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DENKER UNTER MITWIRKUNG VON VON ASTER
E.
O.BAENSCH M.BAUMGARTNER O. BRAUN F. BRENTANO H. FALKENHEIM A. FISCHER :/:...
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L
DENKER UNTER MITWIRKUNG VON VON ASTER
E.
O.BAENSCH M.BAUMGARTNER O. BRAUN F. BRENTANO H. FALKENHEIM A. FISCHER :/:
:/:
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:/:
M.
FRISCHEISEN-KÖHLER
R.
HÖNIGSWALD
R.
LEHMANN
P.
MENZER
:/:
:/:
W. KINKEL
F.MEDIKUS P. NATORP
:/:/:/:/:/:
PFÄNDER R. RICHTER A. SCHMEKEL W. WINDELBAND :/:
A.
:/:
:/:
:/:
HERAUSGEGEBEN ,
VON
EfVoN ASTER
.
.^.
>i mit dem finfteren Tartaros in ihrer Tiefe, und Eros, der fdiönfte der Götter. Gaia erzeugte aus fidi felbft den geftirnten Himmel, die Berge und das Meer, dann in Gemeinfdiaft
dem Meer Zyklopen, Zentauren, Hunderthänder,
mit
die
monftröfen
Vorläufer der fpäteren Tier- und MenlHienralTen,
Das
Verhältnis der
fidiriidi als
Prinzipien gemeinten drei
Chaos, Gaia,
:
Chaos der Uranfang, aber es fdiien nidit geeignet, gleidi die geftaltenreidie Welt aus feinem Sdioße zu entlaflen,- fo fdiieben fidi zwifdien das Urfein und die bunte Fülle des Einzelnen weniger all« gemeine Urfprünge, Erde und Eros ein. Aber über ihr Verhältnis zum Chaos fdiweigt die Mythe,- Eros deutet nodi hin auf die der Mythe fo geläufige Erklärung des Entftehens und Vergehens als einer Folge von Zeugungen nadi Analogie mit der Menfdienwelt. In der jüngften diefer Kosmogonien, bei Pherekydes von Syros, find die fpekulativen Zügz nodi ausgefprodiener, freilidi nidit ohne die Ein* Wirkung der inzwifdien einfetzenden Naturwiflenfdiaft und Naturphilofo* phie. Fünf Lirprinzipien, gleidifam in dunklen Sdilüften verborgen, kündet Eros
ift
unklar,- fidier
ift
der Titel feines Werkes,- drei davon find eigentlidi elementar, ewig,
filion
Chronos, die Zeit, Zeus, von ihm Zas genannt, die allgemeine Lebens* kraft der
Natur, und Chtonie <Erde>,-
in
der Zeit erzeugt
Zas
die fekun*
dären Elemente der Dinge: Feuer, Luft und WalTer aus feinem Samen,
dann in heiliger Ehe mit der gleidifalls ewigen Erde, Wald und Flur, die Organismen, den Menfdien und Ichenkt der Braut das große fdiöne Ge* wand, auf dem er Land und Meer kunftvoll gebildet hat. In prägnanter Entgegenfetzung nennt Ariftoteles als die erften, die
mit h.
dem Problem
der Weltentftehung
Männer, weldie wie
erklärung auf göttlidie diglidi
Aber
Urheber
Wefen
diefer
rekurrierten,
erßlieinen
mehr
fie
paffive
Komponente, wofür
fidi
nur zu
paffende moderne Begriff »Stoff« aufdrängt,
10
und
Mythus leidit
als
le*
fdiloflen.
ewiger, unerfdiafFener Prinzipien.
nadi der perfonifizierenden Weife des
d.
Welt*
Kosmogonien und »Phyfiologen«, weldie bei der
fdion in der mythologifdien Welterklärung ftedit philofophifdie
Annahme
fidi
haben, »Theologen«,
von den erfahrbaren Tatfadien auf das Unerfahrbare
flexion, befonders die
eine
die
bel(liäftigt
Re*
Freilidi
Urwefen,
der nidit ganz
eine aktive, die Kraft,
Die Grundlehren der vorfokratifchen Philofophic
Grunde
das Bewegungsprinzip/ aber im
ift
die
Mythe
dodi
ein,
nur aus
Mangel an Erfahrung und Denkfidierheit phantaftifdi ausgefallener Verfudi, das Ganze der Welt einheitlidi zu begreifen,- ihre Tendenz lebte fort in der Philofophie.
Es
^
Daten, der die Philofophie vor Sokrates
nidit der Zufall der
ift
zu einer Epodie
Wenn
eint,-^
fie ift
innerlidi einheitlidi, trotz der Vielheit der
wir es auf eine hiftorifA vollftändige und kulturpfycfiologifdi erklärende Dar-
ftellung der vorfokratifdien Philofophie abfehen dürften, fo
müßten wir mit
einer Überfidit
über die Vorausfetzungen, Materialien und Hilfsmittel der Spekulation bei den Griedien
müßten
des 7. Jahrhunderts beginnen,
cntßehung und
Seelenfdiidcfal, die
des Gemeinfdhaftslebens, den Stand fluß ausländifdier
die religiöfen Vorftellungen, die
Mythen von Welt»
Grundbegriffe der Volksmoral und die gegebenen Formen
von Gewerbe, Tedinik, Handel, den anregenden Ein*
Kulturen, nidit minder audi die Primitien der theoretifchen und ethifdien
Homer, Hefiod, der Orphik, in Äfop und der SpruA« und von einem unfidieren, über die Trag» weite der Einzelbeobaditung unklaren Denken Kunde geben. Zur Orientierung über diefe Grundlagen der griediilHien Philofophie fei auf die großen, farbenreidien Gemälde der hellenifdien Frühkultur in den Werken von Eduard Zeller
Alles haben
Homer
un^TIeliod den Göttern an-
ift, Diebftahl, Eheund alle Rudilofigkeiten.« »Der Äthiope denkt fidi feine Götter fdiwarz und plattnafig.« Er gilt nidit minder dem ausfdiließlid\en Kult von Leibeskraft und Leibesfdiönheit, der in fo vielen nationalen Inftitutionen der Hellenen zum Ausdrud^ kam, zu Gunften einer geiftigen Auffaflung der Kulturziele. »BelTer als Männer* und Roflekraft ift unfere
gehängt,
was
bei
den Menfdien Sdiimpf und Sdiande
brudi. Betrug
Weisheit.«
Zur Philofophie vertieft fidi diefe Weltanlcbauung durdi den Gedanken der Ei nheit al les SeFni. Für die Mileiier war diefe im Urftoff und feiner fpontanen Wandlungsfähigkeit gegeben, die in durdigehendem Zu* fammenhang des Wefens und Werdens alles mit allem verknüpft,- uns liegt fie
IHion in der
fophildien berührt
Bedeutung der Worte: Natur, All.
fidi
Jvlit^ der philo*
die religiöfe Einftellung aul^engfte in der
gemein*
famenTIntenti on auf eine j etz twefentlidie Einh eit alles ^eins^. Gott ift der der Menlcii jund _alk_Wirklidikeit um ihn ftammt. Das QuellT aus 3e
m
religiöfe
Gefühl kulminiert darin, fidi^von dem ewigen Grunde des Seins
umTaßt7^zaigl"lmd"getragen zu willen
.
Ebendi efes Gefühl hat hgj zu* zum religiöfen
nehmgndgf__\/ertiefijn g. ^er_j;eligpJen_ErfaKr^^ überall
Monismus, der nidit Monotheismus zu fein braudit, ge&hrt, Xenophanes gelangte zur Philofophie, indem er das religiöfe Gefühls* Verhältnis bildete,
zum
einheitlidien
Gott und
fein
Weltgrund zu
Verhältnis zur
Welt
begrifflidier Klarheit fo beftimmte,
durdige*
daß dadurdi dem
Bedürfnis nadi einheitlidier Begreiflidikeit alles Seienden genügt wurde, unter fdiarfer Polemik gegen den mit Unredit als Religion ausgegebenen utilitariftifdien
Werkdienft des gemeinen Mannes und die
als Zerrbilder
Gottes betraditeten Sdiutz* und Plagegeifter feines Glaubens, Urgrund^__We f*'" ""d Rpftimmiing alter Dinge iftjGolt. Gott
ift
einer
33
Die Grundlehren der vorfokratifdien Philofophie
ewig, unveränderlich/ »nur
eii;i Gott ift, über allen Göttern der hödifte, weder an Geftalt nodi Stimme den Menfdien vergleidibar.« Diefe A\U
gottheit
ift
wie die Göttergeftalten Homers,
nidit eine individuelle Perfon,
aber nodi weniger ein bloßer diemifdier Stoff, wie die Urfubftanz der Milefier/ er
ift
ganz Auge, ganz Ohr, ganz Verftand, hödifte Madit und
Denkkraft, die fonder
daß Gott Geift
an,-
Mühe
fei,
das All umfdiwingt. Anaxagoras kündigt
zum
wird
Weife gerade von dem Denker, der
phyfik gefagt, merkwürdiger
fidi
erftenmal in der abendländifdien Meta^« die Ver^»
menfdilidiung Gottes fo lebhaft als Entftellung gefühlt und bekämpft hat, Freilidi,
daß
er
audi Geift
fei,-
denn
Gott
diefer
auf der anderen Seite
ift
räumlidi, kugelförmig, nidit, wie derjenige der Bibel,
von der Welt ver^
Icfiieden,
dem
anderen Wefens
als
fondern das All
ihr Sdiöpfer,
fie,
wörriidien Zeugnis des Ariftoteles, nadi weldiem
felbft,-
nadi
Xenophanes »im wahrnahm,
Hinblid^ auf das ganze Univerfum die Einheit, die er an ihm
den einen Gott bezeidinet hat.«
als
Das wahrhaft Seiende In
ihm
find Geift
in einer
ift
alfo nadi
und Materie,
Xenophanes der
vorfiditiger
:
eine ewige Gott.
Bewußtfein und Räumlidikeit
höheren Einheit verbunden gedadit. Das Seiende
ift
eines
und
dem Augen-
zugleidi alles, genauer gefagt, das All, das der Philofoph nadi
wölbenden Himmels als allfeitig begrenzte Kugel Eins und der Gott mit allen Dingen verwadifen,Gott ift das Univerfum, sive deus, sive natura. Die ganze Denkweife ftellt fidi fomit als^inej^eim form des Pantheismus'"dar^"5er Gott und All identifiziert. Freilidi legt Xenophanes feiner Ällgottheit Bewußtfein, Intelli-r genz bei, und gerät fogar in Gefahr, fie perfönlidi zu denken,- deshalb fpredie idi von einer Keimform des Pantheismus,- ein ftrenger Spradigebraudi be-^^
fdiein des
über uns
betraditete.
fidi
Das All
ift
Wort als Terminus auf bewußten G ott kennen.
fdiränkt das kei rien
Gegenüber der Tragweite
m odernere
monifti ldier Syfteme, die
diefer pantheiftifdien
Metaphyfik
was der Gelehrte und Forldier Xenophanes gefunden Geologe gehörte
er
zu den Neptuniften,
meteorologifdie Erfdieinung, kenntnistheoretifdie
z.
B. den
als
tritt alles,
hat, zurück.
Als
Naturforfdier hat er mandie
Regenbogen
riditig
gedeutet, er-
Bedeutung haben einige Fragmente, weldie den Unund Gewißheit betonen, namentlidi
terfdiied zwildien Wahrfdieinlidikeit in
Fragen der Weltanfdiauung. Das Sidiere über die Götter hat nodi gewußt und wird keiner wilfen. Unter den Eigenfdiaften der Gottheit war es neben der Einheit be-
keiner
wurde und fruchtbar fortgewirkt demfelben Zuftand/ nidits wird, und es
fonders die Unwandelbarkeit, die betont hat/
immer verharrt der Gott
vergeht oder bewegt der Gottheit,
34
ift
fidi
in
audi nidits / das All, wie wir wiffen
außerhalb der Veränderung.
identilcfi
mit
W Die Grundlehren der vorfokratifchen Philofophie
Nadi
ob
Xenophanes felbft bereits der abftrakte Gedanke der Einheit des Weltalls als des im vollen Sinne einen Seienden als Kern feines Gottesbegriffes herausgetreten foldien Stellen gewinnt des
Sidier ift^daß
fei.
Wendung
imJFortgang der Spekulation
einen Göttlichen, zur Allnatur,
erTtäuHITche Kraft der Abftraktion ift
als
bei
und
zum
Parmenides
G^iifedite erblidie
Würde
,•
reidien
Ge*
der Funke, an
fie ift
Die
Jahr 500.
eines Opferkönigs trat er
in feinem
an feinen Bru^
der ab, audi fonft verziditete er auf politifdie Wirkfamkeit in der
Es
kratifdi regierten Vaterftadt,
—
ei ne
einen Seienoen. Die^
Plaftik der Darftellung diefes
dem jener feine Fadtel entzündet hat. Herakleitos aus Ephefus blühte um das
fogar
die
fidi
Der
gewiß das Verdienft des Parmenides, aber die erße ahnende
Konzeption desfelben geht auf Xenophenes zurüde
alten
für
zur unperfönlichen Faffung der Alleinhelt vo llzieht.
Gott~wird^um dankens
den Anfdiein,
vielleidit
gezwungen
Anekdoten, die ihn
—
als
ift
nidit unwahricbeinlidi,
demo*
daß er zeitweife
aus feiner Heimat entwidi.
Ob
die zahl*
großen Satiriker der Tat erfdieinen
lalTen,
auf einem editen Charakterzug beruhen, wilTen wir nidit mehr. Seine wilTenlcbaftlidie Stellung verdankt Herakleitos, trotzdem er
fidi
felbft
einen Autodidakten nennt, nidit ausfdiließlidi der eigenen Spekula-
tion.
Sdion die Polemik gegen Homer, Hefiod, Pythagoras, Xenophanes,
Hekataios, Ardiilodios, die durdi die Fragmente bezeugt wird, beweift,
daß durdi die Arbeit
feiner
Vorgänger und Zeitgenoflen audi
feine
Pro-
Wortes
blemftellung mitbeftimmt war,- der belcheidenere Sinn jenes
ift
wohl, daß er zu keinem fdion berühmten Zeitgenoflen in einem perfön* lidien Sdiülerverhältnis
geftanden und feine Löfu ng des Seinsproble ms als
ei ne
empfunden h at. Dal^
originelle Leiftung
danken
in
einem
Werke
vom
Weltall,
drei Teilen
niedergelegt,
er leine philofophifdien
authentifdi,-
vom Menfdien und
Leben und von der Gottheit gehandelt daß er es gleidifam
ift
daß
diefes
Ge-
Budi
in
feinem ftaatlidi*politiIHien
hat, dürfte fpätere
Konjektur
fein,-
Weihegefdienk im Tempel der Diana hinterlegt
als
Legende einer fpäten Bewunderung. Das Budi war in geund bradite dem Autor den Beinamen des Dunklen ein. Erhalten find etwa 136 meift kurze Brudiftüdte, die feit Hegel immer wieder zum Verfudi der Rekonftruktion des Ganzen habe,
ift
fidier
wollt fdiwierigem Aphorismenftil abgefaßt
gereizt haben.
Die Philofophie
fudit ein
foldies?~»Älies^ fließt.«
unwandelbares
In großen
der Dinge auge nfällij^,- aber au3i in de r
Weimer
zu beharren
alles
Sein,-
aber gibt es denn ein
Zeiträumen wlrd""uns flat ternden
Idbeint, fetzt fiejijdit_
aus^n
die'
Sek unde, während fteter,
unmerklidier Verände rung begnfeaifi. alles, a udi der Menfdi. nidit
3
zweimal
Große Denker
I.
in
andlung
wenn audi
Wir können
denfelben Fluß fteigen,_weil er andere WajTer fuhrt •
und 35
Die Grundlehren der vorfokratifdien Philofophic
find. Nur das Werden ift. Herakidtos hat nadi AusdruA in der T,phrp vom Fluß der Dinge die Natur elt, diefelbe Entw iddungsprozeß begriffen. »Es ift diefe
wJ£^andere_j[eword[en
Hegels als
treffendem
unendlidien
oder h ervorgebradit, fo ndern
fdi affen
ein
W
aUeJW^^en , wpdpr von einem Gott
für
ewig
lo d erndesl-'euerT
das
fidi
fie
von pin^m Mpnrrfipn
nrtrh
war immerda r^
i ft
nadi beftimmten Maflen
ge^r
un^ wjrd-fdn
felbft
entzündet
Welt Feue r, fo meint er das zu^ nädiit nidit im Sinne des Beftehens aus Feue r, fondern er greift zu dem Bilde der züngelnden, jeden Augenblidc die Geftalt wedileln den Flamme, um~Hre R aftlofigkeit des Gefdiehens z u fymbolifieren und
verlöfdit.«
Nennt
Herakleitos di e
.
ÄTfein Herakleitos
ihn gewilfe Riditungen
Falfung
bei diefer fymbolifdien
ift
und der moderne Gedanke
blieben,
nidit ftehen ge-^
eines fubftratlofen Gefdiehen?, wie
des Energetismus propagieren,
ift
dem
antiken
Denken kaum zugänglidi gewefen. Das Wefen der Wel t ift Werd en, Entwiddung/ aber^s gibt kein We rden ohne_Werdendes/Jiat er die Welt als unaufhörlidien Prozeß Feuer genannt, fo wird jetzt das Feuer Elemen* •Id t
tarftoff
^V
^7
der Dinge, berührt
Der Fluß gegen
alle
der Dinge wird
Dinge.
fidi
Herakleitos mit der Denkweife der Milefier,
Umfatz
aller
Dinge gegen das Feuer, des Feuers
P^^
undJVerdjdimng; zi/^Wadler^
Verdünnun^\c^delt yi
^
ebenfogut
fiA das,F-gfie_ wie3 er in FTüffiges, Luftförmiges
Wege aber finji^eins, d. ji, als jDur digangsftufeJm abfteigenden jwje
Feuri ges zurüde
,-
beide
au^[efeßt_werden. Jedes Einzeln e geht zeugtjidi_aus_ihm,-
Weg
derAbkühlung auf dem~äuntdgendea_Weg .der
Die Wandlung des Weltfeuers führt auf dem
i
mfpr
F euer Te5t~d er Luft Tod
i
und
edes Einzelding kann j
im auffteigendea Weg
p fpinjGpgenirjMjrnd^pr^
und
I^uft
des Feuers, Walfer
Erde lod und Erde deji des Wairersydjerm_der Krieg ift der Pin gp und des Weltalls König Wenn die Welt Feuer ift, wenn Weg und Gegenweg der Wandlung ^ gleidi find/ dann find im Grunde alle Dinge Eins, wie in der Lehre des lebt der
Vater
aller
.
Xenophanes. In zahlreidien Fragmenten wird mit
einer fiditlidien
diefe Alleinheit variiert,
Vorliebe für Paradoxie übertrieben.
ftreben wird Vereinigung,
Das Entgegen^
wie die abftändigften Töne der Scala die
voll-
kommenfte Harmonie ergeben. Es ift immer ein und dasfelbe, was in uns wohnt: Lebendes und Totes, das Wadie und das Sdilafende, Jugend und Alter, Und wie bei Xenophanes erldieint das einheitlidie All als Gott. Gott ift die Identität der Gegenfätze, coincidentia oppofitorum. Gott ift Tag und Nadit, Winter und Sommer, Krieg und Frieden, Überfluß und ''^
Mangel.
