Diethard Behrens (Hg.)
Gesellschaft und Erkenntnis
Mit Beiträgen von Diethard Behrens, Kornelia Hafner, Harald Kerber...
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Diethard Behrens (Hg.)
Gesellschaft und Erkenntnis
Mit Beiträgen von Diethard Behrens, Kornelia Hafner, Harald Kerber und Claus Roishausen
Ça ira
Deutsche Erstausgabe © Ça ira-Verlag 1993 Postfach 273 7800 Freiburg Satz: Eigensatz Druck: Diverse, GmbH, Rastatt Umschlag: Dieter Roeschmann (Freiburg) ISBN: 3-924627-34-7 CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Gesellschaft und Erkenntnis : zur materialistischen Erkenntnis- und Ökonomiekritik / Diethard Behrens (Hg.) Mit Beitr. von Diethard Behrens ... Freiburg i. Br.: Ça-Ira-Verl., 1993 SBN 3-924627-34-7 NE: Behrens, Diethard, [Hrsg.]
INHALT
Diethard Behrens Der östliche, der westliche und der kritische Marxismus Vorwort 7 Harald Kerber Erkenntnistheorie und materialistische Gesellschaftstheorie 13 Claus Roishausen Die Traditionalisierung der Kritischen Theorie 39 Kornelia Hafner Gebrauchswertfetischismus 59 Diethard Behrens, Kornelia Hafner Totalität und Kritik 89 Diethard Behrens Erkenntnis und Ökonomiekritik 129 Diethard Behrens Der kritische Gehalt der Marxschen Wertformanalyse 165 Anmerkungen und Literatur 191
Vorwort
Der östliche, der westliche und der kritische Marxismus
Unzeitgemäß scheint es gegenwärtig, über Karl Marx, den Marxismus und die soziale Revolution auch nur zu diskutieren. Offenbar ist die Weltgeschichte über den »realen Sozialismus« und über den Marxismus-Leninismus, der seit 1917 als der Marxismus der Gegenwart sich ausgab, hinweggeschritten. Nur wenige trauern diesem »Marxismus« nach - die meisten sind längst zu den vermeintlich neuen Ufern der sozialökologischen Zivilgesellschaft aufgebrochen. Aber beide Richtungen beziehen sich immer noch, sei es affirmativ und kadersektiererisch, sei es postmodern und parlamentarismusgläubig, auf den MarxismusLeninismus als den legitimen Erben von Marx. Das Recht darauf, Diamat- und Histomat-Gewißheiten ex cathedra zu verkündigen, war dem Marxismus-Leninismus von Anfang an bestritten worden. Die Kritik an seinem Monopolanspruch reichte vom linken Flügel der Sozialdemokratie über Rosa Luxemburg und, wenn auch nur zeitweilig, Leo Trockij, bis hin zu den »proletarischen Anti-Bolschewisten« und Linkskommunisten - Amadeo Bordiga in Italien, Karl Korsch in Deutschland und Anton Pannekoek in den Niederlanden. 1 Selbst der Anarchismus beteiligte sich an der Debatte. Präsentierte sich der sozialdemokratische Marxismus vor Lenin schon vielfältig und facettenreich, so der spätere Marxismus nicht minder. Die politische Macht, die den Marxismus-Leninismus legitimierte und jede linke Kritik als Hochverrat aburteilte, ist nun dahin. Es war eine Macht, die, aus einer einzigartigen historischen Situation entstanden, die widersprüchlichsten Traditionen verschmolz. Der Marxismus-Leninismus nahm die jakobinischen Vorstellungen der französischen Revolution eben7
so in sich auf wie die revolutionäre Strategie eines Auguste Blanqui in der von 1848; der ökonomische Proudhonismus fand Eingang genauso wie das »jesuitische« Organisationskonzept Necajevs. Er empfand sich als Teil der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung und grenzte sich doch von deren allmählich zutage tretender nationalstaatlicher Perspektive ab; er erklärte sich zur Avantgarde des revolutionären Internationalismus und sah sich doch zurückgewiesen auf die zentralstaatlichen Strukturen des russischen Imperiums. Der Imperativ der Machtsicherung in der jungen Sowjetunion zog die Ideologie des Sozialismus in einem Land nach sich. Trotz deren widersprüchlichem Verhältnis zum »proletarischen Internationalismus«, jedoch gerade wegen des relativen machtpolitischen Erfolgs der bolschewistischen Führungselite im Innern, dem sie selbst allerdings bald zum Opfer fiel, war der Marxismus-Leninismus lange Zeit eine Kraft, mit der die Innen- und Außenpolitik der bürgerlichen Staaten zu rechnen hatte. Diese Konstellation bestimmte die Interessenlage des in der Sowjetunion herrschenden und von seiner Genese her auf den Titel »Marxismus« festgelegten Personals derart, daß ihm das Marxsche Projekt einer Kritik der politischen Ökonomie, wie der Untertitel des »Kapital« immerhin lautet, nur völlig äußerlich sein konnte. Man las das Buch scholastisch, verstand es als Handbuch der Volkswirtschaftslehre und sprach von Staats wegen von der »Anwendung des Wertgesetzes und der systematischen Nutzung der Ware-Geld-Beziehung«, d.h. vom gemeinnützigen Gebrauch jener kapitalistischen Formen, gegen die Marx nicht nur die Waffen der Kritik mobilisieren wollte. Der kritischen Theorie der Gesellschaft wurde der Stachel gezogen, und sie wurde sich selbst zum Feind, zur Ideologie. Alle theoretische Kritik bedeutet eingreifendes Denken, richtet sich also stets gegen Affirmation und Apologie. Dies gilt insbesondere auf dem Feld der Marxschen Theorie, die viele als Anleitung revolutionärer Praxis lesen. Das einfache, in der Tradition des Marxismus-Leninismus technisch verkürzte Theorie-Praxis-Verhältnis wird jedoch immer schon transzendiert, wenn im Zusammenhang politischer Bewegungen die eigenen Grundlagen thematisiert werden und so Selbstreflexion stattfindet, die die im Zuge historischer Prozesse notwendige 8
Selbstveränderung zu verstehen sucht. Diese Reflexion ist das Gegenteil der beliebten und sogenannten undogmatischen Haltung des »Ein jeder kehre vor seiner Tür«. Parteinehmendes Denken als notwendige Anteilnahme einzusehen, bedeutet hingegen einen ersten Schritt zu einer ernsten aufklärerischen Diskussion. Parteinehmendes Denken teilt die Orientierung auf eine humanitäre Entwicklung, ohne sich auf die Vereinnahmung in Lager einzulassen. Es weiß sich vom parteilichen Bewußtsein (Lukács) abgegrenzt, aber auch von bloßer Einbindung in einen sozialen Interessenzusammenhang.2 Es bezieht sich gleichwohl auf einen sozialen Handlungszusammenhang, insofern er Resultat der ökonomischen Verhältnisse ist. Die Parteinahmen vieler politischer Individuen scheinen gegenwärtig gewechselt. Sie scheinen dies bloß, denn allzu oft schimmern unter gewendeten Gewändern alte Werte, etwa ein dogmatisch-politischer Moralismus, der die zur Schau gestellte Liberalität Lügen straft. Gegen die Moden der »Zivilgesellschaft«, die sich in Attitüden gefällt, will dieses Buch Reflexion setzen, Reflexion in bestimmter Perspektive. Wertvorstellung und Interpretation, Aufklärung 3 und Kritik werden erst in ihrem Zusammenhang zur Erkenntnis. Die Beiträge dieses Buches ordnen sich in eine Debatte ein, die seit den 70er Jahren vor allem in Westeuropa geführt wurde und die zuletzt durch verschiedene Veranstaltungen zum 100. Todestag von Karl Marx wieder eröffnet wurde. 4 Zur Diskussion wird hier der kritische Marxismus gestellt, so, wie er aus der Tradition des westlichen Marxismus5 entstanden ist. Aber während der westliche Marxismus in seinen italienischen, französischen und deutschen Formen wenig mehr war als ein durchaus heterogener Sammelbegriff des dissidenten Marxismus, versucht der kritische Marxismus über die bloße Dissidenz zum Marxismus-Leninismus hinauszukommen. Zwar bezieht er sich auf die Kritische Theorie, aber er kritisiert sie dort, wo sie sich als Reduktion der kritischen Dimension des Marxismus auf Gesellschaftsphilosophie und soziologische Theoriebildung erwiesen hat. Das vorliegende Buch reflektiert auf die Tradition des Marxismus und ist bestrebt, daraus 9
Zugänge zu einer Theorie des kritischen Marxismus zu entwickeln und diesen neuen Ansatz zu explizieren.
Einführend zeichnet Harald Kerber in seinem Aufsatz »Erkenntnistheorie und materialistische Gesellschaftstheorie« die Entwicklung der erkenntnistheoretischen Probleme von Kant über Hegel bis Marx nach, stellt dessen eigenen erkenntnistheoretischen Weg dar und präsentiert schließlich die von Lukács ausgehende Entwicklung des westlichen Marxismus, insbesondere die Positionen von Adorno, Alfred Sohn-Rethel und Jürgen Habermas. Von der gegenwärtigen Situation ausgehend und insbesondere von der Problematik des Marxismus-Leninismus, verweist Claus Roishausens Arbeit »Die Traditionalisierung der Kritischen Theorie« auf zentrale erkenntnis- und gesellschaftstheoretische Topoi bei Lukács, um vor diesem Hintergrund die Kritische Theorie zu kennzeichnen. Im Zentrum steht hier die Kritik an Habermas, vor allem an dessen Marxverständnis. Kornelia Hafners »Kritik des Gebrauchswertfetismus« problematisiert die Ansätze, die Wolfgang Pohrt, Helmut Reinicke und Stefan Breuer im Anschluß an die Kritische Theorie entwickelt haben, und kritisiert ihre erkenntnis- und ökonomiekritische Reduktion der Marxschen Theorie. Um die Auseinandersetzung mit dem Hegelmarxismus geht es in dem Beitrag »Totalität und Kritik« von Diethard Behrens und Kornelia Hafner. Hier werden ausgehend von Lukäcs erkenntnis- und ökonomietheoretische Probleme diskutiert sowie die verschiedenen Varianten der Kritik am Hegelmarxismus, von positivistischen bis strukturalistischen, ihrerseits einer Kritik unterzogen. Schließlich wird als neuer, sich selbst als hegelmarxistisch verstehender Ansatz die Position von Helmut Brentel diskutiert, vor allem in der Absicht, die hier zugrundeliegenden erkenntnistheoretischen Probleme kritisch zu präsentieren. Der Aufsatz von Diethard Behrens, »Erkenntnis und Ökonomiekritik«, formuliert eine systematische Kritik des Ansatzes 10
von Helmut Brentel auf ökonomietheoretischer, gesellschaftlicher und historischer Ebene. Zugleich werden die Auseinandersetzungspunkte in bezug auf die erkenntnistheoretische Dimension der Marxschen Ökonomiekritik verdeutlicht. Am Schluß des Bandes - in dem Aufsatz »Der kritische Gehalt der Marxschen Wertformanalyse« - stellt Diethard Behrens eine deskriptive Analyse der Marxschen Wertformproblematik vor, indem er die erkenntnistheoretischen Probleme der ökonomiekritischen Darstellung am Material verdeutlicht. So versucht er die Perspektive des kritischen Marxismus zu explizieren - in Differenz zur herkömmlichen Lesart des Marxschen Textes als positive sozialökonomische Theorie. Diethard Behrens
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Harald Kerber
Erkenntnistheorie und materialistische Gesellschaftstheorie
(a) Vorerklärungen Um die erkenntnistheoretische Fragestellving in bezug auf die Marxsche Theorie zu diskutieren, ist es zunächst notwendig, kurz die erkenntnistheoretische Problemstellung zu erörtern, wie sie für den deutschen Idealismus, namentlich Kant, relevant war. Diese Problemstellung beginnt mit der Frage Kants: Es gibt synthetische Urteile a priori, wie sind sie möglich? Gefragt ist hier nach den Bedingungen der Möglichkeit der Erkenntnis und darin den Bedingungen der Möglichkeit der Erkenntnisgegenstände unter Rekurs auf das transzendentale Subjekt als dem obersten Einheitspunkt für die Möglichkeit von Erkenntnis, dem Ich-denke, »das alle meine Vorstellungen begleiten können« muß 1 sowie unter Rekurs auf die Stammbegriffe des Verstandes und die Anschauungsformen. Das Material der Erkenntnis selbst wird unseren Sinnen durch das für uns nicht erkennbare Ding-an-sich gegeben, gedacht als Grenzbegriff für unsere Erkenntnis. Es ist durch die Tatsache des Gegebenseins des empirisch Mannigfaltigen als diese Grenze zu denken. Die Stammbegriffe des Verstandes, die Kategorien, sind ohne Anschauung leer, die Anschauung ohne Kategorien blind. Um zu wirklichen Erkenntnissen zu kommen, ist es notwendig, »seine Begriffe sinnlich zu machen ..., als seine Anschauungen sich verständlich zu machen«.2 Auf diese für das Zusammenspiel beider Erkenntnisstämme relevante Problematik bezieht sich das Schematismuskapitel in der Kritik der reinen Vernunft (K.d.r.V.). Eine aus reiner Vernunft prätendierte Erkenntnis hingegen hat nach Kant eine den Erfahrungsprozeß transzen-
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dierende Struktur und verstrickt sich in Paralogismen und Antinomien, wie sie in der transzendentalen Dialektik diskutiert werden. Es gibt, so kann nun gesagt werden, bei Kant einen relativen Dualismus zwischen den apriorischen Bestandstücken unseres Geistes und dem, daß der Begriff des Ding-an-sich zurückverweist auf die unsinnliche Ursache für das unseren Sinnesorganen gegebene Empirisch-Mannigfaltige für die Erkenntnismöglichkeit. Die Anschauungsformen nehmen hier eine eigenartige Zwischenstellung zwischen Verstand und Sinnlichkeit ein. Im Begriff der Anschauungsform ist, verstanden als reine Anschauung, zusammengefaßt, daß diese, im Unterschied zur Spontaneität des Verstandes, der seine Gegenstände selbst hervorbringt, einen rezeptiven, andererseits aber, wie der Verstand, einen apriorischen Charakter hat. Kant will hier, wie Adorno sagt, »mit einem Schlag ... Unmittelbarkeit und Apriorität auf den gemeinsamen Nenner bringen«. 3 Reine Anschauung meint dabei gegenüber der empirischen Anschauung formale Sinnlichkeit. Im Sinne der Interpretation der K.d.r.V. durch Adorno ist nun reine Anschauung »ein hölzernes Eisen, Erfahrung ohne Erfahrung«, reine Sinnlichkeit »keine Anschauung mehr, sondern einzig >Gedankezwischen Dingen und Menschen ... in fact das Dasein der Dinge für den Menschender Gebrauchswert eine ganz anders wichtige Rolle spielt als in der bisherigen Ökonomie, daß er aber notabene immer nur in betracht kommt, wo solche Betrachtung aus der Analyse gegebener ökonomischer Gestaltungen entspringt«. 47 In diesem Sinne sucht Pohrt die verschiedenen Momente auf, in denen der subversive Charakter für ihn sichtbar wird. Dabei geht er aus von der Unterscheidung eines abstrakten und eines inhaltlich bestimmten Gebrauchswertbegriffs.48 Der 73
abstrakte Begriff akzentuiere die materiellen Produkte, der inhaltliche bestimme die lebendigen Produktivkräfte. Ersterer bringe letzteren hervor. Letzterer modifiziere Ersteren und bestimme ihn substantiell, so daß er, der vormals abstrakte Begriff, zum Angelpunkt der Kritik werde. Pohrt zeichnet zunächst die Rolle des Gebrauchswerts auf der Ebene der einfachen Warenzirkulation nach, betont dann aber seine Funktion als Gebrauchswert fürs Kapital, in seinem Verständnis »etwas wesentlich Immaterielles: vom Kapital als reine Subjektivität gesetzte Arbeit.« 49 Entscheidend ist hier folgende Auffassimg: »Gebrauchswert ist im Kapitalverhältnis die lebendige Arbeit als historische Potenz. Insofern der Arbeiter seine lebendige Arbeit nur gegen Sachen eintauscht, wird er betrogen.« 50 Gemeint ist damit, auch wenn der Arbeiter »mit Gebrauchsgegenständen leidlich versorgt« 51 ist, ist er im Kapitalverhältnis sowohl der Produktivität seiner Arbeit beraubt, die als die des Kapitals erscheint, als der von ihm geschaffenen »Produktivkräfte« und, insofern diese als geschichtsmächtig betrachtet werden, auch seiner geschichtsbildenden Potenz. Das hier bezeichnete Verhältnis der Entfremdung, das Marx in den »Pariser Manuskripten« beschrieben hat, bezieht sich in der Tat, nicht nur auf die Produkte und die Tätigkeit des Menschen, sondern auch auf ihre natürlichen Bedingungen und Voraussetzungen, zusammengefaßt, auf sein »Gattungswesen« 52 In diesem Sinne ist Produktivität in der Tat utopisch, »postrevolutionär«, als Gebrauchswert für den Menschen zu fassen. Der Gebrauchswert als Produktivität steht für Pohrt aber vor allem im Gegensatz zur Arbeit im trivialen Sinne, als zweckbestimmte Naturaneignung und -bearbeitung. Nicht zufällig interpretiert er Marxens Rede von der bloßen, aller Lebensmittel beraubten Subjektivität, die sich das Kapital als Gebrauchswert gegenüberstelle und einverleibe in die von einer »reinen Subjektivität«53 um. Als solche soll sie »die Menschen formell, d.h. abstrakt von der naturwüchsigen Verbundenheit mit der Arbeit« befreien 54 und als Mehrarbeit »die reale Befreiung von der Arbeit« 55 vorantreiben. Denn im Kapitalverhältnis versachliche sich der »Naturtrieb der Menschen, die Arbeit von sich selbst verschieden zu setzen.«56 Pohrt unterstreicht hier, daß Marx, im Gegensatz zu seinen philantropischen Nachbetern, die »>Ent74
fremdung< der Arbeit als einen gewaltigen Fortschritt«57 begreife. Nicht um ihre Humanisierung könne es gehen, sondern ihre tendenzielle Abschaffung stehe auf der Tagesordnung. Problematisch ist hier nicht die Perspektive auf die Schaffung der von notwendiger Arbeit befreiten Zeit als Bedingung freier Tätigkeit, sondern die Akzentuierung, die vergißt, daß der Mensch im emphatischen Sinne, also jenes Gedankenprodukt des Idealismus und auch des Feuerbachschen Materialismus, mit dem sich der junge Marx herumzuschlagen hatte und das er auf die Bedingungen seiner Möglichkeit als »wirklicher Mensch« hin allererst befragte, daß also jene utopische Vorstellung vom Menschen ihn nicht nur befreit von den Zwängen erster und zweiter Natur setzt, sondern auch enthalten muß, daß der Mensch Naturwesen bleibt und daß seine noch so freie Tätigkeit Auseinandersetzung mit innerer und äußerer Natur notwendig beinhaltet. Dies geht in Pohrts Vorstellung von reiner Subjektivität als geschichtsbildender Kraft, die bei ihm die Utopie markiert, verloren. Man gewinnt den Eindruck, als ginge es in gut idealistischer Tradition um die Befreiung von Natur ganz und gar. Nun hat diese Auffassung nicht nur Konsequenzen für die politische Deutung der utopischen Gehalte Marxscher Theorie, sondern auch für die des ihr zugrundeliegenden Geschichtsbildes. Sie wird Pohrt zu der Frage führen, inwieweit das, was Marx als Kapitalverhältnis entwickelt, überhaupt noch als »kontemporäre« Geschichte zu verstehen ist. Pohrt verweist mehrmals auf Marxens Rede von der Produktivität des Kapitals als »wesentlichem Verhältnis« für die Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte. Nur insofern es diese Produktivität als Gebrauchswert im emphatischen Sinne hervorbringe, also einen Zustand herbeiführe, worin »die Arbeit, wo der Mensch in ihr tut, was er Sachen für sich tun lassen kann, aufgehört hat«58, erfährt es für Pohrt eine historische Rechtfertigung. Überhaupt fällt auf, daß sich Pohrt an vielen Stellen mit der Frage herumschlägt, inwieweit und ob überhaupt das Kapitalverhältnis noch gerechtfertigt ist. Wenn man so will, hat für ihn das Kapital nur einen Gebrauchswert, solange der »durchs Kapital gesetzte Gebrauchswert - die sukzessive Abschaffung der Arbeit durch die Arbeit selbst«59 sein Resultat ist. 75
Nun führt ihn die Dialektik des Gebrauchswertbegriffs, wie er sie anhand der Darstellung des einfachen Produktionsprozesses des Kapitals in den Grundrissen nachzeichnet, aber auch zu jener Stufe, wo der Gebrauchswert wieder schlicht als Gegenstand erscheint: »Gebrauchswert ist ein Gegenstand, an dem die Geschichte als Prozeß erloschen und gegenständlich geworden ist: Natur im Sinne von immittelbarer Voraussetzung. Diese unmittelbare Voraussetzung ist aber nur Gebrauchswert, wenn sie Moment der durchs Kapital gesetzten Arbeit ist, also fernere Geschichte vermittelt.«60 Wenn man hier das Wort Geschichte einmal durch Arbeit und das andere Mal durch Kapitalverwertung ersetzt, dann erhält man vielleicht zum Ergebnis, daß auch jener Gebrauchswert im emphatischen Sinne, den Pohrt anvisiert, als Befreiung von Arbeit, hier in gegenständlicher Form existiert, etwa als Maschine. In dieser stofflichen Existenz ist bekanntlich das Kapital dem Arbeiter gegenübergetreten und das Ergebnis ihrer gegenseitigen Konsumtion, genauer: ihres sich Verbrauchens im Prozeß der einfachen Produktion des Kapitals, sind Produkte, deren Gebrauchswerte ihre Realisierung als Tauschwerte ermöglichen sollen: Waren. Und eigentlich ist es nicht einzusehen, weshalb der hier beschriebene Mechanismus die heutigen Produktionsverhältnisse weniger beschreiben soll als die vor hundert Jahren. Pohrt redet dennoch, und das ist seine zentrale These, von der Zerstörung des Gebrauchswerts und zwar nicht nur in dem Sinne, wie der Kapitalverwertungsprozeß immer auch Kapitalvernichtung und Vernichtung von Gebrauchswerten beinhaltet, sondern auch im historisch epochalen Sinne: Die Zeit, als das Kapital noch Gebrauchswerte hervorbrachte, ist vorbei, zumal es seinerseits einer naturwüchsigen Auflösung unterliegt 61 Gemeint ist hier die Zerstörung des Gebrauchswerts par excellence, also jener von der Arbeit befreienden Produktivität, aber ebenso offenbar auch der triviale, »abstrakte« Gebrauchswert der Arbeitsprodukte. Denn »die Produktion als Selbstzweck ist fortschrittlich, solange sie auf die Zwecke irgendwelcher lebendiger Menschen als ihre Grenze stößt, weil die Bestimmung der Schranke der Produktion durch menschliche Zwecke die bestimmte Form ihrer Überwindung setzt: durch 76
Produktion neuer Bedürfnisse, Produkte und Genüsse, also durch die Produktion von Emanzipationsgeschichte.«62 Diese Emanzipationsgeschichte ist offenbar inzwischen zum Stillstand gekommen. Der »Zerfall des Gebrauchswerts«, so Pohrt, »sei von einem Problem der Privilegierten zu einem der Massen geworden«. Indikator hierfür sei die verbreitete Langeweile. »Das Versäumnis der proletarischen Revolution gestattete der kapitalistischen Entwicklung ihre zentrale Aporie: Produktion des Reichtums als Zerstörung des Gebrauchswerts, ganz auszubilden und dadurch zu sprengen. Übrig bleibt am Ende die widerspruchsfreie Produktion von einfachem Schund.« 63 Wir sehen uns hier mit folgender Zeit- und Geschichtsvorstellung konfrontiert: Historische Möglichkeiten bereiten sich von langer Hand vor, quasi automatisch durch den Automatismus des Kapitalverhältnisses und dann kommt der entscheidende Augenblick, der Kairos, der es ermöglicht, jenen Automatismus zu sprengen. Wird er nicht erfaßt, läuft die ganze Chose leer. Ähnliche Vorstellungen sind bereits im Leninismus praktisch folgenreich gewesen. Wenn man von dem dieser Vorstellung zugrundeliegenden problematischen Geschichtsverständnisses zunächst einmal absieht, so bleibt doch zu erklären, wie Pohrt zu der Behauptung kommt, »die Bestimmung der Schranke der Produktion durch menschliche Zwecke« habe zu Marxens Zeiten eine Bedeutung gehabt, spiele heute aber keine Rolle mehr, wie er also zu der Meinung kommt, jene »Zwecke irgendwelcher lebendiger Menschen als Grenze des Kapitals« seien heute nicht mehr existent. Pohrt ist sich bewußt: »Gegenüber dem vom Kapital als Prinzip von Geschichte gesetzten Gebrauchswert erschien der vorkapitalistische als profanes Ding, als Sache.«64 Nun postuliert er aber, und das bringt ihn auf einmal in die Nähe von Reinicke: »Gegenüber der realen Verdinglichung dieses Prinzips von Geschichte im Kapitalismus jedoch erscheint der vorkapitalistische Gebrauchswert als lebendige Vernunft.«65 In jenen vorkapitalistischen Verhältnissen sei er zwar Natur, setze aber »als Bestimmung des Verhältnisses von Mensch und Natur ... die Menschen als von Natur verschiedene und mit freiem Willen begabte Subjekte voraus.«66 77
Daß dies solange Metaphysik bleibt, »wie die Menschen die objektive Welt nicht wirklich als Bedingung ihrer subjektiven Tätigkeit setzen«, ist Pohrt indessen klar. Welche Funktion kommt dann also jenem vorkapitalistischen Gebrauchswert als »lebendiger Vernunft« zu? Die Rede, die dem Kapitalverhältnis das Prädikat der Fortschrittlichkeit nur solange zuerkennen will, als es auf die Zwecke irgendwelcher lebendiger Menschen als seine Grenze stoße, geht offenbar davon aus, daß diese Zwecke nur solche eines noch nicht kapitalüberformten Lebenszusammenhangs sein können, daß sie als kapitalbestimmte selbst keine Grenze mehr darstellen. Nun zitiert aber auch Pohrt Marxens Darstellung des Zusammenhangs von Grenzen und Schranken, bezieht sich also selbst auf dessen Behauptung, daß das Kapital beständig Grenzen an seiner eigenen Natur findet, als verselbständigter Tauschwert. Weshalb also der Rückgriff auf jene noch nicht durchkapitalisierten Lebenswelten, wie sie bei anderen Zeitgenossen - von Negt/Kluge bis Habermas - romantisch verklärt werden? Der Grund findet sich offenbar in der Annahme, daß die »Konstituierung des Kapitals zum reellen Gemeinwesen« 67 nichts sonst übrig läßt, also einer methodisch fahrlässigen Vermengung von Aussagen, die ihren Stellenwert in der Kritik der politischen Ökonomie haben, mit Aussagen über die Welt überhaupt. Das hat zur Folge, daß allgemeine Bedingungen der Kapitalreproduktion bei Pohrt mit dem Werden des Kapitals zur Totalität, wie er sie versteht, wieder hinfällig werden. So ist ihm die Verdoppelung der Gesellschaft in Gesellschaft und Staat, die Marx als wesentlich für die bürgerliche Gesellschaft ausmacht, nur ein für die innere Geschichte kapitalistischer Gesellschaften selbst transitorisches Phänomen. Auch der Staat, »welcher allgemeine Gebrauchswerte konkret setzt«68, sei jetzt obsolet geworden. »Sowie das Kapital sich selbst als reelles Gemeinwesen konstituiert und seinerseits konkrete und allgemeine Gebrauchswerte setzt, ist sein spezifischer Gebrauchswert nicht mehr die lebendige Arbeit als geschichtsbildende Kraft.«69 Das capital fixe, Maschinerie, stellt also die Zerstörung des Gebrauchswerts par excellence durch Vergegenständlichung dar.70 Nim ist nicht zu bestreiten, daß die Entwicklung von Technik 78
mit der Verarmung bestimmter produktiver Qualitäten einhergeht. Marx hat dies ausführlich beschrieben. Keinesfalls aber ist einzusehen, daß hier ein an der Marxschen Darstellung des immittelbaren Produktionsprozesses des Kapitals gewonnenes Modell, das nur dort seinen Ort hat, als Epochengeschichte des Kapitals und der Welt in einem gelesen werden soll. Wenn capital fixe, Maschinerie, zugleich Form des Kapitals und Bedingung seiner Produktion und Reproduktion, dann gehört es seiner kontemporären Geschichte an und markiert keineswegs seinen Verfall, es sei denn insofern, als es, indem es jene vielzitierten Schranken überwindet, Marx zufolge stets neu Grenzen setzt und damit auch Voraussetzungen seiner Aufhebung selbst schafft. Ja, wie zuvor angedeutet, tritt in der Maschinerie die Produktivkraft als vergegenständlichte, gerade in ihrer ambivalenten Bedeutung hervor, als geronnene Produktivität, also nach Pohrt, Gebrauchswert par excellence, und gleichzeitig als an die Verwertungsbedingungen des Kapitals gebundene und so zweckbestimmte und formierte Produktivkraft. Daß unter gegebenen Verhältnissen die Debatten um Nutzen und Nachteil der Technik, insofern sie letzteres nicht mitreflektieren, obsolet sind, mag zugestanden sein. Aber es geht ja nicht mehr darum, derjenigen inzwischen arg dezimierten Sorte von ML-Marxisten das Wort zu reden, die die kapitalistische Technologie schlicht als Gebrauchswert in eine nachrevolutionäre Produktion übernehmen zu können glaubten. Entscheidend ist, daß bei Pohrt dem Kapital die Produktivität als Gebrauchswert fürs Kapital und als Gebrauchswerte hervorbringende jetzt plötzlich abhanden gekommen ist. War sie doch seit seinen Anfängen nur eine, insofern sie gesetzt war vom verselbständigten Tauschwert. Begleiteten die Klagen über den Verlust menschlicher Produktivität wie über die Produktion von Schund die Geschichte der Industrialisierung doch von Anbeginn an. Offenbar weigert sich Pohrt, allen von ihm strapazierten Widersprüchlichkeiten, Aporien und dialektischen Figuren zum Trotz, das Kapitalverhältnis wirklich als prozessierenden Widerspruch zu begreifen. Wie könnte er sonst behaupten, der 79
Widerspruch von Produktion und Zirkulation sei an ein Ende gekommen. - Die Möglichkeit der Krise, wie sie schon durch das Auseinanderfallen von Kauf und Verkauf, von Produktion und Realisation des Werts gesetzt ist, ihre Notwendigkeit, wie sie in der Verselbständigung der Kapitale gegeneinander, der Surplusproduktion und der mit ihr einhergehenden permanenten Disproportionalität gesetzt ist, gibt es für Pohrt offenbar nur solange, »wie das Kapital noch nicht völlig mit seinem Begriff identisch, in sich selbst noch widersprüchlich ist.«71 »Nur dann also, wenn die Kapitalverwertung unter eine sie quantitativ und qualitativ beschränkende Bedingung gesetzt ist, die ihrer prinzipiellen Maß- und Ziellosigkeit Widerstand entgegensetzt - und dies tat eben die Zirkulation, solange es sie noch als autonome Sphäre gab -, nur dann bringt sie Produkte hervor, die auch menschlichen Bestimmungen gehorchen.«72 Mit dem vorgeblichen Wegfallen des Widerspruchs zwischen Produktion und autonomer Zirkulationssphäre wird auch der zwischen Tausch- und Gebrauchswert hinfällig. Ihr formeller Unterschied bekommt einen »spezifisch geschichtlichen Inhalt73 die »Substitution der Zirkulation durch die Diktatur der Monopole«.74 Das Verwirrende an der Pohrtschen Argumentation ist, daß die hier vorgetragenen Thesen eingebettet sind in die Referierung der Marxschen Argumentation zum Zirkulationsprozeß des Kapitals in den »Grundrissen«, die nichts weniger behauptet als die Existenz einer »autonomen Zirkulationssphäre«, sondern, im Gegenteil, die die Verselbständigung von Produktionsund Zirkulationsprozeß gegeneinander und ihre widersprüchliche Einheit darstellt. Die autonome Zirkulationssphäre ist ein Kind der bürgerlichen Ökonomie und ein illegitimes Kind der Kritischen Theorie. Dort war das Ende einer Epoche des Konkurrenzkapitalismus behauptet und ineinsgesetzt worden mit dem der bürgerlichen Gesellschaft. Pohrt bezieht sich hier auch schlicht gläubig auf Horkheimer: »Das Dorado der bürgerlichen Existenz, die Sphäre der Zirkulation, wird liquidiert.«75 Festzuhalten ist 76 , daß es sich bei den entsprechenden Vorstellungen insgesamt um geschichtsphilosophische, um nicht zu sagen, geschichtsmetaphysische handelt, die schon von daher im Gegensatz stehen zu Marxens Versuch, sowohl die Logik der 80
Produktion und Reproduktion des Kapitalverhältnisses als gleichsam stillgestellte Geschichte vorzuführen und dessen innere Geschichte zu demonstrieren, - man denke hier an seine Ausführungen zur 10-Stunden-Bill -, als auch ein durchaus reflektiertes Verständnis von Historizität aufrechtzuerhalten, die weder in Kapital- und Produktivkraftgeschichte sich erschöpft, auch nicht in einer mechanisch verstandenen Geschichte von Klassenkämpfen, noch mit irgendeinem Evolutionismus östlicher oder westlicher Provenienz vereinbar ist. Diesen emphatischen Begriff von Geschichtlichkeit hatte von den kritischen Theoretikern zumindest Adorno von Marx übernommen, aber auch nur, um ihn in einer Vorstellung vom total gewordenen Zusammenhang der Gesellschaft wieder zu liquidieren. Pohrt erweist sich auch darin als getreuer Schüler der Kritischen Theorie. Er übernimmt nicht nur die schon bei Reinicke auffallende Ineinsziehung von Nichtidentischem des Begriffs und widerständigem Moment im Kapitalverwertungsprozeß, sondern auch die mit der These vom Zerfall der Zirkulationssphäre emhergehenden Vorstellung vom Umschlag ökonomischer in politische Macht. Am Ende steht die totale Herrschaft der Sachen und Cliquen in einem autoritären, darf man sagen »Postkapitalismus«?, der keinen Staat mehr nötig hat. 77 Vor diesem Hintergrund wird dann der Gebrauchswert wieder, wie bei Reinicke, zum »Refugium für alles das, was sich der Logik des Kapitals entzieht und woran die Begriffe der politischen Ökonomie scheitern.«78 Von daher auch die Invektiven gegen den »akademischen Marxismus«, der in seinem »eigenen Vollzug aber das Außertheoretische, den Gebrauchswert als ... Nichtidentisches«79 eliminiere. Der hier zu supponierende mögliche Gebrauchswert eines akademischen Marxismus hat sich inzwischen in jedem Sinne als Illusion erwiesen. Weder als Renommee und Karriere, also wieder nur in seiner Tauschwertgestalt, hat er sich verifizieren lassen, noch als Lustgewinn reiner Erkenntnis. Aber vielleicht hat der aufgezwungene und leidvolle Krieg mit den positivistischen Widersachern insofern die Waffentechnik verbessern helfen, als über ein geschärftes Methodenverständnis jener unmittelbaristische Zugriff auf Marx nicht mehr möglich ist, der für die 81
