Jasper/Regelin Geistig fit & mobil bis ins hohe Alter
Die Autorinnen Bettina M. Jasper ist Dipl.-Sozialpädagogin und freiberuflich tätig als Dozentin für Gerontologie sowie Aktivierung und Rehabilitation. Die lizenzierte Gehirntrainerin und Übungsleiterin arbeitet für nationale und internationale Verbände. Sie leitet Veranstaltungen und Therapieeinheiten in ihrer „DenkWerkstatt“ und ist Autorin mehrerer Bücher. Petra Regelin ist Diplom-Sportwissenschaftlerin. Sie arbeitet seit vielen Jahren als Referentin für Freizeit- und Gesundheitssport des Deutschen Turner-Bundes. Das von ihr entwickelte Projekt „Bewegung und Gesundheitsförderung für Hochaltrige“ ist mehrfach ausgezeichnet worden. Sie hat bereits zahlreiche Bücher veröffentlicht.
Das Modell Frau Ingeborg Büttner ist 86. Die Mutter von fünf Kindern begann mit 80 Jahren ihre Karriere als Fotomodell. Sie fährt immer noch Fahrrad, hat Spaß am Reisen und spielt gerne Mundharmonika. Außerdem engagiert sie sich ehrenamtlich für die Leukämie-Stiftung.
Bettina M. Jasper · Petra Regelin
Geistig fit & mobil bis ins hohe Alter
Bewegen und Denken im Alter fördern Eine Anleitung für Angehörige und Ehrenamtliche
Inhalt
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Inhalt
1 Körperlich fit und geistig rege Liebe Leserin, lieber Leser,
2 Kopf und Körper – gemeinsam fit 9
Körperlich fit und geistig rege
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Vitalität im Alter
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Kopf und Körper fordern Mögliche Hinderungsgründe Aktivierende Betreuung – Wie geht das? Verhalten ändern – aber wie? Alltagstraining für Kopf und Körper
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Kopf und Körper: gemeinsam fit
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Im Gehirn bewegt sich was
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Sauerstoff fürs Gehirn Neue Gehirnzellen bis ins hohe Alter Bewegen gegen das Vergessen Bewegung senkt das Demenzrisiko Welche Bewegung hilft? Das Training organisieren
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Inhalt
2 Kopf und Körper – gemeinsam fit
3 Körper fit – kräftig und mobil bleiben
Programme: Kopf & Körper
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Stufe 1 | Bewegtes Sitzen
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Stufe 2 | Sitzen und gesichertes Stehen
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Stufe 3 | Gesichertes Stehen
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Stufe 4 | Im Stehen üben
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Stufe 5 | In Bewegung kommen
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Körper fit – kräftig und mobil bleiben
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Das sollten Sie wissen
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Was nicht benutzt wird, verkümmert Warum ist Muskelkraft so wichtig? Beweglich bleiben – den Alltag meistern Die Standfestigkeit erhalten Die Ausdauer steigern
Bewegung organisieren
6
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Bewegung in den Alltag bringen Auf Nummer sicher gehen
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Die Bewegungsübungen
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Inhalt
4 Kopf fit – Training fürs Gehirn Kopf fit – Training fürs Gehirn
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Geistig flexibel bleiben
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Mit allen Sinnen – Übungen, die die Sinne anregen Lesen, lesen, lesen – Leseübungen Wer schreibt, der bleibt – Übungen rund ums Alphabet – Wort für Wort – Schreibvorübungen mit Sand, Bändern und Stiften Mit Zahlen umgehen – Übungen für den sicheren Umgang mit Zahlen – Rechenübungen fürs Arbeitsgedächtnis Schnell denken – Übungen, die Entscheidungen fordern
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– Übungen für die Informations-VerarbeitungsGeschwindigkeit Gut gemerkt – Übungen für die Merkspanne Das Dings – Wortspiele – Schlag auf Schlag – Aufgaben für schnelles Denken – Beschreiben, erklären, raten Gedanken beflügeln – Zu Gesichtern Geschichten erfinden – Nonsens-Geschichten ausdenken – Vernetzt denken – freies Assoziieren Service Register Impressum
158 160 163 164 165 166 166 168 168 169 169 171 172 175 7
Vorwort
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Vorwort
Liebe Leserin, lieber Leser, Altern ist kein Schicksal, sondern ein Prozess, in den wir aktiv eingreifen können. Wer einen alten Menschen betreut oder regelmäßig besucht, ist oft ratlos. Viele Angehörige absolvieren ihre Besuche mehr oder weniger aus Verantwortungs- und Pflichtgefühl, haben aber kaum Ideen oder Erfahrung, wenn es darum geht, die gemeinsam verbrachte Zeit sinnvoll zu nutzen. So gibt es tagtäglich in Deutschland unzählige verpasste Chancen. Hier setzt dieses Buch an. Wir richten uns an Angehörige und ehrenamtlich Tätige, die sich langfristig um einen hochaltrigen Menschen kümmern. Ihnen möchten wir Impulse geben für gemeinsame Aktivitäten, die dem alten Menschen helfen, seinen Alltag möglichst selbstständig zu meistern und so ein hohes Maß an Zufriedenheit und Wohlbefinden zu erlangen. Unsere Vorschläge basieren auf neuesten Forschungsergebnissen. Dabei nutzen wir insbesondere die wissenschaftlichen Erkenntnisse über Zusammenhänge zwischen Bewegung und geistiger Leistung. Wir zeigen Ihnen an konkreten Beispielen, wie sich Aufgaben und Programme so kombinieren lassen, dass Körper und Geist gleichermaßen gefordert und gefördert werden. Der Schlüssel für Vitalität im Alter liegt in der Kombination beider Aspekte zu einem Ganzen. Die Tipps und praktischen Beispiele lassen sich sofort und ohne Vorkenntnisse umsetzen. Für den Anfang haben wir Tagesprogramme für jeweils 15 bis 20 Minuten zusammengestellt, denen Sie einfach nur zu folgen brauchen. Mit etwas Erfahrung können Sie später aus der Fülle weiterer Anregungen mit »Bausteinen« für Körper und Kopf weitere Trainingseinheiten selbst planen. Uns hat das Arbeiten an diesem Buch viel Spaß gemacht. Das Kombinieren verschiedener Aspekte, das Betrachten des alten Menschen in seinem Alltag aus unterschiedlicher Perspektive mit dem Ziel eines ganzheitlichen Ansatzes war spannend. Wir wünschen Ihnen viel Freude und Erfolg beim gemeinsamen Üben. Petra Regelin & Bettina M. Jasper 9
1 Körperlich fit und geistig rege Vital bis ins hohe Alter? Wie geht das? Angehörige können durch gemeinsame körperliche Aktivitäten und durch gezielte geistige Anregungen Einfluss darauf nehmen, dass alte Menschen möglichst lange körperlich fit und geistig rege bleiben.
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Körperlich fit und geistig rege
Vitalität im Alter
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n unserem Umfeld treffen wir immer wieder auf alte Menschen, die sehr jung wirken, weil sie vor Energie sprühen, weil sie immer wieder Neues lernen, weil sie sich bewegen und aktiv sind. Wir treffen aber auch auf alte Menschen, denen es nicht gut geht, die mit starken Einschränkungen leben müssen, kaum noch aus dem Haus kommen und zunehmend unselbstständiger werden. Im Alter von 75 Jahren ist beides möglich: Man kann mitten im Leben stehen oder aber an der Grenze zur Pflegebedürftigkeit.
Man kann in den Prozess des Älterwerdens eingreifen und ihn beeinflussen!
Klar ist: Zwischen dem kalendarischen Alter, das im Personalausweis dokumentiert wird, und dem funktionalen Alter, das wesentlich durch körperliche und geistige Fitness sowie durch die Erscheinung und Ausstrahlung einer Person bestimmt wird, besteht oft ein großer Unterschied. Diese Unterschiede machen aber auch deutlich, dass der Prozess des Älterwerdens nicht automatisch und nach einem immer gleichen Schema abläuft. Man kann in diesen Prozess eingreifen und ihn beeinflussen. Im Grunde ist alles ganz einfach: Körperliche und geistige Aktivität – und zwar möglichst vielfältig und umfassend ist das Geheimnis der Vitalität im hohen Alter. Körperliche und geistige Aktivität erhält alte Menschen vital und selbstständig. Das Problem: Im hohen Alter gibt es viele Gründe, die Menschen davon abhalten, aktiv zu bleiben. Denn die körperliche Leistungsfähigkeit nimmt ab, die Muskelkraft schwindet. Das Treppensteigen fällt immer schwerer und irgendwann geht’s vielleicht sogar überhaupt nicht mehr. Wegen der Arthrose müssen die Wanderungen am Wochenende ausfallen und Skifahren wie früher – das geht schon lange nicht mehr. Manchmal wird die Angst zu stürzen übermächtig. Lieber nicht mehr mit dem Bus fahren – das ist zu unsicher! Auch psychisch verändert sich einiges. Altwerden wird
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Vitalität im Alter
oft als ein großer Verlust erlebt, ein Verlust von Kompetenz, von Anerkennung, von sozialen Kontakten. Und das hat natürlich Auswirkungen auf das Selbstwertgefühl. Viele ältere Menschen ziehen sich immer weiter zurück. Manchmal fühlen sie sich ausrangiert und nutzlos – und sie werden dabei immer unglücklicher und einsamer. Jeder vierte über 70-Jährige nimmt regelmäßig Psychopharmaka.
Kopf und Körper fordern Personen, die einen älteren Menschen betreuen, sollten wissen: Die Fähigkeiten, die Ältere brauchen, um das tägliche Leben selbstständig bewältigen zu können, bleiben nur erhalten, wenn die Senioren körperlich und geistig aktiv bleiben. Die Aufrechterhaltung der körperlichen und geistigen Fähigkeiten im höheren Alter wird durch ein biologisches Grundgesetz bestimmt. Dieses Gesetz besagt, dass Funktionen nur dann erhalten bleiben, wenn sie regelmäßig eingesetzt werden. Was nicht gebraucht wird, wird automatisch abgebaut. Wer also Tag für Tag die gleiche Routine erlebt, wer keine geistigen Anregungen bekommt und kaum noch ein paar Schritte geht, der wird immer schwächer und dadurch schließlich auch pflegebedürftig. Anstrengung im Alter ist also notwendig. Wer sich anstrengt, bleibt fit. Anstrengung bedeutet nicht, dass es den Menschen schlecht geht. Im Gegenteil: Es wurde herausgefunden, dass etwas Stress, ein wenig Zeitdruck, neue Herausforderungen und INFO
Fehlende Bewegung beschleunigt den Abbau Bei Älteren verringert sich bei fehlender Bewegung im Alltag die Fähigkeit, vom Stuhl aufzustehen, um 11 Prozent pro Jahr. Und das Jahr für Jahr. Es ist also eine Frage der Zeit, ab wann das Aufstehen gar nicht mehr klappt!
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Körperlich fit und geistig rege körperliche Anstrengung die Lebensqualität steigern können. Das gilt jedoch nur, solange es nicht zu viel wird und die Älteren die Situation unter Kontrolle haben. Wird die Anstrengung oder der Stresspegel zu hoch, weil man dauerhaft an der Leistungsgrenze agiert, dann wirkt sich das negativ auf die körperliche und die psychische Gesundheit aus. Für Angehörige und Betreuer alter Menschen gilt es also, sich auf die Suche nach einem Weg zu begeben, diesen Teufelskreis aus Rückzug, Inaktivität, nachlassender Leistungsfähigkeit und schwindender Energie zu durchbrechen.
Mögliche Hinderungsgründe Woran liegt es, dass alte Menschen sich so häufig zurückziehen und im Laufe der Jahre zunehmend inaktiv werden? Woran liegt es, dass sie ihren Elan und ihre Energie verlieren, das Haus nicht mehr verlassen und nicht mehr bereit sind, sich auf Neues einzulassen? Dafür gibt es sicherlich verschiedene Gründe. Die wichtigsten sollten Sie als Angehöriger oder Betreuer kennen und sich damit auseinandergesetzt haben, um angemessen darauf reagieren zu können. Wie sehen die Grundüberzeugung und die Erfahrungen Ihres älteren Angehörigen aus? Sind Sie eher förderlich oder hinderlich für mehr geistige und körperliche Aktivität?
Grundüberzeugung. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass die Grundüberzeugung eines Menschen ein entscheidendes Kriterium ist. Wer glaubt, dass man selbst seine körperliche und geistige Gesundheit positiv beeinflussen kann, der wird auch im hohen Alter aktiv bleiben. Wer jedoch der Meinung ist, dass körperlicher und geistiger Funktionsverlust, Schmerzen und Beeinträchtigungen schicksalhaft vorbestimmt sind, der neigt viel eher dazu, sich in sein vermeintliches Schicksal zu fügen und sich zurückzuziehen. Erfahrungen. Wenn Sie einen alten Menschen zu mehr Aktivität anregen wollen, dann haben Sie es vergleichsweise leicht, wenn dieser alte Mensch bereits die Erfahrung gemacht hat,
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Vitalität im Alter
dass Bewegung und geistige Anregung guttun und die Stimmung und die Gesundheit positiv beeinflussen. Sie haben es jedoch sehr viel schwerer, wenn der alte Mensch glaubt, dass Aktivität sowieso nichts verändert. Überzeugungen lassen sich auch im hohen Alter noch beeinflussen, vor allem durch eigene Erfahrungen und Erlebnisse. Wer spürt, dass Bewegung gute Laune macht und wer merkt, dass geistige Herausforderungen die Bewältigung des Alltags auf Dauer erleichtern, der wird seine Grundüberzeugung verändern – auch im hohen Alter noch.
Schmerzen. Oftmals sind es auch Schmerzen, die alte Menschen daran hindern, körperlich aktiv zu bleiben. Wenn schon beim Sitzen der Rücken oder die Knie wehtun, warum sollte man sich dann sogar noch bewegen? Wahr ist jedoch, dass diese Schmerzen häufig nachlassen, wenn man sich regelmäßig bewegt. Denn Schmerzen sind oft eine Folge von Bewegungsmangel und der dadurch hervorgerufenen Beeinträchtigung. Rücken- oder Gelenkschmerzen sind also erst einmal kein Grund, sich nicht zu bewegen.
Sind Bewegungen für Ihren Angehörigen schmerzhaft? Dann sollten Sie sich vor Beginn des Übungsprogramms von einem Arzt beraten lassen.
Aktivierende Betreuung – Wie geht das? Wenn Sie einen älteren Menschen zu Hause betreuen oder mit ihm zusammen leben, dann unterstützen Sie ihn dabei, sich körperlich und geistig aktiv zu betätigen. Unterscheiden Sie zwischen einer Betreuung, die zur Selbstständigkeit anregt und einer solchen, die den älteren Menschen träge werden lässt. Übernehmen Sie keine Arbeiten, die der alte Mensch risikolos allein bewältigen kann. Denn: Anstrengung ist notwendig, um körperliche und geistige Funktionen zu erhalten. Springen Sie jedoch sofort ein, wenn der Senior sich überfordert oder Unfallgefahr besteht. Achten Sie darauf, dass Sie körperliche und geistige Aktivität des alten Menschen nicht durch gut gemeinte Hilfeleistungen unterbinden. Im Gegenteil: Regen Sie die Erhaltung der Selbstständigkeit gezielt an!
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Körperlich fit und geistig rege TIPP
Nicht immer helfen! Zugegeben, manchmal fällt es ganz schön schwer, sitzen zu bleiben und zusehen zu müssen, wie sich der alte Vater oder die alte Mutter aus dem Sessel quält und die Kaffeetasse allein holt. Schließlich liebt man seine Eltern und will alles tun, damit es ihnen gut
geht. Aber: Jeder Schritt, den die Alten nicht tun, schadet ihnen, weil Muskelkraft und Standsicherheit dadurch abnehmen. Auch das Gehirn braucht das Gehen, um gut durchblutet zu werden und dadurch leistungsfähig zu bleiben.
Verhalten ändern – aber wie? Vielen alten Menschen fällt es sehr schwer, ein Verhalten, das sie seit vielen Jahren oder Jahrzehnten leben, zu verändern. Die Macht der Gewohnheit ist äußerst stark. Gutes Zureden hilft da oft wenig. Dabei ist es wichtig, auch im Alter noch den Mut und die Energie aufzubringen, Neues zu lernen, Neues auszuprobieren oder ein altes Verhalten durch ein anderes zu ersetzen. Nur dann sind Wachstum und Entwicklung möglich – und die sind der Motor für ein körperlich und geistig reges und selbstständiges Leben. Hier ein paar Motivationstipps:
Auf ganz niedrigem Level beginnen Wenn Menschen etwas Neues beginnen, ist es ganz wichtig, darauf zu achten, dass sie sich nicht überfordern. Wenn Sie also einen alten Menschen überzeugen wollen, sich mit körperlichen und geistigen Übungen fit zu halten, sollten Sie dafür sorgen, dass er dabei am Anfang unterhalb seiner Leistungsgrenze bleibt. Also, nur Übungen machen, die ihm leichtfallen. Der Übende fühlt sich dadurch motiviert, findet Bestätigung und kann Selbstvertrauen aufbauen. Die Auffassung »Ich kann sogar noch mehr!« ist für viele alte Menschen wichtig, um am Beginn einer ungewohnten und vielleicht auch angstbesetzten Situation nicht aufzugeben, sondern weiterzumachen. 16
Vitalität im Alter
Tägliches Training wird zur Gewohnheit Wenn man etwas über einen längeren Zeitraum täglich tut, wird es zur Gewohnheit. Man braucht keine Motivation mehr, man tut es quasi automatisch. Dieser Mechanismus unseres Gehirns, regelmäßige Aktivitäten als Gewohnheit abzuspeichern, kann uns auch helfen, ein neues Verhalten auf Dauer umzusetzen. Wichtig ist: Ein tägliches Training für Kopf und Körper erleichtert es, neues Verhalten zur Gewohnheit werden zu lassen.
Klare Ziele formulieren Nur, wer ein klares Ziel hat, kann sich motivieren. Deshalb sollten ältere Menschen selbstständig ein Ziel definieren, bevor sie mit dem Training starten. Das könnte zum Beispiel sein: »Ich will es schaffen, die Treppe hochzukommen, ohne zwischendurch stehen bleiben zu müssen.« Oder »Ich möchte mich trauen, allein Bus zu fahren!« Planen Sie feste Zeiten für das Übungsprogramm ein.
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Körperlich fit und geistig rege Positive Wirkungen spüren Ein Lob macht Mut, gibt Selbstvertrauen und stärkt das Durchhaltevermögen. Sparen Sie nicht mit Lob, wenn ein alter Mensch die ersten Schritte auf dem Weg zu einer Veränderung tut.
Allein das Wissen, dass etwas gut ist, reicht nicht aus, um ein neues Verhalten auf Dauer beizubehalten. Man muss auch spüren, dass es gut ist und guttut. Deshalb gilt es, immer wieder auch die wohltuenden Wirkungen von Bewegung und geistiger Aktivierung zu erfragen und dadurch bewusst werden zu lassen.
Fangen Sie direkt an – heute noch! Der erste Schritt auf dem Weg zu einer Veränderung ist der wichtigste! Um zu verhindern, dass gute Vorsätze auf die lange Bank geschoben werden, motivieren Sie den alten Menschen, am besten gleich mit dem Trainingsprogramm zu beginnen: Sofort und heute noch!
Alltagstraining für Kopf und Körper Wer bis ins hohe Alter hinein selbstständig und selbstbestimmt leben möchte, muss körperlich und geistig aktiv bleiben. Denn es sind die körperlichen und die geistigen Fähigkeiten, die geübt und trainiert werden müssen, um die Fähigkeiten zu erhalten, die man für die Bewältigung des Alltags braucht. Beispiel Straßenverkehr. Ein Beispiel dafür ist angemessenes Verhalten im Straßenverkehr. Wenn alte Menschen eine Straße überqueren möchten, brauchen sie dafür körperliche und geistige Fähigkeiten gleichermaßen. Sie müssen Verkehrsregeln, die im Langzeitgedächtnis gespeichert sind, abrufen. Sie müssen aktuelle optische und akustische Reize (Wo sind die Autos? Wie weit sind sie entfernt? Wie schnell fahren sie?) aufnehmen und sehr schnell verarbeiten. Sie müssen Erfahrungen aus ihrem Gedächtnis abrufen (Wie lange braucht ein Auto, das aus einer gewissen Entfernung mit einer bestimmten Geschwindigkeit fährt, bis es da ist?) und alle Informationen müssen miteinander verknüpft werden. Dann erfolgt eine Bewegung,
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Vitalität im Alter
nämlich das Überqueren der Straße, und diese Bewegung muss genau zum richtigen Zeitpunkt mit einer guten Reaktionsfähigkeit umgesetzt werden. Die alten Menschen müssen mit möglichst zügigen und raumgreifenden Schritten die Straße überqueren, damit sie auf der anderen Seite sind, bevor das Auto da ist. Alltagsfertigkeiten. Was für den Straßenverkehr gilt, gilt genauso auch für das Treppensteigen, die Körperhygiene oder das Staubsaugen: Alte Menschen können ihren Alltag nur dann allein bewältigen, wenn Kopf und Körper im Zusammenspiel angemessen reagieren. Und das funktioniert nur, wenn beides – Kopf und Körper – aktiv sind und trainiert werden.
Die Alltagskompetenz erhalten und trainieren Und genau das ist das Thema dieses Buches. Wir möchten Ihnen, als Angehörige und Betreuer alter Menschen, viele praktische Ideen und Anregungen vermitteln, wie Sie die Senioren körperlich und geistig umfassend und vielfältig fördern und aktivieren können. Das Ziel ist die Erhaltung der Fähigkeiten, die gebraucht werden, um den Alltag selbstständig meistern zu können. In Kapitel 2 erläutern wir, warum Bewegung gleichzeitig das Gehirn trainiert und wir zeigen Ihnen anschließend Programme, die sowohl den Körper fit machen als auch das Gehirn leistungsfähig erhalten und vor Demenz schützen. In Kapitel 3 sind einfach nachvollziehbare Bewegungsprogramme aufgeführt, die Ihrem Angehörigen helfen, alltägliche körperliche Belastungen und Herausforderungen zu bewältigen. Und in Kapitel 4 bekommen Sie jede Menge Anregungen und Tipps, mit welchen Aktivitäten und Übungen Sie dazu beitragen können, das Gehirn der Senioren leistungsfähig und das Denken schnell und flexibel zu erhalten.
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2 Kopf und Körper: gemeinsam fit Der positive Einfluss von BeBewegung aufauf wegung dasdas Denken Denken ist ist unbestritten. »Toben unbestritten. »Toben machtmacht schlau«, heißt die heißt schlau«, Devise diebei Devise Kindern. bei Und bei alten Kindern. Und bei Menschen? alten MenFür diese gilt: schen? FürGezielte diese gilt: Bewegung Gezielte macht fit für Bewegung macht den Alltag, fit für den und Allsie schützt tag, undaußerdem sie schütztvor außerdem Demenz. AlsoDemenz. vor fangen Sie gleich an und probieren Also fangen mitSie Ihrem gleich Angehörian und gen die Übungen probieren mit Ihrem aus. Angehörigen die Übungen aus.
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Kopf und Körper: gemeinsam fit
Im Gehirn bewegt sich was
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rüher war tatsächlich alles anders. Damals, als das Gehirn noch Oberstübchen hieß, glaubten Wissenschaftler, dass unser Denkorgan bereits in der Kindheit aufgebaut, eingerichtet, geordnet und aufgeteilt wird. Danach sei alles fertig und bleibe im Laufe des Erwachsenseins genauso bestehen und erhalten. Bis zur Pubertät werde alles verdrahtet, danach muss es halten – bis zum Alter. Dann komme der stetige und unaufhaltsame Abbau von Tausenden von Gehirnzellen und Vernetzungen, die unser Denken ausmachen. Im Alter, so lautete die gängige Meinung noch vor 25 Jahren, lasse die geistige Leistungsfähigkeit automatisch nach. Die Gehirnzellen sterben nach und nach ab – und daran lasse sich nichts, aber auch gar nichts ändern. INFO
100 Milliarden Gehirnzellen Wussten Sie eigentlich, dass jeder Mensch über rund 100 Milliarden Gehirnzellen verfügt? Jede kann mit bis zu 10 000 anderen Zellen des Gehirns in Verbindung treten, abhängig vom Trainingszustand.
Weit gefehlt – heute weiß man es besser! Unser Oberstübchen ist viel plastischer als man damals glaubte. Nicht nur in der Kindheit entwickeln sich neue Strukturen innerhalb des Gehirns, sondern unser ganzes Leben lang, bis ins allerhöchste Alter hinein. Dort oben herrscht niemals Stillstand, es wird ständig abgebaut, umgebaut, neu aufgebaut und umgestaltet. Jede Erfahrung verändert das Gehirn. Jede Aktivität hinterlässt dort ihre Spuren, und jede neue Fertigkeit lässt das Gehirn wachsen, ein Leben lang. Es stukturiert sich um, abhängig davon, in welcher Art und Weise es gefordert wird. Erhält es allerdings zu wenig Anreize, werden diese Strukturen wieder abgebaut. 22
Im Gehirn bewegt sich was
Sauerstoff fürs Gehirn Bewegung spielt bei diesen Neubauprozessen eine wichtige Rolle. Und das hat sicherlich jeder auch schon mal bei sich selbst gespürt: Nach einem strammen Spaziergang an der frischen Luft fühlt man sich körperlich wohl, und der Kopf wird klar, hellwach und aufnahmefähig. Kein Wunder – denn Bewegung sorgt nicht nur für stärkere Durchblutung der Muskeln, sondern steigert auch die Durchblutung – und damit die Sauerstoffversorgung – des Gehirns. Inzwischen ist es Wissenschaftlern gelungen, Einblicke in die Reaktionen des Gehirns während körperlicher Betätigung zu bekommen. Die Ergebnisse sind erstaunlich: Schon eine sanfte Ausdauerbelastung, wie zum Beispiel spazieren gehen, erhöht die Durchblutung in verschiedenen Gehirnbereichen im Mittel um 20 Prozent. Ein intensiveres Training steigert die Durchblutung durchschnittlich um 30 Prozent. Diese erhöhte regionale Gehirndurchblutung transportiert mehr Sauerstoff ins Gehirn und wirkt dadurch wie ein Energiekick für das Denken. Wenn man unmittelbar vor der Bewältigung einer schwierigen, geistigen Herausforderung steht, hilft lockeres, körperliches Training, die geistige Frische zu erhöhen, weil viel Sauerstoff ins Gehirn gepumpt wird.
Unser Gehirn braucht viel Sauerstoff, um gut zu arbeiten.
Neue Gehirnzellen bis ins hohe Alter Doch das körperliche Training wirkt nicht nur kurzfristig. Auch langfristig verändert sich das Gehirn durch Bewegung. Regelmäßiger Sport sorgt für eine verstärkte Produktion von speziellen Proteinen, die das Nervenwachstum fördern und neue Gehirnzellen (Neuronen) bilden. Außerdem stimulieren diese Proteine die Bildung von Kontaktstellen zwischen den Nervenzellen. Die sogenannten Synapsen sind für die Informationsübertragung von einer Zelle auf die andere verantwortlich. Sie spielen eine Schlüsselrolle bei der Aufnahme, bei der Weiter23
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Kopf und Körper: gemeinsam fit
Nervenzellen sind miteinander verbunden und tauschen Informationen – auf elektrischem und chemischem Weg – aus. Bei der Reizübertragung spielt die Kontaktstelle (Synapse) eine wichtige Rolle.
Reizweiterleitung
Reizübertragung
verarbeitung und beim Abspeichern von Informationen. Ohne Synapsen läuft im Gehirn gar nichts. Aktuelle Studien deuten darauf hin, dass in einigen Hirnarealen die Bewegung sogar unabdingbare Voraussetzung dafür ist, dass sich Strukturen überhaupt entwickeln können.
Training fürs Gehirn. Beides zusammen – neue Gehirnzellen und die Kontaktstellen dazwischen – ermöglicht bessere Ausnutzung geistiger Fähigkeiten. Allerdings bleiben die frischen grauen Zellen nur dann erhalten, wenn es etwas Wichtiges zu bearbeiten gibt. Die Nervenzellen müssen also etwas zu tun bekommen, sonst werden sie sofort wieder abgebaut. Wenn das Gehirn jetzt mit neuen Informationen konfrontiert wird, neue Erfahrungen verarbeiten muss, neue Bewegungsimpulse umsetzt und Aufgaben bewältigen muss, dann entwickeln sich die Gehirnstrukturen weiter. Nur durch geistige oder körperliche Stimulation entsteht Neues. Beispiel Jonglieren. Zum Beispiel durch Jonglieren. Wer im höheren Alter regelmäßig Bälle in der Luft tanzen lässt, aktiviert damit sein Gehirn so intensiv, dass es wächst, und zwar in den Regionen, die für das Lernen und für die Wahrnehmung von 24
Im Gehirn bewegt sich was
Bewegungen zuständig sind. Sobald man allerdings mit dem Jonglieren aufhört, schrumpft dieser Bereich auch ganz schnell wieder. Wir können in unserem Gehirn also tatsächlich immer wieder neue Türen öffnen, alte Räume wiederentdecken und die darin aufgehobenen Fähigkeiten verbessern oder vertiefen. Fast alles ist bis ins höchste Alter hinein möglich. Wir müssen es nur tun und uns nicht dadurch abhalten lassen, dass Neues anfangs schwerfällt.
Bewegen gegen das Vergessen Tatsächlich ist es so, dass bei alten Menschen, die sich nicht bewegen und die mit wenig neuen Reizen und Herausforderungen konfrontiert werden, das Denken im Alter langsamer wird. In diesem Fall braucht das Gehirn, wenn es älter wird, mehr Zeit für die Informationsverarbeitung. So haben Menschen mit zunehmendem Alter oft mehr Schwierigkeiten, unter Zeitdruck etwas Neues zu lernen oder bereits gespeichertes Wissen abzurufen. Durch Training lässt sich dieser Geschwindigkeitsverlust aber ausgleichen. Es ist möglich, dass ein Mensch im Alter bessere geistige Leistungen erbringt als in früheren Lebensphasen, wenn er seinem Gehirn vorher keine Aufmerksamkeit gewidmet hat und jetzt systematisch übt.
Mangelnde Bewegung verlangsamt auch das Denken!
Das Lernvermögen fördern. Besonders in den Hirnteilen, die für das Lernen und das Erinnern zuständig sind, also im Arbeitsgedächtnis und im Hippocampus, ist der Verfall besonders drastisch. Doch nicht bei allen alten Menschen. Wer sich im Alter regelmäßig bewegt, kann mit beeindruckenden Folgen für sein Gehirn rechnen. Experten gehen heute davon aus, dass der altersbedingte Abbau von Nervenzellen und Synapsen durch Bewegung reduziert wird. Außerdem verbessert sich das Lernvermögen nachweislich. Die Widerstandsfähigkeit gegenüber Durchblutungsstörungen des Gehirns wird erhöht. 25
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Kopf und Körper: gemeinsam fit INFO
Studien belegen die positiven Trainingsauswirkungen In vielen Studien wurde nachgewiesen, dass Menschen, die sich viel bewegen, in großem Umfang neue Gehirnzellen und neue Kontaktstellen zwischen den Neuronen bilden; wenn gleichzeitig neue Aufgaben bewältigt werden müssen, besonders viele dieser Nervenzellen bis ins höchste Alter hinein überleben;
im hohen Alter die Neuproduktion der Nervenzellen deutlich zurückgeht. Aber: Körperliche Aktivität gleicht diesen Rückgang wieder aus. Durch Training können alte Menschen die Lernfähigkeit ihres Gehirns auf dem Niveau eines jungen Menschen erhalten.
Das Gehirn jung erhalten. Bei Untersuchungen an älteren Menschen konnte man feststellen, dass mit steigendem Alter die identische geistige Leistung mit einer Inanspruchnahme größerer Gehirnabschnitte einhergeht. Das heißt: Mehr Aufwand für die gleiche geistige Leistung. Bei älteren Menschen, die über Jahre hinweg Ausdauersport betrieben haben, konnten jedoch keine Unterschiede im Vergleich zu jungen Menschen festgestellt werden. Das bedeutet: Wer sich regelmäßig im Laufe des Älterwerdens bewegt, hält sein Gehirn jung. Das Gedächtnis verbessern. Es konnte nachgewiesen werden, dass alte Menschen, die regelmäßig ein Fitnessprogramm absolvieren, ein besseres Gedächtnis haben und schneller denken können als ihre inaktiven Altersgenossen. Wer sich bewegt, wirkt damit dem Vergessen entgegen. Dabei muss man nicht einmal Höchstleistungen erbringen, um diese Effekte zu erreichen. Schon zwei bis drei Spaziergänge in der Woche, die etwa 30 Minuten dauern, bewirken die oben genannten Auswirkungen auf die Gehirnstrukturen und die Gehirnfunktion. Für geistig gesunde Menschen gilt: Bewegung ist besser als jedes Medikament, das die Konzentration und das Denken fördern soll. Es kostet nichts und hat keine negativen Nebenwirkungen – garantiert. 26
Im Gehirn bewegt sich was
Bewegung senkt das Demenzrisiko Tatsächlich scheint Bewegung Auswirkungen auf das alternde Gehirn zu haben, die noch vor einigen Jahren niemand geahnt hat. Wer sich im Alter regelmäßig bewegt, schützt das Gehirn vor demenziellen Erkrankungen, wie zum Beispiel vor der Alzheimer-Krankheit. Doch nicht nur, wer erst im hohen Alter aktiv ist, ist besser vor Demenz geschützt. Auch, wer im mittleren Lebensalter, also zwischen 30 und 60 Jahren körperlich aktiv war, profitiert davon bis ins hohe Alter hinein. Regelmäßige Bewegung in jüngeren Jahren scheint ein Schutzmantel für das Gehirn zu sein, der bis ins hohe Alter hinein wirkt. Wer sich in der Lebensmitte viel bewegt, hilft seinem Gehirn dabei, kognitive Ressourcen zu entwickeln. Damit bleibt das Denkorgan länger gesund und kann sich über einen größeren Zeitraum gegen den Ausbruch einer Gehirnerkrankung erfolgreich zur Wehr setzen. Das Risiko, an Alzheimer zu erkranken, nimmt insgesamt ab.
