Springer-Lehrbuch
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Thorsten Hens ´ Carlo Strub
Grundzçge der analytischen Makroækonomie Mit 76 Abbildungen
123
Professor Dr. Thorsten Hens Universitåt Zçrich Institut fçr Empirische Wirtschaftsforschung Blçmlisalpstraûe 10 8006 Zçrich Schweiz
[email protected] Carlo Strub
[email protected] ISBN 3-540-20082-7 Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet çber abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschçtzt. Die dadurch begrçndeten Rechte, insbesondere die der Ûbersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfåltigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfåltigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulåssig. Sie ist grundsåtzlich vergçtungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.de ° Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2004 Printed in Germany Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wåren und daher von jedermann benutzt werden dçrften. Umschlaggestaltung: Design & Production GmbH, Heidelberg SPIN 10960134
43/3130-5 4 3 2 1 0 ± Gedruckt auf såurefreiem Papier
F¨ ur Britta und Jerome
F¨ ur meine Eltern
Vorwort
Die Themen der Makro¨ okonomie (Wachstum, Konjunktur, Besch¨aftigung, In¨ flation, Wechselkurse, Aktienkurse usw.) sind diejenigen der Okonomie, die am meisten allgegenw¨ artig sind. In jeder Nachrichtensendung, in fast jeder Tageszeitung und im Internet wird st¨ andig zu diesen Themen berichtet. Die Zusammenh¨ ange dieser Fragen zu verstehen, ist die Hauptmotivation von Studienanf¨angern der Wirtschaftswissenschaften. Dieses Buch m¨ochte die Studierenden an das analytische Werkzeug heranf¨ uhren, das die Wirtschaftswissenschaften zum Verst¨ andnis dieser Fragen liefert. In dem Buch wird ein umfassendes makro¨ okonomisches Modell entwickelt, das den Arbeits-, den G¨ uter-, den Kapital-, den Geld- und sogar den Aktienmarkt beinhaltet. Die wissenschaftliche Grundlage sind neueste Forschungsergebnisse, welche in den letzten Jahren die keynesianische Theorie mit der Theorie unvollst¨ andiger Finanzm¨ arkte verbunden haben. Einen Einstieg in diese Literatur liefern Dr`eze, Polemarchakis (2001) sowie Dubey, Geanakoplos (2003). Dieses Buch ist aus der Vorlesung Makro¨ okonomie II entstanden, welche Thorsten Hens in Z¨ urich regelm¨ assig liest. Die Vorlesung ist eine Fortsetzung der Grundstudiumsvorlesung Makro¨ okonomie I. Wir gehen deshalb davon aus, dass die Studierenden mit den grundlegenden Fragen der Makro¨okonomie vertraut sind.1 Wer sich nicht ganz sicher ist, kann dies zum Beispiel anhand des Buches von Blanchard (2000) nacharbeiten. Die Makro¨okonomie II ist andererseits eine Hinf¨ uhrung zur Hauptstudiumsvorlesung Fortgeschrittene Makro¨ okonomie, in der Wachstums- und Konjunkturtheorie vertieft werden. Einen Ausblick hierauf liefert das Buch von Romer (1996). Dieses Buch schliesst somit eine L¨ ucke zwischen den, f¨ ur Europa zu einfachen undergraduate und den zu schwierigen graduate Lehrb¨ uchern angels¨achsischer Universit¨aten. Als erg¨ anzende Lekt¨ ure zu dem Buch empfehlen wir Felderer, Homburg (2002) und Abel, Bernanke (1998). 1
Makro¨ okonomie II wird bei uns im vierten Semester gelesen. Die Studierenden verf¨ ugen dann u okonomie. ¨ber das Wissen aus acht Semesterwochenstunden Mikro¨
VIII
Vorwort
Das didaktische Konzept dieses Buches ist ein schrittweiser Aufbau eines komplexen makro¨ okonomischen Modells, das mikro¨ okonomisch fundiert ist. Dabei wird jeder Schritt analytisch exakt dargestellt und anhand von Fallstudien illustriert. Beispiele solcher Fallstudien sind: • • • • •
Die grosse Depression der 1930er Jahre Die Lohn-Preisspirale der 1970er Jahre Die importierte Inflation der 1970er Jahre Die Rationalisierungsspirale der 1980er Jahre Der TMT-Bubble der 1990er Jahre
Mittels der im Rahmen des Buches erarbeiteten makro¨okonomischen Modellbausteine wird schliesslich ein real implementiertes Konjunkturmodell der Schweiz analysiert und Szenarien wie etwa eine Aufwertung des Schweizer Frankens beleuchtet. Das Buch ist logisch aufeinander aufbauend. Es sollte linear, also ein Kapitel nach dem anderen, gelesen werden. Eine Ausnahme zu dieser Regel besteht am Ende. Man kann nach Kapitel 7 alternativ zun¨achst das Kapitel 8 lesen oder zuerst die Kapitel 9 und Kapitel 10. Ebenso kann das Kapitel 11 direkt nach Kapitel 5 gelesen werden. Der rote Faden des Hauptteils des Textes ist zudem durch Exkurse und Vertiefungen unterbrochen. Diese Abschnitte sollen helfen, den Hauptteil besser zu verstehen. Wer Schwierigkeiten mit diesen Teilen hat, kann diese auch einfach ignorieren. Die Vertiefungen sind f¨ ur das Verst¨ andnis des Stoffes nicht zwingend. Sie zeigen auf, wie eine Makro¨ okonomie der langen und der kurzen Frist mikro¨okonomisch fundiert werden kann. ¨ Altere B¨ ucher zur Makro¨ okonomik beginnen traditioneller Weise mit einer ausf¨ uhrlichen Diskussion der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung. Dieses Wissen ist unabdingbar f¨ ur das Verst¨ andnis makro¨okonomischer Zusammenh¨ ange. Es ist in unserem Buch in der Mikrofudierung enthalten, denn die Mikrofundierung erfordert wie die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung eine exakte Bilanzierung von Einnahmen und Ausgaben der Firmen und der Haushalte. Diese unabdingbare Exaktheit macht die Mikrofundierung deshalb auf den ersten Blick etwas sperrig. Die exakte Buchf¨ uhrung wird dann in der Mikrofundierung noch durch Maximierungskalk¨ ule erg¨anzt, welche die Kriterien beschreiben, nach denen die Ein- und Ausgaben generiert werden. Schliesslich muss man sich f¨ ur ein Gleichgewichtskonzept entscheiden, das alle Entscheidungen der Firmen und der Haushalte miteinander kompatibel macht. Die mikro¨ okonomische Fundierung, die wir in diesem Buch geben, basiert ¨ auf dem Konzept des station¨ aren ¨ okonomischen Gleichgewichts einer Okonomie mit unendlichem Horizont. Dieses Konzept veranschaulichen wir unter anderem durch Kreislaufdiagramme. Anhand der station¨aren Gleichgewichte untersuchen wir die Auswirkungen von exogenen Ver¨anderungen, wie etwa der Geldpolitik oder von Produktivit¨ atsschocks. Diese Analyse ist vorwiegend komparativ statisch gemeint, auch wenn wir manchmal ebenso versuchen, den Anpassungspfad hin zum neuen Gleichgewicht zu skizzieren.
Vorwort
IX
Begleitend zur Lekt¨ ure des Buches gibt es das Simulationsprogramm KoSiMo, mit dem die komparative Statik der makro¨ okonomischen Zusammenh¨ange interaktiv studiert wird. Wir w¨ unschen den Lesern viel Erfolg beim Studium und freuen uns u ¨ber Anregungen zum Buch.
Z¨ urich, Januar 2004
Thorsten Hens Carlo Strub
Bitte besuchen Sie die Website zu diesem Buch: http://www.carlo-strub.ch/oec/makro/
(Internet)
X
Vorwort Einf¨ uhrung
? Kapitel 2
? Kapitel 3
? Kapitel 4
Kapitel 5
H H H HH H
H j H
-
?
Kapitel 6
? Kapitel 7
? Kapitel 8
Kapitel 9
? Kapitel 10 Abb. 0.1. Aufbau des Buches
Kapitel 11
Danksagung
Wir m¨ ochten uns bei Simon Benz f¨ ur die Ausarbeitung des KoSiMo-Programms bedanken. Christoph Nitzsche danken wir ganz besonders f¨ ur die ¨ vielen Hinweise zum Buch und einige Ubungsaufgaben. Herrn Peter Stalder geb¨ uhrt Dank f¨ ur Informationen zum SNB-Modell und Eckart J¨ager f¨ ur viele wertvolle Hinweise, insbesondere zum Aussenhandelsmodell. Rina RosenblattWisch, Matthias Holzhey, Leo Kaas sowie einige Studenten der Vorlesungen Makro¨ okonomie II in den Sommersemestern 2001, 2002 und 2003 haben uns viele hilfreiche Kommentare zu vorl¨ aufigen Fassungen des Buches gegeben. Schliesslich m¨ ochte sich Thorsten Hens bei Reinhard John, Manfred Neumann und Stefan Homburg f¨ ur die Unterrichtung in Makro¨okonomie bedanken, die er w¨ ahrend seinem Studium in Bonn erhalten hat.
Inhaltsverzeichnis
1
Einf¨ uhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2
G¨ utermarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2.1 Preisanpassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2.2 Mengenanpassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 2.3 Synthese von Preis- und Mengenanpassung . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 ¨ 2.4 Ubungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
3
Interaktion von Arbeits- und G¨ utermarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Klassische Sicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1 Mikrofundierung des makro¨ okonomischen Modells . . . . . 3.1.2 Vertiefung: Heterogenit¨ at der Akteure . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.3 Vertiefung: Station¨ ares Gleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.4 Stabilit¨ at bei flexiblen Reall¨ ohnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.5 Fallstudie: New Economy der 1990er Jahre . . . . . . . . . . . 3.1.6 Die neoklassische Konjunkturtheorie (Real Business Cycle Theory) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.7 Fallstudie: Rationalisierungsspirale der 1980er Jahre . . . 3.2 Keynesianische Sicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Ausgew¨ ahlte Probleme der Komparativen Statik . . . . . . 3.2.2 Vertiefung: Endogenisierung der Angebotsschranken . . . 3.2.3 Vertiefung: Station¨ are Gleichgewichte als Ruhepunkte eines dynamischen Systems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ¨ 3.3 Ubungen ...............................................
15 16 17 19 20 21 22
Geld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Die klassische Sicht: Transaktionskasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.1 Vertiefung: Details des Geldkreislaufs . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.2 Quantit¨ atstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.3 Komparative Statik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.4 Politik der SNB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
41 42 43 44 46 47
4
1
24 25 27 33 35 36 38
XIV
Inhaltsverzeichnis
4.1.5 Cambridge-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.6 Patinkin-Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.7 Stocks and Flows . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.8 Der Transmissionsmechanismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Exkurs: Wie kommt Geld in Umlauf? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Graphische Darstellung von Arbeits-, Geld- und G¨ utermarkt . . Vertiefung: Transitorische und permanente Schocks . . . . . . . . . . Fallstudie: Edelmetallimporte im 16. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . Fallstudie: Lohn-Preis-Spirale der 1970er Jahre . . . . . . . . . . . . . . Keynesianische Sicht des Geldes: Vorsichtskasse . . . . . . . . . . . . . Geld als Wertaufbewahrungsmittel im OLG-Modell . . . . . . . . . . ¨ Ubungen ...............................................
47 48 49 49 50 50 50 51 53 55 59 62
5
Kapitalmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1 Klassische Sicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.1 Haushalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.2 Firmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Keynesianische Sicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1 Multiplikatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.2 Fallstudie: Die grosse Depression der 1930er Jahre . . . . . 5.2.3 Keynesianische Konjunkturtheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ¨ 5.3 Ubungen ...............................................
65 66 66 69 72 74 75 75 78
6
Interaktion von Geld- und Kapitalmarkt: IS-LM-Modell . . . 6.1 Klassische Sicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Keynesianische Sicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3 Das allgemeine IS-LM-Diagramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4 Exkurs: Baumol-Tobin-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ¨ 6.5 Ubungen ...............................................
79 79 80 82 83 85
7
Synthese von Arbeits-, G¨ uter-, Geld- und Kapitalmarkt . . . 7.1 Graphische Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2 Beispiele der Interaktion der M¨ arkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.1 Keynesianische Nachfragepolitik und Stagflation . . . . . . . 7.2.2 Auswirkung von Geldpolitik auf Zinsen . . . . . . . . . . . . . . 7.3 Geldnachfrage im intertemporalen Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4 Vertiefung: Mikrofundierung des IS-LM-Modells . . . . . . . . . . . . . ¨ 7.5 Ubungen ...............................................
87 87 89 89 91 93 94 97
8
Aktienmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 8.1 Arbitrage und Net-Present-Value . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 8.2 IPO und Tobins Q . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 8.3 Darstellung des Modells mit Aktienmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 8.4 Fallstudie: Der TMT-Bubble der 1990er Jahre . . . . . . . . . . . . . . . 105 8.5 Vertiefung: Mikrofundierung des Modells mit Aktienmarkt . . . . 108
4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 4.7 4.8 4.9
Inhaltsverzeichnis
XV
¨ 8.6 Ubungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 9
Aussenhandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 9.1 Exporte und Importe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 9.2 Die Bestimmung des Wechselkurses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 9.2.1 Kaufkraftparit¨ at . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 9.2.2 Zinssatzparit¨ at . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 9.3 IS-Kurve mit Exporten und Importen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 9.4 Graphische Darstellung des Modells mit Aussenhandel . . . . . . . 116 9.5 Fallstudie: Importierte Inflation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 9.6 Bilanzen sowie Marshall-Lerner-Bedingung und Incomplete Passthrough . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 9.7 Vertiefung: Mikrofundierung des Modells mit Aussenhandel . . . 122 ¨ 9.8 Ubungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
10 Ein makro¨ okonomisches Modell der Schweizerischen Nationalbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 10.1 Monopolistischer Wettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 10.2 IS-LM-Diagramm im SNB-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 10.3 Graphische Darstellung des SNB-Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 10.4 Analyse dreier Szenarien anhand des SNB-Modells . . . . . . . . . . . 136 10.4.1 Aufwertungsdruck auf den Schweizer Franken . . . . . . . . . 136 10.4.2 St¨ arkeres Wachstum im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 10.4.3 Erh¨ ohung der Zinsen im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 ¨ 10.5 Ubungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 11 Wachstumstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 11.1 Das Modell von Solow und Swan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 11.2 Das Modell von Ramsey . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 11.2.1 Vergleich zwischen Solow- und Ramsey-Modell . . . . . . . . 158 ¨ 11.3 Ubungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 12 Schlussbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 A
Explizite Modelll¨ osungen und KoSiMo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 A.1 Explizite L¨ osung des Modells mit Aktienmarkt . . . . . . . . . . . . . . 164 A.2 Explizite L¨ osung des Modells mit Aussenhandel . . . . . . . . . . . . . 168 A.3 Explizite L¨ osung des SNB-Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170
B
Abk¨ urzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173
Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 Tabellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
XVI
Inhaltsverzeichnis
Index . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183
1 Einfu ¨ hrung
Es gibt in der Makro¨ okonomie sehr viele Theorien zur Erkl¨arung von volkswirtschaftlichen Ph¨ anomenen. Diese Theorien ¨andern sich mit der Zeit, und sind von Ort zu Ort unterschiedlich. Die Klassik und der Keynesianismus bilden dabei die grossen theoretischen Gegenpole. Die General Theory von Keynes l¨ oste in den 1930er Jahren die bis dahin durchgehend klassischen Modelle ab. W¨ ahrend bis zum Ende der 1970er Jahre keynesianische Modelle vorherrschend waren, kamen in den 1980er Jahren neoklassische Modelle in Mode, um gegen Ende des Jahrhunderts wiederum von einer neuen Generation von keynesianischen Modellen abgel¨ ost zu werden. Im Moment ist es tendenziell so, dass neoklassische Modelle eher in den USA, neokeynesianische eher in Europa vertreten werden. Dies liegt wohl daran, dass die M¨arkte in Europa unvollkommener sind als in Nordamerika. Die Klassik Die Klassik ist die erste und ¨ alteste makro¨ okonomische Theorie. Sie geht davon aus, dass die Preise auf allen M¨ arkten v¨ ollig flexibel sind und dass die auf diesen M¨ arkten handelnden Menschen rational sind. Der Name The classical economists wurde von Karl Marx erfunden, um damit Ricardo, James Mill und deren Vorg¨ anger, das heisst die Begr¨ under der Theorie, welche schliesslich in die ricardianische Theorie m¨ undete, zu benennen. Grosse Namen aus dieser Zeit sind zum Beispiel auch Marshall, Walras, Edgeworth und Pigou. (Keynes, 1936, Kapitel 1). Der Keynesianismus Der Keynesianismus wurde 1936 von John Maynard Keynes mit seiner ber¨ uhmten General Theory of Employment, Interest and Money (Keynes, 1936) begr¨ undet. Diese Theorie geht davon aus, dass es auf gewissen M¨arkten Preisstarrheiten gibt. Zudem handeln die Menschen auf diesen M¨arkten nicht immer rational. Keynes verstand sein Buch als eine Verallgemeinerung (deshalb das general) der klassischen Theorie.
2
1 Einf¨ uhrung
Dieses Buch behandelt vorwiegend die Idealtypen der keynesianischen und der klassischen Theorie, da die meisten anderen Theorien Kombinationen aus diesen Grundtheorien sind. Die Logik dieser reinen Idealmodelle scheint manchmal relativ u ¨berraschend. Es hilft jedoch diese einmal zu durchdenken, damit man in den realistischeren Mischmodellen trotz all der verschiedenen meist gegenl¨ aufigen Effekte noch einigermassen durchblickt. In diesem Buch wird nicht zwischen verschiedenen Konsumenten bzw. Pro¨ duzenten unterschieden. Genau genommen definieren wir hier eine Okonomie mit nur einem (repr¨ asentativen) Konsumenten und nur einem (repr¨asentativen) Produzenten. Nat¨ urlich wollen wir nicht behaupten, dass sich alle Wirtschaftssubjekte gleich verhalten. Ironischerweise f¨ uhrt aber gerade die Heterogenit¨ at der individuellen Verhalten dazu, dass sich das aggregierte Verhalten eher durch die Konzepte der Makro¨ okonomie (Nutzenmaximierung, Gewinnmaximierung) beschreiben l¨ asst, als dies f¨ ur das meist irregul¨are Individualverhalten m¨ oglich ist (Hildenbrand, 1994). Somit wird die Makro¨okonomie zur eigentlichen Mikro¨ okonomie.
Inhalts¨ ubersicht ¨ In Kapitel 2 analysieren wir eine Okonomie anhand eines AS-AD-Diagramms. ¨ Dieses Diagramm dient dazu, die qualitativen Auswirkungen exogener Anderungen auf das Bruttosozialprodukt sowie das Preisniveau einer Volkswirtschaft zu bestimmen. Die AS-Kurve ist die gesamtwirtschaftliche Angebotskurve, welche steigend im Preisniveau ist. Die AD-Kurve ist die gesamtwirtschaftliche Nachfragekurve, welche fallend im Preisniveau ist. Bei v¨ollig flexiblen Preisen gibt der Schnittpunkt beider Kurven das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht an. Bei nach unten starren Preisen wird das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht durch die k¨ urzere Marktseite bestimmt. W¨ahrend Kapitel 2 nur den G¨ utermarkt betrachtet, analysiert Kapitel 3 die Interaktion von G¨ uter- und Arbeitsmarkt, wiederum bei flexiblen Preisen und L¨ohnen sowie auch bei nach unten starren Preisen und L¨ ohnen. Das Konzept des o¨konomischen Gleichgewichts, das wir zum ersten Mal in Kapitel 3 einf¨ uhren, zeigt zum Beispiel auf, dass sich Ungleichgewichte auf diesen M¨arkten im Sinne eines Nash-Gleichgewichts gegenseitig bedingen. Eine Ursache-Wirkungsanalyse der Arbeitslosigkeit wird durch die Hypothese der Miskoordination o¨konomischer Entscheidungen ersetzt. In Kapitel 4 f¨ uhren wir Geld in das Modell ein. Neben der offensichtlichen Rolle als Transaktionsmittel gehen wir dabei auf die M¨ oglichkeit des Geldhortens ein, welche das Say’sche Gesetz durchbricht. Kapitel 5 analysiert den Kapitalmarkt basierend auf intertemporalen Optimierungskalk¨ ulen. Haushalte sparen und Firmen investieren mit Blick auf die Zukunft. Kapitel 6 fasst kurz die wesentlichen Aussagen des IS-LMModells zusammen, in welchem Kapital- und Geldmarktgleichgewicht simultan dargestellt werden k¨ onnen. Die Neoklassische Synthese ist Gegenstand von Kapitel 7. Dort wird die AS-Kurve als Y s -Kurve aus dem Arbeitsmarkt
1 Einf¨ uhrung
3
hergeleitet und mit der AD-Kurve, hergeleitet aus dem IS-LM-Modell, zusammengef¨ ugt. In diese, auf Hicks basierende, Darstellung, heute Neoklassische Synthese genannt, f¨ uhren wir die Elemente der Angebotsrationierung ein, welche eigentlich der neokeynesianischen Theorie entstammen. Die Kapitel 2–4 haben hierf¨ ur also schon die Grundlage erarbeitet. In Kapitel 8 f¨ uhren wir den Aktienmarkt in unser Modell ein. Gerade die letzten zehn Jahre haben gezeigt, dass die Vorg¨ ange am Aktienmarkt, zum Beispiel der TMT-Bubble1 , makro¨ okonomisch nicht zu vernachl¨ assigen sind. Schliesslich war es ja auch der Zusammenbruch der Aktienm¨ arkte im Jahr 1929, der die grosse Depression autet hat. In Kapitel 9 betrachund damit Keynes General Theory eingel¨ ten wir, ausgehend von Kapitel 7, den Aussenhandel. Dieses Kapitel bildet dann die Grundlage f¨ ur das SNB-Modell2 in Kapitel 10. Eine wichtige Besonderheit des SNB-Modells ist die Annahme unvollkommenen Wettbewerbs, welche einen Mittelweg zwischen klassischem und keynesianischem Regime in der neoklassischen bzw. neokeynesianischen Synthese erlaubt. Die gesamtwirtschaftliche Angebotskurve ist bis zur Kapazit¨atsgrenze steigend im Preisniveau. Das heisst, sie ist nicht zun¨ achst senkrecht und dann waagrecht, sondern verl¨ auft zwischen diesen Extremf¨ allen des keynesianischen und des klassischen Regimes. Kapitel 11 schliesslich betrachtet die lange Frist und stellt das SolowSwan- sowie das Ramsey-Wachstumsmodell perfekter M¨arkte dar.
1 2
TMT= Telekommunikation, Medien und Technologie SNB = Schweizerische Nationalbank
2 Gu ¨ termarkt
Auf dem G¨ utermarkt findet zwischen den Unternehmen und den Haushalten der Tausch von produzierten G¨ utern statt. Die Anbieter und die Nachfrager richten ihre angebotene, respektive nachgefragte Menge nach dem Preis. Die AS-Kurve (engl. aggregate supply curve) zeigt zu jedem Preisniveau P , die Gesamtmenge an G¨ utern Y s , die zu diesem Preis in einem gewissen Zeitraum (ein Jahr zum Beispiel) von den Produzenten angeboten wird. Die AD-Kurve (engl. aggregate demand curve) zeigt f¨ ur jedes Preisniveau P , die gesamte Menge an G¨ utern Y d , die in diesem Zeitraum von den Haushalten zu diesem Preis nachgefragt wird.
2.1 Preisanpassung Das klassische Modell der Makrotheorie geht davon aus, dass die Koordination von Angebot und Nachfrage auf dem G¨ utermarkt durch flexible Preise geschieht. Marktgleichgewicht ∗
Die AS- und AD-Kurve schneiden sich genau in Punkt P . Dies ist der Preis, zu welchem die Produzenten gleichviel anbieten, wie von den Konsumenten ∗ nachgefragt wird. Man sagt zum Preis P befindet sich der G¨ utermarkt im Gleichgewicht. Gesetz von Angebot und Nachfrage ∗
Nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage spielt sich der Preis P ein. Falls ∗ ¨ ein Preis P kleiner als P ist, gibt es auf dem G¨ utermarkt eine Ubernachfrage nach G¨ utern. Dieser Preis wird somit steigen. Umgekehrt wird ein Preis ¨ sinken, wenn ein Uberangebot entsteht. Diese Pendelbewegung findet solan∗ ∗ ge statt, bis der Preis P erreicht ist. P ist der Preis des stabilen, klassischen Gleichgewichtes. (Diese Idee des stabilen Gleichgewichts haben die klassischen ¨ Okonomen von der Newtonschen Mechanik u ¨bernommen.)
6
2 G¨ utermarkt Y
6 AD
AS
−→
∗
P
-P
←−
Abb. 2.1. G¨ utermarkt: Klassische Sicht
Komparative Statik Weitergehend stellt sich die Frage, was geschieht, wenn bei jedem Preis die Konsumenten ihre aggregierte Nachfrage und/oder die Produzenten ihr aggregiertes Angebot ¨ andern, d.h. wenn sich die Nachfrage- und/oder Angebots¨ kurven verschieben. Es werden nun zwei Beispiele f¨ ur eine Anderung dieser Kurven besprochen. Aus den Ergebnissen, die wir dabei erhalten, wird ersichtlich sein, welche Auswirkungen eine Kurven¨ anderung in die andere Richtung haben wird. Demand Pull Inflation Bei einer demand pull inflation steigt die aggregierte Nachfrage. Die Konsumenten kaufen also zu jedem Preis eine h¨ ohere Produktmenge: ∗
∗
AD2 > AD1 → P2 > P1
(2.1)
Wie in der Gleichung (2.1) und in Abbildung 2.2 sichtbar, verschiebt sich durch diesen Effekt zusammen mit der AD-Kurve auch das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage. Es wird nun eine gr¨ossere Menge zu einem h¨ oheren Preis ausgetauscht. Cost Push Inflation Wenn die Kosten der Herstellung steigen, so werden die Hersteller zu jedem Preis eine geringere Menge produzieren. D.h. die AS-Kurve verschiebt sich nach unten und somit steigt das Preisniveau. Dieses Ph¨anomen nennt man eine cost push inflation:
2.1 Preisanpassung
7
Y
6 AD2
AS
AD1
∗
-P
∗
P1 → P2 Abb. 2.2. Demand pull inflation
∗
∗
AS2 < AS1 → P2 > P1
(2.2)
In Abbildung 2.3 zeigen sich die Auswirkungen der Gleichung (2.2): Das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage verschiebt sich, wie bei der demand pull inflation, nach rechts. Der Preis steigt, aber die dabei ausgetauschte Menge sinkt. Y
6 AS1 AD AS2
∗
∗
P1 → P2 Abb. 2.3. Cost push inflation
-P
8
2 G¨ utermarkt
2.2 Mengenanpassung Die keynesianische Sicht geht davon aus, dass das Angebot und die Nachfrage auf dem G¨ utermarkt durch Mengenanpassung koordiniert werden. Das bedeutet, dass im Unterschied zum klassischen Modell die Preise nicht flexibel sind. Es findet immer ein Handel statt, aber zu falschen Preisen. Y
6 AD
AS
-P Abb. 2.4. G¨ utermarkt: Keynesianische Sicht
In Abbildung 2.4 sieht man, dass zu jedem Preis P eine bestimmte Menge Y angeboten und nachgefragt wird. Die angebotenen und nachgefragten Men∗ gen decken sich nur im Punkt P , dem klassischen Gleichgewicht. Bei allen ¨ ¨ anderen Preisen gibt es entweder eine Ubernachfrage oder ein Uberangebot auf dem G¨ utermarkt. Da aber keiner gezwungen werden kann zu kaufen, oder zu verkaufen, also Freiwilligkeit des Tausches gilt, folgt gewissermassen eine Dominanz des Minimums, das heisst, dass immer die kleinere der angebotenen bzw. nachgefragten Mengen gehandelt wird (durchgezogene Kurve in Abbildung 2.4): Y [P ] = min [AD [P ] , AS [P ]]
(2.3)
∗
Man beachte: Bei P ist Y , der effektive Output, maximal! Komparative Statik Auch in der keynesianischen Sicht l¨ asst sich komparative Statik betreiben, es ver¨ andern sich jetzt jedoch nur die Mengen.
2.2 Mengenanpassung
9
Angebotsrationierung auf dem G¨ utermarkt Wie der Name dieser Situation schon sagt, betrachten wir den Fall, wo das Angebot rationiert ist, das heisst, die Anbieter finden zum Preis P˜ nicht gen¨ ugend Nachfrager. Somit folgt nun, dass eine Erh¨ ohung der Nachfrage vollumf¨anglich die Gleichgewichtsmenge erh¨ oht, die Preise aber konstant bleiben. Dies solange, bis beim Preis P˜ die Nachfrage gleich hoch ist, wie das Angebot. Dar¨ uber hinaus wird eine weitere Verschiebung der Nachfrage nach oben sowohl die Gleichgewichtsmengen als auch die Gleichgewichtspreise erh¨ohen. Die resultierenden Gleichgewichtspunkte folgen der AS-Kurve. Diese Komparative Statik bei Angebotsrationierung kann man nun verk¨ urzt so darstellen (vgl. Abbildung 2.5), dass wir die Angebotskurve unterhalb des Preises P˜ senkrecht zeichnen. Die AD-Kurve bleibt unver¨andert. F¨ ur alle AD-Kurven liefert der Schnittpunkt mit der auf diese Weise modifizierten AS-Kurve die Gleichgewichte bei Angebotsrationierung. Y
6 AS AD2 AD1 Y˜2 Y˜1 P˜
-P
Abb. 2.5. Angebotsrationierung auf dem G¨ utermarkt
Nachfragerationierung auf dem G¨ utermarkt Wird die Nachfrage rationiert, bedeutet dies, dass die Konsumenten zum Preis P˜ nicht gen¨ ugend Anbieter finden. Um die komparative Statik einfach darzustellen, modifizieren wir nun die AD-Kurve. Diese verl¨auft ab dem Preis P˜ senkrecht, wie in Abbildung 2.6 zu sehen ist.
10
2 G¨ utermarkt Y
6 AD
AS2 AS1
Y˜2 Y˜1
P˜
-P
Abb. 2.6. Nachfragerationierung auf dem G¨ utermarkt
2.3 Synthese von Preis- und Mengenanpassung In diesem Abschnitt geht es nun darum, die beiden verschiedenen Sichtweisen des G¨ utermarktes zusammenzuf¨ uhren. Dies gelingt durch die Ber¨ ucksichtigung der Zeit. Y
6 AD
∗
Y
LRAS (klassisch)
SRAS (keynesianisch) ∗
P
-P
Abb. 2.7. Synthese der klassischen und keynesianischen Sicht
In Abbildung 2.7 gibt es zwei Angebotskurven, die SRAS (engl. short run aggregate supply curve) und die LRAS (engl. long run aggregate supply curve). SRAS Man geht davon aus, dass in der kurzen Frist, die Preise fix sind. Dies bedeutet, dass die Anbieter jede in den Produktionskapazit¨aten liegende,
2.3 Synthese von Preis- und Mengenanpassung
11
von den Konsumenten gew¨ unschte Menge herstellen. Diese Angebotskurve ist die keynesianische Angebotskurve. LRAS In der langen Frist aber werden die Preise als flexibel angesehen. Lediglich die Produktionskapazit¨ aten beschr¨anken die Herstellmengen. Die langfristige Angebotskurve repr¨ asentiert die klassische Sicht. Komparative Statik Wir untersuchen nun den Fall eines Nachfrageeinbruches. Y
6 AD1
AD2 ∗
Y
H
E
F
∗
P
-P
Abb. 2.8. Nachfrageeinbruch auf dem G¨ utermarkt
Durch den Nachfrager¨ uckgang verschiebt sich AD1 nach AD2 . In der kurzen Frist verschiebt sich das Gleichgewicht E nach F, da das Preisniveau fest ist. Das heisst, die Anpassung geschieht u ¨ber die Mengen. In der langen Frist aber sind die Preise flexibel, so dass sich das Gleichgewicht E schliesslich nach H verschiebt. W¨are auch der Preis flexibel, so w¨ urde schon in der kurzen Frist das Gleichgewicht E bei einem Nachfrageeinbruch direkt nach H springen. (Abel, Bernanke, 1998, Abbildung 9.11) Synthese In diesem Beispiel wird ersichtlich, wie die beiden Sichtweisen einzuordnen sind. Die keynesianische Sicht d¨ urfte vor allem in der kurzen Frist g¨ ultig sein, w¨ahrend die klassische Sicht langfristig eher realistisch ist.
Im Folgenden werden wir die AS- und die AD-Kurve aus einem mikro¨okonomisch fundierten Makromodell herleiten. Die AS-Kurve wird dabei zur Y s Kurve, welche die Produktionsfunktion und die Arbeitsmengen widerspiegelt,
12
2 G¨ utermarkt
die sich im Arbeitsmarktgleichgewicht bei alternativen Preisniveaus ergeben. Die AD-Kurve wird zur Y d -Kurve, welche aus dem Zusammenspiel von Geldund Kapitalmarkt die gesamtwirtschaftliche Nachfrage bei alternativem Preisniveau herleitet. Diese Vorgehensweise basiert auf Hicks und wird Neoklassische Synthese genannt. Wir f¨ ugen aber auch neokeynesianische Elemente, wie z. B. Angebotsrationierung, in die Neoklassische Synthese ein.
¨ 2.4 Ubungen
13
¨ 2.4 Ubungen 2.1 Wieso h¨ angt die Nachfrage Y d vom Preis P ab? Wie kommt man zur aggregierten Nachfragekurve AD? Erkl¨ aren Sie dasselbe f¨ ur das Angebot Y s und die aggregierte Angebotskurve AS. 2.2 Erkl¨ aren Sie die Begriffe Preis- und Mengenanpassung und stellen Sie diese einander gegen¨ uber! 2.3 Wie bildet sich ein Marktgleichgewicht bei Preis- bzw. Mengenanpassung? Sind die jeweiligen Gleichgewichte u ¨ber die Zeit stabil? 2.4 Warum kann es sinnvoll sein, Preise als zumindest kurzfristig rigide anzunehmen? 2.5 Welche Konsequenzen ergeben sich aus einer Mengenanpassung f¨ ur den G¨ utermarkt? Gehen Sie in diesem Zusammenhang auf die Konzepte der Freiwilligkeit des Tausches, Rationierung und Prinzip der k¨ urzeren Marktseite ein! (Felderer, Homburg, 2002, Seite 76–78) 2.6 Wie l¨ asst sich Rationierung sinnvoll begr¨ unden? (Felderer, Homburg, 2002, Seite 76–78) 2.7 Erkl¨ aren Sie die Begriffe demand pull inflation und cost push inflation verbal und mit Hilfe eines Diagramms! 2.8 Warum ist die langfristige G¨ uterangebotskurve (LRAS-Kurve) im P, Y Diagramm waagrecht? 2.9 (Aggregation von individuellen Nachfragefunktionen) ur das Gut a) Sei y1 = 10 − p die Nachfragefunktion von Haushalt 1 f¨ ur das y und y2 = 20 − 2 p die Nachfragefunktion von Haushalt 2 f¨ Gut y. Leiten Sie analytisch und graphisch die aggregierte Nachfragefunktion her! b) Sei y1 = 16 − 0.8 p die Nachfragefunktion von Haushalt 1 f¨ ur das ur Gut y und y2 = 12 − p die Nachfragefunktion von Haushalt 2 f¨ das Gut y. Leiten Sie analytisch und graphisch die aggregierte Nachfragefunktion her! (Hinweis: Die aggregierte Nachfragefunktion hat einen Knick.) 2.10 (Aggregation von individuellen Angebotsfunktionen) Sei 0 p 0, F [L] < 0 Nutzenfunktion U ist die Nutzenfunktion der Arbeit L und des Konsums C (U [C, L]). Sie muss folgende Bedingungen erf¨ ullen: • • • • •
Zweimal stetig differenzierbar. U steigt mit C, also ∂C U [C, L] > 0. U sinkt mit L, also ∂L U [C, L] ≤ 0. 4 Abnehmendes Grenzleid der Arbeit:5 ∂L2 U [C, L] ≤ 0 Freizeit und Konsum sind keine Komplemente: ∂L ∂C U [C, L] ≤ 0.
Isogewinnlinie bzw. Budgetgerade w Die Gerade Y = Π P + P L ist sowohl die Budgetgerade des Konsumenten, als auch diejenige Isogewinnlinie des Produzenten, die seinen Gewinn maximiert. Diese Beobachtung erlaubt uns, die nun folgenden Maximierungskalk¨ ule in einem Diagramm gemeinsam darzustellen. 1 2 3 4
5
Sp¨ ater wird diese Funktion auch noch abh¨ angig vom Kapital K sein. Siehe Abschnitt 5.1.2 auf Seite 69. Man nimmt an, dass ohne menschliche Arbeitskraft nichts hergestellt werden kann. Diese Bedingung sichert, dass die Produktionsfunktion eine konkave Funktion ist, sodass Gewinnmaximierung mathematisch m¨ oglich ist. Es gibt hierzu einen Spezialfall, n¨ amlich wenn es kein Arbeitsleid gibt. In diesem Fall ist ∂L U [C, L] = 0 und U ist nur noch abh¨ angig von C, wir schreiben dann U [C]. Die beiden Bedingungen stellen sicher, dass die Indifferenzkurven im [L, C]Diagramm konvex verlaufen, sodass Nutzenmaximierung mathematisch m¨ oglich ist.
