FELIX HAUSDORFF
GesammelteWerke
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Felix Hausdorff vor dem Hauptgebaude der Universitat Bonn, Marz 1932 Photographie: Erna BannoWy spatere Ehefrau des Mathematikers Ernst Witt
FELIX HAUSDORFF Gesammelte Werke
einschliefilich der unter dem Pseudonym Paul Mongre erschienenen philosophischen und literarischen Schriften und ausgewahlter Texte aus dem NachlaC
Verantwortlich fiir die gesamte Edition: Egbert Brieskorn, Friedrich Hirzebruch, Walter Purkert, Reinhold Remmert und Erhard Scholz
FELIX H A U S D O R F F
Gesammelte Werke
BAND I
Felix Hausdorff (1868-1942) Hausdorff als akademischer Lehrer Arbeiten zur Mengenlehre BAND II
Grundziige der Mengenlehre (1914) BAND III
Mengenlehre (1927,1935) Deskriptive Mengenlehre und Topologie BAND IV
Analysis, Algebra und Zahlentheorie BANDV
Astronomie, Optik und Wahrscheinlichkeitstheorie BAND VI
Geometrie, Raum und Zeit BAND VII
Philosophisches Werk BAND VIII
Literarisches Werk BAND IX
Korrespondenz
FELIX HAUSDORFF Gesammelte Werke BAND III
Mengenlehre (1927,1935) Deskriptive Mengenlehre und Topologie
Herausgegeben von U. Feigner, H. Herrlich, M. Husek, V. Kanovei, P. Koepke, G. Preufi, W. Purkert und E. Scholz
Springer
Herausgeber U. Feigner, H. Herrlich, M. Husek, V. Kanovei, P. Koepke, G. PreuC, W. Purkert und E. Scholz Die Adressenfinden sich am Buchende,
ISBN 978-3-540-76806-7
e-ISBN 978-3-540-76807-4
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaiUierte bibHografische Daten sind im Internet iiber X soviel wie limx^ = x, ebenso fiir eigentliehe Divergenz (x^-^ + oo, x^-^— oo). Eine Behauptung iiber die natlirliche Zahl n ( = 1, 2, 3 , . ..) gilt schlieplich oder fiir fast alle n (G. K o w a l e w s k i ) , wenn sie von einem bestimmten B ab (y^ ^ n^ oder fiir alle n mit hochstens endlich vielen Ausnahmen gilt; sie gilt unendlich oft^ wenn sie fiir unendlich viele n gilt (z. B. fiir ^i = 2, 4, 6 , 8 , . . -). Wenn wir von fast alien oder unendlich vielen Gliedem einer Folge x^ sprechen, so meinen wir die zu fast alien oder unendlich vielen Werten n gehorigen Glieder x^^ mogen diese Glieder verschieden sein oder nicht.
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Erstes Kapitel.
Mengen und ihre Verknupfungen. § 1. Mengen.
[i]
Eine Menge entsteht durch Zusammenfassung von Einzeldingen zu einem Ganzen. Eine Menge ist eine Vielheit, als Einheit gedacht. Wenn diese oder ahnliche Satze Definitionen sein wollten, so wiirde man mit Recht einwenden, dafi sie idem per idem oder gar obscurum per obscurius definieren. Wir konnen sie aber als Demonstrationen gelten lassen, als Verweisungen auf einen primitiven, alien Menschen vertrauten Denkakt, der einer Auflosung in noch urspriinglichere Akte vielleicht weder fahig noch bediirftig ist. Wir wollen uns mit dieser Auffassung begniigen und es als Grundtatsache hinnehmen, da6 ein Ding M in eigentiimlicher, nicht definierbarer Weise gewisse andere Dinge a^b^c^. , , und diese wiederum jenes bestimmen; eine Beziehung, die wir mit den Worten ausdriicken: die Menge M besteht aus den Dingen a^b, c,, . , Eine Menge kann aus einer natiirlichen Zahl von Dingen bestehen oder nicht; je nachdem heiBt sie endlich oder unendlich, Beispiele sind [2] einerseits die Menge der Einwohner einer Stadt, der Wasserstoffatome in der Sonne, der natiirlichen Zahlen von 1 bis 1000, andererseits die Menge aller natiirlichen Zahlen, aller Punkte einer Geraden, aller Kreise in einer Ebene. Es ist das unsterbliche Verdienst G e o r g C a n t o r s (1845—1918), diesen Schritt in die Unendlichkeit gewagt zu haben, unter inneren wie auBeren Kampfen gegen scheinbare Paradoxien, populare Vorurteile, philosophische Machtspriiche (infinitum actu non datur), aber auch gegen Bedenken, die selbst von den groBten Mathematikern ausgesprochen worden waren. Er ist dadurch der Schopfer einer neuen Wissenschaft, der Mengenlehre geworden — denn die Betrachtung endlicher Mengen ist ja nichts weiter als elementare Arithmetik und Kombinatorik —, die heute das Fundament der gesamten Mathematik bildet. An diesem Triumph der C a n t o r s c h e n Ideen andert es nach unserer Ansicht nichts, daB noch eine bei allzu uferloser Freiheit der Mengenbildung auftretende Antinomie [3] der vollstandigen Aufklarung und Beseitigung bedarf. Die fundamentale Beziehung eines Dinges a zu einer Menge A, der es angehort, bezeichnen wir mit G. P e a n o in Wort und Formel folgender"^^^^^' a ist Element von A: aeA.
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12
W
Erstes Kapitel. Mengen und ihre Verkniipfungen. Das Gegenteil dieser Aussage lautet: a ist nicht Element von A: a'eA. Zwei Mengen werden dann und nur dann als gleich, in Formel
definiert, wenn jedes Element der einen auch Element der andern ist (also wenn beide dieselben Elemente enthalten). Hiernach ist eine Menge durch ihre Elemente eindeutig bestimmt; wir bringen dies so zum Ausdruck, daB wir die Menge durch die zwischen geschwungene Klammern gesetzten Elemente bezeichnen, wobei nicht angegebene Elemente durch Punkte angedeutet werden. So ist A = {a}, A == {a, J},
A = {a, b, c}
die Menge, die aus dem einen Element a, den beiden Elementen a, A, den drei Elementen a, i, c besteht; A = {a, i, c,. ..} ist eine Menge, die aus den Elementen a, 6, c und (moglicherweise) noch andern besteht. Welches diese andern, durch Punkte bezeichneten Elemente sein soUen, muB natiirlich irgendwie angegeben werden, z. B. die die die die die
Menge Menge Menge Menge Menge
der der der der der
naturlichen Zahlen (1, 2, 3 , . . .} geraden naturlichen Zahlen {2, 4, 6, . . .} Quadratzahlen {1, 4, 9 , . ..} Potenzen von 2 {1, 2, 4, 8, . . . } Primzahlen {2, 3, 5, 7 / . . . } .
Eine Unterscheidung zwischen dem Ding a und der Menge {a}, die nur dies eine Element hat, ist begrifflich jedenfalls notwendig (wenn auch praktisch oft belanglos), schon weil wir auch Mengen (Systeme) zulassen werden, deren Elemente selbst wieder Mengen sind. Die Menge a == {1, 2} besteht aus den zwei Elementen 1, 2, die Menge {a} aus dem einen Element a. Wir lassen aus ZweckmaBigkeitsgriinden auch eine Menge 0, die Nullmenge oder leere Menge, zu, die kein Element enthalt^). Nach der Definition der Gleichheit von Mengen gibt es nur eine NuUmenge. . 4 = 0 bedeutet, daB die Menge A kein Element hat, leer ist, „verschwindet". WoUten wir die NuUmenge nicht als Menge zulassen, so wiirden wir in zahllosen Fallen, wo wir von einer Menge sprechen, zu dem Zusatz genotigt sein: falls diese Menge existiert. Denn die Definition der Elemente einer Menge sagt uns haufig noch gar nicht, ob solche Elemente vorhanden sind; z. B. ist bis jetzt nicht bekannt, ob die Menge der natiirlichen Zahlen n, fiir welche die Gleichung a;** + ^ + t/^ + ^ == z" "^ ^ in naturlichen Zahlen x, y, % losbar ist, ^) Ob das Zeichen 0 die NuUmenge oder die Zahl Null bedeutet, geht aus dem jeweiligen Zusammenhang unzweideutig hervor.
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§ 1. Mengen.
13
leer ist oder nicht (d. h. ob der beriihinte F e r m a t s c h e Satz rich tig ist oder [5] nicht). Die Aussage ^ = 0 kann also eine wirkliche Erkenntnis — natiirlich in andern Fidlen auch eine Trivialitat — bedeuten; viele oder, wenn man vor Kiinsteleien nicht zuriickschreckt, alle mathematischen Behauptungen lassen sich auf die Gestalt ^ = 0 bringen. Die Einfuhrung der NuUmenge ist demnach, wie die der Zahl Null, durch Zweckmafiigkeitsgrunde geboten; andererseits zwingt sie auch manchmal, das Nichtverschwinden einer Menge (wie das einer Zahl) unter den Voraussetzungen eines Satzes ausdriicklich namhaft zu machen. Sind A und B zwei Mengen, so entsteht die Frage, ob die Elemente der einen vielleicht auch der andern angehoren. Bedeuten a und b Elemente von A und B^ so woUen wir zunachst die beiden Alternativen bilden: jedes asB^ jedes beA^
nicht jedes a£i>\ nicht jedes be A.
