Klaus Sollert
Gefängnis der Bestien Version: v1.0
Abrupt blieb die einsame Gestalt stehen, als mehrer...
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Klaus Sollert
Gefängnis der Bestien Version: v1.0
Abrupt blieb die einsame Gestalt stehen, als mehrere Hunde gleichzeitig ihre klagenden Laute ausstießen. Ein fauchendes Knurren verließ die Kehle des Mannes. Es war so leise, dass er es selbst kaum wahrnahm. Dennoch klang es bedrohlich. Er hasste Hunde. Es waren verabscheuungswürdige Kreaturen. Devot und ohne eigenen Willen. Wesen, die ihre eigene Natur verleugneten. Für einen kurzen Moment spielte er mit dem Gedanken, sie alle zu töten …
Dann nahm er wieder Abstand davon. Es gab wichtigere Dinge, um die er sich kümmern musste. Noch immer verharrte der Mann bewegungslos auf der Stelle. Suchend fuhren seine Blicke über die Fassade der einsamen Datscha. Es blieb jedoch alles ruhig. Das Kläffen der Hunde hatte niemanden alarmiert. Wahrscheinlich waren die Bewohner des Hauses schon daran gewöhnt. Oder sie waren besonders raffiniert, um jeden nächtlichen Besucher in Sicherheit zu wiegen, bis die Falle zuschnappte. Für den Mann spielte das keine Rolle. Er würde bekommen, was er begehrte. Es gab für ihn keine ernstzunehmende Hindernisse. Nach und nach verstummten die Hunde. Sie spürten zwar noch die Gefahr, aber es gab nichts, was sie dagegen tun konnten. Sie konnten nur unruhig in ihrem Zwinger hin und her laufen, mehr nicht. Sie stellten keine wirkliche Gefahr dar. Dennoch ärgerte sich der Mann über seine Unachtsamkeit. Er hätte daran denken müssen, dass er eventuell auf Wachhunde treffen könnte. Schließlich wusste sich der Informant zu schützen, den er aufsuchen wollte. Warum er allerdings außerhalb des Lagers wohnte, war dem Mann unbekannt. Vielleicht konnte er die Atmosphäre, die dort vorherrschte, nicht jede Nacht ertragen. Im Prinzip spielte es auch keine Rolle. Regungslos ließ er zwei weitere Minuten verstreichen. Die eisige Kälte nahm er kaum wahr. Solche Empfindungen waren ihm schon beinahe fremd geworden. Als der letzte Hund verstummte, setzte er sich wieder in Bewegung. Hartgefrorener Schnee knirschte unter seinen Schritten. Er ignorierte es einfach. Es gab kein Zurück mehr. Nicht für ihn. Sein Traum sollte sich
endlich erfüllen. Nach wenigen Metern hatte er das gedrungene Gebäude erreicht. Es war bewusst so gebaut worden, um den Naturgewalten so wenig Widerstand wie möglich zu bieten. In einem Land wie Sibirien war das eine Frage des Überlebens. Geschmeidig wie ein Raubtier umrundete der Fremde das Haus. Und das war er wirklich! Ein mörderisches Raubtier, das vor nichts und niemand zurückschrecken würde, um sein Ziel zu erreichen. Wie erwartet entdeckte der Mann auf der Rückseite eine schmale Tür, die ihm nur wenig Widerstand entgegenbringen würde. Ein wölfisches Grinsen umspielte seine Mundwinkel. Nun würde seine Suche endlich ihr Ende finden. Rasch warf er einen Blick gen Himmel. Der Schein des Vollmondes traf ihn mit voller Wucht. Er konnte die vibrierende Kraft des Erdtrabanten förmlich spüren. Die meisten seiner Art hätten sich in diesem Moment kaum noch unter Kontrolle gehabt. Ihre Verwandlung wäre unaufhaltsam gewesen. Aber er konnte seine zweite Natur beherrschen. Er war nicht wie die anderen. Er war anders. Er war mehr! Gewaltsam riss der Mann sich von dem grandiosen Anblick los und wandte sich der Tür zu. Die Zeit des Wartens war vorbei. Noch in dieser Nacht sollte sich sein Schicksal endgültig erfüllen. Entschlossen holte der Mann ein flaches, dunkles Lederetui aus der Jackentasche und zog einen Dietrich hervor. Im nächsten Moment führte er ihn auch schon in das Türschloss ein. Kurz darauf war das Schloss geknackt. Zufrieden schob er das Etui wieder in die Tasche. Er hätte die Tür zwar auch mit roher Gewalt öffnen können, aber diese Methode sagte ihm mehr zu. Manchmal war es einfach klüger, nicht allzu viel Aufsehen zu erregen.
Niemand wusste das besser als er! Fast lässig schob er die Tür auf. Sie gab dabei kaum Geräusche von sich. Ein Beleg mehr, dass die Datscha nicht unbewohnt war. Ein kleiner Vorraum nahm den Mann auf. Rasch blickte er sich um. Seine Augen nahmen jede Einzelheit gestochen scharf wahr, als würde er ein Nachtsichtgerät benutzen. Solche Dinge benötigte er allerdings nicht. Die Nacht war sein Verbündeter. Sogar mehr als das. Nur durch sie war seine Existenz gesichert und die seiner Artgenossen. Mit forschen Schritten durcheilte er den Raum auf eine weitere Tür zu. Auch diese ließ sich beinahe lautlos öffnen. Es klappte alles besser, als er jemals gehofft hätte. Der Fremde erblickte einen schmalen Flur, von dem mehrere Türen abzweigten und eine Treppe, die in das obere Stockwerk führte. Dort würde er den Informanten finden. Er spürte es mit jeder Faser seines Körpers. Das Ziel war zum Greifen nahe! Gleich darauf setzte er auch schon seinen rechten Fuß auf die erste Stufe. Er wollte endlich die Information bekommen, die er so dringend brauchte. Er vergaß dabei jede Vorsicht. Die Gier in ihm war einfach übermächtig. Das war ein Fehler … Als er die Gegenwart des anderen spürte, war es schon zu spät! »Wenn du eine falsche Bewegung machst, blas’ ich dir den verdammten Schädel weg!« Die Worte trafen ihn wie Hammerschläge. Es waren russische Worte, aber er verstand sie ohne Probleme. Für ihn gab es keine Sprachbarrieren. Die Hunde!
Er hätte es wissen müssen. Ihr Bellen hatte den oder die Bewohner der Datscha gewarnt. Eine andere Möglichkeit gab es nicht. Angst verspürte der Eindringling dennoch nicht. Niemand würde ihn aufhalten können. Schon gar nicht ein normaler Mensch. Das lag außerhalb seiner Macht. »Darf ich mich umdrehen?«, fragte er. Noch wollte er seinen unbekannten Feind in Sicherheit wiegen. Zudem wollte er sich davon überzeugen, ob er den Informanten vor sich hatte oder nicht. Ein toter Insider würde ihm kaum von Nutzen sein. »Gut!«, vernahm er erneut die Stimme seines Gegners. »Aber vorher wirst du die Hände hinter deinem Kopf verschränken!« Gelassen befolgte der Mann den unmissverständlichen Befehl. Die Vorsichtsmaßnahme seines Feindes war ohne Bedeutung. Er würde so oder so sterben. Ohne jedes weitere Zögern wandte er sich seinem Gegner zu. Es war nicht der Informant, dass erkannte er auf den ersten Blick. Dafür war sein Gegenüber einfach zu jung. Es musste ein Leibwächter sein. Wie erwartet hielt der Russe eine Waffe in den Händen. Es war eine schwere 9‐mm‐Pistole. Eine Tokarev, wie der Eindringling erkannte. Ein Problem stellte die Waffe nicht dar. Unruhig blickte der junge Mann seinen Gefangenen an. Die eiskalte Ruhe des anderen machte ihn nervös. Doch vor allem gefielen ihm die seltsamen Augen des Eindringlings nicht. Sie funkelten in einem bernsteinfarbenen Feuer. »Genosse Hauptmann, ich habe den Mann!«, rief der junge Mann in Richtung Obergeschoss. »Ich bin gleich da!«, erklang gleich darauf die Stimme eines älteren Mannes.
Der Informant war tatsächlich im Haus. Eine andere Möglichkeit gab es nicht. Seine Quellen hatten Recht behalten. Mehr brauchte der Fremde nicht zu wissen. Alles weitere würde sich finden. Er musste nur noch den Leibwächter aus dem Weg räumen. Ohne jedes Zögern stürmte er vor!
