Ren Dhark Echo des Alls Die große Serie von Kurt Brand Band 15 Ein Verzeichnis sämtlicher bisher erschienenen
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Ren Dhark Echo des Alls Die große Serie von Kurt Brand Band 15 Ein Verzeichnis sämtlicher bisher erschienenen
und lieferbaren REN DHARK-Tilel und -Produkte
finden Sie auf den Seiten 349 und 350.
Vorwort l. Auflage HJB Verlag &Shope. K.
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www.ren-dhark.de
© REN DHARK: Brand Erben
Herausgeber: Hajo F. Breuer
Buchbearbeilung: Heinz Mohlberg
Titelbild und Illustrationen:
Swen Papenbrock
Druck und Bindung:
Westerniann Druck Zwickau GmbH
© 1999 HJB Verlag
Alle Rechte vorbehalten
ISBN 3-930515-25-3 Der erste große REN DHARK-Zyklus neigt sich seinem Ende entgegen. Der erste? Oja! Denn so wie vor knapp sechs Jahren im Vorwort des ersten Bandes angekündigt, wird die Serie REN DHARK definitiv fortgesetzt. Eine ganze Reihe namhafter Science-Fiction-Autoren haben sich zusammengesetzt, um REN
DHARK ganz im Sinne und nach den Ideen seines Schöpfers Kurt Brand weiterzuführen. Augenblick mal! Nach den Ideen von Kurt Brand? Ja, Sie haben sich nicht verlesen. Denn wer wollte schon wirklich glauben, daß die Serie REN DHARK mit Heft 98 beendet werden sollte? Zu viele Fragen waren damals offengeblieben oder nur sehr unbefriedigend beantwortet worden. Kurt Brand selbst hatte seinen bisher größten Erfolg als Heftautor viel umfangreicher angelegt und einen Kosmos geschaffen, der zwar viele Rätsel enthielt, deren Lösungen aber alle durch ein feines Netz teilweise verblüffender Antworten miteinander verknüpft wurden. Das überraschende Ende der Serie muß Kurt Brand schwerer getroffen haben, als er selbst guten Freunden gegenüber zugab, denn von seinem reichen Ideenschatz für die weitere Entwicklung von REN DHARK hat er - soweit ich das beurteilen kann - niemandem etwas gesagt. Um so verblüffender war für mich und alle hier im Verlag, die sich mit dem Projekt REN DHARK beschäftigen, die Nachricht, daß in der Hinterlassenschaft des Meisters eine unscheinbare Mappe mit engbeschriebenen Seiten aufgetaucht war. Eigentlich nichts Ungewöhnliches bei einem so produktiven Autor wie Kurt Brand. Ungewöhnlich jedoch der brisante Inhalt dieser Seiten: Er enthält ein grobes Konzept für die Fortführung der REN DHARKSaga und gibt Antwort auf alle Rätsel, die im Laufe der ersten 98 Hefte gestellt wurden! Für uns Autoren sind diese Seiten natürlich ein hochwillkommener Fundus an Ideen - sind wir so doch in die Lage versetzt, REN DHARK so fortführen zu können, wie Kurt Brand es selbst vorhatte. Ich will an dieser Stelle nichts verraten - oder vielleicht doch soviel: Das Geheimnis der Mysterious sieht ganz anders aus, als die Leser der Althefte annehmen mußten. Und es unterscheidet sich von allem, was Sie in der Science Fiction bisher gelesen haben... Und Sie werden in Zukunft sehr viel lesen können. Denn Veränderungen auf redaktioneller Ebene haben es uns ermöglicht, REN DHARK in Zukunft schneller erscheinen lassen zu können, als Sie es gewohnt sind. Band 16 und Buch Nr. l des neuen Zyklus (Arbeilstitel: »Drakhon-Zyklus«) werden in relativ kurzen Abständen erscheinen - begleitet von drei Sonderbänden.
Somit steht fest: Das Jahr 2000 wird das Jahr von REN DHARK. Und zwar nicht nur, was die Zahl der veröffentlichten Bücher betrifft - denn im ersten Jahr des neuen Milleniums wird die Saga endlich so fortgesetzt, wie Kurt Brand das vor mittlerweile nun schon 30 Jahren geplant halte. Der Vollständigkeit halber hier noch die Titel der Originalromane, die mehr oder weniger überarbeitet und teilweise gekürzt in dieses Buch eingeflossen sind: Alarmstufe Null aufTerru (2. Teil), Echo aus dem All, Im Sumpf des Grauens, Planet Cul-oiit, Telin das unbekannte Imperium, alle von Kurt Brand. Giesenkirchen, im November 1999 Hajo F. Breuer
Prolog Als Ren Dhark und seine Gefährten im Sommer des Jahres 2057 mit ihrem Raumschiff von Erron-3 zurückkehren, ahnen sie nichts von der Spur, welche die P01NT OF hinter sich herzieht, und die allen Feinden jederzeit anzeigt, wo der verhaßte Ringraumer zu finden ist. Nachdem sich die Terraner im Bereich der Sterbenden Sterne nur mit Hilfe der Zeitverschiebung retten können, heften sich die Tel, die sog. Schwarzen Weißen, mit ihren Doppelkugelraumern wie Bluthunde an die Spur, die der Ringraumer hinterläßt. Mit Hilfe der Synties gelingt es Dhark zwar, der Flotte der Schwarzen Weißen zu entkommen, aber die Humanoiden, die den Terranern so ähnlich sehen, schicken dem Commander und den Raumern der Colonels Szardak und Larsen eine heimtückische Waffe durch ihre Xe-Flash an Bord - das Vario! Mit dem Hy-Kon will Dhark die drei Raumschiffe in das Karmin-Universum schleudern, denn dort erhofft er sich Rettung vor der Waffe der Tel. Durch einen Fehler - den gleichzeitigen Einsatz der Zeitverschiebung - stranden die Ringraumer in einem frem dem Universum, aus dem sie erst nach langen Versuchen wieder herausgelangen. Das Vario haben sie trotzdem besiegt! Währenddessen bereist die Cyborgtruppe um Mark Carrell weiter die Transmitter-Straßen und gelangt von einem Planeten zum anderen. Sie trifft auf den Ingenieur Chris Shanton, Jimmy, seinen Robothund, und den GSO-Agenlen Jos Aachten van Haag.
Gleichzeitig findet man auch wieder die Spur der verschwundenen Giants. Gestört werden diese Expeditionen allerdings durch verschie dene Zusammenstöße mit den Schwarzen Weißen, die einmal mehr den Weg der Terraner kreuzen. Das Auffinden eines weileren Goldenen Menschen stellt die Truppe vor das nächste unlösbare Rätsel. Während diese Konfrontationen immer noch in einem über-a schaubaren Rahmen bleiben und die Terraner ihre Gegner mehr oder weniger kennen, schlägt draußen in der Milchstraße ein unerbittlicher Feind immer gnadenloser zu. Die Schattenstationen tauchen an mehreren Stellen in der Galaxis auf und säen Tod und Verderben! Die Colonels P.S. Clark und Frederic Huxley bestreiten einen nahezu aussichtslosen Kampf gegen diese unsichtbaren Mordmaschinen. Selbst die bislang fast unüberwindlichen Ringraumer sehen sich auf einmal einem ebenbürtigen, wenn nicht sogar überlegenen Gegner gegenüber! Niemand weiß, woher der gnadenlose Feind kommt, und noch weniger, wie er aussieht und welche Absichten er hegt. Als die Schattenstationen dann auch noch einen Angriff auf Terra starten, scheint es nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis die Menschheit vernichtet wird. Denn jetzt befindet sich der Heimatplanet der Menschheit in einem Zweifrontenkrieg gegen Tel und Schatten! l. Die Intervalle leuchteten in allen Farben bunt auf. Strahlbahnen von bisher nicht gekannten Ausmaßen platzten an den Minikontinua auseinander, badeten die in ihre Intervalle gehüllten Raumer in Energie! Belastung 83 Prozent! Major Will Pennstick ging nicht aus dem Kurs, er hatte endlich ein Ziel! »Slubbs, geben Sie die Koordinaten an die anderen Raumer und die Leitstelle durch!« brüllte er zu seinem Funkoffizier. Wartet, euch werde ich es zeigen, uns so heimtückisch w überfallen. Grimmig verzog er bei diesem Gedanken sein schweißüberströmtes Gesicht. Pennstick machte sich Clarks Taktik zunutze. Sie bot die höchste Erfolgsquote. Volltreffer im unteren Teilbereich! Die CORLEONE schüttelte sich leicht, ihre Vorwärtsbewegung wurde durch den Treffer nicht behindert.
»Waffensteuerung!« brüllte der Major über das Mikro der Bordverständigung. Alle Antennen waren auf Nadel geschaltet worden, bis auf die drei, welche die CORLEONE unbedingt benötigte, um den Kontakt mit dem Stab der TF nicht abreißen zu lassen. »Ist klar!« brüllte es aus der Waffensteuerung zurück. »Alles auf Nadel!« Nadelstrahlen waren überlichtschnell und rosarot. Jede Materie setzten sie in Energie um, und selbst die meisten Prallschirme stellten kein Hindernis für sie dar. Schwierigkeiten gab es nur beim Beschuß von Unitall und Tofirit. Sie widerstanden viel länger als jedes andere Material diesem erzwungenen Umwandlungsprozeß. Pennstick schaltete den Sie brutal herunter. Der Ringraumer verzögerte auf kürzester Strecke mit ungeheuren Weiten. Die Andruckabsorber heulten auf, wurden aber spielend mit den auftretenden Gravos fertig. 0,1 Licht. Die CORLEONE stand fast still im All. »Feuer!« stieß Will Pennstick voller Wut über seine Lippen, und sein Raumer verwandelte sich in einen feuerspuckenden, todbringenden Ring. Die beiden Intervallfelder der CORLEONE wurden von Energiekaskaden eingehüllt. Die Belastungsanzeige schnellte auf 99,2 Prozent. Der Major kniff die Augen zusammen. Über die Bildschirmanlage konnte er kaum noch etwas erkennen. Sein Schiff wurde von Energien umtost, schüttelte sich unter dem Autprall der ungeheuren Kräfte. Aber der Raumer flog weiter unbeirrt mit Restgeschwindigkeit auf dem eingeschlagenen Kurs. Pennstick und sein Erster verfolgten besorgt die Anzeige der Intervallfeldbelastung. Lange würden die beiden ineinander verschachtelten Schirme den auf sie einstürmenden Gewalten nicht mehr standhalten können! Da bildete sich vor dem Ringraumer eine Sonne! Die bisher unsichtbare Station brannte! Sie wurde sichtbar! Ein Raumungeheuer von acht oder neun Kilonietern Durchmesser! Ein Ungetüm, das Abertausende Poren zu haben schien, und aus jeder Pore stießen grelle Energiebahnen in alle Richtungen! Doch nun glühte die Station heller und heller, und das mörderische Feuer verstummte! Licht...! Mitten in diese Orgie hinein flog die CORLEONE, immer noch nach allen Seiten Nadel abstrahlend. Das obere Intervallfeld brach zusammen.
Pennstick schaltete den Sie auf Maximum. Der Raumer mußte diese Sirahlenhölle schnellstmöglich wieder verlassen. Da gab es auch den unteren Miniweltraum nicht mehr! Die CORLEONE flog ohne Intervallfeldschutz, ungehindert trommelten die Energiekaskaden des Zerfallsprozesses auf das Unitall! Die CORLEONE schoß weiter Dauerfeuer mit Nadel. Ihre Geschwindigkeit sank rapide ab, die wieder anlaufenden Intervall feldgeneratoren beanspruchten neben den Nadelstrahlen die gesamte Energie. Die riesige Station befand sich in einem Inferno wildester, hochenergetischer Zerfallserscheinungen! Und der Umwandlungsprozeß wurde durch die Kampfstrahlen des terranischen Schiffes noch mehr beschleunigt. Major Pennsticks Fingerkuppen lagen auf den Steuerschaltern. Aber sein Raumer konnte im Augenblick den heranrasenden Energiefeldern nicht ausweichen. Immer geringer wurde die Geschwindigkeit, fiel fast auf Null! »Pennstick, Intervalle wieder klar, geben Sie Stoff!« Brad Meyers aus dem Maschinensaal brüllte diese respektlose Meldung an seinen Kommandanten. Er wollte nicht zusammen mit der Schattenstalion uniergehen! Der Major schaltete blitzschnell die Triebwerke hoch, peitschte seinen Raumer aus diesem Inferno - hinein ins Leben! Durch! Hinter ihnen lag die Hölle, in der die Station eines unmenschlichen Gegners verging! Sie stieß das große Ringschiff immer weiter von der Erde ton. Der Raumer jagte auf die Marsbahn zu. Die Erfassung der Bildschirme schaltete sich um. Im letzten Moment! Die unbekannte Station flog auseinander! Abertausende Trümmer rasten durch den leeren Raum und erhellten ihn mit ihrem grellen Glühen. Menschen, die sich ahnungslos am Erdboden aufhielten, mußten glauben, am hellen Tag Sternschnuppen zu sehen. Major Will Pennstick sackte ein wenig zusammen. Die Anspannung, der Start, der Anflug und der Angriff, alles hatte Kraft gekostet. Wieviel? Das wurde ihm erst langsam klar. Aber für ihn gab es keine Pause. Er hatte dem Stab der TF zu berichten. »Hier S-Kreuzer CORLEONE! Vollzug! Station vernichtet. Gehen auf Heimatkurs. Pennstick, Major.«
Der Bildschirm schaltete um, das Konterfei von Marschall Bulton erschien. »Oberst, ich danke Ihnen. Ich erwarte Ihren Bericht nach der Landung!« Bulton schaltete ab und ließ den frisch ernannten Oberst mit seiner Überraschung alleine. Der Marschall wandte sich an seinen Adjutanten, grinste ihn an. »Ordensverleihung sofort nach der Landung. Das ganze Brimborium über alle TV-Stationen. Und möglichst großartig. Stop! Einher To Yukan darf natürlich nicht fehlen. Arrangieren Sie alles!« Der Adjutant erledigte alles über sein Standvipho. Im stillen dachte er nur, wie schnell böse Beispiele gute Sitten verderben konnten. Major Pennstick hatte im Telegrammstil gesprochen, und kaum gehört, hatte der Marschall ihn sich auch schon zugelegt. Die TV-Zentrale meldete sich. »Hier Stab der TF! Ab 9.39 Uhr brauchen wir Zugriff auf sämtliche staatlichen Sender. Vollzugsmeldung an die Koordinationsabteilung des Stabes der TP!« Er rief die Einsatzbereitschaft der Flotte an, aber obwohl Adjutant des Marschalls, hatte er zu warten, weil alle Phasen besetzt waren. Da bemerkte er Bultons strafenden Blick. Verwundert sah er seinen Chef an. »Mein Lieber«, sagte der Marschall, »müssen Sie denn genau wie Pennstick in diesem scheußlichen Telegrammstil sprechen? 10 Freundlich sein kostet nichts! Nächstens freundlicher! Verstanden?« Es war das Glück des Adjutanten, daß der Marschall seine Gedanken nicht lesen konnte: Freundlich sein kostet nichts - bums! Nächstens freundlicher - bums! Verstanden - bums! Und das nennt der Alte nun keinen Telegrammstil! Aber für eine Panne war der Adjutant nicht verantwortlich zu machen. Ember To Yukan meldete sich nicht. »Ist er gefallen?« Kurz darauf stellte sich heraus, daß er mit mittelschweren Strahlungsschäden und leichten Verbrennungen in die Klinik der TF eingeliefert worden war. Don hatte er bereits einen Aufstand angezettelt, weil man ihm eine Verbindung zu seiner Freundin Ellen Cox verweigerte.
Der behandelnde Arzt meinte etwas von »... brauchen unbedingt Ruhe«. Als Bulton dies erfuhr, polterte er in seiner cholerischen Art sofort los. »Mensch, da reißt sich der Mann sozusagen die Beine aus, und dieser unsensible Bürokratenheini verweigert ihm dann auch noch eine einfache Viphoverbindung!« Der Marschall war in seinem Element. Schon zu lange hatte er keinen Dampf mehr ablassen können, und dieser Bürokratenheim kam ihm dafür gerade recht. »Treiben Sie Ellen Cox auf, und sorgen Sie dafür, daß sie an Yukans Krankenbett erscheint, zusammen mit Pennstick!« Bulton trieb seinen Adjutanten wie einen Sklaven an. Der leidgeprüfte Mann schaffte das fast Unmögliche. In dem auf Cent Field herrschenden Chaos fand er nicht nur Ellen Cox und brachte sie eigenhändig zu Yukan, nein, er erzählte den Reportern auch noch eine rührende Geschichte über ein verpaßtes Rendezvous. In einem pompösen Akt wurden dann wenig später beiden Männern die Orden verliehen. Die Zeremonie wurde live aus Yukans Krankenzimmer übertragen, und der Erfolg der TF natürlich entsprechend herausgestellt. Wohl oder übel mußten die beteiligten Personen gute Miene zum bösen Spiel machen, doch eigentlich haßten alle drei diesen Zirkus. Aber Terra brauchte nach den letzten Katastrophenmeldungen über verlustreiche Raumschlachten dringend ein paar neue Helden, und so wurden Pennstick und Yukan für ein paar Stunden die Idole der Terraner. Sie lenkten von den Alltagssorgen ab, bevor sie das Rampenlicht wieder verließen. Nacheinander erwachten die Menschen in der P01NT OF und der ARROW. Das breite Band der Milchstraße funkelte in der Schwärze des Alls. Ein paar Milliarden Sonnen — wieviel es nun tatsächlich waren, wußte immer noch kein Mensch, auch die Nogk und Utaren nicht — schienen das gesamte Universum zu füllen, und doch war diese Galaxis nur eine von vielen Millionen und dazu auch noch eine kleine. »Da wären wir wieder«, sagte Dan Riker, der wie alle anderen auf Anweisung von Hanfstick eine belebende Kapsel geschluckt hatte und nun auf die Wirkung wartete. Dro Ciinc starrte die Bildkugel wie ein Weltwunder an. Sein Blick tastete einen Spiralarm nach dem anderen ab. Ren Dhark be-
obachtete den Schwarzen Weißen. Er hatte vor, ihn trotz der augenblicklich noch bestehenden Verständigungsschwierigkeiten anzusprechen, als die Funk-Z ein Gespräch durchstellte. Janos Szardak dränge darauf, mit Dhark zu sprechen. »Was ist mit der POINT OF los, Dhark? Wir stehen dreiundvierzig Lichtjahre entfernt vom Ringraumer und können ihn ausmachen, als ob das Schiff mit maximaler Sendeleistung seinen Standort hinausschreien würde.« Der Commander verstand kein Wort. 12 »Ja, es ist wirklich eine Kleinigkeit, den Ringraumer zu orten!« behauptete Janos Szardak abermals energisch. »Doorn hat uns daraufgebracht. Er hat es entdeckt. Uns Normalsterblichen wäre es wahrscheinlich gar nicht aufgefallen.« Es wurde wieder unheimlich. Kaum dank der Hilfe der Nogk aus dem nicht ausgereiften Universum zurückgekommen, behauptete Szardak, der Ringraumer sei eine interstellare Heulboje, die ununterbrochen ihren Standort bekanntgäbe. »Szardak, kann ich mit Doorn sprechen?« verlangte Ren Dhark, der aus den Angaben seines Colonels nicht klug wurde. Das Boxergesicht des Sibiriers tauchte auf dem Bildschirm auf. Die roten Haare standen wüst nach allen Seiten ab. »Dhark, es ist tatsächlich so, wie Szardak sagte. Die P01NT OF zieht eine Spur hinter sich her...« Er verstummte, denn auf seinem Bildschirm hatte er Rikers Rippenstoß bemerkt, der dem Commander galt, und dann hörte er auch schon sagen: »Ren, erinnere dich daran, daß wir uns den Kopf zerbrochen haben, wieso die Schwarzen Weißen uns immer wieder aufspürten. Sag mal, hat das alles nicht...?« Um Haaresbreite hätte er von Erron-3 gesprochen, doch Erron-3 war durch die Einnahme einer bestimmten Mentcap nicht mehr in der Erinnerung der Menschen auf der P01NT OF enthalten. Nur Congollon, Dhark und er wußten um das Hauptarchiv der Mysterious im blaßblauen Universum. Hinter Dharks Stirn rasten die Gedanken. Seine P01NT OF hinterließ eine Spur? Sein Erron-Wissen wurde aktiv. Wissen aus einem Weltraum, in dem es scheinbar nur vorbeirasende Lichtbahnen gegeben hatte, bis es ihnen gelungen war, sich der dort herrschenden Zeit anzupassen. Von dieser Überlegung ging er aus.
Flüsternd informierte er seinen Freund Dan. Die anderen durften durch ihre Bemerkungen nicht in Unruhe versetzt werden. 13 Da fragte Arc Doorn von der LUXOR ahnungslos: »Ob diese Spur, die die POINT OF hinterläßt, nicht durch die Benutzung des Materiesenders auf Planet l entstanden ist?« Er konnte nicht verstehen, warum Dhark abgeschaltet hatte. Fragend blickte er Anja Riker an und dann den Colonel. »Ist Dhark in der letzten Zeit nicht schon ein paarmal recht eigenartig gewesen?« »So kann man es auch nennen, Doorn.« Szardak nahm kein Blatt vor den Mund. Auch er hatte sich über den Abbruch der Verbindung geärgert. Es lag doch wirklich kein Grund vor, auf diese Weise ein Gespräch zu beenden. Vor allen Dingen wußte der Commander doch immer noch nicht, wie Arc Doorn zu seiner bestürzenden Entdeckung gekommen war. Mit den normal arbeitenden Ortungsgeräten konnte die Spur jedenfalls nicht erfaßt werden. Anja Riker war wieder in den Hintergrund der Zentrale getreten. Seit sie mit Dan verheiratet war, hatte sie das Warten gelernt. Manchmal war es nutzlose Kraftverschwendung, unbedingt ein Gespräch zu suchen. Anja wußte, daß Dan oft einfach zu viel um die Ohren hatte, daß er immer wieder von neuen Aufgaben beansprucht wurde. Es tat ihr allerdings weh, daß Dan dies mehr oder weniger als selbstverständlich hinnahm. Ihr gegenüber gab er selten zu erkennen, daß er sie so vermißte wie sie ihn. Ich wußte ja, was auf mich zukommt. Seit dem Augenblick, an dem ich mich mit Dan einließ! ging es resignierend durch den Kopf der Spezialistin für die Supermathematik der Mysterious. Zwei Stunden später, nachdem auch der letzte Techniker und Ingenieur im Schiff auf eine Aufgabe angesetzt worden war, sagte Dhark zu seinem Freund: »Dan, wir müssen Szardak anrufen. Er und Doorn werden inzwischen nicht gerade freundlich über uns gesprochen haben...« »Und darf ich dich so ganz nebenbei auch einmal daran erinnern, daß sich Anja an Bord der LUXOR befindet, mein lieber Ren?!« Dhark konnte seinem Freund den scharfen Ton der Frage nicht übelnehmen, auch wenn er ihn nicht für angemessen hielt. 14 Sie hatten doch nur das Notwendige getan: waren von einem Deck zum anderen gerast, hatten hier kontrolliert und dort Messungen vorgenommen; sie hatten Ingenieuren Anweisungen erteilt, daß die den Mund nicht mehr schließen konnten, und mehr als
zehnmal waren sie gefragt worden: »Großer Himmel, woher haben Sie denn dieses Wissen?« Und so oft man sie gefragt hatte, so oft hatten sie sich wieder auf die angeblich posthypnotische Beeinflussung berufen und zugesichert, dieses Phänomen später zu klären. Dhark fragte sich allerdings, wie lange sie diese Ausrede noch glaubwürdig verkaufen konnten. Der Sibirier mußte dringend informiert werden. Ein solcher Versprecher wie bei dem letzten Kontakt durfte nicht noch einmal passieren... Dhark teilte Dan seine letzten Überlegungen mit. »Ich frage mich auch, wie lange diese Geheimniskrämerei noch funktionieren soll«, war Dans lapidarer Kommentar. Darauf wußte auch der Commander keine Antwort. Ein hilfloses Schulterzucken war seine einzige Reaktion. Nach zwei weiteren Stunden intensiven Nachforschens hatten sie dann endlich die von Szardak und Doorn gemeldete Spur entdeckt, die von ihrem Schiff erzeugt wurde. Sie hatten sie aus dem blaßblauen Universum mitgebracht. Die POINT OF erzeugte, ob gelandet, beim Flug mit Sie beziehungsweise Stemensog oder im freien Fall mit beiden Intervallfeldern semistabile Schwingungen, die sowohl den Normal- als auch den Hyperbereich belasteten. Das wäre nicht von großer Bedeutung gewesen, wenn dieses Schwingungsphänomen nicht durch die Störungen im elektromagnetischen Feld der Galaxis eine Art Langzeiteffekt bekommen hätte. Die Spur der POINT OF verging erst nach 19 Stunden, 33 Minuten Nonnzeit. Der Translator, ein Erzeugnis der Rateken, wurde in die Zentrale geschafft. Bislang hatten vermeintlich dringendere Aufgaben immer wieder verhindert, daß man sich mit Dro Cimc befaßte. Der Wer erkannte den Zweck dieses monströsen Kastens fast 15 sofort. Nach zehn Minuten war das klobige Gerät in der Lage, einfache Sätze zu dolmetschen. Dro Cimc wurde mit der terranischen Zeiteinteilung vertraut gemacht, und dann richtete man an ihn die Frage, wie lange die Spur des Ringraumers feststellbar blieb, die von Tel-Schiffeil verfolgt wurde. Der Schwarze Weiße, der so menschlich wirkte, aber trotzdem kein Mensch war, benötigte knapp eine Minute, um mit der neuen Zeitrechnung fertig zu werden und die Frist zu errechnen. »19 Stunden, 35 Minuten!« übersetzte der Translator seine Angaben.
Weder Dhark noch Riker sagten ein Wort. Beide waren wie vor den Kopf geschlagen. Kleine Ursachen - unheimlich große Auswirkungen. Allein wegen dieser Spur hatten die Tel mehrere hundert Raumschiffe verloren. Allein wegen dieser Spur mußten siebzehn Sonnen untergehen. Im Blaßblauen waren die Intervalle verändert worden. Niemand im Schiff hatte das bemerkt, weil die Aggregate für den oberen und unteren Intervallbereich bisher wartungsfrei gearbeitet hatten. Doch nach der Überprüfung stellte sich nun heraus, daß sich beide durch die Dauerbelastung im blaßblauen Universum im Bereich der Sidin-Reter nach Minus 3 verschoben hatten. Sofort wurden die Intervallgeneratoren wieder auf Null justiert. Die Funk-Z stellte Kontakt zur LUXOR her. »Na?« fragte Dhark und seine Augen glänzten vor diebischer Freude. »Hinterlassen wir immer noch eine Spur, und darf man die POINT OF jetzt auch noch eine interstellare Heulboje nennen?« »Gratuliere!« sagte Doorn spontan. »Ich bin sprachlos. Nicht mehr das geringste festzustellen. Woran hat es denn gelegen? An den Intervallen?« »Ja, es lag an den Aggregaten, die die Intervalle erstellen. Bei beiden war der Sidin-Reter um drei Einheiten verschoben.« In der Zentrale des S-Kreuzers LUXOR sagte ein Mann mit breitflächigem Gesicht und Boxernase: »Sidin-Reter...? Dhark, 16 wovon reden Sie?« Wenigstens ein halbes Dutzend Fragezeichen schwangen in seinen Worten mit, und in seinen Augen stand Mißtrauen. Unverwandt starrte er den Commander an. »Ich habe inzwischen von Mix l, 2 und 3 gehört. Von Gringer und Bifer, und jetzt...« Das Thema durfte nicht weiter behandelt werden. Unter keinen Umständen. Mit einem kurzen Blick verständigten sich Riker und Dhark. Riker schaltete sich dazwischen. »Doorn, später mehr. Wir haben uns schon per Funk von den Nogk verabschiedet und uns für ihre Hilfe bedankt. Der Checkmaster berechnet gerade für alle drei Schiffe die Sprungdaten. Jeder Raumer transitiert für sich allein. Kurs bekannt - Terra. Dhark und ich haben augenblicklich noch einige wichtige Dinge zu klären. X-Zeit läuft bereits. Ende.« Dans wehmütiger Blick galt Anja, die er erneut nicht sprechen konnte.