Durch deren Verbindung erhalten wir vier mogliche Falle, von deneis die drei ersten durch eine beigefligte Forme! bezeichnet werden: (1) (2) (3) (4)
Jedes Jedes Nicht Nicht
asB^ asB^ jedes jedes
jedes nicht asB^ aeB^
be A : A=B jedes bsA : A cz B jedes beA -. A z> R nicht jedes beA.
Im Fall (1) sind in der Tat beide Mengen gleich^ naeh der friiherai Erklarung. Im Fall (2) enthalt A nur Elemente von J^^ aber nicht aHe, wodurch sich A als die kleinere, B als die groBere Menge charakterisierfc; dies wird durch die Bezeichnung A^zB ZIHU Ausdruck gebracht, die an [6] die Zahlenbeziehung a < p erinnern soil. Im Fall (3) steht es umgekehrfc, sodafi ^ :=> JB so viel wie B ^A ist. Im allgemeinen wird keiner dieser Falle, sondern der Fall (4) eintreten, zu dessen besonderer Bezeichnung kein AnlaB besteht. Die Relation „kleiner als" ist transitw^ d. h. aus A vertauschen (weil aus JP Q* folgt). Es sei Ai^y ^ 2 J -^st • • • ©ine Mengenfolge, d. h. jeder natiirlichen Zahl n eine Menge A^ zugeordnet. Als ihren oberen Limes A = Lim A^ bezeichnen wir die Menge der Elemente x^ die unmMidi pielen A^ angehdren {xeA^ fiir unendlich viele n)\ als ihren unteren Limm A_ — Lim A^ die Menge derElemente x, die fast alien A ^ angehoren (^£^4^ fiir fast alle n). Da die zweite Forderung scharfer ist als die erste, ist immer A^A_; 2*
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gilt
20
Erstes Kapitel. Mengen und ihre Verkniipfungen.
hier insbesondere das Gleichheitszeichen, so heiBt die Menge A — A = A der Limes der Mengenfolge A = Lim^n, und diese Folge wird komergent genannt. Beispiele. Fiir die Folge M, JV, M, N,,,, ist M + N der obere, MN der untere Limes; sie konvergiert nur fiir M = N. Eine aufsteigende Folge il^g-Aag- • • konvergiert nach der Summe @^nj ^^^^ absteigende ^ 1 S ^2 § • •' ^^ch dem Durchschnitt 2)^„, eine Folge disjunkter Mengen nach der NuUmenge. — Man bezeichne mit A^ das Intervall [0, 1], mit ^25 -^3 die beiden Intervalle [0, | ] , [|, 1], mit A^^ A^, A^ die drei Intervalle [0, ^ ] , [1^, f], [f, 1] mid fahre so fort. Der obere Limes der Folge An ist das Intervall [0,1], der untere die NuUmenge. 1st wieder E eine alle An umfassende Menge und Bn = E ~ ^„, so ist E = A+B = A+B. Denn ein xeE gehort entweder fast alien An^ d. h. nur endlich vielen Bn^ oder unendlich vielen Bn an. Die Mengen A^A entstehen aus den An durch wiederholte Summenund Durchschnittsbildung, und zwar ist 4. == A + ^ 2 + A + • • •, A = SiSzS^ . . . ,
^ n = AnAn+l^n+2 • •, Sn ^ An + An+i + ^n+2 H
•
Die erste Formel folgt unmittelbar aus der Definition, die zweite am einfachsten durch Komplementbildung. Die Mengen -4, A bleiben ungeandert, wenn man in der Folge An endlich viele Mengen weglaBt, hinzufiigt oder abandert. Ferner ist fiir eine Teilfolge Ap (wo p eine Folge natiirlicher Zahlen durchlauft) offenbar Lim An^ Lim A^^him A^^ Lim An• Wenn die ganze P^olge nach A konvergiert, so auch jede Teilfolge. CharakteristischeFunktionen (C. de la Vallee Poussin). Jeder Teilmenge A einer festen Menge E lafit sich umkehrbar eindeutig eine in E definierte Funktion f{x) zuordnen, die nur die Werte 0, 1 annimmt, namlich f{x) = i fiir xeA^ f(x) = 0 fiir xeE — A. Man nennt das die charakteristische Funktion zur Menge A; wir bezeichnen sie, indem wir nur die Abhangigkeit von A hervorheben und das Argument x weglassen, einfach mit [A]. Der ganzen Menge E entspricht die konstante Funktion [E] == 1, der NuUmenge 0 die konstante Funktion [0] = 0. Den Verkniipfungen von Mengen entsprechen einfache Verkniipfungen der charakteristischen Funktionen. So ist
[B^A]'^[B]^[A]
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(A^B)
§ 4. Produkt und Potenz.
21
eine Gleichung, die, wie die folgenden, fur jede Stelle x gilt; denn man hat fiir die drei moglichen Falle
xe E— [A]= 0 [5] = 0 [B-A]^ 0
B, , , ,
B0 1 1
A, , , ,
A: 1 1 0.
Insbesondere ist iE-A]==i-[A]. Ferner ist [AB]=^[A-][B] und durch Komplementbildung [4+B] =
l-{l-[^])(l-m),
lA+B-i+iAB]=lA]+lB], insbesondere fiir disjunkte Summanden
iA+B]^[A}
+ lBl.
Andererseits ist auch [ 4 + ^ ] = max liAl [B]l und allgemein fiir die Sumnae S = ^A^ beliebig vieler Mengen [S} = max [A^l
[AB] = min [ [ ^ 3 , [B]] und den Durchschnitt D = S ^4^
[D] = min [A^J.
Fiir den oberen Limes A = Lim A^^ und den unteren A = Lim A^ einer Mengenfolge ist __ [A] = lii^[.4 J , [A] = lim [il J ; denn lim [.4^] ist dann und nur dann = 1 (sonst = 0), wenn unendlich oft [A^] = 1, d. h. xeAn, xeA^ und lim [A^] ist dann und nur dann = 1, wenn schlielilich X S -^fi) X S A, Fiir den Limes A = Limii„ einer konvergenten Mengenfolge ist [^] = lim [A^].
§ 4. Produkt und Potenz. Es bleibt uns noch iibrig, das Produkt von Mengen zu definieren. Bilden wir aus zwei Mengen i l , 5 die Menge P dm geordneten Paare (§ 2) p = (a, b), worin a alle Elemente YOU A^ b alle Elemente Ton B durcMauft, also psP soviel wie aeA^ beB. Falls die Mengen^) endlich sind und A aus M, B aus n Elementen besteht, besteht P aus mn Elementen^ so daB diese Paarmenge tatsachlich den Charakter eines Produkts hat. Es sei bemerkt, daB diese Qollstdndige Paar^) Diese mussen hier nicht disjunkt und konnen sogar identisch sein.
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22
Erstes Kapitel. Mengen und ihre Verkniipfungen.
menge, diea/tePaaremit asA^beB enthalt, alle jene Paarmengen, die nach § 2 eine funktionale Beziehung zwischen A und B vermitteln, zu Teilmengen hat; sie selbst liefert die „meistdeutige", die in starkstem MaBe mehrdeutige Abbildung, indem sie jedem a alle b als Bilder, jedem b alle a als Urbilder zuordnet. — Zur Bezeichnung des Produkts steht uns die einfache Schreibweise AB^ die bereits an den Durchschnitt vergeben ist, nicht mehr zur Verfiigung. Nun konnen wir ja aus den Mengen A^ B selbst ein geord[9] netes Paar (A, B) bilden, und es steht uns frei, diesem Gebilde selbst wieder die Bedeutung einer Menge zu geben, namlich das geordneie Mengenpaar als Menge der geordneten Elementpaare zu definieren. D. h. fiir geordnete Elementpaare und Mengenpaare wird die £-Beziehung (a^b) 6(A,B)
soviel wie
asA^bsB
erklart, w^hrend andere Dinge als Elementpaare liberhaupt nicht als Elemente einer Menge (.4, B) auftreten soUen. Dann ist also
P = (A,B) das Produkt der beiden Mengen. BeispieL A und B seien Mengen reeller Zahlen. Wird das Zahlenpaar (a, b) durch den Punkt einer Ebene mit den rechtwinkligen Koordinaten a, b Oder, kurz, durch den Punkt (a, b) dargestellt, so ziehe man durch alle Punkte (a, ()){aeA) der X-Achse Parallelen zur y-Achse, durch alle Punkte (0, b) (bsB) der Y-Achse Parallelen zur Z-Achse; die Schnittpunkte (a, b) dieser Parallelen bilden das Produkt {A, B). Das Produkt laBt sich als Summe aquivalenter Summanden auffassen ( § 6 ) . Die Ausdehnung des Produkts auf mehr als zwei Faktoren bietet keine Schwierigkeit. Analog wie die geordneten Paare (a, b) lassen sich geordnete [10] Tripel (a, b, c) erklaren, das sind Zusammenstellungen von drei Elementen m bestimmter Reihenfolge, also mit der Gleichheitsdefinition (a*, J*, c*) = (a, b, c) soviel wie a* = a, 6* = b, c^ ~ c\ iibrigens brauchen diese drei Elemente nicht verschieden zu sein. Die geordneten Tripel (a, i, c), worin a alle Elemente von A^ b alle Elemente von 5 , c alle Elemente vonC durchlauft, bilden per definitionem die Menge [A, B, C), das Produkt der drei Mengen A, B, C Ebenso ist fiir jede endliche Faktorenzahl zu verfahren. Das kommutative und assoziative Gesetz gelten bei den Produkten zwar nicht im Sinne der Gleichheit, wohl aber der Aquivalenz (§ 2). Die Elemente (a, b) und (6, a) der Mengen {A, B) und (5, ^1) sind ja nicht dieselben, stehen aber in umkehrbar eindeutiger Beziehung, so daB (A^ B) ^^ (B^ A), Auch die Elemente ((a, 6), c) von ((^, 5 ) , C), d. h. die geordneten Paare, deren erstes Element ein geordnetes Paar (a, b), deren zweites ein
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§ 4. Produkt und Potenz.