* Der junge Mann wurde von der selbstmörderischen Aktion vollkommen überrascht. Trotzdem reagierte er mit eiskalter Präzision und drückte ab. Brüllend entlud sich die Tokarev, wuchtig schlug die Kugel in den Brustkorb des Fremden ein. Mehr geschah allerdings nicht. Mit einem normalen Geschoss konnte man ihn nicht aufhalten. Zu einem weiteren Schuss kam der Leibwächter nicht. Wie eine Albtraumgestalt sprang der Mann auf ihn zu und seine Hände schossen in die Höhe. Doch es waren keine normalen Hände mehr, sondern mörderische Klauen. Krallenbewehrte Pranken, die zu tödlichen Waffen wurden. Der Russe spürte einen grellen Schmerz an der Kehle. Ein Schmerz, der wie ein lodernde Flammen durch seinen ganzen Körper schoss – gefolgt von der alles verschlingende Schwärze. Er war schon tot, bevor er auf den nackten Holzfußboden aufschlug. Ohne dem Toten eines weiteren Blickes zu würdigen, schritt der Fremde erneut auf die Treppe zu. Diesmal hielt ihn niemand auf. Der Informant gehörte nun ihm. Wie von selbst wurden aus den Pranken wieder menschliche
Hände. Er brauchte seine Waffen im Moment nicht. Der alte Mann würde ihm bestimmt keine Schwierigkeiten machen. Das Blut des jungen Leibwächters verschwand dagegen nicht. Es bedeckte die Hände wie ein schmieriger, dunkelroter Film. Den Fremden machte das nichts aus. Das Töten gehörte zu seinem inneren Wesen. Mit schnellen Schritten lief der Mann die Treppe hoch. Er brauchte nun keine Rücksicht mehr zu nehmen. Auf niemandem. »Miro, bist du das?«, vernahm er erneut die Stimme des alten Mannes. Gleich darauf konnte er ihn auch sehen. Es war der Informant. Er kannte sein Gesicht von einem Foto. Heftig zuckte der Alte zusammen, als er den Eindringling bemerkte. Im nächsten Augenblick hatte er sich wieder unter Kontrolle. Er war durch eine harte Schule gegangen … Im Stillen bewunderte der Fremde den Mut des alten Mannes. Stumm standen sich die beiden Männer in dem Flur entgegen, der sich an der Treppe anschloss. Es war der Russe, der das Schweigen zuerst brach. »Was ist mit Miro?« »Er hat es nicht geschafft!« Wieder zuckte der Alte zusammen. Die knallharte Antwort seines Gegenübers gefiel ihm nicht. »Wer sind Sie?«, fragte er. Der Fremde lächelte. Die Frage gefiel ihm. Sie gefiel ihm sogar sehr. Vor einigen Jahren war er noch der Spross einer reichen und mächtigen Familie gewesen. Doch von dieser Vergangenheit wollte er nichts mehr wissen. Er hatte sie ausradiert – aus seinem Denken und aus der realen Welt.
»Sie können mich Roy Loupes nennen!«, erwiderte er. Seine Stimme klang bei den Worten kalt und emotionslos. Vollkommen gleichgültig. Den Namen hatte er sich selbst gegeben. Doch es war nicht nur ein Name, sondern gleichzeitig ein Rätsel mit einer tieferen Bedeutung. Doch nicht jeder erkannte den Sinn darin. »Ein Franzose also«, stellte der alte Mann fest. »Nein, aber das ist auch ohne Bedeutung«, wurde er eines Besseren belehrt. »Jedenfalls für Sie, Hauptmann Topol!« Diesmal zuckte der alte Mann noch stärker zusammen. Er hatte seine Gefühlsregungen doch nicht mehr ganz unter Kontrolle. Wahrscheinlich, lag es an seinem Alter, dass er seine Emotionen nicht mehr verbergen konnte. »Ja, Hauptmann, ich weiß alles über Sie!«, sprach der Fremde ungerührt weiter. »Sie waren Offizier beim KGB, bevor man Sie in diese Einöde versetzte, um ein geheimes Straflager zu führen.« »Woher wissen Sie …« Abrupt hörte der KGB‐Offizier auf zu sprechen, so als hätte er schon zu viel gesagt. Doch es war zu spät. Sein Gegenüber hatte die Worte genau vernommen. »Geben Sie sich keine Mühe, Genosse Hauptmann. Ich weiß alles über das Lager.« »Was … was wollen Sie dann von mir?« Der Fremde konnte die Angst des alten Mannes regelrecht spüren. Sie strömte aus jeder Pore seines Körpers. Umgab ihn wie eine zweite Haut. »Ich will, dass Sie mich in das Lager bringen!«, erfolgte prompt die Antwort. »Sie sind verrückt!«, entgegnete Topol im Brustton der Überzeugung. Ein brüllendes Lachen war die Antwort.
Da erkannte der KGB‐Mann die Wahrheit. »Sie sind einer von ihnen!«, stieß er erschüttert aus. »Sie sind ein Werwolf!« »Sie haben Recht«, erwiderte der Fremde und verwandelte sich. Haare sprossen aus jeder Pore seines Körpers. Bedeckten die nackte Haut mit einem dunklen Pelz. Raubten ihr jede Menschlichkeit. Aber die Verwandlung schritt unbeirrt voran. Widerliche Laute erklangen. Knochen brachen im Körper des Mannes, der sich Roy Loupes nannte und bildeten sich neu. Hände und Füße wurden zu Pranken, die mit mörderischen Krallen bewehrt waren. Gleichzeitig schoben sich der Ober‐ und Unterkiefer vor, um die Verwandlung in eine tödliche Bestie zu vollenden. Eine Bestie mit riesigen Fangzähnen, die alles und jeden in Stücke reißen konnten. Fassungslos starrte der Geheimdienst‐Offizier auf das Untier, das vor ihm stand. Er kannte solche Wesen – kannte sie nur zu gut –, doch das Grauen nahm ihn dennoch vollkommen gefangen. Obwohl die Kreatur als Mensch weite Kleidung getragen hatte, war der Stoff an einigen Stellen zerrissen worden. Doch das spielte für den Werwolf keine Rolle. Zur Not würde er sich einfach andere Sachen besorgen, sollte dies notwendig sein. »Denken Sie noch immer, dass es unmöglich ist, mich ins Lager zu bringen?« Der Werwolf gab die Worte in knurrenden Tönen von sich. Es waren bedrohliche Laute, unheimlich und Angst einflößend. »Nein«, gab Topol tonlos von sich. Jeglicher Widerstand war in ihm erloschen. Er wollte nur noch eins. Er wollte am Leben bleiben. Der Preis war ihm egal …
* Wie ein wütendes Insekt jagte der Mil Mi17‐Hubschrauber über die unbewohnten Ebenen Sibiriens. Der Pilot holte alles aus der Maschine heraus, was sie zu bieten hatten. Er hatte schließlich einen unmissverständlichen Befehl erhalten, den er unter allen Umständen erfüllen wollte. Seine Gedanken kreisten dabei um die seltsame Fracht, die er an Bord hatte. Zwei Männer und eine Frau. Wobei die Frau ein Mitglied des neuen, russischen Geheimdienstes FSB war. Auch die anderen Besatzungsmitglieder dachten über ihre Passagiere nach. Doch sie wussten genauso viel wie ihr Pilot – gar nichts. Einer der Männer hätte ihnen alles erklären können, doch er war mit seinen Gedanken ganz woanders. Er nahm weder das ungedämpfte Dröhnen der Triebwerke, noch die Schlingerbewegungen des schweren Transporthubschraubers wahr. Er starrte nur in die dunkle Nacht hinaus, ohne den Blick auf einen bestimmten Punkt zu konzentrieren. Roger Morton dachte an die Vergangenheit. Eine tote Vergangenheit. Zerstört in einer einzigen, blutigen Nacht. Er hatte das Grauen nicht verhindern können. Es war einfach zu mächtig gewesen. Mächtig und tödlich. Selbst Anne hatte er nicht … »Wir sind in wenigen Minuten da!«, riss ihn eine Stimme in die Gegenwart zurück. Er war direkt dankbar dafür. Es führte zu nichts, der Vergangenheit hinterher zu trauern. Er konnte sie sowieso nicht mehr beeinflussen. Niemand konnte das.