Ren merkte, was in seinem Freund vorging. Blitzschnell aktivierte er noch einmal die Verbindung zur LUXOR. »Anja!« Gerade war noch zu sehen, wie die junge Frau die Zentrale verlassen wollte, als sie der Ruf zurückhielt. Gespannt schaute sie zum Bildschirm. »Anja, ich verspreche dir, daß ihr beide auf Terra genügend Zeit für euch haben werdet, sobald wir gelandet sind. Und niemand wird euch stören — wirklich niemand. Diesmal halte ich mein Versprechen. Ganz bestimmt. Auf Wiedersehen auf Cent Field!« Der Schirm wurde grau, die Tonphase lag still. Und auf der POINT OF und der LUXOR gab es zwei Menschen, die der Rückkehr nach Terra ungeduldig entgegenfieberten. Dann kam die erste Transition, die die POINT OF in Richtung Terra ins Stemenmeer hineintrug. Achthundertzweiundzwanzig Raumer waren nach Esmaladan 17 unterwegs. Der Notruf der Utaren war auf Terra nicht verhallt, aber der Stab der TF konnte nicht mehr Schiffe zu den Humanoiden mit den großen Knopfaugen entsenden, denn die Erde befand sich selbst in akuter Gefahr, wie der Angriff durch die Station des unbekannten Gegners bewiesen hatte. Der große Schiffsverband stand bei diesem Unternehmen unter dem Oberbefehl von Colonel Huxley. Der Colonel hatte abermals darauf zu verzichten, sein PO-Schiff zu benutzen. Er hatte nicht einmal den Antrag gestellt, weil er einsah, daß seine FO-1 ein Fremdkörper im Gesamtverband wäre. P.S. Clark, Huxleys Kampfgefährte während der letzten Auseinandersetzung mit den Schattenschiffen, war vorübergehend aus dem aktiven Dienst genommen worden. Die seelischen Belastungen, unter denen Clark stand, nachdem er zweimal einen Großteil seines Geschwaders verloren hatte, machten diese Zwangspause notwendig. Drei Stunden nach Eingang des utarischen Notrufes jagten die terranischen S-Kreuzer in Richtung Esmaladan davon. Korporal Nasuba gab sofort Alarm, als dicht vor der Ast-87 ein Raumschiff rematerialisierte und mit hoher Unterlichtfahrt in Richtung Erde weiterjagte. Alarm über To-Funk!
Alarm an alle Ast-Stationen und an die Erde! Dann maß er die zweite Struklurerschütterung an und keine Sekunde später die dritte! Großalarm! Angriff aus dem Raum durch einen unbekannten Schiffsverband! Sensorische Automatik, gekoppelt mit der Technik der Myste rious, wurde aktiv, Ein paar tausend Männer wurden auf ihre Stationen gerufen. 18
Mehrere hundert Ortungsanlagen griffen nach den drei Schiffen,
die Terra anflogen. Auch die Orter der Erde; auch die von Cent
Field.
Energieortung! Werte an den großen Suprasensor! Kaum hatte er sie erhalten, als er den Großalarm abstellte. Drei Offiziere und fünf Mannschaftsgrade starrten sich verblüfft an. Einer kam auf den klugen Gedanken, endlich die ausgestoßene Folie zu lesen. »Himmel und Sterne! Wir haben es mit der POINT OF zu tun! Der Commander kommt zurück! Der Commander...« Korporal Nasuba auf der Ast-87 bekam für seinen Alarm keinen Tadel. Der Kommandant der Station klopfte ihm auf die Schulter und meinte nur: »Sie haben richtig gehandelt. Es hätten ja auch die Schatten oder andere Angreifer sein können. Seien wir froh, daß es Dhark mit seinen Leuten ist. Machen Sie weiter so, ich bin stolz auf Sie. Und, Nasuba, Sie haben für den Rest des Tages dienstfrei!« Die Augen des Astkommandanten verfolgten sehnsüchtig den Flug der POINT OF und ihrer beiden Schwesterschiffe auf dem Ortungsschirm. Zu gerne würde auch er auf einem dieser Schiffe Dienst tun, aber seine Aufgabe war hier im Sol-System - und diese Aufgabe war mindestens ebenso wichtig! Die Trümmer lagen noch auf dem Raumhafen, als die POINT OF zusammen mit Szardaks LUXOR und Larsens ARROW aufsetzte. Die Trümmer und die tiefen Schmelzspumnnen im Plastikbeton waren nicht zu übersehen. Überall wölbten sich Prallschirme über den Trümmerhaufen, um die r-Strahlung einzudämmen. Die Techniker der TF tüftelten schon seit längerem an einem Verfahren, Schiffe bei Alarmstart in ein Prallfeld zu hüllen, welches zusammen mit den Strahlungsabsorbern die unangenehmen und lä
19 stigen Begleiterscheinungen der Antriebsaggregate minimieren sollte. Diese Felder waren jetzt einsatzbereit, aber ihr erster Einsatz verlief ganz anders als ursprünglich vorgesehen. Die Besatzungsmitglieder der drei gelandeten Ringraumer konnten sich an den Bildgebern über die Situation auf Cent Field informieren. Und niemand in den Schiffen brauchte eine besondere Erklärung. Was hier vorgefallen war, war offensichtlich. »Schöner Urlaub!« preßte Dan Riker zwischen seinen zusammengekniffenen Lippen bitter hervor. »Dan, schnapp dir Anja, macht euch ein paar schöne Stunden. Ich verspreche dir, daß ich alles von euch fernzuhalten versuche. Nimm die 001, ich...« Dhark konnte den Satz nicht beenden, so schnell reagierte sein Freund. »Danke, Ren, das vergesse ich dir nie!« Dan drehte sich um und rannte aus der Zentrale, direkt zu den Flashdepots. »Morris, Verbindung zur LUXOR, Anja Riker. Schnell!« Der Funker stellte sofort durch. Dans Frau schaute dem Com mander überrascht entgegen. »Anja, Dan kommt mit der 001. Stell jetzt keine Fragen!« Die Verbindung war bereits wieder unterbrochen. Während Dan Riker und seine Frau Anja mit dem Flash nach Alamo Gordo flogen, um ein paar ruhige Stunden zu genießen, gab Ren Dhark Order, die maßgeblichen Politiker und Militärs sofort zu einem persönlichen Informationsaustausch zusammenzuholen. Er wollte so bald wie möglich über die neusten Entwicklungen auf der Erde und im terranischen Interessenbereich informiert werden und auch seine eigenen Erkenntnisse weitergeben. Eine Stunde später saßen die Verantwortlichen zusammen. Dhark eröffnete die Sitzung mit einer kleinen Begrüßungsrede und entschuldigte die Abwesenheit Dan Rikers. Die Konferenz hätte zwar auch per Bildschirm abgehalten werden können, aber der persönliche Koniakt war dem Commander einfach lieber. Das Slandvipho unterbrach seine Rede. Echri Ezbal meldete sich aus dem Brana-Tal. Dort hielt sich Dro 20 Cimc auf. Er sollte versuchen, die einundneunzig Tel zum Sprechen zu bewegen. »Dro Cimc ist schwer verletzt. Wir haben ihn im letzten Moment retten können. Wie auf Kommando fielen die anderen Schwarzen Weißen über ihn her. Man hatte sich eine unfeine Todesart für ihn ausgedacht. Sie wollten ihn toltrampeln. Um ein Haar wäre es ihnen auch geglückt.«
Dro Cimc schwer verletzt. Ren Dhark empfand große Sympathie mit diesem Tel, der sich in einer hoffnungslosen Situation für die Terraner entschieden hatte, obwohl er einmal der erbittertste Feind der POINT OF gewesen war. Henner Trawisheim konnte nun Bericht erstatten. Er kam auf die Transmitter-Straßen zu sprechen, auf die drei unterseeischen Werften auf Dockyard, die allerdings stillstanden, und auf die Welt der Giants, von der nun vier Cyborgs sowie Chris Shanton und Jos Aachten van Haag verschwunden waren. Aber auch kein einziger Giant war auf diesem Planeten mehr anzutreffen. »Wir haben die Zentrale, in der vorher von Giants die Transmitter-Straßen überwacht wurden, besetzt, doch mit der Technik kommen wir nicht klar...« Ren Dhark nahm zu allem keine Stellung. Er schwieg auch, als Marschall Bulton vorgetragen hatte. »... Die Berichte aus dem Raum um Esmaladan lassen hoffen, daß es unseren S-Kreuzem gelingt, mit den unbekannten Stationen fertig zu werden. Huxley hat den Befehl, unter allen Umständen zu versuchen, eine Station zu erobern, damit wir endlich erfahren, mit wem wir es zu tun haben. Außerdem müssen wir mehr über die Technik der Angreifer herausfinden. Derartige Verluste wie bei den letzten Begegnungen kann die TF nicht lange verkraften weder was Mannschaften noch was Raumschiffe angeht.« Manu Tschobe trat ein. Er war von Dhark angefordert worden und kam gerade aus dem Brana-Tal, wo er immer wieder seinen 21 Studien nachging, sobald es ihm die Zeit und die Umstände erlaubten. Dockyard wurde von Major Robert Füller und seinen Sicherheitstrupps beaufsichtigt. Tschobe war nicht in der Lage, die plötzlich stillgelegten Produktionsstätten wieder zu aktivieren. Chris Shanton wäre der richtige Ansprechpartner gewesen, aber der war leider verschollen. •»Manu, Sie haben mit den Cyborgs gesprochen. Auf zwei Planeten, die jeweils am Ende von Transmitter-Straßen lagen, sind sie auf Goldene Menschen gestoßen?!« Tschobe berichtigte. »Im letzten Fall lag der Planet mit der Statue des Goldenen Menschen nicht am Ende einer TransmitterStraße, sondern der Weg führte von dort aus weiter. Die Gegenanlage ist jedoch durch Carrell zerstört worden. Wo beide Planeten zu suchen sind, haben wir noch nicht feststellen können. Wir ha-
ben einfach zu wenige Spezialisten, vor allem jetzt, wo durch die Auswanderungswelle alle Fachbereiche ausgedünnt werden mußten. Und unser Verfahren der Hypnoschulung ist leider noch lange nicht ausgereift.« Trawisheim und Bulton warfen sich vielsagende Blicke zu. Sie waren vom Commander enttäuscht. Um die Alltagssorgen der Menschen kümmerte er sich auffallend wenig; er halte weder Kritik an ihren Entscheidungen getroffen noch sie gelobt. Doch über die Standbilder des Goldenen Menschen konnte er nicht genug erfahren. Bulton mischte sich ein. »Commander, wir haben den ersten Tofirit-Ringraumer in Dienst gestellt und mit drei Triebwerken aus der Fertigung der Mysterious bestückt. Der Durchmesser der Ringröhre beträgt vierhunden Meter bei einem Hohlmaß der Röhre von neunzig Metern. Das Schiff befindet sich augenblicklich zur Erprobung im Bereich Wega und...« »Darüber möchte ich morgen unterrichtet werden, Bulton.« Dhark unterbrach den Marschall brüsk und wandte sich wieder Tschobe zu. »Warum haben Sie die Suche nach den vermißten 22
Männern abgebrochen, Tschobe?«
»Sie befinden sich nicht mehr auf dem Planeten der Giants oder sie sind tot. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht. Glauben Sie etwa, dieser Entschluß wäre mir leichtgefallen, Dhark?« Tschobe schaute dem Commander fest in die Augen. Er war wütend über den versteckten Vorwurf Dharks, nur deshalb wich er dessen Blick nicht aus und schaute zur Seite, wie er es sonst getan hätte. »Tschobe, bitte entschuldigen Sie, so war es nicht gemeint!« Dhark hatte gehofft, weitere Details zu erfahren. »Übrigens, Manu, haben Sie als Arzt etwas dagegen einzuwenden, wenn wir Spezialisten in großem Maßstab mit Mentcaps aus dem Mysterious-Archiv auf Deluge schulen? Sehen Sie gesundheitliehe Probleme? Wenn nicht, koordinieren Sie doch bitte mit Trawisheim den Einsatz. Sie wissen ja, wie mit den Mentcaps umzugehen ist.« Henner Trawisheim schlug sich mit der flachen Hand an die Stirn. »Das Archiv. Natürlich, wie konnte ich das nur vergessen?!« »Trawisheim, das zeigt doch nur, daß auch ein Cyborg nicht unfehlbar ist!« warf Dhark in die Runde. Mentcaps, diese kleinen weißen Kugeln, die das Archiv der Mysterious auf gedankliche Anforderung auswarf, beinhalteten in
komprimierter Form das Wissen über ein bestimmtes Sachgebiet. Man schluckte die Pillen, und schon kurze Zeit später verfügte man über Kenntnisse, welche man sich nur in jahrelangem Studium hätte aneignen können. Dhark und seine Freunde hatten allerdings rasch feststellen müssen, daß sich das neuerworbene Wissen bald wieder verflüchtigte, wenn man sich nicht ausführlich mit dem entsprechenden Sachgebiet befaßte. Aber dieses Thema war für den Commander bereits erledigt. »Was hat sich in der Zeit unserer Abwesenheit noch Wichtiges ereignet?« Trawisheim und Bulton überprüften noch einmal ihre Aufzeichnungen. »Die einzelnen Minister hätten vielleicht noch einiges vorzutragen.« 23 Dhark winkte ab und lächelte Trawisheim an. »Dafür habe ich Sie. Damit möchte ich mich nicht beiasien, und vor allen Dingen verstehe ich nicht viel davon. Nun darf ich Sie in kurzen Zügen über unseren Forschungsflug informieren. Ein Teil des Berichtes ist so geheim, daß ich Sie, Tschobe, und alle anderen Anwesenden außer Trawisheim und Bullon, bitlen muß, uns allein zu lasseil.« Der Afrikaner nahm es dem Commander nicht übel. Ohnehin hatte er von ihm gerade eine vertrauensvolle Aufgabe übertragen bekommen. Er erhob sich wortlos und schloß sich den Männern und Frauen an, die den Raum verließen. Zwitt und Planet l mit dem Materiesender waren bekannt, aber niemand wußte, wohin der Versuch mit dem Sender die POINT OF gebracht hatte. Erron-3, das Hauptarchiv der Mysterious, kam zur Sprache. »... Wir haben es mit einer gigantischen Schatzkammer des Wissens zu tun, die so unwahrscheinlich viel enthält, daß sie eine unheimliche Verführung für jeden Menschen darstellt. Würden wir das Wissen rigoros ausbeuten und uns nutzbar machen, dann könnten wir von heute auf morgen unsere Technik auf den Schrotthauten werfen, und uns der Errungenschatten der Geheimnisvollen bedienen. Welche Folgen es haben müßte, liegt auf der Hand. Wir hätten in wenigen Monaten ein paar starke Interessengruppen auf der Erde, die alles einsetzen würden, um die anderen zu überflügeln. Diese Gruppen würden auch vor einem globalen Krieg nicht zurückscheuen. Darum darf das Mentcap-Wissen von Erron-3 nur dosiert auf die Erde gelangen, und es darf bis auf einen engen Kreis Vertrauter
nicht bekannt werden, wo Erron-3 liegt. In jedem Fall muß von einer speziellen Runde beschlossen werden, ob Erron-3 im blaßblauen Universuni angeflogen wird oder nicht. Ich selber möchte diese Verantwortung nicht alleine tragen müssen. Neben uns Anwesenden sollten der Runde noch Dan Riker als mein Stellvertreter und Echri Ezbal als Humanist angehören. Sind Sie einverstanden, meine Herren?« 24 Von den beiden anderen kam zustimmendes Kopfnicken. »Henner, stellen Sie bitte für alle Fälle noch eine Reserveliste vertrauenswürdiger Leute zusammen!« Und dann schloß der Commander seinen Bericht mit der Ankündigung, sich in dieser Nacht auszuschlafen. »Morgen möchte ich mit Ihnen besprechen, welche Wege einzuschlagen sind, um mit den Tel zu einem Bündnis zu kommen. Leider fällt Dro Cimc durch den unvorhergesehenen Zwischenfall im Brana-Tal aus. Übrigens, morgen wird dann auch Dan Riker wieder anwesend sein.« Die Besprechung war beendet. Gemeinsam mit den beiden anderen verließ Dhark den Konferenzraum und schritt zum A-GravLift, der ihn zwei Etagen höher tragen sollte. Die erschöpften Männer hatten sich nichts mehr zu sagen. Mit einem gemurmelten »Gute Nacht« verabschiedeten sie sich voneinander. Bei Dhark blitzte nur einmal kurz ein Gedanke an Anja und Dan auf. Wie es den beiden jetit wohl gehl? Zehn Minuten später lag der Mann, der den Menschen den Weg ins Weltall gezeigt hatte, in seinem Bett und schlief traumlos und tief. Und so bekam er auch nichts davon mit, daß alle wichtigen TVStationen in Wort und Bild über die Rückkehr des Commanders berichtelen. Die Schlacht um Esmaladan ging ihrem Ende entgegen. Terra hatte einhundertsiebzehn S-Kreuzer verloren. Total Verluste! Einunddreißig Schiffe waren in Nottransitionen dem Vernichtungsfeuer der unsichtbaren Stationen im letzten Moment entkommen. Ihre Besatzungen warteten zwischen Hoffen und Bangen, daß sie aufgefunden und zur Erde gebracht wurden. Mörderisch hatte der heimtückische, feige Angreifer unter den
Flottenverbänden der Utaren gewütet. Die Pyramidenraumer, die es in mancher Beziehung mit den Ringschiffen der Terraner auf nehmen konnten, hatten weder mit ihrem Blauen Feld noch mit dem Weißen Strom viel ausgerichtet. Sie waren zu Spielbällen geworden, die der Gegner nach Belieben vernichtete oder schwer beschädigt davontreiben ließ. Doch in einem Punkt hatte er den kleinen menschenähnlichen Wesen mit den großen Knopfaugen nichts anhaben können: Sie ließen sich nicht den Schneid abkaufen! Immer wieder griffen sie mit ihren dezimierten Verbänden jene Stellen im Raum an, an denen sie die unsichtbaren Riesenstationen vermuteten. Colonel Huxley setzte P.S. Clarks bewährte Kampftaktik ein, die bislang gegen die Schattenstationen noch immer zum Erfolg geführt hatte. Doch er mußte erkennen, daß sich der Gegner schnell auf dieses Manöver eingestellt hatte. Er verzichtete darauf, einen oder mehrere fiktive Kampfstrahlen einzusetzen, um damit den Standort einer Station zu verschleiern. Scheinbar kostete es ihn kaum Anstrengungen, plötzlich nach allen Seiten lunndicke, gebündelte Energiefinger in den Raum zu stoßen. Aber um eine Abwehr noch schwieriger zu machen, veränderten sich alle Standorte schnell, und manchmal lagen so große Distanzen dazwischen, daß der kampferprobte terranische Geschwaderführer davon ausging, daß der Gegner mit Kurztransitionen arbeitete. Seit dem Eintreffen der S-Kreuzer war Esmaladan nicht mehr angegriffen worden, aber die Gefahr für den Planeten der Utaren bestand nach wie vor. Die gewaltigen unterirdischen Anlagen, die den planetarischen Schutzschirm erzeugten, waren schon mit dem ersten vernichtenden Feuerschlag zum größten Teil ausgeschaltet worden. Noch während der Kampfhandlungen arbeiteten die Utaren in aller Eile daran, die Anlagen zu reparieren und den Prallschinn wiederherzustellen. Bislang leider ohne Erfolg! Die Weisheit, die Exekutive und Legislative der Utaren, hatte kein einziges Mal versucht, den Menschen Vorschriften zu machen: Die hoheitsvolle Arroganz, welche die kleinen Wesen ge 26 genüber den Terranern bisher stets demonstriert hatten, war nun einer ebenso demonstrativen Zurückhaltung gewichen. Die Reste der manschen Verbände hatten sich widerspruchslos dem Kommandanten der S-Kreuzer unterstellt. »Rückendeckung! Feuerschutz!« So lauteten die einzigen Befehle an die Utaren. Plötzlich spielten sie, deren Rotte den Einhei-
ten Terras zahlenmäßig überlegen war, nur noch eine zweitrangige Rolle. Aber bereits zu Beginn der Kampfhandlungen, als sich abzeichnete, welche Rolle die Utaren übernehmen müßten, hatte Huxley seine Kommandanten nachdrücklich darum ersucht, auf die Gefühle der knopfäugigen Wesen Rücksicht zu nehmen. Die Utaren sollten auf keinen Fall den Eindruck vermittelt bekommen, nur noch zweitrangig zu sein oder gar als Kanonenfutter zu dienen! Innerhalb einer knappen Stunde wurden vier unsichtbare Stationen vernichtet - der Preis der terranischen Flotte dafür war erschreckend hoch, und auf der Erde würden wieder sehr viele Mütter, Frauen und Freundinnen trauern - doch plötzlich änderte sich das Bild. Die Fremden setzten jetzt Raumschiffe ein, die ebenfalls weder geortet noch gesehen werden konnten. Huxley erinnerte sich seines Kampfes gegen ähnliche Schiffe im Machtbereich der Nogk. Bevor er sich mit Major Marc Bieg, einem Kommandanten über zweiundfünfzig S-Kreuzer, in Verbindung setzen konnte, brach der To-Funk zusammen. Der Gegner brachte eine weitere gefährliche Waffe zum Einsatz. Weder mit Terra noch Esmaladan war Verbindung zu bekommen, und S-Verbände, die mehr als drei Lichttage entfernt standen, konnten auch nicht mehr erreicht werden. Marc Bieg, der einen Augenblick gestutzt hatte, nachdem die Verbindung mit Huxley abgebrochen war, handelte unverzüglich. Auf Nahdistanz arbeitete To-Funk noch. Er informierte die Kom mandanten des Pulks, der seinem Befehl unterstand. »Colonel Huxleys Koordinaten sind bekannt. Kurztransition so 27
schnell wie möglich durchführen.«
Von allen Seiten griff der unsichtbare Feind an. Er mußte auf unerklärliche Weise Verstärkung durch leiehtbewegliche Raumschifte herangeführt haben. Er wollte den Ausgang dieses Kampfes keinesfalls dem Zufall überlassen. Der schwarze Raum riß wieder auf. Strahlbahnen zerplatzten an stabilen Intervallen, und Energiekaskaden wirbelten in alle Richtungen davon. Die Utaren nahmen ihren Auftrag sehr ernst, den Terranern Rückendeckung zu geben. Todesmutig, beinahe mit selbstmörderischer Wut, rasten ihre Pyramidenschiffe jenen Stellen entgegen, von denen scheinbar aus dem Nichts heraus Strahlbahnen abgin-
gen. Die Utaren überschütteten die jeweiligen Raumsektoren mit Abermillionen weißer Materiekugeln, die die Deflektorschirme der Unsichtbaren überladen und sichtbar machen sollten. Doch bisher endete jeder Versuch ohne greifbares Resultat. Der hyperenergetische Magnetstrahl, besser als Blaues Feld bekannt, schien ebenfalls wirkungslos zu sein. Nur drei S-Kreuzer, die in seinen Bereich gerieten, bekamen die Wirkung des Blauen Feldes zu spüren. Biegs Verband, der aus zweiundfünfzig Schiffen bestand - er hatte bislang noch keine Ausfälle gehabt - fand keine Gelegenheit zur Kurztransition, weil hochbelastele Intervalle oft dicht vor dem Zusammenbruch standen, oder weil Kommandanten ihre Schiffe in riskanten Ausweichmanövern aus der Feuerlinie herausbringen mußten. Eiskalte Wut bestimmte nun das Handeln des Majors. Der ToPunk über kurze Distanz arbeitete erstklassig. Er meldete den anderen Kommandanten die vermutete Position des unsichtbaren Schiffes, das aus Rot aus allen Antennen feuerte. »... X-Zeit in zehn Sekunden. Konzentrischer Angriff auf Koordinatenbereich. Fächerstellung!« X-Zeit kam. Zweiundfünfzig Ringraumer rasten los, kümmerten sich nicht 28 mehr um die anderen unsichtbaren Schiffe, sondern griffen mit der geballten Kraft ihrer Strahlantennen einen einzigen Punkt im Raum an, Sternensog riß die Schiffe vorwärts. Abermillionen Kilometer wurden in Sekundenbruchteilen zurückgelegt. Die Andruckausgleicher in den Raumern wurden bis zur maximalen Leistung belastet. Sie heulten und kreischten, ebenso wie die Konverter, Transformer und Speicherbänke. Märe Bieg, der untersetzte, dunkelhaarige Mann mit der kleinen Stupsnase, die seine markanten Gesichtszügen ein wenig weicher machte, verfolgte über die Bildschirme die Manöver seiner Schiffe. Exakt nahmen sie Fächerposition ein. Sie rasten durch die turmdicken Strahlbahnen und beachteten die gierigen Energiefinger nicht, die ihnen verwehren wollten, eine neue Kampfformation einzunehmen. Ziel in Schußweite! Ein Ziel im Nichts!
Ein Ziel, von dem niemand wußte, ob es dort, woher die titanischen Kampfstrahlen kamen, auch zu treffen war. Nadel! Nur Nadelstrahlen! Sie setzten jede Materie in Energie um und durchschlugen die meisten Prallschirme mit Leichtigkeit! Zweiundfünfzig Ringraumer, die einmal Robotschiffe gewesen waren, übersättigten einen relativ kleinen Sektor im Weltraum mit Nadelstrahl-Energie! Die Sekunden vergingen. Das unsichtbare Schiff wehrte sich mit verzweifeltem Abwehrfeuer. Ein Ringraumer ging mit einem großen Loch in Deck eins und zwei in Nottransition. Drei andere S-Kreuzer zerplatzten einfach unter Volltreffern, waren für einen kurzen Augenblick eine neue, schaurig schön anzusehende Sonne, bevor die Schwärze des Alls wieder alles übertünchte. Aber die anderen Schiffe hielten ihre Stellung, feuerten immer weiter ohne Unterbrechung. Plötzlich zerriß weiter vor ihnen etwas. Die auf Maximum ge 29 schaltete Televergrößerung zeigte dem Kommandanten über die Bildschinne ein schwarzes, langgestrecktes Etwas. Doch was sie dort sahen, konnte einfach nicht alles sein. Vom und hinten fehlten Teile. Das gab dem Fremden ein bizarres, beinahe unglaubwürdiges, fremdes Aussehen. Alles dauerte nur vier, fünf Sekunden. Danach gab es nur noch eine gigantische, grell leuchtende Sonne, die immer schneller wuchs und sich in turbulenten Reaktionen nach allen Seiten ausbreitete. »Ziel Nummer zwo!« Wie eine Bulldogge hockte Bieg vor der Steuerung und bellte seine Anweisungen an die restlichen Ringraumerkommandanten in Richtung To-Funk. Die Rückendeckung der Utaren machte sich langsam bemerkbar. Sie band die anderen unsichtbaren Schiffe und nahm ihnen einen Teil ihrer Beweglichkeit. Ziel Nummer zwei wurde in der gleichen Formation angegriffen, und diesmal waren Teile des fremden Raumschiffes weniger als zwei Sekunden lang sichtbar. Es wurde nicht zu einer Sonne, sondern flog in einer einzigen Explosion auseinander. Zerfetzte, verbogene Trümmerstücke wirbelten nach allen Seiten durch den Raum. »Ziel Nummer drei...« Major Marc Biegs Pulk stellte sich immer besser auf den Gegner ein. Momentan hatte der Major auch keine weiteren Verluste zu
verzeichnen. Wurde der unsichtbare Gegner etwa nervös? Sein Strahlbeschuß lag nicht mehr so genau im Ziel! Ringraumer, deren Intervall zusammengebrochen war, bekamen Gelegenheit, die Schutzschirme wieder aufzubauen. Dabei war noch vor kurzer Zeit der Verlust des Intervallfeldes gleichbedeutend mit dem Untergang des Raumschiffes! Und dann gab es Ziel Nummer fünf auch nicht mehr, und auch keine unsichtbaren Hornissen, die nur das eine Ziel kannten — jedes fremde Schiff zu vernichten. Die Fremden hatten sich abgesetzt! 30 Ohne Strukturerschütterung! Sie kamen und gingen ebenso unauffällig wie die unsichtbaren Riesenstationen. Diese Intelligenzen mußten das Transitionsverfahren meisterhaft beherrschen und in der Lage sein, die verräterischen Gefügeerschütterungen vollkommen zu unterdrücken. »Transition zu Huxleys Standort!« befahl Marc Bieg. Er traf mit achtundvierzig S-Kreuzern ein. Gerade zur rechten Zeit. Sieben Ringraumer waren von Schiffen der Unsichtbaren von allen Seiten unter Feuer genommen worden und befanden sich in einer hoffnungslosen Lage! Auf drei Ringraumern wütete bereits der Atombrand - sie waren nicht mehr zu retten! »Angriff!« bellte Bieg über To-Funk. Seine Kommandanten waren jetzt sicherer geworden. Sie schlössen sich zu je sechs Schiffen zusammen und griffen mit der Taktik an, die sie nun schon mehrmals mit so großem Erfolg praktiziert hatten. An drei verschiedenen Stellen gleichzeitig entstanden Sonnen. Eine von ihnen war hundertmal größer als die beiden anderen. Sie riß eine angreifende Staffel von sechs Ringraumers aus Biegs Verband mit in den Untergang. Für die S-Kreuzer gab es kein Entkommen aus dieser Energiehölle. Aber erneut war eine der gigantischen Stationen vernichtet worden und mit ihr zwei Schiffe der Unsichtbaren. Die Schlacht um Esmaladan ging mit ungebremster Härte weiter, doch langsam neigte sich das Pendel zugunsten der Utaren und Terraner. Dreizehn S-Kreuzer mit ihren Besatzungen gingen noch verloren, und elf Schiffe verschwanden nach schweren Treffern in Nottransitionen, aber dann war der weite Raum um Esmaladan plötzlich frei von den turmdicken Strahlbahnen, die scheinbar aus dem Nichts kamen.