3.1 Klassische Sicht
17
3.1.1 Mikrofundierung des makro¨ okonomischen Modells Auf beiden relevanten M¨ arkten (G¨ utermarkt und Arbeitsmarkt) herrscht aus klassischer Sicht ein simultanes Gleichgewicht. Lucaskritik ¨ Bis 1976 war die Vorstellung der meisten Okonomen, dass man zur Vorhersage der Auswirkung von Politikentscheidungen wie folgt vorgehen sollte: Man bildet ein Modell, das die wesentlichen makro¨ okonomischen Zusammenh¨ange festh¨ alt und bestimmt die relative Bedeutung der Komponenten durch ¨okonometrische Methoden der Zeitreihenanalyse. 1976 wies der sp¨atere Nobelpreistr¨ ager Robert E. Lucas (Lucas Jr., 1983) darauf hin, dass es jedoch sein kann, dass sich dies so gefundenen Parameter des Modells aufgrund der gew¨ unschten Politkmassnahmen grundlegend ¨ andern k¨onnen, sodass eine Prognose der Auswirkungen zum Beispiel einer W¨ahrungsunion sehr schwer wird. Ein empirisch gefundener Zusammenhang wird mit grosser Wahrscheinlichkeit ¨ auf Anderungen der Politik reagieren6 . Ein nettes Beispiel um dieses Problem zu veranschaulichen geben Abel, Bernanke (1998). Man beobachtet im Tennis, dass der zweite Aufschlag weniger hart als der erste geschlagen wird. Nun k¨ onnte man auf die Idee kommen, dass dies so bleibt, auch wenn man die Regel¨ anderung einf¨ uhrt, dass man neu drei Aufschl¨age bei jedem Versuch hat. Wenn man jedoch die Entscheidungssituation versteht, die den ¨okonometrisch gefundenen Parametern zugrunde liegt, versteht man, dass nun der zweite Aufschlag genau so hart wie der erste sein wird. Analog postuliert Lucas, dass man Makro¨ okonomie mikro¨ okonomisch fundieren muss, sodass die Entscheidungskalk¨ ule offenbar werden. Aus den T¨ atigkeiten der Akteure im Kreislaufmodell geht die folgende Definition hervor: Definition 3.1. Ein ¨ okonomisches Gleichgewicht auf dem Arbeits- und G¨ uter∗ ∗ markt besteht aus Preisen ohnen w, sowie Arbeits- und G¨ uterangebots P , L¨ ∗ ∗ entscheidungen, Ls , Y s , und Arbeits- und G¨ uternachfrageentscheidungen, ∗ ∗ Ld , C , so dass: • Gewinnmaximierung ∗ ∗ ∗ ∗ Ld , Y s = arg max Π = P Y s − w Ld
• 6
s.t. Y s ≤ F Ld (3.1)
Nutzenmaximierung Eine formale Darstellung der Lucaskritik bietet Walsh (2003, Abschnitt 1.3.3).
18
3 Interaktion von Arbeits- und G¨ utermarkt
∗ ∗ Ls , C = arg max U [C, Ls ] ∗
∗
∗
s.t. P C ≤ w Ls + Π • Marktr¨ aumung
∗
∗
Ys =C
und
∗
∗
Ls = Ld
(3.2)
(3.3)
ur unter der Nebenbedingung (subject to) steht. Wobei s.t. englisch f¨ Wie in Kapitel 2 erw¨ ahnt, beziehen sich alle in Definition 3.1 vorkommenden Variablen auf denselben Zeitraum. Gleichung (3.1) zeigt die Handlungsweise ∗ der Produzenten. Diese maximieren ihren Gewinn Π unter der Nebenbedin gung, dass nicht mehr verkauft werden kann, Y s , als produziert wurde, F Ld . Aus Gleichung (3.1) folgt, dass die Ableitung von F an einer Stelle L dem Reallohn Pw entspricht. D.h. es gilt die Grenzproduktivit¨ atstheorie des Lohnes. In Gleichung (3.2) wird das Verhalten der Haushalte dargestellt. Sie maximieren ihren Nutzen U unter der Nebenbedingung, dass der Wert ihres Konsums ∗ P C ihr Einkommen nicht u ¨bersteigt. Das Einkommen∗ besteht aus dem Lohn∗ s einkommen w L und dem Gewinn der Unternehmen Π, welcher im Kreislaufmodell immer vollst¨ andig an die Haushalte ausgesch¨ uttet wird. Man beachte, dass wir in Gleichung (3.1) P und w durch einen Stern (∗) ∗ ∗ ∗ fixiert haben und in Gleichung (3.2) P , w und Π fixiert sind. Diese Schreibweise bedeutet, dass diese Variablen bei der Optimierung als exogene Gr¨osse angesehen werden! Die letzte Gleichung von Definition 3.1 besagt, dass einerseits der produzierte Einkauf komplett von den Haushalten konsumiert wird, anderseits entspricht die Arbeitsnachfrage dem Arbeitsangebot. Es gibt also keine Lagerhaltung und vorerst auch keine Arbeitslosigkeit in diesem Modell. Y
6 w P
F
H U H H H H
H
HH
H H HH
∗
Y
H
HH H H
∗
Π ∗
P
L
∗
L
Abb. 3.1. Interaktion von Arbeits- und G¨ utermarkt
3.1 Klassische Sicht
19
Abbildung 3.1 stellt die Entscheidungsprobleme der Haushalte und der Firmen sowie das Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage dar. Gegeben die Budgetgerade suchen die Haushalte die h¨ ochste Indifferenzkurve. Gegeben die Produktionsfunktion bestimmen die Firmen die h¨ochste Isogewinnlinie. Im Gleichgewicht stimmen diese Entscheidungen u ¨berein. 3.1.2 Vertiefung: Heterogenit¨ at der Akteure Wie im Vorwort erw¨ ahnt, kann man die Modelle dieses Buches auch mit beliebig vielen Produzenten und Konsumenten schreiben. Wir m¨ochten dies hier einmal vorf¨ uhren, damit verst¨ andlich wird, wie man das in der Folge immer tun k¨ onnte. Seien h = 1, . . . , H die Konsumenten/Haushalte und seien j = 1, . . . , J die Firmen/Produzenten. Nun wird ein unterer Index h f¨ ur die Konsumenten und ebenso ein unterer Index j f¨ ur die Firmen an deren Variablen geschrieben. Eine Neuerung ist allenfalls, dass wir notieren m¨ ussen, wem wieviel Anteil an den Firmen geh¨ ort. Deshalb sei δjh der Anteil, den Konsument h an Firma j H besitzt. Nat¨ urlich ist h=1 δjh = 1 f¨ ur alle j = 1, . . . , J. Definition 3.2. Ein ¨ okonomisches Gleichgewicht auf dem Arbeits- und G¨ uter∗ ∗ markt besteht aus Preisen P , L¨ ohnen w, sowie f¨ ur alle Konsumenten h = 1, . . . , H und alle j = 1, . . . , J Arbeits- und G¨ uterangebots ∗ Produzenten ∗ s entscheidungen, Lh , Ch , und Arbeits- und G¨ uternachfrageentscheidungen, ∗ ∗ d s Lj , Yj , so dass: • Gewinnmaximierung ∗ ∗ ∗ ∗ Ldj , Yjs = arg max Πj = P Yjs − w Njd
•
(3.4) s.t. Yjs ≤ Fj Ldj
Nutzenmaximierung ∗ ∗ Lsh , Ch = arg max Uh [Ch , Lsh ] ∗
s.t. P Ch ≤
∗
w Lsh
+
J
∗
δjh Πj
(3.5)
j=1
•
Marktr¨ aumung J j=1
∗
Yjs =
H h=1
∗
Ch
und
H h=1
∗
Lsh =
J j=1
Eine graphische Darstellung ist nun nicht mehr m¨oglich.
∗
Ldj
(3.6)
20
3 Interaktion von Arbeits- und G¨ utermarkt
3.1.3 Vertiefung: Station¨ ares Gleichgewicht Das in Definition 3.1 gegebene ¨ okonomische Gleichgewicht ∗ ∗ ∗ scheint ∗ ein stati∗ ∗ sches Gleichgewicht zu sein, da die Variablen P, w , Ls , Y s , Ld , C nicht nach Zeitperioden unterschieden werden. Eine Interpretation dieses Gleichge¨ wichts w¨ are, es als Gleichgewicht einer Okonomie aufzufassen, in der es nur eine Periode gibt. Eine realistischere Interpretation ist jedoch, dieses Gleich¨ gewicht als eine identische Abfolge von Gleichgewichten einer Okonomie mit vielen (vielleicht sogar unendlich vielen) gleichartigen Perioden aufzufassen. Solche Gleichgewichte nennt man station¨ are Gleichgewichte. Stellen wir uns etwa vor, das Kreislaufdiagramm werde T mal durchlaufen. In jeder Periode t = 1, 2, 3, . . . , T gibt es dann Preise Pt , L¨ohne wt , sowie Arbeitsund G¨ uterangebotsentscheidungen und Arbeits- und G¨ uternachfrageentschei dungen [Lst , Yts ] , Ldt , Ct f¨ ur t = 1, 2, 3, . . . , T . Falls die Produzenten etwa T den Gesamtgewinn u ¨ber alle Perioden t=1 Πt und die Konsumenten den T Gesamtnutzen u ¨ber alle Perioden t=1 Ut maximieren, ergibt sich folgendes intertemporales Gleichgewichtskonzept: Definition 3.3. Ein intertemporales ¨ okonomisches Gleichgewicht auf dem ∗ ∗ Arbeits- und G¨ utermarkt besteht aus Preisen Pt , L¨ ohnen wt , sowie Arbeitsund G¨ uterangebotsentscheidungen und Arbeits- und G¨ uternachfrageentschei∗ ∗ ∗ ∗ s s d dungen Lt , Yt , Lt , Ct f¨ ur t = 1, . . . , T , so dass: • Gewinnmaximierung ∗ ∗ Ldt , Yts
•
= arg max t=1,...,T
T t=1
T
Πt =
∗
∗
Pt Yts − wt Ldt
t=1
s.t. Yts ≤ F Ldt
∀ t = 1, . . . , T
(3.7)
t = 1, . . . , T
(3.8)
Nutzenmaximierung ∗ ∗ Lst , Ct
= arg max t=1,...,T
T
Ut [Ct , Lst ]
t=1 ∗
∗
∗
s.t. Pt Ct ≤ wt Lst + Πt • Marktr¨ aumung ∗
∗
Yts = Ct
und
∗
∗
Lst = Ldt
t = 1, . . . , T
(3.9)
Nun eine offenbar, identische Abfolge von statischen Gleichgewichten ∗ gilt dass ∗ ∗ ∗ ∗ ∗ P, w , Ls , Y s , Ld , C gem¨ ass Definition 3.1 ein intertemporales Gleichge∗
∗
∗
∗
∗
∗
∗
∗
∗
wicht gem¨ ass Definition 3.3 ist: Pt = P, wt = w, Lst = Ls , Yts = Y s , Ldt = ∗ ∗ ∗ d L , Ct = C, t = 1, . . . , T .
3.1 Klassische Sicht
21
¨ In der bislang beschriebenen Okonomie haben weder die Produzenten noch die Konsumenten die M¨ oglichkeit, intertemporal zu substituieren. Aber selbst wenn wir den Produzenten erlauben w¨ urden, ohne Lagerhaltungskosten G¨ uter zu lagern, sowie den Konsumenten erlauben w¨ urden, kostenlos Einkommen in sp¨ atere Perioden zu transferieren, so w¨ urde das statische Gleichgewicht noch ¨ immer ein station¨ ares Gleichgewicht der intertemporalen Okonomie ergeben. In dieser Erweiterung w¨ are die Restriktion des Produzenten t−1 d F Lτ − Yτs Yts ≤ F Ldt +
(3.10)
τ =1
in allen Perioden t = 1, . . . , T . Die Budgetrestriktion w¨are analog Pt Ct ≤ wt Lst + Πt +
t−1
(wτ Lsτ + Πτ − Pτ Cτ )
(3.11)
τ =1
Um diese Behauptung zu belegen, rufe man sich in Erinnerung, dass Nutzenmaximierung erreicht wird, wenn alle Budgetrestriktionen erf¨ ullt sind und T alle Grenznutzen der Funktion t=1 U [Lst , Ct ] gleich den Preisen und L¨ohnen multipliziert mit den Lagrangeparametern der Budgetrestriktion der jeweiligen Periode sind. Genau dies wird bei einer station¨aren Abfolge von Preisen und L¨ ohnen durch die station¨ are Abfolge der im statischen Modell optimalen Entscheidungen erreicht. V¨ ollig analog k¨ onnen wir f¨ ur die Gewinnmaximierungargumentieren. Die im statischen Gleichgewicht optimalen Entscheidun ∗ ∗ gen Y, Ld erf¨ ullen die intertemporale Restriktion der Produzenten und es sind die Wertgrenzprodukte der Produktion der jeweiligen Perioden gleich den L¨ohnen der jeweiligen Periode. Das scheinbar statische ¨okonomische Gleichgewicht kann also ebensogut als station¨ ares intertemporales Gleichgewicht angesehen werden. Diese Aussage gilt sogar, wenn es unendlich viele Perioden (T = ∞) gibt. Nur sollten dann die Zielfunktionen zum Beispiel gem¨ass dem durchschnittlichen Gewinn und diese nicht TNutzen definiert werden, damit T 1 Π sowie lim U . unendlich werden: limT →∞ T1 t T →∞ t t=1 t=1 T 3.1.4 Stabilit¨ at bei flexiblen Reall¨ ohnen In der klassischen Sicht gibt es Stabilit¨ at bei flexiblen Reall¨ ohnen, das heisst eine exogene Ver¨ anderung der Reall¨ ohne wird sofort durch eine gegenl¨aufige Ver¨ anderung auf dem G¨ uter- und dem Arbeitsmarkt r¨ uckg¨angig gemacht. In den Abbildungen 3.2 und 3.3 ist eine m¨ ogliche, sehr kurzfristige, exogene Ver¨ anderung der Reall¨ ohne aufgezeichnet. Sei zum Beispiel
∗ Ls > Ld w w w > =⇒ ↓ (3.12) =⇒ P P P Ys Y
3.1.5 Fallstudie: New Economy der 1990er Jahre Durch technische Innovationen in den 1990er Jahren vor allem im Bereich der Informatik stieg die Produktivit¨ at an. Dies bedeutet, dass mit gleichem L mehr Output Y erzeugt werden kann. In Abbildung 3.4 manifestiert sich dies durch eine in jedem Punkt Ld steilere Produktionskurve F . Dadurch wird 7
Dies erfordert genau betrachtet, dass Arbeit kein stark inferiores Gut ist, d.h. dass mit h¨ oherem Einkommen das Arbeitsangebot nicht u assig sinkt, wie dies ¨berm¨ etwa in Abbildung 3.5 der Fall ist. Eine hinreichende Bedingung hierf¨ ur ist die M¨ oglichkeit einer additiv separablen Darstellung der Nutzenfunktion: U [C, L] = U1 [C] + U2 [L].
3.1 Klassische Sicht
23
Y
6 w P
H HH U ` F ````H `H `
L
Ld
Y H`` ` H `` ∗ HH ``` ``` Y H ` C HH HH HH H
∗
L
s
Ls
Abb. 3.3. Exogene Senkung der Reall¨ ohne aus der klassischen Sicht
bei jedem L der Reallohn Pw ebenfalls steigen, und die Individuen werden ein h¨ oheres Nutzenniveau erreichen. Zusammengefasst ergibt das: ⎧ ⎪ Y ⎨Y2 > 1 w w (3.14) (F2 > F1 ) ∧ (L2 = L1 ) =⇒ P 2 > P 1 ⎪ ⎩ U2 > U1
Y
F2
F1
L
6 @ @ H @ HH @ H H @ H HH @ ∗ H HH@ Y H@ H@ H H @H @H @ ∗
L
Abb. 3.4. New Economy reduziert die Produktion
Ob im neuen Gleichgewicht auch tats¨ achlich mehr produziert wird, h¨angt jedoch von der Kr¨ ummung der Indifferenzkurve ab. Es k¨onnte auch sein, dass
24
3 Interaktion von Arbeits- und G¨ utermarkt
die Produktivit¨ atssteigerungen dazu benutzt werden, weniger zu arbeiten. In diesem Fall spricht man von einer backward bending labor supply curve, wie in Abbildung 3.5 dargestellt. w P
6
- Ls Abb. 3.5. Backward bending labor supply curve
3.1.6 Die neoklassische Konjunkturtheorie (Real Business Cycle Theory) Anwendung: Real business cycle theory In der folgenden Tabelle 3.1 betrachten wir die Auswirkungen einer Erh¨ohung der Produktivit¨ at F auf die u ¨brigen bisher bekannten Variablen (siehe hierzu auch Abschnitt 3.1.5). Nimmt man nun einmal an, dass Produktivit¨ atssteigerungen und -senkungen in einer realen Volkswirtschaft zuf¨ allig stattfinden, so hat man bereits ein einfaches Modell entwickelt, um Konjunkturzyklen darzustellen. Dieses Modell ist das Grundmodell der klassischen Konjunkturtheorie (engl. real business cycle theory). In einer Expansionsphase steigt die Produktivit¨at, was im Normalfall zur Folge hat, dass der Output, die Besch¨ aftigung, die Reall¨ohne und der Konsum steigen, die Preise jedoch sinken. In einer Rezession geschieht genau der umgekehrte Fall: die Produktivit¨ at sinkt, und damit sinkt auch der Output, die Besch¨ aftigung, die Reall¨ ohne und der Konsum. Die Preise aber steigen theoretisch an. Dieses theoretisch antizyklische Verhalten der Preise ist der grosse Kritikpunkt an der RBC-Theorie, denn in der Realit¨ at stellt man bei den Preisen das Gegenteil fest: in Rezessionen sinken die Preise, w¨ahrend sie in Expansionen steigen.
3.1 Klassische Sicht
25
Tabelle 3.1. Produktivit¨ atssteigerung im RBC-Modell Variable F
Ver¨ anderung Bemerkung
+
Ys L
? +
P
−
w P
+
C analog zu Y
?
exogen aus der Aufgabenstellung gegeben im Normalfall positiv unter der Annahme, dass die Produktivit¨ atssteigerung und damit die Reallohnerh¨ ohungen nicht zur Senkung der Besch¨ aftigung f¨ uhren dies folgt aus der Produktivit¨ atserh¨ ohung, die zur Folge hat, dass die Firmen g¨ unstiger produzieren k¨ onnen, und somit die Preise gesenkt werden. dies folgt aus Gleichung (3.1), falls L nicht zu stark steigt. ergibt sich aus der Gleichgewichtsbedingung (3.3)
Exkurs: Konjunktur In Abbildung 3.6 ist das reale Bruttoinlandprodukt YP (engl. gross domestic product) der Schweiz abgebildet. Man stellt fest, dass die Kurve u ¨ber die Jahre im Trend zwar gestiegen ist, aber immer wieder wachsende und sinkende Phasen folgten. Diese Schwankungen um den Trend herum nennt man den Konjunkturzyklus (engl. business cycle). 3.1.7 Fallstudie: Rationalisierungsspirale der 1980er Jahre In den 1980er Jahren setzte eine Rationalisierungswelle ein. Einerseits wurden unproduktive, veraltete Technologien und Industrien aufgegeben (zum Beispiel der Bergbau), andererseits wurden diese durch modernere Mittel substituiert. Aufgeben von unproduktiven Technologien entspricht einer Bewegung auf der Produktionsfunktion nach unten, denn die makro¨okonomische Produktionsfunktion entsteht dadurch, dass mikro¨okonomische Prozesse vom Nullpunkt ausgehend nach ihrer Produktivit¨ at absteigend geordnet werden. Einf¨ uhrung moderner Technologien hingegen bewirkt, dass sich die Produktionsfunktion im Nullpunkt nach oben dreht. Damit die Darstellung nicht u ¨berladen wird, sehen wir von dieser zweiten M¨oglichkeit nun ab. Die Rationalisierungsspirale hatte unter anderem zur Folge, dass die Nachfrage nach Arbeit sank, und strukturelle Arbeitslosigkeit entstand. Zur einfachen Dar¯ wobei stellung sei hier U [L, C] = U [C], also das Arbeitsangebot sei fix L, ¯ die maximale Zeit ist, die man u L ¨berhaupt arbeiten k¨onnte (24h pro Tag abz¨ uglich Schlaf- und Essenszeiten).
26
3 Interaktion von Arbeits- und G¨ utermarkt
Y P 350000 300000 250000 200000 150000 100000 50000 1970
1980
1990
2000
t
Abb. 3.6. Konjunkturzyklen (Reales GDP der Schweiz in Mio. CHF)
Nach der klassischen Theorie werden L¨ ohne nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt gebildet: wt = wt−1 + ρ Ldt−1 − Lst−1
mit
ρ>0
(3.15)
Das heisst die L¨ ohne steigen, falls die Nachfrage nach Arbeit gr¨osser als das Angebot ist. Im umgekehrten Fall werden sie fallen. Wie in Abschnitt 3.1.3 gezeigt, w¨ are das Modell unter dieser Hypothese stabil. In der Realit¨at ist dies jedoch selten ausschliesslich der Fall. Um zum Beispiel das Ph¨anomen der Rationalisierungsspirale zu verstehen, muss man sich die Frage stellen, wie die Lohnbildung auf dem Arbeitsmarkt wirklich abl¨auft. Die folgende Gleichung stellt eine andere Lohnbildungshypothese dar: die Arbeitsproduktivit¨atshypothese des Lohnes, welche h¨ aufig als Ergebnis von bilateralen Verhandlungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmervertretern zu beobachten ist: wt wt−1 = + ρ (F [Lt ] − F [Lt−1 ]) Pt Pt−1
mit ρ > 0
(3.16)
Gleichung (3.16) besagt, dass der Reallohn steigt, falls die Produktivit¨at steigt. Die Produktivit¨ at ist in der Tat ein schlagendes Argument in den Lohnverhandlungen. Vor dem Beginn der 1980er Jahre befand sich die Volkswirtschaft wie in Abbildung 3.7 im Zustand der Periode 1 mit der Besch¨aftigung L1 und der Produkw1 2 ohte sich der Reallohn einmalig auf w tion Y1 . Dann erh¨ P2 > P1 . Deshalb wurden zun¨ achst unproduktive Technologien aufgegeben und die Volkswirtschaft insgesamt produktiver. Dies hatte dann nach Gleichung (3.16) zur Folge, dass der Reallohn weiter stieg und sich die Spirale weiter drehte, also die Nachfrage nach Arbeit Ld und die Produktion Y weiter sank, sodass die Produktivit¨at weiter stieg . . . :
3.2 Keynesianische Sicht w3 P3 w2 P2
w1 P1
L
27
Y
@ @ @
6
H @ H ` ```HH @ ``H Y1s `H `H ``@ `@ ``` HH ``` H@ `` Y2s HH @ H @H @HH Y s @ H 3 @ @ ¯ L
L1
L2
L3
Abb. 3.7. Rationalisierungsspirale
w2 w1 w3 w2 > =⇒ Ld2 < Ld1 =⇒ F2 > F1 =⇒ > P2 P1 P3 P2 =⇒ Ld3 < Ld2 =⇒ . . . (3.17) Es arbeiten also immer weniger Leute, jedoch zu einem immer h¨oheren Lohn.
3.2 Keynesianische Sicht Aus keynesianischer Sicht herrscht auf den zwei relevanten M¨arkten (G¨ utermarkt und Arbeitsmarkt) ein Gleichgewicht mit Angebotsrationierung denn es gibt Arbeitslosigkeit (Arbeitsangebotsrationierung) und meistens w¨ urden die Produzenten zu den gegebenen Preisen auch lieber mehr absetzen (G¨ uterangebotsrationierung). In Abbildung 2.6 auf Seite 10 wurde die Nachfragerationierung auf dem G¨ utermarkt aufgezeigt. Noch vor einigen Jahren wurden bei Rationierungen auf dem G¨ utermarkt stets die Beschr¨ankung des Angebotes und der Nachfrage untersucht. Es hat sich aber gezeigt, dass in der Realit¨ at die Preise und L¨ ohne nach oben flexibel, nach unten jedoch starr sind. ¨ Bei einer Nachfragerationierung gibt es bei einer Ubernachfrage nach G¨ utern einen Preisdruck. In Planwirtschaften, wie etwa in der Sowjetunion oder in der DDR wurden Preise staatlich festgelegt, sodass der Preisdruck nicht entweichen konnte. Man sprach deshalb vom Regime der zur¨ uckgestauten Inflation. Dieses Wirtschaftssystem scheint nun u ¨berholt. Aus diesem Grund macht es heute keinen Sinn mehr, Nachfragerationierungen weiter zu untersuchen. Wir werden uns deshalb im Folgenden8 nur noch mit Angebotsrationierungen 8
Die nachfolgende Modellierung beruht auf dem Aufsatz von Dr`eze (1997).
28
3 Interaktion von Arbeits- und G¨ utermarkt
besch¨ aftigen. Diese neuen Bestandteile der bisherigen Gleichgewichtsdefinition sind durch fett gedruckte Buchstaben hervorgehoben. Aus den T¨ atigkeiten der Akteure im Kreislaufmodell (siehe S. 15) – unter ˆ ˆ Ber¨ ucksichtigung der Angebotsschranken Y, L – geht folgende Definition hervor: Definition 3.4. Ein ¨ okonomisches Gleichgewicht auf dem Arbeits- und G¨ utermarkt besteht aus Preisen P˜ , L¨ ohnen w, ˜ sowie Arbeits- und G¨ u terange ˜ s , Y˜ s , botsentscheidungen und Arbeits- und G¨ uternachfrageentscheidungen L ˆ Yˆ , so dass: ˜ d , C˜ . Diese unterstehen den Angebotsschranken L, L •
Gewinnmaximierung ˜ d , Y˜ s = arg max Π = P˜ Y s − w L ˜ Ld
ˆ s.t. Y s ≤ F Ld und Ys ≤ Y
(3.18)
• Nutzenmaximierung ˜ s , C˜ = arg max U [C, Ls ] L ˜ und Ls ≤ L ˆ (3.19) s.t. P˜ C ≤ w ˜ Ls + Π •
Marktr¨ aumung Y˜ = C˜
und
˜s = L ˜d L
(3.20)
˜ unter der In Gleichung (3.18) maximieren die Produzenten ihren Gewinn Π s Nebenbedingung, dass die angebotene Menge Y nicht gr¨osser sein kann als F Ld und die angebotene Menge Y s kleiner oder gleich der Angebotsbeschr¨ ankung Yˆ ist. Abbildung 3.8 zeigt die Gewinnmaximierung bei Angebotsrationierung im Vergleich zur klassischen L¨ osung. Bei gegebenem Reallohn w¨ urden die Produzenten gerne mehr produzieren. Sie unterlassen es aber, da sie wissen, dass Sie nicht mehr als Yˆ absetzen k¨onnen. In Gleichung (3.19) wird das Verhalten der Haushalte modelliert. Diese maximieren wie im klassischen Modell ihren Nutzen U unter der Nebenbedingung, dass ihre konsumierte Menge nicht gr¨ osser sein kann, als ihr Einkommen und die angebotene Arbeitsmenge kleiner oder gleich der Arbeitsangebotsschranke ˆ sein muss. Auch hier ist es so, dass die Haushalte bei gegebenem Reallohn L gerne mehr arbeiten und konsumieren m¨ ochten. Sie unterlassen dies aber, weil ˆ arbeiten k¨onnen. sie wissen, dass sie nicht mehr als L Mit der Gleichung (3.20) wird die Definition des ¨okonomischen Gleichgewichtes abgeschlossen. Sie besagt, dass die angebotene Menge vollst¨andig konsumiert wird (es gibt also kein Lager) und dass das Arbeitsangebot und die Arbeitsnachfrage im Gleichgewicht sein m¨ ussen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass es keine Arbeitslosigkeit gibt, da, wie unten argumentiert wird, die Rationierung des Arbeitsangebots als Arbeitslosigkeit angesehen werden kann.
3.2 Keynesianische Sicht
29
Ys
6 ` ``` ``` ``` `
∗
Y
``` ``` ``
``` ``` ``` ``` ``
``` `` Yˆ
Ld
∗
˜d L
L
Abb. 3.8. Gewinnmaximierung bei Angebotsrationierung C
6
` ``` ```
``` ``` `
``` `` C˜
Ls
ˆ L
Abb. 3.9. Nutzenmaximierung bei Angebotsrationierung
Man beachte, dass die Angebotsschranken in dieser Definition unerkl¨art bleiben, d.h. exogen sind. Fassen wir das Gleichgewicht mit Angebotsrationierung ¨ wieder als station¨ ares Gleichgewicht einer Okonomie mit vielen Perioden auf, so liegt es nahe, die Angebotsschranken einer Periode und die Nachfrage der anderen Perioden festzulegen. Zum Beispiel k¨ onnten wir annehmen, die Anbieter h¨ atten statische Erwartungen, sodass die Angebotsschranken einer Periode durch die Nachfrage der Vorperiode festgelegt sind. Falls wir nichts anderes schreiben, werden wir diese Annahme unterstellen. In jedem Fall werden wir die Angebotsschranken nicht niedriger als die Nachfrage w¨ahlen, da der Grund f¨ ur die Angebotsschranken unzureichende Nachfrage ist.
30
3 Interaktion von Arbeits- und G¨ utermarkt
Effektive Nachfrage Eine G¨ uternachfrage, die nicht nur von den Preisen und L¨ohnen, sondern ˆ ), wird effektive oder auch von der Arbeitsbeschr¨ ankung abh¨ angt (C P, w, L Clowersche Nachfrage genannt. Sie entsteht durch Anwendung von Gleichung (3.19). Im Unterschied zur hypothetischen Nachfrage (auch Walrasianische Nachfrage genannt) (C [P, w, ∞]) wird davon ausgegangen, dass die Haushalte die Arbeitsangebotsschranke in ihre Entscheidung einbeziehen, was wohl realistisch ist. Spillover Effekt ˆ L ˆ sich nur auf den Man k¨ onnte meinen, dass die Angebotsrationierungen Y, jeweiligen M¨ arkten abspielen. In unserem Fall w¨ urde dies heissen, dass die Angebotsschranken f¨ ur G¨ uter nur auf dem G¨ utermarkt und die Arbeitsangebotsrationierung nur auf dem Arbeitsmarkt wirksam werden. Wie aber aus dem oben definierten Gleichgewicht ersichtlich ist, wirken sich Angebotsrationierungen auf einem Markt oft auf andere M¨arkte aus. Diesen Effekt nennt man Spillover Effekt. Arbeitslosigkeit zum Beispiel hat indirekt Auswirkungen auf den G¨ utermarkt. Im einfachen Kreislaufmodell erhalten Arbeitslose mangels Teilnahme am Produktionsprozess keine L¨ ohne von den Firmen. Dadurch k¨onnen sie diesen keine G¨ uter mehr abkaufen. Das wiederum hat nun Folgen f¨ ur den G¨ utermarkt, auf welchem die Nachfrage sinkt. Arbeitslosigkeit Im klassischen Modell gibt es keine Arbeitslosigkeit, weil ein allf¨alliges Ungleichgewicht sofort durch eine Erh¨ ohung oder Senkung der Reall¨ohne aufˆ hat im keynesianischen gehoben wird. Die Arbeitsangebotsbeschr¨ ankung L Modell aber zur Folge, dass die Haushalte nicht die volle Arbeitsleistung erbringen k¨ onnen. Die beim Reallohn Pw herrschende Differenz zwischen dem klassischen und dem keynesianischen Arbeitsangebot ist gleich der auf dem Arbeitsmarkt herrschenden Arbeitslosigkeit. Das klassische Arbeitsangebot ist ∗ die auf L bezogene L¨ osung, Ls Pw , des Nutzenmaximierungsproblems ohne Angebotsschranken (siehe Gleichung (3.2)). Das keynesianische oder effektive s w ˆ ˜ Arbeitsangebot ist die auf L bezogene L¨ osung, L P , L , des Nutzenmaximierungsproblems mit Angebotsschranken (Gleichung (3.19)). Also ist beim Reallohn Pw die Arbeitslosigkeit w ∗ ˆ ˜s w , L (3.21) Ls −L P P
3.2 Keynesianische Sicht
31
Preisanpassung Es bleibt noch festzuhalten, dass nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage im keynesianischen Gleichgewicht kein Grund besteht, Preise oder L¨ohne zu ¨ andern. Dies ist so, obwohl Arbeitslosigkeit herrscht und die Produzenten gerne mehr absetzen w¨ urden. Nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage bewegen sich Preise und L¨ ohne, falls es auf den M¨arkten Nachfrage- oder Angebots¨ uberhang gibt. Im keynesianischen Gleichgewicht, ¨aussern die Marktteilnehmer aber am Markt ihre effektive Nachfrage, welche die Rationierung ber¨ ucksichtigt und mit dem Angebot u ¨bereinstimmt. Die gr¨ossere aber hypothetische klassische Nachfrage ohne Rationierung bleibt nach keynesianischer Vorstellung ohne Auswirkung auf die Preis-Lohndynamik. Arbeitslosigkeit ist also ein Gleichgewicht! ˆ L ˆ dargestellt. In Abbildung 3.10 sind die Arbeitsangebotsbeschr¨ankungen Y, Falls sich die endogene Variable Y˜ s bei einer Erh¨ohung von Yˆ erh¨oht, so ˜ s mit einer Erh¨ohung von nennt man Yˆ eine bindende Schranke. Falls sich L ˆ ˆ L erh¨ oht, so wird auch L als eine solche bezeichnet. ˆ bindend sind, dann haben wir ein keynesianisches Gleichgewicht Falls Yˆ und L im eigentlichen Sinne, und dann gilt wegen Gleichung (3.19) Yˆ = C˜
(3.22)
ˆ=L ˜d L
(3.23) ˆ L ˆ nicht bindend sind, erhalten wir wieder das klassiFalls die Schranken Y, sche Gleichgewicht. Das heisst diese General Theory enth¨alt die klassische Theorie als Spezialfall! Im keynesianischen Gleichgewicht gilt folgende Logik: Der Produzent weiss, dass er nicht mehr als C˜ (effektive Nachfrage) verkaufen kann. Aus diesem ˜ d ein. Der Konsument weiss, dass Grund schr¨ ankt er seine Arbeitsnachfrage L d ˜ (effektive Nachfrage) anbieten kann, weshalb er er nicht mehr Arbeit als L seine G¨ uternachfrage C˜ einschr¨ ankt.
Darstellung anhand eines Zweipersonenspiels Eine vereinfachte Darstellung dieses Koordinationsproblems anhand eines Zweipersonenspiels ist in Tabelle 3.2 dargestellt. Der dieser Tabelle zugrunde liegende Reallohn sei der klassische Gleichgewichtslohn. Wie wir in Abbildung 3.10 gesehen haben, kann es zu diesem Reallohn aber auch zu keynesianischer Arbeitslosigkeit kommen. Es gibt zwei Spieler, den (repr¨asentativen) Konsumenten und den (repr¨ asentativen) Produzenten. Jeder Spieler hat nur zwei Aktionsm¨ oglichkeiten: die Mengen des klassischen oder die des keynesianischen Gleichgewichts. In der Tabelle sind nun die Auszahlungen der Spieler
32
3 Interaktion von Arbeits- und G¨ utermarkt Y
6 ` ``` ∗ ``` Y ``` PP PP ``` ``` PP ``` PP PP PP PP PP PP Y˜ P L
∗
ˆ L
L
Y
6 H H
H HH HH
H ∗ HH Y HH ``` H H ``` ```HH ˜ ``H `Y
``` ``` `
L
∗
L
ˆ L
Abb. 3.10. Beschr¨ ankung des Arbeitsangebotes Ls auf dem Arbeitsmarkt. Man sieht in diesen beiden Graphen, dass es irrelevant ist, wo das klassische Gleichgewicht liegt und wie hoch der Reallohn dabei ist. In der oberen Abbildung gibt es Arbeitslosigkeit bei einem Reallohn, der gr¨ osser ist als der klassische, in der unteren Abbildung sogar bei einem Reallohn, der niedriger als der klassische Reallohn ist
notiert. Wir setzen die Auszahlungen auf Null, falls nicht beide Spieler dasselbe Gleichgewicht w¨ ahlen. Falls der Konsument aber die klassischen Mengen w¨ahlt, so wird der Produzent aus eigenem Interesse ebenfalls die klassischen Mengen w¨ ahlen und umgekehrt beim keynesianischen Gleichgewicht. Wir haben also in jedem Fall ein Nash-Gleichgewicht 9 , wobei das keynesianische f¨ ur beide Akteure schlechter als das klassische Gleichgewicht ist. 9
Ein Nash-Gleichgewicht ist eine Kombination von Aktionen, von denen kein Spieler alleine profitabel abweichen kann.