Ruckartig wandte er sich der Person zu, die ihn angesprochen hatte. Es war Tanja Marenkov. Major Tanja Marenkov, vom russischen Geheimdienst für Innere Angelegenheiten. Eine Person mit Macht, selbst im neuen, demokratischen Russland, sofern man von wahrer Demokratie sprechen konnte. Sie hatte den Befehl erhalten, ihn in jeder Weise zu unterstützen. Ein Befehl, der von höchster Stelle kam. Vom russischen Präsidenten persönlich! Doch das war es nicht, was Morton an ihrer Person fasziniert. Tanja Marenkov war eine atemberaubend schöne Frau mit ebenmäßigen Gesichtszügen und schulterlangen, hellblonden Haaren. Hinzu kamen dunkelblaue, schräg stehende Augen und ein voller Mund, der förmlich zum Küssen einlud. Mit anderen Worten: Sie war eine Augenweide. »Zufrieden?«, fragte sie mit einem ironischen Unterton in der Stimme. Verlegen wandte Roger Morton kurz den Blick von ihr und sah zu seinem Freund und Diener. Raku machte jedoch ein Nickerchen, ohne sich von dem Lärm oder dem mangelnden Komfort der Militärmaschine stören zu lassen. In dieser Hinsicht war er einfach unschlagbar. »Sie brauchen nicht gleich rot zu werden, Mr. Morton!«, neckte ihn die Geheimagentin. »Das liegt an den Flugkünsten des Piloten«, versuchte er zu retten, was noch zu retten war. Ein leises Lachen war seine Belohnung. »Frieden?«, schlug Tanja vor. »Frieden.« »Gut, dann können Sie mir einige Dinge erklären, die unseren Auftrag betreffen.«
»Sofern ich dazu in der Lage bin, gerne, Major«, stimmte er zu. »Was glauben Sie, erwartet uns, wenn wir das Straflager erreicht haben?« »Eine Hölle, wenn wir zu spät kommen!« »Wegen diesen …?« Tanja Marenkov sprach nicht weiter. Ein Teil von ihr sträubte sich dagegen, ihre Gegner beim Namen zu nennen. Ein Teil, der das sichere Terrain der Realität nicht verlassen wollte. »Werwölfen!«, erwiderte Roger Morton heftiger als beabsichtigt. »Sprechen Sie das Wort ruhig aus!« »Sie brauchen mir nicht gleich den Kopf abzureißen!« »Entschuldigung, aber Sie sollten Ihre Skepsis über Bord werfen, sonst könnten Sie eine böse Überraschung erleben. Diese Bestien existieren wirklich und Ihr Land hat einige von ihnen in ein spezielles Lager verfrachtet, um sie vor dem Rest der Welt zu verbergen.« Tanja Marenkov schwieg betroffen. Sie wusste, dass ihr Gegenüber die Wahrheit sagte. Sie hatte die uralten Geheimberichte selbst gelesen. Doch ihr innerer Widerstand war noch immer vorhanden. Es waren viele schreckliche Dinge während der Stalin‐Ära geschehen. Aber Werwölfe, die als ultimative Waffe gegen den Feind eingesetzt werden sollten? Sie konnte diese Tatsache einfach nicht akzeptieren. Sie liebte schließlich ihr Land. »Es hat nichts mit Ihrer Heimat zu tun«, deutete Roger Morton ihren Gesichtsausdruck richtig. »Danke«, erwiderte sie mit leiser Stimme. »Trotzdem sollten Sie ihre Zweifel über Bord werfen, Major. Sie könnten sie im entscheidenden Moment zögern lassen und das wäre Ihr Todesurteil. Und ich weiß wirklich, wovon ich spreche!« Fast beschwörend sprach Roger den letzten Satz aus. »Ich werde es versuchen!« »Gut.«
Für einen kurzen Moment schwiegen sie und hingen ihren Gedanken nach. »Warum sind Sie so sicher, dass dieser Roy Loupes, den Sie suchen, das Lager aufsuchen wird?«, fragte Tanja schließlich. »Weil es mir einer seiner Artgenossen verraten hat«, entgegnete Roger ungerührt, ohne näher darauf einzugehen. Er hatte diese Information beinahe mit seinem Leben bezahlt. Aber sie war es ihm wert gewesen. Der Tod schreckte ihn schon lange nicht mehr. »Aber was will er dort?«, wollte Tanja wissen. »Ich weiß es nicht. Doch es wird bestimmt etwas mit seinen Plänen zu tun haben.« »Und was sind das für Pläne?« Die russische Agentin ließ nicht locker. Sie wollte alles ganz genau wissen. Eine Einstellung, die Roger mehr als gefiel. Er war schließlich genauso … »Sprechen Sie französisch?«, erkundigte er sich nach einigen Sekunden des Schweigens. Verblüfft starrte Tanja ihren Gesprächspartner an. Sie verstand den Sinn der Frage nicht. Dennoch beantwortete sie sie. »Nicht perfekt, aber für eine Unterhaltung reicht es allemal.« »Was heißt König und Wolf auf französisch?« »Roi und loup«, antwortete sie ohne nachzudenken. »Aber was …« Überrascht riss sie die Augen auf. »Roy Loupes – der König der Wölfe!«, gab sie heiser von sich. »Richtig!«, pflichtete Roger Morton ihr bei. »Unser Feind liebt es, verborgene Anspielungen zu machen.« Für einen Moment verhärtete sich sein Gesicht. Verlor jeden Zug von Menschlichkeit. Doch gleich darauf kehrte das Leben in ihm zurück.
»Sie hassen dieses Wesen, stimmt’s?«, fragte sie. Morton schwieg. Für Tanja Marenkov war das Antwort genug. »Haben Sie eigentlich eine Waffe?«, fragte Roger sie plötzlich unvermittelt. »Natürlich!«, erwiderte sie und zog ihre Dienstwaffe hervor. Es war eine Makarov. Eine 9‐mm‐Pistole mit einer enormen Durchschlagskraft. Eine gute Waffe. »Sie wird Ihnen nicht viel nutzen«, meinte Morton im Brustton der Überzeugung und griff in seine Reisetasche, die neben ihm auf einem weiteren Sitzplatz lag. Rasch holte er drei Dinge hervor – seine Ersatzwaffe, eine Mauser 90‐DA‐Pistole und zwei Ersatzmagazine – und reichte sie an seine aparte Begleiterin weiter. »Die Waffe ist mit geweihten Silberkugeln geladen!«, teilte er ihr mit. »Nur damit können Sie diese verfluchten Bestien erledigen.« Dankbar nahm Tanja die Waffe entgegen. Mit wenigen Handgriffen machte sie sich mit der Pistole vertraut. Anschließend schob sie sie in ihr Hohlster, während sie ihre eigene Waffe in ihre Reisetasche steckte. »Sie denken wirklich an alles«, stellte sie fest. »Ich versuche es zumindest, um am Leben zu bleiben.« »Und was ist mit Ihrem Freund?« Tanja Marenkov deutete auf Rogers schlafenden Diener. »Raku hält nicht viel von Schusswaffen«, antwortete Morton. »Aber er kann sich trotzdem gegen unsere Feinde verteidigen.« »Davon bin ich überzeugt«, erwiderte sie. Ihr waren die geschmeidigen Bewegungen des Asiaten schon bei ihrer ersten Begegnung aufgefallen. Sie deuteten auf einen durchtrainierten Kämpfer hin. Einem Mann, der fast jedem Gegner
gewachsen war. »In zwei Minuten landen wir!«, vernahmen sie die Stimme des Piloten. Sowohl Roger als auch Tanja nahmen die Nachricht mit gemischten Gefühlen auf. Keiner von ihnen wusste schließlich, was sie erwarten würde. Alles war möglich. »Sie sollten jetzt lieber Ihren Platz einnehmen und sich anschnallen, Major«, sagte Roger. »Sicher«, stimmte Tanja ihm zu und wandte sich ab. Morton sah ihr noch kurz nach, dann tauchte er wieder in seine eigene Gedankenwelt ab. Seit er das Erbe seines Vaters angetreten hatte, war nichts mehr so gewesen, wie es hätte sein sollen. Sicher, er war zu einem der reichsten und mächtigsten Männer Europas geworden. Er besaß ein Imperium aus unzähligen Firmen und anderen Vermögenswerten. Doch das alles bedeutete ihm im Grunde nichts. Für ihn waren diese Dinge nur Mittel zum Zweck. Nur mit Hilfe seiner Macht war es ihm gelungen, mit dem Präsidenten Russlands in Kontakt zu treten. Und doch hatte er all seine Überredungskunst anwenden müssen, um ihn von der Dringlichkeit seines Ansinnens zu überzeugen. Aber letztendlich war es ihm doch gelungen. Selbst die Mächtigen fürchteten sich vor den Sünden der Vergangenheit. Und das Lager, zu dem er unterwegs war, war eine solche Sünde. Ein Überbleibsel des Kalten Krieges, das nun wieder zu einer akuten Gefahr werden sollte. Aber er würde diese Schreckensvision zu verhindern wissen. Das war seine Pflicht. Seine Bestimmung. Der Tag seiner Rache stand dicht bevor. Er spürte es.
Der Hubschrauber setzte zur Landung an …
* Unvermittelt tauchte das Straflager vor ihnen auf! Es war nicht sehr groß, aber es genügte seinem Zweck. Es war gebaut worden, um nur fünf Gefangene sicher unterzubringen. Fünf Werwolfe! Man hatte es auf einer künstlich angelegten Waldlichtung errichtet, so dass man es aus der Luft kaum ausmachen konnte. Das schreckliche Geheimnis sollte gewahrt bleiben. Unter allen Umständen. Mit wenigen Blicken nahm Loupes die Konstruktion des Lagers in sich auf, während Hauptmann Topol auf das Tor zufuhr. Das gesamte Areal war durch einen meterhohen Stacheldrahtzaun gesichert, der zudem unter Starkstrom stand. Hinzu kamen speziell ausgebildete Elite‐Soldaten, die schwer bewaffnet waren. Jeder Fluchtversuch sollte auf diese Weise zum Scheitern verurteilt sein. Der KGB‐Offizier hatte Loupes genauestens über die einzelnen Sicherheitseinrichtungen aufgeklärt. Es war ihm nichts anderes übrig geblieben. Ansonsten hätte er sein Schweigen mit dem Leben bezahlt. Die Lichtbalken zweier Suchscheinwerfer, die auf Wachtürmen errichtet worden waren, glitten abwechselnd über den Komplex des Lagers und tauchten es in ein abstoßendes Licht. Aber davon ließ sich die Kreatur neben Topol nicht beeindrucken. Schon bald würden seine Artgenossen frei sein. Er würde ihnen die Freiheit schenken. Und zum Dank würden sie ihn als ihren Herrn und Gebieter anerkennen. Vor allem einer von ihnen.