Es
bedarf nadi der ganzen
Denk weife
der Vorfokratiker nidit der
ausdrüdtlidien Verfidierung, daß der Feuerftoff des Herakleitos mit
36
dem
,
'
Die Grundlehren der vorfokratifchen Philofophie
Feuer nidit identifdi ift, durch diefes hödiftens fymbolifiert, vertreten Unbezwei feibar wird diefe andere Bedeutung, wenn man die Stellen »denkt, die das Weltfeuer als Leben, Seele und Vernunft bezeidinen,_ Bereitsln dem oben ausführlidi zitierten Fragment war das Feuer nidit lur Stoff der Dinge und allgemeines Symbol ihrer lebendigen Veränder- „> lidikeit, fondern audi die Kraft, die fidi felbft entzündet und verlöfdit und zwar nadi Maßen, d. h, gefetzmäßig, nadi einer ewigen und vernünftigen lil(fien
ird,
Ordnung, Als Prinzip der Gefetzmäßigkeit,
ordnende Weltkraft
als
ift
das Feuer audi Logos.
Zu
der gleidien Folgerung führt die heraklitifdie Pfydiologie. In den!
Weltprozeß,
in
Wandlungen und Rü(kwandlungen
die
audi der Menlch, feine Seele mit eingelchloflen,feuer,- die
Lebens wärme, die
erftarrten
Wärmefülle des
dem
mit ift
um
fie
dem Körper
durdi die Sinne, durdi die
fie
mehr
fo weifer, je
die trockene Seele
fie
rnm
kehr
Fpiip^ ÄiiffrftfbiTng
find unfere Seelen tot, in
der aufJT)a
und
T,f>hn
uns begraben,
leibliche
we nn
w
Urftoffs in fich
ir
So
fteht.
Wltfiip^rs dip
Sie
fidi trägt,-
als Ri'ifk^
lange wJr leb en,
fterben, leben
die Seel e, diefe ijQ_den Leib dngelchloITene, in ihm.
wohnende P artikpl d g
^
von unmündigen
Tod bedeu te t
d(>r SppIp-
ift
dem Weltfeuer,
Verbindung
in
Betrunkene läßt
Kindern führen, des Zieles unkundig. Der
des Feuers
Feuer vom Welt^ ftammt aus der un-
aus
fidi
Atmung
von dem Feuergeift des
die befte,- der
ift
ift
mitteilt,
erneuert
Sie
All,
fie
Quelle der Erkennt nis
ift,
fie
w ie^
zu Gaft
fo
dürfen
|^
wir djg, Überli eferung des Hippolytos glauben, nach der auch das Welt-I feuer ein vernünftiges Prinzip
eine,
Weltvejnunft war, Stoff der Welt j
und
zugleich geiftige Urfache ihrer
Heraklits Philofophie
Gru ndvorftellung
ift
die,
ftellt
fich
lofen
das
Gelchehens
um
Wort ift
nun
ein Bild
.
in
Gefetzmäßigkeit,
folgendem Aufbau dar: ihre
Werden, Fluß, daß es fie in diefem Sta dium Aber der kühne Gedanke eines fubftrat*
daß die Welt
Beharrung und Beharrendes n icht p!?.y^?Xt J"^ ift
Ordnung und
gibt.
xirrjoig fei.
Nennt
der ganzen Denkweife anfangender WilTenfchaft zu
und konfecjuent durchgeführt werden zu können. So wir d hinter dem Weltprozeß doch auch ein Weltftoff gedacht, auch Feuer genannt, nicht die irdifche Flamme, ein allgemeinerer Wärmefto fremd,
rein feftgehalten
ff,.
der abkühlend, erftar rend die übrigen Subftanzen entftehen läßt, nicht n ur die_im enger en Sinne materielle Welt, fondern auch die Organismen, das
Leben, die Seelen, die Vernunft, der deshalb felbft Geift, Vernunft fein muß, dadurch Erzeugun gsprinzip der Opfpfr-m ä ßiglcpit und Ordnung Der ^X^ltgrund
ift
j^eiftig .
Wir haben die metaphyfilchen Gedanken zufammenhängend voran« geftellt/ zu dem gleichen Ergebnis führt uns die Analyfe der erkenntnis* theoretifchen
3«
„^
er
und
ethifchen
Fragmente.
37
j^
Die Grundlehren der vorfokratifdien Philofophie
Gewiß
daß Herak leitos im Erkennen
ift,
riAt läBFuns vermuten, daß
^
ein
Problem fah/ keine Nadi^
^ilelier ün3~älteren Pythagoreer auf ihr
wilTenlchaftlidies Verfahren reflektiert, über das Verhältnis von Sinnes^ '.Wahrnehmung, Denken und Sein nadigegrübelt haben,- fie überließen fidi naiYJ^er_in_ail?tn_ Denken enthaltenen JRiAtung auf Gegenftändlidikeit,
W
irklidikei t.
Diefen Standpunkt hat Herakleitos nidit verlaflen, aber audi
den felbftverftändlidien eingenommen. Das Selbftbewußt^
nidit einfach als fein
des Autodidakten
in
einer wiHenfdiaftlidi fdion regen Zeit, das
fidi
mit anderen Meinungen von Autoritäten und Majoritäten auseinander-
wurde der Quell der Erkenntniskritik. Denken und Erkennen ausgefag t? Er eugnet Was zunädilt: die Wahrheitsfahigkeit der Sinne,- Augen und Ohren lind fdiledite Z eugen für die Befdiäi^nheit der Realität, Freilidi muß, wer erkennen wiWf Aijggn und (31iren aufmädien, von der eigenen Er fahrung aus= fetzen mußte,
hat er nun über das
'(
^
gehen,
das
ift
l
mit harter Befehdung des bloßen Glaubens an Qberlie--
ferung und Volksmeinung gefagt
—
fo könnte mandie — abeF das Sinnesdatum felbft
nodi keine Erkenntn
u nd wenn die gaiiz e Welt zu Raudi Dinge dodi nodi mit de r Nafe unterfdieiden,
würde,
ift
'
d en, der aus Sinnesdaten feele hat.
Logos,
in
nidit riditig
zu
Erkenntnis hat alfo ihre Quelle nidit
theorie dreht
fidi
Die Vernunft
um
das
Wefen
den Sinnen, fondern im
in
Die Grundfrage der
der Vernunft.
die Si nne trügen
i s,
fdiließen weiß, der eineJBarbaren^
heraklitifdien Erkenntnis--
diefer Vernunft.
diarakterifiert ein
Fragment
als allen
MenlHien gemein-
fam, bei allen Menfdien identifdi, (naoi ivvov} offenbar in latenter Ent-
gegenfetzung zu einem anderen, intellektuellem Verhalten, das individuell ift,
zum Glauben,
einfiditslofen
Annehmen, zur bloßen Einbildung, die als Damit ift zugleidi gefagt, daß der
Fallfudit des Geiftes gefdimäht wird.
Logos, der allen Menfdien gemeinfam
ift,
denken bedeutet, fondern audi das Refultat
nidit bloß
des von verldiiedenen Menfdien Gedaditen.
man könnte
mißverftändlidi,ftehen, in
die Fähigkeit
Audi
diefe
nämlidi darunter diejenigen
FalTung
ift
nodi
Gedanken
ver-
denen die Menfdien von jeher ausnahmslos übereinftimmen, die
Wahrheiten der
ratio
communis. Allein von
Sätze können wohl Irrtümer
fein,
und wenn
allen
MenlHien geglaubte
»bei allen Menfdien identifdi« ein
Kriterium der Wahrheit, ein Kennzeidien der editen Erkenntnis fo
M.
zu
foldier Denkarbeit, die Identität
fein foll,
kann es nur die Allgemeingiltigkeit der wahren Urteile bezeidinen. a,
W, wenn
die
Menldien
wirklidi
denken
—
nidit
dem
Sdiein der
und Perfonifikationsneigung oder Phantafie zum Opfer fallen — dann fdieint es gerade,
Sinne, den Verführungen der Analogie
den Einfällen ihrer als
ob nur ein Geift
identilch.
38
Und
in
den vielen Menfdien
es fdieint nidit nur, fondern
dädite,- ihre Refultate find ift
fo,-
denn der
Geift, die
Die Grundlehren der vorfokratifAen Philofophic
wahrheitsfähige Denkkraft
ilt
in
Menfdhen
allen
tatfädilich
identifch,
Teil des einen göttlidien Feuergeiftes, der waltet fo weit er will beherrlcht.
Welt,
Wie
ein alles
wir bei der Darftellung der Naturphilofophie gezeigt
war das Feuer
haben,
und
zugleidi Stoff
und Leben,
Seele, Bewußtfein der
etwa bloß unbewußte Gefetzmäßigkeit.
nidit
Der fpäte Beriditerftatter Sextus hat zwar unter dem Einfluß ftoifdier Gedankengänge die heraklitifdien referiert, aber idi glaube nidit, daß er ihre wefentlidie Tendenz verfälfdite,- und fein Beridit lautet: »Diefe gött= lidie Vernunft ziehen wir durdi die Atmung in uns herein und erlangen dadurdi Bewußtfein, daher wir im Sdilaf uns felbft vergelfen und beim Erwadien wieder zu Bewußtfein gelangen,- denn im Sdilaf IHiließen fidi die Sinnesöffnungen und der Geilt in uns wird von der Verbindung mit der Außenwelt abgefdinitten, fo daß der Zufammenhang nur durdi den Atmungsprozeß wie eine Art Wurzel erhalten bleibt, und der Geilt in feiner Ifolierung die Gedäditniskraft, die er vorher befaß, einbüßt. Beim Erwadien wiederum büdit fidi der Geilt durdi die Öffnungen der Sinnes^ Organe wie durdi Fenfterdien hinaus, tritt in Verbindung mit der umge= benden Welt und erlangt dadurdi die Erkenntniskraft wieder, Ähnlidil wie die Kohlen, wenn fie dem Feuer nahe kommen, fidi wandeln und glühend werden, wenn fie fidi aber von ihm entfernen, erlölchen, fo gefdiieht es audi, daß der in unferen Körpern zu Galt wohnende und aus der umgebenden Welt ßammende Anteil
Gefchlechts umfchließenden
Ergebnis eines
nur wenig hervortretenden, aber wachfend erfolgreichen Wirkens Kreife der Plan der
Gründung
feiner
»Akademie«
fich
eine
in
nahe Beziehungen
Einladung des Dionyfios, der den Glanz
Er gewann
dort die innige Verehrung
hängerfchaft eines bedeutenden
rannen, Dion, machte
fich
aber
Von
und
feines
und
einflußreichen
dem Machthaber
wo
engem ihm
er alsbald mit
dort aber
kam
Hofes durch
Männer zu erhöhen
wefenheit gelehrter und geiftreicher kus.
trat.
in
bereits feft in
herausgebildet hatte, als er die Reife nach Italien antrat,
den Pythagoreern
Ver^
erften, öfi^entlich
liebte,
er auf
die
An^
nach Syra^
verftändnisvolle
An*
Verwandten des Ty* felbft
durdi freimütige
Kritik feines Treibens bald mißliebig,- diefer ließ ihn heimtückifch durch den fpartanifthen Gefandten, mit delTen Schiff Piaton die Heimreife antrat,
Hände
den
Fehde lagen und ihn ohne Umftände auf dem Sklavenmarkt zum Verkauf aus* boten. Glücklicherweife wurde er von einem durchreifenden Kyrenäer Annikeris losgekauft und konnte nun nach Athen zurückkehren. Das war, nach wohl ficherer Berechnung, im Jahre 388. Kurz darauf erfolgte die Gründung der Akademie. Piaton war jetzt ungefähr 40 Jahre alt. Noch ebenfo lange follte er feiner Schöpfung vorftehen und ihrer wachfenden Blüte fich erfreuen dürfen. Über den Charakter diefer bedeutfamen Inftitution^ find wohl ein
Aigineten
*
in die
Vgl. Ufencrs
liefern, die
klaffifdien
Auffatz
damals mit Athen
»Organifation
der
in heftiger
wiflenfthaftlidien
Arbeit«,
Preußifdie Jahrbüdier, Jahrbücher, Bd. LUI.
95
Piaton
paar
Worte
mußte
hier
am
Jede foldie auf
Platze.
den Alten die
bei
nur durdi eine foldhe
Form
religiöfe
Dauer berechnete
Unterlage hat Piatons Akademie
fdiloffen die
ripatos«, felblt
des
dann
von
Hekademos
dem von ihm
man
und neben den Mufen
beging den
Epiphanie des Apollon,
man
fidi
fidi
eng an. Piaton
Heros gefeiert Thargelion, den Tag der Geburt oder der den Geburtstag Piatons. Die Weihung des
7.
als
Mufentempels gab der Stiftung hat
und Epikureer
angekauften Grundftück beim Heiligtume
einen Mufentempel geweiht, in weldiem fpäter feine eigene
Porträtbüfte aufgeßellt
wurde,-
faft
abgezweigte Sdiule des Ariftoteles, der »Pe^
ihr
die Sdiulen der Stoiker
hatte auf
fidi
und ihrem
ein Jahrtaufend lang, bis in die Zeit Juftinians, erhalten können,-
Vorbild
Stiftung
einer faltralen GenoITenfdiaft annehmen,-
haupt, nidit bloß
zu gemeinfamer
die juriftifdie Unterlage.
Akademie, wie
die
als
»Sdiule«
er felblt als
e,
i.
wiirenfdiaftlidier
Audi
die Philofophenfdiulen der
S. vorzuftellen, fondern als
Forfdiung und Lehre
übrigens
Alten über*
Verband enger
in zugleidi
Lebensgemeinfdiaft. Nidit bloß das jedesmalige Oberhaupt übte das Lehr-
haben die gereifteren Sdiüler Piatons audi Idion zu deflen
amt,- erweislidi
Lebzeiten in der
Akademie
gelehrt,-
namendidi hat Ariftoteles, der
17, bis 37. Lebensjahr ihr angehörte, in ihr nidit
vom
nur den Grund zu feinen
gewaltigen Forldiungen gelegt, fondern allem Anfdiein nadi
fidi
audi fdion
lehrend betätigt.
Das
nadi wiflenfdiaftlidier Seite überaus fruditbare Wirken auf
fo gelchafFenen,
dem
ganz ihm eigenen Boden mußte unferen Philofophen ent=
fdiädigen für das Ausbleiben eines irgend entfdieidenden EinfluITes auf die politifdien Gelchidce der griediifdien
Jahren
fidi
ihn geträumt hatte.
Zwar
Welt, wie er
in
feinen jüngeren
dauerten die bedeutfamen Bezieh-
da Dion ihm treu ergeben blieb. Nadi dem Tode des älteren Dionyfios, 367, wußte Dion zu erwirken, daß der nodi Jugend-^ ungen zu Syrakus lidie
fort,
Thronfolger, Dionyfios IL, Piaton an feinen
Hof
einlud.
Aber
die
Hoffnung, daß es dem Philofophen gelingen werde, auf den jungen Herr^ fdier einen heilfamen Einfluß
zu üben, erwies
Anfdiein, fehr bald trügerifdi. Eiferfudit
fidi,
nadi anfangs günftigem
und Mißtrauen, das
fidi in
dem
Tyrannen zunädift gegen Dion erhob, wirkte trübend audi auf fein Ver-= hältnis zu Piaton, obwohl diefes äußerlidi zunädift nodi freundlidi blieb. So kehrte Piaton, ohne etwas Nennenswertes erreidit zu haben, nadi Athen zurüdt. Zwar folgte er dann nodimals, 361, einer Einladung des Diony-^ fios, aber der Ausgang war diesmal nodi ungünitiger,- Piaton wurde vom Tyrannen eine Zeitlang faft als Gefangener gehalten und mußte froh fein, fdiließlidi ungekränkt abreifen zu dürfen, Dion hat dann, wie bekannt, den Dionyfios geftürzt,- aber er fiel felbft durdi Mörderhand und konnte fo
96
die großen
Erwartungen, die Piaton auf ihn
gefetzt hatte, nidit
wahr-
Piaton
Die
machen.
letzten Lebensjahre Piatons verfloITen
im Jahre 348/7 fanftes
erreichte ihn,
wie es
ohne äußere Störung,-
einem Hochzeitsmahl, ein
heißt, bei
Ende.
n. Piatons Schriften. Piatons
Werke
Namen von wirklidi an,-
nur nodi
find vollftändig erhalten.
Zwar
nidit alle unter feinem
den Bibliothekaren zufammengeltellten Sdiriften gehören ihm dodb beftehen ernftere Bedenken wegen der Echtheit heute Philofophie Piatons wenig
hinfidhtlich folcber Schriften, die für die
Die früheren,
oder nichts austragen.
gehenden Zweifel
fehr viel weiter
wärtig von keinem derer, die auf diefem Felde wirklieb arbeiten, mehr geteilt/
Grund zu Zweifeln gab
gewicbtigften
daß
in
den
die leicht zu
als platonifch geltenden Schriften eine
philofophifchen Lehre allerdings nicht erkennbar
Genüge
deflen zur
feine früheren Aufltellungen in
hat in den
machende Beobachtung,
durchgängige Einheit der ift.
Dies erklärt
fich
in^
daraus, daß Piaton fo ernftlich wie nur je ein Philofoph
nie lange bedacht hat,
immer erneute Prüfung gezogen und
fich
zu berichtigen.
Er
felber, meift Itillfchweigend,
fich
etwa 50 Jahren
feiner Ichriftltellerifchen Tätigkeit offenbar eine
Entwicklung durchgemacht.
ftarke innere
Um
Den
aucb die Briefe werden großenteils jetzt als ecbt anerkannt.
diefe
genauer zu erkennen, müßte
man
die Zeitfolge feiner Schrift
ten ficherer feftltellen können, als dies leider bisher hat gelingen wollen.
Immerhin
ift
nach vielen
Mühen und
reichlichem Streit eine ungefähre
Ver^
ftändigung auch in diefer äußerft verwickelten Frage erreicht worden. Eine
Gruppe der Sokratik
offenbar noch nahe ftehender Schriften <wie
ApoloMenon, Gorgias) werden allgemein in andere Gruppe folcher, die nicht bloß von der
Kriton, Laches, Charmides,
gie,
die Frühzeit Piatons, eine
Sokratik, fondern
von den eigenen Grundlehren Piatons
teßen Geftalt, fo wie
fie
entfernen <Parmenides, der Sophift
und
Kritias,
die Gefetzc),
und der Staatsmann,
fich
auffallend
Philebos, Timaios
Gruppen
fällt
fomit, als
Haupte
einer mittleren Periode, der »Staat«/ ficher diefem voraus, doch jen^
der erften Gruppe, der Phaidon und das »Gaftmahl«, welche beide
feits
befonders in der Faflung der zentralen Lehre von den Ideen
am
bekannt
wird ebenfo allgemein dem höheren Alter
Piatons zugewiefen/ zwifchen diefe beiden
werk
in ihrer
namentlich im »Staat« vorliegen,
dem
»Staat«
Euthydemos und der Kratylos, welche dem Periode fich noch mehr nähern, von den meiften wohl
nächften find/ ferner der
Charakter der erften
noch ganz ihr beigerechnet werden. jetzt
Am
wenigften Einigkeit herrfcht bis
über den Phaidros und den Thcaitetos, zwei
in vieler Hinficht
wich-
97
Piaton
tige Schriften, die jedenfalls unter fidi in vieler Beziehung
zufammengehören.
Diefe werden von einigen an den Anfang der Mittelgruppe, von andern eher an deren Ende, alfo nadi
dem
»Staat«, der Phaidros allenfalls
mit delTen fpätelten Teilen, oder ganz
zeitig
kaum mehr Verteidigung
findet die
alten Tradition feßhaltend, öffentlidite Sdirift hielt.