Studentenbewegung und die 70er Jahre typisch war, für den also Pohrt nicht alleine steht. Die Crux dieses Zugriffs liegt, wie hier deutlich geworden sein sollte, in der Versuchung, Aussagen der Darstellung aus dem Kontext zu lösen und sie schlicht ontologisch auf Gott und die Welt zu beziehen, Aussagen, von denen man gelernt hat, daß sie sich jeweils nur auf einen spezifischen Ort im Gang der Darstellung beziehen, einer Darstellung, die zunächst von nichts anderem als von einer Begrifflichkeit ausgeht, die als in Sprache und Wissenschaft sedimentierte Geschichte sehr wohl ihren Bezug zur »wirklichen Wirklichkeit« hat, und deren widersprüchliche Bedeutungsgehalte so gegeneinander diskutiert werden, daß sie nicht nur einen Erkenntnisprozeß, sondern auch einen inhaltlichen Zusammenhang in einer »notwendigen« Aufeinanderfolge präsentieren. Daß die Lösung von einzelnen Aussagen aus dem Darstellungskontext ein unmögliches Verfahren ist, wenn es nicht um Propaganda, sondern um Erkenntis gehen soll, war seit Kant und Hegel zumindest dem akademischen Publikum nicht verborgen, seit Marx wußte man eigentlich, daß, wenn man sich dieser Versuchung überläßt, man immer nur jene fetischisierten Formen beschwört, deren Durchschauen die Voraussetzung für politische Handlungsfähigkeit ist, die nicht nur blindwütige Reaktion sein will. Daß die wirkliche Wirklichkeit als unmittelbare nicht zu haben ist, war und ist Pohrt und den verwandten kritischen Geistern eigentlich bekannt. Das Dilemma ihrer Versuche, den Kapitalismus auf der Höhe der Zeit zu fassen, liegt darin, die Vermittlung stets einzuklagen und gleichzeitig wieder zu kappen. Dies läßt sich auch an der nur ein Jahr später als Pohrts Gebrauchswertschrift erschienenen Arbeit Stefan Breuers über die »Krise der Revolutionstheorie« zeigen, in der dieser sich vor allem kritisch mit Herbert Marcuse auseinandersetzt.80 Hier findet sich schon eine deutliche Absetzimg von jenen Glaubenssätzen der Kritischen Theorie, denen Pohrt noch anhing. So heißt es: »Wertbeziehung war eine gesellschaftliche Beziehung, in der sich ökonomische und politische Momente von Anbeginn verschränkten; die Konstruktion eines einfachen >Konkurrenzmodellsvergessenen Gebrauchswert« 82 repräsentiert für Breuer die Strategie einer Kritik, die bei Marcuse einerseits in eine »Apotheose des Narzißmus« 83 mündet. In diesem Zusammenhang skizziert auch er die verschiedenen Bedeutungen des Gebrauchswertes bei Marx, um dann Marcuse zugutezuhalten, daß dieser wiederum kritisch genug sei, »um die Probleme zu erkennen, die sich aus einer Fetischisierung der Unmittelbarkeit ergeben.«84 Indem Marcuse noch einmal alle Möglichkeiten der Revolutionstheorie durchspiele, »vom utopischen Sozialismus über die Verelendungstheorie bis hin zu den Surrogatformen einer marxistisch drapierten Reprise der bürgerlichen Aufklärung und der fadenscheinigen Apotheose >unmittelbarer Bedürfnisbefriedigung« 85 , lasse er ihre objektive Unmöglichkeit hervortreten. Damit sei die Krise einer Theorie markiert, »die einmal zu Recht ihre Stärke aus dem Glauben bezog, gegen die kapitalistische Abstraktion ein über das Bestehende hinausweisendes, nichtidentisches Prinzip mobilisieren zu können, das zwar der kapitalistischen Produktionsweise nicht als ein Jenseits, aber als leeres Sollen gegenüberstand, wohl aber so weit über sie hinausragte, daß sie in seinem Namen kritisiert werden konnte.«86 »Der Gebrauchswert war der Statthalter des Nichtidentischen, der sinnfällige Beweis dafür, daß die Dominanz des Kapitals auf Usurpation beruhte. Und solange die Kritik auf ihn sich berufen konnte, solange die Wertabstraktion mit einem anderen Prinzip konfrontiert war, auf das sich eine mögliche Neuorganisation der Produktion stützen konnte - solange war die kapitalistische Produktionsweise als eine bloß transitorische gekennzeichnet.«87 Breuer weist ebenso auf die Kontamination von Gebrauchswertfetischismus und Arbeitsmetaphysik, die in Pohrts Vorstellung vom »Gebrauchswert par excellence« ihre Zuspitzung erfahren hat, hin, wie auf den tiefen Dualismus entsprechender 83
revolutionstheoretischer Konzeptionen. Immer sind es zwei Prinzipien, die sich gegenübertreten: Abstraktes und Konkretes, Allgemeines und Einzelnes, Totes und Lebendiges, Identisches und Nichtidentisches, Tauschwert und Gebrauchswert, Kapital und Arbeit. Das schlecht Chiliastische der dazugehörigen »Revolutionstheorie« zeigte sich in der schlichten Zusammenfassung der jeweils einen Seite dieser Begriffspaare zum unwahren Ganzen und der anderen zum Prinzip Hoffnung, noch schlichter gesagt, zum Bösen und zum Guten. Damit war aber der Sinngehalt, den jene Begriffe in der Hegeischen und Marxschen Dialektik an dem je spezifischen Ort ihrer Vermittlung hatten, notwendigerweise verloren, und darin besteht, meines Erachtens, die wirkliche Krise der Revolutionstheorie, nämlich in ihrem Auseinanderfallen in eine apokalyptische Beschwörung des Verhängnisses und einen unverdrossenen Glauben an das Gute. Für Breuer dagegen findet diese Krise, wie für Pohrt, ihren Grund im total gewordenen Kapitalverhältnis. Die »Zweidimensionalität« der bürgerlichen Gesellschaft sei eine vergängliche Konstellation gewesen, behauptet er.88 Sie sei mit dem Übergang zur reellen Subsumtion der Arbeit vergangen. »Der Schein, der bislang noch im Namen des produktiven Wesens als Schein, als falsche Vermittlung« habe kritisiert werden können, sei in den Grund zurückgeschlagen, aus dem er hervorgegangen sei.89 Mit der abstrakt-technischen Rationalität und der Maschinerie habe sich der Wert zum übergreifenden Moment gemausert und damit der Produktionsprozeß aufgehört, Arbeitsprozeß zu sein, in dem Sinne, »daß die lebendige Arbeit als die ihn beherrschende Einheit über ihn übergriffe«.90 Daß dies, zumindest in der Marxschen Theorie, und um die geht es ja hier, nicht der Fall war, ist sogar Pohrt noch deutlich gewesen. Breuer fährt fort: »Zwar wurde der Gebrauchswert, der bislang für die Nichtidentität des ganzen Prozesses eingestanden hatte, nicht zerstört. Wohl aber sein Doppelcharakter, zugleich Moment der Wertvergesellschaftung und diese transzendierend zu sein. Die außerökonomische Dimension des Gebrauchswerts, die Eigenständigkeit der konkreten Arbeit, wurde durch die reelle Subsumtion aufgelöst, die Arbeit selbst in ein lebendes Zubehör der Maschinerie verwandelt.«91 84
Noch zugespitzter als bei Pohrt ist hier die Etablierung des Kapitalverhältnisses überhaupt und, wenn man so will, auch sein historischer Anfang mit der Durchsetzung maschinenförmiger Produktion als der Eintritt in die Dantesche Hölle gefaßt, wo man alle Hoffnung fahren lassen muß. Dies ist aber nur möglich, wenn man die Zweidimensionalität der Kritischen Theorie zur historischen Wahrheit der Entstehungsgeschichte des Kapitalismus verklärt und ihre Arbeitsmetaphysik mitsamt ihrem Gebrauchswertfetischismus in die Marxsche Theorie rückprojiziert, die man dann getrost ad acta legen kann, was vielleicht auch der Zweck des ganzen Unternehmens war. Von daher wundert es nicht, daß Pohrt in einem späteren Aufsatz mit der Bemerkung schließt: »Vor zehn Jahren, als Horkheimers Verdikt >Wer aber vom Kapitalismus nicht reden will, sollte auch vom Faschismus schweigen< eine selbstverständliche Voraussetzung des Denkens gewesen war, hat es auf diese Frage (nämlich die nach der Veränderung einer Gesellschaft »die Auschwitz hinter sich und den Atomkrieg vor sich hat«, Anm. v.V.) eine Antwort gegeben. Inzwischen habe ich sie vergessen, und heute weiß ich keine mehr.« 92 Der offensichtliche Verlust der politischen Perspektive geht nicht nur einher mit dem Verschwinden irgendwelcher revolutionärer Subjekte, sondern auch dem der Hoffnung, die man in die Marx-Rezeption gesetzt hatte, wie sie vor allem von Hans Jürgen Krahl entschieden gefordert und vorangetrieben worden war und zwar gerade in Absetzung zur Kritischen Theorie, mit deren politischer Perspektivlosigkeit man ja bereits konfrontiert war. Aber die Zahl derjenigen, die ihre Zeit nicht nur für lustvolle Aktionen oder den Parteiaufbau, sondern auch für die blauen Bände verwandten, ist immer minoritär geblieben. Sie waren auch häufig geneigt, sich den politischen Aktivisten anzudienen, umsomehr als diese wenig Bereitschaft zeigten, sich solidarischer Kritik zu öffnen. Bezeichnend für die Gebrauchswertdebatte ist, daß das seit 1968 vorliegende Werk von Roman Rosdolsky über die »Grundrisse«93 offenbar nicht rezipiert, jedenfalls nicht in die Überlegungen einbezogen wurde. Rosdolskys Erklärungen zur Funktion des capital fixe als Gebrauchswert und hier selbst als »formbestimmendes Moment« 94 , und zu seiner Rolle im Repro85
duktionsprozeß des Gesamtkapitals, lassen, auch und gerade weil sie nicht weit über die Argumentation bei Marx selbst hinausgehen, nimmt man sie ernst, einfach keine Deutungen zu, die irgendsoetwas wie ein Verschwinden des Gebrauchswerts oder seine »Verdopplung« behaupten. Aber die »trockene« Marx-Philologie des Genossen Rosdolsky, der bis zur Absetzung von Rjasanov 1931 dessen Mitarbeiter am Moskauer MarxEngels-Institut war und anschließend Jahre in deutschen Konzentrationslagern verbrachte, dem es aber nach seiner Emigration in die USA immer noch wichtig genug erschien, einen ersten umfangreichen Kommentar zu den Grundrissen zu schreiben, hatte für die studentenbewegten Marx-Rezipienten anscheinend etwas Verstaubtes und daher Abwegiges. Wollte man doch »absolut modern« sein. Der Rückgriff auf Marx, von dem man sich revolutionäre Munition gegenüber der Kritischen Theorie in ihrer professoralen Leibhaftigkeit versprochen hatte, erwies sich auf der ganzen Linie als Desaster. Man fand dort weder Informationen, wie die Revolution zu machen sei, noch das, was man wahlweise für den Parteiaufbau oder die Befreiung der Subjektivität zu brauchen glaubte. Also traktierte man den untauglichen Gegenstand solange, bis man einige Bruchstücke erhielt, die man mit etwas Mühe zu einer Theorie der Subjektivität, Gebrauchswerttheorie, Naturtheorie etc. umbiegen konnte. Exemplarisch ist hier Negt/Kluges Variante, die, anknüpfend an Kurnitzkys Spekulationen über die Entstehung des Geldes aus dem Opfer der weiblichen Sexualität95, die Gebrauchswerte zu Quanten in der Beziehungsarbeit ummodelt. 96 Auch Hans Jürgen Krahl hat sich trotz aller Anstrengungen nicht völlig von diesem romantischen Ballast freimachen können. Die geschichtsmetaphysischen Topoi von der Nivellierung der Zirkulationssphäre durch das Monopolkapital97, der Disqualifizierung und Unterwerfung der Gebrauchswerte durch den Wert in Gestalt des »kapitalfixierten Maschinensystems«98 finden sich auch bei ihm, und Pohrt bezieht sich explizit auf die Krahlschen Formulierungen. Dabei war schon Adorno 1968 in seinem Vortrag über »Spätkapitalismus oder Industriegesellschaft« mit dieser Problematik differenzierter umgegangen. Dort argumentiert er gegen die Behauptung, angesichts von Interventionismus und Groß86
planung sei »der Spätkapitalismus der Anarchie der Warenproduktion entrückt und darum kein Kapitalismus mehr«: »Das Kapitalismusmodell selbst hat nie so rein gegolten, wie die liberale Apologie es unterstellt. Es war bereits bei Marx Ideologiekritik, sollte dartun, wie wenig der Begriff, den die bürgerliche Gesellschaft von sich selbst hegte, mit der Realität sich deckte. Nicht enträt es der Ironie, daß der Liberalismus, der in seinen besten Zeiten keiner war, heute umfunktioniert wird zu der These, der Kapitalismus sei keiner mehr«. 99 Nun hatten das die Protagonisten der Gebrauchswertdebatte ebensowenig behauptet, wie ihre Lehrer Horkheimer, Adorno, Marcuse und Krahl. Aber indem sie alle in ähnlicher Weise die Frage der inneren Historizität des kapitalistischen Systems dahingehend beantworten, daß das, was den Kapitalismus zum Kapitalismus mache, ihrer Meinung nach die Vorherrschaft des verselbständigten Werts als historisch bestimmendes, als »automatisches Subjekt« der gesellschaftlichen Formierung an ein Ende gekommen sei, kippen sie mit dem Gültigkeitsanspruch der Marxschen Theorie auch ihren Gegenstand, das Kapitalverhältnis. Exemplarisch bleibt hier der Selbstwiderspruch Adornos, wenn er seine zuvor zitierte Argumentation fortsetzt: »Das Systemfremde enthüllt sich als das Konstituens des Systems, bis in die politische Tendenz hinein. Im Interventionismus hat die Resistenzkraft des Systems, indirekt aber auch die Zusammenbruchstheorie, sich bestätigt, der Übergang zu Herrschaft unabhängig vom Marktmechanismus ist sein Telos.«100 Der Rückgriff auf die Vorstellung reiner Herrschaft, gewaltförmiger Kontingenz, öffnete nicht nur der akademischen Diskussion einen Weg in Richtung eines »französisch« überformten und reimportierten Nietzscheanismus, sondern machte auch die Bahn frei für die »Krise des Marxismus«. Die hatte ihre reale Basis allerdings in weniger theorievermittelten Zusammenhängen: In der unausrottbaren, wenn auch stets falschen, weil auf einem Selbstmißverständnis der historischen Akteure beruhenden Ineinssetzung von Sozialismus und russischen Modell, in dem ebenso unausrottbaren Romantizismus der real existierenden Bewegungen und dem immerwährenden Drang nach einfachen Lösungen, seien sie utopisch oder, wie man heute sagt, fundamentalistisch oder realpolitisch.
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Diethard Behrens, Kornelia Hafner
Totalität und Kritik
»Das Bewußtsein leidet also diese Gewalt, sich die beschränkte Befriedigung zu verderben, von ihm selbst.« (Hegel)1
I. Vorwort Seit Georg Lukács gegen den »Marxismus« der II. Internationale als »orthodoxen Marxismus« die Position eines parteilichen Totalitätsbewußtseins formuliert hatte, die Gesellschaftserkenntnis, Kritik und Revolutionstheorie in einem enthalten sollte, ist nicht nur ein ununterschreitbares Anspruchsniveau für die folgende Diskussion um Marx und den Marxismus vorgegeben, sondern auch ein Einfallstor für jene eröffnet worden, die im Namen der Unparteilichkeit der Wissenschaft und eines harmonistischen Fortschrittsbegriffs, Marx vor »hegelianisierender Spekulation« retten oder ihn liquidieren wollten, indem sie ihm diese unterstellten. Deshalb wird hier von Lukács ausgegangen. Im folgenden zentriert sich die Auseinandersetzung um einige Versuche, das Verhältnis von Hegel und Marx genauer zu bestimmen, als dies durch Lukács und die Kritische Theorie möglich war, die ihm, so behaupten wir, hierin im wesentlichen folgt. Die Marxsche Theorie auf Hegel abzubilden, hieße sie in Philosophie zurückzunehmen. Nicht ignoriert werden kann dagegen, daß Marx' Auseinandersetzimg mit der Hegeischen Philosophie konstitutiv ist für die Herausbildung und die Besonderheit seines Ansatzes einer Kritik. Dies ernst zu nehmen, hieß von Anfang an, sich den Vorwurf des »Hegelmarxismus« einzuhandeln. Die neuere Kritik des »Hegelmarxismus« soll zunächst 89
exemplarisch an Kallscheuer diskutiert werden. Demgegenüber war Kocybas Versuch, auf der Grundlage einer genaueren MarxLektüre und eines geschärften wissenschafts- und erkenntnistheoretischen Problembewußtseins, die Widerspruchsstruktur in der Kritik der politischen Ökonomie zu explizieren, entschieden näher am Gegenstand. Dort, wo er letztlich doch in eine strukturalistische Auflösung der Marxschen Dialektik mündet, hält Brentel, gestützt auf Wolffs Studie über den Widerspruchsbegriff bei Hegel, an einer »Isomorphie« zwischen Hegels Widerspruchsbegriff und Marxens Darstellung der »Entwicklung der Ware zum Geld« fest und behauptet darüberhinaus deren Fundierung in einem - wie auch immer »verkehrten« - gemeinsamen inhaltlichen Bezug. Damit ist das Grundproblem eines adäquaten Marxverständnisses im wesentlichen richtig benannt. Mit den hier vorgestellten Positionen ist unseres Erachtens eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Verhältnis von Hegelscher Philosophie und Marxscher Kritik der politischen Ökonomie allererst eröffnet. Wir beanspruchen keineswegs, alle relevanten Beiträge zu diesem Thema einbezogen zu haben. Bewußt ausgeschlossen haben wir Positionen, denen es, wie Fulda, Günther, Horstmann etc., um eine formale Rekonstruktion der Dialektik auf wissenschaftstheoretischer Grundlage geht.2 II. Dialektik und Totalität - Die Lukácssche Konzeption in »Geschichte und Klassenbewußtsein« »Die Zirkulation, weil eine Totalität des gesellschaftlichen Prozesses, ist auch die erste Form, worin nicht nur wie etwa in einem Geldstück, oder im Tauschwert, das gesellschaftliche Verhältnis als etwas von den Individuen Unabhängiges erscheint, sondern das Ganze der gesellschaftlichen Bewegung selbst. Die gesellschaftliche Beziehung der Individuen aufeinander als verselbständigte Macht über den Individuen, werde sie nun vorgestellt als Naturmacht, Zufall oder in sonst beliebiger Form, ist notwendiges Resultat dessen, daß der Ausgangspunkt nicht das freie gesellschaftliche Individuum ist. Die Zirkulation als erste Totalität unter den ökonomischen Kategorien gut, um dies zur Anschauung zu bringen.« (Marx)3
Mit der Veröffentlichung von »Geschichte und Klassenbewußtsein«4, einer Sammlung von Aufsätzen aus den Jahren 1919 90
bis 1922, entwickelte sich eine Debatte, die nicht nur ausschlaggebend für die Entwicklung des westlichen Marxismus wurde. Sie wandte sich auch kritisch gegen die »zwei Orthodoxien« der Marxinterpretation: die Kautskysche Tradition der 2. Internationale und den sich entfaltenden »dialektischen Materialismus«, insbesondere nach 1925.5 »Geschichte und Klassenbewußtsein« wurde damit auch für die geistige Tradition bestimmend, die sich in Frankreich mit den Namen von Goldmann und Merleau-Ponty verknüpft. In Deutschland ist Lukács' Schrift für die Marxrezeption der Kritischen Theorie bedeutsam geworden. »Geschichte und Klassenbewußtsein«, Lukács' epochemachender Entwurf, ist Ausdruck der revolutionären Situation in Europa am Ende des 1. Weltkrieges. Der politischen Praxis der sich herausbildenden kommunistischen Parteien ein philosophisch-gesellschaftliches Fundament zu geben, war Lukács Anliegen. Zentral zielte seine Kritik auf Entfremdung als durchgängiges Moment der bürgerlichen Gesellschaft. Die bürgerliche Gesellschaft wird als konkrete Totalität6 begriffen, als dialektisch-dynamisches Ganzes7, hegelianisierend gesprochen: »Die Welt besteht aus einer Totalität von Elementen«.8 Basis einer so verfaßten Gesellschaft ist die Ökonomie 9 , genauer: der Markt.10 Dieser ist für Lukács konstitutives Element der kapitalistischen Gesellschaft. Er konstituiert seinerseits drei Dimensionen: eine ökonomische, eine wissenschaftliche und eine subjektive, die jeweils eine spezifische Form von Entfremdung repräsentieren und auf eine bestimmte Weise miteinander in Beziehung stehen. Rationale Kalkulation, so Lukács, kennzeichnet Ökonomie und Wissenschaft11, in beiden herrschen die gleichen Verfahrensweisen. Ihren Ausdruck finden diese auch im kapitalistischen Arbeitsprozeß, der durch Rationalisierung, Quantifizierung und Mechanisierung bestimmt ist. Diese Auffassung verdankt sich Max Webers Vorstellung von der Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft, dessen deskriptiven Begriff der Rationalisierung Lukács als sein Schüler kritisch wendet. 12 Produktion und Technik sind durch sie gleichermaßen strukturiert. Der Arbeiter wird Objekt des Geschehens13, zum partikularen Moment herabgesetzt, wie die Natur Teil des »mechanischen Systems«.14 Der Markt entläßt aus sich die Momente des Relationalen, der 91
Elemente und Partikularität. Die Warenstruktur, mit der diese Momente einhergehen, impliziert Verdinglichung, die das ganze Leben der Gesellschaft in »isolierte Tauschakte von Wa-ren»15 zersetzt, es partikularisiert, es atomisiert und Grund des gesellschaftlichen Individualismus ist.16 Die Warenform ist also Erscheinungsform von Partikularität und Verdinglichung. Die Warenstruktur gilt Lukács als »das Urbild aller Gegenständlichkeitsformen«. 17 Damit geht ihm aber die Differenz des Marxschen Begriffs der Ware als Einheit von Tauschwert und Gebrauchswert zum Ding überhaupt, als spezifischem Gegenstand menschlichen Erkennens und Handelns, ebenso verloren wie er den Marxschen Begriff der Entfremdung, nämlich der des Arbeiters von seinem Produkt, von seiner Tätigkeit als seiner Entäußerung und Vergegenständlichung und damit von seinem Gattungswesen, zusammenzieht und einschleift zu einer Vorstellung von Entäußerung als »zum Ding werden«. Partikularität und Verdinglichung wie auch die Struktur des Relationalen betreffen selbst das Denken. In den Wissenschaften und im Recht herrsche eben jene Partikularisierung und Spezialisierung, funktional für die Produktion. Empirische Tatsachen müssen demgemäß als Fakten, als verdinglichte Momente interpretiert werden.18 Der Markt erscheint also als formelle Einheit19 und ist zugleich der Ort der Vereinzelung, hat anarchische Struktur. Aus ihr erwächst für Lukács der Irrationalismus genauso, wie aus der Warenstruktur die Fetischisierung der Dinge entsteht. Das partikulare Bewußtsein ist aber mit der Warendenkform fest verschlungen.20 Die Vermitteltheit von gesellschaftlichen Organisations- und Bewußtseinsformen hat im Markt ihr Zentrum. In ihr gründen Rationalität und Irrationalität zugleich. Vergegenständlicht sich einerseits die vom Markt erzwungene rationale Kalkulation in der Technik, in der verwissenschaftlichten Produktion, so ist die Anarchie des Marktes andererseits Grund der Partikularität des Bewußtseins, wie sie sich auch in den Einzelwissenschaften niederschlägt. Die Verbindung beider: die in ihrer Bezogenheit auf partikularisierte Gegenstände messende und berechnende Wissenschaft hat als Denkform Partikularität, Verdinglichung und Rechenhaftigkeit zur Voraussetzung, wie sie mit der WareGeld-Struktur als Grundelement des Marktes »real« gegeben 92
sind. So ist auch die Lukácssche Vorstellung von Kapitalismus durch Abstraktheit, Meßbarkeit, Rationalisierung und Kalkulierbarkeit bestimmt. 21 Lukács begreift die bürgerliche Gesellschaft, von einer dichotomischen Klasseneinteilung ausgehend 22 , als die reiner Klassen: das sind die Bourgeoisie und das Proletariat.23 Zwischen beide ist die Intelligenz in ihrer ambivalenten Funktion eingeschoben. Zunächst sind die Bourgeoisie und das Proletariat in der durch die verdinglichten Gegenstandsformen bedingten gesellschaftlichen Unmittelbarkeit eingefangen. Hier hat auch die Rede von der »Selbstverdinglichung des Lohnarbeiters«24 ihre Berechtigimg: er erscheint als Teil der Warenwelt. Im Gegensatz zur Bourgeoisie kann das Proletariat diesen Zustand aber transzendieren.25 Die sozialen Klassen sind für Lukács historische, kollektive Subjekte.26 Ihr Handeln ist auf die Dimensionen gesellschaftlicher Totalität bezogen. Die in der als Totalität gedachten gesellschaftlichen Wirklichkeit agierenden Gruppen werden von spezifischen Interessen geleitet - das Lukácssche Verständnis überschreitet den individualistischen Horizont 27 des traditionalen Interessenbegriffs von vornherein -, ihre reale Artikulation setzt ein Bewußtsein der eigenen Lage voraus. Die Besonderheit des so konstituierten Klasseninteresses des Proletariats besteht in dem Verlangen nach der Aufhebung seiner selbst als Arbeiterklasse und erweist sich damit geschichtsphilosophisch an die Utopie einer befreiten Menschheit in einer klassenlosen Gesellschaft gebunden. Eine solche überindividuelle Geschichtskonstruktion muß jedoch ein Gattungsinteresse unterstellen. Die Problematik des Lukácsschen Begriffs eines objektiven Interesses liegt darin, daß dieser insofern zweideutig ist, als so zugerechnetes Klasseninteresse seinen Grund in realen sozialen Verhältnissen hat, also gesellschaftskritisch fundiert ist, als unterstelltes Emanzipationsinteresse jedoch auf geschichtsphilosophischen und anthropologischen Voraussetzungen notwendigerweise beruhen muß. 28 Die Erkenntnis der Klassen von sich selbst wird möglicher Schlüssel eines emanzipatorischen Interesses. »Die Selbsterkenntnis des Arbeiters als Ware«29 eröffnet die Möglichkeit, den »Fetischcharakter einer jeden Ware«30 zu durchschauen, das da93
hinterliegende Sozialverhältnis zu begreifen. Indem das Proletariat diese Erkenntnis vollzieht, wird es zum »Selbstbewußtsein des Gegenstandes«31 selbst und verändert damit auch die Wahrnehmung der Gegenstände der Welt als verdinglichte. Es hebt sich selbst als Objekt auf und wird ideell Subjekt. 32 Insofern das Klassenbewußtsein das Proletariat in die Lage versetzt, seine gesellschaftliche Position zu erkennen, insofern es als Totalitäts- und Geschichtsbewußtsein auch die Dimension objektiver Möglichkeit ins Auge faßt, insofern inauguriert es ein Bewußtsein, das die historische Mission des Proletariats in bezug auf die Konstitution einer klassenlosen Gesellschaft zum Ausgangspunkt macht. Die »neue Gesellschaft ... soll aus dem Geist des Proletariats entstehen.«33 Der gesellschaftliche Transformationsprozeß soll zum Endzweck ein geordnetes Wirtschaftssystem haben, es planvoll herstellen.34 Aus der Identifikation des Kapitalismus mit dem Markt ergibt sich die des Sozialismus mit dem Plan. Revolutionäre Praxis erscheint bei Lukács als Lösimg aus dem Dilemma: Die gesellschaftliche Entwicklung ist einerseits objektiv, als ökonomische Entwicklung, andererseits durch den Klassenantagonismus bestimmt. 35 Praxis scheint beide zu vermitteln, hebt aber Objektivität, die Gesellschaft, und Subjektivität, die Intention auf Totalität, nicht auf. Es ist eine äußerliche Vermittlung, die hier erscheint.36 Handeln, die Intention auf Totalität, ist bei Lukács über den Handlungswillen bestimmt. 37 Damit ist Handeln als bewußte geschichtliche Tat gefaßt38 und als solche »auf die Veränderung des Ganzen gerichtet«39, d.h. die »Beziehung von Subjekt und Objekt, Freiheit und Determination, Theorie und Praxis, Wissen und Bewußtsein«40 ist selbst noch historisch, ihre Dimensionen die seelischen Formen, das Totalitätsprinzip - sind, wie Goldmann sagt, »sinnvolle Struktur«.41 Diese Konstruktion ist struktural gedacht, weil Lukács die »gesellschaftliche Konstitution von Sinn an den spezifischen Selbstbezug des Proletariats bindet« 42 , d.h. an seine Form. 43 Denn das »Klassenbewußtsein (ist) der bewußte Sinn der geschichtlichen Lage der Klasse« 44 Dieser Sinn äußert sich zugleich als revolutionäres Sollen45 und verweist damit auf Konstruktionen des frühen Lukács, denen oft ein romantischer Antikapitalismus attestiert wird. Es ist eine Ethik der Geschichte, die von Lukács formuliert wird, 94
die die Forderung nach einem Wollen der Freiheit und eine proletarische Eschatologie einschließt.46 Die Bestimmung des Sollens, d.h. die Bestimmung der hitorischen Mission des Proletariats, hat aber noch eine andere Seite: die Natur. Gegen Engels betont Lukács die Gesellschaftlichkeit von Natur und ihrer Erkenntnis. Er begründet historisch, daß die rationale Erkenntnis, Mathematik und mathematische Physik, zum Maßstab philosophischer Erkenntnis überhaupt geworden sind. Eine solche Erkenntnis bezeichnet Lukács als formale, materialisiert in rationalisierender Technik47, Ware und Geld. Wird diese Erkenntnisart universalisiert, so erwächst ihm zufolge im Gegenzuge die Frage nach dem Inhalt, der Materie, dem Kantschen Ding an sich. Damit wird aber eine Aporie sichtbar: die Welt als rationales System denken zu müssen und doch nicht zu können 48 Natur als subsumierte erscheint jetzt nur noch als »Irrationalität der Materie«.49 Und trotzdem behauptet Lukács: »Natur ist eine gesellschaftliche Kategorie«.50 Sie ist durch die gesellschaftliche Form konstituiert, d.h. die Auseinandersetzung des Menschen mit der Natur ist letztendlich ökonomisch bestimmt. Die Vorstellung von der Natur als gesetzmäßig determinierter ist struktiv aus der ökonomischen Struktur des Kapitalismus herausgewachsen. 51 Materie, Inhalt, erscheinen im Kapitalismus nur als abstrakte, partialisierte Elemente exakter Kalküle.52 Die hier implicit enthaltene Annahme einer inneren Natur als der des Menschen und einer äußeren, die beide auf ein NichtUnterworfen-Sein-Wollen bezogen sind, dokumentiert die Idee der Versöhnung: materialisiert als Kunst. Sie ist Medium der Selbsterkenntnis des Menschen, der wahren Natur. Die Form ist hier jedoch mit dem Inhalt verschmolzen. 53 Lukács' Argumentation lautet also: Daß der Gegenstand sich den Wissenschaften als »Ding an sich« entzieht, dies verdankt sich der blinden gesellschaftlichen Praxis und der Logik des Marktes. Die den Wissenschaften inhärente Zweckhaftigkeit als Form des Sollens beinhaltet aber, daß das »Sollen überhaupt imstande ist, auf das Sein einzuwirken«.54 Ihr Material ist jetzt eine Gesellschaft, in der die Natur ebenso verschwunden ist, wie das empirische Proletariat im reinen, revolutionären Sollen. Im Proletariat sieht Lukács das »identische Subjekt-Objekt«, 95
das Subjekt jener Fichteschen Tathandlung55, die es selbst und die gesellschaftliche Wirklichkeit verändert.56 Dieses identische Subjekt-Objekt bestimmt in der Form seiner spezifischen Theorie-Praxis-Einheit das kollektive Handeln des Proletariats als reinen Klassenkampf.57 Es beinhaltet eine Transformation der kapitalistischen Entwicklung, wie sie als Entfremdungsprozeß nach dem Muster der Weberschen Rationalisierungsthese58 gefaßt war, zu einer vernünftigen Praxis im Sinne »wahrer Rationalität«, in der das Interesse des Proletariats an seiner Selbstaufhebung mit dem emanzipativen Menschheitsinteresse koinzidiert. Das unterstellte Klassenbewußtsein ist dementsprechend idealtypisch konstruiert, transzendentales Bewußtsein. Bewußtsein der Klasse von der objektiven Möglichkeit einer struktiven Veränderung in der Geschichte, durch welche wiederum Klassenbewußtsein konstituiert erscheint. Und doch soll die historisch-emanzipative Vernunft sich materialisieren. Das erscheint möglich nur durch die Etablierung von Organisation, eben weil Lukács mit Lenin die Skepsis gegenüber dem empirischen Proletariat und seinem Bewußtsein teilt 59 Die wirklichen Führer der Arbeiterbewegung sind gedacht nur als »die Vollstrecker dieses einheitlichen, sich auf Einheit richtenden Willens« der Emanzipation des Proletariats. Dies macht die Organisation zwar ideell zum Mittel der Klasse, die Partei aber zur »organisatorische(n) Form für den bewußten ... Schritt der Freiheit entgegen« 60 , macht sie zur volonte generale 61 , zum absoluten Bewußtsein. An der Spitze der Revolution sollen die über das theoretische Bewußtsein verfügenden »geistigen Eliten« stehen, die die Massen aus ihrer bloßen Spontaneität führen. Wenn die Funktion der Intellektuellenklasse in der Bourgeoisie die des Fachmenschen im Sinne der Weberschen Bürokratismusthese ist, so soll die Transformation der Funktion des Intellektuellen als politischer Avantgarde über den gesellschaftlichen Totali-tätsbezug stattfinden. Totalität62 wird somit - neben Dialektik - zur Zentralkategorie. Die »Rekonstruktion der Gegenwartsgeschichte als Totalität«63 gelingt nur im kollektiven geschichtlichen Handeln64-, als parteiliches Totalitätsbewußtsein, das den Partikularismus und den dinglichen Schein kapitalistischer Rationalität überwindet. 96
Dialektik ist »auf das Ganze des Geschichtsprozesses gerichtet« 65 , dessen qualitative Elemente sie zum Erscheinen bringen, Totalität zum Gebiet der Dialektik machen. Insofern zielt die dialektische Darstellung bei Lukács auf die »konkrete Einheit des Ganzen«. 66 Der einheitswissenschaftliche Anspruch, der damit gestellt ist, versteht sich nicht wie bei Engels als Anstrengung, den natur- und menschheitsgeschichtlichen Prozeß zusammenzudenken, indem Dialektik als Methode den Erkenntnissen der Natur- wie der Sozialwissenschaft supponiert wird, sondern als ein »Hinausgehen über die Empirie«, das »die Gegenstände der Empirie selbst als Momente der Totalität, d.h. als Momente der sich geschichtlich umwälzenden Gesamtgesellschaft erfaßt«.67 Dies vermag es, weil »bereits das empirische Dasein der Gegenstände selbst ein vermitteltes«68 ist, und weil es »als Folge der geschichtlichen Dialektik« »selbst dialektisch«69 erscheint. Dialektik als »praktische Wechselwirkung des erwachenden Bewußtseins mit den Gegenständen, aus denen es entsteht, und deren Bewußtsein es ist, andererseits in dem Flüssigwerden, in dem Prozeßwerden jener Gegenstände, die hier als Momente der gesellschaftlichen Entwicklung, also als bloße Momente des dialektischen Ganzen begriffen werden«70, noch kontemplativ, und daher unvollkommen im Bewußtwerden großer gesellschaftlicher Umwälzungen, wie es sich in Literatur und Philosophie dokumentiert, wahrhaft aber erst »im zur Tat werdenden Bewußtsein des Proletariats ... indem das Bewußtwerden zum praktischen Übergangspunkt wird« und die »Gegenständlichkeitsform seines Objekts« 71 umwälzt. Dialektische Totalitätserkenntnis fällt so zusammen mit der Veränderung des Ganzen. Bei Hegel, dem Lukács immerhin zugesteht, daß er die »Logik der Totalität«72 entdeckt habe, gerinne Geschichte zum Teilmoment. Als ihr Subjekt müsse Hegel den Weltgeist bemühen, da es ihm nicht gelinge, »das identische Subjekt-Objekt in der Geschichte selbst aufzufinden«.73 Nicht die Geschichte bilde den lebendigen Körper der Totalität, sie finde ebenso ihr Ende wie Totalität über eine von Geschichte losgelöste Genesis im absoluten Geist ihre Vollendung. Demgegenüber postuliert Lukács Geschichte als »das natürliche, das einzig mögliche Lebenselement der dialektischen Methode.« 74 Da Lukács Dialektik nicht auf eine Dynamik objektiver Gegensätze reduzieren will, 97
sondern an einem Dialektikbegriff festhält, der die Frage nach dem spezifischen Subjekt-Objekt-Verhältnis beinhaltet, muß seine Konstruktion den Geschichtsprozeß mit dem Prozeß der Selbstbewußtwerdung und Selbstveränderung als gesellschaftlichem ineinssetzen. Eine dialektische Darstellung der Kategorien kapitalistischer Ökonomie, als spezifisch gegliederter Totalität, verblaßt vor jenem antikontemplativen Ungestüm. Denn jene Einheit von Subjekt und Objekt sowie Theorie und Praxis im revolutionären Akt bringt alle Widersprüche zum Verschwinden. In der Rezeptionsgeschichte ist Lukács' Position in »Geschichte und Klassenbewußtsein« fast immer als eine hegelianisierende aufgefaßt worden. In seiner Selbstkritik bezichtigt sich Lukács eines »Überhegeln Hegels«. 75 Mit der Deutung des Proletariats als sich selbst erkennender Materie 76 hat Lukács versucht, Marx, dem er diese Deutung unterschiebt, als Vollender Hegels darzustellen, ja sogar, eine Identität der Systeme zu postulieren, allerdings auf einer Folie, die Geschichte mit Totalität im Akt der revolutionären Selbstaufhebung des Proletariats zusammenbindet, und revolutionäre Praxis in Gestalt der Partei nach wie vor nur als eine Form »reinen Sollens« zu fassen vermag. Nicht zuletzt hier wird deutlich, wie Lukács den Reflexionshorizont von Hegel unterschreitet. Schon in seiner Zusammenziehung von »Gedankenformen« und »Lebensformen« der bürgerlichen Gesellschaft 77 läßt sich Widerspruch nicht mehr denken.