Wer sich im mittleren Lebensalter, also zwischen 30 und 60 Jahren, viel bewegt, zum Beispiel spazieren geht, wandert oder Rad fährt, hat ein geringeres Risiko, an Alzheimer zu erkranken.
Obwohl die Aktivität im mittleren Lebensalter eine gute Vorbeugung ist, sollten wir danach nicht in der Aktivität nachlassen. Es gibt Hinweise darauf, dass rund ein Fünftel der jeweils vorhandenen Hirnstrukturen nicht älter als zwei Jahre ist. Wir können uns also nicht einfach zur Ruhe setzen, denn nach eiINFO
Studie zum Demenzrisiko Die Harvard School of Public Health in Boston untersuchte den Zusammenhang von Sport und Gehirngesundheit an 18 000 Frauen zwischen 70 und 80 Jahren. Das Ergebnis: Die Frauen, die körperlich aktiv waren, hatten ein um 20 Prozent geringeres Risiko, dement zu werden, als die inaktiven Probandinnen. Einen besonders guten Schutz hatten Frauen, die mindestens 1,5 Stunden pro Woche auf den eigenen Beinen unterwegs waren.
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Kopf und Körper: gemeinsam fit nigen Jahren wären sonst große Teile unseres Denkorgans den Um- und Abbauprozessen zum Opfer gefallen.
Welche Bewegung hilft? Wissenschaftler arbeiten mit Hochdruck daran, diese Frage zu beantworten. Derzeit sind die wirklich gesicherten Erkenntnisse noch rar. Einige Tendenzen zeichnen sich jedoch deutlich ab: Dynamische Bewegungen sind gefragt, statische nützen dem Gehirn nicht. Alles, was gut für Herz und Kreislauf ist, ist auch gut fürs Gehirn.
Ausdauersport. Vor allem Ausdauersport, wie Spazierengehen, Walking, Nordic Walking oder Radfahren, scheint die richtige Methode zu sein, wenn es darum geht, dem Kopf neue Kraft zu verleihen. Kurz: Alles, was gut für Herz und Kreislauf ist, ist auch gut fürs Gehirn. Untersuchungen an der Universität von Illinois zeigten, dass Ausdauersport das Arbeitsgedächtnis, die Konzentrationsfähigkeit sowie das Planungsvermögen und die Zielsetzung verbesserten. Dabei verursacht eine geringe Dosierung bereits gute Wirkungen. Selbst wenig Bewegung mit vielen Pausen ist besser als Nichtstun. Die 60- bis 80-jährigen Testpersonen profitierten bereits von dem Training, wenn sie dreimal in der Woche 45 Minuten lang spazieren gingen. Koordinationstraining. Bei der Informationsverarbeitung im Gehirn spielt die Synapsenbildung eine entscheidende Rolle. Neue Kontaktstellen zwischen den Neuronen entstehen vor allem bei neuen, ungewohnten Reizen. Dabei scheint das Koordinationstraining eine besondere Rolle zu spielen. Ein Koordinationstraining macht in diesem Zusammenhang also Sinn und das in allen möglichen Varianten und Spielformen: Balance-Training, Bewegung mit Musik, Arm- und Beinbewegungen miteinander kombinieren, rechts etwas anderes tun als links, neue Bewegungsfolgen erlernen, und und und. Hauptsache, das Gehirn wird immer wieder vor neue und spannende Herausforderungen gestellt.
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Im Gehirn bewegt sich was
Finger gezielt bewegen. Die Bewegung der einzelnen Finger und der gesamten Hand bewirkt vergleichsweise eine sehr starke Gehirndurchblutung. Deshalb sollten in einem Trainingsprogramm, das positive Auswirkungen auf den Kopf haben soll, immer wieder auch gezielte Bewegungen der Finger eingebaut werden. Grimassen schneiden. Auch Bewegungen der Gesichtsmuskeln bewirken eine hohe Gehirndurchblutung. Fazit: Wer zwischendurch einfach mal ein paar Grimassen schneidet, zum Beispiel die rechte Backe aufbläst, die Stirn runzelt oder die Augen weit aufreißt, tut schon eine ganze Menge für seine Gehirndurchblutung. Noch besser ist es, während des Spazierengehens Grimassen zu schneiden oder einfach nur zu reden oder zu singen.
Grimassen schneiden fördert die Gehirndurchblutung.
Zungenbewegungen. Auch die Zunge ist an vielen komplexen Bewegen, wie zum Beispiel am Sprechen, Schlucken oder Kauen beteiligt. Deshalb benötigt die Steuerung von Zungenbewegungen ebenfalls ein großes Hirnareal. Immer wenn die Zunge aktiv ist, wird also die Gehirndurchblutung besonders intensiv gesteigert. Dieses Phänomen nutzen wir und bauen deshalb auch gezielte Zungenbewegungen in die Programme ein.
Das Training organisieren Täglich üben. Ideal ist, wenn Ihr Angehöriger täglich trainiert – anfangs zusammen mit Ihnen, mit etwas Routine auch allein. Klappt es einmal nicht mit dem Üben, sollte er deshalb am nächsten Tag trotzdem nur ein normales Programm absolvieren und nicht etwa zwei Zusammenstellungen aneinanderhängen. Das wäre zu anstrengend und würde auch nicht mehr bewirken. Dagegen ist es schon möglich, im Einzelfall einmal eine Einheit am Vor- und eine am Nachmittag durchzuführen. Entwickeln Sie Rituale. Finden Sie einen festen Platz in der Wohnung und eine feste Zeit am Tag, an der Sie sich mit den Übun29
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Kopf und Körper: gemeinsam fit gen beschäftigen. Günstig ist der Vormittag. Die Einheiten können auch am Nachmittag stattfinden, aber nicht kurz vor dem Schlafengehen. Die Programme machen wach und aufnahmefähig und helfen, die Anforderungen des Tages besser zu bewältigen. Lüften Sie den Raum gut, damit das Gehirn richtig Sauerstoff tanken kann! TIPP
Machen Sie mit! Machen Sie als Betreuungs- und Bezugsperson mit. Das motiviert Ihren Angehörigen. Gemeinsam macht es mehr Spaß. Sie sind nicht Zuschauer, sondern Partner. Haben Sie allerdings ein Programm schon mehrmals gemeinsam durchgeführt, kann Ihr Angehöriger vielleicht in Ihrer Abwesenheit die Übungen oder Teile davon allein und selbstständig erledigen.
Material. Für die Denkaufgaben – Übungen 11 und 12 – am Ende jedes Programms benötigen Sie manchmal Zettel und Stifte, außerdem bei Programm 3 eine alte Zeitung. Es ist günstig, wenn Sie einfach Schreibutensilien am Trainingsplatz bereithalten. Dann kann Ihr Angehöriger bei Bedarf alles aufschreiben, gelegentlich auch im Anschluss an die Trainingseinheit. Gelegentlich benötigen Sie Alltagsgegenstände wie zum Beispiel in Programm 4 bei Übung 12 eine Geldbörse. Wenn Sie später einzelne Übungen austauschen, sollten Sie sich vor Beginn einer Trainingseinheit immer die benötigten Materialien bereitlegen. In den Programmen meinen wir mit der Ansprache »Sie« oft Sie als Angehörige oder Begleitperson und gleichzeitig den alten Menschen. Schließlich üben Sie ja gemeinsam. Außerdem ist das Ziel, dass der Senior eines Tages die Übungen auch ohne Ihre Unterstützung selbstständig durchführt. Dann soll die Aufgabenbeschreibung als Gedächtnisstütze für die Programmfolge dienen. 30
Im Gehirn bewegt sich was
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Kopf und Körper: gemeinsam fit
Programme: Kopf & Körper
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iese Bewegungsprogramme wirken gleichermaßen auf Kopf und Körper. Sie trainieren die Ausdauer, die den Körper und das Gehirn mit frischem Sauerstoff versorgt und langfristig positive Auswirkungen auf das Denken und Erinnern hat. Sie bringen Herz und Kreislauf in Schwung und trainieren die Muskeln. Außerdem sind Übungen integriert, die Ihre Angehörigen vor koordinative Herausforderungen stellen, zum Beispiel Übungen, bei denen Arm- und Beinbewegungen miteinander verbunden werden. Diese Übungen sind für viele alte Menschen schwierig. Deshalb ist es möglich, dass die Ausführung nicht sofort klappt. Das macht nichts!
Nicht gleich aufgeben, wenn’s nicht sofort klappt. Durchhalten lohnt sich! Sowohl Ihr Körper als auch der Kopf profitieren davon.
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Üben, üben, üben. Bedenken Sie, dass jede Bewegung, die neu gelernt wird, eine Herausforderung für das Gehirn darstellt. Achten Sie darauf, dass Ihr Angehöriger nicht aufgibt und sich nicht entmutigen lässt. Üben, üben, üben … Das Gehirn profitiert schon, wenn alte Menschen etwas Neues üben, nicht nur, wenn sie es beherrschen. Irgendwann klappt die Bewegung, und dann hat nicht nur der Körper etwas davon, sondern vor allem der Kopf hat profitiert. Sobald Ihr Angehöriger die Übung allerdings sicher beherrscht, ist sie für das Gehirn bereits etwas, das es quasi im »Standby-Betrieb« erledigt, für das es keine nennenswerte Anstrengung mehr benötigt. Deshalb sind dann neue geistige Herausforderungen gefragt. Jede Bewegung, die neu gelernt wird, fördert die Bildung von Kontaktstellen zwischen den einzelnen Gehirnzellen. Es lohnt sich also durchzuhalten und nicht gleich aufzugeben, wenn es anfangs nicht sofort funktioniert! Sogar, wenn man sich eine Übung nur vorstellt, ohne sie tatsächlich durchzuführen, profitiert das Gehirn davon. Inzwischen ist nachgewiesen, dass allein bei der bloßen Vorstellung einer Bewegungsübung die Gehirndurchblutung erhöht wird. Dies ist vor allem für Menschen mit Bewegungseinschränkungen interessant.
Programme: Kopf & Körper
Übungsdauer. In die Programme sind immer Hand- und Fingerbewegungen, Gesichts- und Zungenbewegungen integriert, weil sie die Durchblutung des Gehirns besonders effektiv fördern. Die Programme bestehen aus 12 Übungen und dauern etwa 15 bis 20 Minuten. Am Ende stehen immer zwei spezielle Denkaufgaben. Dafür sind Sie nach den Bewegungsanforderungen optimal gerüstet. Die angegebene Zeitdauer und die Wiederholungszahlen der Übungen stellen lediglich Maximalwerte dar. Es ist kein Problem, die Übungen über einen kürzeren Zeitraum durchzuführen oder weniger häufig zu wiederholen. Richten Sie sich nach dem, was Ihr Angehöriger problemlos schafft.
So gehen Sie vor. Die fünf Programme bauen stufenförmig aufeinander auf und sind vom Leichten zum Schwierigen hin angeordnet. Stufe 1 »bewegtes Sitzen« ist das »einfachste« Programm. Es findet im Sitzen statt, ist aber durch die Kombination der Übungen trotzdem sehr wirkungsvoll. Sie sollten mit Ihrem Angehörigen so lange die Stufe 1 üben, bis Sie das Gefühl haben, dass er die Übungen im Sitzen sicher beherrscht. Erst dann wechseln Sie zu Stufe 2: »bewegtes Sitzen und gesichertes Stehen«. Dieses Bewegungsprogramm beginnt im Sitzen, geht dann aber zum Stehen mit Festhalten an der Stuhllehne über. Von Stufe 3: »gesichertes Stehen«, über Stufe 4: »im Stehen üben« bis hin zu Stufe 5: »in Bewegung kommen« wird es immer anspruchsvoller für Ihren Angehörigen. Üben Sie immer so lange auf einer Stufe, bis Sie das Gefühl haben, dass die Übungen sicher beherrscht werden. Dann sollten Sie jedoch auch zur nächsten Stufe übergehen. Wenn Sie dann merken sollten, dass die Anforderungen auf der nächst höheren Stufe doch noch zu anspruchsvoll sind, gehen Sie einfach wieder zum einfacheren Bewegungsprogramm zurück und versuchen, die Steigerung zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal. Die Belastbarkeit sehr alter Menschen ist immer auch stark von der Tagesform abhängig. Stellen Sie sich deshalb darauf ein, dass es nicht immer nur bergauf geht. Es wird auch Tage geben, an denen nichts mehr funktioniert. Lassen Sie sich davon nicht entmutigen. Das ist völlig normal. Es wird auch wieder bessere Tage geben.
Programme für Kopf und Körper
Wenn eine Stufe sicher beherrscht wird, gehen Sie zur nächsten über.
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2
Kopf und Körper: gemeinsam fit
Stufe 1 | Bewegtes Sitzen Dieses ist das Einsteigerprogramm. Es findet im Sitzen auf dem Stuhl statt. Nachgewiesenermaßen ist Ausdauersport die Methode der Wahl, wenn es darum geht, dem Kopf mehr Kraft zu verleihen. Ein Ausdauertraining ist jedoch im Sitzen nur sehr eingeschränkt möglich. Deshalb ist es wichtig, dass Ihre Angehörigen versuchen, möglichst bald auch die Programme im Stehen und in der Fortbewegung durchzuführen. Wenn Ihre Angehörigen eine schwungvolle Lieblingsmusik haben, die ihnen besonders gut gefällt, dann machen Sie diese Musik an. Sie kann dazu beitragen, dass die alten Menschen Spaß an der Bewegung und auf Dauer Lust haben, aktiv zu sein.
Ü1 Knie hoch Setzen Sie sich vorn auf Ihren Stuhl, die Füße stehen mit der ganzen Sohle auf dem Boden. Nun schwungvoll die Füße im Wechsel vom Boden lösen und die Knie nach oben anheben. Insgesamt etwa eine Minute lang. Nach der Hälfte der Zeit nehmen Sie Ihre Arme dabei schwungvoll mit: einfach nur vor- und zurückschwingen. Dabei sind die Arme im Ellbogen angewinkelt, die Schultern bleiben ganz locker. Wenn das rechte Knie angehoben wird, den linken Arm angewinkelt nach vorn führen.
Heben Sie im Sitzen abwechselnd das rechte und das linke Knie an.
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Diese Übung bringt Herz und Kreislauf in Schwung. Sie fördert die Durchblutung des Körpers und des Kopfes. Beides wird mit frischem Sauerstoff versorgt. Die Neubildung von Gehirnzellen wird angeregt.
Stufe 1 | Bewegtes Sitzen
Ü2 Überkreuz Die Knie weiterhin im Wechsel heben und senken. Nun zusätzlich mit der rechten Hand auf das linke Knie tippen und mit der linken Hand versuchen, das rechte Knie zu berühren. Immer im Wechsel. Insgesamt etwa eine Minute lang. Übung 2 bringt Herz und Kreislauf in Schwung. Sie fördert die Durchblutung des Körpers und des Kopfes. Die Überkreuzbewegung zwingt linke und rechte Hirnhälfte zur Zusammenarbeit. Der Informationsaustausch zwischen beiden Hemisphären verbessert sich durch das Üben und lässt die Abläufe sicherer und schneller werden.
Heben Sie im Sitzen abwechselnd das rechte und das linke Knie an. Tippen Sie zusätzlich überkreuz mit der Hand aufs Knie. 35
2
Kopf und Körper: gemeinsam fit
Ü3 Aufstehen und aufrichten Es geht genauso schwungvoll weiter: Stellen Sie Ihre Füße in kleiner Schrittstellung hintereinander. Nun, möglichst ohne dass die Arme dabei helfen, nur aus der Kraft der Beine nach oben zum Stehen kommen. Wenn Sie oben im Stand angekommen sind, die Arme über die Seite weit nach oben und außen öffnen und einmal ganz tief einatmen. Beim Ausatmen die Arme senken und langsam wieder auf den Stuhl zurücksetzen. Zehn Wiederholungen. Achten Sie darauf, dass Kniekehlen oder Oberschenkelrückseite immer Kontakt mit dem Stuhl haben. Das gibt mehr Sicherheit! Damit werden die Beinmuskeln und das Aufstehen von einem Stuhl trainiert. Zusätzlich wird die Atemmuskulatur aktiviert, die Haltung verbessert und Kopf und Körper sind gut mit Sauerstoff versorgt.
Stehen Sie mit dem Einatmen auf und strecken sich und setzen sich mit dem Ausatmen wieder hin. 36
Stufe 1 | Bewegtes Sitzen
Ü4 Fingerspiele mit der Zwei Beginnen Sie mit der rechten Hand. Heben Sie die rechte Hand und spreizen Sie Daumen und Zeigefinger deutlich ab. Dann Zeige- und Mittelfinger deutlich abspreizen. Danach Mittel- und Ringfinger gemeinsam spreizen und zum Schluss den Ring- und den kleinen Finger gemeinsam wegspreizen. Wiederholen Sie diese Fingerspiele dreimal. Dann mit der linken Hand das Gleiche ausprobieren. Wiederum drei Durchgänge.
Spreizen Sie jeweils zwei Finger gemeinsam ab.
Diese Übung fördert optimal die Gehirndurchblutung.
Ü5 Öffnen und Schließen Sie sitzen aufrecht auf dem Stuhl, Knie und Füße sind möglichst geschlossen. Nun die Beine im Wechsel öffnen und schließen. Beginnen Sie damit, den rechten Fuß vom Boden zu lösen, anzuheben und nach rechts außen aufzusetzen. Dann den linken Fuß vom Boden lösen, anheben und nach links außen aufsetzen. Jetzt wieder zurück: rechts zurücksetzen, dann links zurück in die Mitte setzen. Immer im Wechsel: rechts öffnen, links öffnen, rechts schließen, links schließen. Etwa 30 Sekunden lang.
Die Beine werden nacheinander angehoben, nach rechts bzw. links außen gesetzt und dann wieder geschlossen.
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2
Kopf und Körper: gemeinsam fit Wie in Übung 5 werden die Beine geöffnet und geschlossen, heben Sie nun zusätzlich den jeweiligen Arm mit an und strecken ihn lang aus.
Ü6 Öffnen und Schließen mit Armen Wenn Ihr Angehöriger diese Bewegung beherrscht, wird es schwieriger. Die Arme kommen hinzu: Wenn der rechte Fuß nach rechts außen aufgesetzt wird, gleichzeitig den rechten Arm nach rechts oben und außen lang anheben. Beim Aufsetzen des linken Fußes gleichzeitig den linken Arm nach links oben außen anheben. Geht der rechte Fuß zurück in die Mitte, wird auch der rechte Arm an den Körper herangezogen. Genauso beim Zurücksetzen des linken Fußes. Wieder 30 Sekunden lang.
Ü7 Handgelenke kreisen gegengleich Im aufrechten Sitz auf dem Stuhl zunächst die rechte Hand vor den Körper führen und im Handgelenk im Uhrzeigersinn langsam kreisen lassen. Zehnmal. Dann die linke im Handgelenk gegen den Uhrzeigersinn kreisen lassen, genauso langsam. Jetzt wird’s spannend. Ihr Angehöriger soll nun versuchen, beide Hände gleichzeitig kreisen zu lassen: Das rechte mit und das linke gegen den Uhrzeigersinn. Wieder zehn Wiederholungen.
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Stufe 1 | Bewegtes Sitzen
Ü8 Ferse, Spitze, 1, 2, 3 Teil 1. Sie sitzen aufrecht auf dem vorderen Teil des Stuhles. Der Rücken berührt die Lehne nicht. Der linke Fuß steht mit der ganzen Sohle auf dem Boden. Den rechten Fuß vom Boden lösen, das rechte Bein ausstrecken und die Ferse weit vorn auf dem Boden auftippen. Dann das Bein wieder anheben und nah am Stuhl mit der Fußspitze einmal auf den Boden tippen. Immer im Wechsel: rechtes Bein ausstrecken, die Ferse tippt auf den Boden. Rechtes Bein beugen, die Fußspitze tippt auf den Boden. 20-mal wiederholen. Teil 2. Jetzt mit links genau andersherum: linkes Bein ausstrecken und mit der Fußspitze den Boden berühren. Linkes Bein beugen und dann mit der Ferse auf den Boden tippen. Immer im Wechsel: strecken, die Spitze tippt auf – beugen, die Ferse tippt auf. 20 Wiederholungen.
Teil 3. Jetzt wird’s richtig anspruchsvoll. Diese Kombination der beiden Teile soll Ihr Angehöriger nur dann machen, wenn er Teil 1 und 2 sicher beherrscht. Dreimal hintereinander mit dem rechten Bein: Bein strecken, Ferse auf den Boden – Bein beugen, Spitze auf den Boden. Dann direkt im Anschluss ohne Pause dreimal mit links: Bein strecken, Spitze auf den Boden, Bein beugen, Ferse auf den Boden. Immer im Wechsel: dreimal mit rechts, dreimal mit links.
Strecken und beugen Sie das rechte Bein und tippen dabei jeweils mit der Ferse und der Fußspitze kurz auf den Boden. Mit links machen Sie es umgekehrt.
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2
Kopf und Körper: gemeinsam fit
Ü9 Seitbeuge Stützen Sie sich mit der linken Hand auf dem rechten Oberschenkel ab. Nun den rechten Arm anheben und den Oberkörper einschließlich des rechten Arms weit nach links zur Seite beugen. Kurz in dieser Position verharren und die Übung dann zur anderen Seite ausführen. Wiederholen Sie die Übung auf jeder Seite zweimal. Diese Übung mobilisiert die Wirbelsäule und sorgt für eine gute Beweglichkeit. Heben Sie den rechten Arm über Ihren Kopf und beugen den Oberkörper zur linken Seite. Danach heben Sie den linken und beugen sich zur rechten Seite.
Ü10 Ein- und ausatmen Sie sitzen ganz vorn auf Ihrem Stuhl. Beide Füße stehen mit der ganzen Sohle fest am Boden. Nun tief einatmen, dabei beide Arme langsam über die Seite bis über den Kopf nach oben führen. Beim Ausatmen die Arme wieder genauso langsam über die Seiten nach unten führen, sechsmal wiederholen. Heben Sie mit dem Einatmen beide Arme über die Seite bis ganz nach oben und führen Sie sie mit dem Ausatmen langsam wieder nach unten. 40
Stufe 1 | Bewegtes Sitzen
Alles, was rot ist Schauen Sie sich um. Finden Sie im Raum möglichst schnell zehn Dinge, die rot sind – die Tischdecke, die Blumen auf dem Kalenderblatt, der Verschluss der Sprudelflasche ...! Benennen Sie die Dinge zügig hintereinander. Drehen Sie sich dabei auf Ihrem Stuhl, schauen Sie in alle Richtungen. Haben Sie zehn Gegenstände gefunden? Wenn es anfangs weniger als zehn Dinge sind, ist das in Ordnung. Überlegen Sie nicht länger als eine Minute. Dann lenken Sie sich kurz ab, indem Sie von 20 rückwärts zählen und immer 3 abziehen, also 20, 17, 14 usw. Dann machen Sie einen zweiten Durchgang mit den roten Gegenständen. Wie viele von den zehn Dingen finden Sie wieder? Deuten Sie jeweils kurz bei ausgestrecktem Arm mit dem Finger auf den benannten Gegenstand. Geben Sie Ihrem Angehörigen Unterstützung, überlegen Sie gemeinsam, geben Sie Tipps, ohne gleich die Lösung zu nennen! Dieser Durchgang sollte nicht wesentlich länger dauern als der erste. Es macht nichts, wenn Sie nicht alle genannten Gegenstände zusammenbringen. Entscheidend ist das Überlegen, nicht das Ergebnis. Sie trainieren bei dieser Übung Informationsverarbeitung, Wortfindung und
Schauen Sie sich um und finden möglichst schnell zehn rote Gegenstände.
räumliche Orientierung. Bei der Wiederholung ist zusätzlich das Gedächtnis gefordert.
Ü12 Rote Wörter finden Suchen Sie möglichst viele Wörter, in denen die drei Buchstaben R, O und T in beliebiger Reihenfolge vorkommen, zum Beispiel Brot, Protokoll, Frottee, aber auch Motor oder Vortrag. Nehmen Sie sich für diese Übung ein bis zwei Minuten Zeit. Selbstverständlich kann Ihr Angehöriger die Überlegungen zu einem späteren Zeitpunkt am Tag fortsetzen. Gut ist in dem Fall, die Wörter zu notieren. Beim nächsten Treffen können Sie dann über die Ergebnisse sprechen. 41
DENKAUFGABEN
Ü11
2
Kopf und Körper: gemeinsam fit
Stufe 2 | Sitzen und gesichertes Stehen Jetzt wird’s anspruchsvoller. Der Sportler kommt ab Übung 3 zum Stehen nach oben und übt im Stand – mit Festhalten – weiter. Machen Sie zwischen den einzelnen Übungen jeweils eine Pause.
Ü1 Knie hoch Setzen Sie sich vorn auf Ihren Stuhl, die Füße stehen mit der ganzen Sohle auf dem Boden. Nun schwungvoll die Füße im Wechsel vom Boden lösen und die Knie nach oben anheben. Insgesamt etwa eine Minute lang. Nach der Hälfte der Zeit nehmen Sie Ihre Arme dabei schwungvoll mit: einfach nur vor- und zurückschwingen. Dabei sind die Arme im Ellbogen angewinkelt, die Schultern bleiben ganz locker. Wenn das rechte Knie angehoben wird, den linken Arm angewinkelt nach vorn führen. Wenn das linke Knie oben ist, den rechten Arm nach vorn führen. Diese Übung bringt Herz und Kreislauf in Schwung. Sie fördert die Durchblutung des Körpers und des Kopfes. Beides wird mit frischem Sauerstoff versorgt. Die Neubildung von Gehirnzellen wird angeregt.
Heben Sie im Sitzen abwechselnd das rechte und das linke Knie an. 42
Stufe 2 | Sitzen und gesichertes Stehen
Ü2 Überkreuz mit dem Ellbogen Die Knie weiterhin im Wechsel heben und senken. Nun zusätzlich versuchen, mit dem rechten Ellbogen das linke Knie zu berühren und mit dem linken Ellbogen das rechte Knie. Falls Ihr Angehöriger nicht beweglich genug ist, um mit dem Ellbogen auf das angehobene Knie zu tippen, ist das überhaupt nicht schlimm. Dann bewegt er den Ellbogen einfach nur in Richtung zum diagonalen Knie und das Knie in Richtung zum Ellbogen. Immer im Wechsel über die Diagonale. Insgesamt etwa eine Minute lang.
Übung 2 bringt ebenfalls Herz und Kreislauf in Schwung. Sie fördert die Durchblutung des Körpers und des Kopfes. Zusätzlich wird durch die Überkreuzbewegung das Zusammenwirken der linken und der rechten Gehirnhälfte harmonisiert.
Heben Sie wie bei Übung 1 abwechselnd das rechte und das linke Knie und versuchen dabei den linken bzw. rechten Ellbogen ans Knie zu bringen.
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2
Kopf und Körper: gemeinsam fit
Ü3 Aufstehen und nach oben fassen Stellen Sie Ihre Füße in kleiner Schrittstellung hintereinander. Nun, möglichst ohne dass die Arme dabei helfen, nur aus der Kraft der Beine nach oben zum Stehen kommen. Wenn Sie oben im Stand angekommen sind, beide Arme weit nach oben über den Kopf heben und die Finger öffnen, so als wollten Sie etwas greifen. Dann die Arme senken und langsam wieder auf den Stuhl zurücksetzen. Zehn Wiederholungen. Achten Sie darauf, dass die Kniekehlen oder die Oberschenkelrückseiten immer Kontakt mit dem Stuhl haben. Das ist sicherer! Beim zehnten Mal bleiben Sie stehen, gehen hinter den Stuhl und fassen dort zur Sicherheit mit beiden Händen an die Stuhllehne. Das trainiert die Beinmuskeln und das Aufstehen von einem Stuhl. Zusätzlich wird die Atemmuskulatur aktiviert, die Haltung verbessert und Kopf und Körper gut mit Sauerstoff versorgt.
Stehen Sie auf und heben dann die Arme über den Kopf, als ob Sie mit den Händen etwas greifen wollten, senken Sie die Arme und setzen sich danach wieder hin. 44
Stufe 2 | Sitzen und gesichertes Stehen
Ü4 Seitschritt Sie stehen hinter dem Stuhl und fassen mit beiden Händen an die Stuhllehne. Nun geht’s mit Schwung weiter, halten Sie sich jedoch während der ganzen Übung mit beiden Händen an der Lehne fest: Machen Sie mit dem rechten Fuß einen großen Schritt zur rechten Seite und setzen Sie direkt im Anschluss den linken Fuß an den rechten heran. Nun geht’s zur anderen Seite weiter. Den linken Fuß weit zur linken Seite setzen und dann den rechten Fuß sofort an den linken heransetzen. Weiter geht’s wieder nach rechts. Immer im Wechsel – Seitschritt nach rechts und Seitschritt nach links. Eine Minute lang. So bringen Sie Herz und Kreislauf in Schwung. Die Durchblutung des Körpers und des Kopfes wird gefördert. Beides wird mit frischem Sauerstoff versorgt. Die Neubildung von Gehirnzellen wird angeregt.
Während Sie sich an der Lehne festhalten, machen Sie im Wechsel einen großen Seitschritt nach rechts und nach links. 45
2
Kopf und Körper: gemeinsam fit
Ü5 Tandemstand mit angehobenen Armen Direkt im Anschluss stellen Sie sich in den Tandemstand, das heißt, der linke Fuß steht vorne, der rechte Fuß steht direkt dahinter, sodass die rechte Fußspitze die linke Ferse berührt. (Einfacher ist es, wenn Sie etwas Platz zwischen Fußspitze und Ferse lassen.) Nun versuchen Sie ganz vorsichtig, beide Hände von der Stuhllehne zu lösen und die Arme vor dem Körper auf Höhe der Schultern lang auszustrecken. Etwa zehn Sekunden in dieser Position verharren. Dann wieder an den Stuhl greifen, die Beine in der Pause ein wenig auslockern. Dann kommt ein zweiter Durchgang. Tandemstand, dieses Mal steht der rechte Fuß vorn und der linke steht hinten. Arme nach vorn ausstrecken und versuchen, zehn Sekunden in dieser Position zu verharren. Bleiben Sie nah dabei, damit Sie Ihren Angehörigen sichern können, falls er ins Schwanken gerät. Der Tandemstand trainiert das Gleichgewicht und fördert die Standsicherheit. Während Sie sich an der Stuhllehne festhalten, stellen Sie einen Fuß direkt hinter den anderen, dann ist Ihr Gleichgewichtssinn gefordert, wenn Sie die Hände lösen und die Arme nach vorne ausstrecken. 46
Stufe 2 | Sitzen und gesichertes Stehen
Ü6 Knie hoch, Bein zur Seite Sie fassen wieder mit beiden Händen an die Stuhllehne. Nun das rechte Knie langsam nach oben zur Stuhllehne anheben, langsam wieder senken und ohne zwischendurch den Fuß auf den Boden abzusetzen, versuchen, das rechte Bein lang ausgestreckt seitlich nach rechts außen anzuheben. Dann das Bein in die Mitte zurückführen und den rechten Fuß auf dem Boden aufsetzen. Jetzt kommt der zweite Durchgang. Das rechte Knie heben, wieder senken, das rechte Bein lang gestreckt nach außen führen, wieder in die Mitte zurückbringen und zum Abschluss den Fuß auf den Boden absetzen. Ihr Angehöriger sollte versuchen, die Übung insgesamt zehnmal mit dem rechten Bein durchzuführen. Danach die Übung zehnmal mit dem linken Bein wiederholen. Vielleicht schaffen die Seniorensportler es mit der Zeit, die Übung zu wiederholen, ohne den Fuß zwischendurch auf den Boden abzusetzen. Das ist prima!
Während Sie sich an der Stuhllehne festhalten, ziehen Sie das rechte Knie hoch, senken es wieder ab (ohne dass der Fuß den Boden berührt), heben das gestreckte Bein zur Seite an und stellen es erst danach wieder ab. 47
2
Kopf und Körper: gemeinsam fit
Ü7
Ü8
Grimassen schneiden
Rechtes Bein und linker Arm
Bleiben Sie in der gleichen Position stehen, obwohl Sie nun nur Ihr Gesicht arbeiten lassen. Die folgende Übung besteht aus vier verschiedenen Gesichtsbewegungen: 1. Blasen Sie die rechte Backe auf. 2. Schließen Sie nur das linke Auge. 3. Machen Sie einen Kussmund. 4. Ziehen Sie den rechten Mundwinkel nach unten.
Sie stehen hinter dem Stuhl und halten sich mit beiden Händen an der Stuhllehne fest. Nun langsam das rechte Bein nach hinten anheben und gleichzeitig die linke Hand von der Lehne lösen und den linken Arm lang nach oben anheben. Arm und Bein wieder zurücksetzen. Dann gegengleich: Jetzt das linke Bein nach hinten anheben und gleichzeitig den rechten Arm lang nach oben ausstrecken. Immer im Wechsel. Insgesamt zehnmal.
Probieren Sie erst in Ruhe alle vier Grimassen aus. Dann versuchen Sie, diese vier Bewegungen zehnmal hintereinander ohne Pause durchzuführen. Vielleicht müssen Sie Ihrem Angehörigen anfangs helfen, damit er die Folge der Gesichtsbewegungen in der richtigen Reihenfolge erinnern und umsetzen kann. Aber es wird besser, je öfter der Senior das übt! Für die Steuerung der Mimik benötigen wir ein großes Hirnareal. Gesichtsbewegungen gehen folglich mit einer besonders guten Gehirndurchblutung einher.