3.2 Keynesianische Sicht
33
Tabelle 3.2. Koordinationsproblem zwischen Produzenten und Konsumenten h ∗ ∗i Ls , C
Konsument
h
˜ ˜s, C L
i
Produzent h∗ ∗i Ld , Y
h ∗ ∗i U Ls , C > 0 ∗ ∗
0
∗ ∗
P Y s − w Ld > 0 h
˜ d , Y˜ L
i
0 h
0
i ˜s, C ˜ >0 U L
0
˜d > 0 P˜ Y˜ s − w ˜L
Die Produzenten und die Konsumenten finden sich im keynesianischen Gleichgewicht in einer deadlock situation wieder. Obwohl von aussen betrachtet das klassische Gleichgewicht besser w¨ are, wird auch im keynesianischen Gleichgewicht ein einzelner seine Position nicht ¨ andern, wenn nicht der andere seine Position ebenfalls ¨ andert. Dies er¨ offnet Raum f¨ ur die Wirtschaftspolitik, denn diese kann bei der Koordination auf das klassische Gleichgewicht helfen. 3.2.1 Ausgew¨ ahlte Probleme der Komparativen Statik Produktivit¨ atssteigerungen Produktivit¨ atssteigerungen manifestieren sich in einer steileren Produktionskurve. Dies hat bei sonst unver¨ anderten Funktionen und festem Reallohn zur Folge, dass sich die Situation im Vergleich zum vorherigen Gleichgewicht verschlechtert, in dem Sinne, dass die Arbeitslosigkeit ansteigt. Da die Produzenten davon ausgehen, dass sie nicht mehr als Yˆ anbieten k¨onnen, werden sie bei steigender Produktivit¨ at weniger Arbeiter einstellen. Die Lohnsumme sinkt, aber die Gewinne steigen genau so weit, dass die gesamtwirtschaftliche Nachfrage Yˆ von zuvor wieder erreicht wird. Falls man jedoch annimmt, die Konsumquote der Arbeiter sei gr¨ osser als die der Kapitaleinkommensbezieher, dann wird Yˆ sogar sinken10 . In diesem Fall kann nur noch weniger abgesetzt werden. Man betrachte hierzu Abbildung 3.11. Im neuen Gleichgewicht [L3 , Y3 ] sind die Gewinne sogar geringer als in der Ausgangslage [L1 , Y1 ]! Klassische Lohndynamik im Keynesianischen Modell Auch eine klassische Lohndynamik verschlechtert die Situation! Da Arbeitslosigkeit herrscht, w¨ urden nach der klassischen Lohndynamik die L¨ohne sinken, 10
Diese Argumentation erfordert jedoch die M¨ oglichkeit des Sparens, was wir erst in dem n¨ achsten Kapitel einf¨ uhren.
34
3 Interaktion von Arbeits- und G¨ utermarkt Y
6 ``` ``` ``` ``` `` `` ``` ` `` Yˆ ``` ``` ``` ``` ` ``` ``` ``` ``` ``` ``` `` ` Yˆ ` 3 L
L1
L2
L3
Abb. 3.11. Ausgew¨ ahlte Probleme: Produktivit¨ atssteigerungen
was bei unterschiedlichen Sparquoten zu einem Nachfrager¨ uckgang f¨ uhrt. Die Produzenten k¨ onnen also nur noch weniger verkaufen und werden deshalb noch weniger Arbeiter einstellen. Man betrachte hierzu Abbildung 3.12. Auch hier k¨ onnten die Gewinne bei niedrigeren Reall¨ohnen kleiner als bei hohen Reall¨ ohnen sein! Ohne Sparen bleibt die Produktion jedoch unver¨andert, nur die Lohnquote sinkt. Y
6 PP PP PP PP PP ``` PP ``` PP Yˆ ``` PP ``` P P ``` ```P Y2 ` L
L1
L2
Abb. 3.12. Ausgew¨ ahlte Probleme: Klassische Lohndynamik
3.2 Keynesianische Sicht
35
3.2.2 Vertiefung: Endogenisierung der Angebotsschranken Zur Vereinfachung gehen wir hier davon aus, dass es kein Arbeitsleid gibt ¯ ist. Man betrachte einen beliebiund somit das Arbeitsangebot exogen fix L gen Punkt auf der Produktionsfunktion. Falls der Reallohn niedriger als die Grenzproduktivit¨ at der Arbeit in diesem Punkt ist, dann kann man die Angebotsschranken immer gerade so w¨ ahlen, dass der Punkt auf der Produktionsfunktion ein Keynesianisches Gleichgewicht mit Angebotsrationierung wird. Dies ist aus den Abbildungen 3.10–3.12 sofort ersichtlich. Solange also die Angebotsschranken nicht erkl¨ art werden, erkl¨ art das Modell nicht viel. Eine Erkl¨ arung der Angebotsschranken ist dann m¨oglich, wenn man einen Zusammenhang zwischen dem Reallohn, den Angebotsschranken und den endogenen Gr¨ ossen des Modells (Besch¨ aftigung zum Beispiel) findet. Ein Beispiel f¨ ur solch einen Zusammenhang haben wir schon in der Lohn-Preis-Spirale gesehen. Dort wurde der Reallohn durch die Grenzproduktivit¨at der Arbeit erkl¨ art. In jedem Punkt war der Reallohn gr¨ osser als die Steigung der Produktionsfunktion, sodass die Firmen ihre Arbeitsnachfrage weiter einschr¨anken. Da entlang der Lohn-Preis-Spirale die resultierende Arbeitsnachfrage einer Periode die Besch¨ aftigung der n¨ achsten Periode beschr¨ankte, reduziert diese dann wiederum die G¨ uternachfrage. Letztlich war in der Lohn-Preis-Spirale nur der Nullpunkt 0 = F [0] ein Gleichgewicht. Allgemein gesprochen wird ¯ durch diese Modellierung eine Lohnbildungsfunktion, sagen wir Pw = g L, L bestimmt. Im Beispiel der Lohn-Preisspirale ist etwa: w = F [L] + α , P wobei α eine positive Konstante ist. α kann als Machtindex der Gewerkschaften interpretiert werden. Ein anderes Beispiel w¨are: w ¯−L , = F [L] + α L P wobei nun α eine positive Funktion ist, die mit steigender Arbeitslosigkeit ¯ − L f¨ ¨ L allt. In der Ubungsaufgabe 2.12 wird f¨ ur diese Funktion eine konkrete Abbildung vorgeschlagen. In diesem Fall stoppt die Lohn-Preis-Spirale bevor ¨ die Okonomie v¨ ollig brachliegt, was wohl der realistischere Fall ist. F¨ ur α = 0 resultiert wieder der Spezialfall des klassischen Gleichgewichts. Nat¨ urlich sind ¯−L viele andere Lohnanpassungsregeln denkbar. Wenn zum Beispiel α L eine negative Funktion ist dann gibt es Gleichgewichte mit Angebotsrationierung wie in den Abbildungen 3.10–3.12, in denen die Grenzproduktivit¨at gr¨osser als der Reallohn ist.
36
3 Interaktion von Arbeits- und G¨ utermarkt
3.2.3 Vertiefung: Station¨ are Gleichgewichte als Ruhepunkte eines dynamischen Systems In der vorhergehenden Vertiefung haben wir zur der Definition des station¨aren Gleichgewichtes, Definition 3.4, eine weitere Gleichung hinzugef¨ ugt, die ebenso wie die anderen Bedingungen atemporal war, d.h. in der keine Variablen verschiedener Zeitpunkte vorkommen. Jedoch haben wir zur Illustration immer wieder auf die Beschreibung von zeitlichen Abl¨aufen zur¨ uckgegriffen. Diese Vorgehensweise m¨ ochten wir hier einmal explizit machen. Zeitliche Abl¨ aufe werden durch sogenannte dynamische Systeme pr¨azisiert und station¨ are Gleichgewichte k¨ onnen als Ruhepunkte von dynamischen Systemen aufgefasst werden. Sei f Pw , Yˆ die Funktion, welche die optimale Firmenentscheidung zu gegebenem Reallohn und zu gegebener Angebotsschranke beschreibt: w d s L ,Y = f , Yˆ = arg max Π = P Y s − w Ld P s.t. Y s ≤ F Ld und Y s ≤ Yˆ (3.24) ˆ die Funktion, welche die optimale Haushaltsentscheidung zu Und sei h Pw , L gegebenem Reallohn und zu gegebener Angebotsschranke beschreibt:
[Ls , C] = h
w P
ˆ = arg max U [C, Ls ] ,L ˆ (3.25) s.t. P C ≤ w Ls + Π und Ls ≤ L
¯ eine Lohnbildungsfunktion.11 Schliesslich sei wie zuvor Pw = g L, L Dann k¨ onnen wir analog zum Kreislaufdiagramm auf Seite 15 wie folgt ein dy¨ namisches System der Okonomie beschreiben: Steigen wir oben in den Kreist uterlauf ein. Dann ist den Firmen der Reallohn dieser Periode, w Pt sowie die G¨ ¯ angebotsschranke Lt gegeben. Sie bestimmen nun ihre optimale Arbeitsnach t ˆt . Die optimale frage und ihr optimales G¨ uterangebot Ldt , Yts = f w , Y Pt Arbeitsnachfrage ist dann die Angebotsschranke der Haushalte: Lˆt = Ldt , welche die Haushalte in ihrem Optimierungskalk¨ ul als gegeben nehmen. Die Haushalte bestimmen die optimale G¨ u ternachfrage sowie das optimale Ar wt ˆ s beitsangebot [Lt , Ct ] = h Pt , Lt . Schliesslich wird f¨ ur die n¨achste Periode wt+1 ¯ uternachfrage dieser = g Lt , Lt bestimmt und die G¨ der neue Reallohn Pt+1
Periode ist die Angebotsschranke der n¨ achsten Periode: Yˆt+1 = Ct . 11
¯ das WalraF¨ ur den Fall, dass das Arbeitsangebot flexibel ist, nimmt man statt L sianische Arbeitsangebot, d.h. das Angebot, das sich ergeben w¨ urde, falls es keine Angebotsschranken gibt.
3.2 Keynesianische Sicht
37
Ein Ruhepunkt eines dynamischen Systems ist ein Punkt, der sich u ¨ber die Zeit hinweg nicht mehr ver¨ andert. Also beschreiben diese Ruhepunkte genau die station¨ aren Gleichgewichte der Definition 3.4. Nat¨ urlich kann man mit der Formulierung eines dynamischen Systems nun auch beschreiben, auf ¨ welchen Pfaden die Okonomie von einem Gleichgewicht zu einem anderen ge¨ langt, wenn zum Beispiel das Ausgangsgleichgewicht durch exogene Anderung gest¨ ort wurde. Diese Frage wird zum Beispiel im Modell mit Geld als der sogenannte Transmissionsmechanismus des Geldes wieder auftauchen. Man kann sich aber auch generell f¨ ur die Pfade des dynamischen Systems interessieren und hiermit zum Beispiel Konjunkturzyklen beschreiben. Ein alt bekanntes Beispiel ist das Multiplikator-Akzelerator Modell, welches wir in Kapitel 4 n¨ aher beschreiben. F¨ ur eine umfassende Analyse des hier skizzierten dynamischen Systems verweisen wir auf (B¨ ohm, 2003).
38
3 Interaktion von Arbeits- und G¨ utermarkt
¨ 3.3 Ubungen Die mit [BG] kenntlich gemachten Aufgaben sind dem Lehrbuch von Barro, Grilli (1996) entnommen. 3.1 Stellen Sie graphisch eine Rationalisierungsspirale dar, f¨ ur den Fall, dass die Arbeitgeber mit den Arbeitnehmern Lohnverhandlungen f¨ uhren. Warum setzte in den 1980er Jahren in Deutschland eine solche Spirale ein? Welche Faktoren k¨ onnen der Ausl¨ oser daf¨ ur sein? 3.2 Beschreiben Sie die New Economy der 1990er Jahre graphisch und verbal. F¨ uhrt eine Produktivit¨ atssteigerung im klassischen Modell zu einer h¨ oheren Besch¨ aftigung? Wie sieht es in der Realit¨at aus (z. B. USA in den sp¨ aten 1990er Jahren)? Weshalb ist die durchschnittliche Arbeitsproduktivit¨ at prozyklisch? 3.3 Was ist die Ursache f¨ ur einen Substitutionseffekt? [BG] 3.4 Was ist die Ursache f¨ ur einen Verm¨ ogenseffekt? [BG] 3.5 Wie kann es im Falle einer Lohnerh¨ ohung zu einem R¨ uckgang des Arbeitsangebotes kommen? (backward bending labor supply curve) 3.6 Warum ist die Auswirkung eines Produktivit¨atsschubs auf das G¨ uterangebot und die G¨ uternachfrage unbestimmt? 3.7 Beschreiben Sie die Lucaskritik ? 3.8 Was ist die Effektive Nachfrage? Worin unterscheidet sie sich von der hypothetischen bzw. klassischen Nachfrage? (Felderer, Homburg, 2002, Seite 76–78) 3.9 Was ist eine Produktionsfunktion? Inwieweit repr¨asentiert sie den f¨ ur ein Individuum unvermeidlichen trade-off zwischen Arbeit, Konsum und Freizeit? 3.10 Unterscheiden Sie zwischen Gesamt- und Grenzprodukt. Welche Implikationen ergeben sich f¨ ur das Gesamtprodukt, wenn das Grenzprodukt (a) positiv ist und zunimmt (b) positiv ist und abnimmt (c) negativ ist? 3.11 Was ist eine Nutzenfunktion? Zeige auf, wie sich die unterschiedlichen Nutzeniveaus mit Hilfe einer Indifferenzkurvenschar darstellen lassen. K¨ onnen sich die Kurven genau so verschieben wie die Produktionsfunktion? 3.12 Zeigen Sie auf, inwieweit die Steigung jeder Indifferenzkurve den individuelle trade-off zwischen Arbeit und Freizeit angibt! 3.13 Geben Sie ein Beispiel f¨ ur eine klassische Produktionsfunktion und f¨ ur eine klassische Nutzenfunktion? Kennen Sie andere Produktionstechnologien und Nutzenfunktionen? 3.14 Nehmen Sie an, dass ein Individuum zur Kompensation einer aufgegebenen Freizeiteinheit eine zus¨ atzliche Konsumeinheit erhalten muss, um auf demselben Nutzeniveau zu bleiben. W¨are es f¨ ur das Individuum nutzenmaximierend, mehr zu arbeiten, falls der in diesem Punkt erreichbare zus¨ atzliche Output gr¨ osser als 1 ist? Wie w¨are es, wenn er kleiner als 1 ist?
¨ 3.3 Ubungen
39
3.15 a) Formulieren Sie formal das Nutzenmaximierungsproblem und Gewinnmaximierungsproblem! b) Was ist die notwendige Bedingung f¨ ur ein Nutzenmaximum und Gewinnmaximum? 3.16 Welche Bestandteile geh¨ oren in die Definition eines ¨okonomischen Gleichgewichtes? 3.17 Sei (a) Y = A L, (b) Y = A L0.5 und (c) Y = A L2 die jeweilige Produktionsfunktion. Hat die entsprechende Produktionsfunktion positives abnehmendes, konstantes oder zunehmendes Grenzprodukt? a) Beschreiben Sie die Verm¨ ogens- und Substitutionseffekte, die durch eine Erh¨ ohung des Parameters A wirken? Wie wirken sich diese auf die verschiedenen Entscheidungen (Arbeitsnachfrage, -angebot, G¨ uternachfrage und -angebot) aus? 3.18 (Arbeitsmarkt in der Klassik) a) Sei Y = 2 L0.5 die Produktionsfunktion. Wie lautet die optimale Arbeitsnachfrage? Stelle das Optimierungsproblem auf! Von welchen Argumenten h¨ angt die optimale Arbeitsnachfrage ab? b) Sei U = log Y − L2 die Nutzenfunktion. Wie lautet das optimale Arbeitsangebot? Stelle das Optimierungsproblem auf! Von welchen Argumenten h¨ angt das optimale Arbeitsangebot ab? c) Welches ist die gleichgewichtige Arbeits- und Outputmenge? 3.19 Diskutieren Sie den Fall von Produktivit¨ atssteigerungen im keynesianischen Modell! 3.20 Bestimmen Sie ein Keynesianische Gleichgewicht mit Angebotsrationierung und Preisbildungsfunktion f¨ ur: U [C, L] = U [C] , und
oder
w = F [L] + P
¯ L ˆ−L ¯ L
w = F [L] − a, P
F [L] =
−a ,
√
wobei
L a>1.
wobei a > 1 .
4 Geld
Das bislang betrachtete Modell ist rein realwirtschaftlich. Es erkl¨art den realen Konsum, die reale Produktion sowie die reale Besch¨aftigung eines gewissen Zeitraums durch Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsund dem G¨ utermarkt. Nur der Reallohn spielt eine Rolle, nicht aber das abso∗ ∗ lute Niveau der Preise und L¨ ohne. Das heisst, falls P, w die gleichgewichtigen ∗ ∗ L¨ ohne und Preise sind, so sind f¨ ur alle positiven λ auch λ P, λ w wieder ein Paar von gleichgewichtigen L¨ ohnen und Preisen. Dies gilt f¨ ur das klassische, wie auch das keynesianische Modell. Man kann in gewissem Sinne sagen, dass eine Gleichung im Modell fehlt. In diesem Kapitel beginnen wir das Preisniveau zu erkl¨ aren. Hierzu ist die Integration des Geldes in das Modell erforderlich. Wir werden in diesem Kapitel drei Motive der Geldhaltung besprechen: Geld als Transaktionsmittel, Geld als Vorsichtskasse und Geld als Wertaufbewahrungsmittel. Exkurs: Geld Unter Geld versteht man ganz allgemein ein Gut, von dem es zu s¨amtlichen G¨ utern die in der Volkswirtschaft gehandelt werden, ein bestimmtes Tauschverh¨ altnis gibt. Das so ausgezeichnete Gut ist quasi ein Referenzgut (Geld als Recheneinheit). Das heisst auch, dass Geld ein Gut ist, welches alle Mitglieder der Volkswirtschaft und der Staat als Tauschmittel f¨ ur alle anderen G¨ uter akzeptieren (Geld als gesetzliches Zahlungsmittel). Schliesslich muss Geld lagerbar sein, sodass es z.B. auch gehortet werden kann. Man sagt in der Geldtheorie, dass alles, was diese drei Funktionen hat, Geld sein kann. Man stellt fest, dass die Definition von Geld sehr allgemein gehalten ist. In unserem einfachen Modell muss Geld keinesfalls in Form von M¨ unzen oder Banknoten vorkommen. Es k¨ onnen ohne weiteres zum Beispiel auch Muscheln, Vieh, Gold usw. als Geld betrachtet werden. Das erste Tauschmittel war in Europa in der Tat Kleinvieh, lateinisch pecus, woher auch der Ausdruck pecunia stammt. H¨ aufig sind auch Werkzeuge als Geld benutzt worden. Da diese ein wenig unhandlich waren, hat man sie ganz aus Metall in Miniatur nach-
42
4 Geld
gebildet. Hieraus und aus Schmuck entwickelte sich das M¨ unzgeld. Papiergeld ist eigentlich eine chinesische Erfindung des dreizehnten Jahrhunderts, die in Europa im grossen Stil zuerst die Bank of England u ¨bernahm. Da die Edelmetallvorkommen nicht mit dem Wirtschaftswachstum mithalten konnten, war Gelddrucken eine sehr einfache Weise ohne Deflation der Preise das Bruttosozialprodukt weiter wachsen zu lassen.
4.1 Die klassische Sicht: Transaktionskasse Jede reale Aktion im Laufe einer Periode (Arbeiten, Produzieren, Konsumieren) ist mit einer monet¨ aren Transaktion verbunden. Somit gibt es neben dem im letzten Kapitel dargestellten G¨ uterkreislauf einen Geldkreislauf. Dabei ist, wie in dem folgenden Kreislaufdiagramm dargestellt, der Geldkreislauf gegenl¨ aufig zum G¨ uterkreislauf.
w Ls
? Haushalte
PC
wL Π
- PC
w Ld
Firmen P Ys
6
Zur Beschreibung, wie das Geld zirkuliert, steigen wir in diesen Kreislauf bei den Konsumenten ein. Sei M das Geld, das die Konsumenten an diesem Punkt des Kreislaufes haben. Dann geben diese es nach klassischer Auffassung vollst¨ andig f¨ ur Konsum aus, d.h. es ist P C = M . Die Produzenten nehmen dieses Geld als Verkaufserl¨ ose M = P Y s ein und bezahlen damit die L¨ohne d utten sie als Gewinne Π = P Y s − w Ld w L . Das restliche Geld M − w Ld sch¨ wieder an die Konsumenten aus, wodurch der Kreislauf geschlossen ist. Aus dieser Betrachtung erhalten wir eine Bestimmungsgleichung f¨ ur das Preisniveau: PC=M
(4.1)
Diese Gleichung ist die Grundform der Quantit¨ atstheorie des Geldes, die wir unten genauer analysieren. Durch Hinzuf¨ ugen der Gleichung des Geldkreislaufes ist dann das klassische Modell komplett. In das Entscheidungsproblem der Haushalte nehmen wir zudem
4.1 Die klassische Sicht: Transaktionskasse
PC≤M
43
(4.2)
als Restriktion der Transaktionskasse der Haushalte auf. Diese besagt, dass die Haushalte nicht mehr konsumieren k¨ onnen, als sie Geld f¨ ur den Konsum besitzen, welches sie fr¨ uher einmal erhalten haben (sogenannter cash-in-advance constraint). Wiederum sind die neuen Bestandteile fett gedruckt. Definition 4.1. Das klassische Gleichgewicht mit Geld besteht aus Preisen ∗ ∗ P , L¨ ohnen w, sowie Arbeits- und G¨ und Arbeitsu∗terangebotsentscheidungen ∗ ∗ ∗ s s d und G¨ uternachfrageentscheidungen L , Y , L , C , so dass: • Gewinnmaximierung ∗ ∗ ∗ ∗ Ld , Y s = arg max Π = P Y s − w Ld
•
s.t. Y s ≤ F Ld (4.3)
Nutzenmaximierung ∗ ∗ Ls , C = arg max U [C, Ls ] ∗
∗
∗
s.t. P C ≤ w Ls + Π •
Marktr¨ aumung
∗
∗
Ys =C •
Geldkreislauf
und ∗
∗
∗
Ls = Ld
∗
PC = M
und
P C ≤ M (4.4) (4.5) (4.6)
4.1.1 Vertiefung: Details des Geldkreislaufs Wie in Kapitel 3 schon beschrieben, basiert das ¨okonomische Gleichgewicht auf der Vorstellung des station¨ aren Gleichgewichts eines Modells mit vielen Perioden. Die Einf¨ uhrung des Geldes als Transaktionsmittel erfordert sogar, dass wir unendlich viele solcher Perioden betrachten. Denn falls nur endlich viele Perioden betrachtet w¨ urden, dann w¨ urde im letzten Abschnitt der letzten Perioden niemand mehr Geld akzeptieren, da es danach keine Verwendungsm¨ oglichkeiten f¨ ur das Geld mehr gibt. Das w¨ urden die anderen Teilnehmer aber in dem vorletzen Abschnitt der letzen Periode schon antizipieren und selbst kein Geld mehr akzeptieren. Setzt man dieses Argument immer weiter fort, so sieht man, dass Geld dann eigentlich nie einen Wert haben kann. Also muss es unendlich viele Perioden geben, damit Geld als Transaktionskasse in jeder Periode gehalten wird. D.h. unsere Vorstellung ist, dass das Kreislaufdiagramm auf Seite 42 immer wieder durchlaufen wird. Nun wollen wir argumentieren, dass Geld akzeptieren und vollst¨andig wieder ausgeben, so wie wir es in der Beschreibung des Geldkreislaufs oben unterstellt haben,
44
4 Geld
tats¨ achlich in einem station¨ aren Gleichgewicht das Beste ist, das die Konsumenten und die Produzenten tun k¨ onnen: Hierzu steigen wir in den Geldkreislauf bei den Produzenten ein, sobald diese ihre Verkaufserl¨ ose in Periode t − 1 realisiert haben. Sie bekommen dann am Anfang der n¨ achsten Periode Mt = Pt−1 Ct−1 Geldeinheiten von den Konsumenten. Hiermit bezahlen diese die Lohnsumme wt Ldt sowie die Gewinne Πt dieser Periode. Sei ∆F ur L¨ohne oder t ≥ 0 das Geld, das die Firmen nicht f¨ Gewinne ausgeben. Es gilt also: wt Ldt + Πt = Mt + ∆F t . Die Haushalte bekommen somit Mt − ∆F t Geldeinheiten als Lohn sowie als Gewinn von den Produzenten ausbezahlt, woraus diese wiederum ihren Konsum finanzieren k¨ onnen. Sei analog ∆H t ≥ 0 das Geld, das die Haushalte nicht f¨ ur Konsum in der Periode t ausgeben, so lautet die Geldbilanz der Haushalte: H Pt Ct = Mt − ∆F t + ∆t .
Nun macht es aber keinen Sinn in einem station¨aren Gleichgewicht, in dem zu jedem Zeitpunkt optimale Angebots- und Nachfrageentscheidungen getroffen werden und in welchem u ¨ber die Zeit alle Preise und L¨ohne konstant bleiben, Geld zur¨ uck zu halten. Dies sehen wir an den Geldbilanzgleichungen wie folgt: Der Wert der Nachfrage der Periode t−1, Pt−1 Ct−1 , entspricht den Verkaufserl¨ osen der Periode t, Pt Yt , da das Preisniveau sowie die Angebots- und Nachfrageentscheidungen konstant bleiben und zudem Angebot gleich Nachfrage ist. Somit ist Pt−1 = Pt und Yt = Ct−1 . Also ist ∆F t = 0, d.h. die Firmen halten kein Geld zur¨ uck. Ebenso sehen wir, dass auch die Haushalte im station¨ aren Gleichgewicht kein Geld zur¨ uck halten, also ∆H t = 0 gilt. Damit ist die cash-in-advance constraint, P C ≤ M , im station¨aren Gleichgewicht nicht bindend. Wir f¨ uhren diese aber dennoch ein, da wir hier und da auch den Anpassungsprozess hin zu einem neuen station¨ aren Gleichgewicht beschreiben. Entlang dieses Prozesses k¨ onnte die CIA-constraint dann eine bindende Re¨ striktion sein. Die obige Uberlegung zeigt auch, dass es sinnvoll ist, Geld als Vorsichtskasse zu halten. Gibt es n¨ amlich Unsicherheit u unftigen ¨ber die zuk¨ Ein- und Ausgaben, so kann Geldhaltung eine Absicherungsstrategie sein. Ist zum Beispiel das Arbeitseinkommen wegen m¨oglicher Arbeitslosigkeit unsicher, so macht es Sinn, mehr Geld zu halten. 4.1.2 Quantit¨ atstheorie ¨ Die Quantit¨ atstheorie ist, wie die oben dargestellte Uberlegung zeigt, eine Kreislauftheorie. Jedoch geht diese nicht unbedingt davon aus, dass das Geld in einer Periode genau einmal heruml¨ auft. Je nach Definition der betrachten Periode (eine Woche, ein Monat, ein Jahr) k¨onnte das Geld auch mehrfach den Besitzer wechseln. Sei v die sogenannte Umlaufgeschwindigkeit des Geldes, dann gilt in Analogie zur Gleichung (4.6) offenbar
4.1 Die klassische Sicht: Transaktionskasse ∗
∗
P C = vM .
45
(4.7)
Nimmt man nun v als konstant an, so wird aus der Quantit¨atsgleichung das ∗ Preisniveau P durch die Geldmenge M bestimmt. Exkurs: Umlaufgeschwindigkeit v wird als die sogenannte Umlaufgeschwindigkeit definiert. Sie ist ein Mass f¨ ur die durchschnittliche Dauer, die das Geld ben¨ otigt, um einmal den Kreislauf von den Haushalten zu den Firmen und wieder zu den Haushalten durchlaufen zu haben. In der Quantit¨ atstheorie wird v als konstant angenommen. Eine andere Auffassung ist die folgende Definition von v: ∗
∗
PC (4.8) M Wie man sieht, ist das lediglich eine einfache Umstellung von der Quantit¨atsgleichung nach v, jedoch hat sie eine tiefere Bedeutung, denn v l¨asst sich in der Realit¨ at nur mit grossem Aufwand direkt messen. Man m¨ usste dabei alle Geldeinheiten (der Einfachheit halber wird im Folgenden von Banknoten gesprochen) nummerieren. Die Nationalbank als Herausgeberin der Noten m¨ usste f¨ ur jede Note einzeln auch die Zeit speichern, bis sie wieder zur¨ uckkommt, um v festzustellen. ∗ ∗ Die anderen Variablen P , C und M hingegen sind nicht schwer festzustellen, so dass sich diese Definition in Gleichung (4.8) geradezu aufdr¨angt. Diese Gleichung entstand aber nicht nur wegen ihrer einfachen Berechnung, sondern sie ist auch plausibel: wenn zum Beispiel die Geldmenge M steigt, wird sich die Umlaufgeschwindigkeit verlangsamen, weil mehr Geldscheine im Kreislauf sind. Bei ansteigendem Konsum werden die Leute mehr kaufen, also wird das vorhandene Geld im Kreislauf schneller fliessen. Wenn sich die Preise verdoppeln, so wird sich auch die Umlaufgeschwindigkeit verdoppeln, da das vorhandene Geld nur noch die H¨ alfte wert ist und somit die Leute es m¨oglichst rasch loswerden und gegen Realg¨ uter tauschen m¨ochten. v :=
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) definiert1 die Geldmengen folgendermassen: M0 Die Geldmenge M0 bezeichnet die Notenbankgeldmenge (= Summe von Notenumlauf und Giroguthaben inl¨ andischer Gesch¨aftsbanken bei der Nationalbank), die zuweilen auch monet¨ are Basis oder Geldbasis genannt wird. (Siehe Abb. 4.1) M1 Die Geldmenge M1 umfasst den Bargeldumlauf (Noten und M¨ unzen) des Publikums in Schweizerfranken, die Sichteinlagen der Inl¨ander in Schweizerfranken bei Banken und der Post sowie die Einlagen auf Transaktionskonti. 1
Quelle: http://www.snb.ch/d/glossar/g.html (Internet)
46
4 Geld
M2 Das Geldaggregat M2 ist definiert als Summe der Geldmenge M1 und der Spareinlagen. Ausgeklammert aus den Spareinlagen werden die gebundenen Vorsorgegelder im Rahmen der beruflichen Vorsorge (2. S¨aule) und der freiwilligen Eigenvorsorge (3. S¨ aule). M3 Die Geldmenge M3 umfasst zus¨ atzlich zur Geldmenge M2 noch die Termineinlagen.
M0 40000
30000
20000
10000
1960
1970
1980
1990
2000
t
Abb. 4.1. Geldmengenentwicklung von M0 f¨ ur die Schweiz
4.1.3 Komparative Statik Aus den obigen Definitionen des Kreislaufmodells unter Einbezug der Quantit¨atsgleichung (4.8) geht folgender Zusammenhang hervor, der sich auch in der langen Frist empirisch best¨ atigte. Es folgt: ∗ ∗ ∀ λ > 0 : λ M =⇒ λ P und λ w (4.9) bei Konstanz der realen Gr¨ ossen. Das bedeutet, dass zum Beispiel eine Verdoppelung der Geldmenge eine Verdoppelung der Preise und L¨ ohne zur Folge hat, ohne dass sich das Arbeitsvo∗ ∗ ∗ lumen L, der Konsum C oder die Produktion Y ¨andert. Verdoppeln sich z.B. Preise und L¨ ohne, so bleibt der Reallohn unver¨andert und die gewinnmaximale Arbeitsnachfrage und Produktionsmenge bleiben unver¨andert. Ebenso bleibt die Budgetgleichung (4.4) unver¨ andert, da sich der nominale Gewinn wie die Preise und L¨ ohne verdoppelt hat. Also gilt nach wie vor die Neutralit¨at des Geldes.
4.1 Die klassische Sicht: Transaktionskasse
47
4.1.4 Politik der SNB Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat bis Mitte der 1990er Jahre eine Geldmengensteuerung nach der Quantit¨ atsgleichung vorgenommen. Sie ging ∗ davon aus, dass sich die Umlaufgeschwindigkeit v und der Konsum C u ¨ber die Zeit stetig entwickelte. Das Ziel dabei war, das Preisniveau m¨oglichst stabil zu halten, um Inflationen oder Deflationen, also Geldab- beziehungsweise aufwertungen zu verhindern. Da die Geldmenge M die einzige Variable der Quantit¨ atsgleichung ist, welche die Nationalbank steuern kann, berechnete sie diese nach Umstellung von Gleichung (4.6) wie folgt: ∗
M=
∗
PC v
(4.10)
∗
Dabei wurde f¨ ur P das jeweilige Preisniveauziel eingegeben. Diese Methode funktionierte u ¨ber viele Jahre recht gut, bis sich die anderen Variablen nicht stetig genug entwickelten. Insbesondere ist durch den elektronischen Zahlungsverkehr die Umlaufgeschwindigkeit gestiegen. 4.1.5 Cambridge-Gleichung Es ist auch m¨ oglich, die Quantit¨ atsgleichung so umzustellen, dass sie wie eine Gleichgewichtsbedingung von Angebot und Nachfrage aussieht. Die nach dem Ort ihres Entstehens benannte Cambridge-Gleichung (engl. Cambridge Quantity Equation) definiert so einen Geldmarkt. 1 (4.11) M= P C und M = M d v daraus folgt Md =
1 PC v
(4.12)
Dabei ist M d die nominale Geldnachfrage und k = v1 der sogenannte Kassenhaltungskoeffizient. Zur Vereinfachung der Darstellung werden wir allerdings in diesem Buch davon ausgehen, dass die Perioden gerade so definiert sind, dass das Geld genau einmal heruml¨ auft, also ist der Kassenhaltungskoeffizient im Folgenden immer k = 1. Somit haben wir nun einen weiteren Markt definiert, denn es gibt ein Angebot von der Nationalbank, welche M zur Verf¨ ugung stellt, wie auch eine Nachfrage, die in Gleichung (4.12) definiert wurde. Dieser Markt ist aber kein Markt im eigentlichen Sinne, d.h. ein Ort, an dem Waren oder Dienstleistungen getauscht werden. Er ergibt sich vielmehr implizit durch die Entscheidungen auf den anderen M¨ arkten, da diese mit Geldtransaktionen verkn¨ upft sind.
48
4 Geld
4.1.6 Patinkin-Kritik Eine genaue Betrachtung des klassischen Modells mit Geld zeigt, dass die ¨ Geldmenge M eigentlich keinen Einfluss auf den realen Teil der Okonomie, w beschrieben durch L, C, Y und P hat. M geht nur in die Quantit¨atsgleichung ein, nicht aber in die Entscheidungskalk¨ ule der Akteure oder in die Marktr¨aumungsbedingungen. Wie kann man dann mit diesem Modell erkl¨aren, dass durch eine Geldmengenerh¨ ohung die Preise steigen? Nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage k¨ onnen die Preise doch nur dann steigen, wenn es ¨ eine Uberschussnachfrage auf dem G¨ utermarkt gibt. Diese Kritik geht auf Patinkin [1965] zur¨ uck. Patinkin ist mit dem Ergebnis der Quantit¨atstheorie, dass eine Verdoppelung der Geldmenge zu einer Verdoppelung der Preise f¨ uhrt einverstanden, nicht aber mit dem Weg dorthin, das heisst mit dem Transmissionsmechanismus. Er schlug deshalb vor, Geld einerseits explizit in die Budgetrestriktion einzuf¨ uhren und es andererseits mit in die Nutzenfunktion aufzunehmen. Den ersten Vorschlag werden wir nun aufgreifen, den zweiten Vorschlag besprechen wir in der keynesianischen Sicht des Geldes. ¨ Man beachte, dass die Definition 4.1 das station¨are Gleichgewicht einer Okonomie mit unendlich vielen Perioden beschreibt. Das zus¨atzliche Geld kommt jedoch nur in einer dieser vielen Perioden in Umlauf. Die einfachste Weise, zus¨ atzliches Geld in den Geldkreislauf einzuschiessen, ist das Konzept des helicopter money, das auf Irvin Fisher zur¨ uckgeht und auch gerne von den Monetaristen, wie etwa Milton Friedman benutzt wurde. Gem¨ass der Idee des Hubschraubergeldes kommt quasi u ¨ber Nacht der Weihnachtsmann und bringt den Konsumenten zu einem gewissen Zeitpunkt τ im betrachteten Zeitraum zus¨ atzliches Geld, ∆ M , in unserer Notation. In realistischeren Modellen mit Zentralbank und Bankensektor kann man nat¨ urlich Geld auch in anderer Weise in Umlauf bringen (siehe Abschnitt 4.2). In dem obigen Modell bedeutet eine Geldmengenerh¨ ohung, dass auf der Einkommensseite der Budgetrestriktion einmalig ∆ M als zus¨ atzliches Einkommen hinzukommt. Wir stellen uns den betrachteten Zeitraum zerlegt in t = 1, . . . , ∞ Perioden vor. Die Budgetrestriktion lautet dann in t = τ Pτ Cτ = wτ Lτ + Πτ + ∆τ M
(4.13)
In den Perioden t = τ lautet sie wie zuvor. Gibt es viele gleichartige Perioden t, so ist die einmalige Geldmengenerh¨ ohung f¨ ur den Bestand des Geldes Mt + ∆t M relevant, nicht aber f¨ ur den durchschnittlichen Konsum, die Produktion und das Arbeitsangebot, welche ein station¨ares Gleichgewicht in den betrachteten Zeitr¨ aumen t = 1, . . . , ∞ bilden. Also beschreibt die Definition 4.1 korrekt das station¨ are Gleichgewicht. Die Patinkinkritik l¨ost sich also durch eine genaue Betrachtung des Anpassungsprozesses von einem zum n¨achsten station¨aren Gleichgewicht auf.