Annahme Sdileiermadiers,
den Phaidros gar für die
Idi
Gruppe
in die letzte
Gründe
glaube gute
erfte
der,
gleidi--
geftellt,-
an einer
von Piaton ver^
für die Stellung beider
Dialoge zu Anfang der Mittelperiode beigebradit zu haben, bin aber da^
Die Hypothefe einer zweimaligen Her*
mit bisher nidit durdigedrungen.
ausgäbe, fo daß beide Sdiriften der erften Entftehung nadi etwa der von
mir angenommenen,
in
der uns vorliegenden Geftalt aber einer fpäteren
Zeit angehörten, würde mandie Bedenken befeitigen,-
und würde Der »Staat« ilt,
filiwerlidi verifizieren
fie
läßt fidi aber
nadi anderen Seiten die Sdiwierigkeiten fo fdieint es, nidit
auf einmal, fondern
ftüdiweife, in vielleidit längeren Intervallen, verfaßt
und herausgegeben,-
eher vermehren.
das
erfte feiner
Periode,
zehn Büdier trägt nodi ganz den Charakter der
während das
letzte fidi bereits
erften
der dritten merklidi nähert.
Fragen beruht auf der kombinierten Un^ terfudiung des Sadigehalts und des Stiles der platonifdien Werke. Miß*
Die Entfdieidung
trauilHi
wird
zelnen,
fei
man
aller diefer
fein
müITen gegen jeden Verfudi, auf
Grund
eines ein*
es fadilidien oder ftiliftifdien Kriteriums die Zeitfolge
madien,- nur die volle Beaditung fämtlidier eine Entwidtlung
anzunehmen
ift,
Stilunterfudiung befonders, die an
Momente,
auszu*
hinfiditlidi
deren
kann zum Ziele führen. Die Spradi* und fidi
unverwerflidi
ift
und zur Feftftellung
des obigen allgemeinen Ergebnifles fehr Wefentlidies beigetragen hat, be* darf in der Einzelanwendung der allergrößten Umfidit und Vorfidit, fie
nidit irreführen
ein in
foll.
Piaton
ift
wenn
allem Anfdiein nadi kein naiver, fondern
ungewöhnlidiem Grade bewußter
Sdiriftfteller/ bei
einem foldien
von vornherein nidit zu erwarten. Im allgemeinen wird fo viel fidi behaupten laflen Die drama* tildi fpannende, dem Leben abgelaufdite Gefprädisführung, die Freude an Charakter* und Situationszeidinung und an allerlei Sdierz und polemifdiem Übermut, wie er in der Komödie beliebt war, gehört ausfdiließlidi der frühen und mittleren Zeit Piatons an,- fpäter, mindeftens feit »Staat« Budi X, hat er auf foldies mimildie Beiwerk bewußt Verzidit getan und fidi, ob* ift
eine durdigängig geradlinige Stilentwiddung
:
unter Fefthaltung der äußeren Form des fokratifdien Gefprädis, einem mehr wiflenldiaftlidi lehrhaften Gedankenvortrag genähert. Dagegen zeigen gerade die Werke diefes wiflenfdiaftlidieren Charakters eine zu* gleidi
nehmende Neigung zu Diktion, die hat.
98
man
einer gewählten, feierlidien, fozufagen priefterlidien
nidit mit
Unredit der des alternden Goethe verglidien
Diefes wie jenes find »diditerifdie«
Züge
der Darftellung, dodi in
Piaton
Piaton
fehr verlcliiedenem Sinne.
bewußt,- es
ift
bei
ihm
habituell
felbft
ift
von der Stilentwidilung Piatons,
Anfidit
das letztere
geworden. / wirklidi aber
weldie die Ideen vertreten, bei Piaton nidits weniger
Bewegung. Es entfpridit daher weit mehr dem eigenen Charakter des platonifdien Denkens, wenn in den reifften Werken eine Beweglidikeit der Begriife ausdrüdilidi behauptet wird. Will man da von »Syftem« überhaupt reden — und allerdings ift die Forderung der Syftemeinheit dem fpäteren Piaton weit mehr als dem früheren be^
als ftarr,
wüßt
—
fondern
fo
ziehungen
in beftändiger
kann es nur
fein,
um
ein
das es
Syftem
fidi
ins
handelt.
Unendlidie
Ein
fidi
entwid^elnder Be-
foldies fudit Piaton in der
Tat, aber er behauptet nidit etwas mehr als einige erfte Baufteine dazu geliefert
zu haben.
Die
örterungen der fpäten
vielfadi fdiwierigen, ftreng wilfenfdiaftlidien
Werke
Er*
<wie Parmenides, Sophift, Philebos) und die
Beridite des Ariftoteles über die letzte Phafe der platonilchen Philofophie
den neueren Darftellern meift
find aber bei
rückgetreten gegen die eindrucksvollen fo viel
anziehenderen
die deutlichen
man
hat im
Werke
tief in
den Hintergrund zu*
Formulierungen der
der Mittelperiode.
Auch
in diefen hat
Hinweife auf die Beweglidikeit der Begriffe
Grunde nach ganz wenigen, durch
fchriftftellerilch
man
nicht beachtet,-
die dichterifche Faflung
befonders packenden Stellen die Lehre Piatons Ichablonifiert und dadurch ihren Sinn wefentlich verfchoben.
Bei diefer Lage der Sache
ift
es nicht
99
Piaton
angängig, die Philofophie Piatons paragraphenweife wie
pendium zufammenzufaflen,-
es
überhaupt der Faden
ift
durdi dies Labyrinth einigermaßen
fidier
zu
einem
in
imftande
leiten
Kom=
zu finden, der
erft
Wir
ift.
ver-r
fudien eine genetifdie Vorführung.
Zum
Glüdi
der Anfangspunkt
wenigftens
ift
Entwidilung Piatons
fidi
von Sokrates ift ihm darftellte, wie
Sokrates natürlidi, fo wie er
Daß
bar zu madien wußte.
das,
was Piaton
der
philofophifdien
er ausgegangen,-
nidit ftreitig:
er für
fidi
von
ihn frudit=
fo als fokratifdie Philofophie
im ftrengeren hiftorifdien Sinne nidit mehr reine Sokratik genannt werden kann, ift im gegenwärtigen Zufammenhange nebenfädilidi, da es fidi um den Ausgangspunkt der platonifdien Philofophie jetzt allein handelt. gibt,
Nadi
diefen Darftellungen alfo , Deshalb verftand er meifterlidi zu fragen, Redien^
zu fordern und zu geben,
nidit aber
Überlieferung fertigen Wilfens verfteht. heitslehre fidi anpries, befonders
von
zu lehren, wenn
Von
dem, was
»Weisheit« gerade dadurdi, daß
tiges bieten wollte, aber
zu unabläffigem, felbft, in
tiefer
dem Denken den
und
tiefer
fie
Wiedererinnern in
feins
Wahrheit
—
fidi
fei
diefe editere
unwiderftehlidien
Anfporn gab
Idiürfendem Sudien und Graben in
bald in das bedeutungsvolle Gleidinis der » Anamnefis«
—
Weis-
durdiaus nidits Feftes, Fer-
den Gründen des eigenen Bewußtfeins, Das kleidet
ein
darunter
jener neuen Berufsklalfe der Sophiften
zu Markte getragen wurde, unterfdiied fokratifdie
man
fonft als
:
fidi
fidi
bei Piaton
daß unfer Wilfen
an das, was von einem myftifdien Vorleben her
Grundes des Bewußt* Eigen fein, aber nur durdi Unterredung, d. i, durdi lo*
kraft eines letzten, überzeididien
allerdings urfprünglidi in uns, unfer
methodifdies Forldien, durdi die fokratifdie
Entwiddung, aus diefem verborgenen Grunde heraufgeholt und in fidleren Befitz gebradit werden kann. Die Wiedererinnerung wird daher
gifdie
100
Piaton
(mit ftarkem Nachdruck, in zwei faft gleichlautenden Sätzen,
und Phaidr. 249 C> geradzzu
gleichgefetzt
dem Verfahren
Man. 98
A
der fokratifchen
Unterredung/ es ift alfo keineswegs ein bloßes Vorfinden und Aufnehmen von etwas auf dem Grunde der Seele fertig Daliegenden, fondern ein planmäßiges Erarbeiten, und zwar mit keinen anderen Mitteln als denen ftreng logifcher Prüfung und Berichtigung unferer eigenen Gedanken. Und nidit bloß bedarf es der logilchen Methode, um das keimweife in uns liegende Wiflen aus dem Schadite des Bewußtfeins zutage zu fördern, fon= dem zuletzt find es die Elemente der Methode felbit, in der Jdas echte »Denken« befteht, was auf foldie Weife ins Bewußtfein gehoben wird, nicht aber etwas wie ftarr daftehende oder audi wie in kaleidoskopilchem Wechfel auftretende und wieder verfchwindende Bilder von Dingen oder Vorgängen. Die Logoi, die in logifchem Zufammenhang zu entwickeln^ den reinen Denkfetzungen, werden erkannt als das Urfprüngliche, die Ur-
prägungen oder Mufter {tvtcoi,
jiaQadsiyfJLaTa), alles
dagegen, was wir Dinge,
Seiende {ovxa) nennen oder unmittelbar von foldien ausfagen, find bloße GleidinilTe,
Abbilder
(öjuoico^uaTa, elxoveg}, d. h, jene
beftimmend vorher, während, was
in diefen,
gehen bedingend und
den Erfahrungsgegenftänden,
und zwar immer nur näherungs weife beftimmt i(t, es allein ift durch jene und im Hinblick, gleidifam im Hinzielen auf fie. Es )ft in hohem Grade lehrreich, die zufehends deutlidiere Entwicklung diefer Grundeinfidit aus dem unicheinbaren Keime des fokratifchen Nichts wiflens in den frühen Dialogen Platons zu verfolgen. Der fih einbar ne^ gative Satz enthüllt nach und nadi einen immer reidieren pofidven Gehalt. Zunächft wird ein Wiflen im empirilch^technifchen Bereich zu erkennen, begriff das idealiftifche
i
nicht die
Onta nach den Logoi
fich
zu laden , deren
richten
wir ja dann anderweitig, natürlich durch die Sinne, (üTixeoSai)
erft
habhaft werden
müßten. Ebenfo waren die Eleaten verfahren,- und für einen als bleibe Piaton eigentlich ganz hierbei Abweichung, daß er nicht mehr wie jene bloß von fondern von den vielen Denkeinheiten, feinen Ideen.
Augenblick kann es Icheinen, ftehen, mit der einzigen
»dem« Einen fpricht, Eine Vielheit von Denkbeftimmungen vor,- fie ausdrücklich
anzuerkennen und infofern die Behauptung der ftarren
Einzigkeit des Seins einzufchränken, liegende Schritt. jede für hatte
fich,
man
man
Solange
als ein
eigentlich
lag ja bei Parmenides felbft fchon
ebenfo
ftarr
nur das
war
der
vom
Eleatismus aus nächft^
aber diefe vielen Einheiten nun wieder,
Eines wie »das« Eine der Eleaten dachte,
eleatilche
Eine
heiten blieben ebenfo ftarr, unbeweglich
vervielfältigt,- die vielen
und damit
tot
Ein-
und unfruchtbar
wie das Eine der Eleaten.
Auf
diefen
Fehlweg
alfo
eine Sicherung gegen folche
konnte Piaton nun etwa abirren. Auch lag
Abirrung noch
ebenfo früh den Gegenpol der eleatifchen Lehre, den Heraklitismus, beachtet
und für feine Charakteriftik der Sinnlichkeit die wefentlichen Züge daher entnommen hat. Das Sinnliche konnte ja ihm, wie den Eleaten, als bloßer Schein und Trug gelten, der feine logifche Charakteriftik dann nur finden konnte durch den reinen Gegenfatz der Charaktere, die das Sein der reinen Begriffe auszeichnen, alfo,
7
Große Denker
I.
gegenüber ihrer beharrenden Einheit und Identi-
103
Piaton
durdi die immer wechfelnde Vielheit und Unbeftimmtheit,
tat,
dann auf
die eine Seite, die des rein
das abfolut Unwandelbare, ungeteilt Eine, nur einzige
Eine der Eleaten, fondern
jetzt nidit
als die vielen
und
grenzenlofe Vielheit
Beftimmbarkeit
Werken
So
fpottet.
vor Augen, und
mehr bloß
Auch
heraus.
bis
nähert
Wendungen im ichem Anfchein
fidi
noch im Timaios,-
Lehre die packendfte
Doch war
bildliche,
am
fie
und
mythifche
meiften
und
aus Piatons eigenen
in
ftarr ele-
mancherlei
Staat, nach oberfläch-
immer
da,
wo
er feiner
myftifche Einkleidung gibt.
daß wenigftens mit der ab-
fchon das nicht bedeutungslos,
foluten Einzigkeit des Seins gebrochen wurde.
Grunde davon
Wandelbar*
Piaton wirklich einem folchen
Phaidros, Phaidon, Gaftmahl felbft
das
Lehre Piatons befonders dem Ariftoteles
heute fehr viele
Dualismus, einer eigentlichen Zweiweltentheorie,
atilchen
als
Zerftücktheit des Erfdieinenden, die jeder
fteht die
lefen
fo
fiel
Einheiten der Ideen,- auf
die andere, die des Sinnlichen (aioß^rjTov}, die ebenfo abfolute keit,
So
Gedaditen oder Gedanklidien'o?;Tdv>,
Diefe rührte nämlich im
daß die Eleaten das Seiende immer noch nach Art
her,
einer vorgefundenen Dinglichkeit, nur eben als das letzte Dinghafte (welches
notwendig nur eines
Denkens mußte,
fein
mülfe) dachten, nicht aber klar als Einheit des
Das war es, was fie wie in eine SackgalTe führen Weiterkommen war. In aller Schärfe aber hat nun doch
begriffen.
wo
kein
eben Piaton diefen Fehler aufgedeckt im »Sophiften«: die Eleaten fahen fälfihlich
die Einheit, welche das
Denken mit allem Grunde vom Sein
Einzahl delTen,
fordert, in der fi:arren
was
tativen Einheit des
im Denken und nur
zu fuchen.
Tat:
In der
fo
ficher
fie
in
die
ift,
ftatt
es in der reinen cjuali*
ihm zu fetzenden Seins
felber
reinen Funktionsbegriffe des
Denkens getroffen hatten, fo wenig waren diefe ihnen als Funktionsbegriffe und nichts anderes bewußt,- und fo konnten fie, obgleich fie dem nahe kamen, es doch felbft
daß auch das Sein Ausdruck der Denkfunktion über* ift. Der Logos zwar follte enticheiden, aber diefer erkannt als in einem Verfahren, einem Denkgange
nicht zur vollen Klarheit bringen,
garnichts anderes als der letzte
haupt und als solcher Logos war noch nicht
<Methode>
Zwang
fich
Zwar auch noch fo weit hatte der verhängnisvollen Zug zur Gedankenftarre, dem die
entwickelnder Prozeß.
der Sache den
Eleaten unterlagen,
befiegt,
daß der Eleat Zenon durch
nur zur Zerftörung gegenteiliger Anfätze,
nicht
feine,
wenngleich
aufbauend gehandhabte
BegrifFsantithetik, nämlich durch die darin angeftrebte Strenge rein
imma-
nent- logifiher Gedankenführung, den Anftoß zur Ausbildung der »Dialektik«
geben konnte,
als
deren eigentlicher Urheber er von Ariftoteles
von Piaton fich fihöpferilch erweifen zu
das Denken gemäß ^eoEcog
—
ojOTieQ
einer nicht kenntnis.
mehr bloß negativen, fondern aufbauenden
Kritik der
Er-
Diefen bedeutfamen Einfluß hat die pythagoreifihe Philofophie,
ganz an
Mathematik anfchloß, auf Piaton geübt. Zwar konnte felbft in der Mathematik das Ziel des Denkprozefles vorerft noch (cheinen in der Definition, alfo wiederum im feftliegenden Begriff zu liegen. Doch konnte in ihr von Anfang an die Fortfchreitung des Denkens vom Grunde zur Folge, und dann auch der Rückgang von die
fich
ja
die
der Folge
zum Grunde,
regreffive,
»analytifche« Verfahren
7*
nicht
wohl überfehen werden. Das foll
Piaton
felbft
in
die
letztere,
das
Mathematik 105
Piaton
erft
eingeführt haben / das kann
Wiflenichaft
daß
felbft
er es als foldies
hat zuteil werden
wohl
überhaupt nodi
daß
nidit heißen,
hervorgehoben und ihm die
lalTen,
durdi die es
es
worden
nidit gebraudit
logifdie Charakteriftil^
erft als ftändiges,
dem
fynthetifdien nidit nur gleidiwertiges, fondern überlegenes
allgemeinen Anerkennung gelangt
vordem in der fei, wohl aber,
Darin aber beweift
ift.
progreffiven,
Verfahren zur fidi
eben die
Methode als foldie, auf den »Denkgang« Erzeugung derfelben aus der Idee ihres Ver^
vorzüglidie Aditfamkeit auf die in
den WilTenfdiaften, auf die
fahrens/
und das eben
ift
das Entfdieidende für unfere jetzige Frage. In
der Mathematik eben wird es deutlidi, und
es offenbar Piaton deutlidi
ift
geworden, wie eben der »Gang«, die Methode es Einzelfeftlegung
fidi
damit ihre fdieinbare Starrheit. Nidit ftimmende, fondern
fie felbft
ift,
Die Denkpunkte,
überordnet.
fie
beftimmen
find
die der begrifflidien
die Begriffe, verlieren
mehr das
fidi erft
urfprünglidi
Be^
gleidifam als die Sdinei-
dungen der Denklinien. Die Bewegung des Denkens führt aus innerer Notwendigkeit ftets wieder hinaus über die je erreiditen Haltpunkte, die im Grunde nur dienen,
die Riditung der Bewegung feftzulegen. Die Defi= Mathematik definieren in der Tat vielmehr Methoden, und etwas wie dafeiende Dinge oder foldien bloß anhaftende Eigene Die Zahleinheit vertritt die Funktion der Einsfetzung,- die Gleidi-
nitionen der garnidit fdiaften.
das Verfahren der Gleidiung,
heit
und
fo
durdiweg. So wandelt
aus innerer Notwendigkeit die bloße Statik der Begriffe in eine
fidi
freie
Dynamik, weldie die Statik allerdings nidit aufhebt, aber fie gänzlidi fidi ein= und unterordnet,- oder fie aufhebt im Hegelfdien Sinne der Hinaufhebung zum höheren Standpunkt und damit gerade Erhaltung, Der unwiderfpredilidi klare Ausdrude des ReinergebnilTes diefer in Piaton fidi ganz unmerklidi vollziehenden Wendung von der Statik zur Dynamik ift die Kinefis, die Bewegung, der »Wandel«, gleidifam Marfdi der Begriffe, wie fie endlidi im »Sophiften« fo fdilidit wie kühn und radikal von Piaton aufgeftellt wird.
Er
felbft
ift
fidi
dabei aber gar keines Brudies mit feiner
Vergangenheit bewußt,- mit gutem Grunde, denn von Anfang an waren
ihm die
Begriffe in
konnte bloß
Bewegung, audi
fefte Begriffe
fdion
zu fudien und
zu der Zeit, da er nodi Idieinen als
an
fidi
beftehend vorauszu^
fetzen.
