individualisierung der Nachfrage, der daraus folgenden Fragmentierung der Markte in heterogene Nischen, die von den Untemehmen durch den Einsatz modemer Fertigungstechnologien und neuer Methoden der Forschung und Entwicklung mit immer neuen, nischenspezifischen Varianten versorgt werden konnen, ist nicht grenzenlos steigerbar. Haufige Nachfrageschwankungen, schrumpfende Markte und kiirzere Lebenszyklen fiiir Produkte lassen nicht mehr die Zeit, GroBendegressionseffekte zu verwirklichen. Zudem gehen viele Produktvariationen an den Bediirfnissen der Kunden vorbei.^^s Vor allem aber stehen der steigenden Komplexitat mit Ausnahme einer Annaherung an die Praferenzstruktur der Kunden keine neuen erlosseitigen Potentiale gegeniiber.
6.4
Einzelfertigung
6.4.1 Grundlagen der Einzelfertigung Im Gegensatz zur herkommlichen variantenreichen Produktion hebt eine kundenindividuelle Produktion die Anonymitat des einzelnen Nachfragers auf. Eine echte Individualisierung der
484 485
Vgl. Becker (1992), S. 172f. AhnHch auch Kahn (1998), S. 47; Stalk/Webber (1993), S. 93f.; Zahn/Schmid (1996), S. 87.
6 ¥Mndenspe^tscbe Produktion ah Reaktion aufdie neuen
137
Produktion stellt deshalb auch keine „weitgehende Form der Marktsegmentierung"486 (^^r, sondern folgt einem grundlegend anderen Ansate, indem sie die Leistung an die Anforderungen anpasst, die der jeweilige Abnehmer an sie stellt. Ergebnis ist die „optimale Zusammenstellung von Produkteigenschaften aus Sicht eines Kaufers."487 Y>{^ Individualisierung kann sowohl am materiellen (tangiblen) Kernprodukt (z.B. Maschine) als auch an begleitenden (intangiblen) Diensdeistungen (z.B, Finanzierungsplanung, Schulungen) ansetzen (Abbildung 6-6)."^^^ Der erste Fall entspricht einer klassischen E^in^lfertigung im engeren Sinne. Wahrend ein Angebot vorgefertigter Varianten dem Nachfrager lediglich die Auswahl der Variante ermoglicht, die seinen Bediirfnissen am ehesten entspricht, wird bei einer Einzelfertigung die Produktion erst gestartet, wenn der Kundenauftrag vorliegt und die Konstruktion einen Produktentwurf erarbeitet hat, der den Anforderungen des Kunden gerecht wird. Der Produktionsprozess ist individuell zu planen und durchzufiihren und vollzieht sich in der Kegel in einer Werkstattfertigung.
Individualisierung des tangiblen (materiellen) Leistungsangebots, Jewells bezogen auf die Funktion, die Qualitat Oder das Design des Produkts
Produktanpassungen Sonderanfertigungen (kundenbezogene Variantenfertigung) Einzelanfertigungen
Individualisierung des intangiblen (im- • materiellen) Leistungsangebots in Form der Erganzung des Produkts um • Dienstleistungen
Erganzung um Primardienstleistungen (Vermarktung unabhangig vom Produkt) Erganzung um Sekundardienstleistungen (Vermarktung im Verbund mit dem Produkt) transaktionsbezogene Kommunikation transaktionsunabhangige Kommunikation
• •
Abbildung 6-6: Mogiichkeiten einer einzelkundenbezogenen Leistungserstellung^^^
Damit ergeben sich als wesentliche Kenn^^eichen einer Einzelfertigung die auftragsbezogene Kalkulation, ein geringer Vorfertigungsgrad, ein hohes Flexibilitatsbediirfnis in alien Fertigungsstufen und die individuelle Erstellung der Fertigungsunterlagen (Stiicklisten, Arbeits- und Terminplane, Konstruktionsplane etc.).'^^^ Davon abzugrenzen ist die kundenhe-
486
487 489 490
So z.B. Koder/Bliemel (1995), S. 423. Eine Individualisierung kann auf einer Marktsegmentierung beruhen, wenn beispielsweise der Gesamtmarkt anhand soziodemographischer Merkmale in mehrere Gruppen eingeteilt wird und dann die Mitglieder einer Gmppe kundenspezifisch behandelt werden, vgl. Hildebrand (1997), S. 27. Brockhoff (1988), S. 165. Vgl. Homburg/Weber (1996), Sp. 655f. In Anlehnung an Homburg/Weber (1996), Sp. 655f. Vgl. Adam (1998), S. lOf., 22; Gutenberg (1979), S. 99f.; Zahn/Schmid (1996), S. 131. Die Einzelfertigung wird in der Industrietypologie Schafers (1978), S. 70-74, dem „Merkmal der Verwirklichung des Massenprinzips" zugeordnet und von Schafer explizit von einer „Produktion auf Bestellung" als Merkmalsauspragung der Marktbeziehungen abgegrenzt; siehe Schafer (1978), S. 87-89. Jedoch ist an dieser Stelle entsprechend des
138
6 Yjindenspe^qftsche Produktion ah Reaktion aufdie neuen Wettbewerhshedingungen
t^ogene Variantenfertigung im Sinne von Sonderanfertigungen, bei denen Eigenschaften von Produkten, die normalerweise als Standardprodukte fur einen groBen Markt hergestellt werden, fur einen einzelnen Abnehmer individuell festgelegt werden. Hierbei bietet der Betrieb bestimmte Grundtypen von Erzeugnissen an, die nach den Wiinschen des Kunden erweitert bzw. umkonstruiert werden.^^i Dariiber hinaus bieten in beiden Fallen auch die das materielle Kernprodukt begleitenden Dienstleistungen einen Ansatzpunkt zur Individualisierung der Absatzleistung, indem ein standardisiertes Produkt durch Diensdeistungen erganzt wird, die genau auf den einzelnen Abnehmer ausgerichtet sind. Hierbei ist zum einen zu differenzieren, ob es sich um eine Individualisierung von Primdr- oder Sekunddrdienstleistungen handelt (siehe hierzu ausfiiihrlich Abschnitt 7.4.3), zum anderen, ob eine transaktionshet(ogene oder eine transaktionsunabhdngige Kommunikation abnehmerspezifisch vollzogen wird. Besonders im Industriegiiterbereich treten Anbieter und Abnehmer auch transaktionsunabhangig, d.h. auBerhalb einer konkreten Kaufabsicht, miteinander in Kontakt. Ziel ist eine mittelbare Beeinflussung des Kaufverhaltens des zukiinfdgen Abnehmers. In letzter Zeit kommt es aber auch in Konsumgiitermarkten - ermoglicht durch die Potentiale der neuen luK-Technologien - zu einer individualisierten, transaktionsunabhangigen Kundenkommunikation.492
6.4.2
Kostenwirkungen einer einzelkundenbezogenen Produktion
Ebenso wie die variantenreiche Produktion zieht auch eine Einzelfertigung im Vergleich zur Massenproduktion zusatzliche Kosten mit sich, die im Folgenden in Fortfiihrung der Argumentation aus Abschnitt 6.3.2 naher betrachtet werden sollen. Die steigenden Kosten sind auch hier vor allem auf eine hohe Komplexitat aller Unternehmensprozesse zuriickzufuhren. Da Einzelfertigung in der Kegel eine Produktion in LosgroBe 1 (pro Kunde eine Variante)'^^^ bedeutet, steigt die Variabilitdt der zu koordinierenden Aktionen und beteiligten Einheiten im Vergleich zur Variantenfertigung noch einmal an, womit die dargestellten Kompkxitdtsmrkungen verstarkt werden. Hinzu kommt bei einer einzelkundenbezogenen Produkterstellung (Einzelfertigung im engeren Sinne und kundenbezogene Variantenfertigung) noch eine starke Zunahme der Informations- und Kommunikationsintensitdt Wahrend sich der anonyme Variantenfertiger meist fiir den Absatz seiner Giiter des Handels bedient, der aufgrund seiner Biindelungsfunktion grundsatzlich komplexitatssen-
491 492 493
allgemeinen Sprachgebrauchs eine Differenzierung nicht unbedingt notwendig, da der Fall einer „Massenfertigung auf Bestellung" (z.B. Herstellung von 1 Million Schrauben nach der Spezifikation eines Abnehmers) dieselben im Rahmen dieser Arbeit relevanten Kennzeichen und Steuerungsprobleme aufweist wie eine Einzelfertigung. Im Folgenden entspricht also die „Einzelfertiung" einer „Einzelfertigung auf Bestellung" nach Schafer. Vgl. Adam (1998), S. 11. Vgl. Homburg/Weber (1996), Sp. 655f. Siehe die Abgrenzung nach Schafer in FN 490, S. 137.
6 Kundenspei^tsche Produktion als Keaktion auf die neuen Wettbewerbsbedingungen
139
kend wirkt (wenn auch hier im Vergleich zum Absatz homogener Massengiiter eine Steigemng der Komplexitat festzustellen ist), ist bei einer echten Einzelfertigung in der Kegel die direkte Interaktion zwischen Anbieter und Abnehmer vor Fertigungsbeginn notwendig, um die gewiinschte Produktspezifikation zu erheben. 6.4.2.1 Systematisierung der Kostenwirkungen Die wesentliche Aufgabe ist deshalb, das Spannungsfeld zwischen geforderter Kundennahe, kostentreibender Komplexitat und notwendiger Effizienz im Leistungserstellungsprozess zu bewaltigen. Da die Messung der Erlos- und Kostenwirkungen der internen Komplexitat und so die Fesdegung eines optimalen Komplexitatsgrades quantitativ nur schwer moglich ist (siehe S. 131), konnen Aussagen iiber die Kostenwirkungen einer Einzelfertigung wiederum nur der Tendenz nach getroffen werden. Ordnet man die Wirkungen entsprechend ihrer Entstehung innerhalh der Wertkette an, ergibt sich die in Abbildung 6-7 dargestellte Systematik. Die dort genannten Faktoren kennzeichnen in weiten Teilen auch die mit einer Variantenproduktion verbundenen Kosten, die bei einer Einzelfertigung noch verstarkt werden. Eine weitere Differenzierung der Kostenwirkungen kann nach deren Wesen in Produktionskosten im iveitesten Sinne und Transaktionskosten getroffen werden.494 Zwar ist eine Abgrenzung nicht einfach, da sich Transaktionskosten nur sehr schwer operationalisieren lassen. Dennoch scheint die Trennung aus methodisch-didaktischer Sicht sinnvoll. • Unter Produktionskosten werden aUe Kosten der Herstellung der Giiter und Leistungen im weitesten Sinne verstanden. Piierzu gehoren neben den Forschungs-, Entwicklungs- und Konstruktionskosten die Materialkosten (Einstandskosten und Lagerkosten) sowie die Distributionskosten (Handling, Transport, Dokumentation, After-Sales-Service). Wichtigster Bestandteil sind aber die Produktionskosten im engeren Sinne (Fertigungslohne, Anlagenkosten, Riistkosten, Qualitatskosten). •
Transaktionskosten sind — einfach ausgedriickt — alle Kosten, die nicht Produktionskosten sind.'^^^ Sie beruhen im Gegensatz zu den Produktionskosten in erster Linie auf Informations- und Kommunikationsaktivitaten, die bei der Ubertragung von Verfiigungsrechten im Rahmen des Leistungsaustauschs zwischen zwei wirtschaftlichen Einheiten entstehen (siehe S. 24). Zwar mangelt es einer solchen Definition an empirischanalytischer Scharfe (Quantifizierbarkeit), doch weniger als die Ermittiung der absolu-
494 495
Vgl. Albach (1988), S. 1155f.; Franck/Jungwirth (1998), S. 498. Siehe hierzu kritisch Fleck (1995), S. 92f. Vgl. Picot (1982), S. 270.
140
6 Kundenspe^tscbe Produktion ah Keaktion aufdie neuen Wettbewerbsbedingungen
ten Hohe ist die vergleichende Bewertung der mit unterschiedlichen Abwicklungsformen verbundenen Transaktionskosten relevant.'*^'^
Wertsch5pfungsaktivitat
Zunahme der Produktionskosten i.w.S.
