Herbert Golzner Erfolg trotz Fiihrung
WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFT
Herbert Golzner
Erfolg trotz Flihrung Das Systemisch-integrative Fuhrungsmodell: Ein Ansatz zur Erhohung der Arbeitsleistung in Unternehmen
Deutscher Universitats-Verlag
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet iiber abrufbar.
1.AuflageFebruar2006 Alle Rechte vorbehalten © Deutscher Universitats-Verlag I GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006 Lektorat: Ute Wrasmann / Viktoria Steiner Der Deutsche Universitats-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de Das Werk einschlieBlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschiitzt. Jede Verwertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fiir Vervielfaltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handeisnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden durften. Umschlaggestattung: Reglne Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Druck und Buchbinder: Rosch-Buch, ScheBlitz Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 3-8244-0752-3
Vorwort Seit vielen Jahren beschaftige ich mich mit Fuhning, sowohl praktisch als auch wissenschaftlich. Als Personalverantwortlicher in verschiedenen Unternehmen habe ich haufig Fiihrungssituationen erlebt, die mich abgeschreckt und gleichzeitig fasziniert haben: Hochqualifizierte Mitarbeiter, die am Beginn ihrer Tatigkeit im Unternehmen eine hohe Motivation zeigten, sind drei Jahre spater durch zynische Bemerkungen aufgefallen. Abteilungsleiter, die wochentlich 60 bis 70 Stunden arbeiteten, erhielten standig Beschwerden liber ihre mangelnde Leistung. Fuhrungskrafte eines Unternehmens, das hervorragende, innovative, marktfahige Produkte besafi, verbrachten den Grofiteil ihrer Arbeitszeit in internen ergebnislosen Meetings. Das Unternehmen konnte am Markt nicht reiissieren. Bei alien diesen Beispielen waren die Mitarbeiter weder leistungsunwillig, noch haben ihnen die fur ihren Job erforderlichen Fahigkeiten gefehlt. Haufig ist mir aufgefallen: Die Mitarbeiter bzw. Fuhrungskrafte besitzen sowohl die entsprechende Leistungsbereitschaft (zumindest am Beginn im Unternehmen) als auch die grundsatzliche Leistungsfahigkeit. Allerdings ist das Leistungsergebnis unzufriedenstellend. 85 von 224 Arbeitstagen pro Jahr werden weltweit unproduktiv verschwendet. Dies ergab eine Langzeitstudie von Proudfoot Consulting (2004). Alle in dieser Studie aufgelisteten Griinde fur Produktivitatsverluste sind - abgesehen von IT-Problemen - auf mangelhafte Fiihrung zumckzufiihren. Insgesamt 79 ineffiziente Arbeitstage werden aufgrund inadaquater Fiihrung hervorgerufen. In meinem Kopf hat sich im Laufe der Jahre eine nachdenklich machende Erkenntnis gebildet: Leistung wird in Unternehmen haufig systematisch verhindert. Die Frage, die sich daraus ergibt: Wie ist es moglich, Erfolg zu haben, trotz Fiihrung?
VI
Vorwort
Anders formuliert: Wie kaiin Fiihrung dazu beitragen, das vorhandene Leistungspotenzial, die Leistungsbereitschaft und die Leistungsfahigkeit der Mitarbeiter im Unternehmen in Erfolg umzuwandein? Oder: Wie kann durch Fiihrung die Arbeitsleistung im Unternehmen erhoht werden? Einzelmafinahmen fur eine bessere Performance verfehlen oft ihre erhoffte Wirkung, weil sie das Geflecht an relevanten Faktoren und Wirkungszusammenhangen nicht erfassen. Um die wesentlichen Einflussfaktoren auf die Arbeitsleistung im Unternehmen zu beriicksichtigen, ist es notwendig zu sehen, dass Fiihrung weit mehr ist, als die zielgerichtete Beeinflussung von Personen. Neben dieser Betrachtungsweise spielen andere Faktoren wie beispielsweise die Technologie, die Umweltgruppen, die Organisationsstruktur, das Selbstmanagement eine bedeutende Rolle. Das aus diesem Hintergrund entwickelte Systemisch-integrative Fiihrungsmodell unterscheidet sich wesentlich von traditionellen Fiihrungsansatzen, bei denen haufig ausschliefilich die Interaktionen zwischen Personen in den Vordergrund gestellt werden. Das Ziel des Systemisch-integrativen Fiihrungmodells ist es, die wesendichen Einflussfaktoren der Mitarbeiterfuhrung auf den Erfolg eines Unternehmens darzustellen und deren Zusammenhange aufzuzeigen. Meine Herangehensweise an die Entwicklung dieses Systemischintegrativen Fiihrungsmodells war eine Zweifache: Die Herleitimg der wesentlichen Einflussfaktoren auf die Arbeitsleistung erfolgte einerseits systemtheoretisch. Diese Herangehensweise sehe ich deswegen als geeignet an, weil die komplexe Realitat von Einflussfaktoren und deren Wirkungsweisen durch die Systemtheorie am Besten abgebildet werden kann. Unabhangig davon habe ich, aufgnmd meiner Erfahrungen als Personalleiter, aufgnmd von Praxisberichten anderer KoUegen und aufgrund intensive! Literaturrecherchen, den Versuch unternommen, aus diesen Quellen die wesentlichen Einflussfaktoren auf die Leistung von Mitarbeitern zu definieren.
Vorwort
VTI
Das Ergebnis war fiir mich iiberraschend! Bei beiden Vorgehensweisen haben sich die gleichen sechs zentralen Einflussfaktoren herauskristallisiert, welche die Leistung der Mitarbeiter im Unternehmen fordern oder hemmen und durch Fiihrung beeinflusst werden konnen. Das vorliegende Buch ist so konzipiert, dass aufbauend auf den Fragen: Was soil mit Fuhrung eigentlich erreicht werden? Und; Was ist Leistung? (Teil 1) in Teil 2 die einzelnen Einflussfaktoren des Systemischintegrativen Fuhrungsmodells detailliert dargestellt und deren Wirkungsweisen beschrieben werden. Einerseits werden in Teil 2 wissenschaftlich fundierte Einsichten und Hintergriinde dargestellt, andererseits soil dem Leser eine praktische Anleitungsmoglichkeit fiir die Optimierung der Arbeitsleistung in seinem Umfeld angeboten werden. In Teil 3 wird die praktische Umsetzung des Systemisch-integrativen Fuhrungsmodells am Beispiel der Firma Carbo Tech Composites GmbH detailliert dargestellt. Die wissenschaftstheoretische Ableitung der sechs Einflussfaktoren des Systemisch-integrativen Fuhrungsmodells aus der Systemtheorie wird am Beginn dieses Buches dargestellt (Entwicklung des Systemischintegrativen Fuhrungsmodells). Fuhrung ist leider oder gliicklicherweise kein wohlstrukturiertes, sondern ein schlechtstrukturiertes, kein objektives, sondern ein subjektives, kein geschlossenes, sondern ein offenes, kein statisches, sondern ein dynamisches Phanomen. Eines jedoch ist bei diesem Thema klar: Es betrifft, friiher oder spater, jeden Menschen und jedes Unternehmen. Ob als Fiihmngskraft, die ihre Mitarbeiter fiihrt, als Hausfrau, die den Haushalt fiihrt, als Mutter, die ihre Kinder fiihrt oder als erwachsener Mensch, der sein eigenes Leben fuhrt: Fiihrung kann, in letzter Konsequenz, nicht an andere delegiert werden. Fiihrung ist dem Leben eines erwachsenen Menschens und einer Organisation immanent und nicht zu verhindern. Wie kann ich also Erfolg haben, trotz Fiihrung?
VIII
Vorwort
Dieses Buch ist fiir Studierende und Praktiker gedacht, die sich mit Zusammenhangen von Fiihrung, Arbeitsleistung und deren Optimieningsmoglichkeiten auseinandersetzen und dies auch praktisch umsetzen wollen. Die Leserinnen bitte ich um Nachsicht, wenn sie nicht die weibliche Form der Anrede wieder finden. Ich habe mich zugunsten des fliissigen Lesens auf die mannliche Form beschrankt. Wer mir nach dem Studium dieses Buches etwas mitteilen mochte, an Gedanken ankniipfen, Widerspruch erheben, Erfahrungen weitergeben will, den lade ich ein, dies auf dem einfachen Weg der E-MailKommunikation zu tun:
[email protected] oder
[email protected] Ich danke meiner Frau Gabriele, meiner starksten Kritikerin fur Ihre Geduld und Liebe. Ihnen, liebe Leserinnen und Leser wiinsche ich viel Spali beim Lesen und bei der Optimierung der Arbeitsleistung in Ihrem Umfeld. Dr. Herbert Golzner
Inhaltsiibersicht Vorwort Verzeichnis der Abbildungen Verzeichnis der Tabellen
V XV XIX
Die Entwicklung des Systemisch-integrativen Fiihrungsmodells
1
Wissenschaftlicher Ansatz
1
Das Systemisch-integrative Fuhrungsmodell
8
Teil 1: Fiihning iind Leistung
13
1. Fuhrungsbegriff
14
2. Fuhningserfolg, Fiihrungseffizienz, Fiihrungseffektivitat
17
2.1 Fuhningserfolg
17
2.2 Fuhrungseffizienz und Fiihrungseffektivitat
19
3. Was soil mit Fiihrung eigentlich erreicht werden?
21
4. Definition von Leistung als Interessensgegenstand fiir die Fiihrung... 22 4.1 Verschiedene Leistungsbegriffe
22
4.2 Konkretisierung des Leistungsbegriffes
26
5. Leistung und Systemisch-integrative Fiihrung
32
5.1 Definition der Systemisch-integrativen Fuhmng
32
5.2 Die fiinf Ebenen der Einflussmoglichkeiten zur Forderung von Leistung
34
X
Inhaltsiibersicht
Teil 2: Die sechs Einflussfaktoren des Systemisch-integrativen Fuhningsmodells zur Optimierung der Arbeitseffizienz und ArbeitsefiFektivitat
39
1. Vision und Zweck
43
1.1 Determinismus - Konstmktivismus 1.1.1 Determinismus oder freier Wille? 1.1.2 Phaenomenologie und Konstmktivismus
49 49 53
1.2 Menschenbilder 1.2.1 Theory X - Theory Y von McGregor und Theory Z von Ouchi 1.2.2 Die vier Menschenbilder nach Schein 1.2.3 Die vier Managertypen nach Maccoby 1.2.4 Der fremdbestimmte Mensch und das kreative Individuum - Theorien der Subjektivitat 1.2.5 Das relationale Menschenbild von Sbandi 1.2.6 Motivation und menschliche Grundbediirfnisse
55 56 58 59 60 62 64
1.3 Werte 1.3.1 Werte und Gewissen 1.3.2 Werte und Wxirde 1.3.3 Werte und Triebe
66 67 68 70
1.4 Sinn und Unternehmensidentitat 1.4.1 Sinn 1.4.2 Unternehmensidentitat
71 71 76
1.5 Vision und Mission Statement 1.5.1 Vision 1.5.2 Von personlichen Visionen zu einer gemeinsamen Vision 1.5.3 Mission Statement 1.5.4 Unterschiede in der begrifflichen Definition von Vision und Mission Statement 1.5.5 Entwicklungsprozess und Auswirkungen einer Vision
78 80 82 83 84 88
Inhaltsubersicht
XI
2. Organisation und Struktur
93
2.1 Der Begriff „Organisation"
95
2.2 Verschiedene Phasen der Organisationsforschung und verschiedene Organisationsverstandnisse
97
2.3 Das rationale Organisationsverstandnis 2.3.1 Organisationsstruktur 2.3.2 Technologic 2.3.3 Materielle Anreize und innovationsfordernde Rahmenbedingungen
100 100 103
2.4 Das kulturelle Organisationsverstandnis
106
2.5 Das politische Organisationsverstandnis...
109
2.6 Das lernende Organisationsverstandnis
110
3. Kommunikation
104
117
3.1 Das Grundmodell der Kommunikation
121
3.2 Verbale und non-verbale Kommunikation
123
3.3 Die vier Seiten einer Nachricht und das TALK-Modell
127
3.4 Inkongniente Nachrichten
130
3.5 Angst - unser standiger Wegbegleiter 3.5.1 Angst und Furcht 3.5.2 Umgang mit Angst 3.5.3 Imponiertechniken 3.5.4 Fassadentechniken
132 139 140 142 143
3.6 Die Sprache - ein zentrales Kommunikationsmittel
143
3.7 Authentizitat und Stimmigkeit
145
3.8 Soziale Konflikte
148
Exkurs: Praktische Anwendung
152
XII
Inhaltslibersicht
4. Vertrauen und KontroUe
163
4.1 Charakter
166
4.2 Macht
168
4.3 Die zwei gegensatzlich orientierten Charakterstrukturen
171
4.4 Charisma
176
4.5 Sind wesentliche charakterliche Veranderungen moglich?
177
4.6 KontroUe
182
5. Team 5.1 Theoretische Ansatze 5.1.1 Der soziotechnische Ansatz (STS-Ansatz) 5.1.2 Der Ansatz der sozialen Lemtheorie (SLT-Ansatz)
187 192 192 192
5.2 Der Teambildungsprozess
193
5.3 Chancen und Gefahren von Teamarbeit 5.3.1 Chancen von Teamarbeit 5.3.2 Gefahren von Teamarbeit
194 194 195
5.4 Leistung in Teams 5.4.1 Empirische Untersuchungen bei traditionellen Arbeitsgruppen und self-managed Teams 5.4.2 Leistungsverhalten und Leistungszuriickhaltung in Teams
196
198
5.5 Bei welchen Aufgaben ist Teamarbeit sinnvoU
200
5.6 Organisationsstniktur
203
5.7 Teamstruktur
204
5.7.1 Entscheidungsbefugnisse in Teams 5.7.2 Fiihrung von Teams 5.7.3 Teamstrukturell untersttitzende Leistungsbedingungen fur Teams
196
204 207 209
Inhaltsubersicht
XIII
5.8 Teamzusammensetzung ...211 5.8.1 RoUen/Funktionen in Teams 211 5.8.2 Die vier Elemente des Lebens bezogen auf Teams 213 5.8.3 Unterstiitzende Leistungsbedingungen fur Teams durch die Teamtzusammensetzung und die Teammitglieder 220 5.9 Kreativitat im Team 6. Selbstmanagement
221 225
6.1 Motive und individuelles Leistungsverhalten
230
6.2 Selbst-Bewusstsein
231
6.3 Gewissen und Intuition
232
6.4 Vorstellungskraft
233
6.5 Wille (Volition)
235
Teil 3: Umsetzung des Systemisch-integrativen Fuhningsmodells am Beispiel der Firma Carbo Tech Composites GmbH 1. Gmndsatzliche Methodik
241 242
1.1 Tiefeninterviews
245
1.2 Fiihrungskrafte-Meeting
251
1.3 Open-Space-Workshop 1.3.1 Vorbereitung 1.3.2 Leitthema des Open Space 1.3.3 Die vier Prinzipien und das Gesetz der zwei Fufie 1.3.4 Ablauf 1.3.5 Infrastruktur
252 254 254 255 255 258
XIV
Inhaltsubersicht
2. Umsetzung bei der Firma Carbo Tech Composites GmbH
259
2.1 Unternehmensgeschichte, Firmenentwicklung, Ziele und Produkte der Firma Carbo Tech Composites GmbH 2.1.1 Unternehmensgeschichte 2.1.2 Firmenentwicklung in Zahlen 2.1.3 Ziele 2.1.4 Produktpalette
259 261 261 262 263
2.2 Umsetzung des Systemisch-integrativen Fuhmngsmodells bei der Firma Carbo Tech Composites GmbH - Ergebnisse 2.2.1 Erstes Treffen mit den Fiihrungskraften 2.2.2 Dnrchfiihrung der Tiefeninterviews 2.2.3 Fiihrungskrafte-Meeting 2.2.3.1 Prozessbeschreibung 2.2.3.2 Prasentation der Power-Point-Folien 2.2.4 Open-Space-Workshop 2.2.4.1 Prozessbeschreibung 2.2.4.2 Dokumentation des Open-Space-Workshops 2.2.5 Nachbereitung
263 264 264 265 265 267 284 284 286 305
Literatur
307
Verzeichnis der Abbildungen Abbildung 1 :
Das Systemisch-integrative Fuhrungsmodell
11
Abbildung 2 :
Verschiedene Leistungskategorien am Beispiel eines Mitarbeiters im Pharma Aufiendienst (aus Schuler 2004)
23
Abbildung 3 :
Die vier Richtungen der Fiihrung
33
Abbildung 4 :
Die sechs Komponenten des Systemisch-integrativen Fiihrungsmodells
40
Darstellung der Verbindung sensorischer und motorischer Einheiten lebender Organe (nach v.Foerster 2000)
44
Abbildung 6 :
Darstellung von Neuronen (nach v.Foerster 2000)
45
Abbildung 7 :
Schematische Darstellung einer S5niapse
Abbildung 5 :
(nach V. Foerster 2000)
46
Abbildung 8 :
Die Identitat eines Unternehmen (nach Exner 1992)
76
Abbildung 9 :
Die drei Komponenten der Vision (nach Hinterhuber 1996)
Abbildung 10 : Die drei Elemente der Mission (nach Malik 2001a) Abbildung 11 : Chancen und Gefahren bei Erweiterung der Entscheidungskompetenzen, des Kooperationsspielraumes und der Aufgabenkomplexitat (nach Wiendieck 2003) Abbildung 12 : Das Grundmodell der Kommunikation
81 83
102 121
Abbildung 13 : Das Grundmodell der Kommunikation mit eingebauter Feedback-Schleife
122
Abbildung 14 : Der Verzemingswinkel in einer Kommunikation
124
Abbildung 15 : Die sieben Turen der Kommunikation
125
XVI
Verzeichnis der Abbildungen
Abbildung 16 : Die vier Seiten einer Nachricht (nach Schulz von Thun 2005a)
128
Abbildung 17 : Beispiel fiir inkongniente Nachrichten (nach Schulz von Thun 2005a)
130
Abbildung 18 : Allgemeine Struktur des Wertequadrates am Beispiel Authentizitat
180
Abbildung 19 : Das Netz von Beziehungen des Werte- und Entwicklungsquadrates (von Schulz von Thun 2005b)
181
Abbildung 20 : Retiu-n-Potential-Model (nach Jackson 1966)
199
Abbildung 21 : Verschiedene RoUen bzw. Funktionen am Beispiel einer Bergtour
211
Abbildung 22 : Das Modell des Handlungs- und Entscheidungsspielraumes (modifiziert nach Covey 2004)
228
Abbildung 23 : Wille bei expliziten Zielen und impliziten Motiven (nach Kehr 2001)
236
Abbildung 24 ; Handlungsphasen (nach Heckhausen 1989)
239
Abbildung 25 : Die 12 Skalenauspragungen fur das Tiefeninterview... 250 Abbildung 26 ; Formularvorlage fur die Arbeitsgruppen beim Open Space Workshop
256
Abbildung 27 : Vorstnikturierter Packpapier-Bogen, der von den Umsetzungsgnippen beim Open Space Workshop ausgearbeitet wird
257
Abbildung 28 : Entscheidungsmatrix der Mafinahmenumsetzung beim Open Space Workshop (aus Maleh 2001)
257
Abbildung 29 ; Grafische Darstellung des Versammlungsraumes beim Open Space Workshop (aus Maleh 2001)....
258
Verzeichnis der Abbildungen
XVII
Abbildung 30 : Abteilungen/Bereiche der Firma Carbo Tech Composites GmbH
260
Abbildung 3 1 : Leitthema des Open Space Workshop bei der Firma Carbo Tech Composites GmbH
286
Abbildung 32 : Raum-/Zeittafel und eingebrachte Themen beim Open Space Workshop bei der Firma Carbo Tech Composites GmbH
287
Abbildung 33 : ProtokoU der Arbeitsgruppe "Wie halte ich Mitarbeiter langerfristig in der Prepreg Abteilung?"
288
Abbildung 34 : ProtokoU der Arbeitsgruppe "Zukunftsvisionen / angepasste Projektplanung"
289
Abbildung 35 : ProtokoU der Arbeitsgruppe "Vorschlagswesen"
290
Abbildung 36 : ProtokoU der Arbeitsgruppe "Fiihrungskrafte-Schulung"
291
Abbildung 37 : ProtokoU der Arbeitsgruppe "Arbeitsvorgaben und Uberwachung"
292
AbbUdung 38 : ProtokoU der Arbeitsgruppe "Mitarbeitermotivation".. 293 Abbildung 39 : ProtokoU der Arbeitsgruppe "Schriftliche Dokumentation"
294
Abbildung 40 : ProtokoU der Arbeitsgruppe "Strategieentwicklung und Ableitung genau definierter Ziele"
295
Abbildung 4 1 : ProtokoU der Arbeitsgruppe "Personalplanung"
296
Abbildung 42 : ProtokoU der Arbeitsgruppe "Infofluss"
297
AbbUdung 43 : ProtokoU der Arbeitsgruppe "Rennsport - Serie"
298
Abbildung 44 : ProtokoU der Arbeitsgruppe "Infrastruktur"
299
Abbildung 45 : Themen der Umsetzungsgruppen
300
Abbildung 46 : Ergebnis der Umsetzungsgruppe "Personal"
301
XVIII
Verzeichnis der Abbildungen
Abbildung 47 : Ergebnis der Umsetzungsgmppe "Vision und Ziele"... 302 Abbildung 48 : Ergebnis der Umsetzungsgruppe "Verbesserungspotentiale"
303
Abbildung 49 : Ergebnis der Umsetzungsgruppe "Infofluss und Dokumentation"
304
Verzeichnis der Tabellen Tabelle 1: Tabelle 2 : Tabelle 3 :
Unterschiede zwischen japanischen und amerikanischen Unternehmen (nach Ouchi 1981)
56
Uberblick uber die wichtigsten ArbeitsMotivationstheorien bzw. Ansatze iiber Motivation
65
Vergleich des unterschiedlichen deutschsprachigen und amerikanischen Managementverstandnisses von Mission und Vision
85
Tabelle 4 :
Die vier verschiedenen Organisationsverstandnisse...... 99
Tabelle 5 :
Vergleich der Kategorisierung von Macht nach den fiinf Machtformen (nach French/Raven 1959) und der Unterscheidung zwischen Positionsmacht und personeller Macht
169
Tabelle 6 :
Gegensatzlich orientierte Charakterstrukturen
175
Tabelle 7 :
Organisationsstrukturell unterstiitzende Leistungsbedingungen fur Teams
204
Entscheidungsbefugnisse von Teams (aus Yukl 2002, Quelle: Gordon 1992)
205
Vergleich zwischen traditioneller Fiihrung und self-managed Teams (aus Bradford 1976)
206
Teamstrukturell unterstiitzende Leistungsbedingungen fur Teams
210
Die vier Elemente des Lebens in verschiedenen kommunikations- und verhaltenswissenschaftlichen Ansatzen und die Bedeutung fiir Fiihrungsqualitaten und -probleme (aus Hendrich 2002)
214
Charakteristika der vier Elemente des Lebens (aus Hendrich 2002)
218
Tabelle 8 : Tabelle 9 : Tabelle 10 : Tabelle 1 1 :
Tabelle 12 :
XX
Tabelle 13 :
Tabelle 14:
Tabelle 15 :
Tabelle 16 :
Verzeichnis der Tabellen
Unterstiitzende Leistiingsbedingungen fur Teams durch die Teamzusammensetzung und die Teammitglieder
221
Acht zentrale Erfolgsprinzipien zur Erzeugung von Kreativitat in Teams, an Hand von Untersuchungen bei Rockbands (nach Spiefi 2000)
223
Umsatzentwicklung der Firma Carbo Tech Composites GmbH
261
NCtarbeiterentwicklung der Firma Carbo Tech Composites GmbH
262
Die Entwicklimg des Systemisch-integrativen Fiihrungsmodells Wissenschafllicher Ansatz Diese Arbeit stutzt sich in ihrer grundsatzlichen Betrachtungsweise und ihrem Gliedeningsaufbau auf den sozialwissenschaftlichen Strang der Systemtheorie. Bei der sozialwissenschaftlichen Systemtheorie handelt es sich nicht um ein einheitliches Theoriegebilde, sondern es werden darin verschiedene Stromungen zusammengefasst. Beim Aufbau dieser Arbeit wird auf den kybernetisch-systemtheoretischen Ansatz von Niklas Luhmann Bezug genommen. Ein wesentlicher Ansatzpunkt der Systemtheorie ist die Reduktion von Komplexitat. Um Komplexitat zu reduzieren, werden Systeme eingefuhrt. Aufgabe eines Systems ist es, Komplexitatsgefalle zu stabilisieren. „Die Umwelt eines jeden Systems ist, wie immer man Komplexitat operationalisiert, weitaus komplexer als das System selbst. Zwischen Umwelt und System besteht ein Komplexitatsgefalle. Entsprechend hat jede Relation zwischen System und Umwelt einen doppelten Komplexitatsbezug. Sie verkniipft ausgewahlte Elemente der Umwelt mit ausgewahlten Elementen des Systems und tragt so ein zweifaches Selektionsrisiko; sie mag Gefahren oder Chancen in der Umwelt verkennen und mag im System die richtigen Stellen oder Ressourcen nicht finden" (Luhmann, 1980, S. 1067). Aufgrund einer Unterscheidung zwischen System und Umwelt wird eine so genannte „funktionale Differenzierung" durchgefiihrt (Fuchs, 1993). Ein System unterscheidet zwischen innen und aufien, wodurch eine SystemAJmwelt-Differenz eingefuhrt wird. Das Ausgangssystem fungiert als Umwelt des Subsystems. System und Umwelt komplettieren sich wiederum zum Ausgangssystem. Je nachdem, worauf sich die Referenz richtet, sind Subsysteme, die aus Kommunikation bestehen, verschieden. Es gibt
2
Die Entwicklung des Systemisch-integrativen Fuhningsmodells
keinen Weg, die giiltige und wahre Einheit eines Systems und der Subsysteme zu definieren. „Als System lasst sich danach alles bezeichnen, worauf man die Unterscheidung von innen und aufien anwenden kann; denn in dem Malie, als eine Ordnung sich auspragt und verdichtet, miissen unterscheidende Grenzen gezogen werden, und andererseits setzt die Erhaltung der Grenzen eine darauf abzielende innere Ordnung voraus" (Luhmann, 1964, S. 24). An dieser Stelle wird auch der Begriff der Autopoiese von Bedeutung. Autopoiese bedeutet wortlich soviel wie Selbstherstellimg. Bei der Autopoiese geht es darum, dass „die Einheit des Systems und mit ihr alle Elemente, aus denen das System bestehen, durch das System selbst produziert werden" (Luhmann, 1990, S. 30). Autopoiese sagt jedoch nicht, dass das System allein aus sich heraus, nur aus eigener Kraft, ohne jeden Beitrag aus der Umweh existiert und keine Beziehungen zu dieser bestehen. Allerdings liefert die Umwelt die Reize, die die Elemente des Systems in Schwingungen versetzen. Diese Schwingungen stellen dann die Grundlage fur die Selbstreproduktion des Systems dar, nicht die Reize, von denen die Schwingungen ausgelost worden sind. Luhmann erzahlte gerne die Geschichte wie der Biologe Maturana, der den Begriff Autopoiese entwickehe, dazu gekonunen ist (Horster. 1997): Maturana safi beim Abendessen neben einem Gast, der Altgriechisch beherrschte, was Maturana nicht tut, und ihn darauf aufinerksam machte, dass es fur sein Theoriekonstrukt im Griechischen eine Entsprechung gebe. „Autos" bedeute im Griechischen „selbst" oder „allein" und „praktikos" heiiie „eine Tatigkeit ausuben, die keinen Gegenstand hervorbringt", so Z.B. ein Musikinstrument spielen. „Poietikos" bedeute hingegen „etwas gestalten oder herstellen, wodurch ein Gegenstand entsteht". Bei Platon heilit es zu diesem Thema: Die Wissenschaft ist von dreifacher Art: erstens eine ausiibende (praktische), zweitens ein Herstellen von etwas (poietische) imd drittens betrachtend (theoretisch). Daraufhin sagte Maturana, dass er jetzt den Begriff fur sein Theoriekonstrukt habe, das er seit dem „autopoietisches System" nannte.
Wissenschaftlicher Ansatz
Die Selbstherstellung eines Systems bzw. Autopoiese bedeutet nun, dass ein System Einfluss auf sich selbst ausiibt und von sich selbst aus handeln kann. Dabei gibt es unterschiedliche Moglichkeiten zu handeln. Dies fiihrt zu dem Begriff der Kontingenz. „Kontingent ist etwas, was weder notwendig, noch unmoglich ist; was also so, wie es ist (wahr, sein wird), sein kann, aber auch anders moglich ist" (Luhmann, 1984, S. 152). Von unendlich vielen Moglichkeiten in der komplexen Welt wird eine Handlung gewahlt, aber es konnte auch eine andere gewahlt worden sein. Daraus ergibt sich nun eine Wahlfreiheit innerhalb eines Systems und der Ansatzpunkt fiir verschiedene Handlungsalternativen oder, anders formuliert, fiir verschiedene Operationsmoglichkeiten. Wird nun die Kontingenz verdoppelt, so entsteht doppelte Kontingenz. Dieser Begriff ist auf Parsons zuriickzufuhren, der doppelte Kontingenz folgendermalien beschreibt (Parsons/Shils, 1967, S. 16): „There is a double contingency inherent in interaction. On the one hand, ego's gratifications are contingent on his selection among available alternatives. But in turn, alter"s reaction will be contingent on ego's selection and will result from a complementary selection on alter's part." Von doppelter Kontingenz spricht man also, wenn Partner, die in eine soziale Interaktion involviert sind, voneinander wissen, dass sie kontingent handeln, also anders handeln konnten als sie handeln und auch voneinander wissen, dass sie es voneinander wissen und dies auch in Rechnung stellen. Ein soziales System ist beispielsweise eine Organisation, eine Gmppe, eine Gesellschaft. „Sozialsysteme bestehen nicht aus konkreten Personen mit Leib und Seele, sondern aus konkreten Handlungen. Personen sind - sozialwissenschaftlich gesehen - Aktionssysteme eigener Art, die durch einzelne Handlungen in verschiedene Sozialsysteme hineingeflochten sind, als System jedoch aufierhalb des jeweiligen Sozialsystems stehen. AUe Personen, auch die Mitglieder, sind daher fiir das Sozialsystem Umwelt" (Luhmann, 1964, S. 24). Organisierte Sozialsysteme konnen begriffen
4
Die Entwicklung des Svstemisch-integrativen Fuhrungsmodells
werden „als Systeme, die aus Entscheidungen bestehen und die Entscheidungen, aus denen sie bestehen, durch die Entscheidungen, aus denen sie bestehen, selbst anfertigen. Mit 'Entscheidung' ist dabei nicht ein psychischer Vorgang gemeint, sondem eine Kommunikation, nicht ein psychisches Ereignis, eine bewulitseinsinterne Selbstfestlegung, sondern ein soziales Ereignis" (Luhmann, 1984, S. 166). Soziale Realitat wird somit kommunikativ konstniiert. Aus der Theorie selbstreferentieller Systeme folgt, dass soziale Systeme auch Selbstbeobachtung durchfuhren. Aus den Informationen, die durch eine Selbstbeobachtung iiber interne Veranderungen gewonnen werden, werden Riickschlusse auf die Umwelt gezogen. Den Codes, mit denen Ereignisse beobachtet werden, kommt somit grofie Bedeutung zu. Uber Vorgange aufierhalb der Codes werden keine Beobachtungen gemacht, es werden dariiber keine Informationen gesanunelt und es wird kein Antwortverhalten bzw. keine Reaktion ausgelost. Die Definition des Codes bzw. des Bezugssystems bestimmt, was Eingang in das System und in die Interaktion zwischen den einzelnen Subsystemen findet. „Die Moglichkeiten am - wie auch immer definierten - Markt sind erheblich vielfaltiger als die jeweils aktuell realisierten und die geplanten Malinahmen. Betriebe verdienen auf den Markten, die sie verdienen; es konnen nur die Chancen wahrgenommen werden, die man wahrnimmt" (Exner/Konigswieser/Titscher, 1987, S. 273). „Weil und solange Wirtschafts-Unternehmen nur nach dem Geld-Code funktionieren (buchstablich allein die Sprache des Geldes sprechen), werden Informationen iiber Umweltzerstdrung oder menschliches Leid in der Dritten Welt, die nicht zahlungsrelevant sind, keinen Eingang in die internen Operationen des Systems finden! Wenn es kein ,Wort' fiir Mikropolitik gibt, kann sie offiziell nicht erkannt und behandelt werden!" (Neuberger, 2002, S. 631). Im verwendeten Bezugssystem bzw. in den Codes spielen die Kategorien „Sinn" und „Werte" eine bedeutende RoUe. Um zu definieren, was beobachtet und wahrgenommen werden soil, ist es notwendig „Sinn" und „Werte" einzufiihren. Sinn und Werte definieren das verwendete Bezugssystem bzw. die verwendeten Codes.
Wissenschaftlicher Ansatz
Darauf aufbauend geht der radikale Konstruktivismus davon aus, dass die Erkenntnis nicht mehr die objektive Wirklichkeit betrifft, sondern ausschliefilich die Ordnung und Organisation von Erfahrungen in der Welt unseres Erlebens. Im radikalen Konstruktivismus erfolgt das Zusammensetzen unverbundener Elemente durch aktives Operieren der Erlebenden. Dadurch kommt es zu einer bestimmten Form (Ordnung und Struktur der Elemente zueinander). Durch diese bestimmte Form entsteht ein bestimmter Gegenstand. Fiir ein System, das die Elemente, aus denen es besteht, durch die Elemente, aus denen es besteht, selbst produziert und reproduziert, also autopoietisch ist, ist es eine bedeutende Frage, welche Elemente dieses System produziert und reproduziert. Ein definiertes System kann moglicherweise die Elemente a,b,c produzieren und reproduzieren oder auch die Elemente x,y,z. ^
Die Bedeutung von Kommunikation fur das Entstehen sozialer Realitat,
•=> das Vorhandensein von funktionaler Differenzierung, von Autopoiese, von Kontingenz und doppelter Kontingenz, von Selbstreferentialitat, eines Bezugssystems und ^ die Frage, welche Elemente ein System produziert und reproduziert, stellen wesentliche Ansatzpunkte fur die Grundstruktur des Systemischintegrativen Fuhrungsmodells dar. Eine zentrale Fragestellung des Systemisch-integrativen Fuhrungsmodells lautet: Wie kann Arbeitsleistung langfristig gefordert werden.
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Die Entwicklung des Systemisch-integrativen Fuhrungsmodells
Aus dem bisher Beschriebenen ist es nun moglich, Folgendes festzuhalten: •=> Kommunikation hat eine zentrale Bedeutung fur das Entstehen sozialer Realitat und spielt fur den Einfluss auf die Forderung von Arbeitsleistung eine bedeutende RoUe. •=> Je nach Referenz ist eine funktionale Differenzierung von System und Subsystemen vorzimehmen. In der vorliegenden Arbeit ist die Referenz die Forderung von Arbeitsleistung. ^
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•=>
Innerhalb eines definierten sozialen Systems konnen sich die Elemente eines Systems selbst produzieren und reproduzieren (Autopoiese) und damit Arbeitsleistung fordern oder auch verhindem. Ein System tibt Einfluss auf sich selbst aus und beobachtet sich selbst (selbstreferentiell). Somit kann innerhalb eines definierten Systems Einfluss auf Arbeitsleistung ausgeiibt werden. Soziale Systeme konnen sich in einer bestimmten Weise verhalten. Sie konnen sich aber auch anders verhalten (Kontingenz) und wissen dies auch voneinander (doppelte Kontingenz). D.h. es konnen sich die in einer sozialen Interaktion involvierten Partner mehr oder weniger leistungsfordernd verhalten. Das Bezugssystem eines Systems bestimmt, was das System wahrnimmt und beobachtet, wodurch die Interaktion des Systems bestimmt wird. Eine Frage, die sich stellt, ist: Welche Elemente produziert und reproduziert ein System? Sind diese Elemente leistungsfordernd oder leistungshemmend?
Die Durchfuhrung eines Forschungsprozesses in der angewandten Wissenschaft, im Gegensatz ziu- Gmndlagenwissenschaft, bedeutet nicht, disziplinares Wissen mit praktischem Erfahrungswissen anzureichern (Ulrich, 1982). Die Komplexitat sozialer Systeme, der nicht linear herzustellende Zusammenhang bringen mit sich, dass „die Erforschung des Anwendungszusammenhangs nicht durch Methoden allein erfolgen kann,
Wissenschaftlicher Ansatz
die auf ein naturgesetzliches Erklaren ausgerichtet sind, sondern hermeneutische Vorstellungen iiber das Verstehen menschlicher Phanomene mit einschliefit" (Ulrich, 1982, S. 9). Dies fiihrt zu der Forderung nach Methodenvielfalt, was bedeutet, dass neben Empirie fordernden Methoden auch nomothetische Theorievorstellungen erforderlich sind (Lenk/Maring,/Fulda, 1985). Somit fiihrt das Systemdenken, als Gegensatz zum anal5^sch-linearen Denken, zu einer ganzheitlichen, prozessorientierten, analytischen, synthetischen, interdisziplinaren und pragmatischen Forschungsmethodik. Vertreter der Systemtheorie begriinden ihre Hypothesen anhand logischer Formalismen und weniger aufgrund einer empirischen Wahrheit (Kornwachs, 1994; Churchman, 1981). Die Aussagen im Rahmen der Systemtheorie haben eher beschreibenden, modellhaften und weniger prognostischen Charakter; sie stellen sich eher die Frage des gesellschaftlichen Nutzens (Churchman, 1981) und der Problemlosungsrelevanz.
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Die Entwicklung des Svstemisch-integrativen Fuhrungsmodells
Das Systemisch-integrative Fuhnmgsmodell Als erster Schritt zur Entwicklung des Systemisch-integrativen Fuhrungsmodells werden Systeme und Subsysteme definiert. Abgrenzungskriterien sind, aufgrund des Forschungsinteresses, verschiedene Komplexitatsgrenzen in Bezug auf die Forderung von Leistung. Daraus ergeben sich funf Systemebenen: Die Umwelt, die Gesamtorganisation, das Team, das System VorgesetzterMitarbeiter, das System Mensch bzw. Mitarbeiter. Von Interesse ist es, Einflussfaktoren und Wirkungsweisen zu beschreiben, die sich innerhalb einer Organisation befinden und von dieser auch beeinflusst werden konnen. Das aufiere System, das Ausgangssystem, stellt daher die Gesamtorganisation dar. Das „Daruber-hinaus-Gehende", die Umwelt, ist „aufien" und die Gesamtorganisation „innen". Die Umwelt stellt zwar einen wesentlichen Einflussfaktor fiir eine Organisation dar, kann aber von der Organisation, in Bezug auf Forderung von Leistung, in der Kegel kaum beeinflusst werden. Aus diesem Grund wird als Ausgangssystem die Gesamtorganisation definiert. Das Subsystem „Vorgesetzter-Mitarbeiter" stellt einerseits eine Spezialform des Subsystems „Team" dar, andererseits besteht es aus konkreten Handlungen des Subsystems „Mensch". Das Subsystem „VorgesetzterMitarbeiter" beinhaltet sowohl Aspekte des Subsystems „Team" als auch des Subsystems „Mensch" und bildet daher in dieser Arbeit kein eigenes Subsystem. Aus diesen LTberlegungen werden nun folgende drei Systemebenen definiert: •=> die Gesamtorganisation ^ das Team •=> der Mensch
Das Svstemisch-integrative Fuhrungsmodell
Die Wirkungsweise der Gesamtorganisation in Bezug auf die Forderung von Leistung ist eine Frage der Struktur, Kultur, Interessensdurchsetzung und der Veranderungsmoglichkeit. Diese vier Komponenten stellen im Verstandnis dieser Arbeit den umfassenden Begriff „Organisation" dar. Zum Zwecke des bestmoglichen Verstandnisses habe ich fiir das System „Gesamtorganisation" den Begriff „Organisation/Struktur" gewahlt. Das Subsystem „Mensch" ist in Bezug auf die Selbstfiihrung oder das Selbstmanagement zur Forderung von Leistung interessant. Aus diesen tJberlegungen ergeben sich auf der Systemebene folgende Einflussfaktoren: •=> Organisation/Struktur => Team ^
Selbstmanagement
Auf der Prozessebene beeinflussen, wie bereits beschrieben, folgende Gegebenheiten die Forderung von Leistung: ^
Kommunikation hat eine zentrale Bedeutung fiir das Entstehen sozialer Realitat und spielt fiir den Einfluss auf die Forderung von Leistung eine bedeutende RoUe. ^ Das Bezugssystem eines Systems bestimmt, was das System wahrnimmt und beobachtet, wodurch die Interaktion des Systems bestinmit wild. ^ Eine Frage, die sich stellt, ist: Welche Elemente produziert und reproduziert ein System? Sind diese Elemente leistungsfordernd oder leistungshemmend? Wie in Abschnitt „Wissenschaftlicher Ansatz" beschrieben, bestimmt das Bezugssystem eines Systems was das System wahrnimmt und beobachtet und bestimmt somit auch die Interaktion des Systems. Anders formuliert kann fur den Begriff „Bezugssystem" der Begriff „Vision/Zweck" verwendet werden.
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Die Entwicklung des Svstemisch-integrativen Fuhrungsmodells
Auf die letzte Frage, inwieweit produzierte und reproduzierte Elemente leistungsfordernd (bzw. leistungshemmend) sind, beziehe ich mich hinsichtlich der Organisationen auf veranderte Einfliisse der Umwelt, wie die Zunahme der Komplexitat der Umwelt, die Verringemng des Angebots qualifizierter Arbeitskrafte aufgrund demographischer Faktoren, die Veranderung der menschlichen Werte zu mehr Selbstandigkeit und zur verstarkten Bedeutung des freien Willens. Die daraus resultierende zentrale (leistungsfordernde) Anforderung an das Unternehmen ist die Notwendigkeit einer Kultur des „Vertrauens". Vertrauen stellt ein Prozessergebnis dar. Eine wesendiche Frage, die sich dabei automatisch stellt, ist: Wo endet gerechtfertigtes Vertrauen, und wo beginnt blindes Vertrauen? Die Frage konnte auch anders gestellt werden: Wo endet sinnvoUerweise Vertrauen und beginnt sinnvoUerweise KontroUe? Vertrauen und KontroUe sind Begriffe, die sehr eng verbunden sind. Die Komponente „Vertrauen" habe ich daher auf den Begriff „Vertrauen & KontroUe" erweitert. Daraus ergeben sich auf der Prozessebene folgende Komponenten in Bezug auf Forderung von Leistung: •=> Kommunikation •=> Vision/Zweck •=> Vertrauen & KontroUe
Das Svstemisch-integrative Fiihrungsmodell
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Die drei Einflussfaktoren auf der Systemebene und drei Einflussfaktoren auf der Prozessebene ergeben die sechs Einflussfaktoren des Systemischintegrativen Fuhmngsmodells zur Optimierung der Arbeitseffizienz und Arbeitseffektivitat. Systemisch deswegen, weil die Einflussfaktoren wissenschaftstheoretisch aus der Systemtheorie abgeleitet wurden, integrativ daher, weil es sich um ein ganzheitliches, die gesamte Organisation einbeziehendes, Fuhningsmodell handelt.
Abbildung 1:
Das Systemisch-integrative Fuhrungsmodell
Teil 1: Fiihriing und Leistung 1 Ftlhrungsbegriff 5.1 Definition der Systemischintegrativen FOhrung 5.2DiefOnfEbenen der Einflussmdglichkeiten zur F5rderung von Leistung
4.1 Verschiedene Leistungsbergriffe 4.2 Konkretisierung des ^ Leistungsbegriffes y
5 Leistung und Systemischintegrative Ftlhrung
2 Ftlhrungserfolg, Filhnmgseffizienz, FOhrungseffektivitat
2.1 Fflhrungserfolg 2.2 Fahrungseffizienz und FtthrungseffektiviHt
3 Was soil mit Ftihrung eigentlich erreicht werden?
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Fuhrung und Leistung
1. Fiihrungsbegriff Fuhrungsdefinitionen gibt es unzahlige. So einfach der Begriff Fiihrung klingt, so unklar, unterschiedlich verwendet und unterschiedlich definiert ist er. Fuhrung zu erfassen, zu beschreiben und abzugrenzen ist einigermafien schwierig. Im angloamerikanischen Raum sind in die umfangreichen Forschungen von Bass mafigebliche Konzepte zu diesem Thema eingeflossen. Die Abgrenzung Bass's (1981) zum Fuhningsbegriff kann folgendermafien zusammengefasst werden: Fiihrung ist eine Interaktion zwischen Mitgliedem einer Gruppe, und entsteht, wenn ein Gmppenmitglied die Motivation/Kompetenzen anderer, im Sinne einer Ziel-/Werteorientierung modifiziert und sie stellt eine Dauerfunktion in einer Gruppe dar. Neuberger (2002) stellt einerseits den personalen Einfluss auf GefCihrte (Theorie des Fiihrens) und andererseits den umfassenden Kontext, in den Fiihrer und Gefuhrter zusammen eingeordnet sind (Theorie des Geflihrtwerdens bzw. des Fiihren lassens), in den Mittelpunkt. Neuberger definiert damit zwei Betrachtungsweisen von Fuhrung: Fiihrung als eine hierarchisch-strukturierte, soziale Beziehung, bei der typischerweise ein Vorgesetzter den Gefuhrten gegeniibersteht; Andererseits gegenseitige Fiihrung zwischen Fiihrer und Gefuhrtem die beide in Beziehungsnetze, Kraftfelder und Struktiuren integriert sind. Seidel (1978, S. 81) definiert Fiihrung folgendermafien: „Fiihrung ist Fremd-, Willensdurchsetzung i.S. einer intendierten, direkten, as5anmetrischen Fremdbestimmung, die im Wege informierender, struktmierender und motivierender Aktivitaten erfolgt." Eine ahnliche Definition wurde von Wunderer und Grunwald (1980, S. 62) vorgenommen: Fiihrung ist eine „zielorientierte, soziale Einflussnahme, zur Erfiillung gemeinsamer Aufgaben in/mit einer strukturierten Arbeitssituation."
Ftihrungsbegriff
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Baumgarten (1977, S. 9) betont bei seiner Fuhrungsdefinition explizit den Kommunikationsaspekt: „Fuhrung ist jede zielbezogene, interpersonelle Verhaltensbeeinflussung mit Hilfe von Kommunikationsprozessen." Staehle (1999, S. 328) versteht unter Fuhrung „Beeinflussung der Einstellung und des Verhaltens von Einzelpersonen sowie der Interaktionen in und zwischen Gruppen, mit dem Zweck, gemeinsam bestimmte Ziele zu erreichen. Fuhrung als Funktion ist eine RoUe, die von den Organisationsmitgliedern in unterschiedlichem Umfang und Ausmafi wahrgenommen wird." Fuhrung wird aus unterschiedlichsten Perspektiven gesehen. Viele Definitionen gehen von einer sozialen Einflussnahme aus, die aufierdem auch zielgerichtet ist. Diese zielgerichtete Einflussnahme soil bestimmte Ergebnisse hervorrufen. V. Rosenstiel/Molt/Riittinger (2005, S. 310) dazu: „Weitgehende Einigkeit scheint nur darin zu bestehen, dass es sich bei Fuhrung um Einflussprozesse handelt. Wer aber wen mit welcher Legitimation wie beeinflusst, wird in Umschreibungen von Fuhrung zum Teil nicht oder in unvereinbarer Weise angesprochen." Umso mehr ist es laut Neuberger (2002) iiberraschend, dass, trotz dieser weit verbreiteten expliziten oder impliziten Fuhrungsdefinitionen das Endprodukt von Fuhrung, der „Erfolg", relativ wenig theoretische und empirische Beachtung gefunden hat. Neuberger betont dabei, dass die Fiihrungsforscher bislang wenig wahlerisch waren und genommen haben, was sich anbot. Im Zeitraum zwischen 1954 und 1966 wurden bei den 406 in der Fachzeitschrift „Personnel Psychology" veroffentlichten Studien insgesamt ca. 1500 Kriterien verwendet. Davon waren 63% RatingDaten, 12% indirekte Merkmale wie Gehaltshohe, Fluktuation, Fehlzeiten, und etwa 17% direkte Leistungsmafie wie Leistungsdaten, Arbeitsstichproben, Produktionsziffern (Lent/Aurbach/Levin, 1971). Die Kriterien, was den Fiihrungserfolg ausmacht, konnen wohl kaum ohne Willkur genannt
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Fuhrung und Leistung
werden. Es ist also zuerst konkret zu bestimmen, was als Fiihrungserfolg zu gelten hat (v. Rosenstiel/Molt/Ruttinger, 2005). Darauf aufbauend konnen nun entsprechende Kriterien genannt oder definiert werden. Dies zeigt auch die Komplexitat des Problems. Eine schwierige Frage die dabei auftritt ist: Messen die definierten Kriterien auch wirklich den definierten Fiihrungserfolg? Fiihrt man sich die oben genannten 1500 verschiedenen Kriterien vor Augen, die zur Messung des Fuhrungserfolges verwendet wurden, so ist ersichtlich, dass diese Messung kein leichtes Unterfangen ist. Fiihrungserfolg kann also nicht generell untersucht und gemessen werden. Hierfiir sind griindliche Vorarbeiten zur Spezifizierung des Vorhabens zu leisten.
Fuhrungserfolg. Fuhrungseffizienz. Ftihrungseffektivitat
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2. Fuhrungserfolg, Fiihrungseflizienz, Fiihrungseffektivitat Wahrend Neuberger (2002) als Endprodukt der Fuhning, den „Erfolg" und damit den „Fuhrungserfolg" sieht, definiert Yukl (2002) die „Effektivitat" von Fiihrung als das Kriterium von wesentlichem Interesse. Witte (1995) stellt „Effizienz" in den Vordergrund der Fuhrungsforschung. Es stellt sich die nicht einfache Frage: Was ist unter Fuhrungserfolg, Fiihrungseffektivitat, Fuhrungseffizienz zu verstehen?
2.1 Fiihrungserfolg Neuberger hat es als erstaunlich bezeichnet, dass „Erfolg" relativ wenig theoretische und empirische Beachtung in der Fiihrungsforschung gefunden hat. Die Frage ist nun: Was ist unter Fiihrungserfolg zu verstehen? Man konnte sagen, eine Fiihrungskraft ist erfolgreich, wenn die Ziele der Organisation erreicht wurden. Geht man zum Beispiel davon aus, dass die Ziele eines Unternehmens vor allem wirtschaftliche Ziele wie Gewinn, Umsatz, Return on Investment, etc. sind, so konnte man sagen, dass ein Unternehmen erfolgreich ist, wenn, entsprechend vorher definierter Kennzahlen, das Ziel erreicht oder ann^ernd erreicht wurde. Allerdings sagt dies nur etwas dariiber aus, inwieweit ein Ziel erreicht wurde oder nicht. Es sagt nichts dariiber aus, ob eine gute Leistung seitens des Unternehmens bzw. dessen Mitarbeitern erbracht wurde oder nicht. Ob hohe Anstrengungen erforderlich waren oder nicht. Ob hohe Fahigkeiten oder Kenntnisse notwendig waren oder nicht. Wie wird das Ziel festgelegt? Wurde die „Latte" hoch oder niedrig gelegt? Es sagt auch nicht wirklich dariiber etwas aus, ob gut geplant wurde oder nicht, well ja zum Zeitpunkt der Planung noch nicht bekannt war, welche Faktoren sich wie verandern werden. In einer hochkomplexen Umwelt, in der sich morgen, gegeniiber heute, viele Einflussfaktoren unvorhersehbar geandert haben
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Fuhning und Leistung
werden, ist es kaum moglich, iiber einen langeren Zeitraum die Erreichung geplanter Ziele mit Leistung oder Erfolg gleichzusetzen. Selbst dann, wenn ein Ziel erreicht oder sogar libererreicht wurde, wenn wir wissen wurden, dass es eine gute Leistung des Unternehmens bzw. der darin arbeitenden Menschen war, wer sagt, das dies etwas mit Fiihrung zu tun hat? Hat beispielsweise eine westdeutsche Bausparkasse 1989 als Ziel fur das nachste Jahr eine Steigerung von Bausparvertragen im deutschen Raum um 15% definiert, so ware dies, betrachtet im Juni 1989, eine hohe Leistung. Es konnte angenommen werden, dass zur Erreichung dieses Zieles eine hohe Anstrengung erforderlich sein wird. Im September 1989, nach dem Umbruch in Ostdeutschland, war aber klar, dass fur die Erreichung dieses definierten Zieles keine besonderen Anstrengungen erforderlich waren. Es war nur notwendig, den ostdeutschen Biirgem einen Bausparvertrag anzubieten. Wurde eine Steigerung von genau 15% erreicht, so ist das Ziel zu 100% erreicht worden. Man konnte sagen die Bausparkasse bzw. die Mitarbeiter waren erfolgreich. Man konnte aber nicht sagen, dass dies eine besonders gute Leistung darstellte, da es wahrscheinlich relativ einfach gewesen ware, eine Steigerung von 30% zu erzielen. Es konnte auch nicht gesagt werden, dass die Steigerung der Abschlusse von 15% eine hohe Anstrengung, einen hohen Liput, erforderlich machte. Man kann hier auch nicht von hoher Effizienz sprechen. Vielleicht war ein Vertreter der Bausparkasse so ungeschickt, dass er trotz der grofien Nachfrage der ostdeutschen Staatsburger an Bausparvertragen zwar gerade eine Steigerung der Abschlusse von 15% erreicht hat, aber Tag und Nacht gearbeitet hat und von Interessenten zu Interessenten imterwegs war. Hier kann weder von Erfolg noch von Produktivitat gesprochen werden. Ein anderer Vertreter hat vielleicht nm* an zwei Tagen pro Woche ostdeutsche Interessenten besucht, die restlichen 5 Tage Urlaub gemacht und trotzdem eine Steigerung der Vertragsabschlusse von 15% erreicht.
Ftihrungserfolg. Ftihrungseffizienz. Fuhmngseffektivitat
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Welche Chancen, Gefahren, innovative Moglichkeiten ergeben sich bei einer grofien Umweltanderung fiir ein Unternehmen? Es ist naturlich klar, dass es sich bei diesem Beispiel um eine extreme Umweltanderung handelt. In einer sich rasant andernden Umwelt kommt so etwas, in einer anderen Form und vielleicht in einer anderen Auspragung, taglich vor.
2.2 Fuhningseffizienz und Fiihrungseffektivitat Effektivitat und Effizienz gehen auf das Lateinische zuriick und konnen grob mit Wirksamkeit libersetzt werden. Wahrend Effizienz relativ klar als das Verhaltnis von Output zu Input definiert wird, gibt es fiir Effektivitat keinen voUig einheitlichen Sprachgebrauch (Witte, 1995). Haufig wird unter Effektivitat „das Richtige tun" verstanden. Wahrend unter Effizienz "richtig tun", also unter grolitmoglichem Verhaltnis von Output zu Input, verstanden wird. Die Fahigkeit effizient zu arbeiten, zu fiihren, ist also nicht besonders zielfiihrend, wenn Sie im „falschen Dschungel" sind, wenn Sie sich aber im „richtigen Dschungel" befinden, macht es sehr viel aus. Witte (1995) beschreibt zwei verschiedene Arten von Effizienz: die Leistungseffizienz und die Personeneffizienz. Messbare Ergebnisse von Leistungseffizienz sind beispielsweise Gewinn, Deckungsbeitrag, Produktivitat. Die Personeneffizienz bezieht sich hingegen auf die Wirksamkeit einer Fuhrungskraft oder einer gemeinsam operierenden Gruppe. Personenbezogene Variablen sind beispielsweise Zufriedenheit, Gruppenzusammenhalt, Kooperationsbereitschaft, Vertrauen.
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Ftihrung und Leistung
Bleibt man jedoch bei der allgemeinen Definition von Effizienz, die das Verhaltnis eines bestimmten Outputs zu einem bestimmten Input darstellt, so ist es erforderlich, den oben beschriebenen Outputvariablen von Personeneffizienz eine Inputvariable gegeniiber zu stellen. Zum Beispiel Gruppenzusammenhalt (Output) bezogen auf die Anzahl der Gruppenkontakte (Input). Verschiedene Autoren sehen Effektivitat als Grad der Zielerreichung (Reimann 1975a, Budaus/Dobler 1977, Cunningham 1977). Meiner Ansicht nach wird der Grad der Zielerreichung besser als Erfolg beschrieben als durch Effektivitat. Wie auch in Abschnitt 2.1. beschrieben, sagt der Grad der Zielerreichung nicht unbedingt etwas iiber das Verhaltnis von Output zu Input aus, sondem nur dariiber, inwieweit ein Ziel erreicht wurde oder nicht.
Was soil mit Ftihrung eigentlich erreicht werden?
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3. Was soil mit Fiihrung eigentlich erreicht werden? Im vorangegangenen Abschnitt haben wir uns mit Kriterien von wesentlichem Interesse fiir die Fiihrung wie Fiihrungserfolg, Fiihrungseffizienz und Fiihrungseffektivitat auseinandergesetzt. Unter welchen Gesichtspunkten soil nun Fiihrung betrachtet werden? Was soil mit Fiihrung eigentlich erreicht werden? Was Fuhrungserfolg ist, muss von Fall zu Fall unterschiedlich definiert werden. Daher werden von Organisation zu Organisation unterschiedliche Kriterien des Fiihrungserfolges genannt. Es ist kaum moglich, verschiedene empirische Untersuchungen in einem strengen Sinne miteinander zu vergleichen. V. Rosenstiel/Molt/Riittinger (2005, S. 365) schreiben hierzu: „Er [der Fiihrungserfolg, Anm.) wird....nicht aus wissenschaftlichen Annahmen abgeleitet, sondern dariiber wird in der Praxis politisch entschieden. Die Kriterien dieses Erfolgs sind vielfach wenig prazise oder gar ganzlich unreflektiert. Was jeweils als Fiihrungserfolg gelten kann, fallt hochst unterschiedlich aus." Der Griinder eines Unternehmens zum Beispiel, der das Ziel hat, seine neue Produkt- oder Dienstleistungsidee publik zu machen, um anschlieliend das Unternehmen um einen moglichst hohen Preis zu verkaufen, wird ein anderes Fiihrungsziel haben als eine staadiche Dienstleistungsorganisation. Je nachdem, worauf ein Unternehmen primar ausgerichtet ist bzw. worauf die Eigentiimer, Geschaftsfuhrer, Fiihrungskrafte, Mitglieder ein Unternehmen primar ausgerichtet haben, ist die Frage, 'Was soil Fiihrung iiberhaupt erreichen?' zu definieren.