Gleidiwohl, der Sdiein einer nur ftatifdien AuffalTung befteht gerade in einigen der eindrudcsvollften
Es
ift
unerläßlidi, audi über
fdiaffen,
Der
gerade damit
man
Ausprägungen der Lehre von den Ideen.
den Grund
diefes Sdieins volle Klarheit
nädiftliegende Verdadit wäre, daß Piaton der fehr begreiflidien
Verleitung durdi die Spradibegriffe unterlegen unverfdiiebbares Sein
106
zu
durdi ihn nidit länger betrogen wird.
delTen vortäufdien,
fei,
was
die allzu leidit ein feftes, in
den gemeinen Vor^
Piaton
Dinge aus der praktififien Notwendigkeit der Verftändigung Gedankenverkehr gleidi gangbarer Münze auf beftimmte Werte feftgelegt und an dem Symbole des Wortes feftgehalten wird. Eine foldie Täufdiung, wie fie in den naiveren Stadien der Philofophie fehr natürlidi ift und allenthalben begegnet, wäre gewiß felbft bei Piaton an fidi nidits Unerhörtes, ja fie mag in gewiflem Umfang wirklidi bei ihm platz« gegriffen haben. Allein die ganze Strenge der fokratifdien Kritik, wie wir fie aus keinem andern als aus Piaton kennen, wendet fidi nun dodi eben gegen diefen trüglidien Sdiein fie ftrebt dodi mit der ganzen Energie des erlt voll erwaditen Rationalismus diefen Sdiein zu überwinden und zum »Wefen« durdizudringen. Die gemeinen Begriffe namentlidi des Sittlidien, wie die hodigebildete Spradie ihres audi nadi diefer Seite wunderbar begabten Volkes fie darbot, werden von Sokrates und feinem treueften Nadifolger zwar gewiß nidit einfadi beifeite geworfen, fie bilden vielmehr regelmäßig den Ausgang ihrer Erwägungen,- aber gerade an ihnen werden ftellungen der
im
alltäglidien
,•
die Sdiwierigkeiten, die inneren fiditige
dann
Klarftellung
erft
Widerfprüdie aufgeded, ja es würde überhaupt nidits mehr »fein«. Nie und nirgends bedeutet »Sein« bei Piaton, wenn von der Idee ausgefagt, etwas anderes als den Ausfageinhalt. §L Theaitetos, Vielleidit die zeitlidi erfte, fidier die fadilidi fundamentalfte Darlegung über die Begründung der Urbegriffe im Grundgefetze der Ausfage und damit des Denkens enthält der Dialog Theaitetos. alle:
fagen, mit Sinn
Zum
erften
Mal
der Philofophie
nidit bloß bei Piaton, fondern in der
ift
hier der
wahre Ausgangspunkt
rens getroffen in der Frage: fo
ift
würde,- er wird klar
und in
Zuerft: Erkenntnis
zum Erkennen, von von
mag aus
Erkenntnis?
fidi
von der
ift
nidit
Sinnesdatum.
Die Sinne
Der Sinn züglidikeit
Denn
der Sinn ver=
Unbeftimmtes
bis
nidits
183 B>, von Grund aus
(aTieigov,
zur
Idiliditeften,
ift
Sadie
Funktion des Denkens
= Xoyog}. man und
be-
Redit, daß alles Sinnlidie grenzenlofer
Be^
Erkenntnis geben,- aber dabei behauptet
hauptet mit vollem
notwendig
zu beftimmen,- er »gibt« durdiaus
Sinnlidikeit radikal verfdiiedenen
foll
find
ihnen nimmt es jederzeit feinen Ausgang,- aber nidit
glänzlidi
idiavoeio'&ai, öidvoia
gefunden
gegeben, allerdings nur in wenigen Grund-
fdilediterdings nidits
fidi
irgendwo,
nidit
irgendwie vollftändiger Ausführung,
zu Beftimmendes=X,- jede Beftimmung,
einer
Und wenn
einer Erkenntnis, die uns geldienkt würde.
als ein in erft
fidier
ift
daß der gefudite Begriff
es hier ein bloßer Sdiein,
beftimmungen, nidit
als
Was
gefamten GelHiidite
alles reinen Philofophie-
Grund und
und Veränderlidikeit
unterliege
—
von der dodi
leidit
einzu*
111
Piaton
fehen
Es
daß
ifi:,
blickt in
aus
fie
Piatons
Beftimmung audi nur möglidi madit. Ausführung diefer durdi
keinerlei
fidi
tief
eindringender, liebevoller
und Protagoras angebahnten,
Heraklit
leidit filion
rakteriftik
damals zu
in
der Lehre des Ariftippos vieU
Zufpitzung gebraditen Cha-^
fdiarf fubjektiviftifüier
der Sinnlidikeit deutlidi durdi, daß
fie
nur die Gegenfpiegelung
der reinen Begriffsforderung unwandelbarer Einheit
Denkens
die Einheit des
eben Vereinigung des
ift
und Beharrung
ift:
in fidi alfo einheitslos
gedaditen Mannigfaltigen, die Feftfetzung im Denken das Zum=Stehen= bringen der haltlofen Fludit des Sinnlidien in der es
ftillftellenden
gerade
um
Betradi=
vom Denken
gefetzt,
die grenzenlofe Bezüglidikeit des Sinnlidien gedanklidi
zu be*
tung/ das reine, das An=fidi-fein des Gedaditen wird wältigen und, fo wie dies überhaupt nur möglidi
So aber wird
daß
klar,
ift,
ganze Setzung des
diefe
zu Begriff zu bringen.
in Einheit,
in Identität
beharrenden, des An=fidi-Seins im reinen Denken überhaupt nur Sinn und
Wert
hat im Hinblidi auf die grenzenlofe Vielgeftalt, Veränderlidikeit
Relativität des Erfdieinenden
Beftimmung
als
diefes in fidi
und
Beftimmungs^
eben damit zur Erfdieinung des nur gedanklidien Seins
lofen, weldies
geftempelt
:
und
als foldie
eleatifdie Anfidit des
zur Erkenntnis gebradit wird. Damit
ift
erft
die ftarre
im Denken gefetzten Seins dem Prinzip nadi fdion
überwunden,- die reinen Setzungen des Denkens find entdedit genau
»Funktionen«
in
Kants Sinn:
als
als
allgemeine Arten der Beftimmung, als
durdigängige Gefetze nidit einer ifolierenden Erkenntnis eines abgefon^ derten, finnlidi^überfinnlidien Seins, fondern der fukzeffiven
des Sinnlidien
Erfdieinung
Die
felbft.
ftarre eleatifdie
trüglidiem Sdiein
d. h.
C
Beftimmung
Entgegenfetzung von Sein unct
löft fidi
auf
in die funktionelle Bezie*'
zu den X, y, Z ... in der großen Gleidiung der Erkenntnis, der WilTenfdiaft, Objekt und Subjekt find nidit länger zwei
hung der A, B,
.
,
.
Dinge, die auf irgendeine unfagbare dinglidie Art
um
fie
wie
zufammenkommen müf»
einem Begattungsakt Erkenntnis zu zeugen, fondern audi werden zu einem bloß anderen Ausdrudt der allgemeinen Funktion
fen,
der X, y,
Z
in
.
,
.
<des zu Beftimmenden) einerfeits, der
A,
B,
C
.
.
.
<der
daran zu vollziehenden Beftimmung) andrerfeits, weldie beiden Faktoren durdiaus nidits für
fidi find,
fondern überhaupt nur in Korrelation zu ein^
ander beftehen.
Die letzte Grundlage aber für diefe neue, ftreng methodifdie AuffalTung von Sinnlidikeit und Denken ift die allein fidiere und unangreifbare: daß überhaupt nur unter diefer Vorausfetzung Erkenntnis finnvoll und ftändlidi wird,-
befteht.
Denn
daß nur
fo
das
voraus, daß
fetzt
wovon
ausgefagt wird <X,
C,
3. die Prädikation,
112
,
.),
ver-^
überhaupt etwas wie ein Sinn einer Ausfage
y,
Z
eben
,
.
als
1 ,),
.
der Bezugspunkt der Ausfage, das, 2.
der Sinn des Prädikates , als foldie übergreifend :
.
über die kunft,
zeitlidie
indem
fie
.
.
Auseinanderftellung in Vergangenheit,
eben das
in
Gegen wart, Zu=^ Aus=
der finnlidien Erfdieinung notwendig fo
einandertretende in entded^t und feft gegründet, und darin das »Denken«: didvoia, diavoeiod^ai, d. i, etwas als etwas »fetzen« = Logos = Beftimmen = öo^dCEiv, was in diefem Zufammenhang wiederum nur »Urteilen« be= deuten kann,- es wird erklärt als: fortan Dasfelbe ausfagen, nidit mehr Idiwanken,- Subjekt ift hierbei immer die Pfydie, das Bewußtfein. Das Denken wird hier fdion ganz klar: »Durdi-denken« (dia-voeio'&at} , es ift Vermittlung
ift,
die
fie
ja
der Logos, den das Bewußtfein bei
fidi felbft
»durdigeht« (dieisQxsTat}, es
»Dialog«, das »Durdifpredien«, das in Frage und Antwort fortfdireitend fidi vollzieht,- was fonft »Methodos«, »Gang« nadi etwas, nadi einem Ziele hin, genannt wird. Damit wird d, ift
die innere Zwiefpradie, der
i.
die
Beftimmung zur
ja andrerfeits
fortfthreitenden,
»Begrenzung des Unbegrenzten«
von
fidi
an
fidi
grenzenlos fortfdireitenden, da
das zu Beftimmende grenzenlos
allen Seiten
Allerdings nur
vor (äneiQov
um
famen« Beftimmungen
nodi nidit
ift
—
Die
erreidit,
fpätere Faflung:
aber
fie
bereitet
öqiCsiv).
fo ftärker fällt es auf,
nidit
ift.
daß unter den »gemein-^
nur jzde Vertretung des Werdens, der Ver«
wahren »Seins« gegen das aus fidi keiner Wahrheit fähige »Werden«
ab-
was
hinter
Setzen von
als
dem Gebiete
allein
es,
fidi
alles,
des be=
auf es hingewiefen
wird eine Erkenntnis des Sinnlidien, wenngleidi
als ewiger, nie
Beftimmung eines ins Unendlidie zu Beftimmenden, wieder möglidi werden. Es wird das Werden, die Veränderung felbft begriffen werden als Urteil, der Wedifel des Seins und Niditfeins als Wedifel der Prädikate im Urteil, der
vollendeter Fortgang, als
Wandel«
C
\,
von
Und
ufw,). les
des Seins als
ufw.)
Erkennens
Stelle
nur
Wandel
felbft
'^as
nodi
nidit,
begründet
inderung.
Denn
zu Beftimmenden ,-
haben wir garnidit die reinen Objekte. Wären diefe uns gegeben, fo wären fie ja damit empirifdi, und wären alfo nidit mehr rein. Hätten wir
,alfo
fie
aber audi, oder trauten wir wenigftens der Gottheit ihren Befitz zu, fo
würde, wer
fie
hat, durdi
nidit die empirilchen,
da
ja
fie
zwar
die reinen
Gegenftände erkennen, aber
auf diefe die reinen Begriffe
fidi
gar nidit be=
ziehen
Das
ift
gewiß die
ernftefte aller
wie jede Philofophie, weldie die hat.
Zwar, daß wir
Fragen, auf die Piatons Ideenlehre,
gleidie Riditung verfolgt.
die reinen Begriffe »haben«, ließe
Rede zu fidi
ftehen
auf den
bis
Genüge reditfertigen Methode der Deduktion, wie
dahin Ichon gefidierten Grundlagen wohl nodi zur
wir können uns ihrer verfidiern durdi die fie
im Phaidon befdirieben und im Staat
Allein wie erreidit
man nun
erft
,-
ganz radikal durdigeführt
ift.
mit diefen reinen Begriffen den Gegenftand
der Erfahrung? Sdion das Aufwerfen diefer Frage bedeutet einen ge= waltigen Rudc vorwärts. Erfahrung
ift
hier zuerft pofitiv
bloß als eine der reinen ebenbürtige, fondern
hende Erkenntnisart. Die Ideenlehre
zu gar
nidits dienen,
vermag
fie
felbft fteht in
nidit fidi
gewürdigt nidit
als die eigentlidi
zu beweifen
als Bafis
methodilHien Begründung der Erfahrungserkenntnis. Damit
124
uns ange-
der Luft und kann uns
erft
zu einer wird
alle
Piaton
Trennung der Ideen,
fall(lie
Sdiein einer befonderen, nur übcrfinn-
aller
lidien Dinghaftigkeit derfelben gründlidi
Der zweite
überwunden
fein.
Teil des Dialogs gibt die Löfung, allerdings in einer änig=
\
Es wird gezeigt: folange die Urbegriffe ifoliert, ohne Übergang von einem zum andern, beziehungslos, »für fidi« gefetzt werden, matifAen Faflung.
daß überhaupt jede gedanklidie Setzung, jede Ausfage: Et^ das und das, unmöglidi und finnlos wird. Läßt man dagegen lo^
fo ergibt fidi,
was
ilt
gifdie
Übergänge von
einer
Denkfetzung zur andern zu
f
j
auf Tage und Stunden hinaus zu berechnen und vorauszufagen, j
und
Berechnung fand durch die Beobachtung der Tatfachen ihre Be«
die
Er
Itätigung.
verglich die Refultate der Wiflenfchaft mit
Manichäer und er fand, daß
fchen Fabeleien der fchaft
gemein hatten,
heure
Bewegung
Diefe Feftltellung
hervor.
rief in
fie
1
den aftronomi*
nichts mit der
Wiflen«
i
i
feinem Innern eine unge*f
Die mathematilche Naturwiflenfchaft der Aftro^j
Methode hatte ihn aus dem dogmatifchen Schlummer! geweckt. Die Kritik und der Zweifel, die mächtiglten Hebel alles Fort«! Ichrittes, waren erwacht. Eine Menge von Fragen beftürmten fein Gemüt.] Von einer berühmten manichäifchen Größe erhoffte er Befreiung von denf cjuälenden Zweifeln, Aber wie fehr fah er fich enttäulcht! Der vielgeprieH nomie und
fene
Mann
ihre
entpuppte
fich
in wiflenlchaftlichen
Dingen
als ein völliger Ig*
norant.
Für Augußinus war
diefes deprimierende Erlebnis
von den
weitrei«^
dem Manichäismus öffnete fich eine breite Kluft, und die Loslöfung von dem manichäifchen Dogmatismus war die notwendige Folge. Aber nicht die einzige. Der Geift des Zweifels chendften Folgen.
begann
Zwifchen ihm und
zu dominieren. Alles was Auguftinus bisher für Wahrheit war jämmerlich zufammengebrochen. Was lag da näher, als der Gedanke der Unmöglichkeit der Erkenntnis felbft? Der Dogmatismus war in fein Extrem, in den Skeptizismus umgelchlagen. So wird es pfychologifch durchaus verftändlich, wie Auguftinus auf den Gedanken kam, »von allen Philofophen feien die fogen. Akademiker die Klügften, weil fie meinten, man müfTe an allem zweifeln und behaupteten, der Menich vermöge jetzt
gehalten,
keine
Wahrheit mit
So
Aus dem
ein akademifcher
Skep«
Auguftinus 383 nach
Rom
manichäifchen Dogmatiften
ift
geworden.
In diefer
über,
zu erkennen«.
ftehen wir bei der zweiten Entwicklungsfphafe des Auguftinifchen
Denkens. tiker
Sicherheit
um
fkeptifdien
Stimmung
fiedelte
dort eine Schule der Rhetorik zu eröffnen.
Aufenthalt vertaufchte er 384 die RhetorikprofelTur in
Aber nach kurzem
Rom
mit einer foU
dien in Mailand.
Hier in Mailand follte es nun zur großen, entlcheidenden Wendung kommen. Auguftinus war durchaus keine fkeptifch veranlagte Natur/ im 16
Grofic
Senker
I.
253
v)
o^l
Augultinus
Gegenteil, fein kraftvoller
und
Wahrheitsbedürfnis drängte
energilHier Geift, fein angeborenes ftarkes
in
ihm mit Notwendigkeit über den gegen*
wärtigen Zuftand hinaus, der ihm außerordentlidi peinlidi und auf die
Dauer unerträglidi erlHiien, Und fo fudite er fidi mit aller Kraftanftren= gung aus dem Zweifel herauszuarbeiten. Wie die mathematifdie Natur* wiffenlchaft feinen manidiäifdien Dogmatismus ins Wanken bradite, fo ift es jetzt die reine Mathematik, die Aritmetik und ihre Gefetze, an weldie fidi fein Wahrheitsbedürfnis anklammerte. Die Gewißheit der Mathematik erfihien ihm als das Ideal der Erkenntnis, »In der gleidien Weife wollte er alles andere wiflen, das Körperlidie und das Geiftige.« Wir fehen, Auguftins Hoffnungen greifen bereits nadi dem hödiften Ziel, Weldies waren nun die Faktoren, weldie einen fo mäditigen Um* Icfawung herbeiführten und wieder das Vertrauen auf die Möglidikeit der Erkenntnis und der Wahrheit wediten? Zwei Motive haben bei der Überwindung der Skepfis zufammengewirkt, das religiöfe und das philofophifdie Motiv, Auguftinus war Katediumene der katholilchen Kirdie und fdion im Elternhaufe hatte er einen reidien Fond diriftlidier Wahrheit in fidi aufgenommen, Audi in der Periode des Zweifels hatte er
nidit vollftändig abzufdiütteln vermodit,
fie
vielmehr bald
mäditiger, bald fdiwädier an die Exiftenz Gottes, an die göttlidie
fehung, an die Fortdauer der Seele nadi
dem Tode, an
des Geridit, an eine jenfeitige Vergeltung geglaubt.
waren
reale
Mädite
in
des Ambrofius, Zuerft Kritik, die ihn
Dazu kam
feinem Innern, ift
es bloße
Und
Vor*
ein bevorftehen* diefe
Gedanken
der Einfluß der Predigt
Neugierde, verbunden mit Skepfis und
zu dem großen Redner
führt.
Aber
allmählidi
begann
er
dem Glauben und
der Autorität der heiligen Sdiriften gegenüber eine
freundlidie Stellung
einzunehmen und fand
eines
»Glaubens ohne Beweis«
widriges mehr.
der kathofifdien Forderung
Auffallendes und Vernunft*
Allein diefe tiefen
Bewußtfein, obwohl wiefen, bätten für
vermodit.
in
fdiließlidi nidits
Diefes
fie
in
Wandlungen
eine transfzendente
in
Auguftins religiöfem
und metaphyfifdie Welt
kaum den Skeptizismus aus dem Felde zu fdilagen alles war ja nur Glaube, aber kein Wiflen, und nadi fidi
WilTen dürftete Auguftins Seele, Parallel mit
den Umwälzungen
gleitend, ftützend
und
in
der religiöfen Sphäre, diefelben be*
ftärkend ging ein Ereignis
von größter Tragweite,
nämlidi das Bekanntwerden Auguftins mit der Gedankenwelt des Plato*
nismus oder befler Neuplatonismus, Auguftinus hatte Gelegenheit gehabt, einige Sdiriften der Platoniker, die der römifdie Rhetor
Marius Victori* Wer waren
nus ins Lateinifdie überfetzt hatte, zu lefen und zu ftudieren. diefe Platoniker?
Auguftinus nennt keine Namen,
einem Zweifel unterliegen, daß wir
254
Indeflen dürfte es
es mit Sdiriften Plotins
kaum
zu tun haben,
Auguftinus
den Auguftinus mit Ausdrücken hödifter Begeifterung Piatons, als als
wiedererftandenen Piaton
den großen Platoniker
Auguftinus
in diefer
feiert.
felbft, als
Von dem
Mailänder Zeit
als
das reinfte Edio
den heften Platonkenner,
editen Piatonismus
fdieint
nur den
Menon
redit wenig, vielleidit
kennen gelernt zu haben,
Weldies war nun der Erfolg von Auguftins platonilHien Studien? Er bemerkt zunädift mit Erftaunen die eigenartige VerwandtlHiaft zwilHien neuplatonifdier Philofophie
und Chriftentum,
Die Philofophie der Plato»
niker führte ihn in eine ähnlidie metaphyfifdie
Worten, aber dodi durdiaus
gleidien
Welt, wie die
In den Büdiern der Platoniker fand er,
Glaubenslehren,
Lehre mit vielen und
die gleidie
Gründen vorgetragen werde«, wie im Prolog des Johannes*
vielfadien
vom
Evangeliums, nämlidi die Lehre von Gott und
Welt
diriftlifdien
daß »nidit mit
gefdiaffen
worden
fei.