Forschung und Entwicklung
hoherer Entwicklungsaufwand erhohter Aufwand der Stiicklistenerstellung und -verwaltung kundenspezifische Anpassungen Gefahr nicht nachfragewirksamer antizipativerVariantenkonstruktIon
Abstlmmungsprozesse bei kundenspezifischer Konstruktion von Varlanten Einschaltung extemer Entwicklungsbijros
Erhebung der kundenspezifischen Konfiguration der Leistung (Interaktion mit den Kunden)
Aufbau von Schnlttstellen zur Integration des Kunden in den Lelstungserstellungsprozess Kosten der Personalqualifizierung fiir Verkaufsgesprache
Bedarf an aufwendlger Direktkommunikation standiger Abstimmungs- und Informationsbedarf Schaffung von Vertrauen, Abbau der Unslcherheit der Abnehmer
Materialwirtschaft und Beschaffung
umfangreicliere Lagerhaltung der Vorprodukte, Eingangsmaterialien in verschiedenen Variatlonen aufwendigere Eingangskontrollen und Materialverwaltung
hdherer Aufwand des Beschaffungsvorgangs, Mindermengenzuschlage steigende Dispositions-/ Koordinationskosten durcii zunehmende Lieferantenzaiil
Produktionsplanung und Fertigung
Vertrieb und Distribution
Kundendienst
hoheres Investitionsvolumen fur flexible Produktionsanlagen geringere Produktivitat hohere Wechsel-ZRiistkosten (Arbeitskosten, Probeteile, Stillstandskosten) umfangreichereQualitStskontrolle sinkende KapazitStsauslastung der Aniagen durch hdheren Flexibilitatsbedarf Kosten hoher qualifizlerter Arbeit aufwendigere Fertlgungssteuerung Kosten aus verlorenen Effizienzvorteilen einer standardisierten Massenproduktion umfangreichere (flexiblere) Transportund Handlingssysteme aufwendigere Distribution hohere Dokumentationskosten Risikokosten der Nichtabnahme bestellter Leistungen hohere Ersatztellbevorratung hoherer Reparaturaufwand
Zunahme der Transaktionskosten
steigende Koordinationskosten bei Auslagerung von Fertigungsaktivitaten Abstimmung mit externen Zulieferern wird informationsintensiver Obertragung und Verarbeitung der Konfiguration in die Produktion Uberwachung der Einhaltung der Konfigurationsvorgabe
Beauftragung externer Dienstleister aufwendlge Auftragsbearbeitung aufwendlge Fakturlerung und Auftragskalkulation erschwerte Sekund§rdlenstleistun-
gen steigende Abstimmungskosten bei der Abwicklung von Serviceauftr^gen
Abbildung 6-7: Kostensteigerungen als Resultat einer einzelkundenbezogenen Leistungserstellung
496
Vgl. Homburg^l995), S. 35; siehe ausfiihrlich Williamson (1989), S. 136 u. 147. Gmndidee der Transaktionskostentheorie ist, fur verschiedenartige Transaktionsmoglichkeiten Aussagen liber die jeweils giinstigste Abwicklungs- oder Koordinationsform zu machen (siehe auch S. 325).
6 Kundenspe^^ifische Produktion ah Reaktion aufdie neuen Wettbemrbsbedingungen
141
Transaktionskostenverursachende Prozesse sind dabei Kontaktaktivitdten (Informationsbeschaffung iiber potentielle Transaktionspartner und die darauf folgende Anbahnung einer Geschaftsbeziehung mit diesen, Kontraktaktivitdten (Vereinbarung, Verhandlung und VertragsformuHerung), Kontrollpro^sse^ um die Einhaltung von Vereinbarungen sicherzusteUen sowie die Anpassung und Durchsetzung von Anderungen.497 Wie noch ausfiihrlich gezeigt wird, sind steigende Transaktionskosten bei einer einzelkundenbezogenen Fertigung vor aUem auf die zunehmende Informationsintensitat zunickzufuhren. Ein Hersteller, der mit jedem seiner Kunden eine individuelle Beziehung eingeht, hat hohere Transaktionskosten als ein Massenhersteller, der als unmittelbare Kunden lediglich wenige groBe Handler besitzt. Zudem kommt es bei einer spezifischen Leistung zu sehr viel hoheren Anforderungen an die Kontrakt- und Kontrollprozesse. Die folgenden Abschnitte diskutieren anhand der Wertkette einer kundenspezifischen Produktion die wichtigsten Kostenwirkungen der individuellen Fertigung. Die Ausfiihrungen erheben dabei keinen Anspruch auf Vollstandigkeit, sondern sollen lediglich die wichtigsten Bereiche und die dahinter stehenden Wirkungsbeziehungen aufzeigen. 6.4.2.2 Verlorene Effn^en^orteile einer standardisierten Massenproduktion Eine erste Gruppe von Kosten einer variantenreichen und einzelkundenbezogenen Produktion entspricht dem entgangenen Einsparungsporfential einer standardisierten Massenproduktion. Auch heute gibt es keine effizientere Fertigungsstrategie als die klassische Massenproduktion. Fiir einen bearbeiteten Markt wird genau eine Produktversion entwickelt, die dann in Form einer massenhaften Produktion auf Vorrat produziert wird.'^^^ Damit geht die Standardisierung auf Teileebene einher, was wiederum konstante und abgestimmte Leistungsprozesse ermogUcht (effiziente FlieBsysteme). Dabei sind nicht nur die Produktionsprozesse, sondern auch Kommunikations-, Distributions- und Serviceleistungen standardisierbar. Die so zu verwirkUchenden Vorteile entsprechen den klassischen Kostendegressionseffekten (siehe S. 97).499 Abbildung 6-8 nennt aus pragmatischer Sicht einige Vorteile der Standardisierung. Diese Vorteile lassen sich weitgehend der Rubrik „Reduktion der Produktionskosten" zuordnen. Aus Transaktionskostensicht beruhen die Potentiale der metrischen Informationsverteilung der Abnehmer iiber und Leistungen. Gerade bei neuen Produkten machen Beurteilung der Eignung unmoglich, womit das Risiko 497 498 499
Standardisierung auf der asymdie Eigenschaften von Giitern fehlende Erfahrungswerte eine von Fehlentscheidungen steigt.
Vgl. Picot (1982), S. 268. Vgl. Kleinaltenkamp (1995b), Sp. 2358; Knolmayer (1999); Mayer (1993), S. 42f. Siehe grundlegend Bucher (1910), S. 440f.; Schmalenbach (1963), S. 103-105; MeUerowicz (1973), S. 319f.
142
6 Kundenspe^ische Produktion als Rfaktion aufdie neuen Wetthewerhshedingungen
Eine individuelle Leistungserstellung verstarkt diese Unsicherheiten drastisch (siehe Abschnitt 6.4.2.8). Bei einer standardisierten Leistung dagegen konnen potentielle Kaufer auf bestehendes Wis sen iiber ahnliche Leistungen zuriickgreifen. Standards dienen deshalb genauso wie Preise als Informationstrager im Marktprozess, die sowohl Nachfrager als auch Anbieter bei ihrer Informationsgewinnung (Screening) und Informationsiibertragung (Signaling) unterstiitzen. Sie bilden „Verhaltensregeln" der Marktteilnehmer, die zu sinkenden Transaktionskosten fiihren.^oo Bei einer Individualisierung der Leistungserstellung konnen diese Vorteile nicht per se genutzt werden, um den abnehmerseitigen Grad der Unsicherheit zu reduzieren. Hierzu bedarf es zusatzlicher und damit kostenverursachender MaBnahmen.
Produkt-ZLeistungsebene geringerer Entwicklungsaufwand leichtere Produktionsprogramm- und Absatzplanung geringere Komplexitat der Wertschopfungsprozesse bessere Moglichkeiten zur Prozessoptimierung, Einsatz spezialisierter Werkzeuge Moglichkeit der Prozessstandardisierung Vereinfachungen im Service und Kundendienst Realisierung von Lernkurveneffekten Reduktion der Unsiclierhelt der Abnehmer (Standards als Verhaltensregein fur Marktteilnelimer)
Teileebene
einfaclie interne Distribution der Teile vereinfachte Montageanweisungen Beschreibung und Definition der Qualitatsanspruclie kann viel genauer geschehen, deshalb bessere Moglichkeiten zum Outsourcing leichtere Ersatzteilversorgung
Abbildung 6-8: Vorteile der Standardisierung^^
6.4.2.3 Forschung^ Entwicklung und Konstruktion Bei einer herkommlichen Einzelfertigung wird jedes Produkt einzeln konstruiert. Im Extremfall verursacht die Fertigung einer Produkteinheit den gleichen Entwicklungsaufwand wie die eines groBen Loses. Hierzu zahlt auch der erhohte Aufwand zur Erstellung zusatzlicher Stiicklisten sowie die Pflege der (umfangreicheren) Stammdaten. Aus Transaktionskostensicht steigen die Kosten, da der Erstellung individueller Auftrage haufig ein separater Entwicklungsauftrag vorangeht, der zusatzlichen Abstimmungsaufwand verursacht. Auch werden mit steigender Komplexitat der Entwicklung haufig externe Entwicklungsbiiros eingeschaltet, zu denen ein Teil der F&E-Aktivitaten ausgelagert wird. Eine derartige Reduktion der „Entwicklungstiefe" verursacht ebenfalls zusatzliche Transakti-
500 501
Vgl. 2u diesem Abschnitt Kleinaltenkamp (1995b), Sp. 2360f. In Anlehnung an Mayer (1993), S. 94.
6 Kundenspe'^ische Produktion als REaktion aufdie neuen Wettbewerbsbedingungen
143
onskosten. Bei einer Variantenfertigung, die ein bestehendes Produkt nachtraglich mit einer Ad-hoc-Umkonstruktion an die Nachfrage anpasst, ist der zusatzliche Entwicklungsaufwand zwar tendenziell geringer, aber immer noch hoher als bei einer Massenproduktion. Hinzu kommt, dass haufig bestimmte Variantentypen bereits in Erwartung kommender Nachfragerwiinsche entworfen werden, um bei einem entsprechenden Auftragseingang schnell reagieren zu konnen. Werden so jedoch Varianten konstruiert, die nicht nachgefragt werden, fuhrt dies zu Kosten, denen kein entsprechender Ertrag gegenubersteht.502 6.4.2.4 Interaktion mit den KMnden Wesendiches, ja sogar konstitutives Merkmal einer einzelkundenbezogenen Fertigung ist die direkte Interaktion zwischen Abnehmer und Hersteller.^o^ Eine kundenspezifische Leistung kann nur dann erbracht werden, wenn der Nachfrager vor Fertigungsbeginn Informationen iiber die von ihm gewiinschten Produktmerkmale bereitstellt. Damit kommt es zu einer Integration des Kunden in den Prozess der Leistungserstellung, im Folgenden auch als Erhebung derlndividualisierungsinformation oder Konjiguration bezeichnet, je nachdem, ob das Ergebnis oder der Vollzug des Vorgangs im Vordergrund steht. Diese Schritte werden aus Abnehmersicht ausfiihrlich in Abschnitt 6.4.2.8 behandelt. Diese Integration des Kunden stellt den Ankniipfungspunkt fiir die geschilderten Potentiale des Beziehungsmanagements im Rahmen der Individualisierung der Leistungserstellung dar. Allerdings verursacht sie auch Kosten, die bei einer klassischen Massenproduktion (und auch der anonymen Variantenfertigung) nicht anfallen. Der Massenhersteller bediente sich zum Vertrieb seiner Produkte des Handels (sowohl im Investitions- als auch im Konsumgiiterbereich), der durch seine Biindlungsfiinktion (Vermittiung zwischen Hersteller und Abnehmer) die Transaktionskosten entscheidend senken konnte.504 Der Individualfertiger kann nur noch einen eingeschrankten Nutzen aus dieser Biindelungsfunktion ziehen, da sich eigentUch Kunde und Hersteller abstimmen miissen. Die durch eine individuelle Produktion entstehenden zusatzlichen Kosten bestehen zu einem GroBteil aus Informations- und Kommunikationskosten, die auf der Erhebung und Spezifikation der Kundenwiinsche iiber das individuell zu fertigende Produkt beruhen. Sie stellen ihrem Wesen nach typische Transaktionskosten dar, da sie fiir die Spezifikation und Konkretisierung der zu erbringenden Leistung sowie die Kontrolle der Einhaltung der vereinbarten Spezifikationen anfaUen. Hinzu kommen im Bereich der klassischen Einzelfertigung die Kosten fiir die aufwendigere Auftragshearheitung sowie die Kalkulation des Angebots-
502 503 504
Vgl. Mayer (1993), S. 68; Meffert (1998), S. 959. Vgl. Hildebrand (1997), S. 32; Jacob (1995), S. 49; Mayer (1993), S. 38; Schnabele (1997), S. 30. Vgl. Picot (1986), S. 2f.