Der heimtückische Angreifer hatte sich unbemerkt abgesetzt. Colonel Huxley hatte längst Bestandsaufnahme gemacht. Vierzig Schiffe setzte er in Marsch, die nur die Aufgabe hatten, die 31 schwer beschädigten Raumer zu bergen oder wenigstens die überlebenden Besatzungen aufzunehmen. Da kam der erste verzweifelte Funkspruch durch. To-Funk arbeitete wieder, nachdem die Unbekannten verschwunden waren. Werden viw unsichtbaren Schiffen unf^egriffen! »Diese Leichenfledderer! Diese Bestien!« In ohnmächtiger Wut mußte Huxley warten, bis die Standortkoordinaten der angegriffenen Havaristen berechnet waren, ehe er seinen Raumschiffskommandanten konkrete Anweisungen für den Rettungseinsatz geben konnte. Huxley und Bieg stimmten sich in wenigen Sekunden über ToFunk ab. Dann rasten alle noch einsatzbereiten Kreuzer los. Das Raum-Zeit-Kontinuum erzitterte unter den vielen Strukturerschütterungen. Bis auf dreihundert Lichtjahre hinter Esmaladan sprangen die terranischen Schiffe. Unbarmherzig schlugen sie zu, wo sie auf die Unsichtbaren trafen, aber die Vernichtung von sechs weiteren S-Schiffen konnten auch sie nicht mehr verhindern. Dann hatte sich der unheimliche, mörderische Gegner endgültig abgesetzt. Auch die Pyramidenraumcr der Utaren meldeten keine Feindberührung mehr. Über Esmaladan sammelten sich die einzelnen Verbände bis auf die Raumer, die beschädigte S-Schit'fe nach Terra zu schleppen hatten. Die Verluste der Utaren an Mannschaften und Material waren fürchterlich. Die stolze Flotte war auf ein Fünftel ihrer Stärke zusammengeschrumpft, und von den verbliebenen Schiffen waren mehr als zwanzig Prozent stark beschädigt. Intakte Raumhäfen besaß der Planet kaum mehr. Sie glichen umgegrabenen Trümmerfeldern mit Trichtern, die teilweise über hundert Meter tief reichten. Es war ein Wunder, daß der Gegner die Städte verschont hatte. Die Utaren glaubten, dieses Wunder erklären zu können: Die Ankunft der terranischen Schiffe hatte die 32
Unbekannten daran gehindert, ihr blutiges Werk zu beenden.
Die Weisheit bat Huxley, auf ihrem Heimatplaneten zu landen. Nach Rücksprache mit seinen Geschwaderkommandanlen übertrug der Colonel anschließend Marc Bieg für die Zeit seiner Abwesenheit das Oberkommando. Huxley landete mit seinem Ringraumer bei Mom, der Hauptstadt von Esmaladan. Auf den schwer beschädigten Raumhäfen der Stadt war kein Platz, aber A-Grav machte es möglich, seinen SKreuzer auf freiem Feld aufzusetzen. Als er mit seiner Delegation durch Schleuse 2 nach draußen trat, erwartete ihn bereits die Weisheit. Vierundfünfzig Ularen begrüßten ihn. Die Weisheit empfing einen Terraner mit größter Achtung - ein beispielloses Geschehen in der Geschichte dieses humanoiden Volkes, dessen durchschnittliche Größe unter einem Meter lag. Das politische System der Utaren war für Menschen ein fremdartiges Gebilde. Die Kleine Weisheit, die aus acht Utaren bestehen mußte, herrschte über ein genau begrenztes Gebiet, während die Große Weisheit, die achtzehnköpfig war und aus Mitgliedern von achtzehn verschiedenen Kleinen Weisheiten bestand, die Gesamtkontrolle über ein achtzehnlach größeres Gebiet ausüble. Über allem aber stand eine Weisheit: Aus drei Gruppen aus der Großen Weisheit formiert, stellte sie die Regierung dar. Die Mitglieder der Weisheit waren einheitlich gekleidet, schockfarbene Muster an ihrer Kleidung entsprachen Rangabzeichen. Colonel Neep, der sie schon oft aufgesucht hatte, kannte sich darin am besten von allen Terranern aus. Er hatte ein Verzeichnis angelegt, das Auskunft über die meisten Kastenzeichen gab. Aber Colonel Frederic Huxley waren sie vollkommen fremd, die schreiend bunten Farben taten ihm in den Augen weh. Ti Tira trat vor. Mit mehr als einem Meter Größe überragte er alle anderen seines Volkes. Huxley konzentrierte sich vollkommen auf die Worte des utarischen Sprechers. Alle terranischen Ge 33 schwaderkommandanten mußten wenigstens die Grundzüge verschiedener Fremdrassensprachen beherrschen, Colonel Huxley war keine Ausnahme. Ein Translator, der die Verständigung für alle Beteiligten noch einfacher gemacht hätte, stand im Augenblick nicht zur Verfügung. Neben Huxley stand Captain Sybilla Bontempi, die Fremdrassenbeauftragte, die ihm auf seinen letzten Flügen zugeteilt worden war und die er zukünftig auch mit auf seine FO-1 nehmen sollte.
Leise flüsternd half sie dem Colonel weiter, wenn sie bemerkte, daß ihr Vorgesetzter Schwierigkeiten bei der Verständigung hatte. »... Wir verdanken den Terranern unsere Existenz, und wir wissen nicht, wie wir unseren Dank zeigen sollen. Nehmen Sie als Zeichen unserer Beschämung die Worte der Weisheit, in Ihnen unsere Retter zu sehen. Wir haben heute unseren Stolz abgelegt und stehen als Bettler vor dem Vertreter eines Volkes, das wir nicht als gleichberechtigt anerkennen wollten. Wir hoffen, daß Terra unseren Hochmut eines Tages vergessen kann, und wir hoffen weiterhin, daß wir ebenso eines Tages unsere Dankbarkeit unter Beweis stellen können. Darf die Weisheit auch hoffen, daß Terras Schiffe uns noch einmal helfen, wenn die Gefahr aus dem Raum wieder über unserer Welt stehen sollte?« In seiner vokalreichen, angenehm klingenden Sprache hatte Ti Tira, der blauhäutige Utare mit den ausdrucksvollen Knopfaugen, für alle den Kniefall getan. Huxley war diese Szene unangenehm. Er war Raumschiffskommandant und Geschwaderchef, kein Politiker, doch nun blieb ihm nichts anderes übrig, als Terra gut und würdig zu vertreten. Er winkelte den rechten Arm an, tippte mit dem Zeigefinger der ausgestreckten Hand knapp an seinen Kopf und erwiderte, weiterhin gelegentlich unterstützt von der Fremdrassenbeauftragten: »Terra freut sich über jeden ehrlichen Freund, denn ein Freund läßt den anderen nie im Stich. Und um Ihnen zu zeigen, daß den Terranern das Wohl des utarischen Volkes am Herzen liegt, lasse 34 ich, falls Sie dies wünschen und damit einverstanden sind, zu Ihrer Unterstützung einen Verband von einhundertfünfzig Ringraumern auf Esmaladan zurück. Er wird solange hier verbleiben, bis Sie diese Hilfe nicht mehr benötigen. Das ist das mindeste, was ich tun kann, denn ohne die Unterstützung ihrer Kampfeinheiten, die uns den Rücken freigehalten haben, würden wir jetzt nicht hier stehen. Ich danke Ihnen und Ihrem Volk und möchte mich vorerst von der Weisheit und allen Utaren verabschieden.« Das Angebot Huxleys, Unterstützung bei den Aufräumarbeiten zu leisten, wurde gerne angenommen. Der Colonel hatte es bewußt vermieden, von Schutz, zu reden. Auf diese Weise konnten die Utaren wenigstens teilweise ihr Gesicht bewahren.
Noch einmal grüßte er sie nach terranischer Sitte, dann machte er kehrt und ging zusammen mit seiner Abordnung über die Rampe ins Schiff zurück. Die Schleuse schloß sich hinter ihm. A-Grav hob den Ringraumer an. Langsam stieg das Schiff höher, erreichte die Wolkendecke und verschwand darin. Als Prederic Huxley die Kommandozentrale betrat, wurde gerade Sie eingeschaltet. Die Flächenprojektoren emittierten Energien zum Brennkreis, und der Ringraumer wurde mit wachsender Beschleunigung dem freien Raum entgegengestoßen. Der Himmel nahm rasch ein anderes Aussehen an, wechselte über Blau zu Schwarz, und mit einem Mal hörte das Funkeln der nahen und fernen Sonnen auf. Jetzt waren sie nur noch als kalte, scharf begrenzte Punkte zu sehen. In diesem Augenblick befand sich der S-Kreuzer schon mehr als 150 Kilometer über Esmaladan. Sie ging auf maximale Leistung. Der Suprasensor legte den Kurs fest und berechnete die Sprungdaten. Über To-Funk meldete sich die Erde. Cent Field fragte an, wann mit der Rückkehr des Schiffes zu rechnen sei. Colonel Huxley warf einen kurzen Blick auf sein Chrono, dann drehte er sieh um und sagte zum Funkoffizier, der sich zufällig im Leitstand aufhielt: »Melden Sie dem Stab, daß wir um 14 Uhr 35 Normzeit landen. Ich stehe danach sofort für eine Lagebesprechung zur Verfügung. Informieren Sie bitte ebenfalls die Geschwaderkommandanlen. Danke.« Die X-Zeit für den Sprung lief. Huxley hatte ein wenig Zeit, um nachzudenken. An die Utaren dachte er im Augenblick kaum, wohl aber an die mörderischen Unsichtbaren. Sie würden wiederkommen, mit stärkerer Macht als bisher, und sie würden versuchen, Terra ebenso zu vernichten wie Esmaladan. Warum nur? Darauf gab es noch keine Antwort. Und woher kamen Sie? Warum waren sie so bösartig, so unmenschlich in ihrem Handeln? Waren sie es von Natur aus, oder waren sie durch ein unvergeßliches Geschehen so verändert worden? Warum machten sie kein einziges Mal den Versuch, sich auf friedlichem Weg mit einer anderen intelligenten Rasse in Verbindung zu setzen?
Dann kam die Transition, und am Rande des Sol-Systems, kurz vor der Plutobahn, rematerialisierten Huxleys Schiff und der Rest seines Geschwaders. Sie passierten die äußeren Planeten und die ersten Ast-Stationen mit 0,5 Licht. Schon bald stand Terra als blaue Kugel im nachtschwarzen Raum. Einzelne Kontinente waren schemenhaft zu erkennen, Wolkendecken machten eine Direktsicht vorerst unmöglich. Vom Raum betrachtet, sah Terra wunderbar aus - eine Sternenkugel, die Sehnsucht auslöste. Und Colonel Frederic Huxley freute sich jedesmal erneut, die Erde wiederzusehen! Commander Ren Dhark war aus Europa zurückgekommen und immer noch stark von dem beeindruckt, was man ihm und der noch vor Ort gehliebenen Expertengruppe gezeigt hatte. In einem großen Werk in Mitteleuropa waren Industriemanagem und Militärs die Prototypen eines Roboters vorgeführt worden, der den härtesten Anforderungen gerecht wurde. Die Vorgaben waren exakt umgesetzt worden. Knapp 2,15 Meter groß war die konusförmige Maschine, mit rundumlaufenden Optiken und variablen Extremitäten. Die für die TF vorgesehenen Kampfroboter sollten zusätzlich mit einem energetischen Schutzschirm ausgestattet werden. Im Gegensatz zu früheren Ansätzen hatten die Konstrukteure auf Beine verzichtet - dieses Modell bewegte sich 30 Zentimeter über dem Boden schwebend per A-Grav und auf Prallfeldem fort! Das Grundkonzept ließ einen Einsatz in allen Bereichen zu. Dharks Interesse galt aber besonders zukünftigen Einsatzmöglichkeiten bei der TF - denn die hatte einen extremen Mangel an ausgebildeten Raumerbesatzungen! Ein erstes Kontingent von rund 4.000 Robotern sollte der TF und verschiedenen Industriewerken in den nächsten Tagen für Testzwecke zur Verfügung gestellt werden. Endlich schienen die Schwierigkeiten beim Entwurf eines universellen Robotermodells überwunden zu sein. Die ersten Ansätze stammten noch aus der Zeit vor der Giant-Invasion, waren aber immer wieder gescheitert. Trotz der hohen technischen Standards in fast allen Bereichen war Terra auf diesem Gebiet bislang Entwicklungsland! Die Industrie, die in den letzten Monaten über ihre Lobbyisten von der Neuentwicklung erfahren hatte, forderte Lizenzrechte. Aber in diesem Fall dachte die Regierung nicht daran, sie zu ver-
geben, sondern behielt ihre chronisch leeren Kassen im Auge. Die Roboter sollten in staatseigenen Werken vom Band laufen und mit ihren Verkaufserlösen der öffentlichen Hand neue Einnahmequellen erschließen. Ich bin gespannt, was Bulton und Trawisheims Finanzminisler W dieser Entwicklung sagen. Der eine hat dann endlich genügend Besatzungen, und der andere spart viel Geld. Dhark lehnte sich 36 37 entspannt in die Pneumopolster zurück und ließ seinen weiteren Gedanken freien Lauf. Schon seit Tagen ging ihm der »Goldene Mensch« nicht mehr aus dem Kopf. Auf dem Planeten Mirac im Spiralarm IVa war man ihm zum erstenmal begegnet. Eine gewaltige Plastik, die im Goldton schimmerte, aber ohne Kopf und Arme. In einiger Entfernung hatte ein zerstörter Ringraumer gelegen. Dann hatten vier Cyborgs bei den Barrans ein Standbild des Goldenen Menschen erblickt, und zum Schluß, unter einem Wasserfall, die dritte Ausfertigung. Nummer zwei und drei besaßen an Stelle des Gesichtes eine leicht gewölbte, aber ausdruckslose Fläche, während der übrige Körper so erstklassig herausgearbeitet war, wie man es von den wunderbaren Kunstwerken der Antike her kannte. Der Goldene Mensch ohne Gesicht! Wen stellte er dar? Einen Mysterious oder einen Grako oder wen? Dhark war unzufrieden. Mit seiner Jagd auf die Mysterious hatte er nicht viel erreicht. Auf viele Spuren waren sie gestoßen, aber die Geheimnisvollen hatten nichts hinterlassen, über das man auf ihr Aussehen schließen könnte. Einmal hatte er von den Mysterious geträumt, und noch heute schüttelte er sich, wenn er an diesen Traum dachte und daran, was er ihm vorgegaukelt hatte. So durften sie einfach nicht aussehen! Aber warum hatten sie alles getan, um sich vor der Nachwelt zu verstecken? Warum gab es nirgendwo das Abbild eines Geheimnisvollen und nirgendwo einen Hinweis auf ihre Lebensgestaltung? Hatten sie wirklich oben auf dem Kopf ein drittes Auge? Die Anordnung der Bildgeber in den Flash schien ein schlüssiger Beweis für diese Behauptung zu sein.
Aber nicht einmal auf Erron-3 hatte Ren erfahren, wie die My 38 sterious wirklich ausgesehen hatten. Erron-3 im blaßblauen Universum, aus dem so schwer herauszukommen war. Dharks Gedanken wurden abgelenkt. Der Interkontinentaljett setzte über Cent Field zur Landung an. Es wäre einfacher gewesen, einen Transmitter nach Europa zu benutzen, aber dann wäre aus diesem Besuch wieder eine Hetzjagd geworden. Plötzlich merkte er auf. Eine junge Frau sah ihn unauffällig an. Sie saß drei Schritte neben ihm und gab sich den Anschein zu lesen. Und nun, da er sie ansah, las sie tatsächlich. Eine dunkelblonde Frau mit herbem Gesichtsausdruck. Ihre Wimpern und Augenbrauen waren natürlich, und der Glanz ihrer grünen Augen nicht durch Tropfen gesteigert. Sie trug leichtes Make-up, das ihr schmales Gesicht betonte. Ihre schlanken Hände waren ohne Schmuck; naturfarben der Fingerlack, aber der Hosenanzug ein teures Designerstück. Tausend Galax reichten nicht aus, um diesen Anzug zu erwerben. Im linken Ohrläppchen trug sie eine kleine Perle; im rechten nichts. Sie las, und nun hob sie ihre Augenlider, und ihr Blick verweilte auf dem Commander. Die junge Frau lächelte ihm ein paar Augenblicke lang freundlich zu, dann widmete sie sich wieder ihrer Lektüre. In diesem Moment setzte der Interkontinentaljett auf. Rings um den Commander erhoben sich fünf unauffällig gekleidete Männer. Seine Leibwache, auf der die Regierung bestand, wenn er seine P01NT OF nicht benutzte. Er bedauerte die Landung. Sie trennte ihn von der schönen Unbekannten, deren Gesicht leicht slawische Züge aufwies. Vor ihm verließ sie die Kabine, und vor ihm ging sie über die Rampe auf den Gleiter zu, der die Passagiere zum Empfangsgebäude bringen sollte. Dhark konnte kaum den Blick von der Frau wenden. Fasziniert betrachtete er ihre Bewegungen, die scheinbar endlosen Beine und den verlockenden Schwung der Hüften. Die leicht durchsichtige 39 Bluse offenbarte mehr als sie verbarg. Alles an dieser Frau zog Dhark magnetisch an. ließ ihn für einen kurzen Augenblick vergessen, wo er war und was er eigentlich vorhatte.
Die Dunkelblonde stieg in den Gleiter, drehte sich noch einmal kurz um und warf einen Blick zu Ren Dhark hinüber. Erneut lächelte sie freundlich, nickte ihm zu. Dhark war von ihrem offensichtlichen Interesse an ihm überrascht. Stellen Sie fest, wer diese Frau ist! wollte er einem seiner Leibwächter sagen, aber dann beschloß er, sich selbst darum zu küm mern. Er ging nach links, wo sein Spezialjett stand, und stieg in die Maschine ein. Zwei verschiedene Fluggeräte starteten in zwei verschiedene Richtungen. Zehn Minuten später gaben die größten TV-Stationen bekannt, daß der Commander einen ganz gewöhnlichen Intel konlinenlaljett benutzt hatte, um in Europa den Prototypen eines Roboters zu besichtigen. Eine junge, dunkelblonde Frau saß im Kasino des Flughafens und malte sich in ihrer Phantasie aus, wie denn wohl ein Treffen mit Ren Dhark verlaufen würde. Sie halte bemerkt, daß er offensichtlich an ihr interessiert war - und sie hatte dem Commander zu verstehen gegeben, daß sie seinerseits starkes Interesse an ihm hatte. Die Blicke zwischen ihnen beiden hatten eine mehr als deutliche Sprache gesprochen! Sie lächelte und trank genüßlich ihren Mokka. Ich wette, er wird sich bei mir melden. Es dürfte ihm keine Schwierigkeiten bereiten, mich ausfindig w machen. Mal sehen, was daraus wird! Und in ihren Gedanken spielte sich das erste Treffen zwischen ihnen schon in allen Einzelheiten ab! Manu Tschobe hatte Dharks Bitte, die Verträglichkeit der Mentcaps bei einem Masseneinsatz zu überprüfen, entsprochen. Auf sein Anraten hin würde Henner Trawisheim die Schulung mittels 40 Mentcaps anordnen. Der Afrikaner hatte es aber langsam satt, über Transmitter von einem Planeten zum anderen zu jagen und überall nur zu improvisieren. Transmiller-Straßen, Dockyard, Brana-Tal. Er war kein Expeditionsleiter und auch niemand, der mit leichter Hand den notwendigerweise stürmischen Aufbau der neuen Ressorts leiten konnte. Experlen, Meisler ihres Arbeitsgebietes, halten die Entwicklung in die Hand zu nehmen und zu lenken. Der Afrikaner mit dem fliehenden Kinn, der sich so schwer tat, seinem Gegenüber bei einem Gespräch in die Augen zu blicken, fühlte sich überfordert. Er war Arzt und Hyperfunkspezialist. Er hatte entdeckt, daß die Giants nichts anderes als Roboter waren. Tschobe
wollte endlich wieder einmal auf seinen Fachgebieten arbeiten. Alles andere überstieg seine Belastungsgrenze. Darum suchte er die P01NT OF auf. Er gehörte zu ihrer Besatzung. Offiziell war er der Chef der Medo-Slalion, aber in der letzten Zeit konnte man ihn nur noch selten hier antreffen. Es wurde rein Schiff gemacht. Mit den modernsten Methoden desinfizierte man das Flaggschiff der TF. Man arbeitete mit Hochdruck- und Vakuumverfahren. Auf Deck 3 traf Tschobe nur Techniker und Ingenieure an. Die Anlagen der P01NT OF wurden überprüft. Das Schott zum Raum T-765 stand offen. Als er daran vorbeiging, warf er einen Blick hinein. Wie angewurzelt blieb er stehen. Was war denn hier passiert? Wieso konnte Unitall schmelzen? Als er eintrat, erkannte er in dem Mann, der ihm den Rücken zukehrte, Arc Doorn. Er studierte diesen geschmolzenen Haufen Metall. Doorn hörte die Schritte und drehte sich um. »Ach, Sie, Tschobe...« Dann erfuhr der Afrikaner, welches Aggregat hier einmal gestanden hatte. Er empfand kein Bedauern darüber, daß es nun unmöglich war, mit der P01NT OF noch einmal eine Zeitverschiebung vorzunehmen. Dieses Verfahren war ihm von Anfang an un 41
heimlich gewesen.
»Hier ist nichts mehr zu erkennen. Schade!« Der Sibirier richtete sich auf. »Bleiben Sie nun wieder an Bord, Tschobe?« »Ich hoffe es. Leider war Dhark nicht da, als ich ihn sprechen wollte. Übrigens, Doorn, haben Sie auch den Eindruck, daß er sich auffallend verändert hat?« Der Mann mit dem grobporigen Gesicht nickte. »Aber ich kann's verstehen. Na...« Er winkte nur ab. »Und?« drängte Tschobe, dem aufgefallen war, daß Dhark sich in letzter Zeit wesentlich aggressiver und herrischer als sonst aufführte. Auch die bisherige Ungezwungenheit des Commanders war verschwunden. Meistens wirkte er ernst und verschlossen. »Nichts, Manu. Ich darf nicht darüber sprechen. Schade, denn bisher sind wir ohne Geheimniskrämerei ausgekommen. Das scheint jetzt leider zu Ende zu sein. Doch eine andere Frage: Haben Sie tatsächlich den Dicken mit seinem Miststück abgeschrieben und die anderen dazu?« Er sprach von den vermißten Männern, die zusammen mit den Giants verschwunden waren.