Krampfhaft umklammerte der ehemalige KGB‐Offizier das Lenkrad des älteren Geländewagens. Die Angst zerfraß ihn langsam und raubte ihm mehr und mehr den Verstand. Lange würde der alte Mann nicht mehr durchhalten, Loupes wusste das nur zu gut, aber noch war er auf Topol angewiesen. »Beruhigen Sie sich, Hauptmann!«, raunte er ihm drohend zu, während sie weiterhin auf das Tor zurollten. »Es wird schon alles glatt gehen.« Topol erwiderte nichts. Er handelte nur noch reflexartig. Zu mehr war er nicht mehr fähig. Die bedrohliche Nähe der mörderischen Kreatur machte ihn geradezu willenlos. Er kannte die Gefährlichkeit dieser Wesen nur zu gut. Die Bremsen des Geländewagens jaulten auf, als das Tor nur noch wenige Meter von ihnen entfernt war. Schlingernd kam das Fahrzeug zum Stehen. Gleich darauf schritt auch schon einer der vier Wachsoldaten auf den Wagen zu, die in einem Unterstand vor der eisigen Kälte Schutz gesucht hatten. Jeder von ihnen hielt ein Sturmgewehr in den Händen. Topols Begleiter bemerkte dies sofort. Selbst ihm konnten diese Waffen unter Umständen gefährlich werden. Furcht verspürte er trotzdem nicht. Menschen konnten ihn nicht aufhalten. Dazu waren sie einfach zu schwach. Hastig kurbelte Topol das Seitenfenster nach unten. Sein Atem drang dabei stoßweise über seine zusammengepressten Lippen. Ein sicheres Zeichen, dass der Hauptmann langsam die Kontrolle über sich verlor. »Hauptmann Topol!«, gab der Soldat überrascht von sich, als er seinen Vorgesetzten erkannte und nahm Haltung an. »Ich habe hier einen wichtigen Mann aus Moskau!«, stieß Topol
hastig aus und reichte dem Soldaten einen Ausweis. »Beeilen Sie sich also mit Ihrer Kontrolle!« Loupes gefiel die Nervosität seines Begleiters nicht. Sie wirkte zu auffällig. Doch er konnte nichts dagegen unternehmen. »Natürlich, Hauptmann!«, bellte der Wachsoldat gehorsam und überflog rasch die Daten des Ausweises. Die Angst vor der Obrigkeit hatte Russland nie ganz verlassen. Schon gar nicht beim Militär. Ein Umstand, der Loupes in diesem Moment zur Hilfe kam. »In Ordnung«, sagte der Soldat schließlich und nickte in Richtung Tor, während er gleichzeitig den Ausweis zurückgab. Knirschend schwangen die beiden Torhälften zur Seite und gaben den Weg in das Lager frei. Sie öffneten sich wie ein riesiges Maul, das einem riesigen Untier gehörte, einem unersättlichen Monster. Wuchtig rammte Topol den ersten Gang ein und fuhr mit einem Ruck an. Nur einen Augenblick später lag das Tor hinter ihnen. Sie hatten es tatsächlich geschafft. »Fahren Sie direkt zum Gefängniskomplex!«, wies der Werwolf seine Geisel an. Der KGB‐Mann nickte nur. Schon bald tauchte ein flaches Gebäude vor ihnen auf. Es war das einzige, das man aus Stein errichtet hatte. Die anderen Häuser waren aus Holz gefertigt worden. Roy Loupes konnte sich denken, warum. Erneut gaben die Bremsen ein wimmerndes Geräusch von sich, als Topol sie betätigte. Das Militärfahrzeug hatte seine besten Tage schon lange hinter sich. Aber in einem Land wie Russland wurden die Dinge eben so lange benutzt, bis sie auseinander fielen oder endgültig den Geist aufgaben. Mit einem keuchenden Laut erstarb der Motor des Wagens. Stille kehrte ein.
Suchend fuhr der Blick des Werwolfs über den Lagerkomplex. Er konnte nur wenige Soldaten ausmachen. Die meisten schienen schon in ihren Betten zu liegen, um sich von den Strapazen des Tages zu erholen. Der Bestie war das nur recht. »Nun bringen Sie mich zu meinen Freunden!«, befahl Loupes mit einer Stimme, die keinen Widerspruch duldete. »Was haben Sie vor?« Für einen Moment wollte Topol aufbegehren. Wie ein Blitz schoss die rechte Hand seines Peinigers auf sein Gesicht zu. Sie war wieder zu einer abstoßenden Pranke geworden. Einer Pranke mit rasiermesserscharfen Krallen. »Wollen Sie sich mir widersetzen?«, knurrte Loupes. Hilflos schüttelte der alte Mann nur mit dem Kopf, während er auf die Krallen starrte, die sein Gesicht fast berührten. »Ich gebe hier die Befehle, Topol! Vergessen Sie das nicht!« »Ich … ich habe … verstanden«, gab der KGB‐Mann gequält von sich. Sein Widerstand war endgültig gebrochen. Er würde tun, was man von ihm verlangte. »Gut«, lobte Loupes. »Und nun führen Sie mich endlich zu meinen Artgenossen.« Rasch verließen sie das Fahrzeug. Nur wenige Augenblicke später hatten sie das flache Gebäude betreten. Niemand nahm dabei Notiz von ihnen. Loupes hatte tatsächlich einige Sachen von Topols Leibwächter übergezogen. Seine zerrissene Kleidung wäre einfach zu auffällig gewesen. Besonders für die geschulten Augen abkommandierter Wachsoldaten. Eine Art Schreibstube nahm sie auf, die jedoch unbesetzt war, obwohl das Licht brannte. Wahrscheinlich hielt sich der
diensthabende Soldat woanders auf, um die Nachtstunden auf angenehmere Art und Weise hinter sich zu bringen. Ein Umstand, der Loupes mehr als gelegen kam. Je weniger Soldaten von seiner Existenz wussten, desto leichter würde er seine Pläne umsetzen können. Ohne innezuhalten schritt Hauptmann Topol auf eine eiserne Tür zu, die sich im Hintergrund des Raumes abzeichnete. Mit einem Schlüssel, den er aus der Jackentasche zog, schloss er sie auf. Lautlos schwang sie nach innen. Loupes erblickte eine breite, steinerne Treppe, die in die Tiefe führte. Wellen der Erregung durchliefen ihn. Er konnte die Gegenwart seiner Artgenossen direkt spüren. Es war ein berauschendes Gefühl. »Gehen wir!«, sagte er mit fester Stimme und schob Topol voran. Widerstandslos kam der Geheimdienst‐Offizier der Aufforderung nach und schritt hinab. Sein Geiselnehmer folgte ihm dichtauf. Es gab für ihn kein Entkommen. Stufe um Stufe ging es in die Tiefe. Hinab in eine von Menschen gestaltete Hölle. Irgendwann nahm sie ein breiter Flur auf, der vor einer weiteren Tür aus Stahl endete. Dahinter würde er seine neuen Diener finden. Loupes wusste dies mit absoluter Gewissheit. Die Erregung in ihm wurde beinahe übermächtig. Sein Traum war in greifbare Nähe gerückt. Nun würde ihn nichts mehr aufhalten. Auch diese Tür schloss Topol auf. Er drückte sie auf und schritt in den Raum dahinter. Loupes folgte ihm, obwohl er mit keinem Widerstand des alten Mannes mehr rechnete. Aber der Geheimdienst‐Offizier überraschte ihn doch! Blitzschnell sprang er vor und hechtete auf einen Alarmknopf zu, der an der Wand installiert war. Wuchtig hämmerte er seine rechte Hand darauf. Im gleichen Augenblick heulten mehrere Sirenen auf.
Noch bevor Loupes reagieren konnte, wirbelte Topol herum und brüllte mit sich überschlagender Stimme: »Tötet ihn, er ist einer von ihnen!« Und das Töten begann …
* Mit einem Satz sprang Loupes in den Raum und verwandelte sich. In Sekundenschnelle wurde aus ihm eine Furcht einflößende Bestie. Eine mörderische Kreatur, die ihren tödlichen Instinkten gehorchte. Ein Albtraumwesen, das weder Mitleid noch Furcht kannte. Rasch fuhr der Blick des Werwolfs in die Runde. Die drei Soldaten nahm er sofort wahr. Drei potentielle Gegner, die aus dem Weg geräumt werden mussten. Noch immer heulten die Alarmsirenen, doch die Kreatur nahm es kaum zur Kenntnis. Die Wachsoldaten waren im Augenblick wichtiger. Zwei von ihnen griffen nach ihren Sturmgewehren, während der dritte auf eine noch gefährlichere Waffe zuhechtete. Eine Waffe, die dem Werwolf extrem gefährlich werden konnte – ein Flammenwerfer! Wuchtig stieß sich Loupes vom Boden ab und jagte auf die beiden Soldaten zu, die im gleichen Moment ihre Kalaschnikows hochrissen. Einer von ihnen konnte sogar einen kurzen Feuerstoß abgeben. Doch die tödlichen Geschosse sausten über die geduckte Gestalt des Werwolfs hinweg. Dann hatte Loupes seine Gegner erreicht! Brutal schlug er mit seinen Klauen zu. Blut spritzte in die Höhe, während einer der Soldaten wie eine Puppe zur Seite geschleudert wurde. Verrenkt blieb er liegen.