4.1 Die klassische Sicht: Transaktionskasse
49
4.1.7 Stocks and Flows Die Kritik von Patinkin ist nur verst¨ andlich, wenn man zwischen sogenannten Stocks und Flows unterscheidet. Wir fassen in der Definition 4.1 C zum Beispiel als den durchschnittlichen Konsum in einem betrachteten Zeitraum auf. Ist der Zeitraum in sehr viele kleine Abschnitte τ = 1, 2, . . . , T zerlegt, so ist C die station¨ are Rate mit der in jedem Abschnitt konsumiert wird. Der Gesamtkonsum ist T C, der durchschnittliche Konsum ist TTC = C. Dieselbe Interpretation geben wir ebenso f¨ ur die Produktion Y , sowie die Arbeitsangebotsund die -nachfrageentscheidungen. Diese Variablen nennt man deshalb Flows oder Flussgr¨ ossen. Die Geldmenge M jedoch ist eine Bestandsgr¨osse, genannt Stock . M ist w¨ ahrend der gesamten Zeit vorhanden und wird nicht verbraucht. Schliesslich bleibt zu erw¨ ahnen, dass eine Bestandsver¨anderung, ∆ M zum Beispiel, in einem Zeitpunkt τ einen Flow generiert. Deshalb haben wir ∆ M einmalig in die Budgetgleichung eingef¨ ugt. Dies macht klar, dass durch ∆ M ein einmaliger Impuls gesetzt wird, der im station¨aren Gleichgewicht keine Auswirkung auf die Flows hat, jedoch den Stock an Geld M um ∆ M erh¨ oht, so dass ∆ M in der Bestandsgleichung P C ≤ M permanente Spuren hinterl¨ asst. Im Modell mit Kapital beobachten wir in Kapitel 5 eine zweite wichtige Bestandsgr¨ osse, den Kapitalstock K, welcher durch die Flussgr¨osse Investitionen, I, ver¨ andert wird. 4.1.8 Der Transmissionsmechanismus Auch im klassischen Modell mit Geld gilt letztlich, dass zum Beispiel eine Verdoppelung der Geldmenge, die Preise und L¨ohne ebenfalls verdoppelt. Komparativ dynamisch dargestellt sieht der Transmissionmechanismus folgendermassen aus: Eine Erh¨ ohung der Geldmenge zum Zeitpunkt τ erh¨oht zun¨ achst das Einkommen. Somit kann mehr nachgefragt werden, was die Preise zum Zeitpunkt τ erh¨ oht. Deshalb werden die Produzenten mehr Arbeit nachfragen, was die L¨ ohne erh¨ oht. Ein neues Gleichgewicht wird erst dann wieder gefunden, wenn Preise und L¨ ohne sich proportional zur Geldmenge ¨ erh¨ oht haben. Das zus¨atzlich in die Okonomie hineingeflossene Geld fliesst den Konsumenten einmalig als Einkommenserh¨ohung ∆ M zu, und wird dann als Kassenhaltung M d aufgesogen. ∆ M ↑ =⇒ =⇒
∗ ∗ w Ls + Π + ∆ M ↑
P ↑ =⇒
L ↑ d
=⇒
=⇒
w ↑ =⇒
C↑ Md ↑
Wieder f¨ uhrt eine Verdoppelung der Geldmenge zu einer Verdoppelung der Preise.
50
4 Geld
4.2 Exkurs: Wie kommt Geld in Umlauf ? Das Konzept des Helikoptergeldes ist nur eine Vereinfachung. Viele Zentralbanken, wie zum Beispiel die Europ¨ aische Zentralbank, bringen Geld durch Auktionen in Umlauf. Sie hat dabei zwei M¨ oglichkeiten. Die Zentralbank gibt entweder eine bestimmte Menge vor oder einen bestimmten Zinssatz. Bei der Auktion mit der vorgegebenen Menge, gewinnt diejenige Gesch¨aftsbank, welche daf¨ ur den h¨ ochsten Zinssatz bietet. Im Fall des vorgegebenen Zinssatzes gewinnt diejenige Gesch¨ aftsbank, welche daf¨ ur am meisten Geld aufnehmen m¨ ochte.
4.3 Graphische Darstellung von Arbeits-, Geld- und Gu ¨ termarkt In diesem Abschnitt geht es nun darum, den Geldmarkt in unsere bestehende Graphik aus Kapitel 3 einzubauen. Man stellt fest, dass die drei M¨ arkte ihre Funktionen auf ein paar wenige, gleiche Variablen abst¨ utzen (siehe auch Spillover Effekt auf Seite 30), n¨amlich auf die Produktion Y resp. den Konsum C, die Arbeitsnachfrage Ld und das Arbeitsangebot Ls , den Lohnsatz w und die Preise P . Aus diesem Grund ist es nun m¨ oglich, diese M¨ arkte auch graphisch zu verbinden. In Abbildung 4.2 wurde dies gemacht. Man sieht nun auch, weshalb die Produktionskurve in Kapitel 3 immer im zweiten Quadranten gezeichnet wurde, n¨amlich um im ersten Quadranten Platz f¨ ur den Geldmarkt zu haben! Im vierten Quadranten tragen wir eine Gleichung mit Steigung des Reallohns ab. So k¨onnen wir den Nominallohn aus dem Preisniveau ablesen. Der oben genannte Spillover Effekt ist graphisch nun sehr einfach nachvoll¨ ¨ ziehbar. Eine Anderung auf einem Markt hat sofortige Anderungen auf den anderen M¨ arkten zur Folge.
4.4 Vertiefung: Transitorische und permanente Schocks Durch die Vorstellung des o ¨konomischen Gleichgewichts als station¨ares Gleich¨ gewicht einer mehrperiodigen intertemporalen Okonomie, k¨onnen wir transi¨ torische und permanente exogene und nicht vorhergesehene Anderungen, sogenannte Schocks, untersuchen. Die einmalige Geldmengen¨anderung ∆ M zum Beispiel ist ein transitorischer Schock, der die Produktion und die Besch¨aftigung nur solange erh¨ oht, bis sich die Preise und die L¨ohne an das neue Niveau angepasst haben und der Reallohn wie zuvor ist. Die transitorischen realen Effekte der Geldmenge treten auf, da die Produzenten anf¨anglich glauben, der Reallohn sei gesunken. Gel¨ ange es jedoch dem Fisherschen Weihnachtsmann, die Produzenten in jeder Periode aufs Neue mit einer Geldmengenerh¨ohung ∆ M zu u urde ein neues permanentes Gleichgewicht auf ¨berraschen, so w¨
4.5 Fallstudie: Edelmetallimporte im 16. Jahrhundert
51
Y
6 w P
U
HH F H H HH H L
∗
L
Ys
H H
M P
H
?
H H
-P
HH H HH H
w
Abb. 4.2. Synthese des Geldmarktes mit dem Arbeits- und G¨ utermarkt
∗ ∗ ∗ ∗ h¨ oherem Niveau von C, Y, Ld , Ls resultieren. Leider gibt es dann auch eine permanente Preissteigerung, da die permanent hineinfliessende Geldmenge st¨ andig den Bestand des vorhandenen Geldes erh¨oht. Schliesslich ist klar, dass die Haushalte eine immer gleiche Geldmengenerh¨ohung ∆ M schnell antizipieren w¨ urden, sodass dieser Effekt rasch verpufft. Nur nicht vorhersehbare Geldmengenerh¨ ohungen k¨ onnen reale Effekte haben. Es resultiert dann eine Hyperinflation, was die Grenzen solch einer Politik klar macht. Abbildung 4.3 beschreibt den Unterschied zwischen einer, geldpolitisch verursachten, transi¨ torischen und einer permanenten Anderung auf dem Arbeitsmarkt: Durch die einmalige Geldmengenerh¨ ohung konsumieren die Haushalte mehr, was den Produzenten als zus¨ atzliche Gewinne zufliesst. Diese erh¨ohen die Arbeitsnachfrage auf Ld1 (A → B). Es entsteht ein Ungleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt, welches zu Reallohnerh¨ ohungen f¨ uhrt (B → C). Wenn sich die Geldmengenerh¨ ohung nicht wiederholt, sinkt die Arbeitsnachfrage wieder auf ihr urspr¨ ungliches Niveau (C → D) und der Prozess kehrt sich um (D → A). Falls die Arbeitsnachfrage permanent auf Ld1 verschoben werden kann, bleibt ¨ die Okonomie im Punkt C. Dies erfordert jedoch eine gallopierende Inflation. Eine analoge Darstellung dieses Zusammenhang ist die Phillipskurve, die wir weiter unten beschreiben.
4.5 Fallstudie: Edelmetallimporte im 16. Jahrhundert Folgender Exkurs ist inhaltlich Weimer (1992, Seite 99ff.) entnommen. Bis zu Beginn des 16. Jahrhunderts war der gesamte Geldbestand Europas noch ziemlich klein. F¨ ur das Jahr 1500 nehmen neuere Sch¨atzungen ein To-
52
4 Geld L
6 Ls
∗
L
0 HH H B HH H H H 6H jHC H H H HH HH H Ld1 A H H HYH HH H? HD HH H H Ld0 ∗ w P
w P
¨ Abb. 4.3. Anderung auf dem Arbeitsmarkt
talvolumen von 3’500 Tonnen Gold und 37’500 Tonnen Silber an. Erst danach ¨ nehmen die Gold- und Silberreserven durch die Entdeckungen in Ubersee und den verst¨ arkten Bergbau in Europa drastisch zu. Nach der Eroberung Mexikos durch Cortes (1521) gr¨ unden die spanischen Kolonialherren 1525 dort die erste amerikanische M¨ unzst¨atte. Aus den reichen Edelmetallvorkommen Mittel- und S¨ udamerikas kommt der Rohstoff f¨ ur die wohl wichtigste Weltm¨ unze aller Zeiten: der Peso oder Piaster – Vorbild des nordamerikanischen Dollars und f¨ ur Jahrhunderte wichtigste Welthandelsm¨ unze. Im Jahr 1543 muss die grosse Handelsmesse von Medina del Campo zum ersten Mal aus Geldmangel abgesagt werden. Die chronische Geldknappheit selbst im spanischen Edelmetalleldorado ist symptomatisch f¨ ur die fr¨ uhe Neuzeit. Das wirtschaftliche Wachstum vollzieht sich weitaus st¨arker als die Fortschritte der Geldwirtschaft. Ausserdem ist die Handelsbilanz Europas gegen¨ uber dem Nahen und Fernen Osten stark defizit¨ ar, so dass erhebliche Edelmetallreserven in diese Gebiete abfliessen. 1545 entdecken die spanischen Eroberer in S¨ udamerika das erste grosse Silbervorkommen. Der 700 Meter hohe Silberberg von San Luis Potosi im heutigen Bolivien wird in Europa zum Inbegriff unvorstellbaren Reichtums. Die Goldgr¨ abereuphorie um Potosi f¨ uhrt dazu, dass 1611 schon 160’000 Menschen (damals gr¨ osste Stadt Amerikas) in der unwirtlichen Gegend in u ¨ber 4000 Metern H¨ ohe leben. Mehrere zehntausend Eingeborene m¨ ussen als Arbeiter das Silber aus den Minen holen. In den Gebirgsketten Mexikos folgen alsbald weitere Silberfunde: Zacatecas (1546), Guanajuato (1548), Taxco (1549), Pachuca (1551), Durangi (1555) und Fresnillo (1569). Dadurch verdreifachen sich die europ¨ aischen Silbervorr¨ ate. Und dies war dann zuviel des Guten. Der grosse
4.6 Fallstudie: Lohn-Preis-Spirale der 1970er Jahre
53
Edelmetallzufluss verursacht in der Alten Welt die grosse Inflation des 16. Jahrhunderts.
4.6 Fallstudie: Lohn-Preis-Spirale der 1970er Jahre 2 ¨ In den 1970er Jahren kommt es wegen des Olpreisschocks und falschen Reaktionen der westlichen Regierungen zur sogenannten Lohn-Preis-Spirale. Dies k¨ onnen wir mit unserem Modell nun nachvollziehen:
Y
6
F0 HH
H HH
H H H Ha a H Ha Ha Ha Haa H H
HH F1 a a
L
¯ = L2L1 = L3 L
-P aa H HH aa Haa H a H a w0 HHa P1 H w 0 = P0 ?
w1 P1
w
Abb. 4.4. Lohn-Preis-Spirale
Zu Beginn, das heisst Anfangs der 1970er Jahre, befinden sich die westlichen Volkswirtschaften im klassischen Gleichgewicht mit der Produktionsfunktion F0 (vgl. Abbildung 4.4). Durch die Verknappung des Roh¨ols sinkt die Produkohne bleiben aber aus politischen Gr¨ unden tionsfunktion nach F1 . Die Reall¨ ¯ − L1 (Einkommenssicherung) konstant, was zu einer Arbeitslosigkeit von L 2
¨ Am 5. Oktober 1973 griffen Agypten und Syrien Israel an und er¨ offneten damit den Yom Kippur Krieg. Die Vereinigten Staaten und viele andere westliche Nationen unterst¨ utzten dabei Israel. Als Resultat dieser Unterst¨ utzung und der damit verbundenen Ver¨ argerung der arabischen Welt, beschnitten die erd¨ olexportierenden, arabischen L¨ ander die Exporte von Erd¨ ol an diejenigen Staaten, welche Israel unterst¨ utzten. Sie verminderten die Produktion um 5 Millionen Fass Roh¨ ol pro Tag, wobei wegen einer vergr¨ osserten Produktion der u ¨brigen Produzenten bis im M¨ arz 1974 ein reales Defizit von 4 Millionen Fass pro Tag entstand. Dies entsprach rund 7 Prozent der freien Weltproduktion. Durch diese massive Verknappung des ¨ wertvollen Rohstoffes stiegen die Olpreise innerhalb von nur 6 Monaten um 400 Prozent. Quelle: http://www.wtrg.com/prices.htm (Internet)
54
4 Geld
f¨ uhrt. Da gem¨ ass der Phillipskurvenlogik die Nominall¨ohne nicht so schnell steigen wie die Preise, k¨ onnte man meinen, durch eine Erh¨ohung der Geldmenge die Arbeitslosigkeit wieder zum Verschwinden zu bringen also wird M erh¨ oht, so dass: w1 w1 ¯ < ¯ = F1 L = F0 L P2 [M ] P1
(4.14)
¯ Ls − L
6
langfristig
kurzfristig
-P
Abb. 4.5. Phillipskurve
Die Logik der Phillipskurve ist, dass man mit h¨oherer Inflation niedrigere Arbeitslosigkeit erreichen kann. Dies wird damit begr¨ undet, dass bei starren Nominall¨ ohne eine Preiserh¨ ohung die Reall¨ ohne senken kann, wodurch nach klassischer Auffassung die Arbeitsnachfrage steigt. Leider hat sich gezeigt, dass die Weginflationierung der Arbeitslosigkeit sehr selten und nur kurzfristig m¨ oglich ist. Langfristig handelt man sich sowohl h¨ohere Preise als auch Arbeitslosigkeit ein, da die Nominall¨ ohne den Preisen folgen. Die Besch¨ aftigung steigt also wieder auf das alte Niveau, jedoch sinken dabei die Reall¨ ohne. Aus diesem Grund werden nun die Nominall¨ohne angehoben, w0 1 so dass wiederum die Reall¨ ohne konstant bleiben, also w P1 = P0 . Dies wiederum f¨ uhrt zu einer erneuten Verminderung der Besch¨aftigung L3 = L1 . Eine erneute Erh¨ ohung der Geldmenge bringt diese wieder auf das alte Niveau und der Teufelskreis beginnt wieder von vorne. Diese Politik f¨ uhrte zur sogenannten Lohn-Preis-Spirale. Die Inflation stieg, wie die Nominall¨ ohne stiegen. Erst in den 1980er Jahren traten die Zentralbanken durch eine restriktive Politik auf die Bremse. Die Folge war eine noch h¨ ohere Arbeitslosigkeit.
4.7 Keynesianische Sicht des Geldes: Vorsichtskasse
55
4.7 Keynesianische Sicht des Geldes: Vorsichtskasse Nach klassischer Sicht gilt das sogenannte Say’sche Gesetz nach dem sich jedes Angebot seine Nachfrage selbst schafft. Damit ist gemeint, dass es zu keiner gesamtwirtschaftlichen Nachfragel¨ ucke kommen kann, da immer gen¨ ugend Geld vorhanden ist, um die Produktion zu kaufen. Diese Behauptung kann man im bisherigen Modell auch einfach nachrechnen, egal, ob es Angebotsschranken gibt oder nicht. Setzt man die Gewinndefinition in die Budgetgleichung ein, so erh¨ alt man: P C = wL+Π = wL+P Y −wL = P Y
(4.15)
Die Einkommen, die nicht als Lohn ausgesch¨ uttet werden, erhalten die Konsumenten als Gewinne, sodass insgesamt immer genau soviel Geld zum Konsumieren vorhanden ist, wie die Produktion wert ist. Keynes (1936) zerschl¨ agt diesen Gordischen Knoten der klassischen Makrotheorie dadurch, dass er darauf hinweist, dass Geld von den Haushalten auch einfach festgehalten werden k¨ onnte. Dies ist vor allem in Zeiten grosser Verunsicherung (Massenarbeitslosigkeit, Krieg, Terror) so. Keynes spricht hier von der Vorsichtskasse. Wir bezeichnen die M¨ oglichkeit, Geld zu horten, mit H. In der Budgetgleichung haben wir dann neben den Konsumausgaben eine weitere Verwendungsm¨ oglichkeit f¨ ur das Einkommen. Die Budgetgleichung lautet neu in einer beliebigen Periode t: Pt Ct + ∆t H = wt Lst + Πt + ∆t M
(4.16)
Im station¨ aren Gleichgewicht f¨ allt analog zu ∆t M jede transitorische Erh¨ourlich macht hung der Realkasse ∆t H aus der Budgetgleichung heraus. Nat¨ es keinen Sinn, H nur in die Budgetgleichung zu schreiben, ohne gleichzeitig ein Motiv, H zu halten, einzuf¨ uhren. Deshalb kommen wir nun auf Patinkin’s zweiten Vorschlag zur¨ uck und schreiben Geldhaltung auch in die Nutzenfunktion, welche dann lautet: s H U C, L , (4.17) P Eine genauere Begr¨ undung der Geldhaltung in Form der Vorsichtskasse erfordert eigentlich, dass wir Unsicherheit in das Modell mit aufnehmen, gegen die die Konsumenten sich nicht direkt versichern k¨onnen. Solche Unsicherheit ist etwa der Verlust des Arbeitsplatzes oder die Gefahr von Kurseinbr¨ uchen auf Bond- oder Aktienm¨ arkten. Da die Nutzenfunktion ansonsten auch in realen Gr¨ossen geschrieben ist, notieren wir in ihr die Geldhaltung als Realkasse und nehmen an, dass der Nutzen steigend in der Realkasse ist. Die Geldnachfrage H schreiben wir zur einheitlichen Darstellung (wie zuvor den Kassenhaltungskoeffizienten) implizit mittels der nominalen Geldnachfrage M d . Wird M d gew¨ahlt, so ist wegen ¨ schon der H = M d − P C auch H festgelegt, da aus anderen Uberlegungen
56
4 Geld
Konsum C bestimmt ist. Dadurch, dass die Nutzenfunktion von der Realkasse abh¨ angt, haben wir (Implizit) Abwesenheit von Geldillusion angenommen. Andernfalls k¨ onnte schon eine Ver¨ anderung den nominalen Gr¨osse H die Grenzrate der Substitution zwischen den realen Gr¨ossen C und Ls beeinflussen, sodass eine Geldmengenerh¨ ohung allein aus diesem Grund reale Effekte haben kann. Falls Geld aber als Realkasse modelliert wird, gilt wieder die Neutralit¨ at des Geldes. Das heisst, falls sich zum Beispiel die Geldmenge verdoppelt, dann werden sich alle nominalen Gr¨ossen (inklusive H) verdoppeln, w¨ ahrend die realen Gr¨ ossen konstant bleiben. Dies sieht man aus der komparativen Statik des folgenden Gleichgewichtskonzeptes. Wieder sind die neuen Aspekte der Gleichgewichtsdefinition durch fett gedruckte Buchstaben hervorgehoben. Definition 4.2. Das ¨ okonomische Gleichgewicht mit Geld besteht aus Preisen ∗ ∗ P , L¨ ohnen w, sowie Arbeits- und G¨ uterangebotsentscheidungen ∗ ∗ ∗ ∗ und Arbeits-, ∗ G¨ uter- und Geldnachfrageentscheidungen Ls , Y s , Ld , C, H , so dass: • Gewinnmaximierung ∗ ∗ ∗ ∗ Ld , Y s = arg max Π = P Y s − w Ld
•
s.t. Y s ≤ F Ld (4.18)
Nutzenmaximierung ∗ ∗ s s H L , C, H = arg max U C, L , ∗ P ∗ ∗ ∗ s.t. P C ≤ w Ls + Π und
•
Marktr¨ aumung
∗
∗
Ys =C •
Geldkreislauf
∗
∗
und
∗
∗
P C + H ≤ M + ∆M ∗
∗
Ls = Ld
∗
Md = P C + H = M + ∆ M
(4.19)
(4.20) (4.21)
Diese Definition ist eine Variante des sogenannte MIU-Modells (MIU = money in the utility function) von Patinkin (1965) und in der Fortentwicklung von Sidrauski (1969). Komparativ statisch betrachtet gilt wieder: Falls ∗ ∗ ∗ ∗ ∗ ∗ ∗ P, w , Ls , Y s , Ld , C, H (4.22) ein ¨ okonomisches Gleichgewicht zur Geldmenge M vorher ist, dann ist ∗ ∗ ∗ ∗ ∗ ∗ ∗ (4.23) λ P, λ w , Ls , Y s , Ld , C, λ H ein ¨ okonomisches Gleichgewicht zur Geldmenge
4.7 Keynesianische Sicht des Geldes: Vorsichtskasse
57
M nachher = M vorher + ∆ M = λ M vorher Die Bedeutung der Vorsichtskasse liegt also nicht in der komparativ statischen Betrachtung einer Geldmengenerh¨ ohung. Sie ist vor allem wichtig f¨ ur die Analyse von Ver¨ anderungen des Sicherheitsgef¨ uhls, was eine komparative Statik bzgl. der Nutzenfunktion U ist. In Zeiten grosser Verunsicherung kann die Geldhaltung H steigen, wodurch dem Geldkreislauf Liquidit¨at entzogen wird. Schliesslich kann man aus ihr auch einen stabilisierenden Effekt gewinnen. Die ¨ Realkasse H P vermindert zwar im Vergleich zu einer Okonomie ohne Realkasse das absolute Niveau der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage, jedoch ist es in ¨ einer Okonomie mit Realkasse so, dass bei sinkenden Preisen (und ansonsten unver¨ andertem Vorsichtsmotiv) die Haushalte ihre Realkasse abbauen, was zu einer Erh¨ ohung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage f¨ uhrt. Die Realkasse wirkt also in Phasen der Rezession stabilisierend. Dieser stabilisierende Effekt ist der sogenannte Realkasseneffekt, den wir nun im Detail beschreiben. Realkassen-Effekt Patinkin (1972, Kapitel 9) entwickelte nach Vorarbeiten von Pigou (1943) den sogenannten Realkassen-Effekt (engl. real balance effect). Gem¨ass des Realkassen-Effekts besteht (vgl. Issing (1998, Seite 154–156)) eine Abh¨angigkeit zwischen den Ausgaben f¨ ur Konsumg¨ uter von der H¨ohe des Realverm¨ogens, zu welchem auch die reale Geldmenge z¨ahlt. Ausgel¨ost durch ein Sinken des Preisniveaus (bei gegebener nomineller Geldmenge) oder eine Erh¨ ohung der nominellen Geldmenge (bei zun¨achst unver¨andertem Preisniveau) l¨ ost ein Anstieg der realen Geldmenge nach Patinkin (1972, Kapitel 9) eine erh¨ ohte Nachfrage nach Konsumg¨ utern aus. In der Budgetgleichung ist dann ∆t H < 0, sodass Geld f¨ ur zus¨ atzlichen Konsum frei wird. Pt Ct + ∆t H = wt Lst + Πt
(4.24)
Das Geld, das in Periode t aus der sinkenden Geldhaltung in den Konsum fliessen kann, ist zwar nur ein transitorischer Effekt, jedoch k¨onnte der Realkas¨ seneffekt dennoch die Okonomie aus einem Unterbesch¨aftigungsgleichgewicht f¨ uhren. Dies w¨ are dann der Fall, wenn die einmalige Nachfrageerh¨ohung die Produzenten dazu verleitet, mehr Arbeiter einzustellen, sodass die Angebotsschranken der Haushalte und schliesslich auch die der Produzenten permanent erh¨ oht werden. Somit wirkt der Realkasseneffekt v¨ollig analog zu einer Geldmengenerh¨ ohung, worauf wir im n¨ achsten Abschnitt noch einmal genauer zu sprechen kommen. Der Chef¨ okonom der Europ¨aischen Zentralbank schreibt u ¨ber der Realkasseneffekt: Der Realkasseneffekt ist ein Verm¨ ogenseffekt, der auf der Ber¨ ucksichtigung des Geldes als Bestandteil des volkswirtschaftlichen Nettoverm¨ogens beruht. Er l¨ asst sich ferner auch auf den Fall eines steigenden Preisniveaus anwenden. Da der Preisanstieg den Realwert einer gegebenen nominellen Geldmenge reduziert, werden die privaten Wirtschaftssubjekte die Nachfrage auf allen anderen M¨ arkten, also bei Konsum- und Investitionsg¨ utern ebenso wie
58
4 Geld
bei Wertpapieren einschr¨ anken, um ihre reale Kassenhaltung wieder auf das gew¨ unschte Niveau zu bringen. (Issing, 1998, Seite 155) Um diese Gedanken etwas pr¨ aziser zu machen, wollen wir hier nun auch das Keynesianische Gleichgewichtskonzept um Geld erweitern. Dieses Gleichgewichtskonzept entsteht aus dem klassischen Gleichgewicht mit Geld durch Hinzuf¨ ugen der Angebotsschranken: Definition 4.3. Das Keynesianische Gleichgewicht mit Geld besteht aus Preisen P˜ , L¨ ohnen w, ˜ sowie Arbeits- und G¨ uterangebotsentscheidungen und Ar ˜ H ˜ und ˜ d , C, beits-, G¨ uter- und Geldnachfrageentscheidungen L˜s , Y˜ s , L ˆ Yˆ ], so dass: Angebotsschranken [L, • Gewinnmaximierung ˜ d , Y˜ s = arg max Π = P˜ Y s − w ˜ Ld L
s.t. Y s ≤ F Ld und
ˆ Ys ≤ Y
(4.25)
• Nutzenmaximierung
s ˜ d s H ˜ L , C, M = arg max U C, L , P˜ ˜ s.t. P˜ C ≤ w ˜ Ls + Π, P˜ C + H ≤ M + ∆ M
• •
sowie
ˆ (4.26) Ls ≤ L
Marktr¨ aumung Y˜ s = C˜
und
˜s = L ˜d L
(4.27)
Geldkreislauf ˜ = M + ∆M M d = P˜ C˜ + H
(4.28)
Man beachte, dass wir in dieser Definition das klassische Gleichgewicht wieder durch Einf¨ uhrung der Angebotsschranken erg¨ anzt haben. Wie zuvor sind diese Schranken in dieser Gleichgewichtsdefinition wieder exogen. Es gilt nat¨ urlich ˆ L ˆ eine Verdoppwieder das klassische Resultat, dass zu festen Schranken Y, lung der Geldmenge keine realen Effekte hat und lediglich eine Verdopplung der nominalen Gr¨ ossen bewirkt. Erinnert man sich aber daran, dass diese ¨ Definition ein station¨ ares Gleichgewicht einer Okonomie mit unendlich vielen Perioden beschreibt, so h¨ angt die Wirksamkeit von exogenen Massnahmen wie der Geldpolitik davon ab, in wieweit diese auf die Schranken einwirken k¨ onnen. Falls die Geldpolitik zum Beispiel bewirken kann, dass die Produzenten glauben, sie k¨ onnten permanent mehr G¨ uter verkaufen (Yˆ steigt), so ˆ steigt), was die Arbeitslowerden diese permanent mehr Arbeiter einstellen (L sigkeit senkt und die Nachfrage permanent erh¨oht. Ob Geldpolitik erfolgreich ist, liegt also daran, ob die Produzenten die einmalige Nachfrageerh¨ohung, die die Geldpolitik bewirkt, f¨ ur permanent halten. Dies w¨are zum Beispiel der Fall, wenn die Anbieter statische Erwartungen haben und somit die Nachfrage der Vorperiode als Angebotsschranke dieser Periode ansehen. Somit ist Nachfragepolitik wirksam, solange es Angebotsrationierung gibt.
4.8 Geld als Wertaufbewahrungsmittel im OLG-Modell
59
4.8 Geld als Wertaufbewahrungsmittel im OLG-Modell Das Modell, das diesem Buch zu Grunde liegt, basiert auf der Vorstellung eines unendlichen Horizontes, damit Geldhalten in jeder Periode aus der L¨osung der Maximierungsprobleme der Haushalte und der Produzenten folgt. Leider ist es aber f¨ ur die meisten Studenten etwas ungewohnt Maximierungsprobleme mit unendlichem Horizont zu betrachten. Diese technische Schwierigkeit ¨ ist der Hauptgrund, warum viele Lehrb¨ ucher deshalb das Modell Uberlappender Generationen (engl. overlapping generations model kurz OLG-Modell) zur Grundlage nehmen. In diesem Modell l¨ osen die Produzenten und die Konsumenten jeweils nur Maximierungsprobleme u ¨ber zwei Perioden. Das Modell hat dennoch einen unendlichen Horizont, da sich die Entscheidungshorizonte u ¨berlappen. Es herrscht in diesem Modell die Vorstellung, dass es zu jedem Zeitpunkt t junge und alte Konsumenten gibt. Die alte Generation kann nicht mehr arbeiten, und muss von ihren Ersparnissen leben. Im einfachsten Modell kann nur mittels Geldhaltung, H, gespart werden. F¨ ur die alte Generation gilt also: O Pt CtO = Ht−1
Wobei der Index O f¨ ur die alte Generation (old generation) steht. F¨ ur die junge Generation verwenden wir den Index Y (young generation). Die junge Generation antizipiert ihre Situation im Alter und sorgt deshalb durch Geldhaltung f¨ ur das Alter vor. Es ist HtY die Geldhaltung der in t jungen Generation. Da die jeweils junge Generation ihre Geldhaltung von null aufbauen muss, ist in den Symbolen von zuvor ∆t H = Ht . Diese Geldhaltung finanziert die junge Generation aus Arbeits- und Gewinneinkommen. Ebenso wird mit diesem Einkommen der Konsum der jungen Generation finanziert, so dass deren Budgetgleichung in t wie folgt aussieht: Pt CtY + HtY = wt Lst + Πt Die junge Generation bestimmt den f¨ ur sie optimalen Konsum, die optimale Geldhaltung sowie das optimale Arbeitsangebot aus folgendem Maximierungskalk¨ ul: Y max U CtY , Lst , Ct+1 s.t.
Pt CtY + HtY = wt Lst + Πt
sowie
Y Ct+1 =
HtY Pt+1
Somit k¨ onnen wir ebensogut sagen, die junge Generation l¨ose das Maximierungsproblem
60
4 Geld
Y Y s Ht Y := U CtY , Lst , Ct+1 max U Ct , Lt , Pt+1 s.t.
Pt CtY + HtY = wt Lst + Πt
In einem station¨ aren Gleichgewicht ist schliesslich Pt+1 = Pt . Also kann Geld in der Nutzenfunktion auch durch diese intertemporale Sichtweise begr¨ undet werden. In dem Geld in der Nutzenfunktion spiegelt sich der Nutzen aus dem zuk¨ unftigen Konsum. Die folgende Gleichgewichtsdefinition fasst diese ¨ Uberlegungen zusammen. Man beachte, dass die Jungen in t die Alten in t + 1 sind, das heisst HtY ist die Geldhaltung der Jungen in t, w¨ ahrend HtO das Geldangebot der Alten in Y t ist, was Ht−1 entspricht. ¨ Definition 4.4. Ein ¨ okonomisches Gleichgewicht im Modell Uberlappender ∗ ∗ ∗ Generationen besteht aus einer Sequenz von Entscheidungen Yts , Ldt , CtO , ∗ ∗ ∗ ∗ ∗ CtY , HtY , Lst sowie einem Preis-, Lohnpfad Pt , wt , t = 1, 2, . . . so dass • Gewinnmaximierung ∗ ∗ ∗ ∗ Yts , Ldt = arg max Πt = Pt Yts − wt Ldt s.t. •
Yts ≤ F Ldt
Nutzenmaximierung Y ∗ ∗ ∗ HY CtY , HtY , Lst = arg max U CtY , Lst , t Pt+1 s.t. O ∗
CtO =
Y Ht−1 ∗
Pt
• Marktr¨ aumung ∗
∗
∗
∗
Lst = Ldt Yts = CtY + CtO ∗
Y HtY = Ht−1
• Startbedingung
H1O = M
∗
∗
∗
Pt CtY + HtY = wt Lst + Πt
4.8 Geld als Wertaufbewahrungsmittel im OLG-Modell
61
¨ In diesem einfachen Modell der Uberlappenden Generationen ist Geldhaltung ¨ sozial gesehen ein Segen f¨ ur die Okonomie. Ohne Geldhaltung k¨onnte die jeweils alte Generation nichts konsumieren. Geld u ¨bernimmt hier also die Rolle eines Rentenversicherungssystems. Diese Funktion des Geldes kann aber besser durch Wertschriften oder Aktien u ¨bernommen werden. In der Tat kann man zeigen, dass kein Konsument Geld als Wertaufbewahrungsmittel halten m¨ochte, wenn er auf Bonds eine sichere Verzinsung oder auf Aktien einen Return verdient, die das Risiko mehr als ausgleicht. Letzteres ist als das sogenannte Equity Premium Puzzle bekannt, wonach langfristig der Return auf Aktien sehr hoch verglichen mit deren Risiko ist. Da Frank Hahn (1965) auf die Schwierigkeit, Geld als Wertaufbewahrungsmittel in Konkurrenz mit Aktien und Bonds zuerst hingewiesen hat nennt man dieses Problem nun das HahnProblem. Man m¨ usste also in OLG-Modellen mit Kapital und Aktienmarkt zum Beispiel wieder die cash-in-advance constraint einf¨ uhren, so dass Geld zumindest als Transaktionsmittel noch Sinn macht. Schliesslich ist es aber auch sehr unrealistisch, in der Modellierung der Geldhaltung Zeitperioden in der L¨ ange von Generationen zu benutzen, sodass wir aus ¨okonomischer Sicht das OLG-Modell als Grundlage der Geldtheorie f¨ ur eher ungeeignet halten und in diesem Buch nicht weiter verfolgen.
62
4 Geld
¨ 4.9 Ubungen 4.1 Was sind u ¨blicherweise die drei Funktionen des Geldes? 4.2 Was sind Strom-, und was sind Bestandsgr¨ossen? 4.3 Erf¨ ullen die folgenden Gegenst¨ ande die drei Funktionen des Geldes? • Banknote • Kreditkarte • Bahnbillett • Gem¨ alde von van Gogh • Goldm¨ unze • Aktie • Obligation 4.4 Beschreiben Sie ein einfaches klassisches Gleichgewicht mit Geldkreislauf. Wodurch unterscheidet sich die Quantit¨atsgleichung von der Cambridgegleichung? 4.5 Formulieren Sie die Patinkinkritik und m¨ ogliche Ans¨atze zur Integration seiner Kritik in die Theorie! 4.6 Diskutieren Sie eine Geldmengensenkung in einem klassischen Modell mit Geld in der Budgetrestriktion. Erl¨ autern Sie den Transmissionsmechanismus. 4.7 Was ist die Vorsichtskasse? 4.8 Was ist der Realkasseneffekt? 4.9 Eine Volkswirtschaft befindet sich im klassischen Gleichgewicht. Es kommt zu einem exogenen R¨ uckgang der Produktivit¨at. Was geschieht, ¨ wenn die Reall¨ ohne nach unten starr sind? Nach welcher Uberlegung kann die Nationalbank korrigierend eingreifen um dies zu verhindern? Was erwarten Sie als Reaktion der Arbeitnehmervertretungen? Stellen Sie diese Entwicklung graphisch dar. 4.10 Erweitern Sie unser bisheriges Modell um die M¨oglichkeit des Geldhortens. Weshalb steht in der Nutzenfunktion der reale Wert des gehorteten Geldes? Gibt es Unterschiede zur klassischen Geldhaltung ausgehend von einer Geldmengenerh¨ ohung? Welche Bedeutung hat die Vorsichtskasse? 4.11 Was sagt das Say’sche Gesetz ? Erkl¨ aren Sie anhand des Say’schen Gesetzes, weshalb keine Nachfragel¨ ucken auftreten k¨onnen. 4.12 Weshalb kann gem¨ ass dem Realkasseneffekt eine Deflation zu einer Erh¨ ohung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage f¨ uhren? 4.13 Wie lautet das Nutzenmaximierungskalk¨ ul eines Haushaltes in einer ¨ Okonomie mit Geld? 4.14 Was sind die Geldmengenkonzepte der SNB? Hinsichtlich welchem Kriterium unterscheiden Sie sich? Warum kann das Sinn machen? ¨ 4.15 Definieren Sie ein Gleichgewicht in einer Okonomie mit Geld! 4.16 Erkl¨ aren Sie die Phillipskurve! Welche Politikmassnahmen impliziert die Phillipskurve in einer Situation von Arbeitslosigkeit? 4.17 Beschreiben Sie die Lohn-Preis-Spirale!
¨ 4.9 Ubungen
63
4.18 Was ist Geldillusion? K¨ onnten Sie diese psychologisch begr¨ unden? ¯ Die Nutzenfunktion sei 4.19 Sei das Arbeitsangebot exogen und fix L. U [Ct , Ct+1 ] = α log Ct + (1 − α) log Ct−1 . √ Die Produktionsfunktion sei F [L] = L. Berechnen Sie das station¨are Gleichgewicht des OLG-Modells zur Geldmenge M .