Logos, durdi den die
Auguftinus hatte nun eine Philofophie ge-
funden, die feinen religiöfen BedürfnilFen entgegenkam,
Vertrauen beftärkte, daß
in ihr
und
die ihn
im
Ge«
gefunden werde, was den heiligen
Er glaubte eine Philofophie vor fidi zu dem Chriftentum vereinbar fei. Es bedürfe nur einer Änderung der Worte und der Lehrmeinungen, und die Platoniker
heimniflen nidit widerftreitet.
haben, die mit kleinen
könnten Chriften werden. In der Konfequenz diefes Gedankens weiter-
gehend meint
er Ichließlidi zwifdien Philofophie
haupt kein Unterfdiied.
Audi nodi
und Religion beftehe über* das Trennende zwilchen
fpäter, als er
Chriftentum und platonilcher Philofophie viel fdiärfen erkannt hatte, be* tont er die nahe Verwandtfdiaft beider.
Nun kommt
aber nodi ein
Umftand
viel widitigerer
Piatonismus erkannte Auguftinus das lang und
in Betradit.
fehnlidift gefudite
Im
Mittel
zur Überwindung des Skeptizismus.
Die Philofophie der Platoniker er* Idiloß ihm eine neue Methode des Denkens und Philofophierens. Seinern bisher fenfualiftifdi gebundenen Geifte eröffnete fie einen hödift fruditbaren
Weg
zur Wahrheit, nämlidi die
Einkehr
in
Intuition.
Hier
entdedte er, wie fpäter gezeigt werden an weldien der Skeptizimus zerfdiellen mußte.
in fidi felbft
die feften Punkte,
Damit haben wir erreidit, die
Freilidi
die dritte Phafe, in Auguftins geiftiger
Wendung zum
war damit nodi
eine neue
Abwendung von den Sinnen und
und
nidit alles gefdiehen.
in die Sdiriften
leidenfdiaftlidie
16.
Entwidilung
Intellektuell fah er fidi in
des Chriftentums.
mit der Praxis des Lebens, mit der Geftaltung der
Hier mußte nodi ein
tiefer
foll,
Chriftentum und zur platonifdien Philofophie.
Sphäre verfetzt mit dem. reizvollen Ziel der ^Vertiefung
Philofophie
die
das eigene Innere, die Methode der geiftigen Sdiauung oder
und
fittlidien
Lebensführung.
Idimerzlidier Sdinitt geführt werden.
Natur hing audi
in
Mailand mit
in die
Nidit fo ftand es aber
ftarken
Seine
Banden am Weibe,
255
Augußinus
und diefe galt es nodi zu zerbredien. Hier kämpfte er den fdiwerlten Kampf, bis endlidi im Herbit 386 in dem Garten zu Mailand unter merk* würdigen Umftänden und unter den größten feelifdien Erfdiütterungen plötzlidi und im Nu die Ketten fielen. Nun war erft der Brudi mit der Vergangenheit ein vollftändiger. Der ganze Menfdi nadi Intellekt und Wille war ein anderer geworden. Aus diefer inneren Situation heraus kam Auguftinus zum Entfdiluß, fein Lehramt der Rhetorik aufzugeben. Ein in jenem Sommer infolge von Überanftrengung aufgetretenes Bruft* und Lungenleiden gab den willkommenen Anlaß, den Rüdttritt nadi außenhin möglidift unauffällig erfdieinen zu lalTen,
Mit Anbrudi der Weinlefeferien zog
fidi
Auguftinus mit einigen Freun*
um
den auf das Landgut Cassiciacum zurüdt,
in
der
der ländlidien
Stille
Einfamkeit die große Umgeftaltung feines Inneren überdenken und daraus die
Konfequenzen ziehen zu können, indem
er
fidi
vollftändig der Philo*
und auf die Taufe vorbereitete. Was fein Inneres bewegte, das fudite er fidi von der Seele zu fdireiben. Aus wiflenCdiaftlidien Gefprädien mit feinen Freunden und aus ftillen Selbftbetraditungen in fdilaflofen Näditen erwudifen die vier erften philofophifdien Arbeiten: »contra Academicos, de beata vita, de ordine und die Soliloquia«, die er alle nahezu gleidizeitig begann und in wenigen Wodien vollendete , Außerordentlidi diarakteriftifdi find die Problemftellungen in diefen Sdiriften, der Kampf um die Wahrheit gegen die Skepfis und die Begründung der Erkenntnis durdi die neue Me=
fophie hingab
thode, das Problem der neuen Lebensführung, der erfte Verfudi einer Begründung der Ethik, weiter die Probleme, weldie die philofophifdie
Vorausfetzung für die Lehren des Chriftentums bilden,
und Weltordnungsproblem, das Seelenproblem,
das Gottes*
fpeziell die Unfterblidi*
keitsfrage,
Anfang empfing
des Jahres 387 kehrte Auguftinus nadi Mailand zurüde
am
24, April desfelben Jahres
zwifdien fetzte er feine Sdirift
fdiriftftellerifdie
von Ambrofius Tätigkeit fort.
die Taufe,
Es
und In«
entftand die
»de immortalitate animae« und der große Plan einer Gefamtdar*
ftellung der
»artes liberales«.
Ausführung. erft viel
Die Büdier über
Aber nur weniges kam die
fpäter in Afrika vollendet.
in Mailand zur Mufik wurden zwar begonnen, aber
Nodi
in
demfelben Jahre wollte er
Heimat zurüdekehren, änderte aber infolge des Todes feiner Mutter in Oftia feinen Plan und ging zunädift nadi Rom, wo er die Sdirift »de quantitate animae« fdirieb und das Budi »de libero arbitrio« begann, das in die
aber ebenfalls
erft
mehrere Jahre fpäter
in
Afrika zu
Ende
geführt wurde,
388 betrat Auguftinus wieder afrikanifdien Boden und begab fidi nadi kurzem Verweilen in Karthago nadi Thagafte, wo er in unermüdlidier
256
Auguftinus
während eines ungefähr dreijährigen Aufenthaltes früher begonnene Arbeiten vollendete, fo die Büdier über die Mufik und die Tätigkeit
»de libero
Schrift
Neu
arbitrio«.
ecciesiae catholicae«, »de moribus
während
entftanden
Dialog »de magiftro«, die Sdiriften
diefer Zeit
der
»de vera religione«, »de moribus
Manichaeorum«, der
»liber
de diversis
quaestionibus 83«.
Wir haben
früher erwähnt, daß Auguftins Entwidilung
länder Zeit durdi zwei Philofophie
und
Grundmotive beftimmt wurde,
Aufenthaltes in Mailand,
feines
zum Ablchluß war
gebracht,
fein Idiarfer
zum
Priefter ordiniert
den Träger der
und Thagafte mit größtem Erfolg
Entwicklung im großen und ganzen
Inzwifchen bereitete
aber eine neue
ficfi
Studium der
gründlicfies
Dazu kam
eingedrungen.
Der
feine
Berufung
und 395 auf den
Würde
bilciiöflidien
während
fidi
Wandlung
heiligen Sdiriften
Geilt auch allmählidi in die Tiefe der dirißlidien
nilTe
in die
Rom
feine philofophifdie
Durdi umfaflendes und
vor.
Mai-
der
durdi die Lehren des Chriftentums.
andererfeits
einen Aufgabe, der Orientierung in der Philofophie, hatte er
gewidmet und
feit
einerfeits durdi die
Bifchofftuhl
ergab
fidi
Hippo,
nacht
Geheim-
wo
er
Für
erhoben wurde.
von
felbft
391
das Eingreifen
großen religiöfen Wirren und Kämpfe feiner Heimatprovinz wie
der Gefamtkirche, Die philofophilcben InterelTen mußten jetzt naturgemäß
und theologifchen Aufgaben zurücktreten. Der dem Theologen und theologilchen Polemiker weichen. zu verwundern, wenn Auguftins Stellung gegenüber der
weit hinter die kirchlichen
Philofoph mußte
Und
es
nicht
ift
Philofophie eine merklidie
aus
dem
Änderung
IndelTen hat er
erfuhr.
fie
niemals
Gefichtskreis verloren, wie die an philofophifdien Partien fo
reiciie
und insbefondere fein großes beweifen. In dem letzteren hat er die
dogmatifche Schrift »de trinitate«
Werk
»de
civitate dei«
Gefdiichte der antiken Philofophie aufgerollt, den Wahrheitsgehalt ihrer
Syfteme an dem Maßftab des mit Übereinftimmende in den
anlchauung hineingearbeitet.
chriftlichen
Aufbau
Glaubens gemelTen und das da-
der
Geändert hat
fidi
nur der Maßftab, mit
Auguftinus die Philofophen wertet. Die Philofophie Selbftzwedk, wie
am Anfang
feiner
Welt- und Lebens-
chriftlidien
ift
ferner nidit
dem mehr
Laufbahn, fondern vorzüglich Mittel
zur Begründung und wiflenfdhaftlichen Geftaltung der Theologie.
Auguftins Beteiligung an den feiner Zeit, enthüllte erft die
Hier zeigte in
ficii,
theologifdien Streitigkeiten
Maß
von Energie
Eine überreiche polemifche Literatur während eines Zeitraums von mehr als drei Dezennien feiner Feder lag.
den Kämpfen gegen die Manidiäer, Daneben fand aber Auguftinus nodi in
und
feiner maditvollen Perfönlichkeit,
welch gewaltiges, faßt unerfcfiöpfliches
diefem Geift aufgefpeichert
entfloß
kirchliciien
ganze Größe
die Donatiften
Zeit,
fo
und
die Pelagianer.
umfalfende Werke, wie
257
Auguftinus
beiden
die
und »de civitate Ein gleidies mannigfadien Arbeiten zur Genefis und zum Hexaemeron,
fdion
genannten Sdiriften »de
trinitate«
dei« zu fdiaffen, die in jahrzehntelanger Arbeit entftanden. gilt
von
feinen
Gegenftand, der auf ihn eine befondere Anziehungskraft ausübte.
ein
Hier war ihm Gelegenheit gegeben, die großen kosmologifdien Fragen,
dem
mit denen die griediifdie Philofophie begonnen hatte, die Frage nadi
Urfprung der Welt und nadi dem Prinzip der Weltentftehung
vom
dirilt^
und philofophifdien Standpunkt aus zu behandeln und Sdiöpfungs* und philofophifdie Theorien miteinander zu verknüpfen. 427 als müder Greis, drei Jahre vor feinem Tode, bildete er in feinen »Retractationes« nodi einmal zurüde auf die durdimeflene Bahn und auf die mannigfadien Wandlungen feines langen Lebens, Er hält kritifdie Rüdt^ fdiau auf das in der Literatur einzig daftehende Ganze feiner literarifdien Sdiöpfungen, Und wenn er hier mit den ftrenglten Maßftäben mißt, wenn er verurteilt, was er in feiner Jugend verherrlidit, wenn mandies harte Wort
lidien
lehre
wenn
gegen die Philofophen
fällt,
früher gefpendet hatte,
wer mödite
er das fidi
Lob zurüdtnimmt, das
er ihnen
darüber wundern bei einem Manne,
der fein Lebenswerk betraditete sub specie aeternitatis, im Liditfdiein der
Auguftinus
Ewigkeit.
Hippos durdi
die
am
ftarb
28, Augult:
430 während der Belagerung
Vandalen,
Augußinus ift in philofophildien Dingen Autodidakt, Alles, was er war ein glühendes Wahrheitsverlangen, der philofophifdie Eros, von dem Piaton fpridit. Von diefem getragen mußte er fidi erft feine befaß,
Er
Philofophie fdiaffen.
Sdiwierigkeiten
Löfungen
fie
erarbeitet.
trägt überall
er
hat
nadi
um
Problem
er
erlebt,
hat ihre
Löfungen gefudit und
fidi
die
Jeder Zoll im Reidie des Wiflens mußte von ihm
erkämpft werden.
erft
hat Problem
verkoftet,
So
ift
feine Philofophie Perfönlidikeitsphilofophie,
den Stempel des Perfönlidien und Individuellen auf*
geprägt.
Auguftins Entwidelungsgeldiidite hat weiterhin erkennen EinflülTe
von außen
er
an
fidi
laflen,
weldie
erfahren hat, nadi weldier Riditung fein
Wahrheitsftreben gelenkt wurde, daß er
fidi
durdi den Senfualismus,
Ma«
und Skeptizismus zu dem Rationalismus und Spiritualismus der neuplatonifdien Sdiule durdigerungen hat. Mit den Piatonikern, ihrer Methode und ihren Zielen, fühlte er fidi von Anfang an wefensverwandt. Sein Wahrheitsftreben mündete in jene Form philofophifdier Betraditung, in weldier die griediifdie Philofophie im Anfdiluß und unter Umbildung terialismus
Gedanken
platonifdier
und
Der Einfluß
des Neuplatonismus, beziehungsweife Stoizismus,
ftoifdier
Auguftinus im wefentlidien
lediglidi
hat diefe Impulfe felbftändig
258
und
eine fpäte Nadiblüte erfahren hat. ift
aber für
anregender Art, Sein kraftvoller Geift
originell weiter geführt
und
ausgeftaltet,
AuguIKnus
Man
kann daher mit Redit von einem AuguItinilHien Piatonismus oder
Neuplatonismus reden, Endlidi haben wir bereits erwähnt, daß neben der Philofophie durdigreifendften in die Geftaltung
von Auguftins Geiltesleben
das Chriftentum und feine Lehren eingegriffen hat. phiert nidit
am
fdion früh
Augultinus philofo*
wie Ariftoteles auf der Grundlage eines ungeheuren empirilcben
Die Peripatetifdie Riditung, ihre Methode wie ihre Vertreter, ihm zeitlebens fremd geblieben. Er philofophiert vielmehr in der
Materials. find
Weife Piatons, in deflen Spekulation ja audi reidilidi religiöfe Motive hinein*» fpielen, und nadi Art der Neuplatoniker und Stoiker, bei denen ebenfalls die theologifdien Probleme im Mittelpunkt ftehen. Seine Philofophie ift in allen Teilen
an der Religion und Theologie, an den Problemftellungen des
Harmonie des philofophifdien Weltbildes mit den dhriltlifdien Lehren im Auge, Seine Anfdiauungen über das Verhältnis von Wiffen und Glauben, Vernunft und Autorität, die übrigens nur feine eigene Entwidilungsgelchidite wider« fpiegeln, hat er in drei berühmten Formeln niedergelegt, nämlidi: »ratio antecedit fidem, fides antecedit rationem und credo ut intelligam«, D. h, das Wiffen muß dem Glauben vorangehen, infofern es die Glaubwürdig« keit zu prüfen hat. Der Glaube muß aber dem Wiflen vorangehen, info* fern uns der Glaubensinhalt gegeben und von uns zunädift aufgenommen werden muß. Bei diefer paffiven und unverftandenen Aufnahme darf aber der Geift nidit ftehen bleiben. Der Glaube muß zum Wiffen, das credere Chriltentums orientiert. Auguftin hat
zum
intelligere fortfdireiten,
haupt verliehen
laflen.
als höchltes
Ziel die
foweit die Glaubensgeheimniffe
Auguftins Hauptleiftung
liegt
fidi
über-
gerade in der har«
monifchen Angleidiung platonifdier bezw, neuplatonilcher und
ftoilcher
Philofophie an die Grundlehren des Chriftentums, ein Ziel, das Ichon vor
ihm die großen drien
griediilHien
und Origines zu
Väter, insbefondere Clemens von Alexan-
erreidien verfudit haben.
Nadi diefer allgemeinen Charakteriftik des AuguftinilHien Denkens follen nunmehr die Hauptprobleme der auguftinilchen Philofophie zur Darfteilung kommen,
2.
Das Wahrheitsproblem,
Auguftin war der ungeftümfte Wahrheitsfudier der alten Welt, Aber feltfamer
Weife wurde gerade ihm im Laufe
heit felbft
dem
zum
Problem,
Erft nadi hartem
feiner
Entwidtlung die Wahr*
Kampf
gelang es ihm, unter
fidi wieder die Überzeugung von der Möglidikeit der Erkenntnis zu verlcbaffen. Auguftinus hat die Sdiwere des Wahrheitsproblems voll und ganz durdigekoftet. Er hat die
Einfluß der platonilchen Philofophie,
259
Auguftinus
Tragweite desfelben
als Fundament Notwendig fei vor
Eingangstor zur Philofophie,
als
methodifdien Philofophierens klar durdilHiaut,
alles
allem die Überzeugung, daß die Wahrheit gefunden werden könne, denn
eher könne
man
wagen,
nidit
Es
zu fudien.
fie
iß
daher das Zeidien,
und kritilclien Geiltes, daß Auguftins Erftlings* Skepfis wendet und das Fundament zu legen unter«
eines edit philofophifdien IHirift fidi
gegen die
nimmt, auf
Der feits
die
dem
eine fidiere Erkenntnis ruhen kann.
Wahrheitsleugnung gegenüber fudite Augultinus einer*
fkeptifdien
von der fenfualen Skepfis vorgebraditen, aus den Sinnestäufdiungen,
aus den Täulchungen der Halluzinationen und des Traumlebens herge*
nommenen Einwände zu Bedeutfame
widerlegen,
war
feiner Leiftung,
Andererfeits,
Zweifel entrückte Wahrheiten aufzudecken.
den? Welche Methode
düng
diefer
drücklich,
Frage
daß
foIIte
Wie
in
Wahrheit zu
das
liegt
aber folche
Von
fin*
der Entichei*
ihm der Erfolg abzuhängen. Er bemerkt aus* Wahrheit bleibe nur deswegen ver*
fchien
er geglaubt habe, die
Methode gab ihm
außen, nidit
follte er
er hierbei einfchlagen?
borgen, weil es an der richtigen Methode fehle, diefe
und darin
er in erfter Linie darauf bedadit, allem
fie
die neuplatonifche Philofophie
den Sinnen,
nicht in der
finden, fondern
zu erforfchen.
Und
an die Hand, Nicht
Erfahrung und
empirißifcii iß die
im eigenen Innern, im Selbßbewußtfein und
durch Intuition des Geißes,
So ßieß Augußinus auf den archimedilchen Punkt lange vorDescartes und machte die Entdeckung der Gewißheit der Tatfachen des Bewußtfeins, die
ihm einen ehrenvollen Platz in die
Nähe
unmittelbare
in
der Gefdiichte der Philofophie anweiß und ihn
des Begründers des neuzeitlichen Denkens rückt,
Augußinus geht aus wie Descartes vom Zweifel, Vieles zweifeln.
»Oh
die Kraft des
läßt fich
be*
Lebens, des Sicherinnerns, des Erkennens,
des Wollens, des Denkens, des Willens, des Urteilens der Luft zuzu* Ichreiben iß oder
dem Feuer oder dem Gehirn oder dem
Atomen, darüber haben
die
Blut oder den
Menfchen gezweifelt, und der eine hat
der andere jenes zu behaupten gefucht«.
Aber
mitten in
dem
diefes,
Strudel des
Zweifels bleibt doch eines gewiß und allem Zweifel entrückt, nämlich das
Zweifeln felbß, daß du ein Zweifelnder biß. folut
gewiß
iß, fo
Und
dem Zweifeln untrennbar gegeben
find,
nämlich »das Leben, Sidierinnern,
Erkennen, Wollen, Denken, Wiflen, Urteilen,
wer
wie das Zweifeln ab«
auch eine Reihe anderer Bewußtfeinstatfadien, die mit
zweifelt, erinnert
fidi
an das, woran er
Denn wer
zweifelt, lebt,
Wer
zweifelt, will
zweifelt.
Gewißheit haben, wer zweifelt, denkt, wer zweifelt weiß, daß weiß, wer zweifelt,
Wer all
urteilt,
daß
er nicht
alfo irgendwie zweifelt, darf
an alldem
nicht zweifeln.
dies nichts wäre, fo könnte er an nichts zweifeln.«
260
er nicht
unbedachtfam zußimmen dürfe.