144
6 Kundenspet^ifische Produktion ah Reaktion aufdie neuen Wettbemrbsbedingungen
preises.^o^ Zusatzlich muss der Hersteller auf einer technischen Ebene oft betrachtliche Investitionen zum Aufbau der Schnittstellen zu seinen Abnehmern tatigen (Konfigurationssysteme, Call-Center etc.). Neben Ubertragungs- und Kommunikationskosten fallen zusatzliche Investitionen fiir ^tAushildung der Mitarheiter 2s\. Das Vertriebspersonal muss nicht nur in der Lage sein, die entsprechenden Spezifikationen richtig zu erfassen und an die Fertigung weiterzugeben, sondern vor allem auch den Abnehmer beraten, welche Produktspezifikation seine Bediirfnisse am besten erfiillt. Die Mitarbeiter an der Kundenschnittstelle miissen deshalb erhebliches Produkt- und Prozess-Know-how besitzen. Die Anspriiche an die Verkaufer eines standardisierten Massenprodukts sind sehr viel geringer (und damit auch ihre Ausbildungskosten). 6.4.2.5 Materialmrtschaft und Beschaffung Eine anonyme Variantenfertigung, die individuelle Kundenwiinsche lediglich dadurch erfiillt, dass viele verschiedene Varianten „auf Verdacht" auf Lager produziert werden, fiihrt natiirlich im Vergleich zur Massenfertigung eines Standardprodukts zu steigenden Fertigwarenbestanden und Lagerkosten, wahrend eine echte Einzelfertigung auf Bestellung diese vollig abbauen kann. Um die Kundenwiinsche schnell zu erfiillen, miissen nun jedoch im Eingangslager anstatt eines Materials in einer bestimmten Qualitat mehrere alternative Materialien in verschiedenen Auspragungen vorgehalten werden, womit es zu einem Anstieg der Kosten der Eingangslagerhaltung kommt. Deshalb wird haufig auch eine auftragsspezifische Bestellung der Materialien gefordert (optimal aus Sicht der gesamten „Supply Chain" ware natiirlich die auftragsspet^sche Vorfertigung der Materialien). Auch wenn so die Bestandskosten und -risiken sinken, steigt der Aufwand des Bestellwesens zu. Deshalb kommt es oft zum Aufbau intensiver Kooperationen mit den entsprechenden Lieferanten, deren Etablierung und Uberwachung zusatzliche Transaktionskosten verursachen, die allerdings heute durch die Potentiale einer interorganisationalen informationstechnischen Vernetzung reduziert werden konnen. In jedem Fall steigt jedoch die Beschaffiingskomplexitat. Weitere Kosten resultieren aus der Notwendigkeit flexiblerer und aufwendigerer Transport- und Handlingsysteme, um ein groBeres Teilespektrum verarbeiten zu konnen. SchlieBlich erhoht eine Zunahme der Materialvielfalt auch den Aufwand der Materialverwaltung sowie der Beschaffungsmarktforschung.^^^
505 506
Siehe hierzu ausfuhrUch Backhaus (1995), S. 441 -501. Vgl. 2u diesem Abschnitt Mayer (1993), S. 68f.; Rathnow (1994), S. 24; Rosenberg (1996), Sp. 2123.
6 Kundenspe^ische Produktion ah Reaktion aufdie neuen Wettbemrbsbedingungen
145
6.4.2.6 Produktionsplanung und Fertigung Ahnlich wie bei den zusatzlichen Kosten der F&E und Materialwirtschaft ist auch in der Produktion die l^osgrbfie der primare individualisierungsbedingte Kostentreiber. Bei einer homogenen Massenproduktion verteilt sich der Aufwand fiir die Produktionsplanung und -steuerung sowie das Riisten der Maschinen auf alle produzierten Stiicke eines (groBen) Loses. Werden nur wenige oder gar nur ein Stiick einer Produktvariante gefertigt, kommen diese Degressionserscheinungen nicht zum tragen. Auf diese Opportunitatskosten aus verlorenen Effizienzvorteilen einer standardisierten Massenproduktion wurde bereits eingegangen. Im Folgenden sollen die zusatzlichen Kosten der einzekien Stufen der Produktionsplanung und -steuerung (PPS) sowie der Fertigung selbst betrachtet werden, die aus der steigenden Komplexitat des gesamten produktionstechnischen Aufgabenvollzugs resultieren. Die Komplexitat der Vroduktionsprogrammplanung stellt nach einer empirischen Studie von Akin und Ungnau in der Praxis das groBte Problem einer hohen Varietat dar.^o^ Die Planungskomplexitat resultiert dabei aus der Bewaltigung der Unsicherheit aufgrund des stochastischen Auftragseingangs sowie der Bereitstellung einer hohen Lieferbereitschaft und Planungsstabilitat zur Vermeidung von Engpassen vor allem in der Montage. In der Durchlauf- und Kapa^^tdtsterminierung steigt die Komplexitat zum einen durch zusatzliche Bearbeitungsschritte, wenn zum Beispiel ein groBeres Bauteil, das bei einer Standardfertigung komplett montiert werden kann, nun in Teilmodule aufgespalten wird, die jeweils einzeln entsprechend der auftragsspezifisch durchzufiihrenden Arbeiten eingeplant werden miissen. Z u m anderen steigen generell durch die Zunahme der einzuplanenden Auftrage die Anzahl und Vielschichtigkeit der Planungslaufe, da je nach Spezifikation verschiedene alternative Arbeitsvorgange beriicksichtigt werden miissen.^os Wahrend der Bearbeitung selbst fiihren haufige Produktionsumstellungen zu einer Zunahme der Wechselkosten. Diese werden nicht nur durch den Riistvorgang selbst verursacht (WerkzeugverschleiB, Arbeitsaufwand, Probestiicke etc.), sondern enthalten auch Stillstandskosten wahrend des Werkzeugwechsels und die damit hervorgerufene Minderauslastung der Fertigungskapazitat. Das Ziel, die Wechselkosten durch eine geschickte Reihenfolgeplanung zu minimieren, fuhrt zu einer weiteren Komplexitatssteigerung der Terminierungsrechnung. Die genannten Komplexitatssteigerungen in der PPS auBern sich kostenseitig vor allem in einer Zunahme der Koordinationskosten (Personalkosten, Nutzung aufwendigerer PPS-Systeme etc.). Je komplexer die PPS, desto geringer wird auch die erreichte Planungsgiite sein. So fiihrt die dargestellte Vielschichtigkeit der Produktionsaufgaben zu einem steigenden Anteil an
507 508
Siehe Akin/Lingnau (1994), zitiert in Koster (1998), S. 41. Vgl. Homburg/Weber (1996), Sp. 658.
146
6 Kundenspe^ische Produktion als Rfaktion aufdie neuen Wettbemrbsbedingungen
Ubergangszeiten (Zwischenlagerzeiten) in der Fertigung, was wiederum die Streuung um die mitderen Durchlaufzeiten der einzelnen Auftrage erhoht. Stark heterogene Durchlaufzeiten einzelner Arbeitsgange sind aber quasi automatisch ein Garant fiir eine sinkende Planungsgiite, da sie zu den wichtigsten Inputdaten der Terminierung zahlen. Eine Terminplanung auf Basis von Mittelwerten mit starker Streuung kann keine genauen Durchlaufzeiten einzelner Auftrage und damit exakte Liefertermine bestimmen. Damit ist auch eine Kapa^tdtsahstimmung nur schwer moglich. Hieraus folgt, genauso wie aus der Notwendigkeit haufigeren Riistens, ein zunehmender Anteil an Stillstandskosten. Diese haben den Charakter von Opportunitatskosten und resultieren aus einer mit zunehmender Komplexitat verschlechterten Koordination. Bedingen die Leistungsverluste gar einen Lieferverzug, kann dies bei knappen Kapazitaten zu Erloseinbufan fiihren.^OQ Fiir die Einrichtung und Planung der Produktion fallen im Vergleich zur klassischen Massenproduktion oftmals hohere Investitionen an. Ein variantenreiches Unternehmen benotigt in der Kegel mehrere Universalmaschinen, um die wechselnden Bearbeitungsvorgange zu bewaltigen. Einem homogenen Massenfertiger dagegen reicht eine auf hohe Stiickzahlen ausgelegte Spezialmaschine, die in der Kegel eine hohere Produktivitat pro Stiick besitzt.^^0 Geringere Wiederholungsgrade eines Arbeitschritts fiihren auch zu einer eingeschrankten Wirksamkeit des Lerngesetzes der Produktion. Damit lasst sich nicht nur die Arheitsproduktivitdt nicht verbessern, sondern haufig miissen auch hoher qualifizierte Arbeitskrafte (mit einer hoheren Flexibilitat) eingestellt werden. Das Kesultat sind steigende Arbeits- und damit Herstellkosten.^^i SchlieBlich steigen bei einer kundenindividuellen Produktion auch die Anspriiche und damit die Kosten der Qualitdtskontrolk, Wahrend bei einer Fertigung von Standardprodukten Stichproben geniigen, miissen bei einer individualisierten Produktion alle Produkte einer Qualitatspriifung unterzogen werden, da nicht nur die stetigen Fertigungsbedingungen fehlen, die die Voraussetzung einer validen Stichprobe bilden, sondern auch pro Produkt zusatzlich die Einhaltung der Individualisierungswiinsche des Kunden gepriift werden muss (nichts ist geschaftsschadigender als eine unpassende MaBfertigung). 6.42J
Distribution und After-Sales-Service
Auch im Marketing und Vertriebsbereich fiihrt eine kundenindividuelle Fertigung zunachst zu hoheren Kosten. Der zum Vertrieb gehorende Vorgang der Erhebung der Individualisierungsinformationen bzw. Leistungskonfiguration wurde schon betrachtet.
509 510 511
Vgl. zu diesem Abschnitt Adam (1998), S. 36; Mayer (1993), S. 67f.; Rosenberg (1996), Sp. 2122f. Vgl. Mayer (1993), S. 69. Vgl. Meffert (1998), S. 960.
6 ¥j^ndenspe:qfische Vroduktion ah Reaktion aufdie neuen Wetthewerhshedingungen
147
Zu diesem Zeitpunkt kann der Anbieter noch nicht mit Sicherheit sagen, ob er die Leistung tatsachlich in der gewiinschten Form erbringen kann - Lieferzeitpunkt, erreichte Produktqualitat und die Kosten der Produktion sind noch unklar. Dennoch verlangt der Kunde einen genauen Preis, einen festen Liefertermin und eine bestimmte Qualitat. Kommt es zu Divergenzen zwischen den zugesagten Eigenschaften und deren tatsachlicher Auspragung, wird der Abnehmer im allgemeinen Nachhesserung verlangen oder die Abnahme der Produkts verweigern.5i2 Dieses Ahnahmerisiko ist bei der Produktion standardisierter Leistungen nicht gegeben. Weiterhin steigen die Distributionskosten, da in der Kegel ein individueller Transport zum Kunden notwendig ist (Post, Paketdienst). Davon betroffen sind nicht nur die Kosten des physischen Transports, sondern vor allem der Handling- und Koordinationsaufwand (Transaktionskosten). SchlieBlich sinkt mit zunehmender Varietat auch die Moglichkeit der Standardisierung von Sekunddrdienstleistungen, die aus Marketinggriinden das Produkt begleiten. Kann beispielsweise bei Massenprodukten fiir mehrere Abnehmer gleichzeitig eine Schulung durchgefiihrt werden, ist dies bei Individualprodukten oft nicht moglich. Bei komplexen technischen Produkten konnen gerade im Industriegiiterbereich zusatzliche Kosten fiir die interne wie externe produktbegleitende Dokumentation anfallen (Materiallisten, Bedienungsanweisungen, Schaltplane etc.). In der Nachkaufphase steht ein Individualfertiger vor dem Problem einer ausufernden Ersatzteilbevorratung. Fiir jede vorhandene Leistungsvariante miissen Ersatzteile bereitgehalten werden. Auch Leistungen wie Reparaturen etc. sind schwieriger zu erstellen, da jede Variante aufgrund abweichender Gestaltung unterschiedliche technische Probleme aufwerfen kann, die bei anderen Varianten in dieser Art noch nicht aufgetreten sind.^^^ 6.4.2.8 Kosten der Integration und Varietat aus Ahnehmersicht Das Komplexitatsproblem zeigt sich auch aus einer anderen Perspektive: Mit zunehmender Zahl der angebotenen Varianten steigt auch die Komplexitat fiir den Abnehmer. Gersch interpretiert das Verhaltnis zwischen Abnehmer und Anbieter als Kooperation, die beiden Seiten Nutzen bringt, aber auch Inputs beider Beteiligter benotigt.5i4 Wesentliches Kennzeichen einer individuellen Leistungserstellung ist dabei die Integration des Kunden in den Leistungserstellungsprozess.5^5
512 513 514 515
Vgl. Gersch (1995), S. 85. Vgl. zu diesem Abschnitt Anderson (1997), S. 68; Mayer (1993), S. 72. Vgl. Gersch (1995), S. 64-66. Vgl. Kleinaltankamp (1996a), S. 14. Dieser Integrationsbegriff geht auf die Besonderheiten der Diensdeistungsproduktion zuriick, bei der es ebenfalls eines externen Faktors zur Leistungserstellung bedarf. Siehe zu diesem Aspekt auch ausfuhrlich Griin/Brunner (2002), die die Rolle des Kunden als „Diensdeister" untersuchen und ausfuhrlich dessen Beitrag zur Wertschopfung diskutieren.