»Nein, auch wenn dies von verschiedenen Stellen gemutmaßt wird. Aber wenn sie sich nicht bald melden, habe ich keine Hoffnung mehr, Doorn. Wir haben sie gesucht wie Stecknadeln im Heuhaufen... leider vergeblich.« »Vielleicht nur am falschen Platz. Sind alle Transmilter-Straßen bekannt?« Der Afrikaner stieß ein bitteres Lachen aus. »Bekannt? Wie stellen Sie sich das denn vor? In der kurzen Zeit? Wir kennen nicht einmal ein Zehntel der Straßen. Wir wissen bis heute nur, daß man vom Überwachungsraum aus die Hauptverbindungen kontrollieren kann. Die Nebenwege aber sind nirgendwo verzeichnet. Das macht ja die Erkundung der Transmitterwege so außerordentlich schwer.« »Und wenn Shanton und die anderen über solch eine Straße verschwunden sind und nun keine Möglichkeit zur Rückkehr haben, 42 weil irgendein Idiot die Gegenstation blockiert hat? Müßte man in diesem Fall nicht noch einmal etwas tun, Tschobe?« »Zeigen Sie mir einen Weg, Doorn, und ich bin mit von der Partie. Glauben Sie mir doch, daß wir alles Erdenkliche getan haben. Wir wissen nicht mehr weiter. Das Transmitterproblem ist eines der kompliziertesten und schwierigsten. Wissen wir denn eigentlich schon, wie viele Transmitteranlagen es allein auf der POINTOFgibt?« Tschobes Vorhaben, sich nur noch um seine eigentlichen Fachgebiete zu kümmern, war vergessen. Der Dicke und sein Spielzeug fehlten ihm - und wenn er helfen konnte...! Doorns Vipho meldete sich. Er nahm das Gerät hoch. Bultons Gesicht erschien auf der kleinen Bildscheibe. »In drei Stunden muß die POINT OF startklar sein. Doorn, der Commander sitzt hier bei mir und läßt Sie bitten, sofort alles Notwendige zu veranlassen. Er weiß, daß dies in der Kürze der Zeit sehr schwer wird, aber er vertraut auf Sie. Riker ist bereits unterwegs. Wir haben gerade einen Funkspruch des Forschungsraumers FO IX von Major Benk aufgefangen, der von Raumschiffen der Schwarzen Weißen angegriffen wurde. Entfernung von Terra rund 39.000 Lichtjahre. Benk konnte zwar erst einmal fliehen und uns anfunken, aber mittlerweile ist die Verbindung zur FO IX abgerissen. Wir müssen leider einen Totalverlust vermuten. Ende!« Arc Doorn verzog sein Gesicht. Er dachte an seine Frau Doris, und daß vielleicht auch sie eines Tages eine Meldung über einen Totalverlust erhalten würde - über einen Totalverlust, der ihn, ihren Mann, betreffen würde! »Drei Tage Liegezeit. Unwahrschein-
lich lange, und jetzt geht's schon wieder los...« Die Stimme des wortkargen Sibiriers klang bitter. Drei Flash der POINT OF flogen wieder ins Depot ein. Dhark stieg aus, öffnete den Klarsichthelm und ging zum Leit 43 stand zurück. Dan Riker hatte schon die Startvorbereitungen eingeleitet, er behielt weiterhin die Führung des Raumers. Über die Vorkommnisse am Zielort war er auch schon informiert. »Dan, wir fliegen den Planeten an, auf dem Benk eine zerstörte Stadt entdeckt halte.« Dhark nickte. Riker startete den 180 Meter durchmessenden Ringraumer mit A-Grav. Die Zielkoordinaten waren dank der Meldung von der FO IX bekannt und ins Bordgehirn eingespielt. Anja Riker, geborene Field, saß in einem Sessel vor dem Rechner und nahm die letzten Überprüfungen vor. Die junge Frau machte einen entspannten Eindruck, ebenso wie ihr Mann. Dhark beneidete die beiden um ihr Glück. Gleichzeitig erschien vor seinem geistigen Auge das Bild einer jungen, dunkelblonden Frau, die eine ungeheure Faszination auf ihn ausgeübt hatte. Der Checkmaster steuerte das Schiff und leitete kurz hinter der Venusbahn die erste Transition über 20.000 Lichtjahre ein. Riker wollte die Strecke nicht in einem einzigen Sprung hinter sich bringen. Eine kurze Orientierungsphase schien ihm angebracht, lag das Ziel doch in einem bislang relativ unerforschten Bereich der Milchstraße. Der Sprung über die restlichen 18.560 Lichtjahre erfolgte, das unbekannte System mit der GO-Sonne tauchte auf. Dann stand die POINT OF über dem Planeten. Vor achtunddreißig Stunden Normzeit hatte sich noch der Forschungsraumer FO IX über dieser Welt bewegt. Die von dem Forschungsraumer übermittellen Daten lagen in Wort und Bild vor. R-Strahlung war auch jetzt noch festzustellen, aber sie war so schwach, daß sie selbst in ihrem Entstehungsstadium keine Gefahr dargestellt hatte. Langsam tastete sich das Schiff seinem Ziel näher. Dann schwebte die POINT OF in 8.500 Metern Höhe über der noch immer brennenden Stadt. Ren Dhark ging in der Zentrale unruhig hin und her. Vor dem Start hatte er sich über Major Hussain Benk informiert. Der Offizier war ihm als ein außergewöhnlich vorsichtiger, aber auch als
außergewöhnlich befähigter Forschungskommandant geschildert worden. »Commander, er kann nur in eine raffiniert getarnte Falle geraten sein«, halte man ihm im Stab der TF gesagt. »Anders ist der Untergang des Schiffes nicht zu erklären.« Wie sah diese Falle wohl aus...? fragte sich Dhark, als er sich der beiden kleinen Asteroiden erinnerte, denen sie beim Anflug auf den Planeten keinerlei Achtung geschenkt hatten, weil nur Materie- und Massenortung auf sie angesprochen hatten. »Grappa!« Der zuckte nicht einmal zusammen. Seit der Commander ruhelos durch die Zentrale ging, war er auf alles Mögliche vorbereitet. »Tasten Sie noch einmal beide Asteroiden ab!« Über die Gedankensteuerung schaltete er die Wiedergabe der Bildkugel um. Das gesamte Sonnensystem tauchte darin auf, auch die Position der POINT OF. »Dan, wir gehen noch einmal in den Raum!« Er gab keinen Kommentar zu seinem Befehl. Riker kannte seinen Freund und führte wortlos aus. Die POINT OF stieß wieder in den Raum vor, die Planetenkugel schien unter ihr wegzufallen, wurde rasend schnell kleiner. Wie ein hungriger Geier hockte Grappa hinter seinen Ortungsanlagen. Erst in 11.600 Kilometern Höhe konnte er beide Asteroiden direkt erfassen. Der auf der niedrigen Bahn hatte einen Durchmesser von 1,6 Kilometern und bewegte sich in einem Abstand von 23.000 Kilometern sehr nah um den Planeten. Der zweite stand in 118.000 Kilometern Höhe und hatte einen Durchmesser von 3,01 Kilometern. Auf den ersten hielt die POINT OF zu. Alle verfügbaren Antennen waren auf den scheinbar toten Stein gerichtet. »Nichts«, meldete Grappa lakonisch. »Die Materieortung zeigt nur Gestein und geringe Spuren von Metall. Und die Energieor 44
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tung schweigt sich aus.«
Dhark überzeugte sich selbst, warf der Bildkugel wieder einen Blick zu, betrachtete den formlosen Gesteinsbrocken, erkundigte sich noch einmal nach der Distanz und meinte dann: »Bud, juckt es Sie nicht auch in den Fingern, mal einige Schießübungen zu machen?«
Ein breites Lachen erschien auf Bud Cliftons Gesicht, das so harmlos wie das eines Kindes aussah. »Eigentlich ja, Dhark. Dann bleibt von dem Asteroiden aber nichts übrig!« Gleichzeitig betätigte er lässig die Feuerknöpfe. Drei überlichtschnelle Nadelstrahlen standen plötzlich im Raum und prallten mit aller Kraft gegen das tote Gestein, das unter diesem Beschuß sofort in Energie umgewandelt wurde. Clifton setzte die Waffenenergie nur sparsam ein. Tino Grappa riß es vor Überraschung fast aus seinem Sitz, in den er sich bequem hatte zurücksinken lassen. »Energieortung! Großer Himmel, wenn das keine Raumschiffe sind!« Dhark sah ihn nur an. Er handelte nicht. Er griff in den Ablauf der Dinge nicht ein. Wenn Grappas Behauptung stimmte, so räucherten sie jetzt die Falle aus, die der FO IX zum Verhängnis geworden war. »Es müssen zwei oder drei Raumschiffe sein!« Alle in der Zentrale hörten es. Einige wunderten sich über den Commander, der doch sonst jeden Vemichtungsangriff so weit wie eben möglich vermied. Nach wie vor wandelten drei hochenergetische Nadelstrahlen das tote Gestein des Asteroiden um. Grelle Fontänen geschmolzenen Gesteins stoben nach allen Seiten. Die feurige Lohe wurde immer heller, und immer tiefer fraßen sich die Energien in den Brocken. »Sie starten!« Keine Reaktion von Dhark. Walt Bruggs Stimme klang aus der Funk-Z: »Vom Asteroiden ist gerade ein Hyperfunkspruch abge 46 gangen.« Ren Dhark hörte sich alles an. Und Bud Clifton sah keinen Grund, den Beschuß einzustellen. Mit höchster Konzentration beobachtete er die vollautomatische Zielsteuerung. Da jagte ein Schatten in den Raum! Dicht dahinter ein zweiter und ein dritter. Die Nadelstrahlen waren schneller. Die POINT OF feuerte plötzlich nicht mehr aus drei Antennen, sondern aus neun! Je zwei Strahlbahnen wurden durch einen Doppelkugelraumer aufgehalten! Schiffe, die ihre Prallschirme noch nicht erstellt hatten! Schiffe der Schwarzen Weißen, die den Nadelstrahlen nichts entgegensetzen konnten!
Drei Volltreffer innerhalb einer Sekunde schössen drei Schiffe kampfunfähig. Dann standen nur noch die drei Nadelbahnen, die einen Asteroiden in eine ionisierte Gaswolke verwandelten. In der Zentrale sagte Ren Dhark leise: »Gut gemacht, Clifton.« Wieder erklang Walt Bruggs Stimme: »Eines der Schiffe sendet mit stärkster Leistung. Ununterbrochen geht derselbe Spruch hinaus.« Dhark stand vor den Sprechrillen der Bordverständigung. »Clifton, wir fliegen jetzt die drei Schiffe an. Wagt auch nur eines einen Angriff, dann gehen Sie mit allen Mitteln dagegen vor, aber nur gegen den Raumer, der seine Waffensysteme hochfährt! Verstanden?« »Verstanden!« Für Riker galt das ebenfalls. Die POINT OF ging auf neuen Kurs. Sie folgte den drei Doppelkugelraumem, die scheinbar nicht mehr in der Lage waren, ihre Geschwindigkeit zu erhöhen. Innerhalb weniger Minuten war das Flaggschiff bis auf einige tausend Meter heran. Die Flashpiloten warteten auf ihren Einsatz und saßen schon startklar in den Blitzen. 47 »Einfliegen!« Es ging zu wie bei einem Manöver. »Wir haben Ihnen den Schneid abgekauft!« behauptete Dan, der die Bildkugel nicht aus den Augen ließ und die sechs Flash verfolgte, die paarweise ihr Ziel anflogen. »Hoffentlich«, murmelte Ren Dliark, dem es leid tat, daß er den Einsatz der Flash nicht selbst mitflog. Da blitzte es grell beim mittleren der Tel-Schiffe auf. Zwei Flash wurden in auseinanderspritzenden, in sämtlichen Farben leuchtenden Energiekaskaden gebadet. Kurz verschwanden die Miniraumschiffe von den Schirmen, bis sie dann wieder zu orten waren — vollkommen unbeschädigt! Clifton schoß aus zwölf Antennen auf den Doppelkugelriesen, der versucht hatte, die zwei kleinen Beiboote zu vernichten. Das Schiff der Schwarzen Weißen hielt dem Beschüß nicht stand. In einer gewaltigen Stichflamme, die kilometerweit in den Raum schoß, flog der Tel-Raumer auseinander. Für Sekunden zeigte die Bildkugel aufgerissene Decks und Schwarze Weiße, die in den freien Raum hinauswirbelten, dann brach an vielen Stellen der en-
ergetische Umwandlungsprozeß aus, der den riesengroßen Trümmern den Rest gab. »Die beiden angegriffenen Flash schließen sich den anderen Gruppen an!« Grappa hatte die Kleinstraumer durch den Energieaushruch kurz aus der Ortung verloren, jetzt konnte er ihren Flug wieder verfolgen. Dann waren die Flash in die stark beschädigten Raumer der Tel eingeflogen, und in der Kommandozentrale begann das lange Warten. Wonzeff meldete sich zuerst. »Ich komme mit dem Kommandanten zurück. Er hat endlich begriffen, was ich von ihm verlange. Kartek und Dressler halten die Stellung, bis ich wieder zurück bin. Ende.« Die 004 jagte zur POINT OF. Im Depot nahmen zwei Sergeanten » den Tel in Empfang. Sie durchsuchten seine Uniform nach Waffen und deuteten dann durch Handbewegung an, daß er vorausgehen solle. In der Kommandozentrale war der ratekische Translator inzwischen fest installiert worden. Der Singu der Rateken halte ihn als unfreiwilliges Geschenk auf der Erde zurückgelassen, als die Terraner ihn mehr oder weniger höflich wieder aus ihrem System hinauskomplimentiert hatten. Im Moment, als der Tel die Zentrale betrat, meldete sich Doraner vom anderen Doppelkugelraumer. Auch er kam mit dem Kommandanten des Schiffes zurück. Auch auf diesem Raumer hielten zwei weitere Flashpiloten die Stellung. Rui Warren und Vultejus hatten mit Strich-Punkt gearbeitet und diese humane Waffe ziemlich rigoros eingesetzt. Nur bei den Robotern hatten sie mit Betäubungsstrahlen logischerweise keinen Erfolg erzielt und deshalb Dust verwendet. Dieser lichtschnelle, olivgrüne Strahl löste alles Nichtorganische auf, hinterließ nichts als einen Haufen Staub. Beide Piloten dachten nicht daran, ihre Blitze zu verlassen, obwohl sich in der Zentrale des Riesenschiffes nichts mehr rührte. Sie hielten Wache, und sie waren bereit, ihren Auftrag in letzter Konsequenz auszuführen, wenn der Commander das anordnete. Wir müssen damit rechnen, daß die Schiffe um Hilfe gefunkt haben. Für den Fall, daß neue Einheiten der Tel auftauchen, sind die Kommandowntralen der beiden Doppelkugelraumer so w zerstören, daß man mit den Schiffen nichts mehr anfangen kann. Der Tel-Kommandant trat Dhark furchtlos gegenüber. Dem ratekischen Translator schenkte er keinen Blick.
»Sie werden Ihre Aggression noch bereuen!« hatte er die Stirn zu sagen. »Vielleicht. Allerdings scheint Ihnen nicht bekannt zu sein, daß ich der Kommandant jenes Schiffes bin, das von einigen hundert Räumern Ihrer Flotte vernichtet werden sollte.« Der Translator übersetzte schnell und gut. Er fand sich immer 48 49 besser in die Sprache der Tel hinein. Der Schwarze Weiße zuckte mit keiner Wimper. Die Worte Dharks hatten auf ihn keinen Eindruck gemacht. Oder wußte er nichts von der Vernichtung der Tel-Schiffe? Zwei starke Persönlichkeiten standen sich gegenüber. »Kennen Sie Wer Dro Cimc?« Zum ersten Mal zeigte der Schwarze Weiße Reaktion - menschliches Erstaunen. »Wer Dro...?« »Projektion!« ordnete Dhark an. Freischwebend in der Zentrale entstand die dreidimensionale Wiedergabe eines Filmes mit Wer Dro Cimc. Das auf der POINT OF typische blaue Licht der Mysterious wurde automalisch leicht abgeblendet. Der Schwarze Weiße betrachtete fasziniert das Holo, von dessen Existenz Dro Cimc nichts wußte. Dhark beobachtete den Tel. Seine Reaktionen zu studieren, war ihm wichtiger als den Film zu betrachten, den er auch noch nicht gesehen hatte. Er zeigte Wer Dro Cimc aufTerra, kurz nach seiner Ankunft im Stab der TF. »Cimc - Wer Cimc!« Der Film war zu Ende, und der telsche Kommandant sah Dhark fragend, beinahe furchtsam an. Diese starke Reaktion hatte der Commander nicht erwartet. Zugleich bewies sie ihm aber auch, daß Dro Cimc eine bedeutend wichtigere Persönlichkeit unter den Tel sein mußte, als er bisher selbst zugegeben hatte. »Kennen Sie Kewir Dfasi? Kennen Sie den Vankko, der verschwunden ist?« Mit der letzten Frage hatte er geblufft, aber um diesen Bluff noch zu untermauern, fügte er hinzu: »Der mit der ZGUTH verschwunden ist?« Dharks Fragen hatten die Wirkung eines zermürbenden Kreuzverhörs. Die Selbstsicherheit des Tel war nicht mehr vorhanden. Voller Entsetzen sah er den Fremden an, der ihm bekannte Namen aus seinem Reich genannt halte. Das Schott öffnete sich, und der zweite telsche Kommandant
50 wurde hereingeführt. »Sie können sich ungestört in Ihrer Sprache unterhalten«, stellte ihnen Dhark frei; der Translator wurde auf sein Zeichen hin abgeschaltet. Der Commander ließ die beiden telschen Raumschiffkommandanten für kurze Zeit unbeobachtet, ging zu Tino Grappa, dem jungen Ortungsspezialisten aus Mailand, und flüsterte mit ihm. »Es sieht so aus, als hätten die Sehwarzen Weißen keinen Schiffsverband in der Nähe stehen«, faßte Grappa seine Erkenntnisse zusammen. »Zumindest kann ich keinen orten!« Die beiden Kommandanten der Tel-Raumer verzichteten darauf, miteinander zu sprechen, obwohl sie mitbekommen hatten, daß der Translator ausgeschaltet war. »Wer von Ihnen hat um Hilfe gefunkt?« Leon Bebir, der zweite Offizier der POINT OF, hatte den Translator wieder aktiviert, und Dhark wiederholte die Frage dreimal. Dreimal wartete er vergeblich auf eine Antwort. Eisiges Schweigen schlug dem Kommandanten des Ringraumers entgegen. »Ist Ihnen bekannt, daß wir das Ree an Bord hatten?« Kaum hatte der Translator übersetzt, als der Kommandant, der zuletzt in die Zentrale geführt worden war, erregt fragte: »Woher kennen Sie das Ree?« »Woher kenne ich Wer Dro Cimc? Den Vankko? Den Kewir Dfasi? Die ZGUTH?« »Dann sind Sie dieser Emporkömmling, dessen Schiff nicht zu vernichten ist?« Dhark amüsierte sich über den Ausdruck. Er schmunzelte sogar, als er antwortete: »Ja, ich bin dieser sogenannte Emporkömmling, und Sie befinden sich auf dem Schiff dieses Emporkömmlings, das nicht einmal durch das Ree zu vernichten war. Wir hatten es im Raumer, aber es ist nicht mehr an Bord. Aber es wird sich wahrscheinlich immer noch an Bord der ZGUTH befinden, wohin ich es brachte.« »Und darauf sind Sie stolz, ja?« Der Tel, der zuerst die POINT 51
OF betreten hatte, fragte mit starkem Hohn in der Stimme. »Nun,
erfreuen Sie sich an Ihrem Stolz. Ich frage mich nur, wie lange Sie
dazu noch Gelegenheit haben.«
Der Tel ging davon aus, daß er nicht mehr lange auf Dharks Demütigung warten mußte.
Der Flotlenverband, den die drei angeschossenen Schiffe mit dem Notspruch gerufen hatten, war ins System eingebrochen. »Brugg, Spruch absetzen!« rief Dhark durch die Verständigung zur Funk-Z. »Spruch läuft!« Vierundzwanzig heranjagende Doppelkugelraumer empfingen zur gleichen Zeit eine fremde Sendung in ihrer Sprache. Wollen Sie es wirktich wagen, mein Schiff anzugreifen, wie es der Vankko und Wer Dro Cimc gewagt haben? Sollen Ihre Schiffe ebenfalls das Schicksal der ZGUTH erleiden, die vom eigenen Ree verseucht wurde? Das fragt Sie der Kommandant des Ringraumers, den selbst die Flotte der Tel nicht vernichten konnte. Ein zweiter Spruch war schon vorbereitet, aber zuerst wollte man abwarten, ob dieser grandiose Bluff bei den Tel eine Reaktion hervorrief. Der Dauert'unkspruch, der mit gleichbleibendem Wortlaut nun schon zum zehnten Mal abgestrahlt wurde, schien keine Wirkung zu haben, denn die vierundzwanzig Doppelkugelraumer jagten mit gleichbleibender Geschwindigkeit ins System hinein. Ihr Ziel war unverkennbar der Sektor, in dem sich die beiden halbzerstörten Raumer und die POINT OF befanden. Wieder meldete sich Brugg aus der Funkzentrale. »Toller Verkehr auf den Hyperfrequenzen. Jeder scheint mit jedem zu sprechen. Die Sender befinden sich einwandfrei auf den anfliegenden Raumern.« Also zeigte der Funkspruch doch Wirkung? Blicke flogen in der Zentrale hin und her. Niemand hatte an einen Erfolg geglaubt. Auch Riker hatte Dhark abgeraten, diesen ; Bluff zu versuchen, doch der Commander hatte darauf bestanden, ' das Experiment zu wagen. »In ihrer Mentalität unterscheiden sich die Schwarzen Weißen nicht sonderlich von uns Terranern!« halte er ihnen entgegengehalten, und nun schien es, als ob er recht behalten würde. »Dhark, sie bremsen ab! Sie bremsen tatsächlich ab!« Begeisterung klang aus Grappas Stimme. »Dhark, Sie hatten mal wieder den richtigen Riecher!« Auf jedem anderen Raumer der TF wäre jetzt ein scharfer Rüffel die Folge dieser verbalen Entgleisung gewesen - nicht so an Bord des Flaggschiffes von Ren Dhark. Der Commander nahm den Satz so auf, wie er gemeint war - als Kompliment! »Zweiter Spruch 'raus, Brugg!« Wir werden auf einen Angriff verzichten, wenn Ihre Schiffe binnen einer Zeileinheit dieses System wieder verlassen. Wir ver-
pflichten uns, die Besatzungen ihrer beiden beschädigten Schiffe auf dem Planeten abzusetzen. Weiterhin verpflichten wir uns, Sie auf demselben Weg wie diesem w benachrichtigen, daß Sie die Besatzung abholen können, sobald wir das System verlassen haben. Wir erwarten umgehend ihre Entscheidung, andernfalls gehen wir wm Angriff über. Gezeichnet: Der Kommandant des Ringraumers, den selbst die Flotte der Tel nicht vernichten konnte Die beiden telschen Kommandanten ahnten nicht, was sich zur Zeit abspielte. Sie sahen nur ihren Flottenverband in der Bildkugel, der plötzlich abgebremst hatte und im freien Fall dahintrieb. Doch daß die Spannung in dieser Schiffszentrale fast körperlich zu greifen war, fühlten auch sie, und dieses Gefühl trug nicht zu ihrer Sicherheit bei. Die Tel, die in diesen Wesen bisher nur primitive Emporkömm linge gesehen hatten, erkannten mit fast schmerzhafter Deutlichkeit, daß sie einer gleichwertigen Rasse gegenüberstanden. Und das, obwohl sie nicht wußten, daß einer aus dieser Rasse durch sein selbstsicheres Auftreten und einen einzigen Funkspruch vierundzwanzig Riesenschiffe zum Stoppen gebracht hatte? 52 53 Was unter einer Zeiteinheit zu verstehen war, hatte Dro Cimc den Terranem beigebraeht. Nahmen die Tel diese Frist voll in Anspruch, dann hatte man lange auf eine Entscheidung zu warten. In der Funk-Z liefen alle Ortungen. Jeder wußte, was in dieser entscheidenden Phase davon abliing. Elis Yogan bemerkte den Hyperfunkverkehr, der über Abertausende von Lichtjahren ging, und unterrichtete den Commander. »Man scheint nicht weiterzuwissen, darum holt man sich jetzt wohl Rat beim Vank!« Automatisch übersetzte der Translator, aber die Tel verstanden den Satz nicht, weil sie die Zusammenhänge nicht kannten. »Sie haben unsere Schiffe gezwungen, zu stoppen?« Der zweite Kommandant konnte seine Neugier nicht länger beherrschen, obwohl ihm sein gesunder Verstand sagen mußte, daß er aller Wahrscheinlichkeit nach keine ehrliche Antwort erhalten würde. »Nein«, sagte Dhark wahrheitsgemäß, »ich habe Ihre Schiffe, die Sie durch einen Notruf herbeiholten, zu nichts gezwungen! Ich habe nur angefragt, ob sie vielleicht das gleiche Schicksal wie die
verschollene ZGUTH erleiden wollten. Und fragen darf man einen Tel doch, oder?« Der Translator übersetzte fehlerfrei und seelenlos. »Dhark, Antwort kommt.« »Wall, festhalten, nicht durchgeben. Ich komme sofort zu Ihnen herüber.« Dhark ließ die beiden Tel-Kommandanten einfach stehen, be achtete sie nicht weiter und lief aus dem Kommandostand seines Schiffes hinüber zur Funk-Z. Wir gehen auf die Vereinbarung ein. Wer Fre Sarnr. »Gewonnen!« stieß Glenn Morris aus, der mit diesem Erfolg auch nicht gerechnet hatte. »Ja, wir haben erst einmal Zeit gewonnen. Ob wir den Tel wirklich trauen dürfen, wird die nahe Zukunft zeigen. Ich muß in die Zentrale zurück. Meine Antwort an den Wer gebe ich von dort durch.« 54 Sie war kurz. Wir vertrauen der Zusicherung des Wer Sarnr. Kein einziges Schiff des Flottenverbandes antwortete darauf. Sie setzten sich ab. Das war die bessere Antwort. Die Schwarzen Weißen schienen sich an die Vereinbarung zu halten. Zwei Tel an Bord der POINT OF verzweifelten schier. Die Bildkugel zeigte ihnen, wie der Verband, den sie zu ihrer Hilfe gerufen hatten, das System verließ. Plötzlich sahen sie den Mann, diesen primitiven Emporkömm ling, der ihnen so selbstsicher gegenüberstand, mit ganz anderen Augen an. Die Wirklichkeit zwang sie zu erkennen, daß er nicht nur selbstsicher, sondern auch gefährlich war - sehr gefährlich. Der Kluis hatte einen großen, unverzeihlichen Fehler begangen, indem er den Fremdem als primitives, leicht zu besiegendes Geschöpf eingestuft hatte! Der Translator wurde abgeschaltet. Der vierunddreißigjährige Bebir wurde von seiner Aufgabe als zweiter Offizier freigestellt. Ihm wurde der Auftrag erteilt, die beiden Tel in die Messe zu führen und sie bewirten zu lassen. »Leon, Sie sind mir für die Sicherheit und das Wohlergehen unserer Gäste verantwortlich. Nehmen Sie aber besser zu Ihrem eigenen Schutz zwei Männer mit. Ich weiß nämlich nicht, ob unsere Gäste unsere Gastfreundlichkeit richtig zu deuten wissen. Und diesen beiden Kommandanten traue ich alles zu.«
Kaum hatten die beiden Außerirdischen und ihre drei Begleiter die Zentrale verlassen, als die Flashpiloten in den Leitständen der beiden beschädigten Doppelkugelraumer unterrichtet wurden. »Wir bringen zuerst den Raumer herunter, der dicht vor der POINT OF steht. Funkkontakt nicht abreißen lassen.« »Hoffentlich bleibt es ruhig im Schiff, Dhark«, warnte Wonzeff, der nach dem Transport des Kommandanten wieder zurückgeflogen war. »Wenn man während des Abschleppmanövers einen Angriff auf den Ringraumer startet...« 55 »Was meinen Sie denn, wozu Sie und Ihre Kollegen an Bord der Schiffe da sind, Wonzeff? Bei der geringsten feindlichen Aktivität haben Sie vollkommen freie Hand. Ich wiederhole, vollkommen freie Hand. Und, Pjetr, ich weiß, daß ich mich auf Sie verlassen kann.« »Klar, Chef, vollkommen freie Hand. Ich habe verstanden!« Wonzeff grinste. Die POINT OF näherte sich dem großen Doppelkugelraumer mit abgeschaltetem unterem Intervall. Bei einem Felddurchmesser von 3.000 Metern konnte es auch diesen Koloß aufnehmen. Dan Riker steuerte das Schiff sorgfältig bis wenige hundert Meter an den schrottreifen Doppelkugelraumer heran und schaltete den zweiten Miniweltraum ein. Das Abschleppmanöver konnte beginnen. Vier Stunden und zehn Minuten später lagen beide Schiff der Tel auf dem Sauerstoffplaneten. Der Translator mußte wieder einspringen. Der Checkmaster, der sonst schon oft mit verblüffenden Übersetzungskünsten aufgewartet hatte, schien bei der Sprache der Tel machtlos zu sein. Über Funk wurde die Besatzungen der beiden Schifte aufgefordert, ohne Roboter die Schiffe zu verlassen. Zwei Besatzungen, die vollkommen demoralisiert waren, traten über die riesigen Rampen ins Freie. Im Licht der Scheinwerfer, die an der POINT OF aufgeflammt waren, konnten sie die schweren Beschädigungen an ihren Raumern deutlich sehen. »Benötigen Sie ärztliche Hilfe?« wurde die Frage an die ChemMediziner der Tel gerichtet, als die Verletzten ins Freie geschafft wurden. Man wollte sich nicht helfen lassen. Ren Dhark drängte darauf, daß auch die Roboter die beiden Schiffe verließen. Er ließ die Kommandanten in die Zentrale kommen und stellte seine Forderung.