III. Versuche einer Kritik des »Hegelmarxismus« In der neueren marxistischen Diskussion treten immer wieder Positionen hervor, die sich gegen eine hegelianisierende Lesart der Marxschen Theorie aussprechen. Es versteht sich, daß Vertreter eines empirisch orientierten Marxismus, eines strukturalistischen Marxismus, eines wissenschaftstheoretisch orientierten Marxismus und einer neoricardianisch-marxistischen Ökonomie diese Stoßrichtung im Prinzip teilen und daß sich dort verstreut entsprechende Äußerungen finden. Otto Kallscheuer hat die Hegelianismuskritik des strukturalistischen 98
Marxismus, des italienischen Marxismus der della Volpe-Schule und des deutschen wissenschaftstheoretisch orientierten Marxismus aufgenommen und zu systematisieren versucht. Deshalb wird primär an seiner Argumentation exemplarisch die Auseinandersetzung mit der Position geführt, die hier als »Kritik des Hegelmarxismus« bezeichnet wird. Die Lukácssche Philosophie, wie sie in »Geschichte und Klassenbewußtsein« entwickelt ist, läßt sich, folgt man Kallscheuer, als Bewußtseinsphilosophie begreifen78, als subjekt-orientierter Idealismus im Materialismus. »Geschichte und Klassenbewußtsein« gilt dieser Kritik als paradigmatischer Text des Hegelmarxismus. 79 Der Hegelmarxismus als eine Theorie, deren Tradition von Lukács über die Kritische Theorie bis zu Reichelt reiche, also den Kritikern zufolge die deutsche Variante des westlichen Marxismus umfasse, sei vor allem dadurch bestimmt, daß er Erkenntnis als bloße Bewußtseinsphilosophie nur denken könne, »Denken und Bewußtsein« als eine Innenwelt jenseits der »materiellen, wirklichen Welt« begreife, kurzum sei diese Philosophie »cartesianisch« und »subjektivistisch«80: subjektive Identitätsphilosophie. Der mit dieser Kennzeichnung verbundene Vorwurf der Antiwissenschaftlichkeit rechtfertigt sich durch den Verweis auf zwei Grundannahmen, mit denen sich der Hegelmarxismus ins Jenseits wissenschaftlicher Theoriebildung stelle: einem spekulativen Begriff von Einheit und der Kategorie der Totalität. Die Begriffe von Einheit und Totalität stehen in spezifischer Weise in wechselseitigen Begründungsverhältnissen. Auf diesen Tatbestand wie auf die Begriffe selbst zielt die »Kritik des Hegelmarxismus«. Der »Wert als Einheitsprinzip der kapitalistischen Gesellschaft«81 werde vom Hegelmarxismus zugleich mit dem Kapital identifiziert und als Voraussetzung genommen, die sich zum Kapital entwickele. Dies stelle ein tautologisches Verfahren dar, das nur möglich sei aufgrund des unterlegten Subjekt- und Substanzbegriffes, also »des Wertbegriffs als eines Wesensbegriffs« 82 und entsprechender identitätsphilosophischer Konstituentien. Die Kritik gilt auch der Konstruktion einer Einheit des Objektbereichs als Totalität. Diese könne nur gedacht werden als durch das Handeln eines historischen Subjekts konstituiert, des 99
Proletariats.83 Der Totalitätsbegriff der Kritischen Theorie sei wie Lukács' Klassenbewußtseinstheorie quasi hegelisch angelegt. Er gehe aus von einer »auf die historische Verwirklichung der proletarischen Emanzipation zielende(n) Vernunft, als Einheit von Theorie und Praxis, von philosophischer Wahrheit und gesellschaftswissenschaftlicher Erkenntnis.«84 Für Kallscheuer ist der Totalitätsbegriff im Marxismus an das Konzept der »Dialektik als System« 85 geknüpft und wird in dieser Form als zentraler Begriff der Hegeischen »Identitätsphilosophie« verstanden. Als Brücke zu Ökonomismus und Ableitungsfetischismus ist Totalität für Kallscheuer als Begriff längst desavouiert. 86 In seiner wissenschafts-philosophischen Perspektive erscheint dieser Begriff als undifferenziert und vor allem als nicht operationalisierbar. 87 Statt Ableitungszusammenhänge zu konstruieren, solle man, fordert Kallscheuer, eher den Funktionszusammenhang von Technostruktur und Wertproduktion ins Zentrum von Untersuchungen stellen.88 Dieser Funktionszusammenhang könne den Problemkreis des Zusammenhangs von Gesellschafts- und Handlungstheorie mit abdecken. Er erfüllt damit für Kallscheuer zwei Kriterien, die ihm auch erkenntnistheoretische Sicherheit zu gewährleisten scheinen: Zum einen stellt er als empirischer einen Bezug zur »gemeinten Wirklichkeit« her, die - wie Kallscheuer richtig bemerkt - durch Begriffsanalyse nicht erkannt wird, zumal wenn man diese Analyse nominalistisch versteht. Zum anderen ermöglicht er die Kontrolle der Aussagen über die Wirklichkeit, die ja auch falsch sein könnten. 89 Kontrolle aber bezieht sich in der Wissenschaft auf das Meßverfahren und erlaubt nicht, unmittelbare Aussagen über den Gegenstand zu machen. Wie der in Anspruch genommene Funktionalismus die dynamische Dimension des Kapitalverhältnisses tilgt, so verstellt der naive, empiristische Szientismus den Blick auf die erkenntnistheoretische Problematik. In dem Maße, in dem Kallscheuer das Totalitätsdenken als irrationales kennzeichnet, verliert er auch den gesellschaftlichen Zusammenhang aus dem Blick. Das Festhalten am Bezugspunkt empirischer Endlichkeiten führt ihn zurück zu einer Metaphysik der Faktizitäten. Auf dem Wege zu dieser war ihm schon der Stalinismus vorausgegangen.90 Als Gegenstand seiner Kritik figuriert für Kallscheuer eine »Dia100
lektik als System«, die sich der Ableitung aller »modernen gesellschaftlichen«, politischen und ideologischen Phänomene befleißige und als »geschlossenes System« das Prinzip der Innerlichkeit der Wahrheit zur Voraussetzung habe. 91 Da Kallscheuer dieses »geschlossene System« ursächlich als mit der Hegeischen Ontologie verbunden denkt 92 , kann er die Konsequenz ziehen, daß für den Hegelmarxismus der Marxismus eine eigene philosophische Systematik weder beanspruchen dürfe, daher auch nicht die Einzigartigkeit marxistischer Theorie behaupten könne, noch, daß man von einer Logik des Kapitals reden oder wesenslogische Kategorien für eine materialistische Theorie in Anspruch nehmen könne. 93 Die systematische Einheit im Marxismus sei ein Phantom, bloßes Resultat unbegriffener Hegelei.94 Auch sei die Marxsche Theorie im Kern selbst problematisch, weil der Marxsche Begriff der Arbeit der Hegeischen Vorstellung von Handlung als Entäußerung entnommen sei. Arbeit als zentrale Kategorie sei inzwischen obsolet geworden.95 Nicht nur der Arbeitsbegriff verweise auf Hegel, auch die Systematik der Darstellung selbst. Der Anspruch der Erkenntnis auf »methodische Subsumtion der Gegenstände« 96 sei für eine marxistische Wirklichkeitswissenschaft nicht zu akzeptieren.97 Es wird hier deutlich, daß der inkriminierte Begriff der Totalität allein im Kontext einer spezifischen Vorstellung von der Hegeischen Philosophie als Identitätsphilosophie gedacht wird. Im Anschluß an della Volpe wird die Hegeische »Identitätsphilosophie« als tautologische Konstruktion verurteilt, dies schon deshalb, weil bei Hegel Empirie mit Spekulation vertauscht sei.98 Er setze die empirischen Endlichkeiten zu Momenten in der Entwicklung des Begriffs herab. 99 Kallscheuer begreift Identität bei Hegel als unmittelbare und geschlossene.100 Hier schimmert durch, wie er sich den Hegelmarxismus als geschlossenes identitätsphilosophisches System vorstellt. Ihm gegenüber beruft er sich auf Marxens Forderung nach der Aufhebung der Philosophie. Allerdings will er sie aufheben in eine positive, empirische Wissenschaft.101 Im Grunde zielt Kallscheuers Kritik an der Hegeischen Philosophie als Bewußtseinsphilosophie, die die innerliche Wahrheit zum Prinzip erhebt, und verbunden damit an ihrer Kategorie der Totalität und ihrer Entwicklungslogik der Darstellung, auf ihren »Antiszientismus«. 102 101
Anwürfe gegen den Hegelianismus, wie die Kritik des Systems und der Identität, die Kritik des Antiszientismus und der Identifizierung von Realität und Vernunft, finden sich im Prinzip der dem Hegelmarxismus zugerechneten Kritischen Theorie, bei Max Horkheimer.103 Auch er kennzeichnet Identität als zentralen Begriff des »metaphysische(n) System(s)« 104 , als das er die Hegeische Philosophie auffaßt. Hegels »Begriff der unbedingten Erkenntnis« beinhalte, »daß der Satz der Identität von Subjekt und Objekt als notwendige Voraussetzung für die Existenz von Wahrheit erscheint.«105 Selbsterkenntnis als ab-solute ist die »des mit sich identischen unendlichen Subjekts« 106 , das sich in den Schöpfungen des Geistes erkennt und so die wirkliche Vernünftigkeit begründet. 107 Die in Anspruch genommene Identität ist gedacht als »Einheit der Widersprüche« 108 , deren dialektische Bewegung als Funktionselement absoluter Identität begriffen werden soll. 109 Identität bestimmt in einer solchen Gedankenfigur Vernunft. 110 Da Hegel »Welt wissen« mit »Gotteserkenntnis« identifiziere, enthebe er sich dem Zwang, »Erkenntnis mit der positiven Wissenschaft gleichzusetzen«.111 Alle »realen Widersprüche der irdischen Welt« seien damit zu nur Endlichem gegenüber dem System herabgesetzt. Zugleich werde Identität als Basis einer »die wissenschaftliche Erforschung der tatsächlichen Zusammenhänge begründende(n)« 112 Metaphysik behauptet, die sich als Erkenntnis über die bloßen Meinungsäußerungen erhebe. Horkheimer kritisiert diese Identität als »bloße(n) Glaube(n)«, als »philosophische >Lehrmeinungabsoluten< Philosophie« wie mit der »Geistesphilosophie ... ist es vorbei«.115 Der Identitätsbegriff ist aber nicht so eindeutig und unmittelbar interpretierbar, wie es auch bei Horkheimer noch den Anschein hat. Adorno verweist darauf, daß der Begriff der Identitätsphilosophie, sofern er nicht auf Schelling gemünzt ist, einer oberflächlichen Polemik gegen Philosophie überhaupt entstammt 102
und die Differenz von abstrakter Identität und Einheit nicht kennt.116 Der Begriff »Identitätsphilosophie« ist bei Hegel bloß spöttische Bezeichnung, Name, der der neueren Philosophie beigegeben wird und sich vor allem gegen den Irrglauben des Physikers richtet.117 Ihm stellt er den der spekulativen Logik als Wissenschaft entgegen. Die Geschiedenheit des »reinen Seins« von den irdischen Mannigfaltigkeiten hatte es antiker und mittelalterlicher Philosophie verwehrt, den Gang der Philosophie in die Wirklichkeiten anzutreten. Die Folge davon war, »daß alles, was der Identität eines absolut Ersten entgegenstehen kann, eliminiert, nicht aber bewußt negiert wurde.« 118 Erst mit der bewußten Negation kommt es zu einer dynamischen Identität, zur Vermittlung. Im genetischen »Fortgang« als Rückgang in ein Erstes erweist sich, daß reines Sein und seine Negation nicht als leer begriffen werden können. Aus dem Prinzip des Negativen entsteht sodann konkretes Dasein. Aber es ist dies nur das reine Denken, das sich negiert und materiale Erscheinung gewinnt. Insofern auch kann es keinen Anfang »mit den >Sachen< selbst« geben119. Es ist die Bewegung des Denkens, die im Zentrum steht. Materie und Form werden auf diese Weise »zu geschichtlich vermittelten Resultaten der philosophischen Abstraktion auf ihrem Wege, das Absolute zu erkennen.«120 Die unterschiedslos gemachte Form bringt sich selbst in ihrer Bewegung »auf eine Stufe mit unterschiedsloser Materie.«121 Es ist hier die Bewegung des »negativen Verhalten(s) der Form gegen sich selbst«.122 Diese widersprüchlich verlaufende Bewegung aber vermittelt die allgemeine und die besonderen Identitäten der Hegeischen Philosophie. Die Kritik an einheitsphilosophischen Prämissen handelt sich aber selbst die Schwierigkeit ein, wie sie ihre eigenen Objekte bestimmt und ihre Methoden legitimiert. Der Anspruch, auf empirische, konkrete Wissenschaft zurückzugreifen, erweist sich bald als zu hoch gesetzt, weil die Objekte und Methoden in den Wissenschaften nicht theorieunabhängig gedacht und praktiziert werden können, der Anspruch also nicht einlösbar ist. Das bloß Empirische ist jedoch immer schon Konstrukt. Für Hegelmarxismuskritiker wie Kallscheuer gibt es aber auch noch andere Gründe, die Hegeische Philosophie als Identitätsphilosophie zu verwerfen. Identitätsphilosophische Prä103
missen findet er auch im »praxisphilosophischen Marxismus«. Kritisiert wird die letztlich von Lukács herrührende »Verkopplung von Revolutionstheorie und Geschichtsphilosophie« 123 , wie sie sich in der Einheit von Theorie und Praxis und der Konstruktion des Subjekt-Objekts der Geschichte, d.h. dem revolutionären Subjekt Proletariat zeigt, also eines Proletariats, von dem gesagt wird, daß es aus dem »Stand in der Lage sein soll, die Gesamtheit der kapitalistischen Verdinglichungen zu durchbrechen«.124 Kritisiert wird also die Perspektive der Praxis als revolutionärer. Der Marxismus, gegen den hier im Kern argumentiert wird, bestehe in doppelter Existenz, wissenschaftlich als Zusammenbruchstheorie, revolutionstheoretisch als bloßer Utopismus. 125 Die Einheit von Wissenschaft, Emanzipations- und Revolutionstheorie denken zu wollen, sei aussichtslos, angesichts des »östlichen« Marxismus-Leninismus auch wenig wünschenswert 126 und zudem als Programm gescheitert.127 Dieser Kritik korrespondiert eine politische Position, die ausgehend vom Postulat der sozialen Reform das strategische Problem von Organisation und Motivation lösen möchte, ohne auf eine revolutionäre Perspektive verpflichtet zu sein. Eine Möglichkeit hat sich in dieser Beziehimg für sie schon ergeben: Der Hegeische Subjektbegriff, wie er in den Marxismus eingegangen ist als »Triebkraft des Fortschritts«128, ist aufzugeben in seiner Bedeutung als Gattungssubjekt oder general intellect129 ,als Klassensubjekt der Revolution und als Subjekt der Emanzipation. Marx soll also nicht revolutionstheoretisch, aber doch als normgebender Denker 130 und seine Theorie als primär wissenschaftlich verfaßte begriffen werden. Damit wird betont, daß, indem als Orientierungspunkt einer Interpretation der Bezug auf eine philosophische marxistische Erkenntnistheorie verneint wird, einzig »wissenschaftliche Standards«, wie sie von der gegenwärtigen Wissenschaftsphilosophie formuliert werden, als unabdingbare Kriterien eines adäquaten Verständnisses in Frage kommen. 131 Der Hauptkritikpunkt an einem erkenntniskritischen Marxismus, den neben Kallscheuer auch Christel Beier hervorhebt, ist der, daß es diesem an empirischen Kontrollen ermangele.132 Gleichermaßen wird gefordert, die theo104
retische Philosophie als »eine >Basisfunktion< für empirische Gesellschaftswissenschaft auf der Basis der Marxschen Hypothesen« 133 aufzufassen und somit eine operative Philosophie zu formulieren. In diesem Zusammenhang sind zwei Elemente wichtig: Zum einen die Trennung von Theorie- und Metasprache oder die Trennung von Erkenntnis- und Realobjekt 134, wie Christel Beier betont, als ihr Komplement, zum anderen die Notwendigkeit der rationalen Rekonstruktion der Marxschen Theorie.135 Begibt sich der Ansatz, der die Trennung von Erkenntnis- und Realobjekt postuliert, in das Dilemma, daß diese zwar analytisch gedacht, aber ihre Elemente nicht als selbständige behauptet werden können, außer im Sinne eines radikalen Nominalismus, der die Ebene der Realität einfach tilgt, so verbirgt sich hinter dem Anspruch auf rationale Rekonstruktion wiederum ein problematischer Zusammenhang. Wenn also in dieser Perspektive eine Enthegelianisierung gefordert wird, um den Marxismus von den identitätsphilosophischen Voraussetzungen zu befreien, um ihn als eine spezifische wissenschaftliche Revolution begreifen zu können 136 , so enthält der Begriff der rationalen Rekonstruktion die Vorstellung einer internen Geschichte der Wissenschaften, in Differenz zur peripheren und vernachlässigbaren externen. Insofern rationale Rekonstruktion und interne Geschichte miteinander identifizierbar sind 137 , ist in dieser Identifizierung eine Reduktion enthalten, die die Geistesgeschichte der Wissenschaft zum Prius macht, als linear verlaufendes geschichtliches Akkumulationsmodell von Wissen-schaft und sich der historischen Elemente aus dem Steinbruch der Wissenschaftsgeschichte bedient, um so in ihrem verdinglichenden Bewußtsein zu rationaler Systemkonstruktion fortzuschreiten, ein System konstruierend und einer Methode huldigend, die, insofern man sie Hegel attestierte, gerade der Kritik verfallen war.138 Es wird hier ansatzweise deutlich, daß eine solche an der Strukturtheorie orientierte Analyse hinsichtlich Marx tendenziell »Züge einer Liquidierung der Marxschen Theorie qua vorgeblicher methodologischer Inkonsistenzen«139 annimmt. Rationale Rekonstruktion enthält aber auch die Annahme einer spezifischen Kernstruktur140, die, im Kontext eines besonders gefaßten Forschungsprogramms, von einem Kranz von 105
Hilfshypothesen umgeben ist.141 Dabei ergeben sich zunächst die gängigen Kompatibilitätsprobleme, da die Übertragbarkeit der Vorstellung von Kernstruktur und Hypothesenkranz142 auf die Marxsche Kritik der politischen Ökonomie vorderhand noch nicht ausgewiesen ist. Dies ahnt auch Kallscheuer, wenn er konstatiert, daß es für Marx, soweit er Hegelianer blieb, »einen systematischen Unterschied zwischen >philosophischer< und >analytischer< Dimension, zwischen >Kritik< und >Wissenschaft< nicht geben« 143 konnte. Folgerichtig bekommt für ihn dann die »Rekonstruktion marxistischer Theorie« denselben Sinn, den ihr Habermas schon verliehen hat, »nämlich den, >daß man eine Theorie auseinandernimmt und in neuer Form wieder zusammensetzt, um das Ziel, das sie sich gesetzt hat, besser zu erreichenKapital«Falschheit< die adäquate Widerspiegelung der »falschem Gesellschaft.«151 Mit Althusser zieht Kocyba einen scharfen Trennungsstrich zwischen der Religionskritik des frühen Marx und seinem »wissenschaftlichen« Spätwerk. Was in Reichelts Studie von 1970 den Zusammenhang zwischen Frühschriften und Spätwerk bildet und zugleich einen wesentlichen Bezug zur Hegeischen Philosophie hervorhebt, ist der Begriff der Verdopplung. Sie ist ihm Bindeglied zwischen jener Auffassung des Verhältnisses von Gesellschaft und Staat, das Marx sofort als »eigentliches Zentrum« der Hegeischen Rechtsphilosophie entschlüsselt habe, und jenen Formen der ideellen und wirklichen Verdopplung von Ware und Geld als Kategorien der einfachen Zirkulation, wie er sie später in der Kritik der politischen Ökonomie darstellt. Einem Mißverständnis ist dort vorgearbeitet, wo Reichelt gegen den Versuch einer »Soziologisierung« auf einer »strengen Ableitung der Genesis« der »Warenform, der Geldform, der Kapitalform, der Form des Profites, des Zinses usw.« besteht, die nur auf dem Wege des »>immanenten ÜbersichhinausgehensMethodenfragen< losgelöst von »Gegenstandsbereichen< zu diskutieren.« Dann nämlich »hat er bereits den »Standpunkt des am zu registrierenden Phänomen orientierten Positivismus« 154 akzeptiert. Gegen dieses Verdikt mußten zurecht diejenigen aufbegehren, denen nicht unmittelbar einsichtig war, was denn einen »dialektischen Theoretiker« ausmacht. Aus der bloßen Nachzeichnung ließ sich jene Dialektik, die den Mechanismus jener Ableitungslogik abgeben und gar noch in der Geschichte wirken soll, offenbar nicht begreifen. Anlaß genug, ihr weitertreibendes Moment, den »Widerspruch« genauer zu untersuchen, umsomehr, als der Positivismusvorwurf inzwischen an Schlagkraft verloren hatte. So schickt sich Kocyba an, »die konstruktive Bedeutung des »dialektischen Widerspruchs< in der Kritik der politischen Ökonomie« und damit »sowohl den diskursiven Aufbau als auch die allgemeine Struktur ihres Gegenstandes« 155 zu thematisieren. Er geht davon aus, daß es sich bei dem Widerspruchsbegriff im »Kapital« um ein komplexes, heteronome Elemente versammelndes begriffliches Spektrum handelt, das eine Reihe von sprachlichen Nuancierungen aufweist: Gegensatz, Gegenteil, Widerspruch, Antagonismus, die Rede von »irrationellen« oder »imaginären« Formen, die Präsentation einer begrifflichen Widerspruchskonfiguration im Gewände einer sprachlichen Paradoxie. 156 Von vornherein weist er ein »residualhegelianisches Deutungsparadigma« ab, das, wie er meint, »eine durchgängige begriffliche Entwicklung nach dem Vorbild der spekulativen Logik« 157 behauptet. Ebenso schließt er aus, daß »eine Unterscheidung zwischen argumentationsstrategisch fungierenden logischen Widersprüchen und deskrip108
tiv verwendeten nicht-logischen >dialektischen< Widersprüchen«, wie sie Narski 158 nahelegt, dem Argumentationsgang im Marxschen Kapital gerecht werden könne. Eine »durchgängige deskriptive Deutung des nicht-logischen Widerspruchsbegriffs« müsse »allen Teilstücken der Marxschen Kritik der politischen Ökonomie unmittelbar ein empirisches Korrelat zuordnen«.159 Mit einer solchen empiristischen Lesart sei bereits Friedrich Engels gescheitert. Eine residualhegelianisch-spekulative verbiete sich jedoch schon aufgrund des entschieden kritischen Zugangs, der nicht nur in Marxens Hegelkritik offen zutage liegt, sondern auch in den methodischen Randbemerkungen, nicht zuletzt in der Umstülpungsmetapher, immer wieder festgehalten wird.160 Marx könne die »Hegeische Dialektik nur >umstülpenWahrheit< der frü109
heren Form« 165 sei. Als Wissenschaft stelle sie vielmehr einen » Bruch mit der Ideologie« dar, siedele sich auf »einem anderen Terrain« an. Hier argumentiert Kocyba mit Althusser, daß eine Wissenschaft, deren Gegenstand die Ideologie sei, unmöglich als Wahrheit der Ideologie betrachtet werden könne. 166 Narski habe das Engelssche Thema 167 der Dialektik als Erkenntnislogik insofern weitergeführt, als er versucht habe, mit dem Begriff der »Problemantinomie« »die logische Struktur bestimmter Marxscher >Gedankenexperimente< zu rekonstruieren, die sich auf den ersten Blick wie die logisch widerspruchsvolle Beschreibung eines Sachverhalts lesen«. 168 Eine solche »>ProblemantinomieWidersprüchenAntagonismen< etc. noch nicht mit dem simplen Schema »logischer Widerspruchsbegriff im Kontext von Theoriekritik< und deskriptiver Widerspruchsbegriff im Kontext von >Realanalyse< erfaßt werden kann.« 172 Daher geht es ihm zunächst darum, den Stellenwert der verschiedenen Klassen von »Widersprüchen« zu bestimmen: der logischen Widersprüche im Sinne des Aufzeigens von Inkonsistenzen der klassischen Ökonomie, der Problemantinomien, nicht-logischer Widersprüche, die sich um die »strukturellen Widerspruchsachsen« von Zirkulations- und Produktionsprozeß und Gesamtprozeß der verselbständigten Formen drehen, und der Realpugnanzen im Sinne »konfligierender Wirkungsketten« als Auswirkungen der Struktur kapitalistischer Vergesellschaftung. Hinzu kommt der »auf der Basis der kapitalistischen Vergesellschaftung der 110
Produktion entstehende Widerspruch von Produktivkräften und Produktionsverhältnissen« als »komplex überdeterminierter Effekte« 173 und »der Antagonismus der tragenden Klassen der kapitalistischen Gesellschaft«.174 Die Darstellung folge nicht der Binnenlogik des »ideologischen Feldes«, sondern sei stets »bezogen auf den jeweiligen Stand der Darstellung der ökonomischen Kategorien.« 175 Das komplizierte Verhältnis von Ideologiekritik und Gesellschaftstheorie will Kocyba dadurch fassen, daß er die Eigenständigkeit der Organisation der Theorie betont, die nicht »parallel zur innerideologischen Ordnung der Fetischformen«176 verläuft. Dies, weil das »>Kapital< insgesamt« eben auch nicht »als Theorie der »Stufenfolgen der Verkehrung des Bewußtseins< gelesen werden« 177 kann. Eine in diesem Sinne hegelianisierende Lesart sucht er abzuweisen, indem er sich der Anstrengung unterzieht, an den Knotenlinien der Darstellung differenziert die Funktion der jeweiligen »Widerspruchskonstruktion« aufzuzeigen und ihren ideologiekritischen Stellenwert zu klären. 178 Dabei ist die Argumentation Kocybas durch ein bestimmtes erkenntnistheoretisches Problembewußtsein gekennzeichnet, das er mit den geschmähten Hegelmarxisten teilt. Auch sein Nachzeichnen der »Dialektik der Ware« und der »Wertformanalyse« stützt sich zumindest selektiv auf deren Einsichten.179 Trotz seiner Polemik gegen Backhaus 180 folgt er dessen Argumentation in der Sache: »Geld ist ein notwendiges Medium 181 der über das Wertgesetz vergesellschafteten Produktion. Es gibt keinen Wert vor dem Geld außer im diskursiven Ordnungsgefüge der Darstellung der Theorie.«182 Dem Widerspruch rechnet Kocyba bei den genannten »Übergängen« die »theoretische Funktion« zu, »die Schranken des jeweiligen analytischen Terrains anhand seiner begrifflichen Inkonsistenz aufzuzeigen und damit den Übergang zu einem neuen Niveau und einer neuen Strategie der Analyse vorzubereiten.«183 Marxens Rede davon, daß es nicht darum gehe, Widersprüche zu »lösen«, sondern darum, ihre Bewegungsstrukturen zu studieren, greift Kocyba auf und bezieht sie auf die Sphäre der einfachen Zirkulation als »begrifflich bereits konstituiertes Gegenstandsniveau«184, das analytisch ausgeschritten werde. Der Übergang selbst sei dann nach dem Muster der 111
Problemantinomie organisiert. Ist diese Nahtstelle dann einmal verlassen mit der »Analyse der Produktion des Mehrwerts, die das Zentralstück des 1. Bandes des >Kapital< ausmacht«, dann »läßt sich feststellen, daß hier der Widerspruchsbegriff keineswegs mehr die darstellungsorganisierende Funktion besitzt, ohne die die begriffliche Entwicklung von der Ware bis hin zum Kapital gar nicht möglich gewesen wäre.« 185 In diesem »methodische(n) >Verschwinden< des Widerspruchsbegriffs« sieht Kocyba eine Bestätigung seiner These, daß dieser »jeweils an den Nahtstellen von Zirkulations- und Produktionsbestimmungen angesiedelt war und es im weiteren Gang der Analyse« um die »innere Struktur« der »>wesentlichen VerhältnisseOntologisierung< des Widerspruchs nur unzureichend verstanden, wenn man sie nicht als einen mit Argumenten gestützten Versuch betrachtet, naive Formen von Ontologisierung zu 115
überwinden, denen in der Metaphysik und in den gewöhnlich metaphysikbeladenen Wissenschaften formallogische Prinzipien und Strukturen traditionellerweise ausgesetzt sind.«212 Im Gegensatz zu formallogischen Prinzipien, wie dem Satz vom ausgeschlossenen Widerspruch213, beanspruche der Widerspruchsbegriff Hegels zum Ausdruck zu bringen, »wie beschaffen die Ausschlußbeziehungen sind, die objektiv zwischen Gegenständen und Gegenstandsbeziehungen bestehen.« 214 Michael Wolff zeichnet, um dies zu verdeutlichen, die drei Stufen der Entwicklung des Gegensatzes nach und arbeitet deren formale Struktur heraus: die des »Entgegengesetzten überhaupt«, die die Umformung des Satzes vom ausgeschlossenen Dritten in einen reflexionslogischen Satz enthält215, die des »amphibolischen Gegensatzes«, der, wie Wolff zeigt, die Kritik an Kants Theorie realer Oppositionen im Kapitel über die »Amphibolie der Reflexionsbegriffe« impliziert, und schließlich das »Gegensatzverhältnis dritter Stufe«, auf der die einander entgegengesetzten selbständigen Reflexionsbestimmungen sich negativ gegeneinander verhalten, damit »gleichgültig gegen jene erste Identität, worin sie nur Momente sind«.216 Insofern aber in ihnen auch »ihre identische Beziehung vorhanden, die gegen den Gegensatz selbst gleichgültig ist; so machen sie Eines aus«217, d.h. den Widerspruch, als »Einheit von solchen, die nur sind, insofern sie nicht eins sind - und die Trennung als solcher, die nur sind als in derselben Beziehung getrennte«.218 Als »gesetzter Widerspruch« machen das Positive und das Negative »die bestimmende Reflexion als ausschließende aus« 219 , insofern sie für sich betrachtet sind, ist das Positive ein »Gesetztsein«, indem es das Negative ausschließt, das es damit setzt. Das Negative dagegen ist als Negatives bezogen auf die Negation seiner selbst, als Entgegensetzung schließt es die Identität von sich aus. Somit heben in »der sich selbst ausschließenden Reflexion ... das Positive und das Negative jedes in seiner Selbständigkeit sich selbst auf«.220 »Die Selbständigkeit ist so ... die Einheit des Wesens, durch die Negation nicht eines Andern, sondern ihrer selbst identisch mit sich zu sein.«221 So ist der Gegensatz »in seinen Grund zurückgegangen.« 222 »Der aufgelöste Widerspruch ist also der Grund, das Wesen als Einheit des Positiven und Negativen.« 223 116
Thematisch sind hier reflexionslogische Bestimmungen als Wesensbestimmungen. Für Wolffs Rekonstruktion dieser Passage ist die Unterscheidung zwischen reflexionslogischen Bestimmungen und reflexionslogischen Substraten zentral. An ihr kann er zeigen, wie Hegel das Problem angeht, das sich für ihn bei Kant als Auseinanderfallen der Dinge an sich und der der Erscheinungen und beider gegenüber einer bloß äußeren Reflexion darstellt. 224 Wolff sieht darin auf der einen Seite eine Radikalisierung der Metaphysik Kants, die als »verdrängte« »die älteren metaphysischen Unterscheidungen zwischen selbständigen Substraten und äußeren Bestimmungen der Substrate« 225 enthalte, auf der anderen Seite sieht er hier jene Tendenz zu einer gewissen »Ontologisierung«. Als »objektiv logischer« sei der Widerspruch zunächst »eine Beziehung objektiver Bestimmungen und objektiv bestimmter Gegenstände« 226 , insofern »objektiv logischer Reflexion«. 227 Hegel gestalte »die traditio-nelle Reflexionslogik auf zweifache Weise in eine »objektive Logik< um«. 228 »Erstens lenkt er die Aufmerksamkeit von Reflexionsbeziehungen logischer Prädikate auf die in diesen Beziehungen schon vorausgesetzten Beziehungen von Bestimmungen«. 229 »Zweitens benutzt Hegel ... die in Kants Dialektik gemachte Entdeckung, daß logische Beziehungen, wie Kontrarietät und Kontradiktorietät, zwischen logischen Prädikaten als für sich genommenen Begriffen nicht bestehen können, sondern nur, insofern diese Prädikate wiederum bezogen werden auf reflexionslogische Substrate.«230 Die Objektivierung des Widerspruchsbegriffs sieht Wolff durch zahlreiche Äußerungen bestätigt, in denen der »sonst etymologische enge Zusammenhang zwischen »Widerspruch ... und »Sprechern ... von Hegel gänzlich mißachtet« 231 wird. Schlagende Beispiele sind hier Sätze wie: »Alle Dinge sind an sich selbst widersprechend.«232 Es ist wie überall gar nichts, worin nicht der Widerspruch, d.i. entgegengesetzte Bestimmungen aufgezeigt werden können und müssen«. 233 Das, was Wolff als den »eigentlichen Skandal der Hegeischen Logik« 234 bezeichnet, daß »echte kontradiktorische Urteile nicht schlechthin falsch sein können« 235 , findet er in der Rede vom objektiven Widerspruch begründet: »Denn ihre Echtheit dürfte gerade darin bestehen, Gegenständen objektive Widersprüche beizulegen.«236 117
Obwohl Wolffs Analyse des Hegeischen Widerspruchsbegriffs durch Gründlichkeit und Präzision besticht, tauchen Fragen auf, die mit der gewählten Aufgabenstellung der Studie, insofern sie sich auf die intensive Auslegung eines Argumentationsschrittes in der Hegeischen Philosophie beschränkt, zusammenhängen. Aufgabe der Studie war nicht, den Stellenwert der Darstellung des Widerspruchs im Gang der Darstellung der Logik und in der Hegeischen Philosophie überhaupt zu untersuchen, noch die Funktion des Widerspruchs in der »Hegelschen Dialektik«. Deshalb gibt sie auch keine Antwort auf die immer wieder auftauchende Frage, inwieweit es sich denn bei der Hegeischen Dialektik um ein »durchgängiges« Prinzip handele. Man könnte die Frage jetzt präziser stellen: ist das, was Wolff als Hegeischen Widerspruchsbegriff herausgearbeitet hat, durchgängig bestimmend für die Struktur der Übergänge in der Hegeischen Philosophie? Läßt es sich gleichsam als Formalstruktur auf sie abbilden? Die Rede von dem Widerspruch in allen Dingen ist nämlich - zumindest für Nicht-Hegelianer irreführend. Das Ding hat als durchaus spezifisch bestimmter Erkenntnisgegenstand seinen Ort auf verschiedenen Argumentationsstufen der Hegeischen Philosophie. Der Widerspruch hat seinen Stellenwert im Zusammenhang der Reflexionsbestimmungen, zwischen »Wesen« und »Grund«. Daß Hegel sich anheischig macht, Widersprüche an allen Erkenntnisgegenständen aufzuzeigen, nämlich insofern sie den Unterschied von Substrat und Bestimmungen an sich haben, heißt nicht, daß der Widerspruch allem und jedem zukommt und schon garnicht auf die gleiche Weise. Wir meinen daher, daß gegenüber den Versuchen, den Widerspruch als Motor im Sinne einer »Dialektik als durchgängiges Prinzip« zu deuten, einige Skepsis angebracht ist. Aber unterstellt, dies wäre möglich, was wäre damit gewonnen? Denn objektive Widersprüche können den Gegenständen, wie diese mißverständliche Formulierung Wolffs suggeriert, nicht beigelegt werden. Das Problem, daß sich die Gegenstände der Erkenntnis in einem objektiven Reflexionszusammenhang immer schon als bestimmte vorfinden und der Gang der Reflexion einen Erfahrungsprozeß beschreibt, in dem sich beide, Erkenntnis und Gegenstand ändern, bezeichnet wahrscheinlich den Horizont der Hegeischen Philosophie nur 118
ungefähr, deutet aber eine Voraussetzung dafür an, daß die Hegeische Philosophie, wie Wolff sich ausdrückt, Ontologie und Ontologiekritik237 in einem, wie Theunissen 238 sagt, in einem Darstellung und Kritik ist.