148
6 Kundenspe^ische Produktion als Reaktion auf die neuen Wettbemrbsbedingungen
Der Pfoduktionsprozess lasst sich aufspalten in eine Ebene der Vorkombination, in welcher der Hersteller Produktionsfaktoren autonom beschafft und sein l^istungspotential aufbaut (siehe Abbildung 6-9), und den eigendichen'Leistungserstellungspro^ess,in dem die gewiinschte Leistung unter Einbezug des Abnehmers (externer Faktor) konfiguriert und gefertigt wird. Die Individualisierung der Leistung beinhaltet so auch einen (nicht-monetaren) Transfer von Produktionsfaktoren vom Nachfrager zum Anbieter, der im Vergleich zum Einkauf einer standardisierten Leistung am Markt mit zusatzlichen Kosten verbunden ist. Bei den vom Abnehmer eingebrachten Produktionsfaktoren handelt es sich vor allem um einzelkundenbezogene Informationen.^^^ Uber die Weitergabe der Individualisierungsinformation hinaus kommt es aber haufig auch noch zu einer Mitarbeit bei der Realisierung der Problemlosung.^^"^ Beispiele sind gemeinsame Entwicklungsteams, die Beantwortung von Riickfragen wahrend der Produktion, Uberwachung und Koordination der Herstellung durch Mitarbeiter des Abnehmers etc. Als Ergebnis der Verschmelzung der Wertschopfungsprozesse von Anbieter und Abnehmer spricht die Literatur auch vom Entstehen des „Co-Produzenten"5^8 oder „Prosumer"5i9^ Wesentlicher Aspekt ist in diesem Zusammenhang der Aufwand der Er^ugniskonfiguration aus Abnehmersicht. Angesichts der kombinatorisch moglich hohen Variantenzahlen zur Definition eines Endprodukts bei nur einigen muss und Kann-Optionen (siehe z.B. Abbildung 6-4, S. 131) steht der Kaufer vor einer sehr komplexen Kaufentscheidung im Vergleich zum Kauf eines Standardprodukts. In industriellen Markten wird er zwar haufig das notwendige Know-how fiir die Produktdefinition besitzen, jedoch ist auch hier der Konfigurationsprozess ofi: mit groBem Aufwand verbunden und fuhrt zum beschriebenen Faktortransfer. Im Konsumgiitergeschaft dagegen besitzen die Kunden bei vielen Produkten keine ausreichenden Kenntnisse zur Definition der Produktspezifikation, die ihren Bediirfiiissen entspricht. Sie konnen keine Praferenzreihenfolge zwischen verschiedenen Variationsvorschlagen bilden und das Preis-/Leistungsverhaltnis nicht richtig abschatzen. Das Resultat ist nicht nur ein erheblicher Zeitaufwand fiir die Konfiguration, sondern auch eine steigende Unsicherheit des Abnehmers, da bei Kaufabschluss die Leistungserstellung noch nicht erfolgt ist.520 Dies hat aus Abnehmersicht mehrere Wirkungen, die bei einer Standardisierung der bezogenen Leismng nicht aufixeten.
516
517 518 519 520
Vgl. Jacob (1995), S. 33. Die Kundenintegration ist in Industriegiitermarkten oft die Kegel, bedeutet aber im Konsumgiiterbereich einen radikalen Bruch mit dem herrschenden Stimulus-Organism-Response-Paradigma; siehe Schnabele (1997), S. 26-28. Vgl. Kleinaltenkamp/Marra (1995), S. 102f. Davidow/Malone (1992). Toffler (1980), S. 274f. Siehe 2u dieser Argumentation auch ausfuhrlich Griin/Brunner (2002), S. 19-65; Ramirez (1999); Prahald/Ramaswamy (2000), (2004). Siehe zu diesem Aspekt auch Lackes/Schnodt (1998), S. 28f.; Ludwig (2000), S. 68; Helander/Khalid (1999), S. 10; lyengar/Lepper (2000); Hufman/Kahn (1998), S. 492; Monroy (2000). Siehe zu aktuellen empirischen
6 Kundenspet^ifische Produktion ah Reaktion auf die neuen Wetthemrhshedingunget.
149
Autonome Disposition des Anbieters
Externe Faktoren / Integration des Abnehmers
Interne Faktoren
Leistungsergebnis
Integrative Disposition des Anbieters
Abbildung 6-9: Integration externer Faktoren in den Prozess der Leistungserstellung^^^
Eine hohe Variantenvielfalt bzw. das Angebot individualisierbarer Leistungen erhoht die Informationskosten des Abnehmers. Such- und Vergleichsprozesse sind uniibersichdicher, die Transparenz der Angebote ist geringer. Auch sind die Aufwendungen des Abnehmers im Rahmen der „Kooperation" schlecht planbar, da er nicht abschatzen kann, wie lange er zum Beispiel bei der Produktdefinition mitwirken muss.522 Insbesondere Kaufer einer konsumtiven Leistung, die in der Kegel wenig Erfahrung mit dem Erwerb individueller Produkte besitzen, konnen von der ihnen zugedachten Aufgabe der Leistxingsspezifikation psychisch (und zeidich) iiberfordert sein. Damit steigt das wahrgenommene Kaufrisiko.^^'^ Qualitdtsunsicherheiten des Abnehmers entstehen, da er die Leistung ex ante nicht iiberpriifen kann. Dies steht im Gegensatz zu einer Standardisierung komplexer Leistungen, da hier - selbst wenn die Leistung bei Verkaufsabschluss noch nicht vorliegt - eine Vergleichbarkeit mit anderen Produkten gegeben ist. Insbesondere bei wiederholten Kaufen standardisierter Produkte eines Abnehmers bei einem Anbieter wird die Qualitatsunsicherheit stark reduziert.524 Gleichfalls ist die Situation des Abnehmers von Unsicherheit beziiglich des Yerhaltens des Anbieters gepragt. Bedingt dutch den kooperativen Charakter der individuellen Leistungserstellung besteht zwischen den Beteiligten eine asymmetrische
521 522 523 524
Untersuchungen dieses Zusammenhanges z.B. Dellaert/Stemersch (2005); Hermann et al. (2004); Miiller/ Piller/Reichwald (2005); Filler et al. (2005). Berger et al. (2005) behandeln die Folgen dieses Problems fiir die Gestaltung der Absatzkanale von Mass Customization. In Anlehnung an Hildebrand (1997), S. 33. Vgl. Gersch (1995), S. 68-70; von Hippel (1998); Mayer (1993), S. 86. Vgl. Mayer (1993), S. 87. Im Industriegiitergeschaft stellen sich diese Probleme meist nur im verminderten MaBe, vgl. Backhaus (1995), S. 60f. Vgl. Gersch (1995), S. 65; Kleinaltenkamp/Marra (1995), S. 104f.; Mayer (1993), S. 86.
150
6 Kundenspe^sche Produktion als Reaktion aufdie neuen Wetthewerhshedingungen
Informationsverteilung - eine typische Principal-Agent-Konstellation.^'^^ Der Anbieter als Agent trifft Entscheidungen, die nicht nur seinen eigenen Nutzen, sondern auch den des Abnehmers (Principal) beeinflussen. Der Nachfrager weiB nicht, inwieweit der Anbieter bereit und in der Lage ist, sein Leistungsversprechen zu halten. Diese Situation ist umso ausgepragter, je neuer und individueller die zu ersteUende Leistung ist. Standardisierte Produkte konnen hier als Signale verstanden werden, die Leistungsfahigkeit des Anbieters zu dokumentieren. Zudem sind sie die Voraussetzung fiir Garantieversprechen des Anbieters (Agenten), die die Unsicherheit des Nachfragers reduzieren konnen. Ohne einen eindeutigen Anhaltspunkt zur Definition einer optimalen Leistung ist nicht oder nur schwer zu beurteilen, ob ein Garantiefall eingetreten ist. In diesem Sinne tragen Standards dazu bei, die asymmetrische Informationsverteilung und Unsicherheitssituation aus Sicht des Abnehmers stark abzuschwachen und individueUe Handlungsspiekaume des Anbieters zu mindern.526 Die mit diesen Faktoren verbundenen Unsicherheiten und Faktortransfers konnen als zusatzUche Transaktionskosten des Kunden interpretiert werden, der sich auf eine Leistungsindividualisierung einlasst. Eine der wichtigsten Aufgaben des Anbieters ist es dafiiir zu sorgen, dass einerseits dieser Aufwand moglichst gering gehalten wird und andererseits der Nutzen, den der Kunde aus der Individualisierung erfahrt, deutlich hoher als die von ihm wahrgenommenen Muhen bzw. zusatzlichen Kosten der Individualisierung ausfallt. Gerade bei der Einbindung von Konsumenten in den Prozess der Leistungsgestaltung sollte die Intensitat der Integration auf ein fiir ihn wirtschaftlich wie geistig zu bewaltigendes HochstmaB begrenzt werden. Untemehmen, die ihren Kunden eine groBtmogliche Varietat bieten und gleichzeitig durch geeignete MaBnahmen bei der Auswahl helfen, erlangen einen groBen Wettbewerbsvorteil. Zur Risikominimierung des Nachfragers tragen Informationen, Garantien und die Reputation des Anbieters bei, letztere wird durch die Vermittiung von Kompetenz und den Aufbau von Vertrauen unterstiitzt.^^?
6.4.3
Zusammenfassende Wertung
Viele Massenhersteller beschritten den Weg vom Massen- iiber das Nischen- bis hin zum Mikromarketing. Immer kleinere Verbrauchergruppen sollen durch immer mehr Varianten erreicht werden. Der einzelne Kunde aber bleibt fiir die Produktion anonym - mit den dargestellten Folgen einer hohen Komplexitat, ohne dass auf der anderen Seite die Wettbewerbsvorteile einer Individualisierung der Leistungserstellung genutzt werden
525 526 527
Vgl. Jacob (1995), S. 168-170; Picot (1991b), S. 150. Vgl. 2u diesem Abschnitt Gersch (1995), S. 71 f. Siehe auch Kahn (1998), S. 47f. Vgl. Hildebrand (1997), S. 88. Konkrete Instrumente hierzu werden in Kapitel 8.3.3 und 8.6.3 erortert.
6 Kundenspet^iscbe Produktion als Reaktion aufdie neuen Wettbewerbsbedingungen
151
konnen. Eine Einzelfertigung weist dagegen noch hohere Komplexitatskosten als die klassische Variantenproduktion auf. Die damit verbundenen Herstellkosten und daraus abgeleiteten hohen Preise wirken sich negativ auf die Nachfrage aus. Viele Abnehmer sind nicht bereit oder imstande, einen im Vergleich zu einem Massenprodukt deudich hoheren Preis zu zahlen. Kostendruck und eine relativ kleine Nachfragerzahl verstarken sich gegenseitig, denn bei kleinen Umsatzmengen und hohen Stiickkosten konnen Gewinne nur durch einen hohen Preis reaUsiert werden. Hieraus resultiert die bekannte Exklusivitat individueller Leistungen, sei es die MaBfertigung eines Anzugs, die individuelle Innenausstattung des Autos passend zur Krawattenfarbe oder die Fertigung eines Spezialwerkzeugs. Zwar erlaubt die direkte Interaktion zwischen Abnehmer und HersteUer, die zu Beginn dieses Kapitels genannten Potentiale einer einzelkundenbezogenen Produktion zu verwirklichen, jedoch kann es sich angesichts der herrschenden Wettbewerbsbedingungen und des daraus resultierenden Preisdrucks kein Unternehmen leisten, die stark steigenden Komplexitatskosten unberiicksichtigt zu lassen. Die dargesteUte Komplexitatsfalle ist ein deutliches Signal.
Vielmehr miissen MaBnahmen ergriffen werden, um trotz einer individuellen Leistungserstellung die Potentiale einer massenhaften, standardisierten Produktion zu nutzen. Teilweise erscheint es, als ware die Euphorie fiir die Massenfertigung, die in den ersten Dreivierteln dieses Jahrhunderts aufgrund der damals neuen technischen Moglichkeiten herrschte, heute der Euphorie fiir die Individualisierung als Folge wieder neuer Technologien wie flexible Fertigungssysteme oder die CIM-Technologie gewichen. Doch es ist angesichts des herrschenden Preisdrucks und dem damit verbundenen Zwang zur Rationalisierung im Sinne einer „verschwendungsfreien" Produktion grundlegend falsch, die Errungenschaften
und Potentiale der Standardisierung und Massenproduktion
zugeben. So bemerken l^mpellMint^erg
auf-
richtig: „What has been ignored in aU this is that
customization and standardization do not define alternative models of strategic action but, rather, poles of a continuum of real-world strategies."528 Aus produktionsstrategischer Sicht ergibt sich so die Forderung, die Yorteile einer Massenfertigung (Verstetigung und Beherrschung der Prozesse) mit denen der Eimielfertigung (Schaffung eines quasi-monopolistischen Handlungsspielraums und individueller Beziehungen zu jedem Kunden) ^^u komhinieren, um eine adaquate Antwort auf die neuen Wettbewerbsbedingungen zu finden. Genau an dieser Stelle setzt das im Folgenden vorgestellte Konzept der kundenindividuellen Massenproduktion bzw. Mass Customif^ation an. Ziel des Ansatzes ist es, auch in Massenmarkten eine Individualisierung der Absatzleistungen zu ermoglichen,
528
Lampel/Mintzberg (1996), S. 21.
152
6 Kundenspe:^ische Produktion als Reaktion aufdie neuen Wettbemrbsbedingungen
ohne dass dabei die Kosten explodieren. Durch ein Customer-Pull-System, d.h. eine Produktion auf Abruf, wird der Wetdauf um immer ausgefallenere Varianten fiiir immer kleinere Marktnischen vermieden. Gefertigt wird nur, was die Kunden auch wollen - und dies so effizient wie moglich.