5 Kapitalmarkt
Im folgenden Kapitel geht es darum, den vierten Markt, den Kapitalmarkt, einzuf¨ uhren. Da mit Kapital verbundene Entscheidungen (Sparen, Investieren) immer auf die Zukunft bezogen sind, m¨ ussen wir nun ein echt intertemporales Modell entwickeln, in welchem die Entscheidungen einer Periode die Aktionsm¨ oglichkeiten in einer anderen Periode beeinflussen.1 Der reale G¨ uterkreislauf wird um den Transfer von Schuldverschreibungen, Bonds, erweitert. Die Firmen geben Bonds an die Haushalte, welche als Gegenleistung Kapital an die Firmen geben. In der darauf folgenden Periode geben die Firmen das Kapital verzinst zur¨ uck und die Haushalte retournieren die Bonds. M¨ochten die Firmen abermals Kapital leihen, so wiederholt sich diese Geschichte. Obwohl die Bonds also im Prinzip jeweils zun¨ achst nur f¨ ur einen Zeitraum gedacht sind, kann man durch Verkn¨ upfen vieler solcher kurzlebiger Bonds auch langfristig Kapital ausleihen. In diesem Kapitel werden wir Geld noch einmal ausser Betracht lassen. Kapitel 6 integriert dann Geld und Kapitalmarkt.
Ls S
Haushalte
6
1
-
C
-
Ld
w
i
P
? I
-
Firmen
Ys−I
Genau betrachtet war dies in Kapitel 4 auch schon so. Man tr¨ agt dort Geld von einer Periode in die n¨ achste. Nur spielte die Geldhaltung keine grosse Rolle in station¨ aren Gleichgewichten.
66
5 Kapitalmarkt
5.1 Klassische Sicht In diesem Modell haben die Haushalte die M¨ oglichkeit, den Firmen Kapital in Form von Darlehen (Bonds) zur Verf¨ ugung zu stellen. Dazu ist es notwendig eine intertemporale Optimierung u ¨ber zumindest zwei Perioden t und t + 1 explizit einzuf¨ uhren. Dieser Austausch von Darlehen geschieht u ¨ber den Kapitalmarkt. Dort bildet sich aufgrund von Angebot B s und Nachfrage B d der Nominalzinssatz i, zu welchem die Bonds gehandelt werden. 5.1.1 Haushalte ¨ Die folgenden Uberlegungen finden sich heute in jedem makro¨okonomischen Lehrbuch. Unseres Wissens nach war (Patinkin, 1965, Seite 110/1) der erste, der diese in die Makro¨ okonomie eingef¨ uhrt hat. Es geht darum, zu analysieren, auf welche Art und Weise die Haushalte u ¨ber zwei Zeitr¨aume ihr erwartetes s Einkommen (Pt Yts , Pt+1 Yt+1 ) optimal zwischen gegenw¨artigem und zuk¨ unftigem Konsum aufteilen2 . Um die Budgetgerade herzuleiten, ist die Vorstellung der folgenden beiden Extremf¨ alle sinnvoll: Das gesamte Verm¨ogen W wird in der Gegenwart konsumiert oder das gesamte Verm¨ogen W wird in der Zukunft konsumiert. 1 s s (5.1) Pt+1 Yt+1 W = Pt Yt + 1 + it In Abbildung 5.1 sind diese Extremf¨ alle durch die Punkte F und H repr¨asentiert. Wenn die Individuen hingegen ihren gesamten Konsum in der Zukunft (Zeitraum t + 1) t¨ atigen wollen, so werden sie ihr gegenw¨artiges Einkommen zum Kauf von verzinsten Darlehen verwenden und dadurch in der Lage sein, im n¨achsten Zeitraum (1 + it ) W zu konsumieren. Die Linie HF , deren Gleichung 1 (5.2) Pt Ct + Pt+1 Ct+1 = W 1 + it ist, zeigt die intertemporale Budgetgerade der Individuen u ¨ber diesen Horizont. Es sei hier bemerkt, dass diese Gerade durch den Punkt A gehen muss, da die Individuen immer eine Verm¨ ogensverwendung ausw¨ahlen k¨onnen, bei der sie in der Gegenwart genau ihr Einkommen der Gegenwart und in der 2
Es gibt zwar unendlich viele Perioden, aber eine Folge von Aktionen ist nur dann die L¨ osung eines intertemporalen Optimierungsproblem, wenn es nicht m¨ oglich ¨ ist, diese durch Anderung der Aktionen in zwei aufeinander folgenden Perioden zu verbessern. In station¨ aren Gleichgewichten ist im Allgemeinen auch die Optimalit¨ at der Aktionen f¨ ur je zwei aufeinander folgende Perioden sogar hinreichend f¨ ur die L¨ osung des intertemporalen Problems u ¨ber unendlich viele Perioden. Diese ¨ Uberlegung ist das sogenannte Bellmanprinzip der dynamischen Optimierung.
5.1 Klassische Sicht
67
Pt+1 Ct+1 H
6 Z Z Z
Z Z
AZ
Z Z ZV Z Z
Z Z Z Z
Pt Yt
Z Z
F
- Pt Ct
Abb. 5.1. Konsumentscheidung der Haushalte
Zukunft genau ihr Einkommen der Zukunft ausgeben. Die Steigung der Budgetgeraden ist (−1) (1 + it ) . Wie u unftigem Nut¨blich ist die optimale Kombination von heutigem und zuk¨ zen durch den Ber¨ uhrungspunkt V zwischen der h¨ochsten Indifferenzkurve, die noch mit der Budgetgeraden vertr¨ aglich ist, und der Budgetgerade repr¨ asentiert. Sie ist analytisch durch die folgende Grenzbedingung beschrieben: Die Grenzrate der Substitution (engl. marginal rate of substitution = MRS) ur Pt+1 Ct+1 ist gleich dem Grenznutzenverh¨altnis an der Stelle von Pt Ct f¨ [Pt Ct , Pt+1 Ct+1 ]. Sie gibt an, in welchem Verh¨altnis die Individuen bereit w¨ aren, Ausgaben f¨ ur Konsum heute gegen Ausgaben f¨ ur Konsum von morgen auszutauschen. Im optimalen Punkt ist diese gleich (1 + it ): = M RS nominal t,t+1
∂(Pt Ct ) Vt [Pt Ct , Pt+1 Ct+1 ] = 1 + it ∂(Pt+1 Ct+1 ) Vt+1 [Pt Ct , Pt+1 Ct+1 ]
(5.3)
wobei Vt die indirekte Nutzenfunktion ist. Vt [Pt Ct , Pt+1 Ct+1 ] gibt also an, wie gross der Nutzen in Periode t ist, falls die Ausgaben [Pt Ct , Pt+1 Ct+1 ] sind. Zins Unter dem Zins versteht man den Preis, den der Schuldner f¨ ur die zeitwei¨ se Uberlassung eines Darlehens an den Gl¨ aubiger zu zahlen hat; wird das Darlehen in Geld gegeben, wie dies in der Geldwirtschaft der Normalfall ist, ist der Zins also nichts anderes als der Preis f¨ ur die Inanspruchnahme von Kredit. (Issing, 1998, Seite 97) Mit steigendem Zins gibt es in der Regel mehr Sparen, das heisst Pt Yt − Pt Ct steigt.
68
5 Kapitalmarkt
Es gibt zwei Auspr¨ agungen des Zinses: nominaler Zins und realer Zins. Unter dem nominalen Zins i versteht man den Prozentsatz, mit dem man den Nominalbetrag des verliehenen Geldes multiplizieren muss, um den Nominalbetrag des Geldes zu erhalten, den man zus¨ atzlich zum verliehenen Geld zur¨ uck bekommt. Unter dem realen Zins r versteht man den Prozentsatz, mit dem man den realen Konsum, den man sich f¨ ur das verliehene Geld h¨atte leisten k¨onnen, multiplizieren muss, um den zus¨ atzlichen realen Konsum zu erhalten. Um das Verh¨ altnis zwischen realem und nominalem Zinssatz aufzuzeigen, berechnen wir die reale Grenzrate der Substitution, also das Austauschverh¨altnis von Konsum heute gegen Konsum morgen:
real = M RSt,t+1
∂Ct Vt [Pt Ct , Pt+1 Ct+1 ] ∂Ct Ut [Ct , Ct+1 ] = ∂Ct+1 Ut+1 [Ct , Ct+1 ] ∂Ct+1 Vt+1 [Pt Ct , Pt+1 Ct+1 ] Pt Pt nominal = M RSt,t+1 = (1 + it ) = (1 + rt ) Pt+1 Pt+1
(5.4)
In der Gleichung (5.4) haben wir somit das Verh¨altnis zwischen Real- und Nominalzins gezeigt: der Realzins ist gleich dem um die Teuerung (oder auch Inflation) bereinigte Nominalzins. Sparentscheidung der Haushalte S [r] Das oben vorgestellte Modell zeigt, dass die Haushalte in einem System, das sich u ¨ber mehrere Perioden erstreckt, neu die M¨oglichkeiten haben, Einkommen zu sparen. ∗ ∗ ∗ ∗ Bei gegebenen Preisen Pt , Zinsen it , L¨ ohnen w und Gewinnen Πt und bei ∗ ∗ ∗ erwarteten Preisen Pt+1 , L¨ ohnen wt+1 und Gewinnen Πt+1 maximieren die Haushalte ihren Nutzen durch die Wahl von heute realisierten Ct , Lst , Btd und f¨ ur morgen geplanten Ct+1 , Lst+1 , wie folgt: max U [Ct , Lst ] + β U Ct+1 , Lst+1 ∗
∗
∗
s.t. Pt Ct + Btd = wt Lst + Πt ∗ ∗ ∗ ∗ s.t. Pt+1 Ct+1 = 1 + it Btd + wt+1 Lst+1 + Πt+1
(5.5)
In Worten bedeuten diese Gleichungen, dass die Haushalte ihren Nutzen aus dem gegenw¨ artigen Konsum plus dem erwarteten Nutzen aus dem zuk¨ unftigen Konsum maximieren. Dabei wird zuk¨ unftiger Konsum mit der Zeitpr¨aferenz, β, abdiskontiert. Schliesslich sind die Nebenbedingungen zu beachten, n¨amlich dass die in beiden Perioden get¨ atigten Ausgaben (Konsumausgaben plus die neu get¨ atigten Ersparnisse in Form von Darlehen) gleich den in beiden Perioden erwirtschafteten Gewinnen der Firmen sind.
5.1 Klassische Sicht
69
Die Sparentscheidung h¨ angt wesentlich vom realen Zinssatz r ab. Bei hohem Realzins werden die Haushalte mehr Kapital in Bonds anlegen und somit ihren gegenw¨ artigen Konsum beschr¨ anken. Umgekehrt wird bei tiefen Realzinsen der Konsum in der Gegenwart zuungunsten des zuk¨ unftigen Konsums ausgeweitet. Durch die Elimination der Bondnachfrage B d und aufgrund der Gewinndefinition kann man die beiden Budgetgleichungen in einer intertemporalen Budgetgleichung zusammenfassen: ∗
Pt Ct +
1
∗
∗
1 + it
∗
Pt+1 Ct+1 = Pt Yt +
1
∗
∗
1 + it
Pt+1 Yt+1
(5.6)
Somit ist eine notwendige Bedingung zur L¨ osung von (5.5) ∗ ∗ ∂Ct U [Ct , Lst ] Pt ∗ 1 + it = (1 + rt ) = ∗ s β ∂Ct+1 U Ct+1 , Lt+1 Pt+1 ∗
∗
(5.7)
∗
In der obigen Darstellung ist also Wt = Pt Yt = wt Lst + Πt und Wt+1 = ∗ Pt+1 Yt+1 = wt+1 Lst+1 + Πt+1 . 5.1.2 Firmen Produktionsfunktion Die Produktionsfunktion F der Firmen ist neu nicht nur abh¨angig von der Arbeitsnachfrage Ld , sondern auch vom Kapital K. Man geht von denselben Voraussetzungen aus, wie sie bereits auf der Seite 16 beschrieben wurden. Zus¨ atzlich nimmt man nun an, dass • f¨ ur alle L, K gelten muss: F [0, K] = F [L, 0] = 0 • die Produktionsfunktion auch in K positive, aber abnehmende Grenzer2 F [L, K] < 0) tr¨ age hat. (∂K F [L, K] > 0, ∂K 2 2 2 • ∂K F [L, K] · ∂L F [L, K] > (∂L ∂K F [L, K]) (Konkavit¨at) Wir haben also eine zweidimensionale Produktionsfunktion, wie in Abbildung 5.2 dargestellt. Investitionsentscheidung der Firmen I [r] Die Firmen planen, ¨ ahnlich wie die Haushalte, f¨ ur je zwei Perioden. Sie haben die M¨ oglichkeit, durch die H¨ ohe der Investitionen intertemporal zu substituieren. s Die Firmen maximieren durch die Wahl von Yts , Yt+1 , Ldt , Ldt+1 , Bts , It ihren Gewinn (Net-Present-Value, abgek¨ urzt NPV) wie folgt:
70
5 Kapitalmarkt
Y
K
L
Abb. 5.2. Produktionsfunktion F [L, K] der Firmen
max Πt +
1 ∗
∗
∗
Πt+1 = Pt (Yts − It ) − wt Ldt + Bts
1 + it ∗ 1 ∗ ∗ + Pt+1 Yt+1 − wt+1 Ldt+1 − 1 + it Bts ∗ 1 + it s.t. Yts = F Ldt , Kt s und Yt+1 = F Ldt+1 , (1 − κ) Kt + It (5.8)
Das heisst, die Firmen maximieren ihren Gewinn von heute plus den abdiskontierten Gewinn in der n¨ achsten Periode unter den Nebenbedingungen, dass die Produktion gleich dem G¨ uterangebot in der jeweiligen Periode ist. Man beachte, dass aufgrund der Nutzenmaximierung der Konsumenten die Grenzrate der Intertemporalen Substitution gleich dem Realzins ist (vgl. die Gleichung (5.7)). Somit bedeutet maximieren des NPV auch, dass die Produzenten den Konsumenten den gr¨ ossten Nutzen erm¨ oglichen, d.h. der Shareholder Value wird durch das NPV-Kriterium maximiert. Investieren funktioniert so: Man kauft heute auf dem G¨ utermarkt Investitionsg¨ uter It , welche morgen den Kapitalstock auf (1 − κ) Kt + It erh¨ohen, wobei κ die Abschreibungsrate auf dem Kapitalstock ist. Ohne Beschr¨ankung der
5.1 Klassische Sicht
71
∗
Allgemeinheit werden die Investitionen voll fremdfinanziert3 , d.h. Pt It = Bts , was in t + 1 verzinst zur¨ uckgezahlt werden muss. Als notwendige Bedingung f¨ ur die L¨ osung von (5.8) erhalten wir: ∗ ∗ Pt+1 ∂F Ldt+1 , (1 − κ) Kt + It =0 (5.9) −Pt + ∗ ∂It 1+i oder ∗ ∗ ∂F Ldt+1 , (1 − κ) Kt + It Pt ∗ 1 + it = (1 + rt ) = ∗ ∂It Pt+1
(5.10)
Gleichung (5.10) zeigt also, dass eine Ver¨ anderung der realen Zinsen (1 + rt ) eine Ver¨ anderung der Investitionen verursacht. Das heisst, die Firmen werden ihre Investitionsentscheidung nach den Realzinsen richten. Wenn diese tief sind, wird mehr investiert, als wenn die Realzinsen hoch sind. Dies ist auch in Abbildung 5.3 dargestellt. Bei hohen Zinsen, also einer steilen Tangente an die Produktionsfunktion, wird wenig Kapital verwendet (d.h. es wird nicht in Kapital investiert). Umgekehrt wird bei tiefen Zinsen sehr kapitalintensiv produziert. Y
6 (1 + r)
F
-K Abb. 5.3. Produktionsfunktion der Firmen bei festem Arbeitsangebot
72
5 Kapitalmarkt
Ls
Haushalte
6
B
d
C
w
s B i P
Ld
? Firmen Ys
Kapitalmarkt-Gleichgewicht Aus klassischer Sicht investieren die Haushalte all ihr gespartes Geld in Bonds, mit denen die Firmen ihre Investitionen t¨atigen. Auf dem Kapitalmarkt herrscht also folgendes Gleichgewicht: Pt It [rt ] = Bts [rt ] = Btd [rt ] = Pt St [rt ]
(5.11)
Man beachte, dass I und S reale Gr¨ ossen sind, w¨ahrend B und B nominale Gr¨ ossen sind. Schliesslich ist wichtig festzuhalten, dass nach der klassischen angt. Jedoch ist Y s nicht exogen, Sicht das Sparen vom Einkommen Y s abh¨ sondern es wird selbst durch Wahl des Arbeitsangebots endogen bestimmt. Letztlich ist damit nach klassischer Auffassung das Sparen von den relativen Preisen, also von Pt , Pt+1 , wt , wt+1 sowie von rt abh¨angig. Da wir auf dem Kapitalmarkt nicht so sehr den G¨ uter- und den Arbeitsmarkt im Blick haben, halten wir Pt , Pt+1 , wt , wt+1 fest und schreiben diese Variablen nicht explizit in die Sparfunktion. s
d
5.2 Keynesianische Sicht Die Kritik, welche die Keynesianer gegen das klassische Modell vorbringen, ist die Annahme von vollkommen flexiblen Arbeits- und G¨ uterm¨arkten. Wie wir bereits im Abschnitt 3.2 auf der Seite 27ff. gesehen haben, nehmen die ˆ Yˆ unKeynesianer an, dass diese beiden M¨ arkte den Angebotsschranken L, terliegen. Die Haushalte maximieren ihren Nutzen wie in Gleichung (5.5). Neu ist jedoch ∗ ∗ ∗ ˆ t +Πt = Pt Y wegen der obigen Annahmen exogen gegeben und kann nicht wt L durch Wahl von Lst gesteuert werden. Die Bestimmungsgr¨osse des Sparens ist also neu nicht mehr nur der Realzins r, sondern vor allem der Output Y , wobei 3
Dies besagt ein ber¨ uhmtes Theorem des Corporate Finance (das ModiglianiMiller-Theorem): Die Finanzierungsform ist irrelevant f¨ ur den Wert der Firma.
5.2 Keynesianische Sicht
73
im folgenden Y sowohl f¨ ur den Produktionsplan Y s sowie f¨ ur die gesamtwirt¨ schaftliche Nachfrage geschrieben wird. Aus den nun folgenden Uberlegungen ergibt sich eine notwendige Bedingung f¨ ur die gesamtwirtschaftliche Nachfrage. Zusammen mit dem aus der Produktionsfunktion abgeleiteten Angebot Y s ergibt sich schliesslich das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht. Die extreme keynesianische Position besagt, dass Sparen nur vom verf¨ ugbaren Einkommen Y abh¨ angt, denn die Sparfunktion S [Y ] ist die Kehrseite der Konsumfunktion C [Y ]. S [Y ] = Y − C [Y ]
(5.12)
Bei den Investitionen sieht es ¨ ahnlich aus. Nach Meinung der Keynesianer h¨ angen diese wegen der Angebotsrationierung Yˆ viel wesentlicher von Y (als exogener Variablen), als von r ab. Y = C [Y ] + I [Y ]
(5.13)
In der einfachsten Variante des Keynesianismus ist sogar I [Y ] = I exogen. Graphisch dargestellt erhalten wir das sogenannte Keynes cross: Yd
6 Ys =Yd
s C [Y ] + I
- Ys
Abb. 5.4. Keynes cross
Die 45◦ -Gerade repr¨ asentiert die Forderung, dass die nachgefragte Menge Y gleich der produzierten Menge Y ist. Der G¨ utermarkt w¨are also ger¨aumt, und wegen der Budgetidentit¨ at (5.12) ist auch der Kapitalmarkt im Gleichgewicht. Die zweite Gerade stellt die Gleichung (5.13) dar.
74
5 Kapitalmarkt
5.2.1 Multiplikatoren Investitionen Es stellt sich nun die Frage, wie sich eine Ver¨ anderung der exogenen Variablen I auf Y auswirkt. Dazu berechnen wir das totale Differential von Gleichung (5.13) unter der Annahme exogener Investitionen I [Y ] = I: 1 dY = C [Y ] dY + 1 dI dY 1 = dI 1 − C [Y ]
(5.14) (5.15)
Falls I steigt, wird im neuen station¨ aren Gleichgewicht auch Y steigen, wobei Y pro Einheit I um 1−C1 [Y ] Einheiten steigt. Staatsausgaben Neben den beiden bisherigen Akteuren auf den M¨arkten, den Firmen und den Haushalten, gibt es noch weitere. Einer davon ist der Staat. Er tritt wie die Haushalte als Konsument auf. Sein Konsum, die Staatsausgaben G, wird durch Steuern τ finanziert, die den Haushalten (und nicht den Firmen) belastet werden. Y wird in diesem Fall wiefolgt definiert: Y = C [Y − τ ] + G
(5.16)
¨ Um die totale Ver¨ anderung von Y bei einer Anderung der Staatsausgaben zu ermitteln, berechnen wir das totale Differential: dY = C [Y − τ ] dY − C [Y − τ ] dτ + dG
(5.17)
Nimmt man an, dass die Staatsausgaben vollumf¨anglich durch die Steuereinnahmen gedeckt sind, so gilt dτ = dG und es ergibt sich folgende Gleichung: dY dY 1 − C [Y − τ ] = = =1 dG dτ 1 − C [Y − τ ]
(5.18)
T. Haavelmo stiess zum ersten Mal auf dieses merkw¨ urdige Ergebnis.4 Das sogenannte Haavelmo-Theorem besagt also, dass Ver¨anderungen der Staatsausgaben exakt gleiche Ver¨ anderungen von Y zur Folge haben, unter der Voraussetzung, dass die Staatsausgaben vollst¨ andig durch Steuerbetr¨age gedeckt sind, also ein ausgeglichenes Budget besteht. In einem solchen Fall kann man also zum Beispiel durch blosse Erh¨ohung von G eine gleich grosse Erh¨ ohung von Y herbeif¨ uhren. Die Intuition ist, dass der Staat die eingenommenen Steuern vollumf¨ anglich ausgibt, w¨ ahrend die Haushalte mit diesem Geld auch noch gespart h¨ atten. 4
Nachzulesen in Haavelmo (1978).
5.2 Keynesianische Sicht
75
5.2.2 Fallstudie: Die grosse Depression der 1930er Jahre Anfang der 1930er Jahre f¨ allt die Weltwirtschaft erstmals in eine grosse Depression. Keynes (1963, Seite 135ff.) schreibt, dass in den drei f¨ uhrenden Industriestaaten (USA, UK und D) zehn Millionen Arbeiter ohne Besch¨aftigung sind. In den Rohstoffgebieten werden fast alle wichtigen Erzeugnisse aus dem Bergbau und der Landwirtschaft zu Preisen verkauft, welche die Produktionskosten vieler oder der meisten Produzenten nicht decken. Im Jahr 1930 gibt es einen bis anhin nie gesehenen Preissturz. In der Volkswirtschaft sind – wie im keynesianischen Modell – Angebote auf beiden M¨ arkten rationiert. In Abbildung 5.5 wird dies auf der linken Seite wie in Kapitel 3 dargestellt. C
6
L
PP ↑ P ↑ PP P PP PP PP PP PP PP P ∗
L
˜ L
45◦
- Ys
Abb. 5.5. Grosse Depression
Eine m¨ ogliche L¨ osung dieses Problems w¨ are es, die Investitionen (auf der rechten Seite im Keynes cross dargestellt) so weit anzuheben, bis auf der linken Seite die Produktion steigt und es keine Arbeitslosigkeit mehr gibt, sprich bis es zum Walrasianischen Gleichgewicht kommt. Da in der Realit¨at die Unternehmer nicht von sich aus Investitionen t¨atigen werden (wie wir bereits fr¨ uher gezeigt haben), sollen diese nach keynesianischer Vorstellung durch den Staat mittels Staatsausgaben get¨ atigt werden. Dies ist insofern m¨ oglich, weil der Staat dadurch eine neue, starke Nachfrage generiert, durch die sich die Volkswirtschaft erholen kann. 5.2.3 Keynesianische Konjunkturtheorie Im Gegensatz zur klassischen Konjunkturtheorie (siehe Seite 24ff.), bei welcher die Schwankungen von exogenen St¨ orungen herr¨ uhren, bilden sich Konjunkturzyklen in der keynesianischen Konjunkturtheorie endogen. Das ¨okonomische System kann also auch ohne Anst¨ osse von Aussen Zyklen generieren. Dies liegt vor allem daran, dass die Investitionen auf eine Ver¨ anderung der Nachfrage reagieren.
76
5 Kapitalmarkt
Multiplikator-Akzelerator-Modell Bei diesem Modell geht es darum, die keynesianische Konjunkturtheorie mathematisch zu untermauern. Wir nehmen an, dass die Preise und L¨ohne fixiert sind. Weiter nehmen wir an, dass die f¨ ur den Zeitraum t+1 geplante Angebotsmenge aus der im Zeitraum t beobachteten gesamtwirtschaftlichen Nachfrage, also dem Konsum und den Investitionen zum Zeitraum t bestehen, wobei die Staatsausgaben Gt als exogen und konstant angenommen werden, weshalb wir G0 schreiben. Die Produzenten haben also bezogen auf die Angebotsschranken statische Erwartungen: Yt+1 = Ct + It + G0
(5.19)
Der Konsum wird als eine Funktion des Einkommens dieser Periode betrachtet, wobei c die Grenzneigung zum Konsum, das heisst die sogenannte Konsumquote repr¨ asentiert. Ct = c Yt
wobei
0 a1 ist das dynamische System instabil. Das dynamische System (5.23) hat Schwingungen, falls
5.2 Keynesianische Sicht
c
0 erh¨oht, dann ist ab eben diesem Zeitpunkt [r, Y, λ P ] das neue station¨ are IS-LM-Gleichgewicht. Das bedeutet, dass die LM-Kurve bleibt, wo sie ist. Die Real- und Nominalzinsen bleiben trotz der Geldmengenerh¨ ohung∗ unver¨ andert, jedoch muss im Zeitpunkt τ + 1 einmalig der Nominalzins 1 + iτ um den Faktor λ steigen, da die Geldpolitik antizipiert wird. Eine einmalige antizipierte Geldmengenerh¨ohung hat nur ¨ im Ubergang von τ nach τ + 1 einen Effekt auf das Preisniveau. Ansonsten bleiben Zinsen und gesamtwirtschaftliche Nachfrage unver¨andert. Y
6
Q
Q Q Q
! LM !! ! !!
h
M1 P0
i
! Q!!! h i Q ! M0 ! LM Q ! ! P0 ! ! Q h i !! Q!!! 1 = LM M Q ! P1 ! Q !! Q ! Q !! Q !! QQ IS
-r
7.3 Geldnachfrage im intertemporalen Modell
93
1it 1rt Τ3Τ2Τ1 Τ Τ1Τ2Τ3Τ4 Abb. 7.3. Zeitverlauf der Zinsen bei verz¨ ogerter Preisanpassung: Nominalzinsen ↓
1it 1rt Τ3Τ2Τ1 Τ Τ1Τ2Τ3Τ4 Abb. 7.4. Zeitverlauf der Zinsen bei rationalen Erwartungen und perfekter Preisanpassung: Nominalzinsen ↑
7.3 Geldnachfrage im intertemporalen Modell Wir betrachten zun¨ achst den Geldkreislauf im intertemporalen Modell mit Kapitalmarkt. In diesem Modell haben die Konsumenten nun neben Konsum und Horten eine weitere Verwendungsm¨ oglichkeit des Geldes: Sie k¨onnen Schuldverschreibungen der Unternehmen kaufen. Letzteres geschieht in der Realit¨ at meist indirekt, dadurch, dass die Haushalte Geld zu einem Finanzintermedi¨ ar (Bank, Versicherung, Anlagefond) bringen, der dann die Firmenbonds kauft. Diese Verwendungsm¨ oglichkeit nennt Keynes Spekulationskasse. Der Geldkreislauf l¨ auft im Detail wie folgt ab: Die Produzenten erhalten am Anfang der Periode die Verkaufserl¨ ose sowie die Einnahmen aus geschriebenen Bonds. Dieses Geld verwenden sie f¨ ur die Lohnzahlungen und die verzinste R¨ uckzahlung der Bonds der Vorperiode. Das restliche Geld sch¨ utten sie als Gewinne an die Anteilseigner aus. Die Haushalte kaufen nun mit diesem Geld die produzierten G¨ uter und die Bonds dieser Periode und halten den Rest des Geldes in der Vorsichtskasse. Damit ist der Kreislauf geschlossen. Die Geldkreislaufgleichung ist nun:
94
7 Synthese von Arbeits-, G¨ uter-, Geld- und Kapitalmarkt
M d = P C + H + Bd = M + ∆ M
(7.3)
Kommt in einem Zeitpunkt zus¨ atzliches Geld in Umlauf, so k¨onnte dies, wie im Realkasseneffekt beschrieben, direkt den Konsum anregen. Es kann aber auch zun¨ achst in die Spekulationskasse fliessen. Letzteres nennt man den Liquidit¨ atseffekt einer Geldmengenerh¨ ohung. D.h. das zus¨atzliche Geld ∆M wandert zun¨ achst in das Bondangebot, wodurch die Zinsen sinken. Dadurch werden die Investitionen angeregt und die gesamtwirtschaftliche Nachfrage steigt. Diesen Transmissionsmechanismus des Geldes nennt man auch den KeynesEffekt.
7.4 Vertiefung: Mikrofundierung des IS-LM-Modells Wie zuvor soll nun auch das Modell mit Kapitalmarkt mikrofundiert werden. ur einen Dazu nehmen wir an, die Bonds sind kurzlebig, d.h. sie leben f¨ Perioden¨ ubergang von t zu t + 1. In der zweiten Periode werden die Bonds verzinst zur¨ uckgezahlt und man investiert wiederum in Bonds. Wir definieren hier sofort das Keynesianische Gleichgewicht, da das klassische Gleichgewicht als Spezialfall hieraus hervorgeht. Wieder sind die eigentlich neuen Bestandteile durch Fettdruck hervorgehoben: Definition 7.1. Das keynesianische Gleichgewicht mit Kapitalmarkt und Geld besteht aus einer Sequenz von Preisen P˜t , L¨ ohnen w ˜t und Zinsen ˜it , sowie Arbeits-, G¨ uter- und Bondangebots- und Arbeits-, uter-,Investitions-, G¨ d ˜s ˜s s ˜ ˜ ˜d ˜ ˜ ˜ Bond- und Geldnachfrageentscheidungen Lt , Yt , Bt , Lt , Ct , It , Bt , Ht ,so dass f¨ ur alle Perioden: •
Gewinnmaximierung ˜ dt , Y˜ts , ˜ ˜ st L It , B =
wobei Πt =
1
Πt ˜ t=0 τ =0 1 + it und Yts ≤ Yˆt F Ldt , Kt P˜t (Yts − It ) − w ˜t Ldt + Bst −
arg max
s.t. Yts =
∞ t
(1 + ˜it−1 )Bst−1
und Kt = (1 − κ)Kt−1 + It−1 . •
Nutzenmaximierung ˜ s , C˜t , B ˜ ˜d L t t , Ht
s Ht β U Ct , Lt , = arg max P˜t t=0 ∞
t
˜ t + Ht−1 + (1 + ˜it−1 )Bd s.t. P˜t Ct + Bd ˜t Lst + Π t + Ht = w t−1 ˆt und Ls ≤ L t
7.4 Vertiefung: Mikrofundierung des IS-LM-Modells
95
sowie die CIA-constraints ˜ t+1 + B˜d ≤ Mt + ∆t M P˜t+1 C˜t+1 + H t−1 • Marktr¨ aumung Y˜ts = C˜t + ˜ It ˜ st = L ˜ dt L ˜d ˜ st = B B t • Geldkreislauf ˜ t+1 + B˜d P˜t+1 C˜t+1 + H t−1 = Mt + ∆t M Die soeben gegebene Definition kann noch etwas reduziert werden. Zun¨achst nehmen wir wie zuvor an, dass Bonds genau zur Finanzierung von Investitionen gedacht sind, d.h. dass Bts = Pt It . Dann k¨onnen wir in jeder Periode die Bondnachfrage der Vorperiode durch die Budgetrestriktion der Vorperiode ausdr¨ ucken: d d ˜ t−1 + Ht−2 + (1 + ˜it−2 )Bt−2 Bt−1 =w ˜t−1 Lst−1 + Π − P˜t−1 Ct−1 − Ht−1 d Beginnen wir nun in t = 0, wo als Startbedingung B−1 = 0 festgelegt ist, so k¨ onnen wir durch sukzessives Einsetzen dieser Gleichung die Bondnachfrage eliminieren und wir erhalten eine Budgetgleichung, welche alle Perioden miteinander verkn¨ upft. Somit haben wir neu die folgende Definition des Keynesianischen Gleichgewichts. Wie zuvor schon gesagt, ist eigentlich hierin auch das klassische Gleichgewicht enthalten. Dies ergibt sich im Spezialfall nicht bindender Angebotsˆ t+1 ] hinreichend gross sind. schranken, also falls [Yˆt , Yˆt+1 , Yˆt , L
Definition 7.2. Das ¨ okonomische Gleichgewicht besteht aus Preisen P˜t , Zin˜ ohnen w ˜t sowie Arbeits-, G¨ uterangebotsund uter-, sen it und L¨ Arbeits-, G¨ d ˜s s ˜ ˜ ˜ ˜ ˜ Investitions- und Geldnachfrageentscheidungen Lt , Yt , Lt , Ct , It , Ht so dass f¨ ur alle Perioden: • Gewinnmaximierung ˜ dt , Y˜ts , I˜t L = arg max
t ∞ t=0 τ =0
s.t.
Yts
1 1 + ˜it
P˜t (Yts − It ) − w ˜t Ldt
≤ min F Ldt , (1 − κ) Kt−1 + It−1 , Yˆt .
96
7 Synthese von Arbeits-, G¨ uter-, Geld- und Kapitalmarkt
• Nutzenmaximierung ˜t ˜ st , C˜t , H L
Ht β t U Ct , Lst , P˜t t=0 ∞ t−1 1 P˜t Ct + ∆t H s.t. 1 + ˜it t=0 τ =0 ∞ t−1 1 ˜t ≤ w ˜t Lst + Π 1 + ˜it t=0 τ =0 = arg max
∞
ˆt. und Lst ≤ L sowie die CIA-constraints P˜t Ct + Ht + Btd ≤ Mt + ∆ Mt • Marktr¨ aumung Y˜ts = C˜t + I˜t ˜ st = L ˜ dt L • Geldkreislauf ˜ t + B˜td = Mt + ∆ Mt P˜t C˜t + H
¨ 7.5 Ubungen
97
¨ 7.5 Ubungen ¯ − L0 7.1 Angenommen, im keynesianischen Regime mit Arbeitslosigkeit L steigt der Reallohn. Warum steigt dann nicht auch die gesamtwirtschaftliche Nachfrage? 7.2 Nach neoklassischer Theorie w¨ urde eine Erh¨ohung des Diskontsatzes, also eine Verkleinerung der Geldnachfrage der Gesch¨aftsbanken, eine Inflation nach sich ziehen. Nach dieser Theorie sind n¨amlich nomina¨ le Anderungen neutral, und der Realzins muss unver¨andert bleiben. Warum f¨ uhrt eine Diskontsatzerh¨ ohung im keynesianischen Modell zu einer Nachfragereduktion? atseffekt, Spekulationskasse und 7.3 Erkl¨ aren Sie die Begriffe Liquidit¨ Keyneseffekt. 7.4 Stellen Sie das Modell mit Arbeits-, G¨ uter-, Geld- und Kapitalmarkt f¨ ur ¯ dar. den Fall eines exogenen Arbeitsangebots L 7.5 Wie kann es im Modell dieses Kapitels dazu kommen, dass die gesamtwirtschaftliche Nachfrage nicht ausreicht, um die Vollbesch¨aftigungspro ¯ zu kaufen? duktion Y¯ = F L
8 Aktienmarkt
Im folgenden Kapitel werden wir den Aktienmarkt behandeln. Auf diesem Markt (auch B¨ orse genannt) werden Besitzanteile an Firmen, sogenannte Aktien gehandelt.