»Der Kluis ist zerstört, und ohne den Kluis kann niemand den Robotern Befehle erteilen.« Vier Fragen und vier Antworten waren erforderlich, um zu erklären, was unter einem Kluis zu verstehen war. Ein Rechengehirn und Impulsgeber, ein Aggregat mit einer Doppelfunklion. Dhark glaubte den Tel kein Wort. Aber was hatten sie vor, und was konnten sie mit den an Bord verbliebenen Robotern erreichen? Einen Angriff auf die POINT OF? Unwahrscheinlich! Ein unglaublicher Verdacht wurde in Ren Dhark wach. Flüsternd machte er seinem Freund davon Mitteilung. Der glaubte nicht an diese Möglichkeit. »Ruf doch einen unserer Flashpiloten an. Sie können sich in den Schiffen umsehen und sich von der Wahrheit der Worte der Tel überzeugen. Notfalls machen sie Staub aus den Blechkisten.« Riker hatte seinen saloppen Tag. Seit er Anja nach dem Ausflug ins Karmin endlich wiedergesehen hatte und sie sich nun auch wieder an Bord der POINT OF befand, fühlte er sich wesentlich besser. Er war wirklich gut drauf. »In Ordnung, wenn du meinst.« Die Funk-Z rief durch. In der Zentrale wurde man stutzig. Kein einziger Flashpilot meldete sich? Immer noch nicht? »Commander, wir bekommen keine Verbindung, obwohl alle Sender der Flash eingeschaltet sind. Wir verstehen das nicht.« Aber Ren Dhark verstand plötzlich alles. Die Besatzungen der beiden zwangsgelandeten Raumer hatten sie gründlich hereingelegt! Und sogar gleich auf zweifache Weise! »Jetzt kann ich auch begreifen, warum die telschen Ärzte unsere Hilfe abgelehnt haben. Wir sollten Ihren Bluff nicht durchschauen.« Der Alarm heulte durch die POINT OF. Beide Waffensteuerungen waren feuerbereit. Doorn, Congollon und Tschobe eilten zu den Flashdepots. Dort warteten sie auf ihren Einsatzbefehl. »Großer Himmel, Ren, was ist denn eigentlich los? Was hast du 56 57 entdeckt?« fragte ihn Riker bestürzt, der nicht begreifen konnte, warum sein Freund das Schiff in Alarmzustand versetzt hatte. »Erinnerst du dich, wie man mich auf der ZGUTH empfing? Erinnerst du dich?«
»Mit Vibration...«, kam bei Riker die Erinnerung. »... mit Vibration, die mich fast den Verstand gekostet hätte! Und mit dieser Vibration hat man unsere Flashpiloten ausgeschaltet. Aber nicht nur das! Draußen vor den beschädigten Schiffen treiben sich Tel-Roboter herum. In den Kähnen halten sich nach wie vor die Tel selbst auf. Und sie bereiten etwas vor.« »Aber was?« Riker war fassungslos. »Das möchte ich auch wissen, Dan. Doch ist dir klar, was es bedeutet, wenn wir dazu gezwungen werden, radikal durchzugreifen? Dann brechen wir die Vereinbarung mit diesem Wer, der den Flottenverband befehligt. Dann sind wir für alle Zeiten als Verräter gebrandmarkt. Und das darf nicht passieren. Unter keinen Umständen, oder wir bekommen nie mehr eine Chance, ein gutes Verhältnis zu den Schwarzen Weißen aufzubauen.« »Siehst du nicht zu schwarz, Ren? Bis jetzt ist noch nicht einmal der Beweis erbracht worden, daß nur die Roboter die Schiffe verlassen haben und...« »Und an unsere Flashpiloten denkst du gar nicht? Sie müßten sich melden. Wenigstens einer! Aber alle sechs schweigen sich aus. Dan, das geht nicht mit rechten Dingen zu!« Jetzt wollte auch Riker Gewißheit haben. »Doorn, hören Sie mich?« »Wie immer gut.« Doorn antwortete gern so knapp wie möglich. »Fliegen Sie sofort aus, aber nicht in die Tel-Raumer hinein. Schauen Sie sich die Gestallen vor den Schiffen an. Dhark vermutet, daß nur die Roboter die Doppelkugelraumer verlassen haben und man uns eine Falle stellen will.« »Das haben wir gleich. Ich bleibe auf Sendung.« Doorn wurde plötzlich regelrecht geschwätzig. Flash 012 schoß durch die Unitallwandung der POINT OF und 58
jagte auf die Stelle zu, an der sich die meisten Tel aulhielten.
Dicht vor ihnen bremste Arc Doorn ab und schaltete seine
Scheinwerfer hoch.
Ein russischer Fluch kam über seine Lippen. Er sah nur grellglühende Augen. Überall! Sogar die Tel, die vorgaben, Mediziner zu sein, waren Roboter. »Riker, man hat uns tatsächlich hübsch hereingelegt. Ich kann keinen einzigen Tel entdecken, nur Robs. Was soll ich nur mit diesen Kameraden machen? Am liebsten würde ich diese Blechheinis zerstrahlen.«
»Reden Sie keinen Unsinn, Doorn, und kommen Sie sofort wieder zurück.« »Okay, okay, keine Aufregung! Bin schon unterwegs.« Er konnte verstehen, daß Ren Dhark nervös war. Es ging schließlich darum, eine wichtige Vereinbarung einzuhalten, aber einige Tel wollten allem Anschein nach das Gegenteil erzwingen. Seine 012 flog wieder ins Depot, und Doorn wartete auf den nächsten Einsatz. Marschall Bulton verglich die Funkmeldungen. Acht, die in den letzten Stunden aus verschiedenen Sektoren des Halos eingelaufen waren. Alle acht hatten etwas gemeinsam, aber er war nicht in der Lage herauszufinden, was das war. Er hatte nur so ein Gefühl, sein Verstand kam da nicht weiter. Der Suprasensor mußte helfen. Er schickte die Funkmeldungen zur Auswertung und hatte sie kurz darauf schon vergessen, weil ihm der Minister für Kolonialplaneten und Auswanderung in den Ohren lag und vehement darauf bestand, daß man seinem Ressort dreißig Prozent mehr Raumschiffe zur Verfügung stellte. »Wir kommen mit unserem Zeitplan in größte Schwierigkeiten, Marschall. Schon jetzt warten an den Auffangstellen über 3,2 Mil 59 lionen Männer, Frauen und Kinder auf den Abtransport. Bulton, die Projektoren für Schutzfelder gehen uns zur Neige, außerdem haben wir Probleme, die Unmengen an verderblichen Gütern sachgemäß zu lagern. Jede Minute Verzögerung kostet die Regierung Terras Millionen - Millionen, die sie sich nicht leisten kann, weil sie sie nicht hat. Marschall, es muß etwas geschellen, und zwar sofort. Geben auch Sie mir einen abschlägigen Bescheid, dann bleibt mir der Weg zu Trawisheim nicht erspart.« Mit dem drohten sie alle. Aber den Marschall konnte man damit nicht mehr beeindrucken. Er hatte die Raumer nicht zur Verfügung, und er konnte die angeforderten Schiffe auch nicht aus dem Ärmel schütteln. Die erbeuteten und mittlerweile auf terranische Bedürfnisse umgerüsteten S-Kreuzer waren größtenteils im Einsatz, und eine nicht unerhebliche Anzahl war nach den letzten Kampfeinsätzen nicht mehr raumtüchtig. Bei dem verbleibenden Rest stand noch soviel Arbeit an, daß er kurzfristig nicht einzuplanen war. Außerdem waren die Ringrau-
mer für die Auswanderer und ihre Ausrüstung nicht besonders geeignet. Ein Ringschiff verfügte nur über vier Schleusen. Das war einfach nicht genügend Ladekapazität. Ideal für die Massenauswanderung waren die alten Giant-Raumer und die terranischen Nachbauten - doch davon gab es schlichtweg zu wenig! Er konnte den aufgebrachten Minister vertrösten, nachdem er ihm ruhig den Sachverhalt dargelegt hatte. Aber nur bis zum Abend. »Länger kann ich unter keinen Umständen warten.« Bulton sah auf. Neben ihm stand eine Ordonnanz. »Was wollen Sie denn?« Der Mann überbrachte ihm die Auswertung der acht Funkmeldungen. »Geben Sie her!« sagte der Marschall ahnungslos. Er interessierte sich nur für das Resultat. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 8,6 Prozent werden imfragli 60 chen Bereich des Halo umfangreiche Vorbereitungen für einen Angriff getroffen. Das Ziel des Angriffs ist nicht w erkennen. Vor wamig bis fiinfundwamig Tagen ist mit einem Angriff nicht w rechnen, denn erst nach diesem Zeitpunkt dürften sämtliche Vorbereitungen beendet sein. Bulton glaubte zu träumen. Er griff in ein Seilenfach seines Schreibtisches, wo die Flasche eines hochprozentigen Getränkes stand, und genehmigte sich erst einmal einen dreifachen Brandy. Danach fühlte er sich wohler. Der Marschall, der es liebte, zwischendurch zu poltern und der gerne auch mal einen Schluck zu sich zu nahm - vorausgesetzt, seine Frau Gladys konnte ihn nicht maßregeln - konzentrierte sich wieder. Prüfend glitt sein Blick über die Folie. Das Schlüsselzeichen auf der Unterlage bewies ihm, daß niemand versuchte, sich einen schlechten Scherz mit ihm zu machen. Aus den acht Meldungen, die er zur Auswertung gegeben halte, ging hervor, daß ein großangelegter Angriff geplant war. Vom Halo aus? Vom Rand der Milchstraße? Ein Angriff gegen wen? Gegen Terra? Ihm wurde heiß, als er sich des Angriffs der einzelnen unsichtbaren Station erinnerte. Achtzehn Raumschiffe waren dabei am Boden zerstört worden und 2.163 Menschen hatten ihr Leben lassen müssen, die Verletzten nicht mitgezählt.
Und sein Unterbewußtsein, das ihn bei der Lektüre der Funkmeldungen so sehr beunruhigt hatte, wollte etwas Ähnliches aus diesen Nachrichten herausgelesen haben? »Zwanzig Tage. Knapp drei Wochen.« Ein durch das große Fenster fallender Schatten lenkte ihn ab. Der Schatten eines landenden S-Kreuzers. Die LUXOR. Sie war Janos Szardaks Schiff. Marschall Bulton traf seinen Entschluß. Drei Stunden später war Colonel Szardak mit seiner LUXOR zum Halo unterwegs - als Kundschafter Terras. Er sollte sich in der sternenarmen Randzone der Milchstraße Gewißheit verschaffen, ob man dort wirklich Vorbereitungen für 61 einen großangelegten Angriff traf und wenn ja, wer hinter diesem Angriff steckte. Die POINT OF flog mit Strich-Punkt-Strahlen Angriff auf die beiden beschädigten Doppelkugelraumer. Ohne Ankündigung war sie gestartet und hatte das Feuer aus allen Antennen eröffnet, kaum daß sich die großen Auflegerplatten vom Boden gelöst hatten. Strich-Punkt war bei Tageslicht kaum zu sehen, aber in der dunklen Nacht leuchtete der Strahl schwarzblau. Er war nicht schneller als das Licht, doch er konnte in seiner paralysierenden Wirkung tödlich sein, wenn die Dosierung eine bestimmte Grenze überschritt. Commander Dhark blieb keine andere Möglichkeit, wenn er nicht derjenige sein wollte, der den Vertrag mit Wer Sarnr brach. Die Scheinwerfer des Ringraumers badeten die dunklen Kugelzellen in ihr gleißendes Licht und machten die schweren Beschädigungen sichtbar. Ihre Helligkeit ließ die Strich-Punkt-Strahlen mit ihrem schwachen Leuchten beinahe verblassen. Drauf! sagte sich Dhark immer wieder in Gedanken. Er beobachtete, wie sein Freund Dan die POINT OF zwischen den beiden Doppelkugelriesen hindurchmanövrierte und dabei sehr langsam steigen ließ. Keines der vielen Decks in den beiden Tel-Schiffen sollte vom Strich-Punkt verschont bleiben. Kein einziger dieser hinterhältigen Schwarzen Weißen, wie die Terraner die Tel immer noch gerne bezeichneten, durfte anschließend noch in der Lage sein, einen Finger zu rühren. Daß dabei leider auch die eigenen Piloten, die sich mit ihren Flash in den Schiffen befanden, geschockt wurden, war nicht zu umgehen.
Knapp zehn Minuten dauerte der Blitzeinsatz, dann landete Riker den Ringraumer wieder. Arc Doorn, Miles Congollon und Manu Tschobe flogen Kontrolle. Daß der Brennkreis des Sie beim Durchflug durch die Decks und Wände der Tel-Schiffe Schmelz62 spuren hinterließ, spielte bei diesen stark beschädigten Räumern keine Rolle mehr. Aber auch bei intakten Schiffen wäre dies den Piloten egal gewesen - das Leben ihrer Freunde und Kameraden war ihnen wesentlich wichtiger. »Alles geschockt!« hieß es immer wieder. Tschobe als Arzt machte hier und da stichprobenartige Untersuchungen. »Dhark, ich weiß nicht genau, wie die Tel auf Strich-Punkt reagieren, aber ich möchte behaupten, daß diese heimtückischen Brüder in den nächsten zehn Stunden nicht wach werden.« Dann endlich fanden sie die gesuchten Flashpiloten. Zusammengeschlagen und gefesselt lagen die Männer in einer Nebenkammer des Leitstandes. Die Zusatzausrüstung der Blitze fehlte. Tschobe, der die Piloten untersuchte, machte ein bedenkliches Gesicht. »Unsere Männer müssen sofort in der Medo-Station behandelt werden. Hoffentlich haben Sie durch den Vibrationssturm keine Schäden erlitten.« Miles Congollon und Arc Doorn schafften ihre ohnmächtigen Kameraden in einem Blitzeinsatz zur POINT OF, wo die Ärzte unter der vorübergehenden Leitung von Hanfstick schon vorbereitet waren. Nach der ersten flüchtigen Untersuchung mit einem Kontrollgerät der Mysterious machte sich Betroffenheit breit. Die Ärzte sprachen davon, neue Gehirne in die Körper der Piloten zu pflanzen. Bedarf an gesunden Körpern war ausreichend vorhanden. Es gab wesentlich mehr intakte Gehirne, die in speziellen Lagereinrichtungen vor sich hindämmerten, als gesunde Körper, die sie aufnehmen könnten. Die Flashpiloten waren praktisch gehimtot, ihre Körper aber nur oberflächlich verletzt. Die Nachricht erreichte auch die Kommandozentrale. Ren Dhark glaubte in ein Eisbad zu stürzen. Nein, das darf nicht sein. Er rief Manu Tschobe an, der sich noch auf einem Schiff der Tel befand. »Manu, ihr Kollege Hanfstick will unsere Flashpiloten als Wirtskörper für neue Gehirne einsetzen, weil die eigenen zu sehr 63
beschädigt sein sollen«, klang seine Stimme verzweifelt aus dem Vipho. »Das kann doch nicht sein, oder?« »Das habe ich fast erwartet, und ich befürchte, daß es sich nicht umgehen läßt. Soweit ich weiß, haben die Männer wie praktisch alle an Bord der POINT OF einen Spenderpaß in der Tasche.« »Mein Gott«, stieß Dhark aus, »wissen Sie, was das bedeutet? Wonzeff, Doraner und alle anderen wären tot! Wir sähen zwar noch ihre Körper, aber die wären nur noch Hüllen für wildfremde Menschen! Tschobe, gibt es tatsächlich keinen anderen Ausweg?« Schweigen. Dann zögernd, stockend, mit schwankender Stimme: »Dhark, Sie müssen sich mit diesem Gedanken vertraut machen. Der Vibrationsangriff muß sehr lange gedauert haben. Wahrscheinlich hatten die Tel die Absicht, sie zu Vollidioten zu machen.« »Keine Spekulationen, Tschobe. Wie lange besteht wenigstens noch die Spur einer Hoffnung für die Piloten?« »Ich muß mir selbst ein Bild von dem Zustand der Patienten machen. Ich kenne den Befund nicht.« »Okay, dann kommen Sie sofort zurück in die Medo-Station. Ich warte.« In der Zentrale wagte niemand, ihn anzusprechen. Die Stille lastete zentnerschwer auf jedem. Nach einer Zeit, die allen fast unendlich erschien, meldete sich Tschobe aus der Medo-Station. Sein Gesicht wirkte grau und eingefallen. Die Stimme war leise und gedrückt. »Dhark, die Männer haben höchstens noch zwanzig Stunden, keine einzige mehr. Bei Rui Warren ist der Zustand besonders besorgniserregend. Für ihn gilt eine Frist von fünfzehn Stunden. Ich kann hier nichts mehr zur Rettung ihrer Gehirne tun. Auf der Erde... ja, auf der Erde, da hätten wir die Möglichkeit. Aber wir können ja noch nicht einmal Verbindung mit Terra herstellen, um Hilfe anzufordern. Die verdammten Magnetstürme in der Milchstraße verhindern wieder einmal selbst To-Funk!« »Tschobe, dann niegen wir eben zurück! In spätestens fünf Stunden sind wir auf Terra!« Dhark sah einen Hoffnungsschim mer. »So leid es mir tut, das ist unmöglich! Alle Körperfunktionen der Piloten sind so stark in Mitleidenschaft gezogen, daß die Patienten eine Transition nicht überleben würden. Es bleibt uns leider nur die Möglichkeit, die zerstörten Gehirne auszulauschen und die Körper zur Regeneration in Tiefschlaf zu versetzen.«
Auf einen Schlag zerstörten Tschobes Worte Dharks Hoffnung. Der afrikanische Arzt hatte Tränen in den Augen. »Allerdings...« Plötzlich blitzte es in den dunklen Augen des Arztes auf. »Dhark, Riker, erinnern Sie sich noch an Es?« Die beiden Angesprochenen ließen ihre Erinnerungen weit zu rückschweifen. Etwas mehr als fünf Jahre zurück. Es war auf dem ersten Fernflug der POINT OF nach deren Fertigstellung durch die Menschen. Tausend Jahre lang hatte das Schiff in den Höhlen des Gebirgsmassivs von Deluge auf Hope gelegen und darauf gewartet, komplettiert zu werden, um endlich in die unendlichen Weiten des Alls aufbrechen zu können. Dann kamen die Terraner, beendeten das Werk der Erbauer der gigantischen Ringröhre, und starteten Ende März 2052 zum tausend Jahre verspätet stattfindenden Jungfernflug. Die Menschen wollten die Erde, die irgendwo im Sternendschungel verschollen war, wiederfinden! Immer auf der Flucht vor fremden Raumschiffsverbänden hatten die Astronomen schließlich mehrere tausend Lichtjahre entfernt von Hope das erste bekannte Sternbild entdeckt. Jens Lionel hatte Dhark eine Folie mit der Botschaft zugesteckt: Wir haben das Sternbild Die Drei Türme entdeckt. Wir wissen jetzt, wo die Erde liegt. Wir machen den Vorschlag, Die Drei Türme anwfliegen und von dort aus die Erde. Dhark hatte sich gerade trotz dieser Entdeckung erst einmal zur Rückkehr ins Col-System entschlossen, als die POINT OF erneut 64 65 angepeilt wurde. Zuflucht vor den unbekannten Gegnern fand der Ringraumer in einem nahegelegenen Elf-Planeten-System. Auf Nummer vier, einer Welt, die zu zwei Dritteln von Wasser bedeckt war, landeten die Flüchtenden. Mit 1,08 Gravos war die Schwerkraft erträglich. Riker taufte den Planeten auf den Namen Hide out. Auf Hide out machte dann zuerst Chris Shanton in Begleitung seiner Robotkonstruktion Jimmy, der er das Aussehen eines ganz normalen Scotchterriers gegeben hatte, die Bekanntschaft mit einer gallertartigen Masse. In einer selbstmörderischen Attacke, nur zu vergleichen mit dem Verhalten von Lemmingen, stürzte sich das Gallert dann auf den Ringraumer, um seine eigene Vernichtung zu erzwingen.
Auswertungen des Checkmasters ergaben, daß hinter der Aktion eine gesteuerte Absicht stand, zumal vom Standort des Gallerts auch gesteuerte Hypersignale an den Ringraumer abgingen. Und dann passierte es. Kurz vor dem Start der P01NT OF versank die Besatzung in eine unerklärliche Ohnmacht. Als sie danach wieder erwachte, teilte Shantons Robothund mit, daß sich etwas, Es, über zwei Stunden an Bord des Raumers aufgehalten habe. Die Frage, was Es denn gewesen wäre, konnte Jimmy nicht beantworten. Dhark nahm die Frage schnell zurück, als er feststellte, daß das suprasensorische Innenleben des Robothundes vor einem Kollaps stand. »Ja, Tschobe, wir erinnern uns. Aber^ worauf wollen Sie hinaus?« Dhark wußte mit Tschobes Einwurf nichts anzufangen. »Ich habe damals kurz vor unserem Start eine größere Menge des Gallerts an Bord bringen lassen, um es in der Medo-Station und in den Labors analysieren zu lassen. Allerdings ist es im Laufe des Wiederaufbaus nach Beendigung der Giant-Herrschaft auf der Erde vorübergehend in Vergessenheit geraten. Erst Echri Ezbal hat sich im Rahmen seiner Cyborg-Forschung ernsthaft mit dem Gallert befaßt. Bei meinem letzten Besuch im 66 Brana-Tal legte er mir die vorläufigen Untersuchungsergebnisse vor. Und nun halten Sie sich fest, Dhark und Riker! Das Gallert besitzt einen nahezu unglaublichen Regenerierungseffekt. Ich möchte jetzt nicht weiter auf für Sie unverständliche medizinische Details eingehen oder Ihnen einen langen Vortrag über die Erfolge oder Mißerfolge der Versuche halten. Nur soviel: Bei der letzten Versuchsreihe heilte das Gallert einen hochgradig r-versü-ahlten Triebwerkstechniker. Der Mann, er war praktisch klinisch tot, wurde innerhalb eines einzigen Tages vollkommen wiederhergestellt! Zerstörte Nervenbahnen, in Auflösung begriffene Organe, alles. Wirklich alles!« »Tschobe, wollen Sie etwa sagen...« Dan Riker konnte den angefangenen Satz vor lauter Erregung nicht beenden. Die Mitteilung des Mediziners eröffnete ungeahnte Perspektiven. »Ja, das will ich. Wenn wir es schaffen, innerhalb von rund zehn Stunden genügend Gallert mit mehreren Flash hierher zu schaffen oder noch besser einen Raumer mit einer speziell ausgestatteten Medo-Station, gibt es vielleicht die Möglichkeit, die Flashpiloten doch noch vor dem Gehimtod zu bewahren.« Ren Dhark handelte augenblicklich.
»Dhark an Flugbereitschaft. Dhark an Flugbereitschaft. Ich brauche sofort vier Freiwillige für einen Nonstop-Flug Terra hin und zurück!« Und noch keine dreißig Sekunden später lagen die Meldungen aller Flashpiloten vor!
2. Warten! Unendlich langes Warten! Der Commander und alle Besatzungsmitglieder an Bord des Ringraumers sehnten verzweifelt den Augenblick herbei, an dem von der Ortung die Rückkehr der Flash bekanntgegeben würde. Sechs Stunden waren vergangen, seit fünf Flash unter dem Kom mando von Ariy Scott, einem ehemaligen Scoutbool-Piloten, den Flug nach Terra angetreten hatten. »Gehen Sie kein Risiko ein, Arly. Kampfhandlungen oder Verzögerungen sind unbedingt zu vermeiden«, hatte Dhark dem erfahrenen Piloten mit auf den Weg gegeben. Stunde um Stunde verging. Dhark wanderle nervös in der Zentrale hin und her. Entgegen seiner Gewohnheit hatte er sich nach langer Zeit wieder eine Zigarette angesteckt und rauchte hastig. Die Sekunden schienen sich zu Ewigkeiten zu dehnen. Quälend langsam vergingen Minuten, um irgendwann einmal zu einer vollen Stunde zu werden. Dhark schaute erneut auf den Zeitmesser. Gerade erst einmal vier Minuten waren seit seinem letzten Kontrollblick vergangen! »Ren, es ist noch Zeit!« Dan Riker, sein Freund seit gemeinsamen Jugendabenteuem, der im Kopilotensessel saß, versuchte, den Commander zu beruhigen. »Ich weiß, Dan, aber ich habe das Gefühl, daß uns die Zeit davonläuft. Kannst du dir vorstellen, was dann passiert, wenn...« »Dhark, Riker!« Grappas Stimme aus der Ortung schallte durch die Zentrale der P01NT OF. »Strukturerschütterungen angemessen. Entfernung rund drei Lichtstunden. Scheinen aber nicht nur Flash zu sein. Zusätzliches Spektrum entspricht dem eines 200-Meter-Kugelraumers.« Glenn Morris schaltete sich in das Gespräch ein: »Dhark, ich habe Scott in der Leitung. Ich schalte durch!« Scotts Gesicht erschien auf einem kleinen Monitor.