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Fiihrung und Leistung
4. Definition von Leistung als Interessensgegenstand fiir die Fiihrung 4.1 Verschiedene LeistiingsbegriflEe Der Begriff „Leistung" wird haufig verwendet, die genaue Definition dieses Begriffes ist jedoch dnrchaus schwieiig. Je nach Fachdisziplin wird Leistung unterschiedlich definiert. Das Enzyklopadische Lexikon von Brockhaus definiert Leistung zum Fachgebiet Betriebswirtschaft folgendermafien: „Ausbringung oder Ergebnis der im betrieblichen Produktionsprozess innerhalb eines bestimmten Zeitraums (Perioden-L.) hervorgebrachten Sachgiiter oder bereitgestellten Dienstleistungen" (Brockhaus Enzyklopadie, 1996, S. 263, zum Fachgebiet Betriebswirtschaft). Vonessen's Definition von Leistung lautet: „Leistung, ist nomen actionis und nomen acti zugleich, meint zuerst das Geschehene selbst, den Vorgang und dann erst das durch das Geschehene erreichte Ergebnis" (Vonessen zitiert aus Schettgen, 1996, S. 174) Schuler (2004) beschreibt Leistung anhand verschiedener Leistungsmafie als Grundlage fur die Leistungsbeurteilung. Schuler hat sechs verschiedene Leistungsmafie definiert, die an einem Beispiel aus der Tatigkeit eines Mitarbeiters im Pharma Aufiendienst in Abbildung 2 beschrieben werden:
Definition von Leistung als Interessensgegenstand flir die Ftihrung
1
2
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4 5 6
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Tatigkeiten Beispiel: Niedergelassene Arzte zu Informationsveranstaltungen einladen Kenntnisse Beispiel: Mit der einschlagigen pharmakologischen Literatur vertraut sein Ziele Beispiel: Das Image des Unternehmens in der Offentlichkeit verbessern Ergebnisse Beispiel: Den Marktanteil eines eingefiihrten Produkts erhohen Verhalten Beispiel: Die Wirkungsweise neuer Praparate pragnant erklaren Fahigkeiten/Eigenschaften Beispiel: Kontaktfahigkeit
Abbildung 2:
Verschiedene Leistungskategorien am Beispiel eines Mitarbeiters im Pharma Aufiendienst (aus Schuler 2004)
In einer unveroffenflichten Arbeit des Lehrstuhles fiir Informatik an der Universitat Dortmund wird die Leistung von Rechensystemen folgendermafien definiert: „Die Leistung eines Rechensystems ist die Antwort des Systems auf die iiberantwortete Last" (Universitat Dortmund, S. 5). Des weiteren wird in dieser Arbeit zwischen externen Leistungsmafien und internen Leistungsmafien unterschieden. Die externen Leistungsmafie stellen mittels Effektivitats-Kriteiien die „Wirksamkeit" eines Rechensystems fest. Die internen Leistungsmafie dienen der Feststellung der „produktive Ausnutzung" eines Rechensystems, in Bezug auf dessen prinzipiellen Fahigkeiten mittels Effizienz-Kiiterien.
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Ftihrung und Leistung
Unter dem Begriff „Leistung" wird einerseits ein Arbeitsvorgang, andererseits ein Ergebnis verstanden. Diesen beiden Verstehensweisen von Leistung entsprechen wiederum den Begriffen Effektivitat und Effizienz. Dariiber hinaus ist Leistung objektiv als auch subjektiv. Beispielsweise kann es fiir einen Hobbysportler eine sehr gute Leistung sein, bei einem Hochsprung 1,70 Meter zu erreichen. Fur einen Spitzensportler ist dies eine schlechte Leistung. Fiir ein Untemehmen kann es eine gute Leistung sein, den Umsatz gegeniiber dem Vorjahr um 5% gesteigert zu haben. Abhangig von der Konjunktur, Branchenentwicklung, etc. kann dies aber auch eine schlechte Leistung sein. Fiir die Definition von Leistung ist es daher auch notwendig ein Bezugssystem einzufuhren. Leistung hat auch eine relative Grolie und ist in Bezug auf „Leistung von Mitarbeitern" kaum messbar. Sprenger (2000a, S. 171) schreibt ziu: Messbarkeit von Leistung: „Messbarkeit von Leistung ist eine Illusion" und liefert dazu ein polemisches Beispiel (S. 170): „Aber 98% Forecast sind doch objektiv! Tatsachlich? Da sagt der eine: 98% sind vor dem Hintergrund der Marktentwicklung eine hervorragende Leistung! Sagt ein anderer: 2% unter Forecast! Drama! Sagt ein Dritter: Wir miissen unsere rolling estimates verbessem. Ein Vierter: Planung ersetzt sowieso nur den Zufall durch Irrtum. Eine Zahl, vier Beobachter, vier Messungen." Die Rahmenbedingungen unter denen Leistung erbracht werden soil, bestimmen wesentlich das Leistungsergebnis. Leistung wird von einer Mehrzahl von Bedingungen determiniert (Campbell/Pritchard, 1976; v. Rosenstiel, 2000; Vroom, 1964). Klassifiziert man die Bestimmungsfaktoren von Leistungsverhalten auf einem mittleren Abstraktionsniveau, so lasst sich die Abhangigkeit von Leistung in soziales Diirfen (formelle und informelle Normen und Regeln), in situatives Ermoglichen (forderliche und hinderliche aufiere Bedingungen), in individuelles Konnen (Wissen und Kompetenzen) und in personliches WoUen (Motivation) einteilen (v. Rosenstiel, 1995).
Definition von Leistung als Interessensgegenstand fur die Fuhrung
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Fasst man soziales Diirfen und situatives Ermoglichen zusammen, so kann dies als Leistungsmoglichkeit bezeichnet werden. Das individuelle Konnen ist die Leistungsfahigkeit und das personliche WoUen die Leistungsbereitschaft. Diese drei Faktoren oder Dimensionen der Leistung bestimmen nun gemeinsam den Leistungsbegriff. Leistung besteht also aus: - Leistungsmoglichkeit - Leistungsfahigkeit - Leistungsbereitschaft Die Leistungsmoglichkeit beschreibt die Moglichkeit, die den Mitarbeitern gegeben wird, entsprechende Leistungen zu erbringen. Es miissen geeignete Situationen, Aufgaben und Rahmenbedingungen vorhanden sein. Ein Beispiel von Malik (2001b, S. 114): „Es bedurfte der Situation des Zweiten Weltkriegs und der speziellen Lage Englands in diesem Krieg, um aus Churchill einen Fiihrer zu machen, der er nach Einschatzung der meisten Fachleute war. Vorher hatte Churchill - abgesehen von seinen Positionen wahrend des Ersten Weltkriegs - ein ziemlich bedeutungsloses Leben als Hinterbankler im britischen Parlament gefiihrt." Die Leistungsmoglichkeit entspricht dem soziales Diirfen und situativen Ermoglichen (siehe oben). Die Leistungsfahigkeit beschreibt das Konnen des Mitarbeiters. Hier geht es darum, dass der Mitarbeiter die Fahigkeiten, personlichen Kompetenzen und das Wissen, also das individuelle Konnen, hat, die ihm gestellten Anfordeningen zu bewaltigen.
Fiihrung und Leistung
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Die Leistungsbereitschaft beschreibt das WoUen des Mitarbeiters. Das personliche Wollen, also die Motivation Leistung erbringen zu wollen, kann durch gezielte Motivations- und Volitionsmafinahmen beeinflusst werden (siehe Teil 2, Abschnitt 6.5, Wille (Volition)).
4.2 Konkretisiening des Leistungsbegriffes Zur Konkretisiening des Begriffs Leistung ist die Definition von Stafford Beer (1973, S. 168) hilfreich: Aktualitat:
Darunter versteht man all das, was jetzt und heute mit Hilfe der verfugbaren Mittel und unter den geltenden Einschrankungen erzielt werden kann oder erzielt wurde.
Fahigkeit:
All das, was (ebenfalls jetzt und heute) mit Hilfe der verfugbaren Mittel und unter den geltenden Einschrankungen erreicht werden kann, wenn man die Sache tatkraftig anpackt.
Potenzialitat:
Einsatz samtiichen Reserven und Abbruch aller Schranken - nach wie vor jedoch im Rahmen des Durchfuhrbaren.
Aus dieser Definition bildet Beer (1973, S. 168) drei Kennzahlen oder, wie Beer es formuliert, drei Indexe: Produktivitat: Latenz: Leistung:
Das Verhaltnis zwischen Aktualitat und Fahigkeit Das Verhaltnis zwischen Fahigkeit und Potenzialitat Das Verhaltnis zwischen Aktualitat und Potenzialitat oder das Produkt aus Latenz und Produktivitat.
Definition von Leistung als Interessensgegenstand ftir die Ftlhrung
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Kann beispielsweise eine Schreibkraft 100 Seiten in einer bestimmten Zeit tippen, schreibt sie jedoch nur 50 Seiten, so betragt die Produktivitat in dieser Zeitspanne 0,5 (Aktualitat =50 Seiten / Fahigkeit = 100 Seiten). Hatte die Schreibkraft jedoch das Potenzial, durch beispielsweise der Teilnahme an einem „Schreibmaschinenkurs fiir Profis", 200 Seiten in diesem Zeitraum zu tippen, so betragt die Leistung 0,25 (Produktivitat = 0,5 X Latenz = 0,5 oder Aktualitat = 50 Seiten / Potenzialitat = 200 Seiten). Diese Definitionen bewirken auch eine Begriindung einer nicht ganz kurzfristigen Betrachtungsweise von Leistung, die Beer (1973, S. 170) folgendermafien beschreibt: „Hier entdecken wir dann schliefilich jenen Managertyp, der heutzutage alles dransetzt, um ein Industrieunternehmen zu ruinieren. Er gehort zu jenen, die rigoros vom Rotstift Gebrauch machen (was aber keineswegs heifien soil, daU Kostenreduziemng stets riicksichtslos und unbarmherzig durchgefiihrt wird). Der Manager, den ich meine, steigert die Produktivitat, wahrscheinlich auch den Gewinn und verschafft sich dadurch einen phanomenalen Ruf, allerdings nicht durch allgemeine Leistungssteigerung, sender durch Reduktion der Fahigkeit, weil er namlich seine latenten Reserven sinnlos vergeudet. Er kurzt die Haushaltsmittel, sieht untatig zu, wenn wertvoUe Mitarbeiter aus der Firma ausscheiden, lasst die Forschungsergebnisse unberiicksichtigt, sobald dies auch nur den leisesten Aufwand gleich welcher Art bedeutet oder das geringste Risiko enthalt und triumphiert so in seiner Eigenschaft als zaher, unnachgiebiger Praktiker. Bei der orthodoxen Berichterstattung wird der Schaden, den er anrichtet, durch nichts und nirgendwo enthuUt. Weder in der Gewinn- und Verlustrechnung noch in der Bilanz findet sich auch nur der geringste Hinweis dafiir, dass so ein Manager dem Ruf der Firma schadet, sei es auf dem Markt hinsichtlich der Erzeugnisse, sei es hinsichtlich Lieferungen oder Mitarbeiterstab - alles Dinge, die bereits in wenigen Jahren moglicherweise lebensnotwendig werden konnten. Durch die vorgeschlagenen Indexe wird all dies offenbar."
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Fiihrung und Leistung
Wahrend Aktualitat nach aulien sichtbar ist und somit auch gemessen werden kann, ist die Fahigkeit und die Potenzialitat nicht nach auiJen sichtbar und dadurch auch schwer messbar. Messgrofien von Aktualitat konnen beispielsweise sein: Umsatz, Gewinn, Deckungsbeitrag. Bezogen auf Mitarbeiter konnen Messgrofien von Aktualitat beispielsweise sein: Anzahl verkaufter Produkte durch die Mitarbeiter, Anzahl bearbeiteter Falle durch die Mitarbeiter. Fahigkeit ist etwas, das, im besten Fall, moglich ist zu erreichen, wenn eine Person die Sache tatkraftig anpackt. Potenzial stellt hingegen Begabungen, Eigenschaften dar, die moglicherweise noch nicht so entwickelt sind, dass sie eine Person umsetzen kann. Potenzialitat kann durch beispielsweise Ubung, Unterricht, Erfahrung in Fahigkeit verwandelt werden. Wird nun eine Fahigkeit umgesetzt, so konrnit es zur Aktualisierung. Potenzialitat kann jedoch nicht erzeugt, sondern nur gefordert werden. Potenzialitat kann aber auch nicht gefordert Oder verhindert werden. Ein Beispiel: Ein 12-jahriges Madchen, das musikalisch aufiergewohnlich begabt ist, hat das Potenzial Profi-Konzertpianistin zu werden. Da sie jedoch, in unserem Beispiel, erst seit 3 Jahren Klavieruntenicht erhalt, hat sie natiirlich noch nicht die Fahigkeit als Profi-Konzertpianistin aufzutreten. Abgesehen davon hatte sie aufgrund ihres Alters auch noch nicht die entsprechende Moglichkeit dazu, da dies gesetzlich nicht erlaubt ware. Leistungsfahigkeit und Leistungsmoglichkeit sind, bezogen auf die ProfiKonzertpianistin, noch nicht vorhanden. Was allerdings vorhanden ist, ist die Potenzialitat. Hat nun die junge Dame die Leistungsbereitschaft dazu, Profi-Konzertpianistin zu werden, so kann durch viel Ubung, einem sehr guten Klavierlehrer und unterstiitzende Eltern das Potenzial gefordert und in Fahigkeit umgewandelt werden. Wahrscheinlich muss dafiir das 12-
Definition von Leistung als Interessensgegenstand fur die Flihrung
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jahrige Madchen andere Bediirfnisse zuriickstellen. Ob sie dies bereit ist zu tun, ist eine Frage der Leistungsbereitschaft. Hat sie nun nach Jahren vielen Ubens die Fahigkeit erreicht, als ProfiPianistin auftreten zu konnen, ist es nun notwendig, die entsprechende Moglichkeit dafiir zu erhalten, d.h. die Moglichkeit zu haben, Fahigkeit in Aktualitat umsetzen zu konnen. Hat sie nun diese Moglichkeit erhalten und ist sie nun schon ofter als Pianistin aufgetreten, so wird sie wahrscheinlich aufgrund ihrer Erfahrungen dazulernen und wiederum ihre Fahigkeit erhohen. Ein anderes Madchen, das musikalisch nicht sehr begabt ist, wird voraussichtlich keine so gute Profi-Konzertpianistin werden konnen. Das hierfiir notwendige Potenzial ist in diesem Bereich nicht vorhanden. Belm Systemisch-integrativen Fuhrungsmodell soil durch Fiihrung Leistung langfristig gefordert werden. Es geht darum, entsprechend der Potenzialitat die Fahigkeit zu erhohen und entsprechend der Fahigkeit die Aktualitat zu erhohen. Hier wird auch das Aufgabengebiet von Fiihrung deutlich: Fiihrung muss dafiir sorgen, dass Personen mit der entsprechenden Potenzialitat an der entsprechenden Stelle eingesetzt werden und somit die Moglichkeiten geschaffen werden, dass die Mitarbeiter Leistungen erbringen konnen: Die Personalauswahl, die Teamzusammenstellung, der Personaleinsatz, also die Forderung der Leistungsmoglichkeit. Fiihrung muss dafiir sorgen, dass Potenzial gefordert wird und dieses in Fahigkeiten umgewandelt wird: die Personalentwicklung und Personlichkeitsentwicklung, die Forderung der Leistungsfahigkeit. Hier handelt es sich allerdings keinesfalls hauptsachlich um die Aufgabe des Vorgesetzten, sondern es ist teilweise die Aufgabe des Vorgesetzten und teilweise die Aufgabe des Mitarbeiters. Die Verteilung der Verantwortung hierfiir hangt von der Qualitat der Aufgabe, vom Qualifizierungsniveau des Mitarbeiters, von der hierarchischen Eingliedening in der Orga-
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Fuhrung und Leistung
nisation, kurz gesagt davon ab, was vom Mitarbeiter, in dieser Funktion, erwartet werden kann. Fuhrung bedeutet also nicht nur Fuhrung einer Person durch eine andere Person, sondern auch Selbstfuhrung oder besser formuliert SelbstManagement. Fuhrung muss Rahmenbedingungen zur Verfugung stellen, wodurch die Bereitschaft gefordert wird, Potenzial in Fahigkeiten zu verwandeln und Fahigkeiten in Aktualitat umzusetzen, also die Fordemng der Leistungsbereitschaft. Hier wird deutlich, dass sich, in diesem Verstandnis, Fiihrung nicht niu* auf die Interaktion oder die Einflussnahme von Menschen bezieht, sondern auch auf die Struktur im Team und in der Organisation. Organisationsstruktur und Organisationskultur sind somit auch Aspekte der Fuhrung. Leistungsbereitschaft eines Mitarbeiters kann von einer Fuhrungskraft nicht produziert, sondern dadurch gefordert werden, indem hemmende Rahmenbedingungen, die die Leistung negativ beeinflussen, beseitigt werden. Somit muss, in Bezug auf die Leistung, der Vorgesetzte „nur" dafiir sorgen, dass diese nicht behindert wird. Nicht Motivierung durch den Vorgesetzten ist hauptsachlich erforderlich, sondern Verhinderung von Demotivierung. Haufig macht sich eine Fuhrungskraft viele Gedanken und verwendet viel Energie dafur wie die Leistungsbereitschaft bei seinen Mitarbeitern gesteigert werden kann (Der Mitarbeiter muss ja motiviert werden). Gedanken daniber wie die Leistungsmoglichkeit und die Leistungsfahigkeit als Voraussetzung fiir Leistung geschaffen werden kann, werden oft vernachlassigt. Sprenger (2000a) beschreibt Motivierung als das, was von Aulien kommt und Motivation als das, was von Innen kommt.
Definition von Leistung als Interessensgegenstand fiir die Ftihrung
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Sprenger (2000a) sieht das Menschenbild der Motivierung folgendermafien: Menschen sind tendenziell Leistungsverweigerer. Menschen sind hierarchisch gestaffelte Bediirfnisbundel. Menschen sind Reiz-Reaktions-Maschinen. D.h. Menschen sind im Prinzip triviale Maschinen und reagieren nach dem Muster des Pawlow'schen Hundes. Hemmende Rahmenbedingungen, Schranken, Begrenzungen konnen nun dazu fiihren, dass Potenzial nicht in Fahigkeit und Fahigkeit nicht in AktuaUtat umgesetzt wird. Solche hemmenden Rahmenbedingungen, Schranken, Begrenzungen konnen in folgenden Bereichen liegen: In der Umwelt, der Organisation, im Team, der Beziehung VorgesetzterMitarbeiter, der eigenen Person.
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Fiihrung und Leistung
5. Leistung und Systemisch-integrative Fiihrung 5.1 Definition der Systemisch-integrativen Fiihning Das Betrachtungsinteresse des Systemisch-integrativen Fuhrungsmodells bezieht sich nicht auf Kennzahlen wie beispielsweise Gewinn, Umsatz Oder Shareholder Value, sondern auf die langfristige Forderung der Leistung in Organisationen durch Fiihrung. Die Bezeichnung „Systemisch-integrative Fiihrung" wahle ich deshalb, well ich einerseits die sechs Einflussfaktoren auf die Arbeitsleistung (siehe Teil 2) wissenschaftstheoretisch aus der Systemtheorie abgeleitet habe, und es andererseits darum geht, alle wesentlichen Einflussfaktoren in Bezug auf Fiihrung in ein Fiihrungsmodell einfliefien zu lassen. Auf Basis der Zielrichtung, die langfristige Forderung der Leistung in Organisationen und der in Abschnitt 4.1. beschriebenen drei Faktoren bzw. Dimensionen von Leistung sei, im Rahmen des „Systeniischintegrativen Fiihmngsmodells" Fiihrung folgendermafien definiert: Fiihrung ist die Forderung der ^ Leistungsmoglichkeit, ^ Leistungsfahigkeit und ^ Leistungsbereitschaft von Mitarbeitern und Fiihrungskraften ziu- Optimierung der Leistung in Organisationen. Diese Definition bedeutet, dass Fiihrung in diesem Zusammenhang nicht generell als Einflussnahme gesehen wird, die zielbezogen ist, sondern viel enger gefasst wird. Nicht Einflussnahme an sich ist der Betrachtungsfokus, sondern Handlungen und Verhaltensweisen, um die Leistung in Organisationen langfristig zu optimieren und somit die Leistungsmoglichkeit, die Leistungsfahigkeit und die Leistungsbereitschaft zu fordern. Diese Definition von Fiihrung ist im Zusanmienhang mit dem Systemisch-
Leistung und Svstemisch-integrative Fiihrung
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integrativen Fuhmngsmodell zu sehen und kann nicht als allgemeine Definition fiir Fiihrung gesehen werden. Fiihrung wie oben definiert bedeutet, dass die Fuhrungskraft den Mitarbeiter fiihrt, aber auch, dass der Mitarbeiter den Vorgesetzten fuhrt, die Kollegen sich untereinander fiihren und Mitarbeiter sich selbst fiihren. Daraus ergeben sich die in Abbildung 3 dargestellten vier Richtungen der Fiihrung:
von oben
nach oben
nach unten
von unten
I zwischen Kollegen |ii^ KoUegenl (laterale i Fiihrung) Abbildung 3:
sich selbst (Selbstmanagement)
Die vier Richtungen der Fuhrung
Beim Systemisch-integrativen Fiihrungsmodell wird alien am Fiihrungsprozess beteiligten Personen Fiihrungsverantwortung zugeschrieben. Diese Verantwortung ist bei den einzelnen Beteiligten unterschiedlich stark ausgepragt: Wahrend bei der Dimension der Leistungsmoglichkeit der Fiihrungskraft erhebliche Verantwortung zukommt, wird zwar dem Gefiihrten in dieser Dimension auch Verantwortung, aber in weitaus geringerem Ausmafi, zugeschrieben. Bei der Leistungsfahigkeit kommt je nach hierarchischer Einordnung und Ausmali der Aufgabenverantwortung auf alle im Fiihrungsprozess beteiligten Personen eine entsprechend hohe Verantwortung zu.
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Fiihrung und Leistung
Die Dimension der Leistungsbereitschaft liegt hauptsachlich im Verantwortungsbereich des Geflihrten. Aufgabe der Fiihrungskraft ist es hier dafur zu sorgen, Leistungsbereitschaft nicht zu vermindern bzw. zu verhindern. Gerade in der Dimension der Leistungsbereitschaft setzen in der Praxis die meisten Fiihrungsanstrengungen an. Das dahinter liegende Menschenbild, wie bereits beschrieben (siehe Abschnitt 4.2 ), kommt hier zur Anwendung: Wie kann ich meinen Mitarbeiter, der grundsatzUch Leistungsverweigerer ist, beeinflussen, motivieren die von mir erwartete Leistung zu erbringen? Welche Anreize kann ich setzen, damit mein Mitarbeiter die gewunschten Reaktionen erzeugt?
5.2 Die fiinf Ebenen der Einflussmoglichkeiten zur Fordening von Leistung Einflussfaktoren und Rahmenbedingungen innerhalb einer Organisation wirken sich auf die Forderung der Leistungsmoglichkeit, der Leistungsfahigkeit und der Leistungsbereitschaft positiv oder negativ aus. Hemmende Rahmenbedingungen, Schranken, Begrenzungen konnen dazu fuhren, dass Potenzial nicht in Fahigkeit und Fahigkeit nicht in Aktualitat umgesetzt wird (siehe auch Abschnitt 4.2). Solche henunenden Rahmenbedingungen, Schranken, Begrenzungen Uegen in einem oder mehreren der folgenden Bereiche: Umwelt, Organisation, Team, Beziehung Vorgesetzter-Mitarbeiter, Individuum. Diese Abgrenzungsebenen werden, ausgehend von der Person/vom Individuum bis zur umfassendsten Ebene, der Umwelt, inuner komplexer. Je nach Komplexitat der einzelnen Ebenen sind die Einflussmoglichkeiten durch die Organisation und deren Mitglieder mehr oder weniger vorhanden und die Rahmenbedingungen leichter oder schwerer veranderbar.
Leistung und Svstemisch-integrative Fiihrung
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Im Folgenden sind die fiinf Abgrenzungsebenen beschrieben. a) DieUmwelt Die Umwelt bestimmt die Rahmendbedingungen fur die Anforderungen an die Organisation und die Fiihrung in der Organisation. Wirtschaftliche, technische, sozialpsychologische und okologische Rahmenbedingungen stellen neue Anforderungen an die Fiihrung. Die wichtigsten Umwelteinfliisse, die die Anforderungen an die Fiihrung maligeblich beeinflussen, sind: 1) Die Zunahme der wirtschaftlichen und technologischen Komplexitat. 2) Die Entwicklungen des Angebots und der Nachfrage nach Mitarbeitern. 3) Der Wertewandel. 4) Okologische UmweUentwicklungen und Rahmenbedingungen. 5) Die Einstellung der Menschen zu Leistung und das Leistungsempfinden. 6) Die Anforderungen an Unternehmen seitens potenzieller Mitarbeiter. b) Die Gesamtorganisation Die Gesamtorganisation iibt durch die Verhaltensweisen des TopManagements, durch das Bezugssystem (Sinn, Werte, Unternehmenskultur) und durch die Organisationsstruktur (Aufbau- und Ablauforganisation) Einfluss auf die Leistungsmoglichkeit, die Leistungsfahigkeit und die Leistungsbereitschaft der OrganisationsmitgUeder aus.
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Flihrung und Leistung
c) Das Team Das Team hat die Moglichkeit, durch das Einbringen und Aktivieren von Potenzialitat der einzelnen Teammitglieder, die Aktualitat und dadurch die Teamleistung zu erhohen. Indem die vorhandene Fahigkeit bzw. das vorhandene Potenzial eines Individuums im Team eingebracht wird, kann es durch die Leistungsmoglichkeit zur Aktualisiening und damit zur Erhohung der Leistung kommen. Die Leistungsfahigkeit und Leistungsbereitschaft kann durch Interaktionen im Team gefordert werden. Diese Interaktionen konzentrieren sich nicht auf eine Person, den Vorgesetzten, sondern auf mehrere Personen, die Teammitglieder. Somit wird die Beeinflussungsmoglichkeit der Leistungsfahigkeit und der Leistungsbereitschaft (ggfs. auch der Leistungsmoglichkeit) auf die Teammitglieder iibertragen. d) Das System Vorgesetzter-Mitarbeiter - als dualer Prozess Der Vorgesetzte kann auf die Leistungsmoglichkeit seiner Mitarbeiter einwirken, indem er ihnen entsprechende Aufgaben und Verantwortungen abgibt. Im Bereich der Leistungsfahigkeit und der Leistungsbereitschaft hat der Vorgesetzte diu-ch Interaktionen die Moglichkeit, diese Komponenten zu fordem. e) Das Individuum bzw. der Mitarbeiter Das Individuum bzw. der Mitarbeiter hat die Moglichkeit, durch Selbstmanagement die Leistungsmoglichkeit, die Leistungsfahigkeit und die Leistungsbereitschaft bei sich selbst zu fordern, auch wenn er Begrenzungen und behindernder Rahmenbedingungen unterworfen ist.
Leistung und Svstemisch-integrative Fiihrung
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Ziel der Arbeit ist, Komponenten in Bezug auf Fiihrung zu beschreiben, die es ermoglichen durch die Erhohung der Leistungsmoglichkeit, der Leistungsfahigkeit und der Leistungsbereitschaft die Fahigkeit und die Aktualitat und somit die Leistung zu erhohen. Die Definition dieser fiinf Ebenen der Einflussmoglichkeit zur Erhohung von Leistung pragt im Folgenden die GUederung dieses Buches. Die Umwelt stellt Rahmenbedingungen fur die Mitarbeiterftihrung dar, welche jedoch fiir die OrganisationsmitgHeder kaum veranderbar sind. Zwar ist es einzelne Personen oder Personengruppen gelungen, Veranderungen einzuleiten, wie es beispielsweise bei der 68er Bewegung der Fall war, Anderungen in der Wertehaltung der Gesellschaft herbeizufiihren. Diese haben jedoch einerseits sehr zeitverzogert fiir die Fiihrung Bedeutung gewonnen, andererseits sind diese Personen oder Personengruppen nicht im Rahmen ihrer Tatigkeit und Funktion innerhalb der Organisation, sondern als Personen aufierhalb der Organisation aktiv geworden. Vereinzelt konnen sehr grofie Organisationen die Umwelt beeinflussen und damit auch durch Fiihrung Einfluss auf die Leistung ausiiben. Dies ist jedoch nur sehr vereinzelt und nur bei sehr grolien oder sehr spezifischen Organisationen moglich. Das Betrachtungsinteresse des Systemisch-integrativen Fiihrungsmodells bezieht sich auf die Moglichkeit, Einfluss auf die Erhohung von Leistung innerhalb einer Organisation nehmen zu konnen und dies als Fiihningsaufgabe zu verstehen.
Teil 2: Die sechs Einflussfaktoren des Systemisch-integrativen Fiihrungsmodells zur Optimienmg der Arbeitseffizienz iind Arbeitsefifektivitat
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Die sechs Einflussfaktoren des Svstemisch-integrativen Fuhrungsmodells
Die definierten sechs Einflussfaktoren des Systemisch-integrativen Fiihrungsmodells zur Optimierung der Arbeitseffizienz und Arbeitseffektivitat (siehe Abschnitt „Die Entwicklung des Systemisch-integrativen Fuhrungsmodells") werden in diesem Teil genauer dargestellt und deren Wirkungsweisen beschrieben. Die sechs Komponenten des Systemisch-integrativen Fuhrungsmodells sind in Abbildung 4 grafisch dargestellt:
Abbildung 4:
Die sechs Komponenten des Systemisch-integrativen Fuhrungsmodells
Die sechs Einflussfaktoren des Svstemisch-integrativen Fuhrungsmodells
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An ein Unternehmen werden verschiedene Anforderungen wie beispielsweise das Abwickeln eines bestimmten Auftrages oder das Einhalten gesetzlicher Rahmendbedingungen gestellt. Kurz gesagt, das Unternehmen ist unterschiedlichsten Inputs ausgesetzt. Je nachdem, wie diese Inputs verarbeitet werden, entsteht ein mehr oder weniger zweck- und zielgerichteter Output. Der zweck- und zielgerichtete Output bestimmt den Erfolg des Unternehmens. Die Verarbeitung der Inputs erfolgt durch die sechs oben dargesteUten Einflussfaktoren, die die Arbeitsleistung des Unternehmens bestimmen. Die einzelnen Einflussfaktoren stehen wechselseitig miteinander in Verbindung und beeinflussen sich gegenseitig, wobei alle diese sechs Einflussfaktoren miteinander verbunden sind. Ist die Organisation eines Unternehmens beispielsweise durch eine Fliefibandtechnologie bestimmt, so ist die Anforderung an das Selbstmanagement der Mitarbeiter, die in der Fliefibandproduktion arbeiten, sehr gering. Ebenfalls ist die Quantitat der Teamarbeit gering und die Anforderung an die Teamfahigkeit vergleichsweise geringer als in einem Unternehmen mit einer weniger stark spezialisierten Organisationsstruktur. Auch die Quantitat und die qualitative Anforderung an die Kommunikation ist in der Fliefibandproduktion vergleichsweise gering, Vertrauen weniger wichtig und die KontroUe starker vorhanden. Ein Ziel dieses Abschnitts ist es, die Wirkungsweisen der einzelnen Einflussfaktoren so herauszuarbeiten, dass diese Inhalte in Organisationen praktisch angewendet und umgesetzt werden konnen, um dadurch die Arbeitseffizienz und Arbeitseffektivitat zu erhohen. Die Beschreibungen der einzelnen Einflussfaktoren erfolgen durch die Wissenschaftsdisziplinen der Betriebswirtschaft, der Psychologie und der Systemik.
1. Vision und Zweck
1.5.1 Vision 1.5.2 Von persdnlichen Visionen zueiner gemeinsamen Vision 1.5.3 Mission Statement 1.5.4 Unterschiede in der begrifflichen Definition von Vision und Mission Statement 1.5.5 Entwicklungsprozess imd Auswirkungen einer Vision
1.1 Determinismus Konstruktivismus 1.5 Vision und Mission Statement
1.1.1 Determinismus Oder freier Wille? 1.1.2 Phaenomenologie und Konstruktivismus
1.2.1 Theory X - Theory Y von McGregor und Theory Z von CXichi 1.2.2 Die vier Menschenbilder nach Schein 1.2.3 Die vier Managertypen ruich Maccoby
1.4.1 Sinn 1.4.2 Untemehmensidentitat >
1.4 Sinn und Untemehmensidentitat
1.3.1 Werte imd Gewissen 1.3.2 Werte und Wtirde ^e^Vlr.3 Werte 1.3.3 Werte und Triebe iebe/
1.2.4 Der fremdbestimmte Mensch und das kreative hidividuum Theorien der Subjektivitat 1.2.5 Das relational Menschenbild von Sbandi 1.2.6 Motivation und menschliche Grundbedtirfnisse
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Die sechs Einflussfaktoren des Svstemisch-integrativen Fuhrungsmodells
Betrachtet man das Zusammenwirken von den Reizen durch die Umwelt und den Reaktionen auf die Reize, so lasst sich auf Grundlage neurophysiologischer Erkenntnisse folgender Zusammenhang darstellen (siehe Abbildung 5): An der „Aufienstelle" des menschlichen Wesens befindet sich die sensorische Einheit, die Sinnesorgane (Augen, Ohren, Nase, etc.), die Informationen iiber auliere und innere Zustandsanderungen liefern. Das komplex organisiserte Zentralnervensystem stellt die motorische Einheit dar. Zwischen der sensorischen und motorischen Einheit eingeschoben sind „zwischengeschaltete Neuronen", die im Grunde Sinneszellen darstellen. Neuronen sind jedoch darauf spezialisiert, nur auf einen universellen „Wirkstoff' anzusprechen, namlich auf die elektrische Aktivitat afferenter Axonen, deren zahlreiche Verastelungen an den Dendriten anderer Neuronen enden. (v. Foerster, 2000)
sensorische Einheit
zwischengeschaltete
motorische Einheit Abbildung 5:
Sinnesorgane Sinneszellen
Nervenzellen mit Fortsdtzen
Zentralnervensvs-
Darstellung der Verbindung sensorischer und motorischer Einheiten lebender Organe (nach v.Foerster 2000)
Vision und Zweck
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Ein Neuron, von denen wir mehr als 10 Milliarden in unserem Gehirn besitzen, besteht anatomisch aus einem Zellkern, mehreren Dendriten und dem Axon (siehe Abbildung 6).
Dendritsn
\ Axon^
Abbildung 6:
Darstellung von Neuronen (nach v.Foerster 2000)
Das Innere der Zelle weist gegeniiber der Umgebung eine elektrische Spannung von etwa einem Zehntel Volt auf. Wird diese elektrische Ladung liber den Bereich der Dendriten liber ein bestimmtes Ausmafi gestort, so „feuert" das Neutron und iibertragt diese Stoning entlang des Axons. Das Axon, deren Verastelungen an den Dendriten anderer Neuronen enden, iibertragt den Impuls durch die „Transinitter-Substanz", die den synaptischen Spalt ausfiillt, auf einen Dendriten eines anderen Neurons.
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Die sechs Einflussfaktoren des Svstemisch-integrativen Flihrungsmodells
Abbildung 7 zeigt eine synaptische Verbindung schematisch dargestellt (v.Foerster, 2000): Das afferente Axon (Ax), iiber das die elektrischen Impulse laufen, endet in einer Verdickung (EB) und ist durch eine schmalen Spalt, den synaptischen Spalt (sy) von dem knospenartigen Vorsprung (sp) eines Dendriten (D) des Zielneurons getrennt.
* • • " • ' • •
Abbildung 7:
n
I
Schematische Darstellung einer Synapse (nach V. Foerster 2000)
Die „Transmitter-Substanz" bestimmt entscheidend die Wirkung, die ein Impuls auf das Neuron ausiibt. Ein Impuls kann einen „hemmenden Effekt" bewirken (und dadurch andere, gleichzeitig einlaufende Impulse ausschalten) oder auch einen „f6rdernden Effekt" auslosen (und damit einen anderen Impuls verstarken, so dass dieser das Neuron zum „Feuern" bringt). Der synaptische Spalt lasst sich nun als „Mikro-Umgebung" eines sensiblen Endorgans auffassen, und man kann die Sensitivitat des Zentralnervensystems fiir Anderungen der inneren Umwelt (die Gesamt-
Vision und Zweck
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heit aller Mikroumgebungen) mit jener Sensitivitat fiir Anderungen der aufieren Umwelt (alle Sinnesorgane) vergleichen. Da wir etwa 100 Millionen Sinneszellen besitzen, unser Nervensystem jedoch uber etwa 10.000 Milliarden Synapsen verfiigt, sind wir bei Anderungen unserer inneren Umwelt 100.000 mal empfanglicher als bei Anderungen in unserer aufieren Umwelt. (v.Foerster, 2000.) Dieses Modell von Heinz v.Foerster zeigt, dass bei Reizen durch die Umwelt nicht eindeutig vorhersagbare Reaktionen auf die Reize erfolgen. Dies bedeutet, dass das Verhalten des menschlichen Wesens, entsprechend dieses Modells, nicht eindeutig vorhersagbar ist und der Mensch somit keine triviale Maschine darstellt. Ein eindeutiger Input-Output-, Ursachewirkungs-, Reiz-Reaktions-Zusammenhang ist somit nicht vorhanden. Ein soziales System, was der Mensch ja ist, fiihrt, entsprechend der Theorie selbstreferentieller Systeme, Selbst-Beobachtung durch. Aufgrund der aus der Selbst-Beobachtung gewonnenen Informationen uber interne Veranderungen, werden Ruckschliisse iiber die Umwelt gezogen. Den Codes mit denen Ereignisse beobachtet werden, kommt somit grofie Bedeutung zu. Uber Vorgange aufierhalb der Codes werden keine Beobachtungen gemacht, es werden daruber keine Informationen gesammelt und es wird kein Antwortverhalten bzw. keine Reaktion ausgelost. Die Definition des Codes bzw. des Bezugssystems bestimmt, was Eingang in das System und in die Interaktion zwischen den einzelnen Subsystemen findet. Wie weiter vorne beschrieben, wird in dieser Arbeit fur den Begriff „Bezugssystem" der Begriff „Vision/Zweck" verwendet. Der Zweck, den ein System verfolgt bestimmt was das System erkennt und beeinflusst dadurch das Verhalten des Systems. Ernst von Glasersfeld (2000, S. 31) dazu: „Die kognitiven Konstruktionen und Strukturen haben einen Zweck und werden danach beurteilt, wie sie dem Zweck dienen." Vergleicht man einen Elefanten mit einer Feldmaus, so ist es offensichtlich, dass diese in vielen Dingen sehr unterschiedlich sind. Ist jedoch die Wahrnehmungsoperation oder der Zweck die Unterscheidung zwischen
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Die sechs Einflussfaktoren des Svstemisch-integrativen Fuhrunesmodells
Saugetieren und Nicht-Saugetieren, so sind Elefant und Feldmaus gleich. Ein Erlebnis 1, das beispielsweise aus den Elementen a,b,c besteht, ist gleich einem Erlebnis 2, das aus a,b,c,x besteht, wenn nur die Elemente a,b,c betrachtet werden und das Element x nicht betrachtet wird. Wenn sich eines der Elemente a,b oder c anders verhalt als dies erwartet wird, so tritt eine Stoning auf. Dies kann dazu fiihren, dass auch Element x in Betracht gezogen wird (Glasersfeld, 2000). Dann erfolgt eine Differenzierung der Betrachtungsweise dieser beiden Erlebnisse. Werden nur die Elemente a,b,c betrachtet, so wird bei der Wahrnehmung von Erlebnis 1 oder Erlebnis 2 eine andere Transmitter-Substanz erzeugt als bei Betrachtung der Elemente a,b,c,x. Im ersten Fall werden die Impulse des Elements X ausgeschaltet und somit nicht iiber den synaptischen Spalt auf den angrenzenden Dendriten weitergeleitet. Der Zweck von Beobachtungen und Informationen bestimmt also, welche Impulse ubertragen und weitergeleitet werden. Dem Begiiff „Zweck" ahnlich ist der Begriff „Sinn". Luhman (1971, S. 61) definiert Sinn folgendermafien: „Sinn ist die Ordnungsform menschlichen Erlebens, die Form der Pramissen fur Informationsaufnahme und bewusste Erlebnisverarbeitung, und ermoglicht die bewusste Erfassung und Reduktion hoher Komplexitat." Das Bezugssystem eines Individuums wird durch Bediirfnisse, Werte, Forderungen, Erwartungen, Motive gebildet. Eine Frage, die sich dabei stellt, ist, inwieweit das menschliche Individuum determiniert ist bzw. einen freien Willen und damit auch Verantwortung hat. Die Betrachtung dieser Fragestellung ist eng mit der Wissenschaftsrichtung der Phaenomenologie und des Konstruktivismus verbunden (siehe Abschnitt 1.1, Determinismus - Konstruktivismus). „Bedurfnisse, Werte und Einstellungen einer Fuhrungsperson haben Wirkung auf Art und Weise, wie sie Ereignisse bemerkt, einschatzt und behandelt, wie sie Informationen interpretiert", schreibt Weinert (1995) in einem Aufsatz zum Thema „Menschenbilder und Fiihrung". Dies belegen auch empirische Untersuchungen (MitchellA/Vood, 1980; Weinert, 1984;
Vision und Zweck
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Maccoby, 1976 bzw. 1979). Den Denkensweisen, Werten, Einstellungen, Wahrnehmungen, Interpretationen, Diagnosen und Verhaltensweisen einer Fiihrungskraft liegen Annahmen iiber den Menschen zugrunde (siehe Abschnitt 1.2, Menschenbilder). Wahrend Sinn etwas Einmaliges und Einzigartiges ist, das erst entdeckt werden muss (Abschnitt 1.4, Sinn), sind Werte Sinn-Universalien, die durch kognitive Praferenzstrukturen als Entscheidungstrager fungieren und so Verhalten steuern (siehe Abschnitt 1.3, Werte). Bezugssysteme, Werte, Sinn und Zweck in einem Unternehmen manifestieren sich in Form von Mission-Statement, Vision-Statement, Leitbild Oder ahnlichem. Da die Begriffe im amerikanischen Raum unterschiedlich zu den Begriffen im deutschsprachigen Raum sind, werden die unterschiedUchen Verwendungsweisen beleuchtet (siehe Abschnitt 1.5, Vision und Mission Statement).
1.1 Determinismus - Konstruktivismus 1.1.1 Determinismus oderfreierWille? Fuhren wir uns verschiedene Phasen des menschlichen Lebens vor Augen, so stellen wir folgendes fest: Uber einige wesentliche Dinge unseres Lebens konnen wir keine Entscheidung treffen. Wir konnen keine Entscheidung treffen, ob wir in diese Welt hineingeboren werden wollen oder nicht, iiber unsere Geschlechtlichkeit, wir konnen uns unsere Eltern nicht aussuchen, wir konnen uns unsere Kinder (noch) nicht aussuchen, wir konnen keine Entscheidung dariiber treffen, in welcher Zeit, Kultur oder Gesellschaft wir leben wollen. Kurz gesagt, unser Leben ist in wesentlichen Fragen unseres Lebens determiniert. Aus der Ansicht der Determiniertheit unseres Lebens hat sich der Determinismus entwickelt. Wenn ein Mensch vor der alltaglichen Notwendigkeit steht, irgendeine Wahl zu treffen, wie entscheidet er sich? Wenn er nun glaubt, dass die Entscheidung, genau wie jedes andere Ereignis,
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Die sechs Einflussfaktoren des Svstemisch-integrativen Fuhmngsmodells
durch alle vorangegangenen Ursachen determiniert ist, dann gibt es keine Willensfreiheit und damit keine freie Entscheidung. Wenn alles vorherbestimmt, also streng determiniert ist, was hat es fiir einen Sinn, sich anzustrengen? Wie kann dann jemand fur sein Tun verantwortlich gemacht werden, und was hat es mit Moral und Ethik auf sich (Watzlawick, 2000)? Der Mensch ist dann nur noch eine „Reiz-Reaktions-Maschine", die keine Verantwortung fiir das eigene Verhalten tragt. Es besteht ja keine Wahl Entscheidungen zu treffen. Sigmund Freud (1949, S. 209) behauptete Folgendes: „...man versuche es, eine Anzahl der allerdifferenziertesten Menschen gleichmafiig dem Hungern auszusetzen. Mit der Zunahme des gebieterischen Nahrungsbediirfnisses werden alle individuellen Differenzen sich verwischen und an ihrer Statt die uniformen Auiierungen des einen ungestillten Triebes treten". Nach Frankl's Erfahrungen, der vier Konzentrationslager iiberlebte und als solcher dem Menschen die Fahigkeit attestierte, auch noch den argsten Bedingungen zu trotzen, war das Gegenteil der Fall. „In den Konzentrationslagern wurden die Menschen differenzierter. Die Schweine demaskierten sich. Und die Heiligen taten es ebenfalls. Der Hunger entiarvte sie. Der war derselbe, in einem wie im anderen Fall. Die Menschen aber differenzierten sich." (Franki, 1970, S. 5) Ein Beispiel von Franki (2000, S. 136 f.): „Ich will hier nur jenen Lagerfuhrer aus dem Lager, in dem ich zuletzt war und aus dem ich befreit wurde, erwahnen. Er war SS-Mann. Nach der Befreiung des Lagers stellte sich jedoch heraus, wovon bis dahin nur der Lagerarzt (selber ein Haftling) wusste: der Lagerfiihrer hatte aus eigener Tasche nicht geringe Geldbetrage insgeheim hergegeben, um aus der Apotheke des nahen Marktfleckens Medikamente fiir seine Lagerinsassen besorgen zu lassen! ... Der Lageralteste eben dieses Lagers jedoch, also ein Haftling, war scharfer als alle SS-Wachen des Lagers zusammen; er schlug die Haftlinge, wann und wo und wie er nur konnte, wahrend beispielsweise der Lagerfiihrer meines Wissens kein einziges Mai die Hand gegen einen „seiner" Haftlinge erhoben hat. Daraus ersieht man eines: mit der Kennzeichnung eines
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Menschen als Angehoriger der Lagerwache oder, umgekehrt, als Lagerhaftling ist nicht das Geringste gesagt. Menschliche Giite kann man bei alien Menschen finden, sie findet sich also auch bei der Gruppe, deren pauschale Vemrteilung doch gewiss sehr nahe liegt. Es iiberschneiden sich eben die Grenzen!" Frankl weiter (2000, S. 139) „Wir haben den Menschen kennengelernt wie vielleicht bisher noch keine Generation. Was also ist der Mensch? Er ist das Wesen, das immer entscheidet, was es ist. Er ist das Wesen, das die Gaskammern erfunden hat; aber zugleich ist er auch das Wesen, das in die Gaskammer gegangen ist, aufrecht und ein Gebet auf den Lippen." Freiheit ist die eine Seite und Verantwortung die andere Seite der Medaille. Freiheit und Verantwortung gehoren gezwungenermafien zusammen und konnen nicht voneinander getrennt werden. Sie sind die siamesischen Zwillinge des Abhandenseins von Determiniertheit. So wie die Folge von Determiniertheit das Abhandensein des freien Willens und der Verantwortung ist, bedingt das Vorhandensein von Freiheit und Verantwortlichkeit, dass aus mehreren Moglichkeiten eine Entscheidung getroffen werden kann. In der Spannung zwischen Determiniertheit und Freiheit spannt Frankl (1970, S. 5) folgenden Bogen: „Menschliche Freiheit ist endlich Freiheit. Der Mensch ist nicht frei von Bedingungen, sondern nur frei, zu ihnen Stellung zu nehmen. Aber sie bestimmen ihn nicht eindeutig. Denn letzten Endes liegt es an ihm zu bestimmen, ob er den Bedingungen unterliegt, ob er sich ihnen unterwirft. Es gibt namlich einen Spielraum, innerhalb dessen er sich iiber sie hinaus erheben kann, womit er ja in die menschliche Dimension liberhaupt erst sich aufschwingt." Frankl zieht also die Moglichkeit des Menschen, unter bestimmten Bedingungen wahlweise reagieren und entscheiden zu konnen, als Definitionskriterium fiir das menschliche Wesen heran, wodurch er sich nun vom Tier unterscheidet. Da der Mensch selbst bestimmt, ob er sich von den Dingen bestimmen lasst oder nicht, also zur Selbst-Bestimmung fahig ist, ist er nicht ein Ding unter anderen Dingen (Frankl, 1970).
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Die sechs Einflussfaktoren des Svstemisch-integrativen Fuhrungsmodells
Die Frage ob der Wille des Menschen frei ist, ist, psychologisch exakt formuliert, die Frage, ob der Mensch in einer gegebenen Wahlsituation jede beliebige Verhaltensmoglichkeit wahlen kann (Rohracher, 1988). Konnte er es, so ware erfrei,kann er es nicht, so ist er, streng psychologische gesehen, nichtfrei.Bei dieser prazisen Formulierung ist die Antwort klar: Nein, der Mensch kann in einer bestimmten Wahlsituation nicht jede beliebige Verhaltensmoglichkeit wahlen. Interessen, Gefiihle, Rahmenbedingungen zwingen ihn, bestimmte Verhaltensmoglichkeiten auszuscheiden und andere vorzuziehen. Rohracher (1988) behauptet, dass wirkliche Freiheit nnr in Wahlsituationen auftreten kann, die in Wirklichkeit bedeutungslos sind, da es keine Motive, Triebe, Gefiihle, Interessen, etc. gibt, wodurch bestimmte Verhaltensmoglichkeiten alien anderen vorgezogen werden. Rohracher begriindet dies damit, dass es beispielsweise keine Freiheit in der Wahlmoglichkeit zwischen verschiedenen Gefuhlen gibt. Welche Gefuhle in bestimmten Situationen auftreten hangt wiederum von der Personlichkeit ab, wodurch es, so Rohracher, keine Freiheit geben kann. Vergleicht man die Definition der Freiheit von Rohracher mit der Definition von Frankl, so ist ersichtlich, dass diese sehr unterschiedlich sind. Wahrend sich Frankl in seinem Freiheitsbegriff nicht auf die Wahlmoglichkeit von Gefuhlen, Motiven, Trieben, etc bezieht, sondern auf unterschiedliche Verhaltensmoglichkeiten, darauf zu reagieren, bezieht Rohracher bei der Definition Freiheit auch die Freiheit von Gefuhlen, Motiven, Trieben, etc. mit ein. Der Freiheitsbegriff Frankl's geht weder davon aus, dass Gefuhle, Motive, Triebe, usw. frei wahlbar sind, noch davon, dass Freiheit im streng psychologischen Sinne nach Rohracher vorhanden ist, also ein Mensch in einer bestimmten Wahlsituation jede beliebige Verhaltensmoglichkeit wahlen kann. Frankl behauptet nicht, dass zwischen jeder beliebigen Verhaltenmoglichkeit gewahlt werden kann, sondern, dass zwischen einigen Verhaltensmoglichkeiten (die mehr oder weniger sein konnen) gewahlt werden kann und daher der Mensch in seiner Verhaltensweise nicht grundsatzlich determiniert, sondern eben, innerhalb gewisser Grenzen,freiist.
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1.1.2 Phaenomenologie und Konstruktivismus Die Phaenomenologie geht auf ein Werk von Edmund Husserl (1982} zuriick, in dem er auf das Problem der zielgerichteten, menschlichen Wahrnehmung und Handlung eingeht. Wahrend Vertreter des kritischen Rationalismus Werturteilsfreiheit und objektive Erkenntnis (Popper, 1935) in den Vordergrund riicken, stellen die Vertreter der Phaenomenologie (Husserl, 1982; Schiitz, 1974; Brauner, 1978) den Sinn von Handlungen ins Zentrum, welcher vom handelnden Akteur selbst zugesprochen wird. Fiir Organisationen und die Mitarbeiterfiihrung bedeutet dies, dass Handeln in Organisationen erst iiber eine Interpretation der Regeln moglich wird (Bittner, 1973). Zimmermann (1973) und Roy (1973) stellten in empirischen Untersuchungen fest, dass allgemein formulierte Regeln in Organisationen erst durch eine Interpretationsleistung der Mitarbeiter an ihre spezifische Situation angepasst werden. Erst wenn diese Mitarbeiter den Sinn der Regeln verstehen und iiber ausreichende Erfahrungen verfiigen, wird ein flexibles, dem Sinn der Regeln entsprechendes Handeln moglich. Damit Mitarbeiter sinnvoU handeln konnen bedarf es iiber die Kenntnis weitreichender Zusammenhange und es ist eine Kommunikation erforderlich, die die richtige Interpretation der Regeln sicherstellt. Der Begriff Konstruktivismus umfasst Vorgange bzw. Prozesse in den Kopfen von Personen. Der radikale Konstruktivismus lehnt die Vorstellung von der vom Menschen unabhangigen, objektiven Wahrheit strikt ab. Erkennen ist nur durch zweckorientiertes Konstruieren der Wirklichkeit moglich. Offen dabei ist jedoch die Frage nach der Beurteilung der verwendeten Methoden. Die Giiltigkeit wissenschaftlicher Erkenntnis wird bei interpretativen Ansatzen durch die kulturelle Einheitlichkeit der Beobachter bestimmt (Maturana, 1982). Bei der Verwendung von Interviews beispielsweise, gelten Interpretationen in Verfahren der Konsensvalidierung dann als zutreffend, wenn sie von mehreren Mitgliedern einer Forschungsgruppe bestatigt werden (Osterloh, 1991). Inwieweit die Urteile von Mitgliedern einer Forschergruppe unabhangig voneinander sind, ist eine weitere offene Frage. Solche Einwande werden Forscher, die dem
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interpretativen Ansatz verpflichtet sind, mit dem Verweis darauf abtun, dass sie einem grundsatzlich anderen Wissenschaftsverstandnis folgen und daher Fragen nach Objektivierung nur eine nachrangige Bedeutung zuweisen konnen (Schauenberg/Fohr, 1995). Der radikale Konstniktivismus basiert auf zwei Basisannahmen (Schmidt, 1996): 1. Die Wahrnehmung wird nicht von den Sinnesorganen, sondern vom Gehirn determiniert. Das Gehirn empfangt die von den Rezeptoren aufgefangenen Reize als elektrische Impulse und weist diesen die eigentliche Bedeutung zu. Ereignisse werden nicht in das funktional geschlossene Gehirn direkt transportiert, sondern in eine neuronale Sprache iibersetzt. Da Signalentschliisselung und Bedeutungszuweisung eins sind, kann das Gehirn bei diesem Prozess mu* auf seine Erfahrungen und seine innere Zustande zuriickgreifen. 2. Wahrnehmung ist nicht organisationsfrei und unmittelbar, sondern wird durch das Gehirn und das Verhalten gesteuert (theoretische Kybernetik). Konstruktivisten sehen die Ursachen von Kommunikationsproblem vor allem im Prozess des Wissenserwerbes. Aufgabe eines Vorgesetzten bzw. einer Fiihrungskraft ist es, iibereinstinunende Interpretation zwischen Fiihrer und Gefuhrten herzustellen. Vorstellungskraft, Wille und Selbst-Bewusstsein kommen beim konstruktivistischen Ansatz eine bedeutende Rolle zu (dazu siehe auch Abschnitt 6, Selbstmanagement).
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1.2 Menschenbilder Menschen haben Annahmen und Einstellungen dariiber, wie sich Menschen in bestimmten Situationen verhalten werden, iiber die Ziele und Motive von Menschen und dariiber, wer der Mensch eigendich ist. Eine Fiihrungskraft macht sich, so wie jeder, ein Bild iiber den anderen Menschen, also ein Menschenbild. Die Menschenbilder wiederum beeinflussen die Organisation und die Organisationskultur eines Unternehmens. Um Erklarungen fiir menschliches Verhalten zu erhalten, haben sich viele Autoren mit diesem Thema beschaftigt. Einige Autoren konzentrierten sich dabei auf die Menschenbilder allgemeiner Natur (z.B. Jung, 1921; Lewin, 1936; Kohler, 1938), andere Autoren wiederum riickten die spezifische Situation der Arbeit (z.B. McGregor, 1960; Schein, 1965; Likert, 1967; Maccoby, 1979; Ouchi, 1981;) in den Mittelpunkt ihrer Untersuchungen iiber Menschenbilder. Im Folgenden beziehe ich mich auf die bekannteren Modelle der Menschbilder.
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1.2.1 Theory X - Theory Y von McGregor und Theory Z von Ouchi McGregor, der viele Jahre als Professor am Massachusetts Institute of Technology (M.I.T.) tatig war, definierte zwei Arten von Fuhrungskraften, die ihre Umwelt unterschiedlich wahrnehmen (McGregor, 1960): Der Theory X Manager geht davon aus, dass Menschen grundsatzlich faul sind, Verantwortung nicht wahrnehmen woUen und permanent kontrolUert werden miissen. Der Theory Y Manager sieht den Menschen als ein hart arbeitendes Wesen, das auch Verantwortung tragen will und nur Unterstiitzung und Ermutigung benotigt. William Ouchi, Begriinder der Theory Z, hat in jahrelangen Untersuchungen versucht herauszufinden, warum seit dem 2.Weltkrieg die Produktivitat in japanischen Untemehmen um zwei- bis dreimal schneller gestiegen ist als in amerikanischen Betrieben. Dabei stellte er folgende Unterschiede zwischen amerikanischen und japanischen Untemehmen fest (siehe Tabelle 1): Japanische Organisationen Lebenslange Anstellung in einem Untemehmen Langsame Beurteilung und Beforderung der Mitarbeiter Keine einseitige Spezialisiemng im Verlauf einer Karriere Implizite KontroUmechanismen Haufig Gmppenentscheidungen Gemeinsame Verantwortungen Untemehmensweite Sichtweisen
Amerikanische Organisationen Kurze Untemehmenszugehorigkeit Rasche Beurteilung und Befordemng der Mitarbeiter Eng definierte und spezialisierte Karrierepfade (Kaminkarrieren) Explizite KontroUmechanismen Haufig Einzelentscheidungen Einzelverantwortungen Auf den eigenen Bereich beschrankte Sichtweisen
Tabelle 1: Unterschiede zwischen japanischen und amerikanischen Untemehmen (nach Ouchi 1981)
Vision und Zweck
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Ouchi fiihrte die hohe Produktivitat japanischer Unternehmen (in den 70er und 80er Jahren) auf das hohe Vertrauen, die hohe Riicksichtnahme und die engen Beziehungen zwischen den Mitarbeitern zuriick. Er nannte tjqjisch japanische Organisationen, die in Japan gegriindet wurden, Typ J Organisationen und typisch amerikanische Organisationen, die in den USA gegrundet wurden, Tyip A Organisationen (siehe Tabelle 1). Die Organisationen die in den USA gegrundet wurden, jedoch viele Ahnlichkeiten zu typisch japanischen Unternehmen hatten, nannte Ouchi Typ Z Organisationen. Aufgrund seiner Untersuchungen ging er davon aus, dass die Produktivitat von Typ A Organisationen nicht durch noch hartere Arbeit erreicht werden konnte, sondern dadurch, dass der Umgang mit und zwischen den Mitarbeitern (hohes Vertrauen, hohe Riicksichtnahme und enge Beziehungen) der Schliissel zu hoherer Produktivitat ist. „Management und Organisation" sind fur ihn nicht mehr und auch nicht weniger als ein Ausschnitt einer grofieren „Organisation", der Gesellschaft. In seinem Buch „Theory Z" (1981) beschreibt Ouchi, wie Typ A Organisationen in Typ Z Organisationen transformiert werden konnen. Mit der Bezeichnung Theory Z hat er sich auf die Theory X und Theory Y von McGregor bezogen. Genauso wie die meisten Manager nicht als reine Theory X oder Theory Y Manager bezeichnet werden konnen, sind westliche Organisationen selten reine Typ A oder Tyip Z Organisationen (Typ J ist als Begriff fiir Organisationen die in Japan gegrundet wurden reserviert). Der Ansatz von Ouchi erlangte in den BOer Jahre hohe Popularitat, ist aber nach der Rezession der japanischen Wirtschaft in den 90er Jahren wieder in den Hintergrund getreten. Ungeachtet dessen sind diese Ansatzpunkte von McGregor und Ouchi als Basisarbeit fiir die spatere Weiterentwicklung zum lernenden Organisationsverstandnisses zu sehen.