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Element c ist, sind mit den Tripeln (a,ft,c), den Elementen von {A^ B, C) nicht identisch, entsprechen ihnen aber eineindeutig, und es ist Um Produkte mit beliebiger Faktorenmenge zu erklaren, verallgemeinern wir zuerst den Begriff des geordneten Paares oder Tripels, indem wir jedem Element m einer Menge M = {m, n^g^. >.} irgendein Element a^ zuordnen oder, anders gesagt, eine eindeutige Funktion / (m) = a^ in M definieren; die Zusammenstellung dieser Elemente liefert das, was man einen Elementkomplex oder auch (Cantor) eine Belegung der Elemente m mit den Elementen a^ nennt. Beide Namen bezeichnen keine neue Konstraktion, sondem sind eben Synonyme fiir jene in M delSnierte Fimktion f(m), Zwei Elementkomplexe gelten dann und nur dann als gleich, wenn sie jedem m dasselbe Element a^ (als Bild) zuordnen, d. h. {a%y «*, «*,•••)= i^hnj «^«, « A^:^ A^, A--^ A^-, so ist A ^ A^^ d. h. wenn eine Menge zwischen zwei dquimlenten Mengen liegt^ s& ist sie mit diesen aquivalent, Bei der eineindeutigen Abbildung von A auf A2 werde A^ aiif AQ, A2 auf ^4, ^ 3 auf Jig usw. abgebildet, wobei also Sei D= AA^Az... der Durchschnitt der Mengen A^^ dann ist A :=D + {A~A,) + {Aj,- A2) + {A2 - ^3) + C^3 - ^4) + • • ' A^ = D + (^1 - ^2) + {A^ - A^) + f J 3 - ^ , ) + . . . Denn, um z. B. die erste Forme! zu beweisen: ein Element aeA gehort entweder alien A^ an, alsg zu D, oder es gibt ein erstes 4^, dem es nicht angehort, wahrend es noch zu ^,t_i gehort, also a€A^_i — A^ {AQ = A gesetzt). Da nun A
Aj '-^ A2
-^3 "^ A^
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^5 ,^ . . . ^
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Zweites Kapitel. Kardinalzahlen.
so ist auch {A ~ A^) + (^, ^ ^3) + (A^ ^ A^) + (4, -- ^.) + . . ., die links stehende Menge wird auf die rechts stehende abgebildet. Indem man die librigen Elemente von A sich selbst als Bilder zuordnet, erhalt man eine eineindeutige Abbildung von A auf ^ 1 , also A ^ Ai, Bis jetzt haben wir nur von Aquivaleiiz, also von Gleichheit zweier Kardinalzahlen gesprochen. Die nachste Frage ware nun: wenn zwei Mengen nicht aquivalent, also ihre Kardinalzahlen ungleich sind, lafit sich danri in natiirlicher Weise die eine Kardinalzahl als die groBere, die andere als die kleinere definieren? Kurz gesagt: haben die Kardinalzahlen GroBencharakter ? Sind sie vergleichbar ? Die Antwort scheint vorlaufig verneinend auszufallen. Bedeuten A und B zwei Mengen, A^^ und B^ irgendwelche Teilmengen von ihnen, so bestehen vier Moglichkeiten: (1) Es gibt ein A^ B und ein B^^ A. B^^A, (2) Es gibt kein A^ 5 , aber ein (3) Es gibt ein A^ BJ aber kein B^-^A. B^^A, (4) Es gibt kein Aj^ 'B und kein Im Fall (1) ist nach dem Aquivalenzsatz a = b; im Fall (2) wird man naturgemaB a < b, im Fall (3) a > b zu definieren haben. Im Fall (4) konnen wir offenbar, wegen seiner Symmetrie in bezug auf beide Mengen, weder Oi b definieren, da sonst beides zugleich gelten miiBte; ebensowenig ist a = b zulassig, was mit der bisherigen natiirlichen Definition der Gleichheit in Widerspruch treten wiirde. Wir haben hier also eine vierte Relation, die wir a 11 b schreiben und als Unvergleichharkeii von a mit b bezeichnen, wahrend in den drei ersten Fallen a und b vergleichbar heiBen soUen. Also. (1)
(i=^^^
(2) a < b > a, b vergleichbar (3) (i>\>^ (4) a II b a^h unvergleichbar. Die Vergieichbarkeit ware also nur zu retten, wenn man zeigen konnte, daB der vierte Fall tatsachlich nicht eintreten kann. Bei zwei endlichen Mengen ist dies in der Tat der Fall; denn ist, mit Numerierung der Elemente, A = {%, ag,. . ., a^}, B == {ij, ^2? • • •? M ^^^ bildet man behufs eineindeutiger Zuordnung die Paare (%, J^), (ag, ^2) ^sw., so kommt man zu Ende, sobald eine der Mengen verbraucht ist. (Auch eine endliche und eine unendliche Machtigkeit sind stets vergleichbar, jene ist die kleinere.) Auf eine ahnhche, aber erst spater exakt zu begriindende Art (mittels Wohlordnung der Mengen, § 13) werden wir kiinftig zeigen, daB der Fall (4^ niemals eintreten kann, zwei Kardinalzahlen also stets vergleichbar sind.
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§ 6. Summe, Produkt, Potenz.
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1st A einer Teilmenge von B aquivalent (Fall (1) oder (2) tritt ein), so ist a == b oder a < b, was wir in a ^ b zusammenfassen. Der Aquivalenzsatz schreibt sich dann in der einleuchtenden Form: wenn a^h und a'^hy so ist a~h. Ist a = b , ah, a||b, so ist b = a, h>a^ b < a , b||a. Ist a = hj ftgc, so ist ape, wenn Q eine der vier Relationen bedeutet. Ist a < b, b < c, so ist a < c; die Relation < ist transitiv. Jede unendliche Machtigkeit ist ^ ^ o (Satz I); IJ^Q ist die kleinste unendliche Machtigkeit. Jede unendliche Teilmenge einer abzShlbaren Menge (z. B. die Menge der Primzahlen) ist abzahlbar, da ihre Machtigkeit ^ K ^ iind ziigleich >fc ' • -i ^mmT> ' ' ')
und insbesondere die zugehorigen Elemente ^ ^ ^ ; sie bilden in B^ eine Menge D^ von einer Machtigkeit ^ a^ (denn es gibt ja nur a^ Komplexe p^y also, da zu verschiedenen p^ nicht einmal verschiedene 6,^^ gehoren miissen, hochstens o^ verschiedene i^^J. Demnach ist D^ d B^ oder ^m = ^m + E^i E^ ^ 0. WaMt man nun ein beliebiges Element e^^ von -^mi ^«^ jedes msM^ so ist der Komplex p =
(6ji, ^25 e ^ , . « . 5 e^^.,
.)
von alien p ^ verschieden (^^ =|=^ b^^) imd rwar fur jedes m, er gehdrt also nicht zu P und es kann nicht P = B gewesen mm. Damit ist der Konigsche Satz bewiesen. S*
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36
Zweites Kapitel. Kardinalzahleu.