Sofort darauf wandte sich die Kreatur dem zweiten Gegner zu. Mit einem heftigen Ruck riss sie dem Mann die Waffe aus den Händen. Dann zuckten erneut die Pranken der Bestie vor und umklammerten den Oberkörper des Soldaten. Gegen diese mörderische Kraft hatte der Elite‐Kämpfer keine Chance. Loupes hatte seinen gefährlichsten Feind nicht vergessen – den Soldaten mit dem Flammenwerfer. Der Mann hielt mittlerweile seine mörderische Waffe in den Händen und wirbelte herum. Sein Gesicht war zu einer maskenhaften Fratze der Angst verzerrt. Er reagierte nur noch reflexartig. Sein höllischer Gegner spürte instinktiv die Gefahr und reagierte! Blitzschnell kreiselte Loupes herum und schleuderte den gepackten Soldaten auf den Mann mit dem Flammenwerfer zu. Hart prallten die beiden menschlichen Körper gegeneinander und gingen zu Boden. Der Flammenwerfer wurde dem dritten Soldaten aus den Händen geprellt. Er konnte nichts dagegen tun. Noch bevor die beiden Männer sich wieder aufrappeln konnten, hatte der Werwolf sie erreicht. Er wollte seine Gegner endgültig aus dem Weg räumen. Sie sollten ihm nicht noch einmal gefährlich werden können. Wie ein Sack Lumpen riss Loupes einen der Männer in die Höhe und tötete ihn mit einem Schlag seiner Pranke. Der Soldat kam nicht einmal dazu, einen Schrei auszustoßen. Verächtlich schleuderte der Werwolf sein totes Opfer zur Seite. Mit einem dumpfen Laut schlug der Tote auf den nackten Betonboden auf. Es klang widerlich. Sofort darauf wandte sich Loupes dem letzten Soldaten zu. Mit weit aufgerissenen Augen starrte der Mann auf das Untier. Zu einer Gegenwehr war er kaum noch fähig. Das Grauen hatte ihn
regelrecht paralysiert. Die Schnauze des Werwolfs jagte auf die Kehle des Soldaten zu! Verzweifelt stieß der Elite‐Soldat einen letzten Schrei aus. Nur einen Augenblick später war das entsetzliche Knirschen zubeißender Zähne zu hören. Stille … Loupes zuckte in die Höhe. Er hatte Topol nicht vergessen. Auch er war ein Gegner. Ein Feind, den er aus dem Weg räumen musste. Doch der Geheimdienst‐Offizier war verschwunden! Ein heiseres Fauchen verließ die Kehle der Bestie. Sie hatte den KGB‐Mann unterschätzt. Ein Fehler, der leider nicht mehr zu korrigieren war. Der Werwolf wusste, dass er sich nun beeilen musste. Die drei getöteten Soldaten waren nur die Vorhut gewesen. Topol würde jeden seiner Männer in Bewegung setzten, um ihn aufzuhalten. Aber noch war er nicht am Ende. Erst jetzt registrierte der Werwolf die fünf Zellentüren, die eine Seite des Raumes einnahmen. Sie waren alle geschlossen. Doch das sollte sich schon bald ändern. Loupes Blick irrte durch den Raum. Er suchte die Schlüssel, um die schweren Stahltüren öffnen zu können. Und er entdeckte sie fast sofort. Aufgereiht hingen sie neben einem der beiden Schreibtische, die in dem Raum standen, an der Wand. Griffbereit sozusagen. Und es gab sogar einen Zentralschlüssel für alle Zellentüren. Loupes zögerte keine Sekunde. Er musste sich beeilen. Nur mit seinen Artgenossen hatte er eine Chance, Topol und seine Soldaten zu besiegen. Allein würde er auf verlorenem Posten stehen.
Fast wie von selbst glitt der Zentralschlüssel in das Schloss der ersten Tür. Gleich darauf riss Loupes sie auf. Eine Albtraumgestalt erwartete ihn. Ein weiterer Werwolf, der ihn mordlüsternd entgegenstarrte. Eine Bestie wie er selbst. »Du bist frei!«, stieß Loupes begeistert aus und wandte sich der nächsten Zellentür zu. Nur wenige Sekunden später hatte er seine Artgenossen befreit. Lauernd starrten sie ihren Befreier an. Sie waren misstrauisch. Die lange Zeit der Gefangenschaft war auch an diesen Bestien nicht spurlos vorübergegangen. Hinzu kam das Jaulen der Alarmsirenen, das sie nur zu gut kannten. Es machte sie schier wahnsinnig. Doch sie unterdrückten mit letzter Willenskraft ihre animalischen Instinkte. Noch bevor Loupes etwas sagen konnte, erstarb das Heulen der Sirenen. Er ahnte, was das bedeutete. Topol hatte seine Truppen in Bewegung gesetzt. Ihr Kampf auf Leben und Tod stand dicht bevor. »Wer bist du?«, fragte ihn eine der Kreaturen. »Ich bin Roy Loupes – Euer neuer König!« Ein Raunen ging durch die Bestien. Mit diesen Worten hatten sie nicht gerechnet. Doch keine der Kreaturen begehrte gegen ihren neuen Herrn auf. »Und wer bist du?«, wandte sich Loupes an den Sprecher seiner Artgenossen. »Vor einer Ewigkeit hieß ich Juri Draschkin, aber dieser Name ist schon lange ohne Bedeutung für mich.« Nur mit Mühe brachte der Werwolf die Worte zustande. Sein Herr und Gebieter verstand sie dennoch. Er war schließlich selbst einer von ihnen. Juri Draschkin!
Loupes spürte, wie das Blut schneller durch seine Adern schoss. Seine Informationen waren korrekt gewesen. Er hatte den Diener gefunden, der ihn zum König aller Werwölfe machen würde. Endlich! Der Triumph ließ ihn für Sekunden alles andere vergessen. Gewaltsam musste er sich aus seinen Träumen losreißen. Es lag noch ein langer Weg vor ihm, bevor er die absolute Macht in seinen Händen hielt. Und er würde schon an diesem Ort scheitern, wenn er nicht endlich etwas unternahm. »Seid Ihr bereit, für Eure Freiheit zu kämpfen?«, wandte sich Roy Loupes an seine Diener. Die Antwort bestand aus zustimmenden Fauch‐ und Knurrlauten. »Dann folgt mir!«, befahl er und setzte sich in Bewegung. Sofort taten es ihm die anderen Werwölfe gleich. Sie hatten lange genug auf diesen Augenblick gewartet. Ihre Peiniger sollten nicht ungeschoren davonkommen. Die Stunde ihrer Rache war gekommen …
* »Alle Männer sind in Alarmbereitschaft, Hauptmann!«, teilte einer der Unteroffiziere Topol mit. »Sollen wir nun vorrücken?« »Natürlich!«, bellte der KGB‐Mann seinen Untergebenen an. »Und sorgen Sie dafür, dass nicht eine dieser Bestien am Leben bleibt!« »Zu Befehl!« Ruckartig wandte sich der junge Unteroffizier ab und rannte auf seine Kampftruppe zu. Jeder seiner Soldaten war schwer bewaffnet. Ob sie allerdings gegen ihre tödlichen Feinde bestehen konnten, stand auf einem anderen Blatt. Niemand wusste das besser, als Hauptmann Topol.
Die Gedanken des alten Mannes rasten. Er war für diesen Irrsinn verantwortlich. Doch falls es ihm gelingen sollte, die Bestien aufzuhalten, würde er vielleicht noch einmal mit heiler Haut davonkommen. Topol hoffte es jedenfalls. Erleichtert sah er, wie die ersten Soldaten auf den Zellentrakt zuliefen. Die meisten von ihnen hielten feuerbereite Sturmgewehre in den Händen. Doch einige von ihnen waren auch mit Flammenwerfern bewaffnet. Auf sie setzte der KGB‐Offizier seine ganze Hoffnung. Gegen Feuer hatten selbst diese höllischen Kreaturen keine Chance. Sie würden durch die Flammen vernichtet werden. Restlos ausgelöscht, so dass sie keine Gefahr mehr darstellten. Noch immer machte sich Topol Vorwürfe, weil er die starken Eisentüren nicht hinter sich geschlossen hatte, als er geflohen war. Dadurch wäre die Gefahr sofort gebannt gewesen. Aber die nackte Panik hatte ihn vorangetrieben, so dass er nicht daran gedacht hatte. Jetzt spielte es allerdings sowieso keine Rolle mehr. Sie würden entweder siegen oder sterben. So einfach lagen die Dinge. Eine andere Alternative gab es nicht. Das harte Hämmern mehrerer automatischer Waffen erklang. Topol wusste, was das bedeutete. Seine Truppen waren auf die Werwölfe gestoßen. Der Kampf hatte begonnen. Nun würde sich zeigen, wer der Stärkere war. Der alte Geheimdienstmann hoffte auf ein Wunder …
* Mit langen Sätzen hechtete Loupes die Treppe hinauf. Als er die weit geöffnete Stahltür sah, nahm seine Zuversicht augenblicklich
zu. Der alte Hauptmann hatte seinen besten Trumpf nicht ausgespielt. Wie ein finsterer Rachegott sprang der riesige Werwolf in die Schreibstube. Sie war noch immer unbesetzt. Ihre Feinde hielten sich anscheinend zurück, um erst die Lage zu sondieren. Auch die anderen Werwölfe huschten in den Raum und verteilten sich. Ihre bernsteinfarbenen Augen irrten unruhig hin und her. Sie wollten endlich ihrem mörderischen Trieb freien Lauf lassen. Die Zeit der Gefangenschaft hatte ihren Instinkten nichts anhaben können. Zwei große Schritte brachten Loupes ans Fenster. Er musste wissen, wo ihr Feind steckte. Nur so konnte er eine Strategie entwickeln, die ihnen den Sieg sichern würde. Ganz wehrlos waren ihre Feinde nicht. Ihre Waffen konnten ihnen durchaus gefährlich werden. Vor allem die Flammenwerfer … Fast sofort konnte Loupes die Soldaten ausmachen. Sie marschierten direkt auf das flache Gebäude zu. Es waren mindestens zwanzig Mann und einige von ihnen hielten tatsächlich Flammenwerfer in den Händen. Ein hasserfülltes Fauchen verließ die Kehle der Bestie. Sie würden das Gebäude als Deckung nutzen, um gegen ihre Feinde zu bestehen. Auf diese Weise würden ihre Gegner nicht geschlossen gegen sie vorgehen können. Und einzeln konnten ihnen die Soldaten kaum gefährlich werden. »Löscht das Licht und verteilt Euch!«, zischte Loupes den anderen Bestien zu. Augenblicklich wurde sein Befehl ausgeführt. Die anderen Werwölfe akzeptieren widerspruchslos seinen Führungsanspruch. Er hatte sie schließlich aus der Gefangenschaft befreit. Das Licht der beiden Deckenlampen erlosch abrupt, als zwei Werwölfe sie mit ihren Pranken zertrümmerten. Tiefe Schwärze
machte sich breit. Die schrecklichen Höllenwesen konnten dennoch alles klar und deutlich erkennen. Dicht neben Draschkin bezog ihr neuer Anführer Stellung. »Du bleibst in meiner Nähe«, raunte er seinem Schützling zu. Draschkin akzeptierte die Entscheidung mit einem kurzen Nicken seines mächtigen Schädels. Lautlos verharrten die Bestien auf ihren Plätzen. Sekunden verstrichen. Doch für die Kreaturen spielte das keine Rolle. Sie witterten die Soldaten, die näher und näher kamen, fühlten ihre Nähe durch uralte Instinkte. Sie konnten ihre Gegenwart schon beinahe mit ihren gewaltigen Pranken greifen. Die Gier in den Werwölfen stieg ins Unermessliche. Die ersten Soldaten stürmten in den Raum! Krampfhaft hielten die Männer ihre Kalaschnikows umklammert, auf denen eingeschaltete Lampen montiert waren, deren Lichtbalken hin und her wischten. Doch die Werwölfe verschmolzen beinahe mit der Finsternis. Tauchten in ihr ab wie Hai in den Tiefen der Meere. »Jetzt!«, rief Loupes und seine Diener stürmten vor. Bevor die Elite‐Soldaten reagieren konnten, jagten drei Werwölfe auf sie zu und rammten sie von verschiedenen Seiten. Gegen diese geballte Kraft hatten sie keine Chance. Die meisten von ihnen wurden einfach von den Beinen gerissen. Dennoch eröffneten einige der Männer das Feuer. Das stakkatoartige Hämmern der Sturmgewehre wurde tausendfach von den Wänden zurückgeworfen. Jedes andere Geräusch wurde daneben bedeutungslos. Prasselnd schlugen die Geschosse in Wände und Möbelstücke und zerfetzten alles, was sie trafen. Doch das eigentliche Ziel konnten die Soldaten noch immer nicht ausmachen.