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1.2.2
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Die vier Menschenbilder nach Schein
Schein (1965, 1974) hat die verschiedenen Auffassungen iiber den arbeitenden Menschen in vier Grundtypen zusammengefasst: a) Per rationale Mensch Dieser entspricht dem wissenschaftlichen, mechanischen, rational kalkulierenden Menschen, dem so genannten „homo oeconomicus". Der „rationale Mensch" geht auf Taylor's „scientific management" (1911) zuriick. b) Per soziale Mensch Dieses Menschbild fand in der Human-Relation-Bewegung ihren Ausgangspunkt. Mayo, der Initiator dieser Bewegung (Toethlisberger/Dickson, 1939) ging davon aus, dass der Mensch in erster Linie durch die sozialen Bediirfnisse motiviert wird. c) Per selbstaktualisierende Mensch Dieses Menschenbild stellt die Konzentration auf das Individuum in den Vordergrund. Entsprechend der Bediirfnispyramide nach Maslow (1943, 1970) lassen sich die Bediirfnisse hierarchisch anordnen, wobei das Bediirfnis nach Selbstverwirklichung eine zentrale RoUe spielt. Der Mensch ist selbstmotiviert und bevorzugt die SelbstkontroUe (Schein 1965). d) Per komplexe Mensch Dieses Menschenbild sieht den Menschen als komplexes, vielschichtiges, wandlungsfahiges, flexibles Wesen, das lernfahig ist. Der Mensch kann nicht auf eine bestimmte Eigenart festgelegt werden.
Vision und Zweck
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1.2.3 Die vier Managertypen nach Maccoby Maccoby hat sozialpsychologisch-psychoanalytische Untersuchungen an Managern in amerikanischen Grofiunternehmen durchgefuhrt (1976, 1979). Aufgrund von drei- bis zwanzigstiindigen Tiefeninterviews hat Maccoby vier Typen von Managern definiert. a) Per Fachmann Dies ist der Typ des rational denkenden, sachlichen, objektiv nuchternen, sparsamen, um QuaUtat bemiihten, bescheidenen und aufrichtigen Menschen. Der Menschtyp also, der dem „rational man" entspricht. b] Per Firmenmensch Der Firmenmensch sorgt sich um die menschliche Seite des Unternehmens. Auf der anderen Seite ist dieser Typus gekennzeichnet von Unterwiirfigkeit, Autoritatshorigkeit, einer Tendenz, das Ich zu verraten um Sicherheit und Komfort zu gewinnen. Der Firmenmensch ist weitgehend mit dem „sozial man" vergleichbar. c) Per Pschunselkdmpfer Das Ziel des Dschungelkampfers ist Macht. Er sieht das Leben und die Arbeit als einen Dschungel, in dem es notwendig ist, Hindernisse zu beseitigen, Gefahren zu erkennen, zu bekampfen und zu besiegen. Alles, was sich ihm in den Weg stellt, muss vernichtet werden. Der Dschungelkampfer rechtfertigt seinen Erfolg sozialdarwinistisch und halt seine Unterlegenen fiir minderwertig (Neuberger, 2002). Dieser Typus kommt dem „selbstaktualisierenden Menschen" nahe, entspricht diesem jedoch nicht ganzlich. d] Per Svielmacher Fiir den Spielmacher ist das Leben und die Arbeit ein Spiel, vergleichbar einem Wettbewerb. Sein Ziel ist es, bei den Tatigkeiten, die auf Konkurrenz beruhen, Sieger zu sein. Er ist gelost, gelassen, flexibel-angepasst, aber vom Erfolg getrieben. Der Spielmacher verhalt sich kooperativ und
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fair, ist jedoch auf Wettbewerb eingestellt (Maccoby, 1979). Er will keine Macht aufbauen, aber siegen, und er verachtet Schwache. Dieser Typus ist dem „komplexen Menschen" ahnlich, ist jedoch in seiner Typologie enger gefasst.
1.2.4 DerfremdbestiminteMensch und das kreative Individuum - Theorien der Subjektivitat Mit der Bipolaritat des Menschen haben sich viele Autoren auseinandergesetzt: Einerseits die Fremdbestimmung des Menschen in einer verwalteten, mit Zwangen durchdrungenen Welt, andererseits das lebendige, kreative, produktive Individuum. Die Diskussion um die Spannung, in der sich der Mensch befindet, ist im Lichte der technischen und wirtschaftlichen Entwicklungen verstarkt in den Vordergrund getreten. Durch Technisierung, Organisation, Rationalisierung, Standardisierung wird der Mensch liberwacht, entmiindigt, „entindividualisiert", den herrschenden Notwendigkeiten, dem Zwang der Verhaltnisse untergeordnet und zui Marionette degradiert. Der ganze Mensch ist nicht gefragt, sondern nur sein produktiver, maschineller Beitrag zum Produkt. Kommunikations- und Gefuhlsbestandteile sind in der Arbeit hinderiich und werden zuriickgedrangt. Daniel (1981) diskutiert in seiner „Theorien der Subjektivitat" die Frage, wie sich der Einzelne als Personlichkeit, Individuum, Ich, gegeniiber dem iiberwaltigenden Druck der Verhaltnisse, des Systems, der Umwelt, der Gesellschaft entwickeln, behaupten und darstellen kann. Fromm (1966, 1974), Marcuse (1968), Horkheimer/Adorno (1972), Adorno (1973), Riesmann (1958), Cohen/Taylor (1977), Goffman (1969) sehen die Entwicklung in Richtung Anerkennung der Ubermacht der Verhaltnisse, Unterwerfung des Einzelnen unter die Sachzwange, Rationalisierung und
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Technisierung des Lebens, Reduzierung des Menschen vom „Subjekt" zum „Objekt". Was Fromm als „Marketing-Charakter" formulierte, entspricht etwa dem „eindimensionalen Menschen" von Marcuse, der „instnimentellen Vernunft" von Horkheimer und der „uberwaltigenden Objektivitat" von Adorno. Riesmann bezeichnet den „Aufiengeleiteten" im Gegensatz zum „Innengeleiteten" als jemanden, der sich hauptsachlich mit der Frage beschaftigt „Was denken die anderen von mir?" anstatt „Was will ich, was kann ich tun und erreichen?" Der von Cohn und Taylor definierte „Identitatsarbeiter" will imponieren und damit eine Fassade aufbauen. Goffman (1969) betont, dass Individualisiening primar eine dramaturgische Inszenierung durch „inipression management" ist. Fromm (1960) bezeichnet die Funktion des Sozialcharakters als Formung und Kanalisierung der menschlichen Energien innerhalb einer Gesellschaft, sodass das kontinuierliche Funktionieren der Gesellschaft gesichert wird. Als modernerer Sozialcharakter wird von Adorno (1973) der „neue Sozialisations-Typ" narzisstischer, spatkapitalistischer Pragung beschrieben. Der Wertewandel in den 60er und 70er Jahren brachte auch eine Veranderung der Sozialisation mit sich. Der „narzisstisch-spatkapitalistische Typ" will es nicht mehr den anderen recht machen, er richtete sich nicht nach den anderen, sondern er will es selbst gut haben und bezieht die anderen egozentrisch auf sich (Neuberger 2002). Die in den Subjektivitatstheorien betrachtete Dualitat des Menschen entspricht zwei (von insgesamt vier) der von Riemann (2003) bezeichneten Forderungen des Universums an den Menschen, die eine unauflosliche Spannung mit sich bringen. Diese Forderungen sind, nach Riemann, wiederum Urquellen menschlicher Angst (siehe Abschnitt 3.5, Angst - unser standiger Wegbegleiter):
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Einerseits die Fordening, ein einmaliges Einzelwesen zu werden bzw. zu sein und andererseits die Fordening, sich in ein grolieres Ganzes einzuordnen. Die Einordnung in ein grofieres Ganzes heifit, unser eigenes Wollen zugunsten der Gemeinschaft zu begrenzen, um dadurch Gemeinschaft erleben zu konnen.
1.2.5 Das relationale Menschenbild von Sbandi Pio Sbandi, Leiter des Instituts fur zwischenmenschliche Kommunikation an der Universitat Innsbruck, stellte in gruppendynamischen Laboratorien fest, dass Kleingruppen, entgegen fruheren Auffassungen, keineswegs einen Hort der Geborgenheit darstellen. Bei diesen gruppendynamischen Laboratorien ging es fiir die Teilnehmer darum, sich selbst zu organisieren und Gruppen zu bilden, in denen sie ihre Wiinsche besser artikulieren konnen. Die Teilnehmer hatten jedoch Angst davor, selbst initiativ zu werden und Gruppen zu bilden. Sie blieben lieber tagelang im grofien Kreis sitzen und argerten sich iiber sich selbst iiber die vorhandene Situation. Ein Grund dafiir, dass die Gruppenmitglieder in der als unbefriedigend und starr erlebten Groligruppen-Situation geblieben sind und keine BCleingruppen gebildet haben, war laut Sbandi der, dass sie niu* in der Lage waren „geregelt" miteinander zu kommunizieren (Sbandi, 1995). Aufgrund dieser Erfahrungen und des Unbehagens liber die Auffassung von Kommunikation als reinem Stimulus-Response-Schema, entwickelte Sbandi gemeinsam mit Anna Vogl ein Menschenbild, das stark vom personenzentrierten Menschenbild abweicht und die „relatio", also die „Beziehung**, zwischen Menschen in den Vordergmnd stellt. Entsprechend dieses Menschenbildes kann der Mensch nicht als Einzelwesen, als isoliertes Individuum, sondem nur in Beziehung zum Anderen gesehen werden. Diese „relatio", dieses in Beziehung-Seiende, Nur-in-BeziehungDenkbare, ist dem Menschen inunanent eigen und macht ihn erst zur Person (SbandiA^ogl, 1988).
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Das relationale Menschenbild ist dem „Sozialen Mensch" von Schein ahnlich, da bei beiden Interaktionen mit anderen Menschen im Vordergrund stehen. Sie weisen jedoch von ihrem Ansatzpunkt Unterschiede auf. Wahrend beim „Sozialen Menschen" das personliche soziale Bediirfnis der zentrale Punkt ist, das zur Interaktion mit anderen Menschen fuhrt, steht beim relationalen Menschenbild die Interaktion an sich im Vordergrund. Diese Interaktion macht beim relationalen Menschenbild einen Interaktionspartner erst zur Person, beim „Sozialen Menschen" hingegen ist sie lediglich Mittel zum Zweck. In der Entwicklung ihres relationalen Menschenbildes wurden SbandiA^ogel inspiriert durch das Denkmodell von Aurelius Angustinus (4./5. Jhd.) in seiner Erlauterung iiber die Dreifaltigkeit Gottes (SbandiA^ogl, 1988), dem Traktat „De Trinitate" des Bernhard von St.Victor (Sbandi 1995) und durch verschiedene Theorien dialogischer Philosophien (SbandiA^ogl, 1984). Das relationale Menschenbild stellt die ICH-DU Beziehung als Voraussetzung fur das Mensch-Sein dar. Diese einmalige Fahigkeit des Menschen hebt ihn von alien anderen Lebewesen ab (SbandiA^ogl, 1984). „Relatio" bedeutet gegenseitige Abhangigkeit. Der Mensch wird zur Person erst durch die Beziehung zum Anderen. Das ICH entsteht erst aus dem DU. Daher muss es mindestens zwei Menschen geben, um iiberhaupt als Mensch existieren zu konnen. Durch das In-Beziehung-Treten teilen sich Menschen einander mit. Diese Mitteilungen konnen fiir das Gegeniiber Wachsen (= Wertvermehrung) oder Schrumpfen (=Wertminderung) bedeuten, je nachdem, ob man sich und den Anderen bejaht oder nicht. ICH und DU haben die Moglichkeit, eine Einheit zu bilden, was bei SbandiA/^ogl als Liebe verstanden wird und wodurch eine Dyade entsteht. Das Schicksal des ICH ist eng mit dem Schicksal des DU verkniipft. Selbstandigkeit im Sinne von Unabhangigkeit des einzelnen Individuums ist nicht mehr denkbar, woraus eine gegenseitige Verantwortung folgt. Damit eine Dyade als solche iiberhaupt entdeckt bzw. erlebt werden kann, ist eine Riickmeldung von einer dritten Person, aufierhalb von ICH und DU, not-
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wendig. Um als menschliche Grundhandlung erkennen und lieben zu konnen, ist mindestens eine dritte Person, also ein mindestens triadisches System, notwendig. (Sbandi, 1995.) Basisaussagen fur dieses Menschenbild finden SbandiA^ogl auch bei Martin Buber (1994) in seiner These von den beiden Grundworten ICH-DU und ICH-ES. Das Ich-Du bezieht sich auf die Welt der Beziehungen. Das Ich-Es bedeutet die Erfahrung, die Wahrnehmung, die Welt der Aktion und der Reaktion.
1.2.6 Motivation und menschliche Gnmdbedllrfiiisse Da Motivation ein wesendicher Aspekt des menschlichen Lebens ist, beschaftigen sich die unterschiedlichsten Fachdisziplinen schon seit Menschengedenken mit diesem Thema. In der Forschung der Motivationstheorien wird zwischen Inhaltstheorien, Prozesstheorien und Aktionstheorien der Motivation unterschieden. Wahrend Inhaltstheorien primar die Existenz unterschiedlicher Motivsziele aufzeigen, gehen Prozesstheorien auf das Zusammenspiel der Faktoren ein, die Motivation und damit Leistungserbringung hervomifen. Die Aktionstheorien gehen noch einen Schritt weiter und konzentrieren ihre tjberlegungen weniger auf das innere Erleben als hauptsachlich auf den Handlungsbezug. Die Aktionstheorien beginnen mit den Fragen, wanim jemand in einer Situation so handelt wie er handelt, und enden in Uberlegungen zur Volition, welche wiederum in die Willenspsychologie fiihrt. Die Aktionstheorien der Motivation greifen, zumindest teilweise, bereits weit in den Bereich der Fiihrungsforschung hinein. In Tabelle 2 ist eine Ubersicht iiber die wichtigsten Motivationstheorien bzw. -ansatze kurz dargestellt.
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Inhaltstheorien der Motivation Begriinder
1
Bedurfhispyramide
Maslow (1943,1970, 1971)
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ERG-Theorie
Alderfer (1969,1972)
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Zwei Faktorentheorie
Herzberg (1966)
Drei Motivklassen
McClelland (1951,1975)
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Prozesstheorien der Motivation
Begriinder
1
Zielsetzungstheorie
Locke (1968)
Gerechtigkeitstheorie Erwartungstheorie
Adams (1963,1965) Vroom (1964)
Weg-Ziel-Modell
House (1971), Evans (1970, 1995)
Riickkoppelungsmodell Aktionstheorien der Motivation
Porter/Lawler (1968) Begriinder
1
Situation Emotion
Comelli/v.Rosenstiel (2001) Izard (1991), Simon (1994), Mook (1996), Reeve (1997)
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Intuition
Agor (1986,1989), Cappon (1994), Schettgen (1997), Mintzberg (1994), Moorman/Miner (1998)
Volition
Ach (1910, 1935), Heckhausen (1989),
Attribution
Heider (1958), Weiner (1971)
Sinn (Logotherapie) Fankl (1947) Die vier menschlichen Grund- Riemann (2003) strebungen
Tabelle 2: Uberblick iiber die wichtigsten Arbeits-Motivationstheorien bzw. Ansatze iiber Motivation
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Die sechs Einflussfaktoren des Svstemisch-integrativen Fiihrungsmodells
1.3 Werte
Unter Werten versteht man kognitive Praferenzstnikturen, die als Entscheidungsregeln fungieren und so das Verhalten steuern (v.Rosenstiel, 1987; Noelle-Neumaim, 1978). Werte beziehen sich einerseits auf das Individuum, sind aber andererseits auch bei einer Gruppe von Menschen bis bin zu einer Gesellschaft vorhanden. Werte unterliegen, sowohl bei einem Individuum als auch bei einer Gesellschaft, Verandeningen. Da Wertehaltungen Verhalten steuern, sind Werte notwendigerweise auch fur die Fuhrung von Interesse. Andern sich Werte, so muss sich auch Fiihrung auf die neuen Gegebenheiten einstellen. Fuhrung muss auf einen Wertewandel reagieren. Frankl (1999) bezeichnet Werte als Sinn-Universalien, die sich auf die condition humaine als solche beziehen, wahrend sich Sinn auf eine einmalige und einzigartige Situation bezieht. Werte sind demnach umfassende Sinnmoglichkeiten. Sinn und Werte sind nach Frankl die Griinde, die den Menschen zu einem bestimmten Verhalten bewegen. Als Folgerung kann nun abgeleitet werden, dass Sinn und Werte die Motive, die Motivation eines Menschen darstellen. Im Gegensatz zu Sinn, der jeweils etwas Einmaliges und Einzigartiges ist, das erst entdeckt werden muss, stellen Werte Sinn-Universalien dar, die in sich wiederholenden Situationen innewohnen (Frankl, 1978b). In ahnlichen Situationen werden allgemeine, moralische oder ethische Standpunkte eingenommen, aus denen sich Prinzipien herauskristallisieren. Werte spiegeln somit die Prinzipien eines Menschen wider. Haben mehrere Menschen, die miteinander in irgendeiner Form in Beziehung stehen, in Situationen, die ihre Beziehung zueinander betrifft, ahnliche Prinzipien, so haben sie damit auch ahnliche Werte. Ahnliche Werte von Menschen formen - als Konsequenz - Traditionen von mehreren Menschen, einer Menschengruppe oder von Kulturkreisen. Traditionen wirken nun wiederum auf Menschen, die neu in eine Menschengruppe hi-
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neinkommen, als Werte zuriick und beeinflussen das Wertesystem dieses Menschen. Traditionen sind einerseits Erleichterungen, die das Zusammenleben regeln, andererseits bergen sie Konflikte in sich, wenn jemand vorhandene Werte nicht iibernehmen will. Frankl (1977, S. 13) schreibt dazu: „Im Gegensatz zum Tier sagen dem Menschen keine Instinkte, was er mufi, und im Gegensatz zum Menschen von gestern sagen dem Menschen von heute keine Traditionen mehr, was er soil. Nun, weder wissend, was er mufi, noch wissend, was er soil, scheint er nicht mehr recht zu wissen, was er im Grunde will." Im Folgenden werden die Unterschiede zwischen Werte und Gewissen, Werte und Wiirde, Werte und Triebe dargestellt.
1.3.1 Werte und Gewissen Es gibt Situationen, in denen der Mensch vor eine Wertewahl gestellt ist, vor die Wahl zwischen einander widersprechenden Werten. Soil nun diese Wahl nicht willkurlich getroffen werden, so ist es notwendig auf das Gewissen zuruckzugreifen. Das Gewissen soil sicherstellen, dass eine freie, aber nicht willkiirliche, sondern verantwortliche Entscheidung getroffen wird. Das Individuum hat dabei zwei Moglichkeiten: Auf das Gewissen zu horen oder die Warnungen zu ignorieren und eben nicht auf das Gewissen zu horen. Wird das Gewissen laufend ignoriert und methodisch unterdriickt, so kommt es entweder zum westlichen Konformismus oder zum ostlichen Totalitarismus, abhangig davon, ob die von der Gesellschaft verallgemeinerten Werte angeboten oder aufgezwungen werden. (Frankl, 1999) Frankl fiihrte aus, dass das Gewissen in eine unbewusste Tiefe hinabreicht und in einem unbewussten Grund wurzelt. „Irrational aber ist das Gewissen deshalb, well es, zumindest in seiner unmittelbaren VoUzugswirklichkeit, niemals restlos rationalisierbar ist; immer ist es nur nachtraglich, immer nur einer ,sekundaren Rationalisie-
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rung' erschliefibar: Alle sogenannte Gewissensforschung ist ebenfalls nur als nachtragliche denkbar - auch der Ratschluss des Gewissens ist namlich letztlich ein unerforschlicher" (Frankl, 1999, S. 23).
1.3.2 Werte und Wurde Beim anthropozentrischen Weltbild steht der Mensch - griechisch: anthropos - im Zentrum und alles andere schmmpft zur Umwelt des Menschen. In diesem Weltbild ist nur der Mensch ethisch von Bedeutung, was heifit, dass nur fiir den Umgang von Menschen mit Menschen ethische Regeln gelten (Meyer-Abich, 1986). Fur den Umgang mit der ubrigen Mitwelt gelten keine ethischen Regeln. Allerdings sind insofern Grenzen im Umgang mit anderen Lebewesen und Dingen vorhanden, als dieser wiederum die Mitmenschen betrifft. Auf den Menschen wird direkt und um seiner selbst willen ethische Riicksicht genommen, auf andere Lebewesen und Dinge nur indirekt und nicht um ihrer selbst willen (MeyerAbich, 1986). Wer beispielsweise dem Nachbarn versprochen hat, seine Blumen zu giefien, wahrend dieser auf Urlaub ist, iibernimmt eine Pflicht gegeniiber dem Nachbarn, nicht jedoch gegeniiber den Blumen. Der Nachbar hat das Recht, die Pflege der Blumen zu erwarten, da es ihm ja versprochen wurde. Die Blumen selbst haben jedoch kein Recht auf Pflege (Meyer-Abich, 1986). Im Gegensatz dazu steht im physiozentrischen Weltbild nicht mehr der Mensch im Mittelpunkt, sondern die gesamte Natur. Dies beinhaltet sowohl den Menschen also auch die Erde, den Stein, die Pflanze, das Tier, etc. Im physiozentrischen Weltbild hat die gesamte physische Welt ethische Bedeutung, wodurch auch auf Tiere und Dinge um ihrer selbst willen Riicksicht genonmien wird. Die Pflicht, die Blumen des Nachbarn wie versprochen zu giefien, ist nicht nur eine Pflicht gegeniiber dem Nachbarn, sondern auch gegeniiber den Blumen, da diese ein Recht auf Pflege haben.
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Beim physiozentrischen Weltbild haben sowohl der Mensch als auch die Tiere und Dinge Wiirde, wahrend beim anthropozentrischen Weltbild nur der Mensch Wiirde hat. Wahrend eine Sache, nach Frankl (1975), einen Wert hat, also den Sachwert, hat eine Person, entsprechend des physiozentrischen Weltbildes, Wiirde. Diese Wiirde ist ein Wert an sich und darf nicht mit dem Nutzwert, die eine Person hat, verwechselt werden. „Der soziale Nutzwert eines Menschen hat nichts zu tun mit dessen personaler Wiirde" (Frankl, 1975, S. 264). Sobald eine Person versachlicht, objektiviert wird, wird sie „wiirde-blind" behandelt. Im KZ beispielsweise, wo aus Menschen Objekte gemacht wurden, konnte von Hass keine Rede sein. „Hassen kann man nur ein Subjekt, aber nicht etwas, das man zum blofien Objekt herabgewiirdigt hat. Die Menschen im KZ hat man nicht einmal gehasst, wie man Ungeziefer hasst - das man ja ebenfalls vertilgt, vergast. Nicht einmal gehasst hat man diese Menschen, ja nicht einmal strafen hat man sie gewoUt - so wie man beispielsweise Verbrecher bestrafen will. Hier wurde vielmehr der letzte Rest von Personalitat ausradiert." (Frankl, 2001, S. 241.) Eine Anforderung an eine Fiihrungskraft ist es, die Mitarbeiter zu respektieren. Respekt ist eine wertschatzende Grundhaltung der anderen Person gegeniiber. Durch Respekt ist eine Intervention seitens der Fiihrungskraft moglich, die auch zu konstruktiven Ergebnissen oder Vereinbarungen fiihren kann. Akzeptanz hingegen ist nur bei selbst gewahlten guten Freunden moglich. Akzeptanz heifit, ahnliche Werthaltungen zu haben, und dies ist selbst in der eigenen Familie, bei den eigenen BCindern nicht moglich (Mathe, 2000). Fiir eine Fiihrungskraft ist zwar Respekt gegeniiber den Mitarbeitern, nicht jedoch unbedingt Akzeptanz oder Toleranz notwendig. Wiirde jemand versuchen, absolut tolerant zu sein und die Mitarbeiter zu akzeptieren, so wiirde er sich damit nicht nur einen unzumutbaren Druck selbst
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auferlegen, sondern auch mit Sicherheit an diesem Anspruch und wahrscheinlich an der Aufgabe, Mitarbeiter zu fuhren scheitern.
1.3.3 Werte und Triebe Frankl geht davon aus, dass Sinn und Werte einen Menschen eher ziehen, anziehen und die Triebe ihn eher treiben, antreiben. Frankl bezieht sich in seiner Definition von Freiheit nicht nur auf die Freiheit von biologischen, psychologischen oder soziologischen Dingen, sondern auch auf die Freiheit von Werten. „Das Moment der freien Stellungnahme gilt namlich nicht nur gegeniiber der eben bloli scheinbaren Notigung durch die biologischen, psychologischen oder soziologischen Bedingungen, sondern auch gegeniiber einer zu verwirklichenden WertmogUchkeit. Sobald wir uns anthropologisch dem Modell eines geschlossenen Systems verschreiben, sind wir motivationstheoretisch blind fur das, was den Menschen von aufien anzieht, und bemerken nur noch, was ihn von innen treibt, also seine Triebkrafte und Triebregungen." (Frankl, 2001, S. 58.) Frankl zieht als Beispiel die Eingangstiir eines Hotels heran in dem er einen Vortrag gehalten hat. „Als Sie, meine Damen und Herren, heute morgen das Drake Hotel betraten, konnten Sie an den Eingangstiiren „puU" lesen. Wenn Sie das Hotel verlassen werden, werden Sie „push" lesen. „PuU" also „ziehen", ist tatsachlich nur von aulien zu lesen, also erst wenn Sie die Eingangstiiren geoffnet und sich auf die Stralie begeben haben." (Frankl, 2001, S. 58.) Ist der Mensch nicht mehr offen, so gibt es fur ihn keine Selbst-Transzendenz mehr. Gibt es aber keine Selbst-Transzendenz, dann wird das Dasein verdinglicht, die Person wird versachlicht, das Subjekt wird objektiviert und damit auch entwxirdigt.
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1.4 Sinn und Untemehmensidentitat 1.4.1 Sinn Frankl (1970, S. 9) macht eine genaue Unterscheidung zwischen Ursache und Grund. „...einen Bergsteiger, der sich dem Gipfel eines Viertausenders nahert, mag Angst oder das Gefiihl einer Beklemmung uberkommen und beschleichen. Diese Gefiihle haben entweder eine Ursache oder einen Grund. Die Ursache kann Sauerstoffmangel sein. Wenn der Bergsteiger aber weifi, dass er ungeniigend ausgeriistet ist oder nicht genug trainiert hat, dann hat seine Angst nicht eine Ursache, sondern einen Grund." Ein anderes Beispiel (S. 9): „Wenn jemand Zwiebeln schneidet, dann weint er. Seine Tranen haben eine Ursache. Aber er hat keinen Grund zu weinen." In der neuzeitlichen Philosophie bzw. im heutigen alltaglichen Sprachgebrauch, wird unter „Ursache" gewohnlich „Wirk-Ursache" verstanden. Aristoteles unterschied vier verschiedene Arten von Ursachen (Rod, 2000): Die Stoff-, Form-, Wirk- und Zweck-Ursachen. Diese unterschiedlichen Ursachen seien beispielhaft am Bau eines Hauses verdeutlicht (Rod, 2000): Der Stoff, also das Baumaterial, wird zum Haus, indem die Bauleute Ziegel, Mortel und Balken nach einer bestimmten Form anordnen, die durch den Bauplan vorgegeben ist. Sowohl die Materialien - Ziegel, Mortel, Balken - (Stoff-Ursache) als auch die Form, die die Materialien erst zu einem Haus macht (Form-Ursache), sind Ursachen. Die Zweck-Vorstellung des Bauherrn (bzw. des Architekten), beispielsweise der Bedarf von vier Kinderzimmer, ist insofern Ursache, als dadurch genau diese bestimmte Form des Hauses entsteht. Dies geschieht durch Einwirkungen seitens der Bauarbeiter, also durch Wirk-Ursachen. Wenn Menschsein „In-der-Welt-sein" heifit, schliefit dies, so Frankl, eine Welt des Sinnes und der Werte ein. Sinn und Werte sind die Griinde, die einen Menschen zu dem jeweiligen Verhalten und Handeln bewegen. Wiirde der Mensch als ein „geschlossenes System" interpretiert, so wird
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diese Welt des Sinnes und der Werte ausgeschlossen. Dann kann es so etwas wie Griinde und Motive nicht geben. Was bleibt, sind Ursache und Wirkungen (Frankl, 1970). Die Reize sind die Ursachen, und die Reaktionen sind die Wirkungen. Motivation kann nur durch Sinn und Werte entstehen, dies bedingt wiederum ein „In-der-Welt-sein", was bedeutet, dass ein Mensch, der fur etwas eine Motivation hat, nicht voUig in sich geschlossen leben kann. Ursachen werden nicht nur mit Griinden, sondern auch mit Bedingungen verwechselt. Frankl (1970) unterscheidet zwischen „hinreichenden" und „notwendigen" Bedingungen. Wahrend eine „hinreichende" Bedingung geniigt, ein Phanomen zu erzeugen, kann eine „notwendige" Bedingung ein Phanomen nicht produzieren, sondern sie stellt eine Rahmenbedingung dafur dar. „So gibt es Falle von Schwachsinn auf Grund einer Unterfunktion der Schilddriise. Wird ein Schilddriisenhormon eingenommen, dann erhoht sich der IQ. 1st damit aber auch schon gesagt, dass der Geist nichts anderes als Schilddriisenhormon ist, wie der Verfasser eines Buches, das ich einmal zu besprechen hatte, alien Ernstes erklarte?" (S. 11) Nach Frankl (1999) geht es dem Menschen in seinem Dasein hauptsachlich nicht um Lust oder Macht, auch nicht um Selbstverwirklichung, sondern vielmehr um SinnerfuUung. Frankl spricht im Rahmen seiner Logotherapie vom „Willen zum Sinn". Eine Untersuchung des American Council of Education ergab, dass unter 171.509 Studenten 68% als ihr Lebensziel definierten: Uberzeugung gewinnen, dass das Leben einen Sinn hat (Frankl, 1975). Frankl (1975, S. 68) beschreibt das folgendennafien: Der Mensch „...ist also nicht nur - wie zu den Zeiten von Sigmund Freud - sexuell frustriert, sondern in erster Linie existentiell frustriert. Und er leidet weniger - wie zur Zeit von Alfred Alder - an Minderwertigkeitsgefuhlen, als vielmehr an einem Sinnlosigkeitsgefuhl - an dem, was ich als „existentielles Vakuum" bezeichne." In einer Untersuchung wurden 60 Studenten der Idaho State University nach Selbstmordversuchen auf das Genaueste befragt, was das Motiv
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dafiir war. 85% konnte in ihrem Leben keinen Sinn mehr sehen. Von diesen waren jedoch 93% physisch und psychisch gesund, lebten in guten wirtschaftlichen Verhaltnissen, im besten Einvernehmen mit ihrer Familie, waren im gesellschaftlichen Leben aktiv engagiert und konnten mit ihrem universitaren Fortschritt zufrieden sein. Von mangelhafter Bediirfnisbefriedigung konnte keine Rede sein (Frankl, 1977). Da nach Frankl der Mensch zuletzt und zutiefst weder vom Willen zur Macht noch vom Willen zur Lust, sondern von Willen zum Sinn durchdrungen ist, ist der Mensch darauf aus, Sinn und Sinnerfiillung zu finden, aber auch anderem menschlichen Sein, in Form eines Du, zu begegnen (Frankl, 1978a). Hier begegnen wir wieder dem „relationalen Menschenbild" von SbandiA^ogl (siehe Abschnitt 1.2.5). ErfuUung und Begegnung gibt dem Menschen einen Grund zum Gliick und zur Lust. Lust und Gliick sind Nebenwirkungen erfiillten Sinnes und begegnenden Seins. Wird jedoch versucht, diesen Prozess abzuktirzen und direkt nach Gliick und Lust zu streben, so werden Gliick und Lust zum alleinigen Inhalt und Gegenstand der Aufmerksamkeit. Dadurch aber, dass sich jemand um die Lust kiimmert, verliert er den Grund zur Lust aus den Augen und Lust kann nicht mehr zustande kommen. Je mehr es jemanden um Lust geht, umso weniger zeigt sie sich. Durch die forcierte Intention, Lust zu erzeugen, einer Hyperintention, kommt es zur Hyperreflexion. Zur Ausbildung des Willens zur Lust, wie auch des Willens zur Macht, kommt es erst dann, wenn der Wille nach Sinn frustriert wurde. (Frankl, 1978a.) Dies bedeutet somit, dass Machtstreben und Luststreben nicht ein Beweis fiir die grundsatzliche Macht- und Lust- (bzw. Gliicks)orientierung des Menschen sind, sondern Ersatzbefriedigungen aufgrund NichterfuUung existentieller menschlicher Grundbestimmung darstellen.
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Von wo nimmt nun der Mensch den Sinn her? „Sinn kann nicht gegeben werden, sondern muli gefunden werden Sinn mufi gefunden, kann nicht erzeugt werden Sinn mufi aber nicht nur, sondern kann auch gefunden werden..." (Frankl, 1977, S. 26f). Auf der Suche nach dem Sinn, wird der Mensch vom Gewissen geleitet. Da jedoch das Gewissen den Menschen auch irrefuhren kann, weifi der Mensch nie genau, ob er wirklich den Sinn des Lebens gefunden hat oder nur glaubt ihn gefunden zu haben. Zu diesem Wagnis des Ungewissens gehort auch die Demut (Frankl, 1977). Da der Mensch iiber sich selbst hinausweist, wodurch Sinn entstehen kann, ist die menschUche Existenz selbst-transzendent. Dieses Uber-sichselbst-Hinausweisen, dieser Sinn, muss sich nun auf etwas oder jemanden beziehen, entweder auf eine Sache oder auf eine Person. Je mehr nun ein Mensch aufgeht in einer, fiir sich als sinnvoU empfundenen Aufgabe an etwas oder in einer Hingabe an eine Person, umso mehr ist er Mensch, und umso mehr wird er selbst. Das bedeutet, sich selbst verwirklichen kann sich jemand nur in dem Mafie, in dem er sich selbst vergisst (Frankl, 1977). „Wann sieht denn das Auge etwas von sich selbst? Doch nur, wenn es erkrankt ist. Wenn ich an einem Grauen Star leide, dann nehme ich in Form eines Nebels war, den ich sehe, und wenn ich an einem Griinen Star erkrankt bin, dann sehe ich, ringsum die Lichtquellen, einen Hof von Regenbogenfarben. So oder so, in dem Mafie, in dem das Auge etwas von sich selber sieht, ist das Sehen auch schon gestort. Das Auge muss sich selbst libersehen konnen. Und genauso verhalt es sich mit dem Menschen. Je mehr er sich selbst iibersieht, je mehr er sich selbst vergisst, indem er sich hingibt einer Sache oder anderen Menschen, desto mehr ist er Mensch, desto mehr verwirklicht er sich selbst. Erst die Selbstvergessenheit fiihrt zur Sensitivitat und erst die Selbsthingabe zur Kreativitat" (Frankl, 1977, S. 110). Auf der Suche nach dem Sinn schlagt Frankl vor, nicht danach zu fragen, was wir vom Leben zu erwarten haben, sondern was das Leben von uns erwartet. Als Beispiel fiihrt er zwei Manner an, die in Gesprachen mit ihm
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Selbstmordabsichten geaufiert haben. Beide gaben an, „vom Leben nichts mehr zu erwarten". Als Frankl ihnen vor Augen fiihrte, dass es nicht darum ginge, was sie vom Leben erwarten, sondern was das Leben von ihnen erwarte, anderte sich ihre Sichtweise grundlegend. Auf den einen „wartete" sein Kind, das er abgottisch liebte und das im Ausland auf den Vater „wartete". Der andere Mann war Wissenschaftler und hatte uber ein bestimmtes Thema eine Biicherserie verfasst, die noch nicht abgeschlossen war. Auf ihn „wartete" eine Sache, sein Werk, das es abzuschUelien gait (Frankl, 2000). Malik (1997, S. 44) hat den Ansatz von Frankl folgendermafien zusammengefasst: „Frankl's Sinnlehre hat zur logischen Konsequenz die individuelle Selbstverantwortung des Menschen. Wer soil es tun, wenn nicht ich selbst? Und wann soil ich es tun, wenn nicht jetzt?" Somit „...geh6rt es zu den Aufgaben jeder Fiihrungskraft, fiir Mitarbeiter Moglichkeiten zu schaffen, Sinn zu finden. Ich sage ausdriicklich nicht, Sinn zu geben" (Malik, 1997, S. 44). Diese Absage an „Entschuldigungsphilosophien", die die Griinde fiir alles, vor allem fiir Fehler und Versagen, nicht bei sich selbst, sondern bei den Umstanden, bei der Gesellschaft, den Organisationsstrukturen, den bosen KoUegen, den inkompetenten Vorgesetzten zu suchen, gilt es auch im Prozess der Fiihrung sowohl bei Fiihrungskraften als auch bei Mitabeitern zu verankern. Ohne Selbstverantwortung ist letztendlich Fiihrung nicht moglich. Anders ausgedriickt, erfolgreiche Fiihrung fiihrt zur Selbstverantwortung hin.
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1.4.2 Untemehmensidentitat Die Identitat einer Person kann mit dem Gefiihl beschrieben werden, trotz sich andernder Lebensumstande, Korperbeschaffenheit und Beziehungen gleichzubleiben, also Kontinuitat und Koharenz aufzuweisen (Simon/Stierlin, 1984). Das Gleiche gilt auch - wie fiir jedes andere lebende System - fiir Unternehmen (Exner, 1992). Dieser Aussage folgt nun, dass das Unternehmen in seiner Ganzheit mehr darstellt als die Summe seiner Telle. So kann man sich beispielsweise ein Unternehmen vorstellen, das seit 100 Jahren erfolgreich besteht, lange Zeit im Familienbesitz war und am Anfang eine Schlosserei im Zentrum der Stadt war. Heute ist dieses Unternehmen mehrheitlich im Besitz von Aktionaren und produziert Bauelemente fiir Hochhauser mit einer modernen Teilfertigung in einem Industriegebiet am Stadtrand. Trotz dieser massiven Verandeningen ist es moglich, dass Kunden, Lieferanten und Mitarbeiter von der Firma XY sprechen und dabei Kontinuitat und Identitat erleben (Exner, 1992). Exner (1992) definiert drei Elemente, die die Gestalt eines Unternehmens in Form von Identitat tiber einen langeren Zeitraum bestimmen (siehe Abbildung 8): Beziehungen Unternehmen - Umwelt
X Sinn
Abbildung 8:
Innere Stnikturen
Die Identitat eines Unternehmen (nach Exner 1992)
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a) Beziehung Unternehmen - Umwelt Die Beziehung zwischen Unternehmen und Umwelt ist ein wesentlicher Bestandteil der Unternehmensidentitat. Auch bei einschneidenden Anderungen des Unternehmens und/oder der Umwelt kann diese Beziehung in ihren identitatsstiftenden Merkmalen gleich bleiben. Uber einen langeren Zeitraum konnen sich die identitatsstiftenden Relationen jedoch auch verandern. b) Innere Strukturen Die innere Struktur hat die Aufgabe der Komplexitatsreduktion, d.h. die unendlichen Handlungsmoglichkeiten des Unternehmens auf eine sinnvoUe Anzahl zu reduzieren und dafiir zu sorgen, dass Impulse, die auf das Unternehmen einwirken, mit einer hohen Wahrscheinlichkeit in einer sich wiederholenden systemspezifischen Art und Weise verarbeitet werden (Exner, 1992). Damit ein Unternehmen fortbestehen kann, ist es auch erforderlich, die innere Struktur auf die Anforderungen der Umwelt anzupassen. Exner (1992) definiert folgende Elemente der inneren Strukturen: Aufbau- und Ablauforganisation, Werte, Normen, Muster. c) Sinn Der Sinn des Unternehmens konstruiert sich - wie bei jedem anderen Organismus - einerseits aus der System-Umwelt-Beziehung (Ich und DuBeziehung), andererseits aus sich selbst heraus. Der Sinn steht also in Wechselwirkung zur Gestaltung der System-Umwelt-Beziehung und zum Aufbau der inneren Strukturen und gestaltet auch den Umgang dieses Widerspruchs zwischen beiden. Das bedeutet auch, dass liber Sinn immer Unternehmensgrenzen konstituiert werden (Exner, 1992).
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Diese drei Elemente der Unternehmensidentitat bringen es auch mit sich, dass die strategischen Ziele eines Unternehmens nicht beliebig gestaltbar sind. In der strategischen Unternehmensplanung ist die eigene Identitat daher auch zu thematisieren und miteinzubeziehen (Exner, 1992). Durch die Unternehmensidentitat erhalten die Mitarbeiter Orientierung fur das Handeln, was wiederum eine Entlastung der Organisation fur die Koordination und KontroUe darsteUt. Besonders bei massiven unternehmensinternen oder -externen Veranderungen ist dies eine wichtige Komponente der Stabilitat und Sicherheit. Um gezielt an der Entwicklung der Unternehmensidentitat zu arbeiten, hat sich, entsprechend Exner (1992), das Einladen wichtiger relevanter Umweltgruppen (z.B. Kunden, Lieferanten, Eigentiimer) bewahrt. Von entscheidenden Mitarbeitern und relevanten Umwehgruppen werden dabei die Meinungen und Sichtweisen zu den drei Elementen der Unternehmensidentitat eingeholt.
1.5 Vision und Mission Statement Die Schwierigkeiten, die sich bei einer definierten Vision oder einem definierten Mission Statement in einer Organisation oft ergeben, bringt Sprenger (2005, S. 222) folgendermalien auf den Punkt: „UnternehmensBotschaften geraten nicht dadurch in Schwierigkeiten, dass man sie angreift, sondem dass man sie ernst nimmt." Folgende plakative Beispiele fCihrt Sprenger (2005, S 222 ff.) dazu an: „ ,Wir woUen den Mitarbeiter mit Initiative und Mut zur eigenen Entscheidung.' Sagen die Untemehmensleitlinien. Falls der Mitarbeiter dann mutig ist und etwas geht schief, bekommt er einen auf den Deckel: ,Was fallt Ihnen eigentlich ein, sich so weit aus dem Fenster zu lehnen?' ,Wir fiihren dialogisch!' Oberster Fiihrungsgrundsatz eines deutschen Pharmaherstellers. Top down vom Vorstand erlassen. Entschieden monologisch. Die Form sagt, dass der Inhalt gelogen ist. ,Sei teamfahig! - Aber setz Dich durch!' ,Sei kooperativ! - Aber stich Deinen internen Konkurrenten aus!' Identifiziere Dich mit dem Ganzen! - Aber belohnt wird nur Deine individuelle Leistung!"
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Verhalte Dich gemeinschaftsdienlich! - Aber optimiere Deine Selbstdarstellung, schliefilich muss man Dich ja auch beurteilen!'". Die Gmndbotschaft lautet (Sprenger, 2005, S. 223): „Tue, was ich sage, und nicht, was ich will. Aber tue auch, was ich will, und nicht, was ich sage." Es handelt sich dabei um einen klassischen „Double-Bind", also um zwei sich gegenseitig ausschliefiende Botschaften, die der Empfanger nicht beide ausfiihren kann. Der „Double-Bind" zerstort jedoch mogliche Leistung und fuhrt oft dazu „Nichts zu erreichen, well man alles erreichen soil" (Sprenger, 2005, S. 231). Beispielsweise werden Mitarbeiter kaum in Teams zusammenarbeiten, wenn das Unternehmen Einzelkampfertum, Durchsetzungsvermogen und Ressortegoismus belohnt (Sprenger, 2005).Vorteile der „Double-Bind"Inszenierung bestehen darin, dass gefordert werden kann, ohne daftir Verantwortung iibernehmen zu miissen. Man kann andere bei Bedarf verantwortlich machen und muss sich selbst nicht festlegen (Sprenger, 2005). Werden durch eine Vision oder einem Mission-Statement Prioritaten und Werte definiert, so hat dies die Konsequenz, die einen Werte zu priorisieren und die andere Werte zu diskriminieren, als weniger wichtig zu betrachten. Sprenger (2005, S. 237 f.) dazu: „...Bezugssysteme und Mafistabe miissen orientiemngfahig und einklagbar sein. Dazu ist es hilfreich, sie gemeinsam zu entwickeln. Wenn diese Bezugssysteme dialogisch aufgebaut werden, iibernehmen Menschen fiir sie auch Verantwortung. Wir brauchen Klarheit in der Werthierarchie. ... Das, was Fiihmng oft so schwierig macht, ist zu fordern: die Bereitschaft, Prinzipienkonflikte anzuerkennen und die erforderliche „abwagende" oder „schopferische" Verantwortung zu iibernehmen."
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1.5.1 Vision
Scholz (2000, S. 957) beschreibt Vision als ein klares und konsistentes Bild einer positiv belegten Zukunft, aus dem heraus sich Handlungsziele ableiten lassen.". Hinterhuber (1996, S. 43) versteht unter Vision das Bewusstwerden eines Wunschtraumes einer Anderung der Umwelt." Und vergleicht die Vision mit einem Polarstem, an dem die wegsuchende Karawane in der Wiiste, deren Landschaftsbild sich dauern andert, ihre Reise ausrichtet. Der Stern ist nicht das Ziel der Reise, aber eine sichere Orientiemng fur den Weg. Somit liegt das Wesen einer Vision (Hinterhuber, 1996, S. 43) „...in den Richtungen, die sie weist, und weniger in den Grenzen, die sie setzt; mehr in dem, was sie ins Leben ruft, und weniger in dem, was sie abschliefit; mehr in den Fragen, die sie aufwirft, und weniger in den Antworten, die sie fur diese findet. Die Ergebnisse, zu denen die Vision gelangt, sind zeitiich und verganglich; wie die Richtungen unendlich sind, die eine Vision weist, so ist sie selbst jedoch tendenziell zeitlos..." Vision und Sinn sind eng miteinander verbunden. Vision ist jedoch etwas liber den Sinn Hinausgehendes, personlich Individuelles, etwas Revolutionares. Revolutionar nicht in dem Sinne, dass eine neue Weltordnung Oder Ahnliches entsteht, sondern revolutionar in dem Sinne, dass in einem bestimmten Bereich etwas Einschneidendes passiert. Eine Fiihrungskraft beispielsweise, die plotzlich ein klares Bild davon hat, wie sie mit einem Mitarbeiter, mit dem sie immer wieder Schwierigkeiten hatte, konstruktiv umgehen kann, hat eine Vision erhalten; nach aulien nicht sichtbar, nur dadm-ch zu erkennen, wie sich die Fuhrungskraft nun anders gegeniiber dem Mitarbeiter verhalt. Die Fuhrungskraft hat ein klares Bild vor Augen, das in einem kleinen Bereich - Umgang mit diesem bestimmten Mitarbeiter - einschneidend und revolutionar ist. Eine Vision kann einen kleineren oder grolieren Bereich des (Arbeits-)Lebens umfassen.
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Von der Vision zu unterscheiden ist das Charisma. Scholz (2000) definiert Charisma und Vision folgendermafien: Charisma ist die spezifische Ausstrahlungskraft einer Ftihrungsperson, die unabhangig von fachUchen Fahigkeiten eine Akzeptanz und letztHch Wertanderung bei der „gefuhrten" Person bewirkt (S. 954). Eine Vision ist ein klares und konsistentes Bild einer positiv belegten Zukunft, aus dem heraus sich Handlungsziele ableiten lassen (S. 957). Hinterhuber (1996) definiert drei Komponenten der Vision: Offenheit, Spontanitat und Realitatssinn (siehe Abbildung 9). Realitatssinn
Offenheit Abbildung 9:
Spontanitat
Die drei Komponenten der Vision (nach Hinterhuber 1996)
Wahrend Hinterhuber (1996, S. 86f) unter Realitatssinn „...die Dinge so zu sehen, wie sie sind, und nicht, wie sie in den Vorstellungen und Wiinschen sein soUten" versteht, ist die Spontanitat „...die Fahigkeit, verschiedene Blickwinkel einzunehmen, von denen aus die Dinge betrachtet werden" und die Offenheit die „...Aufgeschlossenheit gegenuber dem Zeitgeist und den echten Bediirfnissen der Menschen".
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1.5.2 Von personlichen Visionen zu einer gemeinsamen Vision Wahrend personliche Visionen ihre Macht aus dem tiefen Interesse des Einzelnen erhalten, haben gemeinsame Visionen ihre Kraft in einem gemeinsamen Interesse (Senge, 2003). Personliche Visionen wurzeln in den Wertvorstellungen, Sorgen und Sehnsiichten des Einzelnen. Ein echtes Interesse fiir eine gemeinsame Vision basiert auf personlichen Visionen. Daher entwickeln sich gemeinsame Visionen aus personlichen Visionen. Wenn eine Gruppe von Menschen eine gemeinsame Vision fiir eine Organisation hat, behalt jede Person ihr eigenes Bild, ihre eigene Vision vom idealen Zustand der Organisation. Jede Person der Gruppe tragt Verantwortung fur das Ganze, nicht nur fCir den eigenen Teil, allerdings betrachtet jede Person das Ganze von einem unterschiedlichen Blickwinkel aus (Senge, 2003). Im Folgenden sind die Erfordernisse zur Entwicklung einer gemeinsamen, brauchbaren Vision angefuhrt (Senge, 2003): •=> Ein Unternehmen, das eine gemeinsame Vision aufbauen will, muss seine Mitglieder dazu ermutigen, ihre personlichen Visionen zu entwickeln. Menschen, die keine eigene Vision haben, konnen sich nur fiir die Vision eines andere „vertraglich verpflichten". ^
Organisationen miissen sorgfaltig darauf achten, die Freiheit des Einzelnen nicht zu verletzen. Niemand kann dazu gezwungen werden, die Vision eines anderen zu iibernehmen und auch nicht eine eigene Vision zu entwickeln.
•=> Die personlichen Visionen der Mitglieder miissen beriicksichtigt werden, nicht nur die von ein oder zwei Managern. «=> Das Entwickeln einer gemeinsamen Vision muss als zentrales Element der alltaglichen Fiihrungsarbeit betrachtet werden, als fortlaufender, nie endender Prozess. •=> Gemeinsame Visionen zeichnen sich durch die Merkmale echten Dialogs aus.
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Beispielsweise muss ein Konzert von einer hohen Sensibilitat fiir das Ganze geleitet sein. Die Leidenschaft liegt allerdings doch in der einzelnen Person, die ein bestimmtes Instrument spielt. Aber der Einzelne muss Kompromisse eingehen, sich zuriicknehmen und zum richtigen Zeitpunkt einsetzen.
1.5.3 Mission Statement Mission Statement lasst sich auf Deutsch am ehesten mit „Unternehmensleitsatz" iibersetzen. Eine Mission bzw. eine „Business Mission" oder "Corporate Mission", die als Begriffe hierfiir verwendet werden, benotigt nach Malik (2001a) folgende Elemente, um brauchbar zu sein (siehe Abbildung 10): Bedarf
Glaube/Sinn
Starken
Abbildung 10: Die drei Elemente der Mission (nach Malik 2001a)
Die Frage nach dem Bedarf, was der Markt eigentlich benotigt, fiihrt zu der schwierig zu beantwortenden Frage: Wer ist der Kunde eigentlich? Wer soUte es sein? Wer ist nicht unser Kunde? Und warum nicht? Aus der Frage: Was sind unsere Starken?, resultiert die Frage: Was konnen wir besser als andere und wie folgt daraus unsere Uberlegenheit? Die Frage des Glauben bezieht sich auf die Frage: Woher konunt die Kraft, die man als Mensch und als Organisation iiber die gewohnliche, alltagliche Leistung hinaus benotigt, um aufiergewohnliche Leistungen erbringen zu konnen? Malik (2001a) versteht darunter weit mehr als die allgemeine
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Motivation, namlich die Kraft, die man dann braucht, wenn man wirklich in Schwierigkeiten ist, wenn man wirklich grofie Anstrengungen erbringen und die letzten Reserven mobilisieren muss. Aus dem Zusanmienwirken dieser drei Elemente hat Malik (2001a) nochmals drei Komponenten definiert, die daraus entstehen: ^ Aus Bedarf und Starke entsteht Nutzen, der Customer Value. «=» Aus Starke und Glaube entstehen Stolz auf das Unternehmen und seine Leistungen, Selbstrespekt und Selbstvertrauen. ==> Aus Glauben und Bedarf entsteht Sinn. Die Grundelemente einer brauchbaren „Business Mission" miissen zuerst erarbeitet und so klar wie nur irgendwie moglich gemacht werden, und dies erfordert grundliche und meistens zeitraubende Diskussionen (Malik, 2001a).
1.5.4 Unterschiede in der begrifflichen Definition von Vision und Mission Statement Im amerikanischen und im deutschsprachigen Raum haben sich unterschiedliche Sprachgebrauche entwickelt. Wahrend im deutschsprachigen Management unter Vision meist das oberste, handlungsleitende Bild eines zukiinftigen Zustandes verstanden wird, ist die oberste Handlungsorientierung im amerikanischen Managementverstandnis meistens das Mission Statement.
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Tabelle 3 zeigt im Vergleich die unterschiedlichen Definitionen im deutschsprachigen und amerikanischen Managementverstandnis. deutschsprachiges Managementverstandnis Element Inhalt Vision Klares Bild der Zukunft
amerikanisches Managementverstandnis Inhalt Element UnternehmensMission Statement leitsatz
Unternehmenspolitik/leitbild
Innere Einstellung (Werte, etc.) der Fiihrungskrafte (und ev. auch der Mitarbeiter), die ihren Ausdruck im Leitbild finden. Vision1 Strategische Ziele in 3-5 Jahren, die Statement Ziele grundlegend, aber nicht detailliert festgelegt sind.
Kurz- bis mittelfristige Ziele (bis 3 Jahre), die detailliert definiert sind. 1 Aktionsplan Konkrete Maiinahmen, um definierte Ziele zu erreichen. 1 Operative Ziele
Detaillierte Beschreibung der idealtypischen Unternehmenssituation in 3-5 Jahren. Objectives Wie: Operative Ziele
Plan of activities
Wie: Aktionsplan
Tabelle 3: Vergleich des unterschiedlichen deutschsprachigen und amerikanischen Managementverstandnisses von Mission und Vision
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Fredmund Malik, der als Leiter des Management Zentrums St. Gailen dem deutschsprachigen Raum zuzuordnen ist, bevorzugt aufgrund der „bisher nicht beseitigten Schwammigkeit und vor allem wegen der Beliebigkeit der Verwendung des Visionsbegriffes (2001a, S. 168)", die Verwendung des Begriffs „Mission". „Es diirfte kaum zu iibersehen sein, dass das (die drei Elemente der Mission, Anm.) liber den Stand hinausgeht, der mit der Visionsdiskussion erreicht wurde, und dass erst auf dem hier dargestellten Wege jenes Mali an Grundlichkeit und Konkretheit erreicht werden kann, das notig ist, wenn folgenreiche Entscheidungen iiber Strategie, Struktur und Kultur eines Unternehmens eine vertretbare Grundlage haben soUte" (Malik, 2001a, S. 169). Durch die Definition einer Business-Mission im Sinne Maliks, werden die Gefahren einer Vision weitgehend ausgeschaltet, die Conger (1996) bei der Bildung von Visionen als Griinde fiir das Scheitem sieht: «=> Die personlichen Bediirfnisse der Fiihrungskraft werden starker beriicksichtigt als die Bediirfnisse des Marktes oder der Mitarbeiter. «=> Es kommt zu einem Erfolgsdruck und dadurch zu unrealistischen Kalkulationen mit kostenintensiven Ressourcen, die zur Umsetzung benotigt werden. •=> Wahrnehmungsfehler, Ubertreibungen und unangemessene Ungeduld der Fuhrungskraft. Weitere Gefahren sieht Scholz (2000) in der Kommunikation durch iibertriebene Selbstbeschreibung der Fiihrungskrafte, iibertriebene Urheberschaftsanspniche, Manipulationen der Mitarbeiter und Unterdriickung nicht visionskonformer Informationen, die die Orientierungskraft der Vision beeintrachtigen. Wahrend eine Vision starker nach aulien offen ist, aufierhalb des eigenen Unternehmens und des eigenen Marktes, steht in der Mission starker Pragmatik und Realitat im Vordergrund. Aufgrund der „praktischen" Vorteile der Bildung eines Mission-Statements diirfte diesem, auch im
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deutschsprachigen Raum, gegeniiber der Vision immer mehr dem Vorzug gegeben werden. So logisch und vernunftig die Orientierung an der Business Mission fiir ein Unternehmen auch ist, stellt sich dabei auch die Frage: Wo bleiben dann aber die Traume, die unverriickbaren, klaren Bilder und Vorstellungen, die das Leben bewegen, wo bleiben die Sehnsiichte, wo bleiben die Visionen? Bei der Business Mission betrachte ich den Bedarf, die eigenen Starken und den Glauben an das, was ist, aber wo bleiben die revolutionaren Binge, die neu geschaffen werden, die sich eben nicht am Bedarf des Marktes orientieren, sondern durch die Vision vielleicht einen voUig neuen Markt erschaffen; die sich nicht an den eigenen Starken orientieren, sondern Starken vielleicht erst durch eine Vision entwickeln werden; die ihren Sinn nicht den gegebenen Marktverhaltnissen und eigenen Starken anpassen, sondern einen fiir sich revolutionaren Sinn erst finden, voUig unabhangig von allem anderen. In Zukunft werden sich erfolgreiche Unternehmen immer weniger als bisher am Marktbedarf und an den Starken der Konkurrenz orientieren, sondern vermehrt durch Kreativitat, neuen Methoden und Ideen, neue Markte selbst schaffen. Bedarf, Starke und Sinn sind dabei natiirlich Rahmenbedingung. Wo ware aber heute Bill Gates, hatte er sich dem Marktbedarf angepasst? Wahrend die Business Mission starker „demokratisiert" und mit den Mitarbeitern vereinbart werden kann, kann eine Vision, also ein klares konsistentes Bild von der Zukunft, vorerst nur eine physische Person haben. Eine Vision kann anderen Menschen vermittelt, von anderen Menschen geteilt oder aus einem anderen Blickwinkel gesehen werden. Die unterschiedlichen Bilder und Blickwinkel verschiedener Personen ergeben, wenn sie sich gegenseitig erganzen und in eine Richtung weisen, eine gemeinsame Vision (siehe Abschnitt 1.5.2). Auch bei einer gemeinsamen
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Vision behalt jede Person ihr eigenes Bild von einem idealen Zukunftszustand im Kopf. Eine Vision ist im Grunde etwas Autoritareres als eine Mission, da es ein originares Bild im Kopf der Person(en) bedarf. Davon voUig unabhangig ist, wie seitens der Unternehmensleitung mit einer Vision umgegangen wird. Dies gilt gleichermafien auch fiir die Mission. Die drei Elemente einer Business Mission von Malik sind fiir eine erfolgreiche Unternehmensfuhrung unumganglich. Allerdings gibt es daruber hinaus auch noch etwas, das kreativ Schaffende, das Verandernde, eben die Vision.