Sei speziell 0 < aj < ag < • • • eine Folge wachsender Machtigkeiten, so ist <Ji + ^2 + ^3 H < agtts a4 . . . Oder wenn wir jetzt a = aj + ttg + ag + • • •, b = axOgOs... setzen: a = ai + 02 + ^3 H < 1 • a2a^ • • • ^ ajagag • • • = b ^ a a a - • • = a^\ folgt noch K > t h^K
• • •]
kann die diese Zahlen umfassen, da es noch weitere X = [^1, X2', ^3, • • • J (^1 ^ 0,1^ X2 =p c>2, ^3 ^ C3, . . .) gibt. Dieses ,, Diagonal verfahren" ist das einfachste Modell fiir den Beweis des Satzes § 7, I. Da es imr K^ rationale und algebraische Zahlen gibt, so gibt es also sicher irrationale und transzendente Zahlen, und zwar sogar ebensoviele (^5) wie reelle Zahlen. Denn die Machtigkeit einer unabzdhlbaren (d. h. unendlichen, nicht abzahlbaren) Menge wird durch Tilgung abzahlbar vieler Elemente nicht verringert (Beweis wie der der entsprechenden Bemerkimg S. 31). Man kann die reellen Zahlen 0 < a; ^ 1 auf die irrationalen 0 < 2/ < 1 z. B. vermoge X = L^i, x.^j x^^ , . .]
= 11 + 11+1] + ... \Xi- 1^3 1^3 abbilden, wo x durch die obige dyadische Darstellung, y durch einen Kettenbruch der Folge natiirlicher Zahlen ajj, ojg,.. . zugeordnet ist. Die Machtigkeit 2^. Diese Machtigkeit, die wieder > N ist, kommt der Menge aller Teilmengen des Kontinuums (Mengen reeller Zahlen) oder aller linearen, ebenen, raumlichen Punktmengen zu, ferner der Menge aller eindeutigen Funktionen f{x) einer reellen Variablen, wo f(x) zweiWerte annehmen kann; aus
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§ 9. Ordnung.
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folgt aber sofort, daB die Menge der Funktionen f{x), die alle reellen Werte durchlaufen konnen, auch ntir von der Machtigkeit 2^ ist. Die Machtigkeit spezieller Funktionenklassen kann natiirlich geringer sein, z. B. die Menge aller stetigen Funktionen f(x) hat nur die. Machtigkeit t^. Denn f(x) ist dann durch seine Werte /(r) an den rationalen Stellen r bestimmt; die Menge aller / (r) hat die Machtigkeit N^« = N und die Menge aller stetigen f(x) (da nicht jedes f{r) ein stetiges f(x) erzeugt) eine Machtigkeit ^ ^, ct) + 1, co + 2 , . . . paarweise verschieden. Die vier Anordnungen (S- 41) der natiirlichen Zahlen bei Voranstellung der ungeraden vor die geraden haben die Typen ft) + ft), ft) + ft)*, ft)* + ft), ft)* + ft>* 5
die wieder, wie leicht erkennbar, voneinander und von den Typen m + n und deren Inversen /i + ft)* verschieden sind. ft)* + ft) ist auch der Typus der Menge aller ganzen Zahlen {...,-2,-1,0,1,2,...}. in natiirlicher Reihenfolge.
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Drittes Kapitel. Ordnungstypen.
Wird jeder natiirlichen Zahl m eine naturliche Zahl a„, zugeordnet, so liefert die Spaltung der naturlichen Zahlenreihe in Gruppen von je a^ Gliedern die Typengleichung Z. B.l)
^ a ^ = % + ag + «3 H— • == 1+ 1 +1 H =60 1+ 2+ 3 H = co.
Verteilt man hingegen die natiirlichen Zahlen auf abzahlbar viele Reihen, etwa (Diagonalschema) {1, 2, 4 , . . . } + {3, 5, 8 , . . . } + (6, 9, 1 3 , . . . } + - . - , so entsteht wieder ein neuer Typus 2co = ft> + a) + (o + - * . m
Bei der Inversion einer Summe ist jeder Summand und die Ordnung der Summanden umzukehren, d. h. M*
M
mit S^2A^
ist 6'* = : ^ ^ ; ,
und entsprechend fiir Typen. Z. B. (^ + iff)* = /3* + a*. Produkte endlich neler Faktoren, Die geordneten Paare (a, i), aeA^ bsB, wo A^ B geordnete (nicht notwendig disjunkte) Mengen sind, lassen sich in eine Ordnung bringen, die man treffend die lexikographische oder die Ordnung nach ersten Differenzen nennt. Wir defmieren namlich (a, b) < (ai, bi), wenn entweder a < a^ oder a ~ a^j b < b^. Die so geordnete Menge soil wieder {A^ B) genannt werden; es ist das geordnete Produkt der geordneten Mengen und von (5, A) zu unterscheiden, mit welcher Menge es aquivalent, aber im allgemeinen nicht ahnlich ist. Ist A^ ^- A^ ^1 ~ ^j so ist (ilj, B^ ^ {A^ B), und dies berechtigt wieder, den Typus von (A, B) als Produkt der Typen (x, /3 zu defmieren. Leider kommen wir hier nicht um eine historisch gegebene Unbequemlichkeit [24] herum: der Typus von {A^ B) wird ^oc^ nicht cx.^ genannt'^), 1) Da wir gleichzeitig l + l + l + --- = {2 = a> + co. (S, J4) ist die Menge der Paare (J, a) in der Ordnung (1,1) (1,2) (2,1) (2, 2) (3,1) (3, 2 ) . . . , ihr Typus ^/3 == 2a) = o). Die Addition gleicher Summanden fiihrt auch hier wieder zur Multiplikation, d. h. wenn alle ix^ = oc sind und /JL den Typus von M bedeutet, so ist ]^ :Sa = ocu. m
In der Tat ist a/i der Typus Yon (Jf ^ 4 ) , also der Menge der lexikographisch geordneten Paare (m, a). Die Menge dieser Paare bei festem m sei Afnj dann ist M
{M,A)=^f^A^, woraus wegen A^ ^^ A die behauptete Typengleichimg folgt. (x/ji entsteht, indem man „ a in jw einsetzt", d. h. in eine Menge ¥om Typus /JL fiir jedes Element eine Menge Yom Typus a einsetzt. Beispiele. co + ca + €E> = ft)3, 3 + 3 + 3 + * " = 3 a > = co. Allgemein ist nco ^=n + n + n + ''' = a)^ con = co + co + • • • + a ist vom Typus rj; es gibt also z. B. eine die GroBenordnung erhaltende, d. h. mit r monoton wachsende Funktion s == f (r), die jeder rationalen Zahl r > 0 eine rationale Zahl s> a und umgekehrt zuordnet. Sie laBt sich offenbar zu einer stetigen, mit x monoton wachsenden Funktion y == f(x) erweitern, die die Halbgerade a; > 0 auf die Halbgerade y > a abbildet und dabei jedem rationalen x ein rationales ?/, jedem irrationalen x ein irrationales y zuordnet. Fiir rationales a ist das naturlich trivial, dsi y = x + a eine solche Zuordnung bewirkt. Die Menge der rationalen Zahlen des Intervalls (0, 1) und die der dyadisch rationalen (Briiche mit einer Potenz von 2 als Nenner) desselben Intervalls sind ahnlich, beide vom Typus rj. Die Zuordnung, die wir sogleich zu einer das ganze Intervall betreffenden
y = f(x)
(0 i undJ^^i ^i^^^ Teilmenge von / n ~ i dhnlich. Die Menge /„» der Komplexe x = (a:i,..., a:,,^) sei auf eine Teilmenge von J„, der Menge der Komplexe y — ( r / j , . . . , y j ahnlich abgebildet. Den beiden Komplexen (%,0,. . ., 0) und (ajj, 1 , . . . , 1) mogen als Bilder y = («/i, y.^, . . ., y^) und r] = (rj^, 7/2, . . ., rjn) entsprechen mit y Vn) ^ i * demselben yi = rji = b entsprechen; die vorhin angefiihrte Menge HJ^a) ist dann mit einer Teilmenge von HJjbX also Jfn—i Mii^ einer Teilmenge von /n—1 ahnlich. — Endlich folgt nun, daB iiir m> n nicht /,» mit einer Teilmenge von J^ (auch nicht mit / „ selbst) ahnlich sein kann, denn es ware / ^ _ i mit einer Teilmenge von J^^i und^ so fortfahrend, /„j_„^i mit einer Teilmenge von / j ahnlich, im Widerspruch zum Obigen. Viertes
Kapitel.
Ordnungszahlen. § 12. Der Wohlordnungssatz. [30] Wir delinieren: eine geordnete Menge heifit wohlgeordnet, wenn jede (nicht leere) Teilmenge ein erstes Element hat. Der Ordnungstypus einer wohlgeordneten Menge heifit eine Ordnungszahl oder Ordinalzahl. In einer wohlgeordneten Menge gibt es keine Teilmenge vom Typus o)*^ jede fallende Reihe von Elementen a> b > c> - - - enthalt nur endlich viele Gheder. Diese Eigenschaft konnte auch zur Definition dienen. Auf jedes Element, wenn es nicht das letzte ist, folgt unmittelbar ein nachstes; bei jeder Zerlegung A = P + Q hat das Endstiick Q ein erstes Element, mag das Anfangsstiick P ein letztes haben oder nicht. Umgekehrt, wenn bei jeder Zerlegung (die uneigentliche 0 + ^ mitgerechnet) das Endstiick Q ein erstes Element hat^ so ist A wohlgeordnet; denn ist ^ :=» 0 eine beliebige Teilmenge von .4, P die Menge der Elemente < B und ^ = JP + ^ , so ist das erste Element von Q auch das erste von B. Die endlichen Mengen {1, 2 , . . ., n}^ die Menge {1, 2, 3 , . . . } der natiirlichen Zahlen, die Menge {1, 3, 5, . . , , 2, 4, 6 , . . . } sind wohlgeordnet, ihre Typen w, co, o) + co Ordnungszahlen. Die Ordnungstypen c?>*, f^, 1 sind keine Ordnungszahlen.