7 Mass Customization als wettbewerbsstrategisches Konzept
Die luK-Technologie wird zum „Wegbereiter fiir das Entstehen neuer Branchen (...) und wird ganze Wettbewerbslandschaften grundlegend verandern. Der Wandel im Wettbewerb fmdet seinen Ausdruck u.a. in IKT- puK-Technologie-] basierten neuen Fertigungstechnologien, die in vielen Industriezweigen eine Symbiose der Prinzipien von wirtschaftlicher Massenfertigung und kundenindividueller Einzelfertigung"529 ermoglichen. Ahnlich wie Zahn betont die Literatur immer wieder als charakteristische Eigenschaft eines neuen Fertigungsparadigmas und Folge der Informationswirtschaft, dass die klassische Massenproduktion durch die Fertigung kundenindividueller Giiter zu einem Kostenniveau vergleichbarer Massengiiter abgelost werden wird.^^^ Diese Kombination aus massenhafter und individueller Fertigung bezeichnet der Begriff Mass Customi^^ation (oder dt. kundenindividuelk Massenproduktion), Mass Customization wird vielfach als neue Stufe in der Evolutionsgeschichte der Fertigung gesehen - nach der handwerklichen Fertigung, den Manufakturen, der industriellen Massenproduktion und schlieBUch der variantenreichen flexiblen Produktion.53^ Mass Customization nimmt aufgrund einer doppelten Rolle im Rahmen dieser Arbeit eine herausragende Stellung ein: Zum einen bietet sie weitgehende Potentiale, auf die neuen Wettbewerbsbedingungen zu reagieren, zum anderen wird sie durch die Potentiale der neuen luK-Technologien erst ermoglicht und beschreibt so eine wesentliche Auswirkung der Informationsrevolution auf die Produktion. Ziel dieses Kapitels ist zunachst, Mass Customization zu charakterisieren (Abschnitt 7.1) und in den wettbewerbsstrategischen Kontext einzuordnen (Abschnitt 7.2). AnschUeBend erfolgt die Entwicklung eines Wirkungsschemas, das die „Logik" erlautern soil, mit der das Konzept die Vorteile von Standardisierung und Individualisierung miteinander kombiniert (Abschnitt 7.3). Die praktische Umsetzung dieser Logik erfolgt durch mehrere Konzeptionen, die verschiedene Ansatzpunkte der Individualisierung besitzen, aber auch unterschiedliche Anspriiche an die Fertigung und die Gestaltung der Abnehmerbeziehungen stellen. Die verschiedenen Konzeptionen von Mass Customization stehen im Mittelpunkt von Abschnitt 7.4. Ungeachtet der jeweiligen Umsetzungsstrategie nimmt die In-
529 530
531
Zahn (1997), S. 122. So z.B. bei Albach (1989a), S. 10; Carnoy et al. (1993), S. 18 u. 98; Choi/Stahl/Whinston (1997), S. 325; Duray et al. (2000), S. 605; Enquete (1998), S. 41; Fournier (1994), S. 66; Golden (1994), S. 78: Hald/Konsynski (1993), S. 338; Kaluza (1996), S. 197; Krahenmann (1994), S. 76; Koder (1989), S. 13: Milgrom/Roberts (1995), S. 195f.; Moad (1995); MiiUer-Heumann (1992), S. 303; o.V. (1998b), S. 1; Osterle (1995), S. 9f.; Turowski (1999a), S. 3; Peppers/Rogers (1997), S. 12; Pine (1993b), S. 11; Specht (1996), S. 165; Tapscott (1997), S. 3; Tseng et al. (1998); Weiber (2002), S. 11. So z.B. bei Davis (1987), S. 169; Nicholas (1998), S. 19; Oleson (1998), S. 3-9; Pine (1993a), S. 33f.; Zahn (1996), S. 86.
154
7 Mass Customi:(ation als wetthewerhsstrategisches Kon^ept
formation eine zentrale Stellung ein. Erst die Potentiale der neuen luK-Technologien ermoglichen in den meisten Fallen, „Klasse mit Masse" zu verbinden. Deshalb bilden sie den Ausgangspunkt der Argumentation des achten Kapitels, das aus einer umfassenden Sicht die operative Umsetzung der kundenindividuelle Massenproduktion beschreibt. Die folgenden Ausfiihrungen basieren zum einen auf einer ausfiihrlichen Literaturschau zum Thema,^32 yor allem aber auf einer ausfiihrlichen qualitativen empirischen Untersuchung, die die Umsetzungsstrategien von Mass Customization bei mehr als 200 PionierUnternehmen untersucht hat (siehe Anhang). Die Fallstudien wurden dabei teilweise aufgrund der Angaben in der Literatur und im Internet, zum groBten Teil aber aufgrund personlicher Recherche und Gesprache mit Verantwortlichen der Firmen erstellt. Weitere Informationsquellen waren eine Vielzahl von Fachgesprachen mit Wissenschaftiern und Angehorigen von Unternehmensberatungen sowie etliche von mir durchgefuhrte Tagungen. Workshops und Beratungsauftrage in der Industrie.^^^
7.1 Abgrenzung, Definition und Charal(terisierung von IVIass Customization 7.1.1 Entwicklung des Konzepts Der Ausdruck Mass Customization ist ein Oxymoron, das die an sich gegensatzlichen Begriffe „Mass Production" und „Customization" verbindet. Der Begriff wurde von Davis gepragt, der ausgehend von einem Beispiel der Bekleidungsindustrie das Phanomen der individuellen Massenproduktion zum ersten Mai beschrieben hat: „Mass Customization of markets means that the same large number of customers can be reached as in mass markets of the industrial economy, and simultaneously they can be treated individually as in the customized markets of pre-industrial economies."^^"^ Er bezieht sich dabei auf Gedanken von Toffler (siehe auch S. 33), der aufbauend auf die These der zunehmenden Individualisierung der Gesellschaft den Zerfall von Massenmarkten („Entmassung") und die Orientierung der Produkterstellung an den Wiinschen und Bediirfnissen des einzelnen Individuums vorhersagte.^^^ Aufbauend auf Davis gibt es inzwischen eine groBere Zahl von Quellen zu diesem Konzept. Eine zusammenfassende Einordnung der im Folgenden
532
533 534 535
Wahrend bis Ende 1997 noch eine Vollerhebung und Sichmng samdicher in den einschlagigen internationalen Datenbanken 2um Stichwort „Mass Customization" gefundener Beitrage moglich war, ist die Literatur seit Mitte 1998 derart gewachsen, dass nur noch eine bewuBte Auswahl verarbeitet wurde. Siehe auch Abbildung 7-3 fur eine aktuelle Fortschreibung der Literatur zum Thema zwischen 2001 und Anfang 2003. Siehe fur eine Ubersicht iiber diese Aktivitaten www.mass-customization.de. Davis (1987), S. 169. Siehe fu eine aktuelle Analyse des Bedarfs fiir Mass Customization in dieser Industrie Anderson-Connell et al. (2002). Vgl. Toffler (1970), S. 19-35; siehe auch Toffler (1980), S. 238f.
155
7 Mass Customisation als mttbemrbsstrategisches Kon^ept
genannten und weiterer wichtiger fundierender Arbeiten gibt Abbildung 7-1. In Abschnitt 7.1.3 erfolgt zudem eine Fortschreibung der folgenden Ausfiihrungen um Quellen aus jiingster Zeit.
Kategorie
Quelle Arbeitskreis ..Marketing in der Investitionsguterindustrie (1977) Cox/Alm (1999); Mayer (1993)
marketingorientierte, konzeptioneile Arbeiten zur Produktindivldualislerung
Charakterisierung des Entscheidungsproblems Standardisierung versus Individualisierung Darstellung konstitutiver Merkmale und Nutzenpotentiale von Individualisierung vs. Standardisierung
Ausrichtung
theoretisch theoretisch, Fallbeispiele
Jacob (1995) Jacob/Kleinaltenkamp (1994)
theoretische Analyse der Integration, der Flexibilitat des Leistungspotentials, der Leistungsbewertung
theoretisch (empirisch)
Zuboff/Maxmin (2002)
ausfijhrliche Analyse der neuen Marktbedingungen, die zu einer Individualisierung der Nachfrage fijhren
theoretisch, Fallbeispiele
Hufmann/Kahn (1998); Kleinaltenkamp (1996), (2000); Prahald/Ramaswamy (2004); Ramirez (1999); Reichwald/Piller (2003), (2006)
Aspekte der Kundeninteraktion: Kundenintegration theoretisch / in den Prozess der Leistungserstellung, Komplexitat konzeptionell; der Konfiguration, Relationship Marketing Fallstudien
grundsatzliche Uberlegungen zur massenhaften Individualisierung als strategische Option; Zerfall von Massenmarkten; Kritik am Massenmarketing ..Sense-and-Respond"-Modell; Schwerpunkt liegt auf Kundenorientierung
theoretisch
Pine (1991), (1993a)
ausfijhrliche Charakterisierung von Mass Customization als neues Wettbewerbsparadigma; Entwicklung von Umsetzungskonzepten
empirisch. Fallstudien
Anderson (1997,2004); Chandra/Kamrani (2005); Duray et al. (2000); Gilmore/Pine (1997), (2000); Kotha (1995); Oleson (1998); Victor/Boynton (1998); Zipkin (2000)
Konkretisierung des Konzepts; Entwurf von Implementierungs- und Umsetzungsstrategien; theoretische Untermauerung
theoretisch / konzeptionell; Fallstudien
Peppers/Rogers (1997), (1999); Pine/Peppers/Rogers (1995)
Potentiate von Informations- und Kommunikationstechnologien zum Aufbau langfristiger Kundenbeziehungen auf Basis der Leistungsindividualisierung
theoretisch / konzeptionell; Fallstudien
Feitzinger/Lee (1997); Kratochwil (2005)
Modularisierung als wichtigstes Umsetzungskonzept
Fallstudien
Bleckeretal.(2005)
umfassende Beschreibung des Aufbaus eines Mass-Customization-Systems aus Sicht des Informations- und Produktionsmanagement
theoretisch/ konzeptionell
Schlie/Goldhar(1995); Ross (1990)
Wettbewerbsvorteile durch Customization. Bedeutung der Infonnationstechnologie
theoretisch/ konzeptionell
Kotha (1996a), (1996b)
Individualisierung und Standardisierung als theoretisch / komplementare Strategien; organisationales Lemen konzeptionell; durch Mass Customization Fallstudien
Holweg/Pil (2004)
Analyse des Wandels der amerikanischen Automobilindustrie von MaRproduktion zu Einzelfertigung nach europaischem System
theoretisch / konzeptionell; Fallstudien
Ahlstr6m/Westbrook(1999)
Exploraitve Studie der Auswiri[Q einzelnen Beteiligten verfugen iiber eine relativ hohe Autonomic und agieren nach auBen selbstandig, sind aber durch intensive Beziehungen miteinander verbunden. Meist sind diese Verbindungen moglichst langfristig angelegt, um oppormnistisches Verhalten einer Partei zu vermeiden. Der organisatorische Nutzen eines solchen Netzwerks liegt in erster Linie in einem verbesserten Ressourcentiugnff. Die Beteiligten konnen ihre knappen Ressourcen (Kapital, Knowhow, Managementkapazitat) erweitern, indem ein Zugriff auf die Ressourcen der Partner ermoglicht wird. Hieraus leiten sich weitere Vorteile wie Spezialisierungsvorteile, Zeiter-
946 947 948
949
So 2.B. Bellmann (1996), S. 49; Czap/Reiter (1998), S. 245; Diirand/Haacke (1997), S. 96; Mldenberger (1998), S. 145; Schuh/MiiUer/Levering (1998), S. 124; Schuh/MiiUer (1998), S. 38; Wildemann (1996a), S. 15. Vgl. Schuh/MiiUer/Levering (1998), S. 125; Wildemann (1996a), S. 15£ Im Rahmen der interorganisationalen Zusammenarbeit von Unternehmen wird der Netzwerkbegriff- und so auch in dieser Arbeit - fur Beziehungen zwischen Unternehmen verwendet, die sich rein auf okonomische Austauschbeziehungen verkiirzen lassen. Solche Unternehmensnetzwerke sind nach Sydow (1992), S. 79 „eine auf die Realisierung von Wettbewerbsvorteilen zielende Organisations form okonomischer Aktivitaten ..., die sich durch ... eher kooperative denn kompetitive und relativ stabile Beziehungen zwischen rechtiich selbstandigen, wirtschaftlich jedoch meist abhangigen Unternehmen auszeichnet." Vgl. Bellmann/Hippe (1996), S. 57; Kaluza/Blecker (1999), S. 268; Mildenberger (1998), S. 33f; Sydow (1992), S. 105£ Siehe auch die Beitrage in PCaluza/Blecker (2000).