Da schlugen die Werwölfe zu und ließen ihrem Mordstrieb freien Lauf. Schreie ertönten, die abrupt abbrachen. Menschliche Körper wirbelten durch die Luft und prallten gegen Wände. Andere Soldaten wurden durch Prankenhiebe oder zuschnappende Kiefer in Stücke gerissen. Die Bestien gerieten in einen Blutrausch, der keine Grenzen kannte. Es war die Hölle – tödlich, ohne Erbarmen oder Mitleid. Gegen diese Feinde hatten die Soldaten keine Chance. In wenigen Augenblicken waren die meisten von ihnen nicht mehr am Leben. Nur einigen gelang die Flucht. Kopflos rannten sie ins Freie, um sich in Sicherheit zu bringen. Loupes erkannte die Chance sofort. Die flüchtenden Soldaten würden ihnen Deckung geben. Sie mussten nur verdammt schnell sein. »Raus hier!«, befahl er und stürmte als Erster aus dem Gebäude. Die anderen Werwölfe folgten ihm dichtauf. Das Grauen ging in die nächste Runde …
* Geschickt hielt Tanja Marenkov den kleinen Geländewagen auf Kurs, den sie durch die Einöde jagte. Es war ein tarnfarbener Lada Niva – ein Fabrikat, das auch im Westen bekannt war. Und das Fahrzeug machte seine Sache wirklich gut. Unermüdlich walzte es voran und brachte sie ihrem Ziel näher. »Wie weit ist es noch, Major?«, fragte Roger Morton zum wiederholten Male. »Nicht mehr weit!«, gab Tanja erschöpft von sich. Auch sie hatte ein ungutes Gefühl. Aber sie hatte sich besser unter
Kontrolle. Es machte wenig Sinn, sich über Dinge aufzuregen, die man sowieso nicht ändern konnte. Das Straflager war nun mal in einem Wald errichtet worden, so dass sie es mit dem Hubschrauber nicht direkt hatten anfliegen können. So sah es leider aus. Doch ihr Begleiter schien diese Tatsache nicht akzeptieren zu können. »Bleib ruhig, Roger«, sagte Raku, Mortons Freund und Diener, bevor die junge Geheimagentin auf die innere Unruhe ihres Beifahrers eingehen konnte. Der Asiate hatte es sich im Fond bequem gemacht und die ganze Zeit über geschwiegen. Am Anfang war Tanja seine stoische Gelassenheit unheimlich erschienen. Doch mittlerweile begrüßte sie seine innere Ruhe. »Ich versuch’s ja!«, stieß Morton verbittert aus, doch dann besann er sich eines Besseren. »Tut mir Leid, Raku.« »Schon gut, aber deine Ungeduld kann uns alle in Gefahr bringen.« »Ich weiß.« Mehr sagte der junge Mann nicht. Es war auch nicht notwendig. Die Worte seines asiatischen Freundes hatten ihre Wirkung nicht verfehlt. »Vielleicht wäre es doch besser gewesen, wenn uns eine Gruppe Soldaten begleitet hätte«, meinte Tanja. »Mit Sicherheit nicht«, widersprach ihr Roger Morton. »Je weniger wir sind, desto effektiver können wir agieren. Raku und ich haben in dieser Hinsicht unsere Erfahrungen gemacht.« »Hoffentlich haben sie Recht.« Das Gespräch schlief ein und jeder hing seinen Gedanken nach. Sie kreisten jedoch alle um das gleiche Thema: Das Lager und die Werwölfe! Vor allem Morton konnte seine Befürchtungen kaum unter
Kontrolle halten. Er rechnete mit dem Schlimmsten. Die junge KGB‐Majorin erhöhte das Tempo des Wagens noch. Sie wollte endlich ihr Ziel erreichen. Und sie hoffte sehr, dass es noch rechtzeitig war. Der mächtigste Mann Russlands setzte schließlich sein ganzes Vertrauen in sie. »Da ist der Wald!«, stieß sie begeistert aus und drückte das Gaspedal noch ein wenig stärker nach unten. Auch Roger Morton und Raku erblickten das Waldgebiet. Es war im Licht der Scheinwerfer nur schemenhaft auszumachen. Doch der Anblick genügte ihnen vollkommen. Ihr Ziel war zum Greifen nahe! »Da heulen mehrere Sirenen!«, stieß Raku hervor. Auch Tanja und Roger glaubten kurz, die heulenden Töne wahrzunehmen. Sie erstarben jedoch, bevor sie sie genau lokalisieren konnten. Sie alle wussten allerdings sofort, was das bedeutete. Sie waren zu spät gekommen. Für die Straße zum Lager war eine breite Schneise mitten durch den Wald geschlagen worden. Dennoch hatte Tanja Mühe, den Lada unter Kontrolle zu halten. Der tiefe Schnee auf der Fahrbahn machte selbst dem Geländewagen zu schaffen. Trotzdem ging die Agentin nicht mit der Geschwindigkeit herunter. Im halsbrecherischen Tempo preschte sie voran. Die Bäume wischten nur so an dem Fahrzeug vorbei. Roger Morton und Raku wechselten einen besorgten Blick. Der Fahrstil ihrer Partnerin sagte ihnen nicht gerade zu. Doch keiner der beiden Männer erhob Einspruch. Auch sie wollten schließlich das Straflager so schnell wie nur irgend möglich erreichen. Plötzlich tauchte es vor ihnen auf – ein abstoßendes Beispiel menschlicher Baukunst. Roger spürte ein flaues Gefühl in der Magengrube. Es sah genauso
aus, wie er es sich vorgestellt hatte. Und er spürte auch die Gegenwart seines schlimmsten Feindes. Seine todbringende Aura würde er nie vergessen. »Halten Sie direkt auf das Tor zu!«, befahl er mit fester Stimme. Die russische Majorin nickte. Wuchtig betätigte sie die Bremse, als sie das Lager fast erreicht hatten. Schlingernd kam der kleine Geländewagen zum Stehen. Doch bevor sie das Fahrzeug verlassen konnten, tauchten vier Soldaten aus der Dunkelheit auf, die ihre Sturmgewehre im Anschlag hielten. Ihre angespannten Gesichter waren im Licht der Scheinwerfer gut auszumachen. Die Männer standen unter Druck, das war unverkennbar. Und sie würden gnadenlos das Feuer eröffnen, sollten sie sich bedroht fühlen. »Schalten sie den Motor ab und nehmen Sie die Hände hoch!«, bellte ihnen einer der Wachsoldaten zu. Die Elite‐Kämpfer wollten kein Risiko eingehen. Der Alarm hatte sie vollkommen überrascht. Dennoch reagierten sie wie die Profis, die sie waren. Rasch kamen die FSB‐Agentin und ihre Begleiter dem Befehl nach. Sie wollten die Soldaten nicht noch mehr beunruhigen. Die Männer taten schließlich nur ihre Pflicht. Langsam trat einer der Soldaten auf den Lada zu und riss die Fahrertür mit einem Ruck auf. Seine Kalaschnikow hielt er nur mit einer Hand fest. »Wer sind Sie?«, fragte er barsch. »Ich bin Major Marenkov vom FSB«, erwiderte Tanja. Für einen Moment wirkte der Soldat unschlüssig. Der Name des Inlandsgeheimdienstes verfehlte seine Wirkung nicht. Die Zeiten des allmächtigen KGBs waren noch immer in den Köpfen vieler Russen präsent.