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Stufe 2 | Sitzen und gesichertes Stehen
Ü9 Zungenwirbel Bleiben Sie in der gleichen Position stehen, obwohl Sie nun nur Ihre Zunge arbeiten lassen. Die folgende Übung besteht aus vier verschiedenen Zungenbewegungen: 1. Berühren Sie mit Ihrer Zunge den Gaumen. 2. Berühren Sie mit Ihrer Zungenspitze einen rechten unteren Backenzahn. 3. Berühren Sie mit Ihrer Zungenspitze einen linken oberen Backenzahn. 4. Berühren Sie mit Ihrer Zungenspitze einen Schneidezahn vorn unten.
Lassen Sie wie beschrieben Ihre Zunge im Mund tanzen.
Probieren Sie erst in Ruhe alle vier Zungenbewegungen aus. Dann versuchen Sie, diese vier Bewegungen zehnmal hintereinander ohne nachzulesen und ohne Pause durchzuführen.
Ü10 Tief ein- und ausatmen Nun die Hände von der Lehne lösen und die Arme seitlich am Körper locker hängen lassen. Atmen Sie tief ein und heben Sie gleichzeitig beide Arme über die Seite nach oben an, bis beide Hände sich über dem Kopf berühren. Dann, während des Ausatmens, die Arme ganz langsam wieder über die Seite senken. Atmen Sie insgesamt sechsmal tief ein und aus.
Heben Sie mit dem Einatmen beide Arme über die Seite bis über den Kopf und senken Sie mit dem Ausatmen wieder.
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Kopf und Körper: gemeinsam fit
DENKAUFGABEN
2
Ü11 Ziffern schreiben Setzen Sie sich wieder vorn auf den Stuhl. Stellen Sie sich vor, Sie säßen an einem Sandstrand. Dort schreiben Sie mit den Füßen bzw. mit dem großen Zeh die Ziffern von 0 bis 9 in den Sand. Holen Sie dabei zu großen Bewegungen aus. Malen Sie die 0 mit dem rechten, die 1 mit dem linken Fuß usw. Enden Sie mit der 9 mit dem linken Fuß. TIPP
So wird es schwieriger Die Aufgabe gelingt Ihrem Angehörigen ohne Anstrengung? Dann brauchen Sie gemeinsam eine neue Herausforderung: Überlegen Sie sich jeweils eine beliebige Ziffer zwischen 0 und 9 oder lassen Sie sich die von Ihrem Partner ansagen. Finden Sie heraus, mit welchem Fuß Sie die Zahl schreiben müssen, wenn Sie bei der Reihenfolge der Übung oben bleiben. Nennt Ihr Gegenüber zum Beispiel die 4, sollten Sie sich möglichst schnell für den rechten Fuß entscheiden und die Bewegung ausführen.
Malen Sie mit dem großen Zeh Ziffern von 0 bis 9 auf den Boden.
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Anspruchsvoller wird es, wenn Sie mehrere Ziffern hintereinander erinnern und mit dem Fuß schreiben oder wenn Sie die Ziffer um 180 Grad gedreht schreiben, sodass Ihr Gegenüber sie lesen kann.
Ü12 Zahlen schreiben Wenn Sie zu zweit üben, nennen Sie sich gegenseitig im Wechsel Ziffernfolgen, die der andere mit den Füßen – wie bei Übung 11 – schreiben soll. Hier geht es nicht nur um die Bewegung, sondern gleichzeitig um die Merkspanne. Das heißt, Sie nennen die Ziffern jeweils kurz im Sekundentakt. Danach schreibt das Gegenüber die Folge mit den Füßen auf den Boden. Beginnen Sie mit zwei oder drei Ziffern, zum Beispiel 4 – 9 – 2. Machen Sie fünf bis sechs Durchgänge. Steigern Sie die Länge jeweils um eine Ziffer, wenn die Folge mehrmals nacheinander richtig erinnert und geschrieben wurde.
DENKAUFGABEN
Stufe 2 | Denkaufgaben
Falls Sie allein üben, schreiben Sie sich zu Beginn einige Ziffernfolgen auf jeweils einen Zettel. Lesen Sie dann immer eine Folge laut, legen den Zettel verdeckt ab und führen die Bewegungen aus. TIPP
Die Schwierigkeit steigern Die Übung gelingt ohne Probleme? Dann sollten Sie sich steigern! Setzen Sie sich zu zweit gegenüber und schreiben Sie die Ziffern jeweils um 180 Grad gedreht, sodass Ihr Partner sie in Leserichtung erkennen kann.
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2
Kopf und Körper: gemeinsam fit
Stufe 3 | Gesichertes Stehen Jetzt üben Sie nur noch im Stehen. Zur Sicherheit halten Sie sich an der Stuhllehne fest. Machen Sie zwischen den Übungen Pausen!
Ü1 Gehen am Platz Stellen Sie sich hinter den Stuhl und halten Sie sich mit beiden Händen daran fest. Marschieren Sie nun am Platz, während Sie sich weiterhin zur Sicherheit mit den Händen an der Lehne festhalten. Die Knie beim Gehen möglichst hoch anheben. Eine Minute lang.
Halten Sie sich an der Lehne fest und marschieren am Platz. 52
Stufe 3 | Gesichertes Stehen
Ü2 Öffnen und Schließen Jetzt die Beine im Wechsel öffnen und schließen. Sie beginnen mit dem linken Bein: Den linken Fuß nach links außen auf den Boden setzen, dann den rechten Fuß nach rechts außen aufsetzen. Jetzt geht’s wieder zurück zur Mitte: Den linken Fuß zurück in die Mitte setzen, dann den rechten Fuß in die Mitte zurücksetzen. Wiederholen Sie die Übung in dieser Reihenfolge 30 Sekunden lang. Danach die Übung mit rechts beginnen: Rechter Fuß setzt nach rechts außen, linker Fuß setzt nach links außen. Dann rechts in die Mitte zurück und links in die Mitte zurück. Ihr Angehöriger sollte versuchen, diese Übung möglichst flüssig und ohne »Denkpause« durchzuführen.
Halten Sie sich an der Lehne fest und setzen erst den linken Fuß weit nach links, dann den rechten weit nach rechts, sodass Sie in der Grätsche stehen, dann wieder zurück. 53
2
Kopf und Körper: gemeinsam fit
Ü3 Zur Seite tippen In der gleichen Ausgangsposition die Füße im Wechsel anheben und auf den Boden tippen: 1. Die rechte Fußspitze tippt rechts außen auf den Boden auf. 2. Die linke Fußspitze tippt links außen auf den Boden auf. 3. Die rechte Fußspitze tippt rechts hinten auf den Boden auf. 4. Die linke Fußspitze tippt links hinten auf den Boden auf. Der Senior sollte versuchen, diese Bewegungsfolge möglichst zügig hintereinander ohne »Denkpause« durchzuführen und immer wieder zu wiederholen. Eine Minute lang.
Tippen Sie wie beschrieben mit der Fußspitze auf den Boden – zunächst mit der rechten nach rechts, dann mit der linken nach links. 54
Stufe 3 | Gesichertes Stehen
Ü4 Kniebeuge In eine breite Grätsche gehen. Die Fußspitzen zeigen leicht nach außen. Nun den Po ganz langsam nach hinten schieben und dann langsam nach unten senken. Dabei bleibt der Rücken möglichst gerade. Probieren Sie aus, wie tief Sie heruntergehen können. Je tiefer Sie gehen, umso anstrengender wird es. Aber – nicht übertreiben! Der Winkel zwischen Ober- und Unterschenkel darf keinesfalls kleiner werden als 90 Grad, das schadet sonst den Kniegelenken! Dann genauso in die Ausgangsposition zurückkommen. Diese Übung zehnmal wiederholen. Danach die Beine kurz auslockern.
Machen Sie mit gegrätschten Beinen langsam Kniebeugen, halten Sie den Rücken dabei gerade. 55
2
Kopf und Körper: gemeinsam fit
Ü5 Kniebeuge mit Fäusten Nun wird Übung 4 erweitert. Gehen Sie wieder in die Grätsche und schieben Sie Ihr Gesäß erst nach hinten und dann weiter nach unten. Nun gleichzeitig den rechten Arm über den Kopf anheben und dabei die Finger ganz deutlich spreizen und strecken. Danach mit der rechten Hand kräftig eine Faust ballen. Dreimal im Wechsel: Finger spreizen und durchstrecken, Faust ballen. Danach ganz langsam mit dem Po wieder nach oben kommen. Machen Sie eine Pause. Jetzt mit dem linken Arm. Erst den Po nach hinten und unten absenken, dabei den linken Arm über Kopf anheben. Dreimal Finger spreizen und Faust ballen. Dann wieder zurück in die Ausgangsposition. Wiederholen Sie diese Übung insgesamt 20 Mal, zehnmal mit Anheben des rechten Arms und zehnmal mit Anheben des linken Armes. Diese Übung trainiert die Beinmuskeln, die man braucht, um sicher stehen, gehen und Treppen steigen zu können. Durch die Kombination mit dem Öffnen der Finger und dem Ballen der Faust wird die Durchblutung des Gehirns besonders gefördert.
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Gehen Sie wie in Übung 4 in die Kniebeuge und lassen dann mit einer Hand die Lehne los, strecken Sie den Arm nach oben, spreizen abwechselnd die Finger und machen eine Faust.
Stufe 3 | Gesichertes Stehen
Ü6 Linker Arm und linkes Bein schwingen Stellen Sie sich mit der rechten Seite an den Stuhl und halten Sie sich mit der rechten Hand an der Lehne fest. Nun das äußere linke Bein locker vor- und zurückschwingen lassen. Wenn Sie diese Bewegung sicher beherrschen, den linken äußeren Arm locker mitschwingen lassen: Wenn das Bein vorn ist, schwingt auch der Arm nach vorn. Wenn das Bein hinten ist, schwingt auch der Arm nach hinten. Etwa 30 Sekunden lang. Dann wird’s schwieriger: Wenn das Bein vorn ist, schwingt der Arm nach hinten und umgekehrt. Noch einmal 30 Sekunden lang.
Ü7 Rechter Arm und rechtes Bein schwingen Nun mit links festhalten und auf das linke Bein stellen. Das rechte Bein vorund zurückschwingen. Wenn der Senior diese Bewegung sicher beherrscht, den rechten äußeren Arm locker mitschwingen lassen: Wenn das Bein vorn ist, schwingt auch der Arm nach vorn. Wenn das Bein hinten ist, schwingt auch der Arm nach hinten. Etwa 30 Sekunden lang. Dann den Arm gegengleich schwingen lassen. Noch einmal 30 Sekunden lang.
Halten Sie sich nur mit rechts fest und schwingen mit dem linken Bein und dem linken Arm vor und zurück.
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2
Kopf und Körper: gemeinsam fit
Ü8 Einbeinstand rechts mit Sicherheitshalt Nun den rechten Fuß auf den Boden stellen. Den linken Fuß etwas vom Boden abheben und versuchen, die Balance zu halten. Zur Sicherheit bleibt die linke Hand an der Stuhllehne. Der Senior sollte versuchen, die Balance zehn Sekunden lang zu halten. Dann den linken Fuß auf den Boden setzen und die Beine auslockern. Wiederholen Sie die Übung noch zwei weitere Male. Diese Übung ist besonders effektiv, weil hier direkt im Anschluss an eine schwungvolle Bewegung die Balance gehalten werden muss. Das fordert und fördert das Gleichgewichtsorgan besonders intensiv.
Ü9 Einbeinstand links mit Sicherheitshalt
Halten Sie die Balance, während Sie den linken Fuß anheben.
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Nun den linken Fuß auf den Boden stellen. Den rechten Fuß etwas vom Boden abheben und versuchen, die Balance zu halten. Zur Sicherheit bleibt die rechte Hand an der Stuhllehne. Der Senior sollte versuchen, die Balance zehn Sekunden lang zu halten. Dann den rechten Fuß auf den Boden setzen und die Beine auslockern. Wiederholen Sie die Übung noch zwei weitere Male.
Stufe 3 | Gesichertes Stehen
Ü10 Atmen auf den Zehenspitzen Stellen Sie sich wieder frontal vor die Stuhllehne und halten Sie sich mit beiden Händen daran fest. Nun drücken Sie sich kräftig nach oben auf die Zehenspitzen. Dabei tief einatmen. Mit dem Ausatmen die Fersen wieder zurück auf den Boden bringen. Insgesamt zehnmal tief einatmen (und dabei auf die Zehenspitzen gehen) und ausatmen (und dabei die Fersen wieder absenken).
Gehen Sie mit dem Einatmen auf die Zehenspitzen und senken mit dem Ausatmen die Fersen wieder ab. 59
2
Kopf und Körper: gemeinsam fit
DENKAUFGABEN
Ü11
2
Finger zeigen Geben Sie Ihren Fingern Nummern. Beginnen Sie am kleinen Finger der linken Hand mit 0. Der linke Ringfinger ist die 1, der Mittelfinger die 2 usw. An der rechten Hand geht es am Daumen weiter mit der 5, der rechte kleine Finger ist die 9. Anfangs können Sie die Schemazeichnung mit der Zuordnung der Ziffern für Ihren Angehörigen in Sichtweite legen. Das Nachsehen ist erlaubt. Es geht nicht in erster Linie darum, die Zahlen ins Gedächtnis einzuspeichern, sondern Informationen zügig zu verarbeiten. Ballen Sie beide Hände zur lockeren Faust und halten sie vor dem Körper. Stellen Sie sich nun eine beliebige Zahl vor, die Ihnen geläufig ist, zum Beispiel Ihre Telefonnummer oder die einer Freundin. Strecken Sie dann Ihre Finger entsprechend der Ziffernfolge jeweils kurz aus und ziehen sie wieder ein. Lautet also die Telefonnummer 49728, so schnellen Ihre Finger wie folgt aus der Faust heraus: linker Daumen, rechter kleiner Finger, rechter Mittelfinger, linker Mittelfinger, rechter Ringfinger. Machen Sie fünf Durchgänge mit fünfstelligen Zahlen. Wenn Sie zu zweit üben, können Sie sich gegenseitig Zahlen nennen, die per Fingerzeig dargestellt werden sollen.
60
1
7
3
6
8 9
0 4
5
Verwenden Sie bei dieser Übung die gezeigte Zuordnung der Ziffern zu den zehn Fingern. TIPP
Worauf kommt es an? Alte Finger sind von lebenslanger Arbeit gezeichnet und oft durch Erkrankungen verändert. Sie sind nicht mehr so beweglich wie junge Finger. Oft lassen sie sich nicht mehr wirklich lang ausstrecken. Das macht aber nichts. Es kommt auf den Bewegungsimpuls an, nicht darauf, dass eine echte Streckung zustande kommt. Machen Sie sich auch nichts draus, wenn nicht alle Finger gleich gut funktionieren. Die anatomischen Gegebenheiten erschweren zum Beispiel die Beweglichkeit des Ringfingers. Da reagiert oft ein anderer Finger mit. Es kommt in erster Linie darauf an, dass Sie sich für den richtigen Finger entscheiden und dass dieser sich überhaupt rührt.
Ü12 Hand-Streich Setzen Sie sich an den Tisch und nehmen Sie sich einen kurzen Text aus einer alten Zeitung vor. Außerdem benötigen Sie einen farbigen Stift, am besten einen roten. Nachdem Sie sich bei Übung 11 intensiv mit Ihren Händen beschäftigt haben, geht es jetzt auf andere Weise um die Hand. Streichen Sie in der Zeitungsmeldung alle Buchstaben, die im Wort »Hand« vorkommen, also H, A, N und D. Es kommt nicht darauf an, dass Sie den Textinhalt verstehen oder gar behalten, sondern ausschließlich auf das schnelle Verarbeiten von Informationen. Arbei-
ten Sie zügig, auch wenn Sie einzelne Buchstaben übersehen. Die können Sie in einem zweiten Durchgang nachbessern. Führen Sie die Durchstreichübung etwa zwei Minuten aus, unabhängig davon, wie weit Sie in dem Text gekommen sind. Machen Sie direkt anschließend einen Kontrolldurchgang, um Übersehenes zu erkennen. Falls Ihr Angehöriger eine Sehschwäche hat, bereiten Sie einen Zeitungsartikel als vergrößerte Kopie vor. Vergrößerungen erhalten Sie in jedem Copyshop.
Streichen Sie alle Buchstaben, die im Wort »Hand« vorkommen, an, also H, A, N und D.
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DENKAUFGABEN
Stufe 3 | Denkaufgaben
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Kopf und Körper: gemeinsam fit
Stufe 4 | Im Stehen üben Dieses Programm wird im freien Stand durchgeführt. Das bedeutet, der Senior sollte versuchen, sich nicht festzuhalten. Probieren Sie aus, wie sicher Ihr Angehöriger bei der Durchführung der Übungen ist! Wählen Sie eine Stelle im Zimmer aus, an der viel Platz ist. Es sollten sich keine Möbel in unmittelbarer Umgebung befinden, die stören oder an denen sich Ihr Angehöriger stoßen oder verletzen könnte. Achten Sie darauf, dass Ihr Angehöriger feste Schuhe oder rutschfeste Socken trägt. Offene Schlappen ohne festen Fersenhalt, wie zum Beispiel Hausschuhe, sind ungeeignet! Zwischen den Übungen sollten Sie jeweils kurze Pausen machen, zwischen 15 Sekunden und einer Minute lang, je nach Belastbarkeit. Wenn Ihr Angehöriger wieder ruhig atmet und sich gut fühlt, kann die nächste Übung durchgeführt werden.
Ü1 Marschieren am Platz Auf der Stelle gehen. Dabei die Knie schön hoch anheben und die Arme locker mitschwingen lassen. Die Schultern bleiben locker und entspannt, der Rücken möglichst gerade. Eine Minute lang.
Marschieren Sie auf der Stelle und lassen die Arme mitschwingen. 62
Stufe 4 | Im Stehen üben
Ü2 Knie und Arm diagonal Heben Sie im Wechsel das rechte und das linke Knie nach oben an. Wenn Ihr Angehöriger diese Bewegung sicher beherrscht, kann die Armbewegung dazukommen. Wenn das rechte Knie oben ist, wird gleichzeitig der linke Arm lang nach oben angehoben. Wenn das linke Knie oben ist, den rechten Arm lang nach oben anheben. Eine Minute lang.
Ü3 Fingerspiele Bleiben Sie stehen und strecken den rechten Arm nach vorn aus. Nun die Finger bewegen: 1. Daumen und Zeigefinger ausstrecken, die anderen Finger anbeugen. 2. Den Daumen und den kleinen Finger ausstrecken. 3. Zeige- und Mittelfinger ausstrecken. 4. Ringfinger und kleinen Finger ausstrecken. Diese Abfolge zehnmal hintereinander durchführen. Dann die gleichen Fingerbewegungen mit der linken Hand durchführen. Ebenfalls zehnmal. Sie sollten versuchen, die Bewegungen hintereinander ohne »Denkpause« möglichst zügig durchzuführen.
Heben Sie im Wechsel das rechte und das linke Knie an. Zusätzlich können Sie dabei den linken bzw. rechten Arm nach oben strecken.
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Kopf und Körper: gemeinsam fit
Ü4 Fußspitzen tippen Im Wechsel die rechte und die linke Fußspitze vorn auf dem Boden auftippen. Wenn diese Bewegung sicher beherrscht wird, geht’s weiter: Die rechte Fußspitze tippt rechts außen auf dem Boden auf, die linke Fußspitze tippt links außen auf dem Boden auf. Immer im Wechsel. Wenn diese Bewegung sicher beherrscht wird, sollen die rechte und die linke Fußspitze im Wechsel hinter dem Körper auftippen. Wenn alle drei Bewegungen problemlos beherrscht werden, kann Ihr Angehöriger versuchen, alle drei Bewegungen hintereinander durchzuführen. Also: rechte Fußspitze tippt vorn, linke Fußspitze tippt vorn, rechte Fußspitze tippt rechts außen, linke tippt links außen, rechte Fußspitze tippt rechts hinten, linke tippt links hinten. Dann geht’s wieder von vorn los. Diese Bewegungen insgesamt zehnmal hintereinander durchführen.
Tippen Sie im Wechsel die rechte und die linke Fußspitze auf den Boden. 64
Stufe 4 | Im Stehen üben
Ü5 Tandemstand Gehen Sie in den Tandemstand: Stellen Sie die Füße direkt voreinander, der rechte Fuß ist vorn. Der linke steht direkt dahinter, sodass die Fußspitze des linken Fußes die Ferse des rechten Fußes berührt. Heben Sie beide Arme vor dem Körper bis auf Höhe der Schultern an und versuchen Sie, in dieser Position das Gleichgewicht zu halten. Etwa zehn Sekunden lang. Danach die Beine ein wenig auslockern. Dann wiederholen Sie die Übung andersherum: Der linke Fuß steht vorn, der rechte Fuß direkt dahinter. Die rechte Fußspitze berührt die linke Ferse. Wieder die Arme bis auf Höhe der Schultern vorn anheben und zehn Sekunden halten. Ist die Übung zu schwer? Dann probieren Sie den SemiTandemstand: Dabei bleiben zwischen Ferse und Fußspitze etwa 10 cm Platz.
Nehmen Sie den Tandemstand ein und versuchen das Gleichgewicht zu halten – mit geschlossenen Augen ist es noch etwas schwieriger. 65
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Kopf und Körper: gemeinsam fit
Ü6 Kniebeuge mit Armschwung Stellen Sie sich mit hüftbreit geöffneten Füßen aufrecht hin. Nun gehen Sie in die Knie, schwingen gleichzeitig die Arme locker nach vorn und atmen dabei tief ein. Wenn die Arme angehoben sind, werden auch die Knie gestreckt. Dann wieder ausatmen, die Knie beugen und die Arme locker zurück nach hinten schwingen. Immer im Wechsel: Die Arme ganz locker vor- und zurückschwingen und dabei jeweils die Knie beugen. 30 Mal.
TIPP
So wird’s schwieriger! Ihr Angehöriger schafft das problemlos? Gut, dann wird’s schwieriger: Beim Nach-vorn-Schwingen der Arme auf die Zehenspitzen gehen und die Arme so weit wie möglich nach oben anheben. Beim Zurückschwingen der Arme wieder den ganzen Fuß auf dem Boden abstellen. 30 Wiederholungen.
Machen Sie Kniebeugen und schwingen beide Arme dabei vor und zurück – bei gestreckten Beinen sind die Arme vorn, bei gebeugten hinten. 66
Stufe 4 | Im Stehen üben
Ü7 Grätsche und wippen Stellen Sie sich mit geschlossenen Beinen aufrecht hin. Machen Sie nun mit dem rechten Fuß einen weiten Schritt nach rechts zur Seite. Dabei beide Knie deutlich beugen und den Po nach hinten schieben. In dieser Grätschstellung bleibt der Rücken möglichst gerade. Bleiben Sie in dieser Position und wippen Sie mehrmals auf und ab. Dann den rechten Fuß wieder in die Mitte zurücksetzen. Jetzt mit links: Den linken Fuß vom Boden lösen und weit nach links außen aufsetzen. In dieser weiten Grätschposition sind die Knie deutlich gebeugt. Nun ein paar Mal auf und abwippen. Dann den linken Fuß wieder in die Mitte zurückführen. Wiederholen Sie diese Übung mit jedem Bein zehnmal. Mit dieser Übung beugen Sie Stürzen vor: Die Bewegung trainiert die Beinmuskeln, die man braucht, um sich beim Stolpern mit einem gezielten Schritt zur Seite sicher abfangen zu können.
Machen Sie einen weiten Seitschritt, beugen die Knie und wippen in der Grätsche mehrmals auf und ab, bevor Sie das Bein wieder ranziehen. 67
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Kopf und Körper: gemeinsam fit
Ü8 Überkreuzbewegungen Stellen Sie sich aufrecht hin. Nun versuchen Sie, das rechte Bein nach rechts und den linken Arm nach links anzuheben. Dann das linke Bein nach links und den rechten Arm nach rechts anheben. Immer im Wechsel möglichst zügig und ohne Denkpause den rechten Arm gemeinsam mit dem linken Bein und den linken Arm gemeinsam mit dem rechten Bein anheben. Dreißigmal auf jeder Seite. Wie ein Hampelmann heben Sie gleichzeitig das rechte Bein und den linken Arm an, dann linkes Bein und rechten Arm – immer im Wechsel.
Ü9 Kopfbewegungen in exakter Reihenfolge Der Senior bewegt seinen Kopf in verschiedene Richtungen. Zunächst einmal sollten alle Bewegungen hintereinander in Ruhe ausprobiert werden. Wenn die Bewegungen einzeln klar sind, kann er versuchen, sich die Reihenfolge der Bewegungen genau einzuprägen und ohne Hilfen möglichst in der richtigen Reihenfolge durchzuführen. 1. Den Kopf so zur rechten Schulter drehen, dass man die rechte Schulter anschauen kann. 2. Den Kopf nach links drehen.
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Stufe 4 | Im Stehen üben
3. Den Kopf ganz weit nach unten neigen. 4. Den Kopf auf die linke Seite neigen, dabei nähert sich das linke Ohr der Schulter (aber nicht die Schultern anheben!). 5. Den Kopf auf die rechte Seite neigen, dabei nähert sich das rechte Ohr der Schulter. 6. Die Arme nach oben ausstrecken und dabei den Blick nach oben auf die Hände richten. 7. Langsam wieder in die Ausgangsposition zurückgehen. Versuchen Sie, diesen Ablauf viermal langsam und in Ruhe, aber möglichst ohne Pausen und ohne Hilfe, in der richtigen Reihenfolge durchzuführen.
Führen Sie die beschriebenen Kopfbewegungen in der angegebenen Reihenfolge aus, beginnen Sie mit dem Blick nach rechts.
Diese Übungen trainieren die Beweglichkeit der Halswirbelsäule. Die wird gebraucht, um sich im Alltag den nötigen Überblick zu verschaffen. Also, um sich nach hinten wenden und zur Seite schauen zu können. Durch das Einprägen der richtigen Bewegungsreihenfolge wird zusätzlich das Gedächtnis trainiert. Die Kopfbewegungen fordern das Gleichgewichtsorgan und regen es dadurch gezielt an. 69
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Kopf und Körper: gemeinsam fit
Ü10 Seitbeuge Stellen Sie sich in den stabilen Stand. Die Füße sind etwa in Hüftbreite geöffnet, die Knie sind ein wenig gebeugt. Beide Arme locker hängen lassen. Nun mit der Einatmung den rechten Arm über die Seite in einem großen Bogen bis nach oben anheben und über den Kopf weiter zur linken Seite führen. Mit dem Ausatmen den rechten Arm langsam wieder in der gleichen Bewegung zurückführen. Dann mit links: Einatmen – und gleichzeitig den linken Arm in einem großen Bogen über die linke Seite über Kopf anheben und weiter nach rechts führen. Ausatmen – und den Arm in gleicher Bewegung zurückführen. Wiederholen Sie die Übung auf jeder Seite dreimal. Diese Übung fördert die Atmung und versorgt den Körper mit frischem Sauerstoff. Die Wirbelsäule wird mobilisiert, die Beweglichkeit des Schultergelenks und der Wirbelsäule wird trainiert.
Führen Sie mit dem Einatmen einen Arm weit über den Kopf – dabei dehnen Sie die entsprechende Körperseite – und lassen ihn mit dem Ausatmen wieder sinken. 70
Ü11 Finger zeigen im ZahlenDurcheinander Geben Sie Ihren Fingern wieder Nummern. Dieses Mal bleiben Sie dabei nicht in geordneter Reihe, sondern Sie bringen die Folge durcheinander. So erhalten die Finger die Zahlen zum Beispiel wie auf der Abbildung. Bei der nächsten Übungseinheit geben Sie sich selbst eine andere Zuordnung, um Ihr Gehirn wieder neu zu fordern. Die Abbildung mit der Zuordnung der Ziffern liegt wieder in Sichtweite Ihres Angehörigen. Hinsehen ist ausdrücklich erlaubt. Ballen Sie beide Hände zur lockeren Faust und halten sie vor dem Körper. Strecken Sie jetzt möglichst fließend nacheinander die Finger in aufsteigender Reihenfolge der Zahlen vor – zuerst den linken Mittelfinger 0, dann den rechten Daumen 1 usw. bis zum rechten kleinen Finger mit der 9. Sie sollten dabei die Abbildung mit der Zuordnung der Zahlen vor sich haben. Bei eigener Zuordnung stellen Sie sich selbst eine solche Schemazeichnung her, die sie beim Üben vor sich hinlegen.
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0
4
2
8
6
3
9 5
1
Diesmal erhalten die zehn Finger ungeordnete Ziffern.
TIPP
Brauchen Sie eine neue Herausforderung? Das beherrschen Sie aus dem Effeff? Dann brauchen Sie eine neue Herausforderung: Stellen Sie sich eine beliebige Zahl vor, die Ihnen geläufig ist, zum Beispiel Ihren Geburtstag oder den eines Angehörigen. Strecken Sie dann Ihre Finger entsprechend der Ziffernfolge jeweils kurz aus und ziehen sie wieder ein. Lautet also das Geburtsdatum zum Beispiel 27.09.35, so schnellen Ihre Finger wie folgt aus der Faust heraus: linker Zeigefinger, linker Ringfinger, linker Mittelfinger, rechter kleiner Finger, linker kleiner Finger, linker Daumen.
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DENKAUFGABEN
Stufe 4 | Im Stehen üben
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Kopf und Körper: gemeinsam fit
DENKAUFGABEN
Ü12 Münzgeld zählen Für diese Übung brauchen Sie Ihre Geldbörse. Wie viel Münzgeld ist darin? Klar, das ist ganz einfach festzustellen, wenn Sie einen Blick hineinwerfen. Aber hier geht es ums Trainieren. Deshalb stellen Sie sich vor, Sie stehen irgendwo im Dunkeln und müssen etwas bezahlen. Da helfen Ihnen die Augen nicht. Nur durch Tasten müssen Sie den Münzinhalt Ihres Portemonnaies erkennen. Gelingt es Ihnen? Legen Sie zunächst von allen vorhandenen Geldstücken ein Exemplar auf den Tisch. Nehmen Sie jede Münze einzeln in die Hand und betasten Sie sie. Versuchen Sie, Unterschiede herauszufinden Bei dieser Übung geht es darum, Münzen mit geschlossenen Augen zu erkennen und zusammenzuzählen.
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– Größe, Oberfläche, Rand. Prägen Sie sich die ertasteten Informationen gut ein. Mit etwas Übung lassen sich die unterschiedlichen Geldstücke recht gut auseinanderhalten. Danach probieren Sie, den gesamten Inhalt der Geldbörse blind zu erfühlen. Dazu müssen Sie den Wert jedes einzelnen Geldstücks tastend ermitteln und gleichzeitig die Summe addieren. Zählen Sie am Ende zur Kontrolle einmal sehend. Hier trainieren Sie Ihre taktile Wahrnehmung, die Aufnahme von Information über den Tastsinn. Gleichzeitig muss Ihr Arbeitsgedächtnis die ermittelten Geldwerte zusammenzählen. Die Merkspanne ist gefordert, wenn Sie sich das jeweils letzte Ergebnis für die nächste Addition verfügbar halten müssen.
Stufe 5 | In Bewegung kommen
Stufe 5 | In Bewegung kommen Dieses Programm für Kopf und Körper findet in der Fortbewegung statt. Die Senioren brauchen also möglichst viel Platz. Schaffen Sie ausreichend Raum, damit sie nicht stolpern oder sich an einem Möbelstück verletzen. Dicke, flauschige Teppiche eignen sich nicht als Untergrund für die Bewegungen. Am besten ist es, auf einem Parkettboden, auf Fliesen oder PVC-Boden zu üben. Wenn das Wetter schön ist, können Sie auch draußen üben – auf einer ebenen Fläche, zum Beispiel auf dem Rasen, auf der Terrasse oder auf dem Hof. Nur mit festen Turnschuhen üben! Niemals mit Hausschuhen ohne festen Fersenoder Seitenhalt trainieren!
Ü1 Vorgehen und zurück Sie stehen aufrecht mit leicht geöffneten Beinen. Setzen Sie nun den rechten Fuß einen Schritt nach vorn und ziehen Sie den linken hinterher. Dann den rechten Fuß nach hinten zurücksetzen und den linken ebenfalls wieder in die Ausgangsposition zurücksetzen. Also: rechts vor, links vor, rechts rück, links rück. Immer im Wechsel. Wenn die Senioren die Beinbewegung sicher beherrschen, kommen die Arme hinzu: Beim Nach-vorn-Gehen schwingen die Arme locker mit nach vorn und werden vor dem Körper angehoben. Beim Zurückgehen die Arme locker hinter den Körper schwingen lassen. Insgesamt etwa 30 Sekunden lang.
mer im Wechsel. Sobald die Beinbewegung beherrscht wird, werden die Arme wieder genauso locker und schwungvoll mitgenommen: Beim Nachvorngehen schwingen die Arme vor, beim Zurückgehen schwingen sie nach hinten. Ebenfalls 30 Sekunden lang. Diese Übung bringt Herz und Kreislauf in Schwung. Sie fördert die Durchblutung des Körpers und des Kopfes. Beides wird mit frischem Sauerstoff versorgt. Die Neubildung von Gehirnzellen wird angeregt.
Dann wird die Seite gewechselt. Jetzt beginnt der linke Fuß. Also: links vor, rechts vor, links rück, rechts rück. Im73
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Kopf und Körper: gemeinsam fit
Ü2 Seitschritt Machen Sie mit dem rechten Fuß einen weiten Schritt zur Seite, setzen Sie den linken Fuß an den rechten heran. Dann mit links einen weiten Schritt zur Seite machen und den rechten heranführen. Immer im Wechsel: rechts seit, links ran, links seit, rechts ran. Wenn Ihr Angehöriger die Beinbewegung sicher beherrscht, werden auch die Arme bewegt: Beim Seitschritt nach rechts schwingen die Arme locker vor dem Körper nach rechts. Beim Seitschritt links schwingen die Arme genauso locker nach links. Insgesamt eine Minute lang.