Mit einem durch Michael Wolff geschärften Verständnis für den Widerspruchsbegriff bei Hegel versucht nun Helmut Brentel die Bedeutung des Widerspruchs bei Marx aufzuklären. Er beginnt mit einer Darstellung der Widerspruchsstruktur der Ware. Seine These ist, »daß Marx den Darstellungsgang seiner Kritik als eine im Grunde durchgängige Widerspruchs-Entwicklung von der Ware zum Geld und Kapital konzipiert hat.« 239 Dies stimmt zwar in der Aussage mit den Kocybaschen Untersuchungsergebnissen überein 240 , richtet sich aber in der Tendenz gegen sie, vor allem dort, wo zu zeigen versucht wird, daß die Widerspruchsentwicklung auf dem Hintergrund der Kantschen Widerspruchsbegrifflichkeit ebensowenig begriffen werden kann, wie über eine Deutung des »dialektischen Widerspruchs« als bloßes Darstellungsprinzip.241 Widerspruch wird begriffen als real und als Konstruktion. Insofern er ein konstruktives Element ist, bedeutet seine spezifische Konstellation »nicht konkretistisches Realverhältnis, sondern Kritik unterbestimmter Begriffsbildung der Nationalökonomie.«242 Widerspruch existiert damit nur als Element eines »Gesamtvermittlungsprozesses«. 243 Nur in diesem Kontext macht es Sinn, von einer Widerspruchsstruktur der Ware zu reden. Brentel unterscheidet dabei »zwischen der gesellschaftsspezifischen Ursache dieses Widerspruchs (2.1), seiner strukturellen Grundlage (2.2), einer generellen Struktur der Widerspruchskonstellation (2.3) und den Differenzierungen (2.4) dieser allgemeinen Widerspruchsstruktur der Ware auf den verschiedenen Abstraktionsniveaus der Darstellung, bzw. der Entwicklung der Ware zum Geld«.244 Er kennzeichnet drei Abstraktionsstufen dieser Widerspruchsstruktur: 1. die der »Ware als solcher«, 2. die der »Warenform überhaupt« und 3. die des »prämonetären Aus119
tauschprozesses«. Die »generelle Struktur der Widerspruchskonstellation von Gebrauchswert und Wert«245 besteht Brentel zufolge darin, daß die Ware »als einzelnes Warending nicht beides zugleich sein kann, was sie aber gemäß ihrer gesellschaftlichen Doppelnatur ist und sein muß: gegenständlich Einzelnes, Gebrauchsding, wie zugleich gegenständlich Allgemeines, Wertding.246 Die strukturelle Grundlage dieses Widerspruchs sieht er in der »Verselbständigung der beiden stets zusammengehörigen Dimensionen der Arbeit -, ihrer konkret stofflichen und ihrer gesellschaftlich-allgemeinen Dimension gegeneinander«.247 Die gesellschaftsspezifische Ursache erblickt er »im besonderen Charakter der bürgerlichen Produktionsweise«: »Die Arbeit ist privat dissoziierte Arbeit und muß doch zur Reproduktion der Gesellschaft, zur Einheit der gesellschaftlichen Gesamtarbeit zusammengeschlossen sein.«248 Die so vorgenommene Reformulierung und Strukturierimg der Marxschen Argumentation soll es ermöglichen, »die wirklichen Zusammenhänge von Widerspruchsbegriff und Widerspruchsstruktur bei Marx herauszuarbeiten«249 und eine »Isomorphie der Strukturen« 250 in bezug auf Marx und Hegel aufzuzeigen. Gemeint ist, daß das, was Hegel in der Logik als Begriff des Widerspruchs darstellt, strukturanalog sei mit der »>Form-Entwicklung< der Ware als Rückgang in den >Grund< immer schon vorausgesetzter Vermittlung.«251 Brentel bezeichnet die Stufen der Widerspruchsentwicklung als Grundwiderspruch, bezogen auf die Ware als solche, abgeleiteten Widerspruch, bezogen auf die Ware überhaupt, und zusammenfassenden Widerspruch, bezogen auf den prämonetären Austauschprozeß. Auf jeder Stufe unterscheidet er Widerspruchsebene, Lösungsebene und eine Ebene der Einwände gegen die Lösung. Dieses drei mal drei Stufenmodell vermag es in der Tat, gewisse formale Elemente des Hegeischen Widerspruchsbegriffs abzubilden, die mit dem Widerspruch als objektive Ausschlußbeziehung bei gleichzeitigem Bezogensem auf ein Substrat, der ausschließenden Verselbständigung der Bestimmungen gegeneinander und gegen ihr Substrat, der »ausschließenden Verselbständigung von reflexionslogischen Substraten und entgegengesetzten Bestimmungen gegenein120
ander«, und »zwischen prozessualem Einheitsbezug und entgegensetzendem Setzen von Bestimmungen« 252 vorliegen. Brentel behandelt damit die Bestimmungen der Ware als Wesensbestimmungen, die der in der Logik dargestellten Reflexionsbewegung in den Grund folgen. Er versucht zu zeigen, daß hier ein Gegensatzverhältnis »dritter Stufe zwischen dem an sich Positiven, den reflexionslogischen Substraten und dem an sich Negativen, den entgegengesetzten Bestimmungen« vorliege 253 . Also darf man folgern, daß sich das Geld als »Grund« der Ware erweist. 254 Vom »Grund« ist aber auch die Rede, wenn Brentel behauptet, daß Marx die Kritik der politischen Ökonomie »im Darstellungsprozeß aus einem einheitlichen Grundwiderspruch255 entwickele, »als stringente Abfolge der Einholung der Voraussetzungen in der >Entwicklung< und >Lösung< der Gegensatz- und Widerspruchsstrukturen der Vergesellschaftung der Arbeit in der bürgerlichen Gesellschaft«. 256 Hier ist der »Grund« Ausgangspunkt, nicht vorläufiger Endpunkt der »Entwicklung«. Brentel operiert also mit einem Verständnis vom Grundwiderspruch der Warenstruktur, das diesen als Ausdruck der »Trennung der gesellschaftlichen Dimension der Arbeit« 257 begreift. In diesem Sinne redet er nämlich von den »Widersprüchen der gegensätzlichen Charaktere der Arbeit« 258 oder von der »Entwicklung der Widersprüche zwischen dem stofflich Besonderen und dem gesellschaftlich Allgemeinen der Arbeit« 259 auf die die dialektische Methode ziele. Das anvisierte Konzept der Lösung der Widersprüche richtet sich nicht nur auf die Entwicklung der Kategorien im Gange der Darstellung, sondern auch auf ein Verhältnis von Allgemeinem und Besonderem, das als begriffliches Schema den Arbeitsbegriff fundieren soll. Hier könne sich Marx positiv nicht nur auf die Struktur, sondern auch auf den Inhalt der Hegeischen Geistesphilosophie berufen, insofern diese »das Problem der gesellschaftlichen Vermittlung der Arbeit in der bürgerlichen Gesellschaft ... reflektiert«.260 Die vielen Einzelnen des liberalistischen Gesellschaftsmodells 261 müßten notwendig gedacht werden, »sei es in Adam Smith's >invisible handdie Gesetze der Warennatur betätigten sich im Naturinstinkt der WarenbesitzerWarenwelt< methodisch voll legitimiert betrachtet.« 277 Also halten wir fest, der bloß darstellungslogische Aspekt hat den Charakter eines »geradezu notwendigen Schlusses« und verweist auf »reale Oppositionen« in den gesellschaftlichen Basisstrukturen. Mit solcher Redeweise kommt man, wie sich schon bei Kocyba gezeigt hat, über den Narskischen Dualismus nicht hinaus. 278 Jetzt ging aber gerade Brentels Intention dahin, mit dem von Wolff an Hegel herausgearbeiteten Konzept des Widerspruchs als elaboriertem Modell eines drei mal dreifach gestuften Verhältnisses von Begriffsbestimmungen und Substrat die Ein123
heit von Darstellung, Gegenstand und Kritik bei Marx zu explizieren.279 »Echte Gegensatzrelationen« markieren den theoretischen Ort, an dem der Hegeische Widerspruchsbegriff in Funktion tritt280. Um ihre »Echtheit« »hinsichtlich der Substrate auszuweisen, bedarf es allerdings ... elaborierter Sachtheorie«.281 Als solche begreift Brentel die Kritik der politischen Ökonomie als allein sachadäquate Darstellung ökonomischer Gegenständlichkeit.282 In diesem Sinne behauptet er: »Nur insofern kann >die Ware< als Ausgangskategorie eine ähnliche Funktion einnehmen wie das Hegeische >Seinkonkrete Totalität (L 489) benannt, an der sich ein wesentlicher Unterschied< und insofern ein erster Begriff prozessualer Gesamtvermittlung durch gegensätzliche Momente ausmachen läßt.«283 Brentel will hier die Ware keineswegs so deuten, wie es Reichelt als »Keimzellenmetapher« vorgeworfen worden ist. Gerade weil er der Auffassung ist, daß Marx »gegen Hegel jede >keimzellenhafte< Immanenz, die vorab ausgemachte Einheit von logischer und historischer Entwicklung, von Begriff und Sache, als Projektion eines enthistorisiert formalistischen Verfahrens« 284 zurückweise, wirft seine Analogisierung der Anfänge: der Marxens mit der Ware, der Hegels mit dem Sein, in der Tat ein größeres Problem auf. Zudem widerspricht sie zum Teil der Argumentation zum Grundwiderspruch zwischen »stofflich Einzelnem« und »gesellschaftlich Allgemeinem« der Arbeit. Die Differenz der Marxschen Kritik zur Hegeischen Philosophie faßt Brentel folgendermaßen: Bei Hegel seien »alle Widersprüche der Welt gesetzt und gelöst zugleich ... in der Hermetik eines ontotheologisch begründeten, enthistorisierten Produktionsaktes«. 285 Aufgrund einer »idealistischen Überhöhung des Vermittlungsprinzips« sei die »Lösung der Widersprüche - der bürgerlichen Welt - im Geistprinzip teleologisch schon vorab beschieden« 2 8 6 Bei Marx dagegen bleibe sie »prinzipiell offen.«287 Zwar seien in den »Reproduktionsschemata« des 2. Bandes die Widersprüche als »versöhnbar« ausgewiesen, doch blieben diese Schemata nur ein »eben ... abstrakt orientierendes, real gerade niemals voll gelingen könnendes Ideal«.288 Die methodische Einheit von Immanenz, Konstruktion und Kritik will Brentel im 124
Anschluß an Ritsert289 so verstanden wissen, daß »>die durch Kritik erreichte Darstellung des Zusammenhangs der Wahrheitsgehalte der einzelnen Wissenstypen gemeint sein (kann), deren Kriterium (Maßstab) die Lösungsmöglichkeiten für Widersprüche in der Konstellation von Wissen und Wahrheit sindgebracht< werden, von dem aus sie im Darstellungsgang aus einem einheitlichen Grundwiderspruch zu >entwickeln< ist«.291 Also erhält man ein Nacheinander einer Kritik, die zur Einsicht in die Wahrheit führt, einer Konstruktion des Zusammenhangs dieser Einsichten und einer Entwicklungslogik als der Darstellung des »grundlegenden Gegensatzverhältnisses«. 292 Damit aber ist die Kritik aus der Darstellung selbst verschwunden und die Konstruktion des Zusammenhangs 293 steht in einem ungeklärten und äußeren Verhältnis zur Entwicklungslogik der Darstellung. Wenn man so redet, dann kann die Widerspruchsstruktur - unabhängig davon, ob sie der Marxschen Darstellung der »Entwicklung der Ware zum Geld« wirklich isomorph ist - der Sache nur äußerlich sein, weil diese sich ja offenbar auch anders ausdrücken und begreifen läßt: in einer »Konstruktion des Gesamtzusammenhangs«, in einem »Vorverständnis der Kernstruktur« etc. Wenn aber Helmut Brentel seine Aussage ernst nimmt, »daß Ware ohne Geld, Geld ohne Kapital systematisch nicht denkbar sind«294, und wenn er darüberhinaus der Auffassung ist, daß die Marxsche Dialektik und die Hegeische in der Tat etwas Gemeinsames haben, das in dem Anspruch koinzidiert, eine Kritik bloß äußerlicher Reflexion zu sein, dann stellt sich das Umstülpungsproblem erneut in einem sehr ernsten, man könnte meinen, metaphysischen Sinne. Wenn sich laut Brentel für »Hegel... alle Dinge einer Welt, die aus einer absoluten, kosmischen Subjektivität emaniert in Wi125
derspruch«295 befinden und diese »scheinhafte Selbständigkeit aller Dinge gegenüber einer übergreifenden Subjektivität die Trennung der gesellschaftlichen Dimension der Arbeit ... wenn auch in verstellter und mystifizierter Weise«296 reflektiert, dann fragt sich, ob hier die übergreifende Subjektivität in ihrer Bewegung »im Prinzip das Kapital« sei, wie Krahl in seinen Bemerkungen zum Verhältnis von Kapital und Hegelscher Wesenslogik behauptet hat 297 , und die Warenstruktur Urbild aller Gegenständlichkeiten, wie dies Lukács vermutete? Bei Lukács war diese Vorstellung verbunden mit einem radikal wissenschaftskritischen Ansatz und revolutionstheoretischen Postulaten. Der kritische Gang durch die hier diskutierten Positionen hat zwar einige entscheidende Präzisierungen in bezug auf die Widerspruchsstruktur bei Marx und Hegel zutage gefördert, aber auch deutlich werden lassen, daß der wissenschaftskritische Impetus, der noch bei Reichelt die Stoßrichtung seiner Argumentation bestimmte, insofern er sich gegen den »Standpunkt des bürgerlichen Subjekts« wandte, von dem er mit Lukács annahm, daß sich ihm »seine eigene Welt nur unter einer Form darstell(e), unter der des Objekts 298 , ebenso in den Hintergrund getreten ist wie der revolutionstheoretische.299 Wenn die Aussage Theunissens über die frühen Schriften Marxens richtig ist und auch für die Kritik der politischen Ökonomie gelten kann, daß nämlich seine Sozialtheorie ihm zu denken verbiete, was zu denken er sich vorgenommen habe: »kommunikative Freiheit«, daß sie »allein Kritik« sei »und eine sie übersteigende Intention«, daß sie »>jeden Menschen im anderen Menschen nicht die Verwirklichung, sondern vielmehr die Schranke seiner Freiheit findenSystems der BedürfnisseBesitzes< und der >gleichen ArbeitFormel der Versöhnungdritten PrinzipsWertegesellschaftliche Formeinfachen< zu den konkreteren und entwickelteren darf nicht zur >logisch-historischen< Aufstufung >verrenkt< werden« 187 , denn nur im gesellschaftlichen Gesamtzusammenhang seien die Kategorien 188 hinreichend bestimmbar. Auch von hier aus ergibt sich eine Kritik der Engelsschen ökonomischen Interpretation und vor allem an seinem Geschichtsschematismus.189 Marx hingegen, so Brentel stelle sich auf eine differenzierende Weise »dem Problem der historischen Frage«. 190 Zwar erschienen die einfachen ökonomischen Kategorien »als die einfachen ökonomisch-sozialen Verhältnisse« 191 , es seien dabei aber immer schon konkretere Kategorien unterstellt.192 Marx wende sich in diesem Zusammenhang gegen einen ökonomiehistorischen Präsentismus, wenn er auf die unterschiedlichen Funktionen spezieller Kategorien verweise. 193 Von daher scheint es plausibel, die Marxsche Position folgendermaßen zusammenzufassen: »Marx kritisiert jede historischlogische Entwicklungskonzeption, jede vorschnelle Rückprojektion sogenannter >einfacher< Kategorien als auch historisch allgemeingültiger als ein systematisches Problem des philosophisch wie gesellschaftstheoretisch naiven kategorialen Bewußtseins.«194 Seinen historischen Abschnitten läge deshalb als Funktion »die einer negativen Bestätigung der logisch-immanenten Dimension des Analyse- und Entwicklungsganges (zugrunde), indem sich Marx auch hier ... mit der historischen Geltung der sogenannten >einfachen< ökonomischen Kategorien kritisch auseinandersetz(e), wirklich historische Verhältnisse gerade in sachlicher und kategorialer Differenz zu den >einfachen< Kategorien der vorangegangenen Analyse abgrenz(e)«.195 Insofern 145
sei es auch richtig, darauf zu verweisen, daß etwa »die einfache Wertform ... überhaupt keine historische Form«196 sei. Damit lasse sich resümieren: »Gezeigt wird gerade, daß auch vorbürgerliche ökonomische Verhältnisse immer nur an den entwickelten bürgerlichen Kategorien gemessen werden können.« 197 Dadurch sei auch der Aufweis der Differenz möglich.198 Wenn die »Objektivierung der Produkte zu Werten«199 erst auf der Basis des Kapitalismus gegeben ist, so muß damit auch das Problem historischer Wertkonstitution aufklärbar sein.200 Brentel fragt hier nach den »gesellschaftlich-materialen Minimalbestimmungen der Konstitution ökonomischer Form wie der Werte als anfänglich objektivierter Arbeitswerte«201, historischer Arbeitswerte. Marx mache nämlich nicht nur »kapitalimmanente« Aussagen, sondern »auch gewisse, sehr eingeschränkte ökonomiehistorische Aussagen«. 202 Marx argumentiere auch in Richtimg auf eine historische Dimensionierung ökonomischer Kategorien.203 Die einfachen ökonomischen Formen z.B. ließen sich aufgrund ihrer Abstraktheit historisch wie kapitalismusbezogen lesen. 204 Wenn Marx von den Warenwerten als historischem Prius rede 205 , so seien die damit verbundenen »objektivierenden Wertbildungsprozesse«206 historisch in jenen Zeiten zu finden, in denen die Produktionsmittel den Arbeitenden gehörten, also in Gesellschaften mit peripherem Austausch, in der Antike, im Mittelalter, eben bei Bauern und Handwerkern. 207 Eine Bildimg von Marktwerten gebe es dort wie im Kapitalismus.208 Entscheidend seien hier die abgeschlossenen Märkte. Insofern könnten sie »einen einheitlichen Marktwert für ihre Produkte hervor(bringen) als Durchschnittswert ihrer Produktion«.209 Die Konstitution einfacher Warenzirkulation sei also Angelegenheit des frühen Kaufmannskapitals.210 Sie erscheint hier als überhistorisches Moment 211 und als begründende Funktion des Kapitalismus 212 Insofern also das »selbständige Kaufmannskapital« als Vermittler eines Werdens zur Objektivität fungiert213, soll es als die Instanz, die die vielen Kaufakte in seinem konzentriert, begriffen werden.214 Brentel postuliert, daß »hier bereits ein Begriff gesellschaftlicher Gesamtarbeit als systematische Kategorie einer Arbeitswerttheorie in der Erklärung der Konstitution von Werten und Preisen in Anschlag gebracht werden« 215 könne. Er kehrt also auf eine modifizierte Weise zur Engelsschen Ausgangsposition zurück.
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V. Formtheorie und ökonomisches Objekt Hier geht es zunächst um die Klärung des spezifisch Brentelschen Verständnisses des Marxschen Arbeitsbegriffs, des Wert- und Geldbegriffs sowie des Kapitalbegriffs, um über eine Erläuterung des Brentelschen Begriffs der Reproduktion zur Darstellung seines Formbegriffs zu kommen.
Arbeitsbegriff Brentel gilt die Marxsche Theorie als Konstitutionstheorie ökonomisch-sozialer Gegenständlichkeit, als »Formtheorie der Arbeit« 216 und als kritische Reproduktionstheorie in einem. Er versteht sie explizit als »Arbeitswerttheorie«217 und zugleich als eine »spezifisch soziale Formtheorie der Arbeit«218 auf Basis eines neuen Gegenstandsverständnisses: eben dem der Gesellschaftlichkeit der Arbeit in ihrer spezifischen sozialen Form.219 In bezug auf den Doppelcharakter der Arbeit 220 will Brentel festgehalten wissen, daß es Marx' Einsicht gewesen sei, »daß eine Arbeitswerttheorie als historisch-ökonomische Begründungs- und Maßlogik (?) der kapitalistisch-industriellen Gesellschaft - eben >Arbeit< als immanentes Wertmaß wie als Wertgrund - nur als Form- und Fetischtheorie ökonomisch-sozialer Gegenständlichkeit ausgeführt werden« 221 könne. Hierbei wird zurecht betont, daß die Vorstellung von der »Wertkonstitution der unmittelbaren Arbeit nur der ideologisch verstellte Ausdruck tatsächlicher Wertkonstitution«222 sei und daß sie selbst auf abstrakte Arbeit verweise. Zentral ist hier der Begriff der gesellschaftlich allgemeinen Arbeit.223 Er impliziere die Konzeption einer arbeitsteiligen Gesellschaft224 schon deshalb, weil die Gesellschaftlichkeit sich nicht über konkrete Arbeit begründen lasse.225 Da der Begriff allgemeiner Arbeit schon auf Vergesellschaftung gerichtet sei226, hegt das aufzuklärende Problem Brentel zufolge in »gesellschaftliche(r) Arbeit... als gleiche(r) und gleichartige(r)«.227 Diese gleiche Arbeit läßt sich, so hatte vor allem die Proudhonkritik deutlich gemacht, nicht über konkrete Arbeitszeitrechnung quantitativ bestimmen 2 2 8 Allein die »freie Teilung der Arbeit« messe die Preisbestimmtheiten der Produkte.229 147
Element kapitalistischer Produktion ist die Lohnarbeit. Gerade gegen Smiths Konfusion in bezug auf Arbeitsmenge und Arbeitswert 230 wird festgehalten, daß die Lohnarbeit immer schon wertbestimmt sei 2 3 1 Marx antworte auf das Smithsche Problem mit dem Arbeitsbegriff in sehr spezifischer Weise. Wenn eben nicht aufzeigbar wäre, »wie Arbeit zur >Substanz< wird«232, dann gebe es nurmehr subjektivistische Wertbestimmungen, Nutzenerwägungen, Schätzungen, Arbeitsleidtheor ien, politische Preise u.ä.m. Insofern antworte Marx Smith mit seiner These »von der Wertsubstanz als notwendiger Einheit von Wertgrund und Wertmaß wie seiner Lehre von der Wertform als qualitativer Bestimmungslehre von Preis und Geld«. 233 Die Differenz zwischen privater Verausgabung und gesellschaftlicher Realisierung der Arbeit müsse sich als »letztendlicher Grund der Form« erweisen, weil Arbeit aufgespalten sei in einen spezifischen »Form-Inhalt, die Substanz der Tauschwerte« 234 und Lohnarbeit. Damit sei die Arbeit »in ihrem formkonstitutiven Doppelcharakter«235 gesetzt. Die Arbeit als Substanz aber ist Abstraktion genauso wie die Annahme der abstrakt allgemeinen Arbeit als gemeinsames Wertmaß.236 Sie ist nicht real, ist »Gedankending«.237
Wertbegriff und Wertgesetz Alle Erkenntnisse der ökonomischen Verhältnisse beginnt mit der Ware.238 Für Brentel ist sie als Einheit von Gebrauchswert und Tauschwert Totalitätskategorie 239 Da Werttheorie als Arbeitswerttheorie begründet werden soll, ist der Begriff der Arbeit implicit vorausgesetzt.240 Wie die Ware ihre Bestimmung, Gebrauchswert und Tauschwert zu sein, in der Zirkulation realisiere241, so sei in jener eine weitere Verdoppelung gesetzt: die von Ware und Geld. 242 Brentel sagt richtig, daß Marx wisse, daß die »gesuchte Einheit, dieses vermittelnde Dritte der Warenwelt, die abstraktallgemei-ne Arbeit... real nur in einer Wertform ist, als Geld«. 243 Unbestimmter ist hingegen seine Aussage, daß die Wertsubstanz nur in der Form »als allgemeinem Bezogensein in der Geldware« konstituiert244 sei. Gesetzt seien Wert und Tauschweit, Wertsub148
stanz und Wertform »ineins« mit den Waren. In ihrem Bezug seien die Waren auf »abstrakte Arbeit reduziert. Nicht die konkrete Arbeit bildet Wert ... (,) sondern die abstrakt-allgemeine.«245 In der Äquivalentform »als einem Wert-Ausdruck« sei »die wirkliche Reduktion auf allgemeine Arbeit immer mitgesetzt.«246 Es gelte also festzuhalten, »daß nur im Äquivalenzausdruck der Waren die allgemeine, die abstrakte Arbeit tatsächlich existier(e)« und daß sich »am Äquivalenz-Ausdruck« zeige, »wie in dieser Beziehung der Waren aufeinander als der GleichSetzung der konkreten Ärbeiten der >Wert< als ihre gemeinsame qualitative Vergleichsbasis überhaupt erst wirklich konstituiert«247 werde. Denn wirklich gesetzt als Werte, wirklich konstituiert zur allgemeinen Arbeit werden die privaten Arbeiten nur im Moment des Austauschs, nur im Moment ihrer gesellschaftlichen Realisation selbst.248 Die Wertformanalyse impliziert für Brentel eine »Konstitutionstheorie des Wertes«249, die auch den Begriff des Werts bestimmt. 250 Die begriffliche Verdoppelung der Ware in Gebrauchswert und Tauschwert, die Verdoppelung der Gegenstände der Zirkulation in Ware und Geld, erfährt bei Brentel eine Steigerung. Auch der Wert wird - genauso wie sein Maßstab 251 jetzt doppelt gefaßt. »>Wert< im engeren ... Sinne, als jene spezifische soziale Form, die die Gesellschaftlichkeit der Arbeit unter kapitalistischer Produktionsweise annimmt, ist hier deutlich unterschieden von dem übergeordneten Status des gesellschaftlichen Charakters der Arbeit< überhaupt, unabhängig von ihrer spezifischen historischen Form.« 252 Eine solche Fassung des Wertbegriffs habe auch Bedeutung für die Bestimmung des quantitativen Werts, werde er doch erst durch die Setzung einer einheitlichen Qualität ermöglicht.253 Das »qualitativ Gleiche« 254 als Basis der Lösung des Kommensurabilitätsproblems 255 sei zum einen mit dem »Wert als ökonomischer Qualität überhaupt als ein Ausdruck, als äußeres Maß in Geld und Preis gesetzt«.256 Werttheorie als Arbeitswerttheorie werde aber nur als »Explikation der spezifisch qualitativen Dimension der Wertgegenständlichkeit beweisfähig«.257 Diese beinhalte eine dreistufige Argumentation, die 1. das Kommensurabilitätsargument, 2. Wertform und Äquivalent149
form als polarisch gerichteten Wertausdruck und 3. die Aporetik einfacher Wertformen umfasse. 258 Für die Bestimmung der Wertgegenständlichkeit als soziales »Verhältnis und Ding zugleich«259 wird aber hier vor allem die 1. Stufe der Argumentation bemüht. So wird sie verortet in einer Theorie gesellschaftlicher Arbeit. 260 Unterstellt für den Gesamtzusammenhang ist hier das »Wertgesetz«. Das Wertgesetz, das Brentel zunächst ganz traditionell als Begründung des Werts aus abstrakt allgemeiner Arbeit 261 und als Äquivalententausch nach Arbeitswerten 262 faßt, existiere in zweierlei Gestalt, als allgemeines und als historisches 263 , als Wertgesetz im weiteren und als Wertgesetz im engeren Sinn. Das Wertgesetz im weiteren Sinn ziele auf den »Vergesellschaftungscharakter der Arbeit überhaupt« 264 , auf das »gesellschaftliche Gleichgewicht der Produktion, die Notwendigkeit der proportionalen Verteilung der gesellschaftlichen Gesamtarbeit als den organisierenden Modus des wechselseitigen Zusammenhanges der Menschen in ihren Arbeiten, der als grundlegendstes Gesetz aller Vergesellschaftung durch Arbeit anzusehen sei.«265 Das Wertgesetz im engeren Sinne meint hingegen die proportionale Verteilung gesellschaftlicher Arbeit im Kapitalismus. Marx differenziere also zwischen »einem überhistorischen >WertGegenständlichkeit< zur Diskussion stehen).« 266 Daß das Wertgesetz im weiteren Sinne Brentelsche Konstruktion, wird verschämt eingestanden267, es bleibt ihm jedoch das Wertgesetz im engeren Sinne als »sachlicher Operator der Darstellung«.268
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Geldbegriff und Zirkulation Beim Geldbegriff geht es Brentel vordringlich darum, das Verhältnis Geld - Wert zu klären, das qualitative Moment 269 , das auf das Verhältnis zur Arbeit verweise. Geld ist so bei ihm gedacht als Repräsentant allgemeiner Arbeit. 270 Diese sei als allgemeine Arbeitszeit zwar Abstraktion, real jedoch »als Geld«.271 Seine wirkliche Funktionsbestimmung erhalte das Geld in der Zirkulation. Modell der Zirkulation ist hier die einfache Warenzirkulation. Sie gilt als einfaches Austauschsystem 272 , in dem der Warenwechsel wesentliches Element darstelle.273 In der einfachen Zirkulation finde nicht nur Bewegung der Waren, sondern auch des Tauschwerts statt.274 Die Bewegung in der einfachen Zirkulation, die Realisation der Waren in der Zirkulation275, wird als formelle begriffen.276 In diesem Kontext erscheint das Geld als »formelle Form«277 , als bloßes Austauschmittel. 278 Es sei »originäre(s) Produkt der einfachen Zirkulation« 279 und zugleich universelles Tauschmittel. 280 Insofern ist es konsequent, einfache Zirkulation mit einfachem Geldverkehr zu identifizieren.281 Geld erscheine in der einfachen Zirkulation als Maß des Austauschs 282 , als preissetzendes Element. 283 Wie Brentel mit Marx die einfache Zirkulation als Sphäre des Scheins kennzeichnet284, so will er auch das Geld als Grund eines ideologischen Gehalts ansehen, einer Person-Funktion-Verkehrung. 285 Durch Geld sei Freiheit und Gleichheit gesetzt.286 Wie der Wert und das Wertgesetz zerfällt ihm auch die einfache Zirkulation in zwei Momente. Einmal in das realhistorischer Voraussetzung des Kapitalismus 287 , zum anderen in das einer abstrakten Sphäre des »>Gesamtreproduktionsprozessesan sich< oder in Wirklichkeit ist, ist als Differenzbewußtsein gegenüber der reduktionistischen, erscheinenden Gegenständlichkeit von Anfang an virulent.« 420 Hiermit ist also ein Wissen, was als Basis der Gesellschaft gelten soll, als positives unterstellt. Diese Brentelsche Interpretation korrespondiert seiner traditionellen Arbeitswertontologie. Die andere Zielperspektive Brentelscher Interpretation artikuliert sich in folgendem. Marx gehe aus vom Abstrakten als Unbekannten. 421 Durch Kritik der abstrakten Vorstellungen soll dann der eigentliche Inhalt erwiesen werden. Sein »methodische(s) Verfahren« sei »das einer schrittweisen Auflösimg und Zurücknahme von Abstraktionen, in dem es aber eine Positivierung und Isolierung von Formmomenten auch auf den je neuen Stufen der Bestimmungen der Form nicht geben kann.«422 Insofern habe auch seine Gegenstandsbestimmung vermittelnden Charakter, denn seine Aussagen würden »in einem solchen Allgemeinheitsgrad formuliert«, daß sich der »unzulässige kategoriale Vorgriff vermeiden« 423 ließe, der Sache nach aber der Gegenstand in diesem Rahmen dennoch analysiert werde. Methodisch werde also im Zuge dieses Entwicklungsverfahrens »Konkretisierung«424 und »vorläufige Positivierung und immanente Weiterbestimmung«425 vorgenommen, so daß das Problembewußtsein so von Stufe zu Stufe gehoben werde, in immer »weitertreibende Problemstellungen« 426 Nach Brentel sollte bis hierher deutlich geworden sein, »wie die Marxsche Darstellungsmethode der Form-Analyse als Verfahren der Kritik unter bestimmter abstrakter ökonomischer Begrifflichkeit, der Form>Entwicklung< als Rekonstruktion des eigentlich begründenden Inhaltes, auch den Darstellungsgang der ersten beiden Kapitel des >Kapital< strukturiert« 427 Dies führt hier wieder auf die methodischen Probleme der Formanalyse selbst zurück. Formanalyse nimmt ihren Ausgang von den einfachen Formen und expliziert428 sie in bezug auf den ökonomischen Gesamtprozeß.429 Dabei gelten die im Anfang entwickelten Momente, einfache wie entfaltete Wertform, für Brentel als aporetische Konstruktionen.430 Bei dem Marxschen Verfahren werde auf die über die jeweilige Form hinausweisenden Implikationen 161
verwiesen. Entwicklung bei Marx beanspruche, aus den einfachen Formen die »wirklichen« Implikate als ökonomische Form zu entwicklen, analysiere dabei die spezifische »Form-Bestimmtheit«431 und schließe auf die wirklichen Voraussetzungen. Die Darstellung bei Marx ergebe sich »aus der Selbstbezüglichkeit und In-sich-Geschlossenheit einer prozessualen »Gegenstandsdialektische Methodenotwendige< Form< einer kapitalistischen >WirklichkeitUmschlagungeheure WarensammlungErscheinungsform< eines von ihm unterscheidbaren Gehalts sein.«16 Vergleicht man zwei Waren im Austauschverhältnis, ihre Gleichsetzung, so besagt dieser Vergleich, daß »derselbe Werth in zwei verschiedenen Dingen ... existiert.«17 Es muß also etwas Gemeinsames geben, daß diese Dinge überhaupt vergleichbar werden. »Beide sind also gleich einem Dritten, das an und für sich weder das eine, noch das andere ist. Jedes der beiden, soweit es Tauschwerth, muss also, unabhängig von dem andern, auf dieses Dritte reducirbar sein.«18 Die »Tauschwerte der Waren (sind also) zu reduzieren auf ein Gemeinsames, wovon sie ein Mehr oder Minder darstellen.«19 Sind die Gebrauchswerte von verschiedener Qualität, so die Tauschwerte von »verschiedener Quantität«.20 Abstrahiert man von den nützlichen Eigenschaften der Produkte, von ihren konkreten Formen, und unterstellt man weiter168
hin die Notwendigkeit der Vergleichbarkeit, so ist die Basis dieser Vergleichbarkeit, die »Substanz«, nur als Schluß auf ein Zugrundeliegendes, eben jenes ominöse Dritte, zu gewinnen. Damit Waren einander gleichgesetzt werden können, müssen verschiedene Bedingungen erfüllt sein. Da unterschiedliche Qualitäten der Gegenstände sich nicht vergleichen lassen, muß notwendig nicht nur auf jenes Dritte rekurriert werden. Wenn alle Schätzung immer schon eine quantitative Skalierung voraussetzt, muß also vor dem Maßstab als festgelegter Quantität das Maß und die Meßdimension festgelegt sein. Nur letztere bezieht sich auf die Qualität der Dinge. Daß aber eine Meßdimension, die allem Maß zugrundeliegt, ausgewiesen werden kann, bedingt, daß man diese Dimension als den Qualitäten zugrundeliegend beweist, als ihre Substanz.