8.1 Arbitrage und Net-Present-Value Wir gehen davon aus, dass f¨ ur die Haushalte zwei Anlageformen zur Verf¨ ugung stehen. Einerseits gibt es die M¨ oglichkeit, das Verm¨ogen in risikolose Bonds zu investieren, also Kredite zu gew¨ ahren, andererseits k¨onnen die Haushalte ihr Verm¨ ogen in normalerweise risikobehaftete Aktien investieren. Zur Einf¨ uhrung der Idee der Arbitragefreiheit stellen wir uns aber zun¨achst vor, es gebe keine Unsicherheit. Die Konsumenten haben dann zwei risikolose Anlagen, die Bonds und die Aktien, zur Auswahl. Im o¨konomischen Gleichgewicht m¨ ussen die Renditen der beiden nun ansich identischen Anlageformen u bereinstimmen. Die Rendite aus dem Bond ist 1 + it , die aus der Aktie ¨ uckzahlung der Aktie bestehend Rt+1 /qt , Rt+1 bezeichnet also die Brutto-R¨ aus den Dividendenzahlungen und dem Wiederverkaufswert. Somit muss gelten, dass 1 + it =
Rt+1 . qt
(8.1)
Also muss der Aktienkurs die folgende Bedingung, genannt No-ArbitrageBedingung, NAB, erf¨ ullen: qt =
Rt+1 1 + it
(8.2)
Nat¨ urlich ist das Problem der Aktienanlage, dass es in der Realit¨at eben doch Unsicherheit u uckzahlung der Aktien gibt. Um die NAB auf diesen ¨ber die R¨ Fall zu u ¨bertragen, stellen wir uns vor, morgen kann einer von zwei Zust¨anden
100
8 Aktienmarkt
z = 1 oder z = 2 eintreffen. Die Auszahlungen, die bei den verschiedenen Anlageformen erfolgen sind dann im folgenden Vektor darstellbar: ⎞ ⎛ −1 −qt ⎝(1 + it ) Rt+1 (1)⎠ (8.3) (1 + it ) Rt+1 (2) Zum Zeitpunkt t muss f¨ ur den Bond der Preis des Bonds, hier 1, gezahlt werden und f¨ ur die Aktie der aktuelle Kurs q. Im Zeitpunkt t+1, unterscheiden wir zwischen zwei Zust¨ anden der Welt 1 und 2. Beim Bond wird in beiden F¨allen der verzinste Kredit mit dem Faktor (1 + it ) zur¨ uckgezahlt. Im Fall eines Engagements in Aktien erhalten die Haushalte im Zeitpunkt t + 1 beim Zustand uckzahlung Rt+1 (2). 1 die R¨ uckzahlung Rt+1 (1) und beim Zustand 2 die R¨ Die R¨ uckzahlung besteht in beiden Zust¨ anden aus der Gewinnausch¨ uttung Πt+1 (1) bzw. Πt+1 (2) und dem Wiederverkaufswert der Aktien qt+1 (1) bzw. qt+1 (2). Arbitragem¨ oglichkeit Die Haushalte tr¨aumen nun davon, ihr Portfolio so mit Aktien und Bonds zu best¨ ucken, dass es entweder heute nichts kostet und morgen in jedem Fall einen positiven Ertrag bringt, oder dass es heute zu einem positiven Preis verkauft werden kann und morgen keine Einzahlung erfordert. D.h. sie wollen die Nachfrage nach Aktien Θt und Bonds Bt so gestalten, dass der folgende dreidimensionale Vektor positiv ist1 : ⎞ ⎛ −1 −qt ⎝(1 + it ) Rt+1 (1)⎠ Bt > 0 (8.4) Θt (1 + it ) Rt+1 (2) Es ist aber klar, dass auf effizienten M¨ arkten jeder Versuch, eine Arbitragem¨ oglichkeit zu finden, unm¨ oglich ist. Denn wenn es Arbitragem¨oglichkeiten g¨ abe, dann w¨ urden diese Portfolios zwar beliebig oft nachfragt aber von keinem angeboten. Es kann dann also kein Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage geben. Diese Einsicht liefert uns nun aber zwei das Risiko adjustierende Wahrscheinlichkeiten, mit denen die zuk¨ unftigen Cashflows der Firma bewertet werden m¨ ussen. D.h. der Gegenwartswert der Firma ist der NetPresent-Value der zuk¨ unftigen R¨ uckzahlungen aus der Firma. Es gilt folgender mathematischer Hilfssatz: Die Finanzm¨ arkte sind genau dann arbitragefrei, wenn es risikoadjustierende Wahrscheinlichkeiten ρt+1 (1) > 0 und ρt+1 (2) > 0 gibt, sodass ρt+1 (1) + ρt+1 (2) = 1 und 1
Ein Vektor (hier im R3 ) ist > 0, falls alle seine Komponenten nicht-negativ sind und mindestens eine Komponente positiv ist.
8.1 Arbitrage und Net-Present-Value
qt =
101
1 (ρt+1 (1) Rt+1 (1) + ρt+1 (2) Rt+1 (2)) . 1 + it
Abbildung 8.1 zeigt die Richtigkeit dieses Satzes anschaulich.
R2
R1
qt 1 1i
Abb. 8.1. No-Arbitrage-Bedingung
Die Bedingung (8.4) erfordert, dass es keinen Portfoliovektor [Bt , Θt ] gibt, der einen stumpfen Winkel mit dem Preisvektor [1, qt ] einnehmen kann und andererseits einen spitzen Winkel mit den beiden Auszahlungsvektoren [1 + it , Rt+1 (1)] und [1 + it , Rt+1 (2)] hat. Geometrisch ist dann offensichtlich, dass der Preisvektor zwischen den beiden Auszahlungsvektoren liegen muss, was, algebraisch aufgeschrieben, genau die Behauptung des Satzes ist. ¨ Aus diesen Uberlegungen folgt nun, dass wir den Aktienmarkt durch Hinzuf¨ ugen der Nicht-Arbitrage-Bedingung (NAB) qt =
1 (ρt+1 (1) Rt+1 (1) + ρt+1 (2) Rt+1 (2)) 1 + it
(8.5)
102
8 Aktienmarkt
mit in unser Modell einbauen k¨ onnen. Da unser Modell bislang immer in realen Gr¨ ossen gehalten wurde, nehmen wir noch folgende Umformung vor: Wir multiplizieren die NAB auf beiden P¯ e 1 2 ¯e Seiten mit P1t = Pt+1 ¯ e , wobei Pt+1 der mittlere erwartete Preis ist. Somit t P t+1 erhalten wir als NAB in realen Gr¨ ossen: Qt =
qt 1 real real ρt+1 (1) Rt+1 = (1) + ρt+1 (2) Rt+1 (2) , Pt 1 + rt
real wobei Rt+1 (1) =
Rt+1 (1) P¯ e t+1
real und Rt+1 (2) =
(8.6)
Rt+1 (2) . P¯ e t+1
Die reale NAB zeichnen wir in ein [r, Q]-Diagramm. Es ist Q eine in r fallende konkave Funktion mit den R¨ uckzahlungserwartungen Rreal als Verschiebungsparameter. Man beachte, dass sich diese NAB-Kurve also aus zwei Gr¨ unden nach unten verschieben kann. Aus fundamentalen Gr¨ unden, weil die Gewinne steigen, oder aus spekulativen Gr¨ unden, weil die Kurse steigen. Letzteres f¨ uhrt uns zu spekulativen Blasen, wie wir sie im abschliessenden Beispiel dieses Kapitels betrachten. Siehe Abbildung 8.2: -r N AB [Π]
?
Q
Abb. 8.2. Der Aktienmarkt
8.2 IPO und Tobins Q Eine Firma kann durch Aufbringen des notwendigen Kapitals neu gegr¨ undet werden. Sei Kt der Kapitalstock einer bestehenden Firma. Mittels Kt kann 2
Dies ist eine Vereinfachung. Genau genommen gibt es im Modell mit Unsicherheit erwartete Preise, je nachdem, welcher Zustand eintrifft.
8.2 IPO und Tobins Q
103
man also durch optimalen Einsatz von Arbeit und Investitionen die R¨ uckzahlungen Πt +
1 (ρt (1) Rt+1 (1) + ρt (2) Rt+1 (2)) 1 + it
(8.7)
erzielen. Andererseits kann man zum Marktpreis Pt das Kapital Kt und somit die Firma selbst reproduzieren. Ist also Pt Kt < Πt +
1 (ρt (1) Rt+1 (1) + ρt (2) Rt+1 (2)) 1 + it
(8.8)
so lohnt es sich, eine neue Firma zu gr¨ unden, das heisst, je h¨oher die Akti1 enkurse qt = 1+i (ρ (1) R (1) + ρ (2) Rt+1 (2)) relativ zum Preisniveau t t+1 t t Pt sind, desto mehr IPO’s (engl. initial public offerings) wird es geben. Die Investitionst¨ atigkeit in realen Gr¨ ossen steigt also mit Qt : IPO ↑
falls Kt
0, erh¨oht sich der Umlauf an inl¨andischem Geld um ∆ M = ∆µD . Umgekehrt geht es bei einem Devisenabfluss. Die Devisenbilanz ergibt sich also wiefolgt: Exporte, X, erh¨ohen den Devisenbestand um P f X, da die exportierenden Firmen den Betrag an P f X bei der Nationalbank gegen inl¨ andische W¨ ahrung eintauschen. Ebenso erh¨ohen d d , den Devisenbestand um µ BX . Andererans Ausland verkaufte Bonds, BX seits reduzieren Importe den Devisenbestand um µ P · IM und von Inl¨andern d . Insgesamt ver¨andert sich der Devisengekaufte ausl¨ andische Bonds um BIM bestand, ∆ D, um: d d − BIM ∆ D = P f X − µ P · IM + µ BX Diese Gleichung lautet in inl¨ andischer W¨ ahrung: f P 1 d d X − P · IM + BX − BIM = ∆ M µ µ Ein Handelsbilanzdefizit wird also entweder durch einen Kapitaltransfer vom Ausland oder durch einen Devisenabfluss ausgeglichen. In beiden F¨allen erwirbt das Ausland Anspr¨ uche auf zuk¨ unftig vom Inland produzierte G¨ uter. Es findet also ein intertemporaler Tausch zwischen In- und Ausland statt. Eine permanent negative Handelsbilanz ist f¨ ur bestimmte L¨ander seit Jahren der Normalfall. Das Ausland nimmt dabei an, dass diese L¨ander in Zukunft stark wachsen und somit sp¨ ater G¨ uter zur¨ uckzahlen k¨onnen. Dennoch ist in der Regel ein grosses Handelsbilanzdefizit unerw¨ unscht. Wie das Beispiel von Japan in den Jahren 1980–1990 zeigt, gilt dies ebenso f¨ ur permanente Handelsbilanz¨ ubersch¨ usse.
120
9 Aussenhandel
Eine beliebte Massnahme zur Reduktion eines Handelsbilanzdefizits ist eine Abwertung. Wir u ¨berlegen uns nun im folgenden, welche Wirkungen dabei auftreten k¨ onnen:1 Bei gegebenem Volumen an Ex- und Importen wird eine Abwertung zun¨achst einmal die Handelsbilanz verschlechtern, da sie die Importe verteuert. Jedoch wird die Abwertung im Folgenden die Importe reduzieren und die Exporte erh¨ ohen. Man beachte, dass die Exporte von den inl¨andischen Preisen, in ausl¨ andischer W¨ ahrung ausgedr¨ uckt, X [µ P ] abh¨angen, w¨ahrend die Importe von den ausl¨ a ndischen Preisen, in inl¨ andischer W¨ahrung ausgedr¨ uckt, f P IM µ abh¨ angen. Dieser zweite Effekt, der Mengeneffekt, wirkt dem zuerst beschriebenen Preiseffekt entgegen. Der Verlauf des Handelsbilanzdefizits u ¨ber die Zeit hinweg betrachtet ist also einer J-kurve ¨ahnlich. Ob sich insgesamt betrachtet die Handelsbilanz verbessert, h¨ angt von der Elastizit¨at der Ex- und ¨ Importe auf die Anderung des Aussenwerts der W¨ahrung ab. Dies wird in der sogenannten Marshall-Lerner-Bedingung ausgedr¨ uckt. Diese Bedingung wird u ¨blicherweise mittels des Wechselkurses wie folgt hergeleitet: Der Wert der Handelsbilanz ist: Pf X [µ] − P IM [µ] µ Schreiben wir dies mittels des Wechselkurses um, so ergibt sich f¨ ur die nominale Handelsbilanz: H [ν] := ν P f X [ν] − P · IM [ν] . Das Preisniveau des Inlandes ist mit dem des Auslandes u ¨ber den sogenannten Wechselkurs-Passthrough, hier als β [ν] dargestellt, wie folgt verkn¨ upft: P = β [ν] ν P f . Falls die Kaufkraftparit¨ at gelten w¨ urde, dann ist β [ν] immer konstant gleich 1 und jede Wechselkurserh¨ ohung schl¨ agt sich 1 : 1 in eine Preissteigerung nieder. Sind die M¨ arkte jedoch durch Transportkosten, Z¨olle oder auch durch einen Home-Bias der Konsumenten von einander separiert, so muss die Kaufkraftparit¨ at nicht notwendiger Weise gelten, sodass eine Wechselkurs¨anderung nicht direkt ins Preisniveau durchschl¨ agt. Eine etwas allgemeinere Frage ist, ob sich das inl¨ andische Preisniveau prozentual so wie der Wechselkurs ver¨ andert. Ob also eine x-prozentige Wechselkurserh¨ohung ebenso zu einer x-prozentigen Preisniveauerh¨ ohung f¨ uhrt. Die Frage ist also, ob die Preiselastizit¨ at des Wechselkurses, εP ν = ∂ν P Pν gleich eins ist2 . Ist dies der Fall, 1 2
Man beachte, dass wir hier im folgenden das ausl¨ andische Preisniveau als exogene Konstante aufgefasst haben. Dies ist der Fall, wenn β [ν] irgendeine positive Konstante ist.
9.6 Bilanzen sowie Marshall-Lerner-Bedingung und Incomplete Passthrough
121
spricht man von Complete Passthrough. Sonst ist der Passthrough incomplete. Incomplete Passthrough tritt dann auf, wenn die Funktion β [ν] fallend in ν ist. Denn es ist: εP ν =
∂ν β [ν] ν + β [ν] β [ν]
Bezeichnen wir nun mit H real [ν] = (X [ν] − β [ν] IM [ν]) die reale Handelsbilanz3 , so k¨ onnen wir die Handelsbilanz auch in folgender Form schreiben: P f ν H real [ν] Diese Schreibweise macht die beiden Auswirkungen der Abwertung (Wechselkurserh¨ ohung) deutlich. Es gibt zum Einen einen Preiseffekt, d.h. mit steigendem Wechselkurs verschlechtert sich eine defizit¨are Handelsbilanz, falls die Mengen H real [ν] konstant blieben. Zum Anderen gibt es einen Mengeneffekt, denn mit steigendem Wechselkurs wird die reale Handelsbilanz weniger defizit¨ ar, da die Exporte zu- und die Importe abnehmen. Wann gilt nun, dass eine Abwertung eine defizit¨ are Handelsbilanz verbessert? Wann ist also ∂ν H > 0? Intuitiv gesprochen sollte dies dann der Fall sein, wenn der Mengeneffekt den Preiseffekt u azise Formel hierf¨ ur gibt die Marshall-Lerner¨berwiegt. Eine pr¨ Bedingung. Differenzieren der obigen Gleichung nach ν und ein wenig Umformen ergibt, dass ∂ν H > 0 genau dann der Fall ist, wenn die Elastizit¨at der realen Hanosser als 1 ist, d.h. falls: delsbilanz H real nach dem Wechselkurs ν gr¨ ν > 1. −H real Dies ist genau die Marshall-Lerner-Bedingung: ∂ν H real
¨ Falls die Preiselastizit¨ at des Uberschusses der Exporte u ¨ber die Importe gr¨ osser als 1 ist, wird eine Abwertung die defizit¨are Handelsbilanz letztlich verbessern. Andernfalls wird die Handelsbilanz noch mehr defizit¨ ar. Schliesslich wollen wir noch untersuchen, inwieweit der Grad des Passthrough die Chancen einer Verbesserung einer defizit¨ aren Handelsbilanz beeinflusst. Hierzu m¨ ussen wir einmal genau hinschauen, was die Ableitung der realen Handelsbilanz ist: ∂ν H real = (∂ν X [ν] − β [ν] ∂ν IM [ν]) + ∂ν β [ν] IM [ν] . Da der Ausdruck in den runden Klammern positiv und ∂ν IM [ν] negativ ist, wird die Mengenreaktion der realen Handelsbilanz um so st¨arker, je unvollkommener der Passthrough ist. Die Intuition hierf¨ ur ist, dass eine Abwertung 3
Man beachte, dass allerdings der Passthrough Faktor β [ν] aus einer nominalen Gleichung stammt und somit auch selbst ein nominaler Term ist. Wir kommen hierauf sp¨ ater wieder zur¨ uck.
122
9 Aussenhandel
in der Regel das einheimische Preisniveau erh¨oht, wodurch sich die Importe verteuern und somit die Handelsbilanz schlechter wird. F¨allt die durch die Abwertung induzierte Preiserh¨ ohung jedoch nicht so stark aus, tr¨agt dies zur Verbesserung der Handelsbilanz bei. Schliesslich sei daran erinnert, u ¨ber welchen Transmissionsmechanismus die Abwertung auf das inl¨andische Preisniveau einwirkt. Eine Abwertung erh¨ oht die Nachfrage nach inl¨andischen G¨ utern; die IS-Kurve verschiebt sich nach Oben. Je nachdem, in welchem Regime sich ¨ die Okonomie befindet steigen die Preise stark oder weniger stark. Somit ist der Grad des Passthrough ein Hinweis darauf, in welchem Regime sich die ¨ Okonomie befindet. Eine aktuelle Arbeit von Burstein et al. (2002) zeigt zum Beispiel, dass in L¨ andern mit einer 30% Abwertung das Preisniveau nur um etwa 8% steigt. Dieser klare Incomplete Passthrough ist ein Hinweis darauf, dass sich die betrachteten L¨ ander im Keynesianischen Regime befanden.
9.7 Vertiefung: Mikrofundierung des Modells mit Aussenhandel Auch das Modell mit Aussenhandel kann auf Entscheidungskalk¨ ule von Individuen und Firmen, sowie auf Marktgleichgewichtsbedingungen zur¨ uckgef¨ uhrt werden. Die Grundlage der Mikrofundierung des Modells mit Aussenhandel liefert der Abschnitt 7.4, in welchem wir das IS-LM-Modell mikrofundiert haben. Wir betrachten nun zwei L¨ ander A, B in denen es jeweils ein Konsument gibt und in dem je eine Firma ans¨ assig ist. Es gibt in beiden L¨andern Arbeits-, G¨ uter- und Geldm¨ arkte. Um das Herkunftsland der Akteure (Konsumenten und Firmen) von dem Ort des Marktes zu unterscheiden, vereinbaren wir, dass ein oberer Index A oder B das Herkunftsland und ein unterer Index A die A resp. B den Ort des Marktes kennzeichnet. Somit bezeichnet z.B. CB Konsumnachfrage des Haushaltes A im G¨ utermarkt des Landes B. Aus Sicht A des Landes A sind CB Importe, aus Sicht des Landes B sind dies Exporte. Um den L¨ andern eine Bedeutung zu geben, m¨ ussen wir die Pr¨aferenzen der Haushalte, die Transportkosten des Handelns, sowie die Arbeitsmobilit¨at genau spezifizieren. Andernfalls w¨ urden wir einen integrierten Wirtschaftsraum mit mehreren Konsumenten und Produzenten beschreiben. A und Wir nehmen an, die inl¨ andischen und die ausl¨ andischen Konsumg¨ uter, CA A B B CB bzw. CB und CA sind keine perfekten Substitute, z.B. weil die Inl¨ander einen Home Bias haben, also gewissermassen das Heimatland pr¨aferieren. So stellt man zum Beispiel fest, dass in Frankreich mehr franz¨osische statt deutsche Autos gefahren werden, w¨ ahrend es in Deutschland umgekehrt ist. Desweiteren sind in- und ausl¨ andische Kapitalg¨ uter keine perfekten Substitute in der Produktion. Wir nehmen an, dass man erst nach Aufbringung von Kosten c diese Substituierbarkeit erreicht. In c sind unter anderem Transportkosten enthalten. Werden zum Beispiel Investitionsg¨ uter im Ausland in der Menge A A IB gekauft, so erh¨ ohen diese den Kapitalstock (im Inland) nur um (1 − c) IB .
9.7 Vertiefung: Mikrofundierung des Modells mit Aussenhandel
123
Falls (im Inland) von der Gesamtproduktion Y A die Menge YBA im Ausland verkauft werden soll, so werden nur die Erl¨ ose PB (1 − c) YBA erzielt. Ferner nehmen wir an, dass die Arbeitskr¨ afte international betrachtet immobil sind, das heisst Inl¨ ander arbeiten nicht im Ausland und umgekehrt. Ausserdem besitzen Inl¨ ander keine Anteile an ausl¨ andischen Firmen. Schliesslich erlauben wir zur Vereinfachung weder, dass Inl¨ ander ausl¨andische W¨ahrung von einer Periode zur n¨ achsten halten noch dass sie diese horten. Deshalb k¨onnen wir in der Bezeichung der Arbeitsangebots und der Arbeitsnachfrage sowie in der Bezeichnung des Geldangebots und der Vorsichtskasse je einen L¨anderindex sparen: LsA zum Beispiel bezeichnet das Arbeitsangebot der Bewohner von Land A auf dem Arbeitsmarkt diesen Landes und HA bezeichnet die Vorsichtskasse der Bewohner des Landes A gehalten in Geld des Landes A. Die Nutzenfunktionen stellen sich dann wiefolgt dar: A A A s HA U CA , CB , LA , PA B B B s HB U CB , CA , LB , PB Die Produktionsfunktionen sind: A A Y A = F A LdA , KA + (1 − c) KB B B Y B = F B LdB , KB + (1 − c) KA Die Arbeits-, G¨ uter- und die Geldmarktr¨ aumungsbedingungen sind: LsA = LdA LsB = LdB A B A B YAA s + (1 − c) YAB s = CA + CA + IA + IA A B A B (1 − c) YBA s + YBB s = CB + CB + IB + IB A B Ad Bd + BA PA CA + CA + BA + HA = MAs A B Ad Bd + BB PB CB + CB + BB + HB = MBs
Wegen der Kosten c zur Konvertierung von Kapitalg¨ utern und wegen des A Home Bias in den Nutzenfunktionen muss die Kaufkraftparit¨at µA = PPB nicht gelten. Wir gehen jedoch von einem gut integrierten Kapitalmarkt aus. Das heisst, dass ohne grosse Kosten jede Firma und jeder Konsument in beiden L¨ andern Wertschriften anbieten bzw. nachfragen kann. Die Bondmarktr¨ aumungsbedingungen in Land A und B lauten:
124
9 Aussenhandel As Bs Ad Bd BA + BA = BA + BA As Bs Ad Bd BB + BB = BB + BB
Wegen der perfekten globalen Kapitalm¨ arkte muss dann die Zinssatzparit¨at gelten: µA =
1 + rA e A µ 1 + rB
µB =
1 + rB e B µ 1 + rA
beziehungsweise
¨ Diese Uberlegungen fasst das folgende Gleichgewichtskonzept zusammen. Um die Verdopplung aller Ausdr¨ ucke zu vermeiden, sei E eine Variable f¨ ur die beiden L¨ ander A, B und analog sei E eine Variable f¨ ur die beiden M¨arkte A, B. Da das Aussenhandelsmodell gewisse Einschr¨ankungen an die Mobilit¨at der Arbeit und die Geldhaltung gemacht haben, f¨ uhren wir schliesslich noch eine logische Funktion δ ein, die uns sagt, wann die Bedingung in ihrer Argumentklammer wahr ist. In diesem Fall resultiert die logische Funktion eine 1 sonst eine 0. Zum Beispiel ist δ(E=E ) also 1, falls das Land mit dem Markt u ¨bereinstimmt, sonst ist sie 0. Wiederum sind die hier neuen Bestandteile durch fette Buchstaben hervorgehoben. Definition 9.1. Das internationale keynesianische Gleichgewicht mit Kapitalmarkt und Geld besteht f¨ ur jedes Land E = A, B und jeden Markt E = A, B aus einer Sequenz von Preisen P˜E t , L¨ ohnen w ˜E t und Zinuter- und Bondangebotssen ˜iE t und Wechselkurse νtE sowie Arbeits-, G¨ und Arbeits-, G¨ uter-, Bond- und Geldnachfrageentscheidungen Investitions-, ˜ d , Y˜ E s , B ˜ s , C˜ Es , I˜Es , B ˜ Es , L ˜ Ed , H ˜ E t , L E t E t E t E t E t E t E t so dass f¨ ur alle Perioden: • Gewinnmaximierung f¨ ur die Firmen beider L¨ ander E = A, B
9.7 Vertiefung: Mikrofundierung des Modells mit Aussenhandel
E s ˜E s ˜ dE t , I˜E L t , BE t
E =A,B
= arg max
P˜E t
s.t.
125
t B ∞
νtE
t=0 τ =0 E =A
1 1 + ˜iE t
s d Es 1 − δ(E=E ) c YEE t − IE −w ˜E t δ(E=E ) LE t E t Es Es ˜ +BE t − (1 + iE t−1 )BE t−1
B
s d E YEE t ≤ F E δ(E=E ) LE E t , (1 − κ) Kt−1
E =A B
+
E 1 − δ(E=E ) c IE t−1
E =A
und •
s
YEE t ≤ YˆEE t ,
E = A, B
Nutzenmaximierung f¨ ur die Haushalte beider L¨ ander E = A, B ˜ s , C˜ E , B ˜ Ed , H ˜E t L Et E t E t E =A,B ∞ HE t E E s = arg max β t U E CA , C , L , t Bt Et PE t t=0 t B ∞ 1 E Ed E P˜E t CE νtE s.t. t + BE t + δ(E=E ) Ht ˜ t 1 + i E t=0 τ =0 E =A ∞ t B 1 E E E ≤ νt w ˜E t δ(E=E ) LE t ˜iE t 1 + t=0 τ =0 E =A Ed ˜ tE + δ(E=E ) HE t−1 + (1 + ˜it−1 )BE + δ(E=E ) Π t−1 s ˆ und LE t ≤ LE t sowie die CIA-constraints E Ed s PE t CE t + BE t + δ(E=E ) HE t ≤ ME t = A, B.
• Marktr¨ aumung f¨ ur beide L¨ ander E = A, B und E = E ˜ sE t = L ˜ dE t L E ˜ E ˜E ˜E Y˜EEts + (1 − c) Y˜EEt s = C˜E t + CE t + IE t + IE t ˜E s + B ˜E s = B ˜E d + B ˜E d B Et
Et
Et
Et
• Geldkreislauf f¨ ur beide L¨ ander E = A, B E E E E E d ˜ ˜ ˜ ˜E d ˜ ˜E P˜E t C˜E + C + I + I + B t Et Et E t t + BE t + HE t • Zahlungsbilanz f¨ ur beide L¨ ander E = A, B
=
˜ Es t M
126
9 Aussenhandel
E E d ˜ E d ˜ E E E d ˜ E d ˜E ˜s ˜ E d νE P˜E t C˜E νE CE t + I˜E t +BE t −˜ t + IE t +˜ t PE t t BE = ∆ ME t Aus dieser Gleichgewichtsdefinition ist nun zum Beispiel ersichtlich, dass eine Verdopplung der Geldmenge in Land A bei festen Angebotsschranken zu einer Verdopplung der Preise, der L¨ ohne und der Bruttozinsen in Land A sowie zu einer Halbierung des Aussenwertes der W¨ahrung des Landes A f¨ uhrt. ¨ Die Haushalte und Firmen reagieren auf diese Anderung dadurch, dass sie die nominalen Entscheidungsvariablen, die das Land A betreffen, also Bondangebot und -nachfrage, sowie die Geldnachfrage, verdoppeln und die realen Entscheidungsvariablen, also Arbeits- und G¨ uterangebot und -nachfrage, konstant halten. Reagieren jedoch die Angebotsschranken auf die Geldmengenerh¨ ohung, so werden die nominalen Gr¨ ossen weniger als proportional steigen und es kommt zu positiven realen Effekten.
¨ 9.8 Ubungen
127
¨ 9.8 Ubungen 9.1 Warum sollten G¨ uter wechelkursbereinigt denselben Preis haben? Welche besondere Annahme f¨ uhrt zu diesem Ergebnis? Beobachtet man dies in der Realit¨ at? 9.2 Was sind die terms of trade? 9.3 In der Theorie findet man zwei Definitionen des Wechselkurses. Welche ist diejenige des Buches? Welche Implikationen ergeben sich aus den beiden Definitionen f¨ ur die Begriffe Aufwertung und Abwertung? 9.4 Erkl¨ aren Sie formal und verbal die Bedeutung der gedeckten und der ungedeckten Zinsparit¨ at. Warum gibt es diese beiden Ans¨atze? Welche Annahmen werden dabei bez¨ uglich der M¨oglichkeit von Kapitaltransfers gemacht? 9.5 Charakterisieren Sie den Devisenmarkt (Angebot, Nachfrage, Preis)! Welche Theorie beschreibt in der Vorlesung die Angebots- und Nachfragestruktur des Devisenmarktes? 9.6 Leiten Sie die IS-Kurve aus dem Keynesianischen Kreuz f¨ ur eine offene Volkswirtschaft her! Beachten Sie dabei vor allem den Einfluss der Gr¨ ossen Y f , µ, P f . ¨ 9.7 Berechnen Sie den Staatsausgabenmultiplikator in einer offenen Okonomie und vergleichen Sie diesen mit demjenigen der geschlossenen Volkswirtschaft. 9.8 Wie wirkt Wirtschaftspolitik bei flexiblen Wechselkursen? Vergleichen Sie hierzu die Wirksamkeit von Geld- und Fiskalpolitik und stellen Sie ¨ diese einer geschlossenen Okonomie gegen¨ uber. 9.9 Was besagt die Marshall-Lerner-Bedingung? 9.10 Was ist ein Incomplete Passthrough?
10 Ein makro¨ okonomisches Modell der Schweizerischen Nationalbank
Dieses Konjunkturmodell der SNB ist ein erfolgreich implementiertes makro¨okonometrisches Strukturmodell der Schweiz, das auf dem KOF-Modell der ETH basiert. Der Schritt vom bisherigen Modell dieses Buches hin zu diesem realistischen Modell ist nat¨ urlich noch gross. Dies liegt vor allem daran, dass wir im Buch zwar einige Sorgfalt auf die makro¨okonomische Theorie, nicht ¨ aber auf die Okonometrie gelegt haben. Insbesondere ist in ¨okonometrischen Modellen genau darauf zu achten, mit welchen Zeitverz¨ogerungen die im theoretischen Modell u ¨berlegten Effekte wirken. So kann man zum Beispiel aus historischen Zeitreihen ablesen, dass in der Schweiz eine Lockerung der Geldpolitik (Erh¨ ohung von M1) erst in etwa drei Jahren inflation¨ar wirkt. Dieses Buch wird auf die sogenannte Lagstruktur nicht n¨aher eingehen, sondern sie versucht, die modelltheoretischen Besonderheiten des SNB-Modells herauszuarbeiten. Schon damit haben wir gen¨ ugend Stoff zu erz¨ahlen! Einen tieferen Einblick in dieses SNB-Modell kann man im Arbeitspapier von Stalder (2000) bekommen. F¨ ur eine Mikrofundierung von Modellen dieser Art verweisen wir auf Benassy (2002). Fast auf jedem der bislang betrachteten M¨ arkte hat dieses SNB-Modell seine Besonderheiten. Der G¨ utermarkt basiert auf der Vorstellung des monopolistischen Wettbewerbs in einem Modell mit Kapazit¨atsschranken. Auf dem Arbeitsmarkt gibt es neben den einheimischen M¨ annern, die als Hauptbesch¨aftigte angesehen werden, eine Reservearmee von Frauen und Ausl¨andern (Saisonarbeiter), die je nach Konjunkturlage herangezogen werden oder zu Hause bleiben. Insgesamt gilt, dass die L¨ ohne in etwa der Grenzproduktivit¨atstheorie der Arbeit entsprechen. Der Staat ist relativ passiv. Die Investitionsg¨ uter werden zum gr¨ ossten Teil importiert. Die Wechselkurse folgen der ungedeckten Zinssatzparit¨at. Der Wohnungsmarkt wird im SNB-Modell ausf¨ uhrlich ber¨ ucksichtigt. Insbesondere ist es im SNB-Modell so, dass kurzfristig eine Zinserh¨ ohung inflation¨ ar wirkt, da hierdurch erst einmal die Mieten steigen! Dies ist eine Besonderheit der Schweiz, welche daher r¨ uhrt, dass steigende Kreditkosten auf die Mieter u alzt werden. Der Aktienmarkt, schliesslich, ¨berw¨ ist im SNB-Modell gar nicht enthalten.
130
10 Ein makro¨ okonomisches Modell der Schweizerischen Nationalbank
Wir k¨ onnen leider nicht auf alle diese interessanten Besonderheiten im Detail eingehen. Vielmehr soll ein u ust des SNB¨berschaubares theoretisches Ger¨ Modells entwickelt werden, das dann noch genauer ausgestaltet werden muss, bevor es prognosef¨ ahig wird. Zur Vereinfachung der Darstellung gehen wir in diesem Kapitel von einem ¯ aus. fixen exogenen Arbeitsangebot, L,
10.1 Monopolistischer Wettbewerb Bislang haben wir das Entscheidungsproblem der Produzenten so formuliert als ob diese annehmen, zum festen Preis P˜ jede beliebige Menge Y , die kleiner als die Angebotschranke Yˆ ist, absetzen zu k¨onnen. Eine allgemeinere und etwas elegantere Formulierung ist, eine in der Angebotsmenge Y fallende Preis-Absatz-Funktion anzunehmen, die die Produzenten in ihrem Optimierungskalk¨ ul ber¨ ucksichtigen. Die Vorstellung ist also die von relativ zum kleinen Markt grossen Firmen, die Preisabschl¨age hinnehmen m¨ ussen, wenn sie immer mehr Einheiten ihrer G¨ uter anbieten. Um diesen Gedanken klar zu machen sei P [Y ] die Preis-Absatz-Funktion und sei Cost [Y ] die Kostenfunktion. Ein gewinnmaximierender Produzent bestimmt nun die optimale Ausbringungsmenge Y so, dass
Y = arg max P [Y ] Y − Cost [Y ] .
(10.1)
Y
oder, was bei konkaver Produktionsfunktion ¨ aquivalent ist, so dass Grenzerl¨ose gleich Grenzkosten sind: E Y = P Y + P Y Y = Cost [y] . (10.2) Die bisherigen Verhaltensannahmen der Produzenten k¨onnen im Vergleich hierzu wie folgt dargestellt werden: Klassisches Modell: ∗
∗
Y = arg max P Y − Cost [Y ] .
(10.3)
Y
Keynesianisches Modell: Y˜ = arg max P˜ Y − Cost [Y ]
s.t. Y ≤ Yˆ .
(10.4)
Y
Die Abbildung 10.1. veranschaulicht diese Unterschiede. Im klassischen Modell sind die Ausbringungsmengen h¨ oher und die Preise tiefer als im Keynesianischen Modell wie auch im Vergleich zum Modell des monopolistischen Wettbewerbs. Man sieht auch, dass f¨ ur P˜ = P und Yˆ = Y die Keynesianische L¨ osung mit der des monopolistischen Wettbewerbs u ¨bereinstimmt. In diesem Sinne ist der monopolistische Wettbewerb eine etwas elegantere, aber auch
10.1 Monopolistischer Wettbewerb
131
aufwendigere Modellierung des mikrofundierten Keynesianismus.1 Wegen dieses engen Zusammenhangs benutzen wir in der Folgezeit den Index˜auch f¨ ur das Modell des monopolistischen Wettbewerbs. P
6
P [Y ]
C [Y ]
E [Y ] P
∗
P
Yˆ
∗
Y
-Y
Abb. 10.1. Monopolistischer Wettbewerb I
Um den Gedanken des monopolistischen Wettbewerbs in einem Diagramm wie zuvor darzustellen, erinnern wir uns, dass die G¨ uter bei gegebenem Kapitalstock ausschliesslich mittels Arbeit produziert werden. In einem Y ] [L, Diagramm zeichnen wir deshalb zun¨ achst die Produktionsfunktion F Ld ein. Die oben erw¨ ahnten Kosten Cost [Y ] sind also kurzfristig durch die Lohnkosten w F −1 [Y ] gegeben. Die in Abbildung 10.2 angedeutete Kurvenschar ist durch die Isogewinnlinien der Gewinnfunktion Π Ld = P F Ld F Ld − ¯ zeichen wir die Kurve Ld [Y ] = w Ld gegeben. D.h. zu jedem Gewinnniveau Π ¯ P [Y ]Y −Π bzw. die Umkehrfunktion hiervon Y Ld . Diese Kurve u ¨bernimmt w die Rolle der Indifferenzkurven des Konsumenten, die wir bislang immer in die entsprechenden Abbildungen eingezeichnet haben. In der Tat ist wichtig zu vermerken, dass in dieser Kurve die Pr¨aferenzen des Konsumenten mit eingehen. Sie sind in der Preis-Absatz-Funktion P [Y ] enthalten. Das Gewinnmaximum liegt dort, wo die h¨ ochste Isogewinnlinie gerade noch mit der Produktionsfunktion vertr¨ aglich ist. Dies ist in Abbildung 10.2 dargestellt. Algebraisch ausgedr¨ uckt ist ˜ d = arg max Π Ld = P F Ld F Ld − w Ld L
(10.5)
Ld
1
Man nennt das IS-LM-Modell ohne Mikrofundierung den (Alt-)Keynesianismus, das mit Angebotsrationierung den Neo-Keynesianismus und dasjenige des monopolistischen Wettbewerbs den neuen Neo-Keynesianismus.