99
56
Viertes Kapitel. Ordnungszahlen.
Eine unendliche wohlgeordnete Menge A hat ein erstes Element a^, dann ein zweites %, ein drittes ag usw.; wenn sie auBer dieser Folge noch weitere Elemente hat, so ist unter diesen ein erstes a^^, dann wieder ein nSchstes a^a+i usw. Es ist also (1) A = {UQ, ai, a2, . . . , a^, a^^ +i, . . . } . Das hier angedeutete, nachher durchzufiihrende Bezeichnungsprinzip ist, dafi jedem Element als Index der Typus der Menge der vorangehenden Elemente zugeordnet wird. Damit dies auch f iir die endlichen Indizes zutreffe, haben wir mit 0 begonnen; % tragt als Index den Typus n der Menge (ao,. . ., ^n—1}» ^0 ^^^ Typus 0 der Nullmenge. Nach dieser vorlaufigen Orientierung beweisen wir den [31] Wohlordnungssatz von E, Zennelo: Jede Menge kann wohlgeordnet werden. Wenn wir zu einer Wohlordnung in der Gestalt (1) gelangen woUen, miissen wir z. B. jeder Menge P^ = {«o> %? • • •? ^n—i} ^i^ bestimmtes Element a„ als das zunachst folgende zuordnen oder aus der Menge Qn^ ^ -^ Pfi der noch ungeordneten Elemente ein bestimmtes a„ gewahlt denken. Wenn man so verfahrt, erscheinen die Wahlakte selbst in einer gewissen Ordnung: a^ kann und mu6 erst dann gewlLhlt werden, wenn seine Vorganger «(,, . . . , a^—i gewahlt sind. Der Beweis des Wohlordnungssatzes kann auch mittels dieser sukzessiven Wahlakte gefiihrt werden, dann aber erst an spaterer Stelle, nach genauerer Untersuchung der Ordnungszahlen. Um ihn schon jetzt zu erbringen, verwenden wir ein System simultaner^ voneinander unabhangiget Wahlakte: wir ordnen jeder i^on A verscliiedenen Teilmenge P von A ein ihr nicht angehoriges Element a = f(P)eA — P zu, oder wir wahlen aus jeder von 0 verschiedenen Teilmenge Q von A ein ihr angehoriges Element a = (p[Q) s Q. Beide Ausdrucksweisen bezeichnen dasselbe: es ist /(P) = ^ ( ^ — P) oder (p(Q) = f{A — Q). Wir wollen die erste Form bevorzugen und nennen a = f{P) das Ansatzelement von P und die aus P durch Hinzuftigung des Ansatzelementes entstehende Menge P^ = P + {a} die Nachfolgerin von P. Bei diesem Verfahren werden mehr Wahlakte voUzogen, als unbedingt notwendig sind, denn bei der Wohlordnung (1) wiirde ja z. B. die Menge P == {ao, ag} ^^^d ihr Ansatzelement gar nicht gebraucht werden. Dafiir aber sind die Wahlakte, wie gesagt^ voneinander unabhangig, anders ausgedriickt: die Funktion a = f(P) hat einen von vornherein feststehenden Definitionsbereich, namlich die Menge aller PczA, Die Art, wie nun aus dieser Zuordnung a^ f(P) zwangslaufig eine Wohlordnung von A hervorgeht, ist im Grunde sehr einfach, obwohl sie an das abstrakte Denken des Lesers einige Anspruche stellt. Wir betrachten ein System von Mengen ^A, das
100
§ 12. Der Wohlordnungssatz.
57
(oc) die Nullmenge enthalt, (/S) mit beliebig vielen Meiigen auch deren Summe enthalt, (y) mit jeder Menge P czA auch deren Nachfolgerin P^ enthalt. Ein solches System heiBe eine Kette, Es gibt Ketten, z. B. die umfassendste: das System aller Mengen g ^ . Der Durchschnitt beliebig vieler Ketten ist ersichtlich wieder eine Kette; es gibt also eine kleinste Kette ^, die der Durchschnitt aller Ketten ist. Diese untersuchen wir jetzt und verstehen unter den im Folgenden vorkommenden Mengen wie P, X immer Mengen aus ^ . Das Wesentliche ist, die Vergleichbarkeit aller Mengen von S zu zeigen {im Sinne von S. 13), d. h. daB fiir zwei Mengen P, X immer eine der drei Relationen X^P besteht. Nennt man eine Menge P^ die mit alien Mengen X vergleichbar ist, normal^ so ist zu beweisen, daB alle Mengen normal sind. Der erste Schritt besteht im Nachweis des Satzes: I. Ist P . (j8) Die Summe beliebig vieler X ist ein X. Sei S = 'SX^; entweder ist jedes A\„g*P und S-^P^ oder mindestens ein X^^P^ und S^P^, (y) Die Nachfolgerin jedes XczA ist ein X, Fiir X^P^ ist X^^P^-, fur X = P ist X^ = P + . Fiir X P, so miiBte X^ — X = (X_^ — P) + (P ~ X) mindestens zwei Elemente enthalten, wahrend diese Menge doch nur ein Element f(X) enthalt. Nun konnen wir schlieBen: II. Alle Mengen sind normal, Wir zeigen wieder, daB die normalen Mengen eine Kette bilden, die folgUch mit ® identisch sein muB. (a) Die Nullmenge ist normal. ()8) Die Summe beliebig vieler normaler Mengen ist noniiaL Sei P = ^P^ Summe normaler Mengen, X eine beliebige Menge, also P„,^ X. Entweder ist jedes P^^ X und P ^ X, oder mindestens ein PM:::=> X und P :^ X. P ist also mit jedem X vergleichbar. (y) Die Nachfolgerin Pj^ jeder normalen Menge P (X sind die Zahlen oc + p (j9 > 0) und umgekehrf. (A einem Abschnitt von A + B ahnhch); die kleinste Zahl > ^ ist a^ + 1.
105
62
Viertes Kapitel. Ordnungszahlen.
Eine Zahl A > 0, die keinen unmittelbaren Vorganger hat, d. h. fiir die W(X) kein letztes Element hat, heifit eine Limeszahl; die niedrigsten Limeszahlen sind co, oo + co = co2, c o 3 , . . . Eine Zahl, die nicht Limeszahl ist, heifit isoliert; isolierte Zahlen sind auBer 0 dieZahlen der Form ^ + 1. . H a t die Menge von Ordnungszahlen kein letztes Element, d. h. ist ^ Limeszahl, so wird die ndchstgropere Zahl X>W, die offenbar Limeszahl ist, der Limes von W genannt und mit X = limW Oder auch mit x = lim oc^ bezeichnet. Z. B. ist co der Limes von (0, 1 , 2 , . . . } oder von jeder wachsenden Folge {OCQ, ^i, oc.^,...} endUcher Zahlen <x^, co = Um v = lim a^. Transfinite Induktion, An Stelle des Schlusses von n auf n -\- i vai endlichen Zahlengebiet tritt jetzt: Eine Aussage f(oc) iiber die Ordnungszahl (K ist fiir jedes (K richtig, sobald /(O) richtig ist und sobald aus der Richtigkeit aller / ( | ) fiir | < ^ die Richtigkeit von f{(x) folgt. Denn ware /(/8) falsch und oc{ 0 auf einen Widerspruch. Wie zu Beweisen, so findet diese transfinite Induktion auch zu Definitionen Verwendung: Eine Funktion f((x) der Ordnungszahl oc ist fiir jedes oc definiert, sobald /(O) definiert ist und sobald vermoge der Definition aller /(^) fiir i ^, (o -{- o)^ -{• o)^ -\- - - - Ordnungszahlen. Hier laBt sich nun in gewissem Umfang auch Subtraktion und Division erklaren. Wir schicken folgende Ungleichungen voraus:
106
§ 14. Verknupfongen von Ordnungszahlen.