1.5.5 Entwicklungsprozess und Auswirkungen einer Vision Visionen gehen Fragen voraus; Fragen, die auftauchen, denen man sich stellt und vor denen man nicht fliichtet. Kurt Schneck (1999) hat dies im Vortrag zum Thema „Vollmacht und Ohnmacht" folgendermafien ausgedriickt: „Wohl dem, der nicht fliichtet und sich nicht betaubt sich nicht taub macht gegeniiber einer inneren Stimme." Er definiert drei Voraussetzungen um eine innere Stimme horen zu konnen und diese nicht zu ersticken: ^ Das Zulassen und Reflektieren von Wiinschen, Angsten, Fragen betreffend des bisher Getanen, also die Selbstreflexion, «=> das Aushalten von Stille und Einsamkeit in bestimmten Situationen und •=> die Offenheit, die Aufgeschlossenheit gegeniiber Menschen und Umwelt.
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Schneck (1999) sieht das Auftauchen innerer Stimmen verstarkt in Phasen inneren Umbruches: •=> Im Alter von 18-25 Jahren wahrend der Orientierung als junger Erwachsener, «=> im Alter um die 40 Jahre, der Midlife-Crisis, => manchmal im Alter um die 60 Jahre, im Lebensabschnitt der Pensionierung, •=> in Zeiten personlicher Krisen. Visionen sind Antworten in schwierigen Lebenssituationen bzw. Lebensabschnitten auf die Fragen: Was gilt jetzt noch? Was halt und tragt jetzt noch? Was bist du jetzt noch, wenn fast alles weg ist? Vision zu erhalten bedeutet auch Wesentliches von Unwesentlichem zu trennen und dadurch das eigene Leben zu ordnen. Daher ist eine Vision immer etwas subjektiv Personliches. Bezogen auf eine Unternehmensvision muss sie von jemand, der an der Spitze des Unternehmens steht, ausgehen, sie kann nicht vereinbart, sondern nur vermittelt werden. Wird sie von den anderen Unternehmensmitgliedern nicht oder zu wenig geteilt, so gibt es nur zwei Moglichkeiten: •=> Die Vision fiir dieses Unternehmen muss fallengelassen werden. ^ Derjenige, der die Vision fiir das Unternehmen hat, verlasst das Unternehmen. Wird keine dieser beiden Alternativen gewahlt, so ist die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns der Vision fiir das Unternehmen und auch das Scheitern des Unternehmens in der Umwelt hoch. Fiir ein grofieres Unternehmen ist es einfacher und oft auch erfolgreicher, eine Mission umzusetzen als eine Vision.
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Wie bereits erwahnt, hat der Prozess der Vision mit Reflexion, Stille, Einsamkeit und manchmal auch mit Leid zu tun. Welche Auswirkungen hat nun eine Vision? Eine Vision ist nicht nur ein klares und konsistentes Bild einer positiv belegten Zukunft (siehe Abschnitt 1.5), sondern auch etwas Revolutionares. Es entsteht eine neue innere Weltordnung, fiir einen kleineren oder grofieren Bereich des eigenen Lebens und damit auch eine neue innere Werteordnung. Das, was mich in diesem inneren Lebensbereich tragt, wenn alles andere in diesem Bereich wegfalU. Wesentliches wird von Unwesentlichem getrennt. Diese neue innere Weh- und Werteordnung ist jedoch kein Gefiige aufgrund von tradierten oder gesellschaftlichen Werten, sondem aufgrund von klaren bildlichen Uberzeugungen. Durch eine Vision fiir einen bestinunten Bereich des eigenen Lebens hat sich eine Person in diesem Bereich herausgelost aus gesellschaftlichen Erwartungen, Zwangen, Lehren und kann ihrem eigenen Bild folgen. Die Vision bringt eine Person dazu, in einem bestinunten Bereich, „ein Selbst" zu werden, der Forderung von Riemann der „Selbstwerdung„ (siehe Abschnitt 1.4) zu entsprechen und somit auch einen Zusanmienstofi mit seiner Umwelt herauszufordern. Menschen mit Visionen konnen in dem Bereich ihrer Vision auf Sicherheit verzichten, Neues denken, unangepasst agieren, nicht nach hinten, sondern nach vorne (auf die Vision) schauen, sind frei von Zwangen, selbstvergessen, haben SelbstBewusstsein entwickelt, Angste uberwunden und sind auch riicksichtslos gegeniiber Traditionen, Anschauungen, fur andere Menschen oft nicht fassbar, konfrontierend und somit im Bereich der Vision haufig alleine, einsam und unverstandlich. Visionen liefern Kraft und Willen, aus Zwangen, aus der Vergangenheit herauszutreten, bisherige Grenzen zu sprengen und Neues zu schaffen. Vision ist nicht vergangenheitsorientiert, nicht zukunftsorientiert, sondern gegenwartsorientiert. Es geht darum, das vorhandene Bild in der Gegenwart zu leben.
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Ich habe deswegen immer wieder das Wort „Bereich" einer Vision verwendet, da Visionen oft nicht all-lebensumfassend sind, sondern haufig Teilbereiche des Lebens betreffen. Als Standardbeispiel, um eine Vision darzustellen, wird gerne ein Satz von Antoine de Saint-Exupery herangezogen: „Wenn du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Manner zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Manner die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer." Betrachtet man diese Aussage etwas genauer, so wird die ganze Gefahr einer Vision, eines Visionsverstandnisses sichtbar, die sogar einen zynischen Kern in sich tragt. Sprenger (2000a, S. 61) hat das etwas polemisch, aber treffend zusammengefasst: „Wessen Sehnsucht? - Und wessen Schiff? Die hoh(l)e Kunst der Beeinflussungstechnik mag sich noch so poetisch ornamental garnieren, es nimmt nichts davon weg, dass hier der „Lehrende" sein Primarinteresse verschleiert, „trickst" und andere fremdgesteuert zur Arbeit verfiihrt. Die schiffsbauenden Manner sind die Dummen in der Geschichte. Die beschamend Verfiihrten. - Und wessen Reise? Zur Strafe werden die Schiffsbauer wahrscheinUch nicht einmal mitreisen diirfen. Jedenfalls bleibt es offen. - Und warum gerade zum Meer? Eine inhaltUche Diskussion des Ziels wird nicht gefiihrt. ...So versagt es jede Antwort auf die nahe Uegende Frage der Industriekapitane: Wo kriege ich so schnell ein Meer her? Geradezu perfide wird die Story, wenn die Schiffsbauer wider Erwarten doch mitfahren diirfen und der Industriekapitan sich nun genotigt sieht, eine neue Vision hervorzuzaubern."
2. Organisation und Struktur
2.6 Das lemende Organisationsversttodnis
2.5 Das politische Organisationsverstandnis
2.1 Der Begriff "Organisation"
\i
2.4 Das kulturelle OrganisationsverstSndnis
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2.2 Verschiedene Phasen der Organisationsforschung und verschiedene Organisationsverstandnisse
2.3 Das rationale Organisationsverstandnis
2.3.1 Organisationsstniktur 2.3.2 Technologie 2.3.3 Materielle Anreize und innovationsf5rdemde Rahmenbedingungen
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Wahrend der Begriff „Struktur" relativ klar den Aufbau einer Organisation - somit die Aufbauorganisation - beschreibt, ist der Begriff „Organisation" schon etwas vielfaltiger und schwieriger beschreibbar. Haufig wird unter Organisation implizit die Struktur einer Organisation (= Aufbauorganisation) verstanden. Dass dies nicht den einzigen, wenn auch sehr wichtigen, Aspekt des Begriffs „Organisation" darstellt, sei im Abschnitt 2.1. genauer beschrieben. Zuvor mochte ich noch drei Fragen anfiihren, die Malik (2000, S. 195) als die Grundfragen alien Organisierens bezeichnet: „1. Wie miissen wir uns organisieren, damit das, wofiir der Kunde uns bezahlt, im Zentrum der Aufmerksamkeit steht und von dort nicht wieder verschwinden kann? 2. Wie miissen wir uns organisieren, damit das, wofur wir unsere Mitarbeiter bezahlen, von diesen auch wirklich getan werden kann? 3. Wie miissen wir uns organisieren, damit das, wofur die Firmenspitze, das Top-Management bezahlt wird, von diesem auch wirklich getan werden kann?" Organisationsstruktur spielt dabei eine wichtige RoUe. Dabei gibt es jedoch auch andere Aspekte wie Annahmen, Einstellungen, Interessen der Kunden und Mitarbeiter, Umgang mit unvorhergesehenen Situationen, usw. Kommen wir daher zu der nicht ganz einfach zu beantwortenden Frage: Was wird unter dem Begriff „Organisation" eigentlich verstanden?
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2.1 Der BegrifF,,Organisation" Dass „Organisation" ein unklarer Begriff ist, sei mit den folgenden Aussagen verdeutlicht: Die Caritas ist eine wichtige Organisation. Die Caritas ubernimmt die Organisation einer Protestveranstaltung. Die meisten Caritas-Mitarbeiter haben eine soziale Einstellung. Die Mitarbeiter in der Caritas sind leger gekleidet. Die Caritas hat sich zu langsam an die Bediirfnisse ihrer Unterstiitzer und Spender angepasst. Diese Aussagen stellen keinen tatsachlichen inhaltlich Zusammenhang mit der genannten Organisation dar, sondern sollen nur als Demonstrationsbeispiel dienen. Wahrend sich die Aussage 1) auf die Aufbauorganisation bezieht, ist in Aussage 2) die Ablauforganisation gemeint. Die Aufbauorganisation regelt die Zustandigkeiten und Weisungsbefugnisse, in der Ablauforganisation hingegen werden die Prozesse und deren Reihenfolge festgelegt. In den Aussagen 3)-5) konrnit das Wort „Organisation" zwar nicht vor, bei genauerer Betrachtungsweise wird jedoch ersichtlich, dass es sich auch hier um, unter anderem, organisationsbezogene Aussagen handelt. Dass, entsprechend Aussage 3), haufig Menschen mit uberdurchschnittlich sozialer Einstellung in der Caritas arbeiten, weist darauf hin, dass diese Menschen ihre starken sozialen Interessen in ihr berufliches Leben integrieren und umsetzen woUen. Dazu werden sie auch verschiedene Strategien und Mafinahmen anwenden. Es konnte auch Mitarbeiter in der Caritas geben, die vor allem in der „KaiTiereleiter" schnell nach oben kommen woUen. Diese Mitarbeiter wiirden aufgrund anderer Interessen andere Strategien und Mafinahmen anwenden. Interessen durchsetzen zu wollen bedeutet, Organisationspolitik zu betreiben. Die Aussage 4), die legere Kleidung, lasst auch eine eher legere Umgangsform untereinander vermuten. Beides, Kleidung und Umgangsformen, sind Symbolsysteme, die einen Teil der Organisationskultur sichtbar werden lassen, aber interpretationsbediirftig sind.
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Die letzte Aussage weist auf die dynamische Umwelt und ihre Veranderung hin und auf die daraus entstehende Anforderung an die Organisation bzw. deren Mitglieder, standig zu lernen, also eine „lemende Organisation" zu sein. Werdenich (2001) definiert Organisation psycho- und sozialdynamisch als komplexe, soziale Systeme mit formellen und informellen Strukturen, Regeln und Zielsetzungen, die sich nicht auf ihre Zweckrationalitat reduzieren lassen. Der Begriff „Organisation" lasst sich also nicht nur auf die Zweckrationalitat der Aufbau- und Ablauforganisation reduzieren, sondern beinhaltet weitere Aspekte wie beispielsweise die Annahmen, Einstellungen und Verhaltensweisen der in einer Organisation tatigen Organisationsmitglieder. Diese Annahmen, Einstellungen und Verhaltensweisen werden durch den Begriff „Organisationskultur" beschrieben. Eine weitere Betrachtungsweise von „Organisation" ist die Tatsache, dass unterschiedliche Organisationsmitglieder unterschiedliche Interessen verfolgen. Dies bedeutet, es werden verschiedene Strategien und Malinahmen zur Interessensdurchsetzung angewendet, wodiu-ch Organisationspolitik betrieben wird. Die verstarkte Zunahme der Komplexitat in der Umwelt in den letzten Jahrzehnten fuhrte dazu, dass der Erfolg einer Organisation stark vom raschen und flexiblen Reagieren der Organisationsmitglieder bestimmt wurde. Dies begriindete den Begriff der „lernenden Organisation".
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Je nach Betrachtungsstandpunkt und den aktuellen Anforderungen an die Organisation werden verschiedene Aspekte der Organisation in den Mittelpunkt geriickt: ==> Spezialisierung, Formalisierung/Standardisiemng, Zentralisierung: das rationale Organisationsverstandnis. •=> Die Annahmen, Einstellungen und das Verhalten der Organisationsmitglieder: das kulturelle Organisationsverstandnis. «=> Die verschiedenen Interessen der Organisationsmitglieder: das politische Organisationsverstandnis. "=> Die Komplexitat und die Dynamisierung der Organisationsumgebung: das lernende Organisationsverstandnis. Diese unterschiedlichen schwerpunktmaiiigen Betrachtungsweisen spiegeln die verschiedenen Phasen der Organisationsforschung und das herrschende Paradigma des Organisationsverstandnisses wieder, das im nachsten Abschnitt behandelt wird.
2.2 Verschiedene Phasen der Organisationsforschung und verschiedene Organisationsverstandnisse In der Organisationsforschung werden vier verschiedene Phasen unterschieden, die im historischen Zusammenhang gesehen werden konnen (Zbinden, 1997): In der ersten Phase von ungefahr 1900-1930 stand ein rationales, mechanistisches Organisationsverstandnis im Vordergrund. Dies entspricht dem biirokratischen bzw. mechanistischen Organisationsverstandnis von Max Weber (1922). Die zweite Phase der Organisationsforschung von etwa 1930-1955 ist gepragt von der Human-Relation-Bewegung. In den HawthorneExperimenten wurde, eher per Zufall, entdeckt, dass psychische und soziale Faktoren die Produktion wesentlich mehr beeinflussen als die bisher
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analysierten Arbeitsbedingungen wie Pausenregelungen oder Lichtverhaltnisse. Von den spateren 50er Jahren bis weit in die 70er Jahre stand das koalitionare bzw. politische Organisationsverstandnis im Vordergrund. Dieses Organisationsverstandnis spiegelt auch Veranderungen in der Gesellschaft wider. Bis Mitte dieses Jahrhunderts waren Organisationen hauptsachlich private Erwerbseinheiten eines oder mehrerer EigentiimerUnternehmer. Heute stellen die meisten, insbesondere grofiere Unternehmen, Institutionen mit multiplen Interessen verschiedenster Interessensgruppen dar. Verschiedene Stakeholder wie Arbeitnehmer, Kapitalgeber, Kunden, Lieferanten miissen die Ziele der Untemehmen vereinbaren. March (1962) sieht in diesem Organisationsverstandnis die leitenden Angestellten als politische Makler. Dieses Organisationsverstandnis riickt die vielen Interessenskonflikte in den Mittelpunkt, wodurch auch Egoismen, Machkampfe, Intrigen zum Thema werden. Es muss versucht werden, die eigenen Bediirfnisse erfuUt zu bekommen, was dem Ansatz der Mikropolitik im Untemehmen (Neuberger, 2002; Burns, 1962; Sandner, 1988) entspricht. Die vierte Phase, die Ende der 70er Jahre begonnen hat,richtetihr Organisationsverstandnis vermehrt auf den Menschen als ganze Person, der vielschichtig, wandlungsfahig und flexibel ist und es auch sein muss. In den rasanten technologischen, wissenschaftiichen und wirtschafdichen Veranderungen, in den sich dadurch verandernden Arbeitsbedingungen, Benifsbildern und Anforderungen, kann nur der erfolgreich sein, der anpassungsfahig ist und auch selbst Veranderungen initiiert. Aus dieser Orientierung hat sich die lemende Organisation als Organisationskonzept herausgebildet. In diesen vier Phasen der Organisationsforschung haben sich auch die Menschenbilder verandert. Speziell die vier Menschenbilder von Schein, der rationale Mensch, der soziale Mensch, der selbstaktualisierende Mensch und der komplexe Mensch spiegeln diese vier Phasen der Organisationsforschung wieder.
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Die Phasen der Organisationsforschung entsprechen den vier verschiedenen Formen des Organisationsverstandnisses (siehe Tabelle 4): Organisationsverstandnis Das rationale Organisationsverstandnis Das kulturelle Organisationsverstandnis
Das politische Organisationsverstandnis
Das lernende Organisationsverstandnis
Merkmale
verstarkt aufgegriffen von Taylor (1911) Weber (1922) Fayol (1991)
Arbeitsablaufe werden in viele Teilablaufe zerlegt; die Technologie bestimmt mafigeblich die Arbeitsablaufe. Jaques (1951) Es wird mehr Gewicht auf gemeinsame Werte, koUektive Kon- Schein (1985) WoUnik (1988) sensfindung und Verantwortung gelegt. Eine ausgepragte einheitli- Staehle (1999) che Organisationskultur soil ver- Schreyogg (1992) haltenssteuernd und koordinierendwirken. Riickt Interessenskonflikte in den Mintzberg (1983) Vordergrund; soziale Phanomene Dick (1992) SchoU (1992) wie Egoismus, Machtkampfe, InNeuberger (1994) trigen, Hinterlist werden zum Thema. Aufgrund der Globalisierung und Pautzke (1989) Dynamisierung des Wettbewerbes Turk (1989) werden die Lernprozesse in Orga- Senge (1996) nisationen in den Vordergrund gestellt.
Tabelle 4: Die vier verschiedenen Organisationsverstandnisse
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Um erfolgreich sein zu konnen, braucht eine Organisation ^
ein gewisses Ausmafi zweckrationaler Arbeitsablaufe,
^
eine entsprechende Unternehmenskultur,
^
eine Benicksichtigung politischer Interessen und
^
die Fahigkeit, standig zu leraen und sich zielgerichtet weiterzuentwickeln. Je nach Markt, Eigentumsverhaltnissen, Mitarbeiter, etc. ist fiir den Erfolg eines Unternehmens eine unterschiedliche Auspragung dieser vier Aspekte in der Organisation sinnvolL Burns/Stalker (1996) haben beispielsweise bei der Untersuchung 20 britischer Industriebetriebe festgestellt, dass Untemehmen mit gering biirokratisierten (mechanistischen) Organisationsstrukturen Anderungen in ihrer Marktumwelt und in der technologischen Entwicklung erfolgreicher bewaltigten als starker biirokratisierte Untemehmen. Bei stabilen Umweltbedingungen hingegen erwiesen sich starker biirokratisierte Strukturen als erfolgreicher. 2.3 Das rationale Organisationsverstlbiidnis 2.3.1 Organisationsstmktur Organisationen lassen sich nach folgenden wesentlichen Strukturdimensionen unterscheiden (Reimann, 1975a,b; Weber, 1947): •=> Spezialisierung ^ Formalisierung/Standardisierung ^ Zentralisierung
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a) Spezialisierung Die Spezialisierung betrifft den Grad der Arbeitsteilung. Dem leistungssteigernden Effekt der Arbeitsteilung ist der hohere Koordinationsaufwand, die hohere KontroUe und, bei hoher arbeitsteiliger Spezialisierung, die Inhalts- bzw. Sinnlehre der Arbeit (und dadurch die Verringerung der intrinsischen Motivation und Identifikation mit der Aufgabe) entgegenzusetzen (Wiendieck, 2003). Ein weiterer Aspekt, der dabei zu beriicksichtigen ist, ist die geringere Flexibilitat und langsamere Reaktionsfahigkeit. b) Formalisierung/Standardisierung Die Formalisierung/Standardisiemng betrifft den Grad der vorgegebenen, meist schriftlich fixierten Regeln und Standards, definierten Zustandigkeiten und Arbeitsablaufen. Die Gefahr, die dabei besteht, ist, dass die Einhaltung der Regeln und Standards (beispielsweise Stellenbeschreibungen, ISO Zertifizierungen, Total Quality Management) wichtiger wird als die Zielerreichung. c) Zentralisierung Die Zentralisierung betrifft die Zuordnung von Entscheidungskompetenzen und die davon abgeleiteten Weisungsmoglichkeiten iiber verschieden Hierarchieebenen hinweg. Bei stark zentralistischen Organisationen bezieht sich die Fiihrungsaufgabe auf die KontroUe der Einhaltung von Regelungen und Normen. Die Organisationsstruktur stellt auch die Rahmenbedingung fiir Innovationsmoglichkeiten dar.
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Den Mangel an Innovation und Kreativitat erklart Wiendieck (2003) aufgmnd von fiinf Faktoren: 1. Kaum Moglichkeiten fiir Kreativitat und Initiative durch Zeitdruck und Arbeitsbelastung. 2. Einengung durch biirokratische Vorgaben und Regeln. 3. Behamingstendenz des Gewohnten oder Widerstand gegen Wandel. 4. Fehlende Anreize fiir Innovation und Initiative. 5. Angst vor Fehlern und Blolistellung. Wiendieck (2003) zeigt (siehe Abbildung 11), dass die Erweiterung des Handlungsspielraumes (Aufgabenkomplexitat, Entscheidungskompetenz, Kooperationsspielraum) einerseits Chancen, andererseits auch Risiken in sich birgt. Die Erhohung der Aufgabenkomplexitat, der Entscheidungskompetenzen und des Kooperationsspielraumes birgt die Chance eines hoheren Engagements, einer starkeren Kooperation und Flexibilitat in sich. Die Gefahren, die sich dabei jedoch ergeben, sind verstarkt auftretende Angste, Konflikte und die eines organisatorischen Chaos. Entscheidungskompetenzen
Kooperationsspielraum
^ Aufgabenkomplexitat
Abbildung 11: Chancen und Gefahren bei Erweiterung der Entscheidungskompetenzen, des Kooperationsspielraumes und der Aufgabenkomplexitat (nach Wiendieck 2003)
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Picot/Reichwald/Nippa (1988) betonen, dass bei zunehmender Aufgabenkomplexitat und bei relativ geringer Strukturierbarkeit des Handlungszieles der Informations- und Kommunikationsbedarf steigt. Der Automobilhersteller Volkswagen beispielsweise hat sich aufgrund des raschen wirtschaftlichen, technischen und gesellschaftlichen Wandels folgende Ziele gesetzt (Posth, 1994): Erhohung der Reaktions- und Anpassungsfahigkeit an Marktanderungen. Deutliche Dezentralisiemng (flexiblere Organisationen und kleinere Entscheidungseinheiten). Flachere Hierarchien. Einfacher Entscheidungsprozess sowie kurze Entscheidungswege. Schnelle Informationsverarbeitung.
2.3.2 Technologie Ausgehend von den in Frage kommenden Produkt- oder Fertigungstechniken, ist es fur ein Unternehmen erforderlich, sich fur eine bestimmte Technik zu entscheiden. Dies ist i.d.R. eine langfristige und kostenintensive Entscheidung, die die Spezialisierung des Unternehmensprozesses und damit auch der Innovationsmoglichkeit bestimmt. Von zentraler Bedeutung dabei ist die horizontale und vertikale KompatibiHtat (Staudt/Miihlemeyer, 1995). Inwieweit sich die jeweilige Produkt- oder Fertigungstechnik fiir die Integration in das vorhandene Techniksystem eignet, ist in der horizontalen Kompatibilitat abzuklaren. Mit der vertikalen Kompatibilitat werden einseitige Abhangigkeiten verhindert, die den weiteren Entwicklungsprozess blockieren. Je nach Technologietyp treten zwischen den Personen und Abteilungen unterschiedliche Formen der Abhangigkeit auf, die wiederum verschiedene Koordinationsformen zulassen. Es lassen sich im Wesentlichen drei Technologieformen kategorisieren (Zbinden, 1997): die Paralleltechnologie, die Kettentechnologie und die Intensivtechnologie. Bei der Parallel-
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technologie konnen die Gesamtaufgaben auf verschiedene Leistungseinheiten (z.B. Abteilungen) verteilt werden, die im operativen Bereich unabhangig voneinander sind. Die einzelnen Leistungseinheiten konnen grundsatzlich unabhangig voneinander arbeiten. Bei der Kettentechnologie ist die Gesamtaufgabe einer Organisation durch sequentielle, d.h. nacheinander zu venichtende Tatigkeiten, wie beispielsweise im Fertigungsbereich, gekennzeichnet. Die Intensivtechnologie tritt in Arbeitsbereichen auf, in denen nur unzuverlassige Technologien eingesetzt werden konnen (z.B. Drogenhilfe, Erziehung). In diesen Arbeitsbereichen ist die Anwendung genau definierter Arbeitsvorgange aufgrund vieler bekannter und unbekannter Einflussgrolien nur zeitweise moglich.
2.3.3 Materielle Anreize und innovationsfftrdemde Rahmenbedingungen Inwieweit materielle Anreize die Innovationsanstrengungen von Mitarbeitern im Unternehmen fordern, wird in der Literatur kontrovers diskutiert (Staudt/Miihlemeyer, 1995). Eines der bekanntesten materiellen Anreizsysteme zur Forderung von Innovationen ist das „Betriebliche Vorschlagswesen". In der Literatur und in Fachkreisen werden die Vor- und Nachteile dieses Instruments unterschiedlich gesehen. Eine etwas polemische, aber meiner Ansicht nach recht treffende Aufierung von Sprenger (2000a, S. 121f.) dazu sei hier angefuhrt: „Glaubt jemand ernsthaft, dass der Ansporn "Pramie" Menschen wirklich kreativ werden lasst? Was immer wir iiber die Quelle des Kreativen wissen: sie lasst sich niemals von aufien induzieren. Zuckerbrot und/oder Peitsche schaffen es, dass Menschen (zumindest kurzfristig) vorsichtiger oder schneller arbeiten, niemals aber, dass sie innovativ sind. Kreativitat ist immer intrinsisch motiviert - sie beruht auf Neugier und Freude am Tun. Eine an der Aufgabe orientierte Aufmerksamkeit kann durch (von aufien kommende, nicht in der Sache liegende) Belohnung nicht gescharft werden. Man kann sich nicht anstrengen kreativ zu sein. Verbesserungsideen 'passieren', sie fallen auf; und ein durch Geld gesteigertes Interesse bewirkt fiir die
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Leistungs-Fahigkeit, kreativ zu sein, gar nichts. Kreativitat lasst sich weder befehlen noch kaufen. Im Gegenteil: Belohnung zerstort Kreativitat....Ideen bringen so Geld. Aber Geld bringt keine Ideen." Bei 3M - einem der innovativsten Unternehmen der Welt (Sprenger, 2000a) - wurde das Betriebliche Vorschlagswesen vor einiger Zeit wieder abgeschafft. Otto Rehagel, der friiherer Trainer von Werder Bremen hat zu diesem Thema einmal gesagt: Geld schiefit keine Tore. Die Frage der Innovation ist eine Frage der Reduktion (Sprenger 2000b). Um Innovationen zu ermoglichen, muss eine Organisation ihren Mitgliedern einen gewissen Handlungsspielraum zur Verfiigung stellen. Dies entspricht jedoch einer gegenlaufigen Tendenz des rationalen Organisationsverstandnisses, bei dem alle Ablaufe genau untergliedert und festgelegt sind. Durch die genau definierten Arbeitsaufgaben und durch die Reduktion der Mitarbeiter auf den Produktionsfaktor Arbeitskraft kommt es zu einer Hemmung innovationsfordernder Verhaltensweisen. Wahrend bei der Fliefibandfertigung in der Autoindustrie beispielsweise kein Spielraum fiir Innovationen seitens der Mitarbeiter vorhanden war, wurde bei der Umstellung auf teilautonome Arbeitsgruppen, wie dies bei der Firma Volvo durchgefiihrt wurde, die Reglementierung etwas reduziert, wodurch die Innovationsmoglichkeit nicht so stark verhindert wurde. BCreative Innovationsprozesse lassen sich vor allem durch entsprechende innovationsfordernde Rahmenbedingungen im gesamten Prozessverlauf fordern und gestalten (Kieser, 1986; Miihlemeyer, 1992b; Staudt, 1989). Staudt/Miihlemeyer (1995) definieren vier Rahmenbedingungen, die die Innovationsmoglichkeiten bestimmen: •=> Menschen •=> Die Organisation •=> Die Technologie Externe Umwelteinfliisse Die Frage der Forderung von innovativem Denken und Handeln und der Kreativitat des einzelnen Menschen bezieht sich einerseits auf die
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menschlichen Grundbediirfnisse, andererseits auf die Personlichkeitsstruktur. Individuelles, situationsunabhangiges Fordern des individuellen Denken und Handelns und der Kreativitat ist eine Frage des Selbstmangements. Externe Rahmenbedingungen sind Faktoren, die aufierhalb der Organisation in der Umwelt liegen und von der Organisation in der Kegel kaum beeinflusst werden konnen.
2.4 Das kulturelle Organisationsverstandnis Organisationskultur sind die Grundregeln einer Organisation, die bewusst oder unbewusst •=> die Annahmen, •=> die Einstellungen, •=> das Verhalten der Organisationsmitglieder und der Organisation selbst steuern. Diese Grundregeln werden durch einen sozialen Lernprozess erworben, von den Organisationsmitgliedern geteilt, basieren auf bestimmten Werten und Normen und aufiera sich haufig diu'ch Zeichen und S5anbole. Die Organisationskultur stellt einen Sinnzusammenhang her und bestarkt die Gemeinschaft. Organisationskultur kann als der „Geist" oder der „Stil des Hauses" charakterisiert werden (Neuberger/Kompa, 1993). Zwei wesentliche Komponenten, die innerhalb der Organisation die Organisationskultur pragen sind: - die soziale KontroUe, - die zentralen Steuerungsfaktoren. Soziale KontroUe ist die Gesamtheit aller sozialen Prozesse, die Konformitat mit den gegebenen Normen fordern und normabweichendes Verhalten reduzieren (Werdenich, 2001).
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Habermas (1996) hat drei zentrale Steueningsfaktoren definiert, die Organisationen leiten und damit auch die Organisationskultur pragen: Macht, Geld, Solidaritat. Wahrend im offentlichen Bereich die zentrale Steuemng iiber politischen Eingriff, mittels Macht erfolgt, ist die zentrale Steuemng im privaten Bereich der Markt. Der Markt wird mittels Geld, in Form von Angebot und Nachfrage, reguliert. In dazwischenliegenden Bereichen erfolgt, vor allem in sozialen Organisationen, die zentrale Steuemng iiber Solidaritat. Diese drei Steuemngsfaktoren sind den drei „grofien" Motivklassen von McClelland (1995) ahnlich: das Macht-, das Leistungs- und das Anschlussmotiv. Wahrend das Machtmotiv das Bedtirfnis ist, andere Menschen zu beeinflussen oder KontroUe auszuiiben, ist das Leistungsmotiv als das Bediirfnis zu verstehen, selbst etwas Bestimmtes leisten und erreichen zu woUen. Leistungsmotiv und Geld sind zwar nicht das Gleiche, sie haben jedoch einiges gemeinsam. Beides, Leistung und Geld, haben beispielsweise hohe Anerkennung in der Gesellschaft. Wer viel leistet (nach den Maiistaben der Gesellschaft) hat i.d.R. auch viel Geld. Das Anschlussmotiv ist das innere Verlangen einer Person, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten und diese kennen zu lernen. Dieses Motiv ist der Solidaritat nicht unahnlich. Schein (2004) definierte drei Ebenen der Organisationskultur, die sich gegenseitig beeinflussen: ^
Basisannahmen iiber Umweltbezug, Wahrheit, Wesen des Menschen, Wesen menschliche Handlungen und Beziehungen. Diese sind unsichtbar und meist unbewusst.
^
Normen und Standards Maximen, Verhaltensrichtlinien, Verbote. Diese sind teilweise sichtbar und teilweise unbewusst.
^
Symbolsysteme wie Sprache, Rituale, Kleidung, Umgangsformen. Diese sind sichtbar, aber interpretationsbediirftig.
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Starke Unternehmenskulturen bringen Sicherheit, Handlungsorientierung, geringen Regelungsbedarf, Teamgeist, geringen KontroUaufwand, aber auch das Festhalten an traditionellen Erfolgsmustern, die Tendenz zum abgeschlossenen System (Einheitsmeinung, Betriebsblindheit), kollektive Vermeidungshaltung und Mangel an Anpassungsvermogen mit sich (Schreyogg, 1992). Der Wandel an Werten (siehe Abschnitt 1.3) stellt fiir die Unternehmenskultur eine bedeutende Quelle der Bewegung dar (MuUer, 1995). Die Starke des Rechtfertigungsdrucks der Mitarbeiter stellt, als eine Norm in der Unternehmenskultur, eine wesentliche Komponente des Innovationsverhaltens von Mitarbeitern dar. Betrachtet man Menschen, die innovativ sind, so kann man feststellen, dass es sich haufig um Unternehmer handelt, die sich mit dem Vorhandenen nicht zufrieden geben, die neue revolutionare Produktideen haben, Strukturen verandern, neue Produktionsmethoden entwickeln, neue Marktbearbeitungsmethoden anwenden (Sprenger, 2000b). Viele Unternehmer erleiden jedoch auch Fehlschlage. Unternehmer sind vor allem, in Bezug auf das Unternehmen, sich selbst verantwortlich, wahrend Manager in der Kegel Eigenttimern bzw. Eigentiimervertretern verantwortlich sind. Dadurch hat der Unternehmer mehr Moglichkeiten etwas zu riskieren, bei dem er nicht weifi, ob es erfolgreich sein wird. Manager und Mitarbeiter eines Untemehmens sind dadurch in ihren Wahlmoglichkeiten starker beschrankt und einem Rechtfertigungsdruck ausgesetzt, wodurch Innovationsmoglichkeiten reduziert werden. Wenn es gelingt, den Rechtfertigungsdruck fiir Manager und Mitarbeiter zu reduzieren, werden dadurch Innovationsmoglichkeiten gefordert (Sprenger, 2000b).
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2.5 Das politische Organisationsverstandnis Neuberger (2002) geht davon aus, dass ein Unternehmen eine politische Koalition und die leitenden Angestellten politische Makler sind. Die Ziele der Unternehmen sind nicht gegeben, sondern vereinbart. Das politische Organisationsverstandnis nickt Interessenskonflikte in den Mittelpunkt. Soziale Phanomene wie Egoismus, Machtkampfe, Intrigen, Hinterlist werden plotzlich zum Thema und die unattraktiven und oft lieber verschwiegenen Seiten des Unternehmens kommen zum Vorschein (Morgan, 1986, Neuberger, 2002). Fiir politische Prozesse ist es charakteristisch, dass sie meist verdeckt laufen und tabuisiert werden, da sie unerkannt am besten wirken.
Das Durchsetzen von Interessen ist eine Frage der Macht (siehe Abschnitt 4.2, Macht) und politischer Taktiken wie Selbstdarstellung, Abschieben eigener Fehler, Verbreiten von Geriichten, Zuspielen von InsiderInformationen. Der Umwelt kommt beim politischen Organisationsverstandnis eine hohe Bedeutung zu. Es ist denkbar, dass eine Organisation trotz fehlender Effizienz und Effektivitat durch exterae Stiitzungskrafte tiberleben, indem von diesen die notwendige Ressourcenzufuhr gesichert wird (Turk, 1989). Um eine effektive Zusammenarbeit zu ermoglichen, pladiert Sprenger (2000a) fiir einen offenen Dialog, in dem unterschiedliche Interessen offen und ehrlich angesprochen und verhandelt werden. AUerdings, so Sprenger (2000a, S. 193), „offener Dialog setzt auch Dialogfahigkeit voraus. Die ist aber kein Trick, keine Technik, sondern zuerst eine Frage der inneren Einstellung". Dies ftihrt uns nun zum lernenden Organisationsverstandnis.
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2.6 Das lemende Organisationsverstandnis Die Globalisierung des Wettbewerbs, der immer schneller werdende technische Fortschritt, der kiirzer werdende Produktionslebenszyklus und die gesellschafdichen Veranderungen stellen an Organisationen neue Anforderungen, die Veranderungen in Organisationen und organisationales Lernen notwendig machen. Unternehmen sind dadurch gezwungen, laufend Neues zu lernen (Posth, 1994). Tiirk (1989) unterscheidet drei Grundmodelle der Verandemng von Organisationen: «=> Entwicklungsmodelle ^ Selektionsmodelle «=> Lernmodelle Entwicklungsmodellen liegt die Fragestellung zu Gmnde (Tiirk, 1989): Gibt es allgemeine, regelmafiig zu beobachtende typische Entwicklungsmuster von Organisationen? Damit sind Muster gemeint, die einer immer wiederkehrenden Eigendynamik der Organisation folgen und die bei alien Organisationen mehr Oder weniger auftauchen. Bekannt hierfur sind vor allem die Lebenszyklusmodelle, die von aufeinander folgendenden Entwicklungsstufen ausgehen. Beispielsweise werden folgende Phasen unterschieden: Griindungs- Oder Geburtsphase, Jugendphase, Formalisierungsphase, AnbauAJmbauphase. Der Grundgedanke ist: Je nach Lebensphase einer Organisation stehen bestinunte Problemstellungen im Vordergrund, die unterschiedliche Strategien erforderlich machen. Diese Problemstellungen sind kaum auf Umwelteinfliisse zuruckzufiihren, sondem entstehen als Folge der eigenen Lebensgeschichte (Tiirk, 1989). Selektionsmodelle erklaren Veranderungen in Organisationen als Ergebnis von Bewahrungs- und Aussonderungsprozessen. Diejenigen Organisationsformen, die sich in der sich verandernden Umwelt bewahren, erhalten und verstarken sich, diejenigen, die sich nicht bewahren, sterben ab (Zbinden, 1997).
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Diesen beiden Modellen gemein ist, dass sie ein sehr mechanistisches, deterministisches Bild von Organisationen verkorpern. Veranderung erfolgt durch reaktive Anpassungsprozesse an gegebene, ubermachtige Sachzwange (Zbinden, 1997). In den Lernmodellen handelt es sich bei den Veranderungsprozessen hingegen um aktivistische Ansatze. Soziale Systeme werden als kompetente Einheiten verstanden, welche aktiv und selbstbestimmend Veranderungsprozesse (mit)gestalten und dabei auch ihre Umwelt verandern konnen. Das Initiieren von Veranderungsprozessen (im Gegensatz zu Anpassungsprozessen) setzt Lernprozesse voraus, die sich auf Erkenntnis und Einsicht begninden. Beim Begriff der „lernenden Organisation" steht die Fahigkeit, Veranderungsprozesse zu initiieren und (mit)zugestalten (Zbinden, 1997) und die sich standig in Bewegung befindliche Organisation (Miiller, 1993) im Mittelpunkt des Interesses. Anpassungslernen heifit, dass sich das Unternehmen aufgrund interner (z.B. unternehmensinterner Krise) oder externer Veranderungen (z.B. Markt-, Gesetzesanderungen) den Gegebenheiten anpasst. Die Organisationsmitglieder verandern entsprechend der gegebenen Anforderungen ihre Vorstellungen und ihr VerhaUen, ohne jedoch ihre grundsatzlichen Normen und ihre kognitiven Strukturen zu verandern (Zbinden, 1997). Diese Form des Lernens wird auch „Lernen erster Stufe" genannt. Als eine Folge des Anpassungslernens kann auch die Anpassung der Organisation auf Grund der veranderten Situation sinnvoll oder notwendig machen. Ein starker Umsatzwachstum beispielsweise und eine dadurch erforderiiche drastische Erhohung des Mitarbeiterpersonals kann es notwendig machen, eine zusatzliche Fiihrungsebene im Unternehmen einzufiihren oder die gesamte Produktionstechnologie zu verandern. Beim Veranderungslernen (Lernen zweiter Stufe) Ziehen sich die Organisationsmitglieder bewusst aus unmittelbaren Situationen zuriick, um die eigenen Wehansichten, Grundhaltungen und Handlungstheorien zu ii-
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berdenken, zu beurteilen und moglicherweise zu verandern (Miiller, 1990). Selbstreflexion, konstruktives, reflexives Auseinandersetzen zwischen Gruppen und deren Mitgliedern spielen beim Lernen in Organisationen, oder organisationalem bzw. institutionellem Lernen, eine bedeutende RoUe. Da Veranderungslernen nicht durch andere, sondern nur selbst voUzogen werden kann (Tiirk, 1989; Klimecki/Probst/Eberl, 1991; Burla, et.al., 1994), ist das Selbstmangement der einzelnen Organisationsmitglieder von wesentlicher Bedeutung. Zentrale Bedeutung der lemenden Organisation stellt fiir Senge (2003, S. 287 f.) das Teamlernen dar: „Der Einzelne kann unter Umstanden unentwegt lernen, ohne dass das Unternehmen etwas lemt. Aber wenn Teams lernen, werden sie zu einem Mikrokosmos fiir das Lernen in der ganzen Organisation....Obwohl das Team-Lernen individuelle Fertigkeiten und Kenntnisse umfasst, ist es eine koUektive Disziplin," Von wesentlicher Bedeutung beim Team-Lernen ist, dass die Teammitglieder die Techniken des Dialoges und der Diskussion beherrschen und dass man lernt, kreativ mit den starken Kraften umzugehen, die einem produktiven Dialog oder einer konstruktiven Diskussion negativ entgegenwirken. Solche Krafte konnen beispielsweise sein: Selbstoffenbarungsangst, hoher Rechtfertigungsdruck, problematischer Umgang mit ungleichen Machtverhaltnissen, eine geringe Vertrauensbasis (siehe Abschnitt 4). In einer Diskussion werden verschiedene Ansichten dargeboten, analysiert und verteidigt. Der Dialog hat den Zweck, iiber die Grenzen des individuellen Verstehens hinauszukommen. Nicht zu gewinnen steht beim Dialog im Vordergnind, sondern Einsichten zu eriangen, die der Einzelne alleine nicht erreichen konnte. Ein ausgewogenes Verhaltnis zwischen Diskussion und Dialog ist fiir das Team-Lernen von zentraler Bedeutung. Dass der klassische Ansatz der Mitarbeiterweiterbildung nicht den erwiinschten Erfolg liefert, beschreiben auch Staudt/Kriegsmann (2000): Es werden die Anforderungen erfasst, anschliefiend wird der Weitebildungsbedarf festgestellt und darauf folgend mit der Wissensvermittlung begonnen. Bis die Mafinahmen greifen, ist es jedoch schon zu spat und
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lernen auf Vorrat funktioniert nicht. Eine weitere Problematik ist, dass Handlungsfahigkeit nicht nur (implizites und explizites) Wissen, Fertigkeiten im Sinne konkreten Konnens, die durch Ubungen zustande kommen und die Handlungsbereitschaft (das WoUen) voraussetzt, sondern auch die Zustandigkeit als organisationale Voraussetzungen gegeben sein muss. Staudt/Kriegsmann (2000) sehen eine Losung darin, indem die kiinstliche Trennung von Lernen und Arbeit aufgehoben wird. Senge (2003) definiert drei Eckpfeiler eines Lernprozesses, die fiir alle Personen, sowohl fiir Kinder als auch fiir Top-Manager, Giiltigkeit haben: 1. Der Lernprozess muss in realen Situationen verankert sein. 2. Es muss die Verschiedenheit der Menschen respektiert werden, weil Menschen auf voUig unterschiedliche Weise lernen. 3. Lernen hat eine experimentelle Natur; Lernen entsteht nicht nur durch studieren, sondern man muss handeln. Malik (2000) betont ebenso wie Senge (2003), dass alles, was mit der Entwicklung von Menschen zu tun hat, individuell geschehen muss. Es werden Individuen entwickelt und nicht Abstraktionen oder Durchschnitte. Malik (2000, S. 249) schreibt dazu: „Als Erwachsene lernen und entwickeln sich Menschen dann aber auf ganz verschiedenen Wegen: Der eine lernt, indem er zuhort, der andere durch Lesen, ein dritter durch Schreiben. Wieder andere lernen am Besten, indem sie lehren, andere durch Tun. Manche lernen aus Fehlern, andere aus Erfolgen. Man muss im Einzelfall herausfinden, wie eine konkrete Person am Besten lernt, wenn man etwas fiir ihre Entwicklung tun will." Dies hat (mindestens) zwei weitereichende Konsequenzen: 1. Die weit verbreiteten Human Development-, Management Development-Programme sind fragwiirdig, weil sie stark standardisiert sind. 2. Um die Entwicklungs- bzw. Lernforderung der Mitarbeiter kommt der direkte Linienvorgesetzte nicht herum. Das Personalwesen kann darin Unterstiitzung bieten, grundsatzlich verschiedenste potenzielle Entwicklungs- und Lernmoglichkeiten aufzuzeigen, die wesentlichen
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Entwicklungsrichtungen der einzelnen Mitarbeiter konnen jedoch nur vom Linienvorgesetzten gefordert werden. Malik (2000, S. 250ff.) definiert vier wesentliche Elemente, die fur die Forderung und Entwicklung von Menschen in Organisationen beachtet werden miissen, um bestmogliche Wirkung zu erzielen: 1. dieAufgabe 2. die schon vorhandenen Starken 3. der Vorgesetzte 4. die Platzierung Eine Rahmenbedingung fur die Forderung und Entwicklung von Mitarbeitern stellt in alien vier Punkten das soziale Umfeld dar. Erst wenn die Aufgabe in einem fur den Mitarbeiter positiven Umfeld eingebettet ist, sich die vorhanden Starken und die Platzierung mit den sozialen Bediirfnissen des Mitarbeiters weitgehend decken und das VorgesetztenMitarbeiter-Verhaltnis einen positiven Beitrag zum sozialen Umfeld fiir den Mitarbeiter liefert, ist eine optimale Entwicklung des Mitarbeiters moglich. Menschen entwickeln sich aufgrund ihrer Aufgaben. Eine neue Aufgabe muss fiir die Weiterentwicklung grofier und schwieriger sein als die bisherige. Malik (2000) appelliert daran, die LTbertragung einer grofieren und schwierigeren Aufgabe als Privileg und Anerkennung zu sehen und dies als Bestandteil der Organisationskultiu* zu verstehen. Eine grofiere und schwierigere Aufgabe muss jedoch nicht unbedingt mit Beforderung, besserer Bezahlung und hoherer Position einhergehen. Im Vordergrund soUte die Moglichkeit stehen, eine Leistung zu erbringen und dafur verantwordich zu sein. Es ist notwendig, dass die Leistung eine Herausforderung fiir die jeweilige Person ist. Fiir einen Linienverantwortlichen konnte dies beispielsweise heilien, budgetieren zu lernen und fur den eigenen Bereich Budgetverantwortung zu tragen. Entsprechend der Beobachtungen von Malik (2000) gibt es geniigend junge Leute, die gefordert werden woUen. Dies bedeutet, dass die Leistungsbereitschaft (woUen)
Organisation und Struktur
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meistens vorhanden ist, wenn die Leistungsmoglichkeit (diirfen) geschaffen wird. Da die Entwicklung von Fahigkeiten vor allem durch Handeln erfolgt und daher auch die kiinstliche Trennung zwischen Lernen und Arbeit aufgehoben werden soUte, geht die Entwicklung der Leistungsfahigkeit (konnen) mit der Entwicklung der Leistungsmoglichkeit einher. Erfolgreich und wirksam wird jemand nicht dort sein, wo er seine Schwachen hat - auch wenn sie vielleicht schon beseitigt sind - sondern wo seine Starken liegen. Die Beseitigung von Schwachen fiihrt in der Kegel nur zum Niveau der Mittelmaliigkeit. Bisher durchgefiihrte Aufgaben, erzielte Leistungen und Ergebnisse geben Aufschluss uber die Starken und Schwachen einer Person. Als drittes Element, um die Mitarbeiterentwicklung zu forcieren, nennt Malik (2000) den Vorgesetzten. Die Frage lautet: „Welche Art von Vorgesetzten braucht diese Person fiir die nachste Entwicklungsphase?" Malik (2000) definiert dabei zwei Aspekte, auf die immer zu achten ist: 1. Ein potentieller Vorgesetzter muss ein Vorbild in fachlicher Hinsicht sein. 2. Ein potentieller Vorgesetzter muss charakterlich integer sein (siehe auch Abschnitt 4.1, Charakter). Das vierte Element, das fiir die Mitarbeiterforderung von Bedeutung ist, ist die Frage der Platzierung. Folgende Fragen sind dabei zu beantworten (Malik, 2000): "=> Welche Art von Stelle muss fiir diese Person vorgesehen werden? «=> Eignet sich die Person eher fiir Tatigkeiten mit einem hohen Routineanteil oder mit einem hohen Innovationsgrad? «=> Ist die Person eher ein Einzelarbeiter oder Teamplayer? => Ist dieser Mensch eher am Gesamtzusammenhang oder eher am Detail interessiert?
3. Kommunikation
Exkurs: Praktische Anwendung
3.8 Soziale Konflikte
3.7 Authentizitat und Stimmigkeit
3.1 Das Grundmodell der Kommunikation 3.2 Verbale und non-verbale Kommunikation
3.3 Die vier Seiten einer Nachricht unddasTALK-Modell
3.6 Die Sprache - ein zentrales Kommunikationsmittel
3.5.1 Angst und Furcht 3.5.2 Umgang mit Angst 3.5.3 Imponiertechniken^ 3.5.4 Fassadentechnikeny
3.5 Angst - unser standiger Wegbegleiter
3.4 Inkongruente Nachrichten
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Die sechs Einflussfaktoren des Svstemlsch-integrativen Fuhrungsmodells
Welche Bedeutung hat Kommunikation fur die Fiihrung? Untersuchungen haben ergeben, dass Ftihrungskrafte 80% bis 90% der Arbeitszeit mit Kommunikation verbringen. Dieses Verstandnis von Kommunikation beinhaltet nicht nur das Vier-Augen-Gesprach, sondern auch Gruppengesprache, Vortrage, Tagungen, Konferenzen, Telefongesprache, das Erstellen oder Lesen von Schriftstucken, etc. (v.Rosenstiel, 2003a). Mit zunehmender Aufgabenkomplexitat und relativ geringer Strukturiertheit am Arbeitsplatz geht ein steigender Informations- und Kommunikationsbedarf einher. Ausreichende abteilungsinterne und -externe Informations- und Konununikationsmoglichkeiten sind daher erforderlich. Vorhandene Informations- und Konununikationsmoglichkeiten stellen zentrale Determinanten des Leistungsverhaltens, speziell bei innovationsaktiven Personal, dar (Miihlemeyer, 1992a). Kommunikation bewirkt Verhalten. Wenn eine bestimmte Kommunikation anders verlaufen ware als sie verlaufen ist, wiirden sich auch die Kommunikationsteilnehmer anders verhalten als sie sich verhalten haben. Welters wiirden sich nicht nur die Kommunikationsteilnehmer anders verhalten, sondern Kommunikation hat auch haufig Auswirkungen auf Personen, die an einer Kommunikation nicht beteiligt waren. Wird beispielsweise in einem Kommunikationsprozess, sagen wir in einem Fiihrungskraftemeeting, beschlossen, die Produktion in einem produzierenden Unternehmen zu erhohen, so wird der Produktionsleiter seinen Facharbeitern danach eine andere Information weitergeben, als wenn etwas anderes beschlossen worden ware. Die Facharbeiter kommunizieren und handeln aufgrund der Kommunikation mit dem Produktionsleiter wieder anders als bei einem anderen Ergebnis des Kommunikationsprozesses im Fuhrungskraftemeeting und so welter. Wie man sieht, ist Kommunikation eine komplexe Angelegenheit. Da Verhalten bzw. Verhaltensbeeinflussung das zentrale Interesse vieler Fiih-
Kommunikation
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rungsdefinitionen schlechthin ist, ist Kommunikation fiir die Fiihrung von wesentlichem Interesse. Zu dem komplexen Kommunikationsprozess kommt noch hinzu, dass ein seltsames Phanomen, das in der Chemie bekannt ist, auch in der Kommunikation vorkommen kann: Wenn zwei voneinander unabhangige Stoffe, die fiir sich genommen harmlos sind, aufeinander treffen, dann kommt es plotzlich zu einer hochexplosiven Verbindung. Wahrend sich Kommunikation in der psychologischen Sichtweise auf Handeln und Interaktion bezieht, umfasst Kommunikation in systemtheoretisch fundierten Ansatzen auch Wahrnehmungs- und Denkprozesse (Titscher, 1995a). Typisches Modell der psychologischen Sichtweise ist das Sender-Empfanger-Modell, wahrend die systemische Sichtweise von einem dreistufigen Prozess ausgeht: Information-Mitteilung-Verstehen. Um die Wirkungsweisen und Ansatzpunkte zur Forderung von Leistung so praktisch wie moglich darzustellen, orientiert sich dieser Abschnitt im Wesentlichen an der psychologischen Sichtweise. In jeder Kommunikation gibt es mindestens einen Sender und einen Empfanger. Der Sender schickt eine Nachricht an den Empfanger (siehe Abschnitt 3.1, Das Grundmodell der Kommunikation). Kommunikation erfolgt dabei nicht nur verbal, sondern auch non-verbal (siehe Abschnitt 3.2, Verbale und non-verbale Kommunikation). Jede Nachricht hat neben der reinen Mitteilungsfunktion, der Sachebene, noch drei weitere Ebenen (siehe Abschnitt 3.3, Die vier Seiten einer Nachricht). Durch verschiedehe Kommunikationsformen, die teilweise auch gleichzeitig ablaufen (z.B. verbal und non-verbal), kann eine Nachricht stimmig, kongruent oder auch inkongruent sein (siehe Abschnitt 3.4, Inkongruente Nachrichten). Durch inkongruente Nachrichten verliert eine Information an Klarheit, da der Empfanger nicht weifi, was er nun glauben soil. Da Kommunikation nicht nur eine Sachebene hat, ist es unmoglich zu kommunizieren, ohne von sich selbst etwas preiszugeben. Das kann dazu fiihren, dass jemand
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Die sechs Einflussfaktoren des Svstemisch-integrativen Ftihrungsmodells
Angst hat (siehe Abschnitt 3.5, Angst - unser standiger Wegbegleiter) und daher Imponiertechniken (siehe Abschnitt 3.5.3) und Fassadentechniken (siehe Abschnitt 3.5.4) anwendet. Eines unserer zentralen Kommunikationsmittel um etwas mitzuteilen, die Sprache, wird in Abschnitt 3.6 (Die Sprache - ein zentrales Kommunikationsmittel) beleuchtet. Damit durch einen Kommunikationsprozess Klarheit liber weitere Handlungs-, Entscheidungs- und Verhaltensmoglichkeiten vorhanden sein kann, ist in der Kommunikation Authentizitat und Stimmigkeit erforderlich (siehe Abschnitt 3.7, Authentizitat und Stimmigkeit). Verlauft ein Kommunikationsprozess nicht authentisch und nicht stimmig, so treten Reibungsverluste und Leistungshindemisse auf, die den Kommunikationsprozess unproduktiv machen. Die Kommunikationsteilnehmer konnen sich aufgrund der unstimmigen Kommunikation nicht orientieren und werden dadurch verunsichert. Kommunikation bietet einerseits Entiastung und schrankt andererseits auch ein. Kommunikation ist Voraussetzung fur Kooperation und Konfliktaustragung (Titscher, 1995a). Tritt in der Kommunikation Widerspruch auf, so kommt es zu einem sozialen Konflikt (siehe Abschnitt 3.8, Soziale Konflikte). Zum Abschluss dieses Abschnittes sind als Exkurs praktische Anwendungsmoglichkeiten zur Forderung der Kommunikation, zur Erhohung der individuellen Authentizitat und zum Umgang mit Angst angefuhrt.
Kommunikation
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3.1 Das Grundmodell der Kommunikation Als Kommunikation wird ganz allgemein der Vorgang bezeichnet, der zur Vermittlung und zum Austausch von Informationen dient.
Kanal
Empfanger
Abbildung 12: Das Grundmodell der Kommunikation Der Sender sendet durch den Informationskanal Informationen an den Empfanger. Die wichtigsten Schritte bei diesem Kommunikationsvorgang sind (Premiere, 1995): 1. Der Sender will etwas mitteilen. 2. Die Mitteilung wird vom Sender in Symbole verschliisselt (Codierung). 3. Die Symbole werden abgesandt (Sendevorgang, z.B. Sprechakt). 4. Die Nachricht geht durch den Kommunikationskanal. 5. Der Empfanger nimmt die Symbole wahr. 6. Der Empfanger entschliisselt die Symbole (Decodierung). 7. Der Empfanger interpretiert die Mitteilung. Dadurch, dass der Sender Informationen an den Empfanger sendet, ist jedoch noch nicht gesichert, dass die Absicht, die der Sender hatte, beim Empfanger angekommen ist, und es ist welters auch nicht gesichert, dass sich der Empfanger so verhalt, wie dies der Sender beabsichtig hat. Daher ist es notwendig, eine Feebackschleife in den Kommunikationsprozess „einzubauen". Dieses Feedback kann verbal, nonverbal, Handeln sein.