TIPP
So wird’s schwieriger! Gehen Sie zwei Seitschritte schräg nach vorn – rechts vor, links vor – und zwei Seitschritte wieder schräg zurück – rechts rück, links rück. Schwingen Sie die Arme dabei wieder in die Bewegungsrichtung. Aber nur, wenn die Grundübung im Laufe der Zeit zu einfach wird! Nun gehen Sie schwungvoll abwechselnd einen Seitschritt nach rechts und einen nach links und schwingen beide Arme in die gleiche Richtung. 74
Stufe 5 | In Bewegung kommen
Ü3 Gehen mit Kopfbewegungen Gehen Sie auf der Stelle und heben Sie dabei Ihre Knie möglichst hoch an. Auch die Arme schwungvoll und locker mitbewegen. Nun während des Gehens den Kopf nach rechts drehen, über die rechte Schulter blicken und dann den Kopf wieder in die Mitte zurückführen. Danach schauen Sie nach links, blicken über die Schulter und führen den Kopf wieder in die normale Position zurück. Das klappt gut? Dann versuchen Sie, während des Gehens auch nach oben zu schauen und danach nach unten. Während Sie auf der Stelle schwungvoll weitergehen, immer mal wieder den Kopf zur Seite, nach rechts und links und nach oben und nach unten bewegen. Die Kopfbewegungen werden ruhig und langsam durchgeführt, nicht zu schnell hintereinander. Achten Sie darauf, dass Sie nach jeder Bewegung den Kopf erst wieder in die Mitte zurückführen, bevor Sie ihn in eine andere Richtung drehen. Insgesamt etwa eine Minute lang. Wenn der Senior sich unsicher fühlt oder ihm schwindelig wird, sollten Sie eine Pause machen oder die Übung abbrechen. Sie können diese Übung auch auf Ihren täglichen Spaziergängen immer mal wieder zwischendurch machen.
Marschieren Sie schwungvoll auf der Stelle und drehen Ihren Kopf dabei langsam nach rechts und schauen über Ihre Schulter, dann zurück in die Mitte; anschließend in gleicher Art nach links, nach oben und nach unten bewegen.
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2
Kopf und Körper: gemeinsam fit
Ü4 Rücken an die Wand Stellen Sie sich mit dem Rücken an eine freie Wand und versuchen Sie sowohl mit der Wirbelsäule als auch mit dem Hinterkopf die Wand zu berühren. Die Knie sind leicht gebeugt. Nun mit dem Rücken tiefer rutschen und dabei etwas weiter in die Knie gehen, ohne dass Rücken und Hinterkopf sich von der Wand lösen. Entscheiden Sie selbst, wie tief Sie hinunterrutschen möchten. Gehen Sie jedoch maximal so weit runter, dass zwischen Unter- und Oberschenkel ein 90-Grad-Winkel entsteht. In Ihrer persönlichen Endposition einige Sekunden verharren. Dann langsam wieder nach oben rutschen, bis die Knie fast gestreckt sind. Wiederholen Sie die Übung zehnmal. Machen Sie danach eine kurze Pause. Wenn Sie nach dem ersten Durchgang noch Kraft genug haben, machen Sie einen zweiten Durchgang mit noch einmal zehn Wiederholungen. Das ist Training für die Muskeln des vorderen Oberschenkels. Diese Muskeln sind wichtig, um sicher stehen und raumgreifend gehen zu können.
Lehnen Sie sich mit Kopf und Rücken an eine Wand und machen in dieser aufrechten Haltung langsame Kniebeugen – verharren Sie unten jeweils einige Sekunden. 76
Stufe 5 | In Bewegung kommen
Ü5 Liegestütz an der Wand Stellen Sie sich nun frontal vor die Wand und stützen Sie sich mit beiden Händen daran ab. Setzen Sie die Hände zunächst so auf, dass die Finger zur Mitte und die Ellbogen nach außen zeigen. Je weiter die Füße von der Wand entfernt stehen, desto schwieriger wird die Übung. Probieren Sie zunächst mit Ihrem Angehörigen aus, welcher Abstand zur Wand für ihn der richtige ist. Dann die Ellbogen langsam beugen, bis die Stirn fast die Wand berührt und die Ellbogen genauso langsam wieder strecken. Zehn Wiederholungen. Danach die Arme gut auslockern. Wenn der Senior noch genug Kraft hat, folgt ein zweiter Durchgang mit noch einmal zehn Wiederholungen. Damit trainieren Sie die Arm-, Schulterund Brustmuskeln, die man braucht, um einen schweren Gegenstand anheben und tragen zu können. Diese Muskeln sind ebenfalls wichtig, um sich abstützen zu können, wenn man ins Straucheln gerät.
Machen Sie Liegestütze an der Wand. Je größer der Abstand zur Wand ist, desto anstrengender wird es. 77
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Kopf und Körper: gemeinsam fit
Ü6 Gehen mit Fingerbewegungen Gehen Sie auf der Stelle, heben Sie dabei Ihre Knie möglichst hoch an und bewegen Sie Ihre Finger immer in der angegebenen Reihenfolge: 1. Die Daumen und die Mittelfinger beider Hände tippen einmal aufeinander. 2. Die Daumen und die kleinen Finger beider Hände tippen einmal aufeinander. 3. Die Daumen und die Zeigefinger beider Hände tippen einmal aufeinander. 4. Die Daumen und die Ringfinger beider Hände tippen einmal aufeinander. Wiederholen Sie diese Fingerbewegungen während des Gehens immer in der gleichen Reihenfolge. Etwa eine Minute lang. Die Übung klappt schon beinahe im Schlaf? Dann nennen Sie Ihrem Angehörigen im schnellen Wechsel immer einen Finger, der den Daumen antippen soll. Wechseln Sie auch mal die Ansage: Lassen Sie sich vom alten Menschen Vorgaben machen, die Sie befolgen sollen! Diese Übung fördert optimal die Gehirndurchblutung. Marschieren Sie auf der Stelle und führen dabei die beschriebenen Fingerbewegungen aus. 78
Stufe 5 | In Bewegung kommen
Ü7 Liegestütz an der Wand – Variante 2 Stellen Sie sich wieder vor die Wand und stützen Sie sich mit beiden Händen daran ab. Nun die Hände und Unterarme so an die Wand legen, dass die Finger nach oben und die Ellbogen nach unten zeigen. Die Unterarme sind parallel. Den richtigen Abstand der Füße zur Wand müssen Sie zunächst wieder – wie bei der vorangegangenen Übung an der Wand – ausprobieren. Je weiter der Abstand der Füße von der Wand, desto anstrengender wird die Übung. Nun beide Hände so fest gegen die Wand drücken, dass sich die Unterarme und Ellbogen langsam von der Wand lösen und die Arme sich strecken. Danach die Ellbogengelenke wieder beugen und die Unterarme langsam an die Wand anlegen. Führen Sie diese Übung so langsam wie möglich durch. Zehn Wiederholungen. Danach die Arme gut auslockern. Wenn Ihr Angehöriger genug Kraft hat, können Sie einen zweiten Durchgang mit zehn Wiederholungen machen.
Machen Sie erneut Liegestütze an der Wand, wobei Sie diesmal auch die Unterarme an die Wand anlegen und sich dann langsam abstemmen. 79
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Kopf und Körper: gemeinsam fit
Ü8 Gewicht verlagern und Knie heben Stellen Sie sich in eine kurze Schrittstellung, der linke Fuß steht vorn, der rechte hinten. Verlagern Sie nun das Gewicht auf den vorderen linken Fuß und heben Sie das rechte Knie nach oben an. Dann den rechten Fuß wieder hinter den linken in der Schrittstellung auf den Boden aufsetzen und das Körpergewicht auf den hinteren rechten Fuß verlagern. Wiederholen Sie diese Bewegung zehnmal. Dann Seitenwechsel: Schrittstellung, der rechte Fuß steht vorne, der linke hinten. Und wieder das Körpergewicht nach vorn, dieses Mal auf den rechten Fuß verlagern, das linke Knie nach oben anheben, dann den linken Fuß wieder hinten aufstellen und das Gewicht auf den hinteren Fuß verlagern. Zehn Wiederholungen. TIPP
Ist die Übung zu schwierig? Kein Problem – dann verlagern Sie nur das Gewicht, ohne den Fuß anzuheben.
Oder ist sie zu einfach? Auch kein Problem – so wird’s anspruchsvoller: Immer, wenn das Knie nach oben angehoben wird, werden gleichzeitig beide Arme nach vorn oben angehoben und dabei die Finger deutlich gestreckt.
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In kleiner Schrittstellung verlagern Sie das Gewicht auf das vordere Bein und heben das Knie des anderen nach oben, um es dann wieder hinten abzustellen und das Gewicht auf dieses Bein zu verlagern – dabei entsteht eine leichte Pendelbewegung, vor und zurück.
Stufe 5 | In Bewegung kommen
Ü9 Ausfallschritt Aus dem aufrechten Stand heraus mit dem rechten Fuß einen weiten Schritt nach vorn machen und das vordere Knie dabei beugen. Versuchen Sie, in dieser Position drei Sekunden stabil stehen zu bleiben. Dann löst sich der linke Fuß vom Boden und wird weit vor dem rechten auf den Boden aufgesetzt. Jetzt auch das linke Knie beugen. Versuchen Sie, in dieser Position wieder drei Sekunden lang stabil stehen zu bleiben. Weiter geht’s mit dem rechten Fuß nach vorn. Machen Sie insgesamt zehn Schritte. Falls Ihr Angehöriger danach noch Kraft hat, kann er nochmals zehn Ausfallschritte machen. Diese Ausfallschritte kräftigen die vorderen Oberschenkelmuskeln, die man braucht, um stabil zu stehen und sich sicher bewegen zu können – und sich mit einem großen Schritt nach vorn abfangen zu können, wenn man ins Straucheln gerät.
Machen Sie einen großen Ausfallschritt nach vorn, beugen das vordere Bein und verharren drei Sekunden in dieser Position. Dann machen Sie den nächsten Ausfallschritt. 81
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Kopf und Körper: gemeinsam fit
Ü10 Einatmen und ausatmen Stellen Sie sich aufrecht hin. Atmen Sie tief ein und heben Sie dabei beide Arme über die Seite bis über den Kopf. Mit dem Ausatmen die Arme seitlich wieder zurückführen. Wiederholen Sie die Übung dreimal. Heben Sie die Arme mit dem Einatmen über die Seite nach oben und lassen Sie mit dem Ausatmen wieder sinken.
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Ü11 Uhrzeiten anzeigen Bleiben Sie aufrecht stehen. Wählen Sie Ihre Position im Raum so, dass Sie eine Wand frontal gegenüber sehen. Stellen Sie sich vor, das Zimmer wäre das Zifferblatt einer Uhr. Geradeaus ist die 12, hinter Ihnen die 6, rechts von Ihnen die 3 und links die 9. Ihre Arme sind die Zeiger der imaginären Uhr. Zeigen Sie nun mit Hilfe Ihrer Arme unterschiedliche Uhrzeiten an. Wie spät ist es gerade? Bei 9 : 15 Uhr zum Beispiel strecken Sie beide Arme seitlich aus. Knicken Sie den linken Arm leicht in der Ellenbeuge ab, um den kleinen Zeiger zu symbolisieren. Der rechte Arm ist gerade ausgestreckt. Wenn Sie zu zweit üben, nennen Sie sich gegenseitig Uhrzeiten, die angezeigt werden sollen. Machen Sie fünf Durchgänge. Sind Sie allein, notieren Sie verschiedene Uhrzeiten, nach etwas Übung auch »krumme« wie 13 : 47 Uhr, jeweils einzeln auf einem Zettel. Ziehen Sie dann fünf Zeiten, die Sie nacheinander darstellen.
Sie trainieren bei dieser Übung die Koordination und die räumliche Orientierung. Außerdem wird so die Fähigkeit, die Uhr zu lesen, erhalten. Das ist für die Alltagsgestaltung enorm wichtig und geht mit zunehmendem Lebensalter häufig verloren.
Ü12 Quersummen rechnen Erinnern Sie sich noch an Ihre Uhrzeiten, die Sie eben dargestellt haben? Falls nicht, überlegen Sie sich einfach neue. Sie können auch Ihre Zettel mit den Uhrzeiten zur Hand nehmen oder eine Fernsehzeitschrift aufschlagen. Dort streichen Sie beliebige Uhrzeiten an, mit denen Sie anschließend rechnen. Ermitteln Sie jetzt im Kopf zu jeder Uhrzeit die Quersumme. Dazu zählen Sie einfach die Ziffern jeder Zahl zusammen. Bei 9 : 15 Uhr ergibt sich zum Beispiel die Quersumme 15 aus 9 + 1 + 5 = 15. Machen Sie zehn Durchgänge.
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DENKAUFGABEN
Stufe 5 | In Bewegung kommen
3 Körper fit – kräftig und mobil bleiben Je älter die Menschen werden, desto seltener bewegen sie sich. Dabei wird mit zunehmendem Alter die tägliche Bewegung immer wichtiger! Nur so kann man die körperliche Stärke und Sicherheit erhalten, die man braucht, um den Alltag selbstständig zu meistern. Deshalb unser Plädoyer: Mehr Bewegung für den Körper – besonders im hohen Alter!
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Körper fit – kräftig und mobil bleiben
Das sollten Sie wissen
W Wer sich nicht bewegt, beschleunigt die Abbauprozesse des Körpers.
ussten Sie eigentlich, dass der ganz normale Alterungsprozess des Körpers bereits in einem Alter von 30 Jahren einsetzt? Die Natur ist wirklich unerbittlich: Schon ab 30 verändert sich der Körper langsam, aber kontinuierlich: Muskeln werden abgebaut, der Hormonspiegel verändert sich, die körperliche Leistungsfähigkeit lässt nach. Doch heute weiß man, dass diese Prozesse nicht automatisch ablaufen. Ein 80-Jähriger wird nicht automatisch unbeweglich und schlaff. Viele 80-Jährige verfügen über die gleiche körperliche Standfestigkeit und Beweglichkeit wie andere Personen, die gerade erst 50 geworden sind. Denn: Es gibt zwar alterungsbedingte Abbauprozesse des Körpers, doch diese laufen je nach körperlicher Aktivität in unterschiedlichem Tempo ab. Wer sich nicht bewegt, beschleunigt die Abbauprozesse des Körpers. Man wird schneller alt, gebrechlich und unselbstständig. Wer jedoch aktiv lebt, kann den körperlichen Abbau ganz erheblich verlangsamen, teilweise sogar für einen gewissen Zeitraum zum Stoppen bringen. Man bleibt viel länger stark, standhaft, gesund und selbstständig.
Was nicht benutzt wird, verkümmert Jeder alte Mensch braucht Bewegung, weil nur Aktivität die körperlichen Funktionen aufrechterhält, welche die Selbstständigkeit und Mobilität im Alter sichern.
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Ein biologisches Grundgesetz bestimmt die Aufrechterhaltung unserer körperlichen Fähigkeiten im Alter. Dieses Gesetz besagt, dass nur die Funktionen aufrechterhalten werden, die wir regelmäßig einsetzen. Werden körperliche Funktionen nicht gebraucht, baut der Körper sie automatisch ab. Dieses Prinzip ist naturgegeben. Unser Körper arbeitet ökonomisch und energiesparend. Warum sollte er Funktionen aufrechterhalten, die sowieso nicht eingesetzt werden? Das macht keinen Sinn und vergeudet Energie. Dieses Grundgesetz gilt für Muskeln genauso wie für Knochen, Gelenke, für das Gleichgewicht oder für die Stabilität des Rückens.
Das sollten Sie wissen
Dem Abbauprozess entgegenwirken Auch in jüngeren Jahren schwinden bereits die Muskeln und lassen die Beweglichkeit der Gelenke und die Leistung des Herz-Kreislauf-Systems nach, wenn man sich zu wenig bewegt. Doch das merkt man erst einmal kaum. Vielleicht wird man ein wenig kurzatmig, wenn man die Treppe hochsteigt oder man spürt erste Schmerzen in Rücken und Gelenken. Doch diese Signale werden oft nicht wirklich ernst genommen. Erst mit weiter zunehmendem Alter wirkt sich der Verlust der körperlichen Fähigkeiten durch den Bewegungsmangel so deutlich aus, dass er nicht mehr ignoriert werden kann. Denn jetzt wird klar: Wenn dieser alte Mensch so weitermacht, wird er bald nicht mehr allein zurechtkommen. Er wird innerhalb von kurzer Zeit immer unsicherer und unselbstständiger werden und damit auf dauerhafte Betreuung und Pflege angewiesen sein. Solange also noch die Chance besteht, darauf Einfluss zu nehmen und Pflegebedürftigkeit zu verhindern, sollten alle, denen das Schicksal des Menschen am Herzen liegt, an einem Strang ziehen und versuchen, ihn im Rahmen seiner Möglichkeiten zu aktivieren. Zur Durchführung der Übungsprogramme mit den alten Menschen geben wir Ihnen nun einige inhaltliche Informationen, damit Sie die Übungen besser verstehen und einordnen können. Außerdem bekommen Sie Tipps und Anregungen, wie Sie die Programme gut umsetzen können und das Training auch regelmäßig beibehalten.
Warum ist Muskelkraft so wichtig? Jeder Mensch hat mehrere Hundert Muskeln. Sie haben die Aufgabe, uns aufrecht zu halten und den Körper zu bewegen. Ohne ausreichende Muskelkraft funktioniert ein selbstständiges Leben nicht mehr. Denn wir brauchen Muskeln, um aus dem Bett aufzustehen, uns anzuziehen, zu waschen und die
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Körper fit – kräftig und mobil bleiben wenigen Schritte ins Bad schaffen zu können. Ein Mindestmaß an Muskelkraft ist notwendig, um das alltägliche Leben meistern zu können. Im Zuge des Älterwerdens nimmt die Muskelkraft von Jahr zu Jahr ab. Bei inaktiven Senioren um mindestens ein bis zwei Prozent pro Jahr. In vielen wissenschaftlichen Studien ist nachgewiesen worden, dass das Nachlassen der Kraft direkte Auswirkungen auf die Fähigkeiten der Menschen hat, auf das, was ein alter Mensch noch in der Lage ist eigenständig zu schaffen. Mit der Kraft lassen gleichzeitig auch die Standsicherheit, das Gehtempo und die Fähigkeit, von einem Stuhl aufstehen zu können, von Jahr zu Jahr drastisch nach. Früher glaubte man, dass der Abbau der Kraft ein normaler Prozess ist, der in direkter Verbindung mit dem Älterwerden steht. Heute weiß man es besser: Der Kraftabbau passiert vor allem, weil die Menschen im Alter inaktiver werden. Die Muskelmasse geht nur dann drastisch zurück, wenn sie weniger eingesetzt wird. Wenn alte Menschen regelmäßig die Muskeln einsetzen oder trainieren, bauen Sie auch keine Muskelmasse ab. Denn: Muskeln sind bis ins hohe Alter hinein trainierbar. Selbst MenTIPP
Studie belegt gute Trainingseffekte auch im hohen Alter Wissenschaftler untersuchten die Entwicklung der Muskelkraft bei 20 Altenheimbewohnern mit einem durchschnittlichen Alter von 85 Jahren. Nach einer Phase der Eingewöhnung führten die alten Menschen zweimal pro Woche ein Krafttraining für Beine, Arme, Rücken und Bauch durch. Das Ergebnis: Die hochaltrigen Testpersonen waren zwischen 26 und 87 Prozent stärker. Zusätzlich konnten die Forscher nachweisen, dass sie deutlich selbstständiger waren und ihren Alltag besser meistern konnten.
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Das sollten Sie wissen
schen über 80 Jahre können mit einem gezielten Training ihre Kraft deutlich steigern. Je geringer der Trainingszustand der alten Menschen ist, desto größer sind sogar die Erfolge.
Alte Menschen brauchen starke Muskeln, ... … weil Muskeln die Selbstständigkeit erhalten. Eine eigenständige Lebensführung im hohen Alter ist nur möglich, wenn die wichtigen Muskelgruppen ein Mindestmaß an Kraft erbringen können. Die notwendige Muskelkraft bleibt nur erhalten, wenn die Muskeln regelmäßig aktiviert und trainiert werden.
… weil Muskeln den Körper aufrichten. Der Trainingszustand der Bauch- und Rückenmuskeln hält uns gegen den Zug der Schwerkraft aufrecht. Dadurch entscheidet die Kraft von Rücken und Bauch darüber, ob wir gerade oder gebeugt durchs Leben gehen. Ein schwacher, gebeugter Rücken verursacht vor allem im hohen Alter oft starke Schmerzen und Verspannungen.
Mit gerader Haltung geht man auch im hohen Alter aufrechter durchs Leben – selbstbewusster, psychisch stärker und vitaler.
… weil Muskeln einen Knochenabbau und Osteoporose verhindern. Muskeltraining verhindert nachweislich den Abbau von Knochensubstanz und schützt damit vor Osteoporose und Knochenbrüchen.
… weil Muskeln vor Gelenkschmerzen schützen. Starke Muskeln sorgen für gesunde Gelenke. Muskeltraining stabilisiert die Gelenke, indem es die Muskeln rund um die Gelenke kräftigt und aufbaut. … weil Muskeln auch psychisch stark machen. Im Alter kommen psychische Verstimmungen und Krankheiten vergleichsweise häufig vor. Auch das Suizidrisiko steigt mit dem Alter. Von den 11 000 Menschen, die sich jährlich in Deutschland das Leben nehmen, sind 40 Prozent älter als 60 Jahre. Wer nicht gelernt hat, seelische Krisen, wie zum Beispiel den Verlust des Partners, Einsamkeit oder eine depressive Verstimmung zu bewältigen, weiß manchmal keinen anderen Rat mehr. 89
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Körper fit – kräftig und mobil bleiben Menschen, die regelmäßig ihre Muskeln trainieren, sind nachgewiesenermaßen psychisch stabiler als andere. Sie leiden seltener unter psychischen Erkrankungen, wie Depressionen oder Ängsten. Dazu gibt es verschiedene wissenschaftliche Erklärungsmodelle, die jedoch nicht eindeutig nachgewiesen sind. Möglicherweise hängen die psychische Ausgeglichenheit und das höhere Selbstwertgefühl damit zusammen, dass aktive Menschen sich leistungsfähiger fühlen. Wer weiß, dass er etwas leisten kann und spürt, dass er in der Lage ist, sein Wohlbefinden positiv zu beeinflussen, fühlt sich auch innerlich stark. Das Gefühl, Kontrolle über den eigenen Körper zu haben, gibt automatisch auch seelische Stärke.
… weil man es sonst nicht schafft, allein wieder aufzustehen, wenn man hingefallen ist. Man braucht Muskelkraft, um sich wieder aufzurichten, wenn man gestürzt ist.
Welche Muskeln müssen stark sein? Im Alltagsleben werden vor allem starke Bein-, Armund Schultermuskeln benötigt.
Wichtig ist es, vor allem die Muskeln zu trainieren, die man braucht, um das Alltagsleben meistern zu können. Es geht um die Muskeln, die man braucht, um eine Treppe hinaufzusteigen, um zu Fuß zum Bäcker zu kommen oder um den Einkaufsbeutel tragen zu können.
Beinmuskeln. Die Beinmuskeln werden gebraucht, um sicher stehen und gehen zu können, um eine Treppe hinauf- und wieder hinabsteigen zu können oder um raumgreifend gehen und Hindernisse bewältigen zu können. Sie werden gebraucht, um in den Bus einsteigen zu können, um im Straßenverkehr klar zu kommen und um den eigenen Haushalt versorgen zu können. Wenn Ihr Angehöriger in diesen Bereichen Schwächen hat, sollten Sie mit ihm vor allem das Programm zum Beinmuskeltraining durchführen (im Sitzen: S. 104–107; im Stand: S. 108–111).
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Das sollten Sie wissen
INFO
Unbeweglichkeit erschwert die Alltagsverrichtungen Alte Menschen brauchen ein Mindestmaß an Beweglichkeit, … um Wichtiges mit Armen und Händen erreichen zu können. um sich umzudrehen, den Kopf in alle Richtungen zu bewegen und damit auch die nähere Umgebung im Blick zu haben (Straßenverkehr).
um beim Gehen nicht zu schlurfen, sondern die Beine anheben und die Füße abrollen zu können. um sich einen Pullover anziehen, den Reißverschluss im Rücken schließen, die Haare waschen und die Füße pflegen zu können. um die Wohnung sauber halten zu können.
Arm- und Schultermuskeln. Die Arm- und Schultermuskeln braucht man beim Heben und Tragen von Lasten, beim Ankleiden, beim Putzen, Staubsaugen, Wäsche aufhängen und bei der Körperpflege. Man braucht sie auch, um sich bei einem möglichen Sturz mit Armen und Händen abfangen oder abstützen zu können. Ein spezielles Programm zum Training dieser Fähigkeiten finden Sie auf S. 112–115 (Übungen im Sitzen) sowie S. 116–119 (Übungen im Stand).
Beweglich bleiben – den Alltag meistern Wer beweglich genug ist, kommt überall heran. Man kann sich problemlos bücken, man kann etwas von ganz oben und hinten aus dem Schrank holen und ohne Probleme hinter sich schauen. Wenn die Beweglichkeit im Alter stark eingeschränkt ist, werden alte Menschen dadurch in ihren Bewegungsmöglichkeiten eingeschränkt. Mit der Zeit wird es immer schwieriger, einen normalen Tagesablauf allein zu bewältigen. Alltagsbewegungen, wie zum Beispiel in eine Badewanne steigen, sich die Schuhe zubinden oder einen Pullover überziehen, werden zu ernsten Herausforderungen.
Neben dem Training der Körperkraft ist es ebenfalls wichtig, die Beweglichkeit zu erhalten oder zu verbessern.
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Körper fit – kräftig und mobil bleiben Das ist gut für die Beweglichkeit
Scheuen Sie sich nicht vor großen oder ungewöhnlichen Bewegungen.
Um die Beweglichkeit im Alter zu erhalten, hilft nur eins: Bewegen, bewegen, bewegen. So vielfältig, so variantenreich und so umfassend, wie das im Moment noch möglich ist. Man tut seiner Beweglichkeit und seinen Gelenken bereits etwas Gutes, wenn man seinen Alltag möglichst bewegt gestaltet und auch auf ungewöhnliche und große Bewegungen nicht verzichtet. Den Arm so weit es geht noch oben ziehen und nach hinten strecken, die Finger zur Faust ballen und wieder öffnen, das Bein nach hinten, nach vorne und zur Seite anheben, das Kinn nach vorne auf die Brust ziehen, den Kopf zur Schulter drehen – all das sind kleine Übungen, die nicht viel Aufwand erfordern und die die Beweglichkeit erhalten.
Das schadet der Beweglichkeit
Lange in weichen Sesseln zu sitzen, schadet dem Körper und verschlechtert die Haltung.
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Besonders unbeweglich wird man, wenn man lange in bequemen Sesseln sitzt. Denn: Der Körper passt sich auf Dauer an diese Haltung an. Das bedeutet: Aufgrund der gebeugten Hüftund Kniestellung verkürzen die Muskeln der Beine. Die Schultern fallen nach vorn, die Brustmuskulatur verkürzt, der Rücken wird rund, die Wirbelsäule biegt sich. Dies schränkt nicht nur die Beweglichkeit ein, es hat auch Auswirkungen auf das Atmen. Wer seinen Brustkorb nicht mehr anheben und ausweiten kann, der kann auch nicht mehr tief einatmen. Dadurch kann pro Atemzug viel weniger Sauerstoff aufgenommen werden. Wenn Schultern und Arme kaum noch bewegt und stattdessen eng am Körper gehalten werden, nimmt die Beweglichkeit der Schultergelenke ab. Die Folge: Die Arme können nicht mehr angehoben oder weit geöffnet werden. Ein spezielles Programm zur Förderung der Beweglichkeit von Schulter und Wirbelsäule finden Sie auf den Seiten 128 bis 131.
Das sollten Sie wissen
Die Standfestigkeit erhalten Wer nicht mehr sicher stehen kann und sich unsicher auf den Beinen fühlt, der hat ein erhöhtes Risiko zu stürzen. Das Sturzrisiko im Alter ist sehr hoch. Es wird geschätzt, dass etwa ein Drittel der Menschen über 65 Jahren mindestens einmal pro Jahr stürzt. Bei den über 80-Jährigen sind es sogar 80 Prozent. Viele dieser Stürze haben schlimme Folgen: Mehr als 100 000 ältere Menschen erleiden einen Oberschenkelhalsbruch. Etwa genauso häufig brechen sich die Menschen bei den Stürzen das Hüftgelenk. Oftmals heilen solche Brüche nur sehr schlecht. Mehr als die Hälfte der Menschen sind nach dem Bruch in ihrer Beweglichkeit erheblich eingeschränkt, 20 Prozent werden sogar ständig pflegebedürftig.
Stürze verhindern Hinzu kommt: Wer einmal gestürzt ist und sich dabei verletzt hat, bekommt Angst, dass es auch ein zweites Mal passieren könnte. Und damit beginnt ein gefährlicher Teufelskreis. Denn in der Folge bewegen sich diese Menschen noch weniger als vorher. Die Muskelkraft lässt nach, sie werden immer unsicherer. Und – wer unsicher und ängstlich ist, bei dem steigt das Risiko erheblich an, erneut hinzufallen.
Wissenschaftler haben nachgewiesen, dass körperliches Training im Alter die effektivste Maßnahme ist, um Stürze zu verhindern.
Denn, tatsächlich liegt es auch an Schwindelanfällen und schlechten Augen, aber vor allem an der fehlenden Muskelkraft und an schlechter Gleichgewichtsfähigkeit, dass ältere Menschen so häufig hinfallen. Wenn Menschen sich im Alter zu wenig bewegen, lässt auf Dauer auch die Reaktionsfähigkeit nach. Die Folge: Der Körper kann in Gefahrensituationen nicht schnell genug reagieren. Wenn Sie dann falsch auf einer Treppenstufe aufkommen oder auf etwas rutschigem Untergrund gehen, kann sich Ihr Körper nicht schnell genug darauf einstellen. Statt sich schnell noch abfangen zu können, fallen Sie hin. Es kann passieren, dass der Körper im Laufe der Zeit sogar mit plötzlichen Positionsveränderungen nicht mehr klarkommt. Die Folge: Stürze, Brüche, Krankenhausaufenthalte. 93
3
Körper fit – kräftig und mobil bleiben INFO
Warum eine gute Balance im Alter so wichtig ist Alte Menschen brauchen Standfestigkeit und eine gutes Gleichgewicht, … um nicht zu stürzen. um sich sicher bewegen zu können. um keine Angst vor Bewegung zu bekommen. um mobil zu bleiben und das Haus verlassen zu können. um die notwendigen Erledigungen außer Haus, wie Bankgeschäfte, Einkaufen oder Frisör, eigenständig erledigen zu können.
um mit dem Bus, mit dem Zug oder mit der Straßenbahn fahren zu können. um den Kontakt zu Freunden, Bekannten, Kindern oder Nachbarn erhalten zu können. um im Freien spazieren gehen zu können. um sich dabei auf verschiedene Bodenbeschaffenheiten und Unebenheiten einstellen zu können.
Standsicherheit = Kraft plus Balance Doch all das muss nicht sein: Wer sich regelmäßig bewegt, kann damit das Risiko zu fallen erheblich reduzieren. Vor allem Krafttraining und Balance-Übungen helfen dabei, sich auch im Alltag sicherer zu bewegen. Beim Balance-Training wird der Körper vorsichtig in eine etwas »wackelige« Position gebracht, und man muss versuchen, sich trotzdem gerade und einigermaßen aufrecht zu halten. Ein Beispiel ist, wenn man versucht, auf einem Bein zu stehen. Spätestens dann, wenn alte Menschen bei normalen Alltagsaufgaben unsicher werden und ins Schwanken geraten, muss mit dem Gleichgewichtstraining begonnen werden. Es wäre ein großer Fehler, wenn man wegen dieser Unsicherheit Situationen meidet, in denen das Gleichgewicht gefordert wird. Dann kommt nämlich ein »Teufelskreis« ins Laufen und das Gleichgewicht verschlechtert sich immer mehr. Natürlich sollten auch die alten Menschen ein Gleichgewichtstraining machen, die noch keine Probleme damit haben: Besser frühzeitig handeln, als abzuwarten, bis das Problem da ist. 94
Das sollten Sie wissen
Ein spezielles Trainingsprogramm zur Förderung der Standsicherheit ist die Kombination der Übungen zum Beinmuskeltraining (im Sitzen: S. 104–107; im Stand: S. 108–111) und der Übungen für Standfestigkeit und Sicherheit (Stufe 1: S. 120– 123; Stufe 2: S. 124–127).
Die Ausdauer steigern Wenn man sich im Alter kaum noch bewegt, weil alles beschwerlich und schmerzhaft wird, dann machen durch den Bewegungsmangel nicht nur die Muskeln schlapp, sondern auch Herz und Kreislauf. Ein Herz, das nicht gefordert wird, wird schwach. Körper und Kopf werden nicht optimal mit Sauerstoff versorgt. Ein Herz-Kreislauf-System, das ausreichend und regelmäßig etwas zu tun bekommt, zum Beispiel durch Spazierengehen, wird stärker und leistungsfähiger. Wenn man regelmäßig etwas für seine Ausdauer tut, arbeiten Herz und Kreislauf auf Dauer ökonomischer. Man erreicht also mit einem geringeren Einsatz den gleichen Effekt. Ein gut trainiertes Herz braucht zum Beispiel weniger Schläge, um die gleiche Menge Blut durch den Körper zu pumpen. Weil das Herz kräftiger schlägt, erhöht sich sogar die Blutmenge, die pro Zeiteinheit in das Blutgefäßsystem gelangt. Der gesamte Körper wird besser mit Sauerstoff durchflutet. Wenn Herz und Kreislauf ökonomiINFO
Wozu braucht man Ausdauer? Alte Menschen brauchen Ausdauer, … um Bewegung über einen längern Zeitraum durchhalten zu können. um mobil zu bleiben. um alle Erledigungen, die mit längeren Gehwegen verbunden sind, allein bewältigen zu können.
um Körper und Kopf optimal mit Sauerstoff zu versorgen. um tief durchatmen zu können. um das Herz vor einem Infarkt und das Gehirn vor einem Schlaganfall zu schützen. um den Fett- und den Zuckerstoffwechsel positiv zu beeinflussen.