Arly Seott, der zusammen mit dem Commander die Episode auf Hope durchlebt hatte, war im Austausch für einen Piloten an Bord des Ringraumers gekommen, der seinen langverdienten Urlaub angetreten hatte. Scott freute sich, wieder mit Leuten zusammenzusein, die er aus früherer Zeit kannte. Jetzt grinste er den Commander an. »Sorry, aber schneller ging es wirklich nicht. Ezbal wollte uns die notwendigen Sachen nicht so einfach überlassen; er hat die ALBERT SCHWE1TZER mitgeschickt, sozusagen ein fliegendes Krankenhaus. Und Bulton wollte auch kein Risiko eingehen. Unser Geleit bilden sechs S-Kreuzer, die uns gegebenenfalls die feindlichen Raumer vom Leib halten sollen. Wir landen in zwanzig Minuten. Ich schalte Sie jetzt durch zu den Medizinern an Bord der ALBERT SCHWE1TZER. Ach ja, ich überspiele Ihnen anschließend noch einige wichtige Informationen von Trawisheim und Bulton.« Scotts Kopf verschwand und machte einem ernst dreinblickenden Mediziner Platz. »Keine langen Vorreden, Dhark. Verbinden Sie mich mit der Medo-Station Ihres Ringraumers. Alles andere kläre ich mit den dortigen Ärzten!« Seitdem waren weitere zehn Stunden vergangen, in denen die verletzten Flashpiloten an Bord des Kugelraumers überführt und pausenlos behandelt worden waren. Langsam machte sich Normalität an Bord der P01NT OF breit. 68 69 Die Anspannung ließ nach, auch wenn Ren Dhark es sich nicht nehmen ließ, jede volle Stunde nach dem Zustand seiner Flashpiloten zu fragen. Noch keine Aussage möglich! war die Standardauskunft. In der Zwischenzeit lagen dem Commander die ersten Analysen der Experten vor, die versucht hatte, den Zentralcomputern der zwangsgelandeten Doppelkugelraumer Angaben über ihren Heimatplaneten zu entreißen. »Nichts, Dan, nichts!« Dhark wischte enttäuscht mit den Folien durch die Luft. »Sämtliche Rechner haben sieh selber zerstört. Inzwischen liegt die Bestätigung von einem Schwarzen Weißen vor, in der er zugibt, daß eine Sicherheitsschaltung existiert, die es Unbefugten
praktisch unmöglich macht, auf die Daten der Rechner zuzugreifen, ohne diese zu zerstören.« »Und was ist mit dem Wissen der Schwarzen Weißen selber?« warf Dan ein. Dharks Augen blitzten auf. »Weißt du, was du da verlangst? Ich werde diese Fremden auf keinen Fall einem Psychoverhör unterwerfen, Dan. Auch wenn sie nicht zögern würden, so etwas mit uns zu machen. Ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben, mit diesem Volk zu einer friedlichen Lösung zu kommen!« Empörung schwang in seiner Stimme mit. Wie konnte Dan auch nur einen solehen Gedanken in Erwägung ziehen? Ganz tief in seinem Innern wußte der Commander allerdings, daß sein Freund die einzig realistische Möglichkeit, an Informationen zu gelangen, angesprochen hatte. In ihrer jetzigen Situation waren Sentimentalitäten nicht angebracht. Dhark deutete auf die anderen Folien, die vor den beiden Freunden auf dem Schwebetisch lagen. Eine Hiobsbotschaft nach der anderen! Rund um Esmaladan hatte eine gigantische Raumschlacht stattgefunden! Schwere Verluste bei den Utaren und Terranern. 70 Die Werften auf Dockyard waren stillgelegt? Durch wen oder was? Die Cyborg-Truppe um Marc Carrell nach wie vor verschwunden! Und dazu noch Jos Aachten van Haag und Chris Shanton samt seinem Robothund? »Dan, ich glaube, wir sollten zurück nach Terra fliegen, Trawisheim und Bulton schlagen dies auch vor. Die S-Kreuzer können den Schutz der ALBERT SCHWEITZER übernehmen und später zusammen mit dem Hospitalschiff den Rückflug antreten.« Dhark stellte eine Verbindung zu dem Sanitätsschiff her. Auf seine Nachfrage hin erhielt er die schon seit Stunden immer gleiche Antwort: Noch keine Prognose möglich! Sein Entschluß stand fest. Er schaltete eine Verbindung in die Zentrale seines Raumers. »Leon, bereiten Sie alles zum Start vor. In einer Stunde kehren wir nach Terra zurück! Die ALBERT SCHWEITZER und die SKreuzer kommen später nach! Die Tel dürfen nach dem Abflug unserer Schiffe Fre Samr um Hilfe anfunken. Dessen Raumer befinden sich an unserer Ortungsgrenze in Warteposition. Und Morris soll versuchen, über To-Funk Terra zu informieren!«
Nach der ersten Transition über 15.000 Lichtjahre in Richtung Terra gab der Commander den Astronomen erneut Gelegenheit, die Sterne kartographisch zu erfassen. Jens Lionel hatte darum gebeten, wenigstens für zwei Stunden keine Transition vorzunehmen. Der Commander hatte sich in seine Kabine zurückgezogen. Die Führung seines Ringraumers hatte Hen Falluta, der erste Offizier, übernommen. Dhark gab sich ganz seinen Gedanken hin. Vor seinem geistigen Auge erschien das Abbild einer jungen, dunkelblonden Frau, deren Gesicht leicht slawische Züge trug. 71 Wenn wir wriick sind, werde ich mich mit ihr in Verbindung... Dharks Gedanken wurden abrupt unterbrochen. Das Signal der Bordsprechanlage zeigte an, daß eine dringende Mitteilung anstand. Glenn Morris' Stimme war heiser vor Aufregung. »Dhark, bitte kommen Sie sofort in die Funk-Z, aber schnell!« Dhark spurtete los. Wenn Morris es so dringend machte, war es das auch! Der Cheffunker erwartete ihn schon. Er stand vor dem großen Oszillo. Hinter der Echokontrolle hielten sich Yogan und Brugg auf. Die Luft schien vor Spannung zu knistern. »Das sehen wir seit drei Minuten. Es wird immer stärker, als käme es näher, aber eine Annäherung aus sieben verschiedenen Richtungen gibt es doch nicht. Und hören Sie sich das an, Dhark...« Ron wedeln wi terra! Ron wedda wi terra! Ron weddu wi terra! »Kennen Sie diese Sprache, Commander?« Gespannt sah Morris ihn an. Ron wedda wi terra! Es klang wie ein Schrei! Wie ein Notruf: Rein wedda wi terra! »Nein«, sagte Dhark, »diese Sprache kenne ich nicht. Haben Sie etwa geglaubt...?« »Ja, ich habe geglaubt, die Mysterious würden nach uns rufen, und ich hatte gehofft. Sie würden diese Worte verstehen.« »Befragen wir den Checkmaster, Morris.« Der Satz wurde zur Übersetzung an das Bordgehirn gegeben, aber statt einer Antwort kam rot. Der Checkmaster wollte oder konnte den Text nicht übersetzen. »Hören Sie sich das nur an. Man ruft ununterbrochen diesen einen Satz. Wenn das Wort terra nicht vorkäme, würde ich mir
nicht allzuviel denken, aber immer wieder hören: Ron wedda wi terra! erzeugt auf die Dauer ein unheimliches Gefühl.« Dhark verstand Morris nur zu gut. Auch er war enttäuscht. Auch er hatte die stille Hoffnung in sich getragen, ein Lebenszeichen der Mysterious zu erhalten - eine Hoffnung, die der Commander schon fast autgegeben hatte. »Haben Sie die Standort der Sender feststellen können, Morris?« »Nein, wir können Sie nicht erfassen. Bitte sehen Sie es sich Morris schaltete am Oszillo auf Hyper. Das Aussehen der starken Amplituden veränderte sich schlagartig. Ein markantes Merkmal fehlte allen. Der Raum-Zeit-Schnörkel, wie es im Jargon der Punker hieß. »Das verstehe ich nicht«, gab Dhark unumwunden zu und zuckte mit den Schultern. »Es ist nicht schwer zu verstehen, aber um so schwerer, es sich vorzustellen, Dhark. Alle sieben Stationen befinden sich im Hyperraum. Das Fehlen des Schnörkels an den Blips läßt kaum eine andere Vermutung zu.« »Also sind Sie nicht absolut sicher?« »Nein, absolut sicher sind wir nicht, dafür haben wir mit einem solchen Phänomen einfach zuwenig Erfahrung. Ich habe Are Doorn informieren lassen. Der kann uns vielleicht weiterhelfen.« Kurz danach betrat der Sibirier mit den roten Haaren die FunkZ. Man sagte diesem ungehobelten Mann ein einzigartiges Einfühlungsvermögen in fremde Technik nach. Der wortkarge Doorn studierte die Blips sorgfältig. Das Fehlen des Schnörkels fiel ihm sofort auf, und er schlußfolgerte wie der Funkspezialist: »Stationen im Hyperraum?!« Morris war mit seiner Antwort vorsichtig. Sein Schulterzucken besagte nicht viel. »Ron wedda wi terra!« wiederholte Doorn und sah dann seinen Commander fragend an. »Wirklich nicht die Sprache der Mysterious?« bohrte er zweifelnd nach. »Doorn, ich verstehe den Satz tatsächlich nicht. Vielleicht ist mit terra gar nicht unsere Erde gemeint, und wir bilden uns nur ein, einen Notruf zu hören.« 72 73 »Meistens hat unsere Phantasie mit der Wirklichkeit, mit der wir konfrontiert wurden, nicht mithalten können. Aber das hier? Stationen im Hyperraum gibt's nicht, Dhark...«
Dhark war enttäuscht. Innerlich hatte er sich schon darauf eingestellt, mit der POINT OF auf die Suche nach den Stationen zu gehen. Andererseils zog ihn ein unerklärlicher Drang zur Erde zurück. »Wir fliegen nach Terra zurück!« Das war endgültig, doch als Ren Dhark die Funk-Z verließ, hörte er immer noch den einen Satz: Ron wedda wi terra! Die POINT OF war Cent Field gerade von Jupiter gemeldet worden, als Ren Dhark schon Henner Trawisheims Büro betrat. Erstaunt schickte er seinen Blick auf das Chrono. Dhark ließ sich in dem Sessel vor Trawisheims Arbeitstisch nieder und schlug die Beine übereinander. »Ich bin mit einem Flash gekommen, Trawisheim. In aller Kürze: Was gibt es Neues in den Sachen Tel, Dro Cimc und Vermißte auf dem Planeten der Gi ants?« Trawisheim brauchte keine Informationen einzuholen. Als Cyborg auf geistiger Basis hatte er jederzeit alles abrufbereit. »Die Tel sind zu keiner Angabe zu bewegen, und Dro Cimc wird morgen im Brana-Tal aus der Krankenstation entlassen. Von den vermißten Männern nach wie vor keine Spur.« Ren Dhark war aufgestanden und stand am Kunststoffenster. Er sah über Alamo Gordo hinweg, die Stadt, die jeden Tag um zehntausend Menschen größer wurde. Die tägliche Zuwachsrate hier war größer als die Zahl der Siedler, die nach anderen Planeten auswanderten. Auch daran dachte der Commander in diesem Augenblick, als die künstliche Beleuchtung über der Weltmetropole eingeschaltet wurde, weil die Sonne am Horizont von Neu-Mexiko 74 unterging. »Warum sind die Planeten Dolmin, Laxer und Ega immer noch nicht zur Besiedlung freigegeben worden, Trawisheim?« Vor zwei Jahren, im August 2056, hatte es offiziell geheißen, diese erdähnlichen Welten würden in den nächsten Monaten von jeweils drei Milliarden Menschen besiedelt. Sie lagen vor der Haustür der Erde: Dolmin mit der Sonne Formalhaut war 25 Lichtjahre, Laxer im Pollux-System 54 und Ega unter der Sonne Regulus im Großen Löwen 135 Lichtjahre entfernt. Mit ruhigen Gewissen konnte Trawisheim sagen: »Alle drei Systeme liegen in einem Bereich, in dem die Hochwerte des galaktischen Magnetfeldes einfach nicht abnehmen wollen. Die Welten
können erst besiedelt werden, wenn sie über einen planetarischen Schutz verfügen wie wir. Deshalb sind wir auf die anderen Welten ausgewichen. Und dort läuft die Besiedlung auf Hochtouren!« »Okay. Haben Sie den Einsatzplan der Cyborgs, Henner?« Trawisheim hatte. Dhark überflog kurz die Liste und deutete auf drei Namen. Burton, Charly und George Snide. »Diese drei Cyborgs benötige ich unbedingt. Übermorgen um sieben möchte ich die Männer in der Zentrale der POINT OF sehen. Noch etwas: Wie sieht es mit der Transmitterverbindung nach Hope aus?« »Dhark...« Halb verzweifelt und leicht den Kopf schüttelnd musterte Trawisheim seinen Chef. »Unsere Techniker haben enorme Probleme mit Transmitterverbindungen über eine solche Entfernung hinweg. Gerade die Transmittertechnik ist zum großen Teil noch Neuland für uns. Außerdem machen uns die Magnetstürme zu schaffen.« Dharks Gesicht wurde hart. »Diese Erklärung habe ich schon oft gehört, Trawisheim, aber nicht erwartet, daß auch Sie diese abgedroschene Ausrede benutzen würden. Ich erwarte...« Trawisheim, der immer die Ruhe in Person war, unterbrach den Commander einfach. Seine Stimme war deutlich lauter als sonst. 75 »Dhark, was stellen Sie sich eigentlich vor? Sie kommen hier an, geben mal so nebenbei ein paar Befehle, konfrontieren uns mit irgendwelchen neuen Erkenntnissen und Entdeckungen und kehren dann zurück ins Weltall. Wir, die wir hier die Stellung halten, dürfen dann dafür sorgen, daß alles nach Ihren Vorstellungen läuft. Haben Sie überhaupt eine Ahnung, welche Gefahren und Probleme Sie durch ihre gewagten Exkursionen hervorrufen, und mit welchen Schwierigkeiten wir vor Ort zu kämpfen haben? Gerade Sie müßten doch wissen, daß wir auf vielen Gebieten immer noch improvisieren müssen. Ich denke nur an unsere Neuentwicklung eines Universalroboters. Wie lange hat das gedauert? Aber wenn der Terminplan eingehalten wird, können wir die erste Testserie in den nächsten Tagen einsetzen! So, und jetzt dürfen Sie weiter fordern, Commander!« Trawisheims legte nie viel Wert darauf, Ren Dhark mit seinem offiziellen Titel anzureden, aber jetzt hatte er eine besondere Betonung in das Wort Commander gelegt. Nach diesem Aushruch hatte seine Stimme wieder ihren normalen Klang angenommen
und er schaute dem blonden Mann ruhig ins Gesicht — er hatte sich nichts vorzuwerten. »Henner, ich... ich...!« Dhark war vom Ausbruch seines Stellvertreters auf Terra erschüttert. Der Commander rang sichtlich um Fassung, er atmete tief durch. »So habe ich das noch nie gesehen. Tut mir leid, wenn ich über das Ziel hinausgeschossen bin. Sie haben recht, ich bin in vielen Dingen zu ungeduldig, will immer zu schnell zu viel erreichen. Aber es stürzt auch so viel auf uns ein, so viele Aufgaben wollen erledigt werden. Machen Sie so weiter, wie Sie es für richtig halten! Und wenn ich wieder einmal übers Ziel hinausschieße, dann...« Der geistige Cyborg nickte nur stumm, sein Gesicht verzog sich zu einem Lächeln. »Henner, ich glaube, ich lasse Sie jetzt besser allein, damit Sie sich ungestört auf Ihre Arbeit konzentrieren können. Außerdem habe ich auch noch einige Dinge zu erledigen.« Kurze Zeit später betrat Dhark seine Privaträume. Ein Lächeln umspielte plötzlich seine Lippen. Er erinnerte sich an die junge Frau, die mit ihm von Europa nach Alamo Gordo geflogen war. Warum sollte er nicht einfach mal... Die Viphoverbindung zur GSO kam sofort. Er verlangte nach Eylers, dem Chef der Galaktischen Sicherheitsorganisation. »... und lassen Sie Ihre Personalien und Adresse feststellen. In diesem Fall eilt es.« Knapp eine halbe Stunde später rief Eylers zurück. »Die Dame ist 26 Jahre alt. Futurologin, Examen mit Auszeichnung bestanden, heißt Joan Gipsy und wohnt im 556./38 AGD. Tätig im Sozialministerium. Im Augenblick keine Beziehung. Ihr Vermögen beträgt...« »Danke, Eylers, das genügt!« Hastig schaltete Dhark ab und griff nach der Folie, die Eylers während des Gespräches automatisch mit übersandt hatte. Die Rufnummer! Wo ist die Rufnummer? Dhark war nervös! Endlich hatte er die Viphonummer gefunden. Einen kurzen Augenblick zögerte der Mann, der die Menschen zu den Sternen geführt hatte, dann tippte er die Nummer ein. Nach dem fünften Rufzeiten, Dhark wollte die Verbindung gerade unterbrechen, erhellte sich der Bildschirm. Eine dunkelblonde
Frau mit tropfnassen Haaren, die sich hastig ein Badelaken umgewickelt hatte, war zu sehen. »Hallo, ich...« Ein Strahlen erschien auf dem Gesicht der überraschten Frau, das Laken verrutschte und gab einen Blick auf ihren Körper frei. »Endlich«, sagte sie. Ihre Stimme klang weich und angenehm, 76 77 die Mühe, das verrutschte Laken wieder hochzuziehen, machte sie sich nicht. »Ich hatte die Hoffnung schon fast aufgegeben. Bei dir oder bei mir?« In der großen Hyperfunkstation von Cent Field herrschte Nervosität. Ursache dieser Unruhe war der Spruch in unbekannter Sprache, der von sieben Stationen zur gleichen Zeit ausgestrahlt wurde. Aber die Stationen waren mit den Ortungsanlagen nicht zu erfassen! Und diese Tatsache sorgte bei den Experten für Unruhe! Ron wedda wi terra! Ununterbrochen war der Ruf zu hören; nicht nur in Cent Field, sondern auch an Bord aller Schiffe der TF. Versuche, einen der sieben Sender zu lokalisieren, scheiterten bislang. Mit einem Rundspruch an alle Schiffe hatte der Stab der TF die Order erlassen, wegen dieses Phänomens keine Rückfragen mehr zu tätigen. Diplomingenieur Riz hatte die Idee, die Stationen von Planet l im Zwitt-System anzupeilen. Aus dem Sternenkatalog rief er die Koordinaten des Zwitt-Systems ab und stellte dann über To-Funk die Verbindung zu Planet l her. »Na?« sagte Mort Riz, weil es so lange dauerte, bis Planet l sich meldete. Wenig später setzte er die Echokontrolle ein. Dann schüttelte er mit dem Kopf. Der Sender auf Planet l war klar, aber warum antwortete er nicht? Er versuchte es noch einmal, doch Planet l schwieg weiterhin! Riz schaltete alle Sender auf das Hauptgerät und verdreifachte damit seine Leistung. Noch einmal rief er zur Stemenbrücke durch. Keine Antwort! »Versuchen Sie es mit Zwitt, Shigitu!« schlug Riz seinem Kollegen vor. Langsam wurde er unruhig.
Zwitt, der unheimlichste Planet, den die Menschen bis heute 78 kennengelernt hatten, verbarg sich hinter einer Korona, die jedem Ortungstest standhielt und von den Mysterious so raffiniert aufgebaut worden war, daß man sie einfach für die äußere Hülle einer ganz normalen Sonne halten mußte. Zwitt schwieg auch. »Versuchen wir's mit Hope!« lautete sein nächster Vorschlag. »Warum nicht?« Shigitu begann sich lebhaft für diesen Fall zu interessieren. Auf der Hyperfrequenz, auf der Hope empfing und sendete, herrschte Ruhe! Es gelang nicht, eine Verbindung mit den bekannten Stationen aufzubauen! »Ich rufe den Stab an«, sagte Riz. Der Colonel im Stab wollte nicht die Verantwortung tragen und stellte Diplomingenieur Mort Riz zum Adjutanten von Marschall B u l ton durch. Mort Riz, ein Mann, der bislang noch nie aufgefallen war, stand nun plötzlich im Mittelpunkt des Interesses. Bultons Adjutant weckte seinen Marschall und überließ es Riz, dein unsanft aus dem Schlaf gerissenen Chef der terranischen Flotte das Problem vorzutragen. Um 01.17 Uhr Normzeit erhielten drei S-Kreuzer, die zwischen den beiden Spiralarmen Kurs Terra flogen, den Befehl, auf Ge genkurs zu gehen und Planet l im Zwill-Systein anzufliegen. Acht andere Schiffe bekamen die Aufgabe, weitere Außenstationen zu kontrollieren. Die Aktion lief gerade an, als plötzlich der rätselhafte Dauerruf verstummte. Im gleichen Moment meldete sich Planet l! Und Hope war auch wieder zu erreichen! Die Überraschungen nahmen kein Ende! Der Funker auf Planet l behauptete, die ganze Zeit über empfangsklar gewesen zu sein, aber ein Ruf von Terra sei nie und nimmer an ihn abgestrahlt worden! Unbegreiflich, lautete überall das Urteil, aber man war sich dar über klar, daß das Unbegreifliche mit dem Dauerruf in Zusammenhang stehen mußte. Ron weddu wi terra'. Wer rief wen, und was bedeutete dieser Satz?
Pünktlich meldeten sich die drei Cyborgs in der Kommandozentrale der POINT OF. Niemand konnte den Zwillingen Snide ansehen, daß sie jahrelang als geistesschwache, bedauernswerte Geschöpfte dahinvegetiert waren. Echri Ezbal, der geniale Wissenschaftler im Brana-Tal, hatte sich ihrer angenommen und das Wunder vollbracht, sie zu heilen. Jan Burton, ein athletischer Mann von 32 Jahren, war eine gelungene Mischung aus drei Rassen. In seinen Adern floß das Blut von Mongolen, Afrikanern und Nordeuropäern. Sein Haar hatte einen leichten Blaustich und seine Augen eine ungewöhnliche Bemsteinfarbe. Er war ein Spezial-Cyborg, ein lebender Suprasensor, dessen Aufgabe es nicht war, sich bei Einsätzen zu exponieren, sondern durch Auswertung der anfallenden Daten den richtigen Weg zum erfolgreichen Abschluß der Mission zu berechnen. »Das Schiff startet in dreißig Minuten. Ziel ist die Welt der Giants, auf der vier Cyborgs, Shanton mit seinem Robothund und Jos Aachten van Haag verschwunden sind. Machen Sie es sich bis zum Eintreffen dort bequem.« Mehr hatte ihnen Ren Dhark nicht zu sagen. Als die Cyborgs die Zentrale verlassen hatten, sagte Dan zu seinem Freund: »Ren, so entspannt habe ich dich schon lange nicht mehr gesehen. Was ist passiert!?« Er schaute seinen Freund forschend an und schmunzelte leicht. »Hat es etwas mit der Nachfrage bei Eylers zu tun? Ich war vorgestern gerade bei ihm, als du angerufen hast.« »Dan, kümmere dich lieber um die Prüfliste für den Start, statt irgendwelche Vermutungen anzustellen«, wehrte Dhark den Vor 80 81 stoß seines Freundes ab und beugte sich über die Instrumentenkonsole. Dabei hätte er sich viel lieber mit anderen Dingen beschäftigt! Dan Riker warf einen Blick zu seiner Frau Anja hinüber, die an einer Konsole vor dem Checkmaster, dem nach wie vor unübertroffenen Rechner der Mysterious, Platz genommen hatte. Sie hatte die Frage ihres Mannes mitbekommen und wunderte sich über Dharks Reaktion. Die Blicke der beiden Menschen drückten für einen Augenblick Ratlosigkeit aus, dann hatte sie der Alltag wieder eingeholt. Auf die Minute genau hob der Ringraumer ab. A-Grav stieß ihn hoch. Erst in mehr als zehntausend Metern Höhe kam Sie. Das Schiff jagte quer durch das Sol-System jener Welt entgegen, auf
der die Giants sich selbst produziert hatten; jene Giants, die von den durch den Cal regierten anderen Giants nichts wußten, sich aber ebenso wie diese All-Hüter nannten. Nach drei Transitionen und fünfzehn Stunden Flug stand die POINT OF über ihrem Ziel. Die Gruppe, die hier Forschung betrieb, lotste den Ringraumer über Peilstrahl herunter. Stoßfrei setzte das Schiff auf. Wenig später studierten Dhark, Riker, die Cyborgs und vier weitere Männer den Lageplan dieser gewaltigen unterirdischen Anlage, in der die Transmitler-Straßen der Mysterious von Giants überwacht worden waren. »Commander«, behauptete Oberleutnant de Cluny, »wir haben alles durchforscht. Wir haben sämtliche Suchmethoden eingesetzt, damit uns ja kein Raum entgehen konnte, aber weder von den Giants noch von den verschwundenen Männern konnte eine Spur entdeckt werden. Bis heute ist es uns auch nicht gelungen, die Produktion von Giants wieder in Gang zu setzen. Alle Versuche in diese Richtung schlugen fehl.« »Was ist das?« fragte Dhark und deutete mit dem Lichtstab auf einen bestimmten Punkt der Karte. »Das ist das Archiv der Giants. Ein Mcntcap-Archiv, aber diese 82 Mentcaps wirken bei uns nicht. Wir haben keine einzige Information daraus beziehen können. Wahrscheinlich sind sie ausschließlich auf den Metabolismus dieser Bio-Roboter ausgerichtet.« Fragend blickte Dhark den Afrikaner an. Er war Giant-Experte, doch Manu Tschobe zuckte ratlos mit den Schultern. »Ich kann es mir schlecht vorstellen, daß Giants Mentcaps geschluckt haben. Das widerspricht unseren bisherigen Erkenntnissen. Ich möchte mir dieses Archiv doch einmal genauer ansehen.« »Ganz Ihrer Meinung, Tschobe.« Dhark erhob sich und wandte sich wieder an de Cluny. »Geben Sie uns einen Mann mit, der uns zum Archiv führt. Dan, dich wüßte ich gern wieder zurück auf der POINT OF.« »Anja wird sich freuen, mein Lieber!« sagte Riker leicht sarkastisch. Sein Protest änderte nichts an Dharks Anordnung. Dan Riker mußte zum Ringschiff zurück. Kurz darauf erreichte der Commander mit seiner Gruppe das Archiv. Es hatte keine Ähnlichkeit mit den Mentcap-Archiven auf Hope und Erron-3. Die Mentcaps lagen in durchsichtigen Plastikfolien, die man aufbrechen mußte, um an die kleine weiße Kugel zu kommen.
Jeder schluckte zwei.
Eine Wirkung trat nicht ein.
De Clunys Behauptungen stimmten.
Tschobe ging langsam an der metallverkleideten Wand entlang.
Sie war fugenlos bis auf den Schlitz, aus dem die Kapseln in einen kleinen Auffangkorb fielen. Als er wieder neben dem Commander stand, sagte er nur: »Ich verstehe das nicht... oder wir sehen vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr.« »Wahrscheinlich wird das letztere der Fall sein. Aber wo ist hier der Wald, Tschobe?« Die drei Cyborgs sagten kein Wort. Daß Doorn sich ausschwieg, war nicht verwunderlich. Die Gedankensteuerung funktionierte einwandfrei. Tschobe 83 hatte nach einer Mentcap verlangt, die ihm Aufschluß über dieses Archiv geben sollte. Die Plaslikkapsel fiel in den Korb. Er nahm sie heraus, brach sie auf und schluckte die dritte Mentcap. Wieder ohne Erfolg! »Ich geh's auf!« sagte er unzufrieden und warf die zerbrochene Plastikdose verärgert in den Auffangkorb. Die beiden anderen, die er in die Tasche gesteckt hatte, holte er hervor und betorderte sie auch dorthin. Auch Ren Dhark machte große Augen, als sich der Boden des Auffangkorbes öffnete, darunter eine U-fönnige Schiene aus der Metallwand fuhr und die zerbrochenen Plastikhüllen über die Schiene in der Wand verschwanden. »Nein!« Tschobes Schrei gellte durch das Archiv, das mit gut dreißig mal dreiundzwanzig Metern bei einer Höhe von achtzehn Metern wirklich nicht klein war. »Nein, das ist doch total verrückt!« Mit einem weiten Schritt stand Dhark neben ihm. »Sagen Sie jetzt bloß, die Mentcaps hätten Wissen geliefert?« Stumm nickte der Afrikaner, aber dann wurde er lebhaft. »Los, die Plastikhüllen in den Auffangkorb!« Der Boden hatte sich wieder geschlossen, und die U-Schiene war nicht mehr zu sehen. Zerbrochenes Plastik klickerte hinein - und verschwand. Im nächsten Augenblick stand den Männern das in den Mentcaps enthaltene Wissen zur Verfügung. Jemand sagte: »Diese verdammten Geheimniskrämer!« Der Sprecher war Arc Doorn, und er meinte damit wieder einmal die
Mysterious, die ihm noch nie besonders sympathisch gewesen waren. »Wo ist hier der Transmitter?« George Snide hatte die Frage gestellt. Eine der beiden Mentcaps hatte ihm gerade das Wissen verschafft, daß es im Archiv einen Transmitter gäbe. Ren Dhark blieb ruhig, nachdem er seine Überraschung überwunden hatte. Das neue Wissen mußte er erst einmal verarbeiten. Dieses Archiv war nicht für die Giants bestimmt gewesen. Die Mysterious halten es für sich selbst angelegt. »Tschobe!« »Was?« fragte der Afrikaner ahnungsvoll und bereitete sich auf die nächste Überraschung vor. »Tschobe, wissen Sie, wer die Giants geschaffen hat? Jetzt können Sie es sich wahrscheinlich denken: die Mysterious. Aber dabei ist ihnen ein Fehler unterlaufen. Allerdings haben sie nie herausgefunden, wo der Fehler steckte. Sie stellten plötzlich fest, daß ihre Giantroboter nicht nur eine völlig unerwartete Eigeninitiative entwickelten, sondern auch Serien schufen, die auf völlig neue Aufgaben programmiert wurden. Was sagen Sie dazu?« »Mich wundert so langsam gar nichts mehr, Dhark. Wenn diese anorganisch-biologischen Roboter selbständig eigene Serien entwickelt haben, dann muß es den Giants gelungen sein, sich der Kontrolle der Mysterious zu entziehen. Aber verdammt noch mal, die Giants existieren noch, und die Geheimnisvollen...« Er stutzte. Ein Gedanke hatte ihm die Sprache verschlagen. »Ich weiß, was Sie jetzt denken, Tschobe. Sie vennuten, daß die Mysterious durch die Giants vernichtet worden sind. Stimmt's?« »Ja, das habe ich gerade gedacht und...« Doorn machte sich bemerkbar. »Dhark, aus meinen Mentcaps habe ich Informationen über robotische Ringraumer erhalten. Burton, rechnen Sie bitte diese Mysterious-Koordinaten auf unser Bestimmungssystem um!« George Snide ging in der Zwischenzeit langsam an den fugenlosen Wänden entlang und suchte immer noch den Transmitter, der sich laut seinem neuen Mentcap-Wissen hier befinden sollte. Er konnte doch nur in einer der drei Metallwände stecken. Sonst gab es in diesem Raum nichts als das große Portal in der vierten Wand. Ren Dhark wollte nicht glauben, was Manu Tschobe vermutete. Es erschien ihm einfach unmöglich, daß die Mysterious durch die Giants vernichtet worden waren. Aber gab das Eingeständnis der 84 85
Geheimnisvollen nicht zu denken? Sie hatten zugegeben, daß ihnen bei der Entwicklung der Giantroboter ein grundlegender Fehler unterlaufen war. War dieser Fehler die Ursache für das Ver schwinden einer Rasse, die vor rund tausend Jahren all ihre Stützpunkte in der Galaxis verlassen hatte, um nie wieder aufzutauchen? Jan Burton gab Doorn die umgerechneten Koordinaten bekannt. Im gleichen Moment stutzte der Cyborg. »Ist in diesem Gebiet nicht die FO III unter Captain Bradock verschollen?« Burton schaltete sofort sein Spezialvipho ein und sprach mit Riker in der POINT OF. »Riker, können Sie feststellen lassen, aus welchem Sektor der letzte Funkspruch der FO III gekommen ist, die unter dem Kommando von Captain Bradock flog?« »Bradock, Bradock!? War dieser Captain nicht mit Marschall Bulton verwandt?« »Ja, aber versuchen Sie bitte so schnell wie möglich, die Angaben zu bekommen. Sie könnten von immenser Wichtigkeit für Terra sein.« Dan Riker ahnte nicht, um was es ging, aber er erkannte, daß Burton die Beantwortung seiner Frage wirklich sehr wichtig war. Zwei Minuten später tobte Riker über die Schlamperei in der Zentrale. Die drei Offiziere am Checkmaster bekamen unfreundliche Worte zu hören. »Und nur weil einmal mehr dem Checkmaster wichtige Unterlagen nicht zur Speicherung eingegeben wurden, darf ich jetzt Cent Field anrufen. Meine Herren, ich werde auf diesen Fall zurückkommen. Verlassen Sie sich darauf.« »Okay!« sagte Morris in der Funk-Z. »Cent Field haben wir sofort!« Er hielt Wort und schickte die Anfrage nach Terra ab. Die Antwort sollte in wenigen Minuten kommen.