Exkurs über die Substanz Die aristotelische Ousia, als Essentia und Substantia21, ist in ihrem begrifflichen Ausgangspunkt folgendermaßen gefaßt: Als kategorial bestimmte doppelte Substanz ist einmal Substanz als Bezeichnetes gemeint, das auf ein substantiell Zugrundeliegendes verweist, ein bestimmtes Etwas, das selbständig, unabhängig für sich besteht 22 , somit sich als »einzelne(s) selbständig(es) Seiende(s)«23 präsentiert und sohin einen absoluten Charakter zeigt24, das andere Mal erscheint die sachhaltige Bestimmung dieses Zugrundeliegenden als Substanz.25 Die Einheit beider 26 als synonym vorgestellter Substanzen liegt in ihrer »Sachidentität«.27 Verläßt man die kategoriale Ebene und geht zu jener der Realien über, so ist bei Aristoteles Sein hier vielfach gefaßt.28 Dies zieht eine Modifikation des Substanzbegriffes nach sich, insofern als das »einzelne Seiende« jetzt »Substanz hat«. 29 Die Frage nach der begründeten Einheit stellt sich also erneut. Aristoteles' Lösung liegt in der Analogsetzung beider Momente und dem gleichzeitigen Rückzug auf die Substanz. 30 Ist die Substanz erstes Sein31, so ist sie »Wesen eines jeglichen Seienden« 32 , somit wird sie wieder als »selbstig« und »selbständige Selbstheit«33 gefaßt. Die Substanz wird hier gedacht »als das 169
wesenhafte Sein eines jeden Seienden« und enthält somit wieder die Doppelstruktur von Selbständigkeit: und Selbstheit.34 Daß ihre Einheit gedacht werden kann, liegt vor allem an der Funktion des Logos der Substanz.35 Er begründet bei der Bestimmung der Substantialität der Substanz die ontologische Identität.36 Die gesuchte Einheit ist durch die Funktion der Synthese des Logos bedingt. 37 Da die Gegenstände durch Substanz und Akzidenz in einem bestimmt sind, so sind sie untereinander in Bewegung gesetzt. Naturhafte Substanz ist bewegt. Die naturhafte Substanz selbst enthält zwei Momente: Materie und Wesensgestalt. Es ist das Wesen, das den einzelnen Seienden Substanzcharakter38 verleiht. Das Noetische als eines der Momente der naturhaften Substanzen, muß gegeben sein, als Eidos. 39 Einzig die göttliche Substanz als unzusammengesetzte ist unbewegt. Ihre Substantialität der Substanz ist in ihr in einfacher Einheit, so daß sie »den Typ des reinen substanziellen Seins selbst«40 repräsentiert und den letzten Bestimmungsgrund aller Substanzen darstellt. Wenn die Evidenz distinkter Begriffe die Wahrheit des Urteils garantiert, so ist es nicht weit zur Position Spinozas, die die Wahrheit als ihren eigenen Maßstab behauptet; veritas est norma sui et falsi 4 1 Wahre Ideen werden hier mittels der Bildimg der Idee als Idee erkannt. Reflexive Erkenntnis ist damit als methodisches Prinzip ebenso enthalten, wie die Annahme, daß eine solche Reflexion immer auf die Begriffsinhalte zielt. Die Form der wahren Idee wird durch »ihre Zugehörigkeit zum System aller wahren Ideen« bestimmt, sie ist für Spinoza abhängig von der »wahren Idee Gottes«.42 Die Wahrheit der Idee ist also nur durch die Vermittlung zu Gott als Grund und Ursache von allem zu garantieren.43 Die für die Konstitution eines solchen Systems notwendigen Realdefinitionen beziehen sich auf zweierlei: auf Geschaffenes, was die Angabe der Bedingungen der Erzeugung der jeweiligen Begriffe einschließt44, und auf Unerschaffenes, das nur an sich zu begreifen ist, so daß es mit der Substanz koinzidiert. Es ist causa sui.45 So geht auch die »intuitive Einsicht«46 auf die Erkenntnis der »absolut unendlichen Substanz« 47 oder Gottes. Substanz bei Spinoza kann jetzt gefaßt werden als die »Unabhängigkeit 170
>absolut< zu bildender Ideen« 48 oder ist bestimmt durch das, »was in sich ist und durch sich selbst begriffen wird« 49 . Von hier aus erklärt sich auch das Verhältnis von der einen Substanz und Spinoza akzeptiert nicht die vielen, sondern nur diese eine als »absolut unendliche Substanz«50 - zu ihren Attributen. Die Attribute sind bei Spinoza das, was »der Verstand von der Substanz als deren Wesen konstituierend erkennt«.51 Sie konstituieren das Wesen der Substanz und sind wie diese unendlich.52 Ist Wahrheit der Maßstab ihrer selbst, wie dann bei den konkreten Gegenständen sie erfassen, ohne lediglich ihre Einstimmigkeit mit der göttlichen Substanz zu behaupten? Kant stellt das Maßstabsproblem im Zusammenhang mit seiner Erörterung des Substanzbegriffes in den »Analogien der Erfahrung« in der »Analytik der Grundsätze« dar. Wie Erscheinungen zu begreifen sind, wenn sie in der Zeit, denn nur dort können sie unterschieden werden als zugleich oder nacheinander, so ist die Zeit selbst Substrat alles Realen. »Das Schema der Substanz ist die Beharrlichkeit des Realen in der Zeit, d.i. die Vorstellung desselben, als eines Substratum der empirischen Zeitbestimmung überhaupt, welches also bleibt, indem alles andere wechselt. (Die Zeit verläuft sich nicht, sondern in ihr verläuft sich das Dasein des Wandelbaren. Der Zeit also, die selbst unwandelbar und bleibend ist, korrespondiert in der Erscheinung das Unwandelbare im Dasein, d.i. die Substanz, und bloß aus ihr kann die Folge und das Zugleichsem der Erscheinungen der Zeit nach bestimmt werden.)«53 »Nun kann die Zeit für sich nicht wahrgenommen werden. Folglich muß in den Gegenständen der Wahrnehmung, d.i. den Erscheinungen, das Substrat anzutreffen sein, welches die Zeit überhaupt vorstellt ... Es ist aber das Substrat alles Realen, d.i. zur Existenz der Dinge Gehörigen, die Substanz, an welcher alles, was zum Dasein gehört, nur als Bestimmung kann gedacht werden. Folglich ist das Beharrliche ... die Substanz in der Erscheinung, d.i. das Reale derselben, was als Substrat alles Wechsels immer dasselbe bleibt.«54 Aber »Substanzen (in der Erscheinung) sind die Substrate aller Zeitbestimmungen.«55 Es gibt aber nur eine Zeit.56 Substanz und Akzidenz sind dabei bei Kant nicht nur Kategorien des Verstandes zur Beurteilung der Erscheinungen 57 , sie haben weitere erkennt171
nistheoretische Funktion. Wenn die Zeit nicht nur als äußere gedacht wird, so ist sie mit Kant »reine Form der sinnlichen Anschauung«.58 Sie ist »Form des inneren Sinnes«59, Moment von Gegenstandskonstitution überhaupt. Die Zeit als Substanz, als spezifisches Substrat, ist damit notwendige Voraussetzung aller Erscheinungen, aber zugleich nur im inneren Sinne als notwendige Vorstellung präsent. Wenn Spinozas Substanz alle Realität enthält, so ist ihr zugleich die Funktion Gottes inhärent. Das absolute Subjekt in dieser Bestimmung hat aber kein Objekt sich gegenüber und erweist sich als immögliche Denkbestimmung, schreibt Hölderlin an Hegel, dieses auf Fichte münzend, und formuliert darüber hinausgehend die Notwendigkeit, das Prinzip der Negation dem Substanzbegriff anzuheften.60 Bei Hegel wird die Substanz also Subjekt. Sie stellt als Sein die »Bewegung des Sichselbstsetzens oder die Vermittlung des Sichanderswerdens mit sich selbst« 61 dar. Als Subjekt ist sie zuerst »reine einfache Negativität«, »Reflexion im Anderssein.62 Indem der Geist als das Wirkliche behauptet, als das Wesen angesehen wird, ist er auch als das »in sich selbst Bleibende« bestimmt, als »geistige Substanz«. 63 Funktion wahrhafter Substanz ist die Aufhebung seiender Unmittelbarkeit, das Sein der Substanz liegt in der Vermittlung.64 Wenn das Sein der Substanz wesentlich als Negatives bestimmt ist65, so kann diese Form nur in der wissenden Substanz aufgehoben werden. »Denn die Substanz ist das noch unentwickelte Ansich oder der Grund und Begriff in seiner noch imbewegten Einfachheit, also die Innerlichkeit oder das Selbst des Geistes, das noch nicht da ist.«66 In den Prozeß des Wissens ist jedoch die Zeit eingespannt. Die Zeit, sagt Hegel, bleibt solange äußere Bedingung, Moment der Anschauung, erst wenn der Begriff »sich selbst erfaßt, hebt er seine Zeitform auf«.67 Zeit als die »immanente Negativität räumlichen Außereinanderseins«68 impliziert in ihrem Charakter des Veränderlichen wesentlich ein »Inbeziehungsetzen«, das selbst der Zeit unterliegt. Die Unterschiede an der Zeit sind so gesetzt als »Momente des Werdens«. Zeitlichkeit bezeichnet den »immanente(n) Charakter der Dinge selbst«.69 Sie ist seiendes Abstrahieren. Das Innerliche, die Form der Substanz im Bewußtsein, muß sich 172
realisieren, Der Erfahrungsbegriff vermittelt Geist zu seinem einem Werden, zu erkennender Bewegung - Substanz wird Subjekt. 70 Der Geist trennt sich nun in den reinen Begriff, d.h. die Zeit und in den Inhalt, d.h. die subjektwerdende Substanz als Geist, und hebt beide Momente im Selbst auf 71
Festzuhalten ist hier, daß es sich verbietet, den Marxschen Begriff der Wertsubstanz ohne Rekurs auf diesen reflexionsphilosophischen Horizont zu rezipieren; dies um so mehr, als Marx mit seiner Hegelkritik beansprucht, über ihn hinauszugehen, nicht ihn zu unterschreiten, was bei einem wie immer gearteten empirischen oder nominalistischen Zugriff unweigerlich die Folge ist.
2. Wertsubstanz »Dass die Substanz des Tauschwerths ein von der physischhandgreiflichen Existenz der Waare oder ihrem Dasein als Gebrauchswerth durchaus Verschiedenes und Unabhängiges, zeigt ihr Austauschverhältnis ... Es ist charakterisiert eben durch die Abstraktion vom Gebrauchswerth.« 72 Unterstellt man bei den Waren diese Abstraktion von ihrer körperlichen Form, so bildet ihr »Werthsein... ihre Einheit. Diese Einheit entspringt nicht aus der Natur, sondern aus der Gesellschaft. Die gemeinsame Substanz ... ist - die Arbeit.« 73 »Ich sage also nicht, die gemeinsame gesellschaftliche Substanz des Tauschwerts< sei die >ArbeitForm< auf g e meinsame gesellschaftliche SubstanzAusdruck< oder > Widerspiegelung jener Selbstverwerturig des Werts«, wie Kallscheuer sie bei Wolf gegeben sieht. Cf. Dieter Wolf, Hegel und Marx. Zur Bewegungsstruktur des absoluten Geistes und des Kapitals, Hamburg 1979. Hermann Kocyba, der in seiner Schrift: »Widerspruch und Theoriestruktur. Zur Darstellungsmethode im Marxschen Kapital«, Frankfurt 1979, selbst eine Kritik des Hegelmar-xismus liefert, betont die Distanz Lukäcs' zum Systemgedanken. »Seine Zweiteilung der Hegeischen Dialektik in progressive Methode und reaktionäres System operiert auf dem Niveau der zeitgenössischen Hegelrenaissance.« i.e., p. 30 86 Auch für Christel Beier, die von einem anderen Ausgangspunkt her die Kritik des Hegelmarxismus betreibt, gilt diese Totalität als längst zerfallen. Totalität soll aufgefaßt werden als eine »Wirkung des Ganzen ... auf jedes seiner Elemente«, wobei unterstellt ist, daß das »> Wesen< als ein >geistiges< Ganze(s)« gedacht wird, wie sie im Anschluß an Althusser formuliert, der den Totalitätsbegriff der Gesellschaft durch den der strukturalen Komplexität längst ersetzt 205
hat. Ead., Zur Struktur ..., I.e., p. 126 - Die Einheit der Gesellschaft ist dort längst sedimentiert. Cf. entsprechend Louis Althusser, Der Gegenstand des > KapitalTotalitätsanspruch< an kritische Gesellschaftstheorie quasihegelische Züge: Die Kritische Theorie in ihrer Spätphase hat sich durch die Nicht-Unterscheidung von objektund metatheoretischen Annahmen, durch die Annahme der Reduzierbarkeit des gesellschaftlichen Ganzen auf ein einheitliches inneres Prinzip und durch das »kritische« Mißtrauen gegenüber empirischen Kontrollen in der Gesellschaftswissenschaft immer bereits philosophisch immunisiert.« Kallscheuer, Marxismus..., I.e., p. 234, im Anschluß an Christel Beier. Operationalisierbarkeit ist auch ihr Kriterium von Theorie. 88 Cf. Kallscheuer, Marxismus ..., I.e., p. 275, wo er sich für einen eingegrenzten Kapitalbegriff ausspricht. 90
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Positivistisch gereinigte Aufklärung stellt sich dann als Grund beider Optionen dar. Demgegenüber bedient sich die Kritik des Hegelmarxismus von Hermann Kocyba vergleichsweise elaborierter Argumentationsweisen. Sie hält immerhin daran fest, daß »der »soziale Lebensprozeß*, der sich außerhalb unseres Erkenntnisvermögens abspielt«, uns nur »über unsere jeweiligen Erkenntnisanstrengungen« bekannt ist. Kocyba, Widerspruch ..., I.e., p. 38 Cf. Kallscheuer, Marxismus ..., I.e., p. 274. Das Prinzip der innerlichen Wahrheit hält della Volpe, dem Kallscheuer folgt, für das Prinzip des spekulativen Idealismus. Mit Max Adler opponiert Kallscneuer »diesem« Idealismus und verweist auf die Marxsche Hegelkritik in den »Grundrissen«, der bei Hegel die Auffassung kritisierte, das Reale als Produkt des Denkens begreifen zu wollen. Cf. I.e., p. 275 und generell: Max Adler, Marx und die Dialektik (1908), in: Hans Jörg Sandkühler, Rafael de la Vega (Eds.), Austromarxismus, Frankfurt-Berlin-Wien 1970. Cf. Otto Kallscheuer, Das »System des Marxismus« ist ein Phantom. Argumente für den theoretischen Pluralismus der Linken, in: Kursbuch 48, Berlin 1977, p. 59-75, hier: p. 70. Im Widerspruch zu seiner späteren Argumentation betont Kallscheuer hier, daß, während der dogmatische Marxismus an die Hegeische Ontologie als geschlossenes System anknüpfe, der undogmatische Marxismus, d.h. Lukäcs, Korsch, die Kritische Theorie und ihre Anhänger, sich immer für Offenheit ausgesprochen hätten. Dies bedeute, eine »Absage an die >hegelmarxistische< Version der Systemtheorie als als »Logik des Kapitals*« wie auch eine Absage an den Versuch, wesenslogische Kategorien einer materialistischen Philosophie zu formulieren. Denn die Hegeische Kantkritik habe sich materialistisch nicht durchhalten lassen. Id., Marxismus ..., 1. c„p. 280 Cf. id., Das »System ...« .., I.e., p. 67. Die Marxsche Theorie stelle im Gegenteil »ein labiles Ideengebäude« dar und müsse deswegen laufend ergänzt werden. Id., Marxismus ..., I.e., p. 276 Cf. I.e., p. 282. Die kommunistische Assoziation sei als Arbeits-
gesellschaft zu verstehen und habe heutzutage jeglichen emanzipativen Charakter eingebüßt. Cf. etwa Andre Gorz, Abschied vom Proletariat, Frankfurt 1980. 96 »Die Hegeische Auffassung von Methode, wonach >irgend etwas nur begriffen und in seiner Wahrheit gewußt (ist), als es der Methode vollkommen unterworfen istdie eigene Methode der Sache selbst< sei, >weil ihre Tätigkeit der Begriff ist.« Kallscheuer, Das »System...« ..., I.e., p. 70, cf. entsprechend id., Marxismus ..., I.e., . 273. Das eingeschobene Zitat stammt aus: Georg Wilhelm riedrich Hegel, Die Wissenschaft der Logik II, Frankfurt 1969, p. 551sq. 97 »Die Konzeptualisierung des Verhältnisses von Wesen und Erscheinung als eines von Ganzem und Teil (bei Hegel und Adorno, d. Verf.) enthält die Reduzierbarkeit des Ganzen auf ein einheitliches inneres Prinzip.« Beier, Zur Struktur ..., I.e., p. 127, wobei hier Erscheinung mit dem Konkret-Empirischen identifiziert wird. 98 Cf. Kallscheuer, Marxismus..., I.e., p. 169. »Die Hegel'schen Abstraktionen sind also nicht einfach >leerFülle< jedoch ist keine Erkenntnis, sondern Tautologie.« I.e., p. 170, wie er im Anschluß an della Volpe formuliert. Cf. Galvano della Volpe, Rousseau e Marx. Opere Bd. 5, Rom 1973, p. 322,167. 99 »Die Hegeische Dialektik wird von Della Volpe also interpretiert als Identitätsphilosophie, die das Besondere/Endliche im Identisch/Allgemeinen >aufhebeMoment< in der Entwicklung des allgemeinen Begriffs wird - eine Argumentation, die von seinem Schüler Lucio Colletti auch auf den > dialektischen Materialismus< übertragen wurde.« Kallscheuer, Marxismus..., I.e., p. 170 - Empirie erscheint hier als Gegensatz zur »Identität«, zur Metaphysik. Unterstellt ist damit offenbar die wechselseitige Funktionalität von Rationalismus und Empirie und damit auch des Anschlusses an die phänomenologisch-positivistische Theoriebildung. 100 Wird unter diesen Prämissen Identität begriffen, so erweist sich als Schein, daß Lukäcs eine »Identitätsphilosophie« formuliert habe. 101 Cf. I.e., p. 276,281. Der Hegelmarxismus selbst, der Hegelianismus im Materialismus, datiere letztlich schon von Engels her. Bei Engels werde die »Hegeische Identitätsphilosophie nur >materialistisch< auf den Kopf gestellt«. Otto Kallscheuer, Marxismus und Sozialismus bis zum Ersten Weltkrieg, in: Iring Fetscher, Herfried Münkler (Eds.), Pipers Handbuch der politischen Ideen, Bd. 4, München-Zürich 1986, p. 527 102 Das Bemerkenswerte an dieser Kritik ist nicht nur, daß sie sich an einer zentralen Stelle wesentlich nur auf ein Zitat aus dem Abschnitt der absoluten Idee aus Hegels Logik stützt, sondern daß im theoretischen Kollektivzwang unterschiedliche Theoriestränge sie zusammenzubringen sucht, wie Rationalismus, Cartesianismus, Hegeische Philosophie, neu-kantianisch-webersche Gesellschaftstheorie, Marxismus und Kritische Theorie - einen aristotelisierenden Bloch wie Lukäcs, Korsch und Marcuse. All dies firmiert unter Hegelmarxismus.
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103 Cf. Max Horkheimer, Hegel und das Problem der Metaphysik, in: Festschrift für Carl Grünberg. Zum 70. Geburtstag, Leipzig 1932 (Nachdruck Glashütter i.T. 1971) 104 I.e., p. 185 105 I.e., p. 186 - Das sich selbst erkennende Subjekt muß als mit dem Absoluten identisch gedacht werden, weil die Natur als Welt der Endlichkeiten gegenüber dem wahren Subjekt Stückwerk bleibt, deswegen ist Totalitätserkenntnis Bedingung. Horkheimer kritisiert: All die Totalitäten, das sich denkende Sein, die Wesenheit, der Weltgeist, »durch welche die grosse Totalität: das Subjekt-Objekt, bestimmt ist, sind höchst sinnleere Abstraktionen und keineswegs etwa Seelen des Wirklichen, wie Hegel geglaubt hat.« I.e., p. 192 106 I.e., p. 187 107 Es »ist der Erkenntnisbegriff des Identitätssystems, durch den Hegel die Vernünftigkeit des Wirklichen begründet«, ibid. 108 ibid. 109 »Die dialektische Selbstbewegung des Begriffs beruht wesentlich darauf, daß jede nicht abschließende begriffliche Bestimmung an der Idee des vollendeten Systems der Selbsterkenntnis gemessen wird und ihr nicht Genüge tut. Das Resultat (die absolute Idee) ist schon im Anfang vorweggenommen...«, ibid. 110 »Die aus dem Prinzip der Identität hergeleiteten Kategorien bilden den Maßstab, an dem die wahre Wirklichkeit von der bloßen »zufälligen* Existenz unterschieden wird. Sie definieren die ... Vernunft«. I.e., p. 188 111 I.e., p. 189 112 ibid. 113 I.e., p. 191 - Außer acht bleibt hier die Allgemeinheit in der Form der Sprache. 114 l.c.,p. 192 115 ibid. 116 Cf. Adorno, Negative Dialektik, I.e., p. 143sq. 117 Cf. Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften I, Frankfurt 1970, p. 217sq. 118 Karl Heinz Haag, Der Fortschritt in der Philosophie, Frankfurt 1983, p. 91 119 I.e., p. 95 120 I.e., p. 96 121 I.e., p. 96sq. 122 Hegel, Logik, 1. Teil, I.e., p. 563, hier nach Haag, Der Fortschritt..., I.e., p.97 123 Kallscheuer, Marxismus..., 1. c., p. 114 124 ibid. 125 Cf. Steffen Neugebauer, Gibt es eine Krise des Marxismus? in: Mehrwert 14, 1978, p. 18. Dort im Anschluß an Colletti: »Wo der Marxismus eine wissenschaftliche Theorie gesellschaftlichen Werdens ist, ist er allenfalls eine »Zusammenbruchstheorie*, jedoch keine Theorie der Revolution; umgekehrt läuft er, wo er eine Revolutionstheorie ist, Gefahr, sich als das Projekt einer utopischen Subjektivität zu erweisen, weil er nur eine »Kritik der politischen Ökonomie* ist.« Lucio Colletti, Marxismus und Dialektik, Frankfurt-Berlin-Wien 1977, p. 31 208
126 Cf. Kallscheuer, Marxismus ..., I.e., p. 277. 127 Cf. I.e., p. 285. Bestritten wurde sie schon von Bernstein und Sorel. »Weder der ethisch-politische Ansatz der Sozialreform noch die praktische Triebkraft eines die Massen ergreifenden revolutionären Mythos liessen sich aus der inneren Gesetzlichkeit der kapitalistischen Entwicklung deduzieren.« So kommentiert Kallscheuer deren theoretisches Dilemma. Insofern sei aber auch Rosa Luxemburg zu kritisieren, da sie Kapitalismustheorie als Revolutionstheorie konzipiere. Cf. id., Marxismus und Sozialismus ..., I.e., p. 573. Mehr noch: Revolutionstheorie im Rahmen der Arbeiterbewegung sei schon deshalb desavouiert, weil sich der Kapitalismus als lernfähig erwiesen habe und als organisierter Kapitalismus letztlich Gestalt gewonnen habe. Cf. id., Marxismus..., I.e., p. 285. Dies wird zwar als Tatbestand ausgegeben, ist aber angesichts der vielfältigen Krisenphänomene dieses prächtig organisierten Sozialverhältnisses stark anzuzweifeln. 128 I.e., p. 290 129 D.h. als kollektive Rationalität, die, personifiziert in Marx, als traditionales Herrschaftsverhältnis gegenüber den Arbeitern beschrieben wird. Die Marxsche Kritik Dringe, wie Kallscheuer einen Satz von Benjamin über den Faschismus, der »die Massen zu ihrem Ausdruck (beileibe nicht zu ihrem Recht) kommen« lasse, variiert, »das Proletariat in seinem Sein zwar zum Ausdruck, aber nicht zur Sprache«. I.e., p. 283 - cf. Walter Benjamin, Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit, Frankfurt 1968 2°, p. 48. 130 Cf. Kallscheuer, Marxismus ..., I.e., p. 283. 131 Cf. I.e., p. 280. Um ein solches Verständnis ausweisen zu können, wird positiv Bezug genommen auf neuere Entwicklungen der Wissenschaft und des Marxismus: auf die »angloamerikanische Entwicklung der empirischen Soziologie und der Wissenschaftsphilosophie«, also Positivismus, Pragmatismus, kritischer Rationalismus und Systemtheorie, und auf den marxistischen Strukturalismus, den Althusserianismus, in Frankreich. I.e., p. 278 - Auch Max Adler, Eduard Bernstein, Otto Bauer, der Neukantianismus überhaupt, Bogdanow und die italienische Schule: Antonio Labriola, Antonio Gramsci und die Schule von della Volpe werden als Paten in Anspruch genommen. Die »hypothetisch-deduktive Interpretation der Marxschen Wissenschaft« der della Volpianer und die »selbstgenügsame Autonomie marxistischer Wissenschaftstheorie als >Theorie der theoretischen Praxis«< - I.e., p. 279 der Althusserianer sind für Kallscheuer positives Beispiel. 132 Cf. I.e., p. 280 und so auch Christel Beier, Zur Struktur ..., I.e., p. 133. 133 Kallscheuer, Marxismus , I.e., p. 280 134 Cf. Beier, Zur Struktur ..., I.e., p. 125. 135 Cf. Kallscheuer, Das »System...« ..., I.e., p. 72. 136 Cf. Neugebauer, Gibt es eine Krise..., I.e., p. 26. Das Prinzip logischer Widerspruchsfreiheit ist ihm Minimalbedingung einer Rekonstruktion des »Kapital«. Mit der Enthegelianisierung ergibt sich für ihn auch die Notwendigkeit, »den Marxismus als wissenschaftliche Revolution zu rekonstruieren«, ihn als vollständig neues Erkenntnisobjekt zu begreifen unter Aufnahme des Wissens209
chaftsverständnisses des frühen Althusser und Lakatos. 137 Cf. I.e., p. 9 und insbesondere Imre Lakatos, Die Geschichte der Wissenschaft und ihre rationalen Rekonstruktionen, in: Werner Diederich (Ed.), Theorien der Wissenschaftsgeschichte. Beiträge zur diachronen Wissenschaftstheorie, Frankfurt 1974, p. 82, 107 und 111. Die rationale Rekonstruktion als methodische Einheit von Induktivismus, Konventionalismus, des methodologischen Falsifikationismus und der Methodologie der wissenschaftlichen Forschungsprogramme zielt auf die Erklärung von Fortschritt der Wissenscharten in wissenschaftstheoretischer Absicht als den der ständigen Erneuerung und Ersetzung rationaler Rekonstruktionen angesichts des »Ozean(s) von Anomalien« auf der Basis eines eindeutigen Theorie-Praxis-Verhältnisses. 138 Cf. Kallscheuer, Marxismus ..., I.e., p. 280. 139 Brentel, Widerspruch ..., I.e., p. 8 140 Cf. den anvisierten »Kern des Forschungsprogramms der Marxschen Kapitalismustheorie« - Kallscheuer, Das »System...« ..., I.e., p. 72sq. - als Terminus einer spezifischen Wissenschaftslinearität in bezug auf wissenschaftliche Folge- und Anwendungsdimensionen. 141 Es gibt also einen »harten Kern von Grundhypothesen« wie eine »positive Heuristik«, die die »Probleme definiert«, die »Konstruktion eines Gürtels von Hilfshypothesen« ermöglicht. Neugebauer, Gibt es eine Krise ..., I.e., p. 10, cf. entsprechend Lakatos, Die Geschichte ..., I.e., p. 69. 142 Cf. zur Beschreibung des Sneed-Ramsey-Satzes vor allem: Wolfgang Stegmüller, Probleme und Resultate der Wissenschaftstheorie und Analytischen Philosophie, Bd. II, Teil D, Berlin-Heidelberg-New York 1973, p. 143ssq. Zudem können Theorien nicht als rein formale Medien aufgefaßt werden. In diesem Zusammenhang ist dann auf die praktischen Implikationen in Theorien zu verweisen und vor allem auf die apriorische Dimension des Zwecksetzens. Cf. Jürgen Ritsert, Praktische Implikationen in Theorien, in: Id. (Rd.), Zur Wissenschaftslogik ..., I.e., p. 51. 143 Kallscheuer, Das »System...«..., I.e., p. 69 144 I.e., p. 73, im Anschluß an Habermas, Zur Rekonstruktion des Historischen Materialismus, Frankfurt 1976, p. 9 145 Kocyba, Widerspruch ..., I.e., p. 27 im Anschluß an Althusser, Der Gegenstand ..., I.e., p. 244-261 146 Cf. Kocyba, Widerspruch..., I.e., p. 27. Eine solche Umstülpung könne, wolle sie »keine »Aufhebung* im Hegeischen Sinne sein, nur von einer externen Perspektive und mit Bezug auf die diskursive Immanenz der spekulativen Logik gewaltsam erfolgen ..., so daß das Resultat der durch die Umstülpungsmetapher bezeichneten Transformation jedenfalls nicht mehr der »rationelle Kern* der Hegelschen Dialektik ist.« 147 Cf. Karl Marx, Das Kapital I, MEW 23, Berlin 1970, Nachwort zur 2.Aufl. 148 Kocyba, Widerspruch..., I.e., p. 28 149 »Die dialektische Darstellung der Kategorien ist ... unter zwei Gesichtspunkten zu betrachten: einerseits Kritik und Ableitung der Form des geschichtslosen Bewußtseins des bürgerlichen Subjekts, andererseits Nachzeichnen der Genesis dieses Subjekts selbst, als Darstellung eines naturähnlichen Konstitutionsprozesses unter der 210
Form eines Überhangs an gesellschaftlicher Objektivität, welche dieses Subjekt gleichsam nur noch nachschleift, aber eben zugleich in der Form des Überhangs, der Verselbständigung gegenüber dem Subjekt, von diesem Subjekt selbst noch produziert wird.« Reichelt, Zur logischen Struktur..., I.e., p. 17, zit. n. Kocyba, Widerspruch..., I.e., p. 30 150 ibid. 151 ibid. 152 Reichelt, Zur logischen Struktur ..., I.e., p. 164 153 Cf. I.e., p. 18. 154 I.e., p. 10 155 Kocyba, Widerspruch..., I.e., p. 9 156 Cf. I.e., p. 11. 157 I.e., p. 107 158 Cf. I. S. Narski, Dialektischer Widerspruch und Erkenntnislogik, Berlin 1973. 159 Kocyba, Widerspruch ..., I.e., p. 9 160 »Indem Marx gegen die spekulative Dialektik an einer Differenz von Denken und Sein festhält, die sich nicht selbst wiederum in eine spezielle begriffliche Konfiguration innerhalb der prozessualen Totalität auflöst, destruiert er die Teleologie eines absoluten Wissens, das die sich im Prozeß der inhaltlichen Erkenntnis verteilende Identität (soweit gegen Kallscheuer! d. Verf.) von Bewußtsein und Gegenstand ausspricht.« I.e., p. 17 161 ibid. 162 Cf. Immanuel Kant, Versuch den Begriff der negativen Größen in die Weltweisheit einzuführen, Königsberg 1763, hier: Werke Bd. 2, Wiesbaden 1960, p. 783sq. 163 Kocyba, Widerspruch..., I.e., p. 25 - Daß das Begriffspaar Lohnarbeit und Kapital konstitutiv als zusammengehörig betrachtet und beide Momente durch logisch entgegengesetzte Prädikate charakterisiert werden könnten, heiße »trotz aller hegelianisch-dramatisierenden Paraphrasen nicht, daß zwischen Lohnarbeit und Kapital ein logisches Widerspruchsverhältnis besteht, solange man beide nicht als identisch behauptet.« I.e., p. 22 - Die Rede von der hegelianisierenden Dramatisierung ist aber entweder leere Polemik oder sie muß Hegel unterstellen, daß die beiden Momente, die im »dialektischen« Widerspruch sich gegenseitig ausschließen, als identisch behauptet würden, was zu einer identitätsphilosophischen Interpretation Hegels führt. 164 Seine Kritik richte sich nicht in erster Linie »auf die empirische Triftigkeit singulärer Behauptungen, sondern zielt auf Schwächen der theoretischen Konstruktion, die interne begriffliche Konsistenz des Programms und seine Ausführung. >Erfanrung< bezieht sich dann auf ein innertheoretisch spezifiziertes Verhältnis von >Theorie und Empirie< und die Transformationen dieses Verhältnisses nicht auf die Konfrontation mit einem vermeintlich theoriefreien Datenmaterial.« I.e., p. 36 165 I.e., p. 37 166 Cf. ibid. 167 Engels habe »den Begriff des dialektischen Widerspruchs sowohl im Zusammenhang einer Heuristik und Methodologie 211