»Wenn Sie gestatten, zeige ich Ihnen meinen Dienstausweis«, bot die junge Agentin an. »In Ordnung«, stimmte der Soldat zu, während seine Augen keinen Moment von ihr wichen. Betont langsam holte Tanja Marenkov ihre Legitimation hervor. ›Beruhigen‹ hieß im Moment die Devise. Die Wachsoldaten hatten schließlich den Befehl, das Lager unter allen Umständen zu verteidigen und abzuriegeln. Rasch überflog der Soldat den Inhalt des Ausweises. Gleich darauf senkte er die Waffe und nahm Haltung an. Der Rang der Agentin hatte ihn sichtlich beeindruckt. »Alles in Ordnung!«, rief er seinen Kollegen zu. Sofort senkten auch diese ihre Sturmgewehre. »Ich muss sofort mit Ihrem Kommandanten spre …« Das widerliche Knattern mehrerer Gewehre übertönte Tanjas letztes Wort. Abrupt flogen die Köpfe aller in Richtung Lager. Alles andere spielte in diesem Moment keine Rolle mehr. Kurz darauf erklang das harte Hämmern eines schweren MGs. Das erschreckende Geräusch ging Tanja und ihren Begleitern durch und durch. Es schien mitten aus einem Kriegsgebiet zu stammen. Da raste ein riesiger Körper wie ein Stein in die Tiefe und schlug mit einem dröhnenden Laut auf die Motorhaube des Geländewagens auf. Der harte Aufprall ließ das Fahrzeug erzittern. Direkt vor Tanja sprang die Kreatur wieder in die Höhe. Nur die Frontscheibe trennte sie. Klar und deutlich konnte sie das schreckliche Wesen erkennen. Es war einer der Werwölfe. Und die Bestie griff an!
*
Mit langen Sätzen jagte Loupes ins Freie. Er versuchte, ein so geringes Ziel wie möglich zu bieten. Er hatte die Flammenwerfer nicht vergessen. Doch auch die Sturmgewehre konnten seinen Dienern und ihm unter Umständen gefährlich werden. Ihre Feuerkraft durfte man beileibe nicht unterschätzen. Auch die anderen Werwölfe stürmten aus dem Gebäude, das so lange ihr Gefängnis gewesen war. Sie folgten ganz ihren Instinkten. Ihren uralten, animalischen Urtrieben, die sich nun freie Bahn schafften. Hastig warf Loupes einen Blick zur Seite. Draschkin folgte ihm dicht auf, wie es sein Herr und Meister befohlen hatte. Nur dieser Diener spielte wirklich eine Rolle für ihn. Die anderen Bestien waren entbehrlich. Aber Draschkin durfte unter keinen Umständen etwas geschehen. Mit einem Mal ertönte das widerliche Stakkato etlicher Sturmgewehre. Die Soldaten hatten ihren Schock verdaut und versuchten nun, ihre Feinde aufzuhalten. Doch das Feuer der Männer war noch zu unkoordiniert, um den Werwölfen wirklich gefährlich zu werden. Zudem nahmen die meisten Soldaten Rücksicht auf ihre fliehenden Kameraden. Darauf hatte Loupes gehofft. Und er wollte diese Tatsache zu seinem Vorteil nutzen. Dicht vor ihm jagte eine Garbe in den Boden. Fontänenartig spritzte Schnee in die Höhe. Aufhalten ließ sich die mächtige Bestie davon nicht. Unbeirrt hechtete Loupes auf sein Ziel zu. Es war der Geländewagen, mit dem Topol zum Lager gefahren war. Er würde ihm und seinem Schützling die Flucht ermöglichen. Wie aus dem Nichts tauchte ein Soldat vor Loupes auf und riss seinen Flammenwerfer in die Höhe. Die Reaktion des Mannes war jedoch zu langsam. Bevor er den Abzug der mörderischen Waffe
betätigen konnte, hatte der riesige Werwolf ihn erreicht. Loupes tötete den Soldaten mit nur einem Prankenhieb. Die Wucht des Treffers schleuderte sein Opfer zur Seite. Tot blieb es im tiefen Schnee liegen, der sich augenblicklich blutrot färbte. Der Werwolf lief einfach weiter. Im nächsten Augenblick hatte er auch schon den Wagen erreicht und enterte den Fahrersitz. Sein persönlicher Schützling nahm gleich darauf auf dem Beifahrersitz Platz. Ohne jedes Zögern startete Loupes den Motor des Geländewagens. Es gelang ihm nur mit Mühe und Not. Seine mächtigen Klauen waren dafür nicht geschaffen. Die Bestie gab Gas. Ruckartig schoss das Fahrzeug vor und bahnte sich den Weg durch das blutige Chaos. Erst jetzt konnte Loupes feststellen, wo sich seine anderen Diener befanden. Sie hatten sich getrennt und bemühten sich, das Lager auf eigene Faust zu verlassen. Einer kletterte sogar schon an dem wuchtigen Tor in die Höhe, um auf diese Weise das Lager zu verlassen. Unaufhaltsam jagte der Wagen voran. Und der Werwolf erhöhte das Tempo noch. Er wollte unter allen Umständen aus dem verdammten Lager raus. Mehrere Geschosse trafen das Fahrzeug. Aufhalten konnten sie es nicht. Stur hielt Loupes auf das geschlossene Tor zu. Nur dort hatten er und Draschkin überhaupt eine Chance zur Flucht. Eine andere Möglichkeit gab es nicht. Eines der schweren MGs auf den Türmen eröffnete das Feuer. Dicht vor dem Wagen jagten die großkalibrigen Geschosse in den Boden. Ruckartig riss Loupes das Lenkrad mehrmals hin und her und fuhr im Zickzackkurs weiter. Es gelang ihm tatsächlich, der
tödlichen Garbe zu entwischen. Näher und näher rückte das Tor auf sie zu. Sie hatten es schon fast erreicht. Nun würde sie nichts mehr aufhalten können. Doch Loupes irrte sich. Plötzlich stellte sich ihnen eine Person in den Weg. Es war Hauptmann Topol, der eine Pistole in den Händen hielt. Der KGB‐Mann feuerte!
* »Raus!«, schrie Roger Morton und warf sich aus dem Fahrzeug. Tanja und Raku folgten seinem Beispiel automatisch. Für Überlegungen war in diesem Moment keine Zeit. Sie handelten einfach reflexartig. Die Bestie war trotzdem schneller. Blitzartig wirbelte sie herum und sprang mit einem gewaltigen Satz auf den Soldaten zu. Der Mann hatte keine Chance. Die gewaltigen Reißzähne des Werwolfs löschten sein Leben innerhalb eines Augenblicks aus. Blutverschmiert sprang die Bestie wieder in die Höhe. Sie war in einen Blutrausch verfallen, in einem Zustand absoluter Raserei. Und sie hatte ihr nächstes Opfer schon ausgemacht. Tanja! Als die Agentin den mordlüsternden Blick des Werwolfs spürte, zuckte sie heftig zusammen. Zu mehr war sie nicht fähig. Das Grauen war einfach zu abrupt über sie hereingebrochen. Die Bestie stürmte vor. Doch bevor sie die junge Frau erreichen konnte, bellte eine Pistole zweimal auf. Die Kugeln trafen die Albtraumgestalt mitten in die Brust und schleuderten sie zu Boden.