63
Aus (X < P folgt
(1)
|/^ + ^ < / ^ + i8,
(^-\- l^SJ + ^
Denn (K < fi {A Ab^chnitt von JB, wie angenpmmen werden kann) ist so viel wie j3 = ^ + y (y > 0) und vice versa. Demnach: iii + P = /J. + (oc + y)=^(fx+oc)+y>/j, + (K, jbtp = /jt(oc + y) = /LKX + /j,y> /Jbcc fiir fJL>0, Bei Nachsetzung des Summanden oder Faktors fx kann das Gleichheitszeichen auftreten. Z. B. ft> + l < c o + 2, l + o > = 2 + ft> = €o, ft>l2, lco = 2€o = m. Die Umkehrung von (1) liefert folgende ScMiisse: [Aus /i + « < Afc + /? Oder a + fi < ^-\- (A folgt (X
cc ist, wie wir soeben sahen, eine der Gleichung ^ _l_ | __ ^ geniigende Zahl | stets und eindeutig bestimmbar, wir bezeichnen sie mit sodsiQ(K+ {—(X + p) = p. I ist der Typus von Wifi) — W{(x), also eines Restes (S. 58) von W{P), kurz ein Restiypus von j8. Bei festem j8 ist iibrigens fiir (X m immer unendlich viele Losungen >y = ??o> ^o + 1> ^o + 2, • •., dagegen fiir endliches a nur eine einzige; sie besagt dann namlich, daB T? + (at — 1) der unmittel-
107
64
Viertes Kapitel. Ordnungszahlen.
bare Vorganger von )(?, i^ + {oc — 2) der Vorganger von rj + (oc — I) sein soil usw., wodurch nach endlich vielen Schritten tj eindeutig bestimmt ist. Nur in diesem Falle bezeichnen wir die Losung mit so daB (P — oc) + oc = p ist; diese Gleichung bedeutet also, daB (X eine naturliche Zahl ist und rj aus ^ durch Weglassung der oc letzten Elemente entsteht. Z. B. ist /3 — 1 der Vorganger von /S (/8 als isolierte Zahl > 0 vorausgesetzt). Dwision, Jede Zahl f < (x^ ist in der Form
(3)
C = ^^ + l
(i /(I) + p.^
{fiir alle I < ac). Nehmen wir der Einfachheit wegen alle /i^ > 0 (Summanden = 0 waren wegzulassen), so ist fiir ^ > |
m)+//.«> m > m+/.c > m, die Zahlen /( z. B. 1) 2. 3. 4 . . , . = lim{2, 6, 2 4 , . . . } = o). Speziell wenn alle Faktoren fia — f^> 1> definieren 'wir das Produkt als die Potenz f(oc) = /j/^. Es ist also (11)
/LL''+^
= fx'' ,{.1
und fiir eine Limeszahl (X (12) [x^=^\im^l^ (l, l + c o + (w2 = co(l + a)) = a)2 ^g^ auch schreiben kann c o ' ^ ^ - ^ l + c o + co-H
=
^oj'.
Es gelten die Potenzregeln (13) / ^ « / / = //«+^, (/x«)'* = ^«^, die man am schnellsten durch Induktion beweist (sie sind fiir ^ richtig, wenn sie liiv rj < ^ richtig sind), Ein kommutatives Gesetz kann natiirlich nicht gelten; {^vf = jxv fj,v ist von /n^v^ = JLC/JL VV im allgemeinen verschieden. Wir betonen nochmals, daB die hier definierten Produkte und Potenzen mit den friiheren zunachst gar keinen Zusammenhang haben; es sind im allgemeinen nicht Typen von Mengenprodukten. Daher hat z. B. a^^ nicht notwendig die Machtigkeit a^ (wahrend ^ + /?, ^jS die Machtigkeiten a + b, ab haben); 2"^ = co hat nur die Machtigkeit N^, nicht 2^». ^) In Kardinalzahlen ist 2 . 3 . 4 = 2Xo; die Verwendung der endlichen Zahlen in beiden Bedeutungen konnte hier besonders bedenklich erscheinen und ist es doch nicht.
110
§ 14. Verkniiplungen von Ordnungszahlen.
67
Wie eine natiirliche Zahl durch die Potenzen von 10, so laBt sich jede Ordnungszahl durch die Potenzen einer beliebigen Basis ^ > 1 ausdriicken. Sei C > 0 eine Ordnungszahl und ^ die niedrigste Potenz von /5, die > C ist (daB es solche gibt, erkennt man aus der induktiv leicht zu beweisenden Ungleichung /5^ ^ y , wonach j8^+^ > C ist). Dann ist y keine Limeszahl, sonst wgtre fur jedes I < y auch ^ + 1 < y, also Es hat also y ( > 0) einen unmittelbaren Vorganger oc und es ist wobei <x durch C (bei fester Basis) eindeutig bestimmt ist. Die Zahl C < ^^* jS laBt sich nach (3) in der Form darstellen, ^ und Ci durch C bestimmt. Ist noch Ci > 0, so erhalteii wir weiter usw. Da aber C ^ jJ" > Ci^/S'*'> C j ^ • - •, also ^ > ? i > f s > - " » « > «i > a2 > • • •, so muB das Verfahren einmal mit dem Rest 0 endigen und wir haben die Darstellung
worin alles durch C eindeutig bestimmt ist: die Qiederanzahl n + I (fiir n — 0: l^ — p^rj), die Exponenten (X und die Koeffizienten tj, Und zwar ist nicht nur die soeben konstruierte, sondem jede, gleichviel auf welchem Wege gewonnene, Darstellung von der Form (14) eindeutig bestimmt. Denn der Ausdruck (14) ist < ^S'*^^, wie man durch den SchluB von n auf n + i erkennt: es ist dann namlich f < fi'^rj + ^8"^+^ ^ /3*(7/ + 1) ^ ^*+i. Also muB j8* ^ C < fi^'^^ sein und die Exponenten wie die Koeffizienten bestimmen sich genau wie oben. Beispiele. ^ = 2: C = 2* + 2'** H \-T^. P = (o:
(15) C = a>^v +tt>«»yi+ » —+<w'^y„ (v,.. ,^Vn natiirliche Zahlen").
Insbesondere laBt sich Jede Zahl f < j5^ als Polyimm m § fiait endlichen Exponenten) darstellen, und zwar in der Form (14) nur aiaJ eine Weise. Bei der Darstellung (14) kann es iibrigens vorkommen, daB C gs^r nicht durch kleinere Zahlen ausgedriickt wird, sondem die Gleichung (16)
f =. ^f 6*
ill
68
Viertes Kapitel. Ordnungszahlen.
besteht (die im endlichen Zahlengebiet fur )S> 1 ja unmoglich ist); so batten wir co = 2** gefunden. Definiert man fiir v = 0 , 1 , 2 , . . . die Zahlen f, durch Co = 1, C.+i = i8f^ so ist (p > 1) C o < C i , also )3S,0) rj = co^ v + rji (v natiirliche Zahl, 7]i /5 > a, o:.^ + 2/^ = c^, ^fi + y^ > c^- Wir bestimmen dann zwei ganze Zahlen a^,b^ mit 0^a^<x^^ 0 < i & ^ < 2/^, a^ + bp~ c^\ etwa a^ = min [rc^j, c^] und *^ = c^ — a^, Dabei ist mindestens eine der Ungleichungen a^ < x^^ b^ < y^ erfiillt; wenn etwa die erste, so setze man
dann ist a(fo, r\^ = Co, lo < ^T VaSnDie natiirlichen Summen verhalten sich also ganz wie endliehe; wir werden davon mehrfach Gebrauch machen. Das natiirliche Produkt erhalten wir, indem wir
113
70
Viertes Kapitel. Ordnungszahlen.