86 In der Zwischenzeit suchten die Snide-Zwillinge weiter nach dem Transmitter, der laut Informationen der Mysterious hier irgendwo existieren mußte. Charly Snide hatte eine weitere Mentcap geschluckt und gab sein Wissen sofort weiter. »Wir stehen auf dem Transmitter!« rief er seinem suchenden Bruder zu, der die linke Metallwand abtastete.
»Oder vielleicht auf einem Raumschiff!« spottete Doorn, nachdem er den Boden betrachtet hatte, der spiegelblank war und nicht einen Kratzer aufwies. Die beiden Snides waren gutmütige Knaben und konnten eine ganze Portion Spott vertragen. »Warum soll diese Anlage kein Raumschiff sein? Sie ist doch in Ringform gebaut, wenn man sich den Kuppelsaal wegdenkt!« hielt Charly dem Sibirier entgegen. Dhark schüttelte den Kopf. Mit seinen Männern ging die Phantasie durch. Da meldete sich Riker aus der POINT OF. Er gab die letzten bekannten Koordinaten der FO III an. Jan Burton konnte einen Pluspunkt für sich verbuchen. Der Standort des letzten Funkspruchs des Forschungsraumers lag auf Grün nur um 32,7 Lichtjahre von jenen Koordinaten entfernt, wo es auf Planeten riesige Robotflotten geben sollte. Ein Verdacht wurde in Dhark wach. Sollte das Verschwinden der FO III das Auftauchen der gewaltigen Ringraumerflotte über Terra ausgelöst haben? Aber wie waren die Robotschiffe an die Position der Erde gekommen? Er ahnte nicht, daß er mit seinen Vermutungen der Wirklichkeit ziemlieh nahegekommen war. »Vorsicht!« gellte Charlys Ruf durch den Archivraum. Die Männer wirbelten herum. Ihr Blick folgte der ausgestreckten Hand von Charles Snide. Der Boden war transparent geworden. Man konnte nicht bestimmen, wie viele Meter man in die Tiefe blicken konnte, aber es mußten mehr als zwanzig sein. Und in der Tiefe stand eine graue 87 Transmitter-Antenne, ähnlich dem Modell, das man zuerst im Industriedom auf Hope entdeckt hatte. Aber wie kam man an diesen Transmitter heran? Und waren durch diesen Transmitter die vermißten Männer mit dem Robothund verschwunden? Hatten sich auch die Giants über diese Anlage abgesetzt? Ren Dhark verlor trotz der turbulenten Ereignisse nicht die Übersicht. Er hatte seine Gedanken auf eine bestimmte Sache konzentriert, nahm eine weitere gutverpackte Mentcap in Empfang, warf die zerbrochene Packung in den Auffangkorb zurück und schluckte die kleine weiße Kugel. Die Hoffnung, diesen Transmitter zu benutzen, mußten sie aufgeben.
Das Mentcap-Wissen hatte ihm gezeigt, daß die Anlage gesperrt war, wenn sie nur sichtbar wurde, aber nicht aus der Tiefe hoch fuhr. Die Aufhebung der Sperre war nur von der Gegenstation aus möglich! »Mist!« knurrte Doorn. Dhark schluckte die nächste Mentcap. Er wollte erfahren, ob die Giants über diesen Transmitter halten verschwinden können, denn nach den auf Terra vorliegenden Informationen der vier verschwundenen Cyborgs waren die Kugeltransmitter für die Giants unpassierbar. Sollten Transmitter mit grauer Ringantenne die berühmte Ausnahme darstellen? Dieser Typ war tatsächlich die Ausnahme! Dann blieb der Auffangkorb leer. Es gab keine Mentcap, die vermittelte, auf welchem Planeten die Gegenstation zu diesem Transmitter zu finden war. »Hier brechen wir vorläufig unsere Untersuchungen ab und...« Die POINT OP meldete sich. Dan Rikers leicht gerötetes Gesicht war auf der Bildscheibe des Spezialgerätes zu erkennen. »Ren, wir haben gerade wieder dieses ominöse Kon wedeln wi terra! aufgefangen. Es kam aber nur dreimal ganz durch, und beim vierten Mal brach es nach dem zweiten Wort ab. Deswegen allein rufe ich dich aber nicht an. Wall Brugg glaubt, die Position des Senders jetzt ausgemacht zu haben. Er ist 62.378 Lichtjahre von uns entfernt! Auf der Höhe des galaktischen Zentrums, aber auf Rot um 12.579 Lichtjahre davon versetzt.« Dhark überlegte. »Also sozusagen links davon! Hm... ein bißchen weit, und wir haben uns ja auch eine andere Aufgabe gestellt, nämlich unsere vermißten Männer zu suchen. Dazu ist in diesem fernen Sektor noch nicht einmal ein Forschungsraumer gewesen. Ich...« »Moment!« rief Riker dazwischen. »Die Station hat soeben wieder gesendet, aber den Text des Rufes verändert. Ich lasse nochmals abspielen. Achtung, Speicherung läuft!« Terra wire! Wire terra! Terra wire! Wire terra! Kein Wort aus der POINT OF. Kein Wort im Archivraum. Aber alle glaubten unter einer schweren Last zu stehen. Terra — war mit diesem Wort nun die Erde gemeint, oder war es nun zum zweiten Mal Zufall, daß dieses Wort in dem Ruf vorkam? Doch wozu diente das Wechselspiel, das Verschieben der Wörter?
»Konnte die Position erneut bestimmt werden?« brach Dhark das Schweigen auf beiden Seiten. »Noch genauer. Mit der Echokontrolle ist der Mammutsender genau zu erfassen. Distanz 62.376,9 Lichtjahre. Wir könnten es in drei Transitionen schaffen, Ren.« »Ich muß es mir noch überlegen. Wenn wir mit der Suche nach unseren Leuten nicht weiterkommen, können wir ja noch einmal darüber sprechen.« »Gut. Riker, Ende.« Dhark trat auf Charly Snide zu. »Wie haben Sie es geschafft, daß der Transmitter sichtbar wurde?« »In Gedanken habe ich verlangt, ihn zu sehen, und da wurde der Boden transparent. Gedankensteuerung!« 88 89 Nur ein Wort, aber was verbarg sich nun tatsächlich dahinter? Sprach diese Steuerung der Mysterious wirklich nur auf die schwache Alpha-Rhythmus-Ausstrahlung des menschlichen Gehirns an, oder kamen noch andere Faktoren, die man bisher nicht entdeckt hatte, zur Wirkung? Manu Tschobe schluckte als letzter noch eine Mentcap. Er wollte erfahren, ob die Giants von den Mysterious als Wächter über die Transmitter-Straßen eingesetzt worden waren, oder ob die Giants sich eigenmächtig diese Aufgabe zudiktiert hatten. Er schüttelte den Kopf. »Man könnte verrückt darüber werden. Dhark, gerade erfahre ich, daß es angeblich gar keine Kontrolle oder Überwachung der Transmitter-Straßen gibt! Tatsächlich gibt es sie aber doch. Zum Donnerwetter, gibt es auch Mentcaps, die uns einen Bären aufbinden?« »Das weiß ich nicht. Aber daß es hier Giants mit einer auffallend starken Eigeninitiative gab, das weiß ich. Ich möchte vermuten, daß die Giants in den letzten tausend Jahren hier allerlei verändert haben. Aber jetzt möchte ich noch etwas erfahren.« Doch der Auffangkorb blieb leer. »Das hatte ich befürchtet.« Er sah seine Männer der Reihe nach an. »Ich wollte erfahren, welche Informationen die Mysterious über die Herstellung der Giants hinterlassen hatten. Mein Versuch ist negativ verlaufen. Keine Mentcap im Korb. Daraus könnte man schließen, daß mit der Herstellung der Giants erst begonnen wurde, als die Mysterious bereits verschwunden waren...« »Nicht unbedingt. Wer sagt uns, daß die Mysterious ihr gesamtes Wissen in Mentcaps speicherten? Und damit wären wir
wieder bei meinem Verdacht, daß die Geheimnisvollen durch ihre eigenen Roboter vernichtet worden sind!« Manu Tschobe trumpfte nicht auf, sondern stellte seine Vermutung nur als weitere Möglichkeit in den Raum. Ren Dhark sah den Afrikaner nachdenklich an. »Tschobe, wenn das stimmt, dann haben auch wir die Giants zu fürchten. Dann sind sie der Feind allen intelligenten Lebens. Aber können die Myste- ' 90 rious wirklich so dumm gewesen sein, Roboter zu entwickeln, die zu einer Gefahr für sie wurden?« »Commander, denken Sie an die Kugelraumer der Giants. Jetzt bin ich überzeugt, daß sie diese Schiffe selbst entwickelt haben. Und noch eins: Warum hätten die Giants die Geheimnisvollen nicht vernichten sollen? Eine moralische Schranke dafür kannten sie sicher nicht. Die Mysterious stellten irgend etwas dar, das die Giants störte, und das sie deshalb ausschalteten. Das war für sie nicht weiter von Bedeutung, so daß sie die Informationen über den Vemichtungsfeldzug nicht in ihren Programmgehirnen speicherten, so wie sie ja auch keinerlei Informationen über ihre Herkunft in ihren Speichern ablegten. Unsere lieben Mysterious haben mit diesen Giants etwas geschaffen, das strenggenommen gegen Naturgesetze verstößt. Sie haben eine unverzeihliche Sünde begangen, ich möchte fast annehmen, aus Hochmut, und diese Sünde mußten sie mit dem Untergang ihrer Rasse bezahlen. Es wäre schön, wenn ich mich mit allen meinen Vermutungen geirrt hätte, aber ich befürchte, daß ich am Ende doch recht behalte. Und wie groß die Gefahr durch die Giants ist...« Tschobe verstummte und schüttelte nur den Kopf. »Wenn das stimmt, dann haben wir und andere Rassen schon mit ihnen zu tun. Dhark, die Unsichtbaren mit ihren unsichtbaren Stationen könnten Giants sein! Denn nur Roboter können so sinnlos, so gnadenlos morden.« »Jetzt sind Sie zu weit über das Ziel hinausgeschossen, Tschobe.« »Nein, Dhark, ich habe nur nicht vergessen, daß wir es mit verschiedenen Arten von Giants zu tun haben. Mag der Himmel wissen, was sich die Mysterious dabei dachten, als sie diese Roboter schufen! Allerdings verstehe ich nicht, wozu sie die Giants beim perfekten Stand ihrer Automation benötigten. Verfiel ihre Kultur schon, war ihre Technik ausgebrannt, gab es bei ihnen keine schöpferischen Gedanken mehr?« Fragend blickte er den Commander an, der sich der Wirkung von Tschobes Überlegungen
91 nicht entziehen konnte. Dhark wollte gerade zu einer Entgegnung ansetzen, da kam die Störung von der P01NT OF. »Ren, auch Cent Field hat die Station lokalisiert. Ihre und unsere Koordinaten stimmen bis auf eine Differenz von 0,23 Lichtjahren überein. Dort wundert man sich auch, daß die ungewöhnlich starke Hyperfunksendung plötzlich nicht mehr von sieben verschiedenen Stellen gleichzeitig abgestrahlt wird und nun auch zu orten ist. Man hat auf Terra den Verdacht geäußert, daß bei dem ersten stundenlangen Dauerruf ein technischer Fehler das eigenartige Phänomen ausgelöst hat, aber damit ist das Verstummen von Planet l und den anderen Sendern und Relaisanlagen leider nicht geklärt. Doch wie sieht es bei euch aus? Habt Ihr Spuren der Vermißten entdeckt?« »Ja, eine. Wir vermuten, daß sie mit den Giants durch einen Transmitter mit grauer Ringantenne verschwunden sind, aber das Aggregat ist von der Gegenstation her abgeschaltet. Wir kommen nicht einmal heran, denn es steckt im Boden des Archivs, der plötzlich transparent wurde. Mehr ist zur Zeit nicht zu melden.« Drei Stunden später befand sich Dhark mit seinen Männern wieder auf der POINT OF. Die weitere Auswertung des Archivs mußte einem Spezialteam überlassen werden. Die Lagebesprechung mit Rikcr und den anderen Führungsoffizieren des Ringraumers war kurz, das To-Funkgespräch mit dem Stab der TF und Henner Trawisheim noch kürzer. Als einzige Neuigkeit von Bedeutung kam die Meldung herein, daß sieben Pyramidenraumer der Utaren durch das Sonnensystem Kurs Terra flogen. Die Weisheit der pygmäenhaften Humanoiden besuchte zum ersten Mal die Erde, um sich auf Terra persönlich für die Hilfe gegen den unbekannten, mörderischen Gegner zu bedanken. Cent Field hatte einen »Großen Bahnhof« vorbereitet, der einmalig in der Geschichte der Menschheit war. Ren Dhark stand vor der Entscheidung, die Suche nach den Vermißten weiterzuführen, obwohl es keine einzige handfeste Spur von ihnen gab, oder nach Terra zurückzufliegen, um als Commander der Planeten die Weisheit zu empfangen. Die Bordverständigung meldete sich. Die Männer um den Schwebetisch in der Kabine des Commanders blickten in Richtung des Lautsprechers. »Dhark, diese Station ist schon wieder zu hören. Ich schalte um!« Terrun woger lerra! Terrun woger lerra! Terrun woger terra!
Jetzt gab es keinen Zweifel mehr. Der Ruf aus dem Sternenmeer galt Terra, aber wer rief die Erde? Wer? Terrun woger terra! Terrun woger terra! »Los, Brugg, funken Sie auf derselben Frequenz zurück. Am besten mit To-Funk. Als Text nur terra und dann dahinter die Additionsaufgabe: zwei plus zwei gleich vier. Sie wissen Bescheid.« Leichte Röte stand in Dharks Gesicht. Er wußte darum, aber ihm war selbst nicht klar, weshalb er sich so stark erregt hatte. »Morris!« Der meldete sich sofort aus der Funk-Z. »Fehlen an den Blips dieser Sendung auch die Raum-ZeitSchnörkel?« »Nein, schon beim letzten Mal nicht. Das war uns sofort aufgefallen. Sogar den Herren in Cent Field.« »Hm...« Danach kam nichts mehr. Dhark überlegte. Ron wedda wi terra! Terra wire! Wire terra! Und nun: Terrun woger terra! Unverändert der Begriff terra. Aus dem Wort terrun konnte man vielleicht auch terra ableiten. Die Wörter wedda, wi, wire und woger konnten nicht gedeutet werden. Auffallend, daß sie alle mit dem Buchstaben W begannen. 92 93 Brugg jubelte über die Verständigung: »Die Station antwortet! Drei plus drei gleich sechs. Und hier der Text!« Terra wowire terra! »Commander, der Stab der TF. Ich gebe durch.« Marschall Bulton wollte den Commander sprechen. »Hier steht alles Kopf, Dhark. Manche sehen in diesen Funksprüchen die größte Sensation. Ich selbst weiß nicht, was ich davon halten soll. Unsere Experten haben behauptet, die Sendeleistung wäre noch acht bis zehnmal größer als die von Planet l. Und in den Rufen immer unverändert das Wort terra. Je länger man es hört, um so stärker wird der Verdacht, daß man Terra um Hilfe ruft. Aber wer kann das sein? Wer weiß denn schon zwischen den Sternen, daß wir unsere gute Mutter Erde auch Terra nennen? Und wer ist in der Lage, solche riesenstarken Sender zu bauen, die jede menschliche Vorstellungskraft übersteigen?«
Dhark durchschaute Marschall Bulton, und auch Dan Riker, der eigentliche Chef der TF, dem aber jede Schreibtischarbeit verhaßt war, wußte, was der alte Soldat eigentlich wollte. Dhark und Riker schmunzelten. Der Sibirier in der Ecke der Kabine grinste breit. Bultons Fragen waren eine einzige Bitte an den Commander, sich diese Punkstation in der Tiefe der Galaxis doch einmal aus der Nähe anzusehen. Wieder sorgte Brugg für eine Unterbrechung. Er hatte einfach ohne Ankündigung durchgeschaltet. Terra tu! Terra to! Das Wort Terra, ausgestrahlt von einer fernen, unbekannten Station, hatte eine Suggestivkraft, der auch Ren Dhark erlag. »Wir starten!« sagte er und erhob sich. Auf der Erde hatte Bulton mitgehört. Er nickte zufrieden. In Dharks Kabine gab es niemanden, der mit dem Entschluß des Commanders nicht einverstanden war. Um 22:09 Uhr Normzeit startete die POINT OF zu einem Flug, der über 62.000 Lichtjahre führen sollte. 94 Sie stießen in Weiten der Gaiaxis vor, die Terra incognita waren - unbekanntes Land. Im Schiff bestand Alarmstufe l! Die Waffensteuerungen waren ebenso wie die Zentrale in voller Stärke besetzt. Falluta und Bebir unterstützten Tino Grappa an den Ortungen. Der Checkmaster hatte die Order erhalten, sofort einzugreifen, wenn Gefahr für die POINT OF bestehen sollte. Alle Wissenschaftler fieberten ob der neu zu gewinnenden Erkenntnisse. Jens Lionel rieb sich die Hände. »Endlich kommen wir mal dem Sektor ein Stück näher, in dem die Störungen des elektromagnetischen Feldes ihren Ursprung haben. Vielleicht haben wir sogar die Möglichkeit, zu erfahren, wie es zu diesen Magnetorkanen kommt.« Seine Kollegen teilten seinen Optimismus nicht. Die meisten von ihnen glaubten nicht daran, daß dieses Rätsel in absehbarer Zeit gelöst werden könnte. Ren Dhark tastete sich vorsichtig an das Ziel heran. Er hatte die Tel nicht vergessen. Es lag im Bereich der Möglichkeit, daß diese Rufe in unbekannter Sprache, die nur das eine bekannte Wort terra enthielten, nichts anderes als ein Köder waren. Dro Cimc mußte befragt werden.
To-Punkspruch nach Terra.
Kurze Zeit später sprach der Commander mit dem Wer - so der bisherige militärische Rang des Tel. Aber auch ihm war diese Sprache unbekannt. Er verbürgte sich dafür, daß sie zu keinem Idiom der Tel-Sprache gehörte. Dann machte er noch eine bedeutungsvolle Bemerkung. Ihm als Wer im Rang einem General der TP vergleichbar - war nicht bekannt, daß das Tel-Imperiuro einen Sender mit dieser gewaltigen Leistung besaß. 95 Also keine Falle? Marschall Bulton mußte noch einmal her. »Szardak und Larsen sollen sich mit ihren Verbänden startklar halten für den Fall, daß wir in eine bedrohliche Notlage geraten...« »Wir setzen in diesem Fall auch noch die neue TERRA ein, Commander. Der Räumer hat die Erprobungsphase gerade erfolgreich beendet. Er hat sich sämtlichen Anforderungen gewachsen gezeigt! Sind Sie damit einverstanden?« Dhark war beeindruckt - endlich einmal ein vielversprechender Erfolg! »Einverstanden, Ende.« Die Astrophysiker waren ungehalten, weil zwischen dem Wiedereintritt und dem nächsten Sprung stets nur drei Stunden lagen. Sie hätten Tage benötigt, um all das Neue, das auf sie einstürmte, zu analysieren und zu erkennen. Unter anderem waren sie auf eine Sache gestoßen, die sie nicht erwartet hatten. Daß Blaue Riesen in diesem Gebiet standen, war nichts Neues, aber daß sich diese blauen Sterne im Bereich einer erstaunlich dichten Gaswolke bewegten, verblüffte die Experten. Der kühle Wasserstoff war dermaßen komprimiert, daß damit alle Theorien über die Dichte von Gaswolken im interstellaren Raum über den Haufen geworfen wurden. Die nächste Transition stand an. Pünktlich auf die Sekunde wurde der Sprung durchgeführt. Blaue Riesen gab es auch hier, aber nur ein Zehntel gemessen an der Zahl der Sterne, auf die sie 10.000 Lichtjahre zurück gestoßen waren. Die Dichte der Wasserstoffwolke hatte noch mehr zugenommen. Im Gebiet der Blauen Riesen wurde sie aufgeheizt. Dabei kam es zu einem herrlichen Farbspiel, das auf einigen Bildschirmen betrachtet werden konnte. Nach dem nächsten Sprung befand sich die POINT OF 50.000 Lichtjahre entfernt vom Planeten der Giants. Das Schiff stand immer noch in einer Wasserstoffwolke, deren Dichte abermals eine Steigerung erfahren hatte.
Acht Minuten vor der nächsten Transition schaltete sich Plishi, einer der Astrophysiker, zu Commander Dhark durch. »Ich möchte Sie auf etwas vorbereiten, Commander. Wir werden auf eine Funkstation stoßen, deren Sendeleistung gar nicht so atemberaubend groß ist. Aber diese Station wird sich im Zentrum einer Wasserstoffwolke befinden und mit Hilfe dieser Wolke, die auf dem 21-Zentimeterband strahlt, ihre Sendungen verstärken.« Ren Dhark glaubte seinen Ohren nicht zu trauen! War dieser Astrophysiker Plishi leicht übergeschnappt? Wußte er nicht, daß diese Station Hyperfunksprüche ausgestrahlt hatte? »Die Radiowellen dieser Gaswolke werden von der Funkstation benutzt, um die eigene Leistung um ein Vielfaches zu verstärken!« behauptete Plishi. »Wissen Sie, was Sie damit sagen?« »Ja! Diese Wasserstoffwolke mit einem Durchmesser von rund 28.000 Lichtjahren und einer Dicke von 8.000 bis 13.000 Lichtjahren ist nichts anderes als der Verstärker dieser Station, die wir anfliegen.« »Hm...« Im Kommandostand sah man sich verblüfft an. Angst vor Zahlen hatte der Astrophysiker nicht, dafür allem Anschein nach Phantasie mehr als genug. Eine Wasserstoffwolke, die Radiowellen auf dem 21-Zentimeterband ausstrahlte, als Verstärker für eine Hyperfunkstation? Ren Dharks Schlußbemerkung klang dementsprechend. »Wir lassen uns überraschen, Plishi.« Die letzte Transition erfolgte. Nur wenige Lichtstunden von dem unbekannten Sender entfernt sollte die POINT OF wieder ins heimatliche Kontinuum einbrechen. Genau 2,1 Lichtstunden vor der Station rematerialisierte der Ringraumer. Die Vergrößerung der Bildkugel sprang auf Maximum. Überall im Schiff hielten die Männer den Atem an! Sie sahen eine im Raum stehende, bizarr verfremdete Kugel, die in schwachem Blaulicht strahlte. Um sie herum, aber noch deutli 96 97 eher hinter ihr, glühten Gaspartikel, die dem Gebilde das Aussehen eines Kometen gaben. Aber was war mit dieser Kugel? Der Ausdruck »Kugel« war unrichtig. Sie hatten eine überdimensionale Kastanie vor sich, die noch dazu in ihrer stacheligen Schale steckte!
»Energieortung spricht an! Massenortung auch! Starke Konverter, schätzungsweise ein paar hundert, sind in Betrieb. Distanz 2,1 Lichtstunden. Durchmesser der Kastanie 68 Kilometer. Schwerkraft an der Oberfläche 0,42, aber im Innern 0,94 Gravos!« Grappas Stimme klang beeindruckt. Wer hatte schon eine Riesenstation von 68 Kilometern Durchmesser erwartet? Eine Kurztransition erfolgte. Ohne Zeitverlust stand die POINT OF plötzlich nur noch in einer Entfernung von 230,000 Kilometern vor dem stacheligen Etwas, das aus dieser Nähe bedeutend stärker im Blaubereich strahlte. »Blau, die Lieblingsfarbe der Mysterious«, murmelte Dan Riker, der sich an dem bizarren Gebilde nicht sattsehen konnte. Dhark zeigte seine Verwunderung und Ratlosigkeit nicht. Über die Gedankensteuerung justierte er die Bildkugel. Immer mehr Einzelheiten ihrer Oberfläche wurden deutlich. Die nach allen Seiten ragenden Spitzen waren Antennenmasten. Keiner glich dem anderen. Neben Spiralantennen standen langstielige Konstruktionen. Daneben und davor wieder freischwebende Halbkugeln, und dahinter reckten sich Masten ins All, deren Enden rechteckige Flächen trugen. »Dhark, die Kugel ist ein einziger Konverter. Was wir hier anmessen, hat es nicht einmal auf W-4 im System Ika-3 gegeben...« Astrophysiker Plishi meldete sich über die Bordversländigung. »Dhark, die kühle kosmische Wolke, die mit Wasserstoffatomen übersättigt ist, hat in diesem Bereich ihre größte Dichte erreicht. Wir beobachten gerade einen Radiowellen-Strom, der von der halbkugelfönnigen Antenne - man möchte fast sagen - angesaugt wird. Durch diese Beobachtung bin ich in meiner Vermutung be 98 stärkt worden, daß man die Radiostrahlung der Gaswolke zur Verstärkung des Hyperfunksenders benutzt.« »Besten Dank für die Informationen!« Dhark schaltete ab. Der Physiker hatte sich einen ungünstigen Zeitpunkt für seine Meldung ausgesucht. Die Funk-Z sollte die Station anrufen. Spannung wechselte in Enttäuschung über. Die Station antwortete nicht. Dhark wagte nicht, noch näher heranzugehen. Er beorderte die Cyborgs, Doorn und Manu Tschobe in die Zentrale. Jeder Cyborg war auch als Flashpilot ausgebildet. »Wir fliegen mit Flash hinüber. Ob wir einfliegen, kann ich noch nicht sagen. Für alle Fälle aber wird die große Ausrüstung nutgenommen.«
Sie wußten, was das hieß. Die große Ausrüstung schuf die Möglichkeit, bis zu vier Wochen von jedem Nachschub unabhängig zu sein. Das zeigte, für wie gefährlich der Commander diesen Einsatz hielt. »Noch einmal die Station anrufen, Morris!« Sie strahlte keinen Ruf zurück. Die blauschimmemde Riesenkastanie, die noch vor kurzer Zeit wieder und wieder ein und denselben Satz ausgestrahlt hatte und die zum Schluß mit drei plus drei gleich sechs geantwortet hatte, schwieg sich aus. Wortlos, mit grimmigen Gesicht, wechselte Riker in Dharks Sitz. In seinem nahm Falluta, der erste Offizier der POINT OF, Platz. Das Einsatzkommando verließ die Zentrale. Dreiundzwanzig Minuten später flogen die Cyborgs, Dhark, Tschobe und Doorn in drei Flash aus. Auf der Bildkugel sah man die plumpen Blitze kleiner und kleiner werden, aber Riker holte sie wieder in die Kugel, indem er auf Ausschnittvergrößerung schaltete. Da flogen sechs Mann dem Unbekannten entgegen, und er durfte wieder einmal nur Rückendeckung geben. Es fiel Dan Riker nicht immer leicht, stets Nummer zwei zu sein. Ob Ren Dhark 99
schon einmal daran gedacht hatte?