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Die sechs Einflussfaktoren des Svstemisch-integrativen Fuhrungsmodells
Kanal
Empfanger Wirkung
Absicht Feedback
Abbildung 13: Das Grundmodell der Kommunikation mit eingebauter Feedback-Schleife In alien oben genannten sieben Elementen konnen Storungen auftreten. Solche Storungen konnen beispielsweise sein: ^ Unterschiedliche Lebensgeschichten, Erfahningen, Motive, Interessen der Kommunikationsteilnehmer. Unterschiedliche Interpretation der Situation oder der Beziehung. „Gerausche" im Konununikationskanal (z.B. undeutiiche Sprache, unleserliche Schrift, laute Umweltgerausche). Unterschiedliche Sprache, Codierung (Fachsprache). Absichten, Bediirfnisse, Motive und die in diesem Zusammenhang abgesandten Signale sind nur teilweise bewusst. Vorinformationen sind ungleich. Zu Starke Konzentration der Konununikationsteilnehmer auf ihre eigenen Interessen.
Kommunikation
113
3.2 Verbale und non-verbale Kommunikation Kommunikation beinhaltet nicht nur Worte, sondern auch alle paralingustischen Phanomene (wie z.B. Tonfall, Schnelligkeit oder Langsamkeit der Sprache, Pausen, Lachen, Seufzen), Ausdrucksbewegungen des Korpers und Korperhaltung (Watzlawick/Beavin/Jackson, 2000). Die Ausdrucksbewegungen des Korpers bestehen aus der Mimik (Gebarden der Gesichtsmuskulatur) und der Gestik (Bewegungen des iibrigen Korpers). In einer Untersuchung der Universitat of Columbia (Kuhn, 1998) wurde festgestellt, dass der Gesamtkomplex einer Nachricht im folgenden Prozentausmafi wahrgenommen wird: ^ 7% Inhalt «=> 38% Stimmausdruck •=> 55% Nonverbale Kommunikation: Mimik, Gestik, Kleidung Der individuelle Hintergrund einer Kommunikation ist hoch kompliziert und fur den Kommunikationspartner nur teilweise einsichtig. Unbewusste Anteile, beispielsweise aus der Lebensgeschichte oder der Beziehung zwischen den Kommunikationspartnern, gehen zwangslaufig in die gesendeten Signale mit ein. Durch eine Reihe von verbalen oder nonverbalen Storfaktoren entsteht bei jeder Kommunikation ein Verzerrungswinkel (siehe Abbildung 14). Die vom Sender beabsichtigte Information ist nie mit der vom Empfanger wahrgenommenen Information vollig identisch.
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Die sechs Einflussfaktoren des Svstemisch-integrativen Fuhrungsmodells
beabsichtigte Information verbal Vorgeschichte/ Lebensgeschichte Sender
Situation/Beziehung Mimik Gestik Stimme Empfanger wahrgenommene Information
Abbildung 14: Der Verzemingswinkel in einer Kommunikation
Ein Axiom der Kommunikation lautet: „(Wahr) Wirksam ist nicht (nur) was ich sage, sondern (auch) was der andere (hort) wahmimmt (= „als wahr fur sich nimmt"... und (vor allem) danach handelt)." Die Verantwortung des Senders einer Kommunikation hort erst dann auf, wenn die Wirkung beim Empfanger iiberpnift ist.
Kommunikation
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Zur Verdeutlichung moglicher Kommunikationsbarrieren sind hier die sieben Tiiren der Kommunikation angefiihrt: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
7^ 7^ gesagt 7^ gehort 7^ zugehort 7^ verstanden einverstanden 7^ 7^ getan
gemeint
gesagt gehort zugehort verstanden einverstanden getan beibehalten
Abbildung 15: Die sieben Tiiren der Kommunikation Damit ein Kommunikationsprozess erfolgreich ist, muss eine Nachricht alle sieben Tiiren „passieren". Bleibt „nur" eine Tiire „verschlossen", so kommt es zu einer unvollstandigen Kommunikation. Im Folgenden ist der Kommunikationsprozess anhand des 7-TiirenModells dargestellt: Damit eine Nachricht durch Tiir 1 (gemeint ?^ gesagt) gelangen kann, muss der Sender das, was er meint, auch sagen. Dass dies gar nicht so selbstverstandUch ist, wird unter Punkt 1.4. (Angst - unser standiger Wegbegleiter) und unter Punkt 1.7. (Authentizitat und Stimmigkeit) genauer beschrieben. Bei Tiir 2 (gesagt 7^ gehort) geht es um die physiologische Wahrnehmung. Hat es der Empfanger horen konnen oder hat z.B. eine Baustelle vor dem Haus dies verhindert? Moglicherweise konnte der Empfanger die Nachricht aufgrund der geringen Lautstarke der gesprochenen Nachricht oder des reduzierten Horvermogens nicht verstehen. Wollte oder konnte der Empfanger nicht zuhoren, so bleibt Tiir 3 (gehort '^ zugehort) verschlossen.
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Die sechs Einflussfaktoren des Svstemisch-integrativen Fiihrungsmodells
Die Frage, ob der Empfanger die Nachricht codemafiig (z.B. Fremdworter) und semantisch verstanden hat, stellt sich bei Tiir 4 (zugehort 7^ verstanden). Damit eine Kommunikation auch Tiir 5 passieren kann, ist es erforderlich, dass der Empfanger die Botschaft in das eigene Werteverstehen integriert und damit einverstanden ist. Satze wie beispielsweise „Verstanden habe ich es schon, aber mir fehlt der Glaube", sind vielen bekannt. Damit eine Nachricht durch Tiir 6 gelangt, muss der Empfanger aktiv werden und etwas tun. Das Offnen von Tiir 7 erfordert anhaltende tJberzeugung, Motivation und Konsequenz. Wird ein Kommunikationsprozess in einer Fiihrungssituation von Schritt 1-7 durchgefiihrt, so kann von einem starkeren demokratischen Fiihrungsprozess in der Kommunikation gesprochen werden, als bei einem Kommunikationsablauf von Schritt 2 unmittelbar auf Schritt 6. In derrichtigenSituation den richtigen Kommunikationsablauf zu finden, ist eine besondere Herausforderung der Fiihrung. Je nachdem, ob der Empfanger die Moglichkeit hat zuriickzufragen, zu erganzen, verbal Einwande einzubringen oder eben nicht, wird zwischen ^ l-Weg-Kommunikation und •=> 2-Weg-Kommunikation unterschieden. Bei der 1-Weg-Kommunikation, wie beispielsweise einer schriftlichen Dienstanweisung ohne Riickfragemoglichkeit, ist es erforderlich, dem Empfanger auch scheinbar „klare" Grundinformationen zumindest anzubieten. In der 2-Weg-Kommunikation, die auch eine demokratischere Form der Kommunikation darstellt, hat der Empfanger eine hohere Mitverantwortung fur das Gelingen des Kommunikationsprozesses. Dies kann fur den Empfanger aber auch eine hohere Stressbelastung bedeuten.
Kommunikation
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3.3 Die vier Seiten einer Nachricht und das TALK-Modell Auf Basis des Organon-Modells von Biihler (1965) und des Modells der Themenzentrierten Interaktion (TZI) von Cohn (1975) entwickelte Schulz von Thun (2005a) das Modell „die vier Seiten einer Nachricht". Jede Nachricht die ein Sender an einen Empfanger sendet, hat gleichzeitig vier Aspekte. 1. Sachinhalt ist das offizielle Thema, die sachhche Information, die mit Hilfe sprachUcher Mittel gesendet wird. 2. Selbstoffenbarung enthalt personhchen Informationen liber den Sender. Dadurch stellt sich der Sender, offen oder verdeckt, selbst dar und gibt bekannt „so bin ich". 3. Beziehung Durch das Senden einer Information ist es unvermeidlich, Informationen iiber die Einstellung des Senders zum Empfanger zu ubertragen. Der Tonfall, die Art und Weise der Aufierungen, die Korpersprache gibt Aufschluss iiber: „So ist meine Beziehung zu Dir." 4. Appell Mit jeder Nachricht ist auch ein Zweck verbunden, den der Sender erreichen will: „Das will ich."
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Die sechs Einflussfaktoren des Svstemisch-integrativen Flihrungsmodells
Die Anatomie einer Nachricht sieht somit folgendermafien aus:
Sachinhalt »offizielIes Thema"
Sender Selbst offenbarung „Sobinich*
Nachricht
Appell „Daswillich"
Beziehung ,,So ist die Beziehung" Abbildung 16: Die vier Seiten einer Nachricht (nach Schulz von Thun 2005a)
Nehmen wir beispielsweise einmal an, der Betriebsleiter eines mittelstandischen Produktionsunternehmens kommt eines Morgens in sein Hiiro und trifft neben seiner Sekretarin auch noch die Putzfrau des Gebaudes an und sagt zur Putzfrau: „Die Toilette ist schmutzig". Betrachten wir diese Nachricht einmal genauer: Der Sachinhalt der Nachricht ist: „Die Toilette ist schmutzig." Welche personlichen Informationen bekommen wir durch diese Aussage liber den Betriebsleiter? Wahrscheinlich war er, bevor er das Biiro betreten hat, auf der Toilette. Jedenfalls hat er festgestellt, dass die Toilette schmutzig ist und dies ist fiir den Betriebsleiter unzufriedenstellend. Vielleicht ist die Toilette in den Augen der Putzfrau nicht schmutzig, well sie andere Vorstellungen von Sauberkeit hat als der Betriebsleiter. Diese Moglichkeit ist nur dann realistisch, wenn die Putzfrau erst kurze Zeit in diesem Betrieb als Putzfrau tatig ist. Die Selbstoffenbarung des Betriebsleiters ist: „Mir ist die Toilette zu schmutzig und ich will keine schmutzige, sondern eine saubere Toilette haben".
Kommunikation
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Was diese Nachricht liber die Beziehung vom Betriebsleiter zur Putzfrau aussagt, ist hier schwer zu erkennen. Da miissten wir horen, auf welche Art und Weise der Betriebsleiter diese Nachricht zur Putzfrau sagt. Sagt er es vorwurfsvoU oder so sachlich wie moglich? Vielleicht hat er es schon ofters gesagt, es reicht ihm jetzt und er iiberlegt, die Putzfrau zu kiindigen. Auf der Beziehungsebene konnte er beispielsweise sagen: "Mir reicht es und beim nachsten Mai sind Sie gefeuert.", oder "Wir haben jetzt einen Konflikt miteinander, aber sonst bin ich zufrieden mit Ihnen." Was will der Betriebsleiter, dass die Putzfrau tut? Der Appell an die Putzfrau: "Putzen Sie noch einmal die Toilette!"
Das Modell der „vier Seiten einer Nachricht" ist aquivalent dem „TALKModell" (Neuberger, 1988), dass eine Nachricht nicht in vier Seiten, sondern in vier Elemente zerlegt. Diese vier Elemente bzw. Komponenten des TALK-Modells sind: T (Tatsachen) A (Ausdruck) K (Kontakt/Beziehung) L (Lenkung) Die vier Elemente des TALK-Modells entsprechen folgenden Seiten des Modells der vier Seiten einer Nachricht: Tatsache entspricht dem Sachinhalt. Ausdruck entspricht der Selbstoffenbarung. Kontakt/Beziehung entspricht dem Appell. Lenkung entspricht der Beziehung.
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Die sechs Einflussfaktoren des Svstemisch-integrativen Fuhrungsmodells
3.4 Inkongruente Nachrichten Die verbalen und non-verbalen Botschaften einer Nachricht konnen einander erganzen, wodiirch diese an Klarheit und Deutlichkeit gewinnt. Eine Nachricht ist dann stimmig, kongment. Die verschiedenen Botschaften einer Nachricht konnen jedoch auch nicht zueinander passen, einander widersprechen. Dann ist die Nachricht inkongruent. Bei inkongmenten Nachrichten ist der Empfanger in der Zwickmuhle, weil er nicht weifi, welcher Botschaft er nun glauben soil. Nehmen wir an, der Betriebsleiter vom vorigen Beispiel macht in einer Besprechung mit seinen Abteilungsleitern einen konkreten Vorschlag, gewisse Umstrukturierungsmafinahmen in der Produktion durchzufiihren. Nach einer Diskussion verschiedener Aspekte und von Vor- und Nachteilenfragter den Produktionsleiter abschliefiend, was er nun davon halt. Dieser reagiert folgendermalien:
Eine Nachricht, zwei verschieden Botschaften: Ihr Vorschlag passt mir nicht! (non-verbal) Ihren Vorschlagfindeich gut und wir soUten ihn umsetzen! (verbal) Abbildung 17: Beispiel fur inkongruente Nachrichten (nach Schulz von Thun 2005a)
Kommunikation
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Was soil der Betriebsleiter nun annehmen? Halt der Produktionsleiter den Vorschlag fur eine gute Idee? Gesagt hat er es. Aber sein Gesichtsausdruck sagt das Gegenteil. Je nachdem welche Personlichkeitsstruktur der Betriebsleiter hat, wird er unterschiedlich reagieren. Nimmt er diese inkongruente Nachricht iiberhaupt wahr? Da der Betriebsleiter in der Fremdbeobachtung und im Thema Kommunikation gut geschult ist, ist ihm dies sofort aufgefallen und er weifi auch: Der Korper liigt selten! Ist es nun dem Betriebsleiter wirklich wichtig, die Meinung seines Produktionsleiters zu erfahren und sich mit dessen Ansicht auseinander zu setzen oder will der Betriebsleiter nur eine formale Bestatigung seiner „genialen" Idee haben? Aufierdem, ist es eigentlich die Aufgabe des Vorgesetzten, inkongruenten Nachrichten seiner Mitarbeiter nachzugehen? Wiirde der Betriebsleiter aufgrund dieses Meetings und der verbalen Bestatigung seines Produktionsleiters ohne weitere Klarung die ersten Umstrukturierungsmafinahmen einleiten, so ware es wohl nicht verwunderlich, wenn der Produktionsleiter nicht wirklich „mitzieht". Es ware dann auch nicht zu erwarten, dass der Produktionsleiter selbst Ideen einbringt, selbst aktiv wird oder von sich aus versucht, seine Mitarbeiter von der Idee zu iiberzeugen. Die Uberzeugung des Betriebsleiters bestatigt sich dann wieder einmal: „Um alles muss man sich selbst kiimmern, eigene Ideen sind fiir meine Fiihrungskrafte ein Fremdwort. Eigenverantwortung kann man von seinen Mitarbeitern einfach nicht erwarten!" Warum hat der Produktionsleiter eine inkongruente Nachricht ausgesandt? Ein Vorteil inkongruenter Nachrichten ist, dass sich der Sender nicht festlegen muss. Notfalls kann er sagen, er habe das nicht gemeint. Er weicht dadurch der eigenen Verantwortung aus. Ein anderer Grund konnte sein, dass es dem Produktionsleiter selber noch nicht klar ist, was er davon halt.
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Die sechs Einflussfaktoren des Svstemisch-integrativen Fuhrungsmodells
Vielleicht hat der Produktionsleiter aber auch Angst, sich zu deklarieren, Angst Position zu beziehen, Angst als Verhinderer dargestellt oder von seinem Vorgesetzten lacherlich gemacht zu werden. Vielleicht hat er, einfacher gesagt, Selbstoffenbarungsangst.
3.5 Angst - iinser standiger Wegbegleiter Da in einer Kommunikation der Sender - bewusst oder unbewusst - weifi, dass seine Nachrichten auch unter dem Aspekt der Selbstoffenbarung empfangen und gewertet werden, ist dieser haufig einer emotionalen Belastung ausgesetzt. Er verspiirt oft Angst (Schulz von Thun, 2005a). Angst beeinflusst die Effizienz und Effektivitat einer Kommunikation betrachtlich. Kommunikation ist einer der sechs Einflussfaktoren des Systemischintegrativen Fuhrungsmodells zur Optimierung der Arbeitseffizienz und effektivitat, wodurch das Thema Angst fur diese Arbeit bedeutend ist und im Folgenden ausfuhrlich behandelt wird. Riemann beschreibt in seinem Buch „Grundformen der Angst" (2003), dass Angst ein standiger Wegbegleiter unseres Lebens ist und alle Anstrengungen der Menschheit, Angst zu beseitigen, gescheitert sind. Allerdings konnen Versuche, Angst durch beispielsweise Religion, Glaube, Wissenschaft, philosophische Erkenntnisse zu vermindern, zu bewaltigen, zu iiberwinden, Menschen helfen, diese zu ertragen. „Wir haben meist die Neigung, ihr auszuweichen, sie zu vermeiden, und wir haben mancherlei Techniken und Methoden entwickelt, sie zu verdrangen, sie zu betauben oder zu iiberspielen und zu leugnen. Aber...", so Riemann (2003, S. 7) weiter, „ wie der Tod nicht aufliort zu existieren, wenn wir nicht an ihn denken, so auch nicht die Angst." Riemann geht davon aus, dass die Grundformen der Angst mit vier machtigen Impulsen zusammenhangen, denen die Welt gehorcht und wodurch eine Spannung zwischen unaufloslichen Gegensatzen und Widerspriichlichkeiten herrscht.
Kommunikation
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Die vier machtigen Impulse des Kosmos nach Riemann (2003): 1. Die Erde dreht sich um ihre eigene Achse. Sie fiihrt eine Rotation, eine Eigendrehung durch. 2. Gleichzeitig umkreist die Erde in einem bestimmten Rhythmus die Sonne. Diese Bewegung bezeichnet Riemann als Revolution, Umwalzung. 3. Die Schwerkraft halt unsere Welt zusammen und richtet sie zentripetal nach innen, nach der Mitte strebend aus. Sie hat etwas von einem festhaltenden Sog. 4. Die Fliehkraft strebt zentrifugal nach aufien, sie drangt von der Mitte fliehend in die Weite und hat etwas von loslassen, sich ablosen wollen in sich. Nur die Ausgewogenheit dieser vier Impulse garantiert die gesetzesmafiige Ordnung in unserem Kosmos. Riemann geht nun davon aus, dass der Mensch, als Bewohner dieser Erde und als winziges Teilchen unseres Sonnensystems, auch diesen Impulsen und Gesetzmafiigkeiten unterworfen ist. 1. Die Rotation um die Erde, um ihre eigene Achse entspricht der psychologischen Forderung, ein einmaliges Einzelwesen, ein Individuum zu werden. 2. Die Bewegung der Erde um die Sonne entspricht der Forderung, sich in ein grofieres Ganzes einzuordnen. Unsere Eigengesetzlichkeit, unser eigenes WoUen zugunsten iiberpersonlicher Zusammenhange zu begrenzen und dadurch Gemeinschaft erleben zu konnen. 3. Die Schwerkraft entspricht der Forderung nach Dauer und Bestandigkeit. 4. Die Fliehkraft entspricht dem Impuls zur Veranderung und Wandlung.
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Die sechs Einflussfaktoren des Svstemisch-integrativen Fuhrungsmodelis
Aus diesen vier Impulsen bzw. Bediirfnissen, denen der Mensch unterworfen ist, leiten sich nun die vier Grundangste des Menschen ab, diese nicht erfuUt zu bekommen. Wenn wir nun dem Bediirfnis nachkommen woUen, ein einmaliges Individuum zu werden und uns damit auch gegen andere abgrenzen, so droht uns die Gefahr aus der Geborgenheit des Dazugehorens, der Gemeinsamkeit herauszufallen. Dies bringt Einsamkeit und Isoliening mit sich, und das macht Angst. Wenn wir uns auf den anderen einlassen, uns ihm vertrauend offnen und mit ihm in Austausch treten, im weitesten Sinn uns dem anderen hingeben, dann haben wir Angst unser Ich zu verlieren, abhangig zu werden, nicht unserem Eigenen angemessen leben zu konnen und uns selbst aufgeben zu miissen. Wir woUen Dauer anstreben, sonst konnten wir nichts schaffen und verwirklichen. Hat das von uns Geschaffene keine Dauer, so wiirden wir gar nicht anfangen, unsere Ziele zu verwirklichen. Daher haben wir Angst vor dem Wagnis des Neuen, vor dem Planen ins Ungewisse. Wir haben Angst vor der Verganghchkeit durch den Tod. Durch unser Bediirfnis Neues kennen zu lemen, uns zu wandeln, zu verandern, zu entwickeln, Vertrautes, Traditionen und Gewohntes hinter uns zu lassen, uns immer wieder von Erreichtem zu losen und Abschied zu nehmen, ist die Angst vorhanden, durch Vergangenheit und Gewohnheit festgelegt, in unseren Moglichkeiten und in unserer Freiheit eingeengt und begrenzt zu werden. Im Gegensatz zur Angst vor der Vergangenheit haben wir hier die Angst vor dem Tod als Erstaming und Endgiiltigkeit. (Riemann, 2003.) Die vier Grundangste zusammengefasst: 1. Die Angst vor Ungeborgenheit und Isoliening durch die Selbstwerdung. 2. Die Angst vor Ich-Verlust und Abhangigkeit durch die Selbsthingabe. 3. Die Angst vor Verganghchkeit und Unsicherheit durch Wandlung. 4. Die Angst vor Endgiiltigkeit und Unfreiheit durch Notwendigkeiten.
Kommunikation
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Daraus ergibt sich, so Riemann (2003, S. 15), die Zumutung des Lebens an uns: „Dass wir gleichzeitig nach Dauer und nach Wandlung streben soUen, dass wir dabei sowohl die Angst vor der nicht aufzuhaltenden Verganglichkeit, wie die Angst vor der unausweichlichen Notwendigkeit iiberwinden mussen. Schulz von Thun (2005a) fiihrte die Selbstoffenbarungsangst auf zwei Arten von Zusammenstossen zwischen kindlichem Individuum und der Gesellschaft in der friihen Kindheit zuriick: 1. Zusammenstofi zwischen kindlicher Eigenart und gesellschafdichen Normen. Das Kind merkt sehr bald, dass ein Teil der eigenen Personlichkeit unerlaubt und bose ist und hat einen guten Grund, dieses ungeliebte Ich zu verstecken. 2. Zusammenstofi zwischen kindhcher Hilflosigkeit und Unzuldnglichkeit mit den Leistungsmafistdben der Umwelt Die Schlussfolgerung, „So (unzulanglich) wie ich bin, kann ich mich nicht zeigen!" entspricht dem von Alfred Adier postulierten „Minderwertigkeitskomplex". Brav sein, Wut unterdriicken, keine Sexualitat zeigen sind Normen, die meist, hauptsachlich von den Eltern, durch Liebe und Liebesentzug, Belohnung und Strafe vermittelt werden und dem Kind die Angst vor dem ungeliebten Ich beibringen. Die Eltern (spater andere Bezugspersonen) werden zu einer Art Richter, vor deren Augen man zu bestehen hat, um dadurch Gliick und Selbstwertgefiihl zu erlangen. Diese Angst ist berechtigt und keinesfalls neurotisch. Das Kind lernt, nur bestimmte Geftihle, Gedanken und Verhaltensweisen zulassen zu dlirfen, denn andere sind schlecht und mussen unterdriickt und verborgen werden. Im Laufe der Zeit macht das Kind jedoch die Urteile seiner Richter zu den eigenen und verinnerlicht sie. Der Richter ist in uns selbst in Gestalt eines Gewissens, Ehrgefuhls oder Uber-Ichs. (Schulz von Thun, 2005a.)
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Die sechs Einflussfaktoren des Svstemisch-integrativen Fuhrungsmodells
Adler (1966, S. 71) schreibt uber die Entstehung des Minderwertigkeitsgefuhls: "Fasst man die Kleinheit und Unbeholfenheit des Kindes ins Auge, die so lange anhalt und ihm den Eindnick vermittelt, dem Leben nur schwer gewachsen zu sein, dann muss man annehmen, dass am Beginn jedes seelischen Lebens ein mehr oder minder tiefes Minderwertigkeitsgefiihls steht." Fiihlt sich das Kind erwiinscht und geliebt, wird es im richtigen Ausmafi gefordert und gefordert, so wird es mit der Zeit ein gesundes Selbstwertgefuhl aufbauen. Haufig jedoch werden durch die Erfahrungen des Kindes die Minderwertigkeitsgefuhle verstarkt (Schulz von Thun, 2005a). Bestrebungen, das Kind in seiner Individualitat nicht zu beschranken, also den ersten oben beschriebenen Zusammenstoli zu verhindern, fuhrten in ihrer starksten Auspragung zur antiautoritaren Erziehung, die in den 70er und 80er Jahre ihre grofite Popularitat erreichte. Bezieht man dies auf die von Riemann beschriebenen unaufloslichen Gegensatze zwischen Individualitat und Gemeinschaft, also die Drehung um die eigene Achse und die Einbettung in ein grofieres Ganzes, so erscheint es notwendig, das Ausleben von Individualitat, Bediirfnissen Wiinschen in einem gewissen Mali beschranken zu miissen. Ein verantwortlicher Umgang mit dieser unaufloslichen Spannung ist notwendig, damit es zu einer Ausgewogenheit im menschlichen Leben kommen kann.
Kommunikation
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Es wird nun deutlich, dass es ein wichtiger Teil von Erziehung ist, Rahmenbedingungen fur einen anvertrauten Menschen zu schaffen, die ^ Individualitat, «=> Gemeinschaftsgeftihl, ^ Sicherheit, => Neues erleben, fordern. Diese Spannung im Erziehungsprozess einzugehen und auszuhalten ist nicht einfach, aber offensichtlich notwendig, um dem Kind eine Ausgewogenheit ins Leben mitgeben zu konnen. Wird nun ein Mensch erwachsen, so sind nicht mehr die Eltern oder andere Erziehungspersonen fiir diese Person verantwortiich, sondern der Mensch wird fiir sich selbst verantwortUch. Somit hat ein erwachsener Mensch genauso eine Verantwortung fiir sich selbst wie die EUern oder Erzieher fiir die ihnen anvertrauten Kinder. Die Methoden und Auspragungen sind andere, aber das Prinzip ist das Gleiche. Wenn wir noch einen Schritt weitergehen, kann man auch davon ausgehen, dass ein Mitarbeiter eines Unternehmens, der ja in der Kegel ein erwachsener Mensch ist, neben der Verantwortung fiir sich selbst die vier oben genannten Verantwortungsbereiche auch fiir die Organisation hat, in der er taglich viel Zeit verbringt. Jeder Mitarbeiter hat somit Verantwortung, seine Individualitat in die Organisation bzw. in das Team einzubringen, das Gemeinschaftsgefiihl zu starken, zur Sicherheit in der Organisation bzw. im Team beizutragen und Neues einzubringen. Umgekehrt hat das Unternehmen, d.h. haben die Vorgesetzten, auch diese vier Verantwortungsbereiche fiir ihre Mitarbeiter. Das Ausmafi der Verantwortung ist zwar in den verschiedenen Bereichen unterschiedlich, doch bei alien Organisationsmitgliedern vorhanden. Der Vorgesetzte hat m.E. dabei eine hohere Verantwortung als seine Mitarbeiter, daher ist er ja auch Vorgesetzter. Nehmen wir einmal an, der Produktionsleiter vom vorigen Beispiel hat zur Idee seines Vorgesetzten, des Betriebsleiters, gesagt: „Das ist eine gute
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Idee!" obwohl er ganz etwas anderes denkt, well er Angst hat, sich selbst zu offenbaren. Vielleicht kennt er seinen Vorgesetzten schon etwas besser und weifi, dass dieser oft sehr impulsiv reagiert und dabei leicht sein Gegeniiber vor anderen lacherlich macht. Der Produktionsleiter konnte denken, dass ihn sein Vorgesetzter vor den anderen lacherlich machen und ihm damit sagen wiirde: „Ein Teil von dir ist bei mir unerwiinscht." Der Produktionsleiter hatte dann einen guten Grund, sein ungeliebtes Ich zu verstecken. Ein anderer Grund, warum der Produktionsleiter Angst haben konnte, sich selbst zu offenbaren, ist die Moglichkeit, dass er sich noch nicht im Klaren ist, was er von dem Umstrukturierungsvorschlag in der Produktion seines Vorgesetzten halten soil. Er traut sich das aber nicht zu sagen, schlielilich ist er ja der Produktionsleiter und muss selber am Besten wissen, ob die Idee des Betriebsleiters gut ist oder nicht. Nehmen wir an, es handelt sich in diesem Beispiel um einen sehr erfolgreichen Betrieb und ein Grund des Erfolges sind die schnellen Entscheidungen des Unternehmens. Dann kann er doch nicht zeigen, dass er, trotz einstiindiger Diskussion, noch inuner nicht fahig war, sich ein klares Bild und eine eindeutige Meinung dariiber zu machen, die er dann auch vertreten muss. Vielleicht denkt sich der Produktionsleiter: „Ich miisste die diskutierten Ansichten, die Vor- und Nachteile etwas schneller durchdenken." Er konnte zu dem Schluss kommen: „So (unzulanglich) wie ich bin, kann ich mich nicht zeigen!"
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3.5.1 Angst und Furcht Eine eindeutige, allgemeingiiltige Unterscheidung zwischen Angst und Furcht gibt es nicht. Trotzdem ist die Unterscheidung zwischen Angst als etwas Unkonkretem, Unbekanntem und Furcht als etwas Bestimmtem, Konkretem weit verbreitet (Riemann, 2003). Setzt man sich mit dieser Unterscheidung etwas genauer auseinander, so steUt sich heraus, dass Angst und Furcht sehr unterschiedUche Wirkungen haben. Wenden wir uns einmal einer Angst zu, die weit verbreitet ist: in der 6ffentlichkeit zu reden. Diese Angst ist haufig auch bei guter Vorbereitung vorhanden. Warum jedoch ein Redner vor seinem Auftritt Angst hat ist ihm selbst oft volUg unklar. Ich bezeichne dies deshalb als Angst und nicht als Furcht, weil es sich i.d.R. um etwas Unkonkretes, um eine unkonkrete Angst vor dem Reden handelt. Ein Referat auf der Universitat oder eine Darstellung in einem Gruppenmeeting sind durchaus unter der Kategorie „6ffentliches Reden" zu sehen. Oft aufiert sich Angst vor dem offentlichen Reden durch Herzklopfen. Nimmt der Vortragende in dieser Situation bewusst das Symptom Herzklopfen wahr, fiihlt er es und versucht er es, willentlich zu verstarken, so ist i.d.R. feststellbar, dass es nicht mehr, sondern weniger wird. Was ist geschehen? Drei Vorgange sind erfolgt: «=> Es wurde nicht versucht, die Angst zu verdrangen, abzuspalten und sich einzureden keine Angst zu haben, sondern die Angst wurde bewusst wahrgenommen und innerlich anerkannt. = ' > Der Vortragende hat sich mit einem Symptom der Angst, dem Herzklopfen, naher beschaftigt und die Angst naher betrachtet. Dadurch wurde die Aufmerksamkeit von der unkonkreten Angst auf das konkretere Herzklopfen gelenkt. Als Folge darauf sind zwei Moglichkeiten denkbar: Entweder die Angst wird in Furcht umgewandelt, namlich
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dann wenn ein (wahrer oder vermuteter) Gnind dafiir vorhanden ist, oder die Angst verschwindet bzw. wird reduziert. Die Auseinadersetzung mit der Angst wurde durch die Interventionstechnik der „paradoxe Intervention" verstarkt, wodurch sich die Angst aufgelost bzw. vermindert hat. Wird die Angst zwar reduziert, aber nicht voUstandig aufgelost, so ist die Angst so stark, dass es der Interventionstechnik nicht moglich ist, diese voUstandig zu eliminieren oder die Interventionstechnik wird zu wenig zielgerichtet eingesetzt.
Der Angst kann dadurch begegnet werden, indem sie betrachtet, konkretisiert und nicht von der Personlichkeit abspaltet wird. Moglicherweise steUt sich heraus, dass etwas, das aus der Feme als sehr gefahrlich empfunden wiurde bei naherer Betrachtung gar nicht so gefahrlich und damit auch nicht mehr so angstmachend ist. Das Beschaftigen mit etwas Angstmachendem bewirkt auch, dass Handlungsstrategien gegen die angstmachende Tatsache entwickelt werden konnen, somit die Handlungsmoglichkeit steigt und dadurch Angst abgebaut wird. Bei Vorhandensein eines Grundes kann die Angst in Furcht umgewandelt werden (siehe auch oben). 3.5.2 Umgang mit Angst Da Angst unabanderlich zu unserem Leben gehort und Angst immer in unserem Leben vorhanden ist, ist es sinnvoU, sich zu iiberlegen wie Angst bewaltigt, vermindert, uberwunden, ertragen und auch fiir unsere Entwicklung fruchtbar gemacht werden kann. Angst erzeugt Spannung, Spannung erzeugt Energie und Energie erzeugt Aktivitat. Angst, in einem begrenzten Ausmafi, ist in unserem Leben ein wichtiger Motor. Wenn jemand, der offentlich vor mehreren Personen reden muss, keine Angst mehr hat, hat er unter Umstanden Schwierigkeiten, die Motivation fiir eine ausreichend gute Vorbereitung aufzubringen. Andererseits, wenn die Angst zu grofi wird, wird ein Redner unter Umstanden blockiert.
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Adler (1966) behauptete: Je starker das Minderwertigkeitsgefuhl in einem Menschen ausgepragt ist, umso mehr ist der Mensch bestrebt, dieses Gefuhl zu beseitigen, zu kompensieren und eine Selbstaufwertung zu betreiben. Jedes Streben nach Macht, Uberlegenheit und Geltung bezieht sich daher auf das Bemiihen, die eigenen (eingebildeten oder realen) Schwachen zu iiberwinden (kompensieren) und dariiber hinaus - zur besseren Sicherung - iiber das Ziel hinauszuschiefien (uberkompensieren). Schulz von Thun (2005a) beschreibt die Wirkung der Minderwertigkeit folgendermalien: Je starker das Minderwertigkeitsgefuhl eines Menschen ausgepragt ist, umso starker •=> fantasiert er in seine Mitmenschen die RoUe von strengen Richtern hinein, vor denen er zu bestehen und den „unansehnlichen" Teil zu verbergen habe, um halbwegs anerkannt zu werden; «=> fasst er harmlose Situationen leistungsthematisch auf, er erlebt das Ganze somit als eine Art Bewahrungsprobe; => sieht er in seinen Mitmenschen Rivalen, die zu bekampfen sind und fiirchtet die Niederlage im Wettlauf um Gehung und Prestige. Um das eigene Minderwertigkeitsgefuhl zu kompensieren, stehen verschiedene Techniken zur Verfiigung. Schulz von Thun (2005a) teilt diese ein in: c> Imponiertechniken und •=^ Fassadentechniken.
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3.5.3 Imponiertechniken Imponiertechniken zielen darauf ab, sich von der besten Seite zu zeigen und dadurch Pluspunkte zu sammeln. Techniken wie "das SichAufspielen, Angeben, Selbst-beweihrauchern" werden oft als zu plump erkannt, und daher wird haufig auf unauffalligere, indirekte Imponiertechniken umgestellt (Schulz von Thun, 2005a): *=> Schwerverstandliche Sprache (z.B. Fremdworter, Fachsprache), •=> das beilaufige Absenden wichtiger, hochwertiger Informationen, «=> nutzen des Heimspielvorteils, indem man das Gesprach auf Aspekte lenkt, zu denen man viel Kluges sagen kann dienen weniger dem Inhalt eines Gespraches als dem eigenen Prestige. Der Sender bezieht sich gerne auf Dinge oder Vorfalle, aus denen sein Wissen, seine Fahigkeiten, seine Wichtigkeit, seine Uberlegenheit hervorgehen, well er damit dem Empfanger mitteilen will „so einer bin ich also". Im Gegensatz zu den Imponiertechniken konnte man die => demonstrative Selbstverkleinerung als inverse Imponiertechnik betrachten. Menschen, die sich selbst als unwichtig, klein, hilflos darstellen, treten mit dem Appell an ihre Umwelt heran „hebe Du meine Bedeutung und Wichtigkeit hervor" oder „ubernimm Du lastige und schwierige Aufgaben und Verantwortungen". Ruth Cohn (1975, S. 123) schreibt in ihrem Buch „Von der Psychoanalyse zur Themenzentrierten Interaktion": „Wer weniger Verantwortung gibt als notig, ist ein Dieb; wer mehr gibt, ein Morder."
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3.5.4 Fassadentechniken Von Fassadentechnik spricht Schulz von Thun (2005a) dann, wenn Personen Techniken anwenden, um negativ empfundene Anteile der eigenen Person zu verbergen oder zu tarnen. Das Gegenteil, die Echtheit, ist dann vorhanden, wenn das aufiere Gebaren mit dem inneren Zustand und Zumutesein libereinstimmt (Tausch/Tausch, 1977). Fur den Sender einer Nachricht kann das Ziel der Fassadentechnik sein, alles zu verbergen, was er selbst unzulanglich findet. „Nur keine Schwachen, keine Gefiihle zeigen", ist eine verbreitete Einstellung und Verhaltensweise, die oft Manner betrifft. Schweigen stellt beispielsweise eine sehr konsequente Form der Angstabwehrfassade dar. Es kann aber auch sein, dass es sich nicht um eine bewusste Taktik handelt, sondern dass die Gefiihle in der Innenwelt gar nicht mehr spiirbar sind (Schulz von Thun, 2005a). Dann ist ein Teil der Personlichkeit nicht mehr integriert, sondern abgespahen. Imponier- und Fassadentechniken gefahrden den sachUchen Ertrag einer Nachricht. Imponiertechniken betonen dariiber hinaus das eigene Individuum iibermafiig und gefahrden damit den Gemeinschaftsaspekt.
3.6 Die Sprache ~ ein zentrales Kommunikationsmittel Die Sprache steUt eines unserer zentralen Kommunikationsmittel dar. Besteht keine Moglichkeit, sich sprachlich zu artikulieren, so behindert das das menschliche Leben und Erleben. Die Sprache sagt erstaunlich viel liber einen Menschen aus. Wenn bei alien Vorschlagen zu einer Problemlosung von ihrem Kommunikationspartner sofort Gegenargumente kommen, die begriinden, warum dies alles nicht funktioniert, so wird damit auch etwas iiber diese Person ausgesagt. Moglicherweise sagen diese Reaktionen etwas iiber die Einstellungen oder vielleicht auch iiber die Note dieser Person aus. Der Gesprachspartner offenbart sich selbst. Will sich jemand in einem Diskussionsprozess nicht
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festlegen, so ist die Person eher geneigt die Worter „man", „wir", „es", etc. zu verwenden (Schulz von Thun, 2005a). Dadurch bleibt eine Unverbindlichkeit vorhanden und es muss nicht Position bezogen werden. „Ich bin der Meinung " beinhaltet eine andere Selbstoffenbarung und damit auch Angreifbarkeit als „Man weifi ja, " oder „Es ist ja allgemein bekannt, ". Thomas Gordon (2003) beschreibt in seinem Buch „Managerkonferenz" ausfiihrlich, wie durch das Aussenden von Ich-Botschaften und durch aktives Zuhoren Kommunikationsprozesse effektiver ablaufen konnen. Das Verwenden schwer verstandlicher Sprache (z.B. Fremdworter) ist in Expertenkreisen weit verbreitet. Dadurch werden Insider- und Outsidergruppen geschaffen. Andere Griinde fiir das Verwenden schwer verstandlicher Sprache kann Imponiergehabe („Ich verstehe zwar nichts, aber das muss ein kluger Kopf sein.") oder schlicht mangelnde Kommunikationsfahigkeit sein (Der Sender ist nicht oder zuwenig anschlussfahig.). Durch Sprache kann auch festgestellt werden, ob jemand eine klare Vorstellung von dem hat, was er sagt oder nicht. Einfachheit, Kiirze, beispielhaftes Erzahlen konnen zwar Charaktermerkmale oder Gewohnheit sein, aber es sagt meist auch daniber etwas aus, inwieweit jemand eine klare Vorstellung von seiner Nachricht hat. Wildes Gestikulieren beispielsweise ist ein Indikator fiir Unklarheit der Nachricht beim Sender. Haufig kann auch herausgefunden werden, ob jemand eine Schilderung aufgrund eigener Erfahningen selber erlebt hat oder ob es sich dabei um eine theoretisch diu-chdachte Ausfuhrung handelt. Dies ist vor allem im Bereich des Personalrecruitings von Bedeutung. Sprache und Denken sind eng miteinander verbunden. Was man nicht denken kann, kann man nicht sagen. Auch die Kultur eines Volkes beeinflusst die Sprache. Fiir Dinge, die in einem Kulturkreis nicht wichtig sind, gibt es wenige Worter. Die philippinischen Volker beispielsweise verfiigen iiber mehr als 40 Worter fiir Reis, aber nur iiber ein Wort fiir Brot, da Brot kein wichtiges Nahrungsmittel ist. Auf der Insel Paranan, die Hauptinsel
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des nordostlichen Teils der Philippinen, wird fiir Brot das Wort „Tinapay" verwendet. „Tinapy" bedeutet nicht nur Brot, sondern bezeichnet alles mit Mehl Gebackene, d.h. Weifibrot, Schwarzbrot, Torte, Kuchen, Strudl, Kekse, etc. (Binder, 2001.)
3.7 Authentizitat und Stimmigkeit Eine Nachricht ist kongruent, wenn die drei Bereiche des menschlichen Lebens und Erlebens, das Denken, Handeln und Fiihlen zusammenfallen. Dann lebt man nicht hinter eine Fassade, sondern ist echt, authentisch. Wenn wir wieder zu unserem Beispiel des mittelstandischen Produktionsunternehmens zuriickkommen und annehmen, dass der Produktionsleiter in dem geschilderten Fuhrungskraftemeeting den Umstrukturierungsvorschlag des leicht aufbrausenden Betriebsleiter kritisiert hat, dann denken sich wahrscheinUch einige seiner Abteilungsleiterkollegen, dass dieser mutig und authentisch sei. Der Produktionsleiter hat Bedenken und er handelt danach, indem er diese Bedenken artikuliert. Auf der anderen Seite verhah sich der Betriebsleiter, der, nehmen wir einmal an, iiberhaupt nicht an der Meinung seiner Mitarbeiter interessiert ist, sondern seine „geniale" Idee prasentieren will und nur pro forma seine Fiihrungskrafte nach ihrer Meinung fragt, nicht sehr authentisch. Er stellte im Fuhrungskraftemeeting zwar seinen Umstrukturieningsvorschlag zur Diskussion, an den Bedenken seiner Fiihrungskrafte ist er in Wirklichkeit aber nicht interessiert. Einige Menschen haben einen sehr direkten Zugang zu ihren Gefiihlen. Sie reagieren unmittelbar und miisse nicht daniber nachdenken, was sie jetzt fuhlen. Andere miissen nachdanken, was sie fuhlen, wenn sie gefragt werden und dann erscheint die Beschreibung von Gefiihlen als logische Schlussfolgerung von analytischen Uberlegungen (Schulz von Thun, 2005a).
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Authentizitat benotigt zwei Prozesse (Schulz von Thun, 2005a): •=> Einerseits, dass ich iiber meine Gefuhle, mein Denken, meine Bediirfnisse, meine Motivation im Klaren bin, mir also nichts vormache und •=> andererseits, dass ich dies nach „Aufien", in meine Umwelt klar kommuniziere, so dass es beim Anderen ankonunen kann. Die Begriffe autiientisch und kongruent werden in der Literatur synonym verwendet. Damit es klar ist, dass es in verschiedenen Situationen nicht forderlich ware, sich voUkommen autiientisch zu verhalten, hat Rutii Cohn (1975) den Begriff der „selektiven Autiientizitat" gepragt. Sie macht damit deutlich, dass nicht alles, was echt ist, gesagt werden kann, aber dass alles, was gesagt wird, echt sein soil. Umso starker das Vertrauen zwischen Menschen ist, umso starker kann Authentizitat gelebt werden. Menschen konnen sich dadurch immer mehr offnen und ehrlich ihre Gedanken und Gefuhle preisgeben. Damit ein Individuum Authentizitat entwickeln kann, ist jedoch auch ein Mindestmafi an SelbstwertgefCihl erforderlich. Selbst in langdauernden exklusiven Partnerbeziehungen gibt es meistens noch verschlossene Bereiche (Schulz von Thun, 2005a). Um mit dem Thema „Authentizitat" besser umgehen zu konnen, bringt Schulz von Thun (2005a) den Begriff „Stimmigkeit" ins Spiel. Er definiert Stimmigkeit als „das mir Gemafie" in einem bestimmten Augenblick und als Ubereinstimmung mit der Situation. Neben der eigenen iimeren Verfassimg und Zielsetzung gehoren zur Stimmigkeit somit auch der Charakter der Beziehung, die innere Verfassung des Empfangers und der Charakter der Situation. Wenn ein Brand ausgebrochen ist, wird jemand u.U. lautstarke Befehle geben und nicht danach fragen, wie er oder der Empfanger sich dabei fiihlen. Wie kann in einer bestimmten Situation Stimmigkeit erreicht werden? Um diese Frage klaren zu konnen ist es erforderlich, zuerst zu klaren, ob ein gemeinsames Interesse vorhanden ist oder ob es in dieser Situation konkurrierende Interessen gibt.
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Wenn Situationen oder Unternehmen auf Konkurrenz aufgebaut sind, kann in diesen Situationen oder Unternehmen Authentizitat und auch Vertrauen kaum entstehen. Authentizitat ware, bezogen auf die Situation, nicht stimmig bzw. sogar dumm. Vor allem internationale Grofikonzerne forderten, speziell in den 80er Jahren, mit ihren Unternehmensstrukturen interne Konkurrenzsituationen. Procter & Gamble beispielsweise hat ihre Produktiinienorganisation bewusst so aufgebaut, dass firmeneigene Produkte am internationalen Markt und innerhalb des Unternehmens konkurrierten. Nach dem Motto: Gegenseitige Konkurrenz belebt die Kreativitat und das Unternehmertum. Dies mag durchaus seine Bereehtigung gehabt haben, ist allerdings zur Forderung von Authentizitat und Vertrauen weniger geeignet. Unternehmen, die Peters & Waterman (1982) in ihrem Bestseller „Auf der Suche nach Spitzenleistungen" auf ihre Erfolgsursachen untersucht haben, waren haufig auf Konkurrenzsituationen aufgebaut. Dieses Buch wurde in einer Zeit geschrieben (Anfang der 80er Jahre), in der die Umwelt noch verhaltnismaiiig stabil war. Von den hunderten US Top-Unternehmen, die in diesem Buch untersucht wurden, existieren heute weniger als zehn (Sprenger, 2000c). Fiihrt man sich die Umweltanderungen der letzten zwei Jahrzehnte vor Augen, so ist nachvollziehbar, dass das Vorhandensein von Vertrauen immer wettbewerbsentscheidender wird. Vertrauen setzt ein gewisses Ausmafi an Offenheit und Authentizitat voraus. Wer offen ist, macht sich verletzlich. Eine Person macht sich i.d.R. dann verletzlich, wenn sie weifi, dass die andere Person diese Verletzlichkeit nicht ausnutzt. Authentizitat kann sich nur schwer entwickeln, wenn ein Unternehmen auf Rivalitat aufbaut (Schulz von Thun, 2005a). Dies bedeutet, dass ein wesentliches Erfolgskriterium ftir ein Unternehmen das Fehlen von interner Konkurrenz an Schliisselstellen ist (Sprenger, 2000a).
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3.8 Soziale Konflikte Soziale Konflikte konnen als Interaktionen, in denen mindestens zwei Personen, Gruppen, Organisationen oder Staaten einander widersprechende Interessen verfolgen und einander bei der Erreichung dieser Absichten behindern, gesehen werden (Titscher, 1995b). Sozialer Konflikt kann also als das Austragen von Differenzen definiert werden (Krysmanski, 1993) oder als Kommunikation eines Widerspruchs (Luhmann, 1984). Dies bedeutet, dass ein sozialer Konflikt Kommunikation erfordert. Das rein subjektive Gefiihl, zu jemandem in Widerspruch zu stehen, reicht fur einen sozialen Konflikt noch nicht aus. Dieses Erlebnis muss auch vennittelt werden (Titscher, 1995b). Durch Unterschiede in den Interessen, durch Differenzen also, treten Spannungen auf, die zu sozialen Konflikten fCihren konnen. Konflikte werden in der Soziologie von verschiedenen Autoren unterschiedlich gesehen. Parsons (1968) sieht in seiner Theorie der sozialen Schichtung die Gesellschaft als einen „Quasi-K6rper", sozusagen als einen Organismus, in dem sich im Optimalfall soziale Krafte und Gruppen in regelmafiigen gesetzmafiigen Prozessen austauschen (Homoostase). Davon abweichendes Verhalten (und damit auch sozialer Wandel) ist bei Parsons eine gefahrliche Stoning, die es zu verhindert gilt (Belardi/Eurich/Wangler, 1980). Im Gegensatz zu Parsons, dessen Modell die Vermeidung und Beseitigung von Konflikten zum Ziel hat, betont Dahrendorf (1965) in seiner Klassen- und Konflikttheorie die standige schopferische Wirksamkeit sozialer Konflikte fur den gesellschaftlichen Fortschritt. Der soziale Konflikt ist bei Dahrendorf der Motor des sozialen Wandels (Belardi/Eurich/Wangler, 1980), wahrend bei Parsons der Mechanismus der sozialen KontroUe abweichendes Verhalten wieder ins Gleichgewicht bringt. Konflikte werden iiblicherweise als problematisch, unerfreulich, kostenvenirsachend, unproduktiv oder gar gefahrlich angesehen, also fast nur mit negativen Attributen belegt (Titscher, 1995b). Daher fiihrt dies oft zu der Forderung: Wir miissen herausfinden, wie wir die Zahl der Konflikte
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so gering wie moglich halten und wie wir die unvermeidlichen losen konnen (Gordon, 2003). Wahrend aus psychologischer Perspektive Konflikte als intra- oder interpersonale Spannungszustande gesehen werden, werden die Begriffe Konsens und Kooperation durchwegs positiv bewertet (Titscher, 1995b). Dass Konflikte in einer Interaktion funktional ambivalent sind, also auch positive Effekte haben konnen, wird oft vernachlassigt. Beispielsweise konnten als positive Effekte personliche Vorteile, die Neugestaltung von Beziehungen, organisatorischer Wandel oder ein Anlass fiir eigene Verandemngen auftreten. In der betriebswirtschaftlichen Literatur wird Konfliktvermeidung haufig als ein wichtiger Mafistab fur die Effizienz von Organisationsstrukturen angesehen. Fiir diese Sichtweise spricht, dass Konfiktaustragung haufig in eine unproduktive GewinnerA^erlierer-Situation fiihrt, Dissens die KontroUkosten steigert und den Informationsaustausch reduziert (Tritscher, 1995b). Dieser Behauptung ist entgegenzuhalten, dass eine konfliktvermeidende Organisationskultur tendenziell innovationsfeindlich ist und durch fehlende Konfliktaustragung bei abweichenden Meinungen, kontraproduktive Verhaltensweisen der Organisationsmitglieder zu erwarten sind. Durch Kontroversen wird zwar der Informationsfluss beeintrachtigt, sie stimulieren aber auch die Suche nach und Uberpriifung von Informationen (Tritscher, 1995b). Entsprechend dem TRIZ-Modell (siehe Abschnitt 6, Selbstmanagement) ist der Widerspruch eines von vier zentralen Elementen, die Innovationen provozieren. Es gibt verschiedene Moglichkeiten mit Konflikten umzugehen. Tritscher (1995c) beschreibt drei Moglichkeiten der Konflikthandhabung: ausweichen, stimulieren, austragen bzw. regeln. a)Ausweichen Um Konflikten auszuweichen, kann man versuchen Situationen zu meiden, von denen man annimmt, dass sie zu Konflikten fiihren. Man kann auch versuchen, existierende Widerspriiche umzuleiten oder sie zu leugnen. Es ist jedoch nicht immer moglich, Konfliktsituationen zu vermeiden. Ein Konflikt wird umgeleitet, wenn andere zu Problemtragern er-
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nannt werden, um eine unangenehme Konfrontation zu vermeiden (Bsp.: Siindenbock, Schaffung eines Aufienfeindes). Beim Umleiten eines Konfliktes kommt es zu keiner Regelung des Ausgangsdissenses, sondern nur zu einer Verlagemng. Durch Leugnen von Konflikten konnen vorhandene Widerspriiche verdeckt und somit die Einmischung von anderen Personen verhindert werden. Leugnen ist eine Abwehr, mit der versucht werden kann, momentanen Schaden abzuwenden. Positive Effekte konnen dadurch jedoch nicht erreicht werden (Miller/Swanson, 1960). Konfrontationen auszuweichen kann, in bestimmten Situationen, notwendig sein, geringe emotionale Kosten oder auch Zeitgewinn mit sich bringen. Geringe Konfliktbereitschaft bringt auf Dauer jedoch auch geringes Durchsetzungsvermogen mit sich. b) Stimulieren Stimulierung ist die Strategie, eine Gegenposition zu vertreten und durchzusetzen. Dies kann dadurch erfolgen, dass bestehende Konflikte aufgegriffen und verscharft werden oder indem die Konfliktpartei ihren Partner angreift. Auf Konfrontation zu gehen kann notwendig erscheinen, bringt jedoch hohe emotionale Kosten mit sich und erfordert eine hohe soziale Kompetenz, um konstruktiv zu sein. c) Austragen bzw. regeln Austragung oder Regelung kann nur dann erfolgen, wenn die Moglichkeit gesehen wird, eine Veranderung der Situation herbeizufuhren, die dem gegenwartigen Spannungszustand vorzuziehen ist. Konfliktaustragung setzt voraus, dass die Existenz von Unterschieden akzeptiert und versucht wird, einen Umgang mit dem bestehenden Dissens zu finden. Moglichkeiten, einen Konflikt auszutragen, sind Verteidigung und Verhandlung. Verteidigung kann auf den Gegner gerichtet, auf den Selbstschutz konzentriert sein oder das Ziel haben, den Gegner abzuschrecken. In der Verhandlung spielt die Wirksamkeit bestimmter Taktiken eine wichtige Rolle.
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Welche Moglichkeiten zur Konflikthandhabung die besten Aussichten auf Erfolg haben, kann generell nicht gesagt werden (Tritscher, 1995c) und ist von der jeweiligen Situation (Normen, Starke des inneren Spannungszustandes, Macht, etc.) abhangig. Der Konfliktprozess wird von der Machtstellung der beteiligten Personen beeinflusst, wobei die Nutzung der Machstellung wiederum vom Charakter der beteiligten Personen abhangig ist.
Zum Abschluss dieses Abschnittes sind praktische Anwendungsmoglichkeiten bzw. Techniken beschrieben, um den Ertrag einer Kommunikation und die individuelle Authentizitat zu erhohen und mit Angst konstruktiv umgehen zu konnen.
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Exkurs: Praktische Anwendung Anwendungen kommunikationsfordemder Techniken ^
Vorbereitung Wenn Sie ein wichtiges, schwieriges Gesprach fiihren miissen, bereiten Sie sich entsprechend vor. Wo? Wann? Warum? Wozu? Wer? Woniber? Was? Wie?
^ Angenehme Atmosph6re schajfen Wenn Sie einen beruflichen Termin in Ihrem Biiro wahrnehmen, haben Sie Heimvorteil. Nutzen Sie diesen, indem Sie Ihrem Gesprachspartner z.B. eine Tasse Kaffee anbieten oder ihm beim Ablegen seines Mantels helfen. Kurzer allgemeiner Plausch zu Beginn des Gesprachs ist wichtig, um eine positive Stimmung zu schaffen und um sich aufeinander einzustellen. Fragen wie beispielsweise: Haben Sie gleich hergefunden? War viel Verkehr hierher?, sind zwar scheinbar Oberflachlichkeiten, aber hilfreich (siehe auch „die vier Seiten einer Nachricht" und das „TALK-Modell, Abschnitt 3.3). •=> Gemeinscankeiten schaffen ist gerade am Anfang eines Gespraches hilfreich und schafft ein WirGefiihl. Beispiel: Das ist ja interessant, ich habe auch ein Bild von Kandinsky in meinem Biiro, sind Sie auch so ein Kandinsky-Fan wie ich? Beobachten Sie aufmerksam das Umfeld Ihres Gesprachspartners, Bilder die am Schreibtisch stehen, Biiroeinrichtung, Uhr, etc. Irgendetwas lasst sich fast immer finden, wenn man will.
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Haben Sie Mut zu sagen, was Sie sagen wollen Wenn die erste Phase iiberwunden ist und es nun um die eigentliche Sache geht, ist es fiir alle Beteiligten angenehm, schnell auf den Punkt zu kommen. Sie haben vielleicht schon erlebt, dass ein Gesprachspartner zwar nichts mehr zur Sache sagt, aber das Gesprach auch nicht beenden will und um irgendetwas „herumdruckt". Wie ist es Ihnen dabei ergangen? Vielleicht konnen Sie Ihrem Gesprachspartner dabei helfen, etwas anzusprechen. Dazu miissen Sie ihn aber schon etwas besser kennen. Sie brauchen Energie dazu und miissen es auch wollen. Leichter ist es jedoch fiir einen Gesprachspartner, wenn der andere klar sagt, was er will. Manchmal ist dazu Mut erforderlich.
^ In kurzen Satzen sprechen tragt zur Klarheit einer Botschaft bei und dazu, dass beide Gesprachspartner den roten Faden nicht verlieren. «=> Fremdworter nur dosiert verwenden Wichtig ist es, sich auf den Wissens- und Bildungsgrad des Gesprachsteilnehmers einzustellen, anschlussfahig zu sein. ^
Gesprachspartner after beim Ncanen nennen Den Gesprachspartner beim Namen zu nennen bewirkt, dass dieser einen kurzen Augenblick inne halt und Sie, zumindest fiir einen kurzen Augenblick, seine voile Aufmerksamkeit erhalten. Der Name ist der Ausdruck der Personlichkeit des anderen und das Nennen des Namens der Ausdruck der Wertschatzung der Person. Jeder hort seinen eigenen Namen gerne, allerdings kann das bei offensichtlicher Verwendung als Gesprachstaktik auch Unmut hervorrufen. Hier gilt: wohldosiert und ehrlich einsetzen.