wissenschaftlicher Forschung als auch im Sinne eines begrifflichen Instrumen-tariums der Beschreibung prozessualer Verläufe« erläutert, aber »mit seiner Unterstellung einer letztlich linearen Parallelität zwischen theoriegeschichtlicher Entwicklung und theoretischer Darstellung der realgeschichtlichen Entwicklung« sei er »zu einem der entscheidenden marxistischen Mißinterpreten der Kritik der politischen Ökonomie« geworden. I.e., p. 43 168 I.e., p. 43sq., im Anschluß an Narski, Dialektischer Widerspruch..., I.e., p. 49 169 Hermann Kocyba, Widerspruch..., I.e., p. 44 170 I.e., p. 50 171 ibid. 172 I.e., p. 56 173 I.e., p. 55 (Hervorh. v.d. Verf.) 174 I.e., p. 56 (Hervorh. v.d. Verf.) 175 I.e., p. 83 176 ibid., cf. auch p. 186. 177 I.e., p. 83 178 Cf. I.e., p. 57. 179 »Der logische Prozeß der Analyse transformiert und entwickelt den ursprünglichen »einfachen* Gegenstand in der Theorie, d.h. als >Gedankenobjekt< .« I.e., p. 88 - So betont er, daß es Marx darum geht, »ökonomische Formbestimmungen« zu analysieren, »deren gesellschaftliche Konstitution und strukturelle Genese in der »fertigen Form< verschleiert ist.« I.e., p. 78f. (Hervorh. v.d. Verf.) 180 Cf. I.e., p. 70. 181 Genauso mißverständlich wie bei Backhaus die Rede von einer »ökonomische(n) Aufhebung des Satzes der Identität« in der »Ware-Geld-Gleichung« - Hans Georg Backhaus, Zur Dialektik der Wertform, in: Alfred Schmidt (Ed.), Beiträge zur marxistischen Erkenntnistheorie, Frankfurt 1969, p. 142, hier zit. n. Kocyba, Widerspruch..., I.e., p. 70 - gemeint ist: als Geld ist die Ware zugleich mit sich identisch und ist es nicht - ist bei Kocyba die Rede vom Geld als Medium. Medium ist Geld nur als Zirkulationsmittel, als verschwindendes Moment, nicht als Maß der Werte und Maßstab der Preise und schon garnicht in seiner dritten Funktion, in der es als Zweck gesetzt ist, damit tendenziell als Kapital. Worauf es ankommt, hat Backhaus später präziser herausgearbeitet, nämlich, daß die »ideologiekritische« Dimension der sogenannten Wertformanalyse darin besteht, die Unmöglichkeit prämonetärer Werttheorien aufzuzeigen und daß sie damit die gesamte Ökonomie als Wissenschaft trifft. »Die Marxsche Werttheorie ist als Kritik prämonetärer Werttheorien konzipiert. Sie ist auf der Darstellungsebene der einfachen Zirkulation essentiell Geldtheorie.« Hans Georg Backhaus, Materialien zur Rekonstruktion der Marxschen Werttheorie 2, in: Gesellschaft 3, Frankfurt 1975, p. 123 182 Kocyba, Widerspruch..., I.e., p. 76 - Dies ist nicht ohne Bedeutung für die zahlreichen Versuche eines ökonomischen Zugriffs auf die Marxsche Werttheorie, sei es nun im Sinne von »Wertrechnungen« oder in der Absicht, mit dem Nachweis ihrer Unmöglichkeit die Marxsche Theorie abzuweisen. Kocyba betont zurecht: »Wenn Marx den bislang entwickelten Begriff des Werts im Sinne von »Wert überhaupt* und im Sinne von »quantitativ gemessener Wert< 212
(d.h. Wertgröße) bestimmt, so ist diese Charakterisierung als >quantitativ bestimmt zunächst einmal eine qualitative Besenreibung - wir können auf der Grundlage der erreichten Begriffsbestimmungen weder Wertquanta aus Arbeitsquanta berechnen noch gar Wertverhältnisse in Preisrelationen übersetzen.« ibid. 183 I.e., p. 95 184 ibid. 185 I.e., p. 100 186 I.e., p. 100sq. 187 Dabei wird die Transformation des Kapitalbegriffs im Gang der Darstellung deutlich gemacht. 188 Cf. I.e., p. 147sq. 189 I.e., p. 149 - »Der architektonische Zusammenhang beider Widerspruchstypen besteht darin, daß zur Überwindung der Problemantinomie Bestimmungen eingeführt werden müssen, die sich im nächsten Schritt der Untersuchung in einem ihnen inhomogenen Raum darstellen.« Bezeichnenderweise spreche Marx in diesem Zusammenhang »terminologisch nicht von >Widerspruch< oder >Gegensatzirrationale Ausdrücke« manifestieren.« l.c.,p. 148 190 ibid. 191 I.e., p. 150 - »Als komplexer Wirkungszusammenhang beschreibt der Widerspruchsbegriff die Überlagerung von Teilstrukturen bzw. Strukturebenen, das wechselseitige Blockieren, Durchkreuzen oder Verstärken von Prozessen, deren plötzliche oder zyklische Richtungsumkehr, die systematische Produktion nicht intendierter Nebentolgen oder strukturdeterminierter Polarisierungen.« I.e., p. 151 192 I.e., p. 150 193 I.e., p. 175 194 Cf. I.e., p. 169. 195 I.e., p. 173 196 ibid. 197 Göhler verweist darauf, daß die analytisch orientierte MarxInterpretation, aber auch Hartmann - Klaus Hartmann, Die Marxsche Theorie. Eine philosophische Untersuchung zu den Hauptschriften, Berlin 1970 - der Bedeutung der Abfolge keine große Wichtigkeit zumessen. So zitiert er Helberger: »es sollte auch deutlich geworden sein, daß es nicht auf die einzelnen Ausbaustufen der Theorie ankommt, noch darauf, in welcher Reihenfolge die Gesetze der endgültigen Theorie angeführt werden.« Christof Helberger, Marxismus als Methode, Frankfurt 1974, p. 190, zit. n. Gerhard Göhler, Die Reduktion der Dialektik..., I.e., p. 179 198 Kocyba versichert, daß »die Formen fetischisierten >Bewußtseins< ... im >Kapital< nicht nach dem Hegeischen Vorbild als Stufenfolgen von Verkehrungen des >natürlichen Bewußtseins< oder des erscheinenden Wassens« vorgetragen« - I.e., p. 186 - seien. Marx beschreibe die Fetischformen »gleichzeitig auf zwei unterschiedlichen Ebenen. Es handelt sich hierbei einmal um spezifische Teilstrukturen des ökonomischen Prozesses, die innerhalb des Gesamt213
prozesses gegen dessen Kernstruktur so weit verselbständigt sind, daß in ihnen das Wertgesetz nur mittelbar, äußerlich zur Geltung kommt und in sein Gegenteil verkehrt scheint: dieser (nichtlogische) Widerspruch ruft die »Mittelglieder der Analyse* auf den Plan. Auf der anderen Seite beschreibt Marx die durch diese verselbständigten Teilstrukturen geprägten Bewußtseinsformen, die die »Oberfläche* der kapitalistischen Realität nicht mehr aus deren inneren Band heraus zu begreifen im Stande sind; diese in den Theorien der Vulgärökonomie systematisierten Bewußtseinsformen sind nun zwar als konkurrierende Deutungsansätze mit der werttheoretischen Analyse logisch unvereinbar, können jedoch andererseits gleichzeitig widerspruchsfrei als Teilbereich des Gegenstandes der Kritik der politischen Ökonomie erfaßt werden.« I.e., p. 185 (Hervorh. v. d. Verf.) 199 I.e., p. 146 200 ibid. 201 ibid. 202 Reichelt, Zur logischen Struktur ..., I.e., p. 15 203 ibid. 204 Kocyba, Widerspruch..., I.e., p. 146sq. Dies zielt mit Ritsert auf die Keimzellenmetapher. Cf. Jürgen Ritsert, Probleme politisch-ökonomischer Theoriebildung, Frankfurt 1973, p. 15ssq. und id., Diskursanalyse des »Kapital« , p. 3sq., n. Brentel, Widerspruch..., I.e., p. 93, Fn. 26. Festzuhalten ist, daß es sich dabei nicht bloß »einfach um den sukzessiven Ausbau eines zunehmend komplexer werdenden Modells« handelt, wie bei Helberger und Nowak, in dem der Widerspruch auch als darstellungsorganisierendes Prinzip verschwunden ist. Cf. entsprechend: Helberger, Marxismus..., I.e., p. 186 und Leszek Nowak, Das Problem der Erklärimg in Karl Marx' Kapital, in: Ritsert (Ed.), Zur Wissenschaftslogik..., I.e., p. 13-45. 205 Kocyba, Widerspruch..., I.e., p. 147 - Dies trifft u.U. auf Ritserts Deutung des Gesamtkreislaufs des Kapital. Cf. Ritsert, Probleme..., I.e., p. 48ssq. und Claus Daniel, Hegel verstehen. Einführung in sein Denken, Frankfurt-New York 1983, p. 218ssq. 206 Cf. Michael Wolff, Der Begriff des Widerspruchs. Eine Studie zur Dialektik Kants und Hegels, Königstein 1981. 207 I.e., Klappentext 208 Michael Theunissen, Sein und Schein. Die kritische Funktion der Hegeischen Logik, Frankfurt 1978, p. 474 209 Es ist deutlich geworden, wie sehr Kocyba diesem verhaftet bleibt. Die ein jähr nach Kocyba erschienene Studie von Gerhard Göhler, Die Reduktion der Dialektik..., I.e. weist dieselbe Schwäche auf. Sie unterscheidet eine emphatische Dialektik, die sich explikativer Widersprüche bediene und eine reduzierte Dialektik, die durch deskriptive Widersprüche gekennzeichnet ist. Die emphatische Dialektik ist dadurch bestimmt, daß »Widersprüche auch als logische konstitutiv in die Theoriebildung aufgenommen sind«. I.e., p. 41 - Die Differenz zwischen beiden macht Göhler an der »Hegeischen Perspektive einer dialektischen Entwicklung als Begründungszusammenhang durch die Entwicklung der Sache selbst« - I.e., p. 23 - fest. Die Studie konzentriert sich im Gegensatz zur Arbeit Kocybas nur auf die Darstellung der Wertformanalyse 214
und versucht nachzuweisen, daß »die Modifikation der Entwicklung von der Ware zum Geld im >Kapital< gegenüber der entsprechenden Entwicklung in der >Kritik< eine entscheidende Reduktion der Dialektik in Abwendung von Hegel darstellt.« - I.e., p. 24 - Daß dieser Nachweis gelungen sei, hat Brentel in seiner Dissertation entschieden bestritten. Cf. Helmut Brentel, Gegenstandskonstitution und Formtheorie. Zur Begründung ökonomisch-sozialer Gegenständlichkeit bei Karl Marx, Frankfurt 1984 (Diss.), p. 366ssq. Die Arbeit wurde veröffentlicht als: Soziale Form und ökonomisches Objekt. Studien zum Gegenstands- und Methodenverständnis der Kritik der politischen Ökonomie, Opladen 1989. 210 Wolff, Der Begriff..., I.e., p. 16 211 I.e., p. 19 - Die Bestätigung der hermeneutischen Hypothese, von der man gut beraten sei, auszugehen, nämlich, >»daß in Hegels Logik die klassische Logik weiter giltOntologisierung< des Widerspruchs und die Verwischung« des Unterschieds von konträrem und kontradiktorischen Gegensatz.« ibid. 212 I.e., p. 169sq. (Hervorh. im Text) 213 Cf. Hegels Polemik im Kapitel über die Reflexionsbestimmungen, wo gesagt ist, daß »der Satz der Identität oder des Widerspruchs, wie er nur die abstrakte Identität im Gegensatz gegen den Unterschied, als Wahres ausdrücken soll, kein Denkgesetz, sondern vielmehr das Gegenteil davon ist.« Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Wissenschaft der Logik II, Hamburg 1967, p. 32 214 Wolff, Der Begriff..., Lc., p. 143 215 I.e., p. 112sq. 216 Hegel, Wissenschaft der Logik II, I.e., p. 43 217 I.e., p. 46 218 I.e., p. 49 (Hervorh. im Text) - »Indem die selbständige Reflexionsbestimmung in derselben Rücksicht, als sie die andere enthält und dadurch selbständig ist, die andere ausschließt, so schließt sie in ihrer Selbständigkeit ihre eigene Selbständigkeit aus sich aus; denn diese besteht darin, die ihr andere Bestimmung in sich zu enthalten und dadurch allein nicht Beziehung auf ein Äußerliches zu sein, - aber ebensosehr unmittelbar darin, sie selbst zu sein und die negative Bestimmung von sich auszuschließen. Sie ist so der Widerspruch.« ibid. (Hervorh. im Text) 219 ibid. 220 I.e., p. 51 221 I.e., p. 52 222 ibid. 223 I.e., p. 53 224 Cf. I.e., p. 118ssq. und 129ssq. 225 I.e., p. 129 226 I.e., p. 167 227 ibid. 215
228 ibid. 229 ibid. 230 ibid. Wenn Kant behaupte, Grundlage dialektischer Oppositionen »sei letztlich eine unvermeidliche Verwechslung der Dinge an sich mit den Erscheinungen« - I.e., p. 120sq. -, weise ihm Hegel nach, daß hier auch die »Dinge an sich implizit als Substrate von Bestimmungen angesehen (werden), nur eben von Bestimmungen, die gänzlich verschieden sind von den Bestimmungen der erscheinenden Dinge.« I.e., p 130 231 I.e., p. 18 232 Hegel, Wissenschaft der Logik II, I.e., p. 58, zit. n. Wolff, Der Begriff..., I.e., p. 18 233 Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Encyklopädie der philosophischen Wissenschaften § 89 - in bezug auf das Dasein! Hier zit. n. Wolff, Der Begriff..., I.e., p. 18 234 I.e., p. 170 235 I.e., p. 167 236 ibid. 237 Cf. I.e., p. 169 238 Theunissen, Sein und Schein ..., I.e., pass. 239 Brentel, Widerspruch ..., I.e., p. 10 (Piervorh. im Text und v.d. Verf.) 240 Expressis verbis stimmt Brentel Kocyba darin zu, daß sich ein einheitlicher Widerspruchsbegriff im »Kapital« in bezug auf »alle Argumentationen« nicht ausmachen lasse. Cf. I.e., p. 32 241 Einerseits können Widersprüche nicht bloß als logische Oppositionen gedacht werden und stehen dementsprechend nicht in »einem echten Kontradiktorietätsverhältnis« - I.e., p. 37-, andererseits sind sie nicht als Kantsche Realopposition, als »Privation gegeneinander wirkender und sich beraubender Kräfte« - I.e., p. 38 - zu begreifen. »Gemeint sind immer schon real widersprüchliche Prädikate. Allerdings nicht in einem allgemein ontologischen Sinne, sondern bezogen ... auf die spezifisch gesellschaftliche Gegenständlichkeit von Warenbeziehungen.« I.e., p. 37 242 I.e., p. 41 - »Die Ware ist überhaupt nur Ware, wenn sie in ihren gesellschaftlichen Dimensionen als Gebrauchswert für andere, als Tauschwert, im Gesamtzusammenhang auch wirksam ist, d.h. nur wenn sie als allgemeines Äquivalent auch gesetzt, d.h. eben Geld ist. Es gibt keine bloße >WarelogischenWare< als die des Gesamtzusammenhanges entwickelt werden.« I.e., p. 40 (Hervorh. im Text) 243 I.e., p. 73 244 I.e., p. 13 (Hervorh. im Text) - Im Verlauf der Darstellung der drei Stufen wird deutlich, daß es sich hier um etwas anderes handelt als um eine »Differenzierung«. 245 l.c.,p. 19 246 ibid. 247 I.e., p. 17 (Hervorh. im Text) 248 I.e., p. 13 249 I.e., p. 11 250 I.e., p. 68 - Der »Hegeische Widerspruchsbegriff der Reflexions- und 216
Ausschlußverhältnisse der »selbständigen Reflexionsbestimmungen*« ist dem »Widerspruchskonzept der Marxschen Warenanalyse strukturell vergleichbar«. I.e., p. 71 251 I.e., p. 41 252 ibid., Schematische Darstellung zur Widerspruchsstruktur bei Hegel und Marx im Anhang. 253 I.e., p. 70sq. 254 Dies verträgt sich auch mit Brentels im Anschluß an Backhaus formulierter Lesart der Wertformanalyse als Kritik prämonetärer Werttheorien. Cf. I.e., Anhang und Hans Georg Backhaus, Materialien zur Rekonstruktion der Marxschen Werttheorie 2, I.e., p. 133, id., Zum Problem der Ware als Widerspruch, Frankfurt 31.12.1982, unveröffentlichtes Seminarpapier, id., Zur Marxschen Revolutionierung und >Kritik< der Ökonomie: Die Bestimmung ihres Gegenstandes als Ganzes »verrückter Formen«, in: Mehrwert 25, Berlin 1984, p. 7-36. 255 Brentel, Widerspruch ..., I.e., p. 83 (Hervorh. im Text) - Marx redet in den »Grundrissen« im Kapitel vom Kapital davon, daß das Geld in seiner vollen Bestimmtheit als Geld »hier in der ganzen Reinheit hervor (tritt als) der Grundwiderspruch, der im Tauschwert, und der ihm entsprechenden Produktionsweise der Gesellschaft, enthalten ist.« Marx, Grundrisse..., I.e., p. 151 256 Brentel, Widerspruch..., I.e., p. 83 257 I.e., p. 77 258 I.e., p. 78 259 I.e., p. 10 - »Indem die Gleichheit der Arbeit zur spezifisch gesellschaftlichen Form der Gesellschaftlichkeit der Arbeit wird, konstituiert sich das spezifisch ökonomisch-soziale Objekt, die Wertgegenständlichkeit der Waren.« I.e., p. 15 (Hervorh. im Text) Das ist zumindest mißverständlich ausgedrückt, denn diese Gleichheit der Arbeiten existiert ja nirgend, weder in den Arbeiten, noch an der Ware, noch in den weiteren Bestimmungen. Daß sie im Austausch immer schon gleichgesetzt sind, daß jene »abstrakt allgemeine Arbeit« im Geld ihren dinglichen Ausdruck findet, ist eine andere Sache. Auch die Wertgegenständlichkeit unterscheidet sich nach Marx »dadurch von der Wittib Hurtig, daß man nicht weiß, wo sie zu haben ist.« Marx, Das Kapital I, MEW 23, I.e., p. 62 - Brentel versteht den Wert als Relation der Waren und als Relation in bezug auf die Gesamtarbeit. Als absoluter Wert müsse er als etwas »Gegenständliches und Dingliches realisiert ... werden«. Brentel, Widerspruch..., I.e., p. 17 - Genauer: »Im >Wert< als absolutem Wert, als einem gesellschaftlichen >DingKörperForm< annehmen muß, als etwas Gegenständliches und Dingliches realisiert zu werden.« ibid. Dies ist aber eine zumindest ungewöhnliche Lesart. Ist es nicht vielmehr der Tauschwert der Ware, der als Geld gegenständliche Form annimmt? Oder ist damit gemeint, daß der Wert den Widerspruch an sich hat, den Zusammenhang der Waren im Austausch zu repräsentieren und zugleich ihnen im Geld dinglich gegenüberzutreten? 217
260 I.e., p. 77sq. Die berühmte Stelle aus der »Kritik der Hegeischen Dialektik und Philosophie überhaupt«, in der Marx die Position Hegels, die der englischen Nationalökonomie und die Feuerbachs gegeneinander diskutiert, lautet: »Hegel steht auf dem Standpunkt der modernen Nationalökonomen. Er faßt die Arbeit als das Wesen als das sich bewährende Wesen des Menschen«. Damit ist nicht gesagt, daß Marx das auch tut! Hegel »sieht nur die positive Seite der Arbeit, nicht ihre negative. Die Arbeit ist das Fürsichwerden des Menschen innerhalb der Entäußerung oder als entäußerter Mensch. Die Arbeit, welche Hegel alleine kennt und anerkennt, ist die abstrakt geistige. Was also überhaupt das Wesen der Philosophie bildet, die Entäußerung des sich wissenden Menschen oder die sich denkende entäußerte Wissenschaft, dies erfaßt Hegel als ihr Wesen, und er kann daher der vorhergehenden Philosophie egenüber ihre einzelnen Momente zusammenfassen und seine hilosophie als die Philosophie darstellen.« Karl Marx, Ökonomisch-philosophische Manuskripte, in: Ergänzungsband I, MEW, Berlin 1974, p. 574 - Man sieht, daß Marx hier den Gegenstand der Hegeischen Philosophie und ihre Tätigkeit als zusammenfassende Reflexion der »vorhergehenden Philosophie« scharf bestimmt. Ihr stellt er die Lehre Feuerbachs vom Menschen als Natur- und Gattungswesen gegenüber und reflektiert die Voraussetzungen beider m der Rede von der »Geschichte als der wahren Naturgeschichte des Menschen« - I.e., p. 579 - Denn Hegel fasse »die Arbeit als den Selbsterzeugungsakt des Menschen«. I.e., p. 584 (Hervorh. im Text) Der Kontext, in dem Marx den Hegeischen Arbeitsbegriff kritisch aufnimmt, ist also primär historisch. 261 In den 70er Jahren wurde im Seminar von Prof. Alfred Schmidt in Frankfurt diskutiert, inwieweit die Darstellung des »geistigen Tierreichs« in der »Phänomenologie des Geistes« das treffe, was Marx als Ökonomie der bürgerlichen Gesellschaft fasse. Bekanntlich erweist sich bei Hegel die gesetzgebende Vernunft als Aufhebung dieser Stufe des erscheinenden Bewußtseins. Marx diskutiert in einem u.U. vergleichbaren (d.h. nicht gleichen!) Kontext das Recht als historische Voraussetzung bürgerlicher Austauschverhältnisse. Cf. Marx, Grundrisse ..., I.e., p. 157,911. 262 Brentel, Widerspruch..., I.e., p. 78 263 ibid. 264 »Die Arbeitsprodukte - potentiell damit alle Dinge der bürgerlichen Welt - gelten als gesellschaftliche nur, sofern sie unter einen Gesamtzusammenhang subsumiert sind, in dem von ihrer stofflich konkreten Seite abstrahiert ist, sie als Manifestationen eines abstrakt Allgemeinen, einer gleichsam absoluten Subjektivität erscheinen.« ibid. Man sieht, wie hier das formale Muster von Allgemeinem und Besonderem den Zusammenhang abgibt, in dem Vermittlung nicht mehr erscheint. Denn als Vermittelte sind Dinge, welche auch immer, nicht subsumiert. Daß etwa die Ware unter das Kapital subsumiert sei, gibt keinen Sinn. Was ist also gemeint? Die Rede von der Subsumtion spielte in der Kritischen Theorie eine wichtige Rolle. Backhaus hat angedeutet, inwiefern sie unscharf ist: »Wenn im Positivismusstreit Adorno seinen Begriff von Totalität nur höchst unbestimmt darstellen konnte, so hat dies seinen Grund
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vor allem darin, daß sich von einem verschwommenen Tausch- und Wertbegriff her Totalität in rational nachvollziehbarer Weise nicht explizieren läßt.« Hans Georg Backhaus, Materialien zur Rekonstruktion der Marxschen Werttheorie 1, in: Gesellschaft 1, Frankfurt 1974, p. 52-73 hier: p. 65 - An anderer Stelle benennt Backhaus das unzureichende Verständnis Pollocks von der Geldbildung als eine Ableitung aus dem »Gegensatz von privater und gesellschaftlicher Arbeit«. Id., Materialien zur Rekonstruktion der Marxschen Werttheorie 2, I.e.. p. 139 - Zu fragen ist, inwieweit Brentel mit den oben genannten Formulierungen hinter sein präziseres Verständnis der Wertformproblematik zurückfällt, wie er es im Anschluß an Backhaus in seiner Dissertation entwickelt hat. Cf. id., Gegenstandskonstitution..., I.e. 265 Id., Widerspruch.. , I.e., p. 78 - Es gebe also nicht nur formal als analog ausweisbare Widerspruchsstrukturen, sondern auch einen »implizit gemeinsamen Gegenstand«, nämlich die »Vergesellschaftungs- und Vermittlungsprobleme der bürgerlichen Gesellschaft«, ibid. Dieser ist bei Hegel aber allenfalls Moment seiner »Geistes«philosophie. Theunissen bemerkt zum Zusammenhang zwischen dem Hegeischen und dem marxistischen Totalitätsbegriff, hier bezogen auf Lukäcs: »Der Marxismus fordert ja nicht nur die Erkenntis der Totalität, er setzt auch voraus, daß die Totalität die Gesellschaft sei. Hegel hingegen hat, obwohl er die Gesellschaft als totale begreifen wollte, nie die Auffassung vertreten, die Totalität sei eine gesellschaftliche. Wir dürfen als seine Meinung sogar die betrachten, daß die Gesellschaft nur dann als Totalität erfaßbar sei, wenn man die Totalität nicht als Gesellschaft erfaßt.« Michael Theunissen, Hegels Lehre vom absoluten Geist als theologischpolitischer Traktat, Berlin 1970, p. 5 266 Brentel, Widerspruch..., I.e., p. 78 (Hervorh. v.d. Verf.) 267 Cf. I.e., p. 47. 268 I.e., p. 38 269 I.e., p. 43 270 I.e., p. 40 (Hervorh. im Text) 271 Die Fiktion und Konstruktion ist aber hier nicht auf der Seite Marxens, sondern auf der der gesellschaftlichen Bestimmungen, die Marx zufolge objektiv, insofern sie gesellschaftlich notwendiger Schein: Ideologie sind. Hier hatte Kocyba die »Problemantinomie« als Darstellungsmittel angesiedelt. Vor einem solchen Hintergrund wäre auch Brentels Rede vom Widerspruch als »methodischer Prozessor« plausibel. Sie ist insofern mißverständlich, als der Widerspruch, wie angedeutet wurde, auch bei Hegel kein »durchgängiges Prinzip«, kein Automatismus, der zwischen dialektische Stufen geschaltet ist. Noch weniger kann dies von Marx gelten. 272 I.e., p. 41 273 I.e., p . 43 274 ibid. 275 I.e., p. 45 (Hervorh. im Text)276 Marx, Das Kapital I, I.e., p. 101, zit. n. Brentel, Widerspruch ..., I.e., p. 45 (Hervorh . v. Brentel) 277 ibid. (Hervorh. v.d. Verf.) 278 Kocyba hat immerhin versucht, mit einem Strukturmodell im 219
Anschluß an Althusser diesem methodischen Dilemma zu entkommen. 279 Cf. Brentel, Widerspruch ..., I.e., p. 43. 280 Auch Kocyba hatte sich diese Frage gestellt und bemerkt: »Zumindest in der 2. Auflage folgt Marx dem Hegeischen >Vorbild< auch insoweit, als er bei der Analyse (der) Warenform ausschließlich mit dem Gegensatzbegriff operiert und den Begriff des Widerspruchs erst im 3. Kapitel über das Geld heranzieht.« Kocyba, Widerspruch..., I.e., p. 47 281 Brentel, Widerspruch..., I.e., p. 52 282 »Der Darstellungsaufbau ist insofern einmal >immanent< als Analyse- und Kritikstrategie, als er darin - ohne ausgewiesener Vorgriff sein zu dürfen - das Vorwissen über die tatsächlichen Ordnungsprinzipien der kapitalistischen Gesellschaftsformation, die Resultate des gesamten Marxschen Forschungsprozesses, gerade in systematischer Absicht in Anspruch nimmt.« I.e., p. 43 283 I.e., p. 69 (Hervorh. im Text) In den »Grundrissen« sagt Marx: »Die Zirkulation« sei die »erste Totalität unter den ökonomischen Kategorien«. Marx, Grundrisse..., I.e., p. 111 - Hegel bezieht sich an der oben zitierten Stelle, im Zusammenhang der Entwicklung der absoluten Idee, im Abschnitt über die Methode, auf das Problem des Anfangs. Die Methode wird hier nicht als ein »Formelles, in äußerlicher Reflexion gesetztes«, sondern als »objektive immanente Form« bestimmt. Id., Wissenschaft der Logik II, I.e., p. 489 - Das Allgemeine gilt ihr »als an sich die konkrete Totalität, aber sie noch nicht gesetzt, noch nicht für sich«. In diesem Zusammenhang wird auch der Anfang als an sich konkrete Totalität bezeichnet. Die Ware aber ist nicht abstrakt allgemeine Bestimmung wie das Sein, ebensowenig der bürgerliche Reichtum - cf. Karl Marx, Zur Kritik der politischen Ökonomie, Berlin 1947, p. 19 -, bzw. der »Reichtum der Gesellschaften, in welchen kapitalistische Produktionsweise herrscht« - id., Das Kapital I..., I.e., p. 49 - und der als »ungeheure Warensammlung« - ibid. - erscheint. 284 Brentel, Widerspruch ..., I.e., p. 82 (Hervorh. v. d. Verf.) 285 I.e., p. 79sq. 286 I.e., p. 79 287 ibid. Zwei unterschiedliche Dimensionen, die auf die prinzipielle Unversöhnbarkeit dieser Widersprüche verweisen, werden von Brentel benannt. Erstens: »Der Grundwiderspruch zwischen dem stofflich Einzelnen und dem gesellschaftlich Allgemeinen des Arbeitsproduktes in der bürgerlichen Gesellschaft, die Widersprüche der einfachen Zirkulation, sind im Geld und Kapital zwar reproduktions- und kreislauftheoretisch gelöst, sie können und müssen in Krise und Klassenkampf aber als prinzipiell unversöhnbare wiederaufbrechen.« ibid. Zweitens: »Die Gebrauchswertseite der Dinge, die naturhafte Basis menschlicher Produktion, die konkreten Subjekte, widersprechen dem >Ideal< alles und jedes als Werte und Kapitalien produzieren und reproduzieren zu müssen.« I.e., p. 80 288 ibid. Brentels Rede von der Versöhnbarkeit des realiter Unversöhnbaren im idealen Modell supponiert Marx eine harmonische Vorstellung einer idealen kapitalistischen (?) Produktionsweise. 220
Dies zumindest muß angenommen werden, wenn Brentel behauptet, mit diesen Schemata lege Marx die »Reproduktionsmechanismen kapitalistischer Produktionsweise modellhaft« ibid. - offen. Warum sie allerdings ein »niemals voll gelingen könnendes Ideal« bleiben, ist auf Basis dieser Argumentation unerfindlich. Offensichtlich gelingt es hier nicht, die Gewißheit der Realität gesellschaftlicher Widersprüche und Marxens Rede vom Prozessieren von Widersprüchen im Kontext der Darstellung bestimmter ökonomischer Formen theoretisch zu vermitteln. Dies ist hier auch dem Rückgriff auf modelltheoretische Vorstellungen geschuldet. 289 Dort bezogen auf die Hegeische Philsosophie. 290 Jürgen Ritsert, Lire la Critique, Frankfurt 1985, p. 26 (Manuskript), abgedruckt in: Seminarmaterialien 4, Frankfurt 1985, hier zit. n. Brentel, Widerspruch..., I.e., p. 85 (Hervorh. im Text) 291 I.e., p. 83 (Hervorh. im Text) 292 I.e., p. 83,85 293 Nicht zufällig taucht hier wieder die Rede von der Kernstruktur auf. Zitiert wird Ritsert zustimmend, der von einem »Vorverständnis von Kernstruktur und Einheitsbedingungen der Totalität« redet. Cf. Brentel, Widerspruch..., I.e., p. 85. 294 I.e., p. 84 295 I.e., p. 75 296 I.e., p. 77sq. 297 Cf. Hans Jürgen Krahl, Bemerkungen zum Verhältnis von Kapital und Hegelscher Wesenslogik, in: Oskar Negt (Ed.), Aktualität und Folgen der Philosophie Hegels, Frankfurt 1970, p. 145. 298 Reicnelt, Zur logischen Struktur..., I.e., p. 266 299 Um hier keine Mißverständisse aufkommen zu lassen, mit Revolutionstheorie sind keine Handlungsanweisungen gemeint. Diese wird man bei Marx vergebens suchen. Um historische Aussagen über stattgehabte Revolutionen und Diskussion über deren Formen geht es hierbei ebenso wenig wie um Utopismus und Geschichtsmetaphysik - auch wenn es ein oft geübtes Spiel ist, Marx dessen zu denunzieren, meist aufgrund hochselektiver Interpretationen der Frühschriften. Ebensowenig kann man Marx eine teleologische Geschichtsauffassung unterstellen, etwa indem man ihn zum Zusammenbruchstheoretiker stilisiert. Aber auch Lukäcs' Versuch der philosophischen Konstruktion einer Einheit von Selbsterkenntnis und Umwälzung der Gesellschaft blieb der Marxschen Argumentation äußerlich. 300 Theunissen, Sein und Schein.... I.e., p. 486 301 Id., Hegels Lehre ..., I.e., p. 11.), Zur Wissenschaftslogik einer kritischen Soziologie, Frankfurt 1976, p. 113-144, hier: p. 115. Literatur
Adler, Max: Marx und die Dialektik (1908): in: Hans Jörg Sandkühler, Rafael de la Vega (Eds.), Austromarxismus, Frankfurt-Berlin-Wien 1970 Adorno, Theodor W. : Negative Dialektik, Frankfurt 1970 2° 221