Die Sicherungswache im Brana-Tal hatte den leichtesten und langweiligsten Dienst. Das behaupteten die Männer, die hinter den Strahlkontrollen saßen und dort ihre Aufgaben erfüllten. U-587 war gemeldet, ein Groß-Jett aus Bombay. Achtundzwanzig Wissenschaftler kamen von einem Kongreß zurück. Gestern war U-587 nach Bombay geflogen, um die Arzte abzuholen. Fast auf die Minute pünktlich kam der Jett zurück, stand über dem Prallschirm, der die Cyborg-Station schützte, und bat um Landeerlaubnis. Die wurde prompt vom Tower erteilt. U-587 durfte landen. Gemütlich stiegen die Wissenschaftler aus. Die Sicherungswache verfolgte es über zwei Bildschirme. Plaudernd kamen die Ärzte über das Landefeld auf den Eingang des Tunnelsystems zu. Der Pilot blieb an Bord. »Nanu, was ist denn das?« stieß Shu Dragon aus, der die Sensorkontrolle zu überwachen hatte. Rot flackerte. Drei Kreise waren ausgefallen. Die Kontrolle arbeitete nicht mehr, aber Dragon beeilte sich nicht sonderlich.
Wozu jetzt etwas überstürzen, denn die zurückkehrenden Ärzte waren ja schon hundertmal identifiziert worden. Er schaltete sein Vipho durch und rief die Abteilung Technik an. »Am Haupteingang ist die Sensorkontrolle ausgefallen. Schickt doch mal einen Mann rüber, der sich der Sache annimmt. Bis zum Schichtwechsel muß die Reparatur erledigt sein, sonst kann ich nicht übergeben.« »Wir sehen, was sich machen läßt!« Shu Dragon speicherte die Meldung, gab die Uhrzeit ein, und damit war der Fall für ihn vorläufig erledigt. Achtundzwanzig Mediziner gingen durch den langen Haupttun 100
nel immer tiefer in die Station hinein.
Vor drei Jahren hatten hier 1.350 Wissenschaftler gearbeitet. Inzwischen war die Zahl der Mitarbeiter auf über fünftausend gestiegen. Diese Station konnte für sich den Ruf in Anspruch nehmen, eine der kostspieligsten Forschungsstätten der Erde zu sein. Aber die Unsummen, die hier ausgegeben wurden, kamen millionenfach an anderen Stellen wieder herein, denn innerhalb weniger Jahre hatte die Cyborg-Station der Medizin viele neue Impulse gegeben. Hin und wieder begegnete die Gruppe anderen Kollegen. Man grüßte sich flüchtig, aber Bekannte waren nicht darunter. Drei Experten waren zurückgeblieben. Sie diskutierten über einen Vortrag, den sie auf der Tagung in Bombay gehört hatten, dem sie aber nur teilweise zustimmen konnten. Am Kreuzungspunkt drei blieben sie stehen und sprachen immer lauter. »Die Behauptung, das Pel-Virus sei eine Mutation aus dem Gerro-2, ist doch nackte Spekulation. Die Kristallstruktur beweist doch...« »Vergessen Sie nicht die Molekülkette...« »Ach was! Zufällige Übereinstimmung. Die haben wir beim Forra, beim 2-Dru und beim Xida gleich dreimal...« Bei 34-TT bogen sie rechts ab. Die beiden GSO-Männer, die vor der Tür 4/638 Wache schoben, sahen die plaudernde Gruppe gemütlich herankommen. »Die Mediziner aus Bombay!« bemerkte einer. Die Nachricht von der Landung des Groß-Jett hatten sie über Vipho erhalten. Vier Ärzte waren so sehr in ihr Gespräch vertieft, daß sie die beiden GSO-Leute gar nicht bemerkten. Höflich traten sie bis an die Wand zurück. Trotzdem war ein Zusammenstoß nicht zu vermeiden.
Sie konnten nicht mehr reagieren, als sie die Paraschocker in den Händen der anderen sahen. Von der vollen Dosis getroffen, sackten sie paralysiert zu Boden. Im nächsten Moment wurde die Tür 4/638 aufgestoßen. Die 101 Ärzte schleppten die beiden besinnungslosen GSO-Männer hinein und verschwanden dann selbst in stürmischer Eile in dem Raum. Worte in fremder Sprache klangen auf. Einundneunzig Tel glaubten, ihren Olu-en nicht trauen zu dürfen. Hauchdünne Gesichtsmasken flogen auf sie zu, ebenso dünne Handschuhe. Die Reisetaschen, die jeder der Fünfundzwanzig trug, schienen keinen Boden zu haben, so viele Gegenstände wurden daraus hervorgeholt. Overalls von Monteuren und Technikern wechselten den Besitzer. Sie sahen echt aus, aber sie waren nur aus hauchdünnem, undurchsichtigem Plastikstoff. Genau durfte man allerdings nicht hinsehen, dann erkannte man die Tarnung. Die im Brana-Tal festsitzenden Tel hatten sofort begriffen, daß man sie befreien wollte. Ihre schwarzen Gesichter verschwanden hinter fleischfarbenen Masken, die Hände in den Handschuhen, und dann streiften sie die Pseudooveralls über. In ihrer Muttersprache wurde ihnen mit hastigen Worten der Fluchtplan erklärt. Atemlos hörten die Schwarzen Weißen zu. In drei Gruppen sollten sie verschwinden. Wenn alles glatt verlief, befanden sie sich in einer Stunde schon in Sicherheit. An der Kreuzung drei standen die drei Männer immer noch und diskutierten über Viren, die eine Mutation erlebt haben sollten. Aber einer beteiligte sich plötzlich nicht mehr daran, als er die erste Gruppe aus dem Raum 4/638 treten sah. Er griff in seine Reisetasche, holte ein Gerät hervor, das Ähnlichkeit mit einem Vipho hatte, und sagte: »Hauptausgang?! Hier Technische Zentrale IIIc. Hundenneunzehn Techniker und Ingenieure fliegen um 14.20 Uhr Normzeit mit U-578 nach Lhasa zu einem Spezialkursus. Danke!« Der nächste Anruf galt dem Tower. »Unterrichten Sie den Piloten von U-587, daß er um 14.20 Uhr Nonnzeit mit hundenneunzehn Technikern und Ingenieuren nach Lhasa fliegen muß. Technische Zentrale HIc erbittet Startfreigabe für diesen Zeitpunkt.« 102 »Stanfreigabe erfolgt für 14.20 Uhr«, bestätigte der Leitende im Tower.
An der defekten Sensorkontrolle war immer noch kein Monteur zu sehen, als der letzte der großen Gruppe nach draußen auf den Großjett zuging. Niemand hatte es eilig. Man bummelte sogar. Der Großjett hob ab. Der Prallschirm fiel in sich zusammen, und die Maschine stieg steil in die Höhe. Der Pilot von U-587 hielt auf die fast siebentausend Meter hohe Felswand zu, die dem BranaTal eine unbeschreibliche Kulisse verlieh. Er verzichtete darauf, erst zweihundenzehn Kilometer lang dem Tal zu folgen, um dann durch ein Seitental den Kurs nach Lhasa einzuschlagen. In der Sicherungswache wurde der Steigflug des Jett über zwei Bildschirme verfolgt, und man war so gefesselt, daß man das Eintreten eines Monteurs überhöHe. Der mußte sich erst bemerkbar machen. »Wer hat denn die Sensorkontrolle demolien? Das ist doch Sabotage, was damit gemacht wurde. Laßt mich mal ran.« Er schaltete das Vipho ein und rief die GSO an. Er nahm kein Blatt vor den Mund. Der Agent der GSO am anderen Ende der Leitung reagiene augenblicklich: »Bleiben Sie, wo Sie sind, wir schicken sofon zwei Mann hinüber.« Fünf Minuten später waren sie da. Wiederum eine Minute später wurden alle Ausgänge der Cyborg-Station durch Energiegitter verschlossen. Aber erst um 14.56 Uhr Normzeit entdeckte man die Flucht der einundneunzig Tel! Das löste eine Großfahndung auf der gesamten Erde aus. Aber es kam noch schlimmer. Die achtundzwanzig Mediziner, die von einem Kongreß aus Bombay gekommen waren, konnten nicht aufgetrieben werden. Nicht ein einziger meldete sich. Ghendi, erst seit drei Monaten bei der GSO, fühne eine einfache Additionsaufgabe durch. 103 Achtundzwanzig plus einundneunzig ergab hundenneunzehn! Niemand wagte, dem Chef diese Mitteilung zu machen. Die beiden paralysierten GSO-Leute waren auf Stunden nicht zu verhören. Ihr Zustand war sogar bedenklich, weil man ihnen eine Dosis verabreicht hatte, die letale Stärke besaß. Aber wo waren dann die echten achtundzwanzig Mediziner, die doch längst wieder zurück sein mußten? Plötzlich stand Bernd Eylers in der Tür. Er war über Transmitter aus Alamo Gordo gekommen. An On und Stelle erfuhr er alles.
Die Viphoverbindung zu seiner Zentrale stand. »Wo hält sich Dro Cimc im Augenblick auf?« fragte er durch. »Dro Cimc sitzt seit 14 Uhr Normzeit zusammen mit Szardak und Larsen in der Offiziersmesse von Cent Pield«, kam die Antwon nach einer kurzen Pause. Eylers nickte nur. Sein Verdacht hatte sich zum Glück nicht bestätigt. Auch er hoffte, in dem Tel einen Verbündeten gefunden zu haben! Aber das ändene nichts an der Tatsache, daß auf Terra feindliche Tel frei und vergnügt herumliefen! Und er hatte sich auch noch aufs hohe Pferd gesetzt und Bert Strangers Warnungen in der letzten Zeit ignoriert. Bert Stranger, der immer wieder bewiesen hatte, eine Nase für Probleme zu haben! Was er während Eylers' Abwesenheit von der Erde in Afrika geleistet hatte, war wirklich außerordentlich. Der Chef der GSO war ratlos, als er sieh erhob. Er hatte einen Fehler gemacht. Was jetzt? Er konnte nichts anderes tun, als das Resultat der weltweiten Fahndung abwaUen. Kurz darauf war Eylers an der Sensorkontrolle des Haupteinganges zu finden. Den Monteuren fiel der Mann mit dem nichtssagenden Alltagsgesicht, der sich dazu auch noch etwas linkisch bewegte, nicht auf. Er hielt sich im Hintergrund, hörte nur zu. Boris Tabor, der Techniker, der den Störtrupp leitete, fluchte Stein und Bein über den Schuft, der die Kontrolle so fachgerecht demoliert hatte. 104 »Das war ein Fachmann. Einer von den Spitzenkönnern! Denn wer weiß schon, daß die ganze Geschichte durchschmoren muß, ohne die Sicherungen zu belasten, wenn man den Xipol mit Satz 3 und 7 zusammenschaltet? Verdammte Schweinerei!« Da legte ihm Eylers die Hand auf die Schulter. »Woher wissen Sie es denn?« fragte er nur. In der rechten Hand blitzte seine Erkennungsmarke auf. Der Techniker mustene ihn von Kopf bis Fuß. Beunruhigt war er nicht. Selbstbewußt kontene er: »Wenn das ein Verhör sein soll, warum verhören Sie nicht auch meine anderen Kollegen? Jeder von uns kann diese Schweinerei mit der Sensorkontrolle ausgeheckt haben...« Eylers unterbrach ihn. »Kein Verhör, aber eine Bitte um Auskunft. Vielleicht fällt Ihnen ja noch etwas Wichtiges ein, auch wenn es nur eine Kleinigkeit ist!«
Tabors Blick wurde nachdenklich. »Da hat sich vor einiger Zeit jemand bei meinem Kollegen Loa To-Datse über Ausfallmöglichkeiten bei Sensorkontrollen erkundigt. Wer war das denn noch?« Eylers' Spezialvipho meldete sich. Bombay war in der Leitung. Die Mediziner, die den Kongreß besucht hatten, mußten schon in der Stadt verschwunden sein. Beweis war der Film eines Ama teurs, der den Verkehr auf dem Jetthafen gefilmt halle. Die achtundzwanzig Personen aber, die den Großjett U-587 benutzt hatten, waren auf dem Film als jene Unbekannten ausgemacht worden, die man zusammen mit den Tel suchte. Eylers dankte Tabor, der während der Nachricht vergeblich grübelnd neben ihm gestanden hatte. Dann rief er die Leitstelle der GSO im Brana-Tal und ordnete an, schnellstens Loa To-Datse herbeizuschaffen. Bombay meldete sich noch einmal. Man hatte den Piloten des Großjett gefunden. Er lag im City Hospital, und die Ärzte waren noch nicht in der Lage, festzustellen, welche Drogen er zu sich genommen halte. »Wer hat dann den Großjett geflogen?« 105 Ein Funkspruch lief ein. V-5 87 gefunden, aber leer. Spuren lassen darauf schließen, daß die Gruppe durch mehrere Schnell-Jetts fortgeschafft wurde. Wenigstens acht Maschinen waren im Spiel. U-587 befindet sich in flugfähigem Zustand. Das wiederum wollte Eylers nicht glauben. »Halten Sie Distanz zu der Maschine. Unter keinen Umständen etwas einschalten. Wir schicken Spezialisten, die den Kahn erst einmal durchkontrollieren, oder möchten Sie mit dem Ding in die Luft fliegen?« Drei Stunden später sollte sich bestätigten, daß er mit seinem Verdacht recht hatte. Ein Zeitzünder war eingebaut worden, der den Großjett nach einem Flug von zehn Minuten in tausend Stücke zerrissen hätte. Als Eylers das Büro der örtlichen GSO erreichte, wartete Loa To-Datse bereits. Auf ihn prasselten pausenlos Fragen herunter. Er erinnerte sich des Falles besser als sein Kollege Tabor. »Mit Frank Spollaine habe ich darüber gesprochen, aber den können Sie nicht mehr verhören. Der ist vor zwei Stunden tödlich verunglückt. Mit 200.000 Volt ist nicht zu spaßen.« Aber es war kein Unglücksfall, wie man bisher angenommen hatte. Es war Mord. Doch wer hatte Spollaine an einer 200.000Volt-Leitung in den Tod geschickt? Mußte er deswegen sterben,
weil er die Sabotage an der Sensorkontrolle verübt hatte? Fast fünfundzwanzigtausend Dollar, die man im doppelten Boden seiner Werkzeugtasche gefunden hatte, sprachen Bände. Alle Spuren führten ins Nichts. Die Tel und ihre Befreier verschwunden. Frank Spollaine tot. Nach wie vor suchte man in Bombay die achtundzwanzig Mediziner, die an einem Kongreß teilgenommen hatten. 106 Ren Dharks Kopilot im Flash 002 war der Cyborg Jan Burton; im Blitz 003 flogen Charly Snide und Arc Doorn. Die 004 war mit George Snide und Manu Tschobe besetzt. Unaufhaltsam näherten sich die Beiboote der POINT OF der riesigen Station. Je näher sie dem Ungetüm kamen, desto mehr Einzelheiten der Oberfläche wurden erkennbar. »Eine Raumstation von 68 Kilometern Durchmesser! Und wir sind schon stolz darauf. Raumer zu bauen, die es auf vierhundert Meter Durchmesser bringen«, sagte Dhark zu Burton, der wieder den Kopf in den Nacken gelegt hatte, um die Bildprojektion zu betrachten. Im Funk zwischen den Flash blieb es still. Die drei Blitze flogen in Keilformation. Der Abstand zueinander betrug jeweils mehr als zehn Kilometer. Das war eine nonnale Sicherheitsmaßnahme. Man wollte damit bei eventuellem Strahlbeschuß vermeiden, zugleich von einem einzigen Strahl getroffen zu werden. Der Abstand zum Ziel verringerte sich schnell. Die Station füllte die Bildprojektion nun aus. Der sichtbare Ausschnitt der Oberfläche wurde ununterbrochen kleiner. Drei schlanke Türme von grauer Farbe, die von schwach strahlendem Blau beleuchtet wurden, hatten im Bereich der Basis einen Durchmesser von zwei Kilometern, verjüngten sich dann aber auffallend schnell, um auf der Spitze drei Antennen in Form hohler Halbkugeln zu tragen, die sich plötzlich gemeinsam bewegten und sich auf die Blitze ausrichteten. Im selben Moment stellte Dhark fest, daß sie in Fremdortung lagen. Den anderen Flashbesatzungen erging es genauso. Dhark schaltete auf Rundumverständigung. »Distanz zur Oberfläche 34.000 Kilometer. Durchmesser der drei hohlen Halbkugeln jeweils fast zweitausend Meter. Falls keine Störung erfolgt, gehen wir bei 10.000 in den Orbit und umfliegen die Station mehrfach.
Doorn, achten Sie ganz besonders auf die drei Halbkugeln. Sie sind mir nicht sonderlich sympathisch.« »Okay.« 107 Die POINT OF meldete sich. »Wir werden seit einer Minute von Fremdortung erfaßt. Grappa hat festgestellt, daß noch ein paar tausend Konverter mehr angelaufen sind. Es klingt unglaublich, aber ich habe mich persönlich davon überzeugt. Auf Anrute reagiert die Station nicht. Wir haben alle Sprüche, die uns zugestrahlt wurden, abgespielt. Fehlanzeige.« Das klang nicht beruhigend. Im Gegenteil. Das Schweigen der Station kündigte nahendes Unheil an. Wenn Plishis Theorie stimmte, daß diese Konstruktion die Emissionsenergie einer riesigen kühlen Gaswolke als Verstärker benutzte, dann war sie auch in der Lage, diese Energie über Transformer umzuwandeln, um sie als Kampfstrahlen zu verwenden. Abstand noch 19.000 Kilometer! In den Flash ertönte ein Summen. Überrascht lauschte Ren Dhark. Dieses Geräusch war ihm unbekannt. Ein schneller Blick auf die Instrumente verriet ihm nichts. Unwillkürlich setzte er sein Wissen von Erron-3 ein. Es half ihm nicht weiter. Das Summen wurde lauter. Da riß der Commander die Augen weit auf. Das Intervall seines Flash baute ab! Es brach nicht zusammen, sondern näherte sich unaufhaltsam der Unitalloberfläche. Der Abstand zwischen beiden betrug keine acht Zentimeter mehr. »Abstoppen!« befahl er und schaltete auf negative Beschleunigung, aber der Abbau des Intervalls wurde dadurch nicht aufgehalten. Dan Riker warnte aus der POINT OF. »Ihr fliegt in ein Feld hinein, mit dem unsere Experten nichts anfangen können. Ist bei euch noch alles okay?« Das war es längst nicht mehr. »Das Feld«, informierte sie Riker weiter, »hat seinen Ursprung bei den drei hohlen Halbkugeln auf den Antennenmasten.« 108 Unverständlich, daß die Belastung des Intervalls unverändert auf 1,3 Prozent stand. Ein sehr niedriger Wert, wenn man berücksichtigte, daß man durch eine kühle Gaswolke von unerwarteter Dichte flog, in der Wasserstoffatome ihre Energie freisetzten.
Wenn die Entwicklung bei den drei Flash weiterging, mußte in der nächsten Minute das Intervall die Unitalloberfläche der Blitze berühren. Und was geschah dann? Hob der Miniweltraum die Existenz des Unitalls auf? Und gab es dann zu einem gewissen Zeitpunkt keinen Flash mehr, wenn das Intervall sich noch stärker zusammenzog und im Bereich der Kabine wirksam wurde? Dharks Wissen, das er aus dem Archiv auf Erron-3 bezogen hatte, sagte ihm über diesen Fall nichts. Die Flash standen inzwischen im freien Fall. Der Abbau des Intervalls ging unaufhaltsam weiter. Dhark versuchte es mit der Gedankensteuerung. Sie sprach sofort an und übernahm die 002. Das hatte er nicht erwartet. Bemerkte die Gedankensteuerung die Gefahr nicht, in der sie schwebten? Dann traute er seinen Augen nicht. Sie kam wieder. Sie nahmen erneut Fahrt auf. Der Kurs blieb unverändert. Das Summen in den Kabinen war immer noch zu hören. Langsam wurde es unangenehm. Ratlos schüttelte Dhark den Kopf. Intervall und Oberfläche der Unitallhaut berührten sich. »Dhark, wenn das so weitergeht, sitzen wir bald im Freien!« rief Manu Tschobe herüber. Sie näherten sich dem 10.000-Kilometer-Abstand. Bei dieser Distanz wollten sie in den Orbit gehen und die Station ein paarmal umfliegen, aber ob die Gedankensteuerung dieses Manöver durchführte, mußte abgewartet werden. Plötzlich wurde das Raum-Zeit-Gefüge unwahrscheinlich stark belastet. Die Anzeige für Strukturerschütterungen zeigte Höchst 109 werte. Die Riesenkastanie war verschwunden! Sie hatte transitiert! War sie vor drei winzigen Beibooten der POINT OF geflohen? Dhark betrachtete verwundert die Anzeigen und sah dann zur Bildprojektion über seinem Kopf hoch. Aber der Raum vor ihm war nachtschwarz, und in weiter Entfernung waren die ersten Sterne zu sehen. Alle drei Beiboote hatten Sie abgeschaltet und befanden sich wieder im freien Fall. Stille in seinem Flash. Stille ebenfalls in den anderen beiden Beibooten.
Auch Stille auf der Frequenz der POINT OF. Ihrer Besatzung mußte das Ereignis gleichermaßen die Sprache verschlagen haben. Eine Kugel von 68 Kilometern Durchmesser war aus dem Stand heraus in Transition gegangen! »Grappa!« Dharks Stimme klang heiser. »Ja?« »Wo ist die Station wieder herausgekommen?« »Nirgendwo, Dhark. Nicht in unserem Raum-Zeit-Gefiige. Selbst wenn sie bis auf die andere Seite der Galaxis gesprungen wäre, hätte ich es anmessen müssen. Doch in diesem Fall gab es nichts anzumessen. Sie muß sich in eines der anderen Universen zurückgezogen haben.« »Grappa, sind das verläßliche Aussagen? Zeigen Ihre Ortungen tatsächlich nur Nullwerte?« »Ja, Commander!« kam es selbstsicher und schnell von der POINT OF. »Hier gibt es nichts, was Anlaß zu Zweifeln geben könnte.« »Danke!« sagte Dhark. Sie konnten das Unternehmen abbrechen und wieder Kurs auf den Ringraumer nehmen. Da meldete sich Charly Snide. »Dhark, die Mysterious-Technik in allen Ehren, aber der Schwindel ist nicht perfekt genug. Die Station hat gar nicht transitiert. Ich sehe sie doch!« 110 »Und ich auch!« behauptete der Zwillingsbruder George, der Charly so glich, daß man die beiden nicht unterscheiden konnte. In den drei Flash und in der POINT OF hielten alle Menschen den Atem an. Sie wußten um das phänomenale Femsichtvermögen der beiden Snides, das sogar noch im Frequenzbereich von 1017, also etwa bis zur Mitte des Ultraviolettspektrums, Ergebnisse lieferte. Kilometerweite Zielentfemung spielte dabei keine Rolle. Im freien Raum waren ihrer Fernsichtigkeit kaum Grenzen gesetzt. Die Snides sahen die Station, obwohl sie von keiner Ortung ertastet werden konnte. Selbst die Gedankensteuerung war auf diesen Trick hereingefallen. »Sie haben sich einen Deflektorsehinn zugelegt und eine Transition gemimt, aber der Schirm ist nicht gut. Er wirft Schatten, und die sehe ich!« behauptete Charly Snide. »Ich ebenfalls!« bestätigte George. Diese Eigenart, daß der andere stets bestätigte, was der eine behauptete, hatten sie aus jener trostlosen Zeit als Schwachsinnige mit in ihr normales Leben herübergebracht.
Mit einem Deflektorfeld, das Schatten werfen sollte, konnte Ren Dhark nichts anfangen. Er fragte Charly noch einmal. »Der Schirm wirft Schatten. Mehr kann ich nicht sagen. Du vielleicht, George?« »Nein!« »Charly, können Sie uns an die Station heranbringen?« Dhark wollte dem Frage- und Antwortspiel ein Ende bereiten. »Ich übernehme.« Der macht mit seinen knappen Formulierungen fast schon Doorn Konkurrenz, dachte Dhark und schmunzelte. Aus seiner 003 gab Charly an, wie hoch er den Sie geschaltet hatte, und welcher Kurs bei ihm anlag. Er verzichtete darauf, in den Orbit zu gehen, sondern flog weiter direkt auf das Ziel zu. »Der Schatten wird deutlicher. Seine Grenzen sind jetzt schärfer. George, du mußt mich verbessern, wenn du es anders siehst, ver 111 standen?« Schweigend legten sie die nächsten 3.000 Kilonieter zurück. »Dhark, der Belastungswert meines Intervalls geht immer weiter herunter. Ist das bei Ihnen auch so?« »Unter eins, Charly.« Fast ohne Ausnahme wurden die Zwillinge nur mit Vornamen angesprochen. Sie hatten sich daran gewöhnt, denn durch diese Methode wußten sie, wer von ihnen gerade gemeint war. »Ist das von Bedeutung?« Daß er diese Frage stellte, bewies, daß der Cyborg nicht auf sein Zweites System geschaltet hatte. Sein Programmgehirn hätte ihm diese Frage sonst unverzüglich beantwortet. »Charly, es wäre bedeutungslos, wenn das Intervall nicht auf der Oberfläche der Plash läge. Wenn meine Vermutung stimmt, dann manipuliert die Besatzung in der Station unsere Intervalle und verrät damit, daß sie mehr darüber weiß als wir.« »Sie eine Stufe zurück. Wir stehen ziemlich dicht vor dieser Kastanie. George, siehst du mehr als Schatten?« »Nein.« Für einige Zeit war es still im Funk. Außer den Zwillingen sah kein Mensch etwas. Dhark konnte nicht an einen Deflektorschirm glauben, hinter dem sich die gigantische Raumstalion versteckt haben sollte, denn er sah die fernen Sterne, die bis vorhin von der Station verdeckt worden waren. Damit war doch der Beweis für die Transition erbracht!
Aber wenn sich die Station doch hinter einen Schirm zurückgezogen hatte, der sie unsichtbar machte, dann wurde damit der Verdacht des Afrikaners untermauert, der in den Giants jene mörderischen Gegner zu sehen glaubte, die aus ihren unsichtbaren Stationen den Planeten Esmaladan und auch Terra angegriffen hatten, und auf deren Konto der Totalverlust von vielen Schiffen der TF ging »Sie auf Minimum.« Die Flash wurden kurz auf die niedrige Geschwindigkeit abge 112 bremst, und dann wurde es erneut still im Funk. »Siehst du endlich besser, George?« Charlys Stimme klang plötzlich unruhig. »Nur Schalten.« »Wie sehen diese Schatten aus?« Dhark verlangte eine Beschreibung. »Wie schon, Commander? Grau, ein bißchen schwarz, und alles so verschwommen. Nichts Stabiles, aber es ist optisch undurchdringlich.« Das war dürftig, doch da sich George nicht meldete, mußte man daraus schließen, daß er die Schatten genauso sah. »Jetzt haben wir nur noch ein paar hundert Meter.« Langsam schoben sich die Flash vor. Meter um Meter. Die Sekunden wurden zu Ewigkeiten. Der Gedanke, daß weit hinter ihnen die POINT OF stand, bereit, in jedem Augenblick einzugreifen, war nicht sehr tröstlich. Denn wenn es tatsächlich die Station hinter dem Deflektorschirm gab und sie mit ihren Kampfstrahlen zuschlug, dann hatten alle drei Blitze trotz ihrer Intervalle soviel Chancen wie ein Schneeball am Äquator. »Gleich haben wir den Rand des Schattens erreicht!« Das war das letzte, was man von Charly Snide hörte. Der Flash schob sich langsam weiter, und ebenso langsam verschwand die plumpe Spitze des Beibootes. Die Hälfte des zylinderförmigen Rumpfes war schon verschwunden, und dann gab es die 003 nicht mehr! Kurz danach tauchten auch die 002 und die 004 in das rätselhafte Feld ein! Minuten verstrichen. Die drei Flash mit den sechs Männern an Bord blieben verschwunden. Riker versuchte, die Flash über Funk zu erreichen. »Negativ«, meldete Grappa.
In der POINT OF setzte man die Echokontrolle ein. 113 >>Kein Sender festzustelllen, oder die Echokontrolle versagt