wie Polynome multiplizieren und dabei die Exponenten natiirlich addieren, also ?r(|, ^) = ^ oj^^'"' ^^x^y^ = 7i(rj, | ) 7
Oder 7i(i, ri) = 2co^Zy, Zy = 2x^y^, /' 2 iiber die (endlich vielen) Paare mit G((X, P) ==y erstreckt. Wir woUen dies nur erwahnen und dem Leser liberlassen, auch hier die Analogic mit endlichen Produkten festzustellen. § 16. Die Alefs. AUe Kardinalzahlen konnen als Machtigkeiten wohlgeordneter Mengen aufgefaBt werden (Wohlordnungssatz) und sind daher vergleichbar. Als Zahlenklasse^ Z{a) bezeichnen wir die Menge aller Ordnungszahlen « , die die Machtigkeit a haben; sie ist Teilmenge der entsprechenden Typenklasse T(a) (S. 49). Fiir endliches n = 0 , 1 , 2 , . . . besteht Z(n) nur aus der einen Ordnungszahl n; aus ZCN^) kennen wir schon unendlich viele Vertreter a>,a) + l , c o + 2 , . . . , f t > 2 , . . . , f t > 3 , . . . , i ? ) ^ , . . . , f t ) ^ , . . . , G ) ' ^ , . . . Ist a 5B gibt (^ eine Menge von Kardinalzahlen), so ist entweder a die kleinste oder in der wohlgeordneten Menge der Kardinalzahlen, die > ^ und < a sind, befmdet sich eine kleinste. (Wir sagen nicht, daB in der Menge der Kardinalzahlen > £ eine kleinste sei, weil diese Menge ebenso undenkbar ist wie die Menge aller Kardinalzahlen.) Die zu einer Kardinalzahl a nachstgroBere b wird, wie leicht einzusehen, so erhalten, daB man zur Zahlenklasse Z{o) die nachstgroBere Ordnungszahl p sucht; deren Machtigkeit ist b. Ob die Kardinalzahl 2^ > a die nachstgroBere nach a ist, ist noch fiir kein unendliches a bekannt; fiir a = No ist diese Frage das Kontinuumproblem (S. 40). Die unendHchen Kardinalzahlen ( ^ N'o) heiBen Alefs. Das erste unter ihnen ist ^„. deren Summanden ihrerseits von der Form D = M, M3 . . . M^ d. h, Durchschnitte aus endlich vielen Mengen M(£3R) sind. DaB die genannten Mengen /? zu SR gehoren miissen, ist klar; sie bilden aber schon selb^t einen Ring (also Sfit), da nach dfem assoziativen Gesetz die Summe, nach dem distributiven der Durchschnitt zweier R wieder ein R ist. Offenbar kann man die Operationen Summe und Durchschnitt auch in umgekehrter Rcihenfolge anwenden, d. h. 9? besteht aus den Durchschnitten ^
=
^1 ^2 • • • ^n
aus endUch vielen Mengen 5, die ihrerseits Summen aus endlich vielen Mengen M sind. 2. Korper. Ein Mengensystem heifie ein Korper, wenn Summe^ Durchschnitt und Differenz von zwei Mengen des Systems wieder dem System angehoren. Bei der Differenz ist, wie immer, der Subtrahend als Teilmenge des Minuenden anzunehmen. Es wiirde iibrigens geniigen, die Forderung nur fiir Summe und Differenz zu stellen, da der Durchschnitt auf diese beiden Operationen zuriickfiihrbar ist (S. 17). Ein Korper ist a fortiori ein Ring.
122
§ 17. Ringe und Korper.
79
Beispiel. Die obigen Intervallsummen S bilden einen Korper, wie vorhin bereits bewiesen wurde. Hatte man statt der halboffenen Intervalle / = [a, j3) entweder ollene (a, /3) oder abgeschlossene [a, p] genommen, so wiirden die S zwar noch einen Ring, aber keinen Korper bilden. Da6 liber einem beliebigen Mengensystem 3K ein kleinster Korper ^ existiert, erkennt man genau wie im Fall des Ringes; aber die Darstellung seiner Mengen ist hier nicht ganz so trivial. Da ^, wenn iiberhaupt eine Menge, so jedenfalls die NuUmenge enthalt, so woUen wir diese bereits in 2R aufnehmen; ferner enthalt ^ den kleinsten Ring 9lg3K nnd ist ancb der kleinste Korper liber 91. Wir setzen daher alsbald 3K als Ring voraus, dem die NuUmenge angehort. Betrachten wir dann endlich viele Mengen il/j g Mc, g • • • ^ M„ oder, zur Vereinfachnng der Schreibweise, eine absteigende Mengenfolge von Mengen M (1) M,gM,^.¥,^-^. mit scliliepiich Qersclmindenden Gliedern. Die Differenzen J/^ — M^, M^ — 1/3,. . . sind disjunkt. Die Menge (2) A^(M^M^) + (i¥3 - 1/4) + {M, - i¥,) + - • heifie eine (endliche) Differenzenkette aus dem System 3Jl. Diese Mengen A sind offenbar samtlich in ^ aufzunehmen; wir werden zeigen, da6 sie selbst schon einen Korper bilden, der folglich der gesuchte Korper ^ ist. Die Komplemente M -— A sind wieder Mengen A, Schreibt man A = MA=^ (MM^ - MM^) + (MM^ - MM^) + • • •, was wieder eine Darstellung der Form (2) istj so sieht man, daB man nur zu beweisen braucht: MQ —A ist fiir M^^M^ ein A. Dann ist aber (3) Mo - (Mo - M^) + (Ml - M,) + {M^ _ M3) + • • •, (4) M,-A = (M, - M,) + (M, - M3) + . . . und die Behauptung ist be^esen. Man beacMe noch, daB zu jedem A ein M'^A existiert, z. B. M^. Der Durchschnitt zweier A ist ein A. Hier ist eine ¥@randerte Bezeichnung zweckmaBig: wir setzen (5)
j
^ - ( M o - M ; ) + ( i ¥ , ^ M O + -«' B= (iVr,- iV;,) +iN^N[) + "^
mit schlieBlich verschwindenden ^) if^, M^, N^, N^, die dem System SR angehoren. Defmieren wir nun (die Indizes i, /c, / durchlaufen die ZaMen 0, 1, 2,- • •) ^) Diese Voraussetzung ist tibrigens hier nicht wesentlich; auch die iiiiendlichen Differenzenketten (2) haben die Durchschnittseigenschaft.
123
80
Funftes Kapitel. Mengensysteme.
also
Po = *^o-^o,
-Pi = ^ 0 ^ 1 4- M^No, • . .
so gehoren auch die Pi, P'l dem Ringe SR an und verschwinden schliefilich. Dabei ist Pi^P'i und, wenn man
beaehtet, P\ ^ P^+i, also Wir zeigen nun, da6 (7) AB = (i>o - P',) + (i'l - PI) + • • • und sogar einzein (8)-
.-^^ : ('^^* -
^^»')(^^- -
^*) = ^i -
^;•
Nennen wir die hier links stehende Summe Ci, Wenn xeCi^ so ist etwa xe(M^^ — Ml^)(N^^ — i V ^ also xeMi^N^^^Pi, aber zugleichreiPj. Denn fiir t +A: = 1*0 + ^0 = ^ 1st entweder I^IQ^ M'^N^^M\^ oder i < t o 7 k>kQ, MlNj,^Nj,^^i^Nj^.; also xeMiNj^, ebenso xeMiNi,. Also ist Ci^Pi — P'l, Umgekehrt, ist xePi — P'l g P^ und etwa xeM^Ni,, so ist a;£i¥^, da sonst oieilf^iVjtg P'z w^^re, ebenso a;£i\r;^, xe{Mi — M^) (Nj,-~N'j,)^Ci, also i > i - P j g C ^ Damit ist (8) und (7) bewiesen: AB ist ein A, Die Differenz zweier A ist ein A. Zn A^A^^ wahle man M^A, dann ist A — A^~ A(M — A-^) ein ^ . jDte Summe zweier A ist ein A, Zu ^ 1 , A2 wahle man umXassende Mengen M^, M^ und M = M^ + M^-, dann ist M — (M — A^ (M — A2) = Ai -\- A2 ein A. Damit ist bewiesen, daB die A einen Korper bilden.. 3. Erweiterte Korper. Einer spateren Anwendung (§ 30, II III) wegen woUen wir die Differenzenketten ins Unendliche verlangern. Die griechischen Buchstaben sollen die Ordnungszahlen < co^ durchlaufen, wo. (o^ eine festgewahlte Anfangszahl, die erste Ordnungszahl von der Machtigkeit X^ ist. Aus dem System 9K, das wieder ein Ring sein und die Nullmenge enthalten soil, bilden wir eine absteigend wohlgeordnete Folge Yom Typus 0^^ (9) M^^ i / 2 2 - • g il/a> + l g ^/a, + 2 § • • •> deren Glieder also mit ^¥^4.1 bezeichnet sind, und damit die Menge
124
§ 17. Ringe und Korper.
81
(10) A = (il/i - M^) + (M3 - M4) + . . . + (Jf^+i - M,_,2) + • • • wobei daran zu erinnern ist, daB die Ordnungszahlen entweder gerade (2 i) Oder ungerade (2 | + 1) sind, die Limeszahlen insbesondere gerade. Wir nennen A wieder eine Differenzenkette aus SR, und zwar vom Typus a>^, falls alle Mengen (9) von Null verschieden sind, dagegen vom Typus r) < co,,, falls M^_^i die erste verschwindende Menge in (9) ist; natiirlich hangt der Typus nicht nur von der Menge A selbst, sondern auch von der gewahlten Darstellung ab. Wir behaupten: I. Wenn das System SO? (das ein Ring ist und die Nullmenge enthalt) auch nock so beschaffen ist, dafi der Durchschnitt aus weniger als ^^ Mengen M ein M ist, so bilden die Differenzenkeiten {aus 3K) mm Typus < m^j_ einen Korper, Beweis. M — A ist wieder ein A. Wie oben geniigi es, zu zeigen, dafi MQ — A fiir MQ g M^^ ein A ist. Wir defimeren nocb fiir Limeszahlen r] < oj^ die Mengen
die nach der Durchschnitts-Voraussetzung wieder Mengen M sind. Es bilden jetzt die samtlichen Mengen M^ ein absteigend woMgeordnetes System J f o ^ i l f i ^ ilfg^ • • • i? M^ ^ l / ^ ^ i ^ • . . g i ¥ ^ 2 § . . . , worin jede Menge mit Limesindex der Durchschnitt aller vorangehendeii Mengen ist. Hierbei ist (11) 7¥„ = | { 3 / | - 7 ¥ j + l ) , denn fiir jedes xeM^ gibt es, da die M^ schlieBlich = 0 sind, ein erstes M^ mit xlM^, wobei C > 0 und keine Limeszalil, also C = | + l und xeM^ — i/^+i ist. Durch Trennung der geraden und ungeraden Indizes folgt (12) M^-A = 2(M^ _ M^+^) = (7Jf,-i¥i) + ( M 3 - M 3 ) + • - - + ( i I / „ - ^ „ + i ) + •-•. Der Durcfischnitt zweier A ist wieder ein A *). Wir schreibcH jetzt wieder wie in (5) A=2(MtM\) (13)
J
B = |(^-f - iv|)
^) Hierbei genligt, daB 3Ji ein Ring sei; auch die Voraussetzung des schlieBlichen Verschwindens der Mengen (9) ist entbehrlich, und der Durchschnitt zweier Differenzenketten vom Typus ^ft^a ist wieder eine solche. Hausdorff, Mengenlehre.