8 Umset^^ung der kundenindividuellen Massenproduktion
325
sparnisse, Flexibilitatssteigerungen und eine bessere Fahigkeit zur Komplexitatsbewaltigung ab. Unabdingbare Vorausset:^ng einer Untemehmensvemet^ng ist die Existenz stabiler, entwicklungsfahiger und preisgiinstig zu nutzender Infrastrukturen, die die Grundlage der Senkung der mit einer Vernetzung stets verbundenen Koordinationskosten bilden. Hierzu zahlen Infrastrukturen technischer Art (luK-Netzwerke, Verkehrswege, Ver- und Entsorgungswege), institutioneller Art (rechtliche Grundlagen) und personeller Art (Schul- und Hochschulwesen, Kooperationskompetenz). Bevor im Folgenden genauer Potential und Formen solcher Netzwerke fiir Mass Customization untersucht werden, erscheint eine kurze Darstellung der okonomischen Grundlagen dieser Arrangements unter Beriicksichtigung der Auswirkungen der neuen luK-Technologien angebracht. Hierzu eignet sich vor allem der Transaktionskostenansat^. Er stellt einen geschlossenen theoretischen Rahmen dar, mit dessen Hilfe Entscheidungen iiber die effiziente Gestaltung zwischenbetrieblicher Austauschbeziehungen getroffen werden konnen. Der in seiner heutigen Form im wesentlichen von Williamson entwickelte Ansatz begriindet interorganisationale Netzwerke mit Effizienzvorteilen, wenn die Leistungserstellung zwar bestimmte Vorleistungen verlangt, der Aufbau einer „integrierten", d.h. unternehmensinternen
Organisationsstruktur
aufgrund
mangelnder
Transaktions-
haufigkeit sich jedoch nicht lohnt oder aufgrund mangelnder fmanzieller Mittel bzw. fehlendem Know-how nicht moglich ist.^^o Eine Transaktion ist dabei als Ubertragung von Verfiigungsrechten definiert, die einen Leistungsaustausch zwischen zwei wirtschaftlichen Einheiten darstellt. Der Transaktionskostenansatz stellt damit weniger die LeistungsersteUung als vielmehr die Ubertragung des Ergebnisses einer Wertaktivitat in den Mittelpunkt. Transaktionen konnen sowohl innerbetrieblich als auch zwischenbetrieblich vollzogen werden. Die dabei anfallenden Kosten der Information und Kommunikation fiir Anbahnung, Vereinbarung, Abwicklung, Kontrolle und Anpassung des Leismngsaustausches bilden die Transaktionskosten (siehe auch S. 139). Sie dienen als EffizienzmaBstab zur Beurteilung und Auswahl unterschiedlicher institutioneller Arrangements, d.h. der Abwicklung einer arbeitsteiligen Leistungserstellung innerhalb eines Unternehmens (Hierarchic), iiber den Markt oder als Hybridform in Form einer Kooperation.^^i j^jg optimale Abwicklung einer Transaktion wird nach dem Transaktionskostenansatz dutch das Arrangement erreicht, bei dem die Summe aus Tran-
950
951
Vgl. Williamson (1985), S. 72f. Siehe grundlegend Coase (1937). Eine kompakte Darstellung des Transaktionskostenansatzes findet sich bei Gebauer (1996), S. 55-85; Kaas/Fischer (1993); Picot (1982). Eine Zusammenfassung der wichtigsten Kritikpunkte des Ansatzes nennt Mildenberger (1998), S. 61-63. Da die Kritik allerdings schwerpunktmaBig an den Annahmen iiber das Verhalten der Akteure ansetzt, die nicht im Zentrum dieser Arbeit stehen, scheint der Transaktionskostenansatz fiir unsere Zwecke ausreichend geeignet. Vgl. zu diesem Abschnitt Bauer/Stickel (1998), S. 436; Mildenberger (1998), S. 50-55.
326
8 Umsetr^ng der kundenindividuellen Massenproduktion
saktions- und Produktionskosten am geringsten ist.952 ^ ^ die Hohe der Transaktionskosten absolut nur schwer oder gar nicht zu quantifizieren ist, wird meist die Auspragung eines Biindels von sich gegenseitig beeinflussenden Einjlussfaktoren auf die Transaktionskosten herangezogen (siehe zur Ubersicht Abbildung 8-18).
(2) Merkmale und Eigenschaften der Transaktion Faktorspezifitat, TransaktionshSufigkeit, strategische Bedeutung Eine hohe SpeziTitSt verlangt Abstimmungsprozesse, die durch hbrarchische Mechanismen besser vollzogen werden; gleiches gilt aufgrund von GrdRendegressbnseffelden WrhSufige Transal11
Customisation
B-to-C Modularisierung
Individuelle Damenschuhe nach Mali und eigenem Design. Pilotstores in MiJnchen und London. Umfangreiche Auswahl modischer Modelle, die nach „match-to-order"-System in Italien gefertigt werden. FiJhrendes Unternehmen fur Mass Customization im Damenschuhbereich.
97
; - # , 00*
95
2
90+
3
pV pV
tern
C
00
pV
378
Shavemac (D) Shavemac Bios GmbH, Wendelstein;
Anhang: Fallbeispiele t^u Mass Customi:^ation
B-to-C Modularisierung
Bestellung und Konfiguration individueller Rasierpinsel mittels Baukastensystem im Internet.
B-to-C Modularisierung, Endfertigung im Vertrleb, Serviceindividualisierung
Der Smart ist fertigungsseitig durch eine weitgehende Produkt- und Prozessmodularisierung gepragt; kundenseitig besteht auch nach dem iM:f 97 Kauf noch die kontinuierliche Moglichkeit einer Anpassung des Autos beim Handler; Erganzung des Autos durch individuelleMobilitats-Dienstleistungen.
B-to-C Modularisierung
Modulsystem zum Aufbau einer eigenen Homepage im Internet, einfacher Konfigurator zur Individualisierung genau festgesetzter Gestaltungselemente, sehr preiswerte Losung zum Aufbau einer Internetprasenz fur Privatkunden.
B-to-C Serviceindividualisierung
Online-Supermarkt, Fax; bei Vertragsbeginn Bestandsaufnahme der Einkaufsgewohnheiten durch Mitarbeiter im Haus des Kunden; Generierung von Einkaufszettein mit bevorzugten Produkten; umfassender Dienst durch Lieferung in abschlielSbaren Spezialbehaltern in Garage des Kunden.
B-to-C Modularisierung
Stark individualisierbare Fertighauser, neu konzipiertes modulares System, viele Ausstattungsmoglichkeiten; komplexer Konfigurator im Internet; im Vertrieb Multi-Channel-Strategie zwischen Musterhaus und Internet; Online-Bestellung war moglich
97
1
www.shavemac.com
Smart (D) Micro Compact Car GmbH, Remmingen; Smart-Kleinwagen www.smart.com
Strata (D) Strato AG, Berlin; Web-Visitenkaiie www.strato.de
Streamline (USA) Streamline Inc., Boston, MA; Einkaufvon Lebensmittein www.streamline.com
Streif(D) StreifAG, Weinsheim Fertighauser www.streif.com
Sumimoto (J) Sumimoto Forestry, Tokio; Fertighauser www.dir.co.jp/CIB/1911/
B-to-C Modularisierung
B
00
M4>mt Fertighauser, die der Abnehmer selbst mit Hilfe eines Sumimoto-Mitarbeiters mit einem Multimediaprogramm gestalten und konfigurieren kann; dabei , '^i vor allem auch Anpassung des ; 90+ gewunschten Hauses an zur Verfugung stehendes Preisbudget; anschliellend automatische Generierung der Fertigungsunterlagen und modulare Fertigung.
Swisstex (CH) Swisstex AG, Schweiz; Mallkonfektion www.swisstex.net
B-to-C Modularisierung, Unikatfertigung
Schweizer Hersteller von HerrenMalikonfektion mit sehr gutem InternetSystem (vor allem Backoffice-Bereich).
Vobis(D) Vobis Microcomputer AG, Wijrselen; Personal Computer www.vobis.de
B-to-C Modularisierung
PC-Direktvertrieb. Herstellung von PCs entsprechend den Kundenwunschen; grolie Auswahl an Komponenten und Gestaltungsmoglichkeiten; Fertigung der Gerate innerhalb von 2 Tagen.
A
97
p.V.
3
2
++
379
Anbang: Fallbeispiele ^u Mass Customisation
VS Mobel (D) VS Vereinigte Spezialmobelfabriken GmbH, Tauberbischofsheim; Buromobel www.vs-moebel.de
B-to-B Modularisierung, Unikatfertigung
Wella (D, I) B-to-C Wella GmbH, Dusseldorf; ModulariHaarkosmetik Professional sierung, System Serviceindiviwww.wella.de dualisierung www.wella.it
Korpusmobel Serie 700 und 900; Vertrieb per AuBendienst, personliche Beratung; Anpassung innerhalb gegebener Rasterschritte moglich; Auftragserfassung per PC; Besonderheit liegt vor allem in automatisierter Produktionsplanung und Erstellung der Fertigungsunterlagen auch bei SondermaHen; Fertigung: Teileoptimierung durch Mehrfachverwendung, maschinelles Setzen der Mobelbeschlage und automatisches Kurzen auf kundenindividuelles Mali.
intern
Individuelle Misciiung von Haarpflegemitteln durch Frisore; Ausgangspunkt ist Haaranalyse mittels Analysesystem und Erfahrungswissen der Frisore; dann Zusammenstellung eines individuellen Shampoos etc. entsprechend der PflegebediJrfnisse und Haarprobleme der Kunden.
90+
1
intern
»«^'^^i^'
Westbury (D) C&A, Dusseldorf Heiren-MaHkonfektion
B-to-C Vorfertigung
www.CundA.de
White Lion (D)
B-to-B
White Lion International GmbH, Krefeld; Werbekampagnen www.white-lion.de
Serviceindividualisierung, Modulfertigung
WSJ (USA) Wall Street Journal, New York, NY; Tageszeitung www.wsj.com
xaaaz (D) xaaaz GmbH, Hamburg Online-Handler www.xaaaz.de
B-to-C Modularisierung
B-to-C MC-Handler, Broker
Herren-MaUkonfektion, System der ersten Generation mit manueller Vermessung (Einfuhrung von Scannern fijr Ende 2001 geplant), groBe Stoffauswahl, Lieferung innerhalb von vier Wochen; Programm soil vor allem Service-Aspekt von C&A betonen
00
Erstellung maligeschneiderter Werbekampagnen im Internet. Registrierte Benutzer konnen gegen monatliche GebiJhr durch ein Expertensystem beliebig viele Konzeptionen fur Werbeleistungen generieren lassen. Basierend auf einem Fragekatalog (zu umwerbendes Produkt, Art der Kampagne, vorhandenes Budget, Dauer der Kampagne usw.) errechnet das System aus uber 13 Millionen Varianten eine maligeschneiderte Werbestrategie, die entweder extern in eigener Regie des Kunden ausgefuhrt Oder deren Umsetzung per Mausklick bei White Lion geordert werden kann.
97*
Elektronische Version des WSJ im Internet (WSJ Interactive); umfangreichelndividualisierungsmoglichkeiten der Inhaltsselektion; stetige Verfeinerung des Informationsprofils durch Aufbau einer starken Learning Relationship. Spezialisierter Online-Handler fur MCGuter, einheitlicher Konfigurator; Aufbau eigener Lieferanten; Angebot der Guter teilweise unter eigenem, teilweise unter fremden Markennamen. Modifikation des Geschaftsmodells durch MC-Consulting und SupplyChain-lntegration
'k 96
00*
p.V.
pV
380
Your Novel (USA) Your Novel, Raleigh, NC;
Bucher www.youmovel.com
Zoots (USA) Zoots Corp., Newton MA; Reinigung www.zoots.com
Anhang: Fallbeispiele ^ Mass Customi^tion
B-to-C Modularisierung
Personallsierung eines Romans durch viele Optionen (Namen, Orte, Speisen, Haustiere etc.); individueller Satz und Herstellung.
B-to-C ServiceIndlviduallsierung
Aufbau eines innovativen Kundenbindungskonzepts durch Personallsierung der begeleitenden Dienstlelstungen urn eine an sich standardislerte Kemlelstung. MIt Hllfe eines Waschebeutels und Barcode wird die Wasche einfach und schnell gerelnigt. Aufbau einer lernenden Bezlehung mit den Kunden.