Denn wenn
Auguftinus
Aber
nidit bloß das
Zweifeln und die ihm zur Vorausfetzung dienen='
den Bewußtfeinstatfadien
find abfolut
fondern audi die Exiltenz des
Denn wer
fo bin idi.
nidit
ift
»Wenn
das zweifelt,
kann
fidi
idi
midi täufche,
Und
nidit täulchen.
fo bin idi,
Mit der Tatfadie der Täufdiung und von
infofern idi midi täulche.«
unabtrennbar
Idi,
ift,
gewiß und allem Zweifel enthoben,
So
audi die Exiltenz des Idi gegeben.
gibt es
ihr
zwei funda«
mentale Wahrheiten, die allem Zweifel entrüd^t bleiben, nämlidi das
um
Wiflen vivere
die Exiftenz des Idi
und damit
So
um
führt der fkeptifdie
Er
Wahrheit.
ift
und das Wiflen
die Gefamtheit der
um
das dubitare, cogitare,
Bewußtfeinsvorgänge überhaupt.
Ausgangspunkt, der Zweifel notwendig zur
zur fidieren
Methode der Wahrheitsfindung geworden.
Auguftinus formuliert diefes Ergebnis
in feinfter
Zufpitzung,
»Wer
Zweifelnden erkennt, erkennt mit Sidierheit Wahrheit, Jeder
als
an der Wahrheit zweifelt, hat Wahres Alles
ift
woran
in fidi,
aber nur wahr durdi die Wahrheit,
Wer
alfo,
fidi
der
er nidit zweifelt.
alfo irgend
wie zwei*
der kann an der Wahrheit nidit zweifeln.« Fragen wir nadi dem Grunde der abfoluten Gewißheit der Bewußt^
feit,
feinstatfadien, fo antwortet Auguftinus, der nidit durdi
fie
Grund
liege darin,
daß wir
das Mittel und die Zeugen von Abbildern wie bei den
Dingen auffallen, fondern daß wir fie als gegenwärtig wahr^ nehmen und mit dem wahrften inneren Blidi Ichauen, Wir haben alfo von diefen Wahrheiten ein unmittelbares und anfdiaulidies, ein intuitives Wiflen, Der Grund ihrer abfoluten Gewißheit liegt in der unmittelbaren ErfalTung oder Sdiauung und in der Evidenz diefer Intuition, Denn nidits erkennt der Geift in fo hohem Maße, als das, was ihm gegenwärtig ift, und nidits ift ihm mehr gegenwärtig als er felbft. So hat Auguftinus im Selbftbe wußtfein eine Gruppe von Wahrheiten entded^t, an weldie der Skeptizismus nidit mehr hinanreidit, und die audi körperlidien
vom
Skeptiker, wenngleidi im Widerfprudi mit
den müITen, Aber damit löft.
Denn
die
ift
fidi felbft,
anerkannt wer*
das Wahrheitsproblem nodi keineswegs ge*
Wahrheiten des Selbftbewußtfeins
find lediglidi
Tatfadien*
Wahrheiten von individueller Geltung, die über die enge Grenze des eigenen Idi, feiner
Vorgänge und Zuftände
eine Erkenntnis der
vom
nidit hinausführen.
Idi verfdiiedenen
Erkenntnis der Welt, der Wirklidikeit, des Seins?
Wie
Gibt es aber audi
Dinge und Gegenftände, eine
Wie
ift
fie
möglidi?
WilTendiaft von den Dingen möglidi ? Daß darin die Kernfrage des Wahrheitsproblems befdiloflen liege, hat Auguftins Idiarfer Geift wohl erkannt und er hat audi ihre Löfung verfudit und zwar wiederum mit den Mitteln und Methoden der platonifdien Erkenntnistheorie und Metaphyfik. ift
Von den Piatonikern übernimmt er die Zweiweltentheorie, die Annahme einer finnlidien, körperlidien
Welt <mundus
sensibilis)
und
einer unkörper-
261
Auguftinus
Welt <mundus
licfien intelligiblen
intelligibilis).
Daß eine Mahnung der
Erkenntnis der beiden Welten?
Wie kommen
wir nun zur
Welt
exiftiert, er*
körperlidie
Medium der den körperlidien Dingen ähnlidien Sinnenbilder, Auf dem genannten Wege gibt die Körperwelt dem Intellekt Kunde von ihrer Exiftenz, Ge* genüber den Einwürfen der fenfualen Skepfis hält Auguftinus an der Oh^ kennt der Intellekt durdi die
der Sinneserkenntnis
jektivität
Die Sinne geben uns Sie
ift
fo,
falTung
wie
fie
uns
vom Werte
Sinne^. durdi
das
und an der Realität der Körperwelt feft. und getreues Bild von der Welt, Allein trotz diefer extrem realiftifdien Auf*
ein zuverläffiges erfdieint.
der Sinneserkenntnis ftimmt Auguftinus dodi den Pia*
tonikern darin bei, daß die Sinne nur Meinung, aber kein Wiflen zu er*
zeugen vermögen.
Er begründet
dies damit, daß in den empirifdien Dingen nur ein Bild der Wahrheit fei, und daß die Sinne nur das in fte* tigem Fluß Befindlidie und keiner geiftigen Erfaflung Zugänglidie zu er*
reidien
Die
vermögen.
reine
Wahrheit
erwarten, und die Sinneserkenntnis
ift
daher von den Sinnen nidit zu
ift
trotz ihrer Zuverläffigkeit als ein
Glauben von dem Wiflen zu unterfdieiden. Ein Wiflen gibt es nur von den Gegenftänden der intelligiblen Welt, in weldier die Wahrheit felbft wohnt. In ihr ift die wahre Wirklidikeit, das wahre Sein zu fudien. Die Sinnenwelt ift nur ein Bild der erfteren.
Wie
ift aber eine Erkenntnis der intelligiblen Welt, der Welt des wahren und unveränderlidien Seins möglidi? Nur auf dem gleidien Wege, auf weldiem der Geift fidi felbft erkennt, mit Hilfe der Methode der Intuition.
Aus dem
Innern des Geiftes,
in die intelligible
Welt,
Nur
vom
Selbftbewußtfein aus, führt der
in fidi felbft,
Weg
im erfahrungsreinen Denken,
im unmittelbaren irrtumslofen Sdiauen erfaßt der Geift ewige und un* wandelbare Wahrheiten, die veritates oder rationes aeternae, die Wahr* heiten der artes liberales, die
Wahrheiten der Wiflenfdiaft,
die
unwan*
delbaren Sätze der Logik, das Kaufalgefetz, die Gefetze der Mathematik, die äfthetifdien
Die allen
ethifdien Gefetzlidikeiten.
Zweifeln entrüdte,
guftinus
von
und
rationes aeternae, die Begriffe
im Auge
^
und Gefetze der WiflenCdiaftcn, find — und nur diefe hat Au*
aller fenfualen Skepfis
unzugänglidie Wahrheiten,
unveränderlidier, unwandelbarer
und
zeitlofer
Sie find Wahrheiten
Geltung, Die Zahlen*
fätze z, B, gelten nidit bloß heut und morgen, fondern immer. Das Sein im Sinne der unveränderlidien Geltung ift aber für Auguftinus ein gegen* ftändlidies, reales,
dem
Geifte transfzendentes, metaphyfififies Sein, auf
das er diefelben Prädikate anwendet, die Piaton feinen Ideen gegeben hat.
Die ewigen Wahrheiten beziehen fidi auf die wahre Wirklidikeit, auf die intelligiblen Spezies und Formen, auf das was ift und in hödiftem Maße ift und immer in derfelben Weife fidi verhält. So haben die Zahlen ein
262
Auguftinus
wahres Sein, und
Gegenftand iß ein esse immobile, firmum incorrup*
ihr
tumque.
Damit hat Auguftinus den Weg zur WilTenfdiaft, zur Erkenntnis der und des Seins gefunden. Diefer Weg hat fidi ihm im Innnern des Geiftes felbft erfdiloflen. Der Geift fdiöpft die ewigen Begriffe und Wirklidikeit
Gefetze der Logik, der Mathematik, der Äfthetik, der Ethik aus aus
dem
Natur,
fidi felbft,
reinen erfahrungslofen Denken, gewiflermaßen aus feiner eigenen er findet
fie
in fidi felbft vor.
Mit größter Sdiärfe und Klarheit
betont Auguftinus den apriorifdien Charakter der Wilfenfdiaftserkenntnis
und
lehnt jede empiriftifdie Theorie, audi jede Abftraktion aus
dem Sinn«
Gruppen der ewigen Wahrheiten ab. So können, zu erwähnen, die Begriffe und Gefetze der Geometrie nidit
lidien für die fämtlidien
um
nur eines
den Sinnen oder der Erfahrung entftammen oder daraus abftrahiert weil
fie fidi
fdiaft,-
in diefer Reinheit in
Die Wahrheit
finden.
die empirifdien
nur eine gewiffe lern gezeidinet,
den körperlidien Dingen gar
nidit
vor*
den Figuren der geometrifdien Wiffen*
Figuren ftreben zwar nadi jenen, aber
und
Leibes mir
Körperlidies zu denken, griffen
in
befitzen
fie
Nadiahmung der Wahrheit. »Idi fah Linien von Künft* fein wie die Fäden der Spinne, aber die mathematilchen
Linien find völlig andere
Augen meines
nur
ift
fein,
nidit die
liefern,-
fie
innerlidi
und Gefetzen des Raumes
Abbildung von Linien, weldie
der kennt
gilt,
fie,
erkennt.«
das
gilt
die
der ohne irgend etwas
Und was von
den Be*
audi von den Begriffen und
Gefetzen der Zahlen und von den Begriffen und Gefetzen der Äfthetik
und Ethik. Weldie Bedeutung haben aber
bei der Apriorität der ewigen
heiten die Sinne, das Erfahrungsmaterial für unfere Erkenntnis? Sinnlidikeit
WahrIft
alle
beim Zuftandekommen unferer Erkenntnis ausgefihaltet und
und Sinn eine unüberbrüddsare Kluft? Die Sin* mahnende und veranlaffende Bedeutung, indem fie den
befteht zwifdien Intellekt
nenbilder haben
Geift anregen, fidi nadi innen zu wenden, fidi der in ihm liegenden Begriffe und Gefetze bewußt zu werden, fie aufzufudien und fidi ihrer zur wiffen« fdiaftlidien Erkenntnis der Dinge zu bedienen. Die ewigen Wahrheiten find fomit die Normen, Regeln, Maßftäbe für die Beurteilung fowohl un* feres Geiftes
nung unter urteilen
wie der körperlidien Dinge.
die
Wir
über die Sinnendinge nidit bloß, daß
oder nidit fo
fubfumieren die Erldiei*
ewigen und unveränderlidien Regeln der Vernunft.
fein
muffen.
Normen, nadi denen wir
So
find die
fie
find,
fondern daß
Wir fie
fo
Zahlen und Zahlengefetze die
Dinge zählen, die unveränderlidien Regeln, die wir auf Töne, Figuren, Bewegungen anwenden. Wir beurteilen ferner die körperlidien Dinge nadi den unveränderlidien Gefetzen des Raumes und der geometrifdien Figuren. In gleidier Weife dienen die äfthetilchen die
263
Augußinus
Gefetze zur Beurteilung der Sdiönheit der einzelnen Dinge und der Welt
und
die ethifdien
So werden
Maximen
die ewigen
zur Beurteilung von
Gut und
Böfe.
Wahrheiten auf das Sinnesmaterial angewandt,
oder das letztere unter die erlteren fubfumiert.
Beide zufammen madien
die wiflenfdiaftlidie Erkenntnis der Erfahrungswelt möglidi.
Wie
tief
Auguftinus das Problem der Erkenntnis angefaßt hat,
läßt
audi daraus erkennen, daß er die Frage nadi der allgemeinen Giltig*
fidi
Wahrheiten aufwirft. Die ewigen Wahrheiten find Wahrheiten von allgemeiner Geltung, d, h, fie find allen denkenden Wefen gemeinfame Wahrheiten oder höheres <superius>
nidit gibt.
Als das
Es
Wiffen,
ohne jedes Niditfein
hödifte Sein
erltredt
fidi
auf
alles
die Unendlidikeit der Zahlenreihe
Wiffen
ift
befitzt
Gott
ein unendlidies
Gefdiaffene und zu fdiaffende. Selbft feinem Wiffen zugänglidi.
ift
ferner völlig uriveränderlidi.
Es
die Exiltenz der Dinge, fondern es bleibt,
erfährt keinen
was
es
Bs
ift.
Gottes
Zuwadis durdi kennt weder
Vergangenheit, nodi Zukunft, nodi einen Übergang von Gedanke zu danke, fondern ung,
alles
Gott erfaßt
Das
Ge=
in einer einzigen Sdiau^*
das Vergangene, Gegenwärtige und Zukünftige
alles,
in unveränderlidier
zumal.
ihm zugleidi gegenwärtig
ift
Gegenwart. Mit unkörperlidiem
Blick fdiaut er alles
von den Dingen abhängig, im Gegenteil die Dinge von ihm, Gott erkennt die Dinge nidit, weil fie find, fondern fie find, weil fie Gott erkennt. Er fdiöpft die Kenntnis der Welt aus fidi felbft, er trägt die Weltformel, die Struktur und Wefensformeln der Dinge als ewige Ideen in feinem Geifte. Gott
Wie
ift
Wiffen
göttlidie
ift
nidit
aber nidit blos Intelligenz, fondern audi Wille und Madit,
das göttlidie Wiffen, fo
fdiließt
audi das göttlidie Wollen jede Ver*
Es gibt keine Vielheit und keine Veränderung in den Akten des Wollens, fondern in einem einzigen, fimultanen und ewigen Akt will Gott alles, was er will. Denn der Wille Gottes ift identifdi mit der Wefenheit Gottes, und diefe ift abfolut unveränderlidi, Gott ver* mag alles, was er will d, h. er ift allmäditig. Der Beweis diefer Allmadit änderlidikeit aus.
liegt in
der Weltfdiöpfung,
4.
Das Weltproblem.
Vom Gottesproblem ift für Auguftinus unabtrennbar das Weltproblem. Auguftinus Weltbetraditung erweift fidi aufs ftärkfte beeinflußt von dem Optimismus und Aeftheticismus und von der pythagoreifdifie im Timaeus zur Geltung kommt und im Budie der Weisheit einen verwandten Ausdrud^ gefunden hat.
platonifdien
platonifirenden Anfdiauungsweife, wie
Zugleidi verbinden
fidi
damit
ftoifdie
durdigängigen Kaufalexus und der
verfum
erfdieint als ein
herrfdites,
wohl
Gedankengänge,
ftoifdie
abgeftuftes,
fo die
Entwid^lungsbegriff.
vom Das Uni*
Lehre
von beftimmten Gefetzen be*
nadi mathematifdien Prinzipien geordnetes, durdiaus einheitlidies
und harmonifdies Syftem von durdigehender Vollkommenheit und idealer Sdiönheit, Alles ift gut in der Welt, und alle Vollkommenheitsgrade vom hödiften bis
zum
niederften find in erfreulidier
Abftufung
in ihr vertreten.
Die Geftirne gehordien beftimmten Bewegungsgefetzen. Die
268
gleidie
Ord-
Auguftinus
nung und
Gefetzlidikeit zeigt
den
bei
fidi
irdifdien
Körpern,
fo
daß Hirn*
mel und Erde zu einem gewaltigen Liede zufammenklingen. Alles Welt-» gefdiehen
durdi eine
ift
kaufale
fefte
Ordnung
beftimmt.
Überall in der
Maß, Zahl und Form. Die Dinge haben Maße,
die wir
meffen können, Zahlen, die wir zählen können, Gewidit, das wir
wägend
Welt
herrfdit
beftimmen können. Die Welt
nadi mathematifdien Prinzipien geordnet.
ift
Alle Dinge haben Ordnung, ftreben nadi Ordnung, fudien diefe
nung
feilzuhalten in
nidits geftörten
Den
wunderbarer
Ordnung
liegt die
gleidien platonifierenden
Stabilität
und Konftanz.
Ord*
In diefer durdi
Sdiönheit des Univerfums.
Standpunkt zeigt Auguftinus audi
in
der
Frage nadi den Prinzipien der Dinge, Materie und Form find die beiden Komponenten, weldie ein Ding konftituieren. Dabei handelt es fidi aber nidit
um
Materie und
Form im
ariftotelilchen
um den Die Materie- oder
Sinne, fondern
Materie- und Formbegriff des platonifdien Timaeus.
Hyle ift nidits Wahrnehmbares. Sie kann nur mit Mühe durdi gänzlidie Beraubung oder Abftraktion der Form gedadit werden. Sie wird definiert als ein gewiffes form= und qualitätslofes Etwas. Sie ift aber keineswegs ein abfolutes Nidits, nihil, ein
pene
nihil.
fondern fteht
dem
Sie hat nodi etwas
Nidits nur nahe,
vom
Sein
ift
ein
prope
und von der Form,
wenn audi nur fehr wenig und als Anfang, nämlidi die Fähigkeit zur Form, die Formierbarkeit. Im Anfdiluß an den Neuplatonismus unter* fdieidet
Auguftinus eine
für die geiftige
Aus
und
geiftige
und
eine körperlidie Materie, eine Materie
die körperlidie Kreatur.
der formlofen Materie werden die körperlidien Dinge nadi ihren
wahrnehmbaren Qualitäten geformt. Durdi die Form ift ein Ding, fo weit es ift. Die Form gibt den Dingen erft das Sein. Ohne die Form müßten fie ins Nidits zurüdifinken. Demnadi ift der Prozeß der Entftehung der Dinge ein Formen und Geformtwerden, ein Formgeben und ein Formempfangen. Die Veränderung ift nur Wedifel der Formen an der beharrenden Materie, ein gefetzmäßiger Übergang von
verfdiiedenen Arten
einer
Form
Wo
in eine
und
ihren
andere.
nun der Urfprung der Welt, ihrer Ordnung und ihrer Prinzipien zu fudien? Das war die ftets wiederkehrende Frage in der griediildien Naturphilofophie. Zwei Hauptriditungen ftanden fidi gegenüber. Die eine ftellte
ift
ein medianifdies, die andere ein denkendes, geiftiges Prinzip
Die eine
an die
Weltentwiddung aus blinder Notwendigjieit, die andere Weltbildung durdi eine Gedanken realifierende Intelligenz. Für Auguftinus, den Platoniker und Chriften, konnte nur die zweite Form der Welterklärung in Betradit kommen. Die Gottesbeweife führten ihn ja zu einer transscendenten Welturfadie, zu einer hödiften Intelligenz als Anfang, Spitze.
lehrte
zu einer ungeformten, aber 17
Groß« Denker
I.
alles
formenden Urfadie, zur Vorausfetzung
269
Äuguftinus
eines hödiften
und
Maß-, Zahl* und Ordnungsprinzips, zu einem mathematifdi
teleoIogilHi fidi betätigenden
keit der
Dinge, daß
fie
baren göttlidien Wefen, Ihr Sein
Gott
fein.
Agens. Weiterhin
völlig verfdiieden find ift
weder ganz
zeigt die
VeränderUdi*
von dem ewigen, unwandel* ganz einNidit»
ein Sein, nodi
ens per se, die Dinge haben aber nur ein empfangenes Sein.
ilt
was Gott
Sie find nidit,
Daraus folgt, daß Gott die fdiöpferifdie Ur= ift, daß die Weh kein Entwidilungs« oder
ift.