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Körper fit – kräftig und mobil bleiben scher arbeiten können, sind sie auch besser vor Erkrankungen geschützt. Bewegung ist der beste Schutz vor Herzinfarkt und Schlaganfall. Um ein Ausdauertraining machen zu können, muss der ganze Körper und vor allem die Beine über einen längeren Zeitraum kontinuierlich in Bewegung bleiben. Am besten funktioniert das beim Gehen. Gehen Sie möglichst jeden Tag bei Wind und Wetter – wenigstens für ein paar Minuten – raus an die frische Luft und tun ein paar Schritte. Auch fünf Minuten sind besser, als gar nicht zu gehen! Mit alten Menschen kann man auch im Haus und mit Einschränkung sogar im Sitzen auf einem Stuhl die Ausdauer trainieren. Sie finden die Ausdauerübungen in verschiedenen Schwierigkeitsstufen bei den Programmen für Kopf und Körper in Kapitel 2.
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Bewegung organisieren
Bewegung organisieren
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uch große Veränderungen beginnen mit einem ersten Schritt. Genauso ist es, wenn man sich vornimmt, in Zukunft ein Leben mit mehr Bewegung zu führen. Sie als Angehöriger oder Betreuer können zunächst einmal damit beginnen, gemeinsam mit dem alten Menschen einen ganz normalen Tag zu überdenken. Wie häufig und wie viel bewegt er sich an einem solchen, ganz normalen Tag? Wie viele Schritte geht er so ungefähr? Wie viele Treppen steigt er hinauf und wieder abwärts? Wie oft bückt er sich und kommt wieder nach oben, wie oft streckt er sich ganz nach oben oder steht auf einem Bein?
Überlegen Sie gemeinsam, wie viel sich der alte Mensch üblicherweise bewegt – meist zeigt sich dabei, dass es zu wenig ist.
Sicher ist das schwer zu schätzen, aber vielleicht macht es eins deutlich: Er bewegt sich zu wenig, und das Tag für Tag, Woche für Woche. Um die Leistungsfähigkeit des Herz-Kreislauf-Systems sowie die Gehfähigkeit zu halten und um sich vor Erkrankungen zu schützen, sollte ein gesunder, älterer Mensch mindestens 3000 Schritte pro Tag gehen. Um die Kraft der Arme zu erhalten, sollte man mehrmals täglich Gewichte, die man als schwer empfindet, heben, tragen und in viele Richtungen bewegen. Um die Muskelkraft der Beine zu erhalten, sollte man mindestens 20-mal am Tag von einem tiefen Sessel nach oben zum Stehen kommen und sich wieder hinsetzen, man muss mehrmals täglich möglichst viele Treppenstufen nach oben steigen und mindestens 20-mal in die Knie gehen, indem man das Gesäß weit nach hinten und nach unten senkt. Und das Tag für Tag.
Bewegung in den Alltag bringen Wenn Sie gemeinsam feststellen, dass dieses Pensum nicht erreicht wird, sollten Sie im zweiten Schritt überlegen, was Sie tun können, um schon den ganz normalen Alltag bewegter 97
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Körper fit – kräftig und mobil bleiben Im zweiten Schritt schauen Sie, wie der alte Mensch seinen Alltag schon jetzt bewegter gestalten kann.
zu gestalten. Vielleicht schafft der Senior es noch, allein zum Bäcker zu gehen. Dann sollte er diese Fähigkeit nutzen und den Weg tatsächlich allein bewältigen. Vielleicht schafft er es noch, die Treppenstufen im Haus hochzusteigen. Das ist sehr gut, denn dann kann er die Treppe ab sofort als Trainingsgerät nutzen und so oft wie möglich, die Treppe hoch- und wieder hinuntersteigen – auch wenn es manchmal schwerfällt oder länger dauert. Bedenken Sie: Jeder Schritt, der aus Bequemlichkeit oder aus Angst nicht getan wird, kann schaden, weil die Funktionen des Körpers weiter abgebaut werden. Mit jeder Treppenstufe, die nicht genutzt wird, vergibt der alte Mensch eine Chance, seine Beinmuskeln zu trainieren. Und die braucht man dringend, um stabil und sicher stehen zu können. Die alltäglichen Bewegungen sollten als Bestandteil des täglichen Bewegungsprogramms zur Erhaltung von Selbstständigkeit, Mobilität und Gesundheit betrachtet werden. Dann steht vielleicht nicht mehr die Anstrengung im Vordergrund, sondern der Stolz, wie fit und mobil man noch ist.
Rechnen Sie mit Widerständen »Dafür bin ich zu alt!« – Dieser Spruch kommt leider immer noch viel zu schnell über die Lippen, wenn man versucht, alte Menschen zu mehr Bewegung zu motivieren. Kein Wunder – die meisten heute hochaltrigen Menschen sind in der Regel nicht mit Bewegung aufgewachsen. In ihrer Jugend gab es Sport TIPP
Zu Bewegung motivieren Tipps zum Umgang mit Widerständen: Erklären Sie, warum Bewegung eine unabdingbare Voraussetzung für Selbstständigkeit und Mobilität im hohen Alter ist. Machen Sie mit! Bewegen Sie sich zu zweit. Das motiviert und nimmt Ängste. Musik macht gute Laune und bringt in Schwung. Machen Sie zur Bewegungszeit die Lieblingsmusik an.
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nur in Form von Leistungssport – und der war lediglich etwas für Könner. Die Meisten wissen nicht, dass jeder alte Mensch Bewegung braucht, um auf Dauer selbstständig leben zu können. Also, auch wenn es Widerstände gegen das körperliche Training gibt, geben Sie nicht gleich auf. Der Gedanke, sich ab sofort täglich zu bewegen, wird für viele völlig neu und ungewohnt sein. Dieses Vorhaben ist auch mit Ängsten und Hemmungen verbunden.
Eine feste Bewegungszeit plus viele kleine »Bewegungshäppchen« Um die Funktionen und Fähigkeiten des Körpers zu erhalten, ist es wichtig, sich so oft wie möglich zu bewegen. Regelmäßiges Training ist also die wichtigste Voraussetzung für den Erfolg. Das klappt am besten, wenn man sich jeden Tag eine feste Zeit vornimmt, in der man eine Auswahl der in diesem Buch vorgestellten Bewegungsprogramme durchführt. Also zum Beispiel: Täglich nach dem Frühstück, von 10 bis 10 : 30 Uhr ist die festgelegte Bewegungszeit. Wenn man dann noch zusätzlich darauf achtet, dass man seinen Alltag möglichst bewegt gestaltet, also kleine Einkäufe zu Fuß erledigt, spazieren geht oder Treppen steigt, dann reichen diese kleinen »Bewegungshäppchen« zusammen genommen völlig aus, um Selbstständigkeit und Mobilität zu erhalten. Die optimale Dauer für die feste Bewegungszeit hängt von der Belastbarkeit, vom Durchhaltevermögen und vom gesundheitlichen Zustand des Einzelnen ab. Das Training kann zwischen fünf und 45 Minuten TIPP
Wie oft und wie lange? Das richtige Bewegungspensum für Hochaltrige eine zeitlich festgelegte Bewegungszeit pro Tag (fünf bis 45 Minuten) – je nach körperlichem Zustand, Durchhaltevermögen und Belastbarkeit plus viele kleine »Bewegungshäppchen« durch einen bewegten Alltag.
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Körper fit – kräftig und mobil bleiben dauern, in Einzelfällen sogar bis zu einer Stunde pro Tag. Schieben Sie das Training zeitlich nicht allzu weit nach hinten. Die meisten älteren Menschen fühlen sich vormittags besonders wach und vital. Das sind gute Voraussetzungen für die feste Bewegungszeit.
Gemeinsam üben oder allein lassen? Vor allem anfangs kann es sinnvoll sein, sich gemeinsam zu bewegen. Die Betreuungsperson kann den Übenden motivieren, anleiten und korrigieren. Sie können die Übungen auch einfach nur mitmachen, auch das wirkt motivierend. In dieser Zeit können Sie sich ein Bild machen, ob Sie dem Senior zutrauen, das Programm auch ohne Sie durchzuführen. Möglich ist auch, ein- oder zweimal pro Woche dabei zu sein und den Älteren an den übrigen Tagen allein üben zu lassen. Entscheiden Sie selbst, wie viel Zeit Sie haben und wie viel Zeit Sie einbringen können und wollen. Jedes Training, das Sie gemeinsam absolvieren, ist ein Geschenk, das Sie Ihrem Angehörigen machen, das ihm dabei hilft, regelmäßig und dauerhaft aktiv zu bleiben!
Auf Nummer sicher gehen
Wenn der Senior akut erkrankt ist oder Fieber hat, sollten Sie die Übungen natürlich keinesfalls machen.
Es gibt kaum einen über 75-Jährigen, der keinerlei gesundheitliche Probleme hat. Gesundheitliche Probleme im Alter, wie zum Beispiel Rückenschmerzen oder Gelenkprobleme, sind zunächst einmal kein Grund, sich nicht zu bewegen. Im Gegenteil: Die Bewegung kann sogar helfen, Schmerzen zu reduzieren. Nur in wenigen Fällen, wie zum Beispiel bei fortgeschrittener Osteoporose oder bei einem akuten entzündlichen Rheumaschub, ist es aus gesundheitlichen Gründen nicht ratsam, die Übungen durchzuführen. Man sollte besser kein Risiko eingehen, vor allem, wenn eine chronische Erkrankung vorliegt!
Zur Sicherheit – vorab einen Arzt fragen! Deshalb ist es wichtig, vor Beginn des Trainings einen Arzt zu konsultieren und sich das Einverständnis zur Durchführung 100
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von Bewegungsübungen zu holen. Am besten, man zeigt dem Arzt das Bewegungsprogramm. Dann kann er sich von der Art des Trainings ein Bild machen und kann besser einschätzen, ob der aktuelle Gesundheitszustand des alten Menschen die Durchführung der Übungen zulässt.
Sanft beginnen, aber kontinuierlich steigern Wenn Sporteinsteiger mit einem körperlichen Training beginnen, ist es wichtig, dass sie ganz sanft einsteigen. Denn: Für den Körper ist die Belastung ungewohnt und neu. Er ist nicht darauf eingestellt. Die Muskeln, die Gelenke und Bänder, aber auch Herz und Kreislauf müssen sich erst daran gewöhnen. Deshalb ist es sinnvoll, in den ersten zwei bis sechs Wochen ein Trainingspensum zu wählen, das unterhalb der Belastungsgrenze liegt. Die Teilnehmer haben also das Gefühl: »Eigentlich könnte ich noch mehr!«. Nach dieser Eingewöhnungszeit hat sich der Körper bereits an die Belastung angepasst und man kann das Pensum langsam, aber kontinuierlich steigern. Insgesamt sollten die Sporteinsteiger während dieser Stabilisierungsphase das Gefühl haben, dass Sie sich »mittelschwer« bis »schwer« belasten.
TIPP
Überlastungszeichen An diesen Signalen erkennen Sie, dass das Training zu anstrengend ist: Der Senior atmet so schnell, dass er nicht mehr reden kann. Plötzlicher, heftiger Schweißausbruch. Auffällige rote oder sehr blasse Gesichtsfarbe. Zwischen Mund und Nase bildet sich ein »blasses MundNasen-Dreieck«. Die Bewegungen werden unkontrolliert oder ausufernd. Die Standfähigkeit verschlechtert sich: Der Senior kann sich nicht mehr so gut auf seinen Beinen halten. Plötzliche Schmerzen, die vor dem Training nicht da waren.
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Körper fit – kräftig und mobil bleiben Woran erkennt man Überlastung? Wenn Sie die Bewegungsprogramme mit Ihrem Angehörigen durchführen, ist es wichtig, dass Sie ihn – zumindest anfangs – aufmerksam beobachten. Wie verläuft die Atmung Ihres Angehörigen? So ruhig, dass er sich während des Trainings noch mit Ihnen unterhalten kann? Das ist ein gutes Zeichen, dann sind Herz und Kreislauf nicht überfordert.
Sicherheitsregeln für das Trainingsprogramm zu Hause Prinzipiell ist es besser, wenn während der Übungen immer eine Betreuungsperson dabei ist. Sollte Ihr Angehöriger allein üben, muss auf jeden Fall zumindest ein Telefon in greifbarerer Nähe sein. Der Boden, auf dem trainiert wird, sollte möglichst rutschfest sein. Vor dem Training müssen alle Stolperfallen, wie zum Beispiel Kabel oder Teppichkanten, entfernt werden. Alles, über das man fallen, an dem man sich stoßen oder verletzen könnte, sollte vor dem Training weggeräumt werden. Bei aller notwendigen Vorsicht sollten Sie trotzdem eines bedenken: Das Gefährlichste für alte Menschen ist es, sich nicht zu bewegen!
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Aus Sicherheitsgründen sollte man während des Trainings keine Schuhe ohne festen Fersenhalt oder ohne seitliche Stabilisierung tragen. Straßenschuhe mit Absatz sind ebenfalls ungeeignet. Am besten sind feste Schuhe ohne Absatz, optimal sind stabile Turnschuhe. Welche Kleidung sollte man bei den Übungen tragen? Am besten ist es, wenn der »Neusportler« sich daran gewöhnt, sich vor dem Sportprogramm umzuziehen. Optimal sind »richtige« Sportkleidung, also ein Jogging-Anzug, ein lockeres T-Shirt und feste Turnschuhe. Ein Kleid oder Rock, einengende Hosen oder Hemden, enge Hüftgürtel oder Korsetts sind dagegen nicht geeignet.
Die Bewegungsübungen
Die Bewegungsübungen
D
ie Bewegungsprogramme sind nach einem 2-Stufen-Plan aufgebaut. Auf der Stufe 1 werden Übungen vorgestellt, die geringere Anforderungen stellen, zum Beispiel Übungen im Sitzen auf einem Stuhl. Die Stufe 1 ist für Menschen, die keine Bewegungserfahrungen haben, die unsicher sind und die wenig Kraft haben. Auf der Stufe 2 finden sich Übungen, die anspruchsvoller sind, zum Beispiel Übungen im Stehen mit Festhalten an einer Stuhllehne, aber auch Übungen im freien Raum. Der »Sportler« sollte jedes Bewegungsprogramm auf der Stufe 1 beginnen, damit er die nötige Sicherheit für einen leichten Einstieg in das Bewegungsprogramm entwickelt. Es ist wichtig, dass der Sporteinsteiger zunächst das Gefühl hat: »Das ist gut zu schaffen!«. Sobald
die nötige Sicherheit und das Gefühl, die Bewegung ohne Probleme – auch allein – bewältigen zu können, aufgebaut ist, ist es wichtig, zur Stufe 2 zu wechseln. Es ist nicht möglich und auch nicht sinnvoll, festzulegen, nach welcher Zeit der Übergang zur Stufe 2 erfolgen sollte, weil jeder alte Mensch andere körperliche und psychische Voraussetzungen mitbringt. Prinzipiell gilt: Sobald die mögliche Sicherheit auf der Stufe 1 vorhanden ist, geht’s auf die Stufe 2! Das kann beim einen schon nach einer Woche der Fall sein, andere brauchen vielleicht acht Wochen dazu. Doch es wichtig, dass der Übergang so früh wie möglich erfolgt, um die entscheidenden Wirkungen, die das Training auf der höheren Stufe hat, so rechtzeitig wie möglich einzuleiten.
INFO
Wie viele Wiederholungen? Bitte beachten Sie, dass die angegebenen Wiederholungszahlen die Maximalwerte sind. Es ist kein Problem, weniger Wiederholungen zu machen. Prinzipiell sollte der alte Mensch die einzelne Übung so lange wiederholen, bis er das Gefühl hat, »mittelschwer« bis »schwer«
belastet zu sein. Wenn der »Sportler« anfangs nur drei Wiederholungen problemlos schafft, ist das in Ordnung. Er sollte allerdings versuchen, im Laufe der fortschreitenden Trainingsdauer die Wiederholungszahl zu steigern – maximal bis zur angegebenen Anzahl.
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Die Bewegungsübungen
Stufe 1 | Beinmuskeltraining im Sitzen Um stabil stehen, sicher gehen und Treppen steigen zu können, ist die Muskelkraft der Beine von entscheidender Bedeutung. Viele alte Menschen haben zu schwache Beinmuskeln. Diese Übungen schaffen Abhilfe.
Ü1 Marschieren im Sitzen Setzen Sie sich aufrecht und ohne sich anzulehnen auf den vorderen Teil der Sitzfläche des Stuhls. Zwischen Rücken und Stuhllehne sollte mindestens ein Abstand von zehn Zentimetern sein. Beide Füße stehen mit den Sohlen fest auf dem Boden. Der Rücken ist ganz gerade, die Arme hängen an der Körperseite locker nach unten. Nun die Beine im Wechsel kurz ein wenig anheben und sofort wieder auf den Boden setzen – wie beim Gehen. Zehnmal im Wechsel rechts und links anheben. Kurze Pause, um einmal tief durchzuatmen. Dann kommt der zweite Durchgang: zehnmal im Wechsel rechts und links anheben.
Setzen Sie sich aufrecht hin und marschieren im Sitzen. 104
Stufe 1 | Beinmuskeltraining im Sitzen
Ü2 Oberschenkel langsam heben Nun wird’s langsamer und dadurch anstrengender: In der gleichen Ausgangsposition wieder den rechten Fuß vom Boden lösen und den Oberschenkel anheben, dieses Mal etwas höher, bis auf Höhe der Hüfte, sodass sich der Oberschenkel etwas von der Sitzfläche löst. Dort wird der Oberschenkel einen Atemzug lang gehalten – und dann den Fuß ganz langsam wieder auf den Boden zurücksetzen. Jetzt mit links: hoch anheben, einen Atemzug lang halten und langsam wieder absetzen. Immer im Wechsel. Jedes Bein zehnmal anheben. Nach einer kurzen Pause kommt ein zweiter Durchgang. Das kräftigt die Muskeln der Oberschenkelvorderseite. Diese Muskeln braucht man zum Beispiel, um eine Treppenstufe nach oben steigen zu können.
Heben Sie nun im Wechsel die Oberschenkel langsam an und halten sie jeweils kurz in der Luft. 105
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Die Bewegungsübungen
Ü3 Beine öffnen und schließen Heben Sie den rechten Fuß vom Boden ab, den rechten Oberschenkel deutlich anheben, weit nach rechts außen führen und dort den Fuß wieder absetzen. Jetzt der Rückweg: Fuß außen anheben, den Oberschenkel hoch heben und das Bein wieder in die Mitte zurückführen und den Fuß absetzen. Zehn Wiederholungen. Dann das Gleiche mit dem linken Bein – zehnmal. Führen Sie das angehobene Bein so weit wie möglich nach rechts und setzen es dort ab, dann wieder zurück in die Mitte.
Heben Sie ein Bein an, strecken und beugen Sie es zwei- bis dreimal, bevor Sie es wieder absetzen.
Damit kräftigen Sie neben den Muskeln der Oberschenkelvorderseite auch die Muskeln der Außenseite der Oberschenkel. Diese Muskeln braucht man, um sich mit einem Schritt zur Seite abfangen zu können, wenn man ins Straucheln gerät.
Ü4 Beine beugen und strecken Den rechten Fuß vom Boden lösen, den Oberschenkel anheben und den rechten Unterschenkel lang nach vorn ausstrecken, dann das Knie beugen und die Wade an den Oberschenkel führen – zwei- bis dreimal. Dann Pause. Insgesamt mit jedem Bein zehn Wiederholungen. 106
Stufe 1 | Beinmuskeltraining im Sitzen
Ü5 Vom Stuhl aufstehen Die Füße in einer kleinen Schrittstellung auf den Boden aufsetzen. Der linke Fuß steht vorn und ist mit der ganzen Sohle auf den Boden gesetzt. Der rechte steht etwas weiter hinten mit angehobener Ferse. Nun den Oberkörper etwas nach vorn verlagern, den rechten Fuß mit Kraft in den Boden drücken und mit dieser Kraft versuchen, sich nach oben zu drücken und den Po vom Stuhl zu lösen. Dann auf dem gleichen Weg direkt wieder hinsetzen. Zehnmal. Pause. Dann die Füße anders herum auf den Boden setzen: rechts steht vorn mit der ganzen Sohle, und links steht hinten mit angehobener Ferse. Zehnmal aufstehen und wieder hinsetzen. Diese Übung trainiert die Muskeln, die man benötigt, um aus einem tiefen Sessel zum Stehen nach oben zu kommen.
Aufstehen und hinsetzen: Heben Sie wie beschrieben den Po vom Stuhlsitz an und setzen sich gleich wieder. 107
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Die Bewegungsübungen
Stufe 2 | Beinmuskeltraining im Stand Auf der zweiten Stufe werden die Übungen anspruchsvoller, weil sie im Stehen durchgeführt werden. Dadurch müssen die Senioren zwei Herausforderungen gleichzeitig meistern. Sie müssen die Kraftübung durchführen und gleichzeitig den Körper dabei in der Balance halten. Alle beschriebenen Übungen können mit Festhalten an der Stuhllehne aber auch ohne Festhalten im freien Stand durchgeführt werden, je nachdem wie sicher der Senior die Balance halten kann.
Ü1 Für die Beinrückseite Stellen Sie sich frontal hinter einen stabilen Stuhl und halten Sie sich mit beiden Händen an der Lehne fest. Beide Füße stehen mit der ganzen Sohle fest auf dem Boden und sind etwa in Hüftbreite geöffnet. Das rechte Knie nach vorn und oben anheben – wenn möglich bis auf Höhe der Lehne – und dann das Bein langsam zurückführen und lang nach hinten ausstrecken. Zehnmal. Nach einer kurzen Pause zehn Wiederholungen mit dem linken Bein. Insgesamt zwei Durchgänge mit je zehn Wiederholungen mit jedem Bein.
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Heben Sie ein Knie zunächst nach vorn hoch und strecken danach das Bein lang nach hinten aus.
Stufe 2 | Beinmuskeltraining im Stand
Ü2 Für die Waden Stellen Sie sich genau wie bei der vorherigen Übung frontal hinter einen stabilen Stuhl und halten Sie sich mit beiden Händen an der Lehne fest. Beide Füße stehen mit der ganzen Sohle fest auf dem Boden und sind etwa in Hüftbreite geöffnet. Heben Sie nun Ihre Fersen langsam an und drücken sich weit nach oben auf die Fußspitzen. Dann genauso langsam wieder absetzen. Zehn Wiederholungen. Kurze Pause. Noch einmal zehn Wiederholungen. Muskelkraft in den Waden ist wichtig, um Treppen hinauf- und hinabsteigen zu können.
Heben Sie langsam beide Fersen an und gehen auf die Zehenspitzen, dann Fersen wieder absenken.
Ü3 Für die Beinaußenseite Aus der gleichen Ausgangsposition führen Sie nun das rechte Bein nach außen. Dort einmal den Fuß strecken, dann heranziehen – und das Bein wieder zurückführen. Zehnmal. Kurze Pause. Dann zehn Wiederholungen mit links. Insgesamt zwei Durchgänge mit jeweils zehn Wiederholungen auf jeder Seite. Die Muskeln der Beinaußenseiten werden gebraucht, um sich mit einem schnellen Schritt zur Seite abfangen zu können, wenn man ins Straucheln gerät.
Führen Sie ein Bein nach außen, strecken den Fuß, ziehen ihn dann heran und stellen danach das Bein zurück in die Mitte.
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Die Bewegungsübungen
Ü4 Kniebeuge Öffnen Sie die Beine etwas weiter, sodass Sie ganz stabil stehen. Nun den Po erst nach hinten schieben und dann langsam nach unten absenken. Dabei verlagert sich der Rücken ein wenig nach vorn und die Knie beugen sich. Langsam wieder nach oben kommen. Zehn Wiederholungen. Dann Pause und noch einmal zehn Wiederholungen. Mit Kniebeugen trainiert man die Muskeln, die beim Bücken oder beim Aufstehen vom Boden gebraucht werden.
Machen Sie langsam Kniebeugen. 110
Stufe 2 | Beinmuskeltraining im Stand
Ü5 Großer Schritt Aus dem Stand heraus das rechte Bein weit nach vorn aufsetzen, dabei wird das Knie gebeugt. Einen Atemzug lang in dieser Position verharren und dann den linken Fuß an den rechten nach vorn heranziehen. Dann kommt der nächste Schritt mit links. Mit links einen großen Schritt machen, dabei das linke Knie beugen. Einen Atemzug lang in dieser Schrittstellung stabil stehen bleiben und dann das rechte hintere Bein heranziehen. Insgesamt zehn Schritte mit rechts und zehn Schritte mit links machen. Diese Übung ist ein tolles Anti-Sturztraining, weil man übt, sich mit einem schnellen Schritt nach vorn abzufangen.
Machen Sie einen großen Schritt nach vorn, beugen das Knie, verharren einen Moment so und ziehen dann den hinteren Fuß heran. 111
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Die Bewegungsübungen
Stufe 1 | Armtraining im Sitzen Um eine Tasche oder einen Eimer vom Boden anheben oder durch die Wohnung tragen zu können, braucht man ausreichend Muskelkraft in den Armund Schultermuskeln. Wenn man einen Staubsauger hinter sich herzieht, ein nasses Wäschestück aufhängt oder eine schwere Eingangstür im Kaufhaus aufdrückt, ebenso. Diese Übungen trainieren die Muskeln, die dabei aktiv werden.
aus Plastik, anfangs reichen 0,5-LiterFlaschen, später kann man auf EinLiter-Flaschen umsteigen. Je voller Sie die Flaschen machen, desto anstrengender werden die Übungen. Prinzipiell gilt: Sie können mit wenig Gewicht beginnen, dieses langsam steigern, aber im Laufe der Trainingsdauer sollte jeder versuchen, die Übungen mit zwei vollständig gefüllten Flaschen durchzuführen.
Für dieses Trainingsprogramm brauchen Sie zwei Mineralwasserflaschen
Ü1 Hochdrücken vom Stuhl
TIPP
Kurzhanteln Natürlich ist es viel angenehmer, mit Kurzhanteln zu trainieren als mit gefüllten Wasserflaschen. Sie liegen gut in der Hand und sind viel besser zu greifen. Wenn Sie Ihrem Angehörigen etwas Gutes tun wollen, schenken Sie ihm zum Geburtstag, zu Weihnachten oder einfach mal zwischendurch ein Paar Kurzhanteln mit einem Gewicht von einem Kilogramm pro Hantel. Diese Geräte erhalten Sie in jedem Sportfachgeschäft, sie können auch über das Internet bestellt werden.
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Setzen Sie sich auf den vorderen Teil der Sitzfläche eines Stuhls mit Armlehnen. Setzen Sie Ihre Handflächen so auf die Armlehnen, dass die Fingerspitzen nach vorn und die Ellbogen nach hinten zeigen. Die Füße stehen in einer kleinen Schrittstellung auf dem Boden. Nun die Hände mit Kraft in die Armlehnen nach unten stemmen, die Ellbogen strecken und mit dieser Kraft den Körper so weit nach oben stemmen, dass der Po sich ein wenig von der Sitzfläche löst. Danach die Ellbogen wieder beugen und langsam auf den Stuhl zurücksinken. Zwei Durchgänge mit je zehn Wiederholungen.
Damit kräftigen Sie die Muskeln, die man braucht, um sich abstützen und hochdrücken zu können, zum Beispiel um einen Sturz zu verhindern oder um auch mit Hilfe der Arme vom Sitzen zum Stehen nach oben zu kommen. Stemmen Sie sich mit Ihrer Armkraft hoch, sodass sich der Po etwas von der Sitzfläche löst.
Ü2 Gewichte anheben Setzen Sie sich wieder mit möglichst aufrechtem Rücken auf den vorderen Teil der Sitzfläche Ihres Stuhls, zwischen Rücken und Lehne ist ein großer Abstand von mindestens 10 Zentimetern. Beide Füße stehen mit der ganzen Sohle am Boden, sie sind etwa in Hüftbreite geöffnet. Die Gewichte liegen locker in der Hand, die Arme hängen seitlich am Körper herab, der Handrücken zeigt nach außen. Nun beide Arme gleichzeitig im Ellbogen ganz langsam anwinkeln und damit das Gewicht anheben. Dann die Arme genauso langsam wieder nach unten bewegen, der Ellbogen bleibt jedoch leicht gebeugt. Während des gesamten Bewegungsablaufs bleiben die Handrücken außen. Zweimal zehn Wiederholungen.
Heben Sie die beiden Flaschen an, indem Sie die Arme anwinkeln.
Die Übung kräftigt die Muskeln, die notwendig sind, um einen schweren Gegenstand anheben zu können.
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Die Bewegungsübungen
Ü3 Gewichte über den Kopf heben In der gleichen Ausgangsposition liegen die Hände mit den Gewichten auf den Oberschenkeln. Nun die Gewichte langsam eng am Körper entlang nach oben führen, an den Schultern vorbei, die Arme nach oben ausstrecken. Danach die Gewichte genauso langsam wieder in die Ausgangsposition zurückführen. Zwei Durchgänge mit jeweils zehn Wiederholungen.
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Nun stemmen Sie die beiden Flaschen über Ihren Kopf, führen Sie sie dabei eng am Körper entlang in die Höhe, bis Ihre Arme ausgestreckt sind, dann auf gleichem Wege wieder zurück. Diese Übung kräftigt die Muskeln, die gebraucht werden, um etwas Schweres über Kopfhöhe anheben zu können.
Stufe 1 | Armtraining im Sitzen
Ü4 Arme zur Seite öffnen In der gleichen Ausgangsposition die Gewichte vor der Brust halten, dabei zeigen die Ellbogen nach außen. Nun die Gewichte langsam nach außen führen, dabei strecken sich die Ellbogen fast ganz. Dann die Arme noch ein wenig weiter nach hinten bewegen, sodass die Rückenmuskeln sich anspannen und die Schulterblätter an die Wirbelsäule herangeführt werden. Zwei Durchgänge mit je zehn Wiederholungen. Führen Sie die Gewichte in der gezeigten Position ganz nach außen und führen die Arme dann noch etwas nach hinten. Die Übung trainiert die Muskeln, die man braucht, um etwas Schweres zu bewegen und diejenigen, die für eine aufrechte Haltung sorgen.
Ü5
Heben Sie beide Arme langsam über die Seite bis auf Schulterhöhe an und senken sie dann wieder ab.
Arme zur Seite heben Im aufrechten Sitz die Arme locker an der Seite des Körpers herunterhängen lassen. Die Handrücken zeigen nach außen. Jetzt beide Arme langsam seitlich bis auf Höhe der Schultern anheben. Dabei bleibt der Ellbogen immer ganz leicht gebeugt. Genauso langsam werden die Arme danach wieder in die Ausgangsposition zurückgeführt. Zwei Durchgänge mit jeweils zehn Wiederholungen. 115
3
Die Bewegungsübungen
Stufe 2 | Armtraining im Stand Ü1 Wand-Liegestütz Stellen Sie sich frontal vor eine Wand und stützen Sie sich mit beiden Händen daran ab. Die Ellbogen zeigen nach außen, die Fingerspitzen nach innen. Nun so weit nach hinten gehen, dass Sie Ihre Arme strecken können. Jetzt die Ellbogen beugen und mit geradem Körper nach vorn kommen, bis das Brustbein fast die Wand berührt. Dann ganz langsam die Ellbogen wieder strecken und dadurch den Körper wieder zurückführen. Zwei Durchgänge mit jeweils zehn Wiederholungen. Diese Übung trainiert die Brust-, Armund Schultermuskeln, die kräftig genug sein müssen, um sich abstützen zu können. Auch beim Öffnen einer schweren Kaufhaustür nach innen werden genau diese Muskeln dringend benötigt.
Führen Sie wie dargestellt Liegestütze an der Wand durch. 116
Stufe 2 | Armtraining im Stand
Ü2 Für die Oberarmrückseite Stellen Sie sich in eine stabile Standposition: die Füße sind geöffnet, die Fußspitzen zeigen ein wenig nach außen. Legen Sie die Hände mit den Gewichten an die Hüftknochen, die Ellbogen zeigen nach hinten. Nun die Unterarme hinter dem Körper nach hinten ausstrecken. Langsam wieder heranführen, sodass die Gewichte wieder am Hüftknochen anliegen. Immer im Wechsel: Strecken und beugen. Zwei Durchgänge mit jeweils zehn Wiederholungen. Damit kräftigen Sie die Muskeln der Oberarmrückseite. Diese werden gebraucht, um sich gut abstützen und hochdrücken zu können.
Strecken Sie aus der gezeigten Position heraus die Arme mit den Gewichten nach hinten aus. 117
3
Die Bewegungsübungen
Ü3 Arme nach oben öffnen
Heben Sie die Gewichte aus der Ausgangsposition vor dem Bauch nach oben außen hoch.
Stellen Sie sich in eine stabile Standposition: die Füße sind geöffnet, die Fußspitzen zeigen ein wenig nach außen, die Knie sind gebeugt. Die Hände mit den Gewichten liegen am Bauch, etwa auf Höhe des Nabels. Die Ellbogen zeigen nach außen. Nun die Arme sehr langsam nach außen öffnen und anheben, bis die Arme über dem Kopf weit geöffnet ausgestreckt sind. Dann die Arme genauso langsam wieder in die Ausgangsposition zurückbewegen und die Hände auf Bauchnabelhöhe an den Körper legen. Zwei Durchgänge mit jeweils zehn Wiederholungen.
Ü4 Arme zur Seite öffnen
Führen Sie die Gewichte in der gezeigten Position ganz nach außen und führen die Arme dann noch etwas nach hinten.
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In der gleichen Ausgangsposition die Gewichte vor der Brust halten, dabei zeigen die Ellbogen nach außen. Nun die Gewichte langsam nach außen führen, dabei strecken sich die Ellbogen fast ganz. Dann die Arme noch ein wenig weiter nach hinten bewegen, sodass die Rückenmuskeln sich anspannen und die Schulterblätter an die Wirbelsäule herangeführt werden. Zwei Durchgänge mit je zehn Wiederholungen.