Althusser, Louis: Der Gegenstand des >Kapitalin EinsWertWert< für den menschlichen Lebensprozeß insofern sie a) physikalisch konzentrierte Energie und Materie, d.h. niedrige Entropie und b) sozial Nützlichkeit für den Lebens-genuß des Menschen darstellten.« ibid. Hier Wiederkehr der Theorie des Gebrauchswerts als biologisch drapierte Theorie. 326 I.e., p. 23 327 Ökonomiekritik, schreibt Brentel, wird hier wieder in bürgerliche Ökonomie, »Natur wird, wie bei Binswanger, als >Natur-Kapital< in die Produktionsfunktion« - id., SFuöK, I.e., p. 63 - zurückgenommen. 328 »Eine ökonomische Theorie, die nicht ... solche Wert- und Kapitaltheorien ins Zentrum stellt, löst sich als Ökonomie auf und geht in Naturwissenschaft und Moral über.« ibid. GeorgescuRoegen zieht beides zusammen. Brentel pointiert hier die eigene Position: »Der entropische Ansatz wird erst dann wirklich kritisch, wenn der Gegensatz von Ökologie und Ökonomie - wie bei Elmar Altvater und Andreas Uhlig - systemspezisch bestimmt wird.« ibid. Cf. Elmar Altvater, Lebensgrundlage (Natur) und Lebensunterhalt (Arbeit). Zum Verhältnis von Ökologie und Ökonomie in der Krise, in: Id. et al., Markt, Mensch, Natur. Zur Vermarktung von Arbeit und Umwelt, Hamburg 1986, p. 133-155, Andreas Uhlig, Ökolo-gische Krise und ökonomischer Prozeß, Diessenhofen 1978. 329 Cf. Hans Immler, Wolfdietrich Schmied-Kowarzik, Marx und die Naturfrage. Ein Wissenschaftsstreit, Hamburg 1984. In diesem Kontext wird Marx ein »mangelndes Problembewußtsein in der Frage der Einbeziehung der naturalen Grundlagen des menschlichen Produktionsprozesses« vorgeworfen und als Grund dafür bei der Marxschen Theorie »deren Zentriertheit auf das Arbeitswerttheorem« - Brentel, SFuöK, I.e., p. 59sq. - festgehalten. 253
330 I.e., p. 60 331 Cf. I.e., p. 61 und 62. 332 I.e., p. 66, cf. auch id., Soziale Form ..., I.e., p. 137. 333 I.e., p. 151 334 Gesellschaften müßten »ihre Gesamtarbeitskraft so auf die verschiedenen arbeitsteiligen Tätigkeitsbereiche ... verteilen, daß der Gesamtbestand der für die jeweilige Gesellschaft und ihren Arbeitsteilungsstand notwendigen Produkte reproduziert wird, Verschwendung vermieden wird. Darin lassen sich jene Annahmen schließlich auch als eine ideale Gleichgewichtsaussage in bezug auf die Gesamtreproduktion gesellschaftlicher Einheiten auffassen. Marx apostrophier(e) diese fiir Arbeitsteilungsprozesse charakteristische Weise eines durch die Gesamtarbeit vermittelten Stoffwechsels mit der Natur als »Naturgesetz* gesellschaftlicher Reproduktion.« I.e., p. 134. Reproduktion wird hier offensichtlich auf der Basis von »Gebrauchswertproduktion« gedacht. Die Verteilung im Kapitalismus mittels Wert, Angebot und Nachfrage etc. erscheint dieser anthropologischen Naturkonstante äußerlich. 335 In bezug auf Sraffa hält Brentel fest, daß bei diesem Werte »jene Produktionspreise (seien), die eine uniforme Profitrate in den verschiedenen Produktionssektoren garantierten.« Id., SFuöK, I.e., p. 55 - Geld sei für Marx hingegen Geldware. In diesem Kontext sei die Funktion der Banknote zu bestimmen. Diese »repräsentier(e) als gesellschaftlich garantiertes Zahlungsversprechen ... (ein) Versprechen auf die (künftige) Reproduktion der gesellschaftlichen Gesamtarbeit. Nur in der gesellschaftlichen Garantie der Reproduktion und deren Fortgang kann sie das reale Geld substituieren.« I.e., p. 39 336 Brentel geht es hier um die »Frage, wie sich die Nutzung bzw. Vernutzung von Naturkräften auf die Wertbildung und Kapitalakkumulation auswirkten.... Die Natur bzw. die Naturkräfte (seien) aus Marxscher Sicht der Grund des stofflichen Reichtums (wealth) und damit die materielle Basis zur Produktion eines SurplusProduktes. Stofflicher Reichtum an Gebrauchswerten und an Surplusprodukten als Waren n(ä)hmen in der bürgerlichen Gesellschaft die soziale Form von Werten (Tauschwert) bzw. von Mehrwert (Profit) an. ... Als ursächliche Kosten zählen so ausschließlich die warenförmigen Reproduktionskosten des lebendigen Arbeitsvermögens der Lohnarbeiter. Alles andere Hausarbeit und familiale Reproduktionsarbeit, die Mehrarbeit und die vernutzten Naturkräfte bzw. etwaige Reproduktionskosten der Natur - werden als kostenlose Leistungen in Anspruch genommen und externalisiert.« Id., Arbeit, Natur ..., I.e., p. 3 - Die Marxsche Theorie habe, betont Brentel, keine »gemeinsame(n) Schnittmengen mit physikalisch oder physikalisch inspirierten Werttheorien (Energietheorie; Naturwerttheorie)«. Denn diese verwechseln »die »Naturbasis* von Wert und Mehrwert mit seiner gesellschaftlich spezifischen und formbestimmten »Ursache und Quelle*«, ibid. Wenn die Natur als zweite Wertquelle in Anspruch genommen werde, so verweist Brentel darauf, daß Marx sich der Dimension menschlicher Grundbedürfnisse, »der Gebrauchswertorientiertheit« - id., Soziale Form ..., I.e., p. 26sq. - immer bewußt gewesen 254
sei, und fordert deshalb die Erweiterung des Gesellschaftsbegriffs durch den Einbezug von Natur- und Gebrauchswertdimension. Cf. I.e., p, 27. 337 Die Ökonomie sei »bezüglich ihres eigentlichen Gegenstandes tatsächlich auf Zirkularität angelegt«. Id., SFuöK, I.e., p. 63 - Man habe hier einen »ideal herzustellenden Kreisprozeß der Werte als Zwangszusammenhang kapitalistischer Vergesellschaftung«, ibid. 338 ibid. Brentel bezieht sich hier auf James O'Connor. Dieser »diagnostiziert ... neben dem bekannten Widerspruch zwischen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen ... eine zweite Widerspruchsebene zwischen den Produktionsverhältnissen und einer ihre naturalen Grundlagen ruinierenden Produktionsweise ...«. Id., Vorbemerkung ..., I.e., p.10 339 Cf. id., SFuöK, I.e., p. 63sq. 340 »Die Marxsche Reproduktionstheorie ist kritisch, weil sie zeigt, daß die Reproduktion von Gesellschaft und Natur auf der Basis der Wertreproduktion immer wieder scheitern muß.« I.e., p. 64 - Dieses Scheitern sei deshalb gegeben, weil die idealen Kreisläufe in der Realität keineswegs so ideal seien. »Jedes Glied des fragilen Reproduktionskreislaufes, jeder Formwechsel von Ware und Geld und umgekehrt, kann auch den Abbruch des Kreislaufes bedeuten, sei es aus primär stofflichen Gründen, den Naturbedingungen der Produktion, sei es aus primär Valoren Gründen unzureichender Kapitalverwertung. Die >Einheit< von Stoff- und Wertproduktton der bürgerlichen Ökonomie ist so überhaupt nur als krisenhafte Einheit denkbar, als Prozeß der beständigen Entwertung der Kapitalien, der Nachgeordnetheit alles Stofflichen hinter der beständigen Revolutionierung der Wertverhältnisse.« ibid. Die Einheit von Stoff- und Wertreproduktion innerhalb bürgerlicher Verhältnisse scheitere aber auch, »weil die Kapitalreproduktion beständig an ihre äußeren Grenzen stoss(e): die der gänzlichen Subsumtionsfähigkeit der lebendigen Arbeitsvermögen wie der Natur.« ibid. 341 ibid. 342 Brentel verweist hier darauf, daß die »kapitalistische Produktionsweise ihre produktiven Voraussetzungen, die >Springquellen< allen stofflichen Reichtums, >die Erde und den Arbeiter«, untergrabe.« I.e., p. 4 - Wenn die kapitalistische Produktionsweise den Stoffwechsel zwischen Mensch und Natur störe, so zwinge sie ihn, das Gesetz gesellschaftlicher Produktion wiederherzustellen. Cf. I.e., p. 343 Cf. ibid. und p. 11. 344 Eine kritische Reproduktionstheorie soll »neuere naturwissenschaftliche (ökologische, physikalische) und sozialwissenschaftliche (demokratietheoretische, organisations- und industriesoziologische) Erkenntnisse mit dem Ansatz der Marxschen »Kapitallogik« ... verbinden«. I.e., p. 6 345 Bezug für Brentel sind jene Ansätze, »wo versucht wird, in alternativen Reproduktionsmodellen von Gesellschaft und Natur sozialwissenscnaftliche, ethische und naturwissenschaftliche Einsichten gänzlich neu ins Verhältnis zu setzen.« Id., Vorbemerkung ..., I.e., p. 6 - Darüberhinaus geht es um die Ergänzung der Marxschen Theorie durch eine »Ethiktheorie«. Die soziale Rationa255
lität der Kritischen Theorie und die »institutionelle Ökonomie Kapps« - id., Arbeit, Natur ..., I.e., p. 7 - stehen bei Brentel für diese Ergänzung. In bezug auf die traditionelle ethische Komplettierung cf. Manfred Gangl, Politische Ökonomie und Kritische Theorie. Ein Beitrag zur theoretischen Entwicklung der Frankfurter Schule, Frankturt-New York 1987, p. 27sq., 29,39. 346 Cf. den Bezug auf Priddat und Seifert, cf. Brentel, SFuöK, I.e., p. 67. 347 Bei der Explikation der Formtheorie geht es Brentel um die Frage »nach den wirklichen Konstitutionsbedingungen ökonomischer Gegenständlichkeit«, »dem wirklichen Wesen und Existenzgrund der ökonomischen Form«, »dem wirklichen Zusammenhang von Form, Inhalt und Grund des Ökonomischen und insofern nach dem sachlichen Fundament der Formen und Kategorien der politischen Ökonomie«. Id., Soziale Form..., I.e., p. 249 348 I.e., p. 273, cf. I.e., p. 14, 311 und id., SFuöK, I.e., p. 37, 38sq. 349 Id., Soziale Form ..., I.e., p. 273, cf. I.e., p. 311. Cf. id., SFuöK, I.e., p. 38sq. »Schon die abstrakt-allgemeine Arbeit als Wertsubstanz ist so als spezifisch soziale Form begriffen (Form I), die in den Wertformen (soziale Form II), den Kategorien der bürgerlichen Ökonomie, ihre Erscheinungs- und Existenzform hat.« I.e., p. 37 - Kehrte Brentel schon bei der Form I zur klassischen (Smithscnen) Arbeitswerttheorie zurück, so rückt er den Gehalt des Begriffs von Form II ins Fetischisierte und Subjektive. 350 Id., Soziale Form ..., I.e., p. 273 351 Cf. I.e., p. 60. Quantitätstheorie! 352 Cf. I.e., p. 14. 353 In der Konstitutionstheorie des Wertes wird »das Gesetztsein von Wert und Tauschwert, von Wertsubstanz und Wertform ineins des wirklichen Waren-Bezuges« behauptet. Die Wertsubstanz sei nur in der Form »als allgemeinen Bezogenseins in die Geldware« - I.e., p. 311 - konstituiert. Es gelten also die »ökonomische(n) Formen als Wert- und Geld->GegenständlichkeitLösung< der ökonomischen Gegenstandsfrage« nur »in einem Reproduktionsprozeß, in einem Gesamtverhältnis jener Formbe-stimmtheiten zu suchen«. I.e., p. 281 366 Cf. I.e., p. 279. 367 »Weil in der bürgerlichen Gesellschaft... die Gesellschaftlichkeit der Arbeiten und Produkte nicht unmittelbar gegeben ist, sondern sich qua Warenaustausch immer erst noch zu erweisen hat, nimmt die Gesellschaftlichkeit der Arbeit eine spezifisch soziale Form an: die der Gleichheit der Arbeiten, die des Wertcharakters der Arbeitsprodukte.« Id., SFuöK, I.e., p. 37, cf. id., Soziale Form ..., I.e., p. 13. 368 I.e., p. 311 - »Nur in bzw. mit dieser Form als allgemeinem Bezogensein in der Geldware ist die Wert->Substanz* abstraktallgemeine Arbeit tatsächlich konstituiert, gewinnt Arbeit ein spezifisch gesellschaftliches, abstraktes Form-Dasein. ... Mit ihm (dem Äquivalenzausdruck) wird ein Non-Valores, Non-Monetäres - die Arbeit - zu Valorem und Monetärem, zu Wert und Tauschwert in eins konstituiert.« ibid. Nur daß Brentel dem Geldschleier aufsitzt, muß hier angemerkt werden. 369 I.e., p. 13 - Der Inhalt des Gemeinsamen zweier Waren sei die soziale Form der Gesellschaftlichkeit der Arbeit: die abstrakte Arbeit. Cf. I.e., p. 124 370 Entsprechend heißt es bei Brentel: Die »Kategorien der bürgerlichen Ökonomie« seien »als solche Wertformen, als Formen jener abstrakt-allgemeinen Arbeit auszuweisen.« I.e., p. 273 371 Für Brentel ist es deutlich, daß nur im Äquivalenzausdruck der Waren »die abstrakte Arbeit tatsächlich existier(e)«. I.e., p. 311 372 »Einmal zeigt sich, daß nur im Äquivalenz-Ausdruck der Waren die allgemeine, die abstrakte Arbeit tatsächlich existieren, nur in Form solcher materieller Repräsentanz eine Existenz-Form (Form II) überhaupt erlangen kann. ... Und zweitens zeigt sich am Äquivalenz-Ausdruck, wie in dieser Beziehung der Waren auf einander als der Gleich-Setzung der konkreten Arbeiten der >Wert< als ihre ge258
meinsame qualitative Vergleichsbasis überhaupt erst wirklich konstituiert wird, wie erst mit ihrer Darstellung im Äquivalenzausdruck die konkreten Arbeiten zu allgemeiner Arbeit >abstraktifiziert< werden.« ibid. 373 »In allen Wertformen, den Metamorphosen der ökonomischsozialen Form, ist die abstrakt-allgemeine Arbeit, ist der Bezug zum Verwertungsprozeß der Arbeitskraft das übergreifende Verhältnis.« Id., SFuöK, I.e., p.58sq. 374 »Die Bildung von Eigentum - und damit Wertkonstitution, ökonomische Gegenstands- und Formkonstitution - kann in ihrem Grund daher immer nur als Resultat eigener als eben bereits vergegenständlichter Arbeit erscheinen, nicht als Aneignung von und Verfügung über fremde Arbeit.« Id., Soziale Form ..., I.e., v. 269 Letzteres hält Brentel gegen die Ideologie der einfachen Zirkulation fest. »Der Schein einfacher Appropriation (in der einfachen Zirkulation) ist so zugleich der Schein einfacher Formkonstitution wie die Nivellierung des eigentlich formkonstitutiven Grundes: die Herrschaft über die lebendige Arbeit.« ibid. 375 »So kann das Absolute als Subjekt... als die gleichermaßen abstrakte wie antagonistische Froduktionsbasis bürgerlicher Gesellschaft, als das identitätslogisch strukturierte Verhältnis von Lohnarbeit und Kapital, begriffen werden«. Id., Methodische Prämissen..., I.e., p. 54 376 Cf. id., Soziale Form ..., I.e., p. 128sq. 377 Die ökonomische Form »hat ihr Bestehen und ihre Selbständigkeit in der Produktion ihrer selbst als des eigentlichen Inhaltes des Zirkulationsprozesses in seiner Totalität.« I.e., p. 262 - Der Forminhalt der Ware sei eben die gesellschaftliche Ärbeit. 378 ibid. 379 »Indem die spezifische Ware Arbeitskraft gegen Geldkapital getauscht und in dem kapitalistischen Produktionsprozeß verzehrt wird, geht der Forminhalt der Ware: die gesellschaftliche Arbeit... nicht verloren, sondern es zeigt sich, wie ökonomische Form aus ihrer Substanz, der (Lohn-)Arbeit, bzw. deren Verwertung, systematisch gesetzt wird, ihr Gebrauchswert kann so selbst den Form-Inhalt der Waren überhaupt bzw. des Geldes bilden, die Arbeitskraft sich in die Substanz der ökonomischen Form umsetzen.« ibid. So wenig die Lohnarbeit Substanz der ökonomischen Form, so wenig ist der stoffliche Inhalt dieser Ware als ihr Gebrauchswert ihr gleichzusetzen. Problematisch ist auch, daß Brentel über keinen Substanzbegriff verfügt, denn Substanz ist nicht Materie. 380 Gebrauchswert und Tauschwert, Form und Inhalt gingen ineinander über, »indem in der Ware Arbeitskraft der Gebrauchswert selbst ökonomische Formbestimmung erlang(e).« ibid. »Erst in dieser spezifischen Identität von Form und Inhalt, von Form und Substanz, komm(e) der Motor der Formkonstitution, der Wert- und Mehrwertproduktion überhaupt in Gang.« I.e., p. 263 - Die Form verselbständige sich nur »auf Basis dieser Identität von Form und Stoff«, ibid. Nicht nur, daß hier alle Momente ineinandergezogen sind, macht das Problematischwerden Brentelscher Formulierungen aus, sondern entscheidender ist, daß lebendige Arbeit 259
verdinglicht wird. »Form und Stoff« hieß eine populäre Schrift Ludwig Büchners. 381 ibid. 382 I.e., p. 267 383 I.e., p. 270 384 ibid. 385 Cf. I.e., p. 13,145, 252,258, 264. 386 Cf. I.e., p. 241. 387 Cf. I.e., p. 64sq., 150. 388 Cf. I.e., p. 147,150,153. 389 Cf. I.e., 311-313. 390 Cf. I.e., p. 63. 70sq., 265. 391 Cf. l.c.,p. 309. 392 Cf. die Einleitung der Herausgeber zu den Grundrissen, In: MEGA U/1.1, Textband, Berlin, 1976, p. 16. 393 Cf. Brentel, Soziale Form ..., I.e., p. 175. 394 Cf. I.e., p. 177-180. 395 Cf. I.e., p. 136. 396 Cf. I.e., p. 134-137. 397 Cf. I.e., p. 188sq. 398 Cf. I.e., p. 273. 399 Cf. I.e., p. 137, 311. 400 Cf. I.e., p. 312. 401 Cf. I.e., p. 310, 402. 402 Cf. I.e., p. 268. 403 Cf. id., Kapital, I.e., p. 746. Sp. 1. 404 Cf. id., Soziale Form ..., I.e., p. 262,269. 405 Cf. I.e., p. 11,14,27. 406 Cf. ibid. 407 Das Wissen von der Erscheinung abstrakt-allgemeiner Arbeit im Gelde sei ein solcher Vorgriff. Denn die Wahrheit der Sache erweise sich, »wenn sie ... als Verhältnis der Waren und Arbeiten ... füreinander und zueinander aufgezeigt werden kann, wenn die erscheinenden Formen als durch einen Gesamtzusammenhang, durch ein ganz spezifisches Verhältnis der Produkte und Arbeiten selbst zueinander produziert begriffen sind.« I.e., p. 288 - Dies stellt so noch kein Differenzkriterium gegenüber der klassischen politischen Ökonomie dar. 408 Cf. I.e., p. 286. Marx sehe einen direkten Zusammenhang zwischen Gedanken- und Vergesellschaftungsform, heißt es entsprechend. Cf. ibid. Nur ist auf dieser Ebene die Differenz zu Sonn-Rethel nicht mehr auszumachen. Dies schon deshalb, weil der Modus unterschlagen. 409 Cf. I.e., p. 15,287. 410 Cf. I.e., p. 272. »Die Darstellung ist dialektische Entwicklung der Sache selbst und darin zugleich Rekonstruktion eines zureichenden Verständnisses der kritisierten ökonomischen Theorien«, ibid. Was ist hieran noch Kritik? 411 Id., Kapital, I.e., p. 754, Sp. 1 - Der Kritikbegriff widerspreche der Lesart Marxens als bloß konsequenteren Ricardianers. Cf. ibid. und p. 752, Sp. 2. 412 Marx greife auf die »Hegelsche Reflexions- und Begriffslogik 260
zurück« - I.e., p. 755, Sp. 2 -, heißt es entsprechend. Dies ist unbestritten, nur was ist im einzelnen darunter zu verstehen? Brentel geht hier von der absoluten Reflexion bei Fichte aus. »In diesem (dem Standpunkte der Philosophie) ist das Sich-Wissen des Wissens, das auf der Ebene der Tathandlung kein bestimmtes Wissen, sondern Unmittelbarkeit in Form in sich zurückgehender Tätigkeit meint, ... (somit) freie Tätigkeit«. Id., Die methodischen Prämissen ..., I.e., p. 93sq. Diese fichteanisch konzipierte Reflexion unterlegt er der Flegels, so daß bei diesem Reflexion erscheine als eine »Struktur, in der ein Subjekt sich gegenüber seinem Gegenstande als das ihm andere wie dadurch auf sich selbst bezieht und dadurch seines «Selbst« gewiß wird; so daß es schon in jener Struktur von Selbstbewußtsein liegt, sich von Gegenständlichkeiten befreien zu können«. I.e., p. 29 - Marx transponiere nicht einfach Hegels »absolutes Wissen« ins Gesellschaftliche, er formuliere vielmehr »ein Reflexionsmodell der Gesellschaft in sich« - I.e., p. 43 -, das auch Bewußtseinsebenen enthalte. Die »Reflexion als das Absolute, jenes sich als Schein wissende Sein« sei die »totalitätslogisch die Menschen beherrschende Abstraktion«: die abstrakte Arbeit. I.e., p. 56sq. 413 Id., Kapital, I.e., p. 755, Sp. 1 414 Marx bestimme »die bürgerliche Ökonomie ... als »System des Gegensatzes« (MEW 26.3, 491). Jene eigentümliche ökonomischsoziale Gegenständlichkeit in der bürgerlichen Gesellschaft - Wert, Geld, Kapital - sei konstitutiv so verfaßt, daß sie adäquat nur unter der anspruchsvollen Struktur des Hegeischen Gegensatz- und Widerspruchsbegriffs dargestellt werden kann. Ökonomische Gegenständlichkeit wird ... als selbstbezüglich und prozessual nur bestehen könnende spezifisch gesellschaftliche Gegenstandsdimension begriffen.« I.e., p. 755, Sp. 2 415 »Der Hegeischen Widerspruchsstruktur der »selbständigen Reflexionsbestimmungen« aus der Wissenschaft der Logik, der ausschließenden Verselbständigung von Substraten und gegensätzlichen Bestimmungen gegeneinander, korrespondiert bei Marx die Verselbständigung der beiden gesellschaftlichen Bestimmtheiten von Gebrauchswert und Wert gegeneinander wie gegen ihre Einheit, die die »Ware« bzw. im folgenden der Produktions- und Reproduktionsprozeß des Kapitals als gesellschaftlich prozessuale Einheit darstellt.« I.e., p. 755, Sp. 1 416 Brentel hatte bei der Smithschen Bestimmung des natürlichen Preises der Waren aus Rente, Lohn und Gewinn Smith eine Aporie attestiert, weil dieser zugleich eine Verteilungstheorie voraussetzen müsse. Cf. id., Soziale Form ..., I.e., p. 69. 417 Cf. I.e., p. 70. 418 Cf. I.e., p. 281. So richtig dies im Ansatz ist, so wenig überzeugend ist die Beschreibung des Verfahrens, das sich hier von einer klassischen rekonstruktiven Explikation kaum unterscheidet. 419 Brentel geht hier davon aus, daß Rekonstruktion logisch zu verstehen sei. Bei Hegel etwa gehe es um die »Rekonstruktion des Subjekts einer Identitätslogik«. Id., Die methodischen Prämissen ..., I.e., p. 39 - Bei Marx hingegen sei Rekonstruktion prinzipell praktisch gedacht. »Marx geht nicht von der abstrakten Möglich261
keit der Selbstreflexion aus, sondern die dialektisch-systematische Rekonstruktion von Geschichte steht unter dem praktische Primat einer Handlungsutopie, der Befreiung von Herrschaft.« I.e., p. 144, cf. I.e., p. 145,167. (Marx als Vorläufer Max Adlers!) 420 Id., Soziale Form ..., I.e., p. 287 421 Cf. I.e., p. 283. Der hier mit angesprochene Abstraktionsbegriff wird folgendermaßen beschrieben: Marx, indem er methodisch an Hegel anschließt, zentriert nach Brentel die Vielfalt unmittelbarer Erfahrung im »Begriff des Kapitals im allgemeinen«. »Diese Abstraktion, der Adäquation alles Besonderen an seinem Begriff, sagt Marx, hat in der kapitalistischen Gesellschaft Realität.« Id., Die methodischen Prämissen ... I.e., p.135 - Abstraktion sei wirklich. Die Wertabstraktion müsse als Bedingung der Möglichkeit der Selbstreflexivität abstraktiven Denkens gelten. Cf. I.e., p. 252. Nicht nur, daß hier eine Sohn-Rethelsche Umformulierung des BasisÜberbau-Theorems vorgenommen wird, sondern zugleich wird hier eine Zurücknahme Kantischer Kritik betrieben. 422 Id., Soziale Form ..., I.e., p. 281 - »Marx bedient sich der Hegeischen Methode der dialektischen Darstellung der Bewußtseinsverhältnisse, um durch die Darstellung hindurch die Kritik nicht nur am erscheinenden Wissen ... zu vollziehen, sondern die Kritik des Scheins in die Kritik des Wesens als des wesentlichen gesellschaftlichen Abstraktionsverhältnisses überzuführen. Die dialektische Darstellung expliziert Kritik in zweifacher Hinsicht: Kritik unmittelbar verdinglichter Bewußtseinsverhältnisse und zugleich die Kritik der diese konstitutierenden gesellschaftlichen Verhältnisse. Dieser Gang ... ist der abstrahierender Reflexion.« Id., Die methodischen Prämissen..., I.e., p. 127, cf. l.c, p. 129,141,173. 423 Id. Soziale Form ..., I.e., p. 288 - Der hierbei unterlegte Begriff des kategorialen Vorgriffs ist allerdings nicht formal bestimmt als bloße Schrittfolge, sondern mit Hegel als Bewegung des Begriffs, so »daß der Begriff, die begriffliche Abstraktion, jene absolute, nega-tive Macht ist, die Sein in das Dasein des Begriffs übersetzt hat.« Id., Die methodischen Prämissen..., I.e., p. 42 - Die Marxsche Variante dieser Bestimmung laute dann: »Die Bewegung des Begriffs, die in das absolute Wesen, »die Dialektik des reinen Ge-dankens< mündet, erfass(e) in mystifizierter Form das Wesen der Arbeit.« »Dem Absoluten als der Totalität der Arbeit des Begriffs korrespondiert die Totalität abstrakter Arbeit als Nexus bürgerlicher Gesellschaft. I.e., p. 54. 424 Id., Soziale Form ..., I.e., p. 288 425 I.e., p. 289 - Diese hat allerdings nur hypothetischen Charakter bei Marx, denn die Stufen der Bestimmung entsprechen nicht denen einer Positivierung. 426 I.e., p. 290 427 I.e., p. 306 428 »Die Marxsche Form-Entwicklung bedeutet so zum einen: rigorose Explikation der spezifischen Bestimmtheiten der Form«. I.e., p. 294 - Was aber bedeutet rigorose Explikation? 429 Formanalyse gründe sich in der Einsicht, daß die einfache Form »nur der noch nicht dechiffrierte Ausdruck eines stets schon entwickelten, voraussetzungsvollen und komplizierten gesellschaftlichen Produktions- und Reproduktionsverhältnisses« sei. 262
I.e., p. 293 - Insofern stellt Brentels Interpretation den Versuch einer vermittelten Ableitung aus einem Prinzip dar. Entwickelt werde das, »was >an sich* auch in den einfachen, abstrakten Formen immer schon liegt.« ibid. 430 Cf. I.e., p. 317. 431 I.e., p. 297 - Er handelt sich an dieser Stelle damit wieder das alte Problem ein, wie die adaequatio intellectus et rei zu denken sei. 432 I.e., p. 303 433 I.e., p. 304 434 ibid. 435 ibid. 436 ibid. Rückkehr zur Abbildtheorie. 437 I.e., p. 305 - Brentel folgt hier implicit den Engelsschen Vorgaben. 438 ibid. 439 ibid. 440 Bei dem Marxschen Verfahren sei der immanente Schluß von Bedeutung, weil er die Einlösung einer notwendigen Vermittlung provoziere. Der Vollzug des Übergangs sei dann als Schlußfolerung zu denken. Cf. I.e., p. 299.
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inen immanenten Übergang gebe es beim Wechsel von produktiver Konsumtion in der Zirkulation zu Austausch mit der Ware Arbeitskraft. Es gebe auch einen »explizite(n) Übergangs-schritt... als Gegensatz-Konstruktion« - I.e., p. 301 -, etwa bei Geld - Arbeit. Da es bei Marx aber keine produktive Konsumtion in der Zirkulatin gibt, so auch keinen Übergang zum Austausch von Geld gegen die Ware Arbeitskraft, da ja aas Verhältnis Geld-Arbeitskraft selbst in die Zirkulation fällt, ist also auch kein Gegensatz zu finden. 442 I.e., p. 298 - Gegen die akademische Theorie, die mit ihrer Konzentration auf das »Formelle« den »Form-Gehalt« vergißt, womit für Brentel eine »Form-Grund-Verkehrung« - I.e., p. 243 stattgefunden habe, sei festzuhalten, »daß sich am fortgeschrittensten Entwicklungspunkt formeller Problemformulierunen ein methodischer »Umschlag* in die inhaltliche Einlösung ieser Forderungen ergeben« könne, der »seine Gründe und Voraus-setzungen darin (habe), daß die Form als eigentlich Inhaltliches real immer schon vorausgesetzt« sei. I.e., p. 302 - Das Ziel und die »Bedingung der Möglichkeit der »dialektischen* Darstellung« - ibid. - Marxens sei der Übergang vom Formellen zum Inhalt. Weil G-G' der »Inhalt der Formbewegung« - ibid. -, könne Geld zm Kapital übergehen. 443 »Der entscheidende Fortgang der Analyse der Form wäre so als ... ein »Übergang* im Sinne einer Versetzung der Perspektive im Rückgang - von der Form der Zirkulation - in den Grund spezifischer gesälschaftlicher Produktions-Verhältnisse zu charakterisieren.« I.e. 299 - Der Marxsche »Rückgang in den Grund (sei) aber eben der Rückgang von der Sphäre der einfach erscheinenden Bestimmungen der einfachen Zirkulation in die Sphäre der Produktion, in höchst spezifische Produktionsverhältnisse: in die »sie produzierenden tieferen Prozesse des industriellen Kapitals*.« I.e., p. 270 - Auch dies ist als Schluß nicht ausgewiesen. 444 ibid. 445 Cf. I.e., p. 292.
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Anmerkungen zu: Diethard Behrens, Der Kritische Gehalt der Marxschen Wertformanalyse * 1
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Der Aufsatz entstand in seinen Grundzügen im Winter 1990-1991. Cf. Roman Rosdolsky, Zur Entstehungsgeschichte des Marxschen »Kapital«, Frankfurt/Köln 1968, und Walter Euchner, Alfred Schmidt (Eds.), Kritik der Politischen Ökonomie heute. 100 Jahre »Kapital«, Frankfurt 1968. Cf. Witali Solomonowitsch Wygodski, Die Geschichte einer großen Entdeckung. Über die Entstehung des Werkes »Das Kapital« von Karl Marx, Berlin 1967 (Moskau 1965), id., Wie »Das Kapital« entstand, Frankfurt 1976 (Moskau 1970) und zur deutschsprachigen Literatur: Hans-Georg Backhaus, Materialien zur Rekonstruktion der Marxschen Werttheorie 3, in: Gesellschaft. Beitrage zur Marxschen Theorie 11, Frankfurt 1978, p. 16-117. Cf. exemplarisch: Gerhard Göhler, Die Reduktion der Dialektik durch Marx, Stuttgart 1980, Ulrich Krause, Geld und abstrakte Arbeit. Über die analytischen Grundlagen der Politischen Ökonomie, Frankfurt/New York 1979, und Ulrich Steinvorth, Eine analytische Interpretation der Marxschen Dialektik, Meisenheim 1977. Cf. Helmut Reichelt, Zur logischen Struktur des Kapitalbegriffs bei Karl Marx, Frankfurt 1970, Hans-Georg Backhaus, Zur Dialektik der Wertform, in: Alfred Schmidt (Ed.), Beiträge zur marxistischen Erkenntnistheorie, Frankfurt 1969, p. 128-152, id., Materialien zur Rekonstruktion der Marxschen Werttheorie, in: Gesellschaft 1, Frankfurt 1974, p. 52-77; id., Materialien zur Rekonstruktion der Marxschen Werttheorie 2, in: Gesellschaft 3, Frankfurt 1975, p. 122-159 und id., Materialien ... 3, I.e. Eine solche Auseinandersetzung scheint auch nur sinnvoll, wenn die theoretische Interpretation der ersten Kapitel, die Marxsche Philosophie und politische Optionen als Einheit in der jeweiligen Perspektive der einzelnen Fraktionen und Schulen darstellbar sind. Statt einer systematischen Kritik der Literatur also eigene Interpretation. Backhaus, Materialien ... 2, I.e., p. 123 Betont man diese, so ist zugleich bezüglich des Materials eine gesichtige Eingrenzung vorgenommen: Als primäre Quellen werden die zwei Auflagen des »Kapital I« benutzt, während die »Grundrisse«, »Zur Kritik« und die »Randglossen« für diese Argumentation nur unterstützende Funktion haben. Cf. Karl Marx, Grundrisse der Kritik der Politischen Ökonomie, incl.: Fragment des Urtextes, Berlin 1974 (Gr), id., Zur Kritik der Politischen Ökonomie, in: MEW 13, Berlin 1972, p. 2-160 (ZK), id., Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie, Erster Band, Hildesheim 1980 (C I), id., Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie, Erster Band, MEW 23, Berlin 1970 (K I) und id., Randglossen zu Adolph Wagners »Lehrbuch der politischen Ökonomie«, in: MEW 19, Berlin 1969, p. 355-383 (Randglossen). Dieser wird kritisch Kommentiert in den »Theorien über den Mehrwert«. Cf. id., Theorien über den Mehrwert, 3 Bde., MEW 26.1-3, Berlin 1967.