6
125
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Fiinftes Kapitel. Mengensysteme.
Um (6) zu iibertragen, miissen wir die natUrliche Summe verwenden: wir definieren (14) wo <S bedeutet, daB iiber die Paare | , rj mit cr(|, rj) = C summiert werden soli. Da es deren nur endlich viele gibt, gehoren die Mengen P , P ' dem Ringe 2K an. Mit | < co^, rj < co^ ist audi C < ^;x (S. 72 Anm.) und man sieht leicht, daB die P^P' schlieBlich verschwinden, wenn die M^ M' und iV, N' schlieBlich verschwinden. Ferner ist In der Tat folgtjP^^P^ unmittelbar; liberdies ist P^^^P^ fiir Co < CDenn ist xeP^ und etwa xeM^N^ mit a(^,rj) = C, so gibt es (S. 69) ein Zahlenpaar lo, YJQ mit a(^Q, TJQ) = Co und lo = 1? Vo~V'^ ^^^ dann etwa ^0 < I, so ist i l / | g J/^^, N^^N^^ und it^eP^,, ebenso fur t^o < ^. Nun ist wiederum (15) ^ 5 = f(P^-i>:) und sogar einzeln (16) 2(M^~ Ml) (TV, - iV;) = i>5-i>5; der Beweis gestaltet sich genau wie der von (8), weil die natiirliche Summe alle notwendigen Eigenschaften einer gewohnlichen hat (insbesondere: wenn (T(|, r]) = G[^Q, TJQ) und f < ^Q, so ist rj > TJQ). Auch daB Summe und Differenz zweier A wieder ein A ist, folgt wie bei den endlichen Differenzenketten. Damit ist I bewiesen. Fiir (o^^ = COQ = ct>, wo 9)1 nur ein Ring zu sein braucht, erhalten wir wieder das Ergebnis der vorigen Nummer: die endlichen Differenzenketten bilden einen K5rper (den kleinsten iiber 3)1). Fiir (o^= (Oi = X2 ergibt sich, daB die hochstens abzahlbaren Differenzenketten (vom Typus < ^JQ) einen Korper bilden, falls der Durchschnitt abzahlbar vieler M ein M ist. Wenn der Durchschnitt beliebig i>ieler M ein M ist^ so bilden alle Differenzenketten aus H)l einen Korper, Denn alle diese Differenzenketten (jede in einer bestimmten Darstellung) sind vom Typus < co^,, wenn co^ hinlanglich groB gewahlt wird.
§ 18. Borelsche Systeme. 1. Die Prozesse (T, cf. Ein Mengensystem, dem Summe und Durchschnitt von zwei (oder endlich vielen) Mengen des Systems angehort, hieB ein Ring. Dehnen wir diese Forderung auf Summe und Durchschnitt von abzahlbar vielen Mengen aus, so gelangen wir zum Begriff eines Borelschen Systems, Die einfache Art, wie wir den kleinsten Ring iiber einem gegebenen
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Mengensystem SOI bilden konnten, laBt sich aber auf den gegenwartigen Fall nicht iibertragen; wollten wir etwa wie damals (S. 78) die Durchschnitte D = M^ M^ J/g • • • aus Folgen von Mengen M{e W) und damit die Summen aus Folgen von Mengen D bilden, so bilden diese R noch durchaus kein Borelsches System: die Summe abzahlbar vieler R ist zwar nach dem assoziativen Gesetz wieder ein /?, aber der Durchschnitt abzahlbar vieler R gibt, nach dem distributiven Gesetz entwickelt, eine Summe unabzahlbar vieler D und im allgemeinen also kein R. Diese Verwicklung laBt es ratsam erscheinen, die Forderungen fur Summe und Durchschnitt zunachst einmal zu trennen. _. -. T n • [^-SystemX (die Summe 1 . . Em Mengensystem hei/Se em [^.^ystemi' «''"" [der Burchschnittl ^'^' Folge von Mengen des Systems wieder dem System angehort Wir machen einige Bemerkungen iiber a-Systeme, die sich dann ohne weiteres auf (3-Systeme iibertragen. In einem cr-System gehort aiich die Summe A+B + A+B + '- = A+B zweier und endlich vieler Mengen des Systems wieder dem System an. Das kleinste c-System iiber einem gegebenen Mengensystem Wl (seine Existenz ist wie die des kleinsten Ringes zu erschheBen) heiBe SJl^. Es wird von den Mengen (1) M, = 7¥, 4- M^ + i>/3 + • • — ^M, (M,em) gebildet, d. h. von den Summen aus Folgen von Mengen M s SHI. Denn die M^ miissen zu WQ geheren, bilden aber bereits selbst ein cr-System (Verwandlung einer Doppelfolge in eine einfache). Ist 2Jl ein Ring, so ist auch 3)l schlieBlich wieder und so wetter. Dieses „und so weiter" zu prazisieren, haben wir aber ein Mittel, namlich die Ordmingszahlen, 2. Aufbau des Borelschen Systems ©. Es seien | , rj Ordnungszahlen [40] < i2, wo i2 = coi die Anfangszahl der Zahlenklasse Z(Xi) ist; wir unterscheiden wieder gerade Ordnungszahlen 2 | und ungerade 2 | + 1. Wir ordnen nun jedem | ein System 91^ von Mengen A^ zu durch die induktwe Vorschrift: Die Mengen A^ sind die Mengen M(%^ == 2R); die Mengen A^ sind fiir ungerades tj die Summen^ fiir gerades ?; > 0 die Durchschnitte aus Folgen pom Mengen A^(^ < rj). Dann ist das System alter Mengen A^ das kleinste Borelsche System 33 uher m. Da6 in der Tat alle Mengen A^ zu 85 gehoren miissen^ ist Mar, also nur noch zu zeigen, da6 sie selbst schon ein Borelsches System bilden. Ist nun eine Folge von Mengen A^\ 4^% . . . gegeben^ so sei | die naehstgroBere Ordnungszahl nach l^, fo? • — (wegen § 15, IV ist | < i 2 ) . Eine der Zahlen f, I + 1 ist gerade, die andere ungerade, und unter den Mengen
(
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A^^ ^s+i kommt also Summe und Durchschnitt der gegebenen Folge vor. Man sieht daraus, da6 es keinen Zweck gehabt hatte, die Definition auf ^ = ^ auszudehnen (es wiirde %^ = 91^+^ = . . . = Sg sein). Die Systeme 91^ wachsen mit dem Index, d. h. ^^^W fiir | < ^ . Denn wegen M = M + M -\- * - • = M M .,, ist jedes A^ auch ein ^^+^, ^ ^ + ^ , . . , Daraus folgt, da6 man die A^'^'^ auch als Summen oder Durchschnitte (je nachdem | gerade oder ungerade ist) aus Folgen von Mengen A^ erklarenkann; fiir eine Limeszahl rj sind dieA^ die Durchschnitte aus Folgen von Mengen A^ ( | 1 Idfit sich eine nur von | abhdngige Menge iV|, deren Elemente v = (?Zi, n^^ n^^...) Folgen wachsender natiirlicher Zahlen sind^ so bestimmen, dafi die ds-Funktion (15)
X =
fM,^iM„^M„,M„^...
genau die von 2FI erzeugten Borelschen Mengen J5^ darslellt, Eine analoge Behandlung gestatten natiirlich auch die Borelschen Mengen A^ (S. 85); die 0^ wiirden dann nicht Summen von Durchschnitten, sondern Durchschnitte von Summen aus Teilfolgen der Folge M^ sein, d. h. crcf-Funktionen. § 19, Die Suslinschen Mengen. Beim Anblick des Satzes II im vorigen Paragraphen liegt die Frage nahe, ob es vielleicht eine feste d^-Funktion oder eine feste Menge N von Folgen V == (^Zj, n^^ . . .) wachsender natiirlicher Zahlen gibt, derart, da6 die Menge
(1) X =: lilf, = 1.1/,, M^JI,^., . =