Stufe 2 | Armtraining im Stand
Ü5 Heben und vorn halten Im stabilen Stand die Arme an der Körperseite locker hängen lassen. Die Handrücken zeigen nach außen. Nun die Unterarme langsam anheben und die Gewichte zu den Schultern führen. Jetzt die Arme auf Schulterhöhe langsam nach vorn ausstrecken, der Handrücken zeigt nach oben zur Decke. Genauso wieder zurück: Erst die Hände zu den Schultern zurückführen, dann die Unterarme ganz langsam wieder nach unten strecken. Zwei Durchgänge mit jeweils zehn Wiederholungen.
Ziehen Sie die Gewichte aus der Ausgangsposition wie gezeigt hoch und strecken dann die Arme nach vorne aus, auf gleichem Wege wieder zurück.
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Die Bewegungsübungen
Stufe 1 | Standfestigkeit und Sicherheit Die Standfestigkeit und die Bewegungssicherheit im höheren Alter hängen davon ab, wie funktionsfähig unser Gleichgewichtssystem ist. Die Ursache für ein schlechtes Gleichgewicht bei älteren Menschen ist ganz oft Bewegungsmangel. Solange alte Menschen sehr aktiv sind und den ganzen Tag auf Ihren Beinen bleiben, bekommen sie nur selten Probleme mit der Standfestigkeit. Wer jedoch zu passiv lebt, bietet seinem Gleichgewichtssystem zu wenig Anreize, um die Funktionen zu erhalten. Sie werden genauso wie Muskeln abgebaut. Da das Gleichgewichtssystem im Sitzen so gut wie gar nicht herausgefordert TIPP
Sicherheitsregel Bleiben Sie bei diesen Übungen in unmittelbarer Nähe Ihres Angehörigen. Falls der Übende den Halt verliert, kann er sich bei Ihnen festhalten! Brechen Sie die Übung ab, wenn sie so schwierig erscheint, dass sie im Moment noch nicht zu bewältigen ist. Aber geben Sie nicht auf! Versuchen Sie es immer wieder! Nur Übung hilft, eine bessere Standfestigkeit zu entwickeln.
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wird, beginnt dieses Bewegungsprogramm auf der Stufe 1 bereits im Stehen. Die Übungen auf Stufe 2 werden jedoch deutlich anspruchsvoller und herausfordernder.
Ü1 Wippen im stabilen Stand Gehen Sie zunächst in eine ganz stabile Standposition: Dazu stellt man sich mit etwas geöffneten Beinen hin, die Fußspitzen zeigen ein wenig nach außen und die Knie sind leicht gebeugt. Das Gewicht ist gleichmäßig auf beide Füße verteilt und Sie stehen mit aufrechter Haltung. Aus dieser stabilen Standposition heraus wippen Sie in den Kniegelenken ein wenig auf und ab. Spüren Sie, dass Sie ganz fest und stabil mit beiden Füßen am Boden stehen. Nichts kann Sie aus dem Gleichgewicht bringen. Zwanzig kleine Wippbewegungen in den Kniegelenken machen. Diese Übung soll zunächst einmal das Gefühl für einen stabilen Stand vermitteln. In dieser stabilen Position steht man mit beiden Beinen fest und sicher auf dem Boden.
Stufe 1 | Standfestigkeit und Sicherheit
Ü2 Gewichtsverlagerung zur Seite, vor und zurück Nun aus dieser stabilen Standposition heraus versuchen, das Gewicht langsam auf das eine Bein und dann ganz langsam auf das andere Bein zu verlagern. Die Füße bleiben fest am Boden stehen, nur das Gewicht verlagert sich von einer zur anderen Seite – zehnmal. Jetzt wird’s schwieriger: Versuchen Sie das Gewicht langsam nach vorn zu verlagern, die Fersen bleiben jedoch am Boden. Nun das Gewicht ganz langsam ein wenig nach hinten verlagern. Die Fußspitzen bleiben jedoch am Boden – zehnmal. Nun wird dieser stabile Stand durch die Gewichtsverlagerung irritiert. Der Gleichgewichtssinn wird dadurch herausgefordert und verbessert.
Verlagern Sie Ihr Gewicht langsam nach rechts, dann nach links. Die Füße bleiben dabei fest auf dem Boden stehen. 121
3
Die Bewegungsübungen
Ü3 Nach hinten schauen Sie stehen im stabilen Stand, wie oben beschrieben. Nun stellen Sie sich vor, dass Sie etwas anschauen möchten, was sich hinter Ihrem Rücken befindet. Drehen Sie Ihren Oberkörper langsam nach rechts, lassen Sie jedoch die Füße fest am Boden stehen. Dann zurückdrehen und schließlich langsam nach links drehen. Fünfmal zu jeder Seite. Kurze Pause. Dann, wenn Sie möchten und sich sicher genug fühlen, noch einmal fünf Wiederholungen zu jeder Seite. Kopfbewegungen in verschiedene Richtungen irritieren den Gleichgewichtssinn. Diese Herausforderung trainiert das Gleichgewichtsgefühl und verbessert es.
Drehen Sie Ihren Oberkörper langsam nach rechts und schauen nach hinten, dann wieder zurück und nach links drehen. 122
Stufe 1 | Standfestigkeit und Sicherheit
Ü4 Arme locker schwingen In der stabilen Standposition die Arme bis auf Schulterhöhe anheben und locker nach rechts und dann nach links schwingen lassen. Dabei geht der Blick nach hinten und der Oberkörper dreht locker mit. Die Füße bleiben jedoch fest am Boden stehen und lösen sich nicht. Fünfmal nach rechts und fünfmal nach links drehen. Dann eine kurze Pause machen und noch einmal fünfmal nach rechts und fünfmal nach links drehen.
Ü5
Schwingen Sie die Arme nach rechts und links, drehen dabei locker den Oberkörper mit und schauen jeweils kurz nach hinten.
Weit nach vorn greifen Sie stehen im stabilen Stand und versuchen, mit der rechten Hand möglichst weit nach vorn zu kommen, so als wollten Sie an einen weit vorn stehenden Gegenstand herankommen. Dabei beugen sich die Knie und der Oberkörper und die Schultern verlagern sich automatisch mit nach vorne. Dann mit links weit nach vorn greifen. Immer mit rechts und links im Wechsel. Insgesamt auf jeder Seite zehnmal. Bei dieser Übung trainieren die Senioren, die Balance zu halten, obwohl sie sich weit nach vorn lehnen.
Bei dieser Balance-Übung beugen Sie sich vor und greifen weit nach vorn. 123
3
Die Bewegungsübungen
Stufe 2 | Standfestigkeit und Sicherheit Die Übungen werden nun schwieriger, weil durch verstärkte Oberkörperaktivität das Gleichgewichtsgefühl stärker herausgefordert wird. Teilweise wird zusätzlich die Standfläche verringert.
Ü1 Über Kopf greifen und auf den Boden tippen Sie stehen wieder im stabilen Stand und versuchen nun, zunächst beide Arme weit nach oben über den Kopf auszustrecken. Richten Sie dabei Ihren Blick nach oben zu den Händen. Nun langsam die Hände nach unten führen und mit den Fingerspitzen – wenn es möglich ist – einmal den Boden berühren. Dann langsam wieder aufrichten. Wiederholen Sie die Übung fünfmal. Machen Sie dann eine kurze Pause und wiederholen Sie die Übung weitere fünfmal. Vielen alten Menschen wird es bei Positionsveränderungen des Kopfes schnell schwindelig. Die Fähigkeit, sich hoch nach oben zu strecken und direkt danach nach unten zu bücken, wird aber im Alltag häufig gebraucht, zum Beispiel beim Wäscheaufhängen. Hier wird die Fähigkeit trainiert schwindelfrei und stabil, solche Positionsveränderungen überstehen zu können. 124
Schauen Sie nach oben zu Ihren ausgestreckten Händen, beugen sich dann langsam vor und versuchen mit den Fingerspitzen den Boden zu berühren.
Stufe 2 | Standfestigkeit und Sicherheit
Ü2 Vor- und Rückpendeln Gehen Sie in eine kleine Schrittstellung und verlagern Sie Ihr Gewicht auf den vorderen Fuß. Dabei hebt sich die Ferse des hinteren Fußes vom Boden ab. Nun das Gewicht auf den hinteren Fuß verlagern, dabei hebt sich die Fußspitze des vorderen Fußes an. Immer im Wechsel. Langsam nach vorn und langsam nach hinten pendeln. Zehn Wiederholungen.
Verlagern Sie abwechselnd das Gewicht auf den vorderen und den hinteren Fuß. 125
3
Die Bewegungsübungen
Ü3 Locker schwingen im geschlossenen Stand Stellen Sie sich in den geschlossenen Stand, das bedeutet die Füße stehen so eng zusammen, dass die Fußinnenseiten sich berühren. Nun die Arme bis auf Schulterhöhe anheben und locker nach rechts und dann nach links schwingen lassen. Dabei geht der Blick nach hinten und der Oberkörper dreht locker mit. Achten Sie darauf, dass die Füße fest am Boden stehen bleiben und die Fußinnenflächen sich während der gesamten Übungsdauer berühren. Insgesamt zehnmal nach rechts und zehnmal nach links drehen.
Schwingen Sie abwechselnd die Arme nach rechts und nach links, drehen den Oberkörper mit und schauen jeweils kurz nach hinten. 126
Stufe 2 | Standfestigkeit und Sicherheit
Ü4 Tandemstand Gehen Sie in den Tandemstand: Der linke Fuß steht vorn, der rechte steht direkt dahinter. Die Fußspitze des rechten Fußes berührt die Ferse des linken Fußes. Wenn Ihr Angehöriger diese Position sicher beherrscht, dann kann er probieren, das Gewicht ein wenig nach vorn zu verlagern. Dann langsam das Gewicht nach hinten, auf den hinteren Fuß verlagern. Immer im Wechsel, nach vorn und nach hinten. Insgesamt zehnmal. Verlagern Sie im Tandemstand abwechselnd das Gewicht auf den vorderen und den hinteren Fuß.
Ü5 Auf einem Bein stehen Jetzt wird’s noch schwieriger: Die Übenden sollen versuchen, auf dem rechten Fuß zu stehen und den linken Fuß ein wenig vom Boden anzuheben. Die Arme zur Seite ausstrecken, dann fällt es leichter, die Balance zu halten. Einige Sekunden lang auf einem Bein stehen bleiben. Dann die Seite wechseln. Wiederholen Sie die Übung dreimal auf jeder Seite.
Balancieren auf einem Bein. 127
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Die Bewegungsübungen
Stufe 1 | Schultern und Wirbelsäule Eine ausreichende Beweglichkeit von Schultergelenken und Wirbelsäule ist Voraussetzung dafür, dass man mit seinen Händen überall dort hinkommt, wo es notwendig ist. Man kann sich nur dann den Rücken waschen, die Haare am Hinterkopf bürsten, den Gürtel umschnallen oder die Socken anziehen, wenn die Schultergelenke einigermaßen beweglich bleiben. Die Mobilität der Wirbelsäule ist wichtig, um sich im Bett von der einen auf die andere Seite drehen zu können, um nach hinten schauen und im Straßenverkehr den Überblick behalten zu können. Diese Übungen helfen dabei.
Ü1 Arme öffnen und schließen
Heben Sie mit dem Einatmen die Arme weit nach außen oben und senken sie mit dem Ausatmen wieder ab.
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Setzen Sie sich ganz nach vorn auf einen Stuhl, beide Füße stehen mit der ganzen Sohle auf dem Boden, der Rücken ist ganz gerade und berührt nicht die Rückenlehne. Legen Sie beide Hände auf die Oberschenkel. Nun beide Arme anheben und so weit wie möglich nach oben und außen bewegen. Drehen Sie dabei die Daumen nach hinten. Dabei einatmen. Mit dem Ausatmen die Arme wieder zurückführen und auf den Oberschenkeln ablegen. Wiederholen Sie diese Übung zehnmal.
Stufe 1 | Schultern und Wirbelsäule
Diese Übung dehnt die Brustmuskeln. Dehnfähige Brustmuskeln sind wichtig, um tief einatmen und den Körper gut mit Sauerstoff versorgen zu können.
Versuchen Sie mit den rechten Fingerspitzen möglichst weit in Richtung des linken Schulterblattes zu kommen.
Auf das Schulterblatt tippen
in Richtung zum linken Schulterblatt. Dann mit der linken Hand versuchen, auf das rechte Schulterblatt zu tippen. Insgesamt zehnmal auf jeder Seite.
In der gleichen Ausgangsposition versuchen Sie, mit der rechten Hand hinter den Kopf zu greifen. Ziel ist es, es zu schaffen, mit den rechten Fingerspitzen auf das linke Schulterblatt zu tippen. Falls das nicht klappt, macht das überhaupt nichts, bewegen Sie einfach die rechte Hand so weit wie möglich
Das verbessert die Beweglichkeit des Schultergelenks. Die Senioren üben hierbei die Bewegung, die sie zum Beispiel beim Kämmen der Haare am Hinterkopf, beim Haarewaschen oder beim Schließen eines Reißverschlusses am Rücken brauchen.
Ü2
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Die Bewegungsübungen
Versuchen Sie, hinter dem Rücken die Finger zu fassen.
Ü3 Arme greifen hinter dem Rücken In der aufrechten Sitzposition greifen beide Hände hinter den Rücken. Die eine Hand versucht, die Finger der anderen zu greifen. Wenn das nicht geht, einfach die Arme so weit wie möglich in diese Position bewegen. Jetzt die Arme ein wenig nach hinten anheben und wieder sinken lassen. Zehnmal heben und wieder senken.
Ü4 Hinter die Schulter blicken Setzen Sie sich mit geradem Rücken auf den Stuhl, möglichst weit entfernt von der Lehne. Die Füße stehen auf dem Boden, die Hände ruhen auf den Oberschenkeln. Das Kinn ein wenig nach unten zum Hals ziehen. Nun den Kopf sehr langsam nach rechts drehen und versuchen, hinter die Schulter zu blicken. Dann langsam den Kopf zurückbewegen und nach links wenden. Kurz hinter die Schulter blicken und wieder zurückbewegen. Fünfmal nach rechts und fünfmal nach links blicken. Es ist wichtig, dass die Rotation in der Wirbelsäule sehr ruhig und langsam durchgeführt wird. Nicht ruckartig, schnell oder mit Schwung bewegen!
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Drehen Sie Ihren Kopf ganz langsam nach rechts und dann nach links und schauen jeweils hinter Ihre Schulter.
Die Beweglichkeit der Halswirbelsäule wird verbessert. Dies ist wichtig, um nach hinten blicken zu können und um so das Gefühl zu haben, sich in einem Raum orientieren zu können.
Stufe 2 | Schultern und Wirbelsäule
Ü5 Durch das »Fenster« zur Seite blicken In der gleichen Ausgangsposition beide Arme seitlich bis auf Schulterhöhe anheben und die Unterarme so anwinkeln (anheben), dass zwischen Unter- und Oberarm ein 90-Grad-Winkel entsteht. Nun ganz langsam den gesamten Oberkörper möglichst weit nach rechts drehen, dabei bleiben die Arme in der gleichen Position. Sie blicken zwischen den Unterarmen hindurch wie durch ein Fenster. Nun langsam zurückdrehen und dann weiter nach links drehen. Achten Sie darauf, dass die Ellbogen während der gesamten Übung möglichst bis auf Höhe der Schultern angehoben bleiben. Fünfmal nach rechts und fünfmal nach links drehen. Es ist wichtig, dass die Rotation in der Wirbelsäule sehr langsam durchgeführt wird. Nicht ruckartig, schnell oder mit Schwung bewegen!
Drehen Sie sich langsam nach rechts und schauen durch das »Fenster«.
Die Übung verbessert die Beweglichkeit der Wirbelsäule. Bewegliche Wirbelgelenke sind wichtig, um sich drehen, wenden und zur Seite beugen zu können. Auch wenn man sich im Bett von einer Seite auf die andere dreht, funktioniert das viel besser, wenn die Wirbelsäule beweglich ist.
Stufe 2 | Schultern und Wirbelsäule Alle Übungen der Stufe 1 werden auf der Stufe 2 im stabilen Stand durchgeführt. Dazu stehen Sie mit geöffneten Füßen, die Knie sind leicht gebeugt. Drehen Sie die Fußspitzen etwas nach außen und
verteilen Sie Ihr Gewicht gleichmäßig auf beide Füße. Sie stehen ganz stabil und fest. Der Rücken ist aufrecht. In dieser Ausgangsposition die Übungen der Stufe 1 durchführen.
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4 Kopf fit – Training fürs Gehirn Die geistige Flexibilität bleibt nur erhalten, wenn das Gehirn beständig gefordert wird. Herausforderungen suchen, aus der Routine ausbrechen, offen für Neues sein – das sind unsere Tipps für geistige Frische. Nutzen Sie unsere Übungen, um die grauen Zellen auf Trab zu bringen.
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Kopf fit – Training fürs Gehirn
Geistig flexibel bleiben
T
rotz stetig steigender Lebensdauer und einer wachsenden Zahl Hochaltriger ist es keineswegs naturgegeben, dass wir mit dem Erreichen eines hohen Lebensalters geistig weniger leistungsfähig werden oder gar an Demenz erkranken. Menschen im eigenen Umfeld ebenso wie Prominente geben Beispiele, wie 80-, 90- und sogar Über-100-Jährige geistig fit sein können. So wurde Konrad Adenauer mit 73 Jahren Deutschlands erster Bundeskanzler und blieb dies bis zu seinem 87. Lebensjahr. Heute beeindruckt einer seiner Nachfolger aus den siebziger Jahren, Helmut Schmidt, jetzt 90-jährig, die Öffentlichkeit mit seinem scharfen Verstand. Und in Großbritannien nimmt Queen Elizabeth II. mit 82 Jahren noch immer ihre Aufgaben als Königin in vollem Umfang wahr. Aktiv sein, Körper und Geist bewegen – das sind gute Möglichkeiten, um einem Absinken der geistigen Leistungsfähigkeit entgegenzuwirken. Der Lebensstil hat erheblichen Einfluss auf unsere Situation. Das Geheimnis liegt in der Kombination von körperlichem und geistigem Training. Deshalb geben wir Ihnen in diesem Buch Anregungen für beides. Darum beinhalten die Programme Bewegungs- und Denkaufgaben gleichermaßen.
INFO
Registrieren Sie auch die kleinen Erfolge Klappt es an einem Tag mal nicht ganz so gut mit dem körperlichen Training, können Sie vielleicht besondere Fortschritte an Ihrer geistigen Beweglichkeit feststellen. Beobachten Sie
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sich, registrieren Sie auch kleine Verbesserungen, nehmen Sie Ihre Erfolge bewusst wahr! Dann werden Sie Freude am Training haben und dranbleiben.
Geistig flexibel bleiben
Mit allen Sinnen Über die Sinnesorgane gelangen Signale ins Gehirn. Dort werden Nervenzellen (Neurone) aktiviert, und das Gehirn sucht nach ähnlichen, bereits im Gedächtnis gespeicherten Informationen. Ständiger Austausch von Eigenaktivität und Reizaufnahme aus der Umwelt oder dem eigenen Körper ergeben die Wahrnehmung.
Wir haben mehr als fünf Sinne Permanent strömt eine Vielzahl von Reizen bzw. Informationen auf uns ein, von denen wir nur einen Bruchteil tatsächlich wahrnehmen. Der Volksmund spricht meist von fünf Sinnen. Damit ist die eingeschränkte, traditionelle Einteilung des Sinnessystems nach streng anatomischen Gesichtspunkten gemeint. Die neuere Sinnesphysiologie gliedert die Wahrnehmungsbereiche differenzierter als in früheren Zeiten. Heute gehören – neben den traditionellen – vor allen Dingen zwei im Alter besonders wichtige Systeme dazu: das Vestibulärsystem und das kinästhetische System.
Wer in der Bewegung die Richtung ändern kann, dem fällt das Denken in verschiedene Richtungen leichter!
Das Vestibulärsystem. Dieses System regelt das Gleichgewicht, ist für die Körperhaltung in unterschiedlichen Bewegungssituationen zuständig und informiert uns über die Lage des Körpers im Raum, über Beschleunigung, Drehung, Auf und Ab. Die Anregung des Vestibulärsystems ist nur über Bewegung möglich. Es spricht auf kleinste Bewegungsveränderungen an.
Das kinästhetische System. Dieses System gibt Auskunft über die Spannungsverhältnisse im Körper, über Gelenkstellungen und Körperbewegung in Bezug auf Raum und Zeit. Es hilft, die für Bewegung aufgewandte Kraft zu dosieren. Entwicklung des Körperschemas sowie Bewegungssteuerung und -kontrolle werden über dieses System unterstützt.
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Kopf fit – Training fürs Gehirn
DENKAUFGABEN
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Übungen, die die Sinne anregen Achten Sie darauf, dass Sie bei den Übungen gemeinsames Wahrnehmen und Genießen in den Mittelpunkt stellen, nicht das Erkennen und Benennen bestimmter Reize. Düfte durch die Nase wirklich einzusaugen, vielleicht Unterschiede festzustellen und zu beschreiben, ist wichtiger, als den Lavendel benennen zu können oder ein exotisches Gewürz richtig zu erkennen. So fühlt sich Ihr Angehöriger nicht getestet und wird, wenn er den Geruch zuordnen kann, von selbst entsprechende Vermutungen äußern. Benutzen Sie beim Zusammentreffen mit Ihrem Angehörigen nicht nur die Sprache zum Informationsaustausch. Fordern Sie bewusst weitere Sinne! Machen Sie auf Düfte und Gerüche aufmerksam (Kaffee, Gewürze, Blumen usw.). Lassen Sie diese erkennen und unterscheiden. Getränkte Schwämmchen lassen sich in kleinen, dichten Frischhaltedosen gut aufbewahren und halten lange das Aroma. Geben Sie Gegenstände zum Tasten in die Hände. Fragen Sie, wie diese sich anfühlen – hart oder weich, kalt oder warm usw. Verpacken Sie Alltagsgegenstände wie Löffel oder ein
Düfte regen nicht nur den Geruchssinn an, sondern fördern häufig auch vergessen geglaubte Erinnerungen zutage.
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Wie fühlt sich ein Kiefernzapfen an?
DENKAUFGABEN
Denkaufgaben
Päckchen Papiertaschentücher in Einkaufsbeutel und lassen Sie erraten, um was es sich handelt. Betrachten Sie miteinander Bilder in Büchern, Zeitschriften, Prospekten. Hängen Sie wechselnde Wand- oder Fensterbilder und Mobiles auf. Lassen Sie Obst, Säfte und andere Lebensmittel »blind« verkosten. Wie lassen sich Geschmack und Beschaffenheit beschreiben, um was könnte es sich handeln? Erzeugen Sie mit Gegenständen aus der Wohnumgebung Ihres Angehörigen Geräusche – Geschirr klappert, Rasierapparat läuft, Tür fällt ins Schloss usw. Er schließt die Augen und rät. Lassen Sie Ihren Angehörigen in Ihrem Beisein (mit entsprechender Haltemöglichkeit bei Unsicherheit, zum Beispiel an einem Schrank oder einer Stuhllehne) im Stand kurz einen Fuß vom Boden abheben oder auf einer mehrmals gefalteten Wolldecke stehen. Setzen oder stellen Sie sich einander gegenüber. Geben Sie beliebige Bewegungen oder Bewegungsfolgen vor und lassen Sie Ihren Angehörigen diese spiegelbildlich nachahmen, zum Beispiel den rechten Arm in Schulterhöhe seitlich ausstrecken. Ist der Winkel bei Ihrem Gegenüber der gleiche?
Gehen Sie das spiegelbildliche Nachahmen spielerisch an und wechseln auch einmal die Rollen.
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Kopf fit – Training fürs Gehirn Sinne – die Schnittstelle zur Welt Wer Dinge von vielen Seiten betrachtet, kann leichter andere Standpunkte neben dem eigenen gelten lassen!
Die Sinne stellen für den Menschen die Schnittstelle zur Welt dar. Sie verbinden ihn mit allem, was um ihn herum und in ihm passiert. Über das Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Tasten usw. verschafft sich der Mensch ein Bild von der Welt außerhalb seines eigenen Körpers. Dieses Bild verbindet er mit seinen Gefühlen, mit seiner inneren Welt. Alle Eindrücke werden miteinander »verrechnet« und ermöglichen uns so eine stabile Interpretation der Umwelt.
Die Wahrnehmungsfähigkeit verändert sich Obwohl die Wahrnehmung an sich automatisch funktioniert, ist ihre Qualität und Ausprägung abhängig von verschiedenen Faktoren wie Umwelt, Lebensalter, Training oder krankheitsbedingten Veränderungen. Im höheren Lebensalter ist die Wahrnehmungsfähigkeit oft eingeschränkt durch Reizmangel oder fällt aufgrund von Erkrankungen in Teilbereichen ganz aus. Deshalb sollten Sie die auf den Seiten 136 bis 137 aufgeführten Übungen häufig mit Ihrem Angehörigen durchführen. Wechseln Sie zwischen den Sinnessystemen immer wieder ab. Bieten Sie die Übungen der Trainingseinheiten in Kapitel 2 und weitere Aufgaben nicht nur über das Hören an, indem Sie die Aufgaben über Sprache vermitteln, sondern wechseln Sie ab. Sprechen Sie, zeigen Sie, führen Sie Bewegungen gemeinsam aus, stellen Sie beim Training eine Duftlampe mit ätherischem Öl auf oder lassen Sie den Duft aromatisierten Tees durchs Zimmer ziehen. Verspeisen Sie vor und nach dem Training gemeinsam ein kleines Stück Obst und genießen Sie bewusst den Geschmack.
Bettlägerige verlieren ihr Körpergefühl. Wer bettlägerig ist, dabei sehr weich liegt und sich kaum selbst bewegen kann, verliert schnell das Gefühl für den eigenen Körper. Das ergab eine Studie, bei der die Testpersonen bewegungslos auf einer speziellen Weichlagerungs-Matratze, die Druckgeschwüre verhindern soll, liegen mussten. Schon nach 30 Minuten hatten die Versuchspersonen kaum noch Gefühl für ihre Füße. 138
Geistig flexibel bleiben
INFO
Wie sich die Sinne im Alter verändern Sehen: Die Anpassung des Auges an Dunkelheit ist bei älteren Menschen verzögert. Schätzungen zufolge benutzen ca. 40% der Älteren eine nicht optimal angepasste Brille. Hören: Unter den Erwachsenen sind ca. 20%, bezogen auf die Über-65-Jährigen 25%, hörgeschädigt. Bei 85-Jährigen weisen 84% eine Hörstörung auf. Nur 13% der Menschen mit Hörstörung benutzen eine Hörhilfe. Riechen: Die Über-65-Jährigen haben zu ca. 60% ein Geruchsdefizit. In höheren Jahrgängen ist dies sogar noch weiter verbreitet; bei den Über-80-Jährigen sind es bereits 80%. Die Erkennungsschwelle für viele Gerüche liegt bei Über-65-Jährigen zwei bis fünfmal höher als bei Jüngeren. Die Riechschwelle ist bei Über-80-Jährigen im Durchschnitt sogar achtfach erhöht. Schmecken: Nach Schätzungen weist mehr als die Hälfte der 65- bis 80-Jährigen bleibende Störungen der Geschmacksempfindung auf. Tasten: Das Tasten bzw. das Empfinden über die Haut bleibt beim gesunden Menschen zeitlebens erhalten. Diese Fähigkeit verändert sich nicht altersbe-
dingt, sondern ausschließlich trainingsabhängig. Gleichgewicht: Die Sensoren werden im Alter unempfindlicher, und die Weiterleitung von Signalen zum Gehirn wird langsamer. Nicht nur das Gleichgewichtsorgan spielt eine Rolle, sondern zum Beispiel nachlassende Sehfähigkeit und Reaktionsfähigkeit beeinträchtigen ebenfalls und bringen alte Menschen ins Wanken. Bei massiven Bewegungseinschränkungen, insbesondere bei Bettlägerigkeit, wird das Vestibulärsystem unterversorgt. In der Folge sind oft Aufmerksamkeit, Wachheit und räumliches Sehen eingeschränkt. Bewegungssinn: Im Lauf der Jahrzehnte sind viele alltägliche Bewegungen automatisiert, werden nicht mehr bewusst wahrgenommen. Das Erlernen und Einüben neuer Bewegungsformen fällt im Alter zunehmend schwerer. Je schlechter das kinästhetische System funktioniert, desto wichtiger wird optische Kontrolle von Bewegungen. Ist beides nur eingeschränkt möglich, kommt es zu Schwierigkeiten zum Beispiel beim Gehen, Essen, Waschen, Anziehen usw.
Den Sinnen Nahrung geben – für Reize sorgen Gezieltes Training der Reizaufnahme und -verarbeitung verbessert die Funktionsfähigkeit der Sinnesorgane. Um Störungen oder Einschränkungen möglichst erst gar nicht auftreten zu lassen, ist Training unverzichtbar. Deshalb sollten Sie bei Ihrem Angehörigen für reizvolle Umgebung und für regelmäßige Stimulation der Sinne sorgen. 139
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Kopf fit – Training fürs Gehirn Aktivität gibt den Sinnen Nahrung Wahrnehmungstraining kann mehr oder weniger automatisch erfolgen durch ein hohes Maß an Aktivität, gepaart mit viel Interesse und Neugier. Wer häufig für Tapetenwechsel und Abwechslung sorgt, stimuliert seine Sinne mehr als jemand, der nur zu Hause bleibt, sich mit immer denselben Dingen beschäftigt und selten eine andere Umgebung auf sich wirken lässt. Wer viele Kontakte hat, muss sich regelmäßig mit anderen Menschen auseinandersetzen und erhält dabei wie von selbst immer wieder neue Anregungen.
Training: Wahrnehmung bewusst stören Gezieltes Training kann zum Beispiel erfolgen, indem alltägliche Wahrnehmungsvorgänge bewusst gestört und damit erschwert werden. So können Sie das Lesen schwieriger gestalten durch Verschmieren der Brillengläser mit Fett, Abdecken eines Auges oder durch ständiges Drehen des Papiers. Mit Ohropax verstopfte Ohren erschweren das Hören und üben so die akustische Wahrnehmung. Und mit Handschuhen bekleidete Finger haben beim Tasten mehr Schwierigkeiten als nackte. Ein solches Training sollte ab und zu über kurze Zeiträume durchgeführt werden.
Lesen, lesen, lesen
Experten schätzen, dass regelmäßiges Zeitunglesen das Alzheimer-Risiko um rund ein Drittel senkt! 140
Der Alltag ist gespickt mit schriftlicher Information – der Busfahrplan, die Preisschilder im Supermarkt, der Beipackzettel in der Tablettenschachtel. Viele davon bereiten schon jüngeren Menschen Schwierigkeiten. Dennoch sind sie für den Alltag wichtig. Über das Lesen erschließen wir uns tagtäglich wesentliche Informationen. Klar, die Nachrichten können wir auch im Fernsehen oder Radio verfolgen und Literatur als Hörbuch konsumieren, aber das hilft wenig, wenn ein alter Mensch eine Mitteilung der Krankenversicherung oder die Buchungsbestätigung des Reisebüros entziffern möchte. Optimale Lesefähigkeit ist hilfreich für den Umgang mit gedruckter Information.
Geistig flexibel bleiben
Alle Gedächtnissysteme anregen Wissenschaftler haben festgestellt, dass Lesen, insbesondere regelmäßiges Zeitunglesen, die Schnelllesefähigkeit, die Sinnerschließung, das Sozial- und das Kommunikationsverhalten sowie die geistige Leistungsfähigkeit insgesamt auch bei Senioren verbessert. Diese Möglichkeiten nutzen jedoch längst nicht alle Menschen, denn Studien haben ergeben, dass viele Menschen im Alter mit dem Lesen ihre Schwierigkeiten haben. So wird vielfach beklagt, dass das Textverständnis Probleme macht. Auch Leseflüssigkeit und -geschwindigkeit nehmen oft spürbar ab. Die in diesem Kapitel dargestellten Tipps und Übungen sind wirksame Mittel, um vorhandene Fähigkeiten zu erhalten oder gar zu verbessern. TIPP
Zeitung lesen Regen Sie Ihren Angehörigen zum regelmäßigen Zeitunglesen an, indem Sie bei Ihren Besuchen jeweils eine aktuelle Meldung oder einen Artikel aufgreifen und sich darüber unterhalten. Legen Sie gemeinsam eine Lese-Tageszeit fest, um so diese Tätigkeit allmählich fest in den Alltag des alten Menschen zu integrieren.
Erhöhter Hirnstoffwechsel Beim Lesen muss gleichzeitig eine große Anzahl geistiger Operationen ausgeführt werden: wahrnehmen, aufmerksam sein, denken, überlegen, im Langzeitgedächtnis suchen, erinnern, reflektieren, Urteile bilden, Überblick gewinnen usw. Lesen wirkt sich Studien zufolge positiv aus auf die Hirndurchblutung, den Hirnstoffwechsel, das Gedächtnis. Das Lesen von Wörtern und Sätzen erhöht im gesamten Gehirn, aber besonders im Stirn- und Schläfenhirnbereich, die 141
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Kopf fit – Training fürs Gehirn Durchblutung. Diese Gebiete werden für das Denken, Planen und Handeln benötigt, für die Grammatik und das Lernen sowie für das Leseverständnis. Lautes Lesen aktiviert die Stirnlappen. Gleichzeitig regt das Hören von Worten die Schläfenlappen an, die für Gedächtnis und Sinnerschließung zuständig sind. Nicht nur das Lesen selbst, sondern auch das Nachdenken über den Inhalt erhöht die Durchblutung in Stirn-, Schläfenund Teilen des Zwischenhirns.
Ü Leseübungen
Die folgenden Übungen verbessern die Wortflüssigkeit, das Leseverständnis, die Wortfindung, die Informationsverarbeitung und die Merkspanne.