•=^ Bildlich sprechen macht die Botschaft fiir den Empfanger konkreter vorstellbar. Dadurch wird die Botschaft plastischer und das Vorstellungsvermogen des Gesprachsteilnehmers angeregt. Die Chancen auf ein besseres
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Verstandnis und einen langeren Merkeffekt steigen dadurch. Ein weiterer Effekt bildlicher Sprache ist, dass der Sender selbst eine klare Vorstellung davon haben muss, was er eigentlich sagen will. Das ist ja nicht immer der Fall. Daher ist es vorteilhaft, wenn der Sender vor einer wichtigen Besprechung versucht, seine Botschaft selbst bildlich durchzudenken. Vielleicht merkt er dann, dass er selbst noch keine klare Vorstellung davon hat, was er eigentlich sagen will. Bildlich sprechen heifit, vertikal anstatt horizontal zu sprechen. Vertikal bedeutet konkret durch Beispiele oder durch genaue Beschreibungen, so dass der Empfanger es bildlich vor Augen hat, es formlich riechen, fuhlen und angreifen kann. Umso mehr die Sinne beim Empfanger angesprochen werden, umso besser. Versuchen Sie lieber weniger Inhalt zu vermitteln, dies aber dafur plastischer. Weniger Inhalt ist oft mehr. Hilfsmittel verwenden z.B. einen Sachverhalt auf dem Flipchart aufzeichnen. Ich-Botschaften anstatt „Sie", „man", „wir". Einerseits offenbaren Sie sich dadurch, andererseits machen Sie das Gesprach konfliktfreier. Wenn Sie anstatt „Sie haben gesagt, " beispielsweise „Ich habe verstanden " sagen, offenbaren Sie, was Sie verstanden haben und was Sie nicht verstanden haben. Dies ist natiirlich ein Risiko, denn der andere konnte ja denken „Der ist einfach zu dumm meinen intelligenten Gedankengangen zu folgen". Auf der anderen Seite machen Sie das Gesprach unangreifbarer. Der Gesprachspartner kann zwar abstreiten, was er gesagt hat, aber er kann nicht abstreiten, was Sie verstanden haben. Ich-Botschaften bedeuten mehr Risiko fiir die eigene Person und mehr Sicherheit fur den Gesprachsinhalt.
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=> Positive Formulierungen und losungsorientiert denken Worte wie „nein, geht nicht, weifi ich nicht, Sie mussen, ..." rufen eher Unbehagen hervor, wahrend Worte wie „ja, bitte, darf ich Sie um Ihren Namen bitte,..." positiv assoziiert werden. Verwenden Sie Ihre Energien verstarkt dafiir herauszufinden, was moglich ist, anstatt dariiber nachzudenken was nicht mogUch ist." ^ Passives Zuhoren Obwohl es einfach erscheint, ist Zuhoren eine hohe Kunst. Sicherlich haben Sie von Ihrem Partner, einem Verwandten, einem Freund, schon einmal den Vorwurf bekommen „Du horst mir nicht zu!". Der Gesprachspartner merkt, dass Sie nicht wirklich herausfinden woUen was er eigentUch sagen will bzw. was er meint oder denkt oder empfindet. Wenn Sie bereit sind, jemandem zuzuhoren, Pausen zu machen und selber zu schweigen, wird der Gesprachspartner ermutigt fortfahren. •=> Aktives Zuhoren Dadurch, dass Sie Ihrem Gesprachspartner aktiv verbale Signale geben, zeigen Sie Interesse und ermutigen ihn, das zu sagen, was er eigentlich kommunizieren will. Aktives Zuhoren kann beispielsweise durch Fragen erfolgen. Fragen, die darauf abzielen herauszufinden, was der Gesprachspartner wirklich meint. Sie geben ihm ein Signal und eine Aufforderung, fortzufahren. Eine andere Methode des aktiven Zuhorens ist das Umschreiben. Hier umschreibt der Empfanger, was bei ihm angekommen ist. Der Sender bekommt dadurch ein Feedback und kann nun entsprechend darauf reagieren. ^ An den Gedanken des Anderen cmknupfen Wenn Sie Gedanken bzw. Aussagen, die der Gesprachspartner auliert, weiterdenken und im Gesprach daran ankniipfen, sagen Sie ihm: Deine Ausfiihrungen sind interessant, deine Gedanken sind wertvolL Du bist anregend und interessant fiir mich und daher denke ich jetzt deine Gedanken weiter. Umgekehrt, wenn Sie jemanden unterbrechen oder wenn Sie warten, bis jemand fertig gesprochen hat und dann
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seine Ausfiihrungen beiseite stellen und unabhangig davon Ihre Gedanken aufiern, sagen Sie Ihrem Gesprachspartner: Das ist ja alles recht gut und schon, ich lasse Dich ja auch ausreden, aber das, was Du sagst, ist nicht wirklich interessant, daher sage ich dir, was ich jetzt denke. Das bewirkt kleine Verletzungen, die in Sunune ein konstruktives Gesprach gefahrden konnen. •=> Nicht unterbrechen gehort zur Grundhoflichkeit jeder Kommunikation. In Besprechungen ist es jedoch oft erforderlich, einen Sitzungsteilnehmer „einzubremsen" und einen anderen zu ermutigen, seine Meinung zu aufiern. Ist es erforderlich jemanden „einzubremsen", so kann folgende Methode angewendet werden: 1. Seinen Namen nennen. 2. Seine Nachricht kurz zusanunenzufassen. 3. Eine Frage stellen. Damit unterbrechen Sie jemanden, ohne ihn zu unterbrechen. ^ Zusammenfassen Sind viele Informationen eingebracht worden, so ist das Zusammenfassen wesentlicher Punkte hilfreich. Erfolgt die Zusammenfassung durch den Gesprachsempfanger, so kann zusatzlich die Ubereinstimmung zwischen dem, was der Sender gemeint hat und dem, was der Empfanger verstanden hat, iiberpruft werden. Es sei noch erwahnt, dass es sich bei den kommunikationsfordernden Techniken nicht um Manipulationstechniken handeln soil. Wichtig ist, die Konmiunikationsforderer entsprechend der eigenen Personlichkeit und Situation einzusetzen, um dadurch eine konstruktive Kommunikation zu forcieren.
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Praktische Anwendunzsmodichkeiten: 1. Uberlegen Sie sich, wie die nachfolgenden Aussagen auf Sie wirken: a) Da haben Sie mich nicht richtig verstanden. b) Da sind Sie falsch informiert. c) Das ist an und fiir sich eine gute Sache. d) Entschuldigen Sie, dass ich store. 2. Wie konnen Sie die Aussagen a)-d) anders formulieren? 3. Versuchen Sie innerhalb der nachsten drei Tage, in einem Gesprach mit einem Partner, Freund, Verwandten, ArbeitskoUegen, Mitarbeiter, bewusst aktiv zuzuhoren. Nehmen Sie sich das unmittelbar vor dem Gesprach nochmals vor, dass Sie seine Botschaft und Motive wirklich verstehen und erfassen woUen (auch wenn es anstrengend sein wird) und lassen Sie Ihre Standpunkte, Ideen einmal bewusst im Hindergrund. Uberlegen Sie sich nach dem Gesprach, wie es Ihnen ergangen ist: Wie war der Gesprachsverlauf? Welche inhaltUchen Ergebnisse wurden erzielt? Wie haben Sie sich dabei gefiihlt? Ist Ihre Beziehung zu Ihrem Gesprachspartner nach diesem Gesprach besser oder schlechter als zuvor? Wollen Sie in Zukunft ahnlich vorgehen oder nicht? Wenn ja, in welchen Situationen?
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Mafinahmen zur Erhohung der individuellen Authentizitat Es gibt verschiedene Moglichkeiten, an der Erhohung der eigenen Authentizitat zu arbeiten. Ich bin der Ansicht, dass es keinen Zeitpunkt geben wird, an dem jemand die maximale innere Authentizitat erreicht haben wird, sondern dass es sich dabei um einen lebenslangen, kontinuierlichen Prozess handeU. Es wird Momente im Leben geben, da fiihlt man absolute Stimmigkeit und optimale Authentizitat. Einen Moment spater, wenn irgendein bestimmtes Ereignis eingetreten ist, ist es damit vielleicht auch schon wieder vorbei. Es wird uns nicht erspart bleiben, sich ein Leben lang Authentizitat zu erarbeiten, wenn es uns ein Anliegen ist, stimmig und authentisch zu sein. In den nachfolgenden Ausfuhrungen habe ich Moglichkeiten zur Forderung von Authentizitat angefCihrt. Es handelt sich dabei um einige Anregungen. Der Kreativitat sind zur Entwicklung eigener Ideen keine Grenzen gesetzt. Wichtig ist es, etwas anzuwenden, das langfristig in das eigene Leben integriert werden kann. Es wird oft unterschatzt, wie viel selbst erlernt werden kann. Ein Spiichwort sagt: „Die meisten Menschen iiberschatzen, wie viel sie in einem Jahr erreichen konnen und unterschatzen, wie viel sie in zehn Jahren erreichen konnen." Refleklion Jemand, der stark zielorientiert ist, hat oft vor Augen, was er zu einem Zeitpunkt, der in der Zukunft liegt, erreicht haben mochte. Eine Methode hierfur konnte beispielsweise sein, zu Silvester Ziele fiir das kommende Jahr zu uberlegen und niederzuschreiben oder/und einmal pro Monat dies zu tun oder/und sich einmal pro Woche Zeit zu nehmen und iiber die Vorhaben und Ziele der kommenden Woche nachzudenken. Wichtig dabei ist auch, das Zmiickblicken nicht zu vergessen. Was war letzte Woche? Wie ist es mir in dieser Situation, mit dieser Person ergangen? Wie habe ich dies geftihlsmafiig erlebt? Dadurch werden vergangene Ereignisse nacherlebt und mit Leben gefiillt. Zielorientierung und Zieler-
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reichung haben keinen Selbstzweck an sich. Zuruckblicken und reflektieren starkt das Bewusstsein, was erreicht wurde, und es starkt das eigene Selbst-Bewusstsein. Im Gegensatz zu anderen Lebewesen verfiigen wir Menschen iiber besonders differenzierte Fahigkeiten, das eigene Verhalten zu beobachten, zu durchdenken, sprachlich zu beschreiben, und das erfordert Distanz zu sich selbst. Je mehr Gesichtspunkte, Bedingungen und (Wechsel-)Wirkungen wahrgenommen werden, umso differenzierter ist Selbstreflektion (Greif, 1996). Fiir soziale Lernfahigkeit ist Reflektion eine geeignete Voraussetzung (Greif, 1996).
Praktische Anwendungsmoglichkeiten: => Nehmen Sie sich Ix pro Woche Vz-l Stunde Zeit, um liber Ihre Erlebnisse der vergangenen Woche nachzudenken. Wie ist es Ihnen in verschiedenen Situationen ergangen? Was haben Sie gefuhU oder fiihlen Sie jetzt dabei? •=> Nehmen Sie sich Ix pro Tag 5 Minuten Zeit, um inne zu hahen und ruhig zu werden. Denken Sie dariiber nach: Wie geht es mir jetzt? Was empfinde ich? Warum? => Reflektieren Sie vor dem Schlafengehen kurz den vergangenen Tag. Was haben Sie erlebt und gefiihlt? Gedankenqffnung Schulz von Thun (2005a) schreibt, dass ein starres Selbstkonzept („So einer bin ich!") der grofite Verhinderer einer direkten Gefiihlswahrnehmung ist. Da wir uns ein Bild von uns selbst zurecht gemacht haben, wie wir sein woUen, lassen wir Gefiihle, die uns nicht passen, nicht gerne zu. „Nicht-linientreue Geftihle" wie Schulz von Thun sie nennt, blenden wir gerne aus und lassen sie nicht hochkommen. Damit lehnen wir einen Teil unserer Personlichkeit ab und verwenden viel Energie zur Unterdriickung der Gefiihle.
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Praktische Anwendungsmoglichkeiten: ^
Es gibt Augenblicke, in denen ungeliebte Gefuhle, Angste, etc. spiirbar sind. Nehmen Sie sich vor, in solchen Augenblicken kurz inne zu halten, um diesen Gefiihlen und Gedanken nachzugehen, auch wenn dies unangenehm ist. Versuchen Sie, die Spannung auszuhalten. Diese Augenblicke sind wertvoll. Ihre „innere Intelligenz" weifi meistens ganz genau, wie viel sie Ihnen zumuten kann. •=> Nehmen Sie sich vor dem Einschlafen vor, die Traume in dieser Nacht im Bewusstsein zu speichern. Wenn Sie nach dem Aufwachen den Traum noch im Bewusstsein haben, versuchen Sie ihn nachzuerleben. Was haben Sie in der Situation empfunden? Versuchen Sie auch hier die Spannung auszuhalten. •=> Beachten Sie die Signale Ihres Korpers. Dieser kann Ihnen oft mehr iiber Sie sagen als Ihr Verstand (Ruth Cohn, 1975).
Achten Sie auflhre Sprache Wie bereits erwahnt, lasst die Sprache einer Person einige Schliisse iiber diese Person zu. Andererseits konnen Sie dies dazu benutzen, uber den bewussten Einsatz von Sprache Ihre Authentizitat zu fordern. Praktische Anwendungsmoglichkeiten: •=> Verwenden Sie Ich-Botschaften anstatt Du-, Wir-, Man-Botschaften. Dies ist oft schwierig und benotigt manchmal einen „inneren Kampf *, bevor Sie etwas sagen, aber es starkt Ihre Authentizitat. => Sprechen Sie konkret, statt abstrakt. Sagen Sie lieber weniger, beschreiben Sie dafCir Ihrem Gegeniiber auch Ihre Empfindungen etwas genauer.
Kommunikation
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•=> Verwenden Sie offene anstatt enge Formulierungen. Enge Formulierungen sind „mussen, darf nicht, kann nicht, ....".Beispielsweise konnte anstatt „Sie diirfen jetzt nicht das Meeting verlassen" die Formuliemng „Es ist mir wichtig, dass Sie jetzt noch hier bleiben" verwendet werden. Hobbies Mit Hobbies konnen Sie sich entspannen. Durch Entspannung bekommen Sie auch Kontakt zu Ihrer Ganzheit. Was entspannt Sie? Was haben Sie in Ihrer Kindheit gerne und oft getan? Wenn Sie etwas tun und merken, dass Sie dabei Freude, Entspannung, Entlastung empfinden, dann haben Sie ein Hobby gefunden. Pflegen Sie Ihre Hobbies. Meditation Meditation ist eine Moglichkeit, ruhig zu werden, die Barriere zwischen Bewusstsein und Unterbewusstsein aufzuweichen und ein Stuck in das Unterbewusstsein zu steigen. Meditation kann in einer Gruppe erfolgen, aber kann auch selbst durchgefiihrt werden. Selbsterfahrungsgruppen Durch Selbsterfahrungsgruppen (beispielsweise Encountergruppen nach Carl Rogers, 1974; themenzentrierte Interaktionsgruppen nach Ruth Cohn, 1975) konnen die Gruppenteilnehmer auf der Grundlage gegenseitigen Vertrauens in einem geschutzten Raum lernen, sich zu offenbaren und solche Gedanken oder Gefiihle auszudnicken, die einem selbst unerwiinscht sind. Erlebt ein Gruppenteilnehmer, dass er „trotz" dieser Gedanken und Gefiihle angenommen und geschatzt wird, so gibt dies Mut, seine „Fassade" ein Stiick weiter „abzutragen". Durch das Aussprechen und das Erleben der Reaktionen der anderen Gruppenteilnehmer wird
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eine Realitat geschaffen, die es in einer zukiinftigen Situation leichter ermoglicht, unerwiinschte Gedanken zu artikulieren.
Umgang mil Angst Praktische Anwendunssmoglichkeiten: «=> Nehmen Sie sich bei Ihrem nachsten offentlichen Auftritt (z.B. Referat, Gruppenmeeting) vor, auf Ihre Angst zu achten. 1st ein Herzklopfen zu verspiiren? Wenn ja, wenden Sie die paradoxe Intervention an und versuchen Sie bewusst das Herzklopfen zu verstarken. Wie ist es Ihnen dabei ergangen? •=> Wenn Sie in einer offentlichen Veranstaltung (z.B. Gruppenmeeting, Diskussionsveranstaltung) ein Herzklopfen verspiiren, wissen Sie, dass Sie etwas einzubringen haben. Bringen Sie es ein und tragen Sie es nicht hinaus. Achten Sie auf die Reaktionen Ihres Korpers. Ihr Korper liigt nicht. •=> Gehen Sie in Ihrem Terminkalender 1 x pro Woche V2-I Stunde Ihre Termine und Ziele fur die konunende Woche durch. Welche Schwierigkeiten erwarten Sie? Worauf freuen Sie sich? Stellen Sie sich die Situationen so konkret wie moglich vor und stellen Sie sich vor, wie Sie darauf reagieren!
4. Vertrauen und KontroUe
4.6 Kontrolle
4.5 Sind wesentliche charakterliche Veranderungen moglich?
\l
Vertrauen & Kontrolle
4 Charisma ^
4.1 Charakter
4.2 Macht
4.3 Die zwei gegens^tzlich orientierten V. Charakterstrukturen
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Die sechs Einflussfaktoren des Svstemisch-inteRrativen Fuhrungsmodells
Wie ist es moglich, dass solche Fuhrungskrafte, die nach der gangigen Fuhrungslehre alles falsch machen, trotzdem ein gutes Betriebsklima in ihrem Bereich haben? Immer wenn Malik solchen Fragestellungen auf den Grund ging, kam Vertrauen als ein zentrales Element ins Spiel. Gelingt es Fuhrungskraften, Vertrauen aufzubauen und zu bewahren, so sind, nach den Erfahrungen Malik's, auch das Betriebsklima und die Unternehmenskultur in Ordnung. Umgekehrt, wenn kein Vertrauen vorhanden ist, nutzen die toUsten und teuersten Anreize nichts (Malik, 2000). Um als Fiihrungskraft Vertrauen herstellen zu konnen, sind nach Malik (2000, S. 138ff.) folgende Punkte von wesentlicher Bedeutung: Niemals das Verliererspiel (Fehler verschleiem, vertuschen, iiberspielen, Mitarbeitern in die Schuhe schieben) spielen. Wer Vertrauen schaffen will, muss zuhoren. Wer an Vertrauen interessiert ist, muss echt sein. Der Fuhrungsstil ist nicht wichtig. Wer Vertrauen schaffen will, muss charakterlich integer sein. Wer Vertrauen schaffen will, muss sich von Intriganten trennen. Beim Thema Vertrauen geht es nicht um blindes, sondern um gerechtfertigtes Vertrauen. Es stellt sich daher die Frage: Wo endet gerechtfertigtes Vertrauen, und wo beginnt blindes Vertrauen? Die Frage konnte auch anders gestellt werden: Wo endet sinnvoUerweise Vertrauen, und wo beginnt sinnvoUerweise KontroUe? Malik (2000, S. 149f.) schlagt folgende Losung fiir dieses Problem vor: „Vertraue jedem, soweit du nur kannst - und gehe dabei sehr weit, bis an die Grenze. Das ist die Ausgangsbasis.
Vertrauen und Kontrolle
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Nun aber kommen vier wichtige Erganzungen: Stelle jedoch sicher, dass du jederzeit erfahren wirst, ab wann dein Vertrauen missbraucht wird. Stelle weiterhin sicher, dass deine Mitarbeiter und KoUegen wissen, dass du das erfahren wirst. Stelle ferner sicher, dass jeder Vertrauensmissbrauch gravierende und unausweichbare Folgen hat. Und stelle schlieiilich sicher, dass Mitarbeiter das auch unmissverstandlich zur Kenntnis nehmen. Betrachtet man die oben genannten sechs Punkte, wie Vertrauen hergestellt werden kann, etwas genauer, so ist erkennbar, dass es dabei vor allem um Charakter und den Umgang mit Macht geht. Ein Vorgesetzter hat die Macht, das Verliererspiel zu spielen, Befehle zu erteilen ohne zuzuhoren und sich so zu verhalten, wie er will. Geht er jedoch mit Macht verantwortungsvoU um, wozu es wiederum eines bestimmten Charakters bedarf, so kann eine Basis fiir Vertrauen gelegt werden. Im Folgenden werde ich genauer auf Charakter (Abschnitt 4.1.) und Macht (Abschnitt 4.2.) eingehen. In der Literatur werden haufig zwei gegensatzliche orientierte Charakterstrukturen genannt, die ich in Abschnitt 4.3. beschreibe. Im Abschnitt 4.4. wird speziell auf den Unterschied zwischen Charisma und Charakter eingegangen. Abschnitt 4.5. setzt sich mit der Frage auseinander, inwieweit wesentliche charakterliche Veranderungen moglich sind. Den Aspekten und Bestandteilen des Vertrauens und der Vertrauensbildung steht die Frage der sinnvoUen und notwendigen Kontrolle gegeniiber. Diese Frage wird im Abschnitt 4.6. beleuchtet.
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4.1 Charakter Charakter kommt aus dem Griechischen und wird im Lexikon (Das moderne Lexikon, 1986, S. 438) mit „Geprage", „Merkmal" ubersetzt. In der Literatur werden haufig die Begriffe „Charakter", „Wesenszug", „Pers6nlichkeit", „Temperament", „Personlichkeitsstruktur" synonym verwendet (Dieterich, 1996). Charakter wird unterschiedlich abgegrenzt. Betrachtet man den Begriff Charakter anhand gegensatzhch orientierter Charakterstrukturen (siehe Abschnitt 4.3), wie dies haufig von Autoren zur Erforschung von Charakterstrukturen und deren Auswirkungen auf das Verhalten vorgenommen wird, so kann Charakter folgendermafien beschrieben werden: Einstellungen zu sich selbst und zu seiner Umweh, die eigenen Werte und Motive. Diese Einstellungen werden wiederum beeinflusst durch die eigene Mentalitat, Pragung, Herkunft und Erziehung. Die Einstellungen zu sich selbst und zu seiner Umwelt, die eigenen Werte und Motive bestinunen wiederum das Verhalten. Der Charakter einer Person beeinflusst das Vertrauen, das einerseits andere Menschen zu dieser Person aufbauen und andererseits diese Person zu anderen Menschen aufbaut. 1st die Einstellung zu sich selbst und zur Umwelt positiv, so entsteht ein starkeres zwischenmenschliches Vertrauen als im umgekehrten Fall. Da aufgrund der Veranderungen in der Umwelt Fiihrung durch KontroUe zu langsam wird, ist es aus Sicht der Arbeitseffektivitat und -effizienz wichtig, ein effizienteres Fuhrungsmittel, das tiber die KontroUe hinausgeht, zu finden. Vertrauen stellt ein weitaus effizienteres Fuhrungsmittel als KontroUe dar (Kastner, 2000). Sprenger schreibt dazu (2000b, S. 203): „Es geht darum, einen Konsens iiber Entscheidungen, Kompromisse und Neuordnungen zu finden. und das ist oft mit Zumutungen verbunden. Diese Zumutungen muss Fiihrung plausibel machen. Ohne Vertrauen wird das nicht gelingen. Diese Zumutungen sind aber auch die eigentliche Investition in die Kooperation." Ein Fiihrungsmittel, das auf Vertrauen
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beruht, stellt beispielsweise das „Alexander-Prinzip" dar (Karnath/Reifenhauser, 2001): Eine definierte Person in einem Team bekommt von den Teammitgliedern fiir eine bestimmte Zeit die Befugnis, in einer Situation eine Entscheidung treffen zu diirfen, die sie nicht begriinden und erklaren muss. Die anderen Mitarbeiter vertrauen ihr, dass diese bei einer solchen Entscheidung nach bestem Wissen und Gewissen handelt, die Machtstellung nicht missbraucht, sondern grundsatzhch eine dienende Haltung einnimmt. Das Team fordert keine Begnindungen und akzeptiert die Entscheidungen, die nach dem Alexander-Prinzip getroffen werden. AUerdings darf das „Alexander Prinzip" nur dann angewendet werden, wenn es aus der Sicht der befugten Person notwendig ist. Der Name „Alexander-Prinzip" geht zuriick auf das Recht, das Alexander der Grofie hatte, den Gordischen Knoten, der iiber Jahre hinweg immer weitergekniipft wurde, mit dem Schwert zu durchschneiden. Nur er durfte das tun. Er hatte das Recht, eine „Ungerechtigkeit" begehen zu diirfen. Alexander der Grofie durfte handeln, ohne es begriinden zu miissen. Hintergrund dieses Prinzips ist die Uberlegung, in Situationen, die undurchsichtig sind und/oder in denen rasches Handeln erforderlich ist, eine Entscheidung treffen zu diirfen, ohne negative Konsequenzen von Teammitglieder befiirchten zu miissen. Dadurch wird der Rechtfertigungsdruck reduziert. Um das Alexander-Prinzip anwenden zu konnen, ist Vertrauen im Team erforderlich. Wird das „Alexander Prinzip" von dem jeweiligen Teammitglied iiberstrapaziert, so kann die Berechtigung fiir die Anwendung des Alexander-Prinzips vorzeitig entzogen werden (Karnath/Reifenhauser, 2001).
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4.2 Macht Macht ist die Moglichkeit, jemand anderen zu Verhaltensweisen zu zwingen, die der Machthaber als wiinschenswert, richtig, passend ansieht (Werdenich, 2001). Der osterreichische Nationalrat hat beispielsweise die Macht zu beschlielien, dass Menschen in Osterreich ab 18 Jahren mit dem Auto fahren diirfen, wenn sie den Fiihrerschein erworben haben. Max Weber definiert Macht folgendermaiien: „Macht ist die Fahigkeit, die eigenen Interessen gegen Fremde durchzusetzen." Mao Tse-tung stimmte dem indirekt zu: „Macht hat der, der das Gewehr tragt" (zitiert aus Sprenger, 2000b, S. 179). Bezogen auf wirtschaftliche Verhaltnisse schreibt Sprenger zu Macht (2000b, S. 180): „Unter Wirtschaftsbedingungen wird Macht im Zusammenspiel der Akteure wesentlich durch Angebot und Nachfrage definiert." Um zu verstehen, was Fiihrungskrafte effektiv macht, ist es nach Yukl's (2002) Ansieht notwendig, das komplexe Netz von Machtbeziehungen und Beeinflussungsprozessen in Organisationen zu analysieren. French/Raven (1959) entwickeUen eine Klassifizierung funf verschiedener Machtformen, die die Forschung iiber das Thema Macht die letzten Jahrzehnte stark beeinflusste (siehe Tabelle 5). Yukl (2002) steUte fest, dass in dieser Kategorisierung nicht alle fur Fiihrungskrafte relevanten Machtquellen inkludiert sind. Beispielsweise hat die Informationsmacht in den letzten Jahrzehnten stark an Bedeutung gewonnen. Eine andere, in Fachkreisen weitgehend akzeptierte Kategorisierung von Macht ist die Unterscheidung zwischen „Positionsmacht" und „personeller Macht" (Bass, 1960; Etzioni, 1961). Im Vergleich zu der Kategorisierung von French/Raven beinhaltet Positionsmacht die Belohnungsmacht, Bestrafungsmacht, formelle Macht. Die personelle Macht beinhaltet die Experten-Macht und Identifikationsmacht. Tabelle 5 zeigt den Vergleich dieser beiden MachtKategorisierungen.
Vertrauen und Kontrolle
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Positions- Belohnungsmacht macht
Die Zielperson tut etwas, um eine Belohnung zu erhalten, die von der Machtperson kontroUiert wird. BestrafungsDie Zielperson tut etwas, um eine Bestramacht fung zu verhindern, die von der Machtperson kontroUiert wird. Formelle Die Zielperson tut etwas, weil sie der MeiMacht nung ist, dass die Machtperson das Recht hat, Anforderungen zu stellen. Personelle ExpertenDie Zielperson tut etwas, weil sie der Meinung ist, dass die Machtperson ein spezifiMacht macht sches Wissen daruber hat, wie etwas am Besten getan werden kann. Identifikations- Die Zielperson tut etwas, weil sie sich mit macht der Machtperson identifiziert und deren Gunst gewinnen will. Tabelle 5: Vergleich der Kategorisierung von Macht nach den funf Machtformen (nach French/Raven 1959) und der Unterscheidung zwischen Positionsmacht und personeller Macht.
iJber den Vergleich von French/Raven hinausgehend beinhaltet Positionsmacht Kontrolle iiber Informationen und Kontrolle iiber die Organisation. Yukl/Falbe (1991) stellten in Untersuchungen fest, dass Positionsmacht und personelle Macht zwar manchmal ineinander greifen, diese zwei Kategorien von Macht jedoch relativ unabhangig voneinander sind.
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Formale Macht wurde in friiheren Zeiten hauptsachlich durch Abstammungslinien libertragen. Nach dem Tod eines Konigs wurde der alteste Sohn Konig. Nach dem Tod des Firmeninhabers wurde in der Kegel der alteste Sohn Firmeninhaber. Heute werden haufig, speziell in grofieren Unternehmen, die mit Macht ausgestatteten Fiihrer von einer Person (z.B. dem Firmeninhaber) ausgesucht oder von einem Gremium gewahlt. Der Vorstandsvorsitzende einer Aktiengesellschaft z.B. wird normalerweise vom Aufsichtsrat gewahlt. Im Gegensatz zu diktatorischen bzw. absoluten politischen Systemen (die in der europaischen Welt bis zum 19. Jahrhundert vorherrschten), wird in demokratischen politischen Systemen Macht nicht vererbt, sondern vom Volk durch Wahl verliehen. Unterschiedlich wird dariiber diskutiert, was fur den Erfolg eines Unternehmens giinstiger ist: •=t> eine Fiihrungskraft wird von den Mitarbeitern gewahlt, ^ eine Fiihrungskraft wird von einer Person ausgewahlt, die auch die Verantwortung fiir diese Entscheidung tragt, «=> eine Fiihrungskraft wird von einem bestinunten Gremium gewahlt. Forschungen iiber Macht haben meist die Kategorisierung von French/Raven (1959) zur Grundlage (siehe Tabelle 5). In verschiedenen Studien und Fragenbogenuntersuchungen (Podsakoff/Schriesheim, 1985; Hinkin/Schriesheim, 1989; Rahim, 1989, Schriesheim/Hinkin/Podsakoff, 1991) wurde festgestellt, dass Expertenmacht und Identifikationsmacht positiv mit Mitarbeiterzufriedenheit und Leistung korrelieren. Ergebnisse beziiglich Belohnungsmacht, Bestrafungsmacht und formeller Macht fielen in den oben zitierten Studien unterschiedlicher aus. Korrelationen dieser Machtkategorien mit Mitarbeiterzufriedenheit und Leistung waren eher negativ oder nicht signifikant positiv.
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Andere Untersuchungen haben jedoch auch ergeben, dass Belohnungs-, Bestrafungsmacht und formelle Macht eindeutig positiv mit dem Output korrelieren. Warren (1968) stellte in seiner Untersuchung fest, dass Belohnungs- und Bestrafungsmacht positiv mit Autgabenerfiillung und formelle Macht, neben Experten-, Identifikationsmacht, positiv mit der Mitarbeiterzufriedenheit korrelieren. Thambain/Gemmill (1974), kamen auf das Ergebnis, dass der Hauptgrund fiir hohe Aufgabenerfiillung auf formelle Macht zuruckzufiihren ist, wobei Belohnungsmacht dabei auch eine RoUe spielt. Yukl/Falbe (1991) kamen in ihrer Untersuchung zu dem Ergebnis, dass formelle Macht der Hauptgrund fur Aufgabenerfiillung ist, jedoch nicht mit positiver Ubereinstimmung bei den Mitarbeitern korreliert. Yukl (2002) folgert daraus, dass fiir viele Routinearbeiten einfach nur Aufgabenerfiillung effizient ist und somit Belohnungs-, Bestrafungs- und formelle Macht effiziente Fiihrungsmittel bei diesen Aufgaben darstellen. Aus diesen Untersuchungen lasst sich auch folgern, dass fiir hoher qualifizierte Tatigkeiten, die in einem geringeren Ausmafi Routinearbeiten beinhalten, Expertenmacht und personelle Macht fiir eine effektive Fiihrung wichtig sind.
4.3 Die zwei gegensatzlich orientierten Charakterstrukturen Wenn jemand sagt: „Dieser Mensch hat Charakter", dann werden darunter normalerweise positive Charakterauspragungen verstanden. Meist meint man damit, dass stark prinzipienorientiert und weniger gelegenheitsorientiert gehandelt. Prinzipienorientierung bedeutet, giinstige Gelegenheiten, die sich ergeben, nicht zu ergreifen, wenn dadurch eigene Prinzipien verletzt wurden (Covey, 2004). Dies bedeutet, dass jemand auf einen bestimmten personlichen Vorteil zugunsten seiner eigenen Prinzipien oder Einstellungen verzichtet, oder umgekehrt einen personlichen Nachteil zugunsten seiner eigenen Prinzipien oder Einstellungen akzeptiert. Dieser Gedankengang weitergedacht bedeutet, dass eine Person charaktervoll handelt, wenn sie, unabhangig von personlichen Vor- oder Nachtei-
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len, aufgrund personlicher Prinzipien oder Einstellungen, etwas tut oder unterlasst. Beispielsweise handelt ein Vater, der vom Verhalten seines Kindes, in einer bestimmten Situation schon voUig entnervt ist, charaktervoU, wenn er das Kind nicht anschreit, sondem ihm freundlich aber bestimmt begegnet. Der Vater hatte die Macht und auch die Moglichkeit, sein Kind anzuschreien, ohne dass er davon personliche, negative Konsequenzen befiirchten musste, zumindest nicht kurzfiistig. Um charakterlich handeln zu konnen, muss eine Wahlmoglichkeit vorhanden sein. Das Spannungsfeld, das sich in den Theorien der Subjektivitat (siehe Abschnitt 1.2.4) ergibt, ist in der Beschaftigung mit den gegensatzlich orientierten Charakterstrukturen wieder zu finden. Sigmund Freud entdeckte, „dass alle Kinder nach einer Phase reiner passiver Rezeptivitat, gefolgt von einem Stadium aggressiv einverleibender Rezeptivitat, vor dem Erwachsenwerden eine Phase durchmachen, die er ais die anal-erotische bezeichnete" (Freud zitiert aus Fromm 1976, S. 85). Diese Phase bleibt, so Freud, oft fur die Entwicklung des Menschen bestimmend und fuhrt dadurch zur Entstehung des „analen Charakters". Der anale Charakter ist dadurch gekennzeichnet, dass das Individuum seine Hauptenergie auf den Besitz, das Sparen und Horten von Geld und anderen materiellen Dingen, aber auch auf Gefuhle, Gesten, Worte richtet. Die Charakterstruktur ist gekennzeichnet durch Geiz, Ordnungsliebe, Piinktlichkeit und Trotz (Fromm, 1976). „Freuds Auffassung, dass der anale Charakter nicht das Stadium der Reife erreicht habe, ist in der Tat eine scharfe Kritik der biirgerlichen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts, in der die Wesensziige des analen Charakter zur Norm des moralischen Verhaltens wurden und als Ausdnick der ,menschlichen Natur' angesehen wurden" (Fromm, 1976, S. 85). Nach Freuds Auffassung ist das Vorherrschen der Besitzorientierung kennzeichnend fur die Periode vor dem Erreichen der voUstandigen Reife und es ist es als pathologisch anzusehen, wenn diese Orientierung im spateren Leben dominierend bleibt. Das bedeutet, dass ein Mensch, der sich ausschliefilich mit Haben und Besitz
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beschaftigt, psychisch krank und neurotisch ist. Daraus folgt, dass eine Gesellschaft, bei der die anale Charakterstruktur iiberwiegt, krank ist (Fromm, 1976). Fromm (1976) bezeichnet diese Orientierung als die Orientierung des Habens. Im Gegensatz dazu steht die Orientierung des Seins. Er meint damit zwei verschiedene Charakterstrukturen, deren jeweilige Dominanz bestimmt, was ein Mensch denkt, fiihlt und wie er handelt. Fromm beschreibt das Konsumieren als eine Form, vielleicht die Wichtigste in der heutigen Uberflussgesellschaft, des Habens. Einerseits vermindert konsumieren die Angst, weil das Konsumierte nicht mehr weggenommen werden kann, andererseits zwingt es dazu, inuner mehr zu konsumieren, da das einmal Konsumierte bald aufhort zu befriedigen. „Wenn es nur funktional und zum personlichen Gebrauch bestimmten Besitz gibt, dann wirft es kein gesellschaftliches Problem auf, ob der eine etwas mehr als der andere hat, denn da Besitz unwesentlich ist, gedeiht der Neid nicht. Auf der anderen Seite verraten jene, die Gerechtigkeit im Sinn absolut gleicher Verteilung aller Giiter fordern, dass ihre Orientierung am Haben ungebrochen ist und dass diese lediglich durch ihre Versessenheit auf voUige Gleichheit verleugnen. Hinter dieser Forderung ist ihre wahre Motivation erkennbar: Neid. Wer darauf besteht, dass niemand mehr haben diirfe als er selbst, schiitzt sich auf diese Weise vor dem Neid, den er empfande, wenn irgend jemand auch nur ein Quentchen mehr besalie als er. Worauf es ankommt, ist, dass Luxus und Armut ausgerottet werden" (Fromm, 1976, S. 86 f.). Vor dieser Art von Kommunismus warnte auch Karl Marx: der Mensch, der „....die Personlichkeit des Menschen iiberall negiert, ist nur auf die VoUendung dieses Neides und dieser Nivellierung von dem vorgestellten Minimum aus" (Marx, 1962, S. 591). Fronrni (1976) bezeichnet jemanden, der sich selbst als Ware und seinen eigenen Wert als Tauschwert erlebt, als eine Person mit „MarketingCharakter". Die Personlichkeit wird wie eine Ware feilgeboten. Das oberste Ziel des Marketing-Charakters ist die voUstandige Anpassung, um so
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begehrenswert wie moglich zu sein. Der Mensch dieses Typus hat kein Ich, kaum eine innere Identitat, deiin er andert standig sein Ich, je nachdem, wie sein eigener Tauschwert am Hochsten ist. Menschen mit Marketing-Charakter tun alles mit grolitmoglicher Effizienz und stellen keine Fragen nach dem „warum". Philosophische oder religiose Fragen, etwa wozu man lebt oder warum man dies oder jenes tut, sind fur den Marketing-Charakter nicht von Interesse (Fromm, 1976). Der MarketingCharkater entspricht im Weitesten auch der Orientierung des Habens. Was Fromm (1976) als Marketing-Charakter bezeichnete, nannte Covey (2004) Image-Ethik. Bei der Image-Ethik wird der Erfolg eines Menschens zu einer Funktion der Aufienwirkung, des offentlichen Images dieses Menschens. Im Gegensatz dazu bezeichnet Covey Charakter-Ethik, als eine prinzipienorientierte Einstellung und Verhaltensweise. Eigenschaften der Charakter-Ethik sind: Integritat, Demut, Treue, Mafiigung, Mut, Gerechtigkeit, Geduld, Fleifi, Einfachheit, Bescheidenheit (Covey 2004).
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Zusammenfassend sind in Tabelle 6 die einander entgegengesetzten Charakterstnikturen dargestellt. 1 Negative Charakterauspragung 1 Orientierung am Haben MarketingCharkater
Merkmale
Positive Charakter Auspragung Ubertriebener Kon- Orientiesumismus; bezieht rungam Dinge stark auf sich. Sein Erlebt sich selbst als Der neue Ware, die einen Mensch Tauschwert hat; Betonung der Ratio, Verktimmern der Emotio.
Merkmale
Fromm Bezieht sich auf Erlebnisse; inneres Tatigsein. Fromm Sicherheit, Identitatserleben und Selbstvertrauen basieren auf dem Glauben an das, was man ist; Liebe und Ehrfurcht vor dem Leben empfinden.
1 Analer Charakter
Hauptenergie liegt auf materiellen Dingen; kennzeichnend sind: Geiz, Ordnungsliebe Piinktlichkeit und Trotz. EntfremMenschen sind sich deter Cha- selbst, ihren Mitrakter menschen, der Natur entfremdet. ImageCharakter Entscheidend sind Ethik Aufienwirkung und Ethik offenthches Image.
Autor
Freud
Marx
Prinzipienorientiert, Covey 1 auf positiven Charaktereigenschaften aufgebaut.
Tabelle 6: Gegensatzlich orientierte Charakterstrukturen
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Maccoby (1976) untersuchte mittels personlicher Befragungen 250 Manager und Ingenieure von zwei erfolgreichen amerikanischen Konzernen und stellte fest, dass die rein verstandesmafiige Ebene stark vorherrschte und der emotionale Bereich stark unterentwickelt war. 0% der befragten Manager und Ingenieure wurden in der Kategorie „Wunsch zu verstehen, tiefes wissenschaftliches Interesse" eingestuft.
4.4 Charisma Charisma kommt aus dem griechischen und heifit „Gnadengabe" (Das moderne Lexikon, 1986, S. 441), also von Gott gegebene Gabe. Max Weber (1947) verwendete den Begriff Charisma zur Beschreibung einer Person, die Einfluss nicht aufgrund formeller Macht, sondern aufgrund der Zuschreibung auliergewohnlicher Fahigkeiten durch andere Personen hat. House (1977) beschrieb folgende Merkmale charismatischer Menschen bzw. Fuhrer: Charismatische Fuhrer geniefien umfassendes Vertrauen von Mitarbeitern, eine nicht hinterfragte Akzeptanz, bewusste Zuneigung und eine hohe Loyalitat. Charismatische Personen bzw. Fuhrer haben einen aufiergewohnlich starken Machtwillen, ungewohnlich hohes Selbstbewusstsein und eine hohe Glaubwiirdigkeit. Charismatische Fiihrung beinhaltet „Management durch Beeindruckung", handlungsleitende Visionen und das Geben von Beispielen durch eigenes Handeln. Charismatische Fiihrungskrafte sind aber auch oft launisch, selbstbedienend, besessen, Meister von lUusionen und destruktiv anderen gegeniiber (Biyman, 1992). Beispiele fur charismatische Fuhrer sind sowohl Martin Luther King als auch Adolf Hitler. Im Gegensatz zu Charisma hat das, was unter positiven Charakter verstanden wird (siehe Tabelle 6) mit Machtverzicht zu tun. Charisma bedeutet weniger Prinzipienorientierung als viel mehr Machtanwendung, Beeindruckung und Visionierung.
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Peter Dnicker, der vergeblich versuchte, eine entscheidende personliche Fiihrungseigenschaft herauszufinden, kam zu folgendem Ergebnis: „The one and only personality trait the effective ones I have encountered did have in common was something they did not have: They had little or no charisma" (zitiert aus Sprenger, 2000b, S. 188).
4.5 Sind wesentliche charakterliche Verandeningen moglich? Die Frage, inwieweit im erwachsenen Alter wesentliche charakterliche Verandeningen moglich sind, wird sehr kontrovers diskutiert. Wahrend das psychoanalytische Dogma davon ausgeht (Fromm, 1976), dass die Umwelt im Sauglingsalter und in der friihen Kindheit entscheidenden Einfluss auf die Personlichkeitsentwicklung hat und nach dieser Periode der Charakter groliteils fixiert und durch auiiere Einwirkungen kaum noch veranderbar ist, geht beispielsweise Fromm (1976) von der gegenteiligen These aus. Seiner Ansicht nach wachsen und gedeihen positive Krafte, wenn die negativen Anlagen nicht mehr gefordert werden und er behauptet, dass das psychoanalytische Dogma deswegen so popular wurde, well die Grundbedingungen der Kindheit bei den meisten Menschen auch in den spateren Lebensjahren weiterhin fortbestehen. Wie konnen nun tiefgreifende charakterliche Verandeningen herbeigefiihrt werden? Fromm (1976, S.161) geht von vier notwendigen Voraussetzungen aus: 1) Es ist uns bewusst, dass wir leiden. 2) Wir haben die Ursache unseres Leidens erkannt. 3) Wir sehen eine Moglichkeit, unser Leiden zu iiberwinden. 4) Wir sehen ein, dass wir uns bestimmte Verhaltensweisen aneignen und unsere derzeitige Lebenspraxis andern mtissen, um unser Leiden zu iiberwinden. Die Methode der Psychoanalyse ist fiir Fromm (1976) ahnlich. Der Patient geht zum Therapeuten, well er leidet und sich dessen bewusst ist. In der Kegel weifi er aber nicht weshalb er leidet. Das Wesentliche des traditio-
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nellen psychoanalytischen Prozesses besteht nun darin, dem Patienten die Ursache des Leidens bewusst zu machen. Als nachsten Schritt gelangt der Patient zur Einsicht, dass sein Leiden heilbar ist, indem durch das Aufarbeiten verschiedener Kindheitserlebnisse die Ursachen beseitigt werden. Fromm (1976) betont jedoch, dass die Psychoanalyse den vierten Punkt unterschatzt, da, seiner Ansicht nach, eine Charakterandemng eine entsprechende Anderung in der Lebenspraxis erfordert. Die Verhaltenstherapie wiederum kiimmert sich um Punkt 2 kaum, sondern geht davon aus, dass durch das Aneignen bestimmter Verhaltensweisen entsprechende Anderungen erzielt werden konnen (Fromm, 1976). Die Gestalttherapie geht davon aus, dass durch aktive gestalterische Tatigkeiten (z.B. Musiktherapie, Zeichnen, Topfem), einerseits die Ursachen von bestimmten vergangenen Verhaltensweisen erkannt und andererseits neue Verhaltensweisen durch die gegenwartige gestalterische Tatigkeit unmittelbar gefunden und angewendet werden konnen (Fromm, 1976). Im Werte- und Entwicklimgsquadrat von Schulz von Thun (2005b) kommt die Auffassung zum Ausdruck, dass PersonUchkeitswerte und kommunikative Tugenden miteinander dialektisch strukturiert sind. Das bedeutet, dass ein bestimmter Personlichkeitswert einen positiven GegenWert, eine Schwestertugend benotigt, ohne den dieser zum Unwert verkommen wiirde. Es ist erforderlich, diese Spannung zwischen Wert und Gegen-Wert auszuhalten, sozusagen zu einerrichtigenBalance zu finden. So wirkt sich beispielsweise die Fahigkeit, seinem Gegeniiber zu vertrauen, auf die Dauer nur dann konstruktiv aus, wenn sie gepaart ist mit der Fahigkeit zur Vorsicht. Vertrauen ohne Vorsicht fuhrt zur naiven Vertrauensseligkeit, Vorsicht ohne Vertrauen hingegen verkommt zum paranoiden Misstrauen (Schulz von Thun, 2005b).
Vertrauen und Kontrolle
179
Schulz von Thun (2005b) beschreibt in seinem Modell, dass sich Personlichkeitsriickstande bzw. Charakterschwachen und personliche Unarten als einseitig iiberwertig gelebte Tugendhalften auffassen lassen und damit Entwicklungsrichtungen definiert werden konnen. Diese Entwicklungsrichtungen zielen dabei nicht auf das „Ausmerzen" von Personlichkeitsriickstanden, sondern auf die Eroberung der jeweils anderen Halfte, oder anders ausgedriickt, des positiven Gegen-Wertes bzw. der Schwestertugend. Schulz von Thun nahm das Wertequadrat von Helwig (1967) als Grundlage und baute dies zum Entwicklungsquadrat aus. Im Folgenden wird nun die allgemeine Struktur des Modells beschrieben: „Authentizitat" beispielsweise verkommt ohne ihren positiven Gegenwert „Bewusstsein der eigenen Wirkung" zur naiven Unverbliimtheit, die einerseits - durch schonungslose Offenheit well der Takt fehlt - einen Scherbenhaufen zuriicklassen kann oder andererseits - durch unvorsichtige Selbstpreisgabe - zu wenig Sinn fiir taktische Notwendigkeiten hat und sich dadurch unnotig verwundbar macht. Ubermafiiges Wirkungsbewusstsein andererseits, bei dem jedes Wort zum Koder gerat und die berechnende Rhetorik zur zweiten Natur wurde, fiihrt zur manipulativen Fassadenhaftigkeit, bei der der „wahre Kern" oft nicht nur seinem Gegeniiber, sondern auch sich selbst verborgen bleibt (Schulz von Thun, 2005b). Diese vier Begriffe lassen sich zu einem Wertequadrat anordnen. Die beiden positiven Gegenwerte oder Schwestertugenden stehen oben und die entsprechenden Entartungen bzw. Unwerte stehen unten.
180
Die sechs Einflussfaktoren des Svstemisch-integrativen Fuhrungsmodells
Authentizitat (Ehrlichkeit, Offenheit, Echtheit)
naive Unverblumtheit (schonungslos oder unvorsichtig)
Bewusstsein der Wirkung (diplomatisches Geschick, Kalktil, Takt, Taktik)
manipulative Fassadenhafdgkeit (raffiniert imd/oder selbstentfremdet)
Abbildung 18: Allgemeine Struktur des Wertequadrates am Beispiel Authentizitat
In diesem Quadrat entstehen vier Arten von Beziehungen, die das Verhaltnis der Begriffe zueinander charakterisieren (Schulz von Thun, 2005b):
Die obere Linie zwischen den positiven Werten bildet ein positives Spannungs- bzw. Erganzungsverhaltnis, das auch einem dialektischen Gegensatz entspricht. 2. Die Diagonalen bezeichnen einerseits die kontraren Gegensatze zwischen einem Wert und einem Unwert und zeigen andererseits von unten nach oben die Entwicklungsrichtung auf. 3. Die senkrechten Linien zeigen die entwertende Obertreibung. 4. Die untere Linie zwischen den beiden Unwerten steUt den Weg dar, der beschritten wird, wenn versucht wird, dem einen Unwert zu entfliehen, aber die Kraft, sich in die geforderte Spannung der oberen positiven Werte „hinaufzuarbeiten", nicht vorhanden ist.
Vertrauen und Kontrolle
181
Ein Ziel dieses Modells ist es, mogliche Entwicklungsrichtungen aufzuzeigen (siehe Punkt 2), wodurch aus dem Wertequadrat ein Werte- und Entwicklungsquadrat entsteht (siehe Abbildung 19).
Positives Spannungsverhaltnisr
Uberkompensation Abbildung 19: Das Netz von Beziehungen des Werte- und Entwicklungsquadrates (von Schulz von Thun 2005b)
Die positiven Werte stellen ein in die Personlichkeit zu integrierendes Entwicklungsziel dar, und die Diagonalen bilden von unten nach oben die Entwicklungsrichtung. Um sich entsprechend einer Entwicklungsrichtung zum Entwicklungsziel, „emporarbeiten" zu konnen, ist es erforderlich, Strategien dafiir zu liberlegen und Mafinahmen zu setzen. Beim bewussten Setzen neuer Entwicklungsmafinahmen wird es gerade am Anfang vorkommen, dass eine Uberkompensation erfolgt (Bewegung entlang der unteren Linie). Dies kann jedoch, um eine positive Entwicklung zu ermoglichen, gelegentlich auch in Kauf genommen werden. Bei Menschen, die zueinander in Beziehung stehen sieht der eine oft die Entartung eines Wertes beim anderen, was der andere bei sich selbst durchaus noch als positiven Wert auffasst. Dadurch kommt es haufig zu einem Vorwurf von der Person, die im Verhalten der anderen Person bereits eine Wert-Entartung sieht. Wahrend beispielsweise ein sparsamer Mensch seine Sparsamkeit als positiven Wert sieht, bezeichnet ein weni-
182
Die sechs Einflussfaktoren des Svstemisch-integrativen Fuhmngsmodells
ger sparsamerer Mensch dies vielleicht schon als Geiz (also als die entartete Form der Sparsamkeit). Vergleicht man das Modell von Schulz von Thun mit den vier Voraussetzungen tiefgreifender charakterlicher Veranderungen von Fromm (siehe oben), so lasst sich feststellen, dass sich eine Person, die fCir sich einen Werte- und Entwicklungsquadrant erstellt, des Leidens bewusst ist. Punkt 1 ist somit vorhanden. Punkt 3 und 4, eine Moglichkeit zu sehen, das Leiden zu iiberwinden und sich neue Verhaltensweisen anzueignen bzw. die Lebenspraxis zu andern, ist dann vorhanden, wenn sich eine Person entlang der Entwicklungsrichtung Strategien und Maiinahmen zur Erreichung des Entwicklungszieles iiberlegt und diese dann umsetzt. Der von Fromm als Voraussetzung geforderte Punkt 2, die Ursachen des Leidens zu erkennen, wird bei diesem Modell eher vernachlassigt.
4.6 KontroUe Zu Beginn dieses Abschnittes habe ich folgende Fragen gestellt: Wo endet gerechtfertigtes Vertrauen, und wo beginnt blindes Vertrauen? Wo endet sinnvoUerweise Vertrauen, und wo beginnt sinnvoUerweise KontroUe? Obwohl Vertrauen meistens ein viel flexibleres, effizienteres und rascheres Handeln ermoglicht als KontroUe, was in der immer komplexer werdenden Umwelt haufig einen wesentlichen Erfolgsfaktor eines Unternehmens darsteUt und in Zukunft noch starker an Bedeutung gewinnen wird, kann Vertrauen missbraucht und dadurch ineffizient werden. Dafur gibt es geniigend Beispiele. Dies bedeutet, KontroUe ist notwendig und sinnvoU. KontroUe kann auch motivierend sein. Wenn ein Mitarbeiter weifi, dass das, was er tut und wie er sich verhalt, auch einer KontroUe zuganglich ist, kann das dazu motivieren, sich wirklich anzustrengen. Etwas zu kontroUieren bedeutet auch, etwas wichtig zu nehmen. Wenn es egal ist, was ich tue, wird es nicht kontroUiert werden. Wer hatte als Schiiler im-
Vertrauen und Kontrolle
183
mer ordentlich seine Hausaufgaben gemacht, wenn er wtisste, dass das Hausaufgabenheft vom Lehrer nicht kontroUiert wird? Vor allem in den 80er bis Mitte der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts war „nur Vertrauen und keine Kontrolle" eine populare Stromung. Nicht kontroUieren zu miissen, ist fiir die Ftihrungskrafte angenehm, da Kontrolle eine der unbeliebtesten Aufgaben ist (Malik, 2000). Nach mehreren negativen Beispielen sind die Protagonisten des Ansatzes „nur Vertrauen und keine Kontrolle" ruhiger geworden. Beispielsweise gait die BCCI-Bank als ein praktisches Erfolgsbeispiel der ausschliefilichen Vertrauenskultur. Heute spricht jedoch kaum jemand mehr von dieser Bank. Sie war ein Beispiel des bis dahin grofiten verbrecherischen und planmafiig angelegten Bankkonkurses, durch den Tausende von Sparern um ihr Geld betrogen wurden (Malik, 2000). Ereignisse in Amerika, wie die Skandale von Enron und WorldCom, sind weitere Beispiele dafiir, dass das Versagen von KontroUmechanismen fatale Folgen haben kann. Die Frage, die sich stellt, lautet: Wie und wann kann am SinnvoUsten kontroUiert werden? Kontrolle bedeutet nicht unbedingt Freiraume einzuengen, sondern kann darauf abzielen zu kontroUieren, ob (Malik, 2000, S. 231): a. Freiraume iiberhaupt genutzt werden, b. Freiraume richtig genutzt oder etwa missbraucht werden. Malik (2000) betont, dass die Grundlage von Kontrolle Vertrauen sein muss, damit sie leistungssteigernd angewendet werden kann. Vertrauen bezieht sich auf die Leistungsfahigkeit und die Leistungsbereitschaft eines Menschen. Ist kein Vertrauen vorhanden, so besteht nicht unbedingt ein KontroUproblem, sondern haufig ein Personaleinsatzproblem. Bei der Frage „wie" kontroUiert werden kann, ist es sinnvoU, die Wirkungen der Kontrolle auf die Motivation der Mitarbeiter, die Unternehmenskultur und auf das Kosten-Nutzen-Verhaltnis zu untersuchen (Malik,
184
Die sechs Einflussfaktoren des Svstemisch-integrativen Fuhrungsmodells
2000). Viele KontroUen gehen ins Leere und verursachen hohe Kosten und auch Schaden. Kontrolle darf niemais auf einer Ideologie oder auf einer Organisationsstruktur beruhen, um sinnvoU zu sein, sondern muss die Wirkungen auf die oben genannten drei Bereiche (die Motivation, die Unternehmenskultur, das Kosten-Nutzen-Verhaltnis) beriicksichtigen. Malik (2000) fuhrt folgende Prinzipien an, die zu einer effizienten Kontrolle fiihren: 1. Beschrankung auf die kleinstmogliche Zahl an KontroUgroiien. Alles andere schafft Konfusion und halt Leute vom Arbeiten ab. Die Frage lautet daher nicht: Was konnen wir alles kontroUieren?, sondern: Was miissen wir unbedingt kontroUieren, damit nichts Wesentliches „aus dem Ruder laufen" kann? 2. Stichproben statt VoUerhebung. 3. Aktionsorientierte statt informationsorientierte Kontrolle Kontrolle soil das Verhalten von Menschen steuern und solche Informationen produzieren, die Entscheidungen bewirken. Es ist okonomisch nicht sinnvoU, mehr Informationen zu produzieren als man tatsachlich braucht. 4. Kontrolle soil beim ersten erkennbaren Anzeichen iiber die drohende Entwicklung eines Problems berichten. Dies benotigt wiederum eine Unternehmenskultur der Offenheit, in der nicht versucht wird, Probleme zu verschleiern. 5. Liickenlose Kontrolle der unerledigten Angelegenheiten. Es muss sichergestellt werden, dass das, was vereinbart ist, nicht vergessen oder iibersehen wird. Haufig ist es notwendig, die Organisationsmitglieder daran zu gewohnen. 6. Kontrolle nicht nur uber Bericht, sondem auch durch Vergewissening vor Ort. Berichte geben ein vom Berichtererstatter gefiltertes Bild einer Situation wieder. Dies ist allerdings nur ein kleiner Teil dessen, was wahrnehmbar ist. Erfolgreiche Fiihrungskrafte haben gelernt,
Vertrauen und Kontrolle
185
dass kein Bericht die eigene Wahrnehmung ersetzen kann. Jeder nimmt unterschiedliche Dinge einer Situation, eines Problems wahr und hat dadurch ein anderes Bild davon. 7. WohlwoUendes Ubersehen In manchen Fallen ist es kliiger, einer Sache eine Zeitlang zuzusehen, zu beobachten wie sie sich entwickelt und abzuwarten. Vielleicht regelt sich das Ganze wieder, ohne dass eingegriffen werden muss. 8. Kontrolle muss individuell sein. Es macht einen Unterschied, ob eine Person kontrolliert wird, die man seit Jahren kennt und die ein Musterbeispiel an Korrektheit und Zuverlassigkeit ist, oder ob man eine Person nicht kennt, well sie beispielsweise neu im Unternehmen ist. Malik (2000) betont auch, dass Kontrolle nicht nur dann sinnvoU ist, wenn etwas messbar ist. Nicht nur durch Messen, sondern auch durch Beurteilen und Urteilen hat Kontrolle eine steuernde Wirkung. Dazu braucht es Manager.