Welt, Weltfdiöpfer
fadie der
Nidit aus
fidi,
gefdiaffen, als alleinige
und
Ausftrahlungsprodukt der göttlidien Subftanz fondern aus
dem
Nidits hat Gott die
Welt
fein
kann.
ausfthließlidie
Kaufalität, unter Ausfdialtung jeglidier Materie.
Materie
ift
So
felbft
fügt
fidi in
Während
ein.
ein
Ja,
die
Produkt von Gottes Sdiöpfertätigkeit.
das auguftinifdie Denken der
nodi Piaton
fidi nidit
chriftlidie
Sdiöpfungsbegriff
dazu emporgefdiwungen
hatte, audi
die Materie auf den Demiurgen zurüdtzuführen, madit Auguftinus unter dem Einfluß des Chriftentums und des Neuplatonismus diefen Sdiritt, der zufammen mit feiner Ideenlehre feinem Weltbild eine durdiaus einheitiidie Spitze gab, indem nun alles Sein auf eine einzige Urfadie, auf die summa
causa zurüdireidit.
Eine ähnlidie Verfleditung platonifdier und diriftlidier Gedanken zeigt fidi bei genauerer Beftimmung der beim Sdiöpfungsakt beteiligten Faktoren, nämlidi der göttlidien Güte, des göttlidien Willens und der göttlidien Intelligenz. Im Anfdiluß an den Timäus und an die Genefis fieht Au« guftinus das Motiv der Weltfdiöpfung unter Ausfthluß jeder Notwendig* keit und jeden Bedürfnilfes lediglidi in der neidlofen und reinen Güte Gottes, Die Sdiöpfung ift eine Off^enbarung der Fülle der göttlidien Güte. Daher ift
audi alles Gelchaff^ene,
felbft die
Materie, gut, infofern
Güte ift. Güte das Motiv der Weltfdiöpfung,
alles ein
Werk
der göttlidien Ift
die
des gefdiaffenen Seins der göttlidie Wille, der
über
fidi hat.
fo gibt es
Als
eines Willens
vernunftlofes Gefdiehen
zu fdiafFenden Werkes rilche
und
die letzte Urfadie
keine Urfadie
kann aber
fein.
in
Wie
nadi
dem
hat,
die
Weltfdiöpfung kein blindes und
der menldilidie Künftler ein Bild des
feinem Geifte hat, fo trägt audi der IHiöpfe*
Art der Kunft
alles in fidi
Plane der göttlidien Ideen, der ewigen, unwandel*
baren Urformen, Urgründe und Urzahlen im göttlidien Geift.
werden
mehr
voluit.
Künftler oder die göttlidie Weisheit nadi
fdiafft
ift
Fragt man, weshalb Gott Himmel und Erde gemadit
nur die Antwort quia
Werk
fo
felbft
die verfdiiedenen
Und zwar
Dinge nadi ihren eigentümlidien Gründen ge*
Der Sdiöpfungsakt ift alfo ein eminent künftlerildier Prozeß, ein ein Abformen und Nadibilden der Urbilder. Der Sdiöpfer wird zum Künftler und Mathematiker. fdiaffen.
Formgeben,
270
Augultinus
Was
vom
Die von ihm aus dem Akt der Schöpfung der Materie und der Akt ihrer Formierung in einen zufammen. Die Weltentftehung ift IHiIießlidi nidits anderes als Sdiöpfung und For* wird aber
Sdiöpfer geformt?
Dabei
Nidits gefdiaffene materia informis.
mierung der Materie,
als eine
fallen der
Abformung
der göttlidien Ideen in der
materia informis.
Es
ilt
die Weltbildungstheorie des
Timaeus, die Auguftinus mit dem
Sdiöpfungsbegriff in Verbindung bringt. Dies iß aber nidit das
diriftlidien
einzige Element, das er zur Begreiflidimadiung der
Es kommen
Ichon in den xixoi lidien
Sdiöpfung der Philo«
zur Geltung in der Neuplatonismus übergegangenen Lehre von den Xoyoi aneQfxa-
fophie entnimmt.
audi
ftoifdie Einflüfle
oder von den rationes seminales, Dadurdi gelingt
dem
Sdiöpfungs« und
es,
dem
mit
dirilt*
platonifdien Formierungsbegriff den ftoifdien
Entwid^lungsgedanken zu verweben. Augultinus betont aufs
IHiärffte die
Durdi einen einzigen Akt ilt zumal die gefamte Wirklidikeit geßbaften worden, freilidi nidit die empirifdhe, in Raum und Zeit erfdieinende Welt, fondern die Primordialwelt, die Samen* oder Keimwelt. Alle Dinge find hier nur als zukünftig und urfädilidi da. Sie find gelchaffen worden in ihren Urfadien, in ihren geheimen und un« fiditbaren Gründen, in ihren verborgenen Samen. Hier find fie einerfeits Einzigkeit des Sdiöpfungsaktes.
vollendet, infofern die in der Zeit
halten iß in der
Dinge nur
pirifdien
fidi
als
Welt
ent*
em*
find,
Entwiddungsprinzipien, die nadi be«
ßimmten Bildungs- und EntwiAlungsgefetzen empirifdien Wirklidikeit entfalten
der Zeit ein
fidi
der
angefangen, infofern die Primordialurfadien gleidi»
fam Samen des Zukünftigen
als
Ordnung
Andererfeits beßehen die
entfaltende
Ordnung der Urfadien.
entwid^elnde
Baum
Präformationsfyßem der
follen.
fidi in
Wie
Raum und
Zeit zur
im Samen der im Laufe
präformiert iß, fo iß die Primordialwelt in
der Zeit
fidi
entfaltenden
Dinge zu
denken.
So verknüpft Weltprozeß
fidi
ßellt fidi
Weltfdiöpfung und Weltentwidlung. Der empirifdie dar
als eine großartige, in
Raum und Zeit
verlaufende,
durdi die in den Primordialurfadien angelegten Bildungsgefetze genau be-
ßimmte und geregelte Entwid^lungsreihe.
Raum und
Was
vor unferen
Augen
in
Zeit entßeht, das iß die fiditbare Manifeßierung der unfidit»
und gleidifam famenhaß ausgeßreuten Gründe, von deren Kräften und Bildungsgefetzen die Größenverhältnifle und die mannigfadien Formen der Dinge abhängen. baren, bei der Sdiöpfung eingefäten
Wenn
nun
Welt durdi Sdiöpfung entßanden iß, gibt es eine ewige Weh einen Anfang in der Zeit gehabt? Augußinus lehnt die Vorßellung einer ewigen Sdiöpfung ab und lehrt wie der platonifdie Timäeus die Sdiöpfung der Zeit durdi Gott und damit den zeit* die
Sdiöpfung oder hat die
^7*
271
Auguftinus
Anfang der Welt, Die Zeit
lidien
wie die Dinge, Sie
real
ift
nadi Auguftins Auffaflung ebenfo
ein untrennbares Attribut des gefdiöpflidien
ift
und veränderlidien Seins, wie die Ewigkeit ein Attribut des abfolut Un* und Göttlidien, Die Zeit ift nur die Nadiahmung der Ewigkeit, Da es nun ohne Gefdiöpfe und deren Veränderung keinen veränderlidien
Zeitverlauf gibt, fo
die Zeit mit
ift
Der Anfang
worden.
den veränderlidien Kreaturen gefdiaffen
der Gefdiöpfe
Beide hat Gott zumal gefdiaffen. Die Welt fondern mit der Zeit geworden. fondern diefe
erft
ift
Veränderung des
durdi jenen entftanden.
Veränderung und Zeit
Ewig
Er
Zeiten.
der Zeit,
in
die Zeit,
fällt nidit in
involviert aber audi keine
Sdiöpfung der Welt und und unveränderlidiem Willens^
göttlidien Willens, fondern die
das geldiaffene Sein.
wie Gott,
daher nidit
ift
Der Sdiöpfungsakt
der Zeit beruht auf Gottes ewigem Plan entfdiluß,
Anfang der
audi der
ift
ift
betreffen nur
den Effekt der Sdiöpfung,
Der Sdiöpfungsakt felbft ift ebenfo unveränderlidi in dem göttlidien Worte beftimmt die Kreatur und
ihre Zeit,
Wir haben
daß die Dinge kein wahr-
bereits früher hervorgehoben,
haftiges Sein befitzen,
daß
fie
das Sein nur empfangen haben.
Was
aber
mehr fein, wenn es von feiner Urfadie verlalFen würde. Aus diefer Seins- und Kaufalauffaflfung heraus ergibt fidi die Notwendigkeit der göttlidien Welterhaltung und Welt* regierung. Die Dinge haben kein von Gott losgelöftes Sein, Sie wären nidit, wenn fie nidit in Gott ihren Beftand hätten und Gott nidit ihre konftante Urfadie wäre. Die Erhaltung und Regierung ift demnadi eine fortgefetzte Sdiöpfung, Gott hat fein Werk nidit gefdiaffen und dann im Stidi ge«
kein Sein für
lalTen,
fidi
würde
hat, das
fofort nidit
fondern feine Idiöpferifdie Kraft hört nidit auf, das Gefdiaffene zu
fdiützen
und
in feiner
Form zu bewahren.
In diefer erhaltenden
und
re*
fieht Auguftinus fdiließlidi den tiefften Grund und Konftanz des Naturlaufs, für die Ordnung und Ge*
gierenden Tätigkeit Gottes für die Stabilität fetzlidikeit
der Natur,
5.
Das
Zwei Fragen maditen
für
Seelenproblem.
den jungen Auguftinus
Philofophie aus, nämlidi die quaeftio de deo
Zur
felben Zeit, als er mit
Seelenfrage aufs
tieffte,
und
dem Gottesproblem
Sdiließlidi handelte
in
Cafficiacum die
die quaeftio
de anima.
rang, erregte ihn audi die
es fidi bei
beiden
um
die
Überwindung des Senfualismus und Ma« terialismus. Aber audi die Löfung erfolgte von demfelben Ausgangspunkt aus und nadi der gleidien Methode, nämlidi durdi die Wendung nadi Innen, Für Auguftinus ftanden im Vordergrunde des Interefles die mit gleidien Sdiwierigkeiten,
272
um
die
Augußinus
dem
religiöfem
Problem zufammenhängenden metaphyfifdien Fragen der
Subltantialität, der Unkörperlidikeit
Das
feelifdie
Wie
aus.
und der
Unfterblidikeit der Seele.
Auguftinus
fidi
fidi
zum Gegenftand
feinen eigenen Blidc hin. er fidi nidit denkt?
Er weiß
nidit.
Ilt
er
kann
Wie fidi in
fidi felblt in
Der
des GedäditnilTes weiß. Idi
Es
in derfelben
Weife
nun mit dem
fidi
der Geilt
vor
ftellt fidi
wenn
Geilt,
diefem Zuftand völlig unbekannt? Durdi^ der gleidien Weife, wie er die Gegenftände
Geilt in
feines Bewußtfeins,
verhält es
nur einen
gibt
Nur wenn
Selbftbewußtfein, nämlidi das Sididenken,
denkt, madit er
aus
audi zuerft die pfydio-
fid\
Entftehung desfelben klar zu madien verfudit-
Weg zum
Idibewußtfein
der erfte die erkenntnistheoretifdie Bedeutung
als
des Selbftbewußtfeins gewürdigt hat, fo hat er logifdie
vom
Subftanzproblem findet feine Löfung
ift
fein eigenes
Gedäditnis.
Das
eigene
den Blidipunkt des Bewußtfeins treten und
wieder daraus verfdi winden, wie die Gegenftände des Gedäditnifies.
Das Idi
als
der letzte Einheitspunkt,
Lebens zufammenlaufen, über den
feelildien
Idi erinnere
drud^.
Vorgängen kommt
nun
ift
der Geift
gewiß
diefes Idi?
fidi
So wird identifiziert
bei
Dies
Idi
ift
Mein
alle
und
Fäden des
feelifdien
Selbftändigkeit gegen*
Auguftinus zu Icharfem Aus= idi
erkenne durdi die In*
inneres Idi erkannte es,
der Geift, die geiftige Subftanz.
erkennt, fo erkennt er feine Subftanz,
und wenn
idi, idi.
Wenn
er über
fidi
er über feine Subftanz gewiß.
ift
ift,
weldien
midi durdi das Gedäditnis,
telligenz, idi liebe durdi die Liebe.
Wer
in
feine Verfdiiedenheit
alfo das Idi des Selbftbewußtfeins mit der geiftigen
wie bei Descartes. Die Idierkenntnis
ift
Subftanz
Subftanzerkenntnis,
Erkenntnis der eigenen Subftantialität.
Was
nun für eine Subftanz? Ift fie körperlidi oder unkörper* Um diefe Frage zu entidieiden, ift es notwendig, von allem, was man zu fidi felbft hinzugefügt hat, d, h. von allen Sinnenbildern und von allen hypothetifdien Ausfagen über den Geift, zu abftrahieren und nur darauf zu reflektieren, was fidi allgemein giltig und als gewiß von dem ift
dies
lidi?
Geift behaupten läßt, wie das intelligere, das esse, das vivere. Abftrahiert
man dann
in
der angegebenen Weife von allem,
was
bleibt das eigene Selbft übrig, der Geift
fidi als
völlig unkörperhdi,
denn das
Das
zum
Geift gehört,
Er
erweift
Leben und feine Tätigkeit, von Mafle, von Farben und haben
Idi,
Bewußtfein und Wille enthalten nidits keinerlei Ähnlidikeit mit
nidit
wird offenbar.
fein
dem Körper.
unmittelbare Selbfitewußtfein bezeugt fomit für Auguftinus wie
fpäter für Descartes die Unkörperlidikeit der Seelenfubftanz, fultat hält
Diefes
Re*
Auguftinus für ein unangreifbares Wifien,
Als unkörperlidie Subftanz nur im Vergleidi zum Körper.
muß
An
die Seele einfadi fein. fidi
betraditet
ift fie
Dies
gilt
aber
nidit einfadi, fon«
273
Augußinus
dem
und
Das Ergebnis nition
zufammen
;
Neben
fdiließt
Auguftin
die Seele
ift
in die
von
Geift.
Plotin
übernommene Defi*
eine vernünftige Subftanz, die zur Regierung
ift.
und
der Frage nadi der Subltantialität
Immaterialität der Seele
Auguftinus fdion früh mit der Uniterblidikeit der Seele
fidi
Die
wie der
fubltantiell dasfelbe find
des Körpers beftimmt
hat
von Funktionen, Tätigkeiten und Zuftänden,
eine Mannigfaltigkeit
die wefentlidi
Literatur, die er
zu Rate gezogen
befdiäftigt.
vermodite ihm keine wiflen-
hatte,
Überzeugung zu bieten. So verfudite er nun feine eigenen Wir können hier nur den originellften Beweisgang her* ausheben, der wiederum vom Selbltbewußtfein ausgeht, mit Augultins Wahrheitslehre im Zufammenhang Iteht und an Gedanken Plotins und ßfiaftlidie
Wege
zu gehen.
des platonifdien
Menon
Der Beweis beruht
anknüpft.
in
den Soli*
loquien auf folgenden zwei Sätzen: die Wahrheit iß unvergänglidi,
der Geift, der Träger der Wahrheit,
Aus
ift
diefen beiden Prämiflen folgert Auguftinus,
untergehen kann.
wieder
in
und
mit ihr unzertrennlidi verbunden.
In etwas modifizierter
Form
daß der Geift niemals
kehrt diefer Beweisgang
der Sdirift »de immortalitate animae«, Auguftinus geht hier aus
von dem Verhäknis des
Geiftes zur unveränderlidien Vernunft oder zu den unveränderlidien Wahrheiten. Die unveränderlidie Vernunft ift ent*
weder mit dem Geifte beiden Fällen
muß
identilch
der Geift
oder
felbft
fie
ift
unzertrennlidi im Geifte.
unveränderlidi
und immer lebend
In fpäteren Sdiriften betont Auguftinus im Gegenfatz zu
dem
In
fein.
fidieren
Selbftvertrauen feiner Jugend das Unzureidiende menfdilidier Beweisfüh*
rung
in
der Unfterblidikeitsfrage
auf den Glauben und die
Audi
und
beruft
fidi
göttlidie Autorität.
zur Begründung derfelben
—
bezüglidi des Urfprungs der Seele im Laufe der Fortpflanzung
bekennt Auguftinus offen
fein Niditwillen.
Drei vericliiedene Anfiditen
ftanden fidi gegenüber. Die Generationshypothefe, derzufolge die Seelen von den Eltern erzeugt werden, die Kreationstheorie, weldie die jedesmalige Sdiöpfung der einzelnen Seelen lehrte, und die platonilche Präexi* ftenzlehre, Auguftinus verwarf die letztere in jeder Form und mit voller Beftimmtheit. Aber zwildien Generatianismus und Kreatianismus ver* modite er eine Entldieidung nidit zu treffen, obgleidi er wegen der leidi* teren Erklärung der Erbfünde mehr zum Generatianismus neigte.
Daß
die auguftinifdie Pfydiologie die
Wege
des Piatonismus wandelt,
dem Vorhergehenden erfiditlidi genug. Dies zeigt fidi aber nodi deutlidier, wenn wir das Verhältnis der geiftigen Subftanz zum Körper ins Auge faffen. Mit Plato und dem Piatonismus bekennt fidi ift
fdion aus
Auguftinus zu einem pfydiologifdien Dualismus, infofern im Menldien die
denkende und die ausgedehnte Subftanz
274
—
Auguftinus
definiert
den Kör-
Augußinus
durA das
per
treten.
Zwar
Attribut der
Form
die
zur Einheit verbunden auf*
erinnern einige Stellen an die ariftotelifdie Anfidit
Seele als Formprinzip des Leibes.
Körper
—
Ausdehnung
Es wird
gefagt,
und daß der Körper durdi
verleihe,
von der
daß die Seele dem dasfelbe Prinzip,
durdi weldies er belebt wird, das Sein erhalte. Allein wie fern Augulti*
dem
Gedanken fteht, ergibt fidi daraus, daß er in den Retraktationen diefe Anfdiauung als temere zurüd^nimmt. Mit Piaton veranfdiaulidit er das Verhältnis von Geift und Körper durdi das Gleidi« nis vom Reiter und Pferd. Die Verbindung des Geiftes mit dem Körper wird ihm zum unbegreif lidien Wunder, und er fpridit von einem wunder^f nus
ariltotelilchen
baren Band, durdi weldies die Geilter zur Beleelung mit den irdifdien
Körpern verbunden werden.
Wie
fehr
Auguftinus
rigkeiten, weldie fidi
als Platoniker denkt,
ihm wie
des Wirkens ergeben.
Der
fpäter
dem
vermag
Geift
beweifen ferner die Sdiwie*
Cartefianismus beim Problem
nidit unmittelbar
auf die grobe
Maffe des Körpers zu wirken, fondern er bedarf hierzu eines dem Kör* per verwandten Mediums, eines flfuidum^artigen Stoffes, des Lidites oder
dem Körper jede Wirkfamkeit Einwirkung Eine des Körpers auf die Seele, ein Leiden der Seele durdi den Körper anzunehmen, erfdieint ihm als abfurd, mit der Würde der Seele unverträglidi. Körper können nur auf Körper wirken, der Luft. Andererfeits fpridit Auguftinus
auf die Seele ab.
Daher ift audi der Vorgang der Sinnesempfin* düng keine passio der Seele, fondern des körperlidien Organs, Das Pfy* diifdie bei der Empftndung ift eine actio, ein Akt der Aufmerkfamkeit und des Bemerkens, Die Seele bemerkt die im Sinnesorgan entftandene Veränderung und bringt fidi diefelbe zum Bewußtfein, Ein weiteres Zeugnis für den platonifdien Charakter der auguftinifdien aber nidit auf die Seele.