Schnell blättern. Lassen Sie zum Auftakt einer Trainingseinheit Ihren Angehörigen eine Zeitung oder Zeitschrift schnell durchblättern. Er soll dabei abwechselnd Zeige-, Mittel, Ring- und kleinen Finger benutzen. Das erhöht Hirndurchblutung und Stoffwechsel. Beim schnellen Lesen sind Aufmerksamkeit und Konzentration gefordert.
Schnell lesen. Wählen Sie einen kurzen Text, zum Beispiel eine Meldung von der Titelseite der Tageszeitung. Lassen Sie Ihren Angehörigen diesen Text möglichst schnell lesen. Stoppen Sie die Zeit bei mehreren Durchgängen. Wird das Lesen schneller? Es kommt dabei nicht auf sinnerfassendes oder betonendes Lesen an! Sie trainieren damit, Informationen schnell zu verarbeiten. Von hinten nach vorn lesen. Lassen Sie Ihren Angehörigen möglichst schnell die Wörter eines Absatzes von hinten nach vorn lesen. Versuchen Sie, in mehreren Durchgängen das Tempo zu steigern. Das ist völlig ungewohnt und aktiviert deshalb besonders. Das Nachdenken über Inhalte, das sonst das Tempo beeinträchtigen könnte, wird hier gezielt ausgeschaltet. Zeitungsartikel besprechen. Lesen Sie gemeinsam einen Artikel. Stellen Sie anschließend Fragen zum Inhalt und ermuntern
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Geistig flexibel bleiben
Sie Ihren Angehörigen, umgekehrt Ihnen Fragen zu stellen. Leseverständnis, Gedächtnis und Ausdrucksfähigkeit stehen hier im Mittelpunkt.
Spiegelverkehrt lesen. Schneiden Sie aus den Schlagzeilen einer Zeitung Wörter oder kurze Titel aus. Geben Sie dem alten Menschen einen Handspiegel und lassen Sie die Wörter im Spiegel lesen. Das fordert mehr Aufmerksamkeit als das »normale« Lesen, fördert das Zusammenspiel beider Hirnhälften und führt – so haben neurologische Untersuchungen der TU München ergeben – zu einer Zunahme der grauen Substanz in bestimmten Hirnregionen (konkret im sogenannten Okzipitallappen, in dem komplexe Verarbeitung visueller Reize stattfindet).
Laut vorlesen. Lassen Sie einen Text laut vorlesen, während die Vorlage um 90 oder 180 Grad gedreht liegt. Achten Sie darauf, dass dabei der Kopf gerade gehalten wird. Das laute Lesen aktiviert die Hirndurchblutung im Stirnlappen, das Hören der eigenen Worte zusätzlich im Schläfenlappen.
Wird die Lesevorlage um 90 oder 180 Grad gedreht, trainiert das zusätzlich die räumliche Vorstellung.
Wortteile zusammensetzen. Schneiden Sie aus den Schlagzeilen einer Zeitung mehrere Wörter gleicher Schriftgröße aus. Zerschneiden Sie anschließend diese Wörter an beliebiger Stelle in zwei Teile. Mischen Sie alle Wortteile und verteilen sie auf dem Tisch. Lassen Sie dann die Wörter wieder zusammensetzen. Hier geht es vorrangig darum, schnell Informationen zu verarbeiten. Die feinmotorische Tätigkeit des Zusammenlegens unterstützt dabei. Gesprochene Sätze merken und wiederholen. Lesen Sie jeweils einen Satz aus einer Zeitung oder einem Buch vor. Lassen Sie diesen Satz möglichst wortgetreu von Ihrem Gegenüber wiederholen. Wechseln Sie nach jedem Satz die Rollen, und machen Sie mehrere Durchgänge. Steigern Sie langsam die Satzlänge. Das ist ein Training der Merkspanne. Die ist wichtig, um einer Unterhaltung folgen und sich daran beteiligen zu können. 143
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Kopf fit – Training fürs Gehirn Auf das Lesen konzentrieren Ein kurzes »Nickerchen« nach der Lektüre verbessert das Erinnern der gelesenen Informationen.
Können wir im jüngeren Alter meistens mehrere Dinge gleichzeitig tun, so vermindert sich diese Fähigkeit mit den Jahren. Wer früher problemlos mit einem Auge die Nachrichten im Fernsehen verfolgen und mit dem anderen parallel die Zeitung lesen konnte, wird irgendwann feststellen, dass er dann aus beiden Informationsquellen nicht mehr viel mitbekommt. Störungen lassen sich schwerer ausblenden. Im höheren Alter sollten wir uns daher auf eine einzige Informationsquelle beschränken. Das heißt, beim Lesen ist es wichtig, Störfaktoren abzuschalten und sich auf den Lesestoff voll zu konzentrieren. Die Fähigkeit, Informationen in Handlung umzusetzen, vermindert sich im fortgeschrittenen Alter. So wird es zum Beispiel mit zunehmendem Alter immer schwieriger, die Schritte einer Strickanleitung zu verstehen und nachzuvollziehen oder mit der Gebrauchsanweisung in der Hand den Radiowecker zu programmieren. Deshalb ist es sinnvoll, beim Training Lesen und einfache Bewegungen miteinander zu verbinden. Der Informationsaustausch zwischen den beiden Hirnhälften lässt sich erhöhen, wenn beim Lesen beide Hände eingesetzt werden. Zum Beispiel soll
INFO
Gut vorbereitet in Fantasiewelten eintauchen Vor dem Beginn des Lesens ist es günstig, den Kreislauf anzuregen. Das kann über Bewegung geschehen (siehe unsere Übungsbeispiele in den Kapiteln 2 und 3). Positive Wirkung hat außerdem eine Tasse Tee. Die beeinflusst nicht nur das Gemüt, sondern fördert zusätzlich die Aufnahmefähigkeit für Gelesenes. Dazu eignet sich – ganz nach Geschmack – Schwarztee, grüner
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Tee oder Matetee. Lavendel- und Zitronentee haben gedächtnisanregende Wirkung. Wer nun noch einen kleinen Apfel, ein Stück Vollkornbrot oder eine halbe Banane isst, vertreibt eventuelle Müdigkeit und erhöht seine geistige Leistungsfähigkeit durch die in diesen Nahrungsmitteln enthaltene Glukose (Traubenzucker).
Geistig flexibel bleiben
beim Auftauchen eines Wortes, das mit dem Buchstaben »S« beginnt, jeweils die linke Hand kurz angehoben werden, beim Anfangsbuchstaben »E« die rechte.
Zeitung, Liebesroman oder Reisebericht? Für welche Lektüre Sie sich entscheiden, richtet sich nach den Interessen des alten Menschen, den Sie betreuen. Ob Bücher, Zeitungen oder Zeitschriften, knüpfen Sie auf jeden Fall an alte Gewohnheiten an! Wer früher am liebsten historische Romane gelesen hat, wird sich jetzt nicht unbedingt von Krimis fesseln lassen. Wer einst gewohnt war, die örtliche Tageszeitung zu studieren, aber überregionale Zeitungen mit Schwerpunkt auf dem Weltgeschehen gemieden hat, freut sich meist eher über einen Artikel aus dem Lokalteil als über einen Kommentar zur Außenpolitik. Die Lektüre von Zeitungen bzw. einzelnen Artikeln hilft, sich über aktuelles Geschehen auf dem Laufenden zu halten und gibt damit ein wichtiges Stück Orientierung. Oft weckt sie das Leseinteresse neu und führt so langsam wieder ans Bücherlesen heran.
Lesende sind interessante Gesprächspartner Wer liest, ist informiert und damit für andere Menschen ein interessanter Gesprächspartner. Über Gelesenes zu sprechen, fördert zusätzlich die Erinnerung an Inhalte. Dabei erinnern wir uns besser an eigene Redebeiträge als an das, was andere gesprochen haben. Deshalb ist es wichtig, dass Sie Ihren Angehörigen nicht nur als Zuhörer an Gesprächen teilhaben lassen, sondern möglichst häufig aktiv ins Gespräch einbeziehen.
Hilfsmittel nutzen Wer lesen möchte, braucht nicht nur Lesestoff, sondern im Alter oft zusätzliche Hilfsmittel. Eingeschränkte Sehfähigkeit ist häufig der Grund, dass Menschen das Lesen komplett einstellen. Dabei gibt es heute viele technische Möglichkeiten, um Sehbehinderungen auszugleichen.
Bei älteren Menschen ist die Erinnerung an Inhalte besser als die an Gesichter. Das heißt, sie können sich häufig an Gesprochenes erinnern, wissen aber nicht unbedingt, wer was gesagt hat.
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Kopf fit – Training fürs Gehirn Hörbücher. Hörbücher sind zur Freizeitgestaltung eine gute Alternative und ermöglichen Literaturgenuss ohne Einsatz der Augen. Zum Lesen, als Training und für die in diesem Kapitel beschriebenen Übungen sind sie jedoch nicht geeignet.
Großdruckbücher. Großdruckbücher gehörten heute zum Standardangebot einer jeden Stadtbibliothek oder Mediathek. Mit geliehenen Medien lässt sich zum Nulltarif oder für wenig Geld viel Abwechslung schaffen. Nutzen Sie die nebenstehenden Hilfsmittel, um Sehbehinderungen möglichst optimal auszugleichen.
Passende Brille. Damit das Lesen zum Genuss wird, sollten Sehhilfen regelmäßig überprüft und angepasst werden. Achten Sie also darauf, dass Ihr Angehöriger beim Augenarzt untersucht und die Brille beim Optiker optimal angepasst wird. Ausgeleierte Gestelle, verkratzte Gläser und falsche Glasstärken müssen nicht sein!
Leselupe. Für das Lesen kleiner Schriften kann vereinzelt eine Leselupe, zum Teil elektronisch und mit Beleuchtung, gute Dienste leisten. Solche Hilfsmittel sind willkommene Geschenke für Angehörige, wenn sie anschließend bei gemeinsamen Aktivitäten Einsatz finden. Lesegeräte. Moderne Lesegeräte können Buchseiten oder Zeitungstexte einscannen und am Monitor vergrößert anzeigen oder als Sprachversion wiedergeben.
Wer schreibt, der bleibt Neben dem Lesen scheint auch das Schreiben die Wahrscheinlichkeit, eine Alzheimer-Demenz zu entwickeln, zu vermindern, so lassen wissenschaftliche Studien vermuten. Allein deshalb lohnt es sich, dabei in Übung zu bleiben. Doch es gibt zahlreiche weitere Gründe. Schreiben gehört zu den Kulturtechniken, die wir gewöhnlich im Kindesalter lernen. Als Erwachsene gehen wir unterschiedlich intensiv damit um. 146
Geistig flexibel bleiben
Manch einer ist froh, nach der Schule nicht mehr viel schreiben zu müssen, andere benötigen diese Fähigkeit im Beruf, wieder andere pflegen die Tätigkeit als Hobby.
In Übung bleiben Schreiben zu können, ist eng mit dem Selbstwertgefühl verknüpft. Doch wenn wir Jahre lang nicht üben, trauen wir uns eines Tages immer weniger dabei zu. Manche gehen selbstverständlich davon aus, dass sie schreiben können – schließlich haben sie es vor Jahrzehnten in der Schule gelernt. Wird es jedoch wirklich erforderlich, weil sie ein Formular ausfüllen, einen Brief verfassen oder nur ein Kochrezept aufschreiben wollen, stellen sie verwundert fest, dass sie unsicher geworden sind. Wie wird ein bestimmtes Wort buchstabiert? Wie sieht ein großes G aus? Wohin gehört die Adresse auf einem Briefumschlag? Das sind nur einige der ungeklärten Fragen. Außerdem werden die Finger zittrig und ungelenk, können nicht auf Anhieb die filigranen Bewegungen ausführen.
Ob, wie viel und wie gut wir im Alter schreiben, hängt wesentlich mit unserer Schreibbiografie zusammen.
Nach solchen Erfahrungen ist die Gefahr groß, anschließend ähnliche Situationen zu vermeiden. Das verschlechtert die Kenntnisse weiter, und eines Tages wird es zu einer gewaltigen Hürde, zum Beispiel beim Arzt oder bei der Bank nur eine Unterschrift zu leisten. Derartige Entwicklungen mit schleichendem Abbau von Fähigkeiten können Sie vermeiden, wenn Sie Ihren Angehörigen regelmäßig zum Schreiben ermuntern und ihm damit allmählich die nötige Sicherheit im Umgang mit Schrift geben oder erhalten. Abhängig von der speziellen Situation des alten Menschen, mit dem Sie umgehen, können Sie aus unseren Übungsbeispielen die passenden auswählen. Außerdem ist das Lesen wichtige Voraussetzung, um sich ans Schreiben heranzuwagen. Der Umgang mit Buchstaben, Wörtern und Sätzen fällt leichter. Wer liest, geht mit Sprache gewandter um. 147
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Kopf fit – Training fürs Gehirn Von A bis Z Vermeiden Sie ein Schüler-LehrerVerhältnis. Auch wenn ein alter Mensch vielleicht vergessen hat, wie ein Y aussieht, ist er trotzdem erwachsen und hat jahrzehntelange Lebenserfahrung!
Wichtige Voraussetzung zum Schreiben ist der sichere Umgang mit dem Alphabet. Sobald Sie spüren, dass dabei Unsicherheiten existieren, üben Sie das Erkennen und Benennen von Buchstaben. Achten Sie aber darauf, dass Sie dabei partnerschaftlich miteinander umgehen und quasi nebenbei oder spielerisch trainieren. Zeigen Sie auf bestimmte Buchstaben und benennen Sie diese beiläufig, wenn Sie das Gefühl haben, dass etwas in Vergessenheit geraten ist: »Ist dieses V groß genug? Kannst du es mit der Brille gut erkennen?« »So ein Q kommt in unserer Sprache wirklich nicht oft vor.« So ersparen Sie Ihrem Angehörigen die Peinlichkeit, zugegeben zu müssen, dass der eine oder andere Buchstabe ihm nicht mehr geläufig ist. Einige Buchstaben bereiten oft Probleme, einfach weil sie in unserer Sprache selten vorkommen. Dazu gehören Q, J, Y und X. Nach einigen Wiederholungen werden sie aber meist gut wiedererkannt.
Ü Übungen rund ums Alphabet
Schreiben Sie das ABC auf und lesen Sie die Buchstaben gemeinsam laut. Erläutern Sie, dass es sich um eine Schnellsprechübung handelt, die das Gehirn anregt. Versuchen Sie, so schnell zu sprechen, dass Sie sich verheddern, durcheinander kommen und miteinander über den komischen Klang lachen können. Lesen Sie das Alphabet rückwärts, ebenfalls möglichst schnell. Sagen Sie das Alphabet gemeinsam aus dem Kopf auf – vorwärts und rückwärts. Starten Sie nicht immer am Beginn oder am Ende, sondern auch mal mittendrin. Nennen Sie einen Buchstaben und lassen Sie Ihr Gegenüber möglichst schnell den vorausgehenden oder den nachfolgenden Buchstaben nennen. Sie sagen L, und Ihr Spielpartner antwortet M, weil dies der nächste Buchstabe in der Fol-
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Geistig flexibel bleiben
ge ist. Dabei wechseln Sie ständig die Rollen – mal geben Sie vor, mal der alte Mensch. Nehmen Sie die 26 Buchstaben des Alphabets aus einem Scrabble-Spiel oder schneiden Sie sie aus einer Zeitung aus. Verteilen Sie alle durcheinander auf dem Tisch. Nennen Sie abwechselnd einen Buchstaben, der andere soll ihn möglichst schnell in dem Durcheinander finden und antippen. Lassen Sie die Buchstaben in die richtige Reihenfolge legen.
Bei diesem Spiel geht es darum, möglichst schnell einen genannten Buchstaben zu finden.
Ü Wort für Wort
Wer lange Zeit nicht mehr geschrieben hat, ist oft froh über eine Vorlage. Suchen Sie einzelne Wörter – aus der Zeitung, aus einem Buchkapitel oder sammeln Sie einfach Gegenstände aus dem Wohnumfeld und schreiben diese einzeln auf Zettel: Tür, Bild, Tisch usw. Beginnen Sie mit kurzen Wörtern und steigern Sie die Anforderung langsam. Lassen Sie dann die Wörter nachschreiben. Dabei können Sie – je nach Fähigkeiten der von Ihnen betreuten Person – unterschiedlich schwierige Aufgaben stellen: Die Wörter 149
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Kopf fit – Training fürs Gehirn mit Buchstaben nachlegen, auf dem von Ihnen (groß) geschriebenen Blatt mit dem Finger nachfahren, auf dem Tisch mit dem Finger schreiben, mit dem Finger großräumig in die Luft schreiben, auch mit der ungewohnten Hand, auf dem von Ihnen geschriebenen Blatt mit einem andersfarbigen Stift die Linien nachfahren. TIPP
Magnettafel Bei bettlägerigen oder motorisch eingeschränkten alten Menschen eignen sich zum Üben Magnettafeln mit Magnetbuchstaben. Die Tafeln lassen sich außerdem mit abwischbaren Stiften beschreiben.
Ü Schreibvorübungen mit Sand, Bändern und Stiften Erläutern Sie bei solchen Vorübungen, dass es sich um BewegungsÜbungen handelt, damit der alte Mensch sich nicht ins Kindesalter zurückversetzt fühlt!
Viele alte Menschen haben eine Scheu, nach langer Pause wieder einen Stift in die Hand zu nehmen, insbesondere wenn von ihnen erwartet wird, dass sie sofort etwas schreiben. Häufig ist es besser, sich langsam heranzutasten. Wer krankheitsbedingt Einschränkungen bei der Feinmotorik hat, sollte mit großräumigen Bewegungen beginnen. Bewegungsübungen (siehe Kapitel 2 und 3) machen die Finger geschmeidig und erleichtern die anschließende Handhabung von Stiften. Geschicklichkeitsübungen mit Holzstäbchen oder Bleistiften führen allmählich wieder zum Umgang mit Schreibgeräten hin. Bewegungs- und Schreibübungen können fließend ineinander übergehen. So haben wir alle einst als Kinder in der Schule Wellenlinien und Kringel malen müssen, um fließende Abläufe beim Schreiben zu trainieren. Ähnliche Übungen können einem alten Menschen helfen, die Schrift wieder in Fluss zu bringen.
Anstreichen. Einen Stift zunächst nur in die Hand zu nehmen, um Zahlen, Buchstaben oder Symbole anzustreichen oder einzukreisen ist ebenfalls eine Möglichkeit, um Hemmschwellen zu überwinden. 150
Geistig flexibel bleiben
Bänder. Mit Schnüren und Bändern ist ein guter Einstieg ins Schreiben möglich. Buchstaben oder gar kurze Wörter mit Schnüren zu formen und auf dem Tisch zu legen, ist eine feinmotorische Übung, die die Hirndurchblutung in Gang bringt und auf weitere geistige Tätigkeiten optimal vorbereitet. In Sand schreiben. Eine mit Vogelsand gefüllte Obstkiste ist ein ideales Trainingsmaterial. Darin lässt sich’s mit den Fingern schreiben und anschließend durch kurzes Schütteln wieder auslöschen. Günstig ist, dabei unterschiedliche Finger als Stiftersatz zu benutzen, Buchstaben oder kurze Wörter mal mit dem Zeigefinger, aber auch mit Ringfinger, kleinem Finger oder Daumen zu schreiben und abwechselnd die rechte und die linke Hand zu benutzen.
Filzstift. Wählen Sie gemeinsam mit Ihrem Angehörigen geeignetes Schreibmaterial aus. Ein weicher Filzstift auf einer Klarsichtfolie gleitet leichter als ein schlecht schreibender Kugelschreiber auf harter Unterlage.
Schreibhilfen. Achten Sie darauf, dass die Strichstärke dick genug ist, um richtig gesehen zu werden. Ein dünner Stift ist für einen alten Menschen oft schlecht zu halten und zu führen. Aufsteckbare und ergonomisch geformte Griffverdickungen sind im Therapiefachhandel preiswert zu haben und mindern den erforderlichen Kraftaufwand erheblich. Schreibhilfen mit Handklemmen usw. können bei speziellen Problemen genau angepasst werden und so das Schreiben wieder ermöglichen.
Achten Sie auch bei den Schreibübungen auf möglichst ideale Bedingungen durch entsprechend angepasste Schreibutensilien.
Befestigung. Kleben Sie, falls nötig, das Papier auf dem Tisch fest, damit es nicht rutscht oder benutzen Sie ein Klemmbrett oder eine Magnettafel als Unterlage. Schreibunterlage. Achten Sie beim Schreiben auf eine geeignete Unterlage. Gemusterter Untergrund wie eine Illustrierte oder eine geblümte Tischdecke kann von der eigentlichen Übung ablenken und unnötig Aufmerksamkeit beanspruchen. Eine einfarbige Schreibunterlage oder ein Tischset sind günstig. 151
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Kopf fit – Training fürs Gehirn INFO
Einmal täglich etwas schreiben Das Ziel sollte sein, mindestens einmal täglich etwas zu schreiben. Dabei kommt es weniger auf die Länge des Geschriebenen an als vielmehr auf die Regelmäßigkeit. Sorgen Sie bei Ihrem Angehörigen für die nötigen Schreibutensilien und geben Sie Impulse, bis hoffentlich die Schreiblust von allein entsteht. Lassen Sie Notizzettel mit Erledigungen und nötigen Einkäufen schreiben. Spielen Sie miteinander Schreibspiele wie
Stadt-Land-Fluss oder Scrabble. Bitten Sie um ein Kuchenrezept, das Sie nicht einfach aus dem Kochbuch kopieren, sondern abschreiben lassen. Schicken Sie einem lieben Menschen eine Ansichtskarte oder schreiben Sie gemeinsam den Umschlag für einen Brief. Ermuntern Sie den alten Menschen dazu, jeden Tag einen Kalenderspruch abzuschreiben oder in einem Tagebuch regelmäßig Erlebnisse und Ereignisse zusammenzufassen.
Mit Zahlen umgehen Zahlen begegnen uns ständig und überall im Alltag. Der Umgang damit bleibt uns kaum erspart – Daten, Uhrzeiten, Maße und Gewichte, Preise oder Telefonnummern – ohne Zahlen läuft nichts. Umso wichtiger ist es, auch im Alter sicher damit umgehen zu können. Ziffern zu erkennen und zu schreiben, fällt meist leichter als Buchstaben zuzuordnen. Es gibt weniger davon. Die Ziffern von 0 bis 9 fordern vom Gehirn nicht so viel Kapazität wie 26 Buchstaben des Alphabets zu unterscheiden. Schwierig wird es erst, wenn aus Ziffern Zahlen werden.
Eins bis zwölf Insbesondere die Zahlen von eins bis zwölf sind unverzichtbar – die Monate auf dem Kalender, die Stunden auf dem Zifferblatt der Uhr oder das Dutzend Eier – mit diesen Zahlen sicher umgehen zu können, erhält ein Stück Kompetenz im Alltag. Denn: Wer die Uhr nicht mehr sicher ablesen kann, hat nicht nur Mühe mit der Tagesstruktur, sondern hadert auch mit sei152
Geistig flexibel bleiben
TIPP
Kalender und Uhr Achten Sie darauf, dass im Umfeld des alten Menschen stets ein Kalender, möglichst mit einem Blatt pro Tag, und eine Uhr mit einem analogen, gut erkennbaren Zifferblatt hängen. Das erhält die zeitliche Orientierung.
nem Selbstwertgefühl. Instinktiv weiß ein Mensch, dass er diese Fertigkeit im Kindesalter erlangt hat, registriert unbewusst, dass er das eigentlich können sollte. Umso mehr fühlt er sich beschämt, wenn er in diesem Bereich Defizite feststellt. Übungen und Spiele mit Zahlen sollten deshalb unbedingt so lange wie möglich mindestens den Zahlenraum bis zwölf umfassen.
Zahlen lesen und schreiben Ähnlich wie bei Wörtern und Texten ergeht es uns auch im Umgang mit Zahlen. Was wir nicht üben, bereitet eines Tages Probleme. Deshalb sollte ein alter Mensch täglich mit Zahlen hantieren. Ob er das Kalenderblatt abreißt und die Zahl dabei liest oder die Fußballergebnisse in der Zeitung verfolgt, Hauptsache, regelmäßig damit beschäftigen! Dabei sollten nicht nur die Ziffern 0 bis 9 geübt werden, sondern vor allen Dingen das Kombinieren der Ziffern zu Zahlen. Die Kombination ist schließlich im Deutschen nicht unbedingt logisch: Wir sprechen zum Beispiel »neunundachtzig«, schreiben aber in umgekehrter Reihenfolge: acht und neun = 89. Da passieren leicht Irrtümer, wenn die Routine fehlt. Zahlen lassen sich in Worten schreiben oder in Ziffern ausdrücken. Im Zahlungsverkehr wurde das früher häufig angewandt, um Irrtümer bei Schecks oder Überweisungen zu vermeiden: zweihundertneunzehn → 219 und umgekehrt. Probieren Sie 153
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Kopf fit – Training fürs Gehirn gemeinsam dieses Umwandeln – Wort wird Zahl oder Zahl wird Wort – auch mit größeren Zahlen.
Ü Übungen für den sicheren Umgang mit Zahlen
Schreiben Sie beide eine bestimmte Anzahl Zahlen, zum Beispiel 1–40, völlig durcheinander auf ein DIN-A4-Blatt. Tauschen Sie dann die Blätter aus und tippen Sie auf dem Ihnen nun vorliegenden Blatt mit dem Finger die Zahlen in aufsteigender Reihenfolge an, also zuerst die 1, dann die 2 usw. bis zur 40. Probieren Sie es auch rückwärts, also in absteigender Folge von 40 bis 1. Benutzen Sie zum Antippen für die ungeraden Zahlen den rechten, für die geraden den linken Zeigefinger. Nennen Sie im Wechsel Ihrem Gegenüber eine beliebige Zahl, die er dann auf dem eigenen Blatt suchen und möglichst schnell antippen soll.
Nennen Sie im Wechsel jeweils eine Zahl, die der andere in Ziffern aufschreiben soll. Schreiben Sie jeweils eine Zahl in Ziffern und lassen Sie diese laut vorlesen.
Rechenkünstler
Trainieren Sie möglichst häufig den sicheren Umgang mit Zahlen.
Alte Menschen beherrschen das Kopfrechnen gewöhnlich weit besser als die nachfolgenden Generationen. Diese Fähigkeit sollte im Alltag bei allen Gelegenheiten weiter trainiert werden, zum Beispiel beim Einkaufen die Preise der Artikel zusammenrechnen oder die Summe überschlagen. Bei körperlicher Einschränkung kann das auch nur in Gedanken mit dem Prospekt aus dem Supermarkt erfolgen. Das kleine Einmaleins mussten die heute alten Generationen so intensiv lernen, dass solche Multiplikationsreihen für viele alte Menschen keine echte Herausforderung sind. Aufgaben wie 6 x 9 oder 8 x 4 haben sie in der Regel automatisiert und können sie ohne Überlegung prompt wiedergeben.
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Geistig flexibel bleiben
Echte Rechnungen, die keinem System folgen, sind jedoch eine sinnvolle Aufgabe. 1625 – 413 zu rechnen, lässt die grauen Zellen intensiv arbeiten. Solche Übungen in allen vier Rechenarten sind äußerst sinnvoll.
Rechenspiele sind ein ideales Training fürs Gehirn.
Ü Rechenübungen fürs Arbeitsgedächtnis
Machen Sie Rechenspiele mit Knobelbecher und Würfeln. Würfeln Sie zum Beispiel im Wechsel mit allen fünf Würfeln und addieren Sie Ihre Würfe. Wer erreicht zuerst 100? Bekannte Knobelspiele wie Kniffel trainieren das Kopfrechnen. Ein einfaches Würfelspiel ist leicht selbst herzustellen: Teilen Sie zwei DIN-A4-Blätter in 24 Kästchen ein. Schreiben Sie jeweils die Zahlen durcheinander hinein. Nehmen Sie vier Augenwürfel und würfeln Sie abwechselnd, wahlweise mit einem bis vier Würfeln. Die Augen jedes Wurfes werden addiert. Anschließend streichen Sie die entsprechende Zahl auf Ihrem Blatt ab. Wer hat zuerst alle 24 Zahlen gestrichen? 155
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Kopf fit – Training fürs Gehirn Stellen Sie sich gegenseitig Kettenaufgaben, die möglichst im Kopf zu rechnen sind, zum Beispiel 100 – 4 + 2 – 80 : 9 = ? Klassische Verlagsspiele wie Bingo, Trio oder das Klappenspiel eignen sich für eine kurze Spielrunde zu zweit.
Schnell denken Unser Alltag wird immer schneller: die Fortbewegung, der Informationsfluss, die technische Erneuerung usw. Wer zu langsam ist, bleibt da leicht auf der Strecke. Die Geschwindigkeit beim Verarbeiten von Informationen ist im Alter um das bis 2-fache reduziert. Das heißt, wir werden unter Anderem deutlich langsamer im Verstehen und in der Beteiligung an Gesprächen. Als Folge nimmt die Wortflüssigkeit ab. Durch Training lassen sich diese alternsbedingten Veränderungen ausgleichen! TIPP
Langsam und deutlich sprechen Sprechen Sie mit dem alten Menschen, den Sie betreuen etwas langsamer (aber nicht zu langsam, das erschwert ebenfalls das Verständnis!) als mit Jüngeren und achten Sie auf deutliche Aussprache und Betonung.
Viele alte Menschen überspielen aber die Einschränkungen beim Verarbeiten von Informationen im Gespräch. Sie schätzen stattdessen, was der Gesprächspartner als Nächstes sagen wird. Diese Erwartungen können die Kommunikation erleichtern, können aber auch Quelle von Missverständnissen sein. Der Ausgleichsmechanismus versagt, wenn Gesprächspartner sehr schnell sprechen.
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Geistig flexibel bleiben
Die Informationsflut Unser Alltag ist gespickt mit Informationen. Ob Medien wie Radio, Fernsehen, Zeitung oder das direkte Umfeld, alle überschütten uns förmlich damit. Die Enkelin teilt mit, wann sie das nächste Mal zu Besuch kommt. Der Pflegedienst gibt seine neuen Bürozeiten zur Kenntnis. Der Supermarkt kündigt einen Bringdienst und seine Sonderangebote an usw. Darüber hinaus landet viel überflüssige Information im Briefkasten und an anderen Stellen und blockiert oft das Denken. Unwichtiges auszublenden, fällt mit zunehmendem Alter immer schwerer. In vielen Situationen ist zusätzlich die Geschwindigkeit von Bedeutung, zum Beispiel im Straßenverkehr. Wer die Straße überqueren will, muss nicht nur den herannahenden Verkehr wahrnehmen, sondern nach dem Blick nach links und rechts schnell entscheiden, hinüberzugehen, wenn frei ist. Andernfalls setzt in der Verzugszeit der Verkehrsfluss wieder ein. Sich regelmäßig Entscheidungen abzufordern, ist nötig, um im Ernstfall aus mehreren Möglichkeiten bewusst die richtige zu wählen. Das lässt sich trainieren.
Vermeiden Sie Routine! Probieren Sie immer wieder Neues aus: einen anderen Spazierweg, wechselnde Zeitschriften, eine neue Brotsorte usw.
Ü Übungen, die Entscheidungen fordern
Versuchen Sie bei der Betreuung eines alten Menschen, eigene Hektik so weit wie möglich abzulegen. Üben Sie sich in Geduld. Manches dauert etwas länger. Oft nehmen Jüngere nicht mehr wahr, in welchen Situationen sie gedankenlos einem alten Menschen durch vorschnelles Handeln ihre Entscheidungen aufzwingen. Geben Sie dem alten Menschen genügend Zeit, um Entscheidungen selbst zu treffen. Holen Sie nicht einfach die blaue Strickjacke aus dem Schrank, wenn er friert, sondern lassen Sie ihn selbst wählen, welche er anziehen möchte. Falls ihm die Auswahl schwerfällt, betrachten Sie gemeinsam, was im Schrank hängt. Oder schlagen Sie aus mehreren Möglichkeiten nur zwei vor, dann fällt die Entscheidung leichter: »Möchtest du die blaue Jacke anziehen oder die rote?« Machen Sie bei geplanten Aktivitäten zwei bis drei Vorschläge, aus denen Ihr Gegenüber auswählen kann: »Sollen wir in 157
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Kopf fit – Training fürs Gehirn den Park gehen, Karten spielen oder zusammen die Zeitung lesen? Nehmen Sie eine Zeitung und schlagen Sie eine beliebige Seite auf. Abwechselnd nennen Sie eine Zahl, ein Wort, eine Schlagzeile, ein Bild. Der andere sucht die Information und deutet darauf, sobald sie gefunden ist. Dabei müssen Sie aus der Fülle an Informationen immer die im Moment gefragte heraussuchen – eine wichtige Fähigkeit für den Alltag.
Wahrnehmen, erkennen, handeln
Die Geschwindigkeit der InformationsVerarbeitung lässt sich durch regelmäßiges Training erhalten oder sogar erhöhen!
Wahrnehmen, Erkennen und Handeln läuft häufig so schnell ab, dass uns die einzelnen Schritte überhaupt nicht bewusst sind. Wir sehen eine rote Ampel, senden diese Wahrnehmung ins Gehirn, erkennen dort die Farbe und den Gegenstand, rufen aus dem Langzeitgedächtnis ab, um was es sich handelt. Schließlich haben wir im Leben beides schon häufig gesehen. Dann verknüpfen wir die Informationen miteinander und erinnern uns an die Bedeutung dieser Kombination. Das veranlasst uns schließlich zur Handlung. Wir bleiben stehen. Die Geschwindigkeit solcher Abläufe ist durch Training stark zu beeinflussen. Dazu sollten wir täglich die so genannte Informations-Verarbeitungs-Geschwindigkeit üben. Durchstreichund Sortieraufgaben eignen sich dazu besonders. Es gilt, nach bestimmten – wechselnden – Vorgaben zu handeln.
für die Informations-VerarbeitungsÜ Übungen Geschwindigkeit Doppelbuchstaben markieren. Nehmen Sie einen kurzen Artikel aus einer alten Zeitung oder einem Anzeigenblatt, möglichst in zweifacher Ausfertigung, bei Sehproblemen auch als vergrößerte Kopien. Arbeiten Sie parallel mit dem von Ihnen betreuten alten Menschen am gleichen Text. Streichen Sie in einem zügigen Arbeitsdurchgang Doppelbuchstaben an. Markieren Sie also immer, wenn zwei gleiche Buchstaben aufeinander folgen, auch wenn der eine groß und der andere klein geschrieben ist oder beide durch Leer- oder Satzzeichen vonei158
Geistig flexibel bleiben
nander getrennt sind. Vergleichen Sie – nach einem langsamen zweiten Durchgang – am Ende Ihre Ergebnisse.