5. Team
5.9 Kreativitat im Team 5.8.1 RoUen/Funktionen in Teams 5.8.2 Die vier Elemente desLebens bezogen auf Teams 5.8.3 UnterstOtzende Leistungsbedingungen fttr Teams durch die Teamzusammensetzung und die Teammitglieder
5.7.1 Entscheidungsbefugnisse in Teams 5.7.2 Fahrung von Teams 5.7.3 Teamstrukturell untersttttzende Leistungsbedingungen far Teams
5.1 Theoretische Ans einen relativ hohen Komplexitatsgrad besitzen, => viele unterschiedliche Kompetenzen erfordern, 1=^ Flexibilitat im Handeln erfordern. Wie hoch der Komplexitatsgrad einer Aufgabe ist, hangt auch vom Spezialisierungsgrad der Arbeit (= Grad der Arbeitsteilung) ab (siehe auch unter 2.3.1, Organisationsstruktur). Wird in einem Unternehmen beispielsweise mit der Technologie des Fliefibandes produziert, so ist aufgrund des geringen Spezialisierungsgrades Teamarbeit nicht wirklich moglich. Um bei
203
Team
diesem Beispiel zu bleiben, sind bei Fliefibandarbeit geringe Kompetenzen erforderlich und Flexibilitat im Handeln sogar hinderlich. Bei Aufgaben wie beispielsweise Schatzungen durchzufuhren, konnte angenommen werden, dass bei mehreren unabhangigen Schatzern das Prinzip des statistischen Fehlerausgleiches zur Geltung kommt und die gemittelten Schatzungen zu Ergebnissen deutlich uber den Schatzungen des Besten fuhren konnen (v.Rosenstiel, 2003b). Dieser Effekt geht allerdings in realen Teams verloren, da der starkste Einfluss auf die anderen oft von einer Person ausgeht, die bezogen auf die Aufgabenstellung geringere Kompetenz aufweist (v.Rosenstiel, 2003b).
5.6 Organisationsstruktur Tabelle 7 zeigt organisationsstrukturell unterstiitzende Einflussfaktoren auf die Leistungsbedingungen fiir Teams: Einflussfaktoren auf Teamprozesse/ -ergebnisse Unterstiitzung durch das Management klar definierte Ziele und Aufgaben des Teams ausreichende Entscheidungsbefugnisse des Teams
Begriindung
Quelle
Manz/ Nur wenn das iibergeordnete Arbeitssystem „echte" Selbststeuerung unterstiitzt und auch Sims, billigt, konnen Mitarbeiter motiviert, engagiert 1995 und selbststeuernd arbeiten. Die Zielsetzung und die Aufgaben eines Yukl, 2002 Teams miissen in Einklang mit den iibergeordneten Zielen und Aufgaben bzw. der Mission des Unternehmens stehen. Ausreichende Entscheidungsbefugnisse forYukl, 2002 dern die Leistungsfahigkeit von Teams. Umgekehrt entstehen bei iibermaliigen Anweisungen, Vorgaben von Arbeitsablaufen und Problemlosungsprozessenleistungshemmende Rahmenbedingungen.
204
Die sechs Einflussfaktoren des Svstemisch-integrativen Fuhrungsmodells
Einflussfaktoren auf Teamprozesse/ -ergebnisse 1 unterstiitzendes Informationssystem
Begriindung
Informationen iiber Produktivitat, Effektivitat, Qualitat, Kosten, Deckungsbeitrage sind fiir das Team wichtig, um Entscheidungen bezuglich ihrer Produkte oder Dienstleistungen treffen zu konnen 1 Ent- und Das Ent- und Belohnungssystem soUte nicht Belohnungs- den Wettbewerb zwischen den Teammitgliesystem dern fordern. 1 physische Zwei wichtige Faktoren: Umgebung -Sitzordnung: z.B. ein rechteckiger Tisch betont i.d.R. die Statusunterschiede; - Storungen wie Larm, Telefon, Unterbrechungen durch das Sekretariat soUten vermieden werden. 1 Technologie Neue Kommunikationstechnologien vereinfachen die Zusammenarbeit von Teams; andererseits kommt es dadnrch zur Gefahr der Anonymitat.
Quelle
1
Yukl, 2002
Yukl, 2002 Bradford, 1976; Golde, 1972; Jay, 1976 Nunamaker/Briggs/ Mittlemanl995
Tabelle 7: Organisationsstruktiu-ell unterstutzende Leistungsbedingungen fiir Teams 5.7 Teamstruktur 5.7.1 Entscheidungsbefiignisse in Teams Teams sind dadurch gekennzeichnet, dass ein Teil der Entscheidungsbefugnis des Vorgesetzten auf die Gruppe bzw. das Team iibertragen wird. Solche Entscheidungsbefugnisse konnen beispielsweise sein: Umsetzungsziele, Qualitatsstandards, Arbeitsverteilung, Zeitplan, Planung der Arbeitsvorgange, Einkauf der erforderlichen Materialien, Kundenkontakte, Lieferantenkontakte, Leistungsbeurteilung und Umgang mit schwachen Leistungen der Teanmiitglieder. Der Umfang der Entscheidungsbefugnis ist von Organisation zu Organisation unterschiedlich. In einigen Teams
Team
205
hat das Team die Moglichkeit, Personalentscheidungen wie Auswahl- und Freisetzung von Teammitgliedern und das Verteilen von Pramien innerhalb eines bestimmten Rahmens zu treffen. In anderen Teams bleiben diese Entscheidungen den hierarchisch hoheren Fuhrungskraften vorbehalten. Teams, die als eigenstandiges Unternehmen innerhalb des Gesamtunternehmens geftihrt werden, sind Teams mit den grofiten Entscheidungsbefugnissen und werden „self-designing Team" oder „autonome Arbeitsgruppe" genannt (Yukl, 2002). Tabelle 8 zeigt das Ergebnis einer Untersuchung iiber die unterschiedlichen Entscheidungsbefugnisse von Teams. Entscheidungsbefugnisse der self-managed Teams Zeitliche Arbeitseinteilung Verhandeln mit direkten Kunden Leistungsziele setzen Durchfuhren von Trainings Einkauf der erforderlichen Materialien und Ausstattung Verhandeln mit Lieferanten Vorbereiten der eigenen Budgets Auswahl von Teammitgliedern Kundigung von Teanunitgliedern
Prozentsatz 69% 59% 57% 55% 47% 46% 35% 29% 21%
J
Tabelle 8: Entscheidungsbefugnisse von Teams (aus Yukl 2002, Quelle: Gordon 1992)
206
Die sechs Einflussfaktoren des Svstemisch-integrativen Fuhrungsmodells
Bradford (1976) verglich den traditionellen, hierarchischen Fiihrungsansatz mit self-managed Teams. Tabelle 9 zeigt eine Zusammenfassung dieses Vergleichs: Vergleichsmerkmal Traditionelle Fiihrung Verantwortung fiir die Fuhrungskraft ist verantwortlich die Gnippe durch die Fuhletztendliche Entscheidungsbefugnis rungskraft konzentriert auf Fiihrungsmacht Fuhrungskraft von der einzelnen 1 Vorstellung wie Fiihrung erfolgt Fuhrungskraft durch den Fiihrer aufgabenbezogene Fiihrungsaufgaben 1 beziehungsbezogene werden systemaFiihrungsaufgaben tisch vernachlassigt 1 sozio-emotionaler meistens von der Prozess Fuhrungskraft vernachlassigt Teammitglied wird Ausdruck von Bediirfnissen und eher dafiir entmuGefiihlen tigt
Fiihning in selfmanaged Teams aufgeteilt auf externen Fiihrer und Gruppe durch die Gruppe
1 1
verteilt auf den externen Fiihrer und die Gruppe von externen Fiihrer und Gruppe aufgeteilt auf externen Fiihrer und Gruppe werden starker durch die Gruppe wahrgenommen vom externen Fiihrer genauer beobachtet Teammitglied wird eher dazu ermutigt
Tabelle 9: Vergleich zwischen traditioneller Fiihrung und self-managed Teams (aus Bradford 1976)
Team
207
5.7.2 Fiihrung von Teams Einen der wichtigsten Diskussionspunkte im Rahmen der Teamarbeit und den damit verbundenen Verantwortungsbefugnissen betrifft das Aufgabengebiet der Fiihrung (Manz/Sims, 1995). Es konnen drei mogliche Arten von Fiihrern im Team unterschieden werden: •=> Superfiihrer «=> team-interne Fiihrung "=> team-externe Fiihrer Ein „Superfuhrer" ist jemand, der andere fiihrt, damit diese fiihren (Manz/Sims, 2001). Bezogen auf das Team, wiirde ein Superfiihrer ein Team dazu hinfiihren, sich selbst zu fiihren. Unter team-interner Fiihrung werden Fiihrungsaufgaben verstanden, die innerhalb der Teammitglieder wahrgenommen werden, wahrend teamexterne Fiihrungsaufgaben Aufgaben betreffen, die nicht in den Verantwortungsbereich des Teams fallen und somit von Personen aufierhalb des Teams wahrgenommen werden. Haufig ist es eine wesentliche Aufgabe team-externer Fiihrer, als Coach und Berater zur Verfiigung zu stehen. Typischerweise ist eine externe Fiihrungskraft fiir mehrere Teams zustandig. Team-interne Fiihrung erfolgt durch eine Person die: ^ informeller Teamleader ist, oder «=> vom Management dafiir bestimmt wurde, oder «=> innerhalb der Teammitglieder gewahlt wurde, oder ^ nach dem Rotationsprinzip, das vom Team festgelegt wurde, an der Reihe ist. Die extremste Form der Aufteilung der Fiihrungsverantwortung ist dann gegeben, wenn es keine Fiihrungshierarchie mehr gibt. Solche Teamstrukturen kommen gelegentlich in kleinen Familienbetrieben oder in lokalen.
208
Die sechs Einflussfaktoren des Svstemisch-integrativen Ftihrungsmodells
freiwilligen Organisationen vor. Grofiere Organisationen konnen durch eine voUstandige Aufteilung der Fuhrungsverantwortung nicht effektiv arbeiten. Wenn jemand in einer bestimmten Situation Fiihrung ubernimmt, kann sich diese Fiihrung auf zwei von einander unabhangige Verhaltenskomponenten beziehen: Verhalten bezogen auf Aufgaben, Verhalten bezogen auf Beziehungen. Die richtige Balance beider Verhaltenskomponenten ist zur Aufrechterhaltung eines effektiven Fuhrungsprozesses erforderlich. In Teams ist es zumindest teilweise vorgesehen, dass beide Verhaltenskomponenten (Aufgabenorientiemng und Beziehimgsorientiening) von den Gruppenmitgliedern wahrgenommen werden. Dies erfordert wiederum hohe soziale und methodische Kompetenz der Gruppenmitglieder. Laterale Fiihrung bezeichnet Fiihrung nicht aufgrund von hierarchischen Fiihrungsstrukturen, sondern aufgrund hierarchiefreier (horizontaler) Fiihrung. Laterale Fiihrungs- und Kooperationsbeziehungen bestehen zwischen Kollegen der gleichen hierarchischen Stufe, die gemeinsame gruppen- bzw. abteilungsinterne oder -exteme Aufgaben erfuUen. Konflikte konnen nicht durch Weisung behoben werden, sondern durch gegenseitige Abstimmung und durch Konsens. Einer der wesentlichen Steuerungsfaktoren lateraler Fiihrungsbeziehungen ist das Erreichen gemeinsamer Ziele. Sowohl team-interne als auch team-externe Fiihrung setzt das Praktizieren von Selbstfuhrung voraus. Ein team-externer Fiihrer ist ein vom Management bestellter Fiihrer eines Teams, wobei dafCir unterschiedlichste Begriffe wie Koordinator, Coach, Forderer verwendet werden. Diese Form der team-externen Fiihrung ist besonders haufig in den US-Arbeitssystemen anzutreffen.
Team
209
Manz/Sims haben in Untersuchungen herausgefunden (1993), dass es bei der Implementiening externer Fuhrungskrafte in Teams haufig zu unklaren und widerspriichlichen RoUen dieser Fiihrer kommt und dadurch Probleme auftreten. Wahrend die Vorgesetzten externer Fiihrer und auch Teammitglieder sowohl mit den Team-Resultaten als auch mit den personlichen Erfahrungen in und mit Teams sehr zufrieden waren, taten sich die externen Fiihrer in ihrer RoUe sehr schwer. Walton/Schlesinger (1979) fanden aufgrund ihrer Erfahrungen mit zwolf verschiedenen Produktionsbetrieben heraus, dass externe Fiihrer zwar wiederholt ihre Zufriedenheit zum Ausdruck brachten, jedoch in hohem Mali verunsichert erschienen.
5.7.3 Teamstrukturell unterstiitzende Leistungsbedingungen fur Teams Tabelle 10 zeigt teamstrukturell unterstiitzende Einflussfaktoren auf die Leistungsbedingungen fiir Teams: 1 Einflussfak- Beschreibung toren auf Teamprozesse/-ergebnisse Fine groiiere Gruppe besitzt i.d.R. ein 1 Gruppengroiieres Wissen und mehr Perspektigrolie ven; allerdings wird die Kommunikation, Konsensfindung schwieriger und zeitaufwandiger; das Konfliktpotenzial wird hoher. Die Gruppe soUte klein sein, ca. fiinf Mitglieder umfassen, da bei grofieren Teams einschlagige Beitrage nicht mehr eingebracht werden und Reibungsverluste steigen.
Quelle
ShuU/Delbecq/ Cummings, 1970
v.Rosenstiel, 2003b
210
Die sechs Einflussfaktoren des Svstemisch-integrativen Flihrungsmodells
Statusunterschiede
Statusunterschiede zwischen den Teammitgliedern hemmen den Informationsaustausch; Ideen von Personen mit einem hoheren Status werden oft als wichtiger erachtet. Sozialisation Die Sozialisation neuer Teammitglieder (Einstellungen, Werte, Erwartungen) des Teams oder bei der Neuzusammensetzung von Teams ist fur die Arbeitsfahigkeit bedeutend und soUte bewusst gefordert werden (siehe auch Abschnitt 5.2). Gruppenzu- Hoher Gruppenzusammenhalt fuhrt zu sammenhalt schnelleren Entscheidungen; ein zu und Gruppen- starkes Gruppendenken kann allerdings denken auch zu unreflektierten und schlechten Entscheidungen fuhren. Die interpersonalen Beziehungen soUten nicht belastet sein, d.h. Widerspruch in der Sache darf nicht als Ausdruck bestehender Anthipatie eingesetzt werden. Die Gruppe soUte sich an spezifische Arbeitsregeln halten (z.B. Vorbereitungs-, Moderations-, Diskussions-, Dokumentations-techniken). Fiihrungsqua- Wenn die Fiihrungskraft zu aktiv oder zu passiv ist, kann ein Team ineffektiv litaten der Fiihrungskraft werden.
Berger/ Cohen/ Zelditch, 1972. Harvey, 1953 Yukl, 2002.
Yukl, 2002; Janis, 1972
Rosenstiel, 2003b
Rosenstiel, 2003b
Berkowitz, 1953; Schlesinger/Jackson/ Butman, 1960
Tabelle 10: Teamstrukturell unterstiitzende Leistungsbedingungen fur Teams
Team
211
5.8 Teamzusammensetzung Die Teamzusammensetzung und die individuellen Personlichkeiten der einzelnen Teammitglieder spielen fiir die Arbeitseffizienz und die Arbeitseffektivitat von Teams eine wesentliche RoUe.
5.8.1 RoUen/Punktionen in Teams Verschieden Teammitglieder nehmen verschiedene RoUen bzw. Funktionen ein. Es wird zwischen vier verschiedene HauptroUen bzw. Hauptfunktionen unterschieden (Herder-Lindner, 2000): a-RoUe/Funktion,
B - RoUe/Funktion, y-
Rolle/Funktion,
O-
Rol-
le/Funktion. Am Beispiel einer Bergtour sind diese TeamroUen bzw. Teamfunktionen in Abbildung 21 dargestellt. B: Hat die Landkarte und den Kompass mit und gibt Orientierung. a: Will auf den Berg hinauf und hat das Ziel, .. r/- ux -x x 1 den Gipfel unbedingt Y.Ziehtnutanutumden ^^erreichen. Gipfel zu erreichen.
V
O: Sagt, dass er umdrehen will, da ihm die Fiilie weh tun. Abbildung 21: Verschiedene RoUen bzw. Funktionen am Beispiel einer Bergtour
212
Die sechs Einflussfaktoren des Svstemisch-integrativen Fuhrungsmodells
Der OL-Typ will auf den Berg hinauf und hat das Ziel, den Gipfel unbedingt zu erreichen, wahrend der B-Typ mit Landkarte und Kompass Orientierung gibt. Der y-T}^ ist fur das Ziel und den Willen des (X dankbar und folgt ihm bereitwillig. Der
sieht vor allem die Probleme, Schwie-
rigkeiten und Gefahren und kommuniziert diese. Wichtig fur die Effizienz und den Erfolg eines Teams ist, dass alle RoUen bzw. Funktionen wahrgenonmien werden. Das Team braucht begeisterte Teammitglieder, die das Ziel vor Augen haben und die es dorthin zieht. Ebenso sind aber auch Menschen erforderlich, die Orientierung und Struktur zur Verfugung stellen und Teammitglieder, die notwendige Aufgaben erledigen. Der kritische Hinterfrager ist fur die Realitatspriifung des Teamprozesses und Teamergebnisses von wesentlicher Bedeutung. Die verschiedene RoUen und Funktionen konnen von den verschiedenen Teammitgliedern zu unterschiedlichen Zeitpunkten eingenommen werden. Mitunter ist es auch wichtig, dass die RoUen gewechselt werden. Hat ein Gruppenmitglied immer die iZ-Funktion inne, so besteht die Gefahr, dass dieses Teanunitglied zum Aufienseiter wird, da es die Gruppe mit kritischen Fragen zuriickhalt. Eine Fiihrungskraft, die sich dieser RoUen bzw. Funktionen im Team bewusst ist, konnte bei Fehlen einer Funktion diese einnehmen, um damit zu einem erfolgreichen Gruppenergebnis beizutragen.
Team
213
5.8.2 Die vier Elemente des Lebens bezogen auf Teams Wahrscheinlich ist die Einteilung der Welt in die vier Elemente Feuer, Erde, Luft und Wasser eines der altesten Prinzipien. Die vier Gmndelemente sind im menschlichen Denken und Fuhlen in alien Kontinenten der Erde tief verankert: In der christlichen Tradition finden wir die vier Evangelisten, Indianerdorfer wurden in Viertel oder Sippenabschnitte unterteilt, wir haben vier Jahreszeiten, usw. (Friih, 2000). In diesen vier Gmndelementen zu denken, ermoglicht ein Verstehen von Zusammenhangen in alien Lebens- und Wissensbereichen, quer durch Kulturen und Religionen. Zahllose Typologien spiegeln die einzelnen Qualitaten der vier Elemente wider. Besonders Vertreter der Kommunikations- und Verhaltenswissenschaften bauen haufig ihre Ansatze auf Grundlage dieser vier Elemente auf. Da Fiihrung und Teamarbeit besonders Starke Kommunikations- und Verhaltensaspekte aufweisen, sind die Erkenntnisse dieser vier Elemente fiir die Teamzusammensetzung nutzbar. Tabelle 11 zeigt die vier Element des Lebens als Grundlage fur verschiedene kommunikations- und verhaltenswissenschaftliche Ansatze und die Bedeutung fur Fiihrungsqualitaten und -probleme: 1 Die vier Elemente des Lebens und verschiedene Ansatze ^"^---.^^^^Element Feuer Modeli^^^-^^ 1 Temperament Choleriker nach Hippokrates 1 unvoUstandige Angreifer Kommunikation nach V. Satir
Wasser
Luft
Erde
Melancholiker Beschwichtiger
Sanguiniker Ablenker
Phlegmatiker Rationalisierer
214
Die sechs Einflussfaktoren des Svstemisch-integrativen Fiihrungsmodells
P"^"--.,.,^^^ Element Feuer
Wasser
Luft
Erde
1 1
ModelT^^^^^^.^^ 1 Angstformen nach Fritz Riemann
hysterisch
depressiv
schizoid
zwanghaft
1 Psych. Typen nach C.G. Jung
Intuition + Fiihlen
Wahrnehmen + Fiihlen
Intuition + Denken
Wahrnehmen 1 + Denken
1 Temperamente nach H.J. Eysenck
extravertiert/ instabil
introvertiert/ instabil
extravertiert/ stabil
introvertiert/ stabil
I Personlichkeits- dominant t)q)en nach W.M. Marston
stetig
initiativ
gewissenhaft
1 Brain Dominance cerebral nach Ned rechts Hermann aufbauend „Platin-Regel" Direktor
limbisch rechts emotional Beziehungsmensch
cerebral links analytisch Unterhalter
limbisch links kontrolliert
1 Fiihrungsqualitaten (Hendrich)
Pionier Motivator Krisenmanager
1 Fiihrungsprobleme (Hendrich)
Ungeduld
Moderator Kommunik. Planer Stratege Or- j Koopera- Innovator ganisator tor Coach ChangeManager UnbeweglichKonflikt- Inkonkeit sequenz scheu
Denker
Tabelle 11: Die vier Elemente des Lebens in verschiedenen kommunikations- und verhaltenswissenschaftlichen Ansatzen und die Bedeutung fur Fiihrungsqualitaten und -probleme (aus Hendrich 2002)
Team
215
Die Charakteristika der vier Elemente sind in der folgenden Tabelle dargestellt (Hendrich, 2002):
1 Charakteristika der vier Elemente des Lebens abgeleitetes Fiihrungs- und bildhaf- abstrak- abgeleitete VerhalTeamverhalten ter Ein- te Qua- tensentsprechung litat dnick 1 Feuer Ubernimmt Verantwortung Streben nach Fiih1 brennt Aufwartsrung, Karriere, Autori- undFiihrung. nach orient- tat; Machtstreben, oben ierung Dominanz, Zielstrebigkeit Durch- Tatkraft, Rucksichts- Der grofie Motivator ist der 1 verbrennt setzung losigkeit, BegeisteWettbewerb, die Herausrung, Aggression; das fordening ist der Widerbenutzt andere, verUmfeld stand; hat das Bediirfnis andert. besser, schneller, starker, erfolgreicher als andere zu sein. Ist konfrontierend, hat Mut 1 breitet Expan- Dynamik, Ubergriff, zum Konflikt; sucht ChanSchnelligkeit; stellt sich aus sion Anforderungen; unbe- cen und nimmt sie schnell standig, extravertiert. war, auch wenn sie mit Risiken verbunden sind. Ist initiativ, spontan; HyEnergie Lebendigkeit, Ausstrahlt strahlung; energetisch, peraktivitat und RastlosigHitze motivierend, hektisch, keit bergen die Gefahr des aus Ausbrennens. chaotisch.
216
Die sechs Einflussfaktoren des Svstemisch-integrativen Ftihrungsmodells
Charakteristika der vier Elemente des Lebens abgeleitetes Fiihrungs- und bildhaf- abstrak- abgeleitete VerhalTeamverhalten ter Ein- te Qua- tensentsprechung litat druck Wasser Hat Einfuhlungsvermogen Tiefen- Suche nach Tiefe; fliefit und Empathie; kann zuhoorient- introvertiert, hinternach ren; blickt in sich und in ierung fragend, einfiihlend, unten andere hinein; sucht mehr durchschauend. das Dahinterliegende. 1st emotionell und ziuiickumgeht Auswei- Benihigung, Beschchen haltend. Hinderwichtigung, Ausnisse gleich, Kompromiss, Ruhebedurfnis. Anpas- Unterordnung, Hinga- Fiihrt die Macht des Nachfugt be, Passivitat, Demut, gebens vor Augen; ist hilfssich in sung Gelassenheit, Anglei- bereit und fursorgUch, Formen subjektiv, unstrukturiert chung; aufstauend. harmonisierend. Empfanglichkeit, Emp- Ist empfanglich fur jede Art nimmt Aufvon Wahrnehmung, abwarnahme findsamkeit, Gefuhl, Stoffe Hingabe, beeindruck- tend, reaktiv; baut langfrisauf bar, anhanglich. tige Beziehungen auf; besitzt hohe emotionelle Intelligenz, hat hohe Fahigkeiten im Beziehungs-und Gefuhls-Management
Team
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Charakteristika der vier Elemente des Lebens abgeleitetes Fiihrungs- und bildhaf- abstrak- abgeleitete VerhalTeamverhalten ter Ein- te Qua- tensentsprechung druck litat Luft Hat gewandten und toleist nicht Beweg- Flexibilitat, Wendiggreifbar lichkeit keit, Kreativitat, Inno- ranten Umgang mit Ideen und Wissen; erkennt Provation, Vielfalt, Gezesse, Bewegungen, Entdankenspieler. wicklungsablaufe; fragt nicht nach Sinn, sondern tastet die Oberflache auf ihre Erscheinungsform ab. 1 ist zwi- Vermitt- Vielseitigkeit, Interes- Ist kommunikativ, kontaktse, Neugier, Kontakt, lung bereit, kreativ und innovaschen Wissensdrang, Instabi- tiv; hat Visionskraft; regt allem lity. Neues an und belebt. Informationen werden Neutra- Harmonisierend, unbietet keinen litat entschlossen, relativie- gesammelt, dies wird leicht zum Selbstzweck und das Widerrend, unverbindlich, Entscheiden zum Problem. stand diplomatisch. Fliich- Unruhe, Rastlosigkeit, Verlasslichkeit und KonentSprunghaftigkeit, Un- kretheit sind gering ausgeweicht tigkeit zuverlassigkeit, Unbe- pragt; lasst sich nicht steuiiberall ern, eingrenzen, lenken, rechenbarkeit. untertan machen.
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Die sechs Einflussfaktoren des Svstemisch-integrativen Fuhrungsmodells
Charakteristika der vier Elemente des Lebens bildhaf- abstrak- abgeleitete Verhalabgeleitetes Fiihrungs- und ter Ein- te Qua- tensentsprechung Teamverhalten dnick litat Erde liegt unbewegt
Schwere Ruhe, Tragheit, Starre, Prinzipientreue, Unbeweglichkeit.
hat feste Stniktur Organisator, PrazisiForm on, Klarheit, Sicherheit, Berechenbarkeit, Realismus, Materialismus, Harte; analysieren, strukturieren, planen, organisieren. grenzt Isolation Distanziening, Norsich ab mierung, Sachlichkeit, Unpersonlichkeit. ist KontiBestandigkeit, Verdauernuitat lasslichkeit, traditiohaft nell, konventionell; geduldig.
Halt Vereinbarungen; die Starke Werte- und Prinzipienorientiening konnen andere als Sturheit erleben. Plant und arbeitet konsequent den Plan ab; gibt Stniktur und gestaltet; konzentriert sich auf messund zahlbare Zahlen, Daten, Fakten. Zieht sich ofter zuruck.
Ist ausdauernd, beharrlich und stetig; Gibt Sicherheit, Halt und Orientierung; betreibt nachhaltiges Wirtschaften.
Tabelle 12: Charakteristika der vier Elemente des Lebens (aus Hendrich 2002)
Team
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Jedes dieser vier Elemente ist im Zusammenspiel mit den anderen notwendig zum Leben und Uberleben des Menschen (Hendrich, 2002). Diesem Gedankengang folgend, ist in jedem Team, will es erfolgreich sein, das Vorhandensein eines ausgewogenen Verhaltnisses dieser vier Elemente erforderlich. Besteht ein Team beispielsweise aus neun Erde-Typen und einem Feuer-T)^, so wird die Erde das Feuer bald ausloschen. Umgekehrt wird beim Vorhandensein von neun Feuer-Typen und einem Erde-Typ die Erde bald verbrannt und kaum mehr Substanz vorhanden sein. Erde ohne ein anderes Element ist trocken, kalt und fest. Kommen andere Elemente wie die auflockernde Luft, das befeuchtende Wasser, das warmende Feuer der Sonne hinzu, dann ist Erde der Boden, der Nahrung gibt und Leben ermoglicht. Feuer kann Wasser zum Kochen bringen, allerdings braucht es Erde (als Gefali in Form von Ton) dazu. Feuer mit Luft kombiniert kann einen Flachenbrand entfachen und Erde kombiniert mit Wasser und dem Feuer der Sonne lasst Frucht hervorbringen. Einige Firmen machen sich die Einsicht liber die vier Elemente zunutze und stimmen ihre Personalbesetzungen gezielt darauf ab. Fiir die Personalauswahl bedeutet dies, dass die Personlichkeits-Strukturen der Personen in einem Team bzw. einer Abteilung ein wesentliches Entscheidungskriterium fur die Aufnahme eines neuen Teammitgliedes darstellen. Ein Unternehmen, das komplexe Aufgaben erfolgreich ausfCihren will, muss seine eigene Komplexitat erhohen. Die Andersartigkeit des anderen soUte nicht als Schwache ausgelegt, sondern respektiert und als Starke begriifit werden. Je unterschiedlicher die Menschen in einem Unternehmen sind, desto mehr Informationen werden aufgenommen und verarbeitet.
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Die sechs Einflussfaktoren des Svstemisch-integrativen Fuhrungsmodells
5.8.3 Unterstiitzende Leistungsbedingungen fur Teams durch die Teamzusammensetzung und die Teammitglieder Tabelle 13 zeigt unterstiitzende Leistungsbedingungen fiir Teams durch die Teamzusammensetzung und die Teanunitglieder: Einflussfaktoren aufTeamprozesse/ergebnisse 1 Personlichkeit der Teammitglieder
Fachliche Kompetenz der Teammitglieder
Beschreibung
Quelle
Zusammenpassende Teammitglieder sind produktiver. Selbstsicherheit und emotionale Stabilitat der Teammitglieder fiihren zu effektiveren Ergebnissen. Teamfahigkeit setzt ein sicheres Bindimgsverhalten voraus.
Liddell/ Slocum, 1976; Shutz, 1955; Fouriezos/ et.al, 1950
Je homogener ein Team ist, desto weniger reflektiert es; es lauft ja alles bestens. Heterogene Teams brauchen langer bis die Arbeitsfahigkeit vorhanden ist, erreichen dann jedoch einen besseren Output. Hochleistungsteams entstehen aus dem ausgeglichenen Zusammenwirken der vier Elemente des Lebens (siehe 5.8.2)
HerderLindner, 2000; Hendrich, 2002
Die unterschiedlichen Aspekte der Aufgabe soUten dm'ch jeweils dafur kompetente Mitglieder reprasentiert sein, die zudem am Gesamtproblem interessiert sind.
Rosenstiel, 2003b
Die Gruppenmitglieder soUten fahig sein, miteinander in einer gleichen Sprache zu sprechen.
Rosenstiel, 2003b
Team
Soziale und methodische Kompetenzen der Teammitglieder
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Yukl, 2002 Die hohe Vertrauens- und Kooperationsnotwendigkeit von Teamarbeit erfordert, dass die Teammitglieder eine hohe Kommunikations-, Konflikt-, Prasentationsund Moderationsfahigkeit besitzen Beherrschung der zwei HauptdiskursforSenge, 2003 men durch die Teammitglieder sind erforderlich: Dialog und Diskussion
Tabelle 13: Unterstiitzende Leistungsbedingungen fiir Teams durch die Teamzusammensetzung und die Teammitglieder 5.9 Kreativitat im Team Bennis/Biedermann stellten in ihren Analysen fest (1998), dass in einem Team, in dem wirkliche Durchbriiche erzielt wurden, ein „Anfuhrer" es verstand, andere auf eine faszinierende aufiergewohnliche Vision einzuschworen. Burow (2002) bezeichnet dies als Kristallisationskern (S. 1): „Der Kristallisationskern ist eine Fiihrungsperson, die von einer Idee besessen ist. Sie iibt wie in einem physikalischen Feld Anziehungskrafte aus. Sie wirkt wie ein Magnet und zieht Synergiepartner mit unterschiedlichen Fahigkeiten an, die gemeinsam ein kreatives Feld bilden. Erst das Zusammentreffen der unterschiedlichen Fahigkeiten lasst etwas Neues entstehen." Kristallisationskern wird man laut Burow, wenn es einem gelingt, seiner eigenen Berufung in iiberzeugender Weise zu folgen und auch andere dafiir zu begeistern. „Kristallisationskerne sind Personen, die mit sich in Ubereinstimmung stehen und von einer Mission beseelt sind. Deshalb Ziehen sie andere Personen an, die nach Erganzung und Orientierung suchen (Burow, 2002, S. 3). Burow betont jedoch, dass der Kristallisationskern nur phasenweise Fuhrer ist, der die Vision verkorpert und Krafte bundelt. Je nach geforderten Fahigkeiten konnen jedoch andere Teammitglieder zeitweise Fiihrung iibernehmen.
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Die sechs Einflussfaktoren des Svstemisch-integrativen Fuhrungsmodells
Burow (1999, S. 20) vergleicht dies mit einer Jazzband: „Wenn es ihnen gelingt, gut aufeinander zu horen, sich synergetisch zu erganzen, dann kann etwas Neues entstehen, das so faszinierend ist, dass es auch die Zuhorer ergreift. Diese losen sich aus ihrer passiven RoUe, klatschen den Rhythmus, feuern die Musiker durch Zurufe an. Musiker und Zuhorer verbinden sich zu einem kreativen Feld, das bei alien Beteiligten eine signifikante Energiekonzentrierung bewirkt. Das Erlebnis gemeinsamen Mitschwingens lost oft eine machtvoUe Resonanz aus, die dazu fiihrt, dass Musiker und Zuhorer befliigelt werden und mit neuen Ideen und einem erhohten Energiezustand aus der Begegnung herausgehen." Das kreative Team zeichnet sich durch verschiedene Personlichkeiten mit stark unterschiedlich ausgepragten Fahigkeiten aus, die gemeinsam eine Vision verbindet (Burow, 2002). Cummings/Oldham (1998) haben herausgefunden, dass kreative Personlichkeiten zur Entfaltung ihres Potentials folgendes Arbeitsumfeld vorfinden miissen: Komplexitat der Tatigkeit, nichtautoritare Fuhrung, unterstiitzende Vorgesetzte, anregende Arbeitskollegen und kreative Konkurrenz (motivierende Herausfordemngen). Um die Erzeugung von Kreativitat in Teams zu verstehen, hat Spieli (2000) die Arbeitsweise von Rockbands untersucht und daraus acht zentrale Erfolgsprinzipien abgeleitet: Selbstorganisation
Eine Gruppe von Personen, die ausfreienStiicken zusammen konunt, zum Zweck des gemeinsamen schopferischen Schaffens. iiberschaubare Die Obergrenze einer Gruppe wird durch psychosoziale Gruppengrolie Bedingungen definiert, damit sich durch die sozialen Interaktionen mit ihren unkalkulierbaren Wechselbeziehungen bestimmte Synergieeffekte einstellen konnen. Die Unverbindlichkeit eines uniiberschaubaren Sozialverbandes muss vermieden werden.
Team
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demokratische Die Kooperationen aller Teammitglieder sowie GleichEntscheidungs- berechtigung und demokratische Entscheidungsstrukturen sind notwendig, wobei im Binnenkontext strukturen verschieden grofie Spielraume moglich sind. Ein bestimmter, in der Kegel sehr zeitaufwandiger Selbstselektion Entwicklungs- und Auswahlprozess der Teammitglieder ist notwendig, in dem sich die verschiedenen Teammitglieder in der letztlich gultigen Formation zusammengefunden haben. Es ist ein Gefuhl der Zusammengehorigkeit erforderZusammenlich, das von einem gemeinsamen Erfahrungshintergehorigkeit grund bis zu einem gemeinsamen Gruppengeist reichen kann. Arbeitsteilung Die gleichmafiige Teilung von Arbeit, Bezahlung und und gleiche Ruhm ist erforderlich. Belohnung Fiir die Teammitglieder soUten sich durch die gemeingegenseitige Heraussame Arbeit eine wechselseitige Forderung und eine forderung und Entwicklung ihrer Fahigkeiten erreichen lassen. Anregung Das Team soUte durch Grofiztigigkeit zwischen den GewinnerMitgliedern in Bezug auf die Frage der Urheberschaft Gewinnerund Verteilung der Tantiemen auszeichnen. Spiel Tabelle 14: Acht zentrale Erfolgsprinzipien zur Erzeugung von Kreativitat in Teams, an Hand von Untersuchungen bei Rockbands (nach Spiefi 2000)
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Die sechs Einflussfaktoren des Svstemisch-integrativen Fuhrungsmodells
Zur Analyse von Kreativitat bei einzelnen Menschen hat der amerikanische Erziehungswissenschaftler Howard Gardner (1996) Lebenswege von herausragenden Personlichkeiten, wie beispielsweise von Freud, Einstein, Picasso, Strawinski, Gandhi, untersucht und folgendes festgesteUt: Jeder dieser Menschen verfugte iiber eine fruhe Begabung, die zu einer fruhreifen Meisterschaft auf diesem Gebiet wurde, in der Umgebung dieser Menschen gab es immer jemanden, der diese Begabung erkannte und forderte. Alle diese Menschen verfugten auch iiber die Fahigkeit, gegeniiber der herrschenden Auffassung ihrer Zeit einen Gegensatz zu setzen und benotigten dariiber hinaus mindestens zehn Jahre harte Arbeit, um einen Durchbruch zu erreichen. Gardner (1996) betont auch, dass entscheidend fiir die Kreativitat dieser Menschen eine Denkweise bzw. Intuition ist, wie man sie normalerweise dem menschlichen Bewusstsein friiher Altersstufen zuordnet. Der entscheidende Faktor fiir aufiergewohnliche Leistungen ist also die „Fusion" fruhreifer Meisterschaften und die Fahigkeit zum kindlichen, intuitiven Denken auch noch im Erwachsenenalter. Individuelles Talent jedoch ist nicht genug. Es ist notwendig, zur geeigneten Zeit dierichtigeDomane zu wahlen und iiber eine soziale Intelligenz zu verfugen, die es einem ermoglicht, von den Fachautoiitaten anerkannt zu werden. Dies fuhrt uns nun zum letzten Abschnitt dieses Kapitels, zum Einflussfaktor „Selbst-Management".
6. Selbstmanagement
6.5Wme(VoUtion)
6.1 Motive und individuelles Leistungsverhalten
6.2 SelbstBewusstsein
6.4 Vorstellungskraft 6.3 Gewissen und Intuition
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Die sechs Einflussfaktoren des Svstemisch-integrativen Fuhrungsmodells
Saulovich AltschuUer, russischer Wissenschaftler in der fruheren UdSSR, meldete mit 14 Jahren sein erstes Patent - ein Unterwasser-Atemgerat an. Spater wurde AltschuUer Patentexperte bei der russischen Marine am Kaspischen Meer. Er unterstiitzte Erfinder bei der Anmeldung von Schutzrechtsanspriichen. Dadurch bekam er Einblicke in die Problemlosungsprozesse der Anmelder und begann systematisch, Patente zu studieren und zu katalogisieren, um Prinzipien fur Innovationen herauszufinden. (Gundlach/Nahler, 2002.) Bei einer Untersuchung von zunachst 200.000 Patentschriften stellten AltschuUer und seine Mitarbeiter fest, dass vier von funf Patentschriften nicht iiber eine normale Verbesserung hinausgingen. Diese „nur" Verbesserungen waren grofiteils Routinekonstruktionen, Techniken und Verfahren, die in Fachkreisen bekannt waren. Deshalb untersuchte AltschuUer jenes Fiinftel der Patentschriften, die iiber die normalen Verbesserungen hinausgingen und entwickelte daraus die TRIZ-Methode (Teorija Resenija Izobretatel'skich Zadac) - die Theorie des erfinderischen Problemlosens (AltschuUer, 1984) - mit folgenden Kernaussagen: 1. AUein schon die prazise Beschreibung eines Problems fuhrt haufig zu kreativen Problemlosungen. 2. Viele Probleme wurden bereits in anderen Branchen unter anderen Namen, aber inhaltlich durchaus vergleichbar, gelost. 3. Der Widerspruch ist das zentrale, immer wieder Innovationen provozierende Element vieler Patentschriften. 4. Die Weiterentwicklung technischer Systeme folgt bestimmten Grundregeln. In den USA wurde diese Methode als Theory of Inventive Problem Solving (TIPS) bekannt und wird durch verschiedene Institutionen und Zeitschriften verbreitet (zu finden beispielsweise unter www.triz-centrum.de, www.etria.net, www.triz-joumal.com, www.triz-online.de). Auch Malik (2001c) stellte fest, dass Menschen, die effektiv und effizient arbeiten Probleme und Schwierigkeiten sehen und weder zur Beschonigung noch zur Verdrangung neigen. Allerdings suchen sie vor allem nach
Selbstmanagement
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Chancen und Moglichkeiten, auch in den grofiten Problemen. In engem Zusammenhang mit dem Bemiihen, Chancen auch noch in grofiten Schwierigkeiten zu sehen, steht die Disziplin, sich selbst zu motivieren und nicht auf Motivation von aufien zu warten. Menschen, die Hoch- und Hochstleistungen erbringen, wissen, dass die Grenzen jedes Menschen zuerst und vor allem im Kopf bestehen und dass man diese Grenzen verschieben kann (Malik, 2001c). „Dass die meisten Menschen in der einen oder anderen Weise von Stimmungen beeinflusst werden, braucht niemand gelehrt zu werden. Das ist jedermanns selbstverstandUche, fast tagUche Erfahrung. Dass man aber etwas dagegen tun kann, gilt es aber zu vermitteln. Das bedeutet nicht - und hier scheint mir die Trennlinie zwischen dem haltbaren und ntitzlichen Teil der Selbstbeeinflussung einerseits und der Scharlatanerie andererseits zu verlaufen -, dass man mit einem etwas positiven Denken Berge versetzen kann, wie das immer wieder versprochen wird. Um Berge zu versetzen, braucht man Bulldozer. Unser Denken verandert aber die Einstellung zu den Bergen. Es bestimmt, ob wir in ihnen Gefahren oder Chancen sehen, und das wiedemm bestimmt wesentlich unser Verhalten" (Malik, 2001c, S 206). In einem Modell von Heinz v.Foerster, das das Zusammenwirken von Reizen durch die Umwelt und den Reaktionen auf die Reize beschreibt (siehe Abschnitt 1, Vision und Zweck), wurde dargestellt, dass das menschliche Wesen bei Anderungen unserer inneren Umwelt 100.000 mal empfanglicher als bei Anderungen in unserer aufieren Umwelt ist. Dies bedeutet, dass unser Verhalten nicht ein eindeutig vorherbestimmbarer Reiz-Reaktions-Mechanismus ist, sondern dass wir Menschen grofiere oder kleinere Handlungsspielraume haben. Einerseits besteht die Freiheit, innerhalb dieser Handlungsspielraume zu agieren, andererseits konnen Handlungsspielraume auch erweitert werden. Es besteht die Moglichkeit, sich von Umstanden, Bedingungen der Umwelt, von der Umwelt ausgelosten Geftihlen treiben zu lassen, oder auch selbstverantwortlich darauf zu reagieren und Entscheidungen zu treffen. Covey (2004, S. 71) schreibt dazu: „Unser Verhalten ist eine Funktion
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Die sechs Einflussfaktoren des Svstemisch-integrativen Fuhrungsmodells
unserer Entscheidungen, nicht der gegebenen Bedingungen. Wir konnen unsere Gefuhle Werten unterordnen." Die Fahigkeiten des Menschen, sich seiner selbst bewusst zu sein, das Gewissen und die Intuition, das Potential der Vorstellungskraft und des energetischen Willens unterscheiden den Menschen wesentlich vom Tier und machen ihn einerseits verantworUich und andererseits frei. Der Mensch ist nicht eine Reiz-Reaktions-Maschine, sondern ein selbstverantwortiiches, innerhalb bestimmter Handlungsspielraume freies Wesen. Auf dieser Grundlage entwickelte Covey (2004) das Modell des Handlungs- und Entscheidungsspielraumes (siehe Abbildung 22).
Erweitening des Handlimgsund Entscheidungsspielraumes ^
Abbildung 22: Das Modell des Handlungs- und Entscheidungsspielraumes (modifiziert nach Covey 2004)
Ein Mensch kann sich durch die vier Komponenten Selbst-Bewusstsein, Gewissen und Intuition, Vorstellungskraft und unabhangiger Wille auf Reize der Umgebung proaktiv verhalten und dadurch seine Reaktion bestimmen. Diese vier Komponenten stellen auch die vier Handlungs-
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und Entwicklungsfelder des Selbstmanagements dar, die die Gliedemng dieses Abschnittes bestimmen (siehe Abschnitte 6.2 bis 6.5). Am Beginn der Ausfiihrungen wird auf die Motivforschung und das individuelle Leistungsverhalten eingegangen (siehe Abschnitt 6.1). Selbst-Management bietet die Moglichkeit, aus einem Ziel, liber Gedanken, durch Tun eine Gewohnheit zu machen (Covey, 2004). Ein beeindruckendes Beispiel, Selbst-Management zu betreiben ist die Autobiographie des friiheren Prasidenten von Agypten, Anwar Sadat: „Sadat war mit dem Skript tiefen Hasses auf Israel grofigezogen, genahrt und gepragt worden. Er sagte im Fernsehen Dinge wie: „Solange Israel auch nur einen Zentimeter arabischen Bodens besetzt halt, werde ich nie die Hand eines Israelis schiitteln. Nie, nie nie!" Und riesige Menschenmengen im ganzen Land wiederholten seine Worte: „Nie, nie nie!" Er lenkte die Energien und vereinte den Willen des gesamten Landes mit diesem Skript. Das Skript war sehr unabhangig und nationalistisch und weckte bei den Menschen tiefe Emotionen. Aber es war auch sehr toricht, und Sadat erkannte das. Es ignorierte die gefahrliche, hochgradig interdependente Wirklichkeit. Also schrieb er ein neues Skript. Dies war ein Prozess, den er als junger Mann in der Gefangniszelle 54, einer Einzelzelle im Kairoer Zentralgefangnis, gelernt hatte, in der er wegen seiner Beteiligung an einer Verschworung gegen Konig Faruk einsafi. Er lernte, sich so weit von seinem eigenen Denken zu losen, dass er erkennen konnte, ob die Skripten angemessen und klug waren. Er lernte, wie man den eigenen Geist entleert und durch einen tiefen personlichen Meditationsprozess, seine eigene Form von Gebet, neue Skripten schreibt. Er berichtet, dass es ihm fast widerstrebt habe, seine Gefangniszelle zu verlassen, da er dort gelernt habe, was wirklicher Erfolg mit dem Selbst bedeutet. Der ist nicht darin zu suchen, Dinge zu haben, sondern Meisterschaft, den Sieg iiber das Selbst, zu erlangen.
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Wahrend der Regierungszeit von Nasser wurde Sadat auf eine relativ unbedeutende Stellung verbannt. AUe meinten, er sei gebrochen, aber dem war nicht so. Sie projizierten einfach ihre eigenen Vorstellungen auf ihn. Sie verstanden ihn nicht. Er wartete auf seine Zeit. Und als die kam, als er agyptischer Prasident wurde und sich den poUtischen Wirklichkeiten stellte, schrieb er ein neues Skript fiir seine Haltung zu Israel. Er besuchte die Knesset in Tel Aviv und leitete eine der vorbildhaftesten Friedensbewegungen in der Geschichte ein, eine kiihne Initiative, die schliefilich zu den Vereinbarungen von Camp David fiihrte. Sadat war in der Lage, sein Selbst-Bewusstsein, seine Vorstellungskraft und sein Gewissen zur Ausiibung von personlicher Ftihrung einzusetzen, um ein wesendiches Paradigma zu andern, um die Sichtweise der Situation zu wechseln. Er arbeitete im Zentnim seines Einflussbereichs. Und dieses neue Skript, dieser Paradigmenwechsel fuhrte zu Veranderungen in den Einstellungen und Verhaltensweisen, die wiederum das Leben vieler Millionen Menschen in der weiteren Interessensphare beeinflussten." (Aus Covey, 2004, S. 99f.)
6.1 Motive und individuelles Leistimgsverhalten Zur Erklarung von individuellem Leistungsverhalten ist es hilfreich, Einflussfaktoren entweder in uberdauemden Personlichkeitsziigen oder in aktivierten Motiven zu suchen (v.Rosenstiel, 1995). McClelland (1966) hat herausgefunden, dass das Bediirfnis, gute Leistungen zu erbringen, vor allem durch die Erziehung der Eltern in der mittleren Kindheit und durch andere sozialisierende Einfltisse (z.B. Schule) gepragt werden. McClelland (1971) unterscheidet drei „gro6e" Motivklassen: Anschluss-, Macht- und Leistungsmotive. Eine Person mit stark ausgepragtem Anschlussmotiv hat ein starkes inneres Verlangen, mit anderen Menschen Kontakt aufzunehmen und diese kennen zu lernen, auch in Situationen, in denen andere Dinge viel wichtiger erscheinen (Kehr, 2001). Das Machtmotiv ist das Verlangen, andere Menschen zu beeinflussen und sie zu kontroUieren (Kehr, 2001). Bei charismatischen Fiihrern
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beispielsweise ist das Machtmotiv stark ausgepragt (siehe Abschnitt 4.4 Charisma). Bei Personen mit einem stark ausgepragten Leistungsmotiv ist das Erreichen von Leistungszielen in einem hohen Mafie befriedigend. Warner/Meeker/Eells (1949) stellten fest, dass in der aufstiegswilligen Mittelklasse die Leistungsmotivation ausgepragter ist als in der Ober- oder Unterschicht. Die im Fuhningsmodell von Triandis (1959) dargestellte Verhaltenstendenz erklart, dass bei leichtem Druck die Leistung ansteigt und bei wachsendem Druck wieder abfallt. Brehm (1966) erklart die Reduziening des Leistungsverhaltens durch eine bewufitwerdende Einengung von Freiheit und Wahlmoglichkeiten. Die Equity- oder Gerechtigkeitstheorie von Adams (1963) und die Wert-Instrumentalitats-Erwartungstheorie (VIE) von Vroom (1964) erklaren die Leistungsbereitschaft durch das Verhaltnis zwischen Leistung und Gegenleistung bzw. der subjektive Erwartung der Gegenleistung.
6.2 Selbst-Bewusstsein Menschen haben die Fahigkeit, einen Schritt Abstand von sich selbst zu gewinnen und iiber die eigene momentane Stimmung, die eigenen derzeitigen Gefiihle, die eigene momentane Geistesverfassung oder physische Verfassung nachzudenken. Fiihlen Sie sich gerade hellwach oder doch eher miide? Diese Fahigkeit, uber das eigene Bewusstsein nachzudenken, oder die Fahigkeit, iiber einen eigenen Gedankenvorgang nachzudenken, ist spezifisch menschUch (Covey, 2004). Tiere besitzen diese Fahigkeit nicht. Diese Fahigkeit wird als Selbst-Bewusstsein bezeichnet. Da wir iiber unsere Gefiihle, Gedanken, Stimmungen nachdenken konnen, haben wir zwar dieses Gefiihle, Gedanken, Stimmungen, wir sind diese aber nicht, sie machen nicht unser „Ich" aus. Da wir diese nicht sind, sondern sie nur haben, haben wir auch die Moglichkeit etwas zu unternehmen. Wir konnen Gefiihle, Gedanken, Stimmungen beeinflussen und verandern.
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Die sechs Einflussfaktoren des Svstemisch-integrativen Ftihrungsmodells
6.3 Gewissen und Intuition Das Gewissen ist eine „innere Stimme", die man horen oder auch iiberhoren kann; die man suchen oder auch zum Schweigen bringen kann (Frankl, 1999). Wahrend sich dem Bewusstsein das Seiende erschliefit, erschliefit sich dem Gewissen nicht das Seiende, sondern das noch nicht Seiende: das Sein-SoUende. Da aber das Sein-Sollende nichts Wirkliches ist, sondern erst verwirklicht werden muss, ist es auch nur ein Mogliches, da es ja nicht zwingend so sein muss, sondern nur moglich ist. Da nun das Gewissen etwas geistig vorwegnimmt, was noch nicht ist, und diese Vorwegnahme Intuition genannt wird, hat das Gewissen eine intuitive Funktion. Die geistige Vorwegnahme erfolgt in einem Akt der Schau. Das Gewissen, das Ethos, ist letztendlich unerforschlich, irrational und spiegeU ein pramoralisches Werteverstandnis wider, das aller expliziten Moral vorgelagert ist (Frankl, 1999). Frankl (1997) schreibt dazu, dass alle Gewissenserforschung nur als nachtragliche denkbar ist und auch der Ratschluss des Gewissens letztiich ein unerforschlicher ist. Das Gewissen ist also nicht rational erkennbar, sondern nur intuitiv erfassbar. Diese intuitive Leistung erfolgt durch das Gewissen (Frankl, 1999). Im Gegensatz zur „praktischen Vernunft" bezeichnet Frankl (1999) das Gewissen als „ethischen Instinkt". Der ethische Instinkt steht in nicht unwesentlichem Gegensatz zu dem, was Frankl (1999) „vitalen Instinkt" nennt. Der vitale Instinkt vernachlassigt das Individuelle und betont das Allgemeine, wahrend der ethische Instinkt eben gerade nicht auf das Allgemeine, sondern inuner nm* auf das Individuelle abzielt. Ein Beispiel von Frankl (1999): Das instinktive Reaktionsschema, das dem ganzen Ameisenstaat das Leben erhalt oder rettet. kann der einzelnen Ameise unter Umstanden das Leben kosten. Das wird, vom Instinkt aus gesehen, eben in Kauf genommen.
Seibstmanagement
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Der ethische Instinkt, das Gewissen, macht dazu fahig, „das Eine, was not tut" und kein AUgemeines ist, iiberhaupt zu sehen. Das Leben aus dem Gewissen heraus ist immer ein absolut personliches Leben auf eine konkrete Situation bin (Frankl, 1999).
6.4 Vorstellungskraft Die Vorstellungskraft, die Fahigkeit sich etwas so konkret wie moglich und so bildlich wie moglich vorstellen zu konnen, ist eng mit der Vision (siehe Abschnitt 1, Vision und Zweck) verbunden. „Alles, was geschaffen wird, wird zweimal geschaffen. „Es gibt bei allem eine mentale oder erste Phase des Entstehens und eine physische oder zweite Phase." (Covey, 2004, S. 93.) Wenn jemand zum Beispiel ein Buch schreibt, wird er in einer ersten Phase Gedanken haben, die er in der zweiten Phase niederschreibt. Beim Bau eines Hauses wird zuerst ein genauer Plan erstellt, bevor die Baugrube ausgehoben wird. Umso genauer die Details eines Haus geklart und in einem Plan festgehalten sind, umso schneller wird dann der Bau des Hauses erfolgen konnen. Dann ist es auch nicht notwendig, wahrend des Bauens teure Veranderungen vornehmen zu miissen. Der Bauherr stellt sich vielleicht vor, wie er vom grofien, sonnigen Wohnzinuner auf die Terrasse gehen kann. Er hat Ideen im Kopf, bis er ein klares Bild vom Wohnzimmer, Schlafzimmer, etc. hat. Dies wird dann auf einem Plan genau aufgezeichnet, damit das Haus anschliefiend genau nach diesen Vorstellungen gebaut werden kann. Wenn der Bauherr mit den Ideen, die er im Kopf hat, zum Architekten geht, dann wird dieser gemeinsam mit ihm die Ideen weiterentwickeln. Der Architekt zeichnet diese Ideen in einem Plan und der Bauherr kann sich das geplante Haus dreidimensional am Computer ansehen. Durch diese dreidimensionale Abbildung merkt der Bauherr vielleicht, dass die Glastiire zur Terrasse zu klein ist und er lasst daher grofiere Schiebetiiren einbauen. Schliefilich hat der Bauherr ein konkretes, klares und konsistentes Bild davon, wie das Haus aussehen soil. Vielleicht sieht er es schon mit seinem „inneren Auge", wie er auf der Terrasse sitzt, den angrenzenden
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Wald riecht und die Vogel zwitschern hort. Umso genauer jemand von einem zukiinftigen Zustand ein Bild hat, umso intensiver und realer erlebt er diese Vorstellung bereits in der Gegenwart, von etwas Zukiinftigem, das positiv belegt ist, er hat also eine Vision. Die Wirklichkeit der Gedanken ist eine tatsachliche Wirklichkeit. Dem Korper ist es egal, ob etwas nur in Gedanken erlebt wird, oder ob etwas physisch erlebt wird. Beim Erleben in den Gedanken zeigt der Korper genauso physische Reaktionen wie beim physischen Erleben. Frankl (1999, S. 24) schrieb dazu folgendes: „...sofern es erst realisiert werden soil, erhebt sich sofort die Frage, wie anders es realisiert werden soUte als dadurch, dafi es vorerst einmal geistig irgendwie antizipiert wird. Dieses Antizipieren, diese geistige Vorwegnahme, erfolgt nun in dem, was man Intuition nennt: Die geistige Vorwegnahme geschieht in einem Akte der Schau." Derfruhereosterreichische Nationaltrainer der Skispringer Baldur Preiml setzte als einer der ersten Personen neben dem korperlichen Training auf mentales Training im Spitzensport. Durch den Erfolg bei den olympischen Winterspielen 1976 in Innsbruck, bei der die osterreichischen Skispringer Olympia-Gold erreichten, kam es zur allgemeinen Verbreitung des mentalen Trainings im Spitzensport und ist heute „state of the art". Anton Innauer, osterreichischer Skispringer unter Baldur Preiml, musste nach einer schweren Verletzung Wochen im Krankenhaus verbringen. Vom Krankenbett aus war es sein groliter Wunsch, sobald wie moglich wieder auf der Sprungschanze zu stehen. Im Bett liegend stellte er sich so intensiv wie moglich vor, wie er auf der Sprungschanze stand, den Anlauf hinab fuhr und vom Schanzentisch abhob. Als ein Sportarzt bei dieser Vorstellung von Innauer am Krankenbett seine korperlichen Reaktionen mafi, stellt er die gleichen korperlichen Reaktionen fest, die bei den Athleten auftreten, wenn Sie vom Schanzentisch abheben. Beim mentalen Training wird die Einheit von Korper, Seele und Geist als optimales Kraftpotential angestrebt. Haufig wird dabei auf die in den alten Traditionen bewahrte Arbeit mit inneren Bildern unter Einbezug von Entspannungs- und Trancetechniken zuriickgegriffen, wobei heute auch
Selbstmanagement
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Methoden aus verschiedenen Bereichen der Psychotherapie zum Einsatz kommen (Dahlke/Preiml/Miihlbauer, 2000). Menschen haben die Fahigkeit sich etwas vorzubtellen, tiber etwas nachzudenken, in Gedanken etwas zu schaffen. Sie konnen sich ihr neues Haus mit einem grofien oder einem kleinen Wohnzimmer vorstellen. Sie konnen sich vorstellen, wie sie bei einer Produktprasentation toUe Folien erklaren, ihnen das einfallt, was sie sagen woUten und wie sie auf Fragen kompetent eingehen. Sie konnen sich aber auch vorstellen, ihre Folien bei der Produktprasentation nicht zu finden, dass ihnen nichts einfallt, was sie sagen woUten und dass sie bei Fragen alles verwechseln.