9 Cf. Gr, p. 35-73. 10 C I, p. 1, K I, p. 49, cf. ZK, p. 15. »Wovon ich ausgehe, ist die einfachste gesellschaftliche Form, worin sich das Arbeitsprodukt in der jetzigen Gesellschaft darstellt, und das ist die >WareUrsache< (d.i. Grund) der Ideen im Geist des Menschen ist, so ist Gott Ursache aller Dinge«, ibid. Cf. I.e., p. 189. Hierbei ist die Differenz zwischen »Geschaffenem« und »Erschaffung« zu beachten. Erschaffung meint »die unendliche und ewige Aktion der Substanz, so daß die geschaffenen Dinge als Aktualisierungen der göttlichen Potenz aufzufassen sind.« I.e., p. 256, n.29 Cf. I.e., p. 189 Sie ist »Erkennen als Teil des Erkennenden am Erkannten« und insofern Gottes. Cf. I.e., p. 192. ibid. »Wer das Absolute erkennt, der erkennt zugleich, daß er, wie alles Besondere, nur im Absoluten sein kann. Die absolut unendliche Substanz erkennen und sich ihr angehörig erkennen, ist daher ein und dasselbe.« ibid. »Dieses Verhältnis des Besonderen zur absolut unendlichen Substanz ist gemeint, wenn Spinoza das intuitive Wissen >rerum singularium cognitio* (II, 303) nennt. Es handelt sich nicht um die Erkenntnis des Besonderen als solchem, sondern in Abhängigkeit vom Absoluten.« I.e., p. 254sq., n. 17 I.e., p. 193 Spinoza, Ethik I, hier n. Brugger, Substanz, p. 1453 Rod, Spinoza, p. 195 I.e., p. 193 Cf. ibid. »Die Unendlichkeit Gottes ist nach Spinoza absolute Unendlichkeit, d.i. die Abwesenheit jeglicher Negation bzw. Einschränkung.« ibid. Immanuel Kant, Kritik der reinen Vernunft, Wiesbaden 1956, A144 - cf. I.e., A182. KrV, B 225 KrV, A189 Cf. ibid. Cf. Brugger, Substanz, p. 1453. Kant, KrV, A 32 KrV, A 34 »Es gibt also für dieses absolute Ich kein Objekt, denn umsonst wäre nicht alle Realität in ihm; ein Bewußtsein ohne Objekt ist aber nicht denkbar, und wenn ich selbst dieses Objekt bin, so bin ich als solches absolut. Also ist in dem absoluten Ich kein Bewußtsein denkbar, als absolutes Ich habe ich kein Bewußtsein, und insofern ich kein Bewußtsein habe, insofern bin ich (für mich) nichts, also das absolute Ich ist (für mich) Nichts.« Friedrich Hölderlin, Brief an Hegel vom 26.1.1795, in: Briefe von und an Hegel Bd. I, hg. v. Johannes Hoffmeister, Hamburg 1969 3°, p. 19sq. Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Phänomenologie des Geistes, Vorrede, Frankfurt 1970, p. 23, Abs. 18, cf. I.e., p. 28, Abs. 25. I.C., p. 23 267
63 I.e., p. 28 64 Cf. I.e., p. 36, Abs. 33. 65 »Aber die Substanz ist selbst wesentlich das Negative, teils als Unterscheidung und Bestimmung des Inhalts, teils als ein einfaches Unterscheiden, d.h. als Selbst und Wissen überhaupt.« I.e., p. 40, Abs. 39 66 ibid. Hegel, PhdG, Das absolute Wissen, p. 584, Abs. 12 67 »Die Zeit erscheint daher als das Schicksal und die Notwendigkeit des Geistes, der nicht in sich vollendet ist, - die Notwendigkeit, den Anteil, den das Selbstbewußtsein an dem Bewußtsein hat, zu bereichern, die Unmittelbarkeit des Ansich - die Form, in der die Substanz im Bewußtsein ist - in Bewegung zu setzen oder umgekehrt, das Ansich als das Innerliche genommen, das, was erst innerlich ist, zu realisieren und zu offenbaren, d.h. es der Gewißheit seiner selbst zu vindizieren.« I.e., 584sq. 68 Dieter Wandschneider, Raum, Zeit, Relativität. Grundbestimmungen der Physik in der Perspektive der Hegeischen Naturphilosophie, Frankfurt 1982, p. 71 69 I.e., p. 72 70 »Denn die Erfahrung ist eben dies, daß der Inhalt - und er ist der Geist - an sich, Substanz und also Gegenstand des Bewußtseins ist. Diese Substanz aber, die der Geist ist, ist das Werden seiner zu dem, was er an sich ist, und erst als dies in sich reflektierende Werden ist er an sich in Wahrheit der Geist. Er ist an sich die Bewegung, die das Erkennen ist, - die Verwandlung jenes Ansichs in das Fürsich, der Substanz in das Subjekt, des Gegenstandes des Bewußtseins in Gegenstand des Selbstbewußtseins, d.h. in ebensosehr aufgehobenen Gegenstand oder in den Begriff.« Hegel, PhdG, Das absolute Wissen, p. 585, Abs. 13 71 »Insofern der Geist also notwendig dieses Unterscheiden in sich ist, tritt sein Ganzes angeschaut seinem einfachen Selbstbewußtsein gegenüber; und da also jenes das Unterschiedene ist, so ist es unterschieden in seinen reinen Begriff, in die Zeit, und in den Inhalt oder in das Ansich; die Substanz hat, als Subjekt, die erste innere Notwendigkeit an ihr, sich an ihr selbst als das darzustellen, was sie an sich ist, als Geist. Die vollendete gegenständliche Darstellung ist erst zugleich die Reflexion derselben oder das Werden derselben zum Selbst.« ibid. 72 CI, p. 3sq. - »Im Austauschverhältnis der Waren selbst erschien uns ihr Tauschwert als etwas von ihren Gebrauchswerten durchaus Unabhängiges. Abstrahiert man nun wirklich vom Gebrauchswert der Arbeitsprodukte, so erhält man ihren Wert .... Das Gemeinsame, was sich im Austauschverhältnis oder Tauschwert der Ware darstellt, ist also ihr Wert.« KI, p. 53 73
C I, p. 4
74 Randglossen, p. 358 (Hervorh. v. V.) 75 Cf. Adam Smith, Der Wohlstand der Nationen, München 1978, p. 19, 22sq. und: »Man sollte zunächst bedenken, daß das Wort Wert zwei voneinander abweichende Bedeutungen hat. Es drückt manchmal die Nützlichkeit einer Sache aus, manchmal die Fähigkeit, mit Hilfe eines solchen Gegenstandes andere Güter im Tausdr zu erwerben, eine Fähigkeit, die sein Besitz verleiht. Den einen kann man »Gebrauchswert* nennen, den anderen »Tauschwert*.« 268
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I.e., p. 27, zur arbeitstheoretischen Argumentation cf. p. 28, zur Tauschwertargumentation cf. I.e., p. 29sq. Cf. KI, p. 52. C I, p. 4 - Was übrig geblieben bei dieser Abstraktion ist eine »gespenstische Gegenständlichkeit, eine bloße Gallerte unterschiedsloser menschlicher Arbeit, d.h. der Verausgabung menschlicher Arbeitskraft ohne Rücksicht auf die Form ihrer Verausgabung. Diese Dinge stellen nur noch dar, daß in ihrer Produktion menschliche Arbeit verausgabt, menschliche Arbeit aufgehäuft ist. Als Kristalle dieser ihnen gemeinschaftlichen Substanz sind sie Werte - Warenwerte.« KI, p. 52 C I, p. 4, cf. KI, p. 51. »Wie nun die Größe seines Werts messen? Durch das Quantum der in ihm enthaltenen »wertbildenden Substanz«, der Arbeit. Die Quantität der Arbeit selbst mißt sich an ihrer Zeitdauer, und die Arbeitszeit besitzt wieder ihren Maßstab an bestimmten Zeitteilen, wie Stunde, Tag usw.« KI, p. 53 C I, p. 4 - »Die Arbeit jedoch, welche die Substanz der Werte bildet, ist gleiche menschliche Arbeit, Verausgabung derselben menschlichen Arbeitskraft. Die Gesamtarbeitskraft der Gesellschaft ... gilt hier als eine und dieselbe menschliche Arbeitskraft, obgleich sie aus zahllosen individuellen Arbeitskräften besteht.« KI, p. 53, cf. CI, p. 5. Daß diese Arbeit als gleiche eine Fiktion darstellt, die an der Arbeit keine Realität hat, erklärt sich weiter im Folgenden: »Es ist also nur das Quantum gesellschaftlich notwendiger Arbeit ..., welche seine Wertgröße bestimmt. Die einzelne Ware gilt hier überhaupt als Durchschnittsexemplar ihrer Art. ... Der Wert einer Ware verhält sich zum Wert jeder anderen Ware wie die zur Produktion der einen notwendigen Arbeitszeit zu der für die Produktion der andren notwendigen Arbeitszeit.« KI, p. 54, cf. CI, p. 5. Auch statistisch läßt sich hier keine genauere Quantitätsbestimmung vornehmen, weil Mittelwertbestimmung und Wahrscheinlichkeit sich wechselseitig negativ beeinflussen. Bei der statistischen Glockenfunktion sinkt bekanntlich die Wahrscheinlichkeit, je mehr man sich dem Mittelwert nähert. KI, p. 53 Cf. hier die Proudhonkritik von Marx als Kritik an einem prämonetären Arbeitstauschmodell, entsprechend: Gr, p. 37-79. Cf. C I, p. 7, KI, p. 56 und 57. I.e., p. 58 - »Die Gebrauchswerte Rock, Leinwand usw., kurz die Warenkörper, sind Verbindungen von zwei Elementen, Naturstoff und Arbeit. Zieht man die Gesamtsumme aller verschiednen nützlichen Arbeiten ab, die in Rock, Leinwand usw. stecken, so bleibt stets ein materielles Substrat zurück, das ohne Zutun des Menschen von Natur vorhanden ist. Der Mensch kann in seiner Produktion nur verfahren, wie die Natur selbst, d.h. nur die Formen der Stoffe ändern.« I.e., p. 57 I.e., p. 58 - In bezug auf Argumentationen, die von einer Reduktion von Tauschwerten auf die Substanz der Arbeit ausgehen, grenzt sich Marx jedoch ab. C.f. Marx, Randglossen, p. 358 Cf. KI, p. 57. »Sieht man von der Bestimmtheit der produktiven Tätigkeit und 269
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daher vom nützlichen Charakter der Arbeit ab, so bleibt das an ihr, daß sie eine Verausgabung menschlicher Arbeitskraft ist. Schneiderei und Weberei, obgleich qualitativ verschiedne Tätigkeiten, sind beide produktive Verausgabung von menschlichem Hirn, Muskel, Hand usw., und in diesem Sinn beide menschliche Arbeit.« I.e., p. 58sq. - »Der Wert der Ware aber stellt menschliche Arbeit schlechthin dar, Verausgabung einfacher Arbeitskraft überhaupt.... (Die Arbeit) ist Verausgabung einfacher Arbeitskraft, die im Durchschnitt jeder gewöhnliche Mensch, ohne besondere Entwicklung, in seinem leiblichen Organismus besitzt. Die einfache Durchschnittsarbeit selbst wechselt zwar in verschiednen Ländern und Kulturepochen ihren Charakter, ist aber in einer vorhandnen Gesellschaft gegeben. Kompliziertere Arbeit gilt nur als potenzierte oder vielmehr multiplizierte einfache Arbeit, so daß ein kleineres Quantum komplizierter Arbeit gleich einem größeren Quantum einfacher Arbeit. Daß diese Reduktion beständig vorgeht, zeigt die Erfahrung. Eine Ware mag das Produkt der kompliziertesten Arbeit sein, ihr Wert setzt sie dem Produkt einfacher Arbeit gleich und stellt daher selbst nur ein bestimmtes Quantum einfacher Arbeit dar.« I.e., p. 59, cf C I, p. 10. (Hervorh. v. V.) »Wie die Gebrauchswerte Rock und Leinwand Verbindungen zweckbestimmter, produktiver Tätigkeiten mit Tuch und Garn sind, die Werte Rock und Leinwand dagegen bloße gleichartige Arbeitsgallerten, so gelten auch die in diesen Werten enthaltenen Arbeiten nicht durch ihr produktives Verhalten zu Tuch und Garn, sondern nur als Verausgabungen menschlicher Arbeitskraft. Bildungselemente der Gebrauchswerte Rock und Leinwand sind Schneiderei und Weberei eben durch ihre verschiednen Qualitäten; Substanz des Rockwerts und Leinwandwerts sind sie nur, soweit von ihrer besondren Qualität abstrahiert wird und beide gleiche Qualität besitzen, die Qualität menschlicher Arbeit.« K I, p. 59sq. I.e., p. 60, cf. CI, p. 12. KI, p. 60 »Da die Produktivkraft der konkreten nützlichen Form der Arbeit angehört, kann sie natürlich die Arbeit nicht mehr berühren, sobald von ihrer konkreten nützlichen Form abstrahiert wird. Dieselbe Arbeit ergibt daher in denselben Zeiträumen stets dieselbe Wertgröße, wie immer auch die Produktivkraft wechsle. Aber sie liefert in demselben Zeitraum verschiedne Quanta Gebrauchswerte ... . Derselbe Wechsel der Produktivkraft, der die Fruchtbarkeit der Arbeit und daher die Masse der von ihr gelieferten Gebrauchswerte vermehrt, vermindert also die Wertgröße dieser vermehrten Gesamtmasse, wenn er die Summe der zu ihrer Produktion notwendigen Arbeitszeit abkürzt.« I.e., p. 61, cf. CI, p. 13 und KI, p. 61. Cl, p. 13 Aristoteles verweist darauf, daß der Austausch nicht ohne die Gleichheit der Waren, die Gleichheit aber nicht ohne Kommensurabilität. Marx sagt hier, daß Aristoteles »am Mangel des Wertbegriffs« scheitert. Er verweist selbst hier darauf, daß »in der Form der Warenwerte alle Arbeiten als gleiche menschliche Arbeit ... ausgedrückt« sind. K I, p. 74. Erst im Rekurs auf ein Zugrundliegendes, jene abstrakte Arbeit, läßt sich das Maß-stabsproblem
und mit ihm das Kommensurabilitätsproblem lösen. Diese abstrakte Arbeit ist aber Resultat einer Abstraktion, ist Substanz wie der Wert. 94 Cf. Randglossen, p. 358. 95 KI, p. 62 96 ibid. Die hier unterstellte merkwürdige Gleichsetzung von Wertgegenständlichkeit und Wertverhältnis wird im Gang der Darstellung durchsichtig. Die gemeinsame Wertform der Waren tritt hervor in der Geldform, deren Genesis es zu erklären gilt. Cf. ibid. Für beide - Ware und Geld - als Momente der Erscheinungsform der einfachen Zirkulation sind Voraussetzungen gemacht, die erst später systematisch eingeführt werden: Wareneigentümer, Rechts-, Vertragsverhältnisse, die Reduktion der Menschen auf Warenbesitzer, das Agieren der Menschen als Charaktermasken und nicht zuletzt die Rolle des Staates. Cf. mit Ausnahme der letzteren K I, p. 99sq. 97 »Das einfachste Wertverhältnis ist offenbar das Wertverhältnis einer Ware zu einer einzigen verschiedenartigen Ware, gleichgültig welcher. Das Wertverhältnis zweier Waren liefert daher den einfachsten Wertausdruck für eine Ware.« KI, p. 62 98 »Die Leinwand drückt ihren Wert aus im Rock, der Rock dient zum Material dieses Wertausdrucks. Die erste Ware spielt eine aktive, die zweite eine passive Rolle.« KI, p. 63 99 ibid. Es ist also nicht irgendein Verhältnis, eine Relation der Waren, die hier betrachtet wird, sondern der Wertausdruck macht die Beziehung der einen Ware auf die andere deutlich als Beziehung eines Subjekts auf ein Objekt, an dem es sich darstellt. Diese Beziehung ist als Willensbezienung genuines Vertragsverhältnis. 100 ibid. »Dieselbe Ware kann also in demselben Wertausdruck nicht gleichzeitig in beiden Formen auftreten. Diese schließen sich vielmehr polarisch aus.« ibid. 101 Anhang, C I, p. 765 102 Cf. KI, p. 63. 103 Cf. I.e., p. 765sq. 104 I.e., p. 766 105 Meist wird, sagt Marx, »im Wertverhältnis nur die Proportion« jsehen, aber dabei nicht bedacht, »daß die Größen verschiedener inge erst quantitativ vergleichbar werden nach ihrer Reduktion auf dieselbe Einheit.« KI, p. 64 106 »In diesem Verhältnis gilt der Rock als Existenzform von Wert, als Wertding, denn nur als solches ist er dasselbe wie die Leinwand. Andrerseits kommt das eigne Wertsein der Leinwand zum Vorschein oder erhält einen selbständigen Ausdruck, denn nur als Wert ist sie auf den Rock als Gleichwertiges oder mit ihr Austauschbares bezüglich.« ibid. 107 KI, p. 65 108 ibid. 109 ibid. 110 Cf. ibid. 111 ibid. 112 »Im Wertverhältnis der Leinwand gilt der Rock als ihr qualitativ Gleiches, als Ding von derselben Natur, weil er ein Wert ist. Er gilt hier daher als ein Ding, worin Wert erscheint oder welches in seiner
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handgreiflichen Naturalform Wert darstellt.« KI, p. 66 113 ibid. 114 »Im Wertverhältnis, worin der Rock das Äquivalent der Leinwand bildet, gilt also die Rockform als Wertform. Der Wert der Ware Leinwand wird daher ausgedrückt im Körper der Ware Rock, der Wert einer im Gebrauchswert einer andren. Als Gebrauchswert ist die Leinwand ein vom Rock sinnlich verschiednes Ding, als Wert ist sie >Rockgleiches< und sieht daher aus wie ein Rock. So erhält sie eine von ihrer Naturalform verschiedne Wertform.« ibid. 115 K I, p. 67 - »Vermittelst des Wertverhältnisses wird also die Naturalform der Ware B zur Wertform der Ware A oder der Körper der Ware B zum Wertspiegel der Ware A. Indem sich die Ware A auf die Ware B als Wertkörper bezieht, als Materiatur menschlicher Arbeit, macht sie den Gebrauchswert B zum Material ihres eignen Wertausdrucks. Der Wert der Ware A, so ausgedrückt im Gebrauchswert der Ware B, besitzt die Form des relativen Werts.« ibid. Entsprechend heißt es: »Indem sie die andre Waare sich als Werth gleichsetzt, bezieht sie sich auf sich selbst als Werth. Indem sie sich auf sich selbst als Werth bezieht, unterrscheidet sie sich zugleich von sich selbst als Werth als Gebrauchswerth. Indem sie ihre Werthgröße - und Werthgröße ist beides, Werth überhaupt und quantitativ gemessner Werth - im Rocke ausdrückt, giebt sie ihrem Werthsein eine von ihrem unmittelbaren Dasein unterschiedne Werthform. Indem sie sich so als ein in sich selbst Differenziertes darstellt, stellt sie sich erst wirklich als Waare dar - nützliches Ding, das zugleich Werth ist. ... Eigne, vom Gebrauchswerth unterschiedne Form erhält der Werth daher nur durch seine Darstellung als Tauschwerth.« C I, p. 16sq. 116 »Man hat gesehn: Indem eine Ware A (die Leinwand) ihren Wert im Gebrauchswert einer verschiedenartigen Ware B (dem Rock) ausdrückt, drückt sie letzterer selbst eine eigentümliche Wertform auf, die des Äquivalents.... Die Leinwand drückt also in der Tat ihr eignes Wertsem dadurch aus, daß der Rock unmittelbar mit ihr austauschbar ist. Die Äquivalentform einer Ware ist folglich die Form ihrer unmittelbaren Austauschbarkeit mit anderer Ware.« KI, p. 70 117 ibid. Die Explikation des Maßstabs ist hier weiterhin unmöglich. »Die Äquivalentform einer Ware enthält vielmehr keine quantitative Wertbestimmung.« ibid. 118 ibid. 119 »Die Naturalform der Ware wird zur Wertform. Aber, notabene, dies Quidproquo ereignet sich für eine Ware B ... nur innerhalb des Wertverhältnisses, worin eine beliebige andre Ware A... zu ihr tritt, nur innerhalb dieser Beziehung.« KI, p. 71 120 »... der Rock im Wertausdruck der Leinwand eine übernatürliche Eigenschaft beider Dinge vertritt: ihren Wert, etwas rein Gesellschaftliches.« ibid. 121 »Indem die relative Wertform einer Ware, z.B. der Leinwand, ihr Wertsein als etwas von ihrem Körper und seinen Eigenschaften durchaus Unterschiedenes ausdrückt, z.B. als Rockgleiches, deutet dieser Ausdruck selbst an, daß er ein gesellschaftliches Verhältnis verbirgt. Umgekehrt mit der Äquivalentform. Sie besteht ja gerade 272
darin, daß ein Warenkörper, wie der Rock, ... Wert ausdrückt, also von Natur Wertform besitzt. Zwar gilt dies nur innerhalb des Wertverhältnisses, worin die Leinwandware auf die Rockware als Äquivalent bezogen ist. Da aber Eigenschaften eines Dings nicht aus seinem Verhältnis zu andern Dingen entspringen, sich vielmehr in solchem Verhältnis nur betätigen, scheint auch der Rock seine Äquivalentform, seine Eigenschaft unmittelbarer Austauschbarkeit, ebensosehr von Natur zu besitzen wie seine Eigenschaft, schwer zu sein oder warm zu halten. Daher das Rätselhafte der Äquivalentform, das (dem) politischen Ökonomen erst (entgegentritt), sobald diese Form ihm fertig gegenübertritt im Geld.« KI, p. 71sq. An anderer Stelle heißt es: »... daß in der Entwicklung der Wertform der Ware, in letzter Instanz ihrer Geldform, also des Geldes, der Wert einer Ware sich darstellt im Gebrauchswert der andern Ware«. Randglossen, p. 370 122 Cf. KI, p. 72 123 KI, p. 73 - Es handelt sich hier zwar um unterschiedliche, aber nicht im strikt logischen Sinne kontradiktorische Bestimmungen. Die Marxsche Redeweise macht nur einen Sinn vor dem Hintergrund des Gegensatzes von abstrakt und konkret. 124 »Indem aber diese konkrete Arbeit ... als bloßer Ausdruck unterschiedsloser menschlicher Arbeit gilt, besitzt sie die Form der Gleichheit mit andrer Arbeit,... und ist daher, obgleich Privatarbeit, wie alle andre, Waren produzierende Arbeit, dennoch Arbeit in unmittelbar gesllschaftlicher Form. Ebendeshalb stellt sie sich dar in einem Produkt, das unmittelbar austauschbar mit andrer Ware ist.« ibid. 125 ibid. 126 Diese Gleichsetzung gilt es als historische zu erklären. Cf. KI, p. 74. Es ist dabei zu beachten, daß nicht die konkreten Arbeiten gleichgesetzt werden, sondern daß »in der Form der Warenwerte alle Arbeiten als gleiche menschliche Arbeit« - ibid. - gelten. 127 ibid. Die quantitative Proportion ist zwar als wechselseitig unterstellt, jedoch hier nicht bestimmt, weil es sich immer noch um zwei Wertausdrücke handelt. 128 Cf. KI, p. 75. 129 »Die nähere Betrachtung des im Wertverhältnis zur Ware B enthaltenen Wertausdrucks der Ware A hat gezeigt, daß innerhalb desselben die Naturalform der Ware A nur als Gestalt von Gebrauchswert, die Naturalform der Ware B nur als Wertform oder Wertgestalt gilt. Der in der Ware eingehüllte innere Gegensatz von Gebrauchswert und Wert wird also dargestellt durch einen äußeren Gegensatz, d.h. durch das Verhältnis zweier Waren, worin die eine Ware, deren Wert ausgedrückt werden soll, unmittelbar nur als Gebrauchswert, die andre Ware hingegen, worin Wert ausgedrückt wird, unmittelbar nur als Tauschwert gilt. Die einfache Wertform einer Ware ist also die einfache Erscheinungsform des in ihr enthaltenen Gegensatzes von Gebrauchswert und Wert.« K I, p. 75sq. 130 Cf. KI, p. 76. 131 C I, p. 16 - Die quantitative Bestimmung der Wertgröße gilt aber als notwendige Bedingung des Austauschs. 273
132 Das Wertverhältnis impliziert notwendig die Differenz gegen die Wertabstraktion, weil es ihr Anderes. Als Inneres muß jenes sich äußern in einer doppelten widersprüchlichen Form, die ihr Prozessieren veranlaßt. 133 CI, p. 23 134 I.e., p. 24 135 »Es wird offenbar, dass nicht der Austausch die Werthgrösse der Waare, sondern umgekehrt die Wertgrösse der Waare ihre Austauschverhältnisse regulirt.« I.e., p. 25 136 »In der endlosen, stets verlängerbaren Reihe ihrer relativen Werthausdrücke bezieht sich die Leinwand auf alle möglichen Waarenkörper als blosse Erscheinungsformen der in ihr selbst enthaltenen Arbeit. Hier ist der Leinwand-Werth daher erst wahrhaft dargestellt als Werth, d.h. Krystall menschlicher Arbeit überhaupt.« ibid. 137 ibid. 138 Cf. CI, p. 25sq. 139 Die erste Form enthielt, »dass der Rockwerth durch seinen Ausdruck in einer andern Waare eine vom Gebrauchswerth Rock oder dem Rockkörper selbst unterschiedne und unabhängige Form erhält. Jetzt stellt dieselbe Form den Rock auch allen andern Waaren gegenüber als Werth dar und ist daher seine allgemein gültige Werthform.« I.e., p. 26 140 ibid. 141 »Alle stellen sich so einander als dieselbe Materiatur menschlicher Arbeit dar.« ibid. 142 »Sie sind nur noch quantitativ verschieden, wesswegen 1 Rock, u Kaffee, x Eisen u.s.w., d.h. verschiedne Quanta dieser verschiednen Dinge = 20 Ellen Leinwand, gleich demselben Quantum vergegenständlichter menschlicher Arbeit. Durch ihren gemeinschaftlichen Werthausdruck im Material Leinwand unterscheiden sich also alle Waaren als Tauschwerthe von ihren eignen Gebrauchswerthen und beziehn sich zugleich auf einander als Werthgrößen, setzen sich qualitativ gleich und vergleichen sich quantitativ.« ibid. 143 ibid. 144 ibid. 145 C I, p. 26sq. »Ihr gegenüber gilt keine einzelne Waarenart noch als Aequivalent schlechthin, wie im einzelnen Aequivalent, sondern nur als besondres Aequivalent, wovon das eine das andre ausschließt.« I.e., p.27 146 Cf. C I, p. 23. 147 I.e., p. 27 148 »Wie die Leinwand daher einzelnes Aequivalent wurde, dadurch dass sich eine andre Waare auf sie als Erscheinungsform des Werths bezog, so wird sie als allen Waaren gemeinschaftliche Erscheinungsform des Werths das allgemeine Aequivalent, allgemeiner Wertleib, allgemeine Materiatur der abstrakten menschlichen Arbeit. Die in ihr materialisirte besondre Arbeit gilt daher jetzt als allgemeine Verwirklichungsform der menschlichen Arbeit, als allgemeine Arbeit.« ibid. 149 »Als Werthe sind die Waaren Ausdrücke derselben Einheit, der abstrakten menschlichen Arbeit. In der Form des Tauschwerths erscheinen sie einander als Werthe und beziehn sich auf einander 274
als Werthe. Sie beziehn sich damit zugleich auf die abstrakte menschliche Arbeit als ihre gemeinsame gesellschaftliche Substanz. Ihr gesellschaftliches Verhältnis besteht ausschliesslich darin einander als nur quantitativ verschiedne, aber qualitativ gleiche und daher durch einander ersetzbare und mit einander vertauschbare Ausdrücke dieser ihrer gesellschaftlichen Substanz zu gelten.« I.e., p. 28 150 »Als nützliches Ding besitzt eine Waare gesellschaftliche Bestimmtheit, soweit sie Gebrauchswerth für andere ausser ihrem Besitzer ist, also gesellschaftliche Bedürfnisse befriedigt. Aber gleichgültig, auf wessen Bedürfnisse ihre nützlichen Eigenschaften sie beziehn, sie wird durch dieselben immer nur auf menschliche Bedürfnisse bezogener Gegenstand, nicht Waare für andere Waaren.« ibid. 151 »Nur was blosse Gebrauchsgegenstände in Waaren verwandelt, kann sie als Waaren auf einander beziehn und daher in gesellschaftlichen Rapport setzen. Es ist diess aber ihr Werth. Die Form, worin sie sich als Werthe, als menschliche Arbeitsgallerte gelten, ist daher ihre gesellschaftliche Form. Gesellschaftliche Form der Waare und Werthform oder Form der Austauschbarkeit sind also eins und dasselbe. Ist die Naturalform einer Waare zugleich Werthform, so besitzt sie die Form unmittelbarer Austauschbarkeit mit andern Waaren und daher unmittelbar gesellschaftliche Form.« ibid. 152 »Wenn also im einfachen relativen Werthausdruck nicht die Waare, die ihre Werthgrösse ausdrückt, sondern die Waare, worin Werthrösse ausgedrückt wird, die Form unmittelbarer Austauscharkeit, Aequivalentform, also unmittelbar gesellschaftliche Form erhält, so gilt dasselbe für den allgemeinen relativen Werthausdruck.« I.e., p. 29 - Hier findet aber gleichmäßige und gegenseitige Entwicklung der Ware nicht mehr statt, denn: »Allgemein ist die relative Werthform des Rocks nur, weil sie zugleich die relative Werthform aller andern Waaren. Was vom Rock, gilt vom Kaffee u.s.w. Es folgt daher, dass die allgemeine relative Werthform der Waaren sie selbst von der allgemeinen Aequivalentform ausschliesst. Umgekehrt ist eine Waare, wie Leinwand, sobald sie die allgemeine Aequivalentform besitzt, von der allgemeinen relativen Werthform ausgeschlossen.« ibid. Cf. KI, p. 82, 83 und C I, p. 30. 153 ibid. 154 ibid. 155 ibid. 156 ibid. 157 »Sie besitzen also nicht die Form unmittelbarer Austauschbarkeit für einander oder ihre gesellschaftliche Form ist eine vermittelte.« ibid. Wertgröße sich also nur im Verhältnis zu dieser darstellt. 158 ibid. Cf. KI, p. 81. 159 C I,p- 31 160 ibid. »Als unmittelbar gesellschaftliche Materiatur der Arbeit ist die Leinwand, das allgemeine Aequivalent, Materiatur unmittelbar gesellschaftlicher Arbeit, während die andern Waarenkörper, welche ihren Werth in Leinwand darstellen, Materiaturen nicht unmittelbar gesellschaftlicher Arbeiten sind.« ibid.
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161 Cf. I.e., p. 33. 162 ibid.
163 »Die allgemeine Aequivalentform kommt immer nur einer Waare zu im Gegensatz zu allen andern Waaren; aber sie kommt jeder Waare im Gegensatz zu allen andern zu.« I.e., p. 34 164 ibid. Hier ist der Gegensatz zum Widerspruch fortgegangen. 165 »Die Privatproduzenten treten erst in gesellschaftlichen Contakt vermittelst ihrer Privatprodukte, der Sachen. Die gesellschaftlichen Beziehungen ihrer Arbeiten sind und erscheinen daher nicht als unmittelbar gesellschaftliche Verhältnisse der Personen in ihren Arbeiten, sondern als sachliche Verhältnisse der Personen oder gesellschaftliche Verhältnisse der Sachen. Die erste und allgemeinste Darstellung der Sache als eines gesellschaftlichen Dings ist aber die Verwandlung des Arbeitsprodukts in Waare.« I.e., p. 39 - Cf. I.e., p. 39sq. 166 I.e., p. 40 167 Nun hat Marx vorschnellen quantitätstheoretischen Bestimmungen insofern Vorschub geleistet, als er in der Wertformanalyse oft von bestimmten Quantitäten ausgeht. Sind diese noch sinnvoll, um die Ausgangsgleichung zu illustrieren, 20 Ellen Leinwand = 1 Rock, so führen sie auf der Ebene der Wertformanalyse den Rezipienten in die Irre. Konsequenterweise redet Marx dann oft, aber leider nicht durchgängig, von der x Ware A = y Ware B. Hätte er die Differenzierung zwischen ordinaler und nominaler Struktur bei den Gleichungen besser durchgehalten, so hätte er im Rahmen der Wertformanalyse überhaupt keine quantitativ bestimmten Ausdrücke einsetzen dürfen. Quantitative Bestimmung ist erst im Verhältnis zur allgemeinen Wertform (eingeschränkt), im Verhältnis zur Geldform wirklich gegeben. »Die Arbeitszeit kann nicht unmittelbar selbst das Geld sein,... eben weil sie faktisch stets nur in besonderen Produkten existiert ...: als allgemeiner Gegenstand kann sie nur symbolisch existieren, eben wieder in einer besondren Ware, die als Geld gesetzt wird.« Gr, p. 85 - »Die Arbeitszeit selbst existiert als solche nur subjektiv, nur in der Form der Tätigkeit. Insofern sie als solche austauschbar (selbst Ware) ist, ist sie nicht nur quantitativ, sondern qualitativ bestimmt und verschieden, keineswegs allgemeine, sich gleiche Arbeitszeit; sondern entspricht als Subjekt ebensowenig der die Tauschwerte bestimmenden allgemeinen Arbeitszeit, wie die besondren Waren und Produkte ihr als Objekt entsprechen.« I.e., p. 87 168 »Die Arbeit, auf Grundlage der Tauschwerte, setzt eben voraus, daß weder die Arbeit des Einzelnen noch sein Produkt unmittelbar allgemein ist; daß es diese Form erst durch eine gegenständliche Vermittlung erlangt, durch ein von ihm verschiedenes Geld.« I.e., p. 89 169 »Und erst vom Augenblick, wo diese Ausschließung sich endgültig auf eine spezifische Warenart beschränkt, hat die einheitliche relative Wertform der Warenwelt objektive Festigkeit und allgemein gesellschaftliche Gültigkeit gewonnen. Die spezifischen Warenarten nun, mit deren Naturalform die Äquivalentform gesellschaftlich verwächst, wird zur Geldware oder funktioniert als Geld.« KI, p. 83 276
170 Die Entwicklung der Form erscheint so: »Der Fortschritt besteht nur darin, daß die Form unmittelbarer allgemeiner Austauschbarkeit oder die allgemeine Äquivalentform jetzt durch gesellschaftliche Gewohnheit endgültig mit der spezifischen Naturalform der Ware Gold verwachsen ist.« I.e., p. 84 171 ibid. 172 ibid. 173 »In demselben Verhältnis, worin der Warenaustausch seine nur lokalen Bande sprengt, der Warenwert sich daher zur Materiatur menschlicher Arbeit überhaupt ausweitet, geht die Geldform auf Waren über, die von Natur zur gesellschaftlichen Funktion eines allgemeinen Äquivalents taugen, auf die edlen Metalle.« I.e., p. 104 Hier ist vor allem wichtig deren Homogenität und Teilbarkeit. »Wie die Arbeitszeit selbst, muß der Gegenstand, der als ihre spezifische Inkarnation gelten soll, fähig sein, rein quantitative Unterschiede darzustellen, so daß Dieselbigkeit, Gleichförmigkeit der Qualität vorausgesetzt ist. Es ist dies die erste Bedingung für die Funktion einer Ware als Wertmesser. ... Diese Forderung der qualitativen Unterschiedslosigkeit, unabhängig von Zeit und Ort, und daher der Gleichheit bei gleicher Quantität, ist die erste Forderung nach dieser Seite hin. Die zweite, ebenfalls aus der Notwendigkeit bloß quantitativen Unterschied darzustellen, hervorgehnde, ist große Teilbarkeit und Wiederzusammensetzbarkeit der Teile, so daß nach der Größe des Werts der Ware das allgemeine Äquivalent zerschnitten werden kann, ohne daß dadurch sein Gebrauchswert beeinträchtigt würde.« Gr, p. 895sq. 174 K I, p. 104 - »Man hat gesehn, daß die Geldform nur der an einer Ware festhaftende Reflex der Beziehungen aller andren Waren.« I.e., p. 105 175 I.e., p.106 176 I.e., p.109 177 »Die Waren werden nicht durch Geld kommensurabel. Umgekehrt. Weil alle Waren als Werte vergegenständlichte menschliche Arbeit, daher an und für sich kommensurabel sind, könne sie ihre Werte gemeinschaftlich in derselben spezifischen Ware messen.« ibid. »Zunächst, soweit es als preissetzendes Element, Maß, funktioniert, ist es grade die Funktion des Geldes auch der Form nach die Waren als qualitativ identisch zu setzen, ihre identische Substanz auszudrücken, indem nur quantitative Verschiedenheit stattfindet.« Gr, p. 913 178 KI, p. 109 179 »Um an dieser einheitlichen relativen Wertform der andren Waren teilzunehmen, müßte es auf sich selbst als sein eignes Äquivalent bezogen werden.« I.e., p. 110 180 ibid. »In seiner Funktion des Wertmaßes dient das Geld daher - als nur vergestelltes oder ideelles Geld.« I.e., p. 111 181 »Obgleich nur vorgestelltes Geld zur Funktion des Wertmaßes dient, hängt der Preis ganz vom reellen Geldmaterial ab.« ibid. »Der Tauschwert als solcher unterstellt gemeinschaftliche Substanz und alle Unterschiede auf bloß quantitative reduziert. In der Funktion des Geldes als Maß werden zunächst alle Werte auf bloß verschiedne Quanta der messenden Ware reduziert.« Gr, p. 897 277
182 K I , p. 112
183 »Bei aller metallischen Zirkulation bilden daher die vorgefundenen Namen des Gewichtsmaßstabs auch die ursprünglichen Namen des Geldmaßstabs oder Maßstab der Preise.« ibid. 184 I.e., p. 113 - »Als Wertmaß dient es dazu, die Werte der bunt verschiednen Waren in Preise zu verwandeln, in vorgestellte Goldquanta; als Maßstab der Preise mißt es diese Goldquanta. Am Maß der Werte messen sich die Waren als Werte, der Maßstab der Preise mißt dagegen Goldquanta an einem Goldquantum, nicht den Wert eines Goldquantums am Gewicht des andren. Für den Maßstab der Preise muß ein bestimmtes Goldgewicht als Maßeinheit fixiert werden.« ibid. 185 Cf. I.e., p. 115 186 I.e., p. 116 187 ibid. »Die Wertgröße der Ware drückt also ein notwendiges, ihrem Bildungsprozeß immanentes Verhältnis zur gesellschaftlichen Arbeit aus. Mit der Verwandlung der Wertgröße in Preis erscheint dies notwendige Verhältnis als Austauschverhältnis einer Ware mit der außer ihr existierenden Geldware. In diesem Verhältnis kann sich aber ebensowohl die Wertgröße der Ware ausdrücken, als das Mehr oder Minder, worin sie unter gegebnen Umständen veräußerlich ist. Die Möglichkeit quantitativer Inkongruenz zwischen Preis und Wertgröße ... liegt also in der Preisform selbst.« I.e., p. 117 188 I.e., p. 118 189 Die Marxsche Kritik ökonomischer Begrifflichkeit und die vor allem von Backhaus betonte Einheit von Wert- und Geldtheorie hängen zusammen. 190 Gr, p. 111 191 Pädagogisch üblich ist entsprechend das Einsetzen der Lektüre mit dem 5. Kapitel des »Kapital Bd. I«.
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