Pfydiologie liegt darin, daß nidit, wie bei Ariftoteles die fenfitive Seele
das Lebensprinzip im Körper nale Seele
ift
Menfdien,
Ihr
ift,
fondern die anima rationalis. Die ratio*
das belebende, empfindende und bewegende Prinzip im
kommen
die
Äußerungen des vegetativen und
fenfitiven
Lebens und die fpontanen Bewegungen der Körperglieder zu.
Aus dem Neuplatonismus übernimmt
Auguftinus audi die Formel,
über die Seinsweife der Seele im Körper.
Die Seele ift ganz im ganzen Körper und ganz in jedem einzelnen Teil. Dies fdiließt jedodi nidit aus, daß ihre Leiftungen in verfdiiedenen Teilen des Körpers lokalifiert find, fo das vegetative Leben im Herzen, die Empfindung im Vorderhirn, die willkürlidien
Bewegungen im Hinterhirn, das Gedäditnis im
Auguftinus hat aber logie feine
nidit blos
Aufmerkfamkeit gewidmet, fondern
Maße dem
empirifthen Seelenleben.
Mittelhirn.
den Fragen der metaphyfildien Pfydio*
Die
fein Intereffe gilt in gleidiem
platonifdie
Wendung
nadi Innen,
275
Augultinus
die
Forderung der Einkehr
Wunder
in fidi felblt
mußte
feinen Geift audi auf die
Augultinus
des feelifdien Gefdiehens lenken.
trofpektive
Methode mit der größten
neter Beobaditer der faffen,
zu
befdireiben,
Am
ftehen.
feelilclien
Meilterfdiaft.
Vorgänge,
zu gruppieren,
glänzendften zeigt
in
fudit
in Icharfer
fie
Analyfe zu
ihrem Zufammenhange zu ver^
Begabung
feine
fidi
zweifellos der
ilt
Er handhabt die inEr ilt ein ausgezeidi^
bedeutendite empirifdie Pfydiologe des Altertums,
die
für
empirifdie
Seelenforfdiung in den Konfeffionen. In der Einteilung und Gruppierung
der feelifdien Tätigkeiten übernimmt er die traditionellen Sdiemata, die platonifdie Dreiteilung in
den vernünftigen, mutartigen und begehrenden
Lebensphänomene,
Seelenteil, ferner die ariftotelifdie Unterfdieidung der in vegetative, fenfitive
Leben
belteht in
unterfdieidenden
und
Denkens und
des intuitiven Denkens, Piaton
und
und
in
ratio d, h, des
fidi
und
intelligentia
oder
Augultinus der ebenfalls auf der anima rationalis
Ge^ kommen nodi eigentlidie Wefen
Die Tätigkeiten der vernunftlofen Seele
finnlidies Streben,
intellektive
verknüpfenden und
den Tätigkeiten der
Oft bedient
Ariftoteles zurüdigehenden Sdieidung
irrationalis.
däditnis
Das
intellektive Lebenstätigkeiten,
den Tätigkeiten der
find Sinn,
Bei der vernünftigen Seele
und voluntas, in denen das Durdi diefe Dreiheit, die audi als memoria, intelligentia, voluntas oder als mens, notitia und dilectio oder als esse, nosse und velle bezeidinet wird, ilt der Geilt ein Bild Gottes und der Trinität, Von allen feelifdien Vorgängen werden mit befonderer Vorliebe die dazu mens,
intelligentia
des vernünftigen Geiftes
liegt,
Tatfadien des Gedäditnis behandelt.
man mitRedit
Das
10,
Budi der Konfeffionen kann
eine Pfydiologie des Gedäditniffes nennen.
Als AITociations^
gefetz, das die Vorltellungsverknüpfungen regelt,
ftellt
er das öftere
fammentreffen der Inhalte oder die Gewohnheit
feft.
Er
Zu*
unterfudit die
Tatfadien des Sidierinnerns, Vergeffens, Lernens, Erkennens und Wieder* erkennens.
Es wird ihm
klar die
Bedeutung des Gedäditniffes
Bewußtfein der Identität der Perfönlidikeit, ter
Er
für
das
führt in hödift intereffan*
Analyfe die Entltehung des Zeitbewußtfeins auf
die pfydiologifdien
Faktoren der Aufmerkfamkeit , der Erinnerung {Vergangen*
und der Erwartung zurüde. Er fragt voll Staunen, wie Gefühle und Affekte geben könne, ob es Bilder von den Gefühlen gibt, wie fidi die Erinnerungs* und Vorftellungsgefühle zu den primären Gefühlen verhalten. Sdiließlidi wird im Zufammenhang mit allen diefen Unterfudiungen und unter platonifdiem Einfluß eine Theorie des Gedäditniffes entworfen, die den Begriff des Unbewußten in die heit>
es ein Gedäditnis der
Pfydiologie einführt.
Das Gedäditnis
ift
ein
verborgenes, unbewußtes
Wiffen, eine unbewußte Kenntnis im Verftedc des Geiltes oder unterhalb der Bewußtfeinsfdiwelle.
276
Äuguftinus
Der erkennenden
Seite
im Seelenleben
Grundfunktion des Strebens
,
nidits
lidi
der Wille oder die Liebe.
ift
den Stoikern vier Hauptaffekte:
unterfdieidet mit
Freude
fteht die ftrebende
Furdit und Traurigkeit
gegenüber.
Auguftinus
Begierde <cupiditas>,
,
die aber fdiließ*
anderes find als Wille,
Eine befondere Stellung im Seelenleben nimmt der Wille als vernünftiges Streben ein. Der Wille in diefem Sinne ift frei von jedem
Zwang und von
Er
jeder Notwendigkeit.
ift
in unferer
Gewalt.
Liegt
aber nidit eine unlösbare Antinomie vor zwilcben Willensfreiheit und göttlicher Praescienz?
Auguftinus
befeitigt die Sdiwierigkeit
weis darauf, daß unfere freien Willensakte in
dem
göttlidien
Wiffen enthalten
in
Auf
feien.
mit
dem Hin*
der Kaufalreihe und damit diefe
Weife
fudit er einer-
das göttliche Vorauswiffen aufredit zu erhalten, andererfeits aber
feits
auch die Willensfreiheit vor Beeinträchtigung zu Ichützen.
6.
Das
Problem.
ethifche
Wahrheit, Gott, Welt, Seele
find die
Probleme, auf weldhe
ficfi
das
Denken feit den Tagen von Cafficiacum konzentrierte. Im Zufammenhang damit ftand für Auguftinus das ethilcbe Problem und die Frage nadi dem Wefen und Urfprung des Böfen. Auguftinus auguftinifcbe
engften
fah
ficli
von einem mächtigen Wahrheitsftreben, fondern minder heißen Glücksverlangen. Glück und Wahr*
nicht bloß erfüllt
auch von einem nicht
heit waren die beiden großen Leitfterne leiner ganzen Tätigkeit. Glück und Wahrheit, find fie identifch? Für Auguftinus find fie es. Infolgedeflen fällt die Löfung des ethifchen Problems mit der des Wahrheits* und Gottes* Problems zufammen. Die Wahrheit ift Gott, und Gott ift die Wahrheit. Die Wahrheit ift aber auch das Glück der Menfchen. Somit liegt in Gott, in
dem GenulTe Gottes
(chen.
»Und
dies
ift
auch die Glückfeligkeit oder das Ziel des
das feelige Leben,
fich
freuen an
dir,
über
Men*
dich,
um
und kein anderes.« Wie kann aber der Menich Gott genießen? Dies ift nur möglich durch ein Gott anhängen, fich ihm hingeben auf dem Wege der Erkenntnis und Liebe. Welches ift nun der Gegenftand jener Erkenntnis und Liebe? deinetwillen.
Dies
ift
es
Auguftinus antwortet die lex aeterna, die lex naturae
Normen,
d. h. die fittlichen
und Lichter der Tugenden. wahr und unwandelbar, wie die Regeln der Mathematik. immer und überall/ fie find nidit an einem Orte fo und am
die Regeln der Weisheit, die Regeln
Sie find ebenfo
Sie gelten
Normen find eine allen Menlchen gemein* und vom Individuum unabhängige Erkennt*
anderen anders. Die ethifdien fame, eine allgemein nis.
giltige
Sie find ein innerftes, ins
Herz
gefchriebenes, in die Seele trans*
*
277
Augußinus
von dem
fkribiertes GefetZ;.
Und
diefes
Gefetz
ift
alle zeitlidien
die göttlidie
Gefetze ihre Geltung herleiten.
Vernunft und der
In Gott felbft Ichauen wir die unwandelbare
maß
-v^eldier
in der Form von und Niditfollen, als eine Ordnung der Natur oder Güter aufreditzuerhalten und
kommt uns zum Bewußtfein
Imperativen und Prohibitiven,
fie
nidit
So
zu
felbft.
der Gereditigkeit, ge«
der Menich leben muß.
Diefes göttlidie Gefetz
Mahnung,
Form
Wille
göttlidie
die
als
ein Sollen
ftören.
erfdieint bei
Auguftinus die Ethik
die unmittelbarlte
in
Nähe
der
Mathematik gerückt. Sie hat denfelben apriorifdien Urfprung und diefelbe unwandelbare Geltung, wie die mathematifdien Sätze. Die ethilcfien Forde* ruhgen find fo abfolut und allgemein giltig, wie die Wahrheiten der Mathematik. Sie haben dort ihre Quelle und ihre Garantie, wo jede Wahrheit und Wiflenfchaft entfpringt, in Gott, in der göttlidien Vernunft, Die
ethilchen Gefetze find göttliche Gefetze, der
Ausdruck des
göttlichen
Willens und objektiv betraditet die unwandelbare Ordnung der Dinge oder Güter. So erhält der platonifdie OrdnungsbegrifF eine erhöhte Be-
deutung
in
der Ethik Auguftins.
Er
felbft
hat den engen
Zufammenhang
Begründung der Ethik mit der Philofophie der Platoniker öfter her* vorgehoben, wobei aber die ftarken ftoifch^ciceronianifchen und diriß* feiner
lidien (Paulinifdien) Einflüfle bei der
Naturgefetzes
Nachdem gefunden fittlich
ift,
niciit
in
dem ewigen Gefetz
fällt
Konftruktion der lex aeterna und des
überfehen werden dürfen.
es nicht
mehr
ein abfoluter
Maßftab des
fchwer, die Begriffe des fitdidi
Böfen genauer zu beftimmen. Das
fittlidi
Gute
liegt in
des Willens auf Gott als das höchfte Sein und Gut, des Willens an das ewige Gefetz,
in
in
Sittlichen
Guten und
der Richtung
der Anpaflung
der Aufrechterhaltung der durch
Jenes Gefetz normierten Ordnung der Güter.
Das Böfe dagegen fens
fich
befteht darin,
geltende Gefetz.
Das Böfe
Natur, wie Auguftinus
Es
ift
daß der Wille des vernünftigen
ift
alle
demnach keine Subftanz, keine Eflenz oder
in feiner manichäilchen
Periode geglaubt hatte.
vielmehr eine Störung, eine Verderbnis der natürlichen Ordnung,
ein Verluft, eine
Streben
zum
Beraubung des Guten, ein Abfall vom Sein und von dem, was im höchften Maße
Nichtfein, ein Abfall
zu dem, was weniger
ift,
eine
Annäherung an das
Nichts,
Es
her keine causa efficiens für das Böfe, fondern nur eine causa
denn
We*
auflehnt gegen das unwandelbare Gut, gegen das ewige, für
die Urfache des
Böfen
ift
nicht eine effectio,
ein ift,
gibt da* deficiens,-
fondern eine defectio,
Mit dem Problem des Böfen hatte fich fchon der jugendliche Student und Rhetor abgemüht und die Löfung lange in der Richtung des manichäifchen Dualismus gefucht. Aber jetzt erft, nachdem Auguftinus eine neue Welt* 278
^vi'iv^
Auguftinus
anlHiauung, vertiefte Anfiditen über Gott, hatte, fand es eine
Weh
und
Sittlichkeit
gewonnen
dauernde und befriedigende Löfung.
von felblt, daß die Handeln auftreten muß,
Für
eine Ethik mit Gott als Mittelpunkt ergibt
fidi
Haupttugend die Form, in weldier alles fittlidie die Liebe zu Gott iß. Auf fie werden audi die vier Kardinaltugenden, die Auguftinus außerordentlidi hodi fdiätzt und zu den erften und hödiften Gütern redinet, zurüdcgefiihrt und als verfchiedene Äußerungen der Got*
Das gefamte Tugendleben wird
tesliebe betraditet.
den Brennpunkt
in
Die wahren Tugenden müITen in der Gottesliebe partizipieren, von ihr ihre Vollendung erhalten. Von der
der Gottesliebe gerüdit.
an
gipfeln,
Höhe
ihr
aus gefehen ericheinen dann
diefes ethifdien Ideals
nus die Tugenden, die nicht auf Gott, fondem auf
werden, wie
in
den Kreifen der Stoa,
freilich
Augufti*
felbft
bezogen
fich
Aufgeblafenheit und Hochmut.
als
Sie find daher nicht als Tugenden, fondern als Defekte zu bewerten.
Das
7.
Wie
Auguftinus die Ethik
Die
drängen bei den gewaltigen allmählich unter
dem
in feiner Staats*
Probleme mußten
politilchen
Beziehung zu Gott
in die engfte
begegnet uns die gleiche Tendenz fophie.
Problem.
politilcfie
ftaatlichen
fich
und
und
drängen fremder, kraftftrotzender, das
fozialen
Umwälzungen,
die
fich
dem Heran*,
Römerreich Ichwer bedrohender
alte
410 war
fo
ihm mit Notwendigkeit auf»
Einfluß des Chriftentums und unter
Völkerfchaften vollzogen hatten,
fetzte,
Gefelllchaftsphilo*
Rom
in die
Hände
des Gothen*
Ein Schrei des Entfetzens ging durch das weite Anklagen Ichob das immer mehr zurückgedrängte Hei*
königs Alarich gefallen. Reich.
dentum
In lauten
die Schuld
Da
glaubens zu.
und
an dem Reichsunglück dem VerlalTen des alten Götter* reifte
in
Werke, zu
Auguftin der Plan zu feinem
tieffinnigften
Mit flammender Beredfam* Dabei erwuchs aber der Apologiegedanke zu einer Icharfen Kritik der ganzen alten Kultur u^d zu einem großartigen Verfuch, das gefamte hiftorilche Gelchehen von einem einheiriidien Gefichtspunkt aus zu begreifen und zu bewerten. Wie es geiftvollften
keit führte er die
Icheint,
feiner civitas dei.
Verteidigung des Chriftentums,
an Ticonius anknüpfend,
Ichildert er die
religiöfen, ethilchen, wilFenfchaftlichen, politilchen
oder fagen wir kurz
den
Kampf
in
fozialen Ericheinungen
zweier Reiche, des Weltreiches und des Gottesreiches, der
civitas terrena
Stils,
und
der Gefamtheit ihrer kulturellen Schöpfungen als
und der
civitas coelestis oder, dei.
logie des Chriftentums aus
größten
Menfchengelchichte in ihren
So
weitete
fich
die
Apo-
zu einer Kultur* und Gelchichtsphilofophie
und über den antiken Kulturwerten erhob
neuen Kulturideals, gezeugt und getragen
vom
fidi
das Bild eines
Geift des Chriftentums.
279
Auguftinus
Wie
Auguftinus auch
überall, knüpfte
von Volk und
Der
Staat,
in
an die
Staat entfpringt weder der Sünde, noch
Produkt eines Vertrages, fondern er hat
gungen
in feiner Staatstheorie
Im AnlHiIuß an Cicero entwickelt er die Grundbegriffe
Philofophie an.
feine tiefften
den Trieben und Gefetzen der menfchlichen Natur,
Ordnung
ift
er
Quellen und Bedin=
Anfang und
Die Fa=
milie
und
Zum
Ziel hat der Staaf die Sorge für den irdifchen Frieden, für die irdifche
ihre
ifi:
die Pflanzfchule,
Teil des Staates,
Wohlfahrt, nach innen durch Pflege der Gerechtigkeit, nach außen durch Sicherung gegen Angriffe, die Pflicht des
Aus dem
Staatszweck ergibt
fich
für die Bürger
Gehorfams,
Auf dete
den Unterbau diefer der Philofophie entnommenen Lehren grün* nun Auguftin das chriftliche Ideal vom Staat, Der Staat entfpringt
der Natur,- damit iß er aber zugleich göttlichen Urfprungs. keine Gewalt, es
Reiche find das letzter Inftanz
fei
denn von Gott ,
der göttlichen Providenz,
auf Gott zurückgeht, fo hat er
und
Wie
Denn
es gibt
die menfchlichen
aber der Staat
in
nicht bloß ein irdifches Ziel,
fondern neben der irdifchen Wohlfahrt obliegt ihm die Sorge für das ewige
Wohl
der Bürger,
So
erhält der Staat auch in feinem
die Richtung auf das Jenfeits,
Er
ift
nicht
mehr
Zweck und Ziel Gut wie in der
abfolutes
antiken Welt, fondern erfcheint eingegliedert in ein Syftem höherer,
reli-
Aufgaben und Werte, Daraus ergibt fich aber mit Notwendigkeit, daß Staat und Gefellfchaft durchdrungen fein mülTen von den Grundfätzen des Chriftentums, Die naturgemäße Ordnung fordert aber weiterhin ein Verhältnis wechfelfeitiger Unterftützung zwifchen Staat und Kirche, Die Kirche hat den Staat zu fördern in der Erreichung feiner Güter, Der Staat aber muß die Kirche unterftützen in der Erfüllung ihrer Aufgaben und hat ihr zu diefem Zweck feine Machtmittel zur Verfügung zu ftellen. giöfer
Während Auguftinus
in feiner
früheren Periode es ablehnte, irgendwelchen
Glaubenszwang von feiten des Staates zu billigen, trat er fpäter unter dem Druck der Donatiftengreuel für die Theorie des cogite intrare in die Schranken,
280
:
Auguftinus
Literatur.
Von
den Gefamtausgaben der
Werke Auguftins
genannt die Ausgabe der 32—47, Femer fei hingewiefcn Knöll im Corpus scriptorum ecciesiasti feien
Mauriner, Paris 1679—1700 undMignes, Patres Latini, für die Confelliones auf die
corum latinorum niffe
des
hl.
Ausgabe von
ift
Hoffmann
P.
33 Lipfiae 1896 und auf die deutfdie Überfetzung: Die Bekennt»
Auguftinus von G. Frhr.
de civitate dei
E.
vol.
t.
v.
Hertling, Budi I— X, Freiburg 1905. Die Schrift 2. ed. 1877, 3. ed. 1905—1908 von
außer von B. Dombart, Lipfiae 1863,
im Wiener Corpus
—
gegeben worden,
script. eccies. lat. vol. 1^1899, vol, II
Die Literatur über Auguftinus
findet fidi bei
Grundriß
d.
feien hier
nur widitigere ErlHieinungen der letzten Jahre
G,
Gefdi. d. Philofophie, B.
Frhr. v.
II,
Hertling, Auguftinus=Zitate
<Sitzungsb. d. philof^philol, u. d. S,
Berlin 1905, S.
121-123
gefammelt. Genannt
Thomas von Aquin. Mündien 1904
bei
Klaffe d. Kgl, Bayr.
hift.
1900 heraus»
Qberweg = Heinze,
Akad.
d.
Wiff 1904,
535-602),
O, Zänker, Der Primat des Willens vor dem Intellekt bei Auguftin. Gütersloh 1907, Fr. Eggersdorfer, Der hl, Auguftinus als Pädagoge und feine Bedeutung für die Gefdiidite der Bildung,
gegeb. von
W, Thimme, kehrung,
Freiburg 1907 <Straßburger Theologifihe Studien, heraus»
A. Ehrhard und E. Müller Auguftins
Berlin
herausgegeb. von
geiftige
B. 8).
Entwicklung
in
den erften Jahren nach
feiner
Be»
1908