6.5 Wille (Volition) Bin Motiv ist eine psychische innere Dynamik, die die Person leitet (Maturana, 2001), wie beispielsweise Hunger, Angst, usw. Motive sind emotionale Regungen, die im Bereich der Psyche angesiedelt sind (Maturana, 2001), meistens unbewusst und daher auch implizit. Explizite Ziele hingegen sind dem Bewusstsein eher zuganglich, in der Kegel leichter kommunizierbar und entsprechen eher dem rationalen Bereich (Kehr, 2001). Abbildung 23 stellt die impliziten Motive und die expliziten Ziele als zwei Kreise dar, die sich teilweise iiberschneiden (Kehr, 2001). Dort, wo es zu einer Uberschneidung kommt, sich implizite Motive und explizite Ziele decken, herrscht intrinsische Motivation. Die intrinsische Motivation „zieht" automatisch zum Ziel hin, es ist kein Wille erforderlich, um das Ziel zu erreichen. Wille ist erst dann erforderlich, wenn explizite Ziele mit impliziten Motiven nicht tibereinstimmen. Empirische Forschungen (Bmnstein/Maier/Schultheifi, 1999) haben ergeben, dass haufig eine starke Diskrepanz zwischen expliziten Zielen und impliziten Motiven besteht.
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Die sechs Einflussfaktoren des Svstemisch-integrativen Fuhrungsmodells
gemeinsame Schnittmenge intrinsische Motivation, kein Wille erforderlich.
Wille erforderlich
Abbildung 23: Wille bei expliziten Zielen iind impliziten Motiven (nach Kehr 2001)
Umso kleiner die Schnittmenge entsprechend Abbildung 23 ist, umso mehr Handlungskonflikte entstehen (Kehr, 2001). Um explizite Ziele zu erreichen, konnen verschiedene Willensstrategien angewendet werden. SinnvoU ist es, eine grofitmogliche Deckungsgleichheit zwischen impliziten Motiven und expliziten Zielen herzustellen. Dies kann dadurch erreicht werden, dass versucht wird, a. implizite Motive nach rechts zu verschieben, b. explizite Ziele nach links zu verschieben, c. a. + b. zu kombinieren. Storende Motive konnen durch Setzen expliziter Ziele und durch Anwenden konkreter Willensstrategien uberwunden werden (Kehr, 2001). Wenn beispielsweise jemand Angst hat, iiber eine Brucke zu gehen und er unbedingt auf die andere Seite des Flussufers gelangen will, so kann er durch das Setzen kleiner expliziten Ziele versuchen, dieses storende Motiv zu iiberwinden. Er kann sich vornehmen, zuerst fiinf Meter iiber die
Selbstmanagement
237
Briicke zu gehen und dann wieder umzukehren. Indem er sich z.B. geistig vorstellt, wie er fiinf Meter iiber die Briicke geht und wieder umkehrt und freudig zurtickkommt, kann er Vorstellungskraft als Hilfsmittel zur Uberwindung des storenden Motivs verwenden. Er konnte aber auch einen Freund bitten, ihn dabei zu leiten, wenn er die funf Meter zuriicklegt und dann wieder umdreht. Eine weitere Moglichkeit ware auch, den Freund zu bitten, dass er iiber die Brticke geht und ihm dann davon berichtet, wie er es empfunden hat, um ermutigt zu werden. Natiirlich gibt es auch noch viele andere Moglichkeiten, um das storende Motiv zu iiberwinden. Ein anderes Beispiel: Eine Person hat das Ziel, den Gipfel eines bestimmten Berges zu erreichen. Nehmen wir an, um dieses Ziel zu erreichen ist eine Gehzeit von sechs Stunden erforderlich. Nach vier Stunden intensiven Gehens erreicht diese Person einen schonen Zwischengipfel mit herrlicher Aussicht auf die umliegende BergweU und steUt fest, dass ihr Korper schon sehr miide ist. Es besteht nun die Moglichkeit, das Ziel „EiTeichen des End-Gipfels" zu verfolgen und durch den Willen dem Motiv „Schlafbedurfnis" nicht nachzugeben oder auch das Ziel „Endgipfel" aufzugeben, sich mit dem Zwischengipfel zu begniigen, diesen zu geniefien und dadurch das lu-sprunghche Ziel „nach links zu verschieben" (siehe unterb). Bei Menschen, die haufig an ihren expliziten Zielen festhalten und dabei nicht auf ihre impliziten Motive achten, besteht die Gefahr der UberkontroUe als Schattenseite des Willens. Oft wissen diese Menschen gar nicht mehr, welche Bediirfnisse sie haben. Menschen, die andererseits in der Kegel ihren Motiven widerstandslos nachgeben, neigen dazu, ein rein von Emotionen geleitetes Leben zu fiihren und tun sich oft schwer, wichtige Ziele fiir ihr Leben, die der Nachhaltigkeit und Anstrengungen bediirfen, zu erreichen.
238
Die sechs Einflussfaktoren des Svstemisch-integrativen Ftihrungsmodells
Handelt es sich um Motive aufgrund einer Vision, also um ein konkretes, klares und konsistentes Bild einer positiv belegten Zukunft, so liegt es nahe, explizite Ziele diesen Motiven anzupassen. Unter Volition versteht man sowohl den Denkprozess, der zur Auswahl handlungsbestinunender Zielintention fuhrt (praaktionale Volitionsphase), als auch die tatsachliche reale Handlung, die das intendierte Ziel erreichen soil (aktionale Volitionsphase). Der Volition vorgelagert ist die pradezisionale Motivationsphase und nachgelagert ist die postaktionale Motivationsphase. Heckhausen (1989) lokalisierte somit vier Handlungsphasen in der Volition (siehe Abbildung 24); 1. Die pradezisionale Motivationsphase In dieser Phase der Motivation erfolgt die Intentionsbildung. Die handelnde Person wagt Vor- und Nachteile von Handlungsalternativen ab, kommt zu einem Fazit und trifft eine klare Entscheidung fur eine bestimmte Aktion. 2. Die praaktionale Volitionsphase Hier finden die Denkprozesse statt, die zur Auswahl der handlungsbestimmenden Zielintention fuhren. Diese Phase schlielit mit dem konkreten Einleiten der Handlung ab. 3. Die aktionale Volitionsphase Hier findet die konkrete Aktion statt. Der Entscheidungstrager hat Willen und Kraft zur Handlung und setzt beides ein. 4. Die postaktionale Motivationsphase bewertet die Ergebnisse dieses Prozesses.
Selbstmanagement
239
Zwischen Phase 1 und 2 erfolgt nach Heckhausen ein Ubergang von der, teilweisen unbewussten, Motivation in die, iiberwiegend intentionale, Volition (= Rubikon).
Intentionsbildung
Intentions- Intentionsinitiierung realisierung
Intentionsdeaktiviening
1 a
Motivation pradezisional
razit-Tendenz-^ — Wahlen-#
IS
s. 1
Volition
Volition
Motivation
praaktional
aktional
postaktional
Fiat-Tendenz —•! -praaktionale Phase—•!
1— Handeln — • |
M—Bewerten—W
Abbildung 24: Handlungsphasen (nach Heckhausen 1989)
Teil 3: Umsetzung des Systemischintegrativen Fiihrungsmodells am Beispiel der Firma Carbo Tech Composites GmbH
1. Gntndsatzliche Methodik
Teil 3 Umsetzung des Systemisch-Integrativen Fiihrungsmodells
I
2. Umsetzung bei der Firma Carbo Tech Composites GmbH
1.1. Tiefeninterviews ^1.2. FOhningskrafte-Meeting 1.3.1. Vorbereitung 1.3.2. Leitthema des Open Space 1.3. Op«i Space 1.3.3. Die vier Prinzipien und Workshop das Gesetz der zwei FOfie ^1.3.4. Ablauf O.3.5. Infrastruktur
2.1. Untemehmensgeschichte, Firmoientwkklung, Z»le und Produkte der Firma Carbo Tech Composites GmbH
2.2. Umsetzung des SIF-Ansatzes bei der Firma Carbo Tech Composites GmbH V^Ergebnisse
2.1.1. Untemdin^nsgeschichte 2.1.2. Firmenentwicklung in Zahlen 2.1.3. Ziele ^ 2.1.4. Produktpalette
2.2.1. Erstes Trrffen mit den Ftthrungskraften fZ22. Purchftihrung der Tiefeninterviews 2.2.3.1. Prozess2.2.3. FOhrungskraftebeschreibung Meeting 2.2.3.2. Prflsentation der Power Point Folien
^
2.2.4. Open Space 2.2.4.1. Prozessbeschreibung Workshop—/^ 2.2.4.2. Dokumentation des \ Open Space Workshops \,2.2.5. Nachbereitung
242
Umsetzung des Svstemisch-integrativen Ftihrungsmodells
1. Grundsatzliche Methodik Bei der Umsetzung des Systemisch-integrativen Fuhrungsmodells in Unternehmen sind drei Pramissen, die sich aufgrund der Aufgabenstellung ergeben, zu beachten: ^
Es soil ein reprasentativer Uberblick uber die Ist-Situationen (Diagnose) der einzelnen Einflussfaktoren und deren Wirkungsweisen, die ich in den einzelnen Abschnitten des Teils 2 beschrieben habe, erhoben werden.
^
Zu vereinbarende Ziel-Werte und Interventionsmaiinahmen soUen von den Organisationsmitgliedern getragen und langfristig umgesetzt werden
^
Auf den benotigten Zeitaufwand und Zeitrahmen (Beginn der Untersuchung bis Umsetzungsmal^nahmen vereinbart und begonnen werden) ist ein Augenmerk zu lenken.
Um einen reprasentativen Uberblick iiber die Ist-Situation eines Unternehmens, in Bezug auf die sechs Einflussfaktoren auf die Arbeitseffizienz und -effektivitat zu erhalten (siehe Teil 2), ist es erforderlich, eine IstErhebung durchzufiihren. Da die Wirkungszusammenhange und die dahinter liegenden Erklarungen von wesentlicher Bedeutung sind, konunt methodisch das qualitative Interview in Frage. Er erscheint sinnvoU, auf die Methode des Tiefeninterviews ziuiickzugreifen (siehe dazu Abschnitt 1.1, Tiefeninterviews).
Grundsatzliche Methodik
243
Nach Auswertung der gesammelten Daten aus den Tiefeninterviews werden die Ergebnisse den Fiihrungskraften eines Unternehmens riickgespiegelt. Die Ergebnisse soUen dabei so dargestellt werden, dass die Teilnehmer eines Fuhrungskrafte-Meetings Schltisse daraus Ziehen konnen, die ein wirkliches Verstehen erlauben und aus denen leistungsfordernde und leistungshemmende Einflussfaktoren und Wirkungsweisen auf die Arbeitseffizienz und -effektivitat sichtbar werden. Die Fuhrungskrafte soUen auch zu Diskussionen angeregt werden und zu den einzelnen Ergebnissen Stellung nehmen konnen. Aufgabe des externen Beraters ist es auch, in dieser Phase Wirkungsweisen, VeranderungsmogUchkeiten und konkrete Ansatzpunkte zur Optimierung der Arbeitseffizienz und -effektivitat aufzuzeigen. Da vereinbarte Ziele und Interventionsmafinahmen von den Organisationsmitgliedern getragen und umgesetzt werden miissen, ist fiir deren Erarbeitung eine Methode anzuwenden, die es den Fiihrungskraften unter Anleitung eines externen Beraters erlaubt, selbstverantwortlich Optimierungsmafinahmen zu erarbeiten und zu vereinbaren. Hierfiir wurde die Methode der Open Space Technology ausgewahh (siehe auch 1.3, Open Space). Dadurch sollen die Einflussfaktoren so gestaltet werden, dass optimale Ergebnisse erreicht werden. Ziel ist es, dass: => am Ende des Open Space Vereinbarungen zur Optimierung der Arbeitseffizienz und -effektivitat vorliegen, die von den Organisationsmitgliedern umgesetzt werden, => jedem Teilnehmer klar ist, wer fiir was verantwortlich ist, •=> die betroffenen Mitarbeiter iiber Optimieningsmalinahmen entsprechend informiert werden.
244
Umsetzung des Svstemisch-integrativen Fuhrungsmodells
Aus den oben beschriebenen Punkten ergibt sich ein vierstufiger Umsetzungsprozess: 1. Schritt 1: Erstes Treffen mit den beteiligten Fuhningskraften, um in das Thema einzufiihren. Dabei werden die sechs Einflussfaktoren zur Forderung der Arbeitseffizienz und -effektivitat dargestellt, der Zeitplan vereinbart und die Interviewpartner festgelegt. 2. Schritt 2: Durchfuhren der Tiefeninterviews mit den ausgewahlten Personen. 3. Schritt 3: Fuhrungskrafte-Meeting Riickspiegelung der Ergebnisse der Interviews. Diskussionen iiber Widerspriiche, Reibungsverluste, Prognosen der Wirkungsweisen und Moglichkeiten der Optimierung in Bezug auf die Arbeitseffektivitat und -effizienz. 4. Schritt 4: Open Space Workshop Erarbeitung von Mafinahmen zur Erhohung der Arbeitseffizienz und -effektivitat. Vereinbarungen iiber die Malinahmenumsetzung, iiber die weitere Bearbeitung und iiber den Informationsfluss an die Mitarbeiter. Zu Schritt 1, 3 und 4 werden die betroffenen Fiihnmgskrafte eingeladen. Das Systemisch-integrative Fiihrungsmodell ist sowohl unternehmensweit als auch abteilungsweit umsetzbar. Bei einer unternehmensweiten Umsetzung ist vor allem die Anwesenheit des Top-Managements bei den einzelnen Schritten von wesentlicher Bedeutung, da sonst keine verbindlichen Umsetzungsmafinahmen auf Gesamtunternehmensebene vereinbart werden konnen. Bei grofien Unternehmen besteht die MogHchkeit, dass nur die oberen oder auch die mittleren und unteren Fiihrungsebenen im Prozess beteiligt werden. Bei kleineren Unternehmen ist es sinnvoU, alle Fiihningskrafte in diesen Prozess zu involvieren. Auch in grofien Unternehmen ist es denkbar, alle Fiihrungskrafte zu beteiligen. Welche Variante vorzuziehen ist, hangt von der aktuellen Situation des Unternehmens ab. Methodisch gibt es keine maximal vertretbare Gruppengrofie. Wild das Systemisch-integrative Fiihrungsmodell nicht unterneh-
Grundsatzliche Methodik
245
mens-, sondern abteilungsweit umgesetzt, so ist die hierarchiehochste Fiihrungskraft in diesem Prozess der Abteilungsleiter. Bei kleineren Abteilungen kann es auch sinnvoU sein, alle Mitarbeiter in den Prozess zu involvieren. Bei der abteilungsweiten Umsetzung des Systemischintegrativen Fuhmngsmodells ist eine Vereinbarung von Umsetzungsmafinahmen „nur" auf der Ebene der abteilungsweiten Handlungs- und Entscheidungsfreiraum moglich. Beim Erarbeiten eines systemischen Prozesses wird davon ausgegangen, dass der Diagnoseprozess selbst schon etwas verandert, da dieser als kommunikativer Prozess und nicht im stillen Kammerlein ablauft (Jarmai/Konigswieser, 1992). Daher ist es auch ein Ziel, dass die Umsetzung des Systemisch-integrativen Fiihrungsmodells bei den involvierten Personen an sich schon eine Veranderung, in Bezug auf Selbstreflektion und Bewusstseinsforderung zentraler Fiihrungsthemen, hervomift.
1.1 Tiefeninterviews Beim Tiefeninterview wird das methodologische Postulat der Offenheit tendenziell durchbrochen, da die Deutung der Antworten auf die Fragen auf Basis von Annahmen erfolgt. Die Interpretationen sind daher nicht ausschlielilich die des Betroffenen, sondern im Wesentlichen die des Forschers (Lamnek, 2005). Wahrend interpretative Verfahren versuchen, Bedeutungszuweisungen und -strukturierungen des Befragten nachzuvoUziehen, werden im Tiefeninterview die Aufierungen der Befragten vor dem Hintergrund bestimmter Vorstellungen betrachtet. Die Bedeutungszuweisung der Aussagen erfolgt haufig mit dem psychoanalytischen Hintergrund, kann aber auch auf Basis anderer theoretischer Uberlegungen erfolgen (Lamnek, 2005). Die im Rahmen dieser Arbeit durchgefuhrten Interviews werden auf die im Teil 2 dargestellten Wirkungszusammenhange untersucht, die aus der Psychologie, Sozialwissenschaft und Systemik stammen.
246
Umsetzung des Svstemisch-integrativen Fuhrungsmodells
In Bezug auf die Einstellung des Interviewers in Tiefeninterviews fuhrt Kopelent (1997) folgende Punkte an: •^ Gesprache werden non-direktiv und auf Basis wohlwoUender Neutralitat gefuhrt. ^
Gedanken, Einstellungen imd Haltung des Interviewpartners werden akzeptiert und ohne Wertung aufgenommen.
^
Konzentriertes Eingehen auf die Gesprachsinhalte des Interviewpartners.
^
Im freien Gesprach wird das Erlebnisumfeld erfasst.
^ Nebensatze sind willkonunen und wichtig. •=> Explizite und implizite Themen, verschiedene Versionen von Themen, die im Laufe des Gesprachs auftreten, werden auftnerksam verfolgt und es wird nachgefragt. ^ Zuhoren, reden lassen und einfiihlsam hinterfragen, d.h. lebendige Impulse geben und empfangen. Dadurch entwickeln sich manchmal bereits im Gesprach veranderte Sichtweisen und geeignete Losungsansatze. •=> Der Interviewer legt nm* in Ausnahmefallen eine eigene Meinung dar. Tiefeninterviews zielen hauptsachlich auf die Ermittlung qualitative! Inhalte. Sie sind primar auf „Tiefe" und nicht so sehr auf Breite angelegt. Kopelent (1997) merkt an, dass durch Tiefeninterviews deutlich wird, welche umfassenderen strukturellen Themen und deren Zusanunenhange im Unternehmen eine bedeutende RoUe spielen, dadurch eine unschatzbare Fundgrube darstellen und vom Unternehmen immer wieder verwendbar sind. In vielen Fallen stellt ein Tiefeninterview gleichzeitig eine Einzelberatung dar. Pro Perspektive oder Gruppe werden mindestens fiinf Tiefeninterviews benotigt, um keine individuelle Extremansicht zu verallgemeinern (Kopelent, 1997). Bei der Durchfiihrung der Tiefeninterviews im Rahmen des Systemisch-integrativen Fuhrungsmodells werden mindestens funf Fiihningskrafte und fiinf Nicht-Fiihrungskrafte befragt. Die Zusammenstel-
Grundsatzliche Methodik
247
lung erfolgt in der Kegel bei Schritt 1 (erstes Treffen mit den Flihrungskraften). Sowohl die zu interviewenden Fiihningskrafte, als auch NichtFuhrungskrafte soUten Unterschiede bzw. Ausgewogenheit in Bezug auf Geschlecht, Dauer der Unternehmenszugehorigkeit, Hierarchie, Art der Tatigkeit, Ausbildung aufweisen. Hintergrund der Tiefeninterviews sind die sechs Einflussfaktoren zur Optimiemng der Arbeitseffizienz und -effektivitat. Zu jedem Einflussfaktor werden zwei Eingangsfragen gestellt, in Summe erhalt der Interviewpartner somit 12 Eingangsfragen. Abhangig von der Antwort auf die jeweiligen Fragen, werden tieferftihrende Fragen gestellt. Um besser an die dahinterliegenden Ansichten des Interviewten zu gelangen, wird versucht nach relativ direkt beobachtbaren Daten zu fragen. Das veranlasst den Interviewten oft, iiber einen Punkt nachzudenken, den er nicht erwahnt (weil er ihn z.B. vergessen, fiir selbstverstandlich erachtet) hatte (Arg5rris, 1997). Beispiel: Frage des Interviewers: Wie gehen die Mitarbeiter dieses Unternehmens Ihrer Ansicht nach miteinander um? Wenn der Interviewte beispielsweise sagt: Wir haben in unserem Leitbild stehen, dass wir ehrlich miteinander umgehen, und trotzdem sind wir oft unehrlich zueinander. Konnte der Interviewer fragen: Wiirden Sie mir bitte von einer Situation erzahlen, bei der Sie sich das gedacht haben, und warum glauben Sie, dass diese Personen in dieser Situation nicht ehrlich miteinander umgegangen sind? Was miisste Ihrer Meinung nach anders sein, damit in dieser Situation die beteiligten Personen ehrlich miteinander umgegangen waren?
248
Umsetzung des Svstemisch-integrativen Fuhrungsmodells
Es soUen tieferliegende Griinde, hinderliche und fordernden Faktoren erfragt werden Mogliche Fragephrasen: Wiirden Sie mir bitte eine Situation/Projekt beschrieben, in der/dem Wamm glauben Sie, dass Was miisste Ihrer Meinung nach anders sein, dass Was wiirde sein, wenn genau das Gegenteil Welche Hindernisse gab es in dieser Situation, damit Durch diese Vorgehensweise wird der Gesprachsinhalt nochmals nacherlebt und es werden auch eventuelle Widerspriiche sichtbar. Nach jeder der 12 Fragen wird der Interviewpartner gebeten, eine Einschatzung auf einer Skala von 0 bis 6 vorzunehmen. Dadurch ergibt sich ein Durchschnitts-Ist-Profil aller Interviewpartner in Bezug auf die sechs Einflussfaktoren (siehe 2.2.3.2, Prasentation der Power-Point-Folien, Folie 7 und 8). Dieses Durchschnitts-Ist-Profil wird getrennt nach Fiihrungskraften und Nicht-Fiihrungskraften dargesteUt und im FiihrungskrafteMeeting riickgespiegeh.
Gmndsatzliche Methodik
249
In Abbildung 25 sind die 12 Skalenauspragungen dargestellt. 1. Vision/Zweck Umweltgnippen sehr instabil Vision, Zweck nicht vorhanden bzw, nicht gelebt
I
I
I
I
I
I I sehr statu
I
I
I
I
I
I I
stark, klar und einheitlich vorhanden
2. Organisation/Struktur Organisation/Struktur sehr Starr, kaum Innovationsi i Moglichkeiten, Handlungsspielra urn
i
J
H—h
Organisationskultur: gemeinsame Werte, Verhaltensrichtlinien kaum bis gar nicht vorhanden I I I I viele verschiedene Werte
sehrflexibel, sehrhohe I Innovationsmoglichk. sehr viel Handlungsspielraum
sehr stark ausgeprdgt
r
3. Kommunikation Quantitat sehr wenig Kommunikation Qualitat verdeckt
I
I
I
I
I I I
I
I
I I
sehr viel Kommunikation
ojfen, Konflikte werden I I I konstruktiv ausgetragen und gelost
250
Umsetzung des Svstemisch-integrativen Fuhrungsmodells
4. Vertrauen & Kontrolle Vertrauen untereinander ist nicht vorhanden Kontrolle keine
I I I I I I I
sehrhoch
I I I I I I I
sehr stark
I I I I I I I
nur Teamarbeit
I I I I I I I
leistungsfordemde Bedingungen
5. Team Quantitat nur Einzelarbeit Qualitat leistungshemmende Bedingungen 6. Selbstmanagement fiir die Mehrheit der Mitarbeiter erforderlich i i i sehr wenig
i
bei der Mehrheit der Mitarbeiter viel zu wenig i i i vorhanden
i
i
i i sehr stark
i
i i
sehr stark vorhanden
Abbildung 25: Die 12 Skalenauspragungen fur das Tiefeninterview
Grundsatzliche Methodik
251
1.2 Fuhningskrafte-Meeting Im Fuhningskrafte-Meeting erfolgt eine Riickspiegelung der Ergebnisse der Interviews. Es werden Diskussionen iiber Widerspriiche, Reibungsverluste in Bezug auf die Arbeitseffektivitat und -effizienz, Prognosen der Wirkungsweisen und Moglichkeiten der Optimierung gefiihrt. Fur einen effektiven Feedbackprozess, in dem die gesammelten Daten aus den Interviews ruckgespiegelt werden, sollten folgende Voraussetzungen gegeben sein (Argyris, 1997): 1.
Das Material soUte so zusammengestellt werden, dass die Variablen beschrieben werden konnen und Unterscheidungen beziiglich leistungsfordernd oder leistungshemmend getroffen werden konnen.
2.
Die Variablen sollten einem Muster zugeordnet werden konnen, aus dem unmittelbar hervorgeht, wie sich die Variablen entwickelten, wie sie voneinander gegenseitig abhangig sind und wie ihre Wirkungsweisen sind.
3.
An dem Muster soUte zu erkennen sein, wo die Verursachung und Verfestigung des Musters liegt.
4.
Das Muster soUte in der Form eines Aktionsdiagramms prasentiert werden. Dieses Diagramm soUte die Daten so darstellen, dass die Teilnehmer ihre Schliisse daraus ziehen konnen, die ein wirkliches Verstehen erlauben und die Daten jeden einzelnen Fall beleuchten.
Ein Aktionsdiagramm ist vor allem eine Darstellung von Aktionen, Wirkungsweisen, Konsequenzen und der Feedback- und Ablaufmechanismen, die diese miteinander verbindet. Dadurch soUen Veranderung in der Organisation in Gang kommen (Argyris, 1997).
252
Umsetzung des Svstemisch-integrativen Fuhrungsmodells
Argyris (1997) beschreibt folgende Moglichkeiten, um Aktionsdiagramme zu testen: 1. Den Teilnehmern prasentieren und feststellen, welche Punkte sie bestatigen und welche nicht. Problem: Teilnehmer sind oft geneigt, die Ergebnisse zu bestatigen und woUen sich nicht wirklich damit auseinandersetzen. 2. Prognosen auf Grundlagen der Interviewergebnisse treffen und diese Prognosen diskutieren. Dies regt meist zu lebhaften Sitzungen an. 3. Die wahrscheinliche Konsequenz voraussagen, wenn man versucht, den Status quo zu andern. Je genauer die Mafinahmen fur die Veranderungen und deren Reihefolge beschrieben werden, desto barter wird der Test. Die Darstellung eines Durchschnitts-Ist-Pofiles, getrennt nach Fiihrungskraften und Nicht-Fiihrungskraften, soil als grundsatzlicher Anhaltspunkt dienen, um Diskussionen iiber Widerspriiche, Reibungsverluste, unterschiedliche Sichtweisen zwischen Fuhrungskraften und NichtFiihrungskraften in Gang zu setzen. Diese quantitativen Auspragungen stellen keinen statistisch reprasentativen Querschnitt dar, da die Stichprobe zu klein ist. Es soil dadiuch lediglich ein Rahmen fur die qualitative Diskussion angeboten werden.
1.3 Open-Space-Workshop Open Space ist eine Methode der Grofignippen-Moderation, bei der die Teilnehmer beliebige Themen zu einem definierten Leitthema einbringen konnen. Diese Themen werden in mehreren parallelen und hintereinanderliegenden Workshops bearbeitet. Jeder Workshopteilnehmer kann an einem beliebigen Workshop teilnehmen, kann jederzeit den Workshop verlassen und zu einem parallel stattfindenden Workshop gehen oder auch die Kaffeebar besuchen. Der Begriinder der Open-Space-Technology, Harrison Owen, kam anlasslich der Befragung von Teilnehmern einer dreitagigen Konferenz, die er aufwandig vorbereitet hatte, zu folgendem Ergebnis: „Das einzige, das alien gefallen hatte, war gleichzeitig die einzi-
Grundsatzliche Methodik
^
253
ge Sache, mit der ich als Organisator nicht das geringste zu tun gehabt hatte - die Kaffeepausen" (Owen, 2001, S. 19). Diese erniichternde Riickmeldung liefi Owen so lange nicht in Ruhe, bis er eine Methode entwickelte, die den hohen Grad an Synergie und Beteiligtsein, der in einer Kaffeepause entsteht, mit den substantiellen Aktivitaten und Ergebnissen, die eine gute Konferenz ausmachen, verbindet. Daraus entstand die Open Space Technology. Das Open Space steUt neben parallelen Workshops bewusst die Kaffeepausen in den Mittelpunkt einer Konferenz. Die Dauer einer Open-Space-Konferenz betragt ein bis drei Tage und ermoglicht es, mit mehreren Personen Ergebnisse rasch zu erarbeiten und deren Umsetzung, bei Anwesenheit der betroffenen Personen, zu vereinbaren. Die Wirkungen der Open-Space-Konferenz sind: ^
Starkung der Selbstverantwortung der Teilnehmer;
^
stellt eine Form von Fiihrung dar;
^
bewirkt an sich einen Veranderungsprozess;
^
die Identifikations-, Informations- und Umsetzungslucke wird weitgehend iiberwunden; •=> Open Space bewirkt ein Gemeinschaftsgefiihl, fordert Visionen und Kreativitat.
Voraussetzung fiir die Durchfiihrung einer Open-Space-Konferenz ist die Bereitschaft der tibergeordneten Stellen, die beteiligten Mitarbeiter selbst Mafinahmen zur Forderung von Leistung erarbeiten und umsetzen zu lassen.
254
Umsetzung des Svstemisch-integrativen Fuhrungsmodells
1.3.1 Vorbereitung Das Open Space wird durch eine kleine Planungsgruppe vorbereitet. Fiir die Planung sind ein bis zwei Termine und der standige Kontakt eines Mitgliedes der Planungsgruppe mit dem Berater erforderlich. Themen, die in der Planungsgruppe bearbeitet werden: ^
Warum, Wesen und Ziele des Open Space
^
Einladung
^
Formulierung des Leitthemas
«=> Ablauf ^
Organisation der Infrastruktur
^
Kommunikation der Ergebnisse nach der Veranstaltung
^
Wie geht es nach der Open-Space-Veranstaltung weiter?
1.3.2 Leitthema des Open Space Bedingungen fur das Leitthema (Maleh, 2001): ^
Bei der Zielgruppe muss es Betroffenheit auslosen.
^
Es soUte komplex (und kann auch konfliktar) sein.
^
Ein Diskussionsspielraum muss gegeben sein.
^
Es muss relativ kurz und einfach zu verstehen sein.
"=> Es soUte als Appell in eine Richtung weisen. ^
Es soUten positive Begiiffe beinhaltet sein.
Das Leitthema bei der Umsetzung des Systemisch-integrativen Fiihrungsmodells lautet: „Wie erreichen wir bei der Firma XY bestmogliche Arbeitseffizienz und Arbeitseffektivitat?"
Grundsatzliche Methodik
255
1.3.3 Die vier Prinzipien und das Gesetz der zwei Fiifie Eine Open-Space-Konferenz hat vier Prinzipien und ein Gesetz. Die vier Prinzipien einer Open-Space-Konferenz: 1. 2. 3. 4.
Wer das ist, ist die richtige Person. Was immer passiert, ist genau das, was passieren muss. Wann immer es beginnt, ist genau die richtige Zeit. Vorbei ist vorbei.
Das Gesetz der zwei Fufie verdeutlicht, dass die Konferenzteilnehmer zwei Fiilie besitzen, mit denen sie jederzeit herumgehen konnen. Jeder kann in eine beliebige Arbeitsgruppe gehen, die von Interesse ist. Wenn man feststeUt, dass man in dieser Gruppe nichts mehr beitragen oder lernen kann, dann kann man einfach weitergehen und sich eine andere Gruppen suchen oder die Kaffeebar besuchen, ohne sich dafiir entschuldigen oder ein schlechtes Gewissen haben zu miissen.
1.3.4 Ablauf Fiir die Umsetzung des Systemisch-integrativen Fiihrungsmodells zur Optimierung der Arbeitseffizienz und --effektivitat sind zwei hintereinanderliegende halbe Tage vorgesehen. Wahrend der Workshops erfolgt eine Dokumentation durch die Workshopteilnehmer mittels Laptops, die in den Arbeitsraumen aufgestellt sind. Dazu befindet sich in den Laptops eine Formularvorlage (siehe Abbildung 26). Der GeschaftsfiihrerA^orstandsvorsitzende nimmt Stellung dazu, welche der priorisierten Umsetzungsthemen keinesfalls umgesetzt werden konnen und begriindet dies. Anschliefiend werden parallele Umsetzungsgnippen gebildet, die anhand eines vorstrukturierten PackpapierBogens (siehe Abbildung 27) ein Umsetzungsthema ausarbeiten. Nach diesem Prozessschritt prasentieren Vertreter der jeweiligen Umsetzungs-
256
Umsetzung des Svstemisch-integrativen Ftihrungsmodells
gruppen die Ergebnisse. Der Geschaftsfiihrer/ Vorstandsvorsitzende entscheidet iiber die vorgeschlagene Mafinahmenumsetzung anhand der Entscheidungsmatrix der Malinahmenumsetzung (siehe Abbildung 28).
Thema der Arbeitsgruppe: Ziele: Was soil erreicht werden? Inhalte/Ergebnisse/Mafinahmen EmpfehlungenA^orschlageA^ereinbarungen/Fragen:
Einberufer: Mitwirkende:
Abbildung 26: Formularvorlage fur die Arbeitsgruppen beim Open Space Workshop
Grundsatzliche Methodik
257
Thema bis wann?
Ziele? Mafinahmen?
wer?
bis wann?
Verantwortlicher der Umsetzungsgruppe:
erf. Ressourcen?
zu erwartende Hindem./Probl.?
Mitwirkende:
Abbildung 27: Vorstrukturierter Packpapier-Bogen, der von den Umsetzungsgruppen beim Open Space Workshop ausgearbeitet wird.
\Feldl: Mafinahme klar => machen Feld 4: Mafinahme klar ^ nicht machen
Feld 2: Mafinahme unklar •=> weitere Informationen, Konzept erstellen,.... Feld 3: Mafinahme unklar und komplex «^ weitere Open Space-Veranstaltung
Abbildung 28: Entscheidungsmatrix der Mafinahmenumsetzung beim Open Space Workshop (aus Maleh 2001)
258
Umsetzung des Svstemisch-integrativen Fuhrungsmodells
1.3.5 Infrastniktur Folgende Infrastniktur ist fur die Durchfuhrung erforderlich: «=> Ein Versammlungsraum, Stiihle im Kreis aufgestellt ohne Tische. •=t> Arbeitsraume fur parallel stattfindende Arbeitsgnippen, inkl. Stiihle im Kreis aufgestellt. '=> Laptops (PC) pro Arbeitsraum. •=> Ein Flipchart im Versammlungsraum und in jedem Arbeitsraum (Zur Moglichkeit der Visualisierung), inkl. Plakatstifte. •=> Packpapier •=> Kaffeebar Abbildung 29 zeigt eine grafische Darstellung des Versanunlungsraumes:
n
Abbildung 29: Grafische Darstellung des Versanunlungsraumes beim Open Space Workshop (aus Maleh 2001)
Umsetzung bei der Firma Garbo Tech Composites GmbH
259
2. Umsetzung bei der Firma Carbo Tech Composites GmbH Zu Beginn dieses Abschnitts werden Informationen liber die Firma Carbo Tech Composites GmbH dargestellt. Anschlieliend erfolgt die Beschreibung der Umsetzung des Systemisch-integrativen Ftihrungsmodells bei diesem Unternehmen.
2.1 Untemehmensgeschichte, Firmenentwicklung, Ziele und Produkte der Finna Carbo Tech Composites GmbH Die im Folgenden dargestellten Informationen sind aus unternehmensinternen Broschiiren und aus Gesprachen mit Organisationsmitgliedern entnommen. Das Unternehmen Carbo Tech Composites GmbH ist ein rennsportorientierter High-End Hersteller von Composite-Bauteilen. Die Schwerpunkte Uegen in der kompletten Durchgangigkeit von der Projektion liber Konstruktion, Festigkeitsauslegung, Modell- und Formenbau, Fertigung und Endkontrolle, unabhangig davon, ob es um die Herstellung eines einzelnen Protot5^en oder einer ganzen Serie geht. Um Composites im High-End Bereich herstellen zu konnen, sind umfangreiche Hard- und Softwarelosungen erforderlich.
Umsetzung des Svstemisch-integrativen Fiihrungsmodells
260
Abteilungen/Bereiche
Geschaftsleitung inkl. zentrale StelKonstruktion Produktion Tooling
Zuschnitt
Verklebung
Prepreg
Motorrad Abbildung 30: Abteilungen/Bereiche der Firma Carbo Tech Composites GmbH
Von der Konstruktionsabteilung werden die Bauteile dimensioniert und mittels EDV-Unterstutzung designed. Fraser stellen eine Form aus Stahl, Aluminium oder Kunstharzblocken her (Tooling). Die Mitarbeiter der Zuschnittsabteilung schneiden, nach Planen der Konstruktionsabteilung, die Composites-Teile zu, die in der Prepreg-Abteilung gemafi Laminatbuch in die Formen eingelegt, verklebt und anschliefiend fur die Autoklavenhartung vorbereitet werden. Nach der Hartung erfolgt die Endbearbeitung und anschliefiend die QualitatskontroUe. Das Einlegen der Formen, die Hartung, die Endbearbeitung und die QualitatskontroUe erfolgen in der Prepreg-Abteilung. Die Abteilung Motorrad bearbeitet Carbonfaserbestandteile bei Motorradem.
Umsetzung bei der Firma Carbo Tech Composites GmbH
261
2.1.1 Untemehmensgeschichte Das Unternehmen Carbo Tech Composites GmbH wurde im Jahr 1993 durch Herrn Ing. Karl Wagner gegriindet. 1994 begann die Herstellung von Motorradzubehor aus CarbonfaserTeilen. Im Juli 1995 wurde eine grofiere Betriebsstatte von 650 m^ in Wals bei Salzburg angemietet, in der sowohl entwickelt als auch produziert wurde. 1996 erfolgte die Produktion des ersten strafienzulassungsfahigen Motorradrahmens aus Carbonfaser-Teilen. 1997 erhielt die Firma Carbo Tech Composites GmbH erste Auftrage aus der Automobilindustrie und produziert seit 1999 strukturelle Rennsportteile fur LeMans-Rennwagen. Seit Oktober 2000 steht dem Unternehmen eine eigene Betriebsstatte mit einer Gesamtflache von 1300 m^ fiir die Entwicklung und Produktion zur Verfiigung. Im April 2002 erfolgte der Baubeginn der Erweiterung der Produktionsflache um das dreifache Ausmafi. 2.1.2 Firmenentwicklung in Zahlen Umsatzentwicklung: 1995 1996 1997 1998 1999 2000
€ €
72.000.218.000.-
€ €
363.000.581.000.-
€ 1.300.000.€ 2.500.0000.
2001
€ 5.400.0000.
2002
€ 7.400.0000
2003
€ 8.300.0000
2004
€ 15.200.0000
Tabelle 15: Umsatzentwicklung der Firma Carbo Tech Composites GmbH
Umsetzung des Svstemisch-integrativen Fuhrungsmodells
262
Mitarbeiterentwicklung: 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004
4 Mitarbeiter 6 Mitarbeiter 9 Mitarbeiter 11 Mitarbeiter 17 Mitarbeiter 29 Mitarbeiter 40 Mitarbeiter 67 Mitarbeiter 112 Mitarbeiter 156 Mitarbeiter
Tabelle 16: Mitarbeiterentwicklung der Firma Carbo Tech Composites GmbH
2.1.3 Ziele Mittelfristiges Ziel der Firma Carbo Tech Composites GmbH ist es, eine fixe Marktposition als zuverlassiger Lieferant mit hochsten qualitativen Anspriichen in den Bereichen Motorsport (insbesondere der Formel 1), Flugzeugbau, Maschinenbau, Fertigungsanlagentechnik, sowie der Forschung und Entwicklung zu erreichen.
Umsetzung bei der Firma Carbo Tech Composites GmbH
263
2.1.4 Produktpalette 1) Automobilrennsportteile: a) strukturelle Bauteile:
Front-, Seiten- und Heckstufenstrukturen, Kiihlerhalter, Fliigeltrager,....
b) Aerodynamikbautelle: Heckfliigel, Front- und Heckdlffusor, Unterboden c) Aufienhaut:
Frontend, Rearend, Sldepots, Motorhauben, Heckdeckel, Tiiren,...
d) Sonstlge:
Lufdeltbleche, Innenverkleldung, Hltzeschllder, Schlelfschutz,...
2) Motorradteile: a) strukturelle Bauteile:
Rahmen, Heckrahmen, Gabelbnicke, Tank,...
b) Verkleidungsteile:
Verkleidung, Sitzbank, Kotfliigel,...
c) Protektoren:
Rahmenschutz, Motorschutz,...
2.2 Umsetzung des Systemisch-integrativen Fuhningsmodells bei der Firma Carbo Tech Composites GmbH - Ergebnisse Die Darstellung der Ergebnisse bei der Umsetzung des Systemischintegrativen Fiihrungsmodells erfolgt einerseits durch eine Prozessbeschreibung, andererseits durch die prasentierten Power-Point-Folien und die im Prozess erarbeiteten FotoprotokoUe.
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Umsetzung des Svstemisch-integrativen Ftihrungsmodells
2.2.1 Erstes Treffen mit den Fiihnmgskraften Nach einer grundsatzlichen Vereinbaning mit dem Geschaftsfuhrer liber die Umsetzung des Systemisch-integrativen Fiihrungsmodells, fand ein Treffen mit den zehn Fiihrungskraften des Unternehmens statt. In diesem Treffen wurden von mir die sechs Einflussfaktoren zur Optimierung der Arbeitseffizienz und -effektivitat dargestellt und Wirkungsweisen beispielhaft erlautert. Durch die beispielhafte Darstellung von Wirkungsweisen kam es sofort zu einer anregenden Diskussion, wodurch das Verstandnis der Fuhrungskrafte beziiglich der sechs Einflussfaktoren hergestellt wurde.
2.2.2 Durchfuhnmg der Tiefeninterviews Es wurden sechs Tiefeninterviews mit Fiihrungskraften und sechs mit Nicht-Fiihrungskraften durchgefuhrt. Da es sich um einen produzierenden Betrieb handelt, wurden vier Nicht-Fiihrungskrafte aus der Produktion, eine aus der Konstruktion und eine Person aus der Abteilung Motorrad ausgewahlt. Naturgemafi sind in diesem Bereich wenige Frauen vertreten, sodass insgesamt nur eine Frau interviewt wurde. Die Betriebszugehorigkeitsdauer der interviewten Personen betrug zwischen einem Jahr und vier Jahren. Den interviewten Personen wurde das Modell der sechs Einflussfaktoren erklart und die Vorgehensweise erlautert. Bei der Durchfiihrung der Interviews zeigten sich die Interviewpartner im Grofien und Ganzen sehr kooperativ, offen interessiert an den Ergebnissen und gaben bereitwillig Informationen weiter. Bei den Interviewpartnern kam es auch zu einem Selbstreflektionsprozess, der bewusstseinsfordemd wirkte. Die Ergebnisse der Tiefeninterviews werden im Abschnitt 2.2.3. Fiihrungskrafte-Meeting dargestellt.
Umsetzung bei der Firma Carbo Tech Composites GmbH
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2.2.3 Fiihrungskrafte-Meeting 2.2.3.1 Prozessbeschreibung Nach Ausarbeitung der Ergebnisse und Aufbereitung einer Power Point Prasentation erfolgte die Riickspiegelung der Ergebnisse der Interviews in einem Fuhrungskrafte-Meeting. Aufgnind der aktuellen Unternehmenssituation ging ich zu Beginn allgemein auf die Themen „Stress im Unternehmen" (siehe 2.2.3.2, Prasentation der Power-Point-Folien, Folie 3 bis 5) und „Identitat eines Unternehmens" (siehe Folie 6) ein. Anschliefiend prasentierte ich generelle unternehmensspezifische Ergebnisse und Ergebnisse in Bezug auf die einzelnen Einflussfaktoren (siehe Folie 7 bis 16). Aus diesen Ausfiihrungen entstanden intensive Diskussionen. Im aktuellen Fall waren Diskussionen in Bezug auf „Organisation/Struktur", aufgnind des geplanten Einstiegs des Unternehmens in die Serienfertigung einige Monate nach dem Fiihrungskrafte-Meeting besonders umfangreich. Weitere intensive Diskussionspunkte stellten die Themen „Kommunikations- und Informationsfluss", „Schulungswesen" und „Starkung der Fiihrungskrafte" dar. Zum Abschluss des Fiihrungskrafte-Meetings stellte ich die Frage: „Was waren, als Ergebnis aus diesem Meeting, aus ihrer Sicht sinnvoUe Themen an denen wir arbeiten soUten, um die Arbeitseffizienz und effektivitat zu optimieren?" Folgende Themen wurden genannt: 1. Schulungswesen forcieren 2. Autoritaten starken 3. Mehr Infofluss 4. Strukturierung beziiglich Serie und Rennsport 5. Zukunftsvisionen schriftlich 6. Fiihrungskrafteschulung
2.2.3.2
Prasentation der Power-Point-Folien
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"ainder Tisch") - wie oft? - Einfuhaing eines Fomiblattes zum Aufzeigen von VerbessemngsPotential fur "Jedemiann" - Ideenbriefkasten fur jedemiann - Festlegung eines Verantwortiichen fur AnstoQ der Bearbeitung (spez. beim Aniauf) - Anreiz: Einfuhrung einer Prdmie (z.B. prozentuell bezogen auf Nutzen) wie erfolgt die Bewertung? - Pauschalierung? EInberufer: Thomas Fuchs
Mitwirkende: Wagner Lederbauer
Abbildung 35: ProtokoU der Arbeitsgruppe "Vorschlagswesen"
Umsetzung bei der Firma Carbo Tech Composites GmbH
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Thema der Arbeitsgruppe: Fuhrungskrafte - Schulung Ziele: Was soil erreicht werden? Bessere Fuhrung der Mitarbeiter Besseres Selbstmanagement Besseres Zeitmanagement Entlastung der Fuhrungskrafte Steigerung der Arbeitseff. u. Wirtschaftlichkeit Inhalte/Ergebnisse/Ma&nahmen EmpfehlungenA^orschiage/Vereinbarungen/Fragen: Schulungskonzept fur Mitarbeiter in verschiedenen Positionen Interne Schulung gemeinsam durch einen Trainer Externe Schulungen durch WIFI, BFI usw. Schaffen von FuhrungskrSften und def. der Aufgaben + Kompetenzen EInberufer: Mitwirkende: Lederbauer Labschutz Bernd Klaus Wetsch Phil Radewahn Ulli
Abbildung 36: ProtokoU der Arbeitsgruppe "Fuhningskrafte-Schulung"
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Umsetzung des Svstemisch-integrativen Fuhrungsmodells
Thema der Arbeitsgruppe: Arbeitsvorgaben -t- Uberwachung Ziele: Was soil erreicht werden? Vemninderung der Durchlaufzeit / Verbesserung der Qualitat Inhalte/Ergebnisse/Ma&nahmen EmpfehlungenA/orschiageA/ereinbarungen/Fragen: Erstellung / Konkretisierung von noch nicht vorhandenen / bestehenden Arbeitsbeschreibungen, - anweisungen bzw. Ablaufbeschreibungen - Ermittlung von realistischen Zeitvorgaben fur die Produktion (z.B. REFA, MTM Oder statistischer Mittelwert aus den letzten Produktionen) - Arbeitsvorgaben direkt am Arbeitsplatz - bei sehr wichtigen Abldufen spezielle/periodische Schuiungen einzein oder in der Gruppe (Bestdtigung des Verstdndnisses durch Unterschrift) - UbenA^achung der erzielten Ergebnisse tageweise durch Bereichsleiter, ev. statistische Verdichtung und Bewertung uber einen Idngeren Zeitraum durch Produktionsleiter - bei starken Abweichungen: Einleitung von KorrekturmaBnahmen - sehr wichtig in der Kleinserie, urn pianen zu kdnnen bzw. urn auf Abweichungen rasch reagieren zu k5nnen. - hoher Anteil an Setbstkontrolle - strikte Umsetzung der KontroiimaQnahmen - Festtegung und Umsetzung eines bestimmten Ausbildungsniveaus - Erstellung einer Ausbildungsmatrix - Einfuhrung einer systematischen Oberprufung der MA Erstellung einer Qberprufungsmatrix Einberufer: Mitwirkende: Fuchs Radewahn Wagner Schwarzbauer Lederbauer Labschutz Wetsch Abbildung 37: ProtokoU der Arbeitsgruppe "Arbeitsvorgaben und tjberwachung"
Umsetzung bei der Firma Carbo Tech Composites GmbH Thema der Arbeitsgruppe: Mitarbeitermotivation Ziele: Was soil errelcht warden? Motivierte, aktive Mitarbeiter = hoch effiziente Mitarbeiter Inhalte/Ergebnisse/Ma&nahmen EmpfehlungenAAorschiageA^ereinbarungen/Fragen: Information: mussen der Wahrheit entsprechen (Qualitat muss verlasslich sein, sonst unglaubwurdig) Andeaingen sofort weiterleiten (Beispiel geinderte Liefertermine) Niemanden ubergehen Individuelle Befragung, was dem einzelnen MA wichtig (Verantwortung, Aufstiegsm5glichkeiten, Technologie, Geld, gesicherter Arbeitsplatz) Verantwortung kann, muss aber nicht motivieren Geld Hauptmotlvation? Soziales Umfeld Sozialleistung bindet (Achtung wegen Ausnutzung) Arbeitsplatz FuhrungskrSfteverhalten Privilegien (Fahrzeuge auslelhen, Gleitzeit, Zutritt, Privatarbelt...) sollen erarbeltet werden und kdnnen auch wieder verloren gehen. Ziele festlegen + Lob bei erreichen der Ziele (z.B.Umsatzsteigerung in % bei Erreichung Grillfest, Oder Gruppenziel .Urkunde fur die Gruppe) Einberufer: Fuchs
Mitwirkende: Knaus Baumgartner Schwarzbauer Wagner Lederbauer
Abbildung 38: ProtokoU der Arbeitsgruppe "Mitarbeitermotivation"
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Umsetzung des Svstemisch-integrativen Fuhrungsmodells Thema der Arbeitsgruppe: Schriftliche Dokumentation Ziele: Was soil erreicht werden? kontinuierliche, gleich bleibende Bauteilauslegung, Arbeiten durch mOglichst geringe Einschulungszeit von jedermann durchfuhrbar Inhalte/ErgebnIsse/MaKnahmen EmpfehlungenWorschiageWereinbarungen/Fragen: Formulare erstellen fur genaue Dokumentation handschriftliche Dokumentation bei erstem Bauteil durch MA Erstellung einer Fotodokumentation (Knackpunkte) konsequente Anforderung und DurchfDhrung der Doku durch MA bestehende Doku so schnell wie mOglich in neues Formular ubertragen. Laufzettel muss Selmtliche Arbeitsschritte und Verweise auf zu beachtende Zeichnungen beinhalten. "Strafen" bei missachten der Doku.Vorgaben Einberufer: Mitwirkende: Markus Wetsch Schwarzbauer Sch\A/arzbauer LabschOtz Baumgartner
Abbildung 39: ProtokoU der Arbeitsgruppe "Schriftliche Dokumentation"
Umsetzung bei der Firma Carbo Tech Composites GmbH
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Thema der Arbeitsgruppe: Strategieentwicklung + Ableitung genau definierter Ziele Ziele: Was soil erreicht werden? Erarbeitung, Dokumentation und Kommunikation von Strategie und Jeder muss wissen: "Wohin wollen wir" / nicht ich!!! - > Energiebundelung Inhalte/Ergebnisse/Maftnahmen EmpfehlungenA^orschiageA^ereinbarungen/Fragen: Erarbeitung einer Untemehmenspolitik (Visionen) unter Berucksichtigung der funf Interessenspartner - Erarbeitung einer strategischen Ausrichtung - Ableitung von Zielen wichtig: mussen unmissverstandlich formuliert und exakt definiert sein - Festlegung von Kennzahlen (Start und Ende der Bewertung, messbare Gr5&en) - Erfassung der Daten/Kennzahlen, - Bewertung auf Zielenreichung z.B. monatlich (Einfuhrung eines Reporting-Systems) und jahrlich im Zuge des Management-Reviews| - bei Zielenreichung Anstrebung eines KVP - bei starken Abweichungen: Einleitung von KonrekturmaRnahmen Einberufer: Mitwirkende: Fuchs Lederbauer Wagner Radewahn
Abbildung 40: ProtokoU der Arbeitsgruppe "Strategieentwicklung und Ableitung genau definierter Ziele"
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Umsetzung des Svstemisch-integrativen Fuhrungsmodells Thema der Arbeitsgruppe: Personalplanung Ziele: Was soil eireicht werden? IZu jedem Zeitpunkt Personal in entsprechender QuantitSt und jQualitdt zur Verfugung zu haben Inhalte/Ergebnisse/Maftnahmen EmpfehlungenA/orschiageA^ereinbarungen/Fragen: Menge: Abteilung holt sich Auftragsinfo von GF und erstellt Bedarf. Entscheidung uber Neuelnstellung unter Einbeziehung von Schulungszeit, Verfugbarkeit, Platz..., sonst Auflragsablehnung - SOFORT Handein! Qualitat: Richtllnien von GF, Vorgabe im einzelnen von AL Vorschau: Geschdflsfuhaing infomniert ehestmdglich alle AL (9.00) uber neue Projekte - Saisonale Schwankungen miteinbezlehen Kundigung von Mitarbeltem: be! Uberkapazltdten nur im Notfall, dann genau sortieren - Alkohol und Drogen fristlos - wiederholter. bewusster VerstoQ gegen Arbeitsvorschriften - Fehlverhalten Sonderleistungen: Arbeitsplatzgestaltung, Zuschusse etc im Emriessen des AL Einstellung: Fragenkatalog abteilungsbezogen erstellen - GesprSch mit ProdL bzw AL - Probearbeit bei ProdMA - Anfordeaing an Verwaltung ubergeben, diese Schaltet Inserat Einberufer: Radewahn
Mitwirkende: Lederbauer Wagner
Abbildung 41: ProtokoU der Arbeitsgruppe "Personalplanung"
Umsetzung bei der Firma Carbo Tech Composites GmbH Thema der Arbeitsgruppe: Infofluss Ziele: Was soil erreicht werden? Optimieaing der Kommunikation und Weitergabe von Infos zwischen den Abteilungen Inhalte/Ergebnisse/MaKnahmen EmpfehlungenA^orschiageA/erelnbarungen/Fragen: 9 Uhr Besprechungen straffen (allgemeine Themen zuerst / Details zum Schluss) Bei Anderungen Abteilungsleiter beiziehen (nicht nur MA) und am Laufzettel vemrierken Lau^ettel am Abend kontroilieren und am ndchsten Tag durchsprechen Diagramm Infos von - an fruher Info an VenA/altung bei Abwesenheit (Dienstreise, Uriaub, Krankenstand) Einberufer: Mitwirkende: Baumgartner Schwarzbauer Radewahn Wagner Wetsch Labschutz
Abbildung 42: ProtokoU der Arbeitsgruppe "Infofluss"
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Umsetzung des Svstemisch-integrativen Fuhrungsmodells Thema der Arbeitsgruppe: Rennsport / Serie Ziele: Was soil erreicht werden? Integration bzw Abgrenzung der Serienfertigung gegenuber Rennsport Inhalte/Ergebnisse/MaBnahmen EmpfehlungenA^orschiageA/ereinbarungen/Fragen: Arbeitszeiten: im Rennsport saisonal stark schwankend, Serie konstant Schichtbetrieb: Serie 2-Schicht, Rennsport nein Gehaltsschema: wegen geringerer Herausforderung und Elgenverantwortung in der Serie tieferes Niveau. Pr^mien fur Gutteile? Ausbildungsniveau: in Serie nur gezielte Schulungen, sehr eingegrenzt Rotation zwischen Serie und Rennsport: wegen Gehaltsschema und Ausbildungsniveau schwierig, zum AufFangen der Saisonschwankungen aber erforderlich?!? MA sollen sagen. wer dazu bereit ist Obernahme von MA in die Serie: auf freiwilliger Basis, kein Qualitdtsund Kapazitdtsverlust im Rennsport zuldssig! Gehalt ?! Fuhrungskrdfte der Serie? Personaleinstellung: Wenn mGgllch bis zur Abnahme im Dez mit Stammpersonal, dann bis zum Serienanlauf die neuen MA schulen. Produktion Jan-Mdrz als Pufferiager nutzen Zeit zwischen PV-Serie und SOP ca. 6 Monate, wann wird Personal eingestellt ? Laserprojektor fOr die Schulung? Wie wird rSumllch abgetrennt (Prepreg, Endarbeit)? PrioritStenfestlegung Cutter + Roboter (Rennsport od Serie)? Wo findet Serienprod. statt? EInberufer: Mitwirkende: Wagner Radewahn. Lederbauer, Fuchs
Abbildung 43: ProtokoU der Arbeitsgruppe "Rennsport - Serie"
Umsetzung bei der Firma Carbo Tech Composites GmbH Thema der Arbeitsgruppe: Infrastruktur - Arbeitsplatz - Werkzeug - Materialfluss - Infofluss Ziele: Was soil erreicht werden? erieichtertes Arbeiten / hohere Ausbringung / geringerer Ausschuss Steigerung der Arbeitssicherheit Inhalte/Ergebnisse/Ma&nahmen EmpfehlungenA/orschlageA/ereinbamngen/Fragen: - Materialfluss so kurz wie moglich - lange Wege kosten Zeit und Geld; Vermlschungs-, Verwechslungs- und Besch^digungsgefahr - Werkzeug- und Materialbereitstellung zentral / in den Abeilungen? z.B. "Padanosta'-Ablagesystem - Werkzeugablage am Arbeitsplatz - Arbeitsplatzergonomie (z.B. hohenverstellbare Arbeitstische) - Zwischen- und Endlagerung vorsehen Einberufer: Mitwirkende: Fuchs Lederbauer Abbildung 44: Protokoll der Arbeitsgruppe "Infrastruktur"
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Umsetzung des Svstemisch-integrativen Fuhningsmodells
Sicherung der Ergebnisse und Mafinahmenvereinbarung: Themen Mitwirkende Protokoll 1/1,2/1, Schwarzbauer, Knaus, 2/3,3/3 Wetsch, Lederbauer, Baumgartner, Radewahn Vision & Ziele 1/2,3/2 Wagner, Radewahn, Knaus, Schwarzbauer, Baumgartner, Lederbauer Verbesserungs- 1/3 Wagner, Fuchs, Labschtttz potenziale Infofluss & 2/3,3/1, Fuchs, Wetsch, Labschtttz Doku 4/1
Umsetzungsgruppe Personal
Abbildung 45: Themen der Umsetzungsgnippen
Zeit Ort 17.00-18.00 Uhr Pausenraum 18.00-19.00 Uhr Pausenraum 17.00-18.00 Uhr Besprechungsraum 18.00-19.00 Uhr Besprechungsraum
Umsetzung bei der Firma Carbo Tech Composites GmbH
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Ergebnisse der Umsetzungsgruppen:
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