Automatisch wirbelte Tanja Marenkov herum und sah zu ihren beiden Begleitern. Noch immer hielt Roger Morton seine Waffe schussbereit in den Händen. Er hatte ihr mit zwei gezielten Schüssen das Leben gerettet. Die Agentin wandte sich wieder dem Werwolf zu und ging die zwei Schritte vor, um sich davon zu überzeugen, dass ihnen die Kreatur nicht mehr gefährlich werden konnte. Was sie sah, erschütterte sie zutiefst. Das höllische Wesen existierte nicht mehr. Dafür lag ein Mann im Schnee, nackt und tot. Das Grauen schien keine Grenzen zu kennen. »Wir müssen in das Lager!«, rief Morton ihr zu und holte sie in die Wirklichkeit zurück. Er hatte Recht. Nur dort konnten sie effektiv gegen ihre tödlichen Feinde vorgehen. In dem Komplex war nicht nur ein Werwolf untergebracht gewesen. Rasch wandte sich die FSB‐Agentin an die anderen Soldaten. Mit bleichen Gesichtern starrten sie noch immer auf die blutüberströmte Leiche ihres Kameraden. Auch sie waren gegen diesen unmenschlichen Terror nicht immun. Mit knappen Worten erteilte ihnen Tanja einen Befehl. Widerspruchslos akzeptierten die Soldaten ihre Forderung. Sie waren froh darüber, nicht selbst die Verantwortung übernehmen zu müssen. »Das Tor wird gleich geöffnet!«, informierte sie Roger und Raku und setzte sich wieder in den Wagen. Die beiden Männer folgten ihrem Beispiel. Sie hatten ihre Türen noch nicht ganz geschlossen, als das mächtige Tor auseinander glitt. Der Weg ins Lager war nun frei. Ohne jedes Zögern startete Tanja den Motor des Lada und gab Gas. Sofort schoss der Wagen auf das geöffnete Tor zu und raste
hindurch. Sie kam allerdings nur einige Meter weit. Ein weiterer Geländewagen tauchte wie ein stählernes Ungetüm vor ihnen auf und hielt direkt auf sie zu …
* Kugel und Kugel jagte der KGB‐Mann auf seine Feinde. Loupes sah die grellen Mündungsblitze und spürte die harten Einschläge, die die Frontscheibe durchsiebten. Eines der Geschosse durchschlug sogar die Brust des riesigen Werwolfs, doch der Treffer hatte nicht die geringste Wirkung. Normale Kugeln konnten ihm kaum gefährlich werden. Unbeirrt raste der Geländewagen weiter voran. Gleich darauf hatte er den Hauptmann erreicht. Und Loupes hielt direkt auf den Mann zu. Topol warf sich noch zur Seite, doch seine Reaktion war viel zu langsam. Frontal wurde er von dem Fahrzeug erfasst und zur Seite geschleudert. Im nächsten Moment verschwand er aus dem Blickfeld der beiden Bestien. In diesem Augenblick schwang das Tor des Straflagers auf. Die Mächte der Finsternis schienen mit ihnen zu sein. Loupes konnte ihr Glück kaum fassen – bis gleich darauf ein weiteres Fahrzeug auftauchte, das auf sie zuschoss. Der Werwolf hielt einfach auf den anderen Wagen zu. Für ihn ging es jetzt um alles oder nichts. Er und sein Diener mussten so schnell wie möglich aus dem Lager raus, bevor ihre Feinde konzentriert gegen sie vorgehen konnten. Wie zwei Raubtiere preschten die beiden Fahrzeuge aufeinander zu. Doch bevor sie kollidierten, riss der Fahrer des zweiten Wagens das Lenkrad herum – und rettete ihnen allen das Leben …
Haarscharf sauste Loupes an dem Geländewagen vorbei. Und für einen kurzen Moment konnte er die Insassen ausmachen. Es waren eine Frau und zwei Männer. Doch nur einer von ihnen ließ den Werwolf zusammenzucken. Er hatte den jungen Mann sofort erkannt – Roger Morton! Nur einen Augenblick später lag der Wagen hinter ihnen und Loupes jagte in einem irrsinnigen Tempo durch das geöffnete Tor. Als er die drei Soldaten erblickte, riss er abrupt das Lenkrad herum und nahm sie aufs Korn. Wie erwartet sprangen die Männer zur Seite, um sich vor dem Fahrzeug in Sicherheit zu bringen. Mehr hatte er nicht gewollt. Wuchtig rammte er das Gaspedal noch weiter nach unten. Willig erhöhte der Geländewagen die Geschwindigkeit und ließ das Lager immer weiter hinter sich zurück. Ein grenzenloses Triumphgefühl wallte in dem Werwolf auf. Er hatte es geschafft. Nun würde ihn nichts mehr aufhalten. Selbst Morton nicht. Die Nacht verschluckte sie …
* Nein!, wollte Roger schreien, als die junge Russin das Lenkrad herumriss, um dem anderen Wagen auszuweichen. Er hatte die schreckliche Gestalt in dem Fahrzeug sofort erkannt. Er war es tatsächlich! Loupes, sein ganz persönlicher Albtraum … Nur mit Mühe und Not konnte Tanja den Lada unter Kontrolle halten. Dann prallte der Wagen gegen ein Hindernis und wurde zur Seite geschleudert. Der Aufprall schüttelte sie und ihre Begleiter heftig durch, doch verletzt wurde niemand. Roger Morton war das völlig egal. Er hatte nur noch einen
Gedanken. Roy Loupes. »Drehen Sie um!«, schrie er. »Er entkommt uns!« Perplex starrte Tanja Marenkov ihn nur an. Sie war froh, noch am Leben zu sein. Ihr halsbrecherisches Ausweichmanöver hätte auch ganz anders ausgehen können. »Ruhig, Roger!«, fuhr Raku seinen Freund an und seine barschen Worte hatten tatsächlich Erfolg. Der gehetzte Blick in Mortons Augen verschwand und er war wieder er selbst. Ein Umstand, den Tanja mehr als begrüßte. »Schon gut, schon gut«, sagte Roger und nickte seinem Diener und Freund dankbar zu. Sofort darauf verließen sie das Fahrzeug. Weder die Männer noch Tanja hatten die anderen Werwölfe vergessen. Noch immer waren vereinzelt Schüsse zu hören. Dazwischen erklang ein erschreckendes Fauchen. Es stammte von den Flammenwerfern, die die Wachsoldaten einsetzten. Tanja und ihre Begleiter sahen, wie eine der Bestien von einem der tödlichen Feuerstrahlen erwischt wurde und in Flammen aufging. Der grelle Todesschrei des Werwolfs durchriss die Nacht. Doch die Gefahr war noch nicht gebannt. Zwei der grässlichen Bestien existierten noch. Mörderische Kreaturen, die kaum aufzuhalten waren. Roger Morton und Raku entdeckten die beiden letzten Werwölfe nur einige Momente später. Sie hatten sich getrennt und versuchten, aus dem Lager zu entkommen. Und sie hatten jeden Soldaten aus dem Weg geräumt, der ihnen hatte gefährlich werden können. Die zerfetzten Körper lagen wie eine Todesspur im Schnee. Mit langen Sätzen hechtete Roger Morton auf eine der Kreaturen zu, während sich Raku um die andere Bestie kümmern wollte. Impulsiv schloss sich Tanja Morton an. Sie fühlte sich in seiner Nähe einfach sicherer, obwohl sie ebenfalls bewaffnet war.
Als der Werwolf die Schritte der beiden vernahm, wirbelte er herum. Ein tiefes Fauchen verließ seine Kehle. Geifer spritzte ihm dabei aus dem Maul und troff zu Boden. Auch diesmal zuckte Tanja Marenkov bei dem Anblick zusammen. Die Kreatur war ein Monster, eine Tötungsmaschine auf zwei Beinen. Die Bestie fauchte erneut und griff an. Mit langen Sätzen jagte sie auf die beiden Menschen zu. Die mächtigen Muskeln des Werwolfs schienen bei jedem Sprung zu explodieren. Es sah faszinierend und erschreckend zugleich aus. Tanja und Roger reagierten fast synchron. Abrupt blieben sie stehen und rissen ihre Mauser‐Pistolen hoch. Gleichzeitig drückten sie ab. Und beiden Kugeln trafen ihr Ziel mit tödlicher Präzision. Abrupt wurde der Vorwärtsdrang der Bestie unterbunden. Sie überschlug sich und blieb verrenkt liegen. Sofort darauf setzte auch schon die Rückverwandlung ein. Der Werwolf existierte nicht mehr …
* Geschmeidig lief Raku auf seinen höllischen Gegner zu. Mit einem Ruck sog er seinen leicht gebogenen Kurzsäbel hervor. Er steckte in einer speziell geformten Scheide, die sich der Asiate auf den Rücken geschnallt hatte. Für Schusswaffen hatte Raku nichts übrig. Er vertraute lieber auf seine Kraft und Geschicklichkeit. Und auf das Krummschwert, das er einst von seinem Vater geerbt hatte. Er hatte den Werwolf fast erreicht, als dieser seinen Feind
wahrnahm. Sofort wirbelte das höllische Geschöpf herum. Es griff jedoch nicht an, sondern starrte den Asiaten mit glühendem Blick an. »Komm schon!«, zischte Raku der Bestie zu. Der Werwolf reagierte. Allerdings anders, als sein Gegner vermutet hätte. Die Kreatur sprang mit langen Sätzen auf eine der Baracken zu, die im Inneren des Lagers errichtet worden waren und entschwand Rakus Blicken. Wütend stieß dieser einen Fluch aus. Die Bestie war auch so schon gefährlich genug. Doch er hatte keine andere Wahl, der Werwolf musste vernichtet werden. Vorsichtig lief Raku auf das Gebäude zu und umrundete es. Seine Sinne waren auf Äußerste geschärft. Jeder Fehler konnte tödlich sein. Von der schrecklichen Kreatur fehlte jede Spur. Sie schien sich in Luft aufgelöst zu haben. Doch daran wollte der Asiate nicht glauben. Plötzlich tauchte der Werwolf vor ihm auf. Kraftvoll und unbändig. Eine mörderische Bestie, die ihn vernichten wollte. Mit einem brüllenden Laut stürmte er auf den Asiaten zu, um ihn mit einem Hieb seiner Pranken zu töten. Und er war schnell … Raku sah die messerscharfen Krallen auf sein Gesicht zuschießen und handelte reflexartig. Blitzschnell wich er aus und ließ seinen Feind ins Leere laufen. Zu einem weiteren Angriff ließ er der Kreatur keine Gelegenheit. Pfeifend jagte die Klinge des Säbels auf den Hals des Werwolfs zu. Instinktiv versuchte die Kreatur noch zurückzuweichen, aber es war zu spät. Die Kreatur wurde geköpft, der Kampf war entschieden …
*
»Haben Sie mit Moskau Kontakt aufnehmen können, Major?«, fragte Roger Morton die FSB‐Agentin. Zwei Stunden waren seit ihrer Ankunft im Lager vergangen. Stunden, die ihnen wie Tage vorgekommen waren. Tanja Marenkov nickte. Das Gespräch mit dem Präsidenten hatte sie erschöpft. Sie hatte schließlich nur einen Teilerfolg zu vermelden gehabt. »Und?«, hakte Morton nach. »Begeistert war man nicht gerade«, gab sie zu. »Manchmal muss man eben auch mit kleinen Siegen zufrieden sein.« »Sind Sie es?« »Wir sind am Leben, nur das zählt«, meinte Roger Morton. Er hatte sich wieder vollkommen unter Kontrolle. Ein gutes Zeichen, wie Marenkov fand. Nur auf diese Weise konnte man schließlich seine Probleme angehen. »Ich heiße übrigens Tanja.« »Roger«, erwiderte Morton und lächelte. Marenkov erwiderte die Geste. Sie waren am Leben. Das war wirklich alles, was zählte. Der Rest würde sich finden … Fortsetzung folgt