Knöpfe sortieren. Schütten Sie den Inhalt einer Dose mit Knöpfen in vielen verschiedenen Farben und Formen aus. Wie viele rote Knöpfe sind dabei, wie viele braune? Wie viele haben vier Löcher, wie viele nur zwei? Wie viele sind kleiner als ein Daumennagel, wie viele größer? Lassen Sie die Knöpfe nur betrachten und zählen, ein anderes Mal sortieren und in Gruppen hinlegen. In ähnlicher Weise können Sie Bohnen, Nudeln, Socken usw. sortieren. Lassen Sie jedoch demenzkranke alte Menschen niemals mit verschluckbaren Kleinteilen wie Knöpfen, ungekochten Bohnen oder Nudeln allein!
Spielkarten sortieren. Lassen Sie ein gewöhnliches Kartenspiel (Rommé, Canasta, Bridge) mit zweimal 52 Karten schnell sortieren: Nach den Farben Schwarz und Rot = zwei Stapel. Nach den Farben Kreuz, Pik, Herz und Karo = vier Stapel. Nach Bildkarten (Bube, Dame und König) und Zahlenkarten (alle übrigen Karten) = zwei Stapel. Aufsteigend nach Kartenwerten je Farbe, das heißt Karo-As, Karo-Zwei, Karo-Drei usw. bis zum Karo-König, andere Kartenfarben in gleicher Folge. Verteilen Sie die 52 Karten einer Spielhälfte durcheinander offen auf dem Tisch. Legen Sie abwechselnd vom gemischten Stapel der zweiten Spielhälfte jeweils die Gegenstücke darauf, das heißt Herz-Dame auf Herz-Dame, Pik-Sieben auf Pik-Sieben usw.
Knöpfe sortieren. Achten Sie darauf, dass die Übung zügig und konzentriert erledigt wird. Das heißt, es sollte während dieser Phase nicht erzählt oder noch etwas anderes getan werden.
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Konzentriert arbeiten Bei Übungen für die InformationsVerarbeitungs-Geschwindigkeit ist es wichtig, Störfaktoren auszuschalten. Sie sollten sich während einer Trainingsphase von wenigen Minuten voll auf die Aufgabe konzentrieren. Die Trainingsphasen können anfangs sehr kurz sein, abhängig von der Aufmerksamkeitsdauer des von Ihnen betreuten alten Menschen. Mit der Zeit können Sie die Übungsphasen langsam verlängern. Zwischen den intensiven Übungszeiten ist es selbstverständlich sinnvoll, miteinander zu sprechen. Aber versuchen Sie, während der reinen Übungszeit, Gespräche vermeiden. Das heißt nicht nur keine Unterhaltung über völlig andere Themen, sondern auch keine Anweisungen während der Durchstreichoder Sortieraufgabe. Das lenkt ab und stört den Übungsablauf.
Das Training der Informations-Verarbeitung ist für viele zunächst befremdlich, weil es zügig und ohne Nachdenken über Sinn und Inhalte, meist mit sinnfreiem Material, erfolgen sollte. Bei Durchstreichübungen im Text geht es also keineswegs darum, über den Inhalt des Gelesenen nachzudenken oder ihn zu verstehen. Wichtig ist lediglich das quasi mechanische Üben mit dem Ziel, das Tempo mindestens zu erhalten, aber möglichst zu steigern. Vermeiden Sie trotzdem das Arbeiten gegen die Uhr. Sobald eine Uhr im Blickfeld ist oder der Übende weiß, dass sie gestoppt wird, erzeugt das Stress, der die Leistung hemmt. Mit etwas Erfahrung gewinnen die Übenden meist ein gutes Gefühl für ihr eigenes Arbeitstempo, sodass Zeitmessung nicht nötig ist.
Gut gemerkt Nicht nur ältere Menschen beklagen sich über ihre Merkfähigkeit. Wie heißt doch gleich mein Gegenüber? Wann habe ich mich mit meiner Nachbarin verabredet? Habe ich die Tabletten schon genommen? Neue Informationen und frische Eindrücke bereiten Schwierigkeiten. Gut funktioniert im hohen Alter in der Regel der Abruf fest verankerter Gedächtnisinhalte – das eigene Geburtsdatum, Erlebnisse aus der Schulzeit, sämtliche Strophen langer Balladen.
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Es kommt auf die Sekunde an! Für den Abruf aus dem Gedächtnis ist der sogenannte Kurzspeicher zuständig. Ihn zu trainieren ist wichtig, auch wenn Inhalte aus dem Langzeitgedächtnis im rechten Moment zur Verfügung stehen sollen. Die Leistungsfähigkeit des Kurzspeichers hängt von zwei Faktoren ab: der Informations-VerarbeitungsGeschwindigkeit (siehe S. 156) und der Merkspanne. Deshalb sollten beide möglichst täglich geübt werden. Die Merkspanne beträgt nur wenige Augenblicke. Bei durchschnittlich trainierten, gesunden Menschen sind das rund fünf Sekunden. Mit regelmäßigem, gezieltem Training lässt sich die Merkspanne auf sechs bis acht Sekunden ausdehnen. Im Alltag ist die Merkspanne wichtig, wenn es zum Beispiel darum geht, einem Gespräch zu folgen. Satzteile, die sich aufeinander beziehen, sollten deshalb immer innerhalb von maximal fünf Sekunden gesprochen werden. Hat ein alter Mensch eine stark verkürzte Merkspanne, kann die Kommunikation deutlich erschwert sein. Wörter können dann nicht mehr in ihren Zusammenhang gebracht werden. Ein einfacher Satz wie »Ich gehe jetzt in die Küche und mache das Mittagessen.« kann so völlig unverständlich werden und damit das Zusammenleben erschweren.
Die Merkspanne verändert sich abhängig vom Training, nicht vom Lebensalter! Wir haben es also selbst in der Hand, sie zu üben.
Deshalb ist es entscheidend, ob die Merkspanne eine Sekunde mehr oder zwei weniger beträgt. Was auf den ersten Blick völlig unerheblich erscheint, kann tatsächlich den Alltag gelingen oder zur Tortur werden lassen. Wird durch regelmäßiges Üben etwa die Merkspanne von drei auf vier oder von vier auf fünf Sekunden verlängert, bedeutet das einen riesigen Erfolg für die Lebensqualität.
Einspeichern – wiedergeben Trainieren Sie die Merkspanne Ihres Angehörigen am besten mit zusammenhanglosen Informationen. Das können Zahlen, Buchstaben, Silben, Farben, Bilder oder Bewegungen sein. Bie161
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Kopf fit – Training fürs Gehirn Ein Trainingseffekt ist nur dann zu erwarten, wenn Sie jeweils mehrere Durchgänge machen. Das heißt nicht eine Informationsfolge, sondern mindestens fünf bis acht Folgen je Trainingseinheit.
Wie lang ist eine Sekunde? Lassen Sie gemeinsam im Sekundentakt einen Tennisball auf den Tisch prellen.
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ten Sie diese im Sekundentakt an, je Sekunde eine Information. Es geht nur um kurzfristiges Behalten, das heißt sofort nach dem Hören, Sehen oder Tasten soll die Reihe wiederholt werden. Langfristiges Einspeichern ins Gedächtnis ist dabei weder erwünscht noch sinnvoll. Besprechen Sie mit dem alten Menschen, dass das Ziel ist, die Merkspanne zu verlängern, nicht alle Informationen um jeden Preis zu behalten. Das bedeutet: Es ist erwünscht, die Informationsreihe so lange zu verlängern, bis Fehler auftauchen. Erst dann ist ein Trainingserfolg zu erwarten. Wer Aufgaben ohne Anstrengung bewältigen kann, fordert sich nicht genug, bleibt quasi an der Oberfläche.
Gefühl für die Dauer einer Sekunde bekommen. Geben Sie zu Beginn sich und Ihrem Angehörigen ein Gefühl für die Dauer einer Sekunde. Nehmen Sie dazu eine Uhr mit Sekundenzeiger und zählen Sie mehrmals nacheinander gemeinsam im Takt des Zeigers laut bis zehn.
Geistig flexibel bleiben
Klatschen Sie im nächsten Durchgang bei jeder Bewegung des Sekundenzeigers in die Hände. Alternativ lassen Sie jeder einen Tennisball im Sekundentakt auf den Tisch prellen und fangen ihn wieder auf.
Ü Übungen für die Merkspanne
Telefonnummern merken. Nehmen Sie ein Telefonbuch zur Hand. Sprechen Sie eine drei-, vier- oder fünfstellige Telefonnummer – abhängig von der Merkspanne des von Ihnen betreuten alten Menschen – vor. Lassen Sie diese sofort nach Verklingen der letzten Ziffer nachsprechen. Beginnen Sie am besten mit drei Ziffern und steigern Sie langsam. Nach jedem Durchgang wird mit der Vorgabe verglichen. Hat mehrmals nacheinander alles gestimmt? Dann kann die Anzahl erhöht werden.
Gemerkte Zahlenreihen aufschreiben. Lassen Sie Zahlenreihen – aus dem Telefonbuch, die Lottozahlen oder selbst geschriebene Reihen – kurz betrachten, abdecken und anschließend – möglichst in gleicher Reihenfolge – aufschreiben. Diese Übung INFO
Selbstkontrolle ermöglichen Wichtig ist gerade bei diesen Übungen die Selbstkontrolle. Als betreuende Person machen Sie Vorschläge und erklären die Übungen, aber Sie sind nicht die Kontrollinstanz, und Sie bewerten nicht das Ergebnis. Das tut der alte Mensch selbst. Liegen Bewegungseinschränkungen vor, sind Sie selbstverständlich behilflich beim Umdrehen der Karten oder Umblättern der Seiten. Wer die komplette Übungsfolge selbst erledigen kann, wird eher eigenständig üben, auch wenn Sie nicht dabei sind. Wiederholen Sie ähnliche Übungen oft
genug, damit die Handhabung automatisiert und ohne Ihre Unterstützung durchgeführt werden kann. Günstig ist, wenn Sie gemeinsam, das heißt abwechselnd, üben. Mal stellen Sie die Aufgabe, mal der alte Mensch. Dabei sollten Sie ebenfalls an Ihre Grenzen gelangen. Falls Ihre Merkspanne länger ist, lassen Sie sich nicht vier-, sondern sechsstellige Telefonnummern vorlesen, die Sie wiedergeben sollen. Schließlich sind Sie mehr in Übung. Zeigen Sie, dass auch Ihre Merkspanne Grenzen hat!
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Kopf fit – Training fürs Gehirn ist allerdings nur dann sinnvoll, wenn der alte Mensch noch so schnell schreiben kann, dass die Wiedergabe der Informationen nicht wesentlich länger dauert als das Einspeichern, also etwa eine Sekunde je Information.
Spielkarten erinnern. Betrachten Sie von einem gemischten Spielkarten-Stapel im Sekundentakt jeweils eine Karte und legen diese dann verdeckt ab. Nach drei, vier oder fünf Karten wiederholen Sie die Kartenwerte – zum Beispiel »König, vier, As, Bube« – und decken gleichzeitig die Karten zur Selbstkontrolle auf. Üben Sie diese Handlungsfolge im Wechsel mit dem alten Menschen.
Das Dings Zugegeben, Sprache und die Bedeutung, die wir ihr beimessen, sind individuell verschieden. Es gibt Menschen, die kommen mit wenig mehr als 1000 Wörtern aus. Andere haben einen riesigen Wortschatz, erfreuen sich daran und betreiben regelrecht Wortakrobatik. Unabhängig von Redegewandtheit und Wortvielfalt macht es jedoch im Alter häufig Probleme, das passende Wort zur rechten Zeit zu finden. Das schleicht sich ganz allmählich ein, bis irgendwann tatsächlich Wörter fehlen. Wer viel spricht und liest, ist deutlich im Vorteil. Die Wörter, die wir regelmäßig benutzen, sind uns geläufig, andere verlieren wir nach und nach.
Dinge beim Namen nennen Doch das »Dings« gehört bei beinahe allen Menschen ins Programm. »Gib mir bitte mal das Dings!« – kombiniert mit Zeichensprache haben wir sicherlich alle schon diese Vokabel benutzt und meist bekommen, was wir wollten. Aus Bequemlichkeit sparen wir uns scheinbar überflüssige Worte, deuten auf Butter oder Brotkorb und bekommen das Gewünschte gereicht. 164
Geistig flexibel bleiben
TIPP
Vorbild sein Achten Sie im Umgang mit dem alten Menschen darauf, selbst Dinge und Personen bewusst beim Namen zu nennen. Fordern Sie dasselbe von der von Ihnen betreuten Person und erläutern Sie, wie wichtig das Benutzen des Wortschatzes ist. Beim Einkaufen treffen wir auf Nachbarn und Bekannte. Statt »Guten Tag, Frau Puvogel« sagen wir schlicht »Guten Tag«, ohne den Namen zu erwähnen. Wer über lange Zeit so handelt, vergisst schließlich den Namen oder findet ihn im Gedächtnis erst nach längerem Suchen. Und dann ist Frau Puvogel längst aus dem Blickfeld verschwunden. Erzählen wir zu Hause, wir hätten Frau Dings getroffen, wissen Eingeweihte oft sogar ohne Nachfrage, wer gemeint ist.
Ü Wortspiele
Wortsammlungen machen viel Spaß und haben Langzeitwirkung. Sie ermuntern zum Nachdenken auch außerhalb der gemeinsamen Trainingseinheiten. Starten Sie zusammen und suchen Sie Wörter nach einer bestimmten Vorgabe, zum Beispiel: Alles, was rund ist – Erde, Perlen, Kartoffelklöße … Essbares mit dem Anfangsbuchstaben A – Apfel, Austern, Abendbrot … Substantive (Hauptwörter) mit vier Buchstaben – Haus, Land, Käse …
Mit solchen Aufgaben lassen sich gut die Zeiten zwischen den Trainingseinheiten überbrücken.
Bekannte Wortspiele wie Scrabble oder Letra Mix sind sinnvolle Aktivitäten, die die Wortbildung anregen. Schreiben Sie Kärtchen mit jeweils einem Wort, in dem Buchstaben fehlen. Diese soll der alte Mensch möglichst ergänzen, zum Beispiel Z_ITU_G = ZEITUNG. Oder ziehen Sie zwei Buchstabenkärtchen und suchen Sie Wörter, die mit den gezogenen Buchstaben beginnen und enden, zum Beispiel A und D – daraus könnte Abend entstehen, aber auch Anstand usw. 165
Kopf fit – Training fürs Gehirn
DENKAUFGABEN
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Schlag auf Schlag – Aufgaben für schnelles Denken Gegenstände schnell benennen Üben Sie außerdem, bestimmte Wörter schnell zu finden. Deuten Sie schnell nacheinander auf verschiedene Gegenstände im Raum und lassen Sie diese benennen: Wand, Vase, Tür, Bild usw. Der alte Mensch wird dabei immer die Sprache wählen, die ihm geläufig ist und selbst entscheiden, wie konkret er sich ausdrückt. Ist das Bild nur ein Bild oder vielleicht ein Farbfoto, ein Ölgemälde oder ein Aquarell? Wechseln Sie die Rollen. Lassen Sie im nächsten Durchgang den alten Menschen auf Gegenstände zeigen. Dabei muss er die Arme bewegen und selbst schnelle Entscheidungen treffen, welche Dinge benannt werden sollen.
Bilder rasch beschreiben Eine andere Möglichkeit ist, Bilder zu betrachten und zügig die abgebildeten Dinge mit Worten zu bezeichnen. Falls Sie Bildkarten aus einem beliebigen Spiel zur Hand haben, eignen die sich gut, sofern die Motive gut erkennbar sind. Andernfalls können Sie einen Werbeprospekt, einen Katalog, eine Zeitschrift, einen Bildband nutzen. Wichtig ist lediglich, dass die Wechsel möglichst schnell erfolgen. Also nicht einen Gegenstand benennen und dann stundenlang darüber sprechen, sondern Schlag auf Schlag hintereinander viele Wörter nennen.
Schnell das Gegenteil nennen Stellen Sie – eventuell gemeinsam – Wortlisten auf. Anschließend gilt es, zu jedem Wort möglichst schnell das Gegenteil zu nennen: alt – jung, hoch – tief, rund – eckig usw.
Beschreiben, erklären, raten Beschreiben Sie miteinander Bilder, Situationen, Erlebnisse. Finden Sie miteinander passende Wörter. Wie ist das Blütenblatt einer Rose? – Samtig, weich, edel usw. Welche Eigenschaf-
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Denkaufgaben
ten passen zu einem Stein? – Hart, kalt, ewig usw. Betrachten Sie eine Ansichtskarte oder ein Kalenderblatt. Was alles ist darauf zu sehen? Erzählen Sie sich gegenseitig Erlebnisse: Was geschah beim Ausflug oder im Supermarkt? Überlegen Sie sich abwechselnd einen Begriff, den sie beschreiben, ohne ihn zu nennen. Der andere soll raten, um was es sich handelt: Es ist essbar, gehört zu den Früchten, wird kaum allein verzehrt, ist gelb, sauer usw. – die Zitrone.
Was ist alles auf dem Bild zu sehen? Betrachten und beschreiben Sie gemeinsam.
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Kopf fit – Training fürs Gehirn Gedanken beflügeln Im Lauf des Lebens entwickeln wir bestimmte Denkmuster. Abhängig von unseren Prägungen und Erfahrungen haben die sich im hohen Alter mehr oder weniger fest verankert. Solche Muster, Strukturen und Gewohnheiten sind hilfreich, um ohne viel Nachdenken Situationen zu bewältigen. Aber manchmal behindern sie unser kreatives Denken, lassen uns blind werden für andere, neue Möglichkeiten. Um im Alter offen zu bleiben, Ideen und kreative Lösungen für Schwierigkeiten entwickeln zu können, ist es wichtig, der Fantasie Impulse zu geben und den Gedanken freien Lauf zu lassen. Anfangs gehen – nicht nur alte – Menschen häufig zögerlich an Aufgaben heran, die Fantasie erfordern. Mit etwas Übung werden sie aber meist schnell mutig und haben viel Spaß daran. Hirngespinste entwickeln, sich aus der Realität lösen, frei von Logik und Problemen, das bereitet Freude und lässt oft völlig neue, interessante Gedanken entstehen. TIPP
Flexibler denken Für den Alltag öffnen solche Übungen die Augen. Sie helfen zu erkennen, dass Dinge nicht zwingend so sein müssen, wie sie schon immer waren. Wer Fantasie trainiert, wird freier, entwickelt Spielräume und kann flexibler denken und handeln.
Ü Zu Gesichtern Geschichten erfinden
Für den Einstieg ist es günstig, mit Konkretem anzufangen. Schneiden Sie Gesichter aus Zeitschriften und Prospekten aus. Wählen Sie möglichst verschiedene – Frauen, Männer, Kinder aller Altersgruppen. Lassen Sie den alten Menschen eines aussuchen, das ihn besonders anspricht.
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Geistig flexibel bleiben
Nun ist Fantasie gefragt, denn diese Person soll einen Namen und eine kurze Geschichte erhalten. Spekulieren Sie gemeinsam: Wie alt könnte der Mensch auf dem Bild sein? Welchen Beruf könnte die Person ausüben? Hat sie Familie? Was tut sie gern? usw.
Ü Nonsens-Geschichten ausdenken
Aus völlig ohne Zusammenhang ausgewählten Wörtern Sätze zu bauen, ist ein erster Schritt. Dazu streichen Sie einfach eine Reihe von Wörtern in einer Zeitung an. Schreiben Sie die Wörter einzeln auf Zettel und fügen Sie diese, verbunden mit weiteren beliebigen Wörtern, zu einem Satz zusammen.
Wenn Sie nach einer kurzen aktiven Pause versuchen, die erdachten Informationen wieder zusammenzutragen, wird gleichzeitig das Gedächtnis trainiert.
Erklären Sie, dass die Sätze keinen tieferen Sinn ergeben sollen. Es geht nicht darum, logische Zusammenhänge herzustellen, sondern Unwirkliches ohne Logik entstehen zu lassen. Geben Sie ein Beispiel vor, dann traut sich auch der von Ihnen betreute alte Mensch bald, seinen Ideen freien Lauf zu lassen. Gelingen die Fantasiesätze spontan und ohne Schwierigkeiten, können Sie dazu übergehen, ganze Geschichten aus vorgegebenen Informationen zu entwickeln. Zahlen, Buchstaben, Wörter, Bilder oder Symbole können dazu Impulse geben. Kalenderblätter oder Ansichtskarten eignen sich ebenfalls, um sie zum Schauplatz von Fantasie-Geschichten zu machen.
Ü Vernetzt denken – freies Assoziieren
Frei von Logik zu denken, haben wir Erwachsenen ein Stück weit verlernt. Viel zu oft fragen wir nach dem Wie und Warum, sehen Probleme eher als Möglichkeiten und stellen jeder Idee gleich ein »Ja, aber …« entgegen. Assoziationen sind nichts weiter als Gedankenverbindungen. Und die können Sie zusammen mit dem alten Menschen herstellen. Dazu benötigen Sie nichts weiter als ein Ausgangswort. Was fällt Ihnen ein, wenn Sie an Rosen denken? Da könnte jemandem Garten oder Dünger, Arbeit oder Dornen, Rot oder 169
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Kopf fit – Training fürs Gehirn
Lassen Sie den Gedanken einmal freien Lauf. Was fällt Ihnen alles zu einem bestimmten Begriff ein? Oder welche Assoziationskette ergibt sich aus einem bestimmten Ausgangswort?
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Liebe oder ganz andere Begriffe einfallen. Es gibt kein Richtig oder Falsch. Damit wird die Hemmschwelle ausgeschaltet. Abhängig vom Ausgangsbegriff, fangen die Gedanken mehr oder weniger an zu sprudeln. Sie können auch Assoziationsketten herstellen. Dabei springen die Ideen quasi von einem Wort zum nächsten. Ausgehend vom Startbegriff, schießt eine Idee in den Kopf. Das dann genannte Wort ist die Grundlage für die nächste Verbindung. Beim gleichen Ausgangswort Rosen könnte das zum Beispiel so aussehen: Rosen, Dornröschen, Märchen, Theater, Kulisse, Vorhang, Stoff, Schneider usw.
Service
Service Adressen und Internetseiten
Bücher und Spiele
Weitere Informationen und praktische Übungen zum Thema finden Sie bei den folgenden Anbietern:
Becker C, Lindemann U, Regelin P, Winkler J. Sturzprophylaxe-Training im Turn- und Sportverein. Frankfurt: Deutscher TurnerBund; 2008
Bundesarbeitsgemeinschaft der SeniorenOrganisationen e.V. (BAGSO) Bonngasse 10 53111 Bonn Tel. 0228/249 99 30
[email protected] www.bagso.de Denk-Werkstatt®, Bettina M. Jasper www.denk-werkstatt.com Deutscher Turner-Bund www.dtb-online.de Deutscher Olympischer Sportbund www.richtigfitab50.de/rf50/gehirnsport/ Gesellschaft für Gehirntraining Postfach 1420 85555 Ebersberg Tel. 08092/86 49 30
[email protected] www.gfg-online.de Bundesverband Gedächtnistraining Bahnhofstr. 12 65510 Idstein Tel. 06126/50 57 80 www.bv-gedaechtnistraining.de
Jasper BM. WABE. Spaß haben und trainieren mit Farben und Zahlen. Hannover: Vincentz Network; 2009 Jasper BM. Brainfitness. 3. Aufl. Aachen: Meyer & Meyer; 2008 Jasper BM. Farbenfroh aktivieren. Mit Rot, Gelb, Blau das Gedächtnis trainieren, die Bewegung fördern. Hannover: Vincentz Network; 2007 Jasper BM. Das Vielspiel. Geistige Fitness durch Sortieren, Kombinieren, Assoziieren und Fantasieren. Hannover: Vincentz Network; 2004 Regelin P. Vital & beweglich ein Leben lang. Stuttgart: Trias; 2007 Regelin P, Winkler J, Nieder F, Brach M. Fit bis ins hohe Alter. Kursmanual. Aachen: Meyer & Meyer; 2007 Winkler J, Regelin P, Brach M, Rott C, Haack C. Bewegungs- und Gesundheitsförderung für Hochaltrige. Frankfurt: Deutscher TurnerBund; 2007
WissIOMed – Akademie zur Beratung, Fortbildung, Förderung von Wissenschaft, Rehabilitation, Vitalitätstraining, Hirnleistungstraining und Lernstrategien www.wissiomed.de
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Register Farbige Stichworte verweisen auf die Übungen. A Abbauprozess entgegenwirken 87 Alltagsfertigkeit 19 Alltagskompetenz erhalten 19 Alltagsleben meistern 90 Alphabet 148 Älterwerden, Prozess 12 Alzheimer-Demenz 146 Alzheimer-Krankheit 27 Anregung 13, 15 Anstrengung 14–15 Arbeitsgedächtnis 25, 28 Arm greifen hinter dem Rücken 130 Arm und Bein strecken 48 Arm- und Schultermuskeln 91 Arme – heben und vorn halten 119 – locker schwingen 123, 126 – nach oben öffnen 118, 128 – öffnen und schließen 128 – zur Seite heben 115 – zur Seite öffnen 115, 118 Assoziationsketten 169 Assoziieren, freies 169 Atmen auf den Zehenspitzen 59 Auf das Schulterblatt tippen 129 Auf einem Bein stehen 127 Aufgaben für schnelles Denken 166 Aufstehen und aufrichten 36 Aufstehen und nach oben fassen 44 Ausdauer steigern 95 Ausdauerbelastung 23 Ausdauersport 26, 28, 34
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Ausdauertraining 96 Ausfallschritt 81, 111 Ausgeglichenheit, psychische 90 B Balance 94 Bein strecken und beugen 39, 106 Beine öffnen und schließen – im Sitzen 37–38, 106 – im Stand 53 Beinmuskeln 90 Beschreiben, erklären, raten 1667 Betreuung, aktivierende 15 Beweglichkeit erhalten 91–92 Bewegung – fehlende 13 – mangelnde 25 Bewegungsmangel 87 Bewegungspensum 99 Bewegungsprogramm – tägliches 98 – Wirkung 32 Bewegungssinn 139 Bilder rasch beschreiben 166 Brille 146 Buchstabe 148 C D Demenz 134 Demenzrisiko 27 Denken, Verlangsamung 25 Depression 90 Doppelbuchstaben markieren 158 Durch „das Fenster“ zur Seite blicken 131 Durchblutung 23 E Ein- und ausatmen
– im Sitzen 40 – im Stand 49, 82 Einbeinstand 58, 127 Eingewöhnungszeit 101 Entscheidungen treffen 157 Erfolge registrieren 134 F Fähigkeiten – erhalten 18 – geistige 24 Filzstift 151 Finger gezielt bewegen 29 Finger zeigen 60, 71 Fingerspiele 37, 63 flexibler denken 168 Frische, geistige 23 Funktionen aufrechterhalten 86 Funktionsverlust 14 Fuß zur Seite tippen 54 Fußspitzen tippen 64 G Gedächtnis 161 – verbessern 26 Gedächtnissysteme anregen 141 Gegenstände schnell benennen 166 Gehen – am Platz 52 – mit Fingerbewegungen 78 – mit Kopfbewegungen 75 Gehirn 22–29, 32 – Sauerstoffversorgung 23 – Training 24 Gehirndurchblutung 29, 33 Gehirnerkrankung 27 Gehirnzellen 22, 26, 32 – Neubildung 23 Gelenkschmerzen 89 Geschichten erfinden 168 Gesichtsmuskeln bewegen 29 Gesprochene Sätze merken 143 Gesundheitszustand 101
Register
Gewicht verlagern und Knie heben 80 Gewichte – anheben 113 – Arme nach oben öffnen 118 – Arme zur Seite heben 115 – Arme zur Seite öffnen 115, 118 – heben und vorn halten 119 – über den Kopf heben 114 Gewichtsverlagerung 121 Gleichgewicht 139 Grätsche und wippen 67 Grimassen schneiden 29 Grimassen schneiden 48 Großdruckbuch 146 Großer Schritt 111 Grundüberzeugung 14 H Handgelenke kreisen 38 Hand-Streich (Durchstreichübung) 61 Herausforderung, geistige 15 Hinter die Schulter blicken 130 Hippocampus 25 Hochdrücken vom Stuhl 112 Hörbuch 146 Hören 138–139 I Inaktivität 14 Informationsverarbeitung 25, 28 Informations-VerarbeitungsGeschwindigkeit 160–161 J Jonglieren 24 K Kalender 153 Kleidung 102 Knie anheben – im Sitzen 34–35, 42–43
– im Stand 47 Knie und Arm diagonal heben 63 Kniebeuge 55–56, 110 – mit Armschwung 66 – mit Rücken an der Wand 76 Knochenabbau verhindern 89 Knöpfe sortieren 159 Konzentrationsfähigkeit 28 Koordinationstraining 28 Kopfbewegungen – im Gehen 75 – im Stand 68 Kopfrechnen 154 Körperhygiene 19 Krafttraining Kurzhanteln 112 L Laut vorlesen 143 Lebensführung, eigenständige 89 Lebensqualität 14 Leistung, geistige 25 Leistungsfähigkeit – geistige 22, 134, 141 – körperliche 12 – nachlassende 14 Leistungsgrenze 17 Lektüre 145 Lernvermögen fördern 25 Lesegerät 146 Leselupe 146 Lesen 140–146 Leseübungen 142–143 Liegestütz an der Wand 77, 79, 116 Loben 18 Locker schwingen im geschlossenen Stand 126 Lösungen, kreative 168 M Magnettafel 150 Marschieren
– am Platz 62 – im Sitzen 104 Merkfähigkeit 160 Merkspanne trainieren 161 Mobilität 86, 98–99 Motivationstipps 16 Münzgeld zählen 72 Muskelkraft 16 – Abnahme 87–88, 93 N Nach hinten schauen 122 Nervenwachstum 23 Nervenzellen 23–26 Neues ausprobieren 16 Nordic Walking 28 O Oberschenkel langsam heben 105 Oberschenkelhalsbruch 93 Osteoporose verhindern 89 P Probleme, gesundheitliche 100 Q Quersummen rechnen 83 R Radfahren 28 Reaktionsfähigkeit 19 Rechenübungen 155 Reizaufnahme trainieren 139 Reizmangel 138 Ressourcen, kognitive 27 Riechen 138–139 Rituale entwickeln 29 Rote Dinge finden 41 Rote Wörter finden 41 Rückzug 14 S Sauerstoff 23, 32 Schmecken 138–139
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Register Schmerzen 15 Schnell das Gegenteil nennen 166 Schnell lesen 142 Schreiben 146–148 Schreibhilfen 151 Schreibunterlage 151 Schreibvorübungen 150–151 Schultergelenke, Beweglichkeit 128 Schwingen mit Arm und Bein 57 Sehen 138–139 Sehfähigkeit, eingeschränkte 145 Seitbeuge – im Sitzen 40 – im Stand 70 Seitschritt 45, 74 Selbstständigkeit 15, 86, 98–99 – erhalten 16, 89 Selbstvertrauen aufbauen 17 Selbstwertgefühl 13, 90, 147, 153 Semi-Tandemstand 65 Sicherheitsregeln 102, 120 Sinnesorgan 135, 139 Spazierengehen 28, 95 Spiegelverkehrt lesen 143 Spielkarten – erinnern 164 – sortieren 159 Standfestigkeit 120 Standsicherheit 16, 94 Stürze verhindern 93 Sturzrisiko 93 Suizidrisiko 89 Synapsen 23–25 Synapsenbildung 28 System, kinästhetisches 135
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T Tandemstand 46, 65, 127 Tasten 138–139 Textverständnis 141 Training für die Oberarmrückseite 117 Training im Stand – Beinaußenseite 109 – Beinrückseite 108 – Waden 109 Training – körperliches 23 – organisieren 29 – tägliches 17 Trainingseffekt 88 Trainingspensum 101 Treppe als Trainingsgerät 98 Treppensteigen 19 U Über Kopf greifen 124 Überkreuzbewegungen im Stand 68 Überlastungszeichen 101 Übungen – für den Umgang mit Zahlen 154 – für die Informations-Verarbeitungs-Geschwindigkeit 158 – für die Merkspanne 163–164 – rund ums Alphabet 148–149 –, die die Sinne anregen 136–137 –, die Entscheidungen fordern 157 Übungsdauer 33 Uhr 153 Uhrzeiten anzeigen 83 V Verhalten verändern 16
Vernetzt denken 169 Verstimmung, depressive 89 Vestibulärsystem 135 Vitalität 12 Vom Stuhl aufstehen 107 Vor– und Rückpendeln 125 Vorgehen und zurück 73 W Wahrnehmungstraining 140 Walking 28 Wand-Liegestütz 116 Weit nach vorn greifen 123 Widerstände 98 Wiederholungszahl 33, 103 Wippen im stabilen Stand 120 Wirbelsäule, Beweglichkeit 128 Wort für Wort 149 Wortflüssigkeit 156 Wortspiele 165 Wortteile zusammensetzen 143 Würfelspiel 155 X Y Z Zahlen 152–154 Zahlen mit dem Fuß schreiben 51 Zahlenreihen aufschreiben 163 Zeitdauer 33 Zeitung 145, 158 Zeitunglesen 141 Ziel definieren 17 Ziffern 152–154 Ziffern mit dem Fuß schreiben 50 Zungenbewegungen 29 Zungenwirbel 49
Impressum
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