132
10 Ein makro¨ okonomisches Modell der Schweizerischen Nationalbank Y
6
˜ Π
Π3 P [·]
L
˜ L
Π2 P [·] Π1 P [·]
Ys
Y d [M, . . . ]
-P
Abb. 10.2. Monopolistischer Wettbewerb II
˜ d ist so zu bestimmen, oder, was aus der Bedingung erster Ordnung folgt, L dass ˜ d (1 + η) = w , (10.6) F L P P [Y˜ ]Y˜ ˜ d ist. wobei η = P Y˜ die Elastizit¨ at der Nachfrage an der Stelle Y˜ = F L [ ] Da η negativ ist, wird also im Modell des monopolistischen Wettbewerbs wie auch im Neo-Keynesianischen Modell weniger als die Grenzproduktivit¨at der Arbeit verdient. Es ist ferner zu beachten, dass im Modell mit monopolistischem Wettbewerb der erste Wohlfahrtssatz nicht mehr gilt. Die Grenzproduktivit¨ atstheorie des Lohnes gilt aber in komparativ statischer Form. Falls zum Beispiel die Arbeitsproduktivit¨ at steigt, dann steigt auch der Reallohn. Dies ist auch die Lohnbildungshypothese im SNB-Modell. Auch wenn die Abbildung 10.2 sehr ¨ ahnlich zur Abbildung 3.1 auf Seite 18 ist, so muss man doch bemerken, dass die Isogewinnlinien im Gleichgewichtspunkt ˜ ˜ L, Y die Produktionsfunktion tangieren, w¨ ahrend die Indifferenzkurven im Neo-keynesianischen Modell dort in die Produktionsfunktion hineinschneiden. In beiden F¨ allen ist die Budgetlinie des Konsumenten flacher als die Tangente an die Produktionsfunktion, da der Reallohn kleiner als die Grenzproduktivit¨ at ist. Eine Besonderheit des SNB-Modells ist, dass die Produktionsentscheidung Y zudem durch eine Kapazit¨ atsgrenze Y¯ beschr¨ankt ist. Hierauf werden wir im Abschnitt Investitionsentscheidung n¨ aher eingehen, denn die Investitionen zielen darauf ab, gegebenenfalls die Kapazit¨ aten zu erweitern. Um einen ersten Einblick in die Logik des SNB-Modells zu bekommen, betrachten wir hier schon einmal die Auswirkung eines expansiven monet¨aren Impulses. Wie wir sp¨ ater sehen werden, kann auch im SNB-Modell begr¨ undet werden, dass eine Geldmengenerh¨ ohung einen expansiven Impuls auf die
10.2 IS-LM-Diagramm im SNB-Modell
133
gesamtwirtschaftliche Nachfrage Y d hat. Wir zeichnen deshalb im [P, Y ]Diagramm eine negativ geneigte Funktion Y d mit Verschiebeparameter M . Die gesamtwirtschaftliche Angebotskurve ist im SNB-Modell eine bis zur Kapazit¨ atsgrenze Y¯ steigende Kurve. Ein expansiver monet¨arer Impuls wird also, solange die Kapazit¨ atsgrenze noch nicht erreicht ist, sowohl die gesamtwirtschaftliche Produktion als auch die Preise erh¨ohen. Ab der Kapazit¨atsgrenze wirkt er nur noch inflation¨ ar. Dies ist ein empirisch plausibles Ergebnis, das den abrupten Regimewechsel des bisherigen Neo-keynesianischen Modells etwas gl¨ attet. Der Grund hierf¨ ur ist im SNB-Modell, dass mit h¨oherer Geldmenge die Preisabsatzfunktion P [Y, M ] weniger elastisch wird und somit die Isogewinnlinien flacher werden, weil die L¨ ohne nicht im gleichen Masse steigen wie die Preise, was der Phillipskurvenlogik entspricht. Die Abbildung 10.3 veranschaulicht das Gedankenexperiment der Geldmengenerh¨ ohung. Y Π1
Π0
6 Y¯
L
˜0 ˜1 L L
Ys
Y d [M1 ] Y d [M0 ]
P˜0 P˜1
-P
Abb. 10.3. Geldpolitik im SNB-Modell
10.2 IS-LM-Diagramm im SNB-Modell Wir betrachten zun¨ achst noch einmal die Angebotsentscheidung der Produzenten. Y˜ = arg max P [Y ] Y − Cost [Y ] .
(10.7)
Y
Es k¨ onnen zwei F¨ alle auftreten: Die L¨ osung dieses Optimierungsproblems Y˜ ist nicht gr¨ osser als die Kapazit¨ atsschranke Y¯ oder Y˜ ist echt gr¨osser als Y¯ . Im ersten Fall macht es keinen Sinn, die Kapazit¨ aten noch weiter zu vergr¨ossern. Investiert wird nur in der H¨ ohe der Abschreibungen κ Kt . Im anderen Fall
134
10 Ein makro¨ okonomisches Modell der Schweizerischen Nationalbank
gibt es auch kapazit¨ atswirksame Investitionen. Im SNB-Modell hat die Investitionsfunktion deshalb folgende Grundstruktur: It = κ Kt + α max Ytd − Y¯t
!
(10.8)
Dar¨ uber hinaus ist es wichtig zu vermerken, dass die Investitionen negativ vom Preisniveau im Ausland, P f , abh¨ angen, da die Investitionsg¨ uter importiert werden. Zudem h¨ angt der Handelsbilanz¨ uberschuss negativ vom heimischen Einkommen Y , positiv vom ausl¨ andischen Einkommen Y f sowie negativ vom Aussenwert der W¨ ahrung µ ab. Zusammengefasst ist somit die IS-Kurve von folgenden Faktoren abh¨angig: ¯ Y f,Pf,µ IS Y,
(10.9)
Sie ist, wie im vorhergehenden Kapitel gezeigt, in allen diesen Faktoren, bis auf Y f , fallend. angig. Die LM-Kurve ist, wie u ¨blich, positiv von der realen Geldmenge M P abh¨ Aus der komparativen Statik des IS-LM-Modells folgt dann, dass die gesamtwirtschaftliche Nachfrage Y d negativ von Y¯ und µ aber positiv von M , Y f und P f abh¨ angig ist. Um sich dies herzuleiten, muss man, wie in Kapitel 7 dargestellt, wieder u ¨berlegen, welche Schnittpunkte es im IS-LM-Diagramm f¨ ur verschiedenes Preisniveau gibt.
10.3 Graphische Darstellung des SNB-Modells Nun m¨ ochten wir die oben entwickelten Bausteine (Arbeitsmarkt, G¨ utermarkt, Geld- und Kapitalmarkt) in einer Gesamtgraphik des SNB-Modells zusammenf¨ ugen. Die Wechselkurstheorie des SNB-Modells entspricht in den Grundz¨ ugen der in Kapitel 9 beschriebenen Zinsparit¨atentheorie. Die wesentli¨ che Anderung des Diagramms aus Kapitel 9 ist also die anfangs diesen Kapitels beschrieben Modifikation des Arbeitsmarktes.
Y
Y
6 Yd
6
LM
˜ Π
PP PP PP PP PP P
¯ L
˜ L
%
% % % H HH H HH
IS
HH HH H
-P Q Q Q Q ∗ Q µ
?
?
w
µ Abb. 10.4. Das SNB-Modell
- (1 + r) Q Q
Q Q IRP
10.3 Graphische Darstellung des SNB-Modells
L
%
Ys
%%
135
136
10 Ein makro¨ okonomisches Modell der Schweizerischen Nationalbank
10.4 Analyse dreier Szenarien anhand des SNB-Modells Zum Abschluss dieses Skriptes untersuchen wir drei f¨ ur die Schweiz hochbrisante Szenarien anhand der komparativen Statik im SNB-Modell. Diese ¨ rein theoretischen Uberlegungen vergleichen wir zudem mit Simulationsrechnungen anhand des ¨ okonometrisch genau spezifizierten SNB-Modells. Alle Ausf¨ uhrungen k¨ onnen anhand des soeben beschrieben Diagramms selbst nachvollzogen werden. Dem interessierten Leser sei zur Vertiefung das Arbeitspapier The KOF/ETH Macromodel for Switzerland von Stalder (1998) empfohlen. Im Anhang 10.4.3 ist die Legende der Variablen des KOF-Modells wiedergegeben, damit man die Graphiken, welche die drei folgenden Szenarien veranschaulichen, nachvollziehen kann. 10.4.1 Aufwertungsdruck auf den Schweizer Franken Betrachten wir zun¨ achst das Szenario einer erwarteten Aufwertung des Frane ken, d.h. µ steigt. Hierdurch dreht sich die IRP-Kurve nach unten und der heutige Aussenwert der W¨ ahrung µ steigt, wodurch die Exporte und damit die IS-Kurve sinken. Es sinken die Zinsen, und der R¨ uckgang der gesamtwirtuckt auf die Preise. Die Isogewinnlinen werden schaftlichen Nachfrage Y d dr¨ steiler, und die Besch¨ aftigung sinkt. Sp¨ atestens jetzt wird die SNB gegensteuern und die Geldpolitik lockern, d.h. M steigt. Die LM-Kurve verschiebt sich nach links, was die ersten Effekte teilweise wieder korrigieren wird. In den Abbildungen 10.5 bis 10.11, welche wir mit Genehmigung der SNB hier pr¨ asentieren d¨ urfen, sieht man im Detail, u ¨ber wieviele Quartale welche Effekte wirksam sind.2
Abb. 10.5. Labor market and employment Quelle: SNB
2
Im Anhang zu diesem Kapitel ist die Legende der SNB-Variablen festgehalten.
10.4 Analyse dreier Szenarien anhand des SNB-Modells
Abb. 10.6. Interest rates Quelle: SNB
Abb. 10.7. Prices Quelle: SNB
Abb. 10.8. GDP and capacity output Quelle: SNB
137
138
10 Ein makro¨ okonomisches Modell der Schweizerischen Nationalbank
Abb. 10.9. External value swiss franc Quelle: SNB
Abb. 10.10. Components of aggregate demand Quelle: SNB
Abb. 10.11. Consumer prices and wages Quelle: SNB
10.4 Analyse dreier Szenarien anhand des SNB-Modells
139
10.4.2 St¨ arkeres Wachstum im Ausland Nicht nur negative Erscheinungen, wie Inflation werden durch die Verkn¨ upfung der Volkswirtschaften u ¨bertragen, sondern, wie dieses Szenario zeigt, u ¨bertr¨agt sich auch st¨ arkeres Wachstum international. In unserem Modell starten wir von der Annahme, dass Y f steigt. Hierdurch erh¨oht sich die Exportnachfrage, was die IS-Kurve nach oben verschiebt. Die Zinsen steigen, der Aussenwert der W¨ ahrung steigt und die Erh¨ ohung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage ar. Die Besch¨ aftigung, die gesamtwirtschaftlichen ProduktiY d wirkt inflation¨ on, wie auch die Reall¨ ohne steigen. Und wenn wie hier angenommen die SNB gegensteuert, dann wird nach 40 Quartalen das Bruttosozialprodukt der CH um 0,25% steigen, obwohl das des Auslandes um 1% gestiegen ist.
Abb. 10.12. Labor market and employment Quelle: SNB
Abb. 10.13. Interest rates Quelle: SNB
140
10 Ein makro¨ okonomisches Modell der Schweizerischen Nationalbank
Abb. 10.14. Prices Quelle: SNB
Abb. 10.15. GDP and capacity output Quelle: SNB
Abb. 10.16. External value swiss franc Quelle: SNB
10.4 Analyse dreier Szenarien anhand des SNB-Modells
Abb. 10.17. Components of aggregate demand Quelle: SNB
Abb. 10.18. Consumer prices and wages Quelle: SNB
141
142
10 Ein makro¨ okonomisches Modell der Schweizerischen Nationalbank
10.4.3 Erh¨ ohung der Zinsen im Ausland Eine Erh¨ ohung der Zinsen im Ausland, if , um einen Prozentpunkt wird zun¨ achst die IRP-Kurve nach oben verschieben, somit sinkt der Aussenwert der W¨ ahrung und die Exporte steigen. Letzteres verschiebt die IS-Kurve nach oben, wodurch ein expansiver Impuls auf dem G¨ uter- und Arbeitsmarkt entsteht. Die Zinsen steigen, wie auch die Preise. Es kommt also nun zu retardierenden Effekten und nach Berechnungen der SNB wird langfristig das schweizerische Bruttosozialprodukt um etwa 2% sinken.
Abb. 10.19. Labor market and employment Quelle: SNB
Abb. 10.20. Interest rates Quelle: SNB
10.4 Analyse dreier Szenarien anhand des SNB-Modells
Abb. 10.21. Prices Quelle: SNB
Abb. 10.22. GDP and capacity output Quelle: SNB
Abb. 10.23. External value swiss franc Quelle: SNB
143
144
10 Ein makro¨ okonomisches Modell der Schweizerischen Nationalbank
Abb. 10.24. Components of aggregate demand Quelle: SNB
Abb. 10.25. Consumer prices and wages Quelle: SNB
10.4 Analyse dreier Szenarien anhand des SNB-Modells
Anhang:
Variablen in der SNB-Modellrechnung
Labor Market: ˜ L ≈ employment ≈ L ˜d LD ≈ labor demand ≈ L LC ≈ capacity labor demand ≈ F˜ −1 Y¯ ˜s LS ≈ labor supply ≈ L Interest Rates: SRAT E ≈ short term interest rate ≈ i LRAT E ≈ long term interest rate ≈ i Prices: P ≈ GDP-deflator ≈ P P IM E ≈ investment prices ≈ P f P IM P ≈ import prices ≈ P f P EXP ≈ export prices ≈ P P CN ST R ≈ construction prices ≈ P P CON S ≈ consumer prices ≈ P GDP: Y ≈ gross domestic product ≈ Y Y C ≈ capacity gross domestic product ≈ Y¯ External Values: EV ≈ nominal external value ≈ µ
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10 Ein makro¨ okonomisches Modell der Schweizerischen Nationalbank
EV R ≈ real external value ≈ µreal Aggregate Demand: EXP ≈ exports ≈ X IHOU SE ≈ housing ≈ −− IM P ≈ imports ≈ IM CON S ≈ consumption ≈ C I ≈ investment ≈ I Wages: W ≈ wages ≈ w
¨ 10.5 Ubungen
147
¨ 10.5 Ubungen 10.1 Stellen Sie das SNB-Modell, wie es in diesem Kapitel behandelt wird, kurz dar: Aussenhandel, Nachfrageseite, Angebotsseite, Interaktion der Bestandteile. 10.2 Begr¨ unden Sie, weshalb im SNB-Modell die Reall¨ohne niedriger sind als im klassischen Modell. 10.3 Analysieren Sie die Auswirkung einer Produktivit¨atssteigerung f¨ ur den Fall unausgelasteter Kapazit¨ aten. 10.4 Wieso hat Geldpolitik im SNB-Modell reale Effekte? 10.5 Wie lautet der Auftrag der SNB? Weshalb soll eine Zentralbank das Ziel der Preisstabilit¨ at verfolgen? 10.6 Diskutieren Sie einen Abwertungsdruck auf den Euro. Welche Wirkung hat das auf den CHF?
11 Wachstumstheorie
Bislang haben wir Fragen der kurzen und der mittleren Frist, vor allem zur Konjunktur und zur Besch¨ aftigung, betrachtet. Die Wachstumstheorie besch¨ aftigt sich mit der langen Frist1 . Wodurch wird das Wachstum des Ein¨ kommens pro Kopf einer Okonomie bestimmt? Ist etwa eine hohe Sparquote verantwortlich f¨ ur eine hohe Wachstumsrate? In der NZZ am Sonntag vom 8. September 2002 wurde beobachtet, dass das Einkommen pro Kopf im Jahr 1950 in der Schweiz doppelt so hoch war als zur gleichen Zeit in Deutschland. Im Jahr 2000 hingegen war es nur noch um 25% h¨oher, als in unserem Nachbarland2 . Sind denn die Schweizer weniger fleissig gewesen als die Deutschen, oder ist es eine inh¨ arente Eigenschaft von Marktwirtschaften, dass die Einkommen pro Kopf aller L¨ ander zueinander konvergieren? Als Ausgangspunkt, um Licht in diese Sachverhalte zu bekommen, betrachten wir noch einmal das Modell von Kapitel 5. W¨ ahrend die Resultate der kurzen und mittleren Frist vor allem durch Marktunvollkommenheiten (Arbeitslosigkeit, Inflation, monopolistischer Wettbewerb, etc.) gepr¨agt waren, basiert die Analyse der langen Frist auf der Vorstellung, dass M¨arkte langfristig betrachtet perfekt sind (vgl. Abschnitt 2.3 auf Seite 10). Auch ist in der langen Frist Geld neutral, so dass wir uns in der Wachstumstheorie auf eine rein ¨ ¨ realwirtschaftliche Okonomie beziehen. In dieser Okonomie wird es vor allem um die richtige Kapitalakkumulation gehen. Wir betrachten deshalb neben dem Arbeits- und dem G¨ utermarkt einen perfekten Kapitalmarkt, auf dem die Firmen Geld f¨ ur Investitionen bei den Haushalten aufnehmen k¨onnen. Das folgende Kreislaufdiagramm ist Kapitel 5 entnommen. Es stellt die drei M¨ arkte und die zwei Typen von Akteuren des Modells anschaulich dar. In der neoklassischen Wachstumstheorie gehen wir von einer Produktionsfunktion 1 2
Mit langer Frist gemeint sind mehrere Jahrzehnte oder gar ein Jahrhundert. Zudem ist das Einkommen pro Arbeitsstunde in der Schweiz kaum h¨ oher als in Deutschland.
150
11 Wachstumstheorie
Ls S
Haushalte
6
-
C
Ld
w
i
? I
P
Y = F [K, L]
-
Firmen
Ys−I
(11.1)
mit folgenden Eigenschaften aus: •
positive, aber abnehmende Grenzprodukte: 2 ∂K F [K, L] > 0, ∂K F [K, L] < 0 2 ∂L F [K, L] > 0, ∂L F [K, L] < 0 • Lineare Homogenit¨ at in K, L F [λ K, λ L] = λ F [K, L] λ > 0 • Inada Bedingungen lim ∂K F [K, L] = lim ∂L F [K, L] = ∞ K→0
L→0
lim ∂K F [K, L] = lim ∂L F [K, L] = 0
K→∞
L→∞
Wegen der linearen Homogenit¨ at von F kann man die Produktionsfunktion in sogenannter (Arbeits-) intensiver Form schreiben: K , 1 = L f [k] (11.2) Y = F [K, L] = L F L oder kurz y = f [k]
(11.3)
wobei • y = YL Einkommen pro Kopf beziehungsweise das Einkommen pro Arbeitsstunde • k=K at L Kapitalintensit¨ • f [k] = F [k, 1] Man beachte, dass w¨ ahrend
∂K F [K, L] = f [k]
(11.4)
∂L F [K, L] = f [k] − k f [k]
(11.5)
Die Inada-Bedingungen implizieren:
11.1 Das Modell von Solow und Swan
lim f [k] = ∞
k→0
und
lim f [k] = 0
k→∞
151
(11.6)
Diese Eigenschaft der intensiven Produktionsfunktion wird sp¨ater wesentlich ¨ f¨ ur die These sein, dass sich in allen Okonomien die Einkommen pro Arbeitsstunde angleichen werden. Beispiel Sei Y = A K α L1−α 0 < α < 1, dann ist y = f [k] = A k α und f [k] = A α kα−1 > 0 sowie f [k] = −A α (1 − α) k α−2 < 0 und man u ¨berzeugt sich leicht, dass die Inada-Bedingungen erf¨ ullt sind. Schliesslich ist in der neoklassischen Wachstumstheorie die Arbeitsangebotst entscheidung Ls exogen. Es wird angenommen, dass Lst = (1 + n) L0 . Das heisst, das Arbeitsangebot w¨ achst mit der Rate n pro Periode.
11.1 Das Modell von Solow und Swan In diesem Modell wird gefragt, was eine gleichgewichtige Kapitalakkumulation w¨are. Auf dem Arbeitsmarkt ist t
(11.7)
t = 0, 1, 2, . . .
(11.8)
Ldt = Lst = (1 + n) L0 und auf dem G¨ utermarkt gilt Ct = Yt − It
Die Haushalte konsumieren, was nach Investitionsentscheidung It am GDP u ¨brig bleibt Yt = F [Kt , Lt ]
t = 0, 1, . . .
(11.9)
Somit bleibt der Kapitalmarkt zu betrachten. Das Kapitalmarktgleichgewicht erfordert: It = St
t = 0, 1, . . .
(11.10)
Hierbei gehen wir wieder davon aus, dass alle Investitionen fremdfinanziert sind. Das heisst Pt It = Bts und dass die Haushalte nur mittels Schuldverschreibungen der Firmen sparen, Pt St = Btd . Subtrahieren wir auf beiden Seiten der Kapitalmarktgleichung die Abschreibungen κ Kt , so erhalten wir It − κ Kt = St − κ Kt .
(11.11)
Nun ist nat¨ urlich It −κ Kt die Ver¨ anderung des Kapitalstocks von t nach t+1. Also ist Kt+1 − Kt = St − κ Kt .
(11.12)
152
11 Wachstumstheorie
Eine zentrale Annahme des Modells von Solow und Swan ist eine exogene und zeitlich konstante Sparquote s, so dass St = s F [Kt , Lt ]: Kt+1 − Kt = s F [Kt , Lt ] − κ Kt
(11.13)
In der Wachstumstheorie ist es wie oben angedeutet u ¨blich, alle Gr¨ossen auf die Arbeitsmenge Lt zu beziehen. Wir erhalten durch Division von Gleichung (11.13) durch Lt : (1 + n) kt+1 − kt = s f [kt ] − κ kt .
(11.14)
Hierbei haben wir benutzt, dass t+1
Kt+1 (1 + n) L0 Kt+1 Kt+1 = = (1 + n) . t t+1 Lt Lt+1 (1 + n) L0 (1 + n) L0 Gleichung (11.14) ist die zentrale Gleichung des Modells von Solow und Swan. Dies ist eine nichtlineare Differenzengleichung erster Ordnung, welche die Kapitalakkumulation des Modells beschreibt. Nichtlineare Differenzengleichungen k¨ onnen sehr viele L¨ osungspfade k0 , k1 , k2 , . . . generieren. In der Literatur werden meist station¨ are L¨ osungen3 kt = k¯ t = 0, 1, 2, . . . betrachtet. Im Modell von Solow und Swan sind station¨ are Gleichgewichte beschrieben durch: (1 + n) k¯ − k¯ = s f k¯ − κ k¯
(11.15)
¯ s f k¯ = (n + κ) k.
(11.16)
oder ¨ aquivalent
In Abbildung 11.1 sehen wir, dass k¯ mit s steigt und mit (n + κ) sinkt. Eine h¨ ohere Sparquote zum Beispiel ver¨ andert nicht die Wachstumsrate sondern das Niveau der gleichgewichtigen Kapitalintensit¨at. Bei gegebener exogener Sparquote s resultiert im station¨aren Gleichgewicht ei¯ [s] und ein station¨ ¯ [s] − ne Kapitalintensit¨ a t k a rer pro-Kopf-Konsum c ¯ = f k s f k¯ [s] . Es liegt deshalb nahe, nach solch einer Sparquote zu suchen, die den pro-Kopf-Konsum c¯ maximiert. In Abbildung 11.1 sieht man, dass der Abstand von f [k] zu (n + κ) k maximal wird f¨ ur k¯gold so dass die Steigung von f [k] gleich der Steigung von (n + κ) k ist: f k¯gold = n + κ
(11.17)
¯gold
Die Kapitalintensit¨ at k wird die Goldene Regel genannt. Schliesslich wollen wir untersuchen, ob im Solow-Swan-Modell eine Konvergenz des Einkommens pro Arbeitsvolumen zu erwarten ist. Wir starten von Gleichung 11.14, welche sich auch schreiben l¨ asst als: 3
In der station¨ aren L¨ osung wachsen alle Gr¨ ossen Y, K, L mit der gleichen Rate, n¨ amlich der exogenen Rate des Arbeitsvolumens Lt .
11.1 Das Modell von Solow und Swan
153
6 (n + κ) k
, , , f [k] ,
, , , , , ,
s f [k]
, ,
, , ,
¯ k
-k
Abb. 11.1. Station¨ are L¨ osung des Solow-Swan-Modells
kt+1 − kt = s f [kt ] − κ kt − n kt+1
(11.18)
Division durch kt ergibt die Wachstumsrate der Kapitalintensit¨at: kt+1 − kt s f [kt ] kt+1 = −κ−n kt kt kt ¯ ¯ Im station¨ aren Gleichgewicht k ist g k = 0, da g [kt ] :=
s f [kt ] =κ+n k¯
6
, , , (n + κ) k , , , , f [k] , ,, , , , , ,, s f [k] , , ,, , , ,, , , ,, , -k , gold ¯ k
Abb. 11.2.
Goldene Regel im Solow-Swan-Modell
(11.19)
154
11 Wachstumstheorie
Nun betrachten wir das Verhalten von g [kt ] f¨ ur Folgen von kt gegen Null und gegen unendlich. Wegen der Inada-Bedingung, limk→∞ f (K) = 0 w¨achst f [k] f¨ ur grosse k mit einer Rate kleiner 1, so dass gilt limk→∞ s fk[k] = 0. Also ist g [k] < 0 f¨ ur grosse k, so dass k sinkt. Auf der anderen Seite gilt f¨ ur Folgen 0. Denn wegen der Inada-Bedingung ist f [k] = lim f [k] = ∞. k→0 k Diesen Sachverhalt h¨ alt Abbildung 11.1 fest. lim
k→0
6
n+κ
s f [k] k
kA
kB
¯ k
-k
Abb. 11.3. Konvergenz
Betrachtet man nun zwei L¨ ander, die dieselbe Technologie f und dieselbe Sparquote s haben. Land A habe anf¨ anglich eine kleine Kapitalintensit¨at k0A , zum Beispiel weil das Kapital dieses Landes durch einen Krieg zerst¨ort wurde. Land B habe anf¨ anglich eine h¨ ohere Kapitalintensit¨at k0B . Sind k0A und k0B ¯ so konvergiert k A und k B kleiner als die gleichgewichtige Kapitalintensit¨at k, 0 0 ¯ mit der Zeit zu k. Land A holt dann das reichere Land B allm¨ahlich ein.
11.2 Das Modell von Ramsey Das Modell von Solow und Swan war ein Durchbruch in der Wachstumstheorie, wof¨ ur Robert M. Solow 1987 der Nobelpreis der Wirtschaftswissenschaften verliehen wurde. Dennoch ist dieses Modell in vielerlei Hinsich ad hoc. Vor allem die exogene Sparquote ist unbefriedigend. Vielmehr kann man sich vorstellen, dass die Haushalte die aus ihrer Sicht optimale Sparquote endogen
11.2 Das Modell von Ramsey
155
im ¨ okonomischen Gleichgewicht w¨ ahlen. Zur Vereinfachung gehen wir wieder von exogenem Arbeitsangebot aus. Dies pr¨azisieren wir in der folgenden Definition: Definition 11.1. Ein intertemporales okonomisches Gleichgewicht besteht aus ¨ ∗ ∗ ∗ Preisen, L¨ ohnen und Zinsen Pt , wt , it sowie ∗ ∗ ∗ ∗ ∗ ∗ ∗ Yt , Ct , Ldt , Lst , It , Bts , Btd , so dass: • Gewinnmaximierung ∗ ∗ ∗ ∗ Yt , Ldt , It , Bt wobei
•
= arg max t=0,1,2,...
t ∞
∗
t=0 τ =0
∗
1 1 + iτ
∗
s Πt = Pt (Yt − It ) − wt Ldt − (1 + it−1 ) Bt−1 + Bts t = 0, 1, . . . s.t. Yt ≤ Ft Ldt , Kt und Kt = (1 − κ) Kt−1 + It−1 t = 1, 2, . . . (11.20)
K0 ist gegeben. Nutzenmaximierung ∗ ∗ Ct , Btd
= arg max t=0,1,2,...
s.t.
∞ t
βτ Ut [Ct ]
t=0 τ =0
∗
∗
∗
d Pt Ct + Btd = wt Lst + Πt + (1 + it−1 ) Bt−1
s.t. •
Πt
d B−1 =0
(11.21)
Marktr¨ aumung ∗
∗
Yt = Ct + It
∗
∗
Ldt = Lst
∗
∗
Btd = Bts
t = 0, 1, 2, . . .
(11.22)
In diesem intertemporalen Gleichgewicht interagieren Haushalte und Firmen auf dem Arbeits-, dem G¨ uter- und dem Kapitalmarkt. Aus der Gleichgewichtsdefinition 11.1 leiten wir nun die zum Solow-Swan-Modell analoge Regel der Kapitalakkumulation her. Wiederum werden wir nur station¨are L¨osungen betrachten, in denen insbesondere die Zinsen u ¨ber die Zeit konstant sind: ∗ ∗ it = i, t = 0, 1, . . . Wir treffen zudem folgende Annahmen: Produktions- und Nutzenfunktion sind station¨ ar, das heisst Ft = F, Ut = U . Die Produktionsfunktion F ist weiterhin neoklassisch. Ebenso nehmen wir eine neoklassische Nutzenfunktion an. In der intertemporalen Nutzenfunktion wird mit station¨arer Rate 0 < β < 1 abdiskontiert. Schliesslich ist, wie im Modell von Solow und Swan die Arbeitsangebotsentscheidung exogen Lt = t (1 + n) L0 t = 0, 1, . . . Zun¨ achst betrachten wir das Gewinnmaximierungsproblem der Firmen:
156
11 Wachstumstheorie
t ∞ 1 max (Pt F [Lt , Kt ] − wt Lt Kt 1+i t=0 − (1 + i) Pt−1 (Kt − (1 − κ) Kt−1 )) Das obige Maximierungsproblem ergibt sich aus dem Gewinnmaximierungsproblem in Definition 11.1 durch Einsetzen der Definition f¨ ur die Investitionen. Ausserdem haben wir wieder angenommen, dass die Investitionen voll∗ umf¨ anglich fremdfinanziert werden: Pt It = Bts (Modigliani-Miller-Theorem, siehe auch Seite 71). Die Bedingung erster Ordnung zur L¨osung dieses intertemporalen Maximierungsproblems, die sogenannte Eulergleichung 4 , lautet:
1 1+i
t (Pt ∂K F [Lt , Kt ] − (1 + i) Pt−1 ) +
1 1+i
t+1 (1 + i) Pt (1 − κ) = 0
oder vereinfacht: ∂K F [Lt , Kt ] − (1 + r) + (1 − κ) = 0 In intensiver Form f¨ uhrt dies zu: f [k] + (1 − κ) = 1 + r
(11.23)
Das Grenzprodukt des Kapitals pro Kopf muss, um die Abschreibungsrate erg¨ anzt, gleich der Bruttorendite des Bonds sein. Analog l¨ osen wir das Nutzenmaximierungsproblem
max
∞
β t U [Ct ]
t=0
t t ∞ ∞ 1 1 Pt Ct = (wt Lt + Πt ) 1+i 1+i t=0 t=0
s.t.
Die Budgetgleichung ergibt sich aus der Elimination des Bondangebots im Nutzenmaximierungsproblem von Definition 11.1. Die Eulergleichung lautet: β ∂C U [Ct ] = ∂C U [Ct+1 ] t
β t+1 4
t 1 1+i t+1
1 1+i
Pt Pt+1
Herleitung: Partielle Ableitung nach kt = 0. Vorsicht, kt taucht in t und in t − 1 auf!
11.2 Das Modell von Ramsey
157
oder vereinfacht: ∂C U [Ct ] =1+r β ∂C U [Ct+1 ] Also gilt in jedem intertemporalen, station¨ aren, ¨okonomischen Gleichgewicht5 : (f [k] + (1 − κ)) β = 1 Abschliessend wollen wir dise Kapitalakkumulationsregel mit derjenigen einer ¨ Okonomie ohne M¨ arkte aber mit einem wohlwollenden Planer vergleichen. Dabei gen¨ ugt es, das folgende Maximierungsproblem der Kapitalakkumulation zu studieren:
max
∞
β t U [Ct ]
t=0
s.t. Ct + It = F [Lt , Kt ] und Kt+1 = (1 − κ) Kt + It
t = 0, 1, 2, . . . (11.24)
Wegen der Homogenit¨ at der Nutzen- und der Produktionsfunktion k¨onnen wir wiederum zur intensiven Form u ¨bergehen: max kt
∞
t
β t u [f [kt ] − (1 + n) kt+1 + (1 − κ) kt ] (1 + n) L0
(11.25)
t=0
t wobei u [ct ] := U C Lt . Die Eulergleichung dieses Maximierungsproblems lautet: f [kt ] + (1 − κ) =
u [f [kt−1 ] − (1 + n) kt + (1 − κ) kt−1 ] β u [f [kt ] − (1 + n) kt+1 + (1 − κ) kt ]
(11.26)
Die Kapitalakkumulation ist also dann optimal, wenn die Grenzrate des Konsums in t gleich der Grenzproduktivit¨ at des Kapitals abz¨ uglich der Abschreibungsrate gewichtet mit der Grenzrate des Konsums in t + 1 ist: u [ct ] = (f [kt ] + (1 − κ)) β u [ct+1 ] In diesem Fall ist der Haushalt gerade indifferent bez¨ uglich Konsum in t und Investieren und Konsumieren in t + 1. Wiederum betrachten wir station¨are L¨ osungen der Kapitalakkumulation: kt = k¯ und ct = c¯ f¨ ur alle t = 0, 1, . . . c] k¨ urzt sich aus der Nun ist k¯ unabh¨ angig von der Nutzenfunktion u und u [¯ Gleichung heraus. Somit erhalten wir wieder (f [k] + (1 − κ)) β = 1 . 5
Man beachte, dass ∂C U [Ct+1 ] = ∂C U [Ct ]
158
11 Wachstumstheorie
Das bedeutet, dass die zuvor gefundene Regel optimal ist. Dieses Resultat sollte nicht u arkte perfekt sind, das heisst es gibt we¨berraschen, da diese M¨ der monopolistischen Wettbewerb, noch Preisrigidit¨aten, Angebotsschranken und auch keine Bid-Ask-Spreads. Folglich wird die Gleichgewichtsallokati ∗ ∗ ∗ ∗ ∗ ∗ s d on Yt − It = Ct , Lt = Lt , It Pareto-effizient sein. Sie kann also nicht t=0,1,...
durch einen wohlwollenden Planer verbessert werden, der dieselbe Produktionstechnologie verwenden muss. Diese Aussage ist eine der Kernaussagen der Gleichgewichtstheorie, der sogenannte 1. Hauptsatz der Wohlfahrtstheorie. Viele Lehrb¨ ucher stellen deshalb das Wachstumsmodell nur anhand des Planungsproblems dar. Manche gehen sogar so weit, dass sie in das Planungsproblem Friktionen einbauen, unter denen der erste Wohlfahrtssatz nicht mehr gilt. Es ist darum fraglich, ob die L¨ osungen des Planungsproblems noch irgendetwas mit der zugrundeliegenden Markt¨ okonomie zu tun haben. 11.2.1 Vergleich zwischen Solow- und Ramsey-Modell 1 , Sei r die Zinsrate im station¨ aren ¨ okonomischen Gleichgewicht, d.h. β ≡ 1+r dann lautet die optimale station¨ are Kapitalakkumulationsregel: ∗ f k = κ + r (11.27)
Diese Kapitalakkumulationsregel sieht sehr ¨ ahnlich aus, wie die goldene Regel des Solow-Swan Modells auf Seite 152: f k¯gold = κ + n
(11.17)
Jedoch bestimmt in der station¨ aren Kapitalakkumulationsgleichung nicht die Wachstumsrate des Arbeitsvolumens die optimale Kapitalakkumulation, sondern die Gegenwartsvorliebe β. Aus Sicht des Ramsey-Modells f¨ uhrt die goldene Regel nur zur optimalen Kapitalakkumulation, falls zuf¨allig r = n gilt. Die Maximierung des station¨ aren Konsums pro Kopf stimmt jedoch in der Regel nicht u ¨berein mit der intertemporalen Maximierung des Nutzens! Die Kapitalintensit¨ at k¯gold ist also in der Regel dynamisch ineffizient. In Abbildung 11.4 sind beide Wachstumsmodelle graphisch einander gegen¨ ubergestellt. Das Bev¨ olkerungswachstum n muss immer kleiner sein als der reale Zinssatz r. In Gleichung (11.25) wird die Nutzenfunktion unter der oben t 1 multipliziert mit 1+n . Wenn nun die Wachsgenannten Annahme β ≡ 1+r 1+r tumsrate der Bev¨ olkerung gr¨ osser als der reale Zinssatz w¨are, dann w¨ urde die Funktion mit der Zeit gegen unendlich konvergieren, was keinen Sinn macht, da man dann den Nutzen nicht mehr maximieren muss6 . Somit ist die Kapitalintensit¨ at gem¨ ass der Goldenen Regel, k¯gold , wie in Abbildung 11.4 gezeigt, relativ zur Kapitalintensit¨ at des Ramsey-Modells zu gering. 6
P
Sei c¯ ein Kandidat f¨ ur die station¨ are L¨ osung des Maximierungsproblems (11.25). t Damit die Summe ∞ c] (1 + n)t L0 konvergiert, muss β (1 + n) < 1 sein, t=0 β u [¯ 1 was unter Beachtung von β = 1+¯ aquivalent ist zu 1 + n < 1 + r¯. r ¨
11.2 Das Modell von Ramsey
6
r+κ n+κ f [k] ∗
k
¯gold k
-k
Abb. 11.4. Ramsey-Modell im Vergleich zum Solow-Swan-Modell
159
160
11 Wachstumstheorie
¨ 11.3 Ubungen 11.1 Sei Y = A K α L1−α . Berechnen Sie die station¨are L¨osung im SolowSwan- sowie im Ramsey-Modell. 11.2 Begr¨ unden Sie anhand der Gleichgewichtsdefinition 11.1, dass im statir (11.27) on¨ aren, ¨ okonomischen Gleichgewicht die Beziehung f k¯ = κ+¯ gilt. 11.3 Wie wird in den hier betrachteten Modellen technischer Fortschritt modelliert. Finden Sie diese Modelle realistisch?