97*
1
Erganzung: Neue Beispiele zu Mass Customization Legends am Ende der Tabelle
123gold.de (D) Bacio D'oro Schmuckvertrlebs GmbH, Friedrichsdorf S-^"™-^* www.123gold.de
B-to-C ModularlsleZerSgung
Archetype (USA) Archetype Solutions, Inc., Emeryville, CA
B-to-C
Bekleidung
Vorfertlgung
www.archetypesolutions.com
APC(USA) American Power Conversion, West Kingston, Rl, Netzgerate
B-to-B Modularislerung
www.apc.com
Brooks Brothers (USA) Brooks Brothers, New York, NY
„ , ^ ^-^^-^
Bekleidung
^^^^^'S^^Q
www.BrooksBrothers.com
Handelsgestutztes System zur Individuallsierung von Schmuck (Schwerpunkt Trauringe); gutes Interaktionssystem im Laden (Klosk-Systeme); Anpassung des Preises an Zahlungsbereitschaft der Kunden; acht Filialen in Deutschland; Onllne-Konfigurator im Internet Amerlkanlscher Produzent und Systemintegrator, der Handelskunden und Modelabels ein komplettes MaUkonfektionssystem zur Verfugung stellt; elgenes MaBsystem und Konfigurator; Produktion In Mexiko Handelskunden: Land's End, Target, JC Penny, Tommy Hllfiger, etc. ElnfiJhrung modularer Produktarchitekturen und Konfiguratlonssystem, um Internatlonalen Kunden besser und schneller bedienen zu konnen. EinfiJhrung war durch massive Reorganisation begleitet, um neue Mogllchkeiten In Produktarchltektur auch fur weitere Effizlenzsteigerungen nutzen zu konnen. Verschledene Stufen von Malikonfektlon: Top-Angebot mit echtem MaBServlce, MC-Angebot mit 3D-Scanning und industrlellen Fertlgungssystem; Matchlng-System zur besseren Zuordnung von Standard-Konfektion zu MaBen eines Kunden
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PV
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Pv
Pv
Anhang: Fallbeispiele ^ Mass
Handelsgestutztes Angebot individualisierbarer Teddybaren, sehr gutes Interaktionssystem im Laden, mit dem die Kunden in Selbstbedienung ihr Produkt zusammenstellen; Endfertigung im Laden; grolier Erfolg in den USA mit meiir als 200 Laden, Wachstum in Europa mittels FrancliiseSystem
Build-A-Bear (USA) Build-A-Bear Workshop, Inc. Saint Louis, IVII Spielzeug www.buildabear.com
B-to-C Modularisierung
CafePress (USA) CafePress.com, Foster City, CA Geschenkaiiikel www.cafepress.com
B-to-C, B-to-B IVIarktplatz fiir individuelle Produkte, derzeit 2.5 i\/litglieder, die mehr als 20 UnikatfertiMio. verschiedene selbst entworfene gung, (unter Nutzung von Konfiguratoren von Personalisie- CafePress) und hergestellte Produkte rung vertreiben (ahnlich wie Zazzle)
Cocoleum (D) Noris Chocoservice GmbH,
B-to-C
Nurnberg
Endfertigung, Personalisierung
Schokolade www.schocoleum.de Converse One (USA) Converse (Nike Inc.), North Andover, MA Sportshuhe
B-to-C Modularisierung
www.converse.com/convers eone Crushpad (USA) Crushpad, San Francisco, CA Wein
B-to-C, B-toB, Unikatfertigung
www.crushpadwine.com CustomizedGirl (USA) CustomizedGirl, Columbus, OH Bekleidung www.customizedgirl.com Delance (CH) Delance Swiss Watches, SA, Schweiz Uhren www.delance.com Edelweiser (A) edelwiser Sporthandel GmbH, Wien Ski www.edelwiser.com
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Customisation
°'^°"^ Endfertigung, Personalisierung
B-to-C Modularisierung
B-to-C, Endfertigung
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2
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1
Moglichkeit, auf Tafel-Schokolade mit Lebensmittelfarbe ein beliebiges Digitalbild aufzudrucken. Einsatz als individueller Geschenkartikel und Werbemittel. Technische Innovation in der Drucktechnik.
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2
Personalisierung von drei Schuhtypen durch Auswahl von Farboptionen etc., Nutzung des Online-Konfigurators und Produktions-systems von NIkelD
05
1
Moglichkeit, sich in relativ kleinen Mengen einen individuellen Wein herstellen zu lassen. Personlicher Vertrieb, aber gut vorstrukturierter "Konfigurationsprozess". Zielgruppe sind Restaurants, die exklusiven "Hauswein" suchen sowie Privatleute mit hoherem Verbrauch.
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Personalisierung und weitere Moglichkeiten zur asthetischen Individualisierung von Freizeitbekleidung. Einfacher Online-Konfigurator. Zielgruppenspezifisch gestaltet fur Teenager.
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1
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1
04
+
Individualisierung von Uhren, Einzelfertigung, hochwertiges Sortiment mit Schwerpunkt auf Damenuhren. Einfacher Konfigurator und weitaus wenigerlndividualisierungsmoglichkeitenalsFactory121. Online-Konfigurator zur Gestaltung von Skiern, Aufbringen eigener Designs durch Digitaldruck auf Ski; Konfigurator mit vielen Gestaltungsmoglichkeiten, allerdings sehr komplex in der Bedienung
'#
'C
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PV
pV
++
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eMachineshop.com (USA) eMachineShop, Midland Park, NJ Komponenten www.eMachineshop.com
E.ONMixpower(D) E.ON AG, MiJnchen; Strom www.eon.de
Anhang: Fallbeispiele ^ Mass Customisation
Sehr groHer Losungsraum. Einfach zu bedienendes Toolkit, mit dem die Kunden iiber das Internet komplexe B-to-C, B-to-B Komponenten entwerfen konnen, die Unikatfertidann im flexiblen Fertigungssystem des gung Anbieters hergestellt werden. Keine MC im klassischen Sinne, sondern eher Erweiterung Richtung User Manufacturing.
B-to-C Serviceindividualisierung
04
Versuch, durch Vortauschung einer ProduktindividualisiemngPreisdiskriminierung erster Ordnung zu betreiben. Kunden konnten ijber Konfigurator die Primarenergiequellen ihres Haushaltsstroms selbst zusammenstellen. Auf diesen Angaben erfolgte dann individueller Vertrag. Nach Abmahnung durch Konkurrenz eingestellt.
3
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EOS (D) EOS GmbH, Electro Optical B-to-B Systems, Krailling b. Enabler der Munchen UnikatfertiFlexible Fertigungstechnik gung www.eos.info
Erasure Custom (UK) TrustMedia.Net, UK Musik www.erasuredownload.com
Expedia(D,UK,USA) Expedia.com GmbH, Munchen Relseburo www.expedia.de
B-to-C Modularisierung
B-to-C Modular!sierung (Service Customization)
EYEMADE(ES) INDO, Barcelona
B-to-C
Brillen
Unikatfertigung
www.indo.es
Anbieter von Laser Sinter Geraten und ein wesentlicher Enabler von Mass Customization, Entwicklung von Geraten fijr den Rapid-Manufacturingund nicht nur Rapid-PrototypingEinsatz. Siehe auch FIT.
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90+ 3
Britische Pop-Band, die Individualisiemng einer Single durch die Kunden eriaubt. Diese konnen auf spezieller Web-Site einzelne Tonspuren selbst zusammenstellen und mischen und das Resultat dann als MPS enwerben. Jede mogliche Kombination kann dabei nur einmal gekauft werden, so dass jeder Kunde GefiJhl einer wirklich "spezial" Edition hat.
0
05
1
Dynamic Packaging: Zusammenstellung individueller Pauschalreisen nach Baukastensystem, Online-Konfigurator, der sowohl Zahlungsbereitschaft als auch Reisepraferenzen berijcksichtigt und die Zusammenstellung einer Reise aus Angeboten verschiedenster Anbieter emioglicht. Etiiche weitere Anbieter, aber derzeit umfassendstes Angebot.
I
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3
Neues Verfahren zur individuellen Erstellung von Gleitsichtglasern (Nahund Femsicht) fur Brillen. Dabei werden im Gegensatz zu konventionellen Gleitsichtglasem sind die unterschiedliche Wahrnehmungsmuster (Geschwindigkeiten in der Blickrichtungsanderung) jedes Kunden berijcksichtigt. Spezielles Konfigurationssystem im Laden, voll integrierte Fertigung in zentraler Fabrik. Brillenglaser mit Lasergravur des Kundennamen.
C
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Anhang: Fallbeispiele ^ Mass Customisation
F.LSmidth (DK) FLSmidth A/S, Valby, Danemark Zementfabriken
B-to-B
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B-to-C Modularisierung
Individualisierung von Schweizer Uhren mit einem ausgezeichneten InternetKonfigurator. Vor allem auch umfangreiche Preisindividualisierung durch Auswahl der Komponenten. Vorfertigung in Asien, Endfertigung in der Schweiz. Weiterhin Nutzung des Systems fiir individuelle Kleinserien fur Universitaten, Sportvereine etc.
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3
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B-to-B Unikatfertigung
Nutzung generativer Fertigungsverfahren (Laser-Sintering, Fabbing etc.) zur Erstellung individueller Komponenten, Prototypen und Kleinserien fur industrielle Kunden. Online-Order-System.
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3
Individualisierung von in den USA popularen Golfschuhen. Moglichkeit, neben Farboptionen von allem die Lange und Weite des Schuhs (unterschiedlich pro Fuli) frei zu wahlen, einfaches Malisystem
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Moglichkeit, mittels Online-Konfigurator das Material fur eine Tasche selbst zu wahlen (Ausschnitt aus einer alten LKW-Plane, aus der die Taschen hergestellt sind). Einfaches Personalisierungssystem.
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Konfigurator, mit dem Kunden Spiele fur Handys konfigurieren und auch in einer erweiterten Version grundlegend programmieren konnen. Internetgestijtzt. Community Funktionalitat. Derzeit bei Vodafone im Einsatz.
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2
Online-Konfigurator fur das Schranksystem dem PAX, sehr groBe VIelfalt von Schranken aus der Kombination von nur 8 Korpussen (4 Farben, 2 Hohen) mit vielen Turen und sehr vielen Inneneinrichtungen. Ergebnis ist neben einer guten Visualisierung des Ergebnisses eine komplette Einkaufsliste aller Einzelteile fiir OnlineBestellung oder Einkauf im Laden. Konfigurator dient vor allem als effizientes Beratungstool, um Verkaufer bei komplexem Produkt zu entlasten.
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2
Modularisierung
www.flsmidth.com
factory1to1 (CH) Factory 121 SA, Martigny, Schweiz Uhren www.factory121 .com
FIT(D) FIT GmbH, Parsberg b Nijrnberg Komponentenfertigung www.pro-fit.de FootJoy(USA) Acushnet Company, Fairhaven, MA Golfschuhe www.myjoys.com
B-to-C Modularisierung
Freitag (CH) Freitag AG, Zurich, Schweiz B-to-C Vorfertigung Taschen www.freitag.ch/f-cut/
GameCreator (D)
B-to-C
Hyve, MiJnchen
Personalisierung
Mobilfunk-Spiele
Komplettanbieter fur System zur Zementerzeugung. Einfuhrung eines Internetkonfigurators, urn hoch komplexen Auftrags/ und Angebotserstellungsprozess zu vereinfachen. Konfigurator dient weniger zur genauen Konfiguration einer Aniage als vielmehr dazu, den Kunden das Spektrum der Moglichkeiten aufzuzeigen.
www.hyve.de
IKEA Pax System (S) Ikea Systems BV, Schweden
B-to-C
Einbauschranke
Modularisie-
www.ikea.eom/ms/de_DE/r ""^"g ooms_ideas/pax_planner_2 006/
C
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Leftfoot(FI,D,UK) Left Foot Company, Helsinki, Finnland Herrenschuhe www.leftfootcompany.com Lego Factory (USA) Lego Systems A/Sm, Billund, Danemark Spielzeug www.legofactory.com
Anhang: Fallbeispiele f^u Mass
B-to-C Modularisierung, Vorfertigung
B-to-C Modularisierung
Leica a la carte (D) Leica AG, Jena Kamera
B-to-C Modularisierung
www.leica-camera.com Loewe Individual TV (D) Loewe Ag, Kronach Femsehen www.loewe.de
IM&Ms (USA) Mars Inc., USA Siiliwaren www.mms.com
B-to-C Modularisierung
B-to-C Modularisierung
Massschuh.de (D) Schuhe nach MaB GmbH, Hamburg Schuhe www.massschuh.de
B-to-C Unikatfertigung
mh Ma&manufaktur (D) mh Malimanufaktur, Naila
B-to-C
Damenbekleidung
Vorfertigung
www.monika-hoffmann.de Marelii Motori (I) Arzignano, Vicenza, Italy Elektromotoren www.marelli.fki_et.com
B-to-B Modularisierung
Customisation
Hen-enschuhe nach Mali, 3D Scanner im Laden, Zuordnung zu StandardLeistenbibliothek, recht viele Farb- und Modelloptionen. Vertrieb uber eigene Laden und Shop-in-Shop-L6sungen. Produktion in Finnland und Estland. Online-Plattform, die Usern Unterstutzung beim Entwurf eigener LegoModelle bietet. Individuelle Kommissioniemng der Steine je nach Kundenauftrag. Weitreichende Moglichkeiten der Interaktion mit anderen Usem.
'ft-"< 05 1
Auswahl einzelner Farboptionen und Funktionalitaten fur Telle einer Kleinbildkamera, dabei vor allem viele Moglichkeiten zum Upgrade und Ausnutzung der Zahlungsbereitschaft
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1
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Anpassung von Fernsehern durch Gehauseoptionen, Farbwahl. Wird vom Hersteller als Strategie gesehen, sich als deutscher Anbleter zu behaupten und Vorteile einer Fertigung vor Ort zu nutzen.
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1
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Moglichkeit, Im Internet und in bestimmten Laden eigene Farbmischungen der Schokodrops zusammenzustellen. Zudem konnen einzelne Drops mit individueller Schrift (8 Buchstaben versehen werden. Sehr hohes Premium, aber Wandel vom Snack zu Geschenkartikel.
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Vernetzung unabhangiger Handwerker, um sie von handwerklicher Einzelfertigung zur Malifertigung in groHeren Stiickzahlen zu befahigen; Untemehmen will eine Produktionsplattfomi zur Verfijgung stellen, die als Systemlosung die Herstellung des Malischuhs vom Scann bis zur Herstellung und Auftragsvenwaltung unterstiitzt.
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2
PV
i^,~;K
MalJkonfektion fur Damen. Eigener Vertrieb und eigene Fertigung, Lizensierung des Systems an Fachhandler in ganz Europa. Parametrisiertes System auf Basis von Grundschnitten. EinfiJhrung eines Konfigurators zur Reduktion von Sonderanfertigungen. Grundlage dafur war Reduktion der Produktkomplexitat durch Einfuhrung eines Baukastensystems fur die Produkte.
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3
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Anhang: Fallbeispiele ^ Mass Customisation
B-to-C Vorfertigung
Neues Angebot individueller Jeans in den USA, mehr als 89 Billionen verschiedenelndividualisierungsmoglichkeiten; Vertrieb ijber das Internet, komplexer Konfigurator. Nur fur Kunden, die sehr genaue Vorstellungen ihrer Wunsch-Jeans haben. Gute Preisoption.
mi adidas (D) adidas-Salomon AG, Herzogenaurach Sportschuhe www.adidas.com
B-to-C Modularisierung
Individuelle Anpassung von sechs Sportschulitypen In Hinblick auf Funktionalitat, Passform und Design. Fertigung der Schuhe in China, Lieferzeit ca.3 Wochen. Vertrieb iiber Adidas-eigene Flagship Stores, Internet-Konfigurator in 2006.
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2
My Virtual Model (CA) My Virtual Model, Inc.,Montreal, Kanada Personalisierung www.mvm.com
B-to-C Service Customization
Moglichkeit fur Internet-Kunden, sich selbst als virtuelles Model abzubilden, um dann auf verschiedenen Internetseiten (Land's End, Otto, Amazon, Levis, H&M, etc.) einfacher "virtuell" Kleidung anzuprobieren. Keine klassische MCAnwendung, sondem eher Individualisierung der Dienstleistung Shopping
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2
Anbieter von Personalisierung von Oberbekleidung. Ladengestutzt, Kunden konnen auf Standardprodukte (Sweatshirts, T-shirts, Hosten, Shorts, Kappen etc.) individuelle Texte oder Motive aufbringen lassen. Technisch sehr einfach, bemerkenswert ist die weite Umsetzung per Filial-System in den USA.
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MeJeans (USA) Mejeans, USA http://mejeans.com
NeighborHoodies (USA) Neighborhoodies, Brooklyn, „ , p NY '^^'^ Freizemidung Endfertigung www.neighborhoodies.com
Oktavia (D) Otto Group AG, Hamburg Malikonfektion furDamen http://www.oktavia.de
B-to-C Vorfertigung
Vergleichbar mit Odermark-System fur Herrenmode. Geschlossene Prozesskette fijr Damenkonfektion nach Mali (ScannenA/ermessen, automatische Schnittmustererstellung, industrielle Produktion). Ca. 40 Lizensnehmer im Einzelhandel. Auch Berufsbekleidung.
Orako (D) Orako GmbH, Augsburg Mobilfunk-Oberschalen www.designyourhandy.de
B-to-C Unikatfertigung
Erstellung individueller HandyOberschalen mittels Digitaldruckverfahren. Kunden konnen im Internet eigene Bilder hoch laden oder mittels einfachen Malprogramms selbst entwerfen.
B-to-C Modularisierung
Herrenschuhe nach Mali, 3D-Scannen, Zuordnung der FiJUe zu einer existierenden Leistenbibliothek, Fertigung der Schuhe auf Bestellung. Eigene, hoch automatisierte Fabrik in Florida, Ahnliches System wie Leftfoot oder Selve. Eigene Ladengeschafte. Aufgrund von Hurrikan-Schaden in 2005 starker Ruckschlag im Wachstum.
Otabo (USA) Otabo LLC, Pompano Beach, FL, USA Herrenschuhe www.otabo.com
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Anhang: Fallbeispiele t^u Mass
Personal Novel (D) Personal Novel GmbH, Mijnchen Bucher
B-to-C Modularisierung
www.Personalnovel.com Personalization Mall (USA) PersonalizationMall.com, Woodridge, IL Personalisierung
B-to-C Endfertigung, Personalisie-
www.personalizationmall.co m
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Printplanet (D) PrintPlanet GmbH, Garbsen Drucksachen
B-to-C Unikatfertigung
www.printplanet.de
Sportschuhe
B-to-C Modularisierung
www.puma.com/mongolian bbq
Reebok Custom (USA) Reebok Inc., Boston, MA Sportschuhe www.rbkcustom.com
Royal Bank of Scotland (RBS) Royal Bank of Scotland, Edinburgh Kreditkarten www.rbs.co.uk
B-to-C Modularisierung
B-to-C Modularisierung
Schmitz CargoBull (D) Schmitz Cargobull AG, Horstmar LKW-Aufleger www.cargobull.com
B-to-B Modularisierung
Sears (USA) Sears, Roebuck and Co., Hoffman Estates, III. Kuchen www.sears.com
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Sehr groBes Angebot an Geschenkartikeln etc., die alle mit personlicher Aufschrift versehen werden konnen. Gute integrierte Web-Site, gunstige Preise. Ermoglicht, was im Werbemittelgeschaft bislang in Auflagen moglich war, inLosgroBel.
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Personalisierung von Drucksachen. Digitaldruck. Sehr gut integrierte WebSite zur Bestellung. Originelle Individualisierungsm6glichkeiten("MagicName"-Technologie). Hoher Kundenservice.
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7W^
Puma Mongolian BBQ (D, USA) Puma AG, Herzogenaurach, Germany
Personalisierung eines Romans durch viele Optionen (Namen, Orte, Spelsen, Haustiere etc.); individueiler Satz und Herstellung in Digitaldruck, (en/veitere und verbesserte Neuinterpretation von Your Novel, USA)
B-to-C Modularisiemng
Ladengestutztes, sehr taktiles System zur Individualisierung von Schuhen. Anstelle eines Internet-Konfigurators nutzen die Kunden Einzelteile im 05 Laden, urn sich so nach Baukastensys- 4, tem ihren Schuh zusammenzustellen. Fertigung in China. Nur in besonderen Laden. 'S^i^m Me-to Produkt zur DesignIndividualisierung von Sportschuhen, gleiches System wie Nike etc., aller05 ^'"9^ sehr guter Intemet-Konfigurator. ahnliche Angebote von vielen anderen Schuhherstellem wie Timberland, Vans, Converse... Individualisierung von Kreditkartenvertragen mit einfachen Internetkonfigurator, der Kunden Trade-Offs zwischen Jahresgebuhr, Zinssatz fiir Kredit, Punkteprogramm und Versicherungsleistungen nahe bringt.
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Hersteller von Auflegern fur LKW. Sehr erfolgreiches Untemehmen, das in den letzten Jahren Konsequent die Variantenvielfalt reduziert hat, ohne dabei an Kundennahe zu verlieren. Fokus auf die Eigenschaften, die den Kunden wirklich wichtig sind.
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3
Sehr schoner Internet-Konfigurator zum Kauf von Kuchen online bei Sears Direct. Matching-System, gute Visualisierung und Verkaufsunterstutzung. Ausweitung auf andere Produktbereiche.
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Customif^ation
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Anhang: Fallbeispiele ^^u Mass Customi^tion
Sovital (D) Sovital Life & Nutri-Science Gmbh, Karben Vitamintabletten www.sovital.de
Spreadshirt (D) Spreadshirt GmbH, Leipzig T-Shirts www.spreadsliirt.de
Steppenwolf (D) Steppenwolf AG, MiJnchen Fahrrader
B-to-C Unikatfertigung
Swatch AG, Schweiz Uhren
B-to-C Modularisierung
B-to-C Modularisierung
www.swatch.com
Tlmbuk2 (USA) Timbuk2, San Francisco Taschen www.timbuk2.com
B-to-C Modularisierung
Tom James (USA) Tom James Company, USA B-to-C Herrenbekleidung
Vorfertigung
www.tonjamesco.com
Turo Tailor (Fl) OY Turo Tailor AB, Kuopio, Finnland Herrenbekleidung www.turotailor.fi
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Individualisierung von T-Shirts durch individuelle Aufdrucks, Besonderheit ist aber nicht das Produkt, sondern das B-to-C, B-to-B Vertriebssystem. ahnlich wie bei Zazzle Endfertigung oder Cafe-Press vertreiben die Kunden ihre Kreation in kleinen Shop-in-Shops welter ("Mikro-Merchandising"). Sehr erfolgreich, schnelles Wachstum.
www.steppenwolf.de
Swatch Via d. Spiga (I)
Individuelle Vitamintabletten (Nahrungserganzungsmittel) auf Basis einer internet-Konfiguration, Angabe von Profilinformation. Fertigungssystem zur Herstellung in metireren Mio. i\/l6gliclil^eiten in geringen Ciiargen
B-to-C Vorfertigung
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01
Einer der fuhrenden Anbieter von individuellen Fahrradern, Mittleres bis oberes Preiskonzept. Individuelle Endmontage in Deutschland, Kunden haben grolie Auswahl aus Farben und Komponenten. Mailander Pionierstore des Uhrenherstellers Swatch, in dem Kunden in Selbstindividualisierung Uhren zusammenstellen konnen. Sehr modisches, durch Eriebniseinkauf dominiertes Konzept. Erster Anfang von Swatch vom Variantenhersteller Richtung Mass Customization, allerdings derzeit vor allem aus Image- / PRGesichtspunkten.
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Individualisierung von Messanger- und Computer-Taschen, Vertrieb der Produkte aber auch als Standardprodukte ijber den normalen Einzelhandel. Fertigung in den USA. Einfache Individualisierung (Farbwahl), die aber sehr stark zum Markenwachstum beigetragen hat. GroRter US-Anbieter von Madkonfektion, verschiedene Marken. Konventionelles System aus manuellen MaUnehmen, parametrisierten Schnittmustern, halb-automatisierter Fertigung. Mittleres Markt- und Preissegment. GroRe Vertriebsstruktur mit eigenen Laden und unabh. Handelsvertretern. Etabliertes Unternehmen aus Finnland, das seit 1988 auch Maftkonfektion anbietet. Groliter Hersteller von Herrenbekleidung in den nordischen Landern. Matching-System mit MaUnehmen und Zuordnung zu existierenden Schnitten, on-demand Fertigung.
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Anhang: Fallbeispiele ^u Mass Customi^tion
UJeans (CA) UJeans, Ontario, Canada
B-to-C Vorfertigung
www.UJeans.com Ultimate Ears Earbuds (USA) Ultimate Ears - super.fi, Irvine, CA Kopfhorer
B-to-C Unikatfertigung
www.ultimateears.com Unique Pants (D) unique pants, Dortmund Bekleidung (Leder) www.you-p.com
Wildemasche (D) Dobrowolny Stricktechnik, Pluderhausen Bekleidung www.wildemasche.com
B-to-C Unikatfertigung
B-to-C Unikatfertigung
Windsor(D)
Kleine Jeansmanufaktur, die sehr weit reichendelndividualisierungsmoglich|<eiten bei Jeans anbietet. Groftes Wissen beim Kunden wird vorausgesetzt. Selir einfacher Konfigurator (alinlich wie MeJeans).
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3
Anpassung von Ohr-Kopfhorern an individuelle Ohnnuschein des Kunden. Ohrenarzt nimmt Abdruck, der dann mittels generativen Fertigungsverfahren in entsprechenden Ohrhorer ijberfuhrt wird. Sehr teuer, aber hoher Nutzwert.
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Online-Konfigurator zur weit reichenden Gestaltung von Hosen aus Leder. Handwerkliche Fertigung, aber dennoch gute Preisposition. Viele Individualisierungsmoglichkeiten. Recht komplexer Konfigurator.
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2
Ansteuerung einer Strickmaschine durch Kunden uber das Internet. Einfacher Konfigurator, mit dem ; Kunden ijber das Intemet Muster entwerfen konnen, die dann auf Strickpullover oder Schaals etc. gestrickt werden. Gutes Beispiel fiir das Prinzip weitreichender Moglichkeiten bei hochflexibler Fertigungstechnik.
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www.windsor.de
MaRkonfektion in Zusammenarbeit mit Human Solution {TecMath)-Scannern und Fertigungssystem. Vertrieb uber viele unabhangige Einzelhandler.
Youngor (CN) Youngor Group Co Ltd, Zhejiang, China Malikonfektion www.youngor.cn
Chinesischer Anbieter von Malikonfektion. Hohe Fertigungskapazitaten, vertikal voll integriertes System aus eigenen Laden und Fabrikation. Bislang groliter Anbieter auf dem chinesischen Markt und in Japan.
WINDSOR GmbH, Bielefeld B-to-C Bekleidung
Zazzle(USA) Zazzle.com, Inc., Menio Park, CA Geschenkartikel www.zazzle.com
Vorfertigung
B-to-C Vorfertigung
B-to-C Personalisierung
Personalisierung von Geschenkartikein und Drucksachen uber das Intemet. Besonderheit ist Moglichkeit, individuelle Produkte auch dritten anzubieten, wobei ahnlich wie bei E-Bay Zazzle die Abwicklung im Hintergrund ijbernimmt.
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Anhang: Fallbeispiek ^u Mass Customi^tion
Legende
D/e folgenden Bewertungen wurden jeweils bei der ursprunglichen Bewertung des Untemehmens gemacht, manche Angaben oder Einschatzungen mogen heute nicht mehr aktuell sein. Diese Tabelle dient vor allem der Dokumentation der Entwicklung von Mass Customization in der Praxis und kann keine Grundlage fur weiterfuhrende wissenschaftlictie Analysen sein.
Zielgruppe: B-to-C: private Haushalte B-to-B: industrielle Abnehmer (Industrieguter)
Konzept:
Zugrunde liegende Mass-Customization-Konzeption, siehe Kapitel 7 fijr eine Erklarung; bei Mischformen ist jeweils das dominierende Prinzip zuerst genannt. "Personalisierung" verweist auf das Prinzip der l