12 Schlussbemerkungen
Dieses Buch hat sukzessive ein mikrofundiertes makro¨okonomisches Modell entwickelt, welches Arbeits-, G¨ uter-, Geld- und Kapitalmarkt sowie einen Aktienmarkt und auch Aussenhandel umfasst. In diesem Modell wurde die klassische Hypothese flexibler L¨ ohne und Preise bis hin zum Wachstumsmodell von Ramsey verfolgt. Die keynesianische Hypothese nach unten starrer L¨ohne und Preise war hingegen eher f¨ ur die kurze und mittlere Frist betrachtet worden. Wie man von diesen Modellen zu langfristigen Makromodellen mit starren L¨ ohnen und Preisen kommt, ist noch weitgehend unerforscht. Eine Schwierigkeit ist sicherlich, dass man bei solchen Friktionen nicht mehr auf ein ¨aquivalentes Planungsproblem zur¨ uckgreifen kann, da der erste Wohlfahrtssatz dann nicht mehr g¨ ultig ist. Stattdessen muss man die intertemporale Dynamik als Abfolge von kurzfristigen Gleichgewichten explizit untersuchen. Schliesslich ist die lange Frist ja nur eine Aneinanderreihung vieler kurzer Fristen. Also muss man genau begr¨ unden, wieso die kurzfristigen Preis- und Lohnstarrheiten langfristig beseitigt werden. Wir hoffen, dieses Buch hat das Interesse f¨ ur diese und andere Fragen der analytischen Makro¨okonomie geweckt und w¨ unschen allen Lesern viel Erfolg beim weiterf¨ uhrenden Studium.
A Explizite Modelll¨ osungen und KoSiMo
Komparative Statik in makro¨ okonomischen Modellen mit vielen exogenen und vielen endogenen Variablen, welche durch viele M¨arkte verkn¨ upft werden, ist eine sehr schwierige Aufgabe. Meistens ist es so, dass es gegenl¨aufige Effekte gibt. Eindeutig ist oftmals nur die Auswirkung von Geldpolitik in klassischen Modellen zu bestimmen! Die Neutralit¨ at des Geldes ist unabh¨angig von weiteren Annahmen g¨ ultig. Als Beispiel f¨ uhr den eher typischen Verlauf der komparativen Statik sei hier an die Auswirkung einer Produktivit¨atssteigerung auf die Besch¨ aftigung im keynesianischen Modell mit Aktienmarkt erinnert. Eine Produktivit¨ atsteigerung f¨ uhrt zun¨ achst zu einem Besch¨aftigungsr¨ uckgang, da man nun die absetzbare Menge mit weniger Arbeit produzieren kann. Andererseits steigen aber die Gewinne, sodass u ¨ber die IPO-t¨atigkeit die gesamtwirtschaftliche Nachfrage und somit auch die Nachfrage nach Arbeit steigt. Welcher Effekt u ¨berwiegt ist ohne weitere Annahmen nicht klar. In diesem Kapitel m¨ ochten wir komparative Statik unter eben genau solchen weiterf¨ uhrenden Annahmen betrachten. Zun¨ achst rechnen wir die in Kapitel 8 bis 10 vorgestellten Modelle explizit durch, um die makro¨okonomische Zusammenh¨ ange graphisch darzustellen und komparativ statische Aussagen u ¨ber den Einfluss von exogenen Variablen machen zu k¨onnen. Hierbei greifen wir nicht auf die Mikrofundierung zur¨ uck, das heisst, wir spezifizieren weder Nutzen- noch Produktionsfunktionen, um das ¨okonomische Gleichgewicht auszurechnen.1 Wir geben stattdessen ad hoc Funktionen an, die das Verhalten in etwa beschreiben sollen. Das Ziel ist dann die Analyse der Interaktion dieser Funktionen. Durch die Angabe spezifischer solcher ad hoc Funktionen lassen sich dann schon in vielen F¨ allen konkrete komparativ-statische Aussagen herleiten. Einige F¨ alle k¨ onnen aber dennoch unentscheidbar bleiben. Im letzten Schritt werden wir dann noch spezifische Parameterwerte festlegen, sodass das Ergebnis der komparativen Statik immer berechnet werden kann. Es kann nun jedoch passieren, dass je nach Gr¨ osse der Parameter die komparative 1
Dieser Ansatz wird in den sogenannten computable general equilibrium models durchgef¨ uhrt (siehe auch Shoven, Whalley (1992)).
164
A Explizite Modelll¨ osungen und KoSiMo
Statik unterschiedlich ausf¨ allt. Auf der Internetseite zu diesem Buch2 finden Sie eine Umsetzung dieser expliziten L¨ osungen (KoSiMo aktm, KoSiMo ahan, oglichkeit Parameterwerte selbst festzulegen. In der KoSiMo snb) mit der M¨ praktischen Umsetzung makro¨ okonomischer Modell, wie etwa im SNB Modell, m¨ ussen die Parameterwerte nat¨ urlich mittels einer sorgf¨altigen Datenanalyse ¨ (Okonometrie) festgelegt werden. Simulationsprogramme wie KoSiMo sollten deshalb nicht f¨ ur quantitative Prognosen ben¨ utzt werden. Wir nehmen Modelle mit regime switching an, damit die klassische mit der keynesianischen Sicht in einem Diagramm verglichen werden kann. Die Angebotskurve ist im G¨ utermarkt-Preisdiagramm bei Keynes vertikal (im SNBModell steigend) und in der Klassik horizontal.
A.1 Explizite L¨ osung des Modells mit Aktienmarkt Im Modell mit Aktienmarkt bestimmt die No-Arbitrage Bedingung (NAB) (8.6) unter Unsicherheit das Gleichgewicht auf dem Aktienmarkt. Die Gewine ur die Aktienkurse q gilt dann nerwartungen Π sind hier exogen gegeben. F¨ e
Π (A.1) 1+r Im Modell von Kapitel 8 besteht die Investitionsnachfrage aus dem Ausbau des Kapitalstocks bestehender Firmen und aus Neugr¨ undungen. Wir w¨ahlen I0 die funktionalen Formen I [r] = 1+r und S [Y ] = s Y . Die IS-Kurve beschreibt das Gleichgewicht auf dem Kapitalmarkt: I [r] = S [Y ]. Durch Integration des q=
e
I0 Π + 1+r = Aktienmarktes in das Kapitalmarktgleichgewicht erhalten wir: 1+r s Y , wobei I0 die Summe der privaten Investitionen und der Staatsausgaben zum Zeitpunkt 0 darstellt und s die Sparquote. L¨osen wir diese Gleichung nach Y auf, so erhalten wir die IS-Kurve e
Π + I0 Y = (1 + r) s d
(A.2)
Die LM-Kurve sei durch den exogenen Kassahaltungskoeffizienten k und die exogene Geldmenge M bestimmt kYd M = (A.3) P 1+r Die AD-Kurve widerspiegelt das Gleichgewicht der IS- und der LM-Kurve. Zur Herleitung der AD-Kurve l¨ osen wir deshalb (A.3) nach 1 + r auf und setzen den Ausdruck in (A.2) ein. Wir erhalten f¨ ur die AD-Kurve M d [r, Y ] =
2
http://www.carlo-strub.ch/oec/makro/
A.1 Explizite L¨ osung des Modells mit Aktienmarkt
Yd =
" # # M Πe + I 0 $ P sk
165
(A.4)
Auf der Angebotsseite produzieren Firmen Konsumg¨ uter mit dem Produktionsfaktor Arbeit. Hier gehen wir also von einer kurzfristigen Betrachtung aus, in der die Investitionen heute den Kapitalstock noch nicht beeinflussen. Der exogene Parameter α stellt dabei ein Mass f¨ ur die Arbeitsproduktivit¨at dar, und die Produktionsfunktion sei in der Klassik durch das maximale Arbeits¯ begrenzt angebot L
√ ¯ α L falls L < L √ F [L] = (A.5) ¯ falls L ≥ L ¯ α L Der Reallohn der Arbeiter bestimmt sich aus dem Grenzprodukt ihrer Arbeit (vergl. Kap. 3). Dies entspricht der Ableitung der Produktionsfunktion bei Vollbesch¨ aftigung, d.h. an dieser Stelle sind alle exogen verf¨ ugbaren Arbei¯ besch¨ ter L aftigt. Wir nehmen an, dass der Reallohn bei Keynes demjenigen in der Klassik entspricht, obwohl im keynesianischen Modell Arbeitslosigkeit existiert. Also ist der Reallohn α w = √ (A.6) ¯ P 2 L F¨ ur die Isogewinnlinie der Produzenten, bzw. die Budgetgerade des Konsuw angigkeit des menten gilt Y = Π P + P L. Da wir die Isogewinnlinie in Unabh¨ Preisniveaus bestimmen wollen, setzen % wir f¨ ur denReallohn (A.6) ein und ˜ L ˜− √ ur die Isogewinnlinie L f¨ ur den Realgewinn der Firma3 Π ¯ . F¨ P = α 2 L erhalten wir % ˜ L − L s ˜+ √ Y =α L (A.7) ¯ 2 L F [L] |L=L¯ =
Im keynesianischen Modell ist die aggregierte Angebotskurve AS durch die vertikale Gerade P [Y s ] = P¯ definiert, wobei P¯ ein exogen fixiertes Preisniveau √ ¯ darstellt. In der Klassik ist die AS-Kurve eine horizontale Gerade Y s = α L. In einem Modell mit Regime Switching gilt f¨ ur die AS-Kurve:
0 falls P < P¯ √ Ys = (A.8) ¯ falls P ≥ P¯ α L 3
p
Der Realgewinn der Firma ist einfach zu berechnen, indem wir vom Tangential˜ der Produktionsfunktion und der Isogewinnlinie ausgehen und von punkt α L α diesem Wert die Steigung der Isogewinnlinie 2√ ¯ multipliziert mit der effektiven L ˜ subtrahieren. F¨ ˜ in der Klassik Besch¨ aftigung L ur die effektive Besch¨ aftigung L ∗ ˜=L ¯ = L. Bei Keynes l¨ osen wir die erste Zeile von (A.5) nach ist klar, dass gilt L ˜ = Y˜ 22 , unter der Annahme, dass gilt Y s = Y d . L auf und erhalten L α
166
A Explizite Modelll¨ osungen und KoSiMo
Im Gleichgewicht der AS- und der AD-Kurve erhalten wir das Einkommen, bzw. die Produktion Y in Unabh¨ angigkeit des endogenen Preisniveaus P . In der Klassik entspricht dies der ersten Zeile und bei Keynes der zweiten Zeile von (A.9). √ ∗ ¯ Y =α L e (A.9) M Π+I0 ˜ Y = ¯ P sk Tabelle A.1 zeigt die langfristigen komparativ statischen Auswirkungen einer exogenen Ver¨ anderung im Modell mit Aktienmarkt auf die endogenen Variablen nach klassischer und keynesianischer Sicht. Das Zeichen + bedeutet, dass eine exogene Variable ceteris paribus eine endogene Gr¨osse erh¨oht. = bedeutet, dass die endogene Variable unbeeinflusst ist, und −, dass sich die endogene Variable reduziert. Man beachte zudem, dass wir f¨ ur den Fall einer exogenen Preiserh¨ ohung im klassischen Modell keine Aussagen machen k¨ onnen, da diese komparative Statik dort nicht m¨oglich ist. Das Preisniveau ist im klassischen Modell ja endogen und nicht exogen. Wir weisen noch einmal darauf hin, dass viele dieser Auswirkungen sich wegen der Festlegung der spezifischen Funktionen, die wir hier gemacht haben ergeben. Ein Beispiel sei im klassischen Modell die Auswirkung der Produktivit¨ atssteigerung auf den Nominallohn: Eine Produktivit¨atsteigerung erh¨oht zum einen bei jedem Besch¨ aftigungsniveau den Reallohn, da im klassischen Modell nach der Grenzproduktivit¨ at entl¨ ohnt wird. Zum anderen ist im klassischen Modell der Arbeitsmarkt stets im Gleichgewicht, also ist die Besch¨aftigung nach wie vor durch die unver¨ anderte Gesamtmenge der zur Verf¨ ugung ¯ begrenzt. Der neue Reallohn ist also, wie in Gleichung stehenden Arbeit L A.6 berechnet: α w = √ ¯ P 2 L Der Nominallohn ergibt sich hieraus durch Multiplikation mit dem Preisniveau. Da im klassischen Modell das Preisniveau wegen der Erh¨ohung der Angebotsmenge, welche nach Produktivit¨ atssteigerung erreicht werden kann, sinkt, ist im allgemeinen nicht klar, wie sich der Nominallohn letztlich ver¨andert. Es gibt gegenl¨ aufige Effekte. Wegen der Festlegung der speziellen Funktionen, die wir hier getroffen haben, k¨ onnen wir dies jedoch berechnen. Das Preisniveau ergibt sich aus der Gleichung A.3 durch Umstellen nach P : F [L] |L=L¯ =
(1 + r) M (A.10) kY Setzen wir nun noch das gesamtwirtschaftliche Angebot gem¨ass der Gleichung A.9 ein, so ergibt sich f¨ ur den Nominallohn: P =
w=
(1 + r) M ¯k 2L
(A.11)
A.1 Explizite L¨ osung des Modells mit Aktienmarkt
167
In diesem Ausdruck f¨ allt nun die Arbeitsproduktivit¨at durch K¨ urzen heraus, sodass bei diesen spezifischen Funktionen der Nominallohn gerade unabh¨angig von der Arbeitsproduktivit¨ at ist. Deshalb haben wir in der nachfolgenden Tabelle an der betreffenden Stelle ein = eingetragen. Den Lesern wird dringend empfohlen, die anderen Eintragungen auf ¨ahnliche Weise nachzuvollzie¨ hen. Diese selbtst¨andigen Uberlegungen sind die beste Lernkontrolle. Deshalb werden wir sie bewusst hier nicht vorrechnen. Tabelle A.1. Komparative Statik im Modell mit Aktienmarkt e
¯ P¯ M k I0 s Π α L ∗
Y Y˜ ∗ L ˜ L ∗ P P˜ ∗
r r˜ ∗ q q˜ ∗
w P w ˜ P
∗
w w ˜
+ = = = − = − = + = + + = +
+ = + = − = − = + = − − − −
= − + = + = + + + = + − = − + = = = + + +
= − = = − − = + = − = = − −
= + = = = − + + − − = = = −
= − = = = + − − + + = = = +
= + = = = − + + + + = = = −
168
A Explizite Modelll¨ osungen und KoSiMo
A.2 Explizite L¨ osung des Modells mit Aussenhandel ¨ Im Unterschied zum vorherigen Modell betrachten wir nun eine Okonomie mit Aussenhandel. Auf der Nachfrageseite bestimme die IRP (9.9) den Aussenwert der W¨ ahrung µ in Abh¨ angigkeit der ausl¨andischen Zinsen rf und dem e erwarteten Aussenwert der W¨ ahrung µ µ=
(1 + r) e µ. (1 + rf )
(A.12)
F¨ ur die IS-Kurve muss weiterhin gelten: I [r] = S [Y ]. Integrieren wir den Aussenhandel in dieses Modell, so z¨ ahlen wir zu den privaten und staatlichen Investitionen I0 auch die realen Exporte x und die realen Importe m. Defif f nieren wir die Exporte durch x = Yµ und die Importe durch m = Y − Pµ , so erhalten wir nach Einsetzen von µ aus (A.12): Y f 1 + rf P f 1 + rf I0 + −Y + = sY e e 1+r (1 + r) µ (1 + r) µ L¨ osen wir diese Gleichung nach Y auf, so erhalten wir die IS-Kurve e I0 µ + Y f 1 + rf + P f 1 + rf d Y = e (1 + r) µ (1 + s)
(A.13)
Die LM-Kurve sei wie in (A.3) definiert L [r, Y ] =
kYd M = P 1+r
(A.14)
F¨ ur die Berechnung der AD-Kurve l¨ osen wir (A.14) nach 1 + r auf und f¨ ugen den Ausdruck in (A.13) ein. Wir erhalten & e M (I0 µ + (Y f + P f ) (1 + rf )) d Y = (A.15) e P k µ (1 + s) Wir nehmen an, dass die Angebotsseite des Modells mit Aussenhandel die gleiche Struktur aufweist wie das Modell mit Aktienmarkt. Die expliziten L¨osungen der Angebotsseite dieses Modells entsprechen demnach (A.5) – (A.8). Insbesondere haben wir dieselbe Bestimmungsgleichung f¨ ur den Reallohn. α w (A.16) = √ ¯ P 2 L Bei Gleichheit der AS- und der AD-Kurve erhalten wir in der Klassik f¨ ur Y die erste Zeile und bei Keynes die zweite Zeile von (A.17) √ ∗ ¯ Y =α L e (A.17) M (I0 µ+(Y f +P f )(1+r f )) Y˜ = e P¯ k µ(1+s) F [L] |L=L¯ =
A.2 Explizite L¨ osung des Modells mit Aussenhandel
169
Langfristig ergeben sich im Modell mit Aussenhandel die in Tabelle A.2 dargestellten komparativ statischen Auswirkungen einer exogenen auf die endogenen Variablen nach klassischer und keynesianischer Sicht. Wie im Modell mit Aktienmarkt werden wir einen der schwierigeren Effekte hier vorrechnen und die anderen empfehlen wir als Lernkontrolle selbst nachzurechnen. Wir m¨ ochten hier zeigen, dass bei diesen spezifischen Funktionen im klassischen Modell eine Produktivit¨ atssteigerung den Realzins senkt. Der Realzins ergibt sich durch Umformen der LM-Kurve: P kY (A.18) M Das Preisniveau wiederum ergibt sich aus dem AS-AD-Diagramm, also hier durch Gleichsetzen der Gleichungen (A.15) und (A.17) und Aufl¨osen nach der Variablen P : e M I0 µ + Y f + P f 1 + rf (A.19) P = e ¯ k µ (1 + s) α2 L (1 + r) =
Da also die Arbeitsproduktivit¨ at in das Preisniveau in quadratischer Form und in die gesamtwirtschaftliche Produktion nur linear eingeht, dominiert der Effekt der Preissteigerung den der Outputsteigerung und letzlich wird der Realzins sinken. Tabelle A.2. Komparative Statik im Modell mit Aussenhandel ¯ P¯ M k I0 s Y f P f rf µe α L ∗
Y ++ Y˜ = = ∗ L =+ ˜ −= L ∗ P −− P˜ = = ∗ r −− r˜ = = ∗ µ −− µ ˜ == ∗ w +− P w ˜ +− P ∗ w −− w ˜ +−
= − + = − + + + = = + − = + − = = = + + =
= − = − − = = + = + = = − =
= + = + + = + + + + = = + =
= − = − − = − − − − = = − =
= + = + + = + + + + = = + =
= + = + + = + + + + = = + =
= + = + + = + + − − = = + =
= − = − − = − − + + = = − =
170
A Explizite Modelll¨ osungen und KoSiMo
A.3 Explizite L¨ osung des SNB-Modells Wie in Abschnitt A.2 betrachten wir hier ein Modell mit Aussenhandel. Es gilt also nach wie vor die Interest-Rate-Parity: µ=
(1 + r) e µ. (1 + rf )
(A.20)
Wir nehmen nun aber monopolistischen Wettbewerb auf dem G¨ utermarkt an. Die IS-Kurve sei gleich definiert wie in (A.13). e I0 µ + Y f 1 + rf + P f 1 + rf Y = (A.21) e (1 + r) µ (1 + s) Die LM-Kurve sei jedoch im Vergleich zu (A.3) leicht modifiziert4 : & Y M =k √ L [r, Y ] = P 1+r
(A.22)
F¨ ur die AD-Kurve erhalten wir Y = d
3
const P4
e M 4 I0 µ + Y f + P f 1 + rf wobei const = e k 4 µ (1 + s)
(A.23)
Die Produktionsfunktion ist durch die exogene Kapazit¨atsgrenze Y¯ eingeschr¨ ankt. Im klassischen Regime ist diese Schranke bindend und wenn wir in ¨ diesem Regime exogene Anderungen untersuchen, dann unterstellen wir, dass wir das Regime nicht verlassen, dass also die Schranke bindend bleibt.
√ ¯2 α L falls L < Yα2 F [L] = (A.24) ¯2 Y¯ falls L ≥ Yα2 Im SNB Modell haben wir monopolistischen Wettbewerb auf dem G¨ utermarkt, deshalb sind die Preise der Konsumg¨ uter nicht exogen, sondern endogen durch die fallende Preis-Absatz-Funktion (A.23) bestimmt. F¨ ur die Herleitung der Isogewinnlinie l¨ osen wir (A.23) nach P auf und setzen den w ur die IsogewinnliAusdruck in Y = Π P + P L ein. Es ergibt sich ergibt sich f¨ nie: 4
(Π + L w) (A.25) const Als n¨ achstes wollen wir die AS-Kurve herleiten. Im klassischen Regime ist klar, dass f¨ ur die AS-Kurve gilt: Y s = Y¯ . Im keynesianischen Regime ist das Y =
4
Der Grund liegt in der ver¨ anderten Situation im aggregierten G¨ utermarkt. Ohne diese Modifikation h¨ atte das Maximierungsproblem des Produzenten keine L¨ osung.
A.3 Explizite L¨ osung des SNB-Modells
171
GDP durch das Verhalten der Firmen begrenzt. Diese setzen im SNB Modell den Preis ihrer G¨ uter so fest, dass sie den Gewinn maximieren max Π = P Y d − w L
(A.26)
P
M¨ ochten wir dieses Maximierungsproblem in Unabh¨angigkeit von Y d aufl¨osen, ur die Besch¨afigung L ergibt sich so setzen wir f¨ ur Y d Gleichung (A.23) ein. F¨ s2 aus (A.24) L = Yα2 , und da im Gleichgewicht Y s = Y d gilt, k¨onnen wir schreiben: L=
const P4
23
1 α2
Nach diesen Umformungen ergibt sich f¨ ur die Gewinnfunktion: max Π = P
3
P
const − P4
const P4
23
w α2
L¨ osen wir das Maximierungsproblem nach P , so erhalten wir den optimalen Preis P˜ im keynesianischen Regime P˜ =
37 8w √ 3 const α2
(A.27)
Zur Darstellung der komparativen Statik im AS-AD-Diagramm nehmen wir an, dass die AS-Kurve eine Steigung von x und einen Achsenabschnitt von y = 0 habe. Da im Gleichgewicht Y s = Y d gilt und Y d durch (A.23) bekannt ist, erhalten wir f¨ ur Y s : const s Y = xP = 3 P4 4
Multiplizieren wir beide Seiten mit P 3 und l¨ osen nach P auf, so erhalten wir f¨ ur den Preis P im keynesianischen Regime: P˜ =
√ 3
const x
37
Da der keynesianische Preis im Gleichgewicht (A.27) entspricht, erhalten wir α2 f¨ ur die Steigung der AS-Kurve x = 8w . F¨ ur die AS-Kurve erhalten wir somit:
2 Y¯ falls 8αw P ≥ Y¯ (A.28) Y s = α2 2 P falls α P < Y¯ 8w
8w
Im klassischen Regime erhalten wir f¨ ur Y die erste Zeile und bei Keynes die zweite Zeile von (A.29)
172
A Explizite Modelll¨ osungen und KoSiMo ∗
Y = Y¯ ˜ Y =
const
17
(A.29)
4
( 8αw2 )
Der Reallohn ist im SNB-Modell als der Quotient aus dem exogenen Nominallohn w und dem endogenen Preisniveau P bestimmt. Tabelle A.3 zeigt die langfristigen komparativ statischen Auswirkungen einer exogenen Ver¨ anderung auf die endogenen Variablen im SNB-Modell nach klassischer und keynesianischer Sicht. Auffallend dabei ist, dass z.B. eine exogene Erh¨ ohung der Geldmenge in der Klassik den Reallohn reduziert, d.h. Geld ist in diesem Modell im Gegensatz zu fr¨ uheren Modellen nicht neutral5 . Wiederum werden wir ein paar Effekte der komparativen Statik vorrechnen ¨ und die restlichen als Ubungsaufgaben empfehlen. Wir untersuchen hier ex¨ emplarisch, wie der Realzins im keynesianischen Regime auf exogene Anderung der Parameter reagiert. Dazu bestimmen wir den Realzins aus dem ISLM-Modell, also anhand der LM-Gleichung, in die wir die Y d -Gleichung und (A.27) einsetzen: 6
k 4 (const) 7 (1 + r) = M4 wobei die Konstante wie zuvor definiert ist.
8 w 47 α2
(A.30)
Tabelle A.3. Komparative Statik im SNB-Modell e α Y¯ w M k I0 s Y f P f rf µ ∗
Y Y˜ ∗ L ˜ L ∗ P P˜ ∗ r r˜ ∗ µ µ ˜
= + − + = − = − = − ∗ w = P w ˜ + P
5
+ = + = − = − = − = + =
= − = − = + = + = + + +
= + = + + + = − = − − −
= − = − − − = + = + + +
= + = + + + + + + + − −
= − = − − − − − − − + +
= + = + + + + + + + − −
= + = + + + + + + + − −
= + = + + + + + − − − −
= − = − − − − − + + + +
Dies liegt im SNB-Modell daran, dass die Firmen sich auf dem G¨ uter- und Arbeitsmarkt unterschiedlich verhalten. Die Firmen ber¨ ucksichtigen zwar, dass eine Erh¨ ohung ihres Angebots die Preise senkt, jedoch glauben sie, dass dies ohne Lohnerh¨ ohungen geht. Sie verhalten sich also auf dem Arbeitsmarkt als Lohnnehmer, w¨ ahrend sie auf dem G¨ utermarkt die Nachfragekurve antizipieren und strategisch agieren.
B Abku ¨ rzungsverzeichnis
A B C D E F G H I IM J K L M P Q R S A U V W X Y b c d
e
Produktivit¨ at Bond aggregierter Konsum Devisenbestand bei der inl¨ andischen Zentralbank Variable f¨ ur zwei M¨ arkte A und B Produktionsfunktion Staatsausgaben Horten, in Kap. 3 maximale Anzahl Haushalte, in Kap. 9 Handelsbilanz Investitionen Import maximale Anzahl Firmen Kapitalstock, in Kapitel 6 auch Transaktionskasse aggregiertes Arbeitsangebot, reale Geldnachfrage nominelles Geldangebot, in Kapitel 9 auch nominaler aggregierter Import Preisniveau Tobinsches Q R¨ uckzahlung Sparen Ausgaben in einem Baumol-Tobin-Modell Nutzenfunktion indirekter Nutzen Verm¨ ogen aggregierter Export Bruttoinlandprodukt Transaktionskosten in einem Baumol-Tobin-Modell Produktionskosten, Konsum pro Kopf (intensive Form) Nachfrage (im Zusammenhang mit einer Variable) Erwartung (im Zusammenhang mit einer Variable)
174
B Abk¨ urzungsverzeichnis
f
Produktionsfunktion pro Kopf (intensive Form) Ausland (im Zusammenhang mit einer Variable) Wachstumsrate der Kapitalintensit¨ at einzelner Haushalt Nominalzins einzelne Firma Kassenhaltungskoeffizient, Kapitalstock pro Kopf (intensive Form) reale Importe Laufzeit, Wachstumsrate der Bev¨ olkerung Aktienkurs Realzins, Rendite Sparquote Angebot (im Zusammenhang mit einer Variable) subject to (unter der Nebenbedingung) Zeit, in Kapitel 5 auch Grenzsteuersatz Nutzen in intensiver Form Umlaufgeschwindigkeit Nominallohn reale Exporte, in Appendix A auch Variable Bruttoinlandprodukt pro Kopf (in intensiver Form) Differenzenoperator Aktiennachfrage Gewinn der Firmen Akzelerationskoeffizient, in Appendix A auch Arbeitsproduktivit¨ at Diskontierungsfaktor Konsumquote Anteilsparameter, Abschreibungsrate Realer Aussenwert der W¨ ahrung Risikoadjustierte Wahrscheinlichkeit Steuersatz, Zeitpunkt Abschreibungsrate Menge Reeller Zahlen
f
g h i j k m n q r s s
s.t. t u v w x y ∆ Θ Π a β c δ µ ρ τ κ R
Abbildungsverzeichnis
0.1
Aufbau des Buches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . X
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8
G¨ utermarkt: Klassische Sicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Demand pull inflation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Cost push inflation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 G¨ utermarkt: Keynesianische Sicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Angebotsrationierung auf dem G¨ utermarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Nachfragerationierung auf dem G¨ utermarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Synthese der klassischen und keynesianischen Sicht . . . . . . . . . . . 10 Nachfrageeinbruch auf dem G¨ utermarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 3.7 3.8 3.9 3.10 3.11 3.12
Interaktion von Arbeits- und G¨ utermarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Exogene Erh¨ ohung der Reall¨ ohne aus der klassischen Sicht . . . . . Exogene Senkung der Reall¨ ohne aus der klassischen Sicht . . . . . . New Economy reduziert die Produktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Backward bending labor supply curve . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konjunkturzyklen (Reales GDP der Schweiz in Mio. CHF) . . . . Rationalisierungsspirale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gewinnmaximierung bei Angebotsrationierung . . . . . . . . . . . . . . . Nutzenmaximierung bei Angebotsrationierung . . . . . . . . . . . . . . . Beschr¨ ankung des Arbeitsangebotes Ls auf dem Arbeitsmarkt . Ausgew¨ ahlte Probleme: Produktivit¨ atssteigerungen . . . . . . . . . . . Ausgew¨ ahlte Probleme: Klassische Lohndynamik . . . . . . . . . . . . .
18 22 23 23 24 26 27 29 29 32 34 34
4.1 4.2 4.3 4.4 4.5
Geldmengenentwicklung von M0 f¨ ur die Schweiz . . . . . . . . . . . . . . Synthese des Geldmarktes mit dem Arbeits- und G¨ utermarkt . . ¨ Anderung auf dem Arbeitsmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lohn-Preis-Spirale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Phillipskurve . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
46 51 52 53 54
5.1
Konsumentscheidung der Haushalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
176
Abbildungsverzeichnis
5.2 5.3 5.4 5.5 5.6 5.7
Produktionsfunktion F [L, K] der Firmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Produktionsfunktion der Firmen bei festem Arbeitsangebot . . . . Keynes cross . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grosse Depression . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Multiplikator-Akzelerator-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M¨ ogliche F¨ alle des Multiplikator-Akzelerator-Modells . . . . . . . . .
70 71 73 75 77 77
6.1 6.2 6.3 6.4
Vollst¨ andiges crowding out der Fiskalpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . Effekt der Geldpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Investitionsfalle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines IS-LM-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
80 81 82 83
7.1 7.2 7.3
Synthese von Arbeits-, G¨ uter-, Geld- und Kapitalmarkt . . . . . . . Stagflation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zeitverlauf der Zinsen bei verz¨ ogerter Preisanpassung: Nominalzinsen ↓ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zeitverlauf der Zinsen bei rationalen Erwartungen und perfekter Preisanpassung: Nominalzinsen ↑ . . . . . . . . . . . . . . . . . .
88 90
7.4
93 93
8.1 8.2 8.3 8.4 8.5 8.6
No-Arbitrage-Bedingung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 Der Aktienmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 Initial public offerings im Vergleich mit dem SMI . . . . . . . . . . . . . 103 Synthese von Arbeits-, G¨ uter-, Geld-, Kapital- und Aktienmarkt104 Steigende Gewinnerwartungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 Soft landing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107
9.1 9.2
Interest rate parity condition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 Modell mit Aussenhandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
10.1 Monopolistischer Wettbewerb I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 10.2 Monopolistischer Wettbewerb II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 10.3 Geldpolitik im SNB-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 10.4 Das SNB-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 10.5 Labor market and employment Quelle: SNB . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 10.6 Interest rates Quelle: SNB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 10.7 Prices Quelle: SNB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 10.8 GDP and capacity output Quelle: SNB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 10.9 External value swiss franc Quelle: SNB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 10.10Components of aggregate demand Quelle: SNB . . . . . . . . . . . . . . 138 10.11Consumer prices and wages Quelle: SNB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 10.12Labor market and employment Quelle: SNB . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 10.13Interest rates Quelle: SNB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 10.14Prices Quelle: SNB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 10.15GDP and capacity output Quelle: SNB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 10.16External value swiss franc Quelle: SNB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 10.17Components of aggregate demand Quelle: SNB . . . . . . . . . . . . . . 141
Abbildungsverzeichnis
177
10.18Consumer prices and wages Quelle: SNB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 10.19Labor market and employment Quelle: SNB . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 10.20Interest rates Quelle: SNB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 10.21Prices Quelle: SNB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 10.22GDP and capacity output Quelle: SNB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 10.23External value swiss franc Quelle: SNB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 10.24Components of aggregate demand Quelle: SNB . . . . . . . . . . . . . . 144 10.25Consumer prices and wages Quelle: SNB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 11.1 Station¨ are L¨ osung des Solow-Swan-Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 11.2 Goldene Regel im Solow-Swan-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 11.3 Konvergenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 11.4 Ramsey-Modell im Vergleich zum Solow-Swan-Modell . . . . . . . . . 159
Tabellenverzeichnis
3.1 3.2
Produktivit¨ atssteigerung im RBC-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Koordinationsproblem zwischen Produzenten und Konsumenten 33
9.1
Bilanzen im Aussenhandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119
A.1 Komparative Statik im Modell mit Aktienmarkt . . . . . . . . . . . . . . 167 A.2 Komparative Statik im Modell mit Aussenhandel . . . . . . . . . . . . . 169 A.3 Komparative Statik im SNB-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172
Literaturverzeichnis
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Index
Abwertung, 112, 120, 121 AD-Kurve, 164 Aktien, 99 Aktienmarkt, 99, 105 Akzelerationskoeffizient, 76 Angebot Rationierung, 9, 27 Arbeitslosigkeit, 30 Arbitrage, 99, 100 international, 112 Aufwertung, 112 Aussenhandel, 111 Aussenwert der W¨ ahrung real, 114 backward bending labor supply curve, 24 Baumol-Tobin-Modell, 83 Bestandsgr¨ osse, 49 Bond, 65, 66 Bruttoinlandprodukt, 25 Budgetgerade, 16 Cambridge-Gleichung, 47 cash-in-advance constraint, 44, 61 cost push inflation, 6 crowding out, 80 deadlock situation, 33 demand pull inflation, 6 Depression, 75 Devisenbilanz, 119 Diskontsatz, 97
Equity Premium Puzzle, 61 Erwartungen rationale, 92 Eulergleichung, 156 Export, 112, 120 Firmen, 15, 69 Flow, 49 Flussgr¨ ossen, 49 forward rate, 114 Geld, 41, 50 Geldkreislauf, 42 Geldmengendefinitionen, 45 Geldnachfrage nominale, 47 Gleichgewicht, 5 Goldene Regel, 152, 158 G¨ utermarkt, 5 Haavelmo-Theorem, 74 Handelsbilanz, 118 Handelsbilanzdefizit, 119 Haushalte, 15, 66 helicopter money, 48, 50 home bias, 122, 123 Import, 112, 120 Inada-Bedingungen, 150 Inflation, 53, 91 importierte, 118 zur¨ uckgestaute, 27 Investitionen, 69 Investitionsnachfrage, 164 IPO, 102, 103
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Index
IS-Kurve, 79, 164 IS-LM-Modell, 89 Isogewinnlinie, 16 Kapitalbilanz, 119 Kapitalmarkt, 65, 89 Kassenhaltungskoeffizient, 47 Kaufkraftparit¨ at, 112 Keynes cross, 73 Keynes-Effekt, 94 Keynesianismus, 1 Klassik, 1 Konjunkturtheorie keynesianische, 75 klassische, 24 Konjunkturzyklus, 25 Konsumquote, 76 Konvergenz, 152 Koordinationsspiel, 31 Kreislaufmodell, 15 Lager, 15 Lagstruktur, 129 Liquidit¨ atseffekt, 92, 94 Liquidit¨ atsfalle, 82 LM-Kurve, 164 Lohn-Preis-Spirale, 53 Lohndynamik, 33 Lucaskritik, 17 Marktgleichgewicht, 5 Marshall-Lerner-Bedingung, 120, 121 Mengenanpassung, 8 Mengeneffekt, 120 MIU, 56 Modell u ¨berlappender Generationen, 59 Modigliani-Miller-Theorem, 72, 156 Monopolistischer Wettbewerb, 170 Multiplikator, 74 Investitionen, 74 Staatsausgaben, 74 Multiplikator-Akzelerator-Modell, 76 NAB, 164 Nachfrage Clowersche, 30 effektive, 30 hypothetische, 30 Rationierung, 9, 27
Walrasianische, 30 Nash-Gleichgewicht, 32 Neoklassische Synthese, 3, 12 New Economy, 22 NPV, 69, 99 Nutzenfunktion, 16 ¨ Olpreisschock, 53 overlapping generations model, 59 Passthrough, 120 complete, 121 incomplete, 121 Patinkin-Kritik, 48 Phillipskurve, 54 Preis-Absatz-Funktion, 130 Preisanpassung, 5, 31 Produktionsfunktion, 16, 53, 69 Produktivit¨ atssteigerung, 24, 33 Quantit¨ atstheorie, 42, 44 Ramsey-Modell, 154 Rationalisierungsspirale, 25 Realkasse, 55 Realkassen-Effekt, 57, 80 Reallohn, 18, 26, 165 regime switching, 91, 164, 165 Rezession, 24 Say’sches Gesetz, 55, 89 Schock permanenter, 50 transitorischer, 50 Schranke bindende, 31 SNB, 45, 47 soft landing, 105 Solow-Swan-Modell, 151 Sparen, 68, 73 Sparentscheidung, 68 Spekulationskasse, 93 Spillover Effekt, 30, 50, 89 Staatsausgaben, 74 Stagflation, 91 Stagnation, 91 Stock, 49 terms of trade, 114 TMT-Bubble, 105
Index Tobins Q, 102, 103 Transmissionsmechanismus, 48, 49 Umlaufgeschwindigkeit, 45 Verm¨ ogenseffekt, 57 Vorsichtskasse, 55 Wachstumstheorie, 149 Ramsey-Modell, 154
Solow-Swan-Modell, 151 Wechselkurs, 112 Wohlfahrtssatz erster, 132, 158 Zahlungsbilanz, 119 Zins, 67 nominal, 68 real, 68 Zinssatzparit¨ at, 113